Briefe: Band 4 Briefe 1780 – 1781 9783110671476, 9783110671384

The 557 letters that Goethe wrote in 1780 and 1781 testify to his various interests and his increasing official activiti

222 33 17MB

German Pages 1667 [1671] Year 2020

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Briefe: Band 4 Briefe 1780 – 1781
 9783110671476, 9783110671384

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Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe

Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe In Verbindung mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar Goethe- und Schiller-Archiv herausgegeben von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter

III

Johann Wolfgang Goethe Briefe Band 4 I 1780 – 1781 Texte

Herausgegeben von Elke Richter und Héctor Canal unter Mitarbeit von Bettina Zschiedrich

De Gruyter

IV Zitiertitel: GB 4 I

ISBN 978-3-11-067138-4 e-ISBN (PDF) 978-3-11-067147-6 Library of Congress Control Number: 2019948520 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Gestaltung der Einbände und Schutzumschläge: deblik, Berlin Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen www.degruyter.com

Verzeichnis der Briefe

V

Verzeichnis der Briefe 1. 2. 3. 4. 5.

6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.

An Charlotte von Stein, 1. und 3. Januar 1780 . . . . . . . . . . An Christian Friedrich Schwan, 10. Januar 1780 . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈Mitte Januar 1780〉 . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 17. und 〈18.?〉 Januar 1780. . . . An Carl Ludwig von Knebel, Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach, Christoph Martin Wieland und Carl Theodor von Dalberg, 19. Januar 1780. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Januar 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Christoph Kayser, 20. Januar 1780 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈Ende Januar 1780〉. . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈Ende Januar/Anfang Februar? 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈Anfang Februar 1780〉 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Februar 〈1780〉 . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 7. Februar 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. Februar 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈10. Februar? 1780〉 . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 10. Februar 〈1780〉 . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 〈12. oder 13. Februar 1780〉 An Christian Friedrich Schwan, 18. Februar 1780 . . . . . . . An Jacob Samuel Wyttenbach, 18. Februar 1780. . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈18. Februar? 1780〉 . . . . . . . . . . . An Johann Christian von Düring, 20. Februar 1780 . . . . . . An Carl Ludwig August von Scholley, 20. Februar 1780 . . . An Carl Ulysses von Salis-Marschlins, 20. Februar 1780 . . . An Johann Lorenz Streiber, 20. Februar 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈24.? Februar 1780〉 . . . . . . . . . . . An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, 28. Februar 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 29. Februar 1780 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 29. Februar 1780 . . . . . . . . . . . . .

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28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64.

Verzeichnis der Briefe

An Charlotte von Stein, 〈Anfang März? 1780〉. . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. März 1780 . . . . . . . . . . . . . . . An Wolfgang Heribert von Dalberg, 2. März 1780 . . . . . . An Sophie von Schardt, 〈2. oder 3. März 1780〉 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. März 1780 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈4. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 6. März 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. März 1780 . . . . . . . . . . . . . . . An Adam Friedrich Oeser, 10. März 1780. . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈17. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 18. März 1780 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈zweite Hälfte März? 1780〉 . . . . . An Charlotte von Stein, 〈zweite Hälfte März? 1780〉 . . . . . An Charlotte von Stein, 〈20. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 21. März 1780. . . . . . . . . . . . . . . An Christoph Martin Wieland, 23. März 1780 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈zwischen 21. und 26. März? 1780〉 An Charlotte von Stein, 26. März 1780. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈26.? März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . An Sophie von Schardt, 〈27. März 1780?〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈28. März? 1780〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈28. März? 1780〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. März 1780. . . . . . . . . . . . . . . An Carl Ulysses von Salis-Marschlins, 31. März 1780. . . . . An Carl Ludwig August von Scholley, 31. März 1780 . . . . An Charlotte von Stein, 〈Ende März? 1780〉 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈Ende März/Anfang April? 1780〉 An Charlotte von Stein, 〈Anfang April? 1780〉. . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 3. April 1780 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈7. April 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. April 1780 . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 7. April 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈7. April? 1780〉. . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. April 1780 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. April 1780 . . . . . . . . . . . . . . . An Wolfgang Heribert von Dalberg, 10. April 1780. . . . . . An Charlotte von Stein, 13. April 1780. . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

65. An Charlotte von Stein, 14. April 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 66. An Charlotte von Stein, 〈vor dem 12. März oder Mitte April? 1780〉 . . . . . . . . . . . . 67. An Charlotte von Stein, 〈erste Hälfte April 1780?〉 . . . . . . . 68. An Charlotte von Stein, 〈Mitte April? 1780〉 . . . . . . . . . . . 69. An Charlotte von Stein, 〈17. April? 1780〉 . . . . . . . . . . . . . 70. An Charlotte von Stein, 20. April 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 71. An Charlotte von Stein, 〈22. April 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . 72. An Charlotte von Stein, 〈27. April 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . 73. An Charlotte von Stein, 28. April 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 74. An Charlotte von Stein, 〈30. April 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . 75. An Charlotte von Stein, 1. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 76. An Johann Caspar Lavater, 1. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 77. An Charlotte von Stein, 1. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 78. An Charlotte von Stein, 2. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 79. An Charlotte von Stein, 3. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 80. An Charlotte von Stein, 5. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 81. An Charlotte von Stein, 〈6. Mai 1780〉. . . . . . . . . . . . . . . . 82. An Charlotte von Stein, 7. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 83. An Johann Christian von Düring, 8. Mai 1780 . . . . . . . . . . 84. An Charlotte von Stein, 〈10. Mai? 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . 85. An Charlotte von Stein, 11. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 86. An Charlotte von Stein, 12. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 87. An Charlotte von Stein, 〈zwischen 6. und 13. Mai? 1780〉. . 88. An Charlotte von Stein, 13. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 89. An Charlotte von Stein, 14. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 90. An Johann Christian Kestner, 14. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . 91. An Charlotte von Stein, 15. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 92. An Charlotte von Stein, 〈erste Hälfte Mai? 1780〉 . . . . . . . . 93. An Charlotte von Stein, 16. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 94. An Charlotte von Stein, 17. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 95. An Charlotte von Stein, 18. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 96. An Johann Gottlob Immanuel Breitkopf, 18. Mai 1780. . . . 97. An Johann Rudolf Burkhardt, 19. Mai 1780. . . . . . . . . . . . 98. An Charlotte von Stein, 21. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 99. An Charlotte von Stein, 24. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 100. An Charlotte von Stein, 25. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . .

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44 44 44 45 45 45 45 46 46 46 48 48 50 50 51 51 52 53 53 54 54 55 55 55 56 56 57 57 58 58 58 59 59 60 60 61

VIII

Verzeichnis der Briefe

101. An Charlotte von Stein, 29. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 102. An Charlotte von Stein, 〈Anfang Juni 1780〉 . . . . . . . . . . . 103. An Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg, 3. Juni 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104. An Charlotte von Stein, 〈3. Juni 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . 105. An Charlotte von Stein, 4. Juni 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 106. An Carl Ludwig von Knebel, 4. Juni 1780 . . . . . . . . . . . . 107. An Charlotte von Stein, 〈5. Juni 1780?〉. . . . . . . . . . . . . . . 108. An Johann Caspar Lavater, 5. Juni 1780. . . . . . . . . . . . . . . 109. An Charlotte von Stein, 〈5. Juni 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . 110. An Charlotte von Stein, 5. und 6. Juni 〈1780〉 . . . . . . . . . . 111. An Charlotte von Stein, 7. Juni 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 112. An Carl Ludwig von Knebel, 11. Juni 1780. . . . . . . . . . . . 113. An Friedrich Müller, 12. Juni 1780. . . . . . . . . . . . . . . . . . 114. An Ludwig Christian Lichtenberg, 12. Juni 1780. . . . . . . . 115. An Charlotte von Stein, 14.–15. Juni 〈1780〉 . . . . . . . . . . . 116. An Charlotte von Stein, 〈24.〉 und 26. Juni 〈1780〉 . . . . . . . 117. An Charlotte von Stein, 28. Juni 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 118. An Charlotte von Stein, 30. Juni 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 119. An Carl Ludwig von Knebel, 24. Juni und 3. 〈Juli〉 1780 . . 120. An Johann Caspar Lavater, 3. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . . 121. An Johann Heinrich Merck, 3. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . 122. An Charlotte von Stein, 3. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 123. An Johann Friedrich Wilhelm Charpentier, 4. Juli 1780. . . 124. An Charlotte von Stein, 22. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 125. An Charlotte von Stein, 〈23. Juli 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . 126. An Charlotte von Stein, 24. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . 127. An Carl Ludwig von Knebel, 24. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . 128. An Johann Caspar Lavater, 24. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . 129. An Charlotte von Stein, 〈vor dem 5. Juni oder nach dem 24. Juli? 1780〉 . . . . . . . . . 130. An Carl Ludwig von Knebel, 28. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . 131. An Johann Caspar Lavater, 28. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . 132. An Johann Friedrich Wilhelm Charpentier, 31. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133. An Charlotte von Stein, 〈Ende Juli? 1780〉. . . . . . . . . . . . . 134. An Charlotte von Stein, 〈Ende Juli? 1780〉. . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169.

An Charlotte von Stein, 〈Anfang August? 1780〉 . . . . . . . . . An Adam Friedrich Oeser, 3. August 1780. . . . . . . . . . . . . An Carl Christian Heinrich Rost, 3. August 1780 . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. August 1780. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. August 1780. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈5. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈Mitte Januar oder 6.? August 1780〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 8. August 1780 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. August 1780. . . . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 11. August 1780 . . . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, 13. August 1780 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. August 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 15. August 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. August 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈17. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 18. August 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈18. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈18. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈19. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈20. August? 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 23. August 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈25. August? 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈25. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 27. August 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈27. August? 1780〉 . . . . . . . . . . . . An Carl Johann Conrad Michael Matthaei, 〈28. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Maria Antonia von Branconi, 28. August 1780 . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 28. August 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈1. September 1780〉 . . . . . . . . . . . An Carl Christian von Herda, 1. September 1780. . . . . . . . An Sophie von La Roche, 1. September 1780 . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 3. September 1780 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈4.? September 1780〉 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. September 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈5. September 1780〉 . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

170. An Charlotte von Stein, 6. und 7. September 1780, 7. und 8. September 〈1780〉, 〈8. September 1780〉 . . . . . . . 171. An Charlotte von Stein, 9.–12. September 〈1780〉 . . . . . . . 172. An Charlotte von Stein, 12.–14. September 〈1780〉 . . . . . . 173. An Charlotte von Stein, 15. September 1780. . . . . . . . . . . 174. An Charlotte von Stein, 18. September 1780. . . . . . . . . . . 175. An Charlotte von Stein, 20. September 〈1780〉 . . . . . . . . . 176. An Charlotte von Stein, 18.–21. 〈September 1780〉 . . . . . . 177. An Johann Caspar Lavater, 〈21. September 1780〉. . . . . . . . 178. An Charlotte von Stein, 24. September 1780. . . . . . . . . . . 179. An Jacob Friedrich von Fritsch, 1. Oktober 1780 . . . . . . . 180. An Charlotte von Stein, 10.–12. Oktober 〈1780〉. . . . . . . . 181. An Johann Heinrich Merck, 11.–13. Oktober 1780. . . . . . 182. An Johann Caspar Lavater, 13. Oktober 1780 . . . . . . . . . . 183. An Charlotte von Stein, 12.–15. Oktober 1780 . . . . . . . . . 184. An Maria Antonia von Branconi, 16. Oktober 1780 . . . . . 185. An Charlotte von Stein, 20. Oktober 1780 . . . . . . . . . . . . 186. An Charlotte von Stein, 25. Oktober 1780 . . . . . . . . . . . . 187. An Carl Ludwig von Knebel, 〈28. Oktober 1780〉 . . . . . . . 188. An Charlotte von Stein, 29. Oktober 1780 . . . . . . . . . . . . 189. An Charlotte von Stein, 2. 〈November〉 1780 . . . . . . . . . . 190. An Johann Caspar Lavater, 3. November 1780. . . . . . . . . . 191. An Friedrich Müller, 6. November 1780. . . . . . . . . . . . . . 192. An Maria Amalia von Hendrich, 7. November 1780 . . . . . 193. An Charlotte von Stein, 7. November 1780 . . . . . . . . . . . 194. An Charlotte von Stein, 〈9. November 1780〉 . . . . . . . . . . 195. An Carl Ludwig von Knebel, 〈9. November 1780?〉. . . . . . 196. An Charlotte von Stein, 12. November 1780. . . . . . . . . . . 197. An Charlotte von Stein, 13. November 1780. . . . . . . . . . . 198. An Charlotte von Stein, 14. November 1780. . . . . . . . . . . 199. An Charlotte von Stein, 15. November 1780. . . . . . . . . . . 200. An Charlotte von Stein, 16. November 1780. . . . . . . . . . . 201. An Charlotte von Stein, 19. November 1780. . . . . . . . . . . 202. An Charlotte von Stein, 20. November 1780. . . . . . . . . . . 203. An Charlotte von Stein, 21. November 1780. . . . . . . . . . . 204. An Louise von Göchhausen, 〈21. November 1780?〉 . . . . . 205. An Charlotte von Stein, 22. November 1780. . . . . . . . . . .

119 122 126 130 133 133 134 136 138 139 140 142 147 150 151 153 153 154 155 156 156 158 159 160 161 161 161 162 162 162 163 163 163 164 164 164

Verzeichnis der Briefe

206. 207. 208. 209. 210. 211. 212. 213. 214. 215. 216. 217. 218. 219. 220. 221. 222. 223. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 230. 231. 232. 233. 234. 235. 236. 237. 238. 239. 240.

An Charlotte von Stein, 23. November 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. November 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. November 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈25.? November 1780〉 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 27. November 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 29. November 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈30. November 1780〉 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 3. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . An Ferdinand Kobell, 3. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, 〈10., 13., 14., 19. November oder 3. Dezember 1780?〉. . . . An Charlotte von Stein, 4. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, 4. Dezember 1780 . . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, 〈5. Dezember 1780?〉 . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 6. Dezember 1780 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈13.?〉 Dezember 1780 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈17. Dezember 1780〉 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈etwa 20. Dezember? 1780〉 . . . . . An Charlotte von Stein, 〈21. Dezember? 1780〉 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈24. Dezember 1780?〉 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, 27. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. Dezember 1780 . . . . . . . . . . .

XI

165 165 165 166 166 166 167 167 167 167 169 169 169 170 170 170 171 171 171 172 173 173 173 174 174 175 175 176 176 176 176 177 177 177 182

XII

Verzeichnis der Briefe

241. An Charlotte von Stein, 31. Dezember 1780 . . . . . . . . . . . 242. An Charlotte von Stein, 1. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 243. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, 1. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244. An Charlotte von Stein, 3. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 245. An Charlotte von Stein, 7. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 246. An Charlotte von Stein, 8. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 247. An Charlotte von Stein, 〈9.? Januar 1781〉 . . . . . . . . . . . . . 248. An Charlotte von Stein, 〈9.? Januar 1781〉 . . . . . . . . . . . . . 249. An Johanna Schlosser, 10. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 250. An Johann Friedrich Krafft, 11. Januar 1781 . . . . . . . . . . . 251. An Charlotte von Stein, 13. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 252. An Charlotte von Stein, 〈14.? Januar 1781〉 . . . . . . . . . . . . 253. An Charlotte von Stein, 15. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 254. An Charlotte von Stein, 15. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 255. An Charlotte von Stein, 16. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 256. An Charlotte von Stein, 18. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 257. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 18. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258. An Charlotte von Stein, 19. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 259. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, 24. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260. An Charlotte von Stein, 25. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 261. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 25. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262. An Charlotte von Stein, 〈25.? Januar 1781〉 . . . . . . . . . . . . 263. An Charlotte von Stein, 28. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 264. An Charlotte von Stein, 28. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 265. An Charlotte von Stein, 29. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 266. An Charlotte von Stein, 30. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 267. An Carl Ludwig von Knebel, 〈zwischen 23. und 30. Januar 1781?〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . 268. An Charlotte von Stein, 31. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . 269. An Johann Friedrich Krafft, 31. Januar 1781 . . . . . . . . . . . 270. An Charlotte von Stein, 〈Ende Januar 1781?〉 . . . . . . . . . . 271. An Charlotte von Stein, 1. Februar 1781. . . . . . . . . . . . . . 272. An Charlotte von Stein, 3. Februar 1781. . . . . . . . . . . . . .

183 183 184 185 185 185 186 186 186 187 187 187 188 188 189 189 189 191 191 192 192 195 195 195 196 196 196 197 197 198 199 199

273. 274. 275. 276. 277. 278. 279. 280. 281. 282. 283. 284. 285. 286. 287. 288. 289. 290. 291. 292. 293. 294. 295. 296. 297. 298. 299. 300. 301. 302. 303. 304. 305. 306. 307.

Verzeichnis der Briefe

XIII

An Charlotte von Stein, 4. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Ferdinand Kobell, 5. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 11. Februar 1781 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 15. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 17. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 18. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 19. Februar 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈20. Februar? 1781〉 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈21.〉 Februar 1781 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 22. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 26. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 27. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 27. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. Februar 1781 . . . . . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, 〈28. Februar 1781?〉 . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 〈Ende Februar oder Anfang März 1781?〉 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . .

199 200 200 201 201 201 202 202 205 206 206 206 207 207 207 208 208 208 209 212 212 212 213 213 213 214 214 214 215 215 215 216 216 216 217

XIV

Verzeichnis der Briefe

308. 309. 310. 311. 312. 313. 314. 315. 316. 317. 318. 319. 320. 321. 322. 323. 324. 325. 326. 327. 328. 329. 330. 331. 332. 333. 334. 335. 336. 337. 338. 339.

An Charlotte von Stein, 2. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 3. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈4. März 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈7.? März 1781〉. . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. März 〈1781〉 . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Seidel, 8. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Justin Bertuch, 8. März 1781 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. 〈März 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. März 〈1781〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈15. März 1781〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 16. März 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 17. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 18. März 〈1781〉. . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Justin Bertuch, 20. März 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 21. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 22. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Johann Gottfried Herder, 23. März 1781 . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 23. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈24. März? 1781〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈25. März 1781〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. März 1781. . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 26. März 1781. . . . . . . . . . . . . . .

340. 341. 342. 343.

217 218 218 218 219 219 219 220 220 221 221 222 223 225 228 229 231 232 232 233 233 234 237 237 237 238 238 238 239 239 240 240 241 241 241 242

344. 345. 346. 347. 348. 349. 350. 351. 352. 353. 354. 355. 356. 357. 358. 359. 360. 361. 362. 363. 364. 365. 366. 367. 368. 369. 370. 371. 372. 373. 374. 375. 376. 377.

Verzeichnis der Briefe

XV

An Charlotte von Stein, 26. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Christian Gottlob Voigt, 26. März 1781 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 27. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 〈30.? März 1781〉 . . . . . . . . . . An Jacob Friedemann Graf von Werthern-Beichlingen, 30. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 31. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 31. März 1781 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg, 2. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 3. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈4. April 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 〈9. April 1781〉 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 15. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 〈Anfang bis Mitte April 1781?〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 16. April 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 17. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . .

242 243 243 244 245 245 246 247 247 248 248 249 249 250 250 250 251 251 251 252 253 254 254 254 255 255 255 256 256 257 257 257 258 258

XVI

Verzeichnis der Briefe

378. An Charlotte von Stein, 22. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . 379. An Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein, 22. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380. An Charlotte von Stein, 〈22.? April 1781〉 . . . . . . . . . . . . . 381. An Charlotte von Stein, 23. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . 382. An Charlotte von Stein, 24. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . 383. An Charlotte von Stein, 25. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . 384. An Charlotte von Stein, 〈25.? April 1781〉 . . . . . . . . . . . . . 385. An Charlotte von Stein, 27. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . 386. An Charlotte von Stein, 27. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . 387. An Charlotte von Stein, 28. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . 388. An Charlotte von Stein, 1. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . 389. An Charlotte von Stein, 3. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . 390. An Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein, 6. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391. An Charlotte von Stein, 6. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . 392. An Charlotte von Stein, 7. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . 393. An Johann August von Einsiedel, 7. Mai 1781 . . . . . . . . . . 394. An Johann Caspar Lavater, 7. Mai 〈1781〉 . . . . . . . . . . . . . 395. An Charlotte von Stein, 9. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . 396. An Charlotte von Stein, 10. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 397. An Charlotte von Stein, 12. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 398. An Christian Wilhelm Steinauer, 12. Mai 1781 . . . . . . . . . 399. An Charlotte von Stein, 〈13.? Mai 1781〉. . . . . . . . . . . . . . 400. An Charlotte von Stein, 14. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 401. An Charlotte von Stein, 〈Mitte Mai 1781〉 . . . . . . . . . . . . 402. An Charlotte von Stein, 21. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 403. An Charlotte von Stein, 〈22. Mai? 1781〉. . . . . . . . . . . . . . 404. An Charlotte von Stein, 23. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 405. An Charlotte von Stein, 〈24. Mai? 1781〉. . . . . . . . . . . . . . 406. An Charlotte von Stein, 25. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 407. An Charlotte von Stein, 27. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 408. An Charlotte von Stein, 28. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 409. An Charlotte von Stein, 30. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . 410. An Gottfried August Bürger, 30. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . 411. An Johann Christian Kestner, 30. Mai 1781. . . . . . . . . . . . 412. An Philipp Erasmus Reich, 30. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . .

259 259 260 260 261 261 261 262 262 262 263 263 264 265 265 265 266 268 268 268 269 269 269 270 270 270 270 271 271 271 272 272 272 273 274

413. 414. 415. 416. 417. 418. 419. 420. 421. 422. 423. 424. 425. 426. 427. 428. 429. 430. 431. 432. 433. 434. 435. 436. 437. 438. 439. 440. 441. 442. 443. 444. 445. 446. 447.

Verzeichnis der Briefe

XVII

An Jacob Samuel Wyttenbach, 30. Mai 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 31. Mai 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈7.? Juni 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 15. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈um den 20. Juni? 1781〉 . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 21. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Müller, 21. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Jenny von Voigts, 21. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 22. Juni 1781 . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 22. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 24. Juni 1781 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Justin Bertuch, 1. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Seidel, 1. Juli 1781. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 5. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 5. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 8. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 15. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Christoph Kayser, 16. Juli 1781 . . . . . . . . . . . .

274 275 275 276 276 276 277 277 277 278 278 278 279 279 283 285 286 289 289 291 292 292 293 293 293 294 295 296 300 301 302 302 303 303 303

XVIII

448. 449. 450. 451. 452. 453. 454. 455. 456. 457. 458. 459. 460. 461. 462. 463. 464. 465. 466. 467. 468. 469. 470. 471. 472. 473. 474. 475. 476. 477. 478. 479. 480. 481. 482.

Verzeichnis der Briefe

An Charlotte von Stein, 18. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Christoph Kayser, 20. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 22. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈24. Juli? 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Jenny von Voigts, 31. Juli 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. August 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. August 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 3. August 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. August 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈5. oder 6. August? 1781〉 . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. August 1781 . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Müller, 9. August 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, 11. August 1781 . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. August 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. August 1781 . . . . . . . . . . . . . An Philipp Christoph Kayser, 13. August 1781 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈18. August 1781?〉 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. August 1781 . . . . . . . . . . . . . An Jenny von Voigts, 20. August 1781 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. August 1781 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈24. August 1781〉 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. August 1781 . . . . . . . . . . . . . An Sophie von Schardt, 〈28. oder 29. August 1781?〉 . . . . . An Charlotte von Stein, 29. August 〈1781〉 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈31.〉 August 1781 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈1. September 1781〉 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈Anfang September? 1781〉. . . . . . An Charlotte von Stein, 〈vor dem 10. September 1781?〉 . . An Charlotte von Stein, 10. September 1781. . . . . . . . . . . An Philipp Christoph Kayser, 10. September 1781 . . . . . . An Charlotte von Stein, 〈zwischen 11. und 13. September 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . 483. An Charlotte von Stein, 13. September 1781. . . . . . . . . . .

304 304 304 305 305 305 306 306 306 307 307 307 308 308 308 308 309 311 312 312 313 313 314 315 315 315 316 316 316 317 317 317 317 318 319 320

Verzeichnis der Briefe

484. An Charlotte von Stein, 〈Anfang bis Mitte September? 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . 485. An Charlotte von Stein, 〈Anfang bis Mitte September 1781?〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . 486. An Charlotte von Stein, 〈15. September 1781〉 . . . . . . . . . . 487. An Charlotte von Stein, 17. September 1781 . . . . . . . . . . . 488. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg, 17. September 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489. An Charlotte von Stein, 19. September 1781 . . . . . . . . . . . 490. An Friedrich Justin Bertuch, 〈18. oder 19. September 1781?〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491. An Charlotte von Stein, 20. September 1781 . . . . . . . . . . . 492. An Jacob Friedrich von Fritsch, 20. September 1781 . . . . . 493. An Charlotte von Stein, 〈21. September 1781〉 . . . . . . . . . . 494. An Johann Gottfried und Caroline Herder, 〈21. September 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495. An Carl Ludwig von Knebel, 21. September 1781 . . . . . . . 496. An Charlotte von Stein, 22. September 1781 . . . . . . . . . . . 497. An Charlotte von Stein, 22. September 1781 . . . . . . . . . . . 498. An Adam Friedrich Oeser, 1. Oktober 1781 . . . . . . . . . . . 499. An Charlotte von Stein, 1. und 2. Oktober 1781 . . . . . . . . 500. An Charlotte von Stein, 2. Oktober 1781 . . . . . . . . . . . . . 501. An Carl Ludwig von Knebel, 〈2. Oktober 1781〉 . . . . . . . . 502. An Charlotte von Stein, 9. Oktober 1781 . . . . . . . . . . . . . 503. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 11. und 12. Oktober 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . 504. An Charlotte von Stein, 15. Oktober 1781. . . . . . . . . . . . . 505. An Charlotte von Stein, 19. Oktober 1781. . . . . . . . . . . . . 506. An Charlotte von Stein, 23. Oktober 1781. . . . . . . . . . . . . 507. An Charlotte von Stein, 27. und 28. Oktober 1781 . . . . . . 508. An Carl Ludwig von Knebel, 〈vor dem 28. Oktober 1781?〉 509. An Jacob Friedrich von Fritsch, 28. Oktober 1781 . . . . . . . 510. An Charlotte von Stein, 〈29. Oktober 1781〉 . . . . . . . . . . . 511. An Philipp Seidel, 〈29. Oktober 1781〉. . . . . . . . . . . . . . . . 512. An Carl Ludwig von Knebel oder Johann Gottfried Herder?, 〈zwischen Mai und 2. November 1781 oder zwischen Mai 1780 und August 1781?〉 . . . . . . . . . . . . . . .

XIX

320 320 321 321 321 322 322 323 323 324 324 325 325 326 328 328 330 330 330 332 333 334 334 335 336 336 336 337

337

XX

Verzeichnis der Briefe

513. An Charlotte von Stein, 〈3. November 1781〉 . . . . . . . . . . 514. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 4. November 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515. An Charlotte von Stein, 6. November 1781 . . . . . . . . . . . 516. An Charlotte von Stein, 7. November 1781 . . . . . . . . . . . 517. An Charlotte von Stein, 〈kurz vor dem 12. November 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . 518. An Charlotte von Stein, 12. November 1781. . . . . . . . . . . 519. An Charlotte von Stein, 14. November 1781. . . . . . . . . . . 520. An Johann Caspar Lavater, 14. November 1781 . . . . . . . . . 521. An Johann Heinrich Merck, 14. November 1781 . . . . . . . 522. An Charlotte von Stein, 14. November 1781. . . . . . . . . . . 523. An Charlotte von Stein, 15. November 1781. . . . . . . . . . . 524. An Charlotte von Stein, 16. November 1781. . . . . . . . . . . 525. An Charlotte von Stein, 18. November 1781. . . . . . . . . . . 526. An Charlotte von Stein, 19. November 1781. . . . . . . . . . . 527. An Charlotte von Stein, 19. November 1781. . . . . . . . . . . 528. An Charlotte von Stein, 20. November 1781. . . . . . . . . . . 529. An Charlotte von Stein, 〈zwischen 20. und 25. November? 1781〉. . . . . . . . . . . . . . 530. An Charlotte von Stein, 25. November 1781. . . . . . . . . . . 531. An Charlotte von Stein, 26. November 1781. . . . . . . . . . . 532. An Johann Caspar Lavater, 26. November 1781 . . . . . . . . . 533. An Charlotte von Stein, 27. November 1781. . . . . . . . . . . 534. An Charlotte von Stein, 〈30. November 1781〉 . . . . . . . . . 535. An Charlotte von Stein, 1. Dezember 1781. . . . . . . . . . . . 536. An Charlotte von Stein, 2. Dezember 1781. . . . . . . . . . . . 537. An Charlotte von Stein, 3. Dezember 1781. . . . . . . . . . . . 538. An Carl Ludwig von Knebel, 3. Dezember 1781 . . . . . . . . 539. An Johann Caspar Lavater, 3. Dezember 1781 . . . . . . . . . . 540. An Charlotte von Stein, 4. Dezember 1781. . . . . . . . . . . . 541. An Charlotte von Stein, 6. Dezember 1781. . . . . . . . . . . . 542. An Charlotte von Stein, 〈6. Dezember 1781〉 . . . . . . . . . . 543. An Charlotte von Stein, 7. Dezember 1781. . . . . . . . . . . . 544. An Charlotte von Stein, 8. Dezember 1781. . . . . . . . . . . . 545. An Charlotte von Stein, 9. 〈Dezember 1781〉 . . . . . . . . . . 546. An Charlotte von Stein, 9.–11. Dezember 1781 . . . . . . . .

338 338 340 341 341 341 342 342 345 347 348 348 348 349 349 349 350 350 350 351 351 352 352 352 353 353 354 355 355 356 356 357 357 358

547. 548. 549. 550. 551. 552. 553. 554. 555. 556. 557.

Verzeichnis der Briefe

XXI

An Charlotte von Stein, 12.–13. Dezember 1781 . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 17. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 26. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 29. Dezember 1781 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. Dezember 1781 . . . . . . . . . . .

360 363 363 364 364 365 365 365 366 366 366

Erschlossene Briefe EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB

1. An Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gräfin von Giannini mit Moritz von Wedel, 〈4. Januar 1780〉 . . . . . 2. An Johann Lorenz Streiber, 〈19. Januar 1780〉 . . . . . . . . 3. An Carl Ferdinand von Sinner, 〈20. Januar 1780〉 . . . . . 4. An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin, 〈24. Januar 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. An Johann Lorenz Streiber, 〈25. Januar 1780〉 . . . . . . . . 6. An Ludwig Carl Weitolshausen gen. Schrautenbach, 〈um den 7. Februar 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. An Unbekannt, 〈11. Februar 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . 8. An Johann Ludwig Aberli, 〈18. Februar 1780〉 . . . . . . . 9. An Johann Christian von Düring, 〈vor dem 20. Februar 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. An Carl Theodor von Dalberg, 〈20. Februar 1780〉 . . . . 11. An Christian Ernst oder Gottlob Friederici, 〈20. Februar 1780〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. An Adam Friedrich Oeser, 〈20. Februar 1780〉 . . . . . . . 13. An Anton Schweitzer?, 〈20. Februar 1780〉 . . . . . . . . . . 14. An Carl Johann Conrad Michael Matthaei, 〈6. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. An Christian Ernst oder Gottlob Friederici, 〈22. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

370 370 370 371 371 371 371 371 372 372 373 373 373 374 374

XXII

EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB

Verzeichnis der Briefe

An Unbekannt, 〈22. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . An George Batty, 〈24. März 1780〉. . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Bölling, 〈24. März 1780〉 . . . . . . . . . An Georg Ludwig Meckel von Hemsbach?, 〈29. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, 〈29. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21. An Georg Joseph Vogler, 〈29. März 1780〉 . . . . . . . . . . 22. An Johann Carl Gustav? Wernich, 〈29. März 1780〉 . . . 23. An Johann August Alexander? von Kalb, 〈30. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24. An Louis François Élisabeth Ramond de Carbonnières, 〈30. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25. An Carl Theodor von Dalberg, 〈31. März 1780〉 . . . . . 26. An Christian Ernst oder Gottlob Friederici, 〈31. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27. An Carl Johann Conrad Michael Matthaei, 〈31. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28. An Ferdinand Friedrich von Nicolai?, 〈31. März 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29. An Johann Adam? Wolf, 〈5. April 1780〉 . . . . . . . . . . . 30. An George Batty, 〈16. April 1780〉. . . . . . . . . . . . . . . . 31. An Albert Beyer, 〈16. April 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . 32. An Justus Christian Loder, 〈16. April 1780〉 . . . . . . . . . 33. An Albert Beyer, 〈zwischen 16. und 18. April 1780〉 . . 34. An Herrn Probst, 〈zwischen 16. und 18. April 1780〉 . . 35. An Johann Carl Gustav? Wernich, 〈4. Mai 1780〉 . . . . . 36. An Nicolas Guibal, 〈10. Mai 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . 37. An Johann Friedrich Krafft, 〈12. Mai 1780〉 . . . . . . . . . 38. An Louis François Élisabeth Ramond de Carbonnières, 〈20. Mai 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39. An Johann Lorenz Streiber, 〈20. Mai 1780〉 . . . . . . . . . 40. An Wilhelm Carl? Appelius, 〈22. Mai 1780〉 . . . . . . . . 41. August Wilhelm? Neidhardt, 〈22. Mai 1780〉 . . . . . . . . 42. An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin, 〈12. Juni 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43. An Johann Lorenz Streiber, 〈16. Juni 1780〉 . . . . . . . . . 16. 17. 18. 19.

374 374 375 375 375 375 376 376 376 377 377 377 377 378 378 378 378 379 379 379 379 380 380 380 380 381 381 381

Verzeichnis der Briefe

XXIII

EB 44. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, 〈3. Juli 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 45. An Unbekannt, 〈3. Juli 1780〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 46. An Jean George d’Orville, 〈5. Juli 1780〉 . . . . . . . . . . . . EB 47. An Carl Christian Heinrich Rost, 〈7. Juli 1780〉 . . . . . . EB 48. An Carl Ludwig von Knebel, 〈10. Juli 1780〉 . . . . . . . . . EB 49. An Barbara Schultheß, 〈17. Juli 1780〉. . . . . . . . . . . . . . EB 50. An Johann Ludwig Aberli, 〈24. Juli 1780〉 . . . . . . . . . . . EB 51. An Johann Georg Adam Forster, 〈24. Juli 1780〉 . . . . . . EB 52. An Johann Lorenz Streiber, 〈24. Juli 1780〉 . . . . . . . . . . EB 53. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, 〈24. Juli 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 54. An Christian Friedrich Chalybäus?, 〈31. Juli 1780〉 . . . . EB 55. An Sylvius Friedrich Ludwig von Franckenberg und Ludwigsdorf, 〈4. August 1780〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 56. An Johann Christoph Koch, 〈7. August 1780〉. . . . . . . . EB 57. An Friedrich Victor Leberecht Plessing, 〈7. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 58. An Jeanette Brossard, 〈9. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . EB 59. An Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de Villoison, 〈9. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 60. An Samuel Friedrich Nathanael? Morus, 〈10. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 61. An Unbekannt, 〈10. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . EB 62. An Justus Christian Loder, 〈12. August 1780〉 . . . . . . . . EB 63. An Johann Caspar Lavater, 〈14. August 1780〉 . . . . . . . . EB 64. An Johann Lorenz Streiber, 〈14. August 1780〉 . . . . . . . EB 65. An Catharina Elisabeth Goethe, 〈15. August 1780?〉 . . . EB 66. An Ernst Anton? Nicolai, 〈15. August 1780〉. . . . . . . . . EB 67. An Justus Christian Loder, 〈17. August 1780〉 . . . . . . . . EB 68. An Ernst Wolfgang Behrisch, 〈19. August 1780〉 . . . . . . EB 69. An Johann Heinrich Merck, 〈20. August 1780〉. . . . . . . EB 70. An Johann Adam? Wolf, 〈21. August 1780〉. . . . . . . . . . EB 71. An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin, 〈24. August 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 72. An Johann Lorenz Streiber, 〈28. August 1780〉 . . . . . . . EB 73. An Johann Christoph Koch, 〈30. August 1780〉 . . . . . . .

381 382 382 382 382 383 383 383 383 383 384 384 384 384 385 385 385 385 386 386 386 386 386 387 387 387 387 387 388 388

XXIV

Verzeichnis der Briefe

An Johann Adam? Wolf, 〈30. August 1780〉 . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, 〈1. September 1780〉 . . . . An Johann Georg Adam Forster, 〈4. September 1780〉 . An Johann Christoph Koch, 〈4. September 1780〉 . . . . An Justus Christian Loder, 〈7. September 1780〉 . . . . . . An Abraham Gottlob? Werner, 〈11. September 1780〉. . An Catharina Elisabeth Goethe, 〈13. September 1780〉 . An Justus Christian Loder, 〈18. September 1780〉 . . . . . An Herrn Kulenkamp oder Kulenkampff, 〈22. September 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 83. An Johann Lorenz Streiber, 〈14. Oktober 1780〉 . . . . . . EB 84. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, 〈14. Oktober 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 85. An Catharina Elisabeth Goethe, 〈25. Oktober 1780〉 . . EB 86. An Carl Christoph Oettelt, 〈1. November 1780〉 . . . . . EB 87. An Johann Lorenz Streiber, 〈1. November 1780〉 . . . . . EB 88. An Johann August oder Christian August Friedrich von Hellfeld?, 〈8. November 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . EB 89. An Christian Friedrich Schwan, 〈8. November 1780〉. . EB 90. An Philipp Erasmus Reich, 〈30. November 1780〉 . . . . EB 91. An Hieronymus Peter Schlosser, 〈30. November 1780〉 . EB 92. An Johann Reinhold Forster, 〈15. Dezember 1780〉 . . . EB 93. An Johann Caspar Goethe, 〈15. Dezember 1780〉 . . . . . EB 94. An Herrn Kulenkamp oder Kulenkampff, 〈15. Dezember 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 95. An Barbara Schultheß, 〈15. Dezember 1780〉 . . . . . . . . EB 96. An Unbekannt, 〈15. Dezember 1780〉 . . . . . . . . . . . . . EB 97. An Louisa von Dungern, 〈16. Dezember 1780〉 . . . . . . EB 98. An Johann Christian von Düring, 〈16. Dezember 1780〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 99. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 〈vor dem 18. Dezember 1780〉 . . . . . . . . . . . EB 100. An Catharina Elisabeth Goethe, 〈19. Januar 1781〉 . . . . EB 101. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, 〈zwischen 11. und 23. Januar 1781〉 . . . . . . EB 102. An Charlotte Herzogin von Sachsen-Gotha und Altenburg, 〈24. Januar 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB EB EB EB EB EB EB EB EB

74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82.

388 388 388 389 389 389 389 390 390 390 390 390 391 391 391 392 392 392 392 393 393 393 393 393 394 394 394 394 395

Verzeichnis der Briefe

XXV

EB 103. An Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen, 〈vor dem 25. Januar 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 104. An Maria Amalia von Hendrich, 〈30. Januar 1781〉 . . . . EB 105. An Johann Friedrich Krafft?, 〈5. März 1781〉 . . . . . . . . . EB 106. An Herrn Probst, 〈5. März 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 107. An Johann Friedrich Krafft?, 〈6. März 1781〉 . . . . . . . . . EB 108. An Niklaus Emanuel Tscharner, 〈18. März 1781〉 . . . . . EB 109. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg, 〈vor dem 21. März 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 110. An Marie Amalia König, 〈13. April 1781〉 . . . . . . . . . . EB 111. An Johann Friedrich Krafft?, 〈20. April 1781〉 . . . . . . . . EB 112. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 〈27.? April 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 113. An Johann Christian von Düring, 〈28. April 1781〉 . . . . EB 114. An Johann Friedrich Krafft?, 〈28. April 1781〉 . . . . . . . . EB 115. An Johann Lorenz Streiber, 〈28. April 1781〉 . . . . . . . . . EB 116. An Barbara Schultheß, 〈29. April 1781〉 . . . . . . . . . . . . EB 117. An Johann Jacob Griesbach, 〈1. Mai 1781〉 . . . . . . . . . . EB 118. An Johann Friedrich Krafft?, 〈4. Mai 1781〉. . . . . . . . . . EB 119. An Johann Ludwig Aberli, 〈8. Mai 1781〉 . . . . . . . . . . . EB 120. An Unbekannt, 〈15. Mai 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 121. An Christoph Willibald Gluck, 〈nach dem 23. Mai 1781〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 122. An Herrn Born, 〈30. Mai 1781〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 123. An Catharina Elisabeth Goethe, 〈11.? Juni 1781〉. . . . . . EB 124. An Barbara Schultheß, 〈15. Juni 1781〉 . . . . . . . . . . . . . EB 125. An Christian August Clodius, 〈vor dem 24. Juni 1781〉 . EB 126. An Charlotte von Stein, 〈26.? Juni 1781〉 . . . . . . . . . . . EB 127. An Wolfgang Heribert von Dalberg, 〈15. Juli 1781〉. . . . EB 128. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg, 〈15. Juli 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 129. An Johann Friedrich Krafft, 〈24. Juli 1781〉 . . . . . . . . . . EB 130. An Johann Friedrich Krafft, 〈30. Juli 1781〉 . . . . . . . . . . EB 131. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, 〈zwischen 6. und 12. August 1781〉. . . . . . . . . . . . . . . . EB 132. An Johann Gottlob Gläser, 〈29. August 1781〉 . . . . . . . . EB 133. An Catharina Elisabeth Goethe, 〈10. September 1781〉 .

395 395 395 396 396 396 396 397 397 397 398 398 398 398 398 399 399 399 399 400 400 401 401 401 401 402 402 402 402 402 403

XXVI

Verzeichnis der Briefe

EB 134. An Jeanette Brossard, 〈25. September 1781〉 . . . . . . . . . EB 135. An Barbara Schultheß, 〈17. oder 18. November 1781〉 . EB 136. An Carl Ludwig von Knebel, 〈vor dem 26. November 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 137. An Carl Ludwig von Knebel, 〈vor dem 14. Dezember 1781〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

403 403 404 404

Amtliches A 1. A 2. A 3. A 4. A 5. A 6. A 7. A 8. A 9. A 10. A 11. A 12.

An Jean Antoine de Castrop?, 23. Januar 1780.. . . . . . . An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, 14. September 1780. . . . . . . . . . . . An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, 20. September 1780. . . . . . . . . . . . An Eberhard Sylvius von Franckenberg mit Johann Ludwig Eckardt, 23. April 1781 . . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 7. Mai 1781 . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 1. Juni 1781. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Ludwig Eckardt, 5. Juni 1781 . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 30. Juni 1781 . . . . . . . An Johann Ludwig Eckardt, 〈zwischen 27. Juni und 2. Juli 1781?〉 . . . . . . . . . . . . . . An Johann Ludwig Eckardt, 〈2. Juli 1781〉 . . . . . . . . . . An Johann Ludwig Eckardt, 〈4.? Juli 1781〉 . . . . . . . . . An Johann Ludwig Eckardt, 14. Juli 1781 . . . . . . . . . .

407 407 408 409 410 410 411 411 412 413 413 413

Nachträge GB 3/A 1a. An Jacob Friedrich von Fritsch, 〈zwischen 24. April und 4. Mai 1778?〉 . . . . . . . . . 417 GB 3/A 1b. An Jacob Friedrich von Fritsch mit Christian Friedrich Schnauß, 〈zwischen 1. und 6. Dezember 1778〉 . . . . . . . . . . 417

Verzeichnis der Briefe

XXVII

Schriftarten, Siglen und Zeichen recte petit

Sperrung Sperrung

Sperrung grotesk Sperrung Sperrung

G? ××× abcd 〈abcd〉 〈 〉 l ⎡abcd⎤ ⎣abcd⎦ |abcd| ⎡abcd ⎡ ⎤ abcd⎤ ↓abcd↓ ∫ ∩ abcd abcd ......... abcd abcd efgh abcd efgh ijkl abcd efgh

gestr. ab / |:abcd:|

Text Goethes Text von fremder Hand (in Goethes Briefen) Hervorhebung doppelte Hervorhebung dreifache Hervorhebung lateinische Schrift Hervorhebung in lateinischer Schrift doppelte Hervorhebung in lateinischer Schrift zweifelhafte Eigenhändigkeit (bei Korrekturen) unlesbare Buchstaben unsichere Lesung Zusätze des Editors Textverlust der Vorlage Abbrechungszeichen über der Zeile ergänzt unter der Zeile ergänzt in der Zeile ergänzt am rechten Rand oder in der rechten Spalte ergänzt am linken Rand oder in der linken Spalte ergänzt am unteren Rand ergänzt nachträgliche Trennung nachträgliche Zusammenschreibung gestrichen Streichung durch Unterpungieren rückgängig gemacht Streichung in der Streichung Streichung vor der Niederschrift des folgenden Wortes oder Zeichens (Sofortkorrektur) später ersatzlos gestrichen (Tilgung) Stützwort zur eindeutigen Zuordnung einer varianten Textstelle gestrichen a überschrieben durch b oder korrigiert zu b Seitenwechsel in der Handschrift; Absatzzeichen in den Varianten historische Klammerzeichen

XXVIII

Verzeichnis der Briefe

BRIEFE 1780 – 1781

TEXTE

JANUAR 1780

3

1. An Charlotte von Stein Darmstadt, 1. Januar, Homburg, 3. Januar 1780. Samstag und Montag Darmstadt dl. 1 Jan 1780. Seitdem wir uns an den Höfen Herumtreiben und in der sogenannten grosen Welt hin und her fahren ist kein Seegen für die Correspondenz. Das schöne Jahr haben wir in Dieburg mit kleinen Spielen angefangen, wo Diedens der Stadthalter seine Schwägerinn, Graf Nesselrodt zusammen waren. Heut sind wir wieder hier, morgen in Homburg, Dienstag wieder hier, wo die Erbprinzess das Melodrama geben wird. Seit einigen Tagen hat eine herrliche Kälte Himmel und Erde aufgeklärt. Der Herzog ist munter und erkennt sich nach und nach im alten Elemente wieder, beträgt sich vortrefflich, und macht köstliche Anmerckungen. Von mir kan ich das nicht rühmen ich stehe von der ganzen Nation ein für allemal ab, und alle Gemeinschafft die man erzwingen will, macht was halbes, indess führ ich mich so leidlich auf als möglich. Hier gefällt mir die Pr. Charlotte, |:der verwünschte Nahme verfolgt mich überall:| doch hab ich auch nichts mit ihr zu schaffen abr ich seh sie gerne an, und dazu sind ia die Prinzessinnen. / Wenn Sie iezt von dieser Welt wären könnt ich mit einer schönen Anzahl Schilderungen aufwarten coll amore dell odio gezeichnet. Es ist unglaublich was der Umgang mit Menschen die nicht unser sind den armen Reisenden abzehrt, ich spühre ietzt manchmal kaum dass ich in der Schweiz war. Adieu und glückliches neues Jahr. Ich muss aufhören meine Feder ist zu elend und in einem Schloss ist wie sie wissen nichts zu haben. Homburg dl. 3 Jan. So ziehen wir an den Höfen herum, frieren und langeweilen, essen schlecht und trincken noch schlechter. Hier iammern einen die Leute, sie fühlen wie es bey ihnen aussieht und ein Fremder macht ihnen bang. Sie sind schlecht eingerichtet, und haben meist Schöpse und

5 Stadt×halter 20 s×pühre 25 wier 26 dau iammern 27 fFremder

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BRIEFE 2/3

Lumpen um sich. Ins Feld kan man nicht, und unterm Dach ist wenig Lust. Ihren Br. vom 27 Dez erhielt ich gestern, schreiben Sie mir nun ich bitte nach Eisenach bey S t r e i b e r n abzugeben. Wir sind übrigens sehr wohl, die Bewegung, die frische Lufft thun das ihrige und die Sorglosigkeit ist eine nährende / Tugend. Hab ich Ihnen schon geschrieben, dass ich unterweeg eine Operette gemacht habe? Die Scene ist in der Schweiz, es sind aber und bleiben Leute aus meiner Fabrick. Kayser soll sie komponiren und wenn ers trifft, wird sich s gut spielen lassen es ist eingerichtet dass es sich in der Ferne, bey Licht gut ausnimmt. Den sogenannten Weltleuten such ich nun abzupassen worinn es ihnen denn eigentl sizt? Was sie guten Ton heisen? Worum sich ihren Ideen drehen, und was sie wollen? und wo ihr Creisgen sich zuschliest? Wenn ich sie einmal in der Tasche habe werd ich auch dieses als Drama verkehren. Interessante Personae Dramatis wären. Ein Erbprinz Ein abgedankter Minister Eine Hofdame Ein apanagirter Prinz Eine zu verheurathende Prinzess Eine reiche und schöne Dame Eine dito hässlich und arm. Ein Hofkavalier der nie etwas anders als seine Besoldung gehabt hat. Ein Cavalier auf seinen Gütern der als Freund vom Haus bey Hofe tracktirt wird / Ein Avanturier in französchen Diensten eigentlicher: in französcher Uniform. Ein Chargé d’affaires bürgerlich. Ein Musickus, Virtuoso Komponiste beyher Poete. Ein alter Bedienter der mehr zu sagen hat als die meisten. Ein Leibmedikus Einige Jäger, Lumpen, Cammerdiener und pp.

1 sich,. 9 eist 10 lLicht 14 ausch 15 I×nteressante 20 verheura|t|hende 30 ×Virtuoso

JANUAR 1780

5

Diese Nachricht bitte als ein Geheimniss zu verwahren denn ob es gleich nicht viel gesagt ist so könnte mir doch ein andrer den Braten vorm Maul wegnehmen. Adieu beste. In Eisenach find ich was von Ihnen. Bald wirds von uns nicht mehr heissen sie kommen sondern sie sind da.

5

2. An Christian Friedrich Schwan Frankfurt a. M., 10. Januar 1780. Montag 〈Faksimile〉 Franckfurt dl. 10 Jan 1780 Hl. Bruire hat mir die verlangten Zeichnungen geschickt, ich habe ihn wegen der Zahlung des was ich ihm dafür schuldig geworden an Sie gewiesen. Haben Sie die Güte soviel als er verlangt von den Hl. Schmalz, die darüber Ordre haben, zu erheben, und es ihm zu zustellen. Die viele Mühe die ich Ihnen mache beschämt mich, doch hoff ich die Nothwendigkeit wird mich entschuldigen. Goethe

10

3. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Mitte Januar 1780〉 Ich schicke Ihnen was ich von alten Krizzeleien von Franckfurt mitgebracht. Ein Kupfer nach Raphael, und einen Epheu der in den Zeitungen steht und bitte mich zu Gaste G

15

6

BRIEFE 4/5

4. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 17. und 〈18.?〉 Januar 1780. Montag und 〈Dienstag?〉 Weimar dl. 17 Jan 80.

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25

Wir sind glücklich, wohl und vergnügt wieder angekommen. Ihre Packete hab ich in Franckfurt richtig erhalten und dancke recht sehr. Durch Ihre Aufmercksamkeit auf diese Dinge, und Ihre Bemühungen mit Petern, leisten Sie mir einen wahren Dienst, und vergelten mir reichlich alles was ich etwa für Sie gethan habe. Seyn Sie wegen der Zukunft ohne Sorgen es werden sich gewiss Gelegenheiten finden wo Sie nüzlich seyn können, indess fahren Sie wie bisher fort. Nächstens will ich Rieden das verflossne Vierteljahr schicken auch Ihnen was Sie etwa nebenher schuldig geworden, melden Sie mir wieviel, und einiges Taschengeld auf das Gegenwartige. Für Petern will ich auch sorgen. Nur soviel diesmal in Eile G. / Ich erhalte Ihren Brief und will das nötige besorgen, bleiben Sie ruhig. Nachstens schicke ich Geld und schreibe mehr. G Der Brief ist zurückgeblieben und ich entschliesse mich gleich das Geld zu schicken. Ihren Wirth bedaur ich. Die Fr. Ried erhält durch dieses das verflossne vierteljahr. Ihnen schick ich auch 25 f ihre Schulden zu bezahlen und sich weiters fort zu helfen. Nächstens wenn das Wetter besser wird will ich Ihnen einen Wagen schicken und Sie abhohlen lassen, wenn ich nicht selbst komme. Wegen Petern schreib ich an Hl. v. Staff. Fahren Sie fort das möglichste mit ihm zu thun. Die Strafe wegen des leidigen Handels bezahlen Sie nur ohne umstände, ich will ihnen lieber das Geld dazu geben als dass Sie um Abolition einkommen. Die Sache wird nur dadurch wieder lebendig, und

2 glücklich×, 11 dieas 17 einen Boten mit ⎡gleich⎤ demas Gelde 24 Sp Strafe 26 leb wieder lebendig

JANUAR 1780

7

ich möchte nicht dass der Herzog Ihren Nahmen bey so einer Gelegenheit zu sehen kriegte. Bezahlen Sie nur und schreiben was es macht.

5. An Carl Ludwig von Knebel, Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach, Christoph Martin Wieland und Carl Theodor von Dalberg Weimar, 19. Januar 1780. Mittwoch An Herrn Hauptmann von Knebel zu geneigter weitern Beförderung. G. Den 4. May. 1778. schrieb der Herr Stadthalter von Dalberg ein Billet in folgenden: „Müller, der Maler, geht nach Italien. Wünscht Unterstützung, braucht sie. Verspricht dagegen Zeichnungen, Nachrichten von seiner Reise warmes Danckgefühl. Also bis zu seiner Rückkunft eine jährliche Pension: Ich wage es eine Subcription zu eröfnen:“ Es unterzeichneten sich Durchl. Herzog. . . . . . . . . . . . . . . . . für 20. Louisd’ors Durchl. Herzogin Mutter . . . . . . . . . . . . 10. Louisd’ors Durchl. Reg. Herzogin . . . . . . . . . . . . . . 10. Louisd’ors Durchl. Prinz Constantin . . . . . . . . . . . . 10. Ducaten Göthe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ducaten Wieland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ducaten von Knebel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Louisd’ors von Dalberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Ducaten

9 |,| ⎡der Maler,⎤ fremde Hd

5

10

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BRIEF 6

Müller der im August nach Italien gieng, erhielt durch mich den grösten Theil der Pension fürs erste Jahr im September, mit dem Versprechen, daß jährlich fortgefahren werden solte, und er also seine Einrichtung darnach machen könne. Er erwartete also vergangenen September die versprochene Summe zum zweytenmal, da aber in meiner Abwesenheit Niemand war, der das Geld einsamlete und besorgt hätte, so gerieth Müller dadurch in große Verlegenheit. Er schrieb einen Brief von Rom den 16. vergangenen Octobris, den ich bey meiner Rückkunft antraf. Er klagt, daß mann zu Manheim übel mit ihm umgehe und seine einzige Hofnung auf die Beyhülfe von Weimar setze. Ich zeichne einige Stellen des Briefes / aus: „Ich habe ein Stück für Sie fertig, was es ist, will ich Ihnen jetzo gleich sagen, hernach können wir weiter fortreden. Dieß Stück ist aus der Epistel Judä genommen, stellt den Streit des ErzEngel Michaelis mit Satan über den Leichnam Mosis vor, ein Subject das Raphael oder ein Michel Angelo hätte mahlen sollen – Kurz ich habs gemacht, und wie ichs gemacht, werden Sie bald sehen, wenn ichs künftiges Frühjahr durch meinen Freund Mechau nach Weimar werde überbringen laßen – Wers einmahl gesehen kommt immer und siehts wieder, und ob ich gleich nur ein Jahr hier bin, hat mirs doch so viel zu wege bracht, daß mein Wort immer unter denen die zwölf und funfzehn Jahre schon hier studiren, gilt – Wie wollen Sie’s denn künftig mit meiner Pension einrichten, daß ich sie hier zu gewißen Zeiten ziehen und darnach meine Maasregeln in Ansehung der Ausgaben zu meinem Studio nehmen kann – Seyn Sie versichert, ich werde Ihnen als ein ehrlicher Mann immer so viel Arbeit dagegen liefern, daß Sie gewiß nicht zu kurz dabey kommen sollen – Das erste Jahr konnt ich nicht sogleich wie ich wolte, bis mann Rom kennen lernt, alle Gallerien, Villen, Monumenten p bis mann sich zum arbeiten eingericht, eine Werckstelle gefunden (wie ich denn bis dato noch keine eigene habe, und immer / noch zu Gast arbeiten muß, das im Grunde sehr verdrüßlich ist) alles das nimmt Zeit hinweg, und dann

16 genomm×en 29 li×efern

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wird auch die erste Arbeit nicht gleich so, daß mann sie einem brafen Mann zuschicken mag. Auf künfftiges Frühjahr hoff ich werden Sie mit mir zufrieden seyn. Dencken sie also darauf mein lieber Göthe, wie Sie’s mit meiner Pension einrichten wollen – Der Winter bricht jetzt heran, da verdoppeln sich viele Ausgaben, ich muß mir eine eigene Werckstätte anschaffen, sollt ich mirs auch am Maul abspahren – Wir Teutsche müßen unsere eigene Academie hier unterhalten p Glauben Sie daß zu dem Gemälde das ich Ihnen überschicken werde die Studien allein an Modellen, Gipse, Mahlereyen die ich copirte, und für die Erlaubniß bezahlen müßen, mich über dreysig Zechinen belaufen – Das ist so wahr Gott lebt die Wahrheit.“ Unter diesen Umständen habe ich sogleich bey meiner Rückkunft die gantze Summe, die 304. rl. 12. gl. nach hiesigl. Gelde ausmacht, an ihn nach Rom übermacht, und erbitte mir von seinen hohen Gönnern gnädigen und gefälligen Ersatz. Ich bin überzeugt, daß er der wolthätigen Gesellschaft in der Folge sowohl Ehre als Vergnügen machen wird. Wegen einer Einrichtung für die Zukunft will ich mich mit ihm abreden und seine Antwort vorzulegen nicht verfehlen. Weimar Goethe den 19. Jan. 1780.

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6. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Januar 1780. Mittwoch Die Ungeschicklichkeit des Glücks zu ersezen dl. 19 Jan 80 G.

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BRIEF 7

7. An Philipp Christoph Kayser Weimar, 20. Januar 1780. Donnerstag Weimar den 20 Januar 1780.

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Ihren Brief lieber Kaiser vom 16 Dez. habe ich erst bei meiner Rükreise in Weimar gefunden, da schon von Frankfurt die versprochne Operette mit dem neuen Jahr abgegangen war die Sie schon lange haben müssen und worüber ich Ihre Gedanken erwarte. Nach Ihrem Verlangen schike ich Ihnen ein zweites Exemplar, wo ich an die Gesänge mit rother Dinte das allgemeinste des Tons beigezeichnet habe, freilich nicht viel mehr als Ihnen die Verse selbst sagen werden. Den Charakter des Ganzen werden Sie nicht verkennen, leicht, gefällig, offen, ist das Element worinn so viele andre Leidenschaften, von der innigsten Rührung biss zum ausfahrendsten Zorn u.s.w. abwechseln. Edle Gestalten sind in die Bauernkleider gestekt und der reine einfache Adel der Natur soll in einem wahren angemessnen Ausdruk sich immer gleich bleiben. Sie haben in dem Augenblik da ich dieses schreibe, vielleicht schon mehr über das Stük nachgedacht als ich Ihnen sagen kann, doch erinnere ich Sie nochmals machen Sie sich mit / dem Stüke recht bekannt ehe Sie es zu komponiren anfangen, disponiren Sie Ihre Melodien Ihre Accompagnements u.s.w. dass alles aus dem Ganzen und in das Ganze hinein arbeitet. Das Accompagnement rathe ich Ihnen sehr mässig zu halten nur in der Mässigkeit ist der Reichthum, wer seine Sache versteht thut mit zwei Violinen, Viole und Bass mehr als andre mit der ganzen Instrumentenkammer. Bedienen Sie sich der blassenden Instrumenten als eines Gewürzes und einzeln; bei der Stelle die Flöte, bei einer die Fagot, dort Hautbo, das bestimmt den Ausdruk und man weis was man geniesst, anstatt dass die meisten neuen Componisten, wie die Köche bei den Speissen einen Hautgout von allerlei anbringen, darüber Fisch wie Fleisch und das Gesottne wie das Gebratne schmekt. Recitatif brauchen Sie nach meiner Anlage gar nicht, wenn Sie an einem Orte den Gang einhalten, die Bewegung mässigen wollen, so hängt es von

6 Ihrenen 7 ×des 11 zZorn 16 sSie

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Ihnen ab solches durchs / Tempo, allenfalls durch Paussen zu bewürken, doch bleibts Ihnen ganz frei wie sichs Ihnen im Geistigen Ohre vorstellt. Ich bin neugierig Ihre Gedanken über das Stük zu hören. Ich bitte Sie währender Arbeit mir immer manchmal was zu melden, es erregt eines in dem andern einen guten Gedanken. Noch muss ich eins anführen! Von dem Moment an da Thomas das Quodlibet zu singen anfängt geht die Musik ununterbrochen biss zu Ende fort und wird wenn man es mit einem Kunstterm stempeln wollte zu einem ungeheuren langen Final. Ich bin gewiss dass ich mit iedem andern Musikus ausser Ihnen viel Händel haben würde, weil so mancherlei Melodien und Ausdrüke auf einander folgen, ohne dass die schiklichen Pantomimen zu langen Vorbereitungen Ausführungen und Uebergängen Plaz liese. Mit Ihnen ist es mir aber Gott sei Dank gar nicht bange. Was ich an Ihren Sachen am meisten schäze ist eben diese Keuschheit, die Sicherheit mit wenigem viel hervorzubringen und mit einem einzigen veränderten Griff mehr zu thun als / wenn andre sich in weitläufigen Orgeleien den Zügel schiessen lassen. Bei dieser Gelegenheit wird Ihnen das variiren eben derselbe Melodie grosse Dienste thun und es ist ein sehr schöner einfacher Eindruk den man am rechten Orte durch einen minor durch eine gewandte Harmonie hervorbringt. Ich sage Ihnen lauter Sachen die Sie besser wissen konnen als ich, doch ist es auch gut dass Sie in der Ferne bestimmt wissen in wie fern wir eines Sinnes sind. Lassen Sie dieses kleine Stük Ihr anhaltend Studium sein, und zeigen Sie dadrinne Ihren ganzen Reichthum dass Sie nicht mehr hineinlegen als ihm gehört. Schreiben Sie mir ia bald. Bald hatte ich das Nothwendigste zu sagen vergessen. Die Aktrice, der Batys Rolle zugedacht ist hat einen schönen Umfang von Stimme und ist eine geübte Sängerinn, die beiden Mannsleute sind Tenore, zwar nur Liebhaber, doch aber Leute die sich zu finden wissen. Thomas sollte eigentlich eine Basstimme sein, diese aber haben wir nicht. Die Mutter ist eine gute Sängerinn. G.

7 ununtertbrochen 17 schiesesen 27 deren

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BRIEFE 8–12

8. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende Januar 1780〉

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Ich dancke l. Engel für die Vorsorge. Hierhausen bin ich soweit ganz gut, hab auch alles beysammen. Der Kopf ist mir nur gar sehr eingenommen ich darf nicht einmal Bilder sehen. Wenn Sie etwa mit einigen guten Freunden gegen Abend zu mir kommen wollten, die Stunden werden mir immer am sauersten. Adieu

9. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende Januar/Anfang Februar? 1780〉

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In Ermanglung des Wassers das Tanzt und der Aepfel die singen, oder was sonst den Damen Vergnügen machen könnte schick ich einige Blumen ausser der Jahrszeit, und wünsche offt den Packat und immer ihn zu solviren oder was sonst das Spiel wünschenswerthes mit sich bringt. G.

10. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang Februar 1780〉 Ich schicke meine neu angekommnen Zeichnungen dass etwas von mir zu Ihnen gehe und bey Ihnen bleibe bis ich komme. Ich lauffe spazieren, sie sehen es ist das schonste erste Wetter G

11. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. Februar 〈1780. Sonntag〉 15

Wie gehts Ihnen heute und was fangen Sie an. Gestern Abend hätt ich Sie gerne besucht, ich musste aber hin wo die Kutsche hinwollte. Es ist mir gar leidlich. Gestern Trieb ich s schon wieder ein bissgen zu arg, 7 vVergnügen 11 neue

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hörte das Alex. Fest, und schwazzte zu viel bey der Herzoginn und erzählte, dass mirs gegen Abend nicht ganz recht war. Gehn Sie heut nach Hof? G. dl. 6 Febr 79. Schicken Sie mir doch das Stückgen Reisebeschr vom Munsterthal, Lac

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de Joux, und Savoyen! ich schreibe am Wallis.

12. An Johann Caspar Lavater Weimar, 7. Februar 1780. Montag Weimar den 7 Febr. 1780. Ich muss dir von dem, was bisher vorgefallen Nachricht geben. Angekommen ist, ausser deinem lezten Transp. von dem du schreibst wo bei der Corregge ist, alles ganz glüklich. Der Hamilton zulezt, und zugleich dein Paquet mit der Abschrift der Offenbahrung. Ich muss sagen ie mehr ich die erste Capitel lese ie mehr gefallen sie mir, auch finden sie bei iedermann Beifall. Nicht so ist es mit der zweiten Hälfte des Buchs. Ich glaube aber auch zu finden, worinn mich andre bestärken, dass die andre Helfte des Buchs bei weitem nicht den Werth wie die erste hat. Ihr habt, wie ich höre eure Stimmen über Herders Buch viritim gesammelt und ihm zugeschikt. Ich habe sie noch nicht zu sehen gekriegt. Deine Albrecht Dürers, Martin Schön und Lukas von Leiden, die du von Toggenburg und von Heideggern hast sind alle schon recht schön von ihren alten Papieren losgelöst und warten nur drauf bis der lezte Transport deiner eignen ankommt um wieder in recht schöner Ordnung aufgetragen zu werden. Ich hoffe du sollst an dieser Sammlung, wenn sie fertig ist ein Vergnügen haben. Ich werde dir ieden Meister besonders halten und von denen wo ichs wissen kann den Werth der Blätter und Abdrüke bestimmen. Bei der Albrecht Dürerischen Sammlung, will ich so viele Blätter als mir Stüke fehlen frei lassen und die Nummern drauf schreiben, dass du sie wenn du sie künftighin be1 Fest., 5 ×Reisebeschr 5 SLac 6 Joux., 16 für ×viritim 18 dieu 21 Transgport 21 ankomment 27–14,1 nbekömmst (n versehentlich nicht gestr.)

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BRIEFE 13–15

kömmst nur einkleben darfst. Von den Martin Schöns und Lukas von Leiden kenn’ ich keinen kompletten Catalogus kann es also damit nicht eben so machen. Einige Blätter die dem Herzog in seiner Sammlung fehlen, werd / ich dir zurükbehalten, dafür wirst du aber die er doppelt besizt und die ich sonst für dich auftreiben kann bei den deinigen mit eingeheftet finden. Das getuschte Portrait von dir, das in der Offenbahrung lag hab’ ich sogleich als wenn dus vor mich hinein gelegt hättest angenommen. Es ist wenn man sich erst mit der Trokenheit und Bestimmtheit verglichen hat, wie mich dünkt, ein sehr gutes Bild Ich bitte dich mir auf das baldeste ein kleines producibles Avertissement zu schreiben deine französche Phisiognomik betreffend, so wohl, welchen Weeg du einschlägst das Buch dem Publiko nüzlich zu machen, als auch vorzüglich wie viel man dafür bezahlen soll und wann man das Buch erhalten wird, was ich dir alsdenn auf diese bestimmte Anzeige für Subscribenten verschaffen kann will ich gerne thun, denn gegenwärtig scheut sich iedermann, sich in ein Werk einzulassen das so weit wie dein teutsches Werk führen und so theuer zu stehen kommen könnte. Aus beiliegendem Briefe wirst du ersehen dass dein befehlendes Gebät nicht überall durchgeht. Lass, ich bitte, die Sache ruhen, und thue wenn du ihm wieder schreibst weiter nicht als wenn was gewesen wäre. Wenn wir einander was zu Gefallen thun können wollen wir’s thun und andre ungeplagt lassen. Semlers ganzen Brief an dich mögt ich sehen. Ich habe vierzehn Tage eine Art von Catharfieber gehabt und muss noch iezo mit meiner Arbeit ganz sachte zugehen. Vergiss doch ia nicht mir die / Lotte kopieren zu lassen. Schmieds Bibel wirst du haben Die Cenci und zwei Gluks warten auf einen Fuhrmann. Grüse deine Frau und deine Kleinen, Bäben und Pfenningern. Schreib mir manchmal was du machst dass wir beisammen bleiben. G

4 züurükbehalten 4 aber die die 7 ×mich 15 Subscribendten 21 er das ⎡was⎤ G 22 zuge Gefallen 27 eine ⎡die⎤ G 28 Fuh-rmann (Trennungsstrich am Zeilenumbruch überschrieben)

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NB.

Einige meiner Freunde denen ich sagte du hättest dem Buche wollen, M e s s i a d e J o h a n n i s zum Titel geben, haben ihn sehr schicklich gefunden sie sagen zwar auch mit mi〈r〉 dass der Seitenblick auf Klopstock eine〈n〉 Augenblick anstose, es sey aber weil doch dieses Buch weit mehr als ein andres und in deiner Behandlung tausendmal mehr als Klopst. Gedicht den Messias v e r g ö t t r e, ein guter Gedancke dies Buch Messiade zu heissen, und dadurch das Licht auf den Leuchter zu stecken. Thu was du meinst. Ich habe offt fur lauter Recht würcklich unrecht. G

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13. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 9. Februar 1780. Mittwoch Guten Morgen m. beste. Haben Sie Sich wohl erlustigt, haben Sie ein angenehmes Tarock gespielt und bey irgend einem Thiere mein gedacht? G dl. 9ten Febr 80.

14. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 10. Februar? 1780. Donnerstag?〉 Hier den gewohnlichen Morgen Tribut! Zu Mittage seh ich Sie in Tiefurt! G.

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15. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 10. Februar 〈1780. Donnerstag〉 Ich habe so viel zu thun, dass ich nicht sagen kan als, ich bitte Sich zu beruhigen. Sie haben den Fehler der zu grosen Aengstlichkeit und dass Ihre immer geschafftige Immagination alles aneinander hängt, und 4 gefunden, (Komma gestr.) 4 ×auf

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BRIEFE 16–18

überall Sturz und Fall und das Ende aller Dinge zu sehen gewohnt ist. Solang der Amtmann rechtschaffen handelt hat er nichts zu fürchten. Was diese Sache für eine weitere Wendung nimmt wird zu erwarten seyn. Mischen Sie sich in weiter nichts und bleiben still auf ihrem Plaz. W. dl. 10 Febr. 79 G.

16. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar, 12. oder 13. Februar 1780. Samstag oder Sonntag〉 〈Faksimile〉 Ew Exzell.

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nehme mir die Freyheit mit einer Bitte zu behelligen. Schon lang hatte ich einige Veranlassung zu wünschen dass ich mit zur Gesellschafft der Freymaurer gehören mögte, dieses Verlangen ist auf unsrer lezten Reise viel lebhaffter geworden. Es hat mir nur an diesem Titel gefehlt um mit Personen die ich schäzzen lernte in nähere Verbindung zu treten, und dieses gesellige Gefühl ist es allein was mich um die Aufnahme nachsuchen lasst. Wem konnt ich dieses Anliegen besser empfehlen als Ew Exzell? Ich erwarte was Sie der Sache für eine gefällige Leitung zu geben geruhen werden, erwarte darüber gütige Wincke, und unterzeichne mich ehrfurchtsvoll Ew Exzell ganz gehorsamster Diener Goethe

13 geselliige

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17. An Christian Friedrich Schwan Weimar, 18. Februar 1780. Freitag Wohlgebohrner Hochzuehrender Herr

Von Frankfurt aus hab’ ich mir die Freiheit genommen Sie wegen des Mahler Bruins zu beschweeren, ich habe Sie gebeten ihm wegen seiner Bemühungen etwas anzubieten und die Auslagen auf ordre deren Herren Bettmänner wieder einzukassiren. Ich habe die Zeit nicht gehört ob er etwas angenommen und wünschte doch eh’ ich ihm wieder schreibe es zu wissen. Wollten Sie doch die Güte haben mir mit wenigen Worten Nachricht zu geben. Grüsen Sie Müllern in Rom vielmals, wenn Sie ihm die hundert Dukaten überschiken und verzeihen Sie die doppelten Beschweerden die ich Ihnen verursache. Weimar den 18tn Febr. 1780.

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Ew. Wohlgebl

ergebenster Diener Goethe

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18. An Jacob Samuel Wyttenbach Weimar, 18. Februar 1780. Freitag Mit Vergnügen erinnere ich mich der wenigen angenehmen und lehrreichen Stunden, die ich bei Ihnen zugebracht, und nehme mir die Freiheit Sie an das versprochene Exemplar Wagnerischer Prospekte zu erinnern. Sollte es etwa schon abgegangen sein so bitte ich um einige Worte Nachricht. Auf unsrer übrigen Reise durch die Schweiz bin ich Ihrem guten Rathe gefolgt, und habe mich sehr wohl dabei gefunden.

8 mitr 9 sSie 16 vVergnügen 17 zugebracht|,| 18 sSie 21 gefolgt|,|

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BRIEFE 19/20

Wir sind so glüklich gewesen bei schönstem Wetter und ohne den mindesten Zufall auf Genf, Chamouni, über Trient ins Wallis, dasselbe ganz hinauf, über die Furka und Gotthardt und den vier Waldstättersee nach Luzern zu kommen. Haben Sie die Güte wenn Ihnen die Zeit übrig bleibt mir in der Folge Ihre merkwürdigen Entdekungen mitzutheilen und bleiben Sie meiner Hochachtung versichert. Weimar den 18tn Febr. 1780.

Goethe

19. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 18. Februar? 1780. Freitag?〉

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Fahren Sie wohl. Ich kanns doch nicht lassen und folg ihnen nach Tiefurth G.

20. An Johann Christian von Düring Weimar, 20. Februar 1780. Sonntag 〈Konzept〉 Weimar den 20 Febr. 1780. Hochwohlgebohrner Hochgeehrtester Herr 15

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Ich verfehle nicht Ihnen sogleich die Nachricht zu ertheilen dass Herr v. Scholley endlich das Legat für Peter im Baumgarten ausgezahlt hat. Den 14 Jan. und 15 Febr. sind iedesmal 200 St Louisd’or zu 5 rh und also 2000 rh an meinen Banquier in Eisenach eingegangen. 1000 rh hab ich sogleich davon als ein Capital bei der Eisenacher Landschaftskasse angelegt, von den andern 1000 ist folgende Verwendung zu machen.

2 Genf|,| 2 Chamouni|,| 2 Tirient G? 2 Wallis|,|

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Herr von Salis zu Marschlins hat laut beyliegender Rechnung eine Forderung von 60 ¹⁄³ alte französche Louisd’or die nach des seel Lindaus lezten Willen und nach den ersten Ausserungen des Herrn v. Scholley von dem Legate abgekürzt werden sollen. Ich habe dem Herrn v. Salis sogleich dieses Geld in Frankfurt angewiesen und diesen Mann der mir in der lezten Zeit die dringendste Briefe geschrieben und mir eine förmliche Substitutions Urkunde geschikt befriediget. Ferner ist Peter an einen gewissen Ramont in Colmar auch noch 8 neue Louisd’or schuldig, welche Post ich auch untersuchen und abtragen werde. Die Rechnung meiner eignen baaren Auslagen für den Knaben biss ult. 1779 beträgt 367 rh 12 gl 5 dl. Daraus denn zusammen beiliegende Berechnung entsteht Ich überlasse es nunmehr denen gegen mich geäusserten gnädigen Gesinnungen in wie fern es denen Frauen und Fräul Schwestern meines seel Freundes gefällig / sein wird dieses Kapital wieder zu komplettiren und in der Folge während der Erziehung dieses Knabens ganz zu erhalten. Es lässt sich derselbe gegenwärtig ganz gut an und ich habe einem Verständigen und braven Mann, der sich in Ilmenau aufhält bewogen dass er ihm im französchen Rechnen Schreiben Zeichnen auch den nothwendigsten Anfangsgründen der Wissenschaften eine beständige Uebung unterhalte. Noch muss ich bemerken dass die Forderung des Herrn von Salis an meinen seel Freund durch die 60¹⁄³ Louisd’or nicht völlig getilgt ist. Nach obgedachter beyliegenden Rechnung steht noch vor Andreas Feurer die Summe von 678 fl 43 kr Churer Valuta oder 62½ . . alte französche Louisd’or zurük. Ich habe diesen Posten bei Herrn von Schollei in Erinnerung gebracht und bitte gleichfalls um baldige Be-

1 ⎤laut beyliegender Rechnung⎤ G (mit Einweisungszeichen) 7 Con⎡Sub⎤stitution|s| zur Urkunde G 9 unftersuchen 11 MDie 12 folgende ⎤beiliegende⎤ (mit Einweisungszeichen) 13 ⎣entsteht⎦ G 14 g×nädigen 15 den|en| ⎤Frauen und⎤ G (mit Einweisungszeichen) 18–19 erhalten. E / Es 20 gegenwärtig in 26 seiner lezten mir überschikten Rechnung die hier beiliegt ⎤obgedachter beyliegenden Rechnung⎤ G 29 und baldi gleichfalls

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BRIEFE 21/22

richtigung. Es kan das Geld an mich ausgezahlt werden, indem ich eine gerichtliche Vollmacht des Hl. v. Salis in Händen habe

21. An Carl Ludwig August von Scholley Weimar, 20. Februar 1780. Sonntag 〈Konzept〉

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Hochwohlgebohrner Hochzuehrender Herr Mit Vergnügen habe aus einem Brief des Herrn Commerzienrath Streibers ersehen dass das Legat für Peter im Baumgarten nunmehro wirklich ausgezahlt worden Er wird dagegen Ihnen die Generalquittung überschikt haben. Von dieser ist mir auf der Reise das Concept verlegt worden, ich bitte daher zu Complettirung meine Ackten um eine gefällige Abschrift. Zugleich werden Ew. Hochwohlgebohrl. aus beiliegender Rechnung des Herrn von Salis ersehen, was für For/derungen derselbe an die Erben meines seel. Freundes formirt. Die Erste Post Petern im Baumgarten betrefl. die nach dem Testamente sowohl als auch nach der ersten dem Herrn v. Salis gethanen Eröfnung von dem Legate abgezogen werden sollte habe ich gleich mit 60¹⁄³ Louisdor durch die Herren Bettmann in Frankfurt an ihn übermachen lassen. Was nun aber den Ueberrest von 62½ Louisd’or für Andreas Feurer betrift so bitte ich Ew. Hochwohlgebl ia sehr auch diese Post auf das baldigste zu berichtigen und den Herrn von Salis der sein Geld so lange entbehren müssen zufrieden zu stellen. Er hat mir auch dieses Geld einzunehmen eine legale Vollmacht überschikt, wo von ich auf Erfordern eine vidimirte Abschrift mittheilen kann.

1–2 ⎤Es kan dies das Geld 〈…〉 in Händen habe⎤ G (mit Einweisungszeichen) 5 I einem (Ansatz zu I, nicht gestr.) 7 w×or|den| G? 7 Es wi Er 8 vVon 9 ×ich 9 ⎤zu Complettirung meine Ackten⎤ G (mit Einweisungszeichen) 15 er Eröfnung 18 Fehre ⎡Feurer⎤ G 18 ×so 19 wie sie in einem Schreiben vom 21 Febr. 78. auf 22 woIvon

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Ich wiederhole meine Bitte um baldige geneigte Antwort und um eine bei denen grosmüthigen Gesinnungen der von Lindauischen Geschwister so leicht mögliche völlige Beendung dieses Geschäfts. p

22. An Carl Ulysses von Salis-Marschlins Weimar, 20. Februar 1780. Sonntag 〈Konzept〉 Hochwohlgebohrl Hochzuehrender Herr Vor wenigen Tagen hat endlich Herr von Schollei das Legat von 2000 rh berichtiget Ich verfehle nicht sogleich unter dem heutigen dato an die Herren Bettmänner in Frankfurt am Main 60¹⁄³ alte Louisd’or für Sie anweissen zu lassen / so viel beträgt nach Ihrer mir eingeschikte Rechnung die rükständige Pension für Petern im Baumgarten. Wegen der andern Post für Andreas Feurer will ich das möglichste thun um Ihnen dieselbe auch bald einzukassiren doch steh’ ich nicht davor dass der schläfrige und unbehülfliche Herr von Scholley uns nicht auch wieder einige Jahre herumzieht. So bald Sie das Geld erhalten, bitte ich um gefällige Nachricht und Quittung. Behalten Sie mich in gutem Andenken. Es hat mir sehr leyd gethan dass meine lezte Reise in die Schweiz mich nicht in Ihre Gegend geführt hat. Sie hätten gewiss einen Besuch von uns erhalten, wenn die Jahrszeit uns nicht zum Rükzug genöthiget hätte.

9 ⎡nach⎤ iIhre|r| G 11 ×Post 11 Thomas ⎤Andreas⎤ G (mit Einweisungszeichen)

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23. An Johann Lorenz Streiber Weimar, 20. Februar 1780. Sonntag 〈Konzept〉 Wohlgebohrner Hochzuehrender Herr

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Für die gütige Besorgung der verschiedenen Aufträge bezeige ich Ew. Wohlgebl meinen grössten Dank und bitte Sie zugleich von dem bei Ihnen noch vorräthig liegenden Gelde 60¹⁄³ St alte Louisd’or für Herrn Ulysses von Salis in Marschlins bei Chur in Graubündten an die Herren Bettmann nach Frankfurt zu übermachen. Es werden dieselben solche weiters an Herrn Schulthes nach Zürich in der Limmatburg anweisen, von welchem sie sodann Herr von Salis empfangen wird. So viel ich weis haben die Herren Bettmänner schon geraume Zeit Nachricht von diesen einzugehenden Geldern Den Ueberrest bitte ich sodann an den Herrn Landschafts Cas/sier Kern abzugeben der mir solchen mit dem ersten Transport herüber zu schiken die Güte haben wird. Mit Vergnügen kann ich Ihnen melden dass ich von meiner kleinen Unpäslichkeit vollkommen wieder hergestellt bin, und danke für den Antheil den Sie an meinem Wohlsein nehmen wollen. Empfehlen Sie mich Ihrer ganzen werthen Famiele zu geneigtem Andenken. N. S.

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Wollten Sie die Güte haben mir gelegentlich einige Duzend von denen feinen Pappen wozwischen die Risse gepresst werden zu überschiken, ich kann solche um Zeichnungen drauf zu tragen gar wohl benuzen.

5 Rechnung des Herrn 9 ⎡von⎤ welche|m|

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24. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 24.? Februar 1780. Donnerstag?〉 Ich bin zwar wieder kranck will aber doch fahren. Sagen Sie obs noch ist und wan Und lassen Sie mir Hauptmanns Schliten bestellen+ ich bitte. Denn es ist so weit. + und Vorreuter. Er mag nur bereit seyn ich will ihn hohlen lassen

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25. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 28. Februar 1780. Montag Durchlauchtigster Herzog gnädigster Herr, Die funfzehn Bände herzogl. Bernhardischer Papiere habe ich am vorigen Freytag erhalten, und übersende sogleich den schuldigen Empfangschein mit unterthänigstem Danck. Sie sind durch Ew. Durchl gnädige Vorsorge, zum leichteren Gebrauch, so bequem eingerichtet, daß sie ganz apetitlich aussehen, und ich wünschte mit meinen Vorarbeiten so weit zu seyn, daß ich gleich dran gehn und sie nacheinander durchsuchen dürfte. Um aber nicht das hinterste zuförderst, und unnötige Arbeit zu thun, muß ich mich davon zurück halten. Sie sind, wie ich beym flüchtigen Durchsehen finde, insgesammt von den lezten Jahren / des Herzogs, und nun bedaur ich erst, aus eignem Anteile, den Verlust der Schlacht bey Nördlingen, die nun auch mir nach so langer Zeit schädlich wird. Dagegen habe ich aus dem Diarium des von Grün das mir Ew Durchl anvertraut, schon manches merckwürdige ausgezeichnet, es wird mir, soviel ich noch übersehen kan, wohl die wichtigste Quelle bleiben, woraus ich meine Anlagen wässern kan.

11 bequ×em 12–13 Vorarbeiter n

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BRIEFE 26–29

Der Anteil den Ew Durchl. an meiner Arbeit gnädigst nehmen wollen macht mir sie doppelt werth, und ich wünschte auf die würdigste Weise dem Hause Sachsen, dem ich mich gewiedmet habe, in einem seiner grössten Männer meine Verehrung bezeugen zu können, ob ich mir gleich nicht mehr zutraue, als daß vielleicht meine Bemühung einen andern der diesem Geschäffte mehr gewachsen / ist, aufweckt und reizt. Erhalten mir Ew. Durchl. fernerhin guten Muth durch das unschäzbare Wohlwollen dessen gnädige Zeichen und Ausdrücke ich auf das danckbaarste empfinde. Von dem Hofbildhauer Clauer habe ich gehört, daß Durchl vielleicht einige Stücke Stein zu einem Kamin brauchen könnten, sollte der Fall kommen, so bitte um ein akkurates Maas um sehen zu können ob dergleichen Steine vorräthig sind und sie alsdenn Ew. Durchl auf Befehl entweder roh oder von unserm Künstler nach einer genehmigten Zeichnung gearbeitet, übersenden zu können. Der Herzoginn und des Prinzen Durchlauchten empfehle ich mich zu Gnaden, und unterzeichne mich mit wahrster Ehrfurcht und Ergebenheit Ew Durchlaucht Weimar unterthanigsten dl. 28 Febr 1780. Diener, Goethe

26. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 29. Februar 1780. Dienstag

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Der Sturm hat mich die Nacht nicht schlafen lassen, das Treiben der Wolcken ist aber iezt gar schön. Die Zeichnung steht oben beym Herzog, ich bin nicht weit mit der meinigen gekommen. Wenn Sie zeichnen wollen; so lassen Sie das Original nur holen, sonst lassen Sie mirs noch heute. dl. 29 Febr G 1780.

9 ausf 9 dasnckbaarste 25–26 zeigchnen 28 1×780

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27. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 29. Februar 1780. Dienstag Es ist sehr artig dass wir unsre alten Meubles wechseln, ich dancke fürs übrschickte. Gestern hätt ich wohl mitgehn konnen der Schlaf überwaltigte mich als ich nach Haus kam und konnte nichts mehr thun. Vielleicht loken Sie mich durch den Regen nach Tiefurt. Adieu meine liebste beste. dl. 29 Febr. 80. G.

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28. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang März? 1780〉 Dancke fürs Frühstück. Wünsche Glück zur Vermehrung der Freundschafft. und schicke hier einige neue Möbles. Es ist wohl ein Jahr dass ich sie bey mir nicht mehr ansehe, vielleicht seh ich sie wieder wenn sie bey Ihnen hängen G.

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29. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. März 1780. Donnerstag Diese aufblühende Blume wird die schönste Amarillis genant. stellen Sie Sie an das Fenster es wird nicht lange so zeigt sie sich. Sagen Sie mir wie Sie Sich befinde. dl. 2 Marz 80 G

7 wVermehrung 14 sSich

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BRIEFE 30–33

30. An Wolfgang Heribert von Dalberg Weimar, 2. März 1780. Donnerstag Weimar den 2. Merz 1780.

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Das verbindliche Schreiben von Ew. Excellenz mit den angenehmen Zeichnungen würde mich beschämt haben, wenn ich nicht seit meiner Rükkunft bedacht gewesen wäre mein Versprechen zu erfüllen. Ich habe die Mitschuldigen, das Stük womit wir einen Versuch machen wollen, erst selbst nochmals durchgelesen und von Freunden durchlesen lassen, und wir haben verschiedene Verse und Stellen bezeichnet, die einiger Hülfe bedurften. Ich habe sie nach und nach verbessert, wie mich der Trieb dazu anwandeln konnte, und mein Exemplar ist nunmehro beim Abschreiber. Es wird nicht lange währen so erhalten Sie’s und ich bitte um Ihre Gedanken und was Sie etwa sonst vor der Aufführung von mir zu wissen verlangen. Sollt’ ich nur so weit zu Ihnen haben als zu Ihrem Herrn Bruder, so wollten wir freilich manche Erfahrung zusammen machen. Unser Theater rükt nach und nach zusammen und wir denken in wenigen Wochen das erstemal drauf zu spielen. Das lezte was ich gemacht habe ist eine kleine Operette, worin die Akteurs Schweizerkleider anhaben und von Käs und Milch sprechen werden. / Sie ist sehr kurz und blos auf den musikalischen und Theatralischen Effekt gearbeitet. Auch die will ich Ihnen schiken; wenn Sie sie brauchen können so steht sie zu Diensten. Ich höre überall das Rosemund gut gegangen sein soll. Den iungen Schlicht werd’ ich mir merken und im Fall unser Künstler etwa abgehen sollten mich an ihn wenden Verzeihen Sie dass dieser Brief nicht von meiner eigenen Hand ist. Ich habe mirs so angewöhnt, dass ich dicktire wenn ich mich mit Abwesenden unterhalte, dass mir das Schreiben recht zur Pein wird. Empfehlen Sie mich der gnädigen Frau.

2 denen die angenehmen 27 aAbwesenden

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Grüsen Sie Hl. Kobeln viel, er mag doch ia bald etwas von sich hören lassen. Ew Exzell ganz gehorsamster Diener G

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31. An Sophie von Schardt 〈Weimar, 2. oder 3. März 1780. Donnerstag oder Freitag〉 〈Druck〉

Ich will gern in Ihrer Gesellschaft das Fest Ihrer lieben Tante begehn helfen. Kündigen Sie mich auch nur dort an, dass ich nicht als ein ungeladener Gast erscheine. Adieu, liebe Kleine!

32. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. März 1780. Samstag Hier schick ich Stahl den man zur Abwechslung statt der Juwelen in die Haare zu stecken pflegt. Wie ist Ihnen das gestrige Fest bekommen? Mir sehr wohl. dl. 4 März 80 G

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33. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 4. März 1780. Samstag〉 Ich dancke Ihnen dass Sie mir Frizzens Angesicht haben sehen Lassen. Diesen Mittags hab ich Misels und der Probstin Bruder von Leipzig. Die Landschafft die ich schicke, schencken Sie mir wieder, denn ich muss sie der Herzoginn geben, und sie ist doch für Sie gezeichnet G 11 be×kommen 13 79 80 16 ×Misels

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BRIEF 34

34. An Johann Caspar Lavater Weimar, 6. März 1780. Montag Weimar den 6 Merz. 1780.

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Es ist nun lieber Bruder alles nach und nach angekommen und ich vermisse nichts als den schönen Hieronymus des Herzogs von Füeslien gekauft. Hast du ihn etwa aus dem Rahmen gethan und unter die andren Kupfer gelegt? Unter deinen sind vier Abdrüke von diesem Stük, doch keiner der mir so schön deucht als die Erinnerung von ienem. Deine lezten Albrecht Dürers sind endlich auch angekommen, sind beim Buchbinder der sie los weicht und es soll nicht lange mehr währen so sind sie in Ordnung, doch hätt’ ich geglaubt du wärst reicher als du nicht bist. Ich will dir deswegen gleich ein Verzeichnis der Fehlenden schiken damit du von deiner Seite, wie ich von der meinigen arbeiten kannst sie zusammen zu schaffen. Denn ich verehre täglich mehr die mit Gold und Silber nicht zu bezahlende Arbeit des Menschen, der, wenn man ihn recht im Innersten erkennen lernt an Wahrheit Erhabenheit und selbst Grazie nur die ersten Italiener zu seines gleichen hat. Dieses wollen wir nicht laut sagen. Lukas von Leyden ist auch ein allerliebster Künstler. An dem Bild der Madonna in Egypten das du geschikt hast ist alles vortreflich wo die Spur der ersten Hand noch sichtbar ist und wenn es nicht so viel von Ausbesserern übermahlt wäre sollt es ein unschäzbar Bild sein. Lass mir doch lieber / Bruder einen Riss von eurer Dörrmaschine machen und einen kleinen Aufsaz darüber fertigen. Für die Skizen von Füesly dank ich dir recht herzlich. Heideggern magst du im Namen des Herzogs danken. Was soll des Menschen Zuthulichkeit? Ich glaube es ist das gescheutste man lässt ihm einmal ein paar hübsche Landschaften von Krause aus führen und schikt’s ihm dagegen. Ich habe selbst eine schöne Sammlung von geistigen Handrissen, besonders in Landschaften, auf meiner Rukreise zusammengebracht, passe doch ein wenig auf, dir geht ia so viel durch die Hände, wenn du

5 drei ⎡vier⎤ 8 ×nicht 9 gelglaubt 18 ist. (Punkt gestr.) 21 der eurer 22 Skize|n|

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so ein Blat findest, woraus die erste schnellste unmittelbarste Aeusserung des Künstler Geistes gedrukt ist, so lass es ia nicht entwischen wenn du’s um leidliches Geld haben kannst. Mir macht’s ein besondres Vergnügen. Deine Offenbahrung findet überall vielen, und den rechten Beifall, wegen des übrigen sei unbesorgt dein Buch muss sein und bleiben was es ist. Meine Grillen gehören nicht hierher, denn wenn mir auffällt dass durch den Text so wohl als durch deine Arbeit die rasche Gesinnung Petri worüber Malchus ein Ohr verlohr durch gehet, so hat das bei tausend und tausenden nichts zu bedeuten. Ich will auch nicht behaupten dass mein Gefühl das reinste ist, ich kann mich aber nicht überwinden den Innhalt des Buchs / für evangelisch zu halten. Jezt da es andre lesen und mir sagen wie es ihnen vorkommt, seh ich erst recht die trefliche Art wie du es behandelt hast und dein poetisches Verdienst bei der Sache ein. Schreib mir doch wer der Rammont in Colmar ist der an Petern noch was zu fordern hat. Ich habe endlich das Geld gekriegt und auf der Frankfurter Messe wird unser Banquier auch die Schuld an Salis berichtigen, obgleich das was er vor Thomas Feurern zu fordern hat, das nicht ich sondern Lindaus Erben zu bezahlen haben, zurükbleibt. Halte künftighin meine Briefe hübsch in Ordnung und lass sie lieber heften wie ich mit den Deinigen auch thun werde, denn die Zeit vergeht und das wenige was uns übrig bleibt, wollen wir durch Ordnung, Bestimmtheit und Gewissheit in sich selbst vermehren. Dass du so geplagt bist mit kleinen Geschäften ist nun einmal Schiksal. In der Jugend traut man sich zu dass man den Menschen Palläste bauen könne und wenn’s um und an kömmt so hat man alle Hände voll zu thun um ihren Mist beiseite bringen zu können. Es gehört immer viel Resignation zu diesem ekeln Geschäft, indessen muss es auch sein. Steiner ist nicht zu uns gekommen, sondern wie ich höre in Dresden. Ich habe die zwei Carolin an Herdern bezahlt der sie ihm übermachen wird. / Grüse Bäben, ich schreib und schick ihr bald. Grüse Frau und Kinder, und was Kayser dir giebt schick mir bald. Adieu G

7 auf hfällt 8 durchgängig gehet 13 ein und 21 MDeinigen G 28 Geschäft|,|

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BRIEFE 35–37

Dein Br. vom 26 kommt noch vor Abgang dieses. Verdirb nichts an der Apokalypse. Wercken des Gedanckens feilt und saubert man nie Genug, aber s o w a s verliert wenn du das wegnimst was Auswuchs scheinen konnte. Ich müsste zu weitlaufig werden um das bestimmt zu sagen, ich weis es und du verstehst mich. Es thut dein Werck den Menschen wohl und zeugt von dir. Dass du mit meinem Jeri nichts gemeines hast versteht sich, ich dachte nicht dass dus lesen würdest. Es sind so viel Stufen Gänggen, Treppgen und Thürgen von deiner Giebelspizze bis zu so einem Hauswinckelgen, die du Gottsey Danck nie auch nur aus Neugierde herunter gehen kanst. Adieu! Adieu! Der Herzog hat sich die Haare abschneiden lassen, es ist eine ganz neue Dekoration, ich will dir zum Spas die Silhouette schicken. Des armen schlesischen Schaafs erbarme sich Gott und des Lügenpropheten der Teufel. G.

35. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. März 1780. Dienstag

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Diesen Nachmittag dacht ich Sie ins Kloster zu locken aber der Wind ist zu arg. Et puisque sans Vous tuer, on ne scauroit Vous persuader a une telle partie, will ich allein in der Welt herumlaufen und schicke die erste Liebe des Frühlings dl. 7 Marz 80. G

7 ×ich 15 dies 19 vVous

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36. An Adam Friedrich Oeser Weimar, 10. März 1780. Freitag Weimar den 10 Merz. 1780. Meinen besten Dank werthester Herr Professor bezeige ich Ihnen für das gütig überschikte. Das Gefängniss soll abgezeichnet sogleich wieder zurükkommen. Sie schreiben: „Das mitfolgende auf Papier entworffene soll Schuman in des obigen Tone ausführen“ ich finde aber nichts worauf sich diese Linien beziehen könnten. Die Zeichnung des Tischfuses liegt wieder bei ich wähle die terms und bitte Sie versprochnermassen so wohl um die Reinlichkeit des Details als um die Stellung, Construktion und Verbindung des Ganzen. Auch ersuche ich sie mir bald möglichst einen Theaterleuchter zu schiken, denn wir sind bald so weit dass wir des Lichts bedürfen. Sie stehen mein lieber Herr Professor mit noch verschiednen andern Sachen auf meinem Zettelein und ich bitte Sie aber und abermal ia Ihren Plan sicher zu machen, dass Sie mit eintretendem Frühiahr bei uns sein können. Den Brief werd’ ich besorgen und die Kiste erwarten. Goethe

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37. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 17. März 1780. Freitag〉 Schicken Sie mir doch die Bücher, Irene Anticipation pp. und sagen mir wie sie sich befinden. G

3 gabgezeichnet 8 wählte 14 Zettel|ein| ein (Korrektur am Zeilenumbruch) 19 Bücher., 19 ×Anticipation

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BRIEFE 38–43

38. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar〉, 18. März 1780. Samstag

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Aus beyliegendem Brief werden Ew Exzell ersehen was der Hl. von Villoison an Durchll den Herzog für eine Bitte gebracht hat. Vielleicht ist Ew Exzell ein Weeg bekannt wie man diesem Manne am nächsten zu seinem sehnlichen Wunsche helfen konnte. Serenissimus werden selbst von dieser Sache weiter sprechen. Ew Exzell dl. 18 März 1780.

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ganz gehorsamster Goethe

39. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zweite Hälfte März? 1780〉 Dancke für die Arzney gegen den Unglauben. Gute Nacht. G.

40. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zweite Hälfte März? 1780〉

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Guten Morgen liebe. Eben dacht ich dran heut mit Ihnen zu essen. Ich will was kochen lassen und kommen es mit zu verzehren. G.

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41. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 20. März 1780. Montag〉 Ich dancke dass Sie mir ein Zeichen des Lebens und der Liebe geben. Auf ihr schönes Gebet kann ich nichts erwiedern, als dass ich heut früh spaziren gelaufen bin, dass ich mich über Knebeln geärgert habe der Gott weis was für eine Confusion angefangen hat als ob heut nicht Probe seyn sollte. Ich probire heut gewiss, und sollten die Helden fehlen, mit den Vertrauten, ich habe alsden ihrer 3 zu meiner Disposition. Adieu liebste seh ich Sie heut Abend G Der Prinz ist mir im Webicht begegnet wenn er artig gewesen wäre hätte er mich zu Gaste gebeten.

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42. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 21. März 1780. Dienstag Nach meinem schönen Spaziergang heut früh, mögt ich auch einen guten Mittag bey Ihnen haben, wenn Sie zu Hause essen so komm ich und bringe Ihnen Schneeglockgen. dl. 21. März 1780 G

43. An Christoph Martin Wieland 〈Weimar〉, 23. März 1780. Donnerstag Ich wünsche Glück zu deiner Rückkehr mit einem guten Morgen. Unter Lesung deines Oberons hätt ich offt gewünscht dir meinen Beyfall und Vergnügen recht lebhafft zu bezeugen, es ist so mancherley was ich dir zu sagen habe dass ich dir’s wohl nie sagen werde. Indessen weisst du fällt die Seele bey langem Dencken aus dem manichfaltigen ins einfache, drum schick ich dir hier statt alles, ein Zeichen das ich dich bitte in seinem primitiven Sinne zu nehmen, da es viel bedeutend

5 hprobire 6 al×sden 14 FeMärz 20 das ist ich

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BRIEFE 44–50

ist. Empfange aus den Händen der Freundschafft was dir Mitwelt und Nachwelt gern bestätigen wird dl. Grünendonnerstag G 1780.

44. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 21. und 26. März? 1780〉 5

Sie wären gar allerliebst wenn Sie bey noch hoher Sonne eine Spazierfahrt machten und mich im Vorbeyfahren mitnähmen. Sind Sie aber verhindert so bitten Sie Steinen mir balde einen Wagen zu schicken der Herzog hats erlaubt G

45. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 26. März 1780. Sonntag 10

Heut ist der erste rechte Frühlings Tag, ich will gleich in die weite Welt laufen. Ich habe mit dem Schlaf mich kurirt, und hoffe durch den Lauf noch mehr, es stickt aber wieder etwas irgendwo das ich nicht kenne. Sagen Sie mir ein Wort was Sie heut angeben dl. Ostertag 80. G

46. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 26.? März 1780. Sonntag?〉 15

Allein esse ich wenig und still. Erst wollt ich mit Ihnen essen, dann war mir’s aber als wenn ich allein wäre, da mogt ich auch bey niemand seyn G.

11 amit

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47. An Sophie von Schardt 〈Weimar, 27. März 1780? Montag?〉 〈Druck〉

The soft musik of the concert and his pomp should not have invited me to leave my hermitage, but the voice of my beautifull ladies is fit to awake deaths and to change all resolutions of solitude. I shall at your commands, as soon as possible, furnished with tales of old comic and serious, hoping some agreable news of your lips. G.

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48. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 28. März? 1780. Dienstag?〉 Dancke für den guten Morgen, und bitte um die Erlaubniss mit Ihnen essen zu dürfen. G

49. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 28. März? 1780. Dienstag?〉 Wenn Sie nicht nach Tiefurt gehn hab ich auch nichts unten. Schreiben Sie mir ein Wort dass ich mich darnach einrichten kan G.

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50. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 30. März 1780. Donnerstag Gestern Abend hat mich das schöne Misel, gleich einem Cometen, aus meiner gewöhnlichen Bahn mit sich nach Hause gezogen. Es war viel übler Humor in der Probe. Besonders der Autor und die Heldinn schienen zusammen nicht zufrieden zu seyn. Ich habe den Aeolischen Schlauch der Leidenschafften halb geöffnet, und einige herauspipsen 16 heraus×pipsen

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BRIEFE 51–55

lassen, die stärcksten aber zur Aufführung bewahrt. Ich will diesen Morgen fleisig seyn um zu Mittage ein freundlich Wort in Tifurt von Ihnen zu verdienen dl. 30 Marz 80. G.

51. An Carl Ulysses von Salis-Marschlins Weimar, 31. März 1780. Freitag 5

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Unter dem 20s t e n Merz dieses Jahrs habe ich eine Quittung von den Gebrüder Schultheiss in Zürich erhalten über 60¹⁄³ Stük alte Louisd’ors die Sie vielleicht schon vor diesem Brief werden empfangen haben. Der Herr von Scholley schreibt mir auch dass er die Post für Feürern baldigst an mich abtragen werden, bittet nur noch um einige Nachsicht biss seine vormundschaftliche Casse sich wieder in etwas erholet. Er verlangt eine vidimirte Abschrift Ihrer Vollmacht an mich, die ich ihm auch gleich überschiken werde um ihm von meiner Seite keine Ausflucht zu lassen. So bald ich das Geld erhalte werde ich es sogleich überschiken. Ich empfehle mich zu freundlichem Andenken. Weimar den 31 Merz. 1780. Goethe Hl. Ulysses von Salis nach Marschlins.

52. An Carl Ludwig August von Scholley Weimar, 31. März 1780. Freitag 〈Abschrift〉

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Hochwohlgebl Hochgeehrter Herr Ew Hochwohlgebl danke recht sehr für die mir überschikte Abschrift und übersende sogleich die verlangte vidmirte Copie, ienener Vollmacht wodurch der Hl v. Salis mir so wohl die Angelegenheit des Peters im Baumgarten als auch seine eigne Schuldforderung zu betreiben 23 ×eigne

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und einzunehmen überträgt. Ich bin überzeugt dass Sie die Güte haben werden auch diese Post auf das bald moglichste zu berichtigen. In welcher Hofnung ich mich unterzeichne. W. den 31 Merz 1780.

53. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende März? 1780〉 Einen guten Morgen und eine Blume.

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G

54. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende März/Anfang April? 1780〉 Ich bitte um meine Briefe die ich Ihnen auf der lezten Reise geschrieben. Sie haben wohl heimliche zusammenkunft das Werck zu lesen. Diesen Mittag hohl ich Sie ab zu Ihrer Mutter. wie befinden Sie Sich. G

55. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang April? 1780〉 Da sehen Sie was die Waldner schreibt. Die mir Sie rauben will antworten Sie doch mir und ihr G

2 ×moglichste 2 berichtigen,. iIn 7 ausf

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BRIEFE 56–59

56. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. April 1780. Montag

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Guten Morgen beste. Knebel lasst Sie recht instandig ersuchen heut sich nicht nach Belvedere zu versprechen, und wenn Sie’s gethan haben, eine Wendung zu nehmen und sich loszusagen. Ich bitte mich bey Sie zu Gast. dl. 3 Apr 80 G.

57. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 7. April 1780. Freitag〉

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Knebel lässt Ihnen sagen Sie möchten die Werthern nicht wohl aber die Herdern mitbringen, und hübsch zeitig kommen. Guten Morgen liebe! Ich will nur meine Sachen in Ordnung bringen dann komm ich auch nach Tiefurt. G.

58. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. April 1780. Freitag Hier schick ich Band und Handschue zurück, gegen Mittag folg ich, danck fürs Frühstück. dl. 7 Apr 80

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umgeben vom Pylades dem Unfurm G

2 na××ch 2 HBelvedere 3 W×endung 3 l×oszusagen 3 Sm mich 11 Handschu×e

APRIL 1780

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59. An Johann Heinrich Merck Weimar, 7. April 1780. Freitag Auf deinen Brief den ich gestern durch den Herzog erhalten habe will ich dir gleich antworten, damit du auch wieder einmal etwas von mir vernimmst. Durch meine lezte Krankheit hat sich die Natur sehr glüklich geholfen. Schon in Frankfurt, und als wir in der Kälte an den Höfen herumzogen, war mir’s nicht iust. Die Bewegung der Reise und der ersten Tage lies es aber nicht zum Ausbruche kommen. Doch hatte ich eine böse Zusammengezogenheit, eine Kälte und Untheilnehmung die iedermann auffiel und gar nicht natürlich war. Iezo geht wieder alles ganz gut. Der Herzog ist wohl, trägt, wie du vielleicht schon weisst einen Schwedenkopf und wir führen unsre Sachen getreulich und ordentlich weiter. Ich war gleich wieder zu Hause gewohnt als wenn ich gar nicht weggewesen wäre. Für Lavatern suche ich iezt eine Sammlung von Albrecht Dürers zu komplettiren. Auf beiliegendem Zettelgen sind die nummern nach Hüsgen die er schon besizt, wo c. dabei steht ist eine Copie, sei doch ia so gut, wenn du mir von denen fehlenden einige schaffen kannst, es zu thun, ich mögte dem Alten gern das Vergnügen machen. Von den Holzschnitten kriegst du auch ehstens ein Verzeichnis. Vor Dürern selbst und vor der Sammlung die der Herzog besizt, krieg ich alle Tage mehr Respekt. So bald ich einmal / einigen Raum finde, will ich über die merkwürdigsten Blätter meine Gedanken aufsezen, nicht so wohl über Erfindung und Composition als über die Aussprache und die ganz goldne Ausführung. Ich bin durch genaue Betrachtung guter und schlechter auch wohl aufgestochner Abdrüke von Einer Platte auf gar schöne Bemerkungen gekommen. Ausser dem gewöhnlichen Tagewerk, das ich mich, nach und nach, mit der grössten Geschwindigkeit Ordnung und Genauigkeit von Moment zu Moment abzuthun gewöhne, habe ich, wie du dir leicht vorstellen kannst, immerfort eine Menge Einfälle, Erfindungen und Kunstwerke vor. Der wichtigste Theil unserer Schweizerreise ist aus einzelnen im Moment geschriebenen Blätgen und Briefen, durch

7 hat|te| 8 zZusammengezogenheit 30 mwichtigste

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BRIEF 59

eine lebhafte Erinnerung komponirt. Wieland deklarirt es für ein Poema. Ich habe aber noch weit mehr damit vor und wenn es mir glükt, so will ich mit diesem Garn viele Vögel fangen. Zur Geschichte Herzog Bernhards habe ich viel Dokumente und Collektaneen zusammengebracht, Kann sie schon ziemlich erzählen, und will, wenn ich erstlich, den Scheiterhauffen gedrukter und ungedrukter Nachrichten, Urkunden und Annektoten recht zierlich zusammengelegt, ausgeschmükt / und eine Menge schönes Rauchwerks und Wohlgeruchs drauf herum gestreut habe, ihn einmal bei schöner trokner Nachtzeit anzünden und auch dieses Kunst und Lustfeuer zum Vergnügen des Publici brennen lassen. Von Dramas und Romanen ist auch verschiedenes in Bewegung. Den Oberon wirst du nun gelesen und dich dran erfreut haben. Ich habe Wielanden davor einen Lorbeerkranz geschikt, der ihn sehr gefreut hat. Die Epochen De la nature von Buffon sind ganz vortreflich. Ich acquiescire dabei, und leide nicht dass iemand sagt es sei eine Hypothese oder ein Roman. Es ist leichter das zu sagen als es ihm in die Zähne zu beweisen. Es soll mir keiner etwas gegen ihn im Einzeln sagen, als der ein grösseres und zusammenhängenderes Ganze machen kann. Wenigstens scheint mir das Buch weniger Hypothetisch als das erste Capitel Mosis zu sein. Es schleicht ein Manuscript von Diderot Jaques le Fataliste et son maitre herum, das ganz vortreflich ist. Eine sehr köstliche und grosse Mahlzeit mit grossem Verstand für das Maul eines einzigen Abgottes zugericht und aufgetischt / Ich habe mich an den Plaz dieses Bels gesezt und in sechs ununterbrochenen Stunden alle Gerichte und Einschiebeschüsseln in der Ordnung und nach der Intention dieses künstlichen Koches und Tafeldekers verschlungen. Es ist nachhero von mehreren gelesen worden, diese haben aber leider alle, gleich den Priestern sich in das Mahl getheilt hier und da genascht und ieder sein Lieblingsgerichte davon geschlept. Man hat ihn verglichen, einzelne Stellen beurtheilt, und so weiter. – Gezeichnet wird nicht viel, doch immer etwas, auch neulich einmal nach dem Nakten. Bald such ich mich in dem ge5 zusammengebracht., 9 wWohlgeruch|s| 11 Publibci 13 h und 20–21 Das Wenigstens 21 Hypothesetisch G 34 einem ⎡dem⎤ nNakten

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schwinden Abschreiben derer Formen zu üben, bald in der richtigern Zeichnung, bald such ich mich an den manichfaltigern Ausdruk der Haltung theils nach der Natur, theils nach Zeichnungen, Kupfern auch aus der Imagination zu gewöhnen und so immer mehr aus der Unbestimmtheit und Dämmrung heraus zu arbeiten. Mit Beroldingen, dächt ich machten wir’s so: Ich will nichts bestellen, denn ich wüsste nicht auf was für Art man ihm Commission geben und sich auf ihn verlassen könnte. Kommt er einmal zurük und du findst unter seinen Sachen etwas das für mich wäre, und er entbehren wollte, so schaftest du mirs ia wohl um / einen billigen Preiss. Lass den iungen Menschen von dem er schreibt doch ia gleich von Paris zurükegehen und einen Weeg einschlagen welchen er will, in Frankfurt kann er so viel lernen als in Paris wenn er Genie hat. Mach dass ihm die Augen aufgehn an der Natur, lass ihn von ihr zu Zeichnungen Gemälden und Radierungen gehen und wieder zu ihr zurük und sollt’ er auch zulezt kein Künstler des Lebendigen werden sollte er blos verdammt sein fremde Werke nachzukrizeln so kriegt’ er doch immer eher Auge, Begrif und Biegsamkeit. Schreibe ia dem Herzog manchmal was es unterhält ihn. Aus einem Brief an Wielanden habe ich dein Hauskreuz schon gesehen und ist mir sehr lieb dass es sich wieder erleichtert. Schik doch ia was von Mineralien und sieh zu ob du um einen geringen Preiss, die merkwürdigsten Erscheinungen der Frankfurter Lava von Doktor Müllern erhaschen kannst. An Schrautenbachen will ich dir ehster Tage einige Silhouetten schiken ich habe schon vor zwei Monaten einen Brief und eine flüchtige Zeichnung / an ihn abgehen lassen. Ich habe die Zeit nicht gehört ob er sie erhalten hat. Für die Geh. Räthin will ich dir auch einmal ein Landschäftgen schiken. Es ist ein unglükliches Geschöpf die eben ohne Hülfe zu Grunde geht. Der an den Herzog überschikte Vorschlag zur grossen poetischen Casse ist vortreflich ausgeführt und wird auf der Leipzigermesse wohin er sogleich gedrukt abgeht einen ganz besondern Effekt machen. Halt also das Maul und zeig ihn niemand weiters, damit du dir nicht die Wespen auf den Hals ziehst. 2 ian demn 21–22 S/Schik

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BRIEFE 60–64

Zur Beendigung der Geschichte des Herrn Oheim wird dir hiermit bis Ende Julius Frist gegeben. Ist den 1sten August das Manuscript nicht eingelangt wodurch die Geschichte zu völliger Zufriedenheit vernünftiger und unvernünftiger Leser wes Stands und Alters sie sein mögen, abgeschlossen ist, so werd ich mich gemüsiget sehen solches ex officio zu thun. Nun lebe wohl und lass wenn sich wieder was gesammelt hat gelegentlich von dir hören. Weimar den 7 tl Aprill. 1780. G

60. An Charlotte von Stein 〈Tiefurt?, 7. April? 1780. Freitag?〉 10

Ich gehe fort meine vielgeliebte,

61. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 8. April 1780. Samstag

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Die Briefe folgen in Ordnung gehefftet zurück, bis ich sie weiter zu meiner R. Beschr. brauche. Verzeihen Sie mir meine gestrige lezte Dunckelheit, ich bin bey solchen Gelegenheiten, wie ein Nachtwandler dem man zuruft. ich falle gleich alle Stockwercke herunter. Sie haben aber recht. Und weil wir doch am abgewöhnen sind, wollen wir auch das mit aufschreiben, und am Ende vom Thau leben wie die Heuschrecken. dl. 8 Apr 80 G.

6 hatt 8 MeAprill 13 unter ⎡bey⎤

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62. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 9. April 1780. Sonntag Es war so hübscher dass ich kam ohne Ihr Zettelgen gefunden zu haben. Gern schickt ich Ihnen Blumen, das kalte Wetter hält alle zurück. Adieu beste. Ich sehe Sie heute es sey zu Tisch oder nachher dl. 9 Apr 80 G

63. An Wolfgang Heribert von Dalberg Weimar, 10. April 1780. Montag Endlich kann ich Ew. Excell. das versprochne Stük überschiken, ich wünsche nur dass es Ihnen recht brauchbar sein möge. Wenn Sie es gelesen haben und etwa auch die Akteurs die Sie zu diesen Rollen geschikt finden so bitte ich mir Ihre Gedanken drüber aus, und sollten Sie einige Zweifel haben und Erläuterung verlangen so stehe ich zu Diensten, ob ich gleich hoffe es wird ziemlich von selbst sprechen. Sollten bei der gnädigen Frau, wenn es gut vorgestellt wird einige Erinnerungen an das franzosche Theater wieder lebendig werden; so wird sie ia wohl auch geneigt sein, es einigermassen unter ihren Schuz zu nehmen. Ich bitte mich Ihr und meinem kleinen Freunde zu empfehlen und Sich meiner Hochachtung versichert zu halten. Weimar den 10tn Aprill. 1780.

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Goethe

64. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. April 1780. Donnerstag Es ist sehr schön! gehn Sie ia spazieren etwa um 10 Uhr. Ich bin zwar wieder auf der Musterung, allein besuchen Sie doch meine Gegend. Mir gehts leidlich heute. Der Theil von Buffon kommt mit. dl. 13 Apr. 1780.

7 sSie 8 dadrüber 15 sSich 18 b allein

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BRIEFE 65–71

65. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. April 1780. Freitag

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Es ward mir gestern zulezt ganz unleidl dass ich Sie nicht sehen konnte, und hätt ich nicht enge Schue angehabt ich wäre gegen 8 zu Fuse hereingekommen. Ubrigens waren wir artig lustig und gesprächig. Heut ess ich bey der Herzoginn Mutter. Hier schick ich drey Veilchen, es blüht alles so langsam auf. dl. 14 Apr. 80. G.

66. An Charlotte von Stein 〈Weimar, vor dem 12. März oder Mitte April? 1780〉

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Wollen Sie heute Mittag mit dl. Kleinen und Kestnern, eine Schnepfe bey mir verzehren? Lassen Sie sich vom Wind nicht abhalten G Ich habe das Essen zeitig bestellt

67. An Charlotte von Stein 〈Weimar, erste Hälfte April 1780?〉

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Ein Zeichen kann in zweyerley Bedeutungen genommen werden, so ists hier. Mein Handschuh hat Ihnen die heimliche Anwesenheit eines guten Freunds verkündigt und so hat er ausgedient und kehrt in Friede zurück. Ich hätte gestern bleiben und wiederkommen sollen, es beherrschten mich aber nicht die freundlichsten Geister G

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68. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Mitte April? 1780〉 Lassen Sie mich immer ausreiten. Sie wissen dass ich unter wenigen selten was nuz bin geschweig unter vielen. um Mittag sah ich Sie über die brücke kommen und ging Ihnen nach fand Sie nicht und wollte ihnen gute Mahlzeit sagen. G.

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69. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 17. April? 1780. Montag?〉 Hier schickt der Herzog etwas frisches. Sagen Sie mir wie Sie leben? G.

70. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. April 1780. Donnerstag Was halten Sie von dieser neuen Himmels Erscheinung. Es sieht hier hausen gar artig aus, wenn Sie nur einen Blick aus meinem Fenster thun konnten. Die Blumen werden sich freuen aus dem Schnee in Ihre Athmosphäre zu kommen. dl. 20 Apr. 1780. G.

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71. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 22. April 1780. Samstag〉 Liebste noch einen guten Morgen. Wir werden bösen Weeg haben. Ich seh Sie bald wieder. gegen 4 Uhr G

2 vielen. Heut um 3 nac×h 11 A××thmosphäre

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BRIEFE 72–74

72. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 27. April 1780. Donnerstag〉 Guten Morgen allerliebste. Zu Mittag seh ich Sie. Wir sind in dem entsezlichsten Wetter gestern um Mitternacht angekommen. Ihren Brief hab ich bey Naumb. erhalten Adieu. G

73. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. April 1780. Freitag

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Sie waren nicht zu hause als ich gestern Abend anfragte, denn ich verlangte mit Ihnen zu seyn. Ich dancke fürs überschickte. Und wünsche viel Vergnügen auf heute. Hier schick ich blumen. Adieu. Das Wasser war gros heute früh und das Flosholz hätte fast die Brücke weggerissen. dl. 28 Apr 80. G

74. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 30. April 1780. Sonntag〉 10

Hätten Sie mirs vorausgesagt ich hatte mich eingerichtet und wäre gern mitgeritten. Glückliche Reise! Abends seh ich Sie wieder. Ich lese meinen Werther! Adieu. G. Grüsen Sie die Schl. ich wünsche Gluck zur Cur.

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APRIL 1780

Abb. 1: Goethe: Schweinehütte, Brief an Charlotte von Stein, 1. Mai 1780 (Nr 75), Vs.

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BRIEFE 75/76

75. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Mai 1780. Montag 〈Vgl. Abb. 1〉 /

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Ich schicke ihnen das höchste und das tiefste eine Hymne und einen Schweinstall. Liebe verbindet alles. G dl. 1 May 80 dl 22 Apr 80.

76. An Johann Caspar Lavater Weimar, 1. Mai 1780. Montag Weimar den 1 Mai. 1780.

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Deine Briefe und Beilagen hab’ ich erhalten. Hier schik’ ich dir einige neue trefliche Bogen von Hamann. Ich weiss nicht ob dich die Sache interessirt; Auf alle Fälle wird’s viel Vergnügen machen. Deine Albrecht Dürer sind nunmehr schön geordnet. Bertuch hat sie aufgetragen und nummerirt. Auf der Leipziger Messe hat dir der Herzog noch funfzehn Kupfer von deinen Fehlenden gekauft worunter besonders einige Marienbilder sind davon dir fast die ganze Sammlung abgeht. Von den hundert Blättern die von ihm in Kupfer ausgehen besizest du iezt schon drei Quart. Die 25 die noch fehlen werden sich auch herbeischaffen lassen. Ich schike dir sie noch nicht bis die Sammlung erst kompletter ist. An Holzschnitten bist du gar arm. Suche du übrigens von deiner Seite durch das Treiben Jehu so viel du kannst von dieser Sammlung zusammenzubringen. Wenn du sie auch schon hättest so schadet’s nichts, es ist vielleicht ein besserer Abdruk und auf alle Fälle kann man sie vertauschen. Denn das versichre ich dir, ie mehr man sich 10–11 interessirt.; Durchgezogen / Auf 11 vVergnügen 21 ⎡sie⎤ G 23 man’s |sie| G

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damit abgiebt und beim Handel auf Copie und Original acht geben muss, desto grössere Ehrfurcht kriegt man für diesem Künstler. Er hat nicht seines gleichen. Das Manuskript das beiliegt sind einzelne flüchtig hingeworfene phisiognomische Bemerkungen des Statthalter von Dalberg. Schreib’ doch, / wenn du Muse hast, deine Gedanken auf den Rand und schik’ mir’s wieder zurük. Ermuntre ihn und gieb’ ihm Winke, wo du glaubst, er ist sehr für die Sache passionirt, kommt viel in der Welt herum und kann, wie mir’s vorkommt auch von seiner Seite dir einigermassen nüzlich sein. Er wird das was er bei seinem Umgang mit der Welt zu bemerken glaubt nach und nach aufzeichnen. Dass es mit Haugwiz so ausgegangen ist freut mich. Die Sache hat in Sachsen und Preussen das scheuslichste Aufsehen gemacht. Hüte dich für dem Lumpen und wenn du iemals Ursache haben solltest ihn wieder auf und anzunehmen, so bedenke unter andern auch vorher dabei dass ich von dem Augenblik an aufhören werde gegen dich ganz frei und offen zu sein. Lass mich doch die Folge der Geschichte mit Wasern wissen. Die Lotte und die indianischen Zeichnungen erwart’ ich. Von Matthäi hab’ ich Auskunft. Wenn ich an deiner statt die lateinische Oration halten müsste gäb’ ich den Entwurf dazu, lies mir sie machen und läs sie ab, und hielt’ es gar nicht geheim, denn am Ende ist’s doch nur ein Talent, und ich sehe nicht ein wie man von mir praetendiren könnte, bei einer Feierlichkeit die pedantische Prätension auszuhängen und auf einem Instrument Solo zu spie/len dass ich in zwölf Jahren nicht in die Hand genommen hätte. Von dem Herzog schik’ mir Abdrüke so viel du willst, das Kupfer ist nun schon wieder etliche Schritte weiter vom Original in einen ganz fremden Charakter hinein. Halte doch ia das was du für den Herzog und mich auslegst in Ordnung. Meine Auslagen für dich sind auch aufgeschrieben; Lass uns etwa Johanni abrechnen und auch so wieder ein neues Hemd anziehen. Grüse deine Frau und Kinder und wenn dein Knabe gelegentlich

1 da×mit 14 h wenn 21 muüsste 22 ×lies

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schreibseeliger wird so lass mir ihn manchmal etwas von eurer Haushaltung schreiben wie’s ihm vor die Feder kommt. An Bäben gieb Inliegendes vielleicht erhält sie einen Brief mit der reitenden Post noch eh’r als du dieses.

77. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Mai 1780. Montag 5

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Morgen früh um achte, wenn’s Ihnen nicht zu früh ist, will ich einen Augenblick kommen um über des Prinzen und Knebels Sache mit Ihnen zu sprechen. Knebel ist nicht hier, wenn er wiederkommt reden Sie wohl ein beruhigend Wort mit ihm bis ich zurück binn. dl. 1 May 1780. Gute Nacht beste! G In den Ring bitt ich um die Buchstaben C. v. S.

78. An Charlotte von Stein Erfurt, 2. Mai 1780. Dienstag

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Mit dem Boten der ein Pferd nach Weimar führt schick ich Ihnen einen Grus. Das Wetter ist sehr schön, hier blüht schon alles, und ich hoffe viel guts von der freyen Lufft für Seel und Leib. Bleiben Sie meinem Thal getreu, und fühlen Sie dass ich mich offt mit Ihnen unterhalte. Auf dem Weege nehm ich nun alle Verhältnisse in Gedancken durch, was gethan ist, zu thun ist, mein Welt Treiben meine Dichtung und meine Liebe. Adieu grüsen Sie Steinen. Erfurt dl. 2 May 1780. G.

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79. An Charlotte von Stein Erfurt, 3. Mai 1780. Mittwoch Heut reiten wir gegen Gotha zu und essen in Dietendorf. Christoph soll sehen ob er Spargel auftreiben kan und sie Ihnen schicken. Laden Sie iemand guts drauf ein und dencken mein. Dass nur nicht etwa Knebel im Unmuth gegen den Prinzen herausfährt, ich möchte nicht dass ich Gelegenheit zu einer Scene gäbe. Suchen Sie’s ruhig zu halten bis ich komme. Grüsen Sie den Herzog! Des Stadthalters Schecken sind sehr schön, und alles ist hier in Blüte und Trieb. Morgen Abend wird getanzt, es wird ia wohl hübsche Misels geben. Grüsen Sie Steinen. Lieben Sie mich es ist mir zur Nothdurft worden dl. 3. May 1780 Erfurt. G Es ist mir auf die gestrige Beweg〈ung〉 und Luftänderung schon viel besser als die lezten acht Tage. Grüsen Sie die kleine Schwägerin und die Waldnern.

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80. An Charlotte von Stein Erfurt, 5. Mai 1780. Freitag Wir sind im Lande herumgeritten, haben böse Weege gesehen in die viel verwendet worden ist und die doch nicht gebessert noch zu bessern sind, haben gute in der Stille lebende Menschen gefunden und an Leib und Seele Bewegung gehabt Gestern Abend gab der Graf Ley den Frauen und Fräuleins ein Abendessen und Tanz. Es waren niedliche Misels dabey und es ging lustig zu. Der kleine hat seine schöne Gäste mit unendlichen Kinderpossen geneckt und sie haben sich mit ihm herum gerollt. Der Stadthalter war vergnügt. Wir haben schon was rechts geschwäzzt, für mich ist sein Umgang von viel Nuzzen. Durch die Erzählungen aus seinem manigfaltigen politischen Treiben, hebt er meinen Geist aus dem einfachen Gewebe in das ich mich einspinne, das ob gleich es auch viele Fäden hat, mich doch zusehr nach und nach auf Einen Mittelpunckt bannt.

2 Ssie

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Der Stadth ist doch eigentlich auch kein rechtes / Kind dieser Welt und so klug und brav seine Plane sind, fürcht ich doch es geht einer nach dem andern zu scheitern. Er hat eine treffliche Gewandtheit in Bürgerlichen und Politischen Dingen, und eine beneidenswerthe Leichtigkeit. Wir haben gekannegiesert und gegörzt, und aus allem was ich von den vier Enden der Erde höre, zieh ich immer meine eigne Nuzzanwendung. Im Stillen Krafft und Fähigkeit Fertigkeit |:das heist Gewalt:| zu sammlen, zu halten spaaren, und auszuarbeiten und auf Glück zu warten wo das mögte zu brauchen seyn!! Zum Laufen hilft nicht schnell seyn. u s. w. Adieu Liebste! Da Sie von der Welt so weit entfernt sind, werden wir ihnen Kinder scheinen die das Wasser aus dem Fluss in’s Meer tragen, es liefe wohl Geschwinder von selbst. Bleiben Sie / mir nah und verzeihen Sie dass ich immer über mein eigenstes mit Ihnen rede, hätt ich Sie nicht ich würde zu Stein. Adieu. Ich habe hundert Plane die ganz sachte in mir lebendig werden und meine Existenz scheint mir immer noch einförmig. Die Paar Tage Wechsel und Menschen und Sachen bekommen mir wohl. Ich komme mir vor wie der Steinfresser der um satt zu werden, nach der reichlichsten Mahlzeit noch Kiesel verschlucken muss Adieu. Morgen Sonnabends Mittag ess ich mit Ihnen. dl. 5 May 80 Erfurt G.

81. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 6. Mai 1780. Samstag〉

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Sehr gut ists dass ich wieder einen bissen aus ihrer Hand erhalte. Dagegen schick ich eine Blume die während meiner Abwesenheit so weit aufgeblüht ist. Wenn ich meine Hausgötter sattsam geehrt habe komm ich zu Ihnen G

1 Er ⎡Der Stadth⎤ 1 Welt, (Komma gestr.) 3 Gewand|t|heit 3–4 bBuürgerlichen 7 Fähigkeit ⎡Fertigkeit⎤ 8 halten ⎡spaaren⎤ 20 |80|

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82. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. Mai 1780. Sonntag Schicken Sie mir doch meine zusammen geschriebnen Gedichte. Es haben sich schöne Misels bey mir eingefunden. Heut Abend seh ich Sie bey hofe. Es ist sehr schön bey mir. G dl. 7 May 1780

83. An Johann Christian von Düring Weimar, 8. Mai 1780. Montag 〈Konzept〉 Hochwohlgebohrner Hochgeehrtester Herr,

Ew Hochwohlgebl. Brief vom 4tn Merz hab’ ich seiner Zeit richtig erhalten und daraus die fortdaurenden gnädige Gesinnungen für meinen Zögling mit Vergnügen ersehen. Was die 750 rh betrift die zu Wieder-komplettirung des Capitals noch abgehen, überlasse ich es Ew. Hochwohlgebl und übrigen Interessenten vollig, ob sie solche an mich sogleich oder in der Folge auszahlen wollen. Würde iezo das zweite 1000 rh ergänzt so würde ich es wie das erste bei der Landschaft anlegen, und die Interessen für den Knaben verwenden. Die gütige Verwilligung der / 200 rh von Ostern 80 biss dahin 81 wünscht’ ich in Leipzig erheben zu können. Es wird Ew. Hochwohlgebl ia nicht beschwerlich sein, sie mir daselbst durch irgend ein Handelshaus auszahlen zu lassen. Sollte der iunge Baumgarten in das Alter kommen wo er mit Nuzen reisen kann, so wird er die Erlaubniss Ihnen aufwarten zu dürfen gewiss benuzen.

6 Ihren ⎡Ew Hochwohlgebl.⎤ G 12 gleich iezo 13 ⎡und⎤ G? 14 verwenden,. dDie 14 gütigste

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Ich empfehle mich Ihnen bestens und unterzeichne mich mit aller Hochachtung

Ew. Hochwohlgebl Weimar den 8 Mai. 1780.

gehorsamster Diener

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84. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 10. Mai? 1780. Mittwoch?〉 Haben Sie in meinem Nahmen Knebeln gestern eingeladen? und darf ich zu Tische diesen Mittag mich melden? G

85. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 11. Mai 1780. Donnerstag

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Diesen Abend hätt ich gern mit Ihnen zu gebracht, wenns nicht so regnerisch wäre ging ich Ihnen entgegen. Die Probe ging so ziemlich, Knebel ist am unwilligsten sich ins dramatische Joch zu schmiegen. Ins Kloster hatte das Wetter Böcke und Schafe zusammen getrieben. Morgen Mittag soll ich in Tiefurt essen und sehe Sie also wieder nicht. Adieu Liebste Gute Nacht. dl. 11 May 1780 G.

11 Ddramatische

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86. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. Mai 1780. Freitag Was Sie wollen will ich gerne machen. Vielleicht geh ich doch nach Tiefurt, wo nicht, so komm ich zu Ihnen. Auch im Regen ists sehr schon hier. Lieben Sie mich. dl. 12 May 1780 G

87. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 6. und 13. Mai? 1780〉 Hier schick ich Blumen wie sie das Regenwetter erlaubte zu pflücken. Doch Zeugniss dass ich Ihrer und der verlohrnen Wette gedencke bin. G.

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88. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. Mai 1780. Samstag Sehr ungern verzehr ich meinen Theil Spargel alleine, das kommt aber daher wenn man sich ganze Tage nicht sieht. Mein Morgen war zwischen Ackten dem Messias und Volgstadten getheilt. Mittags war ich beym Misel, dann stellte ich einen Ritter fast im Gusto von Takanno vor, den ich war prächtig vom Theater trödel, drauf tanzt ich, und da es im Thal sehr schön doch sehr feucht ist sucht ich Sie auf und fand Sie nicht. Gute Nacht! Es kommt hierbey Ihr Anteil Spargel, nebst andern Raritäten aufs Fest. G dl. 13 May 1780.

4 112 6 Wtette 8 meinetn 11 be×ym 13 schie sucht

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BRIEFE 89–92

89. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. Mai 1780. Sonntag Haben Sie die Güte mir drey Schokolate Tassen zu schicken und auf 3 Personen Schokolade. Ich kriege Besuch. Zu Mittag bitt ich mich zu Ihnen zu Gaste. dl. 1 Pfingstag 1780 G

90. An Johann Christian Kestner 〈Weimar〉, 14. Mai 1780. Sonntag

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Es ist recht schön dass wir einander wieder einmal begegnen. Vor einigen Tagen dacht ich an euch und wollte fragen wie es stünde. Schon lange hab ich Plan gemacht euch zu besuchen vielleicht gelingt mir’s einmal und ich find euch und eure 5 Buben wohl und vergnügt. Es wär artig wenn ihr mir einmal einen Famielienbrief schicktet wo Lotte und wer von den Kindern schreiben kan auch einige Zeilen drein schrieben dass man sich wieder näher rückte. Ich schick euch auch wohl einmal wieder was, denn ich habe schon mehr Lufft an meine Freunde zu dencken ob sich gleich die Arbeit vermehrt. Ausser meiner Geheimeraths Stelle, hab ich noch die Direcktion des Kriegs Departemens und des Wegebaus mit denen dazu bestimmten Kassen. Ordnung, Präzision, Geschwindigkeit sind Eigenschafften von denen ich täglich etwas zu erwerben suche. / Ubrigens steh ich sehr gut mit den Menschen hier, gewinne täglich mehr Liebe und Zutrauen, und es wird nur von mir abhängen zu nüzzen und glücklich zu seyn. Ich wohne vor der Stadt in einem sehr schönen Thale wo der Frühling iezt sein Meisterstück macht. Auf unsrer lezten Schweizerreise ist alles nach Wunsch gegangen und wir sind mit vielem guten beladen zurückgekommen. Für Henningsens Deducktion danck ich. Das Gedicht kenn ich nicht und die ganze Sache zeugt von nicht sehr klaaren Begriffen. Adieu Grüse Frau und Kinder und behaltet mich lieb. Pfingstsonntag 1780 Goethe / 2 hkriege 7 ××eure 8 schicktent 15 gGeschwindigkeit 19 ivor 24 bBegriffen 25 Kindetr

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Dass dir Oberon so wohl gefällt konnt ich dencken, es ist ein ganz trefflich Gedicht. Wenn ein Deutscher Dichter ist so ist ers. Meine Schrifftstellerey subordinirt sich dem Leben, doch erlaub ich mir, nach dem Beyspiel des grosen Konigs der täglich einige Stunden auf die Flöte wandte, auch manchmal eine Ubung in dem Talente das mir eigen ist. Geschrieben liegt noch viel, fast noch einmal so viel als gedruckt, Plane hab ich auch genug, zur Ausführung aber fehlt mir Sammlung und lange Weile. Verschiednes hab ich für’s hiesige Liebhaber Theater, freylich meist Conventionsmäsig ausgemünzt. Adieu.

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91. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. Mai 1780. Montag Ich schicke Ihnen und Frizzen ein Frühstück. Ernst darf nicht davon essen. Sie sehen es geht bey mir auch festlich zu und Kuchen werden gebacken. Schicken Sie mir das Landschafftgen und die Pinsel pp den Atlas nicht ich fürchte er wird nass. Adieu beste. dl. Pfingstmontag 80. G. Ich erhalte alles. Diesen Mittag komm ich ich kan ihrer Einladung nicht widerstehn, ich wollte nach Tiefurth.

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92. An Charlotte von Stein 〈Weimar, erste Hälfte Mai? 1780〉 Hier Spargel liebste Frau. Ein Wort wies Ihnen geht, und ob Sie mich nach Tische wollen. Ich will mit den Burschen essen, der Zerstreuung willen. Adieu.

7 dgedruckt 8 vVerschiednes 13 A××tlas 13 an ich

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93. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. Mai 1780. Dienstag Von denen Gedichten lass ich nur einige abschreiben, dann sollen Sie sie wieder haben. Sie hätten mir wohl auch sagen können wie Sie geschlafen haben und dass Sie wohl sind. dl. 16. May 1780 G

94. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 17. Mai 1780. Mittwoch 5

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Der Herzog ist wie man sich allenfalls vorstellen konnte gestern in N. geblieben, und hat noch spät dem Prinzen, Knebeln, und mir eine Einladung auf heute geschickt. Wir gehen um sechs von Tiefurt ab, und ich reite eben hinunter. Adieu meine allerliebst. Heut Nacht sind wir hoff ich alle wieder da. dl. 17 May 80 G.

95. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. Mai 1780. Donnerstag

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Es wäre sehr abenteuerlich wenn Sie eine von denen zwey weisen sizzenden Figuren, vorgestern Abend auf der Esplanade gewesen wären, denen ich ausgewichen bin. Erst hielt ichs für ein vertrautes Pärgen das ich nicht stören wollte, nachher glaubt ich zwey Frauens zu sehn die mir wegen ihrer weisen Kleidung an dem Orte seltsam vorkamen, doch war ich schon zu weit vorbey um meine Neugier mit Schicklichkeit befriedigen zu können. Ich habe ein sehr groses Vergnügen verlohren das ich mir anderwärts zu ersezzen bitte. dl. 18ten May 80 G.

18 erse⎡z⎤zen

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96. An Johann Gottlob Immanuel Breitkopf Weimar, 18. Mai 1780. Donnerstag Wohlgebohrner Hochgeehrtester Herr

Die verlangten Kupfer von Wilhelmsthal folgen hierbei und es ist mir angenehm wenn ich dadurch etwas zu kompletirung Dero schönen Werkes beitrage. Mit dem verlangten Bücherverzeichniss wird es etwas mehr Schwierigkeiten haben, indem sie durch alle Katalogos nach ihren Materien zerstreut sind, doch habe ich auch deswegen Auftrag gegeben und ich hoffe auch damit dienen zu konnen. Empfehlen Sie mich Ihren werthen Angehörigen und erhalten mir die Fortdauer Ihrer Freundschaft. Ew Wohlgebl Weimar den 18 Mai 1780. ergebenster Dr Goethe

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97. An Johann Rudolf Burkhardt Weimar, 19. Mai 1780. Freitag 〈Faksimile〉 Erlauben Sie dass ich mit einer Anfrage beschwerlich falle. Es schreibt mir Herr Pastor Wittenbach von Bern, dass er an Sie ein Exemplar der Wagnerischen Prospekte schon vor geraumer Zeit für mich abschiken lassen, wollen Sie die Güte haben, mir Nachricht zu geben ob Sie es wirklich erhalten und was es für eine Bewandnis damit habe. Könnte ich zugleich hören wie Sie Sich befinden, ob Sie nunmehr glüklich Ihren Stand verändert, wie weit es mit Ihrem Hausbau gekommen, wie es den Ihrigen geht, wie Hl Küttner und Schüz leben, von welchem letz-

7 Kataloguos 8 aAufgtrag 19 wollen sSie 19 ob sSie 21 sSich

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tern ich besonders um einige Zeichnungen, zu denen sie uns Hofnung gemacht bitte, so würde es mir ein besonderes Vergnügen / sein. Sein Sie überzeugt dass unserm gnädigsten Herrn so wohl als mir die verbindliche Art womit Sie uns auf der Schweizerreise zu allem Guten und nüzlichen behülflich gewesen und Sich von mancherlei Aufträgen haben wollen beladen lassen unvergesslich bleibt. Versäumen Sie ia nicht, wenn Sie von Ihren Landsleuten zu uns schiken, uns von Zeit zu Zeit Ihres Andenkens zu versichern und Uns eine Gelegenheit zu verschaffen wo wir für so viele Gefälligkeit etwas wenig angenehmes wieder erzeigen können. Ich unterzeichne mich mit aller Hochachtung Ew. Wohlgebl. Weimar den 19. Mai 1780. ergebenster Diener Goethe

98. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 21. Mai 1780. Sonntag

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Da ich gestern Abend nach Hause kam, fand ich ein gar gutes Zettelgen von der Herdern, gewisse Dinge hängen doch närrisch zusammen. Diesen Mittag ess ich bey hofe, Abends seh ich Sie im Conzert. Lieben Sie mich. dl 21. May 80. G

99. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 24. Mai 1780. Mittwoch Hier ist das beste Papier das ich habe, auch Struensees Schicksaal, und näher Nachricht vom Buch Chevila. Gern bin ich wieder bey Ihnen, ich war im begriff mich anzumelden. dl. 24 May 1780 G

4 sSie 22 Ihnen.,

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100. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Mai 1780. Donnerstag Ich dachte nicht dass Sie mir entgehen könnten, drum kam ich halb achte wieder wie die Tauben zum gewohnten Futter. In Ihrer Abwesenheit lass ich mir doch etwas Sauerbraten hohlen, und geb Ihnen dagegen eine gute Nacht. Adieu. Grüsen Sie Steinen. dl. 25 May 1780 G.

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101. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 29. Mai 1780. Montag Lassen Sie mir doch sagen wie Sie sich befinden. Wenn Sie wohl sind; so ist der Morgen zu schön als dass Sie mich nicht besuchen sollten. G dl. 29 May 1780

102. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang Juni 1780〉 So wenig diese Blumen sagen wollen, so sagen Sie doch dass ich Sie liebe G.

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103. An Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg 〈Weimar〉, 3. Juni 1780. Samstag Für ihr Andencken liebes Gustgen danck ich Ihnen recht herzlich. Die kleine gute Schardt will ein Zettelgen von mir, sie ist in meinem Garten mit mehr Gesellschafft an einem schönen schwülen Abend. Lange hab ich mir vorgesezt Ihnen etwas zu schicken und zu sagen, es ist aber kein stockigerer Mensch in der Welt als ich wenn ich einmal ins stocken ge4 2× 5

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rathe. Grüsen Sie die Brüder, schreiben mir wieder einmal von sich, und knüpfen Sie wenn Sie mögen den alten Faden wieder an, es ist ia dies sonst ein weiblich Geschäfft. Adieu. dl. 3 Juny 1780 G.

104. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 3. Juni 1780. Samstag〉

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Gustgen ist ein sehr gut Wesen, und kan sich nicht drin finden dass sie gar nichts von mir hört. Guten Abend aus der Finsterniss. G.

105. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. Juni 1780. Sonntag

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Ich schicke Ring und Muster und freue mich auf dies Zeichen der Liebe. Reisen Sie glückl. Heut Abend erwart ich Sie. Bitten Sie Stein ob er nicht will mein Pferd heut Nachmittag nach Erfurt schicken und mir Morgen früh von hier aus bis hinüber ein andres geben dass ich frisch zu reiten kan. Adieu Adieu. dl. 4 Jun. 1780. G

106. An Carl Ludwig von Knebel Weimar, 4. Juni 1780. Sonntag 〈Abschrift〉 An Knebel. Weimar den 4. Junius 1780. Reise-Route durch die Schweiz. No. 1.

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4 Wesen.,

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Wenn Du nach Stuttgart kommen solltest, so such’ den Expeditionsrath Hartmann auf, der zu Expeditionen ganz vortrefflich ist. Sein Bruder ist in Gotha beim Prinzen August. Er hat uns bei unserm letzten Aufenthalt viel Gefälligkeit erzeigt. In Schafhausen den Herrn Im Thurn einen stillen aber sehr verständigen und gefälligen Mann und Freund von Lavatern. Du grüssest ihn und seine Frau wie alle folgenden, die ich Dir in Ehren nenne. Sein Weibchen ist ein gar feines gutes hypochondrisches Wesen. Er wird Dir alles sehr gerne zeigen. Versäume nicht von da über Stein auf Constanz zu gehen. Es liegt sehr glücklich, so verfallen es an sich selbst ist. An dem Wege liegt Clarisek, wo jetzo Kaufmann wohnt. Vermeide diesen Menschen, wenn’s auch Gelegenheit gäbe ihn zu sehen. In Costniz selbst, wenn Du schön Wetter hast, wirst Du gewiß Lust haben zu bleiben. Die verschiedenen Theile des Sees zu sehen muß höchst angenehm seyn, wir konnten nichts davon genießen. Von da auf Frauenfeld wo ein altes Weib wegen ihres außerordentlichen Gedächtnisses merkwürdig ist. In Winterthur besuchst / Du den Maler Schellenberg. In Zürch überlaß ich Dich Lavatern. Von da laß Dich auf Richterswiel führen zum Doktor Hoz, ein sehr braver und liebevoller Mann. Wenn Du von da aus einen recht interessanten Weg machen willst so mußt Du alles zu Fuße gehn. Du packst, wenn du mir folgen willst, schon zu Zürich so viel zusammen, als Du auf 14. Tage brauchst, und richte Dich nur sehr leicht ein. Denn unter Wegs zieht man die alten Hemden und Strümpfe durchs Wasser und zieht sie den andern Morgen wieder an. Deinen Koffer spedirst Du mit einem Fahrzeuge auf Luzern wo er Dich erwarten kann, Du aber gehst von Richterswiel auf Maria-Einsiedel wo Dir das prächtige Gebäude in der Wüste, der Fürst, den Du besuchen mußt, der Schatz und die ganze klösterliche Einrichtung sehr wohl gefallen werden. Von da geht ein beschwerlicher Stieg nach Schwiz hinunter, wo man aber die schönste Aussicht antrifft. Ich rathe immer, zu solchen Touren, wenn sie auch nur einige Stunden sind, ganze Tage zu nehmen und sich ja nicht zu übertreiben und zu übereilen. Es gilt dieses für alles was noch kommt. In Schwiz ist das Heiddeggerische Medaillen Cabinet zu sehen, auch Zeichnungen von diesem trefflichen Künstler. Von Schwiz geht man nach Brunnen am vier Waldstätter See und fährt / auf Flüelen. Dieser Weg ist mit das größte was man auf der ganzen Reise zu sehen kriegt. Unterwegs steigt man einen Augenblick in Tells Capelle aus. Von Flüelen geht man zu

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Fuß auf Altdorf. Von da ein sehr schönes Thal hin bis zu dem Fuß des Gotthards, wo ich Dir rathe am Steg zu übernachten und den andern Tag bei guter Tagzeit hinauf zu steigen, aber auch alsdann nicht weiter als Wasen zu gehen und diesen Weg, dergleichen Du nicht wieder finden wirst recht zu genießen. Alsdenn auf den Gotthard zu den Capucinern und wenn Du Dich recht umgesehen hast, so steig alsdenn den Berg wieder durch eben den Weg herunter. Wenn ich jemals in die Gegend käme ohne daß mich etwas drängte, so würde ich mich eine ganze Zeit daselbst aufhalten, welches Dir vielleicht so wohl werden wird. Du kommst, wie ich gesagt habe, den alten Weg bis Flüelen zurück, setzest Dich auf den See und fährst grad auf Luzern. Daselbst besuchst Du den General Pfeiffer, der das merkwürdige Modell von der umliegenden Gegend gemacht hat, den Du vom Herzog und mir grüssen und versichern kannst, daß es uns sehr leid gethan hat, seine Bekanntschaft nicht zu machen. An der bisher beschriebenen Tour, die sich in wenig Tagen zwingen läßt kann man viele Monate kauen und nach deiner Art zu seyn, würd’ ich Dir fast rathen, diese Gegenden mit einem sachten Genusse recht einzu/schlürfen. Ich bin die beiden male nur wie ein Vogel durch, und sehne mich immer wieder hin. Wäre nun Deine Zeit verstrichen oder Du hättest genug, so könntest Du über Solothurn und Basel an welchem letzten Orte Dir Herr Gedeon Burkhardt gewiß gefällig seyn wird, wieder nach Deutschland eintreten. In Emmendingen besuchst du meinen Schwager nachdem du vorher bey Freiburg die Hölle geschehen hast und versäumst nicht in Colmar Pfeffeln zu besuchen und das übrige versteht sich von selbst. No 2. Hättest Du aber in Luzern noch Zeit und Lust Dich auszubreiten, so schlag ich Dir noch eine Tour vor, wovon ich zwar einen Theil nicht, und einen andern nicht auf die Art gemacht habe, doch kannst Du versichert seyn, daß er Dich trefflich vergnügen wird. Du schickst Deinen Koffer wieder von Luzern auf Bern, nimmst wie das vorigemal ein kleines Packet mit und fährst auf dem See von Luzern auf Stansstad im Canton Unterwald. Von da gehst Du auf Stans sodann aufs Kloster Engelberg und kommst über den Engstliberg im Canton Bern ins Hasliland. Grund, nennen sie, wie ich mich erinnere ein sehr kleines eingeschränktes Thälchen, wodurch die Aar fließt, von da machst Du Dich auf Meiringen, von da auf Tracht, am Brienzer See, fährst zu Schiff auf

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Interlacken, gehst auf Untersewen, das Thal hinein / auf Gründelwald um die Gletscher zu sehen. Von da, wo möglich über den Berg nach Lauterbrunnen um den Staubbach und die hintern Gletscher dem Steinberg gegen über zu sehen. Dann auf Untersewen zurück zu Schiff über den Thunersee, wo Du im Vorbeigehen an der Beatenhöhle halten läßt und kommst auf Thun. Frage daselbst nach einem Peter Kocher der unser Schiffer und Führer auf der Reise war und den wir was ehrlichs zum Narren gehabt haben. Wenn du ihm einen Gruß von uns bringst wird er eine kindische Freude haben. Von Thun fährst Du in einem Mietwagen nach Bern, vielleicht triffst du Retourchaisen an. In Bern bringst Du dem Hauptmann Sinner Sohn des Avoyérs viel Complimente. Sagst Herrn von Kirchberger von Gottstedt sehr viel Gutes von mir. Es ist dieses ein verständiger und braver Mann, besuchst den Maler Alberti (Sandcart) und Herrn Pastor Wyttenbach der ein eifriger Bergläufer und geschickter Naturkundiger ist, und siehst was dort zu sehen ist, was Dir ein jeder leicht anzeigt. Willst Du hier Deine Reise schließen, so gehst Du von hier auf Solothurn, Basel und so weiter. Hast Du aber da noch Lust Dich tiefer einzulassen, so will ich Dir noch einen Weg / vorschreiben, von dem Du Dich aber mußt alsdann nicht abwendig machen lassen, weil man die Gegenden, durch die ich Dich führen will, in zwanzigerlei Combinationen besuchen kann und jeder der Dir räth, die Sache anders ansieht, da ich aber das Ganze kenne, versichre ich Dich, daß auf meine vorzuschlagende Weise, die meisten und interessantesten Gegenstände an einander gekettet sind. Nr. 3. Von Bern auf Murten, Auenche, Pajerne, Moudon, Lausanne. Diesen Weg kannst Du im Wagen machen. In Lausanne suchst Du Matthäi auf, der bei dem Grafen Forstenburg Hofmeister ist. Von Lausanne mietest Du Pferde und gehst auf Lustri, Culli, Vevay Ville naefe, Aigle wo die Salzwerke zu sehen sind. Bex und von da nach St. Moriz ins Wallis. Auf Martinach wo Du auf dem Weg die Pissevache siehst. Von da rath ich Dir bis Sion das Land hinauf zu gehen, Dich auf dem Schlosse Turbillon umzusehen und alsdenn wieder zurück auf Martinach. Hier mußt Du deine Pferde verlassen und die weitere Reise / zu Fuß antreten. Du wirst am besten thun wenn Du zu der ebengedachten Tour gleich in Lausanne Pferde mietest und sie alsdenn von Martinach zurück schickst. Von Martinach steigst Du einen sehr beschwerlichen Weg,

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doch immer besser zu Fuße, als auf Maulthieren über Trient nach Valorsine nach Chamouni. Dort wendest Du einige Tage an, um die Merkwürdigkeiten der Eisberge mit Bequemlichkeit zu sehen. Gehst auf Maulthieren bis Salenche von da auf Cluse, siehst zwischen diesen beiden Orten, wenn Du zu halzbrechendem Klettern Lust hast, die Caverne de balme weiter auf Bonneville und Genéve. Besuche ja die Herrn Hubert, Sossure und Bonnet, die all auf ihren Landgütern sind. Beide letzte kannst Du auf deiner Reise nach Lausanne sprechen. Versäume nicht die Fernay die Fußtapfen des Alten zu verehren und kehre über Nion, Kolle, Morges nach Lausanne zurück. Von da grad auf Yverdun von Yverdun auf Neufchatell. Willst Du von da aus die merkwürdigen / Thäler des Vallengin besuchen, so erkundige Dich dort herum ich bin nicht da gewesen. Von Neufchatell auf Biel von da durchs höchst interessante Münsterthal auf Basel, freilich ist dieses Nr. 3. eine sehr wichtige und weitläuftige Tour. Es könnte seyn, daß Dir nur gelegen wäre den Genfersee zu sehen, als liesest Du von Lausanne aus den Weg durchs Wallis fahren und gingst grad auf Geneve wieder auf Lausanne zurück und so weiter auf Yverdun. Indeß muß ich das wiederholen, was ich schon gesagt habewenn Du dieser meiner Anweisung wie einer Ordre folgst, so entgeht Dir in der Nähe der Gegend wo Du dich herumdrehst gewiß nichts sehr merkwürdiges. Dagegen wenn Du Dich irre machen läßt und einen Ort vor den andern nimmst, so bist Du entweder zu unangenehmen hin und wiederreisen genöthiget oder Du verwickelst Dich in die gebirgige Gegend. Nicht, daß ich, da mir das Land so bekannt ist, nicht noch zehnerlei Arten vorschlagen wollte, doch muß am Ende eine gewählt seyn und für Dich halt ich diese für die beste. Deine / Sache wird nunmehr seyn dir von Lavatern ein kleines Zettelchen geben zu lassen, wen und was Du noch an den verschiedenen Orten zu sehen hast, ferner dich, ehe Du jede Station antrittst, wohl um die Weiten zu erkundigen, Dich nicht zu übereilen und auf Wind und Wetter acht zu geben. Nur im flachen Lande zu fahren, übrigens Pferde und Maulthiere vorzuziehen und in ganz gebirgigten Gegenden lieber gleich zu Fuße zu seyn. Man bezahlt die Maulthiere und geht nachhero doch. Die Verschiedenheit des Geldes wird Dich sehr chikaniren und überhaupt müssen die phantastischen Fußgänger in der Schweiz theuer bezahlen. Es ist nöthig mit den Boten und Trägern, Schiffern und wen man braucht voraus zu akkordiren, man giebt ihnen

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doch immer zu viel Man muß vermeiden gegen Bettler Kinder u.s.w. unterwegs zu freigebig zu seyn, wie man meistenstheils zu thun pflegt, wenn man guten Humors ist, denn der Kerl, der mit dir geht, sieht gleich daß es ein Herr ist, dem’s auf ein paar Thaler auf oder ab nicht ankommt / und das pflanzt sich von Wirthshaus von Boten zu Boten fort. Dich nicht zu übereilen und wenig aber gut zu sehen ist was ich Dir vorzüglich rathe. Auf meiner ersten Reise macht ich nur die Tour die hier unter Nr. 1. steht; und hatte nach meinen damaligen Umständen genug. Die zum Dictionaire de la Suisse gehörende Charte mußt Du dir in Schafhausen oder Zürich gleich zu verschaffen suchen sie ist sehr gut und zum Verständniß meines Reisevorschlags unentbehrlich. Lebe wohl.

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Goethe.

107. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 5. Juni 1780? Montag?〉 Es ist wundersam bis den Augenblick da mich ihr Billet aus dem Schlafe weckt hatt ich vergessen was Sie von der Waldnern sagten. Wie ich von Ihnen an der Treppe abschied nahm war mir s als wenn ich Sie für diesmal nicht wiedersähe. Ich war zu Hause redete mit den Geistern und ging zeitig zu Bette. Hier schick ich die Flasche aus der ich tranck. Nehmen Sie sie mit und täglich davon etwas zu Erfrischung des Andenckens. Adieu Adieu. G.

108. An Johann Caspar Lavater Weimar, 5. Juni 1780. Montag Du bist immer braver als man denckt, weil du doch immer am Ende das äusserste thust, aber dafür deswegen auch kein Poet, wie neulich iemand sehr wohl von deiner Offenbaarung bemerckte, wo du denn 22 t×hust 22 dafür ⎡deswegen⎤ (die Adverbien stehen übereinander und sind durch Klammern verbunden)

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doch eine gewaltsame Streifung in das Gebiete der Dichtkunst geführt hast. Lass mich bald hören dass du wieder wohl bist. Noch ist von Wasern nichts angekommen ich bitte drum. Ein Geistlicher auf dem Harz hat geweisagt dass ihr alle untergehn sollt vom Gotthart bis an den Mayn. / Mit dem Fürsten von Dessau habe ich neulich in Leipzig über dich gesprochen. Er wird dir schreiben und dir selbst sagen dass er dich liebt und schäzt. Ob er sich gleich auch zu Anfang in die Dedication nicht zu finden wusste. Er ist auch einer von denen, die sich iezo verwundern dass man sich von dem falschen Propheten die Eingeweide konnte bewegen lassen. Alle, auf die der Kerl gewirkt hat, kommen mir vor wie vernünftige Menschen, die einmal des Nachts vom Alp beschwert worden sind, und bei Tage sich davon keine Rechenschaft zu geben wissen. Mit den Nachrichten von Wasern thust du mir eine wahre Wohlthat. Ich erwarte sie mit vielem Verlangen. Vielleicht schik ich dir ehstens ein Portrait von dem Herzog Bernhardt aus dem hiesigen Haus um mir’s von Lipsen stechen zu lassen. Wenn er aber, wie du schreibst balde verreist, so muss ich damit einen andern Weeg nehmen. Ich scharre nach meiner Art Vorrath zu einer Lebensgeschichte dieses als Helden und Herrschers wirklich sehr merkwürdigen Mannes, der in seiner kurzen Laufbahn ein Liebling des Schiksaals und der Menschen gewesen ist, zusammen und erwarte die Zeit wo mirs vielleicht glüken / wird ein Feurwerk draus zu machen. Seine Jahre fallen, wie du wahrscheinlich nicht weisst, in den dreissigJährigen Krieg. Sein und seiner Brüder Familien-Gemälde interessirt mich noch am meisten da ich ihren Urenkeln, in denen so manche Züge leibhaftig wieder kommen, so nahe bin. Uebrigens versuche ich allerlei Beschwörungen und Hocus pocus um die Gestalten gleichzeitiger Helden und Lumpen in Nachahmung der Hexe zu Endor wenigstens bis an den Gürtel aus dem Grabe zu nöthigen, und allenfalls irgend einen König der an Zeichen und Wunder glaubt in’s Bokshorn zu iagen.

8 wirstd 10 ver ist 12 Alle die, auf 14–15 wissen. M (Ansatz zu M versehentlich nicht gestr.) / Mit 20 ××zu 25–26 dreissig-Jähr×igen 27 Urenkel|n|

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Die regierende Herzogin musst du in der ganzen Silhouette nicht erkannt haben. Es ist die stehende Frau die mit dabei ist. Die Sizende ist die Herzogin Mutter. Das Kupfer nach Juels Bild ist sehr fatal. Nicht eben an der Phisiognomie, aber mir kommts vor, als wenn ein Geist hätte wollen eines guten Freundes Gestalt anziehen, und hätte damit nicht können zurecht kommen, und gukte einen aus bekannten Augen mit einem fremden Blik an, so dass man zwischen Bekanntschaft und Fremdheit in einer unangenehmen Bewegung hin und wieder gezogen wird / Wegen des Portos wollen wir’s künftig so machen dass wir etwas zusammensparen und es auf einmal schiken. Was du von Albrecht Dürern neuerdings wieder gekriegt hast schik mir ia alles bei Gelegenheit her. Ich gebe die deinen nicht heraus biss sie kompletter ist als iezt. Müller aus Rom schreibt mir dass sie iezt in grossem Werthe drinne stehn. Die apokalyptische Vignetten sind sehr kleinlich gegen den grossen Inhalt und deine grosse Manier In weniger Zeit wird Herr von Knebel, der bei dem Prinzen Constantin ist und nun eine kleine Reise vor sich macht zu dir kommen. Du wirst viel Vergnügen an seinem Umgang haben und begegne ihm wohl Weimar dl 5 Juni 1780. G

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109. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 5. Juni 1780. Montag〉 Adieu liebes Gold, behalten Sie mich lieb. Schreiben Sie mir manchmal etwas und wenn ichs auch nur bey meiner Rückkunft fände. Was mir die Gotter geben ist auch Ihr. Und wenn ich heimlich mit mir nicht zufrieden bin so sind sie wie die ehrne Schlange zu der ich mich aus meinen Sund und Fehlen aufrichte und gesund werde. Denn die Götter haben den Menschen Vielerley gegeben das Gute dass sie sich Vorzüglich

7 einemn 18 B von 24 sSchreiben 29 ×Vielerley

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fühlen und das Böse dass sie sich gleich fühlen Adieu. An den Trähnen der Carlingen schein ich schuld zu seyn, und bins auch Ich seh aber auch in diesem wieder dass — ia man sieht nichts — Adieu G

110. An Charlotte von Stein Gotha, 5. und 6. Juni 〈1780〉. Montag und Dienstag Gotha Montags Abends 7. 5

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Es ward würcklich warm als ich von Ihnen wegritt, und ein Pferd das nur Schritt geht, merck ich wohl muss ich im Leben nicht reiten. Ich unterhielt mich wie mit Ihnen von meiner ganzen militarischen Wirthschafft, erzählte Ihnen das geheimste davon, das eben nicht scandaleus ist, wie es gegangen ist, geht, und wahrscheinlich gehn wirdt, Sie hörten mir gedultig zu und waren geneigt auch zu meinen Mängeln und Fehlern ein freundlich Gesicht zu machen. NB den Eklat den der Rttmstr mit der Caroline macht, ist blos um das Gehässige auf mich zu wälzen, und ist im innern doch wieder dumm. Wenn ich wiederkomme sollen Sie was Sie wollen von der Sache wissen, mit dem Beding dass Sie mich gegen niemand vertheidgen. Drauf unterhielt ich mich mit beyliegender Posse, kam so durch Erfurt, und zulezt führt ich meine Lieblings Situation im Wilhelm Meister wieder aus. Ich lies den ganzen Detail in mir entstehen und fing zulezt so bitterlich zu weinen an, dass ich eben zeitig genug nach Gotha kam. Man hat mir im Thor gesagt dass ein Quartier im Mohren für mich bestellt sey. Wo ich auch eingezogen bin und erwarte ob Sie mir etwas schreiben und schicken wollen. Um den Donnerstag erwart ich ein gros Packet von Ihnen worinn alle schöne Freundinnen etwas beylegen werden. / Ich wollt gern Geld drum geben wenn das Capitel von Wilhelm Meister aufgeschrieben wär; aber man brächte mich eher zu einem Sprung durchs Feuer. Dicktiren konnt ichs noch allenfalls, wenn ich nur immer einen Reiseschreiber bey mir hätte. Zwischen so einer Stunde wo die Dinge so lebendig in mir werden, und meinem zustand 8 davon, wdas 18 De×tail 19 dasss (Schluss-s zu Doppel-s) 25 Wilhe|l|m 26 ein|em|

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in diesem Augenblick wo ich iezt schreibe ist ein Unterschied wie Traum und Wachen. Dienstag dl. 6ten Jun früh. Der Reitknecht geht ab und soll Ihnen diesen Grus bringen. Adieu bestes Leben Sie wohl und vergnügt, lieben Sie mich denn ich bedarfs. Grüsen Sie die kleine und Frizzen. G

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111. An Charlotte von Stein 〈Gotha〉, 7. Juni 1780. Mittwoch Mit dem schönen Wawagen komm ich in fremden Landen mir sehr kurios vor, als wenn man auf einem neuen Theater und frischen Dekorationen mit bekannten Akteurs spielt. Ich sage Ihnen einen guten Morgen, dancke für s Briefgen und kann Nachricht geben dass ich mich ganz gut aufführe Adieu. Es geht nun hübsch bunt. dl. 7 Juni 80. G

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112. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar〉, 11. Juni 1780. Sonntag So schläfrig ich bin will ich dir noch einen Grus schreiben. Diese Woche ist mirs in Gotha ganz gut gegangen, lass dir von der Stein wenn du willst was weiters erzählen. Nächstens mehr. Lass von dir hören. dl. 11 Jun 80

2 Schlaf und W Traum 11 dNachricht

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113. An Friedrich Müller Weimar, 12. Juni 1780. Montag

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Ihren Brief mein lieber Müller habe ich geschwind erhalten und ersuche Sie, so oft Sie Laune haben fortzufahren und mich mit Ihren lebhaften Beschreibungen zu sich zu versezen. Erzählen Sie mir von Menschen, von der Kunst, der Stadt, dem alten und neuen was Ihnen durch den Sinn geht. Nur bitt ich Sie versäumen Sie ia nicht mir etwas zu schiken, es sei was es wolle, zeichnen Sie nur einige Ruinen, es braucht nichts ausgeführtes zu sein. Jedermann fragt darnach, und die Leute sind selten die glauben ohne Zeichen und Wunder zu sehen. Was meine eigne Zeichnungen betrift haben Sie sehr recht es fehlt mir an Fleis mir eine gewisse leichte Bestimmtheit zu erwerben. Besonders da ich nur sehr abgerissen der Liebeswerke mit den Musen zu pflegen habe, und mit der Wahl der Gegenstände ist es auch eine kuriose Sache. In diesen Gegenden, wo so wenig Sommer ist, wo das Laub so kurze Zeit schön bleibt wo man das Bedürfnis des Schattens der Quellen, der feuchtlichen Zufluchtsörter so selten fühlt, wo die Gegend selbst gemein ist und nur allenfalls ein schon vollkommnes Künstler Auge zur Nachahmung reizt, (denn freilich ist am Ende nichts gemein was treflich nachgeahmt wird) hier gewöhnt man sich leicht an eine Liebschaft zu Dingen die man immer sieht unter allen Jahrs und Tagzeiten sich selbst gleich findet, denen das Enge, beschränkte Bedürfniss noch einen besondern Reiz / giebt und woran sich Haltung Licht und Reflexspiel leichter Buchstabieren lassen. Ich meine verfallne Hütten, Höfgen, Strohdächer, Gebälke und Schweinställe. Man ist in glüklichen Stunden oft an solchen Gegenständen vorbeigegangen, findet sie zur Nachahmung immer bereit da stehen und da man gerne von der Welt und den Prachthäusern in das Niedrige flieht, um am Einfachen und Beschränkten sich zu erholen, so knüpft man nach und nach so viel Ideen auf solche Gegenstände, dass sie sogar zaubrischer als das Edle selbst werden. Ich glaube dass es den Niederländern in ihrer Kunst so gegangen ist.

7 sein,|.| (Komma gestr.) 15 fech feuchtlichen 18 ⎡an⎤ 29 Niederländer|n|

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Aber ich will ihre Warnung in einem feinen Herzen behalten und wenigstens so viel als möglich das beste aussuchen. Radieren thu’ ich gar nicht mehr. Das Zeichnen nach der Natur wird wie es Umstände und Lust erlauben fortgesezt. Leben Sie wohl.

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Weimar den 12 Juni. 1780. Sagen Sie mir ob die Addresse richtig ist? Goethe

114. An Ludwig Christian Lichtenberg Weimar, 12. Juni 1780. Montag 〈Faksimile〉 Das versprochene Stük Vase folgt hierbei. Es ist ein wenig schmuzig geworden, doch kann man alles gut drauf erkennen. Haben Sie die Güte sich des von mir bestellten Sonnen Microscops zu der Camera obscura anzunehmen. Noch um eins muss ich Sie bitten. Ich habe, wenn ich mich nicht irre unserm Künstler einen Schaden zugefügt den ich ihm auf eine gute Art ersezen mögte. Da er uns die dreifach zusammen gefügte Gläser zeigte, lies ich eines, unwissend dass sie getheilt sein auf die Erde fallen. Er war zwar zu bescheiden um sich etwas merken zu lassen aber ich glaube gesehen zu haben dass an der einen Seite ein Splittergen ausgesprungen ist. Wo〈ll〉ten Sie die Güte haben mir den Werth eines solchen Glases anzuzeigen und mir dadurch Gelegenheit geben, ihn, da ich ohnedies wegen der Bestellung sein Schuldner werde, auf einige Weise zu entschädigen. Sie können der aufrichtigen Versicherung trauen dass ich die angenehmen Stunden Ihres belehrenden Umgangs öfters zu geniessen wünschte. Weimar den 12tn Juni 1780. Goethe.

2 da×s 3 ×Das 20 ihmn

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115. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14.–15. Juni 〈1780. Mittwoch und Donnerstag〉

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dl. 14 ten Juni Abends nach 7. An meinem Schreibtisch. Es regnet, und der Wind spielt gar schön in meinen Aschen. Ich suche Sie und finde Sie nicht, ich folge Ihnen nach und erhasche Sie nicht. Es ist um die Zeit da ich Sie täglich zu sehn gewohnt bin, ausruhe und mich mit Ihnen in ganz freyen Gesprächen von dem Zwang des Tags erhohle. Ihren Ring erhielt ich gestern und dancke Ihnen für das schöne Zeichen. Er ist ein Wunderding er wird mir bald zu weit am Finger bald wieder vollig recht. Oeser ist hier und gar gut, schon hab ich seinen Rath in vielen Sachen genuzt er weis gleich w i e ’s zu machen ist, das Wa s bin ich wohl glücklich zu finden. Er will in Ettersburg eine Dekoration mahlen und ich soll ein Stück machen. Diese Woche hab ich noch zu thun, wenn es von Sonnabend über den Sonntag fertig werden kan, so mags gehn, / ich wills der Jochhausen dicktiren, und wie ich s im Kopf habe solls in zwölf Stunden inclusive essen und trincken fertig seyn. Wenns nur so geschwind gelernt und die Leute in s Leben gebracht wären, ich will d i e V ö g e l nehmen, eigentlich nur die oberste Spizzen oder den Raam abschöpfen denn es muss kurz seyn. So kommt noch die Thorheit und macht uns neu zu schaffen. Thut nichts es bringt doch die Menschen zusammen, unterhält den Prinzen dem eine grose Rolle zugedacht ist, und bringt ihn von Tiefurt weg. NB von weiten hab ich schon meine Maasregeln genommen seine Wirthschafft zu ordnen und Oeser hat mir auf der Herreise |:er kam mit der Herrschafft von Leipzig:| ohne es zu wissen, / durch Gespräche ohngefähr guten vorläufigen Dienst gethan. Von der Dessauer Reise ist iedermann zufrieden. Von der Herzoginn werden Sie hören dass sie in Potsdam gewesen ist, und w i e. Steinen hab ich nur im Vorbeygehn gesehn, Frizzen gar nicht. Wenn der Stamm fällt fallen die Aeste. Grüsen Sie die kleine. Wenn mein

1 Nnach 11 g×leich 21 icheine 28 Ssie

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Stück fertig ist und ich kanns möglich machen lass ich s abschreiben und schicks Ihnen. Ubrigens geht alles seinen dezidirten Gang, ich wende alle Sinnen und Gedancken auf, das nötige im Augenblick und das schickliche zur Situation zu finden, es sey hohes oder tiefes, es ist ein sauer Stückgen Brod, doch wenn man s erreichen könnte auch ein schönes. Die grösste Schwürigkeit / ist dass ich das Gemeine kaum fassen kan. Unbegreifflich ists was Dinge die der geringste Mensch leicht begreifft, sich drein schickt, sie ausführt, dass ich wie durch eine ungeheure Klufft davon gesondert bin. Auch geht mein gröster Fleis auf das gemeine. Sie sehen ich erzähle immer vom i c h. Von andern weis ich nichts, denn mir innwendig ist zu thun genug, von Dingen die einzeln vorkommen kan ich nichts sagen, nehmen Sie also hier und da ein Resultat aus dem Spiegel den Sie kennen. Ich freue mich auf die Camera obscura und auf einen Brief von Ihnen der auch nur von Ihnen handeln muss. Adieu für heute Adieu Gold. Sie haben doch wohl rathen können warum ich verlangte dass Sie mit einem v das C. und S. von einander trennen sollten, wenn Sies recht auslegen ists recht artig, ich zweifle fast, Sie werden das glänzende Püncktgen nicht treffen. / dl. 15.ten Juni nach Mitt. Meine Rosen blühen nicht auf, meine Erdbeeren werden nicht reif sie wissen wohl dass sie nichts zu eilen haben. Stein sagt, er schicke Morgen etwas an Sie und ich will dieses Briefgen mit geben. Bald seh ich auch etwas von Ihnen hoff ich. An den neuen Weegen wird schönes bereitet, wir werden auch wieder da zusammen gehn. Alles ist äusserlich ruhig. Die Waldner ist noch nicht wieder da. Der Herzog kaufft wieder ein Pferd, das sehr unbequem trabt, weil er schon mehr unbequeme hat, welches sich hören lässt. Adieu. Grüsen Sie die Imhof. Er weis wohl nicht mehr viel von mir. G

3 Ganzg

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116. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 24.〉 und 26. Juni 〈1780. Samstag und Montag〉

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An dem unsäglichen Verlangen Sie wieder zu sehen fühl ich erst wie ich Sie liebe. Die Sachen hängen wunderlich in dem Menschen zusammen. Diese Sehnsucht nach Ihnen trifft auf eben die Nerve wo der alte Schmerz, dass ich Sie das erste Jahr in Kochberg nicht sehen durfte, sich verheilt hat, bringt eben die Empfindung hervor, und erinnert mich, wie eine alte Melodie, iener Zeit. Noch wart ich auf einen Brief von Ihnen, das Zettelgen hab ich, mit Knebels Brief. Oeser hat mancherley gutes in Bewegung gesezt. Der erste Ackt der Vögel ist bald fertig. Ich wollte Sie könnten an Platituden so eine Freude haben wie ich, das Stück würde Sie herzlich zu lachen machen. Ein geringes Geschenck, dem Ansehn nach, wartet auf Sie wenn Sie wiederkommen. Es hat aber das merckwürdige dass ich’s nur Einem Frauenzimmer, ein einzigsmal in meinem Leben schencken kan. dl. 26. Jun. Gestern war ich in Ettersburg und dicktirte der Jöchh. mit dem lebhafftesten Muthwillen an unsern Vögeln, die Nachricht von Feuer in Gros Brembach iagte mich fort, und ich war geschwind in den Flammen. Nach so lang trocknem Wetter, bey einem unglücklichen Wind / war die Gewalt des Feuers unbändig. Man fühlt da recht wie einzeln man ist, und wie die Menschen doch so viel guten und schicklichen Begriff haben etwas anzugreifen. Die fatalsten sind dabey, wie immer, die nur sehen was n i c h t geschieht. Und darüber die aufs nothwendige Gerichteten Menschen irre machen. Ich habe ermahnt, gebeten, getröstet, beruhigt, und meine ganze Sorgfalt auf die Kirche gewendet, die noch in Gefahr stund als ich kam und wo ausser dem Gebäude noch viel Frucht die dem Herrn gehört, auf dem Boden zu Grunde gegangen wäre. Voreilige Flucht ist der groste Schaden bey diesen Gelegenheiten, wenn man sich anstatt zu retten widersezte, man könnte das unglaublige thun. Aber der Mensch ist Mensch und die Flamme ein Ungeheuer. Ich bin noch zu keinem Feuer in seiner ganzen Acktivität ge-

23 geschieht,. uUnd 26 sich 27 das ⎡die⎤ 28 wär ne 28 dieser n

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kommen als zu diesem. Nach der Bauart unsrer / Dörfer müssen wirs täglich erwarten. Es ist als wenn der Mensch genötigt wäre, einen zierlich und künstlich zusammengebauten Holzstos zu bewohnen, der recht, das Feuer schnell aufzunehmen, zusammen getragen wäre. Aus dem Teich wollte niemand schöpfen denn vom Winde getrieben schlug die Flamme der nächsten Häuser wirblend hinein. Ich trat dazu und rief es geht, es geht ihr Kinder, und gleich waren ihrer wieder da die schöpften, aber bald musst ich meinen Plaz verlassen weils allenfalls nur wenig Augenblicke auszuhalten war. Meine Augbrauen sind versengt, und das Wasser in meinen Schuhen siedend hat mir die Zehen gebrüht, ein wenig zu ruhen legt ich mich nach Mitternacht, da alles noch brannte und knisterte im Wirthshaus aufs Bett, und ward von Wanzen heimgesucht und versuchte also manch menschlich Elend und unbequemlichkeit. Der Herzog und der Prinz kamen später, und thaten das ihrige. Einige / ganz gewöhnliche und immer unerkanndte Fehler bey solchen Gelegenheiten hab ich bemerckt. Verzeihen Sie dass ich mit Bildern und Gestalten des Gräuels Sie in Ihre Freuden verfolge. Es fiel mir in der Nacht und denen Flammen ein, wie das Schicksaal wüthet und nun Sicilien wieder bebt und die Berge speyen, und die Engländer ihre eigne Stadt anzünden und das alles im aufgeklärten 18ten Jahrhundert. Wie ich heut früh herein ritt wie schön wärs gewesen wenn ich Sie hätte zum guten Morgen grüsen können. Adieu Sie müssen nun bald wieder kommen. Adieu liebste. Die Kinder haben mir Briefgen gebracht. Grüsen Sie die Imhof und die kleine. Meine Erdbeeren stehn verlassen, bald schick ich sie da, bald dort hin, es will nirgends hafften. Clauer macht Oesers Büste recht hübsch. Meine Rosen blühen bis unters Dach, und solang als das mein Haus deckt, kan nicht ein willkommnerer Gast hineintreten als Sie. Adieu liebste. als ich gestern zum Feuer kam, war das erste dass ich meinen Ring abthat und in die Tasche steckte. G.

3 Hol×zstos 4 für dieas 5 den⎣n⎦ 11 gebruüht 16 Fe××hler 20 Sspeyen

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117. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. Juni 1780. Mittwoch

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Es ist nicht ganz hübsch von Ihnen dass Sie Sich vom H. Vetter die Cour machen lassen, indess ich fast aller Miseley entsagt habe, es mir auch gar nicht schmecken will. Wenn Sie mir’s recht ausführlich erzählen, und mir auch sonst romantischen und dramatischen Stoff mitbringen, wird Ihnen diese Untreue verziehen. Die Werthern ist in sehr betrübten Umständen, das arme Herzgen weis gar nicht recht worans ist, seit dem ihr alter moralischer Verehrer fort ist, der die unmoralischen vertrieben hatte. Wenn ich nicht soviel zu thun hätte wäre mir’s auch elend. Manchmal in ruhigen Augenblicken die doch höchst selten sind fühl ich auch eine grose Lücke. Sie kommen noch so bald nicht wieder merck ich. Oeser geht heute weg. Unsre Vögel rücken vor. In Ettersburg ist viel gezeichnet worden. Clauer hat Oesers Kopf gut gearbeitet. Die Kinder sind wohl. Kästner ist Pagen Informator mit 130 rh jähl. exclusive dl. Tisch und Wohnung. Machen Sie ihre Einrichtung drauf. Wenn Sie nun Carolinen nehmen wollen gehts vielleicht an. Adieu beste liebste. dl. 28 Jun. 80 G.

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Ihre grose Vorlust mir zu schreiben hat sich wohl in ein und den andern freundlichen Gedancken aufgelöst den Sie mir über die Berge zuschicken. Nicht so mit mir Sie sollen Briefe haben, bis Sie sagen hör auf. Stein ist nicht hier, Friz ist gar freundlich. Heut Abend fand ich Ihrer Mutter Fächer im Stern, und hernach begegnet ich Ihr mit dl. Reinbaben und geleitete sie zu meinen Wohnungen hinaus. Herders sind wieder von Ilmenau zurück und haben mich zum Eintritt mit unangenehmen Sachen unterhalten, die sie nichts angehn. Ich habe beschlos-

1 ×vom 6 ×Werthern 25 mirch

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sen die Frau nächstens beym Lippen zu kriegen und ihr meine Herzensmeynung zu sagen, sie mag alsdenn referiren, und es ist sehr gut dass mann sich erklärt, und gewisse Dinge ein für allemal nicht leidet. Die neuen Weege werden immer saubrer und zusammenhängender. An Masken zu den Vögeln arbeiten Schumann und Mieting mit aller Kunst. J e r i und B a t e l y will noch nicht flott werden, o über die Sandbäncke der Zeitlichkeit. / Mein Leben ist sehr einfach und doch bin ich von Morgends in die Nacht beschäfftigt, ich sehe fast niemand als die mit denen ich zu thun habe. Gestern hab ich bey der Gräfinn gessen, sie war gar artig und sagte recht sehr gute Sachen. Der Herzog ist nach Ringleben wo Wasser baue müssen veranstaltet werden, auch nimmt er sich des abgebrannten Brembachs an, und sorgt für die Leute, und für klugen Aufbau. Mir mögten manchmal die Knie zusammenbrechen so schweer wird das Kreuz das man fast ganz allein trägt. Wenn ich nicht wieder den Leichtsinn hätte und die Uberzeugung dass Glaube und harren alles überwindet. Es könnte ia tausendmal bunter gehn und man müsste es doch Aushalten. Wenn Sie nicht bald wiederkommen oder dann bald nach Kochberg gehn, muss ich eine andre Lebensart anfangen. E i n e L i e b e u n d Ve r t r a u e n o h n e G r ä n z e n i s t m i r z u r G e w o h n h e i t w o r d e n. Seit Sie weg sind hab ich kein Wort gesagt, was mir aus dem innersten gegangen wäre. Einige Vorfälle und die Lust mit den Vögeln die ich immer Sonntags der Jöchhausen dicktirt habe, sind gute Sterne in / der Dämmrung geworden. Recht wohl Dämmrung. Aber freylich tausend und tausend Gedancken steigen in mir auf und ab. Meine Seele ist wie ein ewiges Feuerwerck ohne Rast. Clauer hat Oesers Kopf recht schön gearbeitet. Der Alte ist fort. Wundersam ist doch ieder Mensch in seiner Individualität gefangen, am seltsamsten auserordentliche Menschen; es ist als wenn die viel schlimmer an gewissen Ecken dran wären als gemeine. Wenn ich ihn nur alle Monat einen halben Tag hätte, ich wollt andre Fahnen aufstecken. Adieu mein Brief muss fort. Grüsen Sie die kleine und die Imhof.

13 aAufbau 16 eUberzeugung 18 bAushalten 22 ich mir 22 ×Lust 25 taustsend

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Sagen Sie mir ein Wort wenn ich auf Ihre Wiederkunft rechnen kan. Adieu Engel. dl. 30 Jun. 80. Weimar. G.

119. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar〉, 24. Juni und 3. 〈Juli〉 1780. Samstag und Montag 5

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dl. 24 Jun. 80. Spät wirst du diesen Brief erhalten, doch zur guten Zeit, denn du wirst bey Lavatern seyn. Es geht alles hier ruhig und gemein zu. Von der Dessauer Reise sind die Herrschafften sehr zufrieden. Die Herzoginn hat ihre Schwester gesehen, die Wöllwarth hat eine kindische Freude in Potsdam gewesen zu seyn. Ich habe indess meinen Gothischen Besuch abgelegt, und bin zufrieden von Ihnen und sie hoff ich von mir nach fünf Tagen mancherley Unterhaltung geschieden. Die Waldner war zu gleicher Zeit drüben. Oeser ist hier und hat viel gutes veranlasst, alle Künste in denen wir sachte des Jahrs fortklempern hat er wieder um einige Grade weiter gerückt. Wenn man nur immer fleisig ist, und es auch nicht sehr zuzunehmen scheint; so macht man sich doch geschickt, durch das Wort eines verständigen schnell vorwärts gebracht zu werden. Die Theater Mahlerey hat er sehr verbessert, Farben und Methoden angegeben pp. Den ersten Ackt d e r Vo g e l, aber ganz neu, werden wir ehstens in Ettersburg geben. Sobald er fertig ist schick ich eine Abschrifft an dich, er ist voller Muthwillen, Ausgelassenheit und Thorheit. Der Prinz beträgt sich recht gut. Ich hab schon einiges gethan seiner Haushaltung eine gute Richtung zu / geben. Gustel hat einen Dienst, den wäre er also los, und braucht keinen neuen vor der Hand. Wir wollen eins nach dem anderen ins beste zu bringen suchen. Deine Rechnungen bey Paulsen hat der Herzog bezahlt. Früh oder spät hätt es dich und den Prinzen incommodirt, vielleicht wäre der Prinz auch iezt stuzzig geworden, es ist also abgethan, du bist reine und es kommt nun auf dich an, ob du dich für die Folge so erhalten willst und kannst. 12 Ssie 15 f× fortklempern 16 ×und 22 aAusgelassenheit

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dl. 3 Jun. Die Stein macht noch nicht Mine wiederzukommen. Oeser ist weg, Klauer hat seine Büste gar gut gefertigt. Ich bin allein, und mit unter geplagt man kan sich weder auf Holz, Stein Erz, Feuer, Wasser noch Menschen verlassen Lass dirs ia wohl seyn in der Fremde. Man nimmt von den Vortheilen der Erdbewohner sein Stückgen, und lässt ihnen ihre Beschweerden; Ich hoffe von dir zu hören. Adieu. Den Brief der Werthern hab ich aufgemacht, weil er zu weiblich gesiegelt war, aber kein Wort drinn angesehn. Adieu. G

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120. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 3. Juli 1780. Montag Mit Verlangen erwart’ ich die Fortsezung deiner Briefe über Wasern. Biss iezt sind nur die zwei ersten angekommen. Es geht mit dieser Sache, wie mit allen wichtigen Begebenheiten, iedermann spricht davon und urtheilt drüber und niemand ist davon unterrichtet. Lipsen erwarten wir. Du wirst wohl thun mir etwas von dem Plane zu schreiben, den du mit ihm hast, worauf er ausgeht und wohin er geht. Mochels Urne hab’ ich auch gelesen, oder vielmehr etlichemal hin und her geblättert, denn durchzulesen war ich’s nicht im Stande. Dein Lob ist übertrieben. Wie kannst du sagen: Vortreflich geschrieben? da der Verfasser weder Freiheit im Begriff noch im Stil hat, es sind Seiten wo die Perioden so in einander geknüttet sind, dass man sie etliche mal lesen muss um zu rathen, was er will. Ich will nicht sagen dass es schlecht geschrieben, aber es ist doch so eng! und an den Hauptpunkten sind ihm die Gedanken wie weggeschnitten. Die Armseeligkeit sieht, wie einzelne Felsgen aus einem grossen See, hier aus der weitläuftigen Märte von Stuben-Experimental-Psychologie heraus, dass man gar wohl schliessen kann, auf was vor einem Grund und Boden das Gewässer ruht. Kaufmannen hätte man noch weit treffender schinden 6 an ⎡von⎤ 7 iIch 17–18 geht. Mochels / Mochels 22 geknitüttet 25 ge weggeschnitten 27 Stuben-Experimental-Prsychologie

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BRIEF 121

können und was von dir und seinen übrigen Freunden / gesagt ist lässt sich noch sehr halten, ich wollte allenfalls den Spargel schon tiefer aus der Erde herausgehoben haben, dieser Ehrenmann ist billig genug, ihn nur so weit er grün ist und hervorgukt abzuschneiden. Herder hat wieder einen Preiss in Berlin gewonnen, wie du wohl schon aus den Zeitungen wissen wirst. Ich hab die Abhandlung noch nicht gelesen. Es war zu gleicher Zeit in einem andern Fach einer aufgestellt die er auch hätte gewinnen können wenn er nur gewollt hätte. Wieland ist gegen dich sehr gut gesinnt. Er hat seine Launen und bedenkt, sonderlich in Prosa nicht immer alles was er schreibt. Ich weis es zwar nicht, aber es ist möglich, dass dir zu Ohren gekommen ist, er habe in einer und der andern Stelle dich zu neken geschienen, es ist aber gewiss nichts als höchstens eine Art von humoristischem Leichtsinn, der sich dieses und ienes ohne Consequenz erlaubt. Ich habe ihn geradezu selbst drüber gefragt und er hat mich versichert dass er sich keiner als guter Gesinnungen gegen dich bewusst seie. Sein Oberon wird so lang Poesie Poesie, Gold Gold und Crystall Crystall bleiben wird als ein Meisterstük poetischer Kunst geliebt und bewundert werden. Dass der alte Bodmer, der einen grossen Theil des zurükgelegten tn 18 Jahrhunderts durchgedichtet hat, ohne Dichter zu sein, über eine sol/che Erscheinung wie der Schuhu über eine Fakel sich entsezt, will ich wohl glauben. Der arme Alte, der sich bei seinem ewigen Geschreibe, nicht einmal durch den Beifall des Publici hat anerkannt gesehen, was doch weit geringern als ihm passirt ist, muss freilich bei allen solchen Produktionen einen unüberwindlichen Ekel empfinden. Ob Oberon dir etwas sein wird glaub ich nicht, davon ist aber auch die Rede nicht. Von Hirzeln hab’ ich den zweiten Theil seines philosophischen Weltweisen nicht erhalten, sag ihm dass ich dadrüber betrübt bin, es ist aber eine Lüge, denn es ist mir scheuslich, was der Mensch von sich giebt. Der Prophet der euch den Untergang drohet heißt Z i e h e n war Pfarrer zu Zellerfeldt auf dem Harz. Er ist vor kurzem gestorben. Die Erdbeben die er voraus gesagt hat sind eingetroffen. Was ich noch von ihm gesehen habe daraus scheint mir ein tiefes Gefühl, aber eine kurz10 bes sonderlich 12 imn 14 ohne grosse Consequenz 24 Eeinmal 25 ×passirt 29 dich 30 scheu|s|lich scheuslich

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sinnige, durch ausgebreitete Belesenheit nicht aufgeheiterte Conbinationsart hervorzuscheinen. Er hängt alles an einander, und citirt die Bibel wie die Evangelisten das alte Testament. Grüs deine Frau und Kinder. ich wünsche dir herzlich wieder ein bleibendes Geschöpf mehr ins Haus, und ihr Gesundheit und guten Muth zu Schwangerschafft. Schicke die Zeichnung der Darrmaschine. Einander/mal lass uns akkordiren eh wir bestellen. Ich dächte wir könnten das gelernt haben. Grus Bäben. Sie mag mir ia die Compos. von Kaysern auf meine Wasserstrophen schicken. Lass dir Wasers Nachrichten angelegen seyn, auch eine Silhouette von ihm. Knebeln gönnst du gewiss was du von Zeit entübrigen kannst. Wären wir nur um 100 stunden näher. Schreibe mir offt dass man sich lebendig bleibt. Passe ia auf die Dürers auf. Die Genci ist angekommen leider einwenig verschoben, lass künftig die Packer aufmercksamer seyn. Die Kupfer meist verwischt. Auch an den Füslis. Wofür ich dir dancke. Lebe aber und abermal wohl, und lass uns einander stärcken im Edlen, und erhalten im Licht, denn des lumpigen, und dämmrigen ist gar zu viel in der Welt. dl. 3 Juli 1780. G

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NB Ich bin Freymaurer geworden! Was sagt ihr dazu?

121. An Johann Heinrich Merck 〈Weimar〉, 3. Juli 1780. Montag dl. 3 Juli. 80. Seitdem du deinen Garten hast, hört man wenig von dir. Dein lezter Brief über M. an den Herzog, war uns sehr willkommen. Schreibe ia von dieser Sache mehr, es unterhält und nuzt, und wenn die Leute heu-

1 ausgebreite aufgeheiterte 2 hervorszuscheinen

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BRIEF 121

Abb. 2: Goethe an Johann Heinrich Merck, 3. Juli 1780 (Nr 121), S. 1, Schreiberhand

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Abb. 3: Goethe an Johann Heinrich Merck, 3. Juli 1780 (Nr 121), S. 2, Schreiberhand

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BRIEF 121

raten, oder auf irgend eine Weise sterben, so ist billig dass darüber räsonnirt wird. Oeser ist 14 Tage in Ettersburg gewesen und hat uns zu mancherlei Guten geholffen. Klauer hat seinen Kopf ganz allerliebst bossirt, er soll in Gips gegossen und in unsern grauen Stein gehauen werden. Apropos von Steinen hab ich iezo etwas sehr angenehmes und unterhaltendes angefangen. Durch einen iungen Menschen, dem wir zum Bergwesen herbei ziehen lass’ ich eine mineralogische Beschreibung von Weimar Eisenach und Iena machen. Er bringt alle Steinarten mit seiner Beschreibung überein, nummerirt mit, woraus ein sehr einfaches aber für uns interessantes Cabinet entsteht. Wir finden auch mancherlei das Gut und nuzlich, ich will eben nicht sagen einträglich ist Du thätest mir einen Gefallen, wenn du mir gelegentlich ein Stük von den Graniten schiktest die nicht weit von euch im Gebürge liegen und wo grosse abgesägte Stüke davon glauben machen, dass die Römer ihre Obelisken daher geholt haben. Wenn du einmal Gelegenheit findest zu erforschen was der Feldberg auf seiner höchsten höhe für Steine hat wird es mir auch sehr angenehm sein zu wissen. Wenn du dem Herzog wieder schreibst, sei mir ia recht weitläufig über die seltsame Catastrophe von Mosern. Es ist möglich dass der Mensch noch drei, viermal so verandert eh er stirbt, was einmal in der Natur stikt zwingt den Menschen zu handeln, er findt doch noch in Deutschland Herren genug die seiner bedürfen, ob es gleich immer iedem sehr thöricht scheinen muss dass er sich einer so vortheilhaften Lage hat begeben mögen. Schik doch ia die Dürerische Holzschnitte zurük ich brauch’ sie äusserst nothwendig und wenn du die schöne Jahrszeit über den Gersaint entbehren kannst mit dem Supplemente so schik mir ihn mit. In Ettersburg wird Elektrisirt und Anstalten zu neuen wunderseltsamen Schauspielen werden gemacht. Die Herzogin war sehr vergnügt so lang Oeser da war, iezo geht’s freilich schon ein wenig einfacher zu. Der alte hatte den ganzen Tag etwas zu kramen, anzugeben, zu verändern, zu zeichnen, zu deuten, zu besprechen, zu lehren u. s. w. dass keine Minute leer waar.

6 Stein|en| 22 esr

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Adieu lass bald von dir hören. / Weil noch so viel Plaz übrig ist will ich dir von unsern neusten Theater Nachrichten etwas ausführlichers mittheilen. in etwa 14 Tagen wird auf dem Ettersburger Theater vorgestellet werden: Der Vögel eines Lustspiels nach dem griechischen und nicht nach dem griechischen 1 s t e r A c t. welcher vor sich ein angenehmes Ganze ausmachen soll. Hier nach wird ein Epilogus von M. Schröter gehalten werden wie folgt: „Der erste der den Inhalt dieses Stüks nach seiner Weise auf ’s Theater brachte war Aristophanes der Ungezogne. Wenn unser Dichter, dem nichts angelegner ist, als euch ein Stündchen Lust und etwa auch Beherzigung nach seiner Weise zu verschaffen in ein und anderem gesündiget, bittet er durch meinen Mund euch allerseits um Verzeihung. Denn, wie ihr billig seid, so werdet ihr erwegen, dass von Athen nach Ettersburg mit einem Salto mortale nur zu gelangen war. Auch ist er sich bewusst mit so viel Guthmüthigkeit und Ehrbarkeit des alten deklarirten Bösewichts verrufne Späse hier eingeführt zu haben, dass er Eures Beifalls sich schmeicheln darf. Auch bitten wir euch zu bedenken, denn etwas denken ist den Menschen immer nüze, dass mit dem Scherz es wie mit Wunden ist, die niemals nach so ganz gemessnem Maas und reinlich abgezogenem Gewicht gegeben werden. Wir haben nur gar kurz gefasst den Eingang des ganzen Werks, zur Probe hier demüthig vorgestellt, sind aber auch erbötig, wenn es gefallen hat, den weitern weitläufigen Erfolg von dieser wunderbaren doch wahrhaften Geschichte, nach unsrer besten Moge vorzutragen.“

5 weirden 5 Theater: (Doppelpunkt gestr.) 13 f wird 16 Ungezogene 25 demn 26 Scherze 26 n××iemals 27 Maasse (langes s zu Schluss-s) 27 abgezognen⎡enem⎤ 29 vorgetragen⎡stellt⎤

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BRIEFE 122/123

122. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. Juli 1780. Montag dl. 3 Juli. 80.

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Stein behauptet zwar, ein Brief heut auf die Post gegeben, werde Sie nicht mehr in Mörlach treffen. Ich dagegen glaube dass man Sie nicht weglässt, wenn man Sie hat, dass Sie Sich halten lassen und die Abwesenden wie billig nicht in Anschlag kommen. Wir wollen uns lieb und werth behalten m. beste. Denn des lumpigen ist zuviel auf der Welt, und wenig zuverlässig, obgleich dem Gescheuten alles zuverlässig seyn sollte, wenn er nur einmal Stein für Stein und Stroh für Stroh nimmt. Es ist aber nichts schweerer als die Sachen zu nehmen für das was sie sind. Ich hab Ihnen artige und unartige Dinge zu vertrauen. Der erste Ackt der Vögel ist nahe fertig, dazu hat Ihre Abwesenheit geholfen. Denn solang Sie da sind / lass ich mir’s in unbeschafftigten Stunden so wohl seyn und erzähle Ihnen und pp was alles in dem Augenblick mir die bewegte Seele eingiebt dem mach ich Lufft, wenn sichs thun lässt, und wenn Sie nicht da sind hab ich niemand dem ich soviel sagen kan da muss es einen andren Ausweeg suchen. Wenn Sie nur meine Rosen sehn sollten, und geniessen sollten den Geruch des Jelängerielieber und den Duft heut nach dem Regen, und das frische Grün von der gemähten Wiese und Erdbeeren, die iezt früh die Waldner geschickt kriegt. Das werden Sie alles besser haben, aber truz allen Vettern niemanden finden der Sie mehr liebt als ich. / Grüse an die Kleine und die Imhof. Die Männer gehn mich nichts an. Adieu.

2 w×erde 10 Ssie

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123. An Johann Friedrich Wilhelm Charpentier Weimar, 4. Juli 1780. Dienstag 〈Konzept〉 Wohlgeborner Hochgeehrter Herr Schon unter dem 3 Jenner d. J. hatten Ew. Wohlgebohrl die Gefälligkeit, dem Herrn Kammerpräsident von Kalb die Nachricht zu geben, dass die bei Herrn Zingg bestellte Charte des ilmenauer Bergreviers, nach dem Versprechen desselben nahe zu fertig sein könnte und dass man sich des Empfangs der Platte sowohl als der 400 gebetenen Abdrücke nächstens gewärtigen könne. Wahrscheinlich haben sich unvorhergesehene Hindernisse in den Weeg gestellt, und ich erbitte mir, da mir gegenwärtig dies Geschäft aufgetragen worden nur einige wenige Nachricht, woran es bisher gelegen und wie weit es mit dem Stiche gekommen. Es ist mir ein vorzügliches Vergnügen mit Ew. Wohlgebohrl bei dieser Gelegenheit näher bekannt zu werden, da ich mir aus Ihren so sehr beliebten Schriften so manches Nützliche eigen gemacht habe. Ich füge noch eine Bitte hinzu: In Ihrer mineralogischen Geographie der Chursächsischen Lande haben Sie Liebhabern kleine, unter Ihrer Aufsicht gefertigte Sammlungen von allen Gesteinarten dortiger Gebürge angeboten, ich wünschte eine solche zu besizen, um mir dadurch das Lesen Ihres schäzbaren Werks doppelt interessant zu machen. In Erwartung einer gefälligen Antwort habe ich die Ehre mich mit besondrer Hochachtung zu unterzeichnen Ew p. W. dl 4 Jul 1780. G

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BRIEFE 124–126

124. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 22. Juli 1780. Samstag Guten Morgen meine beste! Wie lang hab ich Sie nicht gesehen. gestern Abend kamen Sie nicht herunter. Wollen Sie mich zu Mittage? Abends muss ich nach Ettersburg. dl. 22 Juli 80 G

125. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 23. Juli 1780. Sonntag〉 5

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Bis 9 Uhr hab ich geschlafen, bis 10 mich angezogen, dann von Zimmer zu Zimmer die viertelstunden mit Morgengrüsen weggeplaudert. Nun sind die Steine der Frl Thusnelde in Ordnung gebracht und es wird noch wenig dicktirt werden, und ich schicke durch Gozzen einen guten Tag. Gestern Abend wurde noch Scapin und Piarrot anprobirt und ich gefiel mir selbst sehr wohl ob gleich von aussen Einsiedel mehr Beyfall erhielt. Wir wollen sehn ob wir die Leute betrügen konnen dass sie glauben als säh es bey uns scapinisch aus. Wegen der entsezlichen Hizze werd ich mich spät von hier in der Kühlung wegmachen. Ich hoffe noch ein Wort von Ihnen zu hören vielleicht komen Sie mir entgegen. Ich gehe auf Lüzzendorf zu. G

126. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 24. Juli 1780. Montag

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Knebel schreibt mir dass er auch einige Worte von Ihnen zu sehen wünscht. Hier ist sein Brief, heut Abend kan ich ein Zettelgen mit wegschicken. Die berühmten Handschue kommen hierbey. Adieu meine beste. Heut Mittag hab ich Behrischen bey mir. Heut Abend seh ich sie wohl. dl. 24 Juli 80. G 13 ×von

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Abb. 4: Goethe an Johann Carl Ludwig von Knebel, 24. Juli 1780 (Nr 127), S. 4

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BRIEF 127

127. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar〉, 24. Juli 1780. Montag

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Mein lieber Bruder, wir freuen uns von dir zu hören und du bist in gutem Andencken. Mit Lavatern ist dir’s gewiss wohler geworden als du selbst weisst, wenn du von ihm weg bist, wirst du erst spüren was man gewinnt einige Zeit in seiner Athmosphäre gewesen zu seyn. Auf Genv schick ich dir hundert Carolin. Du verlangst zweyhundert ich weis aber nicht wo ich sie hernehmen soll. Aus beyliegender Rechnung siehst du wie du stehst. Magst du nicht zurück wenn die hundert Carolin zu Ende sind, so schreibe doch grad an den Herzog und den Prinzen und mache aus was sie dir noch bestimmt geben sollen. Denn empfingst du iezt 200 Carol. so hättest du aufs künftige Jahr / nur noch 200 rh. Verzeih mir dass ichs so scharf nehme! ich habe nicht dagegen was dir der Herzog und der Prinz weiter zur Reise aussezzen wollen. Nur voraus! Es ist gar bös, wies so offte geschehn ist, es ihnen stillschweigend vom Leibe zureissen und es nachher abschreiben zu lassen. Der Herzog, hat wie ich dir geschrieben habe, Paulsen für dich bezahlt, und die Schattulle hat ohne dess immer über all zu flicken. Dass Lavatern meine Iphigenie wohl gethan hat ist mir eine grose Freude. Es grüst dich alles. Ich bin immer wie schwimmend und manchmal auf dem Rücken ausruhend. Der erste Ackt meiner Vögel ist fertig Adieu. Gott gebe dir gute Augen und ein fröhlig Herz. dl. 24 Jul 80.

2 La×vatern 10 hätstest 16 Schatt×ulle

G/

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1.) Zum Quartal Mich. und Weihnl. 1780 von Serenissimo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rh 2.) Auf eben diese Quartale von Durchl dem Prinzen . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . “ 3.) Extraordinarie von dem Prinzen . . . . . . . . . . . . “ Zusammen rh Davon erhalten 500 rh als: 300 rh –. Vorschuss auf n. 1) . . . 100 .–. . . . . . . . . . . . n. 2.) . . . 100 .– . . . . . . . . . . . n. 3.) . . .

300. – 100. –. 400. –. 800. –

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uts.

Auf 1781 zu erwarten: Von Serenissimo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rh Von des Prinzen Durchl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . “ vom Jahre 1780 Rest rh. Davon gegenwärtig . . . . bleiben aufs Jahr 81 rh.

600. – 600. – 300 1500 650 850 /

Sobald ich von Streibern in Eisenach Nachricht habe an welch Haus er Ordre gegeben hat schreib ich dirs und du kriegst wohl diesen Brief und den folgenden in Luzern. Du wohnst in Genf in der Waage dort sollst du auch was von uns finden. Alles grüst. Der Knaben Kopf ist sehr schön aber nicht von Albrecht Dürer doch ein Original. Die Kupfer sind lauter Kopien. ¯ ich habe noch nicht nachgesehn wens Der Kopf hat das Zeichen A bedeutet. er ist mit unglaublicher Naivetät gemacht, ie länger man ihn ansieht, iemehr gefällt er. Berisch von Dessau ist hier. In Ettersburg siehts gut aus. Ich bin in die Passion der Mineralogie gefallen.

5 Extradordinarie 7 herhalten 19 Schr Streibern 19 wohin er an welch

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BRIEF 128

128. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 24. Juli 1780. Montag

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Mir ist herzlich lieb dass du uns durch Kn. näher kommst. Gewiss ist, dass an so einem kleinen Orte, wo eine Anzahl wunderbaarer moralischer Existenzen sich an einander reiben, eine Art von Gährung entstehen müsse, die einen lieblich säuerlichen Geruch hat, nur gehts uns manchmal wie einem der den Sauerteig selbst essen sollte. Es ist eine böse Kost. Aber wenn es in kleiner Portion zu andrem Meel gebracht wird, gar schmackhafft und heilsam. Dass du Freude an meiner Iphigenie gehabt hast, ist mir ein auserordentlich Geschenck. Da wir mit unsren Existenzen so nah stehn, und mit unsern Gedancken und Imaginationen so weit auseinander gehn, und wie zwey Schüzzen, die mit den Rücken aneinander lehnend, nach ganz verschiednen Zielen schiessen; so erlaub ich mir niemals den / Wunsch dass meine Sachen dir etwas werden könnten. Ich freue mich des wegen recht herzlich dass ich euch mit diesem wieder ans Herz gekommen bin. Adieu. Die Dürers schick ich gleich wenn die, die du dazu schicken willst einrangirt sind. Du hast recht, ich treibe die Sachen als wenn wir ewig auf erden leben sollten. Knebeln innliegendes. Ich bin neugierig ob du an der Apokalypse nichts verdorben hast. Mir ists neulich so gegangen dass ich habe aus einem Stück ein duzzend Verse herauskorrigirt, die ich, da es der Herzog zu sehen kriegte wieder restituiren musste. Grüse Bäben. Schicke von Wasern bald. Adieu bester. Der Herzog grüßt dl. 24 Jul 80 G. / Wir werden zwar in unserm Leben keine grosse Phisiognomen werden, doch thust du wohl, wenn du uns auch etwas mittheilst.

2–3 ⎡moralischer⎤ 3–4 enststehen 12 hab ich erlaub 22 herauskorrigtirt 23 hinein restituiren 29 mitthelilst

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Bei Gelegenheit von Wielands Oberon brauchst du das Wort Ta l e n t als wenn es der Gegensaz von Genie wäre, wo nicht gar, doch wenigstens etwas sehr subordinirtes; Wir sollten aber bedenken dass das eigentliche Talent nichts sein kann als die Sprache des Genies. Ich will nicht schikaniren, denn ich weis wohl was du im Durchschnitt damit sagen willst, und zupfe dich nur beim Ermel. Denn wir sind oft gar zu freigebig mit algemeinen Worten, und schneiden, wenn wir ein Buch gelesen haben, das uns von Seite zu Seite Freude gemacht, und aller Ehren werth vorgekommen ist, endlich gern mit der Scheere so grade durch, wie durch einen weisen Bogen Papier. Denn wenn ich ein solches Werk auch blos als ein Schnizbildgen ansehe, so wird doch der feinsten Scheere unmöglich, alle kleine Formen, Züge und Linien, worinn der Werth liegt heraus zu sondern. Es ist nachher noch eins was man nicht leicht, an so einem Werke schäzt weil es so selten ist; dass nemlich der Autor nichts hat machen wollen und gemacht hat als was eben da steht. Für das Gefühl, die Kunst und Fein/heit so vieles wegzulassen gebührt ihm freilich der grösste Dank, den ihm aber auch nur der Künstler und Mitgenosse giebt. Was deine dikhirnschaaligen Wissenschaftsgenossen in Zürich betrift und was sie von Menschen die unter einem andern Himmel gebohren sind, reden, bitt ich dich, ia nicht zu achten. Die grössten Menschen die ich gekannt habe, und die Himmel und Erde vor ihrem Blik frei hatten, waren demüthig und wussten, was sie Stufenweis zu schäzen hatten. Solches Kandidaten und Klostergesindel ziert allein der Hochmuth. Man lasse sie in der Schellenkappe ihres Eigendünkels sich ein wechselseitiges Conzert vorrasseln. Unter dem republikanischen Druk und in der Atmosphäre durchschmauchter Wochenschriften und gelehrten Zeitungen würde ieder vernünftiger Mensch auf der Stelle toll. Nur die Einbildung, Beschränkung und Albernheit erhält solche Menschen gesund und behaglich. G Sage Kaysern dass ich indess auf 12 Exemplare subscribire. Grüse B. 1 Geglegenheit 6 willst., 7 allgemeinen 9 vor|ge|kommen 12 Zügen 19 di×khirnschaaligen 19 wWissenschaftsgenossen 25 ⎡sich⎤ G

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BRIEFE 129–132

129. An Charlotte von Stein 〈Weimar, vor dem 5. Juni oder nach dem 24. Juli? 1780〉 Die Kirschen die ich beym Erwachen finde interessiren mich nur insofern ich sie Ihnen schicken kan. Gestern ging ich so zeitig weg weil ich ein neu Drama im Kopf hatte, davon ich den Plan zusammen trieb. Adieu beste. G

130. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar〉, 28. Juli 1780. Freitag 5

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Du erhälst einen Brief auf die Herren Morin Lombard u. Borel nach Genv, mit der Ordre dir hundert Carolin auszuzahlen. Deinen Brief von Richtensweyer erhielt ich gestern und das was du drinne begehrst ist ziemlich durch diese Anweisung erfüllt. Brauchst du gegen das Ende deiner Reise noch etwas wird sich auch Rath finden. Hoze ist ein gar guter Mann und muss dir besonders wohlgethan haben. Ein Büstgen und auch den Sattel für ihn will ich besorgen. Wolltest du Hl. Pastor Wytenbach in Bern Bitten dass er mir einige Stückgen Granit und Gneus vom Gotthard und andern Bergen schickt und was er sonst von Gebürgarten entbehren kann. Er mag es nur an Lavatern schicken, von dem erhalt ichs nachher leichter. Ich will ihm dagegen auch etwas aus unsrer Gegend übermachen. Dass du mit Genv schliesen willst ist gar wohl gethan, du kommst zur rechten Zeit wieder / hast eine schöne ganze Tour gemacht. Nur hüte dich vor dem Winter man verdirbt sich das genossne Gute wen man in der bösen Jahrszeit reist. Gebe Gott dass du alsdenn gerne und zufrieden in deinem Zustand mit uns leben magst. Hier leben wir einige Zeit her ruhig neben einander, was sich aneinander geschlossen hat bleibt, und das andre stört sich wenigstens nicht. Nimm innliegenden Brief wohl in Acht denn dem Uberbringer werden 100 Carol. Ausgezahlt. da man dich dort nicht kennt.

2 sSie 3 ze×itig 8 befigehrst 18 huüte

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Es grüst dich alles. Der erste Ackt meiner Vögel ist fertig und wird nächstens aufgeführt. Ich habe viel guten Humor, bin aber dabey immer h y p o c h o n d e r selon Mdm de Fr.

Adieu. Moser ist aus darmstädtischen Diensten, das du wohl noch nicht weisst. Die Elende alte Rothenhahn ist gestorben. dl. 28 Jul. 80. G/ Wenn du nach Emmedingen kommst; so lies ihnen die Iphigenie ich habs lange versprochen und nicht geschickt.

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131. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 28. Juli 1780. Freitag Bestelle beyliegenden Brief sorgfältig an Knebeln es ist Geldswerth drinne. Ich bin dir immer nah und mir ists wohler dass du uns näher und näher geworden bist. Grüse Bäben! Wie ist die Gesundheit deiner Frau? Leb wohl und schreib mir bald es sey was es wolle. dl. 28 Jul 1780. G

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132. An Johann Friedrich Wilhelm Charpentier Weimar, 31. Juli 1780. Montag 〈Konzept〉 Wohlgeborner Hochgeehrtester Herr Nochmals wiederhole ich, mit aufrichtigem Dank für die bisherige Bemühung, die angelegentliche Bitte, dass doch ia Ew. Wohlgebl so gütig sein möge, durch diensame Vorstellungen und Erinnerungen Herrn Zink zu baldigster Fertigung der versprochenen Charte zu bewegen.

6 A Elende 12 dier 21 diesnsame und Vorstellungen

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BRIEFE 133–136

Die Zeit rükt herbei, dass die Nachricht von dem ilmenauer Werk in das Publikum treten soll und es würde uns in grosse Verlegenheit sezen, wenn die Abdrücke alsdann nicht bei Handen wären. Die für mich bereitete Steinsammlung erwart’ ich mit Verlangen und ersuche Sie, mir solche mit dem Postwagen unter meine Adresse hier herzu senden und mir zugleich was ich dafür schuldig geworden gefallig zu melden. Der ich die Ehre habe mit vollkommener Hochachtung zu verharren p den 31. Juli 1780.

133. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende Juli? 1780〉 Ich dancke für den süsen guten Morgen. Sie sind hoff ich wohl und hatte mich gestern zur Spazierfahrt angeboten wenn Sie nicht schon eine schöne schwarzverhüllte Begleiterin gehabt hätten Adieu. Ich seh Sie heute G

134. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende Juli? 1780〉 15

Ihnen und Ihrer angenehmen unbekannten Gesellschafft noch eine gute Nacht. Ich bin im Steinreich also ist da kein Gegenstand der Eifersucht G

2 sollen 3 sie ⎤die Abdrücke⎤ 10 ⎤den 31. Juli 1780.⎤

5 und auf ⎡unter⎤

7–8 melden. Der / Der

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135. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang August? 1780〉 Hier ist das Buch. Mir ist sehr lieb noch vor Sonnen Untergang was von ihnen zu sehn ich kan wohl vergnügt seyn ohne Sie nur will nie recht lang währen noch recht von herzen gehn G

136. An Adam Friedrich Oeser Weimar, 3. August 1780. Donnerstag Ihre Briefe habe ich übergeben und Ihre Aufträge ausgerichtet. Wahrscheinlich erhalten Sie mit der heutigen Post auch Ihre Büste und ich hoffe dass Sie einigermassen mit der Arbeit zufrieden sein werden. Ich habe mit Clauern gesprochen, wegen des Verlangens das Sie haben ihn auf eine Zeit bei Sich zu sehen. Er scheint unentschlossen und ich wünschte selbst, eh ich Durchl dem Herzog etwas davon sage und um Urlaub fur ihn bitte, näher unterrichtet zu sein, auf was für eine Art, wie lang und zu welchen Zwek Sie ihn bei Sich zu haben wünschen, denn nach allen diesem wird der Herr mich gewiss fragen. Klauer selbst scheint wegen einiger näherer Bestimmung verlegen und ich wollte selbst rathen mit ihm dadrüber so ausführlich und deutlich als möglich zu handeln. Es giebt bei Arbeiten des Künstlers die schweer zu schäzen sind meistentheils zulezt ein Misvergnügen, wenn man sich nicht gleich Anfangs zusammen auf einen festen Fus gesezt hat. Es bleibt ihm ohnedem auch hier noch verschiedenes zu thun, wo er unter ein Viertel Jahr schweerlich fertig wird. Ich schike hier versprochenermassen ein Exemplar / der berühmten Correspondenz, die ich mir zu seiner Zeit wieder zurük erbitte. Ich weis nicht ob es Ihnen gehen wird, wie mir, Sie ist mir in der Erzählung hübscher und lustiger vorgekommen als sie mir gedrukt erscheint.

5 ausgetrichtet 8 ihm ⎡Clauern⎤ 12 ⎡zu⎤ 12 zZweck 14 zu sein und 22 Correspondenzen 24 Ssie

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BRIEFE 137–142

Wollen Sie etwa einige architektonische Zeichnungen für Durchl den Prinzen hierher schiken so würde ich sorgen dass sie kopirt werden. Indem ich dieses schreibe sind Sie wohl in einer wichtigen Handlung begriffen, wozu ich alles Glük wünsche. Vielleicht steht die Statue schon auf ihrem Plaz und ich bin recht neugierig sie zu sehen. Leben Sie recht wohl. Denken Sie gelegentlich an die Aufträge mit denen wir Sie belästigt haben. Weimar den 3 Augl 1780. Goethe

137. An Carl Christian Heinrich Rost Weimar, 3. August 1780. Donnerstag 10

Hier überschike ich den schuldigen Thaler vier groschen nebst denen zuerst übersendeten Musikalien. Weimar dl 3 Augl. 80. Goethe

138. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. August 1780. Freitag

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Heute Mittag sehen Sie mich bey Tische Ich werde diesen Morgen fleisig seyn um ein freundl Gesicht von Ihnen zu verdienen. Hier ist ein Brief von Rousseau. d. 4 Aug 80. G

2 solche sorgen 2–3 werden,. 8 habe|n|

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139. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. August 1780. Freitag Schon bin ich wieder zurück und mögte wissen wie Sie leben? Wann gehn Sie heut Abend aus? wohin? und wie zurück? Mit werd ich wohl nicht gehn, vielleicht schleich ich Ihnen zu begegnen. Adieu beste! dl. 4 Aug. 80 G.

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140. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 5. August 1780. Samstag〉 Eben da sie schicken wollt ich anfragen. Ich will um sechse kommen und wenn wir Ruhe haben lesen wir, sonst gehn wir spazieren und sezzen uns hierhaussen zusammen. Weis dl. Herzog etwas davon? G

141. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Mitte Januar oder 6.? August 1780. Sonntag?〉 Ich habe die Rolle mit meinem Stück und andern Papieren liegen lassen. Bitte drum G.

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142. An Johann Caspar Lavater Weimar, 8. August 1780. Dienstag Weimar den 8 August 1780. Die Kiste ist wirklich angekommen und ich finde den Riss sehr schön und gut. Er ist iust nicht wohlfeil aber der Preiss ist auch so ungeheuer nicht, wie du ihn machst. Deswegen wirst du künftig hin so gut sein 8 unds 8 Zzusammen 15 wohlrfeil

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BRIEFE 143–145

und immer gleich schreiben, was eine Sache kostet, damit man nicht inzwischen denke, es gelte Haut und Haar. Nun aber bitte ich dich, denn es fehlt noch die Hauptsache, der Process wie es gemacht wird, wie viel Zeit man braucht, wie viel Leute dabei angestelt sind u. s. w. Mit grossem Verlangen sehe ich dem waserischen Ende entgegen. Nimm dich zusammen so bald möglich und schik mirs. Unter denen Kupfern die du geschikt hast waren vier bis fünf Albrecht Dürers die du noch nicht besasest, und einige bessere Abdrüke. Ich hab sie schon eingeordnet, das Buch dazu ist bestellt und du erhälst sie nächstens. Versteht sich die Kupfer. Der Holzschnitte sind noch zu wenig. Unterdess hab ich auch von Martin Schön und Lukas von Leiden sehr gute Sachen die Dein gehören, diese sollen nach und nach auch zierlich zusammengebracht werden und folgen. Ferner schik ich dir mit der fahrenden Post, das Manuskript das der alte Bodmer verlangt hat, der Herzog hat sich dafür bei dem Herzog von Gotha verbürgt und es kommt ihm hauptsächlich drauf an dass du eine Sicherheit zu erhalten suchst, das Buch, wenn der alte stirbt ohne Umstände aus dem Nachlass heraus nehmen zu können. Ueberleg’ es und händige es nicht anders als gegen ein Schein aus. / Knebeln ist es im Ursner Thal ganz wohl geworden. Er hat sich glaub ich drei Tage drinn aufgehalten. Mit dem zweiten Portrait des Herzogs ist es wieder ein Unglük, man verkauft doch sonst die grossen Herrn in den schändlichsten Karikaturen. Das Unglük bei diesem ist aber dass es mit Geist in ein ganz fremdes Wesen übergetragen ist. Die ganze Welt wünscht nichts mehr als ein Bild vom Herrn und wenn ich diese iemanden anbiete so ist als wenn sie Brod verlangten und ich gäb ihnen einen Stein. Schreibe mir was von dem Befinden deiner Frau. Adieu lieber. G.

2 inzweiischen 2 dbitte 10 Dieer 12 dSachen 12 mit e die 16 Goetha es (Streichung durch Unterpungieren rückgängig gemacht) ⎡sie⎤ 16 vertbürgt 17 da×s 24 ... G? 25 sind ⎡ist⎤ G 27 Setein

AUGUST 1780

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143. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 9. August 1780. Mittwoch Noch einen guten Morgen meine beste! Kehren Sie mit diesem Besemgen noch alles weg was Sie etwa gegen mich haben, und glauben Sie dass ich Sie herzlich liebe. Der Morgen ist sehr schön, es wird ein heiser Tag, doch will ich bald möglich wieder da seyn. Adieu. dl. 9 Aug 80 G.

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144. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 11. August 1780. Freitag Ich dancke für den Antheil an meinem Befinden, auch darüber bitt ich sich zu beruhigen, denn wir halten durch keine Sorge einen Menschen unter den Lebendigen. Gewohnt ieden Tag zu thun was die Umstände erfordern, was mir meine Einsichten, Fähigkeiten und Kräffte erlauben, bin ich unbekümmert wie lang es dauern mag, und erinnre mich fleisig ienes Weisen der auch drey wohlgenuzte Stunden für hinreichend erklärt hat. Was Sie selbst betrifft will ich Sie unter dieienigen aufzeichnen deren Versorgung ich nach meinem Todte meinen Freunden hinterlasse. Weimar dl. 11 Augl 1780. G.

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145. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar〉, 13. August 1780. Sonntag Lieber Bruder ich habe deinen Creditbrief auf Genv contremandirt und Streibern aufgetragen dass er an Lavatern 60 Louisdor auszahlen soll lassen. Richte dich also darnach. Deine Glückliche Reise freut mich sehr, komme ich bitte dich zurück wenn dirs das Herz sagt du wirst nichts hier verändert finden, G o t t s e y d a n c k und l e i d e r, wie du’s nehmen willst. Ich bin der alte Hoffer und hoffe immer es soll auch mit dir

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BRIEFE 146–150

gut gehn. Gegen dl 25ten geh ich mit dl. Herzog nach Ilmenau u s. w. Hast du etwas zu schreiben so schicks an die Stein und wenn es etwas ist was sie ausrichten kan schreibs ihr gleich, wenns auch Geld / Sachen wären ich will ihr drüber meine Anweisungen hinterlassen. Wir kommen vor 4 Wochen nicht wieder. Adieu, geniesse der freyen Lufft, denn zu Hause, hängt immer ein leichtes sorgliches Gewebe über den Menschen, Adieu, heut werden meine Vögel probirt. Du findst sie in Franckfurt wo du nun doch durch mußt. Adieu schreibe bald. dl. 13 Aug G 80.

146. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. August 1780. Montag

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Ich ersuche Sie um die Vögel die ich meiner Mutter schicken will. Diesen Mittag hab ich einen Gast, kan also nicht kommen mit meinem besten zu essen. Adieu. eh ich weggehe such ich Sie auf. und diesen Abend bin ich bey Ihrem Br. Adieu allerliebstes dl. 14 Aug 80. G

147. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. August 1780. Dienstag

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Nachdem ich Sie zweymal bey sich gesucht, haben mich falsche Stimmen in den Stern, auf die Wiese bis in meinen Garten gelockt, ich glaubte Sie immer vor mir zu hören, nun will ich in Ihrem Andencken einen stillen Abend geniessen und mich auskühlen, und über heut und morgen nachdencken. Der Herzog wünscht die Vögel zu Ende dieser Woche da giebts noch was zu treiben. Schicken Sie mir einen Bissen mit Freundlichkeit, und Herdern den Jaques le fataliste. Adieu beste. dl. 15 Aug. 80. G.

1 Zu Gegen 3 Gel×d 14 a×llerliebstes

AUGUST 1780

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148. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. August 1780. Mittwoch Das Conseil wird heute hoffentlich nicht zu lange werden. Ich will zu Tische kommen und ein fröhlich Mittagmahl halten. Dancke für alles was Sie gutes an mir thun, durch Liebe und Freundlichkeit. dl. 16 Aug 80 G

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149. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 17. August 1780. Donnerstag〉 Ich bin auf dem Sprunge auszugehn, und hab heute da diesen Abend Hauptprobe ist, eine Menge zu schaffen. auch um 10 noch privat Probe mit den Misels, also seh ich Sie wieder nicht bey mir. G

150. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 18. August 1780. Freitag Der Herzog will dir das Geld von denen Capitalien geben die er bey der Landschafft auch zu 4 pr Cnt stehen hat, biss das aber aufgekündigt und in der Ordnung ist must du warten. Ich will sorgen dass es bald möglich bey dir, oder wo du es hin willst ankommen kan. Schreib mir wenn du es nothwendig brauchst. Wir werden auf vierzehn Tage verreisen und einige entfernte Aemter besuchen die der Herzog von seinen Besiztümern noch nicht gesehen hat. Ich sammle neuerdings zur Mineralogie will mir dein Bruder Docktor etwas von seinem Uberfluss zukommen lassen, so macht mirs viel Vergnügen. Kannst du mir sonst was dergleichen ohne viel Umstände verschaffen so thus. Es müsste wohl eingepackt nach Franckfurt an

7 mMenge 19 ×Umstände

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BRIEFE 151–156

meine Mutter mit einem F u h r m a n n geschickt werden dass das Porto nicht so hoch käme. Adieu. Grüs dein Weib und Bäben. dl. 18 Aug 80 Goethe

151. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 18. August 1780. Freitag〉 5

Noch einen Abschied von dem Theaterstübgen aus. Es ist ganz gut gegangen und ich dencke es soll toll genug werden wenn nur die Hizze nicht wäre die über den Spas geht. Adieu beste! morgen Abend seh ich Sie wieder. G

152. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 18. August 1780. Freitag〉 10

Ein Wort Gute Nacht in gröster Eile durch den Bedienten der Herzoginn die fortfährt. Die Commödie ist gut gegangen G

153. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 19. August 1780. Samstag〉

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Auch einen guten Morgen müssen Sie haben, meine allerbeste, und den Abendgrus bring ich selbst wenn ich Sie nur finde. Hierhausen schläft sichs trefflich. Ein lustiger Streich ist mit Wielanden passirt, es geht doch nicht narrischer zu als wo Menschen beysammen sind. Adieu. So ist artig auseinander seyn wenn man sich in einer Stunde reihen kan. Adio Liebste G

AUGUST 1780

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154. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 20. August? 1780. Sonntag?〉 Ich kam spät von Ettersb fragte bey Ihnen an, ging dann nach hause und schrieb Mercken. Einmal wollt ich Ihnen entgegen gehn. Dancke für den Braten. Ich habe noch von dem Hirsch. Adieu allerliebst. G.

155. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 23. August 1780. Mittwoch Man wird dir l. Bruder 60 Louisdor. für Knebeln auszahlen lassen, schicke sie ihm wohin ers verlangt. Deine 1000 rh. will ich besorgen, du sollst ehstens nähere Nachricht horen. Danck für Wasern, fahre ia fort. Gott erhalte dich gruse Baben. Ich bin dein immer bewegter im hochsten und niedrigsten in Weisheit und Thorheit umgetriebner dl. 23 Aug 80. G.

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lies innliegendes und schick es Knebeln

156. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 25. August? 1780. Freitag?〉 Wenn Sie mich wollen so komm ich heute und bring von meinem Essen Bohnen G

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BRIEFE 157–161

157. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 25. August 1780. Freitag〉 Ich bin zur Tafel gebeten und hab es nicht mit fug absagen können. Wollen wir unser Mahl auf heut Abend verschieben. Es ist auch sehr heis. G

158. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. August 1780. Sonntag 5

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Die schöne Frau wird mir heute den ganzen Tag wegnehmen. Ich weis noch nicht ob sie gegen Abend oder Morgen früh weggeht. Sie ist immer schön sehr schön, aber es ist als wenn Sie mein liebstes entfernt seyn müssten wenn mich ein andres Wesen rühren soll. Wir sind sehr artig. Der Herzog hat mir doch gestern Abend ein Eckgen meines Krams verrückt. Heute früh fahren wir nach Tiefurt, essen Mittags bey mir pp. Auf Morgen Abend hoff ich S i e mit allem lieben und leidlichen bey mir zu sehn. dl. 27 Aug 80 G

159. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 27. August? 1780. Sonntag?〉 15

Geseegnete Mahlzeit. Wir werden zwar von den Raben gesattigt, doch möchten wir auch was von Ihren Händen haben. also vergessen Sie uns nicht G.

8 wWir

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160. An Carl Johann Conrad Michael Matthaei 〈Weimar, 28. August 1780. Montag〉 〈Abschrift〉

〈…〉 S i e kam dl. 26. an u. blieb gestern, heüt früh ist Sie weg. S i e war wohl u. vergnügt, u. genügsam, u. was S i e ist, das Sie beßer wißen als ich. 〈…〉

161. An Maria Antonia von Branconi Weimar, 28. August 1780. Montag In meiner Eltern Haus komm ich Ihnen mit einem Grus entgegen, auf denen Schwellen wo ich in meinem Leben mit so tausendfach veränderten Empfindungen hin und wieder gegangen bin. Seyn Sie recht willkommen und nehmen Sie den schönsten Danck für die Paar Tage die Sie uns gegönnt haben. Erst iezt spür ich dass Sie da waren, wie man erst den Wein spürt wenn er eine Weile hinunter ist. In Ihrer Gegenwart wünscht man sich reicher an Augen, Ohren und Geist, um nur sehen, und glaubwürdig und begreifflich finden zu können, dass es dem Himmel, nach so viel verunglückten Versuchen, auch einmal gefallen und geglückt hat etwas Ihresgleichen zu machen. Ich müsste in diesen anscheinenden Hyperbeln, die doch nur pur platte Prose sind, fort und fort fahren um Ihnen zu sagen was Sie zurückgelassen haben, und weil sich doch auch das, wie man zu sagen pflegt, nicht schickt, so muss ich dadrüber abbrechen, und das beste für mich behalten. / Reisen Sie glücklich, empfehlen Sie mich Ihrer sanft augenbrauigen Reisegefährtinn, und dem Hl. Dechant. Meine Mutter schreibt mir gewiss gleich, sagen Sie ihr etwas für mich. Sie wissen ia so schönes, und das schöne so schön zu sagen, dass es einem immer wie in der Sonne wohl wird, wenn man sich’s gleich nicht träumen lasst dass sie um unsertwillen scheint. Das versprochne ist bestellt, und zum Theil in der Arbeit.

11 beglreifflich

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BRIEFE 162–164

di Vossignoria × × × × issima

Weimar dl. 28 Aug 80. il servo × × × × issimo

Goethe

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Ich überlasse Ihrer grösseren Kentniss der italienischen Sprache, statt der Kreuze die schicklichsten Epithets einzusezzen, es passt eine ganze Litaney hinein.

162. An Johann Caspar Lavater Weimar, 28. August 1780. Montag

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Der Rath Bertuch der des Herzogs Privat Kasse führt, wird mit heutiger Post an dich wegen der tausend Thaler schreiben, Wie, wann und wo du sie erheben kanst. Mache mit ihm alles aus, du wirst eine Handschrifft ausstellen, weitere Sicherheit kannst du wohl nicht machen. Sey höflich gegen den Mann doch nicht zu gut. Die überschöne Branckoni ist so artig gewesen und ist auf ihrem Rückweeg über Weimar gegangen. Ich habe sie anderthalb Tage bewirthet und herumgeführt, u.s.w. Sie grüßt dich herzlich und ist liebenswürdig wie immer. Adieu lieber Mensch. Die 60 Ldr für Knebeln lass ich contre mandiren, er hat sie in Basel erhoben. Grüs alles. Adieu. W. an meinem 31 ten Geburtstag dl. 28 Aug 80 G.

163. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 1. September 1780. Freitag〉 Der Herzog will diesen Mittag bey mir essen. Wollen Sie von der Parthie seyn; so sagen Sie ein Wort, und ich komme aus dem Conseil, Sie 10 schreiben.,

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abholen. Wenn Sie Sich eine Gefährtinn mitbringen soll auch die willkommen seyn. G.

164. An Carl Christian von Herda Weimar, 1. September 1780. Freitag Hochwohlgebohrner Hochgeehrter Herr,

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Die von Ew. Hochwohlgebl mir kommunicirte Akten, das KaltenNordheimer Steinkohlenwerk betrl. folgen mit dem montägigen Postwagen dankbarlich wieder zurük. Ueber die Sache selbst will ich bei einer vorhabenden Reise nach Ilmenau, mit dem Steiger Schreiber das weitere sprechen, und Ihnen von dem Resultate Nachricht geben. So viel bleibt wohl gewiss, dass an und vor sich, ohne Rüksicht auf das ilmenauer Steinkohlenwerk wohl schwerlich einiger Vortheil von dieser Unternehmung zu erwarten sein mögte. Durchl der Herzog haben selbst eine kleine Reise nach dem Oberlande vor und es wür/de mir sehr angenehm sein, wenn ich auf der Rükreise das Vergnügen haben könnte, in Eisenach mündlich zu versichern wie sehr ich mit der vollkommensten Hochachtung sei

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Ew. Hochwohlgebl. Weimar den 1 Sept. 1780.

gehorsamster Diener Goethe / Auf Ew Hochwohlgebl. Anfrage die ich nach Schluss dieses Briefs erhalte, kan ich antworten: dass ich nicht zweifle es werde Durchl angenehm seyn Sie in der Zillbach zu finden, wo Sereniss. ohngefähr dl.

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BRIEFE 165/166

12ten dieses eintreffen könnten. Nur bitte ich es in der Stille zu thun denn wenn sich die Gesellschafft weiter vermehren sollte mögte es dem Herrn beschwerlich fallen. Viele Empfehlungen der Frau Gemahlinn.

165. An Sophie von La Roche Weimar, 1. September 1780. Freitag

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Sie erhalten liebe Mama einen Brief von einem zwar ungezognen doch nicht ganz ungerathnen Sohne, der eine gute Gelegenheit ergreifft sich wieder bey Ihnen zu produziren. Hl. von Knebel ein sehr braver Mann aus unserm Kreise wird zu Ihnen kommen, den bitt ich gut zu empfangen und ihm beiliegendes zu geben. Wollen Sie mir alsdenn sagen ob er Ihnen gefallen, und etwas von Sich dazufügen werden Sie mich sehr vergnügen. Vor wenig Tagen hab ich Mad de Branckoni hier gesehen, mit ihr von Ihnen gesprochen, und ihr die Frauenzimmer Briefe empfohlen. / Eben fällt mir ein dass Sie vielleicht eine meiner iezzigen Lieblingsneigungen füttern können wenn Sie so freundlich seyn wollen. Ich gebe, seit ich mit Bergwercks-Sachen zu thun habe, mit ganzer Seele in die Mineralogie. Wenn Sie mir durch irgend einen dienstbaaren Geist, deren auf Ihren Winck eine Legion wimmelt, etwas aus Ihrer Gegend, oder sonst zusammen tragen liesen, würden Sie mir ein Fest machen. Da ich kein Brod verlange sondern nur Erz- und Steine so geht das ia wohl. Addio! Wieland ist wohl und will wieder sein eigen Haar ziehen. Wenn man Boden in seiner Stärcke / sehen will, muss man gegen Sie einen Diskurs anfangen, dann beisst und hackt er. Ubrigens leben wir so gut als in irgend einer Zeitlichkeit möglich ist, und ich bin wie immer der nachdenckliche Leichtsinn, und die warme Kälte. Nochmals Adieu. Grüsen Sie die Töchter, und wenn Hl. v. La Roche noch etwas von mir weis so empfehlen Sie mich ihm.

2 Geschellschaft 3 hlHerrn 5 ungera|t|hnen 11 gese×hen 13–14 Lieblings neigungen (Trennungsstrich am Ende der Zeile fehlt)

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Da Hl. v. Knebel auch wohl nach Düsseldorf geht, so gebe Gott dass er mir mit unserm alten Friz eine angenehme Vereinigung auswürcke. Wir sind ia denck ich alle klüger geworden, es ist Zeit dass man aufs Alter sammelt und ich möchte wohl / meine alten Freunde, die ich auf ein oder andre Weise von mir entfernt sehe, wieder gewinnen, und wenn möglich in einem konsequenten guten Verhältniss mit ihnen weiter und abwärts gehn. Es fällt mir noch eine Menge ein doch will ich schliessen. Weimar dl. 1 Sept. 80 Goethe

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166. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 3. September 1780. Sonntag Hier kommen endlich die Albrecht Dürerischen Kupfer. Es sind ihrer gegenwärtig noch nicht mehr als hundert bekannt. In dem beikommenden Büchelgen sind sie deutlich beschrieben. Dieienigen Blätter die du besizt sind mit einen (×) gezeichnet, die andern leer gelassen und hinten am Ende ist das Verzeichniss zusammengeschrieben, von denen Originalblattern die dir noch fehlen. Ich hab mir sie auch notirt und werde gewiss Gelegenheit finden sie nach und nach zu komplettiren, da du einmal so weit bist. Für eben diese fehlende Originalien und auch für die gute Kopien ist Plaz gelassen und die Zahlen und Buchstaben drüber geschrieben, so dass wenn dir ein Blat unter Händen kommt du gar nicht fehlen kannst Am besten wird sein dass du einen deiner dienstbaren Geister recht drinne iniciirst dass er sichs recht bekannt mache und du ihm wenn ein Blat vorkomme es zum einrangiren und einzeichnen übergeben kannst. Kriegst du ein solches fehlende Blat so schreibe mir gleich die Nummer, damit ich sie in meinem Catalogo auslösche und dir kein doppeltes anschaffe. Hast du aber welche doppelt, so schik mir sie; theils kann

3 wiedenck 21 ×Blat 23 iniciirtst 27 anschaffe|.| hHast

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BRIEFE 167–169

ich sie zu einer Sammlung brauchen die ich mir selbst mache, theils kann ich sie auch an Kupferhändler vertauschen. dl. 3 Sept. 80. G 5

Innliegende Mspte an Bäben. Sie mag sehen ob etwas für dich dabey ist.

167. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 4.? September 1780. Montag?〉 Guten Morgen Liebste. Die ganze Nacht hab ich von Ihnen geträumt, nur haben wir nie einig werden können. Adieu In meiner Seele wills noch nicht recht helle werden. Dass es Ihnen recht wohl sey!

168. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 5. September 1780. Dienstag

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Adieu nochmals allerbeste, leben Sie wohl und vergnügt. Hier die Briefe über Wasern, die Reisebeschreibung an die Waldner, schreiben Sie mir, und behalten mich lieb. Und pflegen unsre krancke Fürstinn, und schreiben das bewuste auf. Adieu. lieber Engel. G dl. 5 Sept 80

169. An Charlotte von Stein 〈Dienstedt, 5. September 1780. Dienstag〉

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Von Dienstadt wo ich gefüttert habe noch ein Adieu. Mit Krebsen und Schafkäs hab ich hier ein gut Mittagessen gehalten. Adieu liebste. Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, so geht ein Bote nach Ilmenau, Seidel wirds bestellen. Eine Brücke hab ich gezeichnet es will gar nicht mehr fort. Grüsen Sie Lingen und machen sich Donnerstag recht lustig und dencken an mich und schicken mir Freytags etwas. G 11 pf×legen

SEPTEMBER 1780

Abb. 5: Goethe an Charlotte von Stein, 6.–8. September 1780 (Nr 170), S. 1

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BRIEFE 167–169

Abb. 6: Goethe an Charlotte von Stein, 6.–8. September 1780 (Nr 170), S. 2

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Abb. 7: Goethe an Charlotte von Stein, 6.–8. September 1780 (Nr 170), S. 3

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Abb. 8: Goethe an Charlotte von Stein, 6.–8. September 1780 (Nr 170), S. 4

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170. An Charlotte von Stein Kickelhahn bei Ilmenau, 6. und 7. September 1780, Ilmenau, 7. und 8. September 〈1780〉, 〈Ilmenau, 8. September 1780〉. Mittwoch– 〈Freitag〉 1 d. 6 Sept 80. Auf dem Gickelhahn dem höchsten Berg des Reviers den man in einer klingernden Sprache Alecktrüogallonax nennen könnte hab ich mich gebettet, um dem Wuste des Städgens, den Klagen, den Verlangen, der Unverbesserlichen Verworrenheit der Menschen auszuweichen. Wenn nur meine Gedancken zusammt von heute aufgeschrieben wären es sind gute Sachen drunter. Meine beste ich bin in die Hermannsteiner Höhle gestiegen, an den Plaz wo sie mit mir waren und habe das S, das so frisch noch wie von gestern angezeichnet steht geküsst und wieder geküsst dass der Porphyr, seinen ganzen Erdgeruch ausathmete um mir auf seine Art wenigstens zu antworten. Ich bat den hundertköpfige Gott, der mich so viel vorgerückt und verändert und mir doch Ihre Liebe, und diese Felsen erhalten hat; noch weiter fortzufahren und mich werther zu machen / seiner Liebe und der Ihrigen. Es ist ein ganz reiner Himmel und ich gehe des Sonnen Untergang mich zu freuen Die Aussicht ist gros aber einfach. — Die Sonne ist unter Es ist eben die Gegend von der ich Ihnen die aufsteigenden Nebels zeichnete iezt ist sie so rein und ruhig, und so uninteressant als eine grose schöne Seele wenn sie sich am wohlsten befindet. Wenn nicht noch hie und da einige Vapeurs von den Meulern aufstige wäre die ganze Scene unbeweglich. Nach 8. – Schlafend hab ich Provision von Ilmenau erwartet, sie ist angekommen auch der Wein von Weimar, und kein Brief von Ihnen. Aber ein Brief von der schönen Frau ist gekommen mich hieroben aus dem Schlafe zu wecken. Sie ist lieblich wie man seyn kan. Ich wollte Sie wären eifersüchtig drauf, und schrieben mir desto fleisiger. /

1 |1| 2 76 5 vVerworrenheit 10 Porphieyr 13 DieIhre 17 ichst 20 grein

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BRIEF 170

2 dl. 7 Sept. Die Sonne ist aufgegangen das Wetter ist hell und klar. Diese Nacht war ein Wenig Wind und ich werde heut zu meinem Weeg schöne Zeit haben. Es geht auf Goldlauter und auf den Schneekopf. Eh ich aufbreche einen Guten Morgen. Ilmenau dl. 7 Abends. Meine Wandrung ist glücklich vollendet und ich sizze und ruhe, indess Sie im Geschwirre der Menschen umgedreht werden, und Illuminationen zubereitet sind. Wir sind auf die hohen Gipfel gestiegen und in die Tiefen der Erde eingekrochen, und mögten gar zu gern der grosen formenden Hand nächste Spuren entdecken. Es kommt gewiss noch ein Mensch der darüber klaar sieht. Wir wollen ihm vorarbeiten. Wir haben recht schöne grose Sachen entdeckt, die der Seele einen Schwung geben und sie in der Wahrheit ausweiten. Könnten wir nur auch bald den armen Maulwurfen von hier Beschäfftigung und Brod geben. Auf dem Schneekopf ist die Aussicht sehr schön. Gute Nacht. Ich bin müde. Dencken und schwäzzen ginge noch an, das schreiben will nicht mehr fort. Es sind hübsche Vorfälle – gute Nacht ich kan doch nichts einzelnes erzählen. / dl. 8 Sept. Nach zehenstündigem Schlaf, bin ich fröhlich erwacht. O dass doch mein Beruf wäre immer in Bewegung und freyer Luft zu seyn, ich wollte gerne iede Beschweerlichkeit mit nehmen die diese Lebensart auch aus dauern muss. Nachher hab ich verschiednes durchgeredt und untersucht. Die Menschen sind vom Fluch gedrückt der auf die Schlange fallen sollte sie kriechen auf dem Bauche und fressen Staub. Dann las ich zur Abwaschung und Reinigung einiges griechische davon geb ich Ihnen in einer unmelodischern, und unausdruckendern Sprache wenigstens durch meinen Mund und Feder, auch Ihr Theil. Und wenn du’s vollbracht hast, Wirst du erkennen der Götter und Menschen unänderlich Wesen Drinne sich alles bewegt und davon alles umgränzt ist, Stille schaun die Natur sich gleich in allem und allem Nichts unmögliches hoffen, und doch dem Leben genug seyn.

1 |2| 25 aAbwaschung 27 das auch 31 igst 32 i×n

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Wenn Sie sich dies nun wieder übersezzen so haben Sie etwas zu thun, und können gute Gedancken dabey haben. / 3 Der Herzog hat uns bis gegen drey in Erwartung gehalten. Staff hat viel aufgetragen, und wir waren lustig. Uber des Herzogs D i ä t Z e t t e l, das was er darnach nicht essen darf, und wovon er sich dispensirt, und worauf er wieder hält, hab ich sonderliche Betrachtungen gemacht. Es sind bey seinem vielen Verstand so vorsäzliche Dunckelheiten und Verworrenheiten hier und da. Auch ists kurios dass ihn wenn er von zu Hause weg und Z. E. hier ist, wie gewisse Geister des Irrthums anwehen, die mir sonst soviel zu schaffen gemacht haben, weil ich selbst noch nicht vom Moly gegessen hatte, davon ich nun anhaltende Curen gebrauche. O Weiser Mambres wann werden deine Spekulationen aufhören. Ihr Brief und Zettelgen kam mir recht willkommen. Verlieren Sie den Glauben nicht dass ich Sie liebe sonst muss ich einen grosen Bankrut machen. Wie lieb ist mirs dass ich den Ball und die Illumination nicht mit gelitten habe. zwar wenn Sie artig waren hätt es doch gehalten. / Herders haben, merck ich die Minute abgepasst dass ich weg wäre, um einen Fus in Ihr Haus zu sezzen, ich bitte die Götter auch dass ich darüber recht klar werden möge, und einsehen möge was bey der Sache an mir liegt, bis dahin ist mirs eckelhafft. Jezt leb ich mit Leib und Seel in Stein und Bergen, und bin sehr vergnügt über die weiten Aussichten die sich mir aufthun, diese zwey lezten Tage haben wir ein gros Fleck erobert, und können auf vieles schliessen. Die Welt kriegt mir nun ein neu ungeheuer Ansehn. Morgen früh gehts von hier weiter. Ich hätte fast Lust damit Sie noch was menschliches hörten, Ihnen das leere Blat mit Ubersezzungen aus dem Griechischen auszufüllen. Doch bin ich Lingen auch ein Wort schuldig, und vor Schlafengehn bring ich wohl noch etwas zusammen. /

3 ⎡3⎤ 4 mei uns 15 Ichhr 32 sol bring

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BRIEF 171

Sagen Sie mir durch diesen Boten ein Wort, und schlagen noch ein Couvert drum an Hl. Krafft in Ilmenau. Geben Sie auch dem Boten einen Schein dass er den Brief gebracht hat. G. 5

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〈Beilage?〉 Es fähret die poetsche Wuth In unsrer Freunde iunges Blut Es siedet über und über. Apollo lass es ia dabey Und mache sie dagegen frey Von iedem andren Fieber. Von Erschaffung der Welt im 30033000 Jahr.

171. An Charlotte von Stein 〈Ilmenau〉, 9. September, Stützerbach, 10. September, Schmalkalden, 11. September, Zillbach, 12. September 〈1780. Samstag–Dienstag〉

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5. dl. 9 Sept. Heute hab ich mich leidend verhalten das macht nichts ganzes, also meine liebste ist mir’s auch nicht wohl. Des Herzogs Gedärme richten sich noch nicht ein, er schont sich, und betrügt sich, und schont sich nicht, und so vertrödelt man das Leben und die schönen Tage. Heut früh haben wir alle Mörder, Diebe und Hehler vorführen lassen und sie alle 〈ge〉fragt und konfrontirt. Ich wollte aufangs nicht mit, denn ich fliehe das Unreine — es ist ein gros Studium der Menschheit und der Phisiognomick, wo man gern die Hand auf den Mund legt und Gott die Ehre giebt, dem allein ist die Krafft und der Verstand pp. in Ewigkeit Amen.

16 Ge|d|ärme 17 sich|,| 21 i×ch 21 ,– 23 dennm

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Abb. 9: Goethe an Charlotte von Stein, 〈September 1780〉 (Beilage? zu Nr 170)

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BRIEF 171

Ein Sohn der sich selbst und seinen Vater des Mords mit allen Umständen beschuldigt. Ein Vater der dem Sohn ins Gesicht alles wegläugnet. Ein Mann der im Elende der Hungersnoth seine Frau neben sich in der Scheune sterben sieht, und weil sie niemand begraben will sie selbst einscharren muss, dem dieser Jammer iezt noch aufgerechnet wird, als wenn er sie wohl könnte ermordet haben, weil andrer Anzeigen wegen er verdächtig ist. pp. / Hernach bin ich wieder auf die Berge gegangen, wir haben gegessen, mit Raubvögeln gespielt und hab immer schreiben wollen, bald an Sie, bald an meinem Roman und bin immer nicht dazu gekommen. Doch wollt ich dass ein lang Gespräch mit dem Herzog für Sie aufgeschrieben wäre, bey Veranlassung der Delinquenten, über den Werth und Unwerth menschlicher Thaten. Abends sezte Stein sich zu mir und unterhielt mich hübsch von alten Geschichten, von der Hofmiseria, von Kindern und Frauen pp. Gute Nacht liebste. Dieser Tag dauert mich. Er hätte können besser angewendet werden, doch haben wir auch die Trümmern genuzt. S t ü z z e r b a c h d. 10ten Abends. Es will mir hier nicht wohl werden, in vorigen Zeiten hat man so manch leidiges hier ausgestanden. Heut wars in den Sternen geschrieben dass ich mich sollte in Ilmenau rasiren lassen, darüber ging das Pferd erst mit mir durch, und hernach versanck ich in ein Sumpffleck / 6. auf der Wiese. Früh hab ich einige Briefe des grosen Romans geschrieben. Es wäre doch gar hübsch wenn ich nur vier Wochen Ruh hätte um wenigstens Einen Theil zur Probe zu liefern. S c h m a l k a l d e n dl. 11ten Nachts. Heut war ein schöner und fröhliger Tag wir sind von Stüzzerbach herüber geritten, unserm Fuhrwerck nur ist es in den Steinweegen elend gegangen. An allen Felsen ist geklopft worden, Stein entzückt sich über alle Ochsen, wie wir über die Granite. Der Herzog ist ziemlich passiv in beyden Liebhabereyen, dagegen hat ihm der Anblick sovieler Gewehre in der Fabrick wieder Lust gemacht. Ich habe ieden Augenblick des Tags genuzt, und mir

9 eRaubvögeln 12 v über 13–14 × unterhielt 14 gGeschichten 21 drarüber 28 Suhl ⎡Stüzzerbach⎤ 31 bey in

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noch zulezt eine Scene aus einem neuen Trauerspiel vorgesagt, die ich wohl wieder finden mögte. Gute Nacht Gold! Ich vermuthe Sie in Kochberg und da wird dieser Brief einen bösen Umweeg machen müssen. Zilbach. dl. 12. Nachts. Wieder einen Tag ohne eine augenblickliche unangenehme Empfindung. Theils hab ich gesehen, theils in mir gelebt, und nichts geredt, wenn ich nicht fragte. Wir sind im Stahlberge bey Schmalkalden gewesen und reichliche Betrachtungen haben wir gemacht. Sie müssen noch eine Erdfreundinn werden es ist gar zu schön; Sie haben Sich ia schon mir zu gefallen / über mehreres gefreut. Wir sind hier spät angekommen, weil Prinzen und Prinzessinnen niemals von einem Ort zur rechten Zeit wegkommen können, wie Stein bemerckte, als ihm die Zeit lang werden wollte, inzwischen dass Serenissimus Flinten und Pistolen probierte. Ich hingegen kriegte meinen Euripides hervor und würzte diese unschmackhaffte viertelstunde. Dann ist die grösste Gabe für die ich den Göttern dancke dass ich durch die Schnelligkeit und Manigfaltigkeit der Gedancken einen solchen heitern Tag in Millionen Theile spalten, und eine kleine Ewigkeit draus bilden kan. Gleich ienem angenehmen Mirza, reis ich auf die berühmte Messe von Kabul, nichts ist zu gros oder zu klein wornach ich mich nicht umsehe, drum buhle, oder handle, und wenn ich mein Geld ausgegeben habe mich in die Prinzess von Caschemire verliebe, und erst noch die Hauptreisen bevorstehn, durch Wüsten, Wälder Bergzinnen und von dannen in den Mond. Liebes Gold wenn ich zulezt aus meinem Traum erwache, find ich noch immer dass ich Sie lieb habe und mich nach Ihnen sehne. Heute wie wir in der Nacht gegen die erleuchteten Fenster ritten, dacht ich: wenn sie doch nur unsre Wirthinn wäre. Hier ist ein böses Nest, und doch wenn ich ruhig mit Ihnen den Winter hier zu bringen konnte dächt ich, ich mögts. Gute Nacht liebstes. Briefe von Ihnen krieg ich wohl so bald nicht zu sehen. Meine Blätter sind numerirt, und gleich beschnitten, und so solls fortgehn. Addio. Dieses geht über Eisenach.

17 sSchnelligkeit 24 hHauptreisen

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BRIEF 172

〈Beilage?〉

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Ein ieder hat sein Ungemach Stein zieht den alten Ochsen nach Der Herzog jungen Haasen Der Prinz ist gut gesinnt für’s Bett Und ach, wenn ich ein Misel hätt, So schwäzzt ich nicht mit Baasen.

172. An Charlotte von Stein Zillbach, 12. September, Kaltennordheim, 13.–14. September 〈1780. Dienstag–Donnerstag〉

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7. Z i l b a c h dl. 12 Nachts Das vorige Blat ist gefaltet und gesiegelt um Morgen fort zu gehen, nun noch Gute Nacht auf dieses. K a l t e n N o r d h e i m dl. 13ten Abends. Der Herzog liest, Stein raucht mit Arnswalden eine Pfeife, und wenn ich nichts zu thun oder zu beobachten habe, mag ich nur mit Ihnen reden. Von der Zillbach sind wir gegen Mittag hier angekommen, und ich finde hier kein Intresse als was mir Bäty von Wiesewässerungen vorerzählt die sie in der Gegend eingerichtet haben. Morgen wollen wir alles besichtigen und ich werde auch mein geliebtes Dorf Melpers zu sehen kriegen. Auf der Reise hab ich Ihnen recht offt gedanckt dass Sie mich haben saure Gurcken essen gelehrt, wie man der Ceres den Gebrauch der Früchte verdanckte, bey heisen Ritten war mirs offt erquickend. Was werden Sie im schönen Mondschein anfangen? und wann werden mich Ihre Briefe erreichen! — Der Recktor hat dem Herzog eine böse Serenade gebracht aus der ich mir nichts gemerckt habe als: Meine Freundinn ist mein. dl 14ten Nachts. Endlich nachdem ich 15 Stunden gelebt habe finde ich einen ruhigen Augenblick Ihnen zu schreiben. Wenn ich doch einem guten Geist das alles in die Feder dicktiren konnte was ich Ihnen

4 hHaasen 20 rRitten

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Abb. 10: Goethe an Charlotte von Stein, 〈September 1780〉 (Beilage? zu Nr 171)

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den ganzen Tag sage und erzähle. Abends bin ich abgetragen und es fällt mir nicht alles wieder ein. In Melpers hab ich viel Vergnügen gehabt, Bäty hat seine Sachen treffl gemacht. Unter andern Betrachtungen sind folgende. / Man soll thun was man kan einzelne Menschen vom Untergang zu retten. Dann ist aber noch wenig gethan vom Elend zum Wohlstand sind unzählige Grade. Das Gute was man in der Welt thun kan ist ein Minimum pp. Und dergleichen Tausend. Die Sache selbst erzähl ich Ihnen mündlich. Hernach haben wir heis gehabt und ein sehr pfiffiges Kind dieser Welt bey uns zu Tische. Dann hat mir ein böser Prozess einige Stunden Nachdenckens und Schreibens gemacht. In meinem Kopf ists wie in einer Mühle mit viel Gängen wo zugleich geschroten, gemahlen, gewalckt und Oel gestossen wird. O thou sweet Poetry ruf ich manchmal und preise den Marck Antonin glücklich, wie er auch selbst den Göttern dafür danckt, dass er sich in die Dichtkunst und Beredsamkeit nicht eingelassen. Ich entziehe diesen Springwercken und Caskaden soviel möglich die Wasser und schlage sie auf Mühlen und in die Wässerungen aber eh ichs mich versehe zieht ein böser Genius den Zapfen und alles springt und sprudelt. Und wenn ich dencke ich sizze auf meinem Klepper und reite meine pflichtmäsige Station ab, auf einmal kriegt die Mähre unter mir eine herrliche Gestalt, unbezwingliche Lust und Flügel und geht mit mir davon. Und so bin ich Reisemarschall und Reisegeheimderath und schicke mich zum einen wie zum andern. / 8. Nehmen Sie dieses ewige λ   gutmütig auf, es ist noch nicht alle, denn wenn ich den ganzen Tag Welthändel getrieben habe die ich nicht erzählen kan, muss ich Ihnen die Resultate auf mich sagen, und in Gleichnissen lauff ich mit Sanchos Sprüchwortern um die Wette.

2 vVergnügen 14 nNachdenckens 23 istch

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Heute in dem Wesen und Treiben, verglich ich mich einem Vogel der sich aus einem guten Entzweck in’s Wasser gestürzt hat, und dem, da er am Ersauffen ist, die Götter seine Flügel in Flosfedern nach und nach verwandeln. Die Fische die sich um ihn bemühen begreifen nicht, warum es ihm in ihrem Elemente nicht sogleich wohl wird. So einen Menschen wie Baty zu haben, ist ein Glück über alles, wenn ich ihn entbehren sollte und müsste meinen Garten geben ihn zu erhalten ich thäts. Neuerdings hab ich mirs zur Richtschnur gemacht: in Sachen die ich nicht verstehe, und es thut einer etwas das ich nicht begreife, so macht ers dumm, und greiffts ungeschickt an. Denn das was schicklich und recht ist begreifft man auch in unbekannten Dingen, wenigstens muss es einer einem leicht und bald erklären können. Die meisten Menschen aber haben dunckle Begriffe, und wissen zur Noth was sie thun. / Der Husar wartet. Es ist schon spät. Stein spricht viel von Oekonomie und da fast nichts weiter vorkommt ists ihm wohl, übrigens sizzt er und macht Anmerckungen die ich ihm an der Nase ansehe. Der Herzog ist gar brav gegenwärtig und mässig, aber sein Körper will nicht nach, man merckts nicht eher als wenn er sich so ziemlich ordentlich hält, wo man die schlimmen Augenblicke nicht auf Rechnung des Z u v i e l schieben kan. Adieu. Wenn ich von Ihnen weg bin, werd ich in allem fleisiger, denn es wird mir nirgends wohl, daher ich mein Vergnügen in der Arbeit suchen muss. Nach der Lehre dass Fleis immer eine Unbehaglichkeit voraussezt. Adieu Gold. Grüsen Sie die kleine Schwägerinn. Caroline könnte mir wohl für meine Verse auch was artigs sagen. Vielleicht ists unterweegs. Haben Sie der Waldner ihr Theil an der Krebsscheere gegeben. NB. Von Gesteinen ist sehr viel gesammelt worden und über den Basalt der hiesigen Gegend hat der Dekanus von hier einen kühnen Einfall gehabt. Adddio G.

1 TrWesen 2 aufs 3 eErsauffen 3 ⎡seine⎤ 5 ⎡nicht⎤ sogleich nicht wohl 6 ist zu 7 Garten um ihn geben 7 geben, (Komma gestr.) 9 rRichtschnur 17 aAnmerckungen

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173. An Charlotte von Stein Kaltennordheim, 15. September 1780. Freitag 9.

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Welcher Unsterblichen Soll der höchste Preis seyn? Mit keinem streit ich, Aber ich geb ihn Der ewig beweglichen Immer neuen Seltsamsten Tochter Jovis Seinem Schooskinde Der Phantasie. Denn ihr hat er Alle die Launen, Die er sonst nur allein Sich vorbehält, Zugestanden und hat seine Freude An der Thörinn Sie mag rosenbekränzt Mit dem Lilienstengel Blütenthäler betreten, Sommervögeln gebieten, Und leichtnährenden Thau Mit Bienenlippen Von Blüten saugen

4 Sstreit 17 PThörinn 18 machg 18 mit RrosenIbegränzt (Worttrennung rückgängig gemacht) 21 ge×bieten 22 Und den leichtnährenden

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Oder sie mag Mit fliegendem Haar Und düstrem Blick Im Winde sausen Um Felsenwand. / Und tausendfärbig Wie Morgen und Abend, Immer wechselnd Wie Mondesblicke Den Sterblichen scheinen. Lasst uns alle Den Vater preisen, Den alten, hohen Der solch eine schöne Unverwelckliche Gattin Den sterblichen Menschen Gesellen mögen. Denn uns allein Hat er sie verbunden Mit Himmels band Und ihr geboten In Freud und Elend Als treue Gattin Nicht zu entweichen. Hingegen die armen Andren Geschlechter Der kinderreichen Lebendigen Erde /

8 wechsel×nd 13 alten|,| 28 Viel Lebendigen

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In duncklem Genuss Und trübem Leiden Des augenblicklichen Beschränckten Lebens Gebeugt vom Joche Der Nothdurft. Uns aber hat er Seine gewandteste Verzärtelte Tochter, Freut euch! Gegönnt. Begegnet ihr lieblich Wie einer Geliebten, Lasst ihr die Würde Der Frauen im Haus Und Dass die alte Schwiegermutter Weisheit Das zarte Seelgen Ja nicht beleidge.

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Doch kenn ich ihre Schwester Die ältere, geseztere, Meine stille Freundinn O Dass die erst Mit dem Lichte des Lebens Sich von mir wende Die edle Treiberinn, Trösterinn Hoffnung. dl. 15 Sept. 80. / Dieses zum Danck für Ihren Brief, und statt alles andern was ich von heut zu sagen hätte. G. Kaltennordheim. 4 Dens Aaugenblicklichen 16 ⎤Und⎤ Dass ia die 23 ⎤O⎤ Dass 23 ia nur erst 25 trennen ⎡wende⎤

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174. An Charlotte von Stein Kaltennordheim, 18. September 1780. Montag Heute geht mirs recht übel und es ist mir alles in den Weeg gekommen dass ich Ihnen nicht die Continuation meines mikroscopisch metaphisisch politischen Diarii durch diese Ochsenpost überschicken kann Nehmen Sie diesen unnumerirten herzlichen Grus bestes Gold und erhalten Sie mir Ihre Liebe. Hierbey folgt eine leidiche Scizze unsres leidigen Aufenthalts den wir im Augenblicke verlassen. Leben Sie wohl. Gott erhalte Sie. Ich habe nichts zu thun als die Verworrenheiten unsrer D i e g o s aus einander zu klauben – O Julie.

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dl. 18ten S. 1780

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G KaltenNordl

175. An Charlotte von Stein Ostheim, 20. September 〈1780. Mittwoch〉 Nur einen guten Morgen mit diesem Boten. Ich war diese Zeit nicht fleisig, meine numerirten Blätter sind nur angefangen, und so mag ich sie nicht fortschicken. Wir gehn übermorgen nach Meiningen, und weis Gott wohin wir alsdenn auseinander geschlagen werden. Addio dl. 20 Sept. Ostheim. G.

1 gekomm××en 15 wWir 15 ×nach

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BRIEF 176

176. An Charlotte von Stein Ostheim, 18.–21. 〈September 1780. Montag–Donnerstag〉

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dl 18. Abends. 11. Nur dass ich im Zusammenhang bleibe eine gute Nacht. Wir sind in O s t h e i m unter viel Cärimonien angekommen, es hat sich alles ausgepuzt und in eine Reihe gestellt. Die Kinder sahen gar gut aus. Ich hab einige Tage her pausirt im Schreiben, einmal weil ich zu wenig, und dann weil ich zu viel zu sagen hatte. Gott giebt mir zur Buse für meine eigne Sünden die Sünden andrer zu tragen. Und in meinem immer bewegten Zustand, beneid ich den der mich um etwas bittet und dem ich durch eine kleine Gefälligkeit seine Wünsche ausfüllen kan und selbst niemand habe der mir — doch ich will nicht ungerecht und undanckbaar seyn. Gute Nacht Gold. Wäre ich mein eigner Herr heut früh gewesen, so hätt ich mich zum Ochsentreiber gesellt und hätte Ihnen die Thiere überbracht. Adieu. dl 20 früh. Gestern haben wir die Wiesenverbesserungen gesehen die Baty bey drey Dorfschafften besorgt hat. Er rührt sich recht, und wird noch vor Winters manches zu Stand bringen. Das schöne Wetter ist mit Wolcken und Nebeln auf einmal überzogen worden, die Berge brauen und es ist kein Heil mehr. Meine Natur schliesst sich wie eine Blume wenn die Sonne sich wegwendet. / dl. 21ten Ihr liebes Blat vom 12ten bis zum 16ten empfang ich heut. Morgen gehts auf Meinungen wo sich denn das Theater verändern wird. Lang kans auch nicht währen und hernach hab ich nur Einen Plan dessen Ansicht mich beschäfftigt und vergnügt. Der Steine von Thüringen hab ich nun satt, das vorzüglichste kenn ich und das übrige lässt sich schliesen oder von andren hören. In bürgerlichen Dingen, wo alles in einer gemessnen Ordnung geht, lässt sich weder das Gute sonderlich beschleunigen noch ein oder das

15 in dr bey 18–19 ist auf niemand kein 23 Swo 29 gGute

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andre Ubel herausheben, sie müssen zusammen wie schwarz und weise Schaafe Einer Heerde unter einander zum Stalle herein und hinaus. Und was sich noch thun liese, da mangelts an Menschen, an n e u e n Menschen, die doch aber gleich auf der Stelle ohne Misgriff das gehörige thäten. Mit der Nürnberger Reise ists nichts, die Herzoginn geht mit Oesern nach Manheim. Also seh ich Sie bald wieder. Ich sehne mich nach Hause wie ein Krancker nach dem Bette. Wenn die Wolcken über der Erde liegen sehnt man sich nicht hinaus. Ich mögte iezt etwas recht artigs für Sie und Ihre Misels haben! Nichts fremdes ist eingelaufen, und heute stockts in meinem eignen. / Abends.

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Da ich zu Wercke ging Ihnen und Ihren Misels ein hübsch und neu Lied auf zu schreiben, kam der Herzog, und wir stiegen, ohne Teufel oder Söhne Gottes zu seyn, auf hohe Berge, und die Zinne des Tempels, da zu schauen die Reiche der Welt und ihre Mühseeligkeit und die Gefahr sich mit einemmal herabzustürzen. Nachdem wir uns denn ganz bedächtlich entschlossen Stufenweis von der Höhe herabzusteigen und zu übernehmen was Menschen zugeschrieben ist, gingen wir noch in den anmutigen Spaziergängen heroischer Beyspiele und geheimnissvoller Warnungen herum, und wurden von einer solchen Verklärung umgeben dass die vergangene und zukünftige Noth des Lebens, und seine Mühe wie Schlacken uns zu Füssen lag, und wir, im noch irrdischem Gewand, schon die Leichtigkeit künftiger seeliger Befiederung, durch die noch stumpfen Kiele unsrer Fittige spürten. Hiermit nehm ich von Ihnen Abschied, und möchte gern in den feuchtlichen Gängen um Ihre Fenster heut Abend erscheinen. Der Recktor bringt eine Serenade, das Volck iauchzt über seines Landesherrn Gegenwart, und alle alte Ubel werden, wie die Schmerzen

2 eEiner 3 liesen 4 d×och 4 igleich 12 A×bends. 14 stiegen|,| 15 seyn|,| 16 Ihre ihre 18 Treppen Stufenweis 24–25 Befriedigung|,| in den ⎡durch die⎤ 25 Kielen

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eines / Gichtischen nach einer Debauche, in unzähligen Supplicken lebendig. —

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Hier wieder eine Lücke die durch ein langes Gespräch mit dem Herzog verursacht wurde das so lebhafft und luminos war als das vorige. Worinn einiger guten Wercke Rechenschafft gegeben, und ein neues zu stande gebracht wurde, und so ein fröhliges Ende eines sonst elenden Tags. Gute Nacht Gold ich möchte im dreyfachen Feuer gelautert werden um Ihrer Liebe werth zu seyn. Doch nehmen Sie die Statue aus korinthischem Erz, wie der Engel Ithruriel, um der Form willen an. Denn es kan Sie ein bessrer nicht besser lieben. Grüsen Sie was um Sie artig ist. Lingen verliert etwas dass dieses Blat No 12 nicht mit Versen angefüllt ist, es war ihr verschiednes zugedacht womit sie ihr Kopfküssen hätte parfümiren können. Grüsen Sie Carlen und die andern. Dies Blat geht über Ilmenau. Adieu. G. il penseroso fedele.

177. An Johann Caspar Lavater Ostheim, 〈21. September 1780. Donnerstag〉 Ostheim vor dl. Rhön. 20

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Erst heut erhalt ich deine Briefe vom 2 ten und 9 ten dieses Monats, wir sind in einigen entfernteren Aemtern des Fürstenthums Eisenach, und sehen verschiedene neue, gute und nüzliche Veranstaltungen in der Nähe, die seit vergangnem Früh iahr im Werck sind. Es ist gut dass du die 60 Ldr behalten hast, Bertuchs Brief wird angelangt seyn, es soll dir nunmehr soviel noch aufgezahlt werden dass du 1000 rh voll hast. 5 zu verursacht 6 gegeben, wurde und 9 dreiyfachen 9 seyn und ⎡werden⎤ 20 deinen Brief|e|

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Deine Frage über die S c h ö n e kan ich nicht beantworten. Ich habe mich gegen Sie so betragen, als ich’s gegen eine Fürstinn oder eine Heilige thun würde. Und wenn es auch nur Wahn wäre, ich mögte mir solch ein Bild nicht durch die Gemeinschafft einer flüchtigen Begierde besudlen. Und Gott bewahre uns für einem ernstlichen Band, an dem sie mir die Seele aus den Gliedern winden würde. Das Tagewerck das mir aufgetragen ist, das mir täglich leichter und schweerer wird, erfordert wachend und träumend meine Gegenwart / diese Pflicht wird mir täglich theurer, und darinn wünscht ich’s den grössten Menschen gleich zu thun, und in nichts g r ö s s e r m. Diese Begierde, die Pyramide meines Daseyns, deren Basis mir angegeben und gegründet ist, so hoch als möglich in die Lufft zu spizzen, überwiegt alles andre und lässt kaum Augenblickliches Vergessen zu. Ich darf mich nicht saümen, ich bin schon weit in Jahren vor, und vielleicht bricht mich das Schicksaal in der Mitte, und der Babilonische Thurn bleibt stumpf unvollendet. Wenigstens soll man sagen es war kühn entworfen und wenn ich lebe, sollen wills Gott die Kräffte bis hinauf reichen. Auch thut der Talisman iener schönen Liebe womit die S t. mein Leben würzt sehr viel. Sie hat meine Mutter, Schwester und Geliebten nach und nach geerbt, und es hat sich ein Band geflochten wie die Bände der Natur sind. / Adieu Liebster, bleibe mir nah im Geist. Mit den Dürers die langsam gehen, wegen der Kosten, kommen Blumen und Kräuterbüschel die ich am Weeg sammle. Lass sie nur wenige sehn, und nur keinen prätendirenden Schrifftsteller, die Buben haben mich von ieher a u s und n a c h geschrieben und meine Manier vor dem Publiko stinckend gemacht. Schicke mir was dich daucht. Auf deine Offenbaarung wart ich, deine Verändrungen sollen mir Unterhaltung seyn mit dir und ein Studium ächter Kritick. Herder fährt fort sich und andern das Leben sauer zu machen. Der Herzog ist sehr gut und brav. Wenn ich nur noch einigen Raum für ihn von den Göttern erhalten kann. Die Fesseln an denen uns die 1 fFrage 1 sS c h ö n e 6 Ssie 13 nur kaum 13 aAugenblickliches 15 ×bricht 16 stupf stumpf 21 ge×erbt 30 wart, ich, (erstes Komma gestr.) 34 kan|n|

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Geister führen, liegen ihm an einigen Gliedern gar zu enge an, da er an andern die schönste Freyheit hat. Seitdem ich keine Phisiognomische Prätension / mehr mache wird mein Sinn sehr scharf und lieblich, ich weis fast in der ersten Minute wie ich mit den Leuten dran bin. Wenn du mir meine Sachen hübsch zurückschickst und sie nicht propalirst, sollst du mehr haben. Es ist doch wohl einmal etwas für dich drunter. Im Phisiognomischen sind mir einige Hauptpunckte deutlich geworden, die dir wohl nichts neues sind, mir aber von Wichtigkeit wegen der Folgen. Hab ich dir das Wort Individuum est ineffabile

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Woraus ich eine Welt ableite, schon geschrieben? Wegen des Bodm. Manuscr. ist es gut. Grüse Bäben und deine Frau. G.

178. An Charlotte von Stein Meiningen, 24. September 1780. Sonntag Meiningen dl. 24 Sept 80.

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Seit dem ich hier bin macht mein Schreiben eine Pause. Es lässt sich nicht so wie von Felsen und Wäldern sogleich sagen, wie man mit Menschen dran ist, und besser man wiederholt sich nicht ieden Eindruck, sondern lässts eine Weile fortgehen. Wir wären sehr undanckbaar wenn wir uns hier nicht gefallen sollten, man ist im möglichsten verbindl und die Unterhaltung ist mancherley. Die ersten Paar Tage sind mir sauer geworden, weil ich weder Leichtigkeit noch Offenheit habe mit den Menschen sogleich zu Leben, iezt aber gehts besser. Es ist mir auch ein Unglück, ich habe gar keine Sprache für die Menschen wenn ich nicht eine Weile mit ihnen bin. 1 ⎡an⎤ 10 wWichtigkeit 15 Masnuscr. 28 ka gar

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Adieu. Grüsen Sie was um Sie ist. Stein ist nach Hildburghausen um zu condoliren der Herzog ist todt wie Sie wissen werden. Adieu Beste, hier schick ich Ihnen den Unsinn eines Menschen Adieu. G.

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179. An Jacob Friedrich von Fritsch Meiningen, 1. Oktober 1780. Sonntag Im Begriff von Meinungen abzureisen melde ich Ew Exzell mit wenigem, den Fortgang der hiesigen Unterhandlungen in der bewussten Sache. Die Gesinnungen welche man gegen unsern gnädigsten Herrn zeigt scheinen ungeheuchelt zu seyn, und man hat versprochen das mögliche zu thun um die Unterthane dahin zu bringen, dass sie nochmals ihr Intresse der Herrschafft in die Hände legen mögen. So schweer dies wegen des alten Mistrauens seyn mag, so ist doch dieser Weeg, als freylich für uns der vortheilhaffteste ernstlich zu versuchen. Käme es alsdenn zu einer Conferenz so würde Hl. v. Dürckheim einer der Commissarien werden, und es liesse sich mit billiger Nachgiebigkeit von unsrer Seite, das beste von dem Ausgange hoffen. Serenissimus haben einige andre Personen die auf dieses Geschäfft Einfluss haben / könnten dem äusserlichen Anscheine nach, durch ein gutes Betragen in ihr Interesse gezogen, und also wäre zur ersten Einleitung das mögliche geschehen. Was weiter nötig ist, um die Sache in der besten Form vorrücken zu machen, wird sich bey Seren. baldiger Rückkunft überlegen lassen. Ein gefälliges Benehmen in der Burgauer Unterhandlung und Aufopferung ienes Petitorii mögte von der glücklichsten Würckung seyn, wie Ew Exzell von der Abreise noch selbst erwähnten. Die Frau Herzoginn hat verschiedentlich drüber gesprochen und es ist ihr an baldiger Beendigung gelegen.

24 demr

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Das Wetter ist sehr übel, und wird die Reisenden bald nach ihrer Heymath nötigen. Die Mineralogischen Merckwürdigkeiten am Thüringer Walde her, sind fleisich aufge/sucht worden. In der Ruhl ist eine grose Zusammenkunft der Herzoge von Sachsen gewesen, da Seren. Gothanus auch hinzukam, sie haben auf der Wartburg zu Mittag gegessen, und auf dem Schlosse Altenstein über Glücksbrunn sich einige Tage erlustigt. Wenn Ew Exzell auf ein weiteres Detail neugierig sind kan ich bey meiner Rückkunft aufwarten. Die Bekanntschafft mehrerer der s. ehrw. Br. hat mir ein besonder Vergnügen gemacht, und mich die Vorteile meiner Aufnahme fühlen lassen. Die Arbeiten die Baty im Oberlande gemacht hat verdienen allen Beyfall Verzeihen Ew Exzell meinen Lakonismus und die Metabases es allo genos, erhalten mir Ihre unschäzbaare Gewogenheit und empfehlen mich dem Hl. Coll. Schnaus auf das beste. Meiningen dl. 1 Oktbr. 80.

Ew. Exzell ganz gehorsamster Goethe

180. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 10.–12. Oktober 〈1780. Dienstag–Donnerstag〉

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dl 10 Okbr. Abends. Dass sich doch Zustände des Lebens wie Wachen und Traum gegen einander verhalten können! Was Sie mir heut früh zulezt sagten hat mich sehr geschmerzt, und wäre der Herzog nicht den Berg mit hinauf gegangen, ich hätte mich recht satt geweint. Auf ein Ubel häuft sich alles zusammen! Ja es ist eine Wuth gegen sein eigen Fleisch wenn der Unglückliche sich Lufft zu machen sucht dadurch dass er sein Liebstes beleidigt. Und wenns nur noch in Anfällen von Laune wäre und ich mirs bewusst seyn konnte; aber so bin ich bey meinen Tausend Gedancken wieder zum Kinde herabgesezt, unbekannt mit dem Augenblick, dunckel über mich selbst,

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indem ich die Zustände der andern wie mit einem hellfressenden Feuer verzehre. Ich werde mich nicht zufrieden geben biss sie mir eine wörtliche Rechnung des Vergangnen mir vorgelegt haben, und für die Zukunft in Sich einen so schwester/lich Sinn zu überreden bemühen, der auch von so etwas gar nicht getroffen werden kan. Ich müsste Sie sonst in den Momenten meiden wo ich Sie am nötigsten habe. Mir kommts entsezlich vor die besten Stunden des Lebens, die Augenblicke des Zusammenseyns verderben zu müssen, mit Ihnen, da ich mir gern iedes Haar einzeln vom Kopf zöge wenn ich’s in eine Gefälligkeit verwandlen konnte, und dann so blind, so verstockt zu seyn. Haben Sie Mitleiden mit mir. Das alles kam zu dem Zustand meiner Seele darinn es aussah wie in einem Pandämonium von unsichtbaaren Geistern angefüllt, das dem Zuschauer, so bang es ihm drinn würde, doch nur ein unendlich leeres Gewölbe darstellte. Nachdem ich Alles durchkrochen, |:das Thal hatte mich sehr freundlich empfangen:| nachdem ich die neuen Weege fertig und sehr schön, und mancherley zu thun gefunden, durch die Bewegung selbst, / ward mirs viel besser. Hier ist das Lexikon wieder, es soll Ihre. Mein Seidel hat übereilt meinen Nahmen hineingeschrieben, ich dencke dass es drum nicht weniger Ihre gehören kan. Schicken Sie mir Wasers Ende, und den Schreibtisch schlüssel. In Belveder ist man artig und das Prinzessgen gar allerliebst. dl. 11. Nachts Knebel, hofft ich, sollte mir etwas von Ihnen mitbringen, sonst hätt ich meinen Boten schon heute fortgeschickt. Nun nicht eine Zeile, nicht ein welckes Blat, nichts was Ihnen nichts gekostet hätte. Er hat mit mir gegessen, die Schrötern auch, wir haben in Steinen gelebt und zulezt war der Mondschein sehr schön. Das Thal ist liebreich die Blätter fallen einzeln, und iedes wechselt noch erst zum Abschied die Farbe.

6 kan,. 23 Sschlüssel 24 Bellveder 31 ⎡iedes⎤

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Gute Nacht, meine beste. Ach man weis nicht was man hat, wenn man gute Nacht mit Hand und Mund sagen kan. /

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dl. 12ten früh 6. Guten Morgen! Mein Bote geht. Vielleicht hör ich heute noch etwas von Ihnen. Grüsen Sie Lingen und geben ihr innliegendes. Adieu. Adieu Auch Steinen in seinem Laboratorio. und Frizzen.

181. An Johann Heinrich Merck Weimar, 11.–13. Oktober 1780. Mittwoch–Freitag Weimar den 11 Okt. 1780

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Deinen Brief habe ich auf einer kleinen Reise erhalten, die der Herzog nach einigen Aemtern, die er gegen Franken oder vielmehr in Franken besizt, gethan hat. Baty treibt seit einem halben Jahre dort seine Anstalten und ich habe mit dem größten Vergnügen auch endlich einmal etwas gethan gesehen und eine befohlne Einrichtung ordentlicher geschwinder und ausführlicher vollbracht als es das gnädigste Rescript nicht besagen konnte. Dieses Wunder hat bei dem Herzog auch grosse Freude erregt. Was er gemacht hat sind eigentlich Abzugsgräben und Wässerungen. Er hat sie mit einem solchen Verstand, nach der Lage und Gelegenheit einer ieden Wiese nach so richtigen Grundsäzen und mit so schiklichen und nöthigen Abänderungen an iedem Orte ausgeführt, dass man in einem Bezirk von wenigen Meilen sich eine gar schöne Kenntniss dieses ganzen Wesens erwerben kann. Es ist in allem ein Mensch wie es ihrer sehr wenige giebt, und wir bleiben dir immer für diese Aquisition verbunden. Er weis nicht allein seine Anlagen auf das pünktlichste zu bestimmen, sondern auch mit den Menschen so gut umzuspringen, dass alles geschwind und leicht vor sich geht. So lang er im Dienst ist hat er noch über niemand geklagt und niemand über ihn. Er steht sich so ziemlich. Ausser seinen 300 rh hat er bei seiner iezigen Abwesenheit Quar-/ und Essen frei, welches die Gemeinden tragen,

1 Nacht., 8 ×ich 19 man es in 23 sondern er ist auch

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wo er sich aufhält. Ich will auch noch sonst vor ihn sorgen. Er wird auch gar honnorable behandelt, und hat eine grosse Freude an seiner eignen Sache. Es widersezt sich kein Mensch, das auszuführen was er angiebt, weil meistentheils die Leute gleich das schikliche und nüzliche davon erkennen mögen. Besonders erlebte er einen grossen Triumpf, dass eine seiner Anlagen so ein grosses Aufsehen machte dass des Nachts Würzburgische Unterthanen herüber kamen, die Gräben heimlich zu messen, und seine Art abzulernen. Ich will ihn veranlassen, dass er dir einmal selbst schreibt, in seiner Sprache nimmt sich alles besser aus. Mit den Menonitten sind wir nun auch einig geworden. Es sind Juden und Schelmen so gut als andre, sonst mögen sie in ihrer Sache vortreflich sein. Wenn sie’s auch nicht mit dem Herzog zu thun gehabt hatten, wäre doch vielleicht nichts draus geworden. Die Kammer wollt’ nicht gern herunter und doch wars dem Kammerpräsidenten bange, weil er merkte, dass der Herr drauf versessen war und schikte sie uns in die Zilbach über den Hals. Baty verschwendete vergebens seine Beredsamkeit und wenn ich’s recht sagen soll, so hatte der Herzog, da wir sie zulezt zu ihm brachten unsere Gesinnungen verhört, und, weil grosse Herren mit Zahlen nicht umzugehen wissen, ihnen wirklich vom Pachtquantum zu viel erlassen. Inzwischen ist die ganze Sache ei/ne Kleinigkeit und an dem Gute wenn sie’s wieder herstellen hat man doch immer den Vortheil. In Meinungen haben wir eine Menge Kunst und andre Sachen von Herzog Anton Ulrichen her, in gehöriger Erbschafts Confussion gefunden. Der Herzog konnte nicht ruhen, biss er ihnen vier Gemälde abgehandelt hatte. 3 Ruistale, wovon einer von seiner höchsten Zeit ist. Ein ganz fertiges Kunstwerk, komponirt und wie es in einen Rahm gehört, und ieden Pinselstrich und ieden Tupfgen doch mit dem nächsten wahrsten Naturgefühl. Die zwei andern sind auch immer von ihm, obgleich weniger. Ferner ein Gesellschaftsstük von Le Duc gemahlt, was man mahlen kann. Ich habe bei der Gelegenheit auch einige vortrefliche Zeichnungen erwischt. Unter andern eine, aber leider höchst beschädigte von Sallot nach Andr. del Sarto mit braunem Bister auf weis Papier, wies ein altes hinten aufgeklebtes, Zettelgen, das zugleich den

4 meistenstheils 6 machten 10 DMit 30 eine 31 glGelegenheit

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BRIEF 181

Preis auf zwanzig Thaler angiebt. Drei Schaafgruppen auf einem halben Foliobogen, Studium von Heinrich Roos ganz vortreflich. Es sind keine natürliche Schaafe, sondern es ist als wenn ein Gott, nachdem er sie gemacht hat, zu ihnen sagte: sie sind gut, und an der Ruhe, an der tierischen Zufriedenheit, die er in sie gelegt, sich selbst ergözte. / Sei doch so gut und schreib mir, wie man es am gescheutsten macht eine Kupferstichsammlung zu rangiren. Die Anfrage ist etwas weitläuftig, doch kannst du mir mit wenigem einige Anleitung geben. Besonders zeige die Bücher an, die man zu Rathe ziehen kann. besonders ob von einzelnen Meistern Catalogi und wo sie zu finden sind, wie Gersai von Rembrandt, und Hüsgen von Dürern. Es ist dies ein Auftrag den mir der Herzog gegeben hat, und an dem ihm viel gelegen ist. Wegen deines Raphaelischen Werks will ich’s nächstens ausmachen. Nun muss ich dir noch von meinen Mineralogischen Untersuchungen einige Nachricht geben. Ich habe mich diesen Wissenschaften, da mich mein Amt dazu berechtigt, mit einer völligen Leidenschaft ergeben und habe, da du das Anzügliche davon selbst kennst, eine sehr grosse Freude dran. Ein iunger Mensch, der auf der Freiberger Akademie studiert und von daher eine auserordentlich reine Nomenclatur und eine ausgebreitete Kenntniss des Details mitgebracht hat, ist mir vom größten Nuzen. Denn daran fehlt mir’s iust, und ich habe weder die Namen einzelner Korper mit denen man gewöhnlich so konfus ist, noch auch gewisse andere bestimmte Begriffe zusammenbringen können. (NB. Die Freiberger Akademie verdient wirklich vieles Lob.) Und so lass ich diesen Menschen seit ungefehr einem halben Jahr, wie ich dir’s auch werde geschrieben haben, das Land durchreisen und schränke mich nicht philisterhaft, wie die / neusten Chursachsen darauf ein; ob dieser oder iener Berg dem Herzog von Weimar gehört oder nicht. Wie ein Hirsch, der ohne Rüksicht des Territoriums sich äst, denk ich muss der Mineraloge auch sein. Und so hab ich vom Gipfel des Inselsbergs, des höchsten vom Türingerwald, bis in’s Würzburgische, Fuldische, Hessische, Chursächsische, bis über die Saale hinüber und wieder so weiter bis Saalfeld und Coburg herum, meine schnelle Ausflüge und 1 angiebt. × (am Zeilenende nicht gestrichener Ansatz eines Buchstabens) 9 rRathe 16 zdazu 19 einen auserordentlich reinen Nomen Nomenclatur (Streichung am Zeilenende) 22 einzelnenr 32 Sa×ale

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Ausschikungen getrieben. Habe die meisten Stein- und Gebürgsarten von allen diesen Gegenden beisammen und finde in meiner Art zu sehen, das bisgen Metallische das den mühseeligen Menschen in die Tiefen hin ein lokt immer das geringste. Durch dieses alles zusammen, und durch die Cramereien einiger Vorgänger, bin ich im Stande einen kleinen Aufsaz zu liefern der gewiss interessant sein soll. Ich habe iezt die allgemeinsten Ideen, und gewiss einen reinen Begriff, wie alles auf einander steht und liegt, ohne Prätension auszuführen, wie es auf einander gekommen ist. Da ich einmal nichts aus Büchern lernen kann, so fang’ ich erst iezt an, nachdem ich die Meilenlangen Blätter unserer Gegenden Umgeschlagen habe, auch die Erfahrungen anderer zu studieren und zu nuzen. Dies Feld ist, wie ich iezt erst sehe, kurze Zeit her mit grossem Fleis bebaut worden, und ich bin überzeugt, dass bei so viel Versuchen und Hülfsmitteln ein einziger grosser Mensch der mit den Füsen oder dem Geist die Welt umlaufen könnte, diesen seltsamen zusammen gebauten Ball ein vor allemal erkennen und uns beschreiben könnte. Was viel/leicht schon NB. Büffon im höchsten Sinne gethan hat, weswegen auch Franzosen und Teutschfranzosen und Teutsche sagen, er habe einen Roman geschrieben, welches sehr wohl gesagt ist, weil das ehrsame Publikum alles auserordentliche nur durch den Roman kennt. Hast du des de Saussure Voyage dans les Alpes gesehen? Das kleine Viertel das ich davon noch habe lesen können, macht mir sehr viel Liebe und Zutrauen zu diesem Manne. Ich habe vor, wenn ich das Buch durch habe, ihn, oder einen andern Genfer den ich kenne um die Steinarten zu bitten, die er beschreibt, es ist das einzige Mittel wie man sich kann verstehen lernen. Ich weis nicht wie’s mit dir ist, aber du siehst dass mirs Ernst ist. Kannst du und willst du mir etwas von der Art sammlen und schiken, so machst du mir einen vergnügten Augenblik. NB. Wir haben ganz unstreitige Vulkans entdekt, einen ungeheuren Crater, Asche, Schörllcrystallen drinne, Lavaglas, Lava, Tarasstein, und alle Sorten von Basalt, nicht etwa zusammen gesucht und gelesen und erkümmerlicht, sondern alles in einem Bezirk von wenigen Stunden und mit Händen greifbar. Nimm nur dazu was wir von Cassel und Frankfurt wissen, über das alles gehen nun iezt meine Speculation. Ich

1 Steinar- und Gebürgsarten 21 gesehen,?

30 Sch××örllcrystallen

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BRIEF 182

würde herzlich vergnügt sein wenn du von deiner Seite etwas daran beitragen wolltest, allenfalls auch nur durch den H e s s e, ich wollte ihm meine Gedanken sagen, was ich untersucht haben mögte, und wer mir von seiner Gegend aus helfen will soll von hier aus eine Complette Gebürgsart- und Erztsammlung haben, mit wenig Worten, die die Folge davon deutlich machen. / Lebe wohl und schreibe bald wieder. Was hast du zu des la Roche Veränderung gesagt? Grüse deine Frau. und besuche die Mutter einmal, sie hat etwas für dich das du lesen sollst, wenn dus nicht schon gesehen hast: d i e V ö g e l. dl. 13 Oktbr. 80. G Eben erhalt ich deinen Brief. Wir sind schon in Eisenach gewesen. Sehr wohl hätt ich dich wieder auf der Wartburg empfangen wollen, wo ich doch nur Eine Nacht war. Ich seh dich also nicht, wenn du nicht Lust hast die neun Meilen hierher zu machen, oder mir einen Rendez vous schreibst. auf einige Tage könnt ich abkommen, und käm in aller Stille etwa auf C r e u z b u r g das liegt dir noch näher, und nach Eisenach mag ich nicht hinein. Du müsstest mir zeitig schreiben und mir auf E i n e n Ta g a u f o d e r a b sagen können. Adieu der M o m p e r t ist treffl, ich hab mir ihn angemast. Sieh dass du mir so was in Cassel eroberst. / Was sind die Caracche schön! Ach lieber Gott dass man so lang leben muss, eh man so was sieht, und sehen lernt!

10 d nicht 17 Rendez vous (ohne Trennungsstrich am Zeilenumbruch)

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182. An Johann Caspar Lavater Weimar, 13. Oktober 1780. Freitag Weimar den 13 Okt. 1780.

Deine Schrift über Wasern ist nunmehro ganz bei mir angekommen, und ich danke dir in meinem und vieler Menschen Namen dass du dir diese Mühe geben wollen. Es ist ein Meisterstük von Geschichte, und ich darf dir wohl sagen, dass du, als Mensch, Bürger und Schriftsteller, mich mehr dabei interessirt hast, als der Held selbst. Ich meine noch nie so viel Wahrheit der Handlung, solchen Psychologischen und politischen Gang ohne Abstraktion beisammen gesehen zu haben, und eins von den grössten Kunststüken, das dich aber die Natur und der Ernst bei der Sache, gelehrt hat, ist iene anscheinende Unparteylichkeit, die sogar widrige facta mit der grössten Naiveté erzählt, iedem seine Meinung und sein Urteil frei zu lassen scheint, da sich doch am Ende ieder gezwungen fühlt, der Meinung des Erzählers zu sein. Du hast in allem Sinne sehr wohl gethan in dieser Sache auch ein Wort mit zu reden, es ist ein schön Monument für die Nachkommenschaft, und dein Vaterland hat dir dafür Dank zu sagen. Was das grosse Publikum betrift so hätte es um dessentwillen weniger bedurft, alle honnette Leute, die auserordentlich f ü r Wasern portirt sind, haben gleich k r e u z i g e! geschrien so bald ich ihnen versicherte, er habe noch / nebenher g e s t o l e n und f a l s c h e O b l i g a t i o n e n gemacht, auf dieses hat man ihn ohne weiters dem Henker übergeben und die Herren von Zürich völlig e n t s c h u l d i g e t, und so thu’ ich deinen Willen indem ich den besten das Manuscript vorlese, und den andern einen Auszug erzähle der nach ihrem Sinne ist. Ueber den Menschen selbst ist nichts zu sagen. Ich wenigstens habe mit der Beschreibung davon genug, und ergöze mich am Anschauen desselben, wie an der Beschreibung und Abbildung eines andern Meerwunders ohne ihn klassifiziren, oder drüber

7 soviel|chen| 9 dasss (zwei lange s zu Schluss-s) G 10 Sachen 12 scheinent 12 w⎡i⎤eder G? 14 mirt 23 Man×uscript 26 derssselben 27 imhn mit Classen zu zieren ⎡klassifiziren⎤ G

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BRIEF 182

pragmatisiren zu wollen. Schlözer spielt eine scheusliche Figur im Roman, und ich erlaube mir eine herzliche Schadenfreude, weil doch sein ganzer Briefwechsel die Unternehmung eines schlechten Menschen ist. Deine Geldsache kann nun auch sogleich in Richtigkeit gebracht werden. Ich habe deinen Brief an Bertuchen vor mir und darüber folgendes zu sagen: 1.) Es wird von Dir keine weitere Versicherung verlangt, als dass du beiliegenden Schein dieser kommt mit dem Gelde., abschreibst, unterschreibst und besiegelst. Es erfährt das weiter niemand, geht niemanden nichts an, und ich kann nicht denken, dass Gefahr dabei sein soll, denn so gern ich dir auch was zu Gefallen thue, so ist’s in meiner Situation gar zu unangenehm, des Herzogs Schuldner zu sein, oder zu scheinen. / Das übrige soll gehalten werden, wie du schreibst, nur scheint darinn ein Verstos zu sein, dass du an Hl Gedeon Burkhardt für Hl v. Knebel nur funfzig Louisd’or willst ausgezahlt haben, da ich doch damalen befohlen, dass man dir sechzig über machen soll. Ich habe die Rechnung von meinem Banquier noch nicht, diese wird alles erklären. Und da dir nach deiner Rechnung noch 76 Louisd’or zu erhalten noch übrig bleiben, so würdest du, wenn du damalen schon 60 erhalten hättest, gegenwärtig nur noch 66 empfangen. Ich kann davon in wenig Tagen Nachricht haben und, ohne auf deine Antwort zu warten, soll das Geld sodann gleich abgehen. Ich danke dir für den Tomas Morus. er ist ganz vortreflich gezeichnet. Wollte Gott Lips hätte bei seinem schönen Talent auch einen solchen Sinn an der Natur. Meine Iphigenie mag ich nicht gern, wie sie iezo ist, mehrmals abschreiben lassen und unter die Leute geben, weil ich beschäftigt bin, ihr noch mehr Harmonie im Stil zu verschaffen und also hier und da dran ändere. Sei so gut und sag das denenienigen zur Entschuldigung, die eine Abschrift davon verlangten. Ich habe es schon öfters abgeschlagen. Da ich so weit bin, sehe ich deine ältere Briefe an mich nach. Deine Rechnung, wie sie auf beiliegendem Blate steht verändert sich also, wie

1 scheulsliche 8 ↓dieser kommt mit dem Gelde.↓, G (mit Einweisungszeichen, Komma versehentlich nicht gestr.) 9 niemand|,| und geht 15 Louisd’ors 19 s60 25 Ssolchen 25 gern nicht gern 29–30 schon es schon

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schon gesagt und du kannst die 66 Louisd’or nunmehro gleich erhalten. / Lebe wohl lieber Mensch und fahre fort mit uns zu leben. Knebel ist angekommen, und hat dich wieder recht lebhafft zu uns gebracht. Adieu. Schreib mir auch einmal wieder einen ausführlichen Brief. Grüse Bäben. dl. 13 Oktbr. 80 G. Eben erhalt ich deinen Brief vom 30 7br. Für die Schöne und dich ist mirs leid dass ihr euch nicht gesehn habt. Es ist eine schöne Sache ums sehn. Wollte Gott ich wäre dir die Hälfte näher und konnte alle Jahr dich einmal acht Tage haben. Dass du über mich g l a u b e n magst ohne zu sehn ist mir sehr lieb. D u wirst auch wenig sehn. Gewiss auch hast du recht dass der Gedancke im Menschen das beste ist, von dem Capital das er doch hat, und wie er mit wuchern möchte, um es aufs tausendfältige zu treiben, es entstehe draus Gewinnst oder Verlust. Den guten Lands und Hausvater würdest du n ä h e r, m e h r bedauern. Was da auszustehn ist spricht keine Zunge aus. H e r r s c h a f t wird niemand angebohren, und der sie ererbte, muss sie so bitter gewinnen als der Erobrer, wenn er sie haben will, und bitterer. Es versteht dies kein Mensch der seinen Würckungskreis aus sich geschaffen und ausgetrieben hat. Dancke für die Silhouetten Auslegung hier ist wieder eine. Du thust mir eine Wo h l t h a t, ich schicke dir wenn du mir antwortest manchmal solch ein Gesicht. Ich hab ohne Bestimmtheit unendlich ähnlich Gefühl zu deinem.

9 sSchöne 23–26 ↑ Dancke für die Silhouetten aAuslegung 〈…〉 ähnlich Gefühl zu deinem. ↑ G (S. 1 am oberen Rand umgekehrt zur Schreibrichtung)

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BRIEFE 183/184

183. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12.–15. Oktober 1780. Donnerstag–Sonntag

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dl. 12 Octbr 80 Nachts. Mein Vergnügen vor Schlafengehn ist zu dencken dass meine Botin glücklich bey Ihnen angelangt seyn wird. Gute Nacht beste. Der Herzog ist wohl in Belvedere und hat mir etwas hoff ich von Ihnen mit gebracht. dl. 13. Nachts Durch die Botin und Steinen hab ich etwas von Ihnen, nun bin ich still und vergnügt wenn Sie mir etwas sagen. Es ist wunderbaar und doch ists so, dass ich eifersüchtig und dummsinnig bin wie ein kleiner Junge wenn Sie andern freundlich begegnen. Gute Nacht Gold. Seit denen Paar Tagen bin ich noch nicht zur Ruhe gekommen als schlafend, das ist mir aber am gesundsten. Um Mitternacht vom Sonnabend auf den Sonntag. Ihr Bote war wieder weg als ich Ihr Zettelgen erhielt. Wenn die Sonne wieder aufgegangen ist schick ich Ihnen meine Alte. Seit heut früh um sechs hab ich nicht Ruhe gehabt und noch nicht. Wenn man nur nicht zu schlafen brauchte und immer ein Interessantes dem andren folgte! Ich bin wie eine Kugel die rikochet aufschlägt. | Der Mond ist unendlich schön, Ich bin durch die neuen Wege gelaufen / da sieht die Nacht himmlisch drein. Die Elfen sangen. Um Mitternacht wenn die Menschen erst schlafen Dann scheinet uns der Mond Dann leuchtet uns der Stern, Wir wandlen und singen Und tanzen erst gern. Um Mitternacht Wenn die Menschen erst schlafen Auf Wiesen an den Erlen

1 ⎡80⎤ 7 einfersüchtig 12 Das Wenn 13 H Seit 16 Ku×gel 17 ge×l gelaufen

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Wir suchen unsern Raum Und wandlen und singen Und tanzen einen Traum. Gute Nacht. Meine Feder laufft zu schläfrig. Sonntags früh. Sie erhalten schöne Trauben, dagegen sagen Sie mir dass Sie Sich wohlbefinden und mich lieben. Gestern ist alles von Belvedere herein. Heute gehts nach Hof. Grüsen Sie Lingen und geben ihr einige süse Beeren in meinem Nahmen. Grüsen Sie Frizzen hier sind ein Paar Bücher, ich weis nicht ob sie ihn unterhalten werden. ich will was bessers suchen. / Schicken Sie mir das Waserische. Knebel ist recht gut. Glück zum schönen Wetter! G.

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184. An Maria Antonia von Branconi Weimar, 16. Oktober 1780. Montag Weimar dl. 16 Oktbr. 80. Erst heute find ich Ruhe zu einer schrifftlichen Unterhaltung mit Ihnen, und nehme ein kleines Blättgen, ein sehr kleines gegen die Menge Sachen die ich Ihnen zu sagen habe. Hätte ich diese Zeit her ein halbduzzend Geister zu Sekretairs gehabt, denen man zu Pferde, bey Tafel, in dem Vorzimmer und allenfalls auch träumend dicktiren könnte; so würden Sie iezzo ein Paar Ries Papier erhalten, vollgeschrieben von tausend Einfällen, Empfindungen, Bemerckungen Geschichten und Vorfällen, dass Sie bey dem blosen Anblicke das Entsezzen befallen müsste. Der Verlauf vom 27 Sept allein würde einen starcken Band machen. Diesen schönen Tag, dessen beste Stunden ich mit der Feder in der / Hand, meine gesammelte Gedancken an Sie gerichtet, zuzubringen

3 tTraum 23 Ihnen ⎡Sie⎤ 23 bolosen

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BRIEFE 185/186

hoffte, hab ich im Gefolg unsrer Fürsten auf der Strase, bey Tische, beym Tanz und soweiter hingebracht. Wo sind Sie gewesen? Ich hoffe es bald zu hören, bald zu erfahren wo Sie gegenwärtig sind, dass ich meine Versprechen nach und nach erfüllen kan. Die Zeichnung des niedrigen Thals die Sie verlangten, geht diese Woche an meine Mutter ab, sie erhält den Auftrag abzuwarten, biss sie von Ihnen erfährt wohin das Packet zu schicken ist. Machen Sie dem bunten Blätgen ia ein freundlich Gesicht es soll Sie, wie ihm befohlen ist, mehr an die Bewohner, als an Wiese, Baüm und Hütten erinnern. Ihr Brief hätte nicht schöner und feyerlicher bey mir eintreffen können. / Er suchte mich auf dem höchsten Berg im ganzen Lande, wo ich in einem Jagdhäusgen, einsam über alle Wälder erhaben, und von ihnen umgeben eine Nacht zubringen wollte. Es war schon dunckel, der volle Mond herauf, als ein Korb mit Proviant aus der Stadt kam, und Ihr Brief, wie ein Packetgen Gewürz oben auf. Meine Mutter ist recht glücklich gewesen Sie bey sich zu haben. Die gute Frau schreibt auch eine Epoche von dem Tage Ihrer Bekanntschafft. So gehts dem Astronomen, wenn an dem gewohnten und meist unbedeutenden Sternhimmel, sich Gott sey Danck endlich einmal ein Komet sehen lässt. Wir hoffen dass Sie von der wohlthätigen Art sind, und versprechen uns also ein gutes Jahr. / Wie ich Ihnen meine Schweizer Briefe wollte abschreiben lassen, fand ich sie noch so mangelhafft dass ich es aufschieben musste. Sobald als möglich will ich sie nocheinmal durchsehn, und sie sollen Ihnen an einem Winterabende aufwarten. Dagegen hoff ich auch Ihre Schicksaale zu lesen, und wie Sie Sich mit den Felsen befreundet haben. Die Aufführung der Wassergötter nicht zu vergessen. Leben Sie wohl, empfehlen mich den Ihrigen. Gewiss nehm ich den lebhafftesten Anteil an allem was Sie betrifft, und verlange sehr zu hören wie es Ihnen bisher gegangen ist. Der arme Lavater hat Sie versäumt hör ich. Goethe

8 es hat den A es 19 unbedeutendemn 26 aufch 31 nach zu

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185. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. Oktober 1780. Freitag Dancke für alles aufs beste. Im Begriff nach Mühlhausen zu fahren, wo Mephistopheles Merck hinkommt schick ich noch zwey Fasanen von der gestrigen Jagd. Nunmehr werd ich Sie recht bitten bald herein zu kommen es ist Zeit in allem Sinne. Helfen Sie uns leben, Theilen Sie Ihre Zeit mit uns. Adieu grüsen Sie Lingen, das kühle Feuer leuchtet gar schön. Ich hab’s Nachts um mein Bett gestellt. Adieu, Sonntag Abends bin ich wohl wieder da lassen Sie mich etwas von Ihnen finden, und kommen Sie ia bald. dl. 20 Okbr. 80. Eben kommt die Herzoginn.

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186. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Oktober 1780. Mittwoch Wir hören dass Sie nicht wohl sind, und es vermehrt diese Nachricht iedes Ubel an dem wir kranck liegen, sagen Sie uns nur ein Wort, wir brauchen Trost. Hier leben die Menschen mit einander wie Erbsen in einem Sacke, sie reiben und drücken sich, es kommt aber nichts weiter dabey heraus, am wenigsten eine Verbindung. Knebel ist sehr gut. Gestern ward Robert und Kalliste gespielt, lassen Sie Ihre Correspondentinnen drüber sprechen. Hier schick ich Süsigkeiten, sonst fehlt mirs an allem ausser an Gedancken. / Stein wird erst auf eine Pferdeiagd ausgehn wie ich höre, und dann erst zu Ihnen, dann wird noch eine Weile draussen gekramt werden und so kommen Sie immer nicht. Es wäre doch besser für Sie und uns. Dass Lingen neulich meine Trauben süs schmeckten, ist kein Wunder, sie sind durch dreyer Verliebten Hände gegangen eh sie zu ihrem Munde kamen. 4 Nun×mehr

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BRIEFE 187/188

Grüsen Sie Frizzen. Mit dem Rahmen haben Sie vergessen mir die Kupfer zu schicken, ich kan nicht fortfahren. Adieu beste behalten Sie mich lieb. Mein Vater ist sehr kranck. / Mit Mercken hab ich einen sehr guten Tag und ein Paar Nächte verlebt. Doch macht mir der Drache immer bös Blut, es geht mir wie Psychen da sie ihre Schwestern wiedersah. Der Herzog ist recht vergnügt rasch und wohl, das ist das beste in der ganzen Sache. Dencken Sie doch an das was wir wegen der Herzoginn Badreise gesprochen haben. Ich habe den Mädgen Bodens Stück zu lesen gegeben, die wollen ihm die Augen auskrazzen, dass er ihnen solche Masken zu denckt. Es ist doch unerhört! So ein Mangel an Beurtheilung. / Grüsen Sie Lingen. Gott erhalte Sie. Addio. dl. 25 Oktbr. 80 G.

187. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 28. Oktober 1780. Samstag〉

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Lieber Br. ich will tugendhafft seyn und morgen nicht mit nach Kochberg gehen. Ein gut Werck, das auch euch nuzze ist lockt mich an. Es sind gewisse Dinge in Gährung denen ich abhelfen muss, und morgen der Tag ist mir von Bedeutung. Gehst du noch so grüse die Stein recht herzlich, Montags kriegt sie einen Brief von mir. Ich bin wie der Bock der für die Sünden der Gesellschafft in der Wüste spazieren muss. Adieu behalte mich lieb. Grüse auch Lingen und Frizzen und bring mir etwas mit. G.

9 dDencken 22 herzlich.,

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188. An Charlotte von Stein Weimar, 29. Oktober 1780. Sonntag Um diese Stunde hofft ich bey Ihnen zu seyn. Knebel ist allein weg weil mein alter Beruf mich hält. Ich will heute den Tag in Tiefurt zubringen, es sind gewisse Dinge in Gährung denen Lufft muss gemacht werden. Knebel ist gar brav, und wenn er beharrt, kan er uns unendlich nuzzen, gebe Gott sein Gedeihen dazu. Die Mittlerschafft kleidet ihn gar gut, er sieht alles reiner und würckt nur zu wahren Zwecken. Ich weis nicht warum, aber mir scheint Sie haben mir noch nicht verziehen. Ob ich Vergebung verdiene weis ich nicht, Mitleiden gewiss. So gehts aber dem der still vor sich leidet, und durch Klagen weder die seinigen ängstigen noch sich erweichen mag, wenn er endlich aus gedrängter Seele Eli, Eli, lama asabthani ruft, spricht das Volck, du hast andern geholfen hilf dir selber, und die besten übersezzens falsch und glauben er rufe dem Elias. Nur keine Gedanckenstriche in Ihren Briefen mehr, Sie können versichert seyn dass ich sie immer mit dem schlimmsten ausfülle. Wenn Sie wiederkommen werden Sie mir doch die Geschichte ver/trauen, dagegen hab ich Ihnen auch eine wunderbaare Catastrophe zu entdecken, die Sie wissen müssen. Ich dencke der Baum unsrer Verwand- und Freundschafft ist lange genug gepflanzt und fest genug gewurzelt dass er von den Unbilden der Jahrszeit und der Witterungen nichts mehr zu besorgen hat. Die Kupfer hab ich nicht erhalten. Die Zusammenkunft mit Merck hat mir geschadet und genuzt, das lässt sich in dieser Welt nicht trennen. Lingen soll keine Verse mehr von mir kriegen, noch mehr Freundlichkeit als die allgemeine Höflichkeit erlaubt. Glauben Sie mir die Menschen, die sich um uns bekümmern thätens nicht wenn sie mit sich selbst was bessers anfangen könnten. Wenigstens thätens sie’s anders. Sagen Sie mir doch wenn Sie kommen.

5 ×Gedeihen 8 vVergebung 20 gewurztelt 24 ×geschadet 27 erlaubt,. gGlauben

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BRIEFE 189/190

Man mögte Robert und Kalliste gerne wieder sehn, und ich mögts nicht gerne geben lassen biss Sie wieder da sind, denn eine dritte Vorstellung folgt nicht sobald. / Adieu. Grüsen Sie Lingen und Frizzen. Auch Knebeln der wohl noch bey Ihnen ist. Weimar dl. 29 Oktbr 80 G.

189. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. 〈November〉 1780. 〈Donnerstag〉

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So einen bösen Vorhang mir Ihr Brief herunter wirft, und neue Nebel meine schönsten Aussichten decken; so ist mirs doch wilkommner als Ihr anfänglich gleichgültig thun, da Sie mir s ausreden und mich beruhigen wollten. Möge es Ihnen recht wohl seyn. Knebel hat mir gesagt dass Sie recht vergnügt sind. Es macht mich nachdencken dass es Frizzen geht wie mir. Danck für die Bratens wir wollen sie in Gesellschafft mit guten Wesens verzehren. Die kleine lehrt mich Schach. u.s.w. Grüsen Sie Stein und Lingen recht schön, und auch meinen Bruder nicht in Christo sondern in der Unart und Unbethulichkeit. dl. 2 Oktbr. 80. G.

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Auch wieder l. Br. einige Worte nach dem A B. C. a) Die Kupfer die noch hier sind wäre mir lieb wenn du sie dem Herzog überliesest, er sammlet ietzt und hat schöne Freude und Sinn dran.

12 wseyn 22 sSinn

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Für dich sind unter dem ganzen Wust höchstens ein halb duzzend Lukas v. Leyden schäzbaar. Dagegen will ich dir die Albrecht Dürers was mir in die Hände kommt ausantworten b.) Gott seegne dich für deine Freude an meiner Künsteley. Ich kan’s nicht lassen ich muss immer bildeln. c) Deine Waserische Geschichte gehört eben recht dir weil sie so aus Noth dem innersten / entrissen ist. Lies doch wo du Zeit findest das Diarium der Revolution von Neapel durch Masaniello, wen du es noch nicht kennst. Dir gewiss wie mir unschäzbaar. f .) Das von Herdern kenn ich noch nicht. g.) Der Schein ist gut. Von dieser Obliegenheit wird dich der Hezog nächstens auf eine schöne und freundlig Art befreyen. Das Geld wirst du nun haben. h.) Hast du denn selbst eine Iphigenie. i) Lass mir wo möglich durch Bäben ein näher Wort sagen wie dir ist. L. Br lass uns immer näher zusammenrücken / die Zeit kommt doch bald wo wir zerstreut in die Elemente zurückkehren werden aus denen wir genommen sind. k) Täglich wächst der Herzog und ist mein bester Trost. l.) Was thust du für G e r a? du Treiber. m) Danck für die Worte über die Silhouette. Es ist eine edle Seele und liebt dich wie man lieben kan. Schick mir doch dein Bild für sie ich hab ihr meins geborgt. Grüse Frau, Kinder und alles. Schreib mir immer es sey was es wolle. Gieb meine Sachen an Bäben die weis womit hin. Adieu dl. 3 Nov. 80. G.

6 vaus 22 über ×die

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BRIEFE 191/192

191. An Friedrich Müller Weimar, 6. November 1780. Montag Weimar den 6 November. 1780

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Ihr lezter Brief hat mir ein grosses Vergnügen gemacht. Es ist sehr gut, wenn man sich einmal misversteht, daraus kommt manche gute Erklärung und man sieht erst, dass man recht einig ist. Versäumen Sie ia nicht, mir manchmal über Gegenstände der Kunst zu schreiben, besonders lassen Sie mich über Raphaelen, Michelange, Caracci und wen Sie wollen, etwas hören. Erzählen Sie mir fortan die Geschichte Ihres Aufenthalts in Rom und geben Sie mir Nachricht von Ihren Arbeiten und Gesundheit. Ich lebe mehr in diesen Sachen als Sie glauben können, und es nimmt niemand einen wärmern, obwohl nicht ganz reinen, Antheil an dem Künstler als der Liebhaber der selbst pfuscht. Sie können mir kein grösseres Vergnügen machen. Es wird nunmehro bald iährig, dass ich Ihnen Ihre Pension zugeschikt habe. Ich mögte aber gern erst was hier von Ihnen vorzuweisen haben, ehe ich Ihren Gönnern und Freunden wieder Ihren Nahmen nenne. Zu Ende Oktobers oder Anfang Novembers, schreiben Sie, soll ich die zwei Bilder von Ihnen haben. November hat zwar nicht lange angefangen, doch will ich Sie lieber erinnern und treiben, als dass Sie mir am Ende zu spät kommen sollen. Thun Sie’s doch ia und geben ein Lebenszeichen von Sich. wenn Sie mir nur einige Landschaften, nur einige Skizen, wie ich Sie drum bat, geschikt hätten, ich wäre zufrieden gewesen, und hätte auch andre können zufrieden stellen. Der Glaube an das, was man nicht sieht ist sehr rar. Und eine einzige geistreiche Skize überzeugt ieden weit mehr als alles was ich erzählen kann, was Miller in Rom thut. Schreiben Sie mir also ia, ich bitte bald, ob ich was erhalte. Nehmen Sie, ich bitte, dieses nicht etwa von einer unangenehmen Seite, die Menschen sind, und vielleicht mit Recht, so gesinnt, dass sie ihres Säens sichtliche Früchte sehen wollen. Ich weis wohl, wie es dem Künstler oft zu Muthe ist, aber eben deswegen, glaube ich wohl zu thun, wenn ich Sie ermahne. Schiken Sie mir ia und schreiben Sie

6 Meichelange 6 wenn 14 maög|te| 20 sSich. 22 Glauben 28 fFrüchte

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mir bald, und sagen Sie ein Wort, was an der Geschichte ist, dass Sie Sich zu der katologischen Religion begeben haben. Es verändert in unserer Angelegenheit gar nichts, nur mögt ich, wenn die Sache wahr ist, Fra/genden die wahre Umstande erzählen und wäre es nicht wahr, mit Grunde widersprechen können. Leben Sie wohl und antworten mir ia gleich. Goethe

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192. An Maria Amalia von Hendrich Weimar, 7. November 1780. Dienstag 〈Druck〉 Die versprochene Silhouette kommt erst ietzt weil ich sie nicht eher schicken wollte bis ich zugleich was Lavater über die Ihrige sagen würde mit vermelden könnte. Er schreibt In der Silhouette ist a. sehr viel Poetismus b. Feiner reiner Sinn c. Kindliche Gutmüthigkeit d. Wohlanstelligkeit. Nun sehn Sie ob das Alles in Ihnen ist oder ob Sie einen Theil hineingeschnitten haben. Die andre kommt mit bey. Nächstens erhalten Sie auch ein Bild von Lav. Legen Sie mich auch den durchlauchtigsten Herrschafften zu Füssen. Meinen gnädigen Hofdamen bringen Sie einen alten Tischnachbar ins Gedächtniss. Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl und bleiben Sie meiner vollkommensten Achtung versichert.

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W., 7. Nov. 80. Goethe.

1 ian 4 fFragenden

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BRIEFE 193–196

193. An Charlotte von Stein Weimar, 7. November 1780. Dienstag

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Heut sind s fünf Jahre dass ich nach Weimar kommen bin. Es thut mir recht leid dass ich mein Lustrum nicht mit Ihnen feyern kan. Gestern hatten wir recht schön und wunderbaar Wetter, kamen sehr vergnügt hierher. Ihrer Liebe wieder ganz gewiss, ist mirs ganz anders, es muss mit uns wie mit dem Rheinweine alle Jahr besser werden. Ich rekapitulire in der Stille mein Leben seit diesen 5 Jahren, und finde wunderbaare Geschichten. Der Mensch ist doch wie ein Nachtgänger er steigt / die gefährlichsten Kanten im Schlafe. Behalten Sie mich lieb. Das muss einen befestigen dass man mit allem guten bleibender und näher wird, das andre wie Schaalen und Schuppen täglich von einem herunter fällt. Der Prinz hat auch wie ich mercke eine politisch, sentimentalische Visite gemacht. Der Graf. v dl. Lippe ist angekommen. Vielleicht ist schon donnerstags Comödie. Wenn Sie wiederkommen müssen wir doch einmal einige Politika tracktiren. Die Erde bebt immer fort. / Auf Candia sind viel Orte versuncken. Wir aber auf dem uralten Meeresgrund wollen unbeweglich bleiben wie der Meeresgrund. Adieu Grüsen Sie Lingen. Es warten ihrer eingemachte Früchte. Auch Steinen und Frizzen. Kommen Sie glücklich. W. dl. 7 Nov. 80 G.

6 Stil×le 16 an einige 16 befbt

NOVEMBER 1780

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194. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 9. November 1780. Donnerstag〉 Ich wollte anfragen ob Sie diesen Nachmittag zu Hause sind? Ich käme von Hof herüber und brächte die erste Scene vom Tasso mit. Es scheint mir räthlich zu seyn daß wir uns nach und nach mit diesem Stück bekannt machen. Knebeln wollte ich es sagen laßen. G

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195. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 9. November 1780? Donnerstag?〉 Ich dancke dir für deinen Morgen Gruß und deine Expecktoration. Schon ist es Trost daß wir auch eine Masse sind die überein dencken. Heut früh ist die erste Scene des Tassos fertig geworden. Ich gehe an Hof und lese sie auch diesen Nachmittag bey Fr. v Stein wenn nichts hindert. Ich möchte euch nun nach und nach mit dem Stück bekannt machen und mich mit Euch zum Schluß ermuntern

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Der deinige G

196. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. November 1780. Sonntag Heut will ich in der Stille zubringen. Friz kommt mit Kupfern beladen zurück, auch bringt er ein Kästgen, davon Sie Carolingen was geben können wenn sie gut Englisch lernt. Lassen Sie mich wissen wo Sie heut Abend sind. Adieu beste. Mein Erster Ackt muss heute fertig werden. dl. 12ten Nov. 80 G 8 er die

8 iIch

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BRIEFE 197–202

197. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. November 1780. Montag

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Lassen Sie mich meine beste Ihnen einen guten Morgen sagen, hierhaussen ist es wild und trüb, die Wolcken liegen der Erde und dem Geiste schweer auf. Doch ist unter der Hülle mein erster Ackt fertig geworden, ich mögt ihn gerne lesen, dass Sie Theil an allem hätten was mich beschäfftigt. Sagen Sie mir dass Sie mich lieben, und ersezzen das Licht der Sonne. Heut ein Jahr waren wir auf dem Gotthart. dl. 13 Nov. 80. G.

198. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. November 1780. Dienstag

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Da der Tag anbricht mag ich schon wieder bey Ihnen seyn, und nehme also Ihre Einladung zu Mittage an. Ich hoffe das Conseil soll kurz werden. Verzög es aber so essen Sie nur und heben mir etwas auf. dl. 14 Nov. 80 G.

199. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. November 1780. Mittwoch

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Ihr gütigs Zureden und mein Versprechen haben mich heute früh glücklich den II ten Ackt anfangen machen. Hier ist der 1ste mög er in der Nähe und bey wiederhohltem Lesen seinen Reiz behalten. Lassen Sie ihn niemand sehen. Ich will heute spaziren laufen und zu hause essen. Adieu dl. 15 Nov. 80 G Der Zeichentisch ist wieder angekomen und eingeräumt.

9 D×a 16 wiederholhltem 17 k will

NOVEMBER 1780

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200. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. November 1780. Donnerstag Danck für den guten Morgen. Wenn Sie erlauben so komm ich zu Tische und bring auch etwas mit. Frühmorgens nehm ich mir vor zu Hause zu bleiben und bestelle mein Essen, wenns gegen Mittag kommt zieht mich das alte Verlangen zu Ihnen. Behalten Sie den Ackt wie Sie wollen, er wird mir erst lieb da Sie ihn lieben. Schicken Sie mir doch gleich die Adresse des Brockenburgs in Rudolstadt. G dl. 16 Nov. 80.

5

201. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. November 1780. Sonntag Lassen Sie mir wissen ob Sie in die Kirche gehen? und wie Ihr Mittag und Nachmittag eingetheilt sind, ich mögte gern das Portfeuille vorwärts bringen. Mein Stück ist heute vorgeruckt, dessen Ende Sie mit keinen freundlichen Erinnerungen zu beschleunigen gesinnt sind. Adieu beste. dl. 19 Nov. 80 G

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202. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. November 1780. Montag Der Himmel sey mit Ihnen und mache Ihnen recht wohl, aber nicht der untere der heute sehr leidig ist. Geschrieben ist worden heute früh, wenig, doch stockts nicht. Behalten Sie den Anteil den ich offt leider einen Augenblick nicht fühle an dem was mich angeht und helfen mir leben. Und lassen nur den Glauben dass ich auch etwas zu Ihrer Zufriedenheit beytrage. dl. 20 Nov. 80. G

4 dieas 7 Rudeolstadt 8 mMittag 9 Por|t|feuille 12 beschleunignigen

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BRIEFE 203–208

203. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 21. November 1780. Dienstag

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Guten Morgen beste. Sagen Sie mir wie’s Ihnen geht und ob Sie noch heut Abend mit Ihren Freunden kommen. Das Wetter ist wild und wüst wir wollens aber hinaus sperren. Die kleine Werthern und Knebel kommen von Daura auch zu uns. Gestern war ein sehr böser Weeg. Wie ist Ihr Abendessen abgelaufen? dl. 21 Nov. 80 G. Heut früh war ich nicht fleisig.

204. An Louise von Göchhausen 〈Weimar, 21. November 1780? Dienstag?〉 Die lieben Reisenden sollen mir Willkommen seyn. Alles andre soll wo nicht heut Abend doch zur rechten Stunde fertig werden. Leben Sie wohl und Danck. 10

G Ich schreibe an Tasso und kann nichts weiter dencken

205. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 22. November 1780. Mittwoch

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Lassen Sie mir sagen wie Sie sich befinden. Gestern Abend wollt es nicht recht, meine Gäste waren artig und disponirt, doch schiens als wenn ein Meelthau drein gefallen wäre. Heute ess ich bey der Herzoginn Mutter, und sehe Sie einen Augenblick. Der Schnee macht doch die Welt fröhlicher, ich fürchte nur er hält nicht. dl. 22 Nov. 80. G.

NOVEMBER 1780

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206. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. November 1780. Donnerstag Sagen Sie mir wie Sie geschlafen haben, und dass Sie mich lieben. Hufland hat mir ein böses Frühstück geschickt. Geben Sie doch überbringern den 1 Ackt des Tasso mit, ich will weiter schreiben lassen. Die erste Scene des zweiten Ackts ist so ziemlich fertig. dl. 23 Nov. 80. G

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207. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 24. November 1780. Freitag Ich dancke für den Anteil meine beste. Das Unvermeidliche muss ertragen werden. Nur bitt ich Sie sich täglich zusagen dass alles was Ihnen an mir unangenehm sey konnte aus einer Quelle kommt über die ich nicht Meister bin, dadurch erleichtern Sie mir viel. Adieu beste. Heut ist Conseil und war poetischer Rasttag. dl. 24 Nov 80. G

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208. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. November 1780. Samstag Es geht mir heute ganz wohl, mein liebste u. beste. Ich habe etwas geschrieben um nicht stecken zu bleiben. Heut Mittag ess ich mit Knebeln, und gegen Abend mögt ich wohl Lingen und Ihnen die erste Scene des II Ackts lesen. dl. 25 Nov. 80 G

4 ists

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BRIEFE 209–215

209. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 25.? November 1780. Samstag?〉

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So lang ich Bleystifft beym Aufmachen eines Zettelgens sehe wird mirs nicht wohl. Ich bedaure Sie herzlich. Bleiben Sie ruhig und hören Sie auch den Arzt. Mir hat er ein Regim vorgeschrieben dem ich folge u. soll auch etwas einnehmen. Knebel hat kuriose Sachen über den 1sten Ackt gesagt. Aber gute. G

210. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. November 1780. Montag

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Soll ich auf heut Abend noch den Rehbraten zurecht machen lassen. Nachmittage will ich spazieren lauffen Wie befinden Sie Sich. Ich bin fleisig in allem Sinn. dl. 27 Nov. 80 G

211. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 29. November 1780. Mittwoch

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Wenn Sie mögen lass ich den Rehrücken braten und bring ihn zu Ihnen dass wir ihn zusammen verzehren. Wollen Sie einen Gast dazu bitten? heut ist vor Tag geschrieben worden. G dl. 29 Nov 80.

4 ⎡u.⎤ 9 wWie 14 |heut ist vor Tag 〈…〉 worden.|

NOVEMBER/DEZEMBER 1780

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212. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 30. November 1780. Donnerstag〉 Ich wills doch erzwingen dass Sie von meinem Rehrücken essen sollen. Geseegnete Mahlzeit an die ganze Gesellschafft G

213. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. Dezember 1780. Samstag Wir müssen einander in Sprachen und allem forthelfen. Dancke, recht sehr. Darf ich heut mit Ihnen ein Feldhuhn verzehren? Hir ist ein Billet das sich zu mir verlohren. Es freut mich dass man nicht glaubt Sie konnten wo anders hin schreiben. G dl. 2 Dez. 80.

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214. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. Dezember 1780. Sonntag Ich soll nicht zu den Feldhünern komen. Man hat mich nach Hofe zitirt. Heut Abend kommen Sie ia wohl auch hinauf. Adieu beste. Der Sonntag ist mir kein Ruhetag. dl. 3 Dez. 80. G.

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215. An Ferdinand Kobell Weimar, 3. Dezember 1780. Sonntag Ihre Gemälde mein lieber Kobel sind richtig angekommen und haben viel Vergnügen verursacht. Unsere Durchl Herrschaften sind sehr damit zufrieden und werden sich drein theilen. Ich werde davor sorgen dass Sie den Betrag davor so bald als möglich erhalten. Ich habe diese Tage her wie mit einem Stäbgen dabei gestanden und einem ieden der es hören wollte, die Auslegung davon gemacht. Man kann diese Stüke, 17 BMan

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BRIEFE 216–218

besonders wenn sie beisammen sind, recht als einen Text traktiren um über die Kunst zu lesen. Mir hat es ein grosses Vergnügen gemacht daraus auch wieder Ihren Reichthum an Erfindung zu sehen, zu sehen wie gewiss Sie Ihrer Sache sind und dass Sie eben machen können was Sie wollen. Ich wünsche dass Ihnen die Achtung Ihres gleichzeitigen Publikums so völlig zum Genuss werden möge, wie die Nachwelt sie nur meist zu spät dem Künstler gewährt. Bei denen Zeichnungen, die unsere Durchl. Herzogin Amalie von Ihnen mitgebracht, hab ich mich der angenehmen Stunden erinnert, da wir sie in Ihrer Stube durchblätterten. Ich habe auch für mich eine kleine Zeichensammlung angefangen, wenn Sie mir dazu etwas aus Ihrer Fülle gönnen wollten, würden Sie mich sehr verbinden. Unterdessen hab ich mich / auf den Raub gelegt und unsern Reisenden etwas abgezwakt. Bestellen Sie doch ein Duzend Zeichnungen, von Ihrem Bruder in Rom, dagegen 24 Dukaten zu Diensten stehen. Er soll sie aber ia, wenigstens zum Theil nach der Natur nehmen und sie dann ausführen, wie er will. Sie selbst haben Durchl dem Herzog einige ausgeführte Zeichnungen versprochen, auch diese vergessen Sie nicht. Gewiss Ihre Kunst kann nach ihrem ganzen Umfang dem innern Werthe nach nicht mehr geschäzt werden als bei uns. Der Musikus Kranz von hier, der einige Zeit in Manheim bleiben soll, wird Sie besuchen und ich bitte Sie um einige Gefälligkeit gegen diesem guten Menschen. Empfehlen Sie mich gelegentlich dem Herrn von Dalberg auf das beste. Weimar dl. 3 Dez. 80 Goethe

4 Sachen 11 geben ⎡gönnen⎤ G 22 wgegen G 23 iungen ⎡guten⎤ G

DEZEMBER 1780

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216. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 10., 13., 14., 19. November oder 3. Dezember 1780?〉 Dein kleiner Bote fand mich schreibend an Tasso. Ich bin heute nicht unglücklich an der Arbeit gewesen. Es ist mir leid daß du bey Hofe speißest; sonst könnten wir zusammen essen ich bin zu Hauße. Lebe wohl. Ich hoffe euch bald wieder etwas zu lesen. G

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217. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. Dezember 1780. Montag Auf meine gestrige Beichte befind ich mich um ein gros Theil leichter und besser, möge sie doch vollkommen werden. Der Reif dieses Morgens war mir auch sehr willkommen. Heut ist Conseil nachher will ich in der Stille zu Hause essen, und Sie gegen Abend aufsuchen. Hier ist das Halstuch zurück, und ein Frühstück für Frizzen. dl. 4 Dez 80. G.

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218. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 4. Dezember 1780. Montag 〈Faksimile〉 Wollten Sie die Güte haben mir die Geschichte der Mis Sidney Bidulph im engl. Original zu verschaffen. Angenehm wäre mirs, wenn ich sie noch vor Weihnachten haben könnte. Auch bitt’ ich um eine Rechnung was ich diese Zeit schuldig geworden. Weimar den 4. Dez. 1780. Goethe.

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BRIEFE 219–224

219. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 5. Dezember 1780? Dienstag?〉

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Ich dancke dir herzlich für dein freundliches Wort. Es trifft mich eben beym Tasso an dem ich um desto lebhafter arbeite, als mich mein nächstes und ich möchte sagen einziges Publikum ermuntert. Ich sehne mich recht nach der Stunde in der ich dir ihn senden kann. Lebe wohl. und habe 1000 Danck für deinen Antheil. G

220. An Charlotte von Stein Weimar, 6. Dezember 1780. Mittwoch

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Auf die gestrige Eisfahrt hab ich sehr gut geschlafen. Wenn Sie nur einen Augenblick gekommen wären! Ich esse wieder draussen und nähme wohl ein Stück Braten an, mein Gözze solls im Vorbeygehn mit nehmen. dl. 6 Dez 80. G

221. An Johann Friedrich Krafft 〈Weimar〉, 6. Dezember 1780. Mittwoch

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Der Amtmann soll sich nicht von iedem panischen Schrecken in so grose Bewegung bringen lassen und das seinige zu thun fortfahren. Es wäre mir angenehm solch einen Vorschlag zu sehen wie der Steuerkasse geholfen werden könnte. Ich dancke für die Exzerpten, es ist eine grose und beschweerliche Arbeit. dl. 6. Dez 80. G.

2 arbeiten

DEZEMBER 1780

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222. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 8. Dezember 1780. Freitag Dancke liebe beste dass Sie mein Mittag essen durch ein Gericht haben wollen schmackhafft machen. Ich habe mich beschäfftigt und mir ists wohl. Hier ist auch das Portefeuil. Ohngeachtet hundert Pinselstrichen und Tupsgen ists immer noch nicht fertig, lassen Sies aber machen, und gebens noch unsern Meinungern mit. Adieu allerliebste. dl. 8 Dez. 80. G

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223. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 9. Dezember 1780. Samstag Zum Tanze schick ich dir den Straus Mit himmelfarbnem Band, Und siehst du andern freundlich aus, Reichst andren deine Hand, So denck auch an ein einsam Haus Und an ein schöner Band. dl. 9 Dez 80. G.

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224. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 10. Dezember 1780. Sonntag Sagen Sie mir meine beste wie Sie geschlafen haben? Wie Sie Sich befinden? Denn ich fürchte dass Ihnen mögte nicht wohl seyn. Ist s Ihnen aber so, und können Sie mir den heutigen Tag schencken, so soll er mir in mehr als einer Betrachtung Sabath seyn. Seit Donnerstag Abends kan ich Sie versichern bin ich nicht einen Augenblick von Ihnen gewichen. Gestern und vorgestern hab ich

1 d×urch 10 ×siehst

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BRIEFE 225–228

meine Pflicht gethan, aber was ist Pflicht ohne die Gegenwart der Liebe. Adieu liebste wenn Sie wollen so seh ich Sie bald. dl. 10 Dez 80. G.

225. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 11. Dezember 1780. Montag dl. 11. Dez. 1780. 5

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Aus Kötschaus Thoren reichet Euch Ein alter Hexenmeister, Confeckt und süsen rothen Wein Durch einen seiner Geister. Der sollt wenn er nicht heiser wär Euch auch dies Liedgen singen, Doch wird er einen holden Grus Von mir Euch überbringen. Kein Wetter kan der arme Tropf Am hohen Himmel machen, Sonst sollt euch Sonne Mond und Stern, Zu Eurer Reise lachen. Genieset weil Ihr süse seyd Auch etwas süses gerne Und denckt bey Scherz und Frölichkeit An einen in der Ferne. Der gerne mögt mit mancher Lust Euch Schönen zu vergnügen An iedem Weeg, in iedem Busch Im Hinterhalte liegen.

5 eEuch 21 ma⎡n⎤cher

DEZEMBER 1780

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Den Ihr drum als Oresten saht Als Scapin sich gebärden, Und der nun mögt zu Eurem Spas Auch Wirth von Kötschau werden. G

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226. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. Dezember 1780. Dienstag Ich schicke Ihnen unsre Locke wieder, und verlange sehr zu wissen wie Ihnen die Nachtfahrt bekommen ist. Mein Bote brachte mir um ein Uhr das Zettelgen vors Bette das mir ein gros Vergnügen gemacht hat. Sind Sie wohl; so kom ich heute zu Tisch. dl. 12 Dez 80. G

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227. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 13.?〉 Dezember 1780. 〈Mittwoch?〉 Zwar wollt ich heut wieder durchs Entbehren erfahren wie lieb ich Sie habe. Ich dencke doch aber ists besser Linsensuppe mit Ihnen aus der Pasteten Schaale zu essen also komm ich um 12 Uhr dl. 12 Dez. 80. G.

228. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. Dezember 1780. Donnerstag Guten Morgen meine beste. Sie erhalten die guten Begleiter wieder die Sie mir mit gegeben bis auf eins das ich selbst bringe. Ich habe vielerley zu thun und werde wohl zu Hause essen. Man hat mich gestern gescholten dass ich so spät kam. Man war sehr artig und die Gesellschafft

3 eder 18 a|r|tig

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BRIEFE 229–232

ganz belebt. Gegen Abend seh ich Sie wenn Sie sonst nichts vorhaben. Adieu meine einzige. Ich habe wieder wundersame Gedancken mitzutheilen dl. 14 Dez. 80 G.

229. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. Dezember 1780. Samstag 5

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Hier ist der Brief an die Frl Thunger. schicken Sie mir ihn mit dem Portefeuil wieder, aber ich bitte bald. Sagen Sie mir dass Sie wohl sind, und dass Sie mir das Capital noch lange stunden wollen, das ich meinem weitlaufigen und gefährlichen Handel so nothwendig brauche. Adieu beste. dl. 16 Dez. 80 G

230. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. Dezember 1780. Samstag

Sag ich’s euch geliebte Bäume Die ich ahndevoll gepflanzt Als die wunderbarsten Träume Morgenröthlich mich umtanzt. Ach ihr wisst es wie ich liebe Die so schon mich wieder liebt, Die den reinsten meiner Triebe Mir noch reiner wiedergiebt.

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Wachset wie aus meinem Herzen Treibet in die Luft hinein Denn ich grub viel Freud und Schmerzen

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3 NDez.

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Unter eure Wurzeln ein Bringet Schatten traget Früchte Neue Freude ieden Tag Nur dass ich sie dichte dichte Dicht bey ihr geniessen mag,

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dl. 16 Dez. 80.

231. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 17. Dezember 1780. Sonntag〉 Ihr Bote ist noch nicht da, ich will voraus schreiben. Gestern bin ich noch lange spazieren gegangen es war sehr schön, und mein warmer Pelz hielt mich wohl. Ich hab eine grose Unterredung mit meinen Bäumen gehabt, und ihnen erzählt wie ich Sie liebe. Heut will ich viel wegarbeiten, Jagemannen zu Tisch bitten, und immer an Sie dencken. === Ich bin offt versucht worden Ihnen zuvorzukommen. Nach Tisch mahl ich am Portefeuil, und heut Abend geh ich um ihr Haus herum.

232. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. Dezember 1780. Montag Ich schicke zartes Papier zum Einpacken des Portefeuille. Heut will ich recht fleisich seyn um einen guten Abend bey Ihnen zu verdienen. dl. 18 Dez. 80 G

2 Brin×get 17 ×fleisich 18 1×8 ×Dez.

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BRIEFE 233–239

233. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Dezember 1780. Dienstag Kaum hab ich noch Einen Augenblick Ihnen guten Morgen zu bieten. Grüsen Sie Steinen ich hoffe er ist besser. Lieber blieb ich zu Hause wäre fleisig, und sähe dann Sie. dl. 19 Dz 80. G

234. An Charlotte von Stein 〈Weimar, etwa 20. Dezember? 1780〉 5

Hier ist ein Bild. Sezzen Sie es aufs Camin, denn es muss hoch stehen, und üben Sie die Phisiognomick. Adieu beste G

235. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 21. Dezember? 1780. Donnerstag?〉

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Ich habe mich zur Einsamkeit entschlossen. Schicken Sie mir doch meinen Pinsel Tusche Muscheln u. s w. Auf heut Abend ists bestellt, bringen Sie Bier mit, ich sorge für Wein, laden Sie einige gute Geister ein. Es wäre artig wenn man den Prinzen hohlte vielleicht thu ichs. Um 7 ist mein Essen bereit. Adieu. Lucke und Staffen konnte mans auch sagen. Dass es nur Menschen giebt. Adieu. G

236. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 24. Dezember 1780. Sonntag 15

Was man thut ist doch immer besser als was man sagt, Sie geben mir mit Ihrem Geschenck den Muth wieder den Sie mir gestern genommen haben. Ich dancke recht sehr und weihe hiermit Ihre Feder ein. Adieu

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beste. Ich esse heut bey Fritschens, wahrscheinl sind Bechtolsheims da. dl. 24 Dez. 80 G

237. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 24. Dezember 1780? Sonntag?〉 Um den Muff zu begleiten schreiben wir beyde noch ein Wort. Fritz hat sich wie Sie sehn recht angegriffen. Gute Nacht meine beste. Danck für den Besuch. G.

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238. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Dezember 1780. Montag Den ganzen Morgen bin ich schon im Begriff zu Ihnen zu gehen. Heut zu Mittag bin ich bey Hof. Dancke fürs überschickte und freue mich Sie mit dem Muff, bey der Musick zu sehn. am Cristtag der mir auch ein Geburtsfesttag ist. 80. G

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239. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 27. Dezember 1780. Mittwoch Durchlauchtigster Herzog Gnädigster Herr Dass ich nach so vieler Zeit und mancherlei Bemühungen nur so wenig in allem Sinne überschiken kann, würde mich beschämt machen, wenn ich nicht von Ew. Durchl. Nachsicht ganz gewiss wäre; worauf ich, bei einem solchen Unternehmen vorzüglich Rechnung machen muss. Nur

3 ×Um

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einiges unterstehe ich mich hier anzuführen, auf was für Anlässe und in welcher Ordnung, die Bemerkungen entstanden sind, die ich Ew. Durchl unterthänig überreiche; alsdenn scheinen die dadrauf gebauten Risse und Meinungen vielleicht weniger abenteuerlich und gewagt. Als ich den Einfall hatte, durch den Bergverständigen Voigt in Ermangelung praktischer Arbeit die Thüringischen Gegenden untersuchen zu lassen, fingen wir bei dem Ettersberge als unserm nächsten Punkte an, bemerkten sorgfältig die Oberfläche der Berge sowohl, als die zu Tage ausgehenden Lagen an den Abhängen und breiteten uns auf diese Weise weiter aus, wo wir in einer Gegend deren Tiefen unerforscht sind, nur genau acht haben konnten, wie in einer Folge von Erdstrich ganz fremde Lagen unter ein/ander einschiessen, oder auf einander liegen. Das Ilm- und Saaltal waren uns hier im Grossen, was die Wasserrisse auf iedem Berge im Kleinen sind. Wir entdekten aber hier nur das obere Tu f f s t e i n l a g e r N., d a s K a l c h g e b ü r g e M., d i e L e t t e n s t r e i f f e n L., das schwache G i p s l a g e r K und das mächtige S a n d l a g e r J.; Wir wussten dass dieses lezte auch bei Ilmenau sichtbar war und suchten es daselbst um so mehr wieder auf als wir ohnedies das Grundgebürge dort vermutheten, und fanden uns in unserer Erwartung nicht betrogen. Aus den Nachrichten des vorigen Bergbaus sowohl, als aus dem, was, theils über Tage, theils in dem tiefen Stollen sichtbar ist, wussten wir, dass unter dem Sande d e r S t i n k s t e i n H, unter selbigem der G i p s G. noch tiefer d a s D a c h g e s t e i n F, und endlich das mit Gold angelegte K u p f e r f l ö z E folgte, worunter das todeliegende D ansteht. Da wir nun bei näherer Untersuchung, wo sich das Flöz an den Thüringerwalde anlegt, es mit seinem sandigten Untergesteine an der Sturmhaide auf dem Po r p h y r B ruhen fanden und aus / diesem wieder an sehr vielen Stellen d e r G r a n i t A hervorstach so glaubten wir nun nicht mehr fehlen zu können, wenn wir die Lagen des diesseitigen Thüringen auf solche Weise angäben. Weil uns bekannt war, dass die Flöze bei Eisleben und Bottendorf mit wenigen Abänderungen eben so lägen, so unterstunden wir uns, das Flöz als einen allgemeinen Niederschlag der alten Wasser unter Thüringen fortzusezen, und weil der Gibichenstein und der Petersberg bei Halle, wirklich auf ihren Gipfeln denselben Porphyr wie der Schneekopf haben, so wagten wir, auch dieses Gestein unter allen La-

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gen, und tiefer den Granit, unsichtbar fortlaufen zu lassen. Eben so wurde aus gleichen Erfahrungen, die südwestliche Gegend von Thüringen nach der Rhön zu, bestimmt. Vielleicht wird es nach dieser Vorarbeit in wenigen Jahren möglich den unterirrdischen Zusammenhang des Harzes mit unserm Thüringerwalde, auf das wahr/scheinlichste anzugeben, zu welcher fortzusezenden Betrachtung mich der Antheil, den Ew. Durchl an diesen Bemühungen nehmen, vorzüglich ermuntern wird. Vorausgesezt, dass die Beobachtungen der Erdoberfläche so sorgfältig als möglich angestellt worden, habe ich, um den grossen Riss nicht gar zu hypothetisch und abenteuerlich scheinen zu machen, in die weise Linie, die ihn umgiebt, zwei kleine Sternchen angebracht; Wenn Ew. Durchl. an beiden einen Faden quer über’s Blat anschlagen, so wird, ich will nicht sagen durchgängig, aber doch meistenteils, was über dem Faden ist, durch bergmännische Erfahrungen bewiesen werden können, was drunter ist lässt sich freilich nur schliessen. Ich nehme hiervon die Schornsteinförmige Gestalt des Tolmars und die dazwischen liegenden untern Flözschichten, gegen die Rhön zu, aus, die ganz willkürlich angegeben sind. Es sei mir erlaubt noch etwas weniges über die Basaltberge dieser südwestlichen Seite, und die Vulkanischen Produkten der Rhön, anzufügen. Auf der Nordöstlichen Seite des Thüringerwaldes und in denen ganzen nach uns gekehrten / Gegenden, findet sich nicht die mindeste Spur von Basalt oder irgend einem andern vulkanischen Produkt. Vielleicht sind die Basaltberge bei Stolpen, die ersten, die auf diesem Striche wieder vorkommen; dagegen sich drüben, der Tolmar, die Gleichberge, und sodann die ganze Rhön unwidersprechlich basaltisch zeigen, auch hinter der Rhön bei Gersfeld und weiterhin in’s Fuldische, offenbare Craters, mit allen vulkanischen Produkten, deren nur einige hier beiliegen, von dem, diesen Sommer dahin abgeschikten Voigt, entdeckt worden. Wenn man nun nimmt, dass die Vulkane sodann, rechts biss Cassel hinauf und weiter links biss Frankfurt ia bis Andernach fortgehen, so würde es eine in der Folge höchst interessante Untersuchung werden, 1 selbst ⎡tiefer⎤ G 11 Hhypothetisch- und (Bindestrich gestr.) 18 zu|,| 27–28 ↓unwidersprechlich basaltisch zeigen, auch hinter der Rhön↓ (mit Einweisungszeichen) 32 Andernnach

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BRIEF 239

ob und wie sich die ungeheure Vulkanische Wuth des gedachten grossen Erdstriches an dem unerschütterlichen Grundgebürge des Thüringerwaldes gebrochen und dieses ihm gleichsam wie ein ungeheurer Damm wiederstanden. Verzeihen mir Ew. Durchl diesen, vielleicht etwas zu kühnen und schnellen Flug; Aber wie der Hirsch und der Vogel sich an kein Territorium kehrt, sondern sich da äst und dahin fliegt wo es ihn gelü/stet, so, halt’ ich davon, muss der Beobachter auch sein. Kein Berg sei ihm zu hoch, kein Meer zu tief. Da er die ganze Erde umschweben will, so sei er frei gesinnt wie die Luft die alles umgiebt. Weder Fabel noch Geschichte weder Lehre noch Meinung halte ihn ab zu schauen. Er sondere sorgfältig das, was er gesehen hat von dem, was er vermutet oder schliesst. Iede richtig aufgezeichnete Bemerkung ist unschäzbaar für den Nachfolger, indem sie ihm von entfernten Dingen anschauende Begriffe giebt, die Summe seiner eigenen Erfahrungen vermehrt und aus mehreren Menschen endlich gleichsam ein Ganzes macht. Was die Wissenschaft, von der hier die Rede ist unendlich erschweeret ist die unbestimmte Terminologie. Einmal thut die poetisch-figürliche, an sich sehr lebhafte und interessante Bergmannssprache dem reinen Ausdruk in solchen Sachen sehr vielen Eintrag, sie ist theils von den bergmännischen Begriffen unzertrennlich geworden, theils ist sie wieder höchst uneigentlich, und macht, wenn man, in wissenschaftlicher Verbindung sie unter andern eigentlichen Worten braucht, nothwendig Verwirrung. Ein an/deres Uebel entstehet aus den trivial Nahmen, die Bergleute, ia sogar Bergverständige verschiedener Gegenden den Gesteinarten aufgehängt haben. Doch sehe ich die beste Hofnung vor mir, dass durch die Bemühung der Freiberger Akademie und durch die Ausbreitung so vieler Schüler daher, ein grosser Theil dieser Beschweerde gehoben werden wird. Ew. Durchl. werden durch das Ganze finden, dass wir uns über die Entstehung unserer Gebürge kein Wort erlaubt haben. Es ist dies meist die Thorheit derienigen, die ein paar Berge beschreiben, dass sie zugleich etwas zur Erschaffung der Welt mit Beitragen wollen. Noch eins muss ich freilich mit beifügen. Bei dieser Sache, wie bei tausend ähnlichen, ist der anschauende Begriff dem Wissenschaftlichen unendlich vorzuziehen. Wenn ich auf, vor, oder in einem Berge stehe, 35 ⎡vor,⎤ G

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die Gestalt, die Art, die Mächtigkeit seiner Schichten und Gänge betrachte und mir Bestandtheile und Form in ihrer natürlichen Gestalt und Lage gleichsam noch lebendig entgegen rufen, und man, mit dem lebhaften Anschauen s o i s t s einen dunkeln Wink in der Seele / fühlt s o i s t ’s e n t s t a n d e n! wie wenig kann ich freilich davon mit denen abgebrochnen Musterstükchen und denen wieder auf der andern Seite zu generalisirten Durchschnitten überschiken. Doch ich eile mich ohne Bedenken meiner Pflicht zu entledigen, und bitte um Ew. Durchl. Schuz und Erlaubniss auch in Ihren Landen diese allgemeinen Begriffe durch Erfahrung noch näher bestimmen zu dürfen. Vielleicht findet sich bei solch einer Untersuchung etwas den Menschen näher nüzliches und einträgliches. Wenigstens erfährt man gewiss was man besizt, und die dunkeln Seiten der Dinge, an die sich Proiektmacher und Schazgräber so gerne anhängen, werden lichter. Wie vieles und manichfaltiges hätt’ ich noch hinzuzufügen, das ich bis auf die Stunde verspare, wenn ich des Glüks, Ew. Durchl. unterthänigst aufzuwarten, wieder theilhaftig werde. Doch find ich es billig, Ew. Durchl. noch auf eine Schrift aufmerksam zu machen, die für mich nicht ohne Nuzen gewesen, sie stehet in dem ersten Theile der ältern Erfurtischen Akademieakten und führt den Titel: /

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Historia terrae et maris ex historia Thuringiae per montium descriptionem eruta a Georgio Christiano Fuechsel.

Diese Schrift war, wie mir von einem seiner überbliebenen Freunden erzählt worden, erst teutsch aufgesezt, hatte nachher das Unglük, weil in ienen Akten die teutsche Sprache nicht erscheinen sollte, von einem andern ins lateinische übersezt zu werden, dadurch ist sie so verunstaltet und schweer zu verstehen geworden, dass, so genau ich mit den Sachen bekannt bin und so sehr sie mich interessiren, doch gestehen muss, sie noch nicht ganz gelesen zu haben. Doch habe ich so viel draus gesehen, dass er, bis auf weniges, eben die Erfahrungen, worauf wir uns gründen, auch gemacht hat und seine Erdschichten eben so über einander herlegt. Das wenige worin wir von einander abgehen, hof ’ ich in der Folge

5 den|en| 6 den|en| 16 versparenre 22 etx

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BRIEFE 240–242

auch noch zu berichtigen. Wie ich denn, alle Aufsäze hiervon, an Trebraen zu kommuniciren im Begrif stehe, mit der inständigen Bitte, dass er auf eben die Weise vom Gipfel / des Broken, der aus Granitfelsen bestehet, bis in die tiefsten Schachte der Harzer Bergwerke, wie ich es gethan, die Schichten Stufenweise verfolgen möge. Wenn wir nun also gegen einander zurüken, uns über die Namen der Gesteinarten vergleichen und so verschiedene Gebürge mit einerlei Augen sehen, können wir wohl ein hübsches Stük Land für die Naturgeschichte erobern. Die kleine Sammlung ist so eingerichtet, dass man sie nach und nach in iedem Fach komplettiren kann. Indessen ist sie hinreichend zum nähern Verständniss der Risse sowohl als der Anmerkungen. Ew Durchl werden verzeihen dass dieser Brief nicht von meiner eignen Hand ist. Die solang aufgehaltne Kiste hätte noch einen Posttag warten müssen, und es war mir schon verdrüslich dass sie nicht vor den Feyertagen abging. Ich empfehle mich zu fortdaurenden Gnaden, und unterzeichne mich mit aufrichtiger Verehrung Ew Durchlaucht Weimar dl. 27 Dez. 80. unterthanigsten Goethe

240. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 30. Dezember 1780. Samstag

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Guten Morgen beste. von meinem Franckfurter heil. Christ schick ich Ihnen ein Teil. Ich habe einen Morgen gehabt, der bunter war als die gestrige Redoute. Bleiben Sie mir. Adieu. Schicken Sie mir durch Uberbringern das Wachstuch Packet, ich brings wieder. dl. 30 Dez. 80. G

5 diesie 25 dieas

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241. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 31. Dezember 1780. Sonntag Dancke meine Beste, und wäre nicht schon heut früh des Wesens so viel geworden, hätt ich schon angefragt, ob Sie mich heute zu Tisch haben wollen? Es ist aber auch Sonntags bey mir als wärs Jahrmarckt. Gestern Abend ist mirs herzlich weh geworden, recht von Grund aus, davon mündlich mehreres. Der Abschied des dicken, ist freylich nicht ohne unangenehmes für mich gewesen, und giebt mir auf die erste Zeit viel mehr zu thun. Doch ists immer besser mit solchen Menschen auf keine Art verwandt zu seyn. Adieu beste. Mein Tasso dauert mich selbst er liegt auf dem Pult und sieht mich so freundlich an, aber wie will ich zureichen, ich muss auch alle meinen Waizen unter das Commissbrod backen. Gestern sagte mir Oertel, ich wollt ich wäre wieder so iung wie Sie ich wollte mirs besser zu Nuzze machen. d. 31 Dez 80 G.

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242. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Januar 1781. Montag Schon war ich erwacht, und lag und dachte was ich Ihnen zum neuen Jahr sagen und schicken wollte, als mir Ihr Packetgen zuvorkam. Ich dancke tausendmal meine beste. Keine Reime kan ich Ihnen schicken denn mein prosaisch Leben verschlingt diese Bächlein wie ein weiter Sand, aber die Poesie meine Beste zu lieben, kan mir nicht genommen werden. Ihr artig Büchsgen werd ich immer bey mir führen, und schicke etwas süses dagegen, das freylich seiner Natur nach angenehm und vergänglich ist. Adieu. dl. 1 Jan 81. G

3 a|l|s 12 sSie

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241. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 31. Dezember 1780. Sonntag Dancke meine Beste, und wäre nicht schon heut früh des Wesens so viel geworden, hätt ich schon angefragt, ob Sie mich heute zu Tisch haben wollen? Es ist aber auch Sonntags bey mir als wärs Jahrmarckt. Gestern Abend ist mirs herzlich weh geworden, recht von Grund aus, davon mündlich mehreres. Der Abschied des dicken, ist freylich nicht ohne unangenehmes für mich gewesen, und giebt mir auf die erste Zeit viel mehr zu thun. Doch ists immer besser mit solchen Menschen auf keine Art verwandt zu seyn. Adieu beste. Mein Tasso dauert mich selbst er liegt auf dem Pult und sieht mich so freundlich an, aber wie will ich zureichen, ich muss auch alle meinen Waizen unter das Commissbrod backen. Gestern sagte mir Oertel, ich wollt ich wäre wieder so iung wie Sie ich wollte mirs besser zu Nuzze machen. d. 31 Dez 80 G.

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242. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Januar 1781. Montag Schon war ich erwacht, und lag und dachte was ich Ihnen zum neuen Jahr sagen und schicken wollte, als mir Ihr Packetgen zuvorkam. Ich dancke tausendmal meine beste. Keine Reime kan ich Ihnen schicken denn mein prosaisch Leben verschlingt diese Bächlein wie ein weiter Sand, aber die Poesie meine Beste zu lieben, kan mir nicht genommen werden. Ihr artig Büchsgen werd ich immer bey mir führen, und schicke etwas süses dagegen, das freylich seiner Natur nach angenehm und vergänglich ist. Adieu. dl. 1 Jan 81. G

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243. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 1. Januar 1781. Montag Durchlauchtigster Herzog gnädigster Herr,

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Ew Durchl. übersende die Zeichnungen die ich vom alten Forster erhalten, und hoffe sie werden Ihnen neue Freude machen. Hier habe ich sie unsrer regierenden Herzoginn gezeigt die sie auch auserordentl. schön gefunden. Mir, muss ich gestehen, ist bey dieser Gelegenheit wieder aufgefallen, dass man sich des fürtrefflichen in Abwesenheit niemals lebhafft genug erinnert, denn ich habe mich über die ausserste Präzision und Wahrheit womit sie gearbeitet sind gewundert, als wenn ich sie nie gesehen hätte. Gewiss wird man Ew. Durchl über deren Besiz beneiden, denn es kommt gar vieles zusammen was sie schäzbaar macht. Wie gerne hätte ich um die Erlaubniss gebeten, unsre gnädigsten Herrschafften begleiten zu dürfen, um Ew Durchl meine aufrichtigen Wünsche auf das nächste und alle kommende Jahre mündlich / vorzutragen, allein so wohl sollte mirs nicht werden, denn des alten und neuen hat sich so vielerley zusammengedrängt, dass das neue Jahr mir ein zwar freundliches, doch auch mühseeliges Gesichte Zeigt. Erhalten mir Ew Durchl Ihro höchste Gnade, damit ich mit meinen Gedancken, wenn sie von hier aus nach meinem Vaterlande gehn, welches doch offt zu geschehen pflegt, immer möge mit Lust, und einer gnädigen Aufnahme versichert, auf dem Friedenstein eintreten komme. Mit schuldigster Verehrung mich unterzeichnend Ew hochfürstlichen Durchlaucht Weimar dl. 1 Jan 1781. unterthanigster Goethe

5 ausserordentl. (Schluss-s zu langem s) 7 vfürtrefflichen 10 Duchrchl 12 ×macht 15–16 vorzuztragen 18 freun×dliches 21 imtmer

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244. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. Januar 1781. Mittwoch Sagen Sie mir wie Sie geschlafen haben? wie Sie leben und ob Sie noch reisen? Nehmen Sie’s gut auf dass ich für Ihre Gesundheit besorgt bin, denn wenn Sie nicht wohl sind bin ich auch kranck. dl. 3 Jan 81. G

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245. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. Januar 1781. Sonntag Guten Morgen beste. Unser Spas ist gestern sehr glücklich ausgeführt worden. Heut will ich auf dem Eis essen, und diesen Abend seh ich Sie bey Hof. Adieu. dl. 7 Jan. 81. G

246. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 8. Januar 1781. Montag Schweer enthalt ich mich noch einmal in meinen liebsten Spiegel zu sehen, die schöne Dämmerung lockt mich aus der Stube. Wenn Sie nur auch sähen wie lieblich es iezt um mich herum ist. Gute Nacht meine beste. Ich habe keine zusammenhängende Gedancken, sie hängen aber alle zusammen an Ihnen. Addio. G. dl. 8 Jan. 81.

2 sbin 4 DezJan 6 ausgefuührt

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BRIEFE 247–252

247. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 9.? Januar 1781. Dienstag?〉 Heut ist Conseil also bin ich von allen dichtrischen und Eisfreuden getrennt. Der Herzog isst auf dem Zimmer. Dancke für die schönen Materialien Adieu. beste G

248. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 9.? Januar 1781. Dienstag?〉 5

Auch noch um achte komm ich meine Beste. Leben Sie wohl und vergnügt. G.

249. An Johanna Schlosser Weimar, 10. Januar 1781. Mittwoch

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Für dein liebes Andencken und die überschickten Elsheimer dancke ich herzlich. Sie sind mir noch so schön, und noch von so viel Werth als ehmals, obgleich meine Augen sich in der Kunst, und in manchem aufgeklärt haben. Gebe euch Gott ruhigen Genuss eures Erbteils. Grüse den Bruder recht schön und die Mädgens und die Kinder. Willst du mir manchmal ein Wort schreiben so ists eine Wohlthat. Ich treibe meinen Handel zu Wasser und Lande, und hoffe nicht bankrut zu werden. Adieu. Weimar dl. 10 Jan 81. Goethe

2 b isst 2 Sschönen 9 sSie 9 wWerth 12 gGott

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250. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 11. Januar 1781. Donnerstag Für alles was Sie mir durch Bernstein geschickt dancke ich recht sehr, fahren Sie fort mir mit ihrer gewohnlichen Freymütigkeit über die Gegenstände zu schreiben. Was Sie selbst betrifft, glaub ich Sie vollig zu beruhigen wenn ich Ihnen überhaupt für dieses Jahr 200 rh anbiete. Zu iedem vierteljahr sollen sie 50 haben, alsdenn aber stehen Sie für a l l e s. Soviel kan ich entbehren, Sie brauchen nicht bey ieder Kleinigkeit ängstlich zu seyn, und könnens eintheilen wie Sie wollen. Ich habe meinem Seidel schon darüber Befehl gegeben. Leben Sie wohl und lassen mir bald wissen, dass Ihre Schmerzen Sie gänzlich verlassen haben. W. dl. 11 Jan 81. G.

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251. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. Januar 1781. Samstag Guten Morgen beste, ich hab es nicht vergessen und werde kommen. Heut Nacht fehlten Sie mir an allen Enden. Die Menschen waren ganz artig und ich auch. Schon lang hätt ich Ihnen gerne etwas geschenckt. hier schick ich die Zeichnung, die Ihnen wohlgefallen hat, dencken Sie sich dabey, dass zwischen solchen Felsen, im tiefsten dieser Gegenden ich immer an Sie gedacht habe. dl. 13 Jan 81 G.

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252. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 14.? Januar 1781. Sonntag?〉 Da ich ihr Zettelgen habe worauf ich seit meinem Erwachen hoffe ist mein Tag vollendet. Ich gehe nicht aufs Eis und will mich der Einsamckeit ergeben. Der Mensch ist so gebaut dass wenn er auch auf wich-

13 Deie 19 habe hoffe

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tige Vorfälle bereitet, ruhig schläft, ihn doch eine verächtliche Wanze um die Nacht bringen kan. Leben Sie wohl und vergnügt, und glauben Sie dass ich nichts höher schäzze als Ihre Liebe. G.

253. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. Januar 1781. Montag 5

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Da ich Sie gestern nicht gesehen habe sind Sie so artig gewesen mich heute Nacht mit Knebeln zu besuchen, dafür ich dancke. Geben Sie doch Uberbringern das Röllgen Geld, und ich schicke zugleich die Mitschuldigen. Bitten Sie doch Steinen dass er sie liest, und sich entschliest den Wirth zu machen. Er wird ihn gewiss recht hübsch spielen, und uns wär es eine grose Freude das Stück zu geben. Es ist entsezlich kalt. Wenn Sie auf der Ilm fahrn wollen, es wird Bahn gekehrt. Thun Sies um der Seltenheit willen. Ich gehe auf die Kriegs Comm. lassen Sie mir die Stunde sagen wenn Sie herunter komen wollen, vielleicht um Mittag. Auch bitt ich um die Papiere die bey Ihnen liegen, versiegelt. Womöglich noch vor 9 Uhr. dl. 15 Jan 81. G

254. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. Januar 1781. Montag

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Wenn irgend eine Gefahr wäre hätt ich Sie nicht eingeladen, es thut mir weh dass man mich für so leichtsinnig oder Gott weis was hält, es trägt Lastwagen an dem Ort wovon die Rede war. Doch will ich auf die grose Bahn kommen, es war ohne dies nur ein Scherz denn der Plaz ist nicht gros. Adieu beste. G dl. 15 Jan 81.

3 iIhre 16 801. 20 denr

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255. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. Januar 1781. Dienstag Heute werd ich Sie schwerlich zu sehen kriegen. Mittags bin ich in der Welt, und Sie des Abends. hier sind die Kegelschnitte zum leichteren Begriff des unbegreiflichen. Adieu beste. dl. 16 Jan 81. G.

256. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. Januar 1781. Donnerstag Die gestrigen Aepfel ess ich zum Frühstück und dancke dafür. Bey Ihrer Partie zu seyn, machte mir grose Freude, es ist nicht hübsch dass Sie sich mir endlich einmal nähern ohne mich dazu zu nehmen. Da ich mit dem Wetter stimme und traurig bin, nehm ich alles von der ominosen und schlimmsten Seite, und über ein Mittag essen dabey ich nicht seyn kan, wird mir das unlustig wozu ich geladen bin. Adieu wenn ich den duncklen Vorstellungen recht ihre Gewalt lasse, so komm ich auch nach Tische nicht auf die Bahn. Adieu beste allerliebste. dl. 18 Jan 81. G.

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257. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 18. Januar 1781. Donnerstag Nach mehrerer Uberlegung wars natürlich dass ich mich entschließe zu Hause zu bleiben. Es ist nicht klug ein noch unbefestigtes Reich zu verlassen. Dann weis ich schon ich komme sobald nicht von Gotha weg, sondern muss die ganze Woche drüben bleiben. Es häuft sich dann hier wieder so viel, und ich mögte doch auch wider des Teufels List und Gewalt, die L i t t e r a t u r aufs trockne bringen. Bedenck ich noch dazu den Zug auf dem Gothischen Schloße, die 3 801. 15 ×klug

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BRIEFE 253–257

Abb. 11: Goethe an Herzog Carl August, 18. Januar 1781 (Nr 257), S. 1

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Kälte, und dass man weder Herr von seinem Rock noch Fusbekleidung bleibt, so schröckt mich das ganz in mein Dachsloch zurück, wo mich ohne dies eine hypochondrische Vorliebe gefangen hält. Die guten Geister begleiten Sie. dl. 18 Jan 81. G.

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258. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Januar 1781. Freitag Wenn Sie mich mögen, so sollen nach 1 Uhr zwey gebratne Feldhühner ankommen, die wir zusammen verzehren wollen in Friede und Eintracht. Ich hoffe das Conseil soll nicht lang dauern, denn es ist nicht viel da. Nur ein Wörtgen Antwort. Adieu beste. dl. 19 Jan. 81. G.

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259. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 24. Januar 1781. Mittwoch Durchlauchtigster Herzog gnädigster Herr. Wenn mich Ew Durchl gleich für vergessen halten müssen, wollt ich doch nicht dass Sie mich für unordentlich hielten. Als ich den lezten Brief schrieb war mir nicht gegenwärtig dass ich den Empfang der 80 Ldrs zu melden schuldig war. Um diese Nachlässigkeit wo möglich wieder gut zu machen, übersende ich hierbey die Quittung des alten Forsters, der über den geendigten Handel sehr vergnügt ist. Er hat an einer Hamorhoidal Kolick kranck gelegen und kan sich in seinem vaterländischen Klima noch nicht wieder finden. Mein gnädigster Herr schreibt mir von Eisenach so viel guts von den neu angekommenen Zeichnungen daß meine Neugierde doppelt vermehrt wird. / Er ist wie ich höre erst Nachts halb dreye in Eisenach an5 17 8

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gekommen, und hat den Prinz Adolph aus dem Bette geholt. Der schöne Schnee scheint die Jagd zu begünstigen, wozu ich der Gesellschafft viel Glück wünsche. Eben erhalte ich die Nachricht dass die für mich so lang bestellte Kiste Bergarten von Freyberg, auf nächsten Freytag ankommen wird, so bald ich sie durchgesehen habe, will ich Ew Durchl melden was sie interessantes enthält, und unterthanig anfragen ob Sie auch eine dergleichen befehlen. Mit wahrer Verehrung mich unterzeichnend Ew Durchl

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Weimar dl. 24 Jan. 1781.

unterthanigster Goethe

260. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Januar 1781. Donnerstag

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dl. 25 Jan 81. Unsere Freude ist zu Wasser, und ich kan mir nichts an deren Statt erdencken. Gerne bät ich Sie zu Gaste, und Sie brächten noch iemand mit, etwa die Kleine und Ihren Bruder. Sagen Sie mir was Sie mögen, das Wetter ist entsezlich. Ich fürchte noch einen Sturm wie der auf Barbados wenigstens ein nachgeschwister Kind. Schreiben Sie mir was Ihnen lieb ist, ich mögte heut etwas apartes mit Ihnen geniessen

261. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 25. Januar 1781. Donnerstag

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Dieser Brief soll Ihnen bis Erfurt entgegen gehn und Abends auf der Redoute werden wir Sie alle erwarten. Das veränderliche Wetter werden Sie mit uns gemein gehabt haben, dagegen ist unsre grose und schöne Welt desto beständiger. Eine Schlit12 801.

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tenfahrt mit vielen Postzügen ist glücklich abgelaufen, zwey andre, eine nach Belveder wo der Prinz tracktiren wollte, und eine nach Ettersburg unter den Flügeln der unendlichen Fledermaus, werden mit diesem Morgen zu Wasser. Ein leiser Windzug der Freundschafft hat die kleine Werthern nach Dauer geführt, und Knebel ist von diesem Strömgen nachgeschleift worden. Er versprach heute Abend wieder hier zu seyn, denn morgen früh ist Probe der Iphigenie auf dem Theater. Wir hoffen Sie sollen mit dem Portal zufrieden seyn, Schumann hat seine ganze Rafaelische und Oeserische Ader darauf ausgegossen. Apropos von Künstlern, die Cristiane das leidige Stubenmädel an der Herzoginn Mutter Hof, ist von Ettersburg her schwanger, und giebt den alten Oeser zum Vater an. Die Herzoginn ist wild und droht ihr mit dem Zuchthaus, sie hat schon einmal in ihrer Aussage variirt. / Ihre Frau Gemahlinn ist nicht recht wohl, darüber ein Thee der Dienstags beym Prinzen getruncken werden sollte, nicht eingenommen worden. Ich habe sie nicht gesehen, und Ihren Grus durch die Waldner ausrichten lassen, die seit der grose Schnee hunten ist, vom Zahnweh Ruh hat. Der Wöllwarth hab ich ein Collegium über die Perspecktiv gelesen, sie hat eine kindische Lust am Zeichnen. Die Stunde ist so besezt daß niemand mehr Plaz hat. Unsre Maskerade schleicht im Stillen, iedes scheut die Kosten. Die Stein hat sich ein Paar Kleider ausgewählt die sie will zerschneiden lassen. Wenn Sie selbst kommen, wirds schon gehn. Die Redoute nach der Herzoginn Geburtstag wird an Erscheinungen reich seyn, es werden Verse von allen Seiten gemacht. Wieland ist über Wolfen entzückt, der seine Cantate auch zu Ehren des dreysigsten komponirt hat. Asträa kommt drinne vom Himmel, und es fängt mit Donner und Bliz und Windsbraut an. Ich glaub es ist ein Geheimnisss drum lassen Sie Sich nichts mercken. Die Crone hatte Stechen auf der Brust, das ihr sehr ungewohnt schien. Gestern Abend hab ich während des Conzerts bey / der Herzoginn, auf der Göchhausen Stube gesessen eine Flasche Champagner ausgetruncken, und der L i t e r a t u r aufgeholfen. Nun ist wieder Hoffnung daß das Werck vollendet werden wird. Für die Garnison Schule lass ich

10 Oesierische 18 wWaldner 19 ×Ruh 24 SDie 28 aun

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eine geräumige Stube im Waisenhaus zurechte machen, es kann auf sechzig Thaler kommen, dann wollen wir sehen ob wir von der feinen äuserlichen Zucht weiter zum innern kommen können. Auf der Kriegs Comm. gehts sehr gut, und da alles von mir abhängt, und ich Ordnung bis aufs lezte halten kan, sehr leicht. Auch ist eine viel freyere Luft oben. Vom dicken Amtman hab ich ein Projeckt die Steuersache zu reguliren das recht gut ist, man muss nur erst sehn was das lezte Rescript würckt. In Publicis ists ganz still um uns, die Ministres fahren auf dem Schlitten. Sievers ist wieder besser. Wette hat sich auch gelegt. Bey Hofe bin ich neulich bald abgestanden, ich spazierte ganz allein im Grosen Saal, da alles in Partien beschafftigt war, ia sogar Lingen aus Verzweiflung mit Lucken Schach spielte. Das schlimmste war dass iedes / das König wurde, glaubte mich unterhalten zu müssen. Die Herzoginn von Gotha hab ich gebeten sich vom Prinzen August das Exemplar der Geschwister das er hat, geben zu lassen und sich dessen zu bedienen. Ich hatte kein leserliches zu Hause. Der schönen Gräfin hab ich das Trauerspiel geschickt. Ich bin sehr neugierig wie Ihre Jagd abgelaufen ist, die meine schränckt sich auf einen Raben ein, den ich gestern von den hohen Aschen, aus einer Entfernung wo er sich sicher glauben konnte, mit meiner guten Flinte, wie einen Sack herunter geworfen habe. Uber die Mengs und Correges mündlich mehr. Stein ist nach Kochberg, ich fürchte seine Einkünfte werden über diese Sorgfalt, alle zu Spiritus, aber nicht vini. Grüsen Sie Wedeln, sobald er kommt, wollen wir seine Idee wegen der Exekutionsgelder Casse realisiren. Die General Pol Dir. hat mit mir kommunizirt. Nun wünsch ich glückliche Fahrt, und empfehle mich zu Gnaden. dl. 25ten Donnerstags früh. dl. Jenners 81. G.

2 se×chzig 12 Sspielte 16 E leserliches

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262. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 25.? Januar 1781. Donnerstag?〉 So ists recht schön, ob mirs gleich lieber gewesen wäre Sie früher und zu Tisch zu sehn. Es wird von Ihnen abhängen Abends zu bleiben. G.

263. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. Januar 1781. Sonntag Mein Hals ist nicht besser geworden, ich habe mir etwas von Huflanden hohlen lassen, und will heut zu Hause bleiben. Gegen Abend wird mir das Verlangen ankommen Sie zu sehen, und ich werde es nicht befriedigen können. Ihr Halstuch will ich noch behalten, und mögte Ihnen gern etwas schicken, wenn ich nur Steine zu Kuchen machen konnte, sobald das Schweingen zerlegt ist, sollen Sie Ihr Theil daran haben. Mit dem Schirm scheint mir’s ohnmöglich fertig zu werden, ich kan mich kaum entschliesen wieder daran anzufangen. Adieu beste. und sagen Sie mir etwas dl. 28 Jan 81. G.

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264. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. Januar 1781. Sonntag Es geht mir ziemlich doch fürcht ich dass sich mein Hals nicht ganz giebt, ich hab auch äusserlich einige Spannung. Ich will mich ruhig halten, und hoffen. Am Schirm hab ich nichts machen können ich will morgen früh das mögliche thun. Der Wind geht von mir zu Ihnen also bringt er Ihnen meine Gedancken. Doch können auch die gegen den Wind gehn und also hoff ich Besuch von den Ihrigen. Um achte will ich nicht vergessen sie bey der Uhr zu grüssen. Wenn ich ein Paar Racketen hätte so würf ich sie, Ihnen einen guten Abend zu sagen. dl. 28 Jan 81. G 7 behalten., 22 298

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BRIEFE 265–269

265. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 29. Januar 1781. Montag

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Dancke für den guten Morgen auf Frizzens freundlichem Gesicht. Gestern Abend kriegte ich noch Ziehen im Kopf darum ich mich bald niederlegen musste und ich lies mich um 8te aufwecken um Ihnen guten Abend zu sagen, und ein wenig zu essen. Ich darf nicht wagen zu zeichnen, weil es immer anstrengt und mich wenn ich so bin erhizt. Mein Hals ist besser doch spür ichs noch, auf die Probe heut Abend muss ich mich Sammeln. Schicken Sie mir doch das Exemplar der Iphigenie, ich muss noch einige Stellen ansehen. Adieu. Wenns bessrer Weeg und Wetter wäre besuchten Sie mich wohl. Adieu liebste dl. 29 Jan 81 G

266. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 30. Januar 1781. Dienstag

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Es ist umgekehrt wie gestern, ich habe sehr gut geschlafen und mein Hals ist schlimmer. Ich halte mich sehr still um bis den Abend auszulangen. Dancke für Ihren Anteil, und hoffe Sie durch mein Spiel vergessen zu machen daß mir was fehlt. Bringen Sie ein feines Herz mit, wir wollen das unsrige thun. dl. 30 Jan 81. G.

267. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar?, zwischen 23. und 30. Januar 1781?〉 〈Druck〉

Beyliegendes wollte ich dir schon neulich Mittag zum Nachtische vorlegen, es fehlte aber einiges daran, das heisst bey solchen Produktionen

4 schla essen 5 ⎡mich wenn ich so bin⎤ 7 Sammeln,. 14 sSie

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es fehlte viel. darum nim das Gedicht jetzt um desto freundlicher auf, als du die Resultate unsrer Gespräche darin finden wirst. Lebe recht wohl und fahre fort mich durch Theilnahme zu erfreuen. G.

268. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 31. Januar 1781. Mittwoch Lang hab ich gesonnen wie ich Ihnen ein Zettelgen in die Gesellschafft zu bringen wollte. Zulezt ging auch Knebel nicht, und ich sizze ganz allein in der unfreundlichen Nacht. So will ich Ihnen noch einen guten Abend auf den Schreibtisch legen lassen, dass Sie mein gedencken wenn Sie nach hause kommen. Auch schick ich das Schweinsköpfgen und Rückgen. Es ist mir gar nicht als wenn ich Gäste haben mögte. Laden Sie Sich iemand drauf der Ihnen lieb ist und vergessen mich nicht dabey. Adieu beste allerliebste. dl. 31 Jan 81. G.

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269. An Johann Friedrich Krafft 〈Weimar〉, 31. Januar 1781. Mittwoch Sie haben wohlgethan mir den ganzen Zustand Ihrer Seele zu entdecken, ich lege gewiss alles zurechte, so wenig ich im Stande bin Sie ganz zu beruhigen. Mein Etat, über den ich halten muß, wenn ich am Ende des Jahrs nicht selbst andere Verbindlichkeiten haben will die sich für meinen Plaz am wenigsten schicken, erlaubt mir nicht das mindste über die 200 rh für Sie zu thun. Diese sollen Sie richtig erhalten, damit suchen Sie auszukommen und sich nach und nach das nötige zu schaffen. Ausdrücklich halt ich mir vor daß Sie ohne mein Wissen und Einwilligung nicht Ihr Quartier noch den Ort Ihres Aufenthalts verändern.

7 Nacht,. 11 sSich 16 legen 24 iIhr

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BRIEFE 270–273

Jeder Mensch hat seine Pflicht, machen Sie Sich das zur Pflicht Ihrer Liebe zu mir und es wird Ihnen leicht werden. Wenn Sie von irgend iemand borgten würde mir es sehr unangenehm seyn; eben diese unseelige Unruhe die Sie iezt martert, hat das Unglück Ihres ganzen / Lebens gemacht, und Sie sind mit tausendthalern nie zufriedner gewesen als iezt mit den 200, weil Ihnen immer noch was zu wünschen übrig blieb, und Sie Sich nie gewöhnt haben Ihre Seele in den Gränzen der Nothwendigkeit zu halten. Ich mache Ihnen darüber keine Vorwürfe, ich weis leider zu gut wie es in Ihnen zusammenhängt, und fühle wie das Unverhältniss Ihres iezigen und vorigen Zustandes Sie plagen muß. Genug aber, Ein Wort für tausend, Am Ende iedes vierteljahrs erhalten Sie Ihre fünfzig Thaler, fürs gegenwärtige soll Ihnen Seidel etwas vorausgeben. Schräncken Sie Sich alsdan ein: das M u ß ist hart, aber beym m u ß kan der Mensch allein zeigen wies inwendig mit ihm steht. Willkührlich leben kan ieder. Melden Sie mir die erste Verfügung der Regier. an den Amtmann in Steuersachen. G. dl. 31 Jan 81.

270. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende Januar 1781?〉

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So dunckel es auch um mich ist, so schön ists, denn die nächsten Bäume weissagen immer durch ihr weises Ansehn, dass bald Frost und klar Wetter seyn wird, und so genies ich das Zukünftige im Gegenwärtigen. Ich komme noch vor sechs um Ihre Fr. Mutter zu sprechen G.

1 dass (Ansatz zu langem s zu Schluss-s) 5 Ssind 8 nNothwendigkeit 10 uUnverhältniss 11 zZustandes 19 sweises

JANUAR/FEBRUAR 1781

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271. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Februar 1781. Donnerstag Ich schicke Ihnen ein Stückgen Brod, und bitte mich zu Tisch wenn Sie nichts hindert. Heut früh war ein sehr schöner Sonnenblick. Knebel läuft schon mit seiner Pfeife in der Welt herum. dl. 1 Febr. 81 G

272. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. Februar 1781. Samstag Sagen Sie mir wie Sie geschlafen haben. Ich soll heute zu Haus bleiben, und wenn Sie Sich nicht meiner annehmen, hab ich einen betrübten Tag vor mir. Recht lieb wären Sie wenn Sie zu Mittag bey mir essen wollten, ich lies Ihnen einen Phasan braten. Sie brachten mit wen Sie wollten. Sagtens Knebeln und so würde es hier 〈in〉 der Einsamkeit lebendig. Vielleicht käme d〈er〉 Herzog ein wenig und Sie steckten den Cinna ein. Adieu. Ich muß mich ruhig halten sehe ich wohl. Es will nicht recht mit mir fort. dl. 3 Febr 81. G.

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273. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. Februar 1781. Sonntag Kaum bin ich aufgestanden so mach ich schon Plane wie ich zu Ihnen kommen und den Tag bey Ihnen zubringen will. Ich bin recht leidl. ausser dem Hals und mag gerne allerley thun. Solang das geht werd ich in meinem Schneegestöber aushalten, und schreiben und zeichnen, hernach komm ich und fahre mit Ihnen ins Conzert. Adieu meine liebe Cometenbewohnerinn. dl. 4 Febr. 81. G.

3 ×Pfeife 15 rescht

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BRIEFE 274–278

274. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 5. Februar 1781. Montag

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Mir ists ganz leidlich, wie befinden Sie Sich? Ich habe vielerley bey Seite zu bringen, und muß doch sachte gehn, denn ich spüre gleich dass es nicht fort will. Hier kommt Ihr Zettelgen. Heut werd ich mich ruhig halten, vielleicht seh ich Sie Abends. Wir wollen uns recht herausputzen und ich will uns schöne Versgen machen. Adieu beste. Halten Sie mit mir, so lang ich noch halte. dl. 5. Febr. 81 G

275. An Ferdinand Kobell Weimar, 5. Februar 1781. Montag

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Nehmen Sie einen recht aufrichtigen Danck für die schönen Zeichnungen die Sie mir geschickt haben. Mir scheint unmöglich die Virtuosität höher zu treiben. Ich habe mich sogleich hingesezt und eins nachgekrizzelt, man sieht die Höhe, die der Künstler erreicht hat, nicht lebhaffter, als wenn man versucht ihm einige Stufen nachzuklettern. Alle meine Freunde hab ich zur Bewundrung aufgefodert, und meine kleine Sammlung erhält ein neues Leben. Ich wünsche mich von dieser Schuld auf einige Weise lösen zu können. Behalten Sie mich in gutem Andencken, und grüsen Sie Kranzen. Sobald der Frühling eintritt, sollen Sie nicht eine Zeichnung, sondern eins der Stosgebete haben, mit denen ich manchmal Natur und Kunst, Gott und den Künstler verehre. Weimar dl. 5 Febr 1781. Goethe

5 herauspu|t|zen 15 lLeben 16 z auf 17 denKrangzen

FEBRUAR 1781

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276. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 5. Februar 1781. Montag Wenn mir Knebel nicht schon zuvorgekommen ist, wie ich vermuthe, so wird Ihnen dies platonische Gespräch zum Abende angenehm seyn. Gerne geb ich Ihnen heut noch so etwas guts. Ich will zu hause aushalten, bin still und fleisig. Adieu beste liebste dl. 5 Febr. 81 G

5

277. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. Februar 1781. Dienstag Es reizt mich Ihre Einladung sehr. Ich werde wohl kommen und mein liebstes wieder sehn. Knebel war schon bey mir. Ich hab ihm die Literatur vorgetragen an der ich gestern gearbeitet habe. Adieu bis zu Mittag, und leiden Sie nicht daß ich zu viel esse. dl 6 Febr. 81. G

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278. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 8. Februar 1781. Donnerstag Mit Ihrem Freunde gehts so ziemlich, er hat gut geschlafen nur heute früh Nasenbluten beym Aufstehn gehabt, welches ich einem gebratnen Täubgen und einigen Gläsern Wein zuschreibe die er gestern Abend als er von Ihnen ging noch zu sich nahm. Es zeigt sich also immer noch eine Unregelmäsigkeit welche nebst andern die Götter ins gleiche bringen mögen. Ferner geht mir eine Grille durch den Kopf: ob ich wohl thue bey der Maskerade zu seyn. Wär ich nicht mit Ihnen versprochen, würd ich ihr nachhängen, so aber will ich’s ganz in Ihre Hände legen, sehen Sie’s unbefangen an und sagen Sie mir ob ich soll oder nicht, ohne die Ursachen hinzuzuthun. Ihr Ausspruch allein soll mich bestimmen und beruhigen. Fänden Sie dass ich wohl thue davon zu bleiben; so hab ich in 22 imn

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BRIEFE 279/280

meiner Kranckheit eine bereite Entschuldigung, ich will doch für alles sorgen, Ihre Maske mit ausstudiren helfen die Verse machen, kurz es soll nichts fehlen. Der Prinz würde Ihre Moitie, und wenn ich ihn heimlich beneidete würd ich doch ein süs Gesicht dazu machen. Adieu beste. sagen Sie mir wie Sie leben. Ich will mich heute zu Haus halten. dl. 8ten Febr. 81. G.

279. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 10. Februar 1781. Samstag

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Wie stehen Sie mit Ihrem hypochondrischen Freunde? ich hoffe gut! Mir ist die Redoute wohl bekommen. Sie sagen mir nicht wie Sie geschlafen haben, mir ist recht leidl. Gestern Abend macht ich noch von unsern nötigen Versen. Die Schrötern hab ich heut in der Absicht zu Tisch gebeten, um sie hernach zu Ihnen zu bringen. Lassen Sie es dabey, und sagen Ihr allenfalls ein artig Wörtgen daß Sie nach dem Essen mit mir kommen mögte, und daß Sie sie hätten einladen wollen. Hier ist die Maske. Ich dicktire eben an dem neuen Wercke. Es geht lustig. Wie siehts mit Knebels Thee? den haben Sie wohl über Ihre Musikalische Liebhaber ganz vergessen. Die irdische Harmonie ist doch gewaltiger als die Himmlische. Adieu. schicken Sie dies Zettelgen bitt ich dem Herzog. dl. 10 Febr. 81. G.

280. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 11. Februar 1781. Sonntag 20

Mir gehts recht leidlich meine Beste. Mein Hals ist fast wieder gut, und die unregelmäsige Bewegung des Bluts legt sich auch. Ich sehe Sie bald. Leben Sie wohl dl. 11 Febr. 81. G.

8 bekommen,. 12 sSie 20 bBeste

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Abb. 12: Goethe an Johann Friedrich Krafft, 11. Februar 1781 (Nr 281), S. 1

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BRIEFE 279/280

Abb. 13: Goethe an Johann Friedrich Krafft, 11. Februar 1781 (Nr 281), S. 2

FEBRUAR 1781

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281. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 11. Februar 1781. Sonntag Wenn Sie meinen lezten Brief nochmals unbefangen ansehen wolten, so werden Sie deutlich sehen können, daß Sie ihn falsch gedeutet haben. Sie sind weder in meiner A c h t u n g g e s u n c k e n noch hab ich einen s c h l e c h t e n B e g r i f f von Ihnen, noch habe ich die g u t e M e y n u n g fahren lassen, noch hat Ihre Denckungsart in meinen Augen einen F l e c k e n bekommen, dies sind alles übertriebne Ausdrücke die sich ein gesezter Mann gar nicht erlauben sollte. Indem ich auch f r e y m ü t i g meine Gedancken sage, indem ich einige Züge Ihrer Denck- und Handelsart anders wünsche, heist das gleich Sie für einen s c h l e c h t e n M e n s c h e n halten und das bisherige Verhältniß aufheben. Eben diese hypochondrische allzuweiche und gleich aus dem Maas schreitende Sinnes art die Ihnen den lezten Brief wieder eingegeben, ists die ich tadle und bedaure. Ists schicklich dass Sie mir sagen: i c h s o l l b e f e h l e n i n w a s f ü r e i n e m To n I h r e B r i e f e k ü n f t i g s e y n s o l l e n. Befiehlt man das / einem ehrlichen und verständigen Manne? ists artig daß Sie mir bey dieser Gelegenheit u n t e r s t r e i c h e n daß Sie m e i n B r o d essen? Ists einem moralischen Menschen anständig wenn man ganz leise etwas an ihm tadelt oder ihn von einer Seite kranck nennt, gleich oben aus zu seyn oder zu thun als wenn ihm das Haus über dem Kopf einfiele. Verdencken können Sie mir doch nicht wenn ich Sie mit dem, freylich wenigen, was ich für Sie thun kan auch vergnügt und zufrieden wüsste. Es bleibt also wenn Sie wollen beym alten, ich wenigstens werde in meinem Betragen gegen Sie nichts ändern. Was den Plan betrifft den der Amtm. in der St. S. einzuschicken hat so mag er ihn a u f r i c h t i g doch mit der für seine Lage nötigen Vo r s i c h t abfassen. Besonders wegen des Z u k ü n f t i g e n ganz bestimmte und auslangende Vorschläge thun, das übrige wird sich finden. W. dl. 11 Febr. 81. G. 13 ist die 14 ⎡Sie⎤ 15 ⎡i n⎤ 16 Befiehtlt 17 Manne,? 26 än×dern

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BRIEFE 282–287

282. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. Februar 1781. Montag

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Wenn ich zu Hause bleibe, ist mir es ein angenehmer Gedancke daß zwischen mir und Ihnen nur die liebe freye Luft ist, und meine Seele keine widrigen Wohnungen überspringen darf um zu Ihnen zu kommen. Heute früh hab ich den ganzen Plan unsrer Maskerade zurecht schreiben lassen und alle Departements ausgetheilt. Es wird noch gehn ob es gleich ein ungeheuer Gewirre ist. Auch diesen Nachmittag will ich in ernstlichern Dingen fleisig seyn und Abends bey Ihnen anfragen. Lassen Sie sich aber von nichts abhalten, sagen mir nur wo Sie etwa sind. dl. 12 Febr. 81. G.

283. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. Februar 1781. Dienstag 10

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Mein liebes A und O wie befinden Sie sich. Der Wind hat mich diese Nacht nicht schlafen lassen er ist wüthend hierhaußen. Auch heute Morgend bin ich ganz wohl, wenn es gegen Abend kommt, spür ich mehr das Ubel. Adieu ich muß noch Verse machen. Es rückt nach und nach alles zusammen. Sagen Sie mir was Sie auf den Abend vorhaben Mittags will ich alleine essen. dl. 13 Febr. 81 G.

284. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. Februar 1781. Mittwoch

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Guten Morgen meine beste und liebste, ich kan Ihnen nichts weiter sagen als daß, wenn ich so wohl wäre als ich Sie lieb habe, ich recht sehr wohl seyn müsste. Ich sehe Sie wenigstens einen Augenblick. Zu Mittag hab ich mich bey meinem Collegen Schnaus versprochen. dl. 14 Febr 81. 3 dafrf 7 fDingen 10 Si×e 15 123

G

FEBRUAR 1781

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285. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. Februar 1781. Mittwoch Das grose Wasser hat uns einen seltnern Gast, einen Spiegel Karpfen zugeschickt, den ich Ihnen gleich abliefre. Adieu meine beste. Wenn Sie diesen Abend nach Hause kommen finden Sie etwas von mir. Da sich der Himmel aufgeheitert hat, bin ich auch gleich wohler. Seyn Sie vergnügt, ich will fleisig seyn. dl. 14 Febr 81. G.

5

286. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. Februar 1781. Donnerstag Hier meine liebe sind die Verse zu unserm Aufzug lassen Sie sie Steinen sehen sonst niemand. Der Lobgesang fällt weg, die Musick ist fertig, die Sänger habens nicht können lernen. Der Bogen ist deswegen umgedruckt. Sie mögen mich doch heut zu Tische. Ich bin recht artig und your lover for ever. G. dl 15 Febr 81. ∂

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287. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 17. Februar 1781. Samstag Wie haben Sie geschlafen. Zu Mittage lad ich mich ein. Lieber Tag und liebe Nacht. dl. 17 Febr 81. G

13 ×Lieber

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BRIEFE 288–291

288. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. Februar 1781. Sonntag

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Der Tag lasst sich gar schön an. Den Nachmittag mit Ihnen zuzubringen ist mir die angenehmste Aussicht. Schicken Sie mir doch das Portefeuil mit Zeichnungen das noch bey Ihnen liegt, und sagen mir daß Sie wohl sind und mich lieben. Wenn Sie allenfalls bey Hof gehn wollten so hab ich bedacht daß wir unser Werck vorher fertig machen konnen. Adieu beste liebste. dl. 18 Febr. 81. G.

289. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 18. Februar 1781. Sonntag

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So gros als die Begierde war in mir Die altgeliebten Bilder zu erlangen, Mit gleicher Lust geb ich sie dir Und scheine sie dadurch erst zu empfangen. dl. 18 Febr 81. G.

290. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Februar 1781. Montag 15

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Bey diesem Sturm kommen mir die doppelten Fenster wohl zu statten. Diesen Morgen bleib ich zu Hause, Nachmittag hab ich zu thun und wenn Sie diesen Abend nicht in Gesellschafft gehn, so komm ich und vielleicht schreiben wir. Ich werde erst meine Sachen lieb kriegen wenn ich sie von Ihrer Hand sehe. Der Brief an Lavatern macht mir grose Freude. Ich bin recht wohl, und schreibe es dem Queckensaft zu den mir der Hofrath eingeschüttet hat. Was macht Ihr Hals. dl. 19 Febr. 81. G

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291. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 19. Februar 1781. Montag B. schreibt mir du habest C. gesehen, er dir angeboten dich gleiches sehn zu lassen, du v o n d e r G e w i s s h e i t ü b e r z e u g t hättest nicht gewollt u. mehr verlangt. Sage mir doch nun über die Sache ein Wort aus der ganzen Tiefe. Denn wird man nur darum älter um wieder kindisch zu werden. Sag mir auch von der schönen und den guten. Du hast deinen Husten wieder? Wie gehts. Ich bin auch zeither kranck, meist ohne es zu sagen, dass niemand frage, und der Credit aufrecht bleibe. Ich halt es offt mit den Zähnen wenn die Hände versagen. Sonst geht alles recht gut, die Herzoginn giebt uns Hoffnung zu einem Prinzen, der Herzog wächst schnell, und ist sich sehr treu. Ich lade fast zu viel auf mich, und wieder kann, ich nicht anders. Staatssachen sollte der Mensch der drein versezt ist, sich ganz wiedmen, und ich mögte doch soviel anders auch nicht fallen lassen. = dl. 19 Febr. Soweit war ich als dein Brief kam den ich in der Beylage beantworte. Du hast den C. gesehen laß mir doch durch Bäben wenigstens etwas ausführliches sagen, es ist dächt ich der Mühe werth. Die lezten Tage der vorigen Woche hab ich im Dienst der Eitelkeit zugebracht. Man übertäubt mit Maskeraden und glänzenden Erfindungen offt eigne und fremde Noth. Ich tracktire diese Sachen als Künstler und so gehts noch. Reime bey dieser Gelegenheit gemacht schickt dir vielleicht Kayser. Wie du die Feste der Gottsseeligkeit ausschmückst so schmück / ich die Aufzüge der Thorheit. Es ist billich daß beyde Damen ihre Hofpoeten haben. Kayser läßt sich gut an, ich hoffe sein Leben hier soll ihn geschmeidiger machen. Er hat Gelegenheit in seiner Kunst manches zu sehn und zu hören.

1 SB. 2–3 ⎡nicht gewollt u.⎤ 13 mfast 14 Menssch (Schluss-s zu langem s) 14 nsicht 22 WMan 28 gGelegenheit 29 Küunst

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BRIEF 291

Ubrigens wollte Gott daß wir nicht soweit auseinander wären! Adieu l. Br. antworte mir bald. Grüse dl. Frau und Kinder und Pfennigern Bäben schreib und schick ich nächstens, sie soll mir meine Sachen wiederschicken es sind die einzigen Abschrifften. G. / Dein Zettelgen l. Br. hab ich Knebeln nicht gegeben und will dir vorher nochmals über die Sache schreiben, damit du erst einen lebhafften Begriff habest wie es mit ihm steht, und du auch diese Seite bedencken konnest, da du ausser der Beschweerlichkeit des Transports, bisher nur Eure Empfindung zu Rathe gezogen hast. Knebel lebt iez meist für sich, auser dem griechischen das ihn beschäfftigt, unterhält ihn vorzüglich die allgemeinere Naturlehre, und die Betrachtung der Linien die sich von der Verbindung dieses grosen Ganzen ziehen lassen. Die Astronomischen Kenntnisse sind nicht die geringsten dabey, und wenn du Lamberts kosmologische Briefe kennst, und ich dir sage daß er sich mit Freunden und Freundinnen in diesem Kreise weidet, so wirst du das übrige leicht dazu dencken. Ich habe sie, da dieses ungeheure Uhrwerck mich selbst nur in der dunckelsten Ahndung interessirt, gar offt angetroffen, daß sie sich von iener schönen Harmonie der Sphären unterhielten und sich dabey ein Hahnisches Model mit groser Lebhafftigkeit und Begierde wünschten. Sezze hinzu daß sich Knebel nach seiner Art, bey einem ganz geschäfftslosen Leben, auf seinem einsamen Zimmer keinen unterhaltendern Gesellschaffter erwarten kan als eben die Uhr von der die Rede ist. / Vielleicht hat ihm das Glück noch nie ein so angenehmes Geschenck gemacht, seine Freude wird auserordentl. drüber seyn, und ich wüste nicht was ich drum geben wollte wenn ich’s ihm heute Abend noch ankündigen dürfte. Dies ist der erste Theil meiner Rede, nun folgt der zweite: Knebels Verhältniß zu dir, welches dir vielleicht weniger als mir bekannt ist. Er liebt dich so zärtlich als man kan, und nimmt einen weit näheren Anteil an den zartgesponnenen Saiten deines Wesens als mir selbst bey meiner roheren Natur nicht gegeben ist. Er hat mir zuerst nach seiner Rückkunft mit sehr treffender Wahrheit, verschiedne Dinge an dir mit denen ich nicht stimme: daß du giebst was du hast, und nicht hast, die ewige Spedition wodurch du immer raubst und giebst, zugleich nutzest

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und kompromittirst; diese sag ich hat er mir so schön zurecht gelegt, daß ich seit der Zeit mit dir einiger bin als iemals. Durch ihn ist mir erst lebhafft geworden, daß man dir dem ewigen Geber nichts geben kan, was man dir nicht für andre giebt, daß man dir nie wieder vergelten wird was du moralisch und politisch, für deine Freunde und für uns besonders thust. Uber eben diese Ader / aus der dein gegenwärtiger Wunsch fliest, hat er so offt mit mir gesprochen, und seine theilnehmende Seele hat mir zu Beobachtung vieler Schattierungen in dir geholfen; der ich mir selbst überlassen gewisse Strahlenbrechungen zu starck und andre zu wenig sehe. Hier endigt sich mein zweyter Theil, und um beyde wieder aufzunehmen, wirst du hieraus deutlich sehen, daß es ihm eine unsägliche Freude machen wird die Uhr gewonnen zu haben, und zu besitzen, daß er aber auch wenn er deinen Wunsch erfährt, sie dir gewiß abtreten wird, denn es kan sich niemand so sehr in deine Lage versezzen als er, und niemand die guten Folgen für uns durch dich, und für dich durch uns so lebhafft wünschen. Es ist also hier nicht mehr von Indiskretion die Rede, nicht mehr von dem Verhältniß der Einlage zum Werth der Uhr, worauf du in dem Zettelgen an ihn das ganze Räthsel drehst, was ich bisher gesagt, entkörpert die Sache gänzlich und ich überlaße dir was du mir weiter drüber zu sagen hast. Bis deine Antwort kommt verschweig ich ihm den Gewinst. Die Schwürigkeit des Transports und was daraus enstehen kan kommt alsdann erst in Betrachtung. / Ich kan mich auch wohl an deinen Plaz stellen, wie gelegen dirs käme deinem ehr und unehrsamen Publiko zu zeigen daß wir auch noch einiger Grosmuth fähig sind, denn solche Handlungen sind wie bekannt die ächten Eselskinbacken womit man die Philister erlegt. W. dl. 19 Febr. 81. G.

9 über∩lassen 13 besi|t|zen 25 alsdeann 25–26 Die ganze Idee aber kan ich dir wohl erlauben denn ich sezze mich an die (Seitenwechsel) Ich kann mich 〈…〉 deinen Plaz stellen

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BRIEFE 292–297

292. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Februar 1781. Montag

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Ich bin noch fleisig gewesen, ob ich gleich lieblichere Geister durch Ihre Feder aufs Papier zu zaubern hoffte. Jerusalems D e u t s c h e L i t e r a t u r ist da. Wohlgemeynt, bescheiden, aufrichtig, alt kalt und arm. Die Magre Verbrämung unsres neulichen Winters ist mir wieder eingefallen. Ungern versag ich mir noch einmal zu Ihnen zu laufen. Grüsen Sie Steinen und bleiben mir gewogen. dl. 19 Febr. 81. G.

293. An Charlotte von Stein Weimar, 20. Februar 1781. Dienstag

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Mir hätte nicht leicht etwas fatalers begegnen können als daß Lessing gestorben ist. Keine viertelstunde vorher eh die Nachricht kam macht ich einen Plan ihn zu besuchen. Wir verliehren viel viel an ihm, mehr als wir glauben. Adieu beste. Heut ist Conseil, ich will zu Hause essen, und Sie nach der Comödie sehn. Ich habe gar nicht Lust hineinzugehn. W. dl. 20 Febr. 81. G.

294. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 20. Februar? 1781. Dienstag?〉 Wenn es Ihnen lieb ist komm ich um sechs, denn ich mag nicht in die Comödie. Vielleicht bringen wir das Gespräch zu stande. Erst will ichs Ihnen lesen und dann wollen wir weiter sehn. Adieu Beste. G

9 fatialers

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295. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 21.〉 Februar 1781. 〈Mittwoch〉 Das blaue Papier und ein Stückgen Brod kommt mit einem guten Morgen. Bitten Sie Steinen daß er das Packet an den Pr. August besorgt. Antworten Sie mir nicht ich gehe gleich aus. Zu Mittag bin ich bey Ihnen. dl. 20 Febr. 81. G.

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296. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 22. Februar 1781. Donnerstag Mein Franckfurter ist angekommen und ich muss ihm diesen Tag schencken. Einen Augenblick seh ich sie doch. Morgen wollen wir uns dafur entschädigen. Adieu meine beste. Lassen Sie mich hören daß Sie mich lieben. dl. 22. Febr 81. G

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297. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. Februar 1781. Freitag Diesen Tag will ich ruhig und fleisig zu bringen, um Ihres Besuchs auf den Abend werth zu seyn. Ihre Schleife will ich Ihnen nicht vorenthalten. Mit meinen Leuten ists gestern noch ganz gut gegangen, ich bin artig gewesen habe ihnen wohlgemacht, und heute früh sind sie weg, so wär auch dies mit guter Art vorbey. Lieben Sie mich. Ich will suchen es zu verdienen. dl. 23. Febr. 81. G. Vielleicht komm ich nach Tisch.

1 nim×it 17 Iihnen 20 SFebr.

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BRIEFE 298–303

298. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 24. Februar 1781. Samstag

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Knebel hat mich zu Tische geladen, sonst wär ich in Versuchung zu Ihnen zu kommen. Haben Sie wohl geschlafen? und sind Sie mit Ihrem Wirthe zufrieden? Um welche Zeit kan ich Sie heut Abend sehen, oder haben Sie sonst etwas vor? Ich schicke den gewöhnlichen Brodtribut und den Schweinskopf. Adieu beste. dl. 24 Febr 81. G.

299. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Februar 1781. Sonntag

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Mein liebes Orackel hat sich noch nicht hören lassen, hat mein Schicksaal noch nicht entschieden, hat noch nicht gesagt was es heute mit mir anfangen will. Hier ist das Bild, das ich mit der grösten Uneigennützigkeit eingehefftet habe. Adieu dl. 25 Febr 81. G.

300. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Februar 1781. Sonntag

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Das ist ein schlimmer Fall. Ich wünschte Sie hätten aus Uberzeugung gewählt, so wäre ich beruhigt gewesen, nun wird die Sache erst verwickelt. Adieu zu Mittage komm ich. Die Karte hat nach meinem Wunsch geantwortet, besonders diese, und doch ist mirs sehr unangenehm etwas zu lassen was Sie für gut halten. Ich mags nun thun oder nicht so fällt der Vorwurf und das übel auf mich. dl. 25. F 81. G.

9–10 Uneigennü×××tzigkeit

FEBRUAR 1781

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301. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 26. Februar 1781. Montag Das Wetter ist lieblich und dem Menschen erfreulich. Wie befindet sich meine Beste, und was hat sie auf heute gutes zu verordnen? Adieu. Ich schicke das Band nicht weil ich hoffe es soll nicht nötig seyn. Sagen Sie mir auch etwas. dl. 26 Febr. 81. G

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302. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. Februar 1781. Dienstag Nur ein Wort, daß ich Sie liebe, daß ich Sie gegen Abend sehe, und bitte mich auf die Redoute zu nehmen dl. 27 Febr 81 G.

303. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. Februar 1781. Dienstag Da Sie heute im nachlässigen Tabarro auf die Redoute gehen wollen, so hab ich sorgen müssen Sie zu zieren. Wie lieb ist mirs daß es Künste giebt die schönen Gestalten des Frühlings in dieser Jahrszeit hervorzutreiben. Denn es ist mir kein willkommner Zeichen Ihnen zu sagen daß ich Sie liebe als immer wechselnde Blumen. Ich sehe Sie bald. dl. 27 Febr. 81 G

7 2× 7

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BRIEFE 304–308

304. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. Februar 1781. Mittwoch

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Wie hat mein lieber Müdling geschlafen? Ich bin um halb dreye nach Hause gekommen und die Ausschweifung scheint mir wohl zu bekommen. Ich bin heute Mittag bey Hof. Sie wohl den Abend. Haben Sie noch etwas von den Blumen mit nach Hause gebracht? Wie Sie weg waren hab ich der Frau v. Oertel die Cour gemacht, und noch gewalzt. Adieu liebste. dl. 28 Febr 81 G

305. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 28. Februar 1781? Mittwoch?〉

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Gerne will ich wenn du es verlangst zu dir hinauf kommen. Laß nur wenig Essen machen denn die Masigkeit wird heute gut seyn. wir wollen unsern Aschermittwochen feyern. G.

306. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar, Ende Februar oder Anfang März 1781?〉

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Sie haben bester Herr, Schumannen aufgetragen den Aufzug zu mahlen, er verlangt von mir die Liste. Erlauben Sie daß ich einige Remonstrationen vorbringen. Diese Feyerlichkeit war an sich ein gewagter Scherz, ist glücklich abgelaufen, hat gute Würckung gethan und Freude gemacht, und wird iedem der Zuschauer als eine abenteuerliche und angenehme, vorübergegangene Erscheinung zeitlebens vor Augen schweben. Bey hellem Tage mit nüchternem Muthe muß man so was nicht betrachten. Sollte es daher wohlgethan seyn mit Schumannischen Figuren 3 Hof?. (Ansatz zu einem Fragezeichen)

FEBRUAR/MÄRZ 1781

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aufs Papier zu heften, was nur als Traum vorbeyziehen sollte und was weder gemahlt noch beschrieben werden kann Ich wünschte sogar daß Sie verböten etwas davon in’s Wochenblat zu setzen. Lassen Sie die Zuschauer sich untereinander davon unterhalten und es Fremden, es künftig ihren Kindern erzählen, der grösste Reiz wird bey aller Ueberlieferung das u n a u s s p r e c h l i c h e bleiben, die Imagination wird arbeiten und Sie Ihres Zwecks nicht verfehlen, statt daß Schumanns Handwerck s-Faust diese Schmetterlinge sicherlich, und ieden schönen Effeckt ihres flatternden Lebens, ermordet. sm.

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G.

307. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. März 1781. Donnerstag Guten Morgen meine beste. Sie haben mich nicht verlassen, Sie sind mir auch im Traume freundl. gewesen dafür danck ich Ihnen und wünsche daß Sie recht gut mögen geschlafen haben. dl. 1 Marz 81 G

308. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. März 1781. Freitag Wie sind Sie mit dem Schlaf zufrieden, und werden Sie seinen Repräsentanten heute auch lieben? Um 10 Uhr. Komm ich. dl. 2ten März. G

2 kan|n| 3 sichsetwas (nach Rasur) 8 HandwerckIs|-|Faust

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BRIEFE 309–314

309. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. März 1781. Samstag

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Da ich erwache wünsche ich daß sich meine liebe Nacht möge in Tag verwandelt haben und mögte mir gleich vor den Augen seyn. Ich esse mit Knebeln und sehe Sie als denn. Sagen Sie mir wie Sie aufgestanden sind. Sagen Sie mir was ich so gerne höre! Aus Zerstreuung tauch ich eben die Feder in den brennenden Wachsstock der auf dem Tische bey mir steht, sie scheint nach dem hefftigsten und reinsten Element zu verlangen, da ich im Begriff war Ihnen zu sagen daß ich Sie unendlich liebe. dl. 3 Marz. 81 G.

310. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. März 1781. Sonntag

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Ihr Packet erhalt ich im Kloster, wo ich an diesem anmutigen Morgen schon lange auf den gehofften Boten laure. Die Aepfel sind mir sehr willkommen denn es mangelte mir am Frühstück. In Ihr Geschenck will ich mich kleiden wie in Ihre Liebe. Es ist so schön daß ich wünschte Sie kämen nachher einen Augenblick herunter. Zu Tische werden Sie wohl Ihren immer getreuen Gast haben dl. 4 März 81. G

311. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 4. März 1781. Sonntag〉

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Kaum bin ich von Ihnen weg; so hab ich Ihnen schon etwas zu sagen und zu schicken. Der Himmel war gar schön, ich wünschte Sie nur einen Augenblick heraus. Die Lufft war gelinde und deutete von fern auf den Frühling. Der Braten den ich Ihnen schicke wird von härtlicher Natur seyn. Vielleicht wär er am besten in einer Pastete. Entscheiden

6 die Feder Ssie

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Sie das und lassen mich wo möglich noch davon geniessen. Adieu beste! wenn es nur Worte gäbe Ihnen zu sagen wie ich Sie liebe und eine Dinte sie zu schreiben. Adieu! Adieu. G.

312. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 5. März 1781. Montag Guten Morgen meine liebste, ich habe viel zu krabeln um noch alles in Ordnung zu bringen eh ich gehe. Daß ich Sie verlasse mag ich gar nicht dencken, und kanns nicht dencken, denn ich bleibe immer bey Ihnen. dl. 5. Marz 81. G.

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313. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. März 1781. Dienstag Zum leztenmal auf eine lange Zeit schreib ich Ihnen des Morgens mit der schönen Hoffnung die besten Stunden des Tags mit Ihnen zuzubringen. Wie ists mit unserm Braten heute? Es wird kein Conseil seyn und wir können ihn also in Ruhe verzehren. Weder der Tag, noch der Frühling noch die Liebe werden immer wiederkehrend alt. dl. 6 März 81. G.

314. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. März 1781. Mittwoch Wir pflegen mit dem Todte zu spasen, und es fällt doch so schweer sich auf kurze Zeit zu trennen. Beym anziehn konnt ich nicht begreifen daß ich mich ankleidete ohne die Absicht zu Ihnen zu gehen. Wir werden

13 wiederkehrednd

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BRIEFE 315–318

einen sehr bösen Ritt haben, doppelt für mich denn mein Herz zieht mich, und der Wind stöst mich zurück. Adieu meine Geliebte. Grüsen Sie Steinen, Ihre Schwägerinn und Lingen. Machen Sie Knebeln wohl, und lieben mich, und versäumen nicht mir zu schreiben. dl. 7. März 81. G.

315. An Charlotte von Stein Hottelstedter Ecke am Ettersberg, 〈7.? März 1781. Mittwoch?〉 Die Töchter des Himmels die weitschweifenden Wolcken sind von dem übelsten Humor und haben nichts von der lieblichen Beredtsamkeit die ihnen Sokrates zu schreibt Adieu. Hottelst Ecke

316. An Charlotte von Stein Neunheilingen, 7. März 〈1781. Mittwoch〉 10

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Neunheiligen dl. 7 März Nachts 10. Man ist auseinander gegangen, ich habe mein neues Nachtwestgen zum erstenmale angezogen, und will dem Kutscher der Morgen früh zurück geht einige Worte mitgeben. Der Ritt hierher war ein bittrer Bissen, besonders die lezten Stunden, wo es feinen Regen im Winde trieb. Der Herzog hat einen entsezlichen Schnuppen, mir ists ganz wohl bekommen und wir sind hier gar artig. Ihnen danck ich tausendmal für die Nähe Ihrer Liebe, und alles was Sie mir mitgegeben und mich hoffen lassen. Dafür hab ich Ihnen auch ein Paar schöne Gleichnisse erfunden. Morgen soll wenn das Glück gut ist gezeichnet werden. Unsre Wirtinn ist ein zierliches Wesen, und er hat sich noch ganz gut gehalten. Seine Narrheit nehm ich für bekannt an und toll ist er noch nicht gewesen. Ich sehne mich nach Ihren lieben Augen die mir gegenwartiger sind als irgend etwas sicht oder unsichtbaares. Noch nie hab ich Sie so lieb gehabt und noch nie bin ich so nah gewesen Ihrer Liebe werth zu seyn.

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Adieu beste. Grüsen Sie die Waldnern. Empfehlen Sie mich der Herzoginn G.

317. An Philipp Seidel 〈Neunheilingen〉, 8. März 1781. Donnerstag Gieb was etwa an mich eingelaufen an Hl. Rath Bertuch. Sorge daß Sonnabends die Fr. v. Stein ein schön Bouquet Blumen erhält. In der Nacht vom 13 auf dl. 14ten bringe dem Hl. Oberstallmstr ein Ständchen wenn ich noch nicht da bin, es ist sein Geburtstag, du nimmst die Hautboisten. Grüse Kaysern und lebe wohl. dl. 8 Merz. 81. G.

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318. An Friedrich Justin Bertuch 〈Neunheilingen〉, 8. März 1781. Donnerstag Haben Sie die Güte, la Religieuse p Diderot ein Manuscript im Nahmen Serenissimi von Durchl der Herzoginn Mutter abhohlen zu lassen. Ingleichen d i e B r i e f e ü b e r Wa s e r n in meinem Nahmen von Hl. v. Knebel. Innliegende Briefe bitte zu bestellen und fragen zu lassen ob nichts an mich abzugeben ist, auch so lang mit der Abfertigung des Husaren zu verziehen Obige Mspte mit dem was etwa sonst an Seren. oder mich eingelaufen wäre, schicken Sie wohl eingepackt unter meine Adresse hierher und sagen mir gefälig mit einem Worte was Hof Stadt und Land neues führt. Leben Sie recht wohl. dl. 8 März 81. G.

7 Vo In 9 Hautb×oisten 17 ab×zugeben 19 Msp×te 19 sSeren.

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BRIEFE 319/320

319. An Charlotte von Stein 〈Neunheilingen〉, 8. 〈März 1781〉. Donnerstag

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Morgen geht ein Husar um die Religieuse zu hohlen, ihm will ich auch dieses Blat an Sie mitgeben. Es geht uns recht gut. Der Tag lauft weg wie das Leben, man thut nichts und weis doch nicht wo die Zeit hinkommt. Der H. hat einen entsezlichen Schnuppen der ihn in der Sozietät nicht sehr interessant seyn läßt, ich bin auch davon ein wenig angegriffen, doch sind meine Ideen immer um ein gut Theil losgebundener. S i e ist liebenswürdig, einfach, klug, gut, verständig, artig pp alles was Sie wollen, und ihr ganzes Wesen ist recht gemacht mich an das zu erinnern was ich liebe. Heute ist gezeichnet worden. Der Graf hat auserordentlich schöne Ewerdingen, davon hab ich zwey angefangen, es ist eine Gröse und Krafft drinne an der man sich ewig erlaben kan. Sonst liest und schwäzt man, isst und trinckt, mir kommts ganz ungewohnt vor solche harmlose Tage zu haben. / Im Zeichnen war ich heute wieder recht unzufrieden mit mir, es wird eben nichts draus und kan nichts werden. Ich bin immer so nah und so weit wie einer der vor einer verschlossnen Thüre steht. Versäumen Sie ia nicht mir mit dem rückkehrenden Husaren ein Wort zu sagen. Bertuch soll mit der Abfertigung so lange warten. Sagen Sie mir was ich immer hören mag daß Sie mich lieben, immer neuer und schöner lieben. Gestern auf dem langen Weeg, dacht ich unsrer Geschichte nach, sie ist sonderbaar genug. Ich habe mein Herz einem Raubschlosse verglichen das Sie nun in Besiz genommen haben, das Gesindel ist draus vertrieben, nun halten Sie es auch der Wache werth, nur durch Eifersucht auf den Besiz erhält man die Besiztühmer. Machen Sie’s gut mit mir und schaffen Sie gottseelig / den Grimmenstein in Friedenstein um. Sie haben es weder durch Gewalt noch List, mit dem Freywillig sich übergebenden muß man aufs edelste handlen, und sein Zutraun belohnen.

9 m×××ist 14 ×zu 24 bBesiz 28 gGewalt

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Da ich der ewige Gleichnißmacher bin, erzählt ich mir auch gestern, Sie seyen mir was eine Kayserliche Kommission den Reichsfürsten ist. Sie lehren mein überall verschuldetes Herz haushältischer werden, und in einer reinen Einnahme und Ausgabe sein Glück finden. Nur meine Beste unterscheiden Sie sich von allen Debit Commissarien daß Sie mir eine reichlichere Competenz geben als ich vorher im Vermögen gehabt. Sezzen Sie Ihr gutes Werck fort, und lassen Sie mich iedes Band der Liebe Freundschafft, Nothwendigkeit, Leidenschafft und Gewohnheit mich täglich fester an Sie binden. Wir sind in der That / unzertrennlich, lassen Sie es uns auch immer glauben und immer sagen. Gute Nacht. Sie müssen iezt meinen gestrigen Brief haben und morgen bey guter Zeit erhalten Sie diesen. Wenn Sie fleisig und artig waren; so kann ich auch übermorgen von Ihrer Hand lesen was ich so sehr wünsche. Da die Tage so schnell herumgehn, so lebt die Hoffnung in mir Sie bald wiederzusehn. Dl. Herzog kan für Schnuppen nicht schreiben sagt er. Mich lockt ein Husar der nach Weimar geht ganz anders. Adieu. Ich habe das l i e b e B a n d im Schreiben um die Hand gebunden, und küsse Ihnen in Gedancken tausendmal die hände. Donnerstag dl. 8ten. Abends 10 Uhr. G.

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320. An Charlotte von Stein 〈Neunheilingen〉, 10. März 1781. Samstag dl. 10ten März 81. früh. Heut ist eine Fahrt nach Ebeleben ein Schwarzburgisches Lustschloss angestellt. Vorher schick ich Ihnen noch diesen Grus und Wunsch daß Ihnen recht wohl seyn möge. Gestern hab ich gezeichnet, dann kam Besuch von Langensalza, der gröste Theil des Tags wurde weggestanden und wegdiskurirt. Wenn es nicht immer nüzlich wäre Menschen zu sehen, sie seyen von welcher Art sie wollen, so würde mich die schöne Zeit dauern. Ich habe einen

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BRIEF 321

Everdingen angefangen, nach meiner gewohnlichen Art, auf schlecht Papier und nun dauert mich die Arbeit da ich ans Ausmachen komme. Die Ruhe, die Entfernung von aller gewohnten Plage thut mir gar sehr wohl, ich fühle daß ich noch immer bey mir selbst zu Hause bin, und daß ich von dem Grundstock meines Vermögens nichts zugesezt habe. / Gestern bey guter Zeit erhielt ich Ihren lieben Brief den schönen Abdruck Ihrer Seele. Ich hab ihn gleich sechsmal hintereinander gelesen und les ihn immer wieder. Hoffentlich fahren Sie fort mir immer zu schreiben bis ich wiederkomme, es ist gewiß bey mir angewendet was Sie für mich thun. Wir wollen den Grafen nicht berufen, sonst müßt ich sagen er führt sich recht gut auf. Wir haben noch keine Sekkatur auszustehn gehabt, der Herzog versichert er kenne ihn gar nicht. In ihr ist eine Richtigkeit der Beurtheilung, ein unzerstörliches Leben und eine Güte die mir täglich neue Bewundrung und Freude machen. Sie ist dem Herzog sehr nützlich, und würde es noch mehr seyn wenn die Knoten in dem Strange seines Wesens nicht eine ruhige gleiche Aufwicklung des Fadens so sehr hinderten. / Mich wundert nun gar nicht mehr daß Fürsten meist so toll, dumm, und albern sind. Nicht leicht hat einer so gute Anlagen als der Herzog, nicht leicht hat einer so viel verständige und Gute Menschen um sich und zu Freunden als er, und doch wills nicht nach Proportion vom Flecke, und das Kind und der Fischschwanz gucken eh man sich’s versieht wieder hervor. Das größte Ubel hab ich auch bemerckt. So passionirt es fürs gute und rechte ist, so wirds ihm doch weniger darinne wohl als im unschicklichen, es ist ganz wunderbaar wie verständig er seyn kan, wie viel er einsieht, wieviel kennt, und doch wenn er sich etwas zu gute thun will so muß er etwas albernes vornehmen, und wenns das Wachslichter Zerknaupeln wäre. Leider sieht man daraus daß es in der tiefsten Natur steckt, und daß der / Frosch fürs Wasser gemacht ist wenn er gleich auch eine Zeitlang sich auf der Erde befinden kan. Die Zeit unsrer Abfahrt rückt herbey, ich sollte schon lang geschlossen haben. Leben Sie wohl meine Beste und grüsen die guten und lieben.

2 aAusmachen 16 nü|t|zlich 20 aAnlagen

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Können Sie gelegentlich meine L i t e r a t u r von der Herzoginn zurücknehmen; so heben Sie mir’s auf. Wenn Sie mit Ihr und auch Herdern drüber sprächen, wäre mir’s sehr angenehm, denn ich möchte durch den Mund meiner Geliebten am liebsten hören, was Sie davon sagen. Ubrigens ist’s in mir so still wie in einem Kästgen voll allerley Schmucks, Gelds und Papiere das in einen Brunnen versinckt. Adieu es soll alles für Sie aufgehoben seyn. grüsen Sie auch Frizzen und Ernsten. Ich muss fort.

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321. An Charlotte von Stein Neunheilingen, 11. März 〈1781. Sonntag〉 Neuenheiligen dl. 11ten März. Ihr Bleystifft Zettelgen von gestern Abend hat mir einen guten Morgen gesagt, wir dürfen uns nicht beschweeren daß unsre Boten zu langsam gehen, wäre nur der Brief nicht im Schreibe Pult verschlossen gewesen, daß ich mehr von Ihnen gehabt hätte. Heut ist Sonntag, Donnerstags früh geh ich hier weg und bin Abends bey Ihnen weil ich in Ringleben noch etwas zu sehen habe. Der Herzog will einige Tage nach Cassel, ich gehe nicht mit, aus viel Ursachen davon ich ihm einige gesagt, einige verschwiegen habe, er läßt Wedeln kommen und sie mögen glücklich fahren. Er wirft mir vor daß ich ans Brod gewöhnt sey, und mich deswegen nicht weit verlaufen mögte. Es kan seyn daß auch das unter den neun und neunzig keine der geringsten Ursachen ist. Gestern haben die Ratten zu maneuvriren angefangen; da ich nun auf alle solche inn- und ausländische Tiere sehr präparirt bin, hab ich mich sogleich einiger bemächtigt, sie secirt um ihren innern Bau kennen zu lernen, die andern hab ich wohl beobachtet, und ihre art die Schwänze zu tragen bemerckt, daß ich gute phisiologische Rechenschafft davon werde geben können. Ich hoffe in diesen wenigen Tagen noch einige Scenen, um die Erscheinung recht rund zu kriegen. Ich erstaune wie das plumpste so fein, und das feinste so plump zusammen-

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BRIEF 321

hängt. So still bin ich lang nicht gewesen, und wenn das Auge Licht ist wird der ganz Körper licht seyn et vice versa. / Die Gräfinn hat mir manche neue Begriffe gegeben, und alte zusammengerückt. Sie wissen daß ich nie etwas als durch Irradiation lerne, daß nur die Natur und die größten Meister mir etwas begreifflich machen können, und daß im halben oder einzelnen etwas zu fassen mir ganz unmöglich ist! – Wie offt hab ich die Worte We l t, g r o s e We l t, We l t h a b e n u.s.w. hören müssen und habe mir nie was dabey dencken konnen, die meisten Menschen die sich diese Eigenschafften anmasten, verfinsterten mir den Begriff, sie schienen mir wie schlechte Musickanten auf ihren Fiedeln Symphonien abgeschiedner Meister zu kreuzigen, ich konnte eine Ahndung davon aus diesem und ienem einzelnen Liede haben, vergebens sucht ich mir das zu dencken was mir nicht mit vollem Orchester war produzirt worden. Dieses kleine Wesen hat mich erleuchtet. Diese h a t We l t oder vielmehr sie h a t d i e We l t, sie weis die We l t z u b e h a n d l e n |:la manier:| sie ist wie Quecksilber das sich in einem Augenblicke tausendfach theilt und wieder in eine Kugel zusammenläuft. Sicher ihres Werths, ihres Rangs handelt sie zugleich mit einer Delikatesse und Aisance die man sehn muß um sie zu dencken. Sie scheint iedem das seinige zu geben wenn sie auch nichts giebt, sie spendet nicht, wie ich andre gesehn habe, nach Stands gebühr und Würden iedem das eingesiegelte zugedachte Packetgen aus, sie lebt nur unter den Menschen hin, und daraus entsteht eben die schöne Melodie die sie spielt daß sie nicht ieden Ton sondern nur die auserwählten berührt. Sie tracktirts / mit einer Leichtigkeit und einer anscheinenden Sorglosigkeit daß man sie für ein Kind halten sollte das nur auf dem Klaviere, ohne auf die Noten zusehen, herumruschelt, und doch weis sie immer was und wem sie spielt. Was in ieder Kunst das Genie ist, hat sie in der Kunst des Lebens. Tausend andre kommen mir vor wie Leute die das durch Fleis ersezzen wollen was ihnen die Natur versagt hat, noch andre wie Liebhaber die ihr Conzertgen auswendig gelernt haben und es ängstlich produziren,

3 und die alten zusammengerückt 7 müssen dasie 9 Eige⎡n⎤schafften 11 absgeschiedner 16 b e h a ln d l e n 18 einen Klum Kugel 19 Za Delikatesse 22 mehr andre 31 die ihr wie

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noch andre — nun es wird uns Stoff zur Unterredung genug geben. Sie kennt den größten Teil vom vornehmen, reichen, schönen, verständigen Europa, theils durch sich theils durch andre, das Leben, Treiben, Verhältniß sovieler Menschen ist ihr gegenwärtig im höchsten Sinne des Worts, es kleidet sie alles was sie sich von iedem zueignet und was sie iedem giebt thut ihm wohl. Sie sehen ich trete geschwind auf alle Seiten um mit todten Worten, mit einer Folge von Ausdrücken ein einziges Lebendiges Bild zu beschreiben. Das Beste bleibt immer zurück. Ich habe noch drey Tage und nichts zu thun als sie anzusehn in der Zeit will ich noch manchen Zug erobern. Nur noch einen der wie eine Parabel den Anfang einer ungeheuren Bahn zeichnet. Der Pfarr hier ist ein schlechter Kerl, nicht so daß man ihn absezzen könnte, genug er ist schlecht. Wenn der Graf ihn zu Gaste lädt so ißt sie nicht mit hausen, und sagt es sey recht und nothwendig auch öffentlich zu zeichen wenn man iemanden um seiner Schlechtigkeit willen ver/achtet. Thun Sie dieses zu ienem oben gesagten hinzu so multiplizirt es die Summe ungeheuer. Gerne macht ich Ihnen nun auch von ihm das Portrait so weit ich s habe und führte den Rattentext weiter aus, wenn mich bey diesem Gegenstande nicht der natürliche Widerwille gegen das Schreiben behende ergriff. Soviel kan ich sagen er macht mir meine dramatische und epische Vorrathskammer um ein gutes reicher. Ich kan nicht verderben, da ich auch aus Steinen und Erde Brod machen kan. Adieu meine beste. Ich zähle die Stunden bis Donnerstags Abends, |:nicht mit Ungeduld denn ich habe bis dahin mein Pensum noch vor mir:| sondern mit der stille der gewissen Liebe und des festen Zutrauens daß ich nicht von Ihnen entfernt bin und daß mich zur gesezten Stunde die Gegenwart meines Glückes empfangen wird als wenn ichs nie verlassen hätte. Adieu grüsen Sie Steinen und was mir gut ist. Adieu süse Unterhaltung meines innersten Herzens. Ich sehe und hore nichts guts das ich nicht im Augenblick mit Ihnen theile. Und alle meine Beobachtungen über Welt und mich, richten sich nicht, wie Marck Antonins, an mein eignes, sondern an mein zweites selbst. Durch diesen Dialog, da ich mir bey iedem dencke was Sie dazu sagen

1 andere 5 man sie 11 aAnfang 18 Rattentexts 21 ×Vorrathskammer 24–25 hier ⎡vor mir⎤ 30 gu×ts 33 ×Dialog

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BRIEFE 322/323

mögten, wird mir alles heller und werther. Wir haben heute Gäste von Langensalza. auf das Siegle drück ich einen Kuß und bin dein für ewig. G.

322. An Charlotte von Stein 〈Neunheilingen〉, 12. März 1781. Montag

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Sie haben mir durch den Boten eine grose Freude geschickt, schon furcht ich, heut und Morgen nichts von Ihnen zu hören, und so kam mir das Gute unvermuthet. Es ist mir zu wider daß mein Brief versteckt geblieben, und daß die andern Sie so spät auffinden; gerne wollt ich daß Sie so bald als möglich mein Andencken erhielten. Ihr Bote ist recht frisch gegangen, er war schon vor sechs heut Abend hier. Unsre arme schöne Wirthinn ist kranck, und trägts wie Frauen zu tragen gewohnt sind. Heute früh hatten wir einen langen politischen Diskurs; auch diese Dinge sieht sie gar schön, natürlich und wie ihres gleichen. Sie liebt den H. schöner als er sie. und in diesem Spiegel hab ich mich beschaut und erkannt daß auch Sie mich schöner lieben als wir gewohnlich können. Doch ich geb es nicht auf / ich fühle mich zum Streit aufgefordert, und ich bitte die Grazien daß sie meiner Leidenschafft die innre Güte geben und erhalten mögen aus der allein die Schönheit entspringt. Behalten Sie ia was Sie mir gutes zu sagen haben, auch mir haben die Geister der Welt viel nüzliches in’s Ohr geraunt, haben mir über mich und andre schöne Eröffnungen gethan. Donnerstags Abends hoff ich Sie allein zu finden, hoffe die ersten Stunden ganz bey Ihnen zu seyn. Freytags wollen wir zusammen essen und fröhlig seyn. Heut ist wenig gezeichnet worden gestern gar nichts, kaum werd ich eine Landsl. fertig bringen die ich hier lasse. Was gehen mir über den Ewerdingen für neue Lichter auf, warum muß man / so lang im Dunckeln tappen und in der Dämmrung schleichen.

1 herller 2 denas Sieg××le 6 meine 6 sversteckt 7 ausffinden 8 meine 16 Ssie 21 eEröffnungen

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Meine Seele ist fest an die deine angewachsen, ich mag keine Worte machen, du weist daß ich von dir unzertrennlich bin und daß weder hohes noch tiefes mich zu scheiden vermag. Ich wollte daß es irgend ein Gelübde oder Sakrament gäbe, das mich dir auch sichtlich und gesezlich zu eigen machte, wie werth sollte es mir seyn. Und mein Noviziat war doch lang genug um sich zu bedencken. Adieu. Ich kan nicht mehr S i e schreiben wie ich eine ganze Zeit nicht d u sagen konnte. Der Bote verspricht beyzeiten in Weimar zu seyn. In zwey Tagen folg ich ihm. Wo möglich kriegst du noch einen Brief eh ich komme. / Noch etwas von meiner Reiseandacht. — Die Juden haben Schnüre mit deren sie die Arme beym Gebet umwickeln, so wickle ich dein holdes Band um den Arm wenn ich an dich mein Gebet richte, und deiner Güte Weisheit, Mäsigkeit und Geduld theilhafft zu werden wünsche. Ich bitte dich fusfällig vollende dein Werck, mache mich recht gut! du kannsts, nicht nur wenn du mich liebst, sondern deine Gewalt wird unendlich vermehrt wenn du glaubst daß ich dich liebe. Lebe wohl. Ich hoffe immer daß du wohl seyst. Leb wohl. Mir fällt eins auf s andre ein. Leb wohl, ich kan nicht von dir kommen wenn nicht des Blätgens Ende wie zu Hause die Thüre mich von dir noch schiede. dl. 12 März Montags um halb 11 Nachts. 81. G

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323. An Charlotte von Stein 〈Neunheilingen〉, 13. März 1781. Dienstag Heute früh vor sechsen ist der Bote ab mit der Antwort auf Ihr gestriges, wahrscheinlich kommt dieses durch den Husaren früher, vielleicht zugleich. Der Tag ist schön heiter ich wünscht mir ihn übermorgen so. Heute beym Erwachen hab ich schon meine Andacht zu Ihnen gerichtet, und verlange sehnlich Sie wiederzusehn. Hier ist ein Brief von Lavatern an Knebel, er steht ganz von der Idee ab und kündigts ihm an. Durch Ihre Hand soll er die Nachricht seines Glücks erhalten, denn was wird dadurch nicht werther. Ich mögte Ihnen mein Leben, mich ganz hingeben um mich aus Ihren Händen mir

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selbst wieder zu empfangen. Es ist auch schon zum Teil so mit mir, und das ist was ich am liebsten an mir habe. / Der Herzog hat mir Ihren Brief den der Husar brachte, bis iezt vorenthalten, und schickt mir ihn in 10 übereinander gesiegelte Couverts eingeschlossen herauf. Ich hatte schon der Hoffnung entsagt etwas von Ihnen zu sehn. Tausend Danck meine liebste. Es ist wahr offt wünsch ich Ihnen selbst mehr Zeit der Sammlung, und mag doch nichts von dem Teil hergeben den ich Ihnen raube. Also hoffte ich vergebens Sie und wenige auf den Freytag bey mir zu sehn, doch will mir Ihre Güte sich selbst behalten, ich nehms an weil ich glaube daß es kein Opfer ist, und nähm es auch vielleicht wenn es ein Opfer wäre. Adieu. Einen so schönen Morgen hoff ich bald mit Ihnen im Stern zu zu bringen. Heut früh fang ich zum erstenmal / an einige Unruhe zu spüren und ein Verlangen wieder bald bey Ihnen zu seyn. Der Flus läuft sanft und sachte, ie näher er ans Wehr kommt iegeschwinder ziehts. Grüsen Sie Knebeln und geniesen mit ihm die Erstlinge der Freude über seinen Gewinnst. Steinen, die Waldnern Lingen und die Kleine grüsen Sie, auch die Werthern und Seckendorfen. Frizzen nicht zu vergessen. Er hätte mir wohl einmal schreiben können. Tausendmal Adieu. dl. 13 März 81. früh 8te. G. 〈Beilage?〉 〈Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein, Neunheilingen, 13. März 1781〉

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Es ist doch nichts so zart u. klein So wirds doch jemand plagen: Zum Beyspiel macht dein Briefelein Housaren sehr viel klagen.

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Heut sagte der, ders Göthen bracht, Und schwurs bey seinen Barte, „Viel lieber ging ich in die Schlacht Als trüg so brieflein zarte. Denn wie im Huy ist das Papier Aus meiner weiten tasche Und wer, wer stehet mir dafür Daß ich es wieder hasche?“ Unheimlich, sagt er, es ihm sey Wenn er so etwas trage, Denn Billet-doux, u. Zauberey Ist gleich; nach alter sage. Drum schreibe du nach altem Brauch Auf groß Royal Papiere; Damit der träger künftig auch Ja nichts vom Teufel spühre. +++

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324. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 15. März 1781. Donnerstag〉 Mit grosem Verlangen bin ich bey Ihnen vorgeritten, und habe mein bestes nicht zu Hause angetroffen. Ich wollte zu Ihren Eltern weil ich doch zu Hause nichts zu Essen wusste, dann zog mich wieder ein Winck nach meinem Garten. Da bin ich in Erwartung zu hören wenn Sie nach Hause kommen. G.

5 Und ⎡Denn⎤ Carl August 15 hin ⎡auch⎤ Carl August

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BRIEFE 325–328

325. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. März 1781. Freitag

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Für das volle Kästgen schick ich Ihnen hier ein leeres zur schwarzen Kreide, und nur weniges von dem vielen guten. Eh ich meine Visiten antrete gegen 10 Uhr komm ich Sie zu sehn. Zu Mittag will ich nach Hof gehn und entbehre also mein Leib essen und mein Lieb essen. Ich habe mich recht wohl geschlafen und hoffe mit Masigkeit bald wieder auf den guten Weeg zu kommen. Adieu meine beste, meine immer nahe. dl. 16 Marz 81 G.

326. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 16. März 1781. Freitag 10

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Von einer kleinen Reise zurückgekommen schreib ich dir nur weniges, mit dem nächsten Posttag mehr über alle deine Briefe. Knebeln hat die Nachricht grose Freude gemacht, doch war er mehr betroffen darüber daß er die Uhr euch w e g g e w o n n e n hätte, er sagte mir er habe dir geschrieben, und mögte sie eben so gern dir oder der Gesellschafft schencken wenn es dir Freude machte. Ich muß dir sagen daß wie ich meinen lezten wohl g e d a c h t e n Brief zugesiegelt hatte fiel mir ein: vielleicht kommt er selbst auf den Gedancken und dann ists schön, doppelt und dreyfach. Denn das Gefühl macht offt das bessre als was andre für uns überlegen können. Nun l. Br. schreib ich dir nur geschwind um dir zu sagen daß ich dich nun wieder ganz frey gebe zu thun was du willst. Er hat auch an die Schwürigkeit des Transports gedacht. Wir haben unsre Schuldigkeit gethan und es ist lieblich daß ihm sein Herz sagt was ich ihm nicht gerne abgefordert haben wollte. Schreib mir doch noch darüber und bald. /

12 dasoch 20 SNun

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Was mit dem verwechselten Packet an Kaysern ist, begreif ich noch nicht. Bäbe schreibt es sey ein P a c k e t i n Q u a r t zusammengelegt, du sagst ein R o u l e a u. An Kaysern ist bis iezt e i n C l a v i e r C o n z e r t angekommen, dabey lag ein Packet in g r o s Q u a r t auch unter seinem Couvert, das hab ich aufgerissen, und drinne ein eingebunden geschrieben Exemplar g e i s t l i c h e r G e d i c h t e gefunden. Ists das vielleicht? Ich habe nicht drinne gelesen. Indess bis ich Antwort habe will ich aufpassen ob etwa noch was ankommt. Der Brutus ist köstlich. Das Buch hat der Herzog v. Gotha wieder. Uber die übrigen Sachen nächstens Auf die Gemählde freu ich mich. Sey unbesorgt. Gott mit dir. dl 16. März 81. G.

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327. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 17. März 1781. Samstag Heut erhalten Sie nichts süses zum Frühstück. Sie werden sich mit schwarzem Brod begnügen. Die ersten Veilgen schick ich meinem Ersten und hoffe lange sie zu schicken. Adieu. Ihr Geist ist bey mir und hilft mir schaffen, hilft mir Ihre Liebe verdienen. Adieu. wenigstens seh ich Sie nach Tische. dl. 17 März 81. G

328. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. März 1781. Sonntag Einen süsen guten Morgen meine beste, und frage wie Sie geschlafen und ob Ihnen mein Abendessen nicht geschadet? Heute seh ich soviel zu thun vor mir daß ich wohl zu Hause bleiben muss. Vielleicht seh ich

3 OcQ u a r t 5 Qua g r o s 13 sSey

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BRIEF 329

Sie eh Sie in die Assemblee gehn, wenigstens wenn Sie mich mögen nach dem Conzert gewiss. Adieu liebste und kommen Sie meinem Geiste entgegen, der nicht zum himmel aufsteigen kan, weil er an Ihrer Wohnung drüben auf dem Hügel immer aufgehalten wird. dl. 18 März. 81. G.

329. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 18. März 〈1781. Sonntag〉 dl. 18ten März. Die Stille von Sonntagsfrüh will ich benutzen und mich mit dir mein lieber zu unterhalten. Zuerst also wegen des Packets. Bäbe schreibt mir unterm ersten März was ich hier beyfüge. 10

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Durch ein fatales versehen ist von der Reblaub nur mit schwerer Post, mit einer Rolle an Kaiser ein päckgen groß quart zusammengelegt eingegangl –– das l e z t e ist nun etwas daß n i c h t soll eröffnet werden –– entweder so verbrannt –– oder mit g e l e g e n h e i t wieder zurükgeschikt werden soll ––

Also wäre das nicht aufzumachende, das P ä c k g e n i n g r o s Q u a r t. Du schreibst unterm 3. M. es sey ein dir gehörendes R o u l e a u. Noch aber ist nichts angekommen als ein Packet g r o s O k t a v, das R e l i g i o s e Po e s i e n enthält, davon ich nichts lese weil ich doch dencke es könnte dir zuwider seyn. Auch hab ich sorgfältig nachgesehen ob etwa ein Billet drinne läge deswegen ihr in Verlegenheit wäret, um es dir sogleich zu schicken, aber auch nichts dergleichen ist dabey. Deswegen erwart ich neue Nachricht und Auftrag. Käme ein Rouleau so lass ichs nicht aufmachen, und eröffne es auch selbst nicht.

7 benu|t|zen 7 ×und 8 zZuerst 12 ×××t n i c h t Barbara Schultheß 18 × angekommen 22 a×ber

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Was du mir in dem Brutus schencktest hast du wohl gewusst. Ich dancke dir tausendmal. In der Mäsigkeit und Mittelmäsigkeit des Lebens tritt eine solche Erscheinung ungeheuer würckend auf. Wir legens aus, daß es der Moment sey wo er den Geist sieht. Ist’s so gemeynt? Deine Auslage ersez ich mit Freuden. Auf die überschickten Gemählde wart ich mit Schmerzen das Grose ist so selten. Halten wir die Trümmer / der Statuen so wehrt, klauben wir sie aus dem Greuel der Verwüstung und der Restauration so ängstlich hervor, warum nicht Gemählde. Es ist mir leid daß dir in meinem didacktischen Briefe etwas misbehagt hat. Ich habe die Art wenn eine Sache auseinander zu sezzen ist grade mit dem Schwerdt drein zu gehn, es offt zu scharf, und nicht immer fein genug zu nehmen. Zu diesem Fehler bekenn ich mich im allgemeinen, ziehe auch in diesem Falle das ab, und zweifle nicht an meinem Glauben an d i c h G a n z e n. Du machst mir wohl da du sagst daß du gesund bist. Erhalt uns Gott lange auf dieser schönen Welt und in Krafft ihr zu dienen und sie zu nutzen. Mit mir stehts auch gut. Besonders innerlich. In weltlichen Dingen erwerb ich täglich mehr Gewandtheit, und vom Geiste fallen mir täglich Schuppen und Nebel dass ich dencke er müsste zulezt ganz nackend dastehn, und doch bleiben ihm noch Hüllen genug. Deine Rechnung vom 1 Nov. 80 hab ich erhalten, die grose nämlich. sonst seit der Zeit nichts. Die Mannssilhouette will mir, verständig, wohl einsehend, fest, fein, und kältlich scheinen. Sag mir mehr und recktifizire, fern von dir und deinem Einfluss lern ich täglich zurück. Die drey Könige! Seifenblasen, und Schwärmer. die dich noch dazu wohl verdriesen müssen. Daß ich den Glauben eines Teils der Welt, sogut als des andern, als Fabelfrazzen im Possenspiel tracktire. Verzeih mir, ich bin nun so. Calliostro ist immer ein merckwürdiger Mensch. Und doch sind Narr mit Krafft, und Lump so nah verwandt. Ich darf nichts drüber sagen. ich bin über diesen Fleck unbeweglich. Doch lassen solche Men-

3 wuürckend 5 micht 11 ausseinander (Schluss-s zu langem s) 18 nu|t|zen 21 ×nackend 24 mwill 28 dDaß 30–31 Wie / Calliostro

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schen, Seiten der Menschheit sehen die, im gemeinen gange unbemerckt blieben. Daß du meiner mit Branckoni im Guten gedacht hast erfreut mich. Das gewisse Andencken guter Menschen / hat einen grösern Einfluß auf unser Leben, Charackter und Schicksaal als man sonst den Sternen zuschrieb. Uber Peter im Baumgarten ein besondres Blätgen das du an Tscharner schicken kannst. Lynckern hab ich scharf exequirt. Er schiebts auf Kaufmannen, daß der die Bestellung gemacht und die Bezahlung versprochen habe, ihm |:Lynckern:| auch noch Geld schuldig sey. Zulezt bekennt er sich nur zu 5 C a r o l i n. die er mir auch ausgezahlt, und über die ich ihn quittirt habe; du kannst diese nun an Bucklen auszahlen und ich will dir sie zu gute schreiben, oder an wen du es verlangst entrichten. Hast du des alten Königs Schrifft über die D. Litteratur gelesen und was sagst du dazu. Lessings Tod hat mich sehr zurückgesezt, ich hatte viel Freude an ihm, und viel Hoffnung auf ihn. Nun weis ich bald nichts mehr. Kayser ist recht gut hier, er hört und sieht viel Musick und Menschen. Ich habe Absichten mit ihm davon mehr wenn sie reifer sind. Grüs Bäben! Ihr bin ich lange einen Brief schuldig. Sie schrieb mir von einem Riesengeiste der dir erschienen sey. Verhalte mirs nicht. Leb wohl. Grüse Frau und Kinder und sage mir etwas von ihnen. Nun fang ich wieder an zu leben da um mich herum alle Knospen sich zu regen anfangen. Adieu. Nochmals Danck für den Brutus. G. / Wegen der Uhr thust du was du willst.

10 haben 13 sie ⎡diese⎤ 15 Könings

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330. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. März 1781. Montag Gewünscht hab ich, nicht ganz gehofft daß Sie heut mir seyn mögten. Ich bin fleisig um mein Mittag essen bey Ihnen zu verdienen. Ihre Liebe macht ein immer schönes Clima um mich, und ich bin auf dem Weege mich durch sie von manchem Uberreste der Sünden und Mängel zu kuriren. Adieu Beste! hier die Politick. dl. 19 März. 81 G.

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331. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. März 1781. Dienstag Geniesen Sie das Frühstück und dencken dabey an den Ihrigen. Sagen mir auch was heute Ihr Vorsaz ist. Der graue Tag will mir nicht schmecken. Hab ich doch wenn auch die Himmelssonne sich verbirgt eine andre die sich nicht versteckt noch untergeht. dl. 20 März 81. G

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332. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. März 1781. Dienstag Heute muß ich bis zu Tisch und nach Tisch fleisig seyn, drum will ich zu Haus essen und wenn Sie erlauben mir gegen 1 Uhr etwas hohlen lassen. Denn wenn ich in Ihrer Athmosphäre erst aufquelle; so will alsdenn meine Seele nicht in das enge Maas der Geschäftlichkeit mehr passen. Adieu. Ich habe mir viel gutes vorgenommen und bin deswegen mit mir zufrieden. Auch dl. 20 ten März 81. G

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BRIEFE 333–337

333. An Friedrich Justin Bertuch 〈Weimar〉, 20. März 1781. Dienstag

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Für die rückkommenden Papiere danck ich recht sehr. Ich möchte gern einen schönen ErdGlobus haben worauf die neusten Entdeckungen auch gezeichnet wären; Sie wissen ia wohl wo dergleichen zu haben sind und was einer allenfalls kostete. Sie hätten auch wohl die Gute das Werck: Recherches sur les Volcans eteints du Vivarais et du Velay. par Mr Faujas de St Fond.

von Strasburg zu verschreiben. dl. 20 März. 81. G.

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334. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 21. März 1781. Mittwoch

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Hier ein süs und saures Frühstück. Es ist Conseil, zu Tische bin ich bey dl. Herzoginn. gegen 1 Uhr komm ich einen Augenblick mich Ihnen zu zeigen und meine Frisur in Ordnung zu bringen. Nachmittag werden Visiten gemacht und Abends sehn wir uns Adieu liebste. Gestern als ich nach Hause war sehnt ich mich wieder zu Ihnen. dl. 21 März 81 G.

335. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 22. März 1781. Donnerstag

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Deine Liebe ist mir wie der Morgen und Abendstern, er geht nach der Sonne unter und vor der Sonne wieder auf. Ja wie ein Gestirn des Pols das nie untergehend über unserm Haupt einen ewig lebendigen Kranz flicht. Ich bete daß es mir auf der Bahn des Lebens die Götter nie ver-

3 Endtdeckungen 11 sau×res

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duncklen mogen. Der erste Frühlingsregen wird unsrer Spazierfahrt schaden. Die Pflanzen wird er aufquellen, daß wir bald des ersten Grüns uns erfreuen. Wir haben noch so keinen schönen Frühling zu sammen erlebt, mögte er keinen Herbst haben. Adieu. Ich frage gegen 12 Uhr nach wie es wird. Adieu beste liebste. dl. 22 März 81. G.

5

336. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. März 1781. Freitag Sagen kan ich nicht, und darfs nicht begreifen was deine Liebe für ein Umkehrens in meinem innersten würckt. Es ist ein Zustand den ich so alt ich bin noch nicht kenne. Wer lernt aus in der Liebe. Adieu. Gott erhalte dich. Hier ist ein Brief an Lenzen, du wirst daraus sehen was und wie du ihm zu schreiben hast. Adieu. dl. 23 März 81. G

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337. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. März 1781. Freitag Mein Vorsaz ruhig zu bleiben wird wieder gestört, der Herzog hat mich zur Tafel gebeten, indess will ich früh fortfahren. Zum Mittag schick ich Ihnen ein Stück Wildpretsbraten den ich gerne mit Ihnen verzehrt hätte. Adieu meine n e u e dl. 23 März 81. G. Hier ist auch das Nestgen, schicken Sies nachher dl. Waldner.

17 Mayärz

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BRIEFE 338–342

338. An Johann Gottfried Herder 〈Weimar〉, 23. März 1781. Freitag

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Für die Monita danck ich recht sehr. Was verändert werden muß und kan, will ich gleich abthun, und nachher wenn du magst noch einmal mit dir darüber sprechen. Es ist wunderbaar daß ich bey mehrmals durchlesen übersehen habe daß hinten der Franzos als d e u t s c h e r spricht. Man familiarisirt sich mit so einen Dinge daß man zulezt gar nichts mehr drinne sieht. Was du von der Akademie sagst verändert viel, ich will sehn wie ich ihm ausweiche. Lebwohl und nimm nicht übel daß ich dich mit dieser Kleinigkeit plage. dl. 23 März 81. G.

339. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 23. März 1781. Freitag

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Dancke tausendmal für die schöne Zeichnungen; und wünsche daß die Reise in allem Sinn wohl bekommen möge. Gehn Sie nur auf dem wiederbetretnen Haus boden sachte und nehmen sich in acht daß nicht die gewöhnliche Würckung Sie überfalle. Ich hoffe auf das Frühjahr wo ich hoffe uns die Dialogen in freyer Lufft besser als noch nie bekommen sollen. Es geht mit dem guten wie mit den Quecken, die Cur schlägt erst im dritten Jahre Wiederhohlung recht an. dl. 23 März. 81 G.

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340. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 24. März? 1781. Samstag?〉 Ungerührt von den zwey Canonschüssen bin ich an meinem Tische geblieben, habe verschiedne Arbeit verrichtet und nachher in Chandlers Reisen nach Griechenland gelesen. Ihr Briefgen kam mir recht erwartet. Ich habe Sie in der Zeichenstunde besucht und Ihnen Glück gewünscht. Adieu. Ich sehe Sie bald. G.

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341. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 25. März 1781. Sonntag〉 Ich dancke für den Brief an Lenz. Schicken Sie mir Frizen bald durch den sag ich Ihnen mehr. An Tasso wird heut schwerlich gedacht werden. Mercken Sie aber nicht wie die Liebe für Ihren Dichter sorgt. Vor Monaten war mir die nächste Scene unmöglich wie leicht wird mir sie iezt aus dem Herzen fliesen. Müsst ich nur nicht so einen schönen Ruhe Tag auch mit angeben um von meinen Schulden los zukommen. G.

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342. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. März 1781. Sonntag Der Herzog und Knebel haben meine Ruhe und meinen Fleis unterbrochen eh ich fortfahre wende ich noch dies Gebet an Sie. Meine Liebe diese fünf iahre her kommt mit dem schönen Reihen so vieler guten Empfindungen vor mir aufgezogen. O könnt ich dir sagen was ich dir schuldig bin. dl. 25 März 81. G Ich habe Sie in Frizzen aufs hezlichste umarmt.

3 SReisen

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BRIEFE 343–346

343. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 26. März 1781. Montag

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Den heutigen Tag meine Beste will ich in der Resignation zubringen Sie nicht zusehen. Ich bin zu glücklich als daß ich mich wagen sollte. Ein unangenehmer Eindruck über den ich nicht Herr wäre könnte mich stören. Freylich wird mir’s gegen Abend schweer werden, doch wird der schöne Gedancke Ihrer Liebe mir diese Stunden übertragen helfen. Adieu. Erst dacht ich einmal die Schröter einzuladen die in 8 Wochen nicht bey mir war, hernach zog ich die Einsamkeit vor. Leb wohl, und wisse wie sehr du mich glücklich machst. dl. 26 März 81. G.

344. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 26. März 1781. Montag 10

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Schon heute früh hab ich gezweifelt ob ich’s aushalten würde Sie gar nicht zu sehn, und ich überlies es dem Abend. Da ich weis wo Sie sind wird mich wohl meine Neigung zum Wirbel führen, in dem ich mich sogern verschlingen lasse. Wenn die Menschen dir zur Freude Guts von mir reden, so mögt ich erst auch um des Ruf ’s willen etwas thun. Führe dein gutes Werck aus und erhalte mich im Guten und im Genusse des Guten. Beyliegendes Tuch wird iemand umhaben und mir sagen daß es mich liebt. dl. 26 März 81 G.

16 ×Guten 16 ×Genusse

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345. An Christian Gottlob Voigt 〈Weimar〉, 26. März 1781. Montag Ew Wohlgebl dancke ergebenst für die Mittheilung rückkommenden Aufsazzes, und gebe eine eigne Bearbeitung der Materie auf, da Sie solche aus eben dem Gesichtspunckte genommen haben, aus dem ich sie ansah. Wie wohl mir ubrigens die Behandlung selbst gefallen verspaare ich Ihnen zu sagen, bis ich das Vergnügen habe Sie mündlich zu sprechen. Allerdings wenn Sie nicht um den Preis mitstreiten wollen, wird es gut seyn wenn Ihre Schrifft vor dem Termin ins Publikum kommt. dl. 26 Marz 81. Goethe.

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346. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. März 1781. Dienstag Der Himmel trübt sich, ich werde nicht drüber murren, denn wenn ich bey dir bin so ist alles heiter. Den Frauens, und dir besonders hab ich in der Stille des Morgens eine Lobrede gehalten. Eure Neigungen sind immer lebendig und thätig, und ihr könnt nicht lieben und vernachlässigen. Die Offenheit und Ruhe meines Herzens die du mir wiedergegeben hast, sey auch für dich allein, und alles Gute, was anderen und mir draus entspringt sey auch dein. Glaub mir ich fühle mich ganz anders, meine alte Wohlthatigkeit kehrt zurück und mit ihr die Freude meines Lebens, du hast mir den Genuß im Guts thun gegeben, den ich ganz verlohren hatte. Ich thats aus Instinckt und es ward mir nicht wohl dabey. Adieu. So mögt ich immer fortfahren und sey s gegenwärtig oder auf dem Papiere, wie schweer wird mirs, mich von dir zu scheiden. dl. 27 März 81. G.

2 Bear×beitung 16 Gute sey dein, was 19 Lebens., 20 ×es 22 schchweer

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BRIEFE 347–349

Wann willst du wegfahren, ich komme eine Stunde früher damit wir reisen können. – Der Herzog ladt mich eben zum Essen ins Kloster und zu einem Nachmittag Spaziergang da komm ich sobald nicht los.

347. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. März 1781. Mittwoch

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Heute will ich mich in der Stille enthalten und verschiednes bey Seite schaffen. Lassen Sie mir die Aussicht daß ich Sie heut Abend sehen kan, und schreiben mir ein langes Billet daß ich für den Tag etwas habe. Wäre der Himmel nicht so umwölckt so würd ich Sie einladen nach Tische zu spazieren. Sagen Sie mir was der Fus macht und wie Sie sich sonst befinden. Adieu beste. Mir ists so ziemlich. Es ist mein Glück daß sich des Tags über so viele Haufen Geschäffte zwischen dich und mich legen, sonst wär ich den ganzen Tage bey dir, und wäre unglücklich dich nicht zu sehn. G dl. 28 Marz. 81. Schicke mir dl. L o n g i n / Innliegendes war schon gesiegelt als dein liebes Zettelgen kommt. Es ist mir ganz leidlich meine Beste. Wenn wir in einem bessern Clima wohnten; so wäre viel anders, ich bin der dezidirteste Barometer der existirt. Wie aber die schweere der Lufft und ihre Wärme nicht mit einander gehn, so macht mir deine Liebe auch ein besonder Clima. Hier schick ich ein Frühstück. Und bitte daß du mir noch einmal schreibst. Und mir sagst wie es heut Abend ist. dl. 28. Marz 81 G

20 dezidir|te|ste

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348. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 30. März 1781. Freitag Das schöne Wetter und deine Liebe thun zusammen die gewohnte Würckung, es ist mir recht artig. Wenigstens spür ich gar keinen Husten. Sage mir was der Fus auf den gestrigen Tanz macht. Heut ist Conseil. Sag mir etwas von heute Nachmittag und Abend. dl. 30 Marz 81. G

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349. An Johann Heinrich Merck 〈Weimar, 30.? März 1781. Freitag?〉 Ich habe dir lange nichts gesagt, und hatte doch mancherley Anlas. Der Herzog hat gute Tage in Cassel und Göttingen gehabt, es hat mich sehr gefreut und ich dencke er hat auch da auf die Menschen gute Sensation gemacht. Schreibe mir ein Wort darüber. Die Zeichnungen sind sehr hübsch und vermehren meine Sammlung ansehnlich. Nach und nach bring ich noch etwas zusammen. Sorge gelegentlich für mich, die Huysum ist ganz allerliebst. Du weist was für eine kindische Liebe mich an die Sachen bindet. Dein Erasmus, ist ein Monument erzteutschen Fleises. Eine Reinlichkeit und Haltung bey der höchsten Mühsamkeit die sich kaum dencken lässt. Doch ist es von einem Subalternen Menschen gemacht, wie man gleich sieht, wenn man’s mit dem Kupfer zusammenhält. Der lebendige Hauch ist verschwunden, und die Geister sprechen nicht aus allen Winckeln wie im Original. / Sag mir etwas von deinem Aufenthalt in Cassel, von den Göttingern von Büttnern und seiner Bibliotheck, und was man von dem H. gesagt hat. Es solls niemand erfahren. Adieu Alter. Behalte mich lieb. Ich lebe in meinem Wesen fort. Behelfe mich offt, und dann gehts wieder einmal. Das Clima ist abscheulich und ich bin ein bestimmtes

9 ×darüber. 14 erzteut-/schen ⎡erzteutschen⎤ (Korrektur am Zeilenumbruch) 23 ×Behalte

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BRIEFE 350–352

Barometer. Wo du etwas von Everdingens Radirungen auftreiben kannst, schick es doch ia. Neulich hab ich die ganze Sammlung beysammen gesehn man will sie aber nicht hergeben. Seit ich diesen Menschen kenne mag ich weiter nichts ansehn. Jezt wirds in meinem Garten recht hübsch. Uber meine mineralogischen Progressen würdest du erstaunen. Adieu Alter.

350. An Jacob Friedemann Graf von Werthern-Beichlingen Weimar, 30. März 1781. Freitag Hochgebohrner Insonders hochgeehrster Herr Graf,

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Ew Exzell sende mit dem verbundensten Dancke die mir anvertrauten Everdingens zurück. Ich habe sie bisher mit Vergnügen und Nutzen gebraucht, bis ich vor einigen Tagen das Glück hatte die ganze Sammlung zu kaufen. Ew Exzell bin ich die erste Bekanntschafft dieser fürtrefflichen Kunstwercke schuldig die eine neue Epoche in meiner Kunstliebhaberey machen. Der Frau Gräfinn bitte ich mich unterthänig zu empfehlen, und verharre mit der vollkommensten Hochachtung Ew Exzell

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Weimar dl. 30 März 81.

ganz gehorsamster Diener Goethe

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351. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 31. März 1781. Samstag Ihr liebes Briefgen hat mich noch im Bette gefunden, wo ich die üblen Einflüsse der Jahrszeit zu lindern geblieben bin. Sehr ungern hör ich daß meine Wünsche nicht länger die Ubel von Ihnen entfernt halten. Sie hätten nicht zeichnen sondern ruhen sollen. Der Himmel klärt sich auf, sonst bitt ich Sie nicht zu kommen. Ich bringe lieber die Zeichnungen hinüber. Den Compte rendu des Hl. v. Necker hab ich erhalten. Es ist eine kostliche Schrifft es wird mir wohl damit gehn wie mit dem Ewerdingen. Adieu beste. Der Herzog hat sich heute nacht ins Dickbein verwundt. Ich will ihn heute früh besuchen. Adieu beste. Frizzen hab ich in deine Seele geküsst. dl. 31 März 81 G.

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352. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar〉, 31. März 1781. Samstag Darf ich Ew Exzell bey der nahen Aussicht auf die Zusammenkunft einer Loge, auch meine eigne kleine Angelegenheiten empfehlen. So sehr ich mich allen mir unbekandten Regeln des Ordens unterwerfe, so wünscht ich doch auch wenn es den Gesezzen nicht zu wider wäre, weitere Schritte zu thun, um mich dem wesentlichen mehr zu nähern. Ich wünsche es so wohl um mein selbst als um der Brüder willen, die manchmal in Verlegenheit kommen mich als einen Fremden tracktiren zu müssen. Sollte es möglich seyn mich gelegentlich bis zu dem Meistergrade hinauf zu führen, so würde ich’s danckbaarlichst erkennen. Die Bemühungen die ich mir bisher in nüzlichen Ordenskenntnissen gegeben, haben mich vielleicht nicht ganz eines solchen Grades unwürdig gelassen.

9 uins 9 Dichkbein 10 i×hn 16 wären 17 nährern 23 nuügzlichen 24–25 g|e|lassen

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BRIEFE 353–356

Der ich iedoch alles Ew Exzell gefälligster Einleitung und besseren Einsicht ledigl uberlasse und mich mit unwandelbarer Hochachtung unterzeichne Ew Exzell dl. 31 März 81. ganz gehorsamster Goethe

353. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. April 1781. Sonntag

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Ich wünsche zu hören daß das schöne Wetter auf meine beste so gut würckt wie auf mich. Erst vor kurzem erhebt sich ein Wind sonst ists Allerliebst. Sag mir wie du geschlafen hast und ob die Ubel dein liebes Haupt verlassen haben? Ob du mich zu Mittage willst, und was du dir sonst auf den Tag ausgedacht hast. Schicke mir die Landschafft. dl. 1 Apr. 81. G.

354. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. April 1781. Montag

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Mich fängt schon wieder an zu reuen daß ich diesen Mittag nicht mit dir seyn soll. Sage mir etwas gutes und liebes meine Beste. Diesen Morgen ists gut wenns nur so den Tag lang fortgehn könnte. Adieu. Sag mir was du machst? wie es heut Abend seyn wird. Adieu Liebst. dl. 2 Apr. 81 G In der Neckerischen Schrifft liegt ein ungeheur Vermächtniss für Welt und Nachwelt. Der Geist macht lebendig, und das Fleisch ist auch nüzze.

3 unterzeichne. (Punkt gestr.) 17 fortigehn

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355. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 2. April 1781. Montag Durchlauchtigster Prinz Gnädigster Herr, Ew Durchl dancke auf das lebhaffteste für den Anteil den Sie meinem kleinen Versuche wiedmen wollen, ich werde von den Bemerckungen gewiss Gebrauch machen, die eine Stelle war ein Versehn. Ich fange nun selbst an zu zweifeln ob es übersezlich seyn wird. Es muß nun noch einmal überarbeitet werden, hernach wollen wir einen Versuch machen. Auf alle Fälle untersteh ich mich Ew Durchl eine Abschrifft zu überreichen. Hier folgen indeß die Vögel. Es ist freylich nur der erste Ackt, und die übrigen sind noch in Petto, vielleicht lockt die nächste Jahrszeit des Gefieders, auch diese merckwürdigen Geschichten hervor. Die beyliegende Büste wird vielleicht nicht unwerth befunden werden bey Ew Durchl aufgestellt zu seyn. Mich zur Fortdauer gnädiger Gesinnungen empfehlend unterzeichne ich mich Ew Durchl Weimar dl. 2 Apr. unterthanigsten 1781 Goethe

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356. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. April 1781. Dienstag Guten Morgen meine liebste. Der Regen hat alle Knospen beschleunigt. Wie hast du geschlafen, und wie hast du deinen Tag eingerichtet. Es ist Conseil und ich will zu Hause essen, du gehst zu den Menschen und ich heut Abend zu dir. dl. 3 Apr 81 G

5 gGebrauch

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BRIEFE 357–362

357. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 4. April 1781. Mittwoch〉

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Sie sind wohl zusammen ohne mich wo nicht besser. Bey dreyen | die alte Verhältnisse und Erinnerungen sich mitzutheilen haben ist der vierte wenigstens müssig, drum schlich ich mich weg, denn Sie wissen wie mir gleich unheimlich werden kan wo ich nichts zu theilen habe. Ich bin gewiss sehr ungern gegangen. Entschuldigen Sie mich bey der Gräfinn. Mein Zahn lässt mir leidlich Ruhe. Gute Nacht beste. Morgen werden wir auch wieder von einander getrennt leben. Gute Nacht. Jezt da ich weg bin mögt ich wieder zu dir. G.

358. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 5. April 1781. Donnerstag

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Zum schönen Morgen schick ich ein Paar goldne Aepfel. Möge es Ihnen wohl seyn. Das Zahnweh hat mich gestern Abend nicht geplagt, und heut früh bin ich recht gut. Damit täglich etwas geschehe, will ich einige Stunden fleisig seyn und dann mit Knebeln ausreiten. dl 5. Apr 81. sagt Ihnen Ihr Freund und Geliebter auch noch einmal daß er Sie unveränderlich liebt. G

359. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. April 1781. Freitag

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Es mag noch so viel in mir und um mich in Bewegung seyn, so ist doch meine Liebe zu dir nie verdunckelt. Adieu! Sag mir was heute dich ruft. Ich esse nach dem Conseil zu Hause und harre deines Rufes. Ich bin recht wohl. dl. 6 Apr 81. G

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360. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. April 1781. Samstag Ihrer Liebe erfreu ich mich in dem schönen Wetter und in ieder Knospe die so tausendfach hervorbrechen. Heut will ich mir etwas in der freyen Lufft zu gute Thun denn ich habe gestern das dringendste weggeschafft. Als ich mit Ihnen das Buch des Irrthums und der Wahrheit las, gingen mir schöne Lichter über meinen Zustand auf, ich hatte sie eben für Sie zu schönen klaren Worten gebracht als Stein hereinkam. Hier sind Orangen und die Everdingens, ergözzen Sie sich dran bis ich komme Was schaffen Sie heute? dl. 7 Apr. 1781 G.

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361. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 8. April 1781. Sonntag Vergebens hofft ich auch heute den stillen Tag von den Menschen gesondert zu feyern, und einige Stunden mit dir zu seyn. Der Marckgraf kommt um 10 Uhr und wir müssen auf die Parade. Ich bin immer wohl wenn du mich liebst. Das vorübergehende Weh, scheint auch heute aussetzen zu wollen. Adieu meine einzige eh ich nach Hof gehe seh ich dich einen Augenblick. dl. 8 Apr. 81. G.

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362. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 9. April 1781. Montag Immer mit meinen Gedancken um dich beschäfftigt, hab ich dir schon wieder viel zu sagen was ich für dich und an dich gedacht habe. Das sey auf die erste gute Stunde die mir mit dir wird. Du schienst gestern Abend zu verlangen daß ich mitfahren mögte, mache mit mir was du

8 Zeichnungen die 11 heutere 13 und um

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BRIEFE 363/364

willst. Ich will meine Briefe schreiben. Warum ich gerne hier bliebe wäre auch die Probe von Wolfs Musick zu hören die heut Nachmittag um 4 Uhr ist. Doch dein Wille geschehe. Adieu ich seh dich in allen Gestalten immer vor mir und immer lieber. Adieu beste. dl. 9 Apr. 81. G.

363. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar, 9. April 1781. Montag〉

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Zum Morgengrus erhalt ich deinen Brief vom 31 März. Erst also von der Uhr. Aus beyliegendem Briefe Knebels siehst du was er thut. Es war sein erster Gedancke sie dir zu schencken, und überlässt dir gern damit zu machen was du willst. Wir haben nicht gelost denn wir brauchtens nicht. Du konntests thun als der Annehmende, der Geber soll nicht fragen. Ich habe neulich viel mit Knebeln drüber gesprochen, er sagte zulezt: Ich finde es iezt so recht und gut daß mir das Gegentheil unerträglich wäre. Eben erhalt ich einen Brief von Reich den ich auch beylege. Wie kommts daß der Kasten über Leipzig ging das macht grose Unkosten. Es ist ein Umweeg und muß beym Ein und Ausgehn Rechte abgeben. Schicke ia so etwas künftig an meine Mutter, die schaffts am sichersten hierher. Wohl sagst du daß der Mensch Gott und Satan Himmel und Erde alles in Einem sey; denn was sind diese Begriffe anders als Conzepte die der Mensch von seiner eignen Natur hat. In dem Buch des Erreurs et de la Verite das ich angefangen habe, welche Wahrheit! und welcher Irrthum! die tiefesten Geheimnisse der wahrsten Menschheit mit Strohseilen des Wahns und der Beschräncktheit zusammen gehängt. In der Silhouette hätt ich so viel i n n e r l i c h e s nicht gesucht, mehr s i n n l i c h e s.

10 küberlässt 25 Warhrheit|!|

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Die 5 Carolinen übermach ich dir. / Wenn ich vom alten König höre ist mirs als wenn mich d e r P r e d i g e r auf einen hohen Berg führte, und mich dort einen Trauerblick auf die Menschen und ihre Herrlichkeit thun hiese. Dem Kayser gönn ich allen Seegen. Gieb acht! gieb acht! Sein Kopf steht gut. Irr ich nicht sehr; so fehlts am Herzen, das zum grosen Menschen, zur That wie zum Kunstwerck unentbehrlich, und durch Vernunft nicht zu ersezzen ist. Die Nächste Wochen des Frühlings sind mir sehr geseegnet ieden Morgen empfängt mich eine neue Blume und Knospe. Die stille, reine, immer wiederkehrende, Leidenlose Vegetation, tröstet mich offt über der Menschen Noth, ihre moralischen noch mehr phisischen Ubel. Grüse Baben, Frau und Kinder. Hast du bey deiner Reise durch Colmar auf einen iungen Grafen Wartensleben geachtet, seine Mutter schrieb dir einmal über ihn. Sag mir etwas was du dich von ihm erinnerst. Die Gemahlde erwart ich also stündlich von Leipzig und freue mich sehr darauf.

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364. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 10. April 1781. Dienstag Sag mir liebste was in deiner schönen Seele vorgeht. Heut früh will ich spazierend allerley aussinnen. Dann zu Diedens gehn und dich um ein Mittagbrod bitten. Gern bät ich dich auch Nach tisch ein wenig umherzugehn wenn dein Fus dich nicht hinderte der Tag ist der erste ganz schöne dl 10 Apr. 81 G

10 wiederkehr|ende,| 14 dseine

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BRIEFE 365–370

365. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 11. April 1781. Mittwoch

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Zum Morgengrus schick ich dir schöne Blumen, und melde dir einen köstlichen Tag. Versäume nicht eh du in die Zeichenstunde gehst nur einige Schritte heraus zu thun der Regen hat gar viel hervorgelockt. In der Hoffnung dich Abends zu sehn will ich den Tag leben, und mich deiner Liebe erfreuen. Adieu meine beste. dl. 11 Apr 81 G.

366. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. April 1781. Donnerstag

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Die Veilgen die unsre schöne Sonne für dich herausgelockt hat, sollen dir einen guten Morgen von mir sagen. Heut ist Conseil. Ich esse zu Haus, und bitte mir zu sagen wie du deinen Tag zubringst dl. 12 Apr. 81. G.

367. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. April 1781. Freitag

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Das Bild ist mir doppelt und drey fach werth. Könnt ich Ihnen doch einmal etwas recht guts dagegen geben. Der Herzog und Knebel sind bey mir. Zu Mittag komm ich und sag Ihnen was Sie schon wissen. Adieu beste. Es wird recht schon grün und putzt sich auf Morgen. dl. 13 Apr. 81 G.

APRIL 1781

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368. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. April 1781. Samstag Der Tag ist wie gewünscht. Ich will ihn zu Hause zu bringen in Erwartung meiner Geliebten. Sie bringen Lingen mit. Die andre Gesellschafft lad ich ein. Kommen Sie ia zeitig und lassen mir Ihre lieben Augen unter dem schönen Himel sagen, daß ich geliebt bin. Adieu. Adieu. dl. 14 Apr 81. G.

5

369. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. April 1781. Sonntag Sie gehn wohl in die Kirche und sagen Ihrem Haiden wohl noch vorher ein Wort. Er hat Ihnen das immer neue alte zu sagen, und kommt noch Sie zu sehn ehe er bey hof geht. Es träumte mir, wir reisten zusammen und hätten besondre Schicksaale Ostertag 81 G.

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370. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar, Anfang bis Mitte April 1781?〉 Leer und immer leer! O du armes Jevern warum bist du nicht mit Verlust eines Beines oder Auges zu holen. S o werden wir nichts kriegen. indess gelobt sey Gott der Vater in ewigkeit Amen und sein Sohn Viva il re di Spangna e muvian i cuioni

4 umnter 9 iIhnen 16 ×gelobt

15

256

BRIEFE 371–375

371. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. April 1781. Montag

5

Ich mögte hören wie sich meine beste befindet. Ob sie mich heute zu Tisch mag, und ob sie mir erlauben will ihr heute zu wiederholen was ich so gern von ihr höre. 2ten Ostertag 81 G

372. An Johann Caspar Lavater Weimar, 16. April 1781. Montag Weimar den 16 Aprill 1781.

10

15

20

Ohnerachtet ich, lieber Bruder, durch deinen Brief auf etwas sonderbares vorbereitet war, so gestehe ich Dir, dass ich doch bei Eröfnung des Kastens zwar nicht geflucht habe, aber doch verstummt bin. Du hast im Ganzen gar wohl voraus gesehen, wie es mir mit diesen Sachen ergehen wird. Durch die abscheulige Verderbniss der meisten Stüken sieht man freilich die Grosheit der Form noch durch, nur hat auch diese weniger auf mich gewirkt, weil ich die Bilder alle schon kannte, denn es hängen Copien davon in der ganzen Welt herum. Wahrscheinlich stehen die Originale als Dekoration irgendwo in Italien und sind nachher durch Künstler- und Handwerkstradition überall herumgekommen. Wenn sie alle gut wären, wär es wirklich ein Schaz um iunge Leute zu inspiriren und die Grosheit der Form und Manier ihnen vor Augen zu stellen, dazu werde ich auch, die noch brauchbaren bestimmen, dass ich sie in unserer Zeichenschule aufhänge. Du wirst mir gelegentlich sagen, was sie kosten / sten sollen, der Herzog will sie gerne behalten ob er gleich höchlich von denen abscheulich verklebten und verschmierten Werken choquirt war. Das Kraut und Rübenstük ist wohl Copie nach Rubens, von seiner Hand ist kein Pinselstrich drinne, dargegen ist das Portrait

13 trag hängen 23 inst

APRIL 1781

257

des iungen Menschen desto schöner. Zwar gewis kein Vandyk, wenn ich nicht irre so ist es ein Deutscher, dessen Namen ich vergessen, von dem ich aber sonst Bilder gesehen habe. Lebe wohl und antworte bald wegen der Uhr, worüber du nunmehr meinen und Knebels Brief haben wirst. G

5

373. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 17. April 1781. Dienstag Ich bin wie gebannt und kan nicht aus meiner Gegend kommen. Sag mir meine beste daß du wie ein guter Geist mit deinem Andencken über mir schwebst, und ob du mich noch heut Abend willst. Crone ist heut mit mir. Ich hab an Iphigenien übersezt und werds noch mit ihr. Adieu liebste Seele. dl. 17 Apr. 81 G.

10

374. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. April 1781. Mittwoch Wenn ich ein Wörtgen Antwort von Ihnen habe will ich meine Reise gleich antreten. Die Verse bitt ich sehr. Ich will sehn wie mich die Geister heute behandlen. Ihr guter Geist sey immer bey mir, und die Gegenwart des lieben Gesezzes mache mich gut und glücklich. Adieu bis auf heut Abend bleiben Sie nicht zu lange. dl. 18. Apr. 81 G.

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375. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. April 1781. Mittwoch Kayser hat mit mir zu Mittage gegessen, dann sind wir spazieren gegangen. Jezt will ich ausruhen und dann fort arbeiten gegen achte kan ich fertig seyn. Da will ich meine Liebste aufsuchen und meines Herzens

20

258

BRIEFE 376–379

Lust noch am Ende des schönen Tages sehen. Indess sag ich Ihnen einen guten Abend und konnte Sie ohne diesen Grus nicht in Gesellschafft gehen lassen. dl. 18. Apr. 81. G.

376. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. April 1781. Donnerstag 5

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Da mich gute Geister in meinem Hause besucht haben bin ich nicht aus wärts gegangen sie aufzufinden. Am Tasso ist geschrieben, und wenn Sie mich bewirthen mögen; so komm ich zu Tische. Da Sie sich alles zu eignen wollen was Tasso sagt, so hab ich heut schon so viel an Sie geschrieben daß ich nicht weiter und nicht drüber kann. dl. 19 Apr. 81 G.

377. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. April 1781. Freitag

15

Ich hab ein groses Verlangen zu wissen wie du geschlafen hast und ob du wohl bist. Von mir sag ich dir nichts noch vom Morgen. Ich habe gleich am Tasso schreibend dich angebetet. Meine ganze Seele ist bey dir. Diesen Abend hoff ich mit dir zu spazieren. Heut will ich fleisig seyn. dl. 20 Apr. 81. G.

15 hohff

APRIL 1781

259

378. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 22. April 1781. Sonntag Fritz hat mich noch im Bette angetroffen und so war das erste was ich heute sah das Beste was dir angehört. Gestern Nacht hat ich grose Lust meinen Ring wie Polykrates in das Wasser zu werfen, denn ich summirte in der stillen Nacht meine Glückseeligkeit und fand eine ungeheure Summe. Ich werde wohl am Tasso schreiben können. Sag mir was du heute vorhast. Ich will doch die kleine Schwägerinn besuchen. Es ist ein unendl schöner Tag, vielleicht giebts einen warmen Regen. Adieu liebste. Du meine Erfüllung vieler Tausend Wünsche. dl. 22 Apr. 81. G.

5

379. An Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein Weimar, 22. April 1781. Sonntag Ort und Denckmal wiedmet Sophien Wilhelms von Diede Bruderliebe. 1781. Ew Exzell erhalten später als recht, das Resultat von meinen Variationen der Innschrifft die Sie wünschten. So viel ich ihrer gemacht habe, schienen sie mir nur besser ie einfacher sie wurden. Gewiss würde nähere Bekanntschafft der Personen, des Ortes, der Umstände etwas anzüglichers erwecken. Ich konnte keine Betrachtung haben als, da die Sache selbst spricht, dass die Innschrifft nur ein vernehmlicher Laut zu seyn braucht. Sollten Sie diese Worte dem geliebten Denckmal eingraben lassen, so würde ich mit vielem Vergnügen auch einiges Andencken von mir an einer Stätte wissen die Ihnen werth ist. Vielleicht giebt Ihnen auch diese Idee von mir Anlass zu einer bessern, wie denn /

1 ×so 21 ⎡dass⎤

10

15

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BRIEFE 380–384

möglich ist daß mir etwas vorzüglichers einfällt wenn es zu spät ist. Ich empfehle mich auf das beste, und bitte auch der Frau Gemahlinn meine Hochachtung zu bezeugen. Ew Exzell 5

Weimar dl. 22 Apr. 81.

gehorsamster Dr. Goethe

380. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 22.? April 1781. Sonntag?〉

10

Im Stern erhalt ich den Grus. Ich gehe zur S. und bin nur halb da, nicht einmal halb Adieu ich seh Sie noch Jezt schreib ich am Tasso G

381. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. April 1781. Montag

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Diesen Morgen ward mirs sowohl daß mich ein Regen zum Tasso weckte. Als Anrufung an dich ist gewiss gut was ich geschrieben habe. Obs als Scene und an dem Orte gut ist weis ich nicht. Hier etwas neues von den Kindern der Erde. Ich habe mich zu reiten entschlossen, will zu hause essen, und hören was du für mich von deinen Abendstunden aufhebst da du zum Thee gehst. Adieu meine Seele ist auf deinen Lippen. dl. 23 Apr 81 G.

1 iest 15 aumich

APRIL 1781

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382. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 24. April 1781. Dienstag Heut seh ich dich wohl nicht unter meinen Blüten und mir wird nicht was daraus folgte. Ich will zu Hause bleiben und manches abthun. Sage mir von heut Abend, denn mit den Abend und Morgenwolcken eilt meine Seele zu dir. Lebe wohl meine Theure wie hast du geschlafen und bist du wohl? es ist nicht mehr Anteil wenn du kranck bist, ich bin selbst kranck. Adieu tausendmal dl. 24 Apr. 81 G.

5

383. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. April 1781. Mittwoch Ich hoffe das kühle Wetter soll die Blüten noch erhalten, und beym ersten Sonnenblick hoff ich auf dich. Heute wird mirs kaum so wohl werden. Es ist Conseil, ich will zu hause Essen, sag mir von deinem Nachmittag und ob du ins Conzert gehst. Hier ist ein Anschlag zu einer Sprüzze. Adieu liebste, ich bin sehr dein. dl. 25 Apr. 81. G.

384. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 25.? April 1781. Mittwoch?〉 Ich dancke den Gottern dass sie mir die Gabe gegeben in nachklingende Lieder das eng zu fassen, was in meiner Seele immer vorgeht. Ich hohle Sie ins Conzert ab. G

5 wohl,? 6 ×81

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BRIEFE 385–389

385. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. April 1781. Freitag

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Sie wird kommen! Sie wird kommen! War mein Ausruf als ich die Augen aufmachte und die Sonne sah. Die Stunden dieses Tags bringen mir ein schönes Glück. Hierbey ist eine Epistel wenn Sie meynen So schicken Sie das Blat dem Herzog, reden Sie mit ihm und schonen Sie ihn nicht. Ich will nichts als Ruhe, und daß er auch weis woran er ist. Sie können ihm auch sagen, daß ich Ihnen erklärt hätte, keine Reise mehr mit ihm zu thun. Mach es nach deiner Klugheit und Sanftheit. Und theile meine Ruhe und mein Glück, da du soviel mit mir ausgestanden hast. und wisse wie glücklich ich in deiner Liebe bin. dl. 27 Apr. 81 G.

386. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. April 1781. Freitag

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Der Himmel will mir das zugedachte Gute noch aufspaaren, indessen muß ich leben und kan dich nicht entbehren. Heut ich Conseil doch bitt ich hebe mir etwas zu Essen auf ich will mich von deinen händen nähren, aber warten mußt du nicht warten wegen Ernsts. Adieu beste ich habe allerley zu thun, und deine Liebe macht mir auch zu thun, so eine angenehme Beschäfftigung es ist. Ich bin bei dir bis zur Abenddämmrung der Gotter. dl. 27 Apr 81. G.

387. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. April 1781. Samstag

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Heute ruft dich das Wetter und heist dich das Herz zu mir zu kommen und dich am Reste der Blüten zu ergözzen. Sag mir liebe wie du geschlafen hast, und die Stunde wann du diesen Nachmittag kom-

8 sSanftheit 14 wegen warten

APRIL/MAI 1781

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men, und wen du mitbringen willst. Adieu du Liebe unversiegende Quelle meines Glücks. dl. 28 Apr 81 G

388. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Mai 1781. Dienstag Heut werd ich dich wenig sehn. Ein erwarteter Fremder Tobler von Zürch ist da den ich bewirthen muß. Meine Seele ist dir nahe. Sag mir wie du geschlafen hast und was du heute thun wirst. damit ich dir folgen kan. Adieu Liebe Lotte. dl. 1sten Wonnemond 81 G. Könnten Sie heut Abend die Waldnern alleine haben ich hätte ihr die zugedachte Predigt zu halten nötig.

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389. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. Mai 1781. Donnerstag Ich bin geschäfftig und traurig. Diese Tage machen wieder in mir Epoche. Es häufft sich alles um gewisse Begriffe bey mir festzusezzen, und mich zu gewissen Entschlüssen zu treiben. Zu Mittage komm ich. empfange mich mit deiner Liebe und hilf mir auch über den dürren Boden der Klarheit, da du mich durch das Land der Nebel begleitet hast. dl. 3 May 81 G.

6 ×du 8 MWonnemond 10–11 edie zugedachte (Sofortkorrektur) 13 undm

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BRIEFE 390–393

390. An Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein Weimar, 6. Mai 1781. Sonntag

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Ew. Excell sind so gütig die vorgeschlagene Innschrift zu billigen, erlauben Sie, dass ich über den lezten Zweifel auch noch meine Gedanken eröfne. Mir hatte der Name, da ich ihn in die Innschrift sezte, nichts auffallendes oder anstössiges. Man kennt unter demselbigen den Stifter, und er wird ihm gewöhnlich vom Publico und von Freunden beigelegt. Er ist an sich wohlklingend und macht mit dem vorhergehenden Vornahmen eine proportionirliche Zeile. Der Zusaz: z u m F ü r s t e n s t e i n ist bei einer so kurzen Inschrift, wie Ew. Excell. selbst bemerken zu lang. Die Abbreviatur: z. F. lässt für einen Dritten ein Räzel, und leitet das Nachdenken an einen unrechten Ort. Den Geschlechtsnamen S o p h i e n unterzusezen, wollt ich auch nicht rathen, weil, wenn er unten steht er die beiden Vornamen besser zusammenbindet. Deswegen komme ich, aus schon oben ange/führten Ursachen zu dem ersten wieder zurük. Es sind noch einige kleine Nuancen in der Sache, die aber, auseinander zu sondern, schriftlich zu weitläufig werden würden. Ich will darüber mit dem Herrn von Sekendorf sprechen, der alsdenn, wenn er das Glük hat, Ihnen aufzuwarten ausführlich sein kann. Mir wird es schwerlich so wohl werden von der freundlichen Einladung zu geniesen. Die Tage, die ich vor mir sehe, scheinen mir wenig Ruhe und Erholung zu versprechen. Behalten Sie mir bei Sich und der Frau Gemalin die gütigen Gesinnungen bis auf Zeiten, die für mich vortheilhafter sind. Und verzeihen mir daß ich diesen Brief nicht eigenhändig geschrieben. Um öffters mit dem was mir obliegt, bey ungleichen Zuständen des Geistes und Korpers fertig zu werden, muß ich zum dicktiren meine Zuflucht nehmen.

1 tbi|lli|gen 7–8 Vornahme|n| 9 Zussaz 10 ’z f z. F. 11 Räzel|,| 13 so viel ⎡S o p h i e n⎤ 20–21 denr freundlichen Einladungen 21 sehen, 26 ×Zuständen

MAI 1781

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Ew Exzell Weimar dl. 6 May 81.

ganz gehorsamster Goethe

391. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. Mai 1781. Sonntag Heute früh war ich fleisig werde Toblern zu Tisch haben. Diesen Nachmittag wenn ich aufgelegt bin wieder arbeiten und nicht bey Hof gehn. Wenn meine beste Abends um 8 wieder zu Hause ist such ich sie auf und lebe das alte Leben, und versichre Sie das alte. dl. 6 May 81 G.

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392. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. Mai 1781. Montag Deiner Liebe und der guten Stunden die du mir gönnst werth zu seyn will ich mich heute durch Fleis und Ordnung bemühen. Ich sehe einen arbeitsamen Tag vor mir und einen glücklichen Abend wenn du mir erlaubst dir bey Sonnenuntergang zu sagen daß ich dich immer gleich liebe und verehre. dl. 7 May 81 G.

393. An Johann August von Einsiedel 〈Weimar〉, 7. Mai 1781. Montag Sie haben wohl gefühlt l. Einsiedel daß nicht Mangel an Antheil mein Schweigen verursacht. Ich möchte Ihnen gerne etwas bestimmtes sagen, und das kan ich nicht, ich möchte Sie nicht gern mit Vertröstungen zur Gedult verweisen, weil dadrinn immer ein Versprechen liegt.

18 nicht|,| 18 Ihnen ⎡Sie⎤

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BRIEF 394

Das Haupt Ubel stickt immer darinn daß der Herzog Ihnen den Handel verdorben hat, und selbst die Bibl. theuer bezahlt. Sie haben den Schaden oder glauben ihn zu haben, und er beschädigte sich wenn er Sie entschädigte. Denn er ist edelmütig genug, daß er iedem gewiß das gern ersezt, worinn er ihm etwas übles erzeigt. Nach der iezzigen Lage kan auch ich nichts thun. Die Bibl. ist nur noch Bedingungungsweise des H. der Catalogus ist nicht gemacht. und der Abschluß, und weiter, der Besiz, ist noch entfernt. Ist alles im reinen und seh ich dann die Sache wie iezt, so kan und werd ich mich für ihre Entschädigung insofern sie möglich ist, verwenden. Ungern sag ich Ihnen das iezt. Ich konnte es mit Ehren zu mir selber sagen, in/dem ich es schreibe hat es eine Art von Schiefheit, und sieht einer schaalen Vertrostung ahnlich, doch ich gebe das beste was ich habe, und kan nichts versprechen als daß Sie mein Herz wie immer billich, und Ihnen mit Liebe zugethan finden sollen. Ich kan ferner nicht verlangen daß Sie Sich hierbey beruhigen, ich benehme Ihnen auch nicht auf andren Weegen zu gehen wo Sie geschwinder und näher dächten zum Ziel zu kommen. W. dl. 7 May 81 Goethe

394. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 7. Mai 〈1781. Montag〉

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Wenn ich ein Quartblat von dir sehe, ergözz ich mich iederzeit, Danck für deine beyden Briefe. Uber die Gemählde mögt ich wohl gegenwärtig mit dir sprechen wie über vieles! Warum sind wir so fern. Die Summe von 45 N. Ldr. soll dir abgeschrieben werden. Daß dir meine Büste lieb war macht mir grose Freude um meinetund des Künstlers Willen. Der H e r z o g schickt dir sie, wie auch den crayonirten Kopf, sag ihm etwas über beydes. Ja lieber Bruder d u 2 bezäahlt (Umlautzeichen gestr.) 7 gemacht|.| 8 Abschluß|,| 8 weiter|,| 8 Besiz|,| 9 kamn 29 crayonirtemn

MAI 1781

267

könntest mich schon von manchem fliegenden Fieber des Grimms reinigen, was könnte nicht die L i e b e d e s A l l s wenn es lieben k a n wie w i r lieben. In mir reinigt sich’s unendl. und doch gesteh ich gerne Gott und Satan, Höll und Himmel, die du so schön bezeichnest, in mir Einem. Oder vielmehr, mein lieber, mögt ich das Element woraus des Menschen Seele gebildet ist, und worinn sie lebt, ein F e e g f e u e r nennen, worinn alle höllisch und himmlischen Kräffte durcheinander gehn und würcken. Uber Woldemars Kreuzerhöhungs Geschichte kan ich dir nichts sagen, das F a c k t u m ist wahr, eigentlich ists eine verlegne und v e r j ä h r t e Albernheit die du am klügsten ignorirst. Wenn ich Papier und Zeit verderben mögte so könnt ich dir wohl das nähere sagen, es ist aber nicht der Mühe werth. Sehn wir uns / wieder und es fällt dir ein, so frage. Da du mich kennst solltest du dir s in A h n d u n g erklären können. Der leichtsinnig trunckne Grimm, die muthwillige Herbigkeit, die das h a l b g u t e verfolgen, und besonders gegen den Geruch von P r ä t e n s i o n wüthen, sind dir ia in mir zu wohl bekannt. Und die nicht schonenden launigen Momente voriger Zeiten weist du auch. Viel von diesem allen wird verschlungen in thätiger Liebe. Vielleicht von den Erreurs de la Verite einandermal mehr. Mögtest du mir auch von deinem innern etwas entdecken! Tobler ist gar lieb, ich kan offen gegen ihn seyn. Knebel hat ihm Quartier gegeben. Es wird dir auch wohl thun durch ihn von uns zu hören. Er erinnert mich in Momenten recht lebhafft an dich, besonders wenn er munter und scherzhafft wird. Ists wahr was ich in den Zeitungen lese, daß der Abbt Raynal den 3 ersten Eidgenossen auf der Imgrüttlins Wiese ein Monument will aufrichten lassen? Der 30 Fus hohe Obelisk wird sich armseelig zwischen der ungeheuren Natur ausnehmen. Was sich der Mensch mit seiner Nadelspizze von Marmor einbildet. Ich hoffe es soll nicht zu Stande kommen. Ihr Monument ist eure Constitution. Adieu liebster der Menschen. Spreche manchmal einen Seegen auf meine Büste, daß ich auch das geniese. Grüse Bäben. Schreibe mir viel,

3 Ggesteh 4 Himmel., 9 Geschichten 10 verleegne 11 von die 12 zZeit 17 ina 26 Abbét 27 wWiese 28 iwird 29 seinenr 33 viel.,

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BRIEFE 395–400

und stiehl dir eine viertelstunde für mich. Ich heise Legion, du thust Vielen wohl wenn du mir wohlthust. dl. 7 May. G.

395. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 9. Mai 1781. Mittwoch

5

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Dancke tausendmal für den vervielfältigten Talismann! dem Sie auch das magische Zeichen recht ernstlich aufgedruckt haben. Hier ist das Herz und die Uberschrifft. Heute früh lebt Tasso 〈i〉n meinem Kopfe und laßt sich durch nichts irren. Adieu beste. In Hoffnung daß Sie mich bei Tisch wollen, komm ich gegen ein Uhr. dl. 9 May. 81. G.

396. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 10. Mai 1781. Donnerstag Dein treuer bleibender verläßt dich heute nicht mit der übrigen Welt. Er wohnt dir in der Nähe, und wird zu Tische kommen. dl. 10 May 81. G.

397. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. Mai 1781. Samstag

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Ich dancke Ihnen für den Schatten meiner lieben Lotte die durch ihre G e n e i g t h e i t mich so glücklich macht. Du kannst mir nicht gegenwärtiger und näher werden als du’s bist, und doch ist mir iedes neue Band und bändgen sehr angenehm. Adieu wir werden uns ia wohl heute nicht verfehlen. dl 12. May 81. G.

2 wVielen 12 Nähere 16 ⎡und näher⎤

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MAI 1781

398. An Christian Wilhelm Steinauer Weimar, 12. Mai 1781. Samstag Ihr gütiges Andenken hat mich recht sehr gefreut. Nehmen Sie meine besten Wünsche mit auf die Reise! Mögten Sie doch nebst dem zerbrechlichen Schaz, den Sie zu überbringen haben glüklich in Petersburg anlangen. Wollten Sie etwa dort dem Herrn Grafen Görz meine beste Empfehlung machen und etwa einige Bestellung von ihm gütig übernehmen. Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft und lassen Sie mich ia Ihre glükliche Rükkunft auf das baldigste wissen. Weimar dl 12 Mai 1781.

5

Goethe

399. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 13.? Mai 1781. Sonntag?〉 Ich will zu Hause essen, und fürchte Sie werden bey hof gebeten. Der Wind wird mich wieder am Reiten hindern und so wäre mirs recht lieb wenn meine Beste mich mit wollte im Wagen nehmen. Hierbey kommt das verlangte. Adieu ich habe grose Lust zu zeichnen und das an deiner Seite. G.

10

400. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. Mai 1781. Montag Aus allerley beschweerlicher Arbeit ruf ich dir zu daß ich dich liebe. Beste so wie du nie aufhoren wirst, so schaffe und bilde mich auch so daß ich deiner werth bleibe und laß es uns so halten daß dein liebes Herz dir nicht widerspricht. dl. 14 May 81 G.

13 ×grose

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BRIEFE 401–407

401. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Mitte Mai 1781〉 Es wäre mir sehr erfreulich gewesen Ihr Angesicht zu sehen. Das nothwendigste hab ich schon gethan. Wenn du es magst so komm ich zu Tische. Es verlangt mich heut sehr dich zu sehn. G

402. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 21. Mai 1781. Montag

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Eben wollt ich dir schreiben und dich wo möglich um gute Nachricht bitten. Ich habe keine frohe Stunde bis du wieder heil bist. Es war mir die ganze Zeit her bange für so etwas. Zu Mittage muß ich bey dir essen, und will dir Gesellschafft leisten und dein warten. Adieu meine beste. Laß doch ia Engelharten kommen, und schone dich aufs möglichste. dl. 21 May 81. G.

403. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 22. Mai? 1781. Dienstag?〉 Sag mir doch wie es sich mit dem Fuse anlässt.

G

404. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. Mai 1781. Mittwoch

15

Sag mir daß es sich immer bessert, daß du wohl geschlafen hast, und daß du mich heute wie gestern willst. Zu Tisch komm ich nicht, ich will Kaysern zum Abschiede bey mir haben, nachher komm ich und wir leben weiter zusammen. Adieu beste. dl. 23 May. 81 G.

MAI 1781

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405. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 24. Mai? 1781. Donnerstag?〉 Heute bin ich wieder ein Hofverwandter, sehe aber meine beste noch vor Tische. G

406. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Mai 1781. Freitag Wie hast du geschlafen. Was macht der Fus und willst du mich zu Tische? Das sind meine alten Fragen, und noch eine die ich auch immer thue will ich mir diesmal selbst beantworten. dl. 25 May 81 G.

5

407. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. Mai 1781. Sonntag Ich hatte schon alles zusammengepackt und wollte Ihnen Vorrath auf heute schicken als mir der Herzog sagen läßt ich mögte zu ihm hinauf kommen, und mir also die Ruh und Hoffnung auf den ganzen Tag genommen ist. Hier schick ich indessen allerley, und komme so bald als möglich wieder. Denn die Hofnoth steh ich nicht den ganzen Tag mit aus. Heben Sie mir ein recht freundlich Gesicht auf. Der deine auf ewig dl. 27 May 81 G

1 ×ein

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BRIEFE 408–411

408. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. Mai 1781. Montag

5

Es geht so bunt heute früh daß ich noch nicht habe an mein liebstes dencken konnen. Wie geht es dir, und bleibts noch bey unsrer Fahrt? Die Werthern hat mir ein gar artig Zettelgen bey Zurücksendung des Wilh. Meisters geschrieben. Die Schröter kommt zu Mittage. Ich bin und bleibe einmal der Frauen Günstling, und als einen solchen mußt du mich auch lieben. Hier lies den köstlichen Brief von Lavatern. Adieu meine beste, einzige innigste. dl. 28 May 81. G.

409. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 30. Mai 1781. Mittwoch

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Frizze hat gezeichnet zieht aber doch das spazieren aller Arbeit vor, das ich ihm nicht verdencke. Hier sind Lavaters und dl. Schulthes Briefe mein Herz hat vor deinem nichts verborgen. Und wenn ich dir Fehler verstecke so ists nur um deine Liebe nicht zu betrüben, vermindern kan sie nichts. Adieu meine beste. Sag mir von deinem Tage etwas. Frizzen schick ich dir zu Tische dl. 30 May 81 G

410. An Gottfried August Bürger Weimar, 30. Mai 1781. Mittwoch

20

Ihrem Vertrauen kan ich nicht besser als mit Offenherzigkeit antworten. Sie wünschen Ihren Zustand zu verändern, Sie glauben daß ich beytragen könnte Sie in einen andren zu versetzen.

5 beleibe

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MAI 1781

Eh ich irgend etwas weiter sagen kan, bitt ich Sie um nähere Eröfnung: was Ihnen Ihren ietzigen Zustand druckend ia unerträglich macht, was für eine Aussicht Sie Sich wünschen, was für ein bestimmtes Talent Sie angeben, womit Sie sich zu irgend einem Amt und Versorgung anbieten können? Ich bin in nichts vorsichtiger, und habe so viel Anlass und Ursache es zu seyn, als das Schicksaal eines Menschen mehr zu über nehmen. Man kan ihnen kaum das nothdürftige geben und das nothdürftige findet sich überall. Mit Ihnen halt ich es doppelt für Schuldigkeit aufrichtig und behutsam zu Wercke zu gehn. Machen Sie mich also mit Ihren Umstanden näher bekannt, wir wollen in einer so wichtigen Sache die möglichste Klarheit suchen. Behalten Sie mich lieb.

5

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Weimar dl. 30 May 81 Goethe

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411. An Johann Christian Kestner Weimar, 30. Mai 1781. Mittwoch Wieder ein gutes Wort von Euch zu hören mein lieber Kastner war mir ein angenehm Begegnen unter den schönen Schatten meiner Bäume, unter denen ich Freud und Leid still zu tragen gewohnt bin. Grüst mir Lotten mit ihren vielen Buben, es mögte wohl hübsch seyn wenn ich euch besuchen könnte. Jetzt werd ich täglich mehr leibeigen, und gehöre mehr der Erde zu der wir wiederzukehren bestimmt sind. Die Aufzählung eurer Thaten, in euren kleinen Selbstgens, hat mir recht wohl gethan, ich hab euch dagegen nichts zu geben, denn ich bin ein einsamer Mensch. Brandes war nur wenige Zeit bey mir. Hierbey schick ich Lotten ein klein Nachspiel, sie solls nur nicht aus Händen geben daß es nicht gedruckt wird. Adieu, wie vor Alters. W. dl. 30 May 81. Goethe 4 können womit 16 guters

20

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BRIEFE 412–415

412. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 30. Mai 1781. Mittwoch

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15

Wenn der iunge Herr Tobler aus Zürich, ein Sohn des bekannten Chorherrn, schon, ehe dieser Brief ankommt bei Ihnen gewesen ist, so werden Sie ihn, auch ohne meine Empfehlung wohl aufgenommen haben, weil er sich selbst auf das vortheilhafteste vorstellt. Eben dieses werden Sie finden, wenn er sich nach diesem Briefe bei Ihnen zeigen sollte. Ich bitte Sie nach Ihrer Gewohnheit ihm auch um meinetwillen gefällig zu sein, und ihm, wenn er zu einigen seiner wohlgeratenen Übersezungen aus dem Griechischen einen Verleger suchen sollte mit That, oder, wie es die Umstände erfordern, auch nur mit gutem Rath behülflich zu sein. Der Herr Professor Garve ist so eben bei uns und erinnert sich seiner Leipziger Freunde mit vielem Antheil. Ich empfehle mich Ihrem gütigen Andenken. Weimar den 30 Mai 1781. Goethe

413. An Jacob Samuel Wyttenbach Weimar, 30. Mai 1781. Mittwoch

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Den Ueberbringer dieses, Herrn Kaiser von Frankfurt, habe ich ersucht Ihnen eine Empfehlung von mir zu überbringen, und mir bei seiner Rükkunft Nachricht von Ihrem Befinden zu geben. Es wird mir sehr angenehm sein, durch ihn zu erfahren, dass Sie, wie ich ohnedes nicht zweifle, Ihre Untersuchungen der Gebürgigen Gegenden mit Eifer fortsezen. In kurzer Zeit werde ich Ihnen eine kleine Schrift über verschiedene in der hiesigen Gegend gemachte Erfahrungen, zugleich mit denen dazu gehörigen Steinarten zu überschiken im Stande sein, und ersuche Sie dagegen, mir von ihren bisherigen Beschäftigungen einige gefällige Nachricht zu ertheilen, wie ich denn Ihre, mir von der Messe

8 Uebe×rsezungen 21 über× (Buchstabenansatz, nicht gestr.) 22 gemachten

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angekündigte, Uebersezung des de Saussur ischen Werks mit Begierde erwarte. Ich empfehle mich Ihnen bestens und bitte dem wisbegierigen Ueberbringer gefällig zu sein. Weimar den 30 Mai 1781. Goethe

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414. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 31. Mai 1781. Donnerstag Ich küsse dich mit dem Kuß der Gedancken. Sag mir ein freundlich Wort von dir und deinem Befinden. Und schick mir meine Everdingens und die Wertherischen. Adieu beste dl. 31 May 81. G

415. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Juni 1781. Freitag Die Erdbeeren sind in meinem Garten schneller als die Rosen. Hier meine beste schick ich die ersten. Ich glaube nicht daß Conseil seyn wird, die Entfernung des Hofs macht die Nachrichten langsamer. Ich wünsche diesen Mittag bey dir zu essen. Gestern Abend begleitete ich die Gesellschafft bis unter deine Fenster, und sagte dir in einem feinen Herzen gute Nacht. Herder war gar gut, wenn er öffter so wäre man mögte sich nichts bessers wünschen. Mit dl. Herzog hab ich eine sehr sinnige Unterredung gehabt. In dieser Welt meine beste, hat niemand eine reichere Erndte als der dramatische Schriftsteller. und die Weisen sagen: beurtheile niemand bis du an seiner Stelle gestanden hast. dl. 1 Jun. 81. G.

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BRIEFE 416–421

416. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 5. Juni 1781. Dienstag

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Laß dir diese Früchte, die für dich gepflanzt worden sind und die iährlich für dich wachsen zum Frühstück schmecken. Sag mir daß du mich liebst, und daß du mich heute sehn willst. Zu Mittag bleib ich zu hause. Wo bist du den Abend. dl. 5 Jun. 81. G.

417. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 5. Juni 1781. Dienstag

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Dancke für den lieben guten Morgen. Heut Mittag will ich zu Hause bleiben und Sie Abends erwarten. Schick mir doch das kleine Portefeuille mit den Zeichnungen von gestern, ich wills durch Gozzen abhohlen lassen. Knebeln magst du den Tasso senden. Adieu. Ich muß fleisig seyn. dl. 5. Jun. 81 G

418. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. Juni 1781. Mittwoch

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Ich schicke dir die Erstlinge meiner Früchte die allein für dich sind, wie meine Neigung, und bitte dich recht herzlich mich nicht unglücklich zu machen und mir nicht durch die Furcht dir zu misfallen, die wenigen geselligen Regungen gegen die Menschen noch zu verschliesen. Adieu. Sag mir was dein Fus macht. Ich enthalte mich in der Einsamkeit. dl. 6 Jun. 81 G.

4 ×5 8 ich wil von 12 eErstlinge 14 misfal×len 19 ×G.

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419. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 7.? Juni 1781. Donnerstag?〉 Die Antwort von dl. Waldner liegt hier bey. Wenn das Wetter wie ich hoffe sich aushellt; so kommen wir um sechs zusammen. Ich habe alles bestellt. Konntest du mir noch ein Tellergen gesalzen Fleisch und etwa Zwieback dazu geben, so wär es mir lieb. Soll ich die Seckendorf Gustgen und die beyden Abreisenden dazu laden? Es scheint mir artig zu seyn, und wir konnen sie doch nicht so allein empfangen Carolingen wollen wir weglassen. Die andern sind in Tiefurt. Du weist doch wer mein Sch〈 〉 G. ist, fangt sich ein 〈 〉 Lied an.

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420. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. Juni 1781. Mittwoch Ich habe des Prinzen Pferde nehmen wollen, weil er aber verboten hat seinen zugemachten Wagen zu brauchen, so werde ich mich der hohen Erlaubniss nur im schönen Wetter bedienen können. Knebels Wein hat mich sehr erhizt und mir diese Nacht Zahnweh gemacht. Wenn es gegen 1 Uhr regnet so muß mich meine Liebste speisen. Adieu m. l. L. dl. 13 Jun 81. G.

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421. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. Juni 1781. Freitag Hier Erdbeeren soviel dieser Morgen giebt und einige Rosen. Nach dem Buch will ich untersuchen lassen, bey mir hats niemand. Lebwohl und lieb mich! Möchtest du heute meine Rosen besuchen? dl. 15 Jun. 81 G.

3 gesal×zen 8–10 |Du weist 〈…〉 Lied an.| 14 zZahnweh

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BRIEFE 422–426

422. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Juni 1781. Dienstag Hier schick ich das versprochne. meine beste. und den Brief dazu. Nach dem Conseil kommt dein immer bleibender. G dl. 19 Jun 81.

423. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. Juni 1781. Mittwoch

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Der Herzog ist bey mir. Es wird ein Medaillon gemacht und im Möser gelesen. Schicken Sie mir den Brief der Vo i g t s und kommen heut Abend zeitig zu dem erwartenden. dl. 20 Jun 81. G

424. An Charlotte von Stein 〈Weimar, um den 20. Juni? 1781〉

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Meine Köchinn hat einmal wider ihre Gewohnheit unser Mittags essen so schmal eingerichtet, daß es kaum für 3 Personen hinreicht. Also kan ich nichts schicken und will mich mit meinem Reiskuchen, den ich leider unter dl. grosen Troublen des Morgens zu bestellen vergessen habe, Morgen einfinden G. Hierbey folgt ein sehr interessanter Brief den ich bitte sogleich zu lesen und mir ihn wieder zurück zu schicken.

3 eine SMedaillon 11 ×Morgen

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425. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 21. Juni 1781. Donnerstag Nun muß ich meiner besten fremd erwachsene Erdbeeren schicken denn meine sind alle gepflückt. Ich fahre nach Belvedere den Stadthalter bewirthen zu helfen, und komme wahrscheinlich erst späte wieder. Heut früh hab ich Briefe geschrieben die du lesen sollst eh ich sie wegschicke. Adieu Beste ich seh dich noch. dl. 21 Jun 81. G

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426. An Friedrich Müller Weimar, 21. Juni 1781. Donnerstag Ihre Gemälde, Zeichnungen und Briefe hab ich alle ihrer Zeit wohl erhalten, und erfreue mich daß Sie wohl, munter und arbeitsam sind. Wenn ich Sie nicht kennte, so würde ich in Verlegenheit sein Ihnen zu sagen, daß Ihre Sachen hier kein grosses Glük gemacht haben, und wie sehr wünscht’ ich selbst, einige Stunden über das was ich dabei zu erinnern finde, mit Ihnen sprechen zu können; Doch lassen Sie uns es so machen. Ich will Ihnen gegenwärtig nur kurz meine Gedanken sagen, antworten Sie mir darauf, und wir können uns nach und nach hinreichend erklären. Ich verkenne in Ihren Sachen den lebhaften Geist nicht, die Imagination und selbst das Nachdenken, doch glaube ich Ihnen nicht genug rathen zu können, sich nunmehr iener Reinlichkeit und Bedächtlichkeit zu befleißigen, wodurch allein, verbunden mit dem Geiste, Wahrheit, Leben und Kraft dargestellt werden kann. Wenn iene Sorgfalt, nach der Natur und grossen Meistern sich genau zu bilden ohne Genie zu einer matten Aengstlichkeit wird, so ist sie es doch auch wieder allein, welche die größten Fähigkeiten ausbildet, und den Weeg zur Unsterblichkeit mit sichern Schritten führt. Der feurigste Mahler darf nicht sudeln, so wenig als der feurigste Musikus falsch greifen darf, das Organ in dem die größte Gewalt und Geschwindigkeit

8 Iihrer (radiert) 23 und sie den 24 leidtet ⎡führt⎤

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BRIEF 426

sich äußern will, muß erst richtig sein. Wenn Raphael und Albrecht Dürer auf dem höchsten Gipfel stehen, was soll / ein ächter Schüler mehr fliehen als die Willkührlichkeit. Doch Sie wissen alles was ich Ihnen sagen könnte beßer, ich sehe es aus Ihren Briefen und Urtheilen, und ich hoffe Sie sollen es auch auf Ihre eigne Sachen anwenden können und mögen. Ich finde Ihre Gemälde und Zeichnungen doch eigentlich nur noch gestammelt, und es macht dieses einen so üblern Eindruk, da man sieht es ist ein erwachsener Mensch der vielerlei zu sagen hat, und zu deßen Jahrszeit ein so unvollkommner Ausdruk nicht wohl kleidet. Ich hoffe Sie sollen meine Freimüthigkeit gut aufnehmen, und das was ich sage Ihrem Freund Trippel mittheilen und auch ihn drüber hören, denn nach Ihrer Beschreibung scheint mir dieser Mann eben das zu haben, was ich Ihnen wünsche. Nach meinem Rath müßten Sie eine Zeitlang sich ganz an Raphaeln, die Antiken und die Natur wenden, sich recht in sie hineinsehen, einzelne Köpfe und Figuren mit Sorgfalt zeichnen, und bei keiner eher nachlaßen, biß sie den individuellen Charakter und das innre Leben der Gestalt nach Ihren möglichsten Kräften aus dem Papier oder aus der Leinwand wieder hervorgetrieben hätten, dadurch werden Sie Sich allein den Nahmen eines Künstlers verdienen. Das Hinwerfen und Andeuten kann höchstens nur an einem Liebhaber gelobt werden. Ferner wünscht’ ich, daß Sie auf eine Zeitlang sich aller Götter, Engel, Teufel und Propheten enthielten. Erlauben Sie mir, daß ich eine Stelle, die ich / bei einem andern Anlaße geschrieben, hier einschalte: „ Es kommt nicht drauf an, was für Gegenstände der Künstler bearbeitet, sondern vielmehr, in welchen Gegenständen er nach seiner Natur das innere Leben erkennt und welche er wieder nach allen Wirkungen ihres Lebens hinstellen kann. Sieht er durch die äußere Schaale ihr innerstes Wesen, rühren sie seine Seele auf den Grad, daß er in dem Glanze der Begeisterung ihre Gestalten verklärt sieht, hat er Uebung des Pinsels und Mechanisches der Farben genug um sie auch so hinzustellen, so ist er ein großer Künstler der Gegenstand sei welcher er wolle, durch diese Kraft entzüken uns die geringsten. Ein Blumengefäs, ein gesotner Hummer, ein silberner Kelch, ein Felsstük, eine Ruine, eine Hütte, bleiben durch Jahrhun2 einer ihrer ächtenr Schüler 3 wWillkührlichkeit 10 Freimüthi×gkeit 29 Grade 30 mMechanisches

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derte der Abgott so vieler Liebhaber. Laßen Sie uns nun höher steigen, denn der Geist des Menschen treibt immer aufwärts, laßen Sie den Künstler mit weiten Gegenständen, Seen und Gebüschen seine Seele vermischen laßen Sie seinen Pinsel wie den Himmel von tausendfaltigen Lufterscheinungen schimmern, laßen Sie ihn zu der tierischen Natur sich gesellen, Richtigkeit und Zierlichkeit der Form an ihr gewahr werden, iedes mit seiner eigenthümlichen Natur und Charakter beleben, laßen Sie ihn mit dem Schaafe dämisch ruhen, mit dem Pferde wiehern, und mit dem Vogel sich / ausbreiten, wie werden wir ihn, und das mit Recht bewundern. Sehen Sie eine Gallerie durch, und Sie werden in allen diesen Geschlechtern Muster vom gemein „Wahren“, vom einfach „Edeln, vom idealisirten und vom manierirten finden. Laßen Sie den Künstler zulezt als Herrn der obersten Schöpfung erscheinen, laßen Sie ihn die Gegenstände seiner Kunst, seiner Begeisterung unter seines Gleichen suchen, laßen Sie ihn Menschen, Helden, Götter hervorbringen, wie wird sich unsere Achtung in Ehrerbietung und Anbetung verwandeln, und doch immer nur alsdann, wenn er, wie seine Mitmeister niederer Klasse das Dasein des Höchsten, wie iene des Niedrigsten, gleich lebhaft begeistert gefühlt hat und leuchtend hinstellt. Phidias, von dem man sagte, daß ihm die Götter Bilder beßer als menschliche gelängen, verdiente den Tempel, der seinen Werken gebaut wurde. Wenn Raphael mit der glüklichsten Fruchtbarkeit das Einfältige Ungemeinste hervorbrachte, wenn das Edelste aus seinem Pinsel so willig, wie die reinsten und stärksten Töne aus der Kehle einer Sängerinn hervorquollen, so ist und bleibt auch er mehr der Abgott als das Muster seiner Nachfolger.“ Ich seze noch hinzu, daß durch solches Uebergreifen in ein fremdes Geschlecht der gute Mensch wie der gute Künstler sich herabsezt, und, indem er Prätension an einen höhern Stand macht, die Vortheile des zu dem er gehört sich verscherzt. In der Wahl Ihrer / Gegenstände scheint Sie auch mehr eine dunkle Dichterlust als ein geschärfter Mahlersinn zu leiten. Der Streit beider Geister über den Leichnam Mosis ist eine alberne Judenfabel, die weder Göttliches noch Menschliches enthält. In dem alten Testamente steht: daß 5 zihn 19 ⎡gefühlt hat⎤ 20 Götter ⎡Bilder⎤ 21 Mmenschenliche 24 Keehle 26 durch ein solches 27–28 ein ⎡der⎤ guter Mensch wie ein ⎡der⎤ guter Künstler 28 er die Prätension 32 Jugdendfabel 33 Imn

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BRIEF 427

Moses, nachdem ihm der Herr das gelobte Land gezeigt, gestorben und von dem Herrn im Verborgnen begraben worden sey; dies ist schön. Wenn ich nun aber, besonders wie Sie es behandelt haben, den kurz vorher durch Gottes Anblik begnadigten Mann, da ihn kaum der Athem des Lebens verlassen und der Abglanz der Herrlichkeit noch auf seiner Stirne zukt, dem Teufel unter den Füßen sehe, so zürne ich mit dem Engel, der einige Augenblike früher hätte herbeieilen und den Körper des Mannes Gottes von der scheidenden Seele in Ehren übernehmen sollen. Wenn man doch dieses Sujet behandeln wollte, so konnte es dünkt mich nicht anders geschehen, als daß der Heilige noch voll von dem anmuthigen Gesichte des gelobten Landes entzükt verscheidet, und Engel ihn in einer Glorie wegzuheben beschäftigt sind, denn das Wort: der Herr begrub ihn läßt uns zu den schönsten Aussichten Raum, und hier konnte Satan höchstens nur in einer Eke des Vorgrundes mit seinen schwarzen Schultern kontrastiren und, ohne Hand an den Gesalbten des Herrn zu legen, sich höchstens nur umsehen ob nicht auch für ihn etwas hier zu erwerben sein möchte. / Die eherne Schlange, steht auch an dem Ort wo die Geschichte angeführet wird, ganz gut, zum Gemälde für fühlende und denkende Seelen ist’s kein Gegenstand. Eine Anzahl vom Himmel herab erbärmlich gequälter Menschen, ist ein Anblik von dem man das Gesicht gerne wegwendet, und wenn diese vor einem willkührlichen, ich darf wohl sagen magischen Zeichen sich niederzustürzen und in dumpfer Todtesangst ein ich weis nicht was anzubeten gezwungen sind, so wird uns der Künstler schweerlich durch gelehrte Gruppen und wohl vertheilte Lichter für den übeln Eindruk entschädigen. Die beiden andern sind etwas glüklicher, doch auch nicht die fruchtbarsten. Suchen Sie Sich künftig, wenn Sie meiner Bitte folgen mögen, beschränkte, aber menschlich-reiche Gegenstände auf, wo wenig Figuren in einer mannichfaltigen Verknüpfung stehen. Wie sehr wünsche ich Sie durch das was ich Ihnen sage, aufmerksam auf sich selbst zu machen, damit Ihre innre Güte und Ihr guter Muth, Sie nicht verführen mögen, Sich früher dem Ziele näher zu glauben. Iunge Künstler sind, wie Dichter, oft hierin in großer Gefahr, und meist, weil wir den Tadel von Personen

2 sehen ⎡sey⎤ G 2 dies dies (Korrektur am Zeilenumbruch) 3 demn 5 desr

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die wir nicht achten, verschmähen, und weil dieienigen die wir schäzen gelind und nachsichtig mit uns zu verfahren pflegen. Schreiben Sie mir aufrichtig was Sie dagegen aufzustellen haben, wir wollen sehen ob wir uns vergleichen und zu etwas Guten vereinigen können; denn bleiben Sie versichert daß es / mir nur um die Wahrheit zu thun ist und daß ich wünschte Ihnen nüzlich zu sein. Wollen Sie mir einen Gefallen thun so zeichnen Sie mir etwas, es sei was es wolle, nach der Natur, und wär es eine Gruppe Bettler wie sie auf den Kirchtreppen zu liegen pflegen. So viel für diesmal. Für die alten Zeichnungen danke ich Ihnen recht vielmals, die le Sueurs haben mir großes Vergnügen gemacht, wenn Ihnen dergleichen mehr begegnen, so gedenken Sie an mich und schreiben mir was sie kosten. Den Betrag von hundert Dukaten erhalten Sie vielleicht vor, oder doch bald nach diesem Brief. Laßen Sie mich nächstens wieder etwas hören. Weimar den 21 Juni. 1781.

Goethe

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427. An Jenny von Voigts Weimar, 21. Juni 1781. Donnerstag Ihr Brief ist mir wie viele Stimmen gewesen, und hat mir gar einen angenehmen Eindruk gemacht. Denn wenn man in einer stillen Geschäftigkeit fortlebt, und nur mit dem nächsten und alltäglichen zu thun hat, so verliert man die Empfindung des Abwesenden, man kann sich kaum überreden, daß im Fernen unser Andenken noch fortwährt, und daß gewiße Töne voriger Zeit nachklingen. Ihr Brief und die Schrift Ihres Herrn Vaters versichert mich eines angenehmen Gegentheils. Es ist gar löblich von dem alten Patriarchen, daß er sein Volk auch vor der Welt und ihren Großen bekennet, denn er hat uns doch eigentlich in dieses Land gelokt, und uns weitere Gegenden mit dem Finger gezeigt, als zu durchstreichen erlaubt werden wollte. Wie oft hab ich bei meinen Versuchen gedacht, was möchte wohl dabei Möser denken oder sagen. Sein richtiges Gefühl hat ihm nicht erlaubt, bei diesem

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Anlaße zu schweigen, denn wer auf ’s Publikum wirken will, muß ihm gewisse Sachen wiederholen, und verrükte Gesichtspunkte wieder zurechtstellen. Die Menschen sind so gemacht, daß sie gern durch einen / Tubus sehen, und wenn er nach ihren Augen richtig gestellt ist, ihn loben und preißen, verschiebt ein anderer den Brennpunkt und die Gegenstände erscheinen ihnen trüblich, so werden sie irre und wenn sie auch das Rohr nicht verachten, so wissen sie sich’s doch selbst nicht wieder zurecht zu bringen, es wird ihnen unheimlich, und sie lassen es lieber stehen. Auch diesmal hat ihr Herr Vater wieder als ein reicher Mann gehandelt, der iemand auf ein Butterbrod einlädt, und ihm dazu einen Tisch auserlesener Gerichte vorstellt. Er hat bei diesem Anlaße so viel verwandte, und weit herumliegende Ideen rege gemacht, daß ihm ieder Deutsche, dem es um die gute Sache, und um den Fortgang der angefangenen Bemühungen zu thun ist, danken muß. Was er von meinen Sachen sagt, dafür bleib ich ihm verbunden, denn ich habe mir zum Gesez gemacht, über mich selbst und das Meinige ein gewissenhaftes Stillschweigen zu beobachten. Ich unterschreibe besonders sehr gern wenn er meine Schriften als Versuche ansieht, als Versuche in Rüksicht auf mich als Schriftsteller und auch bezüglich auf das Jahrzehend, um nicht zu sagen Jahrhundert, unserer Litteratur. Gewiß ist mir nie in den Sinn gekommen, irgend ein Stük als Muster aufzustellen, oder eine Manier ausschlieslich zu begünstigen, so wenig als individuelle Gesinnungen und Em/pfindungen zu lehren und auszubreiten. Sagen Sie Ihrem Herrn Vater ia, er soll versichert sein, daß ich mich noch täglich nach den besten Ueberlieferungen, und nach der immer lebendigen Naturwahrheit zu bilden strebe, und daß ich mich von Versuch zu Versuch leiten laße, demjenigen, was vor allen unsern Seelen als das höchste schwebt, ob wir es gleich nie gesehen haben und nicht nennen können, handelnd und schreibend und lesend, immer näher zu kommen. Wenn der König meines Stüks in Unehren erwähnt, ist es mir nichts befremdendes. Ein Vielgewaltiger der Menschen zu tausenden mit einem eisernen Scepter führt, muß die Produktion eines freien und ungezogenen Knaben unerträglich finden. Ueberdies möchte ein bil-

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liger und toleranter Geschmak wohl keine auszeichnende Eigenschaft eines Königes sein, so wenig sie ihm, wenn er sie auch hätte einen grossen Nahmen erwerben würde; vielmehr, dünkt mich, das Ausschließende zieme sich für Grosse und Vornehme. Lassen Sie uns darüber ruhig sein, mit einander dem mannichfaltigen Wahren treu bleiben und allein das Schöne und Erhabene verehren, das auf deßen Gipfel steht. Mein Schattenbild liegt hier bei, vielleicht kann ich Ihnen bald etwas schiken, das weniger Fläche ist. Ich bitte auch um das Ihrige, und um das Ihres Herrn Vaters, doch am / liebsten gros, wie es an der Wand gezeichnet ist und ohnausgeschnitten. Leben Sie wohl, haben Sie für den Anlaß, den Sie mir zu diesem Brief gegeben noch recht vielen Dank und glauben daß mir iede Gelegenheit erwünscht wäre, die Sie mir oder mich Ihnen näher bringen könnte.

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428. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar〉, 22. Juni 1781. Freitag 〈Druck und Faksimile〉

Unter Ew. Exzellenz freundschaftlicher und meisterlicher Leitung werde ich jeden Schritt mit Vergnügen tun, den mir die Gesetze und inneren Verhältnisse des Ordens vergönnen. Empfangen Sie meinen besten Dank für die gütigen Bemühungen bei dem gegenwärtigen, und fahren fort, mich auch als O. Br. sich verbindlich zu machen. Weit entfernt, etwas zu begehren, was mir noch zurzeit versagt ist, begnüge ich mich gern an dem morgenden Tage mit dem zweiten Grade, und lege das Übrige mit Zuversicht allein in Ihre Hände. Finden Sie es rätlich und tunlich, um meinetwillen bei den hohen Obern des Ordens eine Dispensation auszuwirken, so werde / ich durch dieses bezeigte besondre Vertrauen, der Gesellschafft und Ew.

2 ihm|,| 8 biltte

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BRIEF 429

Exzell immer mehr schuldig werden. Mit den aufrichtigsten und beständigsten Gesinnungen unterzeichne ich mich Ew. Exzellenz dl. 22 Jun 81. ganz gehorsamsten Diener und verbun densten O. Br.

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429. An Johann Caspar Lavater Weimar, 22. Juni 1781. Freitag

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Ehe ich auf einige Zeit von hier weggehe, muß ich dir noch einmal ausführlich schreiben. Zuförderst dank’ ich dir, du Menschlichster, für deine gedrukten Briefe. Es ist natürlich, daß sie das beste von allen deinen Schriften seyn müßen. Wie du voraus gesehen hast, nehmen dir viele, und auch gute Menschen, diesen Schritt übel, doch du weißt am besten, was du thun kannst, und fühlst wohl, daß dir erlaubt ist, was keinem. Das Menschliche, und dein Betragen gegen Menschen darinne, ist höchst liebenswürdig, und mich macht es recht glüklich, daß ich keine Zeile anders lese als du sie geschrieben hast, daß ich den innerlichen Zusammenhang der mannichfaltigen Äußerungen erkenne; denn für den eigentlichen Menschenverstand, was man gewöhnlich so nennt, und worauf eine gewiße Gattung von Köpfen die andern modelt, ist und bleibt auch hierinn, wie in allen deinen Sachen, vieles unzusammenhängend und unverständlich. Selbst deinen Christus hab’ ich noch niemals so gern, als in diesen Briefen angesehen und bewundert. Es erhebt die Seele und giebt zu den schönsten Betrachtungen Anlaß, wenn man dich das herrliche crystallhelle Gefäs (denn das war er, und als ein solches verdient er iede Verehrung) mit der höchsten Inbrunst fassen,

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mit deinem eigenen hochrothen Trank schäumend füllen, und den, über den Rand hinübersteigenden Gischt, mit Wollust wieder schlürfen sieht. Ich gönne dir gern dieses Glük, denn du müßtest, ohne daßelbe elend werden. Bei dem Wunsch und der Begier/de, in einem Individuo alles zu genießen, und bei der Unmöglichkeit, daß dir ein Individuum genugthun kann, ist es herrlich, daß aus alten Zeiten uns ein Bild übrig blieb, in das du dein Alles übertragen, und, in ihm dich bespiegelnd dich selbst anbeten kannst. Nur das kann ich nicht anders als ungerecht und einen Raub nennen, der sich für deine gute Sache nicht ziemt, daß du alle köstliche Federn, der tausendfachen Geflügel unter dem Himmel, ihnen, als wären sie usurpirt, ausraufst, um deinen Paradiesvogel ausschlieslich damit zu schmüken, dieses ist, was uns nothwendig verdrießen und unleidlich scheinen muß, die wir uns einer ieden, durch Menschen, und dem Menschen offenbarten, Weisheit zu Schülern hingeben, und als Söhne Gottes ihn in uns selbst, und allen seinen Kindern anbeten. Ich weiß wohl, daß du dich dadrinne nicht verändern kannst, und daß du vor dir Recht behältst, doch find’ ich es auch nöthig, da du deinen Glauben und Lehre wiederholend predigst, dir auch den unsrigen als einen ehernen bestehenden Fels der Menschheit, wiederholt zu zeigen, den du, und eine ganze Christenheit, mit den Wogen eures Meeres, vielleicht einmal übersprudeln, aber weder überströmen, noch in seinen Tiefen erschüttern könnt. Verzeihe mir, daß ich dir begegne, wie du Gasnern, und laß mich Nervenbehagen nennen, was du Engel nennst. Dein 122 Brief über dich selbst ist vortreflich, und du verfehlst deines Entzwekes nicht, dich durch diese Äußerungen deinen Freunden und Liebsten immer näher und näher zu bringen, vor ihnen immer wah/rer und ganzer zu erscheinen, und dein Reich auf dieser Welt immermehr auszubreiten, indem du iederman überzeugst daß es nicht von dieser Welt ist. Deine Poesien, davon mir Reich ein Exemplar verehrt hat, sind mir auch als Aufschluß deines Innersten, und als Bild deines äußern Lebens sehr willkommen. Mit gutem Vorbedacht hast du sie deinen Freunden gewidmet, denn sie schließen sich so an deine Individualität an, daß ie-

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mand, der dich nicht liebt und kennt, eigentlich nichts damit zu machen weiß. Ich hab’ es etlichemal versuchen wollen, in Gegenwart guter Menschen, denen du aber fremd bist, einige von diesen Gedichten zu lesen, und habe recht gefühlt, wie das Eigenste davon gar nicht übergeht. Unser Bildhauer hat eine vortrefliche Büste von Herdern gemacht, davon dir auch ein Abguß zugeschikt werden soll. Du wirst, auch ohne ihn zu kennen, an ihrer wahren Unwahrheit wieder deine große Freude haben. Was die geheimen Künste des C. betrift, bin ich sehr mistrauisch gegen alle Geschichten, besonders von M. her. Ich habe Spuren, um nicht zu sagen Nachrichten, von einer großen Masse Lügen, die im Finstern schleicht, von der du noch keine Ahndung zu haben scheinst. Glaube mir, unsere moralische und politische Welt ist mit unterirdischen Gängen, Kellern und Cloaken miniret, wie eine große Stadt zu seyn pflegt, an deren Zusammenhang, und ihrer Bewohnenden Verhältniße wohl niemand denkt und sinnt. Nur wird es dem, der davon einige Kundschaft hat, viel begreiflicher, wenn da einmal der Erdboden einstürzt, dort einmal ein Rauch aus einer Schlucht aufsteigt, und hier wunderbare Stimmen gehört werden. Glaube mir, das Unterirdi/sche geht so natürlich zu, als das Überirdische, und wer bei Tage und unter freyem Himmel nicht Geister bannt, ruft sie um Mitternacht in keinem Gewölbe. Glaube mir, du bist ein größerer Hexenmeister als ie einer, der sich mit Abracadabra gewafnet hat. Auch untersteh’ ich mich zu begreifen, warum die B. nicht mehr schreiben will. Ich habe der Schultheß den Anfang eines neuen Dramas geschikt, lies es auch, wenn du Zeit findest, und zeigt mir es sonst niemand. Tobler wird dir geschrieben haben, seitdem er von uns weg ist, wir haben ihn gar lieb gewonnen, und es ist ihm bey uns so wohl, als unter seinen Umständen möglich, geworden. Sage mir etwas von der van der Borg. Grüse deine Frau und gedenkt meiner am braunen Tische. Grüse auch Pfenninger und die Orells.

17 sinnt,.

28 haben, seitdem

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Der Chirurgus Hähling hat sich erst vor einigen Tagen gemeldet. Der Brief den ihm Hirzel an den Herzog mitgegeben, ist höchst abgeschmakt. Der Herzog las erst flüchtig den Nahmen als wenn es Hoze wäre, und konnte unter dem Lesen nicht begreifen, wie aus dieses ehrlichen Mannes Feder, solche selbstische ungeschikte Albernheiten fließen könnten. Schließlich bitte ich dich fortzufahren, mir mit deinem Geiste und deiner Art nüzlich zu seyn, und mir wenn du etwas über, vor, oder wider mich weißt, es nicht zu verhelen; sondern, wie bisher und, wo möglich, noch mehr, eine gute und lebendige Wirkung unter uns zu erhalten.

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G. Weimar den 22 Juny. 1781.

430. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. Juni 1781. Samstag Guten Morgen meine Beste eh du ins Bad steigst! Daß es dir doch recht wohl bekommen möge. Die Briefe bring ich zu Mittage mit, denn du willst doch daß ich diese lezte Zeit so viel möglich mit dir zubringe. Adieu meine einzigste. Ich schicke dir hier einige Rosen. dl. 23 Jun 81. G.

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431. An Jacob Friedrich von Fritsch Weimar, 24. Juni 1781. Sonntag Ew Exzell heute nicht mit einem Besuch zu behelligen, erbitt ich mir die Erlaubniß diesen schrifftlichen Abschied zu nehmen, und zugleich einiger kleinen Angelegenheiten zu erwähnen. Zuförderst dancke nochmals ergebenst für die gestrige gütige Aufnahme, und empfehle das weitere gütiger Vorsorge. Ferner muß ich eines Menschen gedencken der sich gegenwärtig hier aufhält und dessen Zustand mich in Verlegenheit sezt. Es ist der

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BRIEF 432

Fechtmeister Fellon von Leipzig. Dieser Mensch dessen schon einmal in einer Session Erwähnung geschah, zeigte sich in Belvedere, und bestand in einem Versuch mit dem hiesigen Fechtmeister nicht übel. Da Hl. v. Brincken solche Bedingungen gemacht, und auf selbigen bestanden hatte, daß es schien als wenn man mit ihm nicht einig werden würde; so schien mir Fellon eine gute Acquisition zu seyn, ich hies ihn nach Leipzig zurückgehn und versprach ihm nach eingehohlter Erkundigung von dem Hl. Prof. Clodius auf den er sich berief eine baldige Entschliesung. Die Antwort / des Professors auf meine Anfrage kam erst vor einigen Tagen und das Zeugniß lautete also: „Fellon hat in Leipzig nichts wider sich als ein Privilegium das ihn nötigt den Ort zu verlassen. Der Fechtmeister versagt ihm selbst das Zeugniß nicht, daß er nach französcher Art, gut fechte. Einige iunge Herrn von Stande die bey ihm fochten, versichern daß sein Betragen gegen sie seinem Berufe angemessen sey. Arm ist er vielleicht dient auch dies zu seiner Empfehlung bey einem Menschenfreunde.“ Diese Empfehlung schien mir für einen Mann dieser Art hinreichend, allein da Hl. v. Brincken neuerdings mehrere Lust zu dieser Stelle gezeigt und sich wieder anbieten lassen, so wurde die Sache zweifelhafft und ich würde sie zur Deliberation vorgelegt haben, wenn meine Abreise mich nicht verhinderte. Indessen ist mehrgenannter Fellon, der von Hl. Clodius gehört, daß er ihm ein gutes Zeugniß gegeben habe, hier angekommen, und liegt mit seiner Frau, ohne einen Heller Geld, wie er / mir mit der grösten, einem Franzosen nur möglichen, Leichtigkeit, versichert, im Elephanten, und bittet flehentlich um das Stückgen Brod, das ich ihm wohl gerne gönnen mögte. Ausser seiner Armuth spricht seine Munterkeit für ihn, und sein artiges Betragen, das mich überzeugt er werde mit iungen Leuten sich gut zu benehmen wissen und sich Schüler machen. Er wünscht nur etwas weniges zur Einrichtung und den Fechtboden frey, so getraut er sich ohne Pension seinen Lebensunterhalt zu erwerben, wollte man ihm 50 rl oder 100 f iährlich akkordiren so würde er glücklich seyn, und diese eigentlich unbesoldete Stelle fiele keiner herrschafftlichen Casse zur Last. Wollten Ew Exzell ihn einen Augen-

4 sollche 6 ⎡ich⎤ 18 azu 25 Zim 32 m×an

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blick vor Sich kommen lassen; so würden Sie dessen Personale selbst beurtheilen konnen. Da aber auf der andern Seite auch verschiednes für Brincken spricht; so wage ich nicht ienen ausschlieslich zu empfehlen, sondern bitte es geneigtest in Deliberation zu nehmen. Serenissimo, und Hl. G. R. Schnaus habe eben diese Gesinnungen / zu erkennen gegeben. Was ich an Brincken ausseze ist daß er zu still, nicht gegen iunge Leute prävenant genug, und für unsre Akademischen Umstände zu vornehm seyn möchte. Einem Fechtmeister schadet ein wenig Charletanerie nicht. Dem Franzosen will ich einige Thaler zu seinem nothdürftigsten Unterhalte reichen bis sein Schicksaal entschieden ist. Noch ein Anliegen des iungen Voigts empfehl ich Ew Exzell. er möchte gern einen Charackter haben. Besonders da er ietzo seine mineralogischen Reisen drucken läßt, wo es dem Werckgen, das hoff ich Beyfall erhalten wird, ein besseres Ansehn geben möchte; ich glaube ein Bergkommissarius würde sich für sein Verhaltniss nicht übel schicken, und er verdient nach seinem Charackter und Applikation, ein solches aufmunterndes Gnaden Zeichen. Wollten Sich Ew Exzell. wohl wieder gütigst meiner verwaisten Kriegskasse annehmen, man wird Sie ohne Noth nicht behelligen. Mich zu fortdaurender freundschafftlicher Zuneigung empfehlend Ew Exzell W. dl. 24 Jun 81. gehorsamster Dr Goethe

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432. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Juni 1781. Montag Noch einmal Adieu meine beste ich bin so ungewohnt zu verreisen daß ich kaum weis wie ich mich dazu schicken soll. Behalte mich deinem Herzen nah, ich dencke immer an dich, und schreibe mir. dl. 25 Jun 81. früh. G

5 ingeneigtest 9 Ein|em| 27 lHerzen

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BRIEFE 433–437

433. An Charlotte von Stein 〈Ilmenau〉, 28. Juni 1781. Donnerstag

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Der erste Grus und die Bitte um Gerharden wird zu dir gekommen seyn. Hier den Zweyten. Ich bin in meinem Elemente unter deinen Nahmensverwandten. Wenn das leidige Geschäfft vorbey ist will ich mirs noch wohler seyn lassen Adieu beste. Jezt ists an der Zeit daß ich zu dir zu gehn gewöhnt bin. Adieu. und liebe mich. dl. 28 Jun 81. G.

434. An Charlotte von Stein Ilmenau, 1. Juli 1781. Sonntag

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dl. 1 Jul 81. Illmenau. Dein Andencken hat mich stille bey Tag und Nacht begleitet, ich wollte dir nicht eher schreiben als bis ich ganz ruhig wäre. Heute ist der Valetschmaus, Morgen gehn unsre Freunde weg, und ich auch mit Knebeln nach Rudolstadt. In Schwarze will ich dir zeichnen wenn ich nur das rechte Fleckgen treffe. Diese Tage her hab ich auch etwas für dich gearbeitet das ich dir mitbringe du sollst ihm hoff ich ansehn daß ich dich liebe. Was es ist sag ich noch nicht. Daß deine Empfindung durch den lezten Abend gestört ward, nimmt mir von meinem freudigen Andencken an dich die schöne Beleuchtung, doch hoff ich du sollst mich mit lebendiger Liebe empfangen. Leb wohl. grüse Steinen und was gut ist. Ich befinde mich wohl. Mehr kan ich nicht schreiben, ich bin in mich gekehrt und liebe dich. G. Gieb dem Boten etwas für mich mit, man weis mich zu finden. Noch leg ich eine Sudeley von gestern Abend hierbey

1 Denr ersten 1 wirstd 1 ×gekommen 8 e×her 8 als ich bis 9 JValetschmaus 10 iIn 15 bBeleuchtung

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435. An Friedrich Justin Bertuch Ilmenau, 1. Juli 1781. Sonntag Hier erhalten Sie mein lieber Bertuch vorläufige Nachricht wegen der Medaillen. Die Hauptsache ist daß wir Stempel in Nurnberg bestellen lassen. Sie sind ia so gut und übernehmen die Mühe. Beyliegend P. N. enthält das nötige was dabey zu beobachten wäre, und unten auf dem Auswurf steht die Gröse. Ich dächte wir nähmen die von zwey Loth und Sie schikten dieses Maas wie auch das von der goldnen mit dl. P. N. nach Nürnberg an einen guten Freund. Wegen des Uberschlags sprechen wir noch. Stockmar bossirt indessen, doch werden wir auf dl. Geburtstag nicht fertig. Leben Sie wohl, und behalten mich in gutem Andencken. Illmenau dl. 1 Jul 81. Goethe Unsre Sache ist nach Wunsch gelungen.

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436. An Philipp Seidel 〈Ilmenau〉, 1. Juli 1781. Sonntag Besorge beyliegende Briefe, und gieb die Antworten nebst dem was sonst eingekommen ist, dem Boten wieder mit. Ich gehe morgen von hier ab, komme aber in einigen Tagen wieder her, wo ich alles zu finden wünsche. dl. 1 Jul 81.

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G.

437. An Charlotte von Stein 〈Ilmenau〉, 2. Juli 1781. Montag Noch ein Wort meine liebste Lotte durch einen Boten den dl. Herzog schickt. Wir steigen zu Pferde und gehn in die Gebürge. Ich sehne mich recht von hier weg, die Geister der alten Zeiten lassen mir hier keine frohe Stunde, ich habe keinen Berg besteigen mögen, die unangenehmen Erinnerungen haben alles befleckt. Wie gut ists daß der

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BRIEFE 438/439

Mensch sterbe um nur die Eindrücke auszulöschen und gebadet wieder zu kommen. Deine Liebe von allen will ich allein behalten. Du bist immer vor mir dein boser Fus und deine Herzlichkeit, und ich fühle still daß ich ganz dein Bin. Adieu. Zu Ende der Woche kommen wir wieder und du erhältst wohl noch etwas indess dl. 2 Jul 81. G.

438. An Charlotte von Stein Ilmenau, 5. Juli 1781. Donnerstag Illmenau dl. 5 Jul 81.

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Wir sind gestern Abend wieder hier angekommen. Ich fand einen Brief von dir und eben iezt empfang ich noch einen zum Nachtisch. Ich bin nicht von dir gewichen, du hast mich immer begleitet, und hätten nicht die Wölckgen deines Unglaubens meinen Horizont getrübt, so wär es der reinste Himmel gewesen. Knebel ist sehr brav und unterhaltend. Es ist uns auch wohlgegangen, wir haben sehr manigfaltige Sachen gesehen, schöne Gegenden, und verschiedne Menschenerscheinungen in allerley Styl. Wir sind auf Schwarzburg das sehr in teressant liegt, wie du aus einer leider nur umrissnen Zeichnung sehn wirst, gegangen. Von guten Menschen bewirthet worden, haben im Zucht- und Tollhaus merckwürdige Gestalten gesehn. Von da auf Blanckenburg wo Knebel einen Philister gemishandelt hat. Daselbst haben wir die Bergwercke befahren. NB. von Schwarzb. auf Blburg ist ein fürtrefflicher Weeg / der Schwarze nach, durch ein tiefes Thal zwischen Fels und Wald Wänden. Dann sind wir auf Rudolstadt, haben da nur geschlafen. von da nach Teschniz den Marmorbruch zu sehn, und wieder hierher. Die Sonne hat uns durchgeglüht und der Mond erquickt. wir haben beydes im

23 haltbeen (zweites e versehentlich nicht gestr.) 6 ethäl|t|st 10 i×ch 13 gewestsen 14 ihst 16–16 Menschenerscheinungen, (Komma gestr.) 18 ⎡haben⎤ 22 zwischen ein (Seitenwechsel) der Schwarze nach 25 Teschnisz 25 D|i|e

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reichen Maase genossen. So kurz unsre Reise war so unterhaltend und angenehm war sie. Nun dencken wir Morgen nach dem Inselsberg zu gehn. Allein Sonntag, da ich dachte wieder bey dir zu seyn, muß ich wieder hier her und komme erst zu Ende der nächsten Woche. Verschiedne Sachen das Bergwerck betreffl will ich gleich in Ordnung bringen um nicht wieder heraus zu müssen. Deine Stiefel sind bestellt. Wir werden dir noch allerley artiges erzählen. / Die Tasse die beykommt hab ich dir gemahlt, ich wünschte die Masse des Porzellans wäre besser, ich habe eine kindische Freude dran gehabt und besonders in der Hoffnung daß dichs auch freuen soll. Wenn ich einmal Rothbergisches Porzellan haben kan, und nur noch ein wenig Ubung, so soll auch das bessre dein seyn. Ich dencke drauf dir ein Paar Blumenkrüge zu mahlen. Die Füllhörner werden auch noch fertig eh ich hier weggehe. Ernstens husten beunruhigt mich, sorge doch auch für Fritzen, der auch einen Ansaz hat. Grüse Steinen. Wenn ich zurückkomme lad ich euch alle auf eine Geschichte ein, die euch gewiss rühren und gefallen soll.

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439. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Ilmenau, 5. Juli 1781. Donnerstag Unsre Reise ist glücklich und gar angenehm bisher vollbracht. Schwarzburg, Blanckenburg, Rudolstadt, Töschnitz haben wir besucht, von der Hitze etwas ausgestanden, doch auch ganz köstliche Morgen, Abende und Nächte gehabt. Knebel war sehr gut und munter. Ich hab ihn in die Klüffte der Erde initiirt, er hat Freude dran. In Blanckenburg hab ich einen alten Bergmeister gefunden, der ehmals auf dem hiesigen Wercke gearbeitet hat. er ist 72 Jahr alt und erinnert sich aller Vornahmen und Zahlen. Dieser kommt Sonntags hier-

1 S reichen 13 sollst du auch 14 VPaar 18 rüheren 26 ab auf

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BRIEF 440

her und ich werde ein gros Colloquium anstellen und seine Aussagen protokolliren lassen damit alles klärer werde. / Wir haben sehr schöne Gegenden durchstrichen, auch sind uns menschliche Dinge allerley Art vorgekommen die Knebel erzählen soll. Bey der Stein werden Sie eine Tasse finden die ich gemahlt habe. Morgen wollen wir auf Friedrichrode und von da auf den Inselsberg, Sonntags denck ich wieder hier zu seyn, und die Verhandlung mit dem Berg Mstr. wird mich einige Tage aufhalten. Leben Sie wohl. behalten Sie mich lieb. Die Welt ist voll Thorheit, Dumpfheit, Inkonsequenz und Ungerechtigkeit, es gehört viel Muth dazu diesen nicht das Feld zu räumen, und sich beyseite zu begeben. Addio. Illm. dl. 5 Jul 81. G

440. An Jacob Friedrich von Fritsch Ilmenau, 5. Juli 1781. Donnerstag 15

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Ew Exzell erhalten abermals ein Schreiben von mir, indem mich ein Umstand veranlasst noch länger in diesen Gegenden zu bleiben. In Blanckenburg, wo ich die Kupferwercke befahren, habe ich die Bekanntschafft eines mir schon gerühmten Bergmeister Mühlbergs gemacht; dieser Mann, der in seinem zwey und siebzigsten Jahre steht, genießt noch den Gebrauch aller Sinne und eines genauen Gedächtnisses. Er hat in seiner Jugend auf dem hiesigen Werck gearbeitet, und weis sich noch alles bis auf Nahmen, Vornahmen, Zahlen und Maase zu erinnern. / Da verschiednes was er von dem Wercke sagte mir gute Aufschlüsse zu versprechen schien, habe ich ihn bewogen sich hierher zu begeben, wo er auch nächsten Sonntag eintreffen wird. Ich werde alsdenn eine Unterredung zwischen ihm und dem Geschwornen veranlassen, noch einige alte Bergleute dazu ziehen, alle Punckte fleisig durchgehen, und die Auserungen und Resultate wohl aufzeichnen las-

7 seyn., 10 Ungerechtigtkeit 11 räubmen 24 mir verschiednes

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Abb. 14: Goethe an Jacob Friedrich von Fritsch, 5. Juli 1781 (Nr 440), S. 1

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BRIEF 440

Abb. 15: Goethe an Jacob Friedrich von Fritsch, 5. Juli 1781 (Nr 440), S. 2

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Abb. 16: Goethe an Jacob Friedrich von Fritsch, 5. Juli 1781 (Nr 440), S. 3

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BRIEFE 441/442

sen. Damit theils das was schon bekannt ist noch sichrer werde, verschiedne Zweifel sich heben und man vielleicht gar auf neue Gedancken komme. Da der Geschworne diese Jahre her / viel über die Sache nachgedacht; so wird er nebst Voigten die Punckte aufsetzen, worüber besonders Auskunft zu wünschen ist. Ich habe ihnen eine kleine Leitung gegeben, in welcher Ordnung es geschehen soll. Wenn wir alsdann über der Erde alles besprochen haben, wollen wir zusammen einfahren und auch uns unterirrdisch überzeugen und unterrichten. Es ist mir aüserst angelegen in diese Finsternisse einiges Licht zu bringen. Möge auch diese Handlung so viel Vorteil schaffen als ich wünsche. Legen mich Ew Exzell Serenissimo zu Füssen empfehlen mich meinem werthesten Hl. Collegen Hl. GehR. Schnaus und erhalten mir ein beständiges Wohlwollen Ew Exzell Illm. dl. 5 Jul 81. gehorsamster Dr Goethe

441. An Charlotte von Stein 〈Ilmenau〉, 6. Juli 1781. Freitag

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Ein Regen und Nebelwetter hat uns abgehalten auf den Inselsberg zu gehn, indessen habe ich dir meine beste beykommende zwey Blumentöpfe gemahlt, und hoffe sie werden dich freuen. Ich werds immer besser machen und du sollst auch das bessere haben. Knebel ist gar gut und brav, wenn du es leiden magst, will ich ihm auch so einen Blumen Topf mahlen. Was ich übrigens thue und leide um des Reiches Gottes willen mag ich dir gerne verschweigen. Wir haben |:Knebel und ich:| schöne Dialogen über das Himmelreich gehalten und sind einig und vergnügt. Adieu liebe Lotte, bleibe bey mir. Ich habe dich sehr lieb.

5 aufse|t|zen 11 ×××schaffen 13 beständige×s 23 ein⎣en⎦

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Morgen wenn das Wetter gut bleibt, geh ich nach Paulin Zelle, dort eine Ruine zu zeichnen. Grüse den Herzog, Steinen, Carolingen und die Waldnern. Fritzen nicht zu dl. 6 Jul. 81. G. vergessen, frag ihn was ich ihm mitbringen soll. /

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Leider ist einer von den Blumentöpfen im Feuer verunglückt und ich kan dir also nur einen schicken. Adieu liebste ich will dir gleich einen neuen mahlen.

442. An Charlotte von Stein Ilmenau, 8. Juli 1781. Sonntag Knebel wird dir diesen Brief bringen und sagen wie es uns gegangen ist und wie es mir geht. Er wird von einem Donnerwetter erzählen das nach Mitternacht über den Wald kam und mit einer fürchterlichen Gewalt um uns leuchtete schlug und prasselte, da es gegen Nordost zog dacht ich vielleicht weckt es auch meine liebe auf, an mich zu dencken. Ich sehne mich heimlich nach dir ohne es mir zu sagen, mein Geist wird kleinlich und hat an nichts Lust, einmal gewinnen Sorgen die Oberhand, einmal der Unmuth, und ein böser Genius misbraucht meiner Entfernung von euch, schildert mir die lästigste Seite meines Zustandes und räth mir mich mit der Flucht zu retten; bald aber fühl ich daß ein Blick, ein Wort von dir alle diese Nebel verscheuchen kan. Lebe wohl meine Liebste die Tage die ich von dir entfernt seyn muß. Gar sehr verlang ich nach einem Briefe von dir. / Jeden Abend grüs ich das röthliche Gestirn des Mars, das über die Fichtenberge vor meinem Fenster aufgeht, es muß dir über meinem Garten stehn und bald seh ichs mit dir an einem Fenster. Gute Nacht. meine beste, entfernt von seiner Liebe ist nicht zu leben. Illm. dl. 8. Jul 81. G

1 doch dort 3–6 |Fritzen 〈…〉 soll.| (nach Datum und Paraphe ergänzt) 15 di×r 17 ×Oberhand 23 r×öthliche 26 lLiebe

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BRIEFE 443–447

In sorglichen Augenblicken ängstigt mich dein Fus, und deiner Kinder Husten. Wir sind wohl verheurathet, das heist: durch ein Band verbunden wovon der Zettel aus Liebe und Freude, der Eintrag aus Kreuz Kummer und Elend besteht. Adieu grüse Steinen. Hilf mir glauben und hoffen.

443. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Ilmenau, 8. Juli 1781. Sonntag

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Knebel wird Ihnen viele herzliche Grüse von mir bringen und erzählen wie wir gelebt haben. Ein entsetzliches Gewitter, das zweyte im Rang seit Staffens hierseyn, hat uns diese Nacht geweckt. Es schlug auf der hohen Schlaufe in eine vierspännige Fichte und zündete. Staff ist mit allen Holzhauern hinaus und sie war bald gefällt. Mein alter Bergmeister ist angekommen, Morgen und Ubermorgen wollen wir mit ihm unter und überirrdisch sprechen. Dann bin ich bald bey Ihnen. Mit Knebeln ist mirs recht wohl gegangen er setzt meinen Text in Noten, und mein Text hält seine Noten zusammen. Leben Sie wohl Illm. dl. 8ten Jul 81 G

444. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. Juli 1781. Donnerstag

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Zum erstenmal wieder von Haus einen guten Morgen. Gestern Abend verlangte mich noch recht herzlich dich zu sehn. Die Gesellschafft blieb zu lang beysammen und ich konnte nicht weg. Heut bin ich bey Hofe geladen, und bringe vorher meine Sachen in Ordnung. So geht es als-

4 JKummer 10 f Fichte 13 uüberirrdisch

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dann unter dem alten Joche den gewohnten Pfad. Aber freylich auch wieder in guten Stunden den gewohnten Pfad zu dir. Adieu meine beste. dl. 12 Jul 81. G.

445. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. Juli 1781. Sonntag Sag mir meine beste wie du dich befindest. Vielleicht magst du heute Abend eine Gesellschafft bey dir versammeln wo ich meine Geschichte erzählen will. Ich habe Toblern zu Tisch, den brächt ich auch mit, Knebeln siehst du ia irgend. Adieu meine süse. dl. 15. Jul 81. G.

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446. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. Juli 1781. Montag Sag mir meine liebe wie du geschlafen hast! Ich will zu Hause bleiben und fleisig seyn, und dich gegen Abend sehen. dl. 16. Jul 81. G

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447. An Philipp Christoph Kayser Weimar, 16. Juli 1781. Montag Ihr Gefährte empfielt sich nicht durch sein Betragen. Wanckelmuth und Unverstand sind böse Ingredienzien in einem Gehirn. Erzählen Sie mir ich bitte die Sache ausführlich, ich mag gern Menschen von allen Seiten kennen. Sie sind nun wieder in Zürch, ich wünsche zu Ihrem besten. Fahren Sie in dem lebendigen Gebrauch der Welt fort, in dem Sie hier einige Schritte gewagt haben. Schreiben Sie mir manchmal und lassen uns nicht aus Verbindung kommen.

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BRIEFE 448–453

Ehstens schick ich den versprochnen Plan. Wie weit man mit 7 kleinen Schritten kommt wissen Sie. Von meinem Plan auf Gluck, hören Sie ehstens mehr. Reichard hat wieder Lieder herausgegeben die ich gelegenlich schicke. W. dl. 16 Jul 81. G.

448. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. Juli 1781. Mittwoch

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Taglich werd ich mehr dein eigen, behalte mich so und bleibe mein. Schick mir les Erreurs et la Verité. Heut will ich einige Schulden abthun. Adieu ich sehe dich gegen Abend. dl. 18 Jul 81. G.

449. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. Juli 1781. Mittwoch Diesen Morgen hab ich allerley abgethan, und esse zu Haus. Sage mir was du heute Abend vorhast und daß du mich liebst. dl. 18 Jul 81. G

450. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. Juli 1781. Freitag 15

Schon seit dem frühsten Tag verlangt mich nach einem Worte von dir. Ich kan’s nicht erwarten vor dir zu knien, dir tausend tausendmal zu sagen daß ich ewig dein bin. dl. 20 Jul. 81 G.

3 Glüuck 15 di×r

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451. An Philipp Christoph Kayser Weimar, 20. Juli 1781. Freitag Da Sie den Geist meiner Mauerey kennen; so werden Sie begreifen was für einen Zweck ich mit vorstehendem Liede habe, und mit mehreren die nachkommen sollen. Ich wünsche daß es eine Melodie in Ihrer Seele aufregen möge, es würde mich zu mehrem ermuntern. Lassen Sie bald etwas von sich horen. W. dl. 20 Jul 81. G.

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452. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 22. Juli 1781. Sonntag Die wenigen Blumen, und schmächtigen Blumenstöcke nimm als Zeichen meiner Liebe und Sehnsucht freundlich auf. Ich habe die Schröter zu Tisch, und frage dich was du heute Abend thun willst. Adieu beste einzige. dl. 22 Jul 81. G.

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453. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. Juli 1781. Montag Laß dir das Frühstück wohl schmecken, und gedencke mein. Schicke mir das silberne Beschläg zu dem Essigkänngen. Heut Abend wollen wir die Raritäten sehn. Adieu liebste. G dl. 23 Jul 81.

1 Maruerey

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BRIEFE 454–459

454. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 24. Juli? 1781. Dienstag?〉

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Dieser Brief hat keine andre Eile als Ihnen einen guten Abend zu sagen, den ich Ihnen gern mündlich gebracht hätte, der Herzog hat mich herausgeführt und will zum Essen hier bleiben. Lassen Sie doch dem Cammerdiener sagen der Herzog würde nicht im Closter sondern auf seinem Zimmer schlafen. Wenn wir zurückkommen und ich sehe Licht bey Ihnen so komm ich hinauf, Adieu liebstes. G

455. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Juli 1781. Mittwoch

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Hier liebste ist neben dem gestrigen auch noch ein Heutiger Grus. Als ich heute nach Hof geladen wurde lies mich die Hoffnung dich dort zu sehen nicht absagen. Welche Freude werd ich haben dich anzusehen und in deinen Augen die Gewissheit zu lesen daß du mich liebst. dl. 25. Jul 81. G

456. An Jenny von Voigts Weimar, 31. Juli 1781. Dienstag 〈Faksimile〉 15

In meinem letzten Briefe versprach ich Ihnen auf das baldigste ein lebhaffteres Bild von Ihrem Freunde als eine Silhoutte nicht seyn kan. Gegenwärtig steht eine Büste eingepackt da, und wünscht abzugehen. Weil ich aber Unrichtigkeit im Transport fürchte, so bitt ich um eine

16 lebhaf|f|teres 18 eine Unrichtigkeit

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Adresse nach Osnabrück wohin der Kasten abgeliefert werden kan. Leben Sie wohl! Diesmal nicht mehr von einem überhaüften. Weimar dl. 31 Jul. 81 Goethe

457. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. August 1781. Mittwoch Du hast mir einen Teil meines Wohlseyns durch die Nachricht genommen, daß du Kopweh hast. Gehe ia nicht in die Zeichenstunde und halte dich ruhig. Adieu beste. dl. 1 Aug. 81. G

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458. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. August 1781. Donnerstag Es sage mir meine liebe daß sie sich besser befindet. Ich bleibe heute zu Haus und sehe dich Abends. dl. 2 Aug 81 G.

459. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. August 1781. Freitag Wie befindet sich meine L. L. bey dem kühlen Wetter und erwünschtem Regen? Sag mir ein Wort. Heut bin ich zur H. Mutter geladen. Adieu beste. G. dl. 3 Augl 81.

5 wWohlseyns

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BRIEFE 460–464

460. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. August 1781. Samstag

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Sag mir liebste wie du dich befindest und ob du mit mir einig bist. Es thut mir nichts weher als wenn wir uns einen Augenblick misverstehen, als wenn mein Wesen an deines falsch anschlägt, mit oder ohne meine Schuld. Adieu. Schicke mir meine Schrifften. dl. 4 Aug 81. G

461. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 5. oder 6. August? 1781. Sonntag oder Montag?〉 Sag mir ein freundlich Wort damit ich zum Leben gestärckt werde. G

462. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 9. August 1781. Donnerstag

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Einen Grus zum Morgen und Artischocken. ich wünsche daß sie wohl schmecken mögen. Zu Mittag will ich nach Tiefurth, und zu Abend meine vielgeliebte wieder sehen. dl. 9. Aug. 81. G

463. An Friedrich Müller Weimar, 9. August 1781. Donnerstag

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Ich enthalte mich, aus mehr als einer Ursache, auf Ihren lezten Brief ausführlich zu antworten. Wahrscheinlich würden wir bey einer Unterredung einig werden, da schriftlich die Standpunkte nicht zusammengerükt noch ihre Parallaxen verglichen werden können. Am sichersten 3 oder oder ohne 7 wer×de 13 iIhren 14–15 Unterredung vielleicht einig

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ist es, wir gehen ieder auf seinem Weege fort, und da uns beyden angelegen ist, das ächte zu erkennen und zu thun, so wird die Zeit wohl am besten zwischen uns richten oder vermitteln. Wir werden beyde, ich in der Betrachtung des, was iene große Meister gethan haben, und Sie in der Nacheiferung dieser vorzüglichen Menschen vorrükken. Wie sehr wünsche ich Ihnen, dereinst mit dem aufgeklärtesten Urtheil das lebhafteste Lob ertheilen zu können, und wie sehr beneide ich Sie um Ihre Wohnung mitten unter den Meisterstüken, von denen wir in unserm kargen Lande nur durch Tradition eine neblichte Ahndung haben können, also gar weit zurükbleiben müßen. Schreiben und schiken Sie wenn und was Sie mögen, Sie werden in mir einen immer wachsenden Antheil an der Kunst und dem Künstler finden. Weimar den 9 August 1781.

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Goethe

464. An Catharina Elisabeth Goethe Weimar, 11. August 1781. Samstag Der Devin du Village ist mit Melchiors Schrift gestern angekommen. Auf Ihren vorigen lieben Brief zu antworten, hat es mir bisher an Zeit und Ruhe gefehlt. In demselben ihre alten und bekannten Gesinnungen wieder einmal ausgedrukt zu sehen und von Ihrer Hand zu lesen, hat mir eine große Freude gemacht. Ich bitte Sie, um meinetwillen unbesorgt zu seyn, und sich durch nichts irre machen zu laßen. Meine Gesundheit ist weit beßer als ich sie in vorigen Zeiten vermuthen und hoffen konnte, und da sie hinreicht um dasienige, was mir aufliegt wenigstens großentheils zu thun, so habe ich allerdings Ursache damit zufrieden zu seyn. Was meine Lage selbst betrift, so hat sie, ohnerachtet großer Beschweerniße, auch sehr viel erwünschtes für mich, wovon der beste Beweiß ist, daß ich mir keine andere mögliche denken kann, in die ich gegenwärtig hinüber gehen mögte. Denn mit einer hypochondrischen Unbehaglichkeit sich aus seiner Haut heraus in eine andere

7 sSie 9 ×durch 22 aufleigt ⎡iegt⎤

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BRIEF 465

sehnen, will sich dünkt mich nicht wohl ziemen. Merk und mehrere beurtheilen meinen Zustand ganz falsch, sie sehen das nur was ich aufopfre, und nicht was ich gewinne, und sie können nicht begreifen, daß ich täglich reicher werde, indem ich täglich so viel hingebe. Sie erinnern sich, der lezten Zeiten die ich bey Ihnen, eh ich hierhergieng zubrachte, unter solchen fortwährenden Umständen würde ich gewiß zu Grunde gegangen seyn. Das Unverhältniß des engen und langsam bewegten bürgerlichen Kreyses, zu der Weite und Geschwin/digkeit meines Wesens hätte mich rasend gemacht. Bey der lebhaften Einbildung und Ahndung menschlicher Dinge, wäre ich doch immer unbekannt mit der Welt, und in einer ewigen Kindheit geblieben, welche meist durch Eigendünkel, und alle verwanndte Fehler, sich und andern unerträglich wird. Wie viel glüklicher war es, mich in ein Verhältniß gesezt zu sehen, dem ich von keiner Seite gewachsen war, wo ich durch manche Fehler des Unbegrifs und der Uebereilung mich und andere kennen zu lernen, Gelegenheit genug hatte, wo ich, mir selbst und dem Schiksaal überlaßen, durch so viele Prüfungen ging die vielen hundert Menschen nicht nöthig seyn mögen, deren ich aber zu meiner Ausbildung äußerst bedürftig war. Und noch iezt, wie könnte ich mir, nach meiner Art zu seyn, einen glüklichern Zustand wünschen, als einen der für mich etwas unendliches hat. Denn wenn sich auch in mir täglich eine neue Fähigkeiten entwikelte, meine Begriffe sich immer aufhellten, meine Kraft sich vermehrte, meine Kenntniße sich erweiterten, meine Unterscheidung sich berichtigte und mein Muth sich lebhaffter würde, so fände ich doch täglich Gelegenheit, alle diese Eigenschaften, bald im großen, bald im kleinen, anzuwenden. Sie sehen, wie entfernt ich von der / hypochondrischen Unruhe bin, die so viele Menschen mit ihrer Lage entzweyt, und daß nur die wichtigsten Betrachtungen oder ganz sonderbare, mir unerwartete Fälle mich bewegen könnten meinen Posten zu verlaßen; und unverantwortlich wäre es auch gegen mich selbst, wenn ich zu einer Zeit, da die gepflanzten Bäume zu wachsen anfangen und da man hoffen kann bey der Aerndte das Un10 immer, (Komma gestr.) 17 mit ⎡die⎤ vielen hunderten G 19 könnt×e 22 Fähigkeit|en| G 24–25 sich (versehentlich nicht gestr.) vermehrte ⎡lebhaffter würde⎤, so würde ⎡fände⎤ ich doch täglich Gelegenheit finden G 25 von allen diesen G 26 einen ⎡im⎤ G 26 kleinen, täglich anzuwenden G

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kraut vom Waizen zu sondern, aus irgend einer Unbehaglichkeit davon gienge und mich selbst um Schatten, Früchte und Aerndte bringen wollte. Indeß glauben Sie mir daß ein großer Theil des guten Muths, womit ich trage und würke aus dem Gedanken quillt, daß alle diese Aufopferungen freywillig sind und daß ich nur dürfte Postpferde anspannen laßen, um das nothdürftige und Angenehme des Lebens, mit einer unbedingten Ruhe, bey Ihnen wieder zu finden. Denn ohne diese Aussicht und wenn ich mich, in Stunden des Verdrußes, als Leibeignen und Tagelöhner um der Bedürfniße willen ansehen müßte, würde mir manches viel saurer werden. Möge ich doch immer von Ihnen hören, daß Ihre Munterkeit Sie, bey dem gegenwärtigen Zustande des Vaters, nie verläßt. Fahren Sie fort Sich so viel Veränderung zu ver/schaffen, als Ihnen das gesellige Leben um Sie herum anbietet. Es ist mir nicht wahrscheinlich, daß ich auf diesen Herbst mich werde von hier entfernen können, auf alle Fälle nicht vor Ende Septembers, doch würde ich suchen zur Weinlese bey Ihnen zu seyn. Schreiben Sie mir daher, ob diese vielleicht wegen des guten Sommers früher fallen möchte. Leben Sie wohl. Grüsen Sie meine alten guten Freunde. G.

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Weimar dl 11 Augl. 1781.

465. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. August 1781. Sonntag Statt der gehofften Sonntagsruhe, bin ich seit heute früh wie besät von Menschen. Gestern ist unsre Feyerlichkeit zu iedermanns Vergnügen begangen worden. Heute will ich ganz zu Hause bleiben und die singenden Mäuse einladen. Schicke mir das Brätgen. Sag mir daß du mich liebst, und fühle daß ich dein Bin. Dancke für das Andencken von gestern Abend. G dl. 12 Aug 81.

2 gieng|e| G? 4 wuürke 19 meine (zur Verdeutlichung überschrieben)

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BRIEFE 466–469

466. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. August 1781. Montag Es ist mir gestern nicht recht wohl bekommen dich gar nicht zu sehen. Abends wär ich gar zu gern von meinen Gästen weggelaufen. Sag mir ein Wort meine beste. Und was du heute vorhast. dl. 13 Aug 81 G

467. An Philipp Christoph Kayser Weimar, 13. August 1781. Montag 5

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Ich habe Ihre beiden Briefe empfangen und will mich nach den verlangten Büchern erkundigen. Das Lied aufzusuchen werde ich meine alten Paquete aufbinden und durchkramen müßen, so bald es sich gefunden hat sollen Sie es erhalten. Ich vermuthe, daß Sie die Sammlung von Rousseau’s Liedern, die nach seinem Tode herausgekommen ist, noch nicht kennen, drum schreibe ich mit der heutigen Post an den Buchhändler Bauer nach Strasburg, daß er sie Ihnen sogleich zuschiken soll und freue mich zum voraus Ihrer Freude über diesen unschäzbaren Nachlaß. Die M. Schröter, die die meisten gespielt und gesungen, behauptet es seyen Fehler wider die Harmonie drinne, die sie für Drukfehler halten müßte. Die Sache ist aber zu delikat als daß ich iemand andern als Ihnen darüber trauen sollte, ich halte mir also bey Ihnen aus, daß Sie mir, wenn Sie Ihr Exemplar durchgehen und korrigiren, die Fehler auf einen Bogen anmerken. Jedoch wünscht ich daß / es bald geschähe, denn zu den meisten dieser Lieder sind Instrumente gesezt, die ich gerne, und doch nicht eher mögte ausschreiben laßen, biß ich wegen der Richtigkeit sicher bin. Noch einen Auftrag habe ich Ihnen zu geben. Auf der Schule in Zürich, ich weiß nicht, ob sie ihr den Namen einer Realschule geben, genug es ist dieienige, wo sie in der Matesin, Baukunst u. s. w. unterrichtet werden, schreiben die Knaben gar saubern Cursus der Aritmetik, Geometrie und Trigonometrie eine Abschrift von einem solchen

8 sSie 11 und daß 20 ab⎡aus⎤schreiben 25 C×ursus 26 Trigo⎡no⎤metrie

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AUGUST 1781

wünschte ich gar sehr zum Gebrauch der hiesigen Akademie zu haben und ich glaube Sie werden mir solche leicht verschaffen können. Ich bin erbötig sie zu bezahlen. Leben Sie wohl. W. dl. 13 Aug. 81. G

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Melden Sie mir doch wo Sie wohnen. Und danken dl. Fr. Schulthes für den D e v i n.

468. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 18. August? 1781. Samstag?〉 Dancke fürs Frühstück den Hut wirst du schon haben. Ich bleibe zu hause und suche dich gegen Abend. Adieu aller beste und einzige. G.

469. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. August 1781. Sonntag Schon den ganzen Morgen bin ich dir nah meine Beste, und hätte geschrieben und geschickt wenn mich nicht die Geister an mein neues Stück geführt hätten. Die zweyte Scene wird heute wohl fertig. Adieu ich bleibe und wohne in deiner Liebe, und es ist mir schön daß deine Phantasie mich mit dem Onkle zusammenschmilzt. Leb wohl ich seh dich noch heute. dl. 19 Augl. 81 G

12 erste ⎡zweyte⎤

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BRIEFE 470–473

470. An Jenny von Voigts Weimar, 20. August 1781. Montag

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Anstatt des versprochenen Kastens mit meiner Büste kommt Ihnen dieser Brief allein entgegen. Ich hoffe Sie werden die Ursache dieser Verzögerung, wenn ich sie Ihnen erzähle billigen. Durch ein Versehen des Bildhauers war bey dem Ausgießen der Kopf nicht ganz richtig auf den Hals gesezt, und ob es gleich nur wenig betrug und die Hauptform dadurch nicht verändert war, so gab es doch den Zügen eine scheinende Anstrengung und der Gebärde einen Ausdruk zwischen Stolz und Eitelkeit. Ich hatte mich schon drein ergeben und wollt’ es in dem Briefe, mit dem ich das Bild überschikte, bemerken, als mir der Künstler ein ander Modell, worinn er diesen Fehler verbeßert hatte, zeigte. Ich entschloß mich sogleich ienes zurük zu behalten und einen Ausguß von diesem zu überschiken. Bis nun aber hierüber eine Form gemacht wird, geht einige Zeit hin, Melden Sie mir ob ich es dem ohngeachtet nach Braunschweig, oder lieber gradezu an Ihren Herrn Vater nach Osnabrük überschiken soll, und, wenn es möglich ist schaffen Sie mir dagegen irgend ein Bild von Ihnen beyden. Ich lege hier ein Stük bey, das eins von meinen ältsten, neuerdings aber, nach verschiedenen Vorstellungen, wieder überarbeitet worden ist. Bringen Sie es Ihrem Herrn Vater mit, nicht eigentlich daß er sich daran erbaue, sondern, damit er sehe, daß ich in allerley Gattungen Versuche zu machen, nicht faul gewesen bin. Erhalt’ ich es / zurük, so will ich Ihnen nach und nach die übrigen wenigen Arbeiten zuschiken, die ich bey der Unruhe meines gegenwärtigen Lebens mehr habe anlegen als ausführen können. Leben Sie wohl und erhalten mir Ihre Freundschaft. Goethe Weimar dl 20 Augl. 1781.

7 Au×sdruk 11 Ihnen es ⎡ienes⎤ 13 mMelden 13 ⎡ob ich es⎤

AUGUST 1781

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471. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. August 1781. Montag Ich fahre nach Tiefurt zum Essen, und nehme von meiner lieben Urlaub. Heute früh hab ich gehausvatert wie du mich haben willst. Adieu. Ich komme zeitig wieder. Das Wetter ist schlecht, doch will ich durch die grose Allee fahren. dl. 20 Aug 81 G

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472. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 24. August 1781. Freitag〉 Mit einem guten Morgen schick ich meiner besten einen Brief von meiner Mutter, um sich an dem Leben drinne zu ergotzen. Gestern war’s recht artig. Die Werthern hat den Tasso mit rezitirt, und recht artig. Die Lieder werden abgeschrieben. G

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473. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. August 1781. Dienstag Auser deinem Ubel empfind ich keins an dem heutigen Tag. Meine Freunde sind freundlich und schicken mir allerley gutes. Hier hast du vom Angebinde dein Theil. Gegen 10 geh ich ins Conseil. Adieu meine Beste. Ich bin immer dein und bey dir, leibeigner als sichs dencken lasst. dl. 28 Aug G 81.

16 sich|s|

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BRIEFE 474–480

474. An Sophie von Schardt 〈Weimar, 28. oder 29. August 1781? Dienstag oder Mittwoch?〉 〈Druck〉

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Mögen Sie, meine Liebe, das Leben wieder so freundlich ansehn, wie mich die Blumen von Ihrem Angebinde. Lassen Sie uns immerfort, so lang wir zusammen bleiben dürfen, des Guten miteinander geniessen und dadurch unsere Kraft stärken, das Uebel vereint zu tragen. Glauben Sie mir, dass es eins von den liebsten Geschenken mir zum Geburtstage ist, dass ich Sie unter den Lebendigen nicht vermisse. G.

475. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 29. August 〈1781. Mittwoch〉

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Gestern ist das Schauspiel recht artig gewesen, die Erfindung sehr drollig und für den engen Raum des Orts und der Zeit sehr gut ausgeführt. Hier ist das Programm. NB es war en ombre Chinois wie du vielleicht schon weisst. Adieu Beste. Bleibe mir, und wenn s möglich ist so laß mich die Freuden rein geniessen die mir das Wohlwollen der Menschen bereitet. dl. 29 Aug G.

476. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 31.〉 August 1781. 〈Freitag〉

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In der Hoffnung bald aufgeweckt zu werden legt ich mich nieder. und dancke nun für Ihr frühes Andencken. Ein Hemd kommt mit. Es ist Conseil und wenn ich nicht mit dem H. bleibe so folg ich Ihrer Einladung. dl. 30 Aug 81. G.

12 289 16 f×olg

AUGUST/SEPTEMBER 1781

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477. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 1. September 1781. Samstag〉 Danck für alles gute und Liebe. Hier Trauben und Pfirschen. Vielleicht komm ich in die Zeichenschule. Adieu beste. Ich bin heut musikalisch und esse mit der S. bin und bleibe doch aber ganz dein. G

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478. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang September? 1781〉 Wenn mich’s zu hause lässt, so schick ich und lasse holen was mir das liebe anbietet. G

479. An Charlotte von Stein 〈Weimar, vor dem 10. September 1781?〉 Zahn wird heut Abend mit der Harfe kommen, die Schr. auch. Willst du die Lieder hören so komm und bringe mit wen du willst. Etwa auch deine Mutter. Ich lasse beyde Häsgen und das Feldhuhn braten daß wir alle satt haben. G

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480. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 10. September 1781. Montag Wie hat mein beste und liebste geschlafen? Gar zu gerne hätt ich dir etwas geschickt. O warum wohn ich in keinem Weinberge. Hier sind indess einige Zeichnungen aufzuheben. dl. 10 Sept. 81 G

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BRIEFE 481/482

481. An Philipp Christoph Kayser Weimar, 10. September 1781. Montag

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Ich habe Ihnen mein lieber Kayser einen Vorschlag zu thun, über den ich eine baldige Entschließung und Antwort erwarte. Sie erinnern sich, daß ich lange gewünscht hatte, Sie Gluken näher zu bringen, auch hatte ich schon bald nach Ihrer Abreise einen Brief geschrieben, der eben an ihn abgehen sollte, als ich die Nachricht von dem Schlag erfuhr, der ihn gerührt hat. Durchl der Herzog schrieben darauf selbst an ihn und erhielten beiliegende Antwort. Es kommt nun drauf an ob Sie Sich zu diesem wakern Schritte entschließen wollen. Bey Gelegenheit der Feyerlichkeiten in Wien zu seyn ist kein geringer Reiz für einen ieden, und doppelt für Sie. Es werden einige Opern von Gluk deutsch aufgeführet werden, der Alte kann Ihnen noch seinen ganzen musikalischen Segen hinterlaßen, wer weiß, wie lang er noch lebt. Freylich wünscht’ ich, daß Sie gleich aufbrächen um noch bey allen Proben und Anstalten zu seyn und das Innerste kennen zu lernen. Haben Sie das Alles gesehen und gehört, haben Sie den Wiener Geschmak, Sänger und Sängerinnen kennen gelernt, so ist es alsdenn wohl Zeit, daß wir auch was versuchen. Einige Monate in Wien können Sie iezo weiter rüken als zehn Jahre einsames Studium. So bald Sie mir Ihren Entschluß melden, sollen Sie Empfehlungsschreiben an Gluk, und an den hiesigen Residenten bekommen, auch Geld, so viel Sie zur Reise nöthig haben und dort soll es Ihnen an / nichts fehlen und Sie sollen zu weiter nichts verbunden sein, als alles aus Sich zu machen weßen Sie fähig sind. Antworten Sie mir aufs baldigste und wenn Sie Lust dazu haben so machen Sie Sich gleich reisefertig, mit der umlaufenden Post sollen die Briefe und das Geld folgen. Erkundigen Sie Sich nach der Route und nach allem. Vergeßen Sie nicht Sich einen warmen Mantel mitzunehmen. Ich glaube Sie gehen am besten auf Constans und fahren über den See nach Mörsburg, von da geht ein Postwagen über Memmingen, iedoch wie ich glaube nicht gerad auf München er wird einen Umweg auf Augspurg nehmen und dann müßen Sie auf München Linz und dann Wien. Doch das ist das geringste, Sie wißen ia wohl, wie man durch die Welt

3 hat|te| 13 sSie 30 M auf 30 links ⎡Linz⎤

SEPTEMBER 1781

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kommt. Lavater giebt Ihnen wohl einen Brief an den Grafen Thun mit, sagen Sie indeßen niemand weiter von der Sache. Schreiben Sie mir ia bald, ich glaube nicht daß etwas vortheilhafteres für Sie gefunden werden könnte. Weimar den 10tn Sept. 1781. G. / 〈Abschrift〉

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Wie dieser Brief schon geschlossen war, erhielt ich den Ihrigen über Rousseaus Lieder. / Ich kann mir vorstellen daß sie Ihnen große Freude

gemacht haben. Ich habe die Stimmen ausschreiben lassen und so habe ich sie meistens schon etlichemal gehort. Man wird sie nicht satt und ich bewundere bei der Einfalt die große Mannigfaltigkeit und das reine Gefühl wo alles an seinem Platz ist. Wie sehr verlangt mich einen Brief von Ihnen zu erhalten, wenn sie so viel mehr gehört und gesehen haben. Und da ich eben bedenke, daß acht Tage auf oder ab, diesmal gar viel thun, sowohl wegen der Umstände als der Jahrszeit so schreibe ich mit der heutigen Post an meinem Banquier nach Eisenach, daß er Ihnen 200 rl. hiesigen Geldes in Zürich, wenn Sie es verlangen soll auszahlen lassen. Entschließen Sie Sich also kurz und gut, nehmen Sie das Geld setzen Sie Sich auf und fahren nach Wien. Die Empfehlungsbriefe sollen sogleich, wenn Sie mir ein Wort melden, von hier abgehen, daß Sie solche bey Gluck, der ohnedies schon von Ihnen weiß vorfinden. Denn bis Ihr Entschluß hierherkäme und die Briefe wieder zu Ihnen, ginge viel Zeit verlohren. Versäumen Sie nicht in München / die trefflichen Meister, die der Churfürst von Bayern bey seiner Capelle hat kennen zu lernen. Erkundigen Sie Sich auch, was Sie auf der Route für Geldsorten nöthig haben. Ich glaube Ducaten werden das Beste seyn.

482. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 11. und 13. September 1781〉 Mich verlangt sehr zu wissen meine beste ob du dich aus deiner Stille und Trauer wieder herausgerissen hast und deine Seele wieder ins Licht

1 kgiebt 26 mdich 27 ⎡hast⎤

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BRIEFE 483–488

der Liebe getreten ist, die alle Gegenstände mit dem Glanze der Colibri Hälsgen scheinen macht. Adieu. Nach Tisch fahr ich mit dem H. nach Tiefurt, Abends seh ich dich. G.

483. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 13. September 1781. Donnerstag Ich schicke Biörnst. und die Scheere. Robertsonen hab ich im Closter liegen lassen. Und der Mensch der durch dich heil und gut und gan〈z〉 wird ist auch ganz dein. dl. 13 Sept. 81. G

484. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang bis Mitte September? 1781〉 10

Die Pfirschen sollen dich begrüsen, und ihr guter Geschmack dich erinnern daß ich dich liebe. Leb wohl meine beste. Und erhalte mir mein kostbaarstes. G

485. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang bis Mitte September 1781?〉

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Für deine schöne Pfirsche schick ich eine Schüssel gemeine Birn. Schon den ganzen Morgen such ich nach einer Blume in meinem Garten für dich und finde keine es ist alles verdorrt. Gestern Abend war mirs traurig und ging nach Hause. Ich habe nirgends hinzugehn wenn du mir fehlst. Hier ist die Scheere. Viel Freude mit den deinigen G.

8 163 14 Birn ⎡Pfirsche⎤ 17 ×Hause

SEPTEMBER 1781

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486. An Charlotte von Stein 〈Erfurt, 15. September 1781. Samstag〉 Eine Schachtel mit Früchten die hoff ich gut sind bringt dir die Botenfrau, durch die ich ein Wort von deiner Liebe erbitte. Die schöne Gräfinn ist heute früh weg. sie sieht aus und ist wie eine schöne Seele, die aus den letzten Flammenspitzen eines nicht verdienten Fegfeuers scheidet und sich nach dem Himmel sehnend erhebt. Sag mir daß du wohl bist. Der Stadthalter hat schon wieder mit mir ein unendliches Gespräch angefangen. Das eigne Wesen eines Menschen das ganz fremde Würckungen aus sich hervorbringt ist mir sehr merckwürdig. Adieu. Ich bleibe in deiner Liebe. G. Sonnabend Mittags. Grüse die Herzoginn von mir

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487. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 17. September 1781. Montag Zum guten Morgen freundliche Früchte. Und bitte um meine Schweitzer reise, dem Prinz August zu schicken. Ich liebe Belwedere wo ich dich heute sehn werde. dl. 17 Sept. 81. G

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488. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 17. September 1781. Montag Durchlauchtigster Fürst gnädigster Herr,

Ew Durchl nochmals meine Freude über die glückliche Begegnung in Erfurt zu versichern, und mein Wort zu halten ergreif ich am frühen Morgen die Feder. Hier sind die beyden versprochnen Kleinigkeiten. 4–5 scheident 8 uns ganz 13 aAuchgust 15 ×Sept.

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BRIEFE 489–492

Die Reise hat besonders von mehr als einer einer Seite die Augen eines freundschafftlichen Beschauers nötig, vielleicht mündlich darüber ein mehreres. Die Schuwalovische Carawane hat sich gestern von Erfurt auf Weimar bewegt, wo ich ihr zum Geleitsmanne gedient habe. Heut Abend gehn sie weiters. Durchl dem Herzog und Herzoginn bitte mich zu Füsen zu legen, und selbst von meinen unveränderlich anhänglichen Gesinnungen überzeugt zu seyn. Ew Durchlaucht Weimar dl. 17 Sept. 1781.

unterthanigster Goethe

Die Reise war nicht in meinen Händen, der Bediente bleibt aus, und ich muß das Packet zumachen. Sie soll den nächsten Posttag folgen.

489. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. September 1781. Mittwoch

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Mit dem Tableau de Paris schick ich gute Pfirschen. Gedencke mein. Heute wär ich sehr gerne zu Hause geblieben und hätte gearbeitet, nun muß ich noch einmal zu den Kindern dieser Welt. G. dl. 19 Sept. 81.

490. An Friedrich Justin Bertuch 〈Weimar, 18. oder 19. September 1781? Dienstag oder Mittwoch?〉

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Heute früh hab ich vergessen zu fragen: Ob Sie auch wegen einer Antwort von Rosten das nötige besorgt haben; wenn seine Entschliesung etwa käme damit man ihm das Portefeuille das er zur Messe wohl braucht, wieder zurückschicken könne. Und ob Sie an die Brossard gedacht haben? Nochmals glückliche Reise, und die besten Empfehlungen. G. 15 MSept. 19 können

SEPTEMBER 1781

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491. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. September 1781. Donnerstag Sag mir wie du geschlafen hast. Ich komme gar nicht von dir weg. Von dem Kuchen gieb Fritzen ein Theil. Was beyliegt ist dein. Wenn du willst so geb ich’s in’s Tief. Journal und sage es sey nach dem Griechischen. Adieu beste. was wäre Morgen und Abend mir ohne dich. G dl. 20 S. 81.

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492. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar〉, 20. September 1781. Donnerstag In der Hoffnung Ew Excell bey Gelegenheit einer freudigen Nachricht schreiben zu können, hielt ich die ganze Zeit mit einem Briefe zurück. Nunmehr da unsre Hoffnungen in Trauer verwandelt sind, ist unsre Gemüthsverfassung freylich sehr geändert. Diesen betrübten Vorfall nicht gegenwärtig erlebt zu haben, ist würcklich ein Glück, die ersten Augenblicke waren sehr hart, und die ersten Tage, die man sich voll Jubel dachte, recht bänglich. Die Gesundheit Durchl der Herzoginn ist allein aufrichtend bey diesen Umständen, und die Wünsche eilen schon wieder der Zukunft entgegen. Mögen Ew Excell doch auch, befreyt von allen Ubeln, und gestärckt, von Ihrer Cur zurückkehren, und mögen Sie mir alle die freundschafftlichen Gesinnungen in ganzem Maase erhalten zurückbringen, deren Versicherung mir bisher so viel Vergnügen verursacht hat. / Ich habe mir die Freyheit genommen mich in dem neuerbauten Stalle umzusehn, er wird sehr geräumig und schön und ist wohl nun bald zu Stande. Ubrigens ist bisher alles ruhig und in seinem Gleise gegangen, und ich komme sehr in Versuchung den Fürsten von Dessau auf den Geburtstag der Hoheit, welches der 28 dieses ist zu besuchen.

2 ×ein

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BRIEFE 493–496

In Erwartung Ew Excell bald wieder mündlich zu begrüsen, empfehle ich mich Ihnen und der Frau Gemahlinn auf das beste und unterzeichne mich mit aufrichtiger Verehrung Ew Exzell 5

Weimar dl. 20 Sept 81.

gehorsamsten Diener Goethe

493. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 21. September 1781. Freitag〉

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Ich hatte groses Verlangen dir etwas zu schicken da kommen mir die Früchte die ich dir wiedme. Zugleich meld ich dir daß ich mich verrechnet habe, daß der Geburtstag der Hoheit dl. 24ten ist und daß ich Sonnabends Nachmittag oder Sonntags ganz früh weg muß wenn ich zu diesem Feste kommen will. Richte Fritzens Bagage darnach ein. Nach Jena kommen wir also nicht. Adieu beste. Es übereilt mich schon von dir zu scheiden. G

494. An Johann Gottfried und Caroline Herder 〈Weimar, 21. September 1781. Freitag〉

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Morgen in aller Frühe geh ich nach Dessau und will der Hoheit zum Geburtstage aufwarten und eine alte Versäumniss einbringen. Ich werde bald und um so lieber zurückkehren, da ich auch von euch eines freundlichen Empfanges versichert bin.

13 SRichte

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SEPTEMBER 1781

Herder hat von meinen Gedichten verlangt, hier ist alles was ich einmal zusammengeschrieben, es fehlen einige die folgen sollen. G Lasst sie niemand sehen.

495. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar〉, 21. September 1781. Freitag Ich habe den schnellen Entschluss gefasst morgen auf Dessau zu gehen, und mein langes Aussenbleiben dadurch wieder gut zu machen, daß ich auf der Hoheit Geburtstag und zu den dabey angestellten Spielen und Festen komme. Lebe indessen wohl. In acht Tagen bin ich wieder hier. Grüse Toblern Mit Herdern bin ich in ein Verhaltniss geruckt das mir für die Zukunft alles Gute verspricht. Schone ihn! man schont sich selbst wenn man nicht streng und grausam in gewissen Lagen gegen Menschen ist die die uns, oder den unsrigen wieder näher werden können. / Leb recht wohl. Ich hoffe mir viel gutes von dieser kleinen Ausflucht. dl. 21 Sept. 81

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G.

496. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 22. September 1781. Samstag Es wird mir doch mitten in der Abreise Zerstreuung unheimlich von Ihnen zu gehn. Adieu beste. Sobald es möglich bin ich bey dir und nehme mit groser Freude dein liebes Unterpfand mit. dl. 22 Sept. 81 G

11 auf ⎡in⎤ 11 ⎡ist⎤

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BRIEF 497

497. An Charlotte von Stein Merseburg, 22. September 1781. Samstag

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Mit Fritzen einem Tisch hab ich eine Cantzley aufgeschlagen, er ist recht gut lieb und rein. Cristus hat recht uns auf die Kinder zu weisen, von ihnen kan man leben lernen und seelig werden. Ohne den mindsten Zufall hat unsre Tagreise sich geendet die ewigen Stoppeln machten Fritzen Langeweile, indessen ich an einigen Gedichten mich sinnend ergötzte, die ich in das Tiefurter Journal schicke von da aus sie erst meiner Besten die Cour machen sollen. Adieu. Ich bin noch nicht von dir weg und hoffe dieser Brief soll dich noch in W. treffen. Empfiehl mich der Herzoginn, und bleibe um mich. Wie anders schreib ich dir iezt als sonsten. Merseburg dl. 22 Sept 81 G. / 〈Beilage?〉 〈Vgl. Abb. 17〉 /

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d. 22 Sept 81. G.

wenn ich dir es gönnte 〈D〉ir mit andrem Necktar es erfüllte

10 Empfielhl

SEPTEMBER 1781

Abb. 17: Goethe: Schweinehütte (Beilage? zu Nr 497), Vs.

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BRIEFE 498/499

498. An Adam Friedrich Oeser Weimar, 1. Oktober 1781. Montag

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In der Zerstreuung, in die mich vielerley Geschäfte bey meiner Ankunft versezen, kann ich nur mein bester Herr Profeßor Ihnen für die viele Liebe und Freundschaft danken die Sie mir bey meinem Aufenthalt in Leipzig bezeiget. Da mir meine Stunden so knapp zugemeßen waren, wie viel bin ich Ihnen nicht schuldig daß Sie mir den größten Theil davon so angenehm und nüzlich haben verbringen machen. Da ich übermorgen als den 3ten. schon wieder von hier abreißen muß, so bitte ich Sie wegen der abzuschikenden Statue mit dem Herrn Rath Bertuch zu korrespondiren, dem ich den umständlichen Auftrag gegeben habe. Er wird auf Ihre Nachricht den Fuhrmann zur rechten Zeit nach Leipzig schiken, und das nothige besorgen. Ich empfehle mich Ihnen und den Ihrigen aufs beste, wobey sich mein kleiner Reisegefährdte mit anschließt. Verzeihen Sie alle Beschweerden die ich Ihnen mache, und bleiben Sie meiner vollkommensten Ergebenheit versichert. Weimar dl 1 Okt. 1781. Das bewußte Basrelief wird nächstens anlangen. Goethe

499. An Charlotte von Stein Weimar, 1. und 2. Oktober 1781. Montag und Dienstag dl. 1 Sept. 81. Weimar

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Heute Nacht gegen zwölfe sind wir wieder angekommen. Fritz ist gar brav, es ist davon viel zu erzählen. Jetzt bin ich so zerstreut daß ich nichts ordentliches werde vorbringen können. Steinen hab ich in Leipzig gesehn, er war vergnügt uns zu treffen.

3 meinenm 12 dIhnen

OKTOBER 1781

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Alles ist nach Wunsch gegangen. Ich komme beladen wieder zurück. Ein halbes Jahr in der Welt würde mich sehr weit führen. Ein Brief von Herzog von Gotha lädt mich aufs verbindlichste ein, Grimm ist drüben und ich werde wohl übermorgen hingehn. Die Bekanntschafft mich diesem ami des philosophes et des grands macht gewiss Epoche bey mir, wie ich gestellt bin. Durch seine Augen wie ein schwedenborgischer Geist will ich ein gros Stück Land sehn. Einige sehr schöne Bekanndtschafften hab ich gemacht. Fritzens Urtheil über die Menschen ist unglaublich richtig. Nur müssen wir suchen zu hindern daß ihn das Glück nicht übermüthig mache. Ich hab ihm einige ruhige, sehr wahre Lecktionen gegeben, und er ist sehr geschmeidig. Du hattest mir verboten dir nichts mitzubringen, schon ging ich betrübt unter manchen schönen Sachen, als mir das Glück einen / geschnittnen Stein zuführte, davon ein Abdru〈ck〉 beyliegt, selten findet man unter Juwelier Waare ein so artig Steingen. Es stellt Psyche vor mit dem Schmetterling auf der Brust in gelbem Achat. Es ist als wenn ich dich immer meine Liebe Seele nennte Auch hab ich dir ein Gedicht gemacht das du durch den Weeg des Tief. Journals sollst zu sehen kriegen. In Leipzig hab ich das Offenbaare Gehei〈m〉niss gesehen und mein Gewissen hat mi〈ch〉 gewarnt. Meine Liebste ich habe mich immer mit dir unterhalten und dir in deinem Knaben gutes und liebes erzeigt. Ich hab ihn gewärmt und weich gelegt, mich an ihm ergötzt und seiner Bildung nachgedacht. Knebel hat mir eine Stunde verplaudert die dir gewiedmet war. Ich habe ihm die Quitessenz meiner Reise erzählt warum kan ich es nicht dir diesen Mittag. Den Boten will ich erst morgen fortschicken, denn ich kan doch von dir keine Antwort haben eh ich nach Gotha gehe. dl. 2. Oktbr. Schon heute Abend will ich fort auf Gotha und habe noch viel zu schaffen und zu kramen.

5 m×acht 6 mir., 14 Gluück 22 deir 25 duir 25 jgewiedmet 26 Quittessenz

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BRIEFE 500–502

Adieu Liebste. Hierbey kommt verschiednes von Fritzen. Grüse die Kleine und Carolingen. Jene soll haben was sie von mir in einem Billet verlangt. Dancke deinem Bruder für die Marmor. Tausendmal Adieu. Schreibe mir man schickt mir’s nach. O wie mögt ich zu dir. G.

500. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. Oktober 1781. Dienstag

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Ich bitte dich meine Geliebte die Ringmaase zu probiren und an den der dir gerecht ist ein Fädgen oder Bändgen zu knüpfen damit ich den Stein darnach kan fassen lassen schicke mir es balde wieder. Adieu. In Eile dl. 2 Oktbr 81. G

501. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 2. Oktober 1781. Dienstag〉 Ich gehe heut Abend auf Gotha hier ist Gablidon. lies ihn und zeige dies Wunder wem du denckst. Hier ein Brief an Tobler. Wahrscheinlich bin ich wieder hier ehe acht Tage vergehn. Adieu.

502. An Charlotte von Stein 〈Gotha〉, 9. Oktober 1781. Dienstag

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Den einzigen Lotte welchen du lieben kanst Foderst du ganz für dich und mit Recht. Auch ist er einzig dein. Denn seit ich von dir binn Scheint mir des schnellsten Lebens lärmende Bewegung

1 fF×r×itzen Fritzen 7 dam|i|t

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Nur ein leichter Flor durch den ich deine Gestalt Immerfort wie in Wolcken erblicke, Sie leuchtet mir freundlich und treu Wie durch des Nordlichts bewegliche Strahlen Ewige Sterne Schimmern. = dl 9. Oktbr. 81. Grimm ist heute Nacht fort und ich bleibe aus vielen Ursachen hier. Es geht mir wohl, und ich lerne endlich der Welt gebrauchen. Die Bekanntschafft mit dem F r e u n d e hat mir die Vorteile gebracht die ich voraussah, es ist keiner ausgeblieben, und es ist mir viel werth auch ihn zu kennen und ihn richtig und billig zu beurtheilen. Meine ehmalige Geschichten hier sind mir so lebhafft mit ihren Effeckten denn es sind dieselben Menschen derselbe Ort und die gleichen Verhältnisse. O Lotte was für Häute muß / man abstreifen, wie wohl ist mirs daß sie nach und nach weiter werden, doch fühl ich daß ich noch in manchen stecke. Die Zeichnungen des Herzogs machen mich glücklich, ich werde dir viel davon erzählen. Nach seinem Raphael hab ich gezeichnet und bring es mit, solch ein Blätgen zu besitzen wäre ein groser Wunsch. Nun versteh ich erst was nach ihm gestochen ist, nur der immediate Geist kan mich aufwecken. Zwischen allem durch denck ich an dich und an die Freude dich wiederzusehen. Manchmal wenn ich Abends die einsamen Treppen heraufgehe denck ich dich lebhafft als ob du mir entgegen kamst. Ich bin ganz dein und habe ein neu Leben und ein neu betragen gegen die Menschen seit ich weis daß du davon überzeugt bist. Adieu beste liebste. Grüse die deinigen. G.

16 fühle 20 gröoser 26 ×du

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BRIEFE 503/504

503. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Gotha, 11. Oktober, Erfurt 12. Oktober 1781. Donnerstag und freitag

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Um meinen hiesigen Aufenthalt mit einem Abenteuer zu endigen, will ich Morgen früh sechse in forma hier abfahren, in Siebeleben aussteigen, über die Gleichen, Ichtershausen, Dinstädt nach Kochberg zu Fuse gehn, und auf der einsamen Wandrung meine Lecktion rekapituliren. Vom hohen Friedenstein durch das flache Land, aus dem zusammengefassten Leben der obern Menschen, zum einzelnen und einfacheren der niederen Landsbewohner. Es ist mir recht wohl gegangen, ich habe viel gezeichnet. Das lebhaffte Intresse des Cirkels in dem ich hier bin, am Augenblicklichen macht auch im Augenblick lebhafft, und durch Kleinigkeiten zum Allgemeinen Scherze thätig. Mein Christoph der diesen Brief überbringt, soll Sonnabends Abends in Kochberg seyn, er wird mein Pferd hinreiten. Geben Sie ihm etwas an mich mit, und sagen mir wie es steht und ob ich kommen soll. Doch mögt ich nicht daß man wüsste wo ich bin, ich habs ihm verboten gegen iemanden etwas zu erwähnen. Der Inselsberg ist sehr klar, ich hoffe einen schönen Tag auf morgen. Leben Sie wohl und behalten mich lieb. Die Welt ist weit, und eines ieden z u H a u s e ist klein. Wohl dem der sich leidlich bettet. Gotha. Donnerstag dl. 11. Oktbr 81 G. Verte / Erfurt dl. 12ten früh 10Uhr.

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Das sehr trübe Wetter heute früh hat meiner Wandrung eine prosaischere Wendung gegeben, ich bin hierher gefahren und will Miethpferde nehmen um über Tondorf und Tannrode zu reiten. Der Herzog fürchtet sich vor der Marckgräfinn, und wird nicht eher kommen als bis

4 imauf 12 Freytag ⎡Sonnabends⎤ 24–25 Mitethpferde

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sie weg ist; wer doch einmal einen guten Credit hat, kan sicher seyn daß er sich ausbreitet. Ich bin sehr zufrieden von meinem Aufenthalt, und wie es scheint sind es die Leute auch mit mir. Da ich ein wenig mehr als sonst mit denen Effeckten bekannt bin die meine Existenz machen muss, und ich nach und nach lerne, offen zu seyn und mich bis auf gewisse Punckte gehen zu lassen, ohne die hergebrachten, und natürlichen Schicklichkeiten zu beleidigen, so werd ich für andre, und mir selbst wohlthätiger. Wenn ich noch einen Schluck aus dem Becher weiblicher Freundschafft gethan habe, kehr ich vergnügt in mein Thal zurück. Diese drey Wochen waren eben hinreichend die Summe des vergangnen Jahrs zu ziehen, und noch auf den Winter etwas einzutragen. Leben Sie recht wohl. Sagen mir wie es geht, und ob Sie mich noch einige Tage in der Welt wollen herumstreifen lassen. Wenn man nach mir fragen sollte, so bin ich auf mineralogischen Weegen. Addio. /

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Um 12 Uhr. Ich bin bey dem Stadthalter gewesen, und habe ihm gerathen den Herzog von Gotha nicht dringend auf den Montag einzuladen. Er glaubt nicht anders als ich ginge nach Weimar, wenn also die Rede von mir kommt so lassen Sie es fallen ob ich da bin oder nicht.

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504. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. Oktober 1781. Montag Wie freundlich mich Thal und Garten empfangen hat, kan ich mit Worten nicht ausdrücken. Der Gedancke an deine Liebe zu diesem Sonnenschein machte mich ganz glücklich, und zeigte mir die besten Hoffnungen. Wenn ich die ersten Wellen ausgehalten habe die nach dieser Abwesenheit auf mich zuströmen schreib ich dir mehr.

15 sn nach 18 ⎡habe⎤ 24 ×Sonnenschein

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BRIEFE 505–507

Leb tausendmal wohl. Grüse Lingen und die Schl. Adieu Beste. G dl. 15 Oktr 81.

505. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Oktober 1781. Freitag

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Eben erhalt ich durch den Hofmechanikus dein liebstes Briefgen, als ich im Begriff bin dir zu schreiben und dir ein Halb Schock Lerchen zu schicken. Verzehre sie mit deinen Gästen vergnügt, und grüse den Herzog. Ich sehe mit Sehnsucht das Zeichen über dem Camin an, und hoffte dich bald wieder dabey zu sehn. Heute Abend habe ich Anatomie gezeichnet und bin fleisig in Ermanglung etwas bessern. Adieu! meine Liebe ist und bleibt dir bewahrt. Ich bin gar nichts ohne dich. Adieu. Grüse Lingen. Der Schl. dancke für die Vögel. dl. 19 Oktbr 81 Abends G.

506. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 23. Oktober 1781. Dienstag 15

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Dein Quartier ist fertig und ich erwarte nun von ieder Stunde daß sie mir dich wiederschencken soll. Ich bin diese Tage her meist allein gewesen und habe mich viel beschäfftigt, mein Haus wird mir aufs neue lieb und werth, wenn ich auch eine Wohnung in der Stadt hätte ich zöge nicht hinein. Der Augenblick dich wiederzusehn wird auch kommen, ich stehe viel gegen das Fenster wo ich mir dich hinter den Bergen dencke, meine Liebste! mein Glück! Es wird ein wohlthätigerer November seyn als der vorige

7 aüber 20 Dier 23 vorigere

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Nun scheint mir alles fröhlich und gut wenn du mir gesund bleibst! komme bald! Bis dahin freu ich mich deiner Zeichen die ich hie und da antreffe. O du Gute. Halte mich nur an daß ich fleisig bin. Adieu ich kan nicht von dir kommen. dl. 23 O. 81 G. Grüse deine Krancken. Wende /

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Wende will erst morgen mit einräumen fertig werden. Also wirst du eben recht kommen. Du brauchst doch einen Tag um von Kochberg loszuwerden. Adieu ich hoffe und harre auf dich.

507. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. und 28. Oktober 1781. Samstag und Sonntag Sonnab. dl. 27 Oktbr 81. Sehr unerwartet und unangenehm meine beste war mir die Nachricht daß du ausbleibst. Denn ich kan und darf nicht ohne dich leben. Schon hatte ich mir eine Menge Beschäfftigungen ausgesonnen, was ich in die nächste Woche legen wollte und nun schickt mir der Himmel eine neue Prüfung der Geduld in einem sehr beschweerlichen Auftrag davon du die Geschichte mündlich erfahren sollst. Sonntag früh. Ich gehe nach Jena in einer sonderbaaren Gesellschafft. Lebe wohl. Liebe mich ich hoffe auf Ruhe und Belohnung von allen Mühseeligkeiten bald wieder an deiner Seite. G.

1 bleibst!, (Komma gestr.) 6 ⎤Grüse deine Krancken.⎤ (quer zur Schreibrichtung) 8 aum 13 ausgesonnen., 13 i×n 14 m×schickt 19 wvon 19–20 mMühseeligkeiten

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BRIEFE 508–512

508. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, vor dem 28. Oktober 1781?〉 Ich schreibe so eben, wenn es fertig ist kans liegen. Wenn du mit mir essen willst so lass mirs gleich sagen so hohl ich dich gegen Eilf Uhr ab und wir laufen vorher, oder ich esse mit dir wie du willst. G

509. An Jacob Friedrich von Fritsch Weimar, 28. Oktober 1781. Sonntag 5

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Eine wunderbaare Angelegenheit, wovon ich Ew Exzell bey meiner Zurückkunft Nachricht geben werde, nötigt mich heute nach Jena zu gehen ohne daß ich voraus sagen kan, wie bald ich wieder kommen werde. Behalten mich Ew Exzell in gnädigem Andencken. Ich bedaure daß mir die Umstände nicht erlauben noch persönlich aufzuwarten. v. H. dl. 28 Oktbr 81. Goethe

510. An Charlotte von Stein 〈Jena, 29. Oktober 1781〉. Montag

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Von Jena wo ich seit gestern bin schick ich dir eine Schachtel mit Trauben möge sie gut bey dir ankommen. Ein beschweerlicher Liebesdienst den ich übernommen habe, führt mich meiner Liebhaberey näher. Loder erklärt mir alle Beine und Musklen und ich werde in wenig Tagen vieles fassen. Meine Seele ist an dich fest gebunden, deine Liebe ist das schöne Licht aller meiner Tage, dein Beyfall ist mein bester Ruhm, und wenn ich einen guten Nahmen von aussen recht schäze, so ists um deintwil-

2 Neu Eilf

15 ×Eine

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len daß ich dir keine Schande mache. Leb wohl meine Liebste. Laß mich einen Brief von dir in Weimar finden. Jetzt ist mir lieb daß du noch nicht da bist, daß deine Abwesenheit mir durch ein verwickelt Abenteur kürzer wird. Ich habe diese zwey Tage Gelegenheit gehabt alles was von Klugheit und Resolution in mir ist zu brauchen. Wenns vorbey ist und wohlgeendigt; so ists nicht viel und doch waren viele Menschen in Verlegenheit. Adieu Beste. Grüse Lingen Montags. G

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511. An Philipp Seidel 〈Jena, 29. Oktober 1781〉. Montag Besorge die Briefe. Die Schachtel mit den Trauben geht nach Kochberg sobald als möglich. Du brauchst mir nichts zu schicken. Lege aber alles zurechte wenn ich länger ausenbleibe so laß ich es hohlen. Adieu. Montags.

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G

512. An Carl Ludwig von Knebel oder Johann Gottfried Herder? 〈Weimar?, zwischen Mai und 2. November 1781 oder zwischen Mai 1780 und August 1781?〉 Brunck steht unter meinen Büchern ohne dass ich ihn das Jahrlang ansehe, willst du ihn als dein Eigenthum behalten, ich geb dir ihn gerne. G

5 Ggehabt

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BRIEFE 513/514

513. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 3. November 1781〉. Samstag

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Heute bin ich von Jena zurückgekommen, wo ich die ganze Woche in Geschäfften als moralischer Leibartzt zugebracht habe. Ich höre du kommst erst Montags, ich erwartete dich morgen. Länger durft es nicht dauren, mein Verlangen dich wieder zu sehen wird stärcker als daß ich Herr drüber werden könnte. Gar gerne ware ich morgen zu dir geritten. Wie hoff dir meine Geschichten zu erzählen, und von deiner lieben Seele verstanden zu werden. Adieu beste. Ich bleibe an dir! wie sehn ich mich dir zu sagen daß ich ganz dein bin! Sonnabend. Nachts. G.

514. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 4. November 1781. Sonntag

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Ihr Brief den ich erst gestern zu hause gefunden habe, war mir sehr erfreulich, ich sah daraus daß Sie Sich auf dem Gipfel menschlicher Dinge, von Liebe und Freundschafft begleitet, in Betrachtung des fürtrefflichen ergötzten: Ich habe indess als moralischer Leibartzt einen verworrnen Handel, zwar leider nicht ans Ende, |:denn wenig menschliche Dinge endigen sich, ausser durch den allgemeinen Schluss:| doch biß zur Entwicklung führen helfen. Eine alte Kranckheit zerrüttet die Einsiedlische Famielie, der Hausliche, politische, moralische Zustand hat auf den Vater so gewürckt, daß er nahe an der Tollheit, wahnsinnige, wenigstens schweer erklärliche Handlungen vorgenommen, hat endlich zu Hause durchgegangen ist und seinen Sohn hier aufgesucht hat. Ich habe mich, um kurz zu seyn, des Alten bemächtigt und ihn nach Jena in das Schloß gebracht, wo ich

6 dir dir meine 17 aber biß 21 wahnsinniges 21 wenigstens, (Komma gestr.) 22 ..... hat (Streichung durch Unterpungieren rückgängig gemacht) und endlich 22 ⎡ist⎤

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ihn unterhielt, biß seine Söhne ankamen, die indeß zu Hause mit Mutter und Onckle negotiirt und die Sache auf einen Weeg geleitet hatten. Die ganze Woche ist mir / auf diese Besorgnisse aufgegangen, und ich wollte Ihnen nicht eher schreiben biß ich dem Ausgang näher wäre, worauf ich ieden Tag hoffte. Lassen Sie Sich auf Ihrer Reise wohl seyn und kommen vergnügt zurück. Daß der Gr. die Perserinnen wohl gefallen hör ich sehr gerne, auch ich habe eine grose Vorliebe zu diesem Stück, und ich musste Toblern gleichsam mit Gewalt zur Ubersetzung bringen. Knebel nahm in Jena von mir Abschied und ging von da auf Saalfeld. Wenn er den Üblen so gut abhelfen oder sie tragen könnte, als er sie sieht, so würde er bald unentbehrlich seyn. In seinem ietzigen Zustande würckt alles auf ihn ohne daß er widerstehn oder gegenwürcken mögte, er hat sich Begriffe vom Leben und vom Zustande gemacht die eines ehrlichen Manns nicht unwerth sind, nur scheint mir besteht sein Haupt Unglück darinne, daß er theils einmal ganz allein handlen und sich selbst überlassen seyn will, und gleich drauf wieder eine Vormundschafftliche Sorge von andern fordert. / Loder ist das geschafftigste und Gefälligste Wesen von der Welt, er freut und bereitet sich auf den fürstlichen Cursum Philologikum. Ich habe mich, wie Sie leicht dencken konnen gehütet ihm über die Studia der Prinzen nähere Begriffe zu geben. Mir hat er in diesen 8 Tagen, die wir freylich so viel es meine Wächterschafft litte fast ganz dazu anwanden, Osteologie und Müologie durch demonstrirt. Zwey Unglückliche waren uns eben zum Glück gestorben die wir denn auch ziemlich abgeschält und ihnen von dem sündigen Fleische geholfen haben. Ich schliese den Lynckerischen Brief bey. Die Sache wird also sehr kurz zu machen seyn wenn Sie dem Klienten eine Stelle bezahlen. Denn die Freystellen sind wie ich vermuthete auf weit hinaus besetzt. Leben Sie wohl. Lieben Sie mich, und grüsen Ihre schöne Freundinn.

2 gebracht geleitet 12 aoder 15 k mögte 16 bestehlt 25 Muüologie 27–28 sündlichgen

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BRIEFE 515–518

Auf den Mittwoch fang ich auf der Akademie Abends an das Skelet den iungen Leuten Abends zu erklären, und sie zur Kenntniß des menschlichen Körpers anzuführen. Ich / thue es zugleich um meintund ihrentwillen, die Methode die ich erwählt habe, wird sie diesen Winter über vollig mit den Grundsäulen des Körpers bekannt machen. Davon mündlich mehr. Der neue Saal ergötzt einen ieden der hinein tritt und alle Schüler sind sehr vergnügt. Der Prinz hat mir einen sehr guten und verständigen Brief von Florenz geschrieben. Es erfüllt sich doch was ich voraus sagte, daß diese Reise, und diese Art Reise, ihm von grosem Nutzen sein wird. Leben Sie vielmals wohl. dl. 4 Nov. 81 G.

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Ihre Frau Gemahlinn trägt mir auf Ihnen viel schönes und gutes zu sagen, Sie werden das Blancket wohl am besten selbst ausfüllen können. G. Grüsen Sie Wedeln vielmals.

515. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. November 1781. Dienstag

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Sag mir meine Liebste wie du geschlafen hast und wie du lebst. Schicke mir den Rock und die Schlüssel. Zu Mittage ess ich mich dir damit meine durch Ackten eingeschnürte Seele sich wieder ausweite. Adieu meine Beste. dl. 6 Nov 81. G

5 Grundschäulen 9 ×Der BPrinz 16 zu Sie 16 dieas

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516. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 7. November 1781. Mittwoch Ich bitte dich meine beste um den Schädel. Grüse dich tausendmal zum guten Morgen. Die vielerley Papiere halten mich zu hause, und ich will auch zu hause essen. Adieu. Nach Tische frag ich an wie du lebst und was heut Abend wird. Gehst du ins Conzert? dl. 7 Nov. 81 G

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517. An Charlotte von Stein 〈Weimar, kurz vor dem 12. November 1781〉 Sag mir liebste Leidende wo möglich etwas Tröstliches. Ich sehne mich aus den Akten zu dir. G

518. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 12. November 1781. Montag Wenn nur die Schmerzen weg sind die guten Kräffte werden bald wiederkommen. Schone dich nur Heute um deint und meintwillen, denn wie kan ich leben und am Leben mich freuen wenn du kranck bist. Um deinem Vorwurf zu entgehn als wenn man Jahrhunderte leben müsse, um in meinen Gärten des Schattens zu geniessen hab ich die Sache recht durchgedacht, und will dir einen Plan vorlegen den du gewiss billigen wirst. Der Herzog hat doch im Grunde eine enge Vorstellungs Art und was er kühnes unternimmt ist nur im Taumel, einen langen Plan durchzusetzen der in seiner Länge und Breite verwegen wäre, fehlt es ihm an Folge der Ideen und an wahrer Standhafftigkeit. dl. 12ten Nov. 81. G.

5 in|s| 12 ansm

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BRIEFE 519/520

519. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. November 1781. Mittwoch

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Da ich mich entschliese zu Hause zu bleiben, eilt zuförderst mein Geist mit einem Morgengruse zu dir. Schicke mir meine liebste, den Schädel, die Zeichnung davon, das Lateinische Buch in Oktav, und eine Versicherung deiner Liebe. dl. 14 Nov. 81 G.

520. An Johann Caspar Lavater Weimar, 14. November 1781. Mittwoch

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Arbeiten und Zerstreuungen haben mich abgehalten dir für den überschikten Gablidon zu danken, welcher mir eine wunderbare Erscheinung gewesen ist. Daß ich die Sache um ein gut Theil roher nehme als du sie nehmen magst begreifst du wohl. Ich laße sie wie billig auf sich beruhen, und wenn ich ia etwas drüber denken oder sagen soll, so muß ich Thunen für einen betrogenen Laffen und die beiden andern für ein paar Schelmen halten. Dieses ist nun freilich keine zierliche und befriedigende Auflösung des Problems, doch zerfallen alle Taschenspielerstreiche in diese grobe Bestandtheile, sobald man an der einen Seite die überraschte Unbesonnenheit und an der andern die vorbereitete gewanndte List hinwegnimmt. Ich bin geneigter als iemand noch eine Welt außer der Sichtbaren zu glauben und ich habe Dichtungs- und Lebenskraft genug, sogar mein eigenes beschränktes Selbst zu einem Schwedenborgischen Geisteruniversum erweitert zu fühlen. Alsdenn mag ich aber gern, daß das alberne und ekelhafte menschlicher Exkremente durch eine feine Gährung abgesondert und der reinlichste Zustand in den wir versezt werden können, empfunden werde. Was soll ich aber zu Geistern sagen die solchen Menschen gehorchen, solches Zeug vorbringen und solche Handlungen begehen. Ich weiß wohl wie du solche Dinge zusammenhängst und will dich weder widerlegen noch bekehren, mir aber wenden /

3 Buchel

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sich die Eingeweide bei dergleichen Thorheiten um, besonders da mir das Schädliche davon so oft sichtbar geworden ist. Zugleich mußt du mir erlauben, daß ich über das Costume, worinnen der Geist sich gemahlt, eine Chicann mache. Es ist dies die gewöhnliche Kleidung in welcher unsere Juden am Schabbeß zu gehen pflegen und ich zweifle sehr, daß die Seher iener Zeiten, woher sich Gablidone schreiben will, in einem solchen Puze aufgetreten seien. Daß die Stükgen vom wahren Kreuze mir nun noch völlig den ganzen Handel verdächtig machen, kannst du dir leicht einbilden; Genug ich kehre von dieser überirrdischen Bekanndschaft um nichts klüger und um nichts beßer zurük, welches die einzige Bedingung wäre, unter welcher ich einige Ehrfurcht für iene unbekanndte Freunde haben könnte. Außerdem sie mir nach meiner Gedenkungsart äußerst gleichgültig bleiben müßen. Das mir überschikte Portrait gefällt mir auserordentlich wohl und zeigt von einem männlichen Mahler. Es ist wohl gesehen und wohlangelegt, Schade daß er nicht Zeit gehabt hat es weiter auszuführen. Der Charakter scheint mir sprechend und die Stellung gut gewahlt zu seyn. Nur hat es mich wundern müßen daß einige unbefangene Personen und besonders ein sehr wohl organisirtes, und in allen seinen Urtheilen über sinnliche Dinge höchst zuverläßiges, / Kind, es nicht erkannt haben. Ich machte dadrüber meine Betrachtungen, besonders da der Knabe auf einige verwanndte Gesichter rieht und ich glaube es liegt vorzüglich in der Farbe und in der mehreren Männlichkeit und Stärke der Züge die das Original freilich nicht hat. Genug es gefällt mir so wohl, daß ich es für mich behalten werde und danke dir also auf das beste dafür. Knebel ist hier weg und wird sich diesen Winter bey den Seinigen aufhalten. Er ist die Ursache daß Tobler so lange gezögert hat. Dieser wird nun bey dir angelangt seyn und dir mehr von uns erzählen können und mögen als ich in vielen Briefen nicht thun dürfte. Ich wünsche daß es ihm bey euch wohl gehen möge, welches, da er, durch den Genuß der weitern Welt ziemlich verwöhnt seyn mag, vielleicht im Anfange schweerer halten wird.

5 Scha|b|besß 7 ×vom 13 Gedenskungsart 29 und nur, ⎤dir⎤ (Komma versehentlich nicht gestr.)

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BRIEF 521

Mit dem nächsten Postwagen geht an Bäben der vollendete zweite Akt meines Taßo ab. Ich wünsche daß er auch für dich geschrieben sein möge. Die Unruhe in der ich lebe läßt mich nicht über dergleichen vergnüglichen Arbeiten bleiben, und so sehe ich auch noch nicht den Raum vor mir die übrigen Akte zu enden. Es geht mir übrigens, wie du wohl weißt, daß es den Verschwendern geht, die in dem Augenblike, wenn über Mangel an Einnahme, / uberspannte Ausgaben und Schulden geklagt wird gleichsam von einem Geiste des Widerspruches außer sich gesezt, sich in neue Verbindungen von Unkosten zu stürzen pflegen. Auf deinen Pontius Pilatus bin ich sehr begierig schike wenn du kannst und willst ein Stük davon. Die Frau von der Lühe habe ich in Gotha gesehen. Sie findet sich nach ihrer Art daselbst ganz wohl. E r ist eine sehr gute Art Menschen, verständig und gewißenhaft. Man legt ihm keine Hinderniße bey seiner Erziehung in den Weeg und der Herzog beträgt sich auf das beste gegen ihn. Auf unserer Zeichenakademie habe ich mir diesen Winter vorgenommen mit den Lehrern und Schülern den Knochenbau des menschlichen Körpers durchzugehen, sowohl um ihnen als mir zu nuzen, sie auf das merkwürdige dieser einzigen Gestalt zu führen und sie dadurch auf die erste Stufe zu stellen, das bedeutende in der Nachahmung sichtlicher Dinge zu erkennen und zu suchen. Zugleich behandle ich die Knochen als einen Text, woran sich alles Leben und alles menschliche anhängen läßt, habe dabey den Vortheil zweimal die Wöche offentlich zu reden und mich über Dinge die mir werth sind mit aufmerksamen Menschen zu unterhalten. Dem Vergnügen welche man in unserm gewöhnlichen Welt- Geschäfts- und Hofleben gänzlich entsagen muß. Dieienigen Theile die abgehandelt werden zeichnet alsdenn ein ieder und macht sie sich zu eigen. Dabey habe ich mir vorgenommen, das Wort Phisiognomik und Phisiognomie gar nicht zu brauchen, vielmehr die Ueberzeugung davon durch die ganze Reihe des Vortrages einem

4 Unruh|e| 6 Akten 19 ⎡diesen Winter⎤ G 22–23 unsie auchf 29 WeltgeschGeschäfts-

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ieden einleuchten zu lassen. Vielleicht kann dir etwas von dem was ich bey näherer Betrachtung der thierischen Oekonomie bemerke zu deinen Arbeiten in der Folge einen nüzlichen Beytrag geben. Weimar den 14 Nov. 1781 G.

521. An Johann Heinrich Merck 〈Weimar〉, 14. November 1781. mittwoch Deinen Brief, den ich heute erhalten, erwiedere ich sogleich mit vielem Dank. Schon seit langer Zeit steht einer an dich auf dem Stapel und es brauchte nur diese Erinnerung um ihn abzulaßen. Das beigelegte Buch wird dir zeigen daß wir in mineralogischen Dingen nicht faul gewesen sind, sondern unser Stükgen Land bey allen Zipfeln gefaßet haben. Voigt durchreiset iezo auf Verlangen des Fürstbischofes das ganze Fuldische, und hat noch nichts als vulkanische Produkte angetroffen. Ich will nachher davor sorgen, daß das übrige Stük von Thüringen und vielleicht der Harz nach gleichen Grundsäzen und mit eben der terminologie beschrieben wird, welches, wenn der Verfaßer sich auch hier und da irrte, für das Publikum doch ein großer Vortheil ist, weil man bey eigenem Nachdenken und Nachsuchen auf der Stelle immer geschwinder sieht wo es in ähnlichen Fällen hinaus will. Wenn du es verlangst so schike ich dir die Sammlung Steine die dazu gehören, alle mit den Buchstaben bezeichnet, wie sie auf den Tafeln vorkommen, welches freylich höchst intereßant ist, weil man alsdenn die Terminologie des Autors mit seiner eigenen leicht vergleichen kann. Dagegen mußt du uns aber auch von euren Sachen schiken, besonders bin ich sehr neugierig auf die grüne glasige Lava von Butschbach. / Ich befinde mich zu Eintritt des Winters recht wohl, und kann dir mit Vergnügen sagen, daß dieienigen geist- und leibliche Beschweerden, die mich vorigen Sommer mogten angefallen haben, so gut als gänzlich vorbeygezogen sind.

6 Stabpel G 9 lLand 14 Harzt G? 14 ⎡eben⎤ G 24 glasigte G? 25 wohl.,

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BRIEF 522

Mein Wesen treibe ich, wie du dir es allenfalls denken kannst und schike mich nach und nach immer beßer in das beschweerliche meiner Aemter, schnalle mir die Rüstung nach dem Leibe zurecht, und schleife die Waffen auf meine eigene Weise. Meine übrigen Liebhabereyen gehen nebenher und ich erhalte sie immer durch ein oder die andere Zubuse, wie man gangbare Gruben nicht gerne aufläßig werden läßet, so lange als noch einige Hofnung von künftigen Vortheilen scheinen will. Diesen Winter habe ich mir vorgenommen mit den Lehrern und Schülern unserer Zeichenakademie den Knochenbau des menschlichen Körpers durchzugehen, so wohl um ihnen als mir zu nuzen, sie auf das merkwürdige dieser einzigen Gestalt zu führen und sie dadurch auf die erste Stufe zu stellen, das bedeutende in der Nachahmung sinnlicher Dinge zu erkennen und zu suchen. Zugleich behandle ich die Knochen als einen Text, woran sich alles Leben und alles menschliche anhängen läßt, habe dabey den Vortheil zweimal die Woche öffentlich zu reden, und mich über Dinge, die mir werth sind, mit aufmerksamen Menschen zu un/terhalten, ein Vergnügen welchem man in unserm gewöhnlichen Welt- Geschäfts- und Hofleben gänzlich entsagen muß. Dieienigen Theile die abgehandelt werden zeichnet alsdann ein ieder und macht sie sich zu eigen. Durch diesen Weeg denke ich selbst in der Zeichnung, Richtigkeit und Bedeutsamkeit der Formen zuzunehmen. Mein Gespräch über die deutsche Litteratur will ich noch einmal durchgehen wenn ich es von der Mutter zurükkriege. Ich hoffte dir, indem ich es schrieb, einiges Vergnügen zu machen. Mein Plan war noch ein zweites Stük hinzuzufügen, denn die Materie ist ohne Gränzen. Nun ist aber die erste Lust vorbey und ich habe darüber nichts mehr zu sagen. Es hätte sich kein Mensch über die Schrift des alten Königes gewundert, wenn man ihn kennte wie er ist. Wenn das Publikum von einem Helden höret, der große Thaten gethan hat, so mahlt es sich ihn gleich, nach der Bequemlichkeit einer allgemeinen Vorstellung, fein hoch und wohlgebildet, eben so pflegt man auch einem Menschen, der sonst viel gewürkt hat die Reinheit Klarheit und Richtigkeit des

16 dDinge 19 abgaehandelt 19 rieder 20 bdenke 22 Meine Gespräche G? 28 vgerwundert 29 gehthan 31 wohlgebildet|,| und ⎡eben⎤ G 32 für ⎡hat⎤ G

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Verstandes zuzuschreiben. Man pflegt sich ihn ohne Vorurtheile, unterrichtet und gerecht zu dencken. Dies ist der Fall mit dem Könige; und wie er in seinem verschabten blauen Rok und mit seiner buklichten Gestalt große Thaten gethan hat, so / hat er auch mit einer eigensinnigen, voreingenommenen, unrektificirlichen Vorstellungsart, die Welthändel nach seinem Sinne gezwungen Schließlich muß ich dir noch sagen, daß ich die zwey schönen Bücher besize des Faujas de Saint Fond über die Vulkane und den Versuch über die Mineralogie der Pyrenäischen Gebürge, sie sind beide für das neuere mineralogische Studium unentbehrlich. Glück zu daß du mit Höpfnern auseinander bist. Grüse Frau und Kinder. Denck an mich und laß manchmal von dir hören. Diesen Winter bleib ich noch hierhaussen in meinem Neste, künftig hab ich auch ein Quartier in der Stadt, das hübsch liegt und geräumig ist. Ich richte mich ein in dieser Welt, ohne ein Haar breit von dem Wesen nachzugeben was mich innerlich erhält und glücklich macht. Adieu. dl. 14 Nov. 81 G. Noch eins ich habe ein Portrait des Prinzen Constantin, vom römischen Tischbein, flüchtig gemahlt, erhalten, das ganz trefflich ist. Wo hält er sich ietzo auf?

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522. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 14. November 1781. Mittwoch Zuförderst also mein lieber Schutzgeist dir die Nachricht daß ich mit Helmershausen richtig gemacht habe. Auf Ostern zieht Hendrich aus und ich trete in seine Miethe habe den ganzen Sommer Zeit mich einzurichten, und künftigen Winter sehn wir unsern Planen entgegen. Adieu, beste du siehst das Glück sorgt für uns. Der Ausgang durch

1 vVerstandes 2 sehen. ⎡dencken.⎤ G 8 Fauchatjas ⎡jas⎤ G 8–9 Versuche de über 9 Pyrrenäischen

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BRIEFE 523–528

den Garten ist nicht das geringste von den Annehmlichkeiten dieser Wohnung. dl. 14 Nov 81. G

523. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 15. November 1781. Donnerstag

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Denen Sonnenstrahlen die deine Fenster bescheinen, sind meine Blicke mit eingemischt. Das abgefallne Laub gewährt mir nichts gutes, als daß ich deine Wohnung sehn kan. Sag mir ein Wort, daß du mich liebst, nach mir verlangst, laß mir die Hoffnung dich heute zu sehen, und so werde aus Morgen und Abend wieder ein glücklicher Tag. dl. 15 Nov 81 G.

524. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 16. November 1781. Freitag 10

Nur in der Eile einen guten Morgen. zum Mittag erscheint der Phasan und der Freund. Adieu. dl. 16 Nov 81 G

525. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 18. November 1781. Sonntag

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Hier hast du den Brief von Lav. und einen vom H. v. Gotha. mit einer Antwort an B. Schulthes. Das Kästgen will ich mahlen. Diesen Mittag bin ich zu Hause und will holen lassen. Adieu. Liebe mich mit deiner bleibenden Liebe, denn die ist doch der Sonnenschein bey dem mir ietzo alles gedeiht. Die Herz. Mutter hat / mir gestern eine weitläufige Demonstration gehalten daß mich der Herzog müsse und wolle adlen lassen, ich habe sehr einfach meine Meynung ge-

19 a×dlen

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sagt. und einiges dabey nicht verhelt, was ich dir auch noch erzählen will. Adieu. dl. 18 Nov. 81. G

526. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. November 1781. Montag Wir haben meine Beste einerley Gedancken gehabt, diesen Morgen aus Huflands Küche uns 〈ve〉rsorgen zu lassen. Ich bleibe zu Hause und suche dich gegen Abend, denn ich bedarf deiner Liebe die du mir so schön gönnen willst. dl. 19 Nov. 81. G.

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527. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. November 1781. Montag Hier schick ich Briefe die ich heute erhalte, damit du alles wissest was mit mir und um mich geschieht. Auch Schmerlen die wir diesen Abend zusammen essen wollen. dl. 19 Nov 81 G

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528. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. November 1781. Dienstag Hebe mir meine Liebe einige Schmerlen auf, daß ich einige Bissen finde wenn ich aus dem Conseil komme, und würze mir sie mit bessrer Würze als die von der Insel Banda. Addio. dl. 20 Nov 81. G

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BRIEFE 529–533

529. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 20. und 25. November? 1781〉 Ich habe dir gleich früh etwas schicken sollen, habe aber vergessen was. Melde mir gute Nachrichten meine Beste, damit ich beym Leben und bey Lust erhalten werde. Willst du mich zu Tische? G.

530. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. November 1781. Sonntag 5

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Sag mir liebe einzige wie du geschlafen hast? wie du dich befindest, ob du in dieser schönen Sonne auch freundlich zu mir herunter siehst. Ich war früh wach und meinen ersten und letzten Gedancken weist du. Die Schwüre des Barbiers gestern waren ernsthaffter als man dencken mochte, er durfte das anvertraute Geheimniss wohl verschwatzen denn sie waren nicht drauf gerichtet. Adieu beste sag mir ein Wort. Ich esse bey Hofe und bis dahin arbeit ich etwas für dich. dl. 25 Nov. 81 G.

531. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 26. November 1781. Montag

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Dancke daß du mir auch dieses überlassen willst. Magst du heute Abend die Partie Whist zusammenbringen so komm ich um fünfe. Wonicht so komm ich auch. Adieu L. L. dl. 26 Nov. 81. G.

14 Whis×t 15 246

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532. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar〉, 26. November 1781. Montag Du hattest l. Br. eine Abschrifft meiner I p h i g n i e für den Gen. Koch verlangt, ich schlug es ab, weil ich sie noch einmal durchgehn wollte, dies ist, zwar leider nach meinen Umständen nur flüchtig, geschehen. Gegen Weynachten kan eine Abschrifft fertig seyn. Willst du sie nun an den General schicken? oder soll ich es thun? Im letzten Fall, schreibe mir wo er sich aufhält, seinen Titel, ob er die Exzellenz hat pp daß man mit einem solchen Fremden in Curialibus nicht anstose. Lebe wohl. Schreibe mir bald. und liebe mich. Mit meinem Leben rückt es starck vor, und ich fange nun bald a〈n〉 zu begreifen warum wir, sobald wir 〈uns〉 hinieden einzurichten anfangen, wieder weiters müssen. Tausendmal Adieu. dl. 26 Nov. 81 G.

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533. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. November 1781. Dienstag Von meiner Tageswandrung, und nachdem ich stille unter deinen Fenstern weggegangen, komm ich nach Hause, und auch das heist zu d i r kommen. Ich finde dein liebes Briefgen, mit dem langgehofften Siegel gesiegelt. Es ist und wird gewiss recht schön und gut mit uns, denn alles geräth nach und nach. O wer doch öffters so verständig wäre sein Glück brauchen zu können, und so glücklich daß er seinen Verstand ganz anwenden könnte. Gott versteht mich und du auch. Gute Nacht beste. gieb beyliegendes der Kleinen. dl. 27. Nov 81. G

7 fFremden 9 brald 16 unsd

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BRIEFE 534–538

534. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 30. November 1781. Freitag〉 Wie hat meine liebe geschlafen? was macht das Kopfweh und wie siehts mit unsrer Morgenden Parthie? Ich muß Lodern einen Boten schicken. G.

535. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 1. Dezember 1781. Samstag

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Einen guten Morgen Liebste, und das Tiefurter Journal. Ich suche dich in der Zeichenstunde auf und freue mich deiner Liebe, und deiner stillen Geschäfftigkeit. Gerne blieb ich Morgen hier wenn ich es Lodern nicht so sicher versprochen hätte. dl. 1 Dez 81. G

536. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 2. Dezember 1781. Sonntag

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Daß mein Geist dich nicht verlassen hat kannst du wohl dencken, ich habe die ganze Nacht von dir geträumt. Unter andern hattest du mich an ein artiges Misel verheurathet und wolltest es sollte mir wohlgehn. Nachher war ich auf einmal ohne zu wissen wie, wieder von ihr geschieden. Wenn ich mich nicht schämte schickte ich die Pferde fort und schickte den Reitknecht absagen zu lassen. Adieu beste wenn ich nur noch diesen Abend Hoffnung hatte dich zu sehen es wird aber nicht werden. wenn ich vor 10 Uhr komme seh ich nach deinen Lichtern. dl. 2 Dez. 81. G.

10 Na×cht 10 geträ×umt 11 verheura|t|het

NOVEMBER/DEZEMBER 1781

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537. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 3. Dezember 1781. Montag Ich krame in meinen Papieren und Sachen, um mich auf die Reise vorzubereiten. Diesen Abend seh ich dich. Krause isst zu Mittage mit mir. Leb wohl mein süses Glück. dl. 3 Dez 81 G.

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538. An Carl Ludwig von Knebel Weimar, 3. Dezember 1781. Montag Die Chronologen schike ich sogleich mit Dank wieder zurük. Ich kenne sie schon eine Weile, und habe manchmal gerne drinne gelesen. Was du mir vom Verfaßer sagst, macht mich aufmerksam auf ihn. Es war mir bisher etwas in seinen Sachen das mir anmaslich schien. Hier und da seyn sollender Wiz und Geist, und ein Schnappen nach höherer Vorstellungsart als ihm von Natur gewährt seyn mögte; Doch muß ich gestehen daß sich nach diesen beiden lezten Stüken, und der Nachricht, daß er Verfaßer des Milchtopfes sei, mein Urtheil anders wendet und sich berichtigt. Wenn das Bunte seiner Schrift und Schreibart nur ein wenig durch Geschmak mehr geläutert wäre, so könnte sie wirklich in ihrer Art vortreflich werden, denn er hat viele Manichfaltigkeit und Lebhaftigkeit und was zu allem diesem den hübschen Grund macht eine große natürliche Gutmüthigkeit. Schreibe mir mehr von ihm, und enthalte mir überhaupt nichts vor, was du merkwürdiges von Menschen und Sachen auf deiner Wanderung antrifst, damit ich in meiner Einsamkeit ergözzet werde. Daß du über den neuen Beweiß meiner Unermüdlichkeit lächeln würdest konnte ich mir wohl vorstel/len, doch ist sie bey mir wenig Verdienst. Das Bedürfniß meiner Natur zwingt mich zu einer verma-

1 Pa×pieren 1 mdie 8 Weile|,| 10 deas 11 Geist|,| 12 mögte.; 13 Stüken|,| 14 sei|,| 22 ergoözzet G? 23 denen

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BRIEFE 539–541

nichfaltigten Thätigkeit, und ich würde in dem geringsten Dorfe und auf einer wüsten Insel eben so betriebsam seyn müßen um nur zu leben Sind denn auch Dinge die mir nicht anstehen, so komme ich darüber gar leichte weg, weil es ein Artikel meines Glaubens ist, daß wir durch Standhaftigkeit und Treue in dem gegenwärtigen Zustande, ganz allein der höheren Stufe eines folgenden werth und, sie zu betreten, fähig werden, es sey nun hier zeitlich oder dort ewig Von dem Kayser denke ich auch wie du. Wenn ihm das Glük will und ihn sein Genius nicht verläßt, so ist er gemacht viel ohne Schwerdtstreich zu erobern. Weimar dl 3 Dez. 1781

G.

539. An Johann Caspar Lavater Weimar, 3. Dezember 1781. Montag

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Deinen Brief erhalte ich so eben, und da ich daraus sehe, daß deine französische Phisiognomik bald fertig werden wird, bewegt mich dies, dir gleich wieder zu schreiben. Habe ia die Güte mir zwölf von den ersten Exemplaren zuschiken zu laßen, ich getraue mir diese, vielleicht auch noch mehrere abzusezen. Nur wünsche ich freylich sie gleich zu Anfang zu haben wenn das Buch herauskommt und Sensation macht. Tobler wird dich näher zu uns bringen können, als viele Briefe nicht thun würden. Man ist niemals im Stande, dem Freunde das von sich zu schreiben, was ihm am intereßantesten wäre, weil man eigentlich selbst nicht weiß, was an einem intereßant ist. Die Kapitels will ich wohl lesen, doch werde ich dir schweerlich was sagen können da du gewiß alles siehst was drinne ist und noch so viel hineinsiehst. Grüße Bäben und Toblern und Pfenningern recht herzlich. Den Taßo werdet ihr nun haben. Von Knebels Hegire hat wohl Tobler gesprochen. Lebe wohl, schreibe und schike bald. G

8 so ⎡wie du⎤ G 8 ihme 19 ihme

DEZEMBER 1781

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Weimar den 3 Dez. 1781. Von allem was die Geister würcken und nicht würcken, erbitt ich mir meinen Teil.

540. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 4. Dezember 1781. Dienstag Meine Gäste kommen, ausser der Seckendorf die kranck ist, ich erwart euch gegen sechse. Der neue Spieltisch ist bereit und Karten nebst allem nach Ernstens Vorschrifft. Hier schick ich die verlangten Everdingens und a n O l y m p i e n nebst meinem Brief an Knebeln, schick ihm beydes nebst den Chronologen zurück und schreib ihm dazu. Dencke manchmal dran daß wir ihm mittheilen was hier vorkommt, was im Sande aufgeht. Adieu liebste! Truncken und nüchtern bin ich dein und überlasse mich dir ganz. Ich bitte um ein wenig Essen. dl. 4 Dez. 81. G. Hab ich bey dir den Entwurf zum Ballet liegen lassen?

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541. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 6. Dezember 1781. Donnerstag Schick mir liebste meine Schlüssel die ich gestern habe liegen lassen. Aber die Schlüssel mit denen du mein ganzes Wesen zuschliesest daß nichts ausser dir Eingang findet bewahre wohl und für dich alleine. Adieu ich hoffe schon wieder auf dich. dl. 6 Dez 81 G

16 ×Wesen

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BRIEFE 542–545

542. An Charlotte von Stein 〈Weimar, 6. Dezember 1781. Donnerstag〉

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Wenn m. L. nach Hause kommt soll sie ein Wort von mir finden. Heute früh habe ich mir viel Vorwürfe gemacht daß ich nicht zu dir gekommen bin. Nun sag ich dir noch einmal lebe wohl. Auf diesem beweglichen Erdball ist doch nur in der wahren Liebe, der Wohlthätigkeit und den Wissenschafften die einzige Freude und Ruhe. Lebe wohl. Ich dencke es wird mir wohl gehn, am besten wenn ich dich wieder sehe. G

543. An Charlotte von Stein Erfurt, 7. Dezember 1781. Freitag

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Durch Arnolden der wieder zurückgeht, einen schönen guten Morgen! Es ist halb sechse und die Pferde werden bald da seyn, meine Gestalt geht vorwärts und mein Geist zurück. Ich habe einen vergnügten Abend mit dem Stadthalter zugebracht, er stickt volle Kenntnisse und Interesse für tausend Dinge. Nun wollen wir sehn wie wir weiter kommen. An diesem rothen Tische hab ich dir schon offt geschrieben. Schon seit sechs Jahren sind meine Gedancken offt in dieser Stube an dich gerichtet gewesen. Meinen neuen Roman über das Weltall hab ich unterweegs noch durchgedacht und gewünscht daß ich dir ihn dicktiren könnte es gäbe eine Unterhaltung und das Werck käme zu Papier. Adieu Lotte. Ich scheide nicht von dir. dl. 7 Dez. 81 Erf. G.

13 A di An

DEZEMBER 1781

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544. An Charlotte von Stein Gotha, 8. Dezember 1781. Samstag Gotha dl. 8. Dez. 81. Von freundlichen Gesichtern empfangen, lustig unterhalten und beschenckt, hab ich gestern einen angenehmen Tag zugebracht. Es ist hier gewöhnlich daß der Nikolas bescheert, dieser hat mir auch allerley verehrt. Wäre etwas dabey das dir Freude machen könnte so schickte ich dir es gleich mit. Von der Herzoginn hab ich ein Paar schöne Manschetten, und von der Oberhofmstrn eine Dose mit Rousseaus bild. Wir waren sehr lustig bis Nachts um zwölfe, es wurden Austern gegessen und Punsch getruncken. Durch alles das begleitet mich der vielgeliebte Talisman, und Abends und Morgens, und Nachts wenn ich aufwache nenn ich deinen Nahmen und hoffe auf dich. Schon freu ich mich bey meiner Rückkehr deinen Brief zu finden. / Leb wohl beste, deine Gestalt und deine Liebe glänzt immer um mich, und wie in eine glückliche Heimat trag ich alles in Gedancken zu dir. Leb wohl. Und schreibe mir viel. G.

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545. An Charlotte von Stein Eisenach, 9. 〈Dezember 1781〉. Sonntag Eisenach. Sonntags früh dl. 9ten. Ich kam gestern zu spät um noch nach Wilhelmsthal zu fahren, und gehe iezt dahin ab. In Gotha hat man alle Arten von Höflichkeit und Aufmercksamkeit gegen mich erschöpft, und mir wohl gemacht. Auf dem Rückweege werd ich wohl ein Paar Tage hängen bleiben.

11–12 nNahmen 21 aArten

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BRIEF 546

Adieu liebste die Pferde sind da. Ich darf dir nicht sagen wie ich an dich dencke! was für Aberglauben ich mit dem lieben Talismann Treibe, was ich für Wünsche und Hoffnungen mit Mährgen stille. Adieu du liebste. Die Götter machen es recht künstlich daß auch ein Mensch den sie nach und nach der Kindheit entreisen, dem sie einige Klugheit gönnen, daß auch der immer noch im Unmöglichen eine Laufbahn vor sich sieht. Adieu ich kan kaum vom Blatte weg. G

546. An Charlotte von Stein Barchfeld, 9. und Eisenach, 10.–11. Dezember 1781. Sonntag–Dienstag 10

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Barchfeld Sonntags dl. 9 Dez. 81. Hierher verschlagen meine liebe, wendet sich meine Seele wieder zu dir. Als ich nach Wilhelmsthal kam, war der Herzog im Begriff hierher zu gehen und ich folgte. Die gute Pr. W. seh ich denn auch verheurathet, und vergnügt. Sie lieben sich und ich gönn es ihnen von Herzen. Hier hängt ein schlecht Pastell bild das dir gleicht wenn man den Mund zudeckt, alle Leute haben es gefunden und ich auch. Nur scheute ich mich es zu sagen als man mich fragte, denn ich dachte wenn es etwa andern anders vorkäme; so würde man sagen ich fände dich überall. Stein ist gar gut. Er hat mir nur gutes von seinem Schwager erzählt. / Eisenach Montags dl. 10 Abends In Barchfeld ward mir die Zeit sehr Breit, um nicht zu sagen lang. Ich will doch, wenns möglich ist, spielen lernen, nur um solcher Stunden willen. Auch da hielt ich mich am Gedancken deinr Liebe. Wenn ich

4 ×liebste 5 demn 8 si×eht 11 89 13 dir,. aAls 15 se×h 20 sdich 23 9. ⎡10⎤

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auch etwas anders dencke, so hat meine Seele tausend Assoziationen um deine Erinnerung anzuknüpfen, und wenn ich noch so weit entfernt scheine, so hab ich schon wieder eine weile an dich gedacht eh ich’s bemercke. Beykommender Brief wird dich ergözen, weil er vom Wohlwollen der Menschen gegen den deinigen meldet. Der Mineralogische Theil ist wohl nicht für dich. NB meine einzige Beute von Barchfeld, ist eine köstliche Stufe, die ich dir auf Verlangen vorzeigen und den / Werth erklären werde. Unter uns gesagt die Lavas von Butspach sind sehr schön. Hier in Eisenach hab ich mich von allem Losgemacht um mir und dir zu seyn. Stein ist bey seiner Schwester, und wird den H. Schwager sehr werth kriegen, der im Grund und auf der Oberfläche sicher ein Schufft ist. Es wird mir recht natürlich Steinen gefällig zu seyn und ihm leben zu helfen. Ich bin es dir schuldig, und was bin ich dir nicht ieden Tag und den deinigen schuldig. Was hilft alle das kreuzigen und seegnen der Liebe wenn sie nicht thätig wird. Führe mich auf alles was dir gefallen kann ich bitte dich, denn ich fühls nicht immer. Die Gunst die man mir in Gotha / gönnt macht viel Aufsehn, es ist mir lieb um meintwillen und um der guten Sache willen. Es ist auch billich daß ich durch einen Hof wiedererhalte, was ich durch einen Hof verlohren habe. Denn mein Passiv Wesen bisher war nicht genug, und die öffentliche Gleichgültigkeit der unsrigen gegen mich bey meiner Eingezogenheit, hat wie ich mercke im Publiko auch die nothwendige Sensation gemacht. Es bleibt immer gewiss, dieses so geehrte und Verachtete Publikum betrügt sich über das einzelne fast immer und über das ganze fast nie. Grüse Ernsten und Fritzen, und grüse wenn du kannst dich selbst mit einem Gruse von mir. / Der Herzog ist vergnügt und gut, nur find ich den Spas zu theuer, er füttert 80 Menschen in der Wildniss und dem Frost, hat noch kein Schwein, weil er im freyen hetzen will, das nicht geht, plagt und ennuirt die seinigen, und unterhält ein Paar schmarutzende Edelleute aus der Nachbaarschafft die es ihm nicht dancken. Und das alles mit dem 5 daen 18 ma×cht 18 aAufsehn 20 wiederherhalte 24 ×hat 25 ×Es 26 i×mmer 32 he|t|zen

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BRIEF 547

besten Willen sich und andre zu vergnügen. Gott weis ob er lernen wird, dass ein Feuerwerck um Mittag keinen Effeckt thut. Ich mag nicht immer der Popanz seyn, und die andern frägt er weder um Rath noch spricht er mit ihnen was er thun will. Ich hab ihn auch nur Augenblicke gesehen. Ich bitte Gott daß er mich täglich haushälterischer werden lasse um freygebig seyn zu können es sey mit Geld oder Gut, Leben oder Todt. / Eisen. Dienst. dl. 11ten.

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Hier muss ich schliesen und von dir Abschied nehmen. Ich fahre nach Willhelmsthal. und gehe wohl morgen auf Gotha wo ich einige Tage bleibe. Du hörst noch von mir. ich hoffe Briefe von dir zu finden und zu hören daß du wohl bist. Manchmal überfällt mich eine Angst du seyst kranck. Adieu du liebe meine. G Der Brief von Tischbein wird dich freuen.

547. An Charlotte von Stein Wilhelmsthal, 12.–13. Dezember 1781. Mittwoch–Donnerstag Willhelmsthal dl. 12. D. Mittwoch Abends.

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Vor allen Dingen, wie man vor einem Opfer alles unheilige wegzuwenden sucht, vor allen Dingen, liebe, wie du dirs 〈 〉 magst, geliebte leben Lotte, kein 〈 〉 ......... 〈 〉 men. 〈 〉 auf s heiligste, 〈 〉 durchlauchtich, allerdurchlauchtig und übergrosmächtig geben, mich nach morgenlandischer Art in den Staub vor ein Bild werfen das ich verlache, wenn du mir d u bist. um Gottes1 vergnuügen 2 daßss 6 haushältrierischer 8 Mont ⎣Dienst.⎦

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willen kein S i e mehr! — Wie hofft ich auf deinen Brief ich macht ihn zuletzt auf, und die I h n e n! er mag nun erst liegen ich muss d i c h erst aus diesen I h n e n wieder übersetzen. Zur Strafe schreib ich dir nichts von mir und meiner Liebe du sollst nur hören wie es andern geht und mir mit andern. / Indess die andre Seite trocknete hab ich deinen Brief durchkorrigirt, und alle I h n e n weggestrichen. Nun wird es erst ein Brief. Verzeih dass ich die Kleinigkeit zu Etwas mache! 〈 〉 was es sey 〈 〉 gleich du redst von vielen dritten. Lass das zum letztenmal seyn und verzeih. Ich bin nun hier in Wilhelmsthal und will und muss abwarten was geschieht heute früh wollt ich fort, dann aber gings nicht, und es wäre eine Unschicklichkeit geworden wenn ich gegangen wäre. Wie du alles erfahren sollst liebe Beichtigerinn. Liebe Lotte ich habe einen rechten Arm voll moralischer und politischer Geheimnisse dir mit zu bringen. Denn / ich unterstehe mich nicht zu schreiben weil es zu viel ist. Der Herzog thut was unschickliches mit dieser Jagd, und doch bin ich nach seiner Herzoglichkeit mit ihm zufrieden. Die andern spielen alle ihre Rollen. Ach Lotte wie lieb ist mirs daß ich keine spiele. Ich lasse mich als Gast tracktiren, und lasse mir als einem Fremden klagen, es geht nichts besser und nichts schlimmer als sonst, ausser daß der Herzog weit mehr weis was er will, wenn er nur was bessers wollte. Sein Unglück ist daß ihm zu haus nicht wohl ist. Denn er mag gerne Hof haben pp Liebe süse ich habe dir gar vieles zu erzählen. / Man hat mir eine Italiänische Ubersetzung des Werthers zugeschickt. Was hat das Irrlicht für ein Aufsehn gemacht! Auch dieser Mann hat ihn wohl verstanden, seine Ubersetzung ist fast immer Umschreibung; aber der glühende Ausdruck von Schmerz und Freude, die sich unaufhaltsam in sich selbst verzehren, ist ganz verschwunden und darüber weis man nicht was der Mensch will. Auch meinen vielgeliebten Nahmen hat er in Annetta verwandelt. Du sollst es sehen und selbst urtheilen.

2 I h r n e n 8 ×dass 12 fort., 15 moralische|r| 15 politische|r| 20 dlasse 27 da hat 29 Freudere

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BRIEFE 548/549

Nun sind die acht Tage um, und ich sehne mich eifrig nach Hause, nicht nach Hause, nur zu dir, denn es geht mir wohl, ich mag die Menschen leiden, und sie mich, ich bekümmre mich um nichts und schreibe Dramas. Mein Egmont ist bald fertig und wenn der fatale vierte Ackt nicht / wäre den ich hasse und nothwendig umschreiben muß, würde ich mit diesem Jahr auch dieses lang vertrödelte Stück beschliesen. Heut kommt der Herz. v. Gotha. Morgen gehts auf die Jagd und ich hoffe loszukommen. Auf den Sonntag giebt der Herzog ein Gastmal, um dem Vater im Himmel auch einmal gleich zu werden, nur mit dem Unterschied daß die Gäste von den Zäunen gleich Anfangs mit auf dem Fourier Zettel stehn. Des hin und wieder fahrens, schleppens reitens, laufens ist keine Rast. Der Hofmarsch. flucht, der Oberstallmeister murrt, und am Ende geschieht alles. Wenn diese Hast und Hatze vorbey ist und wir wären um eine Provinz reicher so wollt ich’s loben, / da es aber nur auf ein Paar zerbrochne Rippen, verschlagne Pferde und einen leeren Beutel angesehn ist, so hab ich nichts damit zu schaffen. Ausser daß ich von dem Aufwand nebenher etwas in meine politisch moralisch dramatische Tasche stecke. Ich habe in der Italienischen Ubersetzung gelesen, sie fängt mir an besser zu gefallen, die Sprache ist gar angenehm und ich habe noch keinen Misverstand gefunden, das viel ist. Der Herzog v. Gotha ist noch nicht da. Ich muß schliesen, weil der Bote geht. Adieu tausendmal meine Einzige. Wie viel viel hab ich dir zu sagen. _______________ dl. 13ten D. 81 G

16 ⎡auf⎤ 16 Pa×ar 16 ×Rippen 18 meinen

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548. An Charlotte von Stein Eisenach, 14. Dezember 1781. Freitag Eisenach dl. 14 Dez 81. Endlich Glück auf zur Rückkehr! Heute Abend bin ich Gotha, morgen bleib ich wohl da, und Sonntags binn ich wo mein Herz ist. Länger war mir’s nicht möglich, und doch hätt ich gewünscht bey dem schönen Wetter die Jagd und einen grosen Ball auf den Sonntag mit abzuwarten. Adieu. Dieses bringt ein Bote, wahrscheinl. Sonnabend zu guter Zeit G

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549. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 17. Dezember 1781. Montag Wie ich die Augen aufthue möcht ich schon wieder deine Stimme hören, und dich fragen wie du dich befindest. Ich bin nicht von dir weggekommen, und der Traum war so artig mich immer bey dir zu lassen. Hier schick ich den Ital. Werther, wir wollen die Briefe zusammen durchgehen. Auch liegt eine Geschichte bey die mir die Herzoginn von Gotha gegeben hat ein Drama draus zu machen. Die gute Frau weis nicht wie nah mich die Situation berührt. Adieu. Ungern reis ich mich von dir los wie bei iedem Adieu. dl. 17 Dez 81 G Schick mir was ich bey dir habe.

7 Bo×te

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BRIEFE 550–554

550. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 19. Dezember 1781. Mittwoch

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Ich schliese mit Coocks Todt das Buch und schick es dir. Es ist eine grose Catastrophe eines grosen Lebens, und schön daß er so umkam. Ein Mensch der vergöttert wird, kann nicht länger leben, und soll nicht, um seint und andrer willen. Adieu. Ich bin dir ganz nah, deine Güte und Liebe ist die Lufft in der ich lebe. Gute Nacht. Wäre ich nicht ausgezogen ich brächte dir sie selber. dl. 19 Dez 81 G.

551. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 20. Dezember 1781. Donnerstag

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Es ist auch durch meine gestrige Enthaltsamkeit nicht anders geworden l. L. und soll auch nicht. Hier schick ich dir die Folge zu dem Bogen von Liebe und selbstheit. Meine Verse zu der Zeichnung sind bald fertig. Gestern Abend gings ganz frisch. Coocks Todt kommt mir nicht aus dem Sinne, möge doch das Schicksaal iedem den es liebt einen Todt geben der so analog zu seinem Leben sey wie dieser war. Er ist in allem Betracht schön und auch schön daß die wilde Majestät ihre Rechte der Menschheit auf ihn behauptet hat. Adieu. dl. 20ten Dez 81 G Es ist ein Schweinskopf angekommen, darauf ich die Gesellschafft morgen Abend zu Gast lade.

2 Catastr pophe

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552. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 24. Dezember 1781. Montag Ich muß dir einen Guten Morgen sagen und dir ein Stück Feyertags Kuchen schicken, damit mein Verlangen dich zu sprechen nur einigermassen befriedigt werde, und ich noch an etwas anders diese Paar Stunden dencken könne bis ich dich sehe. Um 10 geh ich auf das Theater und vorher einen Augenblick zu dir. dl. 24 Dez 81. G.

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553. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 25. Dezember 1781. Dienstag Dancke aber und abermal für alles. Bald seh ich dich, denn ich werde mich in Feyerkleider setzen und dir geputzt und bey Hofe und überall sagen daß ich dich unaussprechlich liebe. dl. 25. Dez. 81 G

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Viel Glück zum Geburtstag.

554. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 26. Dezember 1781. Mittwoch Deiner süssen Liebe schönes Zeichen, und einige Franckfurter Marzipane schick ich dir. Auch das verlangte Kupfer, ersetze meine Faulheit. Die Jöchhausen soll etwas zu ihrem Geburtstag haben. Erkundige dich nach ihm unter der Hand, auch nach Carolingens und der kl. Schwägerinn. Adieu. dl. 26 Dez 81 G

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BRIEFE 555–557

555. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 28. Dezember 1781. Freitag

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Dem Himmel sey Danck daß diese Empfindung vorübergehend und deine Liebe bleibend ist. Ich will fleisig seyn das thut gut. Herders Gespräche über die Seelenwandrung sind sehr schön und werden dich freuen, denn es sind deine Hoffnungen und Gesinnungen. Einige Stellen sind ganz allerliebst. Leb wohl beste. Der Abend kommt mir angenehm, weil du mit dem Abend kommst. dl. 28 Dez 81. G

556. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 29. Dezember 1781. Samstag

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〈 〉 befind ich mich sehr wohl. Zu Mittage ess ich mit dir. Bitte das Ballet zu lesen weil ich’s gegen Abend brauche. Hier noch etwas süses, aber nichts süsers als die hundert Nahmen mit denen ich dich ewig nenne. dl. 29 Dez 81 Goethe

557. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 30. Dezember 1781. Sonntag

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Kaum fängt der Tag an in Bewegung zu gehn; so verlangt meine Seele schon wieder zu dir. Um mich zu enthalten lade ich Jagemannen zu Tisch. Schicke mir die Italiänischen Briefe Werthers und dein deutsch Exemplar dazu. Heut Abend wollen wir zu der Waldner. Auf den neujahrstag hab ich mir etwas ausgedacht. Ich komme zu dir in aller frühe um den Gratulationen auszuweichen, und mahle bey dir das Portefeuille für Gustgen Stolberg. Adieu. Fahre fort mir wohlthätig zu seyn. dl. 30 Dez 81. G. 1 Empfindungen 10 aAbend 16 deie

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Das folgende Verzeichnis ist im Wesentlichen Ergebnis einer Auswertung der Briefe Goethes sowie seiner „Rechnungsbücher“ (GR/RB), in denen die ausgegangenen Brief- und Paketsendungen eingetragen sind, und der „Rechnungsbelege“ (GR/Belege) für die Jahre 1780 und 1781. Außerdem wurden Umfeldbriefwechsel und weitere für die Kommentierung herangezogene Quellen ausgewertet. Verzeichnet werden einzelne nicht überlieferte Briefe Goethes, deren Existenz durch konkrete Anhaltspunkte belegt ist. Unberücksichtigt blieben nicht überlieferte Briefgruppen, auf deren Existenz es lediglich allgemeine Hinweise gibt, z.B. dass sie vernichtet worden sind. Informationen zur Überlieferungslage von Korrespondenzen finden sich an entsprechender Stelle im Kommentar. Manuskriptsendungen und andere Sendungen werden nur registriert, wenn es Hinweise auf einen Begleitbrief gibt. Im Fall der „Rechnungsbücher“ werden sämtliche darin verzeichneten Briefund Paketsendungen aufgenommen, die an einen bestimmten Empfänger oder Ort adressiert sind, da sich nicht ausschließen lässt, dass auch den Paketsendungen Briefe beilagen. Die Sendungen sind in den „Rechnungsbüchern“ größtenteils mit den Abkürzungen B. für Brief(e) oder P. für Paket(e) vermerkt. Zu berücksichtigen ist, dass die angegebenen Absendedaten, die sich meist nach den Posttagen richten, nicht notwendigerweise mit den Entstehungsdaten der Briefe identisch sind. Die Einträge der „Rechnungsbücher“ werden so übernommen, dass in der Datumszeile jeweils der angegebene oder erschlossene Bestimmungsort mitgeteilt wird und in den Bemerkungen zu Quelle und Datierung der Ort, bis zu welchem der Brief frankiert (f., fr.) oder nach welchem er adressiert wurde. Beide Orte müssen nicht identisch sein, weil es möglich war, dass der Empfänger in einer anderen Stadt außerhalb eines bestimmten Postterritoriums wohnte und das Restporto selbst zu zahlen hatte. Was den Absendeort angeht, so ist zu beachten, dass Goethe in der Regel Philipp Seidel beauftragte, für sein Hauswesen und die Post zu sorgen, wenn er sich selbst auf Reisen befand. Für Zeiträume, in denen Goethe von Weimar abwesend war, ist daher nicht immer sicher zu entscheiden, ob Briefe unterwegs von Goethe selbst geschrieben oder von Seidel in Weimar besorgt wurden. Sofern Briefe in den von Seidel geführten „Rechnungsbüchern“ notiert wurden, ist anzunehmen, dass er sie in Weimar im Auftrag geschrieben und versandt hat. Nicht auszuschließen ist freilich, dass Goethe Briefe in den „Rechnungsbüchern“ im Nachhinein ergänzen ließ; darauf könnte die gelegentlich verschobene Chronologie der Einträge hindeuten. Die in spitzen Klammern ergänzten Zitate in gerader Schrift stehen anstelle der im Original verwendeten Wiederholungszeichen.

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ERSCHLOSSENE BRIEFE 1–8

EB 1. An Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gräfin von Giannini mit Moritz von Wedel 〈Darmstadt, 4. Januar 1780 → Weimar〉 Quelle und Datierung: Brief von Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach an Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 4. Januar 1780: „Hier schicke ich dir einen Neujahrs Wunsch von Göthen und Wedeln an die Oberhofmeisterinn 〈Gräfin Gianini〉.“ (BuG 2, 217.) – Über die Adressatin, die Oberhofmeisterin der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 445.

EB 2. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 19. Januar 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: B. Hl. Streiber in Eis. (GR/RB 1780, 1, Bl. 3v); B. Hl. Streiber in Eisenach. (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 2r). – Adressat ist dem Bestimmungsort zufolge der Eisenacher Bankier, Kaufmann und Bürgermeister Johann Lorenz Streiber. Mit ihm hatte Goethe im Zusammenhang mit dem Legat zu tun, das der Baron Heinrich Julius von Lindau seinem Schützling Peter im Baumgarten hinterlassen hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23).

EB 3. An Carl Ferdinand von Sinner 〈Weimar, 20. Januar 1780 → Bern〉 Quelle und Datierung: Tagebuch, 20. Januar 1780: An Sinnern. (GT I 1, 103). – Adressat ist Carl Ferdinand von Sinner, der Sohn des Berner Stadtschultheißen Friedrich von Sinner. Goethe hatte beide im Herbst 1779 in Bern kennen gelernt (vgl. GB 3 II, zu 311,17). Carl Ferdinand von Sinner war an der vergeblichen Verhandlung Carl Augusts beteiligt, Dokumente von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar aus dem Besitz der Familie von Erlach zu erwerben (vgl. GB 3 II, 1127f.). Am 4. Juni 1780 bat Goethe Carl Ludwig von Knebel: In Bern bringst du dem Hauptmann Sinner Sohn des Avoyérs viel Complimente. (65,10–12.) – Beilage zu Carl Augusts Brief vom gleichen Tag (vgl. Ludwig Hirzel: Briefe des Herzogs Carl August an Karl Ferdinand von Sinner in Bern. In: Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte 3 [1890], S. 123f.; dort wegen eines Lese- oder Schreibfehlers auf dem 10. Januar 1780 datiert).

JANUAR/FEBRUAR 1780

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EB 4. An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin 〈Weimar, 24. Januar 1780 → Braunschweig〉 Quelle und Datierung: „an HL. Rehsens W. u Eggling dL 24st“ (GR/Belege 1780, 1, Bl. 38r); „an HL. Rehsens W. u Eggling dL 24st“ (GR/Belege 1780, 1, Bl. 68r). – Adressaten waren wahrscheinlich die Inhaber der braunschweigischen Flachsspinnerei Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin. Eine Rechnung ist vom 12. April überliefert (GR/Belege 1780, 1, Bl. 51).

EB 5. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 25. Januar 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: B. Hl: Streiber fr. Eis. (GR/RB 1780, 1, Bl. 4r). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 6. An Ludwig Carl Weitolshausen gen. Schrautenbach 〈Weimar, um den 7. Februar 1780 → ?〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Johann Heinrich Merck vom 7. April 1780: An Schrautenbachen will ich dir ehster Tage einige Silhouetten schiken ich habe schon vor zwei Monaten einen Brief und eine flüchtige Zeichnung an ihn abgehen lassen. Ich habe die Zeit nicht gehört ob er sie erhalten hat. (41,24–27.) – Über den Adressaten vgl. zu 41,24.

EB 7. An Unbekannt 〈Weimar, 11. Februar 1780 → ?〉 Quelle und Datierung: á M de la Grange au bois (GR/RB 1780, 1, Bl. 6v). – Zu diesem Eintrag konnte nichts ermittelt werden.

EB 8. An Johann Ludwig Aberli 〈Weimar, 18. Februar 1780 → Bern〉 Quelle und Datierung: Zwei und zwanzig Thaler für unten specifizirte Auslagen habe aus des regierenden Herzogs Durchl. Scatoulle von Herrn Rath Bertuch erhalten. 〈…〉 Brief an Mahler Aberli fr. Bern (LATh – HStA Wei-

372

ERSCHLOSSENE BRIEFE 9–13

mar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 16, Beleg Nr 522). – Dem Landschaftsmaler Johann Ludwig Aberli war Goethe im Oktober 1779 in Bern begegnet (vgl. GB 3 I, 311,16 und 321,11–12; GB 3 II, zu 304,23–25). Goethes Briefe an Aberli standen in Verbindung mit Bestellungen für die herzoglichen Sammlungen: In Carl Augusts Privatschatulle ist eine Zahlung an „HL. Aberli in Bern für die OriginL. Etude von Thun, und die Schweitzer Prospeckte“ vermerkt; im entsprechenden Beleg sind die einzelnen Posten nicht aufgeführt (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1083, Bl. 16v; vgl. ebd. A 1086, Bl. 56–58, Beleg Nr 165). Diese Zahlung wurde von Goethe über den Eisenacher Bankier Streiber angewiesen (vgl. EB 43). Damit wurden eine Kupferstichsammlung mit Landschaftsdarstellungen der Alpen nach Vorlagen von Caspar Wolf (vgl. zu 17,18) und ein Gemälde Aberlis bezahlt: „Hr. Aberli hat vor einem Jahr, von einer kleinen Insul des Thurnersees eine der vortreflichsten Aussichten über denselben, gleich nach der Natur in Oel gemahlt, der Charakter eines Sommer-Morgens ist mit aller möglichen Wahrheit, die man von einem geschickten Mann, den die Natur begeistert, erwarten kann, darinn angebracht. Der Herzog von Weimar ist Besitzer davon.“ (Gothaische gelehrte Zeitungen, 13. Stück [14. Februar 1781], S. 104.) Dieses Gemälde ist nicht in den Weimarer Sammlungen überliefert.

EB 9. An Johann Christian von Düring 〈Weimar, vor dem 20. Februar 1780 → Dannenberg〉 Quelle und Datierung: Brief von Johann Christian von Düring an Goethe vom 4. März 1780: „Mit dem größten Vergnügen habe ich aus Ew. pp. Briefe vom 20t Febr. ersehen, daß der HLr. von Scholley endlich einmal die 200 rL. für Baumgarten bezahlet hat. 〈…〉 Sein beständiges Aufschieben ist die Ursache, daß ich nicht schon längst Ihnen vorigen Brief beantwortet habe.“ (GSA 30/82,1, Bl. 12; vgl. RA 1, Nr 110.) – Adressat ist der hannoversche Forstbeamte Johann Christian von Düring. Goethe hatte mit ihm wegen des Legats für Peter im Baumgarten zu tun (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 20).

EB 10. An Carl Theodor von Dalberg 〈Weimar, 20. Februar 1780 → Erfurt〉 Quelle und Datierung: B Hl v. Dalberg. n. Erf. (GR/RB 1780, 1, Bl. 7v). – Über den kurmainzischen Statthalter in Erfurt vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 516.

FEBRUAR 1780

373

EB 11. An Christian Ernst oder Gottlob Friederici 〈Weimar, 20. Februar 1780 → Gera〉 Quelle und Datierung: B. Hl. Friederici f. Gera (GR/RB 1780, 1, Bl. 7v); B. Hl. Friederici fr. Gera (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 6r). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge der bekannte Orgel- und Klavierbauer Christian Ernst Friederici oder dessen Neffe und Geschäftsnachfolger Christian Gottlob Friederici aus Gera sein. Die Familie Goethe besaß einen Pyramidenflügel von Friederici, der heute noch im Musikzimmer des Goethe-Hauses in Frankfurt a. M. steht.

EB 12. An Adam Friedrich Oeser 〈Weimar, 20. Februar 1780 → Leipzig〉 Quelle und Datierung: Zwei und zwanzig Thaler für unten specifizirte Auslagen habe aus des regierenden Herzogs Durchl. Scatoulle von Herrn Rath Bertuch erhalten. 〈…〉 Brief an Hl Oeser fr. Leipzig (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 16, Beleg Nr 522). – Über den Adressaten, Goethes früheren Zeichen- und Kunstlehrer, vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 36.

EB 13. An Anton Schweitzer? 〈Weimar, 20. Februar 1780 → Gotha〉 Quelle und Datierung: B. Hl. Schweizer f. Gotha. (GR/RB 1780, 1, Bl. 7v); B. Hl. Schweizer fr. Gotha (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 6r). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge der Komponist und Kapellmeister Anton Schweitzer (Schweizer) sein. Von 1771 bis 1774 hielt sich Schweitzer als Kapellmeister der Theatertruppe Abel Seylers in Weimar auf. Hier entstand seine erfolgreiche Oper „Alceste“, deren Libretto Christoph Martin Wieland verfasst hatte. 1774 ging Schweitzer mit der Seylerschen Truppe nach Gotha und erhielt eine Anstellung als Musikdirektor des Hoftheaters, später als Hofkapellmeister. Goethe hatte sich vom 13. bis 16. Februar 1780 in Gotha aufgehalten (vgl. GT I 1, 104).

374

ERSCHLOSSENE BRIEFE 14–21

EB 14. An Carl Johann Conrad Michael Matthaei 〈Weimar, 6. März 1780 → Lausanne〉 Quelle und Datierung: B. Herrn Matthäi f (GR/RB 1780, 1, Bl. 9r); B. Hl. Matthäi fr. Rhh. (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 10v). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 160. Am 1. Mai 1780 schrieb Goethe an Johann Caspar Lavater: Von Matthäi hab’ ich Auskunft. (49,20.)

EB 15. An Christian Ernst oder Gottlob Friederici 〈Weimar, 22. März 1780 → Gera〉 Quelle und Datierung: B. Hl Friederici f Gera (GR/RB 1780, 1, Bl. 11v); B. Hl. Friederici fr Gera (GR/Abschlussrechnungen 1780, 1, Bl. 11r). – Vgl. zu EB 11.

EB 16. An Unbekannt 〈Weimar, 22. März 1780 → ?〉 Quelle und Datierung: B. m. B〈ruder〉 f D〈×××〉 (GR/RB 1780, 1, Bl. 11r); B. a. m B〈ruder〉 f D〈×××〉 (GR/RB 1780, 1, Bl. 11v). – Zu diesen Einträgen konnte nichts ermittelt werden.

EB 17. An George Batty 〈Weimar, 24. März 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: Zwei und zwanzig Thaler für unten specifizirte Auslagen habe aus des regierenden Herzogs Durchl. Scatoulle von Herrn Rath Bertuch erhalten. 〈…〉 Brief an Hl. L. K. Baty fr Eisenach (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 16, Beleg Nr 522). – Über den englischen Ökonom und Landwirt George Batty vgl. die erste Erläuterung zu 126,15.

MÄRZ 1780

375

EB 18. An Johann Caspar Bölling 〈Weimar, 24. März 1780 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: Zwei und zwanzig Thaler für unten specifizirte Auslagen habe aus des regierenden Herzogs Durchl. Scatoulle von Herrn Rath Bertuch erhalten. 〈…〉 an Hl. Bölling frei Frankfurt aM (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 16, Beleg Nr 522). – Über den Frankfurter Kaufmann Johann Caspar Bölling vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 183.

EB 19. An Georg Ludwig Meckel von Hemsbach? 〈Weimar, 29. März 1780 → Wetzlar〉 Quelle und Datierung: B. Hl Mekel Wezlar. (GR/RB 1780, 1, Bl. 11v.) – Adressat war vermutlich der in Wetzlar geborene Jurist Georg Ludwig Meckel, der 1773 in den Reichsritterstand mit dem Prädikat „Edler von Hemsbach“ erhoben wurde. Meckel war seit 1777 kurbrandenburgischer Assessor am Reichkammergericht. Verheiratet war er mit Henriette Sophie Schuler. Deren Mutter, Helene Catharina Susanne geb. Lindheimer, war mit Goethes Großmutter Anna Margaretha Textor geb. Lindheimer verwandt. Meckels Vater, der Kammergerichtsprokurator Philipp Ludwig Meckel (vgl. GT I 2, 515), war schon 1764 verstorben.

EB 20. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra 〈Weimar, 29. März 1780 → Clausthal〉 Quelle und Datierung: B. Hl. v. Trebra f. Clausth (GR/RB 1780, 1, Bl. 12r); B Hl. v. Trebra fr Clausthal (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 11r). – Über den Mineralogen und kurhannoverschen Vizeberghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra vgl. zu 182,1–2.

EB 21. An Georg Joseph Vogler 〈Weimar, 29. März 1780 → Mannheim〉 Quelle und Datierung: B. Hl Vogler Manheim (GR/RB 1780, 1, Bl. 11v); B. Hl. Vogler fr Manheim (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 11r). – Adressat ist wahrscheinlich der Komponist, Musiktheoretiker und Kapellmeister Georg

376

ERSCHLOSSENE BRIEFE 22–28

Joseph Vogler aus Mannheim. Voglers Komposition von Goethes Singspiel „Erwin und Elmire“ wurde 1781 in Darmstadt uraufgeführt.

EB 22. An Johann Carl Gustav? Wernich 〈Weimar, 29. März 1780 → Berlin〉 Quelle und Datierung: B. Hl Wernich Berlin (GR/RB 1780, 1, Bl. 11v); B. Hl. Wernich fr Berlin (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 11r). – Adressat könnte möglicherweise der Sekretär und Schriftsteller Johann Carl Gustav Wernich sein, wofür es jedoch keine Anhaltspunkte gibt.

EB 23. An Johann August Alexander? von Kalb 〈Weimar, 30. März 1780 → Weimar?〉 Quelle und Datierung: Tagebuch, 30. März 1780: Brief an Kalb. (GT I 1, 108.) – Adressat ist wahrscheinlich der sachsen-weimarische Kammerherr und Präsident des Kammerkollegiums Johann August Alexander von Kalb. Schon am 31. März 1780 notierte Goethe in sein Tagebuch: Antwort von Kalb (GT I 1, 108). – Es ist nicht auszuschließen, dass der Brief an dessen Vater, den ehemaligen Kammerpräsidenten Carl Alexander von Kalb, adressiert war.

EB 24. An Louis François Élisabeth Ramond de Carbonnières 〈Weimar, 30. März 1780 → Paris〉 Quelle und Datierung: Brief von Ramond de Carbonnières an Goethe vom 27. April 1780: „la Lettre que vous me faites l’honneur de m’écrire en date du 30. du mois dernier“ (GSA 30/82,2, Bl. 57; vgl. RA 1, Nr 117. – Ihr Brief vom 30. des vorigen Monats, den sie die Güte hatten, mir zu schreiben). – Der französische Alpinist Louis François Élisabeth Ramond de Carbonnières stand wegen einer noch ausstehenden Rechnung mit Goethe in Kontakt (vgl. zu 19,8).

MÄRZ 1780

377

EB 25. An Carl Theodor von Dalberg 〈Weimar, 31. März 1780 → Erfurt〉 Quelle und Datierung: B. Stadthalter v Erf (GR/RB 1780, 1, Bl. 12r). – Vgl. zu EB 10.

EB 26. An Christian Ernst oder Gottlob Friederici 〈Weimar, 31. März 1780 → Gera〉 Quelle und Datierung: B. Friederici. (GR/RB 1780, 1, Bl. 12r). – Vgl. zu EB 11.

EB 27. An Carl Johann Conrad Michael Matthaei 〈Weimar, 31. März 1780 → Lausanne〉 Quelle und Datierung: B. Matthäi fr Nürnbl (GR/RB 1780, 1, Bl. 12r); B. Hl. Matthäi fr Rheinh (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 11r). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 160. Am 1. Mai 1780 schrieb Goethe an Johann Caspar Lavater: Von Matthäi hab’ ich Auskunft. (49,20.)

EB 28. An Ferdinand Friedrich von Nicolai? 〈Weimar, 31. März 1780 → Ludwigsburg〉 Quelle und Datierung: B. Hl Nikolai fr. Ludwigbg (GR/RB 1780, 1, Bl. 12r); B. Hl O. v. Nikolai fr Ludwigsbl (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 11r). – Der Adressierung fr. Ludwigbg zufolge möglicherweise der württembergische Kommandeur und Militärschriftsteller Ferdinand Friedrich von Nicolai. Goethe und Herzog Carl August waren auf ihrer Rückreise aus der Schweiz im Dezember 1779 in Stuttgart gewesen und hatten dort u. a. die Militärakademie besucht (vgl. GB 3 II, zu 366,4).

378

ERSCHLOSSENE BRIEFE 29–36

EB 29. An Johann Adam? Wolf 〈Weimar, 5. April 1780 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: B. an Wolf Frf (GR/RB 1780, 2, Bl. 3r). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge Johann Adam Wolf, ein Freund Philipp Seidels, sein. Nicht auszuschließen ist, dass der Brief von Seidel stammt.

EB 30. An George Batty 〈Weimar, 16. April 1780 → ?〉 Quelle und Datierung: B. Batty Anhalt (GR/RB 1780, 2, Bl. 4r). – Wo sich Batty, der seit 1779 in Weimar als Landkommissar und Inspektor der Kammergüter angestellt war, zu dieser Zeit aufhielt, ist nicht bekannt (vgl. die erste Erläuterung zu 126,15).

EB 31. An Albert Beyer 〈Weimar, 16. April 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: B. Beier Jena (GR/RB 1780, 2, Bl. 4r); B. Hl Steinsch. Baier nach 〈Jena〉 (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 20r). – Der braunschweigische Steinschleifer Albert Beyer war etwa seit 1775 in Jena. Goethe hatte ihn im Dezember 1778 besucht (vgl. GB 3 II, zu 230,16–17).

EB 32. An Justus Christian Loder 〈Weimar, 16. April 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: B Loder Jena (GR/RB 1780, 2, Bl. 4r); B. Hl. Prof. Loder nach Jena (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 20r). – Der Mediziner und Anatom Justus Christian Loder war seit 1778 Professor in Jena (vgl. zu 339,20–21).

APRIL/MAI 1780

379

EB 33. An Albert Beyer 〈Weimar, zwischen 16. und 18. April 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: B. Beier (GR/RB 1780, 2, Bl. 4v); B. an Hl. Steinsch. Beier nach Jena (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 20r). – Vgl. zu EB 31.

EB 34. An Herrn Probst 〈Weimar, zwischen 16. und 18. April 1780 → Leipzig〉 Quelle und Datierung: B. Probst (GR/RB 1780, 2, Bl. 4v); B. Hl. Probst fr. Leipzig (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 20r). – Möglicherweise der Bruder von Wilhelmine Probst, der Freundin und Gesellschafterin Corona Schröters. Am 4. März 1780 hatte Goethe an Charlotte von Stein geschrieben: Diesen Mittags hab ich Misels und der Probstin Bruder von Leipzig. (27,16.)

EB 35. An Johann Carl Gustav? Wernich 〈Weimar, 4. Mai 1780 → Berlin〉 Quelle und Datierung: „an HL. Wernich dL 4 May.“ (GR/Belege 1780, 1 Bl. 68). – Vgl. zu EB 22.

EB 36. An Nicolas Guibal 〈Weimar, 10. Mai 1780 → Stuttgart〉 Quelle und Datierung: P Guibal fr. Stutgardt (GR/RB 1780, 3, Bl. 3r); P. Guibal fr. Stutgardt (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 24v). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge der französische Maler und Kunsttheoretiker Nicolas Guibal sein. Guibal war württembergischer Hofmaler und Professor an der Karlsschule in Stuttgart. Goethe könnte ihm während seines Aufenthalts in Stuttgart im Dezember 1779 begegnet sein.

380

ERSCHLOSSENE BRIEFE 37–44

EB 37. An Johann Friedrich Krafft 〈Weimar, 12. Mai 1780 → Ilmenau〉 Quelle und Datierung: B an Kraft (GR/RB 1780, 3, Bl. 3r); B an Kraft (GR/ Abschlussrechnungen 1780, Bl. 24v). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

EB 38. An Louis François Élisabeth Ramond de Carbonnières 〈Weimar, 20. Mai 1780 → Paris〉 Quelle und Datierung: Vermerk von Seidels Hd: Den 20sten ⎡Mai 1780⎤ ist an Hl Commerzienrath Streiber ein Brief abgegangen worinn er ersucht wird die Summe von 218 Liv. 12 Sols an Hl Ramond nach Paris auszahlen zu lassen. Ingleichen Nachricht davon an Hl Ramond in Paris selbst gegeben. (GSA 30/82,2, Bl. 60.) – Am 9. Juni 1780 bestätigte Ramond de Carbonnières den Eingang von Goethes Brief vom 20. Mai 1780 sowie den Erhalt des Geldes (GSA 30/82, Bl. 62; vgl. RA 1, Nr 120). – Vgl. zu EB 24; zu EB 39.

EB 39. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 20. Mai 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: Vermerk von Seidels Hd: Den 20sten ⎡Mai 1780⎤ ist an Hl Commerzienrath Streiber ein Brief abgegangen worinn er ersucht wird die Summe von 218 Liv. 12 Sols an Hl Ramond nach Paris auszahlen zu lassen. (GSA 30/82,2, Bl. 60.) – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 40. An Wilhelm Carl? Appelius 〈Weimar, 22. Mai 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: Apelius B Eis (GR/RB 1780, 3, Bl. 3r); B. Hl Apelius fr Eis. (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 25r). – Adressat ist wahrscheinlich der Eisenacher Landschaftssyndikus Wilhelm Carl Appelius. Am 18. Mai 1780 hatte das Geheime Consilium beschlossen, Wilhelm Carl Appelius zum Landkammerrat zu ernennen (vgl. Wahl, Consilium, 574, Nr 7914).

MAI–JULI 1780

381

EB 41. August Wilhelm? Neidhardt 〈Weimar, 22. Mai 1780 → Erfurt〉 Quelle und Datierung: B. Neidhardt Erfurt (GR/RB 1780, 3, Bl. 3r); B. Hl Neidhardt fr Erfurt (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 25r). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge August Wilhelm Neidhardt (von Gneisenau) sein. Neidhardt war Oberleutnant der Artillerie und seit 1772 kurmainzischer Oberbaudirektor über Stadt und Land Erfurt und das Eichsfeld.

EB 42. An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin 〈Weimar, 12. Juni 1780 → Braunschweig〉 Quelle und Datierung: „an HL. Rehsens W. u Eggling dL 12 Jun.“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 40.) – Vgl. zu EB 4.

EB 43. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 16. Juni 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: Antwortbrief Streibers vom 20. Juni 1780: „Seit meinem ergebensten letztern vom 17ten dieses empfange ich Ew HochWohlgebohrnen geehrte Zuschrift vom 16ten worinnen Mich Dieselben beordern L 444 de France an HL. Aberli Mahler in Bern für Rechnung Serenissimo auszubezahlen, solches geschiehet heute durch eine Anweißung auf diesen Platz und ich habe die Ehre Beikommend die Berechnung darüber zu begleiten betragend L 453 wofür die Rechnung Ihro DurchL. belastet habe.“ (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1086, Bl. 56.) – Mit dieser Zahlung wurde eine Bestellung von Kunstwerken aus Bern für die herzogliche Sammlung beglichen (vgl. zu EB 8). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 44. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg 〈Weimar, 3. Juli 1780 → Gotha〉 Quelle und Datierung: „à Msrgr. le Duc de Saxe Gotha“ (GR/Belege 1780 2, Bl. 38r). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 25.

382

ERSCHLOSSENE BRIEFE 45–53

EB 45. An Unbekannt 〈Weimar, 3. Juli 1780 → ?〉 Quelle und Datierung: „1 KistL: M. G. SignL.“ (GR/Belege 1780 2, Bl. 48).

EB 46. An Jean George d’Orville 〈Weimar, 5. Juli 1780 → Offenbach〉 Quelle und Datierung: „à Msr. D’Orville à Offenbach“ (GR/Belege 1780 2, Bl. 38r). – Über den Offenbacher Kaufmann und Fabrikanten vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 223.

EB 47. An Carl Christian Heinrich Rost 〈Weimar, 7. Juli 1780 → Leipzig〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Rost. Leipzig“ (GR/Belege 1780 2, Bl. 38r). – Über den Leipziger Verleger und Kunsthändler vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 137.

EB 48. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 10. Juli 1780 → Luzern〉 Quelle und Datierung: „à Msr. le Baron de Knebel Zürch“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). – Carl Ludwig von Knebel reiste zu dieser Zeit durch die Schweiz. Johann Caspar Lavater schickte die für ihn angekommenen Briefe weiter. Wahrscheinlich gehörte dieser Brief zu denjenigen, die Knebel am 4. August 1780 bei seiner Ankunft in Luzern vorfand: „Erhielt viele Briefe durch den Wirth von HL. Lavater übermacht.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 33r.)

JULI 1780

383

EB 49. An Barbara Schulthess 〈Weimar, 17. Juli 1780 → Zürich〉 Quelle und Datierung: „à Madame Schulthes à Zürch“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). – Die Adressatin war eine gemeinsame Freundin Johann Caspar Lavaters und Goethes. Goethe hatte sie im Juni 1775 auf seiner ersten Schweizer Reise kennen gelernt (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29).

EB 50. An Johann Ludwig Aberli 〈Weimar, 24. Juli 1780 → Bern〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Aberli à Bern“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). – Vgl. zu EB 8.

EB 51. An Johann Georg Adam Forster 〈Weimar, 24. Juli 1780 → Kassel〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Forster à Kassel“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). – Der Naturforscher und Philosoph Georg Forster war seit 1779 Professor der Naturwissenschaften am Collegium Carolinum in Kassel. Goethe hatte ihn am 14. September 1779 in Kassel kennen gelernt (vgl. GB 3 II, zu 279,20–21).

EB 52. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 24. Juli 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Streiber à Eisenach“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 53. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra 〈Weimar, 24. Juli 1780 → Clausthal〉 Quelle und Datierung: „à Msr. de Trebra à Clausthal“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). – Vgl. zu EB 20.

384

ERSCHLOSSENE BRIEFE 54–61

EB 54. An Christian Friedrich Chalybäus? 〈Weimar, 31. Juli 1780 → Roda〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Chalibaeus. Roda“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge der Arzt Christian Friedrich Chalybäus (Chalibaeus) im altenburgischen Roda (heute Stadtroda) sein. Näheres über den Adressaten und Goethes Verhältnis zu ihm konnte nicht ermittelt werden.

EB 55. An Sylvius Friedrich Ludwig von Franckenberg und Ludwigsdorf 〈Weimar, 4. August 1780 → Gotha〉 Quelle und Datierung: „à Msr. le Baron de Franckenberg à Gotha“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Über den sachsen-gothaischen Geheimen Rat Sylvius Friedrich Ludwig von Franckenberg vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 6 II, Nr 141.

EB 56. An Johann Christoph Koch 〈Weimar, 7. August 1780 → Gießen〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Koch. à Giesen“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – In Goethes Tagebuch findet sich Anfang August der Eintrag: Geschichte mit des Kanzl. Kochs Sohn. (GT I 1, 114.) Der Jurist Johann Christoph Koch war Vizekanzler der Universität Gießen. 1782 wurde er zum Kanzler ernannt.

EB 57. An Friedrich Victor Leberecht Plessing 〈Weimar, 7. August 1780 → Wernigerode〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Pleßig. Wernigerode“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Über den Adressaten vgl. GB 3 II, zu 179,15–18.

JULI/AUGUST 1780

385

EB 58. An Jeanette Brossard 〈Weimar, 9. August 1780 → Metz〉 Quelle und Datierung: „à Mselle Brossard. à Metz“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Über die Adressatin vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 549; zu 322,20.

EB 59. An Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de Villoison 〈Weimar, 9. August 1780 → Venedig〉 Quelle und Datierung: „Daß heute dato den 9. AugL. 1780 zwey mit Manuscripten nach Zurch und Venedig beschwerthe PäckL: haltend an Herrn Lavater und d’Asè de Villoison 〈…〉.“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 21r.) – Das Paket für Villoison enthielt eine Homer-Abschrift aus der Stadtbibliothek Hamburg (vgl. zu 32,3–4). – Über den französischen Philologen und Gräzisten Villoison vgl. zu 31,1–2.

EB 60. An Samuel Friedrich Nathanael? Morus 〈Weimar, 10. August 1780 → Leipzig?〉 Quelle und Datierung: „an HL. Morus dL 10 t“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 40). – Adressat ist wahrscheinlich der Leipziger Professor für Theologie und Philologie Samuel Friedrich Nathanael Morus. Goethe hatte Morus 1765 in Leipzig kennen gelernt (vgl. GB 1 I, 24,13–15; GB 1 II, zu 24,5–7 und zu 24,13). Der Brief stand möglicherweise in Verbindung mit der abgelehnten Leihgabe einer HomerHandschrift aus der Leipziger Universitätsbibliothek für Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de Villoison und berichtete von der erfolgten Leihgabe der Hamburger Abschrift (vgl. zu 32,3–4).

EB 61. An Unbekannt 〈Weimar, 10. August 1780 → Freyburg〉 Quelle und Datierung: „1. PckL. mit 15½ nß . – . H. W. SignL. à Freyburg“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 48).

386

ERSCHLOSSENE BRIEFE 62–71

EB 62. An Justus Christian Loder 〈Weimar, 12. August 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: P. nach Jena P. Loder (GR/RB 1780, 6, Bl. 2r); P. P. Loder nach Jena (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 40v). – Vgl. zu EB 32.

EB 63. An Johann Caspar Lavater 〈Weimar, 14. August 1780 → Zürich〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Lavater à Zürch“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Beischluss: Nr 145.

EB 64. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 14. August 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Streiber. Eisenach“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 65. An Catharina Elisabeth Goethe 〈Weimar, 15. August 1780? → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 14. August 1780: Ich ersuche Sie um die Vögel die ich meiner Mutter schicken will. (104,11.) – Möglicherweise lag der Übersendung der „Vögel“ ein Begleitbrief bei (vgl. die zweite Erläuterung zu 104,11).

EB 66. An Ernst Anton? Nicolai 〈Weimar, 15. August 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Nicolai à Jena“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge der Mediziner Ernst Anton Nicolai sein. Nicolai war seit 1758 Professor in Jena.

AUGUST 1780

387

EB 67. An Justus Christian Loder 〈Weimar, 17. August 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Loder. à Jena“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Vgl. zu EB 32.

EB 68. An Ernst Wolfgang Behrisch 〈Weimar, 19. August 1780 → Dessau〉 Quelle und Datierung: „an HL. Berisch in Deßau“ (GR/Belege 1780, 1, Bl. 68r). – Über den Adressaten, Goethes Freund aus der Leipziger Studienzeit, vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 18.

EB 69. An Johann Heinrich Merck 〈Weimar, 20. August 1780 → Darmstadt〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 20. August 1780: ging dann nach hause und schrieb Mercken (107,1–2).

EB 70. An Johann Adam? Wolf 〈Weimar, 21. August 1780 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Wolff. Frankfurth“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Vgl. zu EB 29.

EB 71. An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin 〈Weimar, 24. August 1780 → Braunschweig〉 Quelle und Datierung: „an HL. Rehsens W. 〈dL 24st.〉“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 40). – Vgl. zu EB 4.

388

ERSCHLOSSENE BRIEFE 72–80

EB 72. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 28. August 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Streiber. Eisenach“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 73. An Johann Christoph Koch 〈Weimar, 30. August 1780 → Gießen〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Koch. à Giesen“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 39r). – Vgl. zu EB 56.

EB 74. An Johann Adam? Wolf 〈Weimar, 30. August 1780 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Wolff à Frankfurth“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 39r). – Vgl. zu EB 29.

EB 75. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 1. September 1780 → Koblenz〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Sophie von La Roche vom 1. September 1780: Hl. von Knebel 〈…〉 wird zu Ihnen kommen, den bitt ich gut zu empfangen und ihm beiliegendes zu geben. (112,6–8.) – Beischluss zu Nr 165. Dem Brief lag ein nicht überliefertes Exemplar der „Vögel“ bei (vgl. zu 266,27). Knebel empfing den Brief wohl am 13. September 1780, als er von der Schweiz nach Düsseldorf reiste (vgl. zu 112,8).

EB 76. An Johann Georg Adam Forster 〈Weimar, 4. September 1780 → Kassel〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Forster. Kassel“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 39r). – Vgl. zu EB 51.

AUGUST/SEPTEMBER 1780

389

EB 77. An Johann Christoph Koch 〈Weimar, 4. September 1780 → Gießen〉 Quelle und Datierung: „à Msr. Koch. Giesen“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 39r). – Vgl. zu EB 56.

EB 78. An Justus Christian Loder 〈Ilmenau, 7. September 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: †Loder, Jena. (WA IV 4, 383.) – Worauf sich die WA bezieht, konnte nicht ermittelt werden. – Vgl. zu EB 32.

EB 79. An Abraham Gottlob? Werner 〈Schmalkalden, 11. September 1780 → Freiberg?〉 Quelle und Datierung: Ein Schreiben und ein Paket „an HL. Werner dL 11. Septbr:“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 40). – Der Adressat könnte der Geologe und Mineraloge Abraham Gottlob Werner aus Freiberg sein (vgl. zu 144,19).

EB 80. An Catharina Elisabeth Goethe 〈Weimar, 13. September 1780 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: „1. PckL. in WchstL. 〈…〉 à Mad. Goethe à FrckfL. 〈…〉 1 do 〈…〉 an dieselben“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 48r). – Die Rechnung der Herzoglich-Sächsischen Post vom 2. Oktober 1780 enthält Posten ab dem 26. Juni 1780. Bei den beiden Paketen an Goethes Mutter steht der Tag „13.“ ohne Monatsangabe; da aber über diesem Eintrag eine Paketsendung vom 18. August vermerkt ist, ist davon auszugehen, dass der Monat versehentlich nicht eingetragen wurde und vorliegende Pakete am 13. September verschickt wurden, auch wenn Goethe sich nicht in Weimar befand. Vermutlich hatte er vor der Abreise den Brief an Lavater vom 3. September (Nr 166) mit dessen Dürer-Sammlung verpackt und bei der herzoglichen Post abgegeben, damit die Sendung zwar nicht so schnell wie mit der Kaiserlichen fahrenden Post, aber günstiger an seine Mutter abging, die sie an Lavater weiterleiten sollte (vgl. zu 137,23–24). Es ist anzunehmen, dass der für Lavater bestimmten Sendung ein Brief an Goethes Mutter beilag. – Beischluss: Nr 166.

390

ERSCHLOSSENE BRIEFE 81–88

EB 81. An Justus Christian Loder 〈Ilmenau, 18. September 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: †Loder, Jena. (WA IV 4, 383.) – Worauf sich die WA bezieht, konnte nicht ermittelt werden. – Vgl. zu EB 32.

EB 82. An Herrn Kulenkamp oder Kulenkampff 〈Meiningen, 22. September 1780 → Bremen〉 Quelle und Datierung: „à Mss. Kulenkampf. a CompL. Bremen.“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 39r.) – Dem Bestimmungsort zufolge kommen mehrere Adressaten in Frage: Nicolaus Kulenkamp d. Ä., Schönfärber, Seifenfabrikant und Erfinder des Bremer Grüns; dessen Sohn und Nachfolger Nicolaus Kulenkamp d. J.; das von Johann Andreas Gottlieb Kulenkamp gegründete Handelshaus A. G. Kulenkamp & Gloystein; Hermann Kulenkampff, Händler. – Näheres konnte nicht ermittelt werden. Vgl. auch EB 94.

EB 83. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 14. Oktober 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: 〈B.〉 Hl Streiber (GR/RB 1780, 8, Bl. 1v). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 84. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra 〈Weimar, 14. Oktober 1780 → Clausthal〉 Quelle und Datierung: 〈B.〉 Hl. v Trebra (GR/RB 1780, 8, Bl. 1v). – Vgl. zu EB 20.

EB 85. An Catharina Elisabeth Goethe 〈Weimar, 25. Oktober 1780 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: P. an Frau Rath Goethe m. e. Zeichl (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 52r). Im „Ausgabebuch“ für Oktober 1780 wurde am oder nach dem 23. Oktober diese Sendung für den gleichen Betrag notiert: P. Branconi

SEPTEMBER–NOVEMBER 1780

391

(GR/RB 1780, 8, Bl. 1v). Dem für Maria Antonia von Branconi bestimmten Paket (vgl. zu 152,6) war der Brief eingeschlossen: Die Zeichnung 〈…〉 geht diese Woche an meine Mutter ab, sie erhält den Auftrag abzuwarten, biss sie von Ihnen erfährt wohin das Packet zu schicken ist. (152,5–7.)

EB 86. An Carl Christoph Oettelt 〈Weimar, 1. November 1780 → Ilmenau〉 Quelle und Datierung: Notiz Goethes auf einem Brief Peters im Baumgarten vom 24. Oktober 1780: Deswegen an Wildmeister geschriel dl. 1 Nov (GSA 30/82,2, Bl. 75r, vgl. RA 1, Nr 126). – Goethes Mündel Peter im Baumgarten hielt sich seit April 1778 bei dem Ilmenauer Oberförster Carl Christoph Oettelt auf.

EB 87. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 1. November 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: B. Streiber (GR/RB 1780, 9, Bl. 1v); B. Hl Streiber fr. Eis (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 57v). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 88. An Johann August oder Christian August Friedrich von Hellfeld? 〈Weimar, 8. November 1780 → Jena〉 Quelle und Datierung: B. Helfeld (GR/RB 1780, 9, Bl. 1v); B. Hl Helfeld fr. Jena (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 57v). – Adressat könnte dem Bestimmungsort zufolge der Jurist Johann August von Hellfeld sein. Hellfeld war seit 1748 Professor in Jena und seit 1763 auch sachsen-weimarischer Geheimer Regierungsrat. Am 24. November 1780 wurden im Geheimen Consilium „Voten der Professoren Carl Friedrich Walch und Johann August Hellfeld zur Frage der Aufsicht über den akademischen Fiskus ohne Resolution“ behandelt (Wahl, Consilium, 632, Nr 9000). – Möglicherweise ist der Adressat auch dessen Sohn, der Mediziner Christian August Friedrich von Hellfeld, der seit 1779 Privatdozent in Jena war.

392

ERSCHLOSSENE BRIEFE 89–97

EB 89. An Christian Friedrich Schwan 〈Weimar, 8. November 1780 → Mannheim〉 Quelle und Datierung: B. Schwan (GR/RB 1780, 9, Bl. 1v); B. Hl Schwan fr. Manh. (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 57v). – Über den Mannheimer Verleger Christian Friedrich Schwan vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 2.

EB 90. An Philipp Erasmus Reich 〈Weimar, 30. November 1780 → Leipzig〉 Quelle und Datierung: B Reich (GR/RB 1780, 9, Bl. 1v); B. Hl R fr. Leipz (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 58r). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 67.

EB 91. An Hieronymus Peter Schlosser 〈Weimar, 30. November 1780 → Emmendingen〉 Quelle und Datierung: B. Schlosser (GR/RB 1780, 9, Bl. 1v); B. Hl Schlosser fr. Frankf (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 58r). – Adressat ist dem Bestimmungsort zufolge der Bruder von Goethes Schwager Johann Georg Schlosser. Über Hieronymus Peter Schlosser vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 85.

EB 92. An Johann Reinhold Forster 〈Weimar, 15. Dezember 1780 → Halle〉 Quelle und Datierung: B. P. Forster f. Halle. (GR/RB 1780, 10, Bl. 2v); B. P. Forster fr. Halle. (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 63r). – Adressat ist Georg Forsters Vater Johann Reinhold Forster, der seit 1780 Professor der Naturgeschichte in Halle war. Möglicherweise ging es um die Zeichnungen, die ich vom alten Forster erhalten (184,3–4) und die Goethe am 1. Januar 1781 an Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg schickte (vgl. die Erläuterungen zu 184,3).

NOVEMBER/DEZEMBER 1780

393

EB 93. An Johann Caspar Goethe 〈Weimar, 15. Dezember 1780 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: 〈B.〉 Hl Rath Goethe. f. (GR/RB 1780, 10, Bl. 2v); B. Hl. Rath Goethe fr Frfrt (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 63r). – Über Goethes Vater vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 5.

EB 94. An Herrn Kulenkamp oder Kulenkampff 〈Weimar, 15. Dezember 1780 → Bremen?〉 Quelle und Datierung: B Kulenkamp. (GR/RB 1780, 10, Bl. 2v.) – Vgl. zu EB 82.

EB 95. An Barbara Schulthess 〈Weimar, 15. Dezember 1780 → Zürich〉 Quelle und Datierung: 〈B.〉 F. Schultes f. Rhhß. (GR/RB 1780, 10, Bl. 2v); B. Fr. Schultes fr. Rhh. (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 63r.) – Vgl. zu EB 49.

EB 96. An Unbekannt 〈Weimar, 15. Dezember 1780 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: P. Eisenach (GR/RB 1780, 10, Bl. 2v).

EB 97. An Louisa von Dungern 〈Weimar, 16. Dezember 1780 → Meiningen〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 16. Dezember 1781 (Nr 229): Hier ist der Brief an die Frl Thunger. (174,5). – Zur Adressatin vgl. zu 174,5.

394

ERSCHLOSSENE BRIEFE 98–105

EB 98. An Johann Christian von Düring 〈Weimar, 16. Dezember 1780 → Dannenberg〉 Quelle und Datierung: B. Hl Düring (GR/RB 1780, 10, Bl. 2v); Brief von Johann Christian von Düring an Goethe vom 17. Januar 1781: „Mit der vorigen Post erhalte ich erst Ew Wohlgebohrnen gütige Zuschrift vom 16 Dec:“ (GSA 30/82,2, Bl. 66r; vgl. RA 1, Nr 133). – Adressat ist der hannoversche Forstbeamte Johann Christian Düring. Goethe hatte mit ihm wegen des Legats für Peter im Baumgarten zu tun (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 20).

EB 99. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar, vor dem 18. Dezember 1780 → Weimar〉 Quelle und Datierung: Brief von Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach an Johann Heinrich Merck vom 18. Dezember 1780: „Beykomt ein Billet von Göthe an mich gerichtet. Dieses brauchen wir noch sehr nöthig. Verschaffen Sie es uns womöglich.“ (Merck, Briefwechsel 2, 526.) – Möglicherweise handelt es sich um eine Bitte um Zeichnungen, die Merck am 16. Januar 1781 ankündigt (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 538–541).

EB 100. An Catharina Elisabeth Goethe 〈Weimar, 19. Januar 1781 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: B. Fr. Rath Goethe (GR/RB 1781/82, Bl. 4r).

EB 101. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg 〈Weimar, zwischen 11. und 23. Januar 1781 → Gotha〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha und Altenburg vom 24. Januar 1781 (Nr 259): Als ich den lezten Brief schrieb war mir nicht gegenwärtig dass ich den Empfang der 80 Ldrs zu melden

394

ERSCHLOSSENE BRIEFE 98–105

EB 98. An Johann Christian von Düring 〈Weimar, 16. Dezember 1780 → Dannenberg〉 Quelle und Datierung: B. Hl Düring (GR/RB 1780, 10, Bl. 2v); Brief von Johann Christian von Düring an Goethe vom 17. Januar 1781: „Mit der vorigen Post erhalte ich erst Ew Wohlgebohrnen gütige Zuschrift vom 16 Dec:“ (GSA 30/82,2, Bl. 66r; vgl. RA 1, Nr 133). – Adressat ist der hannoversche Forstbeamte Johann Christian Düring. Goethe hatte mit ihm wegen des Legats für Peter im Baumgarten zu tun (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 20).

EB 99. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar, vor dem 18. Dezember 1780 → Weimar〉 Quelle und Datierung: Brief von Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach an Johann Heinrich Merck vom 18. Dezember 1780: „Beykomt ein Billet von Göthe an mich gerichtet. Dieses brauchen wir noch sehr nöthig. Verschaffen Sie es uns womöglich.“ (Merck, Briefwechsel 2, 526.) – Möglicherweise handelt es sich um eine Bitte um Zeichnungen, die Merck am 16. Januar 1781 ankündigt (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 538–541).

EB 100. An Catharina Elisabeth Goethe 〈Weimar, 19. Januar 1781 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: B. Fr. Rath Goethe (GR/RB 1781/82, Bl. 4r).

EB 101. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg 〈Weimar, zwischen 11. und 23. Januar 1781 → Gotha〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha und Altenburg vom 24. Januar 1781 (Nr 259): Als ich den lezten Brief schrieb war mir nicht gegenwärtig dass ich den Empfang der 80 Ldrs zu melden

DEZEMBER 1780–MÄRZ 1781

395

schuldig war. (191,14–16.) Goethe hatte am 11. Januar 1781 einen B〈rief〉 mit 80. St Louisdor’s von Gotha erhalten (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 4r; GR/RB 1781, Bl. 2r). Der erschlossene Brief ist also zwischen dem Empfang des Geldes und dem Brief vom 24. Januar 1781 zu datieren. – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 25.

EB 102. An Charlotte Herzogin von Sachsen-Gotha und Altenburg 〈Weimar, 24. Januar 1781 → Gotha〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 25. Januar 1781 (Nr 261): Die Herzoginn von Gotha hab ich gebeten sich vom Prinzen August das Exemplar der Geschwister das er hat, geben zu lassen und sich dessen zu bedienen. (194,14–16.) – Wahrscheinlich Beischluss zu Nr 259.

EB 103. An Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen 〈Weimar, vor dem 25. Januar 1781 → Neunheilingen?〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 25. Januar 1781 (Nr 261): Der schönen Gräfin hab ich das Trauerspiel geschickt. (194,16–17.) – Über die Adressatin vgl. zu 220,20.

EB 104. An Maria Amalia von Hendrich 〈Weimar, 30. Januar 1781 → Meiningen〉 Quelle und Datierung: Frau von Hendrich f. Meinl (GR/RB 1781, Bl. 2r); B. Frau von Hendrich fr Meiningen (GR/RB 1781/82, Bl. 4r). – Über die Adressatin vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 192.

EB 105. An Johann Friedrich Krafft? 〈Weimar, 5. März 1781 → Ilmenau?〉 Quelle und Datierung: B. an Hl. K. (GR/RB 1781/82, Bl. 18r). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

396

ERSCHLOSSENE BRIEFE 106–112

EB 106. An Herrn Probst 〈Weimar, 5. März 1781 → Leipzig〉 Quelle und Datierung: B. an Hl. Probst f. Leipz (GR/RB 1781/82, Bl. 18r). – Vgl. zu EB 34.

EB 107. An Johann Friedrich Krafft? 〈Weimar, 6. März 1781 → Ilmenau?〉 Quelle und Datierung: B. an Hl. K. (GR/RB 1781/82, Bl. 18r). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

EB 108. An Niklaus Emanuel Tscharner 〈Weimar, 18. März 1781 → Bern〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Johann Caspar Lavater vom 18. März 1781 (Nr 329): Uber Peter im Baumgarten ein besondres Blätgen das du an Tscharner schicken kannst. (236,7–8.) – Beischluss zu Nr 329. Lavater versprach am 31. März 1781, den Brief an den Adressaten weiterzuleiten (vgl. Goethe-Lavater3, 166f.) – Zur Angelegenheit der Auszahlung eines Legats für Peter im Baumgarten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 20. – Lavater hatte am 3. März berichtet, dass der Berner Politiker und Ökonom Niklaus Emanuel Tscharner sich nach Peter im Baumgartens „ökonomischem Schicksal“ erkundigt habe, und einen nicht überlieferten Brief Tscharners beigelegt (vgl. Goethe-Lavater3, 157). Da Tscharner seit 1764 Mitglied des Großen Rates war, durfte er die vom „S c h u l t h e i ß und R a t h der S t a d t und R e p u b l i c B e r n“ am 28. Juli 1779 beglaubigte Verordnung gekannt haben, die Salis bevollmächtigte, das Legat zu beziehen, und die in Goethes Akten überliefert ist (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 27–28, hier Bl. 28v; vgl. zu 19,7). – Über Tscharner, den Goethe im Oktober 1779 auf dessen Landgut besucht hatte, vgl. GB 3 II, zu 311,17.

EB 109. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg 〈Weimar, vor dem 21. März 1781 → Gotha〉 Quelle und Datierung: Brief von August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg an Johann Gottfried Herder vom 21. März 1781: „Unser Göthe hat etwas an meinen Bruder geschickt, und zugleich einen sehr gütigen Brief an mich geschrieben,

MÄRZ/APRIL 1781

397

worinn er mich bittet, ihm mein unmaaßgebliches Gutachten darüber zuzusenden.“ (EGW 6, 577.) Vgl. Goethes Brief vom 2. April 1781 (Nr 355; zu 249,4). – Über Prinz August, den Bruder des Herzogs von Sachsen-Gotha und Altenburg, vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 355.

EB 110. An Maria Amalia König 〈Weimar, 13. April 1781 → Braunschweig?〉 Quelle und Datierung: der Brief an Frau Amalia König zurük (GR/RB 1781/82, Bl. 25r). – Maria Amalia König war die Stieftochter Gotthold Ephraim Lessings, dem sie nach dem Tod ihrer Mutter den Haushalt führte. Lessing war am 15. Februar 1781 in Braunschweig gestorben, so dass der Brief ein Kondolenzschreiben gewesen sein könnte.

EB 111. An Johann Friedrich Krafft? 〈Weimar, 20. April 1781 → Ilmenau?〉 Quelle und Datierung: Manuskripte an Hl. K. 2 mal (GR/RB 1781/82, Bl. 25r). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

EB 112. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar, 27.? April 1781 → Weimar〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 27. April 1781 (Nr 385): Hierbey ist eine Epistel wenn Sie meynen So schicken Sie das Blat dem Herzog, reden Sie mit ihm und schonen Sie ihn nicht. Ich will nichts als Ruhe, und daß er auch weis woran er ist. Sie können ihm auch sagen, daß ich Ihnen erklärt hätte, keine Reise mehr mit ihm zu thun. (262,4–8). – Möglicherweise wurde der Brief nicht zugestellt.

398

ERSCHLOSSENE BRIEFE 113–121

EB 113. An Johann Christian von Düring 〈Weimar, 28. April 1781 → Dannenberg〉 Quelle und Datierung: Beantwortet den 28 Apl 1781. (GSA 30/82,2,Bl. 72r.) – Die Notiz von Seidels Hand befindet sich auf einem Brief Johann Christian von Dürings vom 17. März 1781 (GSA 38/82, Bl. 69 und 72; vgl. RA 1, Nr 138), in dem es um die Auszahlung des Legats für Peter im Baumgarten geht (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 20).

EB 114. An Johann Friedrich Krafft? 〈Weimar, 28. April 1781 → Ilmenau?〉 Quelle und Datierung: B an Hl. K (GR/RB 1781/82, Bl. 25r). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

EB 115. An Johann Lorenz Streiber 〈Weimar, 28. April 1781 → Eisenach〉 Quelle und Datierung: B. an Hl Streiber (GR/RB 1781/82, Bl. 25r). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23.

EB 116. An Barbara Schulthess 〈Weimar, 29. April 1781 → Zürich〉 Quelle und Datierung: B. an Fr. Schulthes (GR/RB 1781/82, Bl. 25r). – Vgl. zu EB 49.

EB 117. An Johann Jacob Griesbach 〈Weimar, 1. Mai 1781 → Jena〉 Quelle und Datierung: Brief von Johann Jacob Griesbach an Goethe? vom 11. Mai 1781: „Ew. Hochwohlgebohrnen hochgeneigteste Zuschrifft vom 1ten dieses konnten mir, eines Zufalls wegen, erst gestern eingehändigt werden, und hatte ich die Ehre aus derselben zu ersehen, daß bey dem Verkauff der Schneiderischen Collection von Autographis nicht bona fide verfahren worden, und daß insbesondere der Kauf-

APRIL/MAI 1781

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man Brenner sein dem Herrn Bibliothekar ausdrücklich gegebenes Wort, bis zu einer bestimmten Zeit der Abschliesung des Kaufs mit meinem Commissair anstehen zu lassen, sehr unschicklich gebrochen habe.“ (H: Bibliothek der Ungarischen Wissenschaften, Budapest.) – Es ist nicht zu ermitteln, ob der Brief, der mit der Anrede „Hochwohlgebohrner Herr, Hochgebietender Herr Geheimder Rath“ überschrieben ist, an Goethe oder einen anderen Geheimen Rat in Weimar gerichtet war (vgl. RA 1, Nr 146), so dass auch ein anderer als Adressat in Frage kommt. Goethe hatte Griesbach, der seit 1775 Professor der Theologie in Jena war, im September 1778 in Jena aufgesucht (vgl. GT I 1, 66).

EB 118. An Johann Friedrich Krafft? 〈Weimar, 4. Mai 1781 → Ilmenau?〉 Quelle und Datierung: B u. P. an Hl K (GR/RB 1781/82, Bl. 32r). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

EB 119. An Johann Ludwig Aberli 〈Weimar, 8. Mai 1781 → Bern〉 Quelle und Datierung: B. an Hl. Aberli. fr Schafh. (GR/RB 1781/82, Bl. 32r). – Vgl. zu EB 8.

EB 120. An Unbekannt 〈Weimar, 15. Mai 1781 → Jena〉 Quelle und Datierung: B nach Jena (GR/RB 1781/82, Bl. 32r).

EB 121. An Christoph Willibald Gluck 〈Weimar, nach dem 23. Mai 1781 → Wien〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Philipp Christoph Kayser vom 10. September 1781: Sie erinnern sich, daß ich lange gewünscht hatte, Sie Gluken näher zu bringen, auch hatte ich schon bald nach Ihrer Abreise einen Brief geschrieben, der eben an ihn abgehen sollte, als ich die Nachricht von dem Schlag erfuhr, der ihn gerührt hat. Durchl der Herzog schrieben darauf

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ERSCHLOSSENE BRIEFE 122–127

selbst an ihn und erhielten beiliegende Antwort. (318,2–7.) – Philipp Christoph Kayser war um den 23. Mai 1781 von Weimar abgereist (vgl. zu 318,4). Weitere Briefe Goethes an Gluck sind nicht bekannt.

EB 122. An Herrn Born 〈Weimar, 30. Mai 1781 → ?〉 Quelle und Datierung: 〈B.〉 HR. Born (GR/RB 1781/82, Bl. 32r). – Nach WA vielleicht der österreichische Mineraloge, Geologe und Freimaurer Ignaz Edler von Born aus Wien (vgl. WA IV 5, 392). In einem späteren Brief an Christian Bernhard von Isenflamm vom 24. Juni 1784 schrieb Goethe: Sie verzeihen, daß ich schon zum zweyten Male beschwerlich geworden und mir einiges von Herrn v. Born zu verschaffen gebeten, ich mache Gebrauch von Ihrem gefälligen Anerbieten, und bin überzeugt, daß ich mich an niemand besser wenden könnte. Vielleicht führt der Zufall einmal Ew. Hochwohlgeb. sonst etwas von ungrischen Erzstufen um einen leidlichen Preis in die Hände und alsdann bitte ich an mich zu dencken. (WA IV 6, 313.) – Vielleicht ist der Adressat auch Jakob Heinrich von Born. Den kurfürstlich-sächsischen Hof- und Justizrat in Dresden kannte Goethe aus seiner Zeit in Leipzig und Wetzlar (vgl. GB 1 II, erste Erläuterung zu 90,21). – Da kein Ort und kein ‚von‘ angegeben ist, könnte es sich auch um einen Schneider Born aus Weimar handeln, dessen Gesuch „um Reisegeld zu seiner Rückreise nach Riga“ am 16. Mai 1781 im Geheimen Consilium verhandelt worden war (Wahl, Consilium, 692, Nr 1005).

EB 123. An Catharina Elisabeth Goethe 〈Weimar, 11.? Juni 1781 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: Brief von Catharina Elisabeth Goethe an Goethe vom 17. Juni 1781: „Tausend Danck vor deinen Brief, der hat mir einen herrlichen Donnerstag gemacht 〈…〉 Donnerstags kam nun dein lieber Brief meinem geschreibe zu vor“ (Pfeiffer-Belli, 491f.; vgl. RA 1, Nr 148). – Die reitende Post nach Frankfurt, die Donnerstag früh ankam, ging „Dienstags Morgens 5 Uhr ab“ (PostBericht 1781, o. S.), also am 12. Juni 1781, so dass Goethe seinen Brief wahrscheinlich am 11. Juni 1781 geschrieben hat.

MAI–JULI 1781

401

EB 124. An Barbara Schulthess 〈Weimar, 15. Juni 1781 → Zürich〉 Quelle und Datierung: 1 P. Mad. Schultheß nach Zürich (GR/RB 1781/82, Bl. 39r). – Wahrscheinlich mit einer Abschrift vom ersten Akt des „Tasso“ (vgl. zu 288,26). – Vgl. zu EB 49.

EB 125. An Christian August Clodius 〈Weimar, vor dem 24. Juni 1781? → Leipzig〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Jacob Friedrich von Fritsch vom 24. Juni 1781 (Nr 431): so schien mir Fellon eine gute Acquisition zu seyn, ich hies ihn nach Leipzig zurückgehn und versprach ihm nach eingehohlter Erkundigung von dem Hl. Prof. Clodius auf den er sich berief eine baldige Entschliesung (290,6–9). – Mit dem Leipziger Schriftsteller und Philosophen Christian August Clodius war Goethe aus seiner Leipziger Zeit bekannt.

EB 126. An Charlotte von Stein 〈Ilemnau, 26.? Juni 1781 → Weimar〉 Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 28. Juni 1781: Der erste Grus und die Bitte um Gerharden wird zu dir gekommen seyn. (292,1–2). – Vgl. zu 292,1.

EB 127. An Wolfgang Heribert von Dalberg 〈Weimar, 15. Juli 1781 → Mannheim〉 Quelle und Datierung: 〈B. Hl〉 v. Dalberg fr. Manheim (GR/RB 1781/82, Bl. 46r). – Über Wolfgang Heribert von Dalberg vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 504.

402

ERSCHLOSSENE BRIEFE 128–135

EB 128. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg 〈Weimar, 15. Juli 1781 → Gotha〉 Quelle und Datierung: 〈B.〉 Prinz August v. Gotha fr. (GR/RB 1781/82, Bl. 46r). – Vgl. zu EB 109.

EB 129. An Johann Friedrich Krafft 〈Weimar, 24. Juli 1781 → Ilmenau〉 Quelle und Datierung: B. Hl. Kraft (GR/RB 1781/82, Bl. 46r). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

EB 130. An Johann Friedrich Krafft 〈Weimar, 30. Juli 1781 → Ilmenau〉 Quelle und Datierung: B. Hl Kraft (GR/RB 1781/82, Bl. 46r). – Über Johann Friedrich Krafft vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4.

EB 131. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra 〈Weimar, zwischen 6. und 12. August 1781 → Clausthal〉 Quelle und Datierung: B. Hl. v Trebra nach Clausthal (GR/RB 1781/82, Bl. 53r). – Vgl. zu EB 20.

EB 132. An Johann Gottlob Gläser 〈Weimar, 29. August 1781 → Großkamsdorf〉 Quelle und Datierung: B. an Herrn Gläser in Großen Cambsdorf (GR/RB 1781/82, Bl. 53r). – Johann Gottlob Gläser war kurfürstlich-sächsischer Bergmeister des Neustädter Reviers in Großkamsdorf (heute Ortsteil von Kamsdorf etwa 8 km westlich von Saalfeld) und hatte schon 1766 ein Gutachten hinsichtlich des Ilmenauer Bergbaus für Philippine Charlotte von Gersdorff, der Hauptgewerkin des ehemaligen Bergbaus, erstellt. Seit 1776 führte Gläser im Auftrag der Freiin von Gersdorff die Verhandlungen wegen deren Forderungen an das Bergwerk (vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 58–91).

JULI–NOVEMBER 1781

403

EB 133. An Catharina Elisabeth Goethe 〈Weimar, 10. September 1781 → Frankfurt a. M.〉 Quelle und Datierung: Brief von Catharina Elisabeth Goethe an Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 14. September 1781: „Den Augenblick erhalte die Nachricht von meinem Sohn – von der Niederkunft der Herzogin“ (Pfeiffer-Belli, 504). – Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach hatte am 10. September 1781 eine Tochter tot geboren. Wahrscheinlich schrieb Goethe den Brief noch am selben Tag, da der folgende Tag ein Dienstag war, an welchem „Morgens 5 Uhr“ (Post-Bericht 1781, o. S.) die Post nach Frankfurt abging.

EB 134. An Jeanette Brossard 〈Weimar, 25. September 1781 → Metz〉 Quelle und Datierung: B. M. Brossard (GR/RB 1781/82, Bl. 60r). – Vgl. zu EB 58.

EB 135. An Barbara Schulthess 〈Weimar, 17. oder 18. November 1781 → Zürich〉 Quelle und Datierung: Brief von Johann Caspar Lavater an Jacob Sarasin vom 15. Dezember 1781: „G o e t h e hat über C°. auch an die Frau Sch. einen herrlichen Brief geschrieben.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 579.81.) Brief von Johann Caspar Lavater an Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 21. Dezember 1781: „G o e t h e hat übrigens über das ganze Wesen oder Unwesen 〈Cagliostros〉 einen herrlichL Brief an die S c h u l t h e ß geschrieben.“ (LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 70, Bl. 9.) – Goethe hatte im Brief an Lavater vom 14. November 1781 angekündigt: Mit dem nächsten Postwagen geht an Bäben der vollendete zweite Akt meines Taßo ab. (344,1–2.) Die erste Gelegenheit, den Brief und das Manuskript mit der fahrenden Post über Rudolstadt und Nürnberg in die Schweiz am Freitag, dem 16. November 1781, abzuschicken (vgl. Post-Bericht 1781, o.S.), nutzte Goethe jedoch nicht, zumal er den Brief an Schultheß dem Brief an Charlotte von Stein vom 18. November 1781 beilegte (vgl. Beilage zu Nr 525). – Vgl. zu EB 49.

404

ERSCHLOSSENE BRIEFE 136/137

EB 136. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, vor dem 26. November 1781 → Nürnberg〉 Quelle und Datierung: Brief von Carl Ludwig von Knebel an Georg Christoph Tobler vom 29. November 〈1781〉 (in Lavaters Nachlass überliefert): „Von G ö t h e n und der S t.〈ein〉 hab ich recht wackere Zeilen kürzlich erhalten. Er schreibt mir, daß in W. das Bild der E w i g k e i t wäre, denn es wäre immer dasselbe und kehrte auf dasselbe zurück.“ (ZB Zürich, FA Lav Ms.517.113; vgl. GJb 6 [1895], 101 [als Brief an Lavater mit dem Datum 29. November 1780 angegeben].) Knebel erhielt laut Tagebuch „Briefe von Göthe, von Fr. v. St. von Em.〈ilie von Werthern〉“ (gleichfalls nicht überliefert) am 26. November und beantwortete sie am darauffolgenden Tag (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 49v). Vorliegender Brief war eine Antwort auf Knebels Brief vom 3. November 1781 (vgl. ebd., Bl. 47v).

EB 137. An Carl Ludwig von Knebel 〈Barchfeld, Eisenach oder Wilhelmsthal, vor dem 14. Dezember 1781 → Nürnberg〉 Quelle und Datierung: Knebels Tagebucheintrag vom 15. Dezember 1781: „Abends Briefe von Göthe und Fr. v. Stein erhalten.“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 52r.)

JULI–NOVEMBER 1781

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A 1. An Jean Antoine de Castrop? 〈Weimar〉, 23. Januar 1780. Sonntag 〈Druck〉 Sie sind so gütig was an Extrackten, und Manualen abgeht zusammen zu schaffen, und den allgemeinen Auszug zu fertigen. d. 23 Jan. 80. G.

A 2. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim Kaltennordheim, 14. September 1780. Donnerstag Mein lieber Bechtolsheim ich muss Ihnen über die böse Holzangelegenheit einige Worte schreiben, und mir über eins und das andre Ihre Gedancken ausbitten. Ohne uns in den Werth der Sache einzulassen, sind wir wohl beyderseits einig dass sie sich zum Vergleich fürtreffl qualifizire, nur fragt sich, da der Gegentheil so sehr im Vorteil sizt, wie man allenfalls anknüpfen könnte. Der Herzog ist jezt in der Gegend, er wird nach Meinungen kommen und es ist dies die schicklichste Gelegenheit Unterhandlungen einzuleiten Die guten Gesinnungen der hohen Herrschafften zum Grunde gelegt, so vermag Türckheim gewiss viel in der Sache, er ist ein redlicher Mann und unserm Hause von Altersher zugethan, nur fürcht ich von seiten ihrer Regierung Widerstand, und eingewurzelte Halsstarrigkeit. Dem sey nun wie ihm wolle; so muss man anbeissen, und ich wünschte nur vorher Ihre Gedancken zu wissen, was Sie dem Geschäfft für eine Wendung zu geben gedencken, damit man übereinstimmend handle, und gleich die ersten Schritte auf den Zweck losgehen. / Voraus lässt sich sehen, dass sie gegen ihre Unterthanen nicht sehr scharf zurucken werden, alles was man von ihnen verlangen kan, was sie aber auch dem Herzog nach allen Verhältnissen schuldig sind, ist den Vergleich ernstlich betreiben zu helfen. Da der Fehler einmal gemacht ist, und die Unterthanen Pars geworden sind, und sich nunmehr so sehr durch das Conclusum begünstigt sehen, wäre es wohl das allernötigste an ihre Consulenten und Häupter einen Weeg zu suchen.

5 ⎡mir⎤ 10 ijezt

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AMTLICHES 3/4

In der Nachbaarschafft wohnt der Präsident Hinckeldey, der wohl ehmals selbst die Hände in der Sache gehabt haben mag, der Herzog hat ihn zu Tische gebeten und wird ihn auf seinem Gute besuchen. Arnswald glaubt dass durch diesen etwas auszurichten seyn mögte da er Zutrauen bey den Leuten hat. Verlassen mag ich mich nicht auf ihn, indess müssen wir iezt rechts und lincks Beystand suchen, zu risquiren ist auch nichts, er weis die Sache so gut wie wir, und man müsste mit ihm nicht weiter gehen als man Grund sähe. Wir sind im Fall ihm nachbaarliche Gefälligkeiten zu erzeigen, und er hat auch bey uns eins und das andre hängen, das bey dieser Gelegenheit abgethan werden könnte. Auch hat er sich im Gespräch |:wie natürlich war:| / sehr vortheilhafft für unsre Seite herausgelassen, und gegen Arnswalden der es ihm für sich näher legte, bereitwillige Gesinnungen gezeigt. Uberlegen Sie es doch! Sprechen etwa privatim den Canzlar der von alten Zeiten die Zusammenhänge weis, und sagen mir ausführlich Ihre Meynung. Diesen Brief erhalten Sie hoff ich Freytags bey guter Zeit, Ihre Antwort erwarte ich Sonnabends Abend oder Sonntags früh, denn zu Mittage wird es wohl zu Hinckeldey gehn. Leben Sie wohl und grüsen die schöne kleine Frau. Die Anstalten im Oberland sind treffl zugerückt. Lassen Sie sonst niemand von diesem Brief und den etwa folgenden etwas erfahren. Kalten Nordheim. dl. 14 Sept. 80 Goethe

A 3. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim Ostheim, 20. September 1780. Mittwoch

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Hier schick ich mein lieber Bechtolsheim die Abschrifft Ihres Aufsazzes. Wir lassen uns angelegen seyn das Terrain zu sondiren um festen Fus fassen zu können. Ubermorgen gehts nach Meinungen und ich hoffe das beste. Der Präsident Hinckeldey den wir besucht haben, zeigt die beste Gesinnungen, und wenn ers aufrichtig meynt kann er viel thun. Erkundigen Sie Sich doch wie es mit der Sache steht da man ihm bey uns einige Zinsen verkümmert hat, er hat nichts davon erwähnt, doch wirds gut seyn wenn er Ernst zeigt desgleichen / zu thun.

SEPTEMBER 1780/APRIL 1781

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Die Wiesenverbesserungen die wir überall antreffen macht dem Herzog viel Vergnügen. Leben Sie wohl. Von Meinungen aus schreib ich mehr. dl. 20 Sept. 80. Ostheim Goethe

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A 4. An Eberhard Sylvius von Franckenberg mit Johann Ludwig Eckardt Weimar, 23. April 1781. Montag H o c h w o h l g e b o h r n e r H e r r, Hochgeehrtester Herr Hofmarschall, und Cammerrath! So sehr wir gewünscht hätten, daß E u e r H o c h w o h l g e b l. der von uns in Vorschlag gebrachten Zeit zur vorseyenden Conferenz beigetreten wären, so wenig können wir die Rechtmäsigkeit der von D e n e n s e l b e n vorgeschüzten Verhinderungsursache verkennen. Wir haben deswegen sogleich den Herrn Oberaufseher von Taubenheim zu Schleusingen davon benachrichtiget und denselben nach D e r o Wunsch gebethen, auf den 26. Junius in Ilmenau einzutreffen und den folgenden Tag die Conferenz selbst mitanzugehen. Wie wir nun an dessen gefälligen Beitritt nicht zweifeln; Also ersuchen E u e r H o c h w o h l g e b l. wir andurch gehor/samst, D e r o Seits dahin möglichst mitzuwirken, daß auf sothane Zeit die Conferenz ohngehindert vor sich gehen möge. Wir werden solches für eine besondere Gefälligkeit erkennen und im übrigen mit der vorzüglichsten Hochschätzung jederzeit verharren E u e r H o c h w o h l g e b l. Weimar, den 23. April, 1781.

1 Leuter Herzog

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gehorsamste Diener JWGoethe JohLudwigEckardth. 25

SEPTEMBER 1780/APRIL 1781

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Die Wiesenverbesserungen die wir überall antreffen macht dem Herzog viel Vergnügen. Leben Sie wohl. Von Meinungen aus schreib ich mehr. dl. 20 Sept. 80. Ostheim Goethe

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A 4. An Eberhard Sylvius von Franckenberg mit Johann Ludwig Eckardt Weimar, 23. April 1781. Montag H o c h w o h l g e b o h r n e r H e r r, Hochgeehrtester Herr Hofmarschall, und Cammerrath! So sehr wir gewünscht hätten, daß E u e r H o c h w o h l g e b l. der von uns in Vorschlag gebrachten Zeit zur vorseyenden Conferenz beigetreten wären, so wenig können wir die Rechtmäsigkeit der von D e n e n s e l b e n vorgeschüzten Verhinderungsursache verkennen. Wir haben deswegen sogleich den Herrn Oberaufseher von Taubenheim zu Schleusingen davon benachrichtiget und denselben nach D e r o Wunsch gebethen, auf den 26. Junius in Ilmenau einzutreffen und den folgenden Tag die Conferenz selbst mitanzugehen. Wie wir nun an dessen gefälligen Beitritt nicht zweifeln; Also ersuchen E u e r H o c h w o h l g e b l. wir andurch gehor/samst, D e r o Seits dahin möglichst mitzuwirken, daß auf sothane Zeit die Conferenz ohngehindert vor sich gehen möge. Wir werden solches für eine besondere Gefälligkeit erkennen und im übrigen mit der vorzüglichsten Hochschätzung jederzeit verharren E u e r H o c h w o h l g e b l. Weimar, den 23. April, 1781.

1 Leuter Herzog

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AMTLICHES 5–8

A 5. An Jacob Friedrich von Fritsch Weimar, 7. Mai 1781. Montag

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Der Hl. Geh Rath Schnaus hat die Güte gehabt die Kriegskasse rechnung welche hier beyliegt gelegentlich anzusehn, und eins und das andre zu erinnern; ich bitte von Ew Exzell ein gleiches, wodurch Sie mich aufs neue sehr verbinden werden. Es stecken hie und da einige Volgstädtiana die von selbst wegfallen. Aber auch in ieder andern Sache wünscht ich die Verwaltung der Casse auf das püncktlichste zu führen und erbitte mir dazu auch Ihren gütigen Rath. Mich mit der vollkommensten Hochachtung unterzeichnend Ew Exzell

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Weimar dl. 7 May 81.

gehorsamster Dr. Goethe

A 6. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Weimar, 1. Juni 1781. Freitag D u r c h l a u c h t i g s t e r H e r z o g. Gnädigster Fürst und Herr

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E w. H o c h f ü r s t l. D u r c h l. geruhen Sich unterthänigst vortragen zu lassen, wie es mir zu verschiedenem Behufe nöthig geschienen, eine kurzgefasste Nachricht von der Geschichte des illmenauer Bergwerks aufzusezen. Es soll dieselbe vornemlich zu einem einfachen Leitfaden dienen, woran ein ieder, dem daran gelegen, sich leichter durch die aufgehäuften Akten und die verworrne Geschichte hindurch finden könne. E w. H o c h f ü r s t l. D u r c h l. lege ich sie hiermit zur Prüfung unterthänigst vor, und ich werde hinreichend belohnt / sein, wenn H ö c h s t d i e s e l b e n ihr einigen Beifall gönnen und sie zu etwa künftigem Gebrauch

18 leich|t|er

MAI/JUNI 1781

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bei den Akten verwahren lassen wollen. Der ich mich mit der vollkommensten Ehrfurcht unterzeichne E w. H o c h f ü r s t l. D u r c h l. Weimar dl 1 Juni. 1781. unterthänigst treugehorsamster Johann Wolfgang Goethe

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A 7. An Johann Ludwig Eckardt 〈Druck〉

〈Weimar〉, 5. Juni 1781. Dienstag

Ich lasse mir gern Ihre Vorschläge wegen der Conferenz-Punkte gefallen, wollen Sie die Güte haben, nach denselben die Instruction und den darauf bezüglichen Bericht aufsetzen. Freylich wünscht ich, daß wir nur im äußersten Fall wegen des zwanzigsten und des Münzvertrags nachgäben. Wegen einiger in der Behandlung nötigen Vorsichten habe ich die Ehre Ew. Wohlgeboren nächstens zu sprechen und wünsche Sie auf das baldigste wiederhergestellt. Den 5. Juni 1781. G.

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A 8. An Jacob Friedrich von Fritsch Ilmenau, 30. Juni 1781. Samstag Ew Exzell von den Schicksaalen unsrer Zusammenkunft vorläufig zu benachrichtigen, halte ich für Schuldigkeit. Das Betragen beyder Deputirten haben wir auf alle Weise zu loben, und mit Gotha sind wir gröstenteils und in Hauptsachen einig. Chursachsen nur hat auf dem Münzertrag und Schlägeschatz bestanden und da wir nicht nachgeben konnten, weil dadurch eine neue höchstunangenehme Connexion entstanden wäre, so hat der Deputirte auch ihre veralteten Forderungen zu behaupten gesucht. Da ihm aber auch die Unmöglichkeit einer

24 uUnmöglichkeit

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AMTLICHES 9–12

Befriedigung gezeigt wurde, so wollte er uns durch einen Regress schröcken der an das Haus Weimar genommen werden könnte,/ weil der Herzog ehemals das Haus S. Zeitz beredet das versagte Holz an die Gewerckschafft abzugeben, und die Bezahlung versichert. Man hat auch hier das nötige regerirt, und die Gelegenheit ergriffen, die ganze Forderung nochmals vom Wercke und der künftigen Gewerckschafft abzulehnen, auch den Schluss der Conferenz grade auf die Publikation und die Zusammenbringung einer Gewerckschafft gerichtet, ohne daß ienseits widersprochen worden wäre. Soweit sind wir gelangt und wünschen daß unsre Bemühungen den Beyfall Serenissimi und seines geh. Consilii erlangen mögen. Das nähere wird eine mündliche Relation, und das unserm zu erstattenden unterth Berichte beyzufügende Protokoll ausweisen. / Auserdem haben wir unsre Gäste möglichst bewirthet und hoffen sie sollen von uns zufrieden scheiden. Morgen werden sie wohl von hier abgehn, und ich will alsdenn noch eine kleine Exkursion in die Nachbaarschafft thun, um mich mit den Bergwercken in dieser Gegend bekannt zu machen, wo ich denn wohl in acht Tagen wieder zu Hause eintreffen mögte. Serenissimo bitte ich mich zu Gnaden zu empfehlen und H. G. R. Schnaus mein Andencken bestens zu erneuern. Hierbey liegen einige Kleinigkeiten um deren Beföderung ich wohl ersuchen darf. Behalten Ew Exzell die mir zugewandte Freundschafft und bleiben meiner Ergebenheit versichert. Ew Exzel Illmenau gehorsamster Dr. dl. 30. Jun 81. Goethe

A 9. An Johann Ludwig Eckardt 〈Ilmenau, zwischen 27. Juni und 2. Juli 1781?〉 〈Druck〉

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Gestern Abend vergas ich zu fragen, wie es noch mit dem separaten Protokoll gegangen und ob solches dem Herrn v. Fr. zugestellt worden. Ich bitte um ein Wort Nachricht und wünsche wohl zu leben. G.

5 Gelgegenheit 11 Beiyfall 11 Consillii 12 deras 21 erneuern, ⎡.⎤ (Komma gestr.)

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A 10. An Johann Ludwig Eckardt 〈Druck〉

〈Ilmenau, 2. Juli 1781. Montag〉

Ich sollte dafür halten, wenn der Müller einen bündigen Revers ausgestellt, daß er Graben und Ort, sobald das Illm-Bergwerk ihn benötigt räumen wolle, so sind wir nicht gefährdet. Doch müßte er solches selbst in Gotha anzeigen und man müßte von daher eine Art von Garantie erhalten. Den Modum und die Stricke und Bänder, womit er zu vinckuliren, überlasse ich Ihrer bekannten Klugheit. Und Wünsche nochmals wohl zu leben. G.

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A 11. An Johann Ludwig Eckardt 〈Ilmenau, 4.? Juli 1781. Mittwoch?〉 〈Druck〉 Mit Ew. Wohlgeboren bin ich völlig einverstanden was den Modum betrifft. Die Angelegenheit selbst, glaub ich, wird sich durch ein gutes Benehmen gar leicht endigen lassen; indem die Leute sich doch meist willig erklärt haben im Fall eine neue Gewerckschafft zusammen käme und der Bergbau betrieben würde, die quaest. Grundstücke wieder herauszugeben und ihr ganzer Widerstand nur auf die Befreyung vom Pachte gerichtet zu seyn scheint. Morgen Nachmittag wünsche Ew. Wohlgeboren noch auf wenige Worte zu sprechen. G.

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A 12. An Johann Ludwig Eckardt Weimar, 14. Juli 1781. Samstag 〈Druck〉 Serenissimus haben auf vorläufigen unterthänigsten Vortrag des 3. Punktes unseres Berichts gnädigst resolviret, daß, ob sie gleich den Ersatz derjenigen Aufwände, welche sie zu Wiedererhebung des ilmenauer Werks neuerlich gemacht und noch zu machen genöthigt seyn würden, von einer künftigen Gewerkschaft oder mit noch mehrerem Fuge nach den Regeln der Gemeinschaft von den übrigen Theilhabern verlangen und erwarten

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könnten; so wollten Sie doch aus ganz besonderen Rücksichten auf den Fall, wenn man sich jenseits in allen übrigen Punkten nachgiebig erzeigen würde, auch diese Angaben über sich nehmen und einer neuen Gewerkschaft ein ganz reines Werk anbieten, welches denn auch denen übrigen Herren Theilhabern in Absicht der künftig zu erlangenden Zehnden von unausbleiblichen Vortheil seyn würde. Wollten Sie in dieser Masze einen Brief an Herrn von Taubenheim in unserer beider Namen aufsetzen und die sonst noch versprochenen Beylagen gefällig besorgen. Was die Versicherung einer reellen Erkenntlichkeit betrifft, so traue ich theils wegen des mir noch unbekannten Charakters dieses Mannes nicht völlig und fürchte mich, ihn, wenn er redlich gesinnt seyn sollte zu beleidigen, theils ist auch unsere Sache so über und über gut, daß es Sünde wäre, noch irgend ein argumentum ad crumenam hinzuzufügen. Ich empfehle mich Ihnen übrigens bestens und hoffe das Vergnügen zu haben Sie bald zu sprechen. Weimar den 14. Juli 1781. Goethe.

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GB 3/A 1a An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar, zwischen 24. April und 4. Mai 1778?〉 Der Herzog hat mir gesagt, dass er dem Rittmeister die vierte Ration nicht geben wolle, auch dass er wünsche nunmehr mit weiterm Bitten verschont zu werden. Könnten Ew Exzell. dieses den Rittmeister wissen lassen, so würden Sie dem Herrn eine Unterredung spaaren die er gar gerne umgehen mag; er war wieder sehr unzufrieden dass man das was er nicht positiv abschlägt gleich für versprochen anzunehmen gewohnt ist. G.

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GB 3/A 1b An Jacob Friedrich von Fritsch mit Christian Friedrich Schnauss 〈Weimar, zwischen 1. und 6. Dezember 1778〉 So viel ich mich erinnre war die Intention, dass die Brand assecurations Dep. zu Eisen. einen Auswurf machen solle wie viel es etwa im Ganzen betrüge wenn man die Quanta der bedürftigsten Einwohner daselbst etwas herunter sezte. Ein solcher Auszug könnte leicht in der Stille aus dem schon geführten weitläufigen Protokoll gemacht und so dann mit Bericht eingesandt werden. Nun lassen sich aber die Schlussworte gegenwärtigen Rescripts auch so auslegen als wenn gleich ein Versuch mit einem Erlass oder Herabsezzung gemacht, und so dann berichtet werden sollte, die eigentliche Absicht wird also wohl näher zu bestimmen seyn G. Dieses ist auch die Intention gewesen u habe ich es näher bestimmt

13 läassten 14 ×einem 14 Erlass|s| (Schluss-s zu langem s) 15 sollte.,

S.

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GB 3/A 1a An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar, zwischen 24. April und 4. Mai 1778?〉 Der Herzog hat mir gesagt, dass er dem Rittmeister die vierte Ration nicht geben wolle, auch dass er wünsche nunmehr mit weiterm Bitten verschont zu werden. Könnten Ew Exzell. dieses den Rittmeister wissen lassen, so würden Sie dem Herrn eine Unterredung spaaren die er gar gerne umgehen mag; er war wieder sehr unzufrieden dass man das was er nicht positiv abschlägt gleich für versprochen anzunehmen gewohnt ist. G.

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GB 3/A 1b An Jacob Friedrich von Fritsch mit Christian Friedrich Schnauss 〈Weimar, zwischen 1. und 6. Dezember 1778〉 So viel ich mich erinnre war die Intention, dass die Brand assecurations Dep. zu Eisen. einen Auswurf machen solle wie viel es etwa im Ganzen betrüge wenn man die Quanta der bedürftigsten Einwohner daselbst etwas herunter sezte. Ein solcher Auszug könnte leicht in der Stille aus dem schon geführten weitläufigen Protokoll gemacht und so dann mit Bericht eingesandt werden. Nun lassen sich aber die Schlussworte gegenwärtigen Rescripts auch so auslegen als wenn gleich ein Versuch mit einem Erlass oder Herabsezzung gemacht, und so dann berichtet werden sollte, die eigentliche Absicht wird also wohl näher zu bestimmen seyn G. Dieses ist auch die Intention gewesen u habe ich es näher bestimmt

13 läassten 14 ×einem 14 Erlass|s| (Schluss-s zu langem s) 15 sollte.,

S.

10

15

418

Verzeichnis der Adressaten

421

Verzeichnis der Adressaten Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Briefe. Die Angabe „EB“ verweist auf „Erschlossene Briefe“, die Angabe „A“ auf „Amtliches“. Die Briefnummern sind mit * versehen, wenn der Adressat unsicher ist. Aberli, Johann Ludwig EB 8, EB 50, EB 119 Appelius, Wilhelm Carl EB 40* Batty, George EB 17, EB 30 Behrisch, Ernst Wolfgang EB 68 Bertuch, Friedrich Justin 318, 333, 435, 490 Beyer, Albert EB 31, EB 33 Bölling, Johann Caspar EB 18 Born, Herr EB 122 Branconi, Maria Antonia von 161, 184 Breitkopf, Johann Gottlob Immanuel 96 Brossard, Jeanette EB 58, EB 134 Bürger, Gottfried August 410 Burkhardt, Johann Rudolf 97 Castrop, Jean Antoine de A 1* Chalybäus, Christian Friedrich EB 54 Charpentier, Johann Friedrich Wilhelm 123, 132 Clodius, Christian August EB 125 Dalberg, Carl Theodor von 5; EB 10, EB 25 Dalberg, Wolfgang Heribert von 30, 63; EB 127 Diede zum Fürstenstein, Wilhelm Christoph von 379, 390 Düring, Johann Christian von 20, 83; EB 9, EB 98, EB 113 Dungern, Louisa von EB 97 Eckardt, Johann Ludwig A 7, A 9, A 10, A 11, A 12

Eggling s. Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin Einsiedel, Johann August von 393 Forster, Johann Georg Adam EB 51, EB 76 Forster, Johann Reinhold EB 92 Franckenberg, Eberhard Sylvius von A 4 Franckenberg und Ludwigsdorf, Sylvius Friedrich Ludwig von EB 55 Friederici, Christian Ernst EB 11*, EB 15*, EB 26* Friederici, Gottlob EB 11*, EB 15*, EB 26* Fritsch, Jacob Friedrich von 16, 38, 179, 352, 428, 431, 440, 492, 509; A 5, A 8; GB 3/A 1a, GB 3/A 1b Giannini, Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gräfin von EB 1 Gläser, Johann Gottlob EB 132 Gluck, Christoph Willibald EB 121 Göchhausen, Louise von 204* Goethe, Catharina Elisabeth 464; EB 65, EB 80, EB 85, EB 100, EB 123, EB 133 Goethe, Johann Caspar EB 93 Griesbach, Johann Jacob EB 117 Guibal, Nicolas EB 36 Hellfeld, Christian August Friedrich von EB 88*

422

Verzeichnis der Adressaten

Hellfeld, Johann August von EB 88* Hendrich, Maria Amalia von 192; EB 104 Herda, Carl Christian von 164 Herder, Caroline 494 Herder, Johann Gottfried 338, 494, 512* Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin EB 261 Kalb, Johann August Alexander von EB 23* Kayser, Philipp Christoph 7, 447, 451, 467, 481 Kestner, Johann Christian 90, 411 Knebel, Carl Ludwig von 5, 106, 112, 119, 127, 130, 145, 187, 195, 216, 219, 267, 305, 495, 501, 508, 512, 538; EB 48, EB 75, EB 136, EB 137 Kobell, Ferdinand 215, 275 Koch, Johann Christoph EB 56, EB 73, EB 77 König, Maria Amalia EB 110 Krafft, Johann Friedrich 4, 15, 144, 221, 250, 269, 281; EB 37, EB 105*, EB 107*, EB 111*, EB 114*, EB 118*, EB 129, EB 130 Kulenkamp oder Kulenkampff, Herr EB 82, EB 94 La Roche, Sophie von 165 Lavater, Johann Caspar 12, 34, 76, 108, 120, 128, 131, 142, 150, 155, 162, 166, 177, 182, 190, 291, 326, 329, 363, 372, 394, 429, 520, 532, 539; EB 63 Lichtenberg, Ludwig Christian 114 Loder, Justus Christian EB 32, EB 62, EB 67, EB 78, EB 81

Matthaei, Carl Johann Conrad Michael 160; EB 14, EB 27 Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Johann Ludwig von A 2, A 3 Meckel von Hemsbach, Georg Ludwig EB 19* Merck, Johann Heinrich 59, 121, 181, 349, 521; EB 69 Morus, Samuel Friedrich Nathanael EB 60* Müller, Friedrich 113, 191, 426, 463 Neidhardt, August Wilhelm EB 41* Nicolai, Ernst Anton EB 66* Nicolai, Ferdinand Friedrich von EB 28* Oeser, Adam Friedrich 36, 136, 498; EB 12 Oettelt, Carl Christoph EB 86 Orville, Jean George d’ EB 46 Plessing, Friedrich Victor Leberecht EB 57 Probst, Herr EB 34, EB 106 Ramond de Carbonnières, Louis François Élisabeth EB 24, EB 38 Rehsen s. Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin (Flachsspinnerei) EB 4, EB 42, EB 71 Reich, Philipp Erasmus 218, 412; EB 90 Rost, Carl Christian Heinrich 137; EB 47 Sachsen-Gotha und Altenburg, August Prinz von 355, 488; EB 109, EB 128 Sachsen-Gotha und Altenburg, Charlotte Herzogin von EB 102 Sachsen-Gotha und Altenburg, Ernst II. Herzog von 25, 239, 243, 259; EB 44, EB 101

Verzeichnis der Adressaten

Sachsen-Weimar und Eisenach, Anna Amalia Herzogin von 5 Sachsen-Weimar und Eisenach, Carl August Herzog von 5, 257, 261, 289, 306, 339, 370, 439, 443, 503, 514; EB 99, EB 112; A6 Sachsen-Weimar und Eisenach, Constantin Prinz von 5 Salis-Marschlins, Carl Ulysses von 22, 51 Schardt, Sophie von 31, 47, 474 Schlosser, Hieronymus Peter EB 91 Schlosser, Johanna 249 Scholley, Carl Ludwig August von 21, 52 Schultheß, Barbara EB 49, EB 95, EB 116, EB 124, EB 135 Schwan, Christian Friedrich 2, 17; EB 89 Schweitzer, Anton EB 13* Seidel, Philipp 317, 436, 511 Sinner, Carl Ferdinand von EB 3 Stein, Charlotte von 1, 3, 6, 8, 9, 10, 11, 13, 14, 19, 24, 26, 27, 28, 29, 32, 33, 35, 37, 39, 40, 41, 42, 44, 45, 46, 48, 49, 50, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 60, 61, 62, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 91, 92, 93, 94, 95, 98, 99, 100, 101, 102, 104, 105, 107, 109, 110, 111, 115, 116, 117, 118, 122, 124, 125, 126, 129, 133, 134, 135, 138, 139, 140, 141, 143, 146, 147, 148, 149, 151, 152, 153, 154, 156, 157, 158, 159, 163, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 178, 180, 183, 185, 186, 188, 189, 193, 194, 196, 197,

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198, 199, 200, 201, 202, 203, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 217, 220, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 240, 241, 242, 244, 245, 246, 247, 248, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 258, 260, 262, 263, 264, 265, 266, 268, 270, 271, 272, 273, 274, 276, 277, 278, 279, 280, 282, 283, 284, 285, 286, 287, 288, 290, 292, 293, 294, 295, 296, 297, 298, 299, 300, 301, 302, 303, 304, 307, 308, 309, 310, 311, 312, 313, 314, 315, 316, 319, 320, 321, 322, 323, 324, 325, 327, 328, 330, 331, 332, 334, 335, 336, 337, 340, 341, 342, 343, 344, 346, 347, 348, 351, 353, 354, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 362, 364, 365, 366, 367, 368, 369, 371, 373, 374, 375, 376, 377, 378, 380, 381, 382, 383, 384, 385, 386, 387, 388, 389, 391, 392, 395, 396, 397, 399, 400, 401, 402, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 409, 414, 415, 416, 417, 418, 419, 420, 421, 422, 423, 424, 425, 430, 432, 433, 434, 437, 438, 441, 442, 444, 445, 446, 448, 449, 450, 452, 453, 454, 455, 457, 458, 459, 460, 461, 462, 465, 466, 468, 469, 471, 472, 473, 475, 476, 477, 478, 479, 480, 482, 483, 484, 485, 486, 487, 489, 491, 493, 496, 497, 499, 500, 502, 504, 505, 506, 507, 510, 513, 515, 516, 517, 518, 519, 522,

424

Verzeichnis der Adressaten

523, 524, 525, 526, 527, 528, 529, 530, 531, 533, 534, 535, 536, 537, 540, 541, 542, 543, 544, 545, 546, 547, 548, 549, 550, 551, 552, 553, 554, 555, 556, 557; EB 126 Steinauer, Christian Wilhelm 398 Stolberg-Stolberg, Augusta Louise Gräfin zu 103 Streiber, Johann Lorenz 23; EB 2, EB 5, EB 39, EB 43, EB 52, EB 64, EB 72, EB 83, EB 87, EB 115 Trebra, Friedrich Wilhelm Heinrich von EB 20, EB 53, EB 84, EB 131 Unbekannt EB 7, EB 16, EB 45, EB 61, EB 96, EB 120

Villoison, Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de EB 59 Vogler, Georg Joseph EB 21 Voigt, Christian Gottlob 345 Voigts, Jenny von 427, 456, 470 Weitolshausen gen. Schrautenbach, Ludwig Carl EB 6 Werner, Abraham Gottlob EB 79* Wernich, Johann Carl Gustav EB 22*, EB 35* Werthern-Beichlingen, Jacob Friedemann Graf von 350 Werthern-Beichlingen, Johanna Louise Gräfin von EB 103 Wieland, Christoph Martin 5, 43 Wolf, Johann Adam EB 29*, EB 70*, EB 74* Wyttenbach, Jacob Samuel 18, 413

Verzeichnis der Adressaten

425

Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3 Abb. 4

Abb. 5

Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9

Abb. 10

Abb. 11

Abb. 12

Abb. 13 Abb. 14

Abb. 15 Abb. 16 Abb. 17

Goethe: Schweinehütte, Tuschzeichnung, Brief an Charlotte von Stein, 1. Mai 1780 (Nr 75), Vs.; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Johann Heinrich Merck, Schreiberhand (Seidel), 3. Juli 1780 (Nr 121), S. 1; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Carl Ludwig von Knebel, 24. Juli 1780 (Nr 127), S. 4; The Morgan Library & Museum (New York) . . . . . . . . . . Goethe an Charlotte von Stein, 6.–8. September 1780 (Nr 170), S. 1; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Charlotte von Stein, 〈September 1780〉 (Beilage? zu Nr 170); Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Charlotte von Stein, 〈September 1780〉 (Beilage? zu Nr 171); Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Herzog Carl August, 18. Januar 1781 (Nr 257), S. 1; Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar . . . . Goethe an Johann Friedrich Krafft, 11. Februar 1781 (Nr 281), S. 1; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Jacob Friedrich von Fritsch, 5. Juli 1781 (Nr 440), S. 1; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Schweinehütte, Zeichnung, Feder mit Tinte (Beilage? zu Nr 497), Vs.; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . .

47 84 85 91 115 116 117 118 123 127 190 203 204 297 298 299 327

426

Verzeichnis der Adressaten

Verzeichnis der Adressaten

427

Inhalt Verzeichnis der Briefe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Schriftarten, Siglen und Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII Briefe 1780–1781 Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erschlossene Briefe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 367 405 415

Anhang Verzeichnis der Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

421 425

428

Verzeichnis der Adressaten

Johann Carl Wilhelm Voigt: Durchschnitt der Gebürge von der Rhoen bis Giebigenstein, oder von Südwest nach Nordost durch den Thüringerwald (Beilage zu Nr 239)

Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe

Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe In Verbindung mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar Goethe- und Schiller-Archiv herausgegeben von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter

Johann Wolfgang Goethe Briefe Band 4 II A 1780 Kommentar

Herausgegeben von Elke Richter und Héctor Canal unter Mitarbeit von Bettina Zschiedrich und unter Mitwirkung von Ulrike Leuschner und Ariane Ludwig

De Gruyter

IV Redaktion: Wolfgang Ritschel

Zitiertitel: GB 4 II

ISBN 978–3–11–067138–4 e-ISBN (PDF) 978–3–11–067147–6 Library of Congress Control Number: 2019948520 Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Gestaltung der Einbände und Schutzumschläge: deblik, Berlin Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen www.degruyter.com

Zu diesem Band

V

Zu diesem Band Der vorliegende Band enthält 557 Briefe an 51 Adressaten und umfasst damit sämtliche derzeit bekannten Briefe Goethes aus den Jahren 1780 und 1781. Nachgewiesen werden für diesen Zeitraum außerdem 136 erschlossene Briefe an etwa 70 Adressaten, von denen nur etwa ein Viertel mit den Adressaten der überlieferten Briefe identisch ist (vgl. die Vorbemerkung zu den erschlossenen Briefen). – Im Anhang „Amtliches“ finden sich zwölf Schreiben an sechs Adressaten, von denen nur zwei mit den Adressaten der überlieferten Briefe identisch sind (über die Aufnahme vgl. die „Editionsgrundsätze“, S. XIII). Den Abschluss bilden zwei „Nachträge“ zu den amtlichen Schreiben, die in der vierten Abteilung der Weimarer Ausgabe (WA IV) in den Juni 1780 bzw. ins Frühjahr 1781 eingeordnet wurden, aufgrund ihrer korrigierten Datierungen aber ins Jahr 1778 gehören (vgl. Datierungen zu GB 3/A 1a und 3/A 1b). Den 557 überlieferten Briefen Goethes stehen in den Jahren 1780 und 1781 lediglich 53 überlieferte Briefe an ihn gegenüber (vgl. RA 1, Nr 106–152, RA Ergänzungsbd zu den Bänden 1–5, Nr 108a+ und 152a+ sowie den Brief von Johann Friedrich Wilhelm Charpentier vom 25. Juli 1780, vgl. zu 89,21). Dieses Ungleichgewicht kommt dadurch zustande, dass Goethe mehrfach ‚Autodafés‘ seiner frühen Werke abhielt und dabei auch die meisten der bis 1781 eingegangenen Briefe vernichtete (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 4). Fünf Bezugs- und Antwortbriefe werden in den Erläuterungen vollständig abgedruckt und kommentiert, alle übrigen Briefe an Goethe werden nachgewiesen und für die Kommentierung herangezogen. Ergänzend werden unter den „Dokumenten“ im Anhang 14 Umfeldbriefe von Goethes Korrespondenzpartnern erstmals vollständig nach den Handschriften gedruckt und erläutert, darunter bislang ungedruckte Briefe von und an Johann Caspar Lavater und Carl Ludwig von Knebel aus Lavaters Zürcher Nachlass, den Beständen des Freien Deutschen Hochstifts/Frankfurter Goethe-Museums und dem Knebel-Bestand im Goethe- und Schiller-Archiv. 18 Briefe Dritter werden im Kommentar als Beilagen zu Goethes Briefen oder ergänzend zum Kommentar vollständig nach den Handschriften mitgeteilt (vgl. jeweils das Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter). Drei Briefe Goethes aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes sind in der WA nicht enthalten und werden hier erstmals im Rahmen einer Goethe-Briefausgabe gedruckt (GB 4, Nr 67, 350, 485). Vier Gedichtbriefe, die in der

VI

Zu diesem Band

WA nur unter die Gedichte aufgenommen wurden, erscheinen zum ersten Mal in ihrem Entstehungszusammenhang als Briefgedichte (Nr 173, 230) oder als Beilage zu einem Brief Goethes (zu Nr 170 und zu Nr 171). In drei Fällen werden Briefe, die in der WA als zwei oder drei separate Einzelbriefe gedruckt wurden, aufgrund ihrer Datierung und Überlieferung erstmals im Zusammenhang als geschlossene Briefe dargeboten (Nr 115, 170, 347). Für drei Briefe und zwei amtliche Schreiben konnten die Namen der Adressaten neu erschlossen, korrigiert oder ergänzt werden (Nr 192, 345, 512, A 1, A 4). Mehr als ein Viertel der Briefe des Bandes sind unvollständig oder nicht datiert. Etwa die Hälfte der in der WA oder anderen Ausgaben vorgenommenen Datierungen dieser Briefe wurde korrigiert oder präzisiert, wobei die Neudatierungen zum Teil erheblich von den bisherigen Datierungen abweichen (vgl. z.B. Nr 44, 47, 141, 194, 195, 243, 267, 270, 305, 349, 370, 454, 481, 512). Datiert wurden auch etwa 50 undatierte Briefe an Charlotte von Stein, die in der WA IV nicht chronologisch eingeordnet wurden, sondern als Nachtrag unter den undatierten Briefen „Aus der Zeit vor der italienischen Reise / Weimar 1775–1786“ (WA IV 7, 255) erschienen. Damit bietet die vorliegende Edition eine im Vergleich zu WA IV und sämtlichen bisherigen Ausgaben revidierte Chronologie von Goethes Briefen aus den Jahren 1780 und 1781. Je sechs Briefe und sechs amtliche Schreiben mussten nach einem Druck, sechs Briefe nach einem Faksimile der Ausfertigung, vier nach einer Abschrift von fremder Hand und sieben nach einem Konzept wiedergegeben werden. In allen anderen Fällen ist die Handschrift der Ausfertigung Textgrundlage. Die Zahl der Briefe, die nicht nach Drucken oder Abschriften, sondern nach der Handschrift selbst mitgeteilt werden konnten, erhöhte sich damit im Vergleich zu WA IV um mehr als 40. Die Handschriften der Ausfertigungen von Goethes Briefen und amtlichen Schreiben befinden sich an 25 verschiedenen Standorten: Über 450 Briefe (etwa 75 Prozent) verwahrt das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar, 32 die Universitätsbibliothek Leipzig, 13 das Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, jeweils acht die Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau) und das Freie Deutsche Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum, sechs das GoetheMuseum Düsseldorf, drei das Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha, jeweils zwei die Burgerbibliothek Bern, die Forschungsbibliothek Gotha, die Bayerische Staatsbibliothek München und die Österreichische Nationalbibliothek Wien, jeweils einen das Staatsarchiv Aarau, die Universitätsbibliothek Amsterdam, das Staatsarchiv Graubünden in Chur, das Historische Museum

Zu diesem Band

VII

Frankfurt a. M., das Museum für Kommunikation in Frankfurt a. M., The Morgan Library & Museum in New York, das Sächsische Staatsarchiv – Staatsarchiv Leipzig, das Puschkinhaus in St. Petersburg, die Russische Nationalbibliothek in St. Petersburg und die Zentralbibliothek Zürich. Vier Briefe befinden sich an drei verschiedenen Orten in Privatbesitz. Maßgebend für die Textkonstitution ist das Verständnis der Briefe als persönliche Dokumente, die ihre Adressaten in exakt der äußeren Gestalt erreichten, in der sie von Goethe abgesandt worden sind. Daraus folgt, keinerlei Eingriffe in den Text (Lautstand, Orthographie, Interpunktion) vorzunehmen, ebenso wenig Vereinheitlichungen, Glättungen und Emendationen, wie es noch zu den editorischen Gepflogenheiten der WA gehörte. In den Briefen des jungen Goethe (vgl. GB 1 und 2) betraf dies insbesondere die uneinheitliche Groß- und Kleinschreibung von Substantiven und Eigennamen, die in früheren Ausgaben vereinheitlicht oder sogar als Flüchtigkeitsfehler ‚verbessert‘ wurden. Für die Jahre 1780 und 1781 verstärkt sich die Tendenz zur Normierung, die bereits in den Briefen der vorangegangenen vier ersten Weimarer Jahre Goethes zu beobachten war (vgl. GB 3). Dies betrifft vor allem die Großschreibung am Beginn eines neuen Absatzes und am Satzanfang wie auch die Schreibung von Eigennamen und Substantiven. In Fällen, in denen Groß- und Kleinschreibung nicht sicher zu unterscheiden sind (z.B. bei d/D, t/T, h/H), wird daher nach dem orthographisch Üblichen sowie dem handschriftlichen Kontext entschieden. Bei echten Schreibversehen erfolgt eine Berichtigung ausschließlich im Kommentar. Streichungen und Korrekturen werden als Bestandteile des Textes betrachtet und daher nicht von diesem getrennt in einem gesonderten Apparat im Kommentarband, sondern als Autorvarianten im Textband mitgeteilt. Im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren hat sich die Zahl der diktierten Briefe merklich erhöht. Insgesamt stammen 61 Briefe von Schreiberhand und wurden bis auf einen Brief (Nr 5) von Philipp Seidel, Goethes Hausgenossen, Diener und Sekretär, geschrieben. Der Dokumentcharakter eines Briefes verlangt schließlich auch die Berücksichtigung der Beilagen, die im Textband erscheinen, wenn sie integraler Bestandteil des Brieftextes sind und zu diesem in einem unmittelbaren inhaltlichen Bezug stehen. Beilagen, die keinen unmittelbaren inhaltlichen Bezug zum Brieftext aufweisen, werden im Kommentarband vollständig abgedruckt, wenn es Art und Umfang zulassen. In allen anderen Fällen werden sie ebenso wie die nicht überlieferten Beilagen lediglich verzeichnet.

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Zu diesem Band

Der Beginn der 1780er Jahre markiert für Goethe einen neuen Abschnitt seines Weimarer Lebens. Am 14. Januar 1780 waren er und Herzog Carl August von einer viermonatigen Reise nach Süddeutschland und in die Schweiz zurückgekehrt, die bei Goethe zur inneren Klärung und Selbstvergewisserung beigetragen hatte. Nach der Rückkehr widmete er sich mit neuer Kraft der Arbeit im Geheimen Consilium und erweiterte seine Interessen- und Aufgabengebiete. So übernahm er schon im April 1780 die Leitung der Bergwerkskommission, der er seit deren Gründung 1777 angehörte. Unter seinem Vorsitz und dem des sachsen-weimarischen Hof- und Regierungsrats Johann Ludwig Eckardt fand am 27. und 28. Juni 1781 in Ilmenau die Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha zu hoheitlich-rechtlichen Fragen des Ilmenauer Bergbaus statt. Als Direktor der Wegebaukommission kümmerte sich Goethe um den Bau von Wegen, Wassergräben und Stauschutzwällen im Herzogtum und war zuständig für die thüringischen Obergeleitstraßen. Immer wieder bereiste er daher die verschiedenen Landesteile und angrenzenden Herzogtümer. Im September 1780 begleitete er Herzog Carl August auf einer ausgedehnten Inspektionsreise nach Ilmenau und in das Eisenacher Oberland, die u.a. der Förderung von Landwirtschaft, Bergbau und Gewerbe in den abgelegenen Regionen des Herzogtums diente, Goethe aber auch ganz direkt mit der sozialen Not der Einwohner dieser Gebiete konfrontierte. Seit 1781 war er zudem als Leiter der Kriegskommission allein für diese verantwortlich, nachdem Kriegsrat Carl Albrecht von Volgstedt wegen nachlässiger Amtsführung auf Betreiben Goethes seines Postens enthoben worden war. Neben der Erfüllung seiner Amtsgeschäfte betätigte sich Goethe als Sammler und ‚Kunstagent‘ für Carl August. Über seine freundschaftlichen Kontakte zu Johann Heinrich Merck in Darmstadt und Johann Caspar Lavater in Zürich erwarb er für sich selbst vor allem Zeichnungen und Kupferstiche und vermittelte den Erwerb von Kunstwerken für die herzogliche Sammlung. In den Jahren 1780 und 1781 intensivierte Goethe seine Beziehung zum Gothaer Hof, den er mehrfach besuchte. Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg, der Bruder des Gothaer Herzogs, wurde zu einem wichtigen Gesprächspartner in literarischen und künstlerischen Angelegenheiten. Als Abonnent der „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ ermöglichte er Goethe Zugang zu dieser exklusiven Zeitschrift, in der von 1778 bis 1782 u.a. Denis Diderots Romane „Jacques le fataliste et son maître“ und „La Religieuse“ erstmals veröffentlicht wurden. Ein fast schon freundschaftliches Verhältnis entwickelte sich zum regierenden Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg, dem

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Goethe als Berater vor allem in Kunstfragen zur Seite stand. Goethe seinerseits profitierte von der herzoglichen Bibliothek, der Gothaer Kunstkammer und dem physikalischen Kabinett des Herzogs. Neben den gemeinsamen Interessen für Naturwissenschaft und Kunst waren Politik und Freimaurerei weitere Berührungspunkte. Im Februar 1780 bat Goethe bei Jacob Friedrich von Fritsch, seinem Amtskollegen im Geheimen Consilium und Meister vom Stuhl, um Aufnahme in die Weimarer Freimaurerloge „Amalia zu den drei Rosen“, die am 23. Juni 1780 erfolgte. Die Schweizer Reise beförderte auch Goethes naturwissenschaftliche Interessen. Im Frühjahr 1780 begann für ihn eine Zeit der vertieften Auseinandersetzung mit geologischen Themen. Im Mai kehrte Johann Carl Wilhelm Voigt von der Bergakademie in Freiberg nach Weimar zurück und wurde von Goethe mit der systematischen Erkundung aller Gesteinsarten des Herzogtums beauftragt. Parallel dazu legte Goethe eine eigene Mineraliensammlung an, die er systematisch ordnete und 1781 durch einen umfangreichen Ankauf erweiterte. Mit Unterstützung des Jenaer Anatomen und Medizinprofessors Justus Christian Loder widmete sich Goethe seit 1780 und verstärkt seit Herbst 1781 der Osteologie und Anatomie. Er nahm mehrfach an anatomischen Sektionen Loders teil. Parallel dazu entstand eine Reihe anatomischer Zeichnungen Goethes. Seine neuen Kenntnisse suchte er den Schülern der „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ zu vermitteln. Wenn Goethe von 1780 bis 1781 vor allem aufgrund seiner anwachsenden amtlichen Tätigkeit auch keine größeren poetischen Werke zu Ende führte, so arbeitete er doch an einigen wichtigen Dramen- und Roman-Projekten, darunter „Torquato Tasso“ und „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“. Als einzige dramatische Arbeit schloss er 1780 den Einakter „Die Vögel“ ab, der am 18. August 1780 in Ettersburg uraufgeführt wurde. Fragment dagegen blieb das Stück „Elpenor“, 1781 als Festspiel zur Geburt des lange erwarteten Erbprinzen vorgesehen. Nicht vollendet wurde auch das nicht überlieferte ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ aus den ersten Monaten des Jahres 1781, geplant als Entgegnung auf das Manifest „De la littérature Allemande“ (1780) des preußischen Königs Friedrich II. Außerdem betätigte Goethe sich weiterhin als Autor, Schauspieler und Regisseur des Weimarer Liebhabertheaters und verfasste Maskenspiele und kleinere Texte für festliche Anlässe. Schließlich fällt in den Zeitraum des Bandes auch die Gründung des handschriftlichen „Journals von Tiefurth“ durch die Herzoginmutter Anna Amalia und deren Kreis, an dem sich Goethe seit Herbst 1781 mit eigenen Gedichten beteiligte.

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Danksagung

Goethes vielfältige Interessen und seine amtliche Tätigkeit spiegeln sich in den Briefen des vorliegenden Bandes, die zumeist an Adressaten gerichtet waren, mit denen er schon in den vorangegangenen Jahren korrespondiert hatte, darunter Carl Ludwig von Knebel, Johann Caspar Lavater, Jacob Friedrich von Fritsch und Herzog Carl August. Mit Ausnahme von Philipp Christoph Kayser und Johann Heinrich Merck sind alte Freunde aus der Frankfurter Zeit kaum noch unter den Briefempfängern. Neue Korrespondenzpartner sind u.a. Ernst II. Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg und dessen Bruder Prinz August sowie Personen, die Goethe bei der Erweiterung seiner Sammlungen behilflich waren, darunter der Maler und Radierer Ferdinand Kobell, der Schweizer Alpenforscher Jacob Samuel Wyttenbach und der kursächsische Bergkommissionsrat Johann Friedrich Wilhelm Charpentier. Die nach wie vor wichtigste Adressatin Goethes aber ist Charlotte von Stein. Die Jahre 1780 und 1781 gehören zur intensivsten Phase seines Briefwechsels mit ihr. Nahezu drei Viertel der überlieferten Briefe Goethes aus diesem Zeitraum sind an Charlotte von Stein gerichtet. Wie schon in der Frühzeit der Korrespondenz sind die Themen der Briefe aus den Jahren 1780 und 1781 komplex und berühren alle Lebensbereiche, Interessengebiete sowie die amtliche Tätigkeit. Als Gesprächs- und Briefpartnerin auf literarischem Gebiet war Charlotte von Stein eng in die Entstehungsprozesse der Werke eingebunden, an denen Goethe zu Beginn der 1780er Jahre arbeitete. Vor allem über den Fortgang der Arbeit am „Torquato Tasso“ hielt Goethe sie fast täglich auf dem Laufenden. Freimütig äußerte er sich ihr gegenüber auch über das Verhalten Herzog Carl Augusts und die Begrenztheit seiner pädagogischen Einflussnahme auf den Fürsten, die ihn zunehmend frustrierte. In den Briefen an Charlotte von Stein brachte Goethe auch erstmalig seit Beginn der Schweizer Reise seinen latent vorhandenen Wunsch zum Ausdruck, sich aus den oftmals als beengend empfundenen Weimarer Verhältnissen mit einer ‚Flucht‘ zu entziehen.

Danksagung Die Herausgeber erfuhren Hilfe von vielen Seiten, durch Mitarbeiter von Archiven, Bibliotheken und anderen wissenschaftlichen Institutionen, durch den Kreis der Kollegen der Klassik Stiftung Weimar, insbesondere des Goethe- und Schiller-Archivs und der Direktion Museen, sowie durch Wissenschaftler verschiedener Disziplinen.

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Danksagung

Goethes vielfältige Interessen und seine amtliche Tätigkeit spiegeln sich in den Briefen des vorliegenden Bandes, die zumeist an Adressaten gerichtet waren, mit denen er schon in den vorangegangenen Jahren korrespondiert hatte, darunter Carl Ludwig von Knebel, Johann Caspar Lavater, Jacob Friedrich von Fritsch und Herzog Carl August. Mit Ausnahme von Philipp Christoph Kayser und Johann Heinrich Merck sind alte Freunde aus der Frankfurter Zeit kaum noch unter den Briefempfängern. Neue Korrespondenzpartner sind u.a. Ernst II. Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg und dessen Bruder Prinz August sowie Personen, die Goethe bei der Erweiterung seiner Sammlungen behilflich waren, darunter der Maler und Radierer Ferdinand Kobell, der Schweizer Alpenforscher Jacob Samuel Wyttenbach und der kursächsische Bergkommissionsrat Johann Friedrich Wilhelm Charpentier. Die nach wie vor wichtigste Adressatin Goethes aber ist Charlotte von Stein. Die Jahre 1780 und 1781 gehören zur intensivsten Phase seines Briefwechsels mit ihr. Nahezu drei Viertel der überlieferten Briefe Goethes aus diesem Zeitraum sind an Charlotte von Stein gerichtet. Wie schon in der Frühzeit der Korrespondenz sind die Themen der Briefe aus den Jahren 1780 und 1781 komplex und berühren alle Lebensbereiche, Interessengebiete sowie die amtliche Tätigkeit. Als Gesprächs- und Briefpartnerin auf literarischem Gebiet war Charlotte von Stein eng in die Entstehungsprozesse der Werke eingebunden, an denen Goethe zu Beginn der 1780er Jahre arbeitete. Vor allem über den Fortgang der Arbeit am „Torquato Tasso“ hielt Goethe sie fast täglich auf dem Laufenden. Freimütig äußerte er sich ihr gegenüber auch über das Verhalten Herzog Carl Augusts und die Begrenztheit seiner pädagogischen Einflussnahme auf den Fürsten, die ihn zunehmend frustrierte. In den Briefen an Charlotte von Stein brachte Goethe auch erstmalig seit Beginn der Schweizer Reise seinen latent vorhandenen Wunsch zum Ausdruck, sich aus den oftmals als beengend empfundenen Weimarer Verhältnissen mit einer ‚Flucht‘ zu entziehen.

Danksagung Die Herausgeber erfuhren Hilfe von vielen Seiten, durch Mitarbeiter von Archiven, Bibliotheken und anderen wissenschaftlichen Institutionen, durch den Kreis der Kollegen der Klassik Stiftung Weimar, insbesondere des Goethe- und Schiller-Archivs und der Direktion Museen, sowie durch Wissenschaftler verschiedener Disziplinen.

Danksagung

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Für die großzügige Bereitstellung der Handschriften von Briefen Goethes sowie die freundliche Betreuung bei der Arbeit danken wir den Mitarbeitern des Landesarchivs Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, besonders Dr. Katja Deinhardt, Stefan Schmidt, Anna Riemann und Karina Küthe von der Abteilung Ältere Bestände, der Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts/Frankfurter Goethe-Museums Prof. Dr. Anne Bohnenkamp, dem Leiter der Handschriftenabteilung des Hochstifts Dr. Konrad Heumann und seiner Mitarbeiterin Bettina Zimmermann, Dr. Steffen Hoffmann von der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Leipzig, dem Direktor des Goethe-Museums Düsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung Prof. Dr. Christof Wingertszahn sowie der für die Handschriften zuständigen Kuratorin Dr. Heike Spies und Regine Zeller als Leiterin der Bibliothek, ebenso den Kolleginnen des Goethe- und Schiller-Archivs, besonders Dr. Silke Henke, Karin Ellermann, Katrin Neumann, Susanne Fenske, Christiana Herrgott, Jennifer Moritz und Barbara Hampe. Schließlich bedanken wir uns auch bei Privatbesitzern von Handschriften, die ungenannt bleiben möchten. Unser Dank für vielerlei Recherchen und die Bereitstellung von Archivmaterial gilt Monica Seidler-Hux von der Zentralbibliothek Zürich, Edith Imthurn von der Burgerbibliothek Bern, Rosemarie Barthel vom Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha, Katharina Witter vom Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Meiningen, Annett Carius-Kiehne von der Abteilung Sondersammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek der KSW, Ulrike Eydinger von der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Cornelia Hopf und Christine Röhrig von der Forschungsbibliothek Gotha, Dr. Jutta Weber von der Staatsbibliothek zu Berlin/Preußischer Kulturbesitz sowie Ute Kaufmann vom Landeskirchenarchiv Eisenach. Von großem Nutzen war die kollegiale Zusammenarbeit mit Dr. Ulrike Leuschner in Darmstadt, der Herausgeberin der Merck-Briefwechsel- und Werkausgabe. Zahlreiche Hinweise zur Kommentierung einzelner Briefe sind Weimarer Kolleginnen und Kollegen zu verdanken: Dr. Ariane Ludwig, Dr. Margrit Glaser und Johannes Korngiebel von der Edition der Tagebücher Goethes, Dr. Ulrike Bischof, Dr. Manfred Koltes, Dr. Christian Hain, Sabine Schäfer und Claudia Häfner von der Ausgabe der Briefe an Goethe in Regestform, Dr. Ulrike Müller-Harang von der Arbeitsgruppe Inventare des Goethe-Bestandes. Unserer Kollegin Dr. Annette Mönnich danken wir für ihre Hilfe bei der Ermittlung der erschlossenen Briefe, für die Transkription von Carl Ludwig von Knebels Tagebüchern und für Hinweise zur Kommentierung der Briefe Goethes an Knebel. Für die Unterstützung bei der

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Danksagung

Identifikation von Goethe-Zeichnungen danken wir besonders Margarete Oppel und Dorothee Proft von den Graphischen Sammlungen der Direktion Museen der KSW. Für freundliche Hilfestellung insbesondere bei der professionellen Bearbeitung von Digitalisaten danken wir Hannes Bertram, Leiter der Fotothek der Herzogin Anna Amalia Bibliothek der KSW. Eva Beck (Weimar) gilt unser Dank für die Unterstützung bei Recherchen in den Weimarer Kirchenbüchern sowie als Ratgeberin bei philologischen Entscheidungen. Prof. Dr. Albrecht Schöne, der am Entstehen der Ausgabe freundlichen Anteil nimmt, verdanken wir grundlegende Erkenntnisse zum Briefschreiber Goethe sowie Hinweise für die Einzelstellenkommentierung. Unser besonderer Dank gebührt Dr. G. (Frankfurt a. M.), der die Edition in großzügiger Weise unterstützt. Nicht zuletzt haben wir Dr. Bernhard Fischer zu danken, dem Direktor des Goethe- und Schiller-Archivs, der uns ein wichtiger Gesprächspartner ist und das Zustandekommen der Ausgabe nach Kräften befördert.

Text

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Editionsgrundsätze 1. Inhalt Die Ausgabe enthält sämtliche überlieferten Briefe Goethes. Sie besteht aus Text- und Kommentarbänden. Briefe im Sinne der Ausgabe sind alle von Goethe verfassten, d.h. eigenhändig geschriebenen, diktierten oder inhaltlich vorgegebenen, an einen oder mehrere Adressaten gerichteten schriftlich überlieferten Texte. Sie müssen persönliche Mitteilungen enthalten und durch die nachweisbare Tatsache oder die Absicht der Zustellung die Funktion von Briefen erfüllen. Adressaten können Privatpersonen, Firmen oder Institutionen sein. Aufgenommen werden auch Briefe, die Goethe gemeinsam mit anderen Personen verfasste, sowie solche, die Goethe im Auftrag anderer Personen schrieb oder die andere Personen in seinem Auftrag schrieben, desgleichen von Goethe verfasste Teile (z.B. Nachschriften) zu Briefen anderer Personen. Die Briefe werden vollständig abgedruckt einschließlich ihrer Beilagen, wenn dies Art und Umfang der Beilagen gestatten. Von der Ausgabe ausgeschlossen bleiben literarische und wissenschaftliche Werke in Briefform und amtliche Schriftstücke wie Voten, Aktenvermerke, Gutachten u.ä., die Goethe in Ausübung der ihm übertragenen Kommissionen und sonstigen Ämter verfasst hat, auch wenn sie von ihm allein unterzeichnet sind. Enthalten amtliche Schriftstücke zusätzliche über Anrede und Grußformel hinausgehende persönliche Mitteilungen, gelten sie als Briefe und werden in die Ausgabe aufgenommen. In einem separaten Anhang „Amtliches“ erscheinen die in der Briefabteilung der Weimarer Ausgabe edierten amtlichen Schriftstücke, die seit einem Jahrhundert zum gedruckten Bestand der Goethe-Briefe zählen.

2. Text 2.1 Textgrundlage und Textkonstitution Textgrundlage ist die Handschrift der behändigten Ausfertigung des Briefes. Ist die Handschrift nicht überliefert und auch nicht in Form einer Reproduktion zugänglich, tritt an ihre Stelle der Textzeuge (z.B. Abschrift, Druck) mit dem

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Editionsgrundsätze

höchsten Grad der Autorisation. Ist ein Brief nur als Konzept überliefert, bildet dieses die Grundlage des edierten Textes. Der Text gibt die zugrunde liegende Vorlage buchstaben- und satzzeichengetreu wieder. Erfolgt die Textwiedergabe nach einem Druck, werden eindeutige Druckfehler der Vorlage im edierten Text emendiert. Groß-, Klein-, Getrennt- und Zusammenschreibungen werden originalgetreu wiedergegeben. Lässt der graphische Befund die Unterscheidung von Großund Kleinbuchstabe nicht zu (so vor allem bei D–d, F–f, H–h, T–t), sind der semantische Kontext wie zeit- und autorspezifische Schreibgewohnheiten für die Entscheidung mit heranzuziehen. Dies trifft auch für die Schreibung des Anredepronomens zu, die sich im Verlauf des Entstehungszeitraums der Briefe wandelt. Grammatische und orthographische Fehler werden nicht korrigiert, Abkürzungen nicht aufgelöst, fehlende Buchstaben, Satzzeichen, Akzente und Umlautstriche nicht ergänzt, das Abbruchzeichen (wie in Wohlgebl, Exzell, dergl) wird in Angleichung an den handschriftlichen Befund wiedergegeben. Verschleifungen am Wortende werden ausgeschrieben. Der Geminationsstrich (n, m) wird zur Doppelschreibung aufgelöst. Doppelte Binde- und Trennungsstriche erscheinen einheitlich als einfache Bindeoder Trennungsstriche, Umlautschreibungen durch hochgestelltes e einheitlich in der heute üblichen Form (ue bel – übel). Dittographien bei Seitenwechsel werden ausgeschieden.

2.2 Textkritischer Apparat Die Varianten des dem Text zugrunde liegenden Zeugen erscheinen, mit Zeilenzahl auf den edierten Text bezogen, am Fuß der Textseite. Sämtliche Varianten sind in Form eines negativen Einzelstellenapparats verzeichnet, wobei der Korrekturvorgang selbst in visualisierter Form dargestellt wird (vgl. Verzeichnis der Schriftarten, Siglen und Zeichen im edierten Text). Schemata und Konzepte werden im Abschnitt „Konzepte“ abgedruckt. Der Nachweis der Varianten erfolgt in einem integrierten Apparat.

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2.3 Anordnung und Darbietung der Briefe Die Anordnung der Briefe erfolgt chronologisch, ihre Zählung bandweise. Erstreckt sich die Niederschrift über einen Zeitraum von mehr als einem Tag, ist das späteste Datum für die Einordnung in die Chronologie ausschlaggebend. Sind mehrere Briefe vom gleichen Tag überliefert, dienen inhaltliche und/oder überlieferungsgeschichtliche Kriterien zu deren Anordnung. Gelingt mithilfe der genannten Kriterien eine Anordnung nicht zweifelsfrei, erfolgt sie alphabetisch nach den Namen der Adressaten, wobei Briefe an Unbekannt ans Ende gestellt werden. Lässt sich für einen Brief nur der Entstehungsmonat und das Jahr erschließen, wird er an das Ende des entsprechenden Monats gestellt. Betrifft dies mehrere Briefe, werden sie nach den Namen der Adressaten in alphabetischer Folge angeordnet. Das Gleiche gilt sinngemäß, wenn das Jahr, aber nicht der Monat, der Zeitraum, aber nicht das Jahr ermittelt wurden. In den Textbänden erscheinen sämtliche überlieferten abgesandten und nicht abgesandten Briefe Goethes sowie die Auftragsbriefe. Nicht abgesandte Briefe und Auftragsbriefe werden im Briefkopf besonders gekennzeichnet. Die Briefe werden vollständig und einschließlich ihrer Beilagen gedruckt, wenn diese integraler Bestandteil der Briefe sind und es deren Art und Umfang erlauben. Erschlossene Briefe werden für den jeweiligen Zeitraum des Bandes mitgeteilt einschließlich ihrer Erschließungsquellen. Sie erhalten eine eigenständige Zählung mit einer der Briefnummer vorangestellten Kennzeichnung (EB). Die in der Briefabteilung der Weimarer Ausgabe edierten amtlichen Schriftstücke werden am Ende des Textbandes im Abschnitt „Amtliches“ abgedruckt. Sie erhalten eine eigenständige Zählung mit einer der Nummer vorangestellten Kennzeichnung (A). Gleiches gilt für Briefe, bei denen die Autorschaft Goethes fraglich ist oder nicht mehr angenommen wird. Sie stehen in den Abschnitten „Zweifelhaftes“ (Z) und „Unechtes“ (U). Der Abdruck beginnt einheitlich mit einem Briefkopf des Editors, bestehend aus Briefnummer, Adressat, Ort und Datum. Erschlossene Angaben erscheinen in spitzen Klammern. Hat Goethe den Brief gemeinsam mit anderen Personen verfasst, z.B. mit August von Goethe, heißt es im Briefkopf in der Adressatenzeile „An … mit August von Goethe“. Briefe, die nicht nach der Handschrift der behändigten Ausfertigung abgedruckt werden können, erhalten unter der Datumszeile in

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Editionsgrundsätze

spitzen Klammern den Hinweis auf die Art der Textgrundlage (z.B. 〈Konzept〉, 〈Druck〉, 〈Abschrift〉). Der Adressat erscheint mit Familiennamen und, wenn dieser bekannt ist, mit Rufnamen oder mit dem oder den eingeführten Vornamen. Frauen werden bis zu ihrer Eheschließung unter ihrem Mädchennamen geführt. Mehrmals verheiratete Frauen erscheinen unter ihrem jeweils gültigen Familiennamen. Die räumliche Anordnung des Textes wird nicht in urkundlicher, sondern in struktureller Entsprechung wiedergegeben. Nachschriften auf dem Rand der Vorlage erscheinen im Druck am Ende des Briefes nach Datum und Unterschrift. Briefteile, die von anderen Personen stammen, sowie Auftragsbriefe erscheinen in kleinerer Geradschrift.

3. Kommentar 3.1 Briefkopf, Datierung, Zum Adressaten Der Briefkopf des Kommentarteils entspricht dem des Textteils, bestehend aus Briefnummer, Adressatennamen, Ort und Datum. Zusätzlich werden Bestimmungs- oder Empfangsort angegeben. Ermittelte Angaben erscheinen in spitzen Klammern. – Angaben zur Datierung erfolgen bei undatierten und unvollständig datierten Briefen oder bei korrigierten Datierungen. – Ist die Person des Adressaten unsicher oder weicht ein ermittelter Empfänger gegenüber dem in der Weimarer Ausgabe angegebenen Empfänger ab, werden in der Rubrik „Zum Adressaten“ die Argumente, die für oder gegen die Ansetzung eines Adressaten sprechen, mitgeteilt.

3.2 Überlieferung Im Abschnitt „Überlieferung“ werden alle handschriftlich überlieferten textkritisch relevanten Zeugen eines Briefes (Schemata, Konzepte, Handschrift der behändigten Ausfertigung, bei verschollenen Handschriften zeitgenössische und spätere Abschriften) nachgewiesen. Nach der Handschrift der Ausfertigung erscheinen alle anderen Zeugen in der Reihenfolge ihrer nachweisbaren oder ermittelten Entstehung. Zu jeder Handschrift erfolgen Angaben zum Besitzer und/oder zum Aufbewahrungsort, bei verschollenen Handschriften zum letzten nachweisbaren Besit-

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zer sowie zum Zeitpunkt des letzten Nachweises. Zusätzlich folgt die Angabe „Verbleib unbekannt“. Die Handschriftenbeschreibung soll – durch Angabe von Umfang und Anzahl der beschriebenen Seiten sowie des Schreibers und Schreibmaterials – die eindeutige Identifizierung einer Handschrift ermöglichen. Zusätzlich können Angaben zur Schrift erfolgen (z.B. „flüchtig geschrieben“). Das Papierformat wird in Zentimetern (Breite × Höhe) angegeben, dazu Besonderheiten wie Zier- oder Trauerränder u.ä., Beschädigungen des Papiers sowie das Vorhandensein eines Kuverts. Wasserzeichen werden nur beschrieben, wenn bei undatierten Briefen im Abschnitt „Datierung“ darauf Bezug genommen wird. Angaben zur Faltung werden nur gemacht, wenn dies für den Nachweis relevant ist, ob ein Brief abgesandt wurde oder nicht. Handschriftliche Beilagen, die als integraler Bestandteil des Briefes im Textband erscheinen, werden analog zu den Briefhandschriften nachgewiesen und beschrieben. Ergänzende Angaben von Faksimiledrucken der Handschrift erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. War der Brief einem anderen Brief beigelegt oder enthielt der Brief einen anderen Brief als Beischluss, wird das in der Überlieferung mitgeteilt. Die gedruckte Überlieferung wird nur soweit mitgeteilt, wie sie textkritisch relevant ist. Verzeichnet wird der Erstdruck (E); wenn dieser ein Teildruck war, wird die Drucküberlieferung bis zum ersten vollständigen Druck nachgewiesen (E1, E2, E3 …). Ist die Handschrift der behändigten Ausfertigung (H) verschollen, werden weitere Drucke (D) aufgeführt, wenn diesen nachweislich oder mutmaßlich H zugrunde lag und sie E vorzuziehen sind. Den Abschluss der Überlieferung bildet der Nachweis des Druckortes in der Weimarer Ausgabe als Referenzausgabe. Erläuterungen zur Textgrundlage erfolgen nur, wenn bei verschollener Handschrift die Wahl der Textgrundlage einer besonderen Begründung bedarf.

3.3 Textkritischer Apparat im Kommentar Abweichungen zwischen textkritisch relevanten Textzeugen werden nicht explizit in einem Einzelstellenapparat nachgewiesen. Sie lassen sich aber aus den Textzeugen selbst, die im Textband vollständig und einschließlich ihrer Varianten mitgeteilt werden, erschließen.

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Editionsgrundsätze

Überlieferungsvarianten, d.h. Abweichungen zwischen nicht autorisierten Textzeugen, werden mitgeteilt, wenn bei verschollener Handschrift der behändigten Ausfertigung mehrere voneinander abweichende Drucke und/oder Abschriften vorliegen, denen nachweislich oder mutmaßlich die Handschrift zugrunde lag.

3.4 Beilagen Beilagen, die kein integraler Bestandteil des Briefes sind und die daher nicht im Textband erscheinen, werden im Kommentar buchstaben- und satzzeichengetreu mitgeteilt, wenn es Art und Umfang der Beilage zulassen, und analog zur Überlieferung der Briefhandschriften beschrieben. Umfangreiche gedruckte Beilagen (z.B. Zeitschriften, Bücher, Aushängebogen) werden mit ihren bibliographischen Angaben verzeichnet, sonstige Beilagen (z.B. Stoffproben) beschrieben. Sind Beilagen nicht überliefert, geht aus dem Brieftext oder aus anderen Quellen ihre Existenz jedoch eindeutig hervor, werden sie im Kommentar aufgeführt.

3.5 Erläuterungen Den Erläuterungen eines jeden Briefes gehen Angaben über Bezugs- und Antwortbriefe voraus. Als Referenzausgabe der Briefe an Goethe wird der Druckort in der Regestausgabe (RA) nachgewiesen. Mitgeteilt werden außerdem die Erwähnungen im Tagebuch und/oder in den Postsendelisten. Die Erläuterungen liefern die zum Verständnis des Textes notwendigen sprachlichen, sachlichen, historischen, literarischen und biographischen Aufschlüsse. Am Beginn der Erläuterungen des jeweils ersten Briefes an einen Adressaten stehen zusammenfassende Überblickskommentare zur Person des Adressaten und Goethes Beziehung zu ihm sowie zu den Besonderheiten der Korrespondenz. Direkte oder indirekte Zitate im Brieftext werden nachgewiesen, die von Goethe benutzten Quellen angegeben. In den Erläuterungen wird aus den Bezugs- und Antwortbriefen zitiert, gegebenenfalls werden die Briefe ganz oder teilweise mitgeteilt, soweit es zum Verständnis des Textes notwendig ist. Sind andere im Text erwähnte Briefe überliefert, aber ungedruckt oder an entlegener Stelle gedruckt, und sind zum

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Verständnis des Textes zusammenfassende Angaben zu ihrem Inhalt nicht ausreichend, werden sie in den Erläuterungen ganz oder teilweise mitgeteilt. Zur Ergänzung und Entlastung der Erläuterungen dienen Register der erwähnten Personen und deren Werke, der Anonyma und Periodika sowie der Werke Goethes.

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Hinweise zur Benutzung

Hinweise zur Benutzung Die Angaben zur Handschrift (H) sind so gegliedert, dass dem Besitznachweis und der Handschriftenbeschreibung im engeren Sinne (Umfang, Schreiber, Schreibmaterial usw.) Angaben allgemeiner Art folgen, z.B. die Provenienz betreffend. Die Formatangaben beziehen sich auch bei Doppelblättern jeweils auf die Größe des Einzelblatts (Breite × Höhe in cm). Bei Siglen mit Exponenten (h1, h2, E1, E2 …) gelten diese jeweils nur für die Überlieferung des betreffenden Briefes. In der Handschriftenüberlieferung werden sämtliche auf Goethe zurückgehenden Textzeugen nachgewiesen, auch wenn sie nicht Textgrundlage sind und textkritisch keine Relevanz besitzen. Im vorliegenden Band sind dies von Goethe autorisierte Abschriften der Ausfertigung (A). Im Unterschied zu Brief-Konzepten Goethes werden Konzepte zu Schreiben lediglich nachgewiesen, aber nicht für die Textkonstitution herangezogen, wenn die Ausfertigung überliefert ist. Die Formulierung „Verbleib unbekannt“ bedeutet: Die Existenz des Briefes ist sicher, die Handschrift aber nicht nachweisbar. Die Formulierung „nicht überliefert“ ist synonym mit ‚verschollen‘ zu verstehen, das heißt, zum Zeitpunkt des Erscheinens eines Bandes ist der Aufbewahrungsort des Briefes den Herausgebern nicht bekannt. Die Formulierung „vernichtet“ wird nur verwendet, wenn es konkrete Hinweise auf die Vernichtung einer Handschrift gibt. Im Fall der Formulierung „nicht bekannt“ ist es zweifelhaft, ob ein Brief überhaupt existiert hat. Hinweise auf Faksimiles sind als zusätzliche Information gedacht, ohne dass Vollständigkeit angestrebt wurde. Goethes Briefe an Charlotte von Stein, die im Goethe- und Schiller-Archiv verwahrt werden, stehen als Digitalisate zur Verfügung und sind über das „Repertorium sämtlicher Goethe-Briefe“ im Internet zugänglich (vgl. die Angaben zu GB Rep im „Verzeichnis der Siglen und Abkürzungen“). Nach und nach werden im Rahmen der „PROPYLÄEN. Forschungsplattform zu Goethes Biographica“ die Digitalisate zu möglichst sämtlichen überlieferten Briefhandschriften zugänglich sein. In den Varianten der diktierten Briefe werden eigenhändige Korrekturen selbstverständlich nachgewiesen. Lediglich bei Korrekturen der Interpunktion, insbesondere bei nachgetragenen Kommata, entfällt der Hinweis auf die Eigenhändigkeit, da zwar nicht auszuschließen, aber auch nicht sicher zu entscheiden ist, ob die Korrekturen von Goethe stammen.

Hinweise zur Benutzung

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Der Kommentar bietet Überlieferungsvarianten, die nicht auf den Autor selbst zurückgehen, in all den Fällen, in denen ein Brief nicht nach einem autorisierten Textzeugen, sondern nach einer von mehreren nicht autorisierten Abschriften oder nach einem von mehreren nicht autorisierten Drucken wiedergegeben werden muss. Damit soll der Benutzer in die Lage versetzt werden, die Entscheidung der Herausgeber nachzuvollziehen und den Text auch derjenigen Textzeugen zu rekonstruieren, die mutmaßlich weniger zuverlässig sind. Die Erläuterungen folgen dem Grundsatz, dass jeder Brief unter Vermeidung allzu vieler lästiger Verweise für sich allein verständlich kommentiert sein soll. Verweise in den Einzelstellenerläuterungen finden in der Regel nur innerhalb eines Bandes statt. Kürzere Erläuterungen werden wiederholt und gelegentliche Redundanzen in Kauf genommen. Verweise in der Form „vgl. 25,3–5“ beziehen sich auf den jeweils vorliegenden Textband (S. 25, Zeile 3–5), Verweise in der Form „vgl. zu 25,3–5“ auf den jeweils vorliegenden Kommentarband, nämlich auf die der Lemmazahl (25,3–5) folgende Erläuterung. Bei Verweisen in andere Bände tritt jeweils Sigle und Bandzahl davor (z.B. vgl. GB 2 II, zu 179,1–2). Goethes Werke werden nach der Weimarer Ausgabe (WA) zitiert, es sei denn, es gibt eine verbesserte Ausgabe, wie z.B. im Fall der frühen Werke die Ausgabe „Der junge Goethe“ von Hanna Fischer-Lamberg (DjG3), im Fall der Tagebücher die von Jochen Golz unter Mitarbeit von Wolfgang Albrecht, Andreas Döhler und Edith Zehm herausgegebene Ausgabe (GT) oder im Fall von Goethes Autobiographie die von Siegfried Scheibe besorgte Akademie-Ausgabe „Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit“ (AA DuW). Zitate aus Werken Dritter werden nach den von Goethe benutzten Ausgaben, in der Regel nach deren Erstdruck, nachgewiesen. Sind diese nicht bekannt oder nicht mehr zugänglich, werden andere zeitgenössische oder, wenn vorhanden, historisch-kritische Ausgaben herangezogen. Bibelstellen sind nach der Ausgabe der Luther-Bibel zitiert, die Goethe selbst besessen hat (Luther-Bibel 1772), da gelegentlich nicht nur der Nachweis eines Zitats, sondern auch dessen Wortlaut von Bedeutung sein kann. Fremdsprachige Zitate aus Briefen und Werken werden übersetzt, gelegentlich auch fremdsprachige Titel, wenn diese besonders lang sind und/oder sie Hinweise auf den Inhalt der oft entlegenen Werke geben. Quellen, Werke, Ausgaben und wissenschaftliche Veröffentlichungen, die mehrfach zitiert werden, erhalten eine Sigle oder werden abgekürzt zitiert

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Hinweise zur Benutzung

(vgl. Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wissenschaftliche Literatur, S. XXXI–LIX). Der Entlastung des Kommentars dienen kommentierte Personen- und Werkregister sowie eine Reihe vorangestellter Verzeichnisse, die von Goethe verwendete Abkürzungen auflösen. Informationen zu Geld und Währung sind dem Verzeichnis „Münze und Geldrechnung“ (S. LXII) zu entnehmen.

Hinweise zur Benutzung

XXIII

Schriftarten, Abkürzungen, Siglen und Zeichen in Texten Goethes, die im Kommentar gedruckt werden Text Goethes petit Text von fremder Hand (in Goethes Briefen) Sperrung Hervorhebung Sperrung doppelte Hervorhebung S p e r r u n g dreifache Hervorhebung grotesk lateinische Schrift Sperrung Hervorhebung in lateinischer Schrift Sperrung doppelte Hervorhebung in lateinischer Schrift G? zweifelhafte Eigenhändigkeit (bei Korrekturen) ××× unlesbare Buchstaben unsichere Lesung abcd 〈abcd〉 Zusätze des Editors 〈 〉 Textverlust der Vorlage l Abbrechungszeichen über der Zeile ergänzt ⎡abcd⎤ unter der Zeile ergänzt ⎣abcd⎦ |abcd| in der Zeile ergänzt am rechten Rand oder in der rechten Spalte ergänzt ⎡abcd ⎡ am linken Rand oder in der linken Spalte ergänzt ⎤ abcd⎤ am unteren Rand ergänzt ↓abcd↓ ∫ nachträgliche Trennung ∩ nachträgliche Zusammenschreibung gestrichen abcd Streichung durch Unterpungieren rückgängig gemacht abcd ......... Streichung in der Streichung abcd Streichung vor der Niederschrift des folgenden Wortes oder abcd efgh Zeichens (Sofortkorrektur) abcd efgh ijkl später ersatzlos gestrichen (Tilgung) abcd efgh Stützwort zur eindeutigen Zuordnung einer varianten Textstelle gestr. gestrichen ab a überschrieben durch b oder korrigiert zu b recte

XXIV Schriftarten, Abkürzungen, Siglen und Zeichen in Texten Goethes

/ |:abcd:|

Seitenwechsel in der Handschrift; Absatzzeichen in den Varianten historische Klammerzeichen

Schriftarten, Abkürzungen und Siglen im Kommentar

XXV

Schriftarten, Abkürzungen und Siglen im Kommentar kursiv Sperrung A Anm. Bd, Bde bes. Bl. D E egh. H h H. Hd Jg K k N. F. Nr o. J. o. Nr o. O. o. S. r Rs. Sign. Slg Sp. Tgb. T., Tle v Var. Vs.

Editortext Hervorhebung im Editortext Eigenhändige oder autorisierte Abschrift von H Anmerkung Band, Bände besonders Blatt textgeschichtlich bedeutsamer Druck Erstdruck Goethe eigenhändig Handschrift; in der Überlieferung der Briefe Goethes: behändigte Ausfertigung, eigenhändig oder diktiert Abschrift von H (nicht autorisiert) Heft Hand Jahrgang Konzepthandschrift Abschrift von K (nicht autorisiert) Neue Folge Nummer ohne Jahresangabe ohne Nummerierung ohne Ortsangabe ohne Seitenzählung recto (Blattvorderseite) Rückseite Signatur Sammlung Spalte Tagebuch Teil, Teile verso (Blattrückseite) Variante im edierten Text Vorderseite

XXVI

/ l

BBAW

Schriftarten, Abkürzungen und Siglen im Kommentar

Absatzzeichen in den Lesarten und in Zitaten Abbrechungszeichen in Zitaten

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften FDH/FGM Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter GoetheMuseum GMD Goethe-Museum Düsseldorf, Anton- und-Katharina-Kippenberg-Stiftung GNM Klassik Stiftung Weimar/Goethe-Nationalmuseum GSA Klassik Stiftung Weimar/Goethe- und Schiller-Archiv HAAB Klassik Stiftung Weimar/Herzogin Anna Amalia Bibliothek HN Herders handschriftlicher Nachlass in der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin KSW Klassik Stiftung Weimar LATh – HStA Weimar Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar LATh – StA Gotha Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha LATh – StA Meiningen Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Meiningen SBB/PK Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz StA Staatsarchiv SUB Staats- und Universitätsbibliothek UA Universitätsarchiv UB Universitätsbibliothek ULB Universitäts- und Landesbibliothek ZB Zürich Zentralbibliothek Zürich

Siglen und Abkürzungen für Archivalien

XXVII

Siglen und Abkürzungen für Archivalien Albrecht, Tgb.

Tagebuch des Legationsrats Johann Carl Albrecht über Constantins Reisen. LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XXI, Nr 5, Bl. 1–33. Constantin, Reisejournal Reisejournal des Prinzen Constantin. LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XXI, Nr 1, Bl. 1–79. F. von Stein, Erläuterungen 〈Friedrich von Stein〉: Erläuterungen zu einer Sammlung von Briefen von Göthe, von 1776 bis 1821. LATh – StA Rudolstadt, Archiv Großkochberg Nr F 851. FB 1776 Fourier-Buch / Auf das Jahr 1776. dermahlen geführet von Christian Martini, CammerFourier und Johann Christoph Weitz / HofFourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 164 Bl., 324 S., LATh – HStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4525. FB 1777 Fourier-Buch / Auf das Jahr 1777 / dermalen geführet von Christian Martini; Camer Fourier und Johann Christoph Weitz, Reise Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 134 Bl., pag. 1–244, LATh – HStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4526. FB 1779 Fourier-Buch / Auf das Jahr 1779 / Dermalen geführet von Johann Christoph Weitz, Reise Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von SachsenWeimar und Eisenach), 127 Bl., pag. 1–229, LATh – HStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4528. FB 1780 Fourier Buch / auf das Jahr 1780. / Dermalen geführet von Johann / Christoph Waitz / Reise / Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 142 Bl., pag. 1–282, LATh – HStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4529. FB 1781 Fourier Buch / auf das Jahr 1781. Dermalen / geführet von / Johann Christoph Waitz / Hof-Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von SachsenWeimar und Eisenach), 128 Bl., pag. 1–250, LATh – HStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4530.

XXVIII

Siglen und Abkürzungen für Archivalien

FB 1782

FB Gotha 1780 I

FB Gotha 1780 II

FB Gotha 1780 IV

FB Gotha 1781 I

FB Gotha 1781 III

FB Gotha 1781 IV

GR/Abschlussrechnungen 1780 GR/Belege 1780, 1

GR/Belege 1780, 2

GR/Belege 1781/82, 1

Fourier Buch / auf das Jahr 1782 / dermalen geführet von Johann / Christoph Waitz / Hof-Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von SachsenWeimar und Eisenach), 149 Bl., pag. 1–287, LATh – HStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4531. Four:Buch / im Quartal Reminiscere / Anno 1780 (Fourierbuch für Gotha, 1. Januar bis 31. März 1780), 184 Bl., LATh – StA Gotha, Sign.: 681c/1780 I (Chart A 1728). FourierBuch / Im Quart. Trinitatis / 1780 (Fourierbuch für Gotha, 1. April bis 27. Juni 1780), 106 Bl., LATh – StA Gotha, Sign.: 681c/1780 II (Chart A 1729). FourierBuch / zum Quartal Luciae / anno 1780. (Fourierbuch für Gotha, 1. Oktober bis 31. Dezember 1780), 114 Bl., LATh – StA Gotha, Sign.: 681c/1780 IV (Chart A 1731). FourierBuch / im Quartal / Reminiscere / 1781. (Fourierbuch für Gotha, 1. Januar bis 31. März 1781), 119 Bl., LATh – StA Gotha, Sign.: 681c/1781 I (Chart A 1732). FourierBuch / zum Quartal Crucis / Anno 1781. (Fourierbuch für Gotha, 1. Juli bis 28. September 1781), 105 Bl., LATh – StA Gotha, Sign.: 681c/1781 III (Chart A 1734). Fourier-Buch / zum Quartal Luciae / 1781 (Fourierbuch für Gotha, 1. Oktober bis 31. Dezember 1781), 117 Bl., LATh – StA Gotha, Sign.: 681c/1781 IV (Chart A 1735). Goethe. Rechnungen. Abschlussrechnungen Ausgabebuch Januar–Dezember 1780. GSA, Sign.: 34/ II,7. Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Januar–Juni 1780. GSA, Sign.: 34/III,1,1. Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Juli–Dezember 1780. GSA, Sign.: 34/III,1,2. Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Mai 1781–Januar 1782. GSA, Sign.: 34/IV,1,1.

Siglen und Abkürzungen für Archivalien

GR/Belege 1781/82, 2

XXIX

Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Januar 1781–Juli 1782. GSA, Sign.: 34/IV,1,2. GR/Belege 1783, 1 Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Januar–Juni 1783. GSA, Sign.: 34/V,1,1. GR/Haushaltsetat Goethe. Rechnungen. Haushaltsetat Etat mit Ab1780–1785 schlussrechnungen 1780–1785. GSA, Sign.: 34/ III,6. GR/RB 1780, 1 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe Januar–März 1780. GSA, Sign.: 34/ II,6,1. GR/RB 1780, 2 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe 1. April–26. April 1780. GSA, Sign.: 34/II,6,2. GR/RB 1780, 3 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe Mai 1780. GSA, Sign.: 34/II,6,3. GR/RB 1780, 6 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe August 1780. GSA, Sign.: 34/ II,6,6. GR/RB 1780, 8 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe Oktober 1780. GSA, Sign.: 34/ II,6,8. GR/RB 1780, 9 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe November 1780. GSA, Sign.: 34/ II,6,9. GR/RB 1780, 10 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe Dezember 1780. GSA, Sign.: 34/ II,6,10. GR/RB 1781 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe Januar 1781. GSA, Sign.: 34/III,2. GR/RB 1781/82 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbücher. Einnahme und Ausgabe 1. Januar 1781–31. Juli 1782. GSA, Sign.: 34/III,3. GR/RB (Küchenrechnung) Goethe Rechnungen. Sonderrechnungen. Küchen1783 rechnung (C) Januar–Juni 1783. GSA, Sign.: 34/ IV,5,1. Knebel, Tgb. 1780 Carl Ludwig von Knebel: Tagebuch 1780. GSA, Sign.: 54/357 Knebel, Tgb. 1781 Carl Ludwig von Knebel: Tagebuch 1781. GSA, Sign.: 54/358.

XXX

Siglen und Abkürzungen für Archivalien

Knebel, Tgb. 1782 Theater/Musik Weimar Theaterzettel Weimar 1784–1967

Carl Ludwig von Knebel: Tagebuch 1782. GSA, Sign.: 54/359. Theater und Musik in Weimar 1757–1969. Online verfügbar. Weimarer Theaterzettel. 1784–1967. Einzelblattsammlung. HAAB, Sign.: ZC 120. Zugänglich über: Theater / Musik in Weimar.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

XXXI

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wissenschaftliche Literatur AA DuW

AA SL

Adelung

AfL

Alten, Tischbein

AS

Goethe: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Historisch-kritische Ausgabe bearbeitet von Siegfried Scheibe. (Akademie-Ausgabe). Bd 1: Text. Berlin 1970; Bd 2: Überlieferung, Variantenverzeichnis und Paralipomena. Berlin 1974. Goethe: Schriften zur Literatur. Historisch-kritische Ausgabe (Akademie-Ausgabe). Bd 1: Text, bearbeitet von Edith Nahler. Berlin 1970; Bd 2: Text, bearbeitet von Johanna Salomon. Berlin 1971; Bd 3: Text, bearbeitet von Horst Nahler. Berlin 1973; Bd 4: Überlieferung, Varianten und Paralipomena zu Band 1, bearbeitet von Edith Nahler. Berlin 1976; Bd 5: Überlieferung, Varianten und Paralipomena zu Band 2, bearbeitet von Johanna Salomon. Berlin 1980; Bd 6: Überlieferung, Varianten und Paralipomena zu Band 3, bearbeitet von Horst Nahler. Berlin 1978; Bd 7: Register zu Band 1 bis 6, bearbeitet von Horst Nahler. Berlin 1982. Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen. Zweyte vermehrte und verbesserte Ausgabe. 4 Tle. Leipzig 1793–1801. Archiv für Litteraturgeschichte. Hrsg. von Franz Schnorr von Carolsfeld. 15 Bde. Leipzig 1870– 1887. Aus Tischbein’s Leben und Briefwechsel mit Amalia Herzogin zu Sachsen-Weimar, Friedrich II., Herzog zu Sachsen-Gotha, Peter Herzog von Oldenburg, Catharina Grossfürstin von Russland, August und Georg Prinzen von Oldenburg, Goethe, Wieland, Blumenbach, Heyne, Merck, Graf Münter, Villers, Overbeck, Bodmer, Lavater, v. Goechhausen, Fouqué, v. Rennenkampff u.a.m. Hrsg. von Friedrich von Alten. Leipzig 1872. Goethes Amtliche Schriften. Hrsg. von Willy Flach und Helma Dahl. 4 Bde. Weimar 1950–1987.

XXXII

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Aus Herders Nachlaß

Aus Weimars Glanzzeit

Beaulieu-Marconnay

Beck, Ernst II.

Behrens

Belli-Gontard, Frankfurt

Berger, Anna Amalia

Bergmann

Bertsch/Grave, Dürer

Aus Herders Nachlaß. Ungedruckte Briefe von Herder und dessen Gattin, Goethe, Schiller, Klopstock, Lenz, Jean Paul, Claudius, Lavater, Jacobi und andern bedeutenden Zeitgenossen. Hrsg. von Heinrich Düntzer und Ferdinand Gottfried von Herder. 3 Bde. Frankfurt a. M. 1856–1857. Aus Weimars Glanzzeit. Ungedruckte Briefe von und über Goethe und Schiller, nebst einer Auswahl ungedruckter vertraulicher Schreiben von Goethe’s Collegen, Geh. Rath v. Voigt. Zum funfzigsten Jahrestage des Todes Schillers. Hrsg. von August Diezmann. Leipzig 1855. Anna Amalia, Carl August und der Minister von Fritsch. Beitrag zur deutschen Cultur- und Literaturgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts / von Carl Freiherrn von Beaulieu-Marconnay. Weimar 1874. August Beck: Ernst der Zweite, Herzog zu SachsenGotha und Altenburg, als Pfleger und Beschützer der Wissenschaft und Kunst, Gotha 1854. Johann Wolfgang Goethe. Briefe an Auguste Gräfin zu Stolberg. Hrsg. von Jürgen Behrens. Bad Homburg v. d. H., Berlin, Zürich 1968. Leben in Frankfurt am Main. Auszüge der Frag- und Anzeigungs-Nachrichten (des Intelligenz-Blattes) von ihrer Entstehung an im Jahre 1722 bis 1821. Gesammelt, geordnet und den Bürgern dieser Stadt gewidmet von Maria Belli, geb. Gontard. – Bd 6: Vom Jahre 1772 bis 1781. Frankfurt a. M. 1850. Joachim Berger: Anna Amalia von Sachsen-WeimarEisenach (1739–1807). Denk- und Handlungsräume einer ‚aufgeklärten‘ Herzogin. Heidelberg 2003. Alfred Bergmann (Hrsg.): Briefe des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar an seine Mutter die Herzogin Anna Amalia. Jena 1938. Markus Bertsch/Johannes Grave: „Deine Albrecht Dürer sind nunmehr schön geordnet.“ Lavaters Dürer-Sammlung in Goethes Händen. In: Sammeln und Sammlungen im 18. Jahrhundert in der Schweiz. Akten des Kolloquiums Basel, 16–18. Oktober 2003. Genf 2007, S. 291–313.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Beyschlag, Sammlung ausländischer Wörter

XXXIII

Sammlung ausländischer Wörter, die im alltäglichen Leben öfters vorkommen, zum Gebrauch für Bürgerschulen und Unstudirte, nebst angehängten Declinations- und Conjugations-Tabellen der deutschen Sprache. Von Daniel Eberhardt Beyschlag, des Lyceums in Nördlingen Rektor. Nördlingen 1796. Biedermann, Goethe Woldemar von Biedermann: Goethe und Dresden. und Dresden Berlin 1875. Biedrzynski Effi Biedrzynski: Goethes Weimar. Das Lexikon der Personen und Schauplätze. 4. Aufl. Zürich 1999. Blumenthal Hermann Blumenthal: Zeitgenössische Rezensionen und Urtheile über Goethes Götz und Werther (Literarhistorische Bibliothek. Begründet von Martin Sommerfeld. Hrsg. von Gerhard Fricke. Bd 14). Berlin 1935. Bode, Ch. v. Stein Wilhelm Bode: Charlotte von Stein. 6. Aufl. [postum hrsg. von Anna Bode]. Berlin 1927. (1. Aufl. Berlin 1910.) Bradish Joseph A〈rno〉 von Bradish: Goethes Beamtenlaufbahn. New York 1937. Bradish, Reichsadelstand Joseph A〈rno〉 von Bradish: Goethes Erhebung in den Reichsadelstand und der freiherrliche Adel seiner Enkel. Leipzig 1933. Bräuning-Oktavio, Hermann Bräuning-Oktavio: Herausgeber und MitFGA 1772 arbeiter der Frankfurter Gelehrten Anzeigen 1772 (Freies Deutsches Hochstift/Reihe der Schriften. Begründet von Ernst Beutler. Hrsg. von Detlev Lüders. Bd 20). Tübingen 1966. Bürgin Hans Bürgin: Der Minister Goethe vor der römischen Reise. Seine Tätigkeit in der Wegebau- und Kriegskommission. Weimar 1933. BuG Goethe: Begegnungen und Gespräche. Bd 1–2. Hrsg. von Ernst Grumach und Renate Grumach. Berlin 1965–1966; Bd 3–6 und 8. Begründet von Ernst Grumach und Renate Grumach. Hrsg. von Renate Grumach. Berlin, New York 1977–2013. Burkhardt, Das herzogliche C〈arl〉 A〈ugust〉 H〈ugo〉 Burkhardt: Kritische BeLiebhaber-Theater merkungen zu Goethe’s Biographieen. Das herzogliche 1775–84 Liebhaber-Theater. 1775–84. In: Die Grenzboten. 32. Jg. 2. Semester. 1. Bd. Leipzig 1873, S. 1–24.

XXXIV

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Burkhardt, Goethe/Kayser C〈arl〉 A〈ugust〉 H〈ugo〉 Burkhardt: Goethe und der Komponist Ph. Chr. Kayser. Leipzig 1879. Burkhardt, Goethes Stadt- C〈arl〉 A〈ugust〉 H〈ugo〉 Burkhardt: Über Goethes wohnungen in Weimar ‚unbekannte‘ Stadtwohnungen in Weimar. In: GJb IX (1888), S. 243–247. Burkhardt, Theater C〈arl〉 A〈ugust〉 H〈ugo〉 Burkhardt: Das Repertoire des Weimarischen Theaters unter Goethes Leitung 1791–1817. Hamburg, Leipzig 1891. Burkhardt, Weimarer Bühne C〈arl〉 A〈ugust〉 H〈ugo〉 Burkhardt: Goethes Werke auf der Weimarer Bühne 1775–1817. In: GJb IV (1883), S. 107–126. Busch-Salmen, Gabriele Busch-Salmen (Hrsg.): Philipp Christoph Ph. Ch. Kayser Kayser (1755–1823). Komponist, Schriftsteller, Pädagoge, Jugendfreund Goethes. Hildesheim, Zürich, New York 2007. Busch-Salmen/Salmen, Gabriele Busch-Salmen, Walter Salmen: Goethes Goethes Liederbuch handschriftliches Liederbuch von 1778. In: BuschSalmen, Ph. Ch. Kayser, S. 195–205. Busch-Salmen/Salmen/ Gabriele Busch-Salmen, Walter Salmen, Christoph Michel, Musenhof Michel: Der Weimarer Musenhof. Dichtung / Musik und Tanz / Gartenkunst / Geselligkeit / Malerei. Stuttgart, Weimar 1998. Campe Joachim Heinrich Campe: Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. Ein Ergänzungsband zu Adelungs Wörterbuche. 2 Bde. Braunschweig 1801. Briefwechsel des Großherzogs Carl August von SachCarl August-Goethe1 sen-Weimar-Eisenach mit Goethe in den Jahren von 1775 bis 1828. Hrsg. von Carl Vogel. 2 Bde. Weimar 1863. Briefwechsel des Herzogs-Großherzogs Carl August Carl August-Goethe2 mit Goethe. Hrsg. von Hans Wahl. 3 Bde. Berlin 1915–1918. Corpus Goethes Sammlungen zur Kunst, Literatur und Naturwissenschaft. Corpus der Goethezeichnungen. Bearbeiter der Ausgabe: Gerhard Femmel. 7 Bde in 10 Tlen. Leipzig 1958–1973. – Bd I. Nr 1–318: Von den Anfängen bis zur italienischen Reise 1786 (1958); Bd VIa. Nr 1–302: Zeichnungen aus den Beständen des Goethe- und Schiller-Archivs (1970); Bd VIb. Nr 1–285: Zeichnungen außerhalb der

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

XXXV

Goethe-Institute der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Nachträge. Berichtigungen zu C〈orpus〉 I–VIa. Abschreibungen. Gesamtkonkordanz (1971); Bd VII: Die Zeugnisse (1973). Des Maurers Wandeln Joachim Bauer, Gerhard Müller: „Des Maurers Wandeln, es gleicht dem Leben“. Tempelmaurerei, Aufklärung und Politik im klassischen Weimar. Rudolstadt und Jena 2002. Diezel Rudolf Diezel: Goethes geheimnisvoller Schützling Johann Friedrich Krafft. In: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins 94 (1990), S. 23–44. 3 Der junge Goethe. Neu bearbeitete Ausgabe. Hrsg. DjG von Hanna Fischer-Lamberg. 5 Bde und Registerbd. Berlin 1963–1974. Düntzer, Goethe-Stein Goethes Liebesbriefe an Frau von Stein. 1776 bis 1789. Hrsg. mit Uebersichten und Anmerkungen von Heinrich Düntzer. Leipzig 1886. Düntzer, Knebels Nachlaß Zur deutschen Literatur und Geschichte. Ungedruckte Briefe aus Knebels Nachlaß. Hrsg. von Heinrich Düntzer. 2 Bde. Nürnberg 1858. Düntzer, Zwei Bekehrte Zwei Bekehrte. Zacharias Werner und Sophie von Schardt. Hrsg. von Heinrich Düntzer. Leipzig 1873. Dürr Alphons Dürr: Adam Friedrich Oeser. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts. Leipzig 1879. Eckermann, Gespräche Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. 1823–1832. Von Johann Peter Eckermann. 3 Tle. Leipzig (T. 3 Magdeburg) 1836–1848. EGW Die Entstehung von Goethes Werken in Dokumenten. Begründet von Momme Mommsen. Fortgeführt und herausgegeben von Katharina Mommsen. Bd 1 und 2: Reprographischer Neudruck des vom Institut für Deutsche Sprache und Literatur der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Akademie Verlag 1958 herausgegebenen Erstdrucks. – Bd 1: Abaldemus – Byron. Berlin, New York 2006; Bd 2: Cäcilia – Dichtung und Wahrheit. Berlin, New York 2006; Bd 3: Diderot – Entoptische Farben. Redaktion Peter Ludwig. Mitarbeiter: Safia Azzouni, Heinz Hamm, Uwe Hentschel, Shu Ching Ho, Paul

XXXVI

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Ernst FA/Goethe

Femmel, Franzosen

Femmel/Heres

FGA Fielitz, Goethe-Stein

Flach, Zillbacher Holzprozeß

Kahl, Berthold Kastner, Peter Ludwig, Christoph Michel, Frank Möbus, Angelika Reimann, Manfred Wenzel, Margit Wyder. Berlin, New York 2006; Bd 6: Feradeddin – Gypsabgüsse. Redaktion: Uwe Hentschel. Berlin, New York 2010. Fritz Ernst: Aus Goethes Freundeskreis. Studien um Peter im Baumgarten. Erlenbach-Zürich 1941. Johann Wolfgang Goethe: Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche. 40 Bde in 2 Abt. 〈Frankfurter Ausgabe〉. Frankfurt a. M. 1985–1999. – I. Abt. Bd 1: Gedichte. Hrsg. von Karl Eibl (1987); Bd 2: Gedichte 1800–1822. Hrsg. von Karl Eibl (1988); Bd 14: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Hrsg. von Klaus-Detlef Müller (1986); Bd 5: Dramen 1776–1790. Hrsg. von Dieter Borchmeyer unter Mitarbeit von Peter Huber (1988); Bd 7/1 und 7/2: Faust. Texte und Kommentare. Hrsg. von Albrecht Schöne (1994); Bd 26–27: Amtliche Schriften. Hrsg. von Reinhard Kluge (Texte) sowie Irmtraut und Gerhard Schmid (Erläuterungen) (1998–1999). – II. Abt. Bd 2: Briefe, Tagebücher und Gespräche vom 7. November 1775 bis 2. September 1786. Hrsg. von Hartmut Reinhardt (1997). Goethes Grafiksammlung. Die Franzosen. Katalog und Zeugnisse. Bearbeiter der Ausgabe Gerhard Femmel. Leipzig 1980. Die Gemmen aus Goethes Sammlung. Goethes Sammlungen zur Kunst, Literatur und Naturwissenschaft. Hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Bearbeiter der Ausgabe Gerhard Femmel. Katalog Gerald Heres. Leipzig 1977. Frankfurter gelehrte Anzeigen. Goethes Briefe an Frau von Stein. Hrsg. von Adolf Schöll. Zweite vervollständigte Auflage bearbeitet von Wilhelm Fielitz. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1883 und 1885. Willy Flach: Goethes Mitwirkung beim Zillbacher Holzprozeß. Ein Stück aus Goethes amtlicher Tätigkeit. In: GJb N. F. 16 (1954), S. 57–110.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Forster, Werke

Fränkel, Goethe-Stein1 Fränkel, Goethe-Stein2

Fränkel, Marginalien Frau Rath

Funck, Branconi, Goethe und Lavater

GB

XXXVII

Georg Forsters Werke. Sämtliche Schriften, Tagebücher, Briefe. Hrsg. von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1958–1972), von der Akademie der Wissenschaften der DDR (1973–1990) und von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (2003). 18 Bde. Berlin 1958–2003. – Bd 4: Streitschriften und Fragmente zur Weltreise. Erläuterungen und Register zu Band 1–4. Bearbeitet von Robert L. Kahn, Gerhard Steiner, Horst Fiedler, Klaus-Georg Popp, Siegfried Scheibe (1972); Bd 11: Rezensionen. Bearbeitet von Horst Fiedler (1977); Bd 13: Briefe bis 1783. Bearbeitet von Siegfried Scheibe (1978). Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Hrsg. von Jonas Fränkel. Kritische Originalausgabe. 3 Bde. Jena 1908. Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Hrsg. von Jonas Fränkel. Umgearbeitete Neuausgabe. 3 Bde. Berlin 1960 und 1962. Marginalien zu Goethes Briefen an Charlotte von Stein. Hrsg. von Jonas Fränkel. Jena 1909. Frau Rath. Briefwechsel von Katharina Elisabeth Goethe. Nach den Originalen mitgetheilt von Robert Keil. Leipzig 1871. Heinrich Funck: Frau v. Branconi, Goethe und Lavater. In: Die Persönlichkeit. Monatsschrift für lebens- und geistesgeschichtliche Forschung (1914), S. 169–175 und S. 284–291. Johann Wolfgang Goethe: Briefe. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar/ Goethe- und Schiller-Archiv; 〈ab 2017:〉 In Verbindung mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar/Goethe- und Schiller-Archiv hrsg. von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter. Berlin 2008ff. – Bd 1 I–II: 23. Mai 1764–30. Dezember 1772. Text und Kommentar. Hrsg. von Elke Richter und Georg Kurscheidt (2008); Bd 2 I–II: Anfang 1773–Ende Oktober 1775. Text und Kommentar. Hrsg. von Georg Kurscheidt und

XXXVIII

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

GB Rep

Geheime Gesellschaft

Elke Richter (2008); Bd 3 I–II: 8. November 1775–Ende 1779. Text und Kommentar. Hrsg. von Georg Kurscheidt und Elke Richter unter Mitarbeit von Gerhard Müller und Bettina Zschiedrich (Kommentar) (2014); Bd 6 I–II: Anfang 1785–3. September 1786. Text und Kommentar. Hrsg. von Volker Giel unter Mitarbeit von Susanne Fenske und Yvonne Pietsch (Text); unter Mitarbeit von Yvonne Pietsch, Markus Bernauer und Gerhard Müller (Kommentar) (2010); Bd 7 I–II: 18. September 1786–10. Juni 1788. Text und Kommentar. Hrsg. von Volker Giel unter Mitarbeit von Susanne Fenske und Yvonne Pietsch (Text); unter Mitarbeit von Yvonne Pietsch, Markus Bernauer und Gerhard Müller (Kommentar) (2012); Bd 8 I–II: 20. Juni 1788–Ende 1790. Text und Kommentar. Hrsg. von Volker Giel und Norbert Oellers unter Mitarbeit von Yvonne Pietsch (Text); unter Mitarbeit von Gerhard Müller und Yvonne Pietsch (Kommentar) (2017); Bd 9 I–II: 1791–1793. Text und Kommentar. Hrsg. von Volker Giel und Norbert Oellers unter Mitarbeit von Yvonne Pietsch (Text); unter Mitarbeit von Gerhard Müller und Yvonne Pietsch (Kommentar) (2020); Bd 10 I–II: 1794–1795. Text und Kommentar. Hrsg. von Jutta Eckle und Georg Kurscheidt (2019). Johann Wolfgang Goethe: Repertorium sämtlicher Briefe. 1764–1832. Hrsg. von der Klassik Stiftung Weimar/Goethe- und Schiller-Archiv. Bearbeitet von Elke Richter unter Mitarbeit von Andrea Ehlert, Susanne Fenske, Eike Küstner und Katharina Mittendorf. Begründet von Paul Raabe an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Gefördert von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Internetveröffentlichung (Online verfügbar). Geheime Gesellschaft. Weimar und die deutsche Freimaurerei. Katalog zur Ausstellung der Stiftung Weimarer Klassik im Schiller-Museum Weimar 21. Juni bis 31. Dezember 2002. Hrsg. von Joachim Berger und Klaus-Jürgen Grün. München, Wien 2002.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Geliebte Schatten

Gellert, Schriften

GJb

XXXIX

Geliebte Schatten. Bildnisse und Autographen von Klopstock, Wieland, Herder, Lessing, Schiller, Göthe. In einem befreundeten Cyclus und mit erläuterndem Texte hrsg. von Friedrich Götz. Mannheim 1858. Christian Fürchtegott Gellert: Gesammelte Schriften. Kritische, kommentierte Ausgabe. Hrsg. von Bernd Witte. Bd 1–6. Berlin, New York 1988–2000. – Bd 4: Roman, Briefsteller. Hrsg. von Werner Jung, Elke Kasper, John F. Reynolds, Sibylle Späth und Bernd Witte (1989). Goethe-Jahrbuch. Bd I–XXXIV. Hrsg. von Ludwig Geiger. Frankfurt a. M. 1880–1913. – Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstandes hrsg. von Hans Gerhard Gräf (Bd 10–21 hrsg. von Max Hecker). Bd 1–9. Leipzig (Bd 8: Weimar) 1914–1922; Bd 10–21. Weimar 1924–1935. – Goethe. Bd 1–2: Vierteljahresschrift der Goethe-Gesellschaft. Neue Folge des Jahrbuchs. Unter Mitwirkung von Ernst Bertram, Rudolf Buttmann, Anton Kippenberg u.a. hrsg. von Hans Wahl. Weimar 1936–1937; Bd 3–9: Viermonatsschrift der Goethe-Gesellschaft. Neue Folge des Jahrbuchs. Unter Mitwirkung von Ernst Bertram, Rudolf Buttmann, Anton Kippenberg u.a. hrsg. von Hans Wahl. Weimar 1938–1944; Bd 10: Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstands hrsg. von Hans Wahl. Weimar 1947; Bd 11: Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstands hrsg. von Hans Wahl † und Andreas B〈runo〉 Wachsmuth. Weimar 1950; Bd 12–33: Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstands hrsg. von Andreas B〈runo〉 Wachsmuth. Weimar 1951–1971; Goethe Jahrbuch. Bd 89–90: Im Auftrage des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Helmut Holtzhauer. Weimar 1972–1973; Bd 91: Im Auftrage des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Helmut Holtzhauer † und Karl-Heinz Hahn. Weimar 1974; Bd 92–106: Im Auftrage des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Karl-Heinz Hahn.

XL

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Goedeke

Goethe-Fahlmer Goethe-Handbuch3

Weimar 1975–1989; Bd 107: Im Auftrage des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Karl-Heinz Hahn † und Jörn Göres. Weimar 1990; Bd 108–116: Im Auftrage des Vorstandes (Bd 109ff.: Im Auftrag des Vorstands) der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Werner Keller. Weimar 1991–1999; Bd 117–118: Im Auftrage des Vorstands der GoetheGesellschaft hrsg. von Jochen Golz, Bernd Leistner und Edith Zehm. Weimar 2000–2001; Bd 119: Im Auftrag des Vorstands der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Jochen Golz und Edith Zehm. Weimar 2002; Bd 120–121: Im Auftrag des Vorstands der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Werner Frick, Jochen Golz und Edith Zehm. Weimar 2003–2004; Bd 122–123: Im Auftrag des Vorstands der GoetheGesellschaft hrsg. von Werner Frick, Jochen Golz und Edith Zehm. Göttingen 2005–2006; Bd 124–127: Im Auftrag des Vorstands der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Werner Frick, Jochen Golz, Albert Meier und Edith Zehm. Göttingen 2007–2010; Bd 128–131: Im Auftrag der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Jochen Golz, Albert Meier und Edith Zehm. Göttingen 2011–2014; Bd 132: Im Auftrag der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Jochen Golz und Edith Zehm. Göttingen 2015; Bd 133ff.: Im Auftrag des Vorstands der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Frieder von Ammon, Jochen Golz und Edith Zehm. Göttingen 2016ff. Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung. Aus den Quellen von Karl Goedeke. Dritte, neu bearbeitete Auflage. Nach dem Tode des Verfassers in Verbindung von Fachgelehrten fortgeführt von Edmund Goetze. Band IV/1. Sechstes Buch: Vom siebenjährigen bis zum Weltkriege. Nationale Dichtung. Teil 1. Dresden 1916. Briefe von Goethe an Johanna Fahlmer. Hrsg. von L〈udwig〉 Urlichs. Leipzig 1875. Goethe-Handbuch. 5 Bde. Hrsg. von Bernd Witte, Theo Buck, Hans-Dietrich Dahnke, Regine Otto und Peter Schmidt. Stuttgart, Weimar 1996–1999. – Goethe-Handbuch. Supplemente. Bd 3: Kunst.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Goethe-Knebel

Goethe-La Roche

Goethe-Lavater1

Goethe-Lavater3 Goethe-Stolberg1

Goethe-Stolberg2

Goethe und der Kreis von Münster

Goethe und Ilmenau

Goethe und Werther1

Goethe-Voigt2

XLI

Hrsg. von Andreas Beyer und Ernst Osterkamp. Stuttgart, Weimar 2011. Briefwechsel zwischen Goethe und Knebel. (1774– 1832.) 〈Hrsg. von G[ottschalk] E[duard] Guhrauer.〉 2 Tle. Leipzig 1851. Briefe Goethe’s an Sophie von La Roche und Bettina Brentano nebst dichterischen Beilagen hrsg. von G〈ustav〉 von Loeper. Berlin 1879. Briefe von Goethe an Lavater. Aus den Jahren 1774 bis 1783. Hrsg. von Heinrich Hirzel. Nebst einem Anhange und zwei Facsimile. Leipzig 1833. Goethe und Lavater. Briefe und Tagebücher. Hrsg. von Heinrich Funck (SchrGG 16). Weimar 1901. August von Binzer (Hrsg.): Goethe’s Briefe an die Gräfin Auguste zu Stolberg, verwitwete Gräfin von Bernstorf. In: Urania. Taschenbuch auf das Jahr 1839. N. F. 1. Jg. Leipzig 1839, S. 67–146 (zugleich als Separatdruck erschienen: Leipzig 1839). Wilhelm Arndt (Hrsg.): Goethe’s Briefe an die Gräfin Auguste zu Stolberg, verwitwete Gräfin von Bernstorff. 2. Aufl., mit Einleitung und Anmerkungen. Leipzig 1881. Goethe und der Kreis von Münster. Zeitgenössische Briefe und Aufzeichnungen. In Zusammenarbeit mit Waltraud Loos hrsg. von Erich Trunz (Veröffentlichungen der Historischen Kommission Westfalens XIX. Westfälische Briefwechsel und Denkwürdigkeiten. Bd 6). Münster 1971. Goethe und Ilmenau. Unter Benutzung zahlreichen öffentlichen Materials dargestellt von Julius Voigt. Mit einem Geleitwort von Karl-Heinz Hahn und einem Nachwort von Rosalinde Gothe. Reprint der Originalausgabe Leipzig 1912. Leipzig 1990. Goethe und Werther. Briefe Goethe’s, meistens aus seiner Jugendzeit, mit erläuternden Documenten. Hrsg. von A〈gust〉 Kestner. Stuttgart und Tübingen 1854. Goethes Briefwechsel mit Christian Gottlob Voigt. 4 Bde. Bearbeitet und hrsg. von Hans Tümmler (ab Bd 3 unter Mitwirkung von Wolfgang Huschke; SchrGG 53–56). Weimar 1949 (Bd 1), 1951 (Bd 2), 1955 (Bd 3), 1962 (Bd 4).

XLII

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Goethe-Wortschatz

Goethes „Bildergalerie“

Goethes Branderlebnisse

Goethes Briefe an Leipziger Freunde Goethe’s Briefe an Leipziger Freunde2 Goethes Mikroskope

Götting

Gräf

Gräf, Philipp Seidel

Grave

Goethe-Wortschatz. Ein sprachgeschichtliches Wörterbuch zu Goethes sämtlichen Werken von Paul Fischer. Leipzig 1929. Rolf Bothe, Ulrich Haussmann: Goethes „Bildergalerie“. Die Anfänge der Kunstsammlungen zu Weimar (Im Blickfeld der Goethezeit [Sonderband].) Berlin 2002. Karl Hebel: Goethes Branderlebnisse im ersten Weimarer Jahrzehnt und ihre Spiegelung in Flammengleichnissen. In: GJb N. F. 22 (1960), S. 86–103. Goethes Briefe an Leipziger Freunde. Hrsg. von Otto Jahn. Leipzig 1849. Goethe’s Briefe an Leipziger Freunde. Hrsg. von Otto Jahn. Zweite vermehrte Aufl. Leipzig 1867. Dietrich Germann, Hans Knöll und Ludwig Otto: Über Goethes Mikroskope. In: Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Medizin. Festschrift für Georg Uschmann, Direktor des Archivs der Akademie zum 60. Geburtstag am 18. Oktober 1973. Hrsg. von Kurt Mothes und Joachim-Hermann Scharf (Acta Historica Leopoldina. Abhandlungen aus dem Archiv für Geschichte der Naturforschung und Medizin der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Hrsg. von Georg Uschmann. Nr 9). Halle/Saale 1973, S. 361–401. Franz Götting: Die Bibliothek von Goethes Vater. In: Nassauische Annalen. Bd 64. Nassau 1953, S. 23–69. Goethe über seine Dichtungen. Versuch einer Sammlung aller Aeusserungen des Dichters über seine poetischen Werke von Dr. Hans Gerhard Gräf. 9 Bde. Frankfurt a. M. 1901–1914. – Erster T.: Die Epischen Dichtungen. 2 Bde (1901 und 1902); Zweiter T.: Die dramatischen Dichtungen. 4 Bde (1903, 1904, 1906 und 1908); Dritter T.: Die lyrischen Dichtungen. 3 Bde (1912 und 1914). Nachträge zu Goethes Briefen. I. An Philipp Seidel. Mitgeteilt von Hans Gerhard Gräf. In: GJb 7 (1920), S. 231–235. Johannes Grave: Der „ideale Kunstkörper“. Johann Wolfgang Goethe als Sammler von Druckgraphiken

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Grimm

GT

GWb

Hagen

XLIII

und Zeichnungen. Mit 71 Abbildungen. Göttingen 2006. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde in 32 Teilbänden. Leipzig 1854– 1961 (Bandzählung nach der digitalen Version der Ausgabe, online verfügbar). Johann Wolfgang Goethe: Tagebücher. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik 〈ab Bd V (2007): Klassik Stiftung Weimar〉 hrsg. 〈Bd I–V: von Jochen Golz unter Mitarbeit von Wolfgang Albrecht, Andreas Döhler und Edith Zehm; ab Bd VI (2014): vom Goethe- und SchillerArchiv〉. Stuttgart, Weimar 1998ff. – Bd I 1–2: 1775–1787. Text und Kommentar. Hrsg. von Wolfgang Albrecht und Andreas Döhler (1998); Bd II 1: 1790–1800. Text. Hrsg. von Edith Zehm (2000); Bd II 2: 1790–1800. Kommentar. Hrsg. von Wolfgang Albrecht und Edith Zehm (2000); Bd III 1–2: 1801–1808. Text und Kommentar. Hrsg. von Andreas Döhler (2004); Bd IV 1–2: 1809–1812. Text und Kommentar. Hrsg. von Edith Zehm, Sebastian Mangold und Ariane Ludwig (2008); Bd V 1–2: 1813–1816. Text und Kommentar. Hrsg. von Wolfgang Albrecht (2007); Bd VI 1–2: 1817– 1818. Text und Kommentar. Hrsg. von Andreas Döhler (2014); Bd VII 1–2: 1819–1820. Text und Kommentar. Hrsg. von Edith Zehm, Sebastian Mangold und Ariane Ludwig (2014); Bd VIII 1–2: 1821–1822. Text und Kommentar. Hrsg. von Wolfgang Albrecht (2015). Goethe Wörterbuch. Bd 1–2. Hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR, der Akademie der Wissenschaften in Göttingen und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1978–1989; Bd 3ff. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, der Akademie der Wissenschaften in Göttingen und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Stuttgart, Berlin, Köln 1998ff. Die Drucke von Goethes Werken. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften der DDR.

XLIV

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Bearbeiter des Bandes Waltraud Hagen. 2., durchgesehene Aufl. Berlin 1983. Rudolf Haym: Herder nach seinem Leben und seinen Haym1 Werken. 2 Bde. Berlin 1880–1885. HB Johann Gottfried Herder: Briefe. Gesamtausgabe 1763–1803. Unter Leitung von Karl-Heinz Hahn hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar 〈ab Bd 10: Hrsg. von der Klassik Stiftung Weimar〉 (Goethe- und Schiller-Archiv). 17 Bde 〈Bd 1–8: Bearbeitet von Wilhelm Dobbek † und Günter Arnold; Bd 9–17: Bearbeitet von Günter Arnold〉. Weimar 1977–2014. – Bd 4: Oktober 1776–August 1783 (1979); Bd 5: September 1783–August 1788 (1979); Bd 9: Nachträge und Ergänzungen 1763–1803 (1988). Hederich Benjamin Hederichs gründliches mythologisches Lexicon 〈…〉. Zu besserm Verständnisse der schönen Künste und Wissenschaften 〈…〉, sorgfältigst durchgesehen, ansehnlich vermehret und verbessert von Johann Joachim Schwaben. Leipzig 1770. Hegner Ulrich Hegner: Beiträge zur nähern Kenntniß und wahren Darstellung Johann Kaspar Lavater’s. Aus Briefen seiner Freunde an ihn, und nach persönlichem Umgang. Leipzig 1836. Herder-Flachsland Herders Briefwechsel mit Caroline Flachsland. Nach den Handschriften des Goethe- und Schiller-Archivs hrsg. von Hans Schauer. Bd 1: August 1770 bis Dezember 1771 (SchrGG 39). Weimar 1926; Bd 2: Januar 1772 bis April 1773 (SchrGG 41). Weimar 1928. Hirzel, Goethe-Bibliothek Salomon Hirzel: Neuestes Verzeichniß einer Goethe1874 Bibliothek. (1767–1874.) Leipzig 1874. Hirzel, Lavater-Goethe Bruno Hirzel: Ein unbekannter Brief Lavaters an Goethe. In: Neue Schweizer Rundschau 1 (1933), S. 496–497. Hoff, Annalen Annalen meines Lebens. Die Tagebücher des Gothaer Geologen und Staatsbeamten Karl Ernst Adolf von Hoff 1771–1837. Hrsg. von Karin Dreißig und Thomas Martens. Weimar 2012. Hofkalender 1780 Hochfürstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Addreß-Calender auf das Jahr 1780. Weimar 〈o. J.〉.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Hofkalender 1781

XLV

Hochfürstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Addreß-Calender auf das Jahr 1781. Weimar 〈o. J.〉. Hofkalender 1782 Hochfürstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Addreß-Calender auf das Jahr 1782. Weimar 〈o. J.〉. Hommel, Kunsthandel Karsten Hommel: „ …die ohnehin mehr eingebildeten als reellen Preise der Kunstsachen…“. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Leipziger Kunsthandels. In: Leipziger Stadtgeschichte. Jahrbuch. Hrsg. vom Leipziger Geschichtsverein e. V. Leipzig 2012, S. 55–82. Hüsgen, Verzeichnis Dürer 〈Heinrich Sebastian Hüsgen〉: Raisonnirendes Verzeichnis aller Kupfer- und Eisenstiche, so durch die geschickte Hand Albrecht Dürers selbsten verfertigt worden. Ans Licht gestellt, und in eine Systematische Ordnung gebracht, von einem Freund der schönen Wissenschaften. Frankfurt a. M., Leipzig 1778. (Vgl. Ruppert, 363, Nr 2456.) Huschke, Klassisches Wolfgang Huschke: Forschungen zur Geschichte der Weimar führenden Gesellschaftsschicht im klassischen Weimar. In: Forschungen zur thüringischen Landesgeschichte. Festschrift für Friedrich Schneider. Weimar 1958, S. 55–114. Imhoff Imhoff Indienfahrer. Ein Reisebericht aus dem 18. Jahrhundert in Briefen und Bildern. Hrsg. und mit einer Einführung von Gerhard Koch. Göttingen 2001. Inventare Inventare des Goethe- und Schiller-Archivs. Hrsg. von der Klassik Stiftung Weimar/Goethe- und Schiller-Archiv. – Bd 2: Goethe-Bestand. Teil 1: Gedichte. Redaktor Gerhard Schmid. Weimar 2000; Teil 2: Dramen, Romane und Erzählungen. Redaktor Jürgen Gruß. Weimar 2011. JB Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel. Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Begründet von Michael Brüggen und Siegfried Sudhof †. Hrsg. von Michael Brüggen, Heinz Gockel, Walter Jaeschke, Peter-Paul Schneider, Siegfried Sudhof. Reihe I 〈Text〉. Bd 1–7; Reihe II 〈Kommentar〉. Bd 1–4. Stuttgart, Bad Cannstatt 1981–2013. – Bd I 2: Briefwechsel 1775–1781. Hrsg. von Peter Bachmeier, Michael Brüggen, Reinhard Lauth und Siegfried Sudhoff † in Zusammenarbeit mit Peter-Paul

XLVI

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Schneider (1983); Bd II 2: Briefwechsel 1775– 1781. Kommentar von Michael Brüggen unter Mitwirkung von Reinhard Lauth sowie Albert Mues und Gudrun Schury (1997). JdDSG Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft. Im Auftrag des Vorstands hrsg. von Fritz Martini, Herbert Stubenrauch und Bernhard Zeller. Stuttgart 1957– 1959. – Hrsg. von Fritz Martini, Walter MüllerSeidel und Bernhard Zeller. Stuttgart 1960–1987. – Hrsg. von Wilfried Barner, Walter Müller-Seidel und Ulrich Ott. Stuttgart. 1988–1998. – Hrsg. von Wilfried Barner, Christine Lubkoll, Ernst Osterkamp und Ulrich Ott. Stuttgart 1999–2004, Göttingen 2005. – Hrsg. von Wilfried Barner, Christine Lubkoll, Ernst Osterkamp und Ulrich Raulff. Göttingen 2006–2013, Berlin u.a. 2014. Hrsg. von Alexander Honold, Christine Lubkoll, Ernst Osterkamp und Ulrich Raulff. Berlin u.a. 2015ff. John, Oeser Timo John: Adam Friedrich Oeser (1717–1799). Studie über einen Künstler der Empfindsamkeit. Beucha 2001. John, Oeser als Timo John: „Ich lebe unter Kaufleuten“. Der LeipKunstvermittler ziger Akademiedirektor Adam Friedrich Oeser als Kunstvermittler für den Weimarer Musenhof. In: Antlitz des Schönen. Klassizistische Bildhauerkunst im Umkreis Goethes. Hrsg. vom Thüringer Landesmuseum Heidecksburg. Rudolstadt 2003, S. 33–57. „Es ward als ein Wochenblatt zum Scherze angefanJournal von Tiefurt2 gen.“ Das Journal von Tiefurt. Hrsg. von Jutta Heinz und Jochen Golz unter Mitarbeit von Cornelia Ilbrig, Nicole Kabisius und Matthias Löwe (SchrGG 74). Göttingen 2011. Karl August-Luise Briefe des Herzogs Karl August an die Herzogin Luise von der Schweizerreise. Mitgeteilt von Hans Wahl. In: GJb 11 (1925), S. 112–138. Karl August und Briefe von Karl August und Luise von Weimar an Luise-Lavater Lavater. Mitgetheilt von J. C. Mörikofer. In: Im neuen Reich 6/II (1876), S. 266–275, 291–300. Katalog Goethe-Ausstellung Verzeichniß v. Goethe’s Handschriften, Zeichnungen und Radirungen, Drucken seiner Werke, Compositionen und Illustrationen seiner Dichtungen, Büsten,

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Keudell

Klebe Klinger, Zeichenschule

Kluge/Seebold

Knebel-Carl August

Knebel, Nachlaß und Briefwechsel

Kreutzmann, Adel

Krünitz

Kruse, Lips

Kublik, Loder

XLVII

Medaillen und Gemälden, Portraits aus seinem Freundeskreise, Andenken und Erinnerungszeichen, welche im Conzertsaale des Königlichen Schauspielhauses vom 19ten Mai 1861 an ausgestellt sind. Berlin 1861. Goethe als Benutzer der Weimarer Bibliothek: ein Verzeichnis der von ihm entliehenen Werke. Bearbeitet von Elise von Keudell. Hrsg. mit einem Vorwort von Werner Deetjen. Weimar 1931. Friedrich Albert Klebe: Gotha und die umliegende Gegend. Gotha 1796. Kerrin Klinger: Die Anfänge der Weimarer Zeichenschule (1774–1806). Zwischen Fachausbildung und Dilettantismus. Weimar 2013. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23., erweiterte Auflage. Bearbeitet von Elmar Seebold. Berlin, New York 1999. Hans Tümmler: Knebel und Carl August. Briefe aus einem Jahrzehnt der Freundschaft (1780–1790). In: GJb N. F. 9 (1944), S. 109–139. K〈arl〉 L〈udwig〉 von Knebel’s literarischer Nachlaß und Briefwechsel. Hrsg. von Karl August Varnhagen von Ense und Theodor Mundt. 3 Bde. Leipzig 1835–1836. Marko Kreutzmann: Zwischen ständischer und bürgerlicher Lebenswelt. Adel in Sachsen-Weimar-Eisenach 1770 bis 1830. Köln, Weimar, Wien 2008. Oekonomische Encyklopädie 〈Bd 33ff.: Oekonomisch-technologische Encyklopädie〉, oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- u. Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung; von D. Johann Georg Krünitz 〈u.a.〉. 242 Bde. Berlin 1773–1858. Joachim Kruse: Johann Heinrich Lips. 1758–1817. Ein Zürcher Kupferstecher zwischen Lavater und Goethe. 30.7.–5.11.1989. Kunstsammlungen der Veste Coburg. Coburger Landesstiftung (Kataloge der Kunstsammlungen der Veste Coburg). Coburg 1989. Steffen Kublik: Justus Christian Loder (1753–1832). Vom ambitionierten Hochschullehrer zum Leibarzt des Zaren. In: Wegbereiter der modernen Medizin. Jenaer Mediziner aus drei Jahrhunderten: Von Loder

XLVIII

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

LA

Lachmann/Muncker

Langen Lavater, Jesus Messias

Lavater, Physiognomonie

Lavater, Werke

und Hufeland zu Rössle und Brednow. Jena, Quedlinburg 2004, S. 49–71. Goethe: Die Schriften zur Naturwissenschaft. Vollständige mit Erläuterungen versehene Ausgabe. Im Auftrage der Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina) zu Halle begründet von Karl Lothar Wolf und Wilhelm Troll. Hrsg. von Dorothea Kuhn, Wolf von Engelhardt, 〈seit 2005〉 Irmgard Müller und 〈seit 2012〉 Friedrich Steinle. Weimar 1947ff. – I. Abteilung: Texte. 11 Bde. 1947–1970. II. Abteilung: Ergänzungen und Erläuterungen. 10 Bde. (in 18 Tlen). 1959–2011. III. Abteilung: Verzeichnisse und Register. 2014ff. – Bd I 11: Aufsätze, Fragmente, Studien zur Naturwissenschaft im Allgemeinen. Bearbeitet von Dorothea Kuhn und Wolf von Engelhardt (1970); Bd II 1A und II 1B: Zur Naturwissenschaft im Allgemeinen. Bearbeitet von Jutta Eckle (2011); Bd II 2: Zur Meteorologie und Astronomie. Bearbeitet von Gisela Nickel (2005); Bd II 7: Zur Geologie und Mineralogie. Von den Anfängen bis 1805. Bearbeitet von Wolf von Engelhardt unter Mitwirkung von Dorothea Kuhn (1989); Bd II 9A: Zur Morphologie. Von den Anfängen bis 1795. Bearbeitet von Dorothea Kuhn (1977). Gotthold Ephraim Lessings sämtliche Schriften. Hrsg. von Karl Lachmann. Dritte, auf’s neue durchgesehene und vermehrte Ausgabe, besorgt durch Franz Muncker. 23 Bde. (Bd 1–11 Stuttgart; Bd 12–21 Leipzig; Bd 22–23 Berlin und Leipzig) 1886–1924. August Langen: Der Wortschatz des deutschen Pietismus. 2., ergänzte Aufl. Tübingen 1968. Johann Caspar Lavater: Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn. Nach der Offenbarung des Johannes. 〈Zürich 1780〉. Johann Caspar Lavater: Essai sur la Physiognomonie 〈Bd. 4: Physiognomie〉, destiné A faire Connoître l’Homme & à le faire Aimer. 4 Bde, Den Haag 1781–1803. Johann Caspar Lavater. Ausgewählte Werke in historisch-kritischer Ausgabe. Im Auftrag der Forschungsstiftung und des Herausgeberkreises Johann Caspar

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Lenz, Briefe Liber domesticus1

Liber domesticus2

Lichtenberg, Briefwechsel

XLIX

Lavater. Bd 1ff. Zürich 2001ff. – Bd 2: Aussichten in die Ewigkeit 1768–1773/78. Hrsg. von Ursula Caflisch-Schnetzler (2001); Bd 5: Werke 1772– 1781. Hrsg. von Ursula Caflisch-Schnetzler (2018); Bd 6/1: Werke 1782–1785. Hrsg. von Christina Reuter (2013); Ergänzungsbd 3/1–2: Anna Barbara von Muralt (1727–1805): Anekdoten aus Lavaters Leben. Text und Kommentar. Hrsg. von Ursula Caflisch-Schnetzler und Conrad Ulrich in Verbindung mit Anton Pestalozzi † und Regula Rapp-Pestalozzi (2011). Briefe von und an J〈akob〉 M〈ichael〉 R〈einhold〉 Lenz. Hrsg. von Karl Freye und Wolfgang Stammler. 2 Bde. Leipzig 1918. Handschrift (GSA 37/N 7): Rationum Sumtuariarum sive / Rerum Oeconomicarum fere omnium / Liber / in quo data pariter atque accepta / annotata leguntur / eo tamen modo / ut / inter priora culinae sumtus / non veniant / et posteriorum respectu nil nisi / sortus forte solutae intelligantur / inchoatus. / Calendis ipsis Januarii / Anno Gratia 1753. / a / Joanne Casparo Goethe. / Sac. Caes. ac Cathol. Majestatis / imper. Germ. Consiliario / actual. ac J. U. Doctore 〈Verzeichnis der Ausgabenrechnungen und fast aller Wirtschaftsangelegenheiten, in welchem notierte Ausgaben ebenso wie Einnahmen gesammelt werden, in der Weise jedoch, daß unter obigem die Küchenausgaben nicht erscheinen und andererseits nur das flüssige Vermögen Berücksichtigung findet, begonnen am 1. Januar 1753 im Jahre des Heils, von J. C. Goethe, seiner kaiserlichen und katholischen Majestät wirklicher Kaiserlicher Rat und Doktor beider Rechte; Übersetzung nach dem Druck, Bd 2, 283〉. Druck: Johann Caspar Goethe: Liber domesticus 1753–1779. Bd 1: Faksimile des Originals; Bd 2: Übertragen und kommentiert von Helmut Holtzhauer unter Mitarbeit von Irmgard Möller. Leipzig 1973. Georg Christoph Lichtenberg: Briefwechsel. Im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen hrsg. von Ulrich Joost und Albrecht Schöne. 5 Bde (in 6 Tlen). München 1983–2004. – Bd 2: 1780–

L

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Luther-Bibel 1772 AT/ Apokryphen/NT

Lyncker

MA/Goethe

Maisak, GoetheZeichnungen Marc Aurel, Selbstbetrachtungen Maurer

Merck, Briefe1

1784. Hrsg. von Ulrich Joost und Albrecht Schöne (1985). Biblia, / Das ist: / Die ganze / Heilige Schrift / Alten und Neuen / Testamentes, / Nach der deutschen Uebersetzung / D. Martin Luthers, / mit vorgesetztem kurzen / Inhalt eines jeden Capitels, / wie auch mit richtigen / Summarien und vielen Schrift-Stellen / auf das allersorgfältigste versehen, nach den bewährtesten und neuesten Editionen / mit grossem Fleisse ausgefertiget. / Samt / einer Vorrede /von / Hieronymo Burckhardt, / der Heil. Schrift Doctor. / Basel 1772. (Vgl. Ruppert, 384, Nr 2604.) Carl Wilhelm Heinrich Freiherr von Lyncker: Ich diente am Weimarer Hof. Aufzeichnungen aus der Goethezeit. Zum ersten Mal vollständig hrsg. mit Anmerkungen und einem biographischen Nachwort von Jürgen Lauchner. Köln, Weimar, Wien 1997. Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens 〈Münchner Ausgabe〉. Hrsg. von Karl Richter in Zusammenarbeit mit Herbert G. Göpfert, Norbert Miller und Gerhard Sauder (Bd 7, 11 I 1, 11 I 2, 11 II, 13 I, 13 II, 15, 17, 18 I, 18 II, 20 I, 20 II, 20 III: Hrsg. von Karl Richter in Zusammenarbeit mit Herbert G. Göpfert, Norbert Miller, Gerhard Sauder und Edith Zehm). 21 Bde. München 1985–1998. – Bd 2 I: Erstes Weimarer Jahrzehnt. 1775–1786. 〈Teil〉 1. Hrsg. von Hartmut Reinhardt (1987). Petra Maisak: Johann Wolfgang Goethe. Zeichnungen. Stuttgart 1996. Marcus Antonins Betrachtungen über seine eigensten Angelegenheiten. Aus dem Griechischen übersetzt von J〈ohann〉 G〈eorg〉 Schultheß. Zürich 1779. Ich bin mehr Herz als Kopf. Sophie von La Roche. Ein Lebensbild in Briefen. Hrsg. von Michael Maurer. 2., durchgesehene Aufl. München 1985. Briefe an Johann Heinrich Merck von Göthe, Herder, Wieland und andern bedeutenden Zeitgenossen. Mit Merck’s biographischer Skizze hrsg. von Karl Wagner. Darmstadt 1835.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Merck, Briefe2

Merck, Briefwechsel

Merck, Schriften

Meusel

Mick Möser, Briefwechsel

Morris, Goethes erste Schweizer Reise

Müller, Briefwechsel

Müller, Werkverzeichnis

LI

Briefe an und von Johann Heinrich Merck. Eine selbständige Folge der im Jahr 1835 erschienenen Briefe an J. H. Merck. Aus den Handschriften hrsg. von Karl Wagner. Darmstadt 1838. Johann Heinrich Merck: Briefwechsel. Hrsg. von Ulrike Leuschner in Verbindung mit Julia Bohnengel, Yvonne Hoffmann und Amélie Krebs. 5 Bde. Göttingen 2007. Johann Heinrich Merck: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Ulrike Leuschner unter Mitarbeit von Amélie Krebs. Göttingen 2012ff. – Bd 3: 1776–1777. Hrsg. von Ulrike Leuschner unter Mitarbeit von Amélie Krebs. Göttingen 2012; Bd 4: 1778. Hrsg. von Ulrike Leuschner unter Mitarbeit von Amélie Krebs. Göttingen 2013; Bd 5: 1779–1780. Hrsg. von Ulrike Leuschner. Göttingen, 2016; Bd 6: 1781–1782. Hrsg. von Ulrike Leuschner in Zusammenarbeit mit Eckhard Faul und Amélie Krebs. Göttingen 2017. Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen Teutschen Schriftsteller. Ausgearbeitet von Johann Georg Meusel. 15 Bde. Leipzig 1802–1815. Ernst Wolfgang Mick: Goethes umränderte Blättchen. Dortmund 1982. Justus Möser: Briefwechsel. Neu bearbeitet von William F. Sheldon in Zusammenarbeit mit Horst-Rüdiger Jarck, Theodor Penners und Gisela Wagner. Hannover 1992. Max Morris: Goethes erste Schweizer Reise. In: Goethes Schweizer Reise 1775. Zeichnungen und Niederschriften hrsg. von Karl Koetschau und Max Morris (SchrGG 22). Weimar 1907, S. 7–44. Friedrich Müller genannt Maler Müller: Briefwechsel. Kritische Ausgabe. Hrsg. von Rolf Paulus und Gerhard Sauder. Unter Mitarbeit von Eckhard Faul, Ingrid Sattel Bernardini, Wolfgang Schlegel (†), Christoph Weiß, Ulrike Leuschner, August Stahl, Christof Wingertszahn. 4 Tle. Heidelberg 1998. Ingrid Sattel Bernardini: Werkverzeichnis. In: Ingrid Sattel Bernardini, Wolfgang Schlegel: Friedrich Müller 1749–1825. Der Maler. Landau 1986, S. 71–409.

LII

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Müller-Wolff, Landschaftsgarten NA

Susanne Müller-Wolff: Ein Landschaftsgarten im Ilmtal. Die Geschichte des herzoglichen Parks in Weimar. Köln, Weimar, Wien 2007. Schillers Werke. Nationalausgabe. Bd 1: Im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs, des Schiller-Nationalmuseums und der Deutschen Akademie hrsg. von Julius Petersen † und Gerhard Fricke. Weimar 1943ff. – Bd 3, 5, 8, 9, 13, 16, 22, 23, 27: Im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs und des Schiller-Nationalmuseums hrsg. von Julius Petersen † und Hermann Schneider. Weimar 1948–1958. – Bd 6, 7 I, 11, 17, 18, 20, 25, 28, 29, 30, 35, 36 I, 36 II, 38 I, 42: Begründet von Julius Petersen. Hrsg. im Auftrag der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv) und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese. Weimar 1961–1979. – Bd 2 I, 2 II A, 4, 7 II, 10, 12, 24, 31, 32, 33 I, 34 I, 37 I, 37 II, 39 I, 40 I: Begründet von Julius Petersen. Fortgeführt von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese. Hrsg. im Auftrag der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv) und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Norbert Oellers und Siegfried Seidel. Weimar 1980–1991. – Bd 15 I, 26: 1940 begründet von Julius Petersen. Fortgeführt von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese. Hrsg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik und des Schiller-Nationalmuseums Marbach von Norbert Oellers und Siegfried Seidel †. Weimar 1992–1993. – Bd 2 II B, 5 N, 15 II, 19 I, 33 II, 34 II, 40 II, 41 I, 41 II A, 8 N 1–8 N 3, 9 N 1, 9 N 2: 1940 begründet von Julius Petersen. Fortgeführt von Lieselotte Blumenthal, Benno von Wiese, Siegfried Seidel. Hrsg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik 〈ab Bd 41 II A (2006): Klassik Stiftung Weimar〉 und des SchillerNationalmuseums in Marbach von Norbert Oellers. Weimar 1993ff. – Bd 33 II: Briefwechsel. Briefe an

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

LIII

Schiller 1781–28.2.1790 (Anmerkungen). Hrsg. von Georg Kurscheidt (1998). Petersen, Goethe-Stein Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Neue, vollständige Ausgabe auf Grund der Handschriften im Goethe- und Schiller-Archiv. Hrsg. von Julius Petersen. 2 Bde (in drei Teilen: Bd 1; Bd 2, T. 1; T. 2). Leipzig 1923. Pfeiffer-Belli Johann Caspar Goethe / Cornelia Goethe / Catharina Elisabeth Goethe: Briefe aus dem Elternhaus (Erster Ergänzungsband der Goethe-Gedenkausgabe). Hrsg. von Wolfgang Pfeiffer-Belli. Zürich und Stuttgart 1960. Physiognomische Fragmente Johann Caspar Lavater: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Erster bis Vierter Versuch. Leipzig und Winterthur 1775–1778. Pierer Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. Vierte, umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. 19 Bde. Altenburg 1857–1865. Plan der Stadt Weimar Plan von der Fürstlich. Sächsischen Residenz-Stadt 1784 Weimar, aufgenommen von F〈ranz〉 L〈udwig〉 Güssefeld. Nürnberg 1784. (Faksimile als Beilage zu GB 3II) Politischer Briefwechsel Politischer Briefwechsel des Herzogs und Großherzogs Carl August von Weimar. Hrsg. von Willy Andreas. Bearbeitet von Hans Tümmler. 3 Bde (Quellen zur deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Bd 37–39). Stuttgart 1954–1973. – Bd 1: Von den Anfängen der Regierung bis zum Ende des Fürstenbundes 1778–1790 (1954). Post-Bericht 1781 Post-Bericht, wie die Posten allhier abgehen und ankommen. In: Neueingerichteter Schreib-Calender, auf das Jahr 1781. Weimar o.J., o. S. Prescher, Goethes Hans Prescher: Goethes Sammlungen zur MineraloSammlungen gie, Geologie und Paläontologie. Katalog. Berlin 1978. RA Briefe an Goethe. Gesamtausgabe in Regestform 〈Regestausgabe〉. Bd 1–5: Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Goethe- und Schiller-Archiv. Herausgeber:

LIV

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Karl-Heinz Hahn. Redaktor: Irmtraut Schmid. Weimar 1980–1992; Ergänzungsband zu den Bänden 1–5. Hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassik/ Goethe- und Schiller-Archiv. Bearbeitet von Manfred Koltes unter Mitarbeit von Ulrike Bischof und Sabine Schäfer. Weimar 1995; Bd 6–8: Hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassik/Goethe- und Schiller-Archiv 〈ab Bd 8 (2011): Klassik Stiftung Weimar〉. Bearbeitet von Manfred Koltes, Ulrike Bischof und Sabine Schäfer. Weimar 2000–2004 und 2011. – Online verfügbar. Raabe, Zwölf Goethe-Briefe Paul Raabe: Zwölf Goethe-Briefe. Mit einigen kritischen Bemerkungen über die Editionen der Briefnachträge zur Weimarer Ausgabe. In: GJb N. F. 20 (1958), S. 233–263. Reichard, Selbstbiographie H〈einrich〉 A〈ugust〉 O〈ttokar〉 Reichard. Seine Selbstbiographie. Überarbeitet und hrsg. von Hermann Uhde. Stuttgart 1877. Religion in Geschichte und Gegenwart. HandwörterRGG4 buch für Theologie und Religionswissenschaft. Vierte, völlig neu bearbeitete Auflage. Hrsg. von Hans Dieter Betz, Don S. Browning, Bernd Jankowski, Eberhard Jüngel. 8 Bde. Tübingen 1998–2005. Richter/Rosenbaum, Elke Richter, Alexander Rosenbaum (Hrsg.): CharCh. v. Stein lotte von Stein. Schriftstellerin, Freundin und Mentorin. Supplemente zu den PROPYLÄEN. Forschungsplattform zu Goethes Biographica. Hrsg. von der Klassik Stiftung Weimar/Goethe- und SchillerArchiv, der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Bd 1. Berlin, Boston 2018. Riemer, Mittheilungen Friedrich Wilhelm Riemer: Mittheilungen über Goethe. Aus mündlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. 2. Bde. Berlin 1841. Rosenbaum, Gothaer Alexander Rosenbaum: Wechselseitige Neigung. Kunstsammlungen Goethe und die Gothaer Kunstsammlungen. In: Mens et Manus. Kunst und Wissenschaft an den Höfen der Ernestiner. Hrsg. von Franziska Bomski, Hellmut Th. Seemann und Thorsten Valk. Klassik

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

LV

Stiftung Weimar. Jahrbuch 2016. Göttingen 〈2016〉, S. 237–262. Ruppert Goethes Sammlungen zu Kunst, Literatur und Naturwissenschaft. Hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Goethes Bibliothek. Katalog. Bearbeiter der Ausgabe Hans Ruppert. Weimar 1958. Schlözer August Ludwig von Schlözers öffentliches und Privatleben aus Originalurkunden. Hrsg. von Christian von Schlözer. 2 Bde. Leipzig 1828. Schöll, Briefe und Briefe und Aufsätze von Goethe aus den Jahren 1766 Aufsätze von Goethe bis 1786. Zum erstenmal herausgegeben durch A〈dolf〉 Schöll. Weimar 1846. Schöll, Adolf Schöll: Carl-August-Büchlein. Lebenszüge, Carl-August-Büchlein Aussprüche, Briefe und Anekdoten von Carl August Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar 1857. Schöll, Goethe-Stein Göthe’s Briefe an Frau von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826. Zum erstenmal herausgegeben durch A. Schöll. 3 Bde. Weimar 1848 und 1851. Schöne, Harzreise Albrecht Schöne: „Harzreise im Winter“. In: Ders.: Götterzeichen, Liebeszauber, Satanskult: Neue Einblicke in alte Goethetexte. 3., ergänzte Aufl. München 1993, S. 13–52. Schöne, Briefschreiber Albrecht Schöne: Der Briefschreiber Goethe. Zweite, Goethe durchgesehene Auflage. München 2015. SchrGG Schriften der Goethe-Gesellschaft. Schrickel, Weimarer Theater Leonhard Schrickel: Geschichte des Weimarer Theaters von seinen Anfängen bis heute. Mit 63 Tafeln auf Kunstdruck und einer Zeichnung im Text nach alten und neuen Originalen. Weimar 1928. Schuchardt Chr〈istian〉 Schuchardt: Goethe’s Kunstsammlungen. 3 Tle. Jena 1848–1849. – Erster Theil: Kupferstiche, Holzschnitte, Radirungen, Schwarzkunstblätter, Lithographien und Stahlstiche, Handzeichnungen und Gemälde. Jena 1848. – Zweiter Theil: Geschnittene Steine, Bronzen, Medaillen, Münzen; Arbeiten in Marmor, Elfenbein und Holz; antike Vasen und Terracotten, Gypsabgüsse, Majolica u. A. Jena 1848. – Dritter Theil: Mineralogische und andere naturwissenschaftliche Sammlungen. Mit einer Vor-

LVI

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

rede der Gebrüder von Goethe. Jena 1849. (Reprint: Hildesheim, New York 1976.) Schumann, Auguste Stolberg Detlev W. Schumann: Briefe aus Auguste Stolbergs Jugend. In: GJb N. F. 19 (1957), S. 240–297. Schwan, Nachrichten Kurze Nachrichten von meinem Leben. Von Chr. Fr. Schwan. In: Hausblätter. Hrsg. von Friedrich Wilhelm Hackländer und Edmund Hoefer. Erster Band. Stuttgart 1861, S. 67–80, 148–160, 219–226, 295–309, 384–390, 457–471. Sheldon, William und Ulrike Sheldon: Im Geiste der EmpfindFreundschaftsbriefe samkeit. Freundschaftsbriefe der Mösertochter Jenny von Voigts an die Fürstin Luise von Anhalt Dessau 1780–1808. Osnabrück 1971. Sichardt Gisela Sichardt: Das Weimarer Liebhabertheater unter Goethes Leitung. Beiträge zu Bühne, Dekoration und Kostüm unter Berücksichtigung der Entwicklung Goethes zum späteren Theaterdirektor (Beiträge zur deutschen Klassik / hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar / Abhandlungen Bd 5). Weimar 1957. Sigismund, Prinz Volker L. Sigismund: Ein unbehauster Prinz – ConConstantin stantin von Sachsen-Weimar (1758–1793), der Bruder des Herzogs Carl August. Ein biographischer Essay. In: GJb 106 (1989), S. 250–277. Sprichwörter-Lexikon Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Ein Hausschatz für das deutsche Volk. Hrsg. von Karl Friedrich Wilhelm Wander. 5 Bde. Leipzig 1867–1880. Steenbuck, Kurt Steenbuck: Silber und Kupfer aus Ilmenau. Ein Ilmenau-Bergwerk Bergwerk unter Goethes Leitung. Hintergründe, Erwartungen, Enttäuschungen (SchrGG 65). Weimar 1995. Strodtmann Briefe von und an Gottfried August Bürger. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte seiner Zeit. Aus dem Nachlasse Bürger’s und anderen, meist handschriftlichen Quellen hrsg. von Adolf Strodtmann. 4 Bde. Berlin 1874. Suphan Herders Sämmtliche Werke. Hrsg. von Bernhard Suphan. 33 Bde. Berlin 1877–1913. Thieme/Becker Allgemeines Lexikon der bildenen Künste von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

LVII

Thieme und Felix Becker. Unter Mitwirkung von etwa 400 Fachgelehrten bearbeitet und redigiert von H. Vollmer, B. C. Kreplin, L. Scheewe, H. Wolff, O. Kellner, E. H. Lehmann. Hrsg. von Hans Vollmer. 37 Bde. Leipzig 1907–1950. Tischbein, Aus meinem Aus meinem Leben. Von J〈ohann〉 H〈einrich〉 WilLeben helm Tischbein. Hrsg. von Dr. Carl G〈eorg〉 W〈ilhelm〉 Schiller. Mit Portrait und einer Stammtafel. 2 Bde. Braunschweig 1861. Valentin, Goethe und Diede Veit Valentin: Goethes Beziehungen zu Wilhelm von Diede. Mit sechs ungedruckten Briefen Goethes. In: Festschrift zu Goethes 150. Geburtstagsfeier dargebracht vom Freien Deutschen Hochstift. Frankfurt a. M. 1899, S. 1–47. Ventzke Marcus Ventzke: Das Herzogtum Sachsen-WeimarEisenach 1775–1783. Köln, Weimar, Wien 2004. Voigt, Mineralogische Johann Carl Wilhelm Voigt: Mineralogische Reisen Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach und einige angränzende Gegenden, in Briefen. 2 Bde. – Bd 1: Dessau 1782 (vgl. Ruppert, 749, Nr 5222); Bd 2: Weimar 1785. von der Hellen Eduard von der Hellen: Goethes Anteil an Lavaters Physiognomischen Fragmenten. Frankfurt a. M. 1888. WA Goethes Werke. Hrsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen 〈Weimarer Ausgabe〉. 143 Bde. – I. Abtheilung: Goethes Werke. 55 Bde. Weimar 1887–1918; II. Abtheilung: Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. 13 Bde. Weimar 1890–1904; III. Abtheilung: Goethes Tagebücher. 15 Bde. Weimar 1887–1919; IV. Abtheilung: Goethes Briefe. 50 Bde. Weimar 1887–1912. Wahl, Volker Wahl: Die Ilmenauer Bergwerkskommission Bergwerkskommission als Immediatkommission in der Behördenorganisation von Sachsen-Weimar-Eisenach (1777 bis 1814). Goetheforschung als Verwaltungsgeschichte. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 53 (1999), S. 151–200. Wahl, Carl Augusts Hans Wahl: Carl Augusts Tagebuch, eine „Quelle“ Tagebuch zu Goethes „Briefen aus der Schweiz“. In: Funde und Forschungen. Eine Festgabe für Julius Wahle

LVIII

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

Wahl, Consilium

Wahl/Baerlocher, Kindsmord

Wahl, Tiefurt Wahle, Goethe-Stein

WAN

WB

Wernekke Winckelmann, GK1

zum 15. Februar 1921. Dargebracht von Werner Deetjen u.a. Leipzig 1921, S. 180–192. Das Geheime Consilium von Sachsen-WeimarEisenach in Goethes erstem Weimarer Jahrzehnt 1776–1786. Regestausgabe. Erster Halbband 1776–1780. Zweiter Halbband 1781–1786. Hrsg. von Volker Wahl. Bearbeitet von Uwe Jens Wandel und Volker Wahl (Veröffentlichungen aus Thüringischen Staatsarchiven 13). Weimar 2014. „Das Kind in meinem Leib“. Sittlichkeitsdelikte und Kindsmord in Sachsen-Weimar-Eisenach unter Carl August. Eine Quellenedition 1777–1786. Hrsg. von Volker Wahl mit einem Nachwort von René Jacques Baerlocher. Weimar 2004. Hans Wahl: Tiefurt. Leipzig 1929. Goethes Briefe an Frau von Stein. Hrsg. von Adolf Schöll. Dritte umgearbeitete Auflage besorgt von Julius Wahle. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1899 und 1900. Goethes Werke. Weimarer Ausgabe. Nachträge und Register zur IV. Abteilung: Briefe. Hrsg. von Paul Raabe. 3 Bde. München 1990 (WA IV 51–53). Wielands Briefwechsel. 18 Bde. Berlin 1963–2005. Bd 1–2: Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin/Institut für deutsche Sprache und Literatur (Bd 2: durch Hans Werner Seiffert); Bd 3–5: Hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR/Zentralinstitut für Literaturgeschichte durch Hans Werner Seiffert; Bd 6–18: Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durch Siegfried Scheibe. – Bd 5: Briefe der Weimarer Zeit (21. September 1772–31. Dezember 1777). Bearbeitet von Hans Werner Seiffert (1983); Bd 7 I: Januar 1778–Juni 1782. Text. Bearbeitet von Waltraud Hagen (1992); Bd 7 II: Januar 1778–Juni 1782. Anmerkungen. Bearbeitet von Waltraud Hagen (1997). Hugo Wernekke: Goethe und die königliche Kunst. Leipzig 1905. Johann Joachim Winckelmann: Geschichte der Kunst des Alterthums. Dresden 1764. In: Johann Joachim Winckelmann: Geschichte der Kunst des Alterthums.

Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wiss. Literatur

WOA

Wolf, Wyttenbach 1

Wolf, Wyttenbach 2

WWA Zedler

LIX

Text: Erste Auflage. Dresden 1764. Zweite Auflage. Wien 1776. Hrsg. von Adolf H〈einrich〉 Borbein, Thomas W. Gaethgens, Johannes Irmscher † und Max Kunze (Schriften und Nachlaß 4.1). Mainz 2002 (zitiert nach der Paginierung der Originalausgabe). Wielands Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. von Klaus Manger und Jan Philipp Reemtsma. Berlin u.a. 2008ff. – Bd 13.1 (Anfang/Mitte Juni 1776–Mitte Januar 1778). Bearbeitet von Peter Henning Haischer und Tina Hartmann (2011); Bd 14.1 (Februar 1778–Januar 1780). Bearbeitet von Peter-Henning Haischer, Hans-Peter Nowitzki und Tina Hartmann (2011); Bd 15.1 (März 1780–Januar 1781). Bearbeitet von Hans-Peter Nowitzki und Heinz-Günther Nesselrath (2012); Bd 16.1 (Februar 1781–Januar 1782). Bearbeitet von Klaus Manger (2014). Rudolf Wolf: Jakob Samuel Wyttenbach. Erste Abtheilung. In: Berner Taschenbuch 1 (1852), S. 148– 174. Rudolf Wolf: Jakob Samuel Wyttenbach. Zweite Abtheilung. In: Berner Taschenbuch 2 (1853), S. 118– 153. Weimarische Wöchentliche Anzeigen. Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschaften und Künste, Welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden. 〈…〉. Leipzig und Halle, Verlegts Johann Heinrich Zedler. 64 Bde. 1732–1750. 4 Supplementbde. Leipzig 1751–1754.

LX

Abkürzungen in Goethes Briefen und Rechnungsbüchern

Abkürzungen in Goethes Briefen und Rechnungsbüchern betrefl., betreffl. Br., Br d., dl. Dr. Durchl, Durchl. Ew., Ew Exzell., Exzell

f, f., fr. Fr. Frl H., Hl, Hl., Hrn, Hrn. GehR., G. R. H., Herz. l. M. Mad Mr.

Mspte, Manuscr. NB, NB., NB. No., No, Nr., n.

Oberhofmstrn Oberstallmstr P, P. p, p. pp, pp. Pr.

betreffend Bruder (in vertrauter Anrede); gelegentlich auch: Brief den (bei Angabe des Datums); gelegentlich auch: der Doktor; in der Schlussformel von Briefen gelegentlich auch: Diener Durchlaucht (Anrede für eine fürstliche Person) Euer (in Verbindung mit ‚Euer Wohlgeboren‘ o. Ä.) Exzellenz (der Ausgezeichnete, Hervorragende; von lat. excellere: sich auszeichnen, hervorragen; Titel von Ministern, Diplomaten und hohen Beamten) franco, frank, frei Frau Fräulein Herr(n) Geheimer Rat Herzog(in) liebe(r) Madame, Mademoiselle, Monsieur Madame Monsieur Manuskripte lat. nota bene: Wohlgemerkt! Beachte! Nummer Oberhofmeisterin Oberstallmeister Paquet, Paket lat. perge: fahre fort; im Sinn von ‚usw.‘ lat. perge perge (fahre fort, fahre fort) oder pergite (fahret fort); im Sinn von ‚usw.‘ Prinz(essin)

Abkürzungen in Goethes Briefen und Rechnungsbüchern

Rttmstr u, u. seel Seren., Seren., Sereniss. treffl v, v. v. H. (Hoch) Wohlgebl, Wohlgebl. z. E., Z. E.

LXI

Rittmeister und selig(er) Serenissimus (lat. der Durchlauchtigste; Anrede für einen regierenden Fürsten) trefflich von von zu Hause (nicht von der Kanzlei aus) Wohlgeboren zum Exempel

LXII

Münze und Geldrechnung

Münze und Geldrechnung Abkürzungen Carol. dl, dl. f fl, fl. gl, gl. Ldl, Ldr., Ldr, Ldrs £, Liv. kr rh, rh., rl, Rthlr

Carolin Pfennig („denarius“) Gulden („florin“) Florin Groschen Louisdor Livre Kreuzer Reichstaler

Goldmünzen Dukat, Louisdor, Carolin, Zechine Silber münzen Laubtaler, französischer Livre, römischer Scudo Rechenstufen 1 (Reichs-)Taler = 24 Groschen = 288 Pfennig 1 Gulden = 60 Kreuzer = 240 Pfennig 1 Livre = 20 Sous

JANUAR 1780

3

1. An Charlotte von Stein Darmstadt, 1. Januar, Homburg, 3. Januar 1780 → 〈Weimar〉 Vorbemerkung zur Datierung der Briefe aus der Zeit von 1776 bis 1786 Etwa 1600 der insgesamt mehr als 1770 überlieferten Briefe Goethes an Charlotte von Stein stammen aus der Zeit von 1776 bis zum Antritt der italienischen Reise im September 1786, von denen fast ein Drittel nicht oder unvollständig datiert ist. Mit wenigen Ausnahmen werden die Handschriften der Briefe in gebundenen, nach Jahrgängen geordneten Konvoluten (vgl. die folgende Vorbemerkung zur Gesamtüberlieferung) aufbewahrt, wobei die undatierten und unvollständig datierten Briefe entweder zwischen die datierten eingeordnet oder ganz an das Ende der Bände gestellt wurden. Die Einordnung in die Konvolute geht nicht unmittelbar auf die Empfängerin zurück, sondern wurde erst zu Beginn der 1840er Jahre durch deren Enkel Karl von Stein veranlasst. Für die Datierung der Briefe kommt der in den Konvoluten hergestellten Chronologie mithin zwar keine „autoritative Bedeutung“ zu (Fränkel, Marginalien, 3), doch ist anzunehmen, dass sich trotz aller Verschiebungen, die auch über die Jahrgangsgrenzen hinweg reichen können, ein Teil der ursprünglichen, noch von der Adressatin selbst stammenden Ordnung erhalten hat (hierzu und zum Folgenden vgl. GB 3 II, IX–XI). Seit der ersten Veröffentlichung der Briefe durch Adolf Schöll in den Jahren 1848 bis 1851 (Schöll, Goethe-Stein) wurde mehrfach versucht, die in den Konvoluten überlieferte Chronologie nach inhaltlichen und/oder formalen Kriterien zu revidieren. Maßgebend für spätere Herausgeber blieben insbesondere die 1883 bis 1885 von Wilhelm Fielitz (Fielitz, Goethe-Stein) vorgenommenen Datierungen, der auf die Einordnung in die Jahrgänge der Konvolute „größeres Gewicht“ legte (ebd. 1, VIII). Spekulativ dagegen erscheinen viele der Begründungen, die 1886 Heinrich Düntzer (Düntzer, GoetheStein) für seine Datierungen gab. Auch schied er fast 180 angeblich „unbedeutende Briefe“ (ebd., X) ganz aus, die sich seiner Meinung nach jeder Datierung entziehen. Die Datierungen von Fielitz wurden größtenteils von Julius Wahle (Wahle, Goethe-Stein [1899–1900]) und Friedrich Strehlke, dem Herausgeber der Briefe Goethes aus der Zeit von 1776 bis 1778 in der WA (WA IV 3 [1888]), übernommen. Eduard von der Hellen, Herausgeber der späteren Briefbände der WA (WA IV 4–7 [1889–1891]), ging teils auf Fielitz zurück, gelangte aber auch zu eigenständigen Datierungen und löste 128 undatierte Briefe aus der Chronologie heraus, um sie am Ende des 7. Bandes unter der Rubrik „Aus der Zeit vor der italienischen Reise / Weimar 1775–1786“ mitzuteilen (WA IV 7 [1891], 262–292, Nr 2362–2489). 1908 unternahm Jonas Fränkel (Fränkel, GoetheStein1) den „Versuch einer neuen, selbständigen Einordnung der undatierten Briefe“, wobei er frühere Datierungen zum Teil übernahm, zum Teil revidierte und auch solche Briefe zu datieren suchte, die bis dahin „allen Datierungsversuchen zu

4

BRIEF 1

trotzen schienen“ (ebd. 1, 377). Die Chronologie von 1908 liegt leicht revidiert auch der zweiten, 1960 und 1962 erschienenen Auflage von Fränkels Ausgabe zugrunde (Fränkel, Goethe-Stein2). Zwischen den beiden Auflagen der Ausgabe Fränkels erschien 1923 wiederum mit revidierter Chronologie die Ausgabe von Julius Petersen (Petersen, Goethe-Stein), welcher im Unterschied zu von der Hellen und Fränkel der Einordnung in den Konvoluten wieder größere Bedeutung zumaß (vgl. ebd., 552). Für die vorliegende Edition wurden sämtliche bisherigen Datierungen geprüft. Frühere Datierungsvorschläge wurden dann übernommen, wenn sie sich inhaltlich belegen lassen oder aus anderen Gründen plausibel erscheinen. In Fällen, in denen es weder inhaltliche noch sonstige Anhaltspunkte für eine Datierung gibt, werden die undatierten oder unvollständig datierten Briefe in der in den Konvoluten überlieferten Chronologie belassen. Die Unsicherheit dieser Einordnung wird im Briefkopf durch ein Fragezeichen nach der Jahresangabe kenntlich gemacht. ÜBER L IEF ERU NG

Vo r b e m e r k u n g z u r G e s a m t ü b e r l i e f e r u n g Zur Überlieferung von Goethes Briefen Die insgesamt mehr als 1770 Briefe Goethes an Charlotte von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826 werden nahezu vollständig im GSA in Weimar aufbewahrt. Der Hauptteil ist in sieben gebundenen Konvoluten überliefert, jeweils versehen mit einem Pappeinband im Format 23 × 38 cm. Der Rücken und die Stöße der Einbände sind mit rotbraunem, die Decken mit schwarzem Leder bezogen. Der vordere Deckel jedes Bandes trägt eine Aufschrift in Goldprägung, wobei die erste Zeile auf allen Bänden lautet: „BRIEFE VON GOETHE“, darunter folgt die Angabe des Jahrgangs oder der Jahrgänge der im Band enthaltenen Briefe. Jeweils vor Beginn eines Jahrgangs ist ein braunes Zwischenblatt (ohne Foliierung) mit der gedruckten Jahresangabe eingefügt. In den Bänden sind die Briefe auf Blätter aus starkem elfenbeinfarbenen Papier im Format 21,5 × 36,5 cm geklebt, meist auf Falz; auf einer Seite befinden sich bis vier Briefe. Die Trägerblätter sind foliiert, die Briefe jahrgangsweise geordnet und innerhalb der Jahrgänge durchgezählt, wobei sich eine (meist) mit Tinte geschriebene Nummer von fremder Hand jeweils auf der Handschrift selbst befindet, zumeist auf der Vorder- oder ersten Seite oben rechts. Eine zweite, erst nach dem Einordnen in die Bände vergebene Nummer von fremder Hand mit Bleistift steht jeweils rechts neben den Briefen auf dem Trägerpapier. Fast sämtliche Handschriften der im vorliegenden Band mitgeteilten Briefe an Charlotte von Stein weisen Einstichspuren auf, die mutmaßlich von früheren Heftungen stammen. Die Spuren finden sich meist parallel zu den oberen oder unteren Rändern,

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wobei die Anzahl der Einstichstellen variiert. Wahrscheinlich wurden die zumeist auf kleinformatige Blättchen geschriebenen Briefe eines bestimmten Zeitraums zur Aufbewahrung mit Nadeln aneinander geheftet. Spätestens mit der Anlage der gebundenen Konvolute wurde die Nadelheftung entfernt (vgl. GB 3 II, IX–XI). Nicht gesondert nachgewiesen werden hochgestellte Kleinbuchstaben von der Hand Friedrich von Steins, die der Anbindung von Personen- und Sacherläuterungen dienten (vgl. z.B. zu 70,5–6). Sie verweisen auf Friedrich von Steins handschriftliche „Erläuterungen zu einer Sammlung von Briefen von Göthe, von 1776 bis 1821“, die entgegen ihrem Titel mit dem Jahr 1789 abbrechen (vgl. F. von Stein, Erläuterungen). Der Wert der „Erläuterungen“ ist – wie schon Wahle festgestellt hat – begrenzt: „Er 〈Friedrich von Stein〉 bietet neben vielem Brauchbaren so viele und auffallende Irrthümer, daß kaum anzunehmen ist, der Verfasser habe dazu Erkundigungen bei seiner Mutter eingezogen; seine Aufzeichnungen beruhen wohl meist auf Kindheitserinnerungen, Familientraditionen und gelegentlichen früheren Aeußerungen seiner Mutter.“ (Wahle, Goethe-Stein 1, VII.) Die Briefe verteilen sich wie folgt auf die Bände I bis VII: Band: Signatur

Jahrgang

Nummern

I: GSA 29/486,I

1776

100

1777

81

1778

111

1779

67

1780

174

III: GSA 29/488,I

1781

258

IV: GSA 29/489,I

1782

265

V: GSA 29/490,I

1783

156

1784

142

1785

163

1786

92

1788

4

1789

3

II: GSA 29/487,I

VI: GSA 29/491,I

VII: GSA 29/492,I

1796–1826

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Die Summe der in den Bänden jahrgangsweise gezählten Nummern von insgesamt 1748 entspricht nicht der Anzahl der Briefe, weil häufig mehrere Nummern zu ei-

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BRIEF 1

nem Brief gehören (vgl. z.B. Datierung zu Nr 170 und zu GB 3 II, Nr 140). Nicht in den Bänden enthalten sind die Briefe aus der Zeit der italienischen Reise von September 1786 bis Juni 1788. Sie werden separat aufbewahrt (GSA 29/493,I). Sämtliche im GSA aufbewahrten Handschriften der Briefe Goethes an Charlotte von Stein sind digitalisiert und über das Internet zugänglich (vgl. GB Rep). – Zur Entstehung der gebundenen Konvolute vgl. GB 3 II, IX–XI. Zur Überlieferung der Briefe Charlotte von Steins an Goethe Von der Adressatin haben sich aus den Jahren 1794 bis 1826 mehr als 90 Briefe an Goethe erhalten, der früheste überlieferte Brief stammt vom 25. August 1794 (vgl. RA 1, Nr 1033). Briefe aus dem ersten Weimarer Jahrzehnt sind nicht überliefert. Dass Charlotte von Stein aber spätestens seit März 1776 regelmäßig an Goethe geschrieben hat, belegen dessen Briefe an sie. Für die immer wieder aufgestellte Behauptung, Charlotte von Stein habe ihre Briefe von Goethe zurückgefordert und selbst vernichtet, gibt es keinen überzeugenden Beleg. Vieles spricht dafür, dass ihre Briefe auch nach Goethes Rückkehr aus Italien 1788 in seinem Besitz geblieben sind und er selbst es war, der sie gemeinsam mit anderen an ihn gerichteten Briefen vernichtete (weiter vgl. GB 3 II, 67f. und Elke Richter: Goethes frühe Briefe an Charlotte von Stein. In: Richter/Rosenbaum, Ch. v. Stein, 11–13). Überlieferung des vorliegenden Briefes H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 44. – Doppelblatt 18,5(–18,7) × 22,7 cm, 3 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Briefteil vom 1. Januar (3,1–23) mit stumpfer Feder und blasserer Tinte geschrieben; S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „19.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 67), vgl. die Vorbemerkung zur Gesamtüberlieferung. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 282–285. WA IV 4 (1889), 158–161, Nr 878. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 27. Dezember 1779 (vgl. zu 4,2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Charlotte Ernestine Albertine von Stein (1742–1827) wurde für Goethe im ersten Weimarer Jahrzehnt von November 1775 bis September 1786 zur wichtigsten persönlichen Bezugsperson und seit 1776 zur bevorzugten Briefpartnerin. Knapp sieben Jahre älter als er und zur Zeit ihrer ersten Bekanntschaft im November 1775 seit elf Jahren mit dem Kochberger Gutsherrn und herzoglichen Oberstallmeister Josias von Stein verheiratet, gehörte sie durch Herkunft und Stellung ihres Mannes

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zum engeren Kreis des Weimarer Hofadels. Als Tochter des sachsen-weimarischen Hof- und späteren Reisemarschalls Johann Wilhelm Christian von Schardt und dessen Frau Concordia Elisabeth am 25. Dezember 1742 in Eisenach geboren, war sie mit der Familie schon ein Jahr später nach Weimar übergesiedelt, wo sie standesgemäß erzogen und von Hauslehrern unterrichtet wurde. Vor allem ihre literarischen Kenntnisse überschritten das sonst in ihren Kreisen übliche Maß, was vor allem auf den frühen Einfluss ihrer Mutter zurückzuführen ist, einer ernsten, literarisch gebildeten und dem Pietismus nahestehenden Frau. Prägend für Charlotte von Stein war zudem ihre Zeit als Hofdame der Herzoginmutter und vormundschaftlichen Regentin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach. Der Hofdienst begann 1758 und endete mit der Heirat Charlotte von Schardts im Mai 1764. In den folgenden zehn Jahren brachte sie sieben Kinder zur Welt. Das Erwachsenenalter erreichten nur die drei Söhne, die vier Töchter starben bereits als Säuglinge. Seit Anfang 1776 entwickelte sich eine enge Beziehung zu Goethe, in die auch die Familie Charlotte von Steins einbezogen war. Eine Zäsur bildete Goethes Italienreise von September 1786 bis Juni 1788. Nach Goethes Rückkehr stellte sich das frühere enge Verhältnis nicht wieder her. Im Frühsommer 1789 kam es zum Bruch zwischen Charlotte von Stein und Goethe, der um diese Zeit schon mit Christiane Vulpius zusammenlebte. – Nach dem Tod ihres Mannes 1793 und dem Weggang der Söhne wandte sich Charlotte von Stein wieder stärker ihren literarischen Interessen zu und pflegte alte Freundschaften, insbesondere die mit Wieland, dem Ehepaar Herder, Herzogin Louise, Carl Ludwig von Knebel und Charlotte von Schiller geb. Lengefeld. Durch diese lernte sie auch Friedrich Schiller kennen. Die Zeit der frühen Witwenschaft Charlotte von Steins war die fruchtbarste Phase in ihrem literarischen Schaffen, in der ihre drei größeren Dramen entstanden, darunter das einzige zu ihren Lebzeiten erschienene Stück, die Tragikomödie „Die zwey Emilien“ (1803). Etwa seit dem Frühjahr 1796 kam es durch das Ehepaar Schiller zur Wiederannäherung zwischen Charlotte von Stein und Goethe. Seit 1804 nahm sie regelmäßig an den Gesellschaften in Goethes Haus teil, nach 1810 entwickelte sich eine Altersfreundschaft, die bis zum Tod Charlotte von Steins bestehen blieb. Goethes Briefwechsel mit Charlotte von Stein setzte etwa zwei Monate nach seiner Übersiedlung nach Weimar ein. Wahrscheinlich begann er Anfang Januar 1776 an sie zu schreiben (vgl. GB 3 I, Nr 18), und zwar mit rasch sich steigernder Intensität. Aus den ersten vier Jahren des Briefwechsels sind 346 Briefe Goethes an Charlotte von Stein überliefert, die sich ungleichmäßig über diesen Zeitraum verteilen. Von Anfang an konstituieren die Briefe an Charlotte von Stein Goethes Beziehung zu ihr, die auf seiner Seite der Verschriftlichung bedurfte. Zugleich spiegeln sie noch bis ins Jahr 1779 hinein die Fragilität und Ambivalenz des immer wieder von Irritationen und kleineren Zerwürfnissen, aber auch von beiderseitiger Eifersucht geprägten Verhältnisses (ausführlicher zur Biographie der Adressatin und den frühen Briefen Goethes an sie vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18 und

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Elke Richter: Goethes frühe Briefe an Charlotte von Stein. In: Richter/Rosenbaum, Ch. v. Stein, 3–49). Die Jahre 1780 und 1781 gehören zur intensivsten Phase des Briefwechsels zwischen Goethe und Charlotte von Stein. Von insgesamt 557 überlieferten Briefen Goethes aus diesem Zeitraum sind 407 an Charlotte von Stein gerichtet. Nach seiner Rückkehr von der Reise in die Schweiz am 14. Januar 1780 war zunächst eine gewisse Entfremdung zwischen ihm und der Adressatin eingetreten, die sich in der Diktion der Briefe und in deren geringer Anzahl niederschlägt. So sind aus dem Januar neben dem noch in Darmstadt begonnenen Reisebrief vom 1. und 3. Januar 1780 (Nr 1) lediglich drei weitere Briefe und aus dem Februar 1780 acht Briefe überliefert. Meist auffallend kurz und nüchtern im Tonfall, nehmen sie den unpersönlichen Stil der Schweizer Reisebriefe auf. Sie enthalten knappe Mitteilungen über das gesellige Leben in Weimar, über Besuche und Ausflüge oder begleiten Sendungen von Lebensmitteln, Zeichnungen und Kupferstichen, die Goethe von seiner Reise mitgebracht hatte. Erst in den folgenden Monaten kommt der Prozess der Wiederannäherung in Gang. Von März bis Mai 1780 sind jeweils 17 bis 20 Briefe Goethes an Charlotte von Stein überliefert. Gelegentliche kleinere Verstimmungen, die den brieflichen Austausch beeinträchtigen, werden rasch überwunden (vgl. zu 42,13). Wie schon in den vorangegangenen Jahren unterstützen Beilagen, vor allem Blumen und Lebensmittel, sowie der Austausch persönlicher Andenken wie Haarbänder und Handschuhe die enger werdende Verbindung (vgl. u.a. die Beilagen zu Nr 65, 70, 72, 88, 91, 126). Auch der Tonfall der Briefe wird vertrauter, Reflexionen über die existenzielle Bedeutung der Beziehung zur Adressatin nehmen größeren Raum ein. Anfang Mai 1780 schreibt Goethe das erste Mal wieder ganz direkt von seiner Liebe (vgl. die dritte Erläuterung zu 50,19). Im Vordergrund stehen Mitteilungen über das tägliche Erleben und das Sichaussprechen. Einen ersten Höhepunkt bilden die langen, zum Teil tagebuchartigen Briefe aus dem Juni und Juli 1780 (Nr 115, 116, 118), als Charlotte von Stein ihre Schwester Louise von Imhoff in Mörlach besuchte (vgl. zu 90,1). Die Briefe nach Mörlach sind für Goethe notwendiger Ersatz für den täglichen Austausch mit der Freundin, die auch als Abwesende an seinem Leben teilhaben soll. In einfachen, unpathetischen Worten berichtet er z.B. von dem Feuer in Großbrembach, einem Dorf in der Nähe von Weimar, das am 25. Juni zur Hälfte niederbrannte. Von Ettersburg aus, wo sich Goethe gerade aufhielt, erreichte er den Brandort noch vor dem Herzog und konnte selbst die nicht ungefährlichen Löscharbeiten leiten (vgl. zu 76,24–28). Auch über den Beginn seiner Arbeit an den „Vögeln“, die von Mitte Juni bis zum 24. Juli 1780 entstanden und am 18. August in Ettersburg uraufgeführt wurden, unterrichtet er die Adressatin als Erste (vgl. zu 74,15–16). Am 23. Juni 1780 war Goethe in die Weimarer Freimaurerloge „Amalia zu den drei Rosen“ aufgenommen worden (vgl. zu 76,12–13). Am folgenden Tag kündigt er Charlotte von Stein brieflich ein geringes Geschenck, dem Ansehn nach (76,12) an, die zum Aufnahmeritual der

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Freimaurer gehörenden Frauenhandschuhe, die für die erwählte oder künftige Lebensgefährtin des Neuaufgenommenen bestimmt waren. Als Sinnbild ihres besonderen Verhältnisses schenkte Goethe die Handschuhe der Adressatin nach deren Rückkehr aus Mörlach am 22. Juli 1780 (vgl. Beilage zu Nr 126). Bis zum Ende des Jahres 1780 bleibt der briefliche Austausch ähnlich intensiv. Am 5. September war Goethe mit dem Herzog zu einer Inspektionsreise über Ilmenau in das so genannte Meininger Oberland und die Exklaven des Eisenacher Landesteils Ostheim und Kaltennordheim aufgebrochen, von der er erst Anfang Oktober zurückkehrte. Seine Briefe an Charlotte von Stein aus dem September 1780 (Nr 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 178) bilden im Zusammenhang gelesen mikroscopisch metaphisisch politische〈n〉 Diarii (133,2–3). Es sind die einzigen Tagebuchaufzeichnungen aus dieser Zeit überhaupt. Sie beginnen am 6. September Auf dem Gickelhahn (119,2) bei Ilmenau. Von dort aus war Goethe zur Hermannsteiner Höhle (119,8) gewandert, die er fast genau vier Jahre zuvor, am 6. August 1776, gemeinsam mit der Adressatin besucht hatte. Tief bewegt und in Gedanken an sie habe er das S, das Initial ihres Namens, geküsst und wieder geküsst (119,10). Im Folgenden beschreibt er den Blick über das Kickelhahnmassiv in die mit Fichten bestandenen Täler des Thüringer Waldes und die Stimmung, in der wahrscheinlich das Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh 〈…〉“ entstand (vgl. zu 119,17). Der vermutlich früheste Textzeuge dazu, eine Niederschrift nach dem Gedächtnis von Charlotte von Steins Hand, hat sich auf der Rückseite des Briefes vom 18. September 1780 (vgl. Überlieferung zu Nr 174) erhalten. Das Brieftagebuch konfrontiert die Adressatin aber auch mit der sozialen Not im Ilmenauer Revier, die Goethe knapp, doch umso eindrücklicher schildert, als er von einer Visitation im Ilmenauer Amtshaus berichtet, an der er gemeinsam mit Herzog Carl August teilnahm: Ein Mann der im Elende der Hungersnoth seine Frau neben sich in der Scheune sterben sieht, und weil sie niemand begraben will sie selbst einscharren muss, dem dieser Jammer iezt noch aufgerechnet wird, als wenn er sie wohl könnte ermordet haben, weil andrer Anzeigen wegen er verdächtig ist. pp. (124,3–7). Auf der Rückreise von seiner Inspektion besuchte Goethe die Freundin vom 4. bis 10. Oktober auf ihrem Landgut in Kochberg. Der Abschied allerdings scheint nicht ungetrübt gewesen zu sein. Bemerkungen in den folgenden Briefen erinnern an die ersten Jahre der Bekanntschaft, in denen es häufig zu Verstimmungen gekommen war und Goethe sich zurückgewiesen und missverstanden fühlte (vgl. zu 140,24). Doch die Missstimmung war bald ausgeräumt. Bis zum Jahresende reißt der Strom der Briefe und ‚Zettelchen‘ Goethes nicht mehr ab. Obwohl er die Freundin nahezu täglich besucht oder in Gesellschaft trifft, bleibt das Schreiben an sie unverzichtbarer Teil der Beziehung. Ab November wird die Arbeit an „Torquato Tasso“ zu einem der Hauptthemen der Briefe. Der erste direkte briefliche Hinweis auf das Drama findet sich in einem Brief an Charlotte von Stein vom 9. November 1780 (vgl. zu 161,2). Im November 1780 hielt

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Goethe sie über den Fortgang der Arbeit fast täglich auf dem Laufenden. Sie war auch die erste, exklusive Leserin der fertiggestellten Szenen, auf ihr Urteil kam es dem Autor ganz besonders an (vgl. 162,3–5; 162,16–17; 163,5–6). Daneben wurde Charlotte von Stein zu Goethes Vertrauter in einer amtlichen Auseinandersetzung, die ihn schon seit Beginn seiner Tätigkeit als leitender Kriegskommissar im Januar 1779 beschäftigt hatte und die Ende 1780 kulminierte. Unzufrieden mit der nachlässigen Amtsführung des zweiten Kriegsrats Carl Albrecht von Volgstedt (vgl. die dritte Erläuterung zu 55,10), an dessen Verhalten sich auch im Laufe der Jahre nichts geändert hatte, betrieb Goethe dessen Absetzung, die schließlich am 12. Januar 1781 erfolgte (vgl. zu 183,5). Am 31. Dezember 1780 schrieb er dazu an Charlotte von Stein (vgl. 183,5–8.) 1781 nimmt die Intensität des Briefwechsels noch einmal deutlich zu. Aus dem Januar sind 20 und aus dem Februar 28 Briefe überliefert, darunter auch längere Briefe und nicht nur die üblichen Zettelchen von Haus zu Haus. Häufiges Thema in diesen beiden Monaten ist Goethes Maskenzug „Aufzug des Winters“, der am 16. Februar 1781 aufgeführt und am 2. März wiederholt wurde und an dessen Aufführung Goethe selbst wie auch die Adressatin mitwirkten (vgl. zu 201,18). Charlotte von Stein war zudem eng in die Arbeit am nicht überlieferten satirischen ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ einbezogen, das als Entgegnung auf das Manifest „De la littérature Allemande“ (1780) des preußischen Königs Friedrich II. geplant, schließlich aber nicht vollendet wurde (vgl. zu 212,17). In den FebruarBriefen verwendet Goethe erstmals ungewöhnliche Anreden für Charlotte von Stein, die in vielen Abwandlungen im gesamten Jahr 1781 begegnen (vgl. u.a. 206,10; 207,13–14.) Als Mein liebes Orackel (214,7) begrüßt er sie im Brief vom 25. Februar mit Bezug auf das später erwähnte Karten-Orakel (vgl. zu 214,15–16) und wohl ebenso auf die Glücks- oder Schicksalsgöttin Fortuna, die griechische (Agathe) Tyche. Besonders oft schrieb Goethe im März 1781. Aus diesem Monat sind 31 Briefe überliefert. Das tägliche Schreiben am Morgen war ihm nun wieder zur Gewohnheit geworden, nicht selten schrieb er mehrmals an einem Tag (vgl. Nr 310, 311, 314, 315, 316). Unter den Briefen aus dem März befinden sich sechs lange inhaltsreiche Reisebriefe aus Neunheilingen (Nr 316, 319–323), dem Hauptwohnsitz des Grafen Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen und seiner Frau Johanna Louise geb. vom und zum Stein. Gemeinsam mit Herzog Carl August hielt Goethe sich dort vom 7. bis zum 13. März 1781 auf. In den Briefen aus Neunheilingen, die einen Umbruch in der Beziehung zu Charlotte von Stein ankündigen, verbinden sich Beobachtungen der adligen Gesellschaft auf dem gräflichen Schloss, philosophische Reflexionen, literarische Anspielungen und Gleichnisse mit persönlichen Bekenntnissen. Die Beziehung Carl Augusts zur Gräfin von Werthern, für den Briefschreiber Inbegriff der ‚schönen Seele‘, die den Herzog schöner als er sie (228,13) liebe, ist für Goethe vor allem ein Spiegel seiner selbst, die ihm sein Verhältnis zur Adressatin in Analogie vor Augen führt. Zum ersten Mal seit

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den frühen Briefen an Charlotte von Stein von Ende Januar bis Anfang März 1776 wechselt er nun in der Anrede wieder vom ‚Sie‘ zum vertraulichen ‚Du‘. Den Anrede-Wechsel thematisiert er als augenfälliges Zeichen für den sich im Verhältnis zur Adressatin vollziehenden Wandel: Meine Seele ist fest an die deine angewachsen, ich mag keine Worte machen, du weist daß ich von dir unzertrennlich bin und daß weder hohes noch tiefes mich zu scheiden vermag. Ich wollte daß es irgend ein Gelübde oder Sakrament gäbe, das mich dir auch sichtlich und gesezlich zu eigen machte, wie werth sollte es mir seyn. Und mein Noviziat war doch lang genug um sich zu bedencken. Adieu. Ich kan nicht mehr S i e schreiben wie ich eine ganze Zeit nicht d u sagen konnte. (229,1–7.) Als Ausdruck besonderer Nähe und Vertrautheit und eines gleichsam religiösen Treuegelöbnisses wurde diese Stelle von der Adressatin mit Bleistift markiert (vgl. Überlieferung zu Nr 322). In den unmittelbar folgenden Briefen verwendet Goethe zwar wieder das höflich-distanzierende ‚Sie‘, möglicherweise weil auch die Adressatin in ihren Antwortbriefen dabei blieb. Bis September 1781 aber wechseln die Anreden von Brief zu Brief oder sogar innerhalb eines Briefes. Im Brief vom 10. April bezieht Goethe den Topos der ‚schönen Seele‘ in Parallele zum griechischen Ideal der Kalokagathia (griech. $: schön und gut), der Verbindung von Schönheit und Güte, zum ersten Mal explizit auf Charlotte von Stein (vgl. zu 253,18). Dennoch bleibt die Harmonie der ‚erneuerten‘ Beziehung nicht konstant. Charlotte von Stein kann zeitweise ihre früheren Zweifel und ihre Eifersucht nicht unterdrücken. Im Zusammenhang mit einem zuvor erwähnten Besuch Corona Schröters fordert Goethe am 28. Mai 1781 die Adressatin auf, ihn mit all seinen Eigenheiten und ‚Fehlern‘ zu akzeptieren: Ich bin und bleibe einmal der Frauen Günstling, und als einen solchen mußt du mich auch lieben. (272,4–6.) Am 25. Juni 1781 reiste Goethe nach Ilmenau zur Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha (vgl. zu 291,25). Von dort aus unternahm er Exkursionen zu den Bergwerken in der Nachbarschaft, nach Schwarzburg und Rudolstadt. Am 11. Juli kehrte er nach Weimar zurück. An Charlotte von Stein hatte er sechs zum Teil längere Reisebriefe geschrieben (Nr 433, 434, 437, 438, 441, 442). Obwohl der Abschied von ihr durch die Wölckgen ihres Unglaubens (294,12) getrübt war, ist der Ton der Briefe inniger als zuvor, wird die Sehnsucht nach der abwesenden Freundin direkter ausgesprochen. Wir sind wohl verheurathet (302,2), schreibt er am 8. Juli als Bekräftigung der imaginierten eheähnlichen Verbindung zu Charlotte von Stein. Die unmittelbar folgende metaphorische Erklärung, sie seien durch ein Band verbunden wovon der Zettel aus Liebe und Freude, der Eintrag aus Kreuz Kummer und Elend besteht (302,2–4), offenbart jedoch die tiefe Ambivalenz seiner Beziehung zu Charlotte von Stein, in der sich für ihn Freude und Beglückung untrennbar mit Schmerz und Leiden verbanden. Im selben Brief spricht er auch davon, dass ein böser Genius seine Entfernung von Weimar missbrauche, um ihm zu raten, sich mit der Flucht

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zu retten (301,17–19). Seit seiner Leipziger Studentenzeit hatte sich Goethe in persönlichen Umbruch- und Krisensituationen häufig durch plötzlichen Weggang entzogen. Dieses Verhaltensmuster zeigt sich auch in der Beziehung zu Charlotte von Stein. Immer wieder unternimmt Goethe Reisen, über deren Ziel und Dauer er die Freundin meist lange im Ungewissen lässt. Die vorliegende Bemerkung, der verschiedene Andeutungen eines Unbehagens vorausgingen, bezeugt den latent vorhandenen Wunsch Goethes, sich den oftmals als beengend und die schöpferischen Kräfte lähmend empfundenen amtlichen Zwängen wie auch dem komplizierten Verhältnis zu Charlotte von Stein mit einer ‚Flucht‘ zu entziehen, und weist auf den fünf Jahre später erfolgten Aufbruch nach Italien voraus. In Weimar aber übt die Freundin im Sommer 1781 ihre Anziehungskraft ungebrochen und stärker denn je aus. Unentwegt erkundigt sich Goethe nach ihrem Befinden, bittet um ein Wort ihrer Liebe (321,2), überhäuft sie mit kleinen Geschenken wie Pfirsche (320,14), Birnen und Trauben. Am 22. September 1781 wechselt er vorläufig zum letzten Mal in der Anrede von Ihnen (325,18) zu dir (325,18) und dein (325,19). Danach verwendet er in allen datierten Briefen bis zum vorläufigen Abbruch des Korrespondenz im Juni 1789 (vgl. GB 8 I, 121–124, Nr 117) das ‚Du‘. – Von Ende September bis zum 5. November 1781 hielt sich Charlotte von Stein auf ihrem Landgut in Kochberg auf, wohin ihr Goethe insgesamt neunmal schrieb. Besonderes Gewicht kommt dem Brief vom 9. Oktober aus Gotha (Nr 512) zu, einem Höhepunkt der bisherigen Korrespondenz. Mit den Eingangsversen Den einzigen Lotte welchen du lieben kanst 〈…〉 (330,14) verleiht Goethe der seit März 1781 vollzogenen Wandlung seines Verhältnisses zu Charlotte von Stein poetischen Ausdruck und verspricht zumindest in literarischer Form, ihrer Forderung nach Exklusivität der Beziehung nachzukommen. Die Verse besiegeln als Krönung einer Reihe vergleichbarer persönlicher und zugleich ins Allgemeine weisender poetischer Liebeserklärungen die ‚offenbare geheime‘ Verbindung (vgl. zu 329,20) zwischen dem Dichter und Charlotte von Stein. Unter dem Titel „An Lida“ erschien das Gedicht 1789 in Band 8 der Göschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (S. 172). – Wie stark auch in dieser Phase die Familie Charlotte von Steins in das Verhältnis eingebunden ist, belegt u.a. der Umstand, dass sich Goethe im Oktober 1781 während der Abwesenheit der Freundin um die Renovierung der Stein’schen Stadtwohnung an der Ackerwand kümmerte, wie er schon 1777 mit deren Instandsetzung und Einrichtung befasst gewesen war (vgl. zu 334,15). Vom Jagdausflug in Eisenach, an dem als herzoglicher Oberstallmeister auch Charlotte von Steins Mann teilnahm, versichert Goethe am 10. Dezember: Es wird mir recht natürlich Steinen gefällig zu seyn und ihm leben zu helfen. Ich bin es dir schuldig, und was bin ich dir nicht ieden Tag und den deinigen schuldig. Was hilft alle das kreuzigen und seegnen der Liebe wenn sie nicht thätig wird. (359,13–16.)

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Wie schon in der Frühzeit des Briefwechsels sind auch die Themen der Briefe aus den Jahren 1780 und 1781 komplex und beschränken sich nicht auf den Rahmen privat vertraulicher ‚Liebesbriefe‘. Sie berühren alle Lebensbereiche und Interessengebiete Goethes, wie die Mineralogie und Geologie, sowie seine amtliche Tätigkeit als Direktor der Wegebaukommission, als leitender Kriegskommissar und als Leiter der Bergwerkskommission. Freimütig äußert sich Goethe auch über das Verhalten Herzog Carl Augusts und die Begrenztheit seiner pädagogischen Einflussnahme auf den Fürsten, die ihn zunehmend frustrierte. Als wichtige Gesprächs- und Briefpartnerin auf literarischem Gebiet war Charlotte von Stein zudem eng in die Entstehungsprozesse der Werke eingebunden, an denen Goethe zu Beginn der 1780er Jahre arbeitete, darunter der Einakter „Die Vögel“, die nicht überlieferte frühe Prosafassung des „Torquato Tasso“, „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“ und das nicht überlieferte satirische ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘. Unter den Briefen an Charlotte von Stein sind etwa ein Dutzend Gedichte überliefert, die als Teil eines Briefes, Beilage zu einem Brief oder anstelle eines Briefes versandt wurden. Die meisten dieser Gedichte hat Goethe zu seinen Lebzeiten nicht – auch nicht in abgewandelter Fassung – veröffentlicht, was auf ihre okkasionelle Entstehung und den persönlichen Charakter verweist. Zumeist wurden sie erstmals 1848 in der von Adolf Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe an Charlotte von Stein gedruckt. Der vorliegende Brief ist der letzte von insgesamt gut einem Dutzend Briefen, die Goethe während seiner zweiten Reise in die Schweiz vom 12. September 1779 bis zum 14. Januar 1780 an Charlotte von Stein schrieb. Die vorangegangenen Briefe sind in Band 3 der Ausgabe gedruckt und kommentiert. Die Reise unternahm Goethe gemeinsam mit Herzog Carl August in Begleitung des Kammerherrn und Oberforstmeisters Moritz von Wedel. Neben herzoglichen Dienern gehörte auch Goethes Hausgenosse, Sekretär und Diener Philipp Seidel zur Reisebegleitung. Ursprünglich sollte die Reise nur an den Rhein führen. Der endgültige Entschluss, stattdessen in die Schweiz zu gehen, fiel erst unterwegs (über die Beweggründe der Reise, die Änderung des Ziels und den genauen Reiseverlauf vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). 3,2 Seitdem wir uns an den Höfen Herumtreiben] Auf dem Rückweg von der Schweiz machten Goethe, Herzog Carl August und deren Begleitung in verschiedenen fürstlichen Residenzen Station. In Stuttgart waren sie vom 11. Dezember 1779 an etwa eine Woche lang Gäste des württembergischen Herzogs Carl Eugen, am 18. Dezember reisten sie weiter nach Karlsruhe an den Hof des Markgrafen Karl Friedrich von Baden und von dort über Mannheim nach Frankfurt, wo sie am 24. Dezember ankamen. Der Herzog fuhr am 28., Goethe am 30. Dezember weiter nach Darmstadt. Am landgräflichen Hof lebten Carl Augusts Schwager Erbprinz Ludwig von Hessen-Darmstadt (vgl. GB 3 II, zu 108,3) und dessen Frau Louise Caroline Henriette sowie Prinz Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt mit seiner Familie. In Darmstadt blieben sie mit Unterbrechungen bis zum 6. Januar

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1780 (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 347f., Anm. 1). Nach einem weiteren Besuch in Frankfurt brachen sie wahrscheinlich am 10. Januar in Richtung Weimar auf und trafen dort nach einem Zwischenaufenthalt in Eisenach am 14. Januar ein (vgl. „Goethes zweite Reise in die Schweiz / 12. September 1779–14. Januar 1780“, GB 3 II, 972–977 und die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 559). – Über die Details des Aufenthalts der herzoglichen Reisegesellschaft in Darmstadt und Umgebung gibt das Darmstädter „Ceremoniel-Buch“ Auskunft: „Den 28ten Decb sind des Herrn Herzog von Sachßenweimar HochfürstL. DurchL. nebst dem herrn Kammerjuncker von Wedel hier ankommen, und an der grosse Treppe abgestiegen, den 30ten ejusdem ist der hL. ghL. rath Goethe auch hier ankommen, des Herrn Herzog dhLt. sind die gemächer von des Herrn Landgraven gemach an bis ans Ende Zum Logie gegeben worden, 〈…〉 dieweilen der Herr Herzog den hLrn Kammerherr v. Wedel gerne bey Sich in der nähe wolten haben, so ist eine Bettstelle in das gemach wo Ehdeßen die HöchstderL Frau Landgräfin sich befand aufgeschlagen 〈…〉, dem hLen GhL. rath Goethe aber ist das Logie unten auf dem Glockenbau 〈im älteren Teil des Schlosses〉 angewiesen worden, 〈…〉 alle Ceremoniel haben der Herr Herzog Sich verbethen und haben zwey Laquajen zu ihrer aufwartung gehabt diese haben den HLen v. Wedel mit Bedienet ein Laquaj hat die aufwartung bey dem HLen GhL. rath Goethe gehabt, auch ist jederzeit in dem weisen Saal an der fürstlichen Tafel von etliche 20 Couverts gespeisset und die wandleuchter einfach mit Unschlittlichter Besteckt worden 〈…〉. Den 6ten JannL sind Höchst Dieselben wiederum von Hier abgereyßet.“ (Hessisches StA Darmstadt, D 8, Nr 227/4.) 3,2–3 in der sogenannten grosen Welt] Die Welt der Höfe und des Adels; die im Epitheton ‚sogenannt‘ sich andeutende Skepsis und Distanzierung ist wohl auch Ausdruck des Kontrastes zur wirklich ‚großen Welt‘ der überwältigenden Natur der Schweizer Berge. 3,3 kein Seegen für die Correspondenz] Seit der Abreise aus der Schweiz Anfang Dezember 1779 hatte Goethe nur zweimal an Charlotte von Stein geschrieben, einen kurzen Brief vom 7. Dezember aus Schaffhausen sowie einen nur wenig längeren aus Karlsruhe und Mannheim vom 20. und 22. Dezember (vgl. GB 3 I, Nr 558 und 559). Dagegen sind aus den Monaten davor vom 15. September bis zum 5. Dezember 1779, der Zeit der eigentlichen Reise in und durch die Schweiz, 28 Briefe an Charlotte von Stein überliefert, davon elf lange tagebuchartige Briefe. 3,4 Das schöne Jahr haben wir in Dieburg 〈…〉 angefangen] Das ‚neue Jahr‘; ‚schön‘ hier in der älteren, nach Adelung im Hochdeutschen schon ungebräuchlichen „weiteren Bedeutung rein, sauber“ (Adelung 3, 1621). – Schloss Stockau in Dieburg an der Bergstraße, etwa 15 km nordöstlich von Darmstadt gelegen, war der Stammsitz der Herren von Groschlag, wo die Reisenden den Silvesterabend verbrachten: „den 31ten ejusd. 〈Dezember 1779〉 sind der Herr Herzog 〈Carl August〉 nebst HLrn von Schrautenbach HLrn GhL. rath Goethe, und HLrn. von Wedel mit einem HerrschaftL. Gespann von hier nacher Dieburg zu dem Hrn von Groschlag

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gefahren, und den 1ten Jann. von da morgens wiederum hier 〈in Darmstadt〉 ankommen“ (Darmstädter „Ceremoniel-Buch“, Hessisches StA Darmstadt, D 8, Nr 227/4). – Den früheren Kurmainzer Staats- und Konferenzminister Carl Friedrich Willibald Groschlag von Dieburg hatte Goethe schon 1764 als Gesandten beim Konvent anlässlich der Kaiserwahl Josephs II. in Frankfurt erlebt (vgl. AA DuW 1, 153 [5. Buch]). Die persönliche Bekanntschaft mit ihm und seiner Frau Sophie Helene geb. Gräfin von Stadion hatte – auf Goethes Wunsch – im September 1774 Sophie von La Roche vermittelt. Schon bei dieser Gelegenheit war Goethe nach Dieburg eingeladen worden und plante für den Herbst 1774 einen Besuch (vgl. GB 2 I, 130, 24–25), der allerdings nicht zustande kam. Zu einer erneuten Begegnung kam es auf der Rückreise aus der Schweiz am 22. Dezember 1779 in Mannheim, wo Groschlag nach dem Besuch der „Clavigo“-Aufführung die Einladung zur Silvesterfeier in Dieburg ausgesprochen haben soll (vgl. Fritz Ebner: Silvesterabend 1779/80 in Dieburg. In: Ders.: Goethe. Aus seinem Leben. Reden – Vorträge – Zeitbilder. Darmstadt 2002, S. 165). Während Goethe ganz offenbar an der persönlichen Bekanntschaft mit Groschlag gelegen war, den er in „Dichtung und Wahrheit“ als einen wohlgebaute〈n〉, im Aeußern bequem aber höchst anständig sich betragende〈n〉 Weltmann beschreibt (AA DuW 1, 153 [5. Buch]), scheint dieser auf Carl August einen weitaus ungünstigeren Eindruck gemacht zu haben: „Er 〈Groschlag〉 hat eine sehr grosse Anlage von englischen, französischen und Gott weiss was für Wesen gemacht; mir ist’s ein Ärgernis und Torheit gewesen, aber um Gotteswillen, lassen Sie dieses Urteil nicht in der Welt aus, denn die und der Statthalter 〈Dalberg〉 finden es vortrefflich. 〈…〉 Groschlag ist nicht mein Mann, des Statthalters seiner ist er; also bitte auch diese Äusserung geheim zu halten. Er ist mir sogar zuwider; denn dergleichen Weltunverschämtheit, wie der besitzt, ist mir fast noch nicht vorgekommen.“ (Carl August an seine Mutter Anna Amalia, 9. Januar 1780; Bergmann, 36.) 3,5 Diedens] Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein, früherer dänischer Gesandter in Berlin und London, und seine Ehefrau Ursula Margareta Constantia Louise geb. Gräfin von Callenberg, deren Wohnsitz sich auf Schloss Ziegenberg in der Wetterau, etwa 30 km nördlich von Frankfurt, befand. Das Ehepaar Diede war vom 27. November bis zum 1. Dezember 1776 sowie vom 2. bis zum 4. August 1779 zu Gast am Weimarer Hof gewesen (vgl. FB 1776, S. 298–301; FB 1779, S. 137–139). Auf dem Rückweg aus der Schweiz hatten Goethe und Herzog Carl August das Paar in Frankfurt am 27. Dezember getroffen (zu Goethes Verhältnis zu Diede zum Fürstenstein vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 379). 3,5 Stadthalter] Carl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg, seit 1772 Statthalter des Kurfürst-Erzbischofs von Mainz in Erfurt (zur Beziehung Goethes zu Dalberg vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 516). Dalbergs Verbindung zu Groschlag bestand seit der gemeinsamen Zeit in Mainz während der Regentschaft des liberalen Kurfürsten Emmerich Joseph Breidbach zu Bürresheim.

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3,5 seine Schwägerinn] Elisabeth Augusta geb. Ulner von Dieburg, seit 1771 die Frau des Mannheimer Theaterintendanten Wolfgang Heribert von Dalberg, des Bruders Carl Theodor von Dalbergs. Sie war die Tochter des kurpfälzischen Obristenhofmarschalls Johann Wilhelm Franz Ulner von Dieburg, des letzten männlichen Nachkommens der Familie. Nach seinem Tod 1771 war der Familiensitz in Dieburg (heute Schloss Fechenbach) an die Dalbergs gelangt. – Goethe hatte Wolfgang Heribert von Dalberg, mit dem er im Juni 1779 in brieflichen Kontakt getreten war (vgl. GB 3 I, Nr 504), und sehr wahrscheinlich auch dessen Frau auf der Rückreise aus der Schweiz persönlich kennen gelernt. Am 22. Dezember 1779 besuchte er in Mannheim eine ihm zu Ehren veranstaltete Aufführung des „Clavigo“ durch die Seylersche Theatertruppe aus Gotha mit Iffland als Carlos. 3,5 Graf Nesselrodt] Wahrscheinlich Maximilian Julius Wilhelm Franz Graf von Nesselrode-Ehreshoven, kaiserlich russischer Geheimer Rat und Gesandter in Portugal. Am 26. Dezember 1779, als Goethe und Herzog Carl August auf ihrer Rückreise in Frankfurt Station gemacht hatten, war die Verlobung des damals bereits 51-jährigen Grafen Nesselrode mit einer Frankfurter Kaufmannstochter bekannt gegeben worden: „Die neuste Tagsneuigkeit ist, dass der allerliebste Herr Graf Nesselrod[e] gestern zum ersten Male als Bräutigam der Louise Gontard ist proklamiert und aufgeboten worden. Der Kerl wird alle Tage fataler.“ (Carl August an seine Mutter Anna Amalia, 26. Dezember 1779; Bergmann, 34; vgl. auch Belli-Gontard, Frankfurt 6, 160). 3,6 Homburg] Vgl. zu 3,24. 3,7 die Erbprinzess] Louise Caroline Henriette von Hessen-Darmstadt, die Frau des Erbprinzen Ludwig, des Bruders von Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 3,7 das Melodrama] „Lampedo“ war eine Auftragsarbeit des Erbprinzen Ludwig. Das Libretto stammt von dem hessen-darmstädtischen Appellationsgerichtsrat Christian Friedrich Lichtenberg, die Musik vom Mannheimer Hofkapellmeister Georg Joseph Vogler. Das Stück über die Amazonenkönigin Lampedo, die den besiegten Skythenkönig begnadigt und zum Manne nimmt, war am 14. Juli 1779 vom fürstlichen Liebhabertheater anlässlich des Geburtstages des Prinzen Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt uraufgeführt worden. Eine Wiederholung hatte am 26. August zum Namenstag des Landgrafen (Ludwigsfest) stattgefunden. Die Aufführung vom 4. Januar 1780 zu Ehren des Weimarer Herzogs war die dritte überhaupt, die auch im Darmstädter „Ceremoniel-Buch“ belegt ist (vgl. Hessisches StA Darmstadt, D 8, Nr 227/4; auf der autographen Partitur in der ULB Darmstadt ist irrtümlich der 5. Januar 1780 als drittes Aufführungsdatum festgehalten; Sign.: Mus Ms 1097a/b). Über die Aufführung schrieb Carl August am 9. Januar an die Herzoginmutter Anna Amalia: „In Darmstadt ist uns das schreckliche Schauspiel ‚Lampedo‘ gegeben worden; die Frau Erbprinzess, welch[e], sous main 〈unter der Hand〉, besser aussieht als spielt, machte die Hauptrolle. Mein Schwager

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ist Konzertmeister und spielt die erste Geige. Das Theater ist nicht ganz so gross wie das Leipziger, aber sonst sehr brav gebaut; etwas niedrig ist’s.“ (Bergmann, 35.) 3,8–10 Der Herzog 〈…〉 im alten Elemente wieder] Im Milieu des Hofes. – Möglicherweise war der konventionell-höfische Abschluss der Reise, bei dem Carl August Gelegenheit hatte, dynastische Kontakte und standesgemäßen Umgang zu pflegen, auch ein Zugeständnis an die Erwartungen der Herzogin Louise und vor allem der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. Berger, Anna Amalia, 158). Im Brief an Johann Heinrich Merck vom 10. Januar 1780 zeigt sich Anna Amalia in höchstem Maße zufrieden mit den „Nachrichten“, die ihr Merck „von den Reisenden gegeben“, allerdings nicht ohne den Wunsch hinzuzufügen: „Gott gebe nur, daß die Weimarische Atmosphäre nichts wieder verdirbt!“ (Merck, Briefwechsel 2, 351.) 3,10 beträgt sich vortrefflich] Goethe hatte sich von der Schweizer Reise, insbesondere auch von der Begegnung mit Johann Caspar Lavater, eine positive Wirkung auf den jungen Herzog erhofft. Er sieht sich nun durch das ‚Betragen‘ Carl Augusts in diesen Erwartungen bestätigt. Ganz ähnlich beurteilte auch Johann Heinrich Merck die positiven Auswirkungen der Reise in seinem Brief vom 2. Januar 1780 an die Herzoginmutter Anna Amalia: „Ich bin so glüklich gewesen schon seit dem Ersten Feyertage den Herzog bey nahe alle Tage zu sehen, und ich kan Ew. Durchlaucht versichern, daß Er in diesen Vier Monaten an Offenheit, Munterkeit, Stätigkeit, Geneigtheit sehr ernsthaffte Gegenstände mit Ernsthafftigkeit zu behandeln, um ein Wunderbares gewachsen ist.“ (Merck, Briefwechsel 2, 346.) Nach der Rückkehr nach Weimar vermerkt Goethe am 17. Januar in sei〈Herzog Carl August〉 sehr zufrieden nem Tagebuch: Jederman ist mit preist uns nun und die Reise ist ein Meisterstück! (GT I 1, 103.) Am selben Tag schreibt Christoph Martin Wieland an Merck: „Wie wir Homunciones 〈lat.: Menschlein〉 nun von jeher gewesen sind und immer bleiben werden, so könnt Ihr euch leicht vorstellen, daß der glükliche Ausgang dieser Reise, des Herzogs herrliches Wohlbefinden, und ungemein gute stimmung, und herzgewinnendes Betragen gegen alle seine Leute cujuscunque generis, ordinis, furfuris et farinae 〈lat.: welchen Geschlechts, welchen Standes auch immer, Kleie wie Mehl〉, bey männiglich einen großen Effect gemacht, und Göthen in ein sehr günstiges Licht gestellt hat; und dies um so mehr da auch Er multum mutatus ab illo 〈lat.: in vielem ganz verändert〉 zurükgekommen und in einem Ton zu musicieren angefangen hat, in den wir übrigen mit Freuden, und jeder so gut als sein Instrument und seine Lungenflügel verstatten, harmonisch einzustimmen nicht ermangeln werden. 〈…〉 / Diese Schweizer Reise, nach dem wenigen aber hinlänglichen was ich aus der Quelle selbst davon vernommen habe, zu urtheilen, gehört unter Göthens meisterhaftesten Dramata.“ (WB 7 I, 253.) Noch Mitte April 1780 notiert Goethe im Tagebuch: Der wird taglich besser (GT I 1, 110; weiter vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530).

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3,10 macht köstliche Anmerckungen] ‚Anmerkungen‘ hier im Sinne von „Bemerkungen“, „Beobachtungen“ (GWb 1, 619). – Catharina Elisabeth Goethe schreibt nach dem Besuch der herzoglichen Reisegesellschaft in Frankfurt am 18. Januar 1780 über Carl August an dessen Mutter: „Den Besten Fürsten Tag täglich zu sehen war herrlich, aber Ihn reden zu hören ging über alles. Wie oft saße ich gantz ohnbemerckt in einem eckelgen, und hörte Dinge darüber mann erstaunen mußte – Eine solche Weißheit und Klugheit, eine solche tiefe kentnüß der Menschen biß in die innersten kleinsten Falten und Winckel des Hertzens 〈…〉 – und das in einem Alter von 22 Jahren!“ (Pfeiffer-Belli, 466.) 3,11 Von mir kan ich das nicht rühmen] Im Unterschied zu dieser Selbsteinschätzung hatten Wieland (vgl. die erste Erläuterung zu 3,10) und Merck einen ganz anderen Eindruck. Letzerer berichtete am 2. Januar 1780 der Herzoginmutter Anna Amalia: „Goethe ist auch wieder von der Reise gut wie ein Kind zurükgekommen, und auch an Ihm sogar sieht man so deutlich was Verhältnisse auch auf den Besten Menschen wirken können. Bey seiner Ministerschafft in Weimar ist er mir vergangnen Sommer offt mit einer Trokenheit u. Kälte begegnet, als ob ich aus seinem alten Freunde, ein Subalterner Diener, u. ein Supplicant geworden wäre. Lavaters Gegenwart hat Wunder auf beyde gethan 〈…〉.“ (Merck, Briefwechsel 2, 346.) – Dass die Reise tatsächlich auch positive Auswirkungen auf Goethe selbst hatte und er u.a. seine Beziehungen zu Wieland erneuerte, legen die Tagebucheinträge unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Weimar nahe, so heißt es unter dem 17. Januar 1780: Zu Wieland. Gut Gespräch und Aussicht besseres Zusammenlebens. Vorschlag zu einer Sozietät. (GT I 1, 103.) 3,11 Nation] Im ausgehenden 18. Jahrhundert in der Bedeutung „Einwohner eines Landes, so fern sie einen gemeinschaftlichen Ursprung haben, und eine gemeinschaftliche Sprache reden, sie mögen übrigens einen einzigen Staat ausmachen, oder in mehrere vertheilet seyn“ (Adelung 3, 439). – Hier mit pejorativer Konnotation im Bezug auf die aristokratische Gesellschaft; ähnlich heißt es im „Werther“ über die noble Gesellschaft bei Hofe: wie mir die Nation von Herzen zuwider ist (DjG3 4, 151). 3,13 leidlich] Hier: „umgänglich, verträglich“, „gesittet“ (GWb 5, 1108). 3,14 Pr. Charlotte] Prinzessin Charlotte von Hessen-Darmstadt, Tochter des Prinzen Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt, eine Kusine der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 3,14 der verwünschte Nahme] ‚Verwünscht‘ hier wohl umgangssprachlich als Ausdruck des Unmuts darüber, dass der Name zur Unzeit Erinnerungen weckt, in Unruhe versetzt (vgl. GB 3 I, Nr 513). 3,15 abr] Flüchtig für ‚aber‘. 3,17 Wenn Sie iezt von dieser Welt wären] In Anlehnung an Johannes 18,36: „Mein reich ist nicht von dieser welt.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 117.) 3,18 coll amore dell odio] Ital.: mit der Liebe des Hasses.

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3,19 Menschen die nicht unser sind] Verkürzt für ‚Menschen, die nicht von unserer Art (zu leben, zu denken, sich zu benehmen) sind‘; mit Bezug auf die Konventionen der Hof- und Standespersonen. 3,22 meine Feder ist zu elend] ‚Elend‘ hier in der älteren, Ende des 18. Jahrhunderts bereits veraltenden Bedeutung von ‚ungenügend‘, ‚schlecht‘, ‚mangelhaft‘ (vgl. Adelung 1, 1791); vgl. Überlieferung. 3,22 Schloss] Laut Fourierbuch war Goethe im so genannten Glockenbau des Darmstädter Residenzschlosses untergebracht (vgl. zu 3,2). 3,24 Homburg] Am Hof des Landgrafen Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian von Hessen-Homburg, der seit 1768 mit Carl Augusts Schwägerin Carolina geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt verheiratet war. – Laut Darmstädter „Ceremoniel“-Buch sind „bemelder Herr Herzog 〈Carl August〉 den 2ten JannL nebst letzbemelden drey Hern 〈Goethe, Moritz von Wedel und Ludwig Carl von Weitolshausen gen. Schrautenbach〉 von hier nacher Homburg vor der Höh, verreyßet und den 4ten ejusd. von daher wiederum hier ankommen“ (Hessisches StA Darmstadt, D 8, Nr 227/4). 3,25 So ziehen wir an den Höfen herum, frieren und langeweilen] Bereits von Karlsruhe aus hatte Goethe am 22. Dezember 1779 geklagt, dass sich die Langeweile 〈…〉 von Stund zu stund verstärckt habe (GB 3 I, 366,27). Ganz ähnlich schreibt er rückblickend im Brief vom 7. April 1780 an Johann Heinrich Merck: Schon in Frankfurt, und als wir in der Kälte an den Höfen herumzogen, war mir’s nicht iust. (39,5–6.) 3,28 schlecht eingerichtet] ‚Schlecht‘ hier: schlicht, einfach, ohne Prunk (vgl. Adelung 3, 1511). 3,28 Schöpse] Hier übertragen für einen ,einfältigen, dummen Menschen‘ (Adelung 3, 1633). 4,1 Lumpen] Hier übertragen für einen ‚armseligen Menschen von niederer Gesinnung‘ (vgl. GWb 5, 1325). 4,2 Ihren Br. vom 27 Dez] Der Brief ist nicht überliefert. 4,3 Eisenach] Die Rückreise führte über das etwa 70 km westlich von Weimar liegende Eisenach (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530 [S. 980f.]), den Sitz der Zentralbehörden des Eisenacher Landesteils des Herzogtums SachsenWeimar und Eisenach. – Wahrscheinlich am 10. Januar 1780 traten die Reisenden in Frankfurt die Heimreise an, wann genau sie in Eisenach ankamen und wie lange sie dort Station machten, ist nicht bekannt. Am 14. Januar trafen sie wieder in Weimar ein (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530 [S. 977, 980f.]). 4,3 S t r e i b e r n ] Johann Lorenz Streiber, Bankier und Kaufmann in Eisenach, mit dem Goethe spätestens seit 1779 in Verbindung stand (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 489 [S. 901]). 4,6 Operette] Das Singspiel „Jery und Bätely“, das, angeregt durch Eindrücke vom Bauernleben in den Schweizer Alpen, auf der Rückreise aus der Schweiz im

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November/Dezember 1779 entstanden war (vgl. die übernächste Erläuterung). – ‚Operette‘ hier im Sinne von ‚kleine, komische Oper‘ (vgl. Grimm 13, 1291). 4,8 Fabrick] ‚Fabrik‘ hier im weitesten Sinne: „Ein jedes hervor gebrachtes Werk, und die Werkstätte, in welcher es hervor gebracht wird“ (Adelung 2, 3). 4,8 Kayser soll sie komponiren] Schon am 29. Dezember 1779 hatte Goethe seinen Jugendfreund Philipp Christoph Kayser um die Komposition zu „Jery und Bätely“ gebeten und eine Abschrift des Stücks nach Zürich geschickt (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 560). Ein zweites Exemplar (10,6) des Textes, wiederum mit Hinweisen zur Komposition im Begleitbrief und in Randbemerkungen auf dem Manuskript (vgl. zu 10,7), sandte Goethe am 20. Januar 1780 an Kayser. Dieser brachte die gewünschte Komposition nicht zustande. Die Musik komponierte schließlich Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. Die Uraufführung mit Corona Schröter in der Titelpartie fand am 12. Juli 1780 durch das Weimarer Liebhabertheater statt (vgl. zu 79,6). 4,11 Weltleuten] Hier: Angehörige des Hofes, Aristokraten; in Anlehnung an ‚le grand monde‘ (franz.: die große Welt), die höfisch-mondäne Elite in Frankreich, bis zur Französischen Revolution 1789 das große Vorbild des europäischen Adels. 4,11 abzupassen] ‚Abpassen‘ hier im Sinne von ‚genau auf etwas achten‘, ‚sich nichts entgehen lassen‘ (vgl. GWb 1, 120). 4,13 Creisgen] Diminutiv zu ‚Creis‘: historische Schreibvariante zu ‚Kreis‘; nur selten bei Goethe belegt (vgl. GWb 5, 714). 4,14–15 als Drama verkehren] Der Plan wurde nicht ausgeführt. Statt dessen wendet sich Goethe nur wenige Monate später, Ende März 1780, dem „Tasso“-Stoff zu, der ihn noch bis Ende 1781 beschäftigen sollte, allerdings ohne das Stück in dieser ersten Entstehungsphase abzuschließen (vgl. zu 161,2). – ‚Verkehren‘ hier im Sinne von ‚verwandeln‘, ‚umwandeln‘ (vgl. Adelung 4, 1068). 4,15 Personae Dramatis] Lat.: Personen der Handlung. Das im Folgenden aufgeführte dramatische Figurenensemble versammelt als theatralische Typen Mitglieder des Hofstaates an einem absolutistischen Fürstenhof des 18. Jahrhunderts, wie sie Goethe auf jeder einzelnen Station seiner Reise durch die badischen und hessischen Herzogtümer begegnet sein dürften. 4,19 Ein apanagirter Prinz] Ein mit einer Apanage (Abfindung) versorgter nachgeborener, also nicht regierender Prinz. 4,20 Eine zu verheurathende Prinzess] Ebenso wie die ‚nachgeborenen Prinzen‘ galt es die Prinzessinnen der zahlreichen meist kleinen deutschen Fürstenhöfe mit einer standesgemäßen Partie zu versorgen. 4,22 dito] Von ital. ditto: desgleichen. 4,23–24 Ein Hofkavalier der 〈…〉 seine Besoldung gehabt hat.] Kavalier (von franz. cavalier): „eigentlich ein Ritter, im Deutschen aber in weiterer Bedeutung ein jeder Edelmann“ (Adelung 1, 1315); hier ein am Hof lebender Adliger ohne eigenes Vermögen.

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4,26 tracktirt] ‚Traktieren‘ (von lat. tractare): (schlecht) behandeln; hier: großzügig bewirten, freihalten. 4,27 Avanturier] Franz.: Abenteurer, Glücksritter. 4,29 Chargé d’affaires] Franz.: Geschäftsträger, Beauftragter (eines Hofes). 4,30 Musickus, Virtuoso Komponiste beyher Poete] Musiker, der im Dienst eines Hofes zugleich komponiert, ein oder mehrere Instrumente spielt und Stücke verfasst. 4,32 Leibmedikus] Ein „Arzt, welcher allein die Person eines großen Herren zu bedienen hat 〈…〉; zum Unterschiede von dem Hofarzte oder Hof-Medico“ (Adelung 2, 1993). 4,33 Jäger] Hofjäger, die zum Gefolge des fürstlichen Hofes gehören (vgl. Adelung 2, 1243). 5,2–3 den Braten vorm Maul wegnehmen] Das Sprichwort hier mit Bezug auf den Dramenplan im Sinne von ‚eine Idee wegschnappen‘; sonst nicht noch einmal bei Goethe belegt. 5,4–5 sie sind da] Am Freitag, dem 14. Januar 1780, trafen die Reisenden wieder in Weimar ein, wie u.a. durch das Fourierbuch belegt wird: „Heüte Mittag 〈14. Januar 1780〉 kahmen unser DurchL. Herzog unvermuthet von Ihrer 18. WöchentL. Reise, zur ausnehmender Freüde des ganzen Hofes wiederum gesund und wohl hier an, wofür wier Gott annoch Tausendmahl Dank sagen.“ (FB 1780, S. 10.) An diesem Tag wird Goethe mittags und abends als Gast der fürstlichen Tafel genannt (vgl. ebd.). Ergänzend dazu lautet Knebels Tagebucheintrag vom 14. Januar: „Mittags kam der Herzog in Weimar an. Gegen Abend fuhren wir auf dem Schlitten hin. Beym Herzog. Sah Göthen, Wedeln, Abends auf der Redoute, bis nach 1. Uhr. Spielte TarockOmbre mit Fr. v. Stein, Fr. v. Werther und Wieland.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 4r.)

2. An Christian Friedrich Schwan Frankfurt a. M., 10. Januar 1780 → 〈Mannheim〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. – 1 Bl., 1 S. beschr., egh., Tinte; Angaben nach Faksimile: Geliebte Schatten (1858), Nr 13 (Friedrich Götz); möglicherweise unvollständig (vgl. Überlieferung zu Nr 17). E: WA IV 4 (1889), 161f., Nr 879 (Eduard von der Hellen; nach Faksimile). Textgrundlage: Faksimile.

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BRIEF 3

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Christian Friedrich Schwan (1733–1815) wurde in Prenzlau als Sohn des Buchhändlers Ananias Schwan und der Predigertochter Dorothea Sophia geb. Buchholz, verw. Baumann geboren. Nach einem abgebrochenen Theologiestudium in Halle und Jena sowie Tätigkeiten als Prediger, Hofmeister und Erzieher reiste er 1758 über Kopenhagen nach St. Petersburg, wo er bis 1762 u. a. als Korrektor der Akademie der Wissenschaften und als Pagenerzieher bei der Großfürstin Katharina tätig war. Bekanntheit erlangte Schwan mit der Veröffentlichung seiner Erlebnisse in Russland, die unter dem Titel „Anecdotes russes ou lettres d’un officier allemand à un gentilhomme Livonien“ 1764 in Den Haag erschien. Von 1764 bis 1765 lebte er als Schriftsteller und Herausgeber in Frankfurt a. M. 1765 heiratete Schwan Margarethe Katharina Eßlinger, Tochter des Frankfurter Buchhändlers Johann Georg Friedrich Eßlinger. Er übernahm die Buchhandlungsfiliale seines Schwiegervaters in Mannheim und machte diese zu einem kulturellen Zentrum und einer der führenden Buchhandlungen im süddeutschen Raum. Neben seiner Tätigkeit als Verleger veröffentlichte er eigene Werke, darunter ein deutsch-französisches Wörterbuch, übersetzte Schauspiele aus dem Französischen, die auch in Weimar aufgeführt wurden (vgl. GB 3 II, zu 25,5), und gab die Zeitschrift „Die Schreibtafel“ (1774–1779) heraus, in der bis 1778 in jedem Heft Texte von Friedrich Müller (Maler Müller) erschienen. Über seine schriftstellerische Tätigkeit schrieb Schwan später: „Ich habe überhaupt als Schriftsteller in mehrere Fächer hineingepfuscht, inzwischen hat man mir meines Wissens doch nie den Vorwurf gemacht, daß ich etwas ganz verpfuscht.“ (Schwan, Nachrichten, 470.) Seit 1775 gehörte Schwan zu den ersten Mitgliedern der Mannheimer „Kurfürstlich Deutschen Gesellschaft“, die sich der Pflege der deutschen Sprache widmete. Großen Anteil nahm er an der Errichtung des deutschen Theaters in Mannheim. Da Schwan Schillers „Räuber“ dem Mannheimer Theaterintendanten Wolfgang Heribert von Dalberg empfohlen hatte und einige Schillersche Dramen drucken ließ, ist er auch als ‚Schillers Verleger‘ bekannt geworden (vgl. dazu NA 33 II, 21f.). 1782 übergab Schwan seinem Teilhaber Gottlieb Christian Götz die Buchhandlung, während er den Verlag noch bis 1795 weiterführte. Schwan verließ jedoch 1794 Mannheim, nachdem die Stadt von französischen Truppen besetzt worden war, und lebte danach in Stuttgart und seit 1800 in Heidelberg, wo er 1815 starb. – Nach seinem Tod schrieb die Tochter Louise Pistorius am 21. Januar 1816 an Goethe, dass ihr Vater „in früheren Jahren das Glück hatte, Ew. Excellenz unter seine Freunde zu zählen“, und dass dies „auch seine hinterlassene Correspondenz bestätigt“ (GSA 28/69, Bl. 62). Einen Beleg für diese Behauptung allerdings gibt es nicht. Ebenso wenig ist bekannt, wo und wann Goethe den Verleger kennen gelernt hat. Ob er mit Schwan bereits in Frankfurt bekannt wurde, wie Friedrich Götz, ein Nachfahre von Schwans Mitarbeiter und Teilhaber, behauptete, ist unwahrscheinlich (vgl. Geliebte Schatten, Nr

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13). Auch Götz’ Mitteilung, Schwan habe Goethe und Friedrich Heinrich Jacobi Anfang 1775 in Mannheim Friedrich Müller vorgestellt, ist nicht zu belegen (vgl. ebd.). Rückblickend berichtete Louise Pistorius von zwei Aufenthalten Goethes im Haus Christian Friedrich Schwans. Der erste fand im Dezember 1779 statt (vgl. BuG 2, 215), der zweite im August 1794 (vgl. BuG 4, 32). Goethe selbst erwähnt diese Aufenthalte nicht, auch erfährt man aus seinen Tagebüchern und Briefen nichts über die Bekanntschaft mit Schwan. Von Goethe ist außer dem vorliegenden nur ein weiterer Brief an Schwan vom 18. Februar 1780 (Nr 17) überliefert. Beide Briefe lassen nicht auf eine persönliche Beziehung schließen. Ein dritter Brief Goethes konnte erschlossen werden (EB 89). Briefe Schwans an Goethe sind nicht bekannt. 5,7 Hl. Bruire 〈…〉 Zeichnungen geschickt] Im darauffolgenden Brief (Nr 17) spricht Goethe von einem Mahler Bruins (17,4). Um wen es sich handelt und wo Goethe die erwähnten Zeichnungen gesehen und erworben hat, ist nicht bekannt. Am 29. November 1779 hatte er aus Zürich an Friedrich Justin Bertuch geschrieben: Wir bringen sehr schöne Zeichnungen mit (GB 3 I, 354,29–355,1). Vgl. 17,3–8. 5,9 den Hl. Schmalz] Das Bankhaus Dietrich Heinrich Schmaltz & Sohn. Gegründet von dem kurpfälzischen und pfalzzweibrückischen Hofbankier Philipp Lorenz Schmaltz, wurde es seit 1771 von seinem Sohn Dietrich Heinrich geführt; seit 1780 war dessen Sohn Johann Wilhelm Teilhaber. Über Goethes Beziehungen zum Bankhaus Schmaltz ist Näheres nicht bekannt. 5,10 die darüber Ordre haben] Im nächsten Brief an Schwan scheint sich Goethe nicht mehr an die Anweisung für das Bankhaus Schmaltz zu erinnern und nennt stattdessen die Frankfurter Bankiers Bethmann, die mit der Abwicklung der Zahlung beauftragt wären (vgl. zu 17,5–6). – Ordre: franz.: Anordnung, Aufforderung; hier: Anweisung (des Bankhauses).

3. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Mitte Januar 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist der Inhalt des Briefes (vgl. zu 5,14–15; zu 5,15) auf eine Datierung kurz nach Goethes Rückkehr von der Schweizer Reise am 14. Januar 1780 (vgl. zu 5,4–5). Seit dem Erstdruck wird der Brief auch so datiert.

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BRIEF 4

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 90. – 1 Bl. 13,6 × 10,3(–10,5) cm, ¾ S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zum vorliegenden Brief); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „211“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 211), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 285. WA IV 4 (1889), 163f., Nr 881. BEIL AG EN

1) Zeichnungen Goethes (vgl. zu 5,14–15). 2) Kupferstich nach Raffael (vgl. zu 5,15). 3) Efeu (vgl. zu 5,15; 5,15–16). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief ist der erste in diesem Band, der eine besondere Art der Faltung aufweist. Er war wie ein Fidibus gerollt und anschließend mit den Fingern mehrfach eingedrückt. Das beim Auseinanderfalten entstehende netzartige Muster des Papiers ist noch gut erkennbar. Schon in den ersten Jahren der Korrespondenz Goethes mit Charlotte von Stein weisen viele der kleinformatigen Briefblättchen, die Goethe von Haus zu Haus an Charlotte von Stein schickte, diese Faltung auf, die auch 1780 und 1781 häufig vorkommt (vgl. u.a. Überlieferung zu Nr 8, 37, 240 und 493). – Der Begriff ‚Fidibus‘ stammt aus der Studentensprache, die genaue Herkunft ist unsicher, möglicherweise handelt es sich um die scherzhafte Umdeutung der Horaz-Stelle „ture et fidibus“ (mit Weihrauch und Saiten[spiel]; Carmina I, 36,1; vgl. Kluge/Seebold, 264). Im zeitgenössischen Verständnis verstand man darunter „ein zusammen gerolltes oder zusammen gelegtes längliches Stück Papier, eine Pfeife Tabak damit an〈zu〉zünden“ (Adelung 2, 145). 5,14–15 alten Krizzeleien von Franckfurt mitgebracht] Zeichnungen, die Goethe aus dem Frankfurter Elternhaus mitgebracht hatte, das er auf dem Rückweg aus der Schweiz besuchte (vgl. zu 3,2). Darunter könnten sich u.a. auch seine Schweizer Reiseskizzen von 1775 befunden haben, die in Goethes Nachlass überliefert sind (vgl. Corpus I, 48–57, Nr 106–131). In Frage kommen auch verschiedene Zeichnungen aus der Zeit vor dem Herbst 1775, ursprünglich in einer Mappe „Juvenilia“ überliefert (vgl. Corpus I, Nr 39, 52–59, 68, 74–76, 79, 88, 93). – Die Besuche im Frankfurter Elternhaus vor und nach der zweiten Schweizer Reise waren die ersten nach Goethes Übersiedlung nach Weimar, seine nächste Reise nach Frankfurt fand erst im August 1792 statt. 5,15 Kupfer nach Raphael] Goethe hatte von der Schweizer Reise eine größere Anzahl von Druckgraphiken nach Raffael mitgebracht, von denen eine dem vorlie-

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genden Brief beigelegen haben könnte. Unter den „Belegen“ zur „Haupt-Rechnung“ der herzoglichen Schatulle von Ende September 1780 bis Ende September 1781 findet sich eine Rechnung Johann Heinrich Mercks über die „Raphaels die der Herr Geheim Rath Goethe im Monat Januar 1780. mitgenommL“; aufgeführt werden „die Bilder Bibel Raphaels“ (Bibel nach den Vatikanischen Loggien von Raffael, vgl. Schuchardt 1, Nr 620), „22 Bl. 〈…〉 Peinture de Raphael v Aquila“ (Kupfer zu Raffaels Fresken in den vatikanischen Loggien von Pietro Aquila) sowie „kleinere Cartons“ (Stiche nach Raffaels Kartons für Teppiche) und „2. ander Raphaels“ (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 247). 5,15 Epheu] Wahrscheinlich eine Efeupflanze; Efeublätter wurden für Heilzwecke verwendet, z.B. bei Bronchialerkrankungen. 5,15–16 der in den Zeitungen steht] Wahrscheinlich für ‚in einer Zeitung eingeschlagen‘. – ‚Zeitungen‘ für den Singular ‚Zeitung‘; im 18. Jahrhundert „am häufigsten collective im Plural“ gebraucht (Adelung 4, 1680); ‚stehen‘ hier für ‚sich befinden‘, ‚stecken‘.

4. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 17. und 〈18.?〉 Januar 1780 → 〈Ilmenau〉 DAT IERUN G

Bisher wurde der Brief auf den 13. Januar 1780 datiert. Dem liegt offenbar ein Lesefehler des Adressaten zugrunde, der das Briefdatum so auf der Handschrift angibt (vgl. Überlieferung). Die Datierung wurde in den Erstdruck und nach diesem auch in die WA übernommen. Der handschriftliche Befund spricht eindeutig dafür, dass der Brief am 17. Januar 1780 begonnen wurde. Das wird auch durch den Inhalt bestätigt (vgl. zu 6,2). Nach dem vorläufigen Abschluss des Briefes, doch noch am selben Tag erhielt Goethe einen Brief Kraffts (vgl. zu 6,14), der ihn zu einer kurzen Nachschrift veranlasste (6,14–15). Danach ist der Brief wiederum zurückgeblieben (6,17), so dass anzunehmen ist, dass der zweite Teil später, wahrscheinlich am 18. Januar, geschrieben wurde. Unter diesem Datum sind in Goethes Rechnungsbüchern Sendungen an Krafft vermerkt (vgl. zu 6,19 und zu 6,11–12), zudem findet sich die Angabe, dass für einen Boten nach Ilmenau 8 Groschen (GR/RB 1780,1, Bl. 3r) gezahlt wurden. Vgl. auch Goethes Tagebucheintrag vom 18. Januar 1780: früh an Müllers u Krafft arrangements gearbeitet. (GT I 1, 103.) ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 15. – 1 Bl. 20 × 27,5 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Bl. nachträglich mit Falz auf einem unbeschriebenen Bl. befestigt; S. 1 oben Mitte von J. F. Kraffts Hd, Tinte: „80. Jan. 13tn“.

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E: Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe (1846), 181–183, Nr 13. WA IV 4 (1889), 162f., Nr 880 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Briefteil vom 17. Januar antwortet auf Paketsendungen (vgl. zu 6,2–3) und auf Kraffts Briefe vom 28. Oktober sowie vom 1. und 29. November 1779 (vgl. RA 1, Nr 103 bis 105); im Briefteil vermutlich vom 18. Januar dankt Goethe für einen nicht überlieferten Brief (vgl. zu 6,14). – Der Antwortbrief ist nicht überliefert. Postsendungen: 18. Januar 1780 (vgl. Datierung). Über die Person des Adressaten ist nur wenig bekannt. Bis heute konnte nicht geklärt werden, wer sich hinter dem Pseudonym Johann Friedrich Krafft (gest. 1785) verbirgt, der mit Goethe zunächst nur brieflich in Verbindung getreten war. Als ein persönlich Unbekannter hatte sich Krafft wahrscheinlich im Oktober 1778 hilfesuchend an den berühmten „Werther“-Dichter und hohen Weimarer Beamten gewandt. Goethe antwortete am 2. November 1778 (GB 3 I, Nr 410), womit seine bis 1783 reichende Korrespondenz mit Krafft beginnt. Insgesamt haben sich 21 Briefe Goethes und acht von Krafft sowie dessen Berichte aus Ilmenau sowie in Goethes Auftrag angefertigte Exzerpte (vgl. zu 170,16) erhalten (im Einzelnen vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 410 [S. 792]). Diesen Briefen und Berichten zufolge stammte Krafft aus einer Großstadt, möglicherweise aus Berlin, wo er sich in den 1760er Jahren aufgehalten hatte. Er scheint ein Amt in preußischen Diensten bekleidet zu haben (vgl. zu 198,10–11). Zur Zeit, als er sich an Goethe wandte, befand er sich in einer existenziellen Notlage. Es lässt sich weder klären, welches Schicksal ihn getroffen hatte, noch ob und worin seine eigene Verantwortung dafür bestand. Die erhaltenen Zeugnisse weisen ihn als einen literarisch gebildeten Menschen aus, der sowohl über merkantilisches Wissen wie auch Kenntnisse der lateinischen und französischen Sprache verfügte. Allerdings treten auch die fast schon krankhaft ängstlichen, hypochondrischen Züge Kraffts hervor, der zu übersteigerten, meist negativen Emotionen neigte. Schon bevor Goethe Krafft im September 1780 in Ilmenau persönlich kennen lernte, gewährte er ihm regelmäßig Unterstützung in großem Umfang. Zur Person des Adressaten und zu seinem Verhältnis zu Goethe vgl. auch die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 410 und Schöne, Briefschreiber Goethe, 123–153. Aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes sind sieben Briefe Goethes an Krafft sowie vier Gegenbriefe überliefert. Außerdem lassen sich drei weitere Briefe Goethes nachweisen (EB 37, 129, 130) sowie fünf weitere, die wahrscheinlich an Krafft adressiert waren (EB 105, 107, 111, 114, 118). Als Krafft den vorliegenden Brief erhielt, lebte er in Ilmenau, wohin er auf Goethes Rat im Mai 1779 übersiedelt war. Goethe hatte nicht nur dafür gesorgt, dass Krafft eine Unterkunft erhielt, sondern ihm auch Kleidung, Büchern u. a. zukommen lassen, vor allem aber ge-

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währte er finanzielle Zuwendungen in Höhe von zunächst 100, ab 1781 200 Reichstalern im Jahr (vgl. zu 187,4); hinzu kam einiges Taschengeld (6,11). Goethe suchte Krafft nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern betraute ihn auch mit verschiedenen Aufgaben (vgl. zu 6,4–5). Geduldig, verständnisvoll und einfühlsam die schwierige Lage des Adressaten berücksichtigend, ging er auf Kraffts psychische Befindlichkeiten ein. Nachdem Goethe im Brief vom 11. Februar 1781 (Nr 281) wie schon oftmals zuvor ausführlich auf Kraffts hypochondrische Art eingegangen war, sind seine beiden letzten nach längerer Pause geschriebenen Briefe aus dem Jahr 1783, mit denen die Korrespondenz abschließt, auffallend knapp und im Vergleich zu den früheren in einem relativ geschäftsmäßigen Ton gehalten. 6,2 Wir sind glücklich 〈…〉 wieder angekommen] Goethe, Herzog Carl August und deren Begleiter, darunter Kammerherr Moritz von Wedel und Goethes Diener und Hausgenosse Philipp Seidel, waren am 14. Januar 1780 von ihrer am 12. September 1779 begonnenen Reise in die Schweiz zurückgekehrt (vgl. zu 5,4–5). – Mit dem vorliegenden Brief erfüllt Goethe seine am 9. September 1779 gegebene Zusage: Wenn ich wiederkomme sollen Sie von mir hören. (GB 3 I, 296,16.) 6,2–3 Ihre Packete] Krafft informierte Goethe sowohl in Briefen als auch in Berichten über die wirtschaftlichen und politischen Missstände in Ilmenau. Der Plural Packete dürfte sich auf ein am 14. Oktober an Goethe geschicktes Paket und vermutlich auf z. T. umfangreiche Schreiben vom 28. Oktober sowie vom 1. und 29. November 1779 beziehen (vgl. Diezel, 36). Im letztgenannten merkt Krafft an, dass dies der vierte Brief sei, den Goethe „in Frankfurth vorfinden“ werde (GSA 62/37, Bl. 80r). Am 28. Oktober 1779 hatte er geschrieben: „Das grose Packet vom 14ten octbr. das ich nach Frckfurth geschickt, werden Sie auch erhalten haben, es sind viele auf den Bürgerstreit zielende Sachen drinnen.“ (Ebd., Bl. 77v.) Bei den am 14. Oktober übersandten Aufsätzen dürfte es sich (mit Ausnahme des ersten, der Goethe wohl schon im Sommer erreicht hatte [vgl. die einleitenden Worte von Krafft zu „ 2 ter B e y t r a g z u r I l m e n a u i s c h e n G e s c h i c h t e“, aus denen hervorgeht, dass er bereits einen Bericht an Goethe geschickt hatte, und GB 3 II, zu 283,1]) um die Ausführungen über die Exklave des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach handeln, deren Konzepte den Beginn des Konvoluts „Ilmenau 1779. Briefe Krafts an Goethe.“ bilden (GSA 62/37, Bl. 18–71): „ 2 ter B e y t r a g z u r I l m e n a u i s c h e n G e s c h i c h t e“, „N o c h e t w a s z u r Z u g a b e“, „N o c h w a s v o n I l m e n a u, gehört nicht für alle Augen“, „B e y t r ä g e z u d e n I l m e n a u i s c h e n S a c h e n“ und „Vo m n e u e n A m t m a n n“. Der letzte Textteil wurde am 12. Oktober fertiggestellt (vgl. die Notiz von Kraffts Hand am Schluss seiner Ausführungen über Ackermann, ebd., Bl. 71r). 6,3 in Franckfurt] Goethe und die herzogliche Reisegesellschaft hatten sich auf dem Rückweg aus der Schweiz vom 24. Dezember 1779 bis wahrscheinlich zum

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10. Januar 1880 mit Unterbrechungen (Ausflüge nach Darmstadt, Dieburg und Homburg) in Frankfurt aufgehalten (vgl. zu 3,2). 6,4 Ihre Aufmercksamkeit auf diese Dinge] Seit dem Siebenjährigen Krieg war die Lage der Ilmenauer Steuerkasse problematisch, vor allem auch durch Veruntreuungen der Steuereinnehmer. Goethe hatte sich zum ersten Mal Anfang 1777 mit den Steuerverhältnissen in Ilmenau beschäftigt. Die Dringlichkeit einer raschen Hilfe war ihm offenbar erst durch Kraffts Berichte bewusst geworden (vgl. Goethe und Ilmenau, 115). Krafft, dessen Hinweise auch auf den (1782 abgesetzten) betrügerischen Steuereinnehmer Georg Friedrich Gruner zielten, vertrat die Auffassung, dass die Neuordnung der Steuerangelegenheiten die Grundlage für eine Verbesserung der Gesamtsituation der Stadt sei: „Diese Steuer Rechnung muß schlechterdings erst klar, rein seyn, ehe an eine Verbeßerung der Stadt zu dencken ist.“ (GSA 62/37, Bl. 22v.) Die Neuordnung der Ilmenauer Angelegenheiten zog sich über ein Vierteljahrhundert hin (vgl. Goethe und Ilmenau, 134). Im Briefwechsel zwischen Goethe und Krafft ist die schwierige Situation in Ilmenau noch öfter Thema (vgl. 16,3; zu 170,14–15; 187,2–3; zu 198,16–17; zu 205,27; vgl. ferner Diezel, 34–37 und Goethe und Ilmenau, 108–134). – Zu Kraffts Berichten über Ilmenauer Angelegenheiten hielt Goethe in den „Tag- und Jahres-Heften“ für 1794 fest: Er 〈Krafft〉 war mir sehr nützlich, da er mir in Bergwerks- und Steuersachen durch unmittelbare Anschauung, als gewandter, obgleich hypochondrischer Geschäftsmann, mehreres überlieferte, was ich selbst nicht hätte bis auf den Grad einsehen und mir zu eigen machen können. (WA I 35, 37.) 6,4–5 Ihre Bemühungen mit Petern] Goethes Mündel Peter im Baumgarten, ein Schweizer Hirtenjunge, hielt sich von April 1778 bis Anfang 1781 bei dem Ilmenauer Oberförster Carl Oettelt auf, wo er zum Jäger und Förster ausgebildet werden sollte (zur Person Peters und Goethes Beziehung zu ihm vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 281). Goethe hatte Krafft im Juli 1779 gebeten, Peter im Französischen und im Zeichnen zu unterrichten (vgl. GB 3 I, 285,14–16; vgl. auch zu 19,19–20). In seinem Brief an Goethe vom 28. Oktober 1779 schrieb Krafft, dass er Peter für schwer erziehbar halte, nicht zuletzt, weil dieser der Auffassung sei, so viel Geld zu haben, dass er nichts lernen müsse (vgl. GSA 62/37, Bl. 75v–76r; zit. in GB 3 II, zu 285,12). Der Wildmeister z. B. klage „auserordentlich“ über Peter (GSA 62/37, Bl. 75r). Krafft versuche den Stolz, den Peter zeige, „mit G r ü n d e n 〈…〉 zu dämpfen.“ (Ebd., Bl. 75v.) Ferner bemühe er sich, das Vertrauen, das Peter „zu seinen Lehrern hier in der Jägerey verlohren“ (ebd., Bl. 76r) habe, wieder aufzubauen, und weise den jungen Mann „zur Folgsamkeit, Geduld, Beharrlichkeit im Guten, 〈…〉 nicht in seinen Pflichten müde zu werden 〈…〉, und die w a h r e E h r e kennen zu lernen 〈…〉 sich auch in den geringsten Kleinigkeiten zu bekümmern“ (ebd., Bl. 77r). Er rät: „G u t wäre es, w e n n m a n i h m b e y b r i n g e n k ö n t e, e r h ä t t e s e i n Ve r m ö g e n v e r l o h r e n“ (ebd., Bl. 77v); Peter erkenne, dass er, Krafft, „es volkommen gut

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mit ihm meynte“ (ebd., Bl. 77r). Kraffts Hinweise darauf, dass Peter der Aufenthalt in Ilmenau nicht sonderlich förderlich sei, hat Goethe offenbar ernst genommen, da jener 1781 nach Troistedt übersiedelte (vgl. Goethe und Ilmenau, 82). 6,6 alles was ich etwa für Sie gethan habe] Vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 410. Am 14. September 1780, wenige Tage nach der ersten persönlichen Begegnung mit Krafft, schrieb Goethe an Charlotte von Stein: Man soll thun was man kan einzelne Menschen vom Untergang zu retten. (128,5–6.) 6,7–8 Gelegenheiten finden wo Sie nüzlich seyn können] Vor allem mit Bezug auf die Vorarbeiten zu der von Goethe geplanten Biographie des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar (vgl. zu 170,16). 6,9 Rieden] Der Kaufmann Julius Michael Rieth, bei dessen Familie Krafft seit dem 1. August 1779 in Ilmenau wohnte (vgl. GB 3 II, zu 268,1–3). Rieth war am 21. Dezember 1779 in der Nähe von Gehren ertrunken (vgl. Diezel, 30), wovon Goethe offensichtlich durch einen nicht überlieferten Brief Kraffts am 17. Januar 1780 erfuhr. Wie aus Einträgen in Goethes Rechnungsbüchern hervorgeht, wohnte Krafft auch nach Rieths Tod in dessen Haus (vgl. z.B. die von Johanna Katharina Margareta Rieth ausgestellten Quittungen vom 28. Juni und vom 26. Dezember 1781; GR/Belege 1781/82 1, Bl. 16 und 52). 6,9 das verflossne Vierteljahr] In Goethes Rechnungsbüchern findet sich unter dem 18. Januar 1780 der Eintrag: An Frau Ried für Hl Kr. u p 25 〈rh〉 (GR/RB 1780,1). 6,10 was Sie etwa nebenher schuldig geworden] Aus den überlieferten Briefen Kraffts an Goethe geht nicht hervor, welcher Art und wie hoch die Schulden waren. – Im zweiten Teil des Briefes sagt Goethe Krafft die Übersendung von 25 f 〈Reichstalern〉 ihre Schulden zu bezahlen (6,19–20), zu. 6,11–12 Für Petern will ich auch sorgen] Aus einer Aufstellung der Ausgaben für Peter im Baumgarten vom 27. Juni 1779 bis zum 31. März 1780 geht hervor, dass Goethe am 18. Januar 1780 an Hl Kraft für Peter 25 Reichstaler baar geschickt hat, außerdem sechs Leinene Strümpfe sowie 30 Ell Leinewand (GSA 30/82,1, Bl. 19v). Vgl. auch zu 18,15–16. 6,14 Ihren Brief] Nicht überliefert. Im Tagebuch vermerkt Goethe am 17. Januar den Eingang des Briefes: Kraffts Epistel p sexti. (GT I 1, 103.) – Vgl. weiter zu 6,24). 6,18 Ihren Wirth] Julius Michael Rieth (vgl. zu 6,9). 6,18 Fr. Ried] Johanna Katharina Margareta Rieth. 6,19 Ihnen schick ich auch 25 f] Gleichfalls unter dem 18. Januar 1780 unmittelbar über der Summe für Kraffts Hauswirtin findet sich der (später gestrichene) Vermerk: An Hl. Kraft für Petern 25 〈rh〉 (GR/RB 1780, 3, Bl. 3). 6,21–22 einen Wagen schicken 〈…〉 selbst komme] Vermutlich als Reaktion auf Kraffts in einem Brief vom 29. November 1779 geäußerten Wunsch, mit

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Goethe persönlich zu sprechen: „Ich habe viel, doch lange nicht alles geschrieben, was ich auf dem Hertzen habe. Halten Sie es meinem Eyfer für die Gerechtigkeit, für den Hertzog und für Sie, zu guth. Mündlich würde ich mehr sagen, doch möchte ich Ihnen a l l e i n sprechen.“ (GSA 62/37, Bl. 91.) Wahrscheinlich kam es aber erst im September 1780 zu einer persönlichen Begegnung zwischen Goethe und Krafft (vgl. Goethe und Ilmenau, 34f.). 6,22–23 Wegen Petern schreib ich an Hl. v. Staff.] Ein Brief Goethes in dieser Angelegenheit an den Ilmenauer Kammerherrn Wilhelm von Staff konnte nicht ermittelt werden. 6,24 Die Strafe wegen des leidigen Handels] Dies und das Folgende offenbar mit Bezug auf den nicht überlieferten Brief Kraffts. Handel hier im Sinne von „Vorgang, Angelegenheit“ (GWb 4, 672), konkret mit Bezug auf Kraffts Angelegenheit vermutlich sowohl „Liebeshandel“, „Unannehmlichkeit“, „gerichtliches oder behördliches Verfahren“ als auch „Vergehen“ (vgl. ebd., 673f.). Gegen Ende des Jahres 1779 hatte eine Untersuchung des Konsistoriums zur Verhängung einer Geldstrafe gegen Krafft geführt, zu deren Begleichung Goethe hier auffordert. Welchen Vergehens Krafft sich schuldig gemacht hatte, kann nicht eindeutig ermittelt werden. Mehrere Indizien sprechen dafür, dass es sich um eine Ehebruchsgeschichte gehandelt hat: Wie Goethes Tagebucheintrag vom 17. Januar 1779 nahelegt, bezog sich Kraffts nicht überlieferter Brief offenbar auf das biblische sechste Gebot (vgl. zu 6,14). Gegen Goethes Rat ersuchte Krafft jedoch um Niederschlagung des Strafverfahrens vor dessen rechtskräftigem Abschluss. Goethe beriet sich daraufhin am 28. März wegen Krafft (GT I 1, 108) mit Carl Friedrich Ernst von Lyncker, der als Präsident des Oberkonsistoriums u. a. für Ehebruchsvergehen zuständig war. Diese wurden als ‚geistliche Angelegenheiten‘ behandelt (vgl. auch die Rubrizierung bei Wahl, Consilium, 559). 6,25–26 Abolition] Straferlass. – Aus dieser Zeit sind auch sonst Abolitionsgesuche bei Strafen im Zusammenhang mit Ehebruchsverfahren überliefert (vgl. Diezel, 30 mit Angabe von Belegen). 7,1–2 dass der Herzog Ihren Nahmen 〈…〉 zu sehen kriegte] Am 1. April 1780 wurde Kraffts Sache (GT I 1, 109) schließlich vor dem Geheimen Consilium verhandelt und ihm die Strafe erlassen (vgl. Wahl, Consilium, 559, Nr 7615). Damit war jedoch Kraffts Name vor dem Herzog diskreditiert und die Aussicht auf ein öffentliches Amt im Herzogtum zunichte gemacht. 7,3 schreiben was es macht] Eine Antwort Kraffts ist nicht überliefert.

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5. An Carl Ludwig von Knebel, Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Constantin Prinz von SachsenWeimar und Eisenach, Christoph Martin Wieland und Carl Theodor von Dalberg Weimar, 19. Januar 1780 → 〈Tiefurt, Weimar, Erfurt〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/411,I, Bl. 4–5. – Doppelblatt 18,7(–19) × 32,2 cm, 3 S. beschr., Schreiberhd, mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 1 oben Adressenangabe (7,4–5 An Herrn Hauptmann von Knebel zu geneigter weitern Beförderung. G.), egh., Bleistift, ausradiert; S. 3 senkrechter Strich am linken Rand neben der Zeile Unter diesen Umständen habe ich sogleich bey (9,13). E1: Goethe-Knebel 1 (1851), 16–18 (Teildruck mit Auslassungen: 8,25–9,3 Wie wollen Sie’s 〈…〉 zufrieden seyn.; 9,5–7 Der Winter bricht 〈…〉 abspahren). E2: Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. Nach den Originalen mitgetheilt. In: Die Grenzboten. Jg 32. 2. Semester. 1 Bd. Leipzig 1873, S. 295f. WA IV 4 (1889), 164–167, Nr 883 (nach E1, Ergänzungen nach E2; Textkorrekturen nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 214). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf Friedrich Müllers Brief vom 16. Oktober 1779 (vgl. RA 1, Nr 101). – Antwortbriefe sind nicht überliefert, jedoch ein Teil der Quittungen über die angeforderten Beträge (vgl. zu 9,16). Zu Friedrich Müller, gen. Maler Müller, vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 113. 7,4–5 Knebel zu geneigter weitern Beförderung] Den Rechenschaftsbericht über die Unterstützung Müllers in Italien erhielt als Erster Knebel, dem die weitere Verteilung übertragen wurde. Die Übersendung des Geldes hatte Goethe besorgt und den Betrag aus eigenen Mitteln vorgeschossen (vgl. zu 9,16). 7,7 4. May. 1778. 〈…〉 Dalberg] Der Brief des kurmainzischen Statthalters in Erfurt Carl Theodor von Dalberg ist nicht überliefert. 7,9 Müller, der Maler] Der kurpfälzische Kabinettsmaler Friedrich Müller gab sich nach seinem erlernten Beruf den Dichternamen ‚Maler Müller‘. In seinen frühen Jahren am Mannheimer Hof gehörte er dem Kreis der Stürmer und Dränger an. Befreundet mit Jakob Michael Reinhold Lenz, Friedrich Maximilian Klinger, Friedrich Heinrich Jacobi und Philipp Christoph Kayser, lernte er Goethe im Mai 1775 allenfalls flüchtig kennen. Im Göttinger „Musen Almanach“ auf das Jahr 1774, der auch vier Gedichte Goethes enthielt, debütierte Müller mit dem Bardiet „Lied eines bluttrunknen Wodanadlers“, mit der Kennzeichnung „Der Verfasser ist ein Maler“ im Register. Erlernt hatte der Kreuznacher Gastwirtssohn das Hand-

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werk beim Hofmaler Daniel Hien in Zweibrücken; es entstanden Zeichnungen und Radierungen von Tieren, Landschaften und ländlichen Szenen. Unter Peter Anton Verschaffelt setzte er an der Mannheimer Zeichenakademie seine Ausbildung fort, erweiterte sein Repertoire in der angegliederten Antikensammlung und kopierte in der Gemäldegalerie. Das thematische Spektrum seines bildkünstlerischen Werks findet sich auch in seiner Dichtung. 7,9 geht nach Italien] Am 1. April 1778 hatte der Kurfürst Carl Theodor von Pfalz-Bayern per Erlass bestimmt: „500 Gulden für Maler Müller als Zubuße zur Reise nach Italien auf 3 Jahre.“ (Müller, Briefwechsel 2, 1147.) Das Mannheimer Italienstipendium wurde immer wieder bis zum Tode Müllers verlängert, die Auszahlungen kamen jedoch häufig mit großen Verzögerungen an (vgl. Müller, Briefwechsel 3, 1339–1341). 7,9–10 Wünscht Unterstützung, braucht sie.] Bevor das dreijährige Mannheimer Stipendium beschlossen wurde, hatte sich Wieland zum Jahreswechsel 1777/78 zur Inszenierung seiner Oper „Rosamund“ in Mannheim aufgehalten und dort ein freundschaftliches Verhältnis zu Müller geknüpft. Im Januar hatte er Zeichnungen Müllers mit nach Weimar genommen, um für ihn zu werben (vgl. Datierung zu GB 3 II, Nr 383). Durch die Vermittlung von Wieland und Carl Theodor von Dalberg, dem Bruder des mit Müller befreundeten Mannheimer Theaterintendanten Wolfgang Heribert von Dalberg, hatte Goethe eine Subskription auf zu liefernde Werke Müllers eröffnet. Am 26. Juni 1778 hatte Wieland Müller über den glücklichen Ausgang der Subskription unterrichtet und empfohlen, Goethe und Carl August das in Weimar befindliche Portefeuille mit den Zeichnungen zu überlassen (vgl. WB 7 I, 90; zu 8,2). 7,14 Louisd’ors] 1 Louisdor entspricht ungefähr 5 Reichstaler. 7,17 Ducaten] 1 Dukaten entspricht in etwa 3 Reichstaler. 8,1 Müller der im August nach Italien gieng] Friedrich Müller war im August 1778 aus Mannheim abgereist, hatte aber zunächst den Umweg über Frankfurt genommen, um die seit Mai ausgestellte, 873 Bilder umfassende Sammlung des kurz zuvor verstorbenen Frankfurter Weinhändlers Bögner zu besichtigen, die ab dem 28. September versteigert werden sollte. Merck beschreibt Müllers Auftritt im Brief an Wieland vom 7. November 1778: „Mahler Müller hat sich in Frankfurt bey der Auction beynahe wie Klinger aufgeführt, ist höchst grob gewesen, 〈…〉 die Dahlberge u. Comp. haben ihm ganz den Kopf herumgedreht, u. es ist gut, daß er nach Rom geht, um aus der Autor Laterne herauszukriechen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 179.) Vermutlich Ende Oktober traf Müller in Rom ein (vgl. Müller, Briefwechsel 2, 1148). 8,2 im September] Recte: im Juli 1778 (vgl. Datierung zu GB 3, Nr 383). Das Geld hatte Müller noch vor der Abreise in Mannheim erreicht, wie er im Juli 1778 an Wolfgang Heribert von Dalberg schrieb: „Mein Portefeuil von Weimar aus erhielt ich – 12 Zeichnungen behielt der Herzog oder viel mehr göthe hat sie in mei-

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nem Nahmen dem lieben Herren überreicht. / Zu gleich einen brieff von Göthe, nebst der Suma von 350. fl 〈…〉. / beym geld lag zu gleich des Herr Stadthalters – Herzogs und Göthes Siluetten. sehr lieb sind mir alle drey. und müßen hübsch mit mir nach rom reißen.“ (Müller, Briefwechsel 1, 81.) – Elf Zeichnungen aus dem Portefeuille sind heute noch zuzuordnen, sieben davon in Goethes Sammlung überliefert: „Kleine Waldblöße mit Herde am Wasser“, „Landschaft mit Holzbrücke und Ruine“, „Weidende Herde vor einem Bürgerhaus“, „Große Baumgruppe auf Gebirgsplateau“, „Flußlandschaft mit Häusern und Herde“, „Gotische Klosterruine“, „Weideplatz am Waldrand“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.278,0478.1–5, GHz/Sch.I.278,0479 und GHz/ Sch.I.279,0480; vgl. Müller, Werkverzeichnis, 143–148 und 182 [Z 11–16, Z 63]). Die vier weiteren Zeichnungen befinden sich in den Graphischen Sammlungen der KSW: „Bauernfamilie mit Maultier, Schafen und Ziege“, „Hirt und Herde“, „Landschaft mit Hirtenfamilie am Gießbach“, „Südliche Landschaft“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 978, KK 979, KK 1503, KK 1577; vgl. Müller, Werkverzeichnis, 169, 174f., 187 [Z 45, Z 55, Z 56, Z 69]). 8,2–3 Versprechen, daß jährlich fortgefahren werden solte] So auch die durch Müller überlieferte Stelle aus Goethes Brief vom Juli 1778: wir 〈…〉 schicken Euch 〈…〉 alles was ihr von uns jährlich zu erwarten habt (GB 3 I, 218,5). 8,9 Brief von Rom den 16. vergangenen Octobris] Im Folgenden zitiert Goethe ausführlich aus Müllers nicht überliefertem Brief vom 16. Oktober 1779. 8,10 bey meiner Rückkunft] Am 14. Januar 1780 war Goethe von seiner zweiten Schweizer Reise zurückgekehrt (vgl. zu 5,4–5). 8,11 zu Manheim übel mit ihm umgehe] Wegen eines Prozesses am Hofgericht Mannheim (Urteil vom 15. Januar 1779) war ein Drittel von Müllers Pension für das Jahr 1779 einbehalten worden, um die Gerichtskosten zu bestreiten (vgl. Müller, Briefwechsel 3, 1340). 8,15–16 aus der Epistel Judä genommen] Brief des Judas,9: „Michael aber, der ertz-engel, da er mit dem teufel zanckete, und mit ihm redete über dem leichnam Mose, durffte er das urtheil der lästerung nicht fällen, sondern sprach: Der Herr straffe dich!“ (Luther-Bibel 1772 NT, 248.) 8,16–17 Streit des ErzEngel Michaelis mit Satan über den Leichnam Mosis] Das Gemälde, Öl auf Leinwand, gilt als verschollen (vgl. Müller, Werkverzeichnis, 108f. [G 16]). Die römische Zeitschrift „Diario Ordinario del Chracas“ (Nr 676) zeigte am 23. Juni 1781, vermutlich mit Müllers eigenen Worten, die Präsentation des Bildes an: „In dem großen Saal des Palastes der Villa Medici ist am Vormittag und nach dem Mittagessen ein Gemälde ausgestellt, welches den Erzengel Michael darstellt, wie er den Erzfeind verhindert, die Leiche des Moses wegzutragen, wie es der Apostel Judas (Jacobi) in seiner kanonischen Epistel berich-

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BRIEF 6

tet; Erfindung und Arbeit des Sig. Carlo Teodoro Myller, des ausgezeichneten deutschen Malers, Pensionär des kurpfälzischen und bayerischen Hofes, Um dieses Bild zu sehen, begeben sich viele Künstler und Kunstfreunde dorthin und verfehlen nicht, die schöne Erfindung und die Verteilung des Kolorits zu loben.“ – Im Juni 1781 sandte Müller den zugehörigen Karton nach Weimar; zu Goethes Verriss vgl. 281,29–282,26. 8,20 Mechau] Der aus Leipzig gebürtige Maler Jacob Mechau hielt sich zwischen 1776 und 1780 als Pensionär des Dresdener Hofes in Rom auf. 8,20 nach Weimar werde überbringen laßen] Müller schickte zunächst einen Karton nach Weimar (vgl. zu 158,17). Da das Gemälde im Juni/Juli 1781 in der Villa Medici hing, nach dem Bruch mit Goethe also, gelangte es überhaupt nicht mehr nach Weimar. 9,2–3 Auf künfftiges Frühjahr 〈…〉 zufrieden seyn.] Erst im Frühjahr 1781 schickte Müller Kunstwerke nach Weimar (vgl. zu 279,8–9). 9,8 Academie] Eine eigene Akademie führte der Schweizer Bildhauer Alexander Trippel (vgl. GB 7 II, zu 20,33), der sich seit 1776 in Rom aufhielt und mit dem Müller alsbald Freundschaft schloss (vgl. zu 280,11). 9,11 dreysig Zechinen] 1 Zechine entspricht ungefähr einem Dukaten oder 4 Reichsgulden. Müllers Mannheimer Pension betrug 500 Reichsgulden. 9,14 304. rl. 12. gl.] 304 Reichstaler 12 Groschen. 9,15 nach Rom übermacht] Goethe überwies das Geld an seinen Bankier Johann Lorenz Streiber. Dieser berichtete Goethe am 16. Februar 1780, dass der Mannheimer Verleger Christian Friedrich Schwan das Geld für Müller bereits erhalten habe (vgl. RA 1, Nr 108). Schwan, der Sturm-und-Drang-Dichtungen Müllers in der Zeitschrift „Die Schreibtafel“ publiziert hatte und mit Müller in dauerhaftem Kontakt stand, besorgte die Überweisung nach Rom (vgl. 17,9–11). 9,16 Ersatz] Goethe erhielt am darauffolgenden Tag die angeforderten Beträge von Knebel, Prinz Constantin und Herzogin Anna Amalia (FDH/FGM, Hs-827, vgl. Maler-Müller-Almanach 1980, S. 106 [Faksimile]; LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1425, Bl. 413; LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 938, Bl. 43r [die drei Belege von Seidels Hd mit egh. Unterschrift]). Herzog Carl August entrichtete seinen Beitrag erst am 8. Mai 1780 (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1087, Bl. 37, Beleg Nr 354; Fürstenhaus A 1083a, Bl. 19r); Grund für diese Verzögerung dürfte die angespannte Lage der herzoglichen Schatulle gewesen sein (vgl. zu 92,16–17). Von Wielands Zahlungen konnten nur zwei nachgewiesen werden: Am 11. Juli und am 23. September 1780 erhielt Goethe jeweils einen Dukaten für Müllern in Rom (GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 1). Von Herzogin Louises Schatullrechnung sind für diesen Zeitraum keine Unterlagen überliefert. 9,19–20 Einrichtung für die Zukunft 〈…〉 Antwort vorzulegen] Die Zahlungsmodalitäten sind ungeklärt, entsprechende Vorschläge Müllers nicht überliefert.

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Am 21. Juni 1781 kündigte Goethe nochmals einen Betrag von 100 Dukaten an (vgl. 283,12–14).

6. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. Januar 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 45. – 1 Bl. 19,7(–20) × 8,3 cm, 2 Zeilen beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „1“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 1), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 286. WA IV 4 (1889), 164, Nr 882. BEIL AG E

Möglicherweise Lebensmittel (vgl. zu 9,24–25). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 9,24 Die Ungeschicklichkeit des Glücks] Die Bemerkung könnte sich auf Pech Charlotte von Steins im Kartenspiel beziehen (vgl. u.a. zu 15,13). Am Abend zuvor war Goethe in Tiefurt (vgl. zu 15,15–16) vergnügt mit den Misels (GT I 1, 103). Laut Knebels Tagebuch vom 18. Januar 1780 gehörten an diesem Tag auch Charlotte von Stein, Emilie von Werthern-Beichlingen, Sophie von Schardt, Amalia von Hendrich sowie Caroline von Ilten zur Tiefurter Gesellschaft. Zumindest auf die beiden zuletzt Aufgeführten könnte sich Goethes Bezeichnung ‚Misels‘ beziehen (vgl. GB 3 II, zu 22,10). Am Abend kamen Goethe, Herzog Carl August und der Kammerherr Moritz von Wedel hinzu (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 4v). 9,24–25 zu ersezen] Wohl mit Bezug auf etwas Mitgeschicktes, möglicherweise Lebensmittel von Goethes Mittagstisch (vgl. GT I 1, 103).

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7. An Philipp Christoph Kayser

BRIEF 7

Weimar, 20. Januar 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/260,I, Bl. 4–5. – Doppelblatt 16,7 × 20,6 cm, 4 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe, Tinte; Schlussteil (11,26–31 Bald hatte ich das Nothwendigste 〈…〉 Die Mutter ist eine gute Sängerinn.) mit einer anderen Feder geschrieben. E1: Riemer, Mittheilungen 2 (1841), 111 (Teildruck: 10,11–13 Edle Gestalten 〈…〉 gleich bleiben.; Datierung: 30. Januar 1780). E2: Burkhardt, Goethe/Kayser (1879), 13 (nach h: GSA 68/761; Teildruck: 10,8–27 Den Charakter des Ganzen 〈…〉 Gebratne schmekt.). E3: WA IV 4 (1889), 167–170, Nr 884 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief antwortet auf einen nicht überlieferten Brief Kaysers vom 16. Dezember 1779 (vgl. zu 10,2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Zur Person Philipp Christoph Kaysers (1755–1823) und zu Goethes Verhältnis zu ihm vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 155. – Der Komponist und Pianist Kayser gehört zum Kreis von Goethes Frankfurter Jugendfreunden. 1775 ging er nach Zürich, wo er mit kurzen Unterbrechungen bis zu seinem Tod als Musiklehrer lebte und Sekretär und Archivar der Zürcher Freimaurerloge „Modestia cum Libertate“ wurde (vgl. zu 305,1). Von Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 bis Mai 1781 hielt sich Kayser in Weimar auf (vgl. zu 209,27–28). Ein von Goethe gewünschter Aufenthalt des Komponisten bei Gluck in Wien kam nicht zustande (vgl. zu 304,3). Während der Zeit, die Goethe in Rom verbrachte, war Kayser einige Monate Goethes Gast und begleitete ihn 1788 nach Weimar zurück. – Von Goethe dazu ermuntert, vertonte Kayser Gedichte des von ihm verehrten älteren Freundes (vgl. zu 11,14). Die von Goethe erbetenen Vertonungen seiner Singspiele „Jery und Bätely“ (vgl. zu 10,3–4) sowie „Scherz, List und Rache“ vollendete Kayser nicht. – Von Goethes Briefen an Kayser sind 32 überliefert, von Kaysers Briefen an Goethe sind derzeit nur sechs bekannt. Aus dem Zeitraum dieses Bandes stammen insgesamt fünf Briefe Goethes an Kayser. Der vorliegende Brief vom 20. Januar 1780 ist der dritte überlieferte Brief Goethes an den Adressaten. – Briefe Kaysers an Goethe aus dieser Zeit haben sich nicht erhalten. Möglicherweise wurden sie wie viele der eingegangenen Briefe Goethes vor der Schweizer Reise im Jahr 1797 vom Empfänger selbst vernichtet (vgl. die Tagebucheinträge vom 2. und 9. Juli 1797 [GT II 1, 119f.] sowie die „Tag- und JahresHefte“ für 1797 [WA I 35, 73]). 10,2 Ihren Brief] Nicht überliefert; der erste erhaltene Brief des Komponisten an Goethe stammt vom 15. Februar 1784 (vgl. RA 1, Nr 182).

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10,2–3 Rükreise] Am 14. Januar war Goethe von einer gemeinsam mit Herzog Carl August unternommenen Reise in die Schweiz nach Weimar zurückgekehrt (vgl. zu 5,4–5). 10,3–4 die versprochne Operette] Mit seinem Brief vom 29. Dezember 1779 hatte Goethe sein Singspiel „Jery und Bätely“ an Kayser geschickt. Das 1779 entstandene Stück, das er für den Jugendfreund gemacht (GB 3 I, 367,3) hatte, vertonte dieser nicht (zur Entstehung vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 560). Uraufgeführt wurde es am 12. Juli 1780 mit Musik von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff durch das weimarische Liebhabertheater (vgl. zu 79,6). Die Fassung, die mit Seckendorffs Musik aufgeführt wurde, ist nicht identisch mit der, die Goethe an Kayser schickte: so wurde aus Bätelys Mutter in der Fassung für Seckendorff deren Vater (vgl. zu 11,31). Von der 1780 auf die Bühne gebrachten Fassung wurden im gleichen Jahr nur die Gesangspartien publiziert (ohne Ort, ohne Jahr). 1790 erschien der Erstdruck (danach MA/Goethe 2 I, 292–312); in der Ausgabe letzter Hand veröffentlichte Goethe das Stück mit einem erweiterten Schluss (1828 und 1829, danach WA I 12, 1–38). Zwei Handschriften sind überliefert (vgl. zu den Drucken und Handschriften ausführlich WA I 12, 315–322), allerdings nicht die, die Goethe an Kayser sandte (vgl. die folgende Erläuterung). – ‚Operette‘ hier im Sinne von ‚kleine, komische Oper‘ (vgl. Grimm 13, 1291). 10,6 ein zweites Exemplar] Weder das erste mit dem Brief vom 29. Dezember 1779 an Kayser übersandte Exemplar noch das zweite sind überliefert (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 560). 10,7 mit rother Dinte das allgemeinste des Tons beigezeichnet] Da das von Goethe annotierte Exemplar nicht überliefert ist, muss sich die Rekonstruktion seiner Ideen zur Vertonung vor allem auf das in Briefen Formulierte konzentrieren. Gabriele Busch-Salmen zufolge gehört Goethes Brief an Kayser vom 20. Januar 1780 zusammen mit dem vom 29. Dezember 1779 zu den Texten, in denen Goethe sehr dezidiert Vorstellungen zur Vertonung äußert und in denen seine „Innovationslust“ auf diesem Gebiet zum Ausdruck kommt (Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 20). Im Brief vom Januar 1780 entwerfe „Goethe einen auf Natürlichkeit zielenden neuen Idealtypus, der nicht nur Genreverschränkungen vorsah, sondern alle Empfindungen 〈…〉 in einem schlichten, Tanz und Pantomime einbeziehenden Handlungsrahmen ausleuchten und mit einem überdimensionierten Finale schließen sollte. 〈…〉 Die Goethes Vorgaben entsprechende Umsetzung gelang erst 12 Jahre später durch Johann Friedrich Reichardt, in dessen Vertonung das Stück zu den erfolgreichsten Bühnenarbeiten Goethes wurde.“ (Ebd., 21f.) 10,11–12 Edle Gestalten sind in die Bauernkleider gestekt] Die Figuren des Singspiels sind Bauern, die im Kanton Uri leben. Ähnlich wie im Brief an Kayser charakterisiert Goethe die Protagonisten in einem Schreiben an Dalberg vom 2. März 1780 (vgl. 26,17–18).

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BRIEF 7

10,15–16 erinnere ich Sie nochmals] Mit Bezug auf Goethes Brief an Kayser vom 29. Dezember 1779, in dem er geschrieben hatte: Ueber das Stük selbst will ich Ihnen nichts sagen biss sie es gelesen haben, alsdann bitt’ ich dass Sie mir weitläufig schreiben ob Sie’s unternehmen wollen und wie Sie’s anzugreiffen gedenken. (GB 3 I, 367,5–7.) 10,18 Accompagnements] Franz. accompagnement: (musikalische) Begleitung. 10,20 nur in der Mässigkeit ist der Reichthum] Formulierung möglicherweise vor dem Hintergrund ähnlicher Gedanken, die sich z. B. bei Epikur (und später u. a. bei Cicero) finden: „Der größte Reichtum von allem ist die Selbstgenügsamkeit.“ (Epikur: Wege zum Glück. Griechisch-lateinisch-deutsch. Hrsg. und übersetzt von Rainer Nickel. Düsseldorf, Zürich 2003, S. 127.) Mit Bezug auf Mäßigkeit, d. h. maßvollen Umgang mit kompositorischen Möglichkeiten finden sich ähnliche Äußerungen auch später in Goethes Schriften. So heißt es zu Carl Eberweins Musik zu „Proserpina“: Auch darf man wohl zuletzt noch die Mäßigkeit des Componisten rühmen, welcher 〈…〉 mit keuscher Sparsamkeit die Vorstellung zu fördern und zu tragen suchte. (WA I 40, 118.) 10,21–22 der ganzen Instrumentenkammer] Alle Instrumente eines Orchesters (vgl. GWb 5, 44); hier auch in prägnanter Absetzung von den zuvor und im Folgenden genannten Instrumenten. 10,24 die Fagot] Holzblasinstrument, heute im Deutschen als Neutrum gebraucht. Die feminine Form ist zeitgenössisch z.B. belegt in: Jean Jaques Schaz: Nouveau dictionnaire français & allemand contenant tous les mots et phrases les plus necessaires et les plus divises 〈…〉. Augsbourg 1795 / Neues Französisch und Deutsches Wörterbuch, worinnen alle nöthige und heut zu Tag übliche Redensarten zu finden sind 〈…〉. Augsburg 1795, S. 291. Sowohl im Italienischen als auch im Französischen ist ‚fagoto‘ und ‚fagot‘ maskulin. 10,24 Hautbo] Vgl. franz. hautbois: Oboe. – Die Form ‚Hautbo‘ kommt nur einmal bei Goethe vor (vgl. GWb 4, 800). 10,24 das bestimmt den Ausdruk] Goethe empfiehlt Kayser hier eine kompositorische Behandlung des Bläsersatzes, wie sie die Mannheimer Schule herausgebildet hatte: Im Wechsel treten die Blasinstrumente solistisch hervor und übernehmen melodisch-thematische Aufgaben. 10,26 Hautgout] Von franz. haut goût: hoher Geschmack; hier im Sinne von „für eine starke, den Eigengeschmack von Speisen überdeckende Würze“ (GWb 4, 801). 10,27–28 Recitatif brauchen Sie nach meiner Anlage gar nicht] In den Drucken von „Jery und Bätely“ (vgl. zu 10,3–4) finden sich keine expliziten Vortragsanweisungen für Rezitative, also für solistische, instrumental begleitete Sprechgesänge. Die Unterscheidung von Recitativo secco (einem nur von einem Basso continuo begleiteten Rezitativ) und Recitativo accompagnato (Rezitativ mit Ochesterbegleitung) war Goethe geläufig (vgl. seinen Brief an Kayser vom 25. April 1785; GB 6 I, 47,1–3).

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11,4 währender Arbeit mir immer manchmal was zu melden] Da Kaysers an Goethe gerichtete Briefe für den entsprechenden Zeitraum nicht überliefert sind (und auch Goethes Tagebuchaufzeichnungen keinen Aufschluss gewähren), kann nicht ermittelt werden, ob und in welchen zeitlichen Frequenzen Kayser dieser Aufforderung nachkam. Falls Kayser ihr in Briefen entsprochen haben sollte, müsste er das auf jeden Fall einige Zeit vor der Erstaufführung von „Jery und Bätely“ mit Musik von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff am 12. Juli 1780 getan haben. – ‚Währender‘: Im 17. und 18. Jahrhundert gebräuchliche Form des Partizip Präsens, aus der sich die Präposition ‚während‘ entwickelte. 11,6–9 Von dem Moment an 〈…〉 langen Final.] In der Fassung der Ausgabe letzter Hand (1828) setzt Thomas zweimal zu einem ‚Quodlibet‘ an (WA I 12, 19 und 37; zu Drucken und überlieferten Handschriften vgl. zu 10,3–4). In der Fassung des Erstdrucks des ganzen Stücks (1790) spricht Thomas nur einmal von einem ‚Quodlibet‘ (MA/Goethe 2 I, 302), im ersten, unpaginierten Druck nur der Gesänge (1780) ebenfalls; gleiches gilt für H2 (Bl. 17v), wobei die genannten einmaligen Erwähnungen alle die gleiche Stelle betreffen. Da die Handschrift, die Goethe an Kayser schickte, nicht überliefert ist, kann nicht genau ermittelt werden, welche Stelle Goethe im vorliegenden Brief meint, wenn er von ‚Quodlibet‘ spricht. Es dürfte sich aber um eine Stelle handeln, die der zweiten Erwähnung des Quodlibets in der Fassung der Ausgabe letzter Hand entspricht, da die zweite Stelle strukturell in engerem Zusammenhang mit dem ‚Finale‘ des Stücks steht. – ‚Quodlibet‘: Lat.: ‚was beliebt‘, scherzhaftes Musikstück, das verschiedene Melodien zu einem Stück verbindet. – ‚Kunstterm‘: Ein Kunstterminus, hier bezogen auf ‚Final‘, Schlusspartie eines Aktes oder eines Werkes. 11,14 an Ihren Sachen] Von den bis zu diesem Zeitpunkt von Kayser vertonten Texten kannte Goethe auf jeden Fall die (vermutlich insgesamt) 71 Kompositionen, die in einem von ihm beauftragten, 1777/78 angelegten handschriftlichen Liederbuch stehen, das in seiner Notensammlung überliefert ist (GSA 32/1477), darunter die eigenen Gedichte „Das Veilchen“, „Jägers Abendlied“, „Ihr verblühet, süße Rosen“ und „An den Mond“ sowie Höltys „Die Schiffende“ und „Das Traumbild“ und Klingers „Schottisch Lied“ (zum Inhalt des Liederbuchs vgl. Busch-Salmen/Salmen, Goethes Liederbuch, 200–205; vgl. auch GB 3 II, erste Erläuterung zu 175,14; vgl. ferner zu den von Goethe am 28. April 1777 an den Verleger Philipp Erasmus Reich gesandten Liedern von Kayser GB 3 II, zu 141,19). In das handschriftliche Liederbuch hatte Goethe auch die 21 Lieder der 1775 erschienenen „Vermischten Lieder“ Kaysers übertragen lassen sowie 17 frühe Fassungen aus den 1777 publizierten „Gesängen, mit Begleitung des Klaviers“ (vgl. Busch-Salmen/Salmen, Goethes Liederbuch, 205). 11,16–17 in weitläufigen Orgeleien] Ähnlich abwertend wird das Wort ‚Orgelei‘ auch im „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ im Refrain des Schattenspielmanns gebraucht, wo die Analogie(bildung) zu ‚Dudelei‘ in der Zusammenstellung

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der Worte noch deutlicher bemerkbar ist: Orgelum, Orgelei! / Dudeldumdei! (WA I 16, 37–39.) 11,20 durch einen minor durch eine gewandte Harmonie] Unvermittelter Wechsel der Harmonie von Dur nach moll. – Die Bezeichnung ‚minore‘ zeigt im Notentext einen nicht durch Modulation vorbereiteten Abschnitt eines Musikstücks in moll an. Eine Umschreibung von ‚gewandt‘ in diesem Kontext mit „gekonnt u daher gefällig, elegant wirkend; von ästhet gelungener Hervorbringung, angenehmer (künstlerischer) Manier“ (GWb 4, 178 mit Bezug u. a. auf diese Briefstelle) erfasst den musikalischen Bedeutungshorizont nicht ganz. 11,25 Schreiben Sie mir ia bald.] Vgl. zu 11,4. 11,27–28 Die Aktrice 〈…〉 geübte Sängerinn] Bei der Uraufführung von „Jery und Bätely“ mit Musik von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff am 12. Juli 1780 sang Corona Schröter die Rolle der Bätely. Vermutlich war geplant, dass sie auch in der (nicht zustande gekommenen) Vertonung Kaysers die weibliche Hauptrolle übernehmen sollte. Die Sängerin und Schauspielerin, die seit 1776 in Weimar angestellt war und u.a. 1779 bei der Erstaufführung der Prosafassung von Goethes „Iphigenie“ die Titelfigur gespielt hatte (vgl. GT I 2, zu 78,23), konnte 1780 auf eine langjährige Konzert- und Bühnenerfahrung zurückblicken, da sie bereits mit 14 Jahren in von Johann Adam Hiller in Leipzig veranstalteten Konzerten aufgetreten war. – Der ‚Umfang‘ von Corona Schröters Stimme war allerdings zu ihren Weimarer Zeiten bereits ein geringerer als in ihrer frühen Theaterzeit (vgl. Biedrzynski, 398). 11,28–30 die beiden Mannsleute sind 〈…〉 Leute die sich zu finden wissen] Zunächst hatte Goethe das Stück für zwei Frauen- und zwei Männerrollen konzipiert. Bevor er aus Bätelys Mutter ihren Vater machte (vgl. zu 11,31) und somit drei Männerrollen zu besetzen hatte, waren die beiden Mannsleute Jery und Thomas: Letzterer bewirkt durch sein provokantes Verhalten, dass Bätely den schon länger um sie werbenden Jery erhört (zur Erstaufführung des Stückes vgl. zu 79,6). 11,30 Thomas sollte 〈…〉 Basstimme sein] Die Rolle des Thomas sollte eigentlich von einem Bass gesungen werden, damit zwei Männerstimmen unterschiedlichen Umfangs – Tenor und Bass – erklungen wären. – In der Erstaufführung übernahm die Rolle des Thomas Moritz von Wedel (vgl. Charlotte von Stein an Knebel, 31. Juli 1780; Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f,). 11,31 Die Mutter ist eine gute Sängerinn.] Welche Sängerin ursprünglich die Rolle von Bätelys Mutter übernehmen sollte, „läßt sich nicht eindeutig feststellen. Bei den Proben stellte sich jedenfalls heraus, daß eine geeignete Altstimme fehlte. Kurzerhand machte G. aus Bätelys Mutter ihren Vater, ohne am Text viel zu ändern.“ (MA/Goethe 2 I, 673.) Die Handschriften H1 und H2, welche „die erste Gestalt des Singspiels“ repräsentieren, „haben noch statt des Vaters der Bätely die Mutter derselben.“ (WA I 12, 319f.) In einem Druck nur der Gesangspartien von

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1780 unter dem Titel „Jeri und Bätely, ein Singspiel“ (ohne Ort und Jahr, unpaginiert) ist die Mutter durch den Vater ersetzt; an wenigen Stellen ist versehentlich aber ‚Mutter‘ oder das weibliche Personalpronomen stehen geblieben (vgl. dazu WA I 12, 322).

8. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Ende Januar 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) in den Januar 1781 verweisen der Inhalt des Briefes und die Parallelen zum Tagebuch darauf, dass er schon im Jahr zuvor geschrieben wurde (vgl. zu 12,2–3). Seit dem Erstdruck wird der Brief auch so datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 8. – 1 Bl. 19,6(–19,9) × 8(–8,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), roter Siegelrest; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „18“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 18), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 286. WA IV 4 (1889), 170f., Nr 885. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 12,1 Engel] So hatte Goethe in seinen frühen Briefen auch andere von ihm bewunderte und geliebte Frauen bezeichnet, in der Leipziger Zeit seine Schwester Cornelia und Anna Catharina Schönkopf, später Charlotte Buff und Maximiliane Brentano, 1775 Augusta zu Stolberg und Anna Elisabeth (Lili) Schönemann. Seit 1776 nannte er außer Charlotte von Stein gelegentlich auch Corona Schröter so. – Vgl. Werthers Bericht über seine Bekanntschaft mit Lotte: Einen Engel! Pfuy! das sagt jeder von der seinigen! Nicht wahr? Und doch bin ich nicht im Stande, dir zu sagen, wie sie vollkommen ist, warum sie vollkommen ist, genug, sie hat all meinen Sinn gefangen genommen. (Die Leiden des jungen Werthers; DjG3 4, 114 [Brief vom 16. Juni 〈1771〉].) Seit 1780 wird die Anrede nur noch selten gebraucht (vgl. 80,2; 114,12). 12,1 Vorsorge] Wahrscheinlich im Sinne von ‚Fürsorge‘ (vgl. Adelung 4, 1299), mit Bezug auf Goethes Erkrankung; möglicherweise hatte die Freundin auch Lebensmittel und Medizin geschickt.

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BRIEF 9

12,1 Hierhausen] Im Haus im Garten am „Stern“ (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 62,4). – Zu Goethes Stadtwohnungen bis Juni 1781 vgl. zu 334,18. 12,2–3 Der Kopf ist mir 〈…〉 eingenommen] Etwa seit dem 20. Januar war Goethe krank, wozu er Ende Januar rückblickend im Tagebuch vermerkte: Ward d. Schnuppen Aerger es schlug ein Fieber dazu und ich musste die schöne Zeit ohne irgend etwas zu thun zubringen. Es lag mir im Kopfe dass ich nichts einmal lesen konnte. (GT I 1, 104.) Am 7. Februar schrieb er an Johann Caspar Lavater: Ich habe vierzehn Tage eine Art von Catharfieber gehabt und muss noch iezo mit meiner Arbeit ganz sachte zugehen. (14,25–26). – Über die Ende Januar in Weimar kursierende Krankheit berichtet Carl August in seinem Brief an Merck vom 31. Januar 1780: „Ein gantz wunderbahrer Chatar schleicht hier, u. umliegenden Gegenden herum, u. giebt allen leuten Schnupfen, mit husten Kopfschmerz u. Fieber verbunden; die halbe Stadt liegt daran kranck u. es hat auch so wohl mich, als Göthen überfallen; ich habe mich durch anfänglich bewegung u. luft durchgeholfen, Göthen aber hatte es härter gefaßt.“ (Merck, Briefwechsel 2, 361f.) – Nach einem Rückfall Anfang Februar erholte sich Goethe nur langsam (vgl. zu 23,1), offenbar war er erst Ende März wieder ganz gesund (vgl. 39,4–10). 12,3 – 4 mit einigen guten Freunden] Darunter könnte neben Charlotte von Steins Freundinnen Emilie von Werthern-Beichlingen, Sophie von Schardt, Amalia von Hendrich und Caroline von Ilten auch Carl Ludwig von Knebel gewesen sein. Er besuchte Goethe in dieser Zeit häufig, wie die Einträge vom 24. und 29. Januar 1780 in Knebels Tagebuch belegen (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 5v und 6r).

9. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende Januar/Anfang Februar? 1780〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er auf Ende Januar (vgl. E) oder auf den 8. Februar 1780 datiert (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 214, Nr 377; Petersen, Goethe-Stein 1, 224, Nr 370; Fränkel, GoetheStein2 1, 201, Nr 377). Fielitz und Wahle setzten ihn ohne Angabe von Gründen in den Dezember 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 292, Nr 522; Wahle, Goethe-Stein 1, 274, Nr 521), von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. – Schölls Datierung in E folgt einer angenommenen inhaltlichen Parallele zwischen der Anspielung auf

JANUAR/FEBRUAR 1780

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Gozzis Märchendrama „Das grüne Vögelchen“ (vgl. zu 12,6) und dessen Aufführung im Januar 1780 durch das Weimarer Liebhabertheater, für die es allerdings keinen sicheren Beleg gibt. Fränkel und Petersen präzisieren das Datum nach dem Vermerk im Tagebuch vom 8. Februar 1780 aufs Theater (GT I 1, 104). – Da weitere Anhaltspunkte für die Datierung des Briefes fehlen, wird die zeitliche Einordnung Ende Januar/Anfang Februar 1780 beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 85. – 1 Bl. 9,6(–9,8) × 7,9 cm, Bordüre mit zwei Balken, in weiten Abständen umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 9), 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „72“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 79), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 286. WA IV 7 (1891), 262, Nr 2363. BEIL AG E

Blumen (vgl. die erste Erläuterung zu 12,8). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 12,6 des Wassers das Tanzt und der Aepfel die singen] In Anspielung auf Figuren und Motive aus Carlo Gozzis szenischem Märchen „L’augellino belverde“, 1778 in der Übersetzung von Friedrich August Clemens Werthes unter dem Titel „Das grüne Vögelchen“ erschienen. Unter den handelnden „Personen“ des Stücks werden „A〈e〉pfel, die singen“ und „Wasser, von Gold, das spielt und tanzt“ aufgeführt. Über ihre Zauberkraft heißt es zu Beginn des 3. Aktes: „Du bist schön, mein Liebchen, aber höre, Kein Göttinn würde schöner seyn, Wäre Wasser, welches klingt und tanzet, wäre Von den Aepfeln, welche singen, einer dein.“ (Carlo Gozzi: Theatralische Werke. Bd 3. Bern 1778, S. VIII und 59.) – Nach Schölls „U e b e r s i c h t der Aufführungen“ des Weimarer Liebhabertheaters soll das Stück im Januar 1780 aufgeführt worden sein (vgl. Schöll, Carl-August-Büchlein, 29; danach bei Burkhardt, Weimarer Bühne, 115; Schrickel, Weimarer Theater, 159). 12,7 Damen] Darunter möglicherweise Emilie von Werthern-Beichlingen und Sophie von Schardt (vgl. zu 9,24). 12,8 Blumen ausser der Jahrszeit] Wahrscheinlich im Topf gezogene Pflanzen. 12,8 Packat] Pagat (vgl. ital. bagatella: Kleinigkeit), niedrigster Trumpf im Tarockspiel, das sich im 18. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute (vgl. zu 15,13).

JANUAR/FEBRUAR 1780

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Gozzis Märchendrama „Das grüne Vögelchen“ (vgl. zu 12,6) und dessen Aufführung im Januar 1780 durch das Weimarer Liebhabertheater, für die es allerdings keinen sicheren Beleg gibt. Fränkel und Petersen präzisieren das Datum nach dem Vermerk im Tagebuch vom 8. Februar 1780 aufs Theater (GT I 1, 104). – Da weitere Anhaltspunkte für die Datierung des Briefes fehlen, wird die zeitliche Einordnung Ende Januar/Anfang Februar 1780 beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 85. – 1 Bl. 9,6(–9,8) × 7,9 cm, Bordüre mit zwei Balken, in weiten Abständen umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 9), 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „72“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 79), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 286. WA IV 7 (1891), 262, Nr 2363. BEIL AG E

Blumen (vgl. die erste Erläuterung zu 12,8). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 12,6 des Wassers das Tanzt und der Aepfel die singen] In Anspielung auf Figuren und Motive aus Carlo Gozzis szenischem Märchen „L’augellino belverde“, 1778 in der Übersetzung von Friedrich August Clemens Werthes unter dem Titel „Das grüne Vögelchen“ erschienen. Unter den handelnden „Personen“ des Stücks werden „A〈e〉pfel, die singen“ und „Wasser, von Gold, das spielt und tanzt“ aufgeführt. Über ihre Zauberkraft heißt es zu Beginn des 3. Aktes: „Du bist schön, mein Liebchen, aber höre, Kein Göttinn würde schöner seyn, Wäre Wasser, welches klingt und tanzet, wäre Von den Aepfeln, welche singen, einer dein.“ (Carlo Gozzi: Theatralische Werke. Bd 3. Bern 1778, S. VIII und 59.) – Nach Schölls „U e b e r s i c h t der Aufführungen“ des Weimarer Liebhabertheaters soll das Stück im Januar 1780 aufgeführt worden sein (vgl. Schöll, Carl-August-Büchlein, 29; danach bei Burkhardt, Weimarer Bühne, 115; Schrickel, Weimarer Theater, 159). 12,7 Damen] Darunter möglicherweise Emilie von Werthern-Beichlingen und Sophie von Schardt (vgl. zu 9,24). 12,8 Blumen ausser der Jahrszeit] Wahrscheinlich im Topf gezogene Pflanzen. 12,8 Packat] Pagat (vgl. ital. bagatella: Kleinigkeit), niedrigster Trumpf im Tarockspiel, das sich im 18. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute (vgl. zu 15,13).

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BRIEFE 10/11

12,9 solviren] Solvieren (von lat. solvere): auflösen, hier wahrscheinlich: bezahlen; möglicherweise auch flüchtig für ‚salvieren‘ (von. lat. salvare): retten, aufbewahren (für den letzten Stich).

10. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Anfang Februar 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) unter die undatierten Briefe aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183) verweisen Beilage und Inhalt auf eine frühere Datierung kurze Zeit nach der Rückkehr Goethes von der Schweizer Reise. Wahrscheinlich wurde der Brief Anfang Februar 1780 geschrieben, als Goethe von einer fieberhaften Erkrankung (vgl. zu 12,2–3) vorübergehend genesen war. Seit dem Erstdruck wird der Brief auch so datiert. Nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 99. – 1 Bl. 20,7 × 7(–7,2) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „119“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 119), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 287. WA IV 7 (1891), 266, Nr 2384. BEIL AG E

Zeichnungen (vgl. zu 12,11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 12,11 meine neu angekommnen Zeichnungen] Wahrscheinlich die auf der Schweizer Reise erworbenen Zeichnungen, die sich Goethe hatte nachschicken lassen und die in Weimar nach und nach angekommen waren (28,2; vgl. auch 28,27–28). 12,12–13 Ich lauffe spazieren 〈…〉 das schonste erste Wetter] Ähnlich heißt es im 2. Buch von „Wilhelm Meisters Lehrjahren“: Wenn schön Wetter ist, geht man spazieren, wie man tanzt, wenn aufgespielt wird. (WA I 21, 157f.) – Laut Knebels Tagebuch herrschte bis Ende Januar 1780 winterlich kaltes und schneereiches Wetter, am 6. Februar findet sich der Eintrag: „Es wird weich

FEBRUAR 1780

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Wetter.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 7v.) Etwa um diese Zeit hatte sich Goethe vorübergehend von einer Erkältung erholt (vgl. zu 12,2–3).

11. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 6. Februar 〈1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Die Jahresangabe 79. (13,4) ist offensichtlich verschrieben, wie es häufiger zu Beginn eines neuen Jahres vorkommt (vgl. Datierung zu Nr 32). Der Inhalt des Briefes verweist auf die Zeit nach Goethes Rückkehr von seiner Schweizer Reise 1780 (vgl. zu 13,5–6). Seit dem Erstdruck wird der Brief daher mit der korrigierten Datierung ‚6. Februar 1780‘ gedruckt. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 3. – 1 Bl. 18,5(–19) × 11,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, unten rechts Siegelausriss; Vs. roter Siegelrest; Rs. Adresse: Fr. v. Stein., Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte und Bleistift: „17a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 7), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 288. WA IV 4 (1889), 171, Nr 886. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein noch am selben Tag (vgl. zu 13,2–3), der Antwortbrief ist nicht überliefert. 12,16 wo die Kutsche hinwollte] Möglicherweise fuhr Goethe nach Ottstedt am Hang des Ettersberges, etwa 10 km nordöstlich von Weimar. Im Fourierbuch vom 5. Februar 1780 heißt es: „vormittag um 10. uhr 〈…〉 DurchL. Herzog mit etL. Dames und Cavaliers 〈…〉 auf die Jagd.“ (FB 1780, S. 32.) 12,17 gar leidlich] Goethe hatte sich erst kurz zuvor von einer fieberhaften Infektion der Atemwege erholt (vgl. zu 12,2–3). 13,1 das Alex. Fest] Georg Friedrich Händels Oratorium „Das Alexanderfest“ (Uraufführung London 1736). Nach Knebels Tagebuch wurde am 6. Februar 1780 „Abends 〈…〉 daselbst 〈bei Hofe〉 Alexanders Fest aufgeführt“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 7v). Dass am 6. Februar „Abends / Cour und Concert“ (FB 1780, S. 33) stattfanden, bestätigt auch das Fourierbuch, während am 5. nur die Mittagstafel und der Jagdausflug nach Ottstedt vermerkt sind (vgl. ebd., S. 32). Goethe hatte demnach am 5. Februar an einer Probe teilgenommen.

46

BRIEF 12

13,1 Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 13,2–3 Gehn Sie heut nach Hof?] Laut Tagebuch ging Goethe am 6. Februar 1780 Abends zu 〈Charlotte von Stein〉 (GT I 1, 104). Wahrscheinlich hatte sie ihm zuvor mitgeteilt, dass sie zu Hause bleiben werde. 13,4 dl. 6 Febr 79.] Jahresangabe versehentlich verschrieben (vgl. Datierung). 13,5–6 Reisebeschr vom Munsterthal, 〈…〉 und Savoyen] Goethes Beschreibungen des Münster-Thals (GB 3 I, 316,28) und der Savoyer Tour (ebd., 344,16) lagen jeweils als Abschriften von Philipp Seidel Briefen an Charlotte von Stein bei (vgl. ebd., 317–319, zu Nr 538; 345–354, zu Nr 550). Die Tour auf die höchsten Gipfel des Jura (ebd., 329,7–8), die durch das Vallée de Joux zum Lac de Joux führte, schildert Goethe in einem gleichfalls diktierten Brief (vgl. ebd., 329–330, zu Nr 543). Er benutzte die Reisebriefe für seine literarische Darstellung der Schweizer Reise (vgl. die folgende Erläuterung). 13,6 am Wallis] Von der Reise durchs Wallis auf den Gotthart (GB 3 I, 344,18) ist kein Brief oder Bericht Goethes überliefert (vgl. Goethes Berichte im Tagebuch; GT I 1, 98f.). Sein unleserliches Tagbuch (GB 3 I, 359,16), das ursprünglich für Charlotte von Stein abgeschrieben werden sollte, wurde erst nach der Rückkehr in Weimar in Ordnung gebracht. Anfang Februar 1780 vermerkt Goethe im Tagebuch: Dicktiren meiner Reise beschr. zugebracht um nach und nach wieder in Thätigkeit zu kommen. (GT I 1, 104.) Unter dem 6. Februar findet sich der Eintrag: früh Reise dickt. (Ebd.) Am 27. März las Goethe Charlotte von Stein, Emilie von Werthern-Beichlingen, Sophie von Schardt und Knebel aus der Reise beschreibung (GT I 1, 108) vor; danach scheint er die Arbeit wieder aufgenommen zu haben (vgl. zu 37,7–8). Am 2. April las er bei der Herzoginmutter Anna Amalia in Anwesenheit Wielands aus der Schw R. vor (GT I 1, 109), möglicherweise schon aus dem Ende März/Anfang April entstandenen Teil, mit dem die Arbeit für Goethe vorläufig abgeschlossen war (vgl. zu 42,11–12).

12. An Johann Caspar Lavater Weimar, 7. Februar 1780 → Zürich ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 112. – Doppelblatt 18,4(–18,7) × 27,6 cm, 3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, egh. Paraphen und egh. Nachschrift (15,1–11 NB. Einige meiner 〈…〉 Recht würcklich unrecht. G), Tinte; S. 4 egh. Adresse: An Herrn Helfer / Lavater / nach / Zürch., Zusatz von Schreiberhd (Seidel): frco Nürnberg., Rest eines roten Initialsiegels: „G“; Bl. 2 am rechten Rand Siegelausriss, geringer Buchstabenverlust (15,4, 15,5);

FEBRUAR 1780

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Einfügungen (Striche, Klammer, Notizen) von fremder Hd, Bleistift (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 66–70, Nr 20 (Teildruck: 14,19–21 Aus beiliegendem Briefe 〈…〉 als wenn was gewesen wäre. fehlt) (Heinrich Hirzel). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 189 (Teildruck: 13,8 Ich muss dir von dem, was bisher vorgefallen Nachricht geben.; 14,19–21 Aus beiliegendem Briefe wirst du ersehen 〈…〉 als wenn was gewesen wäre.) E3: WA IV 4 (1889), 171–174, Nr 887 (Eduard von der Hellen). BEIL AG E

Brief von Johann Heinrich Füßli an Goethe (vgl. zu 14,19–20). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 12. Januar 1780 (vgl. RA 1, Nr 107). – Lavater antwortete am 18. Februar 1780 (vgl. RA 1, Nr 108a+). Postsendungen: 10. Februar 1780 (vgl. GR/RB 1780, 1, Bl. 6v; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 6r). Das freundschaftliche Verhältnis zwischen Goethe und dem Zürcher Prediger Johann Caspar Lavater (1741–1801) bestand seit ihrer ersten Begegnung im Juni 1774 (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 67). Nach der erneuten Begegnung im November/Dezember 1779 in Zürich auf Goethes Schweizer Reise intensivierte sich der Briefwechsel: Für den Zeitraum dieses Bandes sind 25 Briefe von Goethe und 18 Briefe von Lavater überliefert, letztere ausschließlich als Abschriften (vgl. zu 29,21). Hinzu kommt ein erschlossener Brief Goethes (EB 63). In Goethes Briefen kommt eine zunehmende Unzufriedenheit infolge der Überlastung durch seine amtlichen Pflichten zum Ausdruck (vgl. zu 29,27; zu 137,7–10). Thematisiert werden auch Spannungen, die sich aus Lavaters Hang zum Wunderglauben und aus dessen Beziehungen zu Christoph Kaufmann oder Cagliostro ergaben. Ebenso verstärkten sich die Differenzen in religiösen Fragen, die die Briefpartner auch gegenüber Dritten nicht verschwiegen (vgl. zu 210,34–35; zu 267,9). Die Briefe lassen die allmähliche Entfremdung der Korrespondenzpartner erkennen, die 1782 mit Goethes vernichtendem Urteil über den ersten Band von Lavaters „Pontius Pilatus“ virulent wurde (vgl. zu 344,12). – Für die Kommentierung wurden die Tagebücher Anna Barbara von Muralts, Lavaters Kusine und Vertraute, als Quelle herangezogen (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1). 13,9 Transp.] Transport. 13,10 Corregge] Ein Correggio zugeschriebenes Gemälde (vgl. zu 28,17–20). 13,10 alles] Laut Lavaters Brief vom 12. Januar 1780 waren an diesem Tag „mit der Fuhr Das Gemählde, die R u h i n Ä g y p t e n von C o r r e g e, u. zwey Schattenriße – Mit der fahrenden Post – die A p o k a l y p s e“ abgegangen (GoetheLavater3, 94). – Die Sendungen aus Zürich nach Weimar für Goethe und den

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BRIEF 12

Herzog lassen sich nicht mehr eindeutig zuordnen: Carl August hatte Bertuch bereits am 3. Dezember 1779 die Ankunft mehrerer Sendungen mit Kunstwerken angekündigt: „Es werden durch Franckfurth Kisten, u. Kasten von Lavatern kommen, laß sie alle unaufgemacht stehn, so viel ihrer sind, nur bewahre sie vor näß u hitze, kalte u.d.g. wo für man eben sachen die nicht Kleider u bloß Bücher sind verwahret.“ (GSA 6/1591.) Lavater hatte Carl August am 2. Februar 1780 von mehreren Sendungen berichtet (vgl. zu 28,17–20; Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1025f.). Bereits am 22. Januar 1780 vermerkte Goethe im Tagebuch: Kamen die Kisten an. (GT I 1, 104.) Laut Goethes Rechnungsbuch war am 3. Februar ein weiterer Kasten mit Gemälden von Zürich eingetroffen (GR/RB 1780, 1, Bl. 6r). Unter den Rechnungen der herzoglichen Schatulle ist ein Beleg für Ausgaben überliefert, die Goethe erstattet wurden, u.a. für Frachtkosten von Kunstwerken, die am 1., 9., 11., 19. und 20. Februar sowie am 1. März in Weimar eintrafen und die wohl z.T. Lavaters Sendungen aus der Schweiz entsprachen (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 16, Beleg Nr 522). – In den darauffolgenden Monaten betätigte sich Lavater als Kunstagent für Goethe (vgl. zu 28,27; zu 83,19; zu 148,23; zu 233,10) und den Weimarer Hof (vgl. zu 28,17–20; zu 69,4; zu 157,1–2; zu 156,21; zu 233,13; zu 266,26; zu 343,14). Dabei erhielt er finanzielle Unterstützung von Carl August (vgl. zu 105,9). Welche Kunstwerke in die herzogliche Sammlung gelangten, lässt sich im Einzelnen nicht mehr ermitteln. 13,10 Hamilton] Wahrscheinlich die von Gavin Hamilton herausgegebene „Schola Italica Picturae. Sive Selectae quaedam Summorum e Schola Italica Pictorum Tabulae aere incisae“ (Rom 1773), eine Sammlung von 40 Tafeln mit Kupferstichen nach Meisterwerken berühmter italienischer Meister aus der Renaissance und dem Barock, die als Vorbilder für Künstler und Lehrer dienen sollten (vgl. Brendan Cassidy: The Life & Letters of Gavin Hamilton [1723–1798]. Artist & Art Dealer in Eighteenth-Century Rome. London u. a. 2011. Bd 1, S. 22–25). Der Titel ist zwar nicht in Goethes Bibliothek nachgewiesen, die darin enthaltenen Tafeln sind aber in seiner Kunstsammlung überliefert, darunter auch der Titelstich (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGr/Sch.I.018,0151). Lediglich „Modestia et Vanitas“ nach Leonardo (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr IK 4402) und „Magdalena“ nach Reni (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr IK 3715/93) gehören zum Bestand „Graphische Sammlungen“. 13,11 Paquet mit der Abschrift der Offenbahrung] Mit seiner Sendung vom 12. Januar hatte Lavater auch seine poetische Bearbeitung der Offenbarung des Johannes geschickt (vgl. die zweite Erläuterung zu 13,10): „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn. Nach der Offenbarung des Johannes“ (o. O. u. J. 〈Zürich 1780〉). Weder die Goethe vorliegende Abschrift, die auch die zwölf letzten Gesänge enthielt, noch Lavaters Manuskript sind überliefert.

FEBRUAR 1780

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13,12 die erste Capitel] Lavater hatte Goethe im Oktober 1779, noch vor dessen Besuch in Zürich, die erste Hälfte dieses Werks mit zwölf Gesängen im Manuskript zukommen lassen (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 327,19). Goethe hatte das Werk zunächst kritisch, dann wohlwollender beurteilt (vgl. GB 3 I, 327,21–328,7 und 340,6–28). 13,13 mit der zweiten Hälfte] Goethes Vorbehalte betrafen die im zweiten Teil beschriebenen Visionen vom Tausendjährigen Reich Christi auf Erden. Lavaters Messiade lehnte sich zwar an den Aufbau und die Gliederung der Apokalypse an, wies aber eine Reihe von inhaltlichen Abweichungen und poetischen Freiheiten auf, die die Christologie des Verfassers stützten. Lavaters chiliastische Vorstellungen kommen insbesondere im 21. Gesang zum Ausdruck, der mehrere Beschreibungen des Millenniums enthält (vgl. Lavater, Jesus Messias, 185–200). 13,16 Herders Buch] Die ohne Angabe des Verfassers 1779 in Riga erschienene (und in Weimar gedruckte) Schrift Herders „MA AN A A. Das Buch von der Zukunft des Herrn, des Neuen Testaments Siegel“ (Suphan 9, 101–288). Der aramäische Ausruf Maranatha (vgl. 1. Korintherbrief 16,22) bedeutet: „Unser Herr, komm!“ Herder hatte bereits eine frühere Fassung des Manuskripts aus dem Jahr 1774 („Johannes Offenbarung. Ein heiliges Gesicht, ohn’ einzelne Zeichendeutung verständlich“) einem kleinen Kreis, zu dem Goethe und Lavater gehörten, zu lesen gegeben (vgl. GB 3 II, zu 119,6). Herder maß seiner in Prosa verfassten Apokalypse-Nachdichtung eine große Bedeutung zu, in seinen Briefen an Johann Friedrich Hartknoch vom 6. Mai und 10. Oktober 1779 hatte er es sein „letzte〈s〉 Buch u. Meisterwerk“, „Schwanengesang“ (HB 4, 88), „Meisterstück u. vielleicht das Ende meiner Autortage“ (ebd., 103) bezeichnet. 13,16 viritim] Lat.: einzeln. 13,17 ihm zugeschikt] Im Bezugsbrief hatte Lavater Herders Apokalypse-Nachdichtung „Maran Atha“ indirekt erwähnt (vgl. Goethe-Lavater3, 96). Inzwischen war Lavaters Brief an Herder vom 30. Januar 1780 in Weimar angekommen, geschrieben auf einem undatierten Brief von Unbekannt an Johann Conrad Pfenninger (vgl. die dritte Erläuterung zu 14,29). Lavater hatte darin die scharfe Kritik des unbekannten Briefschreibers an Herders Buch gebilligt: „Ich unterschreibe dieß urtheil 〈…〉. Ich weiß, du willst und bedarfst meines Lobes nie, und mein Tadel ist nichts, als reiner wunsch, daß Ein Licht uns alle erläuchten und tausende durch uns.“ (Brief vollständig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1023f.) – In seinem Brief an Herder vom 16. Februar 1780 ging Lavater nicht auf „Maran Atha“ ein, vielmehr bat er Herder um seine Meinung über das an Goethe überschickte Manuskript von „Jesus Messias“ (vgl. Aus Herders Nachlaß 2, 190). Herder reagierte zwar nicht direkt auf Lavaters Briefe, Goethe besprach aber höchstwahrscheinlich Lavaters Manuskript mit ihm, so dass Herders Meinung zumindest mittelbar durch Goethes Briefe nach Zürich gelangte (vgl. zu 67,23). Die unterschiedliche Auslegung der Apokalypse führte zur Entfremdung zwischen Herder und Lavater (vgl.

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Herders Brief an Hamann vom September 1780, HB 4, 132; Lavaters Brief an Herder vom 23. Oktober 1780, Aus Herders Nachlaß 2, 191–201). Herders Brief vom 3. November 1780 markierte den endgültigen Bruch mit seinem Zürcher Kollegen (vgl. HB 4, 138–141). 13,18 Deine Albrecht Dürers, Martin Schön und Lukas von Leiden] Lavaters Sammlung niederländischer und altdeutscher Stiche, deren Verbleib heute unbekannt ist, war ein wichtiges Gesprächsthema während Goethes und Carl Augusts Aufenthalt in Zürich gewesen. Es wurde verabredet, dass Lavater seine Sammlung nach Weimar schicken sollte, damit Goethe sie sortieren und vervollständigen konnte. Sie enthielt Stiche Albrecht Dürers, Martin Schongauers und Lucas van Leydens. Goethe und Lavater tauschten sich hauptsächlich über die Dürer-Stiche aus (vgl. Bertsch/Grave, Dürer). Lavaters Dürer-Sammlung bestand wohl aus zwei Teilen, einem erst kürzlich erworbenen Teil (vgl. die zwei folgenden Erläuterungen), der bereits in Weimar eingetroffen war, und einem Teil, den Lavater seit längerer Zeit besaß und als Arbeitsmittel für seine physiognomischen Studien benutzt hatte (vgl. zu 13,21). Letzterer Teil kam bis Ende Februar in Weimar an (vgl. zu 28,6–7). Außerdem schickte Lavater im Sommer 1780 weitere, nachträglich erworbene Dürer-Stiche nach (vgl. zu 48,19; zu 69,12–13; zu 94,16; zu 102,7–8). Goethe ordnete Lavaters Sammlung und behielt sie bis September 1780 (vgl. zu 113,11). – Goethes intensive Beschäftigung mit Dürer war von Carl August angeregt worden, der ebenfalls eine große Sammlung besaß (vgl. zu 39,19); außerdem hatten sich Goethe und Carl August während der Schweizer Reise mit Künstlern und Kunstsammlern befasst (vgl. GB 3 II, zu 299,20, zu 320,14–15, zu 320,15, zu 321,11, erste Erläuterung zu 321,12 und zu 321,13–14; Brief von Carl August an Anna Amalia vom 29. September 1779, Bergmann, 26). Goethe tauschte Doubletten zwischen Lavaters und Carl Augusts Sammlung aus (vgl. zu 14,3–6). Außerdem schaffte Carl August weitere Kupfer für Lavater an (vgl. zu 48,13–16). Die Veränderungen in Lavaters Dürer-Sammlung während dieser Monate in Weimar lassen sich nicht mehr genau rekonstruieren. Aus Lavaters Verzeichnis aus dem Jahr 1785 lässt sich jedoch der Umfang seiner Sammlung nach der Rückgabe im Herbst 1780 ersehen (vgl. Bertsch/Grave, Dürer, 310–313). – Die Auseinandersetzung mit Lavaters Dürer-Sammlung trug zur ‚Professionalisierung‘ von Goethes Sammeltätigkeit entscheidend bei (vgl. ebd., 296): Er schulte seinen Blick, der sich nicht mehr nur auf die Betrachtung des Gegenstandes beschränkte, sondern auch die formalen Eigenschaften, die Qualität der Drucktechniken und die Besonderheit und Qualität der Abzüge berücksichtigte (vgl. zu 39,21–22; zu 49,1). Angeregt durch diese intensive Kunstanschauung entwarf Goethe den nicht ausgeführten Plan, einen Aufsatz über Dürer zu schreiben (vgl. zu 39,21–22), und gründete eine eigene Graphik-Sammlung (vgl. zu 114,1). 13,19 Toggenburg] Möglicherweise handelte es sich um den in Marthalen (Zürich) angesiedelten Arzt Ulrich Toggenburg (vgl. Grave, 66). Nicht auszuschließen

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ist jedoch, dass Lavater die Sammlung aus Toggenburg, einem Ort im Kanton St. Gallen, bezogen hatte. 13,19 Heideggern] Hans Conrad Heidegger, Sohn des früheren Zürcher Bürgermeisters Johann Conrad Heidegger, war ein großer Kunst- und Büchersammler. Carl August hatte sich über dessen Sammlung in einem Brief vom 29. November 1779 an seine Mutter begeistert geäußert (vgl. Bergmann, 30f.). Heidegger hatte den Herzog mit Kunstwerken beschenkt (vgl. ebd.) und strebte später ein Tauschgeschäft an (vgl. zu 28,23). 13,20 von ihren alten Papieren losgelöst] Lavaters Druckgraphiken waren ursprünglich in Klebebänden montiert und mussten für die Neusortierung abgezogen werden. In Goethes Rechnungsbüchern befindet sich ein später gestrichener Eintrag vom 29. Januar 1780: Buchbinderlohn vor Hl. Lavater 3 rh (GR/RB 1780, 1, Bl. 5r). Grund für die Streichung dürfte die Verrechnung dieses Postens mit den Ausgaben sein, die Lavater für Goethe machte (vgl. zu 49,32). 13,21 deiner eignen] Der zweite Teil von Lavaters Dürer-Sammlung; Lavater hatte am 12. Januar 1780 angekündigt, „die D ü r r e r s, mit Bitte der Beschleünigung“, bald schicken zu wollen (Goethe-Lavater3, 95; vgl. zu 28,6–7). 13,25–14,1 Bei der Albrecht Dürerischen Sammlung 〈…〉 nur einkleben darfst.] Goethe ordnete Lavaters Dürer-Sammlung nach thematisch-systematischen Kriterien in Anlehnung an Heinrich Sebastian Hüsgens „Raisonnirendes Verzeichnis aller Kupfer- und Eisenstiche, so durch die geschickte Hand Albrecht Dürers selbsten verfertigt worden“ (Hüsgen, Verzeichnis Dürer; vgl. Ruppert, 363, Nr 2456). Er ließ die Dürer-Stiche in Klebebänden montieren und hielt Lücken für die noch fehlenden Exemplare frei, damit Lavater sie an der richtigen Stelle ergänzen konnte. Für das Studium der Dürer-Sammlung kaufte Goethe am 4. April 1780 neben zwei Exemplaren von Hüsgens Katalog auch Carl Heinrich von Heineckens „Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen“ (2 Bde. Leipzig 1768–1769; vgl. Ruppert, 337, Nr 2317; vgl. auch GR/Belege 1780, 1, Bl. 45). Am 24. Juli 1780 ließ Goethe die Dürer-Werkverzeichnisse einbinden (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 14v). 14,2 keinen kompletten Catalogus] In Johann Caspar Füßlis Standardwerk „Raisonirendes Verzeichnis der vornehmsten Kupferstecher und ihrer Werke. Zum Gebrauche der Sammler und Liebhaber“ (Zürich 1771) waren nur einige Stiche von Lucas van Leyden besprochen worden (S. 109–111), während Schongauer keine Erwähnung fand. Heinecken hatte ebenfalls nur eine summarische Beschreibung von Lucas van Leydens Werk geboten (vgl. Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen, Bd 1, S. 295–300). Heinecken hatte Martin Schongauer, den er (wie Goethe auch) Martin Schön nannte, nur am Rande erwähnt und nur einige Stiche beschrieben (vgl. ebd., S. 284–287; Ders.: Idée générale d’une collection complette d’estampes. Leipzig, Wien 1771, S. 218–222 [Ruppert, 362, Nr 2453]). – 1786 lieferte Heinecken ein Verzeichnis der Kupferstiche Schongauers (vgl. Neue Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen. Leipzig 1786,

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S. 410–435). Den ersten Katalog zu Lucas van Leydens graphischem Werk legte Adam Bartsch erst 1798 vor (Catalogue raisonné de toutes les estampes qui forment l’oeuvre de Lucas de Leyde. Wien 1798). 14,3–6 Einige Blätter 〈…〉 mit eingeheftet finden.] Der Doublettenaustausch zwischen Carl Augusts und Lavaters Sammlung lässt sich nicht mehr im Einzelnen rekonstruieren. – In Weimar bestand seit dem zufälligen Fund einer Dürer-Sammlung im Jahr 1779 ein verstärktes Interesse für Dürer (vgl. zu 39,19). – Carl August hatte am 18. Januar 1780 Lavater gegenüber betont, wie positiv die Kunstbetrachtung und die eigene Dürer-Sammlung auf seinen Gemütszustand wirkten (vgl. zu 240,15): „Die Geistigen vortheile, u. deren Freuden müßen nach u. nach, folgen u. sich bemerkbar machen; jetz wäre es noch zu früh, auch verlange ich es nicht. Ich bin mit ungemein glücklicher Stimmung, u. schönen Begriffen angekommen, u. auch 2 Tage so erhalten, den dritten aber übermannte mich der große unterschied von Lebensart, u. der Mangel tausendfacher Gegenstände, deren ich gewohnt worden war, wickelte mich in eine Dunckelheit, u. Nebel ein, den ich nun geduldig abwarten muß. Heute habe ich meine A. Dürers vorgenommen, u. diese müßen mir wieder licht / verbreiten. Die Gemählde erwarte ich mit Schmertzen. Ich laße mich jetz auf gar nichts ein; eine 8tägige stille muß den neuen mitgebrachten Gedancken, Quartier verschaffen, jetzt bringen sie noch die Nacht auf der Gaße zu. Wenn sie alle einlogirt sind, u. visiten annehmen, will ich sie besuchen, u. dann Ihnen bester Lavater, von dem erfolg des Besuches nachricht geben.“ (ZB Zürich FA Lav. Ms. 505.44; vgl. Karl August und Luise-Lavater, 268.) 14,6 Das getuschte Portrait von dir] Höchstwahrscheinlich das mit Pinsel in Braun gezeichnete, ausführlich getuschte Lavater-Porträt von Johann Heinrich Lips (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.275,0438.1; vgl. Heinrich Funck: Zu Lavaters Goethe-Bildnissen. In: GJb XXIII [1902], 186). Für die Datierung dieses getuschten Porträts um 1780 spricht ein nachweislich 1780 von Lips gezeichnetes und gestochenes Porträt, das Lavater ebenfalls ohne Kappe und in einer ähnlichen Haltung abbildet; insbesondere die Haare weisen eine große Ähnlichkeit mit denen des getuschten Porträts auf (vgl. Lavater, Physiognomonie 2, 208). Bisher wurde angenommen, das in Weimar überlieferte Porträt sei um 1790 entstanden, als sich Lips in Weimar aufhielt (vgl. Helvetien in Deutschland. Schweizer Kunst aus Residenzen deutscher Klassik 1770–1830. Hrsg. von Martin Bircher und Gisold Lammel. Zürich 1990, S. 50f.). 14,9 verglichen] ‚Sich vergleichen‘ hier im Sinne von ‚sich versöhnen, sich abfinden‘ (vgl. Adelung 4, 1048). 14,10–11 producibles Avertissement] Vorlegbare Ankündigung. – Lavater lehnte Goethes Angebot, Subskribenten anzuwerben, zunächst ab: „Kein Wort von der französischen Physiognomik, mein Lieber, möcht ich ankündigen. B i s man sie in 4 oder 6 Wochen haben kann. Sage also noch niemand nichts.“ (Hirzel, Lavater-Goethe, 496.)

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14,11 deine französche Phisiognomik betreffend] Die Veröffentlichung des ersten Bandes der französischen Ausgabe der „Physiognomischen Fragmente“ nahm viel mehr Zeit in Anspruch als von Lavater angenommen. Sie erschien schließlich erst Ende November 1781 (vgl. zu 354,11–12). Sie trug den Titel „Essai sur la Physiognomonie, destiné A faire Connoître l’Homme & à le faire Aimer“ (Den Haag). Wie die deutsche in Großquarto auf holländischem Royalpapier gedruckt, war sie noch mit mehr Platten und Abbildungen ausgestattet und wurde Subskribenten für den ähnlich üppigen Preis von 3 Louisdor je Band angeboten. Die Prachtausgabe musste nach Erscheinen des 3. Bandes im Jahr 1786 wegen des vermehrten Materials um einen vierten ergänzt werden, der Ende 1788 erscheinen sollte (vgl. „Avis au public“ [Hinweis an das Publikum] des Verlegers Johann Heinrich Steiner, in: Lavater, Physiognomonie 3, o. S.). Aufgrund der Französischen Revolution konnte er erst postum, 1803, erscheinen. 14,17 dein teutsches Werk] Johann Caspar Lavater: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. 4 Bde. Leipzig und Winterthur 1775–1778. – Goethe war an der Drucklegung beteiligt gewesen (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 178). 14,17 so theuer] In Lavaters Vertrag über die Herausgabe der „Physiognomischen Fragmente“ mit dem Leipziger Verleger Philipp Erasmus Reich und Johann Heinrich Steiner in Winterthur war das gleichzeitige Erscheinen der französischen Ausgabe vorgesehen (Konzept vom 1. September 1773; vgl. Ursula Caflisch-Schnetzler: „Mit der ganzen Klugheit eines Buchhändlers, dem Nachdenken eines Philosophen, der Geduld eines Freündes und der Gesinnung eines Großmüthigen.“ Der Briefwechsel zwischen Johann Caspar Lavater [1741–1801] und Philipp Erasmus Reich [1717–1787]. In: Verlegerische Geschäftskorrespondenz im 18. Jahrhundert. Das Kommunikationsfeld zwischen Autor, Herausgeber und Verleger in der deutschsprachigen Aufklärung. Hrsg. von Thomas Bremer und Christine Haug unter Mitwirkung von Helga Meise. Wiesbaden 2018, S. 187–203, hier S. 202f.). Es ließ sich jedoch kein Übersetzer finden. Aufgrund des hohen Preises (18 Reichstaler und 16 Groschen für den ersten, 24 Reichstaler für jeden der restlichen Bände) erfüllte der Absatz der deutschen Ausgabe ohnehin nicht die Erwartungen. Dies belegt Johann Georg Zimmermanns Brief an Reich vom 13. Dezember 1781: „Man wollte daß Sie 2500 Exemplare von der Physiognomik drucken: Sie drucken 700, und 250 bleiben Ihnen auf dem Halse!! / Gott lobe daß Sie trocken ans Land gekommen sind. / Ich verstehe nicht recht, was Sie von der frantzösischen Übersetzung der Physiognomik sagen? Sie sagen 1) kein Sterblicher konnte sie übersetzen. Darinn haben Sie recht, wenn Sie sagen daß keine eigentliche frantzösische Übersetzung davon möglich ist. Aber so wie man sie übersetzen konnte hat sie doch Madame de la Fitte in dem Haag 〈…〉 übersetzt.“ (GSA 96/3299; vgl. Karl Buchner: Aus dem Verkehr einer deutschen Buchhandlung mit ihren Schriftstellern. Berlin 1873, S. 57f., 63–67.) Auch wenn Lavater von Reich ein außergewöhnlich

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hohes Honorar erhielt (23 300 fl.), hatte er die kostspielige Anschaffung und Produktion der Kupferstiche allein tragen und sich stark verschulden müssen. Da Reich auf den Druck der französischen Ausgabe verzichtete, unternahm sie Lavater auf eigenes Risiko. Dafür erhielt er eine Anleihe von Herzog Carl August (vgl. zu 105,9). Der aufwändige Herstellungsprozess, bei dem die Tafeln in Zürich, die Übersetzung (durch Marie Elisabeth de la Fite und Heinrich Renfner, später auch durch Antoine Bernard Caillard) sowie der Druck in Den Haag erstellt wurden, trieb die Kosten in die Höhe: Die französische Physiognomik wurde ein finanzielles Desaster, das Lavater in seinen letzten Jahren stark belastete (vgl. Michele C. Ferrari: Johann Caspar Lavater und David von Orelli. Ein Beitrag zur Geschichte und Rezeption der „Physiognomischen Fragmente“. In: Gegen Unwissenheit und Finsternis. Johann Caspar von Orelli [1787–1849] und die Kultur seiner Zeit. Hrsg. von Ders. Zürich 2000, S. 35–56, hier S. 42–46). 14,19–20 Aus beiliegendem Briefe 〈…〉 nicht überall durchgeht.] Brief Johann Heinrich Füßlis an Goethe; nicht überliefert. Darin lehnte Füßli den Vorschlag ab, einen Entwurf für ein von Goethe geplantes Monument für Carl August als Andenken an die Schweizer Reise anzufertigen. Goethe hatte Lavater in einem zwischen dem 3. und 5. Dezember 1779 verfassten Brief darum gebeten, bei Füßli zu vermitteln (vgl. GB 3 I, Nr 557). Lavater äußerte im Antwortbrief seine Enttäuschung über Füßlis Absage: „Lieber / In der Seele wehe that’s mir, daß Füßli so ganz impertinent teufelt. 〈…〉 Er ist ein S a t a n, daß er auf d e i n e n und m e i n e n Brief so schreiben kann. Er harre! – Einmal in meinem Leben will ich mich rächen. Der Schurke! / 〈…〉 Füßliens halber sey furchtlos. Ich will ihn erst weich machen und dann ihm den Text lesen.“ (Hirzel, Lavater-Goethe, 496.) 14,20 Lass 〈…〉 die Sache ruhen] Lavater hielt sich nicht an Goethes Bitte. Er schrieb ihm am 18. März 1780: „Füßlin hab’ ich erst einen sehr sanften bittenden Brief geschrieben, als ob ich den deinigen nicht hätte. Aber auch hierauf keine Antwort.“ (Goethe-Lavater3, 104.) 14,24 Semlers ganzen Brief an dich mögt ich sehen.] Lavater hatte eine einzige Stelle aus einem Brief des Hallenser Theologieprofessors Johann Salomo Semler zitiert: „S e m l e r hat eine scharfe Schrift wider mich drucken laßen, die ich lezten Freytag Morgen las, u. unter aller Critick elend u. pöbelhaft fand. Am Freytag abend erhielt ich eine sehr brüderliche, freylich Taschenspielerische Antwort auf meinen Brief – aus dem dir eine einzige Zeile genug für dich seyn mag – / ‚N ö ß e l t sagt: Steinbart sey ein Windbeütel – bereden Sie ihn, daß er das öffentlich sage‘ – O die Theologen – du kannst denken, ob ich froh sey, mit einem solchen Mann abgebunden zuhaben.“ (Goethe-Lavater3, 96.) Während seines Aufenthalts in Zürich hatte Goethe wahrscheinlich von Lavaters öffentlich ausgetragenem Streit mit Semler, dem Hauptvertreter der rationalistisch-aufklärerischen Theologie, erfahren (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 92f.). Ob Lavater der Bitte um eine vollständige Abschrift von Semlers Brief nachkam, ist ungewiss (vgl. zu 48,8). In Goethes

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Nachlass ist keine Abschrift überliefert. Semler wurde in den darauffolgenden Briefen nicht mehr erwähnt. – Er hatte Lavater am 24. Dezember 1779 seinen schwierigen Stand in Halle geschildert und die Polemik mit Lavater auf die Unterschiede zwischen der Gelehrsamkeit der von ihm vertretenen Fachtheologie und Lavaters Populärtheologie zurückgeführt (Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1021f.). 14,25 Ich habe vierzehn Tage eine Art von Catharfieber gehabt] Vgl. zu 12,2–3. 14,27 die Lotte kopieren zu lassen] Porträt oder Silhouette der Lotte aus den „Leiden des jungen Werthers“. – Ob es sich um ein Porträt Charlotte Kestners oder um eine der vielen Fälschungen handelte, mit denen man nach der Veröffentlichung des Romans die Nachfrage nach Lotte-Porträts bediente, lässt sich nicht klären. Lavater hatte in die „Physiognomischen Fragmente“ keine Silhouette Charlotte Kestners aufgenommen, entweder weil er zu dieser Zeit keine besaß oder weil er ein von Zimmermann besorgtes Exemplar wegen Goethes Bedenken nicht veröffentlichte (vgl. von der Hellen, 130–140). Goethe könnte die Vorlage bei Lavater gesehen und ihn um eine Kopie gebeten haben. – In seiner Antwort erklärte Lavater: „L o t t e bestell ich heut unfehlbar“ (Hirzel, Lavater-Goethe, 496). Am 18. März 1780 kündigte er an, das Porträt noch länger behalten zu müssen: „Eine Copie der Lotte ist mißlungen. In 8. Tagen erwart’ ich eine beßere.“ (Goethe-Lavater3, 105.) Am 1. Mai 1780 brachte es Goethe, der das Porträt noch nicht erhalten hatte, mit Zeichnungen von Carl von Imhoff in Verbindung (vgl. zu 49,19). 14,27 Schmieds Bibel wirst du haben] Nicht ermittelt. – Aufgrund der Namensangabe ließe sich eine Verbindung zu drei Publikationen vermuten, für die es jedoch keine konkreten Anhaltspunkte gibt: Sebastian Schmidts lateinische „Biblia hebraica secundum editionem Belgicam“ (Leipzig 1740), die Goethe zur Erlernung des Hebräischen benutzt hatte (vgl. Ruppert, 384, Nr 2603; AA DuW 1, 110); Christian Friedrich Schmidts Buch über die Kanonizität der Apokalypse „Ob die Offenbarung Johannis ein ächtes göttliches Buch ist; eine kritische Untersuchung; mit Erläuterungen und Abhandlungen über den Ursprung und die historische Gewissheit der kanonischen Sammlung; des alten und neuen Testaments“ (Leipzig 1771); Johann Lorenz Schmidts als ‚Wertheimer Bibel‘ bekannte kommentierte Bibelübersetzung „Die göttlichen Schriften vor den Zeiten des Messie Jesus“ (Wertheim 1735). Gegen die ‚Wertheimer Bibel‘, von der nur der erste Teil (Pentateuch) veröffentlicht worden und die Gegenstand einer heftigen theologischen Diskussion gewesen war, spricht gegen frühere Vermutungen (vgl. Goethe-Lavater3, 407), dass sie Lavater wegen Schmidts Deismus und seiner Ablehnung der Interpretation alttestamentarischer Passagen als Weissagungen auf Christus ein Stein des Anstoßes gewesen wäre. 14,28 Cenci] Das Porträt der römischen Patrizierin Beatrice Cenci nach einer Vorlage, die man damals Guido Reni zuschrieb. Goethes Exemplar gilt als verschol-

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len, in den Weimarer Sammlungen ist, anders als bisher vermutet (vgl. GB 8 II, zu 46,9), lediglich eine in den 1920er Jahren gestiftete Kopie überliefert (KSW, Museen, Gemäldesammlung, KGe/00271). Goethe lieh Lavater sein Gemälde für dessen physiognomische Studien (vgl. Lavater, Physiognomonie 4, 114). Am 8. April 1780 schrieb Lavater, er sei mit der in Zürich erstellten Kopie unzufrieden (vgl. Goethe-Lavater3, 107), und schickte das Gemälde am 12.–13. Mai 1780 zurück nach Weimar (vgl. ebd., 114; zu 83,17). – Lavater hatte bereits im 2. Abschnitt des letzten Bandes (3. Fragment, „Physiognomischer Sinn, Genie, Ahndung“) zum Ausdruck gebracht, von der Schönheit und unschuldigen Physiognomie der 1599 wegen Vatermords (eigentlich wegen der Anstiftung zum Mord ihres gewalttätigen Vaters) enthaupteten Cenci fasziniert zu sein, und die Unzulänglichkeit von Lips’ Stich eingeräumt (vgl. Physiognomische Fragmente 4, 125f.). Als Vorlage für diesen Stich hatte eine Zeichnung Helferich Peter Sturz’ wiederum nach der Kopie in Goethes Besitz gedient; Johann Georg Zimmermann, der das Bild im September 1775 bei Goethe sah, hatte Lavater im Oktober 1777 die Zeichnung mit einer ausführlichen Beschreibung geschickt: „G ö t h e sagte mir dieses Gesicht der Cenci enthalte mehr als alle Menschengesichter die er je gesehen habe. Er glaubte daß es die höchste Zierde für Lavaters Physiognomik seyn würde, und war der Meinung daß mit diesem Stücke Lavaters Werck geschlossen werden müsse.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 535.6; vgl. BuG 1, 373 [Teildruck].) 14,28 zwei Gluks] Nicht identifizierte Porträts und Silhouetten des Komponisten Christoph Willibald Gluck. Lavater zeigte sich im Gegensatz zu Cencis Porträt zufrieden mit diesen Bildern (vgl. Goethe-Lavater3, 107). 14,29 deine Frau und deine Kleinen] Anna Lavater geb. Schinz und ihre Kinder Heinrich und Anna (Nette). 14,29 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes. Sie war die Frau eines Zürcher Seidenfabrikanten und seit 1778 verwitwet. Goethe hatte sie auf seiner ersten Schweizer Reise 1775 kennen gelernt (vgl. GB 2 II, zu 112,12). In ihrem Haus im Schönenhof in der Zürcher Vorstadt verkehrten bedeutende Persönlichkeiten und Besucher der Stadt. Goethe schickte ihr immer wieder Manuskripte, die sie abschrieb; in einigen Fällen sind Werke Goethes nur in Abschriften von Barbara Schultheß überliefert, so z.B. „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“ (vgl. zu 70,17–18). 14,29 Pfenningern] Der Pfarrer der Zürcher Waisenhauskirche Johann Conrad Pfenninger war Lavaters engster Mitarbeiter (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 107). Zu dieser Zeit gab er das „Christliche Magazin“ heraus (4 Bde. Zürich 1779–1781). 14,30 Schreib mir] Lavater antwortete am 18. Februar 1780 (Hirzel, LavaterGoethe, 496f.). 15,2 Einige meiner Freunde] Belegt ist nur ein Gespräch mit Knebel, dem Goethe am Abend des 3. Februar 1780 aus Lavaters Manuskript (vgl. zu 13,11)

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vorgelesen hatte (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 7r). Möglicherweise war Lavaters Messiade aber auch Gesprächsthema beim Mittagessen bei der Herzoginmutter Anna Amalia am 5. Februar 1780 gewesen, bei dem Knebel und Wieland zugegen waren (vgl. ebd.; BuG 2, 223). Ob Goethe Lavaters Schrift bereits am 22. Januar 1780 mit Charlotte von Stein anlässlich eines Besuchs besprochen hatte oder mit Herder, dem er von seiner Rückreise berichtet hatte (vgl. GT I 1, 104), ist fraglich, zumal das Manuskript am 12. Januar 1780 mit der fahrenden Post verschickt worden war (vgl. die zweite Erläuterung zu 13,10). 15,3 M e s s i a d e J o h a n n i s ] In Lavaters überlieferten Briefen an Goethe findet sich keine Erwähnung dieser Titelvariante. – Lavater hatte noch während der ersten Schreibphase am 7. August 1779 Herder weitere mögliche Titel für sein Buch genannt: „Ich setze a l l e s in die l e t z t e n Jahre. G e b u r t s w e h e n d e s g r o ß e n Ta g e s und s e i n e G e b u r t möcht’ ich das Buch nennen. – D e r l e t z t e Ta g , M e s s i a d e, d a s R e i c h d e r R e i c h e, d e r k o m m e n d e Vo l l e n d e r – der Seher Johannes!“ (Aus Herders Nachlaß 2, 188.) 15,4–5 Seitenblick auf Klopstock] Friedrich Gottlieb Klopstock wurde in der Öffentlichkeit seit Erscheinen der ersten Gesänge im Jahr 1748 als der Dichter des „Messias“ wahrgenommen. Lavaters Messiade lehnte sich mit dem Gebrauch von Hexametern und freien Rhythmen formal an Klopstocks Dichtung an. – Goethe schätzte trotz der persönlichen Distanzierung zu Klopstock im Nachhinein dessen Beitrag zur Entwicklung der deutschen Sprache und Literatur: Er sei der Begründer einer neuen, vom Dichtergenie geprägten literarischen Epoche (AA DuW 1, 331; vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 113). 15,7 den Messias v e r g ö t t r e ] Auch wenn Klopstocks „Messias“ die Passion Christi vom Einzug in Jerusalem bis zur Himmelfahrt erzählte und Lavaters „Jesus Messias“ sich mit der Apokalypse befasste, stellte Lavater bereits im vorangestellten „Thema“ klar, dass der Messias der Dreh- und Angelpunkt seiner christologischen Konzeption war (vgl. Lavater, Jesus Messias, 3). 15,8–9 das Licht auf den Leuchter zu stecken] Biblisches Zitat: „Man zündet auch nicht ein licht an, und setzet es unter einen scheffel, sondern auf einen leuchter; so leuchtet es denen allen, die im hause sind.“ (Matthäus 5,15; Luther-Bibel 1772 NT, 6.) – Hier im Sinne von ‚etwas zur Geltung bringen‘ (vgl. GWb 5, 1147). 15,9 Thu was du meinst.] Lavater teilte Goethe den endgültigen Titel im Brief vom 12. bis 13. Mai mit, als er die Titelvignette nach Weimar sandte (vgl. GoetheLavater3, 114).

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13. An Charlotte von Stein

BRIEFE 13/14

〈Weimar〉, 9. Februar 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 48. – 1 Bl. 17 × 6,3 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „9“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 9), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 289. WA IV 4 (1889), 174, Nr 888. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 15,12 erlustigt] Wahrscheinlich auf der Fastnachts-Redoute, die am Dienstag, dem 8. Februar, stattgefunden hatte (vgl. WWA, 29. Januar 1780, Nr 9, S. 33). Goethe vermerkt dazu im Tagebuch: hatte Lust auf die Redoute unterlies es aber (GT I 1, 104). – Für gewöhnlich fanden die Redouten jeweils am Freitag statt (vgl. zu 182,23–24). 15,13 Tarock] Ein seit dem frühen 15. Jahrhundert bekanntes, ursprünglich aus Oberitalien stammendes und vielfach variiertes Kartenspiel, das sich im ausgehenden 18. Jahrhundert in ganz Europa großer Beliebtheit erfreute. – Das Kartenspielen war ein bevorzugter abendlicher Zeitvertreib nicht nur in der höfischen Gesellschaft (vgl. GB 3 II, zu 4,21), wie u.a. auch Wielands Brief an Merck vom 17. Januar 1780 belegt. Goethes Glück bei der Planung und Durchführung der Schweizer Reise vergleicht er darin mit dem des Kartenspielers, dessen Verdienst aber dennoch anzuerkennen sei: „Denn ein schlechter Spieler verliehrt auch mit guten Karten. Aus diesem heillosen Karten-Metapher-Wesen wird der herr bruder schließen, daß ich diese Zeit über nichts gethan als Taroc ombre spielen.“ (Merck, Briefwechsel, 2, 359.) 15,13 bey irgend einem Thiere] Mit Bezug auf die Bilder der Trumpfkarten, für die im Tarock-Spiel auch Tierdarstellungen Verwendung fanden. – Mit Tiermetaphern hatte Goethe in seinen Briefen wiederholt auf sich selbst angespielt. In einem Brief an Johanna Fahlmer vom 24. Mai 1775 schreibt er mit Bezug auf sich selbst vom durchgebrochnen Bären, von der entlaufenen Kazze (GB 2 I, 192,9–10). Das Bild vom ‚Bären‘ greift er im folgenden Brief an Fahlmer vom 5. Juni 1775 wieder auf (vgl. ebd., 193,9), ebenso in einem Brief an Charlotte von Stein vom 1. Juni 1779 (vgl. GB 3 I, 281,12).

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14. An Charlotte von Stein

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〈Weimar, 10. Februar? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) unter die undatierten Briefe aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183) wurde der vorliegende Brief vermutlich früher geschrieben. Im Erstdruck wird er ohne Angabe von Gründen auf Anfang Mai 1780 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz auf den 10. Februar 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 234, Nr 375). Nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Für die seit Fielitz übliche Datierung sprechen inhaltliche Parallelen zu Goethes und Knebels Tagebüchern (vgl. zu 15,15–16). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 98. – 1 Bl. 15,9 × 5,8(–6) cm, 2 Zeilen beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), rote Siegelreste, unten rechts Siegelausriss; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „116“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 116), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 302. WA IV 7 (1891), 266, Nr 2383. BEIL AG E

Möglicherweise Lebensmittel (vgl. zu 15,15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 15,15 Morgen Tribut] In Anspielung auf die ‚Morgengabe‘, das Hochzeitsgeschenk des Bräutigams an seine Braut. – Goethe könnte wie so häufig mit seinen Briefen an Charlotte von Stein ein kleines Geschenk, z.B. Lebensmittel, überschickt haben (vgl. GB 3 II, zu 135,2–3); vielleicht ist aber auch das vorliegende Billett selbst gemeint. 15,15–16 Zu Mittage 〈…〉 Tiefurt!] Tiefurt, etwa 3,5 km nordöstlich von Weimar in einem Ilmbogen gelegen (heute Ortsteil von Weimar). Das ehemalige Pächterhaus des fürstlichen Kammerguts in Tiefurt war 1775/76 für die Hofhaltung des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach hergerichtet worden, der es am 20. Mai 1776 mit seinem Erzieher Carl Ludwig von Knebel bezogen hatte (zur Person Constantins vgl. die erste Erläuterung zu 33,9). Die Umgebung des Gutes wurde in den folgenden Jahren von Knebel und dem Prinzen mit Unterstützung Adam Friedrich Oesers zu einer Parkanlage im englischen Stil gestaltet.

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BRIEFE 15/16

Schon bald nach dem Einzug des Prinzen und Knebels wurde Tiefurt zum beliebten Ausflugsziel der Weimarer Hofgesellschaft. 1781 übernahm die Herzoginmutter Anna Amalia das Schlösschen als Sommerresidenz (vgl. zu 308,10). – Unter dem 10. Februar 1780 vermerkt Goethe im Tagebuch: Nach Tiefurt Essen. Knebel las Amor und Psyche. Abends mit 〈Charlotte von Stein〉 und der kl. Schardt 〈Sophie von Schardt〉 hereingef. (GT I 1, 104; Datierung des Eintrags vom 9. auf den 10. Februar korrigiert, vgl. GT I 2, 510.) Dazu passt auch Knebels Tagebucheintrag vom selben Tag: „Frau v. Stein, Fr. v. Schardt und Göthe speißten Mittags hier.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 8r.)

15. An Johann Friedrich Krafft

Weimar, 10. Februar 〈1780〉 → 〈Ilmenau〉

DATIERUN G

Die Jahresangabe 79 (16,5) ist offenbar verschrieben, wie dies zu Beginn eines Jahres bei Goethe häufiger begegnet. Dass der Brief aus dem Februar 1780 stammt, belegt vor allem der Umstand, dass Goethe auf den erst seit Sommer 1779 amtierenden Amtmann Heinrich Anton Ackermann (vgl. die erste Erläuterung zu 16,2) Bezug nimmt. Das Datum wurde auf der Handschrift der Ausfertigung wahrscheinlich vom Adressaten korrigiert. Dafür spricht, dass auch in der vom Adressaten stammenden Datumsangabe über dem Text das Jahr von „79“ zu „80“ korrigiert wurde (vgl. Überlieferung). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 16. – 1 Bl. 18,5 × 18,8(–19,1) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Bl. nachträglich auf ein unbeschriebenes Bl. geklebt; in der Datumszeile Korrektur der Jahresangabe 79 (16,5) zu „80“ von J. F. Kraffts Hd, Tinte, oben Mitte von J. F. Kraffts Hd, Tinte: „80. Febr. 10tn“ („80“ korrigiert aus „79“). E: Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe (1846), 183, Nr 14. WA IV 4 (1889), 175, Nr 889 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Goethe antwortet auf einen nicht überlieferten Brief (vgl. zu 15,18–19). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 15,18 Ich habe so viel zu thun] Im Januar 1780 hatte Goethe u. a. mit den Vorarbeiten zu einer (nicht zustande gekommenen) Biographie des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar und mit der Niederschrift eines Reiseberichts über seine kurz zuvor unternommene Schweizer Reise (vgl. zu 6,2) begonnen. Hinzu kamen

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vielfältige amtliche Aufgaben. Am 10. Februar nahm er – wie auch am darauffolgenden Tag – an einer Sitzung des Geheimen Consiliums teil. 15,18–19 Sich zu beruhigen] Offenbar mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Kraffts, mit dem dieser auf Goethes Brief vom 17. und 18.? Januar (Nr 4) geantwortet hatte. 15,19–16,1 den Fehler der zu grosen Aengstlichkeit 〈…〉 gewohnt ist] Vgl. zu 205,12–13. Der genaue Bezug lässt sich nicht ermitteln. 16,2 der Amtmann] Heinrich Anton Ackermann, seit Juni 1779 Justizamtmann in Ilmenau (vgl. GB 3 I, 278,19; Wahl, Consilium, 483, Nr 6186), war Stadtrichter und Vorsitzender des achtköpfigen Stadtrats dieser sachsen-weimarischen Exklave; Justiz und Verwaltung lagen in seiner Hand (vgl. Diezel, 34). Neben Goethes Diener Philipp Seidel und Charlotte von Stein war Ackermann eine der wenigen Personen, die von Goethes Unterstützung für Krafft wussten (vgl. ebd., 23). 16,2 rechtschaffen handelt] Möglicherweise mit Bezug auf Kraffts Bericht über den „n e u e n A m t m a n n“ vom 12. Oktober 1779, den Krafft vermutlich am 14. Oktober an Goethe gesandt hatte (vgl. zu 6,2–3). Darin bezeichnet Krafft Ackermann als „r e c h t s c h a f f e n“ (GSA 62/37, Bl. 51–71, hier Bl. 53r) und schreibt ferner: „Was i h n 〈Ackermann〉 anbetrifft, so finde ich mein Urtheil immer mehr gegründet. Ich halte ihn für einen sehr w a k e r n u n d b r a u c h b a r e n a u c h f l e i s i g e n Mann, der, für sein T h e i l sich für Unrecht hüthen und keine Ungerechtigkeit begehen wird 〈…〉.“ (Ebd., Bl. 60r.) Zwischen Ackermann und Krafft scheint sich mit der Zeit ein auf gegenseitigem Vertrauen gegründetes Arbeitsverhältnis herausgebildet zu haben, was sich auch aus der Art und Weise schließen lässt, wie Goethe Ackermann über Krafft Aufträge und Hinweise zuspielt (vgl. 6,2–3; 170,14–15; 205,27–29). 16,3 diese Sache] Die schwierige Lage in Ilmenau (vgl. zu 6,4). 16,5 dl. 10 Febr. 79] Jahreszahl verschrieben für ‚1780‘ (vgl. Datierung).

16. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar, 12. oder 13. Februar 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Aus dem Präsentatsvermerk vom 13. Februar 1780 (vgl. Überlieferung) ist zu schließen, dass Goethe den Brief noch vor seiner Reise mit Herzog Carl August nach Gotha, die er am 13. Februar 1780 antrat (vgl. FB 1780, S. 40; GT I 1, 104), geschrieben haben muss. Wahrscheinlich wurde er am Vortag geschrieben.

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BRIEF 16

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt; Notiz auf Faksimile im GSA: „Gesuch Goethes um Aufnahme in den Freimaurerbund. (das Original befindet sich im Besitz der Loge zu Weimar)“. – Doppelblatt, 1 S. beschr., egh., Tinte; unten Mitte Präsentatsvermerk, Tinte: „psd. 13. Febr. 1780f.“ (Nach Faksimile.) – Faksimile: GSA Weimar, Sign.: 29/184,V. E: Allgemeines Handbuch der Freimaurerei. Zweite völlig umgearbeitete Auflage von Lenning’s Encyklopädie der Freimaurerei. Bd 1. Leipzig 1863, S. 549. WA IV 4 (1889), 175f., Nr 890 (nach Woldemar Freiherr v. Biedermann: Goethe’s Verkehr mit Gliedern des Hauses der Freiherren und Grafen von Fritsch. Leipzig 1868, S. 6f. [Präsentatsvermerk irrtümlich als egh. Orts- und Datumsangabe]; Textkorrekturen [nach Wernekke, 15f.] in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 255). Textgrundlage: Faksimile. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zu Jacob Friedrich von Fritsch (1731–1814), Geheimer Rat und Goethes Kollege im Geheimen Consilium, vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 148. Mit dem vorliegenden Brief bewirbt sich Goethe um die Aufnahme in die Weimarer Freimaurerloge. Fritsch, der eine entscheidende Rolle in der Geschichte der Freimaurerei in Sachsen-Weimar und Eisenach spielte, war im August 1762, kurz nachdem er zum Geheimen Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium ernannt worden war, Mitglied der Jenaer Freimaurerloge „Zu den drei Rosen“ geworden und hatte schon Ende 1762 deren Leitung übernommen. Nach Schließung der Jenaer Loge wegen eines Skandals wurde in Weimar die Loge „Amalia zu den drei Rosen“ nach dem System der Strikten Observanz („Hoher Orden vom Heiligen Tempel zu Jerusalem“) gegründet und am 28. Oktober 1764 unter Leitung Fritschs, der als Meister vom Stuhl bestätigt wurde, eröffnet. Zwischen 1764 und 1782 war die Strikte Observanz, ein Hochgradsystem, das seinem Selbstverständnis nach ein die Freimaurerei überwölbender Ritterorden war, sich als Nachfolger der Templer betrachtete und die Mitglieder zu strengstem Gehorsam und absoluter Verschwiegenheit verpflichtete, das vorherrschende System der Freimaurerei in Deutschland, das mit „ihrer Vielzahl von Logen in ganz Europa 〈…〉 eine arkane Kommunikationsstruktur der Eliten in Staat und Gesellschaft“ schuf und „den intellektuellen Diskurs ebenso transportierte wie politische Informationen oder klandestine Aktivitäten der Diplomatie.“ (Geheime Gesellschaft, 169.) Die Mitglieder des Ordens setzten sich aus Angehörigen regierender Häuser, hohem und niederem Adel, Staatsbeamten, Militärs, Kaufleuten, Unternehmern und Gelehrten zusammen. Im Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach bekleideten die Mitglie-

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der des Inneren Ordens wichtige Ämter. (Zur Weimarer Logengeschichte vgl. Des Maurers Wandeln, 55–88.) Goethes Bitte um Aufnahme in den Orden erfolgte nur einen Monat nach seiner Rückkehr aus der Schweiz. Schon am 17. Januar 1780 hatte er in seinem Tagebuch vermerkt: Dann zu Boden. weitläufige Er〈Loge〉 (GT I 1, 103). Johann Joachim Christoph Bode, seit klärung über Anfang November 1778 in Weimar, war 1761 in Hamburg Freimaurer geworden und gehörte zum engsten Führungszirkel der Strikten Observanz. Goethe wandte sich also, um sich zu informieren und seine Aufnahme in den Orden vorzubereiten, an die zwei wichtigsten Vertreter der Freimaurerei in Weimar. Den letzten überlieferten Brief an Fritsch hatte Goethe am 30. November 1779 (GB 3 I, Nr 553) noch aus Zürich geschrieben. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Briefen, denen u. a. Anrede und Devotionsformel fehlen (vgl. GB 3 I, Nr 148, Nr 149, Nr 216, Nr 275, Nr 285, Nr 287, Nr 409, Nr 463), sind dieser und der vorliegende Brief sehr förmlich und unter Beachtung aller Kurialien geschrieben worden. Nachdem Fritsch per Zirkular Goethes Gesuch den Brüdern bekannt gemacht hatte, erfolgte Goethes Aufnahme in den Orden am 23. Juni 1780 nach den traditionellen Zeremonien. Da Fritsch nicht anwesend war, wurde die Zeremonie von Bode geleitet (vgl. das Protokoll der Loge „Amalia“ vom 23. Juni 1780 [Des Maurers Wandeln, 130f.]). Am 31. März 1781 richtete Goethe ein Beförderungsgesuch an Fritsch, um gelegentlich bis zu dem Meistergrade hinauf (247,21–22) geführt zu werden. Erst der Erwerb des einfachen Meistergrades, der in der Regel frühestens nach zwei Jahren gewährt wurde, ermöglichte die Beförderung zum „Schottischen Meister“ und somit den Eintritt in den Inneren Orden, wo die Brüder nicht mehr in die Verlegenheit kommen würden, ihn, wie Goethe an Fritsch schreibt, als einen Fremden tracktiren zu müssen (247,19–20). Goethes Beförderung in den Gesellengrad erfolgte am 23. Juni 1781, und etwas früher als gewöhnlich wurde er am 2. März 1782 in den Meistergrad erhoben, im Anschluss an die Aufnahme Carl Augusts in den Orden. Schon am 10. Dezember 1782 wurden Goethe und Carl August in den Inneren Orden aufgenommen. Diese Ereignisse fanden im Beisein Fritschs statt (vgl. die Protokolle der Loge „Amalia“ vom 23. Juni 1781, vom 2. März 1782 und vom 10. Dezember 1782 [Des Maurers Wandeln, 132, 135f., 140–142]). Die Loge vom 10. Dezember 1782 war die letzte dokumentierte Zusammenkunft der Weimarer Brüder. Erst 1808 wurde die Loge „Amalia“ wiederbelebt. – Vgl. Des Maurers Wandeln, 89–127. Aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes sind 13 Briefe Goethes an Jacob Friedrich von Fritsch überliefert, von denen der überwiegende Teil amtlichen Charakter aufweist. Neben dem vorliegenden Brief hat Goethe sich jedoch noch in zwei weiteren Briefen an Fritsch als den Meister vom Stuhl der Weimarer Loge gewandt (Nr 352 und Nr 428) und um seine Beförderung innerhalb der Loge gebeten. Von Fritsch sind aus dem Zeitraum keine Gegenbriefe bekannt.

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BRIEF 17

16,9–10 dass ich mit zur Gesellschafft der Freymaurer gehören mögte] Wahrscheinlich im Hinblick auf seine amtlichen Tätigkeiten, die ihn, zunächst gemeinsam mit dem Herzog, auch in diplomatischen Missionen an andere Höfe führten. Schon in seiner Jugend hatte Goethe Interesse an ordensähnlichen Gesellschaften gezeigt, wie der im Mai 1764 erfolglos geäußerte Wunsch um Aufnahme in die „Arcadische Gesellschaft zu Phylandria“, die zu dieser Zeit schon deutliche Tendenzen zur Freimaurerei aufwies, bestätigt (vgl. GB 1 I, Nr 1–3 sowie die Erläuterungen dazu). Während seiner Zeit in Wetzlar hatte Goethe Kontakt zum Kreis der ‚Rittertafel‘, dessen Begründer August Siegfried von Goué 1770 in den Inneren Orden der Strikten Observanz aufgenommen worden war (vgl. GB 1 II, zu 239,2). Im Rückblick schrieb Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ über die Loge in Frankfurt: Selbst die angesehne wohlgegründete Freymaurer-Loge mit deren vornehmsten Gliedern ich eben durch mein Verhältniß zu Lilli bekannt geworden war, wußte auf schickliche Weise meine Annäherung einzuleiten; ich aber, aus einem Unabhängigkeitsgefühl welches mir später als Verrücktheit erschien, lehnte jede nähere Verknüpfung ab, nicht gewahrend daß diese Männer wenn schon in höherem Sinne verbunden, mir doch bey meinen, den ihrigen so nah verwandten Zwecken hätten förderlich seyn müssen. (AA DuW 1, 584 [17. Buch].) Goethe beschreibt hier die Mitgliedschaft in einer Loge als Chance zur „Teilhabe an kommunikativen Netzwerken und Mittel zum Aufbau gesellschaftlicher Beziehungen und Karrieren“ (Des Maurers Wandeln, 96) – Gründe, die ihm auch mit Bezug zu seiner amtlichen Tätigkeit eine Mitgliedschaft sinnvoll erscheinen ließen, zumal die an den Höfen tätigen Beamten, Agenten und Gesandten zu den aktivsten Freimaurern gehörten. Das traf auch für Weimar zu, wo der Beamtenanteil der Loge „Amalia“ über 80 Prozent ausmachte und ein „wichtiges Netzwerk der Weimarer Hof- und Ministerialbürokratie“ bildete (Kreutzmann, Adel, 145). Schon am 1. Oktober 1780, wenige Monate nach seiner Aufnahme in die Loge „Amalia“, konnte Goethe Fritsch mitteilen: Die Bekanntschafft mehrerer der s〈ehr〉. ehrw〈üdigen〉. Br〈üder〉. hat mir ein besonder Vergnügen gemacht, und mich die Vorteile meiner Aufnahme fühlen lassen. (140,11–13.) In einem späteren Brief an Philipp Christoph Kayser vom 15. März 1783 beschreibt Goethe die Teilnahme an den Logen jedoch nur unter dem Aspekt, menschliches Verhalten beobachten zu können: Die geheimen Wissenschafften haben mir nicht mehr noch weniger gegeben als ich hoffte. Ich suchte nichts f ü r m i c h drinne, bin aber schon belehrt genug da ich sehe was andre f ü r s i c h drinne suchten, fanden, suchen und hoffen. Man sagt: man könne den Menschen beym Spiel am besten kennen lernen 〈…〉 so hab ich auch gefunden daß in der kleinen Welt der Brüder, alles zugeht wie in der grosen, und in diesem Sinne hat es mir viel genutzt diese Regionen zu durchwandern. (WA IV 51, 65.)

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16,11 lezten Reise] Goethes zweite Reise in die Schweiz, die vom 12. September 1779 bis zum 14. Januar 1780 dauerte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). 16,11–12 nur an diesem Titel gefehlt] Kurz vor der Schweizer Reise, am 6. September 1779, war Goethe zum Geheimen Rat ernannt worden. Daher und im Hinblick auf zukünftige diplomatische Missionen war es angebracht, sich ein Kommunikationsnetzwerk aufzubauen, wozu die Teilnahme an den Logen und die persönlichen Kontakte mit den Brüdern gute Voraussetzungen schufen. Vermutlich machte Goethe während dieser Reise, auf der auch offizielle Anlässe wahrgenommen und deutsche Höfe besucht wurden, die Erfahrung, wie vorteilhaft derartige Beziehungen für das Knüpfen neuer Bekanntschaften gewesen wären. Darüber hinaus begegnete er in Zürich Mitgliedern der auch zum System der Strikten Observanz gehörenden Loge „Modestia cum Libertate“, die im Gasthaus „Zum Schwert“, wo der Herzog logierte, zu ihrer Arbeit zusammenkamen. Dieser Loge stand Johann Caspar Lavaters Bruder Diethelm vor. Als Logensekretär fungierte Goethes Freund Philipp Christoph Kayser. 16,13 gesellige Gefühl] Hier mit Bezug auf soziale Verhaltensweisen, „die Gemeinschaft, den Umgang, Verkehr, Austausch mit anderen suchend u pflegend“ (GWb 4, 68).

17. An Christian Friedrich Schwan Weimar, 18. Februar 1780 → Mannheim ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 113 – Doppelblatt 19,8(–20) × 27,5(–27,7) cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 3 Adresse: An / Herrn Hofkammerrath Schwan / in / Mannheim / f r e i, von fremder Hd, Tinte: „b i s S c h a f f h a u s e n. b i s M a n n h e i m.“, Reste eines roten Siegels; S. 4 Vermerk des Empfängers, Tinte: „G ö t h e“. E1: Geliebte Schatten (1858), Nr 13 (Friedrich Götz) (Teilfaksimile: 17,9–11 Grüsen Sie Müllern 〈…〉 ich Ihnen verursache.; 17,12–13 Weimar den 18tn Febr. 1780.; 17,15 Goethe.). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 189 (Teildruck: 17,3–4 Von Frankfurt aus hab ich 〈…〉 Mahler Bruins zu beschweeren). E3: WA IV 4 (1889), 176, Nr 891 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf einen nicht überlieferten Brief Schwans, den Goethe als Beilage zu einem Brief des Eisenacher Bankiers Johann Lorenz Streiber vom 16.

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BRIEF 18

Februar 1780 (abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung zu Nr 23) erhalten hatte. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 18. Februar 1780; das Porto wurde von der herzoglichen Schatulle erstattet (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 16, Beleg Nr 522). 17,3 Von Frankfurt aus] Goethe hielt sich auf der Rückreise von seiner zweiten Schweizer Reise im Dezember 1779 und im Januar 1780 zeitweilig in Frankfurt auf. Am 10. Januar 1780 hatte er an Schwan geschrieben (Nr 2). 17,4 Mahler Bruins] Um wen es sich handelt, ist nicht bekannt. Im Brief vom 10. Januar 1780 informiert Goethe Schwan, dass ein Hl. Bruire (5,7) ihm die verlangten Zeichnungen geschickt (5,7) und er diesen wegen der Zahlung an Schwan gewiesen habe (vgl. 5,7–9). Vgl. zu 5,7. 17,5 ordre] Franz.: Anordnung, Aufforderung; hier: Anweisung (des Bankhauses). 17,5–6 Herren Bettmänner] Johann Philipp und Simon Moritz Bethmann, Inhaber des Bethmannschen Bankhauses in Frankfurt a. M., über welches zur gleichen Zeit auch Zahlungen im Zusammenhang mit der Erbschaft Peters im Baumgarten abgewickelt wurden. Wahrscheinlich erinnerte sich Goethe nicht mehr, am 10. Januar 1780 Schwan mitgeteilt zu haben, er möge das Geld von den Hl. Schmalz (5,9) erbitten (vgl. zu 5,9). Goethes Verbindung zum Bankhaus Bethmann ist spätestens seit 1779 belegt (vgl. GB 3 II, 971). Während seiner italienischen Reise 1786/88 ließ Goethe sich über das Bankhaus Geld nach Italien überweisen (vgl. GB 7 II, zu 19,12). 17,7 eh’ ich ihm wieder schreibe] Briefe an einen Maler ‚Bruins‘ sind nicht bekannt. 17,9 Nachricht zu geben] Briefe Schwans an Goethe sind nicht überliefert (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 2). 17,9 Müllern in Rom] Friedrich Müller, gen. Maler Müller, befand sich seit Oktober 1778 in Rom, wo er bis zu seinem Lebensende blieb (vgl. zu 8,1). Seit 1775 hatte er in Mannheim gelebt und war mit Schwan bekannt. In Schwans Zeitschrift „Die Schreibtafel“ sowie in dessen Verlag veröffentlichte Müller Gedichte, Idyllen und Dramen, die er teilweise mit eigenen Vignetten versah. 17,10 die hundert Dukaten] Friedrich Müller erhielt aus Weimar ein Stipendium, wofür er im Gegenzug Zeichnungen und Bilder nach Weimar schicken sollte (vgl. zu 7,9–10; GB 3 II, zu 226,19; vgl. auch die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 383).

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18. An Jacob Samuel Wyttenbach

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Weimar, 18. Februar 1780 → 〈Bern〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Burgerbibliothek Bern, Sign.: Mss. hist. helv. XIV. 150.7, Nr 915. – 1 Bl. 19,5 × 24,2(–24,4) cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. (?) Korrektur und egh. Unterschrift, Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „Goethe“. – Eingelegt in ein gebundenes Handschriftenkonvolut (Autographen-Sammlung bestehend in Briefen Schweizerischer und auslaendischer Naturforscher. Für das Archiv der Schweiz. Naturforsch. Gesellschaft angelegt von Rudolf Wolf, Bd VII). E: Wolf, Wyttenbach 2 (1853), 134. D: Briefe von Goethe an helvetische Freunde. Zur Feier des 21. Mai 1867 für Herrn Geh. Justizrath Böcking in Bonn (1867), S. 8 (Salomon Hirzel). WA IV 4 (1889), 177, Nr 892 (nach D). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 59,16–17). Postsendungen: 18. Februar 1780; das Porto wurde von der herzoglichen Schatulle erstattet (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 16, Beleg Nr 522). Der Berner Jacob Samuel Wyttenbach (1748–1830) war ein angesehener Alpenforscher. Nach dem Besuch der Hohen Schule und einem Theologiestudium erhielt er im Jahr 1772 ein dreijähriges Stipendium zur Erlernung der französischen Sprache in Lausanne, wo er seine naturwissenschaftlichen Studien vertiefte. 1775 kehrte er in seine Heimatstadt als Prediger am Bürgerspital zurück. Wyttenbach, der in engem Kontakt mit Daniel Sprüngli stand und von Albrecht von Haller gefördert wurde, baute eine eigene Naturaliensammlung auf und gab das „Bernerische 〈ab 1778 Bernische〉 Magazin der Natur, Kunst und Wissenschaften“ heraus (5 Bde. Bern 1775–1779). Außerdem verfasste er mehrere Reisebeschreibungen und arbeitete an der deutschen Übersetzung von de Saussures „Voyages dans les Alpes“ (vgl. zu 275,1). 1781 wurde Wyttenbach Helfer, 1783 Pfarrer der Heiliggeistkirche. 1786 war er Mitbegründer der Naturforschenden Gesellschaft in Bern und 1815 der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (vgl. Wolf, Wyttenbach 1 und 2). – Goethe schätzte Wyttenbach als eifrige〈n〉 Bergläufer und geschickte〈n〉 Naturkundige〈n〉 (65,14–15). Er hatte ihn während seines Aufenthalts in Bern am 19. Oktober 1779 persönlich kennen gelernt (vgl. die folgende Erläuterung). Kurz davor hatte Goethe während der Gebirgs- und Gletscherwanderung in den Berner Alpen vom 11. bis 14. Oktober 1779 Wyttenbachs „Kurze Anleitung für diejenigen, welche eine Reise durch einen Theil der merkwürdigsten Alpgegenden des Lauterbrunnenthals, Grindelwald, und über Meyringen auf Bern

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zurück, machen wollen“ (Bern 1777) benutzt (vgl. GB 3 II, zu 320,22–23; Ruppert, 578, Nr 4033). Auf der Wanderung bediente er sich der gedruckten Anleitung als Tagebuch (vgl. Reisetagebuch Kassel. Schweiz 1779 [Überlieferung: GT I 2, 488; Abbildungen: GT I 1, 96f.]). – Neben dem vorliegenden Brief ist nur ein weiterer Brief Goethes an Wyttenbach überliefert (Nr 456). Briefe Wyttenbachs an Goethe sind nicht erhalten. 17,16–17 der wenigen angenehmen und lehrreichen Stunden] Goethe hatte Wyttenbachs Naturalienkabinett während seines Berner Aufenthaltes am 19. Oktober 1779 besucht (vgl. GB 3 II, zu 321,8). 17,18 Exemplar Wagnerischer Prospekte] Merkwürdige Prospekte von den Schweizer-Gebürgen und derselben Beschreibung. Bern 1776 〈recte 1777〉. – Das prächtig gestaltete Werk enthält einen „Prospectus“ (Ankündigung, 1 S.) des Verlegers, eine „Vorrede“ (4 S.) von Albrecht von Haller, Wyttenbachs „Beschreibung einer Reise, die im Jahr 1776 durch einen Theil der Bernischen Alpen gemacht worden“ (S. 1–15) und eine „Erklärung der Kupfertafeln“ (S. 16–18) sowie zehn hochwertige aquarellierte Stiche nach Vorlagen von Caspar Wolf aus dem Breithorngebiet und dem Lauterbrunnental. Die „Prospekte“ waren das erste Ergebnis eines großangelegten Unternehmens des Berner Verlegers Abraham Wagner, der Wolf 1773 mit Landschaftsdarstellungen der Schweizer Alpen beauftragt hatte. Wolf schuf zwischen 1774 und 1778 170 Ölgemälde, die als Stichvorlagen für weitere Lieferungen an Subskribenten dienen sollten, von denen aber zu Lebzeiten Wagners und Wolfs nur eine französische Übersetzung erschien. Wagner, der auch Kopien von der Hand des Malers zum Verkauf anbot, stellte bis zum Frühsommer 1779 etwa 150 Originalgemälde Wolfs in seinem Berner Kabinett aus, bevor der Maler mit den Bildern nach Paris übersiedelte, um ein neuartiges Aquatinta-Vierfarbendruckverfahren auszutesten und durch eine Ausstellung neue Kunden zu gewinnen. Das Scheitern des Vorhabens, das dem hohen Preis von 5 Livres und 5 Sous (oder 1 Rtlr. 10 Gr.) je Platte geschuldet war, brachte dem Verleger wie dem Maler hohe finanzielle Verluste ein (vgl. Claude Reichler: Der Maler in seiner Landschaft. In: Caspar Wolf. Gipfelstürmer zwischen Aufklärung und Romantik. Katalog. Hrsg. von Stephan Kunz und Beat Wismer. Düsseldorf 2009, S. 37–61). – Goethe, der von Wagners berühmtem Kabinett mit Sicherheit erfahren hatte, dürfte in Bern ein Portfolio mit aquarellierten Stichen gesehen haben. Seine Bitte um ein Exemplar der „Prospekte“ steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit seiner literarischen Darstellung der Schweizer Reise. Goethe ließ möglicherweise die teuren „Prospekte“ für die herzogliche Bibliothek bestellen. Darauf lässt ein Posten in der herzoglichen Schatullrechnung schließen, in der eine Zahlung von 453 Livres an Johann Ludwig Aberli in Bern, u. a. für die „Schweitzer Prospeckte“, verzeichnet wurde (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1083, Bl. 16v). Die entsprechenden Belege geben jedoch keinen näheren Aufschluss über diesen Posten (vgl. ebd., Fürstenhaus A 1086, Bl. 56–58; vgl. auch EB 8). – Das in Weimar überlieferte Exem-

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plar hat eine andere Provenienz (HAAB, Sign.: 2° XXXIX: 71 [c]). Eine spätere französische Übersetzung, deren Stiche jedoch nicht so sorgfältig ausgearbeitet waren, ist in Goethes Bibliothek überliefert: Vues remarquables des montagnes de la Suisse dessinées et colorées d’après nature avec leur description. Amsterdam 1785 (Ruppert, 578, Nr 4032). 17,19–20 um einige Worte Nachricht] Wyttenbachs Antwortbrief ist nicht überliefert. – Er hatte das Buch wohl an Johann Rudolf Burckhardt nach Basel geschickt (vgl. zu 59,16–17). 17,20 übrigen Reise] Zum Verlauf der Schweizer Reise vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530. Vgl. auch die literarische Darstellung in den „Briefen aus der Schweiz“ (WA I 19, 221–306). 17,21 Ihrem guten Rathe] Offenbar hatte Wyttenbach eine Wandertour auf den Jura empfohlen, die Goethe in einem Brief an Charlotte von Stein schilderte (vgl. GB 3 I, Nr 543). 18,2 Genf] Goethe und Carl August waren am 20. Oktober 1779 von Bern über Lausanne nach Genf gegangen, hatten sich dort vom 27. Oktober bis zum 3. November aufgehalten und mehrere Ausflüge unternommen. Am 2. November 1779 hatten sie den Naturforscher Horace Bénédict de Saussure in dessen Landgut Chambésy am Genfer See besucht (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 338,7). Dieser hatte ihnen Ratschläge für den weiteren Verlauf der Reise erteilt, wie Goethe in Briefen an Charlotte von Stein und Lavater angab (vgl. GB 3 II, zu 339,15 und zu 340,3–4). 18,2 Chamouni] Chamonix im Arvetal. Dort waren die Reisenden am 4. November 1779 angekommen, am darauffolgenden Tag hatten sie eine Wanderung ins Mer de Glace unternommen. 18,2 Trient] Trient im Tal der Eau Noire nördlich des Montblanc. Herzog Carl August und Goethe waren dort am 6. November 1779 über den Col de Balme angekommen. Goethe beschrieb die Wanderung durch die Savoyer Alpen in einem Brief an Charlotte von Stein (vgl. GB 3 I, Nr 550). 18,2–3 dasselbe ganz hinauf, über die Furka] Die Reisenden waren das Rhône-Tal entlang flussaufwärts nördlich der Walliser Alpen durch den Kanton Wallis bis Münster und von dort aus am 12. November 1779 über den Rhône-Gletscher und den Furka-Pass nach Realp weitergegangen. 18,3 Gotthardt] Den Sankt Gotthard hatten sie am 13. November 1779 bestiegen. 18,3–4 den vier Waldstättersee nach Luzern] Am darauffolgenden Tag waren sie in nördliche Richtung über Andermatt zum Vierwaldstättersee und von dort am 16. November 1779 nach Luzern gegangen. 18,5 merkwürdigen] ‚Merkwürdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn ‚wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183).

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19. An Charlotte von Stein

BRIEFE 19/20

〈Weimar, 18. Februar? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Angabe von Gründen auf Ende April 1780 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz nach der inhaltlichen Parallele zu Goethes Tagebuch (vgl. zu 18,9–10) auf den 18. Februar 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 234, Nr 378). Nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da es außer der inhaltlichen Parallele zum Tagebuch keine weiteren Anhaltspunkte für eine zeitliche Einordnung gibt, wird die bisher überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 92. – 1 Bl. 14,8(–15) × 5,8(–6,9) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „93“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 100), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 297. WA IV 7 (1891), 264, Nr 2374. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 18,9–10 Ich 〈…〉 folg ihnen nach Tiefurth] Am 18. Februar 1780 vermerkte Goethe im Tagebuch: früh viel weggearbeitet. 〈…〉 nach Tiefurt geritten fand 〈Charlotte von Stein〉 die kl. Sch. 〈Sophie von H. L. 〈Herzogin Louise〉 Schardt〉 die Hofdamen und Steinen 〈Josias von Stein〉. Knebel las. (GT I 1, 105.) – Vgl. zu 15,15–16.

20. An Johann Christian von Düring Weimar, 20. Februar 1780 → 〈Dannenberg〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 42–43. – Doppelblatt 21,6 × 34,5 cm, 1 ½ S. (S. 1 und 2) zweispaltig beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; S. 1 linke Spalte Adresse: An Herrn von Düring, darunter Angabe

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von Ort und Datum (18,12), darunter: Dieser Brief ist à Madame la Douairiére de During née Comtesse Rantzau à Horneburg im Bremisch. eingeschlagen worden., Anlagestriche (neben 19,1 laut beyliegender Rechnung und 19,12–13 Daraus dann zusammen beiliegende Berechnung ensteht), rechte Spalte Brieftext; S. 2 rechte Spalte Brieftext, darunter Beginn von Nr 21, linke Spalte Vermerk: Beizulegen die Berechnung p. 24 und die p. 38 (vgl. Beilagen). – In einem gebundenen Aktenfaszikel (108 Bl.) bestehend aus Konzeptpapier und dazwischen geheftet eingegangenen Briefen und Dokumenten, S. 1 von Schreiberhd (Kräuter), Tinte: „Gesammelte Briefe / von den Jahren / 1778–1792“, darüber mit blauem Stift von fremder Hd: „Peter im Baumgarten“. E: WA IV 4 (1889), 177–179, Nr 893 (Eduard von der Hellen; nach K). Textgrundlage: K. BEIL AG EN

1) Abschrift einer Rechnung von Carl Ulysses von Salis-Marschlins (vgl. zu 19,1–2). 2) Rechnung Goethes mit den Ausgaben für Peter im Baumgarten (vgl. zu 19,12–13). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf einen Brief des Eisenacher Bankiers Johann Lorenz Streiber vom 16. Februar 1780 (vgl. RA 1, Nr 108; abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung zu Nr 23). – Düring antwortete am 4. März 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zum vorliegenden Brief). Postsendungen: 20. Februar 1780 (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 44r). Johann Christian von Düring (1751–1823), Sohn des Horneburger Burgmanns und Präsidenten der Bremer Ritterschaft Johann Christian von Düring und dessen dritter Frau Anna Dorothea geb. Gräfin von Rantzau-Rastorf, war wie sein Vater Burgmann auf Horneburg, hatte die Ritterakademie in Lüneburg besucht und in Kiel und Göttingen studiert. 1773 wurde er Forstamtauditeur und 1775 Forstjunker in Clausthal, bevor er 1779 das Forstamt in Dannenberg übernahm und zum Wirklichen Forstmeister sowie 1781 zum Oberforstmeister ernannt wurde. Seit 1816 war Düring Generalforstdirektor in Hannover und seit 1818 Geheimer Rat. Am 10. Juni 1779 hatte er in Celle Heinrich Julius von Lindaus Schwester Marie Ulrike Friederike geheiratet (vgl. Cornelia Roolfs: Der hannoversche Hof von 1814–1866. Hofstaat und Hofgesellschaft. Hannover 2005, S. 401). Im vorliegenden Brief geht es um die Auszahlung eines Legats von 2000 Reichstalern, die Heinrich Julius von Lindau (vgl. über ihn die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 19) seinem Pflegesohn Peter im Baumgarten (vgl. über ihn die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 281) hinterlassen hatte, und um das noch zu zahlende Schulgeld für Peter im Baumgarten und Andreas Feurer an Carl Ulysses

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von Salis-Marschlins (vgl. zu 19,26–28). Goethe hatte nach Lindaus Tod 1777 die Verantwortung für Peter im Baumgarten übernommen. Über die Schwierigkeiten, die sich bei der Auszahlung des Geldes durch den Vormund der Erben Lindaus Carl Ludwig August von Scholley ergeben hatten, vgl. die Erläuterungen zu Goethes Brief an Scholley vom 26. April 1779 (GB 3 II, Nr 489). Wegen der sich verzögernden Auszahlung hatte Goethe schon am 26. April 1779 an Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay, die älteste Schwester Heinrich Julius von Lindaus und Marie Ulrike Friederike von Dürings, geschrieben und diese gebeten, zu endlicher Berichtigung dieses Geschäfts gütigst beizutragen, und so den angelegentlichsten Wunsch Dero verstorbenen Hl. Bruders meines werthen Freundes wirklich zu erfüllen (GB 3 I, 274,22–24; vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 490). Vermutlich hatte Johann Christian von Düring nach seiner Heirat die Regelung der Erbschaftsangelegenheiten zwischen den Schwestern Lindaus und ihrem Vormund übernommen. Überliefert sind neben dem vorliegenden Brief ein weiterer Brief Goethes an Düring vom 8. Mai 1780 (Nr 83) sowie vier Briefe Dürings an Goethe aus den Jahren 1780 bis 1782 (vgl. RA 1, Nr 110, 133, 138 und 157), die alle im Zusammenhang mit der Auszahlung des Legats geschrieben wurden. Nachweisen lassen sich für den Zeitraum des vorliegenden Bandes noch drei erschlossene Briefe Goethes an Düring (EB 9, 98 und 113). Der vorliegende Brief wurde wahrscheinlich an Dürings Mutter Anna Dorothea geb. Gräfin von Rantzau-Rastorf adressiert (vgl. Überlieferung). 18,15–16 dass Herr v. Scholley endlich das Legat 〈…〉 ausgezahlt hat] Am 16. Februar 1780 hatte der Eisenacher Bankier Johann Lorenz Streiber Goethe informiert, dass „auch gestern dHv Scholey, nach vielen erinnern die noch restirende 1000 f in Louisdor 〈…〉 ein gesandt“ habe (GSA 30/82,2, Bl. 37r; Brief vollständig abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung zu Nr 23). Die von Streiber ausgestellte „Berechnung über diejenigen Gelder so mir von Herrn Obervorster von Scholley in Malsfeld zugekommen sind“ zeigt, dass am 14. Januar und 15. Februar jeweils 200 Louisdor zu 5 Reichstalern, also 2000 Reichstaler, eingegangen waren (GSA 30/82,2, Bl. 39r). 18,18 meinen Banquier in Eisenach] Johann Lorenz Streiber (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 23). 18,18–20 1000 rh hab ich 〈…〉 bei der Eisenacher Landschaftskasse angelegt] In Johann Lorenz Streibers „Berechnung über diejenigen Gelder so mir von Herrn Obervorster von Scholley in Malsfeld zugekommen sind“ ist unter dem Datum vom 4. Oktober 1778 aufgeführt: „Zahlte an Herrn Rath Kern laut in liegendem Cassa Schein patent mäßig 〈Zeichen für Reichstaler〉 1000 –“ (GSA 30/82,2, Bl. 39r). Aus einem Briefkonzept Goethes an Unbekannt, möglicherweise einem Vorentwurf zu dem vorliegenden Konzept, vom 18. Februar 1780 geht hervor, dass Goethe die 1000 Reichstaler in Hofnung früherer Auszahlung schon den vorigen Oktober aus Herrn Streibers Casse bei der Eise-

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nacher Landschaftskasse angelegt hatte (ebd., Bl. 40r). – Landschaftskasse: „regionale, den einzelnen Verwaltungsbezirken eines Landes zugeordnete, auch als Kreditinstitut fungierende Behörde zur Verwaltung der Gelder der Landstände“ (GWb 5, 943). 19,1–2 Herr von Salis zu Marschlins hat laut beyliegender Rechnung eine Forderung von 60 1⁄3 alte französche Louisd’or] Die Ausfertigung der beigelegten Rechnung ist nicht überliefert. – Es handelte sich laut Seidels Vermerk (vgl. Überlieferung) um eine Abschrift der Rechnung, die Salis mit seinem Brief an Goethe vom 15. August 1779 (abgedruckt in GB 3 II, zu 275,12) über das ihm noch zustehende Tisch- und Schulgeld für die Zöglinge Peter im Baumgarten und Andreas Feurer gesandt hatte (GSA 30/82,2, Bl. 25). Für Peter im Baumgarten betrug die Forderung laut dieser Rechnung 655 Gulden und 39 Kreuzer Churer Valuta, umgerechnet 60 1⁄3 alte französische Louisdor. Im Faszikel findet sich vor dem vorliegenden Konzept eine Berechnung Goethes, die vor den Hl. v. Salis 655f 39xr à alte Louisd’or 10f 52x macht in hiesigem Geld rh 311. 17. (ebd., Bl. 41r) aus dem Legat für Peter im Baumgarten vorsieht. Eine weitere Abschrift der Rechnung schickte Goethe an Carl Ludwig August von Scholley (vgl. zu 20,11–12). 19,2–3 nach des seel Lindaus lezten Willen] Lindaus Testament vom 17. Mai 1776, in dem er Peter im Baumgarten ein Legat von 2000 Reichstalern bestimmt, ist in einer Kopie in Goethes Nachlass vorhanden:

〈…〉 Premierement donc, je legue à Pierre Im Baumgarten natif de Meiringen dans la Vallée d’Oberhasli au canton de Berne presentement Audiant au Philanthropin de Marschlins la, Somme de deux Mille ecus en Louis d’or. Cette Somme sera remise à Monsieur de Salis de Marschlins Envoye, de S. M. tres Chretienne auprès de la republique dés Grisons à Marschlins près de Coire. Je le prie d’employer ce Capital à l’education de cett Enfant de la maniere quil jugera le plus convenable et de parler surce Sujet avec Mr le pasteur Lavater, et Mr l’Inspecteur Greven. Si quand l’Enfant aura attant l’age de Seixe Ans, il reste encore une partie du Capital il poura l’emploir comme bon lui Semblera et il sera Majeur 〈…〉. (H: GSA 30/82,1, Bl. 10–11. – 〈…〉 Erstens: Ich vererbe Peter Im Baumgarten aus Meiringen im Oberhaslital im Kanton Bern, der zur Zeit Zögling am Philanthropin in Marschlins ist, den Betrag von Zweitausend Ecus in Louisdor. Dieser Betrag wird Herrn von Salis-Marschlins, dem Gesandten seiner Allerchristlichen Majestät 〈des Königs von Frankreich〉 bei der Republik Graubünden in Chur, überreicht. Ich bitte ihn darum, dieses Kapital zur Erziehung dieses Kindes in der Art und Weise zu gebrauchen, die er am geeignetsten findet, und darüber mit Herrn Pastor Lavater und Herrn Inspektor Greven zu sprechen. Wenn der Junge 16 Jahre

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alt wird und noch ein Teil des Kapitals übrig geblieben wäre, kann er frei darüber verfügen.) 19,3 ersten Ausserungen des Herrn v. Scholley] Am 21. Februar 1778 hatte Carl Ludwig August von Scholley an Salis geschrieben, dass „das Legat für Peter im Baumgarten von 2000 rL solcher Gestalt ausgezahlt werden solle, daß die 2 jährige Pension von 1777 und 1778. für selbigen davon abgezogen, und auf Dero seinethalben eingesandte Rechnung bezahlt würden“ (GSA 30/82,2, Bl. 6v). Eine Abschrift dieses Schreibens hatte Salis in einem Brief an Goethe vom 20. Oktober 1778 mitgeschickt (vgl. ebd., Bl. 3, 4, 6, 7; vgl. auch RA 1, Nr 91). In seinem Brief vom 6. April 1779 hatte Scholley auch Goethe über diese Punkte informiert (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 10). – Vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 489. 19,4–5 Herrn v. Salis sogleich dieses Geld in Frankfurt angewiesen] Goethe schreibt an Salis am selben Tag: Ich verfehle nicht sogleich unter dem heutigen dato an die Herren Bettmänner in Frankfurt am Main 601⁄3 alte Louisd’or für Sie anweissen zu lassen (21,7–9). 19,6 dringendste Briefe] Schon am 20. Oktober 1778 hatte Salis Goethe um Hilfe wegen der von Scholley verzögerten Auszahlung der Gelder gebeten (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 489). Seinem Brief vom 15. August 1779 fügte Salis eine „Substitutions Uhrkunde“ bei, „um nicht nur dem guten Peter zu dem Besitz seines Aufgemächts sondern auch mir zu der abführung meines ausstands dessen ich sehr benöthiget bin zu verhelffen“ (GSA 30/82,2, Bl. 23; vgl. RA 1, Nr 96). – Vgl. dazu GB 3 II, zu 275,12. 19,7 Substitutions Urkunde] Vgl. die vorhergehende Erläuterung. Neben einer Vollmacht, von Salis am 15. August 1779 unterschrieben, die Goethe in der Erbschaftsangelegenheit Peter im Baumgartens zum Bevollmächtigten gegenüber Scholley erklärte und ihn berechtigte, auch „die besondere Schuld Post so mir endsbenandten die verlassenschafft des gedachten HL Baron von Lindau seel laut eingesandten Rechnungen und Quittungen quibus & schuldig ist zu incassieren“ (GSA 30/82,2, Bl. 26v), sandte Salis noch eine Verordnung vom 28. Juli 1779 mit, die vom Landammann Niclaus von Bergen und dem Landschreiber und Vogt Isaac Zopfli in Oberhasli im Kanton Bern abgefasst worden war (vgl. ebd., Bl. 26–28). Diese bevollmächtigte Salis, das „Legat der Zwey Thaußend Thaleren, von dem Ehrenvermelten Herren Von Scholley zu Ahlfeld in Heßen, oder von wemme solches je auszurichten sein mag, zu beziechen, oder durch jemand so er hierzu bevolmächtigen wurde beziechen 〈…〉 zu laßen“ (ebd., Bl. 27v–28r). – ‚Substitution‘ hier als juristischer Terminus: Ernennung zum Nacherben. 19,8 Ramont] Peter im Baumgarten hatte im Sommer 1777, nachdem er Ende April 1777 das Erziehungsinstitut zu Marschlins verlassen hatte und in Zürich bei Lavater untergekommen war, den französischen Alpinisten und späteren Geologen und Botaniker Louis François Élisabeth Ramond de Carbonnières auf einer Reise

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durch die Schweizer Berge begleitet. Am 6. März 1780 schrieb Goethe an Lavater: Schreib mir doch wer der Rammont in Colmar ist der an Petern noch was zu fordern hat. (29,14–15.) Lavater antwortete, dass der „R a m m o n d, dem Peter schuldig ist 〈…〉 in Colmar bey Pfeffel zuerfragen“ sei (Goethe-Lavater3, 105). Schon am 25. Juli 1778 hatte Lavater Goethe gebeten, mitzuteilen, wie Salis und Ramond bezahlt werden sollten (vgl. ebd., 78), und am 28. August 1779 teilte er mit, dass noch „8 N’Louisdor“ aus dem Legat für Peter Ramond gehörten (GSA 30/82,2, Bl. 25v). Am 27. April 1780 bestätigte Ramond, einen Brief Goethes vom 30. März (EB 24) erhalten zu haben, und schickte als Beilage eine Abschrift mit der Aufstellung der Ausgaben für Peter im Baumgarten mit (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 57–59; Ernst, 109–111; vgl. auch RA 1, Nr 117), die er schon am 22. Juli 1777 Lavater zugeschickt hatte (vgl. RA 1, Nr 80). In dieser Aufstellung gibt Ramond an, dass er Peter vom 30. Mai bis zum 22. Juli 1777 mit Nahrung und Kleidung versorgt habe (vgl. GSA 30/82, Bl. 58r). Am 20. Mai 1780 wies Goethe Johann Lorenz Streiber an, die Rechnung zu begleichen (EB 39), und benachrichtigte am selben Tag Ramond über die Anweisung der Summe nach Paris (EB 38). Am 24. Mai informierte Streiber Goethe, dass er „morgen mit der Post meinen Freunden denen Herren Tourton & Baur in Paris ordre“ gebe, „die mir aufgetragnen 218 Liv. tournoir 12 Sous an Monsr Ramond avocat au Conseil d’alsace, rue du temple à Cote des Veres de Nazaret in Paris auszahlen zu laßen, so bald ich hiervon Nachricht erhalte, ermangele ich nicht die Rechnung darüber einzusenden.“ (GSA 30/82,2, Bl. 61r.) Ramond bestätigte am 9. Juni 1780 den Erhalt des Geldes (vgl. ebd., Bl. 62r; Ernst, 112f.; vgl. auch RA 1, Nr 120). 19,9 Post] Ältere Form von ‚Posten‘. 19,11–12 Die Rechnung meiner eignen baaren Auslagen 〈…〉 367 rh 12 gl 5 dl.] Der Betrag ergibt sich aus der Summe der 301 Reichstaler, 8 Groschen und 9 Pfennige von Goethes Rechnung biss den Jul 1779 und der 66 Reichstaler, 3 Groschen und 8 Pfennige der Rechnung biss den 31 Dez 1779 (GSA 30/82,2, Bl. 41r), die in der Beilage aufgeführt wurden (vgl. die folgende Erläuterung). Außerdem ist eine Liste mit den Ausgaben und Einnahmen für Peter im Baumgarten überliefert (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 46–47). – ‚Ult.‘: ultimo. 19,12–13 zusammen beiliegende Berechnung] Bei der nicht überlieferten Beilage handelte es sich laut Seidels Vermerk (vgl. Überlieferung) um eine Abschrift der vom ihm am 18. Februar 1780 konzipierten Rechnung (GSA 30/82,2, Bl. 41). 19,15 Frauen und Fräul Schwestern] Die Schwestern und somit die Erbinnen Heinrich Julius von Lindaus, die nach dem Tod der Eltern gemeinsam mit ihrem Bruder unter der Vormundschaft Scholleys aufgewachsen waren. Die älteste Schwester Wilhelmine war seit 1774 mit dem hannoverschen Oberjägermeister Friedrich Georg Christian von Beaulieu-Marconnay in Celle verheiratet, Marie Ulrike Friederike hatte 1779 Johann Christian von Düring geheiratet und Caroline Luise heiratete später den Ritterschaftspräsidenten Otto Detlef von Marschalck in Stade.

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19,16–17 dieses Kapital wieder zu komplettiren] Düring antwortete am 4. März 1780: „Wenn aber Baumgarten, nach Ihrem Zeugnisse, eine fernere Unterstützung verdienen sollte, so werden wir uns ein Vergnügen daraus machen, die 2000 rL. wieder voll zu machen, so, daß wir noch etwa 750 rL. zuzulegen hätten“ (GSA 30/82,1, Bl. 12v). Am 20. Mai 1782 schrieb er wegen dieser noch ausstehenden Zahlung in einem als Abschrift überlieferten Brief an Goethe: „Vor etwa 2 Jahren waren Ew. pp so gütig eine Berechnung zu übersenden, wieviel Sie von dem Legat der 2000 rL. anzugreifen genöthiget gewesen wären, welches, wenn ich nicht irre, etwa 700 rL. betrug. Meine Frau und ihre Schwestern entschlossen sich hierauf die 2000 rL. wieder vollzumachen, und dem jungen Schweitzer, bis er 18 Jahr alt seyn würde, jährlich 200 rL. zu geben. Die Auszahlung der 700 rL. ist um deswillen noch verschoben worden, weil wir hoften, daß der Herr von Scholley endlich einmal das in Verwaltung gehabte Vermögen herausgeben würde, um alsdann davon dieses Geld zu bezahlen. Da aber noch bis jetzt keine Hoffnung dazu da ist, werde ich suchen dieses Geld in einigen Wochen, sobald es mir möglich seyn wird, nebst den 200 rL. für das Jahr von Ostern 81. bis dahin 82 zu übersenden.“ (GSA 30/82,1, Bl. 13r.) In der „Rechnung über Einnahme und Ausgabe für Peter im Baumgarten vom 12. August 1777 biss den 31 December 1790.“ (ebd., Bl. 4r) erscheinen bis 1785 jährlich Zahlungen unterschiedlicher Höhe von „denen Frauen und Fräulein Schwestern des seeL. Herrn Barons von Lindau, durch den Herrn Oberforstmeister von Düring in Dannenberg“ (ebd., Bl. 4v). In der Erläuterung zu der abschließenden Rechnung vom 30. Juni 1792 wird bestätigt, dass die Erbinnen angeboten hatten, „nicht allein das wieder zu ersetzen, was biß daher wegen Unterhaltung und geschehenen Auslagen, für den jungen Baumgarten, an denen 2000 rL abgegangen war, sondern auch damit biß zu seinem 18 Jahre zu continuiren, welches dann auch biß zum Jahre 1785, wie sich solches aus der Rechnung ergiebt, würklich geschehen ist und haben diese großmüthige Personen, außer denen 2000 rL. Legat annoch 1575 rL. in Louisdor: 5 rL. nach und nach für die Erziehung des jungen Baumgarten hergegeben“ (ebd., Bl. 2v), so dass das Legat von 2000 Reichstalern bis Ende 1785 „vollständig erhalten worden“ (ebd., Bl. 3r). – Vgl. zu 19,3. 19,19–20 einem Verständigen und braven Mann] Im Sommer 1779 hatte Goethe Johann Friedrich Krafft (über ihn vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 410) gebeten, einem Knaben für dessen Erziehung ich zu sorgen habe, und der in Illmenau die Jägerey lernt, einige Aufmercksamkeit (GB 3 I, 285,12–14) zu widmen, ihn im Französischen zu unterrichten sowie zum Zeichnen anzuhalten (vgl. zu 6,4–5). Außerdem hatte er Krafft gebeten, ihm regelmäßig Nachricht über Peters Entwicklung und Verhalten zu geben, was dieser in seinen Briefen an Goethe vom 28. Oktober 1779 (vgl. RA 1, Nr 103) und vom 29. November 1779 (vgl. RA 1, Nr 105) auch tat (vgl. GB 3 II, zu 285,12 und zu 285,20). Am 17. Januar 1780, nach der Rückkehr aus der Schweiz, bedankte sich Goethe bei Krafft u. a. auch für dessen Bemühungen mit Petern (6,4–5).

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19,26 obgedachter beyliegenden Rechnung] Vgl. zu 19,1–2. 19,26–28 vor Andreas Feurer 〈…〉 französche Louisd’or zurük] Der aus der Grafschaft Toggenburg stammende Andreas (André) Feurer (Führer, Fuhrer) war ein weiterer von Lindau in seinem Testament bedachter Zögling in Marschlins. Lindau hatte ihn im Sommer 1775 kennen gelernt und auf seine Kosten zur Erziehung nach Marschlins gegeben. Mit seinem Brief an Goethe vom 15. August 1779 (abgedruckt in GB 3 II, zu 275,12) sandte Salis auch eine Rechnung (GSA 30/82,2, Bl. 25r) über das ihm noch zustehende Tisch- und Schulgeld für die Zöglinge Peter im Baumgarten und Andreas Feurer. Für Andreas Feurer betrug die noch ausstehende Forderung laut dieser Rechnung, wie im Brief angegeben, 678 Florin und 43 Kreuzer. Aus einem Brief vom 16. Dezember 1787 von Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay an Ulysses von Salis geht hervor, dass Scholley zu diesem Zeitpunkt noch „einen schuldigen Posten von 42 Louis neufs wegen Andreas Feurer 〈…〉 bisher habe unabgetragen gelassen“ und „daß diese Schuld baldmöglichst möge abgeführet werden.“ (Ernst, 116f.; vgl. ebd., 66–70.) Vgl. auch 36,8–10. 19,28–29 bei Herrn von Schollei] Am selben Tag schrieb Goethe an Scholley: Was nun aber den Ueberrest von 62½ Louisd’or für Andreas Feurer betrift so bitte ich Ew. Hochwohlgebl ia sehr auch diese Post auf das baldigste zu berichtigen und den Herrn von Salis der sein Geld so lange entbehren müssen zufrieden zu stellen. (20,17–21.) 20,1–2 eine gerichtliche Vollmacht des Hl. v. Salis] Vgl. zu 19,7. Dürings Antwortbrief vom 4. März 1780: P.P. Mit dem größten Vergnügen habe ich aus Ew. pp. Briefe vom 20t Febr. ersehen, daß der HLr. von Scholley endlich einmal die 2000 rL. für Baumgarten bezahlet hat. Oft genug ist er daran erinnert worden, und stets versprach er es mit dem ersten zu thun. Sein beständiges Aufschieben ist die Ursache, daß ich nicht schon längst Ihnen vorigen Brief beantwortet habe. Ich hofte von einem Posttage zum andern die Nachricht zu erhalten, daß das Geld bezahlt worden, und alsdann war ich willens ausführlich zu schreiben. Meine Frau und ihre Schwestern tragen mir auf Ihnen nochmahls den wärmsten und aufrichtigsten Dank für alle Ihre, bey dieser ganzen Sache gehabte viele Mühe und Unannehmlichkeiten abzustatten. Erlauben Sie, daß ich auch den meinigen, nebst der Bitte, hinzufügen darf, daß Sie sich auch ferner des jungen Menschen gütigst annehmen. Alles was Sie mit ihm vornehmen, wird ohne die geringsten Einwendungen beständig gut geheißen werden. Die Absicht Ihres verstorbenen Freundes scheint zwar gewesen zu seyn, daß der Betrag der Rechnung des HLrn v. Salis von den legirten 2000 rL. abgezogen / wer-

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den sollte. Wenn aber Baumgarten, nach Ihrem Zeugnisse, eine fernere Unterstützung verdienen sollte, so werden wir uns ein Vergnügen daraus machen, die 2000 rL. wieder voll zu machen, so, daß wir noch etwa 750 rL. zuzulegen hätten, welche ihn entweder selbst, bey seiner künftigen Einrichtung, oder auch Ihnen übergeben werden könnten. Die 200 rL. jährlich, die Sie auf seine Erziehung zu wenden denken, werden wir mit Vergnügen auf das promteste bezahlen, und ich ersuche mir eine Assignation auf Hamburg, auf die 200 rL. für Ostern 80 bis dahin 81 zuzuschicken. Den Herrn von Scholley werde ich, so viel möglich, zu bewegen suchen, daß er Herrn von Salig völlig bald befriedige. Da es Ihnen aber selbst aus der Erfahrung bekannt ist, wie lange er Sachen aufschiebt, so kann ich nicht mit Zuverlässigkeit versprechen, daß er für dieses mal eine Ausnahme mache. Sollte der junge Baumgarten in der Folge einige Reisen machen, um auswärtige Forste zu sehen, so würde es mir angenehm seyn, wenn er auch einmal in diese Gegend käme. Da mir mein König die Directica einiger seiner hauptsächlichsten Forsten anvertrauet, so würde ich ihm die Gelegenheit geben können, auch unsern Forsthaushalt kennen zu lernen. Ich bin pp. Dannenberg dL. 4 Merz 1780 pp JCv Düring. add.) An den Forstmstr. zu Dannenberg im Lüneburgischen. (h: GSA 30/82,1, Bl. 12.) 2 Briefe vom 20t Febr.] Nr 20. 2–3 daß der HLr. von Scholley 〈…〉 bezahlet hat] Vgl. zu 18,15–16. 6 vorigen Brief] Nicht überliefert; vgl. EB 9. 9 Meine Frau und ihre Schwestern] Heinrich Julius von Lindaus Schwestern und Erbinnen (vgl. zu 19,15). 15 verstorbenen Freundes] Heinrich Julius von Lindau. 15–16 der Betrag 〈…〉 den legirten 2000 rL. abgezogen] Vgl. zu 19,1–2; zu 19,3. 18–19 die 2000 rL. wieder voll zu machen] Vgl. zu 19,16–17. 21 Die 200 rL. jährlich] Vermutlich hatte Goethe in seinem nicht überlieferten Brief an Düring (vgl. 5–6; vgl. EB 9) diese Summe angegeben. Die Zahlung der Gelder erfolgte bis 1785 (vgl. zu 19,16–17). Am 20. März 1782 bat Düring „gehorsamst mir gefällige Nachricht zu geben, wie alt der junge Schweitzer nun ist? Wir glauben daß er mit 18 Jahren selbst für sein ferneres Fortkommen wird sorgen können.“ (GSA 30/82,1, Bl. 13r.) Wie alt Peter im Baumgarten war, als die Zahlungen 1785 eingestellt wurden, ist nicht genau zu erschließen. 23 Assignation] Geldanweisung. 25–26 daß er Herrn von Salig völlig bald befriedige] „Salig“ verschrieben für Salis. – Gemeint ist hier das noch ausstehende Schulgeld für Lindaus zweiten Zögling Andreas Feurer (vgl. zu 19,26–28). 29 einige Reisen] Vgl. zu 53,19. 31 mein König] Seit

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1760 war Georg III. König von Großbritannien und Irland sowie Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover).

21. An Carl Ludwig August von Scholley Weimar, 20. Februar 1780 → Malsfeld ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 42–43. – Doppelblatt 21,6 × 34,5 cm, ¼ S. zweispaltig (S. 2) und ¾ S. einspaltig rechts (S. 3) beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; S. 2 linke Spalte Adresse: An Hl Oberaufseher von Schollei / nach Malsfeld / eod. dat., Anlagestrich (neben 20,11–12 aus beyliegender Rechnung 〈…〉 Salis); rechte Spalte Brieftext, darüber Schluss von Nr 20; S. 3 rechte Spalte Brieftext, darunter Beginn von Nr 22. – In einem gebundenen Aktenfaszikel (vgl. Überlieferung zu Nr 20). E: WA IV 4 (1889), 179 f., Nr 894 (Eduard von der Hellen; nach K). Textgrundlage: K. BEIL AG E

Rechnung des Herrn von Salis (20,11–12; vgl. zu 20,11–12). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf einen Brief des Eisenacher Bankiers Johann Lorenz Streiber vom 16. Februar 1780 (vgl. RA 1, Nr 108), in dem dieser berichtet, dass Carl Ludwig August von Scholley das Legat für Peter im Baumgarten ausgezahlt habe (abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung zu Nr 23). – Scholley antwortete am 20. März 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zum vorliegenden Brief). Postsendungen: 20. Februar 1780 (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 44r). Die Korrespondenz mit dem Juristen Carl August Ludwig von Scholley (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 489) betrifft ausschließlich die Erbschaftsangelegenheiten Heinrich Julius von Lindaus (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 19). Scholley war der Vormund der Geschwister Lindaus und so für die Auszahlung des Legats für Peter im Baumgarten, das Heinrich Julius von Lindau für die Erziehung und Ausbildung seines Pflegesohns bestimmt hatte, verantwortlich. Nach Lindaus Tod hatte Goethe 1777 die Verantwortung für Peter im Baumgarten übernommen. Über die Schwierigkeiten, die sich bei der Auszahlung des Geldes ergeben hatten, vgl. die Erläuterungen zu Goethes Brief an Scholley vom 26. April 1779 (GB 3 II, Nr 489). Von Goethe sind neben dem vorliegenden

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zwei weitere Briefe an Scholley aus den Jahren 1779 (GB 3 I, Nr 489) und 1780 (Nr 52) überliefert. Dazu kommen fünf erschlossene Briefe aus dem Zeitraum von 1778 bis 1779 (GB 3 I, EB 228, EB 246, EB 251, EB 266 und EB 268). Von Scholley sind von 1778 und 1780 fünf Briefe an Goethe überliefert (vgl. RA 1, Nr 92, 94, 95, 98 und 112). 20,5–6 Brief des Herrn Commerzienrath Streibers] Vom 16. Februar 1780 (vgl. zu 18,15–16; abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung zu Nr 23). 20,7–8 die Generalquittung] Scholley schickte mit dem Antwortbrief vom 20. März 1780 eine Abschrift der Generalquittung (Finalquittung), die von Salis am 31. März 1778 aufgesetzt worden war und in der dieser erklärte, dass er sich mit dem angefallenen Schulgeld begnüge und die Vormundschaft und Testamentsvollstreckung an Goethe übertrage (abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu GB 3 II, Nr 489). 20,8 auf der Reise] Am 12. September 1779 war Goethe mit Herzog Carl August zu seiner zweiten Reise in die Schweiz aufgebrochen und am 14. Januar 1780 nach Weimar zurückgekehrt (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). 20,10 gefällige Abschrift] Vgl. zu 20,7–8. 20,11–12 beiliegender Rechnung des Herrn von Salis] Die mitgeschickte Rechnung ist nicht überliefert. Goethe hatte am selben Tag eine weitere Abschrift der Rechnung auch an Johann Christian Düring geschickt (vgl. zu 19,1–2). – Vgl. die Antwort Scholleys (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zum vorliegenden Brief). 20,13 die Erben] Gemeint sind die Schwestern Lindaus (vgl. zu 19,15). 20,13 formirt] ‚Formieren‘ hier: „eine Forderung stellen, einen Anspruch, eine Bitte geltend machen“ (GWb 3, 818). 20,13–14 Die Erste Post Petern im Baumgarten betrefl.] Vgl. zu 19,1–2. – ‚Post‘: hier ältere Form von ‚Posten‘. 20,14 nach dem Testamente] Vgl. zu 19,2–3. 20,14–15 nach der ersten dem Herrn v. Salis gethanen Eröfnung] Vgl. zu 19,3; zu 19,16–17. 20,16–17 durch die Herren Bettmann 〈…〉 an ihn übermachen lassen] Die Gebrüder Johann Philipp und Simon Moritz Bethmann, Inhaber des Bethmannschen Bankhauses in Frankfurt (vgl. zu 17,5–6). – Salis hatte Goethe am 20. Oktober 1778 mitgeteilt, er habe Scholley gebeten, „das Geld den HL Gebrüder Bethman in Frankfurth zu behändigen.“ (GSA 30/82,2, Bl. 3v.) Am 20. Februar 1780 gab Goethe deshalb dem Bankier Johann Lorenz Streiber einen entsprechenden Auftrag (vgl. zu 22,5–6). 20,18 Ueberrest von 62½ Louisd’or für Andreas Feurer] Vgl. zu 19,26–28. 20,19 diese Post auf das baldigste zu berichtigen] Was nicht geschah (vgl. zu 19,26–28).

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20,21–22 legale Vollmacht] Vgl. zu 19,7. 20,22–23 eine vidimirte Abschrift] Eine beglaubigte Abschrift der Substitutionsurkunde (vgl. zu 19,7). – Am 20. März 1780 bat Scholley um die „anerbottene vidimirte Copey der Vollmacht“ (GSA 30/82,2, Bl. 52v), die Goethe ihm mit seinem Brief vom 31. März 1780 sandte (vgl. 36,21–37,1). Scholleys Antwortbrief vom 20. März 1780: Wohlgebohrner HochzuEhrender Herr Geheimde Rath! Hierdurch habe die Ehre Euer Wohlgebohren die verlangte Abschrifft der von dHL: Commerzien-Rath Streiber erhaltenen General-Quittung zu übersenden. Die in Dero HochzuEhrenden mir mitgetheilte Rechnung dHL: von Salis ist mir nicht nur bekannt, sondern sie ist auch in der Haupt-Summe mit derjenigen, die von ihm selbst empfangen habe, vollkommen gleichlautend. Euer Wohlgebohren richtigen Einsicht will aber lediglich anheim stellen; ob auf die Beyfuge, worin HL: von Salis quittirt ohne eine Summe auszudrücken, worin er sich von der Ausrichtung des letzten Willens des seeL: Lindau feyerlich lossagt, und diese Besorgung Euer Wohlgebohren überträgt, / wohl mit Bestand Rechtens eine Zahlung leisten können? Wäre es demselben gefällig gewesen, mich darüber mit einer hinreichenden Erklärung zu beehren, so wurde die Berichtigung der Rechnung sofort geschehen seyn. Sie findet daher itzt keinen Anstand, nur muß wegen der kürtzlich gethanen Übermachung so starcker Summen, mir noch einige gütige Nachsicht, biß wieder was eingehet, und anbey die anerbottene vidimirte Copey der Vollmacht gehorsamst erbitten. Womit in ausnehmendster Hochachtung lebenslang beharre

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Euer Wohlgebohren Malsfeld gehorsamster Diener dL: 20.tL. Mertz. 1780. CLAvonScholley (H: GSA 30/82,2, Bl. 52) 3 die verlangte Abschrifft] Vgl. zu 20,7–8. 5 mitgetheilte Rechnung dHL: von Salis] Vgl. zu 20,11–12. 6–7 die von ihm selbst empfangen habe] Eine von Salis an Scholley gesendete Rechnung ist nicht überliefert. Wahrscheinlich handelt es sich um die gleiche Rechnung, die Salis mit seinem Brief vom 15. August 1779 an Goethe geschickt hatte (vgl. zu 19,1–2). 14–15 kürtzlich gethanen Übermachung so starcker Summen] Anfang des Jahres hatte Scholley 2000 Reichstaler aus der vormundschaftlichen Kasse der Lindauischen Geschwister aus dem Legat für Peter im Baumgarten gezahlt (vgl. zu

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18,15–16). 16 die anerbottene vidimirte Copey der Vollmacht] Eine beglaubigte Abschrift der Substitutionsurkunde (vgl. zu 19,7), die Goethe angeboten hatte (vgl. 20,21–23) und mit seinem Brief vom 31. März 1780 an Scholley schickte (vgl. 36,21–37,1).

22. An Carl Ulysses von Salis-Marschlins Weimar, 20. Februar 1780 → Marschlins ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 42–43. – Doppelblatt 21,6 × 34,5 cm, ¼ S. zweispaltig (S. 3) und ½ S. einspaltig rechts (S. 4) beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; S. 3 linke Spalte Adresse: an Herrn von Salis nach / Marschlins / eod. dat., rechte Spalte Brieftext, darüber Schluss von Nr 21; S. 4 rechte Spalte Brieftext, darunter Beginn von Nr 23. – In einem gebundenen Aktenfaszikel (vgl. Überlieferung zu Nr 20). E: WA IV 4 (1889), 181, Nr 895 (Eduard von der Hellen; nach K). Textgrundlage: K. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf einen Brief des Eisenacher Bankiers Johann Lorenz Streiber vom 16. Februar 1780 (vgl. vgl. RA 1, Nr 108), in dem dieser berichtet, dass Carl Ludwig August von Scholley das Legat für Peter im Baumgarten ausgezahlt habe (abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung zu Nr 23). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 20. Februar 1780 (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 44r). Der schweizerische Beamte und Politiker Carl Ulysses von Salis-Marschlins (1728–1800) war bis 1777 Leiter des Philanthropinums in Marschlins, zu dessen Zöglingen auch Peter im Baumgarten gehörte. Für Peters Aufenthalt in Marschlins waren noch Rechnungen zu begleichen. Über Salis vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 491. Im vorliegenden Brief geht es um die erfolgte Auszahlung eines Legats von 2000 Reichstalern, die Heinrich Julius von Lindau (vgl. über ihn die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 19) seinem Pflegesohn Peter im Baumgarten (vgl. über ihn die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 281) hinterlassen hatte, und über das noch zu zahlende Schulgeld für Peter im Baumgarten und Andreas Feurer (vgl. zu 19,26–28). Goethe hatte nach Lindaus Tod 1777 die Verantwortung für Peter im Baumgarten übernommen.

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21,6–7 Herr von Schollei das Legat von 2000 rh berichtiget] Vgl. zu 18,15–16. 21,8 Herren Bettmänner in Frankfurt am Main] Vgl. zu 20,16–17. 21,9–10 mir eingeschikte Rechnung 〈…〉 Petern im Baumgarten] Vgl. zu 19,1–2. 21,11 der andern Post für Andreas Feurer] Es handelt sich um 62½ Louisd’or für Andreas Feurer (20,18), einen weiteren von Lindau unterstützten Zögling in Marschlins (vgl. zu 19,26–28). – ‚Post‘: hier ältere Form von ‚Posten‘. 21,13 schläfrige und unbehülfliche Herr von Scholley] Über die Schwierigkeiten und Verzögerungen, die sich bei der Auszahlung des Geldes an Salis durch den Vormund der Erben Heinrich Julius von Lindaus Carl Ludwig August von Scholley ergeben hatten, vgl. die Erläuterungen zu Goethes Brief an Scholley vom 26. April 1779 (GB 3 II, Nr 489). Noch am 16. Dezember 1787 schrieb Lindaus Schwester Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay an Goethe: „Als aber, wie Ew. Hochwohlgeboren vielleicht schon ist bekannt geworden, meine Schwestern mit mir das Schicksal haben müssen erfahren, unsern gewesenen vieljährigen Herrn Vormund durch gerichtliche Hülfe zur Ablegung seiner schuldigen Rechnungen zu vermögen und wir fast alles von der Hand der Vorsehung uns verliehene Vermögen durch diesen unangenehmen Weg noch erst von dem Herrn v. Scholley lostreiben müssen“ (Ernst, 117). 21,14–15 bitte ich um gefällige Nachricht und Quittung] Dazu ist nichts überliefert. 21,16 meine lezte Reise in die Schweiz] Am 12. September 1779 war Goethe mit Herzog Carl August zu seiner zweiten Reise in die Schweiz aufgebrochen und am 14. Januar 1780 nach Weimar zurückgekehrt; zu der Reise vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530. 21,17 Ihre Gegend] Marschlins liegt im Kanton Graubünden, wohin Goethe auf seiner Reise in die Schweiz nicht kam.

23. An Johann Lorenz Streiber Weimar, 20. Februar 1780 → Eisenach ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 42–44 und 49. – 2 Doppelblätter: 1. Doppelblatt 21,6 × 34,5 cm, ½ S. (S. 4) zweispaltig beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte; linke Spalte Adresse: An Herrn Commerzienrath / Streiber in Eisenach / eod. dat., rechte Spalte Brieftext, darüber Schluss von Nr 22. 2. Doppelblatt 21,6 × 34,5(–34,8) cm, ½ S. (S. 1) zweispaltig beschr., Schreiberhd

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(Seidel), Tinte; linke Spalte: Diese Briefe sind sämtl den 20 Febr. Auf die Post gegeben worden, rechte Spalte Brieftext. – In einem gebundenen Aktenfaszikel (vgl. Überlieferung zu Nr 20). E: WA IV 4 (1889), 182f., Nr 896 (Eduard von der Hellen; nach K). Textgrundlage: K. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen Brief Johann Lorenz Streibers vom 16. Februar 1780 (vgl. RA 1, Nr 108; abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung), dem Streiber am 19. Februar noch eine Berichtigung der beigefügten Rechnung folgen ließ (GSA 30/82,2, Bl. 45–46, 48; vgl. RA 1, Nr 109). – Streiber antwortete am 20. März 1780 (GSA 30/82,2, Bl. 14–15; vgl. RA 1, Nr 113). Postsendungen: 20. Februar 1780 (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 44r). Der Kaufmann, Fabrikbesitzer und Bankier Johann Lorenz Streiber (1723– 1796), Sohn des Eisenacher Zeugmachers und Kaufmanns Johann Justin(us) Streiber, der 1733 gemeinsam mit Johann Benjamin Eichel die Eisenacher Kammgarnspinnerei gegründet hatte, war von 1767 bis 1782 Bürgermeister in Eisenach, seit 1767 sachsen-weimarischer Kommerzienrat und seit 1782 Kammerrat. Streiber war nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer, sondern auch ein „weitgeschätzter Finanzmann mit über Deutschland hinausreichenden Verbindungen“ (Wolfgang Huschke: Forschungen über die Herkunft der Thüringischen Unternehmerschicht des 19. Jahrhunderts. Baden-Baden 1962, S. 10). Für Goethe erledigte er gelegentlich Finanz- und Bankgeschäfte, und durch seine Hände ging auch die Finanzierung der Schweizer Reise, von der Goethe und Herzog Carl August am 14. Januar 1780 zurückgekehrt waren (vgl. Willy Andreas: Die Kosten der Schweizerreise Goethes und Carl Augusts von Weimar [1779]. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 1 [1951], S. 80). Streiber hatte 1754 Maria Sophia Schmidt, Tochter des Kaufmanns Christian Andreas Schmidt in Langensalza, geheiratet. Sie war die Kusine Friedrich Gottlieb Klopstocks, der sie sehr verehrt und ihr die Fanny-Oden als Ausdruck seiner hoffnungslosen Liebe gewidmet hatte. Ihr Bruder war Goethes Gartennachbar und Kollege, der sachsen-weimarische Beamte Johann Christoph Schmidt. Von den acht Kindern des Paares erreichten fünf das Erwachsenenalter. Die älteste Tochter, Viktoria Maria Augusta, heiratete später den Frankfurter Baumwollwarenhändler Johann Heinrich Catoir, Friederike Christine war seit 1777 mit dem Eisenacher Kaufmann Heinrich Jacob Eichel verheiratet und Marie Sophie heiratete 1781 den Frankfurter Bankier Johann Matthias Bansa. Die Söhne Johann Christian, Kaufmann und Fabrikbesitzer in Eisenach, und August, Kaufmann und großherzoglicher Weimarer Legationsrat, blieben unverheiratet. – Vgl. Brigitte Buhlmann, Ingelore Thara: Kleines Lexikon der Persönlichkeiten der Stadt Bad Langensalza und von Ufhoven. Bad Langensalza 2001, S. 67f.

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Goethe hatte Johann Lorenz Streiber, den er auch als seinen Banquier in Eisenach (18,18) bezeichnete, und dessen Familie spätestens im Herbst 1777 während seines ersten längeren Aufenthalts in Eisenach und Umgebung (vgl. GB 3 II, zu 160,16–17) persönlich kennen gelernt. Den ersten Besuch bei der Familie erwähnt er in seinem Tagebuch unter dem 2. Oktober 1777 (vgl. GT I 1, 49), nachdem er schon am 1. Oktober einen Spaziergang unternommen hatte, bei dem Victorgen (ebd.), die älteste Tochter Streibers, zugegen war. Über Goethes Aufenthalt in Eisenach in diesem Jahr berichtete auch Johann Georg Gademann, ein Angestellter Streibers: „Er ist viel in unserm [des Kaufmanns L. Streiber] Hause gewesen. 〈…〉 Der Herzog hat mit Ihrem Oheim [Streiber] gesprochen; er ist mit ihm in seiner Fabrik gewesen, in seiner Färberei und in den meisten der kleinen Häuser, wo wir die Handwerke betreiben. Goethe und Knebel . . . machten das Gefolge.“ (BuG 2, 39; vgl. auch GT I 1, 50.) Auch bei weiteren Aufenthalten in Eisenach war Goethe zu Gast im Streiberschen Hause (vgl. GT I 1, 66; BuG 2, 470). Ein besonderes Verhältnis verband ihn offensichtlich mit Viktoria Maria Augusta Streiber. Ihr war er auch im Haus des Eisenacher Vizekanzlers Johann Ludwig von Mauchenheim gen. von Bechtolsheim begegnet (vgl. GT I 1, 49). Nachdem Goethe Ende 1781 das Haus am Frauenplan gemietet hatte, kam sogar das Gerücht auf, er beabsichtige, Viktoria zu heiraten. Johann August Ludecus schrieb darüber an Carl Ludwig von Knebel am 21. Januar 1782: „Da Goethe das Hendrichsische Quartier gemiethet hat, ist er sogleich zum Bräutigam der Mademoiselle Streiberin aus Eisenach gemacht worden; wobei aber nicht die geringste Wahrheit sein mag.“ (BuG 2, 335; vgl. ebd., 470.) Charlotte von Stein gegenüber erwähnte Goethe Viktoria Streiber nur am 24. Juni 1784: Gestern war ich bey Streibers zu Tische und ganz vergnügt. Du kannst meine treue Seele auch daran erkennen daß ich auch meiner hiesigen Inklination treu bin. Da Vicktorgen nicht koquett ist und doch artig, unterhaltend und nicht zärtlich so erlaubst du mir ia wohl daß ich ihr freundlich bin. (WA IV 6, 311.) Anfang August oder Ende September 1785 reiste Friedrich von Stein, der zu der Zeit bei Goethe wohnte, in Begleitung Streibers nach Frankfurt (vgl. GB 6 II, zu 72,13–14). Trotz der näheren Bekanntschaft beschränken sich die überlieferten Briefe auf finanzielle und geschäftliche Angelegenheiten. Das vorliegende Schreiben ist der einzige (als Konzept) überlieferte Brief Goethes an Streiber. In ihm geht es um die Auszahlung eines Legats von 2000 Reichstalern, die Heinrich Julius von Lindau (vgl. über ihn die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 19) seinem Pflegesohn Peter im Baumgarten (vgl. über ihn die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 281) hinterlassen hatte, sowie um die Auszahlung des überfälligen Schulgelds für Peter im Baumgarten und Andreas Feurer (vgl. zu 19,26–28) an Carl Ulysses von Salis-Marschlins (vgl. zu 19,1–2). Hinzu kommen in den Jahren 1780 und 1781 noch einige erschlossene Briefe Goethes (EB 2, 5, 39, 43, 52, 64, 72, 83, 87 und 115). Von Streiber sind aus dem Jahr 1780 fünf Briefe (vgl. RA 1, 108, 109,

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113, 119 und 122) überliefert, in denen es hauptsächlich um die Begleichung der Rechnungen für Peter im Baumgarten geht. Fünf weitere Briefe Streibers, die jeweils Rechnungen oder Kontoauszüge begleiten, stammen aus den Jahren 1785 und 1786. Bezugsbrief Streibers vom 16. Februar 1780: Hoch WohL Gebohrner Herr Insonders Höchstgeehrtester Herr GeheimerRath

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Ew Hoch WohL Gebohren werdL aus beykommten Brief ersehL von dem HCammer Rath Schwan; daß solcher die ordinirte 100. fL Ducaten richtig erhalten hat, und solche weiter an HL Müller nacher Romm, übernehme will. Endlich hat auch gestern dHL v Scholey, nach vielen errinern die noch restirende 1000 ß 〈Reichstaler〉 in Louisdor a 5 ß worunter viele Leichte waren ein gesandt, es ist nur gut daß endlich solches ein mahl bezahlt ist. / Die quittung von Ew Hochwohlgebohrn habe ich Ihme aus gefült übermacht. Ich habe auch sogleich die Ehre die Rechnung über die sämtliche empfangne Gelder hir zu über senden. Da der hisige HL Landtschaffts Cassirer keine Louisdor in die Cassa mehr acceptirt, wegen den vielen verdrißlichkeiten, so er wie er sagt wegen dem Gewicht bey der vielen Bezahlung hat. so hab solche des Capitals in Neüthaler nach dem Patent davon aus bezahlt. Ew Hochwohlgebohren können allemahl die Louisdor bey mir wieder da vor bekommen, der Cassa Schein folget hiebey einsweilen, bis solche gegen die LandschafftL obligation ausgewechselt wird. / Über den überrest der Gelder erwarte Dero gefällige disposition. Ich und meine gantze Familie haben mit vielen Theilnehmung gehört daß Ew Hochwohlgebohrn unpaß geweßen sind wir wünschen nichts mehr; als balt gute Nachricht von Dero vollkommnen beßer befinden zu vernehmen und habe die Ehre mit der größten Hochachtung zu verharren Ew Hoch WohL Gebohren Eisenach dL 16 Feb 1780

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gantz gehorsamster Diener Johann Lorentz Streiber (H: GSA 30/82,2, Bl. 37–38.) 3 beykommten Brief] Nicht überlieferter Brief von Christian Friedrich Schwan (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 17). 6–7 gestern dHL v Scholey 〈…〉 ein gesandt] Vgl. zu 18,15–16. 7 Leichte] Nach leichterem Münzfuß geprägt. 9 Die quittung] Um welche Quittung es sich handelt, ist nicht bekannt. 10 die Rechnung über die sämtliche empfangne Gelder] Der von

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Streiber unterzeichneten „Berechnung über diejenigen Gelder so mir von Herrn Obervorster von Scholley in Malsfeld zugekommen sind“ ist zu entnehmen, dass am 14. Januar und am 15. Februar 1780 jeweils 1000 Reichstaler, also insgesamt 2000 Reichstaler, eingezahlt wurden (GSA 30/82,2, Bl. 39r). 11 der hisige HL Landtschaffts Cassirer] Landschaftskassierer war seit 1769 der Eisenacher Beamte Johann Gottlieb Kern, bei dem nach der vorliegenden Rechnung „laut in Liegendem CassaSchein patentmäßig“ (ebd.) schon am 4. Oktober 1779 1000 Reichstaler eingezahlt worden waren (vgl. auch zu 18,18–20). 14 nach dem Patent] In der zweiten korrigierten Berechnung vom 25. Februar 1780 gibt Streiber den verordneten Wert von einem Louisdor mit 5 Reichstalern und 1⁄12 Groschen an, so dass die 400 eingezahlten Louisdor 2033 Reichstaler und 8 Groschen entsprechen (vgl. GSA 30/82,2, Bl. 46r). 16 bis solche gegen die LandschafftL obligation ausgewechselt wird] Vom 16. September 1780 ist ein Schreiben von Johann Gottlieb Kern an Goethe überliefert, in dem er ankündigt, „die Landschafftl. Obligation, über die, der hiesigen HochfürstL. LandschL. Casse, untern 4 Octobr. v J. gefälligst dargeliehnen 1000 rh. nebst einjährig davon verfallenes Interesse, an 40 rh. gehorsamst zu überreichen.“ (GSA 30/82,2, Bl. 65r.) 16–17 Über den überrest 〈…〉 gefällige disposition.] Vgl. in Goethes Antwortbrief 22,4–7; vgl. auch zu 22,5–6. 18 meine gantze Familie] Vgl. die einleitende Erläuterung. 19 unpaß] Vgl. zu 12,2–3. 22,3 gütige Besorgung der verschiedenen Aufträge] Vgl. den Bezugsbrief (abgedruckt im Anschluss an die einleitende Erläuterung). 22,5–6 601⁄3 St alte Louisd’or für Herrn Ulysses von Salis] Vgl. zu 19,1–2. In einer zweiten, am 25. Februar 1780 aufgesetzten „Berechnung über dieienige Gelder so ich vor Rechnung des Herrn Geheimenrath Goethe HochwohlgebL. von dem Herrn Obervorsteher von Scholley von Malsfeld empfangen habe“, notierte Streiber, dass er „an die Herrn Gebrüder Schultheiss in Zürich 60 1⁄3 St. Louisd’or“ gezahlt habe (GSA 30/82,2, Bl. 46r). 22,6–7 Herren Bettmann nach Frankfurt] Vgl. zu 20,16–17. 22,8 Herrn Schulthes nach Zürich in der Limmatburg] Am 15. August 1779 hatte Carl Ulysses von Salis-Marschlins an Goethe geschrieben: „Daß Gelt so mir gehört kan wie ich es dem HL Schollei schon vor anderthalb jahren gemeldt den HL Gebrüder Bethman in Frankfurt behändiget werden um es dem HL Schultheß in d Limathburg nach Zürich zu übermachen“ (GSA 30/82,2, Bl. 24). Am 20. März 1780 schrieb Streiber an Goethe aus Frankfurt: „Ich habe mir gleich bey meiner Ankunft allL. zur Schuldigkeit seyn lassen Dero Befehle zu vollziehen und denen Herren Gebrüdern Schultheeß aus Zürich ordonnirte 60 1⁄3 StL. Louisd’or gegen einliegende Quittung auszubezahlen. Da diese Herren aber selbsten nicht hier sind und der Buchhalter, welcher die Messe in ihren Nahmen hält, keine Connection davon hat, und nicht weiß an welchen Herrn von Salis besagte Gelder aus-

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bezahlt werden müssen; so ersuche Ew pp. höflichst mir geneigtest mit umgehender Post eine Erläuterung hierüber zu geben, um selbige diesem Menschen zu communiciren.“ (Ebd., Bl. 14; vgl. auch zu 36,5–6.) – Das von Hans Heinrich Schultheß gegründete Bankhaus zur Limmatburg auf der rechten Limmatseite (heute Hotel „Central Plaza“), eine der ältesten Privatbanken Zürichs, wurde von dessen Söhnen geleitet. 22,10–11 haben die Herren Bettmänner 〈…〉 einzugehenden Geldern] Salis hatte Goethe schon am 20. Oktober 1778 mitgeteilt, dass die Gelder an das Bethmannsche Bankhaus gehen sollten (vgl. zu 20,16–17). 22,12 Landschafts Cassier Kern] Vgl. zu 18,18–20. – Der Eisenacher Beamte Johann Gottlieb Kern war seit 1769 Landschaftskassierer. 22,14–15 meiner kleinen Unpäslichkeit] Vgl. zu 12,2–3. 22,16 Antheil] Vgl. im Bezugsbrief 18–21. 22,17 Famiele] Vgl. die einleitende Erläuterung. 22,19–20 einige Duzend von denen feinen Pappen] Es ist nicht bekannt, ob Goethe die Pappen erhalten hat.

24. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 24.? Februar 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Fielitz datiert ihn im Erstdruck auf Anfang Februar 1780. Eduard von der Hellen, Bearbeiter des 4. Briefbandes der WA, setzte ihn „ohne völlige Sicherheit“ (WA IV 4, 365, zu Nr 897) nach einer inhaltlichen Parallele zu einem Eintrag in Goethes Rechnungsbüchern auf den 24. Februar 1780. Diese Datierung übernehmen alle folgenden Herausgeber mit Ausnahme Fränkels, der dem Erstdruck folgt (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 213, Nr 373; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 200, Nr 373). Die Bestellung des Schlitens (23,2) verweist darauf, dass der Brief aus dem Winter stammt. Zudem befand sich Goethe offenbar noch in der Rekonvaleszenz nach einer gerade überwundenen Krankheit und fühlte sich wieder kranck (23,1). Beides trifft auf den Februar 1780 zu; nach der Parallele zum Rechnungsbuch könnte der Brief am 24. Februar geschrieben worden sein (vgl. zu 23,2).

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ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 87. – 1 Bl. 19,2 × 6 cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), linke untere Ecke ausgerissen; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „79“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 86), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 233, Nr 371. WA IV 4 (1889), 183, Nr 897. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 23,1 wieder kranck] Etwa seit dem 20. Januar 1780 war Goethe an einer fieberhaften Infektion der Atemwege erkrankt, an die sich eine längere Rekonvaleszenzphase anschloss. Ende des Monats vermerkt er im Tagebuch: Langsam erhohlte ich mich und muss mich noch in acht nehmen. (GT I 1, 104; vgl. zu 12,2–3.) Offenbar erlitt er Anfang Februar einen leichten Rückfall: Täglich geht es besser und ich kan anhaltender arbeiten. (Ebd.) 23,1 will aber doch fahren] Aufgrund von Goethes angegriffenem Gesundheitszustand war sicher nur eine Ausfahrt in die nähere Umgebung von Weimar geplant. Ziel des Ausfluges könnte das Tiefurter Schlösschen gewesen sein, wo Goethe im Winter 1780 häufig gemeinsam mit Charlotte von Stein zu Gast war (vgl. zu 15,15–16). 23,2 Hauptmanns Schliten bestellen] Der herzogliche Hofjäger und Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann, der Ende 1775 das Redoutenhaus an der Esplanade (heute Schillerstraße) errichtet hatte und auch als Postmeister und Fuhrunternehmer tätig war. – In Goethes Rechnungsbuch aus dem 1. Quartal 1780 ist unter dem 24. Februar 1780 vermerkt: Hauptmanns Knecht Trgld 6 〈Groschen〉 (GR/RB 1780, 1, Bl. 8r). Diese Ausgabe könnte mit der Schlitten-Bestellung in Verbindung stehen. 23,4 Vorreuter] Nach Adelung ein Reitknecht, der in einem Gespann „das vorderste Paar Pferde reitet, den üblichen gleichsam vorreitet“ (Adelung 4, 1287).

25. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 28. Februar 1780 → 〈Gotha〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – StA Gotha, Sign.: Geheimes Archiv, E XIII A, Nr 7, Bl. 1–2. – Doppelblatt 37,4 × 27,7 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte. E: Beck, Ernst II. (1854), 397f., Nr 33. WA IV 4 (1889), 183–185, Nr 898 (nach E).

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BRIEF 25

BEIL AG E

Quittung (vgl. zu 23,9–10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Die erste persönliche Begegnung mit Herzog Ernst II. Ludwig von SachsenGotha und Altenburg (1745–1804) hatte kurz nach Goethes Übersiedlung nach Weimar am 28. Dezember 1775 während eines Aufenthaltes des Weimarer Herzogspaars in Gotha stattgefunden. Dieser schnelle Besuch diente wohl der Erkundung des politischen Umfelds Sachsen-Weimars (vgl. GB 3 II, zu 31,14–15). Zu einem näheren Umgang mit dem Adressaten kam es erst während Goethes Besuch in Gotha vom 13. bis zum 16. Februar 1780, knapp zwei Wochen vor dem vorliegenden Brief (vgl. FB Gotha 1780 I, Bl. 62r–66v, GT I 1, 104). Im Tagebuch notierte Goethe: mit vieler wechselseitiger aisance und bonhomie. Kam mancherley interessantes vor. Versprach aufs Früh Jahr wiederzukommen. (GT I 1, 104.) Ernst II. war als zweitgeborener Sohn des Herzogs Friedrich III. und dessen Frau Luise Dorothea geb. Prinzessin von Sachsen-Meiningen für die Militärlaufbahn vorgesehen. Nach dem frühen Tod seines Bruders, des Erbprinzen Friedrich Ludwig, im Jahr 1756 wurde er zum Thronfolger erzogen. Seine Mutter ließ ihn und seinen jüngeren Bruder August im Geiste der französischen Aufklärung erziehen (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 355). Zum Lehrplan gehörte neben der politischen Erziehung die Lektüre von Aufklärungsphilosophen wie Montesquieu, Voltaire und Rousseau, die auch Ernsts Interesse für bildende Kunst und Naturwissenschaften erweckte, insbesondere für Astronomie, Mathematik und Physik. Als Ernst II. 1772 die Regentschaft des doppelten Herzogtums antrat, erwies er sich als großzügiger Mäzen und Sammler: Er unterstützte Friedrich Melchior von Grimm in Paris, von 1753 bis 1773 Herausgeber der „Correspondance littéraire“ (vgl. zu 40,23–24) und seit 1776 sachsen-gothaischer Gesandter am französischen Hof. Über den Kunstmarkt in Rom ließ er sich von seinem dortigen Gesandten Johann Friedrich Reiffenstein berichten (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 8 II, Nr 1). Nach dem Schlossbrand in Weimar 1774 engagierte er die ehemals weimarische Schauspielertruppe Abel Seylers. Das darauf begründete Hoftheater von Conrad Ekhof ließ er allerdings 1779 im Jahr nach dessen Tod schließen. Zudem förderte Ernst II. die Bildhauer Jean-Antoine Houdon und Friedrich Wilhelm Doell, dem er einen Studienaufenthalt in Rom finanzierte. Nach seiner Rückkehr 1782 leitete Doell die nach dem Vorbild der Weimarer Zeichenschule neugegründete Kunstakademie in Gotha. Goethe stand dem Herzog als Berater zur Seite, vermittelte den Kauf von Kunstwerken, so z.B. Georg Forsters Zeichnungen exotischer Pflanzen und Tiere (vgl. zu 184,3), und die Bekanntschaft mit Künstlern wie Wilhelm Tischbein, dem Ernst II. ein Stipendium für einen Rom-Aufenthalt gewährte (vgl.

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zu 343,15). Goethe seinerseits profitierte von der herzoglichen Bibliothek und der Gothaer Kunstkammer, die in mehreren Zimmern im östlichen Turm des Residenzschlosses Naturalia, Artificialia, Anatomica, Architectonica und Scientifica aufbewahrte, sowie vom Münzkabinett (vgl. Rosenbaum, Gothaer Kunstsammlungen). Auch die private Bibliothek und das physikalische Kabinett des Herzogs zogen Goethe an: Ernst II. sammelte moderne physikalische Instrumente, die er eigens anfertigen ließ oder im Ausland erwarb. 1785 ließ er neben seinen Wohnräumen ein physikalisches Kabinett einrichten und kaufte bald darauf das Privatkabinett seines Sekretärs Ludwig Christian Lichtenberg an (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 114). Besondere Aufmerksamkeit widmete er Blitzableitern und Teleskopen. 1786 berief er den Astronomen Franz von Zach mit dem Auftrag, eine Sternwarte auf dem Seeberg zu errichten. Diese 1790 eröffnete Anlage machte Gotha zu einem international anerkannten Standort für astronomische Forschung. Zugleich entwickelte sich Gotha zu einem wichtigen Verlagsstandort. – Ernst II. war für seinen nahen persönlichen Umgang und sein bürgerlich-bescheidenes Auftreten bekannt – dieser Charakterzug wurde Teil der hagiographisch angelegten historischen Rezeption (vgl. Beck, Ernst II.). Mit zunehmendem Alter zog er sich von den Amtsgeschäften zurück, um seinen literarischen und naturwissenschaftlichen Interessen nachzugehen, und nahm immer seltener an der fürstlichen Tafel teil. Er wurde 1783, nachdem er bereits 1774 der von Ekhof gegründeten Freimaurerloge „Kosmopolit“ (später „Zum Rautenkranz“) beigetreten war, ein führendes Mitglied des Illuminatenordens, dem in Weimar der Provinzialobere Bode sowie Carl August und Goethe angehörten. Er schützte Adam Weishaupt, den Gründer des Illuminatenordens, und unterstützte 1784 die durch Christian Gotthilf Salzmann geführte und nach Weishaupts Ideen konzipierte Erziehungsanstalt in Schnepfenthal. Bei den zahlreichen Besuchen entstand zwischen Goethe und Ernst II. ein Vertrauensverhältnis, ja eine freundschaftliche Beziehung. Neben den gemeinsamen Interessen für Naturwissenschaft und Kunst waren Politik und Freimaurerei weitere Berührungspunkte. Wie so häufig bei Goethe wurden in seiner Korrespondenz private Interessen in amtliche Angelegenheiten eingebunden. Oft begleiten die Briefe Sendungen von Kunstwerken und greifen Fragen auf, die bei der letzten Begegnung der Briefpartner aufgeworfen worden waren. – Literaturhinweise: Die Residenzstadt Gotha in der Goethe-Zeit. Hrsg. von Hans Erkenbrecher und Helmut Roob. Bucha bei Jena 1998; Die Gothaer Residenz zur Zeit Ernsts II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1772–1804). Hrsg. von der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Gotha 2004; Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg. Ein Herrscher im Zeitalter der Aufklärung. Hrsg. von Werner Greiling, Andreas Klinger und Christoph Köhler. Köln u. a. 2005. Es sind insgesamt 15 Briefe Goethes an Herzog Ernst II. bis 1802 überliefert, von denen vier in den Zeitraum des vorliegenden Bandes fallen. Hinzu kommen zwei erschlossene Briefe (EB 44 und 101). Von den Gegenbriefen sind nur zehn

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BRIEF 25

überliefert, der erste ist Anfang Februar 1789 datiert, etwa die Hälfte stammt aus dem Zeitraum 1793 bis 1794. 23,8 funfzehn Bände herzogl. Bernhardischer Papiere] Der in der herzoglichen Bibliothek zu Gotha überlieferte Teilnachlass Herzog Bernhards von SachsenWeimar, des berühmten Feldherren des Dreißigjährigen Krieges. Die 15 Bände enthalten seine Korrespondenz: „Commercium literaricum Bernhardi, Ducis Saxoniae, cum regibus, principibus, principum ministris et consilariis, ducibus belli etc. sui temporis. Occurunt passim epistolae hostium a Bernhardi militibus interceptae“ (Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 721–734a. – Briefverkehr Bernhards, Herzogs von Sachsen, mit den Königen, Fürsten, Ministern und Räten der Fürsten, Feldherren usw. seiner Zeit. Es finden sich darunter auch Briefe von Feinden, die von Soldaten Bernhards abgefangen wurden). Während des Besuchs in Gotha zwischen dem 13. und dem 16. Februar 1780 (vgl. GT I 1, 104) hatte Goethe wahrscheinlich darum gebeten, die Bände nach Weimar schicken zu lassen. Goethe plante eine Biographie Bernhards, die jedoch nicht über Vorarbeiten hinaus gedieh. Er ließ die aus Gotha ausgeliehenen Manuskripte an Krafft nach Ilmenau schicken, der sie mit weiteren Materialien exzerpierte (vgl. zu 170,16). 23,8–9 am vorigen Freytag] Am 25. Februar 1780. 23,9–10 den schuldigen Empfangschein] Quittung für die aus der herzoglichen Bibliothek entliehenen Manuskripte; nicht überliefert. 23,11 bequem eingerichtet] Jedem der foliierten Bände ist ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt, das Auskunft über Bernhards Korrespondenten gibt. Die Verzeichnisse stammen vom Bibliothekar Julius Wilhelm Hamberger und waren wahrscheinlich im Auftrag des Adressaten erstellt worden. In der im GSA überlieferten Mappe mit Materialien zur Biographie Bernhards ist eine Abschrift von Seidel enthalten: „Verzeichniß samtlich Herzog Bernhardischer Briefschaften welche in 15 Bänden in Gotha aufbewahrt werden“ (GSA 25/W 3595, Bl. 51–55). 23,16–17 von den lezten Jahren des Herzogs] Die in Gotha aufbewahrten Unterlagen befassen sich fast ausschließlich mit dem Dreißigjährigen Krieg und Bernhards Laufbahn als Feldherrn. Seine Jugendzeit und Bildung sowie seine Mitgliedschaft in der Fruchtbringenden Gesellschaft spielen dabei keine Rolle. 23,18 Schlacht bey Nördlingen] Am 6. September 1634 hatten die zahlenmäßig überlegenen kaiserlich-spanischen Armeen den protestantischen Truppen unter dem Kommando der rivalisierenden Feldherren Herzog Bernhard und Gustaf Horn eine entscheidende Niederlage zugefügt. Diese Niederlage bedeutete das Ende der schwedischen Präsenz im süddeutschen Raum und Bernhards Verlust des Herzogtums Franken. 23,18–19 mir nach so langer Zeit schädlich] Möglicherweise in doppelter Anspielung auf die Niederlage Bernhards wie auf die Vermutung, dass wegen der verlorenen Schlacht Unterlagen abhandengekommen seien, zumal Herzog Bernhard nur knapp der Gefangenschaft entkommen konnte. Tatsächlich stammen viele Do-

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kumente des Gothaer Nachlasses aus der Zeit nach der Schlacht. Aber auch ältere Unterlagen, wie zum Lübecker Frieden von 1629, sind dort überliefert. – Dass viele, die letzten Jahre Bernhards betreffende Aktenstücke nicht im Besitz der Ernestinischen Häuser überliefert waren, ist vielmehr der Zerstreuung des Nachlasses nach dem Tod des Herzogs und den daraus entstandenen Rechtsstreitereien geschuldet (vgl. GB 3 II, 1127–1129). Die Unterlagen befanden sich vorwiegend in fremdem Besitz in Spiez und Paris (vgl. Bernhard Röse: Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar. Bd 2. Weimar 1829, S. III–V). 23,20 Diarium des von Grün] Die handschriftlich überlieferte, 267 Blatt starke Chronik des Adjutanten von Herzog Bernhard Johann Christoph von der Grün, zusammengestellt im Jahr 1688 von seinem Enkel Wolf Christoph Zorn von Plobsheim: „Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Bernharden des Großen, Hertzogen zu Sachßen, Jülich, Cleve und Berg pp / Höchst Preißwürdigste Helden Thaten / Welche derselbe nach tödtlichem Abgang des Glorwürdigsten Königs der Schweden Gustavi Adolphi biß an sein SeeL. Ende, von A. 1632 biß 1639, verübet, Wie solche von HL. Johann Christoph von der Grün SeeL. bey höchstgedacht Sr. FürstL. DurchL. gewesenen General Adjutanten, mit allen Fleiß aufgezeichnet und auß deßen Annotatis in dieß Compendium verfaßet worden“ (Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 67). – Goethe ließ Krafft die Handschrift mit weiteren Unterlagen am 19. September 1780 durch Seidel schicken; Krafft, der den Empfang quittierte (vgl. GSA 25/W 3595, Bl. 10r), fertigte anschließend Exzerpte für Goethe an (vgl. zu 170,16). 23,21 merckwürdige] ‚Merkwürdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn von ‚wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 24,3 dem Hause Sachsen] Die evangelisch-lutherischen Ernestinischen Fürstenhäuser, zu dieser Zeit Sachsen-Weimar und Eisenach, Sachsen-Gotha und Altenburg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Hildburghausen. – Zwar kam die Anregung zur Bernhard-Biographie von Herzog Carl August von Sachsen-Weimar, das Unternehmen wurde aber als ein gemeinsames Projekt der Ernestinischen Herzogtümer angesehen (vgl. zu 68,27; zu 68,32). 24,5–7 daß vielleicht meine Bemühung 〈…〉 aufweckt und reizt] Dies war der Fall. Goethe führte die Biographie nicht aus; erst fast vierzig Jahre später legte der Weimarer Archivar Bernhard Röse eine zweibändige Biographie vor: „Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar“ (Weimar 1828/29). 24,11 einige Stücke Stein] Wahrscheinlich aus dem Steinbruch bei der Ortschaft Oettern südlich von Weimar, aus dem der als ‚Thüringer Marmor‘ geltende Oetternsche Stein gebrochen wurde. Martin Gottlieb Klauer nutzte zu dieser Zeit diesen Kalkstein für seine Büsten Weimarer Persönlichkeiten. – Goethe war an der Wiedereröffnung des Steinbruchs beteiligt gewesen (vgl. GB 3 II, zu 221,27–28). 24,11 zu einem Kamin] Laut der in den herzoglichen Schatullrechnungen überlieferten „Bau-Rechnung / Von den neuen HerzogL. Zimmern über der Bibliothek

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BRIEF 26

auf dem Schloße Friedenstein anno 1780 u. 81.“ wurde ein neuer Kamin aus Marmor eingebaut (vgl. LATh – StA Gotha, Geheimes Archiv, E XIII A c, Nr 11, Bl. 100–101, bes. Bl. 100v). – Da die einzelnen Belege für den rohen Marmor und den Fuhrlohn nicht überliefert sind, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, ob der Stein aus Oettern geliefert wurde. 24,16 Herzoginn] Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg, die Gattin des Adressaten. 24,16 Prinzen] August von Sachsen-Gotha und Altenburg, der jüngere Bruder des Adressaten.

26. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 29. Februar 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 45. – 1 Bl. 15,9 × 7(–7,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „2.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 2), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 289. WA IV 4 (1889), 185, Nr 899. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 24,23–24 das Treiben der Wolcken ist 〈…〉 gar schön] Möglicherweise noch unter dem Eindruck der erst wenige Wochen zurückliegenden zweiten Schweizer Reise geschrieben, als sich Goethes Interesse an Wetter- und Wolkenbeobachtungen verstärkt hatte (vgl. GB 3 I, 308,5–7; 342,12–14). Wie auch die vorliegende Bemerkung belegt, waren es vor allem die sichtbaren Veränderungen der Formen, die ‚Wolken-Metamorphosen‘, die Goethe von Anfang an faszinierten, und zwar lange bevor er sich intensiver mit der Howardschen „Wolkenlehre“ beschäftigte, die in deutscher Übertragung von Ludwig Gilbert erst 1815 erschien (Versuch einer Naturgeschichte und Physik der Wolken, von Lukas Howard, Esq. In: Annalen der Physik. Bd 51 [N. F.]. 9. Stück, S. 1–48). – Vgl. Gisela Nickel: Neues von „Camarupa“. Zu Goethes frühen meteorologischen Arbeiten. In: GJb 117 (2000), 118–125. 24,24 Die Zeichnung] Vgl. zu 24,25. 24,24–25 oben beym Herzog] In den privaten Wohnräumen Herzog Carl Augusts im Landschafts- oder Fürstenhaus. Der ursprünglich für die Landstände, die so genannte Landschaft, errichtete schmucklose Zweckbau diente kurz nach seiner Fer-

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tigstellung seit 1774 nach dem Brand des Residenzschlosses 28 Jahre lang als Residenz und Wohnung der fürstlichen Familie. Im Erdgeschoss befanden sich Unterkünfte für Hofbeamte und Gäste sowie Gesellschaftsräume, im ersten Stock Amtsräume der Regierung sowie die Wohnräume der Herzogin Louise und im zweiten Stock die Wohnräume des Herzogs Carl August. Die Pläne für das Landschaftshaus stammten von dem fürstlichen Landbaumeister Johann Gottfried Schlegel, den Bau ausgeführt hatte der herzogliche Hofjäger und Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude baulich stark verändert, es beherbergt heute die Hochschule für Musik „Franz Liszt“ (am Platz der Demokratie). – Laut Tagebuch hielt sich Goethe ab dem 25. Februar 1780 häufiger beim Herzog auf, der nicht wohl war (GT I 1, 105). 24,25 der meinigen] Schon seit Anfang Februar 1780 beschäftigte sich Goethe laut Tagebuch wieder intensiver mit dem Zeichnen (vgl. GT I 1, 104f.). Am 26. Februar zeichnete er bis Abend 8 beim Herzog: Es fängt an besser zu gehen, und ich komme mehr in die Bestimmtheit und in das lebhaftere Gefühl des Bildes. Das Detail wird sich nach und nach heraus machen. Auch hier seh ich dass ich mir vergebne Mühe geben, vom Detail ins ganze zu lernen, ich habe immer nur mich aus dem ganzen ins Detail herausarbeiten und entwickeln können 〈…〉. (Ebd., 105.) Nachweislich entstanden in dieser Zeit zwei Zeichnungen nach Vorlagen. Zum einen das „Bauerngehöft“ nach Lambert Doomer mit eigenhändiger Datierung und Paraphe: d. 26 Febr. 80 / G (Corpus I, 86, Nr 232; Privatbesitz). Die Vorlage, eine lavierte Pinselzeichnung Doomers, gehörte schon zu den Beständen der herzoglichen Sammlung (heute KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 4895). Gleichfalls im Februar 1780 entstand die zweite Zeichnung, „Landschaft mit Eselreiter“ nach Ferdinand Kobell; sie trägt den eigenhändigen Vermerk: G. im Februar 1780, nach Kobel (Corpus VIb, 21, Nr 41; heute KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1850). Die Vorlage, eine grau lavierte Graphit- und Federzeichnung von 1770, ist in einem Konvolut mit Zeichnungen Kobells in Goethes Kunstsammlungen überliefert (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.271,0387). 24,25–26 Wenn Sie zeichnen wollen] Charlotte von Stein war Schülerin der Weimarer Zeichenschule, nachweislich belegt allerdings erst seit 1781 (vgl. zu 241,4). 24,26 das Original] Vgl. zu 24,25.

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27. An Charlotte von Stein

BRIEFE 27/28

〈Weimar〉, 29. Februar 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 45. – 1 Bl. 17,5 × 12,6(–12,8) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „3.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 3), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 290. WA IV 4 (1889), 185f., Nr 900. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 25,1 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: freundlich, liebenswürdig (vgl. GWb 1, 839). 25,1 dass wir unsre alten Meubles wechseln] Franz. meuble: Hausgerät, bewegliches Gut. – Der Kontext sowie die sprachliche Parallele zu Brief Nr 28 (vgl. zu 25,8) legen nahe, dass hier Bilder gemeint sind, die Charlotte von Stein an Goethe schickte, von dem sie offenbar zuvor ebenfalls Bilder erhalten hatte. – Für diese Annahme spricht auch, dass sich Goethe in dieser Zeit mit dem Kopieren von Zeichnungen beschäftigte (vgl. zu 24,25). 25,2 übrschickte] Flüchtig für ‚überschickte‘; wahrscheinlich Bilder aus Charlotte von Steins Besitz, Näheres konnte nicht ermittelt werden. 25,2 Gestern 〈…〉 mitgehn konnen] Möglicherweise zu Herzog Carl August, wo nach Knebels Tagebuch am Abend des 28. Februar eine private Tischgesellschaft stattgefunden hatte: „Abends beym Herzog Convivium. Ich blieb hier, und las im Marc Anton 〈Marc Aurel〉.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 10v.) – Am Hof gab es an diesem Abend keine Tafel (vgl. FB 1780, S. 52). 25,4 nach Tiefurt] Auf das kleine Landgut, das Prinz Constantin und sein Erzieher Carl Ludwig von Knebel als Wohnung nutzten (vgl. zu 15,15–16). – Laut Knebels Tagebuch vom 29. Februar kam Charlotte von Stein mittags in Gesellschaft u.a. von Emilie von Werthern-Beichlingen, Caroline von Ilten, Carl Friedrich Sigmund und Sophia Friederike von Seckendorff nach Tiefurt, wo sie „bis Abends“ blieb (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 10v). Goethe hingegen besuchte Tiefurt erst am folgenden Tag, um zu zeichnen (vgl. ebd.).

FEBRUAR/MÄRZ 1780

28. An Charlotte von Stein

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〈Weimar, Anfang März? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wurde er nach einem angenommenen inhaltlichen Bezug (vgl. zu 25,7–8) zwischen den 9. und 14. Januar 1779 eingeordnet. Seit Fielitz wird er auf die Zeit nach dem 7. März 1780 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 235f., Nr 384). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. – Nach der Überlieferung im Konvolut der Briefe wird der Brief im Jahr 1780 belassen. Dass er Anfang März geschrieben worden sein könnte, legt die inhaltliche Parallele zu Brief Nr 27 vom 29. Februar nahe (vgl. zu 25,8). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 93. – 1 Bl. 12,6 × 3,5(–3,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „96.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 103), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 212. WA IV 7 (1891), 265, Nr 2375. BEIL AG E

Bilder (vgl. zu 25,8). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 25,7–8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 25,7 Frühstück] Offenbar hatte Charlotte von Stein Lebensmittel geschickt. 25,7–8 Glück zur Vermehrung der Freundschafft] Wohl als Antwort auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag. – Worauf sich die Anspielung bezieht, konnte nicht ermittelt werden. ‚Freundschaft‘ hier möglicherweise umgangssprachlich für ‚Verwandtschaft‘ (vgl. Adelung 2, 285). Vielleicht hatte eine Freundin oder entfernte Verwandte Charlotte von Steins ein Kind geboren. – Adolf Schöll nimmt an, es könne die „Ankunft der Gräfin Bernstorff“ (Schöll, Goethe-Stein 1, 212, Anm. 1), der Pflegemutter und Tante Sophie von Schardts, gemeint sein. Gräfin Charitas Emilie von Bernstorff lebte mit ihrem Haushofmeister und Geschäftsführer Johann Christoph Bode schon seit November 1778 in Weimar. Die Beiläufigkeit der Bemerkung im vorliegenden Brief wie auch

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BRIEFE 29/30

dessen Einordnung im Konvolut der Briefe ins Jahr 1780 sprechen gegen Schölls Vermutung (vgl. Datierung). 25,8 einige neue Möbles] Franz. meuble: Hausgerät, bewegliches Gut. – Der Kontext legt nahe, dass hier Bilder gemeint sind, die Goethe der Freundin zur Dekoration ihrer Wohnräume übersandte. Ende Februar 1780 waren offenbar Bilder zwischen Goethe und Charlotte von Stein ausgetauscht worden (vgl. die zweite Erläuterung zu 25,1), worauf sich die Formulierung ‚neu‘ im Sinne von ‚erneut‘, ‚wiederum‘ im vorliegenden Brief beziehen könnte. – Nach Friedrich von Stein „Bilder Rahmen wahrscheinlich“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 9r).

29. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. März 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 49. – 1 Bl. 21,1 × 6,3(–6,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „12“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 12), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 290. WA IV 4 (1889), 186, Nr 901. BEIL AG E

Blume (25,12; vgl. zu 25,12). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 25,12 die schönste Amarillis] Doppelte Anspielung auf ‚Amaryllis‘ (griech. #A  «), die vielbegehrte schöne Schäferin aus Vergils „Eklogen“, und die gleichnamige Pflanze. Bei dieser könnte es sich um eine Amaryllis belladonna (Belladonnalilie) gehandelt haben, die im 18. Jahrhundert aus Südafrika nach Europa eingeführt worden war und sich als Zimmerpflanze großer Beliebtheit erfreute. – Dass Goethe diese Amaryllisart kannte und ihm deren Name geläufig war, belegt ein späterer Tagebucheintrag: Ich fand die Amarillis bella donna blühen so wie in dem eisernen Hause manche schöne auswärtige Pflanze. (Eintrag vom 1. September 1797; GT II 1, 167,24–25). Etwa aus dieser Zeit stammt auch die Betrachtung der Amaryliss, eine Notiz zur Metamorphose der Monokotyledonen (Einkeimblättrige; LA II 9A, 139; vgl. WA II 13, 148, Paralipomenon 158).

MÄRZ 1780

30. An Wolfgang Heribert von Dalberg

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Weimar, 2. März 1780 → 〈Mannheim〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Bayerische Staatsbibliothek München, Sign.: cod. germ. 4830, Nr 10a. – 1 Bl. 18,3 × 24,4 cm, 2 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Schluss (26,25–27,5 Verzeihen Sie dass dieser Brief 〈…〉 ganz gehorsamster Diener) und Paraphe, Tinte; der erste Absatz des Schlusses (26,25–27 Verzeihen Sie dass dieser Brief 〈…〉 recht zur Pein wird.) nachträglich mit Tintenschlingen fast unkenntlich gemacht (vgl. E1); Paraphe nachträglich von fremder Hand ergänzt zu „Göethe“. E1: Heinrich Düntzer: Ueber Goethes Jery und Bätely. In: Morgenblatt für gebildete Stände (1855), Nr 11, S. 243 (Teildruck: 26,25–27 Verzeihen Sie dass dieser Brief 〈…〉 recht zur Pein wird. fehlt). E2: WA IV 4 (1889), 186–188, Nr 902 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. 26,2–3). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 3. März 1780 (vgl. GR/RB 1780, 1, Bl. 9r; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 10v). Wolfgang Heribert Freiherr von Dalberg (1750–1806) leitete das deutsche Nationaltheater in Mannheim. Goethe hatte ihn auf der Rückreise aus der Schweiz kennen gelernt, als er sich vom 21. bis 23. Dezember 1779 in Mannheim aufhielt. Zur Person des Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 504. Aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes sind zwei Briefe Goethes an Dalberg überliefert. Hinzu kommt ein erschlossener Brief (EB 127). Gegenbriefe sind nicht erhalten. 26,3 Zeichnungen] Möglicherweise sind hier Zeichnungen des in Mannheim tätigen Malers Ferdinand Kobell gemeint (vgl. zu 27,1). Goethe hatte nachweislich im Februar 1780 eine Zeichnung nach einer Vorlage Ferdinand Kobells ausgeführt (vgl. zu 24,25). Weniger wahrscheinlich ist, dass es sich hier um Zeichnungen von dessen Bruder Franz Kobell handelt, der sich zu dieser Zeit in Italien aufhielt. Von ihm sind ebenfalls eine Reihe von Zeichnungen in Goethes Sammlungen überliefert. 26,5–8 die Mitschuldigen 〈…〉 nach und nach verbessert] Demnach überarbeitete Goethe sein Lustspiel „Die Mitschuldigen“ im Frühjahr 1780 erneut. Bereits Anfang 1769 hatte er die 1768 entstandene Farce umgearbeitet, worauf sie 1776 und 1777 dreimal auf dem Weimarer Liebhabertheater aufgeführt wurde (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 74,6). Goethes Nachbesserungen bei der dritten Fassung zielten auf die Entschärfung grober Ausdrücke und anstößiger Doppeldeutigkeiten, um das Stück an die Dezenz-Normen des höfischen Theaters anzu-

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BRIEF 30

passen (vgl. zu 94,21–23). Offenbar hatte Goethe Dalberg das Stück während seines Aufenthalts in Mannheim zwischen dem 21. und dem 23. Dezember 1779 angeboten. Trotz dieser Umarbeitung führte Dalberg das Stück wahrscheinlich aus moralischen Bedenken nicht auf. 1781 versuchte wiederum Goethe vergeblich, das Stück in Weimar zu inszenieren (vgl. zu 188,7–8), das erst ab 1805 regelmäßig aufgeführt wurde (vgl. Burkhardt, Theater, 127). – Mit Sicherheit war Herzog Carl August an den Korrekturen beteiligt, dem Goethes Änderungen allerdings zu weit gingen (vgl. zu 94,21–23). Wahrscheinlich waren auch Wieland sowie weitere Mitglieder des Liebhabertheaters, etwa Knebel oder Seckendorff, an der Revision beteiligt. – Herders Korrekturen in der Handschrift von 1783 (GSA 25/W 1219) galten vor allem der Orthographie und Interpunktion für den Druck. Dieser erfolgte erst 1787 in Goethes von Georg Joachim Göschen herausgegebenen „Schriften“ (Bd 2. Leipzig 1787, S. 241–368). 26,10 Abschreiber] Wahrscheinlich Johann Christoph Ferdinand Rost, der zu dieser Zeit als Privatschreiber in Weimar tätig war und Abschriften für Goethe erstellte. In der Abschlussrechnung für das Jahr 1780 wurde am 10. Mai 1780 eine Zahlung an Rost über 2 Taler vermerkt (vgl. GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 25v). Der entsprechende Beleg mit einer Liste der einzelnen Kopieraufträge ist jedoch nicht überliefert. – Rost fertigte 1780 für Goethe Abschriften von „Jery und Bätely“ und einem Mineralienverzeichnis an (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 67–68). Außerdem ist ein weiterer Beleg vom April 1781 „vor eine Comödie, 12.–13. Bogen“ überliefert – ob es sich dabei um „Die Mitschuldigen“ handelt, ist ungewiss (vgl. GR/Belege 1781/82, 2, Bl. 33). 26,10 so erhalten Sie’s] Goethe schickte die nicht überlieferte Abschrift der „Mitschuldigen“ am 10. April 1780 an Dalberg (vgl. zu 43,5). 26,13 Ihrem Herrn Bruder] Mit Carl Theodor von Dalberg, dem älteren Bruder des Adressaten und kurmainzischen Statthalter von Erfurt, stand Goethe in engem Kontakt (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 516). 26,15 Unser Theater] Seit April 1779 wurde ein neues Komödienhaus gegenüber dem Wittumspalais gebaut, welches das seit dem Schlossbrand im Mai 1774 als Ersatzspielstätte dienende Redoutenhaus an der Esplanade ersetzen sollte (vgl. GB 3 II, zu 234,26). Die neu eingerichtete Bühne bot dem Liebhabertheater bessere technische Einrichtungen und Bühnenmechanismen (vgl. Sichardt, 30–33). 26,16 das erstemal drauf zu spielen] Das Theater wurde erst am 26. Mai 1780 mit der Uraufführung von Seckendorffs „Robert und Kalliste“ eröffnet (vgl. die zweite Erläuterung zu 54,10). 26,17 eine kleine Operette] Das Singspiel „Jery und Bätely“. Goethe hatte bereits am 29. Dezember 1779 Philipp Christoph Kayser mit der Vertonung beauftragt und erwartete dessen Komposition (vgl. zu 29,33). Kayser führte sie nicht aus und so wurde das Stück am 12. Juli 1780 vom Liebhabertheater mit der Musik Carl Friedrich Sigmund von Seckendorffs uraufgeführt (vgl. GT I 1, 114). – Ob

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Goethe Dalberg dann eine Abschrift schickte, ist ungewiss, zumal er mit Seckendorffs Vertonung unzufrieden war (vgl. GT I 1, 111); das Stück wurde erst nach dem Erstdruck im Jahr 1790 und der dadurch veranlassten Vertonung Reichardts breit rezipiert. 26,21 Rosemund] Christoph Martin Wielands Singspiel „Rosamund“ in der Vertonung von Anton Schweitzer war am 20. Januar 1780 am von Dalberg neugegründeten Nationaltheater in Mannheim uraufgeführt worden, weitere Aufführungen waren am 27. Januar und 2. Februar gefolgt. Goethe hatte höchstwahrscheinlich von der Uraufführung durch Wieland selbst erfahren, der eine überschwängliche Rezension in der „Mannheimer Zeitung“ zu Kenntnis genommen hatte (vgl. WB 7 I, 263f.) und von Dalberg und Schwan informiert worden war (beide Briefe nicht überliefert, vgl. WB 7 I, 256f.; WB 7 II, 257). – Wieland hatte das Singspiel bereits 1777 als Auftragswerk für die Mannheimer Hofoper geschrieben, die Uraufführung musste zunächst aufgrund des Todes des bayerischen Kurfürsten Maximilian III. Joseph, der am 30. Dezember 1777 starb, dann wegen der Verlegung der Residenz (und der Oper) nach München durch den Erbfolger Carl Theodor von der Pfalz verschoben werden. 26,23 iungen Schlicht] Abel Schlicht war 1777 zum Lehrer an der Kunstakademie in Düsseldorf ernannt worden, war aber spätestens ab 1779 als Baumeister in Mannheim tätig, wo er auch als Theatermaler arbeitete. 26,23–24 unser Künstler] Es ist unklar, ob hier der Leiter der Weimarer Zeichenschule Georg Melchior Kraus oder vielmehr der Dekorateur, Theatermaler und Unterlehrer an der Zeichenschule Johann Ehrenfried Schumann gemeint ist. – Beide blieben in Weimar. 26,25 nicht von meiner eigenen Hand] Vgl. Überlieferung. – Die Streichung des Absatzes erfolgte nachträglich, jedoch vor der ersten Drucklegung, und steht mit großer Sicherheit in Verbindung mit Goethes Entschuldigung für den diktierten Brief. 26,26 Ich habe mirs so angewöhnt, dass ich dicktire] Mit der Zunahme seiner Amtsgeschäfte, für deren Erledigung Goethe die Dienste von Kanzleischreibern nutzte, gewöhnte er sich auch bald daran, im privaten und literarischen Bereich zu diktieren (vgl. zu 70,26; zu 70,27). – Der eigenhändige Brief galt als Zeichen persönlicher Achtung vor dem Adressaten. Einen diktierten persönlichen Brief an eine höhergestellte Person zu schicken, bedeutete einen Konventionsbruch. Daher rechtfertigte sich Goethe, der in dieser Zeit seinem Sekretär Seidel immer wieder Briefe diktierte, für seine nicht eigenhändig geschriebenen Briefe bei Dalberg, Wilhelm Christoph von Diede (vgl. zu 264,25) und dem Herzog von Sachsen-Gotha (vgl. zu 182,12–13), an die er sonst selber schrieb. – Bereits im Zeitraum des vorliegenden Bandes waren diktierte Briefe keine Seltenheit; das gilt allerdings hauptsächlich für Adressaten, mit denen Goethe gut bekannt war, wie Lavater, Knebel oder Merck. Tatsächlich sind die meisten überlieferten Briefe aber doch eigenhändig,

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BRIEF 31

denn neben den Briefen an andere höhergestellte Personen waren die Briefe an die wichtigste Bezugsperson, Charlotte von Stein, die den Großteil der in diesem Band gedruckten Briefe ausmachen, eigenhändig geschrieben. 26,26–27 mich mit Abwesenden unterhalte] Anspielung auf die zeitgenössische Vorstellung, dass der Brief „die Stelle eines Gesprächs vertritt“ (Gellert, Schriften 4, 111). 26,28 gnädigen Frau] Elisabeth Augusta von Dalberg (vgl. die dritte Erläuterung zu 3,5). Sie hatte in einem Brief an Caroline Gräfin von Goertz vom 26. Februar 1780 den guten Eindruck geschildert, den Goethe auf sie bei dessen Aufenthalt in Mannheim gemacht hatte (vgl. BuG 2, 213). 27,1 Hl. Kobeln] Vom Mannheimer Kabinettsmaler Ferdinand Kobell besaß Goethe bereits einige Zeichnungen (vgl. zu 24,25). In dem in Goethes Kunstsammlungen überlieferten Konvolut von Zeichnungen Kobells sind vier vor 1780 datiert (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.271,0387.5–8). Am 3. Dezember 1780 bedankte sich Goethe bei Kobell für Landschaften, die für den Herzog bestimmt waren, und bestellte Zeichnungen für seine eigene Sammlung (vgl. zu 168,13–14), die er auch erhielt.

31. An Sophie von Schardt

〈Weimar, 2. oder 3. März 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Goethe wird den Brief unmittelbar vor dem Fest Ihrer lieben Tante (27,7), welches am 3. März 1780 stattfand (vgl. zu 27,7), also am 2. oder 3. März 1780 geschrieben haben. ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. E: Düntzer, Zwei Bekehrte (1873), 290. WA IV 4 (1889), 188, Nr 903 (nach E). Textgrundlage: E. ERL ÄUT ERUNGEN

Ob Goethe auf eine mündliche oder schriftliche Einladung antwortet, ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Friederike S o p h i e Eleonore von Schardt geb. von Bernstorff (1755–1819) wurde nach dem Tod ihrer Mutter Charlotte geb. von Holle etwa 1763 von ihrem Cousin, dem dänischen Minister Johann Hartwig Ernst von Bernstorff, und dessen Frau Charitas Emilie aufgenommen. Ihr Vater Andreas von Bernstorff,

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Vizedirektor der Justizkanzlei in Celle, war bei Sophies Geburt fast 70 Jahre alt gewesen und schon 1757 gestorben. Im Haus ihrer Verwandten erhielt Sophie eine gründliche Erziehung, lernte Sprachen und beschäftigte sich mit Musik und Literatur. Großen Einfluss übte in dieser Beziehung auch Johann Joachim Christoph Bode aus, der häufig zu Gast bei Charitas Emilie und Sophie von Bernstorff war. Bode, befreundet mit Gotthold Ephraim Lessing und Friedrich Gottlieb Klopstock, war Musiker und Komponist, Verleger, Journalist und Übersetzer englischer und französischer Literatur. Im April 1778 heiratete Sophie von Schardt den weimarischen Geheimen Regierungsrat Ernst Carl Constantin von Schardt. Nach ihrer Ankunft in Weimar Ende Mai 1778 wurde sie sowohl von ihrer Schwägerin Charlotte von Stein, zu deren engstem Freundeskreis sie bald gehörte, als auch am Hof herzlich aufgenommen. Dank ihrer Herkunft, ihres einnehmenden Wesens und ihrer Begabungen vor allem in den Sprachen fand sie sehr schnell Anschluss an die Weimarer Gesellschaft, war ein gern gesehener Gast und nahm am geselligen Leben in Weimar teil. Auch in ihr Haus lud sie regelmäßig zu geselligen Zusammenkünften ein. Darüber hinaus trat sie als Autorin und Übersetzerin hervor. Einige ihrer Übersetzungen und Gedichte wurden in dem von der Herzoginmutter Anna Amalia und ihrem Kreis im August 1781 begründeten handschriftlichen „Journal von Tiefurth“ veröffentlicht. Eine besonders enge Beziehung verband Sophie von Schardt mit Johann Gottfried Herder, der sie u. a. im Griechischen unterrichtete, aber auch mit dessen Familie, ihrer Schwägerin Charlotte von Stein, Carl Ludwig von Knebel und Emilie von Werthern-Beichlingen. Schon im November 1778 siedelte auch ihre Pflegemutter Charitas Emilie von Bernstorff, die oft als Tante (27,7) bezeichnet wurde, mit ihrem Sekretär Johann Joachim Christoph Bode nach Weimar über. Nach Goethes Rückkehr aus der Schweiz Anfang 1780 intensivierte sich der Kontakt mit Sophie von Schardt, der er ein gutes treffliches Wesen bescheinigte (WA IV 5, 257). In den Jahren 1780 und 1781 lud Goethe Sophie häufig mit Charlotte von Stein oder Emilie von Werthern-Beichlingen zu sich ein, war bei ihr zu Gast und traf sie bei Hofe, bei Charlotte von Stein oder Carl Ludwig von Knebel sowie bei geselligen Zusammenkünften vor allem in Tiefurt. Später ließ er sie sogar während seiner Abwesenheit mit ihrem Mann in seinem Gartenhaus am „Stern“ wohnen (vgl. BuG 2, 458). Durch ihre Freundschaft und verwandtschaftlichen Beziehungen zu Auguste zu Stolberg, mit der Goethe vor seiner Übersiedlung nach Weimar viele Briefe gewechselt hatte, gab es auch von dieser Seite Berührungspunkte (vgl. zu 61,12–13). Nach Goethes Italienaufenthalt brach die Verbindung zu Sophie von Schardt bis zu deren Tod 1819 nicht ab, auch wenn der Kontakt lockerer wurde. Überliefert sind von ihrer Hand neben eigenen Texten und Gedichten auch Aufzeichnungen nach Vorträgen Goethes, die sie sich während der von Goethe seit November 1805 veranstalteten ‚Mittwochsgesellschaft‘ gemacht hatte (GSA 122/165).

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BRIEFE 32/33

In seinen Briefen an Charlotte von Stein grüßte Goethe häufig die Kleine (88,23) oder die kleine Schwägerin (51,13), wie er Sophie von Schardt in den ersten Jahren nannte. Von Goethe sind an Sophie von Schardt nur die drei kurzen in den vorliegenden Band aufgenommenen Briefe im Druck überliefert. Heinrich Düntzer lagen für den Erstdruck noch die Handschriften vor. In diesen Billetts reagierte Goethe auf Einladungen (Nr 31 und Nr 47) und bedankte sich für ein Geburtstagsgeschenk (Nr 474). Im letzten Brief vom 28. oder 29. August 1781 zeigte er darüber hinaus seine Anteilnahme an Sophies Schicksal und Gesundheitszustand (Nr 474). Ein weiterer Brief aus dem Jahr 1793 konnte bisher erschlossen werden (vgl. RA 1, Nr 699). Abgesehen von einem gemeinsam mit anderen verfassten Brief vom 8. September 1788 (vgl. RA 1, Nr 295a+), ein Dank für Goethes Gesellschaft auf einer Reise nach Kochberg, sind von Sophie von Schardt 15 Briefe an Goethe aus den Jahren 1793 bis 1816 überliefert. 27,7 das Fest Ihrer lieben Tante] Am Abend des 3. März 1780 fand bei der Gräfin Charitas Emilie von Bernstorff, der Pflegemutter Sophie von Schardts, aus Anlass ihres 47. Geburtstages ein Ball statt, auf dem neben Goethe u. a. auch Charlotte von Stein und Carl Ludwig von Knebel anwesend waren (vgl. 27,11; Knebel, Tgb. 1780, 11r). Vor dem Eintrag vom 4. März 1780 notierte Goethe im Tagebuch: Ball bey d. Gräf. Bernstorf. (GT I 1, 106). Charlotte von Stein berichtete er am folgenden Tag, dass ihm das gestrige Fest 〈…〉 sehr wohl (27,11–12) bekommen sei.

32. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. März 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 47. – 1 Bl. 16,5 × 9,4 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „6.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 6), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 290. WA IV 4 (1889), 188, Nr 904. BEIL AG E

Schmuckstück aus Stahl (vgl. zu 27,10).

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 27,10 Stahl] Wahrscheinlich so genannte Stahldiamanten aus facettierten, geschliffenen und polierten Stahlstücken. – Stahlschmuck, zumeist aus England importiert, erfreute sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit. Berühmt war z.B. die Manufaktur von Boulton & Watt in Birmingham. 27,11 das gestrige Fest] Der Ball anlässlich des Geburtstages der Gräfin Charitas Emilie von Bernstorff (vgl. zu 27,7).

33. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 4. März 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd IV) in das Jahr 1782 verweisen Anrede (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496), Inhalt und Parallelen zum Tagebuch (vgl. zu die erste und die zweite Erläuterung zu 27,16) darauf, dass der Brief am 4. März 1780 geschrieben wurde. So wurde er erstmals von Friedrich Strehlke in der WA datiert (vgl. WA IV 4, 366, zu Nr 905). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 7. – 1 Bl. 16,5 × 8,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „20.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 19), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 16 (Datierung: Ende Januar 1781). WA IV 4 (1889), 188f., Nr 905. BEIL AG E

Landschaftszeichnung von Goethe (vgl. zu 27,17). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 27,15 dass Sie mir Frizzens Angesicht haben sehen Lassen] Anspielung auf einen Besuch Friedrich von Steins, des jüngsten, damals siebenjährigen Sohnes der Adressatin. – ‚Angesicht‘ hier für die ganze Person, die persönliche Begegnung (vgl. GWb 1, 564). 27,16 Misels] Misel: „lieblingswort Göthes in jungen jahren, das er wol aus seiner studentenzeit von Straszburg her mit brachte, denn mîsel ist das elsässische diminutiv zu mûs maus, und dieses, sowie mäuschen und mäuslein werden, nicht ohne al-

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BRIEF 34

len lüsternen beisinn, auf hübsche junge mädchen gewendet“ (Grimm 6, 2257). – Hier mit Bezug auf die im Tagebuch vom 4. März 1780 erwähnte Corona Schröter und deren Gesellschafterin Wilhelmine Probst, die bei Goethe zu Tische waren (GT I 1, 106). 27,16 der Probstin Bruder] Bruder von Wilhelmine Probst. 27,17 Landschafft] Möglicherweise die im Februar 1780 entstandene Zeichnung „Landschaft mit Eselreiter“ nach Ferdinand Kobell, die in den herzoglichen Sammlungen überliefert ist (vgl. zu 24,25). 27,18 Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1775 mit Herzog Carl August verheiratet und eine Freundin Charlotte von Steins (vgl. GB 3 II, zu 24,1). Goethes Verhältnis zur Herzogin, der er zuerst im Mai 1773 in Frankfurt begegnet war, blieb zeitlebens von gegenseitigem Respekt und Sympathie geprägt (ausführlicher dazu vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 7 II, Nr 37).

34. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 6. März 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 114. – Doppelblatt 18,6 × 27,2(–27,4) cm, 4 S. beschr., S. 1–3 (28,1–29,31 Weimar den 6 Merz. 1780. 〈…〉 ihm übermachen wird.) Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrektur, S. 4 (29,32–30,17 Grüse Bäben 〈…〉 der Teufel. G.) egh., Tinte; kleiner Rest eines roten Siegels. E: Goethe-Lavater1 (1833), 71–77, Nr 28. WA IV 4 (1889), 189–193, Nr 907. BEIL AG E

Verzeichnis von Dürer-Stichen (vgl. zu 28,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Der erste Briefteil beantwortet Lavaters Brief vom 18. Februar 1780 (vgl. RA 1, 108a+), der zweite einen nicht überlieferten Brief vom 26. Februar 1780 (vgl. 30,1). – Lavater antwortete am 18. März 1780 (vgl. RA 1, Nr 111). Postsendungen: 6. März 1780 (vgl. GR/RB 1780, 1, Bl. 9r; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 10v). 28,2 alles nach und nach angekommen] Empfangsbestätigung für die noch ausstehenden Sendungen Lavaters, auf die Goethe wartete (vgl. die zweite Erläuterung zu 13,10). 28,3–4 Hieronymus des Herzogs von Füeslien gekauft] Dürers Kupferstich „Der heilige Hieronymus im Gehäus“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen,

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Inv.-Nr DK 102/81; vgl. Hüsgen, Verzeichnis Dürer, 31f., Nr 60). Carl August hatte ihn wohl von Johann Caspar Füßli erworben; ein Beleg für diesen Kauf konnte nicht ermittelt werden. Im Antwortbrief erklärte Lavater, den Stich mit seiner eigenen Dürer-Sammlung geschickt zu haben (vgl. Goethe-Lavater3, 104). 28,6–7 Deine lezten Albrecht Dürers 〈…〉 angekommen] Empfangsbestätigung für den zweiten Teil von Lavaters Dürer-Sammlung (vgl. zu 13,21), mit der sich Goethe intensiv auseinandersetzte (vgl. zu 13,18). 28,8 Buchbinder] Wahrscheinlich hatte Goethe Anna Margaretha Große, die nach dem Tod ihres Mannes Johann Christoph Große Ende Januar/Anfang Februar 1780 sein Geschäft übernommen hatte, beauftragt, die Stiche aus dem Klebeband zu lösen (vgl. zu 13,20). Die in Goethes Rechnungsbüchern überlieferten Belege für Buchbinderarbeiten im Jahr 1780 stammen ausschließlich vom Ehepaar Große (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 14, 28, 37, 72). 28,10 ein Verzeichnis der Fehlenden] Nicht überliefert. 28,16 Dieses wollen wir nicht laut sagen.] Die Bitte um Diskretion stand im Zusammenhang mit einem geplanten Aufsatz über Dürer, der jedoch nicht zur Ausführung kam (vgl. zu 39,21–22). Darüber hinaus spielt der Vergleich Dürers mit den italienischen Künstlern indirekt auf die zeitgenössische Diskussion im deutschsprachigen Raum über die Bedeutung Albrecht Dürers an, die zu einer Neueinschätzung des Malers führte. Dazu trug maßgeblich Merck mit seiner Schrift „Einige Rettungen für das Andenken Albrecht Dürers gegen die Sage der KunstLiteratur“ im Juli 1780 bei (Merck, Schriften 5, 177–182; vgl. Grave, 70–72). Merck knüpfte an Hüsgen an, der in „Patriotischem Eifer“ Dürer mit Raffael verglichen hatte: „Raphael war gros, ja er war erstaunlich gros, und ein jeder der nur daran zweiflen wollte, würde sich vor dem ganzen gesitteten Europa zum Gelächter aussetzen, bey alle dem aber kommt mir der geschwinde Fortgang seines erhabenen Geistes nicht so ausserordentlich vor als derjenige des Albrecht Dürers, indeme jener an den prächtigen Ueberbleibselen des alten Roms sich auf alle Art bilden könnte, während unser Dürer in dem damahligen rohen von Künsten und Wissenschaften ganz und gar unwissenden Teutschland sich blos mit seiner eigenen Einbildungskraft durch alle Wiederwärtigkeiten zu einem so hohen Grad von Bewunderung hinauf schwunge 〈…〉.“ (Hüsgen, Verzeichnis Dürer, o. S. [Vorerinnerung].) Im Brief an Maler Müller vom 21. Juni 1781 stellte auch Goethe Dürer auf dieselbe Stufe wie Raffael (vgl. zu 280,1–2). 28,16 Lukas von Leyden] Es ist unklar, welche Graphiken des niederländischen Stechers Lavater besaß (vgl. zu 13,18). 28,17–20 An dem Bild der Madonna 〈…〉 ein unschäzbar Bild sein.] Lavater hatte eine Darstellung der „Ruhe in Ägypten“ nach Weimar geschickt (vgl. zu 13,10). Lavaters Zuschreibung (Correggio), die von Goethe mit dem Hinweis auf die Ausbesserung von fremder Hand indirekt in Frage gestellt wurde, ist sicherlich falsch. Bei diesem Gemälde könnte es sich vielmehr um die nicht mehr überlieferte

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BRIEF 34

Kopie von Correggios „Zingarella“ handeln, die laut Meyers Katalog von 1824 „von einem guten alten Meister“ stammte, „aber größtenteils übermahlt“ war, und die ab 1825 in der Bildergalerie im Großen Jägerhaus hing (Goethes „Bildergalerie“, 183f., Nr 98). – Lavater bezog sich auf Goethes Vorbehalte im Antwortbrief: „Das retouchirte in Correge hab’ ich nicht bemerkt, auch der sehr argwöhnische Mahler nicht, der gern 500 fl drum gegeben hätte.“ (Goethe-Lavater3, 104.) Lavater hatte in einem Brief an Herzog Carl August vom 2. Februar 1780 die Versendung des vermeintlichen Correggios als eine Opfergabe an das herzogliche Paar stilisiert (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1025f.). Carl August ließ das Bild einrahmen (vgl. den Beleg von Martin Gottlieb Klauer; LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1086, Bl. 36, Beleg Nr 146). In der entsprechenden Jahresrechnung von Carl Augusts Privatschatulle vermerkte Bertuch, dieser Rahmen sei für den vermeintlichen Correggio bestimmt (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1083a, S. 41). 28,20–21 Riss von eurer Dörrmaschine 〈…〉 Aufsaz darüber] Es handelte sich um eine Getreidedarre, einen Ofen zum Trocknen von Getreide für die Lagerung (vgl. Krünitz 8, 750; GWb 2, 1079). Offenbar hatten Goethe und Carl August eine solche Anlage während ihrer Schweizer Reise gesehen und erwogen, sie in Weimar nachbauen zu lassen. Lavater versprach am 18. März sowie am 8. April 1780 eine baldige Zusendung (vgl. Goethe-Lavater3, 105, 107). Allerdings musste Goethe am 3. Juli 1780 seinen Briefpartner daran erinnern (vgl. zu 83,7). Lavater wiederholte sein Versprechen am 15. Juli 1780 (vgl. Goethe-Lavater3, 122). Am 19. Juli 1780 befand sich die Zeichnung laut einem Brief an Herzog Carl August bereits auf dem Weg nach Weimar (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1026). Goethe bestätigte am 8. August 1780 den Empfang der Zeichnung, bemängelte jedoch den hohen Preis sowie die fehlende Beschreibung des Verfahrens (vgl. 101,14–102,4). In Weimar konnte weder die Skizze noch der Aufsatz ermittelt werden; es ist ungewiss, ob Letzterer überhaupt geschickt wurde. 28,22 Skizen von Füesly] Goethe hatte in der Schweiz einige Zeichnungen Füßlis gekauft (vgl. GB 3 II, zu 358,1–2). 28,23 Heideggern magst du im Namen des Herzogs danken.] Der Zürcher Kunstsammler Hans Conrad Heidegger (vgl. die zweite Erläuterung zu 13,19) hatte offenbar Herzog Carl August um Bilder als Gegenleistung für seine Geschenke gebeten. Ein entsprechendes Schreiben an Carl August oder Goethe ist nicht überliefert. Bei aller Begeisterung für dessen Sammlung hatte Carl August doch ein gewisses Unbehagen wegen Heideggers übertriebener Dienstbeflissenheit in seinem Brief an Anna Amalia vom 29. November 1779 zum Ausdruck gebracht (vgl. Bergmann, 30f.). Im Brief an Knebel vom 7. Juni 1780 nannte er ihn sogar „ein böses Subjekt“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 113). 28,24 Zuthulichkeit] Ein Verhalten, mit dem durch Gefälligkeit um die Gunst einer höhergestellten Person geworben wurde (vgl. Adelung 4, 1776).

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28,25 Landschaften von Krause] Es ist zu bezweifeln, dass Heidegger Landschaftsbilder des Direktors der Weimarer Zeichenschule Georg Melchior Kraus erhielt; in dessen Werkverzeichnis fehlt jegliche Spur (vgl. Birgit Knorr: Georg Melchior Kraus [1737–1806]. Maler – Pädagoge – Unternehmer. Biographie und Werkverzeichnis. Diss. Jena 2003). 28,27 eine schöne Sammlung von geistigen Handrissen] Welche Zeichnungen die hier erwähnte Sammlung von Landschaften enthielt, ließ sich nicht ermitteln (zu Goethes Zeichnungen von der Schweizer Reise vgl. GB 3 II, zu 295,10–11; Grave, 79–81). Im Antwortbrief stellte Lavater eine Sendung in Aussicht: „Landschaften für dich hab’ ich wirklich schon, vor deiner Bestellung, einem jungen M e y e r mir zur Einsicht zusenden aufgetragen. Ich verspreche mir viel von der r u h i g e n Wa h r h e i t dieses freyzeichnenden Jünglings.“ (Goethe-Lavater3, 104.) Ob sich Lavater auf den Zürcher Landschaftsmaler Johann Heinrich Meyer oder auf den gleichnamigen späteren Vertrauten und wichtigsten Kunstberater Goethes bezog, ist unklar. Letzterer malte damals bei Johann Caspar Füßli vorwiegend Porträts, hatte aber auch bei Johannes Kölla Landschaften gemalt. Ob Lavater tatsächlich Landschaften nach Weimar schickte, konnte nicht ermittelt werden. – ‚Geistige Handrisse‘: Hier skizzenartige Handzeichnungen, die einen besonderen visuellen Eindruck vermitteln (vgl. GWb 4, 690). 29,4 Deine Offenbahrung] „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn. Nach der Offenbarung des Johannes“ (o. O. u. J. 〈Zürich 1780〉) (vgl. zu 13,11). 29,6 Meine Grillen] Goethe hatte Vorbehalte gegen den zweiten Teil von „Jesus Messias“ geäußert (vgl. zu 13,13). 29,7–8 die rasche Gesinnung Petri worüber Malchus ein Ohr verlohr] Anspielung auf Petrus’ spontane und gewalttätige Reaktion, als die Abgesandten des Hohepriesters Jesus verhaften wollten: „Da hatte Simon Petrus ein schwerdt, und zog es aus; und schlug nach des hohenpriesters knecht, und hieb ihm sein recht ohr ab; und der knecht hieß Malchus.“ (Johannes 18,10; Luther-Bibel 1772 NT, 116.) 29,10 mein Gefühl das reinste ist] In Bezug auf Lavaters Brief vom 18. Februar 1780: „Ich wünsche sehr, ehe die apokalypse gedrukt wird, und sie wird ehestens unter die Preßen kommen, genau zu wißen w a s die beßten reinsten gefühle beleidigt.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 562.82a; vgl. Hirzel, Lavater-Goethe, 496.) 29,11 evangelisch] Hier wohl zweideutig-ironisch, sowohl „aus den Evangelien herangezogene Gleichnisse u Themen kennzeichnend“ (GWb 3, 480f.) als auch auf Lavaters Messiade bezogen, sie sei nicht die einzig richtige und wahre Lehre (Evangelium). 29,14–15 Rammont in Colmar 〈…〉 zu fordern hat] Vgl. zu 19,8. 29,16 unser Banquier] Johann Lorenz Streiber (vgl. zu 22,5–6). 29,16–17 die Schuld an Salis] Vgl. zu 19,1–2. 29,17 Thomas Feurern] Wohl Andreas Feurer (vgl. zu 19,26–28).

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29,18 Lindaus Erben] Laut Lindaus Testament vom 17. Mai 1776 sollten seine Schwestern die Pension für Andreas Feurer übernehmen (vgl. zu 19,16–28). 29,21 wie ich 〈…〉 thun werde] Ob Goethe Lavaters Briefe heften ließ, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, da die Originalhandschriften der meisten Briefe verschollen sind. Sie fielen wahrscheinlich den großen ‚Autodafés‘ vor der Schweizer Reise im Jahr 1797 zum Opfer (vgl. die Tagebucheinträge vom 2. und 9. Juli 1797 [GT II 1, 119f.] sowie die „Tag- und Jahres-Hefte“ für 1797 [WA I 35, 73]). Nur die Briefe, die mit Geldangelegenheiten zu tun hatten (vgl. RA 1, Nr 90 und Nr 97 sowie die späteren Briefe RA 1, Nr 321 und Nr 467), überlebten die ‚Autodafés‘, wahrscheinlich weil sie gesondert abgelegt wurden. Lavater ließ Goethes Briefe nicht heften. Die korrekte Ablage der Briefe sollte der Zeitersparnis bei der Überprüfung, Berichtigung oder Abwicklung früherer Vorgänge oder Geldangelegenheiten dienen. An eine Veröffentlichung des Briefwechsels dachte Goethe trotz der Bedeutung des geistigen Austausches mit Lavater nicht. 29,24 kleinen Geschäften] Lavater hatte im Bezugsbrief die Überlastung in seinem Amt in der St. Peter-Kirche beklagt: „Ich erliege fast unter der Menge der e h e g e r i c h t l i c h e n und anderen Geschäfte – genieße gar fast nie meine besten Freunde – und dann bin ich nicht glücklich.“ (Hirzel, Lavater-Goethe, 496.) Als Diakon nahm Lavater zahlreiche Aufgaben in der Gemeinde wahr (vgl. Klaus Martin Sauer: Die Predigttätigkeit Johann Kaspar Lavaters [1741–1801]. Darstellung und Quellengrundlage. Zürich 1988, S. 211–215). 29,27 viel Resignation] Goethe äußerte an mehreren Stellen seine Resignation über die Verwaltungsaufgaben (vgl. zu 173,16–17; zu 183,17–18; zu 224,3; zu 303,1). Die in den darauffolgenden Jahren zunehmende Amtsmüdigkeit war ein Auslöser für den Aufbruch nach Italien (vgl. GB 6 II, zu 49,16 und die einleitende Erläuterung zu GB 6 II, Nr 129). 29,29 Steiner] Im Bezugsbrief vom 18. Februar 1780 hatte Lavater darum gebeten, den Theologiestudenten Jacob Steiner zu unterstützen (vgl. Hirzel, LavaterGoethe, 497). Dieser hatte sich bereits im April 1779 in Weimar aufgehalten (vgl. GT I 1, 79; Herder an Hamann, 6. Mai 1779, HB 4, 87). Am 16. Februar 1780 hatte sich Lavater daher an Herder gewandt: „S t e i n e r entfloh den leztL Promotionsakten – entfloh heimtückscher Weise seinem Vaterland und seinen Freünden, wir wißen nicht, wohin? – vermuthL, nach Weymar. Sein bekümmerter Vater bath mich, ihn aufzufinden, u. ihm diese Innlage zukommL zulaßL. Es ist ein schlimmer Handel in mancher Absicht. Der Mensch ist arm. Sein Vater hat schon so viel für ihn aufgeopfert, u: ist nun todesängstlich, daß er dL. geistL. Stand quittirL wolle. Ich darf nicht sagL: thue was du kannst, den MenschL zustärkL u: Kindes und Freundespflicht nicht wegschwärmeln zulaßL. Du thust es, ohne Erinnerung. Sein Vater hätte sehr gern, wenn er geistlich blieb. Freylich hat d Vater garkeinen Begriff weder von dem was g e i s t l i c h s e y n, noch von dem, was im HerzL seines Sohnes ist. Brodsorge ist izt, natürL. weise, des gedrücktL Vaters einzige Sorge. – –

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wenn du dL Mann siehest, lieber, so wirst du sehen, daß er verstimmt u. verschloßen ist. Er hält / sehr viel auf dir, und darum vermuthL wir, er sey nach Weymar oder habe dir wenigstens geschrieben. Wir sind unruhig, bis wir ein Wort ihn betreffend, habL. Ich gestehe zwar, daß Er nicht von denen MenschL ist, die mich je angezogL habL. Eine Tinktur von Stolz steht seiner Leerheit und Unthätigkeit sehr übel. Doch glaub ich, hat er ein sehr ehrliches Herz u: einen sehr geradL Wahrheitssinn. Wenn er nur sogleich angehaltL wird, irgend etwas in Ordnung zuthun, damit er sich in der unleidlichen Schwärmeley u: Brüteley unthätiger Menschheit und Ordnungverachtung versenke.“ (GSA 44/68, Bl. 36; vgl. Aus Herders Nachlaß 2, 189f.) – Jacob Steiner hatte sich im Jahr 1773 in das Zürcher Collegium Carolinum eingeschrieben (vgl. StA Zürich, E II 479, S. 341). Seine Prüfung legte er nicht ab, zumindest fehlt im Protokoll des Examinatorenkonvents 1773–1788 jede Spur von ihm (vgl. StA Zürich, E II 47 – nach freundlichem Hinweis von Dr. Hans Ulrich Pfister). 29,29–30 in Dresden] Über Steiners Aufenthaltsort war Goethe durch Herder informiert, dem Jacob Hermann Obereit am 21. Februar 1780 mitgeteilt hatte: „Dieses unversehens an Ew. Hochwürden zu schreiben veranlaßt mich ein guter Freünd, dems nicht abseyn konnte, Herr Jacob Steiner, hiesiger Goldarbeiter, für seinen Sohn, Hrn Candidat Steiner, der Ewer Hochwürden wohl bekannt, und werden Sie ergebenst hiermit nur ersucht, die Güte zu haben, die 2 Louisd’or, die Ihnen Herr Lavater für denselben übermacht, für ihn an meinen Bruder in Dresden nebst dem hier innliegenden Berichtbrieflein zu übermachen, weil, wie der junger Herr, von Augspurg aus, seinem Herrn Vater verdeutet, selbiger von dort geradewegs auf Dresden reitet, demnach keine Tour zu Ew. Hochwürden macht, wie man sonst geglaubt, und uns lieber zu vernehmen gewesen, wäre. Er gibt zu verstehen, nachdem ihm das Theologie-Studium zu schwer worden, so wolle er auf andre Art sein Glück in die Welt suchen, wo er nur für sich zu respondiren hat. Daß ers da besser, sichrer zum rechten Guten für sich finde, als in dem ihm so widrigen CandidatenStand, das gebe der gnädige Gott und leite ihm ewig!“ (Biblioteka Jagiello´nska Kraków [Krakau], Autographensammlung Obereit.) – Über Steiners Aufenthalt in Dresden ist nichts bekannt. Am 2. Mai 1780 schrieb er sich in die theologische Fakultät der Universität Halle ein, wo er sein Studium ebenfalls nicht abschloss (vgl. UA Halle-Wittenberg, Rep. 46, Nr 5 [1767–1781] – nach freundlichem Hinweis von Karin Keller). 29,30 Ich habe die zwei Carolin an Herdern bezahlt] Lavater hatte Goethe am 18. Februar gebeten: „Weise ihn zurecht und gieb ihm auf meine Rechnung i m N a m e n s e i n e s Va t e r s 2 N’Louisdors. Braucht er mehr in meinem Namen auch 2.“ (Hirzel, Lavater-Goethe, 497.) 29,32 Bäben 〈…〉 schick ihr bald] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). Goethe löste sein Versprechen erst am 1. Mai 1780 ein (vgl. 50,3).

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BRIEF 35

29,32–33 Frau und Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich und Anna (Nette). 29,33 was Kayser dir giebt] Goethe hatte Philipp Christoph Kayser bereits am 29. Dezember 1779 mit der Vertonung des Singspiels „Jery und Bätely“ beauftragt (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 560). Am 20. Januar 1780 hatte er ihm eine überarbeitete Fassung geschickt (vgl. zu 10,3–4) und erwartete nun Kaysers Komposition bzw. einen ersten Teil der Vertonung. 30,1–2 Verdirb nichts an der Apokalypse.] Vermutlich hatte Lavater im nicht überlieferten Bezugsbrief von Verbesserungen an „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn“ berichtet, nicht zuletzt als Reaktion auf Goethes Vorbehalte (vgl. zu 13,13). Am 18. März vermeldete er lediglich geringfügige formale Änderungen (vgl. Goethe-Lavater3, 105). 30,7 Dass du mit meinem Jeri nichts gemeines hast] Anspielung auf die männliche Hauptfigur von Goethes Singspiel „Jery und Bätely“. Vermutlich hatte Lavater die zweite Version des Singspiels bei Kayser gelesen. Lavaters ablehnende Haltung wurde bisher als Beleg für „die Geringschätzung des Theaterwesens als eines Brandnestes moralischer Freizügigkeit“ gedeutet (FA/Goethe I 5, 1071). Sie ist vielmehr auf das idealisierte Bild der Schweiz zurückzuführen, das Goethe in seiner Idylle entworfen hatte (vgl. zu 10,11–12). Der einfache Bauer und Hirte Jery stand für das alpine Naturleben und stellte somit einen krassen Gegensatz zu den aufklärerischen Bürgern und Intellektuellen der wohlhabenden Stadt Zürich dar. 30,13 Der Herzog hat sich die Haare abschneiden lassen] Carl August trug einen so genannten ‚Schwedenkopf‘, eine modische kurze Frisur, die Zopf und Haarbeutel überflüssig machte (vgl. zu 39,10–11). 30,14 die Silhouette] In den Weimarer Kunstsammlungen ist eine Silhouette überliefert, die Carl August als Ganzkörperfigur mit kurzen Haaren in Reiterkleidung abbildet (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KSi1980/00657). – Lavaters Exemplar ist nicht überliefert. 30,15–16 Des armen schlesischen Schaafs 〈…〉 Lügenpropheten der Teufel.] Den aus Schlesien stammende Christian August Heinrich Curt Graf von Haugwitz und den ‚Genieapostel‘ Johann Christoph Kaufmann hatte Lavater am 22. Januar 1780 empfangen (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 100). – Mit Haugwitz und den Brüdern Christian und Friedrich Leopold Grafen zu StolbergStolberg hatte Goethe von Mai bis Juli 1775 seine erste Schweizer Reise unternommen und dabei auch Lavater in Zürich besucht (vgl. AA DuW 1, 599–632 und die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 266). – Den Schweizer Wunderarzt und religiösen Schwärmer Kaufmann hatte Goethe im Herbst 1776 in Weimar durch Lavaters Vermittlung kennen gelernt (vgl. GB 3 II, zu 90,18–19). Goethes Meinung von dem nach seiner Wanderschaft durch Deutschland in die Schweiz zurückgekehrten Kaufmann hatte sich jedoch in der Zwischenzeit geändert, als die

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charismatische Figur als Hochstapler entlarvt wurde (vgl. das Spottgedicht „Christoph Kaufmann von Winterthur im Gefolge Lavaters, der seine frömmelnd physiognomisirende Spionerei zu adeln sich Gottes Spürhund zu nennen beliebte“ [WA I 5.1, 162]). Selbst Lavater, der 1777 in seiner Physiognomik Kaufmann ein Denkmal gesetzt hatte (vgl. Physiognomische Fragmente 3, 158–161), war von dessen Verhalten enttäuscht und hatte ihm am 23. Januar 1779 geschrieben: „Bist du erlöset, so erlöse mich; Bist du Prophet, so prophetisiere; Bist du weder erlöst, noch Prophet, so laßt uns bitten, daß uns Gott einen Propheten u. Erlöser sende, sonst sind wir beyde gleich elend.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.63.) Außerdem hatte Lavater am 8. Mai 1779 seine Zweifel über Kaufmann Herder mitgeteilt (vgl. Aus Herders Nachlaß 2, 180–182, 188f.). Goethe hatte laut Muralts Tagebuch seinem Briefpartner negative Anekdoten über Kaufmann während seines Aufenthalts in Zürich übermittelt (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 94). – Zu Kaufmanns Verruf trugen die von Johann Christian Schmohl aus Johann Jacob Mochels Nachlass herausgegebenen Schriften bei (vgl. zu 81,18). Lavaters Verhältnis zu Kaufmann blieb weiterhin ein Thema des Briefwechsels (vgl. zu 49,14).

35. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 7. März 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 47. – 1 Bl. 20,5 × 7,2(–7,5) cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „7.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 7), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 290. WA IV 4 (1889), 193, Nr 908. BEIL AG E

Blumen? (vgl. zu 30,20–21). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 30,18 Kloster] Das so genannte ‚Louisenkloster‘, das 1778 im Zuge der Umgestaltung der Parkanlagen oberhalb des „Sterns“ und des angrenzenden Ilmtals auf Goethes Initiative am linken Ilmufer entstanden war. Es bestand zunächst nur aus einer einfachen strohbedeckten Holzhütte, die durch eine ehemalige zur Ruine umgebaute Schießmauer mit einem alten Pulvertürmchen verbunden war (vgl. Goethes Zeichnung; Corpus I, 78, Nr 204). Am 9. Juli 1778 hatte hier aus Anlass des

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BRIEF 36

Namenstages der Herzogin das „Louisenfest“ stattgefunden (vgl. „Das Louisenfest“; WA I 36, 233–242). – Wahrscheinlich vom selben Tag, an dem der vorliegende Brief geschrieben wurde, stammt Goethes Tagebucheintrag: 〈…〉 gute Stunden mit 〈Charlotte von Stein〉. Eine sehr schöne Erklärung mit 〈Herzog Carl August〉 abends im Kloster. (GT I 1, 106.) 30,19–20 Et puisque sans Vous 〈…〉 telle partie] Franz.: Und da man Sie nicht zu einem solchen Ausflug überreden könnte, ohne Sie zu töten. – Möglicherweise ein Zitat oder eine Anspielung; Näheres konnte nicht ermittelt werden. 30,20–21 die erste Liebe des Frühlings] Wohl Frühlingsblumen aus Goethes Garten.

36. An Adam Friedrich Oeser

Weimar, 10. März 1780 → 〈Leipzig〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/364,I, Bl. 9. – Doppelblatt 37,1 × 27,4 cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte, mit egh. Unterschrift; S. 4 oben rechts Empfangsvermerk, Tinte: „v. Goethe Merz -80.“ E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 129f., Nr 7. WA IV 4 (1889), 193f., Nr 909. BEIL AG EN

1) Zeichnung eines Gefängnisses (vgl. die zweite Erläuterung zu 31,3). 2) Zeichnung eines Tischfußes (vgl. die erste Erläuterung zu 31,8). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Oesers (vgl. 31,2–3; 31,5–6), dem die Zeichnung eines Gefängnisses (vgl. 31,3–4), eine Skizze (vgl. 31,5) und ein Brief (31,17) beilagen. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: Zwischen 9. und 18. März 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 1, Bl. 38r; GR/Belege 1780, 1, Bl. 68r). Mit seinem ehemaligen Leipziger Zeichenlehrer, dem Direktor der Leipziger Zeichenakademie Adam Friedrich Oeser (1717–1799), war Goethe schon in seinen ersten Weimarer Jahren mehrfach wieder zusammengetroffen. Oeser zählte in Weimar „zu den vielgeschätzten schöpferischen Beratern“, Künstlern und Kunstvermittlern (John, Oeser als Kunstvermittler, 33). Noch vor Goethes Rückkehr von der zweiten Schweizer Reise war Oeser am 10. Januar 1780 in Weimar eingetroffen und gestaltete einen Vorhang für das neue Komödienhaus, dessen Bau Anfang 1780 vollendet und das am 26. Mai 1780 eingeweiht wurde (vgl. GB 3 II, zu

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234,26). Die „Gothaischen gelehrten Anzeigen“ meldeten am 22. Januar 1780 (7. Stück, S. 55): „Weimar. Der Herr Prof. Oeser aus Leipzig ist jetzt hier, um den Vorhang zum neuen Theater zu mahlen.“ Darüber hinaus war Oeser wahrscheinlich auch für die weitere Gestaltung und Einrichtung des Theaters als Berater tätig, denn schon vorher hatte sich der Baukontrolleur Johann Friedrich Rudolf Steiner wegen des Theaterneubaus und der Kulissen an Oeser gewandt (vgl. Oeser an Knebel, 21. November 1779; Düntzer, Knebels Nachlaß 1, 66f.; vgl. zu 31,5–6; zu 31,11). Nach Goethes und Carl Augusts Rückkehr war Oeser noch in Weimar (vgl. Carl August an Johann Heinrich Merck, 31. Januar 1780; Merck, Briefwechsel, 2, 362). Möglicherweise wurden zu dieser Zeit schon einige der im vorliegenden Brief angesprochenen Dinge beredet. Ende April 1780 hielten sich Carl August und Goethe in Leipzig auf und besuchten Oeser (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 429; die zweite Erläuterung zu 45,13). Schon am 12. Juni 1780 traf Oeser für zwei Wochen wieder in Weimar ein (vgl. FB 1780, S. 127) und kümmerte sich in Ettersburg um die Dekorationen zu Goethes Stück „Die Vögel“, das am 18. August uraufgeführt wurde (vgl. die zweite Erläuterung zu 74,12; zu 74,15–16). Während Oesers Aufenthalt in Ettersburg modellierte der Weimarer Hofbildhauer Gottlieb Martin Klauer im Auftrag der Herzoginmutter Anna Amalia dessen Büste (vgl. zu 99,6). Goethe begegnete Oeser, der im September 1780 Anna Amalia auf ihrer ‚Kunstreise‘ nach Mannheim begleitete (vgl. zu 135,6–7), gemeinsam mit Friedrich von Stein erneut auf einer Reise nach Dessau im September 1781 (vgl. zu 328,1–2). Aus einigen Bemerkungen in Goethes Briefen aus den Jahren 1780 und 1781 ist zu erkennen, dass er den Rat und die Gesellschaft seines ehemaligen Lehrers schätzte und in künstlerischen Angelegenheiten von ihm profitierte (vgl. 74,10–13; 74,24–26; 76,9; 80,14–19; 328,1–6). Von Goethe sind bis Ende 1781 noch zwei weitere Briefe an Oeser vorhanden (Nr 136 und Nr 498); ein weiterer ist nachgewiesen (EB 12). Gegenbriefe sind aus dieser Zeit nicht überliefert. – Über Adam Friedrich Oeser und dessen Verhältnis zu Goethe sowie über deren Briefwechsel vgl. die einleitenden Erläuterungen zu GB 1 II, Nr 44 und GB 3 II, Nr 77. 31,3 das gütig überschikte] Worum es sich im Einzelnen genau handelt, lässt sich nicht mehr nachweisen. Schon in einem Brief an Knebel vom 25. Januar 1780 hatte Oeser geschrieben: „Der mitfolgende Riß gehört dem HL. Ghr: Göthen.“ (GSA 54/235, Bl. 11v.) 31,3 Gefängniss] Möglicherweise eine Zeichnung für eine Theaterdekoration (vgl. zu 31,5–6). Von Goethe ist die Zeichnung einer Gefängnisszene überliefert, für die die Benutzung einer Vorlage Oesers jedoch nicht nachgewiesen werden kann. Wahrscheinlich steht seine Zeichnung im Zusammenhang mit der im September 1780 erfolgten Visitation Goethes und Carl Augusts im Ilmenauer Amtshaus, wo eine Befragung von Angeklagten stattfand (vgl. Corpus I, Nr 308; zu 122,19–20). Wozu Goethe die erwähnte Zeichnung Oesers benötigte, ist nicht bekannt.

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BRIEF 37

31,5 Sie schreiben] Oesers Brief ist nicht überliefert. 31,5–6 Schuman] Wahrscheinlich hatte Oeser einen Entwurf für Theaterdekorationen mitgeschickt, den der Weimarer Hof- und Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann umsetzen sollte (vgl. 79,5–6; 193,7–10). Ob die Dekorationen für das am 26. Mai 1780 im neuen Komödienhaus aufgeführte Singspiel „Robert und Kalliste“ von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff vorgesehen waren, ist nicht nachzuweisen (vgl. Sichardt, 57f., 159f.; zu 153,18). 31,8 Zeichnung des Tischfuses] Nicht überliefert. Schon am 15. Juni 1778 erwähnt Goethe Oeser gegenüber einen Tisch (vgl. GB 3 I, 214,16) und Anfang 1779 entwirft er einen Tisch für Charlotte von Stein (vgl. GB 3 II, zu 284,9). Heinrich August Ottokar Reichard berichtet in einem Brief von „einem fürtreflichen, marmornen Tisch von Oesers Arbeit, in antiker Manier“, dessen Fuß von Schlangen umwunden wird und der sich in Ettersburg befindet (Miscellaneen artistischen Inhalts. Hrsg. von Johann Georg Meusel. Achter Heft. Erfurt 1781, S. 113). 31,8 terms] Möglicherweise meint Goethe hier Tischbeine in der Form von ‚Termen‘ (Hermen), „eigentlich Bildsäulen 〈…〉 weil sie halb Bilder und halb Säulen sind. Es sind Werke deren obere Hälfte die menschliche Gestalt bis auf den halben Leib vorstellt, die untere aber in einen vierekigten sich gegen das untere End verschmählernden Pfeiler ausläuft.“ (Johann Georg Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden, Artikeln abgehandelt. Teil 2. Leipzig 1774, S. 1152.) 31,11 Theaterleuchter] In einer 1786 angefertigten Abschrift der 1780 von Goethe in Auftrag gegebenen Aufstellung des Inventars der Liebhaberbühne werden drei Kronleuchter aufgelistet sowie drei Leuchter aus Messing und 12 hölzerne Wandleuchter mit je 12 Lichtern (vgl. Sichardt, 185). Am 20. März 1780 notierte Goethe in seinem Tagebuch: Abends das Theater erleuchtet. (GT I 1, 107.) Am 26. Mai 1780 wurde das neue Komödienhaus eingeweiht (vgl. zu 153,18). 31,14 meinem Zettelein] Nicht überliefert. 31,15 mit eintretendem Frühiahr bei uns] Oeser kam erst am 12. Juni 1780 nach Weimar (vgl. die einleitende Erläuterung). 31,17 Brief] Nicht bekannt. Möglicherweise war er an Carl Ludwig von Knebel gerichtet, mit dem Oeser Ende 1779 und Anfang 1780 wegen eines später nicht ausgeführten Grabmonuments korrespondierte, welches Herzogin Louise ihrer 1774 verstorbenen Mutter Karoline von Hessen-Darmstadt errichten lassen wollte (vgl. Düntzer, Knebels Nachlaß 1, 66–71). 31,17 die Kiste] Möglicherweise die Kiste mit dem bestellten Theaterleuchter (vgl. zu 31,11).

MÄRZ 1780

37. An Charlotte von Stein

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〈Weimar, 17. März 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den Briefen aus der zweiten Hälfte des Oktober 1780. Schöll ordnet ihn im Erstdruck ohne Begründung nach dem 6. Februar 1780 (Nr 11) ein. Die inhaltliche Parallele zu Knebels Tagebuch vom 17. März 1780 spricht dafür, dass der Brief ebenfalls von diesem Tag stammt (vgl. die dritte Erläuterung zu 31,19). Seit der Ausgabe von Fielitz (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 236, Nr 390) wird er auch so datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 108. – 1 Bl. 13,5 × 7,3(–7,5) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „145.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 135), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 288. WA IV 4 (1889), 194, Nr 910. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 31,19 Bücher] Offenbar die im Folgenden aufgeführten Titel. 31,19 Irene] Im Erstdruck als ‚Ser‘ gelesen und zu ‚Ser(enissimi)‘ ergänzt; seit der Ausgabe von Fielitz zu ‚Sren(n)‘ korrigiert (zuletzt bei Fränkel, Goethe-Stein2 1, 204, Nr 392). Der graphische Befund und der Kontext sprechen eindeutig für die Lesung ‚Irene‘. – Bei dem bis auf den letzten Buchstaben lateinisch geschriebenen Namen handelt es sich offenbar um einen fremdsprachigen Titel. Zeitlich naheliegend ist der Bezug auf Voltaires letzte Tragödie „Irène“. Sie war am 16. März 1778 an der Comédie-Française uraufgeführt worden und 1779 zuerst im Druck (Paris) erschienen, dem im selben Jahr noch mindestens zwei weitere Auflagen folgten. Über den letzten großen Triumph Voltaires, der zur Aufführung seines Stückes nach Paris gereist und mit Ehrungen überhäuft worden war, hatte die auch in Weimar gelesene „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ im März 1778 berichtet (vgl. zu 40,23–24). Eine Rezension der Erstausgabe war u.a. in der von Louis-François Mettra herausgegebenen gedruckten „Correspondance littéraire secrète“ vom 24. Juli 1779 (Nr 30, S. 192f.) erschienen. Stoff, Figurenkonstellation, Konfliktgestaltung und -lösung des Stückes dürften Goethes Interesse geweckt haben. Voltaires Alexandriner-Tragödie spielt in Konstantinopel. Die Titelfigur Prinzessin Irène wurde zur Heirat mit dem Tyrannen Nicéphore gezwungen und von ihrem Geliebten Alexis getrennt. Als dieser zurückkehrt, um den Tyrannen zu

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BRIEF 38

töten, gerät Irène in einen unlösbaren inneren Konflikt. Gleichermaßen unfähig, ihrer Liebe zu entsagen oder sich – gegen alle Tradition und Pflicht – mit Alexis, dem Mörder ihres Mannes, zu verbinden, wählt sie den Freitod. – Nicht ganz auszuschließen, wenn auch weniger wahrscheinlich ist, dass Samuel Johnsons Tragödie „Irene“ gemeint ist. Diese wurde nur einmal, allerdings schon 1749 am Königlichen Theater in London, aufgeführt, im selben Jahr gedruckt und durch Nachdrucke und Neuauflagen verbreitet. Das Stück spielt zur Zeit der türkischen Eroberung Konstantinopels. Hauptfigur ist die Christin Irene, die von dem türkischen Eroberer Sultan Mahomet, der sie zu seiner Geliebten begehrt, vor die Wahl gestellt wird, ihren christlichen Glauben aufzugeben oder ihr Leben zu verlieren. – In Goethes Bibliothek ist weder Voltaires noch Johnsons Tragödie nachweisbar. – Cornelius Hermann von Ayrenhoffs Tragödie „Irene“, die wahrscheinlich im Dezember 1807 in Weimar aufgeführt werden sollte (vgl. GT III 1, 398,23), war im März 1780 noch nicht erschienen. 31,19 Anticipation pp.] Die satirischen Reden von Richard Tickell, deren erste Auflage 1778 in London anonym erschienen war: Anticipation: containing the substance of His M---------y’s most gracious speech to both H------s of P----l-----t, on the opening of the approaching session, together with a full and authentic account of the debate which will take place in the H----e of C------s, on the Motion for the Address, and the Amendment. With notes. (first published three days before the opening of the session.) (Vorwegnahme, die das Wesentliche von Seiner M-------t 〈Majestät〉 gnädigsten Rede an die beiden H----r 〈Häuser〉 des P------s 〈Parlaments〉 enthält, über die Eröffnung der unmittelbar bevorstehenden Versammlung, zusammen mit einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Darstellung der Debatte, die im Britischen U------s 〈Unterhaus〉 stattfinden wird, über den Antrag für die Rede und deren Neufassung. Mit Anmerkungen. [zum ersten Mal drei Tage vor Eröffnung der Versammlung veröffentlicht.]) Tickells „Anticipation“ war in zahlreichen Nachdrucken in ganz Europa und Amerika verbreitet und wurde nach 1778 fortgeführt. Die Brisanz der Satiren speiste sich aus dem komischen Gegensatz zwischen den harmlos-nebensächlichen Themen der fiktiven Reden des englischen Königs vor dem Parlament sowie den dadurch ausgelösten Unterhausdebatten und der ernsten weltpolitischen Lage angesichts des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges und der drohenden Niederlage der Briten. Laut Knebels Tagebuch las Goethe am 17. März 1780 im Gartenhaus „Abends 〈…〉 aus den Anticipation vor.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 13r.) Neben Knebel waren Herzog Carl August, Charlotte von Stein und deren Schwägerin Sophie von Schardt anwesend. Vor allem durch sie wurden Charlotte von Stein, Goethe und der Weimarer Freundeskreis 1780 wieder verstärkt zum Gebrauch der englischen Sprache angeregt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 31 sowie zu Nr 47).

MÄRZ 1780

38. An Jacob Friedrich von Fritsch

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〈Weimar〉, 18. März 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 13. – Doppelblatt 37 × 27,4 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte. E: WA IV 4 (1889), 195, Nr 911 (Eduard von der Hellen). BEIL AG E

Brief von Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de Villoison an Herzog Carl August (vgl. zu 32,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 32,1 beyliegendem Brief] Bei dem nicht überlieferten Brief Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de Villoisons an Herzog Carl August handelt es sich höchstwahrscheinlich um den Brief, den Villoison in seinem Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 25. Dezember 1779 erwähnte. In diesem Brief, der im Bertuch-Nachlass überliefert ist, wiederholte Villoison sein Anliegen:

〈…〉 Vous aurez vu dans la derniere lettre que j’ai eu l’honneur d’écrire à Mgr le Duc, quels sont les opuscules curieux que j’ai tirés des Mss. de S. Marc, et que je joine à mon Edition d’Eudocie qui avance. Je suis comblé de Bontés de S. A. S. Mgr. le Duc qui me fait esperer la communication d’un ms. important de Leipsig, qui me seroit de la plus grande utilité pour perfectionner mon Edition d’Homere. Je vous prie d’en faire agréer mes tres humbles remerciements à S. A. S. et de lui dire combien je suis sensible à la bonté qu’il veut bien avoir de rendre ce service important aux lettres. 〈…〉 (H: GSA 6/1991, St. 11. – Übersetzung: Sie werden in meinem letzten Brief an Durchlaucht den Herzog gesehen haben, welche interessanten Werke ich aus den Handschriften der Sankt-Markus-Bibliothek gezogen habe, die ich meiner fortschreitenden Eudocia-Edition hinzufügen werde. Die Güte seiner Durchlauchtigsten Hoheit des Herzogs, mit der ich ganz erfüllt bin, lässt mich auf die Vermittlung einer wichtigen Handschrift aus Leipzig hoffen, die mir von großem Nutzen für die Vervollkommnung meiner Homer-Edition sein wird. Ich bitte Sie darum, meine demutsvollste Dankbarkeit gegenüber Durchlaucht zu übermitteln und ihm zu sagen, wie dankbar ich für die Güte bin, dass er der Wissenschaft diesen wichtigen Dienst erweisen möchte.) 3 Edition d’Eudocie] „Ionia“, ein historisch-mythologisches Lexikon aus dem 11. Jahrhundert, das der byzantinischen Kaiserin Eudokia Makrembolitissa zugeschrieben wurde. Villoison gab den Erstdruck heraus (Anecdota graeca. E Regia

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BRIEF 39

Parisiensi, & e Veneta S. Marci Bibliothecis deprompta edidit Johannes Baptista Caspar d’Ansse de Villoison. Venedig 1781, Bd 1). 4 ms. important de Leipsig] Vgl. zu 32,3–4. 5 Edition d’Homere] Vgl. die folgende Erläuterung. 32,1–2 Hl. von Villoison] Der französische Altphilologe Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de Villoison war Mitglied der Académie royale des inscriptions et belleslettres in Paris und im Auftrag der französischen Regierung seit 1778 in Venedig, wo er in der Sankt-Markus-Bibliothek vor allem antike Handschriften studierte und eine Handschrift der Ilias aus dem 10. Jahrhundert mit zahlreichen Scholien und Marginalien (Codex Venetus A) entdeckt hatte. Auf diesen Fund wurde schon 1779 im Märzheft des „Teutschen Merkur“ (S. 258–266) durch einen anonymisierten Brief Villoisons mit Wielands Anmerkungen aufmerksam gemacht. Villoisons Ilias-Edition erschien acht Jahre später (Homeri Ilias. Ad veteris codicis veneti fidem recensita, Scholia in eam antiquissima. Ex eodem Codice alisque nunc primun edidit cum Asteriscis, Obeliscis, aliisque Signis criticis, Joh. Baptista Caspar d’Ansse de Villoison. Venedig 1788). – Herzog Carl August und Knebel hatten Villoison 1775 während Carl Augusts Kavalierstour in Paris kennen gelernt, wo er mit seinen Ortskenntnissen und Beziehungen gute Dienste leisten konnte, und standen mit ihm in brieflichem Kontakt, wobei der Herzog im Zeitraum des vorliegenden Bandes die Kommunikation mit Villoison wahrscheinlich durch Bertuch erledigen ließ. 32,3 ein Weeg bekannt] Carl August beauftragte nach Rücksprache mit Goethe und möglicherweise mit Bertuch Fritsch mit dieser Angelegenheit, weil dieser als Beamter und Freimaurer über die nötigen Verbindungen verfügte. 32,3–4 wie man diesem Manne 〈…〉 helfen konnte] Fritsch wandte sich im Auftrag Carl Augusts mit der Bitte um die Leihgabe der Homer-Handschrift aus dem 14./15. Jahrhundert (UB Leipzig, Cod. gr. 32) an den Leipziger Professor Johann Georg Eck, wie aus dem Brief von dessen Kollegen Samuel Friedrich Nathanael Morus an den Weimarer Minister vom 2. April 1780 hervorgeht. Aufgrund von Ecks Krankheit habe Morus die Bearbeitung der Anfrage übernommen: „Das Ansuchen des Herrn de Villoison beruhet auf der Einwilligung sehr vieler Personen, und wird allso einige Zeit erfodern, ehe sich bestimmte Antwort darauf ertheilen läßt.“ (GSA 20/40.) Am 11. April teilte Morus Fritsch eine endgültige Absage mit: Wegen des schlechten Zustands des Codex habe man vor einigen Jahren beschlossen, „den Codex nicht weiter aus der Stadt zu verleihen 〈…〉. Wenn übrigens der Herr de Villoison wünscht, daß ich diesen Codex abschreiben möchte: so werde ich ihm in einem eigenen Schreiben melden, daß nicht so wohl meine bestimmten Berufsgeschäfte, und ein außerordentliches Amt 〈…〉 sondern weit mehr die Unleserlichkeit des Codex, der unvermeidliche Schaden an den Augen, die durch ein Glaß kleine, blaße, abbrevirte Schrift mit beständiger Anstrengung fast buchstabiren müßen, und die Länge der, bey täglichL anhaltenden Arbeiten, erforderlichen Zeit zum abschreiben, mir die Sache unendlich erschweren, und seinem Wunsche, bald

MÄRZ 1780

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eine Abschrift zu haben, gar nicht entsprechen würden. Ich werde ihn versichern, daß die Berglerische in Hamburg befindliche Abschrift, bey Berglers anerkannten großen Einsichten in die griechische Literatur, zuverläßig, und fast eben das, was das Original selbst, seyn müße.“ (GSA 20/40.) – Villoison wiederholte seine Bitte um die Leipziger Handschrift im Brief an Bertuch vom 26. April 1780 (vgl. GSA 6/1991, St. 12) und fügte hinzu, dass er sich auch mit dem in Hamburg überlieferten Exemplar zufrieden geben würde; es handelte sich um eine von Stephan Bergler zwischen 1717 und 1720 erstellte Abschrift des Leipziger Codex (SUB Hamburg, Ms. Philol. 176). Am 10. Juni 1780, als er von der Absage aus Leipzig erfuhr, bat Villoison Bertuch darum, der Herzog möge sich wegen der Abschrift direkt an den Magistrat der Stadt Hamburg wenden (vgl. GSA 6/1991, St. 13). Auf welchen Wegen Carl August das Hamburger Exemplar beschaffen ließ, konnte nicht ermittelt werden. Goethe schickte es Villoison am 9. August 1780 nach Venedig (EB 59) und wahrscheinlich berichtete er Morus von der erfolgten Leihgabe aus Hamburg (EB 60). Villoison schrieb Knebel am 15. Dezember 1780: „Je suis fort occupé de la copie du Manuscrit d’Hambourg que Mgr le Duc Regnant a eu la bonté de me faire preter 〈…〉.“ (GSA 54/281, Bl. 24r. – Ich bin sehr beschäftigt mit der Abschrift der Hamburger Handschrift, die Durchlaucht der regierende Herzog die Güte hatte, für mich auszuleihen.)

39. An Charlotte von Stein

〈Weimar, zweite Hälfte März? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung auf Januar 1777 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz auf die zweite Hälfte des März 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 236, Nr 389). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, Fränkel setzte ihn in den Juli 1779 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 147, Nr 341; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 142, Nr 341). Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen, es im vorliegenden Fall dafür auch keine Anhaltspunkte gibt und auch der Inhalt des Briefes nicht gegen seine Einordnung in die zweite Hälfte des März 1780 spricht, wird die seit Fielitz überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten.

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BRIEFE 40/41

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 85. – 1 Bl. 15 × 4,7(–5) cm, 2 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „74“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 81), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 85. WA IV 7 (1891), 263, Nr 2365. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. die erste Erläuterung zu 32,11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 32,11 Dancke für die Arzney] Mit Bezug auf einen nicht überlieferten Gruß, einen Brief oder ein Lebensmittelgeschenk Charlotte von Steins (vgl. GB 3 II, zu 18,15). 32,11 Unglauben] Hier im weiteren Sinne als „mangel an zutrauen, misztrauen, zweifel“ (Grimm 24, 958). – Häufig thematisiert wird in den ersten Jahren des Briefwechsels mit Charlotte von Stein vor allem der ‚Unglaube‘ der Adressatin in Bezug auf die Ernsthaftigkeit und Beständigkeit von Goethes Gefühlen ihr gegenüber (vgl. GB 3 I, 109,17; GB 3 II, zu 132,8–9 und zu 172,5–6).

40. An Charlotte von Stein

〈Weimar, zweite Hälfte März? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung auf Mitte März 1780 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz auf die zweite Hälfte des März (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 237, Nr 392). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, Fränkel setzte ihn in den Juli 1779 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 147, Nr 342; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 142, Nr 342). Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen und es im vorliegenden Fall dafür auch keine Anhaltspunkte gibt, desgleichen der Tonfall und der Inhalt des Briefes (vgl. zu 32,14) nicht gegen seine Einordnung in die zweite Hälfte des März 1780 sprechen, wird die seit Schöll und Fielitz überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten.

MÄRZ 1780

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ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 86. – 1 Bl. 14,3 × 10,1(–10,3) cm, 1 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „77“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 84), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 292. WA IV 7 (1891), 263, Nr 2366. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 32,14 will was kochen lassen 〈…〉 verzehren] Im März 1780 war der persönliche Kontakt zwischen Goethe und Charlotte von Stein offenbar sehr eng, im Tagebuch sind regelmäßige Besuche bei der Freundin und gemeinsame Ausflüge vermerkt; vom 17. bis 19. März gibt es keine Tagebucheinträge, möglicherweise stammt der Brief aus dieser Zeit.

41. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 20. März 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) Ende Februar/Anfang März 1780 lässt sich der Brief aufgrund des inhaltlichen Bezugs zum Tagebuch auf den 20. März 1780 datieren (vgl. zu 33,3; vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 237, Nr 393). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 48. – 1 Bl. 20,7 × 15,4(–15,6) cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift, oben rechts Reste einer roten Verschlussoblate; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „11“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 11), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 293 (Datierung: vor dem 30. März 1780). WA IV 4 (1889), 195, Nr 912. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 33,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 33,1 Zeichen des Lebens und der Liebe] Mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins, der das nachfolgend erwähnte Gebet enthalten haben könnte.

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BRIEFE 42/43

33,2 schönes Gebet] Wahrscheinlich ein ‚Gebet‘ in Gedichtform (vgl. z.B. Überlieferung zu GB 3 II, Nr 178). 33,3 über Knebeln geärgert] Der Kontext der Bemerkung spricht für einen Bezug zu Goethes Tagebucheintrag vom 20. März 1780: Aerger wegen abgesagter Probe (GT I 1, 107) zu „Robert und Kalliste“. 33,4 Confusion] Knebel war am 20. März 1780 „Morgens in die Stadt 〈nach Weimar〉 geritten“, wo er offenbar Herzogin Louise, Charlotte von Stein, Emilie von Werthern-Beichlingen, Sophie von Schardt und Sophia Friederike von Seckendorff eingeladen hatte, die „Mittags hier 〈in Tiefurt〉“ aßen. „Abends kam Seckendorf und Herder.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 13v.) 33,5 Probe] Zu „Robert und Kalliste“ in der Bearbeitung von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. Mit diesem Singspiel sollte am 26. Mai 1780 das neue Komödienhaus eingeweiht werden. 33,5 Ich probire heut gewiss] Wahrscheinlich fand die Probe nicht statt. Zumindest aber war Abends das Theater erleuchtet (GT I 1, 107). Der Bau des Komödienhauses gegenüber dem Wittumspalais muss um diese Zeit gerade vollendet gewesen sein (vgl. GB 3 II, zu 234,26). 33,5 die Helden] Neben Goethe selbst, der möglicherweise die männliche Titelrolle und nicht, wie Sichardt angibt, den Lothario spielte (vgl. Sichardt, 160), wirkten Corona Schröter als Kalliste sowie in weiteren Rollen Knebel, Heinrich Friedrich Wilhelm Seidler und Lebrecht von Luck mit (vgl. zu 153,18). 33,6 ihrer 3] Vielleicht Corona Schröter, Seidler und Luck. 33,9 Der Prinz] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, der jüngere, damals 21-jährige Bruder Herzog Carl Augusts. Nach Einführung des Erstgeburtsrechts war er der erste männliche Nachkomme des Hauses Sachsen-Weimar ohne Anspruch auf Herzogsrang, Mitregentschaft oder Landesteilung. Seit Juli 1774 war Knebel sein Erzieher. Die von Prinz Constantin angestrebte militärische Laufbahn, für nachgeborene Söhne aus protestantischen Fürstenhäusern nahezu das einzige standesgemäße Betätigungsfeld, wurde ihm zunächst verwehrt, da er bis zur Geburt eines Erbprinzen an zweiter Stelle der Thronfolge stand. Um Constantin nicht den Gefahren einer aktiven militärischen Karriere auszusetzen, ihn andererseits aber auch nicht ausschließlich von der Gunst des künftigen Herzogs abhängig zu machen, kaufte Anna Amalia im September 1774 ihrem zweitgeborenen Sohn eine Kompanie in der niederländischen Armee. Daraus sollte Constantin, in den Rang eines Kapitäns erhoben, jährliche Einnahmen erhalten (vgl. Berger, Anna Amalia, 167). Da die Thronfolge noch nicht gesichert war, widersetzte sich die herzogliche Familie einer angestrebten Verbindung mit der aus dem niederen Adel stammenden Caroline von Ilten, zu der Prinz Constantin spätestens seit Ende 1779 eine Liebesbeziehung unterhielt und der er die Ehe versprochen hatte (vgl. Brief Constantins von Sachsen-Weimar und Eisenach an Jacob Friedrich von Fritsch aus dem Jahr 1784; Wahl, Tiefurt, 34–37; zur Person des Prinzen vgl. Sigismund, Prinz Constantin).

MÄRZ 1780

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33,9 Webicht] Laubwaldgebiet östlich von Weimar, zum Teil parkähnlich gestaltet. 33,9 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier höflich, liebenswürdig (vgl. GWb 1, 839). 33,10 zu Gaste gebeten] In sein Schlösschen nach Tiefurt (vgl. zu 15,15–16), wo an diesem Tag auch die Adressatin selbst zu Gast war (vgl. zu 33,4).

42. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 21. März 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 49. – 1 Bl. 15,5 × 6,4(–6,6) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „13.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 13), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 292. WA IV 4 (1889), 196, Nr 913. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 33,11 Spaziergang heut früh] Laut Tagebuch vom 21. März 1780 ging Goethe Morgens nach Belv.〈Belvedere〉 zu fus (GT I 1, 107). 33,12 wenn Sie zu Hause essen so komm ich] Ein Besuch Goethes bei ihr ist unter diesem Datum nicht im Tagebuch vermerkt. Laut Fourierbuch vom 21. März 1780 war Charlotte von Stein, wie sonst zumeist auch, nicht Gast der fürstlichen Mittagstafel (vgl. FB 1780, S. 71).

43. An Christoph Martin Wieland

〈Weimar〉, 23. März 1780 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Vgl. zu 34,3. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/549,I, Bl. 1. – 1 Bl. 21 × 17(–17,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Spuren einer Verschlussoblate; Rs. Adresse: Hl. Hofrath Wieland; Vs. Unterschrift von fremder Hd ergänzt, Tinte: G„öthe“.

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BRIEF 43

E: GJb IX (1888), 106 (Bernhard Seuffert). WA IV 4 (1889), 196, Nr 914 (nach E). BEIL AG E

Lorbeerkranz (vgl. zu 33,20–21). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zur Person Christoph Martin Wielands (1733–1813) und zu Goethes Verhältnis zu ihm vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 84. – Der ersten persönlichen Begegnung von Goethe und Wieland am 7. November 1775 in Weimar ging Goethes Lektüre von Werken Wielands, darunter „Musarion“ und „Idris“, sowie von dessen Shakespeare-Übersetzungen voraus. Der vorliegende Brief, mit dem Goethe als Ausdruck höchster Bewunderung für Wielands „Oberon“ einen Lorbeerkranz übersendet, ist eines der wenigen überlieferten Dokumente, in denen der jüngere Dichter seine Hochachtung für die Werke des Älteren offen bekennt. Damit knüpft Goethe an seine frühe Verehrung für Wieland an, den er neben Oeser und Shakespeare als seinen einzigen ächten Lehrer (GB 1 I, 188,18) bezeichnete. – Der Briefwechsel zwischen Goethe und Wieland ist von geringem Umfang und spiegelt keineswegs ihre persönliche Beziehung und ihr zeitweise enges Verhältnis als Nachbarn und Freunde wider. Der vorliegende Brief ist der zweite überlieferte von insgesamt 13 derzeit bekannten Briefen an Wieland aus den Jahren 1776 bis 1810. Er ist zugleich der einzige im Zeitraum des vorliegenden Bandes an Wieland allein adressierte Brief. Ein weiterer Brief vom 19. Januar 1780 (Nr 5) ist an Wieland und sechs weitere Adressaten gerichtet. Den 13 Briefen Goethes stehen 31 Briefe von Wieland gegenüber, die allerdings erst aus den Jahren 1790 bis 1812 stammen. 33,15 zu deiner Rückkehr] Wieland war am 17. März nach Gotha abgereist und hatte sich dort bis zum 21. März aufgehalten (vgl. Thomas C. Starnes: Christoph Martin Wieland. Leben und Werk. Aus zeitgenössischen Quellen chronologisch dargestellt. Bd 1: „Vom Seraph zum Sittenverderber“ 1733–1783. Sigmaringen 1987, S. 675). 33,16 Unter Lesung deines Oberons] Wielands Verserzählung in achtzeiligen freien Stanzen war 1780 mit dem Untertitel „Ein Gedicht in vierzehn Gesängen“ in den drei ersten Monatsheften des „Teutschen Merkur“ und gleichzeitig als Einzeldruck erschienen; es folgten weitere (überarbeitete) Ausgaben. – Ob mit ‚Lesung‘ hier (auch) eine Vorlesung Wielands in Goethes Anwesenheit gemeint ist oder ‚nur‘ eine Lektüre Goethes (zu beiden Bedeutungen von ‚Lesung‘ vgl. GWb 5, 1135f.), kann nicht eindeutig ermittelt werden. Eindrücke, die er bei einer Vorlesung vor Drucklegung gewonnen hat, hielt Goethe am 26. Juli 1779 ausführlich in seinem Tagebuch fest: lies mich versprochner Massen – von Mayen mahlen. Und bat

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Wielanden mir dabey seinen Oberon zu lesen er thats zur Hälfte. Es ist ein schäzbaar Werck für Kinder und Kenner, so was macht ihm niemand nach. Es ist grose Kunst in dem Ganzen so weit ichs gehört habe und im einzelnen. Es sezt eine unsägliche Ubung voraus, und ist mit einem grosen Dichter Verstand, Wahrheit der Characktere, der Empfindungen, der Beschreibungen, der Folge der Dinge, und Lüge der Formen, Begebenheiten, Mährgen Frazzen, und Plattheiten zusammen gewoben, dass es an ihm nicht liegt wenn es nicht unterhält und vergnügt. Nur wehe dem Stück wenns einer ausser Laune und Lage, oder einer der für dies Wesen taub ist hört, so einer der fragt a quoi bon. (GT I 1, 84.) Da das Epos Ende Juli 1779 erst bis zum fünften Gesang gediehen war, dürfte Goethes Brief und die Übersendung des Lorbeerkranzes vor allem von einer unmittelbar vorausgegangenen Lektüre der ersten Druckfassung des „Oberon“ angeregt worden sein. – Seiner Begeisterung für dieses Werk verleiht Goethe auch in einem Brief an Lavater vom 3. Juli 1780 Ausdruck (vgl. 82,17–19). Wieland schrieb am 16. April 1780 mit Bezug auf den „Oberon“ an Merck: „Göthe hat sich mir, von dieser Seite, in dem schönsten Licht gezeigt, und ich kann dir nicht ausdrücken wie gänzlich ich mit allem was er thut und sagt, und kurz mit seiner ganzen Art zu seyn, zufrieden bin.“ (WB 7 I, 276.) 33,20–21 ein Zeichen 〈…〉 in seinem primitiven Sinne zu nehmen] Goethe übersandte Wieland, wie u.a. aus seinem Brief vom 7. April an Merck hervorgeht (vgl. 40,13–14), einen Lorbeerkranz „mit feuerfarben Band“ (Sophie von La Roche an Johann Bernhard Crespel, Ende April 1780; Katalog der Sammlung Kippenberg. Bd 2. Leipzig 1928, S. 51, Nr 4340). Im ursprünglichen (‚primitiven‘) Sinne des griechischen und römischen Altertums wurde ein Lorbeerkranz als Zeichen höchster Auszeichnung Dichtern („poeta laureatus“), Politikern und Athleten bei öffentlichen Ehrungen verliehen. Als Kranz aus immergrünem Laub ist der Lorbeerkranz auch Symbol für die Zeiten überdauernde Kunst. Wie der Lorbeerkranz zum Ehrenzeichen wurde, erzählt Ovid in den „Metamorphosen“ in der Geschichte von Apoll und Daphne (I, 452–567). In „Torquato Tasso“, dessen erste Konzeption in Goethes Tagebuch auf den 30. März 1780 datiert ist (vgl. zu 161,2), werden zwei Dichter mit Lorbeer bekränzt: Vergil (dessen Herme) und Tasso selbst. – Sebastian Brunner beschreibt die Übergabe des Lorbeerkranzes an Wieland wie folgt: „Ein Bedienter 〈Goethes〉 bekommt den Auftrag, dem Wieland eine runde Schachtel zu überbringen. Der Diener zieht seine weißen Handschuhe an, tritt bei dem Dichter ein, übergibt ihm die Schachtel und sagt mit dem freundlichsten Lächeln: Se. Excellenz laßt sich dem Herrn Hofrath allerschönsten empfehlen, und er schickt dem Herrn Hofrath einen Lorbeerkranz für den Oberon. Wieland öffnet die Schachtel, auf welcher geschrieben steht: ‚Darf nicht gedrückt werden, mit Vorsicht zu öffnen‘, er ist entzückt über den Duft der Dichterkrone und sagt zum Bedienten: ‚Se. Excellenz meinen besten Dank, ich werde heute noch selbst so

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BRIEFE 44/45

frei sein, zu erscheinen.‘ Wieland zeigt freudig den Kranz seiner Gemahlin und schreibt diesen Tag wieder an Merk einen Brief voll des Lobes über Goethe.“ (Sebastian Brunner: Haus- und Bau-Steine zu einer Literatur-Geschichte der Deutschen. Wahrheit und keine Dichtung. Fünftes und sechstes Heft. Wien 1885, S. 17; Starnes führt als Autor dieser Überlieferung Johannes Daniel Falk an: Thomas C. Starnes: Christoph Martin Wieland. Leben und Werk. Aus zeitgenössischen Quellen chronologisch dargestellt. Bd 1: „Vom Seraph zum Sittenverderber“ 1733–1783. Sigmaringen 1987, S. 676). 33,21 viel bedeutend] ‚Viel‘ hier als verstärkende Partikel (vgl. Adelung 3, 1201); ‚bedeutend‘ im Sinne von ‚bedeutsam‘, ‚symbolisch‘. 34,3–4 dl. Grünendonnerstag / 1780.] Der Gründonnerstag fiel 1780 auf den 23. März.

44. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 21. und 26. März? 1780〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) unmittelbar vor dem Brief vom 20. Oktober 1780 (Nr 185) wird der vorliegende Brief seit seinem Erstdruck ohne explizite Begründung auf Anfang Februar 1780 datiert. Nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Dass Goethe bey noch hoher Sonne (34,5) ausfahren wollte, könnte darauf verweisen, dass der Ausflug in der kälteren Jahreszeit stattfand. Gegen die bisherige Datierung in den Februar spricht aber, dass er ausdrücklich um einen Wagen (34,7) bat, während er z.B. am 24. Februar 1780 bei Anton Georg Hauptmann noch einen Schlitten bestellt hatte (vgl. zu 23,2). Nach der Einordnung im Konvolut wird der Brief im Jahr 1780 belassen. Er könnte in der zweiten Märzhälfte geschrieben worden sein, als frühlingshaftes Wetter herrschte. Er wird vermutungsweise in den Zeitraum zwischen dem 21. und dem 26. März gesetzt, aus dem es keine datierten Briefe gibt. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 108. – 1 Bl. 18,8(–19) × 11(–11,4) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „146“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 136), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 288. WA IV 7 (1891), 268, Nr 2390.

MÄRZ 1780

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 34,7 bitten Sie Steinen 〈…〉 einen Wagen zu schicken] Charlottes Mann Josias von Stein war seit dem Amtsantritt Carl Augusts im September 1775 dessen Oberstallmeister und als solcher zuständig für den herzoglichen Marstall mit Pferden und Kutschen. 34,7–8 der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach.

45. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 26. März 1780 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Vgl. zu 34,14. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 46. – 1 Bl. 20,5(–20,7) × 9,9 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „4.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 4), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 292. WA IV 4 (1889), 197, Nr 915. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein noch am selben Tag (vgl. zu 34,15). 34,10–11 in die weite Welt laufen] Die Wendung gebraucht Goethe häufiger in den frühen Briefen, so u.a. mit deutlicherem Bezug auf 1 Mose 4,12 im Gedichtbrief an Jean George und Jeanne Rahel d’Orville vom 30.? Juli 1775: Laufft da, was kann wohl tollers seyn! / Wie Kain in die Welt hinein. (GB 2 I, 198,14–15.) – Im Tagebuch vom 26. März 1780 vermerkt Goethe: Früh zu Fus nach Tiefurt, Manichfaltige Gedancken und überlegungen, das Leben ist so geknüpft und die Schicksaale so unvermeidlich. Wundersam! ich habe so manches gethan was ich ietzt nicht möchte gethan haben, und doch wenns nicht geschehen wäre, würde unentbehrliches Gute nicht entstanden seyn: Es ist als ob ein Genius oft unser π  〈leitendes Prinzip〉 verdunckelte Damit wir zu unsrem und andrer Vortheil Fehler machen. / war eingehüllt den ganzen Tag und konnte denen vielen Sachen die auf mich drücken weniger widerstehn. (GT I 1, 107.)

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BRIEFE 46/47

34,11 mich kurirt] Am Tag zuvor, als Goethe laut Tagebuch Charlotte von Stein besuchte, fühlte er sich auf einmal nicht wohl, und sehr schläffrig (GT I 1, 107). 34,12 es stickt aber wieder etwas irgendwo] Hier mit Bezug auf sich ankündigende Beschwerden, über die er schon am 25. März notiert hatte: einige Tage her hab ich den Schmerz beym Schlingen (GT I 1, 107). – ‚Sticken‘: alte Nebenform zu ‚stecken‘ (vgl. Grimm 17, 1319); Goethe war vor allem die flektierte Form ‚stickt‘ geläufig, in seinen Briefen noch bis in die 1820er Jahre belegt. 34,13 angeben] Hier im Sinne von ‚vorhaben‘, ‚sich vornehmen‘ (vgl. GWb 1, 541). 34,14 Ostertag 80] Ostersonntag fiel 1780 auf den 26. März.

46. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 26.? März 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 182). Schöll setzt ihn im Erstdruck ohne Begründung in den Januar 1778. Seit der Ausgabe von Fielitz wird er nach einem vermuteten Bezug zum Tagebuch auf den 27. März 1780 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 238, Nr 397; zuletzt bei Fränkel, Goethe-Stein2 1, 205, Nr 396). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. – Da die Einordnung im Konvolut für das Jahr 1780 spricht, ein Bezug zum Tagebuch Goethes für den 26. März 1780 möglich erscheint (vgl. zu 34,15–16) und es weitere Anhaltspunkte für eine Datierung nicht gibt, wird die bisher überwiegend vorgenommene leicht korrigiert beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 98. – 1 Bl. 20,3 × 6(–6,4) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Aussetzen des Tintenflusses bei der Paraphe; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „115“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 115), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 158. WA IV 7 (1891), 266, Nr 2382. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 34,15). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

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34,15 Allein 〈…〉 und still.] Vielleicht mit Bezug auf einen Brief Charlotte von Steins, der auf Goethes Brief vom Morgen desselben Tages antwortet und eine Einladung enthalten haben könnte. 34,15–16 dann war mir’s 〈…〉 bey niemand seyn] Unter dem 26. März 1780 findet sich in Goethes Tagebuch eine längere Reflexion über die Widersprüchlichkeit seiner inneren Existenz (vgl. zu 34,10–11), was bei ihm zumeist mit Rückzug und selbstauferlegter Einsamkeit einherging. – Am 27. März vermerkt Goethe im Tagebuch: Nachklang von Gestern. Und Ermanung (GT I 1, 108). Im Laufe dieses Tages empfing er verschiedene Gäste, darunter Herzog Carl August und Prinz Constantin, am Abend kamen Charlotte von Stein, Sophie von Schardt, Emilie von Werthern-Beichlingen und Knebel zum Essen (vgl. ebd.).

47. An Sophie von Schardt

〈Weimar, 27. März 1780?〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Heinrich Düntzer datiert den Brief in E nicht genauer, vermutet aber, dass „die gegenseitige Zusendung von englischen Briefchen zwischen Goethe und Frau von Schardt“ etwa im März 1780 begann (Düntzer, Zwei Bekehrte, 291). In der WA wurde der Brief daraufhin „als in den Anfang 1780 gehörig“ (WA IV 4, 366) eingeordnet und mit dem Hinweis auf den Tagebucheintrag Abends Conzert (GT I 1, 106) mit Fragezeichen auf den 5. März 1780 datiert. Da Goethe nach eigener Aussage nicht im Konzert war (35,1–2), lässt sich diese Datierung jedoch nicht bestätigen. Eine mögliche Datierung wäre der 27. März 1780, an dem ein Konzert stattfand, das Goethe nicht besuchte (vgl. zu 35,1). Außerdem findet sich in Goethes Tagebuch einen Tag zuvor eine längere Reflexion über die Widersprüchlichkeit seiner inneren Existenz, was bei ihm oft mit dem auch im vorliegenden Brief erwähnten Wunsch nach Rückzug und Einsamkeit einherging (vgl. GT I 1, 107). Auch an Charlotte von Stein schrieb er vermutlich am 26. März: Erst wollt ich mit Ihnen essen, dann war mir’s aber als wenn ich allein wäre, da mogt ich auch bey niemand seyn (34,15–16). Am 27. März notierte Goethe: Nachklang von Gestern. Und Ermanung (GT I 1, 108). Abends hatte er Charlotte von Stein, Sophie von Schardt, Emilie von Werthern-Beichlingen und Carl Ludwig von Knebel zu Gast und las ihnen aus seinen Schweizer Reisebeschreibungen vor. ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. E: Düntzer, Zwei Bekehrte (1873), 291.

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BRIEF 48

WA IV 4 (1889), 189, Nr 906 (nach E). Textgrundlage: E. ERL ÄUT ERUNGEN

Goethe antwortet auf eine mündliche oder schriftliche Anfrage Sophie von Schardts, in der sie Goethe möglicherweise um eine Einladung gebeten hatte (vgl. 35,2–5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Übersetzung: Die liebliche Musik des Konzerts und seine Pracht haben mich nicht veranlassen können, meine Einsiedelei zu verlassen, aber die Stimme meiner schönen Damen ist in der Lage, Tote aufzuwecken und alle Vorsätze nach Einsamkeit zu verwandeln. Ich werde auf Ihre Befehle, so schnell wie möglich, ausgerüstet sein mit alten komischen und ernsten Geschichten, hoffend auf einige angenehme Neuigkeiten aus ihrem Mund. Sophie von Schardt war schon seit ihrer Jugend vor allem durch den Umgang mit Johann Joachim Christoph Bode, der ein Kenner und Übersetzer englischer Literatur war, mit der englischen Sprache vertraut. Nach ihrem Umzug nach Weimar im Mai 1778 hatte sie zunächst versucht, ihre Schwägerin Charlotte von Stein für die englische Sprache zu gewinnen (vgl. Düntzer, Zwei Bekehrte, 285–287). Seit 1780 scheint sie auch Goethe und andere Freunde zum Gebrauch des Englischen angeregt zu haben, wie der vorliegende Brief deutlich macht. 35,1 concert] Laut Fourierbuch fanden am Ostersonntag (26. März) „Abends Assamblee und Concert“ (FB 1780, S. 75) und am Ostermontag (27. März) ein „Concert“ bei der Herzoginmutter Anna Amalia statt (ebd., S. 76). Es gibt keine Hinweise, dass Goethe eines dieser Konzerte besucht hat. 35,1–2 should not have invited me to leave my hermitage] ‚Hermitage‘ (Einsiedelei) hier wahrscheinlich sowohl konkret als „abgelegene, dürftige u kunstlose Behausung (Höhle, Klause, Hütte)“ als auch „als Zustandsbezeichnung: (zeitweilige, selbstgewählte) Zurückgezogenheit, Abgeschiedenheit“ (GWb 2, 1519f.). Konkret meint Goethe sein Haus im Garten an den Hängen der Ilm, wohin man von der Stadt aus nur über abschließbare Brücken gelangte (vgl. GB 3 II, zu 189,1) und das er wiederholt als ‚Hütte‘ bezeichnete (vgl. GB 3 I, 113,27, 188,5 und 294,22). Goethe hatte in diesen Tagen offensichtlich die Einsamkeit gesucht, was auch sein Eintrag im Tagebuch vom 26. März 1780 (vgl. GT I 1, 107) und ein Brief an Charlotte von Stein bestätigen (vgl. zu 34,15–16). 35,2 beautifull ladies] Möglicherweise Sophie von Schardt, Charlotte von Stein und Emilie von Werthern-Beichlingen, die am 27. März 1780 am Abend bei Goethe zum Essen waren (vgl. GT I 1, 108).

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35,4–5 tales of old comic and serious] Sollte der Brief am 27. März 1780 geschrieben worden sein, las Goethe seinen Gästen nach dem Abendessen aus seiner Schweizer Reisebeschreibung vor (vgl. zu 35,6–7; zu 42,11–12).

48. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 28. März? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Schöll setzt ihn im Erstdruck ohne Begründung in die erste Hälfte des Januar 1777. Seit der Ausgabe von Fielitz wird er auf Mitte März 1780 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 236, Nr 388). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da es keine Anhaltspunkte gibt, die gegen die bisher vorwiegend vorgenommene Einordnung des Briefes in den März 1780 sprechen, wird die Datierung beibehalten und nach dem Tagebuch präzisiert (vgl. zu 35,6–7). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 85. – 1 Bl. 16,7 × 6,9 cm, stärkeres blaues Papier, 3 Zeilen beschr., egh., Bleistift; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „79“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 80), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 85. WA IV 7 (1891), 263, Nr 2364. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 35,6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 35,6 Dancke für den guten Morgen] Mit Bezug auf einen nicht überlieferten Morgengruß, einen Brief oder ein Lebensmittelgeschenk Charlotte von Steins (vgl. GB 3 II, zu 18,15). 35,6–7 mit Ihnen essen zu dürfen] Ausdrücklich vermerkt Goethe im März 1780 in seinem vergleichsweise kontinuierlich geführten Tagebuch nur unter dem 28.: zu 〈Charlotte von Stein〉 essen (GT I 1, 108).

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49. An Charlotte von Stein

BRIEFE 49/50

〈Weimar, 28. März? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Schöll ordnet ihn im Erstdruck ohne Begründung in die zweite Häfte des März 1780 ein. Seit der Ausgabe von Fielitz wird er nach vermuteten Parallelen zu Knebels und Goethes Tagebüchern auf den 28. März 1780 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 238, Nr 398). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da die Begründung für die bisher überwiegend vorgenommene Datierung plausibel erscheint (vgl. die erste Erläuterung zu 35,9), wird diese beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 97. – 1 Bl. 16(–16,3) × 6,5(–6,8) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „114“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 114), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 291. WA IV 7 (1891), 266, Nr 2381. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Vermutlich antwortete Charlotte von Stein noch am selben Tag (vgl. zu 35,9–10). 35,9 Wenn Sie nicht nach Tiefurt gehn] Laut Knebels Tagebuch vom 28. März 1780 gab Prinz Constantin an diesem Tag „Nachmittags gegen 5. Uhr 〈…〉 hier 〈in Tiefurt〉 einen Ball, wozu sämmtliche HerrschaftL pp herunterkamL. Fuhren nach 10. Uhr wieder weg.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 14v.) Wenn der Brief, wie anzunehmen, ebenfalls von diesem Tag stammt, dann wurde er nach dem gemeinsamen Mittagessen Goethes und Charlotte von Steins geschrieben (vgl. zu 35,6–7), bei dem wahrscheinlich die Einladung des Prinzen schon bekannt, aber noch nicht sicher war, ob die Adressatin sie annehmen würde. Dass die Adressatin gemeinsam mit Goethe am Tiefurter „Ball“ teilnahm, belegt dessen Tagebuch vom 28. März: 〈…〉 um 4 nach Tiefurt. viel getanzt und sehr lustig und verträglich bis 10 mit 〈Charlotte von Stein〉 herein noch bey ihr geschw. und gut. (GT I 1, 108.) 35,9 hab ich auch nichts unten] Wahrscheinlich verkürzt, etwa für ‚hab ich auch nichts unten zu suchen‘. – Die Verwendung des Lokaladverbs ‚unten‘ mit Bezug

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auf das etwa 3 km nordöstlich von Weimar in einem Ilmbogen gelegene Tiefurt scheint damals in Weimar gebräuchlich gewesen zu sein, wie Knebels Tagebucheintrag vom 28. März 1780 nahelegt (vgl. die vorhergehende Erläuterung). Die etwa 3 km lange Hauptchaussee nach Tiefurt (heute Tiefurter Allee) führt nach einem kurzen steilen Anstieg ziemlich lange bergab. Das umgebaute Pächterhaus (heute Tiefurter Schlösschen), in dem Prinz Constantin und Knebel wohnten, liegt wiederum etwas höher als die von Weimar nach Tiefurt führenden Straßen. 35,9–10 Schreiben Sie mir ein Wort] Die Antwort Charlotte von Steins, in der sie mitteilte, nach Tiefurt zu fahren, ist nicht überliefert.

50. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 30. März 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 49. – 1 Bl. 20,2(–20,4) × 9,6(–10) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), roter Siegelrest; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „14“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 14), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 293f. WA IV 4 (1889), 197f., Nr 917. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 35,12 Gestern Abend] Laut Tagebuch vom 29. März 1780 fand Abends Probe d. Kalliste (GT I 1, 108) statt. 35,12 das schöne Misel] Misel: hübsches junges Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); hier wahrscheinlich mit Bezug auf Corona Schröter, die die Rolle ser Kalliste in Seckendorffs Singspiel „Robert und Kalliste“ spielte. Goethes Tagebucheintrag vom 29. März endet mit der wiederholten Interjektion: O Kalliste O! O Kalliste! (GT I 1, 108.) – Zu Goethes Verhältnis zu Corona Schröter vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 435. 35,14 übler Humor] ‚Humor‘ hier noch in der älteren Wortbedeutung ‚Laune‘, ‚Stimmung‘ von franz. humeur (vgl. Grimm 10, 1905f.). 35,14 Probe] Vgl. die erste Erläuterung zu 35,12. 35,14 der Autor] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, von dem Text und Musik zu „Robert und Kalliste“, der Bearbeitung einer italienischen Vorlage, stammen. Laut Knebels Tagebuch vom 19. Februar wurde „Abends bey Seckendorf sein Stück Kalliste“ gelesen „und die RollL“ verteilt (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 9r). – Zum Stück vgl. zu 153,18.

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35,14 die Heldinn] Corona Schröter. 35,15–16 Aeolischen Schlauch der Leidenschafften] Dies und das Folgende in Anspielung auf den Schlauch des Windgottes Aiolos (griech. A«), den Odysseus als Geschenk erhielt, um sein Schiff vor den ‚widrigen‘ Winden zu schützen. Seine Gefährten aber öffneten den Schlauch und befreiten so die Winde (vgl. Homer: Odyssee. 10. Gesang). – Hier mit Bezug auf Goethes Auftritt in der Probe zu „Robert und Kalliste“, vielleicht in der Rolle des Robert. 35,16 herauspipsen] Okkasionelle Wortbildung Goethes; übertragen zu verstehen als ‚schwache‘, ‚zurückhaltende‘ Äußerung der Leidenschaften (vgl. GWb 4, 927). 36,1–2 Ich will 〈…〉 fleisig seyn] Im Tagebuch vermerkt Goethe unter dem 30. März 1780: Hatt ich den erfindenden Tag. Anfangs trüblich ich lenckte mich zu Geschafften, bald wards lebendiger. 〈…〉 Zu Mittag nach Tiefurt zu Fus. Gute Erfindung Tasso. (GT I 1, 108.) 36,2–3 zu Mittage ein freundlich Wort in Tifurt von Ihnen] Laut Tagebuch traf Goethe in Tiefurt neben Knebel, dem Ehepaar Herder und Emilie von Werthern-Beichlingen auch Charlotte von Stein (vgl. ebd.).

51. An Carl Ulysses von Salis-Marschlins Weimar, 31. März 1780 → Marschlins ÜBER L IEF ERU NG

H: Staatsarchiv Graubünden, Chur, Sign.: StAGR B/N 1361 Nr 158. – Doppelblatt 18,5 × 27 cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 4 Adresse: An / Herrn Ulysses von Salis / Königlich französischen Gesandten / bei den Graubündtnern / nach / M a r s c h l i n s bei / Chur / f r e i N ü r n b e r g S c h a f f h a u s e n ., Reste eines roten Siegels. A: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 52 und 55. – Doppelblatt 18,5 × 23,7 cm, 2 ⁄3 S. (S. 3) beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte; S. 1–2 Brief Scholleys an Goethe vom 20 März 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 21), S. 4 Brieftext von Nr 52 (Abschrift). – In einem gebundenen Aktenfaszikel (vgl. zu Nr 20). E: Einundvierzig Briefe von Goethe. In: GJb II (1881), 239, Nr 2 (Gustav von Loeper). WA IV 4 (1889), 198, Nr 918 (nach E, mit Berichtigungen nach A). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf einen Brief des Eisenacher Bankiers Johann Lorenz Streiber vom 20. März 1780 (vgl. RA 1, Nr 113). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

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36,5–6 eine Quittung von den Gebrüder Schultheiss] Vgl. zu 22,8. Im Goethe- und Schiller-Archiv ist eine Abschrift der Quittung überliefert: Von Herrn Joh. Lorenz Streuber von Eisenach Sechzig und ein Drittes Stück alte Louisd’or, um solche für Rechnung des Herrn Geheimden Rath Göthe in Weimar, dem Herrn von Salis zuzustellen, richtig empfangen zu haben bescheinigen hiemit durch zwey gleichlautende Quittungen, so aber nur für eine gültig. Frankfurt den 20 Merz 1780. Gebrüder Schultheß. von Zürich. (GSA 30/82,1, Bl. 15r.) 36,8 Herr von Scholley schreibt] Vgl. Carl Ludwig August von Scholleys Brief vom 20. März 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 21). 36,8 die Post für Feürern] Es handelt sich um 62½ Louisd’or für Andreas Feurer (20,18), den anderen von Lindau unterstützten Zögling in Marschlins (vgl. zu 19,26–28). – ‚Post‘: hier ältere Form von ‚Posten‘. 36,10 biss seine vormundschafftliche Casse sich wieder in etwas erholet] Anfang des Jahres hatte Scholley 2000 Reichstaler aus der vormundschaftlichen Kasse der Lindauischen Geschwister aus dem Legat für Peter im Baumgarten gezahlt (vgl. zu 18,15–16). 36,11 eine vidimirte Abschrift Ihrer Vollmacht an mich] Vgl. zu 20,22–23.

52. An Carl Ludwig August von Scholley Weimar, 31. März 1780 → 〈Malsfeld〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. A: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 52 und 55. – Doppelblatt 18,5 × 23,7 cm, ½ S. (S. 4) beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte, am oberen Rand Adresse: An Hl von Schollei in Malsfeld; S. 1–2 Brief Scholleys an Goethe vom 20. März 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 21), S. 3 Abschrift von Nr 51. – In einem gebundenen Aktenfaszikel (vgl. Überlieferung zu Nr 20). E: WA IV 4 (1889), 199, Nr 919 (Eduard von der Hellen; nach A). Textgrundlage: A.

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BRIEFE 53/54

BEIL AG E

Abschrift einer Vollmacht, von Carl Ulysses von Salis am 15. August 1779 unterschrieben, die Goethe in der Erbschaftsangelegenheit Peter im Baumgartens zum Bevollmächtigten erklärte (vgl. zu 36,21–22). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen Brief Carl Ludwig August von Scholleys vom 20. März 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 21). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 36,20 überschikte Abschrift] Scholley schickte mit seinem Brief vom 20. März 1780 eine Abschrift der verlangten Generalquittung (Finalquittung; vgl. zu 20,7–8). 36,21–22 vidmirte Copie, ienener Vollmacht] Die beglaubigte Abschrift der Substitutionsurkunde ist nicht überliefert (vgl. zu 19,7; zu 20,22–23). – ‚Ienener‘ verschrieben für ‚jener‘. 36,22–37,1 wodurch der Hl v. Salis 〈…〉 einzunehmen überträgt] Carl Ulysses von Salis erteilte in der von ihm am 15. August 1779 aufgesetzten Substitutionsurkunde Goethe „alle gewalt und vollmacht nicht nur alle erforderliche rechtliche und gütigliche Schritte zu thun alle vorkehrungen zu treffen um den HL von Schollei in Malsfeld 〈…〉 anzu〈halten〉 obiges Testament zu gunsten des gedach〈ten〉 im Baumgarten in völlige Erfüllung 〈zu〉 / bringen sondern auch um die besondere Schuld Post so mir ends benandten die verlassenschafft des gedachten HL Baron von Lindau seel laut eingesandten Rechnungen und quittungen quibus & schuldig ist zu incassieren. Mit allen gewohnten und erforderlichen clausulen, vollmacht Bezahlung zu empfangen, quittungen aus zustellen, einen oder mehr andere bevollmächtige zu substituieren und nach guthachten frey schalten und walten zu mögen. verspreche alles und jedes was Erthun und verfügen wird vor genehm zu halten.“ (GSA 30/82,2 Bl. 26.) 37,2 Post] Hier ältere Form von ‚Posten‘.

53. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Ende März? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Schöll datiert ihn im Erstdruck ohne Begründung auf Mitte Februar 1777. Seit der Ausgabe von Fielitz wird er in den März 1780 gesetzt, meist vor den Brief vom 30. März (Nr 50; vgl. Fielitz,

MÄRZ/APRIL 1780

139

Goethe-Stein 1, 238, Nr 399), bei Fränkel etwas früher auf Mitte März (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 217, Nr 391; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 203, Nr 391). Von der Hellen ordnete das Billett in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen und die Beilage ein Hinweis dafür sein könnte, dass der Brief aus dem Frühjahr stammt, wird die überwiegend vorgenommene Datierung leicht verändert beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 84. – 1 Bl. 16,3 × 5,8 cm, 1 Zeile beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „69“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 76), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 86. WA IV 7 (1891), 262, Nr 2362. BEIL AG E

Blume (vgl. zu 37,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 37,5 eine Blume] Vielleicht eine einzelne, noch seltene Frühlingsblume aus Goethes Garten.

54. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende März/Anfang April? 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt und dem Bezug zum Brief vom 8. April 1780 (Nr 61) auf Ende März (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 237, Nr 395; Petersen, Goethe-Stein 1, 228, Nr 391; ebenso WA IV) oder Anfang April 1780 datiert (vgl. E; Fränkel, GoetheStein1 1, 219, Nr 401; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 206, Nr 401). Die Parallelen zu den Tagebucheinträgen und zum Brief vom 8. April 1780 (Nr 61) sprechen für die Datierung Ende März/Anfang April 1780 (vgl. zu 37,7–8).

MÄRZ/APRIL 1780

139

Goethe-Stein 1, 238, Nr 399), bei Fränkel etwas früher auf Mitte März (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 217, Nr 391; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 203, Nr 391). Von der Hellen ordnete das Billett in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen und die Beilage ein Hinweis dafür sein könnte, dass der Brief aus dem Frühjahr stammt, wird die überwiegend vorgenommene Datierung leicht verändert beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 84. – 1 Bl. 16,3 × 5,8 cm, 1 Zeile beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „69“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 76), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 86. WA IV 7 (1891), 262, Nr 2362. BEIL AG E

Blume (vgl. zu 37,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 37,5 eine Blume] Vielleicht eine einzelne, noch seltene Frühlingsblume aus Goethes Garten.

54. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Ende März/Anfang April? 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt und dem Bezug zum Brief vom 8. April 1780 (Nr 61) auf Ende März (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 237, Nr 395; Petersen, Goethe-Stein 1, 228, Nr 391; ebenso WA IV) oder Anfang April 1780 datiert (vgl. E; Fränkel, GoetheStein1 1, 219, Nr 401; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 206, Nr 401). Die Parallelen zu den Tagebucheinträgen und zum Brief vom 8. April 1780 (Nr 61) sprechen für die Datierung Ende März/Anfang April 1780 (vgl. zu 37,7–8).

140

BRIEF 55

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 91. – 1 Bl. 9,8(–10) × 8,1 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „91.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 98), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 294. WA IV 4 (1889), 197, Nr 916. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 37,7–8 Briefe 〈…〉 auf der lezten Reise geschrieben] Von seiner zweiten Reise in die Schweiz von September/Oktober bis Dezember 1779 sind etwa ein Dutzend Briefe Goethes an Charlotte von Stein überliefert, darunter ausführliche meist diktierte Reisebeschreibungen. Bereits Anfang Februar 1780 hatte Goethe für seine literarische Bearbeitung der Schweizer Reise die Adressatin um einzelne Briefe gebeten (vgl. zu 13,5–6). Nach den Erwähnungen in Goethes und Knebels Tagebüchern scheint der Dichter die Arbeit an der Reisebeschreibung nach einer zeitweiligen Unterbrechung Ende März wieder aufgenommen zu haben (vgl. zu 13,6). Unter dem 27. März vermerkt Knebel: „Abends bey Göthe. Fr. v. St.〈ein〉 Fr. v. W.〈erther〉 und Fr. v. Schardt waren auch da. Er las aus seinL Reise.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 14v.) Ein konkreter Hinweis auf die Weiterarbeit findet sich in Goethes Tagebuch unter dem 31. März: Raffte mich und dicktirte an der Schweizer Reise. (GT I 1, 108.) Kurz zuvor wird er die Reisebriefe erbeten und erhalten haben, die er der Adressatin am 8. April zurückschickte (vgl. 42,11). 37,8 heimliche zusammenkunft das Werck zu lesen] Wahrscheinlich Denis Diderots Roman „Jacques le fataliste et son maître“, dessen frühe Fassung im Manuskript als Teil der handschriftlichen „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ zwischen November 1778 und Juni 1780 erschien. Schon vor dem Abschluss des Romans kursierte eine offenbar aus Gotha stammende Abschrift in Weimar. Goethe selbst las Diderots Jaques le Fataliste (GT I 1, 109), d.h. nur die bis April erschienenen Teile, am 3. April 1780 und berichtet darüber im Brief an Merck vom 7. April (vgl. zu 40,23–24; zu 40,26–29). Dass im vorliegenden Brief Diderots Roman gemeint ist, legt vor allem der Kontext der Erwähnung nahe. Die ‚Heimlichkeit‘ der Lektüre könnte auf den nicht öffentlichen Charakter der „Correspondance littéraire“ anspielen, in der Diderots Roman zuerst nur für einen exklusiven Leserkreis zugänglich gemacht wurde. – In Knebels Tagebuch wird die Lektüre von Diderots Roman seit dem 4. April 1780 erwähnt: „Abends mit dem Prinzen 〈Constantin〉 bey der Herz. Mutter, wo aus des Diderots Jaques et son Maitre ich vorlas, und wir supirtL.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 15v.) 5. April: „Ich hohlte obiges Buch von Wieland. War bey Fr. v. W. Abends mit dem PrinzL bey Fr. v. Schardt. Wir supirtL da.“ (Ebd.) 6. April: „Des Morgens zur Lecktüre bey Fr. v.

APRIL 1780

141

Stein.“ (Ebd., Bl. 16r.) Charlotte von Stein schreibt am 7. August 1780 an Knebel, sie habe „das Ende von Jaque le fataliste gelesen“ (Brief vom 31. Juli bis zum 7. August vollständig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.). 37,9 Diesen Mittag 〈…〉 zu Ihrer Mutter.] Im Tagebuch findet sich Ende März/Anfang April keine Eintragung, die zu dieser Ankündigung passt. Möglicherweise hatte die Adressatin Goethe brieflich abgesagt, da sie seit dem 31. März Kranck war (GT I 1, 108; vgl. Eintrag vom 3. April 1780, ebd., 109).

55. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Anfang April? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck von Fielitz wird er ohne Begründung zwischen die Briefe vom 7. und 8. April 1780 (Nr 58 und Nr 61) gesetzt (ebenso bei Wahle, Goethe-Stein 1, 226, Nr 407 und Petersen, GoetheStein 1, 230, Nr 399), von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Fränkel datiert den Brief nach einer möglichen Parallele zum Tagebuch auf den 2. April 1780. Da das Jahr 1780 durch die Einordnung ins Konvolut als wahrscheinlich angenommen werden kann und es außer der Parallele zum Tagebuch keinen weiteren Anhaltspunkt für eine zeitliche Einordnung gibt, wird die von Fränkel vorgeschlagene Datierung leicht korrigiert beibehalten (vgl. zu 37,11–12). BEIL AG E

Brief von Louise Adelaide Waldner von Freundstein (vgl. die erste Erläuterung zu 37,11). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 102. – 1 Bl. 16,2(–16,4) × 7,7(–8) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „127“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 127), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 239, Nr 406. WA IV 7 (1891), 268, Nr 2389.

142

BRIEFE 56/57

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Ein Antwortbrief wahrscheinlich vom selben Tag ist nicht überliefert (vgl. zu 37,11–12). 37,11 was die Waldner schreibt] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, gehörte zum engeren Freundeskreis Charlotte von Steins. Sie war u.a. Mitglied des Liebhabertheaters und wird häufig in Goethes Briefen an Charlotte von Stein gegrüßt (zu ihrer Person vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 431). Offenbar lag Goethes Billett ein nicht überlieferter Brief Waldners bei, in welchem sie dem Kontext nach Charlotte von Stein und Goethe eingeladen hatte. 37,11 Sie rauben will] Wahrscheinlich in Anspielung auf eine Verabredung Goethes mit der Adressatin. 37,11–12 antworten Sie doch mir und ihr] Im Tagebuch vom 2. April 1780 findet sich folgender Eintrag: zur Waldnern. 〈Charlotte von Stein〉 war besser. bey Hofe gessen. (GT I 1, 109.) Dies ist 1780 die einzige namentliche Erwähnung Louise Adelaide Waldners in Goethes Tagebuch. – Möglicherweise hat Charlotte von Stein, die am 31. März noch Kranck (ebd., 108) gewesen ist, in ihrer Antwort Goethe gebeten, die Einladung Waldners anzunehmen.

56. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 50. – 1 Bl. 20,3 × 8,7(–8,9) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „16.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 16), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 294. WA IV 4 (1889), 199, Nr 920. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 38,1 Guten Morgen beste.] Wahrscheinlich wurde der Brief am frühen Morgen noch vor der Lektüre von Diderots Jaques le Fataliste geschrieben, mit der Goethe laut Tagebuch vom 3. April von 6 Uhr an bis halb 12 (GT I 1, 109) beschäftigt war (vgl. zu 37,8). 38,1 Knebel lasst Sie 〈…〉 ersuchen] Am Tag zuvor hatte Goethe mittags bey Hofe (GT I 1, 109) gegessen und später bei der Herzoginmutter Anna Amalia aus

APRIL 1780

143

der Schweizer Reisebeschreibung vorgelesen (vgl. ebd.). An beiden Orten traf er mit Knebel zusammen, der laut Tagebuch vom 2. April ebenfalls „Mittags bey Hof“ aß und „Nachmittags bey der Herzoginn M.“ war (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 15v). 38,2 Belvedere] Schloss und Park Belvedere, auf einer Anhöhe etwa 3 km südlich von Weimar gelegen und durch eine Allee mit der Stadt verbunden, seit 1776 herzogliche Sommerresidenz. – Das Schloss war unter Herzog Ernst August I. von Sachsen-Weimar im Wesentlichen zwischen 1724 und 1732 nach Plänen von Johann Adolf Richter und Gottfried Heinrich Krohne errichtet worden. Neben dem barocken Schloss gab es Kavaliershäuser, Uhrenpavillons, Stallungen und Wirtschaftsgebäude sowie eine Orangerie. Die strenge Symmetrie der barock angelegten Parkanlage wurde seit Anna Amalias Regierungsantritt allmählich im Sinne der englischen Gartenkultur gelockert. Es entstanden kleine Schmuckplätze und dekorative Architektur wie künstliche Ruinen sowie zwei so genannte Einsiedeleien, die der zwanglosen Geselligkeit dienten. Im Gartenteil des Parks und in der Orangerie wurden exotische Pflanzen gezogen. 38,2 versprechen] ‚Versprechen‘ hier in der schon Ende des 18. Jahrhunderts ungewöhnlichen reziproken Form im Sinne von ‚sich verabreden‘ (vgl. Adelung 4, 1144). 38,3 loszusagen] ‚Lossagen‘ hier im Sinne von ‚absagen‘. – Der Grund für Knebels Bitte an Charlotte von Stein ist nicht bekannt. Er selbst hatte am Abend des 2. April den Herzog zur „Auerhahnen Palz“, also zur Jagd während der Balzzeit, nach München (heute Ortsteil von Bad Berka) begleitet, etwa 15 km südöstlich von Weimar. Am 3. April kam er zwar schon „um 10. Uhr wieder in Tiefurth“ an, allerdings war die frühe Rückkehr Folge des „ungestümen Wetters“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 15v). 38,3–4 bey Sie zu Gast] ‚Bei Sie‘ umgangssprachlich für ‚bei Ihnen‘. – Im Ta〈Charlotte von gebuch vom 3. April 1780 findet sich folgender Eintrag: Zu Stein〉 wieder kranck. Ist mein einzig Leiden. (GT I 1, 109.)

57. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 7. April 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er entgegen dieser Einordnung ins Jahr 1780 ohne explizite Begründung auf den 28.? August 1778 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz nach den inhaltlichen Parallelen zu Knebels Tagebuch auf den 7. April 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 239, Nr 403). Fränkel schließt sich in der 1. Auflage seiner Ausgabe dieser Datierung an (vgl.

144

BRIEF 58

Fränkel, Goethe-Stein1 1, 220, Nr 402), korrigiert sie in der 2. Auflage geringfügig zu „6. April“ (Fränkel, Goethe-Stein2 1, 206, zu Nr 402). Der Inhalt und die Übereinstimmungen mit Knebels Tagebuch sprechen jedoch für die bisher überwiegend vorgenommene Datierung 7. April 1780 (vgl. die erste Erläuterung zu 38,6; zu 38,7). Der vorliegende Brief ist wahrscheinlich vor dem datierten Brief vom selben Tag (Nr 58) geschrieben worden. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 101. – 1 Bl. 19,7(–19,9) × 8,4(–8,6) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „126“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 126), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 180. WA IV 4 (1889), 205, Nr 923. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 38,6 Knebel lässt Ihnen sagen] Laut Tagebuch war Knebel am 6. April 1780 „Abends beym Herzog mit Göthe.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 16r.) Zur Sache vgl. die folgenden Erläuterungen. 38,6 die Werthern] Emilie von Werthern-Beichlingen geb. von MünchhausenSteinburg, die damals etwa 23-jährige Frau des fast 20 Jahre älteren Christian Ferdinand Georg von Werthern-Beichlingen auf Frohndorf, Kammerherr und Reisestallmeister Herzog Carl Augusts. Emilie von Werthern war eng mit Charlotte von Steins Schwägerin Sophie von Schardt befreundet und eine der Stützen des Liebhabertheaters (zu ihrer Person vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 432). 38,6–7 die Herdern] Caroline Herder, die nicht zum engsten Freudenskreis um Charlotte von Stein, Goethe und Knebel gehörte. 38,7 hübsch zeitig kommen] Vgl. Knebels Tagebuch vom 7. April 1780: „Die Damens kamen nach 9. Uhr des Morgens zu uns nach Tiefurth. Wir lasen in obigL Buch. 〈…〉 Die Damens bliebL bis Abends.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 16r.) Wie aus Knebels unmittelbar zuvor geschriebenen Einträgen hervorgeht, gehörten neben Charlotte von Stein und Emilie von Werthern auch Sophie von Schardt, Amalia von Hendrich und Caroline von Ilten zum engeren Kreis der Tiefurter Gesellschaft um Knebel. Mit „obigL Buch“ ist Diderots „Jacques le fataliste et son maître“ gemeint, das schon am 5. und 6. April gemeinsam gelesen worden war (vgl. zu 37,8). 38,8–9 komm ich auch nach Tiefurt] Nach Knebels Tagebuch vom 7. April 1780 waren auch „Wieland und Göthe 〈…〉 hier 〈in Tiefurt〉, und der Herzog“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 16r). Sie blieben aber im Unterschied zu den weiblichen Gästen nicht bis zum Abend.

APRIL 1780

58. An Charlotte von Stein

145

〈Weimar〉, 7. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 50. – 1 Bl. 16(–16,3) × 9,8 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „15.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 15), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 295. WA IV 4 (1889), 200, Nr 921. BEIL AG EN

Band und Handschue (vgl. zu 38,11; zu 38,11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 38,11 Band] Möglicherweise ein Haarband; hier wie schon in früheren Briefen an Charlotte von Stein in der Tradition der galanten Konversation symbolisch konnotiert als ‚Liebespfand‘ (vgl. GWb 2, 38; vgl. aber zu 229,10–11). 38,11 Handschue] Hier wohl ebenfalls in Anspielung auf den symbolischen Gehalt „als Unterpfand der Liebe“ (GWb 4, 692). 38,11 gegen Mittag folg ich] Nach Tiefurt (vgl. zu 38,8–9). 38,12 Frühstück] Lebensmittel, die Charlotte von Stein als Morgengruß an Goethe geschickt hatte (vgl. u.a. zu 15,15; zu 25,7). 38,14–15 Pylades dem Unfurm] Nicht ermittelt. – Seit dem Erstdruck wird die vorliegende Stelle auf Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach bezogen, allerdings in der Annahme, am Abend zuvor sei Goethes „Iphigenie auf Tauris“ wiederaufgeführt worden (nach Schöll, Carl-August-Büchlein, 29) und der Prinz sei in der Rolle des Pylades aufgetreten (vgl. u.a. Fränkel, Goethe-Stein2 3, 62, zu Nr 404). Tatsächlich hatte er diese Rolle bei der Uraufführung des Stücks am 6. April 1779 gespielt (vgl. GB 3 II, zu 258,3). Am Abend des 6. April 1780 aber war Goethe gemeinsam mit Knebel „beym Herzog“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 16r). Für eine Aufführung der „Iphigenie“ im Jahr 1780 gibt es weder für diesen Abend noch für einen anderen Tag einen Beleg (vgl. Sichardt, 154–157, 159). – ‚Unfurm‘: Unform, in „einigen Oberdeutschen Gegenden 〈…〉 eine der äußern Wohlanständigkeit zuwider laufende Sitte, eine Unart, Ungezogenheit“ (Adelung 4, 848).

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BRIEF 59

59. An Johann Heinrich Merck Weimar, 7. April 1780 → Darmstadt ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/331,I, Bl. 5–8. – 2 Doppelblätter: 1. Doppelblatt 36,4(–36,9) × 27,1 cm, 2. Doppelblatt 36,7(–37) × 27,3 cm, 6 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrektur und Paraphe, Tinte; S. 8 Adresse: An / Herrn Kriegsrath Merk. / nach / Darmstadt. / frei., rotes Siegel: Figur mit Trinkschale (?), über der Adresse Berechnungen von Mercks Hd, Tinte; Bl. 4 rechter Rand Mitte Siegelausriss. E: Merck, Briefe1 (1835), 227–231, Nr 102 (ohne Paraphe). WA IV 4 (1889), 200–205, Nr 922 (nach E). BEIL AG E

Verzeichnis von Dürer-Stichen (vgl. zu 39,14). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief etwa vom 3. April 1780 (vgl. zu 39,1) ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Den hessisch-darmstädtischen Kriegsrat Johann Heinrich Merck (1741–1791) hatte Goethe Ende 1771 kennen gelernt und sich ihm zunächst wie einem Mentor angeschlossen. Nach Goethes Übersiedlung nach Weimar war das freundschaftliche Verhältnis zwar abgekühlt, Merck blieb aber ein wichtiger Gesprächspartner in naturwissenschaftlichen und kunsttheoretischen Fragen. Goethe und Carl August, der Merck als Kunstberater schätzte, waren Merck auf der Rückkehr aus der Schweiz begegnet (vgl. zu 39,5–6). Im Zeitraum des vorliegenden Bandes sind fünf Briefe an Merck überliefert, ein weiterer lässt sich nachweisen (EB 69), die Gegenbriefe sind verschollen. Zur Beziehung zwischen Goethe und Merck insgesamt vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 94. Postsendungen: 5. April 1780 (vgl. GR/RB 1780, 2, Bl. 3r; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 20r); wahrscheinlich unterlief Seidel ein Schreibfehler beim Datum. 39,1 deinen Brief] Beigeschlossen zu Mercks Brief an Carl August vom 3. April 1780 (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 402–404). Er ist, wie nahezu alle Briefe Mercks an Goethe, wahrscheinlich den großen ‚Autodafés‘ vor der Schweizer Reise im Jahr 1797 zum Opfer gefallen (vgl. die Tagebucheinträge vom 2. und 9. Juli 1797 [GT II 1, 119f.] sowie die „Tag- und Jahres-Hefte“ für 1797 [WA I 35, 73]). 39,2–3 wieder einmal etwas von mir vernimmst] Dass der Freund und Mentor aus Goethes Jugendtagen an dessen Wohlergehen Anteil nahm, bestätigen auch die Briefe Wielands an Merck, in denen wiederholt von Goethes Befindlichkeit die Rede ist (vgl. z. B. Merck-Briefwechsel 2, 359).

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39,4 meine lezte Krankheit] Merck wusste durch Carl Augusts Brief vom 31. Januar 1780 von Goethes Krankheit (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 361f.; zu 12,2–3). 39,5–6 an den Höfen herumzogen] Auf dem Rückweg von der zweiten Schweizer Reise hatten sich Goethe und Carl August zum Jahreswechsel mehrere Tage im Frankfurter Raum aufgehalten und waren dabei auch Merck begegnet; bereits am 25. Dezember 1779 hatte er die Reisenden in Frankfurt begrüßt, in den folgenden Tagen war er verschiedene Male mit ihnen zusammengetroffen (vgl. zu 3,2). 39,10–11 wie du vielleicht schon weisst einen Schwedenkopf] Dass er sich die Haare habe kurz schneiden lassen, erregte, wie Carl August bereits am 27. Februar Merck mitgeteilt hatte, „den meisten Lerm“ (Merck, Briefwechsel 2, 378). Zwei Wochen später berichtet Wieland nach Darmstadt, dass die neue Frisur dem Herzog „von Vorn wenigstens, recht gut“ stehe (ebd., 384). – ‚Schwedenkopf‘: „kopf mit ganz kurz geschnittenen haaren, eine besonders in der zweiten hälfte des 18. jh. beliebte haartracht“ (Grimm 15, 2385). 39,13–14 Für Lavatern 〈…〉 Sammlung von Albrecht Dürers zu komplettiren] Vgl. zu 13,18. 39,14 beiliegendem Zettelgen] Verzeichnis der Kupferstiche Albrecht Dürers aus der Sammlung Lavaters (vgl. ebd.); nicht überliefert. 39,15 nummern nach Hüsgen] Sebastian Hüsgens Katalog von Dürers Kupferund Eisenstichen (vgl. Hüsgen, Verzeichnis Dürer; zu 13,25–14,1). 39,18–19 Von den Holzschnitten 〈…〉 Verzeichnis.] Die Holzschnitte sind bei Hüsgen nicht berücksichtigt. Das versprochene Verzeichnis ließ sich in Mercks Nachlass nicht ermitteln. 39,19 Sammlung die der Herzog besizt] Wie beträchtlich die Weimarer DürerKollektion war, hatte sich erst kurz zuvor herausgestellt. Am 13. August 1779 hatte Carl August dem Kupferstecher Johann Georg Wille in Paris von einer aufsehenerregenden Entdeckung berichtet: „Wir haben von ohngefähr hier auf der Bibliotheq eine gantz vollständige Samlung von A. Dürers gefunden so wohl von Holtz, Kupfer, Silber u Eisenstichen; u zwar Lauter Originals. Es fehlen sehr wenige, u hier u da ist die Sammlung volständiger als in einem von den gedruckten Catalogs daß gantze Œuvre angegeben ist. So ein gefundener Schatz macht große Freude.“ (Johann Georg Wille [1715–1808]: Briefwechsel. Hrsg. von Elisabeth Décultot, Michel Espagne und Michael Werner. Tübingen 1999, S. 599.) Dieser Teil der Sammlung befand sich bereits seit dem 17. Jahrhundert in Weimar (vgl. Bertsch/Grave, Dürer, 298). – Carl August hatte daraufhin Merck eingeschaltet, der den Ankauf von einigen Rembrandts vermittelt hatte und parallel an der Dürer-Sammlung Anna Amalias arbeitete (vgl. Grave, 60f.; Merck, Briefwechsel 2, 309f., 339, 371), um die herzogliche Sammlung zu vervollständigen (vgl. ebd., 363; Markus Bertsch: Johann Heinrich Merck und die Anfänge der Graphiksamm-

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lung von Herzog Carl August. In: Räume der Kunst. Blicke auf Goethes Sammlungen. Hrsg. von Markus Bertsch und Johannes Grave. Göttingen 2005, S. 47–75). Der damalige Umfang der herzoglichen Dürer-Sammlung lässt sich mangels zeitgenössischer Verzeichnisse nicht eindeutig bestimmen. 39,21–22 über die merkwürdigsten Blätter meine Gedanken aufsezen] Goethe führte seinen Vorsatz zunächst nicht aus. Merck kam ihm zuvor: Im Juliheft 1780 des „Teutschen Merkur“ setzte er sich in dem Aufsatz „Einige Rettungen für das Andenken Albrecht Dürers gegen die Sage der Kunst-Literatur“ intensiv mit Dürers Stil, den Techniken des Zeichnens, Radierens, Kupfer- und Holzstechens sowie mit der Wertigkeit von Kopien auseinander und ging dabei explizit auf eine Reihe von Blättern ein. – 1808 ließ Goethe unter dem Kürzel „W. K. F.“ (für „Weimarer Kunstfreunde“) in die „Jenaische Allgemeine Literaturzeitung“ vom 19. März den wohl in Zusammenarbeit mit Heinrich Meyer verfassten Aufsatz „Albrecht Dürers christlich-mythologische Handzeichnungen“ einrücken, der, weit über eine Rezension hinausgehend, Gedanken und Erkenntnisse seiner langjährigen Beschäftigung mit Dürers Werk enthält. 39,22 Erfindung und Composition] Zentrale kunsttheoretische Kategorien, die auf Motiv und Gegenstand des Kunstwerkes (‚geistige Konzeption‘, vgl. GWb 3, 280) wie auf seine Zusammensetzung, Anlage oder Aufbau (vgl. GWb 5, 555) zielen. 39,22–23 Aussprache] Hier synonym für ‚Ausdruck‘ als kunsttheoretische Kategorie (vgl. GWb 1, 1250). 39,23 die ganz goldne Ausführung] In Anspielung auf die hohe technische Qualität von Dürers Graphiken (vgl. die folgenden zwei Erläuterungen). 39,24–25 durch genaue Betrachtung 〈…〉 aufgestochner Abdrüke von Einer Platte] Goethe hatte Lavater bereits am 7. Februar 1780 angekündigt, den Werth der Blätter und Abdrüke bestimmen (13,24–25) zu wollen. Aus dem vorliegenden und einem weiteren Brief an Lavater lässt sich Goethes Lernprozess ablesen: Die intensive Auseinandersetzung mit Lavaters Dürer-Sammlung und die Kontakte zu Kunsthändlern führten dazu, dass er nicht nur auf die abgebildeten Gegenstände, sondern auch auf die unterschiedliche Qualität der Abzüge achtete (vgl. zu 49,1). – Worauf beim Vergleich verschiedener Zustände eines Blattes zu achten sei, hatte Merck in seinem Beitrag „Aus einem Schreiben an den H. über die Frage: wie eine Kupferstichsammlung anzulegen sey?“ im Maiheft 1778 des „Teutschen Merkur“ an verschiedenen Beispielen demonstriert (vgl. Merck, Schriften 4, 81–84). Die Anleitung steht in engem Zusammenhang zu seinem Auftrag, für die Sammlung Carl Augusts, gelegentlich auch für Anna Amalia und Goethe, Kupferstiche zu besorgen. Auf technische Aspekte ging Merck auch in dem Aufsatz „Einige Rettungen für das Andenken Albrecht Dürers gegen die Sage der KunstLiteratur“ ein. – ‚Aufgestochne Abdrücke‘: Durch häufigen Gebrauch abgenutzte Platten werden mit dem Grabstichel nachgearbeitet, verlieren dadurch aber meist ihre ursprüngliche Delikatesse.

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39,30–40,1 Der wichtigste Theil unserer Schweizerreise 〈…〉 komponirt.] Vgl. zu 13,6; zu 42,11–12. 40,1–2 Wieland deklarirt es für ein Poema.] Wieland, der bei der Lesung im Kreis der Herzogin Anna Amalia am 2. April anwesend war, sieht, wie Goethe am selben Tag im Tagebuch notierte, ganz unglaublich alles was man machen will macht und was hangt und langt in einer Schrifft (GT I 1, 109). An Merck schrieb Wieland am 16. April: „das ding ist eines von seinen meisterhaftesten Producten, und mit dem ihm eignen großen Sinn gedacht und geschrieben. Die Zuhörerinnen enthousiasmirten sich über die N a t u r in diesem Stücke: mir war die schlaue K u n s t in der Composition noch lieber, wovon jene nichts sahen. Es ist ein wahres poëm, so verstekt auch die Kunst ist. Das besondere aber was ihn auch hier, wie fast in allen seinen Werken, von homer und Shakespear unterscheidet, ist daß der Ich, der Ille ego, überall durchschimmert, wiewohl ohne alle Jactanz und mit unendlicher Feinheit“ (Merck, Briefwechsel 2, 417). 40,3 mit diesem Garn viele Vögel fangen] Die Metapher des Garns als ‚Fangnetzes‘ (vgl. GWb 3, 1097) spielt auf den zeitgenössischen Vogelfang an; insbesondere für den Fang von Singvögeln wurden Schlaggarne aus Draht verwendet (vgl. Krünitz 227, 82–84). 40,4 Geschichte Herzog Bernhards] Zur geplanten Biographie Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar vgl. zu 170,16. 40,4–5 Dokumente und Collektaneen] Vgl. zu 23,8. 40,10–11 dieses Kunst und Lustfeuer 〈…〉 brennen lassen] Goethe führte sein Vorhaben nicht aus. 40,12 Dramas und Romanen] Wahrscheinlich mit Bezug auf „Torquato Tasso“, dessen Plan zum ersten Mal am 30. März 1780 erwähnt worden war (vgl. zu 161,2). Zu denken ist auch an „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“, woran Goethe im Juni 1780 weiterarbeitete (vgl. zu 70,17–18). Möglicherweise hatte Goethe schon den Plan zu den „Vögeln“ gefasst, auch wenn er mit der Niederschrift erst im Mai/Juni 1780 begann (vgl. zu 74,15–16). 40,13 Oberon] Bei der Gründung des „Teutschen Merkur“ 1773 hatte Wieland seinen Lesern und Abonnenten versprochen, dort alle eigenen Texte vorab zu veröffentlichen. Dass in Erfüllung dieser Verpflichtung 1780 der erste Quartalsband mit dem Versepos „Oberon“ gefüllt war (vgl. zu 33,16), verschaffte Merck, dem zu dieser Zeit wichtigsten Mitarbeiter an der Monatszeitschrift, eine kleine Arbeitspause. 40,14 Lorbeerkranz geschikt] Vgl. zu 33,20–21. 40,16 Epochen De la nature von Buffon] Mit seinem auf 50 Bände angelegten Monumentalwerk „Histoire naturelle générale et particulière“, von dem 1749 der erste Band erschienen war, hatte sich Georges Louis Leclerc de Buffon an die Spitze der europäischen Naturforschung gesetzt. In einem Seitenstück dazu veröffentlichte er 1778 mit „Les Époques de la Nature“ (Paris) seine Theorie der Erdentstehung

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in erweiterter Form. Als Konzession an die zeitgenössische Theologie nahm er analog zur biblischen Genesis eine Gliederung in sieben Epochen vor, die allerdings jeweils Zehntausende Jahre dauerten. Aufgrund der Beobachtung, dass die fossilen Reste auf eine enorme Größe vorzeitlicher Tiere im Vergleich mit rezenten Tieren schließen lasse, stellte Buffon das Prinzip der Degeneration auf und spekulierte über den Aufbau der Erde, in der er einen glühenden Kern vermutete. Mit Hilfe langwieriger Experimente kam er zu dem Schluss, dass die Erde im Verlauf von Abkühlungsprozessen vor etwa 75 000 Jahren entstanden sein müsse. – Zu Goethes Lektüre der „Époques de la Nature“ vgl. zu 43,19. 40,16–17 acquiescire] Acquiescieren (von lat.: aquiescere): ‚sich beruhigen‘ (vgl. GWb 1, 257), hier wohl im Sinne von ‚sich bescheiden‘, ‚genügen lassen‘. 40,17–18 iemand sagt es sei eine Hypothese oder ein Roman] Dezidiert diese Meinung hatte bald nach Erscheinen des Bandes Georg Forster vertreten, der am 24. Oktober 1779 an seinen Vater Johann Reinhold Forster geschrieben hatte: „Es freut mich, daß Sie Buffon’s Epochen gelesen haben. Allein mir däucht, es schmeckt nicht nach dem kühlen Mann, sondern nach dem französischen Hypothekenkrämer, doch hievon mehr, wenn ich einen Aufsatz darüber im göttingischen Magazin vorlege. Gewiß muß man die Geschichte der Natur einen Roman nennen.“ (Forster, Werke 13, 250.) Das von Georg Forster und Georg Christoph Lichtenberg herausgegebene „Göttingische Magazin der Wissenschaften und Litteratur“ enthielt eine Rezension von Buffons Werk in Form eines auf den 20. Oktober 1779 datierten Briefes an Lichtenberg (Bd 1 [1780], 1. St., S. 140–157). Der Verfasser, wohl Johann Reinhold Forster und nicht sein Sohn, nannte „Les Époques de la Nature“ einen „wunderschönen Roman“, der „süsse Träume“ wiedergebe (S. 140). Vermutlich war Buffons Werk schon Gegenstand der Unterhaltungen gewesen, als Goethe auf der Reise in die Schweiz am 14. und 16. September 1779 Georg Forster in Kassel besucht hatte, zumal der im Brief an seinen Vater neben Buffons Werk auch diese Begegnung erwähnte (vgl. Forster, Werke 13, 250f.). In pejorativer Bedeutung sollte sich das Urteil „Roman“ in der Folge durchsetzen (vgl. zu 145,15–19). 40,21–22 weniger Hypothetisch als das erste Capitel Mosis] Eine „uns neuerscheinende schöne Hypothese“ nennt Forster (Göttingisches Magazin, S. 153) Buffons Altersberechnungen der Erde, die er mit eigenen Literaturbelegen untermauert. Im Gegensatz zu den aus Empirie und Quellenkritik gewonnenen Erkenntnissen stand der Glaube an die biblische Lehre: Nach der Genesis (1 Mose 1) schuf Gott die Welt in sechs Tagen. 40,23–24 Es schleicht ein Manuscript von Diderot Jaques le Fataliste 〈…〉 herum] Eine Abschrift der bis Anfang April vorliegenden Teile von Denis Diderots Roman „Jacques le fataliste et son maître“, der in 16 Fortsetzungen von November 1778 bis Juli 1780 in der handschriftlichen „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ erschien. Die vorliegende Formulierung spielt auf die besondere

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Form der Veröffentlichung an. Nach Auskunft Louise von Göchhausens hatte Wieland eine Abschrift des Romans von Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg entliehen, und zwar „mit der ausdrücklichen Bedingung, es nicht aus seinen Händen kommen zu lassen. Die Herzogin und Göthe haben’s zwar gelesen, der Poet hat’s aber sogleich wieder nach Gotha geschickt. Diese Gothaner haben einen Vertrag mit den schönen Geistern in Paris, alle ihre Ejaculationen, sobald sie damit entbunden worden, noch im Manuscript (für Geld) zu lesen.“ (Louise von Göchhausen an Johann Heinrich Merck, 26. April 1780; Merck, Briefwechsel 2, 427.) Auch Herder teilte Johann Georg Hamann Mitte Mai 1780 mit: „Es ist von Gotha aus durch den Prin〈zen〉 August ein unvollendetes Diderotsches M〈anuscript〉 in meiner Hand: Jacques le Fataliste. Wenn ichs angesehen, will ich Ihnen davon etwas melden.“ (HB 4, 115.) In Weimar wurde der Roman bei der Herzoginmutter Anna Amalia sowie im Tiefurter Kreis um Knebel vorgelesen (vgl. zu 37,8). – Die 1753 von Friedrich Melchior Grimm begründete „Correspondance“ wurde seit 1773 von dessen langjährigem Sekretär Jacob Heinrich Meister herausgegeben. Die handschriftlich kopierten Manuskripte erschienen in monatlichen Lieferungen und gelangten auf diplomatischem Wege an europäische Fürstenhöfe. Zu den Beziehern gehörten der preußische König Friedrich II. und die russische Zarin Katharina II. Am Gothaer Hof hatte die Herzogin Louise Dorothea ein Abonnement, das ihr Sohn Ernst II. aufrechterhielt. Außerdem ging seit 1768 ein weiteres Exemplar an dessen Bruder Prinz August. Zeitweilig gehörte auch der Weimarer Herzog Carl August zu den Beziehern. Aus seinem Besitz hat sich ein Exemplar des Jahrgangs 1780 erhalten (GSA 96/965). Durch die handschriftliche Form, den exklusiven Abonnenten-Kreis und die Art der Verbreitung unterlief die „Correspondance“ die strenge Zensur, der gedruckte Periodika im Frankreich des Ancien Régime unterlagen. Diderot, dessen literarische Werke seit seiner Festungshaft 1749 nicht mehr im französischen Buchhandel erscheinen durften, nutzte die „Correspondance“ als Medium der semiöffentlichen Verbreitung. Im Druck ist der Roman erst postum erschienen: Schiller übersetzte daraus die Geschichte der Marquise de La Pommeraye und veröffentlichte sie 1785 unter dem Titel „Merkwürdiges Beispiel einer weiblichen Rache“ in der „Rheinischen Thalia“; die erste deutsche Übersetzung des Romans erschien 1792, die erste französische Ausgabe 1796. 40,26–29 dieses Bels 〈…〉 verschlungen] Goethe hatte am 3. April 1780 im Tagebuch notiert: von 6 Uhr bis halb 12 Diderots Jaques le Fataliste in der Folge durchgelesen mich wie der Bel zu Babel an einem solchen ungeheuren Maale ergözt. und Gott gedanckt dass ich so eine Portion mit dem grosten Apetit auf einmal als wärs ein Glas Wasser und doch mit unbeschreiblicher wollust verschlingen kan. (GT I 1, 109.) In Anspielung auf den babylonischen Gott Bel (Jeremia 51,44): „Denn ich habe den Bel zu Babel heimgesuchet, und habe aus seinem rachen gerissen, das er verschlungen hatte 〈…〉.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 660.) – Goethe lag zu dieser Zeit der Roman nicht voll-

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ständig vor; in der Mai-Lieferung der „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ von 1780 wurde der Fortgang des Romans ausgesetzt, im Juniheft erschien der Schlussteil und im Juliheft das Vorwort (vgl. zu 104,22). 40,30–31 gleich den Priestern sich in das Mahl getheilt] Anspielung auf das 5. Buch Mose, 18,3–4: „Das soll aber das recht der priester seyn an dem volcke: und an denen, die da opffern, es sey ochs oder schaaf: daß man dem priester gebe den arm und beyde backen, und den wanst. / Und das erstling deines korns, deines mosts, und deines öls, und das erstling von der schur deiner schaafe.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 173.) 40,33 Gezeichnet wird nicht viel] Goethe beschäftigte sich seit Anfang Februar 1780 gelegentlich mit dem Zeichnen und notierte im Tagebuch die Bedeutung von Detail (GT I 1, 105; vgl. zu 24,25). 40,34 nach dem Nakten] Unter dem 16. März steht im Tagebuch der rätselhafte Eintrag bey Kraus nach Bulern gezeichnet (GT I 1, 106), womit Aktzeichnen nach bezahlten Modellen („Buhlen“) gemeint sein könnte. 41,2–3 manichfaltigern Ausdruk der Haltung] Ein Schlüsselbegriff der zeitgenössischen Kunsttheorie, so in Christian Ludwig Hagedorns „Betrachtungen über die Mahlerey“ oder in Johann Georg Sulzers „Allgemeiner Theorie der Schönen Künste“; danach zielt ‚Haltung‘ auf das Zusammenspiel von Perspektive, Farbgebung und Beleuchtung. In seiner Besprechung von Sulzers Werk im von ihm verantworteten Jahrgang 1772 der „Frankfurter gelehrten Anzeigen“, in dessen Verlauf er Goethe in das Rezensionswesen einführte, hatte Merck den Artikel „Haltung“ explizit hervorgehoben (vgl. FGA vom 11. Februar 1772, Nr 12, 89–94, bes. 93; Bräuning-Oktavio, FGA 1772, 604, Nr 32). 41,3 theils nach der Natur] Eine Reihe von Zeichnungen wahrscheinlich nach der Natur ist grob um 1780 zu datieren (vgl. Corpus I, 83f., 86, Nr 222–225, 234). Möglicherweise spielte Goethe auf Zeichnungen von Landschaften, Bauernhütten und -häusern an, die um 1780 zu datieren sind (vgl. ebd., 87f., Nr 236, 237, 240). 41,3 theils nach Zeichnungen, Kupfern] Aus dieser Zeit sind nachweislich Zeichnungen nach Vorlagen überliefert (vgl. zu 24,25). Außerdem ist eine Reihe von Zeichnungen, wahrscheinlich nach Vorlagen, grob um 1780 zu datieren (vgl. Corpus I, 79f., 82, 85f., 88f., Nr 207, 209, 210, 217, 229, 231, 232, 242, 243). 41,6 Beroldingen] Von der offenbar frischen Bekanntschaft mit Joseph Anton Siegmund von Beroldingen, dem „feinsten KunstKenner“, den er je gesehen habe, hatte Merck im Brief vom 8. Juni 1778 Wieland begeistert berichtet (Merck, Briefwechsel 2, 107). Vom regen Briefwechsel, der sich entspann, sind nur acht Briefe Beroldingens überliefert; der Verbleib seines Nachlasses ist unbekannt. Wohl auf Mercks Anregung hin (vgl. Carl August an Anna Amalia, 29. September 1779; Bergmann, 26) besuchten Goethe und der Herzog den so kunstsinnigen wie lebens-

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frohen Domherrn (vgl. GB 3 I, 299,19–301,26) am 24. September 1779 auf dem Weg in die Schweiz und verbrachten mit ihm einen vergnügten Nachmittag in Speyer (vgl. GB 3 I, 320,12). Möglicherweise passte Beroldingen die Reisegesellschaft auf dem Rückweg in Mannheim ab und begleitete sie bis Darmstadt (vgl. Beroldingen an Merck, 31. Dezember 1779; Merck, Briefwechsel 2, 345). Von der Person des Herzogs habe er sich in hohem Maße angetan gezeigt, teilte Merck dessen Mutter Anna Amalia am 2. Januar 1780 mit (vgl. ebd., 346). 41,7 ihm Commission geben] „Was wollt ich nicht in Paris um 12000. £ italiänische Bilder kauffen! Eine herzogliche Gallerie müßt es seyn“, hatte Beroldingen am 21. März 1780 an Merck geschrieben (Merck, Briefwechsel 2, 388). Den Brief mit einem ausführlichen Bericht über die Pariser Kunstszene (vgl. ebd., 386–390), um den Carl August am 31. Januar gebeten hatte (vgl. ebd., 363), hatte Merck seinem Schreiben an den Herzog vom 3. April 1780 beigelegt und hinzugefügt: „Ich schreibe ihm 〈Beroldingen〉 noch vor seiner Abreise, also wenn Sie etwas zu befehlen haben, kan ich es kürzlich sogleich an ihn gelangen lassen. Goethen wird die Beschreibung des KunstZustandes bey den Franzosen erbauen.“ (Ebd., 404.) 41,10–11 den iungen Menschen] Johann Leonhard Zentner. Als ältester Sohn einer nach dem Tod des Vaters, des Hofuhrmachers Franz Zentner, verarmten Darmstädter Familie war er 1777 bei dem Frankfurter Tapetenfabrikanten Johann Andreas Benjamin Nothnagel in die Lehre gegangen und zeigte so beachtliches Talent und Engagement, dass Merck ihm ein Stipendium des Darmstädter Hofes besorgt hatte (vgl. Mercks Promemoria vom 20. Mai 1779; Merck, Briefwechsel 2, 231f.). Da Zentner bei Nothnagel zwar das Radieren, nicht aber den Kupferstich lernen konnte und das Tapetenmalen ihn künstlerisch nicht voranbrachte, trachtete Merck, ihn anderweitig unterzubringen; auch Beroldingen war in die Suche eingespannt (vgl. ebd., 234). Schließlich schickte Merck den jungen Zentner nach Paris, wo Johann Georg Wille eine international renommierte Kupferstichwerkstatt betrieb. Wille nahm sich des angehenden Künstlers an, er und Merck versorgten ihn mit Zeichnungsvorlagen, die technische Ausbildung übernahm der aus Stuttgart stammende Carl Wilhelm Weisbrod. Zentner konnte allerdings mit seinem Jahresstipendium von 12 neuen Louisdor kaum überleben; außerdem war der Pariser Markt einem ausländischen Anfänger versperrt. 41,13 wenn er Genie hat] In Bezug auf Beroldingens Brief an Merck vom 21. März 1780 (vgl. zu 41,7), in dem Beroldingen von Zentner berichtete: „Er brachte mir seine neuesten Arbeiten mit; und ich konnte es nicht verhelen, Ihm vor der Stund an zu sagen, daß, wenn Er auf diese Manier fortfahren würde, man an Ihm nie was anders als einen handwerksmäßigen, kleinlichen Kupferätzer erleben könnte. 〈…〉 Wir 〈…〉 kamen wieder übereins, daß Er in Einer Woche mehr an der Natur, und bey Versuchen über ihre Darstellung werde lernen können, als bey allen Weisbroden, Guttenbergen etc. in Jahreszeit. Der jungen Mann muß, meine ich 〈…〉 ein halb Jahr lang, kleine, aufgeführte Studia über einzelne Steine, Erdschol-

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len, Schichten, Äste, Läube, Strünke, Rinden etc. machen, bevor Er zusammensezt, und Landschafften liefert. Hat Zentner wirkliches Kunst-Genie, welches ihm Herr Wille abzusprechen scheint: so wird Er dann schon von selbst Maniren finden, die Natur wahrhafft zu bilden. Bringt Er einmal mit der spitzen Bleyfeder Effect heraus: so wird es ihm mit der Radirnadel nicht fehlen. Dieses Alles sieht Zentner ein, und auch die Professoren wiesen ihm den Weg der Natur an. Wenn ich also über den Menschen zu disponieren hätte: so ließ ich ihn geraden Wegs zu Fuß nacher Teutschland zurükreisen, und unterwegs auffallende Landschafften zeichnen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 387.) 41,19 Schreibe ia dem Herzog] Zwischen Merck und Herzog Carl August entspann sich nach der Begegnung zum Jahreswechsel 1779/80 ein reger Briefverkehr: Für den Zeitraum des vorliegenden Bandes sind 14 Briefe Carl Augusts und 23 Briefe Mercks überliefert. Insgesamt sind derzeit 93 Briefe bekannt, davon rund zwei Drittel von Merck. Berührungspunkte waren zum einen die Ereignisse am Darmstädter Hof unter der Regentschaft von Carl Augusts Schwiegervater Landgraf Ludwig IX., zum anderen Probleme der Agrarreform, in denen Merck berufsbedingt bewandert war, vor allem aber Mercks Engagement als Kunstagent für die herzoglichen Sammlungen, die er kundig aufzubauen und zu ergänzen wusste. 41,20 Brief an Wielanden 〈…〉 dein Hauskreuz] Der Brief ist nicht überliefert, hatte aber, wie aus Wielands Antwort vom 29. März 1780 hervorgeht, von einer überstandenen Gefahr berichtet: „Gottlob, daß dein hauskreuz vorüber ist!“ (Merck, Briefwechsel 2, 398.) Die Anspielung lässt auf eine Fehlgeburt von Mercks Frau Louise schließen. 41,22 Schik doch ia was von Mineralien] Die Stelle gilt als erster Hinweis auf das Anlegen einer Gesteinssammlung (vgl. zu 93,28). Im Frühjahr 1781 stellte Merck die Suite „Vulkanische Produkte von der Cassler Gegend“ für Goethe zusammen (vgl. die zweite Erläuterung zu 245,6). 41,23–24 Frankfurter Lava von Doktor Müllern] Der Frankfurter Arzt Gottfried Wilhelm Müller hatte als Erster die Gesteine in der Umgebung seiner Vaterstadt auf ihren vulkanischen Ursprung hin untersucht und dabei die Perlschlacke entdeckt, eine Lava mit dem Aussehen von geschmolzenem Glas. Der Genfer Naturforscher Jean André de Luc hatte auf die Bedeutung dieses Fundes hingewiesen (vgl. Lettres Physiques et Morales sur l’Histoire de la Terre et de l’Homme, Bd IV. Paris und Den Haag 1779, S. 414f.). Auf welche Weise Merck Goethe auf Müllers Entdeckungen aufmerksam gemacht hatte, ist in Ermangelung des Bezugsbriefes nicht zu ermitteln. Goethes Äußerung was wir von Cassel und Frankfurt wissen (145,33–34) im Brief vom 11. bis 13. Oktober 1780 lässt jedoch vermuten, dass sie sich mündlich oder schriftlich über die vulkanischen Gesteine bei Frankfurt ausgetauscht haben. 41,24 Schrautenbachen] Der den Herrnhutern nahestehende Ludwig Carl von Weitolshausen gen. Schrautenbach war ein Vertrauter der Landgräfin Karoline von

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Hessen-Darmstadt. Zum Konfessionswechsel ihrer ältesten Tochter Wilhelmine anlässlich der Vermählung mit dem russischen Thronfolger Paul stellte er ein Unbedenklichkeitsgutachten aus. Auf der Reise nach St. Petersburg, an der Merck als Kassenführer teilnahm, vertiefte sich die Freundschaft der beiden in ihrer Weltanschauung ungleichen Männern. – Carl August und Goethe waren Schrautenbach beim Jahreswechsel 1779/80 begegnet (vgl. zu 3,4; zu 3,24). Carl August hatte ihn im Brief an Merck vom 31. Januar 1780 grüßen lassen (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 363). 41,25 dir 〈…〉 einige Silhouetten schiken] Sein Versprechen machte Goethe alsbald wahr. Wie Merck am 1. Mai 1780 an Carl August schreibt, sei „Schrautenbach 〈…〉 wie ein Kind in seine Silhouetten verliebt, die ihm G. geschikt hat.“ (Merck, Briefwechsel 2, 434.) Ein Begleitbrief ist nicht bekannt. 41,25–26 vor zwei Monaten einen Brief und eine flüchtige Zeichnung an ihn] Nicht überliefert (EB 6). Schrautenbach verfügte in seinem Testament, dass Briefe und persönliche Papiere nach seinem Tod verbrannt werden sollten (vgl. Bräuning-Oktavio, FGA 1772, 161). 41,28–29 Geh. Räthin 〈…〉 unglükliches Geschöpf] Friederike Katharina von Hesse geb. Flachsland hatte in ihrer Ehe mit dem herrischen und aufbrausenden Darmstädter Geheimrat Andreas Peter von Hesse einiges Unglück auszustehen, wovon die Briefe ihrer Schwester Caroline an deren späteren Ehemann Johann Gottfried Herder lebhafte Mitteilung machen (vgl. etwa den Brief vom 1. Juli 1771: „Die gute Schwester! sie verdiente ein andres Schicksal als Sklaverei!“ [Herder-Flachsland 1, 252.]) 41,31–32 Der an den Herzog überschikte Vorschlag zur grossen poetischen Casse] Im Verlauf ihres facettenreichen Briefwechsels hatte Carl August, vermutlich Ende Februar 1780, Merck die kuriose Schrift „Teutschland in seinem höchsten Flor wenn es will; ein Vorschlag, dem Kaiser und Reiche gewidmet“ (Leipzig 1780) zukommen lassen. Auf gerade einmal 15 Seiten unternimmt es der anonyme Verfasser, eine umfassende Reichsreform mit einem „Fond von hundert Millionen Gulden“ zu projektieren. Waghalsigkeit wie Machart hatten Mercks unmittelbaren Spott hervorgerufen, wie er an Carl August am 3. April 1780 schrieb: „Bey einem müssigen Abend hab ich mich so wohl bey dessen Ridicüle befunden, daß ichs in Einer Stunde parodirt habe.“ (Merck, Briefwechsel 2, 404.) Merck hatte seine Parodie dem Brief beigelegt. Seine Reform kapriziert sich auf das kulturelle Feld und trägt den barock anmutenden Titel „Das Poetische Deutschland in seinem höchsten Flor wenn es will: Ein Vorschlag; Klopstock, und dem Deutschen Poetischen Reich gewidmet. Als ein Pendant zu der Schrift: Teutschland in seinem höchsten Flor wenn es will. Ein Vorschlag, dem Kaiser und Reich gewidmet“ (vgl. Merck, Schriften 5, 170–176). 41,32 auf der Leipzigermesse] Ohne Mercks Erlaubnis einzuholen, wurde unter Wahrung der Anonymität die Drucklegung der Parodie veranlasst, was Carl August

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am 30. April mit den launigen Worten bestätigte, „der Vorschlag das Gelehrte, od. vielmehr ungelehrt dichtende Deutschland zu beglücken 〈…〉 ist gleich abgedruckt worden, durch den Comitial-Gesandten sogleich dem Reichstag vorgelegt, u. selbst hat Joseph der IIte ein Exemplar auf Schreibpapier davon erhalten.“ (Merck, Briefwechsel 2, 428.) Ohne Verfassernamen kam die Broschüre zur Ostermesse bei Weigand in Leipzig heraus. 42,1 Beendigung der Geschichte des Herrn Oheim] In sechs über das Jahr 1778 verteilten Lieferungen hatte der „Teutsche Merkur“ Mercks „Geschichte des Herrn Oheims“ gebracht. Der kleine Roman mit einer novellenhaft einsetzenden Rahmenhandlung erzählt die ‚unerhörte Begebenheit‘ vom freiwilligen Entschluss eines hohen Regierungsbeamten, die erfolgreiche Karriere mit dem nicht entfremdeten Leben als Gutsherr zu vertauschen. – Nach der Lektüre der ersten beiden Folgen hatte sich Goethe am 18. März 1778 begeistert gezeigt (vgl. GB 3 I, 199,13–15). Doch eingedenk der Sprunghaftigkeit Mercks hatte er schon am 5. August 1778 gemahnt: und apropos vom Baum Pflanzen zum Hl. Oheim. Du weisst dass er mir lieb seyn muss und ich bitte dich endig ihn rund und ohne etwaige fremde Ingredienzien wie es einem am Schlusse leider offt geht. (Ebd., 220,18–21.) Seine Skepsis erwies sich als berechtigt. Statt die begonnenen Erzählstränge abzuschließen, beendete Merck die Geschichte mit Briefauszügen. Einen glücklichen Ausgang, wie ihn der patriarchale Entwurf erfordert hätte, konnte er seinem kritischen Naturell nicht abringen. Vielmehr ließ er 1781/82 „Herr Oheim der Jüngere, eine wahre Geschichte“ folgen, deren Titelheld finanziell wie ideell an der Realität scheitert (vgl. Merck, Schriften 6, 121–148). 42,2–6 Ist den 1sten August 〈…〉 solches ex officio zu thun.] Im Brief vom 5. August 1778 hatte Goethe um die Erlaubnis gebeten, einen Separatdruck der „Geschichte des Herrn Oheims“ nach deren Vollendung veranstalten zu dürfen (vgl. GB 3 I, 220,21–22). Auch die ultimative Frist zum 1. August ließ Merck ungenutzt verstreichen, während umgekehrt Goethe seine Drohung nicht wahr machte. Wohl ohne sein Zutun stand ein unveränderter Wiederabdruck des kleinen Romans im zweiten Band der „Auswahl der besten zerstreuten prosaischen Aufsäze der Deutschen“ (Leipzig 1780).

60. An Charlotte von Stein

〈Tiefurt?, 7. April? 1780〉 → 〈Tiefurt?〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er nach der Angabe

APRIL 1780

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der Empfängerin auf der Handschrift „1780 in Tieffurth“ (vgl. Überlieferung) und einem angenommenen Bezug zu Brief Nr 49 auf Mitte März 1780 datiert. Charlotte von Steins Jahres- und Ortsangabe und der Inhalt der vorliegenden kurzen Mitteilung legen zwar nahe, anzunehmen, dass diese während einer Gesellschaft in Tiefurt geschrieben wurde, die Goethe früher als die Freundin verließ. Ein Bezug zu Brief Nr 49, der wahrscheinlich vom 28. März 1780 stammt, ist jedoch nicht wahrscheinlich (vgl. die erste Erläuterung zu 35,9). Viel eher lässt sich ein Zusammenhang zu den Briefen Nr 57 und 58 herstellen (vgl. zu 38,7; zu 38,8–9). Seit der Ausgabe von Fielitz wird der Brief daher auch überwiegend auf den 7. April 1780 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 239, Nr 405). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 90. – 1 Bl. 11,1(–11,3) × 5,5 cm, 1 Zeile beschr., egh., Tinte; darunter von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780 in Tieffurth“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „87.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 94), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 291. WA IV 7 (1891), 264, Nr 2371. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 42,10 Ich gehe fort] Wahrscheinlich von einer Gesellschaft in Tiefurt, zu der auch Charlotte von Stein gehörte (vgl. Datierung und zu 42,13).

61. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 8. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 50. – 1 Bl. 19,1(–19,3) × 8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „17.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 17), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 295. WA IV 4 (1889), 206, Nr 924. BEIL AG E

Goethes Briefe von der Schweizer Reise (vgl. zu 42,11).

158

BRIEF 62

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom 9. April 1780 ist nicht überliefert (vgl. die zweite Erläuterung zu 43,1). 42,11 Die Briefe 〈…〉 gehefftet zurück] Goethes Briefe von der zweiten Schweizer Reise an Charlotte von Stein aus der Zeit von September/Oktober bis Dezember 1779, um die er die Adressatin Ende März/Anfang April gebeten hatte (vgl. zu 37,7–8). Sie sind in GB 3 I abgedruckt (vgl. GB 3 I, Nr 534, 536, 538, 541, 543–544, 546, 550, 555, 558). Die auf Goethe zurückgehende Heftung wurde wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Einordnung der Handschriften in die gebundenen Konvolute aufgelöst (vgl. Überlieferung zu Nr 1). Dennoch sind bei fast allen die Heftspuren mehr oder weniger deutlich zu erkennen. 42,11–12 bis ich sie 〈…〉 zu meiner R. Beschr. brauche] Bereits Anfang Februar 1780 hatte Goethe für seine literarische Bearbeitung der Schweizer Reise die Adressatin um einzelne Briefe gebeten (vgl. zu 13,5–6; zu 13,6). Wie aus Goethes Brief an Merck vom 7. April hervorgeht, war die Arbeit zu dieser Zeit vorläufig beendet, sollte jedoch auf der Grundlage der Reisebriefe fortgesetzt werden (vgl. 39,30–40,3). Im Druck erschien die Reisebeschreibung schließlich erst mehr als 15 Jahre später, und zwar 1796 im 8. Stück von Schillers „Horen“ unter dem Titel „Briefe auf einer Reise nach dem Gotthardt“ (S. 29–94). Eine erweiterte Fassung wurde als „Zweyte Abtheilung“ der „Briefe aus der Schweiz“ im 11. Band der Cottaschen Ausgabe von „Goethe’s Werken“ veröffentlicht (Tübingen 1808; vgl. WA I 19, 221–306; zur Entstehung vgl. EGW 1, 437–444). 42,13 meine gestrige lezte Dunckelheit] In Anspielung auf ein Vorkommnis vom 7. April, als Goethe und Charlotte von Stein in Gesellschaft bei Knebel in Tiefurt waren (vgl. zu 38,7; zu 38,8–9). 42,14 wie ein Nachtwandler] In ähnlich metaphorischer Verwendung wie im Brief an Charlotte von Stein vom 7. November 1780 (vgl. 160,7–8) und im „Egmont“ (2. Akt, Egmonts Wohnung; WA I 8, 219,2–5), von dem Teile 1780 schon vorlagen (vgl. zu 362,4). 42,16 am abgewöhnen] Dies und das Vorangehende offenbar mit Bezug auf eine Ermahnung der Adressatin, die Goethe verunsichert zu haben scheint. Vor allem in der Anfangszeit der Bekanntschaft war es durch freundschaftliche ‚Verweise‘ Charlotte von Steins häufig zu Irritationen gekommen, die auf Goethes Seite mit Rückzug verbunden waren (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 61). – Die Formulierung wie auch der Kontext lassen einen Zusammenhang mit Goethes zu dieser Zeit aufkommendem Bemühen vermuten, seinen Weinkonsum einzuschränken. So vermerkt er unter dem 1. April im Tagebuch: Seit drey Tagen keinen Wein. Sich nun vorm Englischen Bier in acht zu nehmen. Wenn ich den Wein abschaffen könnte wär ich sehr glücklich. (GT I 1, 109.) Am 15. April konstatiert er: War sehr ruhig und bestimmt, die lezten Tage wenig ein-

APRIL 1780

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gezogen. Ich trincke fast keinen Wein. Und gewinne taglich mehr in Blick und Geschick zum thätigen Leben. (Ebd., 110.) 42,17 vom Thau leben wie die Heuschrecken] In Anlehnung an zeitgenössische Vorstellungen: „Wie man saget, soll es 〈das Ungeziefer〉 sich nur vom Thau erhalten, den es mit seinem Rüssel, als wie mit einem Schwamme aufzulecken pfleget.“ (Artikel „Heuschrecke“; Zedler 12, 1858.) – Möglicherweise entstand auch Goethes Anakreon-Übersetzung in dieser Zeit, die zuerst im Herbst 1781 unter dem Titel „An die Heuschreke aus dem Griechischen“ im neunten Stück des „Journals von Tiefurth“ veröffentlicht wurde (vgl. zu 329,18–19).

62. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 9. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 51. – 1 Bl. 19(–19,2) × 8 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „18“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 18), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 296. WA IV 4 (1889), 206, Nr 925. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief vom selben Tag (vgl. die zweite Erläuterung zu 43,1) ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 43,1 Es war 〈…〉 dass ich kam] Demnach besuchte Goethe Charlotte von Stein, obwohl er am Vortag noch empfindlich auf ein Vorkommnis während der Tiefurter Gesellschaft vom 7. April reagiert hatte (vgl. zu 42,13; zu 42,16). 43,1 Ihr Zettelgen] Nicht überliefert. – Wahrscheinlich eine versöhnlich stimmende Antwort Charlotte von Steins auf Goethes Brief vom 8. April 1780 (Nr 61). 43,2 Blumen] Aus dem eigenen Garten, die Goethe sonst häufig mit seinen Briefen an Charlotte von Stein überschickte (vgl. 44,4). 43,2 das kalte Wetter] Anfang April hatte Goethe im Tagebuch vermerkt: War sehr stürmisch Wetter (GT I 1, 109,31). Infolgedessen musste am 3. April die herzogliche Auerhahn-Jagd in der Nähe von Berka abgebrochen werden (vgl. zu 38,3). Am 11. April 1780 hielt Knebel in seinem Tagebuch fest: „Ist immer noch rauher kalter Wind.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 16v.) Demnach herrschte eine auch für die damalige Zeit ungewöhnliche Kaltwetterphase. Generell waren im 18. Jahrhundert im Vergleich zu heute die Winter kälter, schneereicher und dauerten länger,

160

BRIEFE 63/64

eine der Auswirkungen der so genannten Kleinen Eiszeit, einer Phase vergleichsweise kühlen Klimas. Sie dauerte, wenngleich mit großen Schwankungen, etwa vom Anfang des 15. bis in das 19. Jahrhundert hinein. 43,3 Ich sehe Sie 〈…〉 nachher] An der mittäglichen Hoftafel nahmen laut Fourierbuch vom 9. April 1780 weder Goethe noch Charlotte von Stein teil. Möglicherweise besuchte Goethe die Freundin aber zu Hause, was sich aufgrund der vom 4. bis 14. April fehlenden Tagebuchführung nicht belegen lässt.

63. An Wolfgang Heribert von Dalberg Weimar, 10. April 1780 → 〈Mannheim〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: Bayerische Staatsbibliothek München, Sign.: cod. germ. 4830, Nr 11. – 1 Bl. 18,5 × 24,4 cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte. E: Briefe an W. H. Freiherrn von Dalberg. In: Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Litteratur und Kunst. Hrsg. von Hoffmann von Fallersleben und Oskar Schade. Bd 5. Hannover 1856, S. 22. WA IV 4 (1889), 206f., Nr 926. BEIL AG E

Abschrift der „Mitschuldigen“ (vgl. zu 43,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 43,5 das versprochne Stük] Goethes Komödie „Die Mitschuldigen“ (vgl. zu 26,5–8); die Abschrift für Dalberg ist nicht überliefert. 43,11 gnädigen Frau] Elisabeth Augusta von Dalberg (vgl. zu 3,5). 43,12 Erinnerungen an das franzosche Theater] Anspielung auf die Nähe der „Mitschuldigen“ zum französischen Alexandrinerlustspiel des 17. Jahrhunderts. Goethes Stück verdankt einen Teil seines komischen Effekts dem Kontrast zwischen den Alexandriner-Reimpaaren sowie dem damit verbundenen hohen Stil und den kleinlichen Handlungen der Figuren. – Während Goethes Aufenthalt in Mannheim zwischen dem 21. und dem 23. Dezember 1779 waren neben dessen „Clavigo“ zwei Lustspiele durch die Seylersche Truppe aufgeführt worden: Richard Brinsley Sheridans „Der Nebenbuhler“ und Claude Joseph Dorats „Der Ehescheue“ (vgl. BuG 2, 214). Möglicherweise wird hier auf die letztere, 1775 in Paris uraufgeführte und von Friedrich Wilhelm Gotter in Prosa übersetzte Komödie angespielt. 43,14 meinem kleinen Freunde] Der siebenjährige Sohn des Adressaten, Emmerich Joseph von Dalberg.

APRIL 1780

64. An Charlotte von Stein

161

〈Weimar〉, 13. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 51. – 1 Bl. 17,3(–17,5) × 8,5 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „19“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 19), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 296. WA IV 4 (1889), 207, Nr 927. BEIL AG E

Ein Band von Buffons „Les Époques de la Nature“ (vgl. zu 43,19). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 43,17 Es ist sehr schön!] Im Unterschied zu dem kalten und stürmischen Wetter, das in den Tagen zuvor geherrscht hatte (vgl. die zweite Erläuterung zu 43,2). 43,18 Musterung] Im zeitgenössischen Verständnis die „Handlung des Musterns, d. i. der stückweisen Besichtigung, besonders der Truppen; die Revüe, ehedem auch die Heerschau, die Waffenschau“ (Adelung 3, 334; vgl. auch GWb 6, 415), hier: Inspizierung der herzoglichen Truppen. Zwar gehörte zu Goethes Aufgaben als Kriegskommissar auch die ‚Auslesung‘ von Rekruten, also die Musterung im heutigen Sinne, doch erfolgte diese turnusmäßig nur alle drei Jahre und hatte zuletzt im Frühjahr 1779 stattgefunden (vgl. GB 3 II, zu 259,7). Die nächste reguläre ‚Auslesung‘, an der Goethe teilnahm, fand 1782 statt (vgl. Bürgin, 160). – Die Musterung, von der hier die Rede ist, dauerte laut Tagebuch vom 15. April 1780 4 Tage (GT I 1, 110). Obgleich Goethe bei seinem Amtsantritt im Januar 1779 Teile der herzoglichen Truppen, wie z.B. die Gardereiter (Garde du Corps), schon in der Auflösung oder im Verfall kennen gelernt hatte, zielte sein Bestreben doch fast seit Beginn seiner Arbeit für die Kriegskommission auf eine Red〈uzierung〉 des Mil.〈itärs〉 (Tagebuch vom 17. 〈recte: 10.〉 Juni 1779; GT I 1, 81). Im Wesentlichen bestanden die in Weimar stationierten Truppen damals aus einem InfanterieBataillon mit drei Musketierkompagnien und einer Grenadierkompagnie von je 36 bis 40 Mann. Hinzu kamen etwa 35 Husaren und eine Handvoll Artilleristen (vgl. Bürgin, 111–121). 43,18 meine Gegend] Die nähere Umgebung von Goethes Garten an den Ilmhängen (vgl. GB 3 I, 181,5–7). Am 9. Januar 1778 hatte Goethe der Freundin mit einem Brief die Schlüssel zu seinen Gegenden (GB 3 I, 189,1) übersandt, d. h. zu den Brücken, über die man zu seinem Grundstück gelangte (vgl. GB 3 II, zu 189,1).

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BRIEFE 65/66

43,19 Theil von Buffon] Ein Band von Georges Louis Leclerc de Buffons zweibändigen „Les Époques de la Nature“ (Paris 1778), die Goethes frühe Vorstellungen über Geologie und vor allem die Entstehung und Geschichte der Erde maßgeblich geprägt haben. Aus seinen Tagebucheinträgen und Briefen geht hervor, dass er sich spätestens seit Anfang April eingehender mit Buffons Vorstellungen zur Bildung der Erde beschäftigte. Am 2. April hält er im Tagebuch fest: mit Einsiedel iun 〈Johann August von Einsiedel〉 spazieren viel über den Erd bau, neuen Büffon. (GT I 1, 109.) Im Brief an Merck vom 7. April 1780 lobt er Buffons Werk und verteidigt es gegen den Vorwurf, lediglich eine Hypothese oder ein Roman (40,17–18) zu sein (vgl. 40,16–22; zu 40,16). – Wie die Weitergabe des Werkes an Charlotte von Stein zeigt, versuchte Goethe auch sie für Buffons Ideen zur Erdbildung zu interessieren.

65. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 14. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 51. – 1 Bl. 16(–16,2) × 9,8 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „20“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 20), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 296. WA IV 4 (1889), 207f., Nr 928. BEIL AG EN

Veilchen (44,4). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 44,1 unleidl] ‚Unleidlich‘ hier im passiven Sinne: unerträglich (vgl. Adelung 3, 875). 44,1 dass ich Sie nicht sehen konnte] Als leitendes Mitglied der Kriegskommission musste Goethe etwa vom 12. April an vier Tage lang an Inspektionen der herzoglichen Truppen teilnehmen (vgl. die erste Erläuterung zu 43,18). Laut Fourierbuch vom 13. April gehörte „Geh: Rath Gehde 〈Goethe〉“ mit dem Statthalter in Erfurt Carl Theodor von Dalberg zu den Gästen der fürstlichen Mittagstafel (FB 1780, S. 88). Die Gesellschaft, darunter wohl auch Goethe, fand sich später in Tiefurt zusammen: „Nachmittags kam die Herz. Louise, der Stadthalter 〈von Dalberg〉, der Herzog pp und bliebL zum Soupee.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 17r.)

APRIL 1780

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44,2–3 zu Fuse hereingekommen] Wahrscheinlich von dem etwa 3 km entfernten Tiefurt (vgl. zu 15,15–16). 44,3 waren wir artig 〈…〉 gesprächig] Auch diese Bemerkung spricht dafür, dass Goethe am 13. April zur herzoglichen Gesellschaft in Tiefurt gehört hatte. – ‚Artig‘: Modewort des 18. Jahrhunderts; hier etwa: der Situation entsprechend verbindlich, liebenswürdig, galant (vgl. GWb 1, 839f.). 44,3–4 Heut ess ich bey der Herzoginn Mutter] Bei Anna Amalia, die eine eigene Hofhaltung im Palais an der Esplanade (heute Wittumspalais am Theaterplatz) unterhielt. – Am 14. April fand mittags nur eine kleinere Hoftafel mit insgesamt neun Personen statt, an der der Herzog nicht teilnahm, abends fiel die Tafel ganz aus (vgl. FB 1780, S. 89).

66. An Charlotte von Stein 〈Weimar, vor dem 12. März oder Mitte April? 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) wurde der vorliegende Brief nach Nr 35 vom 7. März 1780 eingeordnet. Schöll datiert ihn im Erstdruck ohne Begründung auf Mitte Februar 1780 (so auch Fielitz, Goethe-Stein 1, 234, Nr 377). Seit WA IV wird er nach dem Inhalt auf Mitte April 1780 gesetzt. Dafür spricht die Einladung zum Schnepfenessen (vgl. die dritte Erläuterung zu 44,7). Nicht auszuschließen ist eine frühere Datierung vor dem 12. März 1780, worauf die Einordnung im Konvolut und die Einladung an die Kleinen und deren Hauslehrer sprechen (vgl. die erste und die zweite Erläuterung zu 44,7. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 47. – 1 Bl. 19,7(–20) × 5,4(–5,7) cm, stärkeres blaues Papier, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „8.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 8), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 289. WA IV 4 (1889), 208, Nr 929. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 44,7 dl. Kleinen] ‚Den Kleinen‘; die beiden jüngeren Söhne Charlotte von Steins, der damals siebenjährige Friedrich und der 13-jährige Ernst. Dieser lebte seit dem 12. März 1780, als er ins Weimarer Pagenkorps eingetreten war, nicht mehr ständig im Elternhaus: „Den 12ten dieses hat der Page von Stein seinen Dienst an-

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BRIEFE 67/68

getreten und hat eine Jagd Livree erhalten“ (FB 1780, S. 63). – Der älteste Sohn Carl, damals bereits 15-jährig, war im März 1780 an das Collegium Carolinum nach Braunschweig gegangen, eine Ausbildungsstätte besonders für junge Adlige, die nicht die Universität beziehen wollten. Am 18. März hatte er sich von Knebel verabschiedet: „Der junge Stein war hier, Abschied nach Braunschweig zu nehmL.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 13r.) 44,7 Kestnern] Johann Friedrich Kästner, Hauslehrer bei der Familie von Stein, der Ende Juni eine Anstellung als Lehrer im Weimarer Pagenkorps erhielt (vgl. die erste Erläuterung zu 78,14). 44,7 Schnepfe] Wahrscheinlich ein Jagdgeschenk Herzog Carl Augusts. – Die Schnepfenjagd beginnt nach der Schneeschmelze, meist Mitte März, und endet mit Beginn der Brutzeit. Dass im April ‚Schnepfenzeit‘ war, belegt ein Eintrag von Goethes Köchin Anne Dorothee Wagenknecht in den „Küchenrechnungen“ vom 5. April 1783: „Abends bei die Gnädige Fr. von Stein eine gebrade Schnepe“ (GR/RB [Küchenrechnung] 1783, Bl. 27r). Die „Schnepe“, mundartlich für ‚Schnepfe‘, musste laut Rechnungsbuch nicht bezahlt werden, war also ein Geschenk. – 1780 begann die Schnepfenjagd wegen des lang anhaltenden Winters vermutlich später als gewöhnlich. Mitte April, als es vorübergehend wärmer wurde (vgl. 44,4–5), könnte dafür aber die passende Gelegenheit gewesen sein. 44,8 vom Wind nicht abhalten] Laut Knebels Tagebuch vom 18. April 1780 war „die ganze Zeit über sehr stürmig Wetter“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 17v).

67. An Charlotte von Stein

〈Weimar, erste Hälfte April 1780?〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Der vorliegende Brief ist nicht in den gebundenen Konvoluten der Briefe Goethes an Charlotte von Stein überliefert, sondern gehört zu den wenigen, die vor Anlage der Bände entnommen wurden (vgl. Vorbemerkung zur Gesamtüberlieferung zu Nr 1). Die Datierung ist unsicher. Lediglich die Anrede belegt, dass er vor dem Wechsel vom ‚Sie‘ zum vertraulichen ‚Du‘ geschrieben wurde, der endgültig zwar erst nach dem 22. September 1781 erfolgte. Doch schon seit März 1781 verwendete Goethe gelegentlich das ‚Du‘ (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496). Der Brief könnte aus der ersten Jahreshälfte 1780 stammen, bevor Charlotte von Stein nach Mörlach reiste (vom 8./9. Juni bis zum 21. Juli 1780). Vom Tonfall her passt er in die erste Aprilhälfte 1780 (vgl. zu 44,16–17).

APRIL 1780

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ÜBER L IEF ERU NG

H: Museum für Kommunikation, Frankfurt a. M., Sign.: Inventar Nr 4.2.130, Autographen-Sammlung. – 1 Bl. 20 × 12 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. E: Autographen aus allen Gebieten. Auktion am 11. und 12. Juni 2002. Katalog 676. J. A. Stargardt, S. 50, Nr 94; danach gedruckt in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 26. Mai 2002, Nr 21, S. 21 (mit Faksimile) (Volker Weidermann). WA: Nicht gedruckt. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 44,12 Ein Zeichen kann in zweyerley Bedeutungen genommen werden] Hier mit Bezug auf den unten erwähnten Handschuh, der sowohl als ‚Fehdehandschuh‘, aber auch „als Unterpfand der Liebe“ (GWb 4, 692) gelten kann, worauf Goethe hier wohl anspielt. 44,13 Mein Handschuh] Handschuhe spielen in der Korrespondenz zwischen Goethe und Charlotte von Stein gelegentlich eine Rolle, so auch im April 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 38,11). Im Juli 1780 schenkte Goethe der Freundin die berühmten Handschue (90,19), die ihm beim Aufnahmeritual in die Weimarer Freimaurerloge am 23. Juni 1780 überreicht worden waren (vgl. zu 76,12–13). 44,13–14 die heimliche Anwesenheit eines guten Freunds] Wohl mit Bezug auf sich selbst (vgl. zu 250,13). 44,16 Ich hätte gestern bleiben 〈…〉 sollen] Demnach hat sich Goethe von einer Gesellschaft, bei der auch Charlotte von Stein zugegen war, vorzeitig entfernt, wie dies gelegentlich schon vorgekommen war (vgl. zu 42,10). 44,16–17 es beherrschten mich aber nicht die freundlichsten Geister] Wie z.B. Ende März (vgl. zu 34,15–16); Anfang April spielte Goethe ebenfalls auf ein ähnliches Ereignis an (vgl. zu 42,13).

68. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Mitte April? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung in die erste Hälfte des Juni 1778 gesetzt, seit der Ausgabe von Fielitz nach einer vermuteten inhaltlichen Parallele zum Tagebuch (vgl. zu 45,1) auf Mitte April 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 241, Nr 411). Von der Hellen ordnete ihn in

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BRIEFE 69/70

WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen, wird der vorliegende Brief im Jahr 1780 belassen. Für eine genauere zeitliche Einordnung gibt es außer der inhaltlichen Parallele zum Tagebuch keine weiteren Anhaltspunkte. Deshalb wird die bisher überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 100. – 1 Bl. 19,9 × 9,4(–9,7) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „122.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 122), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 173. WA IV 7 (1891), 267, Nr 2386. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 45,1–2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 45,1 ausreiten] Am 15. März 1780 beklagt Goethe den Mangel an Bewegung und vermerkt: Wenn ich mich nur anhalten konnte öffter zu reiten. hab ich’s doch so bequem. (GT I 1, 109f.) 45,1–2 dass ich unter wenigen 〈…〉 geschweig unter vielen] Wahrscheinlich mit Bezug auf eine Einladung Charlotte von Steins zu einer größeren Gesellschaft, wie sie im Frühjahr 1780 häufiger stattfanden (vgl. zu 38,7). 45,2–3 über die brücke kommen] Eine der Brücken, über die man zu Goethes Grundstück oberhalb des „Sterns“ gelangte, des ältesten Teils des Schlossparks, der damals vollständig von der Ilm und dem Floßgraben eingeschlossen war (vgl. die zweite Erläuterung zu 43,18; Plan der Stadt Weimar 1784, Beilage zu GB 3 I).

69. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 17. April? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck und bei Fränkel wird er ohne Begründung zwischen den 25. und 28. August 1778 (vgl. Fränkel, GoetheStein1 1, 129, Nr 269; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 118, Nr 269), seit der Aus-

APRIL 1780

167

gabe von Fielitz in die zweite Hälfte des April 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 241, Nr 412; ebenso bei Wahle und Petersen) gesetzt. Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen, wird der vorliegende Brief im Jahr 1780 belassen und nach der Beilage auf den 17. April datiert (vgl. zu 45,6). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 101. – 1 Bl. 10,3 × 7,1 cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „124“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 124), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 180. WA IV 7 (1888), 267, Nr 2388. BEIL AG E

Lebensmittel (vgl. zu 45,6). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 45,6 schickt der Herzog etwas frisches] Wahrscheinlich Wildbret, das Carl August von der Jagd mitgebracht hatte. – Wegen des anhaltend schlechten Wetters war 1780 die Auerhahnjagd, ein beliebtes herzogliches Wintervergnügen, verschoben und laut Knebels Tagebuch schließlich am 16. April nachgeholt worden: „Der Herzog und der Prinz 〈Constantin〉 und der Stadthalter 〈von Dalberg〉, warL die Nacht in München, AuerhahnL Palz.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 17v; vgl. zu 38,3.) Der vorliegende Brief könnte vom Morgen des 17. April 1780 stammen.

70. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 52. – 1 Bl. 19 × 8,6(–8,9) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „21.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 21), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 297. WA IV 4 (1889), 208, Nr 930.

168

BRIEFE 71/72

BEIL AG E

Blumen (vgl. zu 45,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 45,8 Himmels Erscheinung] Dem Kontext zufolge der Schneefall, welcher nach vorübergehend frühlingshaftem Wetter eingesetzt hatte (vgl. zu 43,17). 45,8–9 hier hausen] Haußen: ältere Nebenform zu ‚draußen‘, ‚außerhalb‘; im ausgehenden 18. Jahrhundert nur noch „in den niedrigen Sprecharten“ gebraucht (Adelung 2, 1035). – Hier mit Bezug auf Goethes Garten oberhalb des „Sterns“, der damals noch vor den Toren der Stadt, also außerhalb, lag (vgl. zu 104,17). Schon im November 1776 hatte Goethe sein Gartenhaus winterfest machen lassen und bewohnte es seither auch in der kalten Jahreszeit. 45,9 artig] Im 18. Jahrhundert oft benutztes Wort; hier im Sinne von ‚hübsch‘, ‚anmutig‘ (vgl. GWb 1, 840). 45,10 Blumen] Frühlingsblumen aus Goethes Garten, vielleicht Veilchen (vgl. 44,4). 45,11 Athmosphäre] Hier das besondere Klima, das Fluidum einer Person (vgl. GWb 1, 889), der positiv konnotierte ‚Dunstkreis‘ um Charlotte von Stein.

71. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 22. April 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Schöll setzt ihn im Erstdruck in der Annahme, er sei kurz vor einer Reise Goethes nach Allstedt geschrieben worden, auf den 9. August 1778 (vgl. GB 3 II, zu 226,1). Seit der Ausgabe von Fielitz wird er nach der Einordnung im Konvolut ins Jahr 1780 und dem Inhalt auf den 22. April 1780 datiert, als Goethe gemeinsam mit dem Herzog zu einer Reise nach Leipzig aufbrach (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 241, Nr 414). Diese Datierung, die von den nachfolgenden Ausgaben übernommen wurde, erscheint plausibel und wird daher beibehalten (vgl. die erste und die zweite Erläuterung zu 45,13). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 89. – 1 Bl. 16,1 × 7,5 cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger

APRIL 1780

169

Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, roter Siegelrest; Vs. rechts neben der Paraphe von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „86.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 93), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 179. WA IV 4 (1889), 209, Nr 931. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 45,13 Liebste noch einen guten Morgen.] Korrespondiert mit dem Beginn des Briefes, den Goethe nach der Rückkehr aus Leipzig an die Freundin schrieb (vgl. 46,1). 45,13 Wir werden bösen Weeg haben.] ‚Böse Wege‘, d.h. unbefestigte oder gebirgige Strecken, waren zwischen Weimar und Leipzig häufig zu überwinden. – Laut Fourierbuch vom 22. April 1780 „verreißeten DurchL. Herzog auf einige Tage nacher Leibzig“ (FB 1780, S. 96). Parallel dazu heißt es in Goethes Tagebuch vom April 1780: Waren in Leipzig. Vergnügte Tage. der Fürst v. Dessau war da mit Erdmannsdorf. Ich gewinne viel Terrain in der Welt. (GT I 1, 110,18–19) Anlass der Reise, die während der Leipziger Ostermesse stattfand, könnte u.a. ein Besuch bei Adam Friedrich Oeser gewesen sein, der Goethe und den Herzog in künstlerischen Dingen beriet und den Kauf von Zeichnungen vermittelte (vgl. Carl August an Merck, 30. April 1780; Merck, Briefwechsel 2, 429). 45,13–14 Ich seh Sie bald wieder.] Goethe und der Herzog kehrten am 26. April spät in der Nacht nach Weimar zurück (vgl. zu 46,1–2). 45,14 gegen 4 Uhr] Wenn der Brief vom 22. April 1780 stammt, dann wurde er in aller Eile frühmorgens kurz vor dem Aufbruch Goethes nach Leipzig geschrieben (vgl. Überlieferung).

72. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 27. April 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach dem inhaltlichen Bezug zum Tagebuch Goethes wie auch Knebels sowie zum Fourierbuch auf den 27. April 1780 datiert (vgl. zu 46,1–2).

170

BRIEFE 73/74

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 90. – 1 Bl. 16,1 × 8,2 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v St〈ein〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „88.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 95), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 297. WA IV 4 (1889), 209, Nr 932. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vermutlich vom 23. oder 24. April 1780 (vgl. zu 46,2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 46,1 Guten Morgen allerliebste.] In fast wörtlicher Parallele zum Beginn des Abschiedsbriefes kurz vor dem Aufbruch zur Leipziger Reise am 22. April 1780 (vgl. 45,13). 46,1–2 in dem entsezlichsten Wetter 〈…〉 angekommen] Von der mit dem Herzog unternommenen Reise nach Leipzig (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13). – Laut Tagebuch kehrte Goethe in der Stürmischen Nacht. vom 25. auf d. 26. 〈April〉 zurück. (GT I 1, 110.) Nach dem Fourierbuch und nach Knebels Tagebuch kamen der Herzog und damit auch Goethe erst in der Nacht vom 26. April in Weimar an: „Heute Nacht um ½ 12 uhr kahmen DurchL. Herzog wiederum Gesund und wohl hier an.“ (Eintrag vom 26. April; FB 1780, S. 99); „Sturm und Regen. Der Herzog kam von leipzig wieder.“ (Eintrag vom 27. April; Knebel, Tgb. 1780, Bl. 19r.) 46,2 Ihren Brief] Nicht überliefert. – Wahrscheinlich hatte sich Charlotte von Stein darin nach dem Tag der Rückkehr Goethes von seiner Reise erkundigt. 46,3 bey Naumb. erhalten] Naumburg, etwa 50 km südwestlich von Leipzig an der alten Handels- oder Heerstraße (Via Regia) gelegen.

73. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. April 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 52. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Vs./Rs. untere Ecken rote Siegelreste, abgeschnitten durch Öffnen des Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „22“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 22), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

APRIL 1780

171

E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 297. WA IV 4 (1889), 209, Nr 933. BEIL AG E

Blumen (vgl. die erste Erläuterung zu 46,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 46,5; zu 46,6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 46,5 überschickte] Möglicherweise Lebensmittel, denen ein nicht überlieferter Begleitbrief Charlotte von Steins beigelegen haben könnte. 46,6 viel Vergnügen auf heute] ‚Auf‘ hier in Verbindung mit ‚heute‘ „zur Bezeichnung einer künftigen Zeit“ (Adelung 1, 472). – Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein in ihrem nicht überlieferten Bezugsbrief mitgeteilt, dass sie gemeinsam mit der Herzogin und deren Gesellschaft nach Tiefurt fahren werde. Laut Knebels Tagebuch vom 28. April 1780 war „Mittags 〈…〉 die regierende Herzoginn nebst ihrem Hof hier 〈in Tiefurt〉.“ Am Abend fuhr Knebel „mit Fr. v. Stein zurück, und blieb bey der Herzoginn Mutter.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 19r.) 46,7 blumen] Aus dem eigenen Garten (vgl. 44,4). 46,7 Das Wasser war gros] Goethes Grundstück oberhalb des „Sterns“, des ältesten Teils des Schlossparks, war vollständig von der Ilm und dem Floßgraben eingeschlossen, die offenbar infolge der anhaltenden Regenfälle der vergangenen Wochen Hochwasser führten. – ‚Groß‘ hier im weiteren Sinne „ein mehr als gewöhnliches Maß der Ausdehnung habend“ (Adelung 2, 811). 46,8 Flosholz] Holz, das über Ilm und Floßgraben verflößt wurde. Zwischen dem „Stern“ und der Kegelbrücke war der so genannte Floßholzplatz gelegen (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784, Beilage zu GB 3 I). 46,8 die Brücke] Die hölzerne Floßbrücke (heute Naturbrücke) vis à vis von Goethes Garten.

74. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 30. April 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach der inhaltlichen Parallele zu Goethes Tagebuch auf den 30. April 1780 datiert (vgl. zu 46,11–12).

172

BRIEF 75

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 84. – 1 Bl. 16,1 × 9,7(–9,9) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „70“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 77), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 298. WA IV 4 (1889), 210, Nr 934. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 46,10). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 46,10 Hätten Sie mirs vorausgesagt] ‚Voraussagen‘ hier im Sinne von ‚rechtzeitig, früher sagen‘. – Wahrscheinlich als Antwort auf einen nicht überlieferten Bezugsbrief, in dem Charlotte von Stein Mitteilung von einer kurzfristig anberaumten Reise machte. 46,11 Glückliche Reise!] Da aus dem Kontext hervorgeht, dass Goethe die Freundin noch am selben Abend zurückerwartete, kann es sich nur um eine kurze Reise handeln, vielleicht in das etwa 27 km südlich von Weimar gelegene Landgut Kochberg. 46,11–12 Ich lese meinen Werther!] Am 30. April 1780 vermerkt Goethe im Tagebuch: las meinen Werther. seit er gedruckt ist das erstemal ganz. und verwunderte mich. (GT I 1, 110.) Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ war zuerst Anfang Oktober 1774 bei Weygand in Leipzig erschienen und in den folgenden Jahren vielfach nachgedruckt (vgl. Hagen, 110–115, Nr 80–91) und übersetzt worden (vgl. GB 3 II, zu 338,25). Der „Werther“, zu dessen enthusiastischen Leserinnen auch Charlotte von Stein gehörte, hatte Goethe zwar schlagartig berühmt gemacht, war aber keineswegs nur auf Zustimmung gestoßen. Neben polemischen Rezensionen erschienen Parodien, Imitationen, Fortsetzungen und Gegenstücke sowie Versuche, die historischen Personen und Orte des Romans zu entschlüsseln (vgl. zeitgenössische Rezensionen zum „Werther“ bei Blumenthal, 41–128). Außerdem wurde der Autor selbst zum Gegenstand von Zudringlichkeiten und öffentlicher Neugier. Recht bald war er deshalb das ausgraben, und seziren seines armen Werthers so satt, wie er im Brief vom 7. bis 10. März 1775 an Augusta zu Stolberg klagte (GB 2 I, 175,4–5). Wie weit sich Goethe mit seiner Übersiedlung nach Weimar sowohl in künstlerischer Hinsicht wie auch persönlich von seinem Erstlingsroman entfernt hatte, belegen u.a. die seltenen Erwähnungen des Romans in seinen Briefen an Charlotte von Stein. So schreibt er am 28. April 1777: Habe nach Tisch von ohngefähr Werthern in die Hand gekriegt, wo mir alles wie neu und fremd war. (GB 3 I, 142,6–7; vgl. auch GB 3 II, 315f.)

MAI 1780

173

46,14 die Schl.] Möglicherweise Dorothea Philippine Franziska Schleißing, die Frau des Kochberger Gerichtshalters. 46,14 Gluck zur Cur] Wohl mit Bezug auf die zuvor Gegrüßte; Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden.

75. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 52. – 1 Bl. 16,2 × 9,4 cm, 1 S. (Rs.) beschr., egh., Bleistift; Vs. egh. Zeichnung, Tusche (Schweinehütte; vgl. Corpus VIa, 57, Nr 199b, Zeichnung nicht reproduziert); Rs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 23), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Faksimile (Vs.): Abb. 1 im Textband (S. 47). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 298. WA IV 4 (1889), 210, Nr 935. BEIL AG E

Hymne (vgl. die zweite Erläuterung zu 48,2). ERL ÄUT ERUNGEN

48,2 Ich schicke ihnen das höchste und das tiefste] Die Verbindung von ‚hohem‘ und ‚niederem‘ Stil, deren sich Goethe als Dichter und als Zeichner bediente. 48,2 Hymne] Möglicherweise das Gedicht „Gränzen der Menschheit“, das zwar unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein nicht überliefert ist, aber 1779/80 entstanden sein könnte (vgl. FA/Goethe I 1, 1045). Eine eigenhändige Reinschrift hat sich im Faszikel „Vermischte Gedichte“ (Zweyte Sammlung; GSA 25/W 2, S. 116–117) erhalten, die Teil der Textgrundlage für die erste Gesamtausgabe von Goethes Gedichten war (Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789). Im Handschriften-Faszikel ist das Gedicht als zehntes in einer Reihe von insgesamt 11 Hymnen angeordnet (vgl. FA/Goethe I 2, 332f., insgesamt vgl. 316–335). Alle übrigen Hymnen sind mehr oder weniger genau zu datieren und kommen nicht als Beilage zum vorliegenden Brief in Frage (vgl. FA/Goethe I 1, 1030–1045; 1047f.; GB 3 II, Beilage 2 zu Nr 536; GB 4, Nr 173). Die früheste überlieferte Fassung des Gedichts, eine Abschrift Herders mit abweichendem Titel, stammt vermutlich aus dem Jahr 1781 (vgl. zu 325,1):

MAI 1780

173

46,14 die Schl.] Möglicherweise Dorothea Philippine Franziska Schleißing, die Frau des Kochberger Gerichtshalters. 46,14 Gluck zur Cur] Wohl mit Bezug auf die zuvor Gegrüßte; Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden.

75. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 52. – 1 Bl. 16,2 × 9,4 cm, 1 S. (Rs.) beschr., egh., Bleistift; Vs. egh. Zeichnung, Tusche (Schweinehütte; vgl. Corpus VIa, 57, Nr 199b, Zeichnung nicht reproduziert); Rs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 23), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Faksimile (Vs.): Abb. 1 im Textband (S. 47). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 298. WA IV 4 (1889), 210, Nr 935. BEIL AG E

Hymne (vgl. die zweite Erläuterung zu 48,2). ERL ÄUT ERUNGEN

48,2 Ich schicke ihnen das höchste und das tiefste] Die Verbindung von ‚hohem‘ und ‚niederem‘ Stil, deren sich Goethe als Dichter und als Zeichner bediente. 48,2 Hymne] Möglicherweise das Gedicht „Gränzen der Menschheit“, das zwar unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein nicht überliefert ist, aber 1779/80 entstanden sein könnte (vgl. FA/Goethe I 1, 1045). Eine eigenhändige Reinschrift hat sich im Faszikel „Vermischte Gedichte“ (Zweyte Sammlung; GSA 25/W 2, S. 116–117) erhalten, die Teil der Textgrundlage für die erste Gesamtausgabe von Goethes Gedichten war (Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789). Im Handschriften-Faszikel ist das Gedicht als zehntes in einer Reihe von insgesamt 11 Hymnen angeordnet (vgl. FA/Goethe I 2, 332f., insgesamt vgl. 316–335). Alle übrigen Hymnen sind mehr oder weniger genau zu datieren und kommen nicht als Beilage zum vorliegenden Brief in Frage (vgl. FA/Goethe I 1, 1030–1045; 1047f.; GB 3 II, Beilage 2 zu Nr 536; GB 4, Nr 173). Die früheste überlieferte Fassung des Gedichts, eine Abschrift Herders mit abweichendem Titel, stammt vermutlich aus dem Jahr 1781 (vgl. zu 325,1):

174

BRIEF 76

Ode.

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35

Wenn der uralte heilige Vater mit gelaßner Hand aus rollenden Wolken segnende Blitze über die Erde sät küß ich den letzten Saum seines Kleides. Kindliche Schauer Treu in der Brust. Denn mit Göttern soll sich nicht messen Irgend ein Mensch. hebt er sich aufwarts u〈n〉d. erührt mit dem Scheitel die Sterne; Nirgends haften dann die unsichern Solen u〈n〉d. mit ihm spielen Wolken u〈n〉d. Winde. Steht er mit festen markigen Knochen auf der wohlgegründeten daurenden Erde; reicht er nicht auf nur mit der Eiche oder der Rebe sich zu vergleichen. Was unterscheidet Götter von Menschen? Daß viele Wellen vor ein jenen wandlen ein ewiger Strom; Uns hebt die Welle verschlingt –– u〈n〉d. wir versinken.

MAI 1780

175

Ein kleiner Ring begränzt unser Leben u〈n〉d. viele Geschlechter reihen sie daurend an ihres Daseyns unendliche Kette. (Abschrift Johann Gottfried Herders. – h: SBB/PK, NL Herder XXXII,5.) 48,3 Schweinstall] Vgl. Abb. 1 im Textband (S. 47). – Die Zeichnung ist laut Datierung (48,6) schon am 22. April entstanden, als sich Goethe auf dem Weg nach Leipzig befand (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13). Der vorliegende Brief wurde also erst nach der Rückkehr in Weimar auf die Rückseite der Zeichnung geschrieben. – Das Motiv der ‚Schweinehütte‘ findet sich noch auf zwei weiteren für Charlotte von Stein bestimmten Zeichnungen, die am 10. Mai 1778 (vgl. Beilage 2 zu GB 3 II, Nr 359) und am 22. September 1781 (vgl. Beilage zu Nr 497; Abb. 17 im Textband [S. 327]) jeweils ebenfalls auf der Reise in Richtung Leipzig entstanden sind und immer dieselbe Vorlage in nur leicht voneinander abweichender Darstellung wiedergeben. Vorbild für Sujet und Ausführung war die niederländische Genremalerei des 17. Jahrhunderts, vor allem Adriaen van Ostade (vgl. GB 3 II, zu 189,15 und die erste Erläuterung zu 189,18; vgl. auch Maisak, Goethe-Zeichnungen, 110f.). 48,6 dl 22 Apr 80.] Datierung der Bleistiftzeichnung, die zeitlich vor dem Text des vorliegenden Briefes geschrieben wurde.

76. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 1. Mai 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 115. – Doppelblatt 20 × 27,6 cm, 2 ½ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; Anlagestriche am linken Rand neben 48,9 Hier schik’ ich dir 〈…〉 von Hamann.; 49,4–5 Das Manuskript das beiliegt 〈…〉 des Statthalter von Dalberg.; 50,3 An Bäben gieb Inliegendes; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 78–81, Nr 22 (Teildruck mit Auslassungen: 48,16–19 Von den hundert Blättern 〈…〉 bist du gar arm.; 49,12–20 Dass es mit Haugwiz 〈…〉 hab’ ich Auskunft.; die letzten Zeilen aus Goethes Brief an Lavater vom 2. Januar 1776 [GB 3 I, 23,1–3] als Nachschrift angefügt).

40

176

BRIEF 76

E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 189f. (Teildruck: 49,12–18 Dass es mit Haugwiz 〈…〉 Geschichte mit Wasern wissen.). E3: WA IV 4 (1889), 210–213, Nr 936 (Eduard von der Hellen). BEIL AG EN

1) Johann Georg Hamanns „Zwey Scherflein zur neusten Deutschen Literatur“ (vgl. zu 48,9). 2) Physiognomische Aufzeichnungen von Carl Theodor von Dalberg (vgl. zu 49,4–5). 3) Manuskript für Barbara Schultheß (vgl. 50,3). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Briefe vom 18. März (vgl. RA 1, Nr 111) und 8. April 1780 (vgl. RA 1, Nr 115). – Lavater antwortete am 12.–13. Mai 1780 (vgl. RA 1, Nr 118). 48,8 Deine Briefe und Beilagen] In den überlieferten Bezugsbriefen wurden keine Beilagen erwähnt. Möglicherweise hatte Lavater nicht näher zu bestimmende Bilder, eine Abschrift von Semlers Brief vom 24. Dezember 1779 (vgl. zu 14,24; abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1021f.) oder Nachrichten über Johann Heinrich Waser (vgl. zu 49,18) geschickt. 48,9 neue trefliche Bogen von Hamann] Johann Georg Hamanns „Zwey Scherflein zur neusten Deutschen Literatur“ (〈Weimar〉 1780; vgl. Ruppert, 133, Nr 944). – Die zwei Teile von Hamanns Schrift waren jeweils als Reaktion gegen Klopstocks und Johann Heinrich Campes Sprachpurismus konzipiert: Klopstocks „Ueber die deutsche Rechtschreibung“ war als Beilage zum zweiten Band von Johann Heinrich Campes „Sammlung einiger Erziehungsschriften“ (Leipzig 1778) veröffentlicht worden. Herder hatte den Druck von Hamanns Schrift auf zwei Bogen in Weimar betreut und auf dessen Anweisung Goethe jeweils ein Exemplar für ihn und für Lavater zukommen lassen (Brief an Herder vom 2. bis 3. Februar 1780; vgl. Johann Georg Hamann: Briefwechsel. Bd 4 [1778–1782]. Hrsg. von Arthur Henkel. Wiesbaden 1959, S. 166). Lavater berichtete in seinem Antwortbrief über diese Lektüre: „Ich habe das Hamanische Perlgenie im Öle meines Stumpfsinns verschlungen – ach! daß ich ganz den Mann verstühnde! sein Combinations Geist ist der Gegenstand meiner Verliebtheit – Im höchsten Gottes Geheimniß, u. einem Comma, oder Punktum d a s s e l b e zusehen, ist Genie, Inspiration.“ (GoetheLavater3, 112.) 48,12 Deine Albrecht Dürer sind nunmehr schön geordnet.] Goethe hatte Lavaters Dürer-Sammlung neu sortiert (vgl. zu 13,18). Laut Tagebuch beschäftigte er sich noch Mitte Mai 1780 mit der Sammlung: Bracht ich Lavaters Albrecht Dürers in Ordnung. (GT I 1, 111.)

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48,12 Bertuch] Als Geheimer Sekretär und Schatullverwalter des Herzogs Carl August war Friedrich Justin Bertuch, der 1775 die Gründung der Weimarer Zeichenschule vorangetrieben hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 200), auch für die Betreuung der herzoglichen Kunstsammlungen zuständig. 48,13–16 Auf der Leipziger Messe 〈…〉 die ganze Sammlung abgeht.] Carl August und Goethe waren am 22. April nach Leipzig gefahren und am 26. April 1780 zurückgekehrt (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13). Dort hatten sie einige Kupferstiche Dürers erworben, wie Carl August Merck am 30. April 1780 berichtete: „Göthe hat in Leipzig, wo er mit mir etliche tage gewesen, verschiedene A. Dürers, Originale u. Copien gekauft; erstere für L., letztere für mich. Ein Original habe ich erwischt. den Churfürst Friedrich v. Sachsen; dieses fehlte mir auch noch.“ (Merck, Briefwechsel 2, 429.) In den Unterlagen der herzoglichen Schatulle befindet sich die entsprechende Quittung: Aus Durchl des Herzogs Scatoulle sieben Louisdors Auslagen, auf der Leipziger Reise, erhalten Weimar den 20 Mai 1780. Goethe (H: LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1087, Bl. 44a, Beleg Nr 361. Mit Bertuchs Eintragung: „Für Albr. Dürers Blätter, welche Serenissimus für HL. Lavater gekauft.“) Welche konkreten Stücke in Leipzig erworben wurden, lässt sich nicht mehr nachvollziehen (vgl. zu 13,18). Der von Goethe benutzte Katalog weist 16 Marienbildnisse nach (vgl. Hüsgen, Verzeichnis Dürer, 16–24, Nr 30–45). 48,16 hundert Blättern] Der Katalog von Dürers Kupfer- und Eisenstichen zählt 100 Stücke (vgl. Hüsgen, Verzeichnis Dürer; zu 13,25–14,1). 48,17 Quart] Von lat. quartus: Viertel (vgl. Adelung 3, 882f.). 48,19 Suche du] Erneute Aufforderung an Lavater, nachträglich eingegangene Stiche Dürers nach Weimar zu schicken (vgl. 28,10–12). 48,20 das Treiben Jehu] Anspielung auf 2 Kön. 9,20: „Das verkündigte der wächter, und sprach: Er ist zu ihnen kommen, und kommt nicht wieder. Und es ist ein treiben, wie das treiben Jehu, des sohnes Nimsi, denn er treibet, wie er unsinnig wäre.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 334.) 49,1 Copie und Original] Goethe hatte durch die intensive Beschäftigung mit Graphiken seinen Blick geschult und konnte auf die unterschiedliche Qualität der Abzüge achten (vgl. zu 13,18; zu 39,24–25). 49,4–5 phisiognomische Bemerkungen des Statthalter von Dalberg] Nicht überliefert. 49,5–6 Schreib’ doch] Lavater ging in seinem Antwortbrief auf Goethes Bitte ein: „D a h l b e r g s wahrheitreiches Ding hab’ ich beym Nachteßen durchlaufen. Ich finde fast durchaus Gleichheit mit meinen Erfahrungen – nur nicht genug Ge-

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meinheit.“ (Goethe-Lavater3, 112.) Ein Brief Lavaters an den kurmainzischen Statthalter von Erfurt in dieser Angelegenheit ist nicht überliefert. Dalberg hatte vom Beginn an die „Physiognomischen Fragmente“ subskribiert (vgl. das Verzeichnis der Subskribenten, in: Physiognomische Fragmente 1, o. S.). Er hatte sich wohl an Goethe gewandt, um durch dessen Vermittlung Lavaters Verbot (vgl. ebd. 4, 486) zu umgehen, ihm Silhouetten und Zeichnungen zum Beurteilen zuzusenden. Goethe hatte Dalberg, den er als vielseitig interessierten und gut vernetzten Gesprächspartner schätzte (vgl. zu 52,1), zuletzt während dessen Aufenthalt in Weimar zwischen dem 13. und dem 18. April 1780 gesehen (vgl. FB 1780, S. 88–93; GT I 1, 110). 49,12 Haugwiz] Vgl. zu 49,14. 49,12 Die Sache] Der Skandal um Christoph Kaufmanns Auftreten während seiner Deutschlandreise (vgl. zu 30,15–16). 49,14 Hüte dich für dem Lumpen] Erneute Warnung vor Christoph Kaufmann (vgl. zu 30,15–16). Lavater hatte am 18. März 1780 über einen Brief von Haugwitz mit Informationen über Kaufmanns seltsames Verhalten berichtet (vgl. Goethe-Lavater3, 106). Auf die vorliegende Warnung reagierte Lavater im Antwortbrief: „Wegen K a u f f m a n n s sey ruhig – Ich habe gar keinen Zug noch Hang – zu ihm zurückzukehren. U. auf einen liebreichen Brief, den er mir schrieb, antwortet’ ich ganz ruhig – ‚Es ist beßer, wir schreiben u. sehen einander noch nicht‘ –“ (ebd., 113; weder Kaufmanns Brief an Lavater noch dessen Antwortbrief sind in Lavaters Zürcher Nachlass überliefert). Lavater blieb jedoch an der Causa Kaufmann beteiligt: Haugwitz bot dem finanziell angeschlagenen Kaufmann an, sich in einem seiner Güter in Schlesien niederzulassen, und schickte Lavater am 10. Juli 1780 eine Abschrift des Vertrags mit Kaufmann vom 9. Juli 1780 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 511.256–257). Darin war eine finanzielle Unterstützung durch Haugwitz gegen strenge Auflagen und die Übersiedlung nach Schlesien vorgesehen, die 1781 erfolgte (vgl. Werner Milch: Christoph Kaufmann. Frauenfeld und Leipzig 1932, S. 145–149). Lavater berichtete Goethe am 15. Juli 1780 vom Vertragsabschluss (vgl. Goethe-Lavater3, 122). – ‚Für‘ regional und dialektal für ‚vor‘, in den frühen Briefen Goethes häufig synonym verwendet (vgl. GWb 3, 1026). 49,18 die Folge der Geschichte mit Wasern] Lavater hatte Goethe bereits am 18. März 1780 von der Festnahme Johann Heinrich Wasers berichtet, „der in dem schlözerschen Briefwechsel vaterländische Geheimniße und Lügen eingerükt und Urkunden entwendet hat“ (Goethe-Lavater3, 105). Im zweiten Bezugsbrief hatte sich Lavater ausführlicher über Wasers Persönlichkeit geäußert: „Hätt’ ich Zeit, ich schriebe dir gern was über die merkwürdige Geschichte dieses sonderbaren Menschen, der von allem den Schein – nichts aber wirkliches hat; deßen G e i s t e s s t ä r k e nichts, als enorme, mit Höflichkeit gefärbte I m p u d e n z, deßen K l u g h e i t bloß L i s t für den M o m e n t ist, – ein Mensch ohne Liebe – ohne Freünd, und den-

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noch ein treüer Ehemann – und der dienstfertigste Mensch von der Welt.“ (GoetheLavater3, 108.) Möglicherweise hatte Goethe außerdem eine Abschrift von Lavaters an „Verschiedene Zusender“ gerichtetem Brief vom 10. April 1780 erhalten (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 49.2). – Waser hatte sich nach seiner Suspension als Pfarrer an der Kreuzkirche in Riesbach bei Zürich im Jahr 1774 statistischen, ökonomischen und demographischen Studien gewidmet, die soziale Missstände aufdeckten. Als die Zürcher Regierung ihm die Veröffentlichung verwehrte, hatte er sich an den Göttinger Historiker August Ludwig Schlözer gewandt, der vier Schriften Wasers in seinem „Briefwechsel meist historischen und politischen Inhalts“ ohne Angabe des Verfassers abdruckte (vgl. zu 148,3). Daraufhin war Waser am 17. März 1780 festgenommen und wegen Verrats von Staatsgeheimnissen sowie Entwendung von Urkunden angeklagt worden. – Lavaters Vorhersage, „die Sache wird weltkündig werden, und vieles nach sich ziehn“, sollte sich bewahrheiten (GoetheLavater3, 105): Der Fall, der zur Hinrichtung Wasers am 29. Mai 1780 führte und in die Geschichtsbücher als ‚Waser-Handel‘ einging, löste eine große Debatte in Deutschland aus und fügte dem Ansehen der Eidgenossenschaft einen enormen Schaden zu (vgl. Exemplarische Bestrafung eines Preßvergehens im J. 1780 oder Johann Heinrich Wasers Prozeß und Hinrichtung. In: Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft 4 [1828], S. 288–416; Rolf Graber: Der Waser-Handel. Analyse eines soziopolitischen Konflikts in der Alten Eidgenossenschaft. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 30 [1980], S. 321–356; Uwe Hentschel: Der Waser-Handel im Spiegel der deutschen Literatur. In: Zürcher-Taschenbuch 120 [1999], S. 177–191). – Die Briefpartner setzten sich in den darauffolgenden Monaten intensiv mit Wasers Geschichte auseinander (vgl. zu 68,4; zu 81,11; die zweite Erläuterung zu 94,24; zu 102,5; zu 107,7–8; zu 147,2). 49,19 Die Lotte und die indianischen Zeichnungen] Lavater hatte am 8. April 1780 eine Sendung über seinen Leipziger Verleger Reich angekündigt (vgl. Goethe-Lavater3, 107). Es handelte sich vermutlich zum einen um ein nicht ermitteltes Lotte-Porträt (vgl. die erste Erläuterung zu 14,27), zum anderen um Zeichnungen von Carl von Imhoff, der sich zwischen 1769 und 1773 in Indien aufgehalten hatte (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 76,16). Imhoff vermarktete die mitgebrachten Zeichnungen; er bat Knebel am 10. August 1780, als dieser sich fast auf der Rückreise von der Schweiz befand: „Nehmen Sie mich ja mit, Sie mögen so tief in die Schweitz gehen, als Sie wollen. 〈…〉 So gut ich Ihnen bin, soviel ich Ihnen Bekannte und Freunde wünsche, so beneide ich Ihnen doch, daß Sie Lavater schon wieder gesehen haben und ich noch niemalen. Ich schätze ihn doppelt und 3fach, weil er meine Schwester, die ich so lieb habe, so gut fand, meine Zeichnung lobte und von Ihnen so erhoben wird. 〈…〉 Vergessen Sie nicht meine indianische Bilder, und wann was weiters derlei verlangt wird, so will ich es senden.“ (Imhoff, 262f.) Knebels Briefe an Imhoff sind nicht überliefert. – Wie Lavater Imhoffs

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Zeichnungen erhalten hatte, ist unklar. Sein Interesse dürfte im Zusammenhang mit den physiognomischen Studien gestanden haben, vermutlich hatte er bereits eine Zeichnung Imhoffs als Vorlage für einen Stich genommen (vgl. Imhoff, 32; Physiognomische Fragmente 4, 309). 49,20 Von Matthäi hab’ ich Auskunft.] Carl Matthaeis Brief an Goethe ist nicht überliefert. Lavater hatte sich am 8. April 1780 auf dieses Schreiben bezogen: „In ansehung der Pension 〈hier: Erziehungsanstalt〉, von deren mir der Herzog schrieb, habe ich noch keine Auskunft. M a t t e i schreibt mir: E r habe d i r über so was ausführlich geschrieben. Hier in Zürich ist alles so Bürgerlich, so klein, daß hochadeliche Fräulein sich kaum würden drein finden können.“ (Goethe-Lavater3, 107.) In Matthaeis nicht ermitteltem Brief an Lavater ging es wohl um die Suche nach einem Erziehungsinstitut für die 1774 geborene Louise Henriette Caroline, die Tochter des Grafen von Werthern-Beichlingen, in die auch Herzog Carl August involviert war, wie aus dessen Brief an Lavater vom 4. April 1780 mit einer subtilen Anspielung auf die unglückliche Ehe der Eltern hervorgeht: „Auch für den Antheil an der Steinin, od. vermählte Graf. Werthern, dancke ich Ihnen, sie verdients, es ist ein reines verständiges Wesen, die viel leidet.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 505.45; vgl. Karl August und Luise-Lavater, 268.) Lavater, der aufgrund seiner Netzwerke angefragt wurde, war mit der Familie der Gräfin von WerthernBeichlingen befreundet; Goethe hatte ihre Mutter, Henriette Caroline vom und zum Stein, gemeinsam mit Lavater am 29. Juni 1774 in Nassau besucht (vgl. GB 2 II, zu 103,9–10). – Die sechsjährige Louise wurde spätestens im September 1780 in eine Erziehungsanstalt in Lausanne geschickt. Aus den 21 überlieferten Briefen der Mutter an die Tochter aus dieser Zeit geht hervor, dass das Kind unter dem Vorwand gesundheitlicher Probleme der Mutter ins Internat geschickt wurde (vgl. Archiv Cappenberg, Best. Nachlass Freiherr vom Stein [Cap.C.I], S 546, Bl. 1). Bei der damals ungewöhnlichen Entscheidung, ein so junges adliges Mädchen in ein Internat zu geben, dürfte aber eher die problematische Ehe der Eltern eine Rolle gespielt haben (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 350). – Louise blieb bis zum Sommer 1784 in Lausanne, dort wurde sie von Sophie von La Roche abgeholt und nach Nassau begleitet. Diese Reise in die Schweiz, aus der La Roches „Tagebuch einer Reise durch die Schweitz“ (Altenburg 1787) hervorging, wurde von Graf Werthern finanziert, wie die Autorin in ihren Briefen betonte (vgl. Maurer, 266 und 305). 49,21–22 die lateinische Oration 〈…〉 lies mir sie machen] Lavater hatte am 8. April 1780 von der Herausforderung berichtet, eine Pfingsten-Oration auf Latein halten zu müssen (vgl. Goethe-Lavater3, 107). Er schlug Goethes Ratschlag aus (vgl. ebd., 112). Die Predigt, die Lavater am Pfingstsonntag und Pfingstmontag (14. und 15. Mai 1780) jeweils morgens hielt, ist nicht überliefert (vgl. Klaus Martin Sauer: Die Predigttätigkeit Johann Kaspar Lavaters [1741–1801]. Darstellung und Quellengrundlage. Zürich 1988, S. 530 [Nr 452–453]).

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49,23 ein Talent] Hier im Sinne von ‚angelernter Fertigkeit‘; im Gegensatz zum sonstigen Gebrauch des Wortes für ‚angeborenes künstlerisches Vermögen‘ (vgl. zu 95,3–4). 49,24 praetendiren] Prätendieren (von lat. praetendere): verlangen, fordern. 49,28 Von dem Herzog schik’ mir Abdrüke] Am 8. April 1780 hatte Lavater angekündigt, Abdrücke von gestochenen Carl August-Porträts senden zu wollen (vgl. Goethe-Lavater3, 108). Am Tag zuvor hatte Lips Lavater geschrieben: „Hier folgt endlich das Portrait vom Herzog 〈…〉. Zu dem anderen Herzog, nach Juel, erwarte ich eine Quarttafel, damit ich ihn grade anfangL könne, weil ich sonst keine Arbeit mehr habe“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 518.285). 49,28 das Kupfer] Lavater pflichtete Goethe im Antwortbrief bei (vgl. GoetheLavater3, 114). Goethe äußerte sich enttäuscht über Lips’ Kupferstich, weil er als Abbildung der Abbildung immer entfernter von der persönlichen Eigenart der abgebildeten Person sei (vgl. die erste Erläuterung zu 69,4). 49,31–32 Halte doch ia 〈…〉 in Ordnung.] Lavater fungierte als Kunstagent im Auftrag Herzog Carl Augusts, dem er ein physiognomisches Kabinett versprochen hatte (vgl. zu 94,28–29), wie auch Goethes. Seine Auslagen können nicht mehr im Einzelnen rekonstruiert werden (vgl. die folgende Erläuterung). 49,32 Meine Auslagen für dich] Weder in Goethes Rechnungsbüchern noch in den Belegen sind die Ausgaben für Lavater vermerkt. Möglicherweise wurden diese Unterlagen gemeinsam mit Lavaters Briefen vernichtet (vgl. zu 29,21). – Im September 1780 zahlte Lavater vier Louisdor an Goethe auf „Privatrechnung“; dieser Betrag konnte nur deswegen ermittelt werden, weil Lavater in einem Brief an Bertuch darum bat, ihn von seiner Anleihe bei Carl August abzuziehen (vgl. zu 148,5). – Die herzogliche Schatulle erstattete Goethe immer wieder Ausgaben für Kunstwerke, die für Lavater bestimmt waren (vgl. zu 48,13–16), oder für Transportkosten (vgl. die zweite Erläuterung zu 13,10; zu 252,16–20). 49,33 Johanni] Der Tag des heiligen Johannes des Täufers am 24. Juni; an diesem Tag sowie am 29. September (Tag des heiligen Michael) wurden üblicherweise feststehende Zahlungen geleistet. 49,34 deine Frau und Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich und Anna (Nette). 49,34–50,1 dein Knabe 〈…〉 schreibseeliger wird] Vom 12-jährigen Heinrich Lavater ist kein Brief an Goethe überliefert. Da die Ausfertigungen von Lavaters Briefen nicht überliefert sind, lässt sich auch nicht mehr nachvollziehen, ob es etwa Nachschriften von ihm zu den Briefen des Vaters gab. – Lavater ging im Antwortbrief kurz auf seinen Sohn ein: „‚Herr, Herr, Großer Herr, – hast viel zuregiren‘ – dieß Wort, das mein Heirli dir abgehorcht, macht mir oft so wohl, daß ichs zehenmal im Mund herumwerfe.“ (Goethe-Lavater3, 112.) 50,3 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29).

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50,3 Inliegendes] Nicht ermittelt. 50,3–4 einen Brief mit der reitenden Post] Die reitende Post war schneller und teurer als die Postkutsche, die aber nicht nur Briefe, sondern auch größere Pakete befördern konnte. Ob Goethe den erwähnten Brief verfasste, ist unklar; erst am 17. Juli 1780 ist ein Brief an Barbara Schultheß nachgewiesen (EB 49).

77. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 53. – 1 Bl. 16(–16,2) × 9,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, schwarze Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „24“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 25), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 298. WA IV 4 (1889), 213, Nr 937. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 50,5 Morgen früh um achte] Laut Tagebuch am 2. Mai brach Goethe an diesem Tag zu einer Inspektionsreise nach Erfurt auf, um die Strasen zu besichtigen die das Obergleit bessert (GT I 1, 110). – Seit dem 19. Januar 1779 war Goethe Direktor der Wegebaukommission (vgl. GB 3 II, zu 256,11). 50,6 des Prinzen und Knebels Sache] Bei der hier zum ersten Mal erwähnten ‚Sache‘ zwischen Prinz Constantin und seinem Erzieher Knebel ging es nicht, wie auch in der neueren Literatur noch angenommen wird, um eine Kränkung Knebels, weil nicht er, sondern Johann Carl Albrecht als Begleiter des Prinzen für eine Reise in die Schweiz und nach Italien vorgesehen war (vgl. u.a. GT I 2, 519, zu 110,31; Journal von Tiefurt2, 20). Diese Reise trat der Prinz erst mehr als ein Jahr später, am 11. Juni 1781, an (vgl. die erste Erläuterung zu 277,5). Möglicherweise war im Frühjahr 1780 das ungeklärte Verhältnis zwischen Constantin und seinem Erzieher Knebel sowie dessen angespannte finanzielle Lage Hintergrund für den Unmuth gegen den Prinzen (51,4). Dieser war seit September 1779 mündig und Knebels Amt damit eigentlich beendet. De facto aber blieb das Lehrer-Schüler-Verhältnis wie auch die gemeinsame Tiefurter Haushaltung weiter bestehen (zur Person des Prinzen vgl. zu 33,9). Knebel befand sich zu dieser Zeit in finanziellen Schwierigkeiten, obwohl er ein vergleichsweise hohes Gehalt von 600 Reichstalern sowie eine Zulage von 200 Reichstalern aus Constantins Apanage bezog und ihm zudem Vergünstigungen wie freie Kost und Logis zustanden. Wechsel wurden fäl-

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lig, so dass er Johann August Ludecus, Schatullverwalter der Herzoginmutter Anna Amalia, der auch für die Finanzen des Prinzen zuständig war, um eine größere Summe bitten musste (vgl. zu 80,26–27; zur Sache insgesamt vgl. Sigismund, Prinz Constantin, 259). Nicht auszuschließen ist als Ursache von Spannungen auch eine Kritik Knebels an dem Verhältnis seines Zöglings zu Caroline von Ilten, welches die herzogliche Familie nicht billigte (vgl. zu 70,1–2). Dass der Unmut nicht lange anhielt und der Konflikt kein tiefergehender war, belegt u.a. Knebels Tagebuch vom 3. Mai (vgl. die folgende Erläuterung). Schon am 13. Mai vermerkt auch Goethe: Brachte des Prinzen und Kn. Sache in Ordnung. (GT I 1, 110.) – Knebel selbst unternahm 1780 eine ausgedehnte Reise über Franken und Süddeutschland in die Schweiz, zu der er am 5. Juni aufbrach. Den Prinzen unterrichtete er am 11. Mai: „Mittags beym Prinzen hier. Sagte ihm das Projeckt meiner Reyße.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 21r.) Die Briefe, die Constantin während dieser Reise an Knebel schreibt, belegen ihr freundschaftlich vertrauensvolles Verhältnis (vgl. zu 80,23–24; Wahl, Tiefurt, 28–33). Der letzte Brief vom 25. Juli endet mit dem Angebot des Prinzen an seinen ehemaligen Erzieher, er könne nach seiner Rückkehr bei ihm wohnen (vgl. ebd., 32f.). 50,7 wenn er wiederkommt] Knebel war am Morgen des 1. Mai nach Tauhardt (heute Ortsteil von Finne) geritten, etwa 30 km nordöstlich von Weimar gelegen. Das Rittergut Tauhardt befand sich damals im Besitz der Familie von Münchhausen, aus der die von Knebel verehrte Emilie von Werthern stammte (zur Person vgl. die zweite Erläuterung zu 38,6). Ein Treffen mit ihr war offenbar der Anlass für Knebels Besuch: „Ritt diesen Morgen um 6. Uhr nach Thauart. Kam halb 10. Uhr an. Fand Fr. v. W〈erthern〉. und Fr. v. Münchhausen allein.“ Am 3. Mai kehrte Knebel nach Weimar zurück, wo ihm der Prinz „bis Rohrbach“ entgegenritt. Gemeinsam aßen sie bei der Herzoginmutter zu Mittag und fuhren dann in Begleitung des Herzogs nach Tiefurt zurück (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 19v). Ein zweiter Besuch in Tauhardt ist im Tagebuch vom 6. Mai vermerkt: „Fr. v. Seckendorf, Frau v. Schardt, FräuL. v. Kalb und ich fuhren nach 5. Uhr mit Post nach Thauart. Der Prinz ritt. Wir kamen um 9. Uhr hier an. Giengen Abends 5. Uhr wieder weg, und trafen unter Regen 9. Uhr ein.“ (Ebd., Bl. 20r.) Emilie von Werthern kam erst am 8. Mai nach Weimar zurück (vgl. ebd., Bl. 20v). 50,8 bis ich zurück binn] Goethe kam von seiner Inspektionsreise erst am 6.ten Mittags wieder zurück (GT I 1, 110). 50,11 Ring] Ein Geschenk, das Charlotte von Stein Goethe vor ihrer Abreise nach Mörlach als Zeichen der Liebe (62,7–8) machte (vgl. 74,7–9). 50,12 C. v. S.] Charlotte von Steins Initialen, die in den Ring graviert werden sollten.

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78. An Charlotte von Stein

BRIEFE 78/79

Erfurt, 2. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 46. – Doppelblatt: 1. Bl. 18,6 × 21,1(–21,4) cm, 2. Bl. 16,5(–17,2) × 21(–21,2) cm, ¾ S. (S. 1) beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau Oberstallmeister / von Stein / nach / Weimar / Durch einen bezahlten Boten, rotes Siegel: gekröntes Wappen; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „5“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 5), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 299. WA IV 4 (1889), 213f., Nr 938. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 50,13 Boten der ein Pferd 〈…〉 führt] Vgl. Überlieferung. 50,13–14 einen Grus] Es ist nicht ganz auszuschließen ist, dass dem Brief noch etwas beilag. 50,15–16 ich hoffe viel guts 〈…〉 Leib] Vgl. 51,11–12. 50,16 meinem Thal] Das Ilmtal, an dessen Hängen Goethes Gartengrundstück lag, in den Briefen auch ‚mein liebes Tal‘ oder ‚mein liebliches Tal‘ genannt (vgl. u.a. GB 3 I, 194,16; 211,9–10; 318,17). 50,17–18 Auf dem Weege] Vgl. zu 50,5. 50,18–19 was gethan ist, zu thun ist] Wohl auch mit Bezug auf die konkreten Aufgaben als Wegebaudirektor (vgl. 51,14–16). 50,19 Welt Treiben] In Anspielung auf Goethes Rolle als Angehöriger eines fürstlichen Hofes; ‚Welt‘ hier die ‚große Welt‘ der Höfe und des Adels (vgl. die erste Erläuterung zu 4,11); über Goethes ‚Weltrolle‘ vgl. GB 3 II, zu 23,16. 50,19 meine Dichtung] Zu dieser Zeit beschäftigte sich Goethe mit der Konzeption des „Torquato Tasso“, der zuerst am 30. März 1780 im Tagebuch erwähnt wird (vgl. zu 161,2). 50,19 meine Liebe] Seine Beziehung zur Adressatin, für Goethe emotionale Grundlage seiner Weimarer Existenz, aber auch Anlass innerer Konflikte, andauernder Introspektion und Selbstreflexion. 50,20 Steinen] Josias von Stein, der Ehemann Charlottes, der wohl nicht ganz zufällig unmittelbar nach Goethes Erwähnung seiner ‚Liebe‘ gegrüßt wird.

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79. An Charlotte von Stein

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Erfurt, 3. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 54. – Doppelblatt 18,7 × 23 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Bl. 1 untere rechte Ecke ausgerissen; S. 4 Adresse: An Frau Oberstallmeister / von Stein / nach / Weimar, rotes Siegel: Initialen „HR“ in ovalem Kranz mit Krone; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „26.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 27), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 299f. WA IV 4 (1889), 214, Nr 939. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 51,1 Dietendorf] Ortschaft im Tal der Apfelstädt, etwa 14 km südwestlich von Erfurt und 17 km südöstlich von Gotha, zum Herzogtum Sachsen-Gotha gehörend (heute als Neudietendorf Teil von Nesse-Apfelstädt). In Neudietendorf hatte sich 1743 bis 1748 und dauerhaft ab 1764 eine Herrnhuter Brüdergemeine angesiedelt, die zum wirtschaftlichen Aufschwung und zur überregionalen Bekanntheit des Ortes beitrug. Goethe erwähnt den Ort bereits am 10. Mai 1776, als er von Ilmenau kommend über Neu Dietendorf (GT I 1, 18) nach Weimar zurückkehrte. Im Unterschied zu der sonst üblichen Strecke über Kranichfeld und Berka war das ein Umweg von mehr als 15 km, was kaum Zufall gewesen sein dürfte, sondern auf Goethes Interesse an dem Ort und seinen Bewohnern verweist. In Frankfurt war Goethe mit den Herrnhutern nahestehenden pietistischen Kreisen in Berührung gekommen, zu denen seine Mutter und die mit ihm befreundete Susanna Catharina von Klettenberg gehörten (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 74; GB 1 II, zweite Erläuterung zu 131,20; zu 131,26–27 und zu 131,32). Wie der folgende Brief (Nr 80) vermuten lässt, besuchte Goethe die Neudietendorfer Brüdergemeine auch am 5. Mai 1780 (vgl. zu 51,16). 51,1 Christoph] Christoph Erhard Sutor, der damals 26-jährige Hausdiener Goethes, der zu Goethes Haushalt im Gartenhaus am „Stern“ gehörte (vgl. zu 52,24). 51,2 Spargel] Gehörte zu den seit 1776 häufig übersandten Geschenken Goethes, der in seinem Garten selbst Spargel anbaute. 51,2 sie] Mit Bezug auf ‚Spargel‘, in dieser Form auch im Plural gebraucht (vgl. Adelung 4, 167). 51,3–4 Knebel im Unmuth gegen den Prinzen] Vgl. zu 50,6. 51,6 Stadthalters] Carl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg, kurmainzischer Statthalter in Erfurt (vgl. die zweite Erläuterung zu 3,5), der Goethe auf seiner Inspektionsreise begleitete.

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BRIEF 80

51,6 Schecken] Hier: Pferde mit geflecktem Fell. Sie galten noch im 18. Jahrhundert als besonders wertvoll, da ihre Natur viel besser sei, „als anderer Pferde Temperament, weil sie aus jeden Temperamente etwas haben“ (Zedler 34, 1058). In neuerer Zeit sind sie bei den meisten Pferderassen unerwünscht und werden nicht zur Zucht zugelassen. 51,7–8 Morgen Abend wird getanzt] Vgl. die erste Erläuterung zu 51,19. 51,8 Misels] Hübsche junge Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); von Goethe in den ersten Weimarer Jahren häufig gebraucht. 51,8 Steinen] Josias von Stein. 51,9 Nothdurft] Im 18. Jahrhundert noch synonym zu „Not“, „Notwendigkeit“ gebraucht; hier im engeren Sinne: zur Erhaltung des Lebens unentbehrlich (vgl. Adelung 3, 527f.). 51,11 Beweg〈ung〉] Endung am Zeilenende stark verschliffen. – Mit Bezug auf die körperliche Betätigung auf der Inspektionsreise nach Erfurt (vgl. zu 50,5; 50,15–16). 51,13 die kleine Schwägerin] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff (vgl. zu 61,12–13). 51,13 Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Freundin Charlotte von Steins (zur Person vgl. die erste Erläuterung zu 37,11).

80. An Charlotte von Stein

Erfurt, 5. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 55. – Doppelblatt 18,7 × 23 cm, 2 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „27“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 28), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 300–302. WA IV 4 (1889), 215f., Nr 940. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 51,14 im Lande] In der kurmainzischen Enklave, die eine Fläche von insgesamt 710 km2 umfasste und zu der neben den Städten Erfurt und Sömmerda 72 Dörfer gehörten. Wie der Brief vom 3. Mai belegt, kamen Goethe und seine Begleitung auch in das angrenzende sachsen-gothaische Gebiet (vgl. 51,1).

MAI 1780

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51,14–16 böse Weege 〈…〉 zu bessern sind] Böse Wege: schlechte, unbefestigte Straßen (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13), hier vor allem mit Bezug auf die erfurtischen Obergeleitstraßen, die der Weimarer Wegebaudirektion unterstanden und somit zu Goethes Wirkungsbereich gehörten (vgl. zu 50,5; GB 3 I, 438 [Beilage zu A 2]). – Der Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach besaß das für ganz Thüringen geltende Obergeleit und damit das Recht, Abgaben für die Straßenbenutzung zu erheben. Über die Straßenbesserung, zu der das Obergeleit nicht verpflichtete, kam es immer wieder zum Streit mit den Territorialfürsten von Kursachsen, Kurmainz und Sachsen-Gotha, durch deren Gebiet die Obergeleitstraßen verliefen. Trotz vieler Nachteile brachte das Obergeleit dem Weimarer Staat jährlich beträchtliche Einnahmen von 10–11 000 Reichstalern. In Erfurt, wo sich zwei bedeutende Handelswege kreuzten (die in Ost-West-Richtung verlaufende Hohe Straße, Teil der Via Regia, und die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Nürnberger Straße, Teil der Via Imperii), befand sich auch das thüringische Obergeleitsamt, dessen Vorgesetzter Goethe als Direktor der Wegebaukommission war (vgl. Bürgin, 12–21 und 47–50). 51,16 gute in der Stille lebende Menschen] Die Formulierung legt nahe, dass sie sich auf Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine in Neudietendorf bezieht. Den Ort besuchte Goethe nachweislich am 3. Mai (vgl. die erste Erläuterung zu 51,1). Die Herrnhuter Pietisten nannten sich selbst die ‚Stillen im Lande‘ (vgl. Psalm 35,20). Die Bezeichnung war ursprünglich von den Gegnern als Spottname in Umlauf gebracht worden. Ausgehend von der Vorstellung, dass ‚Stille‘ als Eigenschaft Gottes eine der Voraussetzungen für den mystischen Weg zu Gott sei, waren für die Pietisten und ihre Sprache ‚Stille des Herzens‘ und ‚Stille der Seele‘ von zentraler Bedeutung (vgl. Langen, 177f. und 437). 51,18 Graf Ley] Der damals noch nicht ganz 14-jährige Philipp Franz von der Leyen, Erbgraf von Hohengeroldseck in Baden und der Herrschaft Blieskastel im Westrich, dessen Vater bereits 1775 gestorben war. Bis zur Volljährigkeit des Erbgrafen führte dessen Mutter Marianne Gräfin von der Leyen, die Schwester Dalbergs, die vormundschaftliche Regierung. Vgl. hierzu und zum Folgenden Goethes Tagebuch von Anfang Mai 1780: Tanzten auch einmal beym Graf Ley. Gute Tage. (GT I 1, 110.) – Am 26. Mai 1780 besuchte Graf von der Leyen den Weimarer Hof, wo er „in die Comedie zur audienz gebeten“ und zur abendlichen „Marschalls TafeL.“ geladen wurde (FB 1780, S. 119.) 51,19 Abendessen und Tanz] Möglicherweise stellte Dalberg für den Ball seines Neffen den „Grande Salle“ der Statthalterei zur Verfügung. In dem mehr als 200 m2 großen und über zwei Etagen sich erstreckenden Festsaal veranstaltete der Statthalter Assembléen und Bälle, zu denen häufig auch Herzog Carl August und Angehörige des Weimarer Hofes geladen waren, darunter Goethe und Charlotte von Stein. Nachweislich war diese z.B. am 7. März 1777 einer Einladung Dalbergs gefolgt (vgl. GB 3 II, zu 132,4–5).

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BRIEF 80

51,19 Misels] Hübsche junge Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16). 51,20 Der kleine] Mit Bezug auf das jugendliche Alter des Grafen von der Leyen. – ‚Klein‘ hier im übertragenen Sinne von „unerwachsen“ (Adelung 2, 1619). 51,20 schöne Gäste] Die zuvor erwähnten weiblichen Gäste, das „schöne Geschlecht, das weibliche, weil die Schönheit demselben vorzüglich eigen ist“ (Adelung 3, 1622). 51,21 Stadthalter] Carl Theodor von Dalberg. 51,23–24 Erzählungen aus seinem 〈…〉 Treiben] Dalberg, aus einem Reichsadelsgeschlecht stammend, das seit dem frühen Mittelalter Bischöfe, Kurfürsten, Kämmerer und Hofräte hervorgebracht hatte, war schon mit 19 Jahren in die mainzische Regierung unter Kurfürst Emmerich Joseph Freiherrn von und zu BreidbachBürresheim berufen worden. 1768 wurde er Domkapitular in Mainz, 1770 Domherr von Worms. Im Jahr darauf ernannte ihn der Kurfürst zum Geheimen Rat und zum kurmainzischen Statthalter in Erfurt, womit zugleich die Akkreditierung als Gesandter an den benachbarten Höfen verbunden war. Sein Amt als Statthalter trat Dalberg erst am 2. Oktober 1772 an (zur Person Dalbergs vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 516). 51,25 viele Fäden] Im Anklang an den ‚Lebensfaden‘, der von den Parzen geknüpft, fortgesponnen, gemessen und abgeschnitten wird; das Bild begegnet häufiger in Goethes Briefen der frühen Weimarer Zeit (vgl. GB 3 I, 31,6; 184,11–12). – Möglicherweise in Anlehnung an Goethes Metapher begegnet sie auch in Charlotte von Steins Brief an Knebel vom 31. Juli 1780 (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.). 52,1 Der Stdth ist 〈…〉 kein rechtes Kind dieser Welt] In Anlehnung an Johannes 18,36: „Mein reich ist nicht von dieser welt.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 117); ‚brav‘: hier mit Bezug auf Dalbergs amtlich-politisches Aufgabengebiet: verdienstvoll, tüchtig, klug (vgl. GWb 2, 870). 52,2 seine Plane] Historischer Plural zu ‚Plan‘; hier: Entwurf zu einer Unternehmung, in dieser Bedeutung erst seit dem 18. Jahrhundert gebräuchlich (vgl. Grimm 7, 1883 und 1885). 52,5 Wir haben gekannegiesert und gegörzt] Einen Hinweis auf die Themen der Unterhaltung mit Dalberg liefert Goethes Tagebuch vom 2. Mai 1780: Kam Abends zum Stadthalter zurück und wir durchschwazten viel politische philosophische und poetische Dinge. (GT I 1, 110.) – ‚Kannegießern‘: ohne Sachverstand, albern politisieren, politische Luftschlösser bauen, schwätzen; nach dem Lustspiel Ludvig Holbergs „Der politische Kannegießer“ (dän. Den politiske Kandestøber; 1722) (vgl. Grimm 5, 167). – ‚Görtzen‘: okkasionelle Wortbildung Goethes für ‚politisieren in der Art des Grafen Goertz‘ (vgl. GWb 3, 383), in Anspielung auf Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz, einen Freund Dalbergs und bis 1775 Erzieher der weimarischen Prinzen Carl August und Constantin. – Nach dem Regierungsantritt Herzog Carl Augusts im September 1775

MAI 1780

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hatten sich die Hoffnungen des ehemaligen Prinzenerziehers auf ein höheres Regierungsamt nicht erfüllt, stattdessen wurde er vorübergehend Oberhofmeister der Herzogin Louise. Er gehörte fortan zur höfischen Opposition, die Goethes Berufung ins Geheime Consilium missbilligte und Berichte über das Weimarer ‚Genietreiben‘ kolportierte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 112). Sein diplomatisches Geschick verhalf Goertz in der Zeit des Bayerischen Erbfolgekriegs 1778/79 zu einer Laufbahn in preußischen Diensten, seit 1779 war er preußischer Gesandter in St. Petersburg. 52,7 Gewalt] Hier: Anspannung aller physischen und geistigen Kräfte zur Überwindung von Hindernissen im Sinne einer schöpferischen, gestaltenden Kraft (vgl. Adelung 2, 651; GWb 4, 165). 52,9–10 Zum Laufen hilft nicht schnell seyn. u s. w.] Prediger Salomo 9,11: „Ich wandte mich, und sahe, wie es unter der sonnen zugehet: daß zum lauffen nicht hilfft schnell seyn, zum streit hilfft nicht starck seyn, zur nahrung hilfft nicht geschickt seyn, zum richthum hilfft nicht klug seyn. Daß einer angenehm sey, hilfft nicht, daß er ein ding wohl könne, sondern alles liegt es an der zeit und glück.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 555.) 52,10 von der Welt so weit entfernt] Paraphrase zu Johannes 18,36 (vgl. zu 52,1). 52,11–12 das Wasser 〈…〉 in’s Meer tragen] Sprichwörtlich; nach Ovid: „in mare fundis aquas“ (Amores III 2,34; lat.: ins Meer gießt du Wasser). 52,14–15 hundert Plane] Wohl vor allem mit Bezug auf den Entwurf des „Tasso“, mit dessen Niederschrift Goethe allerdings erst im Oktober 1780 begann (vgl. die zweite Erläuterung zu 50,19; zu 161,2). 52,17–19 der Steinfresser der 〈…〉 Kiesel verschlucken muss] Steinfresser: „ein Mensch, welcher die ungewöhnlichsten Sachen gleichsam mit großer Gefräßigkeit, mit einer Heißgier verschlingt u. verdauet, od. auch unverdauet wieder von sich giebt“ (Krünitz 172, 322). – Möglicherweise assoziiert Goethe hier einen konkreten Fall, der unter den Zeitgenossen viel Aufsehen erregt hatte. 1771 war in Ilfeld ein ‚Steinfresser und Vielfraß‘ gestorben und durch die Promotionsschrift des Göttinger Mediziners Samuel Gottlieb Vogel zu überregionaler Bekanntheit gelangt: „Der hier beschriebene berühmte Steinfresser, Joseph Kohlnicker, aus Passau, macht eine eigne Classe unter diesen besondern Menschen aus, indem er nicht blos ein solcher war, wie es mehrere andere giebt, die um Verdienstes willen in Gegenwart anderer Steine verschlucken, sondern solche ohne jemandes Beyseyn auch Tag und Nacht zur Stillung seines übermäßigen Hungers so wohl alleine, als unter Speisen gemengt zu essen genöthigt war.“ (Göttingische Anzeigen von Gelehrten Sachen. 19. Stück. 13. Februar 1772, S. 145.) Bei seiner Obduktion hätten sich „19 Stück Kieselsteine“ im Magen sowie fast 80 Steine, metallene Knöpfe und Spangen in verschiedenen Teilen seines Verdauungsapparates gefunden (ebd., 147). Vogels ursprünglich lateinisch abgefasste Schrift war 1781 in deutscher Übersetzung er-

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BRIEFE 81/82

schienen: „Historisch-medizinische Abhandlung von dem zu Ilfeld verstorbenen und geöfneten Vielfrass und Steinfresser, nebst beigefügten Protokoll und Sektionsberichten“ (Berlin). 52,19–20 Sonnabends 〈…〉 ess ich mit Ihnen] Laut Tagebuch vom Mai 1780 war Goethe Sonnab. d. 6.ten Mittags wieder zurück in Weimar (GT I 1, 110).

81. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 6. Mai 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Entgegen dieser Einordnung ins Jahr 1780 setzt Schöll den Brief auf den 15. August 1778, und zwar mit Bezug auf Nr 71, den er gleichfalls ins Jahr 1778 setzt (vgl. Datierung zu Nr 71). Fielitz datiert den Brief vermutungsweise auf den 27. April 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 241f., Nr 416; ebenso Wahle, Goethe-Stein 1, 228, Nr 418), als Goethe von seiner Leipziger Reise zurückgekommen war (vgl. zu 46,1–2). Seit der Einordnung von der Hellens in WA IV wird er nach dem Bezug zu Nr 80 und zum Tagebuch auf den 6. Mai 1780 datiert (vgl. zu 52,23–24; 52,24–25). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 101. – 1 Bl. 13,8(–14,8) × 9,2(–9,7) cm, sehr ungleichmäßig von größerem Blatt abgetrennt, 1 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. von fremder Hd, Tinte: „An / Se, Des Herrn Geheimen Legations-Rat / Goethe hochwohlgebL. / zu / Weimar. / frey“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „125.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 125), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 180. WA IV 4 (1889), 216f., Nr 941. BEIL AG E

Blume (vgl. zu 52,23–24). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 52,22 einen bissen aus ihrer Hand] Lebensmittel, die Charlotte von Stein als Morgengruß an Goethe geschickt hatte (vgl. zu 15,15; zu 25,7; zu 38,12).

MAI 1780

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52,23–24 eine Blume die 〈…〉 so weit aufgeblüht ist] Analog dazu vermerkt Goethe im Tagebuch vom 6. Mai 1780: Die Blüten und ersten Blätter sind hochst liebl. es treibt nach der langen rauhen Wittrung alles auf einmal. (GT I 1, 110.) – Goethe war vom 2. bis 6. Mai zu einer Inspektionsreise in Erfurt und Umgebung (vgl. zu 51,14–16). 52,24 meine Hausgötter] In Entsprechung zu den römischen Laren und Penaten, den Schutzgeistern der Familie, des Herdes und der Vorräte. – Hier vermutlich scherzhaft-metaphorisch für die zu Goethes Haushalt gehörenden Personen. Neben Philipp Seidel, der die Aufsicht über alle Hausangestellten führte, für die Ein- und Ausgaben sowie die Bezahlung des Personals zuständig war und Schreiberdienste für Goethe versah, gehörten der Hausdiener Christoph Erhard Sutor, der Laufbursche Georg Paul Goetze, dessen Mutter Dorothea als Haushälterin und die Köchin Anne Dorothee Wagenknecht dazu. 52,24–25 komm ich zu Ihnen] Schon von Erfurt aus hatte Goethe seinen Besuch bei der Adressatin für den Tag seiner Rückkehr angekündigt (vgl. zu 52,19–20).

82. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 7. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 53. – 1 Bl. 19(–19,4) × 8,8 cm, 4 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „25“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 26), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 302. WA IV 4 (1889), 217, Nr 942. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 53,1 meine zusammen geschriebnen Gedichte] Wahrscheinlich bat Goethe hier um eine ältere handschriftliche Sammlung früher Gedichte, die nicht mehr überliefert ist (nach Karl Eibl der „Archetyp H0“; Goethe-Handbuch3 1, 157). Sie war Vorlage einer gleichfalls nicht erhaltenen Abschrift Charlotte von Steins wie auch der im GSA überlieferten „Ersten Weimarer Gedichtsammlung“ (GSA 25/W 18). Diese enthält auf 23 Blättern, die später gebunden und mit einem Umschlag versehen wurden, insgesamt 27 Gedichte, darunter „Mahomets Gesang“, „Wandrers Sturmlied“, „Prometheus“, „Seefahrt“, „Jägers Nachtlied“ und „Mit einem gemahlten Band“ (in der WA unter der Sigle H2; vgl. WA I 2, 298; zum Inhalt im

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BRIEFE 83/84

Einzelnen vgl. Inventare 2 I, 27f.; zur Genese vgl. Karl Eibl: Die Erste Weimarer Gedichtsammlung. In: Goethe-Handbuch3 1, 155–158). Am 30. Dezember 1777 hatte Goethe schon einmal seine Gedichte (GB 3 I, 188,4) von der Freundin zurückverlangt, damit er was einschreiben (ebd.) könne, wahrscheinlich das kurz zuvor entstandene Gedicht „Auf dem Harz im Dezember. 1778 〈recte 1777〉“ (später „Harzreise im Winter“; vgl. Beilage zu GB 3 I, Nr 388). Es fehlt zwar heute in der „Ersten Weimarer Gedichtsammlung“. Dafür, dass es sich ursprünglich darin befunden hat, spricht aber der Umstand, dass es in der von Charlotte von Stein angelegten Abschrift enthalten war. Diese lag Heinrich Düntzer 1877 noch vor (vgl. Heinrich Düntzer: Die handschriftliche Sammlung Goethescher Gedichte von Charlotte von Stein. In: AfL 6 [1877], 96–110; bes. 98f.). Das Gedicht könnte auf dem herausgetrennten ersten Blatt der Sammlung gestanden oder ihr nur lose beigelegen haben (vgl. Schöne, Harzreise, 16f.). 53,2 schöne Misels bey mir eingefunden] Misel: hübsches junges Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); hier möglicherweise mit Bezug auf Corona Schröter und deren Gesellschafterin Wilhelmine Probst (vgl. die zweite Erläuterung zu 35,12). 53,2–3 Heut Abend seh ich Sie bey hofe.] Laut Fourierbuch vom 7. Mai 1780 fanden abends „Assemblee 〈große Hofgesellschaft〉“ und „FürstL. TafeL“ statt, an der 19 namentlich nicht aufgeführte Personen teilgenommen haben (FB 1780, S. 107). 53,3 sehr schön bey mir] In Goethes Garten, wo es nach dem ungewöhnlich langen Winter endlich zu blühen begann (vgl. zu 52,23–24).

83. An Johann Christian von Düring Weimar, 8. Mai 1780 → Dannenberg ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 56 und 60. – Doppelblatt 37,6(–38) × 22 cm, 2 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; S. 1 am unteren Rand Adresse: An Hl. von Düring nach Dannenberg; S. 3 Vermerk von Seidels Hd (vgl. EB 38 und EB 39). – In einem gebundenen Aktenfaszikel (vgl. Überlieferung zu Nr 20). E: WA IV 4 (1889), 217f., Nr 943 (Eduard von der Hellen; nach K). Textgrundlage: K.

MAI 1780

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ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen Brief Johann Christian von Dürings vom 4. März 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 20). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 53,6 Brief vom 4tn Merz] Abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 20. 53,7–8 fortdaurenden gnädige Gesinnungen für meinen Zögling] Die Erben Heinrich Julius von Lindaus waren in finanzieller Hinsicht sehr großzügig, wie aus dem Bezugsbrief hervorgeht. – ‚Zögling‘: Peter im Baumgarten (zur Sache vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 20). 53,9 die 750 rh betrift die zu Wieder-komplettirung des Capitals] Vgl. zu 19,16–17. 53,10–11 übrigen Interessenten] Die Schwestern Lindaus (vgl. zu 19,15). 53,13 wie das erste bei der Landschaft] Vgl. zu 18,18–20. 53,14–15 Die gütige Verwilligung der 200 rh von Ostern 80 biss dahin 81] Düring schrieb am 4. März 1780: „Die 200 rL. jährlich, die Sie auf seine Erziehung zu wenden denken, werden wir mit Vergnügen auf das promteste bezahlen, und ich ersuche mir eine Assignation auf Hamburg, auf die 200 rL. für Ostern 80 bis dahin 81 zuzuschicken.“ (GSA 30/82,1, Bl. 12v; vgl. zu 19,16–17.) 53,19 die Erlaubniss Ihnen aufwarten zu dürfen] Düring hatte Peter im Baumgarten in seinem Brief vom 4. März 1780 nach Dannenberg eingeladen. Aus den vorliegenden Rechnungen und Unterlagen geht nicht hervor, dass Peter im Baumgarten während seiner Ausbildung zum Jäger und Förster Reisen unternahm, „um auswärtige Forste zu sehen“ (GSA 30/82,1, Bl. 12v), wie Düring in seiner Einladung formulierte.

84. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 10. Mai? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck setzt ihn Schöll ohne Begründung auf den 6. Mai 1780. Dem widerspricht Goethes Tagebuch, das für diesen Tag die Rückkehr von einer Reise nach Erfurt vermerkt (vgl. GT I 1, 110). Seit der Ausgabe von Fielitz wird der Brief nach einer inhaltlichen Parallele zu Knebels Tagebuch vom 29. April 1780 auf diesen Tag datiert: „Abends bey Göthe.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 19r; vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 242, Nr 418.) Am 29. April 1780 aß Goethe jedoch an der fürstlichen Mittagstafel (vgl.

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BRIEFE 85/86

FB 1780, S. 101). Von der Hellen ordnete den Brief in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Nach Knebels Tagebuch könnte der Brief am 10. Mai 1780 geschrieben worden sein (vgl. zu 54,6). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 88. – 1 Bl. 16,2 × 5,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); rechts unter der Paraphe von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „80“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „83.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 90), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 302. WA IV 7 (1891), 264, Nr 2369. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 54,6 Knebeln gestern eingeladen] Falls der Brief vom 10. Mai 1780 stammt, dann hatte Charlotte von Stein am Vortag die Gelegenheit, Goethes Einladung zu übermitteln. Sie aß am 9. Mai mittags in Gesellschaft der „reg. Herzogin“ Louise und anderer in Tiefurt (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 20v). Wie Knebels Tagebuch weiter belegt, war er am 10. Mai „Abends bey Göthe.“ (Ebd.)

85. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 11. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 56. – 1 Bl. 16,1 × 9,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „28.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 29), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 303. WA IV 4 (1889), 218f., Nr 945. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 54,9–10 so regnerisch] Vgl. zu 55,5. 54,10 ging ich Ihnen entgegen] Nach Tiefurt, wo Charlotte von Stein laut Knebels Tagebuch am 11. Mai 1780 zu Gast war: „Abends war die Gräfin Bernstorf hier in Tiefurth, Fr. v. Stein und v. Schardt.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 21r.) 54,10 Probe] Wie aus der im Folgenden erwähnten Mitwirkung Knebels hervorgeht, fand eine Probe zum Singspiel „Robert und Kalliste“ in der Bearbeitung Carl

MAI 1780

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Friedrich Sigmund von Seckendorffs statt, mit dem am 26. Mai 1780 das neue Komödienhaus eingeweiht werden sollte (vgl. Sichardt, 159f.). Zur selben Zeit wurde auch Goethes Singspiel „Jery und Bätely“, ebenfalls mit der Musik von Seckendorff, geprobt (vgl. zu 4,6). Am 13. Mai vermerkt Goethe dazu im Tagebuch: War das Theater fertig. Kalliste probirt auch Bately. ist Kall. ein schlecht stück und Bat schlecht komponirt, es unterhält mich doch. (GT I 1, 111.) Mit Bezug auf eine der letzten Proben findet sich in Goethes Tagebuch von Ende Mai der Eintrag: Trat die Probe der fatalen Kalliste mit ein, das ich völlich als Dienst traktiren musste, um’s nur zu thun. (GT I 1, 112,7–9.) – Zum Stück vgl. zu 153,18. 54,11 Knebel 〈…〉 ins dramatische Joch] Knebels Mitwirkung an „Robert und Kalliste“ ist u.a. durch sein Tagebuch vom 11. Mai 1780 belegt: „Um 9. Uhr in der Comödien Probe, K a l l i s t e.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 21r.) Über Knebels Rolle ist nichts bekannt (vgl. die dritte Erläuterung zu 33,5). 54,12 Kloster] Das so genannte ‚Louisenkloster‘ im Park oberhalb des „Sterns“ am linken Ilmufer (vgl. zu 30,18). 54,12 Böcke und Schafe zusammen getrieben] Unterschiedslos alle, Männer und Frauen, ‚Gerechte‘ und ‚Ungerechte‘; in Anspielung auf Matthäus 25,32–33: „Und er wird sie von einander scheiden, gleich als ein hirte die schaafe von den böcken scheidet. / Und wird die schaafe zu seiner rechten stellen, und die böcke zur lincken.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 31.) 54,13 in Tiefurt essen] Weder in Goethes noch in Knebels Tagebuch findet sich eine Bestätigung dafür, dass Goethe am 12. Mai tatsächlich in Tiefurt war.

86. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 56. – 1 Bl. 16,1 × 6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „29.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 30), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 303. WA IV 4 (1889), 219, Nr 946. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 55,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

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BRIEFE 87/88

55,1 Was Sie wollen 〈…〉 machen.] Demnach scheint Charlotte von Stein – wohl in einem nicht überlieferten Brief – nach Goethes Plänen für diesen Tag gefragt zu haben. 55,2 geh ich doch nach Tiefurt] Den Vorsatz führte Goethe offenbar nicht aus (vgl. zu 54,13). 55,3 im Regen ists sehr schon hier] Im Garten an den Ilmhängen oberhalb des „Sterns“, des ältesten Teils des Schlossparks (vgl. zu 55,5).

87. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 6. und 13. Mai? 1780〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach den inhaltlichen Bezügen zum Tagebuch und zu Brief Nr 85 (vgl. zu 55,5) vor diesem eingeordnet. Da es außer der Einordnung ins Jahr 1780 und den Hinweis auf die Blumensendung bei Regenwetter (55,5) keine weiteren Hinweise für eine Datierung gibt, wird diese leicht korrigiert beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 87. – 1 Bl. 19 × 9,8 cm, 4 Zeilen beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „78“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 85), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 302. WA IV 4 (1889), 218, Nr 944. BEIL AG E

Blumen (vgl. zu 55,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 55,5 Blumen wie sie das Regenwetter erlaubte] Damit könnte der Tagebucheintrag vom 13. Mai 1780 korrespondieren: Das grüne ist über die massen schön die Blüten durch den Regen bald vertrieben. (GT I 1, 110.) Inhaltliche Bezüge gibt es auch zu den Briefen vom 11. und 12. Mai (vgl. 54,9–10; 55,3). Die anhaltende Regenperiode, von der Goethe in den Briefen berichtet, hatte nach Knebels Tagebuch etwa am 6. Mai begonnen (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 20r).

MAI 1780

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55,6–7 Zeugniss dass ich 〈…〉 gedencke bin] Vielleicht mit Bezug auf die überschickten Blumen; über die ‚verlorene Wette‘ konnte Näheres nicht ermittelt werden. – ‚Bin‘ wahrscheinlich versehentlicher Abschluss des Satzes nach Zeilenwechsel.

88. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 56. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „30.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 31), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 303f. WA IV 4 (1889), 219, Nr 947. BEIL AG EN

1) Spargel (vgl. 55,14). 2) Lebensmittel (vgl. zu 55,15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 55,8 Spargel] Aus Goethes Garten (vgl. zu 57,18). 55,9 wenn man sich 〈…〉 nicht sieht] Das wahrscheinlich letzte Zusammensein mit Charlotte von Stein hatte am 6. Mai stattgefunden (vgl. zu 53,2–3), für die Tage danach gibt es keinen Beleg für ein Treffen. 55,10 Ackten] Wohl vor allem mit Bezug auf die Unterlagen der Kriegskommission (vgl. die dritte Erläuterung zu 55,10). 55,10 Messias] Georg Friedrich Händels Oratorium „Der Messias“ (1741) wurde im Mai 1780 unter Leitung des Weimarer Hofkapellmeisters Ernst Wilhelm Wolf einstudiert. Goethe besuchte die Proben: Händels Messias ward offt probirt, gab mir neue ideen von Deklamation. (Etwa 13. Mai 1780; GT I 1, 111,5–6) Händels Oratorium in drei Teilen war 1742 in Dublin uraufgeführt worden. Der Gesangstext bestand aus Bibelversen, ausgewählt von Charles Jennens. Für die Weimarer Aufführung, die an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen stattfand, hatte Johann Gottfried Herder den englischen Text übersetzt und bearbeitet. Die Daten der Aufführungen sind durch Knebels und Goethes Tagebücher sowie die Fourierbücher belegt. Der erste Teil wurde am Pfingstsonntag, dem 14. Mai, der zweite am 21. und der dritte Teil am 28. Mai aufgeführt. In Knebels Tagebuch ist vermerkt: „Mittags bey Hofe. Nachmittags wurde Händels Messias daselbst aufge-

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BRIEFE 89/90

führt.“ (14. Mai; Knebel, Tgb. 1780, Bl. 21v); „Abends die andere Hälfte von Händels Messias.“ (21. Mai; ebd., Bl. 22v.) In Goethes Tagebuch von Ende Mai heißt es: Ward Händels Messias der 3 Theil aufgeführt. (GT I 1, 112,9–10.) Im Fourierbuch findet sich dazu am 14., 21. und 28. Mai der jeweils gleichlautende Eintrag: „Abends. Cour und Concert.“ (FB 1780, S. 111, 115, 121.) 55,10 Volgstadten] Carl Albrecht von Volgstedt, seit 1763 zweiter Kriegskommissar. Die Zusammenarbeit mit ihm stellte für Goethe eine schwere Belastung dar. Schon bei Übernahme seines Amtes als leitender Kriegskommissar im Januar 1779 hatte Goethe die Repositur in keiner guten Ordnung vorgefunden, vor allem eine Folge der Amtsführung des Kriegsrats Volgstedt (vgl. GT I 1, 74). Wie das Tagebuch belegt, war Goethe im Mai 1780 noch immer mit dem Ordnen der Akten der Kriegskommission beschäftigt: Rückte wieder an der Kr. Komm Repositur. Hab ich das doch in anderthalb Jahren nicht können zu stand bringen! es wird doch! Und ich wills so sauber schaffen als wenns Tauben gelesen hätten. Freilich es ist des Zeugs zu viel von allen Seiten, und der Gehilfen wenige. (Eintrag zwischen 13. und 25. Mai 1780; ebd., 111,17–22.) Als völlig untauglich für seine amtliche Aufgabe befunden, wurde Volgstedt Ende 1780 auf Betreiben Goethes abberufen (vgl. zu 183,5). 55,11 Misel] Hübsches junges Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); hier vielleicht mit Bezug auf Corona Schröter, die Goethe 1780 noch als ‚Misel‘ bezeichnete (vgl. zu 35,12). Ab 1781 erwähnt er sie Charlotte von Stein gegenüber mit ihrem Nachnamen (vgl. zu 242,6–7). 55,11–12 stellte ich einen Ritter fast im Gusto von Takanno vor] Gran Tacaño, der Titelheld von Francisco de Quevedos Schelmenroman „Historia del gran Tacaño“ (zuerst „Historia de la vida des Buscón, llamado don Pablos“; 1626), der 1780 in deutscher Übersetzung von Ernst August Schmidt in Bertuchs „Magazin der Spanischen und Portugiesischen Litteratur“ (unter dem Titel „Geschichte des Gran Tacaño. Oder Leben und Thaten des Erzschalks“; Bd 2. Weimar, S. 1–246) erschienen war. – Demnach scheint Goethe nachmittags wieder im Theater gewesen zu sein. Im Tagebuch vom 13. Mai notierte er im Zusammenhang mit den Proben von „Robert und Kalliste“ und „Jery und Bätely“: das Theater ist eins von denen wenigen Dingen an denen ich noch Kinder und Künstler Freude habe. (GT I 1, 111; vgl. die zweite Erläuterung zu 54,10.) 55,12 drauf tanzt ich] Ebenfalls am 13. Mai 1780 ließ sich Goethe laut Tagebuch vom Hoftanzmeister Johann Adam Aulhorn die Tanzterminologie erklären (GT I 1, 111). 55,13 im Thal] Als ‚mein Tal‘ oder ‚mein liebliches Tal‘ bezeichnet Goethe in seinen Briefen das Ilmtal, an dessen Hängen sein Gartengrundstück lag (vgl. 56,19–20). 55,13 doch sehr feucht] Vgl. zu 55,5. 55,15 Raritäten aufs Fest] Besondere Lebensmittel, Delikatessen für das bevorstehende Pfingstfest.

MAI 1780

89. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 14. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 57. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „31.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 33), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 304. WA IV 4 (1889), 220, Nr 948. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 56,1–2 auf 3 Personen] ‚Auf‘ hier im Sinne von ‚etwa‘ (vgl. GWb 1, 907). 56,2 Schokolade] Im 18. Jahrhundert ein Luxusgetränk; die aus Kakaobohnen und anderen Zutaten hergestellte Masse in Form von Rollen, Scheiben oder Tafeln diente als Grundlage für Trinkschokolade, die mit Wasser, Milch oder Wein, Gewürzen und meist unter der Zugabe von Eiern hergestellt wurde. 56,2 Besuch] Die Art der Bewirtung lässt vermuten, dass Goethe weiblichen Besuch erwartete, möglicherweise Corona Schröter mit ihrer Gesellschafterin Wilhelmine Probst (vgl. die erste Erläuterung zu 35,12). 56,2–3 Mittag 〈…〉 zu Ihnen zu Gaste] Vgl. zu 55,15.

90. An Johann Christian Kestner

〈Weimar〉, 14. Mai 1780 → Hannover

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/264,I,4 Bl. 5–6. – Doppelblatt 32,2(–32,4) × 19,3(–19,7) cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Herrn Archivsekretarius / Kestner / nach / Hannover / fr., Reste eines schwarzen Initialsiegels: „G“. E: Goethe und Werther1 (1854), 251f., Nr 118. WA IV 4 (1889), 220f., Nr 949. ERL ÄUT ERUNGEN

Goethe antwortet auf einen nicht überlieferten Brief Kestners (vgl. 56,4; 56,23; 57,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 22. Mai 1780 (vgl. GR/RB 1780, 3, Bl. 3r; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 25r).

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BRIEF 90

Goethe hatte Johann Christian Kestner (1741–1800) und dessen Braut Charlotte Buff (1753–1828) während seines Aufenthalts als Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar im Sommer 1772 kennen gelernt und mit ihnen Freundschaft geschlossen. Nachdem Goethe am 11. September 1772 von Wetzlar abgereist war, setzte ein intensiver Briefwechsel ein, der aber nach dem Erscheinen von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ (1774) nachließ. Am 4. April 1773 hatten Johann Christian und Charlotte Kestner geheiratet und waren nach Hannover gezogen. Seit Goethes Ankunft in Weimar sind nur noch sporadisch Briefe gewechselt worden. Nach drei Briefen aus den Jahren 1776 (GB 3 I, Nr 142), 1777 (GB 3 I, Nr 290) und 1778 (GB 3 I, Nr 325) und einem erschlossenen Brief von 1778 (GB 3 I, EB 183) folgt der vorliegende nach über zwei Jahren Pause. Erst ein Jahr später, am 30. Mai 1781 (Nr 411), schrieb Goethe seinen nächsten Brief. Beide Briefe antworteten auf nicht mehr vorhandene Briefe Kestners. Weitere Briefe Goethes und Kestners sind für den Zeitraum 1780 und 1781 nicht überliefert oder zu erschließen. Der Ton der Briefe ist freundschaftlich und vertraut. Goethe berichtet in kurzen Andeutungen von dem, womit er sich beschäftigt, zeigt aber auch Interesse am Leben der Familie Kestner. – Über das Verhältnis Goethes zu Johann Christian und Charlotte Kestner und den Briefwechsel vgl. die einleitenden Erläuterungen zu GB 1 II, Nr 99 und Nr 101. 56,4 einander wieder einmal begegnen] Hier: durch den brieflichen Austausch sich finden, „übereinkommen, auch: wechselseitig aufeinander wirken“ (GWb 2, 208). 56,6 Plan gemacht euch zu besuchen] Dieses vermutlich nicht ganz ernst gemeinte Vorhaben wurde von Goethe nicht eingelöst. Er sah nur Charlotte Kestner im Oktober 1816 in Weimar wieder. 56,7 eure 5 Buben] Das Ehepaar Kestner hatte damals 5 Söhne: Georg (geb. 1774), der Goethe zum Paten hatte, Wilhelm (geb. 1775), Carl (geb. 1776), August (geb. 1777) und Theodor (geb. 1779), von dessen Geburt Goethe möglicherweise im nicht überlieferten Bezugsbrief erfahren hatte. 56,8 Famielienbrief] Am 30. Mai 1781 (vgl. 273,16–17) und am 15. März 1783 (WA IV 6, 136, Nr 1695) bedankte Goethe sich bei Kestner für nicht überlieferte Briefe, wobei nicht deutlich wird, ob auch Charlotte oder eines der Kinder an diesen beteiligt waren. Dem Brief von 1783 lag wahrscheinlich eine Silhouette bei, die das Ehepaar Kestner mit ihren fünf ältesten Söhnen zeigt (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv. Nr: KSi/AK Nr 2701). 56,10–11 Ich schick euch auch wohl einmal wieder was] Am 30. Mai 1781 schickte Goethe ein nicht zu ermittelndes klein Nachspiel (vgl. zu 273,26) und am 15. März 1783 die „Iphigenie“ (WA IV 6, 136). 56,13 Geheimeraths Stelle] Seit dem 11. Juni 1776 war Goethe Geheimer Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium, der obersten Behörde des

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Fürstentums, was bedeutete, dass er sich mit Angelegenheiten befassen musste, die ihm bis dahin nahezu unbekannt waren. Am 6. September 1779 war er zum Geheimen Rat ernannt worden (vgl. GB 3 II, zu 295,16–17). Im Tagebuch notierte Goethe am 13. Mai 1781: Hatt ich gute Blicke in Geschäfften. Geht das alltägliche ruhig und rein. 〈…〉 Ich übe mich und bereite das möglichste. 〈…〉 Bey Gott es ist kein Canzellist der nicht in einer viertelstunde mehr gescheuts reden kan als ich in einem vierteljahr Gott weis in zehn iahren thun kann. dafür weis ich auch was sie alle nicht wissen und thu was sie alle nicht wissen, oder auch wissen. Ich fühle nach und nach ein allgemeines Zutrauen und Gebe Gott dass ichs verdienen möge, nicht wies leicht ist, sondern wie i c h s w ü n s c h e . Was ich trage an mir und andern sieht kein Mensch. (GT I 1, 110–112.) 56,13–14 Direcktion des Kriegs Departemens] Leitendes Mitglied der Kriegskommission war Goethe seit dem 5. Januar 1779 (vgl. GB 3 II, zu 232,14–15). Da durch die nachlässige Arbeitsweise des zweiten Kriegskommissars Carl Albrecht von Volgstedt die Repositur der Kriegskommissionsakten in Unordnung war, versuchte Goethe, Ordnung in die Akten zu bringen, und beendete diese Arbeit erst im August 1781 (vgl. zu 55,10; GT I 1, 123; Bürgin, 124f.). Hierzu schrieb Goethe am 13. Mai in sein Tagebuch: Rückte wieder an der Kr. Komm Repositur. Hab ich das doch in anderthalb Jahren nicht können zu stand bringen! und es wird doch! Und ich wills so sauber schaffen als wenns die Tauben gelesen hätten. Freilich es ist des Zeugs zu viel von allen Seiten, und der Gehilfen wenige. (GT I 1, 111.) 56,14 des Wegebaus] Die Wegebaukommission leitete Goethe seit dem 19. Januar 1779 (vgl. GB 3 II, zu 256,11). Außerdem gehörte er seit 1777 der Bergwerkskommission an und hatte am 18. April 1780 deren Leitung übernommen. 56,16–18 Ubrigens steh ich sehr gut mit den Menschen 〈…〉 zu nüzzen und glücklich zu seyn.] Zwei Tage zuvor notierte Goethe in seinem Tagebuch: In meinem iezzigen Kreis hab ich wenig, fast gar keine Hinderung ausser mir. In mir noch viele. (GT I 1, 111.) 56,19 vor der Stadt in einem sehr schönen Thale] Goethe wohnte im Gartenhaus an den Ilmhängen, welches Carl August ihm im April 1776 geschenkt hatte (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 62,4). Der Blick vom Haus ging Richtung Süden in das mit Bäumen und Büschen bewachsene Ilmtal, welches Goethe in seinen Briefen oft als ‚mein Tal‘ oder ‚mein liebliches Tal‘ bezeichnete. Am 6. Mai hat Goethe im Tagebuch festgehalten: Die Blüten und ersten Blätter sind hochst liebl. es treibt nach der langen rauhen Wittrung alles auf einmal. (GT I 1, 110.) 56,20–21 Auf unsrer lezten Schweizerreise ist alles nach Wunsch gegangen] Goethe, Herzog Carl August und deren Begleiter waren am 14. Januar 1780 von ihrer am 12. September 1779 begonnenen Reise in die Schweiz zurückgekehrt

202

BRIEF 91

(vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). Goethe hatte sich von der Reise eine positive Wirkung auf den jungen Herzog erhofft und sah sich nach der Rückkehr in dieser Erwartung bestätigt (vgl. 3,10; die erste Erläuterung zu 3,10). 56,23 Henningsens Deducktion] ‚Deduktion‘ hier wahrscheinlich in der weiteren Bedeutung von „Beweisführung, Darlegung, Erschließung“ (GWb 2, 1111). – Der dänische Beamte und Diplomat August Adolf von Hennings hatte während seines Studiums der Rechtswissenschaften in Göttingen mit Johann Christian Kestner Freundschaft geschlossen und stand mit ihm in brieflichem Kontakt. Es ist nicht nachzuweisen, welche Schrift Kestner an Goethe geschickt hat und welches Gedicht Goethe meint. Schriften von Hennings sind in Goethes Nachlass nicht überliefert. Es könnte sich jedoch um die Anmerkungen zu dem Versepos „Olavides“ handeln. In der 1779 in Kopenhagen erschienenen Publikation „Olavides. Herausgegeben und mit einigen Anmerkungen über Duldung und Vorurteile begleitet von August Hennings“ folgen dem etwa 600 Verse umfassenden Epos, das die Lebensgeschichte eines durch die Inquisition verfolgten Peruaners beschreibt, umfangreiche Erläuterungen über das Thema Toleranz und Vorurteile. Diese Veröffentlichung forderte nicht nur den Protest der Kirche heraus, sondern erregte auch eine breite kritische Resonanz. Schon 1780 erschien eine „Sammlung aller Streitschriften, so das Buch Olavides in Dänemark veranlaßt hat. Eine Beilage zum Olavides“ (Kopenhagen). – Vgl. Rainer Godel: Vorurteil – Anthropologie – Literatur. Tübingen 2007, S. 377–384. 56,23 Das Gedicht] Möglicherweise das Versepos „Olavides“ von August Adolf von Hennings (vgl. die vorhergehende Erläuterung). Hennings nennt in der „Vorerinnerung“ zum „Olavides“ sein Werk selbst „ein kleines unbedeutendes Gedicht, voll eines großen Gegenstandes.“ (o. S.) 56,25 Pfingstsonntag 1780] Pfingstsonntag war 1780 der 14. Mai. 57,1 Oberon] Christoph Martin Wielands Verserzählung „Oberon“ war im ersten Quartalsband des „Teutschen Merkur vom Jahre 1780“ erschienen und von Goethe begeistert aufgenommen worden (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 43; zu 33,16; zu 33,20–21). 57,3 subordinirt] Goethe ordnete seine literarischen Interessen den Amtsgeschäften, die zu dieser Zeit einen immer größeren Raum einnahmen, unter. Dazu äußerte er sich wiederholt in den Briefen dieser Jahre (vgl. zu 29,27; zu 183,10–11; vgl. auch 183,16–18; 273,21–22). 57,4 grosen Konigs] König Friedrich II. von Preußen, der schon als Kronprinz heimlich Flötenunterricht bei Johann Joachim Quantz genommen hatte, soll täglich einige Zeit dem Flötenspiel gewidmet haben und galt als begabter Flötist. 57,7 Plane] Historischer Plural zu ‚Plan‘. – An Charlotte von Stein schrieb Goethe am 5. Mai, er habe hundert Plane die ganz sachte in mir lebendig werden (52,14–15). Diese Aussage bezieht sich wahrscheinlich vor allem auf die Konzeption des „Torquato Tasso“, den Goethe schon am 30. März 1780 im Ta-

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gebuch erwähnte, mit dessen Niederschrift er jedoch erst im Oktober 1780 begann (vgl. zu 161,2). 57,8 lange Weile] Hier „positiv akzentuiert: von äußeren u inneren Zwängen freie, zu kreativer Tätigkeit od innerer Sammlung befähigende Gefühlslage“ (GWb 5, 956). 57,8–9 hiesige Liebhaber Theater] Das Liebhabertheater war nach dem Weimarer Schlossbrand im Mai 1774 als Ersatz für das frühere Hoftheater gegründet worden. Gefördert durch Herzoginmutter Anna Amalia und Herzog Carl August, nahmen an den Aufführungen nicht nur Personen aus dem höfischen und bürgerlichen Umfeld teil, sondern auch Mitglieder der herzoglichen Familie selbst. Als Spielstätten dienten u. a. das von dem herzoglichen Hofjäger und Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann an der Esplanade (heute Schillerstraße) erbaute so genannte Redoutenhaus, Schloss und Park Ettersburg sowie der Park Tiefurt. Seit April 1779 wurde ein neues Komödienhaus gegenüber dem Wittumspalais gebaut, welches am 26. Mai 1780 mit der Uraufführung von Seckendorffs „Robert und Kalliste“ eröffnet werden sollte (vgl. zu 26,15; zu 153,18). – Schon bald nach seiner Ankunft in Weimar hatte Goethe sich intensiv dem Liebhabertheater als Dichter, Schauspieler und Regisseur gewidmet und bestimmte maßgeblich dessen Geschick. Im Frühjahr 1780 wurde neben den Vorbereitungen zur Eröffnung der neuen Spielstätte Goethes Singspiel „Jery und Bätely“ einstudiert (vgl. zu 26,17). Außerdem überarbeitete Goethe sein Lustspiel „Die Mitschuldigen“ (vgl. 26,4–10) und am 18. August 1780 wurde Goethes Einakter „Die Vögel“ in Ettersburg uraufgeführt (vgl. zu 74,15–16). 57,9 Conventionsmäsig] Im übertragenen Sinne „auf dichterische Hervorbringungen 〈…〉, den Theatergepflogenheiten gemäß, konventionell, klischeehaft“ (GWb 5, 612).

91. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 57. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „32.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 34), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 304f. WA IV 4 (1889), 222, Nr 950.

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BRIEF 92

BEIL AG E

Kuchen (vgl. die zweite Erläuterung zu 57,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 57,10 Frizzen] Charlotte von Steins jüngster Sohn Friedrich. 57,10 Frühstück] Wahrscheinlich der im Folgenden erwähnte Kuchen. 57,10–11 Ernst darf nicht 〈…〉 essen.] Der zweitälteste, damals 13-jährige Sohn Charlotte von Steins, der als Jagdpage (vgl. die erste Erläuterung zu 44,7) nicht mehr ständig im elterlichen Haus wohnte und möglicherweise krank war. Seiner schlechten Gesundheit wegen musste er schon 1785 seinen Dienst aufgeben. 57,11 geht bey mir auch festlich zu] So wie im Haus der Familie von Stein am Pfingstsonntag (vgl. 56,2–3). 57,11–12 Kuchen werden gebacken] Zu Goethes Haushalt im Gartenhaus am „Stern“ gehörte schon seit 1776 die Köchin Anne Dorothee Wagenknecht. 57,12 das Landschafftgen] Möglicherweise eine Zeichnung Charlotte von Steins. Aus den 1780er Jahren haben sich zwei ihrer Landschaftszeichnungen erhalten, die „Landschaft mit Bauernhäusern“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr Gr-2018/2235) und „Partie im Weimarer Park“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr Gr-2018/2236). 57,12 Pinsel pp] Pinsel und Farben zum Lavieren der erwähnten Zeichnung. 57,12–13 den Atlas] Näheres konnte nicht ermittelt werden. 57,16 Ich erhalte alles.] Die oben erwähnten Dinge, um die Goethe am Vortag schon mündlich gebeten haben wird und die, während er den vorliegenden Brief schrieb, eingetroffen waren. 57,17 ich wollte nach Tiefurth] Möglicherweise hatte Goethe erfahren, dass Knebel, den er in Tiefurt besuchen wollte, erkrankt war. Am 15. Mai 1780 heißt es in Knebels Tagebuch: „Ich war den ganzen Tag an einer Kolick kranck und lag zu Bette.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 21v.) Goethe holte seinen Besuch am folgenden Tag nach: „Mittags kam Goethe.“ (Ebd.)

92. An Charlotte von Stein

〈Weimar, erste Hälfte Mai? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Abweichend von der Einordnung im Konvolut setzt ihn Schöll im Erstdruck ohne explizite Begründung in den Mai

MAI 1780

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1779. Seit der Ausgabe von Fielitz wird er im Jahr 1780 belassen und nach der Beilage (vgl. zu 57,18) auf etwa 10. Mai datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 245, Nr 427). Nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, vermutet in den „Lesarten“ aber, er könne „in den Frühling 1779“ gehören (WA IV 7, 343, zu Nr 2368). Die zur Begründung angeführten inhaltlichen Bezüge, nämlich dass im Brief „Spargelsendungen 〈…〉 und Aushebungsgeschäfte“ zusammenträfen, sind nicht stichhaltig (vgl. zu 57,19). Nach der Einordnung im Konvolut und der Beilage könnte der Brief aus der ersten Maihälfte 1780 stammen. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 88. – 1 Bl. 16,7 × 5,3 cm, 4 Zeilen beschr., egh., Bleistift, flüchtig geschrieben, stark verblasste Schrift, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. quer zur Schreibrichtung der Vs. von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: Vom Eindruck den × × gemacht hat auf was Art die V. unglücklich werden die Tiranney macht einige grose M. die meisten aber unedel um einen glücklich zu machen macht er unendliche unglücklich der Zweck der Menschheit ist mehr liebe zu handhaben als Gerechtigkeit Gerechtigkeit komt nur in Anschlag wen Liebe leiden (vgl. die einleitende Erläuterung); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „82.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 89), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 224. WA IV 7 (1891), 263, Nr 2368.

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BRIEFE 93/94

BEIL AG E

Spargel (vgl. zu 57,18). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Die Aufzeichnungen auf der Rückseite der Handschrift (vgl. Überlieferung), die inhaltlich in keinem Bezug zum Brieftext stehen, sind wahrscheinlich Lesefrüchte Charlotte von Steins. Worauf sie sich beziehen, konnte nicht ermittelt werden. Nach von der Hellen weisen sie „deutliche Anklänge“ an Herders Dank-Predigt vom 9. Februar 1783 anlässlich der Geburt des Erbprinzen Carl Friedrich auf. Tatsächlich finden sich jedoch bis auf einzelne Wörter wie ‚Tyrannei‘, ‚Gerechtigkeit‘, ‚Liebe‘ keinerlei Parallelen zu Herders Predigt-Text, der im Druck fast 15 Seiten umfasst (vgl. Suphan 31, 520–535, Nr 40). Kaum zu erklären ist auch, weshalb 1783 ein Billett, das wahrscheinlich von 1780 stammt, für diese Aufzeichnungen verwendet worden sein soll. Zwar ist die Datierung von Goethes Brief nicht sicher, doch dass er erst 1783 geschrieben wurde, ist aufgrund der Anrede ‚Sie‘ ausgeschlossen, da er in seinen Briefen an Charlotte von Stein nach dem 22. September 1781 endgültig zum ‚Du‘ übergegangen war (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496). – Einem Hinweis von Linda Dietrick (Winnipeg, Kanada) zufolge zeigt der Text Übereinstimmungen mit dem Aufsatz von Emilie von Berlepsch „Ueber einige zum Glück der Ehe nothwendige Eigenschaften und Grundsätze“, der im Druck freilich erst 1791 in Wielands „Neuem Teutschen Merkur“ erschien (Bd 2, 5. und 6. Stück [Mai und Juni 1791], S. 63–102; 113–134). In einer Fußnote bedankt sich Wieland bei der Verfasserin, die ihm den Aufsatz überlassen habe, „nachdem er schon über zehn Jahre unter ihren Papieren verborgen gelegen“ habe (ebd., S. 63). Es wäre demnach möglich gewesen, dass Charlotte von Stein schon 1780 von dem Text Kenntnis hatte. Auf eine Verbindung zwischen ihr und Emilie von Berlepsch oder deren Umfeld bereits zu Beginn der 1780er Jahre gibt es allerdings keinen Hinweis. 57,18 Spargel] Aus dem eigenen Garten, in dem es schon im Frühjahr 1776 ein Spargelbeet gab (vgl. GB 3 II, zu 64,11). Goethe schickte ihn häufiger und fast ausschließlich im Mai an Charlotte von Stein (vgl. GB 3 I, 63,12; 65,3; 144,11; 276,15). 1780 wird Spargel außer mit dem vorliegenden Brief nur noch mit dem vom 13. Mai überschickt (vgl. 55,14). 57,19 Ich will mit den Burschen essen] Möglicherweise mit Goethes Hausdiener Christoph Erhard Sutor und dem Laufburschen Georg Paul Goetze, vielleicht auch dem Diener und Vertraute Philipp Seidel (vgl. zu 52,24). – Von der Hellen vermutet, der Brief sei im Frühjahr 1779 geschrieben, „da in ihm Spargelsendungen 〈…〉 und Aushebungsgeschäfte“ zusammenträfen (WA IV 7, 343, zu Nr 2368). Der Verweis auf den Brief vom 12. Mai 1779, in dem Goethe Charlotte von Stein aufforderte: Essen Sie meine Spargel (GB 3 I, 276,14–15), überzeugt jedoch deshalb nicht, weil Goethe im Mai 1779 keineswegs mit „Aushebungsgeschäften“

MAI 1780

207

befasst war. Die ‚Auslesungen‘, im heutigen Verständnis die Musterung von Rekruten, die in Goethes Aufgabengebiet als Kriegskommissar fielen, fanden 1779 von Ende Februar bis etwa zum 17. März statt (vgl. GB 3 II, zu 259,7).

93. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 16. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 57. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „29b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 32), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 305. WA IV 4 (1889), 222, Nr 951. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 58,1). – Der Antwortbrief etwa vom 17. Mai 1780 (vgl. zu 58,11–13) ist nicht überliefert. 58,1 Von denen Gedichten 〈…〉 abschreiben] Charlotte von Stein scheint brieflich an die Rückgabe der für sie zusammengestellten frühen Gedichte Goethes erinnert zu haben. Goethe hatte am 7. Mai um die handschriftliche Gedichtsammlung gebeten (vgl. zu 53,1). 58,3 dass Sie wohl sind] Laut Knebels Tagebuch vom 16. Mai war er „Nachmittags bey Fr. v. Stein und Fr. v. Schardt 〈Sophie von Schardt〉“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 21v).

94. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 17. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 58. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, rechte untere Ecke abgeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „34.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 36), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 305. WA IV 4 (1889), 222f., Nr 952.

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BRIEF 95

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 58,5–6 Der Herzog ist 〈…〉 gestern in N. geblieben] Laut Fourierbuch vom 16. Mai 1780 waren am „vormittag um 9. uhr 〈…〉 DurchL. Herrschafft auf Nöhaußen bey den HL. Grafen v. Werther“ gefahren (FB 1780, S. 112). Demnach war das Herzogspaar zu einem gemeinsamen Besuch aufgebrochen, von dem Herzogin Louise schon am selben Tag zurückkehrte. Am 17. Mai nahm sie wieder an der fürstlichen Mittagstafel teil (vgl. ebd., S. 113). Ziel der Reise war Schloss Neuhausen (heute Großneuhausen) etwa 24 km nördlich von Weimar, seit 1771 im Besitz des Grafen Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen, Diplomat in kursächsischen Diensten und bis 1777 Gesandter in Madrid. Seit seiner Rückkehr aus Spanien pflegten er und seine Frau Johanna Louise geb. vom und zum Stein freundschaftlich-geselligen Kontakt zum Weimarer Hof, den sie auch zuvor schon gelegentlich besucht hatten. Der Umstand, dass nur Carl August länger in Neuhausen blieb, und die Art, in der Goethe darauf anspielt, verweisen auf die vor der Hofgesellschaft geheim gehaltene Neigung des Herzogs zur Gräfin. Auf das sich anbahnende Verhältnis des Herzogs zu der damals 28-Jährigen, von der sich auch Goethe angezogen fühlte, finden sich schon im August 1779 erste Andeutungen in Goethes Briefen (vgl. GB 3 II, zu 291,13). Offener thematisiert wird es im Tagebuch vom 6. März 1780: Nach Belw. wo 〈Herzog Carl August〉 mit W. 〈Johanna Louise von Werthern〉 war. Eine schöne Seele, wie in einer reinen Luft, wie an einem heitern Tag ist man neben ihr. Bey ihrer Toilette, war sie charmant. Ich paßte ihr sehr auf konnt aber nichts erlauschen. reiste weg mit (GT I 1, 106). Laut Fourierbuch hatte sich das Ehepaar von Werthern seit dem 4. März 1780 in Weimar aufgehalten (vgl. FB 1780, S. 56). Die Verbindung zwischen dem Herzog und der Gräfin von Werthern blieb mindestens bis ins Frühjahr 1781, wahrscheinlich aber noch länger bestehen (vgl. zu 228,13). – Im Erstdruck der Briefe Goethes an Charlotte von Stein wurde an dieser Stelle nach der Handschrift die Abkürzung ‚N.‘ (für Neuhausen) wiedergegeben und in der Fußnote auf „Neunheiligen bei Langensalze“ verwiesen (Schöll, Goethe-Stein 1, 305, Anm. 2); auch Fielitz behält die Abkürzung bei und erklärt sie mit Hilfe von Knebels Tagebuch vom 17. Mai als „Nehausen“ (Fielitz, Goethe-Stein 1, 467, Anm. 3 [zu S. 247]; ebenso Wahle); WA löst zu „Neehausen“ auf (WA IV 4, 222), allerdings ohne die Ergänzung im Text kenntlich zu machen. In allen späteren Ausgaben wird die Abkürzung durch kursive oder in Klammern gesetzte Schrift zu ‚Nehausen‘ oder ‚Neehausen‘ ergänzt und im Kommentar mit Hilfe von Knebels Tagebuch (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 606, Anm. zu Nr 431) oder ganz ohne Quelle erklärt: „Auf N e e h a u s e n, dem Gute des Grafen WerthernNeunheiligen“ (Fränkel, Goethe-Stein2 3, 64, Anm. zu Nr 432). Schölls Erklärung in E geht auf Goethes Tagebuch von Ende Mai 1780 zurück: War in Neuenheiligen (GT I 1, 112,6–7). Schloss Neunheilingen in der Nähe von Langen-

MAI 1780

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salza war seit Ende der 1770er Jahre Hauptwohnsitz des Grafen von Werthern und seiner Frau. Wie jedoch das Fourierbuch vom 16. sowie Knebels Tagebuch vom 17. Mai (vgl. die folgende Erläuterung) nahelegen, muss sich Goethe im nachträglich aus der Erinnerung entstandenen Tagebucheintrag bei der Ortsangabe geirrt haben. Neunheilingen liegt etwa 60 km nordwestlich von Weimar. Da sowohl Herzogin Louise wie auch Goethe und seine Begleiter jeweils an einem Tag von Weimar aus hin- und zurückgereist sind, hätten sie etwa 120 km zurücklegen müssen, wozu auch mit einer schnellen Reisekutsche mindestens 10 Stunden, bei den schlechten Wegen in Thüringen wahrscheinlich noch sehr viel mehr, nötig gewesen wären (vgl. GB 1 II, zu 151,6). Auch Neehausen bei Eisleben, das nach WA Reiseziel gewesen sei (vgl. WA IV 7, 436), ist auszuschließen, da es 80 km nordöstlich von Weimar liegt und nicht zu den Besitztümern des Grafen von Werthern-Beichlingen gehörte. 58,6–7 dem Prinzen, Knebeln, und mir eine Einladung] In Knebels Tagebuch vom 17. Mai findet sich dazu folgender Eintrag: „Fuhr mit dem Prinzen 〈Constantin〉 und Göthe des Morgens nach Nehaußen, kamen Abends wieder zurück.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 21v.) 58,8 hinunter] Von Weimar nach Tiefurt (vgl. die zweite Erläuterung zu 35,9). 58,8 allerliebst] Flüchtig für ‚Allerliebste‘. 58,8–9 Heut Nacht sind wir 〈…〉 wieder da.] Vgl. zu 58,6–7.

95. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 18. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 58. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, obere linke Ecke ausgerissen; Rs. Adresse: An Fr. von / Stein, schwarze Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „35“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 37), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 305f. WA IV 4 (1889), 223, Nr 953. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 17. Mai 1780 (vgl. zu 58,11–13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 58,11–13 Es wäre sehr abenteuerlich 〈…〉 ausgewichen bin.] Dies und das Folgende wohl mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins, in

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BRIEF 96

welchem sie über einen abendlichen Spaziergang berichtet haben muss, den sie am 16. Mai vielleicht in Begleitung ihrer Schwägerin Sophie von Schardt unternommen hatte (vgl. zu 58,3). – ‚Esplanade‘: Franz.: großer freier Platz; hier die Promenade zwischen Frauentor und dem Palais der Herzoginmutter Anna Amalia (heute Wittumspalais) in Weimar (heute Schillerstraße), im ausgehenden 18. Jahrhundert eine Baumallee mit Rasenflächen und Spalieren. 58,14 Frauens] Plural zu den oberdt. Singularformen ‚Fraue‘, ‚Frauen‘ (vgl. Adelung 2, 271). 58,18 anderwärts] Hier: auf andere Weise (vgl. GWb 1, 497).

96. An Johann Gottlob Immanuel Breitkopf Weimar, 18. Mai 1780 → 〈Leipzig〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 116. – Doppelblatt 16,2 × 19(–19,2) cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Schlussformel und Unterschrift (59,12 Ew Wohlgebl; 59,14–15 ergebenster Dr Goethe), Tinte; oben rechts Präsentatsvermerk, Tinte: „Pr dL 19tn May“; oben Mitte von fremder Hd, Bleistift: „Seidels Handschrift“; S. 4 am rechten Rand quer geschr. von fremder Hd., Tinte: „1780 / 18. May / 19. – / 0 / Weimar / Goethe.“ E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 190 (Teildruck: 59,1–3 Wohlgebohrner Hochgeehrtester Herr 〈…〉 Wilhelmsthal folgen hierbei; 59,10–11 Empfehlen Sie mich 〈…〉 Fortdauer Ihrer Freundschaft.) E2: WA IV 4 (1889), 223f., Nr 954 (Eduard von der Hellen). BEIL AG EN

Kupferstiche von Schloss Wilhelmsthal (vgl. zu 59,3). ERL ÄUT ERUNGEN

Goethe beantwortet entweder einen nicht überlieferten Brief Breitkopfs oder schickt die verlangten Kupfer von Wilhelmsthal (59,3), nachdem ihn Breitkopf bei einer möglichen Begegnung während der Leipziger Frühjahrsmesse im April 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13) darum gebeten hatte. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Der Leipziger Verleger Johann Gottlob Immanuel Breitkopf (1719–1794), der sich um Schriftkunst und Buchdruck verdient gemacht hat und als Begründer des Musikalienhandels gilt, war der Sohn des Verlegers und Buchdruckers Bernhard Christoph Breitkopf, des Gründers des Musikverlags Breitkopf & Härtel. 1745 übernahm Breitkopf die väterliche Druckerei und trat 1762 in die Verlagsleitung

MAI 1780

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ein. Durch die Erneuerung des Notentypendrucks gelang es Breitkopf, der zahlreiche theoretische Schriften zum Buchdruck und zur Typographie veröffentlichte, gedruckte Musikalien erfolgreich zum Gegenstand des Verlags zu machen und Werke namhafter Komponisten wie Georg Philipp Telemann, Carl Philipp Emanuel Bach und Adam Hiller drucken zu lassen. Seit 1774 erschien im Verlag Breitkopf Johann Christoph Adelungs „Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches der Hochdeutschen Mundart“ (5 Tle., Leipzig 1774–1786; eine zweite, vermehrte und verbesserte Auflage 1793–1801), welches auch in Goethes Bibliothek überliefert ist (vgl. Ruppert, 89, Nr 638). Nach dem Tod des Vaters 1777 leitete Breitkopf bis zu seinem eigenen Tod erfolgreich das gesamte Unternehmen. Goethe lernte Breitkopf, der seit 1749 mit Friderike Constantia geb. Brix verheiratet und Vater mehrerer Kinder (AA DuW 1, 271 [8. Buch]) war, während seiner Studienzeit in Leipzig 1766 kennen, als dieser gerade im Begriff war, ein neues Wohn- und Geschäftsgebäude zu beziehen. Häufig war er bei der Familie zu Gast, ging ihnen beym Auf- und Ausbau, beym Möbliren und Einziehen zur Hand und befreundete sich mit den Söhnen des Hauses Bernhard Theodor und Christoph Gottlob und der Tochter Theodora Sophie Constantie, die ihm so wie auch Aeltern und Schwestern, gewogen waren (ebd., 272 [8. Buch]; vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 61). Im Oktober 1767 konnte Goethe seiner Schwester Cornelia schreiben: Die ganze Famielie sieht mich gern (GB 1 I, 99,2). Über Johann Gottlob Immanuel Breitkopf berichtete Goethe später in „Dichtung und Wahrheit“: Der Vater hatte den Notendruck erfunden oder vervollkommnet. Von einer schönen Bibliothek, die sich meistens auf den Ursprung der Buchdruckerey und ihr Wachsthum bezog, erlaubte er mir den Gebrauch, wodurch ich mir in diesem Fache einige Kenntniß erwarb. Ingleichen fand ich daselbst gute Kupferwerke, die das Alterthum darstellten, und setzte meine Studien auch von dieser Seite fort, welche dadurch noch mehr gefördert wurden, daß eine ansehnliche Schwefelsammlung beym Umziehen in Unordnung gerathen war. Ich brachte sie, so gut ich konnte, wieder zurechte (AA DuW 1, 272 [8. Buch]). Die Verbindung zu der Familie scheint nach Goethes Rückkehr nach Frankfurt jedoch bald abgebrochen zu sein. Am 23. Januar 1770 schrieb er an Anna Catharina Schönkopf: Mit Breitkopfs binn ich fast aus aller Connexion, wie mit aller Welt. Ich habe zwar, erst kurz Briefe, aber es ist mir nicht um’s Herz zu antworten. (GB 1 I, 185,26–28.) Kontakte Breitkopfs nach Weimar bestanden über den Hofkapellmeister und Komponisten Ernst Wilhelm Wolf, der in seinen Briefen an den Verleger neben geschäftlichen Dingen auch über das Weimarer Musikleben und die dortigen Verhältnisse berichtete (vgl. Wilhelm Hitzig: Beiträge zum Weimarer Konzert 1773–1786. In: Der Bär. Jahrbuch von Breitkopf & Härtel auf das Jahr 1925. Leipzig 1925, S. 78–97). Bis zu dem vorliegenden Brief, der der erste

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BRIEF 97

überlieferte Brief Goethes an Johann Gottlob Immanuel Breitkopf ist, wird die Familie Breitkopf nicht mehr in Goethes Briefen und Tagebüchern erwähnt, auch nicht während seiner Aufenthalte in Leipzig, als er u. a. im März 1776 Corona Schröter, eine Freundin der Familie Breitkopf, als Sängerin und Schauspielerin für Weimar zu gewinnen suchte. Goethes letzter Aufenthalt in Leipzig war während der Frühjahrsmesse vom 22. bis 26. April 1780 gewesen (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13). Aus diesem Anlass könnte er Breitkopf begegnet sein und über die im Brief angesprochenen Themen geredet haben. Mit Breitkopf blieb Goethe dann bis 1791 in gelegentlichem brieflichen Kontakt. Insgesamt sind noch vier Briefe Goethes an Breitkopf überliefert, in denen er hauptsächlich Bücher bestellte oder Informationen zu Illustrationen einholte (WA IV 5, 268, Nr 1413; GB 8 I, Nr 221; GB 9 I, Nr 8). Im Brief vom 31. August 1789 (GB 8 I, Nr 145) bat er Breitkopf, Christian August Vulpius in Leipzig einzuführen. Weitere Briefe Goethes lassen sich erschließen (GB 8 I, EB 319 und EB 320). Von den Gegenbriefen sind nur zwei erhalten, einer aus dem Jahr 1782 und einer von 1790 (vgl. RA 1, Nr 156 und Nr 411). – Vgl. Julius Vogel: Goethe und die Familie Breitkopf. In: Der Bär. Jahrbuch von Breitkopf & Härtel auf das Jahr 1925. Leipzig 1925, S. 7–21. 59,3 Kupfer von Wilhelmsthal] Wahrscheinlich Darstellungen des etwa 10 km südlich von Eisenach gelegenen Schlosses Wilhelmsthal, eines der Jagdschlösser und Sommerresidenzen der Weimarer Herzogsfamilie. Interessant könnte für Breitkopf gewesen sein, dass Wilhelmsthal einen der ältesten freistehenden Konzertsäle Europas besaß, in dem einige Werke Georg Philipp Telemanns uraufgeführt worden waren. Möglicherweise bezieht sich Breitkopfs Anfrage auf eine Anzeige von Georg Melchior Kraus’ Stich, die Ende 1779 unter „Kunstsachen“ im „Teutschen Merkur“ erschienen war: „In Aberlis Manier Landschaften zu radiren, und nachher mit Farben auszumahlen, hat Herr Krause in Weimar einen glücklichen Versuch gemacht. Das erste Blatt stellt das Herzogl. Weimarische Lustschloß Wilhelmsthal von Seiten des Teichs vor. Der reine Contour, die schöne Perspektiv und Haltung, so wie die dieser Manier angemessene leichte Behandlung, werden jedem Kenner gefallen.“ (Dezember-Heft 1779, S. 293. Ein Exemplar des Stichs ist in den Weimarer Sammlungen überliefert [KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KGr 1980/00319].) 59,4–5 schönen Werkes] Um was es sich handeln könnte, lässt sich aus Breitkopfs eigenen Schriften und den um diese Zeit im Verlag erschienenen Werken nicht erschließen. Breitkopf besaß eine Sammlung von Karten aller sächsischen Länder sowie Zeichnungen und Stichen von Städten, Kirchen, Palästen u. a. aus diesen Regionen, so dass er möglicherweise dafür die Kupfer von Wilhelmsthal wünschte (vgl. Karl Gottlob Hausius: Biographie Herrn Joh. Gottlob Immanuel Breitkopfs. Leipzig 1794, S. 47). 59,6 Bücherverzeichniss] Was Breitkopf wollte und ob Goethe das Verzeichnis geliefert hat, ist nicht bekannt.

MAI 1780

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59,10 Angehörigen] Vgl. die einleitende Erläuterung. Breitkopfs jüngerer Sohn Christoph Gottlob war in das väterliche Geschäft eingetreten. Der ältere, Bernhard Theodor, hielt sich seit 1777 in St. Petersburg auf.

97. An Johann Rudolf Burkhardt

Weimar, 19. Mai 1780 → 〈Basel〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt, 1995 Privatbesitz Zürich. – Doppelblatt, 2 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 1 unter dem Text Adresse: An Hl Giedeon Burkhardt in Basel.; S. 4 oben rechts Antwortvermerk, Tinte: „repL. dL. 15. AugL. 8 0.“ (Angaben nach dem Faksimile in: Albert Debrunner: Goethes Basler Aufenthalte und seine Bekanntschaft mit Johann Rudolf Burckhardt. In: Das Haus zum Kirschgarten und die Anfänge des Klassizismus in Basel. Hrsg. von Burkard von Roda und Benno Schubiger. Basel 1995, S. 165.) E: Erst-Schopf-Preiswerk: Briefe namhafter Zeitgenossen an Johann Rudolf Burckhardt im Kirschgarten. In: Basler-Jahrbuch (1943), S. 147. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 53, Nr 954a (nach E). Textgrundlage: Faksimile. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom 15. August 1780 ist nicht überliefert (vgl. Überlieferung). Postsendungen: 22. Mai 1780 (vgl. GR/RB 1780, 3, Bl. 3r; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 25r). Johann Rudolf Burkhardt (1750–1813) war Seidenfabrikant und Spediteur in Basel. Er übernahm die Firma seines 1760 gestorbenen Vaters und führte sie unter dessen Namen, Gedeon Burkhardt, weiter. Burkhardt, der für seinen ostentativen Lebensstil und seine Kunstliebhaberei bekannt war, ließ ab 1775 einen repräsentativen Bau errichten, das Haus zum Kirschgarten (vgl. zu 59,22). Burkhardt stand seit 1778 in Kontakt mit Lavater (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 555.19 und 504.287). Er nutzte seine Geschäftsreisen nach Norditalien, Frankreich und Deutschland, um Kunstwerke anzuschaffen, und förderte bildende Künstler wie Franz Schütz und Alexander Trippel. Ende Dezember 1796 wurde Burkhardt, der als Jägerhauptmann Militärdienst leistete, angeklagt, einen rechtswidrigen Durchmarsch österreichischer Truppen durch Basler Territorium unterstützt zu haben, die von dort aus in französisches Gebiet eindringen wollten. Er ging 1797 freiwillig ins Exil und kämpfte bis 1799, zuletzt als Oberst in österreichischen Diensten, gegen die französischen Revolutionsarmeen. 1801 kehrte er in die Schweiz

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BRIEF 98

zurück (vgl. Ulrich Barth: Johann Rudolf Burckhardt [1750–1813], Handelsherr, Bauherr des Kirschgarten. In: Das Haus zum Kirschgarten und die Anfänge des Klassizismus in Basel. Hrsg. von Burkard von Roda und Benno Schubiger. Basel 1995, S. 15–50). – Burkhardt hatte Goethe im Frühling 1777 auf einer Geschäftsreise in Weimar kennen gelernt, wie Carl Gottlob Küttner in einem Brief an Bertuch erwähnt (vgl. BuG 2, 15). Die zweite persönliche Begegnung, auf die Goethe im vorliegenden Brief anspielt, fand Anfang Oktober 1779 in Basel statt und stand im Zusammenhang mit der Finanzierung der Schweizer Reise (vgl. zu 60,4–5). Das Verhältnis der Briefpartner war geschäftlicher Natur. Der vorliegende Brief an Burkhardt ist der einzige überlieferte Brief Goethes an diesen Adressaten. Ein weiterer Brief vom 20. Oktober 1779 konnte erschlossen werden (GB 3 I, EB 270). Burkhardts Briefe an Goethe sind nicht überliefert. 59,16–17 schreibt mir Herr Pastor Wittenbach von Bern] Jacob Samuel Wyttenbachs nicht überlieferte Antwort auf Goethes Brief vom 18. Februar 1780 (Nr 18). 59,17–18 ein Exemplar der Wagnerischen Prospekte] Vgl. zu 17,18. 59,21–22 Ihren Stand verändert] Burkhardt hatte sich im Juni 1779 von seiner ersten Frau, Anna Maria, scheiden lassen. Er heiratete Ende Juni oder Anfang Juli 1780 Sara Rohner, mit der er bereits während Goethes Basler Aufenthalt verlobt war. In einem Brief vom 15. August 1780 berichtete er Bertuch von der Vermählung und erwähnte auch die persönliche Begegnung in Weimar im Jahr 1777 (vgl. GSA 6/290). 59,22 Ihrem Hausbau] Das von Johann Ulrich Büchel in klassizistischem Stil entworfene Haus zum Kirschgarten an der Elisabethenstraße, das heute Teil des Historischen Museums Basel ist. Der repräsentative Bau, der 1775 begonnen wurde und 1780 weitgehend abgeschlossen war, wurde zu einer Attraktion für die Besucher der Stadt: „Es ist bey weitem das feinste Privatgebäude, das ich in der ganzen Schweiz gesehen habe, und vereinigt Schönheit und Geschmack mit der edlen Einfalt der Antike. Besonders schön ist ein Vorsal in jonischer Ordnung, mit einem marmornen Boden, und das Treppenhaus in Stuckatur-Arbeit, mit einem eisernen Geländer, das vorzüglich wohl gearbeitet ist. – Durchreisende Fremde besuchen häufig dieses Haus.“ (〈Carl Gottlob Küttner:〉 Briefe eines Sachsen aus der Schweiz an seinen Freund in Leipzig. Bd 3. Leipzig 1786, S. 196f.) 59,23 Ihrigen] Burkhardt hatte vier Kinder aus erster Ehe: Johannes, Anna Margaretha, Johann Rudolf und Gedeon. Die Söhne wohnten wohl bei dem Vater, die Tochter bei der Mutter, die im September 1779 wieder geheiratet hatte. 59,23 Hl. Küttner] Der sächsische Reiseschriftsteller Carl Gottlob Küttner war ein Hausfreund Burkhardts und, zumindest eine Zeit lang, Hofmeister seines ältesten Sohnes. Aus Küttners Briefen an Bertuch vom 22. März und 11. Mai 1777 geht hervor, dass er sich 1776 auf der Reise in die Schweiz in Weimar aufgehalten und dort Goethe kennen gelernt hatte (vgl. GSA 6/1063, St. 1–2; GJb II

MAI 1780

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[1882], 392f.). Goethe hatte ihn offenbar erneut in Basel getroffen; Küttner hielt sich jedenfalls zu dieser Zeit in der Stadt auf (vgl. Briefe eines Sachsen aus der Schweiz an seinen Freund in Leipzig. Bd 2. Leipzig 1785, S. 267). 59,23 Schüz] Der Frankfurter Maler und Radierer Franz Schütz arbeitete seit 1777 in Basel für Burkhardt (vgl. GB 3 II, zu 321,13–14). Er starb am 14. Mai 1781 in Genf. Im Mai 1778 hatte Burkhardt einige Zeichnungen von Schütz an Lavater gesendet, darunter ein nicht überliefertes Goethe-Porträt (möglicherweise eine Radierung oder ein Stich), das jedoch Lavaters Ansprüchen nicht genügte (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 559.19). 60,1 einige Zeichnungen] In Goethes Kunstsammlung sind mehrere Zeichnungen von Schütz überliefert, deren Provenienz unklar ist. Darunter sind „11 landschaftliche Zeichnungen nach der Natur, größtentheils römische Parthieen“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.288,0671.1–11) und zwei Zeichnungen des Staubbach-Wasserfalles (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.288,0670 und GHz/Sch.I.336,0070). Möglicherweise wurden sie durch den Adressaten nach Weimar geschickt. 60,3 unserm gnädigsten Herrn] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 60,4–5 zu allem Guten und nüzlichen behülflich] Goethe und Carl August hatten mehrmals während der Schweizer Reise Bargeld erhoben und die Summen über Burkhardts Firma an Johann Lorenz Streiber in Eisenach verrechnen lassen (vgl. Willy Andreas: Die Kosten der Schweizerreise Goethes und Carl Augusts von Weimar [1779]. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 1 [1951], S. 77–85). 60,8 Ihres Andenkens] Burckhardt antwortete erst am 15. August 1780 (vgl. Überlieferung), als sich Knebel in Basel aufhielt (vgl. zu 64,21). Dieser Brief wurde höchstwahrscheinlich dem Brief an Friedrich Justin Bertuch vom selben Tag beigeschlossen (GSA 6/290).

98. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 21. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 59. – 1 Bl. 19(–19,2) × 9,4 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „36“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 38), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 306. WA IV 4 (1889), 306, Nr 955.

216

BRIEF 99

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 60,16 Da ich gestern Abend nach Hause kam] Wahrscheinlich nach einem Besuch bei Charlotte von Stein, wie Knebels Tagebuch vom 20. Mai vermuten lässt: „Nachmittags in der Probe, Kalliste. Abends bey Fr. v. Stein.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 22r.) – Zu den Proben von Seckendorffs „Robert und Kalliste“ vgl. die zweite Erläuterung zu 54,10. 60,16 gar] Hier im verstärkenden Sinne von ‚sehr‘, ‚recht‘. 60,16–17 Zettelgen von der Herdern] Caroline Herders Brief an Goethe ist nicht überliefert. 60,17 närrisch] Hier in der weiteren Bedeutung von ‚seltsam‘, ‚ungewöhnlich‘ (vgl. Adelung 3, 432). 60,18 Diesen Mittag 〈…〉 bey hofe] Unter den 22 Personen, die am 21. Mai an der fürstlichen Mittagstafel teilnahmen, wird „〈HL. Geh. Rath〉 Gehde“ als 21. Gast namentlich genannt (FB 1780, S. 115). 60,18 Conzert] Am 21. Mai wurde am Hof der zweite Teil von Georg Friedrich Händels „Messias“ aufgeführt (vgl. die zweite Erläuterung zu 55,10).

99. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 24. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 59. – 1 Bl. 16,1 × 9,8 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „37“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 39), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 306. WA IV 4 (1889), 224, Nr 956. BEIL AG EN

1) Papier (vgl. die erste Erläuterung zu 60,21). 2) Schrift über Struensee (vgl. die zweite Erläuterung zu 60,21). 3) Nachricht vom Buch Chevila (vgl. zu 60,22). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 60,21 das beste Papier] Wahrscheinlich so genanntes Postpapier, ein besonderes Schreibpapier, „welches sich wegen seiner Feinheit und Leichtigkeit besonders zu solchen Briefen schickt, welche mit der Post gehen sollen“ (Adelung 3, 816).

MAI 1780

217

60,21 Struensees Schicksaal] Eine der zahlreichen Schriften über Johann Friedrich Struensee, der als Leibarzt des dänischen Königs Christian VII. zu dessen einflussreichstem Berater und ranghöchstem Minister (Maître des requêtes: Herr der Gesuche) aufgestiegen war und weitreichende Reformen angestoßen hatte, darunter die Neuordnung der Staatsfinanzen, die Aufhebung von Adelsprivilegien und die Abschaffung der Zensur. Mit Königin Caroline Mathilde verband ihn ein Liebesverhältnis. Seinem außergewöhnlichen Aufstieg folgte ein ebenso rascher und Aufsehen erregender Sturz. Im Januar 1772 war er auf Betreiben einer Gruppe um Königin Juliane Marie, der Stiefmutter Christians VII., des Hochverrats angeklagt, zum Tode verurteilt und wenig später zusammen mit seinem Vertrauten Enevold Brandt öffentlich hingerichtet worden. Schon 1772 erschienen mehrere Publikationen, von denen Balthasar Münters „Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen und Königlichen Dänischen Geheimen Cabinetsministers Johann Friedrich Struensee, nebst desselben eigenhändiger Nachricht von der Art, wie er zur Aenderung seiner Gesinnungen über die Religion gekommen ist“ (zuerst Kopenhagen 1772) die weiteste Verbreitung fand. Eine Rezension dazu in den „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ (FGA) vom 8. September 1772 (Nr 72, S. 569–572) wurde noch in der WA Goethe zugeschrieben (vgl. WA I 37, 253–255), stammt jedoch von Johann Georg Schlosser (vgl. GB 1 II, zu 237,19–20). Im selben Jahr erschien u.a. auch die „Lebensbeschreibung Verhaft und Hinrichtung der beyden unglücklichen Grafen Johann Friedrich Struensee, und Enewold Brands, nebst dem Testamente des Grafen Struensee, von ihm selbst aufgesetzt“ (Kopenhagen). – Charlotte von Stein dürfte zudem ein ganz persönliches Interesse an der Lebensgeschichte Struensees genommen haben. Ihre Schwägerin Sophie von Schardt war die Pflegetochter des dänischen Staatsministers Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff, der 1770 durch Struensee gestürzt worden war. Er starb 1772 in Hamburg. Seine Frau Charitas Emilie siedelte 1778 nach der Heirat ihrer Pflegetochter mit Carl von Schardt nach Weimar über. 60,22 Nachricht vom Buch Chevila] Die von dem Zellerfelder Superintendenten Conrad Sigismund Ziehen handschriftlich in Umlauf gebrachte „Vorläufige allgemeine Nachricht, die von mir herauszugebende hieroglyphische Sprachkunst und das Buch Chevila betreffend“ vom 7. April 1780 mit einer Abhandlung „Schluß einer herauszugebenden Anzeige von denen uns bevorstehenden außerordentlichen Erdfällen und erklärenden Theorie derselben“ (nach Schöll war in der Großherzoglichen Bibliothek zu Weimar eine Abschrift überliefert, vgl. Schöll, Goethe-Stein 1, 468). – Ziehen sagte voraus, dass in einem unmittelbar bevorstehenden Erdbeben große Teile Süddeutschlands und der Schweiz untergehen würden. Die Nachrichten über verschiedene Erdbeben, wie das vom 26. und 27. Februar 1780 in der Gegend um Koblenz, deutete er als Bestätigung seiner Prophezeiung. Quelle der Prophezeiungen war ein geheimnisvolles, nicht zu verifizierendes ‚Buch Chevila‘. Seine handschriftliche „Nachricht“ hatte Ziehen am 20. Dezember 1779 als Promemo-

218

BRIEFE 100–102

ria an die Landesregierungen des Kommunionharzes (Braunschweig-Lüneburg [Kurhannover] und Braunschweig-Wolfenbüttel) gesandt. – Ziehens Schriften waren abschriftlich verbreitet worden und zirkulierten in Weimar; Herder beschrieb Anfang Juni 1780 dessen Prophezeiungen in Briefen an Johann August von Einsiedel und Hamann (vgl. HB 4, 120–122). Catharina Elisabeth Goethe mokierte sich in einem Brief an Herzogin Anna Amalia vom 14. Juli 1780 über Ziehens Weissagungen und kündigte „eine gantz hübsche Emigration“ nach Weimar an, das von den Erdbeben verschont werden sollte (Pfeiffer-Belli, 475f.). – Kurz nachdem der vorliegende Brief geschrieben wurde, am 28. Mai 1780, starb Ziehen und erlebte den Erfolg seiner postum in zahlreichen Auflagen und unter variierenden Titeln verbreiteten Prophezeiungen nicht mehr. Der erste Druck erschien unter dem Titel „Nachricht von einer bevorstehenden großen Revolution der Erde, die insonderheit das südliche Europa und einen Theil Deutschlands treffen, und mit dem Ende des Septembermonats anfangen wird. 〈…〉 Mit einem Anhange über das Buch Chevilla“ (Frankfurt und Leipzig 1780). Namhaftester Kritiker war Georg Christoph Lichtenberg, der am 30. September 1780 in den „Göttingischen Anzeigen von gemeinnützigen Sachen“ die Unhaltbarkeit der Ziehenschen Prophezeiungen nachwies (Ueber die Weissagungen des verstorbenen Hrn. Superintendenten Ziehens zu Zellerfeld; 40. Stück, S. 165–168). Ein Überblick zu den postum erschienenen „Zieheniana“ und der zeitgenössischen Kontroverse findet sich bei Wolfgang Schimpf: Konrad Siegmund Ziehen. Bibliographischer Beitrag zur Geschichte einer nichtaufgeklärten Epoche. In: Lichtenberg-Jahrbuch 1993, S. 225–228. – Goethes Aufmerksamkeit dürfte durch das ‚Buch Chevila‘ wie auch die geologischen Spekulationen geweckt worden sein. Sein Interesse für Ziehen belegt die Rechnung des Schreibers Johann Christoph Ferdinand Rost vom 11. April 1781: „4 Groschen für Cop. einer Beschreibung von Herrn Superintendent Ziehn, 3. Bogen sauber geschrieben.“ (GR/Belege 1781/82, 2, Bl. 33.) Vgl. auch zu 68,5–6 und zu 82,31.

100. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 59. – 1 Bl. 19 × 8,9(–9,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „38“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 40), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 307. WA IV 4 (1889), 225, Nr 957.

MAI/JUNI 1780

219

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 61,2 die Tauben zum gewohnten Futter] In Anspielung auf die Tauben, die Charlotte von Stein von ihrem Fenster aus fütterte (vgl. GB 3 I, 293,4–5). 61,2–3 In Ihrer Abwesenheit] Am 25. Mai 1780 war „Fr. v. Stein 〈…〉 hier 〈in Tiefurt〉“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 23r). 61,4 Steinen] Josias von Stein, den Goethe in vielen seiner Briefe an Charlotte von Stein grüßen lässt.

101. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 29. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 58. – 1 Bl. 19 × 6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „33.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 35), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 307. WA IV 4 (1889), 225, Nr 958. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 61,6). 61,6 Lassen Sie mir doch sagen] Wahrscheinlich antwortete die Adressatin am selben Tag. Der Brief ist nicht überliefert.

102. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Anfang Juni 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung in die zweite Hälfte des März 1780 gesetzt, dieser Datierung folgen Fielitz, Wahle und Petersen (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 237, Nr 391; Wahle, GoetheStein 1, 224, Nr 392; Petersen, Goethe-Stein 1, 227, Nr 387). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen

MAI/JUNI 1780

219

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 61,2 die Tauben zum gewohnten Futter] In Anspielung auf die Tauben, die Charlotte von Stein von ihrem Fenster aus fütterte (vgl. GB 3 I, 293,4–5). 61,2–3 In Ihrer Abwesenheit] Am 25. Mai 1780 war „Fr. v. Stein 〈…〉 hier 〈in Tiefurt〉“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 23r). 61,4 Steinen] Josias von Stein, den Goethe in vielen seiner Briefe an Charlotte von Stein grüßen lässt.

101. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 29. Mai 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 58. – 1 Bl. 19 × 6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „33.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 35), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 307. WA IV 4 (1889), 225, Nr 958. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 61,6). 61,6 Lassen Sie mir doch sagen] Wahrscheinlich antwortete die Adressatin am selben Tag. Der Brief ist nicht überliefert.

102. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Anfang Juni 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung in die zweite Hälfte des März 1780 gesetzt, dieser Datierung folgen Fielitz, Wahle und Petersen (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 237, Nr 391; Wahle, GoetheStein 1, 224, Nr 392; Petersen, Goethe-Stein 1, 227, Nr 387). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen

220

BRIEF 103

Reise zu. Fränkel datiert ihn auf Anfang Juni 1780 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 230, Nr 438; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 215, Nr 438). Die Beilage spricht dafür, dass er in der wärmeren Jahreszeit geschrieben wurde (vgl. die zweite Erläuterung zu 43,2). Da es keine weiteren Anhaltspunkte für eine Datierung gibt, wird die von Fränkel vorgeschlagene beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 94. – 1 Bl. 14,8 × 3,9(–4,2) cm, 2 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „99“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 106), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 292. WA IV 7 (1891), 265, Nr 2378. BEIL AG E

Blumen (61,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

103. An Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg 〈Weimar〉, 3. Juni 1780 → 〈Uetersen〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-25752, ehemals Slg Brockhaus. – 1 Bl. 16,1 × 9,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss zu einem Brief Sophie von Schardts an Augusta zu Stolberg (vgl. zu 61,13); Verbleib unbekannt. E: Goethe-Stolberg1 (1839), 129f., Nr 18. WA IV 4 (1889), 226, Nr 960 (nach Goethe-Stolberg2 [1881], 66, Nr 19). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief antwortet wahrscheinlich auf einen Gruß Augusta zu Stolbergs in einem Brief an Sophie von Schardt von Ende Mai 1780 (vgl. die erste Erläuterung zu 61,12), der nicht überliefert ist. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Mit Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg (1753–1835) stand Goethe seit Ende Januar 1775 in brieflichem Kontakt. Die Adressatin war das fünfte von zwölf Kindern des Grafen Christian Günther zu Stolberg-Stolberg und dessen Ehefrau Charlotte Friederike Christiane, einer geborenen Gräfin zu Castell-Remlingen. Bis zum Tod des in dänischen Diensten stehenden Vaters im Jahr 1765

JUNI 1780

221

lebte die Familie in Kopenhagen, danach auf dem Landsitz in Rungstedt (Rondstedt) nördlich von Kopenhagen am Öresund, wo die jüngeren Kinder in ländlicher Umgebung und trotz der streng pietistischen und zur Exzentrik neigenden Mutter naturverbunden und weitgehend frei von Standeskonventionen aufwuchsen. Von 1770 bis 1782 war Augusta Konventualin des Adeligen Damenstifts in Uetersen im dänisch regierten Herzogtum Holstein. – Zur Person Augusta zu Stolbergs und zur Überlieferung der Korrespondenz vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 188. Der vorliegende Brief ist der einzige Brief Goethes an Augusta zu Stolberg aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes. Der engste briefliche Kontakt zur Adressatin bestand in den ersten acht Monaten nach Beginn der Korrespondenz im Januar 1775, als Goethe noch im Frankfurter Elternhaus lebte, als Anwalt arbeitete und die Bekanntschaft Anna Elisabeth (Lili) Schönemanns gemacht hatte. Die Briefpartnerin im fernen Uetersen, der er persönlich nie begegnete, wurde für ihn zur Vertrauten seines spannungsreichen Verhältnisses zu ‚Lili‘, das mit der Trennung des Paares und Goethes Weggang aus Frankfurt im Herbst desselben Jahres endete. Mit Goethes Übersiedlung nach Weimar im November 1775 nahm die Intensität des Briefwechsels ab. Bezeichnenderweise erlischt sein Bedürfnis, an Augusta zu Stolberg zu schreiben, genau zu der Zeit, als er sich auch als Briefschreiber Charlotte von Stein zuwendet. Von November 1775 bis Ende 1779 schrieb er nur achtmal an die Uetersener Freundin, auch wurden die Briefe mit Ausnahme desjenigen vom 17. bis 24. Mai 1776 (GB 3 I, Nr 114) immer kürzer. Im Brief vom 27. März 1778 (GB 3 I, Nr 342) war Goethe vom bis dahin vertraulichen ‚Du‘ zum unpersönlichen ‚Sie‘ übergegangen. Der vorliegende Brief wie auch der nachfolgende vom 4. März 1782 (WA IV 5, 275, Nr 1425) haben inhaltlich und sprachlich kaum noch etwas gemein mit den gefühlsbetonten, bekenntnishaften Briefen aus dem Anfangsjahr der Bekanntschaft. Weder Goethe noch die Adressatin nahmen in der Korrespondenz den alten Faden (62,2) wieder auf. Nach 1782 brach der Briefwechsel ganz ab. Erst mehr als vierzig Jahre später wandte sich Augusta Louise, nunmehr verwitwete Gräfin von Bernstorff, in einem Brief vom 15. bis 23. Oktober 1822 noch einmal an Goethe, um dessen Seelenheil sie als gläubige Christin besorgt war (GSA 28/192; gedruckt bei Behrens, 51–55, Nr 20). Goethe antwortete am 17. April 1823 (WA IV 37, 18–20, Nr 17). – Augusta zu Stolbergs Briefe an Goethe sind mit zwei Ausnahmen (vgl. RA 1, Nr 56 und RA 9, Nr 1510) nicht überliefert; sie wurden wahrscheinlich in einem der von Goethe von Zeit zu Zeit veranstalteten ‚Autodafés‘ vernichtet (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 4). 61,12 Für ihr Andencken] Mit Bezug auf einen Gruß Augusta zu Stolbergs, den sie Goethe in einem Brief an Sophie von Schardt übermitteln ließ. Wie der Kontext und eine Bemerkung Goethes Charlotte von Stein gegenüber nahelegen (vgl. 62,4–5), scheint der Gruß mit einer Klage über Goethes langes Schweigen

222

BRIEF 104

verbunden gewesen zu sein. – ‚Andenken‘ hier im Sinne von ‚anteilnehmendes Denken (an eine entfernte Person)‘ (vgl. GWb 1, 489). 61,12 Gustgen] Den vertraulichen Namen verwendete Goethe erstmals in seinem Brief vom 25. und 31. Juli 1775 (vgl. GB 2 I, Nr 250). Zuvor wandte er sich mit wechselnden Anreden an die ‚teure Unbekannte‘, die zuerst an ihn geschrieben hatte, ohne ihren Namen preiszugeben (vgl. GB 2 I, 160,10–13). Auch nachdem er ihre Identität kannte, hielt er durch Anrede und Adresse den Eindruck aufrecht, er schreibe einer Unbekannten (vgl. GB 2 II, zu 163,17). 61,12–13 Die kleine gute Schardt] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff, die Schwägerin Charlotte von Steins, war eine enge Freundin Augusta zu Stolbergs, die mit ihr seit ihrer Übersiedlung nach Uetersen 1770 im Briefwechsel stand (vgl. GB 2 II, zu 178,22; Schumann, Auguste Stolberg, 254–258). In Kopenhagen hatten der dänische Staatsminister Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff und seine Frau Charitas Emilie, deren Pflegetochter Sophie war, zum großen Freundeskreis der Stolbergs gehört (vgl. die zweite Erläuterung zu 60,21). Durch die Heirat von Augusta zu Stolbergs ältester Schwester Henriette mit Andreas Peter von Bernstorff, dem Neffen und Amtsnachfolger des Ministers, war die Verbindung der beiden Familien noch enger geworden. 1783 wurde Augusta zu Stolberg die zweite Frau ihres verwitweten Schwagers. – Goethe erwähnt Sophie von Schardt in seinen Briefen an Charlotte von Stein häufig als ‚kleine Schwägerin‘ oder ‚Kleine‘. 61,13 Zettelgen] Der vorliegende Brief, zu dessen Niederschrift Goethe demnach durch Sophie von Schardt aufgefordert worden war. Es ist anzunehmen, dass sie ihn mit einem ihrer eigenen Briefe an Augusta zu Stolberg schickte. 61,13 in meinem Garten] Oberhalb des „Sterns“ (vgl. zu 104,17). 61,14 Gesellschafft] Darunter könnten Emilie von Werthern-Beichlingen (vgl. die zweite Erläuterung zu 38,6), Amalia von Hendrich und Caroline von Ilten gewesen sein (vgl. zu 12,3–4). Dass auch Charlotte von Stein zur Gesellschaft gehörte, legt Goethes Brief vom selben Abend nahe (vgl. zu 62,4). 61,14–15 Lange hab ich mir vorgesezt 〈…〉 zu sagen] Der letzte Brief Goethes an Augusta zu Stolberg stammte vom 27. März 1778 (GB 3 I, Nr 342). Ihm hatten Vertonungen von Gedichten und eine Silhouette Friedrich Gottlieb Klopstocks beigelegen (vgl. Beilagen zu GB 3 II, Nr 342). 61,16 stockigerer] Stockig, stockicht: störrig, halsstarrig, widerhaarig, hier: jemand „der mit der sprache stockt, nicht damit herauskommt, wenig redselig ist“ (Grimm 19, 105f.). 62,1 die Brüder] Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg-Stolberg, mit denen Goethe 1775 eine Reise durch Süddeutschland und in die Schweiz unternommen hatte. Auf der Rückreise hatten sie Ende November/Anfang Dezember in Weimar Station gemacht. Nachdem Friedrich Leopold die vom Herzog angebotene Weimarer Kammerherrenstelle Anfang 1776 zunächst angenommen, dann aber zugunsten eines anderen Angebotes nicht angetreten hatte, ohne rechtzeitig ab-

JUNI 1780

223

zusagen, war das Verhältnis Goethes zu beiden Brüdern merklich abgekühlt. Auch Goethes Differenzen mit Friedrich Gottlieb Klopstock, zu dessen Parteigängern die Brüder Stolberg und mutmaßlich auch Augusta gehörten, hatten zur Entfremdung zwischen ihnen und Goethe beigetragen (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 112; zum Verhältnis insgesamt vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 266). 62,2 den alten Faden] Aus der Anfangszeit des Briefwechsels mit Augusta zu Stolberg (vgl. u.a. GB 2 II, zu 213,11; Schumann, Auguste Stolberg, 282). Wie auch die Bemerkung im Brief an Charlotte von Stein vom 3. Juni 1780 (Nr 104) nahelegt, geschah die Aufforderung wohl eher aus Höflichkeit und nicht mit der Erwartung, dass sich der Briefwechsel tatsächlich wieder intensivieren werde (vgl. 62,4–5).

104. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 3. Juni 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 193). Seit dem Erstdruck wird er nach den inhaltlichen Bezügen zum Brief vom 3. Juni 1780 an Augusta zu Stolberg (vgl. zu 62,4; zu 62,5) auf diesen Tag datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 88. – 1 Bl. 17,4 × 5,6(–6,1) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), unterhalb der Mitte infolge des Öffnens rechts ausgerissen; Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „81.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 88), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 307. WA IV 4 (1889), 226, Nr 961. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 62,4 Gustgen] Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg. – Der unvermittelte Beginn wie auch das Folgende verweisen darauf, dass der Brief an ein kurz zuvor geführtes Gespräch anknüpft (vgl. Nr 103). 62,5 aus der Finsterniss] Geschrieben im nächtlichen Garten (vgl. 61,13–14).

224

105. An Charlotte von Stein

BRIEFE 105/106

〈Weimar〉, 4. Juni 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 60. – 1 Bl. 16,1 × 9,8(–10) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „40“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 42), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 307f. WA IV 4 (1889), 227, Nr 962. BEIL AG EN

1) Ring (vgl. die erste Erläuterung zu 62,7). 2) Gravurvorlage (vgl. die zweite Erläuterung zu 62,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 62,7 Ring] Geschenk Charlotte von Steins vor der bevorstehenden längeren Trennung im Juni/Juli 1780 (vgl. zu 50,11). Goethe erhielt den Ring erst am 13. Juni zurück, als die Freundin bereits nach Mörlach abgereist war (vgl. 74,7). 62,7 Muster] Eine Vorlage für die Gravur der Initialen Charlotte von Steins (vgl. zu 50,12). 62,8 Reisen Sie glückl.] Charlotte von Stein besuchte im Juni und Juli 1780 ihre Schwester Louise von Imhoff im fränkischen Mörlach (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 115). Sie brach, während sich Goethe in Gotha aufhielt, wahrscheinlich am 8. oder 9. Juni in Begleitung ihres Bruders Carl von Schardt und dessen Frau Sophie nach Franken auf und kehrte am 19. oder 20., spätestens am 21. Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 90,1). Da die Reisegesellschaft offenbar erst etwa am 16. Juni in Nürnberg eintraf (vgl. die zweite Erläuterung zu 76,7), ist anzunehmen, dass sie auf dem Hinweg Zwischenstation auf dem Steinschen Landgut in Kochberg machte. – Die beiden nachfolgenden Briefe Goethes aus Gotha (Nr 110 und 111) erhielt die Adressatin aber sehr wahrscheinlich noch in Weimar. 62,8 Stein] Josias von Stein. 62,9–11 mein Pferd heut Nachmittag 〈…〉 frisch zu reiten] Am 5. Juni ritt Goethe über Erfurt nach Gotha, wo er bis zum 10. Juni blieb (vgl. zu 70,4). Als Oberstallmeister war Josias von Stein u.a. für die herzoglichen Zug- und Reitpferde zuständig. Er kam zwar Goethes Bitte nach, scheint sich aber einen Spaß mit ihm erlaubt zu haben (vgl. zu 70,5–6). Darauf soll sich auch folgende Anmerkung Friedrich von Steins beziehen: „Der Hertzog hatte dem Göthe ein Pferd seines Stalles bewilligt u mein Vater scherzhaft wie er mit Göthe stand hiernach einen Baßgänger ausgesucht, der die Poesie benant war.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 7v.)

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106. An Carl Ludwig von Knebel

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Weimar, 4. Juni 1780 → 〈Tiefurt〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. h: GSA Weimar, Sign.: 68/766. – 2 ineinander gebundene Doppelblätter 20,2 × 32,5 cm und 1 dahinter geheftetes Bl. 20,8(–21) × 32,5 cm, Schreiberhd, Tinte, spätere Korrekturen von fremder Hd, Bleistift und Tinte. – In einer gebundenen Mappe mit der Aufschrift: „Auszüge / aus Knebels u. Goethe’s Briefen“. E: WA IV 7 (1891), 358–366, Nr 962a (Eduard von der Hellen; nach h). Textgrundlage: h. – Die späteren Korrekturen von fremder Hand, die Interpunktion, Orthographie, Stilistik und inhaltliche Versehen betreffen, wurden nicht berücksichtigt. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Carl Ludwig von Knebel (1744–1834), ein aus Ansbach stammender ehemaliger Offizier in preußischen Diensten und seit Oktober 1774 Erzieher des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, war in den ersten zehn Weimarer Jahren Goethes vertrautester Freund, den er später als seinen Urfreund (WA I 4, 83) bezeichnen sollte. Neben gemeinsamen Interessen, vor allem literarischen, lag dies maßgeblich an Knebels ungewöhnlicher Empathiefähigkeit und seinem damit verbundenen Talent, mäßigend und ausgleichend auf seine Umgebung zu wirken. Im Brief an Charlotte von Stein vom 19. Oktober 1780 prägt Goethe für diese Eigenschaften den Begriff Mittlerschafft, die ihn gar gut (155,5–6) kleide. Vgl. weiter die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 175. Im Zeitraum des vorliegenden Bandes hatte Knebel am Weimarer Hof kein offizielles Amt mehr inne, da mit der Mündigkeit des Prinzen Constantin im September 1779 seine Tätigkeit als Erzieher beendet war, auch wenn de facto das LehrerSchüler-Verhältnis wie auch die gemeinsame Tiefurter Haushaltung vorerst weiter bestehen blieben (vgl. zu 50,6). Die fehlende Beschäftigung und der Umstand, dass ihn der Herzog in kein neues Amt berief, trübten Knebels Stimmung und waren Ursache seiner Unzufriedenheit. Hinzu kamen finanzielle Probleme (vgl. zu 80,26–27). Auf Goethes und Carl Augusts Rat hin unternahm Knebel im Juni 1780 eine Reise in die Schweiz und kehrte im Oktober 1780 nach Weimar zurück. Ungeachtet der Bemühungen des Herzogs und Goethes, Knebel als Freund, literarischen Gesprächspartner, Mitglied der Weimarer Gesellschaft und Ratgeber in der Residenz zu halten, siedelte dieser im November 1781 in seine Heimat nach Franken über, wo er bis 1784 blieb (vgl. zu 339,11). Aus den Jahren 1780/81 sind 16 Briefe an Knebel, ein Brief an Knebel und weitere Adressaten (Nr 5) sowie ein Brief an Knebel oder an Herder (Nr 512) über-

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liefert. Ein weiterer Brief, in WA auf den 23. August 1781 datiert (vgl. WA IV 5, Nr 1299), wurde nach Inhalt und handschriftlichem Befund umdatiert und erscheint unter dem 23. August 1782 in Band 5 der vorliegenden Ausgabe (vgl. GB Rep, WA-Nr 01299). Nachweisen lassen sich für den Zeitraum des vorliegenden Bandes noch vier erschlossene Briefe Goethes an Knebel (EB 48, 75, 136 und 137). Gegenbriefe Knebels sind nicht erhalten, lassen sich teilweise jedoch aus seinem Tagebuch erschließen. Entgegen von der Hellens Annahme, der Text des vorliegenden Briefes sei eine von Philipp Seidel ausgeführte Auftragsarbeit und Goethe sei „nicht im vollen Sinne als Verfasser“ anzusehen, denn „kein Leser 〈…〉 wird sich hier echtem Goethe gegenüber fühlen“ (WA IV 7, 370f.), lassen die präzisen Angaben, die sich auch auf Goethes erste Schweizer Reise beziehen, sowie die Wortspiele, die Bezugnahme auf den Charakter des Adressaten und die persönlichen Ratschläge keine Zweifel an Goethes Autorschaft zu, wenngleich der Text als eine knappe Reiseanleitung konzipiert und sprachlich nicht ausgeschmückt ist. Die beiden offensichtlichen Irrtümer (vgl. zu 63,32–33; zu 65,14) gehen möglicherweise auf den Schreiber von H zurück. Wahrscheinlich wurde der Brief Seidel diktiert. Da Knebel schon am nächsten Morgen abreiste, konnte Goethe aufgrund der knappen Zeit den Brief vermutlich nicht mehr durchlesen und die Fehler verbessern. Ob der Brief durch einen Boten nach Tiefurt geschickt oder Knebel während eines Besuchs bei Anna Amalia in Weimar überreicht wurde, lässt sich nicht ermitteln. Eine Begegnung der Briefpartner am 4. Juni 1780 ist nicht dokumentiert (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 24v). Anlass des vorliegenden Briefes war Knebels anstehende Reise in die Schweiz. Er erhielt neben dem vorliegenden einen weiteren, auf den 7. Juni 1780 datierten „Wegweiser“ von Herzog Carl August, der ihn auch mit Empfehlungsbriefen für die Schweiz versah (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 112–115, hier 112; vgl. auch GSA 54/249, Bl. 3–6). Die von Carl August vorgeschlagene Reiseroute entsprach der Route, der er mit Goethe gefolgt war, auch wenn die Reihenfolge der Stationen davon abweicht. Während Goethe Nachdruck darauf legt, möglichst viele Strecken zu Fuß zurückzulegen und sich mehr Zeit zu nehmen, um einen bleibenden Eindruck von der Reise zu erhalten, zielt der Herzog, der auch genauere Angaben zu Preisen und Gasthäusern macht, auf ein schnelles Vorankommen, um möglichst viele Eindrücke zu sammeln. Knebels Reiseverlauf ist eine Kombination der von Goethe vorgeschlagenen Routen Nr 1 und 2; Nr 3 wurde nicht befolgt: eine Ausdehnung der Reise nach Genf musste aus Geldmangel unterbleiben (vgl. zu 96,17). Die Stationen von Knebels Schweizer Reise waren: Schaffhausen am 27. Juni, Zürich vom 29. Juni bis zum 13. Juli, Richterswil am 14., Maria-Einsiedel am 15., St. Gotthard am 25. Juli, Bern am 1. August, Luzern am 4. und Basel am 9. August 1780 (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 27–35). – Von der Reise erhoffte sich Goethe eine therapeutische Wirkung in Bezug auf die Verstimmung sei-

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nes Freundes, über die er bereits am 31. Juli 1778 im Tagebuch notiert hatte: Knebel hat eine falsch wahre Hypochondrische Art die sachen zu sehn die ihm wird bös spiel machen. (GT I 1, 65.) An mehreren Stellen seiner Briefe an Knebel während dessen Reise äußerte Goethe seine Freude über die positive Wirkung der Begegnungen Knebels mit Lavater (vgl. 92,2–4) oder mit Hotz (vgl. 96,10). Die Sorge um Knebels Gemütszustand und die Hoffnung auf ein gutes Verhältnis nach dessen Rückkehr nach Weimar teilte auch Carl August (vgl. zu 96,20–21). Dieser schrieb Knebel am 17. Juli 1780: „Ich erwarte bald Nachricht von Dir, welchen Weg Du nimmst oder nehmen wirst. Ist’s Dir in Frankreich besser als in Genf, so reise hin. Hat des Menschen Seele keine Ruh, so suche sie. Im weitläuftigen Suchen findet sich zuweilen ein unerwarteter Grund zur Ruhe.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 120.) Für Knebel war die Reise ein einschneidendes Erlebnis (vgl. zu 96,17). Er verfasste auf der Grundlage seiner Aufzeichnungen im Schreibkalender ein Reisetagebuch, dessen letzte Fassung er in mehreren Folgen an Prinz Constantin und Goethe schickte, die es in Weimar zirkulieren ließen. Von diesem Reisetagebuch sind zwei Textstufen überliefert; die spätere Fassung weist einen fiktiven Briefcharakter auf, was auf eine Überarbeitung nach dem Vorbild von Goethes Reisebeschreibung schließen lässt (vgl. GSA 54/351; Teildruck unter dem Titel „Schweizer Wanderungen“ in: Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 3, 111–135). 63,1 Wenn Du nach Stuttgart kommen solltest] Knebel entschied sich für eine andere Reiseroute und ging von Mörlach in Franken über Augsburg nach Meersburg, wo er nach Konstanz übersetzte. Von dort aus reiste er mit dem Schiff nach Schaffhausen weiter (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 26r–27v). 63,1–2 Expeditionsrath Hartmann] Johann Georg Hartmann, württembergischer Expeditionsrat. Diesen Titel trugen in Württemberg Beamte des Rentkammerkollegiums, der zentralen Finanzbehörde des Herzogtums; er wurde später umbenannt in Hof- und Domänenrat. 63,2 Expeditionen] Wortspiel mit Hartmanns Titel, der auf den kanzleisprachlichen Gebrauch des Wortes (Beförderung, Absendung von Schriftstücken) zurückgeht, und mit der weiteren Bedeutung: Reise, Fahrt (vgl. GWb 3, 498f.). 63,2–3 Sein Bruder ist in Gotha beim Prinzen August.] Johannes Hartmann hatte 1778/79 Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg auf dessen Italienreise begleitet und war seitdem sein Haushofmeister. Er war von 1768 bis 1773 württembergischer Kammerdiener und Kastellan in Stuttgart unter Herzog Carl Eugen gewesen. Wegen eines Diebstahls in der unter seiner Aufsicht stehenden Kunstkammer war er entlassen worden (vgl. HStA Stuttgart, A 20 a, Bü 188). 63,3–4 bei unserm letzten Aufenthalt] In Stuttgart waren Goethe und Carl August auf der Rückkehr aus der Schweiz vom 11. bis 18. Dezember 1779 gewesen und hatten von dort aus einige Ausflüge unternommen (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 559). Obwohl Carl August incognito reiste, hatte Herzog Carl Eugen von Württemberg den Reisenden die möglichste Aufmerck-

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samkeit bezeigt (GB 3 I, 366,6–7). Der mit Lavater befreundete Johann Georg Hartmann hatte die Besucher während ihres Aufenthalts begleitet, wie aus dessen Memoiren und den Tagebüchern seines Vetters Israel Hartmann hervorgeht (vgl. BuG 2, 208 und 210f.). 63,4 Herrn Im Thurn] Georg Friedrich im Thurn, Landvogt von Schaffhausen. Während ihres Aufenthaltes in Schaffhausen vom 5. bis 8. Dezember 1779 hatten Goethe und Carl August auf Vermittlung Lavaters im Thurn kennen gelernt. Am 6. Dezember 1779 war Lavater selbst zu den Reisenden gestoßen (vgl. GB 3 I, 365,5–7). Carl August berichtete seiner Frau in einem Brief vom 12. Dezember 1779 von dieser Begegnung (vgl. Karl August-Luise, 126). – Der Herzog gab Knebel eine Empfehlung für im Thurn mit (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 112). 63,6 seine Frau] Judith im Thurn. 63,7–8 hypochondrisches Wesen] Hypochondrie, ein Modewort des 18. Jahrhunderts, war im zeitgenössischen Verständnis „eine der beschwerlichsten Krankheiten, welche ihren Sitz vornehmlich in dem Unterleibe hat, von einer reitzenden auf die Nerven wirkenden Schärfe herrühret, Personen, welche viel sitzen, am meisten und heftigsten anfällt, und oft in Schwermuth und Melancholie ausartet“ (Adelung 2, 1345). – Lavater besuchte Judith im Thurn Anfang Juni 1780 am Krankenbett (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 115). Sie war auch während Knebels Aufenthalt noch unpässlich (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 27v). 63,8 Er wird Dir alles sehr gerne zeigen.] Knebel hielt sich in Schaffhausen vom 27. bis 29. Juni 1780 auf (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 27v–28r). Er besuchte im Thurn täglich und ließ sich von Lips porträtieren. Neben persönlichen Bekanntschaften, die ihm im Thurn vermittelte, hielt Knebel in seinem Tagebuch Besuche des Rheinfalles sowie des Naturalienkabinetts des Arztes Johann Conrad Ammann fest, das für seine Fossilien- und Konchyliensammlung berühmt war. 63,8–9 Versäume nicht von da über Stein auf Constanz zu gehen.] Knebel kam über den Bodensee in die Schweiz; damit folgte er der entgegengesetzten Reiseroute und gelangte von Konstanz nach Schaffhausen. – Carl August gab Knebel eine detaillierte Anweisung, wo er in Konstanz übernachten sollte (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 112). 63,9–10 Es liegt 〈…〉 an sich selbst ist.] Knebels Tagebucheinträge vom 26. und 27. Juni 1780, die den Besuch der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt dokumentieren, vermitteln einen ähnlichen Eindruck von Dekadenz (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 27v). 63,10 Clarisek] Glarisegg bei Steckborn am Untersee. 63,10–11 Kaufmann] Christoph Kaufmann (vgl. zu 30,15–16). 63,12 Costniz] Kostnitz, der aus dem Tschechischen stammende Name für Konstanz.

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63,15 ein altes Weib] Diese Begegnung, die wohl am 3. November 1779 stattgefunden haben dürfte, als Goethe und Carl August von Winterthur nach Konstanz fuhren, ist sonst nicht dokumentiert. – Knebels Reiseroute führte nicht über Frauenfeld. 63,16 merkwürdig] ‚Merkwürdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn: ‚wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 63,16–17 Maler Schellenberg] Johann Rudolf Schellenberg, der viele Kupferstiche für Lavaters „Physiognomische Fragmente“ erstellt hatte. Goethe hatte einen Besuch Schellenbergs nicht erwähnt, als er und Carl August am 2. Dezember 1779 in Winterthur übernachteten. Aus der physischen Beschreibung Schellenbergs, die Carl August in seinem Brief an Knebel gab, geht jedoch hervor, dass eine Begegnung stattgefunden haben muss (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 112f.). – Knebel fuhr am 29. Juni 1780 von Schaffhausen nach Zürich über Eglisau und Bülach und kam daher nicht nach Winterthur (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28r). 63,17 In Zürch überlaß ich Dich Lavatern.] Goethe kündigte Lavater am darauffolgenden Tag Knebels Besuch in Zürich an (vgl. zu 69,18–19). Am 3. Juli, als sich Knebel bereits bei Lavater befand, wiederholte er seine Empfehlung (vgl. zu 83,13). Über Lavater schickte Goethe weitere Briefe und Geld an Knebel (vgl. zu 94,19; zu 97,11; zu 107,12). Auch Carl August schickte Knebel eine Empfehlung für Lavater am 15. Juni nach (vgl. Karl August und Luise-Lavater, 269). Der Herzog legte dem Adressaten nahe, „wenigstens acht Tage“ in Zürich zu verbringen (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 113). – Knebel hielt sich vom 29. Juni bis zum 14. Juli 1780 in Zürich auf, wo er fast täglich Lavater begegnete, der ihm weitere Bekanntschaften vermittelte (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28–30; Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 116f.). Zwischen Knebel und Lavater entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis, das sich auch in deren Korrespondenz niederschlug. Dieses Verhältnis wurde jedoch durch Knebels Vorbehalte gegen Lavaters „Pontius Pilatus“ im Februar 1782 getrübt (vgl. zu 354,21). 63,18 Doktor Hoz] Goethe hatte den in Richterswil am Zürcher See niedergelassenen und mit Lavater befreundeten Arzt Johannes Hotz während der ersten Schweizer Reise kennen gelernt und bedachte ihn in „Dichtung und Wahrheit“ (vgl. AA DuW 1, 610 [18. Buch]). Am 22. November 1779 besuchte er ihn zum zweiten Mal in Begleitung von Carl August (vgl. BuG 2, 197). Letzterer empfahl Knebel ebenfalls diesen Besuch (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 113), der sich an diesen Rat hielt (vgl. zu 96,7). 63,19 einen recht interessanten Weg] Im Gegensatz zu Goethe legte Carl August Knebel nahe, von Zürich nach Luzern direkt an einem Tag mit dem Mietwagen zu reisen und von Luzern mit dem Schiff nach Schwyz zu fahren (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 113). Daher erwähnte er die weiteren Stationen der Route bis Schwyz nicht.

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63,26 Maria-Einsiedel] Das 934 gegründete Benediktinerkloster war wegen der Schwarzen Madonna ein bedeutender Wallfahrtsort auf dem Jakobsweg nach Compostela. Es war im 18. Jahrhundert in barockem Stil neu aufgebaut worden. Goethe hatte es am 15. Juni 1775 auf seiner ersten Schweizer Reise besucht und beschrieb seine Eindrücke in „Dichtung und Wahrheit“ (vgl. AA DuW 1, 610–612 [18. Buch]). Knebel zeigte sich in seinem Reisetagebuch ebenfalls von der Andacht der Pilger sowie den Reichtümern des Klosters beeindruckt (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 3, 114f.). 63,26–27 der Fürst] Bezeichnung für den Abt im Kloster Einsiedeln. 63,32–33 das Heiddeggerische Medaillen Cabinet] Hier mit Bezug auf die Sammlung des Schwyzer Medailleurs Johann Carl Hedlinger und nicht die des Zürcher Sammlers Heidegger. – Das Kabinett des 1771 gestorbenen Hedlingers, zeitweise schwedischer Hofmedailleur in Stockholm, war über die Landesgrenzen hinaus bekannt, nicht zuletzt wegen Christian Mechels kommentierter Kupferstichsammlung „Oeuvre du Chevalier Hedlinger ou récueil des médailles de ce célèbre artiste 〈…〉“ (Bern 1776. – Werk des Ritters Hedlinger oder Sammlung der Münzen dieses berühmten Künstlers). Goethe und Carl August hatten es am 16. November 1779 besichtigt (vgl. Wahl, Carl Augusts Tagebuch, 192). Knebel hielt seinen Besuch vom 17. Juli 1780 in seiner Reisebeschreibung fest (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 3, 118; Knebel, Tgb. 1780, Bl. 30v). 63,35–36 Dieser Weg ist mir das größte] Auch Knebel war von dieser Strecke angetan, am 18. Juli notierte er in seinem Tagebuch: „Schöner Weg.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 30v.) 63,37 Tells Capelle] Kapelle am Ufer des Vierwaldstättersees zu Ehren von Wilhelm Tell, dem legendären Schweizer Freiheitskämpfer, der zur Gründung der Eidgenossenschaft beigetragen haben soll. – Goethe und Carl August hatten die Kapelle am 15. November 1779 auf dem Weg von Flüelen nach Schwyz besucht (vgl. GB 3 II, 975). Knebel schrieb Lavater am 19. Juli 1780 aus Altdorf: „Gestern hab ich mich in Tells Capelle einige Minuten verweilet und meinen Nahmen unter dem vom Herzog und Göthe gesezt. Die Gegend herum ist merckwürdig und heilig – nichts als der Grüne See und die hohen Ziffern der Berge.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.106.) Goethe kannte die Kapelle bereits von der ersten Schweizer Reise (vgl. GB 2 II, zu 195,15–16). 64,2 am Steg] Amsteg an der Reuss, etwa 35 km nördlich vom Sankt Gotthard. – Goethe und Carl August hatten dort am 14. November 1779 auf dem Weg vom Sankt Gotthard zum Vierwaldstättersee übernachtet (vgl. GB 3 II, 975). 64,4 Wasen] Wassen, etwa 11 km südlich von Amsteg, auf dem Weg zum Sankt Gotthard. – Bei seiner ersten Besteigung des Sankt Gotthard war Goethe so vorgegangen wie im Brief beschrieben und hatte am 20. Juni 1775 in Wassen übernachtet (vgl. GB 2 II, zu 196,3–4). Carl August empfahl Knebel jedoch, von Amsteg direkt an einem Tag zum Sankt Gotthard zu gehen: „Den andern Tag brichst Du

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sehr früh auf, miethest Dir ein Maulthier, oder einen Lastträger (ersteres ist aber besser), und lässest ihn Dein Gepäcke tragen. 〈…〉 Du gehst in einem Tag den ganzen Gotthard hinauf, über Hospital bis zu den Capuzinern. Hier bleibst Du über Nacht. Es ist dieses ein Weg von neun guten Stunden, und beständig steigend.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 114.) Carl August schlug als weitere Reiseroute den Weg, den Goethe und er von Genf zum Sankt Gotthard gelaufen waren, in umgekehrter Richtung vor (vgl. ebd., 113–115). 64,5–6 auf den Gotthard zu den Capucinern] Seit 1685 wurde das Hospiz auf dem Sankt Gotthard vom Kapuzinerorden geführt. Es wurde 1799 zerstört. – Goethe hatte dort während der beiden Schweizer Reisen übernachtet. Bei der zweiten Reise hatten er und Carl August sich nur in der Nacht vom 13. zum 14. November 1779 dort aufgehalten (vgl. GB 3 II, zu 341,17). Bei der ersten Reise hatte Goethe den Sankt Gotthard am 21. Juni 1775 bestiegen (vgl. GB 2 II, zu 196,3–4). Er war nicht lange dort geblieben, denn er traf am 26. Juni wieder in Zürich ein (vgl. GT I 1, 5f.; Morris, Goethes erste Schweizer Reise, 29–33). 64,7–9 Wenn ich jemals 〈…〉 wohl werden wird.] Anspielung auf die schnelle Besteigung des Sankt Gotthard bei beiden Schweizer Reisen sowie auf die übereilte Weiterreise (vgl. 64,18–19). – Knebel hielt sich an Goethes Anweisungen und übernachtete am 19. Juli in Amsteg, am 20. in Wassen, blieb mehrere Tage im Urserental und kam erst am 25. Juli zum St. Gotthard (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 30v–31v). 64,12 General Pfeiffer] Der Luzerner Franz Ludwig Pfyffer, der bis 1769 Offizier und zuletzt Generalleutnant in französischen Diensten gewesen war. 64,12–13 das merkwürdige Modell von der umliegenden Gegend] Das „Relief der Urschweiz“, ein von Pfyffer entworfenes und gebautes Landschaftsmodell, das ein Gebiet von 3500 km2 um den Vierwaldstättersee abbildete. Das aus 136 Einzelelementen bestehende Modell war eine Touristenattraktion in Luzern wegen seiner ungewöhnlichen Größe (etwa 26 m2) und Detailgenauigkeit. Pfyffer hatte wohl in den 1750er Jahren die Arbeit aufgenommen und schloss sie 1786 ab; die Berggebiete lagen aber bereits vor, als sich Goethe und Carl August in Luzern aufhielten. Letzterer hatte Herzogin Anna Amalia am 19. November 1779 seine Eindrücke geschildert: „Es ist dieses der sonderbarste Gedanke, wunderbarste Unternehmung und grösstes Meisterstück eines Ingenieurs; es ist nemlich das Modell des Vierwaldstedter Sees mit fast allen daran stossenden Kantons, mit allen Dörfern, Häusern, Brücken, Wäldern, Gebirgen, bis auf merklich abgerissenen Felsstücken; es ist nichts Gespieltes, die genauste Proportion, alles ist auf den Fleck selbst gemessen; sogar die Arten der Waldungen unterschieden. Was am meisten dafür, nemlich vor die Trefflichkeit des Werks zeugt, ist, wenn man es durch ein Glas perspektivisch ansieht, es die Erinnerung der Würkung hervorbringt, die die Natur auf einen gemacht hat.“ (Bergmann, 30.) Der aufwendigen Modellierung waren eine intensive Vermessungsarbeit mit Triangulation, Höhenmessungen sowie zahlreichen Zeichnungen für die

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Details vorausgegangen (vgl. Andreas Bürgi: Relief der Urschweiz. Entstehung und Bedeutung des Landschaftsmodells von Franz Ludwig Pfyffer. Zürich 2007). – Knebel besuchte Pfyffer am 6. August 1780 (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 33). 64,15 in wenig Tagen] Die von Goethe vorgeschlagene Strecke zwischen Schaffhausen und Luzern mit den Abstechern nach Konstanz und dem Gotthardpass beträgt etwa 330 km. 64,18 die beiden male] Goethes erste Reise in die Schweiz fand vom 14. Mai bis zum 22. Juli 1775 statt (vgl. GB 2 II, die zweite Erläuterung zu 191,1), die zweite vom 12. September 1779 bis zum 14. Januar 1780 (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). 64,21 Herr Gedeon Burkhardt] Gedeon Burkhardt war seit 1760 tot. Gemeint ist dessen Sohn und Nachfolger Johann Rudolf (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 97). – Knebel hielt sich zwischen dem 9. und dem 15. August in Basel auf und besuchte Burkhardt mehrmals (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 33–34). 64,23 meinen Schwager] Johann Georg Schlosser (vgl. die erste und zweite Erläuterung zu 97,9). 64,23–24 die Hölle] Das Höllental im Schwarzwald, etwa 20 km südöstlich von Freiburg. Der Rotbach bildet eine malerische Schlucht, bevor er in die Dreisam mündet, die durch Freiburg fließt. – Goethe kannte den Weg von seiner ersten Schweizer Reise (vgl. Morris, Goethes erste Schweizer Reise, 17; GB 3 II, 978 sowie zu 320,13–14). 64,24 geschehen] Versehentlich für ‚gesehen‘. 64,24 Pfeffeln] Knebel kam am 17. August 1780 in Colmar an und besuchte Gottlieb Conrad Pfeffel (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 35r). An den zwei darauffolgenden Tagen wohnte er mehreren Unterrichtsstunden in der von Pfeffel geleiteten Militärakademie bei (vgl. zu 253,13–14). 64,28 eine Tour] Goethe und Carl August hatten vom 8. bis 15. Oktober 1779 eine Rundtour von Bern über Thun, Unterseen, Lauterbrunnen, Meiringen, Interlaken und zurück nach Thun und Bern unternommen, bei der sie ab Unterseen die meisten der im Folgenden genannten Orte und Sehenswürdigkeiten besucht hatten, allerdings in einer anderen Reihenfolge (vgl. GB 3 II, 973f.). 64,33–34 Kloster Engelberg] Im 12. Jahrhundert gegründete Benediktinerabtei. 64,34 Engstliberg] Die Engstlenalp mit dem Engstlensee. 64,34–35 Hasliland] Das von der Aare durchflossene Haslital vom Grimselpass zum Brienzer See im Berner Oberland. – Knebel besuchte die meisten im Folgenden genannten Orte, seine Reise hatte einen anderen Verlauf: Er kam direkt ins obere Haslital vom Gotthard her über Oberwald und den Grindelpass, lief die Aare entlang flussabwärts über Guttanen bis Meiringen. Von dort aus unternahm er eine Wanderung über die Berge zum Grindelwald, besichtigte die Gletscher und ging über Lauterbrunnen, wo er den Wasserfall besuchte, nach Unterseen und weiter mit dem Boot nach Thun, wo er am 31. Juli 1780 ankam (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 31–32).

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64,35 Grund] Die Aareschlucht zwischen Innertkirchen und Meiringen im Berner Oberland. 65,1 Untersewen] Unterseen an der Aare, zwischen Thuner See und Brienzer See. 65,1 das Thal] Das Lütschinental südöstlich von Unterseen. Die schwarze Lütschine hat ihre Quelle an den Grindelwaldgletschern, die Goethe am 12. Oktober 1779 besucht hatte (vgl. GB 3 II, zu 309,16–17). 65,3 Staubbach] Der Staubbachfall, ein Wasserfall am Ortsrand von Lauterbrunnen, den Goethe am 9. Oktober 1779 besucht hatte (vgl. GB 3 II, zu 305,19). 65,3 die hintern Gletscher] Wohl der Tschingelgletscher und der Breithorngletscher im südlichen Lauterbrunnental, die Goethe von seiner Gebirgswanderung am 10. Oktober 1779 kannte (vgl. GB 3 II, zu 310,9). 65,4 Steinberg] Berg im hinteren Lauterbrunnental, den Goethe und seine Reisegefährten am 10. Oktober 1779 bestiegen hatten (vgl. GB 3 II, zu 320,23–25). 65,5 Beatenhöhle] Die St. Beatus-Höhle am Nordufer des Thunersees, etwa 7 km westlich von Interlaken gelegen. Goethe hatte diesen ehemaligen Wallfahrtsort, der 1530 nach Berns Übertritt zur Reformation zugemauert und erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckt worden war, am 14. Oktober 1779 besucht (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 315,27). 65,6 Peter Kocher] Er hatte Goethe und Carl August als Bergführer von Thun aus auf den Steinberg und zum Tschingelgletscher begleitet (vgl. GB 3 II, zu 307,1). Auch der Herzog hatte eine gute Erinnerung an Kocher, den „besten Kerl von der Welt“, und bat Knebel im Brief vom 7. Juni 1780 darum, „ihm doch drei Carlsd’or von meinetwegen“ zu schenken (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 115; vgl. ebd., 122). 65,10 Retourchaisen] Rückkehrende Halbkutschen oder leichte Reisewagen mit Verdeck. 65,11 Hauptmann Sinner] Carl Ferdinand von Sinner, der ehemalige Schüler Wielands während dessen Berner Zeit, hatte Goethe und Carl August die Sehenswürdigkeiten der Stadt gezeigt (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 311,17). Mit Sinner stand Carl August in brieflichem Kontakt wegen des Nachlasses von Johann Ludwig von Erlach (vgl. zu 68,17–18). 65,11 Avoyérs] Friedrich von Sinner. – Franz. avoyer: Schultheiß. 65,12 Herrn von Kirchberger von Gottstedt] Nikolaus Anton Kirchberger von Gottstadt, den Goethe in Bern sowie auf dessen Landgut Schlosshalde getroffen hatte (vgl. GB 3 II, vierte Erläuterung zu 311,17). Goethe hatte Lavater, der den Kontakt vermittelt hatte, sehr positiv von diesen Begegnungen berichtet (vgl. GB 3 I, 319,11–21). – Kirchberger befand sich nicht in Bern, als Knebel ihn am 1. August besuchen wollte (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 32v). 65,14 Maler Alberti (Sandcart)] Wohl Aberli (Sandrart); doppelter Schreibfehler (vgl. Überlieferung). – Goethe hatte den Landschaftsmaler Johann Ludwig Aberli während seines Berner Aufenthalts zwischen dem 15. und dem 20. Oktober 1779

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BRIEF 106

besucht (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 321,11). Der Künstler war für seine kleinformatige Freilichtmalerei in Ölfarben bekannt und hatte Joachim von Sandrarts „L’Academie Todesca della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild und Mahlerey-Künste“ (1675–1679) zum Vorbild. Goethe schätzte Sandrarts Arbeiten und hatte sich 1772 in den FGA kritisch über einen Band von Volkmanns neuer Sandrart-Ausgabe „Teutsche Academie der Bau- Bildhauer und Maler-Kunst“ (8 Bde. Nürnberg 1768–1775) wegen der Eingriffe des Herausgebers geäußert. – Knebel besuchte Aberli am 1. August 1780 (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 32v). 65,14 Herrn Pastor Wyttenbach] Vgl. zu 96,12–14 und die einleitende Erläuterung zu Nr 18. 65,22 das Ganze kenne] Goethe kannte die meisten Orte der unter Nr 3 beschriebenen Rundtour ab Lausanne von der zweiten Schweizer Reise (vgl. GB 3 II, 974f.). Allerdings war seine Route vom 24. Oktober bis in den November 1779, anders als hier vorgeschlagen, in westliche Richtung um den Genfer See, dann über Chamonix und das Montblac-Massiv ins Wallis verlaufen, wo es dann Richtung Gotthard weiterging. Zwar hatte er am 23. Oktober einen Ausflug von Lausanne nach Vevey gemacht, die restlichen im Brief erwähnten Orte zwischen Lausanne und St. Moritz kannte er aber nicht. 65,26 Auenche, Pajerne] Avenche, Payerne. 65,27–28 In Lausanne 〈…〉 Hofmeister ist.] Carl Matthaei (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 160). 65,29 Lustri, Culli] Lutry, Cully, Orte am Genfer See. 65,29 Ville naefe] Villeneuve am Genfer See. 65,29–30 die Salzwerke] In Aigle bestand seit dem 16. Jahrhundert die älteste Saline der Schweiz. Ein Besuch Goethes ist nicht dokumentiert. 65,31 Martinach] Franz. Martigny, an der Mündung der Dranse in die Rhône, nordöstlich des Montblanc. Goethe hatte sich während der zweiten Schweizer Reise dort zwischen dem 6. und dem 8. November 1779 aufgehalten. 65,31 Pissevache] 116 m hoher Wasserfall der Salanfe, etwa 6 km nördlich von Martigny gelegen. Goethe und Carl August hatten ihn am 7. November 1779 gesehen (vgl. Wahl, Carl Augusts Tagebuch, 182). 65,32 Schlosse Turbillon] Tourbillon, Burg auf einem Hügel bei Sitten (Wallis). Carl August notierte seinen Eindruck von der Ruine am 8. November im Tagebuch (vgl. Wahl, Carl Augusts Tagebuch, 183). 66,1–2 über Trient nach Valorsine nach Chamouni] Trient im Tal der Eau Noire nördlich des Montblanc; Vallorcine im gleichnamigen Tal; Chamonix im Arvetal. 66,3 Eisberge] Die Savoyer Eisberge mit dem Montblanc als Hauptgipfel. Seine Wanderung ins Mer de Glace hatte Goethe ausführlich im Brief vom 17. bis 24. November 1779 an Charlotte von Stein beschrieben (GB 3 I, Nr 550).

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66,4 Salenche 〈…〉 Cluse] Sallanches und Cluses im Arvetal südöstlich von Genf. 66,5–6 die Caverne de balme] Balme-Arâches, ein Dorf 5 km von Cluses entfernt, war bekannt für eine Höhle. Goethe hatte sie mit Carl August am 4. November 1779 besichtigt (vgl. GB 3 II, zu 346,28). – Franz. Caverne: Höhle. 66,7 Hubert] Jean Huber, der für seine zahlreichen Porträts von Voltaire bekannt war, wurde von Goethe während seines Aufenthalts in Genf Ende Oktober bis Anfang November 1779 zweimal besucht (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 338,7). – An Huber und Bonnet schrieb Carl August am 15. Juni 1780 Empfehlungsbriefe, die er seinem Brief an Knebel beischloss (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 116f.). Da Knebel nicht nach Genf fuhr (vgl. zu 92,5), händigte er diese Empfehlungen nicht aus, die in seinem Nachlass überliefert sind (GSA 54/249, Bl. 9–10). 66,7 Sossure] Goethes Besuch beim Alpenforscher Horace Bénédict de Saussure auf dessen Landgut in Chambésy hatte am 2. November 1779 stattgefunden (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 338,7). 66,7 Bonnet] Goethe hatte den Naturforscher Charles Bonnet in dessen Landhaus in Genthod am 27. Oktober 1779 besucht (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 338,6). 66,9 die Fernay die Fußtapfen des Alten zu verehren] Im Schloss von Ferney (seit 1878 Ferney-Voltaire) hatte Voltaire von 1759 bis in den Februar 1778, bis kurz vor seinem Tod, gelebt. Von Genf aus hatte Goethe ab dem 31. Oktober 1779 an drei aufeinander folgenden Tagen Ausflüge nach Ferney unternommen (vgl. GB 3 II, 975). 66,10 Nion, Kolle, Morges nach Lausanne] Orte am Genfer See. – ‚Nion‘: Nyon; ‚Kolle‘: versehentlich für ‚Rolle‘. 66,11 Neufchatell] Franz. Neuchâtel: Neuenburg. 66,12 Thäler des Vallengin] Wohl die Gorges du Seyon. Durch diese enge Schlucht, die die südlichste Jurakette durchbricht, fließt die Seyon zwischen dem 5 km nördlich von Neuenburg gelegenen Dorf Valengin und ihrer Mündung in den Neuenburger See. 66,14 Münsterthal] Nordöstlich von Biel mit dem Hauptort Moutier (Münster). Die Birs fließt von Tavannes Richtung Nordosten und mündet bei Basel in den Rhein. Goethe war diesen Weg in umgekehrter Richtung am 3./4. Oktober 1779 gegangen (vgl. GB 3 II, zu 306,7). 66,16 als] Versehentlich für ‚also‘. 66,19 habewenn] Versehentliche Zusammenschreibung. 66,27–28 von Lavatern ein kleines Zettelchen geben zu lassen] Auch Goethe hatte Lavater um Vermittlung von Kontakten in mehreren Städten, die auf seiner Route lagen, gebeten und war dessen Empfehlungen gefolgt (vgl. GB 3 II, zu 304,23–25). – Offenbar gab Lavater Knebel einige Empfehlungsbriefe für seine Weiterreise mit, denn dieser schickte am 7. August 1780 einige davon zurück,

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BRIEF 107

die er wegen der Änderung der Reiseroute nicht mehr gebraucht habe (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.107). 66,34 Verschiedenheit des Geldes] Der Hinweis gilt der Währungsvielfalt in der alten Schweiz mit etwa 25 unterschiedlichen Währungssystemen und einer unübersichtlichen Anzahl zirkulierender Münztypen (vgl. Martin Körner, Norbert Furrer, Niklaus Bartlome: Währungen und Sortenkurse in der Schweiz 1600–1799. Lausanne 2001, bes. S. 7). 66,35 chikaniren] Franz. chicaner: ärgern (vgl. Grimm 15, 108f.). 66,36 theuer bezahlen] Hinweis auf das hohe Preisniveau in der Schweiz. Carl August warnte Knebel vor den hohen Preisen der dortigen Mietwagen (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 113f.). Dieser vermerkte in seinem Reisetagebuch mit Verwunderung die Preise, etwa für Käse (vgl. GSA 54/351). 66,37 akkordiren] Vereinbaren (vgl. GWb 1, 320). 67,1 Bettler Kinder] Knebel beschrieb in seinem Reisetagebuch den Umgang mit Bettlern: „Da hier zu Land Alles bettelt, und zumal die Kinder in Schaaren einen verfolgen, so setzte mich dieser Umstand in die Verlegenheit, entweder zu viel zu geben oder abzuweisen. Bald sah ich, daß mein Mönch links und rechts aller Welt gab. Dieß erwarb ihm erstlich den Beifall meines Herzens, und wie ich bemerkte, daß es nur A n g s t e r s (hier zu Lande H e l l e r ) waren, auch den Beifall meines Verstandes. Ich wechselte mir eine große Menge ein, und so hatte ich das Recht, auch für generös zu passiren, und mich von der Ungestümheit um Geringes loszukaufen.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 3, 116.) 67,7 Auf meiner ersten Reise] Zur Reiseroute der ersten Schweizer Reise im Juni/Juli 1775 vgl. GB 2 II, zweite Erläuterung zu 191,1; vgl. auch Morris, Goethes erste Schweizer Reise. 67,9 Die zum Dictionaire de la Suisse gehörende Charte] Das zweibändige „Dictionnaire géographique, historique et politique de la Suisse“ (Genf), dessen meiste Artikel von Vincent Bernhard Tscharner stammen, erschien ab 1775 in mehreren Auflagen. Zu dem Wörterbuch wurde ab 1776 eine große „Carte géographique“ angeboten.

107. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 5. Juni 1780?〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief zwischen einem undatierten Brief, der ins Jahr 1782 gehört (vgl. WA IV 5, 340f., Nr 1485), und dem datierten Brief vom 22. Juli 1781 (Nr 452). Im Erstdruck wird er nach dem Inhalt, der auf eine bevorstehende Reise Charlotte von

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Steins verweist (vgl. zu 67,19–20), auf den 5. Juni 1780 gesetzt. Dieser Datierung folgt Petersen (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 241, Nr 439). Fielitz schlägt zwar die Datierung 22. September 1781 vor, bemerkt aber, dass die Anrede nicht zu den Briefen aus dieser Zeit, in der Goethe endgültig zum ‚Du‘ überging, passt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 373, Nr 732 und 501, Anm. 4 [zu S. 373]). Von der Hellen setzte ihn in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise, Fränkel auf den 11. August 1779, den Tag der Abreise Charlotte von Steins nach Kochberg (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 148, Nr 345; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 143, Nr 345). Auch wenn Fränkels Datierung nicht völlig auszuschließen ist, sprechen neben dem inhaltlichen Bezug zur bevorstehenden Abreise Steins nach Mörlach und der Anrede ‚Sie‘ auch inhaltliche Parallelen zum Brief vom 5. Juni 1780 an Johann Caspar Lavater (vgl. zu 67,17) für die im Erstdruck und danach von Petersen vorgenommene Einordnung, die deshalb beibehalten wird. Dass der Brief am Morgen geschrieben wurde, mutmaßlich also vor den beiden ebenfalls vom 5. Juni 1780 stammenden Briefen (Nr 108 und 109), ergibt sich aus dem Inhalt (vgl. 67,14–15). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 66. – 1 Bl. 16,8 × 5,4(–5,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „152“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 156), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 308. WA IV 7 (1891), 268, Nr 2391. BEIL AG E

Flasche mit einem Stärkungsmittel? (vgl. zu 67,18). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. die zweite Erläuterung zu 67,14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 67,14 wundersam] Nach Adelung im 18. Jahrhundert veraltet für ‚wunderbar‘, hier im engeren Sinne von ‚sonderbar‘, ‚seltsam‘ (vgl. Adelung 4, 1622f.) 67,14 ihr Billet] Der Bezugsbrief, wahrscheinlich vom selben Tag; nicht überliefert. 67,15 was Sie von der Waldnern sagten] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Freundin Charlotte von Steins (zur Person vgl. die erste Erläuterung zu 37,11). Zur Sache konnte nichts ermittelt werden. 67,16–17 für diesmal nicht wiedersähe] Die Bemerkung deutet wie auch das Ende des Briefes auf eine bevorstehende Reise Charlotte von Steins.

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BRIEF 108

67,17 Ich war zu Hause redete mit den Geistern] Möglicherweise eine Parallele zur Bemerkung Goethes im Brief an Johann Caspar Lavater vom 5. Juni 1781 (vgl. 68,28–33). 67,18 Hier schick ich die Flasche 〈…〉 ich tranck.] Dem Kontext zufolge wohl ein die Gesundheit förderndes Getränk, vielleicht der später erwähnte Queckensaft (vgl. zu 208,20). 67,19–20 Nehmen Sie sie mit 〈…〉 zu Erfrischung des Andenckens.] Demnach stand eine längere Trennung bevorstehend. Falls der Brief am 5. Juni 1780 geschrieben wurde, ist Charlotte von Steins Reise zur ihrer Schwester Louise von Imhoff in Mörlach gemeint, zu der sie wahrscheinlich am 8. oder 9. Juni aufbrach und von der sie spätestens am 21. Juli nach Weimar zurückkehrte (vgl. die erste Erläuterung zu 62,8). Goethe selbst brach am 5. Juni nach Gotha auf (vgl. zu 62,9–11). – ‚Andenken‘ hier im Sinne von ‚anteilnehmendes Denken (an eine entfernte Person)‘ (vgl. GWb 1, 489).

108. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 5. Juni 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 117. – Doppelblatt 16,2 × 18,8(–19) cm, ½ S. (S. 1) beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; 2 ¾ S. (S. 2–4) beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe, Tinte; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 82–85, Nr 23 (Teildruck mit Auslassungen: 67,22–68,2 wie neulich iemand 〈…〉 Dichtkunst geführt hast; 68,4 Noch ist von Wasern 〈…〉 bitte drum.; 68,7–8 habe ich neulich 〈…〉 wird dir schreiben und; 68,9–10 Ob er sich gleich 〈…〉 zu finden wusste.; 68,15–16 Mit den Nachrichten 〈…〉 vielem Verlangen.; 69,1–3 Die regierende Herzogin 〈…〉 Herzogin Mutter.; 69,10–15 Wegen des Portos 〈…〉 Werthe drinne stehn.). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 190 (Teildruck: 67,21–68,2 Du bist immer braver als man denckt, 〈…〉 eine gewaltsame Streifung in das Gebiete der Dichtkunst geführt hast). E3:WA IV 4 (1889), 227–230, Nr 963 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 12. bis 13. Mai 1780 (vgl. RA 1, Nr 118) sowie einen weiteren, nicht überlieferten Brief (vgl. zu 68,3; zu 68,15). – Lavaters Antwortbrief ist nicht überliefert.

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67,21 braver] Hier wohl nicht im moralischen Sinne gemeint, sondern synonym für ‚mutig‘, ‚tapfer‘ (vgl. GWb 2, 869). 67,22 kein Poet] ‚Poet‘ von Goethe selten für ‚Dichter‘ verwendet (vgl. GWb 2, 1180). Hier im Sinne von ‚schöpferischer Mensch‘, ‚zur Dichtung geborenes Genie‘ in Abgrenzung zum bloßen Schriftsteller; einen ‚Poeten‘ konnte Goethe in Lavater bei aller Anerkennung seiner Leistung nicht sehen. An dieser Einschätzung hielt er auch in späterer Zeit fest: Er 〈Lavater〉 war weder Denker noch Dichter, ja nicht einmal Redner im eigentlichen Sinne. Keineswegs im Stande etwas methodisch anzufassen, griff er das Einzelne einzeln sicher auf, und so stellte er es auch kühn nebeneinander. (AA DuW 1, 626 [19. Buch].) 67,23 von deiner Offenbaarung] Mit wem sich Goethe über Lavaters „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn“ unterhalten hatte, ist unklar (vgl. zu 15,2). 68,1 Streifung] Übertragen aus dem militärischen Wortschatz mit der Bedeutung von Kriegs- oder Raubzug (vgl. Grimm 19, 1296). – Goethe hatte bereits Vorbehalte gegen Lavaters Messiade geäußert (vgl. zu 13,13). 68,3 wieder wohl bist] Im überlieferten Bezugsbrief hatte Lavater lediglich über Überlastung geklagt (vgl. Goethe-Lavater3, 112f.). Offenbar hatte er im zweiten, nicht überlieferten Bezugsbrief von seiner Erkältung berichtet, die ihn zwischen dem 16. und dem 20. Mai 1780 getroffen hatte und ihm erst am 26. Mai wieder erlaubte, aus dem Haus zu gehen (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 112). 68,4 von Wasern] Goethe hatte bereits Auskünfte über den ‚Waser-Handel‘ angefordert (vgl. zu 49,18). Im Brief vom 12. bis 13. Mai 1780 war Lavater erneut darauf eingegangen und hatte eine Darstellung in Aussicht gestellt, die ab Ende Juni 1780 auch in Form von Briefen erfolgte (vgl. zu 81,11): Wa s e r s Geschichte wird, wenn du diesen Brief hast, nah am Ende seyn. Er wird, wie ich vermuthe, ohne anders enthauptet werden. Er gestand S c h l ö z e r n eine Lebensgeschichte gesandt zu haben, die er zu W i e n n u. B e r l i n soll drucken laßen; deren Zweck sey, alles in Zürich hintereinander zurichten, u. Eydsgenoßen gegen Eydsgenoßen in Flammen zujagen. / Am Samstag nach Pfingsten ist sein Sentenztag – Nebst Schinz, Pfenninger u. Heß hat er mich zu sich auf diesen Tag in den Thurn (im Waßer) bitten laßen. / Wenn Er nicht der N a c h t m a l v e r g i f t e r ist, so will ich in meinem Leben, gewiß nie keinem auch dem wahrscheinlichsten Argwohn mehr Raum geben – aber, weil keine gerichtliche Anzeige da ist, darf man ihn nicht dringender fragen. Der Charakter ist einzig. Schade, daß er so C r u d, so u n d e l i k a t ist – so ohn’ alle Liebe – – u. daß er nur durch Etourderie, u. viel Wißen, u. viel Geschäftigkeit groß oder sonderbar ist… / 〈…〉 Ich wünschte dir als Dramatisten genug von ihm erzählen zu können. (Goethe-Lavater3, 113f.)

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3 Lebensgeschichte] Waser hatte nach der Inhaftierung im Falle einer Todesstrafe mit der Veröffentlichung einer Schrift gedroht, die er Schlözer nach Göttingen geschickt habe und die dem Ansehen Zürichs in Preußen und Österreich nachhaltig schaden würde. Daraufhin hatte die Zürcher Regierung diplomatische Verhandlungen mit dem Kurfürstentum Hannover aufgenommen, dem die Göttinger Universität unterstand. Erst als sichergestellt war, dass eine solche Schrift nicht existierte, wurde Waser verurteilt (vgl. Exemplarische Bestrafung eines Preßvergehens im J. 1780. In: Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft 4 [1828], S. 306–309). Lavater war an diesen politischen Bemühungen beteiligt gewesen: Er richtete im Brief vom 11. April 1780 an den Hannoverschen Minister Ernst August Wilhelm von dem Bussche die „patriotische Bitte“, „den Herrn Profeßor Schlözer in Göttingen, auf welche Weise es nun sey, zuvermögL keine von denen ihm von Zürich aus eingesandten, Zürich betreffenden Schriften, weiter zupubliziren, und alle die Manuskripte, die diesem Gelehrten von einem hiesigen Gelehrten, namens, H e i n r i c h Wa a s e r zugekommen seyn mögen, in eine sichere Hand zulegen, woher sie allenfalls unsere Obrigkeit zurückverlangen kann.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 585.221.) Später wandte er sich direkt an Schlözer (vgl. die zweite Erläuterung zu 148,1). 5–6 Sentenztag] Waser wurde mit einer knappen Mehrheit im Zürcher Rat zum Tode verurteilt. 6 Schinz, Pfenninger u. Heß] Als Teil seiner Verteidigungsstrategie forderte Waser die geistliche Betreuung von seinen alten Studiengenossen Johann Rudolf Schinz, Johann Jakob Heß und Lavater sowie von Johann Conrad Pfenninger ein. 7 Thurn (im Waßer)] Der in der Limmat stehende Gefängnisturm Wellenberg war nur mit dem Boot erreichbar. 7 N a c h t m a l v e r g i f t e r] Lavater äußerte mehrfach den Verdacht, Waser sei der Täter der noch unaufgeklärten ‚Nachtmahlweinvergiftung‘ aus dem Jahr 1776 gewesen. Dieser Fall war Teil des Fragenkatalogs vom 15. April 1780, tauchte aber aufgrund mangelnder Beweise in dem Final-Examen vom 27. Mai 1780 nicht mehr auf (vgl. Exemplarische Bestrafung eines Preßvergehens im J. 1780, S. 305, 312–316). 11 Etourderie] Franz.: Leichtsinn, Unbesonnenheit. 68,5–6 Ein Geistlicher auf dem Harz 〈…〉 bis an den Mayn.] Der Zellerfelder Pastor Conrad Sigismund Ziehen hatte starke Erdbeben für die Schweiz und den süddeutschen Raum, besonders am Oberrhein, vorausgesagt, die zu einem großen Erdbruch durch den Gotthard und letztlich zur Trennung von Nord- und Südeuropa führen sollten (vgl. zu 60,22). Goethe reichte am 3. Juli 1780 nähere Informationen nach, vermutlich auf Lavaters Wunsch hin (vgl. zu 82,31). 68,7 Fürsten von Dessau 〈…〉 neulich in Leipzig] Goethe hatte im April 1780 Herzog Carl August auf die Leipziger Frühjahrsmesse begleitet (vgl. zu 48,13–16) und war dort Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau begegnet (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13).

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68,8 Er wird dir schreiben] Der früheste überlieferte Brief Leopolds III. Friedrich Franz an Lavater datiert erst aus dem Juli 1782 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 518.178). 68,9 Dedication] Zueignung. – Lavater hatte 1778 dem Fürstenpaar Leopold III. Friedrich Franz und Louise Henriette von Anhalt-Dessau den 4. Versuch seiner Physiognomie gewidmet (vgl. Physiognomische Fragmente 4, o. S.). 1783 widmete er den zweiten Band der französischen Ausgabe dem Erbprinzen Friedrich von Anhalt-Dessau (vgl. Lavater, Physiognomonie 2, o. S.). 68,11 falschen Propheten] Christoph Kaufmann (vgl. zu 30,15–16). 68,11 Eingeweide] Hier im übertragenen Sinne ‚das Gefühl‘, ‚das Herz‘ (vgl. GWb 2, 1456). 68,15 Nachrichten von Wasern] Das wiederholte Eingehen auf Waser (vgl. zu 68,4) ist ein weiteres Indiz für den nicht überlieferten Bezugsbrief (vgl. zu 68,3). 68,17–18 ein Portrait von dem Herzog Bernhardt] Während der Schweizer Reise waren Carl August und Goethe auf einen Teilnachlass von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar gestoßen, der im Dreißigjährigen Krieg als Feldherr auf Seiten der Schweden gekämpft hatte (vgl. GB 3 II, 1127–1130). Dieser Teilnachlass und ein Porträt des Herzogs befanden sich im Besitz der Nachfahren Johann Ludwig von Erlachs, des Adjutanten und Nachlassverwalters von Bernhard. Carl August, der vergeblich versuchte, die im Schloss Spiez am Thuner See überlieferten Dokumente zu erwerben, hatte in Bern eine Kopie des Porträts in Auftrag gegeben. Bei dieser Kopie handelt es sich um ein in den Weimarer Kunstsammlungen überliefertes unsigniertes Ölgemälde (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 1189; vgl. Abb. 1 im Kommentarband, S. 245). Die Kopie stammt nicht, wie bisher angenommen, von Johann Joseph Hartmann (vgl. GB 3 II, 1128), sondern vom Berner Maler Emanuel Handmann; der entsprechende Beleg ist in der herzoglichen Privatschatulle überliefert (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1086, Bl. 52, Beleg Nr 161). 68,19 balde verreist] Lavater hatte in seinem Brief vom 12. bis 13. Mai 1780 die Abreise Johann Heinrich Lips’ angekündigt: „L i p s reiset in 14. Tagen von hier ab – u. wird auch über Weymar kommen, wo er mir u. dir zeichnen muß.“ (Goethe-Lavater3, 114.) Möglicherweise enthielt der verschollene Antwortbrief nähere Informationen über den geplanten Ablauf von Lips’ Reise, da Goethe am 3. Juli 1780 mit dessen Ankunft in Weimar rechnete (vgl. 81,15). Lips ging jedoch nicht über Weimar nach Berlin oder Dresden, wie von Lavater empfohlen, sondern begab sich nach Mannheim, wo er sich ab November 1780 für ein halbes Jahr aufhielt (vgl. Kruse, Lips, 28f.). Nach Weimar kam Lips erst im Herbst 1789 als Lehrer an der Zeichenschule, nach Stationen in Düsseldorf und Rom, wo er Goethe persönlich kennen lernte (vgl. GB 7 II, zu 52,12; GB 8 I, Nr 96). 1790 stach Lips das Porträt nach der hier erwähnten Vorlage, allerdings im Auftrag von Schiller (vgl. Kruse, Lips, 181f.).

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68,20–23 Ich scharre nach meiner Art 〈…〉 zusammen] Möglicherweise sollte der Stich als Titelkupfer für Goethes geplante, aber nicht ausgeführte Biographie von Herzog Bernhard dienen (vgl. zu 170,16). – ‚Merkwürdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn: ‚wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 68,26 Sein und seiner Brüder Familien-Gemälde] Bernhard von SachsenWeimar war der jüngste von acht Söhnen, die ihren Vater Herzog Johann von Sachsen-Weimar (1570–1605) überlebten. Die weiteren männlichen Nachkommen waren Johann Ernst I. Herzog von Sachsen-Weimar, Friedrich Herzog von Sachsen-Weimar, Wilhelm Herzog von Sachsen-Weimar, Albrecht Herzog von Sachsen-Eisenach, Johann Friedrich Herzog von Sachsen-Weimar, Ernst I. Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg und Friedrich Wilhelm Herzog von Sachsen-Weimar. Goethes Interesse für die Porträts der Ernestiner Familie wurde durch Lavaters physiognomische Reflexion angeregt: Aus der Physiognomie der Vorfahren des regierenden Herzogs Carl August solle eine Darstellung der eigentümlichen Charakterzüge der Ernestiner hervorgehen, die dem politischen Selbstverständnis des Herzogtums dienen solle. 68,27 Urenkeln] Die regierenden Herzöge der Ernestiner Linie, in erster Linie Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach und Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg, aber auch Ernst Friedrich von Sachsen-Coburg-Saalfeld, August Friedrich Carl Wilhelm von Sachsen-Meiningen und Ernst Friedrich III. Carl von Sachsen-Hildburghausen. 68,29 Hocus pocus] Hokuspokus: Hier metaphorisch für einen Zauber mit ‚rituellen Handlungen‘ (vgl. GWb 4, 1368), aber auch mit Anklängen an ‚Blendwerk‘ nach der ursprünglichen Bedeutung des Wortes: Es stammt „von den Gauklern und Taschenspielern 〈…〉, welche dasselbe als einen sehr kräftigen und wirksamen Ausdruck bey ihren Künsten aussprechen“ (Adelung 2, 262; vgl. Grimm 10, 1731f.). 68,30 Hexe zu Endor] Alttestamentarische Wahrsagerin, die Verstorbene beschwörte (vgl. 1 Samuel 28). 68,31 bis an den Gürtel aus dem Grabe zu nöthigen] Metaphorisch: historische Figuren wieder (halb) lebendig zu machen (vgl. GWb 4, 415). 68,32 König] Möglicherweise in Anspielung auf Friedrich II. von Preußen. – Während seiner Reise mit Herzog Carl August im Mai 1778 nach Berlin, die den Zweck verfolgte, die Lage vor dem drohenden Bayerischen Erbfolgekrieg zwischen Preußen und Österreich zu sondieren, war Goethe von Prinz Heinrich von Preußen auf die Figur Bernhards von Sachsen-Weimar aufmerksam gemacht worden (vgl. GB 3 II, zu 209,3). Vor dem Hintergrund des Bayerischen Erbfolgekrieges, bei dem das kleine Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach zwischen die Fronten geraten war, als Preußen Truppenwerbungen in dessen Territorium forderte (vgl. GB 3 II, zu A 1 [S. 1085–1089]), strebte Carl August mit der bei Goethe in Auftrag gegebenen Biographie des Herzogs Bernhard eine historische Darstellung an, die

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keine Instrumentalisierung der als Symbol des Herzogtums geltenden Person zulassen sollte: Eine preußenfreundliche Deutung der Figur Bernhards, welche die alte Feindschaft zwischen den ernestinischen Herzogtümern und dem habsburgischen Kaiserhaus betonen würde (vgl. GB 3 II, zu 434,12), wäre für Carl Augusts außenpolitisches Ziel, die Neutralität des Herzogtums zu wahren, kontraproduktiv gewesen. 68,32 an Zeichen und Wunder glaubt] Anklang an Johannes 4,48: „Wenn ihr nicht zeichen und wunder sehet, so glaubet ihr nicht.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 98.) – In den Briefen an Lavater sind mehrere Anspielungen auf dessen Wunderglauben enthalten (vgl. zu 288,10; zu 342,7). Möglicherweise verstärkte sich Goethes Skepsis durch seine zu dieser Zeit intensive Lektüre von Marc Aurel (vgl. zu 103,12–13), der in den „Selbstbetrachtungen“ erklärte, von seinem Lehrer gelernt zu haben, sich „nicht mit Possen abzugeben, und von allem dem zeuge, was Zauberer und Wahrsager von Beschwörungen, von Dämonen-Verbannungen und dergleichen schwatzen, nichts zu glauben“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 6 [I, 6]). 69,1–3 Die regierende Herzogin 〈…〉 die Herzogin Mutter.] Lavater hatte im Brief vom 12. bis 13. Mai um Ganzkörpersilhouetten aus Weimar gebeten: „Ganze Staturen vom Herzog, Dir, Wedeln, – der Stein, der Herzoginn Bitte! Bitte!“ (Goethe-Lavater3, 114.) Offenbar hatte Lavater im nicht überlieferten Bezugsbrief die regierende Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach und ihre Schwiegermutter Anna Amalia verwechselt; möglicherweise handelte es sich um die Schattenrisse, von denen jeweils ein Exemplar in Weimar nachgewiesen ist (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KSi1980/00656; KSi/01158). 69,4 Das Kupfer nach Juels Bild] Ein von Johann Heinrich Lips gefertigter Kupferstich von Carl Augusts Porträt (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KGr/03346); Lavater druckte ihn in seiner französischen Physiognomik ab (vgl. Lavater, Physiognomonie 2, 229). Als Vorlage diente ein Porträt von der Hand Jens Juels, der Anfang November 1779 sowohl Goethe als auch Carl August porträtiert hatte (vgl. KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr KGe/00888; die erste Erläuterung zu 49,28; GB 3 II, erste Erläuterung zu 338,6). Das Original von Goethes Porträt ist verschollen, Lavater hatte am 12. Januar 1780 den Verlust angezeigt: „Das Porträt vom Herzog laß ich noch copiren, eh’ ich’s wegsende. Verzeiht. Es ist zum Sprechen ähnlich, aber nun seh’ ich das Sonnenklar, daß J u l keinen Grand Sens hat. Deines, das mir, erschrick aber nicht, wie unter den Händen weggestohlen worden ist – u. das ich, durch magische Wuth über dem unbegreiflichen Verschwinden, gewiß, ehe du diesen Brief hast, wieder herschaffen will, u. wenn’s über’s Meer geflogen wäre – ist im Grunde elend, ohne deine Seele, hasenfüßisch gezeichnet ‚der hat weder den Herzog, noch dich gesehen‘ – ist mein Urtheil.“ (Goethe-Lavater3, 94f.) 69,4 fatal] Hier: unerfreulich; von Goethe vorwiegend in der voritalienischen Zeit verwendet (vgl. GWb 3, 610). – Goethe sah sich in seiner Auffassung bestätigt,

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durch den komplexen Entstehungsprozess eines Kupferstiches gingen die psychologischen Züge der porträtierten Person verloren (vgl. die zweite Erläuterung zu 49,28). 69,11 es auf einmal schiken] Der Vorschlag reagiert auf die von Lavater im überlieferten Bezugsbrief angekündigte Sendung eines einzelnen Gemäldes mit der fahrenden Post: „Ich konnte dir, welches ich doch wollte, nichts, das dir Freüde machte, beylegen.“ (Goethe-Lavater3, 114.) Da der Empfänger ein Teil der Portokosten trug, war es für ihn billiger, wenn anstatt mehrerer kleiner Pakete ein großes geschickt wurde. – Goethe bezahlte für die erwähnte Sendung, die am 6. Juni 1780 ankam, 1 Reichstaler und 9 Groschen (vgl. GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 29r). 69,12–13 Was du von Albrecht Dürern 〈…〉 bei Gelegenheit her.] Offenbar hatte Lavater im nicht überlieferten Bezugsbrief von neuen Anschaffungen für seine Dürer-Sammlung berichtet. Goethe hatte Lavater wiederholt aufgefordert, ihm die nachträglich eingegangenen Stiche zu schicken (vgl. zu 48,19), und im Mai 1780 weiter an der Sortierung von Lavaters Dürer-Sammlung gearbeitet (vgl. die erste Erläuterung zu 48,12). Lavater bat am 15. Juli 1780 um eine baldige Zurücksendung der Stiche, doch Goethe wollte erst die hinzugekommenen einordnen (vgl. zu 94,16). 69,14 Müller aus Rom] Der Brief des seit 1778 mit einem weimarischen Stipendium in Rom lebenden Friedrich Müller (gen. Maler Müller) ist nicht überliefert; die Geldgeber erwarteten von ihrem Stipendiaten nicht nur eigene Kunstwerke, sondern auch Berichte über ästhetische Entwicklungen und Neuigkeiten auf dem Kunstmarkt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 113 und die erste Erläuterung zu 7,9). 69,16 Die apokalyptische Vignetten] Lavater hatte dem Brief vom 12. bis 13. Mai 1780 die Titelvignette von „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn“ beigelegt (vgl. Goethe-Lavater3, 114). Offenbar waren auch dem zweiten, nicht überlieferten Bezugsbrief weitere Vignetten beigelegt worden. Ob Lavater noch Änderungen bei den Vignetten vornahm, die er laut Muralts Tagebuch zuletzt im August 1780 ordnete (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 118f.), ist unklar. Von den insgesamt 40 Vignetten sind nur zwei, jeweils eine von Chodowiecki und eine von Schellenberg, bezeichnet. 69,16 kleinlich] Hier im doppelten Sinne: klein auf das Format bezogen (vgl. GWb 5, 438f.) und in Bezug auf den Inhalt des Buches antonym zu ‚erhaben‘ (im Sinne von ‚überwältigend‘, vgl. GWb 3, 304f.), also dem Gegenstand der Apokalypse nicht angemessen. 69,18–19 In weniger Zeit wird Herr von Knebel 〈…〉 zu dir kommen.] Knebel war bis zum September 1779 Erzieher von Prinz Constantin, Carl Augusts jüngerem Bruder gewesen (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 106). Am 5. Juni 1780 trat er eine Reise in die Schweiz an, für die er ausführliche Reiseanleitungen von Goethe und Carl August bekommen hatte (vgl. Nr 106). Knebel traf am 29. Juni 1780 in Zürich ein (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 24–28).

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Abb. 1: Emanuel Handmann: Herzog Bernhard von Weimar

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BRIEF 109

109. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 5. Juni 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) wurde der Brief nach der handschriftlichen Datierung durch die Empfängerin auf den ‚5. Juni 1780‘ eingeordnet (vgl. Überlieferung). So wird er seit dem Erstdruck auch datiert. Da der Inhalt des Briefes für diese Datierung spricht, wird sie beibehalten (vgl. die erste Erläuterung zu 69,24; zu 69,25). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 61. – 1 Bl. 18,7 × 18 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unten links von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „5t Juni 80“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „41“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 43), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 308f. WA IV 4 (1889), 230, Nr 964. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 69,24 Adieu liebes Gold] Goethe brach am 5. Juni nach Gotha auf (vgl. zu 62,9–11). Wie eine Bemerkung im folgenden Brief belegt (vgl. 70,5), hat er sich zuvor auch noch persönlich von der Freundin verabschiedet. – ‚Gold‘: In Frankfurt als liebevolle Anrede für Kinder gebräuchlich (vgl. GB 2 II, zu 200,18); seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede für Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend (vgl. GWb 4, 364f.), im vorliegenden Band begegnet die Anrede hier zum ersten Mal. 69,24 Schreiben Sie mir manchmal] Charlotte von Stein reiste wenig später zu ihrer Schwester Louise von Imhoff nach Mörlach (vgl. die erste Erläuterung zu 62,8). – ‚Manchmal‘: hier bewusst untertreibend im Sinne von ‚etliche Male‘, ‚oft‘ (GWb 5, 1407). 69,25 bey meiner Rückkunft] Goethe blieb bis zum Abend des 9. Juni in Gotha (vgl. zu 70,4). 69,25–26 Was mir die Gotter geben ist auch Ihr.] ‚Ihr‘ flüchtig für ‚Ihres‘. – Im Anklang an Goethes Verse im Brief an Augusta zu Stolberg vom 17. Juli 1777: Alles gaben Götter die unendlichen Ihren Lieblingen ganz Alle Freuden die unendlichen Alle Schmerzen die unendlichen ganz.

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(GB 3 I, 154,19–22.) – Das Gedicht entstand nach dem Tod von Goethes Schwester Cornelia und thematisiert die Gleichzeitigkeit von Glück und Schmerz als Grundklang von Goethes Existenz, die ihm keinen Mittelzustand erlauben will (GB 2 I, 205,1). 69,26 heimlich] Hier mit Bezug auf die eigene Psyche: im Inneren verborgen, insgeheim (vgl. GWb 4, 841). 69,27 die ehrne Schlange] Dies und das Folgende in Anspielung auf 4 Mose 21,8–9: „Da sprach der Herr zu Mose: Mache dir eine eherne schlange, und richte sie zum zeichen auf: Wer gebissen ist, und siehet sie, der soll leben. / Da machte Mose eine eherne schlange, und richtete sie auf zum zeichen: Und wenn jemand eine schlange biß, so sahe er die eherne schlange an, und blieb leben.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 138.) 69,28 Sund und Fehlen] ‚Sund‘ flüchtig für ‚Sünd‘; ‚Fehlen‘ hier im Sinne von ‚Verfehlen‘, Verfehlung‘; die Wendung wohl in Anlehnung an die Kirchenliedsprache, in der ‚Sünd‘ meist in Kombination mit ‚Schand‘, gelegentlich auch mit ‚Fehlen‘ begegnet. – Bis zur Ausgabe von Wahle wurde an dieser Stelle ‚Sünd und Fehlern‘ gelesen (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 235, Nr 444; ebenso bei Petersen, Goethe-Stein 1, 242, Nr 440), was aufgrund der Verschleifung am Wortende nicht ganz auszuschließen ist; zuerst in der WA berichtigt, da die Verbindung mit „sünd entschieden 〈für〉 Fehlen“ spreche (WA IV 4, 372, zu Nr 964). 70,1–2 An den Trähnen der Carlingen 〈…〉 bins auch] Carlingen: Caroline von Ilten, in Goethes Briefen meist als ‚Lingen‘ erwähnt, die nach der Rückkehr Charlotte von Steins aus Mörlach für etwa zwei Jahre in deren Haushalt lebte (vgl. zu 78,15–16). – Hintergrund der vorliegenden Bemerkung war Caroline von Iltens Liebe zu Prinz Constantin, der sich die herzogliche Familie widersetzte (vgl. die erste Erläuterung zu 33,9; zu 70,11–13). Goethe stand in dieser Angelegenheit auf Seiten der herzoglichen Familie und sollte als Vermittler auftreten. Prinz Constantin hatte am 1. Juni ein Abschiedsessen für seinen ehemaligen Erzieher Knebel gegeben und war am 2. Juni „früh um 2. Uhr“ mit dem Herzogspaar nach Dessau gereist (FB 1780, S. 124). – Auf diese Stelle bezieht sich eine Anmerkung Friedrich von Steins: „Göthe war hauptsächlich gegen ihre 〈Caroline von Iltens〉 Verbindung mit dem Prinzen, indem er es für das Beste des hertzoglichen Haußes und Landes so nothwendig und des Prinzen Leidenschaft nach seinem Charakter, doch nur vor vorübergehend hielt.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 7v.)

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110. An Charlotte von Stein

BRIEF 110

Gotha, 5. und 6. Juni 〈1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Das Jahr 1780 lässt sich aus dem Inhalt erschließen (vgl. zu 70,4) und wird durch die Angabe der Adressatin bestätigt, der die Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein entspricht (vgl. Überlieferung). Der Beginn des Briefes am 5. Juni ergibt sich aus der Tagesangabe (vgl. 70,4). Seit dem Erstdruck wird der Brief auch so datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 62. – Doppelblatt 18,4 × 22,9 cm, 1 ½ S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts in der Zeile zwischen Orts- und Datumsangabe und Text von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „42.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 44), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 309f. WA IV 4 (1889), 231f., Nr 965. BEIL AG E

Posse (vgl. zu 70,16). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief wahrscheinlich vom 6. Juni 1780 ist nicht überliefert (vgl. zu 71,10). 70,4 Gotha Montags Abends 7.] Am 5. Juni 1780 (vgl. 71,3 und Datierung). – Laut Gothaer Fourierbuch vom 5. Juni 1780 „sind der Herr GehRath Göthe von Weimar ankommen“ und hat sich am Abend des 9. Juni „beurlaubet“ (FB Gotha 1780 II, Bl. 81r, 86v). Demnach war Goethe am 10. Juni wieder zurück in Weimar. 70,5–6 ein Pferd das nur Schritt geht] Vgl. zu 62,9–11. 70,7–9 von meiner ganzen militarischen Wirthschafft 〈…〉 gehn wirdt] Wirtschaft: Bezeichnung für die „Handhabung eines jeden Geschäftes“ (Adelung 4, 1577); hier mit Bezug auf die weimarische Kriegskommission, die Goethe seit Januar 1779 leitete (vgl. die dritte Erläuterung zu 55,10). Eine der Hauptaufgaben bestand in der Verwaltung sämtlicher für das Militär eingehenden Gelder. In Fragen der ‚militärischen Wirtschaft‘ im engeren ökonomischen Sinne, „war die Kriegskommission dem Befehlshaber des Militärs übergeordnet, weshalb es regelmäßig zu Auseinandersetzungen kam“ (Bürgin, 123). Insbesondere mit dem Weimarer Husaren-Rittmeister (seit 1774) und herzoglichen Adjutanten Carl Friedrich von Lichtenberg kam es häufig zu Streitigkeiten. Als Chef der Husaren und damit

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als einer der ranghöchsten Offiziere im sachsen-weimarischen Militär stand dieser ohnehin in gespanntem Verhältnis zum Leiter der Kriegskommission. Anlässe für Auseinandersetzungen boten z.B. von Lichtenberg geforderte Nachzahlungen sowie der Umfang der Fourage-Rationen vor allem bei Einsätzen außerhalb Weimars, wo deren Beschaffung teurer war (vgl. ebd., 163–167). Lichtenberg hatte sich zunächst um die Anschaffung der kleinen Montierungsstücke (Beimontierung), also der Schuhe, Strümpfe und Kopfbedeckungen, um die Reparaturen von Gewehren und Sattelzeug sowie um die Pflege der Pferde zu kümmern. Die Besorgung der Fourage, d. h. der Verpflegung für die Truppe, sowie der großen Montierung (Uniform und Waffen) waren in der Verantwortung der Kriegskommission geblieben. Seit 1775 kümmerte sich Lichtenberg auch darum und zog daraus persönlich finanziellen Nutzen. Wohl vor allem darauf und auf die von Goethe eingeleiteten Gegenmaßnahmen beziehen sich die vorliegenden Andeutungen. Im Bericht vom 23. Mai 1780 schlug die Kriegskommission vor, Lichtenberg alle das Oeconomicum militare betreffenden Aufgaben zu entziehen (LATh – HStA Weimar, Militärsachen, B 39939, Bl. 95v; vgl. insgesamt ebd., Bl. 95–100). Goethe erhoffte sich davon eine jährliche Ersparnis von 400 bis 500 Reichstalern. Mit einem Reskript vom 25. Mai 1780 nahm der Herzog Goethes Vorschlag an (vgl. ebd., Bl. 102; Wahl, Consilium, 575, Nr 7926). Dass sich Lichtenberg durch die Einschränkung seiner Befugnisse tief gekränkt fühlte, geht aus einem Schreiben an den Herzog vom 11. Juni 1780 hervor (vgl. LATh – HStA Weimar, Militärsachen, B 39939, Bl. 104–105, hier Bl. 104v). Dieses Schreiben wurde ohne Antwort zu den Akten gelegt (vgl. Wahl, Consilium, 582, Nr 8077). – ‚Skandaleus‘ (von franz. scandaleux): anstößig, ägerlich. 70,11–13 den Eklat den der Rttmstr mit der Caroline macht 〈…〉 auf mich zu wälzen] Carl Friedrich von Lichtenberg war der Schwager Caroline von Iltens, des Schützlings von Charlotte von Stein. Der ‚Eklat‘ bestand wahrscheinlich in einer Äußerung über Carolines Beziehung zu Prinz Constantin (vgl. zu 70,1–2). – Zur vorliegenden Stelle merkt Friedrich von Stein an: „Rittmeister v Lichtenberg Schwager der Caroline v Ilten, ein ziemlich rauher Mann, ganz Husar. Der Hertzog mochte ihn wie alle Originale wohl leiden.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 7v.) 70,14–15 Beding] Nach Adelung ‚der Beding‘, schon im 18. Jahrhundert veraltet für ‚die Bedingung‘ (vgl. Adelung 1, 782). 70,16 beyliegender Posse] Nicht überliefert. – Nach Schölls Vermutung in E wurde zumeist auf das Gedicht „Liebhaber in allen Gestalten“ (Ich wollt’ ich wär’ ein Fisch 〈…〉; WA I 1, 32–34) verwiesen; nach Düntzer käme das „Wechsellied zum Tanze“ (Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze 〈…〉; WA I 1, 27f.) in Frage (vgl. Düntzer, Goethe-Stein, 184, Anm. 1). Für beide Annahmen gibt es keine Belege. 70,17–18 Lieblings Situation im Wilhelm Meister] Dies ist die erste briefliche Erwähnung des „Wilhelm Meister“-Romans seit August 1778 (vgl. GB 3 I,

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BRIEF 111

220,26–28). Die bis 1786 entstandene Fassung ging verloren, ein Fragment davon hat sich in einer Abschrift von Barbara Schultheß und ihrer Tochter erhalten (vgl. WA I 51, 284–288), die 1910 in einer Zürcher Privatsammlung wiederentdeckt und 1911 in Band 51 und 52 der WA I gedruckt wurde. Der Titel der frühen Fassung ist durch einen Brief Knebels belegt, der am 10. Juli 1777 an Herder schrieb: „Er 〈Goethe〉 hat uns seine neue Composition von Wilhelm Meisters theatralischer Sendung vorgelesen, welches ein sehr fein Werk ist.“ (BuG 2, 25.) – Da von der frühen Fassung im Juni 1780 nur das 1. Buch und Teile des 2. Buches vorgelegen haben (vgl. GB 3 II, zu 129,9 und GT I 1 66,19; 67,16; 104,16; 105,17), ist anzunehmen, dass sich die vorliegende Bemerkung auf ein Kapitel des 2. Buches bezieht. Dessen baldigen Abschluss kündigte Goethe der Freundin allerdings erst am 29. August 1782 an (vgl. WA IV 5, 50,26–27). In Frage käme z.B. die Liebesgeschichte Melinas und der Bürgerstochter, in der Wilhelm sein eigenes Schicksal in umgewechseltem Geschlechte (WA I 51, 155) erkennt (vgl. zu 155,5–6). 70,18 den ganzen Detail] ‚Der Detail‘ von franz. le détail; hier im übertragenen Sinne: ‚ausführliche Erzählung‘, ‚Schilderung der Einzelheiten‘. 70,20 im Thor] Das nach Osten gelegene Erfurter Tor, eines der vier Stadttore Gothas (vgl. Klebe, 3). 70,20 im Mohren] Im Gasthaus „Zum Mohren“ (heute Mohrenstraße 18), in der Vorstadt vor dem Erfurter Tor an der alten Handelsstraße Via Regia gelegen. Das Haus, bereits Mitte des 16. Jahrhunderts als Gasthof erwähnt, war 1777 grundlegend umgebaut und mit dem noch heute erhaltenen Rokoko-Giebel und einem schwarzen Putto versehen worden. Ende des 18. Jahrhunderts war es eines der vornehmsten Gasthäuser Gothas mit herrschaftlich ausgestatteten Zimmern und einem großen Saal, in dem Bälle, Konzerte und Redouten veranstaltet wurden (vgl. Klebe, 145f.). 70,23 schöne Freundinnen] Darunter vielleicht Caroline von Ilten, Sophie von Schardt, Emilie von Werthern-Beichlingen und Amalia von Hendrich. 70,24–25 das Capitel von Wilhelm Meister] Wohl mit Bezug zur oben erwähnten Lieblings Situation (70,17), möglicherweise das 6. Kapitel des 2. Buches aus „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“, in dem das heimlich von zu Hause geflohene, inzwischen aber gefangen genommene Liebespaar zum Amtshaus gebracht und im Beisein Wilhelms verhört wird. 70,25 aufgeschrieben] Wie auch das Tagebuch belegt, kam in dieser Zeit die Arbeit am „Wilhelm Meister“ nicht weiter voran: NB. vom 26 〈Mai 1780〉 bis 22 folgenden Monats habe ich nichts geschrieben. (GT I 1, 112.) 70,26 Dicktiren konnt ichs noch allenfalls] Vgl. zu 26,26. – ‚Konnt‘, verkürzt für ‚könnte‘: das indikative Präteritum hier wie gelegentlich in den frühen Briefen Goethes als Irrealis verwendet. 70,27 Reiseschreiber bey mir] So wie z.B. während der Schweizer Reise im Herbst und Winter 1779, als Goethe seinem Sekretär Philipp Seidel oft viele Sei-

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ten lange Reisebeschreibungen diktiert hatte, später Vorlage für die „Briefe aus der Schweiz“ (vgl. zu 13,5–6). 71,3 Reitknecht] 1780 waren im sachsen-weimarischen „Hof- und Addreß-Calender“ insgesamt 10 „ReutKnechte“ namentlich aufgeführt (Hofkalender 1780, 88). 71,3–4 soll Ihnen diesen Grus bringen] Demnach befand sich die Adressatin noch in Weimar, wo sie den Brief wahrscheinlich am selben Tag beantwortete (vgl. zu 71,10). 71,5 die kleine] Sophie von Schardt, Charlotte von Steins Schwägerin, die sie nach Mörlach begleitete (vgl. 88,23). 71,5 Frizzen] Charlotte von Steins jüngster Sohn Friedrich.

111. An Charlotte von Stein

〈Gotha〉, 7. Juni 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 60. – 1 Bl. 10 × 15,9 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „39“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 41), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 311. WA IV 4 (1889), 232, Nr 966. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 6. Juni 1780 (vgl. 71,10). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 71,7 Wawagen] Der Kontext der Erwähnung lässt eine Person aus dem Weimarer Umfeld vermuten. In Frage kommt Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und enge Freundin Charlotte von Steins (vgl. die erste Erläuterung zu 37,11). Die Waldner war zu gleicher Zeit drüben (80,13), schreibt Goethe am 24. Juni an Knebel über seinen Gothaer Aufenthalt. Laut Fourierbuch vom 5. Juni 1780 „ist FrL von Waldnern“ an diesem Tag „Serenissimi present. worden, ist von Weimar kommen“ (FB Gotha 1780 II, Bl. 80v). – Der Spitzname ‚Wawagen‘, vielleicht als Diminutiv ‚Wawachen‘ für Waldner, ist allerdings sonst nicht belegt. Fielitz vermutet, er könne auf die damals erst knapp 1 ½-jährige Prinzessin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach zurückgehen, deren Hofdame Adelaide Waldner von Freundstein war, allerdings erst seit 1781 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 469, Anm. 4 [zu S. 250]). – Nach Friedrich von Stein sei ‚Wawagen‘ „Eine Strickerey von Seidenhasen Hahren (ich glaube eine Weste).“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 7v; ‚Seidenhasen‘ ältere Bezeichnung für ‚Angorakaninchen‘.)

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BRIEFE 112/113

71,7 in fremden Landen] Ironisch für das benachbarte Herzogtum SachsenGotha und Altenburg. Zu Goethes Beziehungen zum Gothaer Hof vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 25. 71,10 Briefgen] Nicht überliefert; möglicherweise von einem Weimarer Reitknecht überbracht (vgl. zu 71,3). 71,11–12 Es geht nun hübsch bunt.] Laut Fourierbuch hat Goethe vom 6. bis 9. Juni täglich an der Mittagstafel des regierenden Herzogs Ernst II. von SachsenGotha und Altenburg teilgenommen, am 6. Juni war er zum privaten Souper bei Herzogin Charlotte geladen (vgl. FB Gotha 1780 II, Bl. 81v–82, 83v, 84v, 85v). Im Tagebucheintrag vom 26. Mai bis 22. Juni vermerkt Goethe: Vorgefallen ist viel und hab ich sehr glückliche Tage gelebt. viel ganzes. Ich war in Gotha und hatte reine Verhältnisse mit allen. (GT I 1, 112.)

112. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar〉, 11. Juni 1780 → 〈Nürnberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I, Bl. 1. – 1 Bl. 19,6 × 6,9(–8,1) cm, von größerem Blatt abgeschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. von fremder Hd, Tinte: „Göthe an Knebel“. E: Reichard, Selbstbiographie (1877), 123. WA IV 4 (1889), 233, Nr 967. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet keinen Brief Knebels. – Der Antwortbrief vom 17. Juni 1780 ist nicht überliefert (vgl. die zweite Erläuterung zu 71,16). 71,15 in Gotha] Knapp 50 km westlich von Weimar gelegene Residenz des Herzogtums Sachsen-Gotha und Altenburg. – Goethe besuchte vom 5. bis 9. Juni den Gothaer Hof (vgl. zu 70,4; zu 71,11–12). 71,15–16 lass dir von der Stein 〈…〉 weiters erzählen] Knebel traf Charlotte von Stein am 16. Juni in Nürnberg, wo sie, ihr Bruder Carl von Schardt und dessen Frau Sophie mit ihrer Schwester Louise von Imhoff zusammentrafen (vgl. die zweite Erläuterung zu 76,7). 71,16 Nächstens mehr.] Goethes nächster Brief an Knebel stammt vom 24. Juni und 3. Juli 1780 (Nr 119). 71,16 Lass von dir hören.] Laut Tagebuch antwortete Knebel am 17. Juni aus Nürnberg (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 26r). Goethe notierte den Empfang in seinem Tagebuch am 22. Juni (vgl. GT I 1, 113). Diesem Brief lag ein Billett Charlotte von Steins bei (vgl. die zweite Erläuterung zu 76,7).

JUNI 1780

113. An Friedrich Müller

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Weimar, 12. Juni 1780 → 〈Rom〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Radowitzsche Autographensammlung, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: 7169. – 1 Bl. 20,6 × 27,8(–28,2) cm, 1 ¾ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte. E1: 〈Christian Wilhelm Hübner-Trams〉: Verzeichniß der von dem verstorbenen Preussischen General-Lieutenant J. von Radowitz hinterlassenen AutographenSammlung, nunmehr Eigenthum der Königl. Bibliothek in Berlin. Bd 3. Berlin 1864, S. 556, Nr 7169 (Teildruck: 72,3–5 Erzählen Sie mir von Menschen 〈…〉 durch den Sinn geht.; 72,6–30 zeichnen Sie nur einige Ruinen, es braucht nichts ausgeführtes 〈…〉 den Niederländern in ihrer Kunst so gegangen ist.; 73,6 Weimar den 12. Juni. 1780; 73,8 Goethe). E2: 〈Christian Wilhelm Hübner-Trams〉: Goethes Briefwechsel mit dem Maler Müller. In: Deutsche Roman-Zeitung (1864), Nr 11, Sp. 877f. WA IV 4 (1889), 233–235, Nr 968. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief (vgl. zu 72,1) ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Der kurpfälzische Kabinettsmaler Friedrich Müller (1749–1825), gen. Maler Müller, befand sich mit finanzieller Unterstützung aus Mannheim und Weimar seit Oktober 1778 in Rom (vgl. zu 7,9–10). Im Zeitraum des vorliegenden Bandes sind vier Briefe an Müller überliefert, die von dem Weimarer Stipendium und den Erwartungen der Geldgeber an Müller handeln, die schließlich nicht erfüllt wurden und zum Bruch zwischen den Briefpartnern führten. Müllers Briefe aus diesem Zeitraum sind verschollen (vgl. zu 72,1). – Zu Goethes Beziehung zu Friedrich Müller vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 383. Der vorliegende Brief mutet zunächst freundlich an, als Austausch zwischen einem professionellen Künstler und einem durch eigene Übung kundigen Dilettanten, der zu lernen hofft. Goethes eigene Sehnsucht nach Rom kommt zum Ausdruck, wenn er Müller, offenbar beeindruckt von dessen temperamentvollem Schreibstil, zu detaillierten Schilderungen ermuntert, und nahezu freundschaftlich gibt er dem gleichaltrigen Müller Einblick in die Defizite der eigenen Bemühungen im Zeichnen. Den Subtext jedoch bilden Ermahnungen und die Warnung, die Erwartungen der Weimarer Geldgeber nicht zu enttäuschen. Denn Goethe hatte die Patronage der Förderung übernommen, die vom Weimarer Hof aus Müllers Aufenthalt in Rom mit zu finanzieren half, Grund und Anlass zu vier Briefen im Laufe der nächsten 14 Monate. Da Müller der Verpflichtung, seinen Förderern Bilder zu liefern, nicht

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BRIEF 113

zügig nachkam, werden Goethes Briefe fordernder, vorgeblich im Interesse der anderen Gönner, denen er Rechenschaft schuldig sei. Unterdessen schärft er sein ästhetisches Verständnis an Müllers (nicht erhaltenen) Antwortbriefen. Brief Nr 426 enthält die längste und ausgefeilteste Überlegung zur Kunst, die Goethe in diesen Jahren, da seine eigenen dichterischen Projekte ins Stocken geraten waren, formuliert hat. Die anfängliche Erwartung skizzenhafter Probestücke wächst sich zur Forderung nach reifen Kunstwerken aus. Müller ist, experimentierend und provozierend in Stil und Inhalten, auf einem anderen, noch provisorischen Weg, Goethe vermisst das ‚Schöne‘, das Vollendete. Die Enttäuschung auf beiden Seiten ist vorprogrammiert (vgl. Siegmund Thös-Kössel: Ansichten des Malers Friedrich Müller [1749–1825]. Zur Kunst des Scheiterns vor 1800. St. Ingbert 1993, S. 146–153). – Zu Müllers literarischen Werken äußert sich Goethe, selbst im Konflikt einer künstlerischen Doppelbegabung stehend, in den überlieferten Briefen nur einmal (vgl. zu 281,30–31). 72,1 Ihren Brief] Wie alle vor 1800 geschriebenen Briefe Müllers an Goethe von diesem wahrscheinlich in den großen ‚Autodafés‘ vor der Schweizer Reise im Jahr 1797 vernichtet (vgl. die Tagebucheinträge vom 2. und 9. Juli 1797 [GT II 1, 119f.] sowie die „Tag- und Jahres-Hefte“ für 1797 [WA I 35, 73]). – Neben den von Goethe selbst mitgeteilten Stellen eines Briefes von Müller vom 16. Oktober 1779 (vgl. 8,14–9,12) hat sich lediglich ein indirekter Satz zur Rezeption von Dürers Werken in Goethes Brief an Lavater vom 5. Juni 1780 erhalten: Müller aus Rom schreibt mir dass sie iezt in grossem Werthe drinne stehn. (69,14–15.) 72,2–3 mit Ihren lebhaften Beschreibungen] Aus der Anfangszeit Müllers in Rom sind nur wenige Textdokumente überliefert. Einen Eindruck von der Art der Müllerschen Mitteilungen gibt dessen Briefentwurf an Friedrich Heinrich Jacobi, geschrieben vor dem 10. November 1778 nach dem Besuch der vatikanischen Museen: „〈…〉 wie fand ich so ganz den wahren reinen Mahler des Herzens und der Natur in Raphael in deßen Seele alle Gedancken sich so klar gespiegelt und diese Freude und Seeligkeit ergoß sich bey jedem Zimmer immer mehr, mann ist bey der Anschauung dieser Gemälde ganz außer sich weggerückt und in eine herrlichre Welt von Menschen versezt – 〈…〉 ich hätte gleich noch einmal mit eben der Wonne wieder von forne angefangen und zurückbetrachtet wenn nicht unsre Caravane, von der die meiste Glieder so kalte untheilnehmende gesichter gemacht wie gänse denen mann das Evangelium predigt, uns erinnert daß es bald EßensZeit sey und daß wir jezt noch zuvor das jüngste gericht von Michel angelo betrachten müsten, wie ein Verliebter nahm ich also auf kurze Zeit von meinem lieben Raphael abscheid, gewiß daß ich von Leidenschafft beflügelt bald wieder bey ihm seyn würde – nun sahen wier auch die göttliche logen, grade wie mann sich in der Kindheit wenn man so zum erstenmal josephs geschichte lesen oder erzehlen hört die dinge hinträumt, das nehmliche goldne Wonnegefühl schauert einen bey dem Anblick dieser herrlichen ge-

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mälde an – 〈…〉 gelangten also vor Michel Angelos jüngstem Gerichte so wie mann aus einem milden SommerSchein, der die Seele erfreuet und alle Glieder erquickt, es lacht die ganze Natur umher und predigt den Moment der Liebe, so wie mann da umgeben von Melodie gerne in die kamer eines lieben Mädchens tritt zu der das ganze Herz sich lencket und im Wohlwollen sich aufschließt ihre Hand anfaßt ihre Wange berührt und tausend electrische Funcken unsren Cörper durchcreuzen so ist die Wonne vor Raphael – und nun wenn mann das liebe geschöpff verläßt, von ohngefehr am FrühlingsHayn herauf sich ein gewitter thürmet die Wolcken kämpfen aneinander auf, die blize durchschißen sich und faßen einander im Strahl die ganze Natur unter ihnen wird bang und Schauervoll, wer diß sieht dem fällts nicht ein jezt sich am Küßeschallenden Munde oder in den Armen seines Mädchens zu laben, der starcke Anblick macht ihn einsam und ist er groses Herzens so hält er sich nicht sondern eylt hinaus an Klippen hin umgeben vom Saußen des Sturms im grosen gefühle seinen Busen zu erleichtren – das ist Michel Angelos Schauer – beyde so wahr beyde so groß beyde so herrlich in ihrer arth beyde die treue bottschaffter gottes 〈…〉.“ (Müller, Briefwechsel 1, 91f.) 72,3–5 Erzählen Sie mir 〈…〉 durch den Sinn geht.] Die Geldgeber erwarteten vom Adressaten neben der Sendung von Kunstwerken auch Nachrichten vom römischen Kunstmarkt, wie aus Dalbergs Brief vom 4. Mai 1778 hervorgeht: Verspricht dagegen Zeichnungen, Nachrichten von seiner Reise warmes Danckgefühl. (7,10–11.) 72,7 Jedermann fragt darnach] Wohl zu beziehen auf die Personen, die sich zur Mitfinanzierung von Müllers Romaufenthalt bereitgefunden hatten (vgl. 7,14–21). 72,8 glauben ohne Zeichen und Wunder] Anspielung auf Johannes 4,48: „Und Jesus sprach zu ihm: Wenn ihr nicht zeichen und wunder sehet, so glaubet ihr nicht.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 98.) 72,11 Liebeswerke] Hier: Liebesbeziehungen (vgl. GWb 5, 1202). 72,15 feuchtlichen] Abwandlung zu ‚feucht‘, von Goethe gelegentlich in seinen Briefen gebraucht, meist mit lokalem Bezug (vgl. zu 135,26–27). 72,18–22 eine Liebschaft zu Dingen 〈…〉 leichter Buchstabieren lassen] In seinem Essay „Ueber die Landschaft-Mahlerey, an den Herausgeber des T. M.“, erschienen im Septemberheft 1777 des „Teutschen Merkur“, hatte Merck gerade dieses Verhalten als Eigenart seines Freundes Goethe ausgemacht: „Fürs erste gehört wohl eigentlich das große poetische Gefühl dazu, alles, was unter der Sonne liegt, merkwürdig zu finden, und das geringste, was uns umgiebt, zu einem Epos zu bilden. Dies Hängen am Alltäglichen, am Unbedeutenden, wie’s so viele Leute nennen, das Bemerken, was so viele andere mit Füssen treten, die botanische Jagd, wo so alle nur Gras sehen, und das Auffassen desselben – was den Charakter von Ihres Freundes G ö t h e Schriften und Denkart ausmacht – dies ist wohl die erste und distinktive Grundanlage des Landschafters.“ (Merck, Schriften 3, 115.) – Zum Begriff ‚Haltung‘ vgl. zu 41,2–3.

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BRIEF 114

72,22–23 verfallne Hütten 〈…〉 Schweinställe] Mit Sujets dieser Art hatte Müller in seinen Mannheimer Jahren begonnen, hier sahen die Förderer seine besondere Begabung. Elf der zwölf Probestücke aus dem von Wieland nach Weimar expedierten Portefeuille (vgl. zu 7,9–10) sind heute dort noch vorhanden (vgl. zu 8,2). In Rom richtete sich Müllers Ehrgeiz auf die in der Hierarchie prominenteste Gattung des Historiengemäldes, vorzüglich biblischen und mythologischen Inhalts. Über das Gemälde „Kampf des Erzengels Michael mit Satan um den Leichnam Mosis“ unterrichtete Goethe die Subskribenten in einem Brief vom 19. Januar 1780 mit Müllers eigenen Worten (vgl. 8,14–9,12). Vermutlich hatte Müller im Bezugsbrief von weiteren Plänen dieser Art berichtet, und Goethe versuchte nun, ihn wieder auf den in Mannheim eingeschlagenen Weg zu verpflichten. Zudem entsprach es Goethes künstlerischem Credo, dass vor der Wahl heroischer Bildinhalte die emphatische Behandlung des Niedrigsten (281,18–19) den wahren Künstler ausmache. – Goethe selbst bevorzugte diese unspektakulären, ‚niederen‘ Sujets. Das Motiv der ‚Schweinehütte‘ findet sich auf insgesamt drei für Charlotte von Stein bestimmten Zeichnungen (vgl. Abb. 1 im Textband, S. 47 und zu 48,3; Abb. 17 im Textband, S. 327 und zu 326,16 sowie Abb. 6 in GB 3 II, 700). 72,25–26 von der Welt und den Prachthäusern in das Niedrige] Ähnlich hieß es in „Nach Falkonet und über Falkonet“, dem anzunehmenden Referenztext zur Kunstepistel in Brief Nr 426 (vgl. zu 280,23–24), dass wahre Künstler nicht des umständlichen Prachts von Tempeln und Opfern bedürfen (DjG3 5, 355). 72,29 den Niederländern in ihrer Kunst] Müllers Frühwerk ist geschult an der holländischen und flämischen Malerei, die er unter Anleitung seines Lehrers Peter Anton Verschaffelt in der Mannheimer Gemäldegalerie studierte. Sein Selbstporträt mit Samtbarett (vgl. Müller, Werkverzeichnis, 77, 106f. [G13]) verrät den Einfluss Rembrandts, Vorbilder zu seinen Hirtenszenen und Darstellungen von Tieren fand er bei Johann Heinrich Roos. Wie in dessen Bildern gaben in Müllers Zeichnungen und Gemälden bergige Landschaften und halbverfallene Gebäude oftmals den Hintergrund ab. Am 23. Oktober 1776 hatte er an Christoph Kaufmann geschrieben: „ich habe da Zeichnungen gesehen von Pariser Künstlern – pah! – wenn der liebe gott so sein vieh geschaffen es könte sich nicht vom Fleck bewegen 〈…〉 da lob ich mir meinen lieben Roos das war noch ein Mann“ (Müller, Briefwechsel 1, 38). In Italien erinnerten ländliche Szenen Goethe seinerseits an Roos, so im Tagebuch der italienischen Reise vom 11. September 1786: Die aufgewundnen Zöpfe der Weiber, die blose Brust und leichten Jacken der Manner, die treflichen Ochsen die sie vom Marckte nach Hause treiben, die beladnen Eselgen alles macht einen immer lebenden und sich bewegenden H e i n r i c h R o o s . (GT I 1, 191.) Einen Beleg für Müllers Beherrschung der Malerei im Stil eines Philips Wouwerman liefert Mercks halbfiktiver Kunstessay „Ueber die lezte Gemälde Ausstellung in **“, erschienen im Novemberheft 1781 des „Teut-

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schen Merkur“, in dem es heißt: „Hingegen war einer der schönsten Wo u v e r m a n n s in der Gallerie von dem jungen Müller da, wo die Copie beynahe die Gegenwart des Originals vertragen konnte.“ (Merck, Schriften 6, 150.) – Müllers Werdegang ist nicht außergewöhnlich. Allgemein orientierte sich die Mannheimer Schule des 18. Jahrhunderts an niederländischen Landschaftszeichnungen des 17. Jahrhunderts, so im Werk von Müllers neun Jahre älterem Freund Ferdinand Kobell, dessen Virtuosität (200,10–11) Goethe in hohem Maße bewunderte, oder bei Philipp Hieronymus Brinckmann, der ihnen eine Generation vorausging. 73,1 ihre Warnung] Möglicherweise hatte Müller den Erkenntniswert der sublimen Kunst der italienischen Hochrenaissance gegen die Einfachheit der Niederländer in Anschlag gebracht, Ursache des von Goethe im nachfolgenden Brief (vgl. zu 158,3) registrierten Missverständnisses. 73,2–3 Radieren thu’ ich gar nicht mehr.] Goethe hatte die Technik des Radierens während seiner Leipziger Studienzeit bei Johann Michael Stock gelernt (vgl. GB 1 II, zu 129,20–21). Die letzten nachgewiesenen oder überlieferten Radierungen stammen vom Jahr 1777 (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 148,10 und zu 190,2–3; Corpus I, 66f., Nr 161 und 163). 73,3 Das Zeichnen nach der Natur] Vgl. die erste Erläuterung zu 41,3. 73,7 die Addresse richtig] Welche Adresse Goethe verwendete, ist nicht bekannt. Müller wohnte nach seiner Ankunft in Rom Ende Oktober 1778 im Vicolo del Carciofolo beim Teatro Alberti nahe der Spanischen Treppe. In seinem ersten überlieferten Brief aus Rom vom 10. November 1778 nennt er dem Freund Wolfgang Heribert von Dalberg die Postanschrift „abzugeben a la Strata Condotti bey vincent teutschen gastWirth“ (Müller, Briefwechsel 1, 94). Vincenzo Roesler war der Inhaber des Hotels d’Allemagne, Ecke Spanischer Platz/Via Condotti (vgl. ebd. 3, 1369). Im Laufe des Jahres 1780 zog Müller in die Strada Paolina (heute Via del Babuino) um (vgl. ebd. 2, 1150).

114. An Ludwig Christian Lichtenberg Weimar, 12. Juni 1780 → Gotha ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. – 1 Bl., 1. S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; Rs. Adresse: f r e i / Herrn Geheim-Sekretär Lichtenberg / nach G o t h a / nebst einer Schachtel H. L. gezl.; rechter Rand Mitte Beschädigung des Papiers durch Öffnen des Siegels, geringfügiger Buchstabenverlust (73,18 Wo〈ll〉ten; Angaben nach Faksimile im GSA). E: Sonntagsbeilage der Vossischen Zeitung vom 16. Januar 1910, Nr 3 (Werner Deetjen).

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BRIEF 114

WA IV 50 (1912), 10, Nr 968a. Textgrundlage: Faksimile. BEIL AG E

Fragment einer Vase (vgl. zu 73,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 12. Juni 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 48). Den Naturforscher und Juristen Ludwig Christian Lichtenberg (1737–1812) lernte Goethe am Gothaer Hof kennen, wo der ältere Bruder des berühmten Göttinger Professors Georg Christoph Lichtenberg seit 1765 als Geheimer Archivar und seit 1772 als Geheimer Sekretär des Herzogs angestellt war. Anlass für den Umgang mit dem Adressaten waren die gemeinsamen naturwissenschaftlichen Interessen. Lichtenberg hielt im Gothaer Schloss öffentliche Vorlesungen in Experimentalphysik, die auch Herzog Ernst II. besuchte. Dabei benutzte Lichtenberg seine eigenen Apparate, die er nach dem Kabinett von Sigaud de la Fond eingerichtet hatte und dem Herzog im Mai 1786 für 1000 Reichstaler verkaufte (vgl. Beck, Ernst II., 204). Eine Reinschrift von Lichtenbergs „Entwurff zu einer Vorlesung über die Naturlehre“, in dem er den zeitgenössischen Stand naturwissenschaftlicher Forschung für den interessierten Herzog kompilierte, ist im Nachlass Ernsts II. überliefert (Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1116). Lichtenberg widmete sich auch der Meteorologie und verfasste die mehrmals aufgelegten „Verhaltungs-Regeln bey nahen Donnerwettern 〈…〉“ (Gotha 1774). Parallel zu seinen Beiträgen für Nicolais „Allgemeine Deutsche Bibliothek“ und die „Gothaische gelehrte Zeitung“ begründete Lichtenberg 1781 das „Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte“ und blieb bis 1787 dessen Herausgeber. Seine Pionierstudien zu den Tironischen Noten, einem römischen Kurzschriftsystem, die ihn seit seiner Jugend beschäftigten, konnte er zwar nicht veröffentlichen, seine Aufzeichnungen sind jedoch überliefert (Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 1142a-k). Lichtenberg, der 1782 zum Legationssekretär ernannt wurde, war 1801–1802 der sachsen-gothaische Vertreter bei den Verhandlungen zur Teilung des bis dahin gemeinsam verwalteten Wittenberger Archivs zwischen Kursachsen und den ernestinischen Herzogtümern. Nach dem Tod von Ernst II. im Jahr 1804 verwaltete Lichtenberg, seit 1808 Geheimer Assistenzrat, mit Carl Ernst Adolf von Hoff die Teilung des Privatnachlasses unter den Söhnen des Verstorbenen, Herzog August und Prinz Friedrich; dieser delikate Auftrag konnte erst 1811 abgeschlossen werden (vgl. Hoff, Annalen, 109f. und 241; Otto Weber: Das Los des älteren Bruders – Anmerkungen zum 250. Geburtstag von Ludwig Christian Lichtenberg. In: Lichtenberg-Jahrbuch 1 [1988], S. 105–129). – Der vorliegende Brief ist der einzige überlieferte Brief Goethes an Lichtenberg und bezieht sich auf Experimente während Goethes Auf-

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enthalt in Gotha zwischen dem 5. und dem 9. Juni 1780. Auch wenn keine weiteren Begegnungen mit Lichtenberg dokumentiert sind, verrät der Ton des Briefes, der auf förmliche Anreden verzichtet, einen vertrauten Umgang mit dem Adressaten. – Es sind keine Gegenbriefe überliefert. 73,9 Stük Vase] Vermutlich Scherben für die Gothaer Antikensammlung; Näheres nicht ermittelt. 73,11 Sonnen Microscops] Das Mikroskop ist in Goethes Naturwissenschaftlicher Sammlung überliefert (KSW, Museen, Naturwissenschaftliche Sammlung, Inv.-Nr GNF 0509). – Es handelt sich um ein Universalmikroskop mit Zubehör nach dem Modell von Friedrich Wilhelm von Gleichen-Rußwurm (vgl. Krünitz 155, 661–664; Goethes Mikroskope, 373–376). Der Mikroskopaufsatz dient der Ergänzung der Camera obscura, er passt exakt auf deren Spiegelaufsatz (vgl. Kerrin Klinger, Matthias Müller: Goethe und die Camera obscura. In: GJb 125 [2008], 219–238, hier 229f.). Es ist das erste optische Gerät, das Goethe anschaffte. Er benutzte es zunächst offenbar zum Zeichnen und spätestens ab Frühjahr 1785 für Untersuchungen von Pflanzen und Infusionstierchen (vgl. GB 6 II, zu 9,28 und zu 9,28–29). – Der Adressat besaß laut einer zeitgenössischen Beschreibung seiner Sammlung ein ähnliches Gerät: „Das Sonnenmikroscop hat eine gedoppelte Vorrichtung, um Objekte von beträchtlicher Größe, als z. E. einen ganzen Polypen zu übersehen. Es kann auch als finstere Kammer zum Abzeichnen der Objekte gebraucht werden.“ (〈Johann Heinrich Voigt〉: Kurze Nachricht von dem physikalischen Cabinet des Herausgebers. In: Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte, Bd 1 [1781], S. 153.) 73,12 Camera obscura] Dieses Objekt ist ebenfalls in Goethes Naturwissenschaftlicher Sammlung überliefert (KSW, Museen, Naturwissenschaftliche Sammlung, Inv.-Nr GNF 0499). – Es besteht aus einem pyramidenförmigen Aufsatz, der einen Spalt in der Vorderfläche hat, und einem abnehmbaren Oberteil mit Objektiv und Spiegel. Diese Vorrichtung diente zum Nachzeichnen von Umrissen von Figuren oder Landschaften. 73,13 unserm Künstler] Wohl Johann Friedrich Schröder, Lichtenbergs Mechaniker und Sekretär Ernsts II. Schröder, der später Aufseher des herzoglichen Kabinetts wurde, assistierte Lichtenberg bei seinen Experimenten und hatte sich einen Ruf als fähiger Instrumentenbauer erarbeitet. – In Goethes Rechnungsbüchern ist keine entsprechende Rechnung von Schröder oder Lichtenberg überliefert. 73,22–23 Ihres belehrenden Umgangs] Ein weiterer Besuch bei Lichtenberg ist nicht dokumentiert.

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115. An Charlotte von Stein

BRIEF 115

〈Weimar〉, 14.–15. Juni 〈1780〉 → Mörlach

DATIERUN G

Im Zusammenhang mit der Tages- und Monatsangabe dl. 14 ten Juni (74,1) lässt sich das Jahr ‚1780‘ aus dem Inhalt erschließen (vgl. u.a. zu 74,7; zu 74,10). Es wird durch die Angabe der Adressatin bestätigt (vgl. Überlieferung). Für den Briefteil vom 15. Juni lässt sich das Jahr ‚1780‘ aus Adresse und Inhalt erschließen (vgl. u.a. zu 75,20; die erste Erläuterung zu 75,31), was ebenfalls zusätzlich durch die Angabe der Adressatin bestätigt wird (vgl. Überlieferung). Die übereinstimmende Faltung der Briefteile wie auch der Umstand, dass der Teil vom 14. Juni ohne Gruß oder Paraphe abschließt, verweisen darauf, dass beide Teile als ein Brief versandt wurden. Seit der Erstausgabe von Schöll werden die Briefteile auf den 14. und 15. Juni 1780 datiert, allerdings als zwei separate Briefe gedruckt. ÜBER L IEF ERU NG

1) Briefteil vom 14. Juni 1780: H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 63. – Doppelblatt 16,1 × 18,7(–18,9) cm, zweimal längs und zweimal quer gefaltet (wie der Briefteil vom 15. Juni 1780), 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, rechts daneben von fremder Hd, Tinte: „43.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 45), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E1: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 312 (Teildruck: 74,1–16 dl. 14ten Juni 〈…〉 Adieu Gold.). E2: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 251–253, Nr 446. WA IV 4 (1889), 235–237, Nr 969. 2) Briefteil vom 15. Juni 1780: H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 64. – Doppelblatt 16(–16,3) × 19 cm, zweimal längs und zweimal quer gefaltet (Kuvertfaltung), ¾ S. beschr., egh., Tinte, S. 4 Adresse: An Frau / Oberstallmstr v. Stein / nach / Merlach, Reste eines schwarzen Initialsiegels: „G“; S. 1 oben links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „44.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 46), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss zu Brief oder Paketsendung Josias von Steins an Charlotte von Stein (vgl. 75,22–23). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 314f. WA IV 4 (1889), 237f., Nr 970 (ohne Paraphe).

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief ist der erste von fünf Briefen, die Goethe im Juni und Juli 1780 an Charlotte von Stein nach Mörlach schrieb, wo sie ihre Schwester Louise von Imhoff besuchte (vgl. die erste Erläuterung zu 62,8). Diese lebte seit ihrer Heirat 1775 in diesem etwa 37 km südöstlich von Nürnberg im Fürstentum PfalzNeuburg gelegenen Ort (heute Ortsteil von Hilpoltstein). Ihr Mann Christoph Adam Carl von Imhoff, ein ehemaliger Offizier in württembergischen Diensten, hatte 1774 den Familiensitz seinen Brüdern abgekauft, nachdem er Ende der 1760er Jahre nach Indien gegangen und 1773 als vermögender Mann zurückgekehrt war. Er war ein gefragter Porträtmaler und soll u.a. für die Einwilligung in die Trennung von seiner ersten Lebensgefährtin Anna Maria (Marian) geb. Chapusset eine großzügige Abfindung erhalten haben. Diese war die Frau des britischen Generalgouverneurs von Ostindien Warren Hastings geworden (vgl. Imhoff, 12–25, bes. 16 und 22). 1775 ließ Carl von Imhoff das alte Familiengut abreißen und an dessen Stelle ein dreistöckiges Schloss nach englischem Vorbild errichten. Obwohl Bau und Unterhalt des Anwesens die finanziellen Möglichkeiten Imhoffs überschritten, führte das Ehepaar etwa zehn Jahre lang ein gastfreies Haus. Zu den engeren Freunden gehörte Carl Ludwig von Knebel, der Imhoff schon vor dessen Heirat in Nürnberg kennen gelernt hatte. Seit 1787 lebten die Imhoffs getrennt; bevor die Scheidung vollzogen werden konnte, starb Carl von Imhoff im August 1788. 74,2 meinen Aschen] Asche: Ältere, dialektal gebrauchte Form von ‚Äsche‘, die im 18. Jahrhundert übliche Schreibung für ‚Esche‘ (vgl. Adelung 1, 446). – Mit unter den Aschen (GT I 1, 88,17–18) bezeichnet Goethe meist eine Stelle in der Nähe des ‚Louisenklosters‘ oberhalb des „Sterns“; hier sind wohl die Eschenbäume in seinem Garten gemeint (vgl. auch Carl August an Charlotte von Stein, 5. August 1780; abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 140). Friedrich von Steins Anmerkung hierzu lautet: „Ein paar schöne Eschen Bäume standen damahls zwischen seinem 〈Goethes〉 Garten Hauße und der Ober Weimarischen Wiese“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 7v). 74,3 finde Sie nicht] Charlotte von Stein war am 8. oder 9. Juni 1780 zum Besuch ihrer Schwester Louise von Imhoff aufgebrochen (vgl. die erste Erläuterung zu zu 62,8). 74,7 Ihren Ring] Geschenk Charlotte von Steins (vgl. die erste Erläuterung zu zu 62,7). 74,7–8 das schöne Zeichen] In Anspielung auf die Symbolik des Ringes als Zeichen der Liebe (62,7–8). 74,10 Oeser ist hier] Adam Friedrich Oeser war am 12. Juni in Weimar angekommen (vgl. zu 74,24–25). Am 13. nahm er an der fürstlichen Mittagstafel teil, danach blieb er bis zum 28. Juni in Ettersburg (vgl. die erste Erläuterung zu 78,12).

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BRIEF 115

74,10–11 schon hab ich seinen Rath in vielen Sachen genuzt] Mit Bezug auf die unten erwähnten Bühnendekorationen. – 1777 hatte Oeser u.a. die Bühnenausstattung für die Aufführung von Goethes Singspiel „Lila“ entworfen (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 125,3) und war an der Gestaltung des „Steins des guten Glücks“ in Goethes Garten beteiligt gewesen (vgl. GB 3 II, zu 125,12). Im Frühjahr 1780 war Oeser Berater bei der Einrichtung des neuen Weimarer Komödienhauses, das am 26. Mai eingeweiht worden war (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 36). 74,11–12 w i e ’s zu machen ist 〈…〉 glücklich zu finden] Schon in Leipzig hatte der Umgang mit Oeser vor allem Goethes künstlerisch-theoretisches Urteilsvermögen geschult, während die zeichnerische Ausbildung weniger ertragreich gewesen zu sein scheint. Dennoch sah Goethe in Oeser noch auf viele Jahre einen seiner wichtigsten Lehrer in Kunstdingen (zu Oeser als Goethes Lehrer vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 44). 74,12 Ettersburg] Schloss Ettersburg nahe dem gleichnamigen Dorf etwa 8 km nordöstlich von Weimar am Nordhang des Ettersberges gelegen, seit 1776 Sommerresidenz der Herzoginmutter Anna Amalia und gelegentliche Spielstätte des Liebhabertheaters. Die Umgestaltung des Parks im englischen Stil erfolgte mit Hilfe Oesers. Als herzogliches Jagdschloss zu Beginn des 18. Jahrhunderts als dreiflügeliger Barockbau errichtet, wurde es bis 1740 durch einen freistehenden Südflügel mit Wohnräumen für die herzogliche Familie (Neues Schloss) erweitert. 74,12 eine Dekoration mahlen] Theaterdekorationen, so genannte Prospekte, für die im Folgenden erwähnten „Vögel“, deren Uraufführung am 18. August in Ettersburg stattfand (vgl. zu 106,11). Rückblickend resümiert Goethe: Oeser brachte die Dekorations Mahlerey auf einen bessern Fus. (Tgb. vom 26. Mai bis 22. Juni; GT I 1, 112; vgl. 80,14–19.) Den Auftrag an Oeser hatte der Herzog schon in Leipzig erteilt: „Ösern haben wir von Leipzig mitgebracht, er bleibt vierzehn Tage in Ettersburg. Er hat sich verbindlich gemacht, in dieser Zeit eine Decoration zu malen, und Goethe soll in eben dieser Zeit ein Stück dazu verfertigen; er wird’s thun und die angefangenen aristophanischen Vögel dazu nehmen. Nichts wird diesem Stück vermuthlich fehlen als etwa das achevé und Deine Person.“ (Carl August an Knebel, 15. Juni 1780; Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 116.) 74,13 ein Stück] „Die Vögel“ (vgl. die vorangegangene und die folgenden Erläuterungen). 74,15 der Jochhausen dicktiren] Louise von Göchhausen, seit 1775 Gesellschafterin, ab 1783 Hofdame der Herzoginmutter Anna Amalia. Sie versah für Goethe, mit dem sie ein freundschaftliches Verhältnis verband, gelegentlich Schreiberdienste (zur Person vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 442). – Friedrich von Stein bemerkt zu dieser Stelle mit Bezug auf die Uraufführung der im Folgenden erwähnten „Vögel“ (vgl. zu 106,11): „Fräulein Jöchhaussen spielte den Papagei (Diener des Schuhu) in diesem Stück sehr drollig.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 7v.)

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74,15–16 solls in zwölf Stunden 〈…〉 fertig seyn] Entgegen dieser Ankündigung wurde das Stück keineswegs spontan und in einem Zug niedergeschrieben. Auch müssen dem Brief Carl Augusts an Knebel vom 15. Juni zufolge zumindest Vorarbeiten, wenn nicht erste Teile vorgelegen haben (vgl. die zweite Erläuterung zu zu 74,12). Die Idee zu den „Vögeln“ könnte schon 1778 während Goethes Aristophanes-Lektüre gefasst worden sein (vgl. Tgb. vom 15. Februar und 8. Dezember 1778; GT I 1, 61 und 68). Oesers Anwesenheit in Weimar und die Aufforderung des Herzogs waren Anlass für die rasche Ausführung des Plans. Mit der Niederschrift begann Goethe laut Tagebuch kurz nach dem vorliegenden Brief: Und ich fing an die Vögel zu schreiben. (Tgb. vom 26. Mai bis 22. Juni 1780; ebd., 112.) Am 22. Juni hielt er fest: Abends die Vögel in Ordnung gebracht. (Ebd., 113.) Beginnend mit dem 25. Juni (vgl. 76,16–17) diktierte Goethe das Stück schließlich immer Sonntags der Jöchhausen 〈Louise von Göchhausen〉 (79,23; vgl. zu 79,23). Am 3. Juli schrieb er Charlotte von Stein, der erste Ackt der Vögel sei nahe fertig (88,12), am 23. Juli, es müsse noch wenig dicktirt werden (90,8), am 24. Juli konnte er Knebel melden, der erste Ackt meiner Vögel ist fertig (92,22). Das Manuskript von der Hand Göchhausens nach Goethes Diktat ist nicht überliefert. Wahrscheinlich eine Abschrift davon schickte Goethe am 2. April 1781 an Prinz August nach Gotha (vgl. Beilage 1 zu Nr 355). Der Epilog fehlt in der Abschrift. In seiner ursprünglichen Prosafassung ist er Teil von Goethes Brief an Merck vom 3. Juli 1780 (vgl. 87,15–31). 74,18 d i e V ö g e l] Komödie in fünf Akten von Aristophanes (griech.: 5O «), 414 v. Chr. in Athen uraufgeführt. – In Goethes Bibliothek sind zwei griechisch-lateinische Aristophanes-Ausgaben erhalten, die sich schon 1778 in seinem Besitz befunden haben könnten, der zweibändige Amsterdamer Nachdruck (1670) der lateinischen Übersetzung von Joseph Scaliger (vgl. Ruppert, 170, Nr 1239) und die zweibändige Ausgabe Stephan Berglers (Leiden 1760; vgl. Ruppert, 170f., Nr 1240). 74,18–19 die oberste Spizzen 〈…〉 den Raam abschöpfen] Im Epilog erklärt Goethe das Stück zum Eingang des ganzen Werks, das nur zur Probe 〈…〉 vorgestellt werde (87,28–29). Im Wesentlichen hatte er den 1. und 2. Akt der aristophanischen Komödie adaptiert und zu einer Literatur- und Personalsatire mit Anspielungen auf die Weimarer Verhältnisse umgeformt. Ein charakteristischer Zusatz z.B. war die Verschmelzung der beiden Hauptfiguren Treuefreund und Hoffegut mit den aus der italienischen Commedia dell’arte entnommenen Typen Scarpin und Pierrot (vgl. zu 106,11). Auf den freien Umgang mit der Vorlage verweist Goethe im Untertitel, mit dem er das Stück im Brief an Merck vom 3. Juli ankündigt. Es ist dort bezeichnet als 1. Akt eines Lustspiels nach dem griechischen und nicht nach dem griechischen (87,8–9). Auch wenn der Einakter seiner Anlage nach als eigenständiges Stück aufgeführt werden kann, kündigt Goethe im Epilog eine Fortsetzung an (vgl. 87,29–31). Nach der erfolgreichen Urauffüh-

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rung am 18. August 1780 scheint er noch einige Zeit an diesem Vorsatz festgehalten zu haben. Am 2. April 1781 schreibt Goethe im Begleitbrief zur Übersendung des Stücks an Prinz August von Sachsen-Gotha, beiliegend sei nur der erste Ackt 〈…〉 die übrigen sind noch in Petto (249,10–11). Ausgeführt wurde der Plan nie, für den Druck des Stücks in Band 4 der Göschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (1787, S. 221–284) wurden lediglich einige Passagen mit gar zu engem Bezug auf die lokalen Verhältnisse überarbeitet (vgl. WA I 17, 75–115; FA/ Goethe I 5, 225–253). 74,19 es muss kurz seyn] Für eine Aufführung in Ettersburg. 74,21 Prinzen] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 74,21–22 eine grose Rolle zugedacht] Eine der beiden Hauptrollen, Treuefreund oder Hoffegut, die jedoch von Goethe und Einsiedel übernommen wurden (vgl. zu 106,11). Als direkte Anspielung auf sich selbst muss Prinz Constantin u.a. die folgende Stelle in den „Vögeln“ vorgekommen sein: So ehrenvoll behandelt man euch, indeß ihr, gleich jungen Prinzen, gar nicht zu begreifen scheint, was für Vorzüge die Götter euch angeboren haben. Erlaubt, daß ich euch mit der Nase darauf stoße. (WA I 17, 107.) Dass Prinz Constantin kein Interesse an einer Mitwirkung hatte, zeigt sein Brief an Knebel vom 22. Juni 1780: „Alle augenblicke soll ich in Ettersburg sey, und dieses ist mir höchst fatal, bin ihnen auch einigemal entwischt, und habe solchen Finten und ausflüchte gemacht die noch aber sind gnädig aufgenommen worden, der Himmel aber weis wie lange dieses gute Wetter dauren wird. Ich bleibe aber bey meiner Schwägerin ihren motto welches ist je ne sçai rien et je ne veut rien sçavoire, und mich in nichts meliren, indem man bey uns also am besten darbey wegkommt.“ (GSA 54/251, Bl. 20r; vgl. Wahl, Tiefurt, 28f. – je ne sçai 〈…〉 rien sçavoire: Franz.: ich weiß von nichts und ich will nichts wissen. – ‚Melieren‘ hier im Sinne von ‚sich einmischen‘.) 74,22 bringt ihn von Tiefurt weg] Nach der Rückkehr von seiner Dessauer Reise mit dem Herzogspaar am 12. Juni 1780 (vgl. die erste Erläuterung zu 74,27) hatte sich der Prinz auf das Tiefurter Landgut zurückgezogen und mied die Hofgesellschaft. Da sein früherer Erzieher Knebel am 5. Juni zu einer Reise in die Schweiz aufgebrochen war, lebte er in Tiefurt weitgehend allein. Goethe scheint daher auch befürchtet zu haben, der Prinz werde dies nutzen, um ungestört mit Caroline von Ilten zusammen sein zu können (vgl. zu 70,1–2 ). 74,23 meine Maasregeln 〈…〉 Wirthschafft zu ordnen] Schon im Mai 1780 hatte Goethe veranlasst, im so genannten Großen Jägerhaus hinter dem Frauentor an der neuen Straße nach Oberweimar (heute Marienstraße) ein Quartier für den Prinzen vorzubereiten, wo dieser auf künftigen Winter 〈…〉 logiren sollte (GT I 1, 111,7–8). Am 22. Juni vermerkt Goethe: kam d. Prinz leitete ihn zu neuer wirthschafftlicher einrichtung (ebd., 112). Den Anstoß für den Umzug gab Herzog Carl August selbst, der schon am 24. Juni 1778 an seine Mutter Anna Amalia geschrieben hatte: „Da es nun bestimmt ist, dass mein Bruder hierbleibt,

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und er nun ziemlich erwachsen und bald in die Jahre, wo er sein eigner Herr ist, so dünkt es mich, es wäre notwendig und schicklich, dass er ein eigen Haus in der Stadt hätte und auf seine eigne Hand lebte. Ich habe vor allen Dingen über diesen Gedanken mit Göthen und Fritschen gesprochen, welche mit mir ganz einverstanden und es selbst sehr wünschen. Nun kommt es bloss auf Sie an, wie Sie die Sache ansehen, NB. mein Bruder, noch Knebel wissen nichts noch davon. 〈…〉 Ich habe meine Gedanken aufs Jägerhaus gerichtet, weil dieses schon in Stand ist und also soviel wie nichts kosten würde.“ (Bergmann, 23.) – Ähnlich äußert sich Goethe auch im Brief an Knebel vom 24. Juni und 3. Juli 1780 (vgl. zu 80,23–24). 74,24–25 er kam mit der Herrschafft von Leipzig] Laut Fourierbuch vom 12. Juni 1780 kam der Herzog „um 11. uhr 〈…〉 per Courier von Dessau über Leibzig hier an, Abends um 8. uhr kahmen DurchL. Herzogin gesund und wohl nach, brachten den HL. Professor Oeser von Leibzig mit, welcher Abends mit am Hof speißete und nachdem ins Logis in Erbprinz gebracht wurde!“ (FB 1780, S. 127.) 74,27 Dessauer Reise] Das Herzogspaar und Prinz Constantin waren am 2. Juni 1780 zu einer Reise nach Dessau und Wörlitz an den Hof des befreundeten Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau aufgebrochen (vgl. FB 1780, S. 124). Am 10. Juni kehrten sie über Leipzig zurück nach Weimar, wo sie am 12. Juni eintrafen. Über den Dessauer Aufenthalt berichtet Carl August in seinen Briefen an Knebel vom 7. und 15. Juni 1780 (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 111, Nr 2; 116f., Nr 3). 74,27 Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 74,28 dass sie in Potsdam gewesen ist, und w i e ] Während Carl August und Prinz Constantin in Dessau und Wörlitz blieben, besuchte Herzogin Louise von dort aus ihre Schwester Friederike, seit 1769 die zweite Frau von Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen. Carl August berichtet darüber am 15. Juni an Knebel: „Meine Frau ist in Treuenbrietzen gewesen und hat sich mit ihrer Schwester abouchirt; von da sind sie zusammen nach Beelitz gegangen, um die Kinder zu sehen und haben endlich Thee in Potsdam getrunken. Denselben Abend sind sie nach Treuenbrietzen zurückgekehrt und den andern Tag war meine Frau wieder in Wörlitz.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 116; abouchirt: von franz. aboucher: sich unterreden.) Detaillierter schrieb Prinz Constantin darüber am 14. Juni ebenfalls an Knebel: „Meine Schwägerin hat der Printzessin von Preüssen ein rendezvous in treüenbrietzen gegeben, und diese brachte sie unvermuhtet nach Potsdamm alwo sie solte mit gewalt eine Nacht bleiben, allein meine Schwägerin deren köpfgen du wohl kennst hatte sich fest vorgenommen nicht dazu bleiben, vertheidigte ihre festung so wohl daß sie / in einer zeit von einer Stunde zur Stadt hinnaus war, und wurde nur mit Brodt und Milch abgespeist, sahe auch niemanden, und retirirte sich en bon ordre wieder nach treüenbrietzen. Mein Bruder und ich blieben zurück in Wörlitz weil er seinen Schwedenkopf nicht wolte der Preüssischen garnison produciren, er war aber recht artig, und ich habe Hoffnung daß wir wenigen gestank und Putels zurücklassen.“

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(GSA 54/251, Bl. 16v–17r; en bon ordre: Franz.: in guter Ordnung; Schwedenkopf: Kurz geschnittenes Haar [vgl. zu 39,10–11]; Putels: Hier ‚Pudel‘ für „Pfuhl oder Pfütze“ [Adelung 3, 857].) Vgl. auch 80,8–11. 74,29 Steinen] Josias von Stein. 74,29 Frizzen] Friedrich von Stein, der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus wohnte. 74,29–30 Wenn der Stamm fällt fallen die Aeste.] In Abwandlung des Sprichwortes „Wie der Stamm, so die Aeste“ (Sprichwörter-Lexikon 5, 1745). 74,30 die kleine] Sophie von Schardt, die Schwägerin Charlotte von Steins, die sie auf der Reise nach Mörlach begleitete. 75,2 schicks Ihnen] Da sich die Niederschrift der „Vögel“ bis Ende Juli hinzog, erhielt Charlotte von Stein das Stück erst nach ihrer Rückkehr aus Mörlach (vgl. 104,11). 75,3 dezidirten] ‚Dezidiert‘ hier im Sinne von ‚bestimmt‘, ‚fest‘ (vgl. GWb 2, 1172). 75,4 das schickliche] Hier: das (der Situation) Angemessene, ohne moralischen Nebensinn. 75,7 das Gemeine] Hier ohne moralisierenden, negativen Nebensinn, mit Bezug auf die allgemeinen „Zustände des Lebens, der Erfahrungswelt“ (GWb 3, 1416). 75,14 Camera obscura] Mittellat.: Dunkle Kammer; eine so genannte Lochkamera, die Goethe in Gotha bestellt hatte (vgl. zu 73,11; zu 73,12). 75,15 Brief von Ihnen] Erst gegen Ende des Monats erhielt Goethe einen längeren Bericht aus Mörlach (vgl. zu 78,1–2), zuvor nur ein kurzes Zettelgen aus Nürnberg (vgl. die zweite Erläuterung zu 76,7). 75,16 Gold] In Frankfurt als liebevolle Anrede für Kinder gebräuchlich; seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede für Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend. 75,17 mit einem v das C. und S. 〈…〉 trennen sollten] Charlotte von Steins Initialen, die auf Goethes Wunsch in den Ring graviert worden waren (vgl. 50,11–12). 75,18 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: freundlich, liebenswürdig (vgl. GWb 1, 839). 75,18–19 das glänzende Püncktgen] Das entscheidende ‚Etwas‘, das Wichtigste, Wesentliche; hier wohl eine Anspielung auf den Buchstaben ‚v‘, durch den allein sich die Gravur im Ring von den Initialen Corona Schröters unterscheidet. – Im Tagebuch vom Juni 1780 findet sich in einer längeren, die Weimarer Verhältnisse reflektierenden Passage die Bemerkung: alles m u s s zulezt auf einen Punckt, aber Ehrne Gedult, ein steinern Aushalten. (GT I 1, 112,25–26.) 75,20 dl. 15.ten Juni nach Mitt.] ‚Mitt.‘ verkürzt für ‚Mittag‘; der Brief ist mit dem vorangehenden Teil nach Mörlach geschickt worden (vgl. Überlieferung und zu 88,3), wo Charlotte von Stein ihre Schwester Louise von Imhoff besuchte (vgl. die erste Erläuterung zu 62,8).

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75,21–22 sie wissen wohl dass sie nichts zu eilen haben] Charlotte von Stein kehrte erst am 19. oder 20., spätestens am 21. Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 90,1). 75,22 Stein] Josias von Stein. 75,24 etwas von Ihnen] Vgl. zu 75,15. 75,25 neuen Weegen] Das Wegenetz, das in den ersten Regierungsjahren Carl Augusts im Zuge der Umgestaltung der Ilmhänge und -auen zu einer englischen Parklandschaft angelegt oder verbessert worden war. Goethe hatte großen Anteil an diesen Arbeiten (vgl. GB 3 II, zu 218,4 und zu 220,3–6). 75,28 Die Waldner 〈…〉 nicht wieder da.] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, die sich offenbar noch immer in Gotha aufhielt (vgl. die erste Erläuterung zu 71,7). 75,29 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 75,30 mehr unbequeme hat] Wohl in Anspielung auf das Pferd aus dem herzoglichen Marstall, mit dem Goethe am 5. Juni nach Erfurt geritten war (vgl. zu 62,9–11). – ‚Unbequem‘ hier im Sinne von ‚untauglich‘, ‚ungeeignet‘, ‚ungeschickt‘ (vgl. Grimm 24, 319). 75,31 die Imhof] Louise von Imhoff. 75,31 Er weis wohl nicht mehr viel von mir.] Christoph Adam Carl von Imhoff, der sich nachweislich im Oktober 1776 in Weimar aufgehalten hatte (vgl. FB 1776, S. 254), um seine Frau und die erst wenige Monate zuvor geborene Tochter Amalie abzuholen. Wohl bei dieser Gelegenheit lernte Goethe ihn persönlich kennen (vgl. GB 3 II, zu 111,15).

116. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 24.〉 und 26. Juni 〈1780〉 → 〈Mörlach〉

DAT IERUN G

Im Zusammenhang mit der Tages- und Monatsangabe dl. 26. Jun. (76,15) lässt sich das Jahr ‚1780‘ aus dem Inhalt erschließen (vgl. u.a. zu 76,9). Es wird durch die Angabe der Adressatin (vgl. Überlieferung) bestätigt, die der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) entspricht. Dass der Brief am 24. begonnen und am 25. Juni unterbrochen wurde, ergibt sich aus dem Tagebuch (vgl. Postsendungen) und dem Inhalt (vgl. zu 76,16; 76,17–18). Seit dem Erstdruck wird der Brief in den Juni 1780 eingeordnet, seit der Ausgabe von Fielitz auf den 24. bis 26. Juni datiert (vgl. Flielitz, Goethe-Stein 1, 253, Nr 448).

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BRIEF 116

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 65. – Doppelblatt 17 × 20,7 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte, S. 2–3 flüchtig geschrieben, Paraphe stark verschliffen; S. 1 oben rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, rechts daneben von fremder Hd, Tinte: „45.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 47), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischlüsse: Möglicherweise Briefe Friedrich und Ernst von Steins an Charlotte von Stein (vgl. die zweite Erläuterung zu 77,25). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 315–318. WA IV 4 (1889), 238–241, Nr 971. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf ein nicht überliefertes Billett Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 16. Juni 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 76,7). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 〈Charlotte von Stein〉 und Postsendungen: 24. Juni 1780: früh Briefe an Knebel (GT I 1, 113). 76,1 An dem unsäglichen Verlangen 〈…〉 zu sehen] Vgl. zu 90,1. 76,3 die Nerve] Hier in zeitgenössischer Bedeutung: „gewisse zarte röhrartige von außen unsichtbare Fasern, welche sich aus dem Gehirne und Rückenmarke über alle Theile des Leibes erstrecken, und der Sitz so wohl der Empfindung als der Bewegung sind, Nerven genannt 〈…〉. In welcher Bedeutung das Wort auch häufig im weiblichen Geschlechte gebraucht wird, die Nerve.“ (Adelung 3, 468.) 76,3–4 der alte Schmerz 〈…〉 in Kochberg nicht sehen durfte] Den September und Oktober 1776 hatte Goethe in selbstauferlegter Trennung von Charlotte von Stein verbracht. Sie war in dieser Zeit in Kochberg, wo ihr Goethes Dichterfreund Jacob Michael Reinhold Lenz Englischunterricht erteilte und Herzog Carl August sie besuchte (vgl. GB 3 II, zu 109,6–7; GB 3 I, Nr 172 und 173). 76,7 einen Brief] Einen längeren Bericht aus Mörlach erhielt Goethe erst gegen Ende des Monats (vgl. 78,1–2). 76,7 Zettelgen] Nicht überliefert. – Wohl nur ein Gruß Charlotte von Steins vom 16. Juni 1780 aus Nürnberg, kurz nachdem sie dort angekommen war und Knebel getroffen hatte. Dieser machte auf dem Weg in die Schweiz Zwischenstation in seiner fränkischen Heimat, besuchte u.a. die Imhoffs in Mörlach und fuhr von dort aus am 16. nach Nürnberg: „Die ganze Gesellschaft mit kamen wir gegen 11. Uhr nach Nürnberg. Fanden Fr. v. Stein, v. Schardt und H. v. Schardt bey Fr. v. Imhoff. Giengen mit der Gesellschaft zu Bischoff. BesahL die Elecktrisirmaschine. Speißten sämmtliche im rothen Hahn. Giengen Nachmittags in die Sebaldskirche, Rathhaus, Veste, Gottsacker Hn. Albr. Dürers Grabmal. Kehrten über die Koberwiese nach Haus.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 26r.)

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76,8 Knebels Brief] Nicht überliefert; am 17. Juni ging morgens ein Brief Knebels „an Goethe“ ab (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 26r), der als Beischluss offenbar Charlotte von Steins Zettelgen (76,7) enthielt. 76,9 Oeser hat mancherley 〈…〉 gesezt.] Vor allem die Gestaltung der Bühnendekoration für die Ettersburger Aufführung der „Vögel“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 74,12). 76,9–10 Der erste Ackt der Vögel 〈…〉 fertig.] Entgegen dieser Ankündigung dauerte die Arbeit noch bis in die zweite Hälfte des Juli an (vgl. zu 74,15–16). 76,10 Platituden] Eigentlich „etwas Gemeines und Niedriges im mündlichen und schriftlichen Vortrag“ (Campe, 482); hier mit Bezug auf die „Vögel“ bewusst untertreibend für die scherzhaft-satirischen Spitzen, die sprachlichen Mehrdeutigkeiten und Anspielungen. 76,12–13 Ein geringes Geschenck 〈…〉 wenn Sie wiederkommen.] Goethe war am Abend des 23. Juni 1780 in die Weimarer Freimaurerloge „Amalia zu den drei Rosen“ aufgenommen worden (vgl. zu 16,9–10). Hauskomtur (Meister vom Stuhl) der Loge war Goethes Amtskollege Jacob Friedrich von Fritsch, an den Goethe auch sein Aufnahmegesuch vom 13. Februar 1780 (Nr 16) gerichtet hatte. Zum Aufnahmeritual gehörte das Überreichen eines Paares Frauenhandschuhe, bestimmt für die erwählte oder künftige Lebensgefährtin des Neuaufgenommenen. Die Mitgliedschaft in der Loge selbst war Frauen grundsätzlich verwehrt (vgl. Wernekke, 96). Nach ihrer Rückkehr aus Mörlach übersandte Goethe die Handschuhe an die Freundin (vgl. Beilage zu Nr 126). – ‚Gering‘ hier: gering an materiellem Wert (vgl. GWb 3, 1520). 76,16 Gestern 〈…〉 in Ettersburg] Im Tagebuch vom 25. Juni 1780 heißt es: Einiges früh besorgt nach Ettersb. (GT I 1, 113.) Schloss Ettersburg, seit 1776 Sommerresidenz der Herzoginmutter Anna Amalia, war gelegentliche Spielstätte des Liebhabertheaters (vgl. die erste Erläuterung zu 74,12). 76,16–17 dicktirte der Jöchh. 〈…〉 Vögeln] Im Tagebuch vom 25. Juni vermerkt Goethe: 〈…〉 nach Tisch dicktirt ich Jöchh. an den V ö g e l n sehr lebhafft und sprach viel dazwischen über alle Kunst. (GT I 1, 113.) Von da an diktierte Goethe Louise von Göchhausen jeweils am Sonntag (vgl. 79,23). Das Manuskript von ihrer Hand ist jedoch nicht überliefert (vgl. zu 74,15). 76,17–18 Feuer in Gros Brembach] Großbrembach, eines der größten Dörfer im Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach, knapp 20 km nördlich von Weimar gelegen, wo laut Goethes Tagebuch am Nachmittag des 25. Juni ein Feuer ausgebrochen war (vgl. GT I 1, 113). 76,24–28 Ich habe ermahnt 〈…〉 zu Grunde gegangen wäre.] Goethe konnte von Ettersburg aus, das etwa auf halber Strecke zwischen Weimar und dem Brandort lag, diesen eher erreichen als der Herzog, dem die Direktion der Feuersozietät direkt unterstand. Bei der Brandbekämpfung unterstützte ihn Goethe schon seit seiner frühen Weimarer Zeit. Wenn Herzog Carl August nicht vor Ort war,

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nahm er die Aufgaben auch an dessen Stelle wahr, so wie am 25. Juni: Ward Feuer lärm, ritt nach Gros Brembach kam mitten in die Flamme. Die Dürrung! der Wind trieb grimmig. War um die Kirche beschäfftigt. Versengten mir die Augenlieder und fing das Wasser mir in Stiefeln an zu sieden. hielten sich die Leute gut. und thaten das schickliche. Nun war das Feuer umstellt. Der Herzog 〈Carl August〉 kam und der Prinz 〈Constantin〉. Das halbe Dorf brannte ganz hinunter mit dem Winde wie ich ankam. 〈…〉 Nach Mitternacht Musst ich ruhen, legte mich ins Wirthshaus über dem Wasser. Ein Husar wachte. früh dem Pfarrer Quartier geschafft und herein. (GT I 1, 113; vgl. Goethes Branderlebnisse, bes. 93–95.) 77,1–2 Nach der Bauart 〈…〉 täglich erwarten.] Üblich waren aus Holz gebaute und vor allem in den Dörfern häufig mit Stroh gedeckte Häuser, so dass Feuersbrünste im 18. Jahrhundert häufig ausbrachen und oft ganze Ortschaften vernichteten. Genauere Angaben zu den Verlusten in Großbrembach macht Carl August im Brief an Merck vom 26. Juni: „Der Sturmwind war sehr starck, u. legte in sehr kurtzer Zeit 70 Häuser, ohne ställe u. Scheunen in die Asche. 〈…〉 Der Brand Kaße wird es auf 12000 rth. zu stehn kommen; vor 2 monathe brannt es wo anders etliche 40 Gebäude weg. Wann diese Epoche des brennens auffhören wird, weiß Gott. Dieser Ort hatte so viel zugänge, u. breite Straßen, u. waßer als möglich u. doch konnte man ihm nicht helfen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 452.) Das „BrandUnglück zu Groß-Brembach“ war Anlass für ein Reskript, das das Geheime Consilium im Namen des Landesherrn am 1. August 1780 an die Direktion des Brandassekurations-Instituts zu Weimar richtete. Darin wurde u.a. angordnet, „daß die sämmtliche neue Gebäude denen landesherrlichen Befehlen und vorhandenen BauReglemens gemäß ohne Ausnahme mit Ziegeln gedeckt werden“ (AS 1, 106, vgl. insgesamt ebd., 105–108). – Zum Problem der Brandbekämpfung im Herzogtum vgl. Ventzke, 332–337. 77,14 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 77,14 der Prinz] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 77,19–20 Sicilien wieder bebt und die Berge speyen] Anspielung auf den Ausbruch des Ätna nach einer Reihe kleinerer Erdbeben vom 18. bis zum 28. Mai 1780 (vgl. Hans Pichler: Italienische Vulkan-Gebiete IV. Ätna, Sizilien [Sammlung Geologischer Führer. Hrsg. von Manfred P. Gwinner. Bd 76]. Stuttgart 1984, S. 127). Goethes Quelle konnte nicht ermittelt werden. 77,20 die Engländer ihre eigne Stadt anzünden] Am 2. Juni 1780 war es in London zu gewalttätigen Ausschreitungen radikaler Protestanten gekommen, den so genannten Gordon-Unruhen (engl. Gordon Riots). Angeführt von dem Parlamentsabgeordneten Lord George Gordon forderte eine aufgebrachte Menschenmenge die Rücknahme der 1778 von König Georg III. erlassenen prokatholischen Gesetze (engl. Catolic Relief Acts). Im Laufe der Unruhen, die erst am 7. Juni von der Armee niedergeschlagen wurden, kam es zu Plünderungen und Verwüstungen vor al-

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lem katholischer Kirchen, der Erstürmung der Bank von England und zweier Gefängnisse sowie dem Niederbrennen zahlreicher Häuser. – In den „Weimarischen Wöchentlichen Anzeigen“ erschienen vom 21. Juni bis 5. Juli ausführliche Berichte über die Londoner Ereignisse. Am 24. Juni wurde u.a. gemeldet: „So eben kommt die Nachricht, daß Newgate in Flammen steht, – Es ist leider wahr. Der Pöbel hat die Gefängnisse aufgebrochen, den Aufseher der Gefangenen gezwungen, die gefänglich eingezogenen Aufrührer 〈…〉 loszugeben, und der Pöbel hat, nachdem er das Haus des Aufsehers geplündert, Newgate in Brand gesteckt. 〈…〉 Auf Leycester in Fields hat der Pöbel des Friedensrichter Hyde Haus geplündert, und von dem auf die Straße geworfenen, ein Freudenfeuer gemacht, welches bey Abgang dieses noch brannte.“ (WWA, 24. Juni 1780, Nr 51, S. 204.) 77,25 Die Kinder] Wohl die beiden jüngeren Söhne der Steins, Friedrich und Ernst, die in Weimar geblieben waren. 77,25 Briefgen] Offenbar als Beischlüsse zum vorliegenden Brief; nicht überliefert. 77,26 die Imhoff] Louise von Imhoff. 77,26 die kleine] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff, Charlotte von Steins Schwägerin (vgl. zu 61,12–13). 77,29 Clauer] Martin Gottlieb Klauer, Hofbildhauer in Weimar. 77,29 Oesers Büste] Bildnisbüste in Gips, überliefert in mehreren Abgüssen (vgl. zu 99,6). 77,32 meinen Ring] Abschiedsgeschenk Charlotte von Steins (vgl. zu 50,11).

117. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. Juni 1780 → 〈Mörlach〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 66. – 1 Bl. 17 × 20,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „46.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 48), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 318f. WA IV 4 (1889), 243f., Nr 973. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 26. Juni 1780 (vgl. zu 78,1–2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 78,1–2 vom H. Vetter die Cour machen lassen] ‚Cour machen‘ von franz. faire la cour: den Hof machen; im 18. Jahrhundert übliche Redewendung in der adligen und gehobenen bürgerlichen Gesellschaft. Hier leicht ironisch mit Bezug auf Char-

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BRIEF 118

lotte von Steins nicht überlieferten Brief etwa vom 26. Juni. – ‚Herr Vetter‘: wahrscheinlich Franz Carl Imhof von Spielberg und Oberschwambach, Reichsstadtvogt von Augsburg, ein Verwandter Christoph Adam Carl von Imhoffs, der aus einem in Süddeutschland weit verzweigten Nürnberger Patriziergeschlecht stammte. Knebels Tagebuch zufolge muss Franz Carl Imhof mit seiner Frau oder der gesamten Familie etwa zur selben Zeit wie Charlotte von Stein zu Besuch in Mörlach gewesen sein. Am 12. Juni vermerkt Knebel die Ankunft der „Imhofs von Meudingen 〈Meitingen〉 bey / Augspurg“, am 14. einen gemeinsamen Ausflug nach Hippoltstein, zu dem der „Reichsstadtvoigt Imhof auch die DamL fuhrL.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 25v.) 78,2 Miseley] Von ‚Misel‘: Hübsches junges Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); hier etwa: das Flirten mit jungen Mädchen. 78,6 Die Werthern] Emilie von Werthern-Beichlingen, deren Ehe mit dem fast 20 Jahre älteren Christian Ferdinand Georg von Werthern-Beichlingen, dem Kammerherrn und Reisestallmeister Carl Augusts, nicht glücklich verlief (vgl. die zweite Erläuterung zu 38,6). 78,7–8 ihr alter moralischer Verehrer fort ist] Carl Ludwig von Knebel, der am 5. Juni zu seiner Schweizer Reise aufgebrochen war. Am 2. Juni hatte er in Weimar „Abschied von Frau v. W.〈erthern〉“ genommen (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 24r). 78,8 die unmoralischen vertrieben hatte] Nicht nur Knebel und Hildebrand von Einsiedel, ihr späterer Schwager, waren Emilie von Werthern zugetan, sondern auch Herzog Carl August, der ihr noch kurz vor seiner Heirat den Hof gemacht hatte (vgl. Berger, Anna Amalia, 203, 439). 78,11 noch so bald nicht wieder] Erst etwa am 19. oder 20., spätestens am 21. Juli war Charlotte von Stein wieder in Weimar (vgl. zu 90,1). 78,12 Oeser geht heute weg.] Adam Friedrich Oeser hatte sich seit dem 12. Juni in Weimar und Ettersburg aufgehalten (vgl. zu 74,10). 78,12 Vögel rücken vor] Die Arbeit an den „Vögeln“ dauerte noch bis in die zweite Hälfte des Juli an (vgl. zu 74,15–16). Ende Juni komponierte der Weimarer Hofkapellmeister Ernst Wilhelm Wolf laut Goethes Tagebuch das Chor zu den Vogeln (GT I 1, 113). 78,13 Oesers Kopf] Oesers Porträtbüste (vgl. zu 99,6). 78,13–14 Die Kinder] Wohl die beiden jüngeren Söhne der Steins, Friedrich und Ernst, die in Weimar geblieben waren. 78,14 Kästner ist Pagen Informator] Johann Friedrich Kästner, der langjährige Hauslehrer der Familie von Stein, erhielt die Anstellung im Weimarer Pagenkorps einige Monate nach dem Eintritt seines Zöglings Ernst in das Korps (vgl. die erste Erläuterung zu 44,7). 78,14 jähl.] Jährlich. 78,15 Einrichtung] Hier im Sinne von „Vorkehrung, Vorsorge, Disposition, Maßnahme, Planung“ (GWb 2, 1499).

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78,15–16 Wenn Sie nun Carolinen nehmen 〈…〉 vielleicht an.] Mit dem Auszug der älteren Söhne und ihres Hauslehrers bot sich für die Adressatin eine Gelegenheit, Caroline von Ilten, die in unglücklicher, von der herzoglichen Familie missbilligter Liebe mit Prinz Constantin verbunden war, zu sich zu nehmen. Nach der Rückkehr Charlotte von Steins aus Mörlach Ende Juli 1780 lebte Caroline von Ilten für zwei Jahre im Haus der Familie von Stein. Wie die vorliegende Bemerkung belegt, war ihre Aufnahme mit Billigung Goethes, wenn nicht sogar auf seinen Rat hin erfolgt und im Interesse des Herzogs, da sie das Zusammensein das Paares erschwerte (vgl. zu 74,22).

118. An Charlotte von Stein

Weimar, 30. Juni 1780 → 〈Mörlach〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 67. – Doppelblatt 17 × 20,9 cm, 2 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „47.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 49), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 319–321. WA IV 4 (1889), 244–246, Nr 974. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 1. Juli 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). 78,19 Vorlust] Hier: früher vorhandenes Verlangen, Hinneigung (etwas zu tun); in dieser Bedeutung nur einmal bei Goethe belegt (vgl. Grimm 26, 1300). 78,19–20 in 〈…〉 Gedancken aufgelöst] Seit ihrer Abreise aus Weimar am 8. oder 9. Juni hatte Charlotte von Stein nur einen längeren Brief an Goethe geschrieben (vgl. 78,1–2). 78,21 Briefe] Goethe hatte vor diesem Brief schon dreimal an die Adressatin nach Mörlach geschrieben. 78,22 Stein] Josias von Stein hatte während der Abwesenheit seiner Frau fast täglich an der fürstlichen Mittagstafel teilgenommen, am 29. und 30. Juni fehlt seine Name in der Gästeliste (vgl. FB 1780, S. 136f.). 78,22 Friz] Friedrich von Stein, der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus wohnte. 78,22–23 Ihrer Mutter] Concordia Elisabeth von Schardt, zu der Charlotte von Stein in einem engen Verhältnis stand und die in Goethes frühen Weimarer Briefen häufig gegrüßt wird.

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BRIEF 118

78,23 im Stern] Der älteste Teil des Schlossparks, benannt nach den sternförmig angelegten vier Schneisen und damals vollständig von der Ilm und dem Floßgraben eingeschlossen. 78,23–24 dl. Reinbaben] Wahrscheinlich Sophie von Reinbaben, Tochter des weimarischen Regierungspräsidenten und Oberkonsistorialrats Franz Ludwig von Reinbaben, die 1798 oder 1801 Charlotte von Steins Bruder Ludwig von Schardt heiratete (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 440). 78,24 meinen Wohnungen] Gartenhaus und Garten an den Ilmhängen oberhalb des „Sterns“; Plural hier vielleicht altertümelnd in Anlehnung an die Sprache der Bibel (z.B. Psalm 84,2; 87,2; 4 Mose 24,5). 78,24–25 Herders 〈…〉 von Ilmenau zurück] Von einer kurzen Erholungsreise, über die Herder am 7. Juli 1780 Sophie von Schardt berichtet: „Wir sind ein Tage 12 da gewesen, nicht alle Tage mit dem besten Wetter, aber doch so ergetzt, gestärkt, frei und froh, daß nichts darüber, und Weimar uns, was es denn auch sein mag, wie ein zusammengedrücktes Nebelthal vorkam. Meine Frau hat lustig wie ein Reh und leicht wie die Diana die Berge herauf gestreift. Die Luft ist das erquickendste Bad des Tages und der Schlaf der sanfteste Flor der Erholung 〈…〉.“ (HB 4, 124; vgl. auch den Brief Caroline Herders an Johann Wilhelm Ludwig Gleim vom 8. Januar 1781; ebd., 156.) 78,25–26 mit unangenehmen Sachen] Näheres konnte nicht ermittelt werden; dem Kontext nach könnte es sich um Weimarer Interna handeln, bei denen Herder und seine Frau möglicherweise auf Charlotte von Steins Vermittlung hofften (vgl. zu 121,20–23). 79,1 beym Lippen zu kriegen] ‚Der Lippen‘: unterer (wehender) Teil des Mantels, Rockschoß; hier redensartlich: jemanden zu fassen kriegen, seiner habhaft werden (vgl. GWb 5, 1246); begegnet in der zur selben Zeit entstandenen Fassung der „Vögel“: wo mich ein alter würdiger Greis in der Allee beym Lippen kriegte (WA I 17, 358,8–9). – Friedrich von Stein bemerkt in diesem Zusammenhang: „Auch die Herderin hatte die Eigenheit wie ihr Gemahl oft bittere Worte für ihre Freunde über ihre Lippen kommen zu laßen. Göthe wollte sich die erste Gelegenheit erfaßen, ihr seine Meinung zu sagen.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 8r.) 79,4 neuen Weege] Im Park an der Ilm (vgl. zu 75,25). – Hierzu merkt Friedrich von Stein an: „In der Gegend längst den Felsen auf deren Rand jezt das romische Hauß steht.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 8r.) 79,5 Masken zu den Vögeln] Eigentlich ‚Kostüme‘ zu Goethes Einakter nach Motiven der gleichnamigen Komödie des Aristophanes (vgl. zu 74,18–19); die im Folgenden erwähnten Handwerker deuten auf die Ausstattung insgesamt. Die Theaterdekorationen hatte Adam Friedrich Oeser entworfen und wohl zu Teilen auch selbst ausgeführt (vgl. die zweite Erläuterung zu 74,12). 79,5 Schumann] Der Dekorateur, Hof- und Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann.

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79,5 Mieting] Der Weimarer Theatertischler Johann Martin Mieding. 79,6 J e r i und B a t e l y 〈…〉 flott werden] Goethes Singspiel „Jery und Bätely“ mit der Musik von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff wurde schon seit Mai 1780 geprobt (vgl. die zweite Erläuterung zu 54,10). Die Bemerkung spielt vielleicht auch darauf an, dass die ursprünglich von Philipp Christoph Kayser erbetene Komposition nicht zustande kam (vgl. zu 4,8). Aufgeführt wurde das Stück schließlich am 12. Juli 1780 mit Corona Schröter als Bätely und Moritz von Wedel als Thomas. Als weitere Sänger vermutet von der Hellen Seckendorff und Friedrich Hildebrand von Einsiedel (vgl. Sichardt, 160). – Zum Stück und dessen Entstehung vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 560. 79,6–7 die Sandbäncke der Zeitlichkeit] Nach Shakespeare (Macbeth I,7): „But here, upon this bank an shoal of time 〈…〉.“ Die größte sprachliche Nähe besteht zur Übersetzung Johann Joachim Eschenburgs: „Auf dieser Sandbank und Untiefe der Zeitlichkeit“ (William Shakespear’s Schauspiele. Bd 12. Zürich 1779, S. 32). 79,8 Morgends] Von ‚morgend‘, im 18. Jahrhundert noch gebräuchlich, meist für ‚morgig‘ (vgl. Adelung 3, 286); hier: ‚morgens‘. 79,10 Gräfinn] Wahrscheinlich Gräfin Charitas Emilie von Bernstorff, die zur Gesellschaft um die Herzoginmutter Anna Amalia in Ettersburg gehörte. Goethe war in der zweiten Junihälfte 1780 häufig zu Gast in Ettersburg und könnte eine Einladung der Gräfin Bernstorff erhalten haben (vgl. GT I 1, 113). 79,10 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: freundlich, liebenswürdig, verbindlich (vgl. GWb 1, 839). 79,11 Der Herzog ist nach Ringleben] Sachsen-weimarisches Dorf, etwa 35 km nordwestlich von Weimar im Amt Großrudestedt gelegen. Laut Fourierbuch war der Herzog am 27. Juni „auf etL. Tage nacher Schwaansee“ gegangen (FB 1780, S. 135). Schwansee (heute Ortsteil von Großrudestedt) liegt etwa 25 km nordöstlich von Weimar auf der Strecke nach Ringleben. Wahrscheinlich nahm der Herzog im Jagd- und Wasserschloss Schwansee sein Quartier. 79,11 Wasser baue] Der Herzog beförderte den Bau von Wassergräben und Stauschutzwällen, die den tiefer liegenden Ortskern Ringlebens zwischen Wilder Gera und Mahlgera vor den jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen schützen sollten. 79,12–13 des abgebrannten Brembachs] Vgl. zu 76,17–18. 79,15–16 Leichtsinn] Hier im älteren wörtlichen Sinne: leichter Sinn, ungedrückt, munter, fröhlich (vgl. Grimm 12, 650). 79,16–17 dass Glaube und harren alles überwindet] In Abwandlung zu den sprichwörtlichen Redensarten „Hoffen und harren macht grosse (manchen zum) Narren.“ und „Der Glaube vermag alles.“ (Sprichwörter-Lexikon 2, 718 und 1, 1697.) 79,23 immer Sonntags der Jöchhausen dicktirt habe] Am Sonntag, dem 25. Juni, hatte Goethe begonnen, Louise von Göchhausen die „Vögel“ zu diktieren

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(vgl. 76,16–17). Das Manuskript von ihrer Hand ist jedoch nicht überliefert (vgl. zu 74,15). 79,26 Clauer] Der Weimarer Hofbildhauer Martin Gottlieb Klauer. 79,27 Oesers Kopf] Oesers Porträtbüste (vgl. zu 99,6). 79,27 Der Alte ist fort.] Adam Friedrich Oeser, damals 63 Jahre alt, war am 28. Juni abgereist (vgl. die erste Erläuterung zu 78,12). 79,30 gemeine] Hier: gewöhnliche Menschen ohne höhere, geistige oder künstlerische Ansprüche (vgl. GWb 3, 1416). 79,32 die kleine] Sophie von Schardt, Charlotte von Steins Schwägerin, die sie nach Mörlach begleitet hatte. 79,33 die Imhof] Louise von Imhoff. 80,1 Ihre Wiederkunft] Charlotte von Stein kehrte am 19. oder 20., spätestens am 21. Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 90,1). 80,2 Engel] Nur noch selten als Anrede für Charlotte von Stein (vgl. zu 12,1).

119. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar〉, 24. Juni und 3. 〈Juli〉 1780 → 〈Zürich〉 DATIERUN G

Der Monat in der Datumsangabe des zweiten Briefteils ist offensichtlich verschrieben (vgl. 81,1) und muss zu ‚Juli‘ korrigiert werden, da der Brief am 24. Juni 1780 begonnen wurde (vgl. 80,5). ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4o. 521, Bl. 16. – 1 Bl. 16,9 × 20,7 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; S. 2 Jun. (81,1) von fremder Hd mit Bleistift gestrichen und verbessert zu „Jul“; Deine Rechnungen bey Paulsen 〈…〉 willst und kannst (80,26–30) von fremder Hd geschwärzt. – In einem 6,5(–8,5) cm starken Konvolut mit schwarzem Ledereinband (23,5 × 29 cm). Auf dem vorderen Deckel Wappen der königlich preußischen Bibliothek; auf dem Rücken oben Goldprägung: „GOETHE / Briefe / an / Knebel.“, unten rotes Lederschild mit der Signatur: „Ms. Germ. / Quart. 521.“ Auf der Innenseite des vorderen Deckels mit Tinte: „Acc. 3083.“, auf dem Vorsatzblatt oben ebenfalls mit Tinte: „Ms. Germ. 4o. 521.“ Kein Titelblatt. 22 eingebundene (nicht paginierte) Zwischenblätter mit Jahreszahlen. 485 Blätter; Paginierung oben rechts mit Bleistift, oben links Nummerierung, meist mit Bleistift, einige nach Guhrauers Druck 1851 (vgl. E1), einige von Knebels Hd, mit Korrekturen (möglicherweise in Hinblick auf die geplante Veröffentlichung des Briefwechsels). Blätter einzeln auf Falz

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geklebt; Papier mürbe, teilweise mit aufgeklebten, durchsichtigen Papierstreifen restauriert. Wasserschäden, besonders in den Jahrgängen 1828–1830. Siegel auf den Adress-Seiten oft dreieckig ausgeschnitten, Ausschnitt meist unter der Adresse aufgeklebt. Nach Bl. 467 unpaginiertes Zwischenblatt mit der Aufschrift in Tinte: „Undatirte Briefe, No. 1–4, als Nachtrag gedruckt, auf pag. 411. 412. des Briefwechsels zwischen Göthe und Knebel 〈vgl. E1〉, Bd 2. Leipz. 1851. 8°; und No. 5–14, ungedruckte“. Auf der Innenseite des hinteren Deckels mit Bleistift: „482 gez Bll. / 485 gez Bll; dazu Bll. 441a u. 449 a“. – Beischluss: Brief von Emilie von Werthern-Beichlingen an Knebel (vgl. zu 81,8). E1: Goethe-Knebel 1 (1851), 18f., Nr 20–21 (Teildruck; als zwei getrennte Briefe gedruckt, ohne die in der Ausfertigung geschwärzte Passage). E2: WA IV 4 (1889), 241–243, Nr 972 (Eduard von der Hellen; geschwärzte Passage der Ausfertigung z. T. rekonstruiert). ERL ÄUT ERUNGEN

Der erste Briefteil vom 24. Juni beantwortet einen nicht überlieferten Brief Knebels vom 17. Juni 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 71,16). Der zweite Briefteil vom 3. Juli beantwortet einen nicht überlieferten Brief vom 22. Juni 1780 aus Augsburg (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 27r). – Der Antwortbrief vom 15. Juli 1780 ist nicht überliefert (vgl. zu 96,7). 80,6 Spät] Goethe hatte bereits zwei Wochen zuvor einen Brief angekündigt (vgl. die erste Erläuterung zu 71,16). Knebel erhielt den Brief am 14. Juli 1780 in Richtenswil durch Lavater (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 30r). 80,8 Dessauer Reise] Vgl. die erste Erläuterung zu 74,27. 80,9–10 Die Herzogin 〈…〉 Schwester gesehen] Vgl. zu 74,28. 80,10 die Wöllwarth] Die Hofdame der Herzogin Louise, Marianne von Woellwarth-Essingen. 80,11 meinen Gothischen Besuch] Goethe hatte vom 5. bis 9. Juni den Gothaer Hof besucht (vgl. zu 70,4; zu 71,11–12). 80,13 Die Waldner 〈…〉 Zeit drüben.] Louise Adelaide Waldner von Freundstein (vgl. die erste Erläuterung zu 71,7). 80,14 Oeser ist hier 〈…〉 veranlasst] Vgl. zu 74,10; die zweite Erläuterung zu 74,12. – Knebel war Oesers Ansprechpartner am Weimarer Hof (vgl. John, Oeser als Kunstvermittler, 34–37). Zuletzt waren sich die beiden während Oesers Aufenthalt in Weimar in Januar 1780 begegnet (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 3–4). 80,15 fortklempern] Hier im Sinne von „spielerisch (weiter) betreiben“ (GWb 3, 834). 80,18–19 Theater Mahlerey] Aus den Rechnungen des Theatertischlers Mieding und des Dekorateurs und Theatermalers Schumann vom Sommer 1780 geht hervor, dass sie nach Oesers Angaben gearbeitet und neue Prospekte für das Lieb-

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geklebt; Papier mürbe, teilweise mit aufgeklebten, durchsichtigen Papierstreifen restauriert. Wasserschäden, besonders in den Jahrgängen 1828–1830. Siegel auf den Adress-Seiten oft dreieckig ausgeschnitten, Ausschnitt meist unter der Adresse aufgeklebt. Nach Bl. 467 unpaginiertes Zwischenblatt mit der Aufschrift in Tinte: „Undatirte Briefe, No. 1–4, als Nachtrag gedruckt, auf pag. 411. 412. des Briefwechsels zwischen Göthe und Knebel 〈vgl. E1〉, Bd 2. Leipz. 1851. 8°; und No. 5–14, ungedruckte“. Auf der Innenseite des hinteren Deckels mit Bleistift: „482 gez Bll. / 485 gez Bll; dazu Bll. 441a u. 449 a“. – Beischluss: Brief von Emilie von Werthern-Beichlingen an Knebel (vgl. zu 81,8). E1: Goethe-Knebel 1 (1851), 18f., Nr 20–21 (Teildruck; als zwei getrennte Briefe gedruckt, ohne die in der Ausfertigung geschwärzte Passage). E2: WA IV 4 (1889), 241–243, Nr 972 (Eduard von der Hellen; geschwärzte Passage der Ausfertigung z. T. rekonstruiert). ERL ÄUT ERUNGEN

Der erste Briefteil vom 24. Juni beantwortet einen nicht überlieferten Brief Knebels vom 17. Juni 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 71,16). Der zweite Briefteil vom 3. Juli beantwortet einen nicht überlieferten Brief vom 22. Juni 1780 aus Augsburg (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 27r). – Der Antwortbrief vom 15. Juli 1780 ist nicht überliefert (vgl. zu 96,7). 80,6 Spät] Goethe hatte bereits zwei Wochen zuvor einen Brief angekündigt (vgl. die erste Erläuterung zu 71,16). Knebel erhielt den Brief am 14. Juli 1780 in Richtenswil durch Lavater (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 30r). 80,8 Dessauer Reise] Vgl. die erste Erläuterung zu 74,27. 80,9–10 Die Herzogin 〈…〉 Schwester gesehen] Vgl. zu 74,28. 80,10 die Wöllwarth] Die Hofdame der Herzogin Louise, Marianne von Woellwarth-Essingen. 80,11 meinen Gothischen Besuch] Goethe hatte vom 5. bis 9. Juni den Gothaer Hof besucht (vgl. zu 70,4; zu 71,11–12). 80,13 Die Waldner 〈…〉 Zeit drüben.] Louise Adelaide Waldner von Freundstein (vgl. die erste Erläuterung zu 71,7). 80,14 Oeser ist hier 〈…〉 veranlasst] Vgl. zu 74,10; die zweite Erläuterung zu 74,12. – Knebel war Oesers Ansprechpartner am Weimarer Hof (vgl. John, Oeser als Kunstvermittler, 34–37). Zuletzt waren sich die beiden während Oesers Aufenthalt in Weimar in Januar 1780 begegnet (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 3–4). 80,15 fortklempern] Hier im Sinne von „spielerisch (weiter) betreiben“ (GWb 3, 834). 80,18–19 Theater Mahlerey] Aus den Rechnungen des Theatertischlers Mieding und des Dekorateurs und Theatermalers Schumann vom Sommer 1780 geht hervor, dass sie nach Oesers Angaben gearbeitet und neue Prospekte für das Lieb-

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habertheater aufgebaut haben (vgl. Sichardt, 58–60 und 178, Nr 15; vgl. die zweite Erläuterung zu 74,12. 80,20 Den ersten Ackt d e r Vo g e l ] Vgl. zu 74,15–16; zu 74,18–19. 80,20–21 in Ettersburg geben] Die Uraufführung der „Vögel“ fand am 18. August in Ettersburg statt (vgl. zu 106,11). 80,21 Abschrifft] Vgl. zu 104,7–8. 80,22–23 Der Prinz beträgt sich recht gut.] Knebels ehemaliger Zögling Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach hatte am 25. Juni bei der Brandbekämpfung in Großbrembach Hilfe geleistet (vgl. zu 76,24–28). 80,23–24 seiner Haushaltung 〈…〉 zu geben] Goethe hatte den Umzug Prinz Constantins vom Tiefurter Landgut in das so genannte Große Jägerhaus vorbereitet (vgl. zu 74,22; zu 74,23). – Goethe agierte in dieser Angelegenheit im Sinne des herzoglichen Hauses in Abstimmung mit Carl August. Seit Constantins Volljährigkeit befand sich nicht nur der Prinz in einer prekären Stellung am Weimarer Hof, auch sein ehemaliger Lehrer Knebel litt darunter, dass ihm keine konkrete Funktion zugewiesen wurde (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 106). Constantins Briefe an Knebel während dessen Reise in die Schweiz zeugen vom freundlichen Umgang der Briefpartner, die sich beide als Außenseiter der höfischen Gesellschaft in Weimar betrachteten. Der Prinz berichtete am 22. Juni 1780 von den Veränderungen in seinem Haushalt:

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〈…〉 Du würdest mich jezt nicht wieder kennen so sehr hat sich mein untheilnemendes Phlegmatisches Leben geändert; Ich stehe alle Morgen früh auf, aufs späteste um halb 5. und verrichte so eifrig als möglich meine mir jezt übertragne Gärtnersstelle, und defendire mich so viel als ich kan mit meinen fliegenden Corps Links und rechts mit allen ersonnenen Hand- und Kunstgriffen, wieder Ungeziefer, wassermäusen und d.g. schädlichen Leiden. Dieses Arbeitsame Leben bekomt mir wohl, und mischte sich nicht zuweilen kleiner Verdruß und andere unannehmlichkeiten mit hinnen, die, wie du aus der erfahrung weist nicht ausbleiben so hielte ich mich gewiß ohne allen schein und wiederrede für eines der Glücklichsten Menschen im Weimarrischen Lande. Ich glaubte sonsten nur aus Büchern die wahre ruhe und zufriedenheit zu studiren, und spürte doch immer einen Mangel an etwas, was, ich mir nicht erklären konte, und dieses glaube ich war eine stete feste Beschäftigung, die ich so ziemlich jetzund habe; indem beynahe jeder Augenblick und jede Stunde ihren nutzen und Arbeit hat, und mir zum wenigsten die zufriedenheit zurückläst daß ich mir am Abend mit gewisheit sagen kan, diesen Tag bist du ein Arbeitsames Glied im Menschlichen Leben gewesen, und ob es gleich nicht viel ist, so hält es mich doch zusammen und aufrecht und wird vielleicht aufs künftige mit Gotteshülfe mir nutzen und Vergnügen schaffen.

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(GSA 54/251, Bl. 19; vgl. Wahl, Tiefurt, 28.) – Im Brief vom 14. Juni 1780, in welchem Constantin seinen Verdruss über das höfische Leben ausdrückte, die Begegnungen mit dem Dessauer Fürstenpaar wie mit der Gothaer Herzogsfamilie beschrieb und sich zu einem „parforce jegagten Hirsch“ stilisierte, heißt es: „Die verschönerung der kleinen Stube habe ich auch wohl dir mit zu danken, und für dieses kleine andenken danke ich dir vielmahls, ich habe auch Goethen ein gracias dafür geschriben.“ (GSA 54/251, Bl. 15r und Bl. 17v.) In diesem Brief äußerte Constantin auch seinen Wunsch, „allein 〈zu〉 reisen, und diejenige Freiheit zu besitzen nur mit solchen Leuten umzugehn die auf einen würken und erfreuen könen, mit ruhe diejenigen Gegenstände betrachten die einen intressiren und gefallen, auf allen diesen schönen Freüden des Lebens habe ich verzicht thun müssen, und ist unter denen vielen unruhigen Stunden nur eine halbe Stunde gewesen die ich für mich zu bringen konte, so muste ich sie ansehen als ein groses Loos welches man aus den Glücks Topf herauszieht, und hätte ich nicht die gedult gehabt die vielen niden zu ertragen so würde mir daß Leben noch weit saurer geworden seyn. Allein klagen belästigen nur, und am ende würdest du glauben ich wäre in der Sclaverey gewesen, welches aber nicht gantz so ist.“ (Ebd., Bl. 15.) Erst ein Jahr später durfte Constantin eine Europareise in Begleitung von Johann Carl Albrecht antreten (vgl. zu 340,9–10). Während Knebels Abwesenheit versuchte Constantin seinen ehemaligen Erzieher auf ein harmonisches Zusammenleben nach dessen Rückkehr einzustimmen, wie im Brief vom 25. Juli 1780: „Zuweilen wen le tems des piques 〈Streitzeit〉 herschte und ein jeder verschlossen in seinen Cämmerchen war, waren wir nicht so offenhertzig wie jezt, und eine abwesenheit muß und soll alles dieses wieder in richtigkeit bringen? Trauriger 〈Ge〉danke. Diesses soll und muß nicht wiederkommen, ich habe eine grosse grosse Grube machen lassen wo alles diesses hinein verschüttet ist worden und kein böser Engel wird sie wieder auf machen. Als guter freünd und theilnehmer meines Schicksals solst du wan du wilst bey mir wohnen, und um alle Trätschereien und Hauslapalliyen dich nicht mehr bekümmern, welche so öfters böse misverständnisse hervorbrachten und uns manche gute Tag verdarben.“ (GSA 54/251, Bl. 24r; vgl. Wahl, Tiefurt, 32f.) Constantin bat Knebel um Vermittlung bei Goethe, etwa im Brief vom 28. September 1780: „Du wirst viele Veränderungen bey uns spühren, Abnahme und Zunahmen, aber von meiner Freündschaft wirst du keine Abwechslung spühren. Ich werde viel wegen dem Jägerhauss geplagt und ein guter Rath von dir, und vielleicht ein Brief an Goethen könnte mich zufriedener machen. Die Umstände sind alle bekandt. Ich geh pur mit Trug und List um, den daß ist daß eintzige wie man hier fortkomt, traurige Hülfe. Allein meine Ehre kömt nicht in Gefahr, denn hinter niemanden steck ich mich, und gehe nur mit meiner Stirne vorran.“ (GSA 54/251, Bl. 26r.) 80,24 Gustel] Constantins Jagdlakai August Friedrich Hauptmann war seit dem 17. Juni 1780 Hegereiter (berittener Forstbeamter) in Eisenach (vgl. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Dienersachen, 1465; Wahl, Consilium, 582, Nr

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8094). Im Februar 1780 hatte er sich um eine ähnliche Stelle in Schwansee-Kleinruderstadt beworben (vgl. ebd., 540, Nr 7234). 80,25 keinen neuen] Der Hofetat Prinz Constantins wurde sukzessive abgebaut, um die laufenden Kosten zu senken. Die Belege aus seiner Privatschatulle für das Jahr 1780 verzeichnen die Einstellung von Gehaltszahlungen an den Gärtner und einen weiteren Diener, die laut dem „Hof- und Addreß-Calender“ nicht mehr zum Hofetat Constantins gehörten (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1424, Bl. 224–228 und 262–268). Außerdem wurden die monatlichen Zulagen für den Kammerdiener Weichler und den Kammerlakai Schimmelpfennig Ende Juni gestrichen (vgl. ebd., Bl. 176–181 und 194–199). – In einem Brief an Knebel vom 19. August 1780 berichtete Constantin über seinen neuen Diener Johann Heinrich Sckell, der seit Juli 1780 Hauptmann und den entlassenen Gärtner ersetzte (vgl. GSA 54/251, Bl. 13r). Als Sohn des Wilhelmsthaler Hofgärtners Johann Georg Sckell verfügte er wahrscheinlich über Kenntnisse im Gartenbau und dürfte daher für den Dienst in Tiefurt besonders geeignet gewesen sein. Vor allem aber verdiente er einen Monatslohn von nur 6 Reichstalern, während Hauptmann 10 Reichstaler und 4 Groschen und der Gärtner 8 Reichstaler erhalten hatten (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1424, Bl. 200–211 und 224–228). 80,26–27 Deine Rechnungen bey Paulsen] Von dem Jenaer Kaufmann Johann Jacob Heinrich Paulsen hatte Knebel „gute und tüchtige 〈…〉 Waaren“ im Wert von 550 Rtlr. bezogen, die er wohl nicht bezahlen konnte. Daher stellte er Paulsen am 4. Juni 1780, kurz vor der Abreise in die Schweiz, einen Schuldschein über diesen Betrag auf achtzehn Monate mit einem Zins von 4% p.a. aus (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1087, Bl. 84, Beleg Nr 390). Am 18. Oktober 1780 quittierte Paulsen den Erhalt des Betrages aus der herzoglichen Schatulle (vgl. ebd.). Die Zahlung wurde laut einem Vermerk von Carl August selbst angewiesen (vgl. ebd.; Fürstenhaus A 1083, Bl. 22v). – Während seiner Dienstzeit in Weimar häufte Knebel immer wieder Schulden an, wie er Carl August am 4. Oktober 1781 in einem Brief schilderte (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1039). Am 21. April 1780 hatte er bereits 100 Reichstaler aus der Schatulle der Herzoginmutter durch Ludecus erhalten, mit denen er am darauffolgenden Tag seine Schulden von 200 Reichstalern bei Magdalena Catharina von Hendrich abtragen konnte (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 18r). Der Vorschuss auf die Besoldung für das zweite Quartal aus Prinz Constantins Schatulle (50 Reichstaler), die Knebel am 22. April 1780 quittierte, wurde möglicherweise von der Zahlung aus Anna Amalias Schatulle abgerechnet (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1424, Bl. 162). – Die geschwärzte Passage (vgl. Überlieferung) konnte durch Bildbearbeitung des Digitalisates lesbar gemacht werden. Es muss offen bleiben, wer und wann die Schwärzung vorgenommen hat. Möglicherweise wurde die Passage bei der Vorbereitung der Edition des Briefwechsels mit Goethe in den 1830er Jahren durch Knebel oder seinen Erben geschwärzt.

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80,28 incommodirt] ‚Incommodieren‘ von lat. incommodare und franz. incommoder: lästig sein, belästigen, beschweren. 81,1 3. Jun.] Irrtümlich für ‚3. Juli‘ (vgl. Datierung). 81,2 Die Stein 〈…〉 wiederzukommen.] Vgl. die erste Erläuterung zu 62,8; zu 88,3. 81,2 Oeser ist weg] Vgl. die zweite Erläuterung zu 79,27. 81,3 Klauer hat 〈…〉 gut gefertigt] Vgl. zu 99,6. 81,7 von dir zu hören] Knebels nicht überlieferter Brief vom 5. Juli 1780 aus Zürich kreuzte sich mit vorliegendem Brief (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28v). 81,8 Brief der Werthern] Nicht überliefert. – Zu Emilie von Werthern-Beichlingen, die unter einer unglücklichen Ehe litt, pflegte der Adressat eine enge Beziehung (vgl. zu 78,7–8). In seinem Tagebuch sind zahlreiche Begegnungen vor der Reise in die Schweiz dokumentiert (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 2–24). Während der Reise führten sie einen intensiven Briefwechsel. In Knebels Tagebuch ist von seiner Abreise bis zum Zeitpunkt des vorliegenden Briefs die Absendung von fünf Briefen an Emilie von Werthern dokumentiert (vgl. ebd., Bl. 25–28). Von diesen Briefen sind lediglich zwei Konzeptfragmente mit den Unterlagen zum Reisetagebuch überliefert (vgl. GSA 54/351).

120. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 3. Juli 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 119. – Doppelblatt 14,2(–14,4) × 20,6 cm, 3 ¾ S. beschr., Schreiberhd (Seidel) und egh. (83,4–23 Grüs deine Frau und Kinder 〈…〉 Was sagt ihr dazu?), Tinte. E: Goethe-Lavater1 (1833), 86–92, Nr 24. WA IV 4 (1889), 251–255, Nr 977. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Lavaters. – Lavater antwortete am 15. Juli 1780 (vgl. RA 1, Nr 122). Postsendungen: 3. Juli 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). 81,11 die Fortsezung deiner Briefe über Wasern] Nachdem Goethe wiederholt um nähere Auskünfte über den ‚Waser-Handel‘ gebeten hatte (vgl. zu 49,18; zu 68,4), war die erste Sendung von Lavaters Bericht als Brieffolge in Weimar eingetroffen (vgl. die folgende Erläuterung). Lavater nutzte sein internationales Netzwerk, um seine Version der Affäre ausgewählten einflussreichen Korrespondenten zukommen zu lassen und dadurch die politische Diskussion zu beeinflussen, den

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Pressestimmen gegen das Vorgehen der Zürcher Regierung entgegenzuwirken und Wasers Verurteilung zu rechtfertigen. Ein stark überarbeitetes Konzept legt nahe, dass Lavaters Auseinandersetzung mit dem ‚Waser-Handel‘ von einer Anfrage aus dem Ausland veranlasst worden war, „da ich vermuthen kan, daß die Geschichte unsres Staatsgefangenen in wenigen WochL großes Aufsehen in der Welt machen werde, und da man voraussehen muß, daß viele falsche Nachrichten und Urtheile über diesen sonderbaren Mann und sein eben so sonderbahres Schiksal in der Welt werden ausgebreitet werden, so achte ich es beynahe für meine Pflicht, Ihnen eine zuverläßige Nachricht in die Hände zustellL, wodurch alle einseitige und partheyische Erzählungen wiederlegt oder ergänzt werden können.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 48.2.) – Nachweislich gehörten Schlözer und Goethe zu Lavaters Adressaten. Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, welche Fassung Goethe vorlag: Eine Abschrift von Lavaters ‚Briefen über Waser‘ ist im Zürcher Nachlass überliefert. Insgesamt sind fünfzehn Briefe nachgewiesen, teilweise in mehreren Fassungen und teilweise zwischen dem 12. Mai und dem 1. September 1780 datiert. In zwei gebundenen Konvoluten mit der eigenhändigen Überschrift „über Heinrich Waser von Zürich in Briefen an einen Freünd in Deütschland. 1780“ ist eine Reinschrift von Schreiberhand mit Lavaters Korrekturen in der wahrscheinlich endgültigen Fassung überliefert, die allerdings nur die ersten vierzehn Briefe enthält (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 51–52). Fest steht, dass Lavater seine Korrespondenten eindringlich um Diskretion bat, so auch in einem dem ersten gebundenen Konvolut vorangestellten Hinweis: „Jeder, dem allenfalls mit meinem Wißen, oder sonst, dies Manuskript in die Hände kommen mögte, ist aufs dringende gebethen, einerseits, keine Abschrift davon zumachen; anderseits mir Anzeige beyzufügen, wo etwas unrichtiges, mangelhaftes, oder historisch fehlerhaftes darinn vorkommen mögte.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 51.) 81,12 die zwei ersten] Sie sind auf den 12. und auf den 18. Mai 1780 datiert. Im ersten Brief legte Lavater die Hintergründe von Wasers Lebensgeschichte und dessen Gefangennahme dar (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 51, S. 3–20). Im zweiten berichtete er von seinem ersten Besuch des Gefangenen im Rathaus von Zürich am 20. März 1780 und dessen gescheitertem Fluchtversuch (vgl. ebd., S. 21–33). Die Darstellung von Wasers Verhalten seit seiner Berufung als Pfarrer im Jahr 1770 entsprach Lavaters Strategie, den Gefangenen zu stigmatisieren und ihm jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen: „Er fieng an, wider gewiße Unordnungen und Nachläßigkeiten zu eifern, und wie man glaubte, auf einige Vorgesezte seiner Gemeinde beynahe in allen Predigten persönlich zustichlen. Er beschuldigte sie unter anderen der Untreü und Gewißenlosigkeit in Besorgung des Armen Gutes. Er dehnte seine Vorwürfe und streüte die widrigsten Verdächte auf einige Standespersonen aus, an deren Redlichkeit und Gewißenhaftigkeit man keine Ursache hatte zuzweiflen. Der ungestüme Hartsinn, womit Wa s e r seine Sache trieb, das unerweißliche, übertriebene und offenbahr falsche, was in seinen Klagen war, machte

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auch das wenige, was davon wahr seyn mochte, ganz kraftlos, und sezte den Magistrat in die unausweichliche Nothwendigkeit, Ihn als einen überwiesenen Verlaümder und Händelstifter seiner Pfarrey zuentsetzen. / Diese Entsezung von einer obgleich nicht einträglichen Pfründe erregte plözlich in seinem Herzen den heftigsten Widerwillen und die unversöhnlichste Rache gegen den Magistrat. Er schrie über Ungerechtigkeit, und bildete sich ein, ein Märtyrer seines Patriotischen Eifers zuseyn. Von dieser Zeit an kochte ein solche Wuth gegen alles, was Obrigkeit hieß, gegen alles was die Obrigkeit gethan hatte, that und thun wollte, in seinem Herzen, daß er keine Gelegenheit vorbeyließ, seine Bitterkeit in besonderen und öffentlichen Gesellschaften, in Reden und Aufsäzen an den Tag zulegen.“ (Ebd., S. 5–6.) Auch im Antwortbrief an Goethe vom 15. Juli 1780 legte Lavater weitere Vorwürfe dar, die die Verurteilung Wasers nachträglich rechtfertigen sollen, aber in keiner Verbindung mit den Veröffentlichungen Wasers in Schlözers „Briefwechsel“ standen: „Es sind seit seiner Hinrichtung noch ein paar Schelmenstreiche, Betriegereyen gegen seine Frau, u. seinen Vater ausgekommen. Der erstern machte er eine f a l s c h e Obligation. Dem andern hinterlegte er g e s t o h l e n e Capital Briefe.“ (Goethe-Lavater3, 122f.) Diese Argumente wirkten stark auf Goethe (vgl. zu 147,19–20). 81,15 Lipsen erwarten wir.] Lips kam zunächst nicht nach Weimar (vgl. zu 68,19). 81,18 Mochels Urne] Johann Christian Schmohl: Urne Johann Jacob Mochels, ehemaligen Lehrers am Philanthropin zu Dessau. Leipzig 1780. – Dieses Buch ist zwar nicht mehr in Goethes Bibliothek überliefert, er hat es aber nachweislich im Juni 1780 gekauft (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 61). Offenbar hatte sich Lavater im nicht überlieferten Bezugsbrief enthusiastisch darüber geäußert (vgl. 81,19–20). Mit seinem Buch hatte der Radikalaufklärer Schmohl, ehemaliger Lehrer am Philanthropin in Dessau, dem im Juni 1779 gestorbenen Freund Mochel ein Denkmal gesetzt, zugleich die Zustände im Philanthropin dargelegt und das Verhalten seiner vormaligen Elsässer Mitbrüder Johann Friedrich Simon, Johann Schweighäuser und Johann Ehrmann sowie Christoph Kaufmanns kritisiert. Schmohls Buch löste eine heftige Reaktion von Simon und Schweighäuser aus, die um die Reputation ihrer Mädchenschule in Straßburg fürchteten; die Zeitschrift „Deutsches Museum“ druckte die Beiträge „An Herrn Schmohl“ (Oktober 1780) und „An Simon und Schweighäuser“ (Dezember 1780) ab. Schmohl gab ein weiteres Buch aus Mochels Nachlass heraus: „Reliquien verschiedener philosophischen, pädagogischen, poetischen und anderer Aufsätze“ (Halle 1781). 81,22 geknüttet] Von knütten (knoten); hier bildhaft im Sinne von ‚umständlich‘, ‚verschachtelt‘ (vgl. GWb 5, 493). Schmohls Stil war gewöhnungsbedürftig. Insbesondere der Satzbau erschwerte das Verständnis des Textes. 81,27 Märte] Kalte, flüssige Speise aus Wasser, Bier oder Wein mit eingebrocktem Backwerk (vgl. GWb 5, 1467; Krünitz 82, 792).

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81,27 Stuben-Experimental-Psychologie] Im Sinne einer religiösen „Introspektion“ (GWb 3, 501) und Seelenforschung. Den Begriff ‚Experimental Psychologie‘ hatte Goethe bereits in einem Brief an Lavater und Pfenninger verwendet, um sich von ihrer Konzeption einer religiösen Selbstbeobachtung abzugrenzen (vgl. GB 2 II, zu 84,11–12). Hier durch den Zusatz ‚Stuben‘ noch abwertend negativer belegt. 81,29–82,1 Kaufmannen hätte man noch weit treffender schinden können] In Anspielung auf Schmohls Vergleich von Mochels und Kaufmanns Charakteren (vgl. Johann Christian Schmohl: Urne Johann Jacob Mochels. Leipzig 1780, S. 122–134). Schmohls ambivalente Äußerungen zu Kaufmann und seine physiognomische Reflexion dürften wohl Lavaters Auffassung entsprochen haben: „Ein Mensch mit grossen Talenten, einem schnellen tief dringenden und treffenden Blick des Verstandes, mit gleich feinen Sinnen für die Auffassung der Aehnlichkeiten und Unterschiede der Dinge, mit einem Herzen von denselben grossen Anlagen begabt; welches alles sein Gesicht und Körper schon abspiegelten. Aber durch Erziehung und Umgang sehr verstimt, besonders einer zügellosen unbändigen Ehrbegier zum Spiel gegeben, welche ihn mit all seinen noch so wenig ausgebildeten so wenig in ein harmonisches Ganze zusammengestimten Kräften und Trieben auf dem Meer von Gegenständen derselben, durch die ihn das kühne und grosse, aber zu unbedachtsam zu hitzig segelnde Schiff seiner Phantasie dahin trug, in unaufhörliche Stürme und Orkane hineinjagte, ihm einmal übers andre zu stranden, zu scheitern, in Abgrund zu verschlingen drohte, ihn vom Himmel zur Hölle, von der Hölle zum Himmel in ewigem Wechsel schleuderte!“ (Ebd., S. 115; vgl. auch ebd., S. 18f., 74 und 79.) 82,1 was von dir und seinen übrigen Freunden gesagt ist] Schmohl berichtete von Lavaters Bekanntschaft mit Mochel und Kaufmann (vgl. ebd., S. 119–121). Zu Kaufmanns Freunden zählte er neben Lavater auch Herder, Schlosser, Basedow, Campe, Hamann, Claudius und Pfenninger, aber auch Goethe, der an mehreren Stellen erwähnt wurde, was zu dessen negativem Urteil über Schmohls Buch beigetragen haben dürfte (vgl. ebd., S. 113, 121, 139f.). 82,3 Ehrenmann] Das Wortspiel mit ‚Ehrenmann‘ im Sinne von ‚angesehenem Mann‘ spielt ironisch auf Kaufmanns Anhänger Johann Ehrmann an, um Schmohls Parteinahme für Mochel zu entlarven (vgl. zu 49,14). 82,5 Herder hat wieder einen Preiss in Berlin gewonnen] Mit seiner Abhandlung „Vom Einfluß der Regierung auf die Wissenschaften, und der Wissenschaften auf die Regierung“ hatte Herder den 1778 von der Klasse der schönen Wissenschaften ausgeschriebenen Preis der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften auf das Jahr 1780 gewonnen (vgl. Sitzungsprotokoll des 1. Juni 1780; Archiv der BBAW, I IV 32, Bl. 284r). Die Preisfrage lautete: „Quelle a été l’influence du Gouvernement sur les Lettres chez les Nations où elles ont fleuri? Et quelle a été l’influence des Lettres sur le Gouvernement?“ (Sitzungsprotokoll des 4. Juni 1778; ebd., Bl. 239v – Welchen Einfluss hatte die Regierung auf die Wis-

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senschaften in den Nationen, wo diese geblüht haben? Und welchen Einfluss hatten die Wissenschaften auf die Regierung?) Herder hatte bereits zwei weitere Preisausschreiben der Berliner Akademie gewonnen: 1771 mit der „Abhandlung über den Ursprung der Sprache“, 1775 mit dem Aufsatz „Ursachen des gesunknen Geschmacks bei den verschiednen Völkern, da er geblühet“. 82,6 die Abhandlung] Herders Preisschrift erschien unter dem französischen Titel „Dissertation sur l’influence des sciences sur le gouvernement et du gouvernement sur les sciences qui a remporté le prix proposé par l’Académie royale des sciences et belles-lettres pour l’année 1779“ (Berlin 1780; vgl. Ruppert, 74, Nr 518). 82,7–8 zu gleicher Zeit in einem andern Fach einer aufgestellt] Die philosophische Klasse hatte die Preisfrage gestellt: „Est-il utile au Peuple d’être trompé, soit qu’on l’induise dans de nouvelles erreurs, ou qu’on l’entretienne dans celle où il est?“ (Ist es dem Volk nützlich, betrogen zu werden, sei es, dass man es in neue Irrtümer führt oder in denen, die es unterhält, bestätigt? Vgl. Nützt es dem Volke, betrogen zu werden? Est-il utile au Peuple d’être trompé? Die Preisfrage der Preußischen Akademie für 1780. Hrsg. von Hans Adler. 2 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 2007, hier 1, S. XIII.) Die Akademie entschied, den Preis zu teilen und jeweils eine negative und eine positive Antwort zu honorieren. Diese Entscheidung wurde in der Öffentlichkeit als opportunistisch kritisiert (vgl. ebd., S. XLVIII–LI). Die Preisträger waren Rudolf Zacharias Becker, der sich gegen den Volksbetrug aussprach, und Frédéric de Castillon, der die Frage bejahte. 82,12 zu neken geschienen] In seinem Aufsatz „Gedanken über die Ideale der Alten. (Veranlaßt durch das Vierte Fragment im 3ten Bande der Lavaterischen Physiognom. Fragm.)“, zwischen Anfang September und Anfang November 1777 im „Teutschen Merkur“ erschienen (vgl. WOA 13.1, 470–519). Ziel von Wielands Aufsatz war es gewesen, die von Lavater im Fragment „Ueber Ideale der Alten; schöne Natur; Nachahmung (Fragment, wie’s seyn kann!)“ apodiktisch behauptete These, die Griechen seien schönere, bessere Menschen gewesen, zu widerlegen (vgl. Physiognomische Fragmente 3, 40–47). Wieland hatte sowohl in seinem Aufsatz (vgl. WOA 13.1, 472) als auch in einem Brief an Lavater vom 21. Oktober 1777 (vgl. WB 5, 667f.) ausdrücklich betont, dass es sich um keine persönliche, sondern um eine sachliche Kritik handele, die dem geistigen Austausch dienen solle. In seinen Briefen an Merck vom 31. Juli und vom 22. September 1777 hatte er sich jedoch ausführlich ausgelassen über Lavaters Rechthaberei und „seinen To n, und das ewige Sitzen auf dem heiligen Dreyfuß, und die Miene von Unfehlbarkeit, womit er seine Göttersprüche von sich giebt“ (WB 5, 659; vgl. ebd., 638f.). 82,15 geradezu selbst drüber gefragt] Wann dieses Gespräch stattgefunden hatte, lässt sich nicht ermitteln. 82,17 Sein Oberon] Goethe hatte den „Oberon“ begeistert rezipiert und Wieland am 23. März 1780 einen Lorbeerkranz geschickt (vgl. zu 33,20–21). La-

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vaters Antwort veranlasste Goethe zu einer grundlegenden Bestimmung des Begriffs Talent und dessen Verhältnis zum Genie (vgl. zu 95,3–4). 82,20 der alte Bodmer] Offenbar hatte Lavater im Bezugsbrief von Johann Jacob Bodmers Ablehnung des letzten Werks seines einstigen Schülers Wieland berichtet. 82,21 ohne Dichter zu sein] ‚Dichter‘ hier im Sinne eines schöpferischen Menschen, eines zur Dichtung geborenen Genies (vgl. GWb 2, 1180f.). – Goethe hatte bereits eine ähnliche Aussage zu Lavater selbst getroffen (vgl. zu 67,22). Die implizite Unterscheidung zwischen ‚wahren Dichtern‘ und Schriftstellern ohne Genie diente der qualitativen Abgrenzung Wielands (und mittelbar Goethes selbst) von Bodmer und indirekt von Lavater. 82,22 Schuhu] Umgangssprachlich für ‚Uhu‘ (vgl. Adelung 3, 1671). In Goethes satirischem Einakter „Die Vögel“ nach Aristophanes, der am 18. August 1780 in Ettersburg uraufgeführt wurde, war der Schuhu der allwissende, aber bornierte Literaturkritiker (vgl. zu 106,11; zu 74,15). – Das Bild Bodmers als eines jahrzehntelang für sich, ohne große Publikumsresonanz schreibenden und allgemein verkannten Denkers war weit tradiert. In einer Rezension von „Hirzel an Gleim über Sulzer den Weltweisen“ äußerte sich Wieland ähnlich über Bodmer, einen „Mann, der uns nun in seinem 80sten Jahr nachgerade merkwürdig zu werden anfängt, nachdem die Nation die nüzlichen Einflüsse und Wirkungen seiner so mannichfaltigen Verdienste 50 Jahre lang unerkannt genossen hat“ (WOA 14.1, 515). 82,28–29 Von Hirzeln 〈…〉 nicht erhalten] Weder der erste noch der zweite Band von „Hirzel an Gleim über Sulzer den Weltweisen“ (2 Bde. Zürich und Winterthur 1779) sind in Goethes Bibliothek nachgewiesen. Offenbar hatte Hans Caspar Hirzel durch Lavater eine entsprechende Anfrage ausrichten lassen. In einem Brief von Bodmer an Johann Heinrich Schinz vom 27. November 1779 heißt es, Carl August und Goethe hätten Sulzers Biographie gekannt, aber nicht gelesen (vgl. BuG 2, 198). Carl August hatte sich abfällig über Hirzel und dessen pedantische Schrift über Kleinjogg in einem Brief an die Herzogin Louise vom 29. November 1779 geäußert (vgl. Karl August-Luise, 120f.). Goethes Abneigung gegen Hirzel mag auch bei der persönlichen Begegnung mit Hans Jakob Gujer, genannt Kleinjogg, durch den Vergleich mit Hirzels Biographie „Die Wirthschaft eines philosophischen Bauers“ entstanden sein (vgl. GB 2 II, zu 180,10). Goethe brachte diese Abneigung in einem späteren Brief erneut zum Ausdruck (vgl. zu 289,2). 82,31 Der Prophet 〈…〉 heißt Z i e h e n ] Conrad Sigismund Ziehen, Pastor in Zellerfeld und Superintendent des Kommunionharzes. Goethe hatte Lavater am 5. Juni über dessen Prophezeiungen berichtet (vgl. zu 68,5–6). – Ziehen hatte seine chiliastischen Weissagungen in Abschriften verbreitet und als Quelle das ‚Buch Chevila‘ angegeben, eine kabbalistische Schrift über Hieroglyphen, deren Existenz nie nachgewiesen werden konnte (vgl. zu 60,22). Lavater bat im Antwortbrief um eine Abschrift von Ziehens Text (vgl. Goethe-Lavater3, 122). Ob Goethe dieser Bitte nachkam, ist unklar. Sicher ist, dass Knebel eine wahrscheinlich von Wieland

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und Caroline Herder erstellte Abschrift in die Schweiz mitgenommen hatte (vgl. HB 4, 122 und 147). 82,32 vor kurzem gestorben] Am 28. Mai 1780. 82,32–33 Die Erdbeben 〈…〉 sind eingetroffen.] Im Februar 1780 hatte es Erdbeben bei Luzern sowie in den Gegenden um Wetzlar und Koblenz gegeben (vgl. zu 60,22). 83,4 deine Frau und Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich und Anna (Nette). 83,4–5 ein bleibendes Geschöpf] Anspielung auf die bereits gestorbenen Kinder Lavaters: Regula (geb. 1767), Hans Caspar (geb. 1774), David (geb. 1775; vgl. GB 2 II, erste Erläuterung zu 206,3) und Louise Magdalena (geb. 1778; vgl. GB 3 II, zu 357,21). – Lavater hatte wohl im Bezugsbrief von der Schwangerschaft seiner Frau berichtet, die in der Folge unproblematisch verlief und mit der Geburt der Tochter Louise am 10. Oktober 1780 endete (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 124). 83,7 die Zeichnung der Darrmaschine] Zur Getreidedarre vgl. zu 28,20–21; die erste Erläuterung zu 101,14. 83,7–8 akkordiren] Vereinbaren, sich abstimmen (vgl. GWb 1, 320). – Offenbar hatte Lavater eine zu teure Bestellung aufgegeben. 83,9 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). – Im Antwortbrief vom 15. Juli 1780 nahm Lavater Bezug darauf: „Bäben seh’ ich, ach so wenig u. so kurz, daß wir oft wie träumend an einander denken.“ (Goethe-Lavater3, 123.) Goethe schrieb ihr am 17. Juli 1780 (EB 49). Ihre Briefe an Goethe sind nicht überliefert. 83,9–10 die Compos. von Kaysern auf meine Wasserstrophen] Der Dichter und Komponist Philipp Christoph Kayser war Musiklehrer von Barbara Schultheß’ Töchtern und Freund des Hauses (vgl. Thomas Nußbaumer: Zum musikalischen Umfeld Kaysers in Zürich. In: Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 104f.). Goethe hatte Anfang Oktober 1779 vom Erlebnis des Staubbachfalls inspiriert den „Gesang der Geister über den Wassern“ verfasst (vgl. GB 3 II, zu 309,4). Offenbar hatte er noch in der Schweiz Kayser die Komposition angetragen; wahrscheinlich lag dem Komponisten ein eigenhändiges Exemplar vor, das in Barbara Schultheß’ Nachlass überliefert ist (vgl. FA/Goethe I 1, 1030–1032). Eine Vertonung Kaysers ist nicht überliefert, wahrscheinlich führte er sie ebenso wenig wie die von „Jery und Bätely“ aus (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 560). – Zu Barbara Schultheß vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29. 83,11 Wasers Nachrichten] Vgl. zu 81,11. 83,11–12 eine Silhouette von ihm] Ob Lavater dieser Bitte nachkam, ist unklar. In den Weimarer Sammlungen lässt sich keine Silhouette von Waser identifizieren. 83,13 Knebeln] Carl Ludwig von Knebel war am 29. Juni 1780 in Zürich angekommen und hielt sich bis zum 14. Juli bei Lavater auf (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28–30; Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 116f.; zu 69,18–19).

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83,14 Schreibe mir offt] Lavater antwortete am 15. Juli 1780. 83,16 die Dürers] Erneute Aufforderung, Lavater möge die nachträglich erworbenen Dürer-Stiche nach Weimar schicken (vgl. zu 48,19; zu 69,12–13; zu 94,16; zu 102,7–8). 83,17 Genci] Das Porträt der Beatrice Cenci (vgl. die erste Erläuterung zu 14,28) war am 6. Juni 1780 in Weimar angekommen (vgl. 69,11). 83,18 Die Kupfer] Nicht ermittelte Stiche, darunter wohl einige neue Dürer-Stiche aus Lavaters Sammlung (vgl. zu 13,18), und Kupferstiche nach Vorlagen von Johann Heinrich Füßli (vgl. die folgende Erläuterung). 83,19 Füslis] In Goethes Sammlungen ist ein Konvolut von 18 Stichen nach Zeichnungen Füßlis überliefert, die zu Illustrationen für Lavaters französische Physiognomik bestimmt waren: „historische Vorstellungen, einzelne Figuren, Köpfe, Hände“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGr/Sch.I.123,0200.1–18). Einige dieser Stiche waren 1779 von Lips erstellt worden (vgl. Gert Schiff: Johann Heinrich Füssli. Bd 1. Zürich 1973, S. 497–499). Wahrscheinlich hatte Goethe die Stiche während der Schweizer Reise mit anderen Skizzen und Zeichnungen Füßlis erworben (vgl. zu 28,22). 83,20–21 denn des lumpigen, und dämmrigen ist gar zu viel in der Welt] Einer ähnlichen Formulierung bediente sich Goethe im Brief an Charlotte von Stein vom selben Tag (vgl. zu 88,6–7). 83,23 Ich bin Freymaurer geworden! Was sagt ihr dazu?] Vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 16. – Ob Goethe hier auf eventuelle Gespräche mit führenden Brüdern der Zürcher Loge „Modestia cum Libertate“, wie Philipp Christoph Kayser oder Diethelm Lavater, anspielt, ist unklar.

121. An Johann Heinrich Merck

〈Weimar〉, 3. Juli 1780 → 〈Darmstadt〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/331,I, Bl. 9. – 1 Bl. 20,1(–20,5) × 28,5(–28,9) cm, 1 ¾ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Datum (83,24), Tinte. – Faksimile: Abb. 2–3 im Textband (S. 84f.). E1: Merck, Briefe1 (1835), 252–254, Nr 113 (Teildruck ohne Epilog der „Vögel“: 87,15–31 „Der erste der den Inhalt 〈…〉 nach unsrer besten Moge vorzutragen.“, mit Dokumentation der Abweichungen des ausgelassenen Textes gegenüber dem Druck des Epilogs in der Cottaschen Ausgabe von „Goethe’s Werken“ [Stuttgart und Tübingen 1817, S. 119]; vgl. zu 87,13). E2: WA IV 4 (1889), 246–249, Nr 975 (Eduard von der Hellen; nach E1, Text des Epilogs der „Vögel“ nach der Dokumentation in E1 rekonstruiert).

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 83,25 deinen Garten] Eine Nachricht Mercks über das neuerworbene Stück Land ist nicht bekannt, doch heißt es in Wielands Brief an ihn vom 24. Juni 1780: „Ich weiß freylich wohl, daß du einen Acker und zwey Joch Ochsen gekauft hast, daß du das Schreiben und Autorwesen gerade darum, weil du soviel Talent dazu hast, nicht ausstehen kannst“ (Merck, Briefwechsel 2, 450). – Über seinen Besuch in Mercks Garten schreibt Lavater im Tagebuch vom 13. Juli 1782: „Dejeünirte in seinem anmuthigen GartenHause – 4 abgesägte Stämme statt der Stühle – das Hüttchen von zersägten runden Stämmen gebaut. Sprach von G o e t h e, G o e t h e s M u t t e r, P f r S t a r k 〈Johann August Starck〉, dem Verf der freyen Gedanken übers Christenthum; von dem Herzog von We y m a r und seinem praktischen Leben; vom Fürsten von D e s s a u; von T i s c h b e i n.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 14.1a.) 83,25–26 Dein lezter Brief über M. an den Herzog] Im Brief vom 19. Juni 1780 hatte Merck Carl August über den Abgang des Landespräsidenten Friedrich Carl von Moser unterrichtet, der seit April 1772 die Regierungsgeschäfte in Darmstadt zum Verdruss der alteingesessenen Beamtenschaft despotisch ausgeübt hatte (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 442–444). 83,26–27 Schreibe ia von dieser Sache mehr] Merck kam Goethes Bitte nach (vgl. zu 86,20). 86,3 Oeser ist 14 Tage in Ettersburg gewesen] Vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 36; vgl. auch zu 74,24–25; die erste Erläuterung zu 78,12. 86,3–4 zu mancherlei Guten geholffen] Vor allem die Gestaltung der Bühnendekoration für die Ettersburger Aufführung der „Vögel“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 74,12). – Ähnlich in den Briefen vom 24. Juni 1780 an Charlotte von Stein (vgl. 76,9) und an Knebel (vgl. 80,14). 86,4–5 Klauer hat seinen Kopf 〈…〉 in Gips gegossen] Vgl. zu 99,6. 86,5 unsern grauen Stein] Der südlich von Weimar bei Oettern gebrochene ‚Thüringer Marmor‘ (vgl. die erste Erläuterung zu 24,11). Ob Klauer die Büste in Stein ausgeführt hat, ist nicht sicher. 86,7–9 iungen Menschen 〈…〉 mineralogische Beschreibung von Weimar Eisenach und Iena machen] Wegen der Verzögerung bei der Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus hatte Johann Carl Wilhelm Voigt nach seinem Studium der Montanwissenschaften an der Bergakademie Freiberg zunächst keine Beschäftigung (vgl. GB 3 II, zu 439,3–4). Daher war er spätestens im Mai 1780 von Goethe als Vorsitzendem der Bergwerkskommission mit einer geologischen Untersuchung des Herzogtums beauftragt worden (vgl. LA II 7, 288). Im Mai/Juni 1780 notierte Goethe im Tagebuch: Vogtens Mineralogische Untersuchungen vergnügen mich es wird ein artigs Ganze geben. (GT I 1, 112.) – Voigt hielt sich genau an Goethes „Instruktion für den bergbefliessenen J. C. W. Voigt 1780“ (vgl.

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BRIEF 121

LA I 11, 1–2). Seine Bestandsaufnahme dokumentierte er in einem in Goethes Nachlass überlieferten Bericht: „Mineralogische Reise durch das Herzogthum Weimar und Eisenach 1780“ (GSA 26/LXV, 5,45 [H, unleserlich]; GSA 26/LXV, 3, 26 [h]; vgl. LA II 7, 12–24, M 11 [Teildruck]). Dieser Bericht diente als Grundlage für seine späteren Publikationen (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1). 86,9–11 Er bringt alle Steinarten 〈…〉 interessantes Cabinet entsteht.] In Goethes Nachlass ist das Verzeichnis der 1780 von Voigt gesammelten und größtenteils noch vorhandenen Stufen überliefert (vgl. LA II 7, 25–28, M 12). Voigt teilte die 48 Stufen in sechs Klassen ein, die im Großen und Ganzen Abraham Gottlob Werners Terminologie entsprachen (vgl. zu 144,19), und versah jede Nummer seines Verzeichnisses mit einer kurzen Beschreibung und der Angabe des Fundortes (vgl. ebd., 28). 86,12 einträglich] Anspielung auf die utilitaristische Motivation Goethes in den Anfängen seiner geologischen Studien, die in Verbindung mit der Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus standen (vgl. zu 181,12–14). 86,14–16 Graniten 〈…〉 die Römer ihre Obelisken daher geholt] Das Felsenmeer bei Lautertal im Odenwald südlich von Darmstadt entstand vor etwa 340 Millionen Jahren, als beim Aufeinanderstoßen zweier Urkontinente kristallines Tiefengestein (Quarzdiorit) an die Oberfläche gedrückt wurde, das erkaltete und zu runden Gesteinsblöcken verwitterte. Im 3./4. Jahrhundert nutzten die Römer das Gebiet als Steinbruch und hinterließen dort an die 300 unbrauchbare Werkstücke. – Ob Merck Goethes Bitte nachkam, ist unklar; ein entsprechendes Muster ist in Goethes Sammlungen nicht überliefert. 86,17–18 Feldberg 〈…〉 angenehm sein zu wissen] Dem Auftrag ist Merck allem Anschein nach nicht nachgekommen. Am 17. Februar 1783 forderte Goethe ihn ein weiteres Mal auf, den Feldberg, den mit 880 m höchsten Berg des Taunus, gründlich zu untersuchen (vgl. WA IV 6, 129f.). 86,20 die seltsame Catastrophe von Mosern] In Anspielung auf die Entlassung des darmstädtischen Präsidenten und Kanzlers Friedrich Carl von Moser (vgl. zu 83,25–26). Merck hatte Carl August von dieser Begebenheit berichtet, „die würklich wichtiger in allen ihren Folgen ist, als wenn ein Landesherr gestorben wäre.“ (Merck, Briefwechsel 2, 442.) Abfällige Äußerungen Mercks über Mosers Machtmissbrauch und angebliche Misswirtschaft, aber auch über dessen Privathaushalt hatten zum Ziel, ihn in der Öffentlichkeit zu diskreditieren und um Verständnis für die Entscheidung des Landesherrn zu werben. – Merck griff Goethes Wortwahl im ausführlichen Brief an Carl August vom 15. Juli 1780 auf: „Mosers Catastrophe ist vorgegangen, ohne daß Er, oder der Landgraf, oder der ErbPrinz es gewolt, oder bewürkt hätten“ (Ebd., 464). Die Umstände von Mosers Entlassung waren folgende: Ludwig IX. Landgraf von Hessen-Darmstadt wollte die Einkünfte aus der hessen-darmstädtischen Landeslotterie dazu benutzen, seinen zu seinem Vergnügen unterhaltenen Regimentern ein weiteres hinzuzufügen. Moser dagegen hatte aus

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moralischen Gründen die Abschaffung der Lotterie verfügt. Wie bei früheren Auseinandersetzungen bereits erfolgreich betrieben, hatte Moser für den Fall der Fortführung mit Kündigung gedroht. Zu seiner nicht geringen Überraschung akzeptierte der Landgraf jedoch am 9. Juni 1780 das Entlassungsgesuch (vgl. ebd., 463–466). Merck hielt Carl August in weiteren Briefen auf dem Laufenden (vgl. ebd., 524, 527, 567). Unter Mercks Federführung wurde ein Prozess gegen Moser wegen mangelnder Geschäftsführung angestrengt, der über mehrere Instanzen bis zum Reichshofgericht ging und erst 1790 nach dem Tod Ludwigs IX. geschlichtet werden konnte (vgl. Angela Stirken: Der Herr und der Diener. Friedrich Carl von Moser und das Beamtenwesen seiner Zeit. Bonn 1984, S. 28–33 und 145–150). 86,23 Herren genug die seiner bedürfen] Moser zog sich auf sein Landgut bei Zwingenberg zurück. Erst nach jahrelangen zermürbenden Verhandlungen vor dem Reichshofgericht in Wien erreichte er seine Rehabilitierung. In neue Dienste trat er nicht mehr. 86,26 Dürerische Holzschnitte zurük] Merck war anhaltend bemüht, die Dürer-Sammlungen Carl Augusts und Anna Amalias zu komplettieren und schlechte durch bessere Drucke zu ersetzen. Daraus ergab sich ein ständiger Austausch. Im Brief vom 31. Januar 1780 hatte Carl August die Übersendung der Holzschnittfolgen „Apocalipsis cum figuris“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr DK 1/79–16/79), „Das Marienleben“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr DK 331/81–350/81) und die „Kleine Holzschnittpassion“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr DK 553/93–561/93; DK 563/93–590/93; DK 788/94) angekündigt (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 363), die hier gemeint sein könnten. 86,26 ich brauch’ sie] Wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Studium und der Neusortierung von Lavaters Dürer-Sammlung (vgl. zu 13,18; die erste Erläuterung zu 48,12; zu 94,16). 86,27–28 Gersaint 〈…〉 mit dem Supplemente] Der Pariser Kunsthändler Edme-François Gersaint hatte eine Reihe von Verkaufskatalogen veröffentlicht, darunter den „Catalogue raisonné de toutes les pièces qui forment l’Oeuvre de Rembrandt“ (Paris 1751). Den Ergänzungsband „Supplement au Catalogue raisonné de toutes les pièces qui forment l’Oeuvre de Rembrandt“ (Amsterdam 1756) hatte Pierre Yver erstellt. – Dass der Adressat Goethes Bitte erfüllte, geht aus Bertuchs Brief an Merck vom 6. November 1780 hervor, in dem es heißt: „Göthe wird Ihnen Ihr Exemplar wieder übermacht haben.“ (Merck, Briefwechsel 2, 514.) Inzwischen hatte man in Weimar eine Abschrift von Gersaints Katalog erstellen lassen; überliefert ist eine entsprechende Quittung des Schreibers Roth vom 27. September 1780 in den Unterlagen der herzoglichen Privatschatulle (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1086, Bl. 61r). 86,29 In Ettersburg wird Elektrisirt] Wie Anna Amalia drei Tage später an Merck schrieb, habe sie ein Elektrophor („Elektrizitätsträger“) angeschafft, das

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„sehr gut und starckt“ sei und ihr großes Vergnügen mache (Merck, Briefwechsel 2, 461). Goethe selbst hatte das Gerät geliefert, wie die Quittung über Fünf Thaler Auslage für ein Electrophor mit Apparat aus der verwittibten Herzogin Amaliens Durchl Scatoulle vom 20. Juni 1780 belegt (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 941, Bl. 26, Beleg Nr 771). – Der Apparat, den Alessandro Volta 1775 für die Praxis perfektioniert hatte, besteht aus einer isolierenden Platte, dem so genannten „Harzkuchen“, der auf einer metallenen Unterlage ruht, und einem metallenen Deckel mit isolierendem Haltegriff. Durch Reiben mit Hasen- oder Katzenfellen wird der Harzkuchen aufgeladen, der Metalldeckel nimmt die Spannung auf und gibt sie unter Funkensprühen an andere Gegenstände ab. 86,29–30 Anstalten zu neuen wunderseltsamen Schauspielen] Mit der Adaption von Aristophanes’ Komödie „Die Vögel“ hatte sich Goethe schon seit längerer Zeit beschäftigt. Am 26. Juli 1779 teilte Louise von Göchhausen Merck mit, Goethe habe ihr „seinen Eckmond und die Vögel zum vorlesen dagelaßen“ (Merck, Briefwechsel 2, 256). Unter Zeitdruck hatte Goethe ihr von Mitte Juni bis Mitte Juli das Stück diktiert (vgl. zu 76,16–17). Herzogin Anna Amalia kündigte Merck am 6. Juli an, er solle eine Abschrift durch Goethes Mutter erhalten (vgl. Merck, Briefwechsel 3, 461). Goethe schickte ihr das Manuskript erst am 15. August 1780 zu (EB 65). 86,31–32 Der alte hatte 〈…〉 etwas zu kramen, anzugeben] Oesers Lieblingsausspruch lautete: „Ich hab das an bisserl angegeben.“ (Thieme/Becker 25, 572.) – Angeben: ‚entwerfen‘, ‚skizzieren‘ (vgl. GWb 1, 541). 87,2 so viel Plaz übrig] Die Rückseite des Blattes (vgl. Überlieferung). 87,4 in etwa 14 Tagen] Goethe arbeitete noch bis zum 24. Juli an den „Vögeln“ (vgl. zu 74,15–16). Die Uraufführung fand am 18. August in Ettersburg statt (vgl. zu 106,11). 87,7–10 D e r V ö g e l 〈…〉 1 s t e r A c t.] Vgl. zu 74,18–19. 87,13 Epilogus von M. Schröter] Dieser Epilog ist in keiner der Abschriften der „Vögel“ überliefert. Vorgetragen wurde er von Corona Schröter, die wahrscheinlich auch die Arien der Lerche und der Nachtigall hinter der Bühne sang (vgl. Sichardt, 161f.). In Band 4 der Göschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (1787, S. 221–284) wurde er mit wenigen kleinen Änderungen und in freien Versen wiedergegeben. 87,16 Aristophanes] Vgl. zu 74,18. 87,16 der Ungezogne] In Anspielung auf Aristophanes’ scharfe Satiren. 87,20 erwegen] Alte Schreibweise von ‚erwägen‘ (vgl. GWb 3, 430; Adelung 1, 1950). 87,20–21 von Athen nach Ettersburg] Die Aufführungsorte von Aristophanes’ Komödie und von Goethes Bearbeitung. 87,21 Salto mortale] Ital.: Tödlicher Sprung, sehr gefährlicher Kunstsprung.

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87,22–23 des alten deklarirten Bösewichts] Aristophanes. 87,29–31 den weitern 〈…〉 nach unsrer besten Moge vorzutragen] Eine Fortsetzung wurde nicht ausgeführt (vgl. zu 74,18–19). – ‚Moge‘ (eigentlich ‚Möge‘): ‚Vermögen‘ (vgl. Grimm 12, 2448).

122. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. Juli 1780 → 〈Mörlach〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 68. – Doppelblatt 10,5 × 16,8 cm, 2 1⁄5 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „48“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 50), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 322f. WA IV 4 (1889), 250f., Nr 976. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 1. Juli 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). 88,3 nicht mehr in Mörlach treffen] Charlotte von Stein, die ihre Schwester Louise von Imhoff in Mörlach bei Nürnberg besuchte, kam erst am 19. oder 20., spätestens am 21. Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 90,1). 88,6–7 Wir wollen 〈…〉 des lumpigen ist zuviel auf der Welt] ‚Lumpiges‘ hier im Sinne von ‚Erbärmliches‘, ‚Charakterloses‘ (vgl. GWb 5, 1325). – Ähnlich lautet die Aufforderung im Brief an Lavater vom selben Tag (vgl. 83,19–21). 88,7–8 dem Gescheuten] ‚Der Gescheite‘, hier: der Verständige, Vernünftige, Lebenskluge. 88,8–9 Stein 〈…〉 für Stroh] Redensartlich: Die Dinge so nehmen, wie sie sind; in Abwandlung sprichwörtlicher Redensarten, etwa: „Jeder hält sein Stroh für Heu und des andern Heu für Stroh.“ (Sprichwörter-Lexikon 4, 914.) 88,11 artige und unartige Dinge] ‚Artig‘: Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: schicklich, den gesellschaftlichen Konventionen gemäß (vgl. GWb 1, 839). 88,12 Der erste Ackt der Vögel 〈…〉 fertig] Goethes Einakter nach Motiven der gleichnamigen Komödie des Aristophanes, an dem er seit etwa Mitte Juni gearbeitet hatte (vgl. zu 74,18–19). 88,21 die Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Freundin Charlotte von Steins. 88,22 truz allen Vettern] In Anspielung auf Charlotte von Steins Bericht über die Bekanntschaft mit einem Verwandten der Imhoffs, wahrscheinlich Franz Carl Imhof

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von Spielberg und Oberschwambach, Reichsstadtvogt von Augsburg (vgl. zu 78,1–2). 88,23 die Kleine] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff, Charlotte von Steins Schwägerin (vgl. zu 61,12–13). 88,23 die Imhof] Louise von Imhoff. 88,23–24 Die Männer gehn mich nichts an.] Christoph Adam Carl von Imhoff und Carl von Schardt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 115).

123. An Johann Friedrich Wilhelm Charpentier Weimar, 4. Juli 1780 → Freiberg ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. K: LATh – HStA Weimar, Bergwerke, Sign.: B 16228, Bl. 140. – 1 Bl. 20,5 × 33,6 cm, 1 S. einspaltig rechts beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe, Tinte; linke Spalte oben Adresse: An Herrn Berg-Kommissionsrath / Charpentier / in Freyberg; linke Spalte unten Absendungsvermerk: weggeschickt dl 5tn mit der / S. Post. – In einem gebundenen Aktenfaszikel „Acta Commissionis den Plan und die Voranstalten zu Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergwerks betrL. 1776–1783“. E: Biedermann, Goethe und Dresden (1875), 112f. (nach K). WA IV 4 (1889), 255f., Nr 978 (nach E, Abschiedsformel und Unterschrift ergänzt). Textgrundlage: K. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf Charpentiers Schreiben an Johann August von Kalb vom 3. Januar 1780 (vgl. zu 89,3). – Charpentier antwortete am 25. Juli 1780 (vgl. zu 89,21). Postsendungen: 7. Juli 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). Johann Friedrich Wilhelm Charpentier (1738–1805) stammte aus einer Hugenottenfamilie. Nach einem juristischen und naturwissenschaftlichen Studium in Leipzig wurde er 1766 Professor für Mathematik, Zeichenkunde, Mechanik und Physik an der neugegründeten Bergakademie Freiberg, wo er bis 1785 Vorlesungen hielt. 1773 wurde er zum Bergkommissionsrat im Sächsischen Oberbergamt ernannt. Charpentier, der 1784 den Adelsbrief erhielt, wurde 1785 Bergrat und stieg sukzessive bis an die Spitze des kursächsischen Bergwesens auf. Zwischen 1771 und 1775 erstellte er eine „Petrographische Karte des Churfürstentums Sachsen“, die erste geologische Karte eines größeren Gebietes, die mit Hilfe von Farben und

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Zeichen zwölf Gesteinsarten darstellte und die als Anlage zu seiner 1778 veröffentlichten Abhandlung „Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande“ verbreitet wurde. – Diese Karte diente Goethe als Vorbild für die mineralogische Erschließung der thüringischen Gebiete, mit der er Johann Carl Wilhelm Voigt beauftragte (vgl. zu 86,7–9). Im November 1782 schrieb Goethe an Merck: Ich habe die Charpentierische mineralogische Charte erweitern laßen, so daß sie nun vom Harze biß an den Fichtelberg, von dem Riesengebürge biß an die Rhön reicht 〈…〉. Es ist das sicherste Mittel bald Begriffe von dem Ganzen zu kriegen. (WA IV 6, 81f.) Goethe interessierte sich Ende 1799 für Charpentiers „Beobachtungen über die Lagerstätten der Erze, hauptsächlich aus den Sächsischen Gebirgen“ (Leipzig 1799; vgl. Ruppert, 641, Nr 4460), in denen dieser eine Gegenthese zu Abraham Gottlob Werners Theorie zur Entstehung der Erz- und Mineralgänge vertrat (vgl. dazu LA II 7, 482f.). – Goethes Beziehung zu Charpentier war amtlicher Natur und stand im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus. Charpentier war als kartographischer Experte bei der Erstellung einer bergmännischen Karte von Ilmenau auf Anraten Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebras herangezogen worden (vgl. die zweite Erläuterung zu 89,5). Eine persönliche Begegnung ist nicht dokumentiert. Von Goethe sind nur die zwei im vorliegenden Band enthaltenen Briefe überliefert, die er als Leiter der Bergbaukommission aufsetzte. Darin nutzte er wie so oft die Gelegenheit, auch seine privaten Interessen (die eigene Steinsammlung) vorzubringen. – Nur der Antwortbrief Charpentiers an Goethe ist überliefert (vgl. zu 89,21). 89,3 unter dem 3 Jenner d. J.] Charpentier hatte am 3. Januar 1780 Johann August von Kalbs Schreiben vom 23. September 1779 beantwortet: „Mit Vergnügen habe ich den Auftrag zu Stechung der Illmenauer Karte besorget: HL. Zingg hat mir versprochen, sie zum Anfange dieses Jahres auszuhändigen, und ich erwarte täglich Nachricht von ihm, die ich Eu. HochwohlgebL. sodann sonder Anstand überschreiben werde, um mir Dero weitere Befehle darüber auszubitten. Die Anzahl der 400 Abdrücke soll gleich falls auf die vorgeschriebene Art befolget werden.“ (LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 139.) – ‚d. J.‘: dieses Jahres. 89,4 Herrn Kammerpräsident von Kalb] Johann August von Kalb war seit 1776 Präsident des Kammerkollegiums in Weimar. Er hatte bis zum April 1780 die Leitung der am 18. Februar 1777 gegründeten Bergwerkskommission inne, zu der Goethe von Anfang an gehörte. Am 14. November 1777 wurde Johann Christian Ludwig Eckardt Mitglied der Kommission (vgl. Wahl, Consilium, 222, Nr 1577 und 306, Nr 3112; Wahl, Bergwerkskommission, 187–190). 89,5 Herrn Zingg] Der Schweizer Zeichner, Radierer und Kupferstecher Adrian Zingg war seit 1766 Lehrer an der Kunstakademie Dresden. Er war von Charpentier empfohlen worden (vgl. die folgende Erläuterung). 89,5 Charte des ilmenauer Bergreviers] Die vom kursächsischen Markscheider Johann Gottfried Schreiber zwischen August 1776 und August 1777 bearbeitete

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und von Franz Güßefeld gezeichnete „Charte über einen Theil der Gebirge im Hennebergischen Herzogl. Sachs-Weimarischen Antheils“. Sie war als Anlage geplant zu einer von Johann Christian Ludwig Eckardt verfassten „Nachricht von dem ehmaligen Bergbau bey Ilmenau“ (vgl. zu 98,1). Die Veröffentlichung verzögerte sich aufgrund der langwierigen juristischen Verhandlungen im Vorfeld der Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus bis 1783 (vgl. zu 409,10). – Mit der Erstellung und Veröffentlichung der Karte beschäftigte sich die Bergwerkskommission über mehrere Jahre (vgl. „Acta Commiss. die Fortsetzung des Plans zu WiederAufnahme des Ilmenauer Bergwerks, und die hierüber ins Publicum zu erlassende Nachricht, ingL. den Kupferstich der BergCharte betrL. Ergangen vor FürstL. S. BergwerksCommission, 1777–1783“ [LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 63–186]). – Schreiber hatte sich bei der Erstellung der Karte an Charpentiers „Bergwerks Charte des Bergamtsreviers Marienberg“ (1770) orientiert. In Goethes Nachlass ist ein auf den 21. August 1777 datierter Bericht Schreibers zur Karte überliefert (vgl. GSA 26/LVIII,37, Bl. 41–52; LA II 7, 6f., M 3; vgl. auch die Abschrift in: LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 90–122). – Charpentier war im Jahr 1778 auf Anraten Trebras und aufgrund seiner Expertise zur Erstellung der Karte herangezogen worden. In einem Schreiben an Trebra vom 28. Februar 1778 hatte er einen Kupferstecher aus Dresden empfohlen (wohl Adrian Zingg) sowie einen Kostenvoranschlag gemacht (vgl. ebd., Bl. 128). Charpentier erstellte die Vignette der Karte selbst (vgl. dessen Schreiben an Kalb vom März 1779; ebd., Bl. 133). Über die von Kalb geführten Verhandlungen mit dem Adressaten waren Eckardt und Goethe informiert (vgl. ebd., Bl. 128–138). 89,7–8 400 gebetenen Abdrücke] Die Auflage wurde nach oben korrigiert. Im Antwortbrief war von 500 Exemplaren die Rede. Goethe schlug in einem Brief an Fritsch vom 19. Februar 1782 vor, jeweils 300 Abdrücke auf besserem und 300 auf schlechterem Papier herzustellen (vgl. WA IV 5, 263). Laut Zinggs Rechnung vom 18. Mai 1782 wurden tatsächlich 600 Abdrücke hergestellt (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 153). 89,10–11 gegenwärtig dies Geschäft aufgetragen worden] Goethe, der seit 1777 der Bergwerkskommission angehörte, hatte seit dem 18. April 1780 ihre Leitung inne, nachdem Johann August von Kalb den Vorsitz am 8. April 1780 niedergelegt hatte (vgl. Wahl, Consilium, 561, Nr 7660 und 565, Nr 7724; Wahl, Bergwerkskommission, 190f.). Somit wurden die Bergwerksangelegenheiten aus dem Geschäftsbereich der Kammer herausgelöst. – Offenbar teilte der Kammerpräsident die optimistischen Einschätzungen Goethes und Trebras über die Wiederaufnahme des Bergbaues in Ilmenau nicht. Möglicherweise war von Kalbs Rücktritt eine Reaktion auf ein im März 1780 eingegangenes Schreiben Kursachsens, das auf seinem Recht auf den Zehnten bestand und die sachsen-weimarischen Hoffnungen auf eine schnelle Einigung enttäuschte (vgl. zu 411,10–11). – Kalbs Demission war der erste Schritt zu dessen Entlassung aus sachsen-weimarischen Diensten im

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Juni 1782 aufgrund starker Differenzen hinsichtlich von zu ergreifenden Maßnahmen zur Linderung der misslichen Finanzlage des Herzogtums (vgl. Ventzke, 116–118). Goethes Verhältnis zu Kalb war bereits zerrüttet, wie aus den Tagebucheinträgen vom 11. Juli 1776 (vgl. GT I 1, 21) und vor allem vom Dezember 1778 hervorgeht: Hundsfüttisches Votum von K in der Bergw. Sache. (Ebd., 69.) Auch nach dessen Amtsenthebung äußerte er sich in einem Brief an Knebel vom 27. Juli 1782 abfällig über Kalb: Als Geschäfftsmann hat er sich mittelmäsig, als politischer Mensch schlecht, und als Mensch abscheulich aufgeführt. 〈…〉 Es ist vorüber. (WA IV 6, 16.) 89,11 einige wenige Nachricht] Vgl. zu 89,21. 89,14–15 Ihren so sehr beliebten Schriften] Vor allem die „Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande“ (Leipzig 1778), die wegen der geologischen Kartographierung eines größeren Gebietes als eine bahnbrechende Arbeit galt (vgl. die einleitende Erläuterung). 89,18–19 Sammlungen von allen Gesteinarten dortiger Gebürge] Charpentier hatte die Sammlung für einen Preis von 12 Talern angeboten (vgl. Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande, S. XXVf.). Goethe erhielt sie erst im Januar 1781 (vgl. zu 98,4). Im Frühling 1780 hatte Goethe eine eigene Mineraliensammlung angelegt, die er im Sommer zu erweitern suchte (vgl. zu 93,28). 89,21 einer gefälligen Antwort] Der mit einem eigenhändigen Empfangsvermerk Goethes vom 31. Juli 1780 versehene Antwortbrief Charpentiers lautet: Hochwohlgebohrener Herr Höchstgeehrtester Herr Geheimer Rath Auf Eu. HochwohlgebL. angenehmes Schreiben habe ich sogleich an HLrn. Zingg nach Dresden geschrieben, und aufs neue um einige Nachricht wegen der Illmenauer Bergwerks Karte gebeten. HL. Zingg hat mir am 19t. dieses geantwortet: Er sey mit der Karte schon ziemlich weit, die Schrift sey auch schon hineingestochen, da aber einiges im Aezen mißlungen sey, und durch ihm geändert und gebessert werden müsse, so wäre er genöthiget gewesen die Platte liegen zu lassen, weil ihn überdem Hindernisse und Geschäfte vorgekommen denen er nicht habe ausweichen können, und er wünsche mir diese Arbeit gut zu liefern. Er hätte zu 500 Abdrücken sehr schönes Schweizer Pappier kommen lassen, seine überhäuften Arbeiten hinderten ihn aber so, dass er vor kommenden Winter nicht wieder würde daran arbeiten können. Ich werde ihn fleissig daran / erinnern, wie ich denn anfänglich dieserhalb zweymal nach Dresden gereiset bin, um alles genau mit ihm selbst zu bereden. Einen Künstler kan man, wie Sie liebster Herr Geheimer Rath selbst wissen, nicht wohl zur Arbeit zwingen, inzwischen da HL. Zingg ein von allen Seiten liebeswürdiger Mann ist, so verspreche ich mir ihm zur Beförderung der Arbeit so viel möglich durch freundschaftliches Zureden zu bringen.

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Der Beyfall mit dem Sie meine mineraL. Geogr. Sachsens beehren gereicht mir zum ausnehmenden Vergnügen, und die dazu gehörige Sammlung der Gesteinarten habe ich bereits besorgt, und zum Versenden schon bey mir; ich erwarte hierüber noch einige Anweisung an wem ich sie vielleicht nach Leipzig, oder durch was für eine andere Ihnen gefällige Gelegenheit absenden soll? In der angenehmsten Erwartung fernerer Aufträge von Ihnen bester Herr Geheimer Rath die ich mit wahren Vergnügen besorgen werde, habe ich die Ehre mich mit ausgezeichnester Hochachtung zu nennen Eu. HochwohlgebL. Freyberg am 25 Julius 1780

ganz gehorsamster Diener Johann Friedrich Wilhelm Charpentier.

(H: LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 141; vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 31 [Teildruck mit Datumsangabe vom 23. Juli 1780]).

124. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 22. Juli 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 68. – 1 Bl. 19 × 7,3(–7,6) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „49.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 51), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 323. WA IV 4 (1889), 256, Nr 979. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 90,1 Wie lang 〈…〉 nicht gesehen.] Am 5. Juni war Goethe zu einem Besuch des Gothaer Hofes aufgebrochen, noch während seiner Abwesenheit reiste Charlotte von Stein am 8. oder 9. Juni zu ihrer Schwester Louise von Imhoff nach Mörlach (vgl. die erste Erläuterung zu 62,8). Etwa am 19. oder 20., spätestens am 21. Juli muss sie zurückgekehrt sein, wie auch der Brief von Carl August an Knebel vom 27. Juli belegt: „Frau von Stein ist beinahe schon acht Tage zurück 〈…〉. Sie kommt mir wohler und auch ein wenig stärker vor.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 122.) 90,2 herunter] In Goethes Garten und Haus am „Stern“.

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90,3 Ettersburg] Schloss Ettersburg, Sommerresidenz der Herzoginmutter Anna Amalia und gelegentliche Spielstätte des Liebhabertheaters, wo am selben Abend Kostümprobe zu den „Vögeln“ war und Goethe übernachtete (vgl. zu 90,9).

125. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 23. Juli 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach den inhaltlichen Parallelen zum Brief vom 22. Juli 1780 (Nr 124) auf den 23. Juli 1780 datiert (vgl. zu 90,5–6; zu 90,9). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 104. – Doppelblatt 11,5 × 18,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Bl. 2 obere rechte Ecke abgeschnitten; S. 3 Adresse: An Frau v. Stein, rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); S. 1 unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „130.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 130), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 323f. WA IV 7 (1891), 256f., Nr 980. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 90,5–6 von Zimmer zu Zimmer 〈…〉 weggeplaudert] In Schloss Ettersburg, wo sich Goethe seit dem Abend des 22. Juli aufhielt und übernachtet hatte (vgl. 90,3). 90,7 die Steine der Frl Thusnelde] Thusnelda, einer der Spitznamen Louise von Göchhausens (vgl. GB 3 II, zu 29,10–11). Sicher auch angeregt durch Goethe (vgl. zu 98,16), hatte sie 1780 begonnen, eine Stein- und Fossiliensammlung anzulegen. Göchhausens mineralogischer Liebhaberei ist 1781 im „Journal von Tiefurth“ (2. Stück) die scherzhafte Miszelle „Mineralogie“ gewidmet (Journal von Tiefurt2, 48). 90,8 noch wenig dicktirt] An den „Vögeln“ (vgl. zu 74,15–16). 90,8 Gozzen] Georg Paul Goetze, Goethes Laufbursche und Hausdiener. 90,9 Scapin und Piarrot anprobirt] Die beiden Hauptfiguren Treuefreund und Hoffegut treten in Goethes „Vögeln“ in den Kostümen (Masken) Scapins (ital.

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Scappino) und Pierrots (ital. Pagliaccio) auf, die der italienischen Commedia dell’arte entnommen sind (vgl. zu 106,11). 90,10 ich gefiel mir selbst] Goethe spielte den Treuefreund, der als Scapin, einer Variante der komischen Dienerfigur (ital. Zanni, Zanoni), auftrat. Geschickter und gewandter, auch verschlagener als die übrigen Diener (Pagliaccio und Arlecchino), ist er meist als Bauer gekleidet, oft mit Geldbörse und Dolch, auch mit Gitarre. 90,10 Einsiedel] Friedrich Hildebrand von Einsiedel spielte den Hoffegut im Kostüm des Pierrot, ebenfalls eine der Dienerfiguren der Commedia dell’arte. Als die tollpatschigere, ungeschicktere Figur tritt er meist weißgeschminkt und im übergroßen weißen Anzug auf. – Einsiedel, Kammerherr der Herzoginmutter, gehörte zum engeren Freundeskreis um Herzog Carl August und zu Goethes frühesten Bekanntschaften am Weimarer Hof. Musikalisch und literarisch begabt, verfasste er Singspiele, kleine Theaterstücke, Gedichte und Erzählungen und war eine der Stützen des höfischen Liebhabertheaters (zur Person und Goethes Beziehung zu ihm vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 124). 90,11 betrügen] Hier in positiver Bedeutung, mit Bezug auf künstlerische Wirkungen (der Komödie): eine Illusion hervorrufen, (dem Publikum) etwas vormachen (vgl. GWb 2, 566f.). 90,15 Lüzzendorf] Lützendorf am Südhang des Ettersberges, heute Ortsteil von Weimar.

126. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 24. Juli 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 69. – 1 Bl. 19 × 10(–10,2) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „50.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 52), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 324. WA IV 4 (1889), 256f., Nr 981. BEIL AG EN

1) Handschuhe (vgl. zu 90,19). 2) Brief Knebels an Goethes (vgl. die erste Erläuterung zu 90,17). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

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90,17 Knebel schreibt mir] Laut Tagebuch hatte Knebel am 12. Juli aus Zürich an Goethe geschrieben (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 29v); der Brief ist nicht überliefert. Goethe antwortete am 24. Juli (Nr 127). 90,17 einige Worte von Ihnen] Charlotte von Stein führte mit Knebel einen intensiven Briefwechsel, wie ihr Brief vom 31. Juli bis 7. August 1780 belegt (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.). 90,18 Zettelgen] Ein Gruß Charlotte von Steins an Knebel, den Goethe mit seiner Antwort an Knebel dem Brief an Lavater vom 24. Juli beigeschlossen haben könnte (vgl. zu 94,19). 90,19 Die berühmten Handschue] Vgl. zu 76,12–13. 90,20 Behrischen] Goethes Leipziger Freund und Mentor Ernst Wolfgang Behrisch, seit 1773 Erzieher des Erbprinzen von Anhalt-Dessau, der sich im Juli 1780 einige Tage in Weimar aufhielt (zur Person vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 18). Am 21. Juli war der „PrinzenHofmstr. Berish v. Dessau“ gemeinsam mit „Geh: Rath Gethe“ Gast der fürstlichen Mittagstafel (FB 1780, S. 154). Goethes Verbindung zu Behrisch war durch die Besuche am Dessauer Hof wiederbelebt worden (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 207,15).

127. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar〉, 24. Juli 1780 → 〈Basel〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: The Morgan Library & Museum, New York; Collection of the HeinemanFoundation, MA 6873. – Doppelblatt 16,2 × 18,9 cm, 4 S. beschr., egh. und Schreiberhd (Seidel) (93,1–14 1.) Zum Quartal 〈…〉 Durchl “ 600. –), Tinte. – Beischluss zu Nr 128 (vgl. zu 94,19). – Faksimile (S. 4): Abb. 4 im Textband (S. 91). E: WA IV 50 (1912), 11–13, Nr 982a (Carl Schüddekopf). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet zwei nicht überlieferte Briefe (vgl. zu 92,1). Lavater schickte auf Knebels Bitte hin den Brief nach Basel weiter (vgl. zu 96,17), wo dieser ihn am 13. August erhielt (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 34v). – Ein Antwortbrief ist nicht überliefert. Knebel schrieb am 10. August aus Basel Briefe an Emilie von Werthern, Carl August, Prinz Constantin und Sigmund von Seckendorff und notierte im Tagebuch: „Schickte an Göthe meine Reisebeschreibung mit.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 34r.) Ob der Sendung ein Brief an Goethe beigelegt wurde, der sich mit vorliegendem Brief kreuzte, lässt sich nicht ermitteln.

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BRIEF 127

Gegen Schüddekopfs Annahme, Seidel habe zuerst den Rechnungsauszug niedergeschrieben (93,1–14) und Goethe daraufhin „den Bogen umgefaltet“ und den Brief geschrieben, „um endlich an Seidels Aufstellung weiter anzuschliessen“ (WA IV 50, 159), spricht der handschriftliche Befund: Auf S. 2 wurde über den rechten Rand hinaus geschrieben. Dies deutet darauf hin, dass Goethe zunächst den ersten Briefteil (S. 1–2) schrieb, den er mit Abschiedsformel, Datum und Paraphe versah, anschließend Seidel den Rechnungsauszug diktierte und selbst ergänzte (S. 3) und sodann den zweiten Briefteil (S. 4) schrieb und den Bogen faltete. 92,1 von dir zu hören] Aus Zürich schrieb Knebel am 5. und am 12. Juli 1780 an Goethe (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28v und 29v). Beide Briefe sind nicht überliefert. Am 12. Juli schrieb er zudem an die Herzoginmutter Anna Amalia, an Emilie von Werthern und an Prinz Constantin. 92,4 in seiner Athmosphäre] ‚Atmosphäre‘ hier im Sinne von ‚Ausstrahlungskraft‘ (vgl. GWb 1, 889). – Goethe betonte mehrfach den wohltuenden persönlichen Umgang mit Lavater, bei allen inhaltlichen Differenzen, so im Brief an Knebel vom 30. November 1779: Lavater ist und bleibt ein einziger Mensch, den man, nur 3 Schritte von ihm, gar nicht erkennen kan. Solche Wahrheit, Glauben, Liebe, Gedult, Stärcke, Weisheit, Güte, Betriebsamkeit, Ganzheit, Manigfaltigkeit, Ruhe pp ist weder in Israel noch unter den Haiden. (GB 3 I, 357,26–29.) Auch von der Reise in die Schweiz mit Carl August erhoffte Goethe insbesondere durch die Bekanntschaft mit Lavater einen positiven Einfluss auf den jungen Herzog (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). Diese Erwartungen schienen zumindest zeitweise auch erfüllt worden zu sein (vgl. zu 3,10). Daher erhofften Goethe und Carl August eine ähnlich positive Wirkung auf Knebel, dessen Hypochondrie durch den Umgang mit Lavater Linderung erfahren sollte (vgl. Carl August an Lavater, 21. September 1780; abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu Nr 177). Knebel selbst teilte Lavater in seinem Brief vom 19. bis 20. Oktober 1780 aus Weimar seine Dankbarkeit mit: „Unter tausenden hab’ ich keinen gefunden wie dich, lieber! Edler! Gewiß keinen unter allen der mir ist, was du mir bist!“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.111; vgl. weiter zum Brief GJb VI [1885], 100.) 92,5 Auf Genv schick ich dir hundert Carolin.] Goethe schickte den Geldbrief am 28. Juli (vgl. Beilage zu Nr 130). – ‚Genv‘: Nach franz. Genève. 92,7 beyliegender Rechnung] S. 3 der Handschrift (93,1–18). 92,8–9 schreibe doch 〈…〉 und den Prinzen] Weder die überlieferten Briefe Knebels an Carl August und Constantin noch die Gegenbriefe lassen darauf schließen, dass Knebel um mehr Geld bat. Er hatte zunächst vor, weiter nach Genf zu fahren. Aus Geldsorgen entschloss er sich aber, die Reise nicht weiter auszudehnen, und zwar noch vor Empfang des vorliegenden Briefes (vgl. zu 96,17). 92,10 200 Carol.] 200 Carolin entsprachen 1300 Reichstalern.

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92,13 aussezzen] ‚Aussetzen‘ hier in der Bedeutung von ‚einen Geldbetrag zur Verfügung stellen‘ (vgl. GWb 1, 1241). 92,13 – 14 wies so offte geschehn ist] Anspielung auf die kostspielige Reise Johann Carl Albrechts, deren Folgen zum Zeitpunkt dieses Briefes noch präsent waren. – Der ehemalige Lehrer Carl Augusts hatte von 1776 bis 1779 Reisen nach Wien, Italien, Frankreich und England unternommen. Während seiner Reisen hatte er wiederholt Carl August um neuen Kredit über dessen Schatullier gebeten (vgl. Albrechts Briefe an Bertuch; GSA 6/31). Insgesamt gab Albrecht 5099 Reichstaler aus. Er konnte die angehäuften Schulden nicht zurückzahlen und in der Privatschatullrechnung des Herzogs musste der Betrag von knapp über 2790 Reichstalern als außerordentliche Ausgabe verbucht werden (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1083, Bl. 33v). Zunächst wies Carl August Bertuch an, den Betrag von 1790 Reichstalern „in Außgabe zu verschreiben, u. die überbleibenden 1000 rL. durch jährL. Abzug von 100 rL. beyzubringen“, am 16. Juni 1780 erließ er Albrecht den restlichen Betrag (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 134). – Prinz Constantin wählte 1781 Albrecht als Begleiter für seine Italienreise (vgl. zu 340,10 – 11), was zu Knebels Verdruss und Übersiedlung nach Franken führte (vgl. zu 339,11). 92,16 Paulsen für dich bezahlt] Vgl. zu 80,26–27. 92,16–17 die Schattulle 〈…〉 über all zu flicken] Anspielung auf die prekäre Lage von Carl Augusts Finanzen. Die herzogliche Schatulle trug nicht nur die privaten Ausgaben Carl Augusts, sie finanzierte auch einzelne öffentliche Projekte, etwa die Verbesserung des Brandschutzes, Zuschüsse für die Zeichenschule und das Privattheater, Besoldungen, Stipendien und Pensionen, so an Corona Schröter, Wieland und Goethe (vgl. Ventzke, 97–107). Die Schatulle musste sich immer mehr Geld von der Weimarer Kammer leihen (vgl. ebd., 112f.). – Angesichts der angespannten Lage der herzoglichen Schatulle durfte sich bei Knebel kein ähnlicher Fall wie bei Albrecht ergeben, zumal der Herzog bereits eine Schuld für ihn übernehmen wollte (vgl. zu 80,26–27). 92,17–18 Dass Lavatern meine Iphigenie 〈…〉 grose Freude.] Vgl. zu 94,8. 92,22 Der erste Ackt meiner Vögel] Vgl. zu 74,15–16; zu 74,18–19. 93,1 Mich. und Weihnl.] Michaelis und Weihnachten: das dritte und vierte Quartal des Jahres. 93,2 Serenissimo] Dativ von lat. Serenissimus; hier: Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. – Das Gehalt wurde nicht aus der herzoglichen Privatschatulle, sondern von der Weimarer Kammer gezahlt (vgl. LATh – HStA Weimar, Rechnungen 282, Bl. 176v). 93,5 Extraordinarie von dem Prinzen] Knebel erhielt aus Prinz Constantins Schatulle eine Besoldung von 50 Reichstalern pro Quartal. Für die beiden letzten Quartale des Jahres 1780 bekam er jeweils 100 Reichstaler (vgl. die Quittungen in

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BRIEF 127

den Schatullrechnungsbelegen 1780: LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1425, Bl. 467–468). 93,7–8 500 rh als: Vorschuss] Im Geheimen Consilium war am 31. Mai 1780 über einen Besoldungsvorschuss für Knebel entschieden worden (vgl. Wahl, Consilium, 579, Nr 8013). Knebel notierte am 4. Juni in seinem Tagebuch den Erhalt von 500 Reichstalern (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 24v), die den regelmäßigen Quartalszahlungen für die zweite Jahreshälfte von der Weimarer Kammer und Constantins Schatulle entsprachen sowie einem Viertel der außerordentlichen Zahlung aus Constantins Schatulle. 93,11 uts.] Lat. ut supra: wie oben. 93,12 Auf 1781 zu erwarten:] Wahrscheinlich waren Knebels Einkünfte 1781 nicht so hoch wie von Goethe veranschlagt und beliefen sich auf 800 Reichstaler: Knebel erhielt, wie angegeben, 600 Reichstaler Besoldung vom Herzog (allerdings nicht aus der Privatschatulle, sondern von der Weimarer Kammer [vgl. LATh – HStA Weimar, Rechnungen 282, Bl. 176v; Rechnungen 283, Bl. 132v]). Unter Constantins Schatullrechnungsbelegen finden sich jedoch nur die Quartalsbesoldungen über jeweils 50 Reichstaler, die Knebel am 29. April, 15. Juni und (für die beiden letzten Quartale) am 1. November 1781 quittierte (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1426, Bl. 146–148). Beide Quartalszahlungen, 150 Reichstaler von der Kammer und 50 Reichstaler aus Constantins Privatschatulle, wurden nach Knebels Weggang nach Franken im November 1781 fortgesetzt; Knebel beschwerte sich in einem Brief vom 4. Oktober 1781 beim Herzog, dass ihm eine im Vorjahr versprochene Jahreszahlung von 200 Reichstalern nicht gewährt worden sei (vgl. S. 1039,6–8). 93,15 vom Jahre 1780 Rest] Die restlichen 300 Reichstaler der außerordentlichen Zahlung durch Constantin wurden offenbar später von Goethe vorgeschossen: Er quittierte am 29. Dezember 1780, als Knebel längst wieder in Weimar war, die Rückerstattung von Z w e y h u n d e r t T h a l e r Reise Auslagen für Hl. von Knebel 〈…〉 aus Sr. Dhl. des Hl. Prinzen Constantin Scatoulle (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1425, Bl. 475). Die restlichen 100 Reichstaler wurden Goethe erst am 2. März 1781 erstattet (vgl. ebd., Fürstenhaus A 1424, Bl. 163). 93,19 Streibern] Über den Eisenacher Bankier Johann Lorenz Streiber waren die von Goethe und Carl August in der Schweiz erhobenen Gelder verrechnet worden (vgl. Willy Andreas: Die Kosten der Schweizerreise Goethes und Carl Augusts von Weimar [1779]. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 1 [1951], S. 77–85). 93,19–20 an welch Haus er Ordre gegeben hat] Vgl. zu 96,5–6. 93,20–21 du kriegst wohl diesen Brief und den folgenden in Luzern] Goethe schickte die Briefe nach Zürich an Lavater, der sie weiterleitete. Knebel hielt

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sich vom 4. bis 7. August in Luzern auf (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 33); vorliegenden Brief erhielt er in Basel, den darauffolgenden (Nr 130) in Emmendingen. 93,21 in der Waage] Gasthof zur Waage (Hôtel de la Balance). – Während ihres Aufenthalts in Genf vom 27. Oktober bis zum 3. November 1779 hatten Goethe und Carl August in diesem „sehr guten Gasthof“ übernachtet (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 115), wie aus einem Brief Carl Augusts an Knebel vom 7. Juni 1780 hervorgeht. In einem späteren vom 27. Juli heißt es: „vieleicht hast du schon Genf erreicht, u. stehst aux Balances am Eckfenster 〈…〉. Der Wirth ist ein sehr braver Mann, u. nirgends wirst Du billiger seyn als bey ihm.“ (GSA 54/249, Bl. 15r.) 93,23–24 Der Knaben Kopf 〈…〉 ein Original.] Nicht ermittelt; in den Weimarer Sammlungen ist kein Bild mit dem Monogramm „A¯“ überliefert. 93,24 Die Kupfer] Nicht ermittelt. – Offenbar hatte Knebel einige Objekte während seiner Reise angeschafft. In seinem Tagebuch notierte er während seines Aufenthalts in Augsburg am 22. und 23. Juni zwei Besuche beim Kunsthändler Carl August Großmann (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 27r). Ein Ankauf ist jedoch nicht dokumentiert. – In Erlangen hatte Knebel am 7. Juni einige „Dürers“ bei Ludwig von Streit gesehen (ebd., Bl. 24v); ob die hier erwähnten Kupferstiche mit diesem Besuch im Zusammenhang standen, ist ungewiss. – In Carl Augusts Schatullrechnung findet sich lediglich ein Beleg für „Ostindische Hölzer“, die Knebel für den Herzog in Nürnberg bestellt hatte (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1088, Bl. 262–264). ¯ ] Das Monogramm konnte nicht identifiziert werden (vgl. 93,25 das Zeichen A Abb. 4 im Textband, S. 91). 93,27 Berisch von Dessau] Vgl. zu 90,20. 93,27–28 In Ettersburg siehts gut aus.] Anspielung auf die Vorbereitungen für die Uraufführung der „Vögel“ (vgl. zu 106,11). In Ettersburg machte Goethe im Sommer 1780 außerdem Versuche mit Elektrizität (vgl. zu 86,29). 93,28 Ich bin in die Passion der Mineralogie gefallen.] Die zunehmende amtliche Beschäftigung mit dem Bergbau weckte Goethes Interesse für Geologie und Mineralogie. Seit der Übernahme der Leitung der Bergwerkskommission im April 1780 war dieses Interesse intensiviert worden (vgl. zu 89,10–11) und Goethe arbeitete eng mit Johann Carl Wilhelm Voigt zusammen (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 239). Bereits vor Knebels Abreise hatte Goethe begonnen, sich seiner Netzwerke zum Aufbau einer Mineraliensammlung zu bedienen (vgl. zu 41,22). Während Knebels Reise wurden diese Bestrebungen fortgeführt (vgl. zu 86,9–11; 105,17; zu 112,15–16) und Nachschlagewerke angeschafft (vgl. LA II 7, 286–290). Die systematische Sammlung wurde mit Voigts Unterstützung nach Abraham Gottlob Werners Prinzipien geordnet (vgl. zu 144,19), wie Goethe am 5. Juli im Tagebuch notierte, nachdem er am Vortag Stufen von Trebra erhalten hatte (vgl. GT I 1, 113; Prescher, Goethes Sammlungen, 25). Laut Voigts Brief an seinen ehemaligen Lehrer Werner vom 6. Juli 1780 hatte Goethe bereits „auf der letzten Reise in die Schweiz

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die 4 Monate währte, 〈…〉 schöne Sachen gesammelt.“ (LA II 7, 288.) Dabei hatten Goethe und Carl August mehrere Naturaliensammlungen besucht (vgl. GB 3 II, vierte Erläuterung zu 311,16 und erste Erläuterung zu 359,27; LA II 7, 273). – Im nächsten Brief bat Goethe Knebel darum, nach Mineralien aus der Schweiz zu fragen (vgl. zu 96,12–14).

128. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 24. Juli 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 120. – Doppelblatt 16,2 × 18,8(–19) cm, 4 S. beschr., S. 1–2 (94,1–27 Mir ist herzlich lieb 〈…〉 dl. 24 Jul 80 G.) egh., S. 3–4 (94,28–95,30 Wir werden zwar 〈…〉 gesund und behaglich.) Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe und Schluss (95,32–33 Sage Kaysern 〈…〉 Grüße B.), Tinte. – Beischluss: Nr 127 (vgl. zu 94,19). E: Goethe-Lavater1 (1833), 93–97, Nr 25. WA IV 4 (1889), 257–260, Nr 982. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 15. Juli 1780 (vgl. RA 1, Nr 122). – Lavater antwortete am 5. August 1780 (vgl. RA 1, Nr 123). Postsendungen: 24. Juli 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). 94,1 durch Kn.] Carl Ludwig von Knebel hatte sich während seiner Schweizer Reise zwischen dem 29. Juni und dem 14. Juli 1780 in Zürich aufgehalten; er vermerkte in seinem Tagebuch tägliche Begegnungen mit Lavater (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28–30; zu 69,18–19; zu 83,13). Lavater hatte im Bezugsbrief die durch Knebel hergestellte geistige Nähe zu Weimar betont (vgl. Goethe-Lavater3, 121 und 123). Ein ähnlich idealisiertes Bild von Weimar hatte er im Brief an Carl August vom 19. Juli 1780 entworfen: „K n e b e l hat mich aufs neüe in die Weymarische Luft und in die lieben Kreise hineingesezt. Er hat sich bey uns allegemeine Achtung und Liebe erworbenn“ (Brief vollständig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1026). 94,1–4 Gewiss ist 〈…〉 entstehen müsse] Anspielung auf das lebendige geistige Leben in der kleinen Residenz Weimar sowie auf die Spannungen im Umfeld der Künstler- und Dichterkreise. 94,5 Sauerteig] Anspielung auf 1. Kor. 5,6–7: „Wisset ihr nicht, daß ein wenig sauerteig den gantzen teig versäuert? / Darum feget den alten sauerteig aus, auf daß ihr ein neuer teig seyd, gleichwie ihr ungesäuert seyd.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 172.)

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94,8 Iphigenie] Knebel nahm die Prosafassung von „Iphigenie auf Tauris“ mit in die Schweiz (SBB/PK Ms. germ. Quart. 634; vgl. WA I 39, 321–404; vgl. auch GB 3 II, erste Erläuterung zu 266,10). Er hatte sie am 6. Juli 1780 an Lavater geschickt (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 29r). Barbara Schultheß hatte sie in den darauffolgenden Tagen abgeschrieben (vgl. Karl-Heinz Hahn und Eva Beck: Zu einer Handschrift der „Iphigenie“ in Prosa. In: GJb 89 [1972], 261–271). Im Bezugsbrief berichtete Lavater: „Deine I p h i g e n i e hab’ ich zweymal gelesen, K n e b e l n auch sie P f e n n i n g e r n u. O r e l l e n u. Frau O r e l l (To b l e r, der alte, kam eben dazu) lesen gehört. Dein großer altgriechischer Sinn hat uns alle gleich gehoben, getragen u. herzlich gesättigt. Die S c h u l t h e ß hat auch keine Worte für das herrliche Ding. Freüe dich unsrer Freüde darüber.“ (Goethe-Lavater3, 121f.) Das Stück wurde in Zürich bei weiteren gemeinsamen Vorlesungen intensiv rezipiert (vgl. ebd., 129, 410). Lavater schuf auf der Grundlage von Schultheß’ Abschrift eine Fassung in freien Jamben (vgl. zu 157,15). 94,9–12 Da wir mit unsren Existenzen 〈…〉 Zielen schiessen] Anspielung auf die im Briefwechsel mit Lavater immer wieder thematisierte Kluft zwischen persönlicher Sympathie und unterschiedlichen Ansichten der Briefpartner, besonders Lavaters Christologie betreffend. In „Dichtung und Wahrheit“ zog Goethe das Resümee: Manche Epoche meines nachherigen Lebens ward ich veranlaßt über diesen Mann zu denken, welcher unter die Vorzüglichsten gehört mit denen ich zu einem so vertrauten Verhältniß gelangte. 〈…〉 Nach unsern auseinander strebenden Richtungen mußten wir uns allmählich ganz und gar fremd werden, und doch wollt’ ich mir den Begriff von seinem vorzüglichen Wesen nicht verkümmern lassen. (AA DuW 1, 623f. [19. Buch].) 94,16 Die Dürers schick ich gleich] Lavater hatte am 15. Juli die Rücksendung seiner Dürer-Sammlung (vgl. zu 13,18) gefordert: „Denn im ewigen Leben kann ich sie nicht mehr genießen.“ (Goethe-Lavater3, 123.) Goethe schickte sie erst am 3. September 1780 nach Zürich zurück (vgl. zu 113,11). 94,19 Knebeln innliegendes.] Der beigeschlossene Brief Goethes an Knebel vom 24. Juli 1780 (Nr 127), den Lavater nach Basel weiterschickte. 94,20 Apokalypse] Lavater hatte Goethe am 15. Juli 1780 die endgültige Abgabe des Druckmanuskripts von „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn“ gemeldet (vgl. Goethe-Lavater3, 121), dessen Überarbeitung er in der ersten Jahreshälfte vorgenommen hatte (vgl. zu 13,11; zu 30,1–2). 94,21–23 ich habe aus einem Stück 〈…〉 restituiren musste] Goethe überarbeitete im Februar 1780 die zweite, dreiaktige Fassung der „Mitschuldigen“ für eine geplante Aufführung am Mannheimer Nationaltheater durch Wolfgang Heribert von Dalberg (vgl. zu 26,5–8; zu 43,5). Dabei entschärfte er grobe Ausdrücke und Doppeldeutigkeiten, die beim Weimarer Publikum Anstoß erregt hatten (vgl. zu 188,7–8). Die von Carl August missbilligten und von Goethe zurückgenommenen Korrekturen lassen sich anhand der überlieferten Handschriften im

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Einzelnen nicht mehr rekonstruieren. – Die zweite Fassung von 1769 (H2) ist als eigenhändige Reinschrift Goethes in der UB Leipzig überliefert (Slg Hirzel B 11). Zwei im GSA überlieferte Reinschriften der dritten Fassung von der Hand Christian Georg Vogels stammen aus dem Jahr 1783 (GSA 25/W 1218 [H3] und 25/W 1219 [H4]; vgl. WA I 9, 46f. und 461f.). Für den ersten Druck des Stückes 1787 in der Göschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (Bd 2. Leipzig 1787, S. 241–368) hatte Goethe, teilweise nach Herders Vorschlägen, H4 noch einmal revidiert (zu den Handschriften im GSA vgl. Inventare 2 II, 11f. und 441f.). 94,24 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). Goethe hatte ihr am 17. Juli 1780 geschrieben (EB 49). 94,24 von Wasern] Die ersten beiden ‚Briefe über Waser‘ sind im Mai 1780 datiert, der dritte erst im August 1780 (vgl. zu 81,11). 94,24–25 Der Herzog grüßt] Möglicherweise als Reaktion auf Lavaters Brief vom 19. Juli 1780 (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1026). 94,28–29 Wir werden zwar 〈…〉 auch etwas mittheilst.] Während Carl Augusts Aufenthalt in Zürich hatte ihm Lavater ein physiognomisches Kabinett versprochen, wohl aus Porträts (Silhouetten, Risse oder Zeichnungen) und Text (Beschreibung und Deutung der Bilder) bestehend. Am 12. Januar 1780 kündigte er Goethe (vgl. Goethe-Lavater3, 95) und am 2. Februar Carl August (vgl. zu 28,17–20; Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1025f.) an, bald mit der Erstellung des Kabinetts beginnen zu wollen. Er konnte jedoch den Zeitplan nicht einhalten, so dass er am 18. März 1780 eine neue Frist hatte setzen müssen: „Erst izt bin ich mit dem Aufziehen meiner Zeichnungen fertig. Nun nach dem Feste geht’s ans Rangiren. So dann laß’ ich das allerwichtigste für den Herzog in umriß copiren. Nur noch 2. Monate Geduld.“ (Goethe-Lavater3, 104.) Der Herzog schickte Lavater am 4. April 1780 „eine menge Silhouetten, subnotiren Sie sie doch bey müßigen Stunden, u. schicken mir sie so volzogen einzeln wieder zurück.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 505.45; vgl. Karl August und Luise-Lavater, 269.) Im Brief vom 12. und 13. Mai 1780 entschuldigte sich Lavater erneut bei Goethe für die Verzögerung (vgl. Goethe-Lavater3, 112f.). Carl August selbst erinnerte Lavater an seine Verpflichtung am 15. Juni 1780: „Außer denen Nachrichten, die mir Göthe von zeit zu zeit von Ihnen giebt, lieber Lavater, habe ich lange nichts von Ihnen gehört, lange nicht erfahren, wie Sie leben, u. ob es Ihnen wohl ist. 〈…〉 Vergeßen Sie nicht, was Sie mir das Phisiognomische Cabinet betreffend versprochen haben“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 505.46; vgl. Karl August und Luise-Lavater, 269). Lavater antwortete auf diese Aufforderung zunächst in einem Brief an Goethe vom 15. Juli 1780 (vgl. Goethe-Lavater3, 123) und bat Carl August am 19. Juli 1780 um Geduld (Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1026). – Nach dieser letzten Erinnerung Goethes wird das Kabinett im Briefwechsel mit Lavater

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nicht mehr erwähnt. Es ist unsicher, ob Lavater die versprochenen Zeichnungen schickte; in den Weimarer Sammlungen sind zahlreiche, von Lavater kommentierte Physiognomien überliefert, allerdings lässt sich entweder deren Provenienz nicht bestimmen oder sie sind erst 1787 entstanden (vgl. KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr Gr-2008/4900–4934). 95,1–2 Bei Gelegenheit 〈…〉 Genie wäre] Lavater hatte sich auf Bodmers Kritik von Wielands „Oberon“ bezogen und Goethes Lob (vgl. 82,17–19) mit dem Festhalten an der Unterscheidung zwischen Genie und Talent erwidert: „Mit W i e l a n d e n laßen wir also die Sache gut seyn. Seinen O b e r o n hab’ ich gelesen. Poesie ist’s gewiß, wenn etwas in der Welt Poesie ist. Doch wenig, das nicht vom bloßen Ta l e n t e hervorgebracht werden kann. Es ist natürlich, daß der Erzvater die Sache so ansieht.“ (Goethe-Lavater3, 123.) 95,3–4 das eigentliche Talent nichts 〈…〉 als die Sprache des Genies] ‚Talent‘ im zeitgenössischen Sprachgebrauch im Sinne von ‚produktive Fähigkeit‘, als künstlerisches Vermögen gleichbedeutend mit einer Erscheinungs- oder Ausdrucksform des Genies (vgl. Adelung 4, 525). Der Geniediskurs stand infolge der Shaftesbury-Rezeption („Künstler als zweiter Schöpfer“) durch Herder im Mittelpunkt der zeitgenössischen ästhetischen Diskussion im deutschsprachigen Raum und wurde 1790 von Kant in der „Critik der Urteilskraft“ aufgegriffen (§ 46: „Schöne Kunst ist Kunst des Genies“). Das Künstler-Genie als autonomes Subjekt, als ‚sich selbst Gesetze gebenden Natur‘ wurde mit dem Begriff der Originalität in Verbindung gebracht (vgl. Goethe-Handbuch3 4 I, 351–354): Es war noch lange hin bis zu der Zeit wo ausgesprochen werden konnte, daß Genie diejenige Kraft des Menschen sey, welche durch Handeln und Thun, Gesetze und Regel giebt, damals manifestirte sichs nur indem es die vorhandenen Gesetze überschritt, die eingeführten Regeln umwarf und sich für gränzenlos erklärte. (AA DuW 1, 627 [19. Buch].) – Die Meinungsverschiedenheit zwischen den Briefpartnern ist weniger auf den Geniebegriff als vielmehr auf die Definition von ‚Talent‘ zurückzuführen: Lavater hielt an der Unterscheidung zwischen Genie und Talent fest, nicht so sehr um einer eindeutigen Terminologie willen, sondern um die Ablehnung von Wielands Gedicht zu begründen, das er in einem Brief an Knebel als den Inbegriff von „N a c h a h m b a r k e i t“ beschrieb (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 399). In seiner Antwort an Goethe vom 5. August 1780 äußerte sich Lavater ebenfalls ausführlich zu den Begriffen: „Ta l e n t und G e n i e. Zwey Worte, die ihrem Sinn und Gehalte nach ungefähr so verschieden seyn mögen, wie S c h ö n und e r h a b e n. Ta l e n t, meyn’ ich, macht mit Leichtigkeit, was tausend andere nur mit äußerster Mühe und Langsammkeit machen können; oder es macht mit Frohmuth und Grazie – was andere nur gerecht und correkt machen. G e n i e macht, was niemand machen kann 〈…〉. Bey den Werken, die nur das Talent hervorgebracht hat, ist keine Sicherheit da, daß sie nicht nachgeahmt werden; daß sie nicht bald ihren parallelen würdigen Pendant finden. Ich bin ewig sicher kei-

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nen G ö z v o n B e r l i c h i n g machen zukönnen, aber nicht so mit O b e r o n.“ (Goethe-Lavater3, 130.) – Das Genie besitzt für Lavater religiöse Implikationen und steht daher auf einer Ebene mit dem Erhabenen, Inkommensurablen und göttlich Inspirierten, dagegen ist das Talent eine untergeordnete Kategorie, eine durch Übung und induktive Beobachtung der Natur anzueignende Fertigkeit. – Goethes Gebrauch des Wortes ‚Talent‘ ist allerdings nicht immer konsequent (vgl. zu 49,23). 95,5 schikaniren] Franz. chicaner: plagen. 95,5 im Durchschnitt] Hier: im Großen und Ganzen (vgl. GWb 2, 1334). 95,6–7 zu freigebig mit algemeinen Worten] Noch in „Dichtung und Wahrheit“ kritisierte Goethe die Ausdehnung des Geniebegriffs in dieser Zeit und warf Zimmermann und Lavater einen inflationären Gebrauch des Worts vor (vgl. AA DuW 1, 627f. [19. Buch]). 95,12–13 unmöglich, alle kleine Formen 〈…〉 heraus zu sondern] In Anspielung auf den organischen Charakter eines jeden Kunstwerks. 95,19–21 Was deine dikhirnschaaligen 〈…〉 ia nicht zu achten.] Lavater hatte Goethe am 15. Juli 1780 über die negativen Stimmen der Zürcher Theologen in Bezug auf Herder informiert (vgl. Goethe-Lavater3, 123). Deren Kritik dürfte sich vor allem auf Herders Preisschrift „Vom Einfluß der Regierung auf die Wissenschaften, und der Wissenschaften auf die Regierung“ bezogen haben (vgl. zu 82,5). – ‚Dickhirnschalig‘: borniert (vgl. GWb 2, 1189). 95,24 Kandidaten und Klostergesindel] Die geringschätzende Bezeichnung des geistlichen Nachwuchses ist auf die problematische Überproduktion der theologischen Bildungsanstalten in der Schweiz zurückzuführen: Zahlreiche Theologen mussten jahrelang (und meist vergeblich) auf eine freie Stelle warten. 95,26 Unter dem republikanischen Druk] ‚Republikanisch‘ hier weniger in Bezug auf die Staatsform der Eidgenossenschaft als vielmehr auf die unüberschaubare Zahl von Publikationsorganen, die sich jeglicher Kontrollinstanz entzogen. 95,26–28 in der Atmosphäre durchschmauchter Wochenschriften und gelehrten Zeitungen] Anspielung auf die immer unüberschaubarer werdende Publikationslandschaft, die eine qualitative Unterscheidung praktisch unmöglich machte. – ‚Durchschmauchen‘: mit Tabak verqualmen (vgl. GWb 2, 1332). 95,32 12 Exemplare subscribire] Möglicherweise handelt es sich hier um die von Philipp Christoph Kayser herausgegebene, anonym erschienene Sammlung: Neun Freymaurer-Reden, gehalten in der Sch*** Loge zur Bescheidenheit, in Z. Herausgegeben für Brüderf. M. Im Jahr 4066. 〈Basel〉 1780. – Das Diethelm Lavater gewidmete Buch enthielt zwei Logenreden Kaysers (vgl. Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 431f.). In diesem Fall ließe sich auf eine Bestellung für Mitglieder der Weimarer Loge schließen; in Weimar ist allerdings kein Exemplar überliefert. 95,33 B.] Wahrscheinlich Barbara (Bäbe) Schultheß, die im Bezugsbrief erwähnt worden war (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). – Dass Bodmer gemeint sein könnte, ist unwahrscheinlich, da dessen Name im Briefwechsel seltener erwähnt und

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nie abgekürzt wurde. Ein Gruß an Maria Antonia von Branconi lässt sich ausschließen, da sie sich auf einer Deutschlandreise befand (vgl. zu 110,14).

129. An Charlotte von Stein 〈Weimar, vor dem 5. Juni oder nach dem 24. Juli? 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er nach einem vermuteten Bezug zur Entstehung des „Tasso“ auf Anfang August datiert, seit der Ausgabe von Fielitz nach dem 24. Juli 1780 (Nr 126) eingeordnet (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 259, Nr 455). Nur von der Hellen setzte ihn in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise, da die „bisherige Beziehung auf den Ursprung des ‚Tasso‘ 〈…〉 durchaus willkürlich“ sei (WA IV 7, 343, zu Nr 2380). Nach der Einordnung im Konvolut, die der Jahresangabe der Adressatin auf der Handschrift entspricht (vgl. Überlieferung), wird der Brief im Jahr 1780 belassen, was für einen Bezug zu „Tasso“ spricht (vgl. zu 96,3). Die mitgeschickten Kirschen (96,1) verweisen darauf, dass der Brief aus dem Sommer stammt. Er könnte vor oder nach der Reise Charlotte von Steins nach Mörlach (vgl. zu 90,1), also vor dem 5. Juni oder nach dem 24. Juli 1780 geschrieben worden sein, als die Arbeit an den „Vögeln“ beendet war (vgl. zu 74,15–16). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 96. – 1 Bl. 11,1 × 6,5 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „80“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „111“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 111), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 325. WA IV 7 (1891), 266, Nr 2380. BEIL AG E

Kirschen (vgl. 96,1–2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

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BRIEF 130

96,3 neu Drama im Kopf] Möglicherweise „Tasso“, dessen Plan zuerst am 30. März 1780 (vgl. GT I 1, 108) erwähnt wurde. Mit der Niederschrift begann Goethe etwa ab Mitte Oktober (vgl. zu 161,2).

130. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar〉, 28. Juli 1780 → 〈Emmendingen〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4o. 521, Bl. 17–18. – Doppelblatt 16,2 × 18,8 cm, 2 1⁄8 (3 Zeilen) S. beschr., egh., Tinte; S. 3 ein Komma von fremder Hd ergänzt, Bleistift. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. Überlieferung zu Nr 119). – Beischluss zu Nr 131 (vgl. zu 97,11). E: Goethe-Knebel 1 (1851), 19–21, Nr 22. WA IV 4 (1889), 261f., Nr 984. BEIL AG E

Geldbrief an das Genfer Handelshaus Morin, Lombard et Borel (vgl. zu 96,5–6). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Knebels Brief vom 15. Juli (vgl. zu 96,7). Lavater schickte den Brief nach Emmendingen weiter, wo ihn Knebel bei seiner Ankunft am 20. August empfing (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 35v). – Der Antwortbrief vom 21. August 1780 (vgl. ebd.) ist nicht überliefert. 96,5–6 einen Brief auf die Herren Morin Lombard u. Borel nach Genv] Nicht überlieferte Geldanweisung an die 1769 gegründete Handelsgesellschaft Morin, Lombard et Borel (nach freundlicher Auskunft von Sandra Coram-Mekkey, PRE – Archives d’État de Genève). Mit den Diensten der Firma Pierre Pasteur et fils waren Goethe und Carl August während ihres Aufenthalts in Genf unzufrieden gewesen (vgl. Willy Andreas: Die Kosten der Schweizerreise Goethes und Carl Augusts von Weimar [1779]. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 1 [1951], S. 81). – Knebel ging nicht nach Genf (vgl. zu 96,17). 96,7 Deinen Brief von Richtensweyer] Nicht überlieferter Brief vom 15. Juli 1780, in dem Knebel wohl von seinem Aufenthalt in Richterswil am 14. und 15. Juli bei Hotz berichtet hatte (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 30r). Knebel hatte bereits am 7. Juli Goethes Rat befolgt (vgl. zu 63,18) und einen Tagesausflug nach Richterswil gemacht, um Hotz kennen zu lernen (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 29r).

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96,11 Ein Büstgen und auch den Sattel für ihn will ich besorgen.] Knebel ließ Hotz über Lavater im Brief vom 1. September 1780 die baldige Zusendung des Sattels ankündigen (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.109). – Das Geschenk wurde jedoch erst über ein Jahr später verschickt: Carl August ließ Hotz in einem Brief an Lavater vom 28. Juni 1781 grüßen und einen Sattel sowie eine Büste von sich versprechen; am 21. Oktober kündigte er die Absendung des Sattels an (vgl. Karl August und Luise-Lavater, 270, 272). Hotz erhielt die Geschenke erst im Dezember, wie er im Brief an Lavater vom 16. Dezember 1781 berichtete (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 514.121). 96,12–14 Wolltest du 〈…〉 entbehren kann.] Eine Begegnung mit Wyttenbach während Knebels Aufenthalt in Bern am 1. und 2. August ist nicht belegt (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 32v). Den vorliegenden Brief erhielt Knebel wahrscheinlich später. – In Goethes Briefen an Wyttenbach findet sich kein Hinweis auf eine derartige Anfrage noch auf eine Sendung von Gesteinsmustern (vgl. Nr 18 und Nr 413). Dass die in Goethes Sammlungen überlieferte Reihe „Geschliffene Kalke aus der Schweiz“, zu der es keine Zeugnisse gibt und die Prescher im Zusammenhang mit der Reise ins Berner Oberland auf 1779 datiert, von Wyttenbach stammte und 1780 nach Weimar kam, ist unwahrscheinlich (vgl. Prescher, Goethes Sammlungen, 157, Nr 2795–2807). 96,17 mit Genv schliesen willst] Spätestens während seines Aufenthalts in Bern am 1. und 2. August 1780 gab Knebel diesen Plan auf (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 32v). Von Bern aus reiste er über Luzern nach Basel (vgl. ebd., Bl. 33). Knebel berichtete Lavater am 7. August 1780 aus Luzern von seiner Planänderung und bat ihn darum, die inzwischen an ihn eingetroffenen Briefe nach Basel an Burkhardt und nach Emmendingen an Schlosser weiterzuschicken: „Ich habe meine Reyße sehr geschwinde abgebrochen, und dieses aus mehr denn Einer Ursache. Morgen gehe ich nach B a s e l. Wohlzufrieden mit allen was mir die Welt seitdem gewesen. Aber ein längerer Aufenthalt unter diesen grossen Gegenständen drückt einen Einsamen Ungewohnten, und weiter hinaus kann und mochte ich mich auch nun nicht mehr verbreiten. Ich habe grosse Dinge gesehen, und gefühlt – daß ich klein bin. Es ist Zeit, daß ich wieder etwas Herz gewinne.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.107.) – Knebel musste die Reise aus Geldsorgen abbrechen und nach Deutschland zurückkehren; diese Entscheidung fiel schon, bevor er Goethes warnenden Brief vom 24. Juli (Nr 127) erhielt. In einem Briefkonzept an einen unbekannten männlichen Adressaten in Weimar (möglicherweise Sigmund von Seckendorff) vom 5. August 1780 aus Luzern, das mit den Unterlagen zum Reisetagebuch überliefert ist, schilderte Knebel seine Beweggründe und unterstrich die Bedeutung seiner Schweizer Reise für sein zukünftiges Leben:

〈…〉 Ich bin nun die weite – Schweizerwelt so ziemlich durchreyßt, und habe sie mit dem Aufenthalt zu B e r n beschlossen.

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Jezt nahe ich mich ganz sachte wieder den Gränzen Deutschlands, weil ich befürchten mußte, daß mir zu einem weitren Ausfluge die Kräfte – d. h. das Geld fehlen möchte, und ich der Gutherzigkeit unserer Fürsten gegen mich nicht misbrauchen, noch mich auf künftige Zeiten in Verlegenheit sezen will. Auch habe ich genug. Was mir / jezt fehlte, wäre ein ruhiger Aufenthalt an einem angenehmen Orte auf einige Zeit. Dazu aber würde ich mir die Schweiz nicht wählen, und, wie gesagt, nach Franckreich oder Italien zu gehen – welches mein Wunsch gewesen wäre – dazu fehlt mir der Aufwand. Was ich zu meiner Reyße a u s s e r o r d e n t l i c h e s erhalte, das ist in diesen paar Monathen aufgegangen, und in der Zukunft mit dem gewöhnlichen auszukommen, traue ich mir nicht zu. Ich bekomme Sie also diesen Winter gewiß wieder zu sehen, liebster Freund! Wie früh oder wie spät, weiß ich nicht; denn wenn ich gleich wieder gegen Deutschland zu gehe, so komme ich doch noch nicht nach Weimar. Sagen Sie indeß, ich bitte Sie, von allem diesen noch nichts, bis Sie es vielleicht von andern hören. 〈…〉/ 〈…〉 So viel kann ich Ihnen sagen, daß ich sehr zufrieden bin. Beruhigt mit meinem Schicksal, mit allem. Einen grossen Theil dazu trägt es bey, daß ich denen Menschen mehr noch abgehorcht und abgemerckt habe, w o d u r c h m a n g l ü c k l i c h s e y. Das Reyßen selbst aber ist wie ein Festin oder ein Schmaus. Wer zu lange dabey bleibt ißt sich überdrüßig – oder er muß einen guten Magen haben, und dann wird er ein Schlemmer. Der bleibende Zustand ist der natürliche. Auf ihm ruht unser Glück oder Unglück. (H: GSA 54/351.) – Auch Carl Augusts Brief an Knebel vom 17. Juli 1780 legt nahe, dass dieser ursprünglich einen Aufenthalt in Frankreich in Erwägung gezogen hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 106). 96,20 bösen Jahrszeit] ‚Böse‘ nicht im moralischen Sinne, sondern in allgemein negativer Bedeutung von ‚gefährlich‘, ‚schlecht‘ (vgl. GWb 2, 841). 96,20–21 Gebe Gott 〈…〉 leben magst.] Anspielung auf Knebels hypochondrische Schwermut. – Carl August betonte in seinem Brief an Knebel vom 26. August 1780 die therapeutische Wirkung der Reise für den Adressaten, machte aber auch zugleich deutlich, dass sich dieser nach seiner Rückkehr nach Weimar mit der Stellung eines Pensionärs ohne konkrete Aufgabe abfinden müsse: „Wenn Du Dich lange genug herumgetrieben, so komme wieder; beobachte doch eins: Wenn Du Bedürfniß spürst, zurückzukehren, so halte an Dich, folge nicht gleich Deiner Neigung, sondern streiche noch etwas wider Willen herum, so daß das Bedürfniß äußerst werde. Zweitens hüte Dich, Dir etwas vorzusetzen, was Du treiben wolltest, wenn Du zurückkehrest; überlasse Dich dem Schicksal und mache Dir keinen Plan vom Leben, noch Verhalten. Das Schicksal ist bei großen Veränderungen Feind von Planen und macht sie mit unsern Schmerzen eitel.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 124.) – Nach seiner Rückkehr nach Weimar ging es Knebel besser, wie er Lavater im Brief vom 19. bis 20. Oktober 1780 mitteilte:

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„O Lieber! Druck und Loslassung vom Druck sind in dem Leben mancherley. Das Leben fleußt in einer ewigen Ebbe und Fluth. – Gott erhalte uns in seiner Stärcke! 〈…〉 / Ich führe seit meiner Rückkehr ein zufriedner Leben als zuvor, und habe Hofnung zu m i r, daß es dauren wird. Ich habe mich vom P r i n z e n und vom H o f mehr getrennt. Dadurch erlang’ ich es. / Es ist schrecklich die N o t h, der M a n g e l an Zufriedenheit, an Selbstgenügsamkeit bey so vielen Menschen von seltnen Gaben. Man fühlt recht, daß man nur in der Schwäche starck seyn kann – und darf. – Ohne diese Ueberzeugung scheitert das stolze Schif des Lebens an der kleinsten Klippe, oder fault in Unbeweglichkeit.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.111; vgl. GJb VI [1885], 100.) Seine Unzufriedenheit wuchs jedoch erneut im Laufe des darauffolgenden Jahres, bis er im November 1781 in seine Heimat Franken übersiedelte, wo er sich, vorwiegend in Nürnberg, bis 1784 aufhielt (vgl. zu 339,11). 96,24 innliegenden Brief] Vgl. zu 96,5–6. 97,1–2 Der erste Ackt 〈…〉 nächstens aufgeführt.] Die „Vögel“ wurden am 18. August in Ettersburg uraufgeführt (vgl. zu 106,11). 97,3 h y p o c h o n d e r ] Vgl. zu 63,7–8. 97,4 selon Mdm de Fr.] Franz.: Laut Frau von Fr. – Johanna Sophia von Fritsch. 97,5 Moser ist aus darmstädtischen Diensten] Vgl. zu 86,20. 97,6 Die Elende alte Rotenhahn] Johanna Wilhelmine von Rotenhan war am 14. Juli 1780 nach langer Krankheit im Stammhaus der Familie im fränkischen Rentweinsdorf gestorben. – ‚Elend‘ hier in Anspielung auf die desaströse Finanzlage der Familie, welche die letzten Lebensjahre Wilhelmine von Rotenhans geprägt hatte. Ihr 1776 gestorbener Mann, Johann Friedrich von Rotenhan, der Onkel Josias von Steins, hatte mit seinem aufwändigen Lebensstil, dem Neubau des Schlosses mit Gartenanlagen sowie in der Folge verlorener Prozesse einen großen Schuldenberg angehäuft (vgl. Julius von Rotenhan: Geschichte der Familie Rotenhan älterer Linie. 2 Bde. Würzburg 1865, Bd 1, S. 365–380). 97,9 Emmedingen] Emmendingen im Breisgau, wo Goethes Schwager Johann Georg Schlosser mit seiner zweiten Frau Johanna wohnte. 97,9 lies ihnen die Iphigenie] Knebel hielt sich in Emmendingen vom 20. bis 25. August 1780 auf (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 35–36). Am 22. August notierte er im Tagebuch: „Nachmittags Iphigenie gelesen im Garten.“ (Ebd., Bl. 35v.)

316

BRIEFE 131/132

131. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 28. Juli 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 121. – 1 Bl. 18,8 × 8,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Rs. Rest einer roten Verschlussoblate. – Beischluss: Nr 130 (vgl. zu 97,11). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 105, Nr 28 (Teildruck: 97,11–13 Bestelle beyliegenden Brief 〈…〉 näher geworden bist.; 97,14–15 Wie ist die Gesundheit 〈…〉 was es wolle.; unter dem Datum 28. August 1780 mit Text aus Nr 162). E2: WA IV 4 (1889), 261, Nr 983 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 28. Juli 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r). 97,11 Bestelle beyliegenden Brief] Goethes Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 28. Juli 1780 (Nr 130). Da die beiliegende Geldanweisung (vgl. zu 96,5–6) auf ein Genfer Handelshaus ausgestellt war, schickte Lavater die für Knebel angekommene Post an Matthaei in Lausanne, wo Knebel einen Halt auf dem Weg nach Genf machen wollte. Dieser informierte Lavater am 7. August vom Abbruch seiner Reise und bat ihn, Briefe für ihn nach Basel und Emmendingen weiterzuleiten (vgl. zu 96,17). Lavater hatte allerdings schon einige Briefe nach Lausanne geschickt und musste Matthaei bitten, sie nach Basel zu adressieren (vgl. Lavater an Knebel, 10. August 1780; ZB Zürich, FA Lav. Ms. 567.139). 97,14 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). 97,14 die Gesundheit deiner Frau] Anna Lavater war schwanger (vgl. zu 83,4–5).

132. An Johann Friedrich Wilhelm Charpentier Weimar, 31. Juli 1780 → Freiberg ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. K: LATh – HStA Weimar, Bergwerke, Sign.: B 16228, Bl. 142. – 1 Bl. 20,5 × 33,6 cm, ¾ S. einspaltig rechts beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte; linke Spalte oben Adresse: An Herrn Berg-Commissionsrath / Charpentier in Freiberg. – In einem gebundenen Aktenfaszikel (vgl. Überlieferung zu Nr 123).

JULI 1780

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E: Biedermann, Goethe und Dresden (1875), 113f. (nach K) WA IV 4 (1889), 263, Nr 985 (nach E, Abschiedsformel und Unterschrift ergänzt). Textgrundlage: K. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Charpentiers Brief vom 25. Juli 1780 (vgl. zu 89,21). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 31. Juli 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 40r). 97,21–22 Herrn Zink] Adrian Zingg hatte Charpentier in einem Brief vom 19. Juli 1780 über Probleme bei der Herstellung der Abdrücke der Karte des Ilmenauer Bergreviers informiert, die er frühestens im Winter liefern könne (vgl. zu 89,21). Die Fertigstellung der Kupferplatte verzögerte sich trotz Goethes wiederholter Bitte (vgl. die zweite Erläuterung zu 89,5). Am 9. Februar 1782 schickte Zingg Fritsch zwei Probeabdrücke (vgl. GSA 20/78). Goethe bat in einem Brief an Fritsch vom 17. Februar 1782, dass Zingg noch eine kleine Änderung vornehme (vgl. WA IV 5, 263). Dieser schickte im Mai 1782 600 Abdrücke an Fritsch (vgl. GSA 20/78). Am 4. Oktober 1782 wurde die Zahlung an Zingg angewiesen (vgl. Wahl, Consilium, 849, Nr 12672). 98,1 Nachricht von dem ilmenauer Werk] Die Karte war als Beilage geplant für die von Johann Christian Ludwig Eckardt verfasste „Nachricht von dem ehmaligen Bergbau bey Ilmenau in der Grafschaft Henneberg und Vorschläge ihn durch eine neue Gewerkschaft wieder in Aufnahme zu bringen“ (Weimar 1783). Der Text, der in der Öffentlichkeit für die Beteiligung an der neu gegründeten Gewerkschaft werben sollte, lag bereits seit Frühling 1778 vor: Die ersten Entwürfe der „Nachricht“, Trebras Korrekturvorschläge vom Februar 1778 sowie die darauf vorgenommenen Änderungen sind überliefert (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 74–81, 96–111, 112–117 und 123–126). Die Hoffnungen auf eine baldige Gründung der Gewerkschaft und die rasche Wiederaufnahme des Bergbaus wurden jedoch wegen der langwierigen Verhandlungen mit der alten Gewerkschaft sowie mit Kursachsen und Sachsen-Gotha enttäuscht (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). Daher musste der Druck mehrmals verschoben werden. Das Buch erschien anonym erst im Jahr 1783, noch vor dem Abschluss der diplomatischen Verhandlungen, nachdem das Geheime Consilium am 4. Juli 1783 über den Druck beraten hatte (vgl. Wahl, Consilium, 935, Nr 14134). 98,1–2 in das Publikum treten] Mit der Veröffentlichung der „Nachricht“ suchte die Bergwerkskommission Investoren außerhalb des Herzogtums für den Ilmenauer Bergbau zu gewinnen: So erhielt Bertuch, der selbst 10 Kuxe erwarb, am 4. März 1784 ein von Goethe und Christian Gottlob Voigt unterzeichnetes Schreiben der Bergwerkskommission mit „10 Stück Bergwerkskarten mit dazu ge-

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BRIEFE 133/134

hörigen Nachrichten 〈…〉 mit dem Ersuchen, sowohl zu Cassel, als anderwärts 〈…〉, die Ilmenauische Berggewerkschaft zu vermehren“ (GSA 6/2554). 98,4 Steinsammlung] Goethe hatte Charpentier um eine Gesteinssammlung gebeten (vgl. zu 89,18–19). – Die 94 Stufen umfassende Sammlung kam aber erst Ende Januar 1781 an (vgl. zu 192,5). Sowohl die meisten Stufen als auch das Verzeichnis sind überliefert (vgl. Prescher, Goethes Sammlungen, 158–163, Nr 2808–2897; LA II 7, 38, M 22). 98,6 schuldig geworden] In Goethes Rechnungsbüchern sind lediglich unter den außerordentlichen Ausgaben für die Stufen von Charpentier (GR/RB 1781, Bl. 3v; GR/RB 1781/82, Bl. 6v) die Portokosten in Höhe von 1 Reichstaler und 23 Groschen verzeichnet. Vermutlich schenkte Charpentier Goethe die Sammlung.

133. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Ende Juli? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach einem vermuteten Bezug zu Brief Nr 134 (vgl. zu 98,13) vor diesen gesetzt und auf die erste Hälfte des März 1780 datiert. Nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, verweist in den „Lesarten“ aber auf den Bezug zu Nr 134 (vgl. WA IV 7, 343, zu Nr 2376). Fränkel datiert ebenfalls nach dem möglichen Bezug zu Nr 134 und setzt ihn unmittelbar vor diesen in den Juli 1780 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 241, Nr 454; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 225, Nr 454). Da auch der Inhalt des Briefes dafür spricht, dass er in der wärmeren Jahreszeit geschrieben wurde (vgl. die zweite Erläuterung zu 98,12), erscheint die zuerst von Fränkel vorgeschlagene Datierung am plausibelsten und wird daher beibehalten.

JULI 1780

319

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 93. – 1 Bl. 19(–19,2) × 9,2(–9,5) cm, stärkeres blaues Papier, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „97.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 104), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 291. WA IV 7 (1891), 265, Nr 2376. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 98,11 dancke für den süsen guten Morgen] Ein ‚Morgengruß‘ Charlotte von Steins, vielleicht Gebäck oder Obst (vgl. GB 3 II, zu 135,2–3). 98,12 hatte] Für ‚hätte‘; das indikative Präteritum hier wie gelegentlich in den frühen Briefen Goethes als Irrealis verwendet. 98,12 zur Spazierfahrt] Laut Tagebuch unternahm Goethe im Juli 1780 häufig Spazierfahrten in die Umgebung Weimars, so z.B. am 23. Juli mit 〈Charlotte von Stein〉 nach Belvedere (GT I 1, 114). 98,13 schwarzverhüllte Begleiterin] Es könnte sich um die in Brief Nr 134 erwähnte unbekannte Gesellschafft (98,15) handeln (vgl. Datierung).

134. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Ende Juli? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach der Erwähnung des Steinreichs (98,16) auf die erste Hälfte des März 1780 datiert, als Goethe sich verstärkt mit Geologie beschäftigte. Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, verweist in den „Lesarten“ aber auf den inhaltlichen Bezug zur Mineralogie, wonach der Brief mutmaßlich in „die Zeit nach der Schweizerreise von 1779“ gehöre (WA IV 7, 343, zu Nr 2373). Fränkel datiert ebenfalls nach diesem inhaltlichen Hinweis, allerdings auf Ende Juli 1780 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 241, Nr 455; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 225, Nr 455), als Goethes verstärkte Beschäftigung mit geologischen Themen schon einige Zeit andauerte (vgl. zu 98,16). Charlotte von Stein war spätestens am 21. Juli von einer Reise zu ihrer Schwester Louise von Im-

320

BRIEF 135

hoff aus dem fränkischen Mörlach zurückgekehrt (vgl. zu 90,1), vermutlich einige Tage danach ist der vorliegende Brief geschrieben worden. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 91. – 1 Bl. 12,1 × 9 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „90.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 97), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 291. WA IV 7 (1891), 264, Nr 2373. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 98,15 unbekannten Gesellschafft] Möglicherweise die in Brief Nr 133 erwähnte schwarzverhüllte Begleiterin (98,13). Näheres konnte nicht ermittelt werden. 98,16 Ich bin im Steinreich] In Anlehnung an die zeitgenössische Terminologie, wonach die Mineralien eines der drei ‚Naturreiche‘ bildeten. Nach Carl von Linnés „Systema naturae“ (zuerst 1735) waren Mineralien die unterste, Pflanzen die mittlere und Tiere die höchste Stufe. – Goethe hatte schon 1777 als Mitglied der Bergwerkskommission begonnen, sich verstärkt mit Gesteinskunde und geologischen Themen zu beschäftigen (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 309). Die Schweizer Reise beförderte diese Interessen. Nach Goethes Rückkehr begann im Frühjahr 1780 eine Zeit der vertieften Auseinandersetzung mit geologischen Theorien (vgl. zu 43,19). Im Mai 1780 war Johann Carl Wilhelm Voigt von der Bergakademie in Freiberg nach Weimar zurückgekehrt (vgl. GB 3 II, zu 439,3–4) und von Goethe mit einer systematischen Erkundung aller Gesteinsarten des Herzogtums beauftragt worden (vgl. zu 178,5–7). Anfang Juli hatte Voigt seine mineralogische Reise (LA I 11, 1,4) weitgehend abgeschlossen und beschäftigte sich mit der Katalogisierung der Gesteinsproben wie dem Aufbau einer mineralogischen Sammlung, woran Goethe regen Anteil nahm (vgl. 86,6–12). Am 24. Juli schreibt Goethe an Knebel in Zürich: Ich bin in die Passion der Mineralogie gefallen. (93,28.)

AUGUST 1780

135. An Charlotte von Stein

321

〈Weimar, Anfang August? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach einem vermuteten Bezug zu Diderots „Jacques le fataliste“ auf Ende Juli/Anfang August 1780 datiert. Nur von der Hellen setzte ihn in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise. Da außer der Einordnung ins Konvolut und dem vermuteten Bezug (vgl. zu 99,1) keine weiteren Anhaltspunkte für eine Datierung vorliegen, wird die bisher überwiegend vorgenommene beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 100. – 1 Bl. 24,5 × 7,1(–7,7) cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „123“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 123), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 325. WA IV 7 (1891), 267, Nr 2387. BEIL AG E

Buch (vgl. zu 99,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 99,1 Buch] Möglicherweise eine gebundene Abschrift von Denis Diderots Roman „Jacques le fataliste“, die aus Gotha zu Herder nach Weimar gelangt war und Ende Juli/Anfang August im Kreis um Goethe und den Herzog kursierte. Goethe bat Charlotte von Stein am 15. August 1780, sie möge Herdern den Jaques le fataliste (104,22) schicken, also wohl zurückgeben (vgl. zu 104,22).

322

136. An Adam Friedrich Oeser

BRIEFE 136/137

Weimar, 3. August 1780 → 〈Leipzig〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/364,I, Bl. 10–11. – Doppelblatt 39 × 27,4 cm, 1 ¾ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 4 Empfangsvermerk, Tinte: „v. Goethe. Aug. 1780.“ E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 130, Nr 8. WA IV 4 (1889), 264f., Nr 986. BEIL AG E

Exemplar einer nicht näher bestimmten Correspondenz (vgl. zu 99,21–22). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Oesers (vgl. 99,5, 99,7–9). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 99,5 Ihre Briefe] Für wen Oeser Briefe beigelegt hatte, ist nicht bekannt. 99,5 Ihre Aufträge] Darüber ist nichts bekannt. 99,6 Ihre Büste] Während Oesers Aufenthalt in Weimar und Ettersburg im Juni 1780 (vgl. 74,10 und die einleitende Erläuterung zu Nr 36) modellierte der Weimarer Hofbildhauer Gottlieb Martin Klauer im Auftrag der Herzoginmutter Anna Amalia dessen Büste, wofür Klauer 32 Reichstaler und 12 Groschen erhielt (vgl. Klauers Auftragsbuch; GSA 96/1567, Bl. 2v). Goethe äußerte sich wiederholt positiv über Klauers Arbeit (vgl. u. a. 77,29; 78,13; 81,2; 86,4–5). Die überlieferten Gipsbüsten gibt es in zwei Ausfertigungen – die ursprüngliche mit gerade aufgerichtetem Kopf, die andere mit geneigtem Kopf (KSW, Museen, Plastiksammlung, Inv.-Nr KPl/01710; KPl/01090). Ob Klauer die Büste noch in grauen Stein gehauen (86,5) hat, wie Goethe im Brief an Merck vom 3. Juli 1780 andeutete, und welche der Ausfertigungen Oeser erhalten hat, ist nicht bekannt. In einer Anzeige vom 18. September 1782 im Septemberheft des „Teutschen Merkur“ bot Klauer u. a. die Oeser-Büste „mit möglichster Sorgfalt gegossen, und von meinen eignen Händen verputzt“ für einen Laubtaler an (S. 302). Heinrich August Ottokar Reichard schreibt in einem Brief über Klauers Büsten: „Herr Klauer in Weimar ist ein Bildhauer, der bekannter zu seyn verdient. Ich habe die Büsten von Göthe und Oeser von ihm gesehn, die ihm wahre Ehre machen, und mit der Güte der Arbeit, des Meisels, die gröste Aehnlichkeit verbinden. Die Büste Oesers steht in dem schönen, romantischen Walde bey Ettersburg, dem Sommeraufenthalt der verwittweten Herzogin“. (Miscellaneen artistischen Inhalts. Hrsg. von Johann Georg Meusel. Achter Heft. Erfurt 1781, S. 113.) – Vgl. Walter Geese: Gottlieb Martin Klauer. Der Bildhauer Goethes. Leipzig 1935, S. 168–171 und 222.

AUGUST 1780

323

99,8–9 ihn auf eine Zeit bei Sich zu sehen] Dem offensichtlich in Oesers Bezugsbrief geäußerten Wunsch, Gottlieb Martin Klauer für einige Zeit nach Leipzig zu holen, wurde aus nicht näher bekannten Gründen nicht entsprochen. 99,19 verschiedenes zu thun] Klauers Auftragsbuch verzeichnet für das Jahr 1780 u. a. zwei Ausführungen der Kaunus- und Byblis-Gruppe in Oetterner Kalkstein (vgl. GSA 96/1567, Bl. 3r). Möglicherweise war auch schon vorgesehen, dass Klauer die im folgenden Jahr in seinem Auftragsbuch (vgl. ebd.) verzeichneten Büsten von Johann Georg Sulzer, Wieland, Prinz Constantin, Knebel und Herder modellieren sollte. Außerdem entstanden seit 1780 verschiedene Varianten der Goethe-Büste, die auch als Geschenke genutzt wurden (vgl. 266,27–28; zu 285,7–8). 99,21–22 ein Exemplar der berühmten Correspondenz] Näheres dazu nicht ermittelt. Der Titel würde vermuten lassen, dass es sich um die Zeitschrift „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ handelt (vgl. zu 40,23–24), die jedoch handschriftlich verbreitet wurde und nicht gedrukt (99,24) vorlag. 100,1–2 architektonische Zeichnungen für Durchl den Prinzen] Worum es sich bei den für Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach bestimmten Zeichnungen handelt, ist nicht bekannt. 100,4 wichtigen Handlung] Am 3. August 1780 wurde das von Oeser aus sächsischem Marmor geschaffene Standbild des Kurfürsten Friedrich August III. von Sachsen in einem feierlichen Akt auf der ‚Esplanade‘ (heute Wilhelm-LeuschnerPlatz) in Leipzig enthüllt. Oeser hatte den Auftrag zu diesem Denkmal, das den Kurfürsten in römischer Imperatorentracht darstellt, 1775 von dem Reichsfürsten Joseph Alexander Jablonowski erhalten. Heute befindet sich die Statue (100,5) im Garten des Gohliser Schlösschens (vgl. Dürr, 203–209). 100,7 die Aufträge] Möglicherweise wurden diese Aufträge, über die nichts weiter bekannt ist, während Oesers Aufenthalt in Weimar und Ettersburg im Juni erteilt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 36).

137. An Carl Christian Heinrich Rost Weimar, 3. August 1780 → Leipzig ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Amsterdam, Sign.: Autographenslg Died 70, Bl. 3. – Doppelblatt 16,6(–16,9) × 20,6(–20,9) cm, ¼ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 1 am unteren Rand Adresse: Herrn Handelsmann Rost nach Leipzig. E: WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 54, Nr 986a (Paul Raabe).

324

BRIEF 138

BEIL AG E

Möglicherweise Musikalien (vgl. zu 100,11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: Zwischen 3. und 7. August 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 40). Der Leipziger Unternehmer und Schriftsteller Carl Christian Heinrich Rost (1742–1798) gehörte seit dem Ende der siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Kunsthändlern im mitteldeutschen Raum. Rost war musisch und sprachlich gebildet, übersetzte englische Schauspiele und schrieb Texte für Oratorien, auch radierte und zeichnete er selber und erwarb sich nach eigenen Angaben auf Reisen und in Leipzig die Freundschaft und Unterstützung von Künstlern, Gelehrten und Kabinettsbesitzern (vgl. Verzeichniß aller Kunstsachen welche bey Carl Christian Heinrich Rost in seiner Handlung in Auerbachs Hofe zu Leipzig um die billigsten Preisse zu haben sind. Leipziger Iubilatemesse 1779, S. 3). 1777 hatte Rost in Leipzig das Kramerexamen abgelegt und danach die Modewaren- und Kunsthandlung von Johann Georg Oetterich Retz, bei dem er wahrscheinlich zuvor angestellt gewesen war, übernommen (vgl. GB 3 II, zu 200,5–6). Die „Rostische Kunsthandlung“ in Auerbachs Hof wurde zu einem der führenden Geschäfte dieser Art in Deutschland. Rost verkaufte neben traditionellen Kunst- und Modewaren u. a. Korkmodelle, Musikalien und Musikinstrumente, Wein, wissenschaftliche Instrumente und Möbel sowie Erzeugnisse der Londoner Manufaktur von Josiah Wedgwood und Thomas Bentley. Eine wichtige Rolle in Rosts Geschäft spielte auch der Handel mit Gipsabgüssen von Plastiken. Schon 1778 hatte er zu diesem Zweck eine Werkstatt einrichteten lassen, in der er die Abgüsse seriell herstellen lassen konnte, was dazu führte, dass er in den achtziger Jahren den Markt dominierte. Seit 1779 informierte Rost über die Kunstgegenstände in seiner Handlung wiederholt in gedruckten Verzeichnissen. Über eine persönliche Beziehung oder Bekanntschaft zwischen Goethe und Carl Christian Heinrich Rost ist nichts bekannt. Das vorliegende kurze geschäftliche Schreiben ist der einzige überlieferte Brief Goethes an Rost. Mindestens zwei weitere lassen sich erschließen (EB 47 und GB 3 I, EB 238). Briefe Rosts an Goethe sind nicht überliefert. Die erste Erwähnung Rosts findet sich in einem Brief Goethes vom 18. oder 19. März 1778 an den Leipziger Verleger Philipp Erasmus Reich. Auch hier geht es nur um die Zahlung einer bestimmten Summe (vgl. GB 3 I, 200,5–6). Am 3. Januar 1797 schrieb Goethe an Christiane Vulpius aus Dessau: ich will, wenn ich wieder nach Leipzig komme, selbst zu Rost gehen, denn wenn ich auch etwas mehr zahlen muß, so habe ich doch dafür auch gewiß etwas gutes, das dir Freude macht. (WA IV 12, 4.) Ein Besuch während Goethes Aufenthalt in Leipzig vom 6. bis 9. Februar 1797 lässt sich jedoch nicht

AUGUST 1780

325

nachweisen. – Wahrscheinlich liefen Bestellungen oder Zahlungen an Rost in der Regel über Friedrich Justin Bertuch, der mit Rost in freundschaftlicher und geschäftlicher Verbindung stand (vgl. zu 322,17). – Vgl. Charlotte Schreiter: Antiken um jeden Preis. Gipsabgüsse und Kopien antiker Plastik am Ende des 18. Jahrhunderts. Berlin, Boston 2014, S. 133–260; Hommel, Kunsthandel, 70–86. 100,10 den schuldigen Thaler vier groschen] In Goethes Rechnungen ist ein Brief „à Msr. Rost. Leipzig“ vom 7. Juli 1780 nachzuweisen (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38r; vgl. EB 47). Möglicherweise hatte Goethe mit diesem Brief Bestellungen an Rost geschickt. Über Rosts Angebote an Kunstgegenständen hätte er sich auf der Frühjahrsmesse in Leipzig, die er vom 22. bis 26. April 1780 besuchte (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13), und durch Rosts Verzeichnisse informieren können. Im „Zweyten Supplement zu dem Verzeichniß aller Kunstsachen welche bey Carl Christian Heinrich Rost in seiner Handlung in Auerbachs Hofe zu Leipzig um die billigsten Preisse zu haben sind. Leipziger Jubilatemesse 1780“ wurden erstmalig in der zweiten Abteilung, die die Gipsabgüsse auflistet, Preise angegeben, wobei einige Abgüsse für einen Taler und vier Groschen zu kaufen waren. Von Goethe erworbene Stücke konnten jedoch nicht ermittelt werden. 100,11 übersendeten Musikalien] In der vierten Abteilung der Verzeichnisse wurde eine „Sammlung in Kupfer gestochener Musikalien der neusten und besten Tonkünstler“ angeboten, von denen Goethe möglicherweise welche zur Ansicht bestellt hatte. Wahrscheinlich handelt es sich dabei nicht um „Rosts eigene Kompositionen“, wie von Paul Raabe vermutet wurde (WA IV 52, 93). Rost hatte die dort erwähnten Oratorien, wie die erst 1785 gedruckte „Feyer der Christen auf Golgatha“ (Musik von Johann Gottfried Schicht), nicht komponiert, sondern die Libretti geschrieben.

138. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. August 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 69. – 1 Bl. 14,7(–14,9) × 7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „51“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 53), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 325. WA IV 4 (1889), 265, Nr 987. BEIL AG E

Brief von Rousseau (vgl. zu 100,15)

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BRIEFE 139/140

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 100,13 Heute Mittag sehen Sie mich bey Tische] Im Haus Charlotte von Steins; weder sie noch Goethe nahmen an diesem Tag an der fürstlichen Mittagstafel teil (vgl. FB 1780, S. 163). 100,15 Brief von Rousseau] Verbleib unbekannt. – Ein Freund Jean-Jacques Rousseaus, der Schweizer Physiker und Philosoph Pierre Prévost, 1780 von Friedrich II. als Professor nach Berlin berufen, hielt sich Anfang August 1780 in Weimar auf. Er könnte Goethe einen Brief Rousseaus zur Lektüre überlassen haben. Am 4. August war „HL. Profess: Prevodt“ zur Audienz beim Herzog und Gast der fürstlichen Tafel (FB 1780, S. 163). Charlotte von Stein erwähnt am selben Tag Prévosts Umgang mit Goethe und Wieland in ihrem Brief vom 31. Juli bis 7. August 1780 an Knebel (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.).

139. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. August 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 69. – 1 Bl. 14,5(–14,8) × 9,3(–9,5) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „52“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 54), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 325. WA IV 4 (1889), 265f., Nr 988. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 101,1 wieder zurück] Nachdem Goethe zu Mittag bei Charlotte von Stein gewesen war, kehrte er nun ‚brieflich‘ zu ihr zurück (vgl. zu 100,13).

140. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 5. August 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Angabe

AUGUST 1780

327

von Gründen auf Ende Juli 1780 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz auf den 5. August, und zwar nach den inhaltlichen Parallelen zu Carl Augusts Brief an Charlotte von Stein vom selben Tag (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 260, Nr 459 und 460). Fränkel setzt ihn ohne explizite Begründung in den Juli/August 1779 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein2 1, 142, Nr 343). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Die seit Fielitz überwiegend vorgenommene Datierung erscheint plausibel. Sie wird durch die inhaltlichen Parallelen zwischen Carl Augusts Brief an Charlotte von Stein (zu 101,8) und deren Brief an Knebel vom 6. August 1780 (vgl. zu 101,7) bestätigt und daher beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 96. – 1 Bl. 14 × 9,1(–9,2) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „110“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 110), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 324. WA IV 7 (1891), 265f., Nr 2379. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 101,6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 101,6 da sie schicken] Dies und das Folgende mit Bezug auf eine nicht überlieferte schriftliche oder mündliche Bitte Charlotte von Steins um eine Verabredung zu einem abendlichen Treffen. 101,7 lesen wir] Die „Vögel“ (vgl. zu 74,15–16), falls der Brief, wie angenommen, vom 5. August 1780 stammt. Charlotte von Stein schrieb am 6. August an Knebel: „Gestern Abend hat uns Goethe, im Closter beym Herzog, sein Drama die Vögel vorgelesen“ (Brief vollständig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.). Vgl. dazu Carl Augusts Brief an Charlotte von Stein wahrscheinlich vom 5. August 1780 (abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erläuterungen). 101,8 hierhaussen] Im Park in der Nähe des Wohnhauses der Familie Stein im Stiedenvorwerk an der Ackerwand. – ‚Haußen‘ umgangssprachlich für ‚draußen‘ (vgl. Adelung 2, 1035f.). 101,8 Weis dl. Herzog etwas davon?] Diese Frage veranlasste Charlotte von Stein offenbar, auch den Herzog zur abendlichen Lesung der „Vögel“ einzuladen, der ihr mit folgendem Brief antwortete.

328

BRIEF 141

Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein, 〈5. August 1780〉:

5

Da ich den gantzen tag zu Hause bin, so wäre es Ihnen ja vieleicht nicht ungelegen mich zu Hause zu laßen, u. um diese zeit /nehmL. um 6 Uhr/ zu mir ins Closter zu kommen, die Waldnern, u. Autorem mit zubringen, u. die Vögel in meine Aschen fliegen zu laßen. Sie würden ein außerordentL. schönes gezwitscher, u. gequittscher machen, u. ich wäre dann auch ehr imstande, der Nothwendigkeit ein genüge zu leisten, welche mir Huflands sehr spät genommene Rhabarber imponirt. Ich bitte um Antwort. C. AHzS (H: GSA 29/487,I, Bl. 89. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut [Bd II, Jg 1780, Nr 92], vgl. Überlieferung zu Nr 1). 2 um 6 Uhr] Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein diese Zeit nach Goethes Ankündigung, er wolle um sechse kommen (101,6), vorgeschlagen. 2 Closter] Am 5. August war „DurchL. Herzog in Closter“ (FB 1780, S. 164). Das so genannte ‚Louisenkloster‘ befand sich im Park oberhalb des „Sterns“ am linken Ilmufer (vgl. zu 30,18). 3 Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, die zum Freundeskreis Charlotte von Steins gehörte und im Sommer 1780 in Goethes Briefen häufiger erwähnt wurde (vgl. zu 71,7). 3 Autorem] Goethe. 3 die Vögel] Vgl. zu 101,7. 4 Aschen] Eschen (vgl. zu 74,2). 6 Huflands] Johann Friedrich Hufeland, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar (vgl. zu 165,1–2). 6 Rhabarber] Rhabarberextrakt war ein verbreitetes Abführ- und Heilmittel, das insbesondere bei Gallen- und Magenerkrankungen Verwendung fand (vgl. Zedler 31, 1049–1052). 7 C. AHzS] Carl August Herzog zu Sachsen.

141. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Mitte Januar oder 6.? August 1780〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wurde er nach einem vermuteten Bezug zur angeblichen Wiederaufführung der „Iphigenie“ am 6. April 1780 (nach Schöll, Carl-August-Büchlein, 29) auf Ende März (vgl. E) oder Anfang April 1780 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 239, Nr 402; Wahle, Goethe-Stein 1, 226, Nr 403; Petersen, Goethe-Stein 1, 229, Nr 398). „Iphi-

AUGUST 1780

329

genie auf Tauris“ war in der frühen Prosafassung am 6. April 1779 uraufgeführt worden (vgl. GB 3 II, zu 258,3), weitere Aufführungen sind nur für 1779, nicht aber für 1780 belegt (vgl. Sichardt, 154–157 und 159). Von der Hellen ordnete den Brief in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Fränkel korrigiert die Datierung nach einem angenommenen Bezug zur Niederschrift der „Iphigenie“ und einer Parallele zum Tagebuch auf den 13. März 1779 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 138, Nr 314; ebenso Fränkel, GoetheStein2 1, 134, Nr 314). – Für die Annahme, mit dem im Brief erwähnten Stück (101,10) sei die „Iphigenie“ gemeint, gibt es keinen Beleg. Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen, wird der Brief im Jahr 1780 belassen. Die Erwähnung des ‚Stückes‘ könnte sich auf „Die Vögel“ beziehen, die Goethe der Freundin am Abend des 5. August vorlas (vgl. die zweite Erläuterung zu 101,10). Vom Tag danach könnte der vorliegende Brief stammen. – Nicht ganz auszuschließen ist auch ein Bezug zum Singspiel „Jery und Bätely“, dessen Text Goethe 1779 während der Schweizer Reise geschrieben und im Januar 1780 mit nach Weimar gebracht hatte (vgl. 4,6–10). Dann würde der vorliegende Brief in die Zeit nach der Rückkehr aus der Schweiz Mitte Januar 1780 gehören (vgl. zu 5,4–5). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 90. – 1 Bl. 11,5 × 9,1 cm, ½ S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „89.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 96), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 292. WA IV 7 (1891), 264, Nr 2372. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 101,10 die Rolle] Pappröhre zum Verpacken von Papieren, wie sie Goethe auch zum Versenden von Zeichnungen benutzte (vgl. GB 3 I, 94,12). 101,10 meinem Stück] Wahrscheinlich „Die Vögel“, die 1780 als einzige dramatische Arbeit Goethes entstanden sind (vgl. zu 74,18). Am Abend des 5. August las Goethe das Stück im Kloster im Park (vgl. zu 101,7). Er könnte anschließend bei Charlotte von Stein gewesen sein, wo er das Manuskript liegen ließ. – Nicht ganz auszuschließen ist ein Bezug zum Singspiel „Jery und Bätely“ (vgl. zu 79,6). 101,10 andern Papieren] Näheres konnte nicht ermittelt werden.

330

142. An Johann Caspar Lavater

BRIEF 142

Weimar, 8. August 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 122. – 1 Bl. 19,6 × 27,5(–27,7) cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt nur noch ein 0,7–2 cm breiter Streifen vorhanden, 1 1⁄3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, egh. Schlussformel (102,29) und egh. Paraphe, Tinte. E: Goethe-Lavater1 (1833), 98–100, Nr 26. WA IV 4 (1889), 266f., Nr 989. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf eine Sendung Lavaters (vgl. die erste Erläuterung zu 101,14; ein Begleitbrief ist nicht überliefert) und kreuzte sich mit Lavaters Brief vom 5. August 1780 (vgl. RA 1, Nr 123). – Lavater antwortete in einem Brief an Charlotte von Stein vom 26. August 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 168). Postsendungen: 9. August 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). 101,14 Die Kiste ist wirklich angekommen] Möglicherweise entsprach der Posten „1. KistL. in WchstL.“ vom 7. August in der Sammelrechnung der Herzoglich-Sächsischen fahrenden Post der Sendung Lavaters (GR/Belege 1780, 2, Bl. 48r); üblicherweise wurden auf den Postrechnungen weder die Namen der Absender noch der Absendeort von ankommenden Sendungen vermerkt. 101,14 den Riss] Vgl. zu 83,7. 101,15–16 Er ist iust 〈…〉 ihn machst.] Es sind keine Unterlagen zur Getreidedarre überliefert, weder Rechnungen noch eine Betriebsanleitung (vgl. zu 28,20–21). – Möglicherweise spielt der Hinweis darauf an, dass der verschuldete Lavater zu hohe Preise für die versendeten Objekte verlangte. Auf diese Weise versuchte er ein Jahr später, seine Schulden beim Herzog (vgl. zu 105,9) so schnell wie möglich abzutragen (vgl. zu 157,12–13). 102,2 Haut und Haar] Der mittelhochdeutsche Stabreim „hût unde hâr“ wurde ursprünglich im juristischen Kontext gebraucht und erhielt eine Vielzahl an Bedeutungen (vgl. Grimm 10, 705f.). – Hier im Sinne von ‚Unordnung‘, ‚Durcheinander‘. 102,5 dem waserischen Ende] Fortsetzung und Abschluss von Lavaters Chronik des Prozesses gegen Heinrich Waser mit der Darstellung seiner Hinrichtung (vgl. zu 49,18; zu 68,4; zu 81,11). 102,7–8 Unter denen Kupfern 〈…〉 bessere Abdrüke.] Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, welche Kupferstiche Lavater neu erworben und nach Weimar geschickt hatte (vgl. zu 13,18). 102,9 das Buch dazu ist bestellt] Goethe hatte bereits vier Monate zuvor, am 4. April 1780, zwei Exemplare (für sich und für Lavater) von Hüsgens Katalog der

AUGUST 1780

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Dürer-Kupferstiche bei der Hoffmannschen Buchhandlung gekauft (vgl. zu 13,25–14,1). Lavater erhielt sein Exemplar mit dem Brief vom 3. September 1780 (vgl. zu 113,12–13). 102,9–10 du erhälst sie nächstens] Goethe schickte die Dürer-Kupferstiche Lavaters erst am 3. September 1780 zurück (vgl. zu 113,11), obwohl dieser bereits am 15. Juli 1780 die baldige Zurücksendung der Stiche angefordert hatte (vgl. zu 94,16). Vermutlich verzögerte Goethe die Rückgabe der Dürer-Graphiken absichtlich, um selbst länger im Besitz der Originale zu sein. 102,11–12 von Martin Schön und Lukas von Leiden sehr gute Sachen] Im Gegensatz zu den Dürer-Graphiken, von denen ein späteres Verzeichnis vorliegt, ist über Lavaters Sammlung der Stiche Martin Schongauers und Lucas van Leydens nichts bekannt (vgl. zu 13,18). – Es ist unklar, wann Goethe diesen Teil von Lavaters Graphik-Sammlung zurück nach Zürich schickte. 102,14 mit der fahrenden Post] Die fahrende Post beförderte auch Pakete. Das Paket wurde am 9. August 1780 verschickt (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 21). 102,14–15 das Manuskript das der alte Bodmer verlangt hat] Die in der Gothaischen Bibliothek aufbewahrte Handschrift von Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ (Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 584). Johann Jacob Bodmer hatte Carl August, als dieser ihn mit Goethe und Lavater am 20. November 1779 in Zürich besuchte, um den Kodex für seine Studien zur mittelhochdeutschen Literatur gebeten (vgl. BuG 2, 195f.). Bodmer ließ einen Auszug erstellen und verfasste den Aufsatz „Heinrichs von Veldeck, Ritters, Aeneas“ (vgl. Deutsches Museum [1781, Bd 2], S. 76–87). 102,15 der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 102,15–16 Herzog von Gotha] Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg. 102,17 wenn der alte stirbt] Bodmer war bereits 82 Jahre alt. Er starb am 2. Januar 1783. 102,19 ein Schein] Eine Quittung ist nicht überliefert. – Lavater informierte Goethe über die Übergabe der Handschrift, die am 28. August erfolgte (vgl. zu 138,15). 102,20–21 Knebeln ist 〈…〉 drinn aufgehalten.] Urserental: höchster Abschnitt des Flusses Reuss im Kanton Uri. – Knebel hatte sich vom 21. bis 24. Juli 1780 in „Urselen“ aufgehalten (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 31). Sein Brief vom 2. August 1780 war wahrscheinlich noch nicht in Weimar eingetroffen (vgl. ebd., Bl. 32v); möglicherweise hatte Goethe von Knebels Aufenthalt über Emilie von Werthern erfahren, der Knebel am 25. Juli geschrieben hatte (vgl. ebd., Bl. 31v). 102,22 Mit dem zweiten Portrait 〈…〉 ein Unglük] Die Briefpartner hatten bereits ihre Unzufriedenheit mit Lips’ Kupferstich nach Juels Vorlage geäußert. Insbesondere Goethe hatte moniert, dass das Porträt bei aller physiognomischen Genauigkeit die Charakterzüge der abgebildeten Person nicht transportiere (vgl. die

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BRIEFE 143/144

zweite Erläuterung zu 49,28; die erste Erläuterung zu 69,4). – Bei dem ‚zweiten Porträt‘ handelt es sich wahrscheinlich um eine Arbeit, die Lips bei Carl Augusts und Goethes Durchreise durch Kloten am 2. Dezember 1779 angefertigt hatte (vgl. BuG 2, 202). Von diesem Porträt, das Carl August als Brustbild im Profil nach links in einer Jagduniform zeigt, sind in Weimar die Federzeichnung, die allerdings frühestens 1787 nach Weimar gelangte (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 2249), und ein Abdruck des daraus entstandenen, von Lips selbst ausgeführten Kupferstiches überliefert (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GR-2008/4). Außerdem ist eine Miniatur des gleichen Motivs nachgewiesen (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 293), bei der es sich möglicherweise um die gleiche Miniatur handelt, von der Lavater dem Herzog in seinem Brief vom 2. Februar 1780 geschrieben hatte (vgl. zu 28,17–20; Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1025f.). Es ist daher nicht zu ermitteln, ob Goethe sich hier auf die Miniatur oder den Kupferstich bezog. – Lavater verwendete den Stich für seine französische Physiognomik (vgl. Lavater, Physiognomonie 2, 227). 102,28 Befinden deiner Frau] Anna Lavater war schwanger (vgl. zu 83,4–5).

143. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 9. August 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 70. – 1 Bl. 18 × 6,8(–7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „53.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 55), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 326. WA IV 4 (1889), 267f., Nr 990. BEIL AG E

Manuskript? (vgl. zu 103,1–2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 103,1–2 Kehren Sie mit diesem Besemgen noch alles weg] Wahrscheinlich eine Beilage, möglicherweise eine Abschrift der „Vögel“, um deren Rückgabe Goethe die Adressatin wenig später bat (vgl. die erste Erläuterung zu 104,11). – ‚Besemgen‘: Diminutiv zu oberdt. Besem: Besen. – Möglicherweise in Anlehnung an Lukas 11,24–25 gebraucht: „Wenn der unsaubere geist von dem menschen ausfähret, so durchwandert er durre stätt, suchet ruhe, und findet ihrer nicht, so spricht

AUGUST 1780

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er: Ich will wieder umkehren in mein haus, daraus ich gegangen bin. / Und wenn er kommet, so findet ers mit besem gekehret, und geschmücket.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 75.) 103,4 bald möglich wieder da seyn] Wahrscheinlich begleitete Goethe die herzogliche Familie auf einem Teil der Strecke in die etwa 60 km nördlich von Weimar entfernte sachsen-weimarische Exklave Allstedt, wohin sie am 9. August „auf einige Tage“ reiste (FB 1780, S. 166). Vom Allstedter Gestüt bezog der Weimarer Hof seine Pferde.

144. An Johann Friedrich Krafft

Weimar, 11. August 1780 → 〈Ilmenau〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 17. – 1 Bl. 19,5 × 21 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Bl. nachträglich auf ein unbeschriebenes Bl. geklebt. E: Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe (1846), 184, Nr 15. WA IV 4 (1889), 268, Nr 991 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief von Krafft (vgl. zu 103,7). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 14. August 1780 (vgl. GR/RB 1780, 6, Bl. 2r; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 40v). 103,7 Antheil an meinem Befinden] Wahrscheinlich mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Kraffts. Eine ernsthafte Erkrankung Goethes in der fraglichen Zeit ist nicht bekannt. Möglicherweise hatte Krafft erfahren, dass Goethe bei einem Brand in Großbrembach zugegen gewesen war, wobei er sich die Augenbrauen versengt und die Zehen durch erhitztes Löschwasser verbrüht hatte (vgl. Nr 116, Briefteil vom 26. Juni 1780). 103,7–8 bitt ich sich zu beruhigen] Offenbar als Reaktion auf die unverhältnismäßig besorgte Art und Weise, in der Krafft seinem Antheil Ausdruck verliehen hatte. 103,12–13 ienes Weisen 〈…〉 erklärt hat] Anspielung auf Marc Aurels „eis heautón“ (das zu sich selbst Gesagte; meist übersetzt mit ‚Selbstbetrachtungen‘): „Mit unvernünftigen Thieren und überhaupt mit Sachen und Gegenständen die keine Vernunft haben, gehe du um als einer der Vernunft hat, großmüthig und frey: mit den Menschen aber gehe als mit solchen, die Vernunft haben, gesellschaftlich um. In allen Umständen aber ruf die Götter an. Bekümmere dich dann nicht darum, wie lange du das treiben werdest: Denn auch nur drey auf solche Weise gelebte

334

BRIEF 145

Stunden sind genug.“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 85 [VI, 23].) – Die vorliegende Briefstelle ist die erste, in der Goethe direkt auf Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ anspielt. Bezüge zu Marc Aurel begegnen von Juni 1780 bis Frühjahr 1781 häufiger in Goethes Briefen, was Indiz für eine verstärkte Lektüre im Herbst 1780 und Frühjahr 1781 sein könnte (vgl. u.a. zu 128,18–19; zu 227,31–32). Welche Ausgabe Goethe benutzte, konnte nicht ermittelt werden. Anzunehmen ist, dass er die 1779 erschienene Übersetzung des Zürcher Theologen Johann Georg Schultheß bereits um 1780 kannte, nach der im vorliegenden Band zitiert wird. Ein Nachweis für eine Entleihung des Titels aus der herzoglichen Bibliothek findet sich allerdings erst für den November 1811 (vgl. Keudell, 121, Nr 746). 103,14–15 unter dieienigen aufzeichnen 〈…〉 hinterlasse] Ob und auf welche Weise Goethe diese Absicht verwirklichen wollte, lässt sich nicht klären. Die beiden überlieferten Testamente Goethes aus den Jahren 1797 und 1831 sind erst nach Kraffts Tod abgefasst, können also keine Verfügungen zu Krafft enthalten.

145. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar〉, 13. August 1780 → 〈Karlsruhe〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I, Bl. 3. – 1 Bl. 10,1(–10,4) × 16,8 cm, 1 ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Rs. unter dem Brieftext Adresse: Hl. v. Knebel; Vs. über dem Brieftext von fremder Hd., Tinte: „An Knebel“. – Beischluss zu EB 63 (vgl. die einleitende Erläuterung). E1: Goethe-Knebel 1 (1851), 21, Nr 23 (Teildruck: 103,18–20 ich habe deinen Creditbrief 〈…〉 Richte dich also darnach. fehlt). E2: Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. In: Die Grenzboten 34 (1873). II. Semester. Bd 1, S. 296 (Teildruck: 103,18–20 Lieber Bruder 〈…〉 Richte dich also darnach.). E3: WA IV 4 (1889), 268f., Nr 992 (Eduard von der Hellen; nach E1, mit Ergänzungen nach E2; Hinweis auf die Ausfertigung im GSA und Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 214). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Knebels vom 2. August 1780 aus Bern (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 32v). – Der Antwortbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 104,8). Lavater schickte vorliegenden Brief am 26. August 1780 mit dem folgenden Billett weiter:

AUGUST 1780

335

Hier, lieber Knebel, was einging – Es kam ein Packet Briefe an mich und ich vermuthete keine mehr an Sie, und hieß Orell aufschneiden – da schnitt er auch eine an Sie auf – den ich aber nicht las. Das von Goethe lag offen in meinem. Adieu. Z. dL 26. Aug 80. (H: FDH/FGM, Hs-6972.) – Knebel erhielt den Brief wahrscheinlich in Karlsruhe (vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19). 103,18 deinen Creditbrief auf Genv contremandirt] Vgl. Beilage zu Nr 130. – ‚Contremandieren‘: absagen, widerrufen (vgl. GWb 2, 1022). 103,19 Streibern aufgetragen] Der Brief an den Eisenacher Bankier Johann Lorenz Streiber ist nicht überliefert (EB 64). 103,19 60 Louisdor] Goethe schoss den Betrag vor, der ihm im Oktober von der herzoglichen Privatschatulle erstattet wurde (vgl. zu 157,13–14). Knebel ließ sich zuvor schon 50 Louisdor in Basel auszahlen (vgl. zu 110,19). Er schrieb an Lavater am 4. September 1780 aus Karlsruhe: „G o e t h e schreibt mir, daß er s e c h z i g Luisd’or für mich an Sie habe übermachen lassen. Sollten sie ankommen oder angekommen seyn, so bitte ich, Lieber, f ü n f z i g davon an HLn G. B u r c k h a r d t, vom K i r s c h g a r t e n, nach B a s e l zu senden – von den andern die für mich bisher gemachten vielen Auslagen abzuziehen, und den Rest zu behalten, bis etwa weiter darüber disponirt werden kann.“ (ZB Zürich, FA Lav. 517.110.) Da Goethe nichts von Knebels Anweisung an Lavater erfuhr, ergab sich später eine kleine Unstimmigkeit bei der Verrechnung mit Lavater (vgl. zu 148,15). 103,21 wenn dirs das Herz sagt] Anspielung auf den Abbruch von Knebels Reise, seine Hypochondrie und seine Zweifel, wie er sein Leben nach Beendigung seiner Aufgabe als Prinzenerzieher ohne Amt gestalten sollte. 103,23 Hoffer] ‚Hoffender‘, ‚Optimist‘, mit einer ironischen Konnotation (vgl. GWb 4, 1330). 104,1 Gegen dl 25ten geh ich mit dl. Herzog nach Ilmenau u s.w.] Die Abreise verzögerte sich bis zum 5. September (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). 104,3 schreibs ihr gleich] Knebel schrieb Charlotte von Stein sogleich nach Empfang des vorliegenden Briefes am 21. August 1780 aus Emmendingen (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 35v). Der Brief ist nicht überliefert. 104,5 vor 4 Wochen nicht wieder] Goethe kehrte erst am 10. Oktober nach Weimar zurück (vgl. zu 140,22). 104,7 heut werden meine Vögel probirt] Probe zur Uraufführung der „Vögel“ am 18. August in Ettersburg (vgl. zu 106,11). 104,7–8 in Franckfurt] Goethe bat am 14. August Charlotte von Stein um eine Abschrift des Stücks, um sie an seine Mutter zu schicken (vgl. die zweite Erläuterung zu 104,11). – Knebel ging jedoch nicht über Frankfurt. Von Mannheim führte ihn sein Weg nach Koblenz über Winterburg, wo er den Dichter und Theo-

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BRIEFE 146/147

logen Johann Nikolaus Götz besuchte (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 37–38). Von Koblenz aus schrieb er am 13. September an Catharina Elisabeth Goethe (vgl. ebd., Bl. 39r). Er erhielt das Manuskript vor seiner Weiterreise nach Düsseldorf (vgl. zu 113,1), wahrscheinlich noch in Koblenz (vgl. zu 112,8). 104,8 schreibe bald] Knebels Briefe vom 6. September aus Mannheim und vom 13. September aus Koblenz sind nicht überliefert (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 37v und 39r).

146. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 14. August 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 70. – 1 Bl. 16,5 × 10,3 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), oben links Papier eingerissen, untere linke Ecke Siegelausriss; Rs. roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „54.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 56), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 326. WA IV 4 (1889), 269, Nr 993. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 104,11 die Vögel] Eine Abschrift von Goethes Einakter „Die Vögel“ (vgl. zu 74,18–19). 104,11 meiner Mutter schicken will] Vgl. EB 65. – Catharina Elisabeth Goethe hatte offenbar durch Merck von Goethes neuer Komödie und dem Plan der Ettersburger Uraufführung erfahren (vgl. 87,2–31). Am 14. Juli 1780 schrieb sie an die Herzoginmutter Anna Amalia: „Auf die Weimarer Vögel bin ich auserordentlich neugirig, und mich verlangt mit Schmertzen, den Dialog zu hören zwischen einem Spatzen und einem Reihger.“ (Pfeiffer-Belli, 478.) 104,12 einen Gast] Der Braunschweiger Jurist und Schriftsteller Johann Anton Leisewitz, der Goethes Tagebuch zufolge im August 1780 einige Tage hier 〈in Weimar〉 war (GT I 1, 114,13). Aus Leisewitz’ Aufzeichnungen geht hervor, dass er Goethe mehrfach traf und von diesem am 14. August zum Essen eingeladen worden war: „Zu Göthen, der mir doch ungemein gefiel. Ich hatte heute Gelegenheit seine Physiognomie noch genauer zu betrachten: schöne braune Augen und ein hübsches Obergesicht, nur um den Mund einige unangenehme Züge. Wir speißten in einem Zimmer, das mit einigen antiken Statuen und mit Naturalien Schränken besetzt war; eine Statue des Apolls schien mir nur für das Zimmer zu groß. Göthe

AUGUST 1780

337

zeigte in seinem Betragen die größte Simplicität, die ich eben so erwiederte.“ (BuG 2, 255; vgl. insgesamt ebd., 254–256.) Leisewitz hatte in Göttingen zum Kreis um Boie und die Dichter des Hainbundes gehört. Sein 1776 anonym erschienenes Drama „Julius von Tarent“ war von Lessing, den Leisewitz in Braunschweig persönlich kennen gelernt hatte, zunächst für ein Werk Goethes gehalten worden. 104,14 Ihrem Br.] Carl von Schardt, der Bruder Charlotte von Steins, Geheimer Regierungsrat in Weimar, der sie mit seiner Frau Sophie auf der Mörlacher Reise begleitet hatte (vgl. zu 62,8). In diesen Tagen scheint er eine Reihe von Soupers gegeben zu haben, wie Leisewitz in seinem Tagebuch berichtet (vgl. BuG 2, 254).

147. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. August 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 70. – 1 Bl. 12(–12,2) × 9,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), untere linke Ecke Siegelausriss; Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „55.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 57), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 327. WA IV 4 (1889), 270, Nr 994. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 104,17 in den Stern 〈…〉 in meinen Garten] Goethes Garten oberhalb des „Sterns“, des ältesten Teils des Schlossparks (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 62,4). 104,18 Andencken] Hier im Sinne von ‚anteilnehmendes Denken (an eine entfernte Person)‘ (vgl. GWb 1, 489). 104,20 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 104,20 die Vögel] Die Uraufführung von Goethes Einakter fand am 18. August in Ettersburg statt (vgl. zu 106,11) 104,22 Jaques le fataliste] Denis Diderots Roman „Jacques le fataliste et son maître“, von November 1778 bis Juni 1780 als Teil der handschriftlichen „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ veröffentlicht. Goethe hatte die bis zum April 1780 erschienenen Teile bereits Anfang April gelesen (vgl. zu 37,8). Im Juli 1780 kursierte im Weimarer Freundeskreis der komplette Roman, wahrscheinlich in einer Abschrift aus dem Besitz des Prinzen August von Sachsen-Gotha, die zu Herder nach Weimar gelangt war. Am 27. Juli schrieb Carl August an Knebel: „Ich

338

BRIEFE 148–150

gehe vermuthlich Morgen nach Dornburg auf ein paar Tage, ganz allein, um Jacque le Fataliste, von welchem das Ende erschienen ist, zu studiren.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 122.) Von seinem Dornburger Aufenthalt war der Herzog am 3. August zurückgekommen (vgl. FB 1780, S. 159 und 163). Danach könnte Goethe die Abschrift an Charlotte von Stein weitergegeben haben, die am 7. August im Brief an Knebel (vollständig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.) mitteilt, sie habe „das Ende von Jaque le fataliste gelesen“.

148. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 16. August 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 71. – 1 Bl. 16,7 × 8(–8,2) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „56“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 58), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 327. WA IV 4 (1889), 270, Nr 995. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 105,1 Conseil] Die vierte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im August, an der Carl August, Goethe und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen. Jacob Friedrich von Fritsch fehlte (vgl. Wahl, Consilium, 600f., Nr 8408–8425). Von diesem Tag stammt ein Reskript an die Eisenacher Kammer über „das dem Schultheißen Leutbecher zu Melpers aufgekündigte Frohn-Gelder Capital von 300 fl.“, mit den Paraphen des Landesherrn und der beiden anwesenden Räte (vgl. AS 1, 108).

149. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 17. August 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach dem

AUGUST 1780

339

inhaltlichen Bezug zur Aufführung der „Vögel“ auf den 17. August 1780 datiert (vgl. zu 105,7). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 94. – 1 Bl. 18,6(–19) × 7(–7,4) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), Blatt vom oberen Rand her zweimal eingerissen; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „100.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 107), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 328. WA IV 4 (1889), 270f., Nr 996. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 105,7 Hauptprobe] Für die am 18. August bevorstehende Uraufführung der „Vögel“ (vgl. zu 106,11). 105,7–8 privat Probe mit den Misels] Misel: Hübsches junges Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); hier wahrscheinlich mit Bezug auf Mitwirkende am Chor der Vögel (WA I 17, 94).

150. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 18. August 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 123. – 1 Bl. 18,7 × 23 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt nur noch ein 2,2–3,5 cm breiter Streifen vorhanden, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 auf dem Streifen kleiner Rest eines roten Siegels; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 113f. (Teildruck: 105,17–106,2 Ich sammle neuerdings zur Mineralogie 〈…〉 Porto nicht so hoch käme. in Nr 190 aufgenommen). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 190 (Teildruck: 105,9–11 Der Herzog will dir das Geld von denen Capitalien geben 〈…〉 in der Ordnung ist must du warten). E3: WA IV 4 (1889), 271, Nr 997 (Eduard von der Hellen).

340

BRIEF 151

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 5. August 1780 (vgl. RA 1, Nr 123). – Lavater antwortete mit einem Brief an Charlotte von Stein vom 26. August 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 168). Postsendungen: 17. August 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v); möglicherweise unterlief dem Postsekretär ein Schreibfehler beim Datum. 105,9 das Geld von denen Capitalien geben] Carl August gewährte Lavater ein Darlehen von 150 Louisdor (etwa 1000 Reichstaler) auf 2 Jahre mit einem Zinssatz von 4 Prozent pro Jahr; Lavater brauchte das Kapital, um die französische Ausgabe der Physiognomik zu finanzieren (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,17). – Diese Angelegenheit wurde in mehreren Briefen behandelt; Goethe musste Lavater um Geduld bitten (vgl. 107,6–7). Die Zahlung erfolgte erst am 18. und 25. Oktober 1780 (vgl. zu 157,13–14), weil Carl August zunächst Bertuch die entsprechende Anweisung erteilen musste (vgl. zu 110,9–10). Daraufhin trug dieser das Geld zusammen und klärte die Einzelheiten mit Lavater (vgl. die zweite Erläuterung zu 136,24; zu 148,5). Carl August erließ Lavater ein Jahr später eine Teilschuld, die nicht zurückgezahlt, sondern mit Bücher- und Kunstwerksendungen verrechnet wurde, wobei sich einige Differenzen ergaben (vgl. zu 157,12–13). 105,9–10 bey der Landschafft] Landschaft: die Landstände; hier abgekürzt für ‚Landschaftskasse‘: Behörde zur Verwaltung der Gelder der Landschaft, die als Kreditinstitut fungierte (vgl. GWb 5, 943). – Carl August hatte mehrere Einlagen bei den Landschaftskassen zu einem Zinssatz von jeweils 4 Prozent; zum 30. September 1779 belief sich die Höhe der Depots auf insgesamt 3500 Reichstaler bei der Eisenacher, 4500 bei der Weimarer und 5000 bei der Jenaischen Landschaftskasse (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1090, Bl. 1v); aus Letzterer wurde das Geld für Lavater entnommen (vgl. zu 110,9–10). 105,10 pr Cnt] Abgekürzt für ‚Prozent‘. 105,14–16 Wir werden auf vierzehn Tage 〈…〉 noch nicht gesehen hat.] Zum Verlauf und Zweck der Reise in das Eisenacher Oberland vgl. zu 111,14–15 und einleitende Erläuterung zu Nr 170. – Carl August selber berichtete Lavater am 21. September 1780 aus Ostheim vor der Rhön über den Kontakt mit seinen Untertanen (abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu Nr 177). Während Goethes Abwesenheit schrieb Lavater an Charlotte von Stein und schickte ihr die Folgen seiner ‚Briefe über Waser‘ (vgl. zu 107,7–8). 105,17 Mineralogie] Vgl. zu 93,28. 105,17–18 dein Bruder Docktor] Der Arzt und Apotheker Diethelm Lavater besaß ein mineralogisches Kabinett, das Knebel am 4. Juli 1780 besucht und von dem er möglicherweise im nicht überlieferten Brief vom darauffolgenden Tag berichtet hatte (vgl. zu 92,1). – Es ist unklar, ob Diethelm Lavater Stufen nach Weimar schickte; in Goethes Sammlung lässt sich eine solche Provenienz nicht ermitteln.

AUGUST 1780

341

105,20–106,1 nach Franckfurt an meine Mutter] Goethe ließ auch Pakete in die Schweiz über seine Mutter schicken. 106,1–2 mit einem F u h r m a n n 〈…〉 das Porto nicht so hoch käme] Goethe hatte Lavater bereits wegen hoher Transportkosten gemahnt (vgl. 69,11). Der Transport von Paketen mit einer Fuhre war billiger als der mit der Kaiserlichen fahrenden Post. 106,2 dein Weib] Anna Lavater (vgl. zu 83,4–5). 106,2 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29).

151. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 18. August 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach dem inhaltlichen Bezug zur unmittelbar bevorstehenden Aufführung der „Vögel“ auf den 18. August 1780 datiert (vgl. zu 106,5). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 98. – 1 Bl. 17,2(–17,4) × 7,3(–7,5) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „117“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 117), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 328. WA IV 4 (1889), 272, Nr 998. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 106,5 Theaterstübgen] In Ettersburg, wo am Abend des 18. August die Uraufführung der „Vögel“ stattfand (vgl. zu 106,11). 106,5–6 Es ist ganz gut gegangen] Die Hauptprobe am Vorabend (vgl. die erste Erläuterung zu 105,7). 106,8 morgen Abend seh ich Sie wieder] Demnach war Charlotte von Stein nicht bei der Aufführung in Ettersburg zugegen.

342

BRIEFE 152/153

152. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 18. August 1780〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach dem inhaltlichen Bezug zur Aufführung der „Vögel“ auf den 18. August 1780 datiert (vgl. zu 106,11). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 97. – 1 Bl. 16,5 × 10(–10,4) cm, 1 S. (4 Zeilen) beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, daneben von fremder Hd, Tinte: „113.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 113), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 328. WA IV 4 (1889), 272, Nr 999. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 106,10–11 Herzoginn die fortfährt] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, die nach der Ettersburger Aufführung (vgl. die folgende Erläuterung) nach Weimar zurückfuhr. 106,11 Die Commödie ist gut gegangen] Goethes Einakter „Die Vögel“ nach Aristophanes (vgl. zu 74,18–19), die laut Tagebuch am 18. August 1780 in Ettersb. gespielt wurden (GT I 1, 114). Goethe und Friedrich Hildebrand von Einsiedel gaben die Hauptrollen Treuefreund/Scapin und Hoffegut/Pierrot, Corona Schröter sprach den Epilog und übernahm wahrscheinlich die Gesangspartien (vgl. Sichardt, 161f.). Nach Friedrich von Stein spielte Louise von Göchhausen den Papagei (vgl. zu 74,15). Mitgewirkt haben auch junge Frauen (vgl. zu 105,7–8) und Männer der Weimarer Hofgesellschaft und des Pagenkorps. Die Musik stammte vom Hofkapellmeister Ernst Wilhelm Wolf, die Dekorationen hatte Adam Friedrich Oeser entworfen (vgl. die zweite Erläuterung zu 74,12). Zum Erfolg der Aufführung trugen auch die Kostüme von Johann Ehrenfried Schumann und Johann Martin Mieding bei, wie die Erinnerungen des Hofpagen Carl von Lyncker belegen, der an der Aufführung mitwirkte: „Die Vögel erschienen in pappenem sehr natürlich gemalten Federschmuck; die in den Vogelhüllen befindlichen Personen, unter denen ich auch war, konnten die Köpfe nach Gefallen wenden, die Flügel heben und die Schwänze vermöge eines Zugs hin und her bewegen; der Schuhu wie die Eule konnten sogar die Augen rollen lassen 〈…〉.“ (Lyncker, 56; vgl. auch 79,5–6). Über

AUGUST 1780

343

den Erfolg des Stückes schreibt Prinz Constantin am 18. August an Knebel: „Die Vögel von Goethen sind aufgeführt worden, und ich wünschte du wärest da gewesen, pour adoucir un peu les grande pique die in diesem Stück allgemein herrschen. Mir ist der verstand stehn geblieben dergleichen sachen öffentlich zu sagen.“ (GSA 54/251, Bl. 13r. – pour adoucir un peu les grande pique: um ein wenig die großen Stichelein 〈zu〉 mildern.) Auch Wieland äußerte sich zum Stück in seinem Brief an Merck vom 26. August: „Göthens Epops maximus cacaromerdicus wird dir ohne zweifel mehr als Einen guten Augenblik gemacht haben, da du das seltsame Ding (das bey der Vorstellung zu E[ttersburg] einen gar possierlichen Effect gemacht hat) nunmehr mit Frau Aja schon gelesen haben wirst. 〈…〉 Ausser der mächtigen Freude, die der Herzog und die Herzogin Mutter an diesem Aristophanischen Schwank gehabt hat, ists auch für Göthens Freunde tröstlich zu sehen, daß er mitten unter den unzählichen Plackereyen seiner Ministerschaft noch soviel gute Laune im Saz hat.“ (WB 7 I, 301.)

153. An Charlotte von Stein 〈Ettersburg bei Weimar, 19. August 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er auf Mitte Juli 1779 gesetzt, seit der Ausgabe von Fielitz auf den 19. August 1780 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 262, Nr 469). Die Einordnung in den Jahrgang 1780, die Angabe von Ort und Jahr durch die Empfängerin (vgl. Überlieferung), vor allem aber der Inhalt (vgl. zu 106,15; zu 106,15–16) sprechen dafür, dass der Brief am Tag nach der Uraufführung der „Vögel“ in Ettersburg geschrieben wurde. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 83. – 1 Bl. 18,5 × 21,6(–21,8) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; links unter dem Brieftext von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780 / von Etersburg“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „68.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 75), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 231. WA IV 4 (1889), 272f., Nr 1000.

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BRIEFE 154/155

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 106,14 den Abendgrus bring ich selbst] Nach seiner Rückkehr aus Ettersburg traf Goethe die Freundin am Abend nicht zu Hause an (vgl. zu 106,8). 106,15 Hierhausen] In Ettersburg, wo am Vorabend die „Vögel“ uraufgeführt worden waren. – ‚Haußen‘ umgangssprachlich für ‚draußen‘ (vgl. Adelung 2, 1035f.). 106,15–16 Ein lustiger Streich 〈…〉 mit Wielanden] Wieland war bei der Ettersburger Uraufführung der „Vögel“ zugegen (vgl. zu 106,11); Näheres zum hier erwähnten ‚Streich‘ ist nicht bekannt. 106,17–18 So ist artig 〈…〉 in einer Stunde reihen kan.] In Anspielung auf die im Juni und Juli erlebte Trennung von der Freundin, als sie auf ihrer Mörlacher Reise war. Von Ettersburg aus war die Wohnung Charlotte von Steins im etwa 10 km entfernten Stiedenvorwerk an der Ackerwand zu Pferd in einer Stunde zu erreichen. – ‚Artig‘: Modewort des 18. Jahrhunderts, hier als Ausdruck positiven Befindens im Sinne von ‚nett‘, ‚angenehm‘. – ‚Reihen‘ flüchtig für ‚reichen‘; hier im Sinne von ‚erreichen‘.

154. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 20. August? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck bei Fielitz wird er nach dem inhaltlichen Bezug auf den 20. August 1780, den Tag nach Goethes Rückkehr aus Ettersburg, datiert (vgl. zu 107,1). Diese von Fielitz vorgenommene Datierung erscheint möglich und wird mangels weiterer Anhaltspunkte für eine zeitliche Einordnung beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 100. – 1 Bl. 19 × 11,4 cm, ¾ S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „121.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 121), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 262, Nr 470. WA IV 4 (1889), 273, Nr 1001.

AUGUST 1780

345

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 107,1 Ich kam spät von Ettersb fragte bey Ihnen an] Am 19. August kam Goethe aus Ettersburg zurück, wo am Vorabend die Uraufführung der „Vögel“ stattgefunden hatte (vgl. zu 106,14; zu 106,15). 107,2 schrieb Mercken] Brief nicht überliefert (EB 69). 107,3 Dancke für den Braten.] Das gegenseitige Beschenken insbesondere mit Lebensmitteln gehörte seit der frühesten Zeit von Goethes Bekanntschaft mit Charlotte von Stein zu den festen Gepflogenheiten ihrer Beziehung (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18, bes. 81).

155. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 23. August 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 124. – 1 Bl. 9,8(–10) × 16,5(–16,7) cm, Blatt am oberen und am rechten Rand abgerissen, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben. E1: Hegner (1836), 133 (Teildruck: 107,9–10 Ich bin dein immer 〈…〉 Thorheit umgetriebner; 107,11 G.). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 190 (Teildruck: 107,5 Man wird dir l. Bruder 60 Louisdor. für Knebeln auszahlen lassen; 107,9–10 Ich bin dein immer bewegter 〈…〉 und Thorheit umgetriebner; 107,11 G.). E3: WA IV 4 (1889), 273, Nr 1002 (Eduard von der Hellen). BEIL AG E

Möglicherweise ein Dokument für Knebel (vgl. zu 107,12). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 107,7–8). – Der Antwortbrief vom 2. September ist nicht überliefert (vgl. 136,20); er wurde einem Brief Lavaters an Charlotte von Stein vom 2. September 1780 (abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 168) beigeschlossen. 107,5 60 Louisdor. für Knebeln] Vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19. 107,6 Deine 1000 rh.] Vgl. zu 105,9. 107,7–8 Danck für Wasern, fahre ia fort.] Wahrscheinlich die ‚Briefe über Waser‘ drei bis neun, die vor dem 11. August 1780 datiert sind (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 51–52; vgl. zu 81,11). Goethe hatte bereits Ende Juni oder Anfang Juli die ersten beiden Briefe erhalten (vgl. zu 81,12). Während Goethes Abwesenheit

346

BRIEFE 156/157

wegen der Inspektionsreise ins Eisenacher Oberland (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170) schickte Lavater weitere Abschnitte an Charlotte von Stein (vgl. Lavater an Charlotte von Stein, 26. August 1780; abgedruckt im Anschluss an die Erläuterungen zu Nr 168). 107,8 Baben] Barbara (Bäbe) Schultheß. 107,12 innliegendes] Nicht überliefert. – Vermutlich ein Dokument, das im Zusammenhang mit der Zahlungsanweisung für Knebel stand (vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19; zu 110,19).

156. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 25. August? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er wie Brief Nr 33 nach einem angenommenen Bezug zu diesem (vgl. 27,16) auf Anfang September 1780 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 263, Nr 475). Weder der Bezug noch die Datierung sind überzeugend (vgl. Datierung zu Nr 33). Von der Hellen ordnete den vorliegenden Brief in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. – Dem Inhalt nach wurde der Brief vor einer Verabredung zum gemeinsamen Essen bei Charlotte von Stein geschrieben, das wahrscheinlich auf den Abend verschoben werden musste. Dies trifft auf den 25. August 1780 zu (vgl. zu 108,1). So wurde erstmals von Fränkel datiert (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 245, Nr 468; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 228, Nr 468). Da die Einordnung im Konvolut für das Jahr 1780 spricht und Fränkels Datierung plausibel erscheint, wird sie beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 87. – 1 Bl. 16,5 × 9,1 cm, 3 Zeilen beschr., egh., Bleistift, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „80.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 87), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 263, Nr 475. WA IV 7 (1891), 263, Nr 2367.

AUGUST 1780

347

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 107,14 so komm ich heute] Möglicherweise am Morgen des 25. August geschrieben (vgl. zu 108,2).

157. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 25. August 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er nach dem inhaltlichen Bezug zu einer Einladung an die herzogliche Tafel auf den 20., 23. oder 25. August 1780 gesetzt. Fränkel schränkt die Datierung nach einer Parallele zum Tagebuch auf den 25. August ein (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 245, Nr 469; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 228, Nr 469). Nur von der Hellen ordnete den Brief in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. – Da der Inhalt des Briefes dafür spricht, dass er im Sommer geschrieben wurde (vgl. zu 108,2–3) und die Bezüge zum Fourierbuch und zu Goethes Tagebuch (vgl. zu 108,1; zu 108,2) plausibel erscheinen, wird die zuerst von Fränkel vorgeschlagene Datierung beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 93. – 1 Bl. 16,6 × 10,3(–10,7) cm, 1 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „98“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 105), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 328 (Datierung: nach dem 20.8.1780). WA IV 7 (1891), 265, Nr 2377. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 108,1 zur Tafel gebeten] Laut Fourierbuch war Goethe am 20., 23. und 25. August 1780 Gast der fürstlichen Mittagstafel in Belvedere, wohin der Hof am 19. übergesiedelt war (vgl. FB 1780, S. 174f. und 177f.). Für den 20. August gibt es keinen Hinweis auf eine abendliche Verabredung mit Charlotte von Stein, am 23. fuhr Goethe mit ihr gemeinsam nach Belvedere (GT I 1, 114), am 25. dagegen nahm er offenbar spontan die Einladung Carl Augusts an, der Goethe in seiner Kutsche mit nach Belv. nahm (ebd.).

348

BRIEFE 158/159

108,2 unser Mahl auf heut Abend verschieben] Am 25. August besuchte Goethe nach seiner Rückkehr aus Belvedere Charlotte von Stein: fand sie mit Lingen 〈Caroline von Ilten〉 am Kloster. Assen, gingen noch spazieren. (GT I 1, 114.) 108,2–3 sehr heis] Über die Hitze klagte Goethe auch am 18. August, als die „Vögel“ in Ettersburg aufgeführt werden sollten (vgl. 106,6–7).

158. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 27. August 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 71. – 1 Bl. 19,7(–20) × 14 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Frau v. Stein, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „57.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 59), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 239. WA IV 4 (1889), 274, Nr 1003. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 108,5 Die schöne Frau 〈…〉 Tag wegnehmen.] Maria Antonia von Branconi, die sich laut Tagebuch seit dem Vortag in Weimar aufhielt: kam nach Tisch die March. Branckoni an. führte sie spazieren, waren Abends im Garten. (GT I 1, 114.) Auch den 27. August verbrachte Goethe mit ihr: Früh mit M. Branck. in Tiefurth. Mittags im Kloster gessen. Abends Belvedere. (Ebd., 115.) – Goethe hatte die ehemalige Geliebte des Braunschweiger Erbprinzen Carl Wilhelm Ferdinand (seit 1780 als Carl II. regierender Herzog) am 22. und 23. Oktober 1779 in Lausanne persönlich kennen gelernt (vgl. GB 3 II, zu 323,26). Vier Jahre zuvor war er durch ihre und Charlotte von Steins Silhouette zu einer vergleichenden Charakteristik im Stil der Lavaterschen Fragmente angeregt worden (vgl. GB 2 I, 196,11–22). – Zur Person vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 161. 108,6 ob sie gegen Abend oder Morgen früh weggeht] Wahrscheinlich reiste Branconi am Morgen des 28. August ab, da Goethe sie im Tagebuch nicht mehr erwähnt. 108,7 Sie ist immer schön sehr schön] Ähnliches hatte Goethe Charlotte von Stein schon von seiner ersten Begegnung in Lausanne über Maria Antonia von Branconi geschrieben (vgl. GB 3 I, 323,26–30). Vgl. auch Goethes Briefe an Branconi vom folgenden Tag (bes. 109,9–13) und vom 16. Oktober 1780 (bes. 152,16–20). Lavater gegenüber beschreibt Goethe sie am 28. August nur als artig (110,14) und

AUGUST 1780

349

liebenswürdig wie immer (110,16–17), noch weitaus nüchterner erwähnt er ihren Besuch im Brief an Sophie von La Roche vom 1. September (vgl. 112,11–12). Dagegen belegen die Äußerungen im Brief an Lavater vom 21. September, dass Goethe durchaus von der Schönheit seiner Besucherin beeindruckt war und ihr auch aus Selbstschutz nur mit freundlicher Distanz begegnete (vgl. 137,1–6). 108,9 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier etwa: der Situation entsprechend verbindlich, liebenswürdig, galant (vgl. GWb 1, 839f.). 108,9–10 Der Herzog hat 〈…〉 meines Krams verrückt.] ‚Kram‘ hier wahrscheinlich ‚Hausrat‘, ‚Gerätschaften‘ (vgl. GWb 5, 687); möglicherweise war also Herzog Carl August am 26. August abends mit Maria Antonia von Branconi in Goethes Garten (vgl. zu 108,5). 108,12 Morgen Abend] An seinem Geburtstag empfing Goethe laut Tagebuch Abends Gesellschafft im Garten, sehr vergnügt (GT I 1, 115). Charlotte von Stein wird namentlich zwar nicht genannt, war aber vermutlich unter den Gästen. Am selben Tag hatte Goethe bei ihr Mittags 〈…〉 artig gegessen (ebd.).

159. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 27. August? 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung in den März 1780 gesetzt (so auch bei Fielitz, Goethe-Stein 1, 236, Nr 387 und Wahle, Goethe-Stein 1, 223, Nr 388). Seit WA IV wird der Brief nach einem möglichen Bezug zu Brief Nr 158 vom 27. August 1780 gleichfalls auf diesen Tag datiert (vgl. zu 108,15). Da es keine weiteren Anhaltspunkte für eine Datierung gibt, wird die seit der WA vorgenommene beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 86. – 1 Bl. 19 × 7,1(–7,5) cm, ½ S. (4 Zeilen) beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „75“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 82), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 291. WA IV 4 (1889), 274, Nr 1004.

350

BRIEF 160

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 108,16). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 108,15 Wir werden zwar von den Raben gesattigt] In Anspielung auf 1 Könige 17,6: „Und die raben brachten ihm 〈Elias〉 brod und fleisch, des morgens und des abends 〈…〉.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 316.) Möglicherweise durch die Lektüre von Voltaires „Le taureau blanc“ (Paris 1774. – Der weiße Stier) angeregt (vgl. zu 121,13–14). Die Anspielung findet sich schon in Goethes Brief an die Adressatin vom 24. Juni 1779 (vgl. GB 3 I, 283,11–13). – Wahrscheinlich im ‚Louisenkloster‘ im Park geschrieben, wo Goethe am 27. August 1780 mit Maria Antonia von Branconi zu Mittag aß (vgl. zu 108,5). 108,16 auch was von Ihren Händen haben] Der Beginn des Briefes und diese Bitte wohl mit Bezug auf eine briefliche Anfrage Charlotte von Steins, ob sie etwas zu Mittag schicken solle.

160. An Carl Johann Conrad Michael Matthaei 〈Weimar, 28. August 1780〉 → 〈Lausanne〉 DATIERUN G

Der Brief steht im Zusammenhang mit Maria Antonia von Branconis zweitägigem Aufenthalt in Weimar bei ihrer Reise von ihrem Gut Langenstein bei Halberstadt nach Straßburg, den Goethe in seinem Tagebuch ab dem 26. August 1780 festhielt (vgl. zu 108,5). Der Brief lässt sich eindeutig auf den 28. August 1780 datieren; eine Datierung auf den 27. August 1780 ist daher auszuschließen (vgl. WAN 1, 54). ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. h: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 594.20. – In einem gehefteten Konvolut mit Exzerpten von Briefen Matthaeis an Lavater, wahrscheinlich von Letzterem in Auftrag gegebene Abschrift, Schreiberhd., Tinte; über der Abschrift steht der Vermerk: „aus einem Brf. v. Göthen an MaeteL“. E: Funck, Branconi, Goethe und Lavater, 284 (nach h). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 54, Nr 1004a (nach E; mit Datum vom 27. August 1780). Textgrundlage: h.

AUGUST 1780

351

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. – Offenbar schickte der Adressat den Brief an Lavater, in dessen Nachlass die Abschrift überliefert ist. Postsendungen: 28. August 1780: „à Mrs. Matthaei. Lausanne“ (GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). Der aus Nürnberg stammende Carl Johann Conrad Michael Matthaei (Mattei, Matthäi) (1744–1830) hatte zunächst in Altdorf Theologie studiert, bevor er im Sommersemester 1765 nach Leipzig wechselte, wo er sich den schönen Künsten und Wissenschaften widmete. Ob Matthaei während dieser Zeit Goethe kennen gelernt hat, ist nicht bekannt. Seit Frühjahr 1768 bekleidete Matthaei verschiedene Hofmeisterstellen. Auf einer Reise im Frühjahr 1776 überreichte er Goethe in Weimar einen Brief (vgl. GB 3 II, zu 85,13–14). Bald darauf siedelte er nach Braunschweig über, wo er als Privatsekretär bei Maria Antonia von Branconi und als Erzieher ihres Sohnes, Carl Anton Ferdinand Graf von Forstenburg, angestellt war (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 161). Nach Branconis Trennung von Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1777 begleitete Matthaei seine Dienstherrin auf ihr Gut Langenstein bei Halberstadt, dessen Verwaltung er übernahm, sowie auf Reisen in die Schweiz, wo er u. a. Freundschaft mit Lavater knüpfte. – Goethe sah Matthaei während der Schweizer Reise am 22. Oktober 1779 in Lausanne wieder (vgl. GB 3 II, zu 323,26). In den folgenden Jahren kam es zu weiteren Begegnungen: im November 1782 in Weimar, im September 1783 in Langenstein, im Sommer 1794 in Dresden und im August 1797 in Frankfurt (vgl. Carl Scherer: Carl Matthaei. In: GJb XV [1894], 216–244). – Von Matthaeis weit geknüpftem Netzwerk zeugen zwei in Weimar überlieferte Stücke aus seinem Nachlass: Das Stammbuch (GSA 96/821) enthält vor allem Eintragungen aus seiner Jugend, das Silhouettenalbum (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr AK Nr 2830) enthält über 300 Silhouetten von Personen, die zum Großteil in Goethes Briefwechsel mit Lavater erwähnt werden. – Der vorliegende Brief ist der einzige überlieferte Brief Goethes an Matthaei. Außerdem lassen sich für den Zeitraum des vorliegenden Bandes zwei weitere Briefe nachweisen (EB 14 und 27). Gegenbriefe sind nur aus dem Zeitraum 1794–1797 überliefert, als Matthaei den Briefwechsel nach dem Tod des Grafen von Forstenburg wiederaufnahm. 109,1 S i e ] Maria Antonia von Branconi, die am 26. und 27. August 1780 Goethe in Weimar besuchte (vgl. Datierung). – Zu Branconi, Matthaeis Dienstherrin, vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 161.

352

BRIEF 161

161. An Maria Antonia von Branconi Weimar, 28. August 1780 → Frankfurt a. M. ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-19577. – Doppelblatt 19,4 × 27,2(–27,6) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau / Gräfinn Branckoni / nach / Franckfurth / am Mayn., rote Siegelspuren, Papierverlust durch Siegelausriss. E: Blätter für literarische Unterhaltung, Nr 1 (1858), 22 (Bernhard Rudolf Abeken; nach h [GSA 1/59, Bl. 73]). D: Findlinge. Zur Geschichte deutscher Sprache und Dichtung. Hrsg. von Hoffmann von Fallersleben. Heft 4. Leipzig 1860, S. 414f. (Albert Cohn, nach H). WA IV 4 (1889), 275f., Nr 1006 (nach D). ERL ÄUT ERUNGEN

Es ist kein Bezugsbrief bekannt. – Der Antwortbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 152,10). Maria Antonia von Branconi geb. Elsener (1746–1793) heiratete 1753 als Zwölfjährige den neapolitanischen Beamten Francesco Pessina de Branconi, mit dem sie zwei Kinder hatte (vgl. zu 152,29). Nach dem Tod ihres Mannes 1766 wurde sie die Geliebte des Erbprinzen Carl Wilhelm Ferdinand von BraunschweigWolfenbüttel (seit 1780 als Carl II. regierender Herzog), des Bruders von Herzogin Anna Amalia, und siedelte im Frühling 1767 nach Braunschweig über. Am 29. Dezember 1767 gebar Branconi einen unehelichen Sohn des Erbprinzen, Carl Anton Ferdinand, der 1770 zum Grafen von Forstenburg erhoben wurde. Sie selbst wurde 1774 in den Adelsstand erhoben. 1777 beendete der Erbprinz die Beziehung und Branconi zog auf ihr Gut Langenstein in der Nähe von Halberstadt. Von dort aus unternahm sie lange Reisen nach Frankreich und in die Schweiz, wo sie im Mai 1779 Johann Caspar Lavater in Zürich kennen lernte, mit dem sie bald darauf einen intensiven Briefwechsel führte (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 72 und 81). Lavater zeigte sich von Branconi dermaßen beeindruckt, dass er ihr ein auf den 28. Juni 1779 datiertes gebetartiges Gedicht „Du b i s t, vergiss nicht, was du bist“ widmete (vgl. Karl Pestalozzi: „Von der Harmonie der moralischen und körperlichen Schönheit“ – Lavaters Gedicht „an Branconi“. In: Noli me nolle. Sammlung Johann Caspar Lavater. Jahresschrift 2016, S. 27–38, hier S. 31). Bis zum Frühling 1780 hielt sie sich in Lausanne auf, wo Goethe sie am 22. und 23. Oktober 1779 auf Lavaters Empfehlung hin aufsuchte (vgl. GB 3 II, zu 323,26). Goethe zeigte sich fasziniert nach der ersten Begegnung mit der als sehr attraktiv geltenden Branconi, die er in einem Brief an Lavater vom 29. Oktober 1779 gar mit einer der Sirenen verglich (GB 3 I, 328,33). Laut dem Bericht Carl Matthaeis, des Sekretärs von Branconi, habe Goethe gesagt: „Es ist eine treffliche Frau von

AUGUST 1780

353

Geist und Verstand. 〈…〉 Jesus! Was könnte diese Frau aus einem machen!“ (BuG 2, 161.) – Goethe hatte anhand zweier Schattenrisse eine vergleichende Charakteristik von Charlotte von Stein und Maria Antonia von Branconi in seinem Brief an Lavater vom 24. Juli 1775 gegeben, als er die beiden Frauen noch nicht persönlich kannte, und sich über Letztere weit weniger günstig geäußert als nach der persönlichen Begegnung (vgl. GB 2 I, 196,11–22). – Branconis Besuch am 26. und 27. August 1780 in Weimar war der Anlass des vorliegenden Briefes, in dem Goethe galant seine Bewunderung für die Schönheit der Adressatin zum Ausdruck bringt. In seinem Tagebuch notierte er am 29. August 1780: Nachklang der Schönen Gegenwart. (GT I 1, 115.) – Goethe besuchte Branconi zwei Mal in Langenstein, jeweils im September 1783 und 1784 (vgl. BuG 2, 424f. und 486). – Insgesamt sind fünf Briefe Goethes an Branconi überliefert, die allesamt aus dem Zeitraum zwischen 1780 und 1784 stammen. Die Gegenbriefe sind nicht überliefert. 109,4 In meiner Eltern Haus] Goethes Geburtshaus am Großen Hirschgraben in Frankfurt a. M. – Der Brief ist nach Frankfurt adressiert (vgl. Überlieferung). 109,7–8 für die Paar Tage die Sie uns gegönnt haben] Die Adressatin hatte sich vom 26. bis 28. August 1780 in Weimar aufgehalten (vgl. Datierung zu Nr 160). 109,18 Reisen Sie glücklich] Branconi befand sich auf der Reise von ihrem Gut Langenstein bei Halberstadt nach Lausanne, änderte jedoch ihre Pläne (vgl. zu 152,3–4). 109,18–19 Ihrer sanft augenbrauigen Reisegefährtinn] Wahrscheinlich die sechzehnjährige Anna Maria von Branconi, eine Tochter aus der Ehe mit Francesco Pessina de Branconi. 109,19 Hl. Dechant] Wahrscheinlich Damian Friedrich Dumeiz de Huville, Dechant an St. Leonhard in Frankfurt, den Goethe aus seiner Heimatstadt kannte und in „Dichtung und Wahrheit“ erwähnte (vgl. GB 2 II, erste Erläuterung zu 71,20; AA DuW 1, 483 [13. Buch]). 109,20 Meine Mutter schreibt mir gewiss gleich] Der Brief Catharina Elisabeth Goethes ist nicht überliefert (vgl. zu 152,16). 109,24 Das versprochne] Eine Abschrift der Schweizer Reise (vgl. zu 152,23). 110,1 di Vossignoria × × × × issima] Di Vosignoria (ital.): Von Euer Hochwohlgeboren. -issima (ital.): Suffix zur Bildung des femeninen Superlativs. – Die Kreuze stehen für die fehlenden Adjektive (vgl. 110,6–7). Die Grußformel spielt zum einen auf die italienischen Konventionen mit überlangen Devotionsformeln, zum anderen auf den Topos der fehlenden Worte an. 110,4 il servo × × × × issimo] Il servo (ital.): Der Diener. -issimo (ital.): Suffix zur Bildung des maskulinen Superlativs. 110,8 Litaney] Litanei: Hier im Sinne einer langen Aufzählung (vgl. GWb 5, 1250).

354

BRIEFE 162/163

162. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 28. August 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 125. – 1 Bl. 19,6 × 21(–21,6) cm, unterer Rand ungleichmäßig abgeschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 105, Nr 28 (Teildruck: 110,14–18 Branckoni ist so artig 〈…〉 lieber Mensch.; 110,20 Grüß alles.; 110,20–21 W. an 〈…〉 28 Aug 80 G.; mit Text aus Nr 131 vermischt). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 191 (Teildruck: 110,9–10 Der Rath Bertuch 〈…〉 tausend Thaler schreiben; 110,14–18 Die überschöne Branckoni 〈…〉 Adieu lieber Mensch.; 110,20 Grüs alles. Adieu. W. an meinem 31 ten Geburtstag). E3: Wilhelm Arndt: Zu Goethes Geburtstag. Zwölf ungedruckte Briefe Goethes aus den Jahren 1780–1829. In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. 39. Jg. II. Semester. Nr 35. Ausgegeben am 26. August 1880. Leipzig 1880, S. 350. WA IV 4 (1889), 274f., Nr 1005. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom 9. September ist nicht überliefert (vgl. zu 136,20). Postsendungen: 28. August 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 38v). 110,9–10 Rath Bertuch 〈…〉 tausend Thaler schreiben] Ob Bertuchs nicht überliefertes Schreiben an Lavater tatsächlich am 28. August 1780 verschickt wurde, ist fraglich. Laut seinem von Carl August beglaubigten Protokoll erhielt er erst zwei Tage später die entsprechende Anweisung des Herzogs bezüglich der Anleihe für Lavater (vgl. zu 105,9):

5

10

Actum Belvedere dL. 30 AugL. 1780. Dato geruheten Serenissimus ClemL Regens Endes Unterzeichnetem gnädigst zu eröffnen, daß Sie dem HL. Diaconus, Joh. Caspar Lavater zu Zürich, die Anleyhe eines Capitals von Eintausend Thlrn. zu 4 p.c. verzinßlich, auf deßen bloße handschrifftliche Obligation, aus HöchstDero Scatol zu gewähren, gnädigst entschloßen wären; und befohlen mir zu dem Ende ein dergL. Capital von einer der fürstlL Landschaffts Cassen zurückzunehmen, und es in der Maase dem HL. Diacono Lavater zu übermachen. Solches nachrichtlich. FJBertuch

AUGUST/SEPTEMBER 1780

355

(H: LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1096b, Bl. 1.) Bertuch, der sich alle die Anleihe betreffenden Unterlagen von Carl August gegenzeichnen ließ, zog am 23. September 1780 1000 Reichstaler aus einer Einlage bei der Jenaischen Landschaftskasse zurück (vgl. ebd., Fürstenhaus A 1090, Bl. 3v). Er trat in Verbindung mit Lavater und handelte die Einzelheiten aus. Er schlug vor, die Anleihe in Louisdor zu überweisen (vgl. zu 148,5), und führte sie in der Schatullrechnung in Laubtalern auf; dadurch konnte er die Belastung für die Schatulle von den vorgesehenen 1000 auf 975 Reichstaler reduzieren (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1096b, Bl. 2). Lavater erhielt das Geld erst im Oktober 1780 (vgl. zu 157,13–14). 110,12–13 Sey höflich gegen den Mann doch nicht zu gut.] Anspielung auf Bertuchs Ruf als harter Verhandlungspartner sowie auf dessen Vorbehalte gegen die Anleihe wegen der prekären finanziellen Lage Carl Augusts (vgl. zu 92,16–17). Goethes Warnung ist symptomatisch für sein distanziertes Verhältnis zu Bertuch (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 318). 110,14 Branckoni] Maria Antonia von Branconi hatte Goethe am 26. und 27. August 1780 besucht (vgl. Datierung zu Nr 160). 110,15 Rückweeg] Auf der Reise von ihrem Gut Langenstein bei Halberstadt nach Straßburg. 110,18 die 60 Ldr für Knebeln] Vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19. 110,18–19 contre mandiren] Contremandieren: absagen, widerrufen (vgl. GWb 2, 1022). 110,19 er hat sie in Basel erhoben] Knebel hatte sich zwischen dem 9. und dem 16. August in Basel aufgehalten und vor der Abreise 50 Louisdor von Burkhardt erhalten (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 34v).

163. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 1. September 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung in den März 1780 gesetzt. Seit der Ausgabe von Fielitz (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 263, Nr 473) wird er nach einer inhaltlichen Parallele zu Goethes Tagebuch vom 1. September 1780 auf diesen Tage datiert (vgl. zu 110,22; zu 110,23).

AUGUST/SEPTEMBER 1780

355

(H: LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1096b, Bl. 1.) Bertuch, der sich alle die Anleihe betreffenden Unterlagen von Carl August gegenzeichnen ließ, zog am 23. September 1780 1000 Reichstaler aus einer Einlage bei der Jenaischen Landschaftskasse zurück (vgl. ebd., Fürstenhaus A 1090, Bl. 3v). Er trat in Verbindung mit Lavater und handelte die Einzelheiten aus. Er schlug vor, die Anleihe in Louisdor zu überweisen (vgl. zu 148,5), und führte sie in der Schatullrechnung in Laubtalern auf; dadurch konnte er die Belastung für die Schatulle von den vorgesehenen 1000 auf 975 Reichstaler reduzieren (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1096b, Bl. 2). Lavater erhielt das Geld erst im Oktober 1780 (vgl. zu 157,13–14). 110,12–13 Sey höflich gegen den Mann doch nicht zu gut.] Anspielung auf Bertuchs Ruf als harter Verhandlungspartner sowie auf dessen Vorbehalte gegen die Anleihe wegen der prekären finanziellen Lage Carl Augusts (vgl. zu 92,16–17). Goethes Warnung ist symptomatisch für sein distanziertes Verhältnis zu Bertuch (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 318). 110,14 Branckoni] Maria Antonia von Branconi hatte Goethe am 26. und 27. August 1780 besucht (vgl. Datierung zu Nr 160). 110,15 Rückweeg] Auf der Reise von ihrem Gut Langenstein bei Halberstadt nach Straßburg. 110,18 die 60 Ldr für Knebeln] Vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19. 110,18–19 contre mandiren] Contremandieren: absagen, widerrufen (vgl. GWb 2, 1022). 110,19 er hat sie in Basel erhoben] Knebel hatte sich zwischen dem 9. und dem 16. August in Basel aufgehalten und vor der Abreise 50 Louisdor von Burkhardt erhalten (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 34v).

163. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 1. September 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er ohne Begründung in den März 1780 gesetzt. Seit der Ausgabe von Fielitz (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 263, Nr 473) wird er nach einer inhaltlichen Parallele zu Goethes Tagebuch vom 1. September 1780 auf diesen Tage datiert (vgl. zu 110,22; zu 110,23).

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BRIEF 164

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 84. – 1 Bl. 16,2 × 10,2 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); rechts unter dem Text von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „71“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 78), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 291. WA IV 4 (1889), 277, Nr 1007. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Charlotte von Stein antwortete wahrscheinlich mit einem Brief vom selben Tag, der nicht überliefert ist (vgl. zu 110,22–23). 110,22 Der Herzog 〈…〉 Mittag bey mir essen.] Am 1. September 1780 ver〈Herzog Carl August〉 mit mir im merkt Goethe im Tagebuch: Conseil as Garten. Ausgebreitetes Gespräch über moralische Verhältnisse war er sehr klar und kräfftig (GT I 1, 115). 110,22–23 Wollen Sie 〈…〉 sagen Sie ein Wort] Da Charlotte von Stein in Goethes Tagebuch vom 1. September nicht erwähnt wird, hat sie vermutlich abgesagt. 110,23 Conseil] An der Sitzung des Geheimen Consiliums am 1. September nahmen der Herzog, Fritsch, Schnauß und Goethe teil (vgl. Wahl, Consilium, 605f., Nr 8506–8525). 111,1 eine Gefährtinn] Möglicherweise dachte Goethe an Caroline von Ilten, die ab 1780 für zwei Jahre zum Haushalt Charlotte von Steins gehörte.

164. An Carl Christian von Herda

Weimar, 1. September 1780 → 〈Eisenach〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-2145. – Doppelblatt 19,5 × 27,6 cm, 2 ½ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift und Nachschrift (111,22–112,3 Auf Ew Hochwohlgebl. Anfrage 〈…〉 Frau Gemahlinn.), Tinte. E: WA IV 30 (1905), 13f., Nr 1008a (Carl Schüddekopf). ERL ÄUT ERUNGEN

Die Bezugsbriefe sind nicht überliefert (vgl. 111,6; 111,22–23). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

SEPTEMBER 1780

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Zum Präsidenten der Eisenacher Kammer Carl Christian von Herda zu Brandenburg (1726/28–1802), der im September 1781 zum Geheimen Rat und Kassendirektor befördert wurde (vgl. Wahl, Consilium, 728, Nr 10652), stand Goethe ausschließlich in einem amtlichen Verhältnis, wenn auch auf persönlich freundschaftlicher Ebene (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 522). Aus dem Zeitraum dieses Bandes ist nur der vorliegende Brief überliefert. 111,6–7 kommunicirte Akten, das Kalten-Nordheimer Steinkohlenwerk betrl.] Nicht ermittelt. – Carl August hatte in einem Reskript an die Kammer Eisenach vom 18. April 1780, dem Tag, als Goethe die Direktion über alle Bergwerksangelegenheiten übernahm (vgl. zu 89,10–11), einen zehnjährigen Auszug der Zehnten des Kaltennordheimer Steinkohlewerks angefordert (vgl. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Bergwerkswesen 111, Bl. 89). Diese hatte am 25. April 1780 den vom Kammerkalkulator Johann Adam Lange erstellten „Extrait vom Mai 1769 bis dahin 1779“ nach Weimar geschickt (vgl. ebd., Bl. 90). Goethe ließ daraufhin den Auszug von Seidel abschreiben und dem Ilmenauer Berggeschworenen Johann Gottfried Schreiber d. Ä. zukommen: Dem Geschwornen Schreiber zu Ilmenau wird hiermit der Auszug aus den Kaltennordheimer Amtsrechnungen von Mich. 1769 biss dahin 1779, was der Zehnde von dem dasigen Steinkohlenwerk in Zehen Jahren ertragen, zugefertigt und denselben aufgegeben sie mit denen, auf die Saline zu Schmalkalden gelieferten Kohlen Quantis zusammenzuhalten und darüber seinen Bericht auf ’s baldigste zu erstatten. Weimar den 12 Mai 1780. Goethe dem Geschwornen Schreiber in Ilmenau. (H: LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Bergwerkswesen 119, Bl. 6–7.) – In seinem danach ergehenden Bericht vom 17. Mai 1780 wies Schreiber darauf hin, dass der Auszug keine geeignete Grundlage für die angeforderte Berechnung biete, und bat um detailliertere Unterlagen (vgl. ebd., Bl. 12). Möglicherweise hatte Goethe daraufhin weitere, nicht ermittelte Unterlagen mit Aufstellungen der Steuereinnahmen in Kaltennordheim von der Kammer Eisenach angefordert und untersucht, die nun zurückgeschickt werden sollten. 111,7–8 montägigen Postwagen] Die ‚fahrende‘ Post war zwar langsamer als der ‚reitende‘ Postbote, konnte aber Pakete und Wertsachen transportieren. – Die Postwagen fuhren die Strecke zwischen Leipzig und Frankfurt zweimal wöchentlich, von Weimar fuhren sie Richtung Westen montags und donnerstags ab (vgl. Post-Bericht 1781, o. S.). 111,9 Reise nach Ilmenau] Vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170.

5

358

BRIEF 165

111,9 Steiger Schreiber] Wohl der Berggeschworene Johann Gottfried Schreiber d. Ä., der dem Steinkohlenbergwerk in Kammerberg vorstand. 111,10 von dem Resultate Nachricht geben] Ein schriftlicher Bericht für Herda ist nicht überliefert. Möglicherweise wurden ihm die Ergebnisse der Unterredung mit Schreiber während des Aufenthalts in Zillbach am 12. September mündlich übermittelt (vgl. zu 111,24). Eine Begegnung mit dem Adressaten Ende September in Eisenach ist nicht dokumentiert (vgl. zu 111,15–17). 111,12–13 dieser Unternehmung] Hintergrund des amtlichen Vorgangs der Prüfung der Steuereinnahmen und somit der Erlöse war die Überlegung, das privat betriebene Kohlewerk zu Kaltennordheim zu kaufen. Dies geschah erst im Mai 1782 (vgl. Wahl, Consilium, 804, Nr 11932). 111,14 der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 111,14–15 Reise nach dem Oberlande] Das Eisenacher Oberland bzw. die Thüringische Rhön, südlich der Werra. Die wichtigsten Orte in den südlichen Exklaven des Herzogtums Eisenach in der Rhön waren Kaltennordheim, Melpers, Geisa, Zillbach, Ostheim und Tiefenort. – Während dieser Reise (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170) nahm Goethe geologische Erforschungen vor, die er in der „Anzeige Mineral und lithologischer Merckwürdigkeiten der beyden Ämter Lichtenberg und Kaltennordheim“ zusammenfasste (vgl. LA II 7, 36f., M 19 [Regest]). In seinem Bericht ging er auf das Steinkohlenvorkommen in Kaltennordheim ein:

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〈…〉 Eine unsägliche Menge gewinnbarer Holz-Stein-Kohlen; denn sie scheinen in der That ein bloses Schwefelschwangeres Holz zuseyn. Diese finden sich im Gebirge westwärts nach der Tanne zu, 1/8 Meile von hier unter der Gemeinde Holzung wo Stollen und Schacht vom Trierl. Gewercke angelegt und die Kohlen gewonnen werden. Sie erstrecken sich, gegründeten Muthmasungen nach, bis nach dem Freyherrl. Tannl. Theobaldus Hof, welcher 5/8. Meilen vom Ort nach Westen zu, oblieget. Ja! man hat Spuren, daß sich in einer Tiefe von 8. Schuhen ohngefehr, gleich beym hiesigen S t a d t f l e c k e n , welche finden müßten; wenn man den Versuch machen wollte; es müßte dann kein sicherer Schluß von schwarzen Leth oder Thon auf die darunter befindliche Steinkohlen zumachen seyn. (H: GSA 26/LVIII,37, Bl. 31v.) 3 Tanne] Die Herrschaft Tann, heute Tann (Rhön). 6–7 Theobaldus Hof] Theobaldshof, heute Teil der Gemeinde Tann. 11 Leth] Letten: Tonerde. 111,15–17 auf der Rükreise 〈…〉 in Eisenach mündlich zu versichern] Möglicherweise in den letzten Septembertagen (vgl. zu 146,14).

SEPTEMBER 1780

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111,24 Zillbach] Ortschaft etwa 15 km südwestlich von Schmalkalden, mit herzoglichem Kammergut und einem verfallenen Jagdschloss (vgl. zu 125,5). – Wahrscheinlich wollte der Adressat mit dem Herzog vor Ort über das von ihm betreute Vorhaben der Verpachtung des Kammergutes an die Mennoniten sprechen (vgl. die zweite Erläuterung zu 143,10; zu 143,15–16). 111,24–112,1 Sereniss. ohngefähr dl. 12ten dieses eintreffen könnten] Herzog Carl August und Goethe kamen tatsächlich am 12. September 1780 in Zillbach an. 112,3 Frau Gemahlinn] Bernardine Sophie von Herda zu Brandenburg geb. von Holleben war seit 1772 mit dem Adressaten verheiratet.

165. An Sophie von La Roche Weimar, 1. September 1780 → 〈Ehrenbreitenstein bei Koblenz〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/294,I, Bl. 28–29. – Doppelblatt 33,6(–33,8) × 20,8 cm, 3 ½ S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss: EB 75 (vgl. auch zu 112,8). E1: Katalog Goethe-Ausstellung (1861), 30, Nr 129 (Teildruck: 113,1–7 Da H. v. Knebel 〈…〉 abwärts gehn.). E2: Goethe-La Roche (1879), 120–122, Nr 44. WA IV 4 (1889), 277–279, Nr 1008 (nach E2). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet keinen Brief Sophie von La Roches. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 2. September 1780 (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 39r). Goethes Kontakt zur Adressatin war nach seiner Übersiedlung nach Weimar abgebrochen. Seit dem Brief vom 11. Oktober 1775 (GB 2 I, Nr 268), in welchem er von seiner Abreise nach Weimar berichtet, ist kein weiterer Brief an sie nachgewiesen. – Wieland hatte sich im Jahr 1776 mehrmals bei La Roche dafür entschuldigt, dass Goethe ihr nicht mehr geschrieben habe (vgl. WB 5, 463, 526, 552). – Der vorliegende Brief ist rhetorisch genau durchdacht: Die vertrauliche Anrede liebe Mama (112,4) sollte die Adressatin an die Zeit der engeren persönlichen Beziehung erinnern (vgl. etwa GB 2 I, 74,1). Danach legt Goethe den Anlass des Briefes dar (Knebels Besuch in Koblenz), um sodann der Adressatin mit der Erwähnung ihres aktuellen Romans zu schmeicheln, um dessen Veröffentlichung er sich, allerdings vergeblich, bemüht hatte. Die eingeflochtenen Verweise auf gemeinsame Bekannte und die fast beiläufig formulierte Bitte um Mineralien für die eigene Sammlung ebnen den Weg für das abschließend formulierte eigentliche Anliegen des

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BRIEF 165

Briefes, Goethes Aussöhnungsversuch mit Friedrich Heinrich Jacobi durch Knebel, der ihm auch eine Wiederannäherung an die Adressatin ermöglichen soll. – Zur Adressatin vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 117. 112,6 produziren] Produzieren (von lat. producere): sich zeigen. 112,6–7 Hl. von Knebel 〈…〉 zu Ihnen kommen] Carl Ludwig von Knebel kam auf der Rückreise aus der Schweiz am Abend des 12. September 1780 in Koblenz an. Als er am darauffolgenden Tag die Adressatin besuchen wollte, traf er nur ihren Mann an; sie selbst befand sich in Frankfurt (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 38v). 112,8 beiliegendes] Dem Brief war eine Sendung an Knebel beigeschlossen, die wahrscheinlich ein nicht überliefertes Manuskript der „Vögel“ (vgl. zu 104,7–8) und einen nicht überlieferten Brief (EB 75) enthielt. 112,11 Vor wenig Tagen hab ich Mad de Branckoni hier gesehen] Vgl. Datierung zu Nr 160. 112,12 die Frauenzimmer Briefe] La Roches „Freundschaftliche Frauenzimmer-Briefe“ waren 1775/76 in Johann Georg Jacobis „Iris“ erschienen. Goethe hatte die Entstehung des Romans begleitet und mit dem Leipziger Verleger Reich über dessen Veröffentlichung (vergeblich) verhandelt (vgl. GB II 2, zu 113,17 und zu 150,16). – Eine erweiterte Fassung des Romans erschien unter dem Titel „Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St**“ (3 Bde. Altenburg 1779–1781). – Mit der späteren Erwähnung des Herausgebers Bode deutet Goethe implizit an, über diese Veröffentlichung auf dem Laufenden zu sein (vgl. zu 112,22). 112,15–16 Ich gebe 〈…〉 in die Mineralogie.] Geben in: aus dem Französischen entlehnte Wendung (donner dans) im Sinne von ‚einer Sache verfallen‘. – Goethes verstärktes Interesse an geologischen Fragen und seine neu angelegte Mineraliensammlung (vgl. zu 93,28) waren die Folge der Übernahme der Leitung der Bergwerkskommission im April 1780 (vgl. zu 89,10–11). 112,17–18 etwas aus Ihrer Gegend] Offenbar wusste Goethe von Georg Michael von La Roches Mineraliensammlung. Knebel besichtigte sie am 13. September 1780: „Gegen Abend zu Mr. de la Roche. Fand ihn in seinem Garten. Mit in sein Haus. Schöne Gemälde. Schöne Mineralien vorzüglich von Eisen, in Bergwerk zu H o c h h a u s e n.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 38v–39r.) – Der Eintrag La Roche Stufen in einer im Herbst 1785 entstandenen Notiz deutet darauf hin, dass die Adressatin Goethes Bitte nachkam (LA II 7, 165, M 77). Eine genaue Identifizierung dieser Stufen ist jedoch nicht mehr möglich. 112,19–20 Da ich kein Brod 〈…〉 geht das ia wohl.] Anspielung auf die Versuchung Jesu in der Wüste, als der Teufel „sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, daß diese steine brod werden.“ (Matthäus 4,3; Luther-Bibel 1772 NT, 5.) 112,21 Wieland] Mit Wieland, ihrem früheren Verlobten, stand die Adressatin in enger Verbindung. Er hatte ihr Goethes Brief vom 23. März 1780 (Nr 43) mit den

SEPTEMBER 1780

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Glückwünschen zum „Oberon“ übersandt. La Roche schrieb dazu am 6. April 1780 an Wieland: „Göthens Billet – ist seiner u Ihrer würdig – er hat alles in sich – was durchdringende einsicht fodert – der zufall mag ihn, allem ansehen nach gegen mich böß gemacht haben.“ (WB 7 I, 275.) 112,21 wieder sein eigen Haar ziehen] Wohl im übertragenen Sinne verwendet als Anspielung auf eine neue Phase von Wielands Produktivität: Nachdem er sich verstärkt redaktionellen Aufgaben für den „Teutschen Merkur“ gewidmet hatte, war er im März 1780 mit einem größeren Werk, dem „Oberon“, wieder in Erscheinung getreten (vgl. zu 33,16). 112,22 Boden] Johann Joachim Christoph Bode war als Sekretär der Gräfin Caritas Emilie von Bernstorff Anfang November 1778 nach Weimar übergesiedelt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits die Veröffentlichung von La Roches Roman „Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St**“ übernommen, wie die Autorin Wieland in einem Brief von Anfang Februar 1779 mitteilte (vgl. WB 7 I, 163). Er war der Verfasser des auf den 26. März 1779 datierten, anonymisierten „Vorberichts des Herausgebers“ im ersten Band (Altenburg 1779). 112,25–26 der nachdenckliche Leichtsinn, und die warme Kälte] Das doppelte Oxymoron spielt auf den Widerspruch zwischen den amtlichen Verpflichtungen und den literarischen Arbeiten Goethes an. Zugleich weisen diese Gegensätze auf den Reifungsprozess hin, dem der Mensch im Laufe seines Lebens ausgesetzt wird. In diesem Sinne ist wohl auch die abschließende Bemerkung zu verstehen, Goethe wolle mit der Adressatin weiter und abwärts gehn (113,7). 112,26 die Töchter] Maximiliane, in die sich Goethe 1772 verliebt hatte und die seit 1774 mit dem Frankfurter Kaufmann Peter Anton Brentano verheiratet war (vgl. GB 2 II, zu 63,25–26), und Luise (Lulu), die seit 1779 die Frau von Christian Joseph Möhn war. – Über die von ihrer Mutter herbeigeführte Heirat Lulus mit dem vermögenden Möhn dürfte Goethe wohl informiert gewesen sein, zumal seine eigene Mutter Herzogin Anna Amalia von der „närische〈n〉“ Verbindung mit dem „Unthier“ (Pfeiffer-Belli, 450) berichtet hatte: „Gestern stellte Sie mir das Ungeheur vor – Großer Gott!!! Wenn mich der zur Königin der Erden |: Americka mit eingeschloßen :| machen wolte; so – ja so – gebe ich Ihm einen Korb – Er sieht aus – wie der Teufel in der 7ten Bitte in Luthers kleinem Catesichmus – ist so dumm wie ein Heu Pferd 〈…〉 Wann ich von all dem Zeug was begreife; so will ich zur Auster werden. Eine Frau wie die la Roche von einem gewiß nicht gemeinem Verstand 〈…〉 die es recht drauf anfängt Ihre Töchter unglücklich zu machen – und doch Sternheime und Frauenzimmer Briefe schreibt“ (ebd., 448f. [Brief vom 11. April 1779]). Auch Merck hatte Anna Amalia im Mai 1779 die unglückliche Ehe geschildert, nachdem ihn Wieland darüber informiert hatte (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 226 und 229). 112,26–27 Hl. v. La Roche] Der Mann der Adressatin, Georg Michael Anton von La Roche (vgl. zu 146,8).

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BRIEF 166

113,1 Hl. v. Knebel 〈…〉 nach Düsseldorf] Knebel reiste von Koblenz weiter nach Düsseldorf, wo er am 15. September 1780 eintraf. Vom 16. bis 18. September besuchte er Jacobi täglich in Pempelfort, las ihm aus Goethes „Iphigenie“ und den „Vögeln“ vor und versuchte dessen Streit mit Goethe zu schlichten (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 39). – Jacobi war wegen Goethes öffentlicher Verspottung seines Romans „Woldemar“ verärgert (vgl. zu 267,9). Knebels Schlichtungsversuch scheiterte, wie aus Jacobis Briefen an Heinse vom 24. Oktober 1780 und an Knebel vom 18. November 1780 hervorgeht (vgl. JB I 2, 209 und 219). – La Roche war ebenfalls über den Vorfall empört und hatte in einem Brief an Wieland vom 12. September 1779 die Befürchtung geäußert, ihr Roman könnte ebenfalls den Spott Goethes auf sich ziehen (vgl. WB 7 I, 216f.). 113,2 Friz] Friedrich Heinrich Jacobi.

166. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 3. September 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 126. – 1 Bl. 19,7 × 27,5(–27,7) cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Datum, Paraphe und Nachschrift (114,5 Innliegende Mspte 〈…〉 dich dabey ist.), Tinte; nachträgliche Eintragungen von fremder Hd (Auslassungszeichen), Rötel, wahrscheinlich durch Heinrich Hirzel für einen geplanten Druck in: Goethe-Lavater1. – Wahrscheinlich Beischluss zu EB 80 (vgl. auch zu 137,23–24). E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 191 (Teildruck: 113,11 Hier kommen endlich die Albrecht Dürerischen Kupfer). E2: WA IV 4 (1889), 279f., Nr 1009 (Eduard von der Hellen). BEIL AG EN

1) Lavaters Dürer-Sammlung (vgl. zu 113,11). 2) Hüsgens Dürer-Katalog (vgl. zu 113,12–13). 3) Manuskripte (vgl. zu 114,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 13. September 1780 (vgl. zu 137,23–24). 113,11 Hier kommen 〈…〉 die Albrecht Dürerischen Kupfer.] Lavaters Sammlung von Dürer-Kupferstichen, die von Goethe geordnet, ergänzt und neu montiert worden war (vgl. zu 13,18) 113,12 nicht mehr als hundert] Vgl. zu 48,16; zu 13,25–14,1.

SEPTEMBER 1780

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113,12–13 beikommenden Büchelgen] Sebastian Hüsgens Katalog von Dürers Kupfer- und Eisenstichen (vgl. Hüsgen, Verzeichnis Dürer; zu 13,25–14,1). Lavaters Exemplar ist nicht überliefert. Goethe behielt ein zweites, um Lavaters Sammlung ergänzen zu können (vgl. zu 113,16). 113,13 deutlich beschrieben] Der Dürer-Katalog hatte keine Abbildungen, beschrieb aber jeden einzelnen Kupferstich mit Autorschaftsmerkmalen und Angaben des Motivs, des Hintergrunds, der Abmessungen und der Bezeichnung (vgl. Hüsgen, Verzeichnis Dürer). 113,16 Ich hab mir sie auch notirt] Goethe trug auch in sein Exemplar von Hüsgens Dürer-Katalog die 34 Lavater fehlenden Graphiken eigenhändig ein, allerdings nicht am Schluss, sondern auf dem fliegenden Blatt des Vorsatzes: Serenissimo fehlen. 24. 28. 37. 63. Lavatern fehlen. 1. 2. 3. 23. 24. 28. 31. ⎡33. 34.⎤ 35. 37. 38. 42. 45. 46. 51. 52. 53. 55. 58. 59. 63. 64. 66. 71. 73. 75. 77. 78. 81. 91. 92. 97. 98.

(HAAB, Sign.: Ruppert-2456. – 1. Adam und Eva; 2. Juda und Thamar; 3. Die Geburt Christi; 23. Das kleine Ecce Homo von 1512; 24. Das große Ecce Homo von 1512; 28. Das jüngste Gericht; 31. Maria auf einem halben Mond ohne Jahrzahl; 33. Maria mit der Sternen-Krone von 1508; 34. Maria mit der Sternen-Krone von 1516; 35. Die säugende Maria von 1503; 37. Die säugende Maria; 38. Maria am Baum von 1513; 42. Maria mit dem Affen; 45. Maria und Joseph; 46. St. Philipp; 51. St. Sebastian am Baum; 52. St. Sebastian an der Säule; 53. St. Christoph; 55. St. Georg stehend; 58. St. Genoveva.; 59. St. Hieronymus; 63. Kardinal Albert von Mainz [klein]; 64. Kardinal Albert von Mainz [groß]; 66. Willibald Pirckheimer; 71. Der besoffene Landsknecht mit seiner Frau; 73. Koch und Köchin; 75. Die Hexe; 77. Der tanzende Bauer und Bäuerin; 78. Der Dudelsack-Pfeiffer; 81. Mann, Frau und Hirsch; 91. Die vier Hexen; 92. Wappen mit Hahn; 97. Die Entführung; 98. Der große Satyr.) Außerdem trug Goethe eine Anmerkung zu einem Porträt von Willibald Pirckheimer in sein Exemplar ein, möglicherweise war dieser Vermerk auch in Lavaters Exemplar enthalten: NB im husg. Exemplar wird die Schrifft abgeschnitten gewesen seyn. SieEs steht wie unter dem Original und mit cursivSchrifft und das Zeichen an der rechten Seite untern. (HAAB, Sign.: Ruppert-2456, S. 40, Nr 66.) 113,19–21 Für eben diese fehlende Originalien 〈…〉 fehlen kannst] Vgl. zu 13,18.

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BRIEFE 167/168

113,24 einrangiren] Hier: ‚in Klebebänden montieren‘ (vgl. GWb 2, 1494). 113,25–27 Kriegst du ein solches fehlende Blat 〈…〉 kein doppeltes anschaffe.] Offenbar kam Lavater dieser Bitte nicht nach, denn Goethe nahm keine nachträgliche Änderung bei den Lavater fehlenden Stichen in seinem Exemplar vor (vgl. Bertsch/Grave, Dürer, 307). Es gibt keinen Beleg dafür, dass sich Goethe weiterhin um die Vervollständigung von Lavaters Sammlung kümmerte. 114,1 zu einer Sammlung 〈…〉 selbst mache] Dazu hatte Goethe erste Ankäufe in der Schweiz gemacht und war um ihre Erweiterung bemüht (vgl. zu 28,27; zu 28,22; zu 60,1; zu 83,19; zu 245,10; zu 246,11–12). – In Goethes Kunstsammlung sind zahlreiche Dürer-Graphiken überliefert. 114,2 Kupferhändler] Goethe hatte bereits Merck um Exemplare der Lavater fehlenden Dürer-Graphiken gebeten (vgl. 39,13–18). Merck schaffte auch Zeichnungen für Goethe an (vgl. zu 245,10). – Möglicherweise bezog Goethe weitere Graphiken über Kunsthändler wie Murr in Nürnberg und Rost in Leipzig, zu denen Bertuch Kontakte zur Anschaffung von Kunstwerken für die herzogliche Sammlung pflegte (vgl. zu 293,7; zu 322,17). 114,5 Innliegende Mspte an Bäben.] Goethe schickte Barbara (Bäbe) Schultheß immer wieder Manuskripte seiner Werke zum Abschreiben (vgl. zu 157,26). Welche Manuskripte hier beilagen, konnte nicht ermittelt werden. Es ist unwahrscheinlich, dass es sich um eine frühe Fassung von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ handelte, auch wenn zu dieser Zeit in Lavaters Kreis über das Romanfragment gesprochen wurde (vgl. zu 209,6); die von Schultheß erstellte Abschrift ist erst ab 1783 zu datieren (vgl. WA I 51, 283f.).

167. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 4.? September 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er ohne explizite Begründung vor Brief Nr 143 vom 9. August 1780 gesetzt, nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. – Fränkel datiert ihn erstmals nach einer Parallele zum Tagebuch auf den 4. September 1780 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 246, Nr 473). Für die Einordnung in das Jahr 1780 spricht neben der Überlieferung im Konvolut auch die Angabe der Adressatin auf der Handschrift (vgl. Überlieferung). Der Brief wurde offenbar kurz vor Antritt einer Reise Goethes geschrieben (vgl. zu 114,7); im Zusammenhang mit der Parallele zum Tagebuch Goethes erscheint die

SEPTEMBER 1780

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Datierung auf den 4. September 1780 plausibel und wird beibehalten (vgl. zu 114,6–7). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 99. – 1 Bl. 17,7 × 10,4(–10,6) cm, 1 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); an den unteren Ecken und auf der Rs. rote Siegelreste; Vs. rechts unter dem Text von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „80“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „120“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 120), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 326. WA IV 7 (1891), 267, Nr 2385. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 114,6–7 Die ganze Nacht 〈…〉 nie einig werden können.] Möglicherweise nach einem Missverstandniss mit 〈Charlotte von Stein〉, zu dem es laut Tagebuch am 3. September Nachts kam, nachdem Goethe aus Belvedere vom Geburtstag Carl Augusts zurückgekehrt war (GT I 1, 115). Der vorliegende Brief könnte am Morgen danach geschrieben worden sein. 114,7 Adieu] Vgl. zu 114,9.

168. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 5. September 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 71. – 1 Bl. 13,6 × 8,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „58.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 60), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 330. WA IV 47 (1889), 280, Nr 1010. BEIL AG EN

1) Lavaters Manuskript der Briefe über Wasern (vgl. die erste Erläuterung zu 114,10). 2) Reisebeschreibung (vgl. die zweite Erläuterung zu 114,10).

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BRIEF 169

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 114,9 Adieu nochmals] Am Morgen vor Goethes Aufbruch zu einer Inspektionsreise nach Ilmenau und die abgelegenen Gebiete des Eisenacher Teils des Herzogtums geschrieben, von der er erst Anfang Oktober zurückkehrte (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). 114,10 Briefe über Wasern] Johann Caspar Lavaters ausführliche Berichte in Briefform über den Fall des Zürcher Pfarrers und Publizisten Johann Heinrich Waser, der wegen Geheimnisverrats angeklagt, verurteilt und am 27. Mai 1780 hingerichtet worden war (vgl. zu 49,18). Wahrscheinlich lagen die zuletzt von Lavater übersandten Briefe drei bis neun bei (vgl. zu 107,7 – 8). Die Art, in der Goethe die Beilage erwähnt, spricht dafür, dass Charlotte von Stein in die Angelegenheit eingeweiht war. Während Goethes Abwesenheit von Weimar schickte Lavater weitere Fortsetzungen an Charlotte von Stein. Die Begleitbriefe bewahrte sie unter Goethes Briefen auf (vgl. die Briefe Lavaters vom 26. August und 2. September 1780, abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erläuterungen). 114,10 die Reisebeschreibung] Der bis Anfang April fertiggestellte Teil der Beschreibung der Schweizer Reise von 1779 (vgl. zu 42,11–12). 114,10 Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise. 114,11 unsre krancke Fürstinn] Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 114,12 das bewuste] Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. 114,12 lieber Engel] 1780 nur noch selten als Anrede für Charlotte von Stein (vgl. 12,1). Johann Caspar Lavater an Charlotte von Stein, 26. August 1780:

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Da G o e t h e, wie er schreibt, mit dem Herzog, eine kleine Reise macht, so addressir’ ich die Fortsetzung der w a s e r s c h e n Geschichte, die er Ihnen ohne Zweifel mitgetheilt haben wird, mit vollkommenen Zutrauen in Ihre Diskretion an S i e, meine verehrungwürdige Frau v. S t e i n – und so werd’ ich von woche zu woche fortfahren, bis alles eingesandt ist, was zu dieser so sehr aufsehenmachenden Geschichte gehört. An G o e t h e selber werd’ ich eher nun nicht schreiben, bis ich weiß, daß er wieder zurück ist. Indeß bitt’ ich Sie, die Zulage von dem Porträte des T h o m a s M o r u s nach H o h l b e i n, nett aufziehen zulaßL, und so dann hinter Rahm und Glas erst in Ihr Zimmer aufzuhängL, und, wenn Er zurückkommt, es ihm zuübergebL. Er weiß schon Etwas davon. Ich fange mit Aufträgen an Sie an – womit will ich enden? Mit Nichts, als herzlichem Dank für Ihren gütigen Gruß durch Baron von K n e b e l.

SEPTEMBER 1780

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Zürich, dL 26. Aug 1780 JCLavater. (H: GSA 29/487,I, Bl. 102. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut [Bd II, Jg 1780, Nr 128], vgl. Überlieferung zu Nr 1; Brief gedruckt in: Goethe-Lavater3, 133). 1 Da G o e t h e 〈…〉 eine kleine Reise macht] Vgl. zu 114,9. 2 die Fortsetzung der w a s e r s c h e n Geschichte] Wahrscheinlich die Briefe zehn und elf vom 18. und 25. August 1780 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 52). 7–8 Porträte des T h o m a s M o r u s nach H o h l b e i n] Vgl. zu 148,23. 11–12 Gruß durch Baron von K n e b e l] Während seiner Schweizer Reise hatte Knebel vom 29. Juni bis zum 14. Juli 1780 Lavater in Zürich besucht (vgl. zu 63,17). Johann Caspar Lavater an Charlotte von Stein, 2. September 1780: Hier, wertheste von Stein, ein Briefchen an G o e t h e, und die Fortsetzung der Wa s e r s c h e n Geschichte. Der XII. Brief mangelt. Er soll die Geschichte des B l u t g e r i c h t e s selbst enthalten, und weil mir noch einige P r o u. C o n t r a unbekannt, wenigstens nicht klar genug sind – so muß ich noch ein Paar Erkundigungen einziehen. Damit indeß jede woche an dies traurige Gebäude ein neüer Stein gelegt sey, send’ ich Ihnen nun den XIII. Brief. Ich zittere, wenn ich an die H i n r i c h t u n g dieses Mannes, und freüe mich, wenn ich an seinen To d gedenke. An die H e r z o g i n u. an H e r d e r n mögt’ich Ihnen gern, wenn ich dürfte, einige G r ü ß e, oder wie Sie dies Herzensding in We y m a r nennen mögL, auftragen. Zürich, den 2. 7br. 1780 Joh. Casp. Lavater. (H: FDH/FGM, Hs-9921). 2 XII. Brief] Wahrscheinlich lagen dem Brief an Charlotte von Stein die Waser-Briefe zehn, elf und dreizehn bei, die jeweils auf den 18., 25. und 31. August 1780 datiert sind (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 52).

169. An Charlotte von Stein

〈Dienstedt, 5. September 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) wurde der vorliegende Brief in den September 1780 eingeordnet. Er lässt sich nach dem Inhalt genauer auf den

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BRIEF 170

5. September 1780 datieren (vgl. die erste Erläuterung zu 114,14; die zweite Erläuterung zu 114,18). Unter diesem Datum wird er seit der ersten Veröffentlichung durch Schöll auch gedruckt. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 73. – 1 Bl. 16,5(–16,8) × 20,3 cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift; rechts neben der Paraphe von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „60“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 62), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 331. WA IV 4 (1889), 280f., Nr 1011. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Charlotte von Stein antwortete wahrscheinlich am 6. September (vgl. zu 121,15). 114,14 Von Dienstadt wo ich gefüttert habe] Goethe war zu Pferd auf dem Weg nach Ilmenau unterwegs (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). Dienstedt (heute als Dienstedt-Hettstedt Ortsteil von Ilmtal) an der Ilm, etwa 25 km südwestlich von Weimar, lag auf halber Strecke nach Ilmenau. 114,14 noch ein Adieu] Vgl. zu 114,9. 114,14 Krebsen] Möglicherweise ließ Goethe von Dienstedt Krebse nach Weimar schicken (vgl. 129,27–28). 114,16 ein Bote nach Ilmenau] Wo Goethe die herzogliche Gesellschaft erwartete (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170; zu 119,4). Zwischen Weimar und Ilmenau verkehrten regelmäßig Boten. 114,16–17 Seidel wirds bestellen.] Goethes Diener und Sekretär Philipp Seidel erledigte während der Abwesenheit seines Herrn dessen Geschäfte. 114,17 Eine Brücke hab ich gezeichnet] Die Zeichnung ist vermutlich nicht überliefert. – Die Vorlage für das Motiv einer um 1780 entstandenen Bleistiftskizze „Haus an der Brücke, im Hintergrund die Linie eines Berges“ (Corpus I, 84, Nr 223) lässt sich nicht bestimmen. Femmel vermutet, es könne sich um die Zeichnung „Häusergruppe an einer Brücke“ handeln. Diese befindet sich allerdings auf der Rückseite der Zeichnung einer „Burgruine“, deren Datierung sich nur auf den Zeitraum 1778/80 eingrenzen lässt (Corpus I, 79, Nr 206; vgl. Corpus VII, 61, Nr 299). 114,18 Grüsen Sie Lingen] Caroline von Ilten, in Goethes Briefen meist als ‚Lingen‘ oder ‚Carolingen‘ erwähnt, lebte nach der Rückkehr Charlotte von Steins aus Mörlach für etwa zwei Jahre in deren Haushalt (vgl. zu 78,15–16). 114,18 Donnerstag recht lustig] Am Donnerstag, dem 7. September 1780, feierte Prinz Constantin seinen 22. Geburtstag (vgl. zu 120,7).

SEPTEMBER 1780

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114,19 schicken mir Freytags etwas] Am Freitag, dem 8. September, erhielt Goethe in Ilmenau Brief und Zettelgen (121,15) von Charlotte von Stein.

170. An Charlotte von Stein Kickelhahn bei Ilmenau, 6. und 7. September 1780, Ilmenau, 7. und 8. September 〈1780〉, 〈Ilmenau, 8. September 1780〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Der Brief besteht aus drei Teilen, die im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) in den September 1780 eingeordnet sind (vgl. Überlieferung). Begonnen wurde er am 6. September 1780 auf dem Kickelhahn bei Ilmenau: Dieser erste mit Bleistift geschriebene Teil ist vollständig datiert (vgl. 119,2). Am 7. September setzte Goethe den Brief in der Art eines Tagebuches auf einem neuen Doppelblatt fort, zunächst mit Bleistift und am selben Ort, bevor er zu seiner Wanderung nach Ilmenau aufbrach (vgl. 120,2). Nach seiner Ankunft in Ilmenau am Abend des 7. September schrieb er mit Tinte weiter (vgl. 120,6) und beendete diesen nur mit Tagund Monatsangaben versehenen Teil am 8. September (vgl. 120,19). Beide Teile, nachträglich mit den fortlaufenden Nummern 1 (119,1), 2 (120,1) und 3 (121,3) versehen, wurden am 8. September gemeinsam durch Boten versandt, wahrscheinlich mit einem undatierten Begleitbrief vom selben Tag (122,1). Seit dem Erstdruck werden die drei Teile unter dem 6., 7. und 8. September 1780 gedruckt, allerdings als getrennte Briefe, auch wenn schon Fielitz darauf hinweist, dass sie wohl als „eine Sendung“ verschickt worden sind (Fielitz, Goethe-Stein 1, 475, Anm. 2 [zu S. 268]). Da Inhalt, Nummerierung und Datierung für die gemeinsame Versendung sprechen, werden sie in der vorliegenden Ausgabe als ein Brief angesehen und im Zusammenhang mitgeteilt. – Beigelegen haben könnte das Gedicht Es fähret die poetsche Wuth 〈…〉 andren Fieber. (122,6–11). ÜBER L IEF ERU NG

1) Briefteil vom 6. und 7. September (119,2–29): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 75. – 1 Bl. 17,2 × 21,2(–21,5) cm, 2 S. beschr., egh., Bleistift, flüchtig geschrieben, Vs. oben rechts egh. Zählung, Tinte: 1, links daneben von fremder Hd, Tinte: „63.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 66), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Faksimile: Abb. 5–6 im Textband (S. 115f.). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 332f. WA IV 4 (1889), 281f., Nr 1012.

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BRIEF 170

2) Briefteil vom 7. und 8. September (120,2–121,32): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 72. – Doppelblatt 16,7(–17) × 21,5 cm, 3 ¾ S. beschr., egh., Bleistift (120,2–5), Tinte (120,6–32), S. 1 und 3 jeweils oben rechts egh. Zählung, Tinte: 2 und 3; S. 1 oben links von fremder Hd, Tinte: „59.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 61), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Faksimile (S. 1–2): Abb. 7–8 im Textband (S. 117f.). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 333–337 (mit Beilage: Gedicht wie in Anordnung WA I 4, 215 gedruckt). WA IV 4 (1889), 282–285, Nr 1013. 3) Briefteil vom 8. September (122,1–4): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 75. – 1 Bl. 10,5 × 7,9(–8,2) cm, Bordüre mit zwei Balken, in weiten Abständen umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „62“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 65), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 333. WA IV 4 (1889), 285, Nr 1014. 4) Beilage? (122,6–13): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 74. – 1 Bl. 17,6 × 10,8(–11) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „62.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 64). – Faksimile: Abb. 9 im Textband (S. 123). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 337. WA I 4 (1891), 215 (mit Beilage zu Nr 171 als Gedicht „An Frau von Stein“, ohne fiktive Datierung: 122,12–13 Vor Erschaffung 〈…〉 Jahr.). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Briefteil vom 8. September 1780 antwortet auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 6. September 1780 (vgl. 121,15). – Charlotte von Steins Antwort ist nicht überliefert (vgl. zu 132,29). Am 5. September 1780 war Goethe zu einer Reise nach dem Oberland, Meiningen pp aufgebrochen (GT I 1, 115). Vom Kickelhahn bei Ilmenau, seiner ersten Station, wanderte er am 7. September nach Ilmenau, wo er am 8. mit Herzog Carl August und dessen Begleitung, darunter Josias von Stein, zusammentraf (vgl. die erste Erläuterung zu 121,4). Die von da an gemeinsam fortgesetzte Inspektionsreise führte von Ilmenau über Stützerbach, Schmalkalden, Zillbach, Melpers und Kaltennordheim in das so genannte Meininger Oberland im Herzogtum Sachsen-Meiningen, nach Ostheim, Meiningen und Suhl. Hauptzweck der Reise war

SEPTEMBER 1780

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der Besuch der Eisenacher Landesteile (vgl. 136,21) und der entfernten Exklaven Ostheim und Kaltennordheim (vgl. Carl August an Johann Caspar Lavater, 21. September 1780; abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu Nr 177). Geplant war auch die Besichtigung der Meliorationsprojekte George Battys in den so genannten Oberlanden (vgl. Carl August an Johann Heinrich Merck, 14. Oktober 1780; Merck, Briefwechsel 2, 503). Von Meiningen aus reiste die Gesellschaft Ende des Monats nach Ruhla und Eisenach. Am 3. Oktober ritt Goethe über Ilmenau nach Kochberg, wo er Charlotte von Stein besuchte, die sich seit etwa Mitte September dort aufhielt. Am 10. Oktober war Goethe wieder in Weimar (vgl. zu 140,22), während der Herzog zwei Tage länger in Kochberg blieb (vgl. FB 1780, S. 209). Goethes Briefe an Charlotte von Stein vom 6. bis 24. September (Nr 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 178) bilden ein fortlaufendes Brieftagebuch, überwiegend mit Blattzählung und einheitlichem Format (vgl. 125,31–32; zu 125,32). Es ging in acht Sendungen an die Adressatin nach Weimar, etwa ab dem 14. September nach Kochberg. Goethe führte in der Zeit vom 5. September bis zum 9. Oktober 1780 kein eigenes Tagebuch. Charlotte von Stein antwortete ebenfalls mit tagebuchartigen Briefen (vgl. zu 134,22). 119,2 Auf dem Gickelhahn] Der 861 m hohe Kickelhahn am Nordrand des Thüringer Waldes, wahrscheinlich nach den dort bejagten Auerhähnen benannt, Hausberg von Ilmenau. Goethe hatte die Umgebung von Ilmenau und den Kickelhahn schon mehrfach besucht, zuerst 1776 (vgl. GB 3 II, zu 88,9). 119,2 des Reviers] Die Wälder um Ilmenau und Stützerbach gehörten zu den ältesten und bevorzugtesten Jagdrevieren der Weimarer Herzöge, die in Ilmenau ein Jagdschloss bauen ließen, das 1752 abbrannte. 1783 wurde als standesgemäße Unterkunft für die herzogliche Jagdgesellschaft unterhalb des Kickelhahns das Jagdhaus Gabelbach errichtet. 119,3 in einer klingernden Sprache Alecktrüogallonax] Wortschöpfung Goethes: $ : griech. Hahn; gallus: lat. Hahn; ‚klingern‘: okkasionelle Wortbildung zu ‚klingen‘: hier ‚melodischer‘, ‚tönender‘, mit dem Nebensinn ‚gelehrter‘ (vgl. GWb 5, 448). 119,4 des Städgens] Ilmenau, etwa 60 km südwestlich von Weimar am Nordrand des Thüringer Waldes gelegen, gehörte seit 1660 zum Herzogtum Sachsen-Weimar und bildete mit dem umliegenden Gebiet als Amt Ilmenau die größte Exklave des Herzogtums. Vor allem die von Herzog Carl August am 13. Februar 1776 in einer Sitzung des Geheimen Consiliums beschlossene Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus hatte Goethe in den folgenden Jahren wiederholt in die Stadt geführt (vgl. Bradish, 48–52). Seit Gründung der Bergwerkskommission am 18. Februar 1777 gehörte Goethe zu deren Mitgliedern (vgl. GB 3 II, zu 90,1–2). – Bei seinen Aufenthalten in Ilmenau nutzte er das neben dem Rathaus gelegene Amtshaus als Dienstwohnung (vgl. GB 3 II, zu 59,20).

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BRIEF 170

119,4–6 den Klagen, den Verlangen 〈…〉 auszuweichen] Vielleicht in Anspielung auf Beschwerden, die im Zusammenhang mit Goethes Tätigkeit in der Fürstlichen Kommission zur Reformierung der Steuerverfassung in Ilmenau standen. Schon bald nach seiner Berufung ins Geheime Consilium hatte er sich mit dem desolaten Ilmenauer Steuerwesen befasst. 1779 beauftragte er seinen Schützling Johann Friedrich Krafft mit der Abfassung ausführlicher Berichte über die wirtschaftlichen Verhältnisse Ilmenaus (vgl. zu 122,2). 119,6 zusammt] Hyperbel für ‚samt‘ (im 18. Jahrhundert ‚sammt‘) im Sinne von ‚alle‘, ‚insgesamt‘ (vgl. Adelung 4, 1770; 3, 1270f.). 119,8 Hermannsteiner Höhle] Eine an der Talseite des Großen Hermannsteins, einem etwa 15 m hohen Porphyrfelsen nordwestlich des Kickelhahns, gelegene Felsenhöhle natürlichen Ursprungs. Goethe hatte sie am 6. August 1776 gemeinsam mit Charlotte von Stein besucht (vgl. GB 3 II, zu 92,24). 119,9 das S] Unmittelbar nach dem gemeinsamen Besuch der Höhle wollte Goethe als Erinnerung daran eine Inschrifft anbringen, die sehr mystisch werden sollte (GB 3 I, 92,21–22). Wie der vorliegende Brief belegt, brachte er 1776 lediglich die Initiale ‚S‘ an für den Nachnamen der Freundin und zugleich für ‚Sonne‘, ebenfalls in Anspielung auf Charlotte von Stein, für deren Namen Goethe seit Juni 1776 im Tagebuch das astronomische Sonnen-Zeichen verwendete (GT I 1, 18). Die beiden Epigramme Was ich leugnend gestehe und offenbarend verberge 〈…〉 und Felsen sollten nicht Felsen und Wüsten Wüsten nicht bleiben 〈…〉, die Goethe in Erinnerung an Charlotte von Stein der Herrmannsteiner Höhle zugedacht hatte (WA IV 6, 310f.), entstanden erst im Juni 1784. Die eisernen Schrifttafeln mit den Gedichten am Eingang der Höhle stammen aus dem späten 19. Jahrhundert und von 1901 (vgl. GB 3 II, zu 92,21). 119,11 Erdgeruch] Nur in den Briefen der frühen Weimarer Zeit belegt, metaphorisch für ‚Erdverbundenheit‘, ‚Natürlichkeit‘ als Gegensatz zur ‚Steifheit‘ und ‚Künstlichkeit‘ städtischen Lebens, auch mit Bezug auf das ‚rustikale Leben‘ während der Jagd (vgl. GB 3 I, 47,16–17; GB 3 II, zu 91,13); hier als Ausdruck unmittelbar sinnlichen Erlebens (vgl. GWb 3, 256). 119,12 den hundertköpfige Gott] Übertreibend für den indischen Gott Vishnu (Wischnu), einen der Hauptgötter des Hinduismus, den Welterhalter und -beglücker, der sich in neun, nach anderer Überlieferung in zehn wechselnden Inkarnationen in Mensch- und Tiergestalt zeigt. Goethe war mit der indischen Mythologie schon in Frankfurt durch die Reisebeschreibung des holländischen Arztes Olfert Dapper „Asia oder Ausführliche Beschreibung des Reichs des Grossen Mogols und e. grossen Theils von Indien“ bekannt geworden (Nürnberg 1681; vgl. GB 2 II, zu 183,4). – Erst mehr als 40 Jahre nach der Anspielung im vorliegenden Brief erwähnt Goethe Vishnu erneut, allerdings nur, um ihn und die ‚vielköpfigen indischen Götter‘ endgültig zu vertreiben:

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Auf ewig hab’ ich sie vertrieben, Vielköpfige Götter trifft mein Bann, So Wischnu, Cama, Brama, Schiven, Sogar den Affen Hannemann. 〈…〉 (Beilage zum Brief an Sulpiz Boisserée, 15. Januar 1822; WA IV 35, 237; später aufgenommen in die „Zahmen Xenien II“; WA I 3, 257). 119,17 Die Aussicht ist gros aber einfach.] Der Blick über das Kickelhahnmassiv in die mit Fichten bestandenen Täler des Thüringer Waldes. In der hier und im Folgenden beschriebenen Stimmung entstand sehr wahrscheinlich das Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh“. Es soll sich als eigenhändige Inschrift an der Wand der Schutzhütte auf dem Kickelhahn befunden haben, die 1870 abgebrannt ist. Nach dem Wiederaufbau der Hütte wurde die Inschrift nach einer historischen Fotografie (von August Linde, 1869; GoetheStadtMuseum Ilmenau) wieder angebracht und seither mehrfach erneuert (zur Überlieferung des Gedichts vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 174). 119,19–20 die aufsteigenden Nebels zeichnete] Die Zeichnung „Dampfende Täler bei Ilmenau“ (Corpus I, 60f., Nr 145), die Goethe am 22./23. Juli 1776 für Charlotte von Stein zeichnete (vgl. GB 3 I, Beilage zu Nr 145; GB 3 II, zu 88,12–13). 119,20–21 so uninteressant als eine grose schöne Seele] ‚Schöne Seele‘ in Anlehnung an das griechische Ideal der Kalokagathia (griech. $: schön und gut), die Verbindung von körperlicher Vollkommenheit und geistig-moralischer Vortrefflichkeit, von Schönheit und Güte, u.a. bei Sokrates und Platon. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der Begriff zu einem zentralen Topos der europäischen Literatur. – Hier in ungewöhnlicher Weise als Personifikation gebraucht. Die Erweiterung ‚große schöne Seele‘ möglicherweise in Anlehnung an Wielands Essay „Von schönen Seelen“ (vgl. Der Teutsche Merkur. 5. Bd, 3. Stück. März 1774, S. 310–321, bes. S. 314). Auf literarischem Gebiet begegnet der Topos bei Goethe zuerst in „Iphigenie auf Tauris“ (vgl. WA I 39, 377,24), deren früheste Prosafassung Ende März 1779 abgeschlossen wurde. Bezeichnenderweise soll Goethe die Idee zum Stück auf dem Schwalbenstein bei Ilmenau gefasst haben (vgl. GB 3 II, zu 258,3). Seine Bekanntschaft mit der Pietistin Susanna von Klettenberg in der Frankurter Zeit inspirierte ihn noch 1795 zur fiktiven Autobiographie der ‚Schönen Seele‘ im 6. Buch von „Wilhelm Meisters Lehrjahren“ (vgl. WA I 22, 257–356). Im Hinblick auf eine reale Person gebrauchte Goethe den Beinamen im März 1780, und zwar für Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen (vgl. zu 58,5–6), die er im Brief vom 15. September 1781 noch einmal so nennt (vgl. 321,2–3). Auf Charlotte von Stein bezieht er den Topos explizit zum ersten Mal im Brief vom 10. April 1781 (vgl. 253,18). – ‚Uninteres-

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sant‘ hier im Sinne von ‚unbewegt‘, ‚ausgeglichen‘, ‚keine Wünsche, Leidenschaften erregend‘. 119,23 Vapeurs] Franz.: Dämpfe. 119,23 Meulern] Meuler: ältere Nebenform zu ‚Meiler‘, eigentlich ein Haufen oder Hügel, hier der mit Erde abgedeckte Holzstoß, „aus welchem die Kohlenbrenner in den Wäldern die Kohlen brennen“ (Adelung 3, 156). 119,25 Provision] Hier: Proviant, wohl in Anlehnung an den im Militär gebräuchlichen Ausdruck ‚Mund- und Kriegsprovision‘. 119,27 Brief von der schönen Frau] Die Antwort Maria Antonia von Branconis auf Goethes Brief vom 28. August (Nr 161); nicht überliefert. Goethe antwortete am 16. Oktober (vgl. 152,10–13). Branconi hatte Goethe am 26. und 27. August in Weimar besucht (vgl. zu 108,5). 120,2 dl. 7 Sept. Die Sonne ist aufgegangen] Noch in der Schutzhütte auf dem Kickelhahn geschrieben, wo Goethe die Nacht verbracht hatte (vgl. Datierung). 120,4 schöne Zeit haben] ‚Schön‘ hier im Sinne von ‚der eigenen Absicht gemäß‘, also ‚genügend‘, ‚ausreichend‘ (vgl. Adelung 3, 1623). 120,4 Es geht auf Goldlauter 〈…〉 den Schneekopf.] Der Schneekopf, etwa 13 km westlich vom Kickelhahn, ist mit 978 m die zweithöchste Erhebung im Thüringer Wald. Dort befand sich seit 1772 eine astronomische Beobachtungsstation des Gothaer Herzogs Ernst II. Goldlauter am Südhang des Thüringer Waldes unterhalb des Großen Beerbergs (983 m) liegt etwa 5 km westlich vom Schneekopf in der Gegenrichtung zu Ilmenau, wohin Goethe am selben Tag noch zurückwanderte. 120,6 Meine Wandrung 〈…〉 vollendet] Falls Goethe am 7. September, wie angegeben, die gesamte Strecke vom Kickelhahn über den Schneekopf und Goldlauter nach Ilmenau wanderte, müsste er einschließlich einer Bergbesteigung mehr als 35 km zurückgelegt haben. 120,7 Geschwirre der Menschen] Am 7. September wurde in Belvedere der 22. Geburtstag Prinz Constantins mit großer Mittagstafel sowie abends mit „eine〈r〉 grose〈n〉 FürstL. TafeL“ mit 32 Personen, „Cour und Ball“ begangen (FB 1780, S. 186). Unter den namentlich aufgeführten Personen der Mittagstafel wird Charlotte von Stein nicht genannt, am Abend könnte sie unter den nur summarisch erwähnten Gästen gewesen sein. 120,8 Illuminationen] Zu Ehren von Prinz Constantin wurde abends „auch eine sehr Schöne Illumination“ veranstaltet „und alsden dieser hohe Tag also beschloßen“ (FB 1780, S. 186). – Parkilluminationen zu festlichen Anlässen waren sehr beliebt; so veranstaltete Goethe am 22. August 1778 zu Ehren Anna Amalias ein Parkfest mit Illumination in ‚Rembrandtscher Manier‘ (vgl. GB 3 II, zu 226,22–23). 120,9 in die Tiefen der Erde eingekrochen] Goethe hatte wahrscheinlich die Grube „Goldene Rose“ bei Goldlauter besucht, die erst seit Ende der 1760er Jahre wieder in Betrieb genommen worden war und in den Berichten Johann Carl Wil-

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helm Voigts (vgl. zu 178,5–7) beschrieben wurde (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 62–65 [7. Brief]). 120,10 der grosen formenden Hand] Die Natur (vgl. GB 3 I, 348,33– 349,2); dieser und der folgende Satz wohl auch im Nachklang der Schweizer Reiseeindrücke (vgl. u.a. GB 3 I, 317,26–318,5). 120,14–15 den armen Maulwurfen 〈…〉 Brod geben] Mit der Wiederaufnahme des Bergbaus sollten die herzoglichen Finanzen verbessert und Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten für die Bergleute geschaffen werden. Nach dem Ende des Kupferschiefer-Silber-Bergbaus im Ilmenauer Revier vor allem in der Folge des großen Dammbruchs von 1739, der Nachwirkungen des Siebenjährigen Krieges und der Ilmenauer Stadtbrände von 1752 und 1776 war die wirtschaftliche Lage im Amt Ilmenau besonders desolat (vgl. zu 413,13). 120,17 Vorfälle] Vorfall: „unvermuthete Begebenheit“ (Adelung 4, 1263). 120,20 Beruf] Hier: „Amt, pflichtmäßige Lebensart“ (Adelung 1, 886). 120,21 mit nehmen] Hier: in Kauf nehmen, ertragen. 120,23–25 vom Fluch gedrückt 〈…〉 und fressen Staub] In Anlehnung an 1 Moses 3,14: „Da sprach Gott der Herr zu der schlange: Weil du solches gethan hast, seyst du verflucht vor allem vieh, und vor allen thieren auf dem felde. Auf deinem bauch sollt du gehen, und erde essen dein lebenlang.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 3.) – In Teilen mit wörtlicher Übereinstimmung zur vorliegenden Briefstelle paraphrasiert Goethe die Bibelverse noch im 20 Jahre später entstandenen „Prolog im Himmel“: Staub soll er fressen, und mit Lust / Wie meine Muhme, die berühmte Schlange. (Faust I, Verse 334f.; FA/Goethe I 7/1, 28.) 120,25 Abwaschung und Reinigung] Anspielung auf die Doppeldeutigkeit beider Begriffe: ‚Abwaschung‘ als medizinische Behandlungsmethode (Wasserkur) und im religiösen Sinne als Abwaschen der Erbsünde durch die christliche Taufe; ‚Reinigung‘ als Ausleitung der schädlichen Körpersäfte (Purgation) und als Katharsis (griech.  «) im Sinne der aristotelischen Poetik, ‚Reinigung‘ von Furcht und Schrecken oder Affekten überhaupt. 120,25–26 einiges griechische] Mit Bezug auf die folgende Übersetzung. – Ins Griechische war Goethe zuerst durch seinen Frankfurter Lateinlehrer Johann Jacob Gottlieb Scherbius eingeführt worden, in Straßburg hatte ihn Herder zum vertieften Studium der griechischen Literatur und Sprache, vor allem Homers und Pindars, angeregt (vgl. GB 1 II, zu 212,14). Homer hat Goethe nach eigener Aussage schon 1771 fast 〈…〉 ohne Übersetzung (GB 1 I, 212,16) lesen können. Ein Resultat der frühen Beschäftigung mit Pindar ist 1773 die Übersetzung der Fünften Olympischen Ode (vgl. DjG3 3, 68f.). Zu Beginn seiner Weimarer Zeit hatte Goethe seine Homer-Lektüre wieder aufgenommen (vgl. GB 3 II, zu 29,12). 120,26–27 in einer unmelodischern, und unausdruckendern Sprache] Mit nicht ganz ernst gemeintem Bezug auf seine eigene Übersetzung ins Deutsche und

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zugleich in Anspielung auf den Beginn des Briefes (vgl. zu 119,3). – ‚Unausdruckender‘: Hapaxlegomenon Goethes. 120,29–33 Und wenn du’s vollbracht hast 〈…〉 genug seyn.] Übersetzung aus „X » “ (Verse 49–53), den „Goldenen Versen“, einem philosophischen Lehrgedicht aus der Schule der Pythagoreer. Abgefasst in 71 Hexametern, enthält es Ratschläge zu einer maßvoll-harmonischen, die Leidenschaften beherrschenden, selbstreflektierten tätigen Lebensführung. Die Datierung des Gedichts ist unsicher und reicht bis ins 6. Jahrhundert v. Chr. Die „Goldenen Verse“ waren erst Mitte des 18. Jahrhunderts ins Deutsche übersetzt worden. 1780 erschienen sie unter dem Titel „Pythagoras goldene Sprüche“ (Altorf) als Gelegenheitsschrift (mit Angabe mehrerer Verfasser- oder Übersetzernamen). Der Titel geht auf die 1775 im „Teutschen Merkur“ (Maiheft, S. 97–106) erschienene freie Nachdichtung Johann Wilhelm Ludwig Gleims zurück, die auch Goethe und Charlotte von Stein bekannt gewesen sein dürfte. – In der vorliegenden Übersetzungsprobe hält sich Goethe an das Versmaß des griechischen Originals. Schon 1776, fünf Jahre vor der Hexameter-Übersetzung der „Odyssee“ (Hamburg 1781) von Johann Heinrich Voß, hatte er sich für die Nachahmung des griechischen Hexameters im Deutschen ausgesprochen (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 42,9). 121,1 Wenn Sie sich dies nun wieder übersezzen] Demnach müssen die griechischen Sprachkenntnisse der Adressatin auf einem Niveau gewesen sein, das über passives Verstehen hinausging. Die gelegentlichen Erwähnungen Homers und Pindars in den frühen Briefen Goethes an Charlotte von Stein lassen eine gemeinsame Lektüre vermuten. 121,4 Der Herzog hat uns 〈…〉 in Erwartung gehalten.] Laut Fourierbuch brach Carl August am 8. September, einen Tag nach Prinz Constantins Geburtstag, „auf einige Tage in das Eisenachische“ (FB 1780, S. 187) auf. Zu seiner Begleitung gehörten neben dem Oberstallmeister Josias von Stein der Kammerdiener Johann Conrad Wagner, der Läufer Johann Heinrich Beilschmidt sowie Jagdlakaien, Koch und Konditor (vgl. ebd.). 121,4 Staff] August Wilhelm Ferdinand von Staff, sachsen-weimarischer Kammerherr und Oberforstmeister in Ilmenau. 121,5 D i ä t Z e t t e l ] Dazu schreibt Carl August in einem Brief vom 26. August an Knebel: „Acht Tage sind wir in Belvedere, von welchen ich zwei und einen halben im Bette, mit einem starken Anfall von Gallenfieber zugebracht habe. Ein Stückchen Dyssenterie mischte sich darein, doch habe ich es mit Hülfe Hufelands, welchen ich hier sehr rühmen muß, schnell überstanden, denn seit vorgestern reite ich wieder herum. Ich habe mir von Hufeland schriftlich wie ich leben soll geben lassen, um wenigstens, wenn ich nicht wohl bin, gewiß zu wissen, w o ich gefehlt habe.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 123. – Dysenterie: veraltet für bakterielle Darmentzündung.)

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121,12 Moly] Griech.  : mythologische Zauberpflanze; Odysseus erhielt sie von Hermes zum Schutz gegen den Zauber der Kirke (vgl. Odyssee 10, 305). 121,13–14 O Weiser Mambres 〈…〉 aufhören.] Mit ironischem Selbstbezug in Anspielung auf die unentwegten Reflexionen des weisen alten Magiers Mambrès aus Voltaires philosophischem Märchen „Le taureau blanc“ (Memphis 〈Paris 1774〉. – Der weiße Stier), zuerst 1773 und 1774 in vier Fortsetzungen in der „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ erschienen. 121,15 Brief und Zettelgen] Nicht überliefert. – Wahrscheinlich durch Herzog Carl August oder eine der ihn begleitenden Personen überbracht. 121,16–17 Bankrut] Nebenform zu ‚Bank(e)rott‘, ‚Banquero(t); hier im metaphorischen Sinne auf die eigene Existenz bezogen (vgl. GWb 2, 52). 121,18 Ball und die Illumination] Anlässlich des 22. Geburtstages von Prinz Constantin am 7. September (vgl. zu 120,7). 121,19 artig waren] Das indikative Präteritum ‚waren‘ hier wie gelegentlich in den frühen Briefen Goethes konjunktivisch für ‚gewesen wären‘ gebraucht. – ‚Artig‘ hier: ‚liebenswürdig‘, ‚galant‘ (vgl. GWb 1, 839f.). 121,20–23 Herders haben 〈…〉 ist mirs eckelhafft.] Mit Bezug auf den Inhalt des nicht überlieferten Briefes von Charlotte von Stein. – Von unangenehmen Sachen (78,25–26) hatte das Ehepaar Herder Goethe schon im Juni 1780 unterrichtet und wahrscheinlich um seine Unterstützung gebeten (vgl. zu 78,25–26). Wie die vorliegende Bemerkung nahelegt, scheint Goethe nicht auf die Wünsche der Herders eingegangen zu sein, weshalb sie nun Charlotte von Stein als Fürsprecherin zu gewinnen suchten. – ‚Ekelhaft‘ hier im Sinne von ‚zuwider‘, ‚unerträglich‘ (vgl. GWb 3, 25). 121,24 in Stein und Bergen] Goethes Wanderung durch die Thüringer Berge und die Erkundung der Überreste des Bergbaus um Ilmenau korrespondierten mit seinem verstärkten Interesse an geologischen Themen nach der Rückkehr von der Schweizer Reise im Frühjahr 1780 (vgl. zu 98,16). 121,30 das leere Blat] Wohl mit Bezug auf die im Unterschied zu den vorangegangenen Seiten nur zu drei Vierteln beschriebene letzte Seite des Doppelblattes des vorliegenden Briefteils (vgl. Überlieferung). – Fielitz vermutet, dass der erste Teil des Briefes ursprünglich gleichfalls auf einem Doppelblatt stand, dessen zweites Blatt unbeschrieben geblieben sei, dann abgetrennt und weiterverwendet wurde (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 475, Anm. 4 [zu S. 267]). Dies ist nicht ganz auszuschließen, aber unwahrscheinlich, da Goethe seinen tagebuchartigen Brief am Morgen des 7. September wohl nicht auf einem neuen Doppelblatt fortgesetzt, sondern auf dem zweiten Blatt weitergeschrieben hätte (vgl. Datierung). 121,31 Lingen auch ein Wort schuldig] Lingen: Kosename Caroline von Iltens, die seit Charlotte von Steins Rückkehr aus Mörlach in der zweiten Julihälfte 1780 in deren Haus lebte (vgl. zu 78,15–16). 121,31–32 vor Schlafengehn 〈…〉 etwas zusammen] Vgl. Beilage.

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122,1 diesen Boten] Wahrscheinlich einer der herzoglichen Husaren (vgl. zu 129,15). 122,2 Hl. Krafft in Ilmenau] Johann Friedrich Krafft, der sich im November 1778 hilfesuchend an den ihm persönlich unbekannten Goethe gewandt hatte. Im Mai 1779 konnte ihn Goethe zur Übersiedlung von Gera nach Ilmenau bewegen, wo er von August an im Haus des Kaufmanns Julius Michael Rieth wohnte (vgl. GB 3 II, zu 286,1). Um Krafft zu beschäftigen, bat Goethe ihn, sich einen Überblick über die desolaten sozialen und ökonomischen Verhältnisse in Ilmenau zu verschaffen und darüber zu berichten (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 4). Goethes Ilmenau-Reise im September 1780 bot die erste Gelegenheit zu einer persönlichen Begegnung mit Krafft. 122,2–3 einen Schein] Eine Quittung. 122,6–11 Es fähret die poetsche Wuth 〈…〉 andren Fieber.] Möglicherweise lagen dem Brief diese auf einem gesonderten Blättchen überlieferten Verse bei. Dem Inhalt nach könnten sie für Caroline von Ilten bestimmt gewesen sein, die in einer unerfüllten Liebesbeziehung mit Prinz Constantin verbunden war (vgl. zu 70,1–2). Im Unterschied zu anderen an Charlotte von Stein übersandten Gedichten hat Goethe den Text zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht. Er erschien zuerst 1848 in der von Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein. Als Gedicht wurde er erstmals in der WA I 4, 215 gedruckt, und zwar mit der vermutlichen Beilage zu Nr 171 (126,2–7), die im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) vor dem vorliegenden Gedicht eingeordnet ist. Gegen die Vermutung, dass beide Beilagen „als Ein Gedicht zusammengehören“ (WA I 5.2, 130), sprechen der Inhalt wie auch die äußere Beschaffenheit des Papiers. Zwar wurden beide Blättchen von einem größeren Blatt abgeschnitten, passen aber in ihren Schnittkanten nicht zusammen (vgl. Überlieferung der Beilagen zum vorliegenden Brief und zu Nr 171). 122,12–13 Von Erschaffung der Welt im 30033000 Jahr.] Scherzhafte Anspielung auf Annus Mundi (AM: lat. Weltjahr), den Zeitpunkt der Schöpfung, nach der biblischen Zeitrechnung etwa 4000 Jahre v. Chr., möglicherweise auch auf das Jahr der Erschaffung der Welt (lat. Annus Lucis: Jahr des Lichts; etwa 4000 v. Chr.) bei den Freimaurern, deren Mitglied Goethe seit dem 23. Juni 1780 war (vgl. zu 76,12–13). Über das „Alter der Welt“ und die „Narrheit dieses Alter auf 6000 Jahr zu schätzen“ (BuG 2, 255) hatte sich Goethe im August 1780 in einem Gespräch mit Johann Anton Leisewitz geäußert (vgl. zu 104,12). Goethes Vorstellungen von der Erdentstehung, die er auch Charlotte von Stein zu vermitteln suchte, basierten zu dieser Zeit schon auf Georges Louis Leclerc de Buffons „Les Époques de la Nature“, die den Rahmen der biblischen Zeitrechnung radikal gesprengt hatten (vgl. zu 43,19).

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171. An Charlotte von Stein 〈Ilmenau〉, 9. September, Stützerbach, 10. September, Schmalkalden, 11. September, Zillbach, 12. September 〈1780〉 → 〈Weimar oder Kochberg〉 DAT IERUN G

Das Jahr 1780 lässt sich nach den inhaltlichen Parallelen zu Nr 170 (vgl. u. a. zu 122,16) und der eigenhändigen Zählung (122,14, 124,23; vgl. zu 125,31–32; zu 125,32) ergänzen. ÜBER L IEF ERU NG

1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 76. – Doppelblatt 17 × 21,5(–21,8) cm, 4 S. beschr., egh., Tinte, S. 1 und 3 jeweils oben rechts egh. Zählung, Tinte: 5. und 6.; geringfügiger Buchstabenverlust infolge des Aufklebens des Doppelblattes auf das Trägerpapier (122,20 〈ge〉fragt); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „64.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 67), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 338–341. WA IV 4 (1889), 286–289, Nr 1015. 2) Beilage? (126,2–7 Ein ieder hat 〈…〉 Baasen.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 74. – 1 Bl. 17,4(–17,6) × 8,7(–9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „61.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 63). – Faksimile: Abb. 10 im Textband (S. 127). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 337. WA I 4 (1891), 215 (mit Beilage zu Nr 170 als Gedicht „An Frau von Stein“). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Charlotte von Steins Antwort vom 12. bis 16. September ist nicht überliefert (vgl. zu 134,22). 122,15 leidend] Hier: geduldig hinnehmend, abwartend, stillhaltend (vgl. GWb 5, 1097). 122,15–16 das macht nichts ganzes] ‚Ganzes‘ hier: ‚Erfülltes‘, ‚Beglückendes‘ (vgl. GWb 3, 1091). 122,16 Des Herzogs Gedärme] Vgl. zu 121,5. 122,19–20 Mörder, Diebe und Hehler 〈…〉 konfrontirt] Der Herzog und sein Geheimer Rat Goethe nahmen an einer Visitation im Ilmenauer Amtshaus teil, bei der Beschuldigte und Zeugen gegenübergestellt und befragt wurden. Es handelte sich der Aufzählung der Delinquenten nach durchweg um schwere Vergehen, die der Hohen Gerichtsbarkeit unterstanden. Die Befragungen selbst nahm wahr-

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scheinlich der für Justiz- und Kriminalangelegenheiten zuständige Ilmenauer Amtmann Heinrich Anton Ackermann vor. Ein zusammenfassender Bericht (Relation), sämtliche Beweismittel und Protokolle gingen an die Regierung in Weimar, das für das Amt Ilmenau zuständige Obergericht. Aufgrund der Akten wurde eine Urteil formuliert, bei der Urteilsfindung konnte der Jenaer Schöppenstuhl, damals das einzige reine Justizorgan des Herzogtums, hinzugezogen werden. Das Bestätigungsund Begnadigungsrecht lag beim Landesherrn. – ‚Konfrontation‘ hier als juristischer Terminus: persönliche Gegenüberstellung von Zeugen und Beschuldigten. 122,21 ich fliehe das Unreine] Das ‚Unreine‘ im geistigen wie körperlichen Sinne (vgl. zu 120,25), als Gegensatz zu dem beim frühen Goethe häufig begegnenden Begriff der ‚Reinheit‘ in Anlehnung an die Sprache des Pietismus und zugleich als ein Nachklang auf hermetisch-alchemistische Studien in Goethes Frankfurter Zeit (vgl. GB 1 II, zu 130,15–16); hier mit Bezug auf die zuvor erwähnten Angeklagten. 122,21 Menschheit] Im 18. Jahrhundert noch oft im Sinne von „menschliche Natur“ und „Menschlichkeit“ (Adelung 3, 180). 122,22 Phisiognomick] Die von Johann Caspar Lavater vertretene Lehre, nach der Charakter und andere psychische Besonderheiten eines jeden Individuums aus dessen Physiognomie abgeleitet werden können. – Goethe förderte Lavaters von 1775 bis 1778 bei Reich in Leipzig und Steiner in Winterthur erschienene „Physiognomischen Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe“, vermittelte Manuskripte an Reich, nachdem er sie redigiert und korrigiert hatte, war bei der Besorgung und Herstellung von Abbildungen, Zeichnungen und Silhouetten behilflich und lieferte eigene Beiträge (phsysiognomische Deutungen Homers, Caesars, Brutus’, Rameaus, Klopstocks u.a. sowie einige „Zugaben“: „Von der Physiognomik überhaupt“, „Einige Gründe der Verachtung und Verspottung der Physiognomik“, „Von den oft nur scheinbaren Fehlschlüssen der Physiognomisten“; vgl. im Einzelnen von der Hellen sowie die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 178). 122,23–24 dem allein ist die Krafft und der Verstand 〈…〉 Amen] In Abwandlung der Schlussverse des „Vaterunsers“: „Denn dein ist das reich, und die krafft, und die herrlichkeit in ewigkeit. Amen.“ (Matthäus 6,13; Luther-Bibel 1772 NT, 8.) 124,1–3 Ein Sohn 〈…〉 alles wegläugnet.] Damit stand Aussage gegen Aussage. Den Beschuldigten drohte, falls sie der Tat überführt werden konnten, die Todesstrafe. Rechtsgrundlage dafür war die in Sachsen-Weimar und Eisenach noch bis 1806 geltende „Peinliche Halsgerichtsordnung“ Kaiser Karls V. von 1532 (Constitutio Criminalis Carolina). Für eine Verurteilung und Bestrafung war ein Geständnis zwingend, da mit den damals zur Verfügung stehenden forensischen Mitteln eine Überführung der Täter kaum möglich war. Die Konfrontation der Beschuldigten mit den Zeugen war Teil des Inquisitionsprozesses, dem für den Fall,

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dass es zu keinem Geständnis kam, eine peinliche Befragung folgen konnte. Die Folter war zwar offiziell nicht abgeschafft, kam aber unter Carl Augusts Regentschaft kaum noch zur Anwendung. 124,3–7 Ein Mann der im Elende der Hungersnoth 〈…〉 verdächtig ist. pp.] Auch dieser Fall unterlag der auf der Carolina beruhenden peinlichen Gerichtsbarkeit und wäre bei einem Geständnis mit dem Tode bestraft worden. Im Unterschied zu dem zuvor geschilderten Verbrechen erregte hier aber die soziale Notlage des Angeklagten Goethes Mitgefühl. 124,8 auf die Berge gegangen] Vielleicht nach Gabelbach und zum Ilmenauer Hausberg, dem etwa 4,5 km entfernten Kickelhahn, der vom Amtshaus am Marktplatz in etwa einer Stunde zu erreichen war (vgl. zu 119,17). 124,10 Roman] Wahrscheinlich nicht der „Wilhelm-Meister“-Roman, an dem Goethe nachweislich im Juni 1780 gearbeitet hatte (vgl. zu 70,17–18), sondern der im Folgenden erwähnte große Roman in Briefform (vgl. zu 124,24). 124,12 bey Veranlassung der Delinquenten] Verkürzt für ‚aus Anlass der (am Morgen durchgeführten) Vernehmungen der mutmaßlichen Straftäter‘. 124,13 Stein] Josias von Stein, Oberstallmeister Carl Augusts (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). 124,14 Hofmiseria] Auf das Elend des Hoflebens, das Goethe vor allem auf seinen Reisen in Begleitung des Herzogs kennen gelernt hatte, spielt Goethe wiederholt in seinen Briefen an (vgl. zu 3,25). 124,18 S t ü z z e r b a c h ] Stützerbach, ein Glasmacherort am Nordosthang des Thüringer Waldes, in der Nähe der Ilmquelle auf sachsen-weimarischem Gebiet gelegen, knapp 10 km von Ilmenau entfernt, war ein beliebtes Ausflugsziel der herzoglichen Gesellschaft, das Goethe seit 1776 kannte. Da es vor dem Bau des Jagdhauses Gabelbach 1783 an einer standesgemäßen Unterkunft für die herzogliche Gesellschaft mangelte, logierte sie während der Aufenthalte in Stützerbach in dem heute nicht mehr vorhandenen Gasthaus „Zum weißen Roß“ sowie in Privathäusern wohlhabender Bürger. 124,19 in vorigen Zeiten 〈…〉 ausgestanden] Wohl in Anspielung auf einen Aufenthalt im Sommer 1776 und die „etwas weit getriebenen zudringlichen Späße der frohreichen Gesellschaft“ (BuG 1, 445) um Herzog Carl August und Goethe im Hause des Stützerbacher Kaufmanns Johann Elias Glaser, an die sich der Vizeberghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra erinnert (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 91,1). 124,22 Sumpffleck] Wortbildung Goethes für ‚Sumpfloch‘, eine mit Schlamm und Morast gefüllte Vertiefung im Boden (vgl. Grimm 20, 1100); Dislegomenon, sonst nur noch im Brief an Carl Friedrich Zelter vom 22. Juni 1808 belegt (vgl. WA IV 20, 87). 124,24 einige Briefe des grosen Romans] Ein offenbar Fragment gebliebener und nicht überlieferter Roman in Briefform. – Seit Düntzer wird immer wieder ver-

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mutet, die Stelle beziehe sich auf den Roman über das Weltall (356,16; vgl. Düntzer, Goethe-Stein, 201, Anm. 2). Dieser wird explizit aber erst im Brief an Charlotte von Stein vom 7. Dezember 1781 erwähnt. Der Kontext dieser späteren Erwähnung spricht zudem dafür, dass es sich um ein neues Roman-Projekt handelt, mit dessen Niederschrift im Dezember 1781 noch gar nicht begonnen worden war (vgl. 356,16–18). 124,27 S c h m a l k a l d e n ] Stadt am Südwesthang des Thüringer Waldes, damals Exklave der Landgrafschaft Hessen-Kassel, etwa 40 km nordwestlich von Stützerbach. 124,28–29 unserm Fuhrwerck] Der Gepäckwagen. 124,30 Stein entzückt sich über alle Ochsen] Josias von Stein nutzte die Reise zur Anschaffung von Ochsen für sein Kochberger Gut (vgl. zu 133,3). 124,31 wie wir über die Granite] Für sein Interesse an der Mineralogie und dem Sammeln von Steinen suchte Goethe seit dem Frühjahr 1780 auch Charlotte von Stein zu begeistern (vgl. zu 98,16). Der Granit, der damals als ältestes Gestein und Grundmaterial der Gebirge galt, hatte Goethe auf seinen Reisen in den Harz 1777 und in die Schweizer Alpen 1779 ganz besonders fasziniert (vgl. GB 3 II, zu 184,25–26 und zu 310,20). 1784 und 1785 behandelte er die Entstehung des Granits in zwei Fragment gebliebenen Abhandlungen (vgl. Granit I; LA I 11, 9f.; Granit II; LA I 11, 10–14; zur Entstehung vgl. EGW 6, 838–846). 124,32 Gewehre in der Fabrick] In Suhl, etwa 15 km westlich von Stützerbach auf kursächsischem Gebiet gelegen. Die Stadt war seit dem Mittelalter ein Zentrum der Waffenherstellung. Wahrscheinlich besuchten Carl August und seine Begleiter die 1751 gegründete Waffenfabrik von Johann Paul Sauer & Sohn, die älteste auf deutschem Gebiet, die militärische Feuerwaffen herstellte. 125,1 eine Scene aus einem neuen Trauerspiel] Die frühe Fassung des „Tasso“, mit deren Niederschrift Goethe in der zweiten Oktoberhälfte 1780 begann (vgl. zu 161,2). 125,2 Gold] In Frankfurt als liebevolle Anrede für Kinder gebräuchlich; seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede für Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend. 125,2–3 in Kochberg] Auf dem Landsitz der Familie von Stein, wohin Goethe am 3. Oktober von Ilmenau aus zu einem Besuch Charlotte von Steins aufbrach, bevor er am 10. Oktober nach Weimar zurückkehrte. 125,3 bösen Umweeg] ‚Böse‘: hier im unpersönlich Sinne von ‚unerfreulich‘, ‚ungünstig‘, ‚lästig‘. – Zur Sache vgl. zu 125,33. 125,5 Zilbach] Zillbach, etwa 15 km südwestlich von Schmalkalden, zum Amt Kaltennordheim gehörend, sachsen-weimarische Exklave im Herzogtum SachsenMeiningen, mit herzoglichem Kammergut und einem verfallenen Jagdschloss, das nach 1790 wieder aufgebaut wurde.

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125,7–8 Stahlberge bey Schmalkalden] In den Asbacher Bergen bei Schmalkalden; Eisenerzförderung und -verhüttung wurde seit Mitte des 14. Jahrhunderts in Schmalkaden und Umgebung betrieben und war der wichtigste Gewerbezweig. 125,9 Erdfreundinn] Hapaxlegomenon Goethes, analog zu dem in Goethes frühen Briefen metaphorisch gebrauchten Kompositum ‚Erdgeruch‘ (vgl. zu 119,11). 125,13–14 dass Serenissimus Flinten und Pistolen probierte] Während der Besichtigung der Suhler Waffenfabrik. 125,15 Euripides] Dies ist die erste Erwähnung einer Euripides-Lektüre in Goethes Briefen überhaupt. Möglicherweise war er dazu durch den Besuch des Euripides-Übersetzers Pierre Prévost Anfang August 1780 in Weimar angeregt worden (vgl. Charlotte von Stein an Knebel, 31. Juli–7. August 1780; Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.). – In seiner Farce „Götter Helden und Wieland“, die Anfang 1774 auf Betreiben von Lenz veröffentlicht wurde, hatte Goethe mit beißendem Spott auf Wielands Euripides-Kritik in den „Briefen an einen Freund über das deutsche Singspiel, Alceste“ geantwortet (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 84). 125,20–25 Gleich ienem angenehmen Mirza 〈…〉 in den Mond.] Paraphrase zu Voltaires philosophischem Märchen „Le blanc et le noir“ (1764; Der Weiße und der Schwarze), dessen Held der Sohn des Mirza von Kandahar ist. Bis auf die Reise zum Mond begegnen alle hier erwähnten Details auch bei Voltaire. Sein Märchen ist zugleich eine persiflierende Adaption von Elementen aus „Tausendundeiner Nacht“, in Frankreich durch Antoine Gallands Übersetzung „Les mille et une nuits“ schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts bekannt. – ‚Mirza‘ (von persisch amirz¯ade): Sohn des Emirs, des Fürsten; nach Voltaire einem französischen Marquis oder einem deutschen Baron vergleichbar. 125,25–26 wenn ich zulezt aus meinem Traum erwache] In Anspielung und im Unterschied zum Ende von „Le blanc et le noir“, als der Held erwacht und ihm seine Abenteuer einschließlich der Liebe zur Prinzessin nur als Traum erscheinen. 125,28–29 Hier ist ein böses Nest] Als ‚Nest‘ bezeichnete Goethe in seinen Briefen ganz unterschiedlich große Städte wie Frankfurt, Lausanne oder Apolda (vgl. GB 3 II, zu 261,28). – ‚Böse‘ hier im Sinne von ‚unangenehme Empfindungen hervorrufend‘, in dieser älteren Bedeutung im ausgehenden 18. Jahrhundert „größten Theils auch nur im gemeinen Leben“ gebraucht (Adelung 1, 1133). 125,31–32 Meine Blätter 〈…〉 beschnitten] Goethes Reisebriefe an Charlotte von Stein sind seit dem 6. September gezählt und auf Blätter von ähnlichem Format geschrieben (vgl. die Überlieferungen zu Nr 170 und zum vorliegenden Brief). Die Zählung des vorliegenden Briefes beginnt wahrscheinlich versehentlich mit 5. (122,14), zumindest ist ein Blatt 4 nicht überliefert. 125,32 so solls fortgehn] Vgl. die Überlieferungen zu Nr 172, 173, 176, 178. 125,33 über Eisenach] Die Sendung wurde demnach nicht auf dem direkten Weg in das etwa 90 km entfernte Weimar befördert, sondern mit einem Umweg von fast

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BRIEF 172

40 km. Da sich die Adressatin zu dieser Zeit wahrscheinlich schon in Kochberg aufhielt, kam noch ein weiterer böser Umweeg (125,3) von etwa 30 km hinzu. 126,2–7 Ein ieder hat sein Ungemach 〈…〉 Baasen.] Möglicherweise lagen dem Brief diese auf einem gesonderten Blättchen überlieferten Verse bei. Im Unterschied zu anderen an Charlotte von Stein übersandten Gedichten hat Goethe den Text zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht. Er erschien zuerst 1848 in der von Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein. Als Gedicht wurde er erstmals in der WA I 4, 215 gedruckt, und zwar mit der vermutlichen Beilage zu Nr 170 (122,6–11), die im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) nach dem vorliegenden Gedicht eingeordnet ist. Gegen die Vermutung, dass beide Beilagen „als Ein Gedicht zusammengehören“ (WA I 5.2, 130), sprechen der Inhalt wie auch die äußere Beschaffenheit des Papiers. Zwar wurden beide Blättchen von einem größeren Blatt abgeschnitten, passen aber in ihren Schnittkanten nicht zusammen (vgl. Überlieferung der Beilage). 126,3 Stein zieht den alten Ochsen nach] Die inhaltliche Parallele zu einer Stelle im vorliegenden Brief (vgl. zu 124,30) lässt vermuten, dass ihm die Verse beigelegen haben. – Friedrich von Stein bemerkt zu dieser Stelle: „Mein Vater hatte eine Brandwein Destillation u Ochsen Mastung zu Kochberg angelegt.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 8v.) 126,4 Der Herzog jungen Haasen] In Anspielung auf die Jagdleidenschaft Carl Augusts und wohl auch im übertragenen Sinne auf die ‚Jagd nach jungen Mädchen‘ (vgl. aber zu 58,5–6). 126,5 Der Prinz ist gut gesinnt für’s Bett] Wohl mit Bezug auf Prinz Constantin, der zwar im Fourierbuch unter der Entourage Carl Augusts nicht erwähnt wird, aber, wie die vorliegende Anspielung nahelegt, später zu der Gesellschaft gestoßen sein könnte. 126,6 Misel] Hübsches junges Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); von Goethe in den ersten Weimarer Jahren noch häufig gebraucht. 126,7 Baasen] Klatschbasen, neugierige Alte (vgl. GWb 2, 80).

172. An Charlotte von Stein Zillbach, 12. September, Kaltennordheim, 13.–14. September 〈1780〉 → 〈Weimar oder Kochberg〉 DATIERUN G

Das Jahr 1780 lässt sich nach den inhaltlichen Parallelen zu Nr 170 und 171 (vgl. u.a. die erste Erläuterung zu 126,9; zu 128,27) und der eigenhändigen Zählung (vgl. Überlieferung und zu 125,31–32; zu 125,32) ergänzen.

SEPTEMBER 1780

385

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 77. – Doppelblatt 17,2(–17,5) × 21,5(–21,8) cm, 4 S. beschr., egh., Tinte, S. 1 und 3 jeweils oben rechts egh. Zählung, Tinte: 7. und 8. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 68), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 341–345. WA IV 4 (1889), 289–293, Nr 1016. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Charlotte von Steins Antwort vom 12. bis 16. September ist nicht überliefert (vgl. zu 134,22). 126,9 Z i l b a c h ] Zillbach (vgl. zu 125,5). 126,9 Das vorige Blat ist gefaltet] Brief Nr 171, auf einem Doppelblatt geschrieben (vgl. Überlieferung zu Nr 171). 126,11 K a l t e n N o r d h e i m ] Kaltennordheim, Stadt in der Vorderen Rhön, etwa 50 km südwestlich von Eisenach. Das Amt Kaltennordheim gehörte seit 1741 zum Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach und bildete den südlichen Teil des Eisenacher Oberlandes. Das Amtshaus, Schloss genannt, war von 1752 bis 1754 auf den Resten der Merlinsburg, dem Sitz der Henneberger Grafen, errichtet worden. 126,11 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 126,11 Stein] Josias von Stein, Oberstallmeister Carl Augusts (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). 126,12 Arnswalden] Christoph Friedrich von Arnswald, Kammerherr und Oberforstmeister von Zillbach. 126,13 Von der Zillbach] Die ‚Große Zillbach‘, ein Forstgebiet in der Nähe des Jagdschlosses. 126,15 Bäty] George Batty, ein von Merck empfohlener englischer Ökonom und Landwirt, seit 1779 in Weimar als Landkommissar und Inspektor der Kammergüter angestellt, dessen Diensteifer und Pragmatismus Goethe und Herzog Carl August sehr schätzten (vgl. GT I 1, 81–83 und 87). Die Anstellung Battys sollte helfen, die physiokratischen Agrarreformen, die in Hessen-Darmstadt durchgeführt worden waren, auch im Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach umzusetzen. Batty wurde u.a. bei Meliorationsprojekten (zur Bodenverbesserung), Güterzerschlagungen und beim Ausbau einiger Kammer- und Schatullgüter zu Mustergütern tätig. – Eine ausführliche Einschätzung der Arbeit Battys gibt Goethe im Brief an Merck vom 11. Oktober 1780 (vgl. 142,15–24; vgl. auch zu 134,15–16). 126,15 Wiesewässerungen] Mit Hilfe von Gräben und Weihern; die Methode setzte sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts als Methode der landwirtschaftlichen Ertragssteigerung durch.

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BRIEF 172

126,17 mein geliebtes Dorf Melpers] Gemeinde in der Rhön, etwa 10 km südlich von Kaltennordheim im Amt Ostheim gelegen, einer sachsen-weimarischen Exklave. – Goethes Interesse an diesem Ort war schon 1777 geweckt worden, als er im Geheimen Consilium an Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der armen Gemeinde Melpers (AS 1, 25) beteiligt war. Bis 1780 konzipierte er mehrere Reskripte des Herzogs an die Regierung in Eisenach, die die Gemeinde aus der bisherigen Verwirrung und drückenden Schuldenlast (ebd., 63) retten und für die Zukunft sichern sollten (vgl. ebd., 24f., Nr 13; 62–65, Nr 33; 95f., Nr 50; 108, Nr 57). 126,18–19 dass Sie mich haben saure Gurcken essen gelehrt] Demnach hatte Goethe sauer eingelegte Gurken erst in Weimar kennen gelernt. – Das gegenseitige Beschenken insbesondere mit Lebensmitteln gehört seit der frühesten Zeit von Goethes Bekanntschaft mit Charlotte von Stein zu den festen Gepflogenheiten ihrer Beziehung (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18). 126,19 Ceres] Römische Göttin des Ackerbaus, der Fruchtbarkeit und der Ehe, in der griechischen Mythologie Demeter; ihre Attribute waren Früchte, Fackel, Schlange und Ährenkranz. 126,22 Recktor] Nicolaus Bartholomäus Siefert, seit 1757 Rektor in Kaltennordheim. – Seit 1771 bemühte sich dieser vergeblich um eine Pfarrstelle oder eine Besoldungszulage (vgl. LATh – HStA Weimar, Schulamt Dermbach, 1394). Einen Monat nach Carl Augusts Aufenthalt in Kaltennordheim bat Siefert erneut darum, ihn „entweder in einen Predigt Amt zusetzen“ oder ihm „eine Addition, sie bestehe nun entweder in Geld, oder in etlichen Claftern BuchenHolz aus hiesigem Forst-Amt 〈…〉 und etlichen Mltr. Hafer 〈…〉 angedeyhen laßen.“ (Ebd., Bl. 16–17, hier Bl. 17r.) Siefert wurde am 3. April 1781 letztere Zulage gewährt (vgl. Wahl, Consilium, 679, Nr 9766). – In ähnlichem Kontext wird Siefert noch einmal erwähnt (vgl. zu 135,28). 126,22–23 böse Serenade] ‚Böse‘ hier allgemein negativ charakterisierend: ‚schlecht‘, ‚untauglich‘. – Siefert schildert in seinem Gesuch, dass sein Amt als Rektor mit „der damit combinirten Musick und öfteren Predigten“ verbunden war (vgl. LATh – HStA Weimar, Schulamt Dermbach, 1394, Bl. 16r). 128,1 abgetragen] Ermüdet, erschöpft (vgl. GWb 1, 204); in dieser Bedeutung sonst bei Goethe nicht beleget. 128,5–6 Man soll thun 〈…〉 zu retten.] Als Resümee all dessen, was Goethe während seiner Inspektionsreise in Ilmenau und vor allem in Melpers an menschlichen Schicksalen begegnet war. Zugleich wird Goethe auch die Begegnung mit Johann Friedrich Krafft in Ilmenau zur vorliegenden Äußerung veranlasst haben (vgl. zu 122,2). 128,12 heis] Heiß: hier im Sinne von ‚hitzig‘,‚leidenschaftlich‘ (vgl. GWb 4, 846); offenbar mit Bezug auf eine Unterhaltung bei Tisch.

SEPTEMBER 1780

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128,12 pfiffiges] Pfiffig: hier wohl noch nahe an der Bedeutung die „Fertigkeit besitzend, seine wahren Absichten zu verbergen“ (Adelung 3, 731). 128,12–13 Kind dieser Welt] In Anspielung auf Johannes 18,36: „Mein reich ist nicht von dieser welt.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 117.) – Sie sei von den Kindern dieser Welt (WA I 51, 77), heißt es über die zwar lebenskluge, dabei aber moralische Bedenken ignorierende „Theaterschneiderin“ in „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“, an der Goethe seit Juni 1780 wieder arbeitete (vgl. zu 70,17–18). – Der genaue Bezug wurde nicht ermittelt. 128,13 ein böser Prozess] Der Zillbacher Holzabgabeprozess (vgl. zu 407,4–5). 128,15 In meinem Kopf ists wie in einer Mühle] Die Metapher begegnet in der damals schon vorliegenden Schüler-Szene der frühen Fassung des „Faust“: Mir wird von allem dem so dumm / als ging mir ein Mühlrad im Kopf herum. (Verse 378f.; DjG3 5, 285.) 128,17 O thou sweet Poetry] Nach Oliver Goldsmith’ elegischer Pastorale „The deserted Village“ (1770. – Das verödete Dorf): „And thou, sweet Poetry, thou loveliest maid 〈…〉“ (Und du, süße Poesie, du lieblichstes Mädchen). Kurz nach dem vorliegenden Brief entstand Goethes Ode an die Phantasie (vgl. Nr 173). – Goldsmith’ Roman „The vicar of Wakefield“ (1766) hatte Charlotte von Stein für ihr Englischstudium genutzt (vgl. GB 3 II, zu 109,25). 128,17–18 Marck Antonin] Marc Aurel; eigentlich Marcus Aurelius Antoninus, römischer Kaiser und bedeutendster Vertreter der späten Stoa, der „Philosoph auf dem Thron“. 128,18–19 den Göttern dafür danckt 〈…〉 nicht eingelassen] In Anspielung auf Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“: „Aber der Götter Güte hab ich es zu danken, 〈…〉 Daß ich in der Redekunst, Dichtkunst und andern schönen Wissenschaften nicht weiter gekommen bin, von welchen ich mich vielleicht hätte fesseln lassen, wenn ich gesehen hätte, daß ich es darinn weit brächte 〈…〉.“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 13f. [I, 17].) – Bezüge zu Marc Aurel begegnen von Juni 1780 bis Frühjahr 1781 häufiger in Goethes Briefen (vgl. u.a. zu 103,12–13; zu 227,31–32). Im Kreis um Charlotte von Stein und Knebel gehörten die „Selbstbetrachtungen“ zur bevorzugten Lektüre (vgl. Charlotte von Stein an Carl Ludwig von Knebel, 31. Juli bis 7. August 1780; abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1027f.). 128,20 Springwercken und Caskaden] ‚Springbrunnen‘: Wasserkunst. – Dies und die folgenden metaphorischen Vergleiche wurden durch die oben erwähnten Bewässerungsarbeiten angeregt; hier übertragen auf den nicht einzudämmenden dichterischen Schaffensdrang. 128,22 ein böser Genius] ‚Genius‘ in Anlehnung an die seit der römischen Antike tradierte Bedeutung ‚persönlicher Schutzgeist‘, hier mit negativer Konnotation ‚Dämon‘.

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BRIEF 172

128,23–24 sizze auf meinem Klepper und reite 〈…〉 Station ab] Goethes innere Zerrissenheit zwischen Erfüllung seiner Amtspflichten und seiner Bestimmung als Dichter verstärkte sich schon seit Anfang 1779, als ihm neben seiner Tätigkeit im Geheimen Consilium und in der Bergwerkskommission zwei weitere Ämter übertragen wurden: seit dem 5. Januar war er Mitglied der Kriegskommission, am 19. Januar wurde er zum Direktor der Wegebaukommission ernannt (vgl. auch GB 3 I, 258,5–8). 128,24–25 eine herrliche Gestalt 〈…〉 und Flügel] Anspielung auf den geflügelten Pegasus, das vom Dichter gerittene Musenross. 128,27 Reisemarschall und Reisegeheimderath] Mit ironischem Bezug auf die während der Inspektionsreise übernommenen inoffiziellen Ämter. – Herzoglicher Reisemarschall war seit 1775 Leonhard von Klinckowström, der sich laut Fourierbuch in Weimar aufhielt und 1781 zum Hofmarschall ernannt wurde. Goethe wurde mit seiner Aufnahme ins Geheime Consilium im Juni 1776 Geheimer Legationsrat, seit September 1779 Geheimer Rat. 128,30  λ      ] Griech.: über sich selbst. – In Anspielung auf den Inhalt von Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ und in Abwandlung des Titels, unter dem sie später erschienen sind: T «   (editio princeps Zürich 1558; griech.: das zu sich selbst Gesagte). 128,31 Welthändel] Amtliche Geschäfte, Angelegenheiten des Herzogtums; ‚Welt‘ hier: die ‚große Welt‘ der Höfe und des Adels. – Über Goethes ‚Weltrolle‘ vgl. GB 3 II, zu 23,16. 128,33 Sanchos Sprüchwortern] Bereits in seinem Brief an Charlotte von Stein vom 6. September 1777 zitiert Goethe mit Gott versteht mich (GB 3 I, 164,13–14) eine der wiederkehrenden Redewendungen des Knappen Sancho Pansa aus Cervantes’ „Don Quijote“ (1605/15), die er im Brief vom 27. November 1781 wiederholt (vgl. zu 351,19). Goethe könnte den Roman in der Übersetzung von Friedrich Justin Bertuch gelesen haben (6 Bde. Weimar 1775–1777), nachweisbar in der Bibliothek Johann Caspar Goethes (vgl. Götting, 56). Eine spanische Ausgabe von 1780 erhielt Goethe erst 1783 als Geburtstagsgeschenk Carl Augusts (vgl. Ruppert, 245, Nr 1724). 129,1–4 einem Vogel 〈…〉 verwandeln] In Anlehnung an das Metamorphosenmotiv in der antiken Literatur, insbesondere bei Ovid und in dessen Nachfolge auch bei Apuleius (vgl. zu 154,6–7), das auf der Vorstellung beruht, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Lebensformen und Gattungen, zwischen Menschlichem und Göttlichem fließend sind. Vogelmetamorphosen begegnen besonders häufig. Die Vogelmetapher mit Bezug auf seine Person verwendet Goethe auch im Tagebuch aus der zweiten Hälfte des April 1780 (vgl. GT I 1, 110,6–8). – ‚Floßfedern‘ im ausgehenden 18. Jahrhundert für ‚Flossen‘, ‚Schwimmflossen‘ (vgl. Adelung 2, 219). 129,6 einen Menschen wie Baty] Über den herzoglichen Landkommissar und Kammergutinspektor George Batty vgl. zu 126,15.

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129,7 müsste meinen Garten geben] Goethes damals liebster und wertvollster Besitz (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 62,4). 129,15 Der Husar wartet.] Hier vielleicht der herzogliche Kammerhusar Johann Sebastian Arnhold (vgl. Hofkalender 1780, 88), mit dem der vorliegende Brief befördert werden sollte. Nach Friedrich von Steins Anmerkung zu einem früheren Brief (GB 3 I, Nr 144) hielt der „Hertzog 〈…〉 eine Anzahl Husaren deren meist einer 〈…〉 ihn als Ordonanzen auf seinen Reisen in Thüringen begleiteten.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 1v.) Um 1780 bestand das Weimarer Husarenkorps, die berittene Truppe, aus einem Rittmeister, sieben Unteroffizieren und 31 Husaren (vgl. Bradish, 60). Seit der Entlassung der letzten 24 herzoglichen Gardereiter (Garde du Corps) 1779 übernahmen die Husaren auch deren Ehrendienste, außerdem versahen sie Streifenpatrouillen gegen Wegelagerer sowie Eilbotendienste und halfen u.a. bei der Brandbekämpfung (vgl. Bürgin, 112f.). 129,15–16 Oekonomie] Da das Gespräch auf der Inspektionsreise stattfand, die auch der Förderung von Landwirtschaft, Bergbau und Gewerbe in den abgelegenen Teilen des Herzogtums diente, hier wohl die „Staats-Oekonomie“. Im zeitgenössischen Verständnis ist das „die Wissenschaft, welche einen Fürsten lehret, nicht allein sein eigen Vermögen zu administriren, sondern auch der Unterthanen Geld und Gut zu vermehren. Denn da das Reichthum derer Fürsten mehrentheils von den Beuteln ihrer Unterthanen abhanget, So kan ein Souverain seine wahre Glückseligkeit unmöglich befördern, wenn er nicht zugleich auf das Wohl des Landes und der Unterthanen sein Absehen gerichtet hat.“ (Zedler 39, 672.) 129,17 Anmerckungen] Hier: Bemerkungen, Beobachtungen (vgl. GWb 1, 619). 129,18–19 sein Körper will nicht nach] Carl August litt noch unter den Folgen einer Gallen- und Darmerkrankung (vgl. zu 121,5). 129,24–25 Nach der Lehre dass Fleis 〈…〉 voraussezt.] Nach John Locke: An Essay Concerning Human Understanding (1690. – Eine Abhandlung über den menschlichen Verstand): „Where, by the by, it may perhaps be of some Use to remark, that the chief, if not only Spur to Human Industry and Action, is Uneasiness.“ (II 20, 6; zitiert nach: Ders., The Fifths Edition, with large Additions. London 1706. – Nebenbei bemerkt, ist wohl der hauptsächlichste, wenn nicht alleinige Antrieb für den Fleiß und die Tätigkeit der Menschen das Unbehagen.) Dies ist einer der wenigen direkten Locke-Bezüge in Goethes Briefen und Werken. 129,25 Gold] In Frankfurt als liebevolle Anrede für Kinder gebräuchlich; seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede für Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend. 129,25 die kleine Schwägerinn] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff (vgl. zu 61,12–13). 129,26 Caroline] Caroline von Ilten, die seit Ende Juli im Haushalt der Steins lebte (vgl. zu 78,15–16).

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BRIEF 173

129,26 meine Verse] Vielleicht die Beilage zu Nr 170 (vgl. zu 122,6–11). 129,27 der Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Freundin Charlotte von Steins. 129,28 Krebsscheere] Vielleicht die Dienstedter Krebse (vgl. die dritte Erläuterung zu 114,14). 129,29 Von Gesteinen ist sehr viel gesammelt worden] Vgl. zu 124,31. 129,29–30 über den Basalt der hiesigen Gegend] Eine der frühesten Erwähnungen des Gesteinsnamens. Der Kontext verweist auf Goethes aufkommendes Interesse für die Entstehung des Basalts, um die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Streit zwischen den Vulkanisten und Neptunisten entbrannt war. Johann Carl Wilhelm Voigt, 1780 Goethes wichtigster Gewährsmann in geologischen Fragen, stand auf Seiten der Vulkanisten (vgl. zu 145,29). 129,30 der Dekanus von hier] Johann Georg Ortmann, seit 1771 Pfarrer und Dekan (Dechant) in Kaltennordheim. Für den Herzog und seine Begleiter dürfte er vor allem Gesprächspartner in ökonomisch-landwirtschaftlichen Fragen gewesen sein. Zu diesem Gebiet veröffentlichte Ortmann 1781 in Eisenach seine Schrift „Mischelkorn oder Gemang, ein Versuch von Auflösung der Preißaufgabe der löblichen ökonomischen Gesellschaft zu Bern“, für die er 1775 ein Ehrenhonorar erhalten hatte. 129,31 Adddio] Versehentlich für ital. addio.

173. An Charlotte von Stein Kaltennordheim, 15. September 1780 → 〈Kochberg〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 78. – Doppelblatt 17(–17,3) × 21,5(–21,7) cm, 3 1⁄8 S. beschr. (S. 1–3 Gedicht, S. 4 Nachschrift), egh., Tinte, S. 1 und 3 jeweils oben rechts egh. Zählung, Tinte: 9. und 10. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 69), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 345–349 (Gedicht und Nachschrift). WA IV 4 (1889), 293, Nr 1017 (Nachschrift). – WA I 4, 215 (1891) (Gedicht, unter dem Titel „Meine Göttin“, nach H: GSA 25/W 2 [WA=H4]). ERL ÄUT ERUNGEN

Mit Gedicht und Nachschrift bedankt sich Goethe für einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 132,29). – Möglicherweise antwortete die Adressatin im letzten Teil ihres Briefs vom 12. bis 16. September, der nicht überliefert ist (vgl. zu 134,22).

SEPTEMBER 1780

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Die Ode an die Phantasie in freien Rhythmen, nach der eigenhändigen Datierung am 15. September 1780 niedergeschrieben (vgl. 130,2–132,28), gehört zu den zahlreichen unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein überlieferten Gedichten (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18). Seit Anfang 1780 ist es nach zwei Gedichtbeilagen (zu Nr 170 und zu Nr 171) und einer in den Brieftext eingeschobenen metrischen Übersetzungsprobe (vgl. zu 120,29–33) das erste anstelle eines Briefes überschickte Gedicht für Charlotte von Stein. Unter dem Titel „Ode“ wurde es zuerst im Herbst 1781 im fünften Stück des „Journals von Tiefurth“ veröffentlicht (vgl. Journal von Tiefurt2, 80–82; H: GSA 24/24 [Exemplar Louise von Göchhausens]). Es war Goethes erster Beitrag für das nur handschriftlich verbreitete „Journal“, das damit seinen ursprünglichen der scherzhaft-geselligen Unterhaltung dienenden Charakter veränderte (vgl. zu 311,23). Außerdem ist eine Abschrift mit dem Titel „Ode“ von Louise von Göchhausen in deren Sammlung von Gedichten und Werken vor allem Goethes überliefert (GSA 24/26, Bl. 30–32). Im Faszikel „Vermischte Gedichte“ (Zweyte Sammlung; GSA 25/W 2, S. 93–96 [WA=H4]) hat sich eine eigenhändige Reinschrift Goethes erhalten, die Teil der Textgrundlage für die erste Gesamtausgabe seiner Gedichte war, wo das Gedicht in leicht veränderter Version unter dem Titel „Meine Göttin“ zuerst im Druck erschien (Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789, S. 58–60). 130,2–3 Welcher Unsterblichen / 〈…〉 Preis seyn?] In Anspielung auf das Urteil des Paris, der als Sterblicher entscheiden sollte, welche der drei Göttinnen Aphrodite, Athene und Hera die schönste sei. 130,8 Jovis] Genitiv zu Jupiter, oberste Gottheit der römischen Mythologie, in der griechischen Mythologie Zeus. 130,10 Phantasie] Für die Personifizierung und Vergöttlichung der Phantasie als Tochter des Zeus findet sich keine Vorlage in der antiken Mythologie. 130,18 rosenbekränzt] Wie Hebe (lat. Ganymeda), die Göttin der Jugend, personifiziert „als junges schönes Frauenzimmer, in einem bunten und mit Rosen ausgezierten Kleide“ (Hederich, 1200). 130,19 Lilienstengel] Als Symbol der Unschuld und Reinheit (Madonnen-Lilie), aber auch als Zeichen von Stärke und Macht wie z.B. im Wappen der französischen Könige. 130,21 Sommervögeln] Hier noch in dem im ausgehenden 18. Jahrhundert gebräuchlichen „engern und gewöhnlichsten Verstande“ für „Schmetterlinge oder Tagfalter“ (Adelung 4, 141). 131,2–4 Mit fliegendem Haar 〈…〉 Im Winde sausen] Erinnert an die Erinnyen (lat. Furien), die Straf- und Plagegöttinnen, wie auch an die Cura, die Göttin der Sorge und Unruhe. 131,26 Andren Geschlechter] Hier alle Lebewesen außer dem Menschen.

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BRIEF 174

132,7 Nothdurft] Im 18. Jahrhundert noch synonym zu ‚Not‘, ‚Notwendigkeit‘ gebraucht; hier übertragen im engeren Sinne: zur Erhaltung des Lebens unentbehrlich (vgl. Adelung 3, 527f.). 132,15 Der Frauen] Alter Genitiv Singular. 132,16–17 die alte / Schwiegermutter Weisheit] Mit leicht negativer Konnotation und als Gegenpart zur ‚jugendlichen‘ Phantasie. 132,27 Hoffnung] Für Goethe schon in der frühen Weimarer Zeit häufig als Metapher gebraucht. Sein wahrscheinlich im November 1776 in Weimar entstandenes Gedicht Gib das tagwerck meiner Hande 〈…〉 wurde später unter dem Titel „Hoffnung“ gedruckt (vgl. GB 3 II, zu 174,15–18). Hier komplettiert die ‚Hoffnung‘ die allegorische Trias mit ‚Phantasie‘ und ‚Weisheit‘. 132,29 Ihren Brief] Nicht überliefert; Charlotte von Steins Antwort auf den Brief Nr 170 vom 6. bis 8. September. Auf die seit dem 12. September geschriebenen Briefe antwortete sie mit einem Tagebuchbrief, den Goethe erst am 21. September erhielt (vgl. zu 134,22). 132,30 Kaltennordheim.] Wo sich Goethe und die herzogliche Gesellschaft seit dem 13. September aufhielten (vgl. die erste Erläuterung zu 126,11).

174. An Charlotte von Stein Kaltennordheim, 18. September 1780 → 〈Kochberg〉 ÜBER L IEF ERU NG

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H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 80. – Doppelblatt 17,3(–17,5) × 20,9 cm, Büttenrand, 1 S. beschr., egh., Bleistift; S. 3 oben links von Charlotte von Steins Hd, Tinte: auf ⎡uUber⎤ allen Gipffel findest du Ruh in alle Wipffeln spürest du kaum einen Hauch die Vögel schweigen im Walde wardte nur balde ruhest du auch (vgl. die einleitende Erläuterung zum vorliegenden Brief); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „65.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 71), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 349f. (mit Gedicht Carl Augusts). WA IV 4 (1889), 293f., Nr 1018. BEIL AG E

Skizze (vgl. zu 133,6).

SEPTEMBER 1780

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Die Verse auf der dritten, sonst nicht beschriebenen Seite des Briefes (vgl. Überlieferung) sind das vermutlich früheste Zeugnis von Goethes Gedicht „Wandrers Nachtlied“, das wahrscheinlich auf dem Kickelhahn bei Ilmenau am Abend des 6. September 1780 entstanden war (vgl. zu 119,17). Aus dem handschriftlichen Befund geht zweifelsfrei hervor, dass die Verse von Charlotte von Steins Hand stammen. Die Unsicherheiten am Beginn der ersten Zeile sprechen dafür, dass die Niederschrift nach dem Gedächtnis erfolgte. Dies könnte während oder nach Goethes Besuch in Kochberg vom 4. bis 10. Oktober 1780 (vgl. zu 140,22) geschehen sein. – Friedrich von Stein bemerkt hierzu: „Auf der RückSeite ein angefangener Vers meiner Mutter, wohl auf einem Spatziergang in den Waldern von Kochberg geschrieben. Ganz glücklich fühlte sie sich also doch nicht wenn dieser Vers ihre Empfindungen ausdrückt.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 8v.) Im autorisierten Erstdruck des Gedichtes in Band 1 von „Goethe’s Werken“ (Stuttgart und Tübingen 1815, S. 99) erschien das Gedicht unmittelbar nach „Wandrers Nachtlied“ (vgl. GB 3 I, Nr 42) aus dem Jahr 1776 unter der Überschrift „Ein gleiches“: Über allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch; Die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde Ruhest du auch. (WA I 1, 98.) Eine Abschrift Herders, vermutlich aus dem Jahr 1781 (vgl. zu 325,1), weist u. a. die Anfangsvariante Ub〈er〉 all〈en〉 Gefild〈en〉 / ist Ruh auf, die sich auch in einer Abschrift von Louise von Göchhausen findet (GSA 24/15,1, Bl. 18). Im nicht autorisierten Erstdruck vom September 1800 lautet die Zeile: Ueber allen Wipfeln ist Ruh! (Joseph Rückert: Bemerkungen über Weimar 1799. In: Genius der Zeit. Neuntes Stück. [September] 1800, S. 540f.) 133,2–3 meines mikroscopisch metaphisisch politischen Diarii] Ironisch für die bisher von der Reise übersandten ausführlichen Tagebuchbriefe (vgl. Nr 170, 171, 172). 133,3 Ochsenpost] Im übertragenen Sinne für ‚langsame Post‘, ‚Schneckenpost‘ (vgl. Adelung 3, 577) und mit direktem Bezug auf die von Josias von Stein erworbenen Ochsen, die am 18. September von Kaltennordheim bis auf das Landgut der Familie nach Kochberg getrieben wurden (vgl. zu 134,12–13). Friedrich von

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BRIEF 175

Stein merkt dazu an: „Mein Vater kaufte auf dieser Reiße Ochsen von fränkischer Race. Der schönste trug als sie in Kochberg ankamen u meiner Mutter vorgeführt wurden die mitgebrachten Depeschen und also auch des Hertzogs launige Epistel an den Hörnern.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 8v–9r.) Das Gedicht Carl Augusts ist unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein überliefert: Den Ochsen band einst Hannibal Auf ihre Hörner Bränder, Und jagte so der Römer Schaar Auß ihren eignen Länder. 5

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Dieß edle, breitgehörnte Paar Muß es jetz anders treiben! Denn es verließ der Brüder Schaar Und muß in Kochberg bleiben. Doch ohne Bränder auf dem Kopf, Nein, nur mit süßen Zetteln Verneigen sie den dicken Schopf, Um deine gunst zu betteln. So betteln wir auch from u. zahm Gleich andern wilden thieren Du wollest unsere Verse lahm, Mit Nachsicht gnädigst schmiren. K. Nordheim. dL. 18t Sep. 1780. (H: GSA 29/487,I, Bl. 81. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut [Bd II, Jg 1780, Nr 73], vgl. Überlieferung zu Nr 1). 133,4 diesen unnumerirten herzlichen Grus] Im Unterschied zum vorliegenden Brief waren die vorangehenden Briefe, die meist aus mehreren Teilen bestanden, von Goethe mit durchgehender Zählung von 1 bis 10 (mit Ausnahme von ‚4‘) versehen worden (vgl. die Überlieferungen zu Nr 170, 171, 172, 173). 133,4 Gold] In Frankfurt als liebevolle Anrede für Kinder gebräuchlich; seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede für Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend. 133,6 leidiche Scizze unsres leidigen Aufenthalts] Wahrscheinlich eine Bleistiftskizze vom Amtshaus in Kaltennordheim, dem so genannten Schloss (vgl. die erste Erläuterung zu 126,11); nicht überliefert. – Wortspiel mit den Bedeutungs-

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nuancen von ‚leidig‘, in Goethes Schreibvariante ‚leidich‘, für ‚nicht besonders gut‘, ‚ungenügend‘; ‚leidig‘ für ‚beschwerlich‘, ‚unangenehm‘ (vgl. GWb 1106f.). 133,8–9 die Verworrenheiten unsrer D i e g o s ] In Anlehnung an „The Intricacies of Diego and Julia“. Die unter diesem Titel im 1. Kapitel des 4. Buches von Lawrence Sternes „Tristram Shandy“ angekündigte und immer wieder unterbrochene Geschichte ist eine komische Reminiszenz an Cervantes und Shakespeare. – Schon im Brief an Johanna Fahlmer von Ende August 1775 spielt Goethe fast gleichlautend auf die Verworrenheiten / Des / Diego und Juliens / 1. Theil an (GB 2 I, 210,11–14). Die Bezüge im vorliegenden Brief könnten auf eine erneute Beschäftigung mit Sternes Roman verweisen, möglicherweise angeregt durch die Lektüre von Denis Diderots „Jacques le fataliste et son maître“ (vgl. zu 104,22). Zu Charlotte von Steins Urteil über beide Romane vgl. ihren Brief an Knebel vom 31. Juli bis 7. August 1780 (Briefteil vom 7. August), abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1028. – ‚Unsrer Diegos‘: wahrscheinlich Anspielung auf Prinz Constantin (vgl. zu 70,1–2; zu 126,5) und Herzog Carl August (vgl. zu 126,4). – Zu Goethes und Charlotte von Steins Beschäftigung mit dem Englischen vgl. die erste Erläuterung zu 141,20; zu 141,20–21. 133,9 O Julie] Sich wiederholender Ausruf Diegos in Sternes „Tristram Shandy“. 133,10 S.] September. 133,12 KaltenNordl] Kaltennordheim, wo sich Goethe und die herzogliche Gesellschaft seit dem 13. September aufhielten (vgl. die erste Erläuterung zu 126,11).

175. An Charlotte von Stein

Ostheim, 20. September 〈1780〉 → Kochberg

DAT IERUN G

Das Jahr lässt sich nach der Ortsangabe (vgl. zu 133,17) und den inhaltlichen Parallelen zu den vorangegangenen und folgenden Briefen (vgl. zu 133,14; zu 133,15) ergänzen. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 81. – 1 Bl. 20,5 × 10,4(–10,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: nach / Kochberg; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „66.“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 72), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 352 (als Fußnote 1). WA IV 4 (1889), 298, Nr 1020.

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BRIEF 176

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 133,13 mit diesem Boten] Vielleicht ein Bote, den Josias von Stein nach Kochberg sandte; die herzogliche Post wurde auf Reisen meist durch Husaren überbracht (vgl. zu 129,15) 133,14 numerirten Blätter] Der Brief vom 18. bis 21. September 1780 (Nr 176), den Goethe wie die vorangehenden langen Reisebriefe foliiert hatte (vgl. u.a. 134,1; zu 125,32). 133,15 übermorgen nach Meiningen] Vgl. zu 134,22–23. 133,17 Ostheim] Vgl. die erste Erläuterung zu 134,3.

176. An Charlotte von Stein Ostheim, 18.–21. 〈September 1780〉 → 〈Kochberg〉 DATIERUN G

Jahr und Monat lassen sich nach der Ortsangabe (vgl. zu 134,3), den inhaltlichen Parallelen zu den vorangegangenen Briefen (vgl. 134,12–13; zu 134,22–23) und der eigenhändigen Zählung (vgl. 134,1; 135,12) ergänzen. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 79. – Doppelblatt 17(–17,2) × 21,5(–21,9) cm, 4 S. beschr., egh., Tinte, S. 1 und 3 jeweils oben rechts egh. Zählung, Tinte: 11. und 12.; S. 1 oben rechts neben der Datumsangabe von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „Sept: 1780“, S. 2 und 4 am linken Rand senkrechte Striche von Charlotte von Steins Hd?, Tinte (neben 134,24–26 auch nicht währen 〈…〉 übrige und 136,9–12 Gute Nacht 〈…〉 besser lieben.). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 70), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 351–355. WA IV 4 (1889), 294–297, Nr 1019. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Briefteil vom 21. September antwortet auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 12. bis 16. September 1780 (vgl. zu 134,22). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 134,2 dass ich im Zusammenhang bleibe] Am 18. September hatte Goethe aus Kaltennordheim einen unnumerirten herzlichen Grus (133,4) gesandt und am Abend desselben Tages mit dem vorliegenden Brief seine tagebuchartigen Aufzeichnungen für Charlotte von Stein wieder aufgenommen.

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134,3 O s t h e i m ] Stadt in der Vorderen Rhön an der Grenze zwischen Franken und Thüringen (heute Ostheim vor der Rhön, Unterfranken), knapp 23 km südlich von Kaltennordheim, der letzten Reisestation der herzoglichen Gesellschaft, und etwa 115 km südwestlich von Weimar gelegen, seit 1719 Sitz des Amtmanns (zuvor Amt Lichtenberg), seit 1741 sachsen-weimarische Exklave, administrativ zum Eisenacher Teil des Fürstentums gehörend. 134,3 unter viel Cärimonien angekommen] Cärimonie: Schreibvariante zu Ceremonie, Zeremonie; hier der feierliche Empfang des Fürsten und seiner Begleitung. – Der Besuch des Weimarer Herzogs war für die Einwohner der etwa zwei Tagesreisen von der Residenz entfernten Exklave Ostheim ein außerordentliches Ereignis, wie der Brief Carl Augusts vom 21. September an Lavater belegt (abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu Nr 177). 134,3–4 ausgepuzt] ‚Ausputzen‘ hier im Sinne von ‚schmücken‘, ‚ausstaffieren‘ (vgl. GWb 1, 1200). 134,5 einige Tage her pausirt im Schreiben] Zwischen dem 15. und 18. September hatte Goethe seine tagebuchartigen Aufzeichnungen für Charlotte von Stein unterbrochen. 134,11 Gold] In Frankfurt als liebevolle Anrede für Kinder gebräuchlich; seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede für Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend. 134,12–13 zum Ochsentreiber gesellt 〈…〉 Thiere überbracht] Vgl. zu 133,3. 134,15–16 Wiesenverbesserungen gesehen die Baty 〈…〉 besorgt hat] Die Begutachtung der Meliorationsarbeiten des Landkommissars George Batty soll Carl August zufolge einer der Hauptgründe für die Inspektionsreise gewesen sein (vgl. zu 126,15). Im Brief an Merck vom 14. Oktober 1780 berichtet er über ein konkretes Beispiel. Batty habe „eine Wässerung von 2 Stunden Wegs angelegt, und zwar ohne Wasserwage, sondern blos durch sein Augenmaß. Er ist dort in der ganzen Gegend geehrt, und jeder Bauer liebt ihn mehr, als seinen Amtmann. Schon jetzt sehen sie alle den Nutzen davon ein, und ohngeachtet die Arbeit nur erst ein Jahr alt ist, so sind schon Wiesen unglaublich besser.“ (Merck, Briefwechsel 2, 503.) Ähnlich enthusiastisch äußert sich auch Goethe über Battys Arbeit im Brief an Merck vom 11. bis 13. Oktober 1780 (vgl. 142,10–25). – Zum Amt Ostheim gehörten neben Melpers noch die Dörfer Sondheim, Stetten und Urspringen. 134,18 brauen] Hier für ‚aufsteigen‘ des die Berge umhüllenden Nebels (vgl. Adelung 1, 1163). 134,22 Ihr liebes Blat vom 12ten bis zum 16ten] Demnach antwortete Charlotte von Stein ebenfalls in Tagebuchbriefen auf Goethes Reisebriefe. – Ihr Brief ist nicht überliefert. 134,22–23 Morgen gehts auf Meinungen] ‚Meinungen‘ für ‚Meiningen‘ (nach lat. Meinunga Porta Franconia: Meinungen, die Pforte Frankens). Die Ge-

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sellschaft reiste, wie angekündigt (vgl. 133,15), am 22. September nach Meiningen (vgl. zu 138,18). 134,23 das Theater] Hier allgemein für ‚Schauplatz‘ wie auch für das, was ‚vorgeführt wird‘. 134,24 Einen Plan] Der Kontext spricht für Goethes geplanten Besuch bei Charlotte von Stein in Kochberg (vgl. zu 140,22). 134,25–26 Der Steine von Thüringen 〈…〉 satt] Seine Inspektionsreise von Ilmenau über den Thüringer Wald nach Schmalkalden, Zillbach, Kaltennordheim und Ostheim hatte Goethe für schnelle Ausflüge und Ausschikungen genutzt, so dass er die meisten Stein- und Gebürgsarten von allen diesen Gegenden beisammen (144,33–145,2) habe, wie er im Brief an Merck vom 11. bis 13. Oktober schreibt. 134,26–27 sich schliesen] Erschließen, ableiten. 134,27 von andren hören] Wohl insbesondere der Geologe und Mineraloge Johann Carl Wilhelm Voigt, der von Goethe mit einer systematischen Erkundung aller Gesteinsarten des gesamten Herzogtums beauftragt worden war (vgl. zu 178,5–7). 134,28–135,2 In bürgerlichen Dingen 〈…〉 hinaus.] ‚Bürgerlich‘ hier im weiteren Sinne für ‚gesellschaftlich‘, „das menschliche Zusammenleben, die Tätigkeit, Existenz des einzelnen in der Gesellschaft betreffend“ (GWb 2, 952). – Goethe zieht hier ein erstes nüchternes Resümee der herzoglichen Inspektionsreise nach Ilmenau und in die Exklaven des Eisenacher Landesteils sowie der damit verbundenen Hoffnungen, Einfluss auf die ökonomisch-finanzielle Entwicklung zu nehmen und sich einen Eindruck vom Zustand des Justizwesens zu verschaffen (vgl. Carl August an Lavater, 21. September 1780; abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu Nr 177). – Vgl. auch zu 136,10–11. 135,3–4 da mangelts 〈…〉 an n e u e n Menschen] Um für die abgelegenen Eisenacher Landesteile Kolonisten zu gewinnen, hatte Carl August über Johann Heinrich Merck versucht, Mennoniten anzusiedeln, was zumindest in Zillbach auch gelang (vgl. die Erläuterungen zu 143,10). 135,6 Nürnberger Reise] Offenbar eine geplante, aber nicht zustande gekommene Reise der Herzoginmutter Anna Amalia, an der möglicherweise auch Goethe teilnehmen sollte. 135,6–7 die Herzoginn geht mit Oesern nach Manheim] Anna Amalia reiste Ende September von Ilmenau aus über Kassel, Hanau und Heidelberg nach Mannheim, wo sie, begleitet von Adam Friedrich Oeser, verschiedene Kunst- und Naturalienkabinette, Schlösser, Gärten und Bibliotheken besichtigte. Die Reise mit Oeser wurde wahrscheinlich bei dessen Besuch in Ettersburg im Juni 1780 geplant (vgl. zu 74,10). Auf der Rückreise hielt sich die Herzogin für zwölf Tage in Frankfurt auf, wo sie Goethes Mutter besuchte (vgl. Catharina Elisabeth Goethe an Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, 30. Oktober 1780; Pfeiffer-Belli, 482f., Nr 69). Spätestens am 20. Oktober war Anna Amalia wieder in Weimar

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(vgl. zu 153,11). – Zu den „Kunstreisen“ Anna Amalias vgl. Berger, Anna Amalia, 542–545; zur Mannheim-Reise bes. 544. 135,10 artigs] Artig: Modewort des 18. Jahrhunderts mit zahlreichen Bedeutungsnuancen; hier etwa: ansprechend, Gefallen erregend (vgl. GWb 1, 840), mit Bezug auf das im Folgenden erwähnte Lied (135,14). 135,10 Ihre Misels] Hübsche junge Mädchen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); hier die jungen Frauen, die zu Charlotte von Steins engerem Freundeskreis gehörten, darunter Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18), Sophie von Schardt und Amalia von Hendrich. 135,14 der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 135,14–17 wir stiegen, ohne Teufel oder Söhne Gottes 〈…〉 herabzustürzen] In Abwandlung zu Matthäus 4,5–8: „Da führete ihn 〈Jesus〉 der teufel mit sich in die heilige stadt, und stellete ihn auf die zinne des tempels, / Und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so laß dich hinab; denn es stehet geschrieben: Er wird seinen engeln über dir befehl thun, und sie werden dich auf den händen tragen, auf daß du deinen fuß nicht an einen stein stossest. / Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum stehet auch geschrieben: Du sollt Gott, deinen Herrn, nicht versuchen. / Wiederum führete ihn der teufel mit sich auf einen sehr hohen berg, und zeigete ihm alle reiche der welt, und ihre herrlichkeit 〈…〉.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 5.) 135,24–25 seeliger Befiederung 〈…〉 unsrer Fittige spürten] Erinnert an die Vogelmetamorphose, die Goethe in dieser Zeit mehrfach mit metaphorischem Selbstbezug verwendet (vgl. zu 129,1–4), zugleich in Anspielung auf die ‚Engel des Herrn‘, die Jesus dienten, nachdem er der mehrfachen Versuchung des Teufels widerstanden hatte (vgl. Matthäus 4,9–11). 135,26–27 in den feuchtlichen Gängen] Feuchtlich: Abwandlung zu ‚feucht‘, von Goethe gelegentlich in den Briefen an Charlotte von Stein gebraucht, meist mit lokalem Bezug (vgl. 72,14–15; GB 3 I, 154,6; 302,2–3); hier Anspielung auf das Kochberger Schloss der Familie von Stein, das von einem Wassergraben umgeben war. 135,28 Der Recktor bringt eine Serenade] Nicolaus Bartholomäus Siefert, seit 1757 Rektor in Kaltennordheim (vgl. zu 126,22; zu 126,22–23). 136,1 Debauche] Franz. débauche: Ausschweifung, Schwelgerei. 136,1 Supplicken] Supplik: Bittschrift, Gesuch. 136,5 luminos] Von franz. lumineux: leuchtend, hell; hier übertragen im Sinne von ‚anregend‘, ‚erhellend‘, ‚geistreich‘ (vgl. GWb 5, 1325). 136,9 im dreyfachen Feuer gelautert] Das Reinigen und Verändern von Körpern durch Ausglühen (Calcination), das in der Alchemie von großer Bedeutung war. In übertragener Bedeutung auch im pietistischen Sprachgebrauch verwendet, in dem das ‚Ausglühen‘ Teil der seelischen Läuterung war (vgl. Langen, 74). 136,10–11 Statue aus korinthischem Erz, wie der Engel Ithruriel] Korinthisches Erz (lat. Corinthium aes): in der Antike häufig verwendete Legierung vorwie-

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gend aus Kupfer und unedlen Metallen mit Beimengungen von Gold und Silber. – Anspielung auf den Schluss von Voltaires Erzählung „Le monde comme il va, Vision des Babouc“ (1748; Der Welt ihren Lauf lassen, eine Erscheinung Baboucs): Der Skythe Babouc, vom Engel Ithuriel als Beobachter nach Persepolis entsandt, ließ am Ende seiner Reise als Allegorie auf den Zustand der Stadt und ihrer Bewohner eine Statue aus den kostbarsten und den schlechtesten Metallen und Steinen fertigen. Ithuriel verstand diese Botschaft und entschied, der Welt ihren Lauf zu lassen, sie weder bessern zu wollen noch zu zerstören. – Neben der persönlichen Bezugsebene verweist der Kontext der Anspielung auf Analogien zwischen Goethes Beobachtungen auf der Inspektionsreise und Voltaires Erzählung (vgl. zu 134,28–135,2). 136,13 artig] Häufig gebrauchtes Modewort, hier: freundlich, liebenswürdig, wohlerzogen (vgl. GWb 1, 839). 136,13 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 136,14 war ihr verschiednes zugedacht] Vielleicht legte Goethe dem Brief vom 10. bis 12. Oktober (Nr 180) Verse für Caroline von Ilten bei (vgl. zu 142,4–5). 136,16 Carlen] Der älteste, 15-jährige Sohn Charlotte von Steins, seit März 1780 am Collegium Carolinum in Braunschweig, demnach zu dieser Zeit auf Besuch zu Hause. 136,16 die andern] Darunter vielleicht die jüngeren Söhne Ernst und Friedrich. 136,18 il penseroso fedele] Ital.: der treue Gedankenvolle, der treue Nachdenkliche. – Möglicherweise in Anspielung auf John Miltons Gedicht „Il penseroso“ (1645), eine Anrufung der personifizierten Melancholie und die Idealisierung des zurückgezogenen, gedankenvollen Lebens. „Il penseroso“ ist auch der Beiname einer Statue Michelangelos auf dem Grabmal Lorenzo de Medicis, des Herzogs von Urbino, in Florenz, eine Allegorie der Vita contemplativa. – Über Goethes Verschlossenheit, seine paradox erscheinende ‚Schweigsamkeit‘ im Gespräch, beklagt sich Charlotte von Stein später häufig in ihren Briefen an Dritte, so schreibt sie an ihre Schwägerin Sophie von Schardt: „Du kennst seine Art; er deutet viel, ohne etwas zu sagen; man könnte unter sein Bild setzen: ‚El penseroso‘.“ (Zitiert nach: Bode, Ch. v. Stein, 288.) In einem Brief vom 30. Januar 1786 an Charlotte von Lengefeld heißt es über Goethe: „er ist der immer schweigende“ (GSA 83/1856,1, Bl. 7v).

177. An Johann Caspar Lavater

Ostheim, 〈21. September 1780〉 → 〈Zürich〉

DATIERUN G

Der Brief ist während Goethes Aufenthalt in Ostheim vor der Rhön zwischen dem 18. und dem 22. September entstanden. Der Hinweis auf den Empfang von Lavaters Briefen, die wohl mit einer Sendung aus Weimar kamen (136,20), macht

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eine Datierung auf den 21. September sehr wahrscheinlich, da Goethe am selben Tag einen Brief Charlotte von Steins empfing (vgl. 134,22). Dieses Datum trägt auch der Brief Carl Augusts an Lavater, dem der vorliegende Brief wahrscheinlich beigeschlossen war. ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 127. – Doppelblatt 18,7 × 22,6(–22,8) cm, 3¾ S. beschr., egh., Tinte; Auslassungszeichen von fremder Hd, Bleistift (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). – Wahrscheinlich Beischluss zu Carl Augusts Brief an Lavater vom 21. September 1780 (abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zum vorliegenden Brief). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 101–104, Nr 27 (Teildruck mit Auslassungen: 136,24–137,6 Es ist gut dass du die 60 Ldr 〈…〉 Gliedern winden würde.; 138,6–8 Wenn du mir meine Sachen 〈…〉 etwas für dich drunter.). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 191 (Teildruck: 136,20 Erst heut erhalt ich deine Briefe vom 2 ten und 9 ten dieses Monats; 137,1–7 Deine Frage über die S c h ö n e 〈…〉 Das Tagewerck das mir aufgetragen ist). E3: WA IV 4 (1889), 298–300, Nr 1021 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet die nicht überlieferten Briefe Lavaters vom 2. und vom 9. September (vgl. 136,20). – Lavater antwortete am 30. September 1780 (vgl. RA 1, Nr 125). Der Brief, geschrieben auf der Inspektionsreise Goethes mit Herzog Carl August in die Eisenacher Landesteile und die Exklaven Ostheim und Kaltennordheim, wurde wahrscheinlich als Beischluss zum Brief des Herzogs an Lavater verschickt, der vom selben Tag und Absendeort stammt: Ostheim in der Grf. Henneberg, am Ende zwischen Francken u. Thüringen In einem Amte wo ich nie war, u. welches seinen Herrn seit etL. 30 Jahren nicht gesehn, u. wohin mich einige nöthige Anstalten, (die ich sehen wolte), trieb, schreibe ich Ihnen Lieber. Hie u. da kommen besondere Scenen. Die Leute dencken der Meßias sey erschienen, u. bringen klagen, die meistens in der Dunckelheit u. confußion ihrer Vorstellung liegen, vor. Die Beschräncktheit ihres standes giebt ihnen eine unfähigkeit von deutLkeit über alles ihrem Glück wiedersprechenden, daß unglaubL. ist. Die Sachen sind nun alle so weitläuftig u. complicirt, daß ich sie nie außwendig weiß, sondern nur durch combin. hie u. da durchwittre wo es liegen, u. ihr Unrecht stecken mag. Da verhalte ich mich nun wo mögL. etwas dem Predigtamt gleich, (weil eine nur nicht unbestimte Antwort, wie: wir wollen sehn / u. dLgL mehr nichts sagende phrasen, immer guten effeckt macht) u. rede von sachen die ich ahnde, ver-

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deutL. ihnen meine Ahndung von dem was sie beßer hätten machen können, u. suche ihnen dadurch eine gewiße ruhe beyzubringen, indem sie etwas fühlen müßen was sie zwar deutL. nicht verstehn, aber doch wegen seiner wahrscheinlichkeit Ihnen nicht übel thut. Knebel hat sich an Eurer Sonne u. wärme, sehr gewärmt, Ihr habt den guten Kerl indem ihr ihn trugt wohler als die Alpen u. Gletschers gethan, welche ihn nur trugen da er sie mit vieler mühe erklimmt hatte, bey euch zog er aber gleich de plein pied ein. Er ist noch nicht zurück. Noch 8–12 Tage treibe ich mich hier, u. so in der jegend herum, dann wieder nach Hauß. Lebt wohl lieber, u. denckt meiner. Carl August v.W. dL 21t Sep. 1780 (H: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 505.47; vgl. Karl August und Luise-Lavater, 269f.) 1 Grf. Henneberg] Grafschaft Henneberg, wozu das Amt Lichtenberg mit Ostheim ursprünglich gehörte. Durch Erbteilungen, Verkauf und die Folgen der Reformation gelangte das Amt Lichtenberg Mitte des 16. Jahrhunderts an die Ernestiner, seit 1741 gehörte das nunmehrige Amt Ostheim zum Herzogtum Sachsen-Eisenach. 9 combin.] Kombination. 11 dLgL] Abgekürzt für ‚dergleichen‘. 19 de plein pied] Franz. de plain-pied: direkt, ohne Umschweife. 136,21 in einigen entfernteren Aemtern des Fürstenthums Eisenach] Goethe begleitete Herzog Carl August auf die Inspektionsreise ins Eisenacher Oberland, zu der auch Besuche der Exklaven Kaltennordheim und Ostheim gehörten (vgl. zu 111,14–15 und die einleitende Erläuterung zu Nr 170). 136,24 die 60 Ldr behalten hast] Vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19. 136,24 Bertuchs Brief] Nicht überliefert (vgl. zu 110,9–10). – Lavater hatte bereits am 16. September geantwortet (vgl. zu 148,5). 136,25–26 es soll dir nunmehr 〈…〉 1000 rh voll hast] Vgl. 105,9. 137,1 Deine Frage über die S c h ö n e ] Offenbar hatte Lavater in den Bezugsbriefen Vorbehalte über Goethes Verhältnis zu Maria Antonia von Branconi geäußert. Seine Irritation war durch Goethes Briefe vom 28. August 1780 an ihn selbst (vgl. 110,14–17) und an Matthaei ausgelöst worden, welchen Lavater kannte (vgl. Überlieferung zu Nr 160). – Im Antwortbrief gab sich Lavater mit Goethes Erklärung zufrieden: „Was du über sie sagst, that mir sehr wohl; ist Ihrer und deiner würdig – und mir lüminös u. heilig, wie’s etwas in der Welt seyn kann.“ (Goethe-Lavater3, 139.) 137,7–10 Das Tagewerck 〈…〉 nichts g r ö s s e r m .] Mit Bezug auf die wachsende amtliche Tätigkeit. Dies und das Folgende weisen Anklänge an Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ auf: „Richte die vorkommenden Geschäfte ohne Murren aus.“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 9 [I, 15].) „Ich thu, was meine Pflicht erfodert. Alles andere lasse ich mich nichts anfechten.“ (Ebd., 84 [VI, 22].) Bezüge zu Marc Aurel begegnen von Juni 1780 bis Frühjahr 1781 häufiger in Goe-

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thes Briefen (vgl. u.a. zu 103,12–13). – Einen Tag zuvor hatte Knebel an Lavater geschrieben: „G o e t h e n hab’ ich reich an g e n i a l i s c h e n Wercken gefunden. Freylich hat er auch hier wenig Freunde. Es ist aber nicht die Schuld seines Herzens, sondern seiner eigensten Vorstellungsart, die freylich mit vielen giehrt. Er ist der Wahrheit seiner Vorstellungsart ganz treu.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.111.) 137,11 die Pyramide meines Daseyns] Die Metapher wurde möglicherweise durch Marc Aurel angeregt (vgl. Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 63 [V, 8]). – Lavater nahm darauf in seinem Brief vom 30. September 1780 Bezug (vgl. zu 149,12). 137,11 angegeben] Angeben: hier als Begriff aus der Architektur und bildenden Kunst im Sinne von ‚entwerfen‘, ‚skizzieren‘, ‚vorgeben‘ (vgl. GWb 1, 541; Adelung 1, 298). 137,15 der Babilonische Thurn] Hier mehrdeutige Anspielung auf das eigene Lebenswerk als ein gigantisches, wie der Turm zu Babel nicht abzuschließendes Vorhaben, das zugleich aus zahlreichen Facetten besteht und dadurch den Eindruck von Uneinheitlichkeit suggeriert. 137,19 die S t . ] Charlotte von Stein. 137,20–21 Sie hat meine Mutter 〈…〉 geerbt] Diese Passage erinnert an den Brief an Augusta Louise Gräfin zu Stolberg vom Januar 1775 (GB 2 I, Nr 188), in dem Goethe die Adressatin als Freundinn Schwester, Geliebte, Braut, Gattin (GB 2 I, 160,11) apostrophiert hatte, deren er zur Vergewisserung seiner selbst bedurfte. Auch hier wird Charlotte von Stein zur Repräsentantin des weiblichen Geschlechts erhoben, indem sie unterschiedliche Frauenrollen einnimmt und damit zu Goethes wichtigster Bezugsperson wird (vgl. das Briefgedicht vom 15. September 1780 [Nr 173]). – Mit Anklängen an „Julius von Tarent“ (IV/1): „Du bist mir Vaterland, Vater, Mutter, Bruder und Freund!“ (〈Johann Anton Leisewitz〉: Julius von Tarent. Ein Trauerspiel. Leipzig 1776, S. 78.) – Lavater druckte in der französischen Physiognomik eine Silhouette Charlotte von Steins ab, die ihm Goethe geschickt hatte (vgl. zu 69,1–3), und entwickelte in seiner Beschreibung mit Rückgriff auf Goethes Darstellung ein idealisierendes Bild von Charlotte von Stein als der Frau, die dem Genie mit ihrem harmonischen Wesen ein Gleichgewicht gewährt: „Ce visage semble promettre avec certitude une qualité très rare chez les hommes, & bien plus rare encore chez les femmes – l’art d’écouter tranquillement & avec intérêt; art qui embrasse tant de choses, qui rend l’homme si estimable & par le coeur & par l’esprit. Dire de quelqu’un ‚que sans affectation il écoute tranquillement & avec intérêt‘, c’est le plus bel éloge qu’on puisse en faire.“ (Lavater, Physiognomonie 2, 187. – Dieses Gesicht scheint eine sehr seltene Qualität bei Männern und noch seltener bei Frauen mit Gewissheit zu versprechen: Die Kunst, in Ruhe und mit Interesse zuzuhören, eine Kunst, die so viele Sachen umfasst, die den Menschen so schätzbar für Herz

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und für Geist macht. Über jemanden zu sagen, dass er ohne Affektation in Ruhe und mit Interesse zuhöre, ist das schönste Lob, das man machen kann. Vgl. Héctor Canal: „Die Kunst, in Ruhe und mit Interesse zuzuhören“. Charlotte von Stein in Johann Caspar Lavaters Physiognomik. In: Richter/Rosenbaum, Ch. v. Stein, 317–337.) 137,21–22 es hat sich ein Band 〈…〉 Natur sind] Der Begriff ‚Band‘ wird zum zweiten Mal in diesem Brief von Goethe für die Beschreibung des eigenen Verhältnisses zu einer Frau gewählt. Der Gegensatz zwischen der positiven Konnotation in Bezug auf Charlotte von Stein und der Furcht vor einem ernstlichen Band (137,5) zu Maria Antonia von Branconi spielt indirekt auf die parallelen physiognomischen Deutungen der Silhouetten beider Frauen an, die Goethe Lavater am 24. Juli 1775 geschickt hatte (vgl. GB 2 I, 196,11–22). 137,23–24 Dürers 〈…〉 wegen der Kosten] Um die Frachtkosten gering zu halten, hatte Goethe die zwei Pakete mit Lavaters Dürer-Sammlung sowie den Brief vom 3. September (Nr 166) erst am 13. September mit der Herzoglich-Sächsischen fahrenden Post an seine Mutter nach Frankfurt schicken lassen (vgl. Überlieferung zu Nr 166), die sie mit einer günstigen Gelegenheit weiterleiten sollte. Goethe bezahlte für die Fracht lediglich 16 Groschen, 6 Pfennige pro Paket (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 48). 137,24–25 Blumen und Kräuterbüschel die ich am Weeg sammle] Es lässt sich nicht ermitteln, auf welche Manuskripte mit dieser Metapher angespielt wird, möglicherweise in Bezug auf Manuskripte für Barbara Schultheß (vgl. zu 114,5). Goethe schickte in der Regel Abschriften an sie (vgl. zu 157,26). Außerdem schickte er eine nicht ermittelte Silhouette nach Zürich (vgl. zu 149,23). 137,25–26 prätendirenden] Prätendierend (von lat. praetendere und franz. prétendre): anmaßend, vermeintlich. 137,26–27 a u s und n a c h geschrieben] Nachbilden und plagiieren (vgl. GWb 1, 1218). 137,29 daucht] Laut Adelung oberdeutsch für das damals üblichere „däuchten“ (dünken; vgl. Adelung 1, 1417). 137,30–31 deine Verändrungen 〈…〉 ächter Kritick] ‚Kritik‘ hier im ursprünglichen (‚echten‘) Gebrauch als philologischer Begriff: „Die Kunst oder Wissenschaft, die richtige Leseart und den Sinn der alten Schriftsteller zu bestimmen“ (Adelung 2, 1792). – Die Anwendung des Begriffs bezieht sich auf den Vergleich des Drucks mit den handschriftlichen Zwischenstufen von „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn“. Lavaters Überarbeitungen hatten bereits früher die Briefpartner beschäftigt (vgl. zu 94,20). Zuletzt war Lavater im Brief vom 5. August 1780 darauf eingegangen: „Ich habe bey meinen Verbeßerungen der Apokalypse immer einen Seitenblick auf dich geworfen – ob du nichts dagegen haben würdest? Sie sind von Dreyerley Art. a) Umgießung der Lobgesänge in andre Versarten. b) Erweiterungen besonders in einigen leztern Gesängen. c) Schärfere Mensuration der Verse,

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denen ich die höchstmögliche Vollkommenheit zugeben suchte.“ (Goethe-Lavater3, 129f.) – Lavater erhielt Ende Oktober die ersten Exemplare des Buches von der Druckerei und schickte am 8. November 1780 einige davon an Knebel, der sie in Weimar verteilen sollte (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 126; Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 401). 137,32 Herder fährt fort 〈…〉 das Leben sauer zu machen.] Offenbar hatte sich der Adressat nach Herder erkundigt, der sich zunehmend von ihm wegen unterschiedlicher theologischer Auffassungen distanziert hatte (vgl. zu 13,17). – Hier spielt Goethe auf die Spannungen mit Herder an, der mit seiner Stellung in Weimar unzufrieden war und sich benachteiligt fühlte. Herder klagte über mangelnde Unterstützung bei seinen Reformplänen für die Schule und thematisierte seine Isolierung und zunehmende Distanzierung vom Hof und von Goethe in Briefen an Hamann, etwa Mitte November 1780 (dort in Bezug auf Lavater, vgl. HB 4, 145) und von Anfang März 1781: „Die hiesigen schönen Geister sind so sehr weit von mir, u. leben in i h r e r Welt, in denen es ihnen sehr wohl ist “ (ebd., 176). – Goethe hatte bereits im Brief an Charlotte von Stein vom 30. Juni 1780 Spannungen mit dem Ehepaar Herder erwähnt, möglicherweise in Bezug auf Weimarer Interna (vgl. zu 78,25–26). 137,33 Der Herzog ist sehr gut und brav.] Anspielung auf die ‚pädagogischen‘ Neben-Absichten (GB 3 I, 360,23) der Reise in die Schweiz mit Herzog Carl August; von den Bergwanderungen und der Begegnung mit Lavater hatte sich Goethe eine positiv-kathartische Wirkung auf den Herzog erhofft (vgl. GB 3 II, zu 360,23 und zu 344,23). Merck hatte Anna Amalia unmittelbar nach der Reise berichtet, ihr Sohn sei „um ein Wunderbares gewachsen“ (Merck, Briefwechsel 2, 346), und Wieland hatte Merck gegenüber nach der Rückkehr der Reisenden nach Weimar diesen Eindruck bestätigt (vgl. ebd., 359). Auch Carl August selbst hatte in den Briefen an seine Mutter und vor allem an seine Frau vom 29. November 1779 aus Zürich von seiner seelischen Wandlung durch Lavaters Einfluss berichtet: „die Gegenwarth Lavaters hat etwas gantz eigen Balsamisches; 〈…〉 Die Sanfte Leichtigkeit seines Geistes, seine Beweglichkeit, u. durchdringende Richtigkeit, mit der geduldigen Mittheilung, u. Liebe, macht einem, ohne es zu wißen, Höhen erreichen, über die man selbst erstaunt, sie erreicht zu haben. Ich kan nicht beßer, als mit den Wort, A u f r ä u m u n g d e s Ve r s t a n d e s, außdrücken daß, was mich dünckt, er auf mich gewürckt hat.“ (Karl August-Luise, 120 und 122; vgl. Bergmann, 31.) Zum Neuanfang gehörte auch der Vorsatz, sich mit religiöser Literatur zu beschäftigen; Carl August hatte Bertuch noch am 18. November 1779 von Zürich aus angewiesen: „Schaffe doch in meiner Abwesenheit, Herders, u. Lavaters schrifften, soviel ihrer sind, u. eine große Bibel, in folio, großen schönen Drucks meiner hand Bibliotheque.“ (GSA 6/1591.) Der früheste überlieferte Brief Lavaters an den Herzog, ein beim Abschied am 8. Dezember 1779 entstandenes Billett, das sich von der restlichen Korrespondenz durch die ungewöhnliche ‚Du‘-Anrede ab-

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setzt, belegt, dass Lavater die ihm von Goethe zugedachte Rolle des ‚Erziehers‘ wahrgenommen hatte:

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Nimm, liebster aller, die mir je erschienen, lieberer mit jedem Tage, mit dem besten Händedruk, diese Zeile mit dir als armseeliges Zeichen, meines gränzenlosen Vertrauens und meiner ewigen Liebe zu dir. wenn du nicht Fürst wärst, ich könnte dich nicht mehr lieben. du vergiebst mir nicht, daß ich so schreibe – denn du fühlst, daß du mir nichts zuvergeben hast. Ich will nichts von dir, als dich. In meinen reinsten Augenblicken will ich dein gedenken, u: wills Gott, soll’s dir ahnden. Nun noch zwo Bitten – Trage alles, was meine innerste Natur in die deinige ausgießen mögte, so viel möglich in L u i s e über, die einzig e r h a b n e Frauenseele, die mir erschien – u: S e y, w a s d u s e y n k a n n s t. Die Tage fliehen; wir bleiben! Wir trennen uns und gehen nicht von einander. Schaff. 8 Xbr. 1779. L. (H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 70, Bl. 1.) – Lavater äußerte im Antwortbrief seine Sorge über die Überlastung des Herzogs (vgl. zu 149,17). Goethe berichtete Lavater immer wieder von der positiven Entwicklung des Herzogs (vgl. 157,20; 209,11–12). – ‚Brav‘: hier nicht im moralischen Sinne, sondern synonym zu ‚lebensvoll‘, ‚tatendurstig‘ (vgl. GWb 2, 869). 137,33–138,2 Wenn ich nur noch 〈…〉 die schönste Freyheit hat.] Mit Blick auf Marc Aurels Fürstenideal. In diesem Sinne suchte Goethe auf die Entwicklung von Carl Augusts Persönlichkeit zu wirken. – In der Diktion weist die Stelle Parallelen zur zeitgenössischen Marc Aurel-Übersetzung von Johann Georg Schultheß auf, in der Begriffe wie ‚Raum‘, ‚Götter‘ und ‚Fessel‘ häufig begegnen (vgl. zu 103,12–13). 138,3 Phisiognomische Prätension] Anspielung auf Goethes frühere Mitarbeit an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. von der Hellen) und auf die praktische Anwendung der Physiognomik bei der Einschätzung der Charaktereigenschaften seiner Gesprächspartner. 138,6 meine Sachen] Unter den Manuskripten Goethes in Lavaters Besitz befand sich eine Abschrift der Prosafassung der „Iphigenie auf Tauris“ (vgl. zu 94,8), wobei Goethe selber noch nichts davon wusste (vgl. zu 157,15). – Goethe schickte immer wieder Abschriften an Barbara Schultheß (vgl. zu 157,26). 138,7 propalirst] Propalieren (von splat. propalare): ausplaudern, verbreiten. 138,9–10 Im Phisiognomischen 〈…〉 deutlich geworden] Wohl in Anspielung auf ein wachsendes Interesse für anatomische Studien. Goethe hatte im Juli 1780 osteologischen Experimenten und der Sezierung eines Gehirns durch Loder beigewohnt (vgl. zu 339,20–21). 138,13 Individiuum est ineffabile] Lat.: Das Individuum ist unaussprechlich. – Diese aus der griechischen Philosophie (in Verbindung mit dem aristotelischen Begriff der Entelechie) stammende Sentenz wird von Goethe mit hermeneutischer

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Konsequenz gedeutet; die Sprache könne als konventionelles System eines Kollektivs nicht alle Nuancen eines Individuums, insbesondere eines Dichters oder Genies abbilden (vgl. Goethe-Handbuch3 4 I, 528f.). Ein ‚unaussprechlicher‘, d. h. ein für die Einzigartigkeit des Menschen konstitutiver Kern des Individuums könne durch Sprache nicht gefasst werden und entzöge sich demnach dem Verstand. Daraus leiten sich Implikationen für die Rezeption der Produkte eines Genies durch einen Dritten ab. Zugleich ist der Hinweis auf die Einzigartigkeit eines jeden Individuums als eine Kritik an Lavater zu verstehen, der mit seiner Christologie alle Menschen nach allgemeingültigen moralischen Kriterien messen wollte (vgl. Karl Pestalozzi: Lavaters Hoffnung auf Goethe. In: Das Antlitz Gottes im Antlitz des Menschen. Zugänge zu Johann Kaspar Lavater. Hrsg. von Karl Pestalozzi und Horst Weigelt. Göttingen 1994, S. 260–279, bes. S 276). 138,15 Wegen des Bodm. Manuscr. ist es gut.] Offenbar hatte Lavater in den nicht überlieferten Bezugsbriefen über Einzelheiten der Übergabe von Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ an Bodmer berichtet, die am 28. August 1780 stattgefunden hatte (vgl. zu 102,14–15; Johannes Crueger: Bodmer über Goethe. 1773–82. [Aus dem ungedruckten Nachlass Bodmers auf der Zürcher Stadtbibliothek.] In: GJb V [1884], 211). 138,16 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). 138,16 deine Frau] Anna Lavater, die schwanger war (vgl. zu 83,4–5).

178. An Charlotte von Stein

Meiningen, 24. September 1780 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 82. – 1 Bl. 17(–17,2) × 21,5(–21,9) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, oben rechts egh. Zählung, Tinte: 13.; links daneben von fremder Hd, Tinte: „67.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 74), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 355f. WA IV 4 (1889), 301, Nr 1022. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 138,18 Meiningen] Die etwa 50 km südlich von Eisenach und 20 km nordöstlich von Ostheim, der letzten Reisestation, gelegene Residenz des 1680 durch Teilung von Sachsen-Gotha entstandenen ernestinischen Herzogtums Sachsen-Meiningen.

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BRIEF 179

138,19 Seit dem ich 〈…〉 eine Pause.] Goethe war schon seit dem 22. September in Meiningen (vgl. zu 134,22–23). 138,20–21 wie man mit Menschen dran ist] Den seit November 1775 regierenden Herzog August Friedrich Carl Wilhelm von Sachsen-Meiningen, seine Mutter Charlotte Amalia, bis 1782 Mitregentin, und auch den seit 1779 mitregierenden jüngeren Bruder Prinz Georg hatte Goethe 1775 in Frankfurt kennen gelernt. Den Prinzen war er bis 1780 noch zweimal begegnet (vgl. GB 3 II, zu 3,17). Wahrscheinlich lernte Goethe bei seinem Aufenthalt in Meiningen auch die Schwester der Herzöge, Prinzessin Wilhelmine Louise Christiane von SachsenMeiningen kennen (vgl. zu 358,15). – Zu späteren Begegnungen mit den Meininger Herzögen vgl. zu 171,5. 138,24–25 die Unterhaltung ist mancherley] Der Aufenthalt in Meiningen war vor allem auch eine Gelegenheit, die Kunstsammlung des verstorbenen Herzogs Anton Ulrich zu besichtigen, aus der Carl August vier Gemälde erwarb (vgl. 143,23–144,5). 139,2 Stein] Josias von Stein, Oberstallmeister Carl Augusts (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). 139,2 Hildburghausen] Residenz des ernestinischen Herzogtums Sachsen-Hildburghausen, etwa 33 km südöstlich von Meiningen. 139,2 der Herzog ist todt] Ernst Friedrich III. Carl von Sachsen-Hildburghausen war am 23. September 1780 auf dem Jagdschloss Seidingstadt in der Nähe von Hildburghausen gestorben. Das überschuldete Herzogtum stand schon seit 1769 unter Zwangsverwaltung. Zum Leiter der kaiserlichen Debitkommission war der Generalfeldmarschall und ehemalige österreichische Heerführer Prinz Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen, Großonkel des regierenden Herzogs, bestellt worden. Noch 1780 übernahm er – nach der Entmündigung Friedrichs III. – die Regentschaft. Am 25. September 1780 teilte Carl August dem ranghöchsten seiner Geheimen Räte, Johann Jacob von Fritsch, mit: „Der H. v. Hildburghausen, ist vorgestern früh an einem Schlagfluß gestorben; sein Testament ist eröffnet. Der Pr. Joseph ist zum vormund, u. nach deßen Tod, der H. von Gotha, ernannt; schreiben Sie mir doch durch diesen / Husaren, ob es denen Haußverfaßung gemäß ist, daß ein Antheilig vormund seyn könne, u. ob sonst etwas dabey ist was uns angeht.“ (LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 38, Bl. 32.) 139,3–4 den Unsinn eines Menschen] Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden.

OKTOBER 1780

179. An Jacob Friedrich von Fritsch

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Meiningen, 1. Oktober 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 15–16. – Doppelblatt 38,3 × 23,6 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unten rechts Präsentats- und Antwortvermerk, Tinte: „psd. 2 8br 1780 F. / resp. eodem“. E: WA IV 4 (1889), 302f., Nr 1023 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom 2. Oktober 1780 (vgl. Überlieferung) ist nicht überliefert. 139,6 von Meinungen abzureisen] ‚Meinungen‘ für Meiningen. – Goethe war seit dem 22. September 1780 in Meiningen (vgl. zu 134,22–23). Am 2. Oktober reiste er nach Stützerbach, wo er sich mit Knebel traf (vgl. BuG 2, 265), und am 3. Oktober über Ilmenau (vgl. BuG 2, 266) nach Kochberg, wo er am 4. Oktober eintraf (vgl. zu 140,22). 139,7–8 hiesigen Unterhandlungen in der bewussten Sache] Herzog Carl August und Goethe waren nach Meiningen gereist, um u. a. das Meininger Herzogshaus zu Vergleichsverhandlungen in der Zillbacher Holzabgabesache zu bewegen und das Terrain zu sondiren um festen Fus fassen zu können (408,27–28). – Zu der Zillbacher Holzabgabesache vgl. Goethes Brief an Johann Ludwig von Mauchenheim vom 14. September 1780 (A 2) und die Erläuterungen dazu. 139,11–12 die Unterthane dahin zu bringen 〈…〉 der Herrschafft in die Hände legen] Vgl. zu 407,24. 139,13 alten Mistrauens] Vgl. zu 407,14–15. 139,14 dieser Weeg] Die erhofften gütlichen Vergleichsverhandlungen mit Sachsen-Meiningen, die die vom Reichshofrat angedrohte Exekution verhindern sollten (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 2). 139,15 Conferenz] In den folgenden Monaten wurde die Konferenz zwischen Sachsen-Meiningen und Sachsen-Weimar und Eisenach vorbereitet. Auf Meininger Seite waren Franz Christian Eckbrecht von Dürckheim und der Kanzler Martin Christian Grimm und auf Weimarer Seite Fritsch und Johann Ludwig von Mauchenheim zu Kommissaren bestellt. Die Konferenz fand vom 5. bis 21. Februar 1781 in Eisenach statt, scheiterte jedoch an der Frage nach Entschädigungen für die rückständigen Leistungen an die Wasunger Untertanen durch Sachsen-Weimar und Eisenach. Weimar hatte allerdings Zeit gewonnen und die angedrohte Exekution zunächst abwenden können (vgl. Flach, Zillbacher Holzprozeß, 70–73). 139,15–16 Hl. v. Dürckheim] Franz Christian Eckbrecht von Dürckheim (vgl. zu 407,13).

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BRIEF 179

139,16 Commissarien] Kommissar (von lat. commissarius): Beauftragter; „Titel, (Amts-)Bezeichnung eines (durch einen Fürsten, ein wirtschaftliches Unternehmen, einen militärischen Stab) mit besonderen Vollmachten Beauftragten“ (GWb 5, 534). 139,18 Serenissimus] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 139,18–19 andre Personen die 〈…〉 Einfluss haben könnten] Schon im Vorfeld hatte Carl August versucht, Hieronymus Heinrich von Hinckeldey für sich zu gewinnen (vgl. zu 408,1). In seinem Brief an Mauchenheim vom 14. September 1780 erwähnt Goethe, dass Franz Christian Eckbrecht von Dürckheim gewiss viel in der Sache vermag, er ist ein redlicher Mann und unserm Hause von Altersher zugethan (407,13–14; vgl. auch zu 407,13). Aus einem Brief Carl Augusts an Fritsch vom 25. September geht hervor, dass er Gespräche mit Dürckheim und Martin Christian Grimm geführt hatte (LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 38, Bl. 32v). 139,23–24 Burgauer Unterhandlung] Das Schatullgut Burgau südlich von Jena mit seinen Acker-, Wiesen- und Waldflächen sowie einem Vorwerk und einer Schäferei war im gemeinsamen Besitz der Herzöge von Sachsen-Weimar und Eisenach und Sachsen-Meiningen sowie des Landgrafen von Hessen-Philippsthal. Carl August stand im Begriff, den anderen Eigentümern ihre Anteile an dem Gut abzukaufen, da diese sich wiederholt sträubten, zu den Wegebau- und Unterhaltungskosten, zu denen sie verpflichtet waren, beizutragen. 1781 erwarb Carl August das gesamte Gut. 139,24 Aufopferung ienes Petitorii] Lat. petitorium: Bittschrift, Klageschrift, Prozessverfahren zur Klärung einer Rechtsfrage; Klage um Eigentum im Unterschied zur Besitzklage. – Hier möglicherweise der Verzicht auf die bis zum Abschluss des Kaufvertrages noch fälligen Kosten, die Sachsen-Meiningen für das Gut Burgau noch zu zahlen hatte. 139,27 Frau Herzoginn] Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen war nach dem Tod ihres Mannes Herzog Anton Ulrichs von 1763 bis 1782, seit 1775 unter Mitregentschaft ihres Sohnes August Friedrich Carl Wilhelm, Regentin. 140,3 Mineralogischen Merckwürdigkeiten] Goethe hatte schon 1777 als Mitglied der Bergwerkskommission begonnen, sich verstärkt mit Gesteinskunde und geologischen Themen zu beschäftigen (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 309). Die während der Reise unternommenen Wanderungen durch die Thüringer Berge und die Erkundung der Überreste des Bergbaus um Ilmenau kamen diesen Interessen zugute (vgl. 120,8–10; 121,24–25; 124,29–31; 125,7–9; 129,29–31). – Vgl. auch 144,14–146,6. 140,5 In der Ruhl ist eine grose Zusammenkunft der Herzoge von Sachsen] Ruhla, auch ‚die Ruhl‘ genannt (vgl. Topographisches Reise-, Post- und Zeitungslexicon von Deutschland 〈…〉. Bd 2. Leipzig 1782, S. 178), „ein Flecken oder vielmehr sehr großes Dorf“ (Zedler 32, 1593) im westlichen Thüringer Wald

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etwa 12 km südöstlich von Eisenach, war bekannt für seine Messerschmiedezunft und die Herstellung von Tabakspfeifen aus unechtem Meerschaum. Der Ort war geteilt und gehörte zu Sachsen-Weimar und Eisenach und zu Sachsen-Gotha. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts war Ruhla zum Kur- und Badeort ausgebaut worden. Zu den ernestinischen Herzögen gehörten Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, August Friedrich Carl Wilhelm von Sachsen-Meiningen und dessen Bruder und Mitregent Georg I. Friedrich Carl, Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg sowie Ernst Friedrich von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Ernst Friedrich III. Carl von Sachsen-Hildburghausen war am 23. September 1780 gestorben. 140,6 Seren. Gothanus] Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg. 140,7 Schlosse Altenstein] Herzog Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen ließ 1736 ein einfaches, zweigeschossiges Landhaus im barocken Stil und umgeben von einer Parkanlage auf dem Grund der 1733 abgebrannten Burg Altenstein bei Bad Liebenstein etwa 30 km nördlich von Meiningen errichten. Altenstein diente den Meininger Herzögen u. a. bei Jagdveranstaltungen und Gesellschaften. 140,7–8 Glücksbrunn] Schloss Glücksbrunn, ein barockes Herrenhaus, etwa einen Kilometer südwestlich von Schloss Altenstein gelegen, war 1703 im Auftrag des kursächsischen Hofrats Johann Friedrich von Trier auf dem Hüttenhof Glücksbrunn, den Trier 1701 erworben hatte, errichtet worden. 1780 war das Schloss noch im Besitz der Familie Trier. – Vgl. Kristina Richts: Trier, Johann Friedrich, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V., bearb. von Martina Schattkowsky, Online-Ausgabe: http://www.isgv.de/ saebi/ [15.8.2017]. 140,11 s. ehrw. Br.] ‚Sehr ehrwürdige Brüder‘ war eine innerhalb der Freimaurerlogen gebräuchliche Anrede, was verdeutlicht, dass Goethe „mit den anwesenden Herzögen in masonischer Form, also unter maurerischer Suspendierung des Standesunterschiedes, verkehrt habe. Es war strikt untersagt, die innerhalb der Loge üblichen Formen egalitären Umgangs im profanen Leben zu praktizieren.“ (Des Maurers Wandeln, 103.) Viele Mitglieder der ernestinischen Herrscherhäuser gehörten Freimaurerorden an, wie Herzog August Friedrich Carl Wilhelm von Sachsen-Meiningen, der eine Führungsposition in der Strikten Observanz innehatte, dessen Bruder und Mitregent Georg I. Friedrich Carl sowie Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg, der zur Spitze der Großen Landesloge von Deutschland gehörte, und dessen Bruder Prinz August. Zu den Brüdern gehörten auch viele Mitglieder der Regierungen der Herzogtümer. 140,12 Vorteile meiner Aufnahme] Zu Goethes Aufnahme in die Weimarer Freimaurerloge „Amalia zu den drei Rosen“ vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 16 und zu 16,9–10. 140,14 Arbeiten die Baty im Oberlande gemacht hat] Einer der Hauptgründe der Reise war die Besichtigung der Meliorationsprojekte des Landkommissars George Batty im Eisenacher Oberland, dem südwestlichen Teil des Herzogtums

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BRIEF 180

Sachsen-Weimar und Eisenach in der thüringischen Rhön und an der Werra (vgl. die erste Erläuterung zu 126,15; zu 134,15–16). 140,16–17 Metabases es allo genos] ‚Metabasis eis allo genos‘ (griech. « « Ν !« [Übergang in eine andere Gattung]): hier: „wenn man 〈…〉 plötzlich und geschwinde von einer Sache auf die andere fällt“ (Zedler 20, 1213). 140,18 Hl. Coll. Schnaus] Goethes und Fritschs Kollege im Geheimen Consilium Christian Friedrich Schnauß.

180. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 10.–12. Oktober 〈1780〉 → 〈Kochberg〉 DATIERUN G

Das Jahr lässt sich nach dem Inhalt und den Parallelen zu Goethes und Knebels Tagebüchern vom 10. und vom 11. Oktober 1780 ergänzen (vgl. zu 140,22; zu 141,26). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 107. – Doppelblatt 16,8 × 20,8 cm, 3 ¼ S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „144.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 134), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 357–359. WA IV 4 (1889), 304f., Nr 1024. BEIL AG EN

1) „Teutsch-Englisches Lexicon“ (vgl. die erste Erläuterung zu 141,20). 2) Verse für Caroline von Ilten (vgl. zu 142,4–5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Die Antwortbriefe wahrscheinlich vom 12. und vom 14. Oktober sind nicht überliefert (vgl. zu 150,5–6; zu 150,12). 140,22 dl 10 Okbr. Abends.] Laut Tagebuch war Goethe d. 10. 〈Oktober 1780〉 Gegen 1 Uhr Nachmittag zurükgekommen (GT I 1, 115), und zwar aus Kochberg, wohin er am 4. Oktober von Ilmenau aus gereist war. An diesem Tag trug er sich zum zweiten Mal mit Namen und Datum auf der Platte des Kochberger Schreibtischs ein, ein drittes Mal am 5. November 1780 (vgl. GB 3 II, zu 104,24). Laut Knebels Tagebuch ging Goethe am 10. Oktober „um 10 Uhr von hier 〈Kochberg〉 weg nach Weimar“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 42v).

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140,24 Was Sie mir heut früh 〈…〉 geschmerzt] Beim Abschied aus Kochberg. – Möglicherweise hatte Charlotte von Stein Goethe Vorhaltungen wegen seiner Eifersucht gemacht (vgl. 150,7–8). Genaueres dazu ist nicht bekannt. Die Bemerkung und die folgende Passage erinnern an die ersten Jahre der Beziehung zur Adressatin, in denen es häufig zu Verstimmungen gekommen war und Goethe sich zurückgewiesen und missverstanden fühlte. Meist waren diese Störungen von kurzer Dauer (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18, bes. S. 76f.). 140,25 der Herzog] Am 9. Oktober waren auch Herzog Carl August und Knebel, der sich auf der Rückreise von der Schweiz befand und am 2. Oktober in Stützerbach mit der herzoglichen Gesellschaft zusammengetroffen war, nach Kochberg gefahren (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 42v). 141,3–4 eine wörtliche Rechnung des Vergangnen] ‚Rechnung‘ hier in der Ende des 18. Jahrhunderts bereits veralteten Bedeutung ‚Rechenschaft‘ (vgl. Adelung 3, 995). – Am 13. Oktober erhielt Goethe ein Geschenk oder einen Brief von Charlotte von Stein (vgl. zu 150,5–6), was ihn beruhigte und versöhnlich stimmte (vgl. 150,6). Für einen weiteren Brief aus Kochberg, wahrscheinlich vom 14. Oktober (vgl. zu 150,12), bedankte er sich mit einem Gedicht (vgl. zu 150,19–151,3) und schönen Trauben (151,5). Ob es später noch zu einer mündlichen Aussprache gekommen ist, lässt sich nicht belegen. Ganz wiederhergestellt scheint sich das Verhältnis aber erst nach Goethes nächstem Besuch in Kochberg vom 4. bis 6. November zu haben, als er Charlotte von Steins Liebe wieder ganz gewiss (160,4) war. 141,5 schwesterlich Sinn] In Anknüpfung an die Stimmungslage der frühen Briefe, als Goethe sogar die Anrede liebe Schwester (GB 3 I, 55,20) gebrauchte, als Zugeständnis an die Adressatin, die Goethe dadurch von ihrem Herzen zu entfernen suchte (GB 3 I, 58,6). In Goethes Gedichtbrief „Warum gabst du uns die Tiefen Blicke 〈…〉“ vom 14. April 1776 dagegen erscheinen die weiblichen Rollen ‚Schwester‘ und ‚Frau‘ als austauschbar und prinzipiell gleichwertig (vgl. GB 3 II, zu 53,20). 141,13 Pandämonium] Hier: Aufenthaltsort der Dämonen (vgl. Pierer 12, 595). 141,16–17 das Thal hatte mich sehr freundlich empfangen] Als ‚Tal‘, meist in der Verbindung ‚mein Tal‘ oder ‚mein liebliches Tal‘, bezeichnet Goethe in seinen Briefen das Ilmtal, an dessen Hängen sein Weimarer Gartengrundstück lag (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 62,4). 141,17 die neuen Weege] Die 1778 neu gestalteten Teile der Parkanlagen am linken Ilmufer (vgl. GB 3 II, zu 191,6–7). 141,20 das Lexikon wieder] Christian Ludwig: Teutsch-Englisches Lexicon, Worinne nicht allein die Wörter, samt den Nenn- Bey- und Sprich-Wörtern, Sondern auch sowohl die eigentliche als verblümte Redens-Arten verzeichnet sind. 〈…〉 3. verbesserte Auflage. Leipzig 1765. – Das Buch war ein Geschenk Goethes für

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Charlotte von Stein, das er von ihr zurückerbeten hatte, um es binden zu lassen (vgl. zu 141,20–21). 141,20 es soll Ihre] Verkürzt für ‚Ihre sein‘; ‚Ihre‘ hier und im Folgenden (141,22) mit Bezug auf das Substantiv ‚Lexikon‘ im Neutrum adverbial gebraucht; diese Form sei nach Adelung „in der anständigen Schreibart“ zu vermeiden (Adelung 2, 1358f.). 141,20–21 Mein Seidel 〈…〉 meinen Nahmen hineingeschrieben] Das für Charlotte von Stein bestimmte Exemplar des „Teutsch-Englischen Lexicons“ hat sich in Goethes Bibliothek erhalten. Auf dem Titelblatt steht von der Hand Philipp Seidels „J. W. Goethe“, daneben von der Hand der Adressatin „Charlotte von Stein“ (vgl. Ruppert, 91, Nr 646). – An gleicher Stelle überliefert ist Christian Ludwigs „Dictionary English, German and French“ (Leipzig 1763), ebenfalls mit den Namen „J. W. Goethe“ und „C. v. Stein“ auf dem Titelblatt (vgl. Ruppert, 90, Nr 645). Beide Werke hatte Goethe in Halbleder binden lassen. Die gebundenen Werke hatte er offenbar nach seiner Rückkunft in Weimar vorgefunden (vgl. Rechnung der Buchbinderei der Anna Margareta Große vom 15. September 1780; GR/Belege 1780, 2, Bl. 28). 141,22 Wasers Ende] Wahrscheinlich die Nummern 10, 11 und 13 der Berichte in Briefform von Johann Caspar Lavater über den Fall des Zürcher Pfarrers und Publizisten Johann Heinrich Waser. Lavater hatte sie während Goethes Abwesenheit von Weimar an Charlotte von Stein geschickt (vgl. die erste Erläuterung zu 114,10). 141,23 Schreibtisch schlüssel] Wahrscheinlich zu Charlotte von Steins Schreibtisch in Weimar, wo sie die früheren Berichte Lavaters, die Goethe ihr vor seiner Abreise gegeben hatte, verwahrt haben wird. 141,24 In Belveder 〈…〉 artig] Schloss und Park Belvedere etwa 3 km südlich von Weimar, seit 1776 herzogliche Sommerresidenz (vgl. die erste Erläuterung zu 38,2). Laut Fourierbuch traf der Herzog erst am Abend des 12. Oktober dort ein (vgl. FB 1780, S. 209). – ‚Artig‘: Modewort des 18. Jahrhunderts; hier etwa: der Situation entsprechend verbindlich, liebenswürdig, nett (vgl. GWb 1, 839f.). 141,24 das Prinzessgen] Die am 3. Februar 1779 geborene Prinzessin Louise Auguste Amalie, das erste Kind von Herzog Carl August und Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 141,26 Knebel 〈…〉 von Ihnen mitbringen] Knebel vermerkte am 11. Oktober 1780 im Tagebuch: „Morgens in Unterredungen mit Fr. von Stein, Mittags von Kochberg weg auf des Herzogs Pferd. Gegen 4 Uhr in Weimar. Ins Jägerhaus. Einrichtung. Abends zu Göthe.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 42v.) 141,29 Er hat 〈…〉 gegessen, die Schrötern auch] Laut Knebels Tagebuch vom 11. Oktober war er am Abend gemeinsam mit Corona Schröter bei Goethe zum Essen (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 42v). 141,29–30 in Steinen gelebt] Goethes Wanderung durch die Thüringer Berge und die Erkundung der Überreste des Bergbaus um Ilmenau korrespondierten mit

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seiner Hinwendung zu geologischen Themen nach der Rückkehr von der Schweizer Reise im Frühjahr 1780 (vgl. zu 98,16). Für sein Interesse an der Mineralogie und dem Sammeln von Steinen hatte er neben Charlotte von Stein auch andere Freunde zu begeistern versucht. 142,3 Mein Bote] Vgl. zu 150,2. 142,4 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 142,4–5 innliegendes] Nicht überliefert. – Schon in seinem vorletzten Brief wollte Goethe Verse für Ilten beilegen (vgl. zu 136,14). 142,5 Steinen in seinem Laboratorio] Josias von Stein, der demnach auch in Kochberg war. – Zu dieser Stelle merkt Friedrich von Stein an: „Er 〈Josias von Stein〉 betrieb eine Wagen Manufactur für hertzogliche Rechnung mit vielem Vergnügen und laborirte wohl auch manchmahl selbst zu Erprobung der Lackfarben. Drollig lamentirte er manchmahl darüber daß keiner seiner Söhne seine Liebhaberey hierinne habe und daß seine Geheimniße und Erfahrungen hierinne verlohren giengen.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 9r.) 142,5–6 Frizzen] Charlotte von Steins jüngster Sohn Friedrich.

181. An Johann Heinrich Merck Weimar, 11.–13. Oktober 1780 → 〈Darmstadt〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GMD Düsseldorf, Sign.: NW 1872/1984. – 2 Doppelblätter 16,8 × 20,4(–20,7) cm, 7 ¼ S. beschr., S. 1–6 (142,8–146,6 Deinen Brief habe ich 〈…〉 die die Folge davon deutlich machen.) Schreiberhd (Seidel), S. 7–8 (146,7–26 Lebe wohl und schreibe bald wieder. 〈…〉 und sehen lernt!) egh., Tinte. E: Merck, Briefe1 (1835), 264–270, Nr 120 (ohne Paraphe und Datum). WA IV 4 (1889), 306–313, Nr 1025 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet zwei nicht überlieferte Briefe Mercks (vgl. 142,8; 146,13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 14. Oktober (vgl. GR/RB 1780, 8, Bl. 1v). 142,8 auf einer kleinen Reise] Die Inspektionsreise in das Eisenacher Oberland (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170; zu 111,14–15). 142,10–11 Baty treibt seit einem halben Jahre dort seine Anstalten] Der Engländer George Batty stand seit Anfang Juni 1779 als Landkommissar und Inspektor der Kammergüter in sachsen-weimarischen Diensten (vgl. die erste Erläuterung zu 126,15).

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142,12–13 eine befohlne Einrichtung 〈…〉 vollbracht] Vgl. zu 134,15–16. 142,14–15 Dieses Wunder hat bei dem Herzog auch grosse Freude erregt.] Carl August selbst berichtete dem Adressaten in seinem Brief vom 14. bis 16. Oktober 1780: „B ä t y hatte mich diese Reise machen lassen. Denn um dessen Anstalten zu sehn, gieng ich dahin; dort ist der Anfang seiner Arbeiten. Er ist ein ganz vortrefflicher Mensch. Nur ein unglaubliches Glück kann einem einen solchen Menschen zuführen. Sie können Sich doch mit dem Glück verwandt rechnen, daß es Sie brauchte, uns diesen Menschen zu geben, und Ihnen unsere Dankbarkeit dafür zuzuschnalzen. In Wahrheit, wir können es Ihnen nicht genug danken.“ (Merck, Briefwechsel 2, 503.) 142,21–22 wir bleiben dir immer für diese Aquisition verbunden] Zu einem Auftrag an Merck, einen tüchtigen Agrarfachmann zu beschaffen, liegt kein schriftliches Zeugnis vor. Woher er Batty kannte, war mangels fehlender Zeugnisse zu dessen Person und Werdegang nicht zu ermitteln. Möglicherweise war er im Zusammenhang mit der Pfungstädter Krappfabrik in hessen-darmstädtischen Diensten tätig. In seinem Brief vom 3. April 1780 an Carl August, in dem er den Anbau der Färberpflanze erläutert hatte, hatte Merck empfohlen, Batty über die Bedingungen in Thüringen zu Rate zu ziehen (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 403). 142,23–24 mit den Menschen so gut umzuspringen] Carl August bestätigte Merck gegenüber im Brief vom 14. bis 16. Oktober 1780 diesen Eindruck (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 503). 142,26 seinen 300 rh] In seinem Reskript an die Kammer Eisenach vom 10. Juni 1779 hatte Carl August angeordnet, der eben ernannte Landkommissar Batty, der ihm „wegen seiner oeconomischen Wißenschaften, besonders empfohlen worden“, solle eine Besoldung von 300 Reichstalern pro Jahr erhalten, die jeweils zur Hälfte von der Weimarer und der Eisenacher Kammer zu bestreiten sei (LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Diener Sachen, 503). 142,27 Quar- und Essen frei] ‚Quartier‘: versehentliche Auslassung nach Seitenwechsel. – Das Geheime Consilium hatte am 1. April 1780 Battys Antrag auf „Logis, Kost und Futter für das Pferd bei seinem Aufenthalt im Oberland“ genehmigt (Wahl, Consilium, 558, Nr 7604). 143,1 Ich will auch noch sonst vor ihn sorgen.] Goethe hatte Mitte Mai 1780 in Anlehnung an Matthäus 3,17 im Tagebuch notiert: Brief von Bäty! das ist mein fast einziger lieber Sohn an dem ich Wohlgefallen habe, so lang ich lebe solls ihm weder fehlen an nassem noch trocknem. (GT I 1, 111.) – Am 17. September 1782 erteilte das Geheime Consilium der Kammer Weimar eine Anweisung wegen Batty (vgl. Wahl, Consilium, 845, Nr 12609). Möglicherweise erhielt er eine weitere Zulage. 143,2 honnorable] Ehrenhaft (vgl. GWb 4, 1390). 143,7 Würzburgische Unterthanen] Vermutlich aus dem etwa 13 km südlich von Kaltennordheim gelegenen Fladungen, einem Amtssitz des Fürstbistums Würzburg.

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143,8–9 er dir einmal selbst schreibt] Es ist kein Brief Battys an Merck überliefert. 143,10 Menonitten] Die 1525 aus einem Bibellesekreis des Reformators Zwingli hervorgegangene Glaubensrichtung war von Beginn an härtesten Verfolgungen ausgesetzt. Da sie ihrem neuen Bekenntnis durch eine zweite Taufe Ausdruck verliehen, wurden sie ‚Wiedertäufer‘ genannt. Ihren anderen Namen erhielten die Mennoniten nach dem Niederländer Menno Simons, der die versprengten Anhänger der Bewegung sammelte. Dank ihrer Kenntnisse in der Landwirtschaft fanden sie in einigen Ländern Zuflucht, darunter nach einer Spaltung als Amish People in den USA. Die ersten Ansiedlungen von Mennoniten entstanden linksrheinisch in der Pfalz und in zweibrückischen Gebieten, seit 1771 auch im Herrschaftsgebiet von Hessen-Darmstadt. 143,10 einig geworden] Über die Verpachtung des Kammerguts Zillbach für zwölf Jahre ab Februar 1781. – Im Brief vom 31. Januar 1780 hatte Carl August Merck beauftragt, „ein paar Wiedertäufer zu finden“, und hatte ihnen im Falle einer Ansiedlung im Eisenacher Landesteil, wo einige Kammergüter zu verpachten waren, günstigste Bedingungen zugesagt, darunter die „freylassung von aller Caution“ (Merck, Briefwechsel 2, 363). Die Eisenacher Kammer hatte Carl Augusts „Intention 〈…〉 daß dergL. Leute, als ehrliche und einsichtsvolle Ackerverständige und Landwirthe zu Verbeßerung verschiedener durch die üble Behandlung derer Vorigen Pachter in Verfall gerathener herrschaftL. Güther ins Land gezogen werden möchten“ Folge geleistet und dem Herzog am 26. Juni 1780 berichtet, zwei Mennoniten hätten die Kammergüter Trenkelhof und Zillbach besucht, jedoch einige Vorbehalte geäußert (vgl. im Folgenden „CammerActa Die Verpachtung des Herrschaftlichen Vorwerks zu Zillbach an die Mennonisten 〈…〉 betrL. 1780–84“; LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Güter 1129, Bl. 1–4, hier Bl. 1v). Am 28. Juni hatte Carl August den Eisenacher Kammerpräsidenten Herda in einem Privatschreiben angewiesen: „Sie können denen Mennonisten alle mögliche gewißens freyheit versichern. Sie sollen Ihre Kinder taufen, sich trauen, u. begraben laßen, wo, u. von wem sie wollen. Auch Ihre besondern Zusammenkünfte sollen nicht gehindert werden. Der Nutzen welchen ich mich von Ihnen verspreche ist so groß, daß über diese Punckte leichtweg zu gehn ist. Schließen Sie so bald als mögL. mit Ihnen ab“ (GSA 20/118). Die Verpachtung des Kammerguts Zillbach an die Mennoniten hatte am 10. Juli 1780 auf der Tagesordnung des Geheimen Consiliums gestanden. Eine entsprechende Weisung war an die Kammer in Eisenach ergangen, zugleich wurden das zuständige Eisenacher Oberkonsistorium und die Regierung aufgefordert, die Glaubenspraxis der Mennoniten zu dulden (vgl. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Güter 1129, Bl. 10–11). Die Glaubensgemeinschaft pflegte ihre Gottesdienste in Privathäusern abzuhalten. – Am 19. September 1780 hatte die Kammer Eisenach den Pachtbrief „über das HerrschaftL. Vorwerk zu Zillbach mit denen Mennonisten 〈…〉 auf 12. Jahre, nemlich von Petri

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Cathedrae 1781. bis dahin 1793“ unterschrieben (ebd., Bl. 26–35 [Abschrift]). Die Komplikationen bei der Vermittlung einiger Familien nach Thüringen hatte Merck im Brief an den Herzog von Anfang September 1780 geschildert (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 479f.), worauf Goethe hier stellvertretend einging. 143,11 Juden] Hier in Anspielung auf die Geschäftstüchtigkeit der Mennoniten (vgl. GWb 5, 160). 143,13 Die Kammer] Finanzbehörde, die sich mit der „Verwaltung der Einnahme und Ausgabe eines Fürsten“ beschäftigte (Adelung 1, 1295). 143,14 Kammerpräsidenten] Seit 1776 leitete Carl Christian von Herda zu Brandenburg das oberste Finanzamt im Eisenacher Landesteil (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 522). 143,15 der Herr drauf versessen war] Die Ansiedlung von Mennoniten im Eisenacher Landesteil war eine Idee des Herzogs gewesen, der sich über den Rat seiner Beamten hinwegsetzte. 143,15–16 schikte sie uns in die Zilbach über den Hals] Goethe selbst hatte Herda am 1. September 1780 von Carl Augusts anstehendem Aufenthalt in Zillbach berichtet (vgl. 111,23–112,1). – ‚Zillbach‘: Eisenacher Exklave im Gebiet von Sachsen-Meiningen (vgl. zu 125,5). 143,19–20 vom Pachtquantum zu viel erlassen] Im Pachtbrief war eine Jahrespacht von 500 Reichstalern für die ersten sechs Jahre und von 600 Reichstalern für die restlichen sechs Jahre festgelegt worden (vgl. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Güter 1129, Bl. 26–35). Aus einem Bericht der Kammer Eisenach vom 26. Juni 1780 geht hervor, dass der frühere Pächter 1300 Reichstaler pro Jahr gezahlt haben soll (vgl. ebd., Bl. 2v). 143,21 wenn sie’s wieder herstellen] In Anspielung auf den schlechten Zustand des Kammergutes, der Carl Augusts Entscheidung veranlasst hatte, es an die Mennoniten zu verpachten (vgl. die zweite Erläuterung zu 143,10). – Carl Augusts Wohlwollen gegenüber den Mennoniten änderte sich neun Monate später nach Battys negativen Berichten (sie seien „faule Schlingels“); der Herzog wies Merck am 9. Juli 1781 an: „theilen Sie doch diese Nachricht ihren Mitbrüdern mit, u. reden ihnen zu, die Meinigen, zu besserer Wirthschaft anzuhalten; solten mir diese leute ihre Pachtgelder, u. Vorschüße nicht richtig abliefern 〈…〉, so jage ich sie gleich aus dem Guthe.“ (Merck, Briefwechsel 2, 635.) – Tatsächlich wandten sich die Pächter am 20. März 1781 an die Kammer Eisenach mit mehreren Bitten, darunter um ein Darlehen von 600 Reichstalern, um die Reisekosten sowie andere Schäden auszugleichen, worüber die Kammer den Herzog am 31. März 1781 informierte (vgl. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Güter 1129, Bl. 64–65 und 70–73). Am 1. Oktober 1781 teilten die Pächter der Kammer Eisenach mit, dass sie die fällige Pacht erst am Martinstag begleichen würden (vgl. ebd., Bl. 99). Die Pächter konnten aber weder die Pacht noch das Darlehen bedienen; eine Befragung durch die Kammer Eisenach vom 2. September 1783 ergab, dass die Schulden sich

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auf 1345 Reichstaler beliefen, worauf die Pächter mit militärischer Exekution bedroht wurden (vgl. ebd., Bl. 120–132). Am 9. September 1783 baten sie um Auflösung des Pachtvertrags, da sie kein Vermögen besäßen, um ihre Schulden zu begleichen (vgl. ebd., Bl. 141–145). Carl August erteilte der Kammer am 31. Oktober 1783 den Auftrag, rasch einen verlässlichen neuen Pächter für das Kammergut zu finden (vgl. ebd., Bl. 149). 143,23–24 In Meinungen 〈…〉 Erbschafts Confussion] Aus einer 1727 geschlossenen ersten Ehe hatte Herzog Anton Ulrich zehn Kinder, die aufgrund der bürgerlichen Herkunft seiner Frau jedoch nicht erbberechtigt waren. Um zu verhindern, dass das Haus Sachsen-Meiningen an die verwandten ernestinischen Linien Gotha, Coburg, Hildburghausen, Weimar oder Saalfeld falle, hatte der seit 1744 verwitwete Herzog 1750 Charlotte Amalia von Hessen-Philippsthal geheiratet. Sie hatte nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1763 die Regentschaft übernommen; die Söhne Carl und Georg übten gemeinsam mit ihr die Regentschaft jeweils seit 1775 und 1779 aus (vgl. zu 138,20–21). 143,25–26 vier Gemälde abgehandelt] Am 14. Oktober beschrieb auch Carl August die glückliche Erwerbung von „3 R u y s d a e l s, 2 Fuß hoch, 2 ½ breit, und ein Conversationsstück von l e D u c q von großer Schönheit; wohl behalten und für (wenn ichs theuer rechne, weil ich nicht auf baar Geld gehandelt habe) 400 Rthlr. alle 4 Stücke.“ (Merck, Briefwechsel 2, 503f.) 143,27–29 Ein ganz fertiges Kunstwerk 〈…〉 wahrsten Naturgefühl.] Das Ölgemälde „Zwei Wassermühlen mit offener Schleuse“ (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 91), das Johann Heinrich Meyer im Inventar von 1824 Jacob Isaackzoon van Ruysdael zuschrieb und das heute als Kopie eines unbekannten Künstlers nach „Les deux moulins“ gilt (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 112f., Nr 22). 143,29–30 Die zwei andern 〈…〉 obgleich weniger.] Wohl Jacob Isaackszoon van Ruysdaels „Sommerliche Landschaft“ (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 90; vgl. Goethes „Bildergalerie“, 112–114, Nr 22) und „Sommerlandschaft mit Kuhherde am Bach“ von seinem Onkel Salomon van Ruysdael (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 89 [Verbleib unbekannt]). Letzteres Bild schrieb Meyer einem unbekannten Künstler zu, der die Landschaft „im Geschmack von Ruysdael“ ausgeführt habe (Goethes „Bildergalerie“, 183, Nr 97). 143,30 ein Gesellschaftsstük von Le Duc] Meyers Inventar ordnete das „Gesellschaftsstück mit wahrsagender Zigeunerin“ (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 30) dem Haager Tiermaler Johan de Ducq zu; es stammt allerdings von dem Utrechter Jacob Duck (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 157f., Nr 68). 143,33 von Sallot nach Andr. del Sarto] Das Blatt konnte nicht ermittelt werden. Emanuel Sallot war von 1775 bis 1781 Schüler der Académie Royale in Paris.

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143,33 Bister] Aus dem franz. bistre: Rußbrauner „Farbenkörper zur Wassermahlerey, welcher aus dem mit Wasser oder Harn abgeriebenen Ruß durch Ausschlämmen erhalten wird“ (Adelung 1, 1036; vgl. GWb 2, 737). 144,1–2 Drei Schaafgruppen 〈…〉 von Heinrich Roos] Ein mit schwarzer Kreide gezeichnetes Folioblatt „Mehrere Gruppen Schafe“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.282,0514). Goethe war fasziniert von Johann Heinrich Roos (vgl. GB 3 II, zu 170,15). Im Gespräch mit Eckermann am 28. Februar 1824 führte Goethe den zuletzt in Frankfurt tätigen Tiermaler als Vorbild für das „echte, wahrhaft große Talent“ an: „R o o s ist unermüdlich in emsiger Zeichnung der Haare und Wolle seiner Ziegen und Schafe, und man sieht an dem unendlichen Detail, daß er während der Arbeit die reinste Seligkeit genoß und nicht daran dachte fertig zu werden.“ (Eckermann, Gespräche 1, 130.) 144,3–4 Gott 〈…〉 sagte: sie sind gut] In Anspielung auf die biblische Schöpfungsgeschichte (Genesis 1,25): „Und Gott machte die thiere auf erden, ein jegliches nach seiner art; und das vieh nach seiner art, und allerley gewürme auf erden nach seiner art. Und Gott sahe, daß es gut war. (Luther-Bibel 1772 AT, 1f.) 144,6–7 wie man es am gescheutsten macht eine Kupferstichsammlung zu rangiren] Anlass zu Goethes Anfrage waren Überlegungen zur Sortierung der herzoglichen Kupferstichsammlung, die zu dieser Zeit durch Neuerwerbungen erweitert wurde. Im Gegensatz zu Lavaters Dürer-Sammlung, die Goethe in Klebebänden montieren ließ (vgl. zu 13,25–14,1), wurden Carl Augusts Graphiken in Portefeuilles rangiert. Diese fortschrittliche Lagerung ermöglichte eine vergleichende Betrachtung der Graphiken; möglicherweise fiel diese Entscheidung auf Mercks Empfehlung hin (vgl. Bertsch/Grave, Dürer, 298). – In seinem Beitrag „Aus einem Schreiben an den H. über die Frage: wie eine Kupferstichsammlung anzulegen sey?“ für das Maiheft 1778 des „Teutschen Merkur“ hatte Merck eine Einführung in die Materie bereits gegeben und im Aufsatz „Einige Rettungen für das Andenken Albrecht Dürers gegen die Sage der Kunst-Literatur“ im Juliheft 1780 Probleme der Unterscheidung von Original und Kopie beispielhaft behandelt (vgl. zu 39,21–22). Eine weitere Darstellung gelangte nicht zum Druck, könnte jedoch Gegenstand in einem der von Goethe vernichteten Briefe Mercks gewesen sein. 144,9 zeige die Bücher an] Merck versprach Carl August am 6. November 1780: „Über die Art u. Weise ein Kupferstich zu rangiren, wovon mir Goethe geschrieben hat, werde ich nächstens die Ehre haben, die nöthige Bücher anzuzeigen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 512.) – Verzeichnisse von Graphiken nach Michelangelo und Raffael waren in Heineckens „Nachrichten von Künstlern und Kunst-Sachen“ (2 Bde. Leipzig 1768/69) enthalten (vgl. Bd 1, S. 355–428; Bd 2, S. 315–524). Goethe besaß dieses Werk (vgl. zu 13,25–14,1). Solche Kataloge waren nicht zuletzt für die Erwerbung weiterer Graphiken von Bedeutung, da sie eine eindeutige Identifizierung der Graphiken im Schriftverkehr mit Kunsthändlern ermöglichten.

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144,10–11 Gersai von Rembrandt] Vgl. zu 86,27–28. 144,11 Hüsgen von Dürern] Vgl. zu 39,15. 144,13 Wegen deines Raphaelischen Werks] Merck hatte Carl August am 18. September 1780 eine Sendung mit Kupferstichen angekündigt (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 483). Darunter befanden sich sieben Stiche, die Merck in der beigelegten Rechnung als Arbeiten nach Vorlagen Raffaels bezeichnet hatte. Die ersten sechs stammen von Marcantonio Raimondi: „Venus et L’Amour surles Eaux“, „Cleopatre“, „Lucrece“, „La Bataille au Coutelas“, „Marie Madeleine lavant les pieds de notre Seigneur“, „Ananias“ (ebd., 485, Anm. 22). Der siebte Stich „S. Pierre recevant les Clefs, Aug. Venet“ (ebd.) konnte nicht ermittelt werden. Von den in den Weimarer Sammlungen überlieferten Stichen können möglicherweise „Venus“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr IK 3442/93) und mit großer Wahrscheinlichkeit „Kleopatra“, „Die Schlacht mit dem Säbel“ und „Ananias“ identifiziert werden (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr IK 3440/93; IK 3446/93; IK 3484/93). – Im Mai des Folgejahres bemühte Merck sich um Komplettierung der herzoglichen Raffael-Sammlung (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 587). 144,14–16 Mineralogischen Untersuchungen 〈…〉 mein Amt dazu berechtigt] Seit der Übernahme der Leitung der Bergwerkskommission im April 1780 hatte sich Goethe verstärkt mit Mineralogie und Geologie beschäftigt (vgl. zu 89,10–11). 144,17 das Anzügliche] Hier im Sinne von ‚verlockend‘, ‚anziehend‘ (vgl. GWb 1, 764). 144,18 Ein iunger Mensch] Johann Carl Wilhelm Voigt (vgl. zu 86,7–9). – Zuletzt hatte sich Goethes Reiseroute (vgl. zu 111,14–15) zum Teil mit der von Voigt gedeckt, der darüber im „Schreiben an Prof. Leske über die Rhönberge“, abgedruckt im „Leipziger Magazin zur Naturkunde, Mathematik und Oekonomie“ (Leipzig, Dessau 1781, S. 1–20), Bericht erstattete (vgl. LA II 7, 294). 144,18–19 Freiberger Akademie] Die 1765 gegründete Kurfürstlich-Sächsische Bergakademie zu Freiberg war die leitende Bildungseinrichtung für Montanwissenschaften. 144,19 eine auserordentlich reine Nomenclatur] Der Freiberger Professor Abraham Gottlob Werner hatte mit seinen Veröffentlichungen zur Entstehung und Etablierung einer neuen wissenschaftlichen Terminologie beigetragen. Sein System diente der Beschreibung und Klassifizierung der Minerale nach ihren äußeren Eigenschaften. Goethe wurde durch den täglichen Austausch mit Werners Schüler Voigt mit dessen Systematik vertraut. Goethe hatte sich Werners „Von den äußerlichen Kennzeichen der Foßilien“ (Leipzig 1774) und den von Werner übersetzten und kommentierten „Versuch einer Mineralogie“ von Axel Fredric von Cronstedt (Leipzig 1780) am 13. Juli 1780 gekauft (vgl. Ruppert, 753, Nr 5254; 643, Nr 4473).

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144,21 fehlt mir’s iust] Das vordringliche Problem bei der beginnenden Ausdifferenzierung der naturwissenschaftlichen Fachdisziplinen war allgemein die Schaffung verbindlicher Kategorien und Bezeichnungen. 144,25–26 wie ich dir’s auch werde geschrieben haben] Vgl. 86,6–12. 144,27 die neusten Chursachsen] Johann Friedrich Wilhelm Charpentiers „Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande“ (Leipzig 1778; vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 121). Merck hatte dazu eine „sehr mächtige“ Besprechung (Brief an Wieland, 7. November 1778; Merck, Briefwechsel 2, 178) ins Dezemberheft 1778 des „Teutschen Merkur“ geliefert. Es sei „das merkwürdigste Buch, das heuer erschienen ist, und dem wir in allen Deutschen Ländern eine baldige Nachfolge wünschen“ (ebd.). 144,29–30 Wie ein Hirsch 〈…〉 der Mineraloge auch sein.] Im Brief an Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg vom 27. Dezember 1780 bediente sich Goethe eines ähnlichen Ausdrucks (vgl. zu 180,5–7). 144,30–31 Gipfel des Inselsbergs, des höchsten vom Türingerwald] Nach heutigen Messungen ist mit 983 m der Große Beerberg die höchste Erhebung im Thüringer Wald, es folgen der Schneekopf (978 m), dessen Aussicht Goethe im Brief an Charlotte von Stein vom 7. September 1780 lobte (120,15–16), und der Große Finsterberg (944 m). Erst an vierter Stelle steht mit 916 m der Große Inselsberg. – Ein Aufenthalt auf dem Inselsberg ist für September 1780 nicht belegt, entweder bezog sich Goethe auf den Schneekopf, wo er sich am 7. September 1780 aufgehalten hatte (vgl. die zweite Erläuterung zu 120,4), oder auf Voigts Reise im Herbst 1780, die ihn auf den Inselsberg geführt hatte (vgl. LA II 7, 294). 145,3–4 das bisgen Metallische 〈…〉 immer das geringste] Anspielung auf die zunehmenden wissenschaftlichen Ansprüche seiner gemeinsamen Untersuchungen mit Voigt, auch wenn die amtliche Tätigkeit um die geplante Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergwerks den Anstoß für Goethes geologische Studien gegeben hatte (vgl. zu 89,10–11). 145,5 die Cramereien einiger Vorgänger] Goethe beschäftigte sich nachweislich mit Georg Christian Füchsels Arbeiten, darunter dem „Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte“ (Frankfurt und Leipzig 1773; vgl. 181,22–23). 145,5–6 einen kleinen Aufsaz] Es ist keine Ausarbeitung Goethes überliefert, wohl aber eine detaillierte Einführung für Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg im Brief vom 27. Dezember 1780 (vgl. Nr 239), die Materialien von Voigts Untersuchungen einbezog und Ergebnis der engen Zusammenarbeit mit ihm war. Die dem Brief beigelegten Bemerkungen und Risse (178,2–4) waren wahrscheinlich Vorarbeiten für Voigts „Mineralogische Reisen“ (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 239). 145,15–19 diesen seltsamen zusammen gebauten Ball 〈…〉 einen Roman geschrieben] Goethe hatte dem Adressaten bereits mitgeteilt, dass er den Tadel an Buffons „Époques de la Nature“ als unzutreffend empfand (vgl. zu 40,17–18). –

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Die Anspielung auf die Franzosen (145,18) bezieht sich auf die Kritik an Buffon in Frankreich: In der „Correspondance littéraire“ war im April 1779 eine anonyme Rezension der „Époques de la Nature“ erschienen, die Goethe vermutlich rezipiert hatte. Dort heißt es: „Si le systême établi dans cet ouvrage ne parait pas à tous ses lecteurs également solide, on avouera du moins que c’est un des plus sublimes romans, un des plus beaux poëmes que la philosophie ait jamais osé imaginer.“ (Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1273, Bl. 69r. – Wenn auch das in diesem Werk errichtete Gedankengebäude nicht allen seinen Lesern gleichermaßen gesichert erscheint, so muß man doch zugeben, daß es einen der großartigsten Romane, eine der schönsten Dichtungen darstellt, die sich die Philosophie jemals zu ersinnen wagte. [Melchior Grimm. Paris zündet die Lichter an. Literarische Korrespondenz. Übers. von Herbert Kühn. Leipzig 1977, S. 412.]) – Der Hinweis auf die Teutschfranzosen (145,18) spielt womöglich auf Kritik seitens der Berliner Akademie an, deren auswärtiges Mitglied Buffon seit 1746 war. – Der Hinweis auf Teutsche (145,18) könnte sich auf Georg Forsters Kritik beziehen (vgl. zu 40,17–18). 145,21 de Saussure Voyage dans les Alpes] Horace Bénédict de Saussure: Voyages dans les Alpes. Bd 1. Neuchâtel 1779 (vgl. Ruppert, 578, Nr 4029; zu 275,1). – Das Werk (8 Bde. 1779–1796) galt als die wichtigste Quelle zur Geologie der Alpen. 145,22 Viertel 〈…〉 lesen können] Goethe hatte den umfangreichen Band (570 Seiten) erst am 15. September 1780 von der Buchbinderei Große zurückerhalten (vgl. LA II 7, 291). 145,22–23 sehr viel Liebe und Zutrauen zu diesem Manne] Goethe und Carl August hatten Saussure auf seinem Landgut besucht (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 338,7). Ende Mai 1781 erwartete Goethe mit Begierde (275,1) Wyttenbachs Übersetzung (vgl. zu 275,1). 145,24 einen andern Genfer den ich kenne] Goethe verfügte über eine Reihe weiterer Beziehungen nach Genf, die er im Verlauf der Schweizer Reise geknüpft hatte. Am 2. November 1779 hatte er Charlotte von Stein von Begegnungen mit dem Physiologen und Philosophen Charles Bonnet, dem Pfarrer und Bibliothekar Anton Josua Diodati, dem Politiker und Agronomen Michel Lullin Sieur de Chateauvieux und dem Maler und Ratsherrn Jean Huber berichtet (vgl. GB 3 I, 338,6–7). 145,24–25 um die Steinarten zu bitten] Über eine solche Anfrage ist nichts bekannt. 145,29 unstreitige Vulkans entdekt] Voigt identifizierte in Anlehnung an den Geologen Jean André de Luc die Basalte der Rhön und ihrer thüringischen Ausläufer als vulkanischen Ursprungs: „Man findet Laven, die dem Basalt ausserordentlich nahe kommen, und in denselben übergehen, und ich bin nun vor mich wenigstens überzeugt, daß der Basalt wirklich vulkanischen Ursprungs ist.“ (Voigt: Schreiben

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an Prof. Leske über die Rhönberge, S. 15.) Diese Überzeugung war auch für Goethe bindend. 145,29–30 einen ungeheuren Crater] Das zwischen Pferdskopf und Eubeberg in der Hohen Rhön gelegene Goldloch (vgl. ebd., S. 14f.). 145,30 Asche] Loser, feinkörniger Tuff. 145,30 Schörllcrystallen] Alte bergmännische Bezeichnung für „eine unnütze“ „eisenhaltige Steinart“ (Adelung 3, 1634), die verschiedenen prismabildenden Mineralien entspricht, hier „Hornblende oder Augit“ (LA II 7, 9). 145,30 Lavaglas] Dichter Basalt; vulkanische Gesteinsschmelze, die infolge rascher Abkühlung eine amorphe (nichtkristalline) Struktur gewonnen hat. 145,30 Lava] Blasig-poröser Basalt; erhärtetes magmatisches Gestein. 145,30 Tarasstein] Vulkanischer Tuffstein, Puzzolan. 145,31 alle Sorten von Basalt] Voigt beschrieb die unterschiedlichen Erscheinungsformen des schwarzen vulkanischen Gesteins (vgl. Schreiben an Prof. Leske über die Rhönberge, S. 8–10; zu 179,27). 145,33–34 von Cassel und Frankfurt wissen] Vgl. zu 179,31–32; zu 41,23–24. 146,1–2 etwas daran beitragen wolltest] Merck beschrieb im Juliheft 1781 des „Teutschen Merkur“ im Aufsatz „Mineralogische Spaziergänge“ seine Wanderungen rund um Kassel. Im Frühling 1781 übersandte er von dort eine Suite von Steinen an Goethe (vgl. die zweite Erläuterung zu 245,6). 146,2–3 H e s s e 〈…〉 untersucht haben mögte] Über mineralogische Interessen des mit Merck weitläufig verwandten hessen-darmstädtischen Staatsministers Andreas Peter von Hesse, Schwager Caroline Herders, gibt es keine Nachrichten; der angekündigte Brief ist nicht bekannt. 146,4–5 eine Complette Gebürgsart- und Erztsammlung] Wahrscheinlich das von Voigt erstellte Kabinett (vgl. zu 86,9–11). – Der einschlägige Darmstädter Fachmann war Mercks Amtskollege Philipp Engel Klipstein, den Merck als Subrezensenten für den „Teutschen Merkur“ engagiert hatte. Im Mai 1785 sandte Klipstein Gesteinsproben nach Weimar, Goethe revanchierte sich vermutlich mit Thüringer Suiten (vgl. GB 6 II, zu 59,8–9 und zu 59,12–13). 146,8 des la Roche Veränderung] 1770 hatte der kurtrierische Kanzler Georg Michael von La Roche, Ehemann der Schriftstellerin Sophie von La Roche, in Zürich die kirchenkritischen „Briefe über das Mönchswesen“ veröffentlicht. Als ihm 1780 die anonym von Johann Kaspar Riesbeck veröffentlichte, ungleich radikalere Fortsetzung zugeschrieben wurde, entließ ihn der Trierer Fürstbischof Clemens Wenzeslaus mit sofortiger Wirkung. Das mit Merck befreundete Ehepaar La Roche zog nach Speyer in das Haus Christoph Philipp von Hohenfelds, der mit La Roche zugleich entlassen worden war. 146,9 deine Frau] Louise Merck geb. Charbonnier; im Hause Merck war Goethe von 1772 bis zu seiner Abreise nach Weimar häufig zu Gast gewesen.

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146,9 besuche die Mutter] Zu Catharina Elisabeth Goethe unterhielt Merck eine freundschaftliche Beziehung, sie rechnete ihn zur Schar ihrer ideellen Söhne. Am 30. Oktober 1780 beklagte sie sich bei Herzogin Anna Amalia, mit der sie in lebhaftem Briefwechsel stand: „Was Merck treibt, das mögen die großen Götter wißen, ich höre und sehe nichts von Ihm.“ (Pfeiffer-Belli, 483.) 146,9–11 sie hat etwas für dich 〈…〉 d i e V ö g e l ] Goethe hatte Merck gegenüber die „Vögel“ erstmals am 3. Juli 1780 erwähnt; das Manuskript hatte er seiner Mutter erst am 15. August geschickt (vgl. zu 86,29–30). 146,14 schon in Eisenach gewesen] Von Meiningen aus hatte Goethe Carl August zu einem Treffen der ernestinischen Herzöge in Ruhla (12 km südlich von Eisenach) begleitet, das vermutlich zwischen dem 28. und dem 30. September stattfand (vgl. zu 140,5–6). Laut dem Brief an Fritsch vom 1. Oktober hatten die Herzöge auf der Wartburg zu Mittag gegessen. (140,6–7.) 146,14–15 dich wieder auf der Wartburg empfangen] Im Tagebuch datierte Goethe Mercks früheren Aufenthalt auf der Wartburg auf den 21. bis 28. September 1777 (vgl. GT I 1, 48f.). Das Beisammensein, das man mit Jagen, Wandern und Geselligkeiten gestaltete, war nicht ohne Komplikationen verlaufen. Merck hatte seinen Eindruck am 3. November 1777 im Brief an Friedrich Nicolai geschildert (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 292). 146,16–17 die neun Meilen hierher] Seit Mitte Oktober hielt sich Merck in dienstlichen Angelegenheiten in Kassel auf und hatte offenbar angefragt, ob in dieser Zeit ein Treffen im rund 80 km entfernten Eisenach möglich wäre. – ‚Meile‘: hier die historische (sächsische) Postmeile von etwas mehr als 9 km. 146,18–19 C r e u z b u r g das liegt dir noch näher] Die kleine Stadt im thüringischen Werratal war Amtssitz des Fürstentums Eisenach. Die Entfernung von Kassel beträgt rund 65 km. Die Zusammenkunft fand schließlich vom 20. bis 22. Oktober 1780 in Mühlhausen statt, das von Weimar aus etwa 10 km näher als Creuzburg liegt. Nach dem Treffen äußerte sich Goethe in den Briefen an Charlotte von Stein ambivalent über die Begegnung (vgl. zu 154,6–7; zu 155,24). Es war die letzte persönliche Begegnung der Briefpartner. 146,22 M o m p e r t 〈…〉 hab mir ihn angemast] Unter den Graphiken, die Merck kurz zuvor für den Herzog besorgt hatte, befand sich ausweislich der Rechnung vom 18. September 1780 eine nicht näher beschriebene Zeichnung des niederländischen Landschaftsmalers Joos de Momper, für die Merck sieben Gulden verlangte (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 486). Wahrscheinlich handelte es sich um die aquarellierte Federzeichnung „Gebirgige Landschaft mit Furt“, die allerdings nicht zu Goethes Sammlungen gehört (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 4560). 146,24 Was sind die Caracche schön!] Mit derselben Sendung waren mehrere Blätter der Vettern Annibale und Lodovico Carracci nach Weimar gegangen (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 485). Merck schrieb Lodovico zwölf erotische Zeich-

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BRIEF 182

nungen sowie „Venus und Adonis“ und eine „Heilige Familie“ zu, Annibale Darstellungen der „bußfertigen Magdalena“ sowie „Christus mit Dornenkrone“ und eine „Heilige Familie“, die einzige Zeichnung, die sich in den Weimarer Sammlungen identifizieren lässt (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 8605).

182. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 13. Oktober 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 128. – Doppelblatt 16,8(–17) × 20,6–20,8) cm, 4 S. beschr., S. 1–3 (147,2–149,2 Deine Schrift über Wasern 〈…〉 nunmehro gleich erhalten.) Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, S. 1 Schlussteil des Briefes (149,23–26 Dancke für die Silhouetten Auslegung 〈…〉 ähnlich Gefühl zu deinem.), S. 2 Einweisung (148,8 dieser kommt mit dem Gelde.) und S. 4 (149,3–22 Lebe wohl lieber Mensch 〈…〉 geschaffen und ausgetrieben hat.) egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Eintragungen von fremder Hd, Bleistift (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 106–111, Nr 29 (Teildruck mit Auslassungen: 148,4–22 Deine Geldsache kann nun 〈…〉 Geld sodann gleich abgehen.; 148,31–149,2 Da ich so weit bin 〈…〉 nunmehro gleich erhalten.). E2: WA IV 4 (1889), 315–319, Nr 1027 (Eduard von der Hellen). BEIL AG E

1) Aufstellung der Anleihe für Lavater (vgl. zu 148,31–32). 2) Silhouette Maria Amalia von Hendrichs (vgl. die zweite Erläuterung zu 149,23). ERL ÄUT ERUNGEN

Der erste Briefteil bezieht sich auf einen nicht überlieferten Brief an Goethe sowie auf den Brief Lavaters an Bertuch vom 16. September 1780 (abgedruckt in der Erläuterung zu 148,5); der zweite Briefteil beantwortet Lavaters Brief vom 30. September (vgl. RA 1, Nr 125; vgl. 149,8). – Lavater antwortete mit zwei Briefen: Der erste Antwortbrief ist nicht überliefert, Goethes Brief vom 3. November 1780 (Nr 190) bezog sich darauf. Der zweite Antwortbrief vom 8. November 1780 (vgl. RA 1, Nr 127) wurde Lavaters Brief an Knebel vom selben Tag beigeschlossen (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 401). Postsendungen: 14. Oktober 1780 (vgl. GR/RB 1780, 8, Bl. 1v). 147,2 Deine Schrift über Wasern] Laut Muralts Tagebuch hatte Lavater Ende September seine ‚Briefe über Waser‘ (vgl. zu 81,11) abgeschlossen und Abschrif-

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ten an Schlözer und Goethe geschickt (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 121). 147,4 Meisterstük von Geschichte] Der hier eingesetzte Geschichtsbegriff ist doppeldeutig und bezieht sich sowohl auf Lavaters individuelle schriftliche Erzählung von Wasers Schicksal (vgl. GWb 4, 22) als auch allgemein auf die Geschichtsschreibung und deren subjektiven Charakter. Denn trotz der anscheinend unreflektierten Oberfläche (147,11 Naiveté) von Lavaters Erzählung sei es ihm gelungen, die öffentliche Meinung für die Politik der Zürcher Regierung zu gewinnen (vgl. zu 81,11). Auch Schlözer, der andere Adressat von Lavaters Waser-Chronik, schätzte Lavaters Briefe, „die so treu, aktenmäßig, eiskalt, in ächtem historischen Styl“ verfasst seien (Brief an Lavater, 15. November 1780; Schlözer 2, 74). – Ob Goethes Interesse an den ‚Briefen über Waser‘ im Zusammenhang mit „Egmont“ stand (vgl. FA/Goethe II 2, 916), ist jedoch zu bezweifeln. 147,7–8 Psychologischen und politischen Gang] Lavater hatte Schlözer am 20. Juni 1780 erklärt, er habe die ‚Briefe über Waser‘ „erst nur zum Privatgebrauche um des psychologisch-moralischen Phänomens willen“ niedergeschrieben (Schlözer 2, 64). 147,11 facta] Lat.: Fakten, Tatsachen. 147,11 Naiveté] Franz.: Naivität, Einfalt. 147,18 portirt] Sich portieren (nach dem Franz. ‚se porter‘): für jemanden eingenommen sein, einer Sache oder Person geneigt sein. 147,19–20 er habe 〈…〉 g e s t o l e n und f a l s c h e O b l i g a t i o n e n gemacht] So lauten Vorwürfe, die Lavater in seinem Brief vom 15. Juli 1780 erhebt (vgl. zu 81,12). – ‚Obligation‘: Schuldbrief (vgl. Adelung 3, 570). 147,22 deinen Willen] Anspielung auf Lavaters Intention, durch ausgewählte Korrespondenten eine der Zürcher Obrigkeit freundliche Version des Waser-Handels zu verbreiten, sowie auf seine eindringliche Bitte, das Manuskript weder weiterzugeben noch abzuschreiben (vgl. zu 81,11). 147,22–24 den besten 〈…〉 der nach ihrem Sinne ist] Nachweislich gehörten zum Kreis der Eingeweihten Charlotte von Stein, Knebel und Herder. Letzterer hatte Hamann am 9. September 1780 von der Angelegenheit berichtet und sogar eine Abschrift in Aussicht gestellt (vgl. HB 4, 132), die wahrscheinlich nicht zustande kam. – Entgegen seiner Beteuerung hatte Goethe Lavaters Manuskript Charlotte von Stein geliehen (vgl. die erste Erläuterung zu 114,10); gleiches tat er später mit Knebel (vgl. 221,14–15), der bereits während seines Aufenthalts in Zürich einen Teil von Lavaters Manuskript gelesen hatte (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28–29). 148,1 pragmatisiren] Hier wohl im Sinne von ‚belehren‘. 148,1 Schlözer] Die Veröffentlichung von Wasers Aufsätzen in der Zeitschrift des Göttinger Professors August Ludwig Schlözer (vgl. die folgende Erläuterung) war der Auslöser des ‚Waser-Handels‘ gewesen (vgl. zu 49,18; zu 81,11). Die

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Öffentlichkeit war in zwei Parteien gespalten, eine Pro-Schlözerische und eine Pro-Schweizerische, deren Anhänger behaupteten, Schlözer sei mitverantwortlich für Wasers Tod. Lavater hatte in seinem Manuskript Schlözers Indiskretion und Rücksichtslosigkeit als Komplize eines Landesverräters dargestellt und die Machenschaften zwischen Schlözer und Waser denunziert (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 51, S. 12–14 und 32–33). – Da Waser während der Befragungen erklärt hatte, er habe Schlözer seine Lebensgeschichte geschickt, damit er sie im Falle seiner Hinrichtung veröffentlichen und einen noch größeren politischen Skandal auslösen könne, hatte sich Lavater am 27. Mai 1780 direkt an Schlözer gewandt. Dieser versicherte in seiner Antwort vom 9. Juni 1780, dass er keine weiteren Manuskripte von Waser erhalten habe, und bat Lavater, ihm „Abschriften von dem ganzen Inquisitionsprozesse zu verschaffen. Ist dieses nicht möglich, so tun Sie doch, was möglich ist.“ (Schlözer 2, 58–77, hier 60.) Daraufhin hatte Lavater Schlözer wie auch Goethe nach und nach die Folgen seines Manuskripts zugeschickt. 148,3 Briefwechsel] Die aufklärerische Zeitschrift „August Ludwig Schlözer’s Briefwechsel meist historischen und politischen Inhalts“ (1778–1782) und deren Fortsetzung „Staats-Anzeigen“ (1782–1793), die stark auf die zeitgenössische politische Diskussion wirkten, setzten sich für Reformen im Alten Reich und in Europa ein. Schlözer hatte in einem Brief an Waser vom 10. Oktober 1779 seinen Grundsatz erläutert: „Publicität ist der Puls der Freiheit. Mache nur ein mutiger Mann die Probe bei Ihnen!“ (Schlözer 1, 262.) – Im 6. Band des „Briefwechsels“ (1780) waren ohne Autorangabe folgende Aufsätze Wasers abgedruckt worden: „Ursprung und Beschaffenheit des Kriegs-Fonds in Zürich“ (Nr 31, S. 57–61); „Schweizer-Blut und Franz-Geld politisch gegen einander abgewogen von einem alten Schweizer“ (Nr 32, S. 67–82); „Bevölkerung des löbl. Cantons Zürich, in verschiedenen ZeitAltern“ (Nr 32, S. 102–106); „Dispüten in Zürich, über das StatsRecht dieses Cantons, bei Gelegenheit der französischen Allianz“ (Nr 33, S. 151–196). 148,4 Deine Geldsache] Vgl. zu 105,9. 148,5 deinen Brief an Bertuchen] Vom 16. September 1780:

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Ich danke Ihnen, mein verehrenswürdiger Herr Bertuch, für die gütige Mühe, die Sie, einer Anleihung wegen, mit mir zuhaben belieben. Darf ich Sie bitten, wo möglich, auf folgende weise, dabey zuverfahren – 1˚. Herr Geheimrath G o e t h e ist der unmittelbare Schuldner. Auf Ihn wird, aus Gründen, die ich ihm heüt melde, die Obligation gestellt. 2˚. Diese Obligation wird auf Ein Jahr höchstens auf zwey gestellt. 3˚. Wir wollen, wie Sie vorschlagen, die Summe auf Neüe Louisd’or setzen, und wär also die ganze Summe netto 150, sage Hundert und Fünfzig Neüe Louisdor – 4˚. Für diese Summe wäre der Jahrzins à 4%. netto 6. Neüe Louisd’or.

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5˚. Die Summe also von den 150 Neüen Louisd’or, die ich / zuempfangen hätte, würde, wenn es Ihnen so beliebte, folgender maßen abgeliefert. a) an Herrn S e i d e l bin ich schuldig bis den 8 August 1780. . . 19 Rchsthlr. mithin gäben Sie ihm, auf Rechnung des übrigbleibenden N’Luisd. 4 . b) an Herrn Gedeon B u r k h a r d in Basel, in 60 M e i n e m Namen, für Herrn Baron v. K n e b e l 50. c) an Herrn G o e t h e auf unsre Privatrechnung 4. d) für ein Jahr Zins, (so mach’ ich’s immer, und bitte, daß Sie es so machen) 6. e) Zehen N’Louisd’or behalten Sie für L i p s e n, wenn er auf We y m a r kommt 10. N’L. 74 / Transport. N’L. 74. f.) die übrigen übermachL Sie mir durch HL. G e 66 d e o n B u r k h a r d, sobald als möglich 76. NL 150. Ich fühle gar wohl, liebster Bertuch, wie viele Mühe ich Ihnen dadurch verursache, und wie wenig ich Recht habe, Ihnen Mühe zumachen. Ich weiß aber gar wohl – daß alle gute Seelen Freüde haben, wenn man ihnen viel zutraut. Finden Sie indeß bey irgend einem Punkte Schwierigkeit – So suchen Sie es mit Goethe bäldest in Richtigkeit zubringen. Ich habe nichts beyzufügen, als einen gedoppelten Wunsch – Einmal – das Glück Ihrer persönlichen Bekanntschaft zugeniessen – und dann – daß Sie mir Gelegenheit geben – Ihnen auf welche Weise es sey, zuzeigen, wie wahre Freüd’ es mir sey, Ihnen irgend einmal eine Freüde zumachen. Z. dL 16. 7br. 1780 Lavater. (H: FDH/FGM, Hs-3136. – Streichungen vom Empfänger; alle Posten außer „e“ von Bertuch mit einem Erledigungsstrich versehen; S. 1 oben links von Bertuchs Hd: „950 rL.“) – Bertuch korrigierte den Posten unter „b)“, weil man in Weimar nichts von Knebels Anweisung an Lavater wusste (vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19). – Goethe bezieht sich auf die von Lavater vorgeschlagenen Konditionen in den Briefen an ihn und an Bertuch. Das Darlehen wurde Lavater direkt und nicht über Goethe gewährt, die Zahlung erfolgte unter leicht veränderten Konditionen (vgl. zu 157,13–14). 148,8–9 beiliegenden Schein 〈…〉 unterschreibst und besiegelst] Bertuch schickte Lavater den Schein erst am 18. Oktober 1780 mit dem Geld (vgl. zu 157,13–14). 148,14 Gedeon Burkhardt] Seidenbandfabrikant in Basel, der 1760 gestorben und nach dem die Firma genannt war. Nachfolger war sein Sohn Johann Rudolf Burkhardt (vgl. zu Nr 97).

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148,15 nur funfzig Louis’dor] Lavater hatte Knebels Anweisung befolgt (vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19). 148,16 dir sechzig über machen] Vgl. 107,5. 148,17 meinem Banquier] Johann Lorenz Streiber in Eisenach. 148,23 Tomas Morus] Kupferstich von Johann Heinrich Lips nach einem Porträt, das Hans Holbein d. J. zugeschrieben wurde. Ob es sich beim abgebildeten Mann tatsächlich um den englischen Politiker Thomas Morus handelte, ist unklar (vgl. Kruse, Lips, 115f., Nr 49). Lavater hatte die Vorlage im Juli 1780 bei Christian von Mechel in Basel gesehen und von Lips kopieren lassen, wie er Goethe am 5. August 1780 berichtet hatte (vgl. Goethe-Lavater3, 129). Den Abdruck hatte er während Goethes Reise an Charlotte von Stein geschickt (vgl. die erste Erläuterung zu 114,10). Der in Weimar überlieferte Abdruck stammt aus Lavaters französischer Physiognomik (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr Gr-2016/486; vgl. Lavater, Physiognomonie 2, 235). – Herder erhielt ebenfalls einen Abdruck (vgl. HB 4, 141). 148,24–25 bei seinem schönen Talent auch einen solchen Sinn an der Natur] ‚Talent‘ hier als angeborene künstlerische Fähigkeit (vgl. zu 95,3–4). – Der mangelnde ‚Sinn an der Natur‘ deute allerdings auf eine fehlende Originalität hin: Lips’ Fähigkeiten beschränkten sich auf die Reproduktion fremder Muster und reichten nicht für die Erfindung neuer Bilder aus. 148,25–26 Meine Iphigenie mag 〈…〉 Leute geben] Offenbar hatte Lavater im nicht überlieferten Bezugsbrief um weitere Abschriften der Prosafassung von „Iphigenie auf Tauris“ gebeten (vgl. zu 94,8). Nach einjähriger Überarbeitung war Goethe im November 1781 in der Lage, dieser Bitte nachzukommen (vgl. 351,1–4). 148,31 deine ältere Briefe] Weder die Briefe noch eventuell beigelegte Rechnungen sind überliefert. 148,31–32 Deine Rechnung 〈…〉 verändert] Die Aufstellung mit den einzelnen Posten der Anleihe für Lavater nach Bertuchs Korrekturen (vgl. zu 148,5); nicht überliefert. 149,1 die 66 Louisd’or] Dieser Betrag ergab sich aus Bertuchs Korrektur von Lavaters Aufstellung (vgl. zu 148,5). 149,3–4 Knebel ist angekommen] Am 2. Oktober 1780 waren sich Goethe und Knebel in Stützerbach wiederbegegnet (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 41v). In Weimar war Knebel erst am 11. Oktober eingetroffen (vgl. ebd., Bl. 42v). 149,5 Schreib mir 〈…〉 einen ausführlichen Brief.] Lavaters Antwortbrief vom 8. November ist nur fragmentarisch in einem Exzerptheft überliefert (vgl. GoetheLavater3, 412). 149,6 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). 149,9 die Schöne] Maria Antonia von Branconi.

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149,9 ihr euch nicht gesehn habt] Lavater war in Begleitung von Tobler und Cölln nach Baden gefahren, wo er sich für den 25. September 1780 mit Maria Antonia von Branconi verabredet hatte (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 121; Funck, Branconi, Goethe und Lavater, 285f.). Er hatte Goethe davon berichtet: „Nur eine halbe Stunde waren wir von einander und aus Schuld des Boten, der sich berauschte, reiste jedes wieder zurük. Was du über sie sagst, that mir sehr wohl; ist Ihrer und deiner würdig – und mir lüminös u. heilig, wie’s etwas in der Welt seyn kann.“ (Goethe-Lavater3, 139.) 149,11 alle Jahr dich einmal acht Tage haben] Anspielung auf die Bedeutung der persönlichen Begegnungen, um die immer wieder auftretenden Divergenzen zwischen den Briefpartnern zu kompensieren (vgl. zu 94,9–12). 149,12 g l a u b e n magst ohne zu sehn] Nach Joh. 20,29 und in Anspielung auf den Bezugsbrief. Lavater hatte darin Goethes Pyramiden-Metapher (vgl. 137,11–12) aufgegriffen: „Vor dem bloßen in dir stehenden Gedanken der P y r a m i d e neige ich mein Haupt – und g l a u b e, eh’ ich sehe.“ (Goethe-Lavater3, 139.) 149,17 Lands und Hausvater] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. – Lavater war im Bezugsbrief auf dessen Brief aus Ostheim vom 21. September eingegangen (abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu Nr 177): „Der gute L a n d e s v a t e r dauert mich doch oft herzlich, daß er sich oft mit dem bloß taüschenden ‚Wir wollen sehen!‘ – aus seinen Labyrinthen heraushelfen muß. An deiner Seite seh’ ich ihn doch Herz gern Visitation halten.“ (Goethe-Lavater3, 139.) 149,23 Silhouetten Auslegung] Goethe hatte Lavater eine nicht ermittelte Frauen-Silhouette zukommen lassen (vgl. zu 137,24–25). Der hatte im Bezugsbrief dazu geschrieben: „Das Weib 〈…〉 ist allervörderst nicht aus meiner Welt. Ist’s allenfalls Klug, so ist’s nicht weise – Sie kann regieren. Obgleich e i n w e n i g m e h r fürchterliche Dummheit anzeigte – so läßt mich doch die Abwesenheit dieses w e n i g m e h r in Ungewißheit, ob nicht h o h e K l u g h e i t, Sçavoir faire, Regierungssucht und Kunst und M ä t r e ß e f e m m e w e s e n einen Hauptzug dieses Charakter, machen. Zärtliche Liebe, stille trinkenden Blick, AndachtsBedürfniß, und sinkende Dehmuth hat dieß Gesicht gewiß nicht. Es ist Carrikatur, Miswachs eines großen Gesichts – Ein Stein des Anstoßes, und ein Fels der Ärgerniß für die Physiognomik. Sie kann nur stammeln – ‚viele Sinnlichkeit u. Miswachsne Größe!‘“ (Goethe-Lavater3, 138f.) 149,23 hier ist wieder eine] Eine Silhouette Maria Amalia von Hendrichs. Lavater lieferte im nicht überlieferten Antwortbrief eine Interpretation der Silhouette (vgl. zu 157,22), die Goethe in seinem Brief an Maria Amalia von Hendrich vom 7. November 1780 wiedergab (vgl. 159,11–16).

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183. An Charlotte von Stein

BRIEF 183

〈Weimar〉, 12.–15. Oktober 1780 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 105. – Doppelblatt 17 × 20,7 cm, 2 1⁄8 S. beschr., egh., Tinte, ab Um Mitternacht 〈…〉 zu schläffrig (150,11–151,4) zunehmend flüchtig geschrieben; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „132“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 132), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 359–361. WA IV 4 (1889), 313–315, Nr 1026. BEIL AG E

Bücher für Friedrich von Stein (vgl. zu 151,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Briefteil vom 13. Oktober antwortet auf ein Geschenk oder einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 12. Oktober (vgl. zu 150,5–6); der Briefteil aus der Nacht zum 15. Oktober antwortet auf einen weiteren nicht überlieferten Brief wahrscheinlich vom 14. Oktober (vgl. zu 150,12). – Charlotte von Steins Antwort ist nicht überliefert (vgl. zu 153,1). 150,2 meine Botin] Wahrscheinlich Maria Dorothea Goetze, die Mutter von Goethes Diener Johann Georg Paul Goetze, die seit Ende 1777 zu Goethes Haushalt gehörte und mehrfach Botengänge nach Kochberg übernahm. Am Morgen hatte Goethe seinen Brief vom 10. bis 12. Oktober 1780 zu Charlotte von Stein bringen lassen (vgl. 142,3). 150,3 Der Herzog 〈…〉 in Belvedere] Laut Fourierbuch war Herzog Carl August am 12. Oktober „Abends um 6 uhr“ in Belvedere angekommen (FB 1780, S. 209), zuvor hatte er auf dem Rückweg von der Inspektionsreise nach Ilmenau und in die entlegenen Gebiete des Herzogtums Charlotte von Stein in Kochberg besucht (vgl. zu 140,25). 150,5 Steinen] Josias von Stein, der demnach auch aus Kochberg zurückgekehrt war (vgl. zu 142,5). 150,5–6 etwas von Ihnen] Antwort auf Goethes Brief vom 10. bis 12. Oktober (Nr 180). 150,6 nun bin ich 〈…〉 vergnügt] Mit Bezug auf die vorausgehende Missstimmung Goethes beim Abschied von Charlotte von Stein (vgl. zu 140,24), die durch ihren Brief ausgeräumt wurde. 150,7–8 dummsinnig] Hapaxlegomenon Goethes für ‚kindisch‘, ‚unbesonnen‘, ‚unvernünftig‘ (vgl. GWb 2, 1290).

OKTOBER 1780

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150,9 Gold] In Frankfurt als liebevolle Anrede für Kinder gebräuchlich; seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede für Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend. – In den Briefen aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes hier zum letzten Mal gebraucht. 150,9 Seit denen Paar Tagen] ‚Denen Tagen‘ für den Dativ Plural, nach Adelung eine dem „Hochdeutschen Ohre äußerst unangenehme 〈…〉 Oberdeutsche Gewohnheit“ (Adelung 1, 1458). 150,11 Um Mitternacht vom Sonnabend auf den Sonntag.] Vom Samstag, dem 14., auf Sonntag, den 15. Oktober. 150,12 Ihr Zettelgen] Nicht überliefert, Antwort auf Goethes Brief vom 10. bis 12. Oktober 1780 (Nr 180). 150,13 meine Alte] Maria Dorothea Goetze (vgl. zu 150,2). 150,13–14 Seit heut früh um sechs hab ich nicht Ruhe gehabt] Laut Goethes Tagebuch vom 14. Oktober 1780 war er wahrscheinlich schon am Morgen in der Kriegs Comm〈ission〉, hatte Weimarer Grundstücke inspiziert, an der Probe zu „Robert und Kalliste“ teilgenommen, besuchte bis 23 Uhr Corona Schröter, danach noch im Mondschein spazieren gerannt und im Bette die Mönchsbriefe gelesen. Ordnung und Fleis. (GT I 1, 115; vgl. zu 146,8.) 150,16 rikochet] Von franz. ricochet: Wiederaufspringen. 150,17 durch die neuen Wege gelaufen] Im Park an der Ilm (vgl. zu 75,25). 150,18 Die Elfen sangen.] Titelparaphrase zum folgenden Gedicht. 150,19–151,3 Um Mitternacht wenn 〈…〉 tanzen einen Traum.] Die vorliegenden Verse wurden zu Lebzeiten Goethes nicht veröffentlicht, also auch nicht in die vom Autor selbst noch autorisierten Werkausgaben aufgenommen. Sie erschienen erstmals 1848 in der von Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein (vgl. E). Als Gedicht wurden sie in der WA unter den „Vermischten Gedichten“ aus dem Nachlass gedruckt (WA I 4, 101). Textgrundlage ist die Handschrift des vorliegenden Briefes. Weitere textkritisch relevanten Zeugen sind nicht überliefert. In der WA erschien das Gedicht ohne Titel (ebenso in neueren Studienausgaben: FA/Goethe I 1, 237; MA/Goethe 2 I, 57). Der für das Textverständnis wichtige Hinweis, dass es sich um einen ‚Gesang der Elfen‘ handelt, findet sich nur im Kommentar, wo der vorangehende Brieftext einschließlich der Titelparaphrase Der Mond ist 〈…〉 sangen. (150,16–18) mitgeteilt wird (vgl. WA I 5.2, 73f.). 151,5 Sie erhalten schöne Trauben] Vielleicht aus Goethes Heimat, den Rhein-Main-Gegenden, von wo ihm gelegentlich von seiner Mutter oder Freunden Trauben übersandt wurden. – Die Trauben wurden wahrscheinlich in einer separaten Sendung am 16. Oktober verschickt (vgl. 337,10–11). 151,5–6 sagen Sie mir 〈…〉 mich lieben] Vgl. zu 153,1. 151,6–7 Gestern ist alles von Belvedere herein.] Am 14. Oktober waren „DurchL. Herrschafft von Belvedere wieder nacher Weimar“ zurückgekehrt (FB 1780, S. 210).

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BRIEF 184

151,7 Heute gehts nach Hof.] Aus Anlass der Rückkehr des Herzogs von seiner Inspektionsreise und der Übersiedlung des Hofes aus der Sommerresidenz fand im Fürstenhaus am 15. Oktober eine große Mittagstafel mit 22 Personen statt. Goethes Name findet sich an 16. Stelle der Gästeliste (vgl. FB 1780, S. 211). Unter den Gästen war auch ein „Graf von Anhalt aus Sachsen“ (ebd.), möglicherweise der in sächsischen Militärdiensten stehende Friedrich Graf von Anhalt, der auf der Durchreise zur Audienz empfangen und zur Tafel geladen worden war. Da er erst an 19. Stelle der Gästeliste aufgeführt wird, fand die große Tafel wohl nicht anlässlich seines Besuches statt, wie Fielitz’ Kommentar nahelegt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 478, Anm. 1 [zu S. 283]). 151,7 Lingen] Caroline von Ilten, die seit Ende Juli im Haushalt der Steins lebte. 151,8 Frizzen] Friedrich von Stein, der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus wohnte. 151,9 Paar Bücher] Näheres dazu ist nicht bekannt. 151,11 das Waserische] Wahrscheinlich die Wiederholung der Bitte um Johann Caspar Lavaters Briefberichte über den Fall des Zürcher Pfarrers und Publizisten Johann Heinrich Waser (vgl. zu 141,22). 151,12 Knebel ist recht gut.] Knebel war erst kurz zuvor aus der Schweiz zurückgekehrt, auf der Rückreise hatte er in Stützerbach und Kochberg Station gemacht, von wo aus er am 11. Oktober 1780 nach Weimar ritt. Nachdem er sich in seinem Quartier im so genannten Jägerhaus in der Marienstraße wieder eingerichtet hatte, besuchte er am selben Abend noch Goethe (vgl. zu 141,26). Am 15. Oktober gehörte auch Knebel zu den Gästen der Hoftafel (vgl. FB 1780, S. 211).

184. An Maria Antonia von Branconi Weimar, 16. Oktober 1780 → 〈Frankfurt a. M.〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-25479. – Doppelblatt 16,8 × 20,3 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte. E1: Blätter für literarische Unterhaltung, Nr 1 (1858), S. 22 (Bernhard Rudolf Abeken; nach h [GSA 1/59, Bl. 73]; Teildruck: 152,23–29 Wie ich Ihnen meine Schweizer Briefe 〈…〉 empfehlen mich den Ihrigen. fehlt). E2: Findlinge. Zur Geschichte deutscher Sprache und Dichtung. Hrsg. von Hoffmann von Fallersleben. Heft 4. Leipzig 1860, S. 415f. (Albert Cohn; nach H). WA IV 4 (1889), 320–322, Nr 1028 (nach E2).

OKTOBER 1780

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ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 152,10). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 151,16 schrifftlichen Unterhaltung] In Anlehnung an zeitgenössische epistolographische Konzepte, wie sie Goethe schon als Leipziger Student bei Christian Fürchtegott Gellert kennen gelernt hatte. Dessen Grundsatz lautete: „Das erste, was uns bey einem Briefe einfällt, ist dieses, daß er die Stelle eines Gesprächs vertritt. Dieser Begriff ist vielleicht der sicherste.“ (Gellert, Schriften 4, 111; vgl. GB 1 II, zu 25,9–11.) 151,17 ein kleines Blättgen] Vgl. Überlieferung. 151,21 ein Paar Ries Papier] Ries: Maß im Papierhandel (vgl. Adelung 3, 1114). Ein Ries entspricht 20 Buch oder 480 Bogen Schreibpapier bzw. 500 Bogen Druckpapier. 151,25 Der Verlauf vom 27 Sept] Als Erinnerung an den gemeinsam verbrachten 27. August 1780 (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 161). 152,1 im Gefolg unsrer Fürsten] Noch im Bezug auf den 27. September: Goethe war am 8. September 1780 als Begleiter von Herzog Carl August abgereist (vgl. FB 1780, S. 187). Nach einer Reise durch das Eisenacher Oberland hielten sie sich vom 22. September bis zum 2. Oktober 1780 in Meiningen auf (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). In dieser Zeit fand ein großes Treffen der ernestinischen Herzöge statt, bei dem Goethe auch anwesend war (vgl. zu 140,5–6). 152,3–4 wo Sie gegenwärtig sind] Branconi kehrte von ihrem Gut Langenstein bei Halberstadt nicht nach Lausanne zurück, sondern zog nach Straßburg. 152,5 Die Zeichnung des niedrigen Thals] Eine nicht näher zu bestimmende Zeichnung der Umgebung von Goethes Gartenhaus, wo er die Adressatin empfangen hatte. 152,6 diese Woche] Die Sendung an Catharina Elisabeth Goethe ging erst neun Tage später, am 25. Oktober 1780, ab: P. an Frau Rath Goethe m. e. Zeichnl. (vgl. EB 85; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 52r). Im „Ausgabebuch“ für Oktober 1780 wurde am oder nach dem 23. Oktober diese Sendung ebenfalls notiert: P. Branconi (GR/RB 1780, 8, Bl. 1v). 152,10 Ihr Brief] Nicht überlieferter Bezugsbrief. Goethe hatte Charlotte von Stein am 8. September 1780 über den Empfang des Briefes berichtet (vgl. zu 119,27). 152,11 auf dem höchsten Berg im ganzen Lande] Der 861 m hohe Kickelhahn bei Ilmenau (vgl. zu 119,2). Dort war wahrscheinlich Goethes Gedicht „Wandrers Nachtlied“ entstanden (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 174). 152,15 aus der Stadt] Ilmenau (vgl. zu 119,25). 152,16 Meine Mutter ist recht glücklich gewesen Sie bey sich zu haben.] Der Brief von Catharina Elisabeth Goethe ist nicht überliefert.

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BRIEF 185

152,19–20 ein Komet] Hier metaphorisch als ‚überirdische Lichterscheinung‘ oder außerordentliches Ereignis (vgl. GWb 5, 521). 152,21 von der wohlthätigen Art] Anspielung auf den Ende des 18. Jahrhunderts noch verbreiteten Glauben, Kometen seien Zeichen oder Vorboten einer unglücklichen Begebenheit. 152,23 meine Schweizer Briefe] Goethes literarische Bearbeitung der Schweizer Reise (vgl. zu 13,6). 152,25–26 an einem Winterabende aufwarten] Dass Goethe sein Versprechen einlöste, ist unwahrscheinlich. Im September 1781 schickte er die Reisebeschreibung an Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg mit dem Hinweis, der Text bedürfe einer weiteren Bearbeitung (vgl. zu 321,20; zu 322,1–2). 152,27 mit den Felsen] Nicht ermittelt; möglicherweise in Anspielung auf eine geplante Alpenwanderung der Adressatin (vgl. die folgende Erläuterung). 152,27–28 Die Aufführung der Wassergötter] ‚Aufführung‘ hier im Sinne von ‚Benehmen‘ (vgl. GWb 1, 937). Die ‚Wassergötter‘ spielen möglicherweise auf den Staubbachfall an, den Goethe am 9. Oktober 1779 besucht hatte. Er hatte die Adressatin bei der ersten persönlichen Begegnung von diesem Erlebnis und der davon inspirierten Entstehung des „Gesangs der Geister über den Wassern“ berichtet (vgl. BuG 2, 161). 152,29 Ihrigen] Branconis Sohn Carl Graf von Forstenburg und dessen Hofmeister Carl Matthaei sowie ihre Kinder aus der Ehe mit Francesco Pessina de Branconi, Franz Anton Salvator und Anna Maria. 152,31 verlange sehr zu hören wie es Ihnen bisher gegangen ist] Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 152,32 Der arme Lavater hat Sie versäumt hör ich.] Lavater hatte Goethe von der verpassten Verabredung mit Branconi in Baden berichtet (vgl. die zweite Erläuterung zu 149,9).

185. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. Oktober 1780 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 109. – 1 Bl. 10(–10,2) × 15,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „148.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 137), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 361f. WA IV 4 (1889), 322, Nr 1029.

OKTOBER 1780

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BEIL AG E?

Fasane (vgl. zu 153,3). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 153,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 153,1 Dancke für alles] Darunter wahrscheinlich das unten erwähnte kühle Feuer (vgl. die zweite Erläuterung zu 153,6) und der im folgenden Brief erwähnte Rahmen (vgl. 154,2). Beigelegen haben könnte ein Brief, mit dem sich Charlotte von Stein für die Trauben (vgl. zu 151,5) und Goethes Brief vom 12. bis 15. Oktober (Nr 183) bedankte. 153,2 Mühlhausen] Freie Reichsstadt, etwa 75 km nordwestlich von Weimar gelegen, wo sich Goethe mit Johann Heinrich Merck treffen wollte (vgl. 154,5–6). 153,2–3 wo Mephistopheles Merck hinkommt] Merck war in der ersten Oktoberhälfte auf einer Dienstreise in Kassel und hatte ein Treffen in Eisenach angeregt. Dort war Goethe kurz zuvor schon auf seiner Inspektionsreise gewesen, weshalb er stattdessen Creuzburg vorschlug (vgl. zu 146,18–19). Schließlich einigte man sich auf Mühlhausen, von Weimar aus noch etwa 10 km näher als Creuzburg. – Mercks Beiname nach dem Teufel aus dem „Faust“, dessen frühe Fassung in großen Teilen wahrscheinlich zwischen 1773 und 1775 entstand, war im Goethe-Kreis schon Ende der 1770er Jahre geläufig (vgl. Merck, Briefwechsel 5, 100). Dass Goethe selbst den Freund so nannte, ist zuerst im vorliegenden Brief belegt. In die Literaturgeschichte eingegangen und zum Klischee geworden ist ‚Mephistopheles Merck‘ aber erst durch „Dichtung und Wahrheit“, wo Goethe ihn einmal wörtlich so bezeichnet und an drei weiteren Stellen sein Auftreten mit dem des Mephisto vergleicht (vgl. AA DuW 1, 544 [15. Buch]; 457 [12. Buch]; 504 [14. Buch]; 599 [18. Buch]). 153,3 zwey Fasanen] Möglicherweise wurden diese später separat geschickt (vgl. zu 151,5). 153,4 herein zu kommen] Vom Familiensitz der Steins im etwa 30 km entfernten Kochberg. 153,5 Helfen Sie uns leben 〈…〉 mit uns.] Der Pluralis Majestatis hier und im folgenden Brief (vgl. 153,12–14) wohl hyperbolisch als Bescheidenheitsplural gebraucht. 153,6 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 153,6 das kühle Feuer] Dazu merkt Friedrich von Stein an: „Bey der Reparatur einer Waßerleitung zu Kochberg fand sich phosphorescirend Holtz wovon dem Göthe ein paar Stück zugekommen waren.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 9v.) 153,8 Sonntag Abends 〈…〉 wieder da] Demnach war Goethe schon am 22. Oktober wieder in Weimar. Aufgrund der Entfernung zwischen Weimar und Mühlhausen (vgl. zu 153,2) brauchte er jeweils einen ganzen Tag für die Hin- und die Rückreise (vgl. 154,5–6).

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BRIEF 186

153,11 Eben kommt die Herzoginn.] Die Herzoginmutter Anna Amalia, die von ihrer Reise nach Mannheim zurückgekehrt war (vgl. zu 135,6–7). Am 20. Oktober nahm sie erstmals wieder an der fürstlichen Mittagstafel teil (vgl. FB 1780, S. 214).

186. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Oktober 1780 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 109. – Doppelblatt 10 × 15,8 cm, 3 1⁄8 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „147.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 138), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 362–364. WA IV 4 (1889), 322–324, Nr 1030. BEIL AG E

Süßigkeiten (vgl. zu 153,20). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein wenige Tage nach Erhalt des vorliegenden Briefes (vgl. zu 155,7–8; zu 155,15), der Antwortbrief ist nicht überliefert. 153,12–14 Wir hören dass Sie 〈…〉 Trost.] Vgl. zu 153,5. 153,17 Knebel ist sehr gut.] Vgl. zu 151,12. 153,18 Gestern ward Robert und Kalliste gespielt] Die Aufführung am 24. Oktober fand anlässlich des Geburtstages der Herzoginmutter Anna Amalia statt (vgl. Sichardt, 162f.). Auf Goethes Mitwirkung verweist sein Tagebucheintrag vom 14. Oktober, dem zufolge er an der Probe zu Kalliste teilgenommen hatte (GT I 1, 115). Mit dem Singspiel „Robert und Kalliste“ war am 26. Mai 1780 das neue Komödienhaus eröffnet worden. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um Carl Friedrich Sigmund von Seckendorffs Bearbeitung der komischen Oper von Pietro Alessandro Guglielmi „La sposa fedele“ (Die treue Braut) mit einem Libretto von Pietro Chiari (Uraufführung: Venedig 1766). Grundlage der Adaption des Textes könnte die deutsche Übersetzung von Johann Joachim Eschenburg „Robert und Kalliste, oder der Triumph der Treue“ (Wien 1778; zuerst anonym o. O. 1775) gewesen sein. Laut Sichardt soll Seckendorff auch die Musik zu den Weimarer Aufführungen von 1780 geschrieben haben (vgl. Sichardt, 159f.), wahrscheinlich ebenfalls eine Bearbeitung der italienischen Vorlage. Die Titelfigur der Kalliste hatte Co-

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rona Schröter übernommen. Die bei Sichardt aufgeführte Rolle des Lothario, den Goethe angeblich gespielt habe, stammt aus Seckendorffs eigenem Stück, dem erst 1782 erschienenen Trauerspiel „Kalliste“ (Dessau), das bis auf den Namen der weiblichen Titelfigur nichts mit dem Libretto der komischen Oper zu tun hat. Die Figur des Robert kommt im Trauerspiel nicht vor. – Eine Aufführung der Oper Guglielmis mit dem Text von Eschenburg fand in Weimar nachweislich erst 1785 statt (vgl. GB 6 II, zu 29,9). 153,18–19 Ihre Correspondentinnen] Darunter wohl Sophie von Schardt, Emilie von Werthern-Beichlingen und Amalia von Hendrich, die zum engeren Freundeskreis Charlotte von Steins gehörten und sicher mit ihr korrespondierten. 153,20 Süsigkeiten] Vielleicht Gebäck, Marzipan oder so genanntes Konfekt, nämlich glasierte Früchte sowie alles, was mit Zucker konserviert oder aus diesem hergestellt wurde. Schokolade dagegen wurde im 18. Jahrhundert getrunken (vgl. Der elegante Theetisch 〈…〉. Hrsg. von François le Goullon; Herzoglich Sächs. Weimarischen Mundkoch. Weimar 〈um 1800〉, bes. S. 8f. und 22f.). 153,22 Stein wird 〈…〉 Pferdeiagd ausgehn] Wahrscheinlich war der herzogliche Oberstallmeister Josias von Stein im Begriff, auf eine Reise zum Pferdekauf zu gehen. 153,25 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 153,25 Trauben] Vgl. zu 151,5. 153,26 durch dreyer Verliebten Hände] Wohl in Anspielung auf sich selbst, Charlotte von Stein und die in Prinz Constantin verliebte Caroline Ilten. 154,1 Frizzen] Friedrich von Stein, der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus lebte. 154,2 Rahmen] Den Charlotte von Stein schon vor dem 20. Oktober übersandt hatte (vgl. zu 153,1). 154,2 die Kupfer] Möglicherweise Stiche nach Raffael, die Goethe von der Schweizer Reise mitgebracht und von denen er einen nachweislich an Charlotte von Stein geschickt hatte (vgl. die erste Erläuterung zu 5,15). 154,4 Mein Vater ist sehr kranck.] Wahrscheinlich gibt Goethe hier eine Nachricht aus einem nicht überlieferten Brief seiner Mutter wieder. – Johann Caspar Goethe war bereits 1776 schwer erkrankt. Nach dem Tod seiner Tochter Cornelia im Juni 1777 verschlechterte sich sein Zustand erneut. Als Goethe im September 1779 sein Frankfurter Elternhaus besuchte, fand er ihn verändert vor (vgl. GB 3 I, 298,14–15). Nach dem Besuch seines Sohnes erlitt Johann Caspar Goethe einen ersten Schlaganfall, dem im September 1780 ein zweiter folgte. Am 30. Oktober 1780 schrieb Catharina Elisabeth Goethe der Herzoginmutter Anna Amalia, die kurz zuvor in Frankfurt zu Besuch gewesen war: „Der Vater ist immer noch wie Er war – der Himmel verleihe uns nur Gedult Amen.“ (Pfeiffer-Belli, 483.) Johann Caspar Goethe starb am 25. Mai 1782.

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BRIEF 187

154,5–6 Mit Mercken 〈…〉 verlebt.] In Mühlhausen, wo sich Goethe vom 20. bis 22. Oktober, von Freitagabend bis etwa Sonntagmorgen, aufgehalten hatte (vgl. zu 153,8). 154,6–7 Doch macht mir der Drache 〈…〉 ihre Schwestern wiedersah.] In Anspielung auf das Märchen von Amor und Psyche aus den „Metamorphosen“ (Metamorphoseon) des Apuleius (4. bis 6. Buch). Die Königstochter Psyche war von Gott Amor entführt und heimlich zur Frau genommen worden, ohne dass er sich ihr zu erkennen gab. Ihre neidischen Schwestern weckten Psyches Misstrauen gegen ihren Mann, der angeblich ein Drache sei. – Im Januar und Februar 1780 hatte Knebel Apuleius’ Märchen übersetzt und anschließend im Freundeskreis um Goethe und Charlotte von Stein vorgelesen (z.B. am 18. und 29. Februar; vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 9r und 10v). Im Herbst 1781 erschien eine Übersetzung der Herzoginmutter Anna Amalia im handschriftlichen „Journal von Tiefurth“ (11.–14., 16., 18.–21. Stück). – Mit seiner Anspielung umschreibt Goethe die ambivalenten Gefühle, die das Wiedersehen mit dem früheren engen Freund und Mentor Merck ausgelöst hatte (vgl. zu 153,2–3). Schon mit der Übersiedlung nach Weimar hatte sich die Beziehung zu Merck abgekühlt, der einer Hofkarriere Goethes zunächst ablehnend gegenüber stand. Nach der persönlichen Begegnung mit Herzog Carl August im September 1777 auf der Wartburg gewann Merck Sympathie für den jungen Fürsten, der seinerseits den Darmstädter Kriegsrat schätzen lernte und ihn als Kammerrat nach Eisenach berufen wollte. Goethe jedoch riet dem Herzog davon ab (vgl. Goethe an Merck, 11. Januar 1778; GB 3 I, Nr 320 sowie GB 3 II, zu 190,7–9). Der Briefkontakt zu Merck hatte sich bereits seit 1777 gelockert, aus dem Jahr 1780 sind nur drei Briefe Goethes an Merck überliefert, aus dem folgenden Jahr nur zwei. 154,8 Der Herzog ist recht vergnügt rasch und wohl] Im Brief an Johann Heinrich Merck vom 11. bis 13. Oktober 1780 begründet Goethe die gute Stimmung Carl Augusts mit der zurückliegenden Inspektionsreise, bei der er u. a. die Fortschritte der Meliorationsprojekte George Battys im Amt Ostheim in Augenschein genommen hatte (vgl. 142,8–143,9). 154,9–10 der Herzoginn Badreise] Herzogin Louise, deren Erkrankung Goethe Anfang September erwähnt hatte (vgl. 114,11). 154,10 den Mädgen] Die an den Aufführungen des Liebhabertheaters mitwirkenden jungen Frauen, darunter vielleicht Amalia von Hendrich und Corona Schröter, wohl aber nicht die verheirateten Freundinnen Charlotte von Steins Emilie von Werthern-Beichlingen und Sophie von Schardt. 154,10 Bodens Stück] Johann Joachim Christoph Bode, Schriftsteller, Übersetzer, Verleger und Freimaurer, lebte als Geschäftsführer der Gräfin Charitas Emilie von Bernstorff seit November 1778 in Weimar. Von ihm waren am Weimarer Liebhabertheater verschiedene Stücke aufgeführt worden, zumeist Übersetzungen von Lustspielen aus dem Englischen und Französischen, darunter 1776 „Der Westin-

OKTOBER 1780

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dier“ (vgl. GB 3 II, zu 29,13) und im Juli 1779 „Die Gouvernante“ (vgl. Sichardt, 157). Für 1780 ist die Aufführung eines seiner Stücke nicht belegt. – Petersen vermutet, die vorliegende Erwähnung beziehe sich auf „Junker Fritz, oder das Muttersöhnchen“, die Bearbeitung eines französischen Lustspiels (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 613, Anm. zu Nr 488). Bei Goedeke wird der Titel mit der Angabe „Berlin 1780“ unter den Werken Bodes aufgeführt (Goedeke IV/1, 6 I, 587; ebenso bei Meusel 1, 445). Die französische Vorlage von Alexandre Louis Bertrand „Fanfan et Colas, ou Les Frères de Lait“, veröffentlicht unter dem Pseudonym Madame de Beaunoir, erschien aber erst 1784 in Paris. Vom Weimarer Hoftheater wurde das Stück in deutscher Übersetzung und ohne Verfasserangabe nachweislich zuerst am 24. April 1792 aufgeführt (vgl. Theaterzettel Weimar 1784–1967). Möglicherweise handelt es sich bei der Angabe von Goedeke um eine Titel-Verwechslung mit der Goldoni-Übersetzung „Das Muttersöhnchen oder der Hofmeister“ (Berlin 1780), die gleichfalls Bode zugeschrieben wird. 154,11–12 solche Masken] Kostüme in Anlehnung an die Typen der italienischen Commedia dell’arte.

187. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar, 28. Oktober 1780〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Nach den inhaltlichen Parallelen zum Brief an Charlotte von Stein vom 29. Oktober 1780 (Nr 188; vgl. 155,1–4) und den Angaben in Knebels Tagebuch (vgl. zu 154,18–19). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I, Bl. 4. – 1 Bl. 23,4 × 19 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Herrn von / Knebel., rotes Siegel: antiker männlicher Kopf im Profil; untere rechte Ecke beschnitten durch Öffnen des Siegels; Vs. über dem Brieftext von fremder Hd, Tinte: „An Knebel“; Rs. von fremder Hd, Tinte: „ohne Datum“. E: Goethe-Knebel 1 (1851), 11f., Nr 14 (Datierung: „13. Februar [1779?]“). WA IV 4 (1889), 325, Nr 1032 (nach E, mit korrig. Datum; Hinweis auf die Ausfertigung im GSA, Adresse und Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 215). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 154,18–19).

442

BRIEF 188

154,18–19 morgen nicht mit nach Kochberg] Laut Tagebuch hatte Knebel Goethe am Vormittag des 28. Oktober besucht (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 87r). Vermutlich hatte er ihm vorgeschlagen, mit ihm nach Kochberg zu Charlotte von Stein zu reiten. Am darauffolgenden Tag notierte Knebel im Tagebuch: „Morgens an Göthe geschrieben. 〈…〉 Ritt gegen 9. weg 〈…〉 nach Kochberg.“ (Ebd., Bl. 87v.) Knebel kehrte am 30. Oktober nachmittags nach Weimar zurück und traf Goethe am 31. Oktober (vgl. ebd.). 154,19 Ein gut Werck] Wahrscheinlich die nicht überlieferte, Fragment gebliebene Prosafassung des „Tasso“ (vgl. zu 161,2). – Im Tagebuch ist der Beginn der Arbeit an diesem Drama nach dem 20. Oktober 1780 verzeichnet (vgl. GT I 1, 115). 154,19–20 Es sind gewisse Dinge 〈…〉 abhelfen muss] Einer fast gleichlautenden Formulierung bedient sich Goethe im Brief an Charlotte von Stein vom 29. Oktober (vgl. zu 155,3–4). – Im Tagebuch notierte Goethe unmittelbar vor einem datierten Eintrag vom 31. Oktober: Cronen getröstet. Mit Pr. Const zu thun. (GT I 1, 115.) Dieser Eintrag bezieht sich vermutlich sowohl auf Carl Augusts Beziehung zu Corona Schröter als auch auf die Situation Prinz Constantins, der von Tiefurt in die Stadtwohnung im so genannten Größen Jägerhaus umgezogen war (vgl. zu 80,23–24). 154,22–23 Montags kriegt sie einen Brief von mir] Vgl. den Brief vom 29. Oktober 1780 (Nr 188). 154,24–25 Ich bin wie der Bock 〈…〉 spazieren muss.] Mit Bezug auf die Bibel (3 Mose 16,22): „Daß also der bock alle ihre missethat auf ihm in eine wildniß trage; und lasse ihn in die wüste.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 102.) 154,26 Lingen] Caroline von Ilten. 154,26 Frizzen] Friedrich von Stein.

188. An Charlotte von Stein

Weimar, 29. Oktober 1780 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 110. – Doppelblatt 19 × 23 cm, 2 1⁄8 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „149.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 139), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 364–366. WA IV 4 (1889), 326f., Nr 1033.

OKTOBER 1780

443

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 26. oder 27. Oktober 1780 (vgl. zu 155,7–8; zu 155,15). – Der Antwortbrief etwa vom 1. November 1780 (vgl. zu 156,8) ist nicht überliefert. 155,1 bey Ihnen] Auf dem Landgut der Familie von Stein in Kochberg. – Hierzu und zum Folgenden vgl. den Brief an Knebel vom 28. Oktober (Nr 187). 155,1 Knebel ist allein weg] Laut seinem Tagebuch vom 29. Oktober 1780 hatte Knebel „Morgens an Göthe geschrieben“ und offenbar mitgeteilt, dass er Charlotte von Stein besuchen wollte: „Etwas schwach in mir und traurig. Ritt gegen 9. Uhr weg, unter Nebel nach Kochberg. Unterwegs viel zu Fuß und müde. In Kochberg gegen 1. Uhr. Wurde schön. War nicht recht bis Abends im Walde, wo Fr. v. Stein und Carlinchen 〈Caroline von Ilten〉 mich hinführten.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 45v.) 155,2 mein alter Beruf] ‚Beruf‘ hier im Sinne von „Berufensein, Begabung, Eignung“ (GWb 2, 429), mit Bezug auf Goethes Talent als ‚Mittler‘, besonders in Knebels und des Prinzen Constantin Angelegenheiten (vgl. zu 50,6). – Zum Begriff vgl. auch zu 155,5–6. 155,2 in Tiefurt] Bis zum Frühsommer 1780 hatten Prinz Constantin und Knebel in einer eigenen Hofhaltung in Tiefurt gelebt (vgl. zu 15,15–16). Seit Juni wohnte der Prinz in einer Stadtwohnung im Großen Jägerhaus (vgl. zu 74,23), hielt sich aber weiterhin auch in Tiefurt auf. Knebel war nach der Rückkehr von seiner Schweizer Reise im Oktober 1780 ebenfalls ins Jägerhaus gezogen (vgl. zu 141,26). 155,3–4 es sind gewisse Dinge in Gährung 〈…〉 gemacht werden] Eine fast gleichlautende Formulierung gebraucht Goethe im Brief an Knebel vom 28. Oktober (vgl. 154,19–20). Hier bezieht Goethe sich auf Knebels ungeklärte Stellung am Hof, über die Goethe möglicherweise in Tiefurt mit dem Prinzen Constantin sprechen wollte. 155,5–6 Die Mittlerschafft 〈…〉 zu wahren Zwecken.] In Anspielung auf Knebels mäßigenden Einfluss auf seinen ehemaligen Schützling und Schüler Prinz Constantin, dessen Verhältnis zu Caroline von Ilten den Interessen des Hofes zuwiderlief. – ‚Mittlerschaft‘: übertragen von der Mittlerschaft Jesu „zwischen Gott und den menschen“ (1 Timotheus 2,5; Luther-Bibel 1772 NT, 215). Hier im Sinne einer positiv „vermittelnden Instanz“, als Streitschlichter und Unterhändler (GWb 6, 255) und in Parallele zu Goethes eigener Rolle (vgl. 155,2). – Mit ähnlich positiver Konnotation begegnet ‚Mittlerschaft‘ in „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“, woran Goethe etwa seit Juni 1780 wieder arbeitete. Im 2. Buch (vgl. zu 70,17–18) lässt er Wilhelm als ‚Vermittler‘ für Melina und die Bürgerstochter auftreten, die sich nach ihrer Flucht im Gewahrsam des Amtmanns befinden: Denn er 〈Wilhelm〉 setzte sich fest vor, hier ein Mittelsmann zu werden und die glückliche und anständige Verbindung beider Liebenden zu befördern.

444

BRIEF 189

(WA I 51, 163.) Als seltsamste aller Bestimmungen (WA I 20, 24,6–7) dagegen erscheint ‚Mittlerschaft‘ in den „Wahlverwandtschaften“ (1809), verkörpert in der ambivalenten Figur des ‚Herrn Mittler‘. 155,7–8 noch nicht verziehen] Wahrscheinlich mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief, mit dem Charlotte von Stein auf Goethes Brief vom 25. Oktober (Nr 186) geantwortet hatte. Bei Goethes Besuch in Kochberg Anfang Oktober scheint es zu einer vorübergehenden Verstimmung gekommen zu sein (vgl. zu 140,24). 155,11–12 wenn er 〈…〉 Eli, Eli, lama asabthani ruft] Eines der „Sieben letzten Worte“ (Kreuzesworte) Jesu; z.B. nach Markus 15,34: „Eli, Eli, lama asabthani? das ist verdolmetschet, mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Luther-Bibel 1772 NT, 56; hebr. El¯oi, El¯oi, lema sabachthani). 155,13–14 die besten übersezzens falsch 〈…〉 dem Elias] In Anlehnung an Matthäus 27,47–50: „Etliche aber, die da stunden, da sie das höreten, sprachen sie: Der ruffet dem Elias. / Und bald lieff einer unter ihnen, nahm einen schwamm, und füllete ihn mit eßig, und steckte ihn auf ein rohr, und tränckete ihn. / Die andern aber sprachen: Halt, laß sehen, ob Elias komme, und ihm helffe. / Aber Jesus schrye abermal laut, und verschied.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 35.) 155,15 Nur keine Gedanckenstriche in Ihren Briefen mehr] In Anspielung auf den nicht überlieferten Bezugsbrief. 155,16–17 Wenn Sie wiederkommen] Charlotte von Stein kehrte am Abend des 8. oder am Vormittag des 9. November 1780 aus Kochberg zurück. Am 9. November vermerkt Knebel im Tagebuch: „Mit Göthe bis Mittags. Fr. v. Stein kommt. Mittags bey Hof. Nachm. zu Fr. v. Stein. (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 47r.) 155,17 die Geschichte] Offenbar ein Vorfall in Kochberg, vielleicht im Zusammenhang mit Caroline Ilten. 155,18 eine wunderbaare Catastrophe] ‚Katastrophe‘ hier im Sinne einer unerwarteten „Wendung (zum Schlimmen)“ (GWb 5, 305); ‚wunderbar‘: als „glimpflicher Ausdruck für das härtere seltsam“ (Adelung 4, 1622). – Wahle vermutet, dass die Bemerkung mit der Entlassung Carl Albrecht von Volgstedts im Dezember 1780 (vgl. zu 183,5) in Verbindung steht (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 570, Anm. 4 [zu S. 268]). Düntzer verweist auf das Verhältnis zwischen Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, und dem Kammerherrn der Herzoginmutter Friedrich Hildebrand von Einsiedel (vgl. Düntzer, Goethe-Stein, 217, Anm. 4). In diesem Fall wäre wahrscheinlicher, dass Goethe nicht auf die 1780 schon bestehende und Charlotte von Stein bekannte Beziehung anspielt, sondern darauf, dass eine eheliche Verbindung scheiterte, weil Anna Amalia ihre Zustimmung verweigerte (vgl. Berger, Anna Amalia, 439). 155,23 Die Kupfer] Vgl. die zweite Erläuterung zu 154,2. 155,24 Die Zusammenkunft mit Merck 〈…〉 genuzt] In Mühlhausen, wo Goethe sich vom 20. bis 22. Oktober mit Johann Heinrich Merck getroffen hatte

NOVEMBER 1780

445

(vgl. 154,5–6). Ähnlich ambivalent schildert er das Treffen bereits im vorangehenden Brief an Charlotte von Stein (vgl. zu 154,6–7). 155,26 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 155,26 keine Verse mehr von mir kriegen] Die mit den Briefen an Charlotte von Stein überschickten, zum Teil nicht erhaltenen Gedichte (vgl. zu 142,4–5) für Caroline von Ilten hatte diese wahrscheinlich als zu persönlich oder gar kränkend empfunden (vgl. zu 122,6–11). 156,1 Robert und Kalliste] Laut Knebels Tagebuch vom 10. November 1780 war er „Abends in dem Singspiel Robert und Kalliste.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 47r.) – Zum Stück vgl. zu 153,18. 156,4 Frizzen] Charlotte von Steins jüngster Sohn Friedrich. 156,4–5 Knebeln der 〈…〉 bey Ihnen ist] Knebel war vom 29. bis 30. Oktober 1780 in Kochberg: „Las des Morgens Englisch mit Fr. v. Stein und Carlinchen 〈Caroline von Ilten〉. S t e i n kam gegen Mittag. Fr. v. St. zeichnete Carlinchen. Nach dem Essen weg. Kam gegen 6. Uhr wieder hier 〈in Weimar〉 an.“ (Tagebuch vom 30. Oktober; Knebel, Tgb. 1780, Bl. 45v.)

189. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. 〈November〉 1780 → 〈Kochberg〉

DAT IERUN G

Der Monat wurde nach dem Inhalt des Briefes korrigiert: Am 2. Oktober 1780 befand sich Goethe auf der Rückreise von Ilmenau und den abgelegenen Teilen des Herzogtums (vgl. zu 140,22), während er am 2. November Mittagsgäste in seinem Haus bewirtete (vgl. die zweite Erläuterung zu 156,15). – In E unter dem 2. Oktober 1780 gedruckt, Datierung zuerst bei Fielitz korrigiert (vgl. Fielitz, GoetheStein 1 [1883], 286, Nr 497). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 106. – Doppelblatt 10 × 15,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „133.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 133), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 356f. WA IV 4 (1889), 327, Nr 1034. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 1. November 1780 (vgl. zu 156,8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

NOVEMBER 1780

445

(vgl. 154,5–6). Ähnlich ambivalent schildert er das Treffen bereits im vorangehenden Brief an Charlotte von Stein (vgl. zu 154,6–7). 155,26 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 155,26 keine Verse mehr von mir kriegen] Die mit den Briefen an Charlotte von Stein überschickten, zum Teil nicht erhaltenen Gedichte (vgl. zu 142,4–5) für Caroline von Ilten hatte diese wahrscheinlich als zu persönlich oder gar kränkend empfunden (vgl. zu 122,6–11). 156,1 Robert und Kalliste] Laut Knebels Tagebuch vom 10. November 1780 war er „Abends in dem Singspiel Robert und Kalliste.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 47r.) – Zum Stück vgl. zu 153,18. 156,4 Frizzen] Charlotte von Steins jüngster Sohn Friedrich. 156,4–5 Knebeln der 〈…〉 bey Ihnen ist] Knebel war vom 29. bis 30. Oktober 1780 in Kochberg: „Las des Morgens Englisch mit Fr. v. Stein und Carlinchen 〈Caroline von Ilten〉. S t e i n kam gegen Mittag. Fr. v. St. zeichnete Carlinchen. Nach dem Essen weg. Kam gegen 6. Uhr wieder hier 〈in Weimar〉 an.“ (Tagebuch vom 30. Oktober; Knebel, Tgb. 1780, Bl. 45v.)

189. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. 〈November〉 1780 → 〈Kochberg〉

DAT IERUN G

Der Monat wurde nach dem Inhalt des Briefes korrigiert: Am 2. Oktober 1780 befand sich Goethe auf der Rückreise von Ilmenau und den abgelegenen Teilen des Herzogtums (vgl. zu 140,22), während er am 2. November Mittagsgäste in seinem Haus bewirtete (vgl. die zweite Erläuterung zu 156,15). – In E unter dem 2. Oktober 1780 gedruckt, Datierung zuerst bei Fielitz korrigiert (vgl. Fielitz, GoetheStein 1 [1883], 286, Nr 497). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 106. – Doppelblatt 10 × 15,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „133.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 133), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 356f. WA IV 4 (1889), 327, Nr 1034. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 1. November 1780 (vgl. zu 156,8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

446

BRIEF 190

156,8 So einen bösen Vorhang mir Ihr Brief herunter wirft] Mit dem nicht überlieferten Bezugsbrief scheint Charlotte von Stein die Hoffnung auf eine Beilegung ihrer Meinungsverschiedenheit während Goethes Besuch in Kochberg nicht erfüllt zu haben (vgl. zu 155,7–8). 156,12–13 Knebel 〈…〉 vergnügt sind.] Knebel war am Abend des 30. Oktober von einem Besuch in Kochberg zurückgekehrt (vgl. zu 156,4–5). 156,14 dass es Frizzen geht wie mir] Friedrich, Charlotte von Steins jüngster Sohn, der sich mit ihr in Kochberg aufhielt (vgl. 156,4). Möglicherweise war er ungeduldig und wollte nach Hause zurück (vgl. zu 156,17–18). 156,15 die Bratens] Historische Variante der Pluralbildung, im 18. Jahrhundert noch gebräuchlich. – Offenbar mit dem Brief Charlotte von Steins aus Kochberg übersandt. 156,15 in Gesellschafft mit guten Wesens verzehren] Laut Knebels Tagebuch vom 2. November 1780 hat er „Mittags mit ihm 〈Prinz Constantin von SachsenWeimar und Eisenach〉 bey Göthe gespeißt.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 46r.) 156,16 Die kleine] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff, Charlotte von Steins Schwägerin (vgl. zu 61,12–13). 156,16 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 156,17–18 Bruder nicht in Christo 〈…〉 Unbethulichkeit] In Anspielung auf Friedrich von Stein und dessen Verhalten (vgl. zu 156,14). – ‚Bruder nicht in Christo‘ in scherzhaftem Gegensatz zum Beinamen z.B. der Mitglieder der pietistischen Brüdergemeinen; ‚Unbetulichkeit‘: Gelegenheitsbildung als Gegenteil zu ‚Betulichkeit‘, von ‚betulich‘: rührig sein, aufmerksam sein (vgl. GWb 2, 573). 156,19 Oktbr.] Monatsname verschrieben (vgl. Datierung).

190. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 3. November 1780 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 130. – Doppelblatt 10 × 15,8 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Lavatern.; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 112–114, Nr 30 (Teildruck: 157,12–14 g.) Der Schein 〈…〉 wirst du nun haben. fehlt; mit Text aus Nr 150). E2: WA IV 4 (1889), 328f., Nr 1035 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 156,20). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

NOVEMBER 1780

447

156,20 nach dem A B. C.] Hier zur Bezeichnung einer Reihenfolge (vgl. GWb 1, 17). – Goethe geht in den einzelnen Punkten auf den Inhalt des nicht überlieferten Bezugsbriefs ein. Eine Stelle aus Lavaters Brief gab er in seinem Brief an Maria Amalia von Hendrich vom 7. November 1780 wieder (vgl. 159,11–16). 156,21 Die Kupfer] Nicht näher zu identifizierende Kupferstiche. Es handelte sich wohl um einen Teil der Graphik-Sammlung, die Lavater nach Weimar geschickt hatte und die vor allem Stiche Albrecht Dürers enthielt. 157,1–2 ein halb duzzend Lukas v. Leyden] In den Weimarer Sammlungen sind zahlreiche Kupferstiche Lucas van Leydens überliefert; eine eindeutige Identifizierung ist nicht möglich. Für eine Zuordnung von sieben in Goethes Kunstsammlung überlieferten Stichen gibt es keinen Anhaltspunkt (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGr/Sch.I.167,0215–0219). 157,3 ausantworten] Überliefern, übergeben (aus der Kanzleisprache, vgl. Adelung 1, 572; GWb 1, 1094). – Goethe schickte wohl keine weiteren Dürer-Graphiken nach Zürich (vgl. zu 113,25–27). 157,4 Freude an meiner Künsteley] In Bezug auf eine Zeichnung Goethes, nicht ermittelt. 157,5 bildeln] Ironisch für ‚zeichnen‘, ‚malen‘ (vgl. GWb 2, 670); Hapaxlegomenon Goethes. 157,6 Deine Waserische Geschichte] Vgl. zu 81,11. 157,8–9 Diarium der Revolution von Neapel durch Masaniello] Alessandro Giraffi: Le Rivoluzioni di Napoli. Genf, Ferrara, Venedig, mehrfach 1648 (deutsche Übersetzung Augsburg 1776). – Die Chronik des neapolitanischen Hungeraufstandes vom Jahr 1647 gegen den Steuerdruck und die Missregierung unter der spanischen Herrschaft beschreibt Tag für Tag die Ereignisse zwischen dem 7. und dem 16. Juli 1647, dem Tag der Ermordung des Anführers Masaniello, eines einfachen Fischverkäufers, der die militärische und politische Macht sowie die Justizgewalt unter seine Kontrolle gebracht hatte. Laut Giraffis europaweit verbreiteter Chronik vom Aufstieg und Fall eines maßlosen Tyrannen sei Masaniello nach einem gescheiterten Attentatsversuch am 10. Juli 1647 wahnsinnig und hochmütig geworden. Der Hinweis auf Masaniello erfolgte vermutlich in Hinblick auf die angeblichen Charakterähnlichkeiten zwischen Masaniello und dem von Lavater beschriebenen Johann Heinrich Waser (vgl. zu 81,11). 157,11 Das von Herdern] Wahrscheinlich Herders „Briefe, das Studium der Theologie betreffend“ (Bd 1 Weimar 1780). – Zwischen Lavater und Herder war es seit der Veröffentlichung von „Maran Atha“ zu einer Entfremdung gekommen (vgl. zu 13,17). Lavater hatte Herder am 23. Oktober eine ausführliche und scharfe Kritik der „Theologischen Briefe“ geschickt (vgl. Aus Herders Nachlaß 2, 191–201), die er wohl im Bezugsbrief erwähnt hatte. Herder reagierte am 3. November 1780 mit Verärgerung darauf (vgl. HB 4, 138–141, Nr 107). Dieser

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BRIEF 190

Brief markierte den Schluss der Freundschaft mit Lavater. – Es ist unklar, ob Goethe auch durch Herder von der theologischen Polemik erfahren hatte. 157,12 Der Schein] Der von Lavater unterschriebene Schuldschein ist nicht überliefert (vgl. zu 105,9; zu 148,8–9); er lag vermutlich einem Billett vom 28. Oktober bei: Tausend Dank für Ihre Bemühungen, Lieber Bertuch. Ich hoffe, es ist nun alles richtig. Befehlen Sie, was Sie wollen Ihrem aufrichtig ergebnen Diener Johann Caspar Lavater. Z. dL 28 Oct 80. (H: GSA 6/1104.) 157,12–13 Von dieser Obliegenheit 〈…〉 befreyen.] ‚Hezog‘ flüchtig für ‚Herzog‘. – Herzogin Louise hatte Lavater am 27. Oktober 1780 ein entsprechendes Angebot unterbreitet: „Der Herzog trägt mir auf Sie zu bitten das Capital welches er ihnen neulich vorschoß zu eigen zu behalten. Er hoft sie werden ihm diese bitte nicht abschlagen, aus liebe für ihn würden sie dies geringe merkmal der seinigen annehmen.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 519.142; vgl. GJb XX [1899], 252.) Lavater schlug jedoch das Angebot im Antwortbrief vom 8. November 1780 aus (vgl. ebd.). Ähnlich wie im Brief an die Herzogin äußerte er sich auch im Brief an Goethe von demselben Tag: „Die Güte des Herzogs beschämt mich, u. thut mir herzwohl, aber es i s t u . b l e i b t u n m ö g l i c h sie jemals anzunehmen. Es ist nicht Stolz u. Eigensinn, aber es streitet erstlich wieder meine P f l i c h t sodann wieder meine Natur. ach! dank ihm d u doch, wie Du danken kannst, u. sag ihm. Ich h a b e das Geschenk in dem Moment da er’s zurücknimt.“ (Goethe-Lavater3, 145.) – Im Schatullrechnungsbuch 1780/81 wurde der Betrag von 975 Reichstalern als Ausgabe unter den ausgeliehenen Geldern notiert, „als Darlehen zu 4 p% jährL. InterL. auf 2 Jahre“ (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1090, Bl. 42r). Im Rechnungsbuch für das darauffolgende Jahr wurde der Betrag von 950 Reichstalern unter den Debitoren geführt (vgl. ebd., A 1097, Bl. 2–3). Goethe kündigte Lavater im Mai 1781 einen Schuldenschnitt von 300 Reichstalern für eine Reihe von zugeschickten Gemälden an (vgl. zu 266,26), der am 28. November 1781 erfolgte: die Summe wurde in den Rechnungsbüchern vom geliehenen Kapital abgezogen (vgl. ebd., A 1097, Bl. 25r und A 1102, Bl. 39, Beleg Nr 457). Daher wurde in den Rechnungsbüchern für 1782/83 und 1783/84 eine Schuld von 650 Reichstalern aufgeführt (vgl. ebd., A 1107, Bl. 1–2; A 1117, Bl. 1–2); danach taucht der Posten nicht mehr in den Schatullrechnungen auf. Es wurde stillschweigend vereinbart, dass Lavater, der keine Zinsen zahlte, seine Schulden mit der Lieferung von Kunstwerken und Büchern, wie die Ausgabe der „Physiognomonie“ (vgl. zu 354,13–14), begleichen sollte. Nach Goethes Rückkehr aus Italien ergaben sich Unstimmigkeiten in der Abrechnung, auch weil der zweite Band der französischen Physiognomik zunächst nicht geliefert wurde (vgl. GB 8 II, zweite Er-

NOVEMBER 1780

449

läuterung zu 65,4). Goethe verfasste daraufhin Ende November oder Anfang Dezember 1788 ein Promemoria, von dem lediglich ein undatiertes Konzept überliefert ist: P. M. Ao. borgte der H. v W. Lav. ein Cap. von. 1000 rh. und kam mit ihm überein daß er es nach und nach an Kunstsachen pp abtragen sollte. Lav. hat auch einigemal Gemalde und 12 Exemplar der französchen Phisiognomie jedoch nur dl. 1 und 3ten Theil geschickt. Nun wünscht endes unter zeichneter, durch dessen Hande die Sachen zum Theil gegangen eine Auseinander setzung dieses Geschäftes. Nämlich eine Berechnung was Lav. biß jetzt zu Gute kommt. Es sey nun für übersendete Sachen, Auslage / oder sonst, damit einer Verwirrung welche beyden Theilen unangenehm werden konnte vorgebeugt werde. Ferner wünscht endes unter zeichneter, daß Hl. Lavater die Einsendung des zweyten Theils der franzoschen Phis. welche biß jetzt nicht erfolgt besorgen möge.

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(H: GSA 29/296, Bl. 1.) – Mit großer Sicherheit beantwortete Lavaters Billett vom 16. Dezember 1788 das von Goethes Promemoria veranlasste Schreiben aus Weimar, das vermutlich von Bertuch verfasst wurde (in seiner Funktion als Schatullier des Herzogs und nicht als Verleger und Buchhändler, wie bisher vermutet wurde, vgl. GB 8 II, zweite Erläuterung zu 65,4): 16. XII. 1788 Hier die verlangte Rechnung… Da ich vermuthen durfte, daß die Zinse nicht berechnet würden, hab’ ich – der Herzogin Mutter ein Geschenk, das mich wenigstens 15 NLouisd’or Auslage kostete – gesandt; gedenke auch noch etwas zuthun – die Zinse, die ich jährlich mit 8% von den 200 an Füßlin gesandt, abgeben mußte, hab ich auch nicht angerechnet. Lavater (H: GSA 28/556, St. 2; vgl. RA 1, Nr 321. Die Beilage ist nicht überliefert.) – Die Angelegenheit wurde 1788 nicht endgültig geklärt. Am 22. September 1792 schickte Lavater Goethe eine Rechnung, in der er noch Geld von Carl August einforderte (vgl. Goethe-Lavater3, 245f.). 157,13–14 Das Geld wirst du nun haben.] Laut den Unterlagen aus Carl Augusts Privatschatulle war am 18. Oktober 1780 die Zahlung von 66 Louisdor angewiesen worden (vgl. Bertuchs „Pro Nota“ vom 18. Oktober mit Nachtrag vom 1. November 1780; LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1096b, Bl. 2). Diese Summe ergab sich aus dem vorgesehenen Betrag von 150 Louisdor nach Abzug ein-

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BRIEF 191

zelner Posten (vgl. zu 148,5), darunter 60 Louisdor, die Goethe Lavater vorgeschossen hatte (vgl. die zweite Erläuterung zu 103,19). Auf Carl Augusts Anweisung hin wurden Lavater am 25. Oktober noch weitere 16 Louisdor überwiesen (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1096b, Bl. 2), die den Zinsen für das erste Jahr sowie einem für Lips vorgesehenen Betrag entsprachen (vgl. zu 148,5). 157,15 Hast du denn selbst eine Iphigenie.] Goethe wollte bis zum Abschluss der Überarbeitung der Prosafassung von „Iphigenie auf Tauris“ keine weiteren Abschriften anfertigen lassen (vgl. zu 148,25–26). – Er wusste offenbar nicht, dass Barbara Schultheß das von Knebel in die Schweiz mitgenommene Manuskript abgeschrieben hatte (vgl. zu 94,8). Diese Abschrift diente Lavater als Grundlage für seine eigenständige Fassung in freien Jamben (vgl. Heinrich Funck: Lavater als Autor der sogenannten mittleren Fassung von Goethes Iphigenie. In: GJb XXIX [1908], 108–112). 157,16 durch Bäben] Es sind keine Briefe von Barbara Schultheß an Goethe aus dieser Zeit überliefert. – Möglicherweise führte sie den in einem Konzeptheft fragmentarisch überlieferten Brief von Lavater an Goethe vom 8. November aus (vgl. Goethe-Lavater3, 145 und 412), der sich mit vorliegendem Brief kreuzte. 157,16 ein näher Wort sagen wie dir ist] Anna Barbara von Muralt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 12) vermerkte um den 18. Oktober in ihrem Tagebuch, Lavater habe „starke husten“ (Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 125). 157,17–19 die Zeit kommt 〈…〉 in die Elemente zurückkehren] In Anklang an Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“: „Der Tod ist, gerade so wie die Geburt, ein Geheimnis der Natur. Diese eine Zusammensetzung gewisser Elemente, jener eine Auflösung derselben: also durchaus nichts, dessen man sich zu schämen hätte.“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 42 [IV, 5]; vgl. ebd., 67f. [V, 13]; 122 [VIII, 18]; 139f. [IX, 3]; zu 103,12–13.) – ‚Element‘: Grundsubstanz (im ursprünglich-allgemeinen Sinne); hier als Anspielung auf den Tod in Bezug auf die ‚Auflösung des Körpers in die Elemente‘ (vgl. GWb 3, 34). 157,20 Täglich wächst der Herzog] Vgl. zu 137,33. 157,21 für G e r a ] Am 18. September 1780 hatte ein verheerender Brand ein Großteil der reuß-plauischen Residenz Gera zerstört (vgl. Carl Friedrich Uhrlandt: Kurze Beschreibung von dem grossen Brande 〈…〉. Cuba bei Gera 〈1780〉, S. 14–16). Lavater, der am 30. September 1780 von Bäbe Groß aus Leipzig über das Unglück informiert und um Unterstützung gebeten worden war (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 510.150), sammelte unter den Zürcher Zünften Geld für Gera (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 124–130). Das Geld aus den Kollekten ließ er durch Philipp Erasmus Reich von Oktober 1780 bis April 1781 sukzessive übermitteln (vgl. ZB Zürich, Slg Bebler, D 288/8,3–11; ZB Zürich, FA Lav. Ms. 578.27–34).

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157,22 die Worte über die Silhouette] Ein Schattenriss Maria Amalia von Hendrichs (vgl. die zweite Erläuterung zu 149,23). Goethe übermittelte ihr Lavaters Auslegung in einem Brief vom 7. November 1780 (vgl. 159,11–16). 157,23 dein Bild für sie] Goethe versprach es ihr am 7. November 1780 (vgl. zu 159,19). 157,25 Frau, Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich, Anna (Nette) und Louise, die am 10. Oktober geboren war. 157,25 es sey was es wolle] Anspielung auf die vier früh verstorbenen Kinder Lavaters (vgl. zu 83,4–5). 157,26 Gieb meine Sachen an Bäben] Es gibt keinen Hinweis darauf, dass dem vorliegenden Brief Dokumente für Barbara (Bäbe) Schultheß beilagen. Wahrscheinlich sollte Lavater demnach Manuskripte an Schultheß geben, die sie gegebenenfalls nach Weimar zurückschicken sollte. – Goethe schickte Barbara Schultheß immer wieder Manuskripte, so z. B. die ersten beiden Akte von „Torquato Tasso“ (vgl. zu 288,26; zu 344,1–2). Sie erstellte Abschriften von den Manuskripten, so von der von Knebel in die Schweiz mitgenommenen Abschrift der „Iphigenie“ (vgl. zu 157,15). In einigen Fällen, darunter „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“, sind Werke Goethes nur in Abschriften von Barbara Schultheß überliefert (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). In ihrem Nachlass befand sich auch eine Abschrift vom „Gesang der Geister über den Wassern“ (ZB Zürich, RP 11; vgl. WA I 53, 544f.). – Goethe schrieb ihr am 15. Dezember 1780 (EB 95).

191. An Friedrich Müller Weimar, 6. November 1780 → Rom ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Radowitzsche Autographensammlung, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: 7170. – 1 Bl. 20 × 27,8 cm, 1 1⁄8 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte. E1: 〈Christian Wilhelm Hübner-Trams〉: Verzeichniß der von dem verstorbenen Preussischen General-Lieutenant J. von Radowitz hinterlassenen AutographenSammlung, nunmehr Eigenthum der Königl. Bibliothek in Berlin. Bd 3. Berlin 1864, S. 556f., Nr 7170 (Teildruck: 158,1–4 Weimar den 6 November. 1780 〈…〉 dass man recht einig ist.; 158,13–16 Es wird nunmehro bald iährig 〈…〉 wieder Ihren Nahmen nenne.; 158,19–25 Thun Sie’s doch ia und geben ein Lebenszeichen 〈…〉 was Miller in Rom thut.; 159,1–7 sagen Sie ein Wort, was an der Geschichte ist 〈…〉 antworten mir ia gleich. Goethe).

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E2: 〈Christian Wilhelm Hübner-Trams〉: Goethes Briefwechsel mit dem Maler Müller. In: Deutsche Roman-Zeitung (1864), Nr 11, Sp. 878. WA IV 4 (1889), 330f., Nr 1036. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief (vgl. 158,2) ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 158,2 Ihr lezter Brief] Vgl. zu 72,1. 158,3 wenn man sich einmal misversteht] Vermutlich Müllers Beharren auf seinem Ziel, die Landschafts- und Genremalerei nach niederländischen Vorbildern (vgl. die Erläuterungen zu Brief Nr 113) zugunsten heroisch-dramatischer Historienbilder hintanzusetzen (vgl. zu 73,1). 158,4–5 Versäumen Sie ia nicht 〈…〉 zu schreiben] Vgl. zu 72,2–3; zu 72,3–5. 158,6 Raphaelen, Michelange, Caracci] Zu Müllers Begegnung mit den Werken Raffaels und Michelangelos vgl. den Briefentwurf an Friedrich Heinrich Jacobi (teilweise abgedruckt in der Erläuterung zu 72,2–3). Außer Aufkäufen von graphischen Werken Rembrandts und der Komplettierung des Dürer-Bestandes (vgl. zu 39,19) erstreckte sich das Sammlungsinteresse des Weimarer Hofs auf italienische Handzeichnungen und Graphiken. Mitte September 1780 hatte Merck 18 Kupferstiche an Herzog Carl August gesandt, darunter Blätter von Rembrandt, sieben Blätter nach Werken Raffaels (vgl. zu 144,13), weitere von Guido Reni und Jacopo Palma sowie von Annibale Carracci und von dessen Vetter Lodovico Carracci (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 485f.). Besonders letztere hatten Goethes Wohlgefallen gefunden, wie er an Merck schrieb (vgl. zu 146,24). Darauf zurück geht vermutlich die Aufforderung an Müller zu näheren Nachrichten über die Bologneser Malerfamilie, zu der auch Agostino Carracci gehörte. 158,9 Gesundheit] Ende 1779 war Müller schwer erkrankt. Der pfalz-bayerische Geschäftsträger in Rom, Tommaso Antici, hatte sich seiner angenommen und nach München über den Krankheitsverlauf berichtet (vgl. Müller, Briefwechsel 3, 1455). 158,13–14 bald iährig, dass ich Ihnen Ihre Pension zugeschikt] Vgl. zu 9,15. 158,15 Ihren Gönnern und Freunden] Die Subskribenten von Müllers Arbeiten (vgl. 7,14–21). 158,17 die zwei Bilder von Ihnen] Das Bild „Kampf des Erzengels Michael mit Satan um den Leichnam Mosis“ hatte Müller in seinem nur in Goethes Wiedergabe überlieferten Brief vom 16. Oktober 1779 angekündigt (vgl. zu 8,16–17). Der Karton, den er nach Weimar schickte, gilt als verschollen. In Weimar sind dagegen die Vorzeichnungen zu zwei anderen Bildern aus dem MosesZyklus verwahrt, die spätestens im Juni 1781 eintrafen (vgl. zu 279,8–9). 158,20–21 einige Landschaften, nur einige Skizen, wie ich Sie drum bat] Im Brief vom 12. Juni 1780 hatte Goethe Müller aufgefordert: Nur bitt ich Sie

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versäumen Sie ia nicht mir etwas zu schiken, es sei was es wolle, zeichnen Sie nur einige Ruinen, es braucht nichts ausgeführtes zu sein. (72,5–7.) 158,22–23 Der Glaube an das, was man nicht sieht ist sehr rar.] Vgl. zu 72,8. 158,25 Miller in Rom] Das Pseudonym „Filippo Miller, tedesco, protestante, pittore“ wird Goethe während seiner Italienreise 1786/87 verwenden (vgl. GB 7 II, zu 252,7). 158,28 ihres Säens sichtliche Früchte] Anspielung im Bibelton auf etliche Stellen des Alten und Neuen Testaments, z.B. 2 Mose 23,16, Jesaja 37,30, Matthäus 7,16. Seinerseits in der Bringschuld gegenüber den Subskribenten (vgl. 7,14–21), ist eine versteckte Drohung Goethes nicht auszuschließen: Die Bibel bietet zahlreiche Stellen, die von der Vernichtung unfruchtbarer Bäume und Pflanzen berichten. 159,1–2 dass Sie Sich zu der katologischen Religion begeben haben] Durch den Umzug des Mannheimer Hofes nach München zum Jahreswechsel 1778/79 war Müller vom pfälzischen zum bayerischen Kabinettsmaler geworden. Nach seiner lebensgefährlichen Erkrankung im Dezember 1779 (vgl. zu 158,9) war er, wohl unter dem Einfluss Tommaso Anticis, zum katholischen Glauben übergetreten und am 2. Januar 1780 auf den Namen Carl Theodor, den Namen seines Landesherrn, getauft worden. Die Motive sind nur zu erahnen: Dankbarkeit gegenüber Antici, Buhlen um die Gunst des Kurfürsten? Die Nachricht verbreitete sich rasch; woher sie Goethe vernommen hatte, konnte nicht ermittelt werden. Im „Kirchen- und Ketzer-Almanach aufs Jahr 1781“ (Züllichau 1780, S. 124) führte Carl Friedrich Bahrdt sechs Vertreter des Allerweltsnamens Müller auf, von denen fünf keine Gnade vor seinem satirischen Zugriff finden: Vom sechsten heißt es, dass er „ein Künstler zu Mannheim 〈war〉, und unter allen Müllern der einzige, der Genie hat. Wir haben Gedichte von ihm, z. E. Bachidion und Milon, die Schafschur, der Satyr etc. Mopsus, Adam etc. welche eine blühende Phantasie verrathen. Er ist jetzt in Rom, und daselbst katholisch worden.“ Im Umlauf waren sogar Gerüchte, dass Müller ins Kloster gehen wolle, wie einem Brief Trippels an Mechel zu entnehmen ist (vgl. Maler Müller-Bibliographie. Bearbeitet von Friedrich Meyer. Leipzig 1912, S. 159f.). Im Brief vom 15. September 1781 berichtet Wilhelm Heinse an Friedrich Heinrich Jacobi, wie sich die Geschichte nach Müllers Auskunft zugetragen habe: Man habe „ihn katholisch gemacht. 〈…〉 Er sagt, es wäre schändlich, daß man mit einem leichnam so umgegangen sey; jetzt köne ers nun nicht ändern, obs ihm gleich äußerst leid thäte wegen seiner Mutter und seiner Freunde.“ So bezeuge auch der Mannheimer Kunststipendiat Franz Kobell, „ein gar wackrer kräftiger und aufrichtiger Geselle“, dass „Müller in den letzten Zügen gelegen habe, als es geschehen sey.“ Nun müsse Müller „alle Sonntage in die Messe“ (JB I 2, 342). Ein praktizierender Katholik wurde Müller nicht; sein Wunsch, auf dem Campo Santo Acattolico an der Cestius-Pyramide begraben zu

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werden, wurde schließlich nicht erfüllt. Ohne großen Aufwand setzte man ihn in der Gruft der Kirche S. Andrea delle Fratte bei. – ‚katologisch‘: wahrscheinlich persiflierend für ‚katholisch‘.

192. An Maria Amalia von Hendrich Weimar, 7. November 1780 → 〈Meiningen〉 ZUR AD RESSATI N

Die Adressatin ist Maria Amalia von Hendrich geb. von Leutsch, die erste Frau des Meininger Regierungs- und Legationsrats Franz Josias von Hendrich. Im Register der WA wurde zunächst der Vorname nicht angegeben (vgl. WA IV 5, 358). In einem späteren Registerband wurde als Adressatin Franz Josias von Hendrichs zweite Frau, Dauphine geb. Fabre, genannt, die allerdings erst 1778 geboren wurde (vgl. WA IV 7, 413). Im Register der Nachträge wurde Sophie Christiane Johanna von Hendrich geb. von Poseck, die Frau des Weimarer Kammerjunkers Franz Ludwig Ernst Albrecht von Hendrich, als Adressatin vermutet (vgl. WAN 3, 517). ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. E: WA IV 5 (1889), 2f., Nr 1038 (Eduard von der Hellen; nach einer Abschrift von Friedrich Strehlke; mit Hinweis auf Katalogangaben [Antiquarischer Katalog von Heinrich Kerler. o.J., 239, Nr 266] in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30 [1905], 255). Textgrundlage: E. BEIL AG EN

1) Silhouette Goethes? (vgl. zu 159,8). 2) Silhouette von Unbekannt (vgl. zu 159,18). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 8. November 1780 (vgl. GR/RB 1780, 9, Bl. 1v; GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 57v). Maria Amalia von Hendrich (1751–1804) stammte aus dem kursächsischen Zweig der Familie von Leutsch. Sie war seit dem 2. Mai 1776 mit dem Meininger Regierungs- und Legationsrat Franz Josias von Hendrich verheiratet. Vor ihrer Ehe war sie wahrscheinlich Hofdame am Meininger Hof gewesen, und als solche nahm sie wohl an Aufführungen des Liebhabertheaters teil (vgl. Mittheilungen aus dem Leben der Herzoge von Sachsen Meiningen und deren Beziehung zu Männern der Wis-

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senschaft. Hrsg. von Ludwig Bechstein. Halle 1856, S. 185). – Die persönliche Bekanntschaft mit der Briefpartnerin geht wahrscheinlich auf Goethes Aufenthalt in Meiningen zwischen dem 24. September und dem 1. Oktober 1780 zurück, auf den im vorliegenden Brief angespielt wird (vgl. 159,21–22). Eine frühere Begegnung ist nicht nachgewiesen. Goethe schrieb an Lavater über sie: Es ist eine edle Seele (157,22). Goethe traf die Adressatin erneut im April 1782 in Meiningen und berichtete Charlotte von Stein von ihren Sorgen um die Gesundheit ihres ältesten Sohnes, Carl Friedrich Ludwig Franz (vgl. WA IV 5, 307). Dieser starb einige Jahre später. Von den insgesamt sieben Kindern der Adressatin erreichte nur die Tochter Amalie das Erwachsenenalter. – Es sind keine weiteren Briefe an Maria Amalia von Hendrich überliefert (vgl. EB 104). Gegenbriefe sind ebenfalls nicht überliefert. 159,8 Die versprochene Silhouette] Nicht überliefert. – Wahrscheinlich eine Silhouette Goethes. 159,9 die Ihrige] Goethe hatte Lavater am 13. Oktober 1780 die Porträtsilhouette der Adressatin mit der Bitte um Auslegung geschickt (vgl. die zweite Erläuterung zu 149,23). 159,11 Er schreibt] Lavaters Brief, der vor dem 3. November 1780 in Weimar angekommen war, ist nicht überliefert (vgl. zu 157,22). 159,17–18 hineingeschnitten] ‚Hineinschneiden‘ hier im konkreten wie im übertragenen Sinne: bei der Erstellung der Silhouette durch das Schneiden bestimmte Merkmale des Porträts bewusst herausstellen, um die physiognomische Interpretation der Silhouette in die gewünschte Richtung zu lenken (vgl. GWb 4, 1205). 159,18 Die andre kommt mit bey.] Näheres dazu nicht ermittelt. 159,19 ein Bild von Lav.] Goethe hatte Lavater am 3. November 1780 darum gebeten (vgl. zu 157,23). – Möglicherweise wurde das Lavater-Porträt mit dem Brief an Maria Amalia von Hendrich vom 30. Januar 1781 nach Meiningen verschickt (vgl. EB 104). 159,20 durchlauchtigsten Herrschafften] Der regierende Herzog August Friedrich Carl Wilhelm (auch Carl August) von Sachsen-Meiningen, seine Frau Louise, dessen jüngerer Bruder Prinz Georg sowie die Herzoginmutter Charlotte Amalie. 159,21 Meinen gnädigen Hofdamen] Darunter befand sich Louisa von Dungern (vgl. zu 174,5). – Weitere Hofdamen konnten nicht identifiziert werden: Die Fourierbücher für Sachsen-Meiningen weisen eine Lücke für den Zeitraum zwischen September 1778 und Februar 1782 auf, so dass Goethes Aufenthalt in Meiningen zwischen dem 24. September und dem 1. Oktober 1780 nicht in Einzelheiten rekonstruiert werden kann. Die Hofrechnungen für diese Zeit sind ebenfalls nicht überliefert, desgleichen geben die vorliegenden Personalakten im Geheimarchiv keine Auskunft über die Hofdamen. – Für diese Zeit existieren keine Meininger Staatskalender (nach freundlicher Auskunft von Katharina Witter, LATh – StA Meiningen). 159,22 Herrn Gemahl] Der Meininger Regierungs- und Legationsrat Franz Josias von Hendrich.

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193. An Charlotte von Stein

BRIEF 193

Weimar, 7. November 1780 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 111. – Doppelblatt 10 × 15,8 cm, 2 ½ S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „150.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 140), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 366f. WA IV 5 (1889), 1f., Nr 1037. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Brief wurde einen Tag nach Goethes Rückkehr von einem Besuch Charlotte von Steins in Kochberg geschrieben, über den das Tagebuch Auskunft gibt: 4 〈November〉 Mit 〈Herzog Carl August〉 nach Kochberg. schöner Tag d. 5ten dergleichen. viel gezeichnet. / d. 6. zurück. erster Schnee 〈…〉 (GT I 1, 117). 160,1 Heut sind s fünf Jahre 〈…〉 kommen bin.] Goethes Ankunft in Weimar am 7. November 1775 ist durch seinen Brief an Charlotte von Stein vom 8. November 1776 (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 116,10) und einen Brief Wielands an Friedrich Heinrich Jacobi vom 10. November 1775 belegt (vgl. WB 5, Nr 471). 160,2 Lustrum] Ursprünglich römisches Reinigungs- und Sühneopfer (von lat. lustrare: reinigen, erhellen), Zeitraum von fünf Jahren; hier für ‚fünfter Jahrestag‘. 160,2 mit Ihnen feyern] Wie 1776 (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 116,11). 160,3–4 kamen sehr vergnügt hierher] Nach Weimar (vgl. die einleitende Erläuterung). 160,4 Ihrer Liebe wieder ganz gewiss] In Kochberg scheint es nach vorangegangenen Irritationen zur Aussprache und Wiederannäherung zwischen Goethe und Charlotte von Stein gekommen zu sein (vgl. zu 156,8). 160,7 wie ein Nachtgänger] Laut Adelung oberdeutsch für das damals üblichere „Nachtwanderer“ oder „Nachtwandeler“ (Adelung 3, 403), heute ‚Schlafwandler‘. – In dieser metaphorischen Verwendung schon im Brief an Charlotte von Stein vom 8. April 1780 (vgl. zu 42,14) und im „Egmont“ (2. Akt, Egmonts Wohnung; WA I 8, 219,2–5), von dem Teile 1780 schon vorlagen (vgl. zu 362,4) 160,12–13 Der Prinz hat 〈…〉 politisch, sentimentalische Visite gemacht.] Die Formulierung könnte auf einen Besuch Prinz Constantins in Kochberg bei Caroline von Ilten anspielen, von dem Goethe nach seiner Rückkehr erfahren hatte.

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Dem Willen seiner Familie entsprechend sollte Prinz Constantin das Verhältnis zu Caroline von Ilten abbrechen (vgl. zu 70,1–2). – ‚Politisch‘ hier im weiteren Sinne: „der gesellschaftlichen Klugheit gemäß, 〈…〉 oft für listig, verschlagen, schlau überhaupt. Ein politischer Streich, ein feiner, listiger, kluger Streich“ (Adelung 3, 803); ‚sentimentalisch‘ hier noch, in Anlehnung an engl. sentimental, in der im 18. Jahrhundert allgemein verbreiteten Bedeutung von ‚(übertrieben) gefühlvoll‘, ‚empfindsam‘; frühester Beleg in Goethes Briefen für den Gebrauch des Wortes. 160,14 Graf. v dl. Lippe] Am 7. November 1780 kamen laut Fourierbuch Graf Philipp II. Ernst und seine Frau Gräfin Juliane von Schaumburg-Lippe in Weimar an, die mittags und abends Gäste der großen Hoftafel mit jeweils 24 Personen waren. An der Mittagstafel nahm auch Goethe teil (vgl. FB 1780, S. 225f.). 160,14–15 Vielleicht 〈…〉 donnerstags Comödie.] Wohl mit Bezug auf die erwartete Rückkehr Charlotte von Steins (vgl. zu 160,21). Die Wiederholung der Aufführung des Singspiels „Robert und Kalliste“ fand erst am 10. November statt (vgl. Sichardt, 163). – Zum Stück vgl. zu 153,18. 160,16 Politika] Im zeitgenössischen Sinne „die Fertigkeit, alles was in der bürgerlichen Gesellschaft vorkommt, vernünftig zu beurtheilen“ (Adelung 3, 803). In Verbindung zum nachfolgenden Satz mit ironischem Bezug auf ‚Erschütterungen‘ in der Weimarer Gesellschaft (vgl. zu 155,17; zu 155,18). 160,16 tracktiren] Hier: verhandeln, sich (gesprächsweise) vornehmen. 160,16 Die Erde bebt immer fort.] In Anspielung auf die von Conrad Sigismund Ziehen für 1780 vorhergesagten großen Erdbeben, die das südliche Europa und Teile Süddeutschlands vernichten würden (vgl. zu 60,22). 160,17 Auf Candia 〈…〉 versuncken.] Candia: alter (venezianischer) Name für die Insel Kreta nach der gleichnamigen Hauptstadt (heute Iraklio), Bezeichnung im 18. Jahrhundert noch üblich (vgl. Zedler 5, 521). – In Anspielung auf das auch bei Zedler erwähnte große Erdbeben nahe Kreta im Jahr 365 (vgl. ebd., 522), in dessen Folge ein gewaltiger Tsunami Orte auf der Insel und in der gesamten Küstenregion des östlichen Mittelmeers zerstörte, darunter das spätantike Alexandria. 160,17–18 Wir aber 〈…〉 Meeresgrund] Anspielung auf Vorstellungen des Geologen Georg Christian Füchsel (vgl. zu 181,22–23). 160,19 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 160,20 Frizzen] Friedrich von Stein, der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus lebte und sich mit den Eltern in Kochberg aufhielt (vgl. zu 156,17–18). 160,21 Kommen Sie glücklich.] Charlotte von Stein kehrte am Abend des 8. oder am Morgen des 9. November 1780 nach Weimar zurück (vgl. zu 161,1).

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194. An Charlotte von Stein

BRIEF 194

〈Weimar, 9. November 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Seit dem Erstdruck wird der vorliegende Brief in den November 1780 gesetzt, nur Fränkel datiert ihn in die Zeit nach Goethes Rückkehr aus Italien auf den 15. Februar 1789 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein2 2, 382, Nr 1655). In der WA wurde der Brief doppelt abgedruckt, und zwar unter dem 9. November 1780 und unter dem 12. Februar 1789. Die spätere Datierung erfolgte in der Annahme, der Brief gehöre in die Zeit „der zweiten Tasso-Bearbeitung“ (WA IV 9, 346, Anm. zu Nr 2726). Dagegen sprechen die Einordnung des Briefes im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein in den Jahrgang 1780, der Inhalt und die Anrede ‚Sie‘, die Goethe in den beiden ersten Jahren nach seiner Rückkehr aus Italien Charlotte von Stein gegenüber nicht verwendet. Dem Inhalt zufolge gehört der Brief in die früheste Entstehungszeit des „Tasso“, mit dem der Autor die Adressatin überhaupt erst nach und nach 〈…〉 bekannt (161,3–4) machen wollte. Mit der Niederschrift des „Tasso“ hatte Goethe in der zweiten Oktoberhälfte 1780 begonnen (vgl. zu 161,2). Am 12. November, als sein Erster Ackt 〈…〉 fertig werden (161,19) sollte, erwähnt Goethe das Stück Charlotte von Stein gegenüber schon als etwas Bekanntes. Der vorliegende Brief muss also in der Zeit nach der Rückkehr der Freundin aus Kochberg am Abend des 8. oder am Morgen des 9. November und vor dem 12. November geschrieben worden sein. Goethe war offenbar mittags an die Hoftafel geladen (vgl. zu 161,1–2) und schlägt für den Nachmittag (161,1) eine Lesung der ersten Scene (161,2) des „Tasso“ im Haus Charlotte von Steins vor, zu der auch Knebel eingeladen werden sollte (vgl. zu 161,4). In den Tagen zwischen dem 9. und dem 11. November war Goethe laut Fourierbuch nur am 9. Gast der Mittagstafel. Unter diesem Datum vermerkt Knebel im Tagebuch: „Nachmittags zu Fr. v. Stein“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 91r). Mit großer Wahrscheinlichkeit stammt der vorliegende Brief also von diesem Tag. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 119. – 1 Bl. 19 × 11,7 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke ausgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „177.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 162), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 367. WA IV 5 (1889), 3, Nr 1039 (Datierung: 9. November 1780). WA IV 9 (1891), 84, Nr 2726 (Doppeldruck, Datierung: 12. Februar 1789; Hinweis auf die zweifelhafte Datierung in den „Berichtigungen“ WA IV 30 [1905], 257).

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 161,1 Ich wollte anfragen 〈…〉 zu Hause sind?] Falls der Brief, wie anzunehmen, vom 9. November 1780 stammt, hatte Goethe Charlotte von Stein, die entweder am Morgen dieses Tages, wahrscheinlicher aber am Abend zuvor aus Kochberg zurückgekehrt war (vgl. zu 155,16–17), schon kurz gesehen oder ihr zumindest durch Boten einen Gruß übermittelt. 161,1–2 Ich käme von Hof herüber] Anlässlich des Besuchs von Graf und Gräfin von Schaumburg-Lippe (vgl. zu 160,14) fand an diesem Mittag eine große Hoftafel mit 31 Personen statt, an der auch Goethe teilnahm (vgl. FB 1780, S. 228). 161,2 die erste Scene vom Tasso] Dies ist der erste direkte briefliche Hinweis auf das Drama „Torquato Tasso“. Zum ersten Mal überhaupt hatte Goethe das Stück im Tagebuch vom 30. März 1780 erwähnt: Zu Mittag nach Tiefurt zu Fus. Gute Erfindung Tasso. (GT I 1, 108.) Mit der Niederschrift begann er einem nicht genau datierten Tagebucheintrag zufolge aber erst nach dem 14. und vor dem 31. Oktober 1780: Tasso angefangen zu schreiben. (Ebd., 115.) Bis Ende November 1780 hatte Goethe am „Tasso“ jeweils morgendlich geschrieben (ebd., 117). Die erste Arbeitsphase erstreckte sich, den Tagebucheinträgen und Briefen zufolge, bis Ende November 1781. Der 1. Akt war am 13. November 1780 abgeschlossen (vgl. zu 162,3–4). Bis November 1781 beendete Goethe nachweislich zumindest den 2. Akt der nicht zu Ende geführten und nicht überlieferten frühen Prosafassung des Stücks, den er Mitte November nach Zürich schickte (vgl. 344,1–2). – Mit dem unglücklichen Dichterleben Torquato Tassos war Goethe schon seit seiner frühen Jugend vertraut (vgl. GB 1 I, 29,17–18). Tassos „La Gerusalemme liberata“ (1575) ist in der Bibliothek Johann Caspar Goethes sowohl in einer italienischen Ausgabe (Venedig 1705) wie in der deutschen Übersetzung von Johann Friedrich Kopp „Gottfried, oder das Befreyte Jerusalem“ (Leipzig 1744) nachweisbar (vgl. Götting, 56). Kopps Ausgabe enthält eine biographische Einleitung, die hauptsächlich auf den Tasso-Biographien von Giovanni Battista Manso „Vita di Torquato Tasso“ (1621) und Abbé Charnes „La vie du Tasse, Prince des Poëtes Italiens“ (1690) beruht. Daneben gab es noch verschiedene andere Anregungen, wie z.B. Wilhelm Heinses Darstellung „Leben des Torquato Tasso“ (1774), die Goethe aber möglicherweise erst vor der Arbeit an der Neufassung des Stückes 1786/87 kennen lernte. Auch wenn der „Tasso“ in der überlieferten Gestalt erst in Italien konzipiert und nach der Rückkehr nach Weimar 1788/89 niedergeschrieben wurde und erstmals 1790 in Band 6 der Göschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (S. 1–222) erschien, so fällt die Entscheidung, den Tasso-Stoff dramatisch zu bearbeiten, bereits im Frühjahr 1780, als Goethe schon seit fast vier Jahren in den Diensten des Weimarer Herzogs stand und sein kompliziertes Verhältnis zu Charlotte von Stein ebenso lange andauerte. Auffallend ist, wie eng diese in den Entstehungsprozess eingebunden war. Vor allem im No-

460

BRIEFE 195/196

vember 1780 hielt Goethe sie über den Fortgang der Arbeit fast täglich auf dem Laufenden. Sie war auch die erste Leserin der fertiggestellten Szenen, auf ihr Urteil kam es dem Autor demnach ganz besonders an (vgl. 162,3–5; 162,15–17; 163,5–6). Die große Wirkung, die dieses Stück auch Jahrzehnte später noch auf Charlotte von Stein hatte, belegt deren Brief an Goethe vom 20. März 1811: „〈…〉 ich kan jezt den Drang nicht wiederstehen es noch heute Abend zu schreiben da ich eben aus den Taßo komme, den ich immer himlischer finde je mehr ich ihn sehe, und alles wo mir nur ein Laut zukam fühlte es ebenso. Gern wäre ich noch selbst heute Abend gekommen um es Ihnen zu sagen wen ich nicht gefürchtet hätte Sie in Ihrer Ruhe zu stören. Der amiant oder aspest hat Ihnen zu Ehren den ganzen Tag in meinen Cabinet gebrent. wie vor einer Gottheit, nur Schade daß ich keine goldne Lampe dazu / habe dann hätte ich sie heute Abend vor Ihr Schlafzimmer gestellt.“ (GSA 28/885; vgl. Fränkel, Goethe-Stein2 2, 444f., Nr 134.) 161,3 räthlich] Hier in weiterer Bedeutung für ‚nützlich‘; nach Adelung „nur in einigen Sprecharten üblich“ anstelle des verbreiteteren ‚ratsam‘ (Adelung 3, 955). 161,3–4 wir uns 〈…〉 mit diesem Stück bekannt machen] Fast gleichlautend schreibt Goethe an Knebel wahrscheinlich am selben Tag (vgl. 161,11–12). Die Formulierung verweist auf die Zeit der frühesten Beschäftigung mit dem „Tasso“, von dem erst wenige Szenen vorlagen. 161,4 Knebeln 〈…〉 es sagen laßen.] Vgl. Nr 195.

195. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar, 9. November 1780?〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Die Datierung ist unsicher; hier nach den inhaltlichen Parallelen zum Brief an Charlotte von Stein vom 9. November 1780 (Nr 194; vgl. 161,1–2) sowie nach Knebels Tagebuch (vgl. zu 161,8–9). Auf diese Datierung wurde bereits kurz nach dem Erstdruck hingewiesen (vgl. Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. In: Die Grenzboten 34 [1873]. II. Semester. Bd 1, S. 296). – Eine Datierung auf das Jahr 1789, als Goethe den „Tasso“ für Band 6 seiner Werkausgabe „Schriften“ überarbeitete (vgl. GB 8 II, zu 130,7–8), ist jedoch nicht gänzlich auszuschließen (vgl. Lieselotte Blumenthal: Die Tasso-Handschriften. In: GJb 12 [1950], 89–125, hier 92). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I, Bl. 17. – 1 Bl. 18,5(–18,7) × 11,9, 1 S. beschr., egh., Tinte; über dem Brieftext von fremder Hd, Tinte: „An Knebel.“, daneben von fremder Hd, Tinte: „März 1789“.

NOVEMBER 1780

461

E: Goethe-Knebel 1 (1851), 92f., Nr 85 (Datierung: „[1789]“). WA IV 5 (1889), 3, Nr 1040 (nach E; Datierung: „[9. November.]“ 1780). WA IV 9 (1891), 84, Nr 2727 (Doppeldruck, nach E; Datierung: „[12. Februar.]“ 1789; Hinweis auf die zweifelhafte Datierung in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 257). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 161,6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 161,6 deinen Morgen Gruß und deine Expecktoration] Nicht überliefert. – Die Briefpartner waren sich am Vortag begegnet; laut Tagebuch verbrachte Knebel den Abend bei sich: „War heftig angespannt im Denken.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 90v.) Worauf sich Goethe bezieht, konnte nicht ermittelt werden. Möglicherweise steht die Äußerung in Verbindung mit Knebels Homer-Lektüre, die er im Tagebuch registrierte (vgl. ebd.). – ‚Expektoration‘: Herzenserguss, Erleichterung (vgl. GWb 3, 499). 161,8 erste Scene des Tassos fertig geworden] Vgl. zu 161,2. 161,8–9 Ich gehe an Hof] Auch Knebel war am 9. November zur Fürstlichen Tafel eingeladen (vgl. FB 1780, S. 228). Offenbar reagierte er auf vorliegenden Brief, indem er gleich zu Goethe stieß: „Mit Göthe bis Mittags. Fr. v. Stein kommt. Mittags bey Hof. Nachher zu Fr. v. Stein.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 91r; vgl. zu 161,1–2.) 161,9 lese sie auch diesen Nachmittag bey Fr. v Stein] Vgl. zu 161,3–4; 161,4. 161,11–12 euch nun nach und nach mit dem Stück bekannt machen] Tatsächlich tauschte sich Goethe intensiv mit Charlotte von Stein und Knebel während der Arbeit am „Tasso“ aus. Er schickte Charlotte von Stein den ersten Akt am 15. November (vgl. die erste Erläuterung zu 162,15), am 21. November fand eine kleine Vorlesung statt, an der Knebel teilnahm (vgl. 166,5). Knebel erhielt offenbar Anfang Dezember 1780 eine Abschrift (vgl. zu 170,4); am 18. Dezember 1780 notierte er im Tagebuch: „Abends bey Fr. v. Stein, wo Göthe seine Geschwister und Tasso las.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 102v.)

196. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 111. – 1 Bl. 14,8 × 9,6(–9,8) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben

462

BRIEFE 197/198

rechts von fremder Hd, Tinte: „151.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 141), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 367. WA IV 5 (1889), 4, Nr 1041. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 161,16 Friz] Friedrich von Stein, der mit seiner Mutter am 8. oder 9. November aus Kochberg zurückgekehrt war. 161,16 Kupfer] Dazu merkt Friedrich von Stein an: „Es war ein großer Theil der Kupfer u Vignetten aus Lavaters Phisiognomik von Lips gestochen.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 9v.) 161,16–17 Kästgen] Vielleicht mit eingelegtem Obst, das Goethe in seinem Brief vom 7. November angekündigt hatte (vgl. 160,19). 161,17 Carolingen] Caroline von Ilten. 161,17–18 Englisch lernen] Vor allem durch Sophie von Schardt waren Charlotte von Stein und der Weimarer Freundeskreis wieder zum Gebrauch der englischen Sprache angeregt worden (vgl. die dritte Erläuterung zu 31,19). 161,19 Mein Erster Ackt 〈…〉 fertig werden.] Der erste Akt der frühen Prosafassung des „Tasso“ (vgl. zu 161,2), den Goethe, wie angekündigt, noch am selben Tag beendete (vgl. 162,3–4).

197. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 112. – 1 Bl. 19,7 × 8,1 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „152.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 142), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 368. WA IV 5 (1889), 4, Nr 1042. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 162,1–2 hierhaussen] Im Gartenhaus am „Stern“, das Goethe schon in den Jahren zuvor winterfest gemacht hatte. – ‚Haußen‘ umgangssprachlich für ‚draußen‘ (vgl. Adelung 2, 1035f.).

NOVEMBER 1780

463

162,2–3 die Wolcken liegen 〈…〉 schweer auf] Vgl. zu 24,23–24. 162,3–4 mein erster Ackt fertig geworden] Der erste Akt der frühen Prosafassung des „Tasso“ (vgl. zu 161,19). 162,4 lesen] Auf eine Lesung am Abend des 13. November bei Charlotte von Stein verweist der Beginn des folgenden Briefes (vgl. 162,9) sowie Knebels Tagebucheintrag: „Gegen Abend zu Fr. von Stein.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 47v.) 162,6 Heut ein Jahr] Verkürzt für ‚heute vor einem Jahr‘ oder ‚heute ist es ein Jahr her‘. 162,6 auf dem Gotthart] Während der Schweizer Reise bestieg Goethe in Begleitung des Herzogs auch den Sankt Gotthard. Auf dem Gotthart bey den Capuzinern (GB 3 I, 341,17) hatte er am 13. November 1779 einen Brief an Charlotte von Stein geschrieben (vgl. GB 3 I, Nr 546).

198. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 14. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 112. – 1 Bl. 17,1(–17,3) × 7,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „153.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 143), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 368. WA IV 5 (1889), 5, Nr 1044. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet entweder ein nicht überliefertes Billett oder eine mündlich überbrachte Einladung Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. 162,9–10). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 162,9 Da der Tag anbricht 〈…〉 bey Ihnen sein] Wahrscheinlich hatte Goethe den Abend zuvor bei der Adressatin verbracht (vgl. zu 162,4). 162,9–10 nehme also Ihre Einladung zu Mittage an] Mit Bezug auf eine mündlich oder schriftlich überbrachte Einladung Charlotte von Steins. 162,10–11 das Conseil soll kurz werden] In der dritten „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums im November 1780, an der neben Herzog Carl August und Goethe auch Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen, wurden mehr als 20 Vorgänge behandelt (vgl. Wahl, Consilium, 628–630, Nr 8926–8962). 162,11 Verzög] Konjunktiv Irrealis zu ‚verziehen‘: hier in der Bedeutung von ‚verzögern‘ (vgl. Adelung 4, 1188).

464

199. An Charlotte von Stein

BRIEFE 199–201

〈Weimar〉, 15. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 112. – 1 Bl. 15,8 × 7,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „154“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 144), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 368. WA IV 5 (1889), 5, Nr 1045. BEIL AG E

Manuskript des 1. Akts der Prosafassung des „Tasso“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 162,15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 162,14 Ihr gütigs Zureden und mein Versprechen] Mit Bezug auf die Weiterarbeit am „Tasso“ und ein Gespräch darüber während des Mittagessens am 14. November (vgl. zu 162,9–10). 162,15 den II ten Ackt anfangen machen] Der frühen Prosafassung des „Tasso“. 162,15 Hier ist der 1ste] Vgl. zu 161,19; nicht überliefert. 162,19 Der Zeichentisch] Vielleicht „das Zeichen Tischgen 〈…〉 in dem Comödien Hauß“, an dem Goethe nach einer Rechnung des Schlossers Johann Adam Hieronymus Gottfried Frede vom 20. Juli 1780 Beschläge, Scharniere und Schlösser hatte anbringen lassen (GR/Belege 1780, 2, Bl. 11).

200. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 16. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 113. – 1 Bl. 15,7(–15,9) × 10,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „155.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 145), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 369. WA IV 5 (1889), 5f., Nr 1046.

NOVEMBER 1780

465

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise ein nicht überliefertes Billett Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. 163,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 163,1 Danck für den guten Morgen.] Mit Bezug auf ein Billett, möglicherweise auch auf ein als Morgengruß überbrachtes ‚Frühstück‘ (vgl. zu 38,12). 163,3 Frühmorgens 〈…〉 zu Hause zu bleiben] Im November 1780 hatte Goethe jeweils morgens am „Tasso“ gearbeitet (vgl. zu 161,2). 163,5 den Ackt] Den ersten Akt der frühen Prosafassung des „Tasso“, den Goethe am Vortag überschickt hatte (vgl. die zweite Erläuterung zu 162,15). 163,6–7 Brockenburgs] Christian Albrecht Günther von Brockenburg, Schwarzburg-Rudolstädter Berghauptmann und Kammerrat, Besitzer einer Naturaliensammlung. Er war wissenschaftlicher Berater und Reisebegleiter des Erbprinzen Friedrich Carl von Schwarzburg-Rudolstadt sowie Begründer des fürstlichen Naturalienkabinetts. – Über eine briefliche Verbindung Goethes zu Brockenburg ist nichts bekannt. 163,7 Rudolstadt] Residenz des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt, etwa 34 km südlich von Weimar. Das Familiengut der Steins und das Dorf Großkochberg lagen nur etwa 8 km nördlich von Rudolstadt, gehörten aber (bis 1826) als Exklave zum Herzogtum Sachsen-Gotha und Altenburg.

201. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 113. – 1 Bl. 20 × 8,3 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); untere linke Ecke roter Siegelrest und Siegelausriss; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „157.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 147), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 370. WA IV 5 (1889), 6, Nr 1048. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 163,9 Portfeuille] Franz. Portefeuille: Brieftasche, Mappe. – Für die Zeit etwa vom 8. bis 20. November 1780, in der Goethe neben dem Erledigen seiner Amtsgeschäfte täglich am „Tasso“ arbeitete, hält er resümierend im Tagebuch fest: Wenn nichts gehen wollte gezeichnet (GT I 1, 117.) 163,11 Mein Stück] Die frühe Prosafassung des „Tasso“.

466

BRIEFE 202/203

163,11 dessen Ende] Die Arbeit am „Tasso“ sollte sich noch lange hinziehen, nachweislich lagen im November des folgenden Jahres erst zwei Akte vor (vgl. zu 161,2). 163,12 Erinnerungen] ‚Erinnerung‘ hier im Sinne von ‚Ermahnung‘, das „Mitel 〈…〉 an eine Sache, besonders an die Erfüllung einer Pflicht zu erinnern“ (Adelung 1, 1905).

202. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 114. – 1 Bl. 17 × 10(–10,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), linke untere Ecke abgeschnitten; Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „158.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 148), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 370. WA IV 5 (1889), 7, Nr 1049. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 164,5), der Antwortbrief ist nicht überliefert. 163,14–15 Der Himmel sey 〈…〉 sehr leidig ist.] Am 20. November vermerkt Knebel im Tagebuch: „Morgens gegen 9 Uhr mit dem Herzog und Goethe nach Tauhart. bös Wetter. Hr. v. Münchhausen aus Berlin da. Der Herzog fuhr gegen Abend wieder weg. Ich blieb.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 48v.) Offenbar kam auch Goethe mit dem Herzog am selben Tag zurück (vgl. 164,1). – Zu Tauhardt (heute Ortsteil von Finne), etwa 30 km nordöstlich von Weimar, vgl. zu 50,7. 163,15 Geschrieben ist worden heute früh] An der Prosafassung des „Tasso“ (vgl. zu 163,3).

NOVEMBER 1780

203. An Charlotte von Stein

467

〈Weimar〉, 21. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 114. – 1 Bl. 15,8 × 8(–8,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „159“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 149), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 371f. WA IV 5 (1889), 7f., Nr 1051. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 20. November 1780 (vgl. zu 164,5). – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 164,1–2), der Antwortbrief ist nicht überliefert. 164,1–2 ob Sie noch heut Abend 〈…〉 kommen] Laut Knebels Tagebuch war er am 21. November mit Herzog Carl August, Emilie von Werthern-Beichlingen und Sophie von Schardt „Abends bei Goethe“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 48v). Charlotte von Stein sagte ab. Im Tagebuch vom 21. November vermerkt Goethe: 〈Charlotte von Stein〉 war krank. (GT I 1, 117.) 164,3–4 Die kleine Werthern und Knebel kommen von Daura auch zu uns.] Die von Knebel verehrte Emilie von Werthern-Beichlingen geb. von Münchhausen-Steinburg, die dieser zuvor auf einem Familiensitz der Münchhausens in Tauhardt besucht hatte. Laut Tagebuch vom 21. November las er „des Morgens mit Frau von W〈erthern〉 und Frau von M〈ünchausen〉 im Shaftesbury“ und war abends wieder in Weimar (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 48v). – ‚Daura‘: Tauhardt (heute Ortsteil von Finne), etwa 30 km nordöstlich von Weimar. 164,4 Gestern war 〈…〉 böser Weeg.] Am Tag zuvor waren auch Goethe und Carl August in Tauhardt gewesen (vgl. zu 163,14–15). – ‚Böser Weg‘: schlechte, unbefestigte Straßen, wie sie in der Umgebung Weimars häufig vorkamen (vgl. zu 51,14–16). So reiste Knebel laut Tagebuch am 21. November nachmittags „nach 2 Uhr“ aus Tauhardt ab und war „Um 6 Uhr“ in Weimar, brauchte für eine Strecke von etwa 30 km also knapp vier Stunden (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 48v). 164,5 Wie ist Ihr Abendessen abgelaufen?] Das Essen hatte Charlotte von Stein wahrscheinlich im Bezugsbrief angekündigt. 164,6 Heut früh war ich nicht fleisig.] Wohl mit Bezug auf eine Unterbrechung der Arbeit am „Tasso“ (vgl. zu 163,3).

468

BRIEFE 204–206

204. An Louise von Göchhausen

〈Weimar, 21. November 1780?〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Aus der Erwähnung des Tasso (164,11), an dem Goethe seit der zweiten Oktoberhälfte 1780 arbeitete (vgl. zu 161,2), und dem vermuteten inhaltlichen Bezug zu Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 21. November 1780 (Nr 203; vgl. zu 164,7) zu schließen, schrieb Goethe den Brief wahrscheinlich am 21. November 1780. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/200a. – 1 Bl. 9,7 × 8 cm, Bordüre mit zwei Balken, in weiten Abständen umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; Paraphe von fremder Hd ergänzt mit Bleistift: „öthe“, Heftspuren. E: WA IV 5 (1889), 7, Nr 1050 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Louise Ernestine Christiane Juliane von Göchhausen (1752–1807), Gesellschafterin und Vorleserin der Herzoginmutter Anna Amalia, gehörte zum Mittelpunkt des geselligen Lebens in Weimar und Tiefurt. Für Goethe, mit dem sie ein freundschaftliches Verhältnis verband, versah sie gelegentlich Schreiberdienste. – Der vorliegende Brief ist neben einem Gedichtbrief vom 1. Januar 1779 (GB 3 I, Nr 442) der einzige überlieferte Brief Goethes an Louise von Göchhausen. Darüber hinaus sind drei Briefe an sie von der italienischen Reise erschlossen (vgl. GB 7 I, EB 23, EB 115 und EB 167). Von Louise von Göchhausen sind bis 1788 keine Briefe an Goethe überliefert. – Über Louise von Göchhausen vgl. auch die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 442. 164,7 lieben Reisenden] Möglicherweise Carl Ludwig von Knebel und Emilie von Werthern-Beichlingen, die am 21. November 1780 aus Tauhardt zurückgekehrt waren (vgl. 164,3–4; zu 164,1–2; zu 164,3–4). In seinem Tagebuch notierte Goethe am 21. November: Abends die Werther Carolingen die Schardt. d. . 〈Herzog Carl August〉 Knebel Schardt zu Tisch. (GT I 1, 117.) 164,7 Alles andre] Darüber ist nichts bekannt. 164,11 Tasso] Seit der zweiten Oktoberhälfte 1780 arbeitete Goethe an der Niederschrift des Dramas „Torquato Tasso“ (vgl. zu 161,2). Am 21. November schrieb er an Charlotte von Stein wohl mit Bezug auf seine Arbeit am „Tasso“: Heut früh war ich nicht fleisig. (164,6.)

NOVEMBER 1780

205. An Charlotte von Stein

469

〈Weimar〉, 22. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 114. – 1 Bl. 19,9 × 10,9(–11,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „160.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 150), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 371. WA IV 5 (1889), 9, Nr 1053. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich eine mündliche Nachricht oder einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 21. November 1780 (vgl. zu 164,12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 164,12 wie Sie sich befinden] Charlotte von Stein war am Vortag der Abendeinladung Goethes nicht gefolgt, weil sie sich nicht wohl fühlte (vgl. zu 164,1–2). 164,13 meine Gäste] Vgl. die erste Erläuterung zu 164,7. 164,13 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier etwa: der Situation entsprechend verbindlich, liebenswürdig (vgl. GWb 1, 839f.). 164,13 disponirt] Hier: ‚gut gestimmt‘, in ‚guter geistig-seelischer Verfassung‘ (vgl. GWb 2, 1221). 164,14–15 bey der Herzoginn Mutter] Bei Anna Amalia, die eine eigene Hofhaltung im Palais an der Esplanade (heute Wittumspalais am Theaterplatz) unterhielt.

206. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 23. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 115. – 1 Bl. 16,5 × 8,7(–8,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), untere linke Ecke abgeschnitten; Rs./Vs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „161.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 151), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 371. WA IV 5 (1889), 9, Nr 1054.

470

BRIEFE 207/208

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein noch am selben Tag (vgl. die erste Erläuterung zu 165,8), der Antwortbrief ist nicht überliefert. 165,1–2 Hufland hat mir ein böses Frühstück geschickt.] Johann Friedrich Hufeland, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar. Am oder nach dem 20. November 1780 vermerkt Goethe im Tagebuch: fürchtete die Kranckheit vom Anfang des Jahrs (GT I 1, 117). Im Januar und Februar war Goethe an einer fieberhaften Infektion der Atemwege erkrankt und hatte mehrere Rückfälle erlitten (vgl. die erste Erläuterung zu 23,1). – ‚Böses Frühstück‘: Arznei oder Diätvorschrift (vgl. 166,4). 165,3 überbringern] Wahrscheinlich Maria Dorothea Goetze, die für Goethe Botendienste übernahm (vgl. zu 150,2). 165,3 1 Ackt des Tasso] Manuskript des 1. Aktes der Prosafassung des „Tasso“, das Goethe der Freundin am 15. November 1780 geschickt hatte (vgl. Beilage zu Nr 199). 165,4–5 Die erste Scene des zweiten Ackts 〈…〉 fertig.] Daran hatte Goethe seit dem 15. November gearbeitet (vgl. 162,14–15).

207. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 24. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 115. – 1 Bl. 19,1(–19,4) × 6,9(–7,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); obere Ecken ausgerissen; Rs./Vs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „162.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 152), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 371f. WA IV 5 (1889), 9, Nr 1055. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 23. November 1780 (vgl. die erste Erläuterung zu 165,8). – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein noch am selben Tag (vgl. zu 165,14). 165,8 Ich dancke für den Anteil] Mit Bezug auf einen Brief Charlotte von Steins, mit dem sie auf Goethes Nachricht von seiner Erkrankung reagiert hatte (vgl. zu 165,1–2). – ‚Anteil‘: hier ‚Anteilnahme‘.

NOVEMBER 1780

471

165,8 Das Unvermeidliche] Die Verhaltensmaßregeln und Diätvorschriften des Arztes. 165,12 Conseil] Bei der fünften „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums im November 1780 waren Carl August, Goethe, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß anwesend (vgl. Wahl, Consilium, 631–633, Nr 8992–9010). – Goethe nahm im November 1780 an allen Sitzungen des Consiliums teil (vgl. ebd., 105). 165,12 poetischer Rasttag] An dem Goethe seine Arbeit am „Tasso“ unterbrochen hatte (vgl. zu 165,4–5). Am Abend des 24. November fand eine Wiederholung der Aufführung von Goethes Singspiel „Jery und Bätely“ statt (vgl. Sichardt, 163 und zu 79,6).

208. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 113. – 1 Bl. 16,9(–17,2) × 10,8 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), untere Ecken ausgerissen; Rs./Vs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „156.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 146), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 372. WA IV 5 (1889), 9, Nr 1056. ERL ÄUT ERUNGEN

Möglicherweise antwortete Goethe auf einen nicht überlieferten Brief vom 24. November 1780 (vgl. zu 165,14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 165,14 Es geht mir heute ganz wohl] Vielleicht eine Erwiderung auf eine briefliche Erkundigung Charlotte von Steins vom 24. November. 165,14–15 etwas geschrieben] Am „Tasso“, an dem Goethe seit etwa Mitte Oktober kontinuierlich arbeitete. 165,15–16 Heut Mittag ess ich mit Knebeln] In Knebels Tagebuch vom 25. November wird das Essen nicht erwähnt. 165,16–17 gegen Abend mögt ich 〈…〉 die erste Scene des II Ackts lesen] Die erste Szene des zweiten Akts der Prosafassung des „Tasso“, an der Goethe seit dem 15. November gearbeitet hatte (vgl. 162,14–15). Vermutlich fand die Lesung nicht statt, wie Knebels Tagebuch vom 25. November nahelegt: „Abends bey der Herzogin Mutter. Wieland da. Göthe dann der Herzog. Musik da.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 49r.) – ‚Lingen‘: Caroline von Ilten.

472

209. An Charlotte von Stein

BRIEFE 209/210

〈Weimar, 25.? November 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist der Inhalt des vorliegenden Briefes auf eine Datierung nach Abschluss des ersten Aktes der frühen Fassung des „Tasso“ Ende November 1780, als Charlotte von Stein und Goethe erkrankt waren. Seit dem Erstdruck wird der Brief daher überwiegend auf den 25. November datiert, die WA setzt ihn auf den 21. November, weil „Papier und Schnitt“ mit dem Brief vom 22. November 1780 (Nr 205) „völlig übereinstimmen“ würden (WA IV 5, 360, zu Nr 1052). Letzteres ist nicht der Fall (vgl. die Überlieferungen zum vorliegenden Brief und zu Nr 205). Auch der Inhalt spricht für eine etwas spätere Datierung, weshalb die bisher überwiegend vorgenommene beibehalten wurde (vgl. zu 166,1–2). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 93. – 1 Bl. 18,5 × 11,4(–11,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „219“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 219), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 372. WA IV 5 (1889), 8, Nr 1052. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 166,1–2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 166,1–2 So lang ich Bleystifft 〈…〉 nicht wohl.] Mit Bezug auf einen Brief Charlotte von Steins, in dem sie die abendliche Verabredung zur Lesung aus dem „Tasso“ abgesagt haben könnte, da sie noch immer krank war (vgl. zu 165,16–17). Dies ahnte Goethe schon beim Anblick der Bleistiftschrift (vgl. Überlieferung) und noch bevor er den Brief gelesen hatte, der nicht wie üblich mit Tinte und am Schreibtisch, sondern wahrscheinlich im Bett geschrieben worden war. Die Formulierung verweist zudem darauf, dass Goethe die Erkrankung der Freundin, die er im Tagebuch vom 21. November vermerkte hatte, schon bekannt war. – Dazu merkte Friedrich von Stein an: „Sie 〈Charlotte von Stein〉 schrieb im Bette.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 12r.) 166,2–3 hören Sie auch den Arzt] Wahrscheinlich Johann Friedrich Hufeland, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar, der auch Goethe behandelte.

NOVEMBER 1780

473

166,4 Regim] Von franz. régime: Regiment, Lebensweise, hier: Diät. – Vgl. zu 165,1–2. 166,5 Knebel hat 〈…〉 über den 1sten Ackt gesagt.] Der erste Akt der Prosafassung des „Tasso“, den Goethe am 12. November 1780 abgeschlossen und am 15. Charlotte von Stein geschickt hatte, und zwar mit der Bitte, ihn niemand sehen (162,17) zu lassen. Am 23. November erbat sich Goethe das Manuskript zurück (vgl. zu 165,3). Knebel wird den ersten Akt erst danach kennen gelernt und sich darüber geäußert haben, möglicherweise am Mittag oder Abend des 25. November (vgl. zu 165,15–16; zu 165,16–17).

210. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 27. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 115. – 1 Bl. 15,8 × 8 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), untere rechte Ecke ausgerissen; unten links roter Siegelrest; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „163.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 153), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 373. WA IV 5 (1889), 10, Nr 1057. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am selben Tag in einem nicht überlieferten Brief (vgl. zu 166,12). 166,8 Rehbraten] Wahrscheinlich ein Jagdgeschenk des Herzogs, der am 17. und 18. November mit dem Landgrafen Adolph von Hessen-Philippsthal-Barchfeld (vgl. zu 192,1) zur Jagd in Troistedt und Magdala gewesen war (vgl. FB 1780, S. 236). 166,9 Wie befinden Sie Sich.] Vgl. zu 166,1–2. 166,9–10 Ich bin fleisig in allem Sinn.] Seit Mitte Oktober arbeitete Goethe fast täglich an der Prosafassung des „Tasso“, nahm regelmäßig an den Sitzungen des Geheimen Consiliums teil und zeichnete wieder häufiger.

474

211. An Charlotte von Stein

BRIEFE 211–213

〈Weimar〉, 29. November 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 116. – 1 Bl. 14 × 5,5(–5,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „164.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 154), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 373. WA IV 5 (1889), 10, Nr 1058. ERL ÄUT ERUNGEN

Möglicherweise beantwortet Goethe einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 166,12). – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein durch eine mündlich überbrachte Nachricht oder in einem nicht überlieferten Brief (vgl. zu 167,2). 166,12 Rehrücken] Vgl. zu 166,8. – Der Anfang des Briefes bezieht sich wahrscheinlich auf eine Nachricht oder einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins, in dem sie Goethes Einladung vom 27. November abgesagt hatte. 166,14 heut ist vor Tag geschrieben worden] Am „Tasso“ (vgl. zu 163,3). 166,15 dl. 29 Nov 80.] Goethe musste die Einladung auf den 29. verschieben, weil er am 28. November Gast der großen Hoftafel war (vgl. FB 1780, S. 243), die aus Anlass des Besuchs des Herzogs von Sachsen-Meiningen stattfand (vgl. zu 171,5).

212. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 30. November 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist der Inhalt des vorliegenden Briefes auf einen Zusammenhang mit den beiden Briefen vom 27. und vom 29. November 1780 (Nr 210 und 211). Wahrscheinlich wurde er am 30. November geschrieben (vgl. zu 167,1). Seit dem Erstdruck wird der Brief auch so datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 91. – 1 Bl. 10,7 × 7,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu

NOVEMBER/DEZEMBER 1780

475

Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „212.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 212), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 373. WA IV 5 (1889), 10, Nr 1059. BEIL AG E

Rehbraten (vgl. zu 167,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Wahrscheinlich beantwortet Goethe eine Nachricht oder einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 29. November (vgl. zu 167,2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 167,1 Rehrücken] Vgl. zu 166,12. 167,2 Geseegnete Mahlzeit an die ganze Gesellschafft] Offenbar hatte Charlotte von Stein mit dem Hinweis auf eine Mittagsgesellschaft die wiederholte Einladung Goethes zu einem gemeinsamen Essen abgesagt, der ihr daraufhin den Rehbraten zukommen ließ.

213. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 116. – 1 Bl. 10,2(–10,6) × 8,7(–9,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „165.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 155), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss: Billet für Charlotte von Stein (vgl. die zweite Erläuterung zu 167,5). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 373. WA IV 5 (1889), 10f., Nr 1060. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief antwortet auf eine Sendung Charlotte von Steins wahrscheinlich mit Begleitbrief vom selben Tag (vgl. zu 167,4–5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 167,4–5 Wir müssen einander in Sprachen 〈…〉 recht sehr.] Goethe bedankt sich offenbar für eine Sendung vom selben Tag, möglicherweise ein Lexikon (vgl. 141,20). Wahrscheinlich lag ein Begleitbrief bei. 167,5 Feldhuhn] Ein „auf dem Feld lebender Hühnervogel, Rebhuhn“ (GWb 3, 645). – In Goethes Rechnungsbüchern für den Dezember 1780 ist in der Rubrik Fleisch u.a. der Kauf von junge〈n〉 Hühner〈n〉 und einem Feldhuhn vermerkt

NOVEMBER/DEZEMBER 1780

475

Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „212.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 212), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 373. WA IV 5 (1889), 10, Nr 1059. BEIL AG E

Rehbraten (vgl. zu 167,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Wahrscheinlich beantwortet Goethe eine Nachricht oder einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 29. November (vgl. zu 167,2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 167,1 Rehrücken] Vgl. zu 166,12. 167,2 Geseegnete Mahlzeit an die ganze Gesellschafft] Offenbar hatte Charlotte von Stein mit dem Hinweis auf eine Mittagsgesellschaft die wiederholte Einladung Goethes zu einem gemeinsamen Essen abgesagt, der ihr daraufhin den Rehbraten zukommen ließ.

213. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 116. – 1 Bl. 10,2(–10,6) × 8,7(–9,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „165.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 155), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss: Billet für Charlotte von Stein (vgl. die zweite Erläuterung zu 167,5). E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 373. WA IV 5 (1889), 10f., Nr 1060. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief antwortet auf eine Sendung Charlotte von Steins wahrscheinlich mit Begleitbrief vom selben Tag (vgl. zu 167,4–5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 167,4–5 Wir müssen einander in Sprachen 〈…〉 recht sehr.] Goethe bedankt sich offenbar für eine Sendung vom selben Tag, möglicherweise ein Lexikon (vgl. 141,20). Wahrscheinlich lag ein Begleitbrief bei. 167,5 Feldhuhn] Ein „auf dem Feld lebender Hühnervogel, Rebhuhn“ (GWb 3, 645). – In Goethes Rechnungsbüchern für den Dezember 1780 ist in der Rubrik Fleisch u.a. der Kauf von junge〈n〉 Hühner〈n〉 und einem Feldhuhn vermerkt

476

BRIEFE 214/215

(GR/RB 1780, 10). – Möglicherweise handelte es sich hier auch um ein Jagdgeschenk. Am 30. November hatten zu Ehren des Herzogs von Sachsen-Meiningen (vgl. zu 166,15) Jagd und Tafel in Ettersburg stattgefunden (vgl. FB 1780, S. 245). 167,5 Billet] Brief eines unbekannten Absenders an Charlotte von Stein; nicht überliefert. 167,6–7 konnten] Für ‚könnten‘; das indikative Präteritum hier wie gelegentlich in den frühen Briefen Goethes als Konjunktiv Irrealis verwendet.

214. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 117. – 1 Bl. 20,7 × 8,4 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), linke obere Ecke ausgerissen; oben rechts Reste eines roten Siegels; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „169.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 159), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 374. WA IV 5 (1889), 12f., Nr 1062. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 167,8 zu den Feldhünern komen] Vgl. die erste Erläuterung zu 167,5. 167,8–9 nach Hofe zitirt] Am 3. Dezember war Goethe anlässlich des Besuchs des Herzogs von Sachsen-Meiningen mittags Gast der großen Hoftafel (vgl. FB 1780, S. 247). 167,9 Heut Abend 〈…〉 hinauf.] Am 3. Dezember fand abends „Cour und Concert“ sowie eine große Hoftafel mit 24 Personen statt (FB 1780, S. 247). Knebel notiert im Tagebuch: „Abends im Concert. Göthe mismuthig.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 50v.) 167,10 kein Ruhetag] Mit Bezug auf die Arbeit am „Tasso“ (vgl. zu 163,3).

DEZEMBER 1780

215. An Ferdinand Kobell

477

Weimar, 3. Dezember 1780 → 〈Mannheim〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Sign.: 13/46–5. – Doppelblatt 19,8 × 27,8 cm, 1 ¾ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, egh. Orts- und Datumsangabe sowie egh. Unterschrift, Tinte; S. 3 Adresse, Tinte: An Herrn Hofmahler Kobel / in / Manheim / frank., rote Siegelreste. E: Allgemeine Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst, Literatur, Musik, Mode und geselliges Leben. Hrsg. von Adolf Bäuerle. 32. Jahrgang. Wien, 30. April 1839, Nr 87, S. 425. WA IV 5 (1889), 11, Nr 1061 (nach einer Abschrift). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Maler und Radierer Ferdinand Kobell (1740–1799), der als einer der Wegbereiter der realistischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts gilt, wurde in Mannheim als Sohn des kurpfälzischen Finanzkammerrats Balthasar Kobell und dessen Frau Maria Franziska geb. Mezinger geboren. Schon während seines Jurastudiums in Heidelberg und seiner Anstellung als Sekretär der Hofkammer in Mannheim entstanden erste Landschaftszeichnungen. 1762 erhielt Kobell von Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz ein Stipendium, um an der Mannheimer Zeichenakademie bei Peter Anton von Verschaffelt zu studieren, woraufhin er 1764 zum kurfürstlichen Hof-Theatermaler und 1766 zum Kabinettsmaler ernannt wurde. Während eines Aufenthalts in Paris 1768 bis 1770 beschäftigte er sich intensiv mit der Technik des Radierens sowie dem Studium der holländischen Landschaftsmalerei. Nach seiner Rückkehr wurde er 1771 Kabinetts-Landschaftsmaler in Mannheim, wo er auch nach dem 1778 erfolgten Wegzug des Hofes nach München bis 1793 blieb. 1798 übernahm Kobell die Leitung der aus Mannheim nach München gelangten Gemäldegalerie. 1780 war in den „Rheinischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit“ (Mannheim 1780) eine Biographie Ferdinand Kobells („Geschichte eines berühmten Landschaftsmalers“ [Erster Band. Heft 4, S. 320–330]; „Fortsetzung der Geschichte eines berühmten pfälzischen Landschaftsmalers“ [Erster Band. Heft 6, S. 466–474]) erschienen, in der Kobells Werk als „ein Spiegel der Natur“ (S. 473) bezeichnet wurde. Diese unmittelbare Naturdarstellung, umgesetzt in ideale Landschaften, wird es auch gewesen sein, die Goethe an Kobells Gemälden, Zeichnungen und Radierungen, „bei denen er wiederum seine Vorliebe für die Schlichtheit der Niederländer bestätigt sah“, beeindruckt hat (Andreas Krock: „Alle meine Freunde habe ich zur Bewunderung aufgefordert…“ Goethe und die Künstlerbrüder Ferdinand und Franz Kobell. In: Mannheimer Geschichtsblätter 23/2012, S. 141).

478

BRIEF 215

Noch in „Dichtung und Wahrheit“ schrieb Goethe: Was ich nicht als Natur ansehen, an die Stelle der Natur setzen, mit einem bekannten Gegenstand vergleichen konnte, war auf mich nicht wirksam. (AA DuW 1, 270 [8. Buch].) Goethe ist Ferdinand Kobell, der u. a. mit Wolfgang Heribert von Dalberg und dem Maler und Dichter Friedrich Müller befreundet war, wahrscheinlich nur einmal auf seiner Rückreise aus der Schweiz begegnet (vgl. zu 168,9). Auch sind von Goethe nur der vorliegende und ein Brief vom 5. Februar 1781 (Nr 275) an Kobell überliefert. Briefe Kobells an Goethe liegen nicht vor. Es ist jedoch bekannt, dass Goethe auch in den folgenden Jahren Zeichnungen und Graphiken von Ferdinand Kobell erhalten hat, die er als ganz fürtrefflich und rechte Stärkung für den Künstler Sinn empfand (GB 6 I, 10,5–6). Am 27. Januar 1783 bat er Friedrich Justin Bertuch um die radirten Landschaften von Kobel (WA IV 6, 122) und schickte am 28. Oktober 1784 den Probedruck von einer Radirung Fritzens nach einer Kobelischen Zeichnung (WA IV 6, 383) an Herzog Carl August. Auch später beschäftigte Goethe sich noch mit den Arbeiten der Kobellschen Familie (vgl. GT IV 1, 48, 50, 225; vgl. auch Grave, 92). 167,12 Ihre Gemälde 〈…〉 angekommen] Am 18. Dezember 1780 schrieb Herzog Carl August an Johann Heinrich Merck: „Kobell hat mir 7 Gemählde von sich geschickt. Etwas beträchtlich Momentanes, aber schön. Drey überlaße ich davon meiner Mutter.“ (Merck, Briefwechsel 2, 526.) Überliefert ist eine Quittung vom 10. Februar 1781, auf der Kobell bestätigte, 924 Gulden für die Gemälde erhalten zu haben (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 187, Beleg Nr 216). Aus Anna Amalias Schatulle wurde Kobell für 3 Gemälde bezahlt (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 945, Bl. 330, Beleg Nr 868). Am 10. Februar 1781 schrieb Kobell an Bertuch: „Die gnädigste Zufriedenheit des Durchlauchtigsten Herren Herzogen über meine gemälde – ist die schmeichellhaffteste belohnung so mir widerfahren können“ (GSA 6/1002). Möglicherweise handelte es sich um Gemälde, die Knebel schon am 7. September 1780 in Mannheim gesehen hat: „Morgens zu HLn K o b e l gegangen. Seine Handzeichnungen gesehen, gemalten Landschaften für den Herzog, grosse Zeichnungen.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 38r.) – Von den sieben kleinen Landschaftsbildern, die „Blitze, bewegte Wolkenformationen, einen lebhaft kontrastierenden Wechsel von Licht und Schatten und eine mitunter durch Naturgewalten zerborstene Vegetation“ zeigen (Goethes „Bildergalerie“, 213), wurden vermutlich fünf oder sechs ab 1825 in der großherzoglichen Gemäldegalerie im Jägerhaus ausgestellt (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 212–218, Nr 127, 128, 129, 131, 133, 134). 168,1 traktiren] Von lat. tractare: behandeln. 168,7–8 Zeichnungen 〈…〉 Herzogin Amalie von Ihnen mitgebracht] Herzoginmutter Anna Amalia war im Herbst 1780 gemeinsam mit Adam Friedrich Oeser auf einer ‚Kunstreise‘ in Mannheim gewesen (vgl. zu 135,6–7), worüber

DEZEMBER 1780

479

Oeser berichtete: „Kobell ist alle Zeit mit dabei den alles schätzt, er ist ein Mann von der feinsten Lebensart, und der heiteren Geist hat.“ (John, Oeser, 129.) Im Bestand der Klassik Stiftung Weimar sind zahlreiche Zeichnungen Kobells überliefert, die meist undatiert sind (vgl. 168,17–18). 168,9 angenehmen Stunden] Auf der Rückreise aus der Schweiz hielten sich Goethe und Herzog Carl August vom 21. bis 24. Dezember 1779 in Mannheim auf und begegneten Kobell möglicherweise im Haus Wolfgang Heribert von Dalbergs, mit dem Kobell befreundet war. In einem Brief an Dalberg vom 2. März 1780 ließ Goethe Kobell grüßen mit der Bitte, dieser möchte bald etwas von sich hören lassen (27,1–2). Über Goethes Aufenthalt in Kobells Stube (168,9) ist nichts weiter bekannt. 168,10 eine kleine Zeichensammlung] In den Briefen um 1780 berichtete Goethe wiederholt über seine Absicht, eine eigene Sammlung anzulegen (vgl. u. a. 12,11; 28,27–29,3; 113,27–114,2; 143,31–144,5; 245,10–13). Neben seinen Verbindungen zu Künstlern und Kunstkennern wie Adam Friedrich Oeser und Johann Heinrich Merck, der intensiven Sammeltätigkeit Herzog Carl Augusts, in die Goethe eingebunden war, und dem Wunsch, den eigenen Blick an Kunstwerken zu schulen, gründet Goethes Sammeltätigkeit wahrscheinlich auf Erwerbungen und Geschenken, die er von der zweiten Schweizer Reise mitgebracht hatte (vgl. 28,27–29,4; zu 28,27). Der frühe Bestand von Goethes Sammlung lässt sich heute mit wenigen Ausnahmen (vgl. zu 144,1–2) nicht mehr erschließen, da aus der Zeit vor der italienischen Reise Verzeichnisse fehlen. – Vgl. dazu Grave, 79–94, 282–284; Goethe-Handbuch3, Supplemente 3, 48f. 168,11 aus Ihrer Fülle] Goethe bedankte sich im folgenden Brief an Kobell (Nr 275) für die schönen Zeichnungen (200,9–10), wobei jedoch nicht zu klären ist, ob es sich um Zeichnungen von Ferdinand Kobell, der ein umfangreiches zeichnerisches und druckgraphisches Werk hinterließ (vgl. Margret Biedermann: Ferdinand Kobell 1740–1799. Das malerische und zeichnerische Werk. München 1973, S. 89–126), oder von dessen Bruder Franz Kobell handelt (vgl. zu 168,13–14). Ob die in Goethes Rechnungsbuch unter dem 18. Mai 1781 verzeichnete Zahlung an den Bankier Johann Lorenz Streiber für Bilder und Kupferstiche 23 thlr 10 gl. (GR/RB 1781/82, Bl. 34v) für die Lieferung von Ferdinand Kobell vorgesehen war, ist nicht zu klären. In Goethes Sammlung sind einige Zeichnungen Ferdinand Kobells überliefert, die er um diese Zeit erhalten haben könnte. Dazu gehören vier Zeichnungen von Landschaften aus den Jahren 1770, 1780 und 1781 (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv. Nr GHz/Sch.I.271,0387.1; GHz/Sch.I.271,0387.4; GHz/ Sch.I.271,0387.5; GHz/Sch.I.271,0387.6), die Zeichnung eines Bauerngehöfts von 1776 (GHz/Sch.I.271,0387.7) und zwei Zeichnungen mit Bauern von 1778 (GHz/Sch.I.271,0388.2; GHz/Sch.I.271,0388.1). Darüber hinaus finden sich zwei Graphiken Kobells von 1771 in Goethes Sammlung (GGr/

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BRIEF 216

Sch.I.129,0254; GGr/Sch.I.129,0255). Den Zeichnungen liegt eine spätere Charakteristik Kobells von Goethe bei: Ferdinand Kobell / der Vater. / Lebte in Manheim, wurde meistens aus sich selbst was er war, ohne Schule. In seinen Compositionen lehnte er sich ganz an Dietrich, Wagner, Lichtenburg. Man hat von ihm ein ganzes Werk landschaftlicher Gegenstände, höchst geistreich radirt, nur von einigen Plänen. (GHz/ Sch.I.272,0395.83.) – Vgl. auch Schuchardt 1, 129 und 271; GB 6 II, zu 10,5. 168,13 unsern Reisenden] Vgl. zu 168,7–8. 168,13–14 Bestellen Sie 〈…〉 Zeichnungen, von Ihrem Bruder] Ferdinand Kobells jüngerer Bruder, der Maler und Zeichner Franz Kobell, hatte nach einer Kaufmannslehre die Mannheimer Zeichenakademie besucht und hielt sich, mit einer Pension durch Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz ausgestattet, seit 1779 zu einem Studienaufenthalt in Rom auf, wo er u. a. Umgang mit den Malern Friedrich Müller und Johann Heinrich Wilhelm Tischbein pflegte. Seine Landschaftszeichnungen knüpfen „an die Tradition Claude Lorrains, Poussins und Dughets an. Es war nicht zuletzt Goethes Auftrag, der Franz Kobells intensive Beschäftigung mit der klassischen Ideallandschaft einleitete.“ (Grave, 91f.) In Goethes Sammlung, in der zahlreiche Zeichnungen Franz Kobells überliefert sind, finden sich auch elf Federzeichnungen „verschiedene〈r〉 meist gebirgige〈r〉 italienische〈r〉 Landschaften.“ (Schuchardt 1, 271; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/ Sch.I.271,0390.1–11.) Goethe legte diesen Zeichnungen später eine ausführliche Charakteristik des Künstlers bei: Franz Kobell Dieser ist nur bekannt durch seine Zeichnungen, die er in einer ihm eigenen Manier mit grosser Schnelligkeit in außerordentlicher Menge verfertigte. Sehr oft findet man in denselben Spuren dass er mit einem sehr geübten Auge die Natur verstanden und empfunden hat; aber bald durch unüberlegte und oft gänzlich unmögliche Massen, die zu seinen Vordergründen dienen sollten, das Gute in den Fernen wieder aufgehoben und völlig zernichtet. Die Hauptneigung dieser Compositionen geht auf im Zusammengedränge vieler unverträglicher Objekte, die auf diesem engen Raum, worin er sie zusammenbringt, unmöglich ihre Basis finden können. Übrigens ist seine Manier geistreich und gefällig. Ich habe auch eigene echte Bilder von diesem Künstler gesehen, die übrigens sehr monoton, fast braun in Braun, und beynah mit noch weniger technischem Verdienst, als seine übrigen Zeichnungen gemahlt waren. (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/ Sch.I.272,0395.81.) Noch 1815 schrieb Goethe im Aufsatz „Proserpina. Melodram von Goethe. Musik von Eberwein“ über Franz Kobell: Deutschland besaß einen Künstler, F r a n z K o b e l l , welcher sich mit Ausführung dieses Gedankens gern und oft beschäftigte. Wir finden landschaftliche Zeichnungen von ihm, wo Ruine und Trümmer aller Art ausgesäet oder, wenn man

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will, zusammengestellt sind, vielleicht allzu reichlich; aber eben deßwegen könnten diese Zeichnungen geschmackreichen Künstlern zum Stoff und zugleich zum Anlaß dienen, die hier geforderte Decoration für ihre Theater glücklich auszubilden. (WA I 40, 109f.) 168,15–16 zum Theil nach der Natur 〈…〉 dann ausführen] Ein Teil der Zeichnungen greift reale Orte auf und ist auf der Rückseite mit Ortsangaben versehen. Diese Blätter erhielten eine zeitgenössische Staffage wie Bauern, Fischer oder Spaziergänger. Die freien Landschaftsbilder erhielten eine antike Staffage. (Vgl. Thomas Herbig: Franz Kobell. Ein Landschaftszeichner um 1800. Aquarelle, Zeichnungen, Radierungen. Stein 1997, S. 16–19.) 168,17–18 dem Herzog 〈…〉 Zeichnungen versprochen] Im Bestand der Klassik Stiftung Weimar sind zahlreiche Zeichnungen Kobells überliefert, die meist undatiert sind. Am 10. Februar 1781 schrieb Kobell an Friedrich Justin Bertuch: „ich werde auch nächstens – 3 abdrück meiner neuen Kupferstich zur Completirung meines angefangnen werks an den HLL Rath übersenden um solche zur HerzoglichL samlung gefälligst denen andern bey zugesellen.“ (GSA 6/1002.) 168,21–22 Der Musikus Kranz 〈…〉 in Manheim bleiben soll] Der Weimarer Violinist und Komponist Johann Friedrich Kranz begab sich 1781 auf eine vom herzoglichen Haus unterstützte Studienreise, die ihn u. a. nach Italien und Wien führte und auf der er auch eine Ausbildung an der Mannheimer Hofkapelle erhielt. Im Brief an Kobell vom 5. Februar 1781 bittet Goethe, Kranz zu grüßen (vgl. 200,17). 168,24 Herrn von Dalberg] Wolfgang Heribert von Dalberg, den Goethe Ende 1779 persönlich in Mannheim kennen gelernt hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 504) und der mit Kobell befreundet war.

216. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, 10., 13., 14., 19. November oder 3. Dezember 1780?〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Die Datierung ist unsicher; aufgrund des Inhalts ist eine Datierung auf den Zeitraum der ersten Phase der Arbeit am „Tasso“ im November/Dezember 1780 plausibel. In diesem Fall wäre auf der Grundlage des Fourierbuchs eine Datierung am 10., 13., 14., 19. November oder am 3. Dezember 1780 möglich (vgl. zu 169,3). Aus Knebels Tagebüchern lassen sich keine weiteren Anhaltspunkte für eine genauere Datierung finden. – Eine Datierung auf die Zeit der Neubearbeitung des Stücks ab Februar 1789, als Goethe an der Göschen-Ausgabe arbeitete, ist nicht auszuschließen (vgl. GB 8 II, zu 81,6–7, zweite Erläuterung zu 113,3 und zu 130,7–8).

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BRIEFE 217/218

ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-2417 – Doppelblatt 13,5 × 19,7 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „Apr. 89. /17“; oben links von fremder Hd, Tinte: „g, i.“; unter dem Brief von fremder Hd, Tinte: „Göthes Handschrift / CWvKnebel)“; S. 4 Adresse: Hl v. Knebel, Rest einer Verschlussoblate. E: Goethe-Knebel 1 (1851), 93, Nr 87 (Datierung: „[1789]“). WA IV 5 (1889), 4f. Nr 1043 (nach E; Datierung: „[13. November.]“ 1780). WA IV 9 (1891), 86, Nr 2730 (Doppeldruck, nach E; Datierung: „[17. Februar.]“ 1789). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 169,1 Dein kleiner Bote] Nicht ermittelt. 169,1 Tasso] Vgl. zu 161,2. 169,3 bey Hofe speißest] Laut Fourierbuch war Knebel am 10. (vgl. FB 1780, S. 229), am 13. (S. 232), am 14. (S. 233), am 19. (S. 237) und am 28. November (S. 243) sowie am 3. Dezember 1780 (S. 247) an der Fürstlichen Tafel eingeladen. Da am 28. November auch Goethe an der Tafel teilnahm, ist eine Datierung auf diesen Tag auszuschließen. 169,5 euch bald wieder etwas zu lesen] Möglicherweise in Anspielung auf die Lektüre der ersten Szene des „Tasso“ am 9. November 1780 (vgl. zu 161,2).

217. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 116. – 1 Bl. 19,9 × 14,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „166.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 156), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 374. WA IV 5 (1889), 13, Nr 1063. BEIL AG EN

1) Halstuch Charlotte von Steins (vgl. die erste Erläuterung zu 169,11). 2) Lebensmittel (vgl. die zweite Erläuterung zu 169,11).

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 169,7 meine gestrige Beichte] Beim Konzert im Fürstenhaus oder einem anschließenden Besuch Goethes bei Charlotte von Stein (vgl. zu 167,9). 169,9 Conseil] Die zweite „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im Dezember 1780, an der neben dem Herzog Goethe, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen, fand ausnahmsweise an einem Montag statt (vgl. Wahl, Consilium, 634–636, Nr 9042–9076). – Wie schon im November versäumte Goethe auch im Dezember 1780 keine der sechs ordentlichen und zwei außerordentlichen Sitzungen des Geheimen Consiliums (vgl. ebd., 105f.). 169,11 das Halstuch zurück] Seit Beginn der Beziehung Goethes zu Charlotte von Stein gehörte der Austausch kleiner persönlicher Andenken wie Kleidungsstücke, Haarbänder oder Handschuhe zu den Festigungsritualen mit hohem Symbolgehalt. 169,11 Frühstück für Frizzen] Lebensmittel, vielleicht Gebäck, für Friedrich von Stein.

218. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 4. Dezember 1780 → Leipzig ÜBER L IEF ERU NG

H: Historisches Museum Frankfurt a. M., Dauerleihgabe der Historisch-Archäologischen Gesellschaft Frankfurt a. M. (zur Zeit nicht zugänglich). – 1 Bl., 1⁄3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; Rs. Adresse: An Herrn Buchhändler Reich / nach / L e i p z i g . / f r e i ., rotes Initialsiegel: „G“; Empfangsvermerk von fremder Hd, Tinte: „1780. d. 6. Dec. Weimar / Goethe / ∂.“ (Angaben nach Faksimile.) E: Goethe’s Briefe an Leipziger Freunde2 (1867), 279, Nr 21. WA IV 5 (1889), 13, Nr 1064 (nach E). Textgrundlage: Faksimile. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Philipp Erasmus Reich (1717–1787) war Buchhändler und Verleger in Leipzig. Dort hatte ihn Goethe während seiner Studienzeit kennen gelernt; 1774 hatte er ihm den Verlag von Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ verschafft, deren Drucklegung in den darauffolgenden Jahren zu einer regen Korrespondenz führte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 178). – Über Reich vgl. auch die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 67. – Im Zeitraum des vor-

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BRIEFE 219/220

liegenden Bandes sind lediglich zwei Briefe überliefert, ein weiterer lässt sich nachweisen (EB 90). Gegenbriefe sind nicht überliefert. 169,13–14 die Geschichte der Mis Sidney Bidulph im engl. Original] Frances Sheridan: Memoirs of Miss Sidney Bidulph, extracted from her own journal, and now first published. 3 Bde. London und Dublin 1761. – Mit ihrem Roman in Samuel Richardsons Tradition gelang der irischen Schriftstellerin Frances Sheridan ein großer Publikumserfolg. Er erschien in zahlreichen Ausgaben, meistens in Duodez. Reich verlegte die deutsche Übersetzung (Geschichte der Miß Sidney Bidulph aus ihrem eigenen Tagebuche gezogen und izt zum erstenmale bekannt gemacht. 3 Bde. Leipzig 1762). – Goethe erhielt nachweislich eine dreibändige Ausgabe in Oktav, wie aus der Rechnung der Buchbinderin Anna Margareta Große vom 29. Dezember 1780 hervorgeht (vgl. GR/Belege 1780, 2, Bl. 72). Diese Ausgabe ist nicht in Goethes Bibliothek überliefert, seine Bitte um eine Lieferung vor Weihnachten (169,15) deutet darauf hin, dass die Bücher als Geschenk gedacht waren, etwa an Charlotte von Stein oder Sophie von Schardt. 169,15–16 eine Rechnung] Der Beleg ist nicht überliefert. In der Abschlussrechnung für das Jahr 1780 ist jedoch für Dezember eine Zahlung an Reich über 8 Reichstaler und 6 Groschen vermerkt (vgl. GR/Abschlussrechnungen 1780, Bl. 67r).

219. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar, 5. Dezember 1780?〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Die Datierung ist unsicher; aufgrund des Inhalts ist eine Datierung auf den Zeitraum der ersten Phase der Arbeit am „Tasso“ im November/Dezember 1780 plausibel (vgl. Datierung zu Nr 195 und zu Nr 216). Da Knebel in seinem Tagebuch die Absendung eines Briefes an Goethe am 5. Dezember vermerkte, wäre eine Datierung auf diesen Tag möglich (vgl. zu 170,1). – Eine Datierung auf die Zeit der Neubearbeitung des Stücks ab Februar 1789, als Goethe an der Göschen-Ausgabe arbeitete, ist nicht gänzlich auszuschließen (vgl. GB 8 II, zu 81,6–7, zweite Erläuterung zu 113,3 und zu 130,7–8) ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4°. 521, Bl. 108. – 1 Bl. 19,2 × 11,7 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); am oberen Rand von fremder Hd, Tinte: „April 89.“, am unteren Rand rechts Goethes Paraphe von fremder Hd mit Bleistift nach-

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geahmt. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. Überlieferung zu Nr 119). E: Goethe-Knebel 1 (1851), 93, Nr 86 (Datierung: „[1789]“). WA IV 5 (1889), 6, Nr 1047 (nach E; Datierung: „[16. November.]“ 1780). WA IV 9 (1891), 90, Nr 2733 (Doppeldruck, nach E; Datierung: „[Februar.]“ 1789). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 170,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 170,1 dein freundliches Wort] Knebel notierte in seinem Tagebuch am 5. Dezember 1780: „Schrieb des Morgens ein paar Zeilen an Göthe.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 98v.) Ob dies der Bezugsbrief war, ist unklar. Die Briefpartner aßen an diesem Tag zusammen (vgl. zu 170,7). 170,2 beym Tasso] Zu der Arbeit an der ersten Fassung des „Tasso“ vgl. zu 161,2. 170,3 einziges Publikum] Anspielung auf den Austausch mit Charlotte von Stein und Knebel während der Entstehung des Stücks (vgl. zu 161,11–12). 170,4 ihn senden kann] Knebel erhielt offenbar eine Abschrift, denn er notierte im Tagebuch am 7. Dezember 1780: „Las dem Prinzen aus Göthe’s Tasso.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 99v.)

220. An Charlotte von Stein

Weimar, 6. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 117. – 1 Bl. 13,5 × 8,7(–8,9) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. Reste roter Siegel, untere Ecken ausgerissen; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „167.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 157), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 374. WA IV 5 (1889), 14f., Nr 1065. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 170,7 die gestrige Eisfahrt] Am 5. Dezember versammelten sich Teile der Hofgesellschaft, darunter Prinz Constantin und Prinz Georg von Meiningen, zum Eislaufen. Knebel „Speißte mit Göthe, Mslle Schröter auf dem Eis“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 50v). – Goethe, der in Frankfurt ein begeisterter Eisläufer gewesen war,

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BRIEF 221

hatte das Schlittschuhlaufen in der Weimarer Hofgesellschaft verbreitet. Genutzt wurde dafür der so genannte Baumgarten mit Teich hinter dem Bertuchhaus (vgl. zu 188,19–20). In dieser Umgebung war die Hofetikette lockerer als üblich (Näheres dazu vgl. GB 3 II, zu 122,1). 170,8 draussen] Auf dem Eis. 170,9 Gözze] Georg Paul Goetze, Goethes Laufbursche und Hausdiener.

221. An Johann Friedrich Krafft

〈Weimar〉, 6. Dezember 1780 → 〈Ilmenau〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 18. – 1 Bl. 18,2(–18,5) × 14 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Bl. nachträglich auf ein unbeschriebenes Bl. geklebt. E: Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe (1846), 185, Nr 16. WA IV 5 (1889), 14, Nr 1066 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Kraffts (vgl. zu 170,12) und möglicherweise zwei weitere Briefe Kraffts, einen vom 11. November 1780 (vgl. RA 1, Nr 128) und einen nach dem 11. November 1780 (vgl. RA 1, Nr 129; zu 170,16). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Dies ist der erste überlieferte Brief Goethes an Krafft nach der persönlichen Begegnung beider am 5. September 1780. Goethe war mit Herzog Carl August und Josias von Stein im Spätsommer des Jahres 1780 durch den Thüringer Wald und in die Rhön gereist und hatte bei dieser Gelegenheit Station in Ilmenau gemacht (vgl. Nr 170 und Nr 171). 170,12 Der Amtmann] Heinrich Anton Ackermann (vgl. die Erläuterungen zu 16,2). 170,12 panischen Schrecken] Auf welches Ereignis Goethe hier Bezug nimmt, konnte nicht ermittelt werden. Die beiden Goethes Brief vorangehenden überlieferten Schreiben Kraffts vom 11. November und nach dem 11. November 1780 geben darüber keine Auskunft; die ebenfalls überlieferten Berichte Kraffts über Ilmenau und den Amtmann Ackermann stammen aus dem Jahr 1779 (vgl. zu 6,2–3). – Hinter der Wendung vom ‚panischen Schrecken‘ steckt die Vorstellung, dass der arkadische Hirtengott Pan großen Schrecken verbreitet, wenn er aus seinem mittäglichen Schlaf aufgestört wird. In Goethes „Novelle“ findet sich die einzige Stelle in Goethes Werk zum ‚panischen Schrecken‘: Über die große Weite lag eine heitere Stille, wie es am Mittag zu sein pflegt, wo die Alten sagten, Pan schlafe, und alle Natur halte den Athem an, um ihn nicht aufzuwecken. (WA I 18, 329.)

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170,14–15 wie der Steuerkasse geholfen werden könnte] In den kommenden Wochen hat Ackermann offenbar dieser Aufforderung Folge geleistet. Sein Vorschlag (170,14), den er Goethe wahrscheinlich inoffiziell durch Krafft zukommen ließ, ist nicht überliefert (vgl. zu 194,6). 170,16 die Exzerpten] Goethe plante, eine Biographie des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar zu schreiben. Im Zusammenhang mit diesem nicht realisierten Vorhaben teilte er Merck am 7. April 1780 mit: Zur Geschichte Herzog Bernhards habe ich viel Dokumente und Collektaneen zusammengebracht (40,4–5; vgl. auch 68,20–24) und Tagebuchnotizen vom 20. Januar, 21. März und 15. April 1780). Wann Goethe Krafft den Auftrag erteilt hat, Exzerpte zur Lebensgeschichte Bernhards, der im Dreißigjährigen Krieg nach Gustav Adolfs Tod Oberbefehlshaber über die Schweden wurde, anzufertigen, geht aus seinen Briefen nicht hervor. Möglicherweise war dies Anfang September mündlich geschehen. Die von Krafft hergestellten Exzerpte sind in fünf, z. T. von Goethe eigenhändig beschrifteten Mappen überliefert (GSA 25/W 3595 und LATh – HStA Weimar, Sammlungen F 47–50). Die im GSA aufbewahrte Mappe enthält Auszüge aus Gedruckten und ungedruckten Schriften zu Hl. Bernhards Leben gehorich (GSA 25/W 3595, Bl. 2r), die vier im Thüringischen Hauptstaatsarchiv liegenden Mappen Auszüge aus den Bernhardischen Papieren die mir von Gotha anvertraut worden (LATh – HStA Weimar, Sammlungen F 47). Bei den letztgenannten Papieren handelt es sich um „Herzog Bernhardische 〈…〉 Briefschaften welche in 15 Bänden in Gotha aufbewahrt werden“ (GSA 25/W 3595, Bl. 51r, vgl. zu 23,8). In der im GSA aufbewahrten Mappe sind folgende Auszüge, die Krafft angefertigt hat, versammelt: „Excerpte aus dem Diario des Adjutanten, aus dem Lebenslauf und aus den Collectanéen aus den gedruckten Werken 〈…〉“ (GSA 25/W 3595, Bl. 15–45), „Auszug aus dem Lebenslauf H. Bernhards wie solcher by dem Begräbniß vorgelesen worden“ (ebd., Bl. 58–60) und „aus den Lettres et Negociations du Marquis de Feuquière 〈…〉“ (ebd., Bl. 61–78). Die Exzerpte, für die Goethe am 6. Dezember dankt, hat Krafft vor allem auf der Grundlage von Dokumenten erstellt, die am 19. September nach Ilmenau geschickt worden waren; diese sind detailliert verzeichnet in zwei inhaltsidentischen Listen von Seidels Hand (vgl. ebd., Bl. 8–10; auf der zweiten Liste die Eingangsbestätigung unter dem oben genannten Datum von Kraffts Hand). Aus Briefen Kraffts an Goethe vom 11. November und nach dem 11. November 1780 (vgl. RA 1, Nr 128 und 129) lässt sich schließen, dass Goethe vor dem 6. Dezember möglicherweise schon alle unter dem Titel „Excerpte aus dem Diario 〈…〉“ versammelten Materialien erhalten hatte (vgl. GSA 25/W 3595, Bl. 11–12 und Bl. 46r), d. h. „Des DurchlL. Fürsten und Herrn Herrn Bernhardt des Grossen, Herzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg höchstpreisswürdige Heldenthaten pp von Christoph von der Grün 〈…〉“ – von der Grün war Adjutant des Herzogs (vgl. zu 23,20) –, „Christ und FürstlL. Ankunft, Lebenslauf, FürstL Wandels, auch

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BRIEF 222

christ-seligen Absterbens des weiL DurchL HochgebohrL. Fürsten und Herrn Herrn Berhards, Herzogen zu Sachsen pp wie solche bei seinen Begräbnisse vorgelesen worden 〈…〉“ (oder, aber weniger wahrscheinlich, „Leben und Thaten des Herzog Bernhards von Weimar, erster Theil, in 4 ungebunden. Ms.“) und die „Collektanen aus den gedruckten Nachrichten zur Geschichte des Herzog Bernhardts 〈…〉“ (Angaben nach Seidels „Verzeichnis“ [ebd., Bl. 9–10]). Als Goethe Krafft am 11. Januar 1781 für Sachen dankte, die dieser ihm durch Johann Gottlob Bernstein übersandt hatte (vgl. zu 187,1), handelte es sich u. a. auch um Exzerpte zu der Biographie Bernhards. Welche Auszüge Goethe möglicherweise über Bernstein erhalten hat, kann nicht eindeutig ermittelt werden, da die Klärung dieser Frage auch von der Datierung eines zeitlich nicht genau einzuordnenden Briefes von Krafft (vgl. RA 1, Nr 132) abhängt: Es könnten „Materialien zu Bernhards Leben“ (GSA 25/W 3595, Bl. 76r), Auszüge aus René Richards „Le véritable père Joseph“ und Feuquières „Lettres et négociations“ oder „Excerpte eines Theils des 4t Volum: der Gothischen Briefe“ (ebd., Bl. 57r) gewesen sein. – Herzog Carl August bemühte sich 1779 und 1780 vergeblich, Dokumente von und über Herzog Bernhard aus dem Nachlass Johann Ludwig von Erlachs, des Generalmajors von Herzog Bernhard, zu erwerben. Ohne diese Materialien konnte Goethe die Vorarbeiten zu der geplanten Biographie nicht abschließen (vgl. GB 3 II, 1127f.). Das Projekt gerät bald ins Stocken: Am 4. März 1782 teilt Goethe Jenny von Voigts mit: Das Leben Prinz Bernhards von Weimar, das ich zu schreiben unternommen hatte, liegt 〈…〉 auf der Seite. Vielleicht kann ich einen geschickten Mann, den wir jetzt in der Nähe haben, veranlassen es nach meinem Plane zu schreiben. (WA IV 5, 276.) Möglicherweise handelt es sich bei dem ‚geschickten Manne‘ um Krafft (vgl. WA IV 7, 426), der sich durch seine Vorarbeiten viel Wissen über den Feldherrn angeeignet hatte. In der überlieferten Korrespondenz zwischen Goethe und Krafft ist zum letzten Mal in einem Brief Goethes an Krafft vom 10. Juni 1783 die Rede von den Bernhardischen Sachen (WA IV 6, 170). Eine Lebensbeschreibung dieses Herzogs, der in Weimar eine besondere Verehrung genoss (vgl. das von Carl August initiierte, neugotische Bernhard-Zimmer im Weimarer Schloss), werden weder Goethe noch Krafft verfassen; Ersterem wurde es nur allzuklar, daß die Ereignisse des Helden kein Bild machen (WA I 35, 6; vgl. auch Goethes Gespräch mit Luden vom 1. Oktober 1812; BuG 8, 285–287). Die erste Biographie über diese Persönlichkeit des 17. Jahrhunderts wird Bernhard Röse 1828/29 mit „Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar“ veröffentlichen (vgl. dazu Hans Wahl: Goethes geplante Biographie Bernhards von Weimar. In: GJb 4 [1939], 203–208, hier 207). 170,16–17 eine grose und beschweerliche Arbeit] Über die Schwierigkeiten, die sich im Rahmen der Vorarbeiten zu einer Biographie Herzog Bernhards ergaben, berichtete Krafft mehrmals in Briefen an Goethe, so am 11. und nach dem 11. November sowie am 13. Dezember und in einem Schreiben, das er vermutlich nach

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dem 13. Dezember 1780 verfasste (vgl. RA 1, Nr 128, 129, 131 und 132): u. a. müssten die Exzerpte aus den in Gotha aufbewahrten Briefen den entsprechenden Jahren zugeordnet und das für die Ausarbeitung Brauchbare „vom trivialen“ getrennt werden (GSA 25/W 3595, Bl. 57r).

222. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 8. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 117. – 1 Bl. 19,2(–19,4) × 9,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse, Paraphe angeschnitten; Rs. Adresse: An Frau v. 〈Stein〉, Reste roter Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „168.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 158), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 375. WA IV 5 (1889), 15, Nr 1067. BEIL AG E

Zeichenmappe (vgl. zu 171,3). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 171,2 habe mich beschäfftigt] Vgl. zu 166,9–10. 171,3 Portefeuil] Franz. Portefeuille: Brieftasche, Mappe. – Hier wahrscheinlich die für die Meininger Hofdame Louisa von Dungern bestimmte Zeichenmappe, die in den folgenden Tagen offenbar mehrfach zwischen Goethe und Charlotte von Stein hin- und hergeschickt wurde (vgl. zu 174,5). 171,5 unsern Meinungern] ‚Meinungen‘ für Meiningen (vgl. zu 134,22–23). – Seit dem 27. November 1780 war Georg Friedrich Carl von Sachsen-Meiningen Gast des Weimarer Hofes. Im Fourierbuch wird er meist als „Prinz von Meinungen“ (FB 1780, S. 242) geführt, in der Gästeliste der Hoftafel seit dem 4. Dezember als „DurchL. Herzog v. Meinungen“ (ebd., S. 248). Durch einen Besuch, den Herzog Carl August und sein Meininger Gast vom 31. Dezember 1780 bis zum 4. Januar 1781 dem Gothaer Hof abstatteten, lässt sich belegen, dass es sich um „Prinz Georg von Meiningen“ handelte (FB Gotha 1781 I, Bl. 4r), seit 1779 mit seinem älteren Bruder August Friedrich Carl Wilhelm Mitregent des Herzogtums. Er blieb bis zum 7. Januar 1781 in Weimar (vgl. FB 1781, S. 7). Zu seinem Gefolge gehörten Reisemarschall Ludwig Carl von Bibra und Oberforstmeister

490

BRIEFE 223/224

Franz Carl von Ziegesar. Goethe war ihnen vermutlich schon im September 1780 in Meiningen begegnet. Die Meininger Prinzen kannte er schon aus der Frankfurter Zeit (vgl. zu 138,20–21).

223. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 9. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 118. – 1 Bl. 19,3 × 13,8 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, einmal quer und einmal längs gefaltet; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „171.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 161), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 375f. WA IV 5 (1889), 15, Nr 1068. BEIL AG E

Blumenstrauß mit einem Band (vgl. zu 171,8–9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das Gedicht ist unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein überliefert und erfüllt damit die Funktion eines Briefes. Es begleitete ein galantes Geschenk für einen abendlichen Ball (vgl. Beilage). Für den Briefcharakter sprechen zudem die äußeren Merkmale wie Datierung, Paraphe und Faltung des Papiers (vgl. Überlieferung). Wie andere an die Freundin übersandte Gedichte hat Goethe den Text zu seinen Lebzeiten nicht – auch nicht in einer abgewandelten Fassung – veröffentlicht, was auf den persönlichen Charakter des Gedichtbriefes verweist. Er erschien zuerst 1848 in der von Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein (vgl. E). Als Gedicht wurde er erstmals in der WA gedruckt (vgl. WA I 4 [1891], 215), im Textteil allerdings ohne Datierung und Paraphe, stattdessen mit dem Titel „An Dieselbe“. Unmittelbar davor standen unter dem Titel „An Frau von Stein“ die beiden Gedichte, die als vermutliche Beilagen zu Nr 171 (Ein ieder hat sein Ungemach 〈…〉 mit Basen. [126,2–7]) und Nr 170 (Es fähret die poetsche Wuth 〈…〉 andren Fieber. [122,6–11]) überschickt worden waren. 171,8 Zum Tanze] Am 9. Dezember 1780 fand laut Knebels Tagebuch „Beym Gr. Werth. Ball“ statt (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 51r). – Demnach veranstaltete Jacob Friedemann Graf von Werthern-Beichlingen, der zu Besuch in Weimar war, einen Ball. Er war laut Fourierbuch am 8. Dezember 1780 angekommen (vgl. FB 1780, S. 251), offenbar in Begleitung seiner Frau Johanna Louise, die am 11. De-

DEZEMBER 1780

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zember unter den Gästen der fürstlichen Abendtafel aufgeführt wird (vgl. ebd., S. 254). Wie der vorliegende Gedichtbrief vermuten lässt, war Goethe am 9. Dezember nicht unter den Gästen der Abendgesellschaft. 171,8–9 den Straus / Mit himmelfarbnem Band] Als Accessoires für die abendliche Ballgarderobe Charlotte von Steins; wahrscheinlich ein künstlicher Blumenstrauß zur Verzierung des Kleides und ein Band zur Befestigung, das in seiner semantischen Mehrdeutigkeit in Goethes Briefen an Charlotte von Stein häufiger eine Rolle spielt (vgl. u.a. zu 223,18). 171,12 einsam Haus] Wohl in Anspielung auf Goethes Gartenhaus am „Stern“. 171,13 ein schöner Band] Auf das imaginäre Liebesband spielt Goethe auch an anderer Stelle in seinen Briefen an Charlotte von Stein an (vgl. u.a. 302,2–4).

224. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 10. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 119. – 1 Bl. 19,3 × 13,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: An Frau v. 〈Stein〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „181.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 163), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 376. WA IV 5 (1889), 15, Nr 1069. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 171,15 Sagen Sie 〈…〉 wie Sie geschlafen haben?] Am Vorabend hatte Charlotte von Stein wahrscheinlich einen Ball im Haus der Familie von Werthern-Beichlingen besucht (vgl. zu 171,8). 171,17–18 so soll er 〈…〉 Sabath seyn] In Anspielung auf die biblische Schöpfungsgeschichte (1 Mose 2,1–3): „Vom sabbath: 〈…〉 Und also vollendete Gott am siebenden tage seine wercke, die er machte. Und ruhete am siebenden tage von allen seinen wercken 〈…〉. / Und segnete den siebenden tag, und heiligte ihn, darum, daß er an demselben geruhet hatte von allen seinen wercken 〈…〉.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 2.) – ‚Sabbat‘ (von hebr. schabbat: aufhören, ruhen): im Judentum der Samstag, im Christentum der Sonntag. 171,20–172,1 Gestern und vorgestern 〈…〉 Pflicht gethan] Worauf genau sich diese Bemerkung bezieht, konnte nicht ermittelt werden. Tagebuchaufzeichnungen für diese Zeit liegen nicht vor. Das Geheime Consilium tagte im Dezember

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BRIEFE 225/226

1780 am 4. und danach erst wieder am 13. Möglicherweise war Goethe mit Aktenstudium und der Vorbereitung verschiedener Vota beschäftigt (vgl. zu 173,16–17).

225. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 11. Dezember 1780 → Kötschau

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 120. – Doppelblatt 19,3 × 27,4(–27,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, zweimal längs und zweimal quer zum Kuvert gefaltet; Bl. 2 oben Mitte Siegelausriss; S. 4 Adresse: An Frau Oberstallmeister / von Stein / und ihre Gesellschafft / nach / Kötschau, Reste eines roten Siegels; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „182.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 164), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 376f. WA IV 5 (1889), 15f., Nr 1070. BEIL AG EN

1) Süßigkeiten (vgl. zu 172,7). 2) Wein (vgl. 172,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Anlass des vorliegenden Gedichts war ein Ausflug Charlotte von Steins mit einer Gesellschaft (vgl. zu 172,22), auf dem Goethe die Freundin durch den von einem Boten überbrachten gereimten Gruß, Süßigkeiten und Wein überraschen wollte. Für den Briefcharakter des Gedichts sprechen dessen Überlieferung unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein, die äußeren Merkmale wie Datierung, Paraphe, Adresse, Faltung des Papiers und Siegelreste (vgl. Überlieferung). Wie andere an die Freundin übersandte Gedichte hat Goethe den Text zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht, was auf dessen privat-persönlichen Charakter verweist. Er erschien zuerst 1848 in der von Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein (vgl. E). Als Gedicht wurde er erstmals in der WA gedruckt (vgl. WA I 4 [1891], 216), im Textteil ohne Datierung und Paraphe, dafür mit der in verkürzter und abgewandelter Form wiedergegebenen Adresse „An Frau von Stein und ihre Gesellschaft“ als Titel. 172,5 Aus Kötschaus Thoren] Kötschau: Dorf mit einem Rittergut etwa 12 km südöstlich von Weimar an der Chaussee nach Jena. Der damals schon historische Gasthof aus dem späten 17. Jahrhundert war ein beliebter Rastplatz.

DEZEMBER 1780

493

172,6 Ein alter Hexenmeister] In scherzhaft-ironischer Anspielung auf sich selbst. 172,7 Confeckt] Vielleicht glasierte Früchte (vgl. zu 153,20). 172,8 einen seiner Geister] Wahrscheinlich Goethes Laufbursche und Hausdiener Georg Paul Goetze, der häufiger als Bote zu Charlotte von Stein geschickt wurde (vgl. u.a. 90,8–9). 172,22 Euch Schönen] Darunter könnten Charlotte von Steins Hausgenossin Caroline von Ilten, ihre Schwägerin Sophie von Schardt sowie die Freundinnen Emilie von Werthern-Beichlingen und Amalia von Hendrich gewesen sein. 173,1 Oresten] Goethe hatte im April 1779 in den Aufführungen der „Iphigenie auf Tauris“ durch das Liebhabertheater den Orest gespielt. 173,2 Scapin] In der Aufführung der „Vögel“ am 18. August 1780 war Goethe als Treuefreund in der Maske des Scapin aufgetreten, einer Variante der komischen Dienerfigur der italienischen Commedia dell’arte (vgl. zu 90,9).

226. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Seit dem Erstdruck wird der Brief nach der Ausfertigung mit der Datierung „12. Dezember 1780“ gedruckt. Lediglich die WA druckt ihn unter dem 13. Dezember in der Annahme, dass vielleicht im Datum des nachfolgenden Briefes Nr 227 „die 12 irrthümlich für die 13“ und im vorliegenden Brief „die 13 für die 12“ stehen (WA IV 5, 361, zu Nr 1071). Gegen diese Annahme sprechen sowohl der handschriftliche Befund wie auch der Inhalt (vgl. auch die Erläuterungen zu 173,7). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 121. – 1 Bl. 19,2(–19,3) × 10,3(–10,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „179“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 165), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 378. WA IV 5 (1889), 17, Nr 1072. BEIL AG E

Locke (vgl. zu 173,6).

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BRIEFE 227/228

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 11. Dezember 1780 (vgl. zu 173,7–8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 173,6 unsre Locke] Wohl eines der persönlichen Erinnerungsstücke, wie sie häufig zwischen Goethe und Charlotte von Stein ausgetauscht wurden (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18, bes. S. 81). 173,7 die Nachtfahrt] Die Rückfahrt vom Ausflug wahrscheinlich nach Jena (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 225). 173,7 Mein Bote] Der Überbringer von Goethes Gedichtbrief vom Vortag (vgl. zu 172,8). 173,8 das Zettelgen] Wahrscheinlich Charlotte von Steins Dankbrief für Goethes Gedicht vom 11. Dezember (Nr 225).

227. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 13.?〉 Dezember 1780 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Seit dem Erstdruck wird in der Annahme, dass sich Goethe bei der Tagesangabe verschrieben habe, der Brief auf den 13. Dezember 1780 datiert (vgl. zu 173,11). Lediglich die WA druckt – wahrscheinlich versehentlich – den vorangehenden Brief unter dem 13. und den vorliegenden unter dem 12. Dezember (vgl. Datierung zu Nr 226). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 121. – 1 Bl. 13,6(–13,8) × 9,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „180.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 166), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 379. WA IV 5 (1889), 17, Nr 1071. ERL ÄUT ERUNGEN

Möglicherweise beantwortet der Brief einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 173,12–13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 173,11 durchs Entbehren erfahren] Am 12. Dezember hatte Goethe angekündigt: Sind Sie wohl; so kom ich heute zu Tisch. (173,9) Demnach kann der vorliegende Brief nicht vom selben Tag stammen. 173,12–13 Linsensuppe mit Ihnen 〈…〉 zu essen] Als Antwort auf eine Einladung Charlotte von Steins. 173,14 12] Wahrscheinlich verschrieben für ‚13‘.

DEZEMBER 1780

228. An Charlotte von Stein

495

〈Weimar〉, 14. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 121. – 1 Bl. 19,1(–19,4) × 12,5(–13) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „178“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 167), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 378. WA IV 5 (1889), 17f., Nr 1073. BEIL AG EN

Wahrscheinlich Kleidungsstücke (vgl. zu 173,15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 173,15 die guten Begleiter] Wahrscheinlich von Charlotte von Stein Geliehenes, vielleicht warme Kleidung. 173,16–17 vielerley zu thun] Vom 14. Dezember 1780 stammen Goethes „Betrachtungen über die abzuschaffende Kirchenbuße“, die nach dem Untertitel „Durch verschiedne in dieser Sache abgelegte Vota veranlaßt“ worden waren (WA I 53, 234–239). Explizit erwähnt wird ein Votum von Christian Friedrich Schnauß, mit dem Goethes „Gesinnungen 〈…〉 vollkommen überein“ stimmten (vgl. ebd., 238). Die Abschaffung der Kirchenbuße war 1780 und 1781 wiederholt Gegenstand der Beratungen des Geheimen Consiliums (vgl. Wahl, Consilium, 555, Nr 7534; 664, Nr 9460; 695, Nr 9961). 173,17–18 gestern gescholten 〈…〉 spät kam] Zur Abendeinladung bei Emilie von Werthern (vgl. die zweite Erläuterung zu 173,18). 173,18 artig] Hier: freundlich, liebenswürdig, unterhaltsam (vgl. GWb 1, 839f.). 173,18 die Gesellschafft] Nach Knebels Tagebuch vom 13. Dezember 1780 war er abends „Bey Fr. v. W. 〈Emilie von Werthern〉“; zu den Gästen gehörten außer Knebel auch „Göthe, Ziegesar aus Meynungen 〈Franz Carl von Ziegesar〉, Fr. v. S. 〈Sophia Friederike von Seckendorff〉 und v. Sch. 〈Sophie von Schardt〉“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 51v; zu ‚Meynungen‘ vgl. zu 171,5). 174,2 meine einzige] Als Ausdruck der Exklusivität seiner Beziehung zu Charlotte von Stein als Anrede in den Briefen, verstärkt seit dem Frühjahr 1781 (vgl. auch zu 330,14). 174,2 wundersame Gedancken] Möglicherweise mit Bezug auf die „Betrachtungen über die abzuschaffende Kirchenbuße“ (vgl. zu 173,16–17).

496

229. An Charlotte von Stein

BRIEFE 229/230

〈Weimar〉, 16. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 122. – 1 Bl. 19,6(–19,9) × 12,6(–12,8) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „174“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 169), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 379. WA IV 5 (1889), 18, Nr 1074. BEIL AG E

Brief Goethes an Louisa von Dungern (vgl. zu 174,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am 17. Dezember (vgl. zu 175,14). 174,5 Brief an die Frl Thunger] EB 97. – Goethe hatte Caroline Louisa Augusta von Dungern, Hofdame in Meiningen, wahrscheinlich Ende September 1780 während seines Aufenthalts am Meininger Hof kennen gelernt (vgl. zu 138,19). Bei einem erneuten Besuch in Meiningen im April 1782 erwähnt er sie ausführlicher: Mit den Prinzessinnen hoff ich soll es schon besser gehn, besonders da sie die kleine Thunger bey sich haben der ich gut bin. (Brief an Charlotte von Stein, 12. April 1782; WA IV 5, 309.) Die Prinzessinnen sind lustig und artig, die Oberhofmeistrinn gesezt wie du sie kennst, und die kleine Dunger ein recht kurioses Wesen das ich dir beschreiben will, ich hoffe das Bildgen soll dich unterhalten, ich bin ihr recht gut. (Brief an Charlotte von Stein, 14. April 1782; ebd., 310.) Louisa von Dungern war die Tochter des Hessen-Darmstädter Oberhofmarschalls Carl Philipp von Dungern, möglicherweise hatte Goethe also schon vor seiner persönlichen Bekanntschaft von ihr gehört. 1784 heiratete sie den Sachsen-Meininger Oberhofmeister Ludwig Carl von Bibra, der im November und Dezember 1780 als Reisemarschall Georg Friedrich Carl von Sachsen-Meiningen nach Weimar begleitet hatte (vgl. zu 171,5). 174,6 Portefeuil] Vgl. Beilage zu Nr 222. 174,7 das Capital] ‚Kapital‘ hier: die „menschliche Anerkennung“ (GWb 5, 268). – Friedrich von Stein merkt dazu an: „Kein Geldkapital (zum Uberfluß gesagt.)“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10r.) 174,7–8 das ich meinem weitlaufigen 〈…〉 Handel] Verkürzt für ‚zu meinem weitläufigen und gefährlichen Handel‘. – In Anspielung auf die Vielfalt der Tätigkeiten, die Goethe in dieser Zeit in Anspruch nahmen, vor allem die Arbeit am „Tasso“ und seine Amtsgeschäfte (vgl. zu 173,16–17).

DEZEMBER 1780

230. An Charlotte von Stein

497

〈Weimar〉, 16. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 122. – 1 Bl. 16,7(–17,2) × 16,6(–17,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Faltspuren undeutlich, Längsfaltung erkennbar; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „176.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 168), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 378. WA I 4 (1891), 101 (Gedicht). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das vorliegende Gedicht ist unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein überliefert und wird daher als Gedichtbrief angesehen und in die vorliegende Ausgabe aufgenommen. Wie andere an die Freundin übersandte Gedichte hat Goethe auch diesen Text zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht, was auf dessen persönlichen Charakter verweist. Er erschien zuerst 1848 in der von Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein (vgl. E). Als Gedicht wurde er erstmals in der WA gedruckt (vgl. WA I 4 [1891], 101), im Textteil ohne Datierung. – Der vom 17. Dezember 1780 stammende Brief (Nr 231) legt nahe, dass Charlotte von Stein das vorliegende Gedicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte (vgl. zu 175,10–11). Wann genau Goethe es ihr schickte oder persönlich überbrachte, ist nicht bekannt. Möglicherweise lag es dem Brief vom 17. Dezember bei. 174,13 Die ich ahndevoll gepflanzt] Seit der Inbesitznahme seines Gartens am „Stern“ im April 1776 hatte Goethe in mehreren Etappen neue Bäume angepflanzt, im November 1776 z.B. Linden. Im Frühjahr 1777 begann er mit der grundlegenden Umgestaltung des Grundstücks einschließlich der Pflanzung weiterer Bäume und Hecken (vgl. GB 3 II, zu 140,15–16). – ‚Ahndung‘ im Sinne einer positiven ‚Vorahnung‘, ‚Hoffnung‘ auf eine günstige Entwicklung (vgl. GWb 1, 298); begegnet häufig in Goethes Briefen und Gedichten aus der frühen Weimarer Zeit, so z.B. im später unter dem Titel „Hoffnung“ veröffentlichten Gedicht „Gib das tagwerck meiner Hande 〈…〉“ (GB 3 II, zu 174,15–18): Pflanzt ich ahndungsvolle Traume / Jetzt noch Stangen diese Bäume (ebd.). 174,17 schon] Flüchtig für ‚schön‘.

498

231. An Charlotte von Stein

BRIEFE 231/232

〈Weimar, 17. Dezember 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist der Inhalt des vorliegenden Briefes auf eine Datierung in den Dezember 1780. Schöll setzt ihn im Erstdruck auf den 6. Dezember (ebenso Fielitz, Goethe-Stein 1, 292, Nr 521). Seit Wahle wird er auf den 17. Dezember 1780 datiert (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 278, Nr 531), wofür die inhaltlichen Bezüge zu Brief Nr 230 sprechen (vgl. zu 175,10 – 11; zu 175,11; zu 175,8). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 92. – 1 Bl. 20 × 13,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Nachtrag mit spitzer Feder neu angesetzt (175,13–15 == 〈…〉 herum.); Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „215.“, links daneben von fremder Hd, Bleistift: „gehört wohl in 1780 / × × × 〈Namenskürzel〉“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 216), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 374f. WA IV 5 (1889), 18, Nr 1075. BEIL AG E?

Möglicherweise das Gedicht „Sag ich’s euch geliebte Bäume 〈…〉“ (vgl. zu 175,10–11). ERL ÄUT ERUNGEN

Der zweite nachträglich hinzugefügte Teil (175,13–15) antwortet vermutlich auf eine Sendung Charlotte von Steins (vgl. zu 175,14), der möglicherweise ein nicht überlieferter Brief vom selben Tag beilag. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 175,8 Ihr Bote] Wenn der Brief, wie anzunehmen ist, am 17. Dezember 1780 geschrieben wurde, ist der ‚Bote‘ gemeint, der den am Vortag übersandten Brief Goethes an Louisa von Dungern sowie die für diese bestimmte Zeichenmappe zurückbringen sollte (vgl. 174,5–6). 175,8 Gestern] Dem Kontext zufolge am 16. Dezember 1780 (vgl. die folgende Erläuterung). 175,10–11 eine grose Unterredung mit meinen Bäumen] Anspielung auf das am 16. Dezember entstandene Gedicht „Sag ich’s euch geliebte Bäume 〈…〉“ (Nr 230). Die Bemerkung verweist darauf, dass Charlotte von Stein das Gedicht zum Zeitpunkt der Abfassung des vorliegenden Briefes noch nicht kannte. Mögli-

DEZEMBER 1780

499

cherweise lag es dem vorliegenden Brief bei oder wurde später separat versandt oder persönlich übergeben. 175,11 ihnen erzählt wie ich Sie liebe] Vgl. 174,16. 175,12 Jagemannen] Christian Joseph Jagemann, Privatbibliothekar Anna Amalias und ausgewiesener Kenner der italienischen Literatur. Er war u. a. Herausgeber einer „Antologia poetica italiana“ (2 Bde. 1776–77), Verfasser einer „Geschichte der freien Künste und Wissenschaften in Italien“ (5 Bde. 1777–81) und seit 1780 Herausgeber des „Magazins der italienischen Litteratur und Künste“. Sein Besuch steht vermutlich im Zusammenhang mit der Arbeit am „Tasso“ (vgl. zu 161,2). 175,14 Ihnen zuvorzukommen] Wahrscheinlich mit Bezug auf den oben erwähnten Boten mit einer Sendung Charlotte von Steins, die inzwischen angekommen war. – Die Nachschrift mit spitzerer Feder ist offensichtlich erst später, vielleicht am Nachmittag, hinzugefügt worden. 175,14–15 mahl ich am Portefeuil] Vgl. Beilage zu Nr 222.

232. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 18. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 123. – 1 Bl. 13,8 × 6,8(–7,1) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „183.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 170), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 379. WA IV 5 (1889), 19, Nr 1076. BEIL AG E

Papier (vgl. 175,16). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 175,16 Portefeuille] Vgl. Beilage zu Nr 222. 175,17 recht fleisich] Wohl mit Bezug auf die Arbeit am „Tasso“ (vgl. zu 175,12). 175,17 einen guten Abend bey Ihnen] Vgl. Knebels Tagebuch vom 18. Dezember 1780: „Abends bei Fr. v. Stein, wo Göthe seine Geschwister und Tasso las“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 52v).

500

233. An Charlotte von Stein

BRIEFE 233/234

〈Weimar〉, 19. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 123. – 1 Bl. 14,3(–14,5) × 9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. Reste roter Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „175“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 171), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 380. WA IV 5 (1889), 19, Nr 1077. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 176,1 noch Einen Augenblick 〈…〉 zu bieten] Der Brief wurde vor Goethes Aufbruch zur Jagd mit dem Herzog und dessen Gefolge nach Ottstedt am Berge, am Hang des Ettersberges 10 km nordwestlich von Weimar gelegen, geschrieben. Dort fand am Mittag auch die herzogliche Tafel statt (vgl. FB 1780, S. 262). 176,2 er ist besser] Demnach war Josias von Stein krank und nicht mit zur Jagd; am 20. Dezember 1780 war er wieder Gast der Hoftafel (vgl. FB 1780, S. 263). 176,3 wäre fleisig] In dieser Zeit meist mit Bezug auf die Arbeit am „Tasso“ (vgl. die erste Erläuterung zu 175,17).

234. An Charlotte von Stein 〈Weimar, etwa 20. Dezember? 1780〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Seit dem Erstdruck wird er überwiegend nach der Jahresangabe der Adressatin (vgl. Überlieferung) und dem Inhalt auf den 20. Dezember 1780 gesetzt. Lediglich von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Fränkel vermutet aufgrund der beiliegenden Goethebüste von Klauer, der Brief stamme von Ende März 1781 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 418, Anm. zu Nr 617; ebenso Fränkel, Goethe-Stein2 3, 80, Anm. zu Nr 617). Da Klauer schon 1780 Porträtbüsten Goethes hergestellt hat und anzunehmen ist, dass Charlotte von Stein vor auswärtigen Bekannten und Freunden ein solches Geschenk erhielt, wird die bisher überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten, für die neben der Jahresangabe

DEZEMBER 1780

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der Empfängerin auch die Anrede ‚Sie‘ spricht, die Goethe im Dezember 1780 noch durchgehend verwendete (vgl. aber zu 229,6–7). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 89. – 1 Bl. 14,5(–14,8) × 8,8 cm, 1⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. Rest eines roten Siegels; Vs. unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780 / Goethens Büste“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „84c“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 91), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 380. WA IV 7 (1891), 264, Nr 2370. BEIL AG E

Porträtbüste Goethes (vgl. die erste Erläuterung zu 176,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 176,5 ein Bild] Nach dem Hinweis Charlotte von Steins auf der Ausfertigung erhielt sie 1780 „Goethens Büste“ (vgl. Überlieferung). Das Jahr legt die Annahme nahe, dass es sich um den Abguss einer Porträtbüste des Hofbildhauers Martin Gottlieb Klauer handelte, die im Laufe des Jahres 1781 an weitere Freunde und Bekannte Goethes geschickt wurde, darunter an Johann Caspar Lavater und Jenny von Voigts (vgl. zu 266,27; zu 306,17). 176,5 aufs Camin] Goethes Verwendung des Wortes als Neutrum entspricht dem oberdeutschen Gebrauch (vgl. Adelung 2, 1476). 176,6 üben Sie Phisiognomick] Nach der von Johann Caspar Lavater vertretenen ‚Lehre‘, wonach der Charakter und andere psychische Besonderheiten eines Individuums aus dessen Physiognomie abgeleitet werden können (vgl. auch die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 67). Später kritisierte Goethe dessen physiognomische Hetzerey, – denn so darf man die ungestüme Anregung wohl nennen, womit er 〈Lavater〉 alle Menschen 〈…〉 zur Contemplation der Physiognomien 〈…〉 zu nöthigen bemüht war (AA DuW 1, 638 [20. Buch]). – Ende April 1781 schickte Herzog Carl August den Abguss einer Goethebüste von Klauer an Johann Caspar Lavater, der davon eine Silhouette anfertigen ließ, die er mit einer physiognomischen Charakteristik in den vierten Band der französischen Ausgabe seiner „Physiognomonie“ aufnahm (vgl. zu 266,27).

502

235. An Charlotte von Stein

BRIEF 235/236

〈Weimar, 21. Dezember? 1780〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen aus der Zeit zwischen dem 24. September (Nr 178) und dem 12. Oktober 1780 (Nr 183). Im Erstdruck wird er nach dem Brief vom 27. August 1780 (Nr 158) eingeordnet, seit Fielitz (Goethe-Stein 1, 296, Nr 535) nach dem vermuteten Bezug zu Knebels Tagebuch auf den 21. Dezember 1781 (vgl. zu 176,11–12). Da es keine weiteren Anhaltspunkte für eine Datierung gibt und die überwiegend vorgenommene plausibel erscheint, wird sie beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 91. – 1 Bl. 15,5(–15,7) × 9,5 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1780“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „92“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 99), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 329. WA IV 5 (1889), 19, Nr 1078. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 176,9 meinen Pinsel Tusche] 1780 hat Goethe vor allem in der Zeit seiner intensiven Arbeit an der frühen Prosafassung des „Tasso“ viel gezeichnet (vgl. zu 163,9). 176,9 Muscheln] Hier Malutensilien: so genannte Farbmuscheln, „zugerichtete Farben darin aufzubehalten“ (Adelung 3, 323). 176,11 Prinzen] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach. – Fielitz vermutet den ‚Prinzen von Meiningen‘, der sich zwar noch immer zu Gast in Weimar aufhielt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 483, Anm. 8 [zu S. 296]), 1780 aber schon mitregierender Herzog war (vgl. zu 171,5). Goethe hatte zudem keinen so engen persönlichen Kontakt zu ihm, dass er ihn umstandslos durch Charlotte von Stein oder selber ‚holen‘ lassen konnte, auch hätte er ihn anders genannt und wahrscheinlich nicht gemeinsam mit den im Folgenden Genannten geladen. 176,11–12 Um 7 ist mein Essen bereit.] Am 21. Dezember vermerkt Knebel im Tagebuch: „Abends by Göthe zum Austernschmaus“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 53r). – In Goethes Rechnungsbuch ist dazu am 22. Dezember 1780 der Kauf von 100 Austern für den Betrag von 3 Reichstalern vermerkt (GR/RB 1780, 10). 176,12 Lucke] Johann Georg Lebrecht von Luck, Leutnant der herzoglichen Infanterie in Weimar und Mitglied des Liebhabertheaters (vgl. die dritte Erläuterung zu 33,5).

DEZEMBER 1780

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176,12 Staffen] Christian Friedrich August von Staff, Hof- und Jagdjunker Carl Augusts. 176,12 konnte] Für ‚könnte‘; das indikative Präteritum hier wie gelegentlich in den frühen Briefen Goethes als Konjunktiv Irrealis verwendet.

236. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 24. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 123. – 1 Bl. 19,1 × 10,2(–10,6) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, untere linke Ecke Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „173“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 172), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 380. WA IV 5 (1889), 20, Nr 1079. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet eine Sendung vom selben Tag (vgl. zu 176,15–16), möglicherweise mit einem nicht überlieferten Begleitbrief. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 176,15–16 mit Ihrem Geschenck] Wahrscheinlich die unten erwähnte Feder (176,17). 177,1 Ich esse heut bey Fritschens] Im Haus von Goethes Amtskollegen Jacob Friedrich von Fritsch und dessen Frau Johanna Sophia geb. von Haeseler. Als ranghöchstes Mitglied des Geheimen Consiliums war Fritsch anfänglich ein entschiedener Gegner von Goethes Berufung gewesen (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 148). Die Einladung belegt, wie sehr sich das schwierige Verhältnis zwischen Goethe und Fritsch inzwischen geändert hatte. Dies mag neben dem Respekt, den sich Goethe durch die Ernsthaftigkeit seiner Amtsführung erworben hatte, auch mit seiner Aufnahme in die Weimarer Freimaurerloge im Zusammenhang stehen, die von Fritsch geleitet wurde (vgl. zu 76,12–13). – Dem Kontext zufolge ist das Mittagessen gemeint (vgl. zu 177,1–2). 177,1–2 Bechtolsheims da] Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Vizekanzler des Eisenacher Landesteils, und seine Frau Juliane (Julie), der Wieland in besonderer Freundschaft zugetan war. Sie kamen aber erst am 25. Dezember 1780 in Weimar an und waren abends „zur audienz und TafeL invitiret“ (FB 1780, S. 268).

504

237. An Charlotte von Stein

BRIEFE 237–239

〈Weimar, 24. Dezember 1780?〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd IV) ist der vorliegende Brief in den März 1785 eingeordnet. Fielitz setzt ihn im Erstdruck auf Ende Dezember 1785. Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Der Anrede zufolge (vgl. 177,4) gehört der Brief in die Zeit vor dem durchgängig verwendeten ‚Du‘ ab dem 22. September 1781 (vgl. die einleitende Erläuterung Nr 496). Die inhaltliche Parallele (vgl. zu 177,3) zum Brief vom 25. Dezember 1780 (Nr 238) legt zudem nahe anzunehmen, dass er kurz zuvor, wahrscheinlich am 24. Dezember, geschrieben wurde. So wird der Brief seit Fränkel auch datiert (vgl. Fränkel, Marginalien, 17, zu Nr 529; Fränkel, Goethe-Stein1 1 [1908], 281, Nr 529). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/491,I, Bl. 30. – 1 Bl. 16,2 × 9,8 cm, Bordüre mit zwei Balken, in weiten Abständen umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), ½ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „83.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd VI, Jg 1785, Nr 80), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Fielitz, Goethe-Stein 2 (1885), 289, Nr 723. WA IV 7 (1891), 287, Nr 2470. BEIL AG EN

1) Muff für Charlotte von Stein (vgl. zu 177,3). 2) Brief Friedrich von Steins (vgl. zu 177,3–4). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 177,3 Muff] Im 18. Jahrhundert eine weit verbreitete Bekleidung für die Hände (von Frauen), meist mit Pelz gefüttert oder ganz aus diesem gefertigt, als Schutz vor Kälte auch in den oft kaum beheizten Innenräumen (vgl. Adelung 3, 298f.). – Hier vielleicht ein seidener Muff, ein so genanntes Handmüffchen, wahrscheinlich ein Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk für Charlotte von Stein, das sie am 25. Dezember zum Konzert im Fürstenhaus tragen sollte (vgl. zu 177,9). 177,3–4 Fritz hat sich 〈…〉 recht angegriffen.] Mit Bezug auf einen mitgeschickten Brief, möglicherweise einen Geburtstagsgruß Friedrich von Steins für seine Mutter. – ‚Angreifen‘ hier im Sinne von „seine Kräfte anstrengen, seyn Äußerstes thun 〈…〉 Er hat sich heute sehr angegriffen, vielen Aufwand gemacht“ (Adelung 1, 308).

DEZEMBER 1780

238. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 25. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 124. – 1 Bl. 19,7(–19,9) × 7,3(–7,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „172“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 173), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 381. WA IV 5 (1889), 20, Nr 1080. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet eine Sendung vom selben Tag, möglicherweise mit einem nicht überlieferten Begleitbrief (vgl. die zweite Erläuterung zu 177,8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 177,8 zu Mittag bin ich bey Hof] Am 25. Dezember wurde mittags eine große Hoftafel mit 32 Gästen abgehalten, zu der alle drei Geheimen Räte des Consiliums geladen waren, neben Goethe, an 29. Stelle aufgeführt, also auch Fritsch und Schnauß (vgl. FB 1780, S. 268). 177,8 Dancke fürs überschickte] Mit Bezug auf ein Geschenk Charlotte von Steins, möglicherweise Lebensmittel, mit dem sie sich für den Muff (177,9) bedankt haben könnte. 177,9 mit dem Muff, bey der Musick zu sehn] Vgl. Beilage zu Nr 237. – Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein in ihrem nicht überlieferten Bezugsbrief angekündigt, an diesem Abend das Konzert im großen Saal des Fürstenhauses zu besuchen (vgl. FB 1780, S. 268). Laut Knebels Tagebuch wurde der „M e s s i a s von Händel“ aufgeführt (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 53v). 177,9–10 am Cristtag 〈…〉 auch ein Geburtsfesttag] Der 25. Dezember war Charlotte von Steins Geburtstag; 1780 wurde sie 38 Jahre alt.

239. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 27. Dezember 1780 → 〈Gotha〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – StA Gotha, Sign.: Geheimes Archiv, E XIII A, Nr 7, Bl. 3–8. – 3 Doppelblätter 40,1 × 27,8 cm, 8 S. (S. 3–10) beschr., letztes Doppelblatt erst beim Diktieren des Briefes eingefügt, Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen und egh. Schluss (182,12–21 Ew Durchl werden verzeihen 〈…〉 Goethe.), Tinte.

506

BRIEF 239

E: Beck, Ernst II. (1854), 371–375, Nr 17. WA IV 5 (1889), 20–28, Nr 1081 (nach E). BEIL AG EN

1) Mineralogischer Bericht Johann Carl Wilhelm Voigts (vgl. zu 178,2–3). 2) Profildarstellungen von Gesteinsschichten (vgl. zu 178,4). 3) Gesteinsproben (vgl. zu 182,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief steht im Zusammenhang mit Goethes Studien zur Geologie Thüringens. Ausgangspunkt für diese Studien war Goethes amtliche Tätigkeit als Mitglied und, ab April 1780, Vorsitzender der Bergwerkskommission, die sich mit der Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus beschäftigte (vgl. zu 89,10–11). Goethe hatte im September 1780 eine Reise nach Ilmenau, Schmalkalden, Kaltennordheim, Ostheim und Meiningen unternommen, bei der er sich intensiv mit Fragen des Bergbaus und mit geologischen Untersuchungen beschäftigt hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170). Im Oktober 1780 hatte er Merck einen kleinen Aufsaz (145,5–6) angekündigt. Insgesamt sind zahlreiche Materialien überliefert, die Goethes wachsendes Interesse für die Geologie dokumentieren (vgl. LA II 7, 9–12, 33–35 und 36–37, M 6–10, M 16–17 und M 19–20). Zu dieser Zeit stand er in engem Austausch mit Johann Carl Wilhelm Voigt, der ihn über die neuesten Erkenntnisse der Bergakademie Freiberg informierte und mit Abraham Gottlob Werners systematischer Mineralogie vertraut machte. Der wiederholte Gebrauch der ersten Person Plural deutet darauf hin, dass der vorliegende Brief Materialien aus Voigts Untersuchungen einbezieht und Ergebnis einer engen Zusammenarbeit ist. Dafür sprechen auch die wörtlichen Übernahmen aus dem Briefe in Voigts Publikation „Mineralogische Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach und einige angränzende Gegenden, in Briefen“ (Bd 1. Dessau 1782; vgl. Ruppert, 749, Nr 5222; vgl. zu 179,12; zu 179,27; zu 179,31–32). Dieser Druck, der auf den Ergebnissen der Recherchen vom Jahr 1780 basierte, wurde im Juni 1781 zusammengetragen (vgl. zu 291,13–14) und im November 1781 vorgelegt (vgl. die erste Erläuterung zu 345,8). Da die Beilagen zum vorliegenden Brief nicht überliefert sind, lässt sich der Anteil von Voigt und Goethe an den dargelegten Ergebnissen nicht genau feststellen. – Der abgebildete Riss (vgl. Abb. auf dem hinteren Vorsatz dieses Bandes) ist die spätere, gedruckte Fassung von Voigts Profil und weicht leicht von der beigelegten Frühfassung ab (vgl. die zweite Erläuterung zu 178,16). 177,14 nach so vieler Zeit] Wann die geologischen Untersuchungen Thüringens Gesprächsthema der Briefpartner waren, ist unklar: entweder während Goethes letztem Aufenthalt in Gotha im Juni 1780 (vgl. zu 70,4; zu 71,11–12) oder

DEZEMBER 1780

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während Ernsts II. Besuch in Weimar in Begleitung seiner Frau und seines Bruders zwischen dem 10. und dem 16. Juli 1780 (vgl. FB 1780, S. 143–151). – Womöglich stand der erschlossene Brief vom 3. Juli 1780 in Verbindung mit dieser Angelegenheit (vgl. EB 44). 178,2–3 die Bemerkungen 〈…〉 die ich Ew. Durchl unterthänig überreiche] Bericht mit den Ergebnissen von Johann Carl Wilhelm Voigts und Goethes geologischen Untersuchungen; wahrscheinlich Vorarbeiten oder eine Vorabfassung von Voigts „Mineralogischer Reise“ (vgl. die einleitende Erläuterung); nicht überliefert. 178,4 Risse] Profile, Durchschnitte: Graphiken zur Darstellung von Gesteinsschichten; nicht überliefert. – Welche Graphiken im Einzelnen dem Brief beilagen, ist nicht zu ermitteln. Voigts Veröffentlichung enthielt sechs kolorierte Tafeln: „Durchschnitt der Gebürge von der Rhoen bis Giebigenstein, oder von Südwest nach Nordost durch den Thüringerwald“; „Durchschnitt vom Catherthale bey Blankenburg ohnweit Saalfeld“; „Durchschnitt der Gebürge vom Fuße des Schneekopfs bis in die Gegend um Saalfeld, vom Westen nach Osten“; „Durchschnitt von den Steinkohlenwerken bey Cammerberg und Manebach“; „Durchschnitt von einer Gegend bey Goldlauter nach der Richtung in welcher der Güldenerosenstolln getrieb. ist“; „Durchschnitt von der Gegend des Gelmeroder Berg wo zwey Kohlenfloetze ausgehen“. Sie tragen den Vermerk „Voigt del. et inv.“ (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, o. S.). – Vom ersten Profil (vgl. Abb. auf dem hinteren Vorsatz dieses Bandes) lag mit Sicherheit eine frühere Fassung bei; es sind einige Abweichungen zwischen der Beschreibung im vorliegenden Brief und dem gedruckten Profil festzustellen (vgl. die zweite Erläuterung zu 178,16). Voigt beschrieb diesen Riss im vierten und fünften Brief (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 28–48). Er gab an, vor dem Druck mehrere Bergbauexperten konsultiert und deren Einwände bei der letzten Fassung der Profile berücksichtigt zu haben (vgl. ebd., 147f.). 178,5–7 durch den Bergverständigen Voigt 〈…〉 untersuchen zu lassen] Da sich die Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus verzögerte, hatte Goethe Johann Carl Wilhelm Voigt im Frühling und Sommer 1780 mit einer eingehenden geologischen Untersuchung Thüringens beauftragt. Seine Bestandsaufnahme dokumentierte Voigt in einem in Goethes Nachlass überlieferten Bericht: „Mineralogische Reise durch das Herzogthum Weimar und Eisenach 1780“ (GSA 26/LXV, 5,45; vgl. zu 86,7–9). Dieser Bericht, in dem nur wenige der im Brief genannten und im Profil erfassten Gebiete enthalten waren, diente als Grundlage sowohl für die Ausführungen im vorliegenden Brief als auch für Voigts spätere Veröffentlichung: „Mineralogische Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach und einige angränzende Gegenden, in Briefen“ (Bd 1, Dessau 1782). 178,7 Ettersberge] Der nördlich von Weimar gelegene bewaldete Höhenzug (höchste Erhebung etwa 478 m) ist auf dem überlieferten Riss gezeichnet. Er besteht aus Muschelkalk. Voigt hatte den Ettersberg am Anfang seines Berichts für Goethe ausführlich beschrieben (vgl. LA II 7, 12–14).

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BRIEF 239

178,9 die zu Tage ausgehenden Lagen] Voigt gab in seinem Bericht in Bezug auf den Ettersberg an, „alle Steinbrüche Erdfälle und Wasserriße an demselben genau untersuchet“ und diese Beobachtungen als Grundlage seiner Beschreibung benutzt zu haben (LA II 7, 13). Diese Ausführungen nahm er in seine Veröffentlichung auf (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 89–94). 178,14 Wasserrisse] Durch „Wasser in dem Erdboden, besonders in Anhöhen gerissene“ Vertiefungen (Adelung 4, 1412). 178,15 Tu f f s t e i n l a g e r N .] Pliozäne Süßwasserkalke. Es handelt sich hier um das Sediment (Kalktuff) und nicht um das vulkanische Gestein (Tuff). – Im Profil befindet sich dieses Gestein auf der Südseite des Thüringer Waldes, bei Schweina und dem Schloss Altenstein. 178,15 K a l c h g e b ü r g e M .] Muschelkalk. Im Profil hellblau markiert und mit „Kalkstein u. Mergel-Schichten“ bezeichnet. Mit diesem Gestein sind im Riss der Ettersberg und Weimar sowie die Gegenden um Stadtilm und Kaltennordheim markiert. 178,16 L e t t e n s t r e i f f e n L .] Sandiger Ton des unteren Keupers, im Profil orange markiert und mit „Thon, auch Triebsand pp.“ bezeichnet. – Dieses Sediment liegt im Profil unter dem Muschelkalk M, außer in der Leipziger Tieflandsbucht südlich von Halle, wo es an der Oberfläche liegt. 178,16 G i p s l a g e r K ] Gips des oberen Buntsandsteins. – Hier liegt eine Abweichung zwischen der beigelegten Version des Profils und der später abgedruckten vor, wo es kein K und daher keine optische Unterscheidung zwischen beiden Gipslagern gab; beide Lager wurden grau unterlegt und mit G bezeichnet. Die hier mit K genannte Schicht ist im Profil nur im Thüringer Becken vom Ilmtal bis zur Finne gekennzeichnet. Voigt verwies in seiner Schrift auf die unterschiedliche Zusammensetzung der beiden Gipsschichten (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, o. S. [Erklärung der Kupfertafeln], 38f., 43). – Alle im Brief genannten Gesteinsschichten finden sich im abgedruckten Riss, in dem außerdem Roggenstein, Rauchwacke und Asche bezeichnet sind, die im vorliegenden Brief nicht erwähnt werden. Diese Abweichungen sind höchstwahrscheinlich dadurch zu erklären, dass Voigt weitere Erkenntnisse in seine Veröffentlichung einarbeitete, möglicherweise auf Anraten Trebras (vgl. zu 182,1–2). 178,17 S a n d l a g e r J .] Buntsandstein. – Im Profil befindet er sich nördlich wie südlich des Thüringer Walds unter den vorhergehenden Lagern wie an der Oberfläche. 178,20–21 Nachrichten des vorigen Bergbaus] Vor allem Friedrich Gottlob Gläsers „Versuch einer mineralogischen Beschreibung der Gefürsteten Graffschaft Henneberg, Chursächßischen Antheils, nebst einer kurzen Geschichte des ehemaligen und jetzigen Bergbaues derselben“ (Leipzig 1775; S. 66–97). – Voigt bot in seinem vierten Brief eine Zusammenfassung der Zeugnisse über die Geschichte des Bergbaus (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 28–38).

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178,22–23 S t i n k s t e i n H ] Oberer Zechstein unter dem Buntsandstein. 178,23 G i p s G .] Gips des oberen Zechsteins. 178,23–24 D a c h g e s t e i n F ] Zechsteinkalk. 178,24 K u p f e r f l ö z E ] Kupferschiefer, im Profil „Schiefer-Flöetz“ genannt. – ‚Flöz‘: Eine durch Sedimentablagerung entstandene, horizontale Gesteinsschicht (vgl. GWb 3, 768). 178,25 todeliegende D ] Unterer Zechstein. – Mit dem Begriff „t o d e und r o t h e t o d e liegende“ wollte Voigt sich von älteren ungenauen Bezeichnungen wie „Konglomerat, Sandstein, Breccia“ abheben (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 35). 178,27 Sturmhaide] Berg westlich von Ilmenau (620 m), wo Kupferschiefer abgebaut wurde. – Auf dem Riss ist die Sturmheide mit der Nr 5 markiert. Unter dem dort zu Tage tretenden Flöz ist eine mit „d“ bezeichnete dünne Schicht von Kupferschiefer, die bis zur Oberfläche reicht (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 31–36). 178,27 P o r p h y r B ] Porphyr des Rotliegenden. – Im Profil unter der Schicht D, außer auf dem nordöstlichen Hang des Thüringer Waldes und auf den Bergen bei Halle, wo er zu Tage tritt. 178,28–29 G r a n i t A ] Vorpermischer Granit. – Im Profil unter dem Porphyr, auf dem südwestlichen Hang des Thüringer Waldes zu Tage tretend. 178,30 diesseitigen Thüringen] Das Thüringer Becken, im Profil zwischen dem Thüringer Wald und dem Finngebürge (der Finne). 178,32 Eisleben] Alter Kupferschieferbergbau, wo Voigt auf Trebras Anraten hin einen Studienaufenthalt zur Vorbereitung auf seine spätere Tätigkeit im Ilmenauer Bergbau absolviert hatte (vgl. GB 3 II, zu 439,5). 178,32 Bottendorf] An der Unstrut nordwestlich von Naumburg gelegener Kupferschieferbergbau, heute Stadtteil von Roßleben, auf dem Riss mit der Nr 13 markiert. – In Goethes Nachlass ist eine auf den 12. August 1780 datierte „Kurze Erläuterung“ des Bergbaus mit Zeichnungen der Schichtlagerung vom dortigen Schichtmeister Friedrich Christian August Koch überliefert (vgl. LA II 7, 11f., M 10). Voigt, der beide Reviere gut kannte, wies in einem Bericht aus dieser Zeit auf die Verschiedenheit der Flözschichten in Bottendorf und Eisleben hin (vgl. LA II 7, 31). 178,35 der Gibichenstein und der Petersberg] Aufragungen von permischem Porphyr; sie markieren den Schluss des Risses von nordöstlicher Seite. – Voigt wies in seiner Veröffentlichung darauf hin, dass auf dem Giebichenstein der gleiche Porphyr wie auf dem Thüringer Wald zu finden ist (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 47). 178,37 Schneekopf] Bei Gehlberg, etwa 10 km nordwestlich von Suhl. Der zweithöchste Berg des Thüringer Walds (978 m) besteht aus Porphyr. 179,5–6 den unterirrdischen Zusammenhang 〈…〉 mit unserm Thüringerwalde] Zu diesem Zweck erbat sich Goethe einen Bericht von Trebra (vgl. zu 182,1–2).

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BRIEF 239

179,7–8 der Antheil 〈…〉 Bemühungen nehmen] Da eine Antwort nicht überliefert ist, lässt sich die Reaktion des Adressaten nicht genau nachvollziehen. In seiner Privatbibliothek sind jedoch beide Bände von Voigts Buch nachgewiesen (Forschungsbibliothek Gotha, Sign.: Math 80 01246/04 [01–02]), Indiz dafür, dass der Adressat grundsätzlich an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die geologischen Strukturen interessiert war. 179,12 zwei kleine Sternchen] Sie sind ebenfalls an den beiden Seiten des abgedruckten Profils angebracht. – Diese Textstelle wurde von Voigt fast wortwörtlich übernommen: „Ich habe am Rande der ersten Tafel zwey Sternchen angebracht; ziehet man von einem zu dem andern einen Faden, so wird der Theil des Bildes, der über den Faden kömmt, durch bergmännische Erfahrungen meistens bewiesen werden können; was darunter ist, läßt sich freylich nur schließen, ist aber fast bis zur Gewißheit wahrscheinlich.“ (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 147.) 179,17 Tolmars] Dolmar: basalthaltiger Vulkan, 8 km nördlich von Meiningen. – Dieser Berg ist im abgedruckten Profil nicht gekennzeichnet; möglicherweise wurden einige Details wegen der hier formulierten Vorbehalte gestrichen. 179,25 Basaltberge bei Stolpen] Basaltkuppe, etwa 26 km östlich von Dresden. 179,26 Gleichberge] Zwei Basaltkuppen bei Römhild, etwa 14 km südwestlich von Hildburghausen. 179,27 die ganze Rhön unwidersprechlich basaltisch] Hier stützt sich Goethe auf die Erkenntnisse, die Voigt während seiner Reise in die Rhön im Sommer 1780 gewonnen hatte und in einem Aufsatz zusammenfasste (vgl. zu 145,29). – Diese Stelle des Briefes wurde von Voigt fast wortwörtlich wiedergegeben: „In Ansehung der R h ö n b e r g e, deren ich nur kurz gedacht habe, ist noch dieses zu erinnern. / Auf der nordöstlichen Seite des T h ü r i n g e r w a l d g e b ü r g s, und in den ganzen nach Thüringen gekehrten Gegenden, findet sich nicht die mindeste Spur von Basalt, (denn mit dem am Ascherofen bey Ilmenau ists noch zweifelhaft,) oder von irgend einem vulkanischen Produkt, und vielleicht sind die Basaltberge bey S t o l p e n in Sachsen die ersten, die auf diesem Striche wieder vorkommen; dagegen sich auf jener Seite die G l e i c h b e r g e bey R h ö m h i l d, der D o l m a r, und sodann die ganze R h ö n unwidersprechlich vulkanisch zeigen.“ (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 149.) 179,29–30 nur einige hier beiliegen] Das in Goethes Nachlass überlieferte Verzeichnis der 1780 von Voigt gesammelten Stufen enthält keine vulkanischen Gesteine (vgl. LA II 7, 25–28, M 12). Wahrscheinlich lag Goethe zu dieser Zeit schon ein Teil der Stufen aus der „Folge der Gebirgsarten des Thüringer Waldes / Vom Bergrath Voigt in Ilmenau“ vor (vgl. Prescher, Goethes Sammlungen, 184–206). Wie viele und welche der 421 dort verzeichneten Stufen im Einzelnen beigelegt wurden, lässt sich nicht nachvollziehen. 179,30 diesen Sommer dahin abgeschikten Voigt] Vgl. zu 179,27. – Voigt ging 1781 erneut in die Rhön, und zwar ins Fuldaische (vgl. zu 345,11–12).

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179,31–32 die Vulkane 〈…〉 bis Andernach] Die Vulkane des Habichtswaldes bei Kassel waren von Rudolf Erich Raspe in seinem „Beytrag zur allerältesten und natürlichen Historie von Hessen; oder Beschreibung des Habichwaldes und verschiedner andern Niederheßischen alten Vulcane in der Nachbarschaft von Cassel“ (Kassel 1774) beschrieben worden (vgl. Ruppert, 717, Nr 4992). Jean André de Luc hatte den Hügel von Sachsenhausen bei Frankfurt und die erloschenen Vulkane bei Andernach am Rhein beschrieben (vgl. Lettres physiques et morales sur l’histoire de la terre et de l’homme, Bd IV. Paris und Den Haag 1779, bes. S. 404–416, 162–178; zu 41,23–24). De Luc hatte ebenfalls eine Darstellung der Kasseler Vulkane vorgelegt (vgl. ebd., S. 442–476). – Diese Textstelle wurde von Voigt wiederaufgegriffen: „Wenn man nun weiß, daß sodann die Vulkane rechts bis Cassel hinauf und weiter links bis F r a n k f u r t h, ja bis A n d o r n a c h fortgehen, so würde es eine in der Folge interessante Untersuchung werden, ob und wie sich die vulkanische Wuth des gedachten großen Erdstrichs an dem unerschütterlichen Gebürge des T h ü r i n g e r w a l d e s gebrochen, und dieses ihr gleichsam wie ein ungeheurer Damm widerstanden habe.“ (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 149f.) 180,5–7 Aber wie der Hirsch 〈…〉 Beobachter auch sein.] Im Brief an Merck vom 11. Oktober 1780 hatte Goethe eine ähnliche Wortwahl benutzt (vgl. 144,29–30). – Auch Voigt gab in seiner Abhandlung an, sich bei seinen Untersuchungen nicht streng an die politischen Grenzen des Herzogtums gehalten zu haben: „Was kümmere mich aber darum, in wessen Territorium ich Felsen verwunde; genug, daß sie mich 〈…〉 belehren“ (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 2). 180,23–24 trivial Nahmen] Trivialname: Hier die populäre Benennung in der alltäglichen Sprache (vgl. Grimm 22, 726). – Voigt wies an mehreren Stellen seiner Abhandlung auf die weit verbreitete, inkonsistente Terminologie der Bergleute hin (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 35, 38). 180,26 Freiberger Akademie] Die 1765 gegründete Kurfürstlich-Sächsische Bergakademie zu Freiberg (vgl. zu 144,18–19), in der Abraham Gottlob Werner eine neue wissenschaftliche Terminologie und ein System zur Beschreibung und Klassifizierung der Mineralien entwickelt hatte (vgl. zu 144,19), woran sich Voigt hielt (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 2). 180,27 Ausbreitung so vieler Schüler] Goethe stand zu dieser Zeit mit Trebra und Voigt wie auch mit dem Freiberger Professor Charpentier in Kontakt. – In der Zeit zwischen 1771 und 1780 hatten sich insgesamt 127 Studenten in der Bergakademie immatrikuliert, darunter 15 ausländische (vgl. Otfried Wagenbreth et al.: Die Technische Universität Bergakademie Freiberg und ihre Geschichte. 2. Aufl. Freiberg 2008, S. 53–58). 180,29–30 über die Entstehung unserer Gebürge] Anspielung auf den Streit zwischen Neptunisten und Vulkanisten über die Entstehung der Gesteinsschichten, der für Goethe noch keine Rolle spielte. In dieser Zeit ging es ihm darum, sich einen

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BRIEF 239

Überblick zu verschaffen; zugleich waren seine geologischen Studien an den Bergbau und somit an eine praktische Anwendung geknüpft. 180,32 etwas zur Erschaffung der Welt] Goethe hielt sich diesbezüglich an Buffons kosmologische Vorstellungen aus den „Époques de la Nature“ (vgl. zu 40,16). 180,33–35 Bei dieser Sache 〈…〉 unendlich vorzuziehen.] Das Gegensatzpaar ‚anschauend‘ und ‚wissenschaftlich‘ steht für die Diskrepanz zwischen der unmittelbaren, sinnlichen Wahrnehmung oder empirischen Beobachtung der Natur und der rationalen und theoretischen Ebene der Wissenschaft. 181,9 in Ihren Landen] Goethe und Voigt hatten bereits über die Grenzen Sachsen-Weimar und Eisenachs hinaus geforscht (vgl. 144,30–145,1). Zwar veröffentlichte Voigt zunächst nur seine mineralogischen Studien über die Gebiete Sachsen-Weimar und Eisenachs (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen), er unternahm aber auch Reisen durch weitere Gebiete Thüringens und der Rhön und dehnte 1782 seine Studien ins Fuldaische und in die Eifel aus. 181,12–14 Wenigstens erfährt man 〈…〉 werden lichter.] Anspielung auf die vorwiegend utilitaristische Motivation Goethes in den Anfängen seiner mineralogischen Studien, die in Verbindung mit der Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus standen. Voigts Erkundungsreisen sollten nicht zuletzt dazu dienen, zukünftige Entscheidungen auf einer wissenschaftlich fundierten Grundlage treffen zu können. Voigt selbst wies auf die Bedeutung einer seriösen geologischen Untersuchung als Grundlage für Entscheidungen über Investitionen im Bergbau hin, da Anleger häufig von „Schwätzern“ irregeführt worden seien (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 20 und 30). 181,16–17 Ew. Durchl. unterthänigst aufzuwarten] Goethe ließ im Januar 1781 die nächsten Gelegenheiten, nach Gotha zu fahren, verstreichen (vgl. zu 184,13–14; zu 189,14–15). Erst im Oktober 1781 folgte er einer verbindlichen Einladung des Adressaten (vgl. zu 329,2–3). 181,20 ersten Theile der ältern Erfurtischen Akademieakten] Eigentlich im zweiten Band (vgl. die folgende Erläuterung). – Das Attribut ‚älter‘ bezieht sich auf die ersten Jahren der 1754 gegründeten Kurfürstlich Mainzischen Akademie nützlicher Wissenschaften, deren Tätigkeit um 1770 zum Erliegen gekommen war. Die Akademie war 1776 vom Statthalter Carl Theodor von Dalberg neubelebt worden; die Akten wurden 1777 mit dem dritten Band fortgeführt. 181,22–23 Historia terrae 〈…〉 Fuechsel.] Georg Christian Füchsel: Historia terrae et maris, ex historia thuringiae per montium descriptionem (Geschichte der Erde und des Meeres aus der Geschichte Thüringens durch die Beschreibung der Gebirge). In: Actorum academiae electoralis moguntinae scientiarum utilium quae erfordiae est (Beiträge der Kurfürstlich Mainzischen Akademie nützlicher Wissenschaften zu Erfurt). Bd 2. Erfurt 1761, S. 44–208. – Neben diesem Beitrag erschien im selben Band eine weitere Schrift Füchsels zur Nutzanwendung seiner „Geschichte der Erde und des Meeres“: „Usus historiae 〈…〉 terrae et maris“ (ebd.,

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S. 209–254). Das Buch ist in Goethes Bibliothek überliefert (vgl. Ruppert, 66, Nr 457). – Der Arzt Füchsel war vom Erbprinzen Friedrich Carl von Schwarzburg-Rudolstadt gefördert worden. Seine Studien galten als Pionierarbeiten für die geologische Erkundung Thüringens: Er entwarf dafür Profile, die die Schichtabfolge darstellten, und zeichnete 1762 die erste geologische Karte eines Teils von Thüringen, die das Saale- und Ilmtal bis Jena und Weimar im Norden, den nördlichen Thüringer Wald im Süden, Saalfeld im Osten und Ilmenau im Südwesten umfasste. Füchsel bezeichnete Thüringen als „eine Gegend, die zuverläßig als alter Meergrund anzusehen ist“ (Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt und Leipzig 1773, S. 20). Goethe exzerpierte im Jahr 1780 diese Schrift und ließ sich von Voigt eine Stellungnahme dazu geben (vgl. LA II 7, 29–32, M 14–15). 181,24 einem seiner überbliebenen Freunden] Vermutlich der Erzdiakon der Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul Johann Samuel Schröter, der in seinem in Weimar aufgelegten „Journal für die Liebhaber des Steinreichs und der Konchyliologie“ Füchsels Schriften besprach, Druckfehler berichtigte und Ergänzungen druckte sowie einen Nachruf auf Füchsel verfasste (vgl. Bd 2 [1775], S. 54–63 und S. 505–507). – Voigt gab die in Goethes Brief enthaltene Information fast wortwörtlich wieder: „Diese Schrift war erst deutsch aufgesetzt, hatte nachher das Unglück, weil in jenen Akten die deutsche Sprache nicht erscheinen sollte, von einem andern ins Lateinische übersetzt zu werden, dadurch sie sehr verunstaltet und unverständlicher worden ist, zumal da viele Druckfehler stehen geblieben, auch in der beygefügten Charte Zeichen und Buchstaben nicht allemal zutreffen.“ (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 150.) 181,27 ins lateinische übersezt] Der Übersetzer von Füchsels Schriften ist nicht bekannt. 182,1–2 Trebraen] Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra stand seit 1779 als Vizeberghauptmann in kurhannoverschen Diensten in Zellerfeld. 1776, als er noch in Kursachsen Dienst leistete, war er als Experte für die Untersuchungen zum Ilmenauer Bergbau herangezogen worden, hatte dessen Wiederaufnahme befürwortet sowie sich für die finanzielle Unterstützung Voigts bei dessen Studienaufenthalt in Freiberg ausgesprochen (vgl. GB 3 II, zu 90,1–2 und zu 439,3–4). – Goethes Schreiben an Trebra ist ebenso wenig überliefert wie dessen Antwort, wohl aber Trebras auf den 28. Februar 1781 datierter Bericht „Einige wenige unvollkommene Bruchstücke, vom Äußern und Innern des Harztes“ (vgl. LA II 7, 38–44, M 23). Dieser Bericht ist nach den hier skizzierten Angaben Goethes gegliedert. Außerdem schickte Trebra eine positive Stellungnahme zum Riss, den Voigt erstellt hatte und den Goethe im vorliegenden Brief ausführlich beschreibt (vgl. LA II 7, 48–51, M 29). 182,3 Granitfelsen] Trebra bestätigte in seinem Bericht Goethes Einsicht, dass der Granit des Harzes und der des Thüringer Waldes, der dort allerdings unter einer Porphyr-Schicht liegt, zusammenhängen: „Die beyden Brocken sind Granit, gegen

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den des Thüringer Waldes gehalten, von einerley Mischung mit ihm, doch nicht so dicht, der Glimmer ist nicht so schwarz, ist in geringerer Quantität in der Mischung, und der Feldspat ist bläßer.“ (LA II 7, 41.) – Während Goethes zweiter Harzreise im September 1783 in Begleitung von Trebra entstand eine Studie zu diesem Gestein: „Granit I“ (LA I 11, 9f.). Diese Reise markiert eine Wende in Goethes geologischen Interessen, die sich fortan verstärkt auf dieses älteste Gestein fokussierten. 182,4–5 wie ich es gethan] Als er Anfang Dezember 1777 im Rammelsberg war, dem bei Goslar gelegenen ältesten Bergbaugebiet des Harzes (vgl. GT I 1, 53; GB 3 II, erste Erläuterung zu 186,11). 182,9 Die kleine Sammlung] Zu den von Voigt gesammelten Stufen gehörten auch Muster von vulkanischen Gesteinen (vgl. zu 179,29–30). Eine genaue Rekonstruktion der beigelegten Stufen ist jedoch nicht möglich, da sie in Gotha nicht, wenigstens nicht als Sammlung überliefert sind, zumal im Inventar der Herzoglichen Kunstkammer von 1792 jede Spur von diesen Stufen fehlt (vgl. „Beschreibung derjenigen Stücke, welche bey der vom 30ten October bis zum 13ten November 1792 gehaltenen Revision der herzoglichen Kunst- und Naturalien-Kammer sich mehr vorgefunden haben, und nicht im leztern Inventario de anno 1764 stehen, mithin in selbigem annoch nachzutragen sind“; LATh – StA Gotha, Kammer Immediate 1385, Bl. 131–142). Voigts Sammlung sollte, nach Charpentiers Vorbild (vgl. zu 89,18–19), als Ergänzung zur Publikation dienen: „Eine vollständige Sammlung von allen Steinarten und andern Mineralien, deren meine Beschreibung gedenkt, besitzt hier zu Weimar der H e r r G e h e i m d e r a t h G ö t h e, und ich bin von der Güte dieses verehrungswürdigen Gönners der Mineralogie zu sehr überzeugt, als daß ich zweifeln sollte, daß nicht ein jeder, der der Sache kundig ist, Erlaubniß erhalten werde, diese Sammlung beaugenscheinigen zu dürfen.“ (Voigt, Mineralogische Reisen 1, 151.) – Der Sammlung lag höchstwahrscheinlich ein Verzeichnis bei (nicht überliefert). Ob die Rechnung des Schreibers Rost für die Abschrift von einem „Verzeichnis über Mineralien und deren Beschreibung“ vom 26. Dezember 1780 (GR/Belege 1780, 2, Bl. 68) dieser Sammlung oder einer mineralogischen Beschreibung der Ämter Lichtenberg und Kaltennordheim zuzuordnen ist (vgl. LA II 7, 36f. und 295), lässt sich nicht ermitteln. 182,12–13 nicht von meiner eignen Hand] Vgl. Überlieferung. – Goethe rechtfertigte sich bei höhergestellten Personen für diktierte Briefe (vgl. zu 26,26–27). 182,13–14 einen Posttag warten müssen] Laut den Angaben zum Postwesen im „Herzoglich-Sachsen-Gotha- und Altenburgischen Hof- und Adreß-Calender auf das Schalt-Jahr 1780“ dürfte dieser Brief von Weimar mit der fahrenden Post am Donnerstag, dem 28. Dezember 1780, am frühen Morgen angekommen sein. Die nächste Sendung mit der fahrenden Post wäre am Montag, dem 1. Januar 1781, „früh 7 Uhr“ von Weimar abgegangen (Post-Bericht 1781, o. S.). 182,15 Feyertagen] 25. und 26. Dezember 1780, Montag und Dienstag.

DEZEMBER 1780

240. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 30. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 124. – 1 Bl. 18,4 × 9,7 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), untere linke Ecke Siegelausriss; Rs. Reste roter Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „171“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 174), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 381. WA IV 5 (1889), 28, Nr 1082. BEIL AG E

Marzipan (vgl. zu 182,22). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 182,22 Franckfurter heil. Christ] ‚Der Frankfurter heilige Christ‘, die Weihnachtsgeschenke Catharina Elisabeth Goethes. – Friedrich von Stein merkt hierzu an: „Seine Mutter sendete ihm jährlich zu diesem Tag Frankfurter Marzipan.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10r.) Vgl. zu 365,13–14. 182,23–24 die gestrige Redoute] Am 29. Dezember 1780 hatte die erste Redoute (Maskenball) des Winters 1780/81 stattgefunden, zu der in den „Weimarischen Wöchentlichen Anzeigen“ folgende Ankündigung erschienen war: Demnach auf gnädigsten Befehl I h r o d e s r e g i e r e n d e n H e r r n H e r z o g s H o c h f ü r s t l. D u r c h l., die Redouten auf bevorstehenden Winter in dem allhiesigem Comödien- und Redouten-Hause wiederum veranstaltet werden sollen, und dabey gnädigst festgesetzt worden, daß 1) am 29sten Dec. dieses Jahres mit solchen der Anfang gemacht, und hernach alle F r e y t a g e die gewöhnliche Zeit hindurch damit continuiret. 2) Die Entrée jedermann, die Livrèe-Bediente und Dienst-Mägde ausgenommen, gegen Vorzeigung des Freytags Nachmittags von 3 bis 5 Uhr in dem Fürstl. Hof-Marschall-Amt jedesmahlen abzuholenden Billets, frey gegeben. 3) Alle Arten von Inventions- und andern Masquen, welche die Ehrbarkeit nicht beleidigen, eingelassen. 〈…〉 Weimar, den 16. Nov. 1780 Anton Georg Hauptmann.

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BRIEF 241

(WWA, 23. Dezember 1780, Nr 103, S. 409f.) – Zu diesen freien Redouten, an denen die Hofgesellschaft wie auch das bürgerliche Publikum teilnahmen, traf man sich im Herbst und Winter. Seit November 1775 wurden sie im Redoutenhaus an der Esplanade (heute Schillerstraße) abgehalten (vgl. GB 3 II, zweite Erläuterung zu 24,3). Sie begannen abends gegen 19 Uhr und dauerten bis in die Morgenstunden, wobei die Hofgesellschaft erst im Laufe des Abends hinzukam (vgl. Schrickel, Weimarer Theater, 59). Dagegen waren zu den Hof-Redouten nur geladene Gäste zugelassen. 182,24 Bleiben Sie mir.] Verkürzt für eine der vor allem in den frühen Briefen an Charlotte von Stein geläufigen Schlussformeln, im Sinne von ‚bleiben Sie mir immer was Sie mir jetzt sind‘, ‚bleiben Sie mir lieb‘ (vgl. GB 3 I, 49,8–9 und 71,8). 182,25 Uberbringern] Möglicherweise Maria Dorothea Goetze, die Mutter von Goethes Diener Johann Georg Paul Goetze, die seit Ende 1777 zu Goethes Haushalt gehörte und für ihn Botengänge erledigte. 182,25 das Wachstuch Packet] Möglicherweise die schon für den Transport in Wachstuch eingeschlagene Zeichenmappe für die Meininger Hofdame Louisa von Dungern (vgl. Beilage zu Nr 222), die den Meininger Gästen mitgegeben werden sollte (vgl. zu 171,5). – ‚Wachstuch‘ niederdt. für Wachsleinwand: eine oftmals bemalte Leinwand, die mit Ölfirnis oder Wachs überzogen war, um sie wasserdicht zu machen (vgl. Adelung 4, 1325).

241. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 31. Dezember 1780 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 118. – 1 Bl. 25 × 17,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. Oberstallmstr / v. Stein., roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „170“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 160), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 381f. WA IV 5 (1889), 28f., Nr 1083. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 183,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 183,1 Dancke meine Beste] In Erwiderung eines Morgengrußes Charlotte von Steins, möglicherweise eines Briefes, der ein Lebensmittelgeschenk begleitet haben könnte.

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183,1–2 wäre nicht schon heut früh des Wesens so viel] Ähnlich äußert sich Goethe im Brief vom 1. Januar 1781 an Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg (vgl. 184,16–18). Hintergrund der Geschäftigkeit am Jahresende 1780 war vor allem die Entlassung Volgstedts (vgl. zu 183,5). – ‚Wesen‘: „viel Geräusch, viel Aufhebens, viel Geschwätz“ um etwas machen, in Anlehnung an die ältere, nach Adelung vor allem im Oberdt. noch geläufige Bedeutung ‚Lärm‘ (Adelung 4, 1508.) 183,3–4 Gestern Abend] Für den 30. Dezember 1780 hält Knebel in seinem Tagebuch fest: „Abends mit Fr. v. Stein bey Mde Bechh.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 54r.) 183,5 Der Abschied des dicken] Die Entlassung des Kriegsrates Carl Albrecht von Volgstedt, dem Goethe als Geheimer Rat und ranghöchstes Mitglied der Kriegskommission de jure vorgesetzt war. Goethes letzter undatierter Tagebucheintrag des Jahres 1780 lautet: Viel Arbeit und Bearbeitung. Volgst. abgeschüttelt. diesen Monat hab ich mirs sauer werden lassen. (GT I 1, 117.) Seit Beginn seiner Tätigkeit als leitender Kriegskommissar im Januar 1779 war Goethe mit der nachlässigen Amtsführung Volgstedts unzufrieden (vgl. die dritte Erläuterung zu 55,10). Da sich im Laufe der Jahre nichts an dessen Verhalten änderte, betrieb Goethe seine Absetzung. In der Sitzung des Geheimen Consiliums vom 28. Dezember 1780 erhielt Goethe Weisung wegen der Entlassung Volgstedts (vgl. Wahl, Consilium, 643, Nr 9202). Sie erfolgte am 12. Januar 1781 (vgl. ebd., 653, Nr 9261). 183,6–7 giebt mir 〈…〉 mehr zu thun] So sollte z.B. die Repositur der Kriegskommission Goethe noch bis zum August 1781 beschäftigen (vgl. Bürgin, 123f.). 183,7–8 mit solchen Menschen 〈…〉 zu seyn] Nicht nur die amtlichen Nachlässigkeiten Volgstedts missbilligte Goethe, als abstoßend muss er auch dessen rücksichtsloses und kaltschnäuziges Verhalten bei den Musterungen empfunden haben, das er in einem Dialog zwischen einem Kriegskommissar, durch die Initiale V. als Volgstedt erkennbar, und einem Rekruten festhielt (vgl. WA I 38, 496f.). Dem Ansehen Volgstedts abträglich war schließlich auch sein „Schuldenwesen“ (Wahl, Consilium, 314, Nr 3260). Seit 1777 drohte ihm der Konkurs, seit 1779 die Zwangsversteigerung seines Hauses. Viele seiner Schuldner wandten sich zur Durchsetzung ihrer Forderungen an das Geheime Consilium (vgl. u.a. Wahl, Consilium, 384, Nr 4453; 469, Nr 5935; 621, Nr 8787). 183,8 Mein Tasso dauert mich selbst] Seit etwa Mitte Oktober hatte Goethe mit wenigen Unterbrechungen am „Tasso“ gearbeitet und war von Charlotte von Stein zur Weiterarbeit ermuntert worden (vgl. zu 162,14). 183,9–10 wie will ich zureichen] Hier im Sinne von ‚wie sollen meine Kräfte dafür ausreichend sein‘ (vgl. Adelung 4, 1766f.). 183,10–11 meinen Waizen unter das Commissbrod backen] Hier sinnbildlich für die ‚Brotarbeit‘ Goethes u.a. als Kriegskommissar, die oftmals all seine poetisch-künstlerischen Kräfte absorbierte (vgl. zu 183,17–18). – ‚Kommisbrot‘ im

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BRIEF 241

zeitgenössischen Verständnis „grobes Brot und Mehl für die Soldaten“ (Adelung 1, 1342). 183,11 Oertel] Friedrich Benedikt von Oertel, der als reicher Privatier in Weimar lebte und mit Johanna Carolina geb. von Greiner verheiratet war, in deren Haus Goethe verkehrte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 446). Nach Friedrich von Stein war der damals 45-jährige Oertel ein „Männlein gestaltet u gelaunt wie Aesop“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10r).

JANUAR 1781

242. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 1. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 1. – 1 Bl. 20,5 × 13,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, oberer Teil des Blattes abgeschnitten (erster Buchstabe der Adresse angeschnitten); Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 1), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 11. WA IV 5 (1889), 29, Nr 1084. BEIL AG E

Süßigkeiten (vgl. zu 183,20). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief antwortet auf eine Geschenksendung Charlotte von Steins vom selben Tag, der ein nicht überlieferter Brief beigelegen haben könnte (vgl. zu 183,15). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 183,15 Ihr Packetgen] Mit einem Neujahrsgeschenk, wahrscheinlich dem unten erwähnten Büchsgen (183,19). 183,17–18 mein prosaisch Leben 〈…〉 wie ein weiter Sand] In Anspielung auf die Amtsgeschäfte, die Goethe um den Jahreswechsel 1780/81 von seiner Arbeit am „Tasso“ abhielten; vgl. Tagebuch vom 1. bis 3. Januar 1781: Viel Geschäfft auf der Kriegskomission, um alle Faden an mich zu knüpfen. (GT I 1, 121; zur Sache vgl. zu 183,5; zu 183,8.) Eine ähnliche Metapher verwendete Goethe im Brief vom 30. Juni 1780 (vgl. zu 79,6–7). 183,19 Ihr artig Büchsgen] Wahrscheinlich eine Streusandbüchse aus Holz oder Porzellan. 183,20 etwas süses] Vielleicht Marzipan (vgl. Beilage zu Nr 240) oder glasierte Früchte (vgl. zu 153,20).

243. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 1. Januar 1781 → 〈Gotha〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – StA Gotha, Sign.: Geheimes Archiv, E XIII A, Nr 7, Bl. 9–10. – Doppelblatt 40,2(–40,8) × 27,9 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte. E: Beck, Ernst II. (1854), 434f., Nr 54.

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BRIEFE 244/245

WA IV 5 (1889), 245f., Nr 1375 (nach E; Umdatierung ohne Begründung auf „[Ende December]“ 1781). BEIL AG EN

Zeichnungen von Georg Forster (vgl. die erste Erläuterung zu 184,3). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. zu 191,15–16) ist nicht überliefert. 184,3 die Zeichnungen] 32 Zeichnungen exotischer Pflanzen und Tiere, vorwiegend Vögel, die Georg Forster auf seiner Weltumseglung mit James Cook 1772 bis 1775 angefertigt hatte. Die als Deckfarbenmalerei auf Pergament ausgeführten Zeichnungen waren ursprünglich als Präsent für den englischen König Georg III. bestimmt. Wegen einer gegen Forsters Vater Johann Reinhold gerichteten Intrige des Marineministers Montagu (Earl of Sandwich) seien die Zeichnungen aber nicht zum König gelangt (vgl. Forsters offener Brief „A letter to the Earl of Sandwich“, London, 20. Mai 1778; Forster, Werke 4, 81). Die verschuldeten Forsters versuchten vergeblich, die Bilder in Frankreich und an deutschen Höfen zu verkaufen. Während seines Besuchs in Kassel im Herbst 1779 (vgl. GB 3 II, zu 297,20–21) sah Goethe die Zeichnungen. Er vermittelte den Verkauf an Herzog Ernst II.: „Ich habe während dieser Zeit, nähmlich vor 2½ Jahren mit Göthe einige Briefe wechseln müssen, welche einige Handzeichnungen betrafen, die er bey mir gesehen, die meinem Vater gehörten, und die der Herzog von Gotha auf Göthens Anrathen kaufen wollte.“ (Forster an Jacobi, 11. Februar 1783; Forster, Werke 13, 428.) Bis auf zwei sind die Zeichnungen zusammen mit Forsters eigenhändigem Verzeichnis vom 17. Juni 1780 in Gotha überliefert (vgl. Forschungsbibliothek Gotha, Memb. I 131; Vögel der Südsee. 23 Gouachen und Aquarelle nach Zeichnungen Georg Forsters, entstanden während seiner Weltumsegelung 1772 bis 1775. Hrsg. von Gerhard Steiner und Ludwig Baege. Leipzig 1971, bes. S. 62–64). 184,3 vom alten Forster] Die Verhandlungen über den Ankauf der Zeichnungen hatte Goethe zunächst mit Georg Forster geführt (vgl. EB 51, EB 76) und darauf mit Johann Reinhold Forster (vgl. EB 92). Auch die Bezahlung wurde über den Vater abgewickelt (vgl. zu 191,17–18). 184,5 regierenden Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 184,13–14 um die Erlaubniss 〈…〉 begleiten zu dürfen] Herzog Carl August war am 31. Dezember in Begleitung von Georg Friedrich Carl von Sachsen-Meiningen, der sich seit dem 27. November 1780 in Weimar aufgehalten hatte, nach Gotha gegangen (vgl. FB Gotha 1780 IV, Bl. 114r; FB 1781, Bl. 1v). Er kehrte am 4. Januar 1781 nach Weimar zurück (vgl. ebd., S. 4). – Goethe schlug am 18. Januar 1781 eine Einladung Carl Augusts, ihn nach Gotha zu begleiten, aus (vgl. zu 189,14–15).

JANUAR 1781

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184,17–18 vielerley zusammengedrängt 〈…〉 mühseeliges Gesichte Zeigt] Mit Bezug auf die Belastungen durch amtliche Verpflichtungen, Vorbereitungen von Theateraufführungen und Redouten (vgl. zu 193,24–25) sowie die Arbeit am ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 240,1). – ‚Zeigt‘ nach Zeilenumbruch groß geschrieben. 184,20 nach meinem Vaterlande] Anspielung auf die geographische Lage Gothas an der alten Via Regia zwischen Schlesien und Mainz und somit auf dem Weg von Weimar in Goethes Heimatstadt Frankfurt. 184,22 auf dem Friedenstein] Das Gothaer Schloss Friedenstein.

244. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 2. – 1 Bl. 16,5 × 7,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „3“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 3), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 11. WA IV 5 (1889), 30, Nr 1085. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 185,1–2 noch reisen] Möglicherweise war Charlotte von Stein bis zum 5. Januar 1781 nicht in Weimar. Regelmäßige Besuche bei ihr werden in Goethes Tagebuch erst ab dem 6. Januar wieder verzeichnet (vgl. GT I 1, 121). 185,2 für Ihre Gesundheit besorgt bin] Im Tagebuch von Anfang Januar findet sich kein Hinweis auf eine Erkrankung Charlotte von Steins.

245. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 7. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 2. – 1 Bl. 18,5 × 9,4 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „5.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 5), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

522

BRIEFE 246/247

E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 12. WA IV 5 (1889), 30, Nr 1086. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 185,6 Unser Spas] Am Abend des 6. Januar 1781, des Dreikönigstages, hatten Mitglieder des Liebhabertheaters bei der Herzoginmutter Goethes satirisches Gedicht „Die heil’gen drei König’ mit ihrem Stern 〈…〉“ (WA I 1, 149f.) aufgeführt (vgl. GT I 1, 121). Den ersten der drei Könige soll Corona Schröter „dargestellt und gesungen“ haben, die beiden anderen Tanzmeister Johann Adam Aulhorn und Heinrich Friedrich Wilhelm Seidler (Gräf III 1, 66). Die Aufführung spielte scherzhaft auf den volkstümlichen Brauch des Dreikönig-Singens an, der in Weimar einige Jahre zuvor verboten worden war (vgl. Goethe: Über Volks- und Kinderlieder; AA SL 3, 248f.; vgl. zu 235,27). – Goethes Gedicht erschien zuerst 1811 ohne Titel in den von Carl Friedrich Zelter herausgegebenen „Gesängen der Liedertafel“ (Berlin, 1. Bändchen, S. 153–155, Nr 33), 1815 unter dem Titel „Epiphanias“ in „Goethe’s Werken“ (Stuttgart und Tübingen, Bd 1, S. 151f.) und schließlich unter dem Titel „Epiphaniasfest“ in „Goethe’s Werken. Vollständige Ausgabe letzter Hand“ (Stuttgart und Tübingen 1827, Bd 1, S. 151f.). 185,7 auf dem Eis essen] Im so genannten Baumgarten, heute Weimarhallenpark hinter dem Bertuchhaus (vgl. zu 170,7; zu 188,19–20). Im Tagebuch vom 7. Januar vermerkt Goethe: auf dem Eis gegessen mit Kaysern (GT I 1, 121). Der in Zürich lebende Komponist Philipp Christoph Kayser, ein Jugendfreund Goethes, war Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar zu Besuch (vgl. zu 209,27–28). 185,7–8 diesen Abend seh ich Sie bey Hof] Am 7. Januar wurde am Hof Georg Friedrich Händels Oratorium „Der Messias“ aufgeführt (vgl. die zweite Erläuterung zu 55,10), laut Knebels Tagebuch der zweite Teil (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 3v). Goethe besuchte Charlotte von Stein, die wahrscheinlich zu Hause geblieben war, nach dem Treffen mit Kayser und noch einmal Abends (GT I 1, 121), offenbar also nach dem Konzert.

246. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 8. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 3. – 1 Bl. 14,4(–14,6) × 9,7(–9,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Siegelausriss am oberen Rand links; Rs. Adresse: Fr v. Stein, Rest eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phry-

JANUAR 1781

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gischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „6.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 6), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 12. WA IV 5 (1889), 30, Nr 1087. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 185,10–11 noch einmal in meinen liebsten Spiegel zu sehen] Laut Tagebuch vom 8. Januar besuchte Goethe die Freundin am Nachmittag, wahrscheinlich nachdem er ihr den vorliegenden Brief geschrieben hatte: Nachher zu 〈Charlotte von Stein〉. kam Knebel. war sie gar lieb. um 6 Uhr nach Hause. (GT I 1, 121.) – Als ‚Spiegel‘ seiner selbst hatte Goethe Charlotte von Stein schon in früheren Briefen bezeichnet (vgl. GB 3 I, 174,12–13). 185,11 die schöne Dämmerung] Seine seelische Empfänglichkeit für die ‚Dämmerung‘ bringt Goethe in seinen frühen Briefen wiederholt zum Ausdruck (vgl. GB 1 I, 165,30–31; 190,20–22; 196,4–5; 251,8–11). – Zur Bedeutung und zum Gebrauch des Begriffs der ‚Dämmerung‘ beim jungen Goethe vgl. Ernst Osterkamp: Dämmerung. Poesie und bildende Kunst beim jungen Goethe. In: Der junge Goethe. Genese und Konstruktion einer Autorschaft. Hrsg. von Waltraud Wiethölter. Tübingen und Basel 2001, S. 145–161.

247. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 9.? Januar 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist der Inhalt des Briefes auf eine Datierung in den Januar 1781 (vgl. die zweite Erläuterung zu 186,1). Seit dem Erstdruck bis zur WA wird der Brief auf die zweite Hälfte des Januar 1781 datiert, seit der Ausgabe von Fränkel auf den 9. Januar (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 284, Nr 537). Für diese Datierung sprechen der Inhalt und die Parallelen zum Tagebuch (vgl. die erste Erläuterung zu 186,1; zu 186,2). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 86. – 1 Bl. 9,9 × 7,9 cm, Bordüre mit zwei Balken, in weiten Abständen umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende

524

BRIEFE 248/249

Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „197“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 198), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 15. WA IV 5 (1889), 34, Nr 1094. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief antwortet auf eine Sendung Charlotte von Steins möglicherweise mit einem nicht überlieferten Begleitbrief vom selben Tag (vgl. zu 186,2–3). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 186,1 Conseil] Am 9. Januar 1781 fand die erste „Ordinaire Session“ des neuen Jahres statt, an der Carl August sowie alle Mitglieder des Geheimen Consiliums teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 651, Nr 9224–9260). 186,1 dichtrischen und Eisfreuden] Wohl mit Bezug auf den „Tasso“, an dem Goethe etwa seit Mitte Oktober 1780 arbeitete (vgl. zu 161,2), und das im Januar 1781 häufiger erwähnte Eislaufen (vgl. zu 185,7; Tagebuch vom 10. Januar 1781; GT I 1, 121). 186,2 Der Herzog isst auf dem Zimmer.] In den Privaträumen Carl Augusts im zweiten Stock des Fürstenhauses, wo Goethe häufiger Gast war. Im Tagebuch vom 9. Januar notiert er: früh Conseil mit 〈Herzog Carl August〉 essen zu 〈Charlotte von Stein〉. (GT I 1, 121.) 186,2–3 Dancke für die schönen Materialien] Vielleicht Schreib- oder Zeichenutensilien.

248. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 9.? Januar 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist die Anrede Sie (186,5) auf eine Datierung vor dem durchgängig verwendeten ‚Du‘ nach dem 22. September 1781 (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496). Seit dem Erstdruck wird der vorliegende Brief nach dem Brief vom 8. Januar 1781 (Nr 246) gedruckt, von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Seit Fränkel wird er wie Brief Nr 247 auf den 9. Januar datiert (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 284, Nr 538). Da es sonst keine Anhaltspunkte für eine Datierung gibt und die seit Fränkel vorgenommene plausibel erscheint (vgl. zu 186,5), wird sie beibehalten.

JANUAR 1781

525

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 91. – 1 Bl. 16,5 × 5,2(–5,5) cm, ½ S. (2 Zeilen) beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „214.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 214), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 12. WA IV 7 (1891), 270, Nr 2400. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 186,5 noch um achte komm ich] Am 9. Januar 1781 besuchte Goethe Charlotte von Stein unmittelbar nach dem Essen in Carl Augusts Privaträumen (vgl. zu 186,2) sowie ein zweites Mal am Abend: nach Hause mit Kaysern 〈Philipp Christoph 〈Loge〉. zu 〈Charlotte von Stein〉. (GT I 1, 121.) Kayser〉 über

249. An Johanna Schlosser Weimar, 10. Januar 1781 → Emmendingen ÜBER L IEF ERU NG

H: Privatbesitz, Deutschland. – Doppelblatt 27,7 × 20 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau Hofrath Schlosser / nach / Emmendingen / fr. Rheinh.; Reste eines roten Initialsiegels: „G“, Postvermerk. E: Goethe-Fahlmer (1875), 125f. WA IV 5 (1889), 31, Nr 1088 (nach E; Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 215). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief (vgl. die erste Erläuterung zu 186,8) ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Nachdem Johanna Catharina Sibylla Fahlmer (1744–1821) im September 1778 Goethes Schwager Johann Georg Schlosser geheiratet hatte, war das einst freundschaftlich-vertraute Verhältnis auf beiden Seiten abgekühlt. Auf seiner Reise in die Schweiz hatte Goethe vom 27. bis 30. September 1779 die Familie Schlosser in Emmendingen noch einmal besucht und Johanna am 16. November 1779 einen kurzen Brief, dem ein Reisebericht beilag (GB 3 I, Nr 548), geschrieben. Dieser Besuch in Emmendingen war die letzte persönliche Begegnung zwischen Goethe und Johanna Schlosser. – Über Goethes Verhältnis zu Johanna Schlosser sowie deren Briefwechsel vgl. die einleitenden Erläuterungen zu GB 2 II, Nr 19 und GB 3 II, Nr 4.

526

BRIEF 249

Für den Zeitraum des vorliegenden Bandes ist nur der hier abgedruckte Brief überliefert, ein Dankschreiben für zwei Gemälde von Adam Elsheimer, die Johanna Schlosser Goethe aus dem Nachlass ihrer Mutter Maria Fahlmer, die am 16. November 1780 in Frankfurt a. M. gestorben war, zukommen ließ. Ende November war das Ehepaar Schlosser nach Frankfurt gereist, um den Nachlass zu ordnen (vgl. Goethe-Fahlmer, 12). Noch am 15. Dezember 1780 berichtete Goethes Mutter, dass „Schlosser und sein Weib wieder hir sind“ (Pfeiffer-Belli, 485). Wahrscheinlich wurden die Gemälde von Frankfurt aus an Goethe gesandt. 186,8 Andencken] ‚Andenken‘ hier im Sinne von „Erinnerungsstück, -zeichen“ (GWb 1, 490). Wahrscheinlich ein nicht überlieferter Brief Johanna Schlossers vom Dezember 1780, der den Gemälden (vgl. die folgende Erläuterung) aus dem Nachlass von Johanna Schlossers Mutter beilag. 186,8 die überschickten Elsheimer] Der aus Frankfurt stammende Barockmaler und Zeichner Adam Elsheimer lebte seit 1600 in Rom, wo er 1610 starb und nur wenige Werke meist religiösen oder mythologischen Inhalts hinterließ. Am 20. Februar 1781 schrieb Carl August an Johann Heinrich Merck: „Mit dem Gemählde samlen gehts mir sehr glücklich. Göthe schenckte mir vor 2 Tagen ein paar Alsheimer 〈…〉; sie sind aus der Falmerschen Verlaßenschaft, u. stellen den Tobias, welchen Goudt radirt hat, u. die Ceres den Mond anrufend, da sie ihre Tochter suchte, vor.“ (Merck, Briefwechsel 2, 555.) Bei dem ersten Bild handelt es sich wahrscheinlich um den so genannten „Großen Tobias“ (vgl. ebd., 555f.), den der aus Den Haag stammende Henrick Goudt, ein Schüler und Mäzen Elsheimers, 1613 radiert hatte (Radierung: KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr Gr-2005/924). Der Verbleib des Gemäldes, möglicherweise eine Kopie, ist nicht bekannt. Nachgewiesen werden kann in der herzoglichen Gemäldesammlung bis 1876 nur eine Kopie des so genannten „Kleinen Tobias“, der 1608 von Goudt radiert worden war (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 221, Nr 139). Für das andere von Carl August beschriebene Gemälde (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 556), das auch verschollen ist, konnte in Elsheimers Ceres-Darstellungen kein Vergleichsstück gefunden werden (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 218, Nr 135). Johann Heinrich Meyer beschrieb das Gemälde in einem 1824 erstellten Verzeichnis folgendermaßen: „A. Elzheimer: Mondschein Landschaft; am Ufer eines mit Bäumen umgebenen Sees, steht Zeres vom Drachen Wagen gestiegen, und scheint ihre Tochter zu suchen. Wahrscheinlich Original, aber sehr beschädigt.“ (Ebd.) – In Goethes Nachlass ist eine Rechnung vom 18. Januar 1781 für zwei vergoldete Rahmen überliefert, auf der der Maler Georg Melchior Kraus notierte: „Diese beyden Rahmen sind zu / denen Bildern von Elsheimer / G M Kraus.“ (GR/Belege 1781/82 2, Bl. 8.) Einen Monat später, am 18. Februar, übergab Goethe Carl August die gerahmten Gemälde mit einem Gedichtbrief (Nr 289). 186,10 ehmals] Im Sommer 1772 war Johanna mit ihrer Mutter Maria Fahlmer von Düsseldorf nach Frankfurt gezogen, wo sie Goethe nach dessen Rück-

JANUAR 1781

527

kehr aus Wetzlar im September 1772 kennen gelernt hatte. Bis zu seiner Abreise nach Weimar war Goethe wiederholt bei den Fahlmers zu Gast (vgl. u. a. GB 2 I, 168,11–12 und 168,21–22) und wird die Gemälde von Elsheimer gesehen haben. 186,10–11 aufgeklärt] Hier im Sinne von ‚zur klaren Anschauung gelangen‘ in Bezug auf die ästhetische Urteilskraft (vgl. GWb 1, 956). 186,12 Erbteils] Das Erbe betrug fast 80 000 Gulden (vgl. Goethe-Fahlmer, 125). Noch im März 1786 schrieb Herzog Carl August an Jacob Friedrich von Fritsch, dass Schlosser „durch seine jetzige Frau ansehnliches Vermögen“ besitze (Beaulieu-Marconnay, 200). 186,12 Bruder] Johannas Mann Johann Georg Schlosser, der in erster Ehe mit Goethes Schwester Cornelia verheiratet gewesen war. Auch in den beiden überlieferten Briefen an Schlosser spricht Goethe Schlosser als Br〈uder〉 an (vgl. GB 7 I, 77,24; WA IV 14, 169; vgl. auch Adelung 1, 1215f.). 186,13 die Mädgens] Wahrscheinlich die Schwestern Antoinette und Anna Gerock, Freundinnen Goethes und seiner Schwester Cornelia, denen er möglicherweise im September 1779 auf seiner Reise in die Schweiz in Emmendingen wiederbegegnet war (vgl. GB 3 II, zu 304,6–7; vgl. auch GB 3 II, zu 320,13–14). 186,13 die Kinder] Goethes Nichten Louise (geb. 1774) und Julie (geb. 1777). 186,14 ein Wort schreiben] Briefe Johanna Schlossers an Goethe sind aus dieser Zeit nicht überliefert. Der nächste überlieferte Brief stammt vom 28. Oktober 1801 (vgl. RA 3, Nr 1395). 186,15 meinen Handel] Hier wohl mit Bezug auf Goethes Amtsgeschäfte (vgl. GWb 4, 674f.). Neben seiner Tätigkeit im Geheimen Consilium, dessen Sitzungen er in dieser Zeit regelmäßig besuchte, war Goethe Mitglied der Bergwerkskommission und der Kriegskommission sowie Direktor der Wegebaukommission. Ende 1780 schrieb er in sein Tagebuch: Viel Arbeit und Bearbeitung. 〈…〉 diesen Monat hab ich mirs sauer werden lassen. (GT I 1, 117.) Auch Anfang 1781 erwähnt er wiederholt amtliche Tätigkeiten (vgl. GT I 1, 121). Vom 15. Januar 1781 datiert ein Promemoria Goethes über die bevorstehenden Ringleber Damm- und Waßerbaue (AS 1, 132; vgl. FA/Goethe I 26, 105f.), für das er sich mit dem Landkommissar George Batty im Vorfeld beraten musste (vgl. AS 1, 132f.) und über das am 16. Januar im Geheimen Consilium abgestimmt wurde (vgl. Wahl, Consilium, 655, Nr 9304). Deswegen möglicherweise Goethes Bemerkung zu Wasser und Lande (186,15). 186,16 bankrut] Bankrott: hier im metaphorischen Sinne auf die eigene Existenz bezogen (vgl. GWb 2, 52). – Vgl. 121,15–17.

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BRIEFE 250/251

250. An Johann Friedrich Krafft

Weimar, 11. Januar 1781 → 〈Ilmenau〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 19. – 1 Bl. 20 × 19,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Bl. nachträglich auf ein unbeschriebenes Bl. geklebt. E: Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe (1846), 185f., Nr 17. WA IV 5 (1889), 31f., Nr 1089 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 187,1). – Der Antwortbrief (vgl. zu 197,15) ist ebenfalls nicht überliefert. 187,1 durch Bernstein geschickt] Was Goethe über den Ilmenauer Arzt Johann Gottlob Bernstein von Krafft erhalten hatte, konnte nicht eindeutig ermittelt werden. Wahrscheinlich waren es Exzerpte zur Biographie Herzog Bernhards (vgl. zu 170,16) sowie Berichte über die Lage in Ilmenau. Auch ein (nicht überliefertes) Begleitschreiben dürfte Goethe erhalten haben. 187,2 mit ihrer gewohnlichen Freymütigkeit] Offenbar mit Bezug auf Kraffts Berichte über Ilmenau. – Nicht nur in diesem Brief betont Goethe, dass er Kraffts Offenheit schätze; mehrfach ermuntert er den Adressaten, ihm gegenüber eine unverstellte Kommunikation beizubehalten (vgl. Nr 269 und GB 3 I, Nr 517). Goethe selbst gibt sich gegenüber Krafft ebenfalls f r e y m ü t i g (205,8). 187,2–3 die Gegenstände] Anspielung auf die Situation in Ilmenau (vgl. zu 6,4). 187,4 für dieses Jahr 200 rh] Goethe verdoppelte ab 1781 die Summe von 100 Reichstalern, mit der er Krafft zunächst unterstützt hatte. Mit 200 Reichstalern, einem Siebtel von Goethes Einkommen (vgl. zu 197,18), erhielt Krafft von Goethe bis zu seinem Tod im Jahr 1785 eine Zuwendung, die dem Einkommen eines mittleren Weimarer Kanzleibeamten entsprach (vgl. GB 3 II, 790). In Goethes Haushaltsetat für das Jahr 1781 findet sich unter der Verzeichnung von 200 Reichstalern für K die Notiz: Mit dieser Summe kann er gemächlich auskommen. Zu weniger wollte ich nicht rathen. (GR/Haushaltsetat 1781–1785, Bl. 4v.) – Dass dieser Betrag dennoch nicht ganz ausreichte, um Kraffts Ausgaben zu decken, zeigt der Umstand, dass Krafft später einen Vorschuss von etwa 20 Talern nahm. Dass Goethe diesen Vorschuss gewährte, kann aus Kraffts Bestätigung der Tilgung der Schulden Anfang Juli 1785 geschlossen werden (vgl. GSA 34/VI,3,1, Bl. 61). 187,4–5 Zu iedem vierteljahr sollen sie 50 haben] Die für 1781 von Krafft ausgestellten Quittungen vom 27. Juni, 2. November und vom 25. Dezember belegen, dass Goethe ihm pro Vierteljahr 50 Reichstaler zukommen ließ (vgl. GR/ Belege 1781/82 1, Bl. 15, 62 und 53); eine Quittung vom 5. April (vgl. GR/

JANUAR 1781

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Belege 1781/82 2, Bl. 28) verzeichnet mit 75 Reichstalern sogar eine höhere Summe. 187,8 Seidel schon darüber Befehl gegeben] Aus Goethes Rechnungen geht hervor, dass Seidel oft als Überbringer von Geld an Krafft fungierte (vgl. z. B. GR/ Belege 1781/82 1, Bl. 15 und GR/Belege 1781/82 2, Bl. 3). 187,9 Ihre Schmerzen] Am 11. November 1780 hatte Krafft an Goethe geschrieben: „Da ich an einem Tisch schreibe, sitze ich gekrümt, meine Brust hat letzhin durch den Fall etwas gelitten. Wenn ich dann etliche Tage, gekrümt gesessen und geschrieben habe, muß ich mich ausruhen, weil ich starcke Schmertzen fühle.“ (GSA 25/W 3595, Bl. 12r.)

251. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 3. – 1 Bl. 19,9 × 13,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. Reste einer roten Verschlussoblate; Rs. Adresse: An Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „7“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 7), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 13. WA IV 5 (1889), 32, Nr 1090. BEIL AG E

Zeichnung (vgl. zu 187,15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am 14. Januar 1781 (vgl. zu 187,19). 187,12 nicht vergessen und werde kommen] Zu einer Abendeinladung bei Knebel, an der neben Goethe, Charlotte von Stein, Herzog Carl August und Prinz Constantin auch Emilie von Werthern-Beichlingen, Carl und Sophie von Schardt sowie Louise Adelaide Waldner von Freundstein teilnahmen (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 4r). 187,13 Heut Nacht] Am 12. Januar 1781 hatte „die 2te Redoute“ (FB 1781, S. 10) des Winters stattgefunden (vgl. zu 182,23–24). – Charlotte von Stein war nicht auf dem Maskenball, sondern hatte Knebel bei sich zu Gast (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 4r). 187,14 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier etwa: der Situation entsprechend verbindlich, liebenswürdig, galant (vgl. GWb 1, 839f.).

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BRIEFE 252/253

187,14 Schon lang 〈…〉 etwas geschenckt.] Vgl. 183,14–15. 187,15 die Zeichnung] Möglicherweise eine Zeichnung von der zweiten Schweizer Reise im Herbst/Winter 1779. Vom nachfolgend beschriebenen Motiv her könnte sie zwei in den Graphischen Sammlungen des Goethe-Nationalmuseums überlieferten Zeichnungen ähnlich gewesen sein, die vermutlich aus dem Jahr 1779 stammen und eine „Schweizer Gebirgslandschaft“ (Corpus I, 82, Nr 216; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/0956) sowie eine „Gebirgslandschaft“ darstellen (Corpus I, 82, Nr 217; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1192). Bei beiden Zeichnungen findet sich allerdings kein Hinweis auf eine Provenienz aus dem Nachlass Charlotte von Steins (zu den Zeichnungen von der zweiten Schweizer Reise vgl. GB 3 II, zu 295,10–11).

252. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 14.? Januar 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist die Anrede (vgl. 187,19; 188,2) auf eine Datierung vor dem durchgängig verwendeten ‚Du‘ nach dem 22. September 1781 (vgl. die einleitende Erläuterung Nr 496). Dem Inhalt nach (vgl. zu 187,20) muss der Brief in der kalten Jahreszeit geschrieben worden sein. Im Erstdruck wird er nach dem Brief vom 16. Januar 1781 (Nr 255) eingeordnet, seit der Ausgabe von Fielitz auf den 14. Januar datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 313, Nr 547). Die WA IV setzt ihn auf „Mitte Januar“ 1781 (WA IV 5, 32). Die seit Fielitz überwiegend vorgenommene Datierung lässt sich durch Bezüge zu den Briefen vom 13. und 15. Januar 1781 (Nr 251 und 253) und zum Tagebuch stützen (vgl. die folgenden Erläuterungen) und wird daher beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 87. – 1 Bl. 19,2(–19,4) × 10,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „199.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 200), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 14f. WA IV 5 (1889), 32, Nr 1091.

JANUAR 1781

531

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 187,19). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 187,19 ihr Zettelgen] Nicht überliefert. – Wenn der Brief, wie angenommen, vom 14. Januar 1781 stammt, könnte Charlotte von Stein damit für die tags zuvor überschickte Zeichnung (vgl. zu 187,15) gedankt haben. 187,20 nicht aufs Eis] Von den Eisfreuden (186,1) des Winters ist im Januar 1781 in den Briefen und im Tagebuch häufig die Rede (vgl. zu 185,7; zu 188,19–20; Tagebuch vom 10. Januar 1781; GT I 1, 121). Im Brief vom 15. Januar lädt Goethe Charlotte von Stein zum Schlittenfahren oder Schlittschuhlaufen auf der Ilm ein (vgl. die erste Erläuterung zu 188,11). 187,20–21 will mich der Einsamckeit ergeben] Für die Zeit nach dem 10. Januar heißt es im Tagebuch: bis d. 16ten immer anhaltend beschäfftigt und ohne Rast fort gearbeitet, in allem. (GT I 1, 121.) Am 12. und 16. Januar nahm Goethe an den Sitzungen des Geheimen Consiliums teil (vgl. Wahl, Consilium, 653–658, Nr 9261–9350). Vom 15. Januar 1781 stammt ein Promemoria Goethes für den Herzog zum Wasserbau in der Flur Ringleben (vgl. zu 186,15).

253. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 4. – 1 Bl. 19,9(–20,1) × 16(–16,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein., rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „9“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 9), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 13f. WA IV 5 (1889), 33, Nr 1092. BEIL AG E

Abschrift der „Mitschuldigen“ (vgl. zu 188,7–8). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom selben Tag ist nicht überliefert (vgl. zu 188,17). 188,5 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: freundlich, liebenswürdig (vgl. GWb 1, 839).

532

BRIEFE 254/255

188,5–6 mich heute Nacht mit Knebeln zu besuchen] In Knebels Tagebuch vom 14. Januar 1781 wird der Besuch nicht erwähnt, vielmehr war dieser am 15. Januar „Abends bey Frau v. Stein“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 4v.). 188,7 Uberbringern] Wohl nicht Georg Paul Goetze, Goethes Laufbursche und Hausdiener, der sonst meist namentlich erwähnt wird (vgl. die zweite Erläuterung zu 90,8). 188,7 das Röllgen Geld] Möglicherweise als Bezahlung der im Folgenden erwähnten Abschrift der „Mitschuldigen“. 188,7–8 schicke 〈…〉 die Mitschuldigen] Goethe plante wahrscheinlich zum 24. Geburtstag der Herzogin Louise am 30. Januar 1781 eine Wiederaufführung der Komödie. Gespielt wurde stattdessen „Iphigenie auf Tauris“ (vgl. zu 196,7–8). Die „Mitschuldigen“ waren 1776 und 1777 dreimal auf dem Weimarer Liebhabertheater aufgeführt worden (zur Weimarer Uraufführung am 28. November 1776 vgl. GB 3 II, Datierung zu Nr 124; GB 3 II, zweite Erläuterung zu 74,6). Zur Aufnahme des Stückes durch das Weimarer Publikum bemerkt Lyncker: „Nur erwähnen muß ich, daß das Lustspiel ‚Die Mitschuldigen‘ 〈…〉 als ganz unmoralisch [und deshalb sittenverderblich] angesprochen wurde.“ (Lyncker, 53.) Im März 1780 hatte Goethe eine Abschrift des Stückes an Wolfgang Heribert von Dalberg geschickt, in der Hoffnung, dass es am Mannheimer Nationaltheater aufgeführt würde. Dafür hatte Goethe schon im Februar 1780 die zweite Fassung überarbeitet (vgl. zu 94,21–23). Auch zu dieser Aufführung in Mannheim kam es nicht (vgl. zu 26,5–8). Das an Dalberg übersandte Exemplar und das dem vorliegenden Brief beiliegende sind nicht überliefert. 188,9 den Wirth zu machen] In der Uraufführung der „Mitschuldigen“ hatte Johann Carl August Musäus die Rolle des Wirts gespielt und Goethe den Alcest (vgl. Philipp Seidel an Jacob Michael Reinhold Lenz, 30. November 1776; Lenz, Briefe 2, 58). 188,11 auf der Ilm fahrn] Vgl. zu 188,17. 188,11 Bahn gekehrt] ‚Bahn kehren‘ hier: eine Eisfläche präparieren, eine ‚Schrittbahn‘ zum Gleiten auf ‚Schrittschuhen‘ (Schlittschuhen) oder im Schlitten frei machen (vgl. GWb 2, 17). 188,12 Kriegs Comm.] Kriegskommission. – Als leitender Kriegskommissar hatte Goethe 1780 die Absetzung des unfähigen Kriegsrates Carl Albrecht von Volgstedt betrieben, die am 12. Januar 1781 offiziell erfolgt war (vgl. zu 183,5). 188,13 herunter komen] Zur Ilm. 188,14 die Papiere] Möglicherweise Unterlagen für die Kriegskommission oder Goethes Promemoria über den Wasserbau in Ringleben, datiert vom 15. Januar 1781, über das am folgenden Tag im Geheimen Consilium beraten werden sollte (vgl. zu 189,1–2).

JANUAR 1781

254. An Charlotte von Stein

533

〈Weimar〉, 15. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 5. – 1 Bl. 20,1 × 8,5(–9,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „10.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 10), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 14. WA IV 5 (1889), 33f., Nr 1093. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 188,17). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 188,17 eine Gefahr] Dies und das Folgende mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag, mit dem sie wahrscheinlich abschlägig auf Goethes Einladung zum Schlittschuhlaufen auf der Ilm antwortete (vgl. 188,11). – Die zugefrorene Ilm galt demnach als zu gefährlich für das Betreten oder gar Befahren. 188,19 Lastwagen] Zeitgenössisch auch ‚Frachtwagen‘; ein starker Wagen zur „Führung schwerer Lasten“ (Adelung 2, 1922). 188,19–20 die grose Bahn] Im so genannten Baumgarten, heute Weimarhallenpark hinter dem Bertuchhaus (vgl. GB 3 II, zu 122,1). Friedrich von Stein merkt zu dieser Stelle an: „Die große Eißbahn war auf der sogenanten Schwansee Wiese oberhalb dem zu dem Industrie Comptoir gehorigen Garten. Sie wurde zu diesem Zweck jeden Herbst unter Waßer gesezt.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10r.)

255. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 16. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 5. – 1 Bl. 15,9 × 10,4 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; untere rechte Ecke ausgerissen; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „11“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 11), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 14. WA IV 5 (1889), 34, Nr 1095.

534

BRIEFE 256/257

BEIL AG E

Kegelschnitte (vgl. die zweite Erläuterung zu 189,2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 189,1–2 Mittags bin ich in der Welt] Am 16. Januar 1781 besuchte Goethe die Sitzung des Geheimen Consiliums (vgl. zu 187,20–21). Danach aß er vielleicht mit dem Herzog, der an diesem Tag nicht bei der Hoftafel war (vgl. FB 1781, S. 12). 189,2 Sie des Abends] Wahrscheinlich war Charlotte von Stein Gast bei einer abendlichen Gesellschaft, vielleicht bei Sophia Friederike und Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. Dies lässt zumindest Knebels Tagebucheintrag vom 16. Januar vermuten: „Abends bei Seckendorf.“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 4v.) 189,2 Kegelschnitte] Kurven, die nach einer Anmerkung Friedrich von Steins „Zur sinnlichen Veranschaulichung des Weeges der Sternen Bahnen“ dienten (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10v). Dass sich Charlotte von Stein für Astronomisches interessierte, belegt auch der Beiname Cometenbewohnerinn (199,19), den ihr Goethe im Brief vom 4. Februar 1781 gibt.

256. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 18. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 6. – 1 Bl. 20,4 × 16,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „12“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 12), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 15. WA IV 5 (1889), 34, Nr 1096. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 189,5–6 Bey Ihrer Partie zu seyn] Am Vortag war Goethe nach einer Hasenjagd im Welschen Garten nahe der Ackerwand auf der Ilm Schrittsch. gefahren mit 〈Charlotte von Stein〉. (GT I 1, 121.) Danach aß er gemeinsam mit Knebel im so genannten ‚Kloster‘ im Park. Die hier erwähnte ‚Partie‘ Charlotte von Steins fand nach Tische (ebd.) statt, teilgenommen haben außer Goethe Herzog Carl August und dessen Adjutant, der Husaren-Rittmeister Carl Friedrich von Lichtenberg (vgl. ebd.).

JANUAR 1781

535

189,6–7 dass Sie sich mir endlich einmal nähern 〈…〉 zu nehmen] Anspielung auf das für diesen Tag von Charlotte von Stein geplante Picknick im Park mit anschließendem Schlittschuhlaufen auf der Ilm (vgl. zu 189,9–10). Letzteres hatte sie Goethe am 15. Januar offenbar abgeschlagen (vgl. zu 188,17). Wie aus dem Kontext hervorgeht, konnte Goethe nicht an dem Vergnügen teilnehmen, weil er schon verabredet war. 189,8–9 von der ominosen und schlimmsten Seite] ‚Ominös‘ hier: „voller (unguter) Vorbedeutung, unheilvoll“ (GWb 6, 979). 189,9–10 ein Mittag essen dabey ich nicht seyn kan] Knebel vermerkt dazu im Tagebuch vom 18. Januar: „Fr. v. Stein, Fr. v. W. 〈Emilie von Werthern-Beichlingen〉 und ich, machte Piquenik zusammen unten im Closter. Der Herzog kam auch. Wir fuhren auf der Ilm Schlittschuh. Abends mit Fr. v. W. bey Fr. v. Stein.“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 5r.) 189,10 wozu ich geladen bin] Näheres konnte nicht ermittelt werden. Goethes fortlaufende Tagebucheinträge enden 1781 am 17. Januar und werden erst am 1. August wieder aufgenommen (vgl. GT I 1, 122). 189,12 die Bahn] Die Eisbahn im so genannten Baumgarten, heute Weimarhallenpark mit Teich hinter dem Bertuchhaus (vgl. zu 188,19–20).

257. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 18. Januar 1781 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 12 und 16. – Doppelblatt 13,8(–14,2) × 20,2 cm, 1 S. beschr, egh., Tinte; S. 4 Adresse: Serenissimo, Bl. 2 rote Siegelreste; restauriert. – Faksimile (S. 1): Abb. 11 im Textband (S. 190). E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 13, Nr 7. WA IV 5 (1889), 35, Nr 1097. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugs- (vgl. zu 189,14–15) und der Antwortbrief (vgl. zu 191,21) sind nicht überliefert. Goethes Verhältnis zu seinem Dienstherrn, Herzog Carl August von SachsenWeimar und Eisenach (1757–1828), war nach der gemeinsamen Reise in die Schweiz im Herbst/Winter 1779 weiterhin sehr vertraut geblieben. Von der Reise hatte sich Goethe einen positiven Einfluss auf den jungen Herzog erhofft (vgl. die erste Erläuterung zu 3,10; die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). Im Zeitraum des vorliegenden Bandes unternahmen Goethe und Carl August mehrere

536

BRIEF 258

gemeinsame Reisen: nach Gotha im Februar 1780 (vgl. FB 1780, S. 40; GT I 1, 104), nach Leipzig Ende April 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 45,13), nach Neuhausen im Mai 1780 (vgl. zu 58,5–6), nach Ilmenau und dem Eisenacher Oberland auf einer langen Inspektionsreise im September 1780 (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170) sowie nach Neunheilingen im März 1781 (vgl. zu 220,10). Ungeachtet aller Bemühungen Goethes, auf die Entwicklung der Persönlichkeit des Herzogs im Sinne eines Fürstenideals zu wirken, wofür u. a. Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ als Vorbild wirkten (vgl. zu 137,33; zu 137,33–138,2), kam es gelegentlich zu Spannungen und mehr oder weniger offener Unzufriedenheit Goethes mit dem Verhalten des Herzogs. So weigerte sich Goethe, den Herzog im März 1781 nach Kassel (vgl. zu 225,16) und im Mai 1781 nach Dessau zu begleiten (vgl. zu 262,7–8). Nach letzterer Reise bemühte sich Carl August um die Besserung des Verhältnisses zu seinem Minister und Freund (vgl. zu 271,9–10). – Über den Adressaten vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 8. Im Zeitraum des vorliegenden Bandes sind insgesamt zehn Briefe und ein amtliches Schreiben an Carl August überliefert. Hinzu kommen zwei erschlossene Briefe (EB 99 und 112). Ein weiterer Brief, in WA auf den 26. Juni 1781 datiert (vgl. WA IV 5, Nr 1260), wurde nach Inhalt und handschriftlichem Befund umdatiert (vgl. WA IV 50, 215) und erscheint unter dem 26. Juni 1782 in Band 5 der vorliegenden Ausgabe (vgl. GB Rep, WA-Nr 01260). Die Gegenbriefe sind nicht überliefert. 189,14–15 zu Hause zu bleiben] Ob die Einladung des Adressaten, ihn zumindest bis Gotha zu begleiten, mündlich oder schriftlich übermittelt worden war, ist unklar. – Carl August ging am 20. Januar 1781 in Begleitung Moritz von Wedels „nacher Eisenach und Marcksuhl auf die Schweins-Jagd!“ (FB 1781, S. 15.) Er kam am 26. Januar zurück nach Weimar (vgl. ebd., S. 18). 189,15 ein noch unbefestigtes Reich] Vermutlich in Anspielung auf die Entlassung des Kriegsrats Carl Albrecht von Volgstedt am 12. Januar 1781, der als zweiter Kriegskommissar Goethe unterstanden hatte (vgl. zu 183,5). Goethe war nunmehr allein für die Kriegskommission verantwortlich; außerdem hatte er weitere amtliche Aufgaben zu erledigen (vgl. zu 187,20–21). 189,16 ich komme 〈…〉 von Gotha weg] Anspielung auf das inzwischen freundschaftliche und intensive Verhältnis zu Herzog Ernst II. und Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg sowie auf den Austauch in künstlerischen, naturwissenschaftlichen und literarischen Angelegenheiten (vgl. die einleitenden Erläuterungen zu Nr 25 und Nr 355). 189,19 die L i t t e r a t u r] Das nicht überlieferte ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 240,1). 189,20 den Zug auf dem Gothischen Schloße] Anspielung auf die Kälte im Schloss Friedenstein. – Das galt offenbar insbesondere für die Steingalerie (später als Weimarer Galerie bekannt). Goethe wurde bei seinen Besuchen auf

JANUAR 1781

537

dem Friedenstein in der Regel in den Räumen 5 und 6 oder 7 und 8 der Steingalerie im zweiten Obergeschoss des Westflügels untergebracht. Carl August kam in Gotha am 21. Januar 1781 an und blieb eine Nacht. Er logierte, wie gewohnt, im komfortableren ersten Appartement im Nordflügel (vgl. FB Gotha 1781 I, Bl. 29v–31r). 191,2 Dachsloch] Ähnlich wie ‚Dachshöhle‘ nur metaphorisch gebraucht für den eigenen häuslichen Kreis, hier als Sinnbild für den Rückzug vom ‚Weltleben‘ (vgl. GWb 2, 1036). 191,3 hypochondrische Vorliebe] Die getrübte Gemütslage lag offenbar auch am schlechten Wetter (vgl. 189,7–8).

258. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 7. – 1 Bl. 16,8 × 8(–8,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „15.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 15), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 16. WA IV 5 (1889), 35, Nr 1098. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 191,6–8 zwey gebratne Feldhühner 〈…〉 in Friede und Eintracht] Wohl als Ausgleich für das versäumte Picknick am Vortag, das zu einer Verstimmung Goethes geführt hatte (vgl. 189,7–10). 191,8 das Conseil] Die vierte ordentliche Sitzung des Geheimen Consiliums im Januar 1781, an der Herzog Carl August und alle drei Geheimen Räte teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 656–658, Nr 9326–9350).

538

BRIEF 259

259. An Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 24. Januar 1781 → 〈Gotha〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: ZB Zürich, Sign.: Slg Bebler, D 172/2. – Doppelblatt 18,8 × 27,6(–27,8) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss: wahrscheinlich EB 102 (vgl. 194,14–16). E: GJb VII (1886), 170f., Nr 2 (Ludwig Hirzel). WA IV 5 (1889), 36f., Nr 1099 (nach E). BEIL AG E 0

5

Quittung (vgl. zu 191,17–18): Daß ich Endesbenanter, von den Händen des Herren Geheimen Raths Goethe HochWohlgebL: für die von mir erstandenen zwei und dreißig Miniatur-Zeichnungen von ausländischen Thieren und Pflanzen, achzig Louisd’or in Golde, empfangen habe, solches bescheinige hiemit ergebenst Halle dL. 19ten Jänner. 1781 Johan Reinhold Forster. (H: GSA 16/37.) ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief aus Gotha (vgl. zu 191,15–16). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 191,14–15 lezten Brief] EB 101. 191,15–16 den Empfang der 80 Ldrs] Laut Rechnungsbüchern hatte Goethe am 11. Januar einen B.〈rief〉 mit 80 St. Louisdor’s von Gotha erhalten (GR/RB 1781/82, Bl. 4r; GR/RB 1781, Bl. 2r). Mit diesem Betrag wurde die Rechnung für Georg Forsters Zeichnungen beglichen (vgl. die folgende Erläuterung). 191,17–18 die Quittung des alten Forsters] Johann Reinhold Forster, der Vater Georg Forsters (vgl. Beilage; die erste Erläuterung zu 184,3). 191,19 Hamorhoidal Kolick] Hämorrhoiden können zu „Hypochondrie, Reißen, Asthma und Kolik“ führen (Krünitz 20, 671). 191,19–20 in seinem vaterländischen Klima] Johann Reinhold Forster war 1779 als Professor für Naturgeschichte an die Universität Halle berufen worden. Da er wegen seiner Schulden nicht aus England ausreisen durfte, hatte er seine Reise nach Deutschland erst im Juli 1780 antreten können, nachdem Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel auf Georg Forsters Bitte hin unter Freimaurern die nötigen Spenden gesammelt hatte (vgl. Georg Forster an Joseph Banks, 13. August

JANUAR 1781

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1780; Forster, Werke 13, 302). Johann Reinhold Forster hatte Deutschland 1765 verlassen, war nach Russland ausgewandert und 1766 nach England übergesiedelt. Von 1772 bis 1775 hatte er gemeinsam mit seinem Sohn Georg an Cooks zweiter Weltumseglung teilgenommen. Georg Forster berichtete Jacobi am 25. November 1780 von der schwierigen Anpassung seines Vaters in Halle (vgl. ebd., 311). 191,21 Mein gnädigster Herr schreibt mir] Der Brief von Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach ist nicht überliefert. – Carl August war am 20. Januar 1781 nach Eisenach und Marksuhl auf Jagd gegangen (vgl. zu 189,14–15). 191,22 neu angekommenen Zeichnungen] Möglicherweise handelte es sich hier um Zeichnungen von oder nach Mengs und Correggio (vgl. zu 194,22). 192,1 Prinz Adolph] Adolph von Hessen-Philippsthal-Barchfeld, seit dem Tod seines älteren Bruders Friedrich im Jahr 1777 Landgraf der Nebenlinie von Hessen-Kassel, die von ihrem Vater 1721 begründet worden war. In Weimar wurde Adolph gelegentlich Prinz genannt (vgl. Wahl, Consilium, 573, Nr 7894), vermutlich weil er nicht über eine vollständige Landeshoheit verfügte. Seit seinem Rückzug aus militärischen Diensten im Jahr 1780 residierte er im etwa 23 km südlich von Eisenach gelegenen Barchfeld. Er hatte sich vom 14. bis 18. November 1780 in Weimar aufgehalten und war zwei Tage mit Carl August auf die Jagd gegangen (vgl. FB 1780, S. 233–236). Belege über ein Geschenk an „Prinz“ Adolph von Hessen-Philippsthal-Barchfeld sowie über eine Belohnung für dessen Jäger aus Carl Augusts Privatschatulle legen nahe, dass sie im Sommer 1781 wieder gemeinsam auf die Jagd gingen (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1090, Bl. 24v; Fürstenhaus A 1093, Bl. 327 und 342). 192,5 Kiste Bergarten von Freyberg] Goethe hatte bereits am 31. Juli 1780 die Sammlung kursächsischer Mineralien bei Johann Friedrich Wilhelm Charpentier bestellt (vgl. zu 98,4). 192,5 nächsten Freytag] Der 26. Januar 1781. – In Goethes Rechnungsbüchern zum Januar 1781 ist zwar das Porto für diese Sendung aufgeführt, der Posten ist jedoch nicht genau datiert (vgl. GR/RB 1781, Bl. 3v; GR/RB 1781/82, Bl. 6v). 192,7–8 eine dergleichen befehlen] Ob diese Sammlung für das Mineralienkabinett des Adressaten angeschafft wurde, ist unklar. Im Inventar der Herzoglichen Kunst- und Naturalienkammer von 1792 ist sie nicht verzeichnet (vgl. zu 182,9).

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260. An Charlotte von Stein

BRIEFE 260/261

〈Weimar〉, 25. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 8. – 1 Bl. 13,5 × 10,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, unterer Teil eng geschrieben bis zum Rand des Papiers (192,16–18 Barbados 〈…〉 geniessen); obere rechte Ecke ausgerissen, Ausriss am oberen Rand links; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „17“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 17), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 16 (irrtümlich mit Paraphe). WA IV 5 (1889), 37, Nr 1100. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 195,1–2). 192,13 Unsere Freude ist zu Wasser] Wie aus Goethes Brief vom selben Tag an Herzog Carl August in Erfurt hervorgeht, mussten aufgrund einsetzenden Tauwetters eine Schlittenfahrt nach Belvedere, zu der Prinz Constantin eingeladen hatte, und eine weitere nach Ettersburg abgesagt werden (vgl. 193,1–4). 192,15 die Kleine und Ihren Bruder] Sophie und Carl von Schardt. – Knebel vermerkt im Tagebuch vom 25. Januar: „Abends supirt bey Göthe mit Fr. v. St. 〈Charlotte von Stein〉 und Fr. v. Sch. 〈Sophie von Schardt〉“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 6r). 192,16–17 Sturm wie der auf Barbados] Vom 10. bis zum 16. Oktober 1780 hatte der bis heute schwerste Wirbelsturm die Kleinen Antillen mit der damals britischen Insel Barbados heimgesucht. Diesem so genannten Großen Hurrikan fielen auf der Inselgruppe mehr als 20 000 Menschen zum Opfer. Am 17. Januar 1781 war in den „Weimarischen Wöchentlichen Anzeigen“ ein Bericht über die angerichteten Zerstörungen vor allem auf Barbados erschienen, die angesichts ihres Ausmaßes für die Folgen eines Sturms und eines Erdbebens gehalten wurden (vgl. WWA, 17. Januar 1781, Nr 5, S. 18f.). Barbados wird von Goethe außer im vorliegenden Brief nicht wieder erwähnt. 192,18 apartes] Hier: Ungewöhnliches, Besonderes (vgl. GWb 1, 765). 192,18 geniessen] Der Brief endet wohl aus Platzmangel ohne abschließendes Satzzeichen und ohne Unterschrift oder Paraphe (vgl. Überlieferung). Im Erstdruck und in der Ausgabe von Fielitz wurde die Paraphe irrtümlich ergänzt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 315. Nr 554).

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261. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 25. Januar 1781 → Erfurt ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 13–14. – Doppelblatt 19,4 × 27,5(–27,8) cm, 4 S. beschr., egh., Tinte. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 14–17, Nr 9. WA IV 5 (1889), 37–41, Nr 1101. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. 193,17; zu 191,21). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 192,19 bis Erfurt] Carl August befand sich auf der Rückreise von der Jagd in Eisenach und Marksuhl (vgl. zu 189,14–15). Am 26. Januar traf er um 12 Uhr in Gotha ein und fuhr um 14 Uhr weiter über Erfurt nach Weimar (vgl. FB Gotha 1781 I, Bl. 34–35). 192,19–20 Abends auf der Redoute] Der Adressat kam am 26. Januar um 6 Uhr abends in Weimar an, anschließend fand die Redoute statt (vgl. FB 1781, S. 18). 192,22–193,1 Eine Schlittenfahrt] Für den Nachmittag des 22. Januar notierte_ Knebel in seinem Tagebuch eine gemeinsame Schlittenfahrt (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 7v). – Im Januar 1781 ist in den Briefen häufig die Rede von den Eisfreuden (186,1) des Winters (vgl. zu 185,7; zu 188,19–20). 193,1 mit vielen Postzügen] Postzug: Gespann aus vier Pferden (vgl. Krünitz 116, 278). 193,2 der Prinz] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, der jüngere Bruder Carl Augusts. 193,2 tracktiren] Hier im Sinne von ‚bewirten‘, ‚einen Schmaus anbieten‘ (vgl. Adelung 4, 637). 193,3 Fledermaus] In Anspielung auf einen Schlitten in Fledermausform (vgl. GWb 3, 746). – Die Hofschlittenfahrten wurden vom Oberstallmeister „auf der Pritsche eines leeren Schlittens in Form eines Pferdes, eines Hirsches oder was sonst gehörig“ angeführt (Lyncker, 33). 193,3–4 mit diesem Morgen zu Wasser] Wegen des Regens mussten die Pläne für weitere Schlittenfahrten aufgegeben werden (vgl. auch zu 192,13). 193,5–7 Ein leiser Windzug 〈…〉 nach Dauer geführt 〈…〉 nachgeschleift worden.] Dauer: Tauhardt (heute Ortsteil der Gemeinde Finne), auf der nördlichen Seite des Höhenzugs Finne 30 km nordöstlich von Weimar gelegen. Das dortige Gut hatte der 1770 gestorbene Onkel Emilie von Wertherns, Gerlach Adolf von Münchhausen, gekauft. – Laut Knebels Tagebuch war Emilie von Werthern am 22. Januar nach Tauhardt gefahren. Am darauffolgenden Tag war er ihr nach-

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BRIEF 261

gefolgt: „Ritt Nachmittags gegen 2. Uhr weg nach Tauchart. Sehr stürmisch und kalt Wetter. Kam gegen 6. Uhr da an.“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 7v.) Am 24. Januar lasen sie gemeinsam „im Shaftesbury, Eugenie 〈von Beaumarchais〉, Dr. Faust von Göthe“ (ebd.). 193,7–8 Er versprach 〈…〉 Iphigenie auf dem Theater.] Knebel hielt sein Versprechen. Am 25. Januar notierte er im Tagebuch: „Fuhr mit Fr. v. Münchhausen und Fr. v. W. bis Buttstedt. Ritt von da weiter. Stürmisch Wetter. Kam nach 5. Uhr hier an. Abens supirt bey Göthe, mit Fr. v. St.〈ein〉 und Fr. v. Sch.〈ardt〉“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 8r). Eine Teilnahme an der Probe am darauffolgenden Tag wurde im Tagebuch nicht festgehalten. Es handelte sich um eine Probe für eine Aufführung der „Iphigenie“ zum Geburtstag der Herzogin Louise am 30. Januar (vgl. die zweite Erläuterung zu 196,14). Knebel übernahm, wie bei der Uraufführung am 6. April 1779, die Rolle des Thoas. 193,9 Portal] Für die Uraufführung der „Iphigenie“ am 6. April 1779 hatte der Theatermaler und Dekorateur Johann Ehrenfried Schumann ältere Dekorationen übermalt. In seiner Rechnung vom 1. April 1779 ist von einem „Portal grün mit Marmor gemahlt“ die Rede (Sichardt, 178, Nr 12). Dadurch sollten die Zuschauer in das antike Griechenland versetzt werden (vgl. ebd., 51f.). Nähere Details zur Überarbeitung der Dekorationen für die Neuinszenierung im neuen Komödienhaus konnten nicht ermittelt werden. 193,9–10 Schumann hat seine 〈…〉 darauf ausgegossen] Oeser hatte im Sommer 1780 Theaterdekorationen, so genannte Prospekte, für die Aufführung der „Vögel“ in Ettersburg gezeichnet (vgl. zu 80,14; zu 80,18–19). – Ob sich die Erwähnung Raffaels auf die Architektur der italienischen Renaissance bezieht, ist unklar (vgl. Sichardt, 62); möglicherweise sollten durch den Vergleich mit Raffael und Oeser die Fortschritte des Weimarer Theatermalers zum Ausdruck gebracht werden. 193,10–11 Cristiane] Christiana Schuchhart, die zwischen 1776 und 1781 im sachsen-weimarischen „Hof- und Adreß-Calender“ als Conditormagd im Hofetat Anna Amalias geführt wurde. Laut Schatullrechnung der Herzoginmutter wurde sie im März 1781 wegen ihrer Schwangerschaft entlassen (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 942, Bl. 16r). 193,11–12 von Ettersburg her] Schloss Ettersburg war von 1776 bis 1780 die Sommerresidenz der Herzoginmutter. 193,12 den alten Oeser] Der 73-jährige Oeser war im Sommer 1780 mehrere Wochen als Gast Anna Amalias in Ettersburg gewesen (vgl. zu 74,10). 193,15 nicht recht wohl] Laut Fourierbuch hatte Herzogin Louise zwischen dem 22. und 24. Januar alleine in ihrem Zimmer gespeist, weswegen an diesen Tagen keine fürstliche Tafel stattfand (vgl. FB 1781, S. 16f.). 193,16 Dienstags] Am 23. Januar. 193,16 beym Prinzen] Prinz Constantin wohnte seit Juni 1780 in einer Stadtwohnung im Großen Jägerhaus (vgl. zu 74,23).

JANUAR 1781

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193,17–18 die Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise. 193,18 hunten] Unten (vgl. GWb 4, 1444f.). 193,19–20 Collegium über die Perspecktiv] Erster Beleg für Goethes Lehrtätigkeit an der Zeichenschule. Über den Vortrag ist nichts bekannt, im Gegensatz zu den öffentlichen Vorlesungen über den menschlichen Knochenbau im Winter 1781/82 (vgl. zu 344,19–31). 193,20 sie hat eine kindische Lust am Zeichnen] Die Hofdame Marianne von Woellwarth-Essingen war 1781 als Schülerin der Zeichenschule angemeldet (vgl. Klinger, Zeichenschule, 184). In der Jahresausstellung 1781, die am 3. September, dem Geburtstag des Herzogs, eröffnet wurde, waren eine gemalte und eine getuschte Landschaft von ihr ausgestellt (vgl. ebd., 240); das deutet darauf hin, dass sie zu den fortgeschrittenen Schülerinnen gehörte. 193,20–21 Die Stunde ist so besezt daß niemand mehr Plaz hat.] Über weitere Teilnehmerinnen ist nichts bekannt. – Die sehr begrenzten Raumverhältnisse der Zeichenschule im Fürstenhaus führten schließlich zum Umzug der Zeichenschule ins Rote Schloss (vgl. die erste Erläuterung zu 340,7). 193,21 Unsre Maskerade] Goethe arbeitete am Maskenzug „Ein Zug Lappländer“, der am 2. Februar aufgeführt wurde und von dem nur das Gedicht „Wir kommen in vereinten Chören 〈…〉“ überliefert ist, sowohl in einem Privatdruck (GSA 25/W 1857) als auch in einer egh. Abschrift in Knebels Nachlass (vgl. Beilage zu Nr 267). 193,24–25 Die Redoute nach der Herzoginn Geburtstag] Herzogin Louise wurde am 30. Januar 1781 24 Jahre alt. Die Redoute fand am 2. Februar statt. – Der Tischler Mieding baute dafür einen 4 Fuß langen, 3 Fuß breiten und hohen Altar aus Leinwand und Pappe; in Anna Amalias Privatschatulle sind zwei Belege für Dekorationen und Requisiten überliefert (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 944, Bl. 80–81). 193,25–26 es werden Verse von allen Seiten gemacht] Dazu gehörten Goethes „Wir kommen in vereinten Chören 〈…〉“ und Wielands Cantate (vgl. die folgende Erläuterung). Außerdem sind in Louises Nachlass zahlreiche handschriftliche und vier auf Seidenband gedruckte Geburtstags- und Huldigungsgedichte überliefert (vgl. LATh – HStA Weimar, HAA XX, 46a–b). Sie sind größtenteils undatiert und bieten kaum Anhaltspunkte für eine Zuordnung; mit dem Geburtstag von 1781 lässt sich nur das Gedicht „Nimm diese Blumen“ (Verfasser unbekannt) eindeutig in Verbindung bringen aufgrund der Rechnung des Hofbuchdruckers Glüsing vom 2. Februar 1781, die aus der Privatschatulle der Herzoginmutter bezahlt wurde. Von diesem Privatdruck wurden 43 Exemplare auf rotem und eines auf weißem Seidenband für Herzogin Louise hergestellt (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 944, Bl. 87, Beleg Nr 78):

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BRIEF 261

Nimm diese Blumen, Florens Gabe, Im schönsten Hayn Elysiums erzeugt: Sie deuten Dir Ein blumiges Geschik, Enthüllt der Göttinn, Die sie reicht. –

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(H: LATh – HStA Weimar, HAA XX, Nr 46b.) 193,26 seine Cantate] Wielands „Cantate auf den 30sten Jenner 1781“ wurde von Ernst Wilhelm Wolf vertont. Sie wurde erst am 4. Februar aufgeführt (vgl. FB 1781, S. 25; WWA, 7. Februar 1781, Nr 11, S. 41). 193,27–28 Asträa kommt drinne 〈…〉 Windsbraut an.] Die griechische Göttin Asträa hatte sich der Überlieferung zufolge nach dem Ende des goldenen Zeitalters von den Menschen abgewandt, die Erde verlassen und war in den Himmel geflogen (vgl. Hederich, 443f.). Am Schluss von Wielands Cantate kehrt Asträa unter die Menschen zurück und kündigt ein neues goldenes Zeitalter an: „Mit welchem Götterkind im Arme / Asträa, stiegest du herab? / Heil dem Tage! Heil der Stunde! / Dreymal Heil dem schönen Bunde, / Der zum Pfand der goldnen Zukunft / Uns die b e s t e F ü r s t i n gab.“ (WOA 15.1, 526f.) – ‚Windsbraut‘: Im Oberdeutschen veraltet für ‚Sturm‘ oder ‚Wirbelwind‘ (vgl. Adelung 4, 1559; Grimm 30, 318–320). 193,30 Die Crone] Corona Schröter. 193,31 Conzerts bey der Herzoginn] Anna Amalia unterhielt eine eigene Hofhaltung im Palais an der Esplanade (heute Wittumspalais am Theaterplatz). Wahrscheinlich hielt Goethe den Konzertbesuch in einem undatierten Tagebucheintrag von Ende Januar 1781 fest: ins Conzert zu  〈Herzoginmutter Anna Amalia〉. spielte Kayser (GT I 1, 122). 193,31–32 auf der Göchhausen Stube] In Louise von Göchhausens Dienstwohnung im „Wittumspalais“. – Die Gesellschafterin der Herzoginmutter versah für Goethe gelegentlich Schreiberdienste; ob Goethe ihr an diesem Tag diktierte (vgl. die folgende Erläuterung), konnte nicht ermittelt werden (zur Person vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 442). 193,33 der L i t e r a t u r aufgeholfen] Anspielung auf die Entstehung des nicht überlieferten ‚Gesprächs über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 240,1). 193,34–194,1 Für die Garnison Schule 〈…〉 im Waisenhaus zurechte machen] Die Garnisonsschule war eine Schule für Offiziersanwärter und Kadetten sowie eine Freischule für Kinder armer Soldaten. Sie war 1757 gegründet worden und wurde wie die entsprechenden Einrichtungen in Jena und Eisenach von der von Goethe geleiteten Kriegskommission mitfinanziert (vgl. die folgende Erläuterung).

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Der Lehrer (Garnisonsinformator) Gottlob Riese unterstand allerdings der Waisenhauskommission. – Möglicherweise stand die erwähnte Baumaßnahme, über die keine Einzelheiten bekannt sind, in Verbindung mit einer projektierten Reform der Lehrerausbildung: Herder hatte im November 1780 ein Gutachten für die Einrichtung eines neuen Lehrerseminars für die niederen Schulformen im Herzogtum vorgelegt (vgl. Haym1 2, 351–353; Suphan 30, 453–455; HB 4, 138, Nr 123). – Das 1713 eingeweihte Waisenhaus befand sich zwischen dem Erfurter Tor und dem Wittumspalais in der heutigen Böttchergasse. 1784 wurde es im Zuge des ‚Waisenhausstreits‘ geschlossen, nach intensiven Diskussionen, ob die Erziehung von Waisenkindern in entsprechenden Instituten oder bei Pflegefamilien geeigneter sei. 194,4 alles von mir abhängt] Nach Volgstedts Entlassung war Goethe alleiniger Verantwortlicher der Kriegskommission (vgl. zu 183,5). 194,5 Auch ist eine viel freyere Luft oben.] Möglicherweise in Anspielung auf die Räumlichkeiten der Verwaltung im Roten Schloss, vielleicht in Bezug auf das Hofmarschallamt. Diese Behörde war nach dem Schlossbrand in den ehemaligen Beamtenwohnungen im Dachgeschoss des westlichen und östlichen Flügels des Roten Schlosses untergebracht worden (vgl. Wahl, Consilium, 30). 194,6 Vom dicken Amtman 〈…〉 die Steuersache zu reguliren] Der Ilmenauer Justizamtmann Heinrich Anton Ackermann. – Nach den Berichten Kraffts über die Unregelmäßigkeiten in der Buchführung und das betrügerische Verhalten des Steuereinnehmers Gruner (vgl. zu 6,4) hatte Goethe im Dezember 1780 den Ilmenauer Justizamtmann über Krafft inoffiziell beauftragen lassen, einen Vorschlag (170,14) zur Behebung der prekären Lage der Ilmenauer Steuerkasse vorzulegen (vgl. zu 170,14–15). Das hier erwähnte Projeckt konnte nicht ermittelt werden. Da Ackermann seine offiziellen Berichte an die Landesregierung und an das Kammerkollegium adressieren und diese Behörden sie gegebenenfalls dem Geheimen Consilium melden mussten, ist es denkbar, dass Ackermann Goethe wiederum inoffiziell über Krafft einen ersten Entwurf hatte zukommen lassen. Goethe erteilte jedenfalls Krafft am 11. Februar 1781 weitere Anweisungen, wie Ackermann seinen offiziellen Bericht zu verfassen habe (vgl. zu 205,27). 194,7 was das lezte Rescript würckt] Mit dem Reskript vom 16. Januar 1781 hatte Carl August die Landesregierung Weimar angewiesen, den Steuereinnehmer Gruner ernstlich zu verwarnen und ihm aufzuerlegen, Ackermann monatlich über Ein- und Ausgaben der Steuerkasse Ilmenau Bericht abzustatten, damit dieser einen Plan zur Verringerung der Steuerschulden ausarbeiten könne (vgl. LATh – HStA Weimar, Steuerwesen B 17088, Bl. 44–45 [Konzept mit Goethes Paraphe]; Steuerwesen B 17092, Bl. 5 [Ausfertigung]). Auf privatem Weg bat Goethe Krafft darum, ihn über die Verfügung der Landesregierung an das Amt Ilmenau, die die Anweisungen des herzoglichen Reskripts übermitteln sollte, in Kenntnis zu setzen (vgl. zu 198,16–17). Diese Vorsichtsmaßnahme wie auch die überlieferten Reskripte Carl Augusts an die Landesregierung Weimar vom 6. April, 2. Juni,

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BRIEF 261

6. Juli und 30. November 1781 im Aktenkonvolut „Die Untersuchung des Illmenauischen Steuer-Wesens und desfalls getroffene Einrichtung betrL.“ verraten eine zunehmende Unzufriedenheit des Geheimen Consiliums mit dieser Behörde (vgl. LATh – HStA Weimar, Steuerwesen B 17093, Bl. 2, 5–6, 9–10, 13–16; FA/ Goethe I 26, 125–128, Nr 61; FA/Goethe I 26 K, 196f.). Gruner war mit dem Kanzler Achat Ludwig Carl Schmid und mit dem Hof- und Regierungsrat Johann Ludwig Eckardt, Geheimer Archivar in Weimar, verwandt, die offensichtlich die Untersuchung zu verzögern suchten (vgl. Goethe und Ilmenau, 116f.). – Im Juni 1781 wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt, die sich mit den Betrugsfällen des Steuereinnehmers Gruner beschäftigte (vgl. Wahl, Consilium, 699, Nr 10118). Aufgrund dieser Untersuchung wurde Gruner entlassen und im November 1782 eingesperrt; er wurde jedoch im Januar/Februar 1783 begnadigt und aus der Haft entlassen (vgl. ebd., 869, Nr 13015; 884, Nr 13262; 891, Nr 13373; Goethe und Ilmenau, 108–123). 194,8 In Publicis ists ganz still um uns] Lat. ‚In rebus publicis‘: In öffentlichen Angelegenheiten. – Zwischen dem 19. und 27. Januar fand keine Session des Geheimen Consiliums statt (vgl. Wahl, Consilium, 106 und 658). 194,9 Sievers] Ambrosius Michael Sieffert, Arzt in Denstedt und Oberweimar. 194,9 Wette hat sich auch gelegt.] Entweder Johann Augustin de Wette, Pfarrer zu Ulla, oder dessen älterer Bruder Anton Johann Friedrich de Wette, Pfarrer in Hottelstedt. – ‚Sich legen‘ hier vermutlich im Sinne von ‚sich beruhigen‘; Näheres dazu nicht ermittelt. 194,9 Bey Hofe] Goethe hatte am 21. Januar an der fürstlichen Tafel teilgenommen (vgl. FB 1781, S. 15). 194,10 bald abgestanden] Hier im Sinne von ‚fast zugrunde gegangen‘ (vgl. GWb 1, 180f.). 194,10 im Grosen Saal] Ursprünglich als Sitzungssaal für die Landstände konzipiert, nahm der repräsentative Raum, in dem die Hoftafel gehalten wurde, das erste und zweite Obergeschoss des Landschafts- oder Fürstenhauses ein (vgl. zu 24,24–25). 194,11 Lingen] Caroline von Ilten. 194,12 Lucken] Lebebrecht von Luck. 194,12–13 König wurde] Hier: die Schachpartie gewann (vgl. GWb 5, 572). 194,14 Die Herzoginn von Gotha hab ich gebeten] Der Brief an Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg ist nicht überliefert (vgl. EB 102). 194,15 das Exemplar der Geschwister] Ein Manuskript des Einakters „Die Geschwister“ von Schreiberhand (Christian Georg Vogel) ist in Gotha überliefert (vgl. Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1299). Wann Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg das Manuskript erhalten hatte, lässt sich nicht klären. Dieses Exemplar diente wohl als Vorlage für die Aufführungen des Stückes durch das Gothaer Liebhabertheater, die am 19. September und 5. Oktober 1781

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unter Friedrich Wilhelm Gotter erfolgten; letzterer Aufführung wohnte Goethe selbst bei (vgl. zu 332,8–11). 194,16–17 Der schönen Gräfin] Der Brief an Johanna Louise von WerthernBeichlingen ist nicht überliefert (vgl. EB 103). 194,17 das Trauerspiel] Möglicherweise eine Abschrift der „Iphigenie“, die an diesen Tagen geprobt wurde. Am 22. Januar hatte Knebel im Tagebuch die Teilnahme an einer Probe der „Iphigenie“ am Vormittag notiert, weiter heißt es: „Abends in Assamblee bey Gr. Werthern“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 7v). Es ist daher anzunehmen, dass das Ehepaar von Werthern-Beichlingen über die geplante Aufführung informiert war. Goethe war Jacob Friedemann Graf von WerthernBeichlingen am 21. Januar an der fürstlichen Tafel begegnet (vgl. FB 1781, S. 15). Das Ehepaar von Werthern-Beichlingen nahm wieder am 28. Januar an der fürstlichen Tafel teil und war am 30. Januar, als das Stück zur Aufführung kam (vgl. zu 196,14), noch in Weimar (vgl. FB 1781, S. 19 und 21). – Es ist unwahrscheinlich, dass hier ein Exemplar des 1774 veröffentlichten „Clavigo“ gemeint war (vgl. FA/Goethe II 2, 923). 194,19–20 hohen Aschen] Vgl. zu 74,2. 194,22 Mengs und Correges] Zeichnungen oder Radierungen von oder nach Anton Raphael Mengs und nach Antonio Allegri gen. Correggio. Möglicherweise sind hier Zeichnungen gemeint, die Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg erworben und von denen der Adressat im Bezugsbrief berichtet hatte (vgl. zu 191,22). 194,23–24 Stein ist nach 〈…〉 aber nicht vini.] Wortspiel mit dem lat. ‚spiritus vini‘ (Weingeist) in Anspielung auf Josias von Steins Einrichtung einer Branntweinbrennerei in Großkochberg. Mit der Brennerei, für die ein erfahrener Schnapsbrenner eingestellt wurde, und dem Verkauf von Holz versuchte der verschuldete Stein, sich neue Einkunftsquellen zu erschließen. Die Brennerei warf erst in den späten 1780er Jahren nennenswerte Gewinne ab (Nachweis der Quellen in: Jan Ballweg: Josias von Stein. Stallmeister am Musenhof Anna Amalias. Ein vergessener Aspekt der Weimarer Klassik. Göttingen 2012, S. 199–203). 194,25 Wedeln] Oberforstmeister Moritz von Wedel begleitete Carl August auf der Jagd in Eisenach und Marksuhl. Der Kammerherr war seit August 1780 Mitglied der von Jacob Friedrich von Fritsch geleiteten General Polizeidirektion (vgl. Wahl, Consilium, 603, Nr 8478). 194,25–26 seine Idee wegen der Exekutionsgelder Casse] Wedels Vorschlag konnte nicht ermittelt werden. – ‚Steuerexekution‘: Strafmaßnahme zur Eintreibung von Steuerresten (vgl. GWb 3, 489). – In der Regel wurde die Exekution einmal im Jahr durch die Einquartierung von Soldaten in die Dörfer betrieben. Die Steuerschuldner mussten neben der Zahlung von Strafgebühren die Kosten für die Einquartierung übernehmen. In vielen Fällen hatten die Exekutoren weniger die Eintreibung der Steuerreste im Blick als vielmehr die eigene Vorteilsnahme; durch

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BRIEFE 262/263

diese ineffektiven und erniedrigenden Maßnahmen nahmen die Steuerreste jährlich zu (vgl. Ventzke, 131). Goethe hatte sich mit dem Thema im Juni/Juli 1779 befasst und in einem Gutachten das bisherige Verfahren kritisiert: Durch den Misbrauch hat die Sache nun eine völlig andre Gestalt gewonnen, die Exequirs sehen gegenwärtig als eine Besoldung an die sie auf eine so leichte Art als ihnen möglich ist erheben dürfen, und der Bauer giebt nunmehro schon aus Gewohnheit die geringe Gebühr gleichsam als eine Strafe dass er schuldig ist, nach und nach ab als dass er auf einmal Anstalt machen sollte seinen ansehnlichen Rest abzutragen. Unterdessen entgeht ihm, der schon arm ist, nach und nach ein ansehnliches aus der Tasche, ia man will Exempel haben wo Leute so viel ia mehr an Executions Gebühren bezahlt als der Steuerrest den sie schuldig waren betragen. Dadurch wird der Rest von Tag zu Tag schweerer beizutreiben, die kurenten Steuern häufen sich auf und man kommt doch endlich zur Auspfändung und Ausklage. (AS 1, 74–78, Nr 40 A, hier 76; vgl. FA/Goethe I 26, 65–69, Nr 31.) Außerdem hatte er eine Anregung des Buttstädter Steuereinnehmers Gottlob Gottfried Reise zur Optimierung der Steuerexekution aufgenommen, der einen Feldversuch zur Ablösung der militärischen Exekution vorgeschlagen hatte: Er hat eine Idee beym Cassedirecktorio angegeben nähmlich mit Ende dieses Jahrs einen abschnitt zu machen, und einen Rest Einnehmer bestellen zu lassen. Wenn dieses bey ihm anginge meynt er würde es in den übrigen Aemtern auch praktikabel seyn. (AS 1, 81–83, Nr 40 C, hier 82.) Die Versuche in den Ämtern Buttstädt und Hardisleben scheiterten, und Carl August ordnete in einem Reskript vom 21. September 1781 an, „daß die zeitherigen ResteEinnehmer zwar beybehalten, jedoch auch gegen die gefließentlich morose Restanten mit militarischer Execution verfahren werden solle“ (LATh – HStA Weimar, Steuerwesen B 17023, Bl. 70; vgl. Ventzke 154–161). 194,26–27 Die General Pol Dir. hat mit mir kommunizirt.] Das Schreiben der General Polizeidirektion konnte nicht ermittelt werden.

262. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 25.? Januar 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist die Anrede Sie (195,1) auf eine Datierung vor dem Übergang zum durchgängig verwendeten ‚Du‘ nach dem 22. September 1781 (vgl. die einleitende Erläuterung Nr 496). Seit dem Erstdruck wird der vorliegende Brief ohne explizite

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Begründung überwiegend nach dem Brief vom 8. Januar 1781 (Nr 246) gedruckt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 312, Nr 545; Wahle, Goethe-Stein 1, 294, Nr 545; Petersen, Goethe-Stein 1, 301, Nr 539). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Fränkel datiert ihn nach einem angenommenen inhaltlichen Bezug zu Brief Nr 267 auf den 25. Januar 1781 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 287, Nr 547; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 267, Nr 547). Da es sonst keine Anhaltspunkte für eine genauere Datierung gibt und die von Fränkel vorgenommene plausibel erscheint (vgl. zu 195,1–2), wird sie beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 91. – 1 Bl. 9,5 × 5,1(–5,3) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „213“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 213), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 13 (Datierung: Anfang Januar 1781). WA IV 7 (1891), 270, Nr 2399. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet eine mündliche Nachricht oder einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 195,1–2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 195,1–2 Sie früher 〈…〉 zu sehn] Dies und das Folgende mit Bezug auf eine Nachricht oder einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins, möglicherweise die Antwort auf Goethes Einladung vom 25. Januar (vgl. 192,14). 195,2 Abends bleiben] Vgl. zu 192,15.

263. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 8. – 1 Bl. 19,2 × 14,2(–14,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „19“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 19), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 17. WA IV 5 (1889), 41, Nr 1102.

550

BRIEFE 264/265

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 195,4 Huflanden] Johann Friedrich Hufeland, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar (vgl. zu 165,1–2). 195,5 will heut zu Hause bleiben] Am Vortag hatte Goethe an der fünften ordentlichen Sitzung des Geheimen Consiliums teilgenommen (vgl. Wahl, Consilium, 658–660, Nr 9353–9386). 195,7 Ihr Halstuch] Vom Halstuch Charlotte von Steins, von dem sich Goethe als einem persönlichen Andenken an die Freundin offenbar nicht trennen konnte, ist schon im Brief vom 4. Dezember 1780 die Rede (vgl. die erste Erläuterung zu 169,11). 195,9 das Schweingen] Ein Jagdgeschenk Herzog Carl Augusts, der laut Fourierbuch am 21. Januar gemeinsam mit seinem Kammerherrn Moritz von Wedel zur „Schweins-Jagd“ nach „Marcksuhl“, einem Jagdrevier südlich von Eisenach, aufgebrochen war (FB 1781, S. 15). Am 26. Januar traf er wieder in Weimar ein (vgl. ebd., S. 18). 195,10 Schirm] Vielleicht als Geschenk zum Geburtstag der Herzogin Louise am 30. Januar. Wie aus zwei Briefen Goethes an Charlotte von Stein vom 4. und vom 27. Januar 1782 (WA IV 5, 249, Nr 1380; 254, Nr 1394) und seinem Tagebuch vom 27. Januar 1782 hervorgeht, hat er ein Jahr später den Schirm der Herzoginn gemahlt (GT I 1, 132). – Wahrscheinlich handelt es sich um Bilder für einen Ofenschirm (z.B. aus Seide, Papier oder Leinen), der zur Regulierung der Wärmeabstrahlung von Öfen und Kaminen benutzt wurde. Aus den Jahren 1781 und 1782 sind einige Entwürfe für Ofenschirmbilder von Goethes Hand überliefert (vgl. Corpus I, 267, Nr 250–251; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/0952 und GGz/0953).

264. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 9. – 1 Bl. 18,5 × 11,6(–11,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, obere linke Ecke abgeschnitten; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „20.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 20), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 17. WA IV 5 (1889), 41f., Nr 1103.

JANUAR 1781

551

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 195,14 mein Hals] Vgl. 195,4–5. 195,16 Am Schirm 〈…〉 machen können] Vgl. zu 195,10. 195,20 Uhr] Wahrscheinlich das Geschenk Charlotte von Steins, das sie Goethe vor Antritt der Harzreise Ende November 1777 gemacht hatte (vgl. GB 3 I, 180,5–6). 195,20–21 Racketen] Mit Pulver gefüllte Zylinder für Luftfeuerwerke (vgl. Adelung 3, 910); hier vielleicht so genannte „Feuerbutzen“, erbsengroße Kugeln aus Salpeter, Pulver und Kampfer (vgl. ebd., 2, 130).

265. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 29. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 9. – 1 Bl. 19 × 11,9(–12,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Frau v. Stein, rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „21.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 21), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 18. WA IV 5 (1889), 42, Nr 1104. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 196,1 auf Frizzens freundlichem Gesicht] Demnach hatte Charlotte von Steins jüngster Sohn Friedrich Goethe morgens im Auftrag seiner Mutter besucht. 196,3 lies mich um 8te aufwecken] Durch die im Brief vom 28. Januar erwähnte Uhr, ein Geschenk Charlotte von Steins (vgl. 195,19–20). 196,6 die Probe] Für die Aufführung der „Iphigenie auf Tauris“ durch das Liebhabertheater, die anlässlich des Geburtstages der Herzogin Louise am 30. Januar stattfinden sollte (vgl. die zweite Erläuterung zu 196,14). Nach Knebels Tagebuch fanden am 22. und 29. Januar Proben zu „Iphigenie“ statt (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 5v und 6v). Vgl. auch zu 193,7–8. – Die „Iphigenie“ war (in der Prosafassung) am 6. April 1779 uraufgeführt worden. Weitere Aufführungen sind nur für 1779, nicht aber für 1780 belegt (vgl. Datierung zu Nr 141). 196,7–8 das Exemplar der Iphigenie] Eine nicht überlieferte Abschrift der „Iphigenie“, deren früheste Prosafassung im Februar und März 1779 entstanden war (vgl. GB 3 II, zu 258,3). Goethe hatte das Stück wahrscheinlich im Herbst

552

BRIEFE 266/267

1780 noch einmal bearbeitet. – Erhalten hat sich die von zwei Kopisten zwischen Anfang April und dem 12. Juli 1779 angefertigte Abschrift der „Iphigenie“ aus dem Besitz Knebels (vgl. zu 94,8).

266. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 30. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 10. – 1 Bl. 19,1(–19,3) × 12(–12,3) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, unten links Rand eingerissen; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Frau v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „22.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 22), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 18. WA IV 5 (1889), 42f., Nr 1105. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 196,14 Dancke für Ihren Anteil] Mit Bezug auf die Mitwirkung an der Vorbereitung der Aufführung der „Iphigenie auf Tauris“. Nicht auszuschließen ist, dass Charlotte von Stein überarbeitete Teile des Stückes für Goethe abgeschrieben hatte. – ‚Anteil‘ hier im Sinne von ‚Beteiligung‘, ‚Teilnahme‘, ‚Mitarbeit‘ (vgl. GWb 1, 716). 196,14 mein Spiel] Dass die Aufführung der „Iphigenie“ wie geplant stattfand, legt das Fourierbuch vom 30. Januar nahe, dem zufolge der „hohe Geburthstag DurchL. Regierenden Herzogin“ mit einer großen Hoftafel und „um 6. uhr“ mit dem Besuch der „Comedie“ begangen wurde (FB 1781, S. 21). Wahrscheinlich spielte Goethe wie bei der Uraufführung am 6. April 1779 den Orest, Knebel den Thoas und Corona Schröter die Titelrolle. – Goethes Maskenzug „Ein Zug Lappländer“ (vgl. zu 193,21; Beilage zu Nr 267) wurde erstmals am 2. Februar 1781 aufgeführt, wie auch aus einem Bericht der „Weimarischen Wöchentlichen Anzeigen“ vom 7. Februar 1781 (Nr 11, S. 41) hervorgeht.

JANUAR 1781

553

267. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar?, zwischen 23. und 30. Januar 1781?〉 → 〈Weimar/Tiefurt?〉 DAT IERUN G

Die Datierung ist unsicher. Laut dem nachträglichen Vermerk auf der Handschrift stammt der Brief aus den 1780er Jahren (vgl. Überlieferung). Eine frühere Einordnung oder eine Datierung nach Goethes Rückkehr aus Italien sind nicht auszuschließen. Unwahrscheinlich scheint jedoch eine Datierung mit Bezug zum Gedicht „Ilmenau am 3. September 1783“ (Anmuthig Thal! du immergrüner Hain!), wie Eduard von der Hellen vermutet, da sich Knebel 1783 außerhalb Weimars in Franken aufhielt (vgl. WA IV 7, 337f.). – Hier erfolgt die Datierung nach dem Inhalt (196,18) und der Beilage, einem in Knebels Nachlass überlieferten Gedicht zum 24. Geburtstag von Herzogin Louise, der am 2. Februar 1781 gefeiert wurde. Terminus post quem wäre der 22. Januar 1781, als Goethe laut Knebels Tagebuch zum Mittagessen bei ihm gewesen war (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 5v). Es sind mehrere Begegnungen zwischen den Briefpartnern im Januar 1781 dokumentiert, die einen Austausch über dieses Gedicht plausibel machen; aufgrund von Knebels Interesse für Naturphänomene lässt sich annehmen, Goethe habe ihn bei der poetischen Behandlung des Nordlichts zu Rate gezogen. Eine genauere Datierung ist nicht möglich, da Knebel ab dem 29. Januar keine Eintragungen mehr in seinem Tagebuch vornahm. ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt, vor 1891 Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. im Oktavformat, egh. beschr., mit dem Vermerk: „Vorstehendes Billet ist die eigene Handschrift von Goethe an Karl Ludwig von Knebel aus den 1780er Jahren. Durch die Güte des Herrn Rentamtmann 〈Emanuel〉 Lange in Jena (von dem Herrn Major Karl Ludwig von Knebel) erhalten. Nov. 25, 1845. 〈Johann Gottfried〉 Flügel.“ (Angaben nach E.) E: GJb VII (1886), 172, Nr 3 (Albert Cohn; nach H; Datierung: „1782?“). WA IV 7 (1891), 260, Nr 2357 (nach E). Textgrundlage: E.

554 0

BRIEF 268

BEIL AG E?

Der regierenden Herzoginn von Weimar. zum Geburtstage 1781. 5

10

15

20

Wir kommen in vereinten Chören Vom fernen Pol in kalter Nacht, Und hätten gerne d i r zu Ehren Den schönsten Nordschein mitgebracht. Wir preisen iene Lufterscheinung, Sie weiht die Nacht zu Freuden ein, Und muß, nach unsrer aller Meynung Der Abglanz einer Gottheit seyn. Von Bergen strömt sie uns entgegen Wo bange Finsternißss erst lag, Auf einmal wird vor unsern Weegen Die grauenvolle Nacht zum Tag. O stünd es iezt am hohen Himmel Wir bäten d i c h , verlass den Scherz. Sieh weg vom glänzenden Gewimmel Schau ⎡Sieh⎤ auf, so brennet unser Herz. So führen Wünsche licht wie Flammen Für dich den schönsten Himmelslauf, Bald falten sie sich still zusammen Und lodern iauchzend wieder auf.

25

Doch ienem hochverehrten Lichte Raubt d e i n e Gegenwart die Pracht, Es glänzt von d e i n e m Angesichte Die Huld die uns d i r eigen macht. (H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków, Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Ms. Germ. 4o. 521, Bl. 19. – 1 Bl. 19,2 × 27 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband [vgl. Überlieferung zu Nr 119]. – E: „Der regierenden Herzogin von Wei-

JANUAR 1781

555

mar, zum Geburtstage. 1781.“ [GSA 25/W 1857: Privatdruck auf Seidenband, drei Exemplare überliefert, mit geringfügigen Abweichungen gegenüber H].) 8 Nordschein] Nord- oder Polarlicht (vgl. zu 331,4). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 196,18 Beyliegendes] Möglicherweise das Gedicht zur Geburtstagsfeier von Herzogin Louise, das in Knebels Nachlass mit Goethes Briefen überliefert ist (vgl. Beilage). Das Huldigungsgedicht ist der einzige überlieferte Teil des Maskenzugs „Ein Zug Lappländer“, der am 2. Februar 1781 aufgeführt wurde (vgl. zu 193,21). 196,18 neulich Mittag] Vgl. Datierung. 197,2 Resultate unsrer Gespräche] Vgl. Datierung.

268. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 31. Januar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 10. – 1 Bl. 20,3 × 16,8 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 23), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 19. WA IV 5 (1889), 44f., Nr 1107. BEIL AG EN

Schweinsköpfgen und Rückgen (vgl. zu 197,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 197,5 die Gesellschafft] Zum 31. Januar finden sich keine Einträge im Fourierbuch, offenbar fand keine Hoftafel statt. Demnach war Charlotte von Stein Gast einer privaten Gesellschaft. 197,10 das Schweinsköpfgen und Rückgen] Vgl. zu 195,9.

556

BRIEFE 269/270

269. An Johann Friedrich Krafft

〈Weimar〉, 31. Januar 1781 → 〈Ilmenau〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 20. – 1 Bl. 19,2 × 27,5 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Bl. mit Falz an einem unbeschriebenen Bl. befestigt. E: Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe (1846), 186f., Nr 18. WA IV 5 (1889), 43f., Nr 1106 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugs- (vgl. zu 197,15) und der Antwortbrief (vgl. zu 205,13) sind nicht überliefert. 197,15 den ganzen Zustand Ihrer Seele] Da die persönliche Begegnung Goethes und Kraffts im September 1780 mehrere Monate zurücklag, nimmt Goethe hier offenbar Bezug auf einen nicht erhaltenen Brief. In keinem der überlieferten Briefe Kraffts an Goethe, die vor dem Januar 1781 einigermaßen zeitnah zu diesem Monat entstanden sind – d. h. den Schreiben vom und nach dem 11. November sowie vom und nach dem 13. Dezember 1780 (vgl. RA 1, Nr 128, 129, 131 und 132) –, geht Krafft auf den Zustand seiner Seele ein. 197,18 Mein Etat] 1781 betrug Goethes Gehalt für seine amtlichen Tätigkeiten 1400 Reichstaler (vgl. Bradish, 42f.). 197,20 Plaz] Hier im Sinne von „der feste platz, den jemand in seinem dienste oder berufe hat“ (Grimm 17, 692; vgl. GB 2 II, zu 39,2). – Goethe war 1781 u. a. Mitglied im Geheimen Consilium (seit 1776) und Leiter der Kriegskommission (seit 1779). 197,20–21 200 rh] Vgl. zu 187,4. 197,24 nicht Ihr Quartier noch den Ort Ihres Aufenthalts verändern] Wenngleich Krafft im Brief an Goethe vom 11. November 1780 angekündigt hatte, „nicht ewig“ in Ilmenau bleiben zu wollen (GSA 25/W 3595, Bl. 12r), wo er seit 1779 im Haus des Kaufmanns Julius Michael Rieth lebte (vgl. die erste Erläuterung zu 6,9), zog er erst 1785 von Ilmenau nach Jena um. 198,10–11 das Unverhältniss Ihres iezigen und vorigen Zustandes] Krafft hatte, bevor er sich 1778 hilfesuchend an Goethe wandte, offenbar ein Amt in preußischen Diensten innegehabt und, nach eigener Aussage, in „feinern, den Geist nährenden“ (GSA 62/37, Bl. 31v) gesellschaftlichen Strukturen gelebt. Er selbst beschreibt den Unterschied zwischen seinen aktuellen Lebensumständen und den vorigen: „Meine Käntniße von hier 〈Ilmenau〉 muß ich nur nach und nach erlangen. Bey andern Ländern halff mir meine Verbindung mit angesehenen Personen, meine ziemlich ansehnliche Aemter und Stellen die ich bekleidete, und da, wo ich nicht in Diensten war, mein Rang, der mir überall Zutrit und Bekandtschafft machte, und der starcke Aufwand den ich machen konte.“ (Ebd., Bl. 18.)

JANUAR 1781

557

198,12 Ihre fünfzig Thaler] Vgl. zu 187,4–5. 198,14 das M u ß ist hart] Eine Wendung, die vermutlich auf das Sprichwort zurückgeht, dem zufolge das Müssen eine harte Nuss ist (Sprichwörter-Lexikon 3, 788); die Verwendung des Sprichworts ist bei Goethe belegt, z.B. in dem 1786 entstandenen Gedicht „An den Herzog Carl August. Abschied im Namen der Engelhäuser Bäuerinnen“: Die beißen alle mit Verdruß / Auf ’s M u ß als eine harte Nuß (WA I 4, 228) oder im 1813 entstandenen zweiten Teil des Aufsatzes „Shakespeare und kein Ende!“ (vgl. WA I 41/1, 59.) Als ‚hart‘ wird das Muß auch in den 1817 entstandenen „Urworten. Orphisch“ bezeichnet: Dem harten Muß bequemt sich Will’ und Grille (WA I 3, 96). 198,16–17 die erste Verfügung der Regier. an den Amtmann in Steuersachen] Ein diesbezüglicher Brief Kraffts ist nicht überliefert. – Die Landesregierung Weimar war durch Carl Augusts Reskript vom 16. Januar 1781 u. a. aufgefordert worden, Ackermann einen Plan zur Verringerung der Steuerschulden des Amts Ilmenau erarbeiten zu lassen; Goethe kannte das im Geheimen Consilium besprochene Reskript, wollte sich aber offenbar vergewissern, dass die Landesregierung dessen Anweisungen Folge leiste (vgl. zu 194,7). Tatsächlich wies die Regierung Ackermann in ihrer Verfügung vom 24. Januar 1781 an, „ihr wollet dem Steuer Secretario Gruner ein nahmentliches Verzeichniß der alten und neuen Steuer-Reste sofort abfordern, ihn, nicht weniger monatL. einen Extract über Einnahme und Ausgabe bey euch einzureichen, anhalten, und mit gedachten Mitteln den Zustand der Casse schleunigst ins Licht setzen, mit Eintreibung der alten und neuen Steuer-Reste, zu Bezahlung der Kriegs-Schulden, ohne alle Rücksicht nicht säumig seyn, dabey einen Plan ausarbeiten, wornach das geschehene Versprechen, die Schulden successive zu bezahlen und die Steuern auf 18. herunter zu bringen, erfüllet werden könne, und sodann darüber unterthänigsten Bericht zu erstatten.“ (LATh – HStA Weimar, Steuerwesen B 17092, Bl. 10–11.) Diese Verfügung griff Formulierungen aus Carl Augusts Reskript auf (vgl. zu 205,27).

270. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Ende Januar 1781?〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist die Anrede Ihre (198,21) auf eine Datierung vor dem durchgängig verwendeten ‚Du‘ nach dem 22. September 1781 (vgl. die einleitende Erläuterung Nr 496). Nach der Erwähnung, dass bald Frost (198,19) sein würde, muss der Brief

558

BRIEFE 271/272

in der kalten Jahreszeit geschrieben worden sein. Im Erstdruck wird er nach dem Brief vom 3. Januar 1781 (Nr 244) gedruckt, von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Fielitz datiert ihn auf Ende November 1780 (Fielitz, Goethe-Stein 1, 290f., Nr 513) mit der Begründung, er sei „Anfang eines Winters geschrieben, nicht nachdem schon verschiedene Eisfreuden genossen sind“ (ebd., 481, Anm. 1 [zu S. 291]; ebenso: Wahle, Goethe-Stein 1, 273, Nr 513; Petersen, Goethe-Stein 1, 290, Nr 506). Fränkel verschiebt ihn nach einer zufälligen Parallele zum Tagebuch auf Ende November 1778 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 124, Nr 286). Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen und sowohl Inhalt (vgl. zu 198,19–20) wie auch Papier und Faltung (vgl. Überlieferung) nicht gegen eine Einordnung ins Jahr 1781 sprechen, wird der Brief in diesem Jahr belassen und vermutungsweise auf Ende Januar datiert. Eine frühere Datierung auf Anfang des Winters 1780/81 ist nicht auszuschließen. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 89. – 1 Bl. 13,5 × 10,1(10,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „208“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 208), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 11f. WA IV 7 (1891), 270, Nr 2397. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 198,19–20 dass bald Frost und klar Wetter seyn wird] Im Januar 1781 setzte um den 25. vorübergehendes Tauwetter ein (vgl. zu 192,13), vielleicht ist der Brief vor einem neuerlichen Kälteeinbruch Ende des Monats geschrieben worden. 198,20 das Zukünftige im Gegenwärtigen] Wahrscheinlich in Anspielung auf die zu erwartenden gemeinsamen Eisfreuden (186,1). 198,21 Ihre Fr. Mutter] Concordia Elisabeth von Schardt, die Goethe gelegentlich in seinen Briefen an Charlotte von Stein erwähnt.

FEBRUAR 1781

271. An Charlotte von Stein

559

〈Weimar〉, 1. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 11. – 1 Bl. 15,7(–15,9) × 10,9(–11,1) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „24“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 24), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 19. WA IV 5 (1889), 45, Nr 1108. BEIL AG E

Brot (vgl. zu 199,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 199,1 Stückgen Brod] Friedrich von Stein bemerkt dazu: „Comißbrodt wie es für die Soldaten gebacken wurde, wovon Göthe Proben empfing“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10v). – ‚Kommissbrot‘: Ein einfaches, aber besonders haltbares Brot (vgl. 183,10–11). 199,2–3 Knebel 〈…〉 mit seiner Pfeife in der Welt herum.] Schon auf der vermutlich von 1776/77 stammenden Rötelzeichnung hatte Goethe seinen Freund Knebel auf einem Stuhl sitzend und eine lange Pfeife rauchend dargestellt (vgl. Corpus I, 101, Nr 287; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/0120). Vgl. auch das Gedicht „Ilmenau am 3. September 1783“ (WA I 2, 143,63–64).

272. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 11. – 1 Bl. 17,9 × 10,6(–10,9) cm, dünnes glänzendes gelbes Papier, 1 S. beschr., egh., Tinte, oben rechts Rand ausgerissen; unterhalb der Mitte rechts Siegelausriss, geringfügiger Buchstabenverlust (199,9 〈in〉, 199,10 d〈er〉); Vs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „25“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 25), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 19f. WA IV 5 (1889), 45, Nr 1109.

560

BRIEFE 273–275

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 199,8 Phasan] Zeitgenössische Schreibvariante zu ‚Fasan‘ (vgl. Adelung 3, 765). Wahrscheinlich ein Jagdgeschenk Carl Augusts (vgl. 153,3). 199,8 brachten] Flüchtig für ‚brächten‘; das indikative Präteritum wird gelegentlich in den frühen Briefen Goethes auch als Konjunktiv Irrealis verwendet. 199,9 〈in〉 der Einsamkeit] Im Gartenhaus am „Stern“, das Goethe schon in den Jahren zuvor winterfest gemacht hatte. 199,10 Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 199,10–11 den Cinna] Pierre Corneilles Tragödie „Cinna ou la Clémence d’Auguste“ (1641 – Cinna oder die Güte des Augustus). 199,11–12 Es will nicht recht mit mir fort.] Vgl. zu 202,20.

273. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 11. – 1 Bl. 17,9 × 10,6(–10,8) cm, dünnes glänzendes gelbes Papier, ¾ S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke abgerissen; Vs. Spuren eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/ Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „26“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 26), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 20. WA IV 5 (1889), 46, Nr 1110. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 199,14 Plane] Zeitgenössischer Plural zu ‚Plan‘ (vgl. Adelung 3, 778), im Unterschied zu ‚Pläne‘: „ein in den neuern Zeiten aus dem Franz. Plaine entlehntes Wort, 〈…〉 einen ebenen Theil der Erdfläche von einem beträchtlichen Umfange zu bezeichnen“ (ebd.). 199,18 ins Conzert] Am 4. Februar fanden abends am Hof „Cour und Concert“ statt mit einer „Candate und Sinfonie mit Tromp: und Pauken GeburthsTags wegen“ (FB 1781, S. 25). Aufgeführt wurde Wielands „Cantate auf den 30sten Jenner 1781“ mit Musik Ernst Wilhelm Wolfs zu Ehren Herzogin Louises (vgl. zu 193,26). 199,19 Cometenbewohnerinn] In Anspielung auf Charlotte von Steins Interesse für Astronomie (vgl. die zweite Erläuterung zu 189,2; zu 202,16).

FEBRUAR 1781

274. An Charlotte von Stein

561

〈Weimar〉, 5. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 12. – 1 Bl. 18 × 11,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke ausgerissen; Rs. Adresse: Fr v. Stein, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „28“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 28), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 20. WA IV 5 (1889), 46, Nr 1111. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom selben Tag (vgl. zu 200,4). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 200,1 ganz leidlich] Vgl. zu 202,20. 200,4 Ihr Zettelgen] Nicht überliefert. 200,5–6 Wir wollen 〈…〉 schöne Versgen machen.] Als Erwiderung auf eine Anfrage in Charlotte von Steins nicht überliefertem Bezugsbrief, die den geplanten Maskenzug am 16. Februar betraf (vgl. zu 201,18). Friedrich von Stein merkt zu dieser Stelle an: „Zu einer Maskerade geht es wohl.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10v.) 200,6–7 Halten Sie mit mir 〈…〉 noch halte.] Wortspiel im Sinne von ‚halten Sie mit mir zusammen‘, solange ich ‚standhalte‘ (vgl. GWb 4, 649f.).

275. An Ferdinand Kobell Weimar, 5. Februar 1781 → Mannheim ÜBER L IEF ERU NG

H: Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Sign.: 13/46–6. – 1 Bl. 19,2(–19,5) × 27,4(–27,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. E: Allgemeine Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst, Literatur, Musik, Mode und geselliges Leben. Hrsg. von Adolf Bäuerle. 32. Jg. Wien, 30. April 1839, Nr 87, S. 425. WA IV 5 (1889), 46f., Nr 1112 (nach einer Abschrift).

562

BRIEF 276

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 200,9–10 Zeichnungen] Vgl. zu 168,11. 200,11–12 eins nachgekrizzelt] ‚Kritzeln‘ wahrscheinlich im Sinne von „unsorgfältig u flüchtig zeichnen od schreiben; meist untertreibend mBez auf eigene Produktionen, auch mit dem Nebensinn des Dilettantischen“ (GWb 5, 758). Goethe nutzte das Nachzeichnen bewusst, um seine Wahrnehmung zu schärfen und die Arbeiten der Künstler besser nachvollziehen zu können, um so immer mehr aus der Unbestimmtheit und Dämmrung heraus zu arbeiten (41,4–5; vgl. auch 41,16–18; 331,19–22). Möglicherweise handelt es sich bei der Vorlage um die Zeichnung einer von Bäumen überwachsenen antiken Ruine (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 2172). Überliefert ist Goethes Nachzeichnung im Herslebschen Stammbuch (GMD, KK 47, Bd I, Bl. 16). Auf der Rückseite notierte er: Goethe, Weimar d. 25 Jan 81 (Corpus VIb, 22, Nr 44; vgl. auch ebd., Nr 45*). Laut einer Eintragung in Goethes Tagebuch war Hans Christopher Hersleb im Januar 1781 zu Besuch (vgl. GT I 1, 121,2) und wird möglicherweise auch die Kobellschen Zeichnungen gesehen haben. Überliefert ist aus dieser Zeit auch die Zeichnung eines verlassenen Gehöfts, auf der Goethe eine Baumgruppe aus einer Zeichnung Franz Kobells (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.271,0392.7) kopiert hat (vgl. Corpus I, 90f., Nr 248). Wen Goethe sonst noch zur Bewundrung (200,14) der Zeichnungen aufgefordert hat, ist nicht bekannt. – Vgl. Grave, 95–105. 200,14 aufgefodert] ‚Fodern‘: ältere Nebenform zu ‚fordern‘ (vgl. Adelung 2, 243f.). 200,15 kleine Sammlung] Vgl. zu 168,10. 200,17 Kranzen] Johann Friedrich Kranz (vgl. zu 168,21–22). 200,18 Stosgebete] Um was es sich handelt, ist nicht bekannt. Goethe arbeitete an dem Tag, als er den Brief an Kobell schrieb, an einem nicht überlieferten satirischen ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ als Erwiderung auf die Schrift des preußischen Königs Friedrich II. „De la littérature Allemande“ (vgl. 201,7–8; zu 201,7–8). – ‚Gebet‘ möglicherweise „für die hymnische Anbetung des sich im großen Kunstwerk offenbarenden Schöpfergenies“ (GWb 3, 1146) im Stil von Goethes frühen Prosaschriften „Von Deutscher Baukunst“ (1772) oder „Dritte Wallfahrt nach Erwins Grabe im Juli 1775“, wo es in einem mit Gebet überschriebenen Absatz u. a. heißt: Wie vor jedem g r o s e n G e d a n k e n d e r S c h ö p f u n g , wird in der Seele reeg was auch Schöpfungskraft in ihr ist. In Dichtung stammelt sie über, in krützlenden Strichen wühlt sie auf dem Papier Anbethung dem Schaffenden, ewiges Leben, umfassendes unauslöschliches Gefühl des, das da ist und da war und da seyn wird. (DjG3 5, 239.)

FEBRUAR 1781

276. An Charlotte von Stein

563

〈Weimar〉, 5. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 12. – 1 Bl. 18 × 8,7(–8,9) cm, dünnes glänzendes grünes Papier, 1 S. beschr., egh., Tinte; obere linke Ecke Reste eines roten Siegels, rechts daneben Rand ausgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Spuren eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „27“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 27), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 21. WA IV 5 (1889), 47, Nr 1113. BEIL AG E

Möglicherweise das Manuskript einer Platon-Übersetzung von Knebel (vgl. zu 201,1) oder eine Abschrift von Frans Hemsterhuis’ „Simon, ou des facultés de l’ame“ (vgl. zu 201,2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am 5. oder 6. Februar (vgl. zu 201,6). 201,1 Wenn mir Knebel nicht schon zuvorgekommen ist] Vielleicht mit Bezug auf eine beiliegende Platon-Übersetzung Knebels. Nicht auszuschließen ist auch, dass Goethe auf eine Abendeinladung Knebels anspielt. 201,2 dies platonische Gespräch] Möglicherweise eine Probe von Knebels Platon-Übersetzungen, vielleicht aus dem 1781 entstandenen „Gastmal“, zu dem in Knebels Nachlass Konzepte und Reinschriften überliefert sind (GSA 54/21). – Fränkel verweist dagegen auf Frans Hemsterhuis’ philosophischen Dialog über Dichtkunst und Bildhauerei „Simon, ou des facultés de l’ame“ (vgl. GJb XXIX [1908], 159). Für diesen Bezug spricht die Aufmerksamkeit, mit der die Schrift in Weimar zur Kenntnis genommen wurde, wie auch der Umstand, dass Herder sie gleichlautend in einem Brief an Johann Georg Hamann vom 11. Mai 1781 erwähnt: „Von Hemsterhuis geht ein neues Platonisches Gespräch herum in Handschrift: Simon ou des facultés de l’ame: es ist Simon der Lederhändler in Athen, nicht der Lohgärber in Joppe; ich habe aber nichts darinn gefunden, was nicht in seiner Lettre sur l’homme et sur ses rapports schon besser gestanden hat; auch die Grazien des Platonischen Gesprächs fehlen ihm, dünkt mich, gänzlich. Die Diotima, die er auch in seinem Aristée ou de la divinité, sosehr gefeiret hat, ist eine Gräfin Galizin, gebohrne Schmettau, in deren Hause er lebt. Für mich ist wenig Belebendes auch in diesem Gespräch gewesen.“ (HB 9, 308.) Anfang März 1781 übersandte Johann Heinrich Merck eine Abschrift des „Simon“ an Herzog Carl Au-

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BRIEFE 277/278

gust: „Ich nehme mir hier die Freyheit Ew. Durchlaucht gegenwärtigen Dialog des Jüngern Hemsterhuys zu überschiken, in der Hoffnung daß er Ihnen so viele gute Stunden machen wird, als er mir und einigen Freunden gemacht hat. Er übertrifft an Delikatesse der Composition seine übrige Schrifften weit. Nur bitte ich, daß mein Name bey der Communication nicht genannt wird, weil ich das Mscript nicht von Herrn Hemsterhuys selbst, sondern durch eine Dritte Person erhalten habe, die nicht genannt seyn will.“ (Brief an Herzog Carl August vom 28. Februar 1781; Merck, Briefwechsel 2, 558.) Merck forderte das Manuskript am 2. November 1782 von Carl August zurück (vgl. Merck, Briefwechsel 3, 186). – Woher Goethe schon Anfang Februar 1781 eine Abschrift gehabt haben könnte, muss offenbleiben. Insgesamt sollen von der frühen, im Winter 1779/1780 entstandenen Fassung 14 Abschriften in Umlauf gewesen sein (vgl. François Hemsterhuis: Œuvres philosophiques. Édition critique par Jacob van Sluis. Leiden, Boston 2015, S. 7). Die in Goethes Nachlass überlieferte Reinschrift von Schreiberhand, gebunden in grünes Leder mit Goldprägung, enthält die spätere Fassung, die frühestens 1783 entstand, und wurde ihm 1792 von Amalia Fürstin von Gallitzin geschenkt (GSA 36/N 1). In ihrem Begleitbrief vom 27. Dezember 1792 bat sie: „Es folgt hier auch der Simon, daß er in gewissenlose Hände nicht kommen darf errinnern sie sich.“ (Goethe und der Kreis von Münster, 82.) – Hemsterhuis selbst ließ den Dialog nicht drucken. Unter dem Titel „Simon, oder von den Kräften der Seele“ erschien in Leipzig 1782 eine nicht autorisierte deutsche Übersetzung von Christian Friedrich von Blankenburg (in: Vermischte philosophische Schriften des H. Hemsterhuis. Bd 2, S. 245–344), das französische Original wurde erst postum veröffentlicht (in: Œuvres philosophiques. Bd 2. Paris 1792, S. 187–277). 201,4 bin still und fleisig] Vgl. 201,7–8.

277. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 6. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 12. – 1 Bl. 17,7 × 10,8 cm, starkes blaues Papier, ¾ S. beschr., egh., Tinte; rechts unterhalb der Mitte Siegelausriss; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „29.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 29), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 21. WA IV 5 (1889), 47f., Nr 1114.

FEBRUAR 1781

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ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 5. oder 6. Februar (vgl. zu 201,6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 201,6 Ihre Einladung] Wahrscheinlich in einem nicht überlieferten Brief, mit dem Charlotte von Stein auf Goethes Brief vom 5. Februar (Nr 276) geantwortet haben könnte. 201,7–8 die Literatur vorgetragen] Das nicht überlieferte satirische ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ als Entgegnung auf die Ende November 1780 erschienene Schrift des preußischen Königs Friedrich II. „De la littérature Allemande“. Einer der wenigen inhaltlichen Aufschlüsse findet sich in Herders Brief vom 11. Mai 1781 an Johann Georg Hamann (vgl. zu 240,1). Nachweislich arbeitete Goethe von Januar bis März 1781 am ‚Gespräch‘ (vgl. EGW 6, 573–581). Wie die Briefe an Charlotte von Stein aus dem Februar 1781 belegen, war sie eng in den Entstehungsprozess einbezogen (vgl. 208,6). Den durch den Brief an Merck vom 14. November 1781 belegten Plan einer Fortsetzung gab Goethe – wahrscheinlich auch aufgrund des Erscheinens von Justus Mösers „Gespräch“ im Sommer 1781 – auf (vgl. 346,22–347,6; zu 346,26–27).

278. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 8. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 13. – 1 Bl. 22 × 17,8 cm, Goldschnitt, Vs. und Rs. mit Bordüre aus zwei zu einer Girlande gewundenen Linien in grün und grau (wie Nr 279, nicht bei Mick), 1 S. beschr., egh., Tinte; rechte obere Ecke Siegelausriss, unterhalb der Mitte rechts Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „30.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 30), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 22. WA IV 5 (1889), 48f., Nr 1115. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 201,11 Ihrem Freunde] Hier spricht Goethe zum ersten Mal in einem Brief an Charlotte von Stein leicht ironisch in der dritten Person von sich selbst als dem ‚Freund‘ der Adressatin (vgl. zu 202,7). 201,11 ziemlich] Hier adverbial gebraucht im Sinne von „mittelmäßig, doch mit einem schwachen Nebenbegriffe des mehr großen Grades“ (Adelung 4, 1711).

566

BRIEF 279

201,15 Unregelmäsigkeit] Anspielung auf Goethes angegriffene Gesundheit (vgl. zu 202,20). 201,17 Grille] Hier: spontaner Einfall, Gedanke (vgl. GWb 4, 475f.), mit Bezug auf Goethes Mitwirkung am Maskenzug. 201,18 Maskerade] Der Maskenzug „Aufzug des Winters“ (WA I 16, 191–194), der am 16. Februar 1781 aufgeführt und am 2. März wiederholt wurde. Neben Goethe und Charlotte von Stein nahmen weitere Mitglieder der Hofgesellschaft und der Herzog selbst an der Aufführung teil (vgl. zu 206,5; 209,21–24). Über die Aufführung berichtet Carl von Lyncker, seit 1779 Hofpage in Weimar: „Eine der vorzüglichsten Maskeraden war der sogenannte ‚Winteraufzug‘. In demselben wurde der Winter in einer Eisgrotte von einem graubärtigen Greise, mit einem Schneemantel bedeckt, dargestellt; ihn umgaben vorausgehend oder folgend allegorische Personen mit Attributen alles dessen, was dem Winter eigenthümlich ist und ihn interessant macht; so z.B. das Theater in der Tragödie und Comödie, die Redoute selbst nach ihren verschiedenen italienischen Costüms, die Kälte, das Feuer und so weiter. Das Carneval, in der Person eines Hanswurstes, durch den Kammerjunker von Schardt repräsentirt, dem diese Rolle bei jeder Gelegenheit zufiel, führte dabei die vier Temperamente, unter denen ich mich auch befand, an einem Narrenseil, und somit bestand das Ganze wohl aus 50 und mehr Personen. Viele characteristische Tänze waren hierzu einstudirt worden.“ (Lyncker, 75.) 201,21 Ausspruch] Verbindliches Urteil, in Anspielung auf die Bedeutung ‚Orakelspruch, göttliches Urteil‘ (vgl. Adelung 1, 654). 202,2 Maske] Dazu merkt Friedrich von Stein an: „Ihre Maske für die Fastnacht bey einem großen Aufzuge war die Nacht und die seine 〈Goethes〉, der Schlaf. Ohngeachtet man damahls in Weimar bey reinen Sitten vieles that u thun könnte was in großen Städten nicht in der Form ist; kam ihm doch das qu’en diraton 〈Gerede der Leute〉 ein. Sie fand nichts bedenkliches darinne, und wenn er in dem folgenden Brief von sich als einem hypochondrischen Freunde spricht, so hat es noch vielleicht einen Bezug hierauf.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 10v.) 202,3 Der Prinz würde Ihre Moitie] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach sollte demnach Goethes Part übernehmen, stellte tatsächlich aber die Rolle des Spiels dar. – Franz. moitié: Hälfte, Ehehälfte.

FEBRUAR 1781

279. An Charlotte von Stein

567

〈Weimar〉, 10. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 14. – 1 Bl. 22 × 17,8 cm, Goldschnitt, Vs. und Rs. mit Bordüre aus zwei zu einer Girlande gewundenen Linien in grün und grau (wie Nr 278, nicht bei Mick), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „31.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 31), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss: Brief an Herzog Carl August (vgl. zu 202,17). E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 23. WA IV 5 (1889), 49, Nr 1116. BEIL AG E

Kostüm für den Maskenzug (vgl. zu 202,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 202,7 mit Ihrem hypochondrischen Freunde] In ironischer Anspielung auf den Umstand, dass Goethe in seinen Briefen an die Freundin so häufig sein physisches und psychisches Befinden thematisiert (vgl. u.a. 201,11–16). 202,8 die Redoute] Maskenball. – Laut Fourierbuch (vgl. FB 1781, S. 28) fand am Abend des 9. Februar 1781 die sechste Redoute des Winters statt, an der auch Herzog Carl August und der gerade eingetroffene Herzog August Friedrich Carl Wilhelm von Sachsen-Meiningen mit Gefolge teilnahmen. 202,9–10 macht ich noch von unsern nötigen Versen] Zum Maskenzug des „Winters“ für den 16. Februar 1781 (vgl. zu 201,18). 202,10 Die Schrötern] Corona Schröter, seit Ende 1776 als Kammersängerin und Hofvokalistin in Weimar engagiert, die einzige professionelle Künstlerin des Liebhabertheaters (vgl. GB 3 II, zu 47,24). Der Kontext legt nahe zu vermuten, dass sie eine Rolle im Maskenzug übernehmen sollte. 202,12 ein artig Wörtgen] Hier: eine verbindliche, liebenswürdige Einladung. 202,13 Hier ist die Maske.] Das Kostüm der Nacht, die Charlotte von Stein im Maskenzug am 16. Februar verkörpern sollte (vgl. zu 202,2). 202,14 an dem neuen Wercke] Wohl mit Bezug auf den Maskenzug des „Winters“. Zur selben Zeit arbeitete Goethe auch an dem nicht überlieferten satirischen ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 201,7–8). 202,14–15 Wie siehts mit Knebels Thee?] Verkürzt für: ‚Wie sieht es mit Knebels Tee aus?‘ Wahrscheinlich in Anspielung auf eine gemeinsame Einladung bei Knebel.

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BRIEFE 280/281

202,15 Ihre Musikalische Liebhaber] Wahrscheinlich Philipp Christoph Kayser und der Weimarer Hofkapellmeister Ernst Wilhelm Wolf. Kayser hielt sich seit Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar auf und schrieb die Musik zum Maskenzug. 202,16 Die irdische Harmonie 〈…〉 als die Himmlische.] Anspielung auf Charlotte von Steins astronomisches Interesse (vgl. die zweite Erläuterung zu 189,2), das sie mit Knebel verband. Wie Goethe in einem Brief an Johann Caspar Lavater vom 19. Februar 1781 (Nr 291) berichtet, las Knebel, dessen Astronomische〈n〉 Kenntnisse 〈…〉 nicht die geringsten (210,14–15) waren, zu dieser Zeit in einem Kreis von Freunden Johann Heinrich Lamberts „Cosmologische Briefe“ (vgl. zu 210,15). In dem Zusammenhang ist auch die Rede von einer schönen Harmonie der Sphären (210,19–20), über die sich die Gesellschaft unterhalten habe (vgl. 210,14–21). 202,17 dies Zettelgen] Nicht überliefert.

280. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 11. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 15. – 1 Bl. 16 × 8,5(–8,7) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „32.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 32), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 23. WA IV 5 (1889), 49f., Nr 1117. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 202,20 Mein Hals ist 〈…〉 gut] Seit Ende Januar litt Goethe unter Halsschmerzen (vgl. 195,4–5).

FEBRUAR 1781

281. An Johann Friedrich Krafft

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Weimar, 11. Februar 1781 → 〈Ilmenau〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 21. – 1 Bl. 19,2 × 27,3(–27,6) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Bl. nachträglich mit einem Falz an einem unbeschriebenen Blatt befestigt. – Faksimile: Abb. 12–13 im Textband (S. 203f.). E: Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe (1846), 187f., Nr 19. WA IV 5 (1889), 50f., Nr 1118 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Kraffts (vgl. zu 205,13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 205,1 meinen lezten Brief] Brief vom 31. Januar 1781 (Nr 269). 205,2–3 daß Sie ihn falsch gedeutet haben] Alle Wendungen, die im Folgenden hervorgehoben sind, scheinen aus Kraffts Brief, auf den Goethe hier antwortet, zu stammen. Der Inhalt von Kraffts nicht überliefertem Brief kann daher teilweise aus den vermutlich wörtlichen – und nur z. T. grammatisch an die Syntax der Erwiderung angepassten – Zitaten erschlossen werden. – Die relativ vielen Unterstreichungen in Goethes Antwort fallen umso mehr auf, als Goethe sich dieses Mittels der Hervorhebung ansonsten in den Briefen an Krafft selten bedient und dann nur ein Wort oder einen Satz pro Brief auf diese Weise markiert (vgl. GB 3 I, 237,2, 267,19 und 296,5). Im vorliegenden Band hebt er die Wörter a l l e s (187,5) sowie M u ß (198,14) und m u ß (198,14) auf diese Weise hervor. – Goethes Antwort belegt das überaus schwierige Verhältnis zum Adressaten, den er zuvor schon mehrfach zu beruhigen versucht hatte (vgl. Nr 15, 144, 250 und 269). 205,8 f r e y m ü t i g ] Auch dies offenbar ein Wort, das Goethe aus Kraffts Brief zitiert (vgl. die vorhergehende Erläuterung). Zu ‚freymüthig‘ vgl. zu 187,2. 205,12–13 diese hypochondrische 〈…〉 Sinnes art] Zur Hypochondrie als Wesenszug von Krafft vgl. auch Goethes Brief vom 11. Dezember 1778 (GB 3 I, Nr 419) und die „Tag- und Jahres-Hefte“ zu 1795, in denen Krafft als gewandter, obgleich hypochondrischer Geschäftsmann (WA I 35, 37) charakterisiert wird. In seinem Brief vom 13. und 17. Juli 1779 an Krafft hatte Goethe den Wunsch geäußert, im Stande seyn zu können, dessen trüben Zustand nach und nach auszuhellen (GB 3 I, 285,26–27). – Kraffts hypochondrischer Wesenszug zeigt sich u. a. in Ängstlichkeit und einem Hang zur Schwarzseherei; so ist er davon überzeugt, dass Ilmenau nicht aus „Ohnmacht und gänzlichem Verderben 〈zu〉 retten“ sei (GSA 62/37, Bl. 3). Ferner legt er eine gewisse Untüchtigkeit in praktischen Dingen an den Tag, so dass er defizitäre Zustände zwar klar erkennt, doch nicht in der Lage ist, diese zu ändern, was auch in Goethes Tagebucheintrag vom 13. Mai 1780 zum Ausdruck kommt: Für Krafft ists schade er sieht die Män-

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BRIEF 282

gel gut, und weis selbst nicht eine Warze wegzunehmen. Wenn er ein Amt hätte würf er alles mit dem besten Vorsaz durcheinander, daher auch seine Schicksaale 〈…〉. (GT I 1, 111.) 205,13 den lezten Brief] Dieser Brief von Krafft, der nach dem 31. Januar geschrieben sein muss, ist nicht überliefert. 205,25–26 in meinem Betragen gegen Sie nichts ändern] Versicherungen dieser Art finden sich häufig in Briefen Goethes an Krafft, ein Zeichen, dass der unsichere Korrespondenzpartner solcher Bestätigungen einer stabilen zwischenmenschlichen Beziehung bedurfte. So hatte Goethe schon in einem Brief vom 7. August 1779 geschrieben: Meine Gesinnungen und Handlungen werd ich nie gegen Sie ändern 〈…〉. (GB 3 I, 287,6–7.) Und auch im letzten seiner überlieferten Briefe an Krafft bestätigt er: meine Gunst ist nicht so wandelbar. (3. September 1783; WA IV 6, 193.) Unabhängig von diesen Aussagen fällt allerdings auf, dass nach Goethes Brief vom 11. Februar 1781 und nach einer recht regelmäßigen (überlieferten) Korrespondenz in den Jahren 1778 bis 1781 für das Jahr 1782 weder ein Brief Goethes an Krafft noch ein Schreiben von diesem an Goethe bekannt ist. Kraffts letzter überlieferter Brief an Goethe stammt vom Dezember 1780 (vgl. RA 1, Nr 132), das letzte Dokument mit Briefcharakter – eine Notiz auf einer Rechnung –, das Krafft an Goethe richtete, vom Dezember 1781 (vgl. RA 1, Nr 154). Aus Kraffts letzten vier Lebensjahren ist kein Brief von ihm an Goethe überliefert. Die beiden erhaltenen Schreiben Goethes an ihn nach dem verständnisvollen Brief vom 11. Februar 1781 stammen aus dem Jahr 1783 und sind in einem sachlichknappen Ton gehalten. Möglicherweise kam es später also doch zu einer Veränderung von Goethes Betragen gegenüber Krafft, auch wenn er ihm weiterhin ‚günstig‘ gesonnen war. 205,27 Plan 〈…〉 in der St. S.] Herzog Carl August hatte am 16. Januar 1781 in einem Reskript an die Regierung u.a. gefordert, dem Ilmenauer Amtmann Heinrich Anton Ackermann (vgl. die Erläuterungen zu 16,2) „aufzugeben, 〈…〉 den Zustand der 〈Ilmenauer〉 Casse schleunigst ins Licht zu setzen, mit Eintreibung alter und neuer Reste zu Bezahlung der Kriegs Schulden, ohne alle Rücksicht, nicht säumig zu seyn, dabei einen Plan auszuarbeiten, wornach das geschehene Versprechen, die Schulden succeßive zu bezahlen, und die Steuern auf 18. herunterzubringen, erfüllet werden könnte 〈…〉“ (LATh – HStA Weimar, Steuerwesen B 17088, Bl. 44–45; vgl. Wahl, Consilium, 656, Nr 9309). Ackermann schickte der Landesregierung am 10. März 1781 einen Zwischenbericht mit ersten Ideen zur Verbesserung der Steuerkasse. So dürften Steuern und Douceurs (Geschenke, Zuwendungen) zukünftig nicht miteinander verrechnet werden; da aber der Steuersekretär Gruner das angeforderte Verzeichnis mit den Namen der Steuerschuldner nicht geliefert habe, könne er seinen Auftrag nicht erfüllen (vgl. LATh – HStA Weimar, Steuerwesen B 17092, Bl. 24–29; Beilagen: Abschrift von Ackermanns Anweisungen an Gruner vom 6. Februar 1781 [Bl. 20–22];

FEBRUAR 1781

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Abschrift von Ackermanns Bekanntmachung vom 13. Februar 1781 zur „Regulirung der diesjährigen Steuer Einnahme und resp. Entrichtung“ [Bl. 23]). Ackermanns Berichte über Gruners Verhalten führten zur Gründung einer Untersuchungskommission, die sich im Juni 1781 mit der Steuerkasse Ilmenau befasste (vgl. zu 194,7). – ‚St. S.‘: Steuersache. 205,28–29 für seine Lage nötigen Vo r s i c h t ] Die Warnung spielt vermutlich sowohl auf die Protektion, die Gruner bei der Weimarer Regierung genoss (vgl. zu 194,7), als auch auf die Spannungen in der Stadt Ilmenau wegen der Steuerschulden an (vgl. zu 6,4).

282. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 15. – 1 Bl. 16,6 × 9,1(–9,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „33.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 33), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 24. WA IV 5 (1889), 51f., Nr 1119. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 206,2 zwischen mir und Ihnen 〈…〉 freye Luft] Zwischen der Wohnung Charlotte von Steins im so genannten Stiedenvorwerk, damals das einzige Gebäude an der Ackerwand, und Goethes nur etwa 500 Meter entferntem Gartenhaus lagen nur der Welsche (auch Walsche oder Wälsche) Garten und der „Stern“, der älteste Teil des Schlossparks. 206,3 darf] Dürfen: hier in der älteren Bedeutung von ‚brauchen‘, ‚müssen‘, ‚nötig haben‘ (vgl. GWb 2, 1344). 206,4 unsrer Maskerade] Vgl. zu 201,18. 206,5 alle Departements ausgetheilt] Hier die ‚Rollen‘ des Maskenzuges. – Nach Burkhardt sollen in einem Exemplar des ersten Drucks, das ihm noch zugänglich war, aber nicht überliefert ist, „unter theilweiser Angabe ihres Costumes 〈…〉 die Rollen handschriftlich verzeichnet“ gewesen sein: „Goethe, der bekanntlich die Rolle des Schlafs übernommen, erschien in grauer Tafftmaske, die Nacht wurde von Frau v. Stein, der Winter wurde nicht wie bisher irrig angegeben von dem Oberstallmeister v. Stein sondern in der ersten Aufführung von Knebel, bei der Wiederholung

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BRIEFE 283/284

von v. Seckendorf gegeben; das Spiel vertrat der Prinz 〈Constantin〉, den Wein der Herr v. Stein, die Liebe der kleine Hendrich, die Tragödie Fräulein v. Waldner, die Träume welche von Fräulein v. Oertel und einer Ungenannten gegeben wurden, trugen eine schwarze und rothe Maske, auf der Mütze der einen ruhte ein Schiffchen, die Komödie vertrat die Frau v. Werthern, den Karneval gab der Lieutenant von Scharde und in die 4 Temperamente theilten sich der kleine v. Lyncker und v. Stein, die Aulhorn und die Harras. / Der Herzog Carl August, wahrscheinlich mit der Geheimen Räthin von Fritsch, führten als Spanier den Chor der Masken, in dem Carl August, in schwarzen Sammt und Atlas gekleidet mit seinem mit Brillanten reich verzierten Hute, besonders sich hervorthat. Scapin und Scapine gaben der Geh. Regierungsrath v. Scharde und Fräulein v. Ilten, Piarrot und Piarotte v. Staff und die Majorin v. Fritsch, das Paar in Tabarros der Herr v. Wedel und Fräulein Hendrich und das Studium endlich Herr v. Lichtenberg.“ (Burkhardt, Das herzogliche Liebhaber-Theater 1775–84, 17f.) 206,7 in ernstlichern Dingen fleisig seyn] Die Formulierung könnte sich auf die Arbeit am nicht überlieferten ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ beziehen (vgl. zu 201,7–8) im Unterschied zur ‚Maskerade‘.

283. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 15. – 1 Bl. 16,5 × 9,1(–9,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, rechte untere Ecke ausgerissen; Vs. Spuren eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „34“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 34), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 24. WA IV 5 (1889), 52, Nr 1120. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 206,10 Mein liebes A und O] Mit doppeltem Bezug auf das sprichwörtliche ‚Anfang und Ende‘, nach A (Alpha) und  (Omega), dem ersten und dem letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, sowie auf die Johannes-Offenbarung: „Ich bin das A und das O, der anfang und das ende, spricht der Herr, der da ist, und der da war, und der da kommt“ (Offenbarung 1,8; Luther-Bibel 1772 NT, 249). – Zu den ungewöhnlichen Anreden vgl. zu 214,7; zu 207,13–14.

FEBRUAR 1781

573

206,11 hierhaußen] Haußen: ältere Nebenform zu ‚draußen‘, ‚außerhalb‘; im ausgehenden 18. Jahrhundert nur noch „in den niedrigen Sprecharten“ gebraucht (vgl. Adelung 2, 1035). – Hier mit Bezug auf Garten und Gartenhaus am „Stern“. 206,12 Morgend] Im 18. Jahrhundert noch gebräuchlich für ‚morgig‘ (vgl. Adelung 3, 286); hier: ‚morgen‘. 206,13 spür ich mehr das Ubel] Seit Ende Januar litt Goethe unter Halsschmerzen (vgl. 195,4–5). 206,13 Verse machen] Für den Maskenzug „Aufzug des Winters“ am 16. Februar (vgl. zu 201,18).

284. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 14. Februar 1781 → 〈Weimar〉

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H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 16. – 1 Bl. 19,3 × 10,7(–11,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v., Reste eines roten Initialsiegels: „G“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „35.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 35), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 24f. WA IV 5 (1889), 52, Nr 1121. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 206,20 Collegen Schnaus] Am 14. Februar 1781 fand die dritte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums in diesem Monat statt, an der neben Carl August und Goethe nur Christian Friedrich Schnauß teilnahm (vgl. Wahl, Consilium, 665, Nr 9472–9498). 206,20 versprochen] ‚Sich versprechen‘ hier als schon Ende des 18. Jahrhunderts ungewöhnliche reziproke Form im Sinne von ‚sich verabreden‘ (vgl. Adelung 4, 1144).

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285. An Charlotte von Stein

BRIEFE 285/286

〈Weimar〉, 14. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 16. – 1 Bl. 19,3(–19,6) × 10,1(–10,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „36“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 36), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 25. WA IV 5 (1889), 53, Nr 1122. BEIL AG E

Ein Karpfen (207,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 207,1 Das grose Wasser] Hochwasser der Ilm infolge plötzlichen Tauwetters. 207,2–3 Wenn Sie diesen Abend nach Hause kommen] Am Abend des 14. Februar 1781 veranstaltete die Herzoginmutter Anna Amalia in ihrem Palais an der Esplanade (heute Wittumspalais) für „sämtL. Nobillesse“, die adlige Gesellschaft, einen Ball (FB 1781, S. 33), den offenbar auch Charlotte von Stein besuchen wollte. 207,3 etwas von mir] Wahrscheinlich den Maskenzug des „Winters“, den Goethe aber erst am nächsten Tag schickte (vgl. zu 207,7). 207,4 gleich wohler] Goethe litt seit Ende Januar unter Halsschmerzen. 207,5 will fleisig seyn] Vielleicht mit Bezug auf die Arbeit am nicht überlieferten ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 201,7–8).

286. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. Februar 1781 → 〈Weimar〉

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H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 16. – 1 Bl. 19,3 × 9,6(–9,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „37.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 37), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 25. WA IV 5 (1889), 53, Nr 1123.

FEBRUAR 1781

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BEIL AG E

Maskenzug „Aufzug des Winters“ (vgl. zu 207,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 207,7 Hier 〈…〉 sind die Verse zu unserm Aufzug] Zum Maskenzug für den 16. Februar 1781 (vgl. zu 201,18). Dem Kontext nach lag ein Einblattdruck „Aufzug des Winters mit seinem Gefolge“ (GSA 25/W 1859) bei. Eine gleichfalls im GSA überlieferte Reinschrift stammt von Friedrich Wilhelm Riemers Hand, kann also erst nach 1803 entstanden sein. 207,7–8 lassen Sie sie Steinen sehen] Josias von Stein soll bei der Aufführung des Maskenzuges die Rolle des Winters, nach anderen Quellen die des Weins übernommen haben (vgl. zu 212,4; zu 206,5). 207,8 Der Lobgesang] Wahrscheinlich als Abschluss des Maskenzugs gedacht; nicht überliefert. 207,8 die Musick] Sie stammte von Philipp Christoph Kayser, der sich seit Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar aufhielt (vgl. zu 209,24–25). 207,8–9 die Sänger] Als Sänger traten u.a. Mitglieder der Weimarer Hofkapelle oder des Hofes auf, die in mehreren Funktionen tätig waren (vgl. Busch-Salmen/ Salmen/Michel, Musenhof, 64f.). 207,9–10 Der Bogen ist 〈…〉 umgedruckt.] Demnach muss der Maskenzug, an dem Goethe noch etwa bis zum 13. Februar 1781 geschrieben hatte, zuvor schon gedruckt gewesen sein. Dieser frühere Druck ist nicht überliefert, soll aber Burkhardt noch vorgelegen haben (vgl. zu 206,5). 207,10 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: schicklich, den gesellschaftlichen Konventionen gemäß (vgl. GWb 1, 839); vielleicht im ironischen Kontrast zur folgenden Grußformel. 207,11 your lover for ever] Engl.: Ihr Geliebter auf immer; als Grußformel in Goethes Briefen nur an dieser Stelle belegt. In deutscher Sprache unterschreibt Goethe erst im Brief vom 5. April 1781 als Geliebter (250,13). – Charlotte von Stein hatte schon im ersten Jahr ihrer Bekanntschaft mit Goethe englische Autoren, darunter Shakespeare und Oliver Goldsmith, im Original gelesen. In Kochberg hatte ihr Jacob Michael Reinhold Lenz im September und Oktober 1776 Englischunterricht erteilt (vgl. GB 3 II, zu 104,10, zu 104,15 und zu 104,16). Seit 1778 waren sie und ihr Weimarer Freundeskreis vor allem durch Sophie von Schardt wieder zum Gebrauch der englischen Sprache angeregt worden (vgl. die dritte Erläuterung zu 31,19). 207,12 ∂] Möglicherweise Ansatz zu einem nicht ausgeführten Wort.

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287. An Charlotte von Stein

BRIEFE 287–289

〈Weimar〉, 17. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 18. – 1 Bl. 15,7 × 7,8 cm, ½ S. (3 Zeilen) beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „40“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 40), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 26. WA IV 5 (1889), 53, Nr 1124. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 207,13 Wie haben Sie geschlafen.] Am Abend zuvor hatte die siebente Redoute des Winters mit der Aufführung des Maskenzugs „Aufzug des Winters“ stattgefunden. 207,13–14 Lieber Tag und liebe Nacht.] Analog zur Anrede Mein liebes A und O (206,10) im Brief vom 13. Februar 1781 (Nr 283) sowie in Anspielung auf Charlotte von Steins Rolle der Nacht im Maskenzug (vgl. zu 202,2). – Zu den ungewöhnlichen Anreden Charlotte von Steins vgl. zu 206,10; zu 214,7.

288. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 18. Februar 1781 → 〈Weimar〉

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H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 18. – 1 Bl. 15,6(–15,8) × 12(–12,2) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Vs. Spuren eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „41“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 41), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 26. WA IV 5 (1889), 54, Nr 1125. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 208,1–2 Den Nachmittag mit Ihnen zuzubringen] Am 18. Februar 1781 war Goethe mittags Gast der fürstlichen Tafel (vgl. FB 1781, S. 37). Charlotte von Stein, die die Hoftafel nur äußerst selten besuchte, nahm auch an diesem Tag nicht dran teil.

FEBRUAR 1781

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208,2–3 das Portefeuil mit Zeichnungen] Wahrscheinlich ein Teil der Zeichnungen und Kupferstiche, die Goethe kurz zuvor von Carl August zum Geschenk erhalten hatte. Wie der Briefwechsel des Herzogs mit Johann Heinrich Merck belegt, hatte dieser im Januar 1781 ein „Paquet HandZeichnungen“ nach Weimar geschickt, das zumeist niederländische Landschaftsdarstellungen des 17. Jahrhunderts enthielt (vgl. Merck an Carl August, 16. Januar 1781; Merck, Briefwechsel 2, 538; zum Inhalt vgl. ebd. 540, Anm. 14). Am 20. Februar bestätigte Carl August deren Eingang und zugleich, dass die Zeichnungen „Göthen zum besitz eingehändigt worden“ seien (ebd., 557). – Franz. Portefeuille: Brieftasche, Mappe. 208,5 bey Hof gehn] Am Abend des 18. Februar 1781 fanden am Weimarer Hof „Cour 〈große Gesellschaft〉 und Concert“ und eine Tafel mit 24 Personen statt (FB 1781, S. 37). 208,6 unser Werck] Das nicht überlieferte satirische ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 201,7–8). Wie die vorliegende Bemerkung belegt, bezieht Goethe die Freundin in den Entstehungsprozess mit ein.

289. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 18. Februar 1781 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42. – 1 Bl. 19(–19,3) × 15,9 cm, 1⁄3 S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke ausgerissen durch Öffnen des Siegels; Rs. Adresse: Serenissimo, rote Siegelreste; restauriert. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 17, Nr 10. WA IV 5 (1889), 54, Nr 1126. BEIL AG E

Zwei Gemälde von Adam Elsheimer (vgl. zu 208,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 208,10 altgeliebten Bilder] Zwei Gemälde von Adam Elsheimer, die Goethe als Geschenk Johanna Schlossers geb. Fahlmer erhalten hatte (vgl. die zweite Erläuterung zu 186,8). Im Brief an Merck vom 20. Februar 1781, in dem Carl August eine ausführliche Beschreibung der Bilder gab, heißt es: „Göthe schenckte mir vor 2 Tagen ein paar Alsheimer, die Sie vieleicht schon kennen 〈…〉. Sie sind mir so lieb, daß sie fast nie von meiner seite kommen, immer neben meinen Schreibtisch stehn, u. mir anmuth einhauchen müßen, wenn der Feuer heerd des Menschen lebens einen hie u. da zu sehr räuchern will.“ (Merck, Briefwechsel 2, 555.) – Mit den Gemäl-

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BRIEFE 290/291

den revanchierte sich Goethe für die Zeichnungen, die ihm Carl August kurz zuvor geschenkt hatte (vgl. zu 208,2–3).

290. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 17. – 1 Bl. 20 × 14,1(–14,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „39.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 39), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 26f. WA IV 5 (1889), 54f., Nr 1127. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 208,16 Nachmittag hab ich zu thun] Wahrscheinlich in Vorbereitung der vierten Februar-Sitzung des Geheimen Consiliums am folgenden Tag (vgl. zu 212,12). 208,18 schreiben wir] Vgl. zu 208,6. 208,19 von Ihrer Hand] Charlotte von Stein versah gelegentlich Schreiberdienste für Goethe. In seinem Nachlass haben sich allerdings nur sehr wenige Manuskripte von ihrer Hand erhalten, darunter ein nicht abgeschlossener und zu Lebzeiten unveröffentlichter Text, wahrscheinlich aus der Zeit zwischen Herbst 1788 und Frühjahr 1789 (GSA 26/LIX,18a,2), postum als „[Studie nach Spinoza]“ in die WA aufgenommen (WA II 11, 315–319; Text und neuere Datierung in LA I 11, 6–8, erläutert in LA II 1B, 1111–1127). 208,19–20 Der Brief an Lavatern macht mir grose Freude.] Vgl. den Brief an Lavater vom selben Tag (Nr 291, bes. 210,6–211,31). 208,20 Queckensaft] Sud aus den Wurzeln des Queckengrases (lat. Triticum repens), die zur Herstellung „blutreinigender Getränke“ verwendet wurden (Adelung 3, 888). 208,21 Hofrath] Johann Friedrich Hufeland, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar. 208,21 Was macht Ihr Hals.] Möglicherweise nur eine vorsorgliche Nachfrage. Eine Erkrankung Charlotte von Steins wird in dieser Zeit sonst nicht erwähnt.

FEBRUAR 1781

291. An Johann Caspar Lavater

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〈Weimar〉, 19. Februar 1781 → 〈Zürich〉

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H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 132. – 1 Bl. 19,2 × 27,3(–27,5) cm, 1 1⁄3 S. (S. 1–2) beschr., und Doppelblatt 19(–19,2) × 27,3(–27,5) cm, 3 ¼ S. (S. 3–6) beschr., egh., Tinte, S. 1–2 flüchtig geschrieben; S 1 nach dem Datum von fremder Hd ergänzt, Tinte: „1781.“; S. 3 oben links Vermerk von Lavaters Hd, Tinte: „betrift die hahnische uhr, die K n e b e l gewann.“; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 115–117, Nr 31 (Teildruck mit Auslassungen: 209,1–6 B. schreibt mir 〈…〉 schönen und den guten.; 209,18 den ich in der Beylage beantworte; 209,26–27 Es ist billich 〈…〉 Hofpoeten haben.; 210,6–211,31 Dein Zettelgen L. Br. 〈…〉 W. dl. 19 Febr. 81.). E2: Hegner (1836), S. 137f. und 146 (Teildruck: 210,31–211,10 Er liebt dich so 〈…〉 andre zu wenig sehe.; 209,21–27 Die lezten Tage der vorigen Woche 〈…〉 Damen ihre Hofpoeten haben.). E3: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 191f. (Teildruck: 209,1–7 B. schreibt mir du habest C. gesehen 〈…〉 Du hast deinen Husten wieder?; 210,6–7 Dein Zettelgen l. Br. hab ich Knebeln 〈…〉 über die Sache schreiben; 211,25–29 Ich kan mich auch wohl an deinen Plaz stellen 〈…〉 die Philister erlegt.). E4: WA IV 5 (1889), 55–59, Nr 1128 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der erste Briefteil (209,1–210,5 B. schreibt 〈…〉 die einzigen Abschrifften. G.) bezieht sich auf einen nicht überlieferten Brief von Barbara Schultheß (vgl. 209,1); der zweite Briefteil (210,6–211,31 Dein Zettelgen l. Br. 〈…〉 W. dl. 19 Febr. 81. G.) beantwortet Lavaters Brief von etwa dem 10. Februar 1781 (vgl. RA 1, Nr 134; vgl. die erste Erläuterung 209,18). – Lavater antwortete am 3. März 1781 (vgl. RA 1, Nr 136). 209,1 B.] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). 209,1 C. gesehen] Giuseppe Balsamo, der als Graf Alexander von Cagliostro als Freimaurer, Geisterseher und Wunderheiler auftrat und sich seit September 1780 in Straßburg aufhielt. Lavater hatte Cagliostro am 24. und 25. Januar 1781 mit seinem Bruder, Hotz und Tobler besucht (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 132). In den darauffolgenden Monaten ließ er sich über Branconi, Matthaei und Jacob Sarasin von Cagliostro berichten, der seinerseits Lavaters Aufmerksamkeit geschickt nutzte, um sein eigenes Ansehen zu erhöhen (vgl. Heinrich Funck: Lavater und Cagliostro. In: Nord und Süd 33 [1897], S. 41–63). – Lavaters

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BRIEF 291

Faszination von Wundertätern und konkret seine Hoffnung auf Cagliostros Wunderkraft waren seiner Suche nach Ebenbildern Christi und dem Bestreben geschuldet, durch spiritistische Experimente zu einer sinnlichen Erfahrung Christi zu gelangen. Lavaters Wunsch, das Übersinnliche in seine Christologie zu integrieren, hatte bereits Kontakte zum Exorzisten Johann Joseph Gaßner veranlasst (vgl. die erste Erläuterung zu 287,23) und führte zum Austausch mit dem Mystiker Franz Joseph von Thun-Hohenstein über den Geist Gablidone (vgl. zu 342,7). – Die Begegnung mit Cagliostro löste in Lavater zwiespältige Reaktionen aus (vgl. die folgende Erläuterung). Lavaters Begeisterung für Cagliostro wurde zu einem wichtigen Thema im Briefwechsel mit Goethe, der seine Vorbehalte deutlich zum Ausdruck brachte (vgl. 235,31–236,2; zu 288,11–13) und sich aus aufklärerischer Sicht kritisch über Aberglaube und Okkultismus äußerte (vgl. 288,23–24), was zur wachsenden Entfremdung der Briefpartner beitrug. – Beide Briefpartner beschäftigten sich jahrelang mit dem Cagliostro-Phänomen: Nach der Gefangennahme des Hochstaplers in Paris im Sommer 1785 infolge der so genannten Halsbald-Affäre geriet Lavater in die Kritik und veröffentlichte daraufhin eine Rechtfertigung seiner Kontakte zu Cagliostro im „Ersten Blatt“ der „Rechenschaft an seine Freunde“ (An meine Freunde, über Magnetismus, Cagliostro, geheime Gesellschaften, und Nichtchrist Atheist. Winterthur 1786; vgl. GB 7 II, zu 169,1–2). Goethe versuchte in Palermo, die wahre Identität Cagliostros aufzuklären, und verarbeitete den Cagliostro-Stoff zunächst ab April 1787 für die nicht überlieferte komische Oper „Die Mystificirten“ (vgl. GB 7 II, zweite Erläuterung zu 165,29) sowie später für das 1791 uraufgeführte Stück „Der GroßCophta“ (WA I 17, 117–250; vgl. EGW 6, 855–869), in dem die allgemeine Begeisterung für Cagliostro als Symptom des Verfalls des Ancien Régime parodiert wurde. Außerdem verfasste er den 1792 veröffentlichten Aufsatz „Des Joseph Balsamo, genannt Cagliostro, Stammbaum. Mit einigen Nachrichten von seiner in Palermo noch lebenden Familie“, später in die „Italiänische Reise“ aufgenommen (WA I 31, 126–144; vgl. EGW 2, 5–9). Lavaters und Goethes Auseinandersetzung mit Cagliostro waren Teil einer europaweiten Debatte (vgl. Cagliostro. Dokumente zu Aufklärung und Okkultismus. Hrsg. von Klaus H. Kiefer. München u. a. 1991). 209,3–4 Sage mir 〈…〉 ganzen Tiefe.] Goethe wiederholte seine Aufforderung im zweiten Briefteil (vgl. 209,19–20). Anlass für sein Interesse an Lavaters Meinung zu Cagliostro dürften Nachrichten über dessen Aktivitäten gewesen sein, die wahrscheinlich über freimaurerische Verbindungen verbreitet wurden (vgl. zu 288,11–13). – In seiner ausführlichen Antwort legte sich Lavater nicht fest: „Calliostro ist ein höchst origineller, kraftvoller, unerhabner und in gewissem Betracht unaussprechlich gemeiner Mensch 〈…〉. Was mir die R e c k e von Mietau von ihm erzählt und an sich allen Glauben überstieg, wenn S i e s nicht umständlich und zum Theil als Augenzeugin erzählte – wird einem sogleich wahr, wenn man den

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Mann eine Viertelstunde gesehen und gehört hat. Die sieben Geister Gottes stehen ihm zu Dienste, sagt er, diese könn’ er sehen, hören, f ü h l e n wie mich. Auf den Wahrsagergeist macht er unzweydeutigen Anspruch. / Ich glaube ganz ruhig provisionell, was er sagt, obgleich ich sicher bin, daß der Mann oft über seinen Glauben hinauswill und anprellt. Ohne Charlatanerie ist er gewiß nicht, – obgleich er dennoch kein Charlatan ist. 〈…〉 Es ist doch scharfes Schicksal, daß alle großen Menschen solchen Zusatz von Rohheit oder Narrheit haben müssen, daß man ihnen nicht nahe kommen kan, ohne gedrückt, verwundet oder befleckt zu werden.“ (Goethe-Lavater3, 152–154.) Lavater verwies auf seine Korrespondenz mit Elisa von der Recke, die Cagliostros Experimenten in Mitau (Hauptstadt des Herzogtums Kurland, heute: Jelgava [Lettland]) beigewohnt hatte (vgl. Heinrich Funck: Briefwechsel zwischen Lavater und Frau von der Recke. In: Euphorion 25 [1924], S. 52–63; Martin Schütze: Der Briefwechsel zwischen Lavater und Elisa von der Recke. In: The Germanic Review 7 [1932], S. 1–31 und S. 201–214, bes. S. 207–211). 209,6 der schönen und den guten] ‚Den‘ versehentlich für ‚der‘. – Wohl Maria Antonia von Branconi, die Lavater am 24./25. Januar 1781 in Straßburg getroffen hatte, wie er Goethe am 10. Februar berichtete: „Denk, Lieber, ich war vor 14. Tagen in Straßburg; sahe die personifizirte Güte in Brankoni, die personifizirte K r a f t in Calliostro, u. ein personifizirt Genie in einem Pariser, der mir dort einen Rendez-vous gab – von dir ward viel gesprochen mit der erzguten.“ (Goethe-Lavater3, 147.) Im Antwortbrief kam Lavater Goethes Bitte nach: „Herrlich war die Schöne und Gute. 〈…〉 Unsere Discurse waren: K i r c h b e r g e r, G o e t h e, Te s t a m e n t; We l t, R z w u s k y, und das unendliche Capitel – – E b e n b i l d G o t t e s und L i e b e. Sie machte auf meinen physischen Menschen keine Sensation – Ich heiße Sie nun p e r s o n i f i c i r t e G ü t e! Ich glaube, Sie hat weit mehr G ü t e als L i e b e. / I p h i g e n i e und W i l h e l m s S e n d u n g hat sie gut genossen, das übrige interessirte sie nur, als Produkt von Dir – Deine Güte und Honneteté in Weymar rühmte sie sehr und ließ sich nicht leicht unterbrechen, davon zu reden.“ (Goethe-Lavater3, 154.) Goethe bedankte sich für Lavaters Ausführungen (vgl. 236,3–6). 209,7 deinen Husten] Offenbar hatte Barbara Schultheß von Lavaters Krankheit berichtet. Anna Barbara von Muralt notierte im Tagebuch, dass mehrere Mitglieder der Familie Lavater in dieser Zeit Fieber hatten (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 137). 209,8 Ich bin auch zeither kranck] Goethe litt seit Ende Januar unter Halsschmerzen (vgl. zu 202,20). 209,9 Credit] Hier im Sinne von ‚guter Ruf‘ (vgl. GWb 5, 711). 209,10–11 die Herzoginn giebt uns Hoffnung zu einem Prinzen] Lavater fragte im Antwortbrief, ob es „zuverlässige Anzeichen“ für das Geschlecht des Kindes gäbe, das Herzogin Louise erwartete (Goethe-Lavater3, 154). Sie brachte am

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BRIEF 291

10. September 1781 eine tote Tochter zur Welt (vgl. zu 319,26–27). Carl August informierte Lavater am gleichen Tag von der Totgeburt (vgl. Karl August und Luise-Lavater, 270f.). 209,11 der Herzog wächst schnell] Vgl. zu 137,33. 209,18 dein Brief] Lavaters Brief vom 10. Februar 1781, dem ein Brief an Knebel beigeschlossen war (vgl. zu 210,6). Lavater kündigte Goethe an, dass Knebel eine kostbare astronomische Uhr bei einer Verlosung gewonnen habe (vgl. zu 210,7), und bat ihn: „Lies, lieber, dieß Billiet an K n e b e l u. mach’s zu, u. gieb’s ihm, wenn du’s nach Lesung dieser Zeilen gut findest – Bey leisester Furcht eines möglichen Schiefansehens gieb es nicht; Ich beschwöre dich.“ (Goethe-Lavater3, 146.) 209,18 Beylage] Das Doppelblatt mit S. 3–6 (vgl. 210,6–31). 209,19 den C. gesehen] Goethe hatte bereits im ersten Briefteil um Nachrichten von der Begegnung mit Cagliostro gebeten (vgl. die zweite Erläuterung zu 209,1). 209,19 Bäben] Die Briefe von Barbara (Bäbe) Schultheß sind nicht überliefert. 209,21–22 Die lezten Tage 〈…〉 Eitelkeit zugebracht.] Am 16. Februar war der Maskenzug „Aufzug des Winters“ mit Goethe als Schlaf und Charlotte von Stein als Nacht aufgeführt worden (vgl. zu 201,18). 209,23 tracktire] Traktieren: hier mit der Bedeutung ‚behandeln‘ (vgl. Adelung 4, 637). 209,24–25 Reime 〈…〉 vielleicht Kayser.] Kayser hatte die Musik zum Maskenzug komponiert. Es ist nicht klar, ob er den Text nach Zürich an Lavater oder Barbara Schultheß schickte. 209,26–27 beyde Damen ihre Hofpoeten haben] Anspielung auf den Gegensatz zwischen Lavaters religiösen Dichtungen und Goethes Gelegenheitsdichtungen für den Weimarer Hof. 209,27–28 sein Leben hier] Kayser hielt sich seit etwa Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar auf. Am 4. Januar 1781 erwähnt Goethe ihn erstmals im Tagebuch: Mittag Kayser (GT I 1, 121). Seine ersten Weimarer Eindrücke teilte Kayser am 11. Januar in einem Brief an Lavater mit:

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In Weimar nun L. Lav. in Goethes Haus das er außer seinem Garten noch in der Stadt besizt; oft an seiner Seite mit warmer Liebe und mit dem Gefühl des eines der ersten Menschen, die’s sind, waren und seyn werden. Es dauert mich daß ich den Leuten allen hier nichts weiter von Ihnen bringen konnte, und daß ich so kurz an jenem Abend von Ihnen abgeschnitten ward. Doch hab’ ich Goethen den verlohrenen Grus den Sie mitgaben noch aufgespart gebracht. S. DurchL. der Regierende Herzog sprach theils bey der Vorstellung die mir in seinen Apartaments an der Seite des Geh. Raths bey demselben wurde, theils in einem Conzert bey der Herzogin Mutter viel von der Schweiz u. von Ihnen u. Ihrer Frau. Das Land scheint im Seegen zu liegen, der Herzog als Fürst u. Goethe als Minister geehrt u. / geliebt u. ge-

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glaubt. Die Portraits die Sie von der Fr. Herzogin Luisen DurchL. und von dem Capellmeister Wolf haben, sind doch meinem Auge nach sehr entfernt von den Originalen. Mich ärgert oft das verführerische bey diesen Dingen – u daß Sie den Capelmeister suchen in all dem garstigen Ton und Wesen. Grüßen Sie mir den krancken Geliebten, und durch ihn seine Mutter und Angehörigen. Der Ewige goß auf mich aus der Ruhe und Erholung, er würde auch ihn neu kräftigen u. sein Gebeine stärcken die Kranckheit durchzuhalten. Leben Sie wohl. K. Weimar dL 11ten Jan. 1781.

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(H: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 516.104.) 8 Conzert] Konzerte bei Anna Amalia hatten laut Fourierbuch zuletzt am 20. und am 26. Dezember 1780 stattgefunden (vgl. FB 1780, S. 263 und 269). Bei den Anfang Januar 1781 verzeichneten Veranstaltungen handelte es sich um Konzerte am Hof oder Redouten (vgl. FB 1781, S. 1, 5 und 7). Demnach war Kayser nicht erst im Januar 1781 in Weimar angekommen, wie sonst vermutet wurde (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 155), sondern etwas früher. 11 Portraits] Lavater hatte in seinen „Physiognomischen Fragmenten“ Silhouetten von Herzogin Louise und Ernst Wilhelm Wolf kommentiert (vgl. Physiognomische Fragmente 3, 327 und 4, 373f.). 14–15 krancken Geliebten] Nicht ermittelt. 210,2 Frau und Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich, Anna (Nette) und Louise. 210,2–3 Pfenningern] Vgl. die dritte Erläuterung zu 14,29. 210,3 Bäben schreib und schick ich nächstens] Der nächste nachgewiesene Brief an Barbara (Bäbe) Schultheß ist der vom 29. April 1781 (EB 116). 210,3–4 meine Sachen] Goethe schickte der Zürcher Freundin häufig Abschriften seiner Gedichte und Dramen zu (vgl. zu 157,26). 210,6 Dein Zettelgen] Lavaters Brief an Knebel war dem Brief an Goethe von etwa dem 10. Februar 1781 beigeschlossen: Lieber Knebel – Ich wünschte, daß Sie diesen Augenblik in meiner Seele lesen könnten. Es giebt gedanken, die Mißgeburten sind, so bald Sie ausgesprochL werden, und I n d i s k r e t i o n, ist fern von meiner Seele, wie Niedergang von Aufgang. Doch sollt’ ich indiskret seyn – recht sehr! und das aus Liebe und Achtung für Sie. Ach! Daß Sie izt an meiner Seite wären. Ich hab’ einen halben Louisd’or für Sie ausgelegt, und den sollten Sie mir mit 30. ganzen bezahlen, und die Auslage, weil ich arm bin, noch oben drein. Kanns eine schrecklichere Indiskretion geben? und doch hab’ ich keinen Heller davon? – /

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BRIEF 291

N. S. Wenn Sie dies R a t h s e l gelesen und eine Stunde in Ihrem Herzen umsonst auf und abgewälzt haben – So gehen Sie zu Goethe, lesen ihm dies Billiet, und laßen Sie sich von Ihm den Schlüßel dazugeben – zum Schluß des Räthsels gehört noch – daß diese 30. N’Louisd’or, womit Sie meine auslage von 5 fL. bezahlen sollen – Ihnen nicht höher, als 10. fL. zustehen kommen. (A: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.137; vgl. Goethe-Lavater3, 147f.) 210,7 die Sache] Knebel hatte während seines Zürcher Aufenthalts im Juli 1780 bei Lavater eine astronomische Uhr (vgl. zu 210,20–21) gesehen, die er auf „40 Louisd’or“ schätzte (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28r). Lavater hatte die Uhr für eine Verlosung der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft zu Wohltätigkeitszwecken gespendet und Knebel kaufte am 12. Juli 1780 „Zwey Loose für die Hahnische Uhr“ (ebd., Bl. 29r). Lavater unterrichtete Goethe in seinem Bezugsbrief, dass Knebel die Uhr gewonnen habe, und trug ihm auf, ihn zum Abtreten der Uhr zu bewegen (vgl. die erste Erläuterung zu 209,18): „Er ist beynahe der einzige F r e m d e, der eingelegt. Der Zweck war eigentlich, daß sie in Zürich bleiben solle, wenigstens in der Nähe von Zürich. Ich red’ aus dem Herzen aller Mitbürger, u. besonders der Naturforschenden Gesellschaft, wenn ich’s, obgleich mit schwerem Herzen wage, den Gedanken mitzutheilen – ‚Wie! wenn er sie der Gesellschaft schenkte!‘ – Ich will aller Folgen dieser Großmuth nicht gedenken, du siehst sie. Aber, was w a h r ist, u. was a l l e i n mich determinirt, diesen rasend indiskreten Gedanken an dich hinzugeben, ist – der sehr kostbare, beynah’ unmögliche, allemal gefährliche Transport dieser Uhr. Um meinen Mitbürgern jeden Gedanken abzuschneiden, daß diese Uhr in Zürich bleiben werde, will ich sie zu mir ins Haus hohlen laßen, u. sag’ Ihnen, ‚es sey für den Prinz Constantin, der sey Erzliebhaber – u. s. w.‘ S o, daß du ganz frey, nach deinem Willen agiren kannst. / Findest du g a n z g u t, was ich wünschen darf, so gieb das Billiet an K n e b e l n, wo nicht, zerreiß’ es u. sag ihm mündlich, daß er die Uhr gewonnen – u. daß ich alles abgefertigt habe – – u. frag ihn, wie der Transport geschehen soll.“ (Goethe-Lavater3, 146f.) 210,8 diese Seite bedencken] Auf den unterschwelligen Vorwurf, Lavater habe sich nicht in Knebels Lage versetzt, sondern nur an den Transport und an die Interessen der Naturforschenden Gesellschaft gedacht, spielte Goethe im Brief an Charlotte von Stein an (vgl. 208,19–20).

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210,11 griechischen] Knebel widmete sich in dieser Zeit vorwiegend dem Studium der griechischen Literatur sowie Übersetzungen aus dem Griechischen (vgl. zu 267,22–23). 210,12 die allgemeinere Naturlehre] Während Knebels Zürcher Aufenthalt finden sich zahlreiche Einträge in seinem Tagebuch, die dieses Interesse belegen. Dazu gehörten etwa Besuche der Physikalischen Gesellschaft, des Naturalienkabinetts von Johannes Geßner sowie des Mineralienkabinetts von Diethelm Lavater am 3. und 4. Juli 1780 (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 28v). Außerdem notierte Knebel: „Kants Untersuchung des gestirnten Himmels an Lavat. zu schicken.“ (Ebd., Bl. 29v.) Daher kann als sicher gelten, dass Lavater von Knebels Interesse wusste. 210,15 Lamberts kosmologische Briefe] Johann Heinrich Lambert: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg 1761. – Lambert präsentierte in Form einer fingierten Korrespondenz zwischen einem Wissenschaftler und einem Laien, der sich rasch zum Experten entwickelt, eine neue Auffassung von den Kometen als Elementen des Sonnensystems sowie über die Struktur der Milchstraße und die Bewegung der Fixsterne. – Knebel kannte das Buch nachweislich seit 1774 (vgl. Düntzer, Knebels Nachlaß 1, 19). 210,20–21 ein Hahnisches Model] Eine von Philipp Matthäus Hahn konstruierte astronomische Bodenstanduhr. Der pietistische Pastor im Württembergischen Kornwestheim, wo ihn Goethe und Carl August am 15. Dezember 1779 besucht hatten (vgl. BuG 2, 210), war ein angesehener Uhrmacher. Schon im August 1774 bestellte Lavater die Uhr, die er im Juli 1775 erhielt (vgl. Rudolf F. Paulus: Die Briefe von Philipp Matthäus Hahn an Johann Caspar Lavater. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 75 (1975), S. 66–73 [Teildruck]; Philipp Matthäus Hahn: Die Kornwestheimer Tagebücher 1772–1777. Hrsg. von Martin Brecht und Rudolf F. Paulus. Berlin u. a. 1979, S. 272, 287f. und 321–328). Von der Uhr, die die mittlere Zeit, die wahre Sonnenzeit, die Tag- und Nachtlänge, den Sonnenaufgang und -untergang sowie die Position der Gestirne des Sonnensystems anzeigte, ist lediglich das Uhrwerk erhalten (vgl. Philipp Matthäus Hahn 1739–1790. Ausstellungen des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart und der Städte Ostfildern, Albstadt, Kornwestheim, Leinfelden-Echterdingen. Teil I, Katalog. Stuttgart 1989, Kat.-Nr 3.41, S. 440–442). 210,22 geschäfftslosen Leben] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach hatte bis September 1779 unter der Vormundschaft Herzogin Anna Amalias gestanden; mit seiner Volljährigkeit war Knebels Aufgabe als Hofmeister beendet. Er lebte seitdem mit einer Pension von 800 Reichstalern (vgl. zu 93,12), erhielt jedoch kein weiteres Amt von Herzog Carl August (vgl. Sigismund, Prinz Constantin, 258–260). Dieser Umstand sowie Schuldenprobleme brachten Knebel zur Entscheidung, Weimar im November 1781 für einige Zeit zu verlassen (vgl. zu 339,11).

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BRIEF 291

210,31 Er liebt dich] Knebels Briefe an Lavater aus der Zeit nach dem Aufenthalt in Zürich zeugen von Freundschaft und Dankbarkeit gegenüber Lavater (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.106–114). 210,34–35 verschiedne Dinge an dir mit denen ich nicht stimme] Sowohl beim Aufenthalt in Zürich als auch in den Briefen an Lavater versuchte Knebel, zwischen Goethe und Lavater zu vermitteln. Ein schriftliches Zeugnis dafür, das allerdings von einem Missverständnis verursacht wurde, ist Knebels ausführlicher Brief an Lavater vom 1. September 1780. Nachdem Knebel am 14. August 1780 von seinem geplanten Besuch beim Dichter Johann Nikolaus Götz(e) berichtet hatte, antwortete Lavater am 23. August: „G ö t z e kenn’ ich nicht. Doch weil S i e ihn lieben, soll er mir auch lieb seyn.“ (A: ZB Zürich, FA Lav. 568.140). Offenbar las Knebel statt des Namens Götze den von Goethe. Da die Ausfertigung nicht überliefert ist, lässt sich nicht mehr eindeutig klären, wie das Missverständnis zustande kam. – Knebel schrieb nun: „Etwas weh thut es mir, daß S i e G ö t h e n n i c h t k e n n e n. Was soll i c h sagen? Ich weiß es wohl, er ist nicht a l l e z e i t liebenswürdig. Er hat widrige Seiten. Ich habe sie wohl erfahren. Aber die Summe des Menschen zusammengenommen, ist unendlich gut. Er ist mir ein Erstaunen, auch selbst von Güte. – Der Durch/reyßenden keiner s i e h t ihn – und doch urtheilt jeder. In We i m a r selbst wird er k a u m gesehen. In der Entfernung i s t er nicht zu sehen. Noch zur Stunde schwör’ ich, daß seine Richtung g r a d, seine Absichten r e i n und g u t sind. – Verkannt muß er werden, und er selbst scheint drinn zu existiren. Die Schönheit die sich unter der Maske zeigt reicht ihn noch mehr. Er ist selbst ein wunderbares Gemisch – oder eine Doppelnatur, von H e l d und C o m ö d i a n t. Doch prävelirt die Erste. – Er ist so biegsam als einer von uns. Aber Eitelkeit hat er noch etwas, seine Schwächen nicht zu zeigen. Da läßt er denn gemeiniglich leere Lücken, oder stellt einen Stein darvor, oder, wenn er sie sehen läßt, schlägt er mit Fäusten zu, daß man sie ihm nicht berühre. – Wenn er’s n i c h t s a g t, dann hat er seine Freunde am liebsten. Von allen Sterblichen liebt und ehrt er S i e. Wenn Sie den H e r z o g lieb haben müssen, so bedenken Sie, daß ihm G ö t h e zwey Drittel von seiner Existenz gegeben! – – / 〈…〉 Noch Eins zu G ö t h e! Er ist weitsehend, vielleicht zu weitsehend zu seinem Stand – und dann oft wieder zu nah. Dieß verwirrt den Blik der andern. Er sieht Dinge in Jahren kommen, die man gegenwärtiger glaubt, und hohlt andre aus der Ferne herbey. Dieß ligt in seinem eignen Gefühl von der R e i f e. / NB. Auch hat niemand leicht g e n u g s a m e n Unterricht von der B e s c h a f f e n h e i t s e i n e s H o f e s, und s e i n e s Z u s t a n d e s d a r i n n. Die Flügel sind ihm noch durch das unvermeidliche Schicksal, wie andere sehr gebunden.“ (H: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.109; vgl. Goethe-Lavater3, 354f.) 211,4 was man dir nicht für andre giebt] Anspielung auf Lavaters ausgedehntes Netzwerk von Korrespondenten und Bekannten wie auf seine Neigung zur Indiskretion.

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211,4 vergelten] Hier im eigentlichen Sinne für ‚wiedererstatten‘ oder ‚bezahlen‘, ohne die heutige negative Konnotation (vgl. Adelung 4, 1043). 211,5 moralisch und politisch] ‚Moralisch‘ hier nicht nur im engeren Sinne von ‚ethisch‘, sondern auch, wie im 18. Jahrhundert verbreitet, allgemeiner im Sinne von „gesellschaftlich“ (Adelung 3, 280). Anspielung auf die publizistische Resonanz Lavaters, der ein positives Bild mehrerer deutscher Fürstenhäuser und insbesondere Goethes Weimarer Kreise tradierte, aber auch die Politik der Zürcher Obrigkeit vor den Kritikern in Deutschland verteidigte, konkret in Bezug auf die ‚Briefe über Waser‘ (vgl. zu 81,11). 211,14–15 wenn er deinen Wunsch erfährt, sie dir gewiß abtreten wird] Vgl. Beilage 1 zu Nr 363. 211,16 die guten Folgen] Knebels Verzicht auf die Uhr würde sowohl Lavaters Ansehen bei den Zürcher Bürgern zugute kommen als auch ein positives Bild von Weimar in der Schweizer Öffentlichkeit vermitteln (vgl. zu 210,7). Daher bat Lavater Knebel um einen Brief, mit dem er die Namen der an der Spende beteiligten Personen mitteilen könne (vgl. zu 236,28). Schließlich erfolgte die Übergabe der Uhr an die Zürcher Naturforschende Gesellschaft offiziell ohne Angabe des Stifters (vgl. zu 252,12–13), auch wenn Lavater Knebels Namen mit Sicherheit verbreiten ließ. 211,20 das ganze Räthsel] Lavater hatte Knebel den Gewinn der Uhr in Form eines Rätsels mitgeteilt (vgl. zu 210,6). 211,20–21 entkörpert] Entkörpern: Vom Körper losmachen. – Hier metaphorisch: die Angelegenheit von materiellen Erwägungen loslösen (vgl. GWb 3, 156). Goethe führte psychologische Überlegungen ein und entkräftete Lavaters materielle Argumente (vgl. zu 210,7). 211,23 deine Antwort] Lavater antwortete wohl in dieser Angelegenheit in einem am 3. März 1781 abgeschickten Brief (vgl. Goethe-Lavater3, 152). Dieser Brief, dem ein Brief an Knebel beigeschlossen wurde (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1029f.), ist nicht überliefert. Lavater äußerte darin offenbar sein Missfallen über Goethes Brief (vgl. zu 235,10–11). 211,28 Eselskinbacken] Die Waffe, mit der Simson tausend Philister erschlug (vgl. Richter 15,15–19). – Hier scherzhaft auf das von Lavater im Bezugsbrief vorgebrachte Misstrauen der Zürcher Bürger bezogen.

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292. An Charlotte von Stein

BRIEFE 292/293

〈Weimar〉, 19. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 18. – 1 Bl. 20,1 × 10,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „42“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 42), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 27. WA IV 5 (1889), 59f., Nr 1129. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 212,1 noch fleisig gewesen] Vgl. zu 208,16. 212,1–2 lieblichere Geister 〈…〉 zu zaubern hoffte] Vgl. zu 208,6. 212,2–3 Jerusalems D e u t s c h e L i t e r a t u r ] Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem: Über die teutsche Sprache und Litteratur. Berlin 1781. – Die Erwiderung auf die Schrift des preußischen Königs Friedrich II. „De la littérature Allemande“ (1780) war im Auftrag der Herzogin Philippine Charlotte von Braunschweig-Wolfenbüttel, der Mutter Anna Amalias und Schwester Friedrichs II., geschrieben worden. Ihr Verfasser, der Konsistorialvizepräsident und Hofprediger am Hof zu Braunschweig-Wolfenbüttel, war der Vater von Carl Wilhelm Jerusalem, dessen Freitod 1772 Goethe zum „Werther“ angeregt hatte, weshalb Goethe den Vater wegen seiner vermeintlichen Mitschuld in seiner Frankfurter Zeit äußerst kritisch beurteilt hatte (vgl. GB 1 I, Nr 112). 212,4 Die Magre Verbrämung unsres neulichen Winters] In Anspielung auf das Kostüm des Winters im Maskenzug vom 16. Februar 1781. Zu dieser Stelle merkt Friedrich von Stein an: „Bey dem FastNachtsAufzug machte mein Vater 〈Josias von Stein〉 den Winter. Eine Verbrämung von SchneeFloßen mit bereiften BaumAestlein zierte seinen Thalar. Göthe betrieb solche Vorrichtungen zu Festen mit großem Antheil, u daß ihm irgend eine Magerkeit an dieser Maske, nicht recht war glaube ich gern.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 11r; Fielitz zitiert hier abweichend, wonach Knebel den Winter dargestellt habe; vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 487, Anm. 4 [zu S. 322].)

FEBRUAR 1781

293. An Charlotte von Stein

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Weimar, 20. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 19. – 1 Bl. 19,3 × 9,5(–9,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse, Paraphe angeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v〈. Stein〉, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „44“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 44), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 28. WA IV 5 (1889), 60, Nr 1130. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 212,16–17). 212,9–10 etwas fatalers 〈…〉 als daß Lessing gestorben ist] Am 15. Februar 1781 war Gotthold Ephraim Lessing, damals herzoglicher Bibliothekar in Wolfenbüttel, gestorben. Die Nachricht davon war demnach erst etwa am Abend des 19. oder am Morgen des 20. Februar in Weimar eingetroffen. Goethe empfand Lessings Tod zu dieser Zeit als besonders schmerzlich, da er in der Auseinandersetzung mit dem preußischen König in ihm einen Verbündeten bei der Verteidigung der zeitgenössischen deutschen Literatur sah. In der 1780 entstandenen Schrift „Ueber die sogenannten Fabeln aus den Zeiten der Minnesinger. Zweyte Entdeckung“ (postum Braunschweig 1781) hatte Lessing in Anspielung auf Friedrich II. geschrieben: „Denn Gott weiß, ob die guten Schwäbischen Kayser um die damalige deutsche Poesie im geringsten mehr Verdienst haben, als der itzige König von Preussen um die gegenwärtige. Gleichwohl will ich nicht darauf schwören, daß nicht einmahl ein Schmeichler kommen sollte, welcher die gegenwärtige Epoche der deutschen Litteratur, die Epoche Friedrichs des Grossen, zu nennen für gut findet!“ (Lachmann/ Muncker 14, 26.) – ‚Fatal‘ nach Grimm „unangenehm, unglückbringend“ (Grimm 3, 1363), hier im Sinne von ‚unheilvoll‘. 212,12 Conseil] Am 20. Februar 1781 fand die vierte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums in diesem Monat statt, an der Carl August, Goethe und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 666–668, Nr 9501–9537). 212,13 und Sie nach der Comödie sehn] Über die Aufführung ist nichts bekannt, Sichardt verweist lediglich auf den vorliegenden Brief (vgl. Sichardt, 164).

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294. An Charlotte von Stein

BRIEFE 294/295

〈Weimar, 20. Februar? 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweisen die inhaltlichen Bezüge zum Brief vom 20. Februar 1781 (Nr 293) auf eine Datierung des Briefes auf denselben Tag. Im Erstdruck wurde er ohne explizite Begründung nach dem Brief vom 6. Februar 1781 (Nr 277) eingeordnet, seit der Ausgabe von Fielitz wird er auf den 20. Februar datiert. Da es keine weiteren Anhaltspunkte für eine Datierung gibt und die überwiegend vorgenommene plausibel erscheint, wird sie beibehalten (vgl. zu 212,16–17). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 94. – 1 Bl. 19,2 × 9,3 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „220“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 220), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 21 (Datierung: Anfang Februar 1781). WA IV 5 (1889), 60, Nr 1131. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. 212,16–17). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 212,16–17 ich mag nicht in die Comödie] Der Anfang des Briefes ist möglicherweise in Erwiderung auf einen nicht überlieferten Brief von Charlotte von Stein geschrieben, in dem sie auf Goethes Brief vom selben Tag antwortete (vgl. zu 212,13). 212,17 das Gespräch] Das nicht überlieferte satirische ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ als Entgegnung auf die Ende November 1780 erschienene Schrift des preußischen Königs Friedrich II. „De la littérature Allemande“ (vgl. zu 240,1). Nachweislich arbeitete Goethe von Januar bis März 1781 am ‚Gespräch‘ (vgl. EGW 6, 573–581). Charlotte von Stein war eng in dessen Entstehungsprozess einbezogen (vgl. 208,6).

FEBRUAR 1781

295. An Charlotte von Stein

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〈Weimar, 21.〉 Februar 1781 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Der Inhalt des vorliegenden Briefes, der laut Datum vom 20. Februar 1781 stammt, passt nicht zum ebenfalls datierten Brief vom selben Tag (Nr 293), in dem Goethe mitteilt, zu Hause (212,12) zu essen und ins Conseil (212,12) zu gehen (vgl. zu 212,12). Im vorliegenden Brief dagegen kündigt er für Mittag (213,4) seinen Besuch bei Charlotte von Stein an. Wahrscheinlich wurde der Brief entgegen seiner Datierung erst am 21. Februar 1781 geschrieben. So wird er seit der ersten Ausgabe von Fränkel datiert (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 296, Nr 573; ebenso Fränkel, Goethe-Stein2 1, 274, Nr 573). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 19. – 1 Bl. 16,4(–16,6) × 9,9(–10,1) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „43“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 43), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 27f. WA IV 5 (1889), 61, Nr 1132. BEIL AG EN

1) Zeichenpapier (vgl. die erste Erläuterung zu 213,1). 2) Brot (vgl. 213,1). 3) Paket für Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg (vgl. die zweite Erläuterung zu 213,3). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 213,1 Das blaue Papier] Zeichenkarton, den Goethe gelegentlich auch als Briefpapier verwendete (vgl. u.a. Überlieferung zu Nr 66, 133, 277, 324). 213,1 ein Stückgen Brod] Von Goethe als Frühstück in dieser Zeit gelegentlich an die Freundin geschickt; wahrscheinlich Kommissbrot, von dem er als Kriegskommissar Deputate erhielt (vgl. zu 199,1). 213,3 Bitten Sie Steinen] Da Teile der Kochberger Ländereien sowie das Schloss selbst auf dem Gebiet des Herzogtums Sachsen-Gotha und Altenburg lagen, war Josias von Stein als Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von Kochberg „Ausserordentlicher Deputirter“ der „Landschaft〈lichen〉 Deputation“ des Herzogtums (Herzoglich-Sachsen-Gotha- und Altenburgischer Hof- und Adreß-Calender auf das Jahr 1778 〈…〉. Gotha 〈1777〉, S. 13f.). Auf die Reisen nach Gotha zu den Landschaftsdeputationen bezieht sich Friedrich von Steins Anmerkung zu dieser Stelle:

592

BRIEFE 296/297

„Mein Vater reißte jährlich zu dem Engern Ausschuß nach Gotha“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 11r). – Stein gehörte auch zur Begleitung des Herzogs, der am 23. Februar 1781 nach Gotha „auf die frey Redoute“ reiste (FB 1781, S. 41; vgl. FB Gotha 1781 I, B. 84v). 213,3 das Packet an den Pr. August] Möglicherweise schickte Goethe eine der in Weimar kursierenden Abschriften aus der „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ zurück (vgl. zu 37,8) oder ein Manuskript seines ‚Gesprächs über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 249,4). Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg, der jüngste Sohn Herzog Friedrichs III., der mit dem Weimarer Hof und den Kreisen um Wieland, Herder und später auch Goethe in freundschaftlicher Verbindung stand (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 355), vermittelte Schriften der französischen Aufklärer nach Weimar und gehörte zum exklusiven Abonnentenkreis der nur handschriftlich verbreiteten „Correspondance“.

296. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 22. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 19. – 1 Bl. 16,3 × 7,7 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Vs. rote Siegelspuren; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „45“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 45), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 28. WA IV 5 (1889), 61, Nr 1133. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 213,8 Mein Franckfurter] Für die Vermutung, dass der damals 21-jährige Johann Jacob Willemer Goethe besucht habe, gibt es zwar keinen Beleg, immerhin scheint es aber nicht ausgeschlossen. Nach Düntzer soll Willemer auf der Rückreise von seiner Hochzeit mit Maria Magdalena Lang, seiner ersten Frau, Anfang Februar in Berlin Station in Weimar gemacht haben (vgl. Düntzer, Goethe-Stein, 272, Anm. 4). Die Art der Erwähnung im folgenden Brief: Mit meinen Leuten ists gestern noch ganz gut gegangen (213,16) verweist darauf, dass es sich bei Goethes Besuch um mehr als eine Person, also möglicherweise ein Ehepaar, handelte. Eine persönliche Kontaktaufnahme zwischen Goethe und Willemer ist zwar erst für September 1788 im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Kredits für Johann Heinrich Merck nachweisbar (vgl. GB 8 I, 29,16–30,9 sowie die Erläuterungen dazu). Verbindungen zwischen Goethes Eltern und dem Frankfurter

FEBRUAR 1781

593

Bankhaus Willemer bestanden jedoch schon sehr viel länger. Auch eine Verbindung Willemers nach Weimar muss es gegeben haben, wie die Nachfrage Catharina Elisabeth Goethes in einem Brief an Philipp Seidel vom 2. Januar 1778 belegt: „Hat der junge Herr Willmern die Manschetten überlieffert?“ (Pfeiffer-Belli, 418.)

297. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 23. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 20. – 1 Bl. 19,2(–19,4) × 10(–10,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „46“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 46), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 29. WA IV 5 (1889), 61f., Nr 1134. BEIL AG E

Schleife (vgl. zu 213,15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 213,15 Ihre Schleife] Vielleicht eine „Halsschleife“ aus einem Band oder aus Schnüren (Adelung 3, 1516). 213,16 meinen Leuten] Vgl. zu 213,8. 213,16 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts, hier: freundlich, liebenswürdig (vgl. GWb 1, 839). 213,17 wohlgemacht] Wohl machen: dem Gefühl, den äußeren Sinnen angenehm machen (vgl. Adelung 4, 1592). 213,20 Vielleicht komm ich nach Tisch.] Möglicherweise lud Goethe die Freundin bei dieser Gelegeheit zu einem abendlichen Besuch zu sich ein (vgl. zu 214,2–3).

594

BRIEFE 298–300

298. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 24. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 20. – 1 Bl. 20,4 × 10,7(–10,9) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „47.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 47), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 29. WA IV 5 (1889), 62, Nr 1135. BEIL AG EN

1) Brot (vgl. zu 214,4). 2) Schweinskopf (vgl. zu 214,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 214,1 Knebel hat mich 〈…〉 geladen] Ins Große Jägerhaus (heute Marienstraße), wo Knebel seit der Rückkehr von seiner Schweizer Reise im Oktober 1780 zumindest in den Wintermonaten wohnte (vgl. zu 141,26). 214,2–3 sind Sie mit Ihrem Wirthe zufrieden] Wahrscheinlich in Anspielung auf sich selbst und einen Besuch Charlotte von Steins am Vorabend im Gartenhaus (vgl. zu 213,20). In dieser Zeit schickte er zudem häufig Lebensmittel an die Freundin, so auch mit dem vorliegenden Brief. – Friedrich von Stein merkt zu dieser Stelle an: „Daß er sich selbst meint zweifle ich nicht denn er fragte wohl nicht seine Freundinn über etwas Unbedeutendes in Betreff ihres Verhältnißes zu einer dritten Person. Aber daß er sich hier den Wirth nennt, hat eine eben so vorübergehende Beziehung als wie er sich früher einmahl den Gustel nennt.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 11r.) 214,4 den gewöhnlichen Brodtribut] Vgl. die zweite Erläuterung zu 213,1. 214,5 den Schweinskopf] Vielleicht ein Jagdgeschenk (vgl. zu 195,9); allerdings ist im Fourierbuch um diese Zeit kein Jagdausflug des Hofes nachgewiesen.

299. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 21. – 1 Bl. 18,9(–19,1) × 8,4(–8,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten,

FEBRUAR 1781

595

geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „49.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 49), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 29. WA IV 5 (1889), 62, Nr 1136. BEIL AG E

Ein Bild (vgl. zu 214,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom selben Tag ist nicht überliefert (vgl. zu 214,13). 214,7 Mein liebes Orackel] Eine weitere ungewöhnliche Anrede für Charlotte von Stein, die deren existenziell schicksalhafte Bedeutung für Goethe betont (vgl. zu 206,10; zu 207,13–14). In Anspielung auf das im folgenden Brief erwähnte Karten-Orakel (vgl. zu 214,15–16) und wohl auch auf die Glücks- oder Schicksalsgöttin Fortuna, die griechische (Agathe) Tyche. Sie galt sowohl als ‚Orakelgöttin‘ (Antias) wie auch als eine der Parzen, „die aber ihre Schwestern weit an Macht übertroffen habe“ (Hederich 1, 1123). Bezüge zu Fortuna/Tyche finden sich bei Goethe im Zusammenhang mit dem im April 1777 in seinem Garten aufgestellten ‚Stein des guten Glücks‘, welcher der (Agathe) Tyche gewidmet war (vgl. GT I 1, 40). Kurz zuvor, am 25. Dezember 1776, dem 34. Geburtstag Charlotte von Steins, hatte Goethe   〈Agathe Tyche〉 das erste Mal in seinem Tagebuch erwähnt (ebd., 31). 214,9 das Bild] Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden.

300. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 20. – 1 Bl. 16(–16,2) × 10 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Vs. Spuren eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „48“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 48), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 30. WA IV 5 (1889), 63, Nr 1137.

596

BRIEFE 301–303

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 214,13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 214,13 Das ist ein schlimmer Fall.] Dies und das Folgende wohl mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins, mit dem sie auf Goethes vorangehenden Brief (Nr 299) antwortete. Näheres zur Sache konnte nicht ermittelt werden. 214,15–16 Die Karte hat nach meinem Wunsch geantwortet] Wahrscheinlich hatte die Freundin ein ‚Karten-Orakel‘ befragt (vgl. zu 214,7). – Wie auch Goethes wiederholte Erwähnungen in seinen Briefen an Charlotte von Stein nahelegen, war Kartenspielen, darunter Tarock, ein bevorzugter abendlicher Zeitvertreib nicht nur in der höfischen Gesellschaft. Vor allem die Tarock-Karten mit ihren symbolischen Bildern dienten als ‚Wahrsagekarten‘.

301. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 26. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 21. – 1 Bl. 18,9 × 6,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „50“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 50), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 30. WA IV 5 (1889), 63, Nr 1138. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 215,3 das Band] Ein Haar- oder Schmuckband Charlotte von Steins, das Goethe behielt und als Reliquie und Zeichen der Verbundenheit auf Reisen mit sich führte (vgl. 223,18–19; vgl. auch zu 171,13). 215,3 es soll nicht nötig seyn] Weil Goethe auf eine persönliche Begegnung hoffte.

FEBRUAR 1781

302. An Charlotte von Stein

597

〈Weimar〉, 27. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 21. – 1 Bl. 18,8 × 5,7(–6) cm, ½ S. (3 Zeilen) beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „51“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 51), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 30. WA IV 5 (1889), 63, Nr 1139. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom selben Tag ist nicht überliefert (vgl. die erste Erläuterung zu 215,9). 215,7 auf die Redoute] Am 27. Februar 1781 fand die achte Redoute (Maskenball) des Winters statt, laut Fourierbuch die „Fastnachts Redoute“, an der Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg und sein Oberstallmeister Georg Gottlieb Leberecht von Hardenberg „incognito“ teilnahmen (FB 1781, S. 44).

303. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 27. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 21. – 1 Bl. 18,7(–19) × 9,4 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Stei〈n〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „52“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 52), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 30f. WA IV 5 (1889), 64, Nr 1140. BEIL AG E

Blumen (vgl. 215,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. die erste Erläuterung zu 215,9). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

598

BRIEFE 304/305

215,9 im nachlässigen Tabarro] Goethe bezieht sich wahrscheinlich auf eine Mitteilung Charlotte von Steins in einem nicht überlieferten Brief vom selben Tag, mit dem sie auf Goethes zuvor geäußerte Bitte antwortete (vgl. 215,7). – Ital. Tabarro: (loser) Mantel, Überwurf in der Art eines Dominos, auch für eine maskierte Person in diesem Kleidungsstück. 215,9 die Redoute] Vgl. zu 215,7. 215,10 Sie zu zieren] Mit den im Folgenden erwähnten Blumen, die vielleicht aus dem herzoglichen Gewächshaus stammten oder im Topf gezogen worden waren.

304. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. Februar 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 22. – 1 Bl. 18,9(–19,1) × 8,5 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke ausgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „53.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 53), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 31. WA IV 5 (1889), 64, Nr 1141. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 216,1 Müdling] Nach Grimm „provinzialausdruck“ für einen müden, gedrückten Menschen (Grimm 12, 2622). Goethe verwendete ihn schon in seinem Brief vom 6. März 1776 an Johann Caspar Lavater, von dem er den Ausdruck wahrscheinlich übernommen hatte (vgl. GB 3 II, zu 40,18). 216,1–2 halb dreye nach Hause gekommen] Von der Fastnachts-Redoute am Vorabend (vgl. zu 215,7). 216,3 Mittag bey Hof] Goethes Name findet sich am 28. Februar 1781 unter den Gästen der fürstlichen Mittagstafel an 29. und damit an letzter Stelle (vgl. FB 1781, S. 45). 216,4 von den Blumen] Vgl. zu 215,10. 216,5 Frau v. Oertel] Johanna Carolina von Oertel, die damals knapp 40-jährige Frau des in Weimar lebenden Rittergutsbesitzers Friedrich Benedikt von Oertel, die als „eine der gelehrtesten Frauen“ in Weimar galt (Lyncker, 50). Sie gehörte zu den Adressatinnen der am 30. und 31. Dezember 1778 gemeinsam von Goethe und Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff verfassten Neujahrs Wünsche (GT I 1, 73). Vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 446.

FEBRUAR 1781

599

216,5 die Cour gemacht] Von franz. faire la cour: den Hof machen; im 18. Jahrhundert übliche Redewendung in der adligen und gehobenen bürgerlichen Gesellschaft; hier leicht hyperbolisch und mit ironisierender Konnotation, begegnet selten in Goethes Briefen (vgl. zu 78,1–2; zu 326,7).

305. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar, 28. Februar 1781?〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Die Datierung ist unsicher. Im Erstdruck wird der vorliegende Brief nicht datiert. Auch Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, vermutet in den „Lesarten“ aber, er könne nach Parallelen zu Goethes und Knebels Tagebucheinträgen vom 1. März 1786 und vom 10. Februar 1780 an einem dieser beiden Tage geschrieben worden sein (vgl. WA IV 7, 337). – Eine Datierung auf Donnerstag, den 10. Februar 1780, einen Tag nach Aschermittwoch, ist allerdings auszuschließen, auch wenn eine Begegnung in Goethes Tagebuch (vgl. GT I 1, 104) und bei Knebel dokumentiert ist: „Frau v. Stein, Fr. v. Schardt und Göthe speißten Mittags hier.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 8r.) Denn die Formulierung zu dir hinauf (216,8) steht im Gegensatz zur gebräuchlichen Verwendung des Lokaladverbs ‚unten‘ mit Bezug auf das etwa 3 km nordöstlich von Weimar gelegene Tiefurt (vgl. die zweite Erläuterung zu 35,9). Prinz Constantin (und mit ihm Knebel) wohnte bis Juni 1780 im umgebauten Tiefurter Pächterhaus (heute Tiefurter Schlösschen), ehe er ins Große Jägerhaus in der heutigen Marienstraße zog (vgl. zu 80,23–24). Dort wohnte auch Knebel nach der Rückkehr von seiner Schweizer Reise im Oktober 1780, zumindest in den Wintermonaten (vgl. zu 141,26). – Eine Datierung auf einen Aschermittwoch der darauffolgenden Jahre ist auszuschließen: 1782, 1783 und 1784 hielt sich Knebel in Franken auf, am 9. Februar 1785 war Goethe in Weimar und Knebel in Jena. – Für den 1. März 1786, einen Aschermittwoch, hielt Knebel eine Begegnung im Tagebuch während seines Aufenthaltes in Weimar fest: „Abend Göthe.“ (GSA 54/363, Bl. 3v.) Es ist allerdings unklar, wo Knebel untergebracht war und ob Goethe ihn besuchte. Goethe war an diesem Tag krank, obwohl er sich offenbar abends besser fühlte (vgl. GB 6 II, zu 174,20 und zu 175,1). – Plausibel ist eine Datierung auf 1781: Der Aschermittwoch fiel in diesem Jahr auf den 28. Februar. Goethe aß mittags am Hof (vgl. zu 216,3); möglicherweise besuchte er abends Knebel im Großen Jägerhaus, das höher als sein Gartenhaus lag. Für eine Begegnung an diesem Tag liegen keine Belege vor, ab dem 29. Januar nahm Knebel keine Eintragungen mehr in seinem Tagebuch vom Jahr 1781 vor (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 9v). – Frühere oder spätere Datierungen sind nicht auszuschließen.

600

BRIEFE 306/307

ÜBER L IEF ERU NG

H: Staatsarchiv Aarau, Sign.: StAAG NL.C. – 1 Bl. 19,1 × 8,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, oben links Siegelausschnitt; Rs. Adresse: Hl. v. Knebel, rotes Initialsiegel: „G“; Vs. unten rechts von fremder Hd, Tinte: „Göthe“; Rs. am rechten Rand von fremder Hd, Tinte: „× × × steines wegen / B d 13“. E: GJb I (1880), 289 (Ludwig Hirzel). WA IV 7 (1891), 259, Nr 2356 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 216,8 zu dir hinauf] Ins Große Jägerhaus in der heutigen Marienstraße, wo Knebel nach der Rückkehr von seiner Schweizer Reise im Oktober 1780, zumindest in den Wintermonaten, wohnte (vgl. zu 141,26). 216,9 Masigkeit] Flüchtig für ‚Mäßigkeit‘; in Anspielung auf den Beginn der Fastenzeit. 216,10 unsern Aschermittwochen] Vgl. Datierung.

306. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar, Ende Februar oder Anfang März 1781?〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Die Datierung steht in Bezug zu den Aufführungen des Maskenzugs „Aufzug des Winters“. – In der WA wurde der Brief auf Ende Februar 1782 datiert mit Verweis auf die „Schreibart“ (WA IV 5, 384) sowie den Zusammenhang mit dem Brief an Knebel vom 26. Februar 1782 (vgl. WA IV 5, 271–273, Nr 1420). Der im genannten Brief an Knebel geäußerte Überdruss an der langen Redoutensaison steht jedoch nicht zwingend in Verbindung mit den im vorliegenden Brief formulierten Vorbehalten gegen die Anfertigung von Abbildungen des Aufzugs. Viel plausibler ist die von Hans Wahl vorgeschlagene Datierung ins Jahr 1781 im Zusammenhang mit den Aufführungen des „Winters“ vom 16. Februar und 2. März 1781 (vgl. Carl August-Goethe2 1, 25f., Nr 19). In diesem Maskenzug spielte Goethe die Rolle des Schlafs und Charlotte von Stein die Rolle der Nacht (vgl. zu 206,5). Goethe hatte bereits im Vorfeld der Erstaufführung gegenüber Charlotte von Stein seine Sorge geäußert, mit dem gemeinsamen Auftritt Gerüchten Stoff zu liefern (vgl. 201,17–202,4; zu 202,2), daher ist es plausibel, dass er sich gegen die Erstellung von Abbildungen und die Veröffentlichung einer Beschreibung des Festes in den „Weimarischen Wöchentlichen Anzeigen“ aussprach. Dieser Bezug spricht ebenfalls für eine Datierung ins Jahr 1781 (vgl. zu 217,3). Ob der Brief vor oder nach der zweiten Aufführung am 2. März 1781 entstanden ist, lässt sich nicht ermitteln.

FEBRUAR/MÄRZ 1781

601

ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 42, Bl. 11. – 1 Bl. 18,8(–19) × 28 cm, 1 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; restauriert. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 12f., Nr 6. WA IV 5 (1889), 270f., Nr 1419. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 216,12–13 Schumannen aufgetragen den Aufzug zu mahlen] Über Carl Augusts Auftrag an den Dekorateur und Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann, Abbildungen vom „Aufzug des Winters“ (vgl. Datierung) herzustellen, ist nichts bekannt. 216,13 er verlangt von mir die Liste] Wahrscheinlich ein Verzeichnis mit den Rollen des Maskenzuges (vgl. zu 206,5). Ob Schumann seine Bitte mündlich oder schriftlich übermittelt hatte, ist nicht bekannt. 216,14 Remonstrationen] Remonstration (von lat. remonstratio): Einwendung. 217,3 Wochenblat] In den Jahrgängen 1780 bis 1785 findet sich unter den „Nachrichten“ und „Bekanntmachungen“ keine Beschreibung der aufgeführten Maskenzüge. Im Februar 1781 war allerdings eine „N a c h r i c h t von der Feyer des höchsterfreulichsten Geburths-Fests, am 30sten vorigen Monats“ erschienen, in der auf die Aufführung der „Iphigenie“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 196,14) angespielt wurde: „Am Abend geschahen auf der Redoute verschiedene auf dieses frohe Fest Beziehung gehabte Vorstellungen.“ (WWA, 7. Februar 1781, Nr 11, S. 41.) 217,10 sm.] Lat. salvo meliore (iudicio): unbeschadet eines besseren (Urteils), unmaßgeblich.

307. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 22. – 1 Bl. 18,6(–18,8) × 6,7(–6,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „54“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 54), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 31. WA IV 5 (1889), 65f., Nr 1142.

FEBRUAR/MÄRZ 1781

601

ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 42, Bl. 11. – 1 Bl. 18,8(–19) × 28 cm, 1 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; restauriert. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 12f., Nr 6. WA IV 5 (1889), 270f., Nr 1419. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 216,12–13 Schumannen aufgetragen den Aufzug zu mahlen] Über Carl Augusts Auftrag an den Dekorateur und Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann, Abbildungen vom „Aufzug des Winters“ (vgl. Datierung) herzustellen, ist nichts bekannt. 216,13 er verlangt von mir die Liste] Wahrscheinlich ein Verzeichnis mit den Rollen des Maskenzuges (vgl. zu 206,5). Ob Schumann seine Bitte mündlich oder schriftlich übermittelt hatte, ist nicht bekannt. 216,14 Remonstrationen] Remonstration (von lat. remonstratio): Einwendung. 217,3 Wochenblat] In den Jahrgängen 1780 bis 1785 findet sich unter den „Nachrichten“ und „Bekanntmachungen“ keine Beschreibung der aufgeführten Maskenzüge. Im Februar 1781 war allerdings eine „N a c h r i c h t von der Feyer des höchsterfreulichsten Geburths-Fests, am 30sten vorigen Monats“ erschienen, in der auf die Aufführung der „Iphigenie“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 196,14) angespielt wurde: „Am Abend geschahen auf der Redoute verschiedene auf dieses frohe Fest Beziehung gehabte Vorstellungen.“ (WWA, 7. Februar 1781, Nr 11, S. 41.) 217,10 sm.] Lat. salvo meliore (iudicio): unbeschadet eines besseren (Urteils), unmaßgeblich.

307. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 22. – 1 Bl. 18,6(–18,8) × 6,7(–6,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „54“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 54), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 31. WA IV 5 (1889), 65f., Nr 1142.

602

BRIEFE 308–311

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 217,12 Sie haben mich nicht verlassen] Vielleicht wie in den Umfeldbriefen auch in Anspielung auf Charlotte von Steins Rolle im Maskenspiel als die Nacht (vgl. zu 218,1–2).

308. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 22. – 1 Bl. 18,9(–19,1) × 5,6(–5,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, rechte obere Ecke ausgerissen, Vs. rote Siegelspuren; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „55.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 55), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 31. WA IV 5 (1889), 65, Nr 1143. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 217,17–18 seinen Repräsentanten] In Anspielung auf Goethes Rolle als der Schlaf im Maskenzug „Aufzug des Winters“, dessen Aufführung am 2. März 1781 wiederholt worden war (vgl. Burkhardt, Das herzogliche Liebhaber-Theater 1775–84, 17). An diesem Abend fand der neunte und letzte Maskenball des Winters statt.

309. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 22. – 1 Bl. 18,9 × 6,1 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. unten rechts Rest eines überklebten roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „56“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 56), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 32. WA IV 5 (1889), 65, Nr 1144.

MÄRZ 1781

603

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 218,1–2 daß sich meine liebe Nacht möge in Tag verwandelt haben] In Anspielung auf Charlotte von Steins Rolle als die Nacht im Maskenzug „Aufzug des Winters“, der am 2. März 1781 wiederholt worden war (vgl. zu 217,17–18). Als Lieber Tag und liebe Nacht (207,13–14) hatte Goethe Charlotte von Stein schon in seinem Brief vom 17. Februar 1781 angesprochen (zu den ungewöhnlichen Anreden in dieser Zeit vgl. zu 206,10; zu 214,7).

310. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 23. – 1 Bl. 20,1 × 10,7(–10,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „57.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 57), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 32. WA IV 5 (1889), 65f., Nr 1145. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 218,9 Ihr Packet] Mit den im Folgenden erwähnten Äpfeln und dem Geschenk. 218,9 im Kloster] Im so genannten ‚Louisenkloster‘ im Park oberhalb des „Sterns“ am linken Ilmufer (vgl. zu 30,18). 218,11 Ihr Geschenck] Das Nachtwestgen für die Reise nach Neunheilingen (vgl. zu 220,11). 218,14 Ihren immer getreuen Gast] Goethe aß demnach an diesem Tag wie so häufig mit Charlotte von Stein zu Mittag (vgl. zu 218,16).

311. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 4. März 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Im Erstdruck wurde er mit dem Hinweis auf einen Jagdausflug Goethes mit

604

BRIEFE 312/313

Carl August nach Troistedt am 17. und 18. November 1780 nach dem Brief vom 16. November 1780 (Nr 200) eingeordnet (vgl. Schöll, Goethe-Stein 1, 369, Anm. 1). Wie die Umfeldbriefe vom November 1780 belegen, hielt sich Goethe in diesen Tagen aber in Weimar auf (vgl. Nr 200 und 201). Die Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein spricht dafür, den Brief im Jahr 1781 zu belassen. Der Inhalt verweist darauf, dass er im Frühjahr (vgl. 218,18–19) und kurz vor einer Abwesenheit Goethes aus Weimar geschrieben wurde (vgl. zu 219,1). Beides trifft auf die Zeit vor der Reise nach Neunheilingen vom 7. März 1781 zu (vgl. Briefe Nr 316–323). Fielitz setzt ihn ohne genaue Datierung auf Anfang März (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 325f., Nr 591), seit der WA wird er auf den 4. März 1781 datiert. Da für diese Datierung neben Überlieferung und Inhalt auch der Bezug zum Brief vom 6. März 1781 (Nr 313) spricht (vgl. die erste Erläuterung zu 219,11), wird sie beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 92. – 1 Bl. 18,9 × 13,7 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; Vs. Rest eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „216.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 215), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 369. WA IV 5 (1889), 66f., Nr 1146. BEIL AG E

Braten (218,19). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 218,16 Kaum bin ich von Ihnen weg] Falls der Brief, wie angenommen, am 4. März 1781 geschrieben wurde, hatte Goethe bei Charlotte von Stein zu Mittag gegessen (vgl. 218,13–14). 218,19–20 von härtlicher Natur] ‚Härtlich‘ hier im Sinne von ‚hart‘, ‚zäh‘ (vgl. GWb 4, 719); in dieser Form und Bedeutung sonst nicht bei Goethe belegt. 219,1 lassen mich wo möglich noch davon geniessen] Mit Bezug auf eine bevorstehende Abwesenheit von Weimar, sehr wahrscheinlich die Reise mit Herzog Carl August nach Neunheilingen, zu der Goethe am 7. März 1781 aufbrach (vgl. zu 220,10).

MÄRZ 1781

312. An Charlotte von Stein

605

〈Weimar〉, 5. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 46. – 1 Bl. 20 × 8,7(–9,1) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rest eines roten Siegels; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „108“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 110), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 32. WA IV 5 (1889), 66f., Nr 1147. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 219,5 krabeln] In dieser Form begegnet das Wort gelegentlich in Goethes Briefen an Charlotte von Stein (vgl. GB 3 I, 167,17; 203,3); hier im Sinne von ‚kramen‘. 219,6 eh ich gehe] Auf die Reise nach Neunheilingen vom 7. bis 15. März 1781 (vgl. zu 220,10).

313. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 6. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 23. – 1 Bl. 18,9 × 8,1 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „59b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 58), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 33. WA IV 5 (1889), 67, Nr 1148. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 219,9 Zum leztenmal auf eine lange Zeit] Dies und das Folgende im Hinblick auf die bevorstehende Reise nach Neunheilingen vom 7. bis 15. März 1781 (vgl. zu 220,10). 219,11 Wie ists mit unserm Braten heute?] Vgl. 218,19–20. 219,11 kein Conseil] Gewöhnlich fanden die Sitzungen des Geheimen Consiliums am Dienstag und am Freitag statt, gelegentlich auch an anderen Wochentagen

606

BRIEFE 314/315

(vgl. Kalendarium zur Tätigkeit des Geheimen Consiliums 1776 bis 1786; Wahl, Consilium, 86–125).

314. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 7. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 23. – 1 Bl. 17,3 × 10,8 cm, Bordüre mit zwei Balken, in weiten Abständen umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. Spuren eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „58.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 59), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 33. WA IV 5 (1889), 67, Nr 1149. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 219,16–17 sich auf kurze Zeit zu trennen] Goethe reiste vom 7. bis 15. März 1781 (vgl. 220,10) nach Neunheilingen. 220,1 einen sehr bösen Ritt] ‚Böse‘ hier im Sinne von ‚beschwerlich‘, ‚auf schlechten, unbefestigten Straßen‘ (vgl. zu 51,14–16). 220,2 meine Geliebte] Diese Anrede verwendet Goethe hier zum erstenmal in einem Brief an Charlotte von Stein, was auf ein sich seit März 1781 zunehmend inniger und vertrauter werdendes Verhältnis zur Adressatin schließen lässt (vgl. auch die zweite Erläuterung zu 250,13). 220,3 Ihre Schwägerinn] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff (vgl. zu 61,12–13). 220,3 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. zu 114,18).

315. An Charlotte von Stein Hottelstedter Ecke am Ettersberg, 〈7.? März 1781〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen dem 20. November und dem 1. Dezember 1781. Im Erstdruck wird er ohne explizite Begründung auf Anfang Sep-

MÄRZ 1781

607

tember 1780 gesetzt. Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, vermutet in den „Lesarten“ aber, der Brief könne aufgrund der Anspielung auf Aristophanes’ „Wolken“ (vgl. zu 220,6) ins Jahr 1780 gehören, als Goethes „Vögel“ entstanden (vgl. WA IV 7, 344, zu Nr 2405). Seit der Ausgabe von Fielitz wird er nach dem Absendeort (vgl. zu 220,9) und den inhaltlichen Bezügen zum Brief vom 7. März 1781 (Nr 314) auf denselben Tag datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 327, Nr 598). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 100. – 1 Bl. 10 × 8,2 cm, stärkeres Papier mit blauer Rückseite, ¾ S. beschr., egh., Bleistift, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „237“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 237), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 330. WA IV 7 (1891), 271, Nr 2405. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Brief wurde wahrscheinlich auf dem Ritt von Weimar nach Neunheilingen geschrieben, der aufgrund der schlechten Wege (vgl. zu 220,1) und des Wetters besonders beschwerlich war (vgl. 220,13–14). Für die Entstehung auf einer Reise spricht auch der Umstand, dass er mit Bleistift geschrieben wurde. 220,6 Wolcken] Dem Kontext zufolge eine Anspielung auf die Komödie „Die Wolken“ (griech. ¹ φ ) von Aristophanes. 220,7 Humor] Hier in übertragener Bedeutung in Anlehung an franz. humeur: (üble) Laune, Stimmung, Verstimmtheit. 220,7–8 von der lieblichen Beredtsamkeit 〈…〉 Sokrates zu schreibt] In Aristophanes’ „Wolken“ preist Sokrates „die himmlischen Wolken“ als „der Müßigen göttliche Mächte, / Die Gedanken, Ideen, Begriffe, die uns Dialektik verleihen und Logik, / Und den Zauber des Worts, und den blauen Dunst, Übertölplung, Floskeln und Blendwerk.“ (Zitiert nach: Aristophanes: Sämtliche Komödien. Übertragen von Ludwig Seeger. Bd 1. Zürich 1952, S. 134.) Im Juni/Juli 1780 verfasste Goethe im Auftrag des Herzogs den Einakter „Die Vögel“ nach Aristophanes; seine Kenntnis des griechischen Komödiendichters ist aber bereits für 1778 belegt (vgl. zu 74,15–16). Die vorliegende Anspielung könnte auch im Zusammenhang mit Goethes Lektüre von Hemsterhuis’ philosophischem Dialog „Simon, ou des facultés de l’ame“ im Februar 1781 stehen, in dem dieser Sokrates und als Gegenpart und Kritiker Aristophanes auftreten lässt (vgl. zu 201,2). 220,9 Hottelst Ecke] Hottelstedter Ecke, etwa 420 m hohe Erhebung und Aussichtspunkt am Nordwesthang des Ettersberges in der Nähe von Hottelstedt, etwa 10 km von Weimar entfernt. 1777 hatte die Herzoginmutter Anna Amalia hier ein

608

BRIEFE 316/317

zweistöckiges Lusthaus mit umlaufender hölzerner Galerie errichten lassen, das später verfiel und um 1815 abgerissen wurde (vgl. Müller-Wolff, Landschaftsgarten, 23).

316. An Charlotte von Stein

Neunheilingen, 7. März 〈1781〉 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 24. – 1 Bl. 19,4(–19,7) × 26,7 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt etwa 2 cm als Falz auf Trägerpapier geklebt, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „59.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 60), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 33f. WA IV 5 (1889), 68, Nr 1150. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 220,10 Neunheiligen dl. 7 März Nachts 10.] Neunheilingen, etwa 60 km nordwestlich von Weimar im kursächsischen Amt Langensalza. Laut Fourierbuch vom 7. März 1781 war Herzog Carl August an diesem Tag in Begleitung Goethes, seines Kammerdieners Johann Conrad Wagner und des Jagdlakaien Carl Koch „auf einige Tage Verreißet“ (FB 1781, S. 51). Von Neunheilingen aus reiste Carl August nach Kassel (vgl. zu 225,15–16). Am 22. März 1781 meldet das Fourierbuch für „Abend 8 uhr“ die Rückkunft des Herzogs (ebd., S. 59). Goethe, der nicht mit nach Kassel ging, kehrte schon am 15. März 1781 wieder nach Weimar zurück (vgl. zu 231,18). Nach Neunheilingen wurde er von seinem Diener Christoph Sutor begleitet (vgl. Eintrag im Rechnungsbuch vom 27. März 1781; GR/RB 1781/82, Bl. 20v). Dass im Fourierbuch weder bei Abreise noch Rückkehr des Herzogs das Reiseziel angegeben wird, deutet darauf hin, dass es sich um eine private Reise handelte. Die herzogliche Gesellschaft war zu Gast auf Schloss Neunheilingen, seit Ende der 1770er Jahre Hauptwohnsitz des Grafen Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen, Diplomat in kursächsischen Diensten, und seiner Frau Johanna Louise, die in freundschaftlich-geselligem Kontakt zum Weimarer Hof standen. Auf ein Verhältnis Herzog Carl Augusts zur Gräfin von Werthern, von der sich auch Goethe angezogen fühlte, finden sich schon im August 1779 erste Andeutungen in Goethes Briefen (vgl. zu 58,5–6). 220,11 mein neues Nachtwestgen] Ein Geschenk Charlotte von Steins (vgl. zu 218,11). – ‚Weste‘ hier eine Art Nachthemd, ein „kurzes Kleidungsstück 〈…〉,

MÄRZ 1781

609

welches den Leib bedeckt, noch nicht bis an die Knie reicht, und bey einer vollständigen Kleidung zunächst unter dem Rocke getragen wird“ (Adelung 4, 1510). 220,13 Der Ritt hierher war ein bittrer Bissen] Sowohl wegen des Wetters wie auch wegen der schlechten Wege (vgl. zu 220,1). 220,15 Schnuppen] ‚Schnuppen‘ umgangssprachlich für ‚Schnupfen‘ (vgl. Adelung 3, 1610). 220,16 gar artig] Hier wohl mit Bezug auf die freundliche, liebenswürdige Aufnahme in Neunheilingen (vgl. GWb 1, 839f.). 220,20 Unsre Wirtinn ist ein zierliches Wesen] Die damals 30-jährige Gräfin Johanna Louise von Werthern-Beichlingen war zwölf Jahre jünger als ihr Mann und diesem nach Goethes Schilderungen in jeder Weise überlegen (vgl. 226,2–3; 226,15–227,8; zu 227,2–3). Goethe war ihr zuerst im Umfeld des Weimarer Hofes begegnet. Die früheste Erwähnung, die sich vermutlich auf sie bezieht, stammt vom 18. August 1779 im Brief an Charlotte von Stein (vgl. GB 3 II, zu 291,13). Dass er sie schon im Sommer 1774 auf dem Steinschen Schloss in Nassau kennen gelernt hatte, ist hingegen unwahrscheinlich und lässt sich nicht belegen. Die in FA/Goethe I 14, 929 angeführte Erwähnung im 14. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ bezieht sich auf die Mutter Henriette Caroline vom und zum Stein (vgl. AA DuW 1, 509), die Goethe am 29. Juni mit Lavater auf der Reise von Frankfurt nach Ems besuchte und im Brief an Sophie La Roche vom 19. Juli 1774 grüßen lässt (vgl. GB 2 I, 103,9–10). Die Tochter war damals bereits seit über einem Jahr mit dem Grafen von Werthern-Beichlingen verheiratet. 220,21 Seine Narrheit nehm ich für bekannt] In Anspielung auf das Verhalten des Grafen, der häufiger Gast am Weimarer Hof war. 221,1 die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Freundin Charlotte von Steins (zur Person vgl. die erste Erläuterung zu 37,11). 221,1–2 Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach.

317. An Philipp Seidel

〈Neunheilingen〉, 8. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/469,I, Bl. 4. – 1 Bl. 18,2(–18,7) × 27(–27,4) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Seideln, Rest eines roten Initialsiegels: „G“, Siegelausriss. – Beischluss zu Nr 318 (vgl. zu 221,16–16). E: Gräf, Philipp Seidel (1920), 232, Nr 2. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 57, Nr 1152a.

610

BRIEF 318

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Philipp Friedrich Seidel (1755–1820) hatte Goethe von Frankfurt a. M. nach Weimar begleitet, wo er bis Ende 1788 als Diener, Sekretär und Hausgenosse dessen uneingeschränktes Vertrauen genoss. Während Goethes häufigen Abwesenheiten von Weimar besaß Seidel weitgehende Vollmachten und war Mittler auch in vertraulichen Angelegenheiten. – Über das Verhältnis Goethes zu Philipp Seidel und ihren Briefwechsel vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 362. Für den Zeitraum des vorliegenden Bandes sind drei Briefe Goethes aus dem Jahr 1781 an Philipp Seidel überliefert. Goethe schrieb sie auf Reisen und wies Seidel an, Briefe und andere Dinge zu besorgen oder weiterzuleiten. Gegenbriefe sind aus dieser Zeit nicht überliefert. 221,4 an Hl. Rath Bertuch] Goethe und Herzog Carl August waren am 7. März 1781 nach Neunheilingen bei Langensalza aufgebrochen, wo sie bei Johanna Louise und Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen zu Gast waren (vgl. zu 220,10). Vermutlich hatte Goethe Friedrich Justin Bertuch gebeten, sich in der Zwischenzeit um die Post und weitere Angelegenheiten zu kümmern; zu dessen Obliegenheiten als Geheimer Sekretär und Privatschatullier Herzog Carl Augusts gehörte demnach auch die Entgegennahme und das Absenden privater herzoglicher Brief- und Paketsendungen (vgl. Nr 318). 221,7 Hl. Oberstallmstr] Charlotte von Steins Ehemann, der herzogliche Oberstallmeister Josias von Stein, feierte nicht am 14. März, sondern einen Tag später seinen 46. Geburtstag. 221,9 Hautboisten] Von franz. hautbois: Oboe. – Das Blasmusikkorps der Infanterie. 221,9 Kaysern] Goethes Jugendfreund, der Musiker und Komponist Philipp Christoph Kayser aus Zürich, hielt sich seit Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar auf, um u. a. mit Goethe neue Singspiele zu planen (vgl. zu 209,27–28), nachdem dieser ihm schon die Komposition seines in der Schweiz entstandenen Singspiels „Jery und Bätely“ aufgetragen hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 560).

318. An Friedrich Justin Bertuch

〈Neunheilingen〉, 8. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – Doppelblatt 18,7 × 27,4 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte. – Beischlüsse: Nr 317 und Nr 319 (vgl. zu 221,16).

MÄRZ 1781

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E: Ludwig Geiger: Goethes Briefe an Bertuch. In: GJb IV (1883), 201f., Nr 5. WA IV 5 (1889), 201f., Nr 1151. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Über Friedrich Justin Bertuch vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 200. – Goethes zunächst enges Verhältnis zum Geheimen Sekretär und Verwalter der Privatschatulle Carl Augusts veränderte sich gegen Ende der 1770er Jahre. Die zunehmende Distanzierung führte dazu, dass die Anrede vom vertraulichen ‚Du‘ wieder zum ‚Sie‘ wechselte. Johannes Daniel Falk notierte später folgende Anekdote, die sich Ende Januar 1780 zugetragen haben soll: „Als Göthe von der Schweizer Reise zurückkehrte und Geheimer Rath geworden war ging Bertuch zu ihm im Garten, da er sah, dass ihm das Du genirte 〈…〉 und sagte ihm: Lieber Göthe da ich sehe, dass unser bisheriges verhältniss dich auf der Stufe, die du betreten hast geniren könte: so gebe Ich dir das D u zurücke. Er reichte nur die Hand und sagte: Ich danke Ihnen herzlich und nehme es an.“ (BuG 2, 222.) Der vorliegende Brief ist der erste nach der Rückkehr zum ‚Sie‘. Goethe pflegte in seinen Briefen an Bertuch, in denen er meist Aufträge und Bestellungen erteilte, einen höflich-sachlichen Ton. – Im Zeitraum des vorliegenden Bandes sind vier Briefe Goethes und kein Gegenbrief überliefert. 221,12 la Religieuse p Diderot ein Manuscript] Denis Diderots antiklerikaler Roman „La Religieuse“ („Die Nonne“) wurde zwischen 1780 und 1782 in neun Lieferungen in der „Correspondance littéraire“ verbreitet (vgl. zu 40,23–24). Aus dem Kontext geht hervor, dass in Weimar eine Abschrift der bis dahin erschienenen ersten drei Lieferungen des Romans (Oktober und November 1780 sowie Januar 1781) zirkulierte. – Der Verfasser hatte dem Redakteur der „Correspondance“, Jacob Heinrich Meister, in einem Brief vom 27. September 1780 erklärt, dieser Roman sei das Gegenstück zu „Jacques le fataliste“: „Il est rempli de tableaux pathétiques. Il est très interessant, et tout l’intérêt est rassamblé sur le personnage qui parle. Je suis bien sûr qu’il affligera plus vos lecteurs que Jacques ne les a fait rire; d’où il pourrait arriver qu’ils en désideront plus tôt la fin. Il est intitulé L a R e l i g i e u s e; et je ne crois pas qu’on ait jamais écrit une plus effrayante satire de couvents.“ (Diderot: Contes et romans. Hrsg. von Michel Delon. Paris 2004, S. 974. – 〈Der Roman〉 ist voll pathetischer Gemälde. Er ist sehr interessant, und das ganze Interesse ist auf die redende Figur gerichtet. Ich bin ziemlich sicher, dass er Ihre Leser noch mehr betrüben wird, als Jacques sie zum Lachen brachte; so dass es dazu kommen könnte, dass sie sich das Ende früher erhoffen. Er trägt den Titel D i e N o n n e; und ich glaube nicht, dass man jemals eine so furchtbare Klostersatire verfasst hat.) – p: franz. par: von. 221,13 Serenissimi] Genitiv von lat. Serenissimus; hier: Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach.

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BRIEF 319

221,13 Herzoginn Mutter] Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach. 221,14 d i e B r i e f e ü b e r Wa s e r n ] Lavaters Briefe über Johann Heinrich Waser, die Goethe als Abschrift vorlagen (vgl. zu 81,11). 221,16 Innliegende Briefe] Nr 317 und Nr 319. 221,16–17 ob nichts an mich abzugeben ist] Vgl. 222,18–19. 221,17 Husaren] Wohl der Husar Kramer, der laut der „Berechnung der Reise Kosten nach Neunheilingen Weimar den 7ten Merz 1781.“ einen Zuschuss auf 10 Tage erhielt (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 13). – Seit der Entlassung der herzoglichen Gardereiter (Garde du Corps) 1779 übernahmen die Husaren als berittene Truppe auch Eilbotendienste (vgl. zu 129,15). 221,21 mit einem Worte] Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

319. An Charlotte von Stein

〈Neunheilingen〉, 8. 〈März 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Monat und Jahr lassen sich nach den Bezügen zu den Briefen vom 7. März (Nr 316) und vom 10. März (Nr 320) ergänzen (vgl. zu 222,4–5; die zweite Erläuterung zu 222,11). Der vorliegende Brief ist auf der Reise nach Neunheilingen geschrieben worden, was auch durch die Datierung der Empfängerin bestätigt wird (vgl. Überlieferung). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 25. – Doppelblatt 13,2(–13,4) × 18,1 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 unten links von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „Mertz 81“; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „60“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 61), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss zu Nr 318 (vgl. zu 221,16). E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 34–37. WA IV 5 (1889), 69–72, Nr 1152. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief Charlotte von Steins vom 8. oder 9. März 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 224,6). 222,1 ein Husar] Der den vorliegenden Brief befördern sollte (vgl. zu 221,17). 222,1 Religieuse] Denis Diderots Roman „La Religieuse“, der bislang nur in der handschriftlichen „Correspondance littéraire“ erschienen war. Von ihm kursierte eine Abschrift, die Herzog Carl August bei seiner Mutter Anna Amalia abholen ließ (vgl. zu 221,12).

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222,4 H.] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, in dessen Begleitung Goethe nach Neunheilingen gereist war (vgl. zu 220,10). 222,4–5 einen entsezlichen Schnuppen] Vgl. zu 220,15. 222,5 Sozietät] Hier die Gesellschaft auf dem Schloss des Grafen von WerthernBeichlingen (vgl. Zedler 38, 171). 222,7 S i e ] Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen (vgl. zu 58,5–6). 222,10 Der Graf] Jacob Friedemann Graf von Werthern-Beichlingen. 222,11 Ewerdingen] Eine Sammlung von Kupferstichen von Allaert van Everdingen, einem niederländischen Landschaftsmaler und Radierer des 17. Jahrhunderts, dessen künstlerische Qualitäten Goethe offenbar erst bei Gelegenheit dieses Besuches entdeckte. Einige Stiche aus der Werthernschen Sammlung nahm er leihweise mit nach Weimar (vgl. zu 246,9–10). Ende März 1781 bat er Merck: Wo du etwas von Everdingens Radirungen auftreiben kannst, schick es doch ia. Neulich hab ich die ganze Sammlung beysammen gesehn man will sie aber nicht hergeben. Seit ich diesen Menschen kenne mag ich weiter nichts ansehn. (246,1–4). Für seine eigene Sammlung erwarb Goethe später zahlreiche Blätter des Künstlers, heute sind zwei Handzeichnungen und 156 Radierungen Everdingens nachweisbar (vgl. KSW, Museen, Online-Katalog). 222,11 davon hab ich zwey angefangen] Vgl. zu 223,29–224,2. 222,19 Bertuch] Der Geheime Sekretär Herzog Carl Augusts besorgte die Entgegennahme und das Absenden privater herzoglicher Brief- und Paketsendungen (vgl. zu 221,4). 222,22 Gestern auf dem langen Weeg] In das etwa 60 km nordwestlich von Weimar entfernte Neunheilingen (vgl. zu 220,13). 222,22 unsrer Geschichte] Mit Bezug auf die vor allem in den ersten Jahren der Bekanntschaft ambivalente, durch den Wechsel zwischen Nähe und Distanz gekennzeichnete Beziehung Goethes zu Charlotte von Stein. Erst nach Goethes Rückkehr von der Schweizer Reise Anfang 1780 wurde das Verhältnis ausgeglichener und zunehmend getragen von gegenseitigem Vertrauen (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 1). 222,23 sonderbaar] ‚Sonderbar‘ hier im Sinne von ‚besonders‘, ‚außerordentlich‘, in Anlehnung an die Ende des 18. Jahrhunderts bereits zurückgedrängte Bedeutung „besondere von andern sich vorzüglich auszeichnende Eigenschaften an sich habend“ (vgl. Adelung 4, 141). 222,27–28 schaffen Sie 〈…〉 den Grimmenstein in Friedenstein um] In Anspielung auf die Burg Grimmstein bei Gotha. Im 11./12. Jahrhundert als Höhenburg zur Sicherung der mittelalterlichen Reichsstraße Via Regia errichtet und im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts zur protestantischen Festung ausgebaut, war sie 1567 geschliffen worden. An ihrer Stelle ließ Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha 1643–1654 eine frühbarocke Schlossanlage errichten. Als Ausdruck der Friedens-

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BRIEF 319

sehnsucht nach dem Dreißigjährigen Krieg und zur Erinnerung an den Westfälischen Frieden von 1648 erhielt sie den Namen Friedenstein. 223,2 eine Kayserliche Kommission] Kaiserliche Kommissionen wurden im bis 1806 bestehenden Heiligen Römischen Reich (Altes Reich) vom Reichshofrat in Wien zur Lösung von strittigen Rechtsfragen unter den Reichsfürsten eingesetzt und handelten gleichsam im Namen des Kaisers; hier im Sinne von ‚höchster Instanz‘. – Das hier und im Folgenden gebrauchte Gleichnis könnte durch die Goethe bekannten Verhältnisse im verschuldeten Sachsen-Hildburghausen angeregt worden sein. Seit 1780 regierte der als Leiter der kaiserlichen Debitkommission eingesetzte Prinz Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen das unter Zwangsverwaltung stehende Herzogtum (vgl. die dritte Erläuterung zu 139,2). 223,2 Reichsfürsten] Ursprünglich Fürsten, die ihr Lehen unmittelbar vom König oder Kaiser erhalten hatten; im Alten Reich reichsunmittelbare, also nur dem Kaiser unterstehende Fürsten, zu denen auch die ernestinischen Herzöge gehörten. Sie waren im Reichshofrat stimmberechtigt. – Auch der Gastgeber Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen trug den Titel eines Reichsgrafen. 223,3 haushältischer] ‚Haushälterisch‘ hier übertragen im Sinne von ‚umsichtig‘, ‚sorgsam‘, ‚sparsam‘ (vgl. GWb 4, 788). 223,5 Debit Commissarien] Vom Kaiser berufene Mitglieder einer Kommission zur Schuldenregulierung, gegebenenfalls eingesetzt zur Zwangsverwaltung eines verschuldeten Fürstentums. 223,11 meinen gestrigen Brief] Der erste Brief aus Neunheilingen vom 7. März 1781 (Nr 316). 223,12 artig] Von Goethe häufig benutztes Modewort mit zahlreichen Bedeutungsnuancen; hier etwa: liebenswürdig, freundlich (vgl. GWb 1, 839f.) 223,16 Dl. Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 223,16 für Schnuppen] Vgl. zu 220,15. 223,18 das l i e b e B a n d ] Vgl. die erste Erläuterung zu 215,3; zu 229,10–11.

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Abb. 2: Goethe: Der Wasserfall bei der Wassermühle auf der Höhe

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320. An Charlotte von Stein

BRIEF 320

〈Neunheilingen〉, 10. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 26. – Doppelblatt 13,5(–13,7) × 18,9 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „61“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 62), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 37–39 (irrtümlich mit Paraphe). WA IV 5 (1889), 72–74, Nr 1153. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 8. oder 9. März 1781 (vgl. zu 224,6). – Die Antwortbriefe vom 10. März 1781 (vgl. zu 225,9–10; zu 225,11–12) sind nicht überliefert. 223,23 Ebeleben ein Schwarzburgisches Lustschloss] Ebeleben, etwa 13 km nordöstlich von Neunheilingen im Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen gelegen, von 1651 bis 1681 Schwarzburger Residenz. In dieser Zeit wurde auf einem Vorgängerbau die barocke Schlossanlage errichtet. Schloss Ebeleben wurde 1945 zerstört. – Wahrscheinlich war ein Besuch bei Fürst Christian Günther III. von Schwarzburg-Sondershausen geplant. Er hatte seit 1774 den Schlosspark erweitern und im französischen Stil umgestalten lassen. 223,26 Besuch] Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. – Der Kontext der Erwähnung lässt vermuten, dass es sich um Besucher handelte, mit denen Goethe wenig gemeinsame Interessen teilte (vgl. aber zu 228,1–2). In Frage kämen der Amtmann Christian Gottlieb Lebrecht Göschel, der Diakon Georg Gottlob Ausfeld und der Superintendent Carl Gottlob Leisching, die wie Graf Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen im Dienst Kursachsens standen. – Ausfeld wurde 1782 als Theologieprofessor nach Jena berufen. 223,26 Langensalza] Etwa 11 km südwestlich von Neunheilingen gelegen und Amtssitz des Amtes Langensalza, einer Exklave im Oberen Distrikt des zu Kursachsen gehörenden Thüringer Kreises. 223,29–224,2 einen Everdingen angefangen 〈…〉 auf schlecht Papier] Vgl. die erste Erläuterung zu 222,11. – Möglicherweise die lavierte Kreidezeichnung „Der Wasserfall bei der Wassermühle auf der Höhe“ nach einer Vorlage von Allaert van Everdingen (Corpus VIb, 23f., Nr 47; FDH/FGM, Frankfurt a. M., Inv.-Nr 15167; vgl. Abb. 2 im Kommentarband, S. 615). Goethe schenkte sie im Oktober 1831 dem Kunstsammler Gottlob von Berlepsch, in dessen Stammbuch sie sich heute befindet. Auf der Rückseite steht eine Notiz von fremder Hand „Goethe nach Ewerdingen / März 1781“. Ein Exemplar der Radierung von Everdingen, die als Vorlage diente, ist zwar in Goethes Kunstsammlung überliefert (vgl. KSW,

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Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGr/Sch.I.158,0126), wurde aber offenbar erst nach März 1781 erworben (zu Goethes Zeichnung und ihrer Vorlage vgl. Maisak, Goethe-Zeichnungen, 108f.). Außerdem sind noch vier weitere Zeichnungen Goethes nach Vorlagen von Everdingen erhalten, die 1781/82 entstanden sind: „Zwei Leiterwagen“ (Corpus I, 92, Nr 252; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1096), „Zwei Leitern“ (Corpus I, 92, Nr 253; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1098), „Wassermühle am Berg“ (Corpus I, Nr 254; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1141), „Hinter der Hütte“ (Corpus I, 93, Nr 255; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1295). 224,2 Ausmachen] Hier: vollenden, die Zeichnung lavieren (vgl. GWb 1, 1192). 224,3 von aller gewohnten Plage] Die Vielfalt seiner Amtsgeschäfte, die Goethe in Weimar von seinen literarischen Arbeiten abhielten (vgl. zu 173,16–17; zu 183,17–18). 224,6 Gestern 〈…〉 erhielt ich Ihren lieben Brief] Nicht überliefert. – Der Brief war wie Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 8. März von einem herzoglichen Husaren befördert worden, könnte also noch am Ankunftstag oder am 9. März, als Goethe ihn erhielt, geschrieben worden sein (vgl. 222,18; die erste Erläuterung zu 222,1). 224,6–7 den schönen Abdruck Ihrer Seele] In Abwandlung des Topos der ‚schönen Seele‘ (vgl. zu 119,20–21), den Goethe explizit zum ersten Mal in Hinsicht auf Charlotte von Stein im Brief vom 10. April 1781 gebraucht (vgl. 253,18). Schon im März 1780 hatte er der Gastgeberin auf Neunheilingen, Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen, diesen Beinamen gegeben (vgl. zu 58,5–6); im Brief vom 15. September 1781 nennt er sie noch einmal so (vgl. 321,2–3). 224,11 den Grafen] Der Gastgeber, Graf Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen. 224,11 berufen] Hier: beschreien, durch voreiliges Loben schlechtes Verhalten herbeiführen (vgl. GWb 2, 431). 224,12 Sekkatur] Quälerei, Belästigung. 224,13 der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 224,13 er kenne ihn gar nicht] Verkürzt für: er erkennt ihn nicht wieder. – Die Bemerkung Carl Augusts steht im Zusammenhang mit seiner Zuneigung für die Gräfin von Werthern, die ihn offenbar gegen deren Ehemann besonders kritisch stimmte. 224,14 ihr] Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen (vgl. zu 58,5–6). 224,17–18 wenn die Knoten in dem Strange 〈…〉 des Fadens so sehr hinderten] Ein in dieser Zeit in Goethes Briefen an Charlotte von Stein häufig begegnendes Bild im Anklang an den ‚Lebens- oder Schicksalsfaden‘, dessen Länge die Parzen bestimmen oder der nach anderer Überlieferung in den Händen der

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BRIEF 321

Schicksalsgöttin Fortuna liegt (vgl. zu 51,25; GB 3 I, 31,6; 149,4; 184,11–12); vgl. auch „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“ (I, 2 und VI, 8; WA I 51, 105 und 227). 224,23–24 der Fischschwanz 〈…〉 wieder hervor] In Anspielung auf die Sagengestalt der Melusine (Melusina, Merlusigne), einer Wasserfee, in vielen Überlieferungen als Wesen mit Schlangenleib oder Fischschwanz dargestellt. Sie schenkt dem Mann, der sich mit ihr verbindet, Reichtum und Glück, unter der Bedingung, dass er sie nur in ihrer menschlichen Gestalt sieht. – Goethe bearbeitete den Melusinenstoff in einem Märchen, das er erst 1807 aufgeschrieben hat und dessen erster Teil 1816 im „Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1817“ erschien; später wurde es in „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ aufgenommen (3. Buch, 6. Kapitel; WA I 25.1, 131–165). Folgt man allerdings seiner Darstellung im 10. Buch von „Dichtung und Wahrheit“, dann hätte er schon bei seinem ersten Sessenheim-Besuch im Oktober 1770 das Märchen von der „Neuen Melusine“ vorgetragen (vgl. AA DuW 1, 369f.). 224,25 es] Verschrieben für ‚er‘. 224,29 Zerknaupeln] Knaupeln: umgangssprachlich für ‚nagen‘ (vgl. Adelung 2, 1654); hier: in kleine Stücke brechen. 224,32 unsrer Abfahrt] Nach Ebeleben (vgl. 223,23–24). 225,1 meine L i t e r a t u r ] Das nicht überlieferte satirische ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ als Entgegnung auf die Ende November 1780 erschienene Schrift des preußischen Königs Friedrich II. „De la littérature Allemande“ (vgl. zu 201,7–8). 225,1 Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 225,2–3 mit Ihr und auch Herdern drüber sprächen] Im Brief von 23. März 1781 an Johann Gottfried Herder bedankt sich Goethe für dessen Monita (vgl. zu 240,1). 225,4 meiner Geliebten] So nennt Goethe die Freundin vom März 1781 an häufiger in seinen Briefen (vgl. zu 220,2). 225,7 Frizzen und Ernsten] Die Söhne Charlotte von Steins Friedrich und Ernst von Stein.

321. An Charlotte von Stein

Neunheilingen, 11. März 〈1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Das Jahr ergibt sich aus dem Absendeort Neunheilingen (vgl. zu 225,9) und den Bezügen zum vorhergehenden Brief vom 10. März 1781 (Nr 320; vgl. die zweite Erläuterung zu 226,2; zu 228,1–2).

MÄRZ 1781

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ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 27. – Doppelblatt 15,4 × 21,4(–21,6) cm, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „62“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 63), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 40–44. WA IV 5 (1889), 74–78, Nr 1154. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 10. März 1781 (vgl. zu 225,9–10). – Der Antwortbrief wahrscheinlich vom 12. März 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 230,3–5). 225,9 Neuenheiligen] Neunheilingen (vgl. zu 220,10). 225,9–10 Ihr Bleystifft Zettelgen von gestern Abend] Nicht überliefert. 225,11 unsre Boten] Demnach wurden die Briefe nicht nur durch die herzoglichen Husaren, sondern auch durch Boten zu Fuß überbracht (vgl. zu 228,8–9). 225,11–12 der Brief 〈…〉 verschlossen gewesen] Den Brief erhielt Goethe am 12. März 1781 (vgl. zu 228,4). 225,14 Donnerstags früh geh ich hier weg] Vgl. zu 231,18. 225,15 Ringleben] Ort im sachsen-weimarischen Amt Großrudestedt, etwa 26 km südöstlich von Neunheilingen auf halber Strecke nach Weimar gelegen. Goethe kümmerte sich als Direktor der Wegebaukommission auch um den Bau von Wassergräben und Stauschutzwällen in Ringleben, die den tiefer liegenden Ortskern zwischen Wilder Gera und Mahlgera vor den jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen schützen sollten (vgl. zu 187,20–21). 225,15–16 Der Herzog will 〈…〉 nach Cassel] Carl August reiste am 15. März 1781 nach Kassel, von wo aus er in Begleitung Johann Heinrich Mercks weiter nach Göttingen ging, um die Bibliothek von Christian Wilhelm Büttner zu besichtigen (vgl. Carl August an Merck, 27. März 1781; Merck, Briefwechsel 2, 567f.). Der Herzog war im Begriff, die etwa 14 000 Bände umfassende Bibliothek zu erwerben. Zu einer ersten schriftlichen Vereinbarung war es bereits im Januar 1781 gekommen (vgl. zu 266,2). Erst am 22. März 1781 kehrte Carl August nach Weimar zurück (vgl. zu 220,10). 225,16 aus viel Ursachen] Vgl. Goethes kritische Einschätzung des Verhaltens von Carl August im vorhergehenden Brief vom 10. März 1781 (224,20–31). 225,17 Wedeln] Moritz von Wedel, herzoglicher Kammerherr und Oberforstmeister, der den Herzog häufig auf seinen Reisen begleitete. 225,18–19 daß ich ans Brod gewöhnt sey] Sprichwörtlich im Sinne von ‚Er kommt immer wieder‘ (Sprichwörter-Lexikon 1, 482). Hier mit Bezug auf die Anziehungskraft Charlotte von Steins auf Goethe, die ihn zurück nach Weimar zog. 225,19 verlaufen] Hier: sich (laufend) entfernen (vgl. Adelung 4, 1079).

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225,22 haben die Ratten zu maneuvriren angefangen] Dies und das Folgende in Anspielung auf das Benehmen des Gastgebers Graf Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen und dessen Gesellschaft (vgl. 220,21–22). – ‚Manövrieren‘ hier mit pejorativer Konnotation im Sinne von ‚sich bewegen, in Stellung bringen‘, ‚taktieren‘, ‚geschickt handeln‘, auch ‚intrigieren‘ (vgl. GWb 5, 1434); in dieser Bedeutung bei Goethe nur noch im 6. Buch von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ belegt: Den phantastisch aufgestutzten Studenten, den demüthig verlegenen Gelehrten, den schwankfüßigen genügsamen Domherrn, den steifen aufmerksamen Geschäftsmann, den unwissenden Baron, den freundlich glatt-platten Hofmann 〈…〉 alle hab’ ich das Vergnügen gehabt manoeuvriren zu sehen (WA I 52, 257). – Die Rattenmetaphorik begegnet bereits in den frühen Briefen Goethes (vgl. GB 2 II, zu 216,1–4) sowie in der frühen Fassung des „Faust“ (‚Rattenlied‘ in der Szene Auerbachs Keller in Leipzig; FA/Goethe I 7/1, 485f.). 226,1 wenn das Auge Licht ist] Nach Lukas 11,34: „Das auge ist des leibes licht. Wenn nun dein auge einfältig seyn wird, so ist dein gantzer leib lichte. So aber dein auge ein schalck seyn wird, so ist auch dein leib finster.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 75.) 226,2 et vice versa] Lat.: und umgekehrt. 226,2 Die Gräfinn] Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen (vgl. zu 220,20). 226,4 Irradiation] Von Lat. irradiatio: Bestrahlung; ein optisches Phänomen, dass ein dunkler Hintergrund etwas Helles größer erscheinen lässt; hier im Sinne einer ‚geistigen Erleuchtung‘, einer ‚plötzlichen Erkenntnis‘ (vgl. GWb 5, 84). 226,6–14 Wie offt hab ich die Worte We l t 〈…〉 produzirt worden.] Zu ähnlich kritischen Urteilen gelangte Goethe während seines Aufenthalts in der sogenannten grosen Welt (vgl. zu 3,2–3) an den Höfen von Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt auf der Rückreise aus der Schweiz (vgl. den Brief an Charlotte von Stein vom 1. und 3. Januar 1780, Nr 1). 226,16–17 la manier] Von ital. la maniera / franz. la manière: die Art und Weise; hier: die Eigentümlichkeit des Betragens, der individuellen Umgangsformen, des Auftretens (vgl. GWb 5, 1413). 226,20 Aisance] Franz.: Leichtigkeit, Ungezwungenheit. 226,25 tracktirts] ‚Traktieren‘ hier im Sinne von ‚behandeln‘ (vgl. Beyschlag, Sammlung ausländischer Wörter, 119; ebenso Adelung 4, 637). 227,2–3 Sie kennt den größten Teil vom 〈…〉 verständigen Europa] Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen geb. vom und zum Stein entstammte einer angesehenen Reichsfreiherrenfamilie. Sie war die Schwester Carl vom und zum Steins, des späteren preußischen Ministers und Reformers. Das elterliche Schloss in Nassau war geselliger Mittelpunkt des Adels und des gebildeten Bürgertums (vgl. zu 220,20). Zu ihren persönlichen Bekanntschaften in Nassau gehörten

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Karl August von Hardenberg und Carl Friedrich Willibald Groschlag von Dieburg (vgl. zu 3,4). Nach ihrer Heirat im Juli 1773 folgte die Gräfin ihrem in kursächsischen diplomatischen Diensten stehenden Mann zunächst nach Dresden und ab 1775 nach Madrid. 227,11 Der Pfarr] Theodosius Samuel Sommer, seit 1758 Oberpfarrer in Neunheilingen. 227,12 ein schlechter Kerl] ‚Schlecht‘ hier in der Bedeutung ‚schlecht handelnd‘, ‚schlecht denkend‘, ‚niederträchtig‘ (vgl. Adelung 3, 1512). 227,13 so ißt sie nicht mit hausen] Haußen: ältere Nebenform zu ‚draußen‘, ‚außerhalb‘ (vgl. Adelung 2, 1035); hier mit Bezug auf die Gräfin: außerhalb ihrer eigenen Räume. 227,14 zeichen] Hessisch-thüringisch für ‚zeigen‘. 227,18 Rattentext] Vgl. zu 225,22. 227,20–21 dramatische und epische Vorrathskammer] Goethe arbeitete seit etwa Mitte Oktober 1780 intensiv an der frühen, nicht überlieferten Prosafassung des „Torquato Tasso“ (vgl. zu 161,2), den er nach einer etwa dreimonatigen Pause zum ersten Mal wieder im Brief an Charlotte von Stein vom 25. März 1781 erwähnt (vgl. zu 241,7). Auch an „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ schrieb Goethe in dieser Zeit (vgl. zu 272,3–4). Möglicherweise verarbeitete er seine Beobachtungen auf Schloss Neunheilingen im Schlosskapitel des 5. Buches (übernommen in das 3. Buch von „Wilhelm Meisters Lehrjahren“). 227,22 aus Steinen und Erde Brod machen] In Abwandlung zu Matthäus 4,3: „Und der versucher trat zu ihm, und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, daß diese steine brod werden.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 5.) 227,28 Steinen] Josias von Stein. 227,31–32 richten sich nicht, wie Marck Antonins, an mein eignes] Marc Aurels „eis heautón“ (griech.: das zu sich selbst Gesagte), die „Selbstbetrachtungen“ (vgl. zu 128,18–19). 227,32 mein zweites selbst] Charlotte von Stein, die Goethe an anderer Stelle auch als seinen liebsten Spiegel (185,10) bezeichnet. 228,1–2 Gäste von Langensalza] Offenbar andere Besucher als am Vortag (vgl. die Erläuterungen zu 223,26). In Frage kämen der Langensalzaer Oberkämmerer und Apotheker Johann Christian Wiegleb und dessen Familie. Als Autor zahlreicher wissenschaftlicher Werke gehörte Wiegleb zu den renommierten Naturforschern der Spätaufklärung. 1781 war bei Nicolai in Berlin die erste Auflage seines „Handbuchs der allgemeinen Chemie“ erschienen, mehrere Auflagen erlebte auch die „Historisch-kritische Untersuchung der Alchemie, oder der eingebildeten Goldmacherkunst, von ihrem Ursprunge sowohl als Fortgange, und was von ihr zu halten sey“ (zuerst Weimar 1777). 1779 hatte er in Langensalza ein Institut mit Vorlesungsbetrieb und praktischem Experimentalunterricht zur Ausbildung von Apothekern gegründet. Eine persönliche Verbindung nach Weimar bestand durch Johann Fried-

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BRIEF 322

rich August Göttling, von 1769 bis 1774 Apotheker-Lehrling bei Wiegleb und danach Gehilfe des Weimarer Hofapothekers Wilhelm Heinrich Sebastian Buchholz. – 1784 schaffte Goethe für seine Privatbibliothek die „Anfangsgründe der Chemie“ (Göttingen 1784) von Johann Christian Polykarp Erxleben an, neu herausgegeben und mit Ergänzungen versehen von Johann Christian Wiegleb (vgl. Ruppert, 650, Nr 4526). 228,2 Siegle] Von franz. sigle: Siegel. – Demnach muss der Brief, bestehend aus einem vierseitig beschriebenen Doppelblatt (vgl. Überlieferung), in einem mit Siegel verschlossenen Kuvert versandt worden sein, das nicht überliefert ist. 228,2 bin dein für ewig] Zum ersten Mal seit den frühen Briefen an Charlotte von Stein von Ende Januar bis Anfang März 1776 wechselt Goethe in der Anrede wieder vom ‚Sie‘ zum vertraulichen ‚Du‘ (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 25,13). – Zur Grußformel vgl. auch zu 207,11.

322. An Charlotte von Stein

〈Neunheilingen〉, 12. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 28. – Doppelblatt 13,3 × 17,7(–18) cm, 4 S. beschr., egh., Tinte, S. 2–3 flüchtig geschrieben; Unterstreichung von Charlotte von Steins Hd, Bleistift (229,1–6); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „63.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 64), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 44–46. WA IV 5 (1889), 79–81, Nr 1155. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 10. März 1781 (vgl. zu 228,4). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 228,4 durch den Boten eine grose Freude geschickt] Wahrscheinlich den Brief, den Charlotte von Stein schon am 10. März geschrieben, dann aber nicht abgeschickt hatte (vgl. zu 225,11–12). 228,6 mein Brief] Wahrscheinlich der Brief vom 11. März 1781 (Nr 321). 228,8 mein Andencken] Hier: Erinnerungsstück, wohl mit Bezug auf Goethes Brief. 228,8–9 Ihr Bote 〈…〉 frisch gegangen] Demnach war der Bote mit dem Bezugsbrief die etwa 60 km von Weimar nach Neunheilingen zu Fuß gegangen, wofür er etwa 12 bis 14 Stunden gebraucht haben dürfte.

MÄRZ 1781

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228,10 Unsre arme schöne Wirthinn] Johanna Louise Gräfin von WerthernBeichlingen (vgl. zu 220,20). 228,13 Sie liebt den H. schöner als er sie.] ‚H.‘ für ‚Herzog‘ (Carl August); über sein Verhältnis zur Gräfin von Werthern vgl. zu 58,5–6. 228,13–14 in diesem Spiegel 〈…〉 mich schöner lieben] Das Spiegelmotiv begegnet mehrfach in Goethes Briefen an Charlotte von Stein. Hier sieht Goethe sein eigenes Verhältnis zur ihr in dem zwischen der Gräfin und dem Herzog gespiegelt, während er früher die Adressatin als ‚Spiegel‘ seiner selbst bezeichnet (vgl. zu 185,10–11). 228,22 Donnerstags Abends 〈…〉 allein zu finden] Vgl. 231,18–19. 228,26 Landsl.] Landschaft. 228,26–27 den Ewerdingen] Kupferstiche des niederländischen Landschaftsmalers Allaert van Everdingen, von denen Goethe zwei kopierte (vgl. die Erläuterungen zu 222,11). 229,1–6 ich mag keine Worte 〈…〉 zu bedencken] In Anlehnung an Römer 8,39: „Weder hohes noch tieffes, noch keine andere creatur, mag uns scheiden von der liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 162.) Als Ausdruck besonderer Nähe und Vertrautheit und eines gleichsam religiösen Treugelöbnisses wurde die Stelle von der Adressatin mit Bleistift markiert (vgl. Überlieferung). 229,6–7 Ich kan nicht mehr S i e schreiben 〈…〉 d u sagen konnte.] Während Goethe im Abschiedsgruß des vorangehenden Briefes zum ‚Du‘ übergegangen war, ohne explizit darauf hinzuweisen (vgl. zu 228,2), thematisiert er nun den Wechsel in der Anrede als sichtbares Zeichen für den sich im Verhältnis zur Adressatin vollziehenden Wandel. In den unmittelbar folgenden Briefen verwendet er wieder das höflich-distanzierende ‚Sie‘, möglicherweise weil auch die Adressatin ihrerseits dabei geblieben war. Danach wechselt die Anrede zwischen ‚Du‘ und ‚Sie‘, erst nach dem 22. September 1781 geht Goethe in seiner Korrespondenz mit Charlotte von Stein endgültig zum ‚Du‘ über (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496). 229,8 Der Bote verspricht 〈…〉 zu seyn.] Vgl. 229,21. 229,9 noch einen Brief eh ich komme] Den Brief vom 13. März 1781, der mit dem herzoglichen Husaren geschickt wurde (vgl. zu 229,22). 229,10–11 Die Juden haben Schnüre 〈…〉 umwickeln] Lederne Gebetsriemen (hebr. Tefellin), an denen Schächtelchen mit Torastellen (Phylakterien) für Stirn und Arm befestigt sind (nach 2 Mose 13,9; 5 Mose 6,6–8 und 11,18). Der für den Arm bestimmte Riemen wird um Arm, Hand und Finger gewickelt, um das hebräische Wort für Gott (El-Schadai: der Allmächtige) zu bilden. 229,11–12 dein holdes Band] Ein Haar- oder Schmuckband Charlotte von Steins, das Goethe als Reliquie und Zeichen der Verbundenheit bei sich trug (vgl. 223,18–19; vgl. auch zu 171,8–9).

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323. An Charlotte von Stein

BRIEF 323

〈Neunheilingen〉, 13. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 29. – Doppelblatt 13,3 × 18,5 cm, 2 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „64.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 65), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss: Brief von Johann Caspar Lavater an Carl Ludwig von Knebel (vgl. zu 229,26). E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 46f. WA IV 5 (1889), 81f., Nr 1156. 2) Beilage? (vgl. zu 230,3–5): H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 85. – Doppelblatt 10,1(–10,4) × 15,5 cm, 1 ¼ S. beschr., Carl Augusts Hd, Tinte. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 195), vgl. Überlieferung zu Nr 1. ERL ÄUT ERUNGEN

Der zweite Teil des Briefes (230,3–27) beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 12. März 1781 (vgl. zu 230,3–5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 229,21 Heute früh vor sechsen ist der Bote ab] Den Goethe im Brief vom Vortag angekündigt hatte (vgl. 229,8); zum Boten vgl. zu 228,8–9. 229,21–22 mit der Antwort auf Ihr gestriges] Goethes Brief vom 12. März 1781 (Nr 322), der Charlotte von Steins nicht überlieferten Brief wahrscheinlich vom 10. März 1781 beantwortet (vgl. zu 228,4). 229,22 dieses durch den Husaren früher] Der vorliegende Brief, der durch den berittenen Husaren schneller nach Weimar gelangen würde als der durch den Laufboten beförderte Brief vom Vortag. 229,23 übermorgen] Am 15. März 1781 war Goethe wieder in Weimar (vgl. zu 231,18). 229,24–25 meine Andacht zu Ihnen gerichtet] Damit greift Goethe die religiöse Metaphorik wieder auf, mit der er im Brief vom 12. März 1781 die Adressatin zum Objekt der Anbetung erhoben und ihr eine gleichsam göttliche Macht zugeschrieben hatte (vgl. zu 229,1–6). Im Unterschied zur Rhetorik kehrt er in der Anrede aber wieder zum ‚Sie‘ zurück (vgl. zu 229,6–7). 229,26 ein Brief von Lavatern an Knebel] Brief Johann Caspar Lavaters an Carl Ludwig von Knebel vom 3. März 1781 (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1029f.).

MÄRZ 1781

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229,26–27 er steht ganz von der Idee ab] Während seines Zürcher Aufenthalts im Juli 1780 hatte Knebel an der Verlosung einer von Lavater zu Wohltätigkeitszwecken gespendeten astronomischen Uhr teilgenommen und diese gewonnen. Im Februar 1781 wollte Lavater mit Unterstützung Goethes Knebel zum Verzicht auf seinen Gewinn bewegen (vgl. zu 210,7). Wie der Brief vom 3. März 1781 belegt, war Lavater inzwischen bereit, Knebel die Uhr zukommen zu lassen, der jedoch von sich aus darauf verzichtete (vgl. Knebels Brief an Lavater vom 15. März 1781, abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1030–1032). 230,3–5 Ihren Brief 〈…〉 eingeschlossen herauf] Da Goethes Brief vom 12. März (Nr 322) erst am 13. abgeschickt wurde (vgl. zu 229,21–22), muss der vorenthaltene Brief Charlotte von Steins Antwort auf Goethes Brief vom 11. März 1781 (Nr 321) gewesen sein, die nicht überliefert ist. – Wahrscheinlich auf diesen Vorgang bezieht sich ein Gedicht Herzog Carl Augusts, das unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein überliefert ist und möglicherweise diesem Brief beilag (vgl. Beilage). 230,10–11 Also hoffte ich vergebens Sie 〈…〉 bey mir zu sehn] Vgl. 228,23–24. 230,14 Stern] Der älteste Teil des Schlossparks unterhalb von Goethes Garten. 230,18 die Erstlinge] Eigentlich für ‚erste Früchte‘, ‚Erstgeburten‘, hier übertragen auf die ‚ersten Gefühlsregungen‘ (vgl. GWb 3, 424). 230,19 seinen Gewinnst] Der Gewinst: was man im Wettstreit, im Spiel gewinnen kann; in dieser Bedeutung nach Adelung im ausgehenden 18. Jahrhundert noch üblicher als ‚Gewinn‘ (vgl. Adelung 2, 666). – Hier mit Bezug auf die von Knebel gewonnene Uhr (vgl. zu 229,26–27). 230,20 Steinen] Josias von Stein. 230,20 die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Freundin Charlotte von Steins (zur Person vgl. die erste Erläuterung zu 37,11). 230,20 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 230,20 die Kleine] Sophie von Schardt, Charlotte von Steins Schwägerin. 230,20–21 die Werthern] Emilie von Werthern-Beichlingen, deren Ehe mit dem fast 20 Jahre älteren Christian Ferdinand Georg von Werthern-Beichlingen, dem Kammerherrn und Reisestallmeister Carl Augusts, nicht glücklich verlief (vgl. die zweite Erläuterung zu 38,6). 230,21 Seckendorfen] Sophia Friederike von Seckendorff, seit 1779 Frau des herzoglichen Kammerherrn Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. 230,22 Frizzen] Friedrich von Stein, der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus wohnte. 230,31 dein Briefelein] Vgl. zu 230,3–5. 230,32 Housaren] Vgl. die erste Erläuterung zu 222,1. 231,11 Billet-doux] Franz.: süßes Briefchen, Liebesbrief.

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BRIEFE 324/325

231,14 groß Royal Papiere] Ein besonders großes Papierformat (auch Großregal oder Superroyal), eigentlich für Landkarten oder Kupferstiche bestimmt (vgl. Krünitz 106, 840; Pierer 12, 616).

324. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 15. März 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) ist der vorliegende Brief unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 eingeordnet. Im Erstdruck wird er entgegen der Einordnung im Konvolut auf Ende August 1780 datiert, in der Annahme, er sei „nach dem Heimritt Goethes vielleicht von Ettersburg“ geschrieben worden (Schöll, Goethe-Stein 1, 330, Anm. 2). Seit Fielitz wird der Brief im Jahrgang 1781 belassen und nach dem Inhalt (vgl. zu 231,18) auf den 15. März 1781 datiert, den Tag der Rückkehr aus Neunheilingen. Da diese Datierung plausibel erscheint, wird sie beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 89. – 1 Bl. 18,8 × 10,3(–10,5) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: 〈Fr. v〉. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „207.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 207), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 330. WA IV 5 (1889), 83, Nr 1157. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 231,18 Mit grosem Verlangen bin ich bey Ihnen vorgeritten] Inhalt und Tonfall des Briefes verweisen darauf, dass er unmittelbar nach der Rückkehr von einer längeren Abwesenheit Goethes aus Weimar geschrieben wurde. Am 15. März 1781 kehrte Goethe von seiner Reise nach Neunheilingen zurück und hatte mit großer Ungeduld das Wiedersehen mit Charlotte von Stein erwartet (vgl. 228,22–23; 230,14–17). 231,19 zu Ihren Eltern] Johann Wilhelm Christian und Concordia Elisabeth von Schardt wohnten im ehemaligen Schwarzenfelsischen Haus in der Scherfgasse (heute Nr 3) nahe dem Erfurter Tor.

MÄRZ 1781

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231,21 meinem Garten] Goethes Garten und Gartenhaus am „Stern“, von dem die Wohnung Charlotte von Steins an der Ackerwand mit etwa 500 m nur wenige Gehminuten entfernt war. 231,21–22 wenn Sie nach Hause kommen] Wie der folgende Brief an Charlotte von Stein vom Morgen des 16. März 1781 (Nr 325) nahelegt, kam es noch am 15. März zu einem Wiedersehen mit der Freundin, da Goethe sonst sicher seine Enttäuschung zum Ausdruck gebracht hätte.

325. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 16. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 48. – 1 Bl. 18,8 × 12,2(–12,5) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, rotes Initialsiegel: „G“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „114“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 116), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 48f. WA IV 5 (1889), 83, Nr 1158. BEIL AG EN

1) Kästchen (vgl. zu 232,1–2). 2) Süßigkeiten? (vgl. zu 232,2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 232,1 das volle Kästgen] Vielleicht mit Lebensmitteln zum Frühstück (vgl. z. B. zu 38,12). – ‚Kästchen‘ hier Verpackung für den Transport (vgl. GWb 5, 296). 232,1–2 ein leeres zur schwarzen Kreide] Für die Aufbewahrung von Zeichenschiefer, den Goethe der Freundin vielleicht schon am Vortag geschenkt hatte (vgl. zu 231,21–22). 232,2 nur weniges von dem vielen guten] Wahrscheinlich Süßigkeiten, die Goethe als Geschenk aus Neunheilingen mitgebracht haben könnte (vgl. zu 233,16). 232,3–4 Zu Mittag will ich nach Hof gehn 〈…〉 essen.] Am 16. März 1781 nahm Goethe laut Fourierbuch nicht an der fürstlichen Mittagstafel teil, dafür wird er am 17. März, an 14. und letzter Stelle, unter den Gästen aufgeführt (vgl. FB 1781, S. 56).

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BRIEF 325

Abb. 3: Lucas Emil Vorsterman d. Ä.: Brutus

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326. An Johann Caspar Lavater

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〈Weimar〉, 16. März 1781 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 133. – 1 Bl. 18,8(–19) × 23,1 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt noch ein 2,5–3,5 cm breiter Streifen vorhanden, 1 ¾ S. beschr., egh., Tinte; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 192 (Teildruck: 232,10–11 Von einer kleinen Reise zurückgekommen 〈…〉 über alle deine Briefe.; 233,14 Gott mit dir.). E2: WA IV 5 (1889), 83–85, Nr 1159 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet drei Briefe Lavaters (vgl. 232,11): einen nicht überlieferten vom 3. März 1781 (vgl. die erste Erläuterung zu 234,17), einen zweiten vom selben Tag (vgl. RA 1, Nr 136) und einen weiteren vom 7. März 1781 (vgl. RA 1, Nr 137). – Lavater antwortete am 26. März 1781 (vgl. RA 1, Nr 139). 232,10 kleinen Reise] Goethe war vom 8. bis 15. März 1781 in Neunheilingen gewesen (vgl. zu 220,10). 232,11 mit dem nächsten Posttag mehr] Der nächste Posttag war Dienstag, der 20. März. Der Brief vom 18. März 1781 (Nr 329) wurde am 19. März bis Schaffhausen frankiert (vgl. Postsendungen zu Brief Nr 329). Briefe in die Schweiz wurden von der Kaiserlichen reitenden Post auf dem ‚Nürnberger Cours‘ über Nürnberg und Ulm befördert (vgl. Topographisches Reise-, Post- und Zeitungslexicon von Deutschland. Bd 2. Leipzig 1782, S. 796f., 835f.; Überlieferung zu Nr 12). Sie ging von Weimar „Dienstags Abends 4 Uhr“ ab (Post-Bericht 1781, o. S.). 232,12 die Nachricht] Der Gewinn der astronomischen Uhr (vgl. zu 210,7). Goethe hatte Lavaters Briefe vom 3. März 1781 in Neunheilingen erhalten und schloss Lavaters Brief an Knebel vom selben Tag dem Brief an Charlotte von Stein vom 13. März 1781 bei (vgl. zu 229,26). Sie sollte Knebel die Nachricht Lavaters übermitteln (Lavaters Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1029f.). 232,14 er habe dir geschrieben] Knebels Antwortbrief an Lavater vom 15. März 1781, in dem er erklärte, Lavater möchte „für Sich Selbst einen Gebrauch“ von der Uhr machen (Anhang „Dokumente“, S. 1031,25). 232,16–17 meinen lezten wohl g e d a c h t e n Brief] Vom 19. Februar 1781 (Nr 291) über Knebel und dessen Gewinn der astronomischen Uhr (vgl. 210,6–211,29). 232,24 Schreib mir] Lavater beantwortete den Brief am 26. März.

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BRIEF 326

233,1 verwechselten Packet an Kaysern] Da die Darstellungen von Lavater (im nicht überlieferten Bezugsbrief) und Barbara Schultheß voneinander abwichen, bemühte sich Goethe im vorliegenden und im nächsten Brief vom 18. März (Nr 329) um Aufklärung, wobei ihm selbst eine Verwechslung unterlief (vgl. zu 233,5). – Tatsächlich waren zwei Pakete verwechselt worden: Erstens vermisste Lavater eine Rolle, die eine Aufstellung aller seiner Schulden enthielt und die er auf dem Weg nach Weimar glaubte, und bat Goethe im Antwortbrief darum, sie zu verbrennen (vgl. Goethe-Lavater3, 165). Es stellte sich jedoch heraus, dass eine andere Rolle nach Weimar verschickt worden war und die Rolle mit dem kompromittierenden Inhalt sich noch in Zürich befinden müsste (vgl. zu 234,23). Zweitens war ein Paket in Weimar mit einem Manuskript angekommen, das wahrscheinlich für den Verleger Reich in Leipzig bestimmt war (vgl. zu 233,7). 233,3 Bäbe schreibt] Aus Barbara Schultheß’ Brief vom 1. März ist ein Auszug überliefert (vgl. 234,10–14), den Goethe auf seinen Brief vom 18. März aufklebte (vgl. Überlieferung zu Nr 329). 233,3 Q u a r t ] Papierformat, das durch die Faltung eines Bogens in vier Blätter entsteht, die bei Kleinquart etwa 23 bis 26 cm und bei Großquart etwa 35 bis 40 cm hoch sein können. 233,4–5 An Kaysern 〈…〉 C l a v i e r C o n z e r t angekommen] Nicht ermittelt. – Wahrscheinlich handelte es sich um das Paket, das Goethe laut Rechnungsbüchern am 11. März aus Zürich empfangen hatte (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 18r). Vermutlich hatte Barbara Schultheß die Partituren für Kayser geschickt, der sich seit Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar aufhielt (vgl. zu 209,27–28). Lavater kündigte im Antwortbrief eine Sendung mit „M u s i k a l i e n“ von Barbara Schultheß an (Goethe-Lavater3, 165). 233,5 ein Packet in g r o s Q u a r t ] Im darauffolgenden Brief korrigiert Goethe diese Angabe zu g r o s O k t a v (234,18) (vgl. zu 234,18). Ein Paket in Großoktav ist aufgrund des Inhalts plausibel (vgl. die folgende Erläuterung). 233,7 Exemplar g e i s t l i c h e r G e d i c h t e ] Manuskript mit einem Teil der Gedichtsammlung: Poesieen von Johann Caspar Lavater. Den Freunden des Verfassers gewiedmet. 2 Bde. Leipzig 1781. – Mit dem Leipziger Verleger Reich führte Lavater seit September 1780 Verhandlungen über Format, Ausstattung und Druck der Ausgabe (vgl. ZB Zürich, Slg Bebler D 288/8,3–8). Er begleitete die Drucklegung von Zürich aus und schickte am 24. März 1781 den letzten Bogen in die Druckerei (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 140). Lavater schrieb Goethe am 26. März: „die P o e s i e e n – wovon ich z w e e n B ä n d e (die wenig für dich enthalten!) auf Ostern herausgebe, wovon vermuthlich das, was du hast, ein Theil Manuskript ist. Ich hoffe doch nicht, welches mir so eben einfällt, daß das, so nach L e i p z i g sollte, nach We y m a r gekommen sey. Wenn’s, Lieber, w e i c h Papier zum Überzug hat – nicht C a r t o n, so gehört’s, weiß Gott, nach Leipzig an R e i c h! 〈…〉 Mir schwindelt fast –!!“ (Goethe-Lavater3, 165f.) Am 31. März

MÄRZ 1781

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gab er jedoch Entwarnung, es handele sich lediglich um eine Abschrift (vgl. ebd., 167). – Goethe erhielt vom Verleger ein Exemplar des Buchs und teilte Lavater seine Leseeindrücke mit (vgl. 287,31–288,5). 233,10 Brutus] Kupferstich von Lucas Emil Vorsterman d. Ä. nach Rubens, in Goethes Kunstsammlungen überliefert (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGr/Sch.I.181,0365; vgl. Abb. 3 im Kommentarband, S. 628). Laut Goethes Rechnungsbüchern empfing er die Sendung am selben Tag (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 18r). – Goethe hatte 1775 eine Beschreibung des Brutus für Lavaters Physiognomik beigesteuert (vgl. WA I 37, 355–358; von der Hellen, 199–207). 233,11 Das Buch] Lavater hatte Bodmer im August 1780 Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ aus der Gothaischen Bibliothek ausgehändigt (vgl. zu 102,14–15). – Bodmer ließ einen Teil des Werkes abschreiben und fragte Lavater am 8. November 1780, ob er die Handschrift über Leipzig zurückschicken könne (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 502.261). Am 3. März 1781 erkundigte sich Lavater bei Knebel nach dem Verbleib der Handschrift (Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1029f.), der am 15. März 1781 den Empfang bestätigte (Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1030–1032). 233,13 Auf die Gemählde freu ich mich.] Im Bezugsbrief hatte Lavater die Zusendung von mehreren Kisten mit Gemälden angekündigt und ausführlich vom schlechten Zustand der übermalten Bilder berichtet: „Erwarte aber doch nichts f e i n e s, nichts u n v e r d o r b e n e s“ (Goethe-Lavater3, 156). Gleichzeitig hatte er Goethe vor den hohen Transportkosten gewarnt, die er auf 7 Louisdor schätzte. – In weiteren Briefen äußerte Goethe zunächst seine Vorfreude auf die Bilder (vgl. zu 235,7–9; 253,16–17), klagte aber darüber, dass Lavater ein Großteil der Sendung über Leipzig geschickt hatte (vgl. zu 252,16–20). Nach dem Empfang der Bilder zeigte er sich enttäuscht wegen ihres schlechten Zustands; die meisten stellten sich als minderwertige Kopien heraus (vgl. zu 256,11–14), auch wenn Lavater ihre erhabene Wirkung schätzte (vgl. zu 266,24–25). Es ist unklar, wie viele und welche Bilder Lavater nach Weimar schickte; eine genaue Identifizierung in den Weimarer Kunstsammlungen ist nicht mehr möglich (vgl. zu 235,4; zu 256,23; zu 256,24–257,1). – Für die überschickten Bilder wurde Lavater ein Teil seiner Schulden bei Herzog Carl August abgeschrieben (vgl. zu 266,26).

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327. An Charlotte von Stein

BRIEFE 327–329

〈Weimar〉, 17. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 49. – 1 Bl. 17,6(–17,8) × 9,8(–10,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „115.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 117), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 49. WA IV 5 (1889), 85, Nr 1160. BEIL AG EN

1) Brot (vgl. zu 233,16–17). 2) Veilchen (vgl. 233,17). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 233,16 Heut erhalten Sie nichts süses zum Frühstück.] Demnach hatte Goethe der Freundin am Vortag wohl etwas ‚Süßes‘ geschickt (vgl. zu 232,2). 233,16–17 mit schwarzem Brod begnügen] Wahrscheinlich so genanntes Kommissbrot (vgl. zu 199,1). 233,17–18 meinem Ersten] Variation der ungewöhnlichen Anreden der Geliebten, um ihre Einmaligkeit zu betonen (vgl. zu 206,10). 233,19–20 wenigstens seh ich Sie nach Tische.] An diesem Tag war Goethe Gast der fürstlichen Mittagstafel (vgl. zu 232,3–4).

328. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 18. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 31. – 1 Bl. 18,9 × 11,5(–11,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse, Paraphe angeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v Ste〈in〉, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „68.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 69), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 49. WA IV 5 (1889), 85f., Nr 1161.

MÄRZ 1781

633

BEIL AG E

Möglicherweise Süßigkeiten (vgl. 233,22). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 233,22 Einen süsen guten Morgen] Vielleicht ein Hinweis auf mitgeschickte Süßigkeiten (vgl. zu 232,2). 234,1 die Assemblee] Große Hofgesellschaft. 234,2 Conzert] Am Abend des 17. März 1781 fanden am Weimarer Hof eine große Tafel mit „19 Pers〈onen〉“ und ein Konzert statt (FB 1781, S. 57). 234,3–4 an Ihrer Wohnung 〈…〉 auf dem Hügel] Goethes Garten und Gartenhaus am „Stern“ war tiefer gelegen als das mit etwa 500 m nur wenige Gehminuten entfernte Stiedenvorwerk an der Ackerwand, in dem sich die Wohnung der Familie von Stein befand.

329. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 18. März 〈1781〉 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 134. – Doppelblatt 19 × 27,9 cm, 3 S. (S. 1–3) beschr., S. 4 am rechten Rand quer zur Schreibrichtung 2 Zeilen beschr., egh., Tinte; auf S. 1 fest aufgeklebter ausgeschnittener grauer Zettel (12[–12,3] × 6,9[–7,1] cm) mit dem Teil eines Briefes von Barbara Schultheß vom 1. März 1781 (234,10–14 Durch ein fatales versehen 〈…〉 zurückgeschikt werden soll –), Barbara Schultheß’ Hd, Tinte (Petitdruck), daneben am rechten Rand quer zur Schreibrichtung von fremder Hd, Tinte: „ein Billet v: Bäbe Schultheß“; Auslassungszeichen von fremder Hd, Rötel (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). – Beischluss: EB 108. E1: Goethe-Lavater1 (1833), 118–121, Nr 32 (Teildruck mit Auslassungen: 234,8–25 Zuerst also wegen des Packets 〈…〉 und eröffne es auch selbst nicht.; 235,22–23 Deine Rechnung vom 1 Nov. 〈…〉 seit der Zeit nichts.; 235,27–30 Die drey Könige 〈…〉 ich bin nun so.; 236,9–14 Lynckern hab ich 〈…〉 es verlangst entrichten.; 236,22–23 Sie schrieb mir 〈…〉 Verhalte mirs nicht.; 236,28 Wegen der Uhr thust du was du willst.). E2: WA IV 5 (1889), 86–89, Nr 1162 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Wie Brief Nr 326 beantwortet der vorliegende Brief drei Briefe Lavaters: einen nicht überlieferten vom 3. März 1781 (vgl. die erste Erläuterung zu 234,17), einen

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BRIEF 329

zweiten vom selben Tag (vgl. RA 1, Nr 136) und einen weiteren vom 7. März 1781 (vgl. RA 1, Nr 137). – Lavater antwortete am 31. März 1781 (vgl. RA 1, Nr 140). Postsendungen: 19. März 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 18r). 234,8 wegen des Packets] Vgl. zu 233,1. 234,9 Bäbe] Vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29. 234,10 Reblaub] Reblaube: Lavaters Amtshaus zwischen 1778 und 1784 an der Peterhofstatt in Zürich. 234,11 groß quart] Papierformat, das durch die Faltung eines Bogens in vier Blätter entsteht, die bei Großquart etwa 35 bis 40 cm hoch sein können. 234,17 unterm 3. M.] Nicht überlieferter Brief Lavaters vom 3. März 1781. Lavater schrieb im zweiten Brief vom selben Tag: „Damit es nicht vergessen und aufgeschoben werde, so fang ich gleich an, das im heut abgegangenen Briefe unbeantwortete Dir zu beantworten.“ (Goethe-Lavater3, 152.) 234,17 R o u l e a u ] Franz.: Rolle. 234,18 g r o s O k t a v ] Oktav: kleines Papierformat, das durch die Faltung eines Bogens in acht Blätter entsteht, die bei Kleinoktav etwa 10 bis 18,5 cm und bei Großoktav bis zu 25 cm hoch sein können. 234,19 R e l i g i o s e Po e s i e n ] Vgl. zu 233,7. 234,19–20 weil ich doch 〈…〉 zuwider seyn] Diese Vermutung bestätigte Lavater indirekt im Brief vom 26. März, der sich mit vorliegendem Brief kreuzte (vgl. Goethe-Lavater3, 165). 234,23 Deswegen erwart ich neue Nachricht und Auftrag.] Im Antwortbrief gab Lavater Entwarnung: „Das R o u l e a u enthielt nichts, was m i r gehörte, das, was wir abgeschickt wähnten, muß allso noch irgendwo bey uns versteckt liegen. 〈…〉 Das Buch, was du hast, ist vermuthlich, ja gewiß eine Abschrift eines Theils meiner nach Leipzig gegangenen P o e s i e e n, mithin nichts geheimes, nichts verbrennbares – Etwas gelegentlich zurückzusendendes.“ (Goethe-Lavater3, 167.) – Noch vor Eingang des vorliegenden Briefes schickte Goethe am 21. März 1781 ein Paket an Lavater (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 18r). Es enthielt wohl das Manuskript oder aber die inzwischen angekommene Rolle; die in Goethes Rechnungsbüchern am 19. März verzeichneten Posten (Paket und P. u. Briefe) lassen keine Zuordnung des Herkunfts- oder Zielorts der Sendungen zu (ebd.). 235,1 Brutus] Vgl. zu 233,10. 235,3 ungeheuer würckend] Mit Bezug auf die eigene, 1775 entstandene Beschreibung von Brutus’ Kopf für die „Physiognomischen Fragmente“: Mann verschlossener That! langsam reifender, aus tausend Eindrücken zusammen auf Einen Punkt gewürkter, auf Einen Punkt gedrängter That! In dieser Stirne ist nichts Gedächtniß, nichts Urtheil, es ist ewig gegenwärtiges, ewig würkendes, nie ruhendes Leben, Drang und Weben! (WA I 37, 357.)

MÄRZ 1781

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235,4 wo er den Geist sieht] In Shakespeares Tragödie „Julius Caesar“ erscheint Brutus der Geist Cäsars (IV 3). Lavater bestätigte Goethes Interpretation im Antwortbrief mit einer Anspielung auf die Gemälde-Sendung (vgl. zu 233,13): „Daß dich B r u t u s freüte, freüt mich auch deßwegen, weil ich nun desto sicherer hoffe, der alte C ä s a r von oder nach T i t i a n, so roh und verdorben er ist, werde dir noch mehr machen. B r u t u s sieht den Geist, wie du wohl divinirtest!“ (Goethe-Lavater3, 167.) – Die angebliche Tizian-Kopie konnte nicht ermittelt werden. 235,5 Deine Auslage] Nicht ermittelt. 235,6 die überschickten Gemählde] Vgl. zu 233,13. 235,7–9 Halten wir die Trümmer 〈…〉 warum nicht Gemählde.] Anspielung auf den durch Winckelmann angestoßenen archäologischen Diskurs und die Debatte über den Originalwert antiker Kunstwerke: Winckelmann hatte Spuren der griechischen Kunst etwa in den Ruinen von Herkulaneum aufgesucht und sich in der Vorrede zur „Geschichte der Kunst des Alterthums“ kritisch über die Restaurierung und Ergänzung antiker Statuen geäußert (vgl. Winckelmann, GK1, XVII–XIX). Goethes Ausführungen beziehen sich auf Lavaters ausführliche Warnung vor dem schlechten Zustand der überschickten Gemälde: „Ich ließ sie alle in statu quo – du kannst vielleicht was nachbessern, sie wenigstens entstauben“ (Goethe-Lavater3, 156). Goethes Hoffnungen wurden jedoch nicht erfüllt (vgl. zu 256,11–14). – ‚Klauben‘: vorwiegend im Oberdt. im übertragenen Sinne für ‚aussondern‘, ‚auslesen‘ (vgl. Adelung 2, 1609). 235,10 meinem didacktischen Briefe] Goethes Brief vom 19. Februar 1781 (Nr 291) über Knebel und dessen Gewinn der astronomischen Uhr (vgl. 210,6–211,29). 235,10–11 etwas misbehagt hat] Wohl im nicht überlieferten Bezugsbrief ausgeführt. 235,16 da du sagst daß du gesund bist] Wohl auch im nicht überlieferten Bezugsbrief. – Goethe hatte sich nach Lavaters Gesundheit erkundigt (vgl. 209,7). 235,22 Deine Rechnung vom 1 Nov. 80] Nicht überliefert (vgl. zu 49,32). 235,24 Die Mannssilhouette] Vgl. zu 252,28–29. 235,27 Die drey Könige!] Das Gedicht „Die heil’gen drei König’ mit ihrem Stern“ (WA I 1, 149f.) war als Maskenspiel am 6. Januar 1781 aufgeführt worden (vgl. zu 185,6). Lavater hatte im Bezugsbrief angedeutet, der Ton des Gedichts sei unangemessen (vgl. Goethe-Lavater3, 155). – Goethe erklärte in einem auf den 20. Januar 1826 datierten Aufsatz „Über Volks- und Kinderlieder“ die Tradition des Dreikönig-Singens, die er im Gedicht aufgegriffen hatte: Aus dieser vorpoliceylichen Epoche erinnere ich mich auch noch des beweglichen Sterns, der am Abend vor Epiphanias von Knaben herumgetragen, gleichfalls heischenden Knaben zum Vorwand zu dienen pflegte und wovon uns nur noch in Gemälden und Kupfern der Niederländer [noch] das Gedächtniß übrig bleibt. Jener unfromme Anfang des Liedes: / Die heiligen drey

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BRIEF 329

König’ mit ihrem Stern, / Sie essen, trinken und bezahlen nicht gern. / wird nur dadurch heiter und erklärlich, wenn man sich diese muntern Gäste mit Papierkronen und Einen darunter mit geschwärzten Gesichte denkt. Sie wünschten zu essen und zu trinken und hätten die Bezahlung dafür noch obendrein gern mitgenommen. (AA SL 3, 248f.) 235,28 den Glauben eines Teils der Welt] Anspielung auf die profane Feier mit Musik, Essen und Wein aus Anlass des Dreikönigstags am 6. Januar, dem Tag der Epiphanie (Erscheinung des Herrn), eines wichtigen christlichen Festes. 235,29 Fabelfrazzen] Phantasiegebilde (vgl. GWb 3, 513). 235,29 tracktire] Traktieren: hier mit der Bedeutung ‚behandeln‘ (vgl. Adelung 4, 637). 235,31 Calliostro ist 〈…〉 ein merckwürdiger Mensch.] Vgl. zu 209,3–4. – ‚Merkwürdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn von ‚wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). Lavater ging im Antwortbrief auf Goethes ablehnende Einschätzung Cagliostros ein (vgl. zu 252,21–22). 236,3 Daß du meiner 〈…〉 gedacht hast] Vgl. zu 209,6. 236,7–8 Uber Peter 〈…〉 Tscharner schicken kannst.] Vgl. EB 108. 236,9 exequirt] Exequieren: amtssprachlich für ‚beitreiben‘ oder ‚vollstrecken von Schulden‘, hier im Sinne von ‚an Schulden erinnern‘ (vgl. GWb 3, 491). 236,9–11 Er schiebts auf Kaufmannen 〈…〉 Geld schuldig sey.] Von Ende 1776 bis Oktober 1777 hatte der ‚Genieapostel‘ Christoph Kaufmann eine Reise durch Süd- und Mitteldeutschland unternommen (vgl. GB 3 II, zu 130,10–11). Der Weimarer Präsident des Oberkonsistoriums und Landschaftsdirektor Carl von Lyncker begleitete ihn von Darmstadt über Ulm, Augsburg und München nach Weimar. Ende Januar 1777 hielten sie sich in Augsburg auf, wo sie Schulden beim Medailleur Johann Martin Bückle machten. Ob es dabei um eine Petschaft oder eine Medaille ging, konnte nicht ermittelt werden; Lavaters Briefwechsel mit Bückle ist nicht überliefert. – Lavater hatte am 7. März 1781 diese Schulden angemahnt, von denen bereits während Goethes Aufenthalt in Zürich die Rede gewesen war, und sie auf 7 oder 8 Neue Louisdor geschätzt: Bückle würde sich aber „mit 7. zufriden“ geben (Goethe-Lavater3, 157). 236,12 5 C a r o l i n. die er mir auch ausgezahlt] In Goethes Rechnungsbüchern wurde diese Summe weder in den Einnahmen noch in den Ausgaben verzeichnet; die Quittung an Lyncker ist nicht überliefert. 236,13–14 du kannst diese 〈…〉 verlangst entrichten] Lavater hatte vorgeschlagen, entweder selbst Bückle zu bezahlen und sich den Betrag von Goethe erstatten zu lassen, oder Goethe solle Bückle direkt „einen Wechsel zusenden“ (Goethe-Lavater3, 158). Im Antwortbrief bat Lavater, der das Geld an Bückle schickte, um eine Barzahlung (vgl. ebd., 168). Goethe stimmte zwar am 9. April zu (vgl. 253,1), Lavater musste ihn aber am 19. Mai wieder daran erinnern (vgl. Beilage zu Nr 408).

MÄRZ 1781

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236,15 des alten Königs Schrifft über die D. Litteratur] Die im Dezember 1780 erschienene Schrift Friedrichs II. „De la littérature Allemande“ (vgl. zu 240,1). – Lavater ging auf Goethes Frage ein (vgl. zu 253,2). 236,16 Lessings Tod hat mich sehr zurückgesezt] Gotthold Ephraim Lessing war am 15. Februar 1781 in Braunschweig gestorben (vgl. zu 212,9–10). – Am 22. April schrieb Lavater: „Über L e ß i n g vergiß mir nicht, etwas zuschreiben.“ (Goethe-Lavater3, 175.) Goethe kam Lavaters Bitte nicht nach. 236,19 Kayser] Vgl. zu 209,27–28. 236,20 Absichten mit ihm] Wahrscheinlich in Anspielung auf projektierte Singspiele für das Weimarer Liebhabertheater, die ebenso wenig ausgeführt wurden wie der Plan, Kayser einen Aufenthalt in Wien bei Christoph Willibald Gluck zu ermöglichen (vgl. zu 304,3). 236,21 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). 236,21 einen Brief schuldig] Der letzte ermittelte Brief an Barbara Schultheß war vom 15. Dezember 1780 (EB 95). Der nächste nachgewiesene Brief datiert auf den 29. April 1781 (EB 116). 236,22 Sie schrieb mir] Dieser Brief ist nicht überliefert. 236,22 Riesengeiste] Duchanteau (vgl. die folgende Erläuterung). 236,22–23 Verhalte mirs nicht.] Verhalten: verschweigen (vgl. Adelung 4, 1055). – Lavater hatte Goethe bereits einen Schattenriss ohne Angaben zur Person geschickt (vgl. 235,24–25). Im Antwortbrief kam er Goethes Bitte nach: „Die Silhuette ist von D u c h a n t e a u, dem R i e s e n g e i s t e, der bey mir war. Ein Mann von rasender metaphysich theosophisch spizbübisch religioser Genialität – der neben vier göttlich wahren Gedanken immer 3 abominable fallen ließ – bald die Sprache der Inspiration, bald die des Teüfels spricht – Ein Pythagoräer, Anachoret, Mystiker, Hochchrist, Antichrist in Einer Person – Catholik von Geburth, durch Schwärmerey ein beschnittener – durch Wahrheitsliebe ein Pythagoräer – izt ein hocherleüchteter Narr und also – nahe verwandt mit einem L u m p.“ (Goethe-Lavater3, 167f.) Goethe ging auf Lavaters Ausführungen ein (vgl. zu 252,28–29). – Den Kontakt zwischen Duchanteau und Lavater hatte Christian Gottfried Körner vermittelt, der Duchanteau in Paris kennen gelernt und dessen Urinexperimenten beigewohnt hatte, mit denen er zum Stein der Weisen gelangen wollte (vgl. Joseph P. Bauke: Der Heiland aus Paris. Ein unveröffentlichter Briefwechsel zwischen C. G. Körner, Karl Graf Schönburg-Glauchau und J. C. Lavater. In: JdDSG 10 [1966], S. 10–57). Lavater hatte daraufhin Duchanteau Ende Januar 1781 in Straßburg getroffen. Der Theosoph hatte sich Anfang Februar in Zürich aufgehalten, konnte Lavater jedoch nicht dazu überreden, mehrere Wochen zu fasten (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 132–134). 236,24 Frau und Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich, Anna (Nette) und Louise.

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BRIEFE 330/331

236,24 sage mir etwas von ihnen] Im Antwortbrief vom 31. März hieß es: „Wir sind alle gesund, Nur das Engelchen L u i s e l i n, meynt meine Frau sey nicht ganz wohl. Es ist das liebste u. reineste a l l e r meiner Produkte!“ (Goethe-Lavater3, 167.) 236,26 Brutus] Vgl. zu 233,10; 235,1–2. 236,28 Wegen der Uhr] Die von Hahn gebaute astronomische Uhr (vgl. zu 210,7). – Lavater bezog sich in seinem Brief vom 26. März, der sich mit vorliegendem Brief kreuzte, auf Knebels Brief vom 15. März 1781 (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1030–1032): „Nun weiß ich gar nicht, was ich thun soll. Gewiß, eh K n e b e l s u. dein Brief vom 16. März kamen, wäre die Uhr schon abgegangen gewesen, wenn ich gewußt hätte, wie sie einpaken? wie fortschicken? – So ganz wie möglich hab’ ich den Gedanken, den du weißest, fallen laßen. 〈…〉 / Übrigens, wenn dem Ding’ ein Unfall auf dem Weg begegnen würde, daß weder Zürich, noch Weymar was davon hätten, würd’ ich mich in die Zunge beißen. Dies ist’s, was mich ganz unentschloßen macht. / In solchen Fällen überlaß’ ich mich dem L o o s. Ich schreib auf eine Charte Z ü r i c h u. auf die andere Seite We y m a r – Ich werfe sie auf u. laße sie fallen. Dreymahl, mein Lieber, will ich’s nun nacheinander thun, u. dir ehrlich schreiben, wie’s ausfiel. Was oben auffällt, pflegt mir Orakel zu seyn. – Ich hab’s gethan; So wahr ich lebe – alle dreymal nacheinander fiel Z ü r i c h auf. Das müßt’ Ihr nun auch thun – u. dann entscheidet Ihr. So lange sag’ ich noch keinem Menschen nichts – wohl verstanden; wenn’s K n e b e l n ganz w a h r e r i n n e r e r E r n s t ist, so l o o s e t Ihr; wo nicht – so send’ ichs, ohne weiteres. 〈…〉 Behalten wir’s, so schreibt mir K n e b e l einen z e i g b a r e n B r i e f, worinn er m i r überläßt, der K u n s t s c h u h l e oder der N a t u r f o r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t, das Werk in seinem Namen zuüberlaßen, oder – e s u n t e r s i c h z u v e r l o o s e n. Was Ihr aber thut, thut aufs b ä l d e s t e u. g a n z – Ich schreibe d i r darüber, damit du immer noch f r e y e H a n d habest, – u. ich will nicht indiskret gegen K n e b e l, den wahrhaftgroßmüthigen scheinen.“ (Goethe-Lavater3, 163–165.) Knebel überließ die Uhr der Naturforschenden Gesellschaft (vgl. 252,9–15).

330. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 30. – 1 Bl. 18,8(–19) × 9,6(–9,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „67“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 68), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

MÄRZ 1781

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E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 50. WA IV 5 (1889), 90, Nr 1163. BEIL AG E

Möglicherweise Zeitungen (vgl. zu 237,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 237,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 237,1 Gewünscht hab ich 〈…〉 mir seyn mögten.] Die Art der Formulierung und der Kontext lassen vermuten, dass Goethe damit auf eine Einladung zum Mittagessen antwortet. 237,3 Clima] Hier: Stimmung, geistige Atmosphäre, Aura (vgl. GWb 5, 444); in dieser besonderen Bedeutung nur auf die Person Charlotte von Steins bezogen (vgl. zu 244,22, ebenso im Brief vom 24. Juni 1782 [vgl. WA IV 5, 352,6]). 237,5 die Politick] Möglicherweise Zeitungen.

331. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 32. – 1 Bl. 18,9(–19,1) × 7,9(–8,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Paraphe angeschnitten; Rs. rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „72“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 73), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 50. WA IV 5 (1889), 90, Nr 1164. BEIL AG E

Lebensmittel (vgl. zu 237,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 237,7 Geniesen Sie das Frühstück] Wahrscheinlich schickte Goethe wie so häufig Lebensmittel (vgl. z. B. zu 38,12). 237,8 Ihr Vorsaz] Hier in eingeschränkter Bedeutung im Sinne von ‚Plan‘ (vgl. Grimm 26, 1442).

640

BRIEFE 332–334

332. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 30. – 1 Bl. 18,7(–18,9) × 11 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse, unten rechts Siegelausschnitt; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, rotes Initialsiegel: „G“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „66.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 67), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 50. WA IV 5 (1889), 90f., Nr 1165. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 237,13 Heute muß ich 〈…〉 fleisig seyn] In Vorbereitung der Sitzung des Geheimen Consiliums am 21. März 1781, die in Abwesenheit des Herzogs stattfand. Beraten wurden unter anderem „Militärsachen“, die in Goethes Ressort als leitender Kriegskommissar fielen (vgl. Wahl, Consilium, 673, Nr 9626–9632). Am 11. März hatte Carl August von Neunheilingen aus an Fritsch geschrieben: „Ich wünschte Sie hielten ehe ich wieder komme eine Seßion, u. thäten etwas Laufende Sachen ab.“ (LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 38, Bl. 37r.) 237,15 in Ihrer Athmosphäre] Hier: besondere geistig-seelische Aura (vgl. zu 237,3).

333. An Friedrich Justin Bertuch

〈Weimar〉, 20. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – Doppelblatt 13,8 × 20 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte. E: Ludwig Geiger: Goethes Briefe an Bertuch. In: GJb IV (1883), 203, Nr 6. WA IV 5 (1889), 91, Nr 1166. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 238,1 die rückkommenden Papiere] Näheres dazu nicht ermittelt. – Nicht ganz auszuschließen, wenn auch unwahrscheinlich ist, dass es sich um die am 8. März 1781 angeforderten Handschriften handelt (vgl. zu 221,12; zu 221,14).

MÄRZ 1781

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238,2 ErdGlobus] Nicht ermittelt. – Weder in Goethes Rechnungsbüchern noch in den Belegen der herzoglichen Privatschatulle konnte ein entsprechender Posten gefunden werden. Wahrscheinlich ließ sich kein Exemplar beschaffen, das die Anforderungen erfüllte, zumal Goethe in einem Brief vom 14. November 1783 an Knebel eine ähnliche Anfrage richtete (vgl. WA IV 6, 212). Der in Goethes Sammlung überlieferte Globus wurde erst 1797/98 nach langen Bemühungen erworben (KSW, Museen, Kunstgewerbesammlung, Inv.-Nr GKg/01181; vgl. Brief an David Beringer vom 2. Januar 1798 [WA IV 50, 18]). 238,2–3 die neusten Entdeckungen] Mit Bezug auf die Ergebnisse von James Cooks dritter Südseereise (1776–1779). Dafür spricht Carl Augusts Brief an Bertuch vom 18. November 1779, der eine ausführliche Bücherbestellung enthielt: „Wegen den Globis wollen wir den von Cooken abwarten.“ (GSA 6/1591.) 238,6–8 Recherches sur les Volcans 〈…〉 zu verschreiben] Barthélemy Faujas de Saint-Fond: Recherches sur les volcans éteints du Vivarais et du Velay (Untersuchungen über die erloschenen Vulkane in Vivarais und Velay). Grenoble, Paris 1778. – Der mit 20 Tafeln ausgestattete Foliant enthält eine Beschreibung der erloschenen Vulkane im südfranzösischen Zentralmassiv und beweist den vulkanischen Ursprung der dortigen Basalte. Goethes Bestellung stand wahrscheinlich im Zusammenhang mit Voigts Erkundung der erloschenen Vulkane in der Rhön (vgl. zu 179,31–32). – Bertuch bestellte das Buch bei der Straßburger Buchhandlung Bauer & Treuttel, mit der er seit 1775 in geschäftlicher Beziehung stand und von der er Bücher für sich, den Herzog und die herzogliche Bibliothek bezog (vgl. GSA 6/87). Das Buch wurde, wie weitere Nachschlagewerke für Goethes geologische Studien (vgl. zu 347,8–9), von der herzoglichen Privatschatulle bezahlt; laut Rechnung vom 20. September 1781 (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 254, Beleg Nr 260) wurde es am 21. Mai nach Weimar geschickt und kostete 66 Livres (knapp 18 Reichstaler). Das Exemplar, das Goethe zur Verfügung stand, ist verschollen.

334. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 21. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 30. – 1 Bl. 16,3(–16,6) × 9,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „65“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 66), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 51. WA IV 5 (1889), 91f., Nr 1167.

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BRIEFE 335/336

BEIL AG E

Lebensmittel (vgl. die erste Erläuterung zu 238,11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 238,11 süs und saures Frühstück] Vgl. zu 232,2. 238,11 Conseil] Die dritte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im März 1781 (vgl. zu 237,13). 238,11–12 zu Tische bin ich bey dl. Herzoginn] Laut Fourierbuch gehörte Goethe an diesem Tag nicht zu den Gästen der fürstlichen Mittagstafel, an der Herzogin Louise teilnahm (vgl. FB 1781, S. 59). Seit Fielitz wird daher vermutet, dass er bei der Herzoginmutter Anna Amalia eingeladen war, die eine eigene Hofhaltung in ihrem Palais an der Esplanade (heute Wittumspalais) unterhielt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 490, Anm. 1 [zu S. 340]). Allerdings erwähnt Goethe sie sonst meist als ‚Herzoginmutter‘ oder ‚verwitwete Herzogin‘ (vgl. zu 44,3–4; zu 164,14–15; GB 3 I, 22,4; 25,9; 77,14 u. ö.).

335. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 22. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 32. – 1 Bl. 18,8(–19,1) × 13,7(–13,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, unten rechts Papier ausgerissen; Vs. rote Siegelspuren; Rs. Adresse: An Fr. v. Stein, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/ Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „71.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 72), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 51. WA IV 5 (1889), 92, Nr 1168. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 238,17 Deine Liebe ist mir wie der Morgen und Abendstern] In Anspielung auf die Venus, den ‚Abend- und Morgenstern‘, oftmals das strahlendste Objekt am Himmel, benannt nach der römischen Göttin der Liebe und Schönheit (zu den ungewöhnlichen Anreden Charlotte von Steins vgl. zu 206,10; zu 207,13–14; zu 214,7). – Hier wohl auch mit Bezug auf Goethes abendlichen Besuch bei Charlotte von Stein am Vortag (vgl. 238,14) und den ersten morgendlichen Gruß an sie im vorliegenden Brief. Der Gebrauch des ‚Du‘, von Goethe gelegentlich schon in

MÄRZ 1781

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den Briefen aus Neunheilingen gebraucht (vgl. zu 229,6–7), belegt die veränderte Beziehung zur Adressatin seit März 1781. 238,18 ein Gestirn des Pols] Der Polarstern (Polaris) in der Nähe des Nordpols, der auf der Nordhalbkugel ganzjährig sichtbar ist und der Orientierung und Navigation auf See dient. 238,19–20 über unserm Haupt 〈…〉 lebendigen Kranz flicht] Erinnert an den Strahlenkranz in Madonnendarstellungen, den Goethe mit Bezug auf Charlotte von Stein schon in einem der frühen Brief an sie assoziiert (vgl. GB 3 II, zu 112,4–8). 239,1 mogen] Flüchtig für ‚mögen‘. 239,3–4 Wir haben noch so keinen schönen Frühling 〈…〉 erlebt] In doppelter Bedeutung mit Bezug auf die Jahreszeit und das gemeinsame Glück, das im Vergleich zu vorangegangenen Jahren nicht durch Verstimmungen, Zweifel und Missverständnisse getrübt war (vgl. zu 239,7–9 und die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18).

336. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 23. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 50. – 1 Bl. 16,3 × 10,1(–10,5) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „119.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 121), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 51f. WA IV 5 (1889), 92f., Nr 1169. BEIL AG E

Brief an Lenzen (vgl. zu 239,10–11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 239,7–9 Sagen kan ich nicht 〈…〉 noch nicht kenne.] In sprachlich-inhaltlicher Fortführung des vorangehenden Briefes (vgl. zu 238,17; zu 239,3–4). 239,9–10 Gott erhalte dich.] Mit Rücksicht auf Charlotte von Steins Nähe zum monotheistischen Christentum. Im Unterschied dazu ruft Goethe für seine eigene Person nach antikem Vorbild ‚die Götter‘ an (vgl. z.B. 238,20–239,1). 239,10–11 Hier ist ein Brief an Lenzen 〈…〉 wie du ihm zu schreiben hast.] Ein Brief Goethes an Jacob Michael Reinhold Lenz aus dem März 1781

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BRIEFE 337/338

oder aus späterer Zeit ist nicht überliefert. Auch gibt es sonst keinen Hinweis auf einen brieflichen Austausch zwischen Goethe und Lenz nach 1776. Die Formulierung verweist darauf, dass Goethe nicht selbst an Lenz schreiben wollte, sondern Charlotte von Stein damit beauftragte. Offenbar schickte er ihr einen Entwurf für ihren Brief an Lenz, der sich wahrscheinlich mit der Bitte um Unterstützung bei der Herausgabe seiner Werke nach Weimar gewandt hatte. – Goethes Dichterfreund aus der Straßburger Studienzeit hielt sich 1776 für etwa acht Monate in Weimar und Umgebung auf, wo er auch Charlotte von Stein kennen lernte. Von Mitte September bis Ende Oktober war er ihr Gast und Englischlehrer in Kochberg (vgl. den Gedichtbrief von Lenz an Charlotte von Stein vom 30.? Oktober 1776; GB 3 I, Nr 180). Ende November 1776 kam es zum Bruch zwischen ihm und Goethe. Über die Hintergründe des Zerwürfnisses konnten bis heute nur Vermutungen angestellt werden (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 121,1). Lenz musste Weimar verlassen und kehrte nach Stationen in Emmendingen und der Schweiz 1779 zu seinen Verwandten nach Riga zurück. Versuche, ihm dort oder am Petersburger Hof eine Anstellung zu verschaffen, scheiterten. Auch nach seinem Weggang hielt er Verbindung zu Weimarer Bekannten, darunter zu Herder und Wieland, der am 2. März 1781 an Merck schrieb: „L e n z hat von Riga aus wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben. Aus seinem an mich geschriebnen Zettelchen ist zu sehen, daß er zwar wieder s i c h s e l b s t wiedergefunden hat, aber freylich den Verstand, den er nie hatte, nicht wieder finden konnte. Doch dünkt er mich, in seiner Art, gescheuter als je, peutetre tant pis, peutetre tant mieux. Er möchte gern seine opera omnia, vermehrt und verbessert, à son propre profit, herausgeben, weiß aber nicht wie ers anfangen soll. Ich kann ihm aber vielleicht einen Weg vorschlagen, der ihm sehr zuträglich seyn, und ihn zugleich von allen Sorgen für das Detail der Entreprise und für die moyens de l’Execution debarassiren wird.“ (Merck, Briefwechsel 2, 562. – peutetre tant pis, peutetre tant mieux: franz.: vielleicht schade, vielleicht desto besser; à son propre profit: franz.: zu seinem eigenen Vorteil, im Selbstverlag; moyens de l’Execution debrassiren: franz./lat.: von der Sorge für die Mittel der Ausführung entbinden.) – Zu Lenz und Goethes Verhältnis zu ihm vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 136.

337. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 23. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 31. – 1 Bl. 20,1 × 9,9(–10,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr〈. v. Stein〉, Reste eines roten Gemmen-

MÄRZ 1781

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siegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „70“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 71), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 52. WA IV 5 (1889), 94, Nr 1172. BEIL AG EN

1) Wildpretsbraten (239,15). 2) Nestgen (vgl. zu 239,19). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 239,13 Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, der am Abend zuvor von seiner Reise nach Kassel und Göttingen zurückgekehrt war (vgl. zu 225,15–16). 239,14 zur Tafel gebeten] Am 23. März 1781 wird Goethe an 14. und letzter Stelle unter den Gästen der fürstlichen Mittagstafel aufgeführt (vgl. FB 1781, S. 60). 239,15 Ihnen] Vgl. dagegen die Anrede in den beiden vorangegangenen Briefen (Nr 335 und 336). 239,17 meine n e u e ] In Anspielung auf das ‚erneuerte‘ ungetrübte Verhältnis zu Charlotte von Stein (vgl. zu 238,17; zu 239,3–4). 239,19 Nestgen] Hier vielleicht noch in der älteren wörtlichen Bedeutung: „ein Haufe mehrerer mit einander verbundener bey und neben einander befindlicher Dinge“ (Adelung 3, 470f.). 239,19 Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach.

338. An Johann Gottfried Herder

〈Weimar〉, 23. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – Doppelblatt 16,7 × 20,2 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Hl. Gen. Sup. / Herder; rotes Initialsiegel: „G“. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 66f., Nr 25 (nach einer Abschrift). WA IV 5 (1889), 93, Nr 1170.

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BRIEF 339

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. 240,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Das Verhältnis zu Johann Gottfried Herder (1744–1803), dessen Berufung als sachsen-weimarischer Generalsuperintendent Goethe mit Erfolg betrieben hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 6), war seit der Rückkehr aus der Schweiz abgekühlt. Offenbar fühlte sich Herder im Vergleich zu Goethe vom Hof benachteiligt (vgl. zu 137,32), was zu starken Spannungen mit Goethe führte (vgl. zu 121,20–23). Im Jahr 1781 besserte sich das Verhältnis wieder (vgl. zu 275,15–16; zu 325,9–10). Der vorliegende Brief zeugt von ihrer Wiederannäherung. – Über Herder vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 75. – Im Zeitraum des vorliegenden Bandes sind lediglich zwei Briefe an Herder überliefert, bei einem weiteren Brief ist er als Adressat unsicher (Nr 512). Gegenbriefe sind nicht überliefert. 240,1 Monita] Herders Korrekturen zu Goethes ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘, beides nicht überliefert. Goethe hatte mit seinem ‚Gespräch‘ auf die anonym erschienene Schrift Friedrichs II. „De la littérature Allemande, des défauts qu’on peut lui reprocher, quelles en sont les causes, et par quels moyens on peut le corriger“ (Berlin 1780) reagiert. Darin war der Preußenkönig gegen die deutschsprachige Literatur zu Felde gezogen und hatte Goethes „Götz von Berlichingen“ getadelt als „eine abscheuliche Nachahmung der schlechten englischen Stücke: und doch bewilligt unser Publikum diesem eckelhaften Gewäsche seinen lauten Beyfall, und verlangt mit Eifer ihre öftere Widerholung.“ (Ueber die deutsche Litteratur, die Mängel die man ihr vorwerfen kann, die Ursachen derselben und die Mittel sie zu verbessern. Aus dem Französischen übersetzt. Berlin 1780, S. 36.) Goethe hatte an dem Text, der als ein Gespräch zwischen einem Franzosen und einem Deutschen konzipiert war, seit Januar 1781 gearbeitet (vgl. GT I 1, 121). Er tauschte sich darüber mit Charlotte von Stein und Knebel (vgl. zu 201,7–8), Herder, Herzogin Louise und Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg aus. – Goethe hatte zuvor schon Charlotte von Stein gebeten, ihm Herders Meinung mitzuteilen (vgl. zu 225,2–3). Dieser äußerte sich skeptisch über eine eventuelle Veröffentlichung, etwa im Brief an Hamann vom 11. Mai 1781: „Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon gemeldet habe, daß Göthe ein Gespräch ‚in einem Wirthshause zu Frankfurt, an der table d’hote‘ geschrieben hat, wo ein Deutscher u. Franzose sich über des Königs Schrift sur la literature Allemande besprechen? Er hats mir zu lesen gegeben u. es sind einzelne schöne Gedanken drinn; das Ganze aber hat mir nicht gnuggethan u. die Einfaßung nicht gefallen. Er wills Französisch übersetzen laßen u. so herausgeben, wo es sich aber nicht ausnehmen wird.“ (HB 9, 308.) Prinz August riet wohl ebenfalls von einer Veröffentlichung ab (vgl. zu 249,4). Goethe gab sein Vorhaben im November 1781 auf (vgl. zu 346,22), unter anderem wegen des Erscheinens

MÄRZ 1781

647

von Justus Mösers Schrift „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 427; zu 283,21–22). 240,7 von der Akademie] Offenbar hatte Herder seine Sorgen über die mögliche Reaktion der Preußischen Akademie der Wissenschaften geäußert, die unter der Protektion Friedrichs II. stand und ihre Schriften auf Französisch veröffentlichte. Herder selbst stand in einem guten Verhältnis zur Berliner Akademie und hatte ein Jahr zuvor sein drittes von der Akademie veranstaltetes Preisausschreiben gewonnen (vgl. zu 82,5).

339. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 23. März 1781 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 17–18. – Doppelblatt 14 × 19 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Bl. 2 obere rechte Ecke ausgerissen durch Siegelöffnung; S. 4 Adresse: Durchl dl. Herzog, rotes Initialsiegel: „G“; restauriert. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 17f., Nr 11. WA IV 5 (1889), 93f., Nr 1171. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 240,12 die schöne Zeichnungen] Zeichnungen, die Carl August durch Merck erhalten hatte (vgl. zu 245,10). 240,12–13 die Reise] Von Neunheilingen aus, wo er sich in Begleitung Goethes seit dem 7. März aufgehalten hatte (vgl. zu 220,10), war Carl August am 15. März nach Kassel und von dort aus mit Johann Heinrich Merck weiter nach Göttingen gereist (vgl. zu 225,15–16). Goethe hatte die Bitte Carl Augusts abgelehnt, ihn zu begleiten, und war nach Weimar zurückgefahren (vgl. zu 225,16). Carl August hielt sich bis zum 20. März in Göttingen auf, um über den Ankauf der Bibliothek von Christian Wilhelm Büttner zu verhandeln (vgl. zu 245,21). Am Abend des 22. März kehrte er nach Weimar zurück (vgl. FB 1781, S. 59). 240,15 die gewöhnliche Würckung] Anspielung auf den ernüchternden Wiedereinstieg in amtliche Geschäfte nach einer Reise. Das war auch nach der Rückkehr aus der Schweiz im Jahr zuvor der Fall gewesen: Carl August berichtete Lavater am 18. Februar 1780, dass er sich mit der Dürer-Sammlung intensiv beschäftige, um eine seelische Krise zu überwinden (vgl. zu 14,3–6).

648

BRIEF 340

240,17 Quecken] Quecke: Ein Weizengras, das aufgrund der schnellen Ausbreitung seiner Wurzel schwer auszurotten ist (vgl. Krünitz 119, 363–368). Hier im übertragenen Sinne für ‚Unkraut‘ (vgl. Grimm 13, 2335).

340. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 24. März? 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Im Erstdruck wurde er ohne explizite Begründung auf Mitte Mai datiert (ebenso bei Fielitz, Goethe-Stein 1, 355, Nr 665). Von der Hellen setzte ihn in WA IV nach einem inhaltlichen Bezug zu einer Rechnung der Buchbinderei Große vom 31. März 1781 in den April, „obgleich die Anrede einige Monate früher weisen möchte“ (WA IV 5, 368, Anm. zu Nr 1216). Die am Quartalsende erstellte Rechnung führt zwar als einen Posten die im vorliegenden Brief erwähnten „Reisen in Griechenland“ auf (GR/Belege 1781, 1, Bl. 27; vgl. zu 241,2–3), belegt aber lediglich das Binden des Titels in den ersten drei Monaten von 1781 und nicht, dass Goethe den Band erst ab April 1781 zur Verfügung gehabt hätte. Sie ist somit kein Argument für eine Datierung in den April, die gleichwohl alle späteren Ausgaben mit Ausnahme Fränkels übernehmen, der den Brief zwischen den 23. und 25. März 1781 einordnet (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 315, Nr 609; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 291, Nr 609). Seit seiner Rückkehr aus Neunheilingen am 15. März 1781 schrieb Goethe bis zum Ende des Monats täglich ein-, meist zweimal an Charlotte von Stein, nur vom 24. und 29. März sind keine datierten Briefe überliefert. Der vorliegende Brief könnte der Anrede nach am 24. März geschrieben worden sein. Für den 24. März spricht schließlich auch die Erwähnung der Zeichenstunde (241,4), die jeweils mittwochs und samstags stattfand (vgl. zu 241,4). Da es andere Anhaltspunkte für eine Datierung nicht gibt, wird die von Fränkel vorgeschlagene beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 86. – 1 Bl. 18,7(–19) × 10(–10,2) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „198.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 199), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 72. WA IV 5 (1889), 118f., Nr 1216.

MÄRZ 1781

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ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom selben Tag (vgl. zu 241,3). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 241,1 zwey Canonschüssen] Nach Friedrich von Stein das „Feuer Signal“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 12r). – Bei Brandmeldungen ritt Goethe häufig gemeinsam mit Herzog Carl August oder auch an dessen Stelle zum Brandort (vgl. 76,17–18; zu 77,1–2). 241,2–3 Chandlers Reisen nach Griechenland] Reisen in Griechenland, unternommen auf Kosten der Gesellschaft der Dilettanti und beschrieben von Richard Chandler Doktor der Gottesgelahrtheit, Mitglied des Magdalenenkollegium zu Oxford und der Gesellschaft der Altertümer zu London. Mit Kupfern. Leipzig, bey Weidmanns Erben und Reich. 1777 (englisches Original: Travels in Greece, or, An account of a tour made at the expense of the Society of Dilettanti 〈…〉. Oxford 1776). Die deutsche Ausgabe ist in Goethes Bibliothek nachweisbar (vgl. Ruppert, 583, Nr 4067), das Jahr der Anschaffung durch einen eigenhändigen Vermerk auf dem Vorsatz belegt: J. W. Goethe 1781. – Vgl. auch Datierung. 241,3 Ihr Briefgen] Nicht überliefert. 241,4 in der Zeichenstunde] In der Weimarer Zeichenschule, deren Schülerin Charlotte von Stein war (belegt durch die ab 1781 überlieferten Schülerlisten; vgl. LATh – HStA Weimar, Zeichenschule Weimar A 11719a, Bl. 6, Nr 44; Bl. 8, Nr 39; Bl. 10, Nr 36; Bl. 12, Nr 42). Die Zeichenstunden für Frauen und Mädchen fanden zweimal wöchentlich jeweils mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr statt. – Die 1775/76 auf Anregung Bertuchs gegründete, aus der herzoglichen Schatulle finanzierte und von Goethe geförderte „Fürstliche (oder Herzogliche) Freye Zeichenschule“ war zunächst im Fürstenhaus, ab September 1781 in eigenen Räumen im Roten Schloss (heute Teil der Herzogin Anna Amalia Bibliothek) untergebracht (vgl. die erste Erläuterung zu 340,7). Sie sollte als gemeinnützige Einrichtung der Vervollkommnung der Kunstfertigkeit von Handwerkern dienen und zur allgemeinen Hebung des Geschmacks aller Klassen und Stände im Land beitragen. Ihr Direktor war der Frankfurter Maler, Zeichner und Radierer Georg Melchior Kraus, seit Oktober 1775 Zeichenmeister Carl Augusts. Die Oberaufsicht führten Schnauß und Goethe. Lehrer waren u.a. der Hof- und Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann und der Hofbildhauer Martin Gottlieb Klauer (zu den Anfängen der Zeichenschule vgl. Klinger, Zeichenschule, bes. 70–94). Ab 1779 wurden jedes Jahr jeweils am 3. September, dem Geburtstag des Herzogs, Arbeiten der Schüler der Weimarer Zeichenschule ausgestellt. Zu den ersten Preisträgern gehörten Charlotte von Steins ältester Sohn Carl und dessen Hauslehrer Johann Friedrich Kästner, später ebenfalls Lehrer an der Zeichenschule (vgl. GB 3 II, zu 294,3 und zu 294,4). Charlotte von Stein wurde bei der Jahresausstellung von 1781 mit einer Preismedaille ausgezeichnet, und zwar für eine Kopfstudie nach einer Vorlage von Kraus, für ein Bildnis Homers nach einer Gips-

650

BRIEFE 341–343

büste und für eine Ariadne-Darstellung (vgl. LATh – HStA Weimar, Zeichenschule Weimar A 11746, Bl. 7). Auch ihre jüngeren Söhne Ernst und Friedrich waren auf dieser Ausstellung mit eigenen Arbeiten vertreten (vgl. ebd., Bl. 4, Nr 85 und 86; zur Sache vgl. Alexander Rosenbaum: Porträt und Selbstporträt – Charlotte von Stein als Zeichnerin. In: Richter/Rosenbaum, Ch. v. Stein, 291–315, bes. 294f.).

341. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 25. März 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781 verweist der Inhalt des Briefes darauf, dass er am 25. März 1781 geschrieben wurde (vgl. die erste Erläuterung zu 241,6; die zweite Erläuterung zu 241,6; die erste Erläuterung zu 241,11). Seit dem Erstdruck wird er auch so datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 90. – 1 Bl. 18,9(–19,2) × 9,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3), Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „209“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 209), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 53. WA IV 5 (1889), 94f., Nr 1173. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 241,6 Brief an Lenz] Um dessen Ausfertigung hatte Goethe Charlotte von Stein am 23. März 1781 gebeten (vgl. zu 239,10–11). 241,6 Frizen] Friedrich von Stein (vgl. 241,20). 241,7 Tasso] Seit etwa Mitte Oktober 1780 arbeitete Goethe intensiv an der frühen, nicht überlieferten Prosafassung des „Torquato Tasso“ (vgl. zu 161,2). 241,8 wie die Liebe für Ihren Dichter sorgt] Vgl. zu 239,17. 241,9 Vor Monaten 〈…〉 nächste Scene unmöglich] Die vorliegende Erwähnung des „Tasso“ ist die erste nach dem 31. Dezember 1780 (vgl. zu 183,8). 241,11 Ruhe Tag] Die Angabe bestätigt die Datierung des Briefes auf Sonntag, den 25. März 1781. 241,11 angeben] Hier: hergeben, drangeben (vgl. GWb 1, 541).

MÄRZ 1781

342. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 25. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 31. – 1 Bl. 18,8(–19) × 10,6 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, oben links Siegelausschnitt; Vs. rote Siegelspuren; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „69“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 70), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 53. WA IV 5 (1889), 95, Nr 1174. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 241,14–15 Herzog und Knebel 〈…〉 Fleis unterbrochen] Carl August hatte Goethe demnach gemeinsam mit Knebel besucht. 241,15 dies Gebet] Vgl. zu 229,1–6; zu 229,10–11. 241,15–16 Meine Liebe diese fünf iahre her] Goethes erste Briefe an Charlotte von Stein, in denen er bereits von seiner ‚Liebe‘ zu ihr schreibt, stammen aus dem Januar 1776 (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18). 241,20 in Frizzen aufs hezlichste umarmt] Friedrich von Stein, der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus wohnte. Um seinen Besuch hatte Goethe im vorangegangenen Brief gebeten (vgl. 241,6). – ‚Hezlichste‘ flüchtig für ‚herzlichste‘.

343. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 26. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 33. – 1 Bl. 18,8 × 11,1(–11,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. 〈v. Stein〉, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „74.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 75), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 53f. WA IV 5 (1889), 95f., Nr 1175.

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BRIEFE 344/345

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Vermutlich antwortete Charlotte von Stein noch am selben Tag (vgl. zu 242,11), der Antwortbrief ist nicht überliefert. 242,1 Resignation] Hier: Verzicht, Entsagung. 242,2 Sie nicht zusehen] Vgl. aber den folgenden Brief (242,10–13). – ‚Zusehen‘ versehentlich zusammengeschrieben. 242,5 der schöne Gedancke Ihrer Liebe] Vgl. zu 238,17; zu 239,3–4. 242,5 übertragen] Hier im Sinne von ‚über etwas hinwegtragen‘, ‚ertragen‘ (vgl. Grimm 23, 599). 242,6–7 die Schröter 〈…〉 nicht bey mir war] Corona Schröter war zuletzt am 10. Februar 1781 in einem Brief an Charlotte von Stein erwähnt worden (vgl. zu 202,10). 242,7–8 Leb wohl 〈…〉 du mich glücklich machst.] Wie schon Anfang März 1781 wechselt Goethe im vorliegenden und im folgenden Brief in der Anrede vom ‚Sie‘ zum ‚Du‘. – Vgl. zu 229,6–7.

344. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 26. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 33. – 1 Bl. 16,6(–19,9) × 11,6(–11,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „74a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 76), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 54. WA IV 5 (1889), 95f., Nr 1177. BEIL AG E

Tuch (242,17). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 242,11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 242,11 Da ich weis wo Sie sind] Da an diesem Abend keine Hoftafel stattfand, war Charlotte von Stein wahrscheinlich einer Einladung zu einer privaten Gesellschaft gefolgt. Möglicherweise hatte sie Goethe dies in einem nicht überlieferten Brief mitgeteilt.

MÄRZ 1781

653

242,14 Wenn die Menschen dir zur Freude 〈…〉 reden] Wohl ebenfalls ein Kommentar zu einer Mitteilung im nicht überlieferten Bezugsbrief. – Die Anrede ‚Du‘ wird im folgenden Brief durchgängig gebraucht (vgl. zu 243,11–12).

345. An Christian Gottlob Voigt

〈Weimar〉, 26. März 1781 → 〈Weimar〉

ZUM A D RESSATEN

Aus dem Inhalt des Briefes lässt sich schließen, dass er an Christian Gottlob Voigt gerichtet war. In der WA wurde der Brief noch keinem Adressaten zugeordnet. Auch Hans Tümmler nahm ihn 1949 nicht in „Goethes Briefwechsel mit Christian Gottlob Voigt“ (Goethe-Voigt2) auf. Erst Manfred Kahler stellte 1994 den Zusammenhang zwischen dem erwähnten Aufsatz (vgl. 243,1–2) und Christian Gottlob Voigts 1781 in den „Chronologen“ erschienenen Artikel „Ueber die Preißaufgabe: Welches sind die besten ausführbaren Mittel, dem Kindermord Einhalt zu thun?“ (vgl. zu 243,1–2) fest (vgl. Manfred Kahler: Miszellaneen zu Briefen Goethes, in: GJb 111 [1994], 277f.). ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 135. – 1 Bl. 17,8(–18) × 24,2 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, stockfleckig. E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 193 (Teildruck: 243,1–4 Ew Wohlgebl dancke ergebenst 〈…〉 Gesichtspunckte genommen haben, aus dem ich sie ansah). E2: WA IV 5 (1889), 96, Nr 1176 (Eduard von der Hellen). BEIL AG E

Die handschriftliche Vorlage der auf den 29. März 1781 datierten Druckfassung von Christian Gottlob Voigts Aufsatz „Ueber die Preißaufgabe: Welches sind die besten ausführbaren Mittel, dem Kindermord Einhalt zu thun?“ (vgl. zu 243,1–2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Christian Gottlob Voigt (1743–1819), als Sohn des Rats und Amtmanns Gottlieb Wilhelm Voigt und dessen Ehefrau Christiana Sophia geb. Müller in Allstedt geboren, schlug wie sein Vater eine Laufbahn als Verwaltungsbeamter ein, die ihn in die wichtigsten Gremien des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach führen sollte. Nach einem Studium der Jurisprudenz in Jena erhielt er 1766 den Ti-

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BRIEF 345

tel eines Hofadvokaten und wurde Akzessist in der herzoglichen Bibliothek in Weimar. 1769, nach dem Tod des Vaters, trat er dessen Stelle als Justizamtmann in Allstedt an und erhielt 1775 den Ratstitel. Am 22. Juli 1777 wurde Voigt durch ein auch von Goethe mitunterzeichnetes Dekret zum Regierungsrat bei der Regierung in Weimar ernannt (vgl. Wahl, Consilium, 274, Nr 2507). Fortan lebte er mit seiner Familie in Weimar. Zum Zeitpunkt des vorliegenden Briefes waren Goethe und Voigt, über dessen erste Weimarer Amtsjahre nicht viel bekannt ist, noch nicht in nähere Beziehung getreten. Die Bemerkung Voigts in einem Brief vom 14. Juli 1782: „Herr Geh. Rath G o e t h e ist geadelt worden; wollen sehen, was er als Herr v o n Goethe leisten wird“ (Aus Weimars Glanzzeit, 41), lässt sogar eine skeptische Zurückhaltung vermuten. Voigts jüngerer Bruder Johann Carl Wilhelm hatte allerdings schon am 6. Juli 1780 an Abraham Gottlob Werner geschrieben: „Mein Bruder hat es wirklich schon recht weit gebracht, und der H. Geheimderath Göthe wird auch sehr aufmerksam darauf.“ (BuG 2, 248.) Dass für Voigt die ersten Amtsjahre in Weimar dennoch schwierig waren, deutet Friedrich von Müller 1819 in seiner „Denkrede auf Christian Gottlob von Voigt“ an: „Bescheiden, ja zurückhaltend betritt er die neue Laufbahn, es fehlt nicht an Gelegenheit, sich auszuzeichnen, die strenge, eiserne Thätigkeit seines Chefs, des hochverdienten Canzlars D. A c h a t i u s S c h m i d t, findet bald in ihm einen unverdrossnen Gehülfen, der selbst das Schwierigste nicht ablehnt. Aber auch Neid und Missgunst bleiben nicht aus; die Schärfe und Freiheit seines Urtheils, das oft beissende Salz seines Witzes, wenn er auf Dünkel und Anmassung trifft, erregen manche Abneigung; die Wärme, mit der er den Vortheil einiger Pflegbefohlnen gegen angesehene Gegner verfolgen hilft, verwickelt ihn in einen verdriesslichen Process, der störend auf manches freundliche Verhältniss wirkt. Fast erdrückt unter der Last der Geschäfte, fängt er an zu kränkeln und in mancher hypochondrischen Stunde wünscht er sich sehnlich nach seinem Allstedter Tusculum zurück. Doch bald erkräftigt sich Geist und Gemüth im nähern Umgang mit freisinnigen Freunden; F r a n z v o n S e c k e n d o r f, v o n E i n s i e d e l, B o d e, B e r t u c h und andere Treffliche schliessen sich ermunternd an ihn, H e r d e r und W i e l a n d ziehen ihn in ihre Kreise, G o e t h e lernt ihn kennen, schätzen und lieben.“ (Weimar 1819, S. 9f.) Nachdem Voigt 1783 als Geheimer Archivar verpflichtet und auf Goethes Wunsch in die Bergwerkskommission berufen worden war (vgl. Goethe an Herzog Carl August, 29. August 1783; WA IV 6, 189), begann ihre über die Jahre hinweg immer enger werdende Zusammenarbeit. Nach der feierlichen Eröffnung des Ilmenauer Bergwerks am 24. Februar 1784 fällt Voigt in einem Brief vom 12. März 1784 ein überaus positives Urteil über seinen Kollegen: „Goethe 〈…〉 ist wirklich ein Mann, dessen Liebe kein edles Herz zu erwerben sich schämen darf. Je näher ich ihn kennen lerne, je mehr innere Güte entdecke ich an ihm.“ (Aus Weimars Glanzzeit, 45.) Ende des Jahres 1785 wurde Voigt Mitglied der Ilmenauer Steuerkommission (vgl. Wahl, Consilium, 1272, Nr 19551). Dass er sich Goethes Achtung und Zunei-

MÄRZ 1781

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gung über die Jahre erworben hatte, seine Karriere trotz der Vielzahl von Ämtern bis dahin jedoch schleppend verlaufen war, belegt ein Brief Goethes an Herzog Carl August vom 27. Mai 1787 aus Neapel: Können Sie gelegentlich etwas für Voigten thun, der manches für mich trägt und dem Sie selbst wegen seiner Brauchbarkeit immer mehr auflegen müßen; so werden Sie Ihrem Dienste gewiß Vortheil bringen. Sprechen Sie mit Sch. deßhalb. Er kennt des Manns Verdienste, weiß wie man gewußt hat ihn zu verkürzen, und kann wohl einen Weg angeben, wie Sie ohne Unzufriedenheit mehrerer ihn erleichtern können. (GB 7 I, 153,28–34.) Im Jahr darauf wurde Voigt Mitglied des Kammerkollegiums und 1791 wurde er in das Geheime Consilium berufen und fortan zum wichtigsten Partner in Goethes amtlicher Tätigkeit. – Über Christian Gottlob Voigt vgl. auch die einleitende Erläuterung zu GB 7 II, Nr 4; GoetheVoigt2 1, 16–56; Hans Tümmler: Goethe der Kollege. Sein Leben und Wirken mit Christian Gottlob von Voigt. Köln und Wien 1970. Der vorliegende Brief ist der erste überlieferte Brief Goethes an Christian Gottlob Voigt und eines der ersten Zeugnisse ihres persönlichen Kontakts. Weitere Briefe Goethes an Voigt aus dem Zeitraum 1780 und 1781 sind nicht bekannt. Bis zu Goethes Abreise nach Italien im September 1786, also aus der frühen Zeit von Goethes Zusammenarbeit mit Voigt, liegen noch vier Briefe Goethes an Voigt vor (WA IV 18, Nr 17958a, Nr 1869a, Nr 5076; WA IV 51, Nr 55090b), von denen zwei jedoch noch genauer datiert werden müssen. Von Voigt sind aus diesem Zeitraum nur zwei Briefe überliefert, wobei auch hier die Datierungen nicht eindeutig sind (vgl. RA 1, Nr 178 und Nr 179). 243,1–2 rückkommenden Aufsazzes] Im Juli 1780 war in den „Rheinischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit“ (7. Heft. Mannheim, S. 84–87) und danach auch in anderen Periodika die von dem kurpfälzischen Oberappellationsgerichtsrat Freiherr Ferdinand von Lamezan gestellte Preisfrage, „welches die besten ausführbaren Mittel“ seien, „dem Kindermorde Einhalt zu thun?“ (S. 86) erschienen. Auslöser für Christian Gottlob Voigt, der sein juristisches Studium mit einer Disputation „Über den Familienkontrakt“ abgeschlossen hatte, sich dieser Materie anzunehmen, war ein am 11. Februar 1781 in Weimar entdeckter Kindsmord. Unmittelbar nach der Geburt hatte die ledige Magd Dorothea Altwein aus Gelmeroda bei Weimar ihr neugeborenes Kind getötet. Die erste Fassung seiner Abhandlung schickte Voigt nicht als Antwort auf die Preisfrage nach Mannheim an die „Rheinischen Beiträge“, sondern bot sie am 18. Februar 1781 zur anonymen Veröffentlichung dem Herausgeber des Periodikums „Chronologen. Ein periodisches Werk von Wekhrlin“ (Frankfurt und Leipzig) an. Diese Fassung überarbeitete Voigt im März 1781. Wie Goethe von Voigts Ausführungen erfahren hat, ist nicht bekannt. Voigt schrieb dazu in einer undatierten Notiz: „Der Herr Geheimrath Göthe, der auf mir unbekannte Art, von meinem Aufsatze gehört hatte, ließ ihn durch meinen Bruder von mir abfordern, daher ich das umge-

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BRIEF 346

arbeitete Exemplar, als ich es eben an die Chronologen abzusenden im Begriffe stund, sofort mittheilte. Ich erhielt es mit nachstehendem Billet einige Tage hernach zurück, und ließ es sodann am 30ten März an die Chronologen abgehen.“ (Wahl/Baerlocher, Kindsmord, 52f.) Ende Mai 1781 erschien Voigts Aufsatz „Ueber die Preißaufgabe. Welches sind die besten ausführbaren Mittel, dem Kindermord Einhalt zu thun?“ anonym in den „Chronologen“ (Bd 7 [1780 〈recte 1781〉], St. 1, S. 79–102). – Vgl. dazu Wahl/Baerlocher, Kindsmord, 21–25, 51–68, 372–379. 243,2 eine eigne Bearbeitung der Materie] Goethe wird die Mannheimer Preisaufgabe nicht unbekannt geblieben sein, da u. a. eine längere Mitteilung darüber in „August Ludwig Schlözer’s Briefwechsel meist historischen und politischen Inhalts“ (Bd 7 [1780], Nr 60, S. 261–264) erschienen war, den Goethe nachweislich kannte (vgl. 148,1–3; zu 148,3). Für Goethes Interesse an diesem Thema gab es mehrere Gründe. Zum einen wurde im Geheimen Consilium eine schon länger anhängige „Eheverspruchssache“ (Wahl, Consilium 549, Nr 7413 und 560, Nr 7636; vgl. FA/Goethe I 26, 115 f, Nr 55) verhandelt, zum anderen begann man seit Anfang 1780 darüber nachzudenken, „in welcher Weise das seit 1752 in Sachsen-Weimar-Eisenach bestehende Mandat, das die Verheimlichung von unehelicher Schwangerschaft und Niederkunft mit Zuchthausstrafe ahndete und durch diese Strafandrohung vorbeugend gegen Kindsmord wirken sollte, weiterhin anzuwenden sei. Ein geschehener Fall von verheimlichter Schwangerschaft und ein verübter Kindsmord führten 1780/81 dazu, über das Strafrecht bei solchen Delikten und die Bekämpfung der Ursachen von Kindsmord erneut nachzudenken.“ (Wahl/Baerlocher, Kindsmord, 25.) Darüber hinaus wurde schon längere Zeit diskutiert, die Kirchenbuße bei Sittlichkeitsdelikten abzuschaffen, nachdem u. a. die Eisenacher Stände 1777 den Vorschlag gemacht hatten, nicht die Frauen, sondern deren Verführer zu bestrafen und zu höheren Alimenten zu verpflichten, weil die öffentliche Bloßstellung der Schwangeren Anlass zu ,Kindsmorden‘ gegeben habe (vgl. Fritz Hartung: Das Großherzogtum Sachsen unter der Regierung Carl Augusts 1775–1828. Weimar 1923, S. 124–128). Von Goethe ist der allgemeinere Aufsatz „Betrachtungen über die abzuschaffende Kirchenbuße“ vom 14. Dezember 1780 überliefert (FA/Goethe I 26, 101–104, Nr 49). Speziellere Ausführungen zu diesem Thema sind nicht überliefert. 243,3–4 aus eben dem Gesichtspunckte 〈…〉 ich sie ansah] Als Ursache für den ,Kindsmord‘ machte Voigt vor allem die Furcht vor der Schande bei einer unehelichen Schwangerschaft aus: „unnötiges Gefängnis; schreckende Zwangsmittel jeder Art, foltergleiche Frage nach Thäter bey der Geburt, Verstoßung auf die Straße“. Er forderte: „werde das Alles ewig verbannt! Der Thäter sey zu hinlänglicher Alimentation des Kinds gezwungen! Unschuldige Kinder mögen hinfort für Brandmark vorgeblicher Unächtheit und abwürdigender geistlicher und weltlicher

MÄRZ 1781

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Behandlung gesichert seyn!“ (Zitiert nach: Wahl/Baerlocher, Kindsmord, 66.) Weiterhin sprach er sich vor allem für die Förderung der Ehe, die Minderung von Ehehindernissen und für mehr Sorgfalt bei der Erziehung der Mädchen aus. Insgesamt diskutierte Voigt in seinem Aufsatz jedoch hauptsächlich die zu dieser Zeit bekannten Standpunkte und Vorschläge zum Thema, ohne sich weiter auf bestimmte Empfehlungen festzulegen, so dass es schwierig ist, daraus Goethes Gesichtspunckte zu erschließen. 243,6 Sie mündlich zu sprechen] Darüber ist nichts bekannt. Goethe notierte zu dieser Zeit nichts in seinem Tagebuch (vgl. GT I 1, 122). 243,7 den Preis] Auf die beste Antwort setzte „ein Menschenfreund zum Preise hundert Dukaten“, die „bei Herrn Hofrath Schmalz in Mannheim“ hinterlegt wurden (Rheinische Beiträge zur Gelehrsamkeit. 7. Heft. Juli 1780, S. 86). – Zum Bankhaus Schmaltz vgl. zu 5,9. 243,8 vor dem Termin] Als letzter Einsendetermin war für die Preisaufgabe „Pfingsten 1781“ (Rheinische Beiträge zur Gelehrsamkeit. 7. Heft. Juli 1780, S. 86), also der 3. Juni 1781 genannt worden. Voigt schickte seinen Aufsatz mit einem nicht überlieferten Begleitschreiben schon Ende März 1781 an Wekhrlin, den Herausgeber der „Chronologen“, wo er noch im Mai 1781 (Bd 7 [1780 〈recte 1781〉], St. 1, S. 79–102) mit dem Hinweis „Den Chronologen mitgetheilt den 29. März 1781“ (S. 79) erschien.

346. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 27. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 34. – 1 Bl. 18,6(–18,8) × 19 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „75.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 77), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 54f. WA IV 5 (1889), 97f., Nr 1178. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Die Antwort wahrscheinlich vom 27. oder 28. März 1781 (vgl. die zweite Erläuterung zu 244,18) ist nicht überliefert. 243,11–12 wenn ich bey dir bin] Zum Anredewechsel in Goethes Briefen an Charlotte von Stein im März 1781 vgl. zu 229,6–7. 243,12 Den Frauens] Dativ Plural zur oberdeutschen Form ‚Fraue‘; in der Schriftsprache im ausgehenden 18. Jahrhundert veraltet (vgl. Adelung 2, 271).

658

BRIEF 347

243,15 Die Offenheit und Ruhe meines Herzens] Die Freude über das ‚erneuerte‘ ungetrübte Verhältnis zu Charlotte von Stein durchzieht Goethes Briefe seit Anfang März 1781. 244,1–2 damit wir reisen können] Wahrscheinlich plante Goethe einen gemeinsamen Ausflug in die Umgebung, der wegen der im Folgenden erwähnten Einladung Herzog Carl Augusts nicht zustande kam. 244,4 Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 244,4 Kloster] Das so genannte ‚Louisenkloster‘ im Park oberhalb des „Sterns“ am linken Ilmufer (vgl. zu 30,18).

347. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

1) Briefteil (244,6–17 Heute will ich mich 〈…〉 Schicke mir dl. L o n g i n ): H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 52. – 1 Bl. 19,3(–19,5) × 12,7(–12,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Kuvertfaltung (die vier Ecken jeweils nach innen eingeschlagen sowie einmal längs- und einmal quer gefaltet); Vs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „125.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 127), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 55f. WA IV 5 (1889), 98, Nr 1179. 2) Briefteil (244,18–25 Innliegendes 〈…〉 dl. 28. Marz 81 / G): H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 35. – 1 Bl. 18,7 × 11,4(–11,6) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, einmal längs und einmal quer gefaltet; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „77.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 79), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 56. WA IV 5 (1889), 99, Nr 1180. BEIL AG E

Lebensmittel (vgl. zu 244,23).

MÄRZ 1781

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ERL ÄUT ERUNGEN

Der zweite Teil des Briefes (244,18–25) beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 27. oder 28. März 1781 (vgl. die zweite Erläuterung zu 244,18). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Die beiden bisher getrennt gedruckten Briefteile vom 28. März 1781 wurden kurz nacheinander niedergeschrieben und gemeinsam verschickt (vgl. die erste Erläuterung zu 244,18). Sie werden daher als ein Brief mitgeteilt. 244,6 enthalten] Hier: sich absondern, von der Welt zurückziehen (vgl. GWb 3, 149). 244,6–7 bey Seite schaffen] Hier im Sinne von ‚erledigen‘, ‚hinter mich bringen‘ (vgl. zu 251,4). 244,12 was der Fus macht] ‚Fuß‘ wurde sowohl in weiterer Bedeutung für ‚Bein‘ gebraucht wie auch nur für ‚Fuß‘ (vgl. Adelung 2, 342). Dies ist die erste Erwähnung von derartigen Beschwerden Charlotte von Steins, die in den Briefen an sie noch bis zum 8. Juli 1781 eine Rolle spielen (vgl. 302,1). Möglicherweise handelte es sich um eine Verletzung und in deren Folge um eine schlecht heilende Wunde, da Goethe wohl in diesem Zusammenhang die Hinzuziehung des Chirurgen empfahl (vgl. zu 270,8). 244,13 ziemlich] Hier: nicht sehr gut, aber auch nicht schlecht (vgl. Adelung 4, 1711). 244,14 zwischen dich und mich legen] Zum Anredewechsel in Goethes Briefen an Charlotte von Stein im März 1781 vgl. zu 229,6–7. 244,17 L o n g i n ] Wahrscheinlich „Longin: Vom Erhabenen. Mit Anmerkungen und einem Anhang“, die deutsche Übersetzung des spätantiken Traktats „Peri hypsous“ (griech. P λ 6Y «) von Goethes Schwager Johann Georg Schlosser, die 1781 in Leipzig erschienen war. Der nicht identifizierte antike Autor der Schrift wird heute als Pseudo-Longinos bezeichnet. Schlossers Publikation waren schon verschiedene andere deutsche und lateinische Übersetzungen vorausgegangen (z.B. Carl Heinrich von Heinecken: Dionysius Longin: Vom Erhabenen. Dresden 1737; Samuel Friedrich Nathanael Morus: Dionysius Longinus: De sublimitate 〈…〉. Lipsiae 1769). Die französische Übersetzung von Nicolas Boileau-Despréaux’ „Traité sur le sublime“ war eine der Grundlagen für dessen wirkungsmächtige klassizistische Poetik „L’ Art poétique“ (Paris 1674), die Goethe unter Gottscheds und Gellerts Einfluss als Leipziger Student gelesen hatte. Damals übernahm er zunächst Boileaus negatives Urteil über den Dichter Torquato Tasso (vgl. GB 1 II, zu 48,21–23), das er ansatzweise aber schon wenig später revidierte (vgl. GB 1 I, 77,12–78,13). Goethes Interesse an der Pseudo-Longinos-Übersetzung im März 1781 könnte mit der Wiederaufnahme der Arbeit am „Tasso“ im Zusammenhang stehen (vgl. Walter Hinderer: Torquato Tasso. In: Goethe-Handbuch3 2, 233f.). – Zu Schlossers Neuübersetzung vgl. Mario Zanucchi: Johann Georg Schlossers

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BRIEFE 348/349

kommentierte Übersetzung des P λ 6Y «. In: Das achtzehnte Jahrhundert 39/1 (2015), S. 26–38. 244,18 Innliegendes war schon gesiegelt] Der erste Briefteil vom selben Tag, der auf einem separaten Blatt steht, das zum Kuvert gefaltet, mit Adresse versehen und gesiegelt wurde. Das durch die Faltung entstandene kleinere Format machte es möglich, den ersten Briefteil dem zweiten Briefteil beizulegen, der auf einem nur einmal längs und quer gefalteten Blatt geschrieben war (vgl. Überlieferung). 244,18 dein liebes Zettelgen] Wahrscheinlich die nicht überlieferte Antwort auf Goethes Brief vom 27. März 1781 (Nr 346). 244,19 in einem bessern Clima] Hier mit Bezug auf die raueren, als ungünstig empfundenen Wetter- und Witterungsverhältnisse in Thüringen mit ihren negativen Auswirkungen auf das körperliche und seelische Wohlbefinden (vgl. GWb 5, 444). 244,20 ich bin der dezidirteste Barometer] Ganz ähnlich im Brief an Johann Heinrich Merck wahrscheinlich vom 30. März 1781 (vgl. 245,25–246,1). – ‚Barometer‘ hier als Maskulinum gebraucht und der früheste Beleg des Wortes in Goethes Briefen überhaupt. 244,22 ein besonder Clima] Hier: Stimmung, geistige Atmosphäre, Aura (vgl. zu 237,3). 244,23 Frühstück] Lebensmittel, die Goethe Charlotte von Stein als Morgengruß schickte (vgl. zu 15,15; zu 237,7).

348. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 30. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 49. – 1 Bl. 19 × 8,9(–9,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Rs. Adresse: Fr. v., Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „116.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 118), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 56f. WA IV 5 (1889), 101, Nr 1182. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 245,2 recht artig] Ein im 18. Jahrhundert oft benutztes Modewort; hier in der eher seltenen Bedeutungsvariante ‚angenehm‘, ‚gut‘. 245,4 was der Fus 〈…〉 macht] Vgl. zu 244,12.

MÄRZ 1781

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245,4 Conseil] Die fünfte und letzte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im März 1781 und die zweite, an der auch Herzog Carl August wieder teilnahm (vgl. Wahl, Consilium, 676–678, Nr 9694–9740).

349. An Johann Heinrich Merck

〈Weimar, 30.? März 1781〉 → 〈Darmstadt〉

DAT IERUN G

Bisher wurde der Brief nach den inhaltlichen Parallelen zum Brief an Charlotte von Stein vom 28. März 1781 auf denselben Tag datiert (vgl. WA IV 5, 367; die erste Erläuterung zu 246,1). – Hier erfolgt die Datierung nach Mercks Brief an Carl August vom 27. März 1781, auf den sich der vorliegende Brief bezieht: „Ich wünschte, daß mir Goethe ein Wort darüber schriebe, ob Er mit mir zufrieden ist, u. ob ihm die Zeichnungen gefallen haben.“ (Merck, Briefwechsel 2, 568.) Die reitende Post nach Weimar ging von Kassel am Dienstag „Nachmittags um 1 Uhr“ (27. März) ab und kam in der Nacht vom Donnerstag (29. März) auf Freitag (30. März) in Weimar an (Topographisches Reise- Post- und Zeitungs-Lexicon von Deutschland. Bd 2. Leipzig 1782, S. 611). Vermutlich schrieb Goethe den Brief gleich am 30. März, damit er mit dem westfälischen Kurs nach Kassel entweder am späten Freitagabend (vgl. ebd., 836) oder „Sonnabends früh 6 Uhr“ befördert werden konnte (Post-Bericht 1781, o. S.). Eine Datierung auf die folgenden Tage, damit der Brief am Montag, dem 3., oder Freitag, dem 7. April, abging, ist nicht auszuschließen. ÜBER L IEF ERU NG

H: Privatbesitz, München. – 1 Bl. 18,7 × 22,9(–23,1) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte. E: Merck, Briefe2 (1838), 182f., Nr 80 (Datierung: „1781“). WA IV 5 (1889), 99f., Nr 1181 (nach E; Datierung: „28? März“ 1781). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf Mercks Brief vom 27. März 1781 an Carl August (vgl. Datierung). – Möglicherweise antwortete Merck (vgl. die zweite Erläuterung zu 245,6). 245,6 Ich habe dir lange nichts gesagt] Der letzte bekannte Brief Goethes an Merck stammt vom 11. bis 13. Oktober 1780 (Nr 181). 245,6 mancherley Anlas] In Anspielung auf Mercks Sendungen mit Graphiken (vgl. zu 245,10) sowie mit Mineralien. Merck nutzte seinen mehrmonatigen Dienstaufenthalt in Kassel ab Februar 1781 für mineralogische Erkundungen und

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trug die Suite „Vulkanische Produkte von der Cassler Gegend“ für Goethe zusammen, die in dessen Sammlung überliefert ist (vgl. LA II 7, 8f., M 5). Allerdings war die Suite vermutlich noch nicht oder noch nicht vollständig in Weimar eingetroffen: In einem Brief Mercks an Goethe, der einer weiteren Sendung mit Mineralien beilag und von dem lediglich ein undatierter Auszug als Abschrift überliefert ist, heißt es, Goethe habe bereits Basalte aus Dransfeld bei Göttingen „durch den herzog bekommen“ (Merck, Briefwechsel 2, 554). Dieser Brief wurde unterschiedlich datiert: auf Februar 1781 (vgl. ebd., 554f., Nr 447) und auf Ende März oder April 1781 (vgl. RA 1, Nr 141). Da Carl August am 22. März nach Weimar zurückgekehrt war (vgl. zu 225,15–16), erscheint letztere Datierung plausibel. Mercks Brief, der auf die baldige Veröffentlichung eines Aufsatzes hinwies („Mineralogische Spaziergänge“, erschienen im Juliheft 1781 des „Teutschen Merkur“), kreuzte sich entweder mit vorliegendem Brief oder beantwortete ihn. 245,7 gute Tage in Cassel und Göttingen] Am 15. März 1781 war Carl August in Kassel mit Merck zusammengetroffen (vgl. zu 225,15–16). Am 18. März brachen sie nach Göttingen auf, um Christian Wilhelm Büttner zu besuchen, dessen Bibliothek der Herzog erwerben wollte (vgl. zu 245,21). 245,8–9 gute Sensation gemacht] Über den Besuch am 19. März 1781 bei Lichtenberg zeigte sich dieser leicht indigniert: „Am vergangenen Montag hatte ich eine Abhaltung von einer gantz eigenen und unerwarteten Art, der Hertzog von Weimar besuchte mich. Ein Kriegsrath, der ihn meldete, sagte mir zwar, er würde nur eine halbe Stunde bleiben, allein er blieb zwo geschlagene Stunden und hierüber und die nöthigen Präparationen habe ich alles müssen liegen lassen.“ (Brief an Johann Andreas Schernhagen vom 22. März 1781; Lichtenberg, Briefwechsel 2, 183.) Über das Zusammentreffen des Herzogs mit Gottfried August Bürger berichtete er Wilhelm Gottlieb Becker am 26. März 1781: „Heute vor 8 Tagen war der Herz. von Weimar incognito hier, er ritte nach dem er einige Profess. und auch mich besucht hatte, zum Amtmann Bürger, und blieb einige Zeit bey ihm, nöthigte ihn mit nach Heiligenstadt und brachte da die Nacht mit ihm zu. Seit der Zeit will man sagen B. gienge auch nach Weimar um die Zahl der dortigen Heiligen zu vermehren.“ (Ebd., 185f.) Merck hatte Bürger am 19. März 1781 die entsprechende Einladung geschickt (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 565). 245,9 Schreibe mir ein Wort darüber.] Sollte dies der Fall gewesen sein, so ist wohl auch dieser Brief einem der großen ‚Autodafés‘ Goethes vor der Schweizer Reise im Jahr 1797 anheimgefallen (vgl. die Tagebucheinträge vom 2. und 9. Juli 1797 [GT II 1, 119f.] sowie die „Tag- und Jahres-Hefte“ für 1797 [WA I 35, 73]). 245,10 Die Zeichnungen sind sehr hübsch] Merck hatte bereits im Januar 1781 ein Paket mit Kupferstichen und Zeichnungen, vorwiegend von niederländischen Künstlern, an Carl August geschickt, der sie Goethe schenkte (vgl. zu 208,2–3). – Im März hatte Merck weitere Graphiken nach Weimar geschickt; es

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handelte sich laut dem „Verzeichnis derjenigen Blatter die im Monat Mart. 1781. von Darmstadt abgegangen sind“ vorwiegend um Kupferstiche nach niederländischen Künstlern, die im Einzelnen nicht zu identifizieren sind (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 245). Außerdem hatte der Herzog aus Kassel mehrere Zeichnungen mit nach Weimar genommen. Dazu hat sich die folgende Aufstellung in den Unterlagen der herzoglichen Schatulle erhalten: Verzeichniß der HandZeichnungen welche des Herrn Herzogs Hochf. DurchL. im Monat Mart. von Cassel selbst mitgenommen haben. Eine Handzeichnung von Holzer Ein groses Viehstük von Castiglione. Ein Kopf von Dietrich Ein Aldegræffer. H. Roos. ein Ochse 3. Blatter von du Jardin. H. Roose H. Roose Ein dergL Landschafft von Moucheron Eine grose Landschafft von Dietrich Eine ernsthaffte Compos. von Rottenhammer Eine Landschafft von V. Haagen Vlieger Seemann Kneller 2 Blatt Wateau v. Goien P. de Jode Pynas Rugendas Portefeuille

4: –: 6: –: 1:30: 7: –: 4: –: 6: –: 3: –: 2: –: 2: –: 3: –: 6: –: 3: –: 2:30: 2: –: 2: –: 2: –: 1.30. 3: –: 2:30: –: 1: –: 2: –: 3: –: 69 fl. –:

(H: LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 246; vgl. Merck, Briefwechsel 2, 571.) 3 Holzer] Von Johann Holzer sind zwei Zeichnungen überliefert, eine Heilige Familie und eine allegorische Darstellung, die zur Sammlung des Herzogs gehörten (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 840, KK 841). 4 Viehstük von Castiglione] Möglicherweise „Ziehende Hirtenfamilie mit Herde“, „Hirtenwanderung“ oder „Herdenwanderung“ (KSW, Museen,

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Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 2197, KK 2198, KK 2201; vgl. Ursula Verena Fischer Pace: Die italienischen Zeichnungen. Bd 1. Bestandskatalog. Ehemalige Großherzogliche und Staatliche Sammlung. Köln u. a. 2008, S. 130f., Nr 259–260, 262). 5 Kopf von Dietrich] Wahrscheinlich „Brustbild eines jungen Mannes mit großem Hut“ von Christian Wilhelm Ernst Dietrich (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 429). 6 Aldegræffer] Nicht ermittelt: Die einzige in Weimar überlieferte Zeichnung Heinrich Aldegrevers wurde frühestens 1819 aus der Sammlung Rochlitz erworben (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 3; vgl. Zeichnungen deutscher und Schweizer Künstler des 15. und 16. Jahrhunderts. Ausstellungskatalog Weimar 1986, Bd 1, S. 30, Nr 20). 7 Ochse] Möglicherweise Johann Heinrich Roos’ „Stehende Kuh nach links, den Kopf nach hinten gewendet“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 2895). 8 Jardin] Wahrscheinlich Karel Dujardin, von dem in Weimar keine Zeichnungen überliefert sind. 12 Moucheron] Nicht ermittelt; in Weimar sind Blätter sowohl von Frederik de Moucheron als auch von seinem Sohn Isaac überliefert. 13 Landschafft von Dietrich] Von den zahlreichen Landschaften Dietrichs im Bestand „Graphische Sammlungen“ kommen aufgrund des Formats neun Stück in Betracht (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 439, KK 441, KK 445–448, KK 450–451, KK 453). 14 Rottenhammer] Wahrscheinlich Hans Rottenhammer, die Zeichnung konnte nicht identifiziert werden. 15 V. Haagen] In Weimar sind sechs Landschaften Joris van der Hagens überliefert, die in Betracht kommen (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 5080–5085). 16 Vlieger] Nicht ermitteltes Blatt Simon de Vliegers. 17 Seemann] Möglicherweise eine der zwei in Weimar überlieferten Zeichnungen Reinier Zeemans (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 5727–5728). 18 Kneller] Gottfried Knillers Porträts „Herr in Lockenperücke“ und „Sitzende junge Dame“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 2124, KK 2125). 19 Wateau] In den Weimarer Sammlungen sind insgesamt sechs Zeichnungen überliefert, die früher Antoine Watteau zugeschrieben wurden, zwei davon in Goethes Sammlung. 20 Goien] Von Jan Josephszoon van Goyen liegen in Weimar zahlreiche Zeichnungen vor, die sowohl aus der Sammlung des Herzogs als auch aus Goethes Sammlung stammen. 21 Jode] Von Pieter de Jode d. Ä. und seinem gleichnamigen Sohn sind in Weimar nur Druckgraphiken überliefert. 22 Pynas] Möglicherweise die Zeichnung „Tobias nimmt in Begleitung des Engels Raffael den Fisch aus“, die Jacob Symonszoon Pynas zugeschrieben wird (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 5299). 23 Rugendas] Wohl Georg Philipp Rugendas, von dem mehrere Zeichnungen in den Weimarer Sammlungen vorliegen. 24 Portefeuille] Mappe (zum Transport und zur Aufbewahrung der Zeichnungen).

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Die meisten Blätter blieben wohl in der Sammlung des Herzogs. Der Abgleich mit den heutigen Beständen ist aufgrund ungenauer Beschreibung, mangelnder Angaben zur Provenienz sowie der zahlreichen Ab- und Zuschreibungen schwierig. 245,12 Huysum] Ein Blatt Jan van Huysums geht aus den Aufstellungen nicht hervor. – Es handelte sich möglicherweise um ein Stillleben, die einzige in Goethes Sammlungen identifizierte Zeichnung Huysums: „Trauben, Pfirsiche und einige andere Früchte“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/ Sch.I.306,0845). 245,14–16 Dein Erasmus 〈…〉 von einem Subalternen Menschen] Merck hatte am 28. Februar 1781 an Carl August geschrieben, er habe „die Handzeichnung Albr. Dürers von seinem Erasmus 〈…〉, welche die Bewunderung aller Künstler u. Kenner hat. Sie ist in Kleinigkeiten von dem Kupferstich in Etwas verschieden, aber an ihrer Ausführung, die allen Glauben übersteigt, sieht man, was sich der Mensch darzustellen, vorgesezt hatte.“ (Merck, Briefwechsel 2, 558.) Carl August hatte die Zeichnung wohl mit nach Weimar genommen. Nach Goethes negativem Urteil verlangte Merck das Blatt am 19. Mai 1781 zurück (vgl. ebd., 590). 245,21 von Büttnern und seiner Bibliotheck] Das Hauptanliegen von Carl Augusts Reise nach Göttingen war die Begegnung mit Christian Wilhelm Büttner, dessen Bibliothek seit Januar 1781 Gegenstand von Verkaufsverhandlungen war (vgl. zu 266,2). – Büttner hatte für seine naturhistorischen und sprachvergleichenden Studien eine umfangreiche Sammlung zusammengetragen, die neben seltenen Buchausgaben auch Landkarten, Kupferstiche und Handschriften enthielt. Nachdem der hochverschuldete Büttner bereits 1773 sein Naturalienkabinett und seine Münzsammlung der Universität Göttingen gegen eine Pension abgetreten hatte, erfuhr Carl August wohl durch Merck von Büttners Absicht, die Bibliothek zu veräußern. In einem an Anna Amalia geschickten Reisebericht vom Sommer 1779 hatte Merck von seiner Station in Göttingen am 15. Juli 1779 berichtet: „Der alte B ü t t n e r sitzt unter Affen und Hunden, und im ganzen Haus riechts nach Katzen-Piß. Aber einer ihrer grösten Gelehrten der 47 Sprachen versteht, und sie alle verglichen hat, dabey ein groser Botanikus, Chimiker, und Numismatiker. Er ist höchst sonderbar, man mag mit ihm reden was man will, er hört nicht, sondern erzählt seine Sachen fort ohne alle Prätension. Sie haben ihn aber nie mehr gegeben als 160 thr Pension, weil er sich nicht bücken kann. Neulich hat 〈…〉 die Akademie 〈…〉 Büttners Naturalien Cabinet durch eine Pension von 300 thr abgekaufft. Nachher wolten sie auch die Bibliothek haben, die zweymal so viel werth ist, und boten ihn dafür als eine besondere Gnade vom Konig 100 thr Pension weiter an, wenn er sie auch hergeben wolte, alsdenn sagte Heyne, verkaufen wir sie, und lösen mehr denn 12/m thr daraus.“ (Merck, Schriften 5, 32f.) – Merck schrieb Carl August am 27. März 1781 in Anspielung auf Büttners Bedingung, dass die Bibliothek erst nach seinem Tod in den Besitz des Herzogs gelangen sollte: „Der alte Büttner ist verjüngt wie ein Adler, u. meynt nun Ew. Durchlaucht hätten sich in den

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Besiz Ihres Eigenthums verkürzt, daß Sie ihn besucht haben. denn er meynt, er könne nun nicht sobald zu Grunde gehen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 567.) – Nach der langwierigen Katalogisierung der chaotischen Bibliothek (vgl. die zweite Erläuterung zu 266,7) wurde sie 1782, anders als zunächst geplant (vgl. zu 266,8), nach Jena überführt, wohin Büttner ebenfalls zog (vgl. zu 266,2). 245,21–22 was man von dem H. gesagt hat] An Anna Amalia schrieb Merck am 1. Mai 1781 über das Auftreten ihres Sohnes in Göttingen: „Alle Professores passirten wie vor dem Gerichte des Minos. Jedem widerfuhr das was der König in Preussen in seinem Wahlspruch führt, und so selten austheilt. Sie waren wie betäubt, denn nach der Topik worin sie die Herzoge eingeschaltet hatten, wolte der Eine nicht zu den Andern passen. Büttnern ist indessen sein Leben auf 15 Jahre verlängert worden: denn er greifft nunmehr mit neuem Muth zu seinen aufgegebnen Projekten, und ich denke er wird noch Einhalbhundert Sprachen weiter zu denen 300 lernen, die er schon weiß. / Heyne wird auch seyn aufgemuntert worden, auf viele Jahre thätig zu seyn, u. das Gute der Universität zu befördern, nachdem er durch den Beyfall und die Anerkennung des Herzogs erfahren hat, daß Er nicht umsonst arbeitete. Das interessanteste für mich war die Bemerkung, wie alle Eindrüke bei de[m] herzog selbst so rein waren, wie sie sonst gewöhnlich nur bey einem Menschen nach sehr langer Erfahrung seyn können. Auch das Urtheil über Bürgers Poetischen Charakter war so treffend als möglich.“ (Merck, Briefwechsel 2, 584f.) 246,1 Barometer] Vgl. 244,20. 246,1 Everdingens Radirungen] Mit der Beschaffung von graphischen Blättern des auf Landschaften und Seestücke spezialisierten holländischen Malers und Radierers Allaert van Everdingen hatte Carl August Merck schon am 31. Januar 1780 beauftragt (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 363). Merck nahm sich der Aufgabe mit Nachdruck an und schickte zum Jahresende ein nicht näher zu identifizierendes Gemälde nach Weimar (vgl. ebd., 511). Am 16. Januar 1781 war ein umfangreicher Bestand an Graphiken gefolgt, darunter zwei Handzeichnungen Everdingens (vgl. ebd., 540, Anm. 2). Der Brief an Carl August vom 4. Mai 1781 kündigte sodann ein Dutzend Zeichnungen an, darunter „Eine Haupthandzeichnung von Everdingen“ (ebd., 589, Anm. 16), mit dem Zusatz: „Ich hoffe, sie sollen Goethen Freude machen.“ (Ebd., 587.) Carl August berichtete Merck am 31. Mai 1781, dass Goethe 102 Blätter von Everdingen von einem durch Merck vermittelten Kunsthändler für 12 Reichstaler gekauft habe (vgl. ebd., 608). Vermutlich war der Preis etwas höher: In Goethes Rechnungsbüchern wurde im Mai 1781 eine Zahlung über 23 Reichstaler und 10 Groschen an den Bankier Hl Streiber für Bilder und Kupferstiche verzeichnet (GR/RB 1781/82, Bl. 34v). – Goethes Sammlung umfasste schließlich etwa 150 Radierungen Everdingens (vgl. Schuchardt 1, 155–157). 246,3 man will sie aber nicht hergeben] Möglicherweise in Anspielung auf die Graphik-Sammlung Jacob Friedemann Graf von Wertherns. Goethe hatte sie wäh-

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rend seines Aufenthalts in Neunheilingen gesehen und sich einen Teil ausgeliehen (vgl. zu 246,9–10). 246,4 in meinem Garten] Der Garten an der Ilm mitsamt Gartenhaus (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 62,4). 246,5 meine mineralogischen Progressen] Merck war über Goethes wachsendes Interesse für die Geologie Thüringens, über die Zusammenarbeit mit Johann Carl Wilhelm Voigt (vgl. zu 86,7–9) sowie über die Anlage einer Gesteinssammlung (vgl. zu 86,9–11) informiert, zumal er wiederholt um Gesteinsproben (vgl. 41,22; zu 86,14–16) sowie um geologische Berichte (vgl. zu 86,17–18; zu 146,1–2) gebeten wurde. Er erhielt im November 1781 ein Exemplar von Voigts „Mineralogischen Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach“, in denen die Ergebnisse der gemeinsamen Untersuchungen vorgestellt wurden (vgl. Beilage zu Nr 521).

350. An Jacob Friedemann Graf von Werthern-Beichlingen Weimar, 30. März 1781 → 〈Neunheilingen?〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Liebeskind, Sign.: III,119. – Doppelblatt 19 × 27,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 oben links von fremder Hd, Tinte: „An Graf v Werthern.“ E: Steffen Hoffmann: Fund eines unbekannten Goethe-Briefes in Leipzig. In: GJb 129 (2012), 171. WA: Nicht gedruckt. BEIL AG E

Radierungen von Allaert van Everdingen (vgl. zu 246,9–10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Jacob Friedemann Reichsgraf von Werthern-Beichlingen (1739–1806) stammte aus einem Zweig des thüringischen Geschlechts von Werthern. Er trat früh in kursächsische Dienste ein und war ab 1768 Kammerherr in Dresden. 1773 heiratete er die 14 Jahre jüngere Louise aus dem nassauischen Geschlecht vom und zum Stein (vgl. zu 220,20). Nach seiner Ernennung zum Gesandten am spanischen Hof siedelte er 1775 mit seiner Frau nach Madrid über, während die 1774 geborene Tochter Louise bei der Familie der Mutter blieb. In Madrid kam eine weitere Tochter zur Welt, Jacobine, die bald darauf starb. Nach der Rückkehr aus Spanien im Jahr 1777 ließ sich das Paar auf dem Familiengut Neunheilingen bei Langensalza nieder. In die-

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ser Zeit entstand der Kontakt zu den benachbarten Höfen in Gotha und Weimar, wo der Adressat mit seiner Frau häufiger Gast war. Das Interesse Carl Augusts an Louise von Werthern (vgl. GB 3 II, zu 292,17) brachte den Herzog mehrmals in Verlegenheit, und Goethe führte im März 1780 deswegen Eine sehr schöne Erklärung mit ihm (GT I 1, 106; vgl. auch ebd., 110). Goethe begegnete dem Adressaten nicht nur in Weimar, sondern auch als Begleiter Carl Augusts in Wertherns Schlössern in Neuhausen im Mai 1780 (vgl. zu 58,5–6) und in Neunheilingen vom 7. bis 14. März 1781 (vgl. zu 220,10). Der vorliegende Brief, der sich durch den formellen Briefstil und den höflich-respektvollen Ton auszeichnet, bezieht sich auf letzteren Besuch: Goethe hatte von der ansehnlichen Kunstsammlung des Grafen profitiert. In den Briefen an Charlotte von Stein aus Neunheilingen thematisierte er Wertherns unglückliche Ehe und dessen schwierigen Charakter (vgl. 220,20–22; 224,11–13). Goethe schätzte die intellektuellen Fähigkeiten des Adressaten; so berichtete er Knebel am 3. Februar 1782: Graf Werther führte einen Aufzug der vier Jahrszeiten auf, die französchen Verse sind von ihm. (WA IV 5, 257.) – Nach der Berufung Wertherns zum Direktor des Kammerkollegiums in Zeitz im Jahr 1784 verlor sich der Kontakt des Ehepaars zum Weimarer Hof. Es hielt sich bis zu seinem Lebensende häufig im Schloss Eythra bei Leipzig auf und ließ die dortigen Parkanlagen modernisieren und erweitern. – Der vorliegende ist der einzige überlieferte Brief Goethes an den Adressaten. Ein Gegenbrief ist nicht bekannt. 246,9 Ew Exzell] Der Adressat führte seit 1779 den Titel eines Wirklichen Geheimrats mit Exzellenz-Prädikat. 246,9–10 die mir anvertrauten Everdingens] Während des Aufenthalts auf Schloss Neunheilingen vom 7. bis 14. März 1781 hatte sich Goethe mit der Graphik-Sammlung des Grafen beschäftigt und Graphiken Allaert van Everdingens kopiert (vgl. die erste Erläuterung zu 222,11; zu 223,29–224,2; zu 228,26–27). Offenbar hatte Goethe einen Teil der Sammlung ausgeliehen, nachdem er vergeblich versucht hatte, sie zu erwerben (vgl. zu 246,3). – Der Brief an Charlotte von Stein vom 31. Mai 1781 deutet darauf hin, dass Graf von Werthern-Beichlingen Goethe zu einem späteren Zeitpunkt erneut einen Teil seiner Everdingen-Sammlung zur Verfügung stellte (vgl. zu 275,8). 246,11–12 die ganze Sammlung zu kaufen] In Goethes Kunstsammlungen sind zahlreiche Radierungen Everdingens überliefert (vgl. Schuhardt I, 155–158, Nr 92–127); ein Großteil des Bestands wurde wohl erst Ende Mai 1781 erworben (vgl. die erste Erläuterung zu 222,11). Da Goethe wahrscheinlich am selben Tag Merck mit der Beschaffung von Radierungen Everdingens beauftragte (vgl. die zweite Erläuterung zu 246,1), lässt sich an der Aufrichtigkeit der vorliegenden Angabe zweifeln: Möglicherweise wollte Goethe den Adressaten nicht in Verlegenheit bringen, nachdem sein (oder Carl Augusts) Versuch, dessen Sammlung anzukaufen, gescheitert war.

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246,14–15 eine neue Epoche in meiner Kunstliebhaberey] Anspielung auf den Beginn der eigenen Sammlertätigkeit. 246,16 Frau Gräfinn] Johanna Louise, seit 1773 die Frau des Adressaten. Für sie interessierte sich Herzog Carl August (vgl. zu 228,13).

351. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 31. März 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 35. – 1 Bl. 18,8(–19) × 14,3(–14,6) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, oberer Rand abgeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „78.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 80), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 57. WA IV 5 (1889), 101, Nr 1183. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom selben Tag (vgl. zu 247,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 247,1 Ihr liebes Briefgen] Nicht überliefert. 247,3 die Ubel] Kopfschmerzen (vgl. 248,10–11). 247,5–6 die Zeichnungen] Vielleicht die Handzeichnungen, die Merck und Herzog Carl August in Kassel für Goethe besorgt hatten (vgl. zu 245,10). 247,7 Den Compte rendu des Hl. v. Necker] Jacques Necker, Finanzminister unter Ludwig XVI., hatte Anfang 1781 einen „Compte rendu au Roi“ (Finanzbericht an den König) veröffentlicht, der konkrete Zahlen über voraussichtliche Einnahmen und Ausgaben der königlichen Kammer sowie die Höhe der vorgesehenen Schuldentilgung enthielt. Der 157-seitige Bericht war der erste seiner Art in Frankreich und erregte viel Aufsehen und infolge seiner optimistischen Voraussagen kontroverse Diskussionen. Er beginnt mit einem Aufsatz über den Zustand der Staatsfinanzen, die finanzpolitischen Reformen Neckers und allgemeine fiskalpolitische Themen. Ziel des mit Zustimmung des Königs herausgegebenen „Compte rendu“ war, das Vertrauen in Finanzen und Kreditwürdigkeit des Staates zu stärken. Goethe könnte durch einen Artikel im Februar-Heft der „Correspondance littéraire, philosophique et critique“ auf Neckers Bericht aufmerksam geworden sein (vgl. zu 40,23–24). Als Mitglied des Geheimen Consiliums gehörte Goethe einer Kommission an, die sich mit den Problemen der weimarischen Kammer und der Konsolidierung der Staatsfinanzen befasste (vgl. GB 3 II, zu 141,16–18 und die ein-

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leitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530, bes. 970f.). – Die deutsche Übersetzung des „Compte rendu“ von Christian Konrad Wilhelm Dohm „Rechnung von seiner Finanzverwaltung Sr. Majestät dem König von Frankreich“ (Berlin) erschien im selben Jahr wie das französische Original. 247,8–9 dem Ewerdingen] Den niederländischen Landschaftsmaler und Radierer Allaert van Everdingen hatte Goethe bei Gelegenheit seines Besuches auf Schloss Neunheilingen als künstlerisches Vorbild für seine eigenen Zeichnungen entdeckt (vgl. die erste Erläuterung zu 222,11; zu 246,9–10). 247,9 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 247,9 Dickbein] Nach Adelung „der obere dickere Theil des Fußes bis an das Knie, welcher auch der Schenkel, im gemeinen Leben aber auch die Lende genannt wird“ (Adelung 1, 1480). 247,10 Frizzen] Friedrich von Stein, der sich demnach immer noch oder erneut bei Goethe aufhielt (vgl. zu 241,20). 247,11 deine Seele geküsst] Als ostentativer Hinweis auf den platonischen Charakter seiner Liebe zu Charlotte von Stein und in Anspielung auf den Topos der ‚schönen Seele‘, den Goethe wenig später zum ersten Mal explizit auf die Adressatin bezieht (vgl. zu 253,18). – Zum Anredewechsel in Goethes Briefen an Charlotte von Stein im März 1781 vgl. zu 229,6–7.

352. An Jacob Friedrich von Fritsch

〈Weimar〉, 31. März 1781 → 〈Weimar〉

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H: Sächsisches Staatsarchiv – Staatsarchiv Leipzig, Bestand: 20547 Rittergut Seerhausen, Sign.: Nr 540. – Doppelblatt 19 × 28 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Des Herrn GehRaths / von Fritsch / Exzell., Reste eines roten Siegels, Siegelausriss. E: Beaulieu-Marconnay (1874), 211. WA IV 5 (1889), 102, Nr 1184 (nach E; mit Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 255). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Goethes Brief an Jacob Friedrich von Fritsch vom 22. Juni 1781 (Nr 428) bezieht sich auf Antworten, die Fritsch auf den vorliegenden Brief gegeben haben muss. Bei dem vorliegenden Brief handelt es sich um ein Beförderungsgesuch, das Goethe an Jacob Friedrich von Fritsch als den Meister vom Stuhl der Weimarer Loge „Amalia zu den drei Rosen“ richtete, um in den zweiten Johannisgrad, den des

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‚Gesellen‘, aufgenommen zu werden. Goethe war am 23. Juni 1780 Mitglied des Ordens geworden, nachdem er am 13. Februar 1780 ein Aufnahmegesuch an Fritsch (Nr 16) gestellt hatte. Am 23. Juni 1781, ein Jahr nach der Aufnahme in den Lehrlingsgrad, erfolgte regulär Goethes Beförderung zum Gesellen. – Vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 16. 247,13–14 die Zusammenkunft einer Loge] Die Loge fand am 23. Juni 1781 statt (vgl. Protokoll der Loge „Amalia“ vom 23. Juni 1781 [Des Maurers Wandeln, 132]). 247,15 unbekandten Regeln des Ordens] Die Lehre der Strikten Observanz, einem Hochgradsystem, das sich in der Nachfolge der Templer sah, seine Mitglieder zu strengstem Gehorsam und absoluter Verschwiegenheit verpflichtete und der Vorstellung nach von ‚Unbekannten Oberen‘ geführt wurde, enthielt vorgeblich mit Bezug auf die Tempelritter ein streng gehütetes Geheimnis. „Die Rittergrade gaben vor, über die traditionellen freimaurerischen Erkenntnisstufen, die sogenannte Johannismaurerei, hinausreichende Geheimnisse 〈…〉 zu bearbeiten und immer näher an die unbekannten Oberen des angeblich noch im Verborgenen fortexistierenden mittelalterlichen Templerordens heranzuführen. Die Angehörigen dieser Rittergrade bildeten den ‚Inneren Orden‘ der Strikten Observanz. Sie definierten sich nicht mehr als Freimaurer, sondern als Tempelherren. Die symbolische Maurerei und der vierte Grad des ‚Schottischen Meisters‘ waren inhaltlich davon abgekoppelt.“ (Des Maurers Wandeln, 25f.) In den Ritualen wurde auf die ‚Unbekannten Oberen‘ Bezug genommen, ohne näher darauf einzugehen. 247,17 um mich dem wesentlichen mehr zu nähern] Wahrscheinlich zielt Goethe darauf ab, dass ein Bruder mit dem weiteren Voranschreiten in den Ordensgraden mit der ganzen Lehre des Ordens bekannt gemacht wurde. 247,19–20 als einen Fremden tracktiren zu müssen] Erst der Erwerb des einfachen Meistergrades (dritter Grad), der in der Regel frühestens nach zwei Jahren gewährt wurde, ermöglichte die Beförderung zum „Schottischen Meister“ (vierter Grad) und somit den Eintritt in den ‚Inneren Orden‘. Goethe war bisher von den Ordensgeheimnissen ausgeschlossen. – ‚Traktieren‘ hier in der Bedeutung ‚behandeln‘ oder ‚begegnen‘ (vgl. Adelung 4, 637). 247,21 bis zu dem Meistergrade] Nachdem Goethe regulär am 23. Juni 1781 in den Gesellengrad aufgenommen wurde, erfolgte seine Beförderung zum einfachen Meister etwas früher als gewöhnlich am 2. März 1782. 247,22–23 Die Bemühungen 〈…〉 Ordenskenntnissen gegeben] Wie intensiv Goethes Bemühungen um die Ordenskenntnisse in dieser Zeit waren, ist nicht bekannt. Am 9. Januar 1781 erwähnt er im Tagebuch ein Gespräch mit seinem Jugendfreund, dem Komponisten Philipp Christoph Kayser, über die Weimarer Loge (vgl. GT I 1, 121). Kayser war Logensekretär der Zürcher Loge „Modestia cum Libertate“ und hielt sich seit Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar auf. Weiteres ist dem Tagebuch, das im April zunächst abbricht, nicht zu ent-

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BRIEFE 353–355

nehmen. Jedoch belegen Goethes Rechnungen aus dieser Zeit, dass er sich Bücher zum Thema Freimaurerei angeschafft hatte, wie das von Johann August Starck 1781 anonym in Berlin erschienene „Ueber den Zweck des Freymaurerordens“ (vgl. GR/Belege 1781/82, 1, Bl. 20 [9. Februar 1781]; Ruppert, 463, Nr 3180 [in Goethes Bibliothek nicht mehr vorhanden]). Am 19. Februar kaufte Goethe den zweiten und am 15. März 1781 den ersten Teil von Lessings „Ernst und Falk. Gespräche für Freymäurer“ (Wolfenbüttel 1778 und 1780), eine systematische Auseinandersetzung mit den Grundlagen und Zielen des Logenwesens (vgl. GR/Belege 1781/82, 1, Bl. 20; Ruppert, 462, Nr 3175). Darüber hinaus finden sich in Goethes Rechnungsbuch von 1781/82 unter dem 17. März 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 19v) Carl Friedrich Köppens „Crata repoa: oder Einweihungen in der alten geheimen Gesellschaft der Egyptischen Priester“ (1770, Nachdruck Berlin 1778) sowie drei Streitschriften von und gegen Christian August Heinrich Kurt Graf von Haugwitz, der unter dem Einfluss des Schweizer ‚Genieapostels‘ Christoph Kaufmann stand (vgl. zu 30,15–16): Haugwitz: An meine Brüder (Breslau 1779); unbekannter Verfasser: An unsere Brüder (Breslau 1779); Carl Rudolf von Lestwitz: Meine Gedanken über die zwey kleine freymäurerische Schriften: An meine Brüder und An unsere Brüder (Berlin 1780). Vgl. August Wolfstieg: Bibliographie der freimaurerischen Literatur. Bd II. Leipzig 1912, S. 542, Nr 33628–33630; S. 970, Nr 42717. – Vgl. auch die erste Erläuterung zu 252,24.

353. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 36. – 1 Bl. 18,8(–19,2) × 12,7 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, unten rechts Ecke ausgerissen; Vs. braune Siegelspuren; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, braunes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „79.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 81), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 57f. WA IV 5 (1889), 102f., Nr 1185. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 248,10 die Ubel] Vgl. zu 247,3. 248,12 die Landschafft] Wahrscheinlich eine Landschaft von Goethe nach Allaert van Everdingen (vgl. zu 223,29–224,2).

APRIL 1781

354. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 2. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 36. – 1 Bl. 18,8(–19,1) × 11,5(–11,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. rote Siegelspuren, oben links Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „80.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 82), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 58. WA IV 5 (1889), 104, Nr 1187. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 248,20 Neckerischen Schrifft] Jacques Neckers „Compte rendu au Roi“ (vgl. zu 247,7).

355. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 2. April 1781 → 〈Gotha〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: Forschungsbibliothek Gotha, Sign.: Chart. B 1918 II Goethe, Bl. 1–2. – Doppelblatt 37,8(–38,2) × 27,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Papierausriss am oberen Rand, kein Textverlust. E: Wilhelm Arndt: Zu Goethes Geburtstag. Zwölf ungedruckte Briefe Goethes aus den Jahren 1780–1829. In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. 39. Jg. II. Semester. Nr 35. Ausgegeben am 26. August 1880. Leipzig 1880, S. 351. WA IV 5 (1889), 103f., Nr 1186 (nach E). BEIL AG EN

1) Manuskript der „Vögel“ (vgl. die erste Erläuterung zu 249,10). 2) Goethe-Büste von Martin Gottlieb Klauer (vgl. zu 249,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief von Prinz August (vgl. zu 249,4). – Ein Antwortbrief ist nicht überliefert. Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg (1747–1806), der jüngste Sohn von Herzog Friedrich III. und dessen Frau Luise Dorothea geb. Prinzessin

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BRIEF 355

von Sachsen-Meiningen, besaß eine für seinen Stand als Angehöriger eines regierenden Fürstenhauses außergewöhnliche Persönlichkeit. Als nachgeborener Prinz war er für die militärische Laufbahn vorgesehen und wurde mit seinem älteren Bruder Ernst, der 1756 in die Thronnachfolge eintrat (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 25), ausgebildet. Prinz August diente seit 1767 im Gothaer Infanterieregiment in den Niederlanden, wo er 1770 Generalmajor und dann Regimentskommandant wurde, entwickelte aber dennoch keine Begeisterung für diesen Beruf. Erst nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1772 konnte er sich allmählich von den militärischen Verpflichtungen zurückziehen und 1775 unter dem Vorwand gesundheitlicher Probleme offiziell den Dienst quittieren. Seitdem führte er ein Leben als Privatier und widmete sich seinen literarischen und wissenschaftlichen Interessen. Das Erbe der Mutter und eine großzügige jährliche Apanage ermöglichten Prinz August einen aufwendigen Lebensstil. Im Gegensatz zu Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach konnte er sich daher eine angemessene eigene Hofhaltung leisten, ohne jedoch den Kontakt zum Hof abzubrechen. Er wohnte zunächst in einem Palais an der Hützelgasse und bezog dann das eigens errichtete Prinzenpalais, einen frühklassizistischen Bau im römischen Stil vor dem Siebleber Tor, das nach einem Entwurf von Hans Wilhelm von Thümmel ab etwa 1783 gebaut und 1787 eingeweiht wurde. Dort war Goethe oft zu Gast. Prinz August pflegte ein enges Verhältnis zum Weimarer Hof und stand in brieflichem Kontakt zu Herder, Wieland und Goethe; von diesen Korrespondenzen sind allerdings mit Ausnahme einiger Briefe Goethes meist nur die Briefe des Prinzen überliefert, die ihn als Philosophie-, Literatur-, Kunst- und Musikkenner wie auch als feinsinnigen, humorvollen Beobachter der politischen Ereignisse zeigen. Besonders Goethe war vom Umgang mit dem Prinzen angetan; an Charlotte von Stein schrieb er am 27. August 1782 über das freundschaftliche Verhältnis: Der Prinz ist gar verständig und lieb, es läßt sich mit ihm etwas reden und treiben. (WA IV 6, 47.) Für Goethe wurde er während zahlreicher Besuche zu einem wichtigen Gesprächspartner. Prinz August, der später die Patenschaft über August von Goethe übernahm, erhielt Manuskripte von Goethe und teilte ihm seine Lektüreeindrücke mit (vgl. zu 249,4). Ästhetisch-politische Meinungsverschiedenheiten, etwa über Goethes „Bürgergeneral“, trübten die freundschaftliche Beziehung nicht. In seinen Briefen, in denen auch naturwissenschaftliche Fragen behandelt wurden, klagte Prinz August wiederholt über seine angeschlagene Gesundheit und die zunehmende Isolation in Gotha. Ein wichtiger Berührungspunkt zwischen den Briefpartnern war die Italien-Erfahrung. Prinz August machte zwei Italienreisen und führte dabei Tagebuch. Die erste Reise, die er 1771 antrat, musste vorzeitig in Neapel wegen des Todes seines Vaters abgebrochen werden. Es folgte 1777/78 eine Reise nach Rom. Dass die Reisen des Gothaer Prinzen auch Goethes italienische Reise inspirierten, geht aus Prinz Augusts Brief an Herder vom 25. Dezember 1786 hervor: „Es ist seltsam,

APRIL 1781

675

daß die Briefe unseres G ö t h e, die ich gelesen, gleichsam Antworten auf die Zeilen sind, so ich an ihn geschrieben. Er berührt gerade ebendieselben Gegenstände, von denen ich erwartete, daß sie am lebhaftesten, in Rom, auf ihn wirken würden, und bey deren Anblick ich am vorzüglichsten neben ihm zu stehen oder ihn unbemerkt reden zu hören wünschte. Ich kann nicht läugnen, daß mich dieser Zufall ungemein schmeichelt 〈…〉.“ (SBB/PK, Ms. germ. qu. 1336, Bl. 163.) – Als Verehrer Voltaires und Rousseaus trug Prinz August zur Verbreitung der Schriften der französischen Aufklärung in Weimar bei. So ließ er etwa Wieland und Herder die in Gotha aufgelegte Voltaire-Ausgabe zukommen (vgl. Brief an Wieland vom 13. Mai 1781; WB 7 I, 361f.). Als Abonnent der „Correspondance littéraire“ gewährte er dem Weimarer Kreis um Herzog Carl August und Goethe Zugang zu diesem exklusiven Publikationsorgan, in dem neben Neuigkeiten aus dem Pariser Kulturleben auch literarische Werke veröffentlicht wurden, darunter Diderots Romane „Jacques le fataliste“ und „La Religieuse“ (vgl. zu 40,23–24; zu 221,12). Der Prinz steuerte mehrere Beiträge zum „Journal von Tiefurth“ bei (vgl. Journal von Tiefurt2, 218–235, 239–243, 245–253, 258–261 und 264–268). Von der vielseitigen Begabung Prinz Augusts zeugen auch dessen Geburtstagsgedichte und die Briefe in Gedichtform an Goethe (vgl. RA 1, Nr 224, 379, 380, 394, 434, 488 und 1450; RA 2, Nr 476 und 1394; RA 3, Nr 1412). Prinz Augusts positive Einschätzung der Französischen Revolution und seine politische Einstellung machten ihn zu einem ungewöhnlichen Vertreter der deutschen Fürstenhäuser. In einem Brief an Goethe vom 21. September 1794 bezeichnete er sich als „Demokrat, Jacobiner und Abgesandter der Propaganda“ (GSA 28/764, St. 3). In seinen Briefen an Wieland und Goethe verlieh er wiederholt seiner Freude über die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika Ausdruck, aber auch der Befürchtung, die Einmischung der absolutistischen Mächte in die französischen Angelegenheiten (Koalitionskriege) würde negative Konsequenzen für Deutschland haben. Sein letzter Brief an Goethe vom 14. Mai 1806 ist von Sorgen über die bevorstehende französische Besetzung und die Folgen der Napoleonischen Kriege geprägt (vgl. RA 5, Nr 371). Seine politischen Ansichten verarbeitete er 1796 literarisch im französisch verfassten Märchen „Princesse Perruche“. Die von Goethe für die „Horen“ geplante Übersetzung kam nicht zustande. Prinz Augusts literarischer Nachlass wurde seinem Willen gemäß nach seinem Tod verbrannt. – Literaturhinweise: Irmtraut Schmid: Ein verschollenes Gegenstück zu Goethes ‚Märchen‘. In: GJb 94 (1977), 286–303; Das italienische Reisetagebuch des Prinzen August von Gotha 1777–1778. Hrsg. von Götz Eckhardt. Stendal 1985 〈Teildruck〉; Christoph Köhler: Prinz August von Sachsen-Gotha-Altenburg (1747–1806). Aufklärer, Republikaner und geistiger Mittler zwischen den Höfen Gotha und Weimar. In: 10 Jahre Goethe-Gesellschaft Gotha. Festschrift. Gotha 〈1996〉, S. 34–54. Insgesamt sind elf Briefe Goethes an Prinz August überliefert. Für den Zeitraum dieses Bandes sind zwei Briefe überliefert; zwei weitere Briefe lassen sich nachwei-

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BRIEFE 356/357

sen (EB 109 und 128). Es sind 66 Gegenbriefe überliefert, der früheste vom Jahr 1786. 249,4 kleinen Versuche] Das nicht überlieferte ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ (vgl. zu 240,1). – Möglicherweise hatte Goethe dem Adressaten das Manuskript Ende Februar 1781 durch Josias von Stein zukommen lassen (vgl. die zweite Erläuterung zu 213,3). Prinz August bezog sich in einem Brief an Herder vom 21. März 1781 auf dieses Manuskript: „Unser G ö t h e hat etwas an meinen Bruder geschickt, und zugleich einen sehr gütigen Brief an mich geschrieben, worinn er mich bittet, ihm mein unmaaßgebliches Gutachten darüber zuzusenden.“ (EGW 6, 577.) In seinem Brief äußerte er vorsichtige Vorbehalte gegen eine Zuspitzung der Polemik um die Schrift Friedrichs II. und bat Herder darum, ihn „bey unserm G ö t h e zu entschuldigen“ für seine ausstehende Antwort, da ihm das Manuskript noch nicht vorliege und er „noch nicht einmal 〈wisse〉, ob meine Muthmaßung wegen des Inhalts, gegründet sey oder nicht.“ (Ebd.) – Inzwischen hatte er Goethes Text durchgesehen und ihm mit dem nicht überlieferten Bezugsbrief seine Anmerkungen geschickt. 249,6 übersezlich] Goethe spielte mit dem Gedanken, das ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ ins Französische übersetzen zu lassen (vgl. zu 240,1). 249,10 die Vögel] Goethes Komödie war am 18. August 1780 uraufgeführt worden (vgl. zu 74,15–16). Die für Prinz August bestimmte Abschrift von der Hand Christian Georg Carl Vogels ist in der Forschungsbibliothek Gotha überliefert (Sign.: Chart. B 1304). 249,10 nur der erste Ackt] Eine von Goethe geplante Fortsetzung des Stücks wurde nie ausgeführt (vgl. zu 74,18–19). 249,13 beyliegende Büste] Gipsabguss einer der Goethe-Büsten von Martin Gottlieb Klauer (vgl. zu 266,27); nicht überliefert.

356. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 36. – 1 Bl. 19 × 7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Unterlänge der Paraphe fehlt; oben rechts Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „81×.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 83), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 58. WA IV 5 (1889), 104, Nr 1188.

APRIL 1781

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 249,22 Conseil] Die erste „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im April 1781, an der neben dem Herzog Goethe, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 678–680, Nr 9741–9773).

357. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 4. April 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) unter die undatierten Briefe zwischen dem 20. November und dem 1. Dezember 1781 wird der vorliegende Brief seit dem Erstdruck auf den 4. April 1781 datiert. Dafür sprechen Inhalt (vgl. die zweite Erläuterung zu 250,6) und Anredewechsel (vgl. zu 250,8). Die Datierung wird daher beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 99. – 1 Bl. 18,7(–19) × 11,4(–11,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „236.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 236), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 58f. WA IV 5 (1889), 105, Nr 1189. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 250,1 Bey dreyen] Einer Anmerkung Friedrich von Steins zufolge neben Charlotte von Stein „Gräfin Wartensleben u Fürstin Hohenloh gebohrne Gräfin Reuss“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 12r). Die Schriftstellerin Charlotte Wilhelmine Isabella Gräfin von Wartensleben geb. Gräfin zu Lynar, seit 1770 verwitwet, und deren Freundin Friederike Maria Johanna (Jenny) Fürstin von Hohenlohe-Kirchberg kannte Goethe durch Charlotte von Stein. 1776 hatte die Gräfin von Wartensleben ihn um Rat bei der Wahl einer geeigneten Erziehungsanstalt für ihren Sohn gebeten (vgl. GB 3 II, zu 105,10 und zu 105,16). Über ihre Silhouette äußerte er sich enthusiastisch und schickte eine Kopie davon an Lavater (vgl. GB 3 II, zu 100,1–2), ein persönliches Treffen in Kassel im September 1779 kam allerdings

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BRIEFE 358–360

nicht zustande (vgl. GB 3 II, zu 297,4). Der Fürstin von Hohenlohe war er vermutlich im August 1776 in Weimar begegnet (vgl. GB 3 II, zu 98,3–4). 250,6 Gräfinn] Isabella von Wartensleben. 250,6 Mein Zahn 〈…〉 leidlich Ruhe.] Korrespondiert mit der Bemerkung im Brief vom 5. April 1781 (vgl. 250,10), der vorliegende Brief stammt wahrscheinlich vom vorhergehenden Abend. – 1777 hatte Goethe häufig über Zahnbeschwerden geklagt. 250,8 dir] Der für März und April typische Anredewechsel innerhalb eines Briefes, hier wohl auch im Bemühen, das innige und vertraute Verhältnis zur Adressatin aufrechtzuerhalten.

358. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 5. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 37. – 1 Bl. 18,9 × 7,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „82.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 84), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 59. WA IV 5 (1889), 105, Nr 1190. BEIL AG E

Äpfel (vgl. zu 250,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 250,9 goldne Aepfel] In Anspielung auf die ‚goldenen Äpfel‘ der Hesperiden, die den Göttern ewige Jugend verliehen. 250,10 Zahnweh] Goethe litt seit einigen Tagen an Zahnschmerzen (vgl. die erste Erläuterung zu 250,6). 250,12 einige Stunden fleisig seyn] Möglicherweise mit Bezug auf die Weiterarbeit am „Tasso“ (vgl. zu 258,6) oder an „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ (vgl. zu 272,3–4). 250,13 Ihr Freund] So hatte sich Goethe in den Briefen an Charlotte von Stein zuvor schon gelegentlich genannt (vgl. zu 202,7). 250,13 Geliebter] Dies ist das erste Mal, dass Goethe sich selbst in einem Brief an Charlotte von Stein so bezeichnet, was auf die neue Qualität der Beziehung etwa

APRIL 1781

679

seit dem März 1781 verweist (vgl. zu 229,1–6). Schon etwas früher hatte er eine vergleichbare englische Grußformel gebraucht (vgl. zu 207,11).

359. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 6. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 37. – 1 Bl. 18,9 × 9,2 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, unterer Rand rechts eingerissen; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „83.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 85), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 59. WA IV 5 (1889), 106, Nr 1191. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 250,18 Conseil] Die zweite „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im April 1781, an der neben dem Herzog Goethe, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 680–682, Nr 9774–9810).

360. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 7. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 37. – 1 Bl. 19 × 14 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „84.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 86), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 60. WA IV 5 (1889), 106, Nr 1192. BEIL AG EN

1) Orangen (251,8). 2) Radierungen von Allaert van Everdingen (vgl. zu 251,8).

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BRIEFE 361/362

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 251,4 weggeschafft] ‚Wegschaffen‘ hier im Sinne von ‚erledigen‘, ‚hinter mich bringen‘, analog zu ‚bei Seite schaffen‘ (vgl. zu 244,6–7); wohl mit Bezug auf die amtlichen Geschäfte. 251,5 Buch des Irrthums und der Wahrheit] „Des Erreurs et de la Vérité, ou les Hommes rappellés au Principe Universel de la Science“; die Schrift des französischen Mystikers, Freimaurers und gegenaufklärerischen Philosophen Louis Claude de Saint-Martin war 1775 anonym in Edinburgh erschienen. Goethe äußerte sich im Brief an Lavater vom 9. April 1781 kritisch darüber (vgl. 252,24–27; zur Sache vgl. die erste Erläuterung zu 252,24). 251,7 Stein] Josias von Stein. 251,8 die Everdingens] Radierungen von Allaert van Everdingen (vgl. die erste Erläuterung zu 222,11), die Goethe wahrscheinlich kurz zuvor für seine Sammlung erworben hatte (vgl. zu 246,11–12).

361. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 8. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 38. – 1 Bl. 18,8 × 9,8(–10) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „85.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 87), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 60f. WA IV 5 (1889), 107, Nr 1193. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 251,12 Der Marckgraf] Am 8. April 1781 waren Markgraf Karl Friedrich von Baden und der badische Erbprinz Carl Ludwig in Begleitung des Ministers Wilhelm von Edelsheim „zu Mittag 12. uhr“ in Weimar angekommen (FB 1781, S. 69). Laut Fourierbuch reisten der Markgraf und seine Begleitung am Abend nach Eisenach weiter (vgl. ebd.). Den Markgräflichen Hof in Karlsruhe hatten Goethe und Carl August auf der Rückreise von der Schweiz im Dezember 1779 besucht (vgl. zu 3,2). Durch Herzogin Louise, eine Nichte Karl Friedrichs, bestanden verwandtschaftliche Beziehung nach Baden. 251,13 die Parade] Offenbar sollte zu Ehren der Gäste eine Militärparade stattfinden, die aber aufgrund des späten Eintreffens entfiel. Stattdessen nahmen der

APRIL 1781

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Markgraf und seine Begleitung an der fürstlichen Tafel teil, zu der „Mittags mit Tromp〈eten〉 u. Paucken 〈…〉 geschlagen und geblasen“ wurde (FB 1781, S. 69). Unter den Gästen der großen Mittagstafel mit 37 Personen sind an 13. Stelle Josias von Stein, an 32. Stelle Goethe namentlich genannt, Charlotte von Stein dagegen nicht (vgl. ebd., S. 70). 251,14 Das vorübergehende Weh] Wahrscheinlich Zahnbeschwerden (vgl. zu 250,10). 251,15 meine einzige] Als Ausdruck der Exklusivität seiner Beziehung zu Charlotte von Stein als Anrede in den Briefen an sie gebraucht (vgl. auch zu 330,14). 251,15 eh ich nach Hof gehe] Wohl mit Bezug auf die Abendtafel, die am 8. April 1781 mit einem Konzert und 39 Gästen stattfand, die allerdings namentlich nicht aufgeführt werden (vgl. FB 1781, S. 70). Wahrscheinlich nahmen Goethe und Charlotte von Stein an der Abendtafel, zumindest aber am Konzert teil (vgl. zu 251,20–21).

362. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 9. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 38. – 1 Bl. 18,9(–19,1) × 10,9(–11,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „86“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 88), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 61. WA IV 5 (1889), 107, Nr 1194. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 251,20–21 Du schienst gestern Abend 〈…〉 daß ich mitfahren mögte] Wohl mit Bezug auf eine Verabredung Charlotte von Steins während der abendlichen Hofgesellschaft am 8. April 1781 (vgl. die zweite Erläuterung zu 251,15). Seit Schöll wird vermutet, dass ein Ausflug mit Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein und seiner Frau Louise geplant war (vgl. Schöll, Goethe-Stein 2, 61, Anm. 1). Goethe erwähnt das Paar, das zu Besuch in Weimar war, namentlich im folgenden Brief vom 10. April 1781 (vgl. zu 253,19). 252,1 will meine Briefe schreiben] Darunter wohl der Brief an Johann Caspar Lavater vom selben Tag (Nr 363).

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BRIEF 363

252,2 die Probe von Wolfs Musick] Die Probe zur Oster-Kantate des Weimarer Hofkapellmeisters Ernst Wilhelm Wolf nach einem Text von Herder („Des Lebens Fürsten haben sie getötet 〈…〉“; Suphan 28, 115–121), die am Ostersonntag, dem 15. April 1781, in der Stadtkirche aufgeführt wurde. Die Partitur erschien 1782 bei der Dessauer Buchhandlung der Gelehrten unter dem Titel „Ostercantate, in Musik gesezt von Ernst Wilhelm Wolf“.

363. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar, 9. April 1781〉 → 〈Zürich〉

DATIERUN G

Nach Lavaters Vermerk (vgl. Überlieferung), nach der Beilage, Knebels Brief an Lavater vom 9. April 1781 (vgl. Beilage 1) sowie nach Goethes Angabe zum Empfang des zweiten Bezugsbriefs (vgl. zu 252,7). ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 137. – 1 Bl. 18,8(–19) × 27,9 cm, 1 ¾ S. beschr., egh., Tinte; Rs. unter dem Text mit Bleistift: „dL. 9 Apr 81 / G“, von Lavaters Hd mit Tinte überschrieben: „9 Apr 81 / G“; Auslassungszeichen von fremder Hd, Bleistift (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 122–124, Nr 33 (Teildruck mit Auslassungen: 252,9–23 Aus beyliegendem Brief 〈…〉 eignen Natur hat.; 253,1 Die 5 Carolinen übermach ich dir.). E2: Hegner (1836), 140 (Teildruck: 252,12–13 der Geber soll nicht fragen.; 252,21–27 Wohl sagst du 〈…〉 zusammen gehängt.) E3: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 192 (Teildruck: 252,7–13 Zum Morgengrus erhalt 〈…〉 der Geber soll nicht fragen.; 252,21–23 Wohl sagst du 〈…〉 seiner eignen Natur hat.) E4: WA IV 5 (1889), 108f., Nr 1195 (Eduard von der Hellen). BEIL AG EN

1) Brief von Knebel an Lavater vom 9. April 1781:

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den 9. Apr. 81 O Lieber! Wann Sie dem Gebrauch eines Zufalls so viel Werth beylegen, so demüthigt mich das in meinen Augen. Wenn Sie diesen Großmuth benennen, was bleibt mir übrig für die Zeit wo ich nicht großmüthig s e y n k a n n, und wo mein Herz gewiß um nichts weniger w o h l w i l l! –

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Liebe läßt sich nicht wägen. Alles, was man dem Freunde g e b e n kann, ist Spreu, die an der Wagschaale hängen bleibt. Was gaben Sie mir n i c h t? – Macht Ihnen der Besiz der Uhr Vergnügen, so macht es mich glücklich. Sie belohnen mich, indem Sie mir ein Pfand der Liebe erlauben. Wollen Sie aber den Aufwand der Freundschaft ganz alleine tragen, so vermehren Sie solchen noch, und drucken das Mittel für mich aus, das auch meiner schone, und mir den Vorwurf erspare, ich habe / u n großmüthig gehandelt, meinen Freunden das zu entziehen, woran sie mehrern Antheil haben als ich – und dem Glück nicht gedanckt, das mir den Zufall an die Hand gab, das zu thun, was ich durch eigne Kräfte nicht leicht gekonnt hätte. Ist eine Gesellschaft oder Institut zu Zürch, an welchem Sie oder einige Freunde Theil nehmen, und Sie glauben dieses Kunstwerck werde ihnen nüzlich und angenehm seyn – stellen Sie es hin! Im Nahmen eines Unbekannten! Der aber aus einem Zufall keine Eitelkeit ziehen darf! – Genug, lieber! Denn bey alle dem seh’ ich, die Last der Liebe fällt wieder auf Sie! Auf Sie allein – weil Sie gerne tragen! Adieu! Ich mag heute nicht mehr, denn ich bin selbst seit ein paar Tagen nicht gar wohl. Der Engel E m i l i e – so heißt er I h n e n n o c h a l l e i n – fühlt Ihren Gruß! Kn. Danck für alles andre liebe Ihres Briefs! – (H: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.116.) 23 E m i l i e ] Die von Knebel verehrte Emilie von Werthern-Beichlingen (vgl. die zweite Erläuterung zu 38,6; zu 78,7–8; zu 81,8). 2) Brief von Philipp Erasmus Reich an Goethe (vgl. 252,16); nicht überliefert. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Briefe vom 26. März 1781 (vgl. RA 1, Nr 139) und vom 31. März 1781 (vgl. RA 1, Nr 140). – Lavater antwortete am 22. April 1781 (vgl. RA 1, Nr 143). 252,7 Zum Morgengrus erhalt ich deinen Brief vom 31 März.] „Sonntags Abends 8 Uhr“ kam in Weimar die Post aus Nürnberg an (Post-Bericht 1781, o. S.). Es ist daher anzunehmen, dass der Brief Goethe am Montagmorgen des 9. April zugestellt wurde. 252,7–8 von der Uhr] Die von Hahn gebaute astronomische Uhr (vgl. zu 210,7). Im Bezugsbrief vom 31. März 1781 hatte Lavater im Rückgriff auf seinen Brief vom 26. März seinen Vorschlag (vgl. zu 236,28) wiederholt: „Wegen der Uhr erwart’ ich nun bloß die mir allein geltende Entscheidung des Looses.“ (Goethe-Lavater3, 169.) Außerdem hatte er sich am 26. März 1781 direkt an Knebel gewandt: „Alles, was die Uhr betrifft, Lieber Knebel, die Sie schon hätten, wenn ich irgend eine Art zupacken und einen Weg zum Transport hätte ausfindig

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BRIEF 363

machen können, hab’ ich an G o e t h e geschrieben. Ihre Großmuth beschämt mich. – Wie ein ganz an der Mutter hangend Kind mögt’ ich mich gern in diesem delikaten geschäfte verhalten. / Erspahren Sie mir, Lieber, stille ErröthungL oder doch Mißbehaglichkeiten – Ihre wahrhaft übertriebne güte gegen mich und die delikateße Ihrer Äußerungen macht mich wirklich leiden – So sehr es mir um Ihretwillen wohl macht.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.143.) 252,9 beyliegendem Briefe Knebels] Vgl. Beilage 1. 252,11 nicht gelost] Vgl. zu 236,28. 252,12–13 Du konntests thun 〈…〉 soll nicht fragen.] Darauf ging Lavater, der die Uhr der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich übergab, im Brief an Knebel vom 21. April 1781 ein: „Lieber Knebel / Ich will nicht d a n k e n – nur hinstellen laßen 〈…〉 und alles dann seine Wirkung thun laßen. Ich will Sie g a n z r e i n die Freüde, Freüde gemacht zuhaben, geniessen laßen.“ (Anhang „Dokumente“, S. 1033.) In seinem Antwortbrief vom 11. Mai 1781 äußerte Knebel seine Zufriedenheit mit dieser Lösung (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.117). 252,16 Brief von Reich] Nicht überliefert. Der Leipziger Verleger Philipp Erasmus Reich informierte Goethe über die bei ihm angetroffene Sendung aus Zürich (vgl. die folgende Erläuterung). 252,16–20 Wie kommts 〈…〉 am sichersten hierher.] Lavater entschuldigte sich im Antwortbrief für den Umweg der Sendung über Leipzig und bat darum, ihm „ein Paar Louisd’or dafür abzurechnen“, zudem versprach er, in Zukunft die Pakete über Frankfurt zu schicken (Goethe-Lavater3, 172). – Der Hauptteil der Gemälde-Sendung (vgl. zu 233,13) ging von Zürich nach Leipzig über Nürnberg. In Leipzig musste Porto sowohl für die ankommende wie die abgehende Sendung entrichtet werden. Möglicherweise hatte Lavater die Gelegenheit genutzt, Manuskripte oder Kupferstiche zu seinen „Poesieen“ an den Verleger Reich mitzuschicken (vgl. zu 233,7); in Briefen vom 21. März und 4. April hatte er Reich die Zusendung von Vignetten angekündigt (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 578.31–32). Bereits im April 1780 war Lavater ähnlich verfahren (vgl. zu 49,19; Goethe-Lavater3, 107). – Das Porto für Lavaters Sendung („25 rh 4 gr“) wurde Goethe von der herzoglichen Privatschatulle am 29. Mai 1781 erstattet (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1094, Nr 652). 7 Reichstaler Frachtkosten für eine Kiste mit Gemälden aus Frankfurt wurden ihm ebenfalls erstattet (vgl. ebd., Nr 648). Es handelte sich um eine kleine Kiste, die Lavater am 3. März angekündigt hatte, „worin einige nicht ganz verwerfliche, hochgeschäzte, aber nicht aufs beste conservirte oder wohl halb verdorbene Stücke sind.“ (Goethe-Lavater3, 156f.; vgl. ebd., 172.) 252,21–22 der Mensch Gott und Satan Himmel und Erde alles in Einem sey] Lavater war in seinem Brief vom 31. März auf Goethes Vorbehalte gegen Cagliostro eingegangen (vgl. 235,31–236,2): „C a l l i o s t r o seh’ ich an, wie du – als eine laterne magique für einzele Seiten der Menschheit – als Siegel auf meine

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Hypothese, daß der Mensch Gott und Satan, Himmel und Erde, alles in Einem sey – (ließ: meinen G l a u b e n)“ (Goethe-Lavater3, 167). Damit griff Lavater zugleich eine These auf, die er 1778 im Revisionsband der „Aussichten in die Ewigkeit“ aufgestellt hatte: „Himmel und Hölle ist in mir.“ (Lavater, Werke 2, 610.) – Das Bild führte er im Antwortbrief weiter aus: „Das höchste einfache infinite Gute, das lebt und Freüde hat am Schönen, Freüdemachenden – G o t t! / Das tiefste einfache infinite lebende Böse, das Freüde hat am Häßlichen, Schmerzenden – S a t a n! / Das höchste m a n i c h f a l t i g e harmonische von lebender und webender Güte, alle Ideen des Gütigsten, wahrnehmlich, und zusammenstimmend, der H i m m e l! / Das tiefste manichfaltige disharmonische von lebender und webender Herbigkeit, Zerstörungssucht – alle Ideen des Bösesten, wahrnehmlich die H ö l l e! / Das a l l e s ist im Menschen!“ (Goethe-Lavater3, 172f.) – In seinem Brief vom 7. Mai an Lavater ging Goethe wiederum auf Lavaters Ausführungen ein (vgl. 267,3–8). 252,24 Buch des Erreurs et de la Verite] Die anonym erschienene Schrift des französischen Theosophen Louis Claude de Saint-Martin „Des Erreurs et de la Vérité, ou les Hommes rappellés au Principe Universel de la Science“ (Edinburgh 1775; Irrthümer und Wahrheit, oder Rückweiß für die Menschen auf das allgemeine Principium aller Erkenntniß. Aus dem Französischen übersetzt von Matthias Claudius. Breslau 1782). Das antiaufklärerische Buch zirkulierte in Freimaurerkreisen und war wegen der rätselhaften und mystischen Ausdrucksweise sehr beliebt. Lavater besaß das schwer zu beschaffende Buch. Im Frühling 1779 hatte er sich vergeblich über den Verfasser erkundigt, so im Brief an Maria Antonia von Branconi vom 31. Mai 1779 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 589i.4), und Herder das Buch mit Nachdruck empfohlen und seine Zusendung versprochen, jedoch nicht geschickt (vgl. Aus Herders Nachlaß 2, 181; HB 4, 97 und 143). Knebel las in Lavaters Exemplar während seines Zürcher Aufenthalts und berichtete möglicherweise Goethe im nicht überlieferten Brief vom 12. Juli 1780 von der Lektüre (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 29v). – Vermutlich hatte Goethe das Buch über Freimaurer-Netzwerke erhalten, zumal Johann Joachim Christoph Bode, ein führendes Mitglied der Loge Amalia, der zum engsten Führungszirkel der Strikten Observanz gehörte, bald darauf eine anonyme, zurückhaltende Auseinandersetzung mit dem Buch aus freimaurerischer Sicht erscheinen ließ (Examen impartial du livre intitulé: Des erreurs et de la verité etc. Par un frère laïque en fait de sciences.o. O. 1782; vgl. Ruppert, 443, Nr 3025. – Unparteiische Untersuchung des Buchs: Des erreurs et de la verité etc. Von einem Wissenschaftslaien-Bruder). – Im Juli 1781 erbat sich Goethe Saint-Martins Buch von Charlotte von Stein zurück (vgl. 304,8). 252,24 angefangen habe] Schon vor dem 7. April 1781 hatte Goethe mit Charlotte von Stein das Buch gelesen (vgl. 251,5–7).

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252,26 Strohseilen] Lavater griff im Antwortbrief vom 22. April 1781 diesen Ausdruck auf: „Ich wünschte sehr, daß du mir einige Seitenzahlen aus dem Buche E r r e u r etc. anzeigtest, wo du die tiefsten Geheimnisse der wahresten Menschheit siehest. P a s q u a l l y ist der w a h r e Urheber des Buches, ein beschnittener Melchisedekit (So heiß’ ich die Offenbarungsgenießer, die nicht Juden und Christen sind.) und Geisterseherhoherpriester. Ein gewißer M a r t i n von Paris, von dem der nicht immer glaubwürdige D ü c h a n t e a u lächerliche Visionen und Grimaßen erzählt, soll es aus den Handschriften des verstorbenen P a s q u a l l i mit Zusätzen seiner ‚Strohseil‘? Fabrik herausgegeben haben.“ (Goethe-Lavater3, 173.) – Goethe ging nicht auf Lavaters Bitte ein (vgl. zu 267,20). 252,28–29 In der Silhouette 〈…〉 mehr s i n n l i c h e s .] Schattenriss des französischen Theosophen Duchanteau, den Lavater im Bezugsbrief ausführlich charakterisiert hatte (vgl. zu 236,22–23). Diese Silhouette ist überliefert (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KSi/AK2692). Ein Stich der Silhouette wurde in der französischen Physiognomik abgedruckt (vgl. Lavater, Physiognomonie 2, 170 [Profil 2]). Lavater ging im Antwortbrief auf Goethes Einschätzung ein (vgl. Goethe-Lavater3, 173f.). 253,1 Die 5 Carolinen übermach ich dir.] Vgl. 236,13–14. 253,2 vom alten König höre] Goethe hatte Lavater nach seiner Meinung zur Schrift „De la littérature Allemande“ von Friedrich II. gefragt (vgl. 236,15–16). Daraufhin äußerte sich Lavater im Brief vom 31. März sehr kritisch: „Des alten Königes allen Verstand übersteigende Schrift über die Literatur hab’ ich eben vor mir – das heißt sich doch nun auch p r o s t i t u i r t – kann auch ein S t u d e n t ignoranter, und ein p a r i s i s c h e s S c h ö n g e i s t l e i n süperfizieller seyn. Er wird, Gott weiß, noch ein Narr, wenn er’s nicht schon ist. Ihm ist zu Potsdam ans Schloß geschlagen worden Jerem. XXII. 13. 19. Mir träumte lezthin, daß der alte Friz eine lange Unterredung in französischer Sprache mit mir hatte – Ich bewunderte die erstaunliche Diktion, und da ich erwachte, noch mehr – daß ich, denn es war doch mein Ich, das sprach – so v o r t r e f l i c h f r a n z ö s i s c h verstand.“ (Goethe-Lavater3, 168.) 253,2–4 als wenn mich 〈…〉 thun hiese] Anklang an die Versuchung Jesu: „Wiederum führete ihn der teufel mit sich auf einen sehr hohen berg, und zeigete ihm alle reiche der welt, und ihre herrlichkeit“ (Matthäus 4,8; Luther-Bibel 1772 NT, 5). Möglicherweise spielt Goethe damit auf sein nicht überliefertes ‚Gespräch über die deutsche Literatur‘ an, das er allerdings Lavater gegenüber nicht erwähnte. Die negativ konnotierte Bezeichnung P r e d i g e r könnte auf die publizistische Tätigkeit Friedrichs II. zielen (vgl. zu 240,1). 253,4–7 Dem Kayser 〈…〉 nicht zu ersezzen ist.] Lavater hatte im Bezugsbrief in Hinblick auf die aufklärerische Reformpolitik Josephs II. geschrieben: „Der Kayser (in Wien) läßt sich gut an.“ (Goethe-Lavater3, 169.) Im Brief an Knebel vom 3. Dezember 1781 wiederholte Goethe seine hier gegebene Einschätzung, die am-

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bitionierten Reformen Josephs II. setzten nicht nur die Vernunft, sondern auch das Genie voraus, das er möglicherweise nicht besitze; er äußerte sich aber zuversichtlicher über die Persönlichkeit des Kaisers (vgl. zu 354,8–9). 253,10–11 tröstet mich offt 〈…〉 phisischen Ubel] Goethe bediente sich einer ähnlichen Formulierung im Brief an Knebel vom 2. April 1785, um die Heilkraft der Natur zu unterstreichen: Die Consequenz der Natur tröstet schön über die Inconsequenz der Menschen. (GB 6 I, 36.) 253,12 Baben] Barbara (Bäbe) Schultheß (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). 253,12 Frau und Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich, Anna (Nette) und Louise. 253,13 deiner Reise durch Colmar] Lavater hatte am 25. Juli 1780 die Kriegsschule in Colmar besucht (vgl. Gottlieb Konrad Pfeffel’s Fremdenbuch. Hrsg. von H. Pfannenschmid. Colmar 1892, S. 184). Ob er sich auf dem Weg nach oder von Straßburg im Januar 1781 wieder in Colmar aufgehalten hatte, ist nicht belegt (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 132). 253,13–14 iungen Grafen Wartensleben] Graf Gideon von Wartensleben war Schüler der 1773 von Gottlieb Conrad Pfeffel für protestantische Kinder gegründeten „École militaire“ in Colmar (seit 1782 „Académie militaire“). Die Einrichtung orientierte sich an den pädagogischen Prinzipien Basedows und Rousseaus; das Militärische wurde auf Äußeres, wie z. B. Uniform und Disziplin, beschränkt. – Knebel hatte Lavater im Brief vom 1. September 1780 über die Schule berichtet: „brachte zwey Tage in C o l m a r zu, fast gänzlich mit P f e f f e l und L e r s e. Ihre vereinte Stärcke und Schwäche erhält das Institut, und die Blindheit des Mannes erleichtert ihm das Zutrauen. 〈…〉 Der junge Graf Wa r t e n s l e b e n hat mir weh gethan. Er kann nicht allda gedeihen.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.109.) 253,14 seine Mutter schrieb dir einmal über ihn] Im Sommer 1776 hatte Charlotte Wilhelmine Isabella Gräfin von Wartensleben, eine Freundin Charlotte von Steins, Lavater und Goethe um Rat bei der Wahl einer geeigneten Erziehungsanstalt für ihren Sohn gebeten (vgl. GB 3 II, zu 99,33–100,1). Ihre Briefe an Lavater vom 2. Juli und 30. November 1776 sind überliefert (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 531.131–132). 253,14–15 Sag mir etwas was du dich von ihm erinnerst.] Lavater schrieb am 22. April 1781: „Wa r t e n s l e b e n, den Erzfeinen Jungen hab’ ich in Colmar gar wohl bemerkt. Der gehört nicht nach Colmar – Er überschaut sie alle. Einen p h i l o s o p h i s c h e r n H o f m a n n hab’ ich in einem Jungen nicht gesehen. Der wird gewiß was Großes!“ (Goethe-Lavater3, 174.) – Goethes Anfrage war von Gräfin von Wartensleben veranlasst, die sich in Weimar aufhielt (vgl. zu 250,1). Sie ließ Lavater durch Pfeffel ein Empfehlungsschreiben für ihren Sohn zukommen, der die erste Kommunion in Zürich empfangen sollte: „Meinen Sohn haben Sie in Colmar gesehen, das hat mir Göthe in Weimar gesagt. 〈…〉 Nun ist die Zeit da, daß er fey-

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BRIEFE 364/365

erlich in die Gemeinschafft der christL. Kirche aufgenommen werden soll; und ich zittre daß er diesen wichtigen Schritt auf die gewöhnliche Art thue. Sie, theuerster Mann, der Sie von Gott die Gabe bekommen haben die Herzen zu rühren und die ganze liebenswürdigkeit einer Religion zu zeigen deren Grund die Liebe ist, 〈…〉 suchen Sie in sein Herz zu dringen, unterrichten ermahnen Sie ihn. Geht’s an, so legen Sie ihm die Hände auf und segnen ihn zum Christen ein.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 531.130; Beilage zu Pfeffels Brief an Lavater vom 11. Juni 1781 [vgl. ebd., 523.183].) Lavater sagte Gräfin von Wartensleben am 20. Juni 1781 zu, ihren Sohn zu unterrichten; diesen Brief schloss er einem Brief an Pfeffel bei, der Vorbereitungsaufgaben für den Schüler enthielt (vgl. ebd. 586.14 und 577.108; Heinrich Funck: Briefwechsel zwischen Johann Kaspar Lavater und Gottlieb Johann Pfeffel. In: Alemannia 44 2/3 [1917], S. 94–125, bes. S. 106–112). Gideon von Wartensleben schickte Lavater die angeforderten Aufgaben am 13. Juli 1781 zu (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 531.150) und hielt sich vom 9. August bis zum 28. September 1781 in Zürich auf, wo Lavater ihn täglich unterrichtete (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 152–155). Lavater berichtete Goethe am 16. August 1781 davon (vgl. Goethe-Lavater3, 191). – Gräfin von Wartensleben schrieb Charlotte von Stein am 23. November 1781: „Dites à notre ami Göthe que je pense souvent à lui, que son ami Lavater en a agi comme un ange avec mon fils qui a été quelques semaines dans sa maison.“ (GMD, NW 327/1959. – Sagen Sie unserem Freund Goethe, dass ich häufig an ihn denke, dass sein Freund Lavater sich wie ein Engel mit meinem Sohn verhalten hat, der einige Wochen bei ihm war.) 253,16 Die Gemahlde] Vgl. zu 233,13.

364. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 10. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 38. – 1 Bl. 14,2 × 10,3 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „87.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 89), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 62. WA IV 5 (1889), 110, Nr 1196. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 253,18 in deiner schönen Seele] In Anspielung auf das griechische Ideal der Kalokagathia (griech.  $: das Schöne und Gute), die Verbindung von

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körperlicher Vollkommenheit und geistig-moralischer Vortrefflichkeit (zur Herkunft und Verwendung vgl. zu 119,20–21). Mit der vorliegenden Erwähnung bezieht Goethe den Topos zum ersten Mal explizit auf Charlotte von Stein. 253,19 Diedens] Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein, früherer dänischer Gesandter in Berlin und London, und dessen Frau Ursula Margareta Constantia Louise geb. Gräfin von Callenberg, deren Wohnsitz sich damals auf Schloss Ziegenberg in der Wetterau befand. Sie hielten sich seit dem 5. April 1781 in Weimar auf, wo sie häufig auch Gäste der fürstlichen Tafel waren (vgl. FB 1781, S. 67, 70, 72). Zu Goethes Beziehung zu Diede zum Fürstenstein vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 379. 253,21 wenn dein Fus dich nicht hinderte] Vgl. zu 244,12.

365. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 11. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 39. – 1 Bl. 19,2 × 9,6(–9,9) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, schwarze Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „88.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 90), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 62. WA IV 5 (1889), 110, Nr 1197. BEIL AG E

Blumen (254,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 254,2 in die Zeichenstunde] In der Weimarer „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ im Fürstenhaus, ab September im so genannten Roten Schloss fand zweimal wöchentlich jeweils mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr Unterricht für Frauen und Mädchen statt (vgl. zu 241,4).

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366. An Charlotte von Stein

BRIEFE 366–369

〈Weimar〉, 12. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 39. – 1 Bl. 11,5 × 9,6 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; untere rechte Ecke Rest eines roten Siegels, darüber Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „89“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 91), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 62. WA IV 5 (1889), 110, Nr 1198. BEIL AG E

Veilchen (vgl. 254,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 254,8 Conseil] Die dritte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im April 1781, an der neben dem Herzog Goethe, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 682f., Nr 9811–9838).

367. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 39. – 1 Bl. 13,2 × 8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse, Paraphe angeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. S〈tein〉, rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „90“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 92), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 63. WA IV 5 (1889), 111, Nr 1199. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

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254,12 Das Bild] Möglicherweise eine Zeichnung Charlotte von Steins (vgl. zu 241,4). 254,13 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 254,14 sag Ihnen was Sie schon wissen] In Anspielung auf die sich wiederholenden Liebesbeteuerungen Goethes.

368. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 14. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 40. – 1 Bl. 16,3 × 10 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „91.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 93), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 63. WA IV 5 (1889), 111, Nr 1200. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 255,2 meiner Geliebten] Vgl. zu 220,2. 255,2 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18).

369. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 45. – 1 Bl. 18,5(–18,7) × 10,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „104“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 106), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 63. WA IV 5 (1889), 111f., Nr 1201. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 255,8 Sie gehn wohl in die Kirche] Goethe nahm demnach nicht am Ostergottesdienst teil.

692

BRIEF 370

255,8 Ihrem Haiden] Mit provozierend-ironischem Selbstbezug und in Abgrenzung zum orthodoxen Kirchenglauben. – Zu Goethes Verhältnis zum Christentum vgl. vor allem seinen Briefwechsel mit Johann Caspar Lavater (vgl. bes. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 67; GB 3 II, zu 36,2–3). 255,10 ehe er bey hof geht] Goethe war am Ostersonntag 1781 Gast der fürstlichen Mittagstafel mit 28 Personen, sein Name ist im Fourierbuch an 23. Stelle aufgeführt (vgl. FB 1781, S. 75). 255,11–12 besondre Schicksaale] ‚Schicksale‘ hier: Veränderungen, denen der Mensch ausgesetzt ist, und Begebenheiten, deren Ursachen im Verborgenen liegen (vgl. Adelung 3, 1339). 255,13 Ostertag 81] Der Ostersonntag 1781 fiel auf den 15. April.

370. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar, Anfang bis Mitte April 1781?〉 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 10. – 1 Bl., 14,2 × 6,5(–6,7) cm, Bordüre aus zwei Balken, von einer Ranke umwunden (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; untere Ecke abgeschnitten; Rs. rote Siegelreste; am linken Rand aufgeklebt; am oberen Rand stellenweise restauriert. E: WA IV 7 (1891), 260, Nr 2358 (Eduard von der Hellen). DATIERUN G

Der undatierte Brief wird in der WA in Verbindung mit den Vorbereitungen der Fürstenbund-Diplomatie der 1780er Jahre gebracht (vgl. WA IV 7, 338). Er steht jedoch im Zusammenhang mit Carl Augusts Anmeldung seiner Erbansprüche auf die Grafschaft Jever bei Zarin Katharina II. und nimmt Bezug auf eine chiffrierte Nachricht von Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz aus St. Petersburg an Carl August vom 8. (nach dem julianischen Kalender) oder 19. März 1781, die die weimarischen Hoffnungen zunichte machte (vgl. zu 255,14–15). Darauf weist Hans Tümmler hin, dessen Datierung auf Ende März 1781 jedoch leicht zu revidieren ist (vgl. Politischer Briefwechsel 1, 72). Ein Brief von St. Petersburg nach Weimar brauchte mehr als zwei Wochen: Daher ist der vorliegende Brief frühestens auf Anfang April 1781 zu datieren. Wahrscheinlich hat der Herzog Goertz’ Brief bald nach dem Empfang an Goethe weitergeleitet (vgl. Beilage). Wegen seines brisanten Inhalts wurde er im Geheimen Consilium offenbar nicht weiter besprochen, eine genauere Datierung ist daher nicht möglich. – Eine spätere Datierung, etwa in die 1790er Jahre, ist mit größter Wahrscheinlichkeit auszuschließen: Zu dieser Zeit

APRIL 1781

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war Goethe nicht mehr Mitglied des Geheimen Consiliums; in den Akten zu Jever findet sich nach 1780/81 keine Spur seiner Beteiligung mehr. Zwar leitete Goethe im April 1793 ein Schreiben von Fürst Leopold III. von Anhalt-Dessau an Christian Gottlob Voigt in dieser Angelegenheit weiter, die mitgeschickten Unterlagen stehen jedoch in keinem Verhältnis zum klagenden Ton des vorliegenden Briefes (vgl. AS 2, 318f., Nr 58D). Die Anspielung auf Masaniello, der im Brief an Lavater vom 8. November 1780 erwähnt wird (vgl. zu 157,8–9), spricht ebenfalls für die Einordnung des Briefes in die frühere Zeit (vgl. zu 255,17). BEIL AG E?

Vermutlich hatte Carl August Goethe eine der überlieferten Fassungen von Goertz’ chiffriertem Schreiben vom 19. März 1781 zukommen lassen, in dem Goertz von den enttäuschenden Ergebnissen seiner bisherigen inoffiziellen Bemühungen um Carl Augusts Erbansprüche auf die Grafschaft Jever berichtete (vgl. zu 255,14–15). Wahrscheinlich schickte Goethe das Schreiben mit vorliegendem Brief zurück. Es ist in zwei Textzeugen überliefert: 1) Das chiffrierte Original (LATh – HStA Weimar, HAA 45, Bl. 34–39) gibt den Inhalt eines Schreibens von Goertz vom 19. September 1780 wieder, das verloren gegangen war (vgl. Politischer Briefwechsel 1, 68f.). Die entzifferten Buchstaben standen jeweils über den Chiffren, so dass die Lektüre aufwendig war. 2) Die in Weimar auf der Grundlage des ersten Textzeugen erstellte Reinschrift „Dechifferirung“, die später in einem gebundenen Konvolut „Acta / des / hiesigen HerzogLen Hauses Recht / an die Herrschafft Jever / betrL. / An. 1772 / Segg. / Vol. I.“ zu den Akten gelegt wurde (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 2199, Bl. 76–77). – Welche der beiden Fassungen Goethe vorlag und ob er auch den am 19. März 1781 mitgeschickten privaten Brief von Goertz an Carl August zu sehen bekam (vgl. LATh – HStA Weimar, HAA 45, Bl. 40–41), lässt sich nicht ermitteln. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 255,14–15 O du armes Jevern warum bist du nicht 〈…〉 zu holen.] 1780/81 versuchte Carl August, durch den Gesandten Preußens in St. Petersburg, Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz, seinen einstigen Erzieher, der russischen Regierung zwei Denkschriften überreichen zu lassen. Damit sollte er seine Erbansprüche auf die zu Anhalt-Zerbst gehörende ostfriesische Herrschaft Jever am russischen Hof anmelden. Goethes Paraphen auf den Abschriften der Handschreiben Carl Augusts an Goertz vom 25. Mai und vom 1. Dezember 1780 sowie auf beiden Denkschriften belegen, dass er an den Beratungen des Geheimen Consiliums über die Jeversche Frage teilgenommen hat (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 2199, Bl. 48, 53, 55 und 57; Wahl, Consilium, 574, Nr 7920 und 633, Nr 9020; Teildruck in: Politischer Briefwechsel 1, 65–67 und 69–72). –

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BRIEF 371

Carl August führte seinen Anspruch auf Jever auf seine Urgroßmutter Sophie Auguste, eine geborene Prinzessin von Anhalt-Zerbst, zurück. Nach dem in der Herrschaft Jever geltenden Erbfolgerecht sukzedierten beim Fehlen männlicher Erben ersten Grades die Töchter des Erblassers. Sophie Auguste und ihr Gemahl, Herzog Johann Ernst III. von Sachsen-Weimar, hatten deshalb in die bei ihrer Heirat 1685 ausgestellte Verzichtserklärung auf alle Ansprüche gegenüber dem anhaltinischen Fürstenhaus hinsichtlich der Herrschaft Jever einen ausdrücklichen Vorbehalt für den Fall eingefügt, dass das Haus Anhalt-Zerbst in männlicher Linie aussterben sollte. Dieser Vorbehalt war 1689 von Dänemark und 1691 von Kaiser Leopold I. anerkannt worden. Als Schwester des Landesherrn von Jever, des kinderlosen Fürsten Friedrich August von Anhalt-Zerbst, erhob die Zarin Katharina II. Anspruch auf dieses Erbe. – Goertz teilte dem Herzog in einem chiffrierten Schreiben vom 8./19. März 1781 (vgl. Beilage) mit, er habe sich am russischen Hof inoffiziell erkundigen müssen, da er von der preußischen Regierung keine Erlaubnis bekommen habe, in dieser Angelegenheit für Carl August zu verhandeln. Die Ergebnisse von Goertz’ Bemühungen waren insgesamt ernüchternd: Katharina II. sehe „sich nach dem Ableben ihres Bruders als die rechtmäßige Erbin der Grafschaft Jevern“ an, die für Alexei Bobrinski, ihren natürlichen Sohn mit dem Fürsten Orlow, vorgesehen sei (Politischer Briefwechsel 1, 69). Laut Goertz könne Carl August seine Hoffnungen auf das Erbe vorerst aufgeben: „〈…〉 ich kan zum voraus nicht bergen, das ich fast nicht einsehe, wie nach diesen Umständen, zumalen dermahlen, etwas zu erlangen seyn möchte; mein Rath würde also dieser seyn, E.D. ließen diese Sache noch vor der Hand ein wenig ruhen, ich wolte einstweilen alle Aufmercksamkeit anwenden, um einen glücklichen Augenblick wo möglich zu erhaschen, wo diese Sache günstig könte behan/delt werden, und alsdann davon sogleich Nachricht ertheilen, um deßen sich benutzen zu können. Auf die Herrschaft selbst, würde ich dabey nie rathen, zu bestehen; aber es würde vieleicht nicht ohnmöglich seyn, für Höchst Dero unbestreitbare Rechte, eine etwas ansehnliche Summe Geldes zu erhalten, welches alsdann doch immer eine Entschädigung wäre. Solte ein günstiger Zeitpunct nicht erscheinen, so würde es als dann darauf ankommen, abzuwarten, ob die Kayserin den Fürsten von Zerbst, oder dieser die Kayserin über leben wird; in dem lezten Fall geschieht der Anfall zu einer Zeit, wo obgedachten jungen Menschens Etablissement nicht mehr wichtig angesehen werden würde.“ (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 2199, Bl. 76–77.) – Carl August ließ die Sache zunächst offiziell ruhen; auch seine inoffiziellen Bemühungen blieben ohne Erfolg (vgl. Politischer Briefwechsel 1, 73–77). Nach dem Tod des Fürsten Friedrich August von Anhalt-Zerbst 1793 nahm Katharina II. das Land in Besitz. Carl Augusts Briefe an Katharina II. und, nach ihrem Tod, an Paul I. führten nicht zum gewünschten Erfolg (vgl. ebd. 2, 59f., 78 und 149; LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 2199, Bl. 212). 255,16 gelobt sey Gott der Vater in ewigkeit Amen und sein Sohn] Die Veränderung und Auslassung des dritten Gliedes der trinitarischen Aussage „Ehre sei

APRIL 1781

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dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist 〈…〉 Amen“ spielt möglicherweise auf Fürst Orlow und dessen Sohn Alexei Bobrinski an, die Carl Augusts Erbansprüche zunichte machten. 255,17 Viva il re di Spangna e muvian i cuioni] Kampfruf der Bevölkerung Neapels während des Masaniello-Aufstandes am 7. Juli 1647: „Viva il Rè di Spagna e muora 〈oder muoia〉 il mal gouerno“ (ital.: Es lebe der König von Spanien und sterbe das schlechte Regiment). Goethe kannte die zeitgenössische Schilderung des Aufstandes von Alessandro Giraffi „Le Rivoluzione di Napoli“ (vgl. zu 157,8–9). – Das Zitat spielt möglicherweise auf die Intrigen am russischen Hof an, durch die Katharina II. im Jahr 1762 nach der von ihrem Liebhaber Orlow angeordneten Ermordung ihres Gatten Peter III. an die Macht gekommen war. In der Variation wird das Zitat abgemildert: ‚Es lebe der König von Spanien und sterben die Schurken‘. Die Wortschöpfung „cuioni“ ist eine Italianisierung von „Cujon“ (franz.: Schurke; vgl. GWb 5, 785).

371. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 16. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 45. – 1 Bl. 18,8 × 10,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „105.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 107), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 64. WA IV 5 (1889), 112, Nr 1202. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 256,4 2ten Ostertag 81] Der Ostermontag 1781 fiel auf den 16. April.

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BRIEFE 372/373

372. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 16. April 1781 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 138. – 1 Bl. 18,8(–19) × 27,9 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt noch ein 3–3,7 cm breiter Streifen vorhanden, 1 ½ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe, Tinte. E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 192 (Teildruck: 256,7–9 Ohnerachtet ich 〈…〉 doch verstummt bin.; 257,3–5 Lebe wohl 〈…〉 Knebels Brief haben wirst.). E2: WA IV 5 (1889), 112f., Nr 1203 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf eine Sendung Lavaters (vgl. zu 256,7). – Lavater antwortete Ende April/Anfang Mai 1781 (vgl. RA 1, Nr 144). 256,7 deinen Brief] Lavater hatte am 3. März eine große Sendung mit Gemälden angekündigt und auf den schlechten Zustand der meisten Stücke hingewiesen (vgl. Goethe-Lavater3, 155; zu 233,13.) 256,11–14 Durch die abscheulige Verderbniss 〈…〉 in der ganzen Welt herum.] Im Antwortbrief ging Lavater auf Goethes doppelten Vorwurf, die Bilder befänden sich in einem schlechten Zustand und wären minderwertige Kopien, mit einem Hinweis auf deren erhabene Wirkung ein. Gegen Goethes technische und kunsthistorische Argumente setzt er eine naiv-enthusiastische Kunstrezeption: „Über deine Gedanken von den Mahlereyen werd’ ich nichts sagen – – H i s t o r i s c h ließe sich vielleicht beweisen, daß – – doch wenns’s der unnachahmlich kühne, große Wurf und Schwung nicht beweist – was beweist alles andre?“ (Goethe-Lavater3, 175.) 256,16 Künstler- und Handwerkstradition] Anspielung auf die Wanderjahre von Handwerkern und Künstlern; wandernde Künstler haben wohl in Italien die Originale kopiert und in ganz Europa verbreitet. 256,19–20 in unserer Zeichenschule] Die Ende 1775 auf Anregung Bertuchs gegründete, vom Herzog finanzierte und von Goethe geförderte „Fürstliche Freye Zeichenschule“. Während der Schweizer Reise hatten Goethe und Carl August Zeichnungen zu Übungszwecken für die Zeichenschule angeschafft (vgl. GB 3 I, 354,29–355,2). 256,20–21 was sie kosten / sten sollen] Vgl. zu 266,26. – Versehentliche Dittographie bei Seitenwechsel. 256,23 Das Kraut und Rübenstük 〈…〉 nach Rubens] Lavater hatte am 3. März ein Stillleben angekündigt: „ein bloß h e r r l i c h R u b e n s i s c h e s F r u c h t s t ü c k, das der alte Offizier in England um 20 Guineas anzubringen

APRIL 1781

697

dachte“ (Goethe-Lavater3, 155). – In den Weimarer Sammlungen konnte kein entsprechendes Gemälde ermittelt werden. 256,24–257,1 das Portrait des iungen Menschen 〈…〉 gewis kein Vandyk] Gleichfalls am 3. März hatte Lavater einen „retouchirten Vandyk“ angekündigt (Goethe-Lavater3, 155). – Das Porträt konnte nicht eindeutig identifiziert werden und gehört möglicherweise zu den verlorenen Bildern der Weimarer Sammlungen; unter den überlieferten Bildern kämen zwei in Frage: das „Bildnis eines jungen Mannes“ (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 164), das allerdings nicht retouchiert, aber noch 1824 in Meyers Katalog der „Schule des Rubens oder Van Dycks“ zugeschrieben wurde (Goethes „Bildergalerie“, 149, Nr 58), und das „Bildnis eines Offiziers“ (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr G 158), das Meyer mit der Angabe verzeichnete: „Vortrefflich gemahlt. Angeblich von van Dyck.“ (Goethes „Bildergalerie“, 177, Nr 88.) 257,3 antworte bald] Lavater schrieb an Knebel am 21. April 1781 (vgl. zu 252,12–13). 257,4 wegen der Uhr] Vgl. zu 210,7. 257,4 meinen und Knebels Brief] Die Briefe vom 9. April (Nr 363 und Beilage 1 zu Nr 363).

373. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 17. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 40. – 1 Bl. 18,7(–19) × 9,1(–9,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. Rest eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „92.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 94), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 64. WA IV 5 (1889), 113, Nr 1204. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 257,7 aus meiner Gegend] Hier: Goethes Gartenhaus und Grundstück oberhalb des „Sterns“ (vgl. die dritte Erläuterung zu 12,1). 257,9 Crone] Corona Schröter, deren Besuch bei Goethe seit längerer Zeit erstmals wieder erwähnt wird (vgl. zu 242,6–7). 257,10 an Iphigenien übersezt] Wohl als Hinweis auf eine Bearbeitung der „Iphigenie auf Tauris“ zu verstehen, deren früheste Prosafassung Goethe Ende März 1779 beendet hatte. Am 6. April 1779 fand die Uraufführung durch das

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BRIEFE 374–376

Weimarer Liebhabertheater statt, mit Corona Schröter in der Titelrolle und Goethe als Orest (vgl. GB 3 II, zu 258,3). Dass Goethe sein Stück für noch nicht abgeschlossen hielt, belegt u.a. eine Bemerkung in einem Brief vom 13. Oktober 1780 an Lavater, der offenbar um eine weitere Abschrift der Prosafassung gebeten hatte: Meine Iphigenie mag ich nicht gern, wie sie iezo ist, mehrmals abschreiben lassen und unter die Leute geben, weil ich beschäftigt bin, ihr noch mehr Harmonie im Stil zu verschaffen und also hier und da dran ändere. (148,25–28.) Mit der Überarbeitung hatte Goethe wahrscheinlich im Herbst 1780 begonnen (vgl. zu 196,7–8). Nach Zürich schickte er eine neue Abschrift aber erst im November 1781 (vgl. 351,1–4; zu den Handschriften der Prosafassung vgl. WA I 39, 449–469 sowie Karl-Heinz Hahn und Eva Beck: Zu einer Handschrift der „Iphigenie“ in Prosa. In: GJb 89 [1972], 261–271). – Im Sommer 1786 nahm Goethe im Austausch mit Herder eine Umarbeitung der „Iphigenie“ in Versen vor (vgl. GB 7 II, zu 4,3 und erste Erläuterung zu 4,18). Die schließlich 1787 im 3. Band von „Goethe’s Schriften“ erschienene Fassung in Blankversen entstand erst 1786/87 in Italien (vgl. GB 7 II, zu 25,6).

374. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 18. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 41. – 1 Bl. 18,9 × 11,7 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Stei〈n〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „94“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 96), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 64. WA IV 5 (1889), 114, Nr 1205. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 257,13–14 meine Reise gleich antreten] Da Goethe auch in den nächsten Tagen aus Weimar an Charlotte von Stein schreibt, ist hier wohl nur ein kürzerer Ausflug gemeint. 257,14 Die Verse] Näheres nicht ermittelt. 257,14–15 die Geister] Hier für ‚inspirierende, die poetische Kreativität fördernde Mächte‘ (vgl. GWb 3, 1322), möglicherweise im Hinblick auf die am Vortag erwähnte Beschäftigung mit der „Iphigenie“ (vgl. zu 257,10) oder die Arbeit am „Torquato Tasso“ (vgl. zu 258,6).

APRIL 1781

375. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 18. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 40. – 1 Bl. 18,8(–19,1) × 8,8(–9) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unten rechts Siegelausriss; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „93“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 95), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 65. WA IV 5 (1889), 114, Nr 1206. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 257,20 Kayser] Der in Zürich lebende Komponist Philipp Christoph Kayser, ein Jugendfreund Goethes, hielt sich seit Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar auf (vgl. zu 185,7). 257,21 fort arbeiten] Vielleicht am „Torquato Tasso“ (vgl. zu 258,6).

376. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 41. – 1 Bl. 18,9 × 9,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; rechts oberhalb der Mitte Siegelausriss; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Stei〈n〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „95.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 97), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 65. WA IV 5 (1889), 114f., Nr 1207. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 258,5 gute Geister] Hier wohl in doppelter Anspielung auf nicht ermittelte Besucher wie auch auf die die poetische Kreativität beflügelnden Kräfte (vgl. zu 257,14–15). 258,6 Tasso] Fortführung der Arbeit an der frühen, nicht überlieferten Prosafassung des „Torquato Tasso“, mit der Goethe im November 1780 begonnen hatte und in deren Fortgang Charlotte von Stein von Anfang an eingebunden war (vgl. zu

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BRIEFE 377–379

161,2). Seit dem 25. März 1781 erwähnt er das Stück wieder regelmäßig in den Briefen an die Freundin (vgl. zu 241,9).

377. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 41. – 1 Bl. 18,8 × 10,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. 〈v. Stein〉, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „96“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 98), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 65. WA IV 5 (1889), 115, Nr 1208. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 258,14 gleich am Tasso schreibend dich angebetet] Vgl. zu 258,6. In dieser Zeit arbeitete Goethe am 2. Akt der frühen Prosafassung des „Tasso“.

378. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 22. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 42. – 1 Bl. 18,7(–19) × 14 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte und Bleistift: „97.b“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 99), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 66. WA IV 5 (1889), 115f., Nr 1209. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. 260,8).

APRIL 1781

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259,1 Fritz] Friedrich von Stein, den seine Mutter häufig als Boten und als von Goethe erbetenen Gast zu ihm schickte (vgl. zu 241,20). 259,3 meinen Ring wie Polykrates 〈…〉 zu werfen] Polykrates, der vom Glück begünstigte Tyrann von Samos, warf seinen kostbarsten Besitz, einen Siegelring, ins Meer, um den Neid der Götter und daraus folgendes Unglück abzuwenden. Doch der Ring gelangte im Magen eines Fisches, der dem Herrscher geschenkt wurde, wieder zu ihm zurück (nach Herodot 3,39–60). – Schon ein Jahr zuvor, am 2. April 1780, hatte Goethe (mit Bezug auf den verschuldeten Kammerpräsidenten Johann August von Kalb) in seinem Tagebuch festgehalten: Mir schwindelte vor dem Gipfel des Glücks auf dem ich gegen so einen menschen stehe. Manchmal möcht ich wie Polykrates mein Liebst Kleinod ins Wasser werfen. Es glückt mir alles was ich nur angreife. (GT I 1, 109.) 259,5 werde wohl am Tasso schreiben] Vgl. die Briefe an Charlotte von Stein seit dem 19. April 1781 (Nr 376). – Zur Sache vgl. zu 258,6. 259,5–6 Sag mir was du heute vorhast.] Charlotte von Stein antwortete wahrscheinlich am selben Tag (vgl. 260,8). 259,6 die kleine Schwägerinn besuchen] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff, die einige Wochen zuvor laut Knebels Tagebuch am 30. März 1781 „niedergekommen“ war (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 15r). Dass sie eine Totgeburt erlitten hatte, belegt der Eintrag vom 31. März 1781 im „Bestattungsbuch“: „Des HochwohlgebL. Herrn, Herrn Ernst Carl Constantin v o n S c h a r d t, HochfürstlL. SächßL. Geheime RegierungsRaths, Todtgebohrnes SöhnleinTöchterlein“ (Bestattungsbuch Stadtkirche Weimar 1756 – 1791, S. 146b, März 1781).

379. An Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein Weimar, 22. April 1781 → 〈Schloss Ziegenberg in der Wetterau〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-12747. – Doppelblatt 18,8 × 27,7 cm, 1 ½ S. beschr., egh., Tinte. E: Valentin, Goethe und Diede (1899), 18. WA IV 30 (1905), 15f., Nr 1209a. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Im folgenden Brief an Wilhelm Christoph von Diede vom 6. Mai 1781 geht Goethe auf einen nicht überlieferten Brief Diedes ein (vgl. 264,1). Wilhelm Christoph Freiherr von Diede zum Fürstenstein (1732–1807), zunächst Kammerjunker in Hessen-Kassel, stand seit 1760 in dänischen Diensten,

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BRIEF 379

war 1762 dänischer Gesandter in Hannover und von 1763 bis 1767 in Berlin, bevor er bis 1776 in gleicher Eigenschaft in London tätig war. 1774 wurde er zum Geheimen Rat ernannt. Seit 1771 war Diede alleiniger Besitzer der zahlreichen Familiengüter, u.a. in Madelungen bei Eisenach. 1772 heiratete er Ursula Margareta Constantia Louise von Callenberg, die jüngste Tochter des Grafen Johann Alexander von Callenberg auf Muskau. Louise von Diede hatte eine gute Bildung genossen, spielte hervorragend Klavier und komponierte eigene Stücke. Johann Caspar Lavater bezeichnete sie als „ein〈en〉 Engel“ (Goethe-Lavater3, 217) und Caroline Herder als „unsre Freundin u. Gevatterin 〈…〉 eine sehr edle, verständige, liebenswürdige Frau“ (HB 4, 292). Nach der vorläufigen Beendigung seiner diplomatischen Laufbahn wählte Diede Schloss Ziegenberg bei Butzbach in Oberhessen als Wohnsitz und kümmerte sich um dessen Ausbau und die Gestaltung der Parkanlagen. 1793 wurde Diede der Posten eines dänischen Gesandten beim Reichstag in Regensburg übertragen, den er bis kurz vor seinem Tod innehatte. Die Eheleute Diede hatten sich 1776 und 1777 jeweils für einige Tage in Weimar aufgehalten, wo sie als Gäste des Herzogs am Hof empfangen worden waren (vgl. FB 1776, S. 298–301; FB 1777, S. 111). Zu einem persönlichen Kontakt mit Goethe scheint es bei diesen Gelegenheiten aber nicht gekommen zu sein, wie Diedes Erinnerungen nahelegen. Über den ersten Besuch im November 1776 heißt es: „Herr Goethe, ob er gleich eine Hauptrolle spielte, ließ sich wenig sehen.“ (Zitiert nach: Valentin, Goethe und Diede, 7.) Im Zusammenhang mit Diedes nächstem Aufenthalt am Weimarer Hof im April 1777 findet Goethes Name keine Erwähnung. Laut Fourierbuch vom 18. April 1777 logierten Diede und seine Frau „bey den HL: Graf von Görtz“ (FB 1777, S. 111), einem der einflussreichsten Gegenspieler Goethes am Weimarer Hof. Erst beim nächsten Besuch im August 1779 kam es zu einer ersten Annäherung: „Wir hatten diesmal Gelegenheit näher mit Herrn Goethe umzugehen, welcher nun anfing, sich mit Geschäften abzugeben, die ihn nachher ins Ministerium gebracht und ihm die Lust gegeben haben, sich in den Adelstand erheben zu lassen, dessen angenehmer und unterrichtender Unterhalt sowie die des gelehrten Wielands und des würdigen Superintendenten Herder und die Gesellschaft unsers Freundes, des Kammerherrn von Seckendorf, unterhielten vorzüglich das Vergnügen des Aufenthaltes an diesem kleinen Hofe. Der Herzog that das Seinige durch seinen ungezwungenen Umgang und durch seine Bemühungen, uns seine neuen Anlagen von Pflanzungen mit Vorteil zu zeigen.“ (Zitiert nach: Valentin, Goethe und Diede, 9.) Der Grund für das wohlwollendere Urteil Diedes über Goethe dürfte das gemeinsame Interesse an der Park- und Gartengestaltung gewesen sein. In Goethes Tagebüchern allerdings wird keiner der Besuche des Ehepaars Diede in Weimar erwähnt. Die freundschaftlichen Beziehungen, die Diede zum Weimarer Fürstenhaus pflegte, zeigen sich u. a. darin, dass Herzog Carl August auf der Reise in die Schweiz am 19. September 1779 seiner Frau aus Frankfurt berichtet: „Diedens sind hier, ich will hernach zu Ihnen gehn.“ (Karl

APRIL 1781

703

August-Luise, 112.) Ob Goethe ihn dabei begleitet hat, ist nicht bekannt. Erst auf dem Rückweg erwähnt er eine Begegnung mit dem Paar (vgl. die erste Erläuterung zu 3,5). Im April 1781 hielt sich das Ehepaar Diede wieder in Weimar auf und man traf sich u. a. an der fürstlichen Tafel (vgl. FB 1781, S. 70; vgl. auch zu 253,19), wobei Diede das „Wiedersehen des Goethe, Herder, Wieland, des Oberhofmeisters von Stein und seiner Frau 〈…〉 Vergnügen“ bereitete. (Zitiert nach: Valentin, Goethe und Diede, 16f.) Deutlich wird in Diedes Aufzeichnungen jedoch auch, dass er die Behandlung seines Freundes Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff durch den Herzog verurteilte (vgl. zu 264,18–19). Zu einer weiteren Annäherung mit dem Ehepaar Diede kam es im Frühjahr 1782 während einiger Zusammenkünfte in Gotha, nachdem sich Goethe am 30. März noch ablehnend über die Frau geäußert hatte: Von der Diede hab ich eine Abneigung die ich nicht überwinden kan, ich weis nicht warum, es kan sich legen, genug iezt wenn sie da ist kan ich nicht den Mund aufthun, es sey denn von gleichgültigen Sachen. (WA IV 5, 292.) Schon am 2. April schreibt er allerdings an Charlotte von Stein: Zu Diedens hat sich auch das rechte Verhältniss gefunden und so hoff ich solls immer fort gehn. (WA IV 5, 293.) In der zweiten Aprilhälfte 1782 hielt sich das Ehepaar Diede dann in Weimar auf, und Diede schrieb in seinen Erinnerungen: „Auch der nunmehrige Geheime Rath Goethe thaute gegen uns auf und beschäftigte sich viel mit uns. 〈…〉 Da mir der Geheime Rath Goethe diesesmal mehr Offenherzigkeit und Gehör als ehedessen gönnte, so nutzte ich die Gelegenheit um mich mit ihm über landwirtschaftliche Sachen und über meine Ziegenberger Anlagen zu besprechen. Er fand Vergnügen an meinen Beschreibungen des Ortes, und ich zog ihn über die fernere Verschönerung des Sophienplatzes zu Rathe, auf welchem ich ein drittes Denkmal zur Vereinbarung der beiden vorhandenen zu setzen willens war. Er ging in die Sache willig ein, teilte mir seine Gedanken mit und erbot sich den Stein unter seiner Aufsicht bearbeiten zu lassen. Ich schickte ihm nochmals die Zeichnung vom Platze mit denen vorhabenden Veränderungen, und er ward mir bei der Ausführung der Sache nützlich.“ (Zitiert nach: Valentin, Goethe und Diede, 23f.) Auch im weiteren Verlauf der Beziehung Goethes zu Wilhelm Christoph von Diede spielte der Austausch über die Park- und Denkmalgestaltung eine entscheidende Rolle, zumindest was den Inhalt der überlieferten Briefe betrifft. Von November 1782 bis August 1784 reiste das Ehepaar Diede nach Italien, nicht ohne Goethe vorher angeboten zu haben, etwaige Aufträge für ihn zu besorgen (vgl. Goethe an Diede, 12. Oktober 1782; WA IV 30, Nr 1589a). Erst nach Goethes Rückkehr aus Italien im Juni 1788 begegneten sie sich in Weimar wieder, und nicht, wie Goethe in der „Italiänischen Reise“ berichtet, in Rom, als Frau Diede, die wegen des Flügelspiels berühmt, 〈…〉 auf der capitolinischen Wohnung des Senators 〈…〉 ein bedeutendes Concert gab (WA I 32, 282). Nach Goethes Ankunft in Weimar notierte Diede: „Für uns war es ein wahrer Genuß, manches Gesehene mit ihm zu wiederholen und darüber seinen immer sonderbaren

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BRIEF 380

Gesichtspunkt und seine Meinung zu vernehmen. Er zeigte uns diesmal Zuneigung und Vertrauen.“ (Zitiert nach: Valentin, Goethe und Diede, 35.) Caroline Herder beschwerte sich sogar, dass der Hof Goethe „durch die Anwesenheit der Frau von Diede 〈…〉 ganz verschlungen“ habe (HB 5, 293). Zu weiteren Begegnungen kam es u. a. in Karlsbad im Sommer 1795 und noch einmal in Weimar im Oktober 1800. Über diese wahrscheinlich letzten Zusammentreffen bei Gesellschaften oder am Weimarer Hof, bei denen Gespräche u. a. über Galvanismus und den „Wilhelm Meister“ geführt wurden, äußerte Diede sich sehr wohlwollend (vgl. BuG 5, 59–61, 64), während Goethe Diedens (GT II 1, 391) in dieser Zeit nur einmal am 28. Oktober in seinem Tagebuch erwähnte. Der einzige erhaltene Brief Wilhelm Christoph von Diedes an Goethe stammt vom 20. Mai 1804. In diesem berichtete er über den Tod seiner am 29. August 1803 in Padua verstorbenen Frau und bat um den Vorschlag zu einer Inschrift zu deren Andenken (vgl. Valentin, Goethe und Diede, 36–39), worauf Goethe in seinem letzten überlieferten Brief an Diede vom 19. Juli 1804 aber nicht einging (FDH/FGM, Sign.: Hs-12752; vgl. WA IV 17, 161f. [nach Konzept]). Die sechs weiteren von Goethe überlieferten Briefe, in denen er sich hauptsächlich über die Gestaltung von Monumenten für den Ziegenberger Park äußerte, stammen aus den Jahren 1781 (Nr 390 und Nr 379) und 1782 (WA IV 30, Nr 1408a, Nr 1517a, Nr 1551a, Nr 1589a). Diede hatte diese Briefe in einer Mappe aufbewahrt, die Pläne für den Teil des Parks enthielten, in dem die in den Briefen erwähnten Monumente standen (vgl. Valentin, Goethe und Diede, 4). 259,10–15 Ort und Denckmal 〈…〉 Bruderliebe. 1781.] Inschrift für ein Monument, welches Diede zu Ehren seiner Schwester Sophie Maria Margarethe Freiin Löw von und zu Steinfurth errichten ließ. Mit deren Schattenriss hatte sich Goethe im Sommer 1775 im Zusammenhang mit der Arbeit an den „Physiognomischen Fragmenten“ beschäftigt (vgl. GB 2 II, zu 196,24) und war ihr möglicherweise im Juni 1778 in Weimar begegnet (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 215,10). Im Jahr 1778 hatte Wilhelm Christoph von Diede begonnen, im Park von Ziegenberg einen Platz im Wald zu gestalten, der sich, wie er schrieb, „durch natürlich ländliche Schönheit und gewisses feierliches Ansehen“ auszeichnete, „welches ihm die herumstehenden schönen hohen Bäume gaben“ (zitiert nach: Valentin, Goethe und Diede, 12). Auf diesem Platz fand im Sommer 1778 das Geburtstagsfest für Diedes Schwester Sophie statt, weshalb der Platz den Namen Sophienplatz erhielt. In Sichtweite des Platzes ließ Diede ein Denkmal für seine Frau und als „Ausdruck brüderlicher Liebe und Freundschaft“ (zitiert nach: ebd., 13) ein zweites Denkmal für seine Schwester errichten. Dieses Denkmal krönte eine steinerne Vase, bei deren Gestaltung Diede sich von dem Frankfurter Maler und Kunsthändler Johann Andreas Benjamin Nothnagel beraten ließ, der auch mit der Familie Goethe in Verbindung stand und bei dem Goethe Unterricht in der Ölmalerei genommen hatte (vgl. GB 2 II, zu 137,22–23). Anfang 1782 wendete sich Diede noch wegen ei-

APRIL 1781

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nes dritten Denkmals, welches die beiden anderen in Beziehung setzen sollte, an Goethe (vgl. WA IV 30, Nr 1408a, Nr 1517a, Nr 1551a, Nr 1589a). 259,16 später als recht] Ob Diede, der sich vom 4. bis 12. April 1781 in Weimar aufhielt, mit Goethe persönlich über die Variationen der Innschrifft (259,16–17) gesprochen hat, ist nicht bekannt. 259,16–17 meinen Variationen der Innschrifft] Weitere Vorschläge Goethes zu der Inschrift sind nicht überliefert. 259,19–20 anzüglichers] ‚Anzüglich‘ hier im Sinne von „verlockend, anziehend“ (GWb 1, 764; vgl. auch Adelung 1, 409). 260,2 Frau Gemahlinn] Ursula Margareta Constantia Louise geb. von Callenberg.

380. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 22.? April 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wird er ohne explizite Begründung auf Anfang Mai datiert, lediglich Fränkel setzt ihn vor den Brief vom 22. April 1781 (Nr 384; vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 325, Nr 641; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 300, Nr 641). Der Brief gehört der Einordnung im Konvolut nach ins Jahr 1781, dem Inhalt nach in die intensive Arbeitsphase am „Tasso“ in der zweiten Aprilhälfte. Die Bezüge zum Brief vom 22. April verweisen darauf, dass er am selben Tag oder kurz danach geschrieben worden sein könnte (vgl. 260,8; die zweite Erläuterung zu 260,8; zu 260,10). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 89. – 1 Bl. 10,6 × 7,9 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Bleistift, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „206.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 206), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 69. WA IV 5 (1889), 119, Nr 1217. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom selben Tag (vgl. 260,8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

706

BRIEFE 381–383

260,8 Stern] Der älteste Teil des Schlossparks, benannt nach den vier sternförmig angelegten Schneisen, der damals vollständig von der Ilm und dem Floßgraben eingeschlossen war und sich in der Nähe zu Goethes Garten befand. 260,8 S.] Vielleicht für ‚Sophie von Schardt‘, in Goethes Briefen auch als ‚die kleine Schwägerin‘ erwähnt, die Goethe am 22. April 1781 besuchen wollte (vgl. 259,6). Weniger wahrscheinlich, wenngleich nicht auszuschließen ist, dass die Abkürzung für ‚Corona Schröter‘ steht. In WA IV wird ‚S.‘ im edierten Text zu „Schrötern“ aufgelöst und nur in den „Lesarten“ auf die Abkürzung in der Handschrift hingewiesen (vgl. WA IV 5, 369, Anm. zu Nr 1217; die Auflösung ebenso bei Fränkel, Goethe-Stein1 1, 325, Nr 641; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 300, Nr 641 und Petersen, Goethe-Stein 1, 349, Nr 648). Goethe verwendet im Tagebuch jedoch meist die Abkürzungen ‚Schr.‘, ‚C.‘, ‚Cor.‘, ‚Cr.‘, ‚Crone‘ oder ‚Krone‘ für Corona Schröter; in den Briefen erwähnt er sie als ‚Crone‘ (vgl. u.a. zu 257,9), überwiegend aber als ‚die Schrötern‘ (vgl. u.a. zu 202,10), nur ein einziges Mal als ‚die S.‘ (vgl. zu 317,3). 260,10 Jezt schreib ich am Tasso] Vgl. zu 259,5.

381. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 23. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 42. – 1 Bl. 14 × 10,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. Rest eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „98“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 100), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 66. WA IV 5 (1889), 116, Nr 1210. BEIL AG E

Zeitungen? (vgl. zu 260,14–15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 260,12 sowohl] Versehentlich zusammengeschrieben. 260,12 Tasso] Vgl. zu 259,5. 260,13–14 Als Anrufung an dich 〈…〉 weis ich nicht.] In Anlehnung an die ‚Anrufung‘ Gottes oder der Heiligen; die ins Religiöse überhöhte Verehrung Char-

APRIL 1781

707

lotte von Steins begegnet mehrfach in Goethes Briefen aus dem März 1781 (vgl. zu 229,1–6; zu 229,24–25; 241,15). – Welche Szene des „Tasso“ hier gemeint ist, lässt sich nicht genau bestimmen. Dem Kontext nach könnte es z.B. eine frühe Fassung des Tasso-Monologs sein, der in der Versfassung von 1786/87 die 2. Szene des 2. Akts bildet (II 2, 1125–1195; WA I 10, 150–152; nach einem Hinweis von Fränkel, Goethe-Stein2 3, 81, Anm. zu 643). Zum Entstehungsprozess der frühen Prosafassung vgl. zu 161,2. 260,14–15 etwas neues von den Kindern der Erde] Vielleicht Zeitungen. – Möglicherweise in Abwandlung der bei Goethe häufig begegnenden Wendung von den ‚Kindern dieser Welt‘ (vgl. zu 52,1).

382. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 24. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 43. – 1 Bl. 18,7 × 9,9(–10,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Stei〈n〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „99“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 101), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 67. WA IV 5 (1889), 116, Nr 1211. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 261,2 manches abthun] Wohl in Vorbereitung auf die Sitzung des Geheimen Consiliums am folgenden Tag (vgl. zu 261,11). – ‚Abtun‘ hier im Sinne von ‚erledigen‘, ‚hinter mich bringen‘ (vgl. zu 251,4).

383. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 43. – 1 Bl. 19 × 11,6(–12) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v〈. Stein〉, rote Siegelreste; Vs. oben

708

BRIEFE 384/385

rechts von fremder Hd, Tinte: „100.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 102), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 67. WA IV 5 (1889), 117, Nr 1212. BEIL AG E

Anschlag zu einer Sprüzze (vgl. zu 261,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Wahrscheinlich antwortete Charlotte von Stein am selben Tag mit einem nicht überlieferten Brief (vgl. zu 261,18). 261,11 Conseil] Die fünfte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im April 1781, an der neben dem Herzog Goethe, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 685f., Nr 9869–9898). 261,11–12 sag mir 〈…〉 ob du ins Conzert gehst] Darauf antwortete Charlotte von Stein wahrscheinlich noch am selben Tag. – Im Fourierbuch ist an diesem Tag kein Hofkonzert verzeichnet. Wahrscheinlich fand also ein Konzert im Komödienhaus gegenüber dem Wittumspalais statt (vgl. GB 3 II, zu 234,26). 261,13 Anschlag zu einer Sprüzze] Wahrscheinlich ein Kostenvoranschlag zum Erwerb einer Wasser- oder Feuerspritze. – ‚Anschlag‘ hier: Schätzung, Veranschlagung (vgl. GWb 1, 664).

384. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 25.? April 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wird er ohne explizite Begründung überwiegend auf Ende April datiert. Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Fränkel setzt ihn wahrscheinlich nach dem vermuteten inhaltlichen Bezug zu Nr 383 (vgl. zu 261,18) ebenfalls auf den 25. April 1781 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 327, Nr 646; Fränkel, GoetheStein2 1, 302, Nr 646). Der Brief gehört der Einordnung im Konvolut nach ins Jahr 1781, der Anrede nach in die Zeit vor dem Übergang zum ‚Du‘. Der Inhalt könnte auf die intensive Arbeitsphase am „Tasso“ in der zweiten Aprilhälfte verweisen (vgl. zu 261,16–17). Da es keine weiteren Anhaltspunkte für eine Datierung gibt und die von Fränkel vorgenommene plausibel erscheint, wird sie beibehalten.

APRIL 1781

709

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 90. – 1 Bl. 14,3(–14,5) × 10,2 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Blatt am oberen Rand links etwa 5,7 cm eingerissen; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „210.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 210), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 69 (Datierung: Ende April 1781). WA IV 7 (1891), 270, Nr 2398. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 261,18). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 261,16–17 Ich dancke den Gottern 〈…〉 immer vorgeht.] Anklang an „Tasso“ IV,5, Verse 3432f.: Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt / Gab mir eine Gott, zu sagen wie ich leide. (WA I 10, 243.) Auch wenn die überlieferte Fassung erst 1786/87 in Italien entstand, ist nicht auszuschließen, dass es für die 1781 nicht abgeschlossenen späteren Akte in der Prosafassung Vorstufen gab (vgl. zu 260,13–14). 261,18 Ich hohle Sie ins Conzert ab.] Möglicherweise mit Bezug auf Charlotte von Steins Antwort auf den vorangegangenen Brief vom selben Tag (vgl. zu 261,11–12).

385. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 27. April 1781 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Fränkel vermutet, das Datum sei „wohl verschrieben für: 26. April“. Der Brief könne nicht vom selben Tag wie Brief Nr 386 stammen, da beide Briefe jeweils am Morgen geschrieben seien (Fränkel, Marginalien, 17, Anm. zu Nr 647). Der Inhalt der Briefe belegt dies jedoch nicht (vgl. zu 262,11), eine Umdatierung gegen den handschriftlichen Befund ist daher nicht überzeugend zu begründen. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 44. – 1 Bl. 18,7(–19) × 14,7(–15) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Paraphe angeschnitten; oben rechts neben der Mitte von Charlotte von Steins Hd?, Bleistift: „I.“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „102.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 104), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 67f.

710

BRIEFE 386/387

WA IV 5 (1889), 117, Nr 1213. BEIL AG E

Brief Goethes an Herzog Carl August (vgl. die erste Erläuterung zu 262,4). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 262,4 Epistel] Eine Art ‚Mahnbrief‘ an Herzog Carl August, der offenbar förmlicher und nicht in dem sonst üblichen freundschaftlich unkonventionellen Stil gehalten war. – Der Brief wurde dem Herzog wahrscheinlich nicht zugestellt; er ist nicht überliefert (vgl. EB 112). 262,4 So] Versehentliche Großschreibung am Zeilenanfang. 262,5 dem Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 262,7–8 keine Reise mehr mit ihm zu thun] Von seiner letzten gemeinsamen Reise mit Carl August nach Neunheilingen hatte Goethe am 11. März 1781 an Charlotte von Stein geschrieben, dass er den Herzog nicht weiter nach Kassel begleiten würde, ihm aber die Ursachen (225,16) dafür verschwiegen habe, die in dem als unangemessen empfundenen herzoglichen Betragen begründet waren (vgl. zu 225,16). Wie die vorliegenden Bemerkungen nahelegen, hatte der Herzog Goethe zu einer für den Mai 1781 geplanten Reise eingeladen. Laut Fourierbuch brach Carl August am 10. Mai nur in Begleitung seines Kammerdieners Johann Conrad Wagner und zweier Jagdlakaien auf und kehrte am 20. Mai zurück (vgl. FB 1781, S. 92, 99). Zu den Reisezielen schrieb er am 31. Mai 1781 an Merck: „Ich bin ein Paar wochen verreißt gewesen; den Fürsten von deßau 〈Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau〉 besuchte ich, ging nach Halle, um das bärenburgische Regiment Exerciren zu sehn, u. brachte endlich einige tage auf der Leipziger Meße zu.“ (Merck, Briefwechsel 2, 607.)

386. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 27. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 44. – 1 Bl. 18,8 × 14,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts neben der Mitte von Charlotte von Steins Hd?, Bleistift: „II“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „101.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 103), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 68. WA IV 5 (1889), 118, Nr 1214.

APRIL 1781

711

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 262,11 Der Himmel will 〈…〉 noch aufspaaren] Wohl mit Bezug auf den Anfang des vorigen Briefes vom selben Tag (262,1–3). 262,12 Heut ich] ,ich‘ versehentlich für ‚ist‘. 262,12 Conseil] Die sechste und letzte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im April 1781, an der neben dem Herzog Goethe, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 686–688, Nr 9899–9921). 262,13–14 von deinen händen nähren] In Anklang an die Diktion der Bibel (z.B. Psalm 128,2; 1 Korinther 9,14). 262,14 wegen Ernsts] Der zweitälteste, damals 14-jährige Sohn Charlotte von Steins, der als Jagdpage (vgl. die erste Erläuterung zu 44,7) nicht mehr ständig im elterlichen Haus wohnte. Wahrscheinlich sollte er wegen seines schlechten Gesundheitszustandes regelmäßige Mahlzeiten einnehmen. Seinen Dienst als Jagdpage musste er schon 1785 wieder aufgeben. 262,16–17 Abenddämmrung der Gotter] Metaphorisch in doppelter Anspielung auf den ‚Sonnenuntergang‘ und das ‚Ende aller Tage‘, die ‚Ewigkeit‘.

387. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. April 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 45. – 1 Bl. 18,8 × 10,7 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Stei〈n〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „103“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 105), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 68f. WA IV 5 (1889), 118, Nr 1215. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

712

388. An Charlotte von Stein

BRIEFE 388–390

〈Weimar〉, 1. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 46. – 1 Bl. 20,1 × 9,9(–10,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, untere linke Ecke abgerissen; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „106.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 108), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 69f. WA IV 5 (1889), 119, Nr 1218. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 263,4–5 Tobler 〈…〉 den ich bewirthen muß] Der Schweizer Theologe und Schriftsteller Georg Christoph Tobler, ein Freund und Schüler Lavaters, hielt sich im Mai und von Ende Juli bis Ausgust 1781 in Weimar auf, wo er bei Knebel im Jägerhaus wohnte (vgl. die erste Erläuterung zu 267,22). Über Toblers Besuch berichtet Goethe in seinem Brief an Lavater vom 7. Mai 1781 (vgl. 267,22–25). Auch Tobler berichtet von seinem Weimarer Besuch an Lavater (vgl. Goethe-Lavater3, 356f., 358–360). Im ersten, undatierten Brief, der wohl kurz nach Toblers Ankunft in Weimar verfasst wurde, heißt es über Charlotte von Stein und Goethe: „Aber ich kann so wenig zu einem hohen reinen Grade v. Achtung für sie kommen, als zu einem hohen Grade v. Zärtlichkeit gegen Goethe: Der mir sonst weit, unverdient weit artiger freündlicher, undrükender begegnet, als ich vermuhtet hätte. Ich habe ein paar mahl allein mit ihm zu Mittag gegeßen u. von seinen Sachen giebt er mir viel zu lesen u. will auch meine Übersetzungswesen sehen.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 529.125; vgl. Goethe-Lavater3, 356f.) Dieser Brief enthält zudem eine Reihe von missverständlichen und kritischen Äußerungen über das Herzogspaar und Herder, obwohl Tobler ihn mit dem Hinweis abschloss: „Goethe hat mich gestern Abends noch in die Schule genommen, daß ich nicht zuviel aus ihrem Weimarwesen etc. plaudern soll.“ (Ebd.) 263,7 Liebe Lotte] Die Kurzform des Vornamens der Adressatin gebrauchte Goethe als Anrede in den Briefen erst seit 1781 mit dem allmählichen Übergang zum vertraulichen ‚Du‘. 263,8 Wonnemond] Wonnemonat, deutsche Bezeichnung für ‚Mai‘, nach althochdt. wunnimanod, winnimanod; bildlich für die Zeit der Blüte, Schönheit und Jugend (vgl. Grimm 12, 1439f.); sonst von Goethe weder als Monatsname noch im übertragenen Sinne gebraucht. 263,10 die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Mitglied des Liebhabertheaters, die zum engeren Freun-

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deskreis Charlotte von Steins gehörte (zur Person vgl. die erste Erläuterung zu 37,11). 263,10–11 die zugedachte Predigt] ‚Predigt‘ hier im weiteren Sinne als ‚nachdrückliche Ermahnung‘ (vgl. Adelung 3, 829).

389. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 46. – 1 Bl. 20,1(–20,3) × 11,8(–12,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts Siegelausriss; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „107“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 109), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 70. WA IV 5 (1889), 120, Nr 1219. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 263,12 geschäfftig und traurig] Wohl mit Bezug auf die amtliche Tätigkeit, die Goethe in diesen Tagen sehr in Anspruch nahm. Nachdem am 2. Mai die erste „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums stattgefunden hatte, musste er sich auf die zweite am kommenden Tag vorbereiten (vgl. Wahl, Consilium, 688–690, Nr 9922–9967). An dieser Sitzung nahm der Herzog noch teil, bevor er am 10. Mai verreiste (vgl. zu 262,7–8). 263,12–13 Diese Tage machen wieder in mir Epoche.] ‚Epoche‘ hier für eine ‚neue Phase des eigenen Lebens‘; sonst häufig bei Goethe mit positiver Konnotation gebraucht, z. B. am Beginn einer neuen Lebensdekade nach Vollendung seines 30. Lebensjahres (vgl. GB 3 II, zu 293,25).

390. An Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein Weimar, 6. Mai 1781 → 〈Schloss Ziegenberg in der Wetterau〉 DAT IERUN G

Die WA datiert den Brief auf den 6. März 1781. Der Handschriftenbefund spricht jedoch für das Datum 6. Mai 1781. Auch inhaltlich ist es wahrscheinlicher, dass Goethes Brief an Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein vom 22. April

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BRIEF 391

1781 (Nr 379), der die vorgeschlagene Innschrift (264,1) beinhaltet (vgl. 259,10–15), vor dem vorliegenden Brief geschrieben wurde. ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-12746. – Doppelblatt 18,7 × 27,8 cm, 2 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Schluss (264,25–265,4 Und verzeihen mir 〈…〉 Goethe), Tinte. E: Valentin, Goethe und Diede (1899), 15f. WA IV 30 (1905), 14f., Nr 1148a. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief (vgl. 264,1) ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 264,1 die vorgeschlagene Innschrift] Im vorliegenden sowie im Brief vom 22. April 1781 (Nr 379) geht es um die Inschrift für ein Monument, das Wilhelm Christoph von Diede zum Fürstenstein zu Ehren seiner Schwester Sophie Maria Margarethe Freiin Löw von und zu Steinfurth im Park von Ziegenberg errichten ließ (vgl. Nr 379 und die Erläuterungen dazu). 264,4 der Name] In der Inschrift, die Goethe am 22. April 1781 an Diede geschickt hatte (Nr 379), findet sich der Name des Stifters als: Wilhelms von Diede (259,13). 264,7–8 vorhergehenden Vornahmen] Der Name der Schwester: Sophien (259,12). 264,10 Abbreviatur: z. F.] Abkürzung: ‚zum Fürstenstein‘. 264,13 Geschlechtsnamen S o p h i e n unterzusezen] Goethe setzte in der Inschrift den Namen Sophien (259,12) über Diedes Namen. 264,18–19 Herrn von Sekendorf] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, der Kammerherr Herzog Carl Augusts. Laut seinen Erinnerungen hatte Diede ihn Ende November 1776 in Weimar kennen gelernt: „Wir gerieten diesmal in genaue Bekanntschaft mit dem Kammerherrn von Seckendorf, ein sehr angenehmer Mann von tiefer Einsicht und festem Charakter, dessen Freundschaft uns nachher sehr wert wurde. Er war zugleich ein trefflicher Compositeur.“ (Zitiert nach: Valentin, Goethe und Diede, 7.) Nach einem Wiedersehen im April 1781 berichtete Diede: „Insonderheit aber ging mir nahe zu sehen, daß der Herzog unsern Freund Seckendorf nicht genug schätzte noch ihm Gerechtigkeit widerfahren ließ. Auch dieser lebte also unzufrieden. Er war ein Mann von Einsicht und Talenten, sonderlich in der Poesie und Musik, der die große Welt kannte und anderweitiges Glück dem Herzog und seinem Dienst aufgeopfert hatte. Der Herzog hatte ihm seiner Meinung nach nicht Wort gehalten, vielmehr ihn im Gehalt eingeschränkt. Er beschäftigte sich wenig mit ihm, und machte keinen Gebrauch von seinem Diensteifer. Dabei war der

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Herr von Seckendorf zu stolz um sich dem Liebling Herrn Goethe gänzlich zu unterwerfen.“ (Ebd., 17.) 264,21 freundlichen Einladung] Darüber ist nichts bekannt. 264,21–22 Die Tage 〈…〉 wenig Ruhe und Erholung zu versprechen.] Wohl mit Bezug auf die amtliche Tätigkeit, die Goethe Anfang Mai sehr in Anspruch nahm (vgl. zu 263,12; zu 265,12). 264,23 Frau Gemahlin] Louise von Diede zum Fürstenstein geb. Gräfin von Callenberg. 264,25 nicht eigenhändig] Vgl. Überlieferung. – Goethe diktierte bereits zu dieser Zeit seine Briefe häufig seinem Sekretär Seidel oder gelegentlich Vertrauten wie Louise von Göchhausen und Charlotte von Stein. Bei höhergestellten Personen entschuldigte er sich, wie im vorliegenden Fall, für diese Praxis (vgl. auch 26,25–27; zu 26,26; zu 26,26–27). Etwa ab Mitte der 1790er Jahre überwiegen die diktierten Briefe und Goethe, der mehrere Schreiber beschäftigte, schrieb nur noch selten mit eigener Hand.

391. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 6. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 47. – 1 Bl. 18,9 × 9,5 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts Siegelausriss; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „109“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 111), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 70. WA IV 5 (1889), 120, Nr 1220. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 265,5 werde Toblern zu Tisch haben] Vgl. zu 263,4–5. 265,6 aufgelegt] ‚Aufgelegt sein‘ hier in der Bedeutung „in der geeigneten Stimmung, Verfassung“ sein (GWb 1, 963). 265,6 wieder arbeiten] Wahrscheinlich am „Torquato Tasso“, der zuletzt gegenüber Charlotte von Stein am 23. April explizit erwähnt wurde (vgl. zu 258,6).

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BRIEFE 392/393

392. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 7. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 47. – 1 Bl. 18,8 × 10,6 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts Siegelausriss; Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „110“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 112), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 70f. WA IV 5 (1889), 120f., Nr 1221. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 265,12 durch Fleis und Ordnung] In Vorbereitung der dritten „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums im Mai 1781 (vgl. Wahl, Consilium, 690f., Nr 9968–9994), die am nächsten Tag in Abwesenheit der Herzogs stattfand (vgl. zu 263,12).

393. An Johann August von Einsiedel

〈Weimar〉, 7. Mai 1781 → Freiberg

ÜBER L IEF ERU NG

H: GMD Düsseldorf, Sign.: KK 33a. – Doppelblatt 18,5(–18,8) × 27,5(–27,8) cm, 1½ S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Herrn von Einsiedel / nach / Freyberg. E1: Karl Ernst Henrici: Auktionskatalog 90 (1924), S. 9, Nr 39 (Teildruck: 266,1–5 Das Haupt Ubel 〈…〉 etwas übles erzeigt.; 266,9–11 Ist alles im reinen 〈…〉 ist, verwenden.; 266,17–19 Ich kan ferner 〈…〉 Ziel zu kommen.). E2: Jahrbuch der Sammlung Kippenberg 7 (1927/28), 5f. (Julius Wahle). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 57f., Nr 1223a. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Johann August von Einsiedel(-Scharfenstein) (1754–1837) war der zweitälteste Sohn des Freiherrn August Hildebrand von Einsiedel, Herr des Landguts Lumpzig bei Altenburg. Er trat zunächst in den holländischen militärischen Dienst ein, ließ sich aber bald beurlauben, um 1778 oder 1779 ein Studium in Göttingen zu be-

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ginnen, wo er naturwissenschaftliche und orientalistische Vorlesungen bei Abraham Gotthelf Kästner, Georg Christoph Lichtenberg und Christian Wilhelm Büttner hörte. In dieser Zeit arbeitete er bereits an seinen eigenwilligen naturphilosophischen „Ideen“, von denen lediglich Herders Exzerpte überliefert sind (vgl. August von Einsiedel: Ideen. Hrsg. von Wilhelm Dobbek. Berlin 1957). 1780 setzte er sein Studium an der Bergakademie Freiberg fort und erhielt im Juli 1782 eine Stelle als kursächsischer Bergkommissionsrat und Oberbergamtsassessor, die er jedoch bald wieder aufgab. Ab 1784 intensivierte er in Weimar die Vorbereitungen der langgeplanten Afrikareise, zu der er im April 1785 in Begleitung seiner jüngeren Brüder Georg Carl und Johann Alexander aufbrach (vgl. GB 6 II, zu 99,19); seine Geliebte Emilie von Werthern-Beichlingen geb. von Münchhausen, die in einer unglücklichen Ehe lebte, ließ das Gerücht ihres Todes verbreiten, um ihn nach Afrika zu begleiten (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 432). Die List wurde jedoch bald aufgedeckt und führte zu einem Skandal in Weimar. Die Reisenden landeten am 30. Juli 1785 in Tunis, mussten die Expedition aber wegen einer drohenden Pestepidemie abbrechen (vgl. Einsiedels Reisetagebuch, gedruckt bei Veit Noll: Johann August von Einsiedel [1754–1837] – Leben, Denkweise und Quellen. Bd II 1. Salzwedel 2017, S. 125–165). Nach der Rückkehr im Frühjahr 1786 lebte das Paar in Leitzkau auf dem Gut der Familie Einsiedel; nach Emilies Scheidung konnten sie im September 1788 heiraten und lebten später in Lumpzig, Jena und Ilmenau (vgl. GB 6 II, zu 211,6–8). Das Paar war gesellschaftlich isoliert und pflegte lediglich zum Ehepaar Herder, zu Knebel und zur Herzoginmutter Anna Amalia Kontakte. – Goethe hatte August von Einsiedel durch dessen älteren Bruder, den Weimarer Kammerherrn Friedrich Hildebrand von Einsiedel, kennen gelernt (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 124). Die erste dokumentierte Begegnung mit dem Adressaten fand am 4. Juli 1777 statt; Goethe notierte im Tagebuch: tolles Disputiren mit Einsied. d. iüngeren. (GT I 1, 44.) Am 2. April 1780 notierte er einen Spaziergang mit Einsiedel und Gespräche über den Erd bau wie über Buffons „Les Époques de la Nature“ (GT I 1, 109; vgl. zu 40,16). Ungeachtet der gemeinsamen naturwissenschaftlichen Interessen war Goethes Verhältnis zu dem gesellschaftlichen Außenseiter, der als rastloser Geist und schwierige Persönlichkeit galt, nie besonders eng (vgl. Wilhelm Dobbek: Goethe und August von Einsiedel. In: GJb 19 [1957], 155–168). – Anlass des vorliegenden, in einem unverbindlichen Ton verfassten Briefes war die nicht näher zu klärende Verwicklung Einsiedels in die Verhandlungen über die Anschaffung der Büttnerschen Privatbibliothek (vgl. zu 266,1–2). Neben dem vorliegenden Brief hat sich nur ein weiteres Schreiben vom 12. März 1812 an August von Einsiedel erhalten. Gegenbriefe sind nicht überliefert. 266,1–2 den Handel verdorben] Nicht ermittelt. – Offenbar wollte Einsiedel, der Christian Wilhelm Büttners Schüler in Göttingen gewesen war, entweder einen Teil oder die gesamte große Privatbibliothek des Universalgelehrten für sich selbst

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BRIEF 393

oder möglicherweise für die Bergakademie Freiberg anschaffen. Einsiedel, der bereits seine Afrikareise plante, dürfte besonders am Nachlass des Begründers der äthiopischen Sprachwissenschaft, Hiob Ludolf (1624–1704), interessiert gewesen sein, der sich im Besitz Büttners befand. – Unwahrscheinlich ist, dass Einsiedel Anspruch auf eine Belohnung für die Vermittlung der Bibliothek an Carl August geltend machen wollte; er wird auch in den Akten nicht erwähnt (vgl. die folgende Erläuterung). 266,2 selbst die Bibl. theuer bezahlt] Carl August hatte vermutlich durch Merck von Büttners Absicht erfahren, seine Bibliothek zu verkaufen (vgl. zu 245,21), und ihm daraufhin durch den Jenaer Orientalisten Johann Gottfried Eichhorn sein Interesse mitteilen lassen. – Der komplexe Anschaffungsvorgang ist in einem Konvolut mit den Akten des Geheimen Consiliums dokumentiert: „Geheime-Canzley-Acta / Die von Serenissimo acquirirte Bücher- und ManuscriptenSammlung des Professoris Büttner zu Göttingen und deren Aufbewahr- und Aufstellung zu Jena“ (LATh – HStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 7026). Büttner hatte am 5. Januar 1781 einen offiziellen Vorschlag unterbreitet, der die Überlassung seiner vollständigen Sammlung samt zukünftigen Erwerbungen nach seinem Tod vorsah (vgl. ebd., Bl. 1–2); da jedoch der Wert seiner Sammlung, für die er eine jährliche Pension von 300 Reichstalern erhalten sollte, aufgrund eines fehlenden Verzeichnisses nicht zu ermitteln sei, schlage er ein für den Käufer günstiges Preisfindungssystem für die Bücher vor und überlasse dem Herzog die Kupferstiche, Handschriften und eigene Arbeiten kostenlos. Der maximale Preis betrage 8000 Reichstaler, er werde den genauen Wert bis Pfingsten ermitteln und zukünftig einen Katalog führen, damit bei seinem Ableben der aktuelle Zustand der Bibliothek dokumentiert werde. Carl August hatte die Ratihabitationsurkunde (rechtliche Bestätigung für Büttners Angebot) am 16. Januar 1781 erlassen, die Eichhorn Büttner in Göttingen ausgehändigt hatte (vgl. ebd., Bl. 9–10), und war selbst im März 1781 in Begleitung von Merck nach Göttingen gefahren, um Büttners Bibliothek vor Ort zu sehen (vgl. zu 245,21). Die Katalogisierung der ungeordneten Bibliothek dauerte jedoch länger als geplant (vgl. die zweite Erläuterung zu 266,7). Um die Bibliothek vor Büttners Gläubigern oder eventuellen Gegenmaßnahmen der Universität Göttingen oder der kurhannoverschen Regierung zu schützen, wurde im Juli 1782 im Geheimen Consilium der rasche Transport der Bücher nach Jena entschieden und zugleich über einen geeigneten Aufbewahrungsort diskutiert (vgl. Goethes und Schnauß’ Voten in: AS 1, 195–199, Nr 109). Büttner folgte 1783 seiner Bibliothek und bezog eine Wohnung im Jenaer Schloss, wo er ausgestattet mit einer jährlichen Pension bis zu seinem Tod 1801 lebte. Laut Johann Ernst Basilius Wiedeburgs „Beschreibung der Stadt Jena nach ihrer Topographisch- Politisch- und Akademischen Verfassung“ (Jena 1785) zählte „die vortreffliche Büttnerische Bücher-Sammlung“ im Jenaer Schloss 14 000 Bände und war dreimal wöchentlich zugänglich (S. 615). Büttners Bibliothek bildete nach seinem Tod den Kern der Je-

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naer Schlossbibliothek, die 1817 in die Universitätsbibliothek integriert wurde (vgl. Werner Ronnenberger: Die Schlossbibliothek zu Jena. In: Otto Glauning zum 60. Geburtstag. Festgabe aus Wissenschaft und Bibliothek. Bd 2. Leipzig 1938, S. 64–72). 266,7 Bedingungungsweise] Versehentlich für ‚Bedingungsweise‘. 266,7 der Catalogus ist nicht gemacht] Büttner hatte in einem Schreiben an Eichhorn vom 20. Februar 1781 versprochen, den Katalog seiner Bibliothek, den er persönlich erstellen müsse, bis Michaelis zu liefern (vgl. LATh – HStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 7026, Bl. 12). Diese Zusicherung wiederholte er bei Carl Augusts Besuch im März. Da Büttner jedoch bald merkte, dass er sein Versprechen nicht würde einhalten können, schlug Eichhorn Goethe am 16. Juli 1781 vor, den Katalog selbst in den Semesterferien mit Hilfe des Weimarer Bibliothekars Spilcker vor Ort abzuschließen (vgl. RA 1, Nr 149). Dieser Vorschlag wurde am 28. Juli vom Geheimen Consilium abgelehnt, und Schnauß trug Heinrich Moritz Gottlieb Grellmann auf, der mit einem Stipendium von Carl August ein Studium in Jena aufgenommen hatte und in Göttingen fortsetzte, Büttner bei der Katalogisierung zu unterstützen und die Bibliothek im Auge zu behalten (vgl. LATh – HStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 7026, Bl. 14–15). Grellmann berichtete Schnauß am 22. August, dass die Aufgabe wegen der chaotischen Zustände in Büttners Bibliothek nicht in der vorgesehenen Zeit erledigt werden könne (vgl. ebd., Bl. 16–17); erst am 13. Juli 1782, als bereits über den Transport der Bibliothek und Büttners Umzug nach Jena verhandelt wurde, konnte er den bevorstehenden Abschluss des Katalogs melden (vgl. ebd., Bl. 18–20). 266,8 der Abschluß, und weiter, der Besiz, ist noch entfernt] Möglicherweise in Anspielung auf eine ungelegene Pressemeldung, die vom Abschluss des Geschäfts berichtet hatte: „Die vieljährigen Arbeiten unsers Hrn. Prof. Büttner zur allgemeinen Sprachen-Vergleichung sind nun endlich vor dem drohenden Schicksale sicher gestellet, entweder einmal nichtswürdig verkauft, oder undankbar benutzt zu werden 〈…〉. Jene werden in die Hände eines Fürsten kommen, der teutschen Fleiß hochschätzt 〈…〉. Denn des Herzogs von Weimar Durchlaucht, welche am 20ten März wieder von hier in Begleitung des Oberforstmeisters von Wedel und des Kriegsraths Merk, abreisten, haben nicht nur die schriftlichen Sammlungen des Hrn. Prof. Büttners, und dessen reiche Sammlung Asiatischer Handschriften und Malereyen, sondern auch dessen große Bibliothek, für eine ansehnli〈che〉 Summe gekauft, die bey dem Empfange soll ausgezahlt werden; und ausserdem geben Se. Durchl. dem Hrn. Prof. lebenslang eine würdige Pension 〈…〉. Mit Hrn. B. Bibliothek sind auch Sammlungen von Landcharten und Kupferstichen, so wohl topographischen und antiquarischen, als naturhistorischen, verbunden 〈…〉. Daß in der Bibliothek zugleich eine der vollständigsten Sammlungen der seltensten Sprachwerke ist, versteht sich von selbst.“ (Gothaische gelehrte Zeitungen, 18. April 1781, Nr 31, S. 256.) – Zwar war der Verkauf juristisch abgesichert, der endgültige Preis jedoch noch nicht

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BRIEF 394

festgelegt worden. Außerdem sollte Carl August erst nach Büttners Tod in den Besitz der Bibliothek kommen. Vom Transport der Bücher nach Jena war zu dieser Zeit noch lange keine Rede. 266,10 ihre Entschädigung] Über Einsiedels Forderungen ist nichts bekannt. 266,18 auf andren Weegen zu gehen] Ob Einsiedel sich direkt oder über seinen Bruder an Carl August oder an die Minister Fritsch und Schnauß wandte, konnte nicht ermittelt werden.

394. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 7. Mai 〈1781〉 → Zürich

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 139. – Doppelblatt 18,9 × 27,9 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Herrn / Helfer Lavater / nach / Zürch / fr. Schafh., Reste eines roten Initialsiegels: „G“; S. 2 hinter dem Datum von Lavaters Hd, Tinte: „1781“; Bl. 2 Papierverlust durch Siegelausriss ohne Textverlust; Auslassungszeichen von fremder Hd, Bleistift (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 125–128, Nr 34 (Teildruck mit Auslassungen: 266,26 Die Summe von 45 N. Ldr. soll dir abgeschrieben werden.; 267,33 Grüse Bäben.). E2: WA IV 5 (1889), 121–123, Nr 1223 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet zwei Briefe Lavaters (vgl. 266,23), den vom 22. April 1781 (vgl. RA 1, Nr 143) und den von Ende April/Anfang Mai 1781 (vgl. RA 1, Nr 144). – Lavater antwortete am 19. Mai 1781 (Brief abgedruckt als Beilage zu Nr 408; vgl. RA 1, Nr 147). 266,22 Quartblat] Lavaters Briefe an Goethe sind nur als Abschriften in der Zentralbibliothek Zürich überliefert. Er benutzte für seine Briefe häufig Quartbogen, die als Doppelblatt gefaltet Oktavblätter ergaben. 266,24–25 Uber die Gemählde 〈…〉 wie über vieles!] Erneute Anspielung auf die persönliche Begegnung als einziges Mittel, die häufigen Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Briefpartnern zu klären. – Zu den unterschiedlichen Ansichten über die von Lavater überschickten Bilder vgl. zu 256,11–14. 266,26 Die Summe 〈…〉 abgeschrieben werden.] Lavater hatte im Bezugsbrief den Preis für die Gemälde samt Verpackungskosten auf 45 neue Louisdor veranschlagt (vgl. Goethe-Lavater3, 175). Der entsprechende Betrag (300 Reichstaler) wurde, wie von Lavater bereits am 3. März vorgeschlagen (vgl. ebd., 156), von sei-

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nem Darlehen bei Carl August abgezogen (vgl. zu 105,9), allerdings erst im November 1781 (vgl. zu 157,12–13). 266,27 meine Büste] Ein Gipsabguss von einer durch Martin Gottlieb Klauer geschaffenen Porträtbüste Goethes. Lavater ließ eine Silhouette nach der Büste anfertigen, die er in der französischen Physiognomik abdruckte und kommentierte: „Le génie poëtique le plus sensible & le plus énergique semble planer sur toute cette physionomie 〈…〉. Je ne balance pas un instant de donner ce profil pour l’idéal d’un Poëte.“ (Lavater, Physiognomonie 4, 53. – Das empfindsamste und energischste Dichtergenie scheint über dieser Physiognomie zu schweben 〈…〉. Ich zweifle keinen Augenblick, dieses Profil als Ideal eines Dichters zu geben.) Der Silhouette nach hatte Lavater von den drei zu dieser Zeit entstandenen Goethe-Büsten (KSW, Museen, Inv.-Nr KPl/01683, KPl/00931, KPl/02144) wahrscheinlich einen Abguss der letzteren erhalten (vgl. die in der Lavater-Sammlung überlieferten Zeichnungen nach dieser Vorlage in: Goethe und die Kunst. Hrsg. von Sabine Schulze. Ostfildern 1994, S. 212f., Nr 148–149). 266,28 des Künstlers] Dem Hofbildhauer und Direktor der Zeichenschule in Weimar Martin Gottlieb Klauer, der bereits 1778 eine Büste Goethes modelliert hatte, finanzierte Herzog Carl August 1779 einen mehrmonatigen Studienaufenthalt im Mannheimer Antikensaal. Nach seiner Rückkehr schuf Klauer mehrere Büsten von Carl August und Goethe, die von einer Annäherung an das klassisch-antike Naturideal geprägt sind, und verkaufte ab 1781 über Bertuch Gipsabgüsse der Büsten von Herder, Goethe und Wieland (vgl. Walter Geese: Gottlieb Martin Klauer. Der Bildhauer Goethes. Leipzig 1935, S. 25–34 und 53–69; zu 306,17). 266,28 Der H e r z o g schickt dir sie] Hier im Sinne von ‚hat sie dir geschickt‘. – Lavater war im Brief von Ende April/Anfang Mai 1781 davon ausgegangen, dass Goethe die Sendung veranlasst hatte: „Vorgestern erhielt’ ich 〈…〉 eine kostbare Büste – die ich gleich für d e i n Bild und dein G e s c h e n k – erkannte. Was heißt danken? Freüde haben an der Wohlthat, und am Wohlthäter – das hab’ ich. Ich sage dir keine andern Dank“ (Goethe-Lavater3, 175f.). 266,29 crayonirten Kopf] Crayoniert: Mit Kreide oder Bleistift gezeichnet. – Das Porträt konnte nicht ermittelt werden. 266,29 sag ihm etwas über beydes] Lavater schloss dem Antwortbrief vom 19. Mai 1781 (abgedruckt als Beilage zu Nr 408) einen Brief an Carl August bei: Herzlichen Dank beßter Herzog, für die Büste v. Goethe, die mir und allen, die ihn lieben, so viele Freüde macht – Sie ist so wahr und so schön – wir sagten: ‚wenn man den Kopf von Hof zu Hofe schickte – ob man so einen Mann zum Minister wollte – würden die Fürsten alle sogleich sagen – Ja! und wenn man ihn von Akademie zu Akademie schickte – wollt’ Ihr so einen Präsidenten? Ja! und von Weib zu Weib – wollt Ihr den Mann im Leben sehen? o Ja! wär Er schon da!‘ – –

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Ich beglückwünsche Weymar zu dem Künstler, der ihn so nachbildete – und zu dem Kunstwerk, das sich so nachbildL ließ. In jener Welt werden wir, so Gott will, unsern Freund so schönwahr und noch schöner und wahrer sehen. – über den crajonirten Kopf, den ich nicht erkennen kann, weiß ich wenig oder nichts zu sagen – Er mag, der Stirne nach, ein fester kluger Mann seyn – Seine Oberlippe und sein Mund sind mir nicht behagsam. / Laßen Sie, edler guter, den jungen lieben Toblersophokles sich bisweilen ein Paar Minuten nahe seyn. Der herrliche T i s c h b e i n ist izt bey uns; o, wenn der Sie und Goethe mahlte! da sind doch alle J u e l s Kinder dagegen. Er mahlt izt die S c h u l t h e ß und einen Kopf von mir. Ich hoffe, daß d e r einmahl meiner Idee von Porträt näher komme würde als a l l e, von denen ich Porträts sehe. Er hat gerade so viel und nicht mehr Ta l e n t, K u n s t, Ü b u n g und S i n n als erforderlich sind, und sehe viel Bescheidenheit und Lernensbegierde. Von M ü l l e r in Rom hat er mir einige, für Goethe bestimmte Zeichnungen gewiesen, die, ich gesteh es frey, mir, einige poetische Ideen abgerechnet, erbärmlich scheinen – um so viel erbärmlicher, weil sie, mit Goethe zureden, einen starken G e r u c h v o n P r ä t e n s i o n und grandiosem Wesen haben. Von allem, was ich Ihnen schuldig bin, sag’ ich izt kein Wort. – Nur bitt’ ich Sie noch, L i e b s t e r / Edler – meinen Namen der – L u i s e zunennen, deren Namen ich täglich höre und ausspreche, so oft mein kleiner Engel mir entgegenlächelt. o könnt’ ich mich in Toblers Schema hinein – glauben, und einmahl in Euren Kreisen stehn, ihr großen Einzigen! Zürich, den 19. May 1781. Joh. Casp. Lavater. (H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 70, Bl. 3–4; vgl. Goethe-Lavater3, 357f.) 14 Toblersophokles] Vgl. zu 274,7–8. 15 T i s c h b e i n] Wilhelm Tischbein (vgl. die zweite Erläuterung zu 343,15). Carl August informierte Merck am 31. Mai 1781 über Tischbeins Aufenthalt in Zürich (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 608). 16 J u e l s] Vgl. die erste Erläuterung zu 69,4. 21 M ü l l e r in Rom] Vgl. zu 279,8–9. 24 G e r u c h v o n P r ä t e n s i o n] Vgl. zu 267,16–17. 267,1–2 von manchem fliegenden Fieber des Grimms reinigen] Paraphrase von Lavaters Beschreibung der Büste im Bezugsbrief: „Wenn ein Erdensohn so w a h r g e b e n und so f e i n v e r s c h ö n e r n kann – wirst du, aller Erdensöhne Bilder – oder Bilderinn – G o t t oder N a t u r, wie man dich nennen mag – nicht einst auch mich wahr darstellen und auf’s allerdelikateste von allen Flecken der Erde reinigen können?.. / Und die andern – ‚dieß Gesichte ist mir theüres, heiliges Pfand der ewigen Einzigkeit meines G o e t h e. Gereinigt einst von jedem Anhau-

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chen des Grimmes – wie wird er niedersehn, anbethen und anbethen lehren!‘ –“ (Goethe-Lavater3, 176.) 267,4 Gott und Satan, Höll und Himmel] Vgl. zu 252,21–22. 267,9 Woldemars Kreuzerhöhungs Geschichte] Anspielung auf eine Begebenheit aus dem Sommer 1779 in Ettersburg, als Goethe Friedrich Heinrich Jacobis anonym erschienenen Roman „Woldemar. Eine Seltenheit aus der Naturgeschichte“ (Bd 1. Flensburg, Leipzig 1779) öffentlich verspottete und an einen Baum nagelte (vgl. Sophie von La Roches Brief an Wieland vom 12. September 1779 und dessen Antwort vom 21. September, WB 7 I, 216–219). Jacobi erfuhr davon und schrieb am 15. September 1779 einen scharfen Brief an Goethe (vgl. JB I 2, 105f.; RA 1, Nr 99). Goethes Versuch, den Vorfall über die gemeinsame Freundin Johanna Schlosser zu beschwichtigen, scheiterte (vgl. deren Brief an Jacobi vom 31. Oktober 1779, JB I 2, 119f., und Jacobis zurückweisende Antwort vom 10. November 1779, ebd., 124–128), ebenso der Versöhnungsversuch Knebels während dessen Aufenthalts im Herbst 1780 in Düsseldorf (vgl. zu 113,1). Am 22. April 1781 verlangte Lavater von Goethe eine Erklärung (vgl. Goethe-Lavater3, 174f.). Am gleichen Tag schrieb er an Jacobi und versicherte, dem Bericht über den Ettersburger Vorfall zu glauben, solange ihm Goethes Gegendarstellung nicht vorläge: „Eigentlich zärtlich und amorös lieben kann ich ihn nicht, das weiß er. Aber sonst stehen wir auf einem herrlichen brüderlichen Fuß, und bin stolz genug zu sagen, daß noch kein schlechter Mensch es lange mit mir aushielt“ (JB I 2, 296). – Eine mutmaßlich von Goethe stammende Parodie ist als Privatdruck überliefert, den Herzoginmutter Anna Amalia während Carl Augusts und Goethes Schweizer Reise in Auftrag gab: „Geheime Nachrichten von den letzten Stunden Woldemars Eines berüchtigten Freygeistes. Und wie ihn der Satan halb gequetscht, und dann in Gegenwart seiner Geliebten, unter deren Gewinsel zur Hölle gebracht. Gedruckt bey dem Nachdrucker Dodsley und Compagnie 7777“ (vgl. Goethes Parodie auf Fritz Jacobis „Woldemar“. Hrsg. von Carl Schüddekopf. Weimar 1908). Die Schrift wurde nicht in die WA und spätere Ausgaben aufgenommen. 267,11 ignorirst] Darauf ging Lavater im Antwortbrief ein (vgl. Beilage zu Nr 408). 267,13–14 Sehn wir uns wieder und es fällt dir ein, so frage.] Goethe wies immer wieder auf die mündliche Kommunikation und die persönliche Begegnung hin, um die im Briefwechsel auftretenden Differenzen zu überbrücken (vgl. zu 94,9–12; zu 149,11; zu 266,24–25). 267,16–17 Geruch von P r ä t e n s i o n ] Geruch: Wahrnehmbare Eigentümlichkeit, übertragen auf ‚geistige Phänomene‘, im Sinne von ‚Aura‘ (vgl. GWb 3, 1527). – Prätension: Anmaßung (von franz. prétendre: anmaßen). – In ähnlichen Worten soll sich Goethe laut Johanna Schlossers Brief an Jacobi vom 31. Oktober 1779 über „Woldemar“ geäußert haben: „so könne er nun einmahl für sich, das was man den Geruch dieses Buchs nennen möchte; (anders wisse er nicht sich aus-

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BRIEF 394

zudrücken;) nicht leiden.“ (JB I 2, 119.) – Lavater griff diesen Ausdruck in seinem Brief an Carl August vom 19. Mai 1781 in Bezug auf Maler Müller auf (vgl. die zweite Erläuterung zu 266,29). 267,17–18 Und die nicht schonenden 〈…〉 weist du auch.] Anspielung auf frühere Polemiken und Provokationen, darunter Goethes kritische Rezension des 3. Bands von Lavaters „Aussichten in die Ewigkeit“ (vgl. FGA, Nr 88 vom 3. November 1772, S. 697–701). 267,20 Erreurs de la Verite] Franz.: Fehler der Wahrheit. – Wortspiel mit dem Titel des Buchs „Des Erreurs et de la Vérité“, über das sich Goethe Lavater gegenüber skeptisch geäußert hatte (vgl. 252,24–27). Dieser hatte daraufhin Goethe um konkrete Hinweise gebeten (vgl. zu 252,26). 267,20 einandermal mehr] Goethe löste sein Versprechen nicht ein. 267,22 Tobler] Der Theologe und Übersetzer Georg Christoph Tobler war ein Freund und Schüler Lavaters (vgl. GB 3 II, vierte Erläuterung zu 327,1). Er war 1779 Hauslehrer und Bibliotheksgehilfe in Genf gewesen und stand Anfang 1781 in den Diensten von Maria Antonia von Branconi. Vermutlich aufgrund der Zuneigung zu seiner Dienstherrin hatte Tobler Straßburg fluchtartig verlassen und sich über Göttingen nach Weimar begeben, wo er am 1. Mai 1781 angekommen war (vgl. 263,4–5). Er besuchte Goethe u. a. auch am 6. Mai (vgl. zu 263,4–5). – Am 26. Mai 1781 unternahm Tobler von Weimar aus eine zweimonatige Reise, die ihn nach Halle, in den Harz und nach Leipzig führte. Danach blieb er länger als zunächst geplant in Weimar und verschob seine Rückkehr in die Schweiz bis Mitte November 1781 (vgl. zu 343,28). Ein Grund dafür mögen seine Gefühle für Corona Schröter gewesen sein, wie er am 1. September 1781 in einem Brief an Lavater andeutete: „Es ist gut das. d. Sch. zieml. gehaltL u. widerstehend ist. Sonst hätte ich mich hier für einL kurzL Aufenthalt ein bisgL zuviel angehängt. – Ich wollte es nicht ernstl. nehmL aber ich erfuhr daß alle Töne zusammenhängL. Sie ist etwas kalt – aber wahr, froh, wohlthuend. 〈…〉 Sie spielt mir oft die Lieder von Rousseau voll Einfalt u. Natur. Es ist abL kein Wunder, daß sie nicht mehr Lust gehabt sich an mich zuhängL. Wer mag sich an einL ReisendL attachirL?“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 529.132; vgl. Goethe-Lavater3, 359f.) – Während seines Aufenthaltes in Weimar arbeitete Tobler an Übersetzungen aus dem Griechischen (vgl. zu 274,7–8). Möglicherweise war er der Verfasser des im 32. Stück des „Journals von Tiefurth“ veröffentlichten „Fragments“ (bekannt als „Naturfragment“; vgl. Journal von Tiefurt2, 270–272; Heinrich Funck: Georg Christoph Tobler, der Verfasser des pseudogoethischen Hymnus „Die Natur“. In: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1924 [1923], S. 71–97). 267,22 offen gegen ihn] Goethes Eindruck von Tobler bei der ersten persönlichen Begegnung Ende Oktober 1779 in Genf war nicht positiv gewesen (vgl. GB 3 I, 341,5–13). Die zwei aus Weimar überlieferten Briefe Toblers an Lavater vermitteln ein zwiespältiges Bild von Goethe (vgl. zu 263,4–5). Im Juni 1782 kam es

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zu einem Eklat, als in Weimar ein alter Brief Toblers an Lavater zirkulierte, der Urtheile die mit unter nicht die günstigsten sind über die Weimarer Gesellschaft enthielt (Goethe an Knebel, 27. Juli 1782 [WA IV 6, 18]). 267,22–23 Knebel hat ihm Quartier gegeben.] Im Jägerhaus, heute Marienstraße 5. Tobler schrieb Johann Georg Müller am 2. Mai 1781: „Bei Herder war ich eine halbe Stunde 〈…〉. Nachher aß ich mit Göthe zu Mittag und ward von ihm zu Baron Knebel geführt, der mich nach einstündigem Gespräch einlud, bei ihm zu logieren; ich nahm’s an, da er ganz allein, ohne Frau wohnt und ein edler, guter Mann scheint, auch Lavater ihn sehr lieb hat.“ (Johann Georg Müller, Doktor der Theologie, Professor und Oberschulherr zu Schaffhausen, Johannes von Müllers Bruder und Herders Herzensfreund. Dargestellt von Karl Stokar. Basel 1885, S. 357f.) Knebel schrieb Lavater am 10. Juni 1781 über Tobler: „Es ist die beste reinste Seele, die ich nur weiß. Rein wie die Bäche die von den Schneealpen fließen. In unsern sumpfichten, sandichten, leinernen Gegenden giebts keine solche.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.118.) – Offenbar harmonierten die beiden hypochondrischen Charaktere miteinander, die an einem fehlenden Amt (Knebel; vgl. zu 210,22) oder an einem unglücklichen Verhältnis zu einer Frau (Tobler) litten. Knebel berichtete Lavater während Toblers Aufenthalt in Weimar wiederholt von der wohltuenden Wirkung für einander (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.117–122). Darüber hinaus hatten sie gemeinsame Interessen, vor allem die antike Dichtung, und arbeiteten beide an Übersetzungen aus dem Griechischen. Wahrscheinlich war die Übersetzung von sechs Epigrammen aus der „Anthologia Graeca“ im 25. Stück des „Journals von Tiefurth“ ein gemeinsames Werk von Tobler und Knebel (vgl. Journal von Tiefurt2, 210f.). Tobler begleitete Knebel nach Franken, bevor er in die Schweiz zurückkehrte (vgl. zu 343,27–28). 267,24 Er erinnert mich 〈…〉 an dich] In Weimar kursierte offenbar Goethes Meinung über Tobler, wie aus Herders Brief an Hamann vom 11. Mai 1781 hervorgeht: „Es ist ein junger Tobler aus der Schweiz hier, der hier sehr fetirt wird; ein Sohn des alten Toblers, u. neulich ein Uebersetzer des Sophokles: ein feiner u. scharfsinniger Mensch, der mir aber kein Zutrauen inspiriret, u. den Göthe gar den kleinen Lavater genannt haben soll. Das letzte glaube oder begreife ich nicht, ob ich gleich Lavater nicht persönlich kenne.“ (HB 9, 307.) – Zwischen Tobler und Herder herrschte gegenseitiges Misstrauen (vgl. Caroline Herder an Johann Georg Müller, 5. Juni 1781 [HB 4, 185]; Tobler an Lavater, Mai 1781 [Goethe-Lavater3, 356f.]). 267,26–28 Ists wahr was 〈…〉 will aufrichten lassen?] Während eines Aufenthalts in der Schweiz im Jahr 1780 hatte der französische Schriftsteller Guillaume Thomas François Raynal 3 000 Livres für die Errichtung eines Denkmals auf dem Rütli (Grütli) gespendet. Nach dem Gründungsmythos der Schweizer besiegelten die drei Eidgenossen aus Schwyz, Uri und Unterwalden mit dem so genannten Rütli-Schwur einen gegen die Vorherrschaft der Habsburger gerichteten Bund und

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BRIEF 395

begründeten damit die Schweizer Eidgenossenschaft. Während seiner ersten Schweizer Reise hatte Goethe am 19. Juni 1775 die Gegend am Vierwaldstättersee besucht (vgl. GT I 1, 6). – Die anonym erschienene kolonialismuskritische Schrift „Histoire philosophique et politique des établissements et du commerce des Européens dans les deux Indes“ (Amsterdam 1770. – Philosophische und politische Geschichte der Kolonien und des Handels der Europäer in beiden Indien) von Raynal und zahlreichen weiteren Autoren erregte in ganz Europa großes Aufsehen. Nach dem Verbot des Buchs im Jahr 1772 folgten zwei weitere Auflagen (Den Haag 1774 und Genf 1780). Die dritte Auflage wurde in Paris öffentlich verbrannt, und Raynal musste 1781 ins Exil gehen. Sein Projekt eines Rütli-Denkmals löste eine politische Debatte in der Schweiz aus: Ihm wurde vorgeworfen, sich selbst ein Denkmal als Freiheitskämpfer setzen zu wollen, nicht zuletzt weil der Obelisk mit dem Namen des Stifters versehen werden sollte. Als die Aufstellung des Obelisken auf dem Rütli vom Kanton Uri abgelehnt wurde, schlug Franz Ludwig Pfyffer die vor Meggen gelegene Insel Altstad (Kanton Luzern) als neuen Standort vor. Dort wurde im Oktober 1783 das Denkmal errichtet, das 1796 von einem Blitz stark beschädigt und bald danach abgebrochen wurde, worüber Goethe in der „Reise in die Schweiz“ berichtete (vgl. WA I 34.1, 407). – Es ist unklar, woher Goethe die Informationen zu Raynals Plan bezogen hatte, zumal seine Angaben zum Denkmal detaillierter als die meisten Zeitungsberichte sind. Er dürfte die bereits im Oktober 1780 in der „Correspondance littéraire“ überlieferte Nachricht über Raynals Aufenthalt in der Schweiz zur Kenntnis genommen haben. Der anonyme Verfasser hatte spöttisch bemerkt, bei politischen Verhandlungen habe Raynal lediglich erreicht, ausgezeichnete Forellen zu essen: „En Suisse, indigné de ne trouver aucun monument public dans l’endroit [Dans la Vallée de Gruetli] où les trois fondateurs de la Ligue Helvétique firent le serment d’affranchir leur pays du joug de la Maison d’Autriche, il s’est engagé à en faire élever un à ses frais, et si la politique suisse y consent, ce sera sans doute une chose assez remarquable que l’honneur que méritaient ces trois heros ne leur ait été rendu qu’au bout de quatre siecles par un homme de Lettres et par un Français sûrement très incapable de prononcer leurs noms.“ (GSA 96/965, Bl. 183r. – In der Schweiz, da er empört war, kein Denkmal an dem Ort vorgefunden zu haben, wo die drei Gründer der Eidgenossenschaft den Schwur leisteten, ihr Land vom Joch der Habsburger zu befreien, hat er sich verpflichtet, eins auf seine Kosten zu errichten, und, vorausgesetzt, die Schweizer Politik gibt ihre Zustimmung, es wäre eine merkwürdige Sache, dass die Ehre, die diesen drei Helden gebührt, erst vier Jahrhunderte später von einem Schriftsteller, einem Franzosen, der wahrscheinlich nicht in der Lage ist, ihre Namen auszusprechen, herrühre.) – Lavater ging im Antwortbrief auf Goethes Frage ein (vgl. Beilage zu Nr 408). 267,31 Ihr Monument ist eure Constitution.] Anspielung auf die Schweizer Kleinstaaten (Stadtrepubliken, wie Zürich, Bern, Luzern oder Basel, Länder, wie

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Uri oder Schwyz, und Untertanengebiete), die die Alte Eidgenossenschaft bildeten, und die Tagsatzungen, Versammlungen, bei denen die Bevollmächtigten der Kantone über gemeinsame Angelegenheiten berieten. Die Alte Eidgenossenschaft hatte kein festes schriftliches Grundgesetz im modernen Sinne, vielmehr existierten zahlreiche eidgenössische Bündnisurkunden. – Während der Schweizer Reise hatten sich Goethe und Carl August für die politischen Verhältnisse in der Schweiz, etwa für die als vorbildlich geltende Berner Verfassung, interessiert (vgl. GB 3 II, zu 310,2). In den „Briefen aus der Schweiz“ äußerte sich Goethe jedoch kritisch über die Patriziate und die Herrschaft alteingesessener Geschlechter (vgl. WA I 19, 197f.). 267,33 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). Goethe hatte ihr am 29. April 1781 (EB 116) geschrieben und schrieb ihr wieder am 15. Juni 1781 (EB 124). 267,33 Schreibe mir viel] Vgl. den Antwortbrief vom 19. Mai 1781 (abgedruckt als Beilage zu Nr 408). 268,1 eine viertelstunde] Lavater hatte am 31. März 1781 geschrieben: „Ich hab E i n Viertelstündchen zur Antwort. Seegne es mir Gott!“ (Goethe-Lavater3, 166.) 268,1 Ich heise Legion] Anklang an Markus 5,9: „Legion heisse ich, denn unser ist viel.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 41.) 268,1–2 du thust Vielen wohl wenn du mir wohlthust] Hinweis auf die Weiterverbreitung von Lavaters Botschaften in Weimar, wie es mit den Briefen über Waser der Fall gewesen war (vgl. zu 81,11). Goethe ließ Lavaters Antwortbrief Charlotte von Stein zukommen (vgl. Beilage zu Nr 408). Auch Knebel berichtete Lavater, wie positiv dessen Briefe in seinem Freundeskreis aufgenommen würden (vgl. zu 289,7–11).

395. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 9. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/490,I, Bl. 27. – 1 Bl. 18(–18,2) × 9,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; rechts in der Mitte des Blattes Ausriss, geringfügiger Buchstabenverlust (268,6 〈i〉n); Rs. roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „58.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd V, Jg 1783, Nr 61), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 71. WA IV 5 (1889), 124, Nr 1224.

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BRIEFE 396/397

BEIL AG EN

Herz und die Uberschrifft (vgl. die erste Erläuterung zu 268,6). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 268,4 Dancke 〈…〉 für den vervielfältigten Talismann!] Ein Geschenk, das Goethe in zwei späteren Briefen erwähnt (vgl. 357,10; 358,2); Näheres dazu nicht ermittelt. – 1779 nannte Goethe ein ‚Westgen‘, das Charlotte von Stein ihm geschenkt hatte, Talisman (GB 3 I, 260,2). Im Brief an Lavater vom 21. September 1780 beschrieb er sein Verhältnis zur Adressatin als Talisman iener schönen Liebe womit die S t . mein Leben würzt (137,19–20). 268,5 das magische Zeichen] Möglicherweise ein Buchstabe oder Symbol für Charlotte von Stein. Im September 1776 hatte Goethe in der zuvor gemeinsam mit der Freundin besuchten Höhle am Hermannstein im Thüringer Wald die Initiale ‚S‘ angebracht für den Nachnamen und zugleich auch für ‚Sonne‘, deren astronomisches Zeichen Goethe seit Juni 1776 im Tagebuch für Charlotte von Stein verwendete (vgl. zu 119,9; GB 3 II, zu 92,21). 268,6 das Herz und die Uberschrifft] Näheres dazu nicht ermittelt. Seit dem Erstdruck wird vermutet, dass beides in Bezug zur Übersiedlung des Hofes in die Sommerresidenz nach Belvedere steht und der Ausschmückung des Schlosses beim festlichen Einzug der Regentin dienen sollte (vgl. zu 268,11). 268,6 Tasso] Die erste direkte Erwähnung der Weiterarbeit am „Torquato Tasso“ nach dem 23. April 1781 (vgl. zu 258,6).

396. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 10. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 47. – 1 Bl. 18,7(–18,9) × 5,7(–6) cm, 1 S. (3 Zeilen) beschr., egh., Tinte; Rs. roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „111“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 113), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 71. WA IV 5 (1889), 124, Nr 1225. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 268,11 verläßt dich heute nicht mit der übrigen Welt] Laut Fourierbuch vom 10. Mai 1781 erfolgte „mittags um 1. uhr 〈…〉 der Einzug DurchL. Herzogin

MAI 1781

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〈Louise〉 auf Belvedere“ (FB 1781, S. 92). Herzog Carl August war am selben Tag „früh 3. Uhr“ (ebd.) zu seiner Reise nach Dessau, Halle und Leipzig aufgebrochen (vgl. zu 262,7–8). 268,12 wohnt dir in der Nähe] Im Gartenhaus am „Stern“, von dem die Wohnung Charlotte von Steins an der Ackerwand mit etwa 500 m nur wenige Gehminuten entfernt war.

397. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 48. – 1 Bl. 18,9 × 8,4(–9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse, Paraphe angeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. S〈tein〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte, Bleistift: „112“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 114), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 71. WA IV 5 (1889), 124, Nr 1226. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 268,14 den Schatten meiner lieben Lotte] ‚Schatten‘ von Goethe synonym gebraucht für ‚Schattenriss‘, ‚Schattenbild‘, ‚Silhouette‘. – Von Charlotte von Stein sind in den Sammlungen des Goethe-Nationalmuseums mehrere Porträt- und Ganzkörpersilhouetten überliefert, deren Provenienzen sich jedoch nicht mehr sicher bestimmen lassen. Von 1781 könnte z. B. ein Porträt stammen, das als Vorlage für mehrere Silhouetten diente, darunter eine aus schwarzem Glanzpapier (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KSi/AK 3235; vgl. Abb. 4 im Kommentarband, S. 730). Goethe hatte bereits im Juli 1775 in Straßburg bei Johann Georg Zimmermann eine Silhouette Charlotte von Steins gesehen, die Grundlage einer Charakteristik wurde, die er am 24. Juli an Lavater schickte (vgl. GB 2 I, 196,11–22; GB 2 II, zu 196,9). – Das Austauschen von Silhouetten, die auch von Laien hergestellt werden konnten, erfreute sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts in ganz Europa großer Beliebtheit und wurde gegen Ende des Jahrhunderts vor allem in Deutschland zu einer Mode. Goethe fertigte Silhouetten seit seiner Studentenzeit selbst an und sammelte solche für sich, aber auch für Lavaters „Physiognomische Fragmente“ (vgl. GB 1 II, zu 194,2 und die einleitende Erläuterung zu GB 1 II, Nr 66). 268,16–17 iedes neue Band und bändgen] Vgl. zu 223,18; hier mit Bezug auf Charlotte von Steins Silhouette.

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BRIEFE 396/397

Abb. 4: Charlotte Ernestine Albertine von Stein geb. von Schardt

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398. An Christian Wilhelm Steinauer Weimar, 12. Mai 1781 → Leipzig ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 140. – Doppelblatt 19 × 27,8 cm, ½ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 3 Adresse: An Herrn Steinauer / nach / L e i p z i g . / f r e i ., unter dem Namen von fremder Hd, Tinte: „|:Kommissar der Meißner Porzellan-Manufaktur, beauftragt, ein Porzellan-Service von Dresden nach Petersburg zu überbringen:|“, braunes Initialsiegel: „G“; Bl. 2 am Seitenrand Mitte Siegelausriss. E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 193 (Incipit: 269,1 Ihr gütiges Andenken hat mich recht sehr gefreut; Adresse). E2: WA IV 5 (1889), 1254, Nr 1227 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Christian Wilhelm Steinauers (vgl. zu 269,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Über Christian Wilhelm Steinauer (1741–1826) und seine Beziehung zu Goethe vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 83. – Steinauer war 1780 als Oberkontrolleur zur Mitaufsicht über das Ökonomiewesen an der Porzellanmanufaktur in Meißen angestellt worden und nach Meißen gezogen. Zum dritten Kommissar der Manufaktur wurde er erst 1795 ernannt, so dass die Mitteilung „Kommissar der Meißner Porzellan-Manufaktur 〈…〉“ (Überlieferung) wahrscheinlich später unter die Adresse geschrieben wurde. Der vorliegende Brief ist der letzte der sieben überlieferten Briefe Goethes an Steinauer. Warum der Brief nach Leipzig adressiert wurde, ist nicht bekannt. Steinauer reiste geschäftlich viel, vor allem zur Leipziger Messe, die 1781 jedoch Anfang Mai stattgefunden hatte. 269,1 Ihr gütiges Andenken] Ein Brief Steinauers ist nicht überliefert. Möglicherweise sind auch Grüße von Dritten überbracht worden, da Steinauer u. a. mit Friedrich Justin Bertuch in Kontakt stand (vgl. GSA 6/1872). – ‚Andenken‘ wahrscheinlich im Sinne von „Erinnerungsstück, -zeichen“ (GWb 1, 490). 269,2 die Reise] Goethe muss die Information erhalten haben, dass Steinauer im Begriff war, im Auftrag der Meißner Porzellanmanufaktur nach St. Petersburg zu reisen, um dem russischen Diplomaten und Generalfeldmarschall Fürst Nikolai Wassiljewitsch Repnin ein Dankgeschenk zu überbringen. Der sächsische Kurfürst Friedrich August III. hatte nach dem Frieden von Teschen vom 13. Mai 1779, mit dem der Bayerische Erbfolgekrieg beendet worden war, die Manufaktur beauftragt, einen Tafelaufsatz und ein Dessertservice zu Ehren Repnins zu fertigen, weil dieser sich um den Friedensschluss, der für Sachsen günstig ausgefallen war, besonders verdient gemacht hatte.

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269,2–3 dem zerbrechlichen Schaz] Es handelte sich um ein umfangreiches Dessertservice mit Stadtansichten von Dresden, Pillnitz, Teschen, St. Petersburg u. a. sowie um einen kostbaren Tafelaufsatz in Form von sieben weißen allegorischen Porzellangruppen, dessen Sockel mit in Gold und Bronze gefassten Edelsteinen verziert war. Den Auftrag zur Gestaltung dieses Tafelaufsatzes hatte der Modelleur Michel Victor Acier erhalten. Der französische Bildhauer war seit 1764 an der Königlich Sächsischen Porzellanmanufaktur angestellt und seit 1774 für die Gestaltung des Meißner Porzellans verantwortlich. Der Tafelaufsatz, an dem er 1779 und 1780 arbeitete, war Aciers letzte große Arbeit für die Meißner Manufaktur (vgl. Pauline Gräfin von Spee: Die klassizistische Porzellanplastik der Meissener Manufaktur von 1764 bs 1814. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität zu Bonn. Bonn 2004, S. 265–269). 269,4 Grafen Görz] Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz, bis 1775 Erzieher des Erbprinzen Carl August und des Prinzen Constantin, gehörte zu der höfischen Opposition gegen Goethe, da sich nach dem Regierungsantritt Herzog Carl Augusts im September 1775 seine Hoffnungen auf ein höheres Regierungsamt nicht erfüllt hatten. Stattdessen wurde er zum Oberhofmeister der Herzogin Louise berufen, trat aber schon 1778 in preußischen diplomatischen Dienst. Seit 1779 war er preußischer Gesandter in St. Petersburg (vgl. zu 255,14–15). 269,7 Ihre glükliche Rükkunft 〈…〉 wissen] Briefe Steinauers an Goethe sind nicht überliefert.

399. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 13.? Mai 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wird er ohne explizite Begründung auf Mitte Mai 1781 datiert. Von der Hellen ordnete ihn in WA IV in den „[Mai?]“ 1781 (WA IV 5, 131). Fränkel präzisiert die Datierung nach dem Inhalt auf den 13. Mai 1781 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 330, Nr 657; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 304f., Nr 657). Der Anredewechsel von ‚Sie‘ zu ‚Du‘ spricht für eine Einordnung in den Mai 1781, der Inhalt (vgl. zu 269,12) stützt Fränkels Datierung auf den 13., die daher beibehalten wird.

MAI 1781

733

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 93. – 1 Bl. 13,4 × 9 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „217“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 217), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 72f. WA IV 5 (1889), 131f., Nr 1240. BEIL AG E

Vgl. zu 269,13. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 269,10 bey hof] Vielleicht mit Bezug auf die Abendgesellschaft in Belvedere, wohin der Hof am 10. Mai 1781 übersiedelt war (vgl. zu 268,11). Die Gäste sind im Fourierbuch nicht namentlich aufgeführt. 269,12 mich mit 〈…〉 im Wagen nehmen] Vielleicht nach Belvedere, wo am Abend des 13. Mai 1781 am Hof „Cour und Concert“ stattfanden (FB 1781, S. 95). 269,13 das verlangte] Näheres dazu nicht ermittelt.

400. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 14. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 48. – 1 Bl. 18,8(–19,1) × 7 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „113“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 115), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 72. WA IV 5 (1889), 125, Nr 1228. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 269,15 beschweerlicher Arbeit] Wohl in Vorbereitung der vierten „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums im Monat, am 16. Mai (vgl. Wahl, Consilium, 692f., Nr 9996–10021), die wie schon die vorangegangene in Abwesenheit des Herzogs stattfand (vgl. zu 265,12).

734

401. An Charlotte von Stein

BRIEFE 401–403

〈Weimar, Mitte Mai 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wird er ohne explizite Begründung auf Mitte Mai 1781 datiert. Von der Hellen ordnete ihn in WA IV in den „[Mai?]“ 1781 (WA IV 5, 132). Der Anredewechsel von ‚Sie‘ zu ‚Du‘ spricht für die Einordnung Mitte Mai 1781, die daher beibehalten wird. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 88. – 1 Bl. 11,4 × 7,6 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, letzter Buchstabe der Adresse angeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, braune Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „202“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 203), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 72. WA IV 5 (1889), 132, Nr 1241. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

402. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 21. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 49. – 1 Bl. 18,9 × 11(–11,2) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; Vs. Rest eines braunen Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, braunes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „117“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 119), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 73. WA IV 5 (1889), 125f., Nr 1229. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 270,5 bis du wieder heil bist] Knebel notierte unter dem 21. Mai 1781 im Tagebuch: „Frau v. Stein ist kranck.“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 22v.) Goethes For-

MAI 1781

735

mulierung verweist auf eine schlecht heilende Wunde, vielleicht im Zusammenhang mit den Fußbeschwerden, die seit Ende März 1781 immer wieder in den Briefen erwähnt werden (vgl. zu 270,11). 270,8 Engelharten] Johann Christian Daniel Engelhardt, Leibchirurg Herzog Carl Augusts von Sachsen-Weimar und Eisenach.

403. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 22. Mai? 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt (vgl. zu 270,11) und den Bezügen zu den Briefen aus der zweiten Maihälfte etwa auf den 20. Mai 1781 datiert. Nur von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Auch wenn dem Inhalt nach nicht auszuschließen ist, dass der Brief schon Ende März/Anfang April 1781 geschrieben wurde (vgl. zu 244,12; die erste Erläuterung zu 245,4; zu 253,21), erscheint die bisher überwiegend vorgenommene Datierung plausibel. Sie wird beibehalten und nach den Bezügen zu den Briefen vom 21. und vom 23. Mai (vgl. zu 270,5; zu 270,12) auf den 22. Mai 1781 präzisiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 93. – 1 Bl. 18,8 × 4,8(–5,2) cm, ½ S. (2 Zeilen) beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „218“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 218), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 73. WA IV 7 (1891), 271, Nr 2401. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 270,11 wie es sich mit dem Fuse anlässt] Von Ende März 1781 bis etwa zum 10. April hatte sich Goethe immer wieder nach Charlotte von Steins ‚Fuß‘ erkundigt (vgl. zu 244,12). Die Beschwerden am Fuß oder Bein spielen in den Briefen noch bis zum 8. Juli 1781 eine Rolle (vgl. 302,1). Die vorliegende Frage könnte inhaltlich an den Brief vom 21. Mai anschließen (vgl. zu 270,5).

736

404. An Charlotte von Stein

BRIEFE 404–406

〈Weimar〉, 23. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 50. – 1 Bl. 18,8 × 9,3(–9,5) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Vs. Rest eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „118“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 120), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 73. WA IV 5 (1889), 126, Nr 1230. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 270,12 es sich immer bessert] Vgl. zu 270,11. 270,14 Kaysern zum Abschiede bey mir haben] Der Komponist Philipp Christoph Kayser, ein Jugendfreund Goethes, hielt sich seit Ende Dezember 1780/Anfang Januar 1781 in Weimar auf (vgl. zu 185,7; zu 303,17).

405. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 24. Mai? 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Im Erstdruck wird er nach einem inhaltlichen Bezug zum Fourierbuch auf den 26. November 1780 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz ebenfalls nach einem Bezug zum Fourierbuch auf den 24. Mai 1781 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 356, Nr 670). Eduard von der Hellen setzte den Brief in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise. – Da Verschiebungen in den Konvoluten über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen und es dafür im vorliegenden Fall auch keinen überzeugenden Beleg gibt, wird der Brief im Jahr 1781 belassen. Die seit Fielitz vorgenommene Datierung lässt sich zwar nicht eindeutig belegen, erscheint aber plausibel und wird daher beibehalten (vgl. zu 271,1). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 88. – 1 Bl. 19,1(–19,3) × 7(–7,2) cm, 1 ⁄3 S. (2 Zeilen) beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke ausgerissen; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse:

MAI 1781

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Fr. v. Ste〈in〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „205“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 205), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 1 (1848), 372. WA IV 7 (1891), 270, Nr 2396. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 271,1 Hofverwandter] Laut Fourierbuch vom 24. Mai 1781 war Goethe an diesem Tag Gast der nur elf Personen umfassenden fürstlichen Mittagstafel, sein Name wird an 11. Stelle unmittelbar nach dem der „Gräfin v. Bernstorff“ aufgeführt (FB 1781, S. 101).

406. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 50. – 1 Bl. 11,4 × 9,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, oben rechts Rand ausgerissen; Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „120“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 122), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 74. WA IV 5 (1889), 126, Nr 1231. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 271,4 Was macht der Fus] Vgl. zu 270,11. 271,4–5 willst du mich zu Tische] Nach der sechsten „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums im Monat, die am 25. Mai wieder im Beisein Herzog Carl Augusts stattfand (vgl. Wahl, Consilium, 695f., Nr 10048–10074).

738

407. An Charlotte von Stein

BRIEFE 407/408

〈Weimar〉, 27. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 51. – 1 Bl. 13,2(–13,5) × 12,7(–13) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, obere rechte Ecke ausgerissen; Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „121“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 123), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 74. WA IV 5 (1889), 126f., Nr 1232. BEIL AG E

Verschiedenes (vgl. zu 271,12). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 271,9–10 als mir der Herzog sagen läßt 〈…〉 zu ihm hinauf kommen] Nach Belvedere, der Sommerresidenz des Hofes, die auf einer Anhöhe etwa 3 km südlich von Weimar lag und durch eine Allee mit der Stadt verbunden war (vgl. die erste Erläuterung zu 38,2). Nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Dessau am 22. Mai 1781 war Carl August sichtlich um die Wiederherstellung des guten Verhältnisses zu Goethe bemüht (vgl. zu 262,7–8). Am 27. Mai 1781 wird Goethe unter den 22 Gästen der fürstlichen Mittagstafel an 19. Stelle namentlich aufgeführt (vgl. FB 1781, S. 103). 271,12 allerley] Näheres nicht ermittelt. 271,13 die Hofnoth] Okkasionelle Wortbildung, nur einmal bei Goethe belegt; synonym zu ‚Hofmiseria‘ gebraucht für ‚unangenehmes, geistloses Klima am Hof‘ (vgl. Goethes Eindrücke an den badischen und hessischen Höfen auf der Rückreise von der Schweiz; zu 3,25). – Goethes kritische Haltung steht wohl noch unter dem Eindruck seiner Beobachtungen in Neunheilingen, die zur Absage an Carl August führten, ihn auf seiner Reise u.a. an den Dessauer Hof zu begleiten (vgl. zu 262,7–8).

MAI 1781

408. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 28. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 51. – 1 Bl. 20,3(–20,5) × 9,5(–9,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke abgeschnitten; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „122“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 124), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 74. WA IV 5 (1889), 127, Nr 1233. BEIL AG E

Brief von Johann Caspar Lavater an Goethe vom 19. Mai 1781 (vgl. zu 272,6): Lieber Goethe, Allso hab ich dem Herzogen deine Büste, und den cräjonirten ruhigdenkenden, sonst für mich unintereßanten Kopf von ich weiß nicht wem? zu danken. Hier deswegen ein Wort an den Herzog. Lies den Brief auch, Tischbeins wegen. Grüß den lieben Tobler viva voce! – Die Woldemarsche Geschichte wollen wir nun gehen laßen. Übrigens kannst du errathen, wie sehr mich Weibchen solche Dinge, d e i n e t h a l b e n verwunden. Für Nichts und wider Nichts würf’ ich gern weder eine Stunde, noch etwas von meinem guten Rufe weg – am allerwenig/sten, um einem Menschen weehe zuthun, mit dem ich in meinem Leben auch nur Eine Suppe aß. Doch freüte mich deine offene gerade Art, wie Du von dem Dinge sprach. – Nun, dies sey a b g e t h a n – das sind Dinge, die nicht wiederkommen. Über Calliostro schreibt mir Brankoni kein Wort – als: „Meine Feder ist stumpf; ich darf nicht!“ Ich weiß nicht, ob ich dir schon gemeldet, daß zuverläsige neüere Berichte von Mietau uns es außer allen Zweifel sezen, daß Er in der Magie sehr stark ist. – Izt mahlt T i s c h b e i n der B. Hauptunterstüzende Hand. Ein Kopf, den Er von mir macht, verschlingt alles, was je von mir gemacht / worden, auf immer und ewig. Ich sollte aber nicht mehr von Mahlerey urtheilen. Das Geld, mein Lieber, nämlich die 5. N’Louisd’or für Bückle an mich zurefundiren, hast du vergeßen. In m i r Lieber herrscht, oder vielmehr auf der Oberfläche meiner Seele – gährt ein Schaum allgenießender Sinnlichkeit, und innwendig verzehrt mich eine Gluht nach Wahrheit und Gewißheit – eine Verachtung alles, was ich bin und thue – Ich fühle, daß ich in einer T ä u s c h u n g lebe. Ich kann weder der Taüschung noch des Gefühles los werden – und dann drückt mich oft der ungeheure Kontrast / meiner so

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BRIEF 409

manichfaltigen aüßern Verhältniße mit meinem innwendigen namenlosen Wesen – das tiefe Gefühl von der Wa h r h e i t des Evangeliums – und das tiefe Gefühl von der u n e n d l i c h e n E n t f e r n t h e i t meines Sinnes und aller, aller, aller Menschen von diesem E i n z i g w a h r e n – wirft mich wechselsweise hin und her – Kann mich zwahr nicht muthlos machen – Ich hoffe noch – Aber, es wirft mich oft in tiefe Nächte – Der impudente R e y n a l d, den ich hier zeichnen ließ, hat eine Franzosenidee von einem Obelisk im Schaume seines Hirns – Ich hoffe und weiß, wie ich ihn zukennen glaube, daß nichts daraus werden soll – Er ist der garstigste Geiz/hals, und von oben bis unten ist nichts an ihm, als der A u t o r, der b e r ü h m t e Mann – der Prinzen und Prinzeßinnen Dejeünés giebt – und den Königen die Wahrheit sagt – die ganze Existenz dieses freylich Talentreichen Mannes ist keines Schußes Pulvers werth. Adieu – daß ich Toblern noch ein Wörtchen geben könne. Z. den 19. May 1781. L. (A: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 562a, Bl. 75–77. – Vgl. Goethe-Lavater3, 179–181, Nr 106; RA 1, Nr 147.) 2 dem Herzogen deine Büste] Gipsabguss einer Goethe-Büste Klauers (vgl. zu 266,27; zu 266,28. 2–3 cräjonirten 〈…〉 Kopf] Im Bezugsbrief vom 25. April bis 2. Mai 1781 hatte Lavater geschrieben: „Vorgestern erhielt’ ich eine crayonnirte Zeichnung von einem unbekannten Kopf, der keine gemeine Stirne hat 〈…〉.“ (Goethe-Lavater3, 175.) Näheres nicht ermittelt (vgl. die erste Erläuterung zu 266,29). 4 ein Wort an den Herzog] Lavaters Brief war ein Brief an Herzog Carl August beigeschlossen (abgedruckt in der zweiten Erläuterung zu 266,29). 6 Tobler] Vgl. zu 263,4–5. 7 Die Woldemarsche Geschichte] Vgl. zu 267,9. 14 Calliostro] Vgl. die zweite Erläuterung zu 209,1; zu 209,3–4. 14 Brankoni] Vgl. zu 209,6; zu 288,25). 15–16 neüere Berichte von Mietau] Mitau (heute Jelgava, Lettland), wo sich Cagliostro 1779 aufgehalten hatte (vgl. zu 288,11). 18 mahlt T i s c h b e i n der B. Hauptunterstüzende Hand] B.: Barbara (Bäbe) Schultheß. – Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins Porträt stellt sie an einem Tisch sitzend dar, den Kopf in die rechte Hand gestützt, den Ellenbogen auf einem Buch ruhend, unter dem ein Manuskript liegt. Das Originalbild befand sich um 1900 in Schweizer Privatbesitz (vgl. Goethe-Lavater3 415, Anm. zu Nr 106) und war Vorlage des Stiches von Robert Leemann (gedruckt u. a. in: Friedrich Zollinger: Goethe in Zürich. Zürich 1932, S. 67). 19 Ein Kopf 〈…〉 von mir] Ölbild in Privatbesitz; das Landesmuseum Oldenburg besitzt drei weitere Fassungen in Kreide und Feder (vgl. Johann Heinrich Wilhelm Tischbein. Goethes Maler und Freund. Hrsg. von Hermann Mildenberger. Neumünster 1986, S. 241, Nr

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224–226). 21 die 5. N’Louisd’or für Bückle] Vgl. zu 236,9–11. 21–22 zurefundiren] Zu erstatten. 34 R e y n a l d] Vgl. zu 267,26–28. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 272,2 bey unsrer Fahrt] Wohl eine Kutschfahrt in die Umgebung von Weimar; Näheres dazu nicht ermittelt. 272,3 Die Werthern] Emilie von Werthern-Beichlingen, deren Ehe mit dem fast 20 Jahre älteren Christian Ferdinand Georg von Werthern-Beichlingen, dem Kammerherrn und Reisestallmeister Carl Augusts, nicht glücklich verlief (vgl. die zweite Erläuterung zu 38,6). 272,3 artig Zettelgen] Nicht überliefert. – ,Artig‘: Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: angemessen, passend, treffend (vgl. GWb 1, 839). 272,3–4 Zurücksendung des Wilh. Meisters] Die bis dahin fertiggestellten Teile von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ (vgl. zu 70,17–18). 272,4 Die Schröter] Corona Schröter (vgl. zu 257,9). 272,4–6 Ich bin und bleibe einmal der Frauen Günstling 〈…〉 mich auch lieben.] Wohl im Zusammenhang mit dem zuvor erwähnten Besuch Corona Schröters und verbunden mit der Forderung an die Adressatin, ihn mit all seinen Eigenheiten und ‚Schwächen‘ zu akzeptieren. In der Vergangenheit war die Anziehungskraft, die Goethe auf Mädchen und Frauen ausübte, und sein Umgang mit ihnen immer wieder Anlass für Charlotte von Stein gewesen, an der Aufrichtigkeit seiner Gefühle für sie und an seiner Treue zu zweifeln. 272,6 Brief von Lavatern] Vgl. Beilage.

409. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 30. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 52. – 1 Bl. 16,3 × 11,7(–11,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Papier am unteren Rand links eingeschnitten; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „123.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 126), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 75. WA IV 5 (1889), 131, Nr 1238. BEIL AG EN

Briefe von Johann Caspar Lavater und Barbara Schultheß an Goethe (vgl. zu 272,11).

742

BRIEF 410

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 272,9 Frizze hat gezeichnet] Der als jüngster Sohn der Familie noch im Elternhaus wohnende Friedrich von Stein, der Goethe häufig besuchte (vgl. zu 241,20). Wie seine Mutter und sein älterer Bruder Ernst war Friedrich von Stein Schüler der „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ (vgl. zu 241,4). 272,11 Hier sind Lavaters und dl. Schulthes Briefe] Wahrscheinlich hatte Lavaters Brief vom 19. Mai 1781 (vgl. Beilage zu Nr 408) bei Charlotte von Stein die Vermutung geweckt, Goethe verheimliche ihr etwas über seine Beziehung zu Barbara (Bäbe) Schultheß. – Von Lavaters Briefen an Goethe haben sich in der Zentralbibliothek Zürich insgesamt 67 Abschriften erhalten. Davon stammen 52 aus der Zeit von 1773 bis zum 19. Mai 1781. Die Handschriften der Ausfertigungen sind nicht erhalten. Von Barbara Schultheß (vgl. zu 14,29) sind 20 Briefe überliefert, die meisten davon im GSA. Nur einer stammt aus der Zeit vor Mai 1781, und zwar der vom 1. März, von dem aber lediglich ein Auszug überliefert ist (vgl. 234,10–14), den Goethe auf seinen Brief an Lavater vom 18. März aufgeklebt hatte (vgl. Überlieferung zu Nr 329). 272,12 wenn ich dir Fehler verstecke] Vgl. zu 272,4–6.

410. An Gottfried August Bürger Weimar, 30. Mai 1781 → Appenrode/Göttingen ÜBER L IEF ERU NG

H: GMD Düsseldorf, Sign.: NW 1196/1970. – Doppelblatt 19 × 27,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 Adresse von Schreiberhd (Seidel), Tinte: An Herrn Amtmann Bürger / zu / A p e n r o d e . / f r a n k ., darunter von fremder Hd, Tinte: „bey Göttingen.“, rote Siegelreste; am äußeren Rand Papierschaden durch Siegelausriss ohne Textverlust. E: Lionel von Donop: Zur Erinnerung an Gottfried August Bürger. Briefe des Dichters und seiner Freunde. Zum ersten Male veröffentlicht. In: Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte. April 1872, S. 102. D: Strodtmann 3 (1874), 39, Nr 597. WA IV 5 (1889), 127f., Nr 1234 (nach D). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Bürgers (vgl. 272,17–20). – Bürger antwortete am 18. August 1781 (vgl. RA 1, Nr 152). Postsendungen: 30. Mai 1781 (vgl. GR/RB 1780/81, Bl. 32r).

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Gottfried August Bürger (1747–1794) war seit 1772 Amtmann in der Gerichtshalterstelle zu Altengleichen (heute Gemeinde Gleichen) in der Nähe von Göttingen mit Amtssitz in Gelliehausen und wohnte seit September 1775 im nahe gelegenen Wöllmarshausen. Er litt sehr unter der ungeliebten juristischen Tätigkeit und den damit zusammenhängenden Intrigen sowie unter privaten und finanziellen Sorgen, worüber er immer wieder in Briefen an Freunde und Bekannte klagte. Wiederholte Versuche, sich aus dieser Lage zu befreien, scheiterten. So zerschlug sich unter anderem Anfang 1781 Bürgers Hoffnung, eine Stelle als Stabssekretär in Hannover anzutreten. Auch die anfängliche Euphorie nach der Pachtung des Landguts Appenrode ein Jahr zuvor wich schnell der Realität und brachte statt Gewinn nur neue Schulden. An Goethe schrieb Bürger am 18. August 1781, dass er sich Verbindungen entziehen wolle, die ihn „an Leib, Seele und Vermögen zu Grunde richten“. Seine „Unzufriedenheit“, verursacht durch die „hiesigen Amtsquälereien“, vergifte „selbst die Luft, die man athmet, raubt alle Elasticität, spannt alle Saiten des Lebens und der Thätigkeit ab“ (Strodtmann 3, 56f.). Schon am 18. Januar 1781 hatte Bürger an Heinrich Christian Boie geschrieben: „In meiner Lage muß ich endlich zu Grunde gehen, da mir alle Nerven erschlaffen. Wie ist mirs daher zu verdenken, wenn ich mich herauszuziehen suche.“ (Ebd., 29.) Eine der Hauptursachen seiner Unzufriedenheit war seine prekäre finanzielle Lage, wie er am 13. August 1781 ebenfalls Boie bekannte: „Wenn ich recht mit Aufmerksamkeit den Quellen meines Unmuts nachspüre, so ist das eine der Hauptquellen, daß ich bei meinen Scheerereien kein hinreichendes Auskommen habe. Mein eignes Armüthchen seze ich zu und gerathe noch oben ein in Schulden. Das, das schlägt mir Leib und Geist am meisten darnieder. Mit dem übrigen, was mir nicht behagt, hätte es allenfals nicht viel zu sagen. Dagegen habe ich Mittel in mir selbst; aber gegen jenes Unheil müsten die Mittel von außen kommen.“ (Ebd., 53.) – Über Goethes Beziehung zu Bürger und den Briefwechsel zwischen beiden vgl. die einleitenden Erläuterungen zu GB 2 II, Nr 93, GB 3 II, Nr 37 und GB 8 II, Nr 122. Im März 1781 hatte Herzog Carl August, begleitet von Johann Heinrich Merck, auf einer Reise in Göttingen Station gemacht. Von diesem Aufenthalt berichtete Georg Christoph Lichtenberg an Wilhelm Gottlieb Becker am 26. März: „Heute vor 8 Tagen war der Herz. von Weimar incognito hier, er ritte nach dem er einige Profess. und auch mich besucht hatte, zum Amtmann Bürger, und blieb einige Zeit bey ihm, nöthigte ihn mit nach Heiligenstadt und brachte da die Nacht mit ihm zu. Seit der Zeit will man sagen B. gienge auch nach Weimar um die Zahl der dortigen Heiligen zu vermehren. Ich glaube es aber nicht, wünschen wolt ich es indessen dem guten Manne, daß er im limbo eines schöngeisterischen Hofs zu seiner Ruhe käme, zum Amtmann ist er nicht geschaffen.“ (Lichtenberg, Briefwechsel 2, 185f.) Bürgers Frau hatte schon am 22. März an Leopold Friedrich Günther von Goeckingk geschrieben: „nächstens mein bester Freund, wil ich Ihnen etwas von meinem Mann; und von einem Besuch schreiben; womit der Herzog von Weimar diesen

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einige Stunden beehrt hat; ich denke hier in der Gegend wird das viel Naserümpfens verursachen, besonders unter der Noblesse, aber eben darum ist mirs lieb, das solch Heil unserm Hause wiederfahren ist, weil es ihren Stolz gegen uns Bürgerliche Creaturen etwas demütigen wird“ (August Sauer: Aus dem Briefwechsel zwischen Bürger und Goeckingk. In: Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte. Unter Mitwirkung von Erich Schmidt und Bernhard Suphan hrsg. von Bernhard Seuffert. Bd 3. Weimar 1890, S. 434). Trotz dieses Besuchs erfüllte sich Bürgers Wunsch nach einer Anstellung im Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach nicht, was wohl auch daran lag, dass Bürgers durch Goethe und die herzogliche Familie finanziell unterstützte Homerübersetzung nicht fertig wurde (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 52) und Goethes einst freundschaftliches Verhältnis zu Bürger allmählich abgekühlt war. Nachdem Bürger am 18. August 1781 Goethes im vorliegenden Brief gestellte Fragen nach seinem Zustand und seinen Wünschen beantwortet hatte, äußerte sich Goethe erst am 20. Februar 1782, ohne Bürger Hoffnung auf eine Anstellung zu machen: Die Unzufriedenheit mit Ihrem Zustande, die Sie mir zu erkennen geben, scheint mir so sehr aus dem Verhältniß Ihres Innersten, Ihrer Talente, Begriffe und Wünsche, zu dem Zustande unserer bürgerlichen Verfaßung, zu liegen, daß ich nicht glaube, es werde Sie die Veränderung des Ortes, außer einem geringen Mehr oder Weniger, iemals befriedigen können. Es ist in unserm ganzen Lande keine einzige Justizbeamtenstelle, davon nicht der Besizer an eben den Übeln krank läge, über die Sie Sich beklagen. (WA IV 5, 264.) Danach ist nur noch ein Brief von Goethe an Bürger vom 19. Juni 1789, in dem er sich für die Übersendung von Bürgers „Gedichten“ (Göttingen 1789) bedankte, überliefert. 272,17 Ihrem Vertrauen] Bürgers Brief ist nicht überliefert; vgl. die einleitende Erläuterung. 272,19 Ihren Zustand zu verändern] Vgl. die einleitende Erläuterung. 273,2–3 was Ihnen Ihren ietzigen Zustand druckend ia unerträglich macht] Bürger antwortete erst am 18. August 1781: „Meine hiesigen Amtsquälereien sind um so ermüdender, je nichtswürdiger, je undankbarer sie sind. Der Lohn dafür ist erbärmlich. Ich muß das Meinige zusezen; denn der Lebensunterhalt ist hier sehr kostbar. Ich bin Ueberlaüfen und Gesellschaften aus der Gegend ausgesezt, die mich aufs aüserste ermüden und Aufwand veranlassen, der über mein Vermögen reicht. Es ist unmöglich diesem Fluche der Celebrität zu entgehen. Meine Plackereien rauben mir Zeit und Kräfte, das mangelnde der Notdurft zu ersezen, welches ich sonst wol könte. Ein Amt das mir die unumgängliche Notdurft nicht gewährt, muß mir wenigstens die Mittel nicht abschneiden, das fehlende anderwärts herzuschaffen. Kaum ein Schein von Hofnung ist vorhanden in diesem aristocratischen Lande, wo der Nepotismus so allenthalben umhergreift, jemals weiter und besser anzukommen, da ich ein Ausländer ohne vermögende FamilienKonnexion bin. Ich bin in einer Lage, da

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ich es einem halben Duzend Köpfen recht machen muß, welches unmöglich ist, da des einen Interesse dem des andern entgegen streitet.“ (Strodtmann 3, 56f.) 273,3 was für eine Aussicht Sie Sich wünschen] Bürger wünschte sich eine Tätigkeit auf philosophischem, politischem und ökonomischem Gebiet: „Angenehm wäre mir’s auch auf einer Universität mich diesen zu widmen“, schrieb er an Goethe und fragte, „ob in Jena hierin für mich was zu thun seyn könnte“. Außerdem sollte „das Amt die Lebens-Notdurft“ garantieren, um „sich ihm allein und um so lieber widmen“ zu können (ebd., 57). 273,3–4 was für ein bestimmtes Talent Sie angeben] Bürger äußerte sich auf diese Frage sehr zurückhaltend und selbstkritisch: „Mit meiner Jurisprudenz hoffe ich meistentheils auszukommen, wiewol ichs bisher für unnötig gehalten, des sächsischen Processes kundig zu seyn. Ich habe aber mehr Neigung zu philosophischen, politischen und oekonomischen Wissenschaften 〈…〉. Zalen- und Rechnungswesen, verknüpft mit GeldEinnahme und Ausgabe, ist, wenn es ins größere geht, meine Sache nicht. Mir fehlt die erforderliche Stätig- und Pünctlichkeit 〈…〉. Am sichersten und aufrichtigsten könte ich auf alles nötige antworten, wenn ich das Amt selbst mit seinen Geschäfften vor Augen hätte und ich gefragt würde: ob ich es gut verwalten könte und wolle?“ (Ebd., 57f.) 273,6–7 Ich bin in nichts vorsichtiger 〈…〉 Schicksaal eines Menschen mehr zu über nehmen.] Wahrscheinlich mit Bezug auf Goethes zum Teil erfolglose Bemühungen um das Wohlergehen Peter im Baumgartens (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 281) und Johann Friedrich Kraffts (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 410). Auch die Hoffnungen von Goethes Jugendfreunden Jacob Michael Reinhold Lenz (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 136) und Friedrich Maximilian Klinger (vgl. GB 3 II, zu 90,18–19) auf eine Anstellung in Weimar erfüllten sich nicht.

411. An Johann Christian Kestner

Weimar, 30. Mai 1781 → 〈Hannover〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/264,I,4, Bl. 7. – Doppelblatt 33,3(–33,5) × 20,4 cm, 1 S. beschr, egh., Tinte; S. 1 oben links von fremder Hd, Tinte: „a. 22 Jun 81.“ E: Goethe und Werther1 (1854), 253, Nr 119. WA IV 5 (1889), 128f., Nr 1235. BEIL AG E

Ein klein Nachspiel (vgl. zu 273,26).

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BRIEF 412

ERL ÄUT ERUNGEN

Goethe antwortet auf einen nicht überlieferten Brief Kestners (vgl. 273,16; 273,22). – Kestner antwortete möglicherweise über ein Jahr später. Am 15. März 1783 schrieb Goethe: Wollte ich gleiches mit gleichem vergelten; so bliebe Euer Brief auch über das Jahr liegen (WA IV 6, 136). Die Aussagen im gleichen Brief: Misgönnt mir meine Bäume nicht und: Laßt euch den Ton meines lezten Briefs nicht anfechten. Ich wäre der undanckbarste Mensch wenn ich nicht bekennte daß meine Lage weit glücklicher ist als ich es verdiene (ebd.) deuten darauf hin, dass Kestner auf Goethes vorliegenden Brief eingegangen ist (vgl. 273,17–18; 273,21–24). 273,16 ein gutes Wort von Euch] Kestners Brief ist nicht überliefert. 273,17 unter den schönen Schatten meiner Bäume] Goethe hatte in seinem Garten an den Ilmhängen wiederholt neue Bäume gepflanzt, im November 1776 z.B. Linden (vgl. GB 3 II, zu 140,15–16). Friedrich von Stein berichtet: „Ein paar schöne Eschen Bäume standen damahls zwischen seinem Garten Hauße und der Ober Weimarischen Wiese“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 7v). Die Bedeutung, die die Bäume für Goethe hatten, wird vor allem in Briefen und Gedichten an Charlotte von Stein deutlich (vgl. 174,12–175,5; 175,10–11; zu 174,13). 273,19 Lotten mit ihren vielen Buben] Johann Christian und Charlotte Kestner hatten zu der Zeit fünf Söhne (vgl. zu 56,7). 273,20 euch besuchen] Schon ein Jahr zuvor schrieb Goethe, dass er plane, Kestners zu besuchen (56,6), was er jedoch nie ausführte. 273,21 leibeigen] Hier: „von Dienstpflichten belastet“ (GWb 5, 1084). Goethe äußerte sich wiederholt zu der wachsenden Überlastung durch seine amtlichen Tätigkeiten (vgl. 57,3; zu 173,16–17; zu 183,17–18; zu 224,3; zu 303,1). 273,21–22 gehöre mehr der Erde 〈…〉 bestimmt sind] Anspielung auf 1 Mose 3,19, wohl auch im Hinblick auf die amtlichen Tätigkeiten als ‚Broterwerb‘: „Im schweiß deines angesichts sollt du dein brod essen, bis daß du wieder zur erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist erde, und sollt zur erde werden.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 3.) 273,23 Selbstgens] Selbstchen: „seltnes deminutiv zu selbst“ (Grimm 16, 463), hier die Kinder Kestners. Bei Goethe nur an dieser Stelle. 273,24 ich bin ein einsamer Mensch] ‚Einsam‘ hier im Sinne von ‚ein Mensch ohne Familie‘ (vgl. GWb 2, 1502), im Gegensatz zum Ehepaar Kestner. Auffallend erscheint in diesem Zusammenhang, dass Goethe seine vielfältigen Kontakte und Freundschaften in Weimar, vor allem aber die enge Verbindung zu Charlotte von Stein und deren Familie unerwähnt lässt. 273,24 Brandes] Es handelt sich um den hannoverschen Juristen und späteren Publizisten und Staatsrechtler Ernst Brandes, wie aus einem Brief Johann Gottfried Herders vom 23. Juli 1781 an Christian Gottlob Heyne, den Schwager von Brandes, hervorgeht: „Es hat mir äußerst leid gethan, daß ich Ihren Hrn. Schwager bei

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seiner Durchreise hieselbst nicht habe sprechen können.“ (HB 9, 311.) Ernst Brandes war nach einem 1778 beendeten Studium in Göttingen Auditor in der Geheimen Staatskanzlei in Hannover und befand sich 1780/81 auf einer Reise durch Deutschland und Frankreich. Über eine nähere Bekanntschaft zwischen Goethe und Brandes ist nichts bekannt. 273,26 ein klein Nachspiel] Nicht ermittelt. – Ob es sich, wie Hartmut Reinhardt vermutet, um ein Nachspiel zum ‚Werther-Erlebnis‘ handelt (vgl. FA/ Goethe II 29, 939), lässt sich nicht belegen. Goethe hatte 1775 als Reaktion auf Friedrich Nicolais Wertherparodie „Freuden des jungen Werthers. Leiden und Freuden Werthers des Mannes. Voran und zuletzt ein Gespräch“ (Berlin 1775) die dramatische Farce „Anekdoten zu den Freuden des iungen Werthers“ (DjG3 5, 33–35 und 425f.) sowie das Gedicht „Freuden des iungen Werthers“ (DjG3 5, 26 und 423) geschrieben. Beide Texte waren nicht gedruckt.

412. An Philipp Erasmus Reich

Weimar, 30. Mai 1781 → 〈Leipzig〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 141. – Doppelblatt 19 × 27,8 cm, 2⁄3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; S. 3 Adresse: An Herrn Reich / Buchhändler / in L e i p z i g . / f r a n k .; S. 4 Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1781 5. Juni Weimar / Goethe / BL“ (‚BL‘ für ‚Beantwortet‘; nach freundlicher Mitteilung von Mark Lehmstedt, Leipzig). E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 230f., Nr 20. WA IV 5 (1889), 129f., Nr 1236. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief ist nicht überliefert (vgl. Überlieferung). Postsendungen: 30. Mai 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 32r). 274,1 Herr Tobler aus Zürich] Georg Christoph Tobler (vgl. die erste Erläuterung zu 267,22). 274,1–2 des bekannten Chorherrn] Johannes Tobler, der seit 1777 das Amt des zweiten Archidiakons und Chorherren am Großmünster in Zürich bekleidete, war wegen seiner weit verbreiteten theologischen Erbauungsschriften bekannt. – Goethe war ihm während der ersten Schweizer Reise im Jahr 1775 persönlich begegnet, an die ihn dieser später in einem Brief vom 25. Januar 1806 erinnerte (vgl. RA 5, Nr 310).

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BRIEF 413

274,5–6 wenn er sich nach diesem Briefe bei Ihnen zeigen sollte] Dies war möglicherweise der Fall: Georg Christoph Tobler war am 23. Mai 1781 von Weimar abgereist (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl 22v). Am 3. Juni schickte er aus Barby einen Brief an Knebel, in welchem er von seiner bisherigen Reise über Halle, Blankenburg und Halberstadt sowie von der Absicht berichtete, weiter nach Leipzig zu gehen (vgl. GSA 54/280, Bl. 1–2). Am 26. Juni teilte Knebel Lavater mit, Tobler habe sich in Leipzig aufgehalten (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.119). – Tobler kehrte wohl Mitte Juli nach Weimar zurück. 274,7–8 wohlgeratenen Übersezungen aus dem Griechischen] Tobler hatte alle überlieferten Stücke von Sophokles übersetzt, die in zwei Bänden 1781 bei Johann Schweighäuser in Basel erschienen, und zwar, laut Messekatalog, schon zur Ostermesse. Goethes Empfehlungsschreiben war daher überflüssig. Offenbar war Tobler bezüglich seiner Übersetzungen Goethe und Knebel gegenüber nicht offen gewesen, wie aus seinem Brief an Letzteren vom 3. Juni 1780 hervorgeht: „Ist Goethe böse auf mich? M.〈einen〉 Sophokles haben sie vielleicht gesehen? – ich hatte nicht das Herz Ihnen davon zusagen.“ (GSA 54/280, Bl. 2.) Ob Tobler ein Manuskript oder seine inzwischen gelieferte Ausgabe meinte, lässt sich nicht ermitteln. – Carl August gewährte Tobler am 22. Oktober 1781 aus seiner Privatschatulle ein Stipendium von 14 Carolin für das Sophokles-Manuskript (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1097, Bl. 20r und A 1101, Beleg Nr 181). – Außerdem arbeitete Tobler zu dieser Zeit an Übersetzungen von Tragödien des Aischylos („Eumeniden“, „Agamemnon“, „Die Perser“) und des Euripides („Herkules“, „Hippolytos“), die ungedruckt blieben. Diese zwischen Mai und Oktober 1781 datierten Übersetzungen sind in größtenteils eigenhändigen Handschriften im GSA überliefert (vgl. GSA 96/3962–3967). Die Manuskripte zirkulierten in Weimar (vgl. zu 339,9–10). Nach seiner Rückkehr in die Schweiz übersetzte Tobler bis Januar 1782 vier weitere Stücke des Aischylos: „Die am Grabe Opfernden“ (GSA 96/3968), „Die Flehenden“ (GSA 96/3970), „Der gebundene Prometheus“ (GSA 96/3972) und „Die sieben gegen Theben“ (GSA 96/3973), die er nach Weimar schickte (vgl. Heinrich Funck: Georg Christoph Tobler, der Verfasser des pseudogoethischen Hymnus „Die Natur“. In: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1924 [1923], S. 85f.; vgl. Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 17. März 1782 [WA IV 5, 282]). 274,11 Herr Professor Garve 〈…〉 bei uns] Christian Garve war von 1768 bis 1772 außerordentlicher Professor an der Philosophischen Fakultät in Leipzig gewesen. Seitdem lebte er als Privatgelehrter und Übersetzer in Breslau. Laut Carl Augusts Brief an Merck vom 30. Mai 1781 befand er sich seit dem Vortag in Weimar (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 608). Am 31. Mai wurde er zur fürstlichen Mittagstafel geladen (vgl. FB 1781, S. 105) und nahm abends an der Gesellschafft teil (vgl. zu 275,14). Am 5. Juni 1781 verließ er Weimar wieder (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 24v). Auch Wieland äußerte sich positiv über ihn: „Es ist ein ganz

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interessanter Mann, hell von Kopf, gesetzt von Wesen, fein von Umgang, sage 〈franz.: vernünftig〉 ohne Schwere, und hat mehr Welt, als man von deutschen Gelehrten gewohnt ist.“ (Brief an Merck vom 8. Juni 1781; WB 7 I, 369.) 274,11–12 seine Leipziger Freunde] Darunter Christian Fürchtegott Gellert, Christian Felix Weiße und Georg Joachim Zollikofer.

413. An Jacob Samuel Wyttenbach

Weimar, 30. Mai 1781 → 〈Bern〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Burgerbibliothek Bern, Sign.: Mss. hist. helv. XIV.150.2, Nr 165. – 1 Bl. 18,8 × 24,2(–24,5) cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; Vs. oben rechts von fremder Hd., Tinte: „G o e t h e.“ – Eingelegt in ein gebundenes Handschriftenkonvolut (Autographen-Sammlung bestehend in Briefen Schweizerischer und auslaendischer Naturforscher. Für das Archiv der Schweiz. Naturforsch. Gesellschaft angelegt von Rudolf Wolf, Bd II). E: Briefe von Goethe an helvetische Freunde. Zur Feier des 21. Mai 1867 für Herrn Geh. Justizrath Böcking in Bonn (1867), S. 9 (Salomon Hirzel). WA IV 5 (1889), 130, Nr 1237 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 274,16 Herrn Kaiser von Frankfurt] Der Komponist Philipp Christoph Kayser, der sich seit Ende 1780/Anfang 1781 in Weimar aufgehalten hatte (vgl. zu 209,27–28). 274,17–18 bei seiner Rückkunft] Kayser kehrte Ende Mai 1781 von Weimar nach Zürich zurück (vgl. zu 303,17). 274,20 Ihre Untersuchungen] Vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 18. 274,21 eine kleine Schrift] Johann Carl Wilhelm Voigt: Mineralogische Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach. Dessau 1782 (vgl. Ruppert, 749, Nr 5222). – Goethe, der Voigts mineralogische Studien im Sommer 1780 angeregt hatte (vgl. zu 86,7–9), erwähnte am 24. Juni 1781 in einem Brief an Fritsch erneut das baldige Erscheinen des Buchs (vgl. zu 291,13–14). Dieses lag Ende 1781 vor (vgl. die erste Erläuterung zu 345,8). 274,23 dazu gehörigen Steinarten] Vgl. zu 86,9–11. – Ob Goethe Gesteinsproben in die Schweiz schickte, ist ungewiss. 274,25 Messe] Der Titel (vgl. die folgende Erläuterung) war im Messkatalog angekündigt worden (vgl. Allgemeines Verzeichniß derer Bücher, welche in der Frankfurter und Leipziger Ostermesse des 1781 Jahres entweder ganz neu gedruckt, oder

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BRIEFE 414/415

sonst verbessert, wieder aufgeleget worden sind, auch inskünftige noch herauskommen sollen. Leipzig 〈1781〉, S. 88). 275,1 Uebersezung des de Saussur ischen Werks] Horatius Benedictus von Saussure 〈Horace Bénédict de Saussure〉: Reisen durch die Alpen, nebst einem Versuche über die Naturgeschichte der Gegenden von Genf. Aus dem Französischen übersetzt und mit Anmerkungen bereichert von Jacob Samuel Wyttenbach. Teile 1 und 2. Leipzig 1781 (vgl. Ruppert, 578, Nr 4030). Goethe kaufte den ersten Teil am 13. Juni 1781 (vgl. GR/Belege 1781/82, 1, Bl. 20). Der dritte und vierte Teil (Leipzig 1787–1788) sind nicht in Goethes Bibliothek überliefert. – Die ersten beiden Bände der deutschen Übersetzung entsprachen dem ersten Band der Originalausgabe „Voyages dans les Alpes, précédés d’un essai sur l’histoire naturelle des environs de Généve“ (Neuchâtel 1779), den Goethe ebenfalls besaß (vgl. Ruppert, 578, Nr 4029) und auf den er möglicherweise durch Prévosts Rezension in der „Correspondance littéraire“ vom März 1780 aufmerksam geworden war (vgl. GSA 96/965, Bl. 61–62r). Dieses Werk galt als die wichtigste Quelle zur Geologie der Alpen (vgl. zu 145,21). Goethe ließ sich Ende 1783 von Trebra Anmerkungen zu den „Reisen durch die Alpen“ für seine Studien zum Granit schicken (vgl. LA II 7, 93–101, M 49).

414. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 31. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 52. – 1 Bl. 19 × 5,9(–6,1) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „124“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 125), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 76. WA IV 5 (1889), 131, Nr 1239. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 275,6 Ich küsse dich mit dem Kuß der Gedancken.] In Abwandlung des ersten Verses des alttestamentarischen „Hoheliedes“: „Er küsse mich mit dem kusse seines mundes 〈…〉.“ (Das hohe Lied Salomonis 1,2; Luther-Bibel 1772 AT, 556.) – In Goethes eigener, zu seinen Lebzeiten ungedruckter Übertragung aus dem Herbst 1775 lautet die Stelle: Küss er mich den Kuss seines Mundes! (DjG3 5, 360; vgl. insgesamt ebd., 360–365.)

MAI/JUNI 1781

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275,7–8 meine Everdingens] Radierungen von Allaert van Everdingen, die Goethe für seine Sammlung erworben hatte (vgl. zu 246,11–12). 275,8 die Wertherischen] Wahrscheinlich Goethes Zeichnungen nach Vorlagen von Everdingen aus der Sammlung des Grafen Jacob Friedemann von WerthernBeichlingen (vgl. die Erläuterungen zu 222,11).

415. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 53. – 1 Bl. 16,7 × 20,2(–20,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „126“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 128), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 76. WA IV 5 (1889), 132, Nr 1242. BEIL AG E

Erdbeeren (vgl. 275,10–11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 275,11–12 daß Conseil seyn wird] Die erste „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im Juni fand am folgenden Tag statt (vgl. Wahl, Consilium, 697–799, Nr 10096–10122). 275,12 die Entfernung des Hofs] Seit dem 10. Mai 1781 hielt sich der Hof in der Sommerresidenz in Belvedere auf (vgl. zu 268,11). 275,14 die Gesellschafft] Wahrscheinlich die Gesellschaft, die anlässlich des Besuches von Christian Garve (vgl. zu 274,11) bei Goethe zusammengekommen war. 275,15–16 Herder war gar gut 〈…〉 nichts bessers wünschen.] Im Gegensatz dazu stehen Äußerungen Goethes in früheren Briefen (vgl. u.a. zu 137,32). 275,16–17 Mit dl. Herzog 〈…〉 eine sehr sinnige Unterredung] Seit dem gemeinsamen Aufenthalt in Neunheilingen im März 1781 hatte sich das Verhältnis zu Carl August eingetrübt, weshalb Goethe ihn nicht auf seinen Reisen nach Kassel und Göttingen wie auch an den Dessauer Hof begleitete (vgl. zu 262,7–8). Nach der Rückkehr des Herzogs am 22. Mai scheint sich dieser um eine Wiederannäherung bemüht zu haben (vgl. 271,9–10). 275,18–19 und die Weisen sagen 〈…〉 gestanden hast.] In Anlehnung an eine Sentenz aus den „Sprüchen der Väter“ (hebr. Pirqe Avot) im ältesten Teil des Tal-

MAI/JUNI 1781

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275,7–8 meine Everdingens] Radierungen von Allaert van Everdingen, die Goethe für seine Sammlung erworben hatte (vgl. zu 246,11–12). 275,8 die Wertherischen] Wahrscheinlich Goethes Zeichnungen nach Vorlagen von Everdingen aus der Sammlung des Grafen Jacob Friedemann von WerthernBeichlingen (vgl. die Erläuterungen zu 222,11).

415. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 53. – 1 Bl. 16,7 × 20,2(–20,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „126“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 128), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 76. WA IV 5 (1889), 132, Nr 1242. BEIL AG E

Erdbeeren (vgl. 275,10–11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 275,11–12 daß Conseil seyn wird] Die erste „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im Juni fand am folgenden Tag statt (vgl. Wahl, Consilium, 697–799, Nr 10096–10122). 275,12 die Entfernung des Hofs] Seit dem 10. Mai 1781 hielt sich der Hof in der Sommerresidenz in Belvedere auf (vgl. zu 268,11). 275,14 die Gesellschafft] Wahrscheinlich die Gesellschaft, die anlässlich des Besuches von Christian Garve (vgl. zu 274,11) bei Goethe zusammengekommen war. 275,15–16 Herder war gar gut 〈…〉 nichts bessers wünschen.] Im Gegensatz dazu stehen Äußerungen Goethes in früheren Briefen (vgl. u.a. zu 137,32). 275,16–17 Mit dl. Herzog 〈…〉 eine sehr sinnige Unterredung] Seit dem gemeinsamen Aufenthalt in Neunheilingen im März 1781 hatte sich das Verhältnis zu Carl August eingetrübt, weshalb Goethe ihn nicht auf seinen Reisen nach Kassel und Göttingen wie auch an den Dessauer Hof begleitete (vgl. zu 262,7–8). Nach der Rückkehr des Herzogs am 22. Mai scheint sich dieser um eine Wiederannäherung bemüht zu haben (vgl. 271,9–10). 275,18–19 und die Weisen sagen 〈…〉 gestanden hast.] In Anlehnung an eine Sentenz aus den „Sprüchen der Väter“ (hebr. Pirqe Avot) im ältesten Teil des Tal-

752

BRIEFE 416–418

mud. Goethe kannte sie wahrscheinlich aus Herders „Briefen, das Studium der Theologie betreffend“ (Teil 1 und 2. Weimar 1780), die im 2. Teil „Aussprüche der jüdischen Väter“ enthalten: „Richte deinen Nächsten nicht, bis du an seiner Stelle gestanden.“ (Suphan 10, 255.)

416. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 5. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 54. – 1 Bl. 18,8 × 9,7(–10,1) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „128.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 130), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 77. WA IV 5 (1889), 133, Nr 1243. BEIL AG E

Erdbeeren (vgl. zu 276,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom selben Tag ist nicht überliefert (vgl. zu 276,6). 276,1 Früchte] Erdbeeren (vgl. 275,10). 276,4 Wo bist du den Abend.] Vgl. 276,6–7.

417. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 5. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 53. – 1 Bl. 13,8(–14) × 10(–10,5) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „127“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 129), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 78. WA IV 5 (1889), 133f., Nr 1245.

JUNI 1781

753

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief vom selben Tag ist nicht überliefert (vgl. zu 276,6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 276,6 Dancke für den lieben guten Morgen.] Dies und das Folgende mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag, mit dem sie auf Goethes Morgengruß (Nr 416) antwortete. 276,6–7 Heut Mittag will ich 〈…〉 Abends erwarten.] Vgl. 276,3–4. 276,7–8 das kleine Portefeuille mit den Zeichnungen] Vielleicht Goethes Zeichnungen nach Vorlagen von Everdingen (vgl. zu 275,8). 276,8 Gozzen] Georg Paul Goetze, Goethes Laufbursche und Hausdiener. 276,9 Knebeln] Am 5. Juni 1781 war Knebel „Abends bey Göthe“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 24v). 276,9 Tasso] Die bis dahin fertiggestellten Teile der frühen Prosafassung des „Torquato Tasso“. Seit dem 25. März 1781 erwähnt Goethe das Stück wieder regelmäßig in den Briefen an die Freundin (vgl. zu 241,9). Mitte Juni 1781 schickte er den ersten Akt des „Tasso“ an Barbara Schultheß nach Zürich (vgl. EB 124).

418. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 6. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 54. – 1 Bl. 18,9 × 10,7(–11,1) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, oben links Rand ausgerissen; Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „129“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 131), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 78. WA IV 5 (1889), 134, Nr 1246. BEIL AG E

Erdbeeren (vgl. zu 276,12). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 276,12 Erstlinge meiner Früchte] Die ersten Erdbeeren (vgl. 275,10). 276,14 die Furcht dir zu misfallen] Ähnlich schon im Brief vom 30. Mai 1781 (vgl. 272,12–13). 276,16 dein Fus] Vgl. zu 270,11.

754

BRIEFE 419/420

276,16 enthalte mich] ‚Sich enthalten‘ hier im Sinne von ‚sich absondern‘, ‚sich zurückziehen‘.

419. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 7.? Juni 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen dem 20. November und dem 1. Dezember 1781. Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt (vgl. die erste Erläuterung zu 277,5) überwiegend Anfang Juni 1781 eingeordnet. Nur von der Hellen datierte ihn in WA IV nach vermuteten Bezügen zum Brief vom 4. Dezember 1781 (Nr 540) auf diesen Tag. Der Verweis auf das Wetter (vgl. 277,1–2) wie auch die wohl im Zusammenhang mit den beyden Abreisenden (vgl. zu 277,5) stehende Erwähnung Caroline Iltens (vgl. zu 277,6–7) sprechen für eine Datierung auf Anfang Juni. Wie ein Bezug zu Knebels Tagebuch vermuten lässt, könnte der Brief vom 7. Juni 1781 stammen (vgl. zu 277,7). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 99. – 1 Bl. 18,8 × 11,7(–12) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Vs. unten Mitte und am rechten Rand Siegelausrisse, Buchstabenverlust im Brieftext (vgl. 277,8; 277,9); Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „235.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 235), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 78f. WA IV 5 (1889), 230, Nr 1357. BEIL AG E

Brief von Louise Adelaide Waldner von Freundstein an Goethe (vgl. zu 277,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 277,1 Die Antwort von dl. Waldner] Wahrscheinlich die nicht überlieferte Antwort Louise Adelaide Waldner von Freundsteins (vgl. die erste Erläuterung zu 37,11) auf eine Einladung zu der im Folgenden erwähnten Geselligkeit. 277,2 aushellt] Aushellen: sich aufhellen, klar werden (vgl. GWb 1, 1171). 277,3 Konntest] Flüchtig für ‚könntest‘ oder als Indikativform für den Konjunktiv, im 18. Jahrhundert gelegentlich so gebraucht.

JUNI 1781

755

277,4 die Seckendorf] Sophia Friederike von Seckendorff geb. von Kalb, seit 1779 Frau des herzoglichen Kammerherrn Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. 277,4–5 Gustgen] Augusta Eleonore von Kalb, die damals knapp 20-jährige noch unverheiratete Schwester Sophia Friederike von Seckendorffs und Johann August Alexander von Kalbs (zu ihrer Person vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 429). 277,5 die beyden Abreisenden] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach und Johann Carl Albrecht, ehemaliger Lehrer des Prinzen, die im Begriff standen, zu einer Reise in die Schweiz, nach Italien, Frankreich und England aufzubrechen, die insgesamt länger als zwei Jahre dauern sollte: „Heute den 11ten Juny. Gingen DurchL. Prinz Const. auf einige Zeit auf Reißen, in bekleidung nahme Sie mit HL. Rath Albrecht, den Jäger SckehL〈Sckell〉 und den Laq: Bohnen, Gott sey Ihnen ihr Bekleider.“ (FB 1781, S. 111.) – Zur Reise des Prinzen Constantin vgl. zu 340,9–10. 277,5 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier: freundlich, liebenswürdig (vgl. GWb 1, 839). 277,6 konnen] Flüchtig für ‚können‘. 277,6–7 Carolingen wollen wir weglassen] Caroline von Ilten, die in unglücklicher, von der herzoglichen Familie missbilligter Liebe mit Prinz Constantin verbunden war (vgl. zu 70,1–2; die erste Erläuterung zu 114,18). 277,7 Die andern sind in Tiefurt.] Knebel vermerkt am 7. Juni 1781 im Tagebuch: „Nachmittags in Tiefurth.“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 25r.) 277,8–10 Du weist doch 〈…〉 Lied an.] Die Stelle (vgl. Überlieferung) wäre etwa wie folgt zu ergänzen: Du weist doch wer mein Sch〈ätzel〉 ist, fangt sich ein 〈alt〉 Lied an. – Das Zitat konnte nicht ermittelt werden.

420. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 55. – 1 Bl. 13,5 × 8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „133.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 134), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 79. WA IV 5 (1889), 134, Nr 1247. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

756

BRIEFE 421–423

277,11 des Prinzen Pferde] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach war am 11. Juni 1781 zu einer Reise in die Schweiz und nach Italien aufgebrochen (vgl. die erste Erläuterung zu 277,5). 277,12 zugemachten Wagen] Ein so genannter ‚bedeckter‘ Wagen, eine Kutsche (vgl. Adelung 2, 1850). 277,15 m. l. L.] Abgekürzt für ‚meine liebe Lotte‘ (vgl. 268,14).

421. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 55. – 1 Bl. 16,3(–16,6) × 8(–8,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, obere linke Ecke ausgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotbraune Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „131.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 133), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 80. WA IV 5 (1889), 135, Nr 1248. BEIL AG EN

Erdbeeren und Rosen (vgl. 277,17). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 277,18 Buch] Näheres konnte nicht ermittelt werden. 277,18 untersuchen] Hier für ‚suchen‘, ‚nachforschen‘.

422. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 56. – 1 Bl. 20,5 × 6,3(–6,5) cm, ½ S. (3 Zeilen) beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „134“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 136), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 81. WA IV 5 (1889), 136, Nr 1251.

JUNI 1781

757

BEIL AG EN

1) Justus Mösers Schrift „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ (vgl. die erste Erläuterung zu 278,1). 2) Brief von Jenny von Voigts an Goethe (vgl. die zweite Erläuterung zu 278,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 278,1 das versprochne] Dem Kontext nach und dem Bezug zum Brief vom 20. Juni 1781 zufolge Justus Mösers Schrift „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ (vgl. die dritte Erläuterung zu 278,3). 278,1 den Brief] Brief Jenny von Voigts’, den sie im Auftrag ihres Vaters Justus Möser Ende Mai oder Anfang Juni 1781 an Goethe geschrieben hatte. Ihm lag Mösers oben genannte Schrift bei (vgl. RA 1, Nr 145). Der Brief ist nur als Konzept und in Abschrift erhalten, die Handschrift der Ausfertigung ist nicht überliefert (vgl. zu 283,16). 278,2 Conseil] Die dritte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im Juni 1781 (vgl. Wahl, Consilium, 701f., Nr 10151–10179).

423. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 56. – 1 Bl. 16,6 × 7,2(–7,6) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: 〈Fr. v. S〉tein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „134b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 138), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 81. WA IV 5 (1889), 136, Nr 1252. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 278,3 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, zu dem es nach einer Phase der vorsichtigen Distanzierung von Seiten Goethes im Mai/Juni 1781 zur Wiederannäherung gekommen war (vgl. zu 275,16–17). 278,3 ein Medaillon] Möglicherweise eine Medaille von Martin Gottlieb Klauer mit dem Bildnis des Herzogs. 278,3 im Möser] Justus Mösers Schrift „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ (1781), die Goethe Ende Mai/Anfang Juni 1781 erhalten hatte (vgl. zu

758

BRIEFE 424/425

283,21–22). Möser verteidigte in seiner Replik auf das Pamphlet Friedrichs II. „De la littérature Allemande“ (1780) die deutsche Literatur wie auch Goethes „Götz von Berlichingen“ so überzeugend, dass Goethe schließlich von der Publikation einer eigenen Entgegnung absah (vgl. zu 201,7–8). 278,4 den Brief der Vo i g t s ] Vgl. die zweite Erläuterung zu 278,1.

424. An Charlotte von Stein

〈Weimar, um den 20. Juni? 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wird er nach der mutmaßlichen Beilage, dem Brief Johann Heinrich Mercks an Herzog Carl August vom 15. Juni 1781, überwiegend vor oder nach dem datierten Brief vom 23. Juni 1781 (Nr 430) eingeordnet (vgl. zu 278,13). Von der Hellen nimmt an, der Brief von Jenny von Voigts an Goethe von Ende Mai oder Anfang Juni 1781 sei mitgeschickt worden, und datiert den vorliegenden Brief in WA IV auf Mitte Juni 1781 (ebenso Fränkel, Goethe-Stein1 1, 336, Nr 678; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 309, Nr 678). Dagegen sprechen jedoch Goethes Briefe vom 19. und vom 20. Juni 1781 (Nr 422 und 423; vgl. die zweite Erläuterung zu 278,1; die dritte Erläuterung zu 278,3; zu 278,4). Da es außer der Einordnung in den Jahrgang 1781 der Konvolute und der seit dem Erstdruck vermuteten Beilage keine weiteren Anhaltspunkte für eine Datierung gibt, wird die überwiegend vorgenommene beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 94. – 1 Bl. 19,2 × 10,3(–10,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „222“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 222), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 82. WA IV 5 (1889), 135f., Nr 1250. BEIL AG E

Ein Brief (vgl. zu 278,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

JUNI 1781

759

278,7 Meine Köchinn] Anne Dorothee Wagenknecht, die schon seit 1776 zu Goethes Haushalt gehörte. 278,8 für 3 Personen] Neben Goethe selbst sind hier vielleicht Philipp Seidel und der Hausdiener Christoph Erhard Sutor gemeint, die 1781 zu den ständigen Bewohnern des Gartenhauses am „Stern“ gehörten. 278,9 Reiskuchen] Torte aus süßem Milchreis, Eiern, Butter und Gewürzen (vgl. Vollständiges Koch-Back- und Konfiturenlexikon 〈…〉. Ulm 1786, S. 307). 278,10 Troublen] Von franz. trouble: Unruhe, Unordnung, Aufregung. 278,13 ein sehr interessanter Brief] Möglicherweise lag der Brief Johann Heinrich Mercks an Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 15. Juni 1781 bei, in dem ausführlich über den Besuch Kaiser Josephs II. in Frankfurt und Darmstadt berichtet wird (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 617–620, Nr 455). – Seit Fielitz wird außerdem vermutet, es könne der Brief von Catharina Elisabeth Goethe vom 17. und 19. Juni 1781 gemeint sein (vgl. Pfeiffer-Belli, 491–494, Nr 75; RA 1, Nr 148; Fielitz, Goethe-Stein 1, 495–497, Anm. 3 [zu S. 361]). Die Art der Erwähnung spricht allerdings dagegen (vgl. 315,6–7).

425. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 21. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 57. – 1 Bl. 17,7 × 12,4 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „139“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 140), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 81f. WA IV 5 (1889), 146, Nr 1255. BEIL AG E

Erdbeeren (vgl. zu 279,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 279,1 fremd erwachsene Erdbeeren] Die nicht wie sonst aus Goethes Garten stammten (vgl. u.a. Beilagen zu Nr 415 und 421). 279,3 Belvedere] Sommerresidenz des Hofes, etwa 3 km südlich von Weimar gelegen (vgl. die erste Erläuterung zu 38,2). 279,3 den Stadthalter bewirthen zu helfen] Carl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg, kurmainzischer Statthalter in Erfurt (vgl. die zweite Erläuterung zu 3,5),

760

BRIEF 426

zu dessen Ehren am 21. Juni 1781 in Belvedere eine große Mittagstafel mit 18 Personen stattfand. Dalberg war in Begleitung seines 15-jährigen Neffen Philipp Franz von der Leyen (vgl. zu 51,18). Dessen Name findet sich an 14., Goethes Name an 16. Stelle der Gästeliste (vgl. FB 1781, S. 117). 279,4–5 Briefe geschrieben 〈…〉 eh ich sie wegschicke] Am selben Tag hatte Goethe an Friedrich Müller (Nr 426) und Jenny von Voigts (Nr 427) geschrieben (vgl. zu 289,15), die Briefe aber demnach noch nicht abgesandt.

426. An Friedrich Müller

Weimar, 21. Juni 1781 → 〈Rom〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GMD Düsseldorf, Sign.: NW 1489/1976, gemeinsamer Besitz des GMD und des FDH/FGM, Frankfurt a. M. – 2 Doppelblätter 19 × 27,8 cm, 6 ½ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrektur und egh. Unterschrift, Tinte. E: W. O. v. Horn: Ueber Maler Müller und sein Verhältniß zu Goethe. In: Frankfurter Konversationsblatt. Belletristische Beilage zur Oberpostamts-Zeitung (6. Dezember 1848), Nr 319. D: Goethe’s Briefe. Verzeichniß unter Angabe von Quelle, Ort, Datum und Anfangsworten. – Darstellung der Beziehungen zu den Empfängern. – Inhaltsangaben. – Mittheilung von vielen bisher ungedruckten Briefen. Hrsg. von Fr〈iedrich〉 Strehlke. Erster Theil. Berlin 1882, S. 474–477. WA IV 5 (1889), 136–143, Nr 1253 (nach D). ERL ÄUT ERUNGEN

Die Bezugsbriefe (vgl. 280,4) und der Antwortbrief (vgl. 308,13) sind nicht überliefert. Postsendungen: 26. Juni 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 39r). 279,8–9 Gemälde, Zeichnungen und Briefe 〈…〉 wohl erhalten] Während die Briefe vernichtet wurden (vgl. zu 72,1), sind in den Weimarer Beständen drei Zeichnungen sicher nachweisbar: „Die eherne Schlange“ (vgl. zu 282,18), „Das Quellwunder des Moses“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 1950; vgl. Müller, Werkverzeichnis, 113f. [G 19]) und „Casteluccio“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I.325,1051.12; vgl. Müller, Werkverzeichnis, 189 [Z 71]). Außerdem hatte Müller nach Weimar Kartons für die Gemälde „Die eherne Schlange“ und „Kampf des Erzengels Michael mit Satan um den Leichnam Mosis“ (vgl. zu 8,16–17) geschickt, die allerdings verschollen sind. – Eine weitere in Weimar überlieferte Zeichnung stammt aus einer

JUNI 1781

761

späteren Zeit: „Gebirgsort in der Umgebung Roms“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 2268; vgl. Müller, Werkverzeichnis, 200 [Z 91]). 279,9 wohl, munter und arbeitsam] Im Dezember 1779 hatte Müller eine schwere Krankheit ausgestanden (vgl. zu 158,9) und in dieser Lebenskrise die Konversion zum Katholizismus vollzogen (vgl. zu 159,1–2). 279,11 hier kein grosses Glük gemacht] Wilhelm Tischbein hatte Müllers Arbeiten mit nach Zürich genommen und sie von dort aus Goethe geschickt. In Weimar war man bereits voreingenommen, ehe Müllers Arbeiten eintrafen, zumal Lavater sich in einem Brief an Carl August negativ darüber geäußert hatte (vgl. zu 266,29). – Auf Mercks Empfehlung hin wurde Tischbein der neue Hoffnungsträger der Weimarer Sammler, die ihm ein weiteres Italien-Stipendium von Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg vermittelten (vgl. die zweite Erläuterung zu 343,15). Im Brief an Carl August vom 23. März 1782, in dem er den Herzog über seine Initiative informiert, wird Merck Müller, dessen Zeichnungen er einst hochgeschätzt hatte (vgl. Merck, Briefwechsel 1, 737), im Vergleich mit Tischbein abwerten: „Von Rom aus habe ich Briefe, daß Müller ganz rasend ist, u. sogar boßhafft. Er hat neulich einen Teufel öffentlich ausgestellt, u. dabey deklarirt, daß er denjenigen für den Kopf schießen würde, der ihn nicht gut finden würde. Alle Leute versichern, daß er nie mahlen wird lernen.“ (Ebd. 3, 36.) Am 16. Juli 1782 schreibt Goethe an Merck mit Bezug auf Tischbein: Welch ein Unterschied gegen den Müller der den Titel M a h l e r zu früh vor seinen Nahmen gesezt hat. (WA IV 6, 8.) 279,16–17 lebhaften Geist nicht 〈…〉 das Nachdenken] Damit schloss Goethe an die von Lavater konzedierten „poetische〈n〉 Ideen“ von Müllers Arbeiten an (vgl. die zweite Erläuterung zu 266,29). 279,18–19 iener Reinlichkeit und Bedächtlichkeit zu befleißigen] Müllers überschäumende Begeisterung für die römischen Kunstschätze, verbunden mit seinem kraftgenialischen Betragen, hatte Irritationen und Neider bei seinen Künstlerkollegen in Rom zur Folge, deren Äußerungen bis nach Deutschland gelangt waren, wovon Müller wiederum erfahren hatte. Der mit ihm befreundete Maler Heinrich Friedrich Füger, der sich seit Herbst 1776 in Rom aufhielt, hatte sich am 30. März 1779 an den württembergischen Hofmaler Nicolas Guibal in Stuttgart gewandt und ihn darum gebeten, Müllers Geldgebern in Mannheim und Weimar vor den falschen Gerüchten zu warnen: „Ich 〈…〉 behaupte hiemit, troz dem, was man mag von ihm gesagt haben, 〈…〉 daß keiner hier ist, der mehr wahres, erhabenes poetisches Genie und Erfindung in der Malerei hat, als Müller, ich behaupte ferner, daß er einst denen eben soviel Ehre damit machen wird, die ihn nach Italien geschikt haben, als sich selbst“ (Briefe an W. H. Freiherrn von Dalberg. In: Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Litteratur und Kunst. Hrsg. von Hoffmann von Fallersleben und Oskar Schade. Bd 5. Hannover 1856, S. 30). Guibal hatte Fügers Brief an Wolfgang Heribert von Dalberg weitergeleitet, der sich seinerseits in einem

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nicht überlieferten Brief besorgt an Goethe wandte und ihn vorsorglich instruierte, wie aus Goethes Antwortbrief vom 21. Juli 1779 hervorgeht (vgl. GB 3 I, 280,17–281,2). 279,25 sudeln] Hier „in allgemeinster verwendung vom arbeiten aller art, das oberflächlich und nachlässig verrichtet wird, ‚pfuschen‘“ (Grimm 20, 942). 280,1–2 Raphael und Albrecht Dürer] In dem 1775 entstandenen Text „Nach Falkonet und über Falkonet“, gedruckt im Anhang „Aus Goethes Brieftasche“ zu Heinrich Leopold Wagners Mercier-Übersetzung „Neuer Versuch über die Schauspielkunst“, an den die folgenden Gedanken zur Kunst anknüpfen, hatte Goethe Rembrandt, Raphael und Rubens genannt: Ich setze da drey Meister zusammen, die man fast immer durch Berge und Meere zu trennen pflegt, aber ich dürfte mich wohl getrauen noch manche grose Nahmen herzusetzen, und zu beweisen, daß sie sich alle in diesem wesentlichen Stücke gleich waren. (DjG3 5, 355.) Die Wahl der Künstler dürfte Gegenstand des Briefwechsels mit Müller gewesen sein: Raffael war dessen erklärter Favorit (vgl. zu 72,2–3), und er hatte Goethe auch über Albrecht Dürers Rezeption in Rom berichtet (vgl. zu 72,1). – Goethe hatte mit Ankäufen in der Schweiz den Grundstock zu seiner eigenen Kunstsammlung gelegt, die er nach und nach erweiterte, u. a. auch mit Graphiken nach Raffael (vgl. die erste Erläuterung zu 5,15) und Dürer-Stichen (vgl. zu 114,1). Mit der Nennung von Raffael und Dürer spielte Goethe außerdem auf die zeitgenössische Aufwertung Dürers an (vgl. die erste Erläuterung zu 28,16). 280,3 Willkührlichkeit] Zeitgenössische Ableitung von ‚willkürlich‘ mit negativer Konnotation (vgl. Grimm 30, 217). 280,4 Ihren Briefen] Müllers Gegenbriefe aus der Zeit vor 1800 wurden wahrscheinlich von Goethe selbst vernichtet (vgl. zu 72,1). 280,6–7 Ihre Gemälde und Zeichnungen 〈…〉 gestammelt] ‚Stammeln‘ hier im übertragenen Sinne für ‚mangelhaft ausführen‘ (vgl. Grimm 17, 652). – Den beiden sepialavierten Federzeichnungen „Die eherne Schlange“ und „Das Quellwunder des Moses“ (vgl. zu 279,8–9) nach zu urteilen, dürfte sich Goethes Kritik auf die Komposition der schauererregenden Bilder, auf die übertriebenen Züge der Figuren, insbesondere auf die disproportionierte Muskulatur der männlichen Figuren, sowie auf die harte Federtechnik mit starken Helldunkelkontrasten beziehen. 280,9 Jahrszeit] Hier im übertragenen Sinne für ‚Zeitabschnitt des menschlichen Lebens‘ (vgl. GWb 5, 119). 280,11 Ihrem Freund Trippel] Bald nach der Ankunft in Rom hatte Müller am 10. November 1778 an Wolfgang Heribert von Dalberg geschrieben: „Ich habe schon manche schöne KünstlerBekantschafft hier gemacht von Engländer Franzosen, dähnen und Holländern die alle zur verherrlichung gottes und seine Wunder in die Welt zu verkündigen sich hier versamelt – habe aber nur wenge gefunden die dazu erwehlt zu seyn scheinen und auf denen sichtbar der heilge Geist ruht – einen jungen deutschen Bildhauer ein Schweizer von Nahme Trippel ist mit einer von den

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Ersten beruffenen“ (Müller, Briefwechsel 1, 93). Alexander Trippel, der sich 1776 in Rom niedergelassen hatte, gelang der Durchbruch so wenig wie Müller, doch führte er ein erfolgreiches Atelier. Goethe lernte ihn in Rom kennen und schätzte ihn als einen sehr braven Künstler (GB 7 I, 20,33). 280,12 nach Ihrer Beschreibung] Nicht überliefert. 280,20–21 Das Hinwerfen 〈…〉 an einem Liebhaber gelobt werden.] Im Gegensatz zu Goethes Aufforderung vom 6. November 1780, nur einige Skizen (158,20–21) zu schicken (vgl. zu 158,20–21), die in ihrer Art denen aus der Probemappe aus dem Jahr 1778 entsprachen (vgl. zu 8,2). – Hier und im Folgenden beschreibt Goethe den Unterschied zwischen einem Künstler mit professionellen Ansprüchen und einem Liebhaber. Indirekt spielt er damit auf den Unterschied zwischen Müller und sich selbst an. Goethe, der einen Lebensplan als Maler noch nicht verworfen hatte, rührte implizit an seine eigenen Grenzen. Erst während des Aufenthalts in Italien, als er systematischen Zeichenunterricht bei Jakob Philipp Hackert, Christoph Heinrich Kniep, Maximilian von Verschaffelt, Johann Heinrich Meyer und Friedrich Bury nahm, wird er endgültig erkennen, nicht zum Maler bestimmt zu sein (vgl. GB 7 II, zu 117,3; zu 119,15–16; zu 149,9; zu 227,27; zu 229,20–21; zu 234,23–24 und zu 234,32–33). 280,22 Götter, Engel, Teufel und Propheten] In Anspielung auf die Sujets der nach Weimar geschickten Kartons (vgl. zu 279,8–9). Die Ablehnung von Müllers Fixierung auf pathetische Darstellungen aus dem Alten Testament lässt die Abkehr Goethes von der Sturm-und-Drang-Ästhetik erkennen. 280,23–24 bei einem andern Anlaße geschrieben] Im Folgenden schließt Goethe an die Ratschläge an, die er Müller im Brief vom 12. Juni 1780 erteilt hatte (vgl. zu 72,18–22; zu 72,22–23; zu 72,29). – Ein Text gleichen Wortlauts ist anderweitig nicht überliefert, jedoch beschäftigte Goethe das Nachdenken über das Zustandekommen von wahrer Kunst dauerhaft. Am 22. Juli 1776 hatte er an Charlotte von Stein zur beiliegenden Landschaftsskizze „Dampfende Täler bei Ilmenau“ geschrieben: Ich hab viel gekrizzelt seit ich hier bin, alles leider nur von Auge zur hand, ohne durch s Herz zu gehen, da ist nun wenig draus worden. Es bleibt ewig wahr: Sich zu beschräncken Einen Gegenstand, wenige Gegenstände, recht bedürfen, so auch recht lieben, an ihnen hängen, sie auf alle Seiten wenden, mit ihnen vereinigt werden das macht den Dichter den Künstler – den Menschen – (GB 3 I, 87,25–88,6). Die Wahl simpler Gegenstände und die Intensität in der Auseinandersetzung mit den gewählten Sujets hatte Goethe schon in „Nach Falkonet und über Falkonet“ (vgl. zu 280,1–2) gefordert (vgl. GB 3 II, zu 88,2–5). Unter dem Eindruck der Italienreise wird Goethe in dem Aufsatz „Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Styl“ (Erstdruck im Februarheft 1789 des „Teutschen Merkur“ [S. 113–120]) seine ästhetischen Gedanken klassizistisch präzisieren.

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280,24 Es kommt] Wiedergabe des Leerraums nach der Handschrift; wahrscheinlich soll der Beginn des nachfolgenden Zitats markiert werden, analog zum Zitatende (vgl. 281,26) 280,33–34 Ein Blumengefäs, ein gesotner Hummer, ein silberner Kelch] Stillleben kommen in Müllers Werk nicht vor. – In seinem Aufsatz „Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Styl“ bestätigte Goethe die kanonisch untergeordnete Stellung der Gattung Stillleben, doch könne auch eine zwar fähige aber beschränkte Natur angenehme aber beschränkte Gegenstände, auf diese Weise behandeln 〈…〉. Diese Art der Nachbildung würde also bei sogenannten todten oder stillliegenden Gegenständen von ruhigen, treuen, eingeschränkten Menschen in Ausübung gebracht werden. Sie schließt ihrer Natur nach eine hohe Vollkommenheit nicht aus. (WA I 47, 78.) 280,34 ein Felsstük, eine Ruine, eine Hütte] Diese Sujets begegnen häufig in Müllers Frühwerk (vgl. Müller, Werkverzeichnis, 137–139, 144f., 148, 153, 155, 157 [Z 5–6, Z 12–13, Z 16, Z 24, Z 26, Z 28]). 281,1 höher steigen] Im traditionellen Kanon steht die Landschaftsmalerei über dem Stillleben. 281,2 der Geist des Menschen treibt immer aufwärts] Anklang an Prediger Salomo 3,21: „Wer weiß, ob der geist der menschen aufwärts fahre, und der odem des viehes unterwärts unter die erde fahre?“ (Luther-Bibel 1772 AT, 551.) 281,4–5 den Himmel von tausendfaltigen Lufterscheinungen schimmern] Die Luftperspektive ist im Kontext des Clairobscur ein zentraler Begriff der zeitgenössischen Kunsttheorie. Auf deren Basis hatte Goethes Freund und Mentor Johann Heinrich Merck begonnen, der „Deutschen Encyclopädie oder Allgemeinen Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften von einer Gesellschaft Gelehrten“ ab dem dritten Band Sachartikel in der Sparte ‚Schöne Wissenschaften und Künste‘ zu liefern. Im Artikel „Beleuchtung“ heißt es über die Bedeutung der Gestaltung des Himmels in der modernen Landschaftsmalerei: „Auf Himmel, Luft und Wolken wird selten der Anfänger aufmerksam genug gemacht, – daher entsteht so oft W ü r k u n g ohne U r s a c h e. Ohne die Harmonie der Luft mit der Erde läßt sich kein Leuchter und kein Pantoffel coloriren, und doch sieht man Werke von sogenannten auch berühmten Landschaftern, die in der Natur einer Gegend ziehen, und wie sie sie gefunden, Bäume, Wasser und Fels coloriren, alsdenn zu Hause ihre seit 20 Jahren gewöhnliche Art von Luftmahlerey nachschlagen und etwas zusammensetzen, was nie zusammen bestehen kann.“ (Merck, Schriften 5, 152.) 281,8–9 mit dem Schaafe dämisch ruhen, mit dem Pferde wiehern] Erneute Anspielung auf Müllers Frühwerk. Bilder von Tieren, auch von Schweinen, Schafen, Hunden, Ziegen und Kühen, dominieren dort, sei es als Einzeldarstellungen, sei es in Hirtenszenen oder als Staffagen auf Landschaftsbildern (vgl. Müller, Werkverzeichnis, 101 [G 1–4], 140–160 [Z 7–13, Z 15, Z 17–18, Z

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22–26, Z 30–31] und 205–224 [R 1–20]). – ‚Dämisch‘ für „verdummt, albern, benebelt“ (Grimm 2, 704), bei Goethe auch „einfältig“ (GWb 2, 1051). 281,10 mit Recht bewundern] Im Aufsatz „Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Styl“ räumte Goethe den untergeordneten Bildgattungen die Möglichkeit der Vollendung ein (vgl. zu 280,33–34) 281,12 „Edlen] Abführungszeichen versehentlich nicht gesetzt. 281,13 Herrn der obersten Schöpfung] Das Selbstverständnis Goethes wie das des gleichaltrigen Müller ist geprägt von der in den 1770er Jahren entstandenen Genieästhetik. In Abkehr von der traditionellen Mimesislehre wird die Natur nicht in ihren Gegenständen, sondern in ihrer Schöpferkraft nachgeahmt, der Künstler wird zum ‚alter deus‘. Noch im Alter verkörperte Müller diesen Anspruch. Eine Karikatur Bonaventura Genellis (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, KupferstichKabinett, Inv.-Nr C 1908–601) zeigt ihn mit Künstlerkollegen in einer römischen Osteria, die Randglosse weist ihm den Ausspruch zu: „Heiliger Gott! Solche Kerle in meiner Gegenwart von Genie zu reden!“ (Hans Ebert: Über Buonaventura Genellis Karikaturen zu Maler Müller, Joseph Anton Koch und Wilhelm Waiblinger im Dresdener Kupferstich-Kabinett und anderswo. In: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 17 [1985], S. 117–132, hier S. 121.) 281,15–16 Menschen, Helden, Götter hervorbringen] Die Historienmalerei als höchste Gattung in der Hierarchie zu erlernen, war der Grund von Müllers römischem Aufenthalt. Mit der indirekten Anspielung auf die Stufen dorthin gibt Goethe zu erkennen, dass Müller sein Ziel mit den zugesandten Arbeiten noch bei weitem nicht erreicht habe, ja aufgrund beschränkter Begabung wohl auch nicht erreichen werde. 281,20–21 Phidias 〈…〉 die Götter Bilder beßer als menschliche gelängen] Der Göttinger Philologe Christian Gottlob Heyne hatte in seinen Vorlesungen „Einleitung in das Studium der Antike, oder Grundriß einer Anführung zur Kenntniß der alten Kunstwerke“ gesagt: „Der Charackter des Phidias ist größe und Majestät. Er ist der erste, der ins große Ideal gearbeitet hat. Gemeine Figuren selbst erhob er zu Göttlichen.“ (Zitiert nach Goethes Exemplar: HAAB, Sign.: Ruppert-2056, S. 203.) Für Goethe, der eine Abschrift der erst 1820 postum veröffentlichten Schrift wohl aus der Bibliothek seines Vaters besaß (vgl. Götting, 42), wurde diese Schrift zum Propädeutikum der Kunst der Antike (vgl. Hermann BräuningOktavio: Christian Gottlob Heynes Vorlesungen über die Kunst der Antike und ihr Einfluß auf Johann Heinrich Merck, Herder und Goethe. Darmstadt 1971, S. 103–109). – Im zweiten großen Referenztext, Winckelmanns „Geschichte der Kunst des Alterthums“, heißt es, Phidias habe „seine Kunst vornehmlich den Göttern und Helden gewidmet, und es fand sich zu Elis unter den Statuen der Sieger nur eine einzige von ihm gearbeitete“ Menschenfigur (Winckelmann, GK1, 332). 281,21–22 Tempel, der seinen Werken gebaut wurde] Phidias hatte zwischen 438 und 430 v. Chr. die 13 m hohe, mit Gold, Elfenbein und Edelsteinen reichver-

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zierte Statue des sitzenden Zeus für den wenige Jahre zuvor errichteten Zeus-Tempel in Olympia geschaffen. 438 v. Chr. wurde der Parthenon auf der Athener Akropolis mit Phidias’ kolossalem Kultbild der Athene eingeweiht, das ähnlich verziert war. 281,22–23 Einfältige] In der positiven Bedeutung von ‚natürlich‘, ‚ursprünglich‘ (vgl. GWb 2, 1446), in Anspielung auf Winckelmanns berühmtes Diktum von ‚edler Einfalt und stiller Größe‘ als zentralen Eigenschaften der griechischen Kunst in der Schrift „Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst“ (Dresden und Leipzig 1755). 281,24 willig] Hier wohl veraltet für ‚freiwillig‘ (vgl. Adelung 4, 1549). 281,28 Prätension] Anmaßung, Anspruch (von franz. prétendre: anmaßen). 281,30–31 dunkle Dichterlust] In beiläufiger und abwertender Anspielung auf Müllers literarisches Werk (vgl. die erste Erläuterung zu 7,9), das ansonsten in Goethes Briefen nicht thematisiert wurde. 281,31–32 Streit beider Geister über den Leichnam Mosis] Das Ölgemälde „Kampf des Erzengels Michael mit Satan um den Leichnam Mosis“ stellte Müller zu dieser Zeit in der Villa Medici aus (vgl. zu 8,16–17). Es gilt als verschollen wie auch der nach Weimar gesandte Karton. 281,32 alberne Judenfabel] Zu der Zeit beschäftigte sich Herder mit der Nachdichtung von Geschichten aus dem Alten Testament. In seinem Beitrag „Jüdische Dichtungen und Fabeln“ im Septemberheft 1781 des „Teutschen Merkur“ (S. 224–241) verteidigte er die Ausschmückung der im „engen, zu engen Kreis“ (S. 224) vorgeprägten Parabeln des Alten Testaments. „Der Tod Moses“ wurde von Herder abweichend zur alttestamentlichen Überlieferung erzählt: Gott fragte die Engel, wer Moses die Botschaft seines Todes bringen wolle. Der „abgefallene Sammael“ übernahm die Rolle, und mit „Zorn und Grausamkeit bekleidet, stieg er hinab 〈…〉 und freute sich schon der Schmerzen des Gerechtesten 〈…〉. Da stieg Jehovah selbst hernieder, die Seele seines Knechts von ihm zu nehmen und seine getreuen Diener, Michael, Gabriel und Raphael kamen mit ihm. 〈…〉 Da küssete der gnädige Gott seinen Knecht, und nahm ihm im Kusse seine Seele. Moses starb am Munde Gottes, und Gott begrub ihn selber, und niemand weiß die Stäte seines Grabes.“ (S. 239–241.) – Der Kern der Geschichte des Kampfes zwischen dem Erzengel Michael und Satan ist überliefert im Brief des Judas, der auf das apokryphe Buch „Assumptio Mosis“ zurückgeht: „Michael aber, der ertz-engel, da er mit dem teufel zanckete, und mit ihm redete über dem leichnam Mose, durffte er das urtheil der lästerung nicht fällen, sondern sprach: Der Herr straffe dich!“ (Brief des Judas 9; Luther-Bibel 1772 NT, 248.) 281,33 In dem alten Testamente steht] 5 Mose 34,1–6: „Und Mose gieng von dem gefilde der Moabiter, auf den berg Nebo, auf die spitze des gebirges Pisga, gegen Jericho über. Und der Herr zeigete ihm das gantze land Gilead, bis gen Dan, / Und das gantze Naphthali, und das land Ephraim und Manasse, und das gantze land Juda, bis an das äusserste meer, / Und gegen mittag, und die gegend der breite Je-

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richo, der palmen-stadt, bis gen Zoar. / Und der Herr sprach zu ihm: Diß ist das land, das ich Abraham, Isaac und Jacob geschworen habe, und gesaget: Ich will es deinem saamen geben. Du hast es mit deinen augen gesehen, aber du sollt nicht hinüber gehen. / Also starb Mose, der knecht des Herrn, daselbst im lande der Moabiter, nach dem worte des Herrn. / Und er begrub ihn im thal, im lande der Moabiter, gegen dem hause Peor. Und hat niemand sein grab erfahren, bis auf diesen heutigen tag.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 189.) 282,10–12 der Heilige 〈…〉 entzükt verscheidet] Vermutlich griff Müller Goethes Anregung auf. Am 15. September 1781 berichtete Wilhelm Heinse im Brief an Friedrich Heinrich Jacobi von der Ausstellung des Ölgemäldes „Kampf des Erzengels Michael mit Satan um den Leichnam Mosis“ in der Villa Medici (vgl. zu 8,16–17). Anders als Goethe entdeckte Heinse in dem Bild „viel mahlerische Idee, Feuer, Fleiß u Studium“. Ein Pendant sei im Entstehen: „Jetzt arbeitet er an einem Herrgott, der dem Moses das gelobte land zeigt, einem Stück von eben der Größe.“ (JB I 2, 342.) Auch von „Gott Vater zeigt Moses das gelobte Land“ sind weder das Ölgemälde, das im Juni 1783 in der Villa Medici ausgestellt wurde, noch ein Karton bekannt (vgl. Müller, Werkverzeichnis, 110 [G 17]). Am 24. Mai 1783 besuchte Kurfürst Carl Theodor das Atelier seines Pensionärs und notierte in seinem Reisetagebuch: „Überhaupt verraten die beiden Stücke poetisches Feuer und verraten eine große Simplizität.“ (Ebd.) 282,13 der Herr begrub ihn] Vgl. zu 281,33. 282,18 Die eherne Schlange] Die in Weimar überlieferte lavierte Federzeichnung (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 1949; vgl. Müller, Werkverzeichnis, 111f. [G 18]) stellt eine weitere Episode der Wüstenwanderung dar, die häufig Gegenstand bildlicher Darstellung war: „Da sandte der Herr feurige schlangen unter das volck, die bissen das volck, daß ein groß volck in Israel starb. / Da kamen sie zu Mose, und sprachen: Wir haben gesündiget, daß wir wider den Herrn und wider dich geredt haben; bitte den Herrn, daß er die schlangen von uns nehme. Mose bat für das volck. / Da sprach der Herr zu Mose: Mache dir eine eherne schlange, und richte sie zum zeichen auf: Wer gebissen ist, und siehet sie, der soll leben. / Da machte Mose eine eherne schlange, und richtete sie auf zum zeichen: Und wenn jemand eine schlange biß, so sahe er die eherne schlange an, und blieb leben.“ (4 Mose 21,6–9; Luther-Bibel 1772 AT, 138.) 282,18–19 Ort wo die Geschichte angeführet wird] Auf dem Weg von Ägypten nach Israel ziehen die Israeliten durch die Wüste, dargestellt als eine unfruchtbare Gegend mit steilen, kahlen Felsen. Der Bildaufbau staffelt einzelne Menschengruppen im Vorder-, Mittel- und Hintergrund um Moses, der auf die eherne Schlange zeigt. 282,20–21 vom Himmel herab erbärmlich gequälter Menschen] Das düstere Bild zeigt panische Menschen in verkrümmten Stellungen, die sich gegen angreifende Schlangen wehren.

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282,25–26 wohl vertheilte Lichter] Das Bild weist zwei Lichtstreifen auf. Eine übernatürliche Lichtquelle beleuchtet die zentrale Figur im Bildvordergrund, den hochaufgerichteten Moses, der auf die eherne Schlange weist. Der zweite Lichtstreifen im Hintergrund des Bildes setzt die zahlreich herbeifallenden Schlangen in Szene. 282,26 beiden andern] „Das Quellwunder des Moses“ und wahrscheinlich die Landschaft „Casteluccio“, die in Weimar nachweisbar sind (vgl. zu 279,8–9). Ob Goethe auch eine verschollene Studie zum wahrscheinlich nicht ausgeführten Ölgemälde „Die Hölle“ (vgl. Müller, Werkverzeichnis, 115f. [G 20]) erhalten hatte, ist fraglich. 282,33 Iunge Künstler sind, wie Dichter] Müller und Goethe waren gleichaltrig, der eine im Januar, der andere im August 1749 geboren. Die Stelle ist zweideutig: Das folgende wir und die Gegenüberstellung von bildender Kunst und Poesie könnten darauf hinweisen, dass Goethe Müllers Talent, dessen poetisches Werk negierend, allein im bildkünstlerischen Bereich überhaupt gelten lassen wollte. 283,7–8 zeichnen Sie mir 〈…〉 eine Gruppe Bettler] Diesem Wunsch kam Müller nicht nach. 283,9–10 die alten Zeichnungen danke ich Ihnen recht vielmals, die le Sueurs] Ein konkreter Auftrag Goethes an Müller, Kunstwerke zu besorgen, lässt sich nicht nachweisen. Welche und wie viele Zeichnungen Müller übermittelte, ist nicht bekannt. Der Pariser Maler und Zeichner Eustache Le Sueur war unter den Zeitgenossen als der ‚französische Raffael‘ berühmt. In Goethes Sammlungen sind drei Zeichnungen Le Sueurs überliefert, die auf Müllers Lieferung zurückgeführt werden: „Lesende Nonne“, „Weibliche Gewandfigur mit Kind“ und „Der Evangelist Johannes“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/ Sch.I.321,1004–1006; vgl. Femmel, Franzosen, 107, K 42 [1–3]). Die Zuschreibung dieser Zeichnungen ist jedoch fraglich, es könnte sich auch um Arbeiten aus Le Sueurs Umkreis handeln (vgl. David Mandrella, Hermann Mildenberger, Benjamin Peronnet, Pierre Rosenberg: Von Callot bis Greuze. Französische Zeichnungen des 17. und 18. Jahrhunderts [Im Blickfeld der Goethezeit V]. Berlin 2005, S. 301f.). – Vermutlich von Müller in Rom erworben ist außerdem eine Kopie von Unbekannt nach Taddeo Zuccaris „Die Heilung des Eutychius“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KK 4425; vgl. Ursula Verena Fischer Pace: Die italienischen Zeichnungen. Bd 1. Bestandskatalog. Ehemalige Großherzogliche und Staatliche Sammlung. Köln u. a. 2008, S. 334f., Nr 789). 283,12 hundert Dukaten] Dieser Betrag entspricht rund 300 Reichstalern, der von den Weimarer Förderern ausgesetzten Summe (vgl. zu 9,14), die Müller zum letzten Mal erhielt. Das Geld übermittelte Goethe zunächst an Streiber in Eisenach, wie eine Quittung von Seidels Hand in den Unterlagen der Privatschatulle Anna Amalias belegt:

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Z e h n L o u i s d ’ o r Pe n s i o n für Mahlern Müller an Herrn Commerzienrath Streiber bezahlt und aus Ihro Durchl der Herzogin Amalia Scatoulle wieder erhalten. Weimar dl 30 Jul. 1781. Goethe (H: LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 945, Bl. 340, Beleg Nr 876.) Vermutlich erhielt Müller das Geld, wie im Jahr zuvor, über den Mannheimer Verleger Christian Friedrich Schwan (vgl. 17,9–10). 283,13 nächstens] Vgl. zu 308,13.

427. An Jenny von Voigts

Weimar, 21. Juni 1781 → 〈Melle〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Puschkinhaus, Institut für russische Kunst, St. Petersburg, Sign.: F. 137, op. 1, Nr 127 (ohne Beilage). – Doppelblatt 18,8 × 27,7 cm, 3 ¼ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte. E: B〈ernhard〉 R〈udolph〉 Abeken: Reliquien von Justus Möser und in Bezug auf ihn. Berlin 1837, S. 8–11. WA IV 5 (1889), 143–146, Nr 1254 (nach E). BEIL AG E

Silhouette Goethes (vgl. zu 285,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief antwortet auf einen Brief Jenny von Voigts’ von Mai oder Anfang Juni 1781 (vgl. RA 1, Nr 145; vgl. zu 283,16). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 26. Juni 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 39r). Johanna (Jenny) Wilhelmina Juliana von Voigts (1749–1814) war die Tochter des bekannten Osnabrücker Politikers, Juristen, Historikers und Schriftstellers Justus Möser und der aus einer angesehenen Familie stammenden Regina Juliana Elisabeth geb. Brouning. Im Haus ihrer Eltern erhielt Jenny eine gründliche „schöngeistig-intellektuelle Erziehung“ (Sheldon, Freundschaftsbriefe, 8). 1768 heiratete sie den Juristen und Gutsbesitzer Johann Gerlach Jost von Voigts, der nach dem Tod seines Vaters 1765 die Verwaltung der Güter in Melle übernommen und durch Mösers Vermittlung den Ratstitel und die Direktorenstelle der neu gegründeten Osnabrücker Lotterie erhalten hatte. 1776 war er zum Forstkommissar befördert worden. Auch nach der Hochzeit pflegte Jenny von Voigts eine intensive Beziehung zu den

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Eltern in Osnabrück, begleitete den Vater, mit dem sie eng zusammenarbeitete, zu zahlreichen Aufenthalten in Pyrmont und anderen Badeorten und führte nach dem Tod der Mutter seit 1787 den Haushalt. Nach dem Tod Mösers 1794 trennte sie sich von ihrem Mann und zog in das vom Vater geerbte Haus in Osnabrück. Bekannt geworden war Jenny von Voigts vor allem als Herausgeberin der „Patriotischen Phantasien“ (4 Bde, 1774–1786), einer Sammlung von Aufsätzen ihres Vaters, durch deren Zustandekommen Ende 1774 die Korrespondenz mit Goethe eröffnet worden war (vgl. dazu die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 176). Hochgebildet und an Wissenschaft und Politik interessiert, stand Jenny von Voigts nicht nur in Kontakt mit Persönlichkeiten des geistigen und literarischen Lebens in Deutschland, sondern wurde auch um literarische Urteile gebeten. Einige der Bekanntschaften, die vor allem auf den mit dem Vater unternommenen Badereisen geschlossen wurden, galten jedoch nicht eigentlich ihr, sondern ihrem Vater, so dass die Tochter dessen Korrespondenz übernahm und Briefe, die Möser teilweise selbst verfasst hatte, unter ihrem Namen absandte. So schrieb Goethe in einer Würdigung Mösers, die 1823 in der Zeitschrift „Ueber Kunst und Altertum“ (Bd 4, 2. Heft) erschien: Gern erwähn’ ich dieses trefflichen Mannes, der, ob ich ihn gleich niemals persönlich gekannt, durch seine Schriften und durch die Correspondenz, die ich mit seiner Tochter geführt, worin ich die Gesinnungen des Vaters über meine Art und Wesen mit Einsicht und Klugheit ausgesprochen fand, sehr großen Einfluß auf meine Bildung gehabt hat. (WA I 41.2, 52.) Auch Nachrichten in Goethes Briefen an Jenny von Voigts waren zu großen Teilen eigentlich für Möser gedacht. Goethe ist Jenny von Voigts und dem von ihm geschätzten Justus Möser niemals persönlich begegnet. Auch werden beide in seiner Korrespondenz sonst kaum erwähnt. Aus Äußerungen Jenny von Voigts’ in ihren Briefen an die Fürstin Louise Henriette von Anhalt-Dessau geht hervor, dass ihr Goethes Werke vertraut waren (vgl. Sheldon, Freundschaftsbriefe, 100, 249, 273 und 283). Wer den Kontakt zuerst aufgenommen hat, ist nicht bekannt. Im 13. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ schrieb Goethe: Mösers Tochter, Frau von Voigt, war beschäftigt, diese zerstreuten Blätter zu sammeln. Wir konnten die Herausgabe kaum erwarten, und ich setzte mich mit ihr in Verbindung, um mit aufrichtiger Theilnahme zu versichern, daß die für einen bestimmten Kreis berechneten wirksamen Aufsätze, sowohl der Materie als der Form nach, überall zum Nutzen und Frommen dienen würden. Sie und ihr Vater nahmen diese Aeußerung eines nicht ganz unbekannten Fremdlings gar wohl auf, indem eine Besorgniß die sie gehegt, durch diese Erklärung vorläufig gehoben worden. (AA DuW 1, 491 [13. Buch].) Im ersten überlieferten Brief Goethes an Jenny von Voigts vom 28. Dezember 1774 (GB 2 I, Nr 176) bedankte er sich schon für die Herausgabe des ersten Bandes der „Patriotischen Phantasien“ und bestärkte die Adressatin, einen zweiten Band folgen zu lassen (vgl. GB

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2 II, zu 153,19–20). Ob dieser Brief die Korrespondenz eröffnet hat oder auf einen nicht überlieferten Brief Jenny von Voigts’ antwortet, ist nicht zu klären. – Vgl. Sheldon, Freundschaftsbriefe, 3–28; Möser, Briefwechsel, X; Winfried Woesler: Möser und Goethe. In: GJb 113 (1996), 24–35. Der vorliegende Brief ist der zweite überlieferte Brief Goethes an Jenny von Voigts. Er antwortet auf den einzigen überlieferten Brief Jenny von Voigts’ vom Mai oder Anfang Juni 1781, der die Zusendung der Möserschen Schrift „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ begleitet hatte (vgl. zu 283,21–22). Aus diesem Brief geht hervor, dass Jenny von Voigts in der Zwischenzeit mindestens einen weiteren Brief an Goethe geschrieben haben muss: „Sie hätten nach meiner vormaligen Antwort wohl nicht gedacht, daß mein alter Vater noch Ihr Vertheidiger werden und Ihre Sache gegen den großen Frederich aufnehmen würde.“ (Möser, Briefwechsel, 601.) Von König Friedrich II. von Preußen waren Ende 1780 anonym die Abhandlung „De la littérature Allemande, des defauts qu’on peut lui reprocher; quelles en sont les causes; et par quels moyens on peut les corriger“, von der ein Großteil schon Jahrzehnte zuvor geschrieben worden war, sowie deren deutsche Übersetzung „Ueber die deutsche Litteratur, die Mängel die man ihr vorwerfen kann, die Ursachen derselben und die Mittel sie zu verbessern“ in Berlin erschienen. In dieser Schrift wird der deutschen Literatur ein sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt und besonders über Goethes „Götz von Berlichingen“ ein vernichtendes Urteil gefällt (vgl. zu 240,1). Möser verteidigte in seiner Replik „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ nicht nur die deutsche Literatur im Allgemeinen, sondern auch den „Götz“ so gut, dass Goethe von der Publikation einer eigenen Erwiderung in Form einer dialogischen Satire Abstand nahm (vgl. zu 201,7–8). Ob Goethe die Mösersche Schrift als Abdruck aus den „Westphälischen Beyträgen zum Nutzen und Vergnügen“ erhielt oder einen der Nachdrucke (vgl. zu 283,21–22), ist nicht bekannt, denn in seinem Nachlass ist keine der Schriften Mösers überliefert. Dem vorliegenden Brief Goethes folgten im selben Jahr noch zwei Briefe (Nr 456 und Nr 470), bevor nach zwei weiteren Briefen im Jahr 1782 und Mösers Kritik an Goethes dritter Fassung der „Iphigenie“, die Jenny von Voigts Goethe nach dem 20. Juli 1782 in einem nicht überlieferten Brief übermittelte, der Briefwechsel beendet wurde (vgl. Justus Möser an Jenny von Voigts, 20. Juli 1782 [Möser, Briefwechsel, 634]; Ulrike Sheldon: Mösers Stellungnahme zu Goethes „Iphigenie“ [3. Fassung]. In: GJb 92 [1975], 256–265). Noch am 4. März 1782 hatte Goethe an Jenny geschrieben: Sie sind gütig mir oft ein Zeichen Ihres Andenkens zu geben. (WA IV 5, 276.) Am 13. Januar 1783 schrieb Jenny von Voigts an die Fürstin Louise Henriette von Anhalt-Dessau: „ist G.[oethe] noch immer derselbe – oder hat er sich seit seinem angenomenen Adel verändert ich glaube er ist mir böse geworden, über seine Iphigenie, den seit dem nicht eine Zeile von ihm. ich möchte ihn kennen“ (Sheldon, Freundschaftsbriefe, 161).

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283,16 Ihr Brief] Jenny von Voigts’ Brief begleitete die Übersendung von Justus Mösers Schrift „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ (vgl. zu 283,21–22). Er ist nur als Konzept überliefert, dessen erster Abschnitt von Mösers Hand stammt (Niedersächsisches StA Osnabrück, Dep 6b Nr 837, Bl. 43; vgl. Möser, Briefwechsel, 602). Außerdem befindet sich eine zeitgenössische Abschrift im Nachlass Friedrich von Müllers (GSA 68/817). Der Brief muss nach dem Abschluss des Abdrucks der Möserschen Schrift am 28. April 1781 in den „Westphälischen Beyträgen zum Nutzen und Vergnügen“ (vgl. zu 283,21–22) und vor Goethes Brief, also im Mai oder Anfang Juni 1781, geschrieben worden sein. Goethe hatte Jenny von Voigts’ Brief an Charlotte von Stein weitergegeben und sie am 20. Juni 1781 gebeten, ihm den Brief zurückzuschicken (vgl. 278,4). 283,21–22 die Schrift Ihres Herrn Vaters] Mösers Aufsatz „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur. An einen Freund“ war zwischen dem 3. März und dem 28. April 1781 in Fortsetzungen in den „Westphälischen Beyträgen zum Nutzen und Vergnügen“, einer Beilage zu den „Osnabrückischen IntelligenzBlättern“, erschienen (9. Stück, 3. März 1781, Sp. 65–72; 11. Stück, 17. März 1781, Sp. 81–88; 12. Stück, 24. März 1781, Sp. 89–94; 13. Stück, 31. März 1781, Sp. 97–104; 17. Stück, 28. April 1781, Sp. 129–136). Schon im Mai 1781 gab es zwei Nachdrucke, der erste erschien in Hamburg bei Benjamin Gottlob Hoffmann, der zweite, von Möser genehmigte, in Osnabrück bei Johann Wilhelm Schmid mit einer „Nachschrift über die National-Erziehung der alten Deutschen“. Adressiert war Mösers Erwiderung auf die 1780 anonym erschienene Abhandlung „De la littérature Allemande“ Friedrichs II. nicht an den König selbst, sondern an den preußischen Minister Ewald Friedrich von Hertzberg, der für die deutsche Übersetzung der königlichen Schrift gesorgt hatte (vgl. Katharina Mommsen: Goethe und der Alte Fritz. Leipzig 2012, S. 106f.). 283,23 alten Patriarchen] Wohl mit Blick auf Mösers Einfluss auf die jüngere Schriftstellergeneration, der Goethe selbst angehörte. In „Dichtung und Wahrheit“ spricht er vom herrliche〈n〉 und unvergleichlichen Justus Möser: Ein solcher Mann imponirte uns unendlich und hatte den größten Einfluß auf eine Jugend, die auch etwas Tüchtiges wollte, und im Begriff stand, es zu erfassen. In die Formen seines Vortrags glaubten wir uns wohl auch finden zu können; aber wer durfte hoffen, sich eines so reichen Gehalts zu bemächtigen, und die widerspänstigsten Gegenstände mit so viel Freyheit zu handhaben? (AA DuW 1, 490, 492 [13. Buch].) Darüber hinaus spielt Goethe hier möglicherweise auch auf Mösers einflussreiche politische Funktionen im Fürstbistum Osnabrück an. Bereits 1744 hatte er das Amt eines Sekretärs der Ritterschaft erhalten und wurde später deren Syndikus. Diese Funktion behielt er bei, obwohl er schon 1747 zum Advocatus Patriae, zu einem von drei Rechtsberatern der Regierung, ernannt worden war. Im Laufe der Jahre kamen noch weitere politische Ämter hinzu und seit 1765 war er Berater der Regierungsräte, die die Regierung für den minder-

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jährigen Fürstbischof Friedrich, Herzog von York, führten. Möser beriet also „die maßgebenden Entscheidungsträger des kleinen Staates, nämlich die bischöfliche Regierung einerseits und den politisch aktivsten Stand, die Ritterschaft, andererseits“ und „nutzte seinen Einfluß auf die gegeneinander wirkenden Kräfte zur Vermittlung und effektiven Arbeit“ (Sheldon, Wilhelm F.: Möser, Justus. In: Neue Deutsche Biographie 17. Berlin 1994, S. 687). 283,23–24 daß er sein Volk auch vor der Welt und ihren Großen bekennet] Friedrich II. hatte in seiner Schrift den Deutschen bescheinigt, „eine noch halbbarbarische Sprache“ zu haben, die es „physisch unmöglich“ mache, „daß auch ein Schriftsteller von dem größten Geist, diese noch ungebildete Sprache vortrefflich behandeln könne“ und dass deswegen „bis itzt die schönen Wissenschaften in unserm Boden, noch nicht haben gedeihen wollen“ und die deutsche Nation sich noch am Beginn ihrer sprachlichen und kulturellen Entwicklung befände (Ueber die deutsche Litteratur, die Mängel die man ihr vorwerfen kann, die Ursachen derselben und die Mittel sie zu verbessern. Aus dem Französischen übersetzt. Berlin 1780, S. 6–8). Besondere Mängel fand er im deutschen Theater: „Die M e l p o m e n e ist bey uns von sehr seltsamen Leuten verehret worden; einige traben auf hohen Stelzen einher, andre kriechen im Staube; alle übertreten die Regeln der Kunst, können daher nicht interessiren und rühren, und müssen von den Altären der tragischen Muse verwiesen werden.“ (Ebd., S. 9.) Der schlechte Geschmack sei erkennbar an den aufgeführten Schauspielen, vor allem an den Werken Shakespeares, die „wider alle Regeln des Schauspiels sündigen“ und mit Goethes „Götz“ eine „abscheuliche Nachahmung“ nach sich gezogen hätten (ebd., S. 35f.). Deshalb forderte der König u. a. dazu auf, die Sprache zu verbessern und sich an den Meisterwerken vor allem der französischen Kultur zu bilden. Möser stellte in seiner Gegenschrift die Frage, „ob wir würklich eigne Gewächse haben, die eine Kultur verdienen, und ob unsre Art der Kultur den fremden vorzuziehen sey?“ (Westphälische Beyträge 9, Sp. 67.) Nicht nur die Entwicklung der deutschen Sprache und Kultur verteidigte er, sondern wünschte auch, „daß wir uns von dem Könige nicht so einzig an die großen Ausländer verweisen lassen, und unsern Götzen von Berlichingen sogleich mit Verachtung begegnen sollen“ (ebd. 13, Sp. 104). Darüber hinaus bekannte er sich zu den von Friedrich II. ignorierten zeitgenössischen Schriftstellern (Lessing, Haller, Klopstock, Gleim, Wieland, Bürger, Claudius, Hagedorn, Gellert, Klinger, Lenz und Goethe) und betonte deren Leistungen für die Entwicklung der deutschen Sprache und Literatur. „Schön und groß aber können unsere Produkte werden, wenn wir auf den Gründen fortbauen, welche K l o p s t o c k, G ö t h e, B ü r g e r und andre neuern geleget haben. Alle können zwar noch in der Wahl der Früchte, welche sie zu bauen versucht, gefehlt, und das gewählte nicht zur höchsten Vollkommenheit gebracht haben. Aber ihr Zweck ist die Veredlung einheimischer Produkte, und dieser verdient den dankbarsten Beyfall der Nation“ (ebd. 11, Sp. 84f.).

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283,24–26 er hat uns doch eigentlich in dieses Land gelokt 〈…〉 mit dem Finger gezeigt] In Anspielung auf 5 Mose 34,1–4. – Wahrscheinlich im Hinblick auf Mösers organologische Staats-, Geschichts- und Kulturauffassung. Möser betonte auch in seiner Schrift das Recht einer Nation auf die Entwicklung einer eigenen Kultur und forderte, diese „zu der ihrer Natur eignen Vollkommenheit aufzuziehen“, ohne sie „mit allen Schönheiten einer fremden Nation zu verzieren“ (Westphälische Beyträge 9, Sp. 67), denn keiner „wird in allen so wahr empfinden, denken, harren, schwärmen oder rasen, als die Nationen, welche durch würkliche Umstände genöthiget werden, ihre höchste Empfindung hervorzupressen und auszudrucken; und ohne Wahrheit ist keine vollkommene Größe“ (ebd., Sp. 70f.). 283,27 Versuchen] Vgl. zu 284,15–16. 284,4 Tubus] Fernrohr (vgl. Zedler 45, 1408; Krünitz 189, 180). 284,15–16 von meinen Sachen] Möser führt Goethes Drama „Götz von Berlichingen“ als Beispiel und Muster einer erwünschten Nationalliteratur an: „Das von dem Könige so sehr heruntergesetzte Stück: G ö t z v o n B e r l i c h i n g e n, ist immer ein edles und schönes Produkt unsers Bodens, es hat recht vielen geschmeckt, und ich sehe nicht ab, warum wir dergleichen nicht ferner ziehen sollen; die höchste Vollkommenheit wird vielleicht durch längere Kultur kommen. 〈…〉 / G ö t h e n s Absicht in seinem Götz von Berlichingen war gewiß uns eine Sammlung von Gemählden aus dem National-Leben unsrer Vorfahren zu geben, und uns zu zeigen was wir hätten und was wir könnten, wenn wir einmahl der artigen Cammerjungfern und der witzigen Bedienten auf der französisch-deutschen Bühne müde wären, und wie billig Veränderung suchten. Leicht hätte er dieser seiner Sammlung mit Hülfe einer nun fast zum Eckel gebrauchten Liebesgeschichte das Verdienst der drey Einheiten geben, und sie in eine Handlung flechten können, die sich angefangen, verwickelt und aufgelöset hatte, wenn er aus dem einen Stücke drey gemacht, und diejenigen Gemählde zusammen geordnet hatte, welche sich zu jeder Handlung schickten, und sich mit Zeit und Ort vertrugen. Allein er wollte jetzt einzelne Parthien mahlen, und diese stehen zusammen wie die Gemählde vieler großen Landschaftsmahler, ohne daß die Gallerie, worinn sie sich befinden, gerade eine Epopee ist. / Daneben sollten diese Parthien wahre einheimische Volksstücke seyn, er wählte dazu ritterliche, ländliche und bürgerliche Handlungen einer Zeit, worinn die Nation noch Original war, und der alte Ritter den jungen, wie der alte Canzler den jungen Canzler ohne fremde gelehrte Hülfe erzogen hatte. Und da ihm gewiß niemand vorwerfen kann, daß er unrichtig gezeichnet, das Colorit vernachläßiget, oder wider die Costume gefehlet habe: so behandelt man ihn wider seine Absicht, wenn man ihn darum verdammt, daß er nicht blos für den Hof gearbeitet, und keine Epopee, oder kein regulaires Ganze geliefert hat. Die Wahl seiner Parthien würde auch immer gut geblieben seyn, wenn es einige seiner Nachfolger die alle sieben Theater von Neapel, welche für sieben unterschiedne Klassen der Nation eröfnet werden, in ein einziges zusammen ziehen, und Hofleute und Lazaroni mit einerley

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Kost Vergnügen wollten, nicht gar zu bunt gemacht hätten. Hieran aber ist G ö t h e unschuldig, ob er gleich noch vieles gegen diejenigen zu sagen haben mögte, die aus einem übertriebenen Eckel gar nichts nacktes leiden, und die schönste Venus nicht anders als unter der Decke sehen wollen.“ (Westphälische Beyträge 11, Sp. 82f., 85–87.) Später heißt es: „und seitdem uns G ö t h e in der Sprache auf dasjenige, was C i c e r o R o m a n o s v e t e r e s a c u r b a n o s s a l e s 〈altrömischen städtischen Witz〉 und v e t e r i s l e p o r i s v e s t i g i a 〈alte Anmut〉 nennet, zurückgeführet hat, damit wir nicht zuletzt lauter Buchsprache reden mögten, hat jedermann unsern ehmaligen Mangel empfunden; und ihm jetzt mit hellem Haufen zu begegnen gesucht, so daß wir nunmehro wohl hoffen dürfen, bald eine Sprache zu haben, worinn alle Muthwilligkeiten und Aeffereyen, deren sich der Mensch zum Ausdruck seiner Empfindungen und Leidenschaften bedient, dargestellet werden können“ (ebd. 17, Sp. 132). 284,31 der König meines Stüks in Unehren erwähnt] Vgl. die einleitende Erläuterung. 284,32–285,4 Ein Vielgewaltiger 〈…〉 für Grosse und Vornehme.] Ähnlich äußerte sich Goethe später in „Dichtung und Wahrheit“: An dem großen Begriff, den die preußischen Schriftsteller von ihrem König hegen durften, bauten sie sich erst heran, und um desto eifriger, als derjenige, in dessen Namen sie alles thaten, ein für allemal nichts von ihnen wissen wollte. Schon früher war durch die französische Colonie, nachher durch die Vorliebe des Königs für die Bildung dieser Nation und für ihre Finanzanstalten, eine Masse französischer Cultur nach Preußen gekommen, welche den Deutschen höchst förderlich ward, indem sie dadurch zu Widerspruch und Widerstreben aufgefordert wurden; eben so war die Abneigung Friedrichs gegen das Deutsche für die Bildung des Litterarwesens ein Glück. Man that alles, um sich von dem König bemerken zu machen, nicht etwa, um von ihm geachtet, sondern nur beachtet zu werden; aber man thats auf deutsche Weise, nach innerer Ueberzeugung, man that was man für recht erkannte, und wünschte und wollte, daß der König dieses deutsche Rechte anerkennen und schätzen solle. Dieß geschah nicht und konnte nicht geschehen: denn wie kann man von einem König, der geistig leben und genießen will, verlangen, daß er seine Jahre verliere, um das, was er für barbarisch hält, nur allzuspät entwickelt und genießbar zu sehen? (AA DuW 1, 234f. [7. Buch].) Vgl. auch Goethes Äußerungen über Friedrich II. im Brief an Johann Heinrich Merck vom 14. November 1781 (346,27–347,6). – ‚Vielgewaltig‘ bei Goethe sonst nur in „Pandora“ in einer anderen Bedeutung belegt (vgl. WA I 50, 310). 285,5 mannichfaltigen Wahren] Hier nimmt Goethe eine der grundlegenden und wiederholten Forderungen Mösers auf: „Welcher von diesen beyden Wegen sollte nun aber wohl der beste seyn, der Weg zur Einförmigkeit und Armuth in der Kunst, welchen uns der Conventionswohlstand, der verfeinerte Geschmack, und der

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sogenannte gute Ton zeigen, oder der Weg zur Mannigfaltigkeit, den uns der allmächtige Schöpfer eröfnet? Ich denke immer der letztere, ob er gleich zur Verwilderung führen kann. Denn es bleibt doch wohl eine unstreitige Wahrheit, daß tausend Mannigfaltigkeiten zur Einheit gestimmt, mehr Würkung thun als eine Einheit worinn nur fünfe versammlet sind 〈…〉. / Selbst die Macht womit der Geschmack an den englischen Gärten jetzt ganz Europa überwältiget, kann uns lehren, daß der Weg zur Mannigfaltigkeit, der wahre Weg zur Größe sey, und daß wenn wir nicht ewig in dem Ton der Galanterie, welcher zu Zeiten Ludewigs XIV. herrschte, bleiben wollen, wir nothwenig einmahl zur mannigfaltigen Natur wieder zurück kehren, aus dieser von neuen schöpfen, und eine größere Menge von Naturalien als bisher, zu vereinigen suchen müssen“ (Westphälische Beyträge 12, Sp. 92f.). 285,7 Mein Schattenbild] Nicht überliefert. – Jenny von Voigts hatte im Bezugsbrief um Goethes „Schattenbild“ gebeten, denn „von Ihnen selbst würde es mir theurer sein und auch gewis, daß es Ihnen ähnlich wäre“ (Möser, Briefwechsel, 602). 285,7–8 etwas schiken, das weniger Fläche ist] Goethe beabsichtigte, seine Büste zu schicken (vgl. zu 306,17). 285,8–10 Ihrige 〈…〉 an der Wand gezeichnet ist und ohnausgeschnitten] Nachdem Goethe am 20. August 1781 (vgl. 314,15–16) und am 4. März 1782 das versprochene Bild (WA IV 5, 276) angemahnt hatte, bemerkte er am 5. Mai 1782: Möchte das versprochene Portrait doch recht balde ankommen, damit ich ihm sogleich in dem neuen Quartier, das ich so eben beziehe, seinen Platz anweisen könne. (WA IV 5, 321.) In der Klassik Stiftung Weimar ist eine lebensgroße Silhouette von Justus Möser überliefert (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KSi). Von Jenny von Voigts befindet sich eine nicht lebensgroße Silhouette in der Universitätsbibliothek Münster (Handschriftenabteilung, Sprickmann Nachlass; vgl. Sheldon, Freundschaftsbriefe, VI und Abb. 13). – Zu den so genannten Original-Silhouetten, die Profilporträts in Lebensgröße zeigen und die Goethe offenbar bevorzugte, vgl. GB 2 II, zu 160,25. – Eine noch nicht ausgeschnittene Silhouette bot dem Besitzer mehrere Möglichkeiten der Gestaltung. So konnte er die Kontur auf dem vorliegenden Blatt austuschen oder die Silhouette ausschneiden, wobei er das Negativ, mit einem schwarzen Blatt hinterlegt, zusätzlich verwenden konnte (vgl. Anton Kippenberg: Die Technik der Silhouette. In: Jahrbuch der Sammlung Kippenberg. Erster Band. Leipzig 1921, S. 149f.).

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428. An Jacob Friedrich von Fritsch

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〈Weimar〉, 22. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt; zuletzt angeboten auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse 2004 von Herbert Blank: Wertvolle Bücher, Autographen, Illustrierte Werke, Graphik. 43, S. 20. – Doppelblatt, 1 ½ S. beschr., egh.; egh. Adresse, Siegelrest; S. 1 Eingangsvermerk: „22. Juni 1781“ (Angaben nach Herbert Blank und Hartung & Hartung: Wertvolle Bücher, Manuskripte, Autographen, Graphik. Auktion 96. München 1999, S. 376, Nr 2296). – Teilfaksimile: Hartung & Hartung 〈…〉, S. 377, Nr 2296 (285,25–286,8 ich durch dieses bezeigte 〈…〉 Goethe). E: Wernekke (1905), 18. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 58f., Nr 1256a (nach E). Textgrundlage: E und Teilfaksimile. ERL ÄUT ERUNGEN

Goethes Brief bezieht sich inhaltlich auf einen nicht überlieferten Brief, mit dem Jacob Friedrich von Fritsch auf Goethes Gesuch vom 31. März 1781 (Nr 352), innerhalb der Freimaurerloge „Amalia zu den drei Rosen“ befördert zu werden, reagierte. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Im vorliegenden Brief wendet sich Goethe an Fritsch als Meister vom Stuhl der Weimarer Loge „Amalia zu den drei Rosen“. Am folgenden Tag wurde er innerhalb der Loge in den zweiten Johannisgrad, den des ‚Gesellen‘, befördert. Goethe war am 23. Juni 1780 in den Orden aufgenommen worden und hatte am 31. März 1781 ein Beförderungsgesuch gestellt (Nr 352). – Vgl. dazu ausführlich die Erläuterungen zu den Briefen an Fritsch vom 13. Februar 1780 (Nr 16) und vom 31. März 1781 (Nr 352). 285,17 jeden Schritt] Im Brief vom 31. März 1781 an Fritsch hatte Goethe gebeten: Sollte es möglich seyn mich gelegentlich bis zu dem Meistergrade hinauf zu führen, so würde ich’s danckbaarlichst erkennen (247,21–22). Er wurde schließlich regulär erst zum Gesellen befördert. In der Regel galt eine Wartezeit von einem Jahr, um in den jeweils höheren Erkenntnisgrad aufzusteigen, zunächst in den symbolischen Graden vom Lehrling bis zum Gesellen und Meister. Erst nach dem Erreichen des vierten Grades, den des Schottischen Meisters, bestand die Möglichkeit, in den Inneren Orden (Rittergrade) aufgenommen zu werden (vgl. zu 247,15). – Über Gespräche mit Fritsch oder mit anderen Mitgliedern des Weimarer Ordens im Zusammenhang mit Goethes Beförderung ist nichts bekannt. Die Mitglieder des Ordens waren zu strengstem Stillschweigen über Ordensangelegenheiten verpflichtet und mussten die den Orden betreffenden Korrespondenzen aushändigen.

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285,17–18 die Gesetze und inneren Verhältnisse des Ordens] Goethe hatte sich mit den Ordensregeln bekannt gemacht (vgl. zu 247,22–23; zu 247,15). 285,19 gütigen Bemühungen] Vgl. zu 285,17. 285,20 O. Br.] Ordensbruder. 285,21–22 etwas zu begehren, was mir noch zurzeit versagt ist] Die Lehre der Strikten Observanz enthielt angeblich mit Bezug auf die Tempelritter ein streng gehütetes Geheimnis. Erst mit Erreichen der höheren Ordensgrade wurde ein Bruder mit der ganzen Lehre des Ordens bekannt gemacht (vgl. zu 247,15). 285,24–25 den hohen Obern des Ordens] Der Legende nach war der Templerorden nicht zerstört worden, sondern hatte im Geheimen in Schottland weiter existiert. Die Namen der angeblich folgenden Großmeister, der ‚Unbekannten Oberen‘, waren geheim. – Vgl. zu 247,15. 285,25 Dispensation] Eine Dispensation, also ein „Befreiung von Vorschriften“ (GWb 2, 1220) und somit die schnellere Beförderung in die Meistergrade, konnte erteilt werden, wenn besondere Gründe vorlagen, was bei Goethe aber nicht der Fall war. Dennoch erfolgte seine Beförderung zum einfachen Meister etwas früher als gewöhnlich am 2. März 1782.

429. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 22. Juni 1781 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 142. – Doppelblatt 18,8(–19) × 27,8 cm, 3 ¾ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe, Tinte; S. 1 Rest eines roten Siegels; Auslassungszeichen von fremder Hd, Bleistift (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 129–132, Nr 35 (Teildruck mit Auslassungen: 286,23–287,24 Es erhebt die Seele 〈…〉 was du Engel nennst.; 287,28–30 und dein Reich 〈…〉 nicht von dieser Welt ist; 288,2–5 Ich hab’ es etlichemal 〈…〉 gar nicht übergeht.; 288,11–13 besonders von M. 〈…〉 zu haben scheinst.; 288,20–25 Glaube mir, das Unterirdische 〈…〉 nicht mehr schreiben will.; 288,31 Sage mir etwas von der van der Borg.; 289,1–6 Der Chirurgus Hähling 〈…〉 Albernheiten fließen könnten.). E2: Hegner (1836), 140–144 (Teildruck: 286,10–288,5 Zuförderst dank’ ich dir 〈…〉 davon gar nicht übergeht.; 289,7–11 Schließlich bitte ich 〈…〉 unter uns zu erhalten.). E3: WA IV 5 (1889), 146–151, Nr 1256 (Eduard von der Hellen).

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ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 19. Mai 1781 (abgedruckt als Beilage zu Nr 408; vgl. RA 1, Nr 147). – Lavater antwortete am 16. August 1781 (vgl. RA 1, Nr 150). Postsendungen: 26. Juni 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 39r). 286,9 auf einige Zeit von hier weggehe] Zum Aufenthalt in Ilmenau ab dem 25. Juni 1781 wegen der Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). 286,10 Menschlichster] Die ungewöhnliche Bildung des Substantivs im Superlativ spielt auf Lavaters ausgeprägte Menschenkenntnis an (vgl. die folgenden Erläuterungen). 286,11 deine gedrukten Briefe] Das erste Stück des zweiten Bands der „Vermischten Schriften“ (Winterthur 〈1781〉) enthielt „Briefe und Auszüge aus Briefen“ von Lavater (S. 7–262; vgl. Lavater, Werke 5, 413–624). Dieser Band war in einem kurzen Zeitraum zwischen Januar und März 1781 entstanden, Mitte Mai hatte Lavater die ersten Exemplare vom Verlag erhalten (vgl. ebd., 88–90). Goethes Exemplar ist nicht überliefert. 286,11–12 das beste von allen deinen Schriften] Die „Briefe und Auszüge aus Briefen“ wurden in Weimar als Zeugnis von Lavaters Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen rezipiert. Knebel hatte bereits am 10. Juni 1781 dem Verfasser geschrieben: „Meinen Lieben und Freunden les’ ich daraus vor. Es ist Balsam für die Seelen. Zuweilen Tiefäzender und wie Scheidewasser wegfressender. Mehr, mehr Briefe für uns, naher und ferner Herzenskenner und Nenner!“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.118.) Auch Herder betonte trotz seiner Distanzierung von Lavater dessen Menschenkenntnis: „Lavaters Briefe in seiner 2ten Samlung vermischter Schriften sind brav u. er wird damit viel Gutes stiften. Es ist eine edle m e n s c h l i c h e Seele – das höchste Wort, womit man ihn loben kann.“ (Brief an Johann Georg Müller vom 5. Juni 1781; HB 4, 184.) – Von den abgedruckten Briefen erhoffte sich Lavater einen allgemeinen Nutzen für ein breites Publikum: „Da ich übrigens längst für gewiß halte, daß der, der an viele schreiben will, beynahe an Niemand schreibt, und der, der an Einen allein schreibt, an Tausende schreibt, so hoff’ ich an viele, viele geschrieben zu haben, indem ich Briefe bekannt mache, die nur unmittelbar an Einzelne geschrieben sind.“ (Lavater, Werke 5, 624.) Im „Vorbericht“ zum ersten Band der „Vermischten Schriften“ (Winterthur 〈1774〉) hatte Lavater sein Ziel, die Verbreitung seiner religiösen Überzeugungen, deutlich zum Ausdruck gebracht: „Wahre M e n s c h l i c h k e i t – ist wahre Weisheit und Tugend. Ich weiß nichts, wodurch diese mehr befördert und auf eine sichere und schnellere Weise ausgebreitet werden kann, als durch deutliche Darstellung und eine weise richtige Anwendung der christlichen Lehre. 〈…〉 Indem ich das Christenthum zu befördern mir angelegen seyn lassen werde, werd’ ich unfehlbar das befördern, was al-

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lein wahre Weisheit und Tugend genennt zu werden verdienet. – Der vollkommenste Christ wird immer der vollkommenste Mensch seyn.“ (Ebd., 169.) 286,12–13 nehmen dir viele 〈…〉 diesen Schritt übel] In seiner „Nachschrift zu diesen Briefen“ beteuerte Lavater sowohl die Authentizität der abgedruckten Briefe als auch seine Diskretion (vgl. Lavater, Werke 5, 624). Tatsächlich wurde ihm von seinen Kritikern immer wieder Indiskretion vorgeworfen. Auch Freunde von ihm waren überrascht von der Publikation privater Briefe. So hatte etwa Graf Thun bereits im Vorfeld der Veröffentlichung seine Briefe zurückgefordert, und Lavater hatte ihn nur mit Mühe beruhigen können, zumal er nur seine eigenen Briefe abdrucken lasse (vgl. ZB Zürich, FA Lav Ms. 584.47; Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 137f.). 286,17 keine Zeile anders lese als du sie geschrieben hast] Trotz der Anonymisierung der Briefe dürften Goethe weder der an ihn gerichtete 15. Brief (vom 19. Januar 1774, vgl. Lavater, Werke 5, 439; Goethe-Lavater3, 17) noch Lavaters Hinweis auf ihre Differenzen im 82. Brief (an Wieland vom 8. November 1775) entgangen sein: „Aehnlichkeit der Meynungen fordere ich von keinem H e r z e n s f r e u n d e sogar. P.〈fenninger〉 ausgenommen, hab’ ich unter vielen herzlich geliebten keinen, der nicht in manchen Dingen ganz verschieden von mir denke. Wer kann verschiedener denken, als G.〈oethe〉 und ich? Und dennoch lieben wir uns sehr.“ (Lavater, Werke 5, 551.) 286,22–23 Selbst deinen Christus 〈…〉 und bewundert.] In Anspielung auf Lavaters Bedürfnis nach einer unmittelbaren Christuserfahrung. – Lavaters Christologie zielte durch Menschenkenntnis auf die Erkenntnis Gottes, da in jedem Mensch ein Kern Gottes verborgen sei; durch ‚imitatio Christi‘ (Ähnlichwerden mit Christus) könne der mit dem Sündenfall aus der Bahn geratene Mensch zu seiner ursprünglichen Bestimmung zurückfinden. – Im zweiten Band der „Vermischten Schriften“ ist diese Überzeugung am deutlichsten in Brief 14 artikuliert: „Ich glaube, daß Gottes Geist so eigentlich in uns ist, wie in Christus 〈…〉. Gott ist im eigentlichsten Verstande der Va t e r d e r G e i s t e r a l l e s F l e i s c h e s. Wir sind Seiner Art, Seines Geschlechts; Aber nur d e r genießt die R e c h t e eines Kindes Gottes, i s t ein rehabilitirtes Kind Gottes, der es g l a u b t; Und nur der kann es glauben, daß er ein Kind Gottes sey, der glaubt; Daß der durchaus menschenähnliche J e s u s Gottes Sohn sey. Wer an Jesum glaubet, als an den Sohn Gottes, muß auch zugleich an sich, als an ein Kind Gottes glauben. Wer an Jesum glaubt, hat Macht ein Kind Gottes zu seyn, und als ein solches zu handeln. Der Glaube an sich selber ist der Glaube an Gott in uns. Wer glaubt, daß Gott in ihm sey, wie in Jesu, der kann handeln, wie Jesus, leiden, wie Jesus, selig seyn, wie Jesus 〈…〉 – Wer itzt schon erfährt, daß Gott in ihm ist, wie in Jesu, der hat das Zeugnis Gottes in ihm selber, nämlich das ewige Leben.“ (Lavater, Werke 5, 437f.; vgl. auch Brief 19 [ebd., 449].)

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287,2 Wollust] Hier nicht im engeren Sinne von ‚sinnliche, leibliche Lust‘, sondern im weiteren Sinne: „der höchste Grad eines jeden, selbst erlaubten und mehr geistigen Vergnügens“ (Adelung 4, 1610). 287,8–16 Nur das kann ich nicht anders 〈…〉 seinen Kindern anbeten.] Goethe verband seine Kritik an Lavaters religiösem Eifer und intolerantem Christusbezug sowie dessen Anspruch, sein Christusbild sei allgemeingültig, mit einem Plädoyer für ein tolerantes Verständnis von Religion. Lavater, der seit Beginn ihrer Freundschaft Goethes Person als Ebenbild Christi zu deuten versucht hatte, nahm in seiner Antwort diese Analogie wieder auf: „Lieber Goethe, dein Brief ist ein Strahl deiner eignen großen Natur, der durch meine Finsterniß drang, wie ein Blitz vom Himmel. / Du hast recht: Bis ich S e i n e r so gewiß bin, wie d e i n e r, ist alles, was ich von I h m sage, nur Anbethung meiner selbst. / 〈…〉 / Wenn das, was ich vor mir sehe, nicht i n sondern a u ß e r mir ist; wenn du ein freyes Wesen in Weymar bist, an welches ich, freyes Wesen in Zürich, izt schreibe – wenn ich izt nicht an mich selber, sondern an dich einen andern außer mir schreibe – so kann’s auch einen Christus geben, der s o im Himmel ist, wie du in Weymar – mit dem ich mich s o u n t e r h a l t e n k a n n, wie mit dir – der so auf mich zurückwirken kann, wie du auf mich zurück wirkest, wenn du mir einen Brief beantwortest. / Ist nun diese Evangelische Geschichte wahr; Erweckt sie mir ähnliche Sensazionen, wie der Gedanke, wie die Überzeügung: G o e t h e ist in We y m a r. G o e t h e in Weymar hat so u. so viel Ve r s t a n d u . K r a f t, die mit deinem Geistes u. Kraftmaaß in solchem u. solchem Verhältniß steht – u. so viel G ü t e, daß er Wirkungen von dir annehmen, u. dir Etwas von sich mittheilen will – So, u. noch unendlich mehr hat Christus Relazion zu dir! So ist Er an dich – So an’s Universum attaschirt. Er ist die Erste (und E i n e muß doch die erste seyn – heiße sie, wie sie wolle) aller z w e y t e n U r s a c h e n, das Haupt aller willkürlich u. freyhandelnden Wesen – das Zentrum aller – Ist diese Überzeugung der Effekt der evangelischen Lektüre – zeigt mir das Evangelium ein wirkliches allen meinen u. allen andern Bedürfnißen genugsames Wesen a u ß e r m i r, 〈…〉 wie kann ich dann irgend etwas von dem Reiche deßelben ausschließen? Wie nicht alles an dasselbe anhängen? Alles als Abdruck, Ebenbild, Werk, Ausfluß von I h m ansehen?“ (Goethe-Lavater3, 185–187; vgl. Karl Pestalozzi: Lavaters Hoffnung auf Goethe. In: Das Antlitz Gottes im Antlitz des Menschen. Zugänge zu Johann Kaspar Lavater. Hrsg. von Karl Pestalozzi und Horst Weigelt. Göttingen 1994, S. 260–279, bes. S. 273.) – Goethe reagierte zunächst nicht auf Lavaters Brief und schrieb ihm erst am 14. November 1781 (Nr 520) wieder. 287,16–17 nicht verändern kannst] Im Rückblick auf seine Freundschaft mit Lavater betonte Goethe die unveränderliche Überzeugung des Briefpartners: Lavater hatte eine unglaubliche Geduld, Beharrlichkeit, Ausdauer; er war seiner Lehre gewiß, und bey dem entschiedenen Vorsatz, seine Ueberzeugung in der Welt auszubreiten, ließ er sich’s gefallen, was nicht durch Kraft gesche-

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hen konnte, durch Abwarten und Milde durchzufuhren. (AA DuW 1, 500 [14. Buch].) 287,19–20 Fels der Menschheit] Mit biblischen Anklängen: „Du bist Petrus, und auf diesen felsen will ich bauen meine gemeine“ (Matthäus 16,18; Luther-Bibel 1772 NT, 20). 287,23 wie du Gasnern] Ausnahmsweise hatte Lavater den Adressaten des 17. Briefes vom 18. September 1778, den 1779 verstorbenen katholischen Pfarrer und Exorzisten Johann Joseph Gaßner, nicht anonymisiert (vgl. Lavater, Werke 5, 442–446). Lavater betonte, dass er ihn nicht „für einen B e t r ü g e r oder B e t r o g e n e n halte“ (ebd., 443). Zugleich äußerte er sich skeptisch über Gaßners These, alle Krankheiten würden vom Teufel herrühren (vgl. ebd., 444). Gaßners Exorzismen hatten viel Aufsehen erregt; unter seinen Anhängern galt er als Wundertäter, unter seinen zahlreichen Kritikern als Betrüger und Schwindler. Mit dem Abdruck dieses Briefes nahm Lavater Polemik und kritische Rezeption der „Vermischten Schriften“ in Kauf. – In Briefen an Goethe hatte Lavater 1774 seine Begeisterung für Gaßner ausgedrückt (vgl. Goethe-Lavater3, 36–38, 42f.). 287,23 Nervenbehagen] Anspielung auf Lavaters Diktum über den Exorzisten: „G a ß n e r hat summum imperium in nervos“ (Lavater, Werke 5, 444. – Lat.: höchste Herrschaft über die Nerven). 287,24 was du Engel nennst] In Anspielung auf Lavaters Wunderglauben. Im 37. Brief hob er die Bedeutung der Engel als „M i t t l e r zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Welt“ hervor: „Ich glaube, Gott erhöre die meisten positiven Gebethe durch sie, und verrichte durch sie viele Wunder.“ (Lavater, Werke 5, 483.) 287,25 Dein 122 Brief über dich selbst] Der 122. Brief „An Z.“ vom „6. Dec. 1777“ weist geringfügige Änderungen gegenüber der Vorlage auf, Lavaters Brief an Johann Georg Zimmermann vom 4. Dezember 1777 (vgl. Lavater, Werke 5, 610–623). In diesem ausführlichen Brief bittet Lavater den Freund inständig, auf eine scharfe Kritik gegen ihn nicht zu antworten: „O Freund! 〈…〉 O laß sie; Laß sie! 〈…〉 Jedes neue Wort für mich erregt neue Bitterkeiten wider mich. 〈…〉 Alles Lob meiner Freunde kann mir doch kein Gran Talent oder Verdienst geben, das ich nicht habe; So wenig, als meiner Gegner Tadel mir ein Gran von meiner wahren Existenz weghöhnen, weglächeln, oder wegzüchtigen kann. Ihr habt mich zum Genie hinaufgeposaunt, lieben Freunde! Zum Narren schmettern mich meine Gegner herunter. Bin ich nun G e n i e oder N a r r? Mich dünkt; Keines von beiden. Der eine hat so recht, wie der andere. Giebt’s denn kein Mittel zwischen Genie und Narr, zwischen Engel und Teufel, wozu man mich wechselweise hinauf- und hinablügt? Was ist nun mit all’ Euerm Lobe gewonnen? Mit jenen Erniedrigungen allen, was verloren? Ich bin nun einmal, was ich bin, und wie mich Gott gemacht und organisirt hat 〈…〉; Und – sey’s nun Stolz oder Dehmuth, oder was es sey – Ich bin ganz wohl zufrieden mit dem, was Gott aus mir gemacht hat“ (ebd., 611–613).

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287,28–30 dein Reich 〈…〉 nicht von dieser Welt ist] In Anspielung auf Johannes 18,36: „Mein reich ist nicht von dieser welt.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 117.) – Hier in ironischer Anspielung auf Lavaters Kommunikationsstrategie: Mit der Veröffentlichung seiner Briefe gab er intime Belange preis und gewährte dem Publikum unmittelbare Einblicke in seine Gefühlswelt, um die Verbreitung seiner Christologie zu befördern. 287,31 Deine Poesien] Vgl. zu 233,7. 287,31 Reich ein Exemplar verehrt] Lavaters „Poesieen“ erschienen beim Leipziger Verleger Reich. Lavater hatte versehentlich das für Reich bestimmte Druckmanuskript an Goethe verschickt (vgl. zu 233,1), der es wahrscheinlich an den richtigen Adressaten weitergeleitet hatte. Vermutlich war das der Grund für Reichs Geschenk; ein Begleitbrief ist nicht überliefert. Das Exemplar ist nicht in Goethes Bibliothek überliefert. 287,33–34 deinen Freunden gewidmet] Lavaters Gedichtsammlung trug den Untertitel „Den Freunden des Verfassers gewiedmet“. – Lavater hatte Knebel am 26. März 1781 geschrieben: „Soeben bin ich mit den P o e s i e e n, der Sammlung aller meiner R e i m f r e y e n Ve r s e fertig geworden. Sie ist nur für F r e ü n d e bestimmt, obgleich sie in aller WeltHände kommen kann. Sie ist Ihnen als G e s c h i c h t e meiner Poesie, meines Herzens nicht verwerflich. alles, was ich je gedichtet, ist drinn. Vier Stücke an L… 〈Herzogin Louise〉 mit nöthigen Weglaßungen. Eins an H.〈Herder〉 mit einiger Weglaßung. Nichts an Sie; Nichts an G.〈Goethe〉 nichts an den Herzog – Ich konnte und wollte nichts neües machen. – Ich bitte, seiner Zeit alles zum Beßten zuwenden.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.143.) 288,2 etlichemal versuchen wollen] Nicht ermittelt. 288,6–7 Unser Bildhauer 〈…〉 zugeschikt werden soll.] Der Weimarer Hofbildhauer Klauer schuf 1781 eine Büste von Herder in Kalkstein (KSW, Museen, Inv.-Nr KPl/01695), von der mehrere Gipsabgüsse erstellt wurden. Carl August ließ Lavater ein Exemplar zukommen, wofür sich dieser am 22. September 1781 bedankte: „Ich habe die vorige Woche eine, zwar untenher sehr zerbrochne Büste von H e r d e r erhalten, die aber in allem Betracht nebL G o e t h e nicht stehen kann. Nie hab’ ich G o e t h e größer gesehen, als in seiner Büste neben der von H e r d e r n. Ich danke dem bescheidenen Sender. / Eben das sagte die S c h u l t h e ß und noch ein Paar andre v. H.“ (LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 70, Bl. 6.) 288,10 die geheimen Künste des C.] ‚C.‘ für Cagliostro (vgl. zu 209,1). – Goethes Warnung vor Cagliostros Betrügereien verfehlte ihr Ziel. In seiner Antwort pflichtete Lavater Goethe zwar bei: Cagliostro ist „im Grunde ein Enfant gaté 〈verwöhntes Kind〉 der großen Natur 〈…〉 – Ein durch große Einseitigkeit unbrauchbares Ungeheüer.“ (Goethe-Lavater3, 190.) Er setzte aber seine Kontakte zu Cagliostro fort und traf ihn erneut am 22. Oktober 1781 in Basel bei Jacob Sarasin, dessen Frau Cagliostro geheilt hatte (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1,

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156). Am 15. Dezember 1781 schrieb er jedoch an Sarasin, dass er ein Horoskop für „zwanzig mahl treffender“ als Cagliostro halte (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 579.81). Offenbar hatten ihn Goethes Ausführungen über den Wundertäter in einem nicht überlieferten Brief an Barbara Schultheß überzeugt (vgl. EB 135). 288,11 von M. her] ‚M.‘ für Mitau (heute: Jelgava, Lettland). – Dort hatte sich Cagliostro im Jahr 1779 aufgehalten. Lavater hatte Goethe, der wiederum gut informiert war (vgl. die folgende Erläuterung), von seiner Korrespondenz mit Elisa von der Recke aus Mitau berichtet (vgl. zu 209,3–4), zuletzt im Bezugsbrief (vgl. Beilage zu Nr 408). – Von der Recke war später maßgeblich an der Aufklärung der Hochstapelei Cagliostros beteiligt und gab zu, von Cagliostros geschickter Mischung aus „Religion, Magie und Freimaurerey“ eingenommen worden zu sein (vgl. Charlotta Elisabeth Konstantia von der Recke: Nachricht von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalte in Mitau im Jahre 1779 und von dessen dortigen magischen Operationen. Berlin und Stettin 1787, hier S. 13; vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 6 II, Nr 109). 288,11–13 Spuren 〈…〉 Masse Lügen, die im Finstern schleicht] Anklang an Psalm 91,5–6: „Das du nicht erschrecken müssest 〈…〉 / Vor der pestilentz, die im finstern schleicht“ (Luther-Bibel 1772 AT, 504). – Meldungen über Cagliostros Betrügereien und die Instrumentalisierung der Freimaurerei wurden über Freimaurer-Netzwerke verbreitet. Goethe dürfte die Informationen durch Johann Joachim Christoph Bode, ein führendes Mitglied der Hamburger Loge „Absalom zu den drei Nesseln“ wie auch der Weimarer Loge „Amalia zu den drei Rosen“, erhalten haben. Bode war der Herausgeber der anonym veröffentlichten Schrift „Ein paar Tröpflein aus dem Brunnen der Wahrheit. Ausgegossen vor dem neuen Thaumaturgen Caljostros“ (Am Vorgebürge 〈Frankfurt a.M.?〉 1781). Dort wird ein auf Anfang Mai 1781 datierter, mit Anmerkungen des Herausgebers versehener Brief wiedergegeben, der Cagliostros Tätigkeiten in Mitau, St. Petersburg und Warschau protokolliert, wo er als Freimaurer aufgetreten war. Cagliostro, der kein Freimaurer sei, wird wie folgt beschrieben: „Was 〈…〉 einem jeden zuerst in die Augen fällt, ist seine Effronterie 〈Dreistigkeit〉, die nicht ihres Gleichen hat, und ein gänzlicher Mangel an allem, was man Weltkenntniß und Erziehung heißt. Gründliche Wissenschaft in irgend einem Fache sucht man bey ihm umsonst. Diesen Mangel ersetzt er aber durch eine starke kreischende Stimme, durch ein vortrefliches Gedächtniß und durch handgreifliche Unwahrheiten.“ (Ebd., S. 8f.) Lavater bezeichnete das Buch im Antwortbrief als „Schurkerey“ (Goethe-Lavater3, 190). 288,25 warum die B. nicht mehr schreiben will] ‚B.‘ für Maria Antonia von Branconi. – Lavater hatte im Bezugsbrief von ihrer Absage berichtet (vgl. Beilage zu Nr 408). Zuvor hatte er Cagliostro über Branconi Fragen zukommen lassen, die allerdings gar nicht oder nur orakelhaft beantwortet wurden (vgl. Funck, Branconi, Goethe und Lavater, 288f.), und Goethe am 26. März Auszüge aus einem Brief Branconis über Cagliostro mitgeteilt (vgl. Goethe-Lavater3, 166). Im Brief

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vom 16. August berichtete er von ihrem endgültigen Bruch mit Cagliostro (vgl. ebd., 190). 288,26 der Schultheß den Anfang eines neuen Dramas geschikt] Vgl. EB 124. Goethe schickte den ersten Akt des „Tasso“ (vgl. zu 161,2). – Lavater äußerte sich am 16. August 1781 begeistert von der Lektüre (vgl. Goethe-Lavater3, 191). Im November 1781 folgte der zweite Akt des Stücks nach Zürich (vgl. 344,1–2). 288,27–28 Tobler wird dir geschrieben haben, seitdem er von uns weg ist] Lavater hatte Goethe im Bezugsbrief Grüße an Tobler bestellt (vgl. Beilage zu Nr 408). Dieser befand sich seit dem 23. Mai 1781 auf einer Reise nach Halle, in den Harz und nach Leipzig und kehrte Mitte Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 274,5–6). Lavaters Brief an Knebel vom 23. Juli 1781 lässt darauf schließen, dass er keine Nachrichten von Tobler erhielt (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 403). 288,29–30 unter seinen Umständen] Anspielung auf Toblers hypochondrischen Charakter und dessen unglückliches Verhältnis zu Maria Antonia von Branconi, der Grund für Toblers Deutschlandreise (vgl. die erste Erläuterung zu 267,22). – Lavater bedankte sich für Goethes Fürsorge für Tobler (vgl. Goethe-Lavater3, 191). 288,31 van der Borg] Anne van der Borch (Borg), die Goethe und Carl August am 31. Oktober 1779 in Genf kennen gelernt hatten (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 338,8). Mit Lavater hatte sie im Spätsommer 1780 eine briefliche Freundschaft angeknüpft (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 529.280–285; 585.8–15); eine persönliche Begegnung hatte erst zwischen dem 2. und dem 19. April 1781 stattgefunden (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 141–143). Vermutlich hatte Lavater Goethe über deren Besuch in einem nicht überlieferten Brief informiert, wie er vom Besuch ihres ältesten Sohnes, Atie (Atje), am 3. März berichtet hatte (vgl. Goethe-Lavater3, 155; Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 138f.). Lavaters Antwort enthält keinen Hinweis auf die Familie van der Borch. – Lavater und Jacobi unterstützten die von ihrem hochverschuldeten Mann getrennt lebende van der Borch, als sie im Herbst und Winter 1781/82 in Düsseldorf ihre finanziellen Angelegenheiten mit diesem klärte, bevor er eine Stelle als Gesandter am schwedischen Hof antrat (vgl. JB I 2, 349 und Erläuterung dazu). In seiner französischen Physiognomik druckte Lavater Silhouetten von Anne und Atje van der Borch ab (vgl. Lavater, Physiognomonie 2, 183–185). 288,32 deine Frau] Anna Lavater. 288,32 am braunen Tische] Nicht ermittelt. – Wohl Anspielung auf einen Tisch im Haus zur Reblaube, Lavaters Amtswohnung gegenüber der St. Peter-Kirche. 288,33 Pfenninger] Vgl. die dritte Erläuterung zu 14,29. 288,33 die Orells] David und Regula von Orelli. 289,1 Der Chirurgus Hähling] Tobias Friedrich Hähling stammte aus Jena und hatte in Straßburg eine Lehre als Wundarzt abgeschlossen. Bei seiner Ankunft in

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Weimar hatte er Carl August eine Empfehlung Lavaters vom 30. Dezember 1780 überbracht:

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Herr Chirurgus H e l l i n g von Jena, der in Zürich die Gnade hatte, sich Ihrer Durchlaucht darzustellen – wünschte sich diese Ehre durch meine Vermittelung auch in We y m a r. Eigentlich empfehlen will ich niemand, aber gern wiederhohl’ ich gute Zeugniße von gutL MenschL, die sich auf zuverläßige Kenntniß zuverläßiger Menschen gründen – weiters sag ich nichts als: die Aufführung und die Geschiklichkeit des überbringers heißen hier unzweydeutig. Ein guter Blik vom Landesvater ist die Freüde des Rechtschaffnen – Ich küße IhnL am anderleztL Tage 1780 die Hand. JC Lavater. (H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 70, Bl. 2.) Der Leibarzt Johann Friedrich Hufeland und der Medizinprofessor Loder prüften auf Carl Augusts Veranlassung die Qualifikationen und Kenntnisse Hählings. Loder erstattete im Juni 1781 Jacob Friedrich von Fritsch Bericht: „Den Chirurgus Heling hat Hr. Hofr. Hufeland gestern in Jena eine halbe Stunde gesprochen, und ist mit seinen soliden und praktischen Kenntnissen sowol, als mit seinem bescheidnen und Gutes versprechenden Bezeigen sehr zufrieden gewesen. Auch Er wünschte, den Mann näher an Serenissimi höchste Person attachirt zu sehen, weil man sich auf seine Geschicklichkeit so sehr verlaßen kann.“ (GSA 20/37,4, Bl. 36r; vgl. ferner Loders Brief vom 26. Juni 1781 [ebd., Bl. 38v].) – Hählings Anstellung verzögerte sich: Im März 1782 erhielt er zunächst ein Wartegeld, bevor er im Dezember 1783 zum Hofchirurg ernannt wurde (vgl. Wahl, Consilium, 788, Nr 11690 und 992, Nr 15107). 289,2 Der Brief den ihm Hirzel an den Herzog mitgegeben] Ein Empfehlungsschreiben des Arztes Hans Caspar Hirzel konnte nicht ermittelt werden. Er war sowohl Herzog Carl August als auch Goethe unsympathisch (vgl. zu 82,28–29). 289,3 Hoze] Carl August hatte über Johannes Hotz anders als über Hirzel eine positive Meinung gewonnen, als er ihn mit Goethe am 22. November 1779 in Richterswil besuchte (vgl. zu 63,18). Der Herzog schenkte ihm Ende 1781 einen Sattel (vgl. zu 96,11). 289,7–11 Schließlich bitte ich 〈…〉 unter uns zu erhalten.] Lavaters Antwortbrief ließ lange auf sich warten. Er schrieb Knebel am 23. Juli 1781: „G o e t h e hat mir über meine Schreibereyen einen wichtigen Brief geschrieben. Ich sehne mich nach einer ruhigen Stunde, ihm darüber schreiben zu können.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 403.) Knebel antwortete am 3. August 1781: „G ö t h e hat mir was von dem Briefe an Sie gesagt. Wie begierig bin ich was von Ihren darauf zu wissen! Ihre Briefe sind beynahe ein allgemeines Handbuch hier ge-

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worden.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.120.) Erst am 16. August 1781 schrieb Lavater Goethe in einer langen Entgegnung: „dein Brief ist ein Strahl deiner eignen großen Natur, der durch meine Finsterniß drang, wie ein Blitz vom Himmel.“ (Goethe-Lavater3, 185.) Darauf berichtete Tobler Lavater im Brief vom 1. September: „Goethe hat gar große Freude mit deinem lezten Brief gehabt – u. sich deiner U n ü b e r w i n d l i c h k e i t gefreüt.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 529.132; vgl. Goethe-Lavater3, 359.)

430. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 23. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 58. – 1 Bl. 20,3 × 11,8 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr〈. v. Stein〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „136.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 141), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 82. WA IV 5 (1889), 151, Nr 1257. BEIL AG E

Rosen (vgl. 289,17). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 289,15 Die Briefe bring ich zu Mittage mit] Wahrscheinlich die schon angekündigten Briefe an Friedrich Müller (Nr 426) und Jenny von Voigts (Nr 427) vom 21. Juni (vgl. zu 279,4–5) sowie der Brief an Johann Caspar Lavater vom 22. Juni 1781 (Nr 429). Alle drei Briefe wurden erst am 26. Juni abgeschickt (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 39r). 289,16 diese lezte Zeit] Vor der Reise nach Ilmenau und Umgebung, zu der Goethe am 25. Juni 1781 aufbrach (vgl. zu 291,25).

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BRIEF 431

431. An Jacob Friedrich von Fritsch

Weimar, 24. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 18–19. – Doppelblatt 37,8 × 27,9 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unten rechts Präsentatsvermerk, Tinte: „ps.d. 24. Juny 1781. F.“. E: WA IV 5 (1889), 151–154, Nr 1258 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 289,20 Abschied] Goethe und der sachsen-weimarische Hof- und Regierungsrat Johann Ludwig Eckardt reisten am folgenden Tag als Deputierte für Sachsen-Weimar und Eisenach nach Ilmenau, wo am 27. und 28. Juni 1781 die Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha stattfand (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). Danach unternahm Goethe von Ilmenau aus eine kleine Exkursion in die nähere Umgebung, um sich mit den Bergwercken in dieser Gegend bekannt zu machen (412,17–18; vgl. zu 293,16). Erst am 11. Juli kehrte Goethe nach Weimar zurück (vgl. 302,19–20). 289,22–23 gestrige gütige Aufnahme] Am 23. Juni 1781 war Goethe innerhalb der Weimarer Loge „Amalia zu den drei Rosen“, deren Meister vom Stuhl Fritsch war, in den zweiten Johannisgrad, den des ‚Gesellen‘, befördert worden (vgl. Nr 428 und die Erläuterungen dazu). 290,1 Fechtmeister Fellon von Leipzig] Wahrscheinlich François Fellon, der im Sommer 1783 ein Gesuch an die Kammer in Eisenach „um Anstellung mit Gehalt als Tanz- und Fechtmeister beim Gymnasium in Eisenach“ stellte (Wahl, Consilium, 939, Nr 14198). Goethes positives Urteil über Fellon wird durch einen Brief von Justus Christian Loder an Fritsch vom 26. Juli 1781 relativiert. Er schreibt aus Jena: „Der Franzos, der in Weimar gewesen, ist jezt hier, und will, wo nicht Fechtmeister, doch wenigstens Vorfechter, werden. Er hat mich 〈…〉 mehrmals mit seiner Gegenwart beehren wollen, ich habe mir’s aber immer verbeten. Die Bekanntschaften, die er, und vornemlich die Person welche er für seine Frau ausgiebt, mit verschiednen Studenten gemacht hat, fangen schon an, von der Art zu werden, daß ich es für meine Pflicht hielt, heute unserm Hrn. Prorektor 〈Johann Jacob Griesbach〉 dahin zu veranlaßen, ihn von hier zu remodiren. Der Mann bestätigte also das schon jezt, was ich in Weimar von ihm prophezeyte, wenn wir das Unglück hätten haben sollen, ihn zum Fechtmeister her zu kriegen.“ (GSA 20/37,4, Bl. 50v.) Über Goethes Bekanntschaft mit Fellon ist weiter nichts bekannt. 290,1–2 in einer Session Erwähnung] Näheres dazu nicht ermittelt. – 1780 war der akademische Fechtmeister und Stadthauptmann von Jena Johann Wolfgang Bieglein gen. Kreussler gestorben, und so wird sich Fellon Hoffnung auf eine Anstel-

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lung als akademischer Fechtmeister an der Universität in Jena gemacht haben. An den deutschen Universitäten hatte sich die Kunst des Fechtens erhalten, da der Degen als Zeichen des Adels galt und dort privilegierte Fechtschulen entstanden waren. 290,2 Belvedere] Schloss und Park Belvedere, südlich von Weimar gelegene herzogliche Sommerresidenz (vgl. die erste Erläuterung zu 38,2). 290,3 hiesigen Fechtmeister] Hoffechtmeister, zunächst dem Hofetat Anna Amalias, später dem Carl Augusts angehörend, und gleichzeitig außerordentlicher Fechtlehrer am Weimarer Gymnasium war von 1774 bis 1800 Christian Gottfried Heinnicke. Der Unterricht im Fechten gehörte zur Ausbildung der Pagen am Hof. 290,3–4 Da Hl. v. Brincken solche Bedingungen gemacht] Ein weiterer Bewerber für die Stelle des akademischen Fechtmeisters war Johann Heinrich von den Brinken (Brincken) aus Jena. Am 2. Juli 1781 sandte Justus Christian Loder einen Bericht über von den Brinken nach Weimar und fand die „Bedingungen, welche er macht 〈…〉 freylich größer, als ich mir’s vorgestellt hatte“ (GSA 20/37,4, Bl. 41r). Von den Brinken bestand im Gegensatz zu Fellon (vgl. 290,30–34) zunächst auf einer Pension von 400 Reichstalern, da er von den Privatstunden nicht leben könne, und auf den Titel eines Hauptmanns (vgl. GSA 20/37,4, Bl. 42r). In einem Brief vom 26. Juli informierte Loder Fritsch noch einmal über diese Angelegenheit, nachdem er Goethe einen Tag zuvor „mündlichen Bericht erstattet“ hatte (GSA 20/37,4, Bl. 50v). Am 28. Juli 1781 wurde im Geheimen Consilium nach einem Bericht der Universität Jena von den Brinken zum Fechtmeister ernannt und erhielt den Rang eines Hauptmanns (vgl. Wahl, Consilium, 713, Nr 10379). 290,6 Acquisition] Hier: „Gewinnung jds für eine Tätigkeit, ein Amt“ (GWb 1, 322). 290,7–8 nach eingehohlter Erkundigung von dem Hl. Prof. Clodius] Der Schriftsteller und Philosoph Christian August Clodius war seit 1760 Professor der Philosophie und der schönen Wissenschaften in Leipzig und mit Goethe aus dessen Leipziger Zeit bekannt. Am 12. Mai 1778 war Goethe mit Clodius noch einmal in Leipzig zusammengetroffen (vgl. GT I 1, 63). Briefe Goethes an Clodius sind nicht überliefert. 290,9 Die Antwort] Nicht überliefert. 290,20 Deliberation] „Beratung in offiziellem Gremium, Erörterung durch Sachkundige“ (GWb 2, 1119). 290,25–26 Elephanten] Seit 1696 bezeugter Gasthof am Markt in Weimar. 290,30 Fechtboden] Raum oder Saal für die Fechtübungen der Studenten, die unter der Anleitung eines Fechtmeisters stattfanden. 290,32 akkordiren] Hier: etwas „(vertragl) bewilligen, zugestehen“ (GWb 1, 320). 291,1 Personale] Die Lebensumstände sowie der Charakter einer Person.

790

BRIEFE 432/433

291,5 in Deliberation zu nehmen] Fellon erhielt die Stelle nicht. Am 28. Juli 1781 wurde von den Brinken zum Fechtmeister ernannt (vgl. zu 290,3–4). In der Sitzung des Geheimen Consiliums vom 17. Juli 1781 war angeordnet worden, wegen „der Abfertigung des im ‚Elefanten‘ logierenden Fechtmeisters Fellon“ an die Weimarer Kammer Weisung ergehen zu lassen (Wahl, Consilium, 710, Nr 10328). 291,5 Serenissimo] Dativ von lat. Serenissimus; hier: Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 291,5–6 Hl. G. R. Schnaus] Goethes und Fritschs Kollege im Geheimen Consilium Geheimrat Christian Friedrich Schnauß. 291,7–8 prävenant] Franz. prevenant: „zuvorkommend, einnehmend“ (Campe 2, 544). 291,10–11 einige Thaler zu seinem nothdürftigsten Unterhalte] In Goethes Rechnungen ist dazu nichts überliefert (vgl. auch die erste Erläuterung zu 291,5). 291,12 iungen Voigts] Der Geologe und Mineraloge Johann Carl Wilhelm Voigt war der jüngere Bruder des Weimarer Regierungsrats Christian Gottlob Voigt. Im Mai 1780 war er nach einem dreijährigen Studium der Bergwissenschaften an der Bergakademie in Freiberg nach Weimar zurückgekehrt (vgl. GB 3 II, zu 439,3–4). 291,13 einen Charackter] Schon während seines Studiums, das von Carl August gefördert worden war, hatte Voigt im Mai 1779 ein Gesuch um Anstellung im Herzogtum gestellt (vgl. Wahl, Consilium, 478f., Nr 6102). Jedoch fand sich zunächst keine Arbeit für Voigt, da sich die Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus verzögerte. Auch aus diesem Grund förderte Goethe Voigt durch Aufträge und geologische Forschungsreisen durch Thüringen und angrenzende Gebiete (vgl. 86,7–12; 144,18–21; 345,11–18; zu 178,5–7). Erst 1783 wurde Voigt zum Bergsekretär in der herzoglichen Bergwerkskommission ernannt (vgl. Wahl, Consilium, 964, Nr 14623). 291,13–14 seine mineralogischen Reisen] Voigt war 1780 von Goethe mit der geologischen Untersuchung des Herzogtums beauftragt worden und dokumentierte seine Bestandsaufnahme in einem Bericht, auf dem seine „Mineralogische Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach und einige angränzende Gegenden, in Briefen“ (1. Teil, Dessau 1782) beruhen (vgl. zu 86,7–9). Vom 23. Juni 1781 ist in Carl Augusts Schatullrechnungen folgende von Goethe unterzeichnete Rechnung überliefert: Funfzehn Thaler für verschiedene, bezüglich auf des iungen Voigts mineralogische Untersuchung des Herzogthums Weimar, deßen herauszugebenden Schrift und das Kabinet gemachte Auslagen, aus Durchl des Herzogs Scatoulle von Herrn Rath Bertuch wieder erhalten. (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1096, Bl. 61, Beleg Nr 812.) – Vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 239. 291,17 Applikation] Lat. applicatio: Anschluss, Zuneigung; hier: „Hingabe, Lerneifer“ (GWb 1, 778).

JUNI 1781

791

291,19–20 meiner verwaisten Kriegskasse] Goethe hatte Fritsch bereits am 7. Mai gebeten, die Rechnung der Kriegskasse zu überprüfen (vgl. zu 410,1–4). – ‚Verwaist‘ in Anspielung auf die Entlassung des zweiten Kriegskommissars Carl Albrecht von Volgstedt im Januar 1781 (vgl. zu 183,5).

432. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 58. – 1 Bl. 17,2 × 7,5 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, Rest eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „137.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 142), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 83. WA IV 5 (1889), 154, Nr 1259. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 291,25 zu verreisen] Goethe war im Begriff, nach Ilmenau aufzubrechen, wo er gemeinsam mit dem Juristen und sachsen-weimarischen Hof- und Regierungsrat Johann Ludwig Eckardt am 27. und 28. Juni die Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha zur Klärung hoheitlich-rechtlicher Fragen des Ilmenauer Bergbaus leitete (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). Von Ilmenau aus unternahm Goethe eine kleine Exkursion in die Nachbaarschafft, um sich mit den Bergwercken in dieser Gegend bekannt zu machen (412,17–18). Am 11. Juli 1781 war er wieder in Weimar (vgl. zu 302,19–20).

433. An Charlotte von Stein

〈Ilmenau〉, 28. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 58. – 1 Bl. 17,2 × 11 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „138“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 143), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

792

BRIEFE 434/435

E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 83f. WA IV 5 (1889), 156f., Nr 1261. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 292,1 Der erste Grus] Der erste Brief aus Ilmenau, wo er sich seit dem 25. Juni aufhielt, ist nicht überliefert (EB 126). 292,1 Bitte um Gerharden] Carl Abraham Gerhards „Versuch einer Geschichte des Mineralreichs“, dessen erster Teil 1781 bei Himburg in Berlin erschienen war. In Goethes Bibliothek ist der Titel nicht mehr nachweisbar. Dass er ihn besessen haben muss, belegt die Bitte in einem Brief an Knebel vom 6. Januar 1785: Schicke mir doch Gerhardts Mineralogie zurück. (GB 6 I, 6,3.) 292,2–3 unter deinen Nahmensverwandten] In Anspielung auf die Beschäftigung mit der Mineralogie, dem Steinreich, wie es Goethe in einem früheren Brief nannte (vgl. zu 98,16). Die Reisen als Bergwerkskommissar nach Ilmenau und in den Thüringer Wald nutzte Goethe immer auch zur Erkundung der geologischen Gegebenheiten und zum Sammeln von Steinen (vgl. zu 121,24). 292,3 das leidige Geschäfft] Die Ilmenauer Bergwerkskonferenz (vgl. zu 291,25).

434. An Charlotte von Stein

Ilmenau, 1. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 59. – 1 Bl. 17,1 × 20,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Blatt am linken Rand oben eingerissen; oben rechts von fremder Hd, Tinte, Bleistift: „144b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 144), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss zu Nr 436 (vgl. zu 293,14). E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 84. WA IV 5 (1889), 159, Nr 1263. BEIL AG E

Zeichnung oder Verse? (vgl. zu 292,21). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 2. Juli 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 294,9–10).

JULI 1781

793

292,6 Illmenau] Ilmenau, etwa 60 km südwestlich von Weimar am Nordrand des Thüringer Waldes gelegen, gehörte seit 1660 zum Herzogtum Sachsen-Weimar (zu Goethes Ilmenau-Aufenthalten vgl. zu 119,4). 292,7 Dein Andencken] Hier: anteilnehmendes Denken, Erinnern (an Charlotte von Stein) (vgl. GWb 1, 489). 292,9 Valetschmaus] Das Abschiedsessen nach Beendigung der Bergwerkskonferenz (vgl. zu 291,25). 292,9 unsre Freunde] Die kursächsischen und sachsen-gothaischen KonferenzDeputierten Christian August von Taubenheim und Eberhard Sylvius von Franckenberg (vgl. zu 411,19). 292,9–10 mit Knebeln] Knebel war am 28. Juni 1781 nach „Illmenau gegangen“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 28r). 292,10 nach Rudolstadt] Residenz des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt, etwa 35 km westlich von Ilmenau und nur etwa 8 km von Kochberg entfernt (vgl. zu 163,7). Wie Goethes Brief an Herzog Carl August vom 5. Juli 1781 nahelegt, nahm er nicht den direkten Weg nach Rudolstadt, sondern die etwa 40 km lange Strecke über Schwarzburg und Blankenburg (vgl. 295,21–22). 292,10 Schwarze] Schwarzburg (vgl. zu 294,16). 292,10–11 will ich dir zeichnen 〈…〉 Fleckgen treffe] Vgl. zu 294,17. 292,11–12 etwas für dich gearbeitet] Vgl. zu 295,9. 292,13–14 Daß deine Empfindung 〈…〉 gestört ward] Im Vergleich zur vorangehenden harmonischen Phase der immer enger werdenden Beziehung (vgl. die zweite Erläuterung zu 250,13; zu 260,13–14) scheint es kurz vor Goethes Abreise zu einer Verstimmung Charlotte von Steins gekommen zu sein, möglicherweise als Folge ihrer wiederauflebenden Eifersucht. Noch während der Ilmenau-Reise verstärkt sich bei Goethe ein latent vorhandenes Krisengefühl, das Gedanken an eine mögliche ‚Flucht‘ aufkommen lässt (vgl. zu 301,19). 292,17 Steinen] Josias von Stein. 292,21 eine Sudeley] Vielleicht eine flüchtige Zeichnung oder rasch hingeworfene Verse; Näheres dazu nicht ermittelt.

435. An Friedrich Justin Bertuch

Ilmenau, 1. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – Doppelblatt 17,2 × 20,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss zu Nr 436 (vgl. zu 293,14). E: Ludwig Geiger: Goethes Briefe an Bertuch. In: GJb IV (1883), 203, Nr 7. WA IV 5 (1889), 160, Nr 1264.

JULI 1781

793

292,6 Illmenau] Ilmenau, etwa 60 km südwestlich von Weimar am Nordrand des Thüringer Waldes gelegen, gehörte seit 1660 zum Herzogtum Sachsen-Weimar (zu Goethes Ilmenau-Aufenthalten vgl. zu 119,4). 292,7 Dein Andencken] Hier: anteilnehmendes Denken, Erinnern (an Charlotte von Stein) (vgl. GWb 1, 489). 292,9 Valetschmaus] Das Abschiedsessen nach Beendigung der Bergwerkskonferenz (vgl. zu 291,25). 292,9 unsre Freunde] Die kursächsischen und sachsen-gothaischen KonferenzDeputierten Christian August von Taubenheim und Eberhard Sylvius von Franckenberg (vgl. zu 411,19). 292,9–10 mit Knebeln] Knebel war am 28. Juni 1781 nach „Illmenau gegangen“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 28r). 292,10 nach Rudolstadt] Residenz des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt, etwa 35 km westlich von Ilmenau und nur etwa 8 km von Kochberg entfernt (vgl. zu 163,7). Wie Goethes Brief an Herzog Carl August vom 5. Juli 1781 nahelegt, nahm er nicht den direkten Weg nach Rudolstadt, sondern die etwa 40 km lange Strecke über Schwarzburg und Blankenburg (vgl. 295,21–22). 292,10 Schwarze] Schwarzburg (vgl. zu 294,16). 292,10–11 will ich dir zeichnen 〈…〉 Fleckgen treffe] Vgl. zu 294,17. 292,11–12 etwas für dich gearbeitet] Vgl. zu 295,9. 292,13–14 Daß deine Empfindung 〈…〉 gestört ward] Im Vergleich zur vorangehenden harmonischen Phase der immer enger werdenden Beziehung (vgl. die zweite Erläuterung zu 250,13; zu 260,13–14) scheint es kurz vor Goethes Abreise zu einer Verstimmung Charlotte von Steins gekommen zu sein, möglicherweise als Folge ihrer wiederauflebenden Eifersucht. Noch während der Ilmenau-Reise verstärkt sich bei Goethe ein latent vorhandenes Krisengefühl, das Gedanken an eine mögliche ‚Flucht‘ aufkommen lässt (vgl. zu 301,19). 292,17 Steinen] Josias von Stein. 292,21 eine Sudeley] Vielleicht eine flüchtige Zeichnung oder rasch hingeworfene Verse; Näheres dazu nicht ermittelt.

435. An Friedrich Justin Bertuch

Ilmenau, 1. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – Doppelblatt 17,2 × 20,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss zu Nr 436 (vgl. zu 293,14). E: Ludwig Geiger: Goethes Briefe an Bertuch. In: GJb IV (1883), 203, Nr 7. WA IV 5 (1889), 160, Nr 1264.

794

BRIEF 436

BEIL AG E

Promemoria (vgl. zu 293,3). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 293,1–2 wegen der Medaillen] Bisher wurde angenommen, bei den in Ilmenau herzustellenden Medaillen handele es sich um die Preismünzen für die Zeichenschule, der Auftrag sei aber aus nicht näher zu ermittelnden Gründen an den Berliner Medailleur Abraham Abramson weitergegeben worden, der die geprägten Medaillen samt Stempel im Mai 1782 lieferte (vgl. Lothar Frede: Das klassische Weimar in Medaillen. Leipzig 1959, S. 45–47, Nr 4–6). – Denkbar wäre auch, dass hier von einer geplanten Medaille aus Anlass der bevorstehenden Niederkunft von Herzogin Louise die Rede sein könnte. Da sie am 10. September 1781 eine tote Prinzessin zur Welt brachte, wäre das Projekt nicht ausgeführt worden. Für diese Annahme gibt es keine Belege, dafür spricht aber, dass Johann Leonhard Stockmar 1779 bereits eine Medaille auf die Geburt von Prinzessin Louise gemacht hatte (vgl. ebd., S. 74, Nr 44) und dass in den Schatullrechnungen keine Zahlung an Stockmar oder für die Stempel nachgewiesen ist. 293,2–3 Stempel in Nurnberg bestellen lassen] Offenbar sollte in Ilmenau nicht nur die Bossierung, sondern auch der Schnitt der Stempel erfolgen. – Stempelschneidekunst: „Kunst, Bildnisse und andere Figuren 〈…〉 in Metall zu stechen oder zu graben“ (Krünitz 169, 482). Anders als bei Münzen wurden die Stempel für Medaillen händisch geschnitten. Die Stempel waren aus hochwertigem schwedischem Eisen, „mit Stahl umlegt, links und in die Tiefe geschnitten“ (ebd., 151). 293,3 Beyliegend P. N.] Lat. pro nota oder pro notitia: zur Kenntnis, zur Nachricht; nicht überliefert. 293,5 Auswurf] Hier im Sinne von ‚Kostenanschlag‘ oder ‚Berechnung‘ (vgl. GWb 1, 1288): „in Rechnungen wird Auswerfen von den Ziffern oder Zahlen gesagt, die man auf den Rand derselben besonders setzet“ (Krünitz 3, 308). 293,5 Loth] Lot: Gewichtsmaß (etwa 16 g) (vgl. GWb 5, 1306). 293,6 von der goldnen] Offenbar sollten einige Exemplare der Medaille in Gold geprägt werden. Dies war der Fall bei den Preismünzen für die Zeichenschule (vgl. Lothar Frede: Das klassische Weimar in Medaillen. Leipzig 1959, S. 45, Nr 5–6). 293,7 einen guten Freund] Es ist fraglich, ob hier von Christoph Gottlieb von Murr die Rede ist. Er war zwar seit dem Winter 1780/81 als Kunstagent für Carl August tätig (vgl. Markus Bertsch: Sammeln – Betrachten – Ausstellen. Das Graphik- und Zeichnungskabinett Herzog Carl Augusts von Sachsen-WeimarEisenach. Diss. Jena 2012, S. 104–106). Zu dieser Zeit war Goethe aber noch nicht mit ihm bekannt. In den überlieferten Briefen von Murr an Bertuch aus dieser Zeit ist außerdem von der Herstellung einer Medaille nicht die Rede (vgl.

JULI 1781

795

GSA 6/1333). – Direkte Kontakte Bertuchs zu Nürnberger Stempelschneidern sind nicht bekannt. 293,8 Stockmar] Entweder der in Ilmenau ansässige Johann Wolfgang Heinrich Stockmar, der seit 1732 sachsen-weimarischer Hofmedailleur war, oder dessen Sohn Johann Leonhard Stockmar. 293,8 bossirt] Bossieren: in Wachs, Gips oder Ton formen, vor allem für einen Entwurf (vgl. GWb 2, 843). 293,9 Geburtstag] Entweder Carl Augusts Geburtstag am 3. September oder Herzogin Louises bevorstehende Niederkunft Anfang September. 293,13 Unsre Sache] Die Ilmenauer Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). – Bertuch berichtete dem ehemaligen Vorsitzenden der Bergwerkskommission, Johann August Alexander von Kalb, in einem nicht überlieferten Brief vom 6. Juli 1781 von Goethes positiven Nachrichten. Kalb konnte in seinem Antwortbrief vom 12. Juli 1781 seine skeptische Haltung nicht verbergen: „Glück auf wollen wir der Conferenz zu rufen wenn die Ratificationes eingangen.“ (GSA 6/933, St. 14.)

436. An Philipp Seidel

〈Ilmenau〉, 1. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/469,I, Bl. 5. – 1 Bl. 20,9 × 18,6(–19) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte. – Beischlüsse: Nr 434 und Nr 435 (vgl. zu 293,14); möglicherweise Beischluss zu A 8 (vgl. zu 412,21–22). E: Gräf, Philipp Seidel (1920), 233, Nr 3. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 59, Nr 1264a. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 293,14 beyliegende Briefe] Die vom selben Tag überlieferten Briefe an Charlotte von Stein (Nr 434) und an Friedrich Justin Bertuch (Nr 435). 293,14 Antworten] Briefe an Goethe sind aus dieser Zeit nicht überliefert. Am 5. Juli 1781 schrieb Goethe aus Ilmenau an Charlotte von Stein: Wir sind gestern Abend wieder hier angekommen. Ich fand einen Brief von dir und eben iezt empfang ich noch einen zum Nachtisch. (294,9–10.) 293,16 morgen von hier ab] Goethe reiste von Ilmenau, wo er sich seit dem 25. Juni 1781 gemeinsam mit dem Juristen und sachsen-weimarischen Hof- und Regierungsrat Johann Ludwig Eckardt wegen der Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha aufhielt (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7), am

796

BRIEFE 437/438

2. Juli mit Carl Ludwig von Knebel nach Schwarzburg und Blankenburg, wo Kupferbergwerke besichtigt wurden, sowie nach Rudolstadt und Döschnitz. Am 4. Juli kehrte Goethe nach Ilmenau zurück (vgl. 292,9–10; 293,20; 295,21–22; 294,16–295,4; 296,18).

437. An Charlotte von Stein

〈Ilmenau〉, 2. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 60. – 1 Bl. 17,8(–18) × 20,8(–21) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „143.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 145), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 85. WA IV 5 (1889), 161, Nr 1266. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 3. Juli 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 294,10). 293,19 liebste Lotte] Die Kurzform des Vornamens der Adressatin gebrauchte Goethe als Anrede in den Briefen erst seit 1781 mit dem Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ (vgl. zu 263,7). 293,19 einen Boten] Wahrscheinlich ein herzoglicher Husar (vgl. zu 129,15). 293,19 dl. Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 293,20 Wir] Goethe und Knebel (vgl. zu 292,9–10). 293,20 in die Gebürge] Der Thüringer Wald in der Umgebung Ilmenaus und auf dem Weg nach Rudolstadt (vgl. die erste Erläuterung zu 292,10). 293,21 die Geister der alten Zeiten] In Erinnerung an frühere Aufenthalte in Ilmenau und den umliegenden Dörfern, meist in Begleitung des Herzogs, wo es oftmals ausgelassen zugegangen war und derbe Späße getrieben wurden (vgl. zu 124,19). Goethe war bei früheren Besuchen auch sehr direkt mit der Armut der ländlichen Bevölkerung und deren schlimmen Folgen konfrontiert worden (vgl. zu 120,14–15; zu 124,3–7). 293,23–294,2 Wie gut ists daß der Mensch sterbe 〈…〉 wieder zu kommen.] In Anlehnung an die aus der griechischen Mythologie stammende Vorstellung des ‚Bades der Wiedergeburt‘ im Fluss Lethe (griech. : Vergessen), in dem die Verstorbenen beim Eingang in die Unterwelt baden oder dessen Wasser sie trinken mussten. Der Topos begegnet später mehrfach bei Goethe, so an herausragender Stelle in der Eingangsszene von „Faust II“: Dann badet ihn im Tau

JULI 1781

797

aus Lethes Flut, / Gelenk sind bald die krampferstarrten Glieder, / Wenn er gestärkt dem Tag entgegen ruht. (FA/Goethe I 7/1, 203, Verse 4629–4631.) Vgl. auch den Brief an Carl Friedrich Zelter vom 5. Februar 1830 (WA IV 46, 243,10–15). 294,4 dein boser Fus] Vgl. zu 244,12. 294,5 Zu Ende der Woche kommen wir wieder] Entgegen dieser Ankündigung kehrte Goethe erst am 11. Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 302,19–20).

438. An Charlotte von Stein

Ilmenau, 5. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 61. – Doppelblatt 17(–17,2) × 20,7 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „142“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 146), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 85–87 (Paraphe ergänzt). WA IV 5 (1889), 165f., Nr 1270. BEIL AG E

Tasse (vgl. zu 295,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet zwei nicht überlieferte Briefe Charlotte von Steins etwa vom 2. und vom 3. Juli 1781 (vgl. zu 294,9–10; zu 294,10). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 294,8 Illmenau] Ilmenau (vgl. zu 292,6). 294,9 Wir sind gestern Abend wieder hier angekommen.] Am 2. Juli war Goethe in Begleitung Knebels (vgl. die erste Erläuterung zu 293,20) zu einem Ausflug nach Schwarzburg, Blankenburg und Rudolstadt aufgebrochen (vgl. die erste Erläuterung zu 292,10). 294,9–10 einen Brief von dir] Die nicht überlieferte Antwort auf den Brief vom 1. Juli 1781 (Nr 434). 294,10 noch einen] Die nicht überlieferte Antwort auf den Brief vom 2. Juli 1781 (Nr 437). 294,12 deines Unglaubens] Wohl mit Bezug auf einen Vorfall kurz vor Goethes Abreise nach Ilmenau (vgl. zu 292,13–14). In der frühen Zeit der Bekanntschaft mit Charlotte von Stein wurde deren ‚Unglaube‘ in Bezug auf die Ernsthaftigkeit von Goethes Gefühlen häufig thematisiert (vgl. GB 3 II, zu 49,12).

798

BRIEF 438

294,13 Knebel] Vgl. zu 292,9–10. 294,13 brav] Hier im Sinne von ‚nett‘, ‚zuvorkommend‘, ‚umgänglich‘ (vgl. GWb 2, 870). 294,15–16 Menschenerscheinungen] Hapaxlegomenon Goethes. – Namentlich erwähnt wird in den Briefen vom selben Tag an Jacob Friedrich von Fritsch (Nr 440) und Herzog Carl August (Nr 439) der Bergmeister Johann Otto Mühlberg (vgl. 296,18–21; zu 295,25). 294,16 Schwarzburg] Ort und Schloss, etwa 23 km südwestlich von Ilmenau am Nordhang des Thüringer Waldes gelegen. Schloss Schwarzburg, der auf einem Bergsporn über dem Schwarzatal gelegene Stammsitz der Schwarzburger Fürsten, gehörte seit dem Ende des 16. Jahrhunderts den Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt und diente als Jagdschloss und Sommerresidenz. Ende des 17. Jahrhunderts und verstärkt zwischen 1710 und 1719 wurde die Schlossanlage im barocken Stil umgebaut und erweitert. 294,16–17 in teressant] Getrenntschreibung am Zeilenumbruch ohne Trennungsstrich. 294,17 umrissnen Zeichnung] Ansicht des Schwarzburger Schlosses von der Talseite im Westen (Corpus I, 90, Nr 247; heute KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1300). Die ursprüngliche Bleistiftzeichnung ist in einer mit Feder und Pinsel in Braun stark überarbeiteten Form überliefert, die auf den Maler Carl Wilhelm Lieber zurückgeht, dem Goethe 1820 die Betreuung und Überarbeitung seiner frühen Zeichnungen anvertraute (vgl. Maisak, Goethe-Zeichnungen, 239). – Umrisszeichnung: Zeichnung der Konturen einer Komposition ohne Binnenzeichnung und Schattengebung. 294,18 Von guten Menschen bewirthet worden] Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. 294,18–19 im Zucht- und Tollhaus] Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurden psychisch Kranke (‚Irre‘, ‚Tolle‘) gemeinsam mit straffällig gewordenen Personen in geschlossenen Anstalten untergebracht. In einem zeitgenössischen Bericht findet sich folgende Einschätzung: „Am ersten ließe sich noch ein Irren- und Zuchthaus mit einander vereinigen, und dies pflegt auch bey den mehresten der Fall zu seyn, weil beide Classen von Menschen in Verwahrung gehalten werden müssen. Doch werden gemeiniglich die Irrenden fast ganz vernachlässigt, und leben und wohnen entweder mit den Gefangenen vermischt, und dienen diesen zum Gegenstand des Gelächters, und werden dann nur desto wüthender, je mehr sie geneckt werden; oder werden in Klausen eingesperrt, wo keiner nach ihnen frägt, bis sie durch den Tod von allem Uebel erlöst in glücklichere Gegenden übergehen.“ (Heinrich Balthasar Wagnitz: Historische Nachrichten und Bemerkungen über die merkwürdigsten Zuchthäuser in Deutschland. Nebst einem Anhange über die zweckmäsigste Einrichtung der Gefängnisse und Irrenanstalten. Bd 1. Halle 1791, S. 38f.)

JULI 1781

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294,19 merckwürdige Gestalten] ‚Merkwürdig‘ hier in der älteren, nicht übertragenen Bedeutung: etwas, das „würdig, oder werth 〈ist〉, gemerket, d. i. im Gedächtnisse behalten zu werden“ (Adelung 3, 183). 294,20 Blanckenburg] Blankenburg, Stadt im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt (seit 1911 Bad Blankenburg) mit einer mittelalterlichen Burgruine, dem Greifenstein, etwa 10 km nordöstlich von Schwarzburg gelegen. 294,20 wo Knebel einen Philister gemishandelt hat] ‚Philister‘ ist ursprünglich der biblische Name eines nichtsemitischen Volkes an der Küste Palästinas; im zeitgenössischen Verständnis ein „Mensch von beengter Lebensauffassung“ (Goethe-Wortschatz, 478), in der Studentensprache eine Bezeichnung für NichtStudenten, Ungebildete. – Näheres zur Sache konnte nicht ermittelt werden. 294,21 Bergwercke befahren] Vgl. zu 296,18. 294,21–22 von Schwarzb. auf Blburg 〈…〉 Weeg der Schwarze nach] Der etwa 10 km lange gewundene Weg im Schwarzatal von Schwarzburg nach Blankenburg. 294,24 Rudolstadt] Residenz des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt, etwa 8 km nordöstlich von Blankenburg (vgl. zu 163,7). 294,24–25 nach Teschniz den Marmorbruch zu sehn] Döschnitz im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, etwa 16 km südwestlich von Rudolstadt gelegen. Neben Schiefer- und Eisenerz wurde in der Gegend auch Kalkstein (Döschnitzer Marmor) abgebaut. Goethe dürfte durch die Berichte Johann Carl Wilhelm Voigts (vgl. zu 178,5–7) auf die Marmorbrüche bei Döschnitz aufmerksam geworden sein (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, 22–24). 295,2–3 Morgen nach dem Inselsberg zu gehn] Der Große Inselsberg, etwa 45 km nordwestlich von Ilmenau, mit 916 m der vierthöchste Berg des Thüringer Waldes. – Wegen des schlechten Wetters wurde das Vorhaben nicht ausgeführt (vgl. 300,18–19). 295,3–4 muß ich wieder hier her] Goethe hatte für Sonntag, den 8. Juli, in Ilmenau eine Zusammenkunft mit dem schwarzburg-rudolstädtischen Bergmeister Johann Otto Mühlberg verabredet (vgl. 296,24–300,1). 295,4 zu Ende der nächsten Woche] Goethe kehrte am Mittwoch, dem 11. Juli, nach Weimar zurück (vgl. zu 302,19–20). 295,5 das Bergwerck betreffl] Nachbereitung der Ilmenauer Bergwerkskonferenz (vgl. zu 291,25). 295,8 artiges] Artig: im 18. Jahrhundert ein oft benutztes Modewort; hier mit unbestimmt positivem Sachbezug im Sinne von ‚angenehm‘, ‚gut‘, ‚nett‘ (vgl. GWb 1, 841). 295,9 Die Tasse 〈…〉 hab ich dir gemahlt] Wahrscheinlich eine Tasse aus der Porzellanmanufaktur Christian Zacharias Gräbners, die 1777 mit herzoglicher Erlaubnis nach dem Vorbild der Meißner und Berliner Manufakturen gegründet worden war. Goethe hatte sie laut Tagebuch schon einmal besucht, nämlich am 17.

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BRIEF 439

März 1779 (vgl. GT I 1, 78). – Aufgrund des in der Umgebung Ilmenaus reichlich vorhandenen Holzes und der Tonvorkommen entwickelte sich die Stadt im ausgehenden 18. Jahrhundert zum Zentrum der sachsen-weimarischen Porzellanindustrie, die jedoch zunächst nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg brachte (vgl. Ventzke, 213–218). 295,12 Rothbergisches Porzellan] Porzellan aus der 1757 vom sachsen-gothaischen Kammerrat und späteren Kammerpräsidenten Wilhelm Theodor von Rotberg gegründeten Gothaer Manufaktur. Mit Unterstützung Ernsts II., seit 1772 regierender Herzog, war es gelungen, die Qualität des Porzellans so zu verbessern, dass es mit dem aus Meißen oder Berlin konkurrieren konnte. 295,16 Ernstens husten beunruhigt] Der zweitälteste, damals 14-jährige Sohn Charlotte von Steins wohnte als Jagdpage nicht mehr ständig im elterlichen Haus. Seiner schlechten Gesundheit wegen musste er schon 1785 seinen Dienst aufgeben. 295,16–17 Fritzen, der auch einen Ansaz hat] Friedrich von Stein, der jüngste Sohn der Adressatin. – ‚Ansatz‘: meist für eine Schwellung durch Infektion (vgl. GWb 1, 564); hier vielleicht im Sinne von ‚Anlage‘, ‚Gefährdung‘ (für Husten). 295,17 Steinen] Josias von Stein. 295,17–19 Wenn ich zurückkomme 〈…〉 gefallen soll.] Möglicherweise im Zusammenhang mit den Begegnungen und Bekanntschaften in Schwarzburg und Blankenburg; Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden.

439. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Ilmenau, 5. Juli 1781 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 19. – 1 Bl. 18,1 × 20,8(–21) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 20f., Nr 13. WA IV 5 (1889), 164f., Nr 1269. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht überliefert. 295,20 Unsre Reise] Von Ilmenau aus, wo sich Goethe seit dem 25. Juni wegen der Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha aufhielt (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). – Der Ausflug durch das Schwarzatal hatte Goethe und Knebel vom 2. bis 4. Juli über Schwarzburg und Blankenburg (heute Bad Blankenburg) nach Rudolstadt und zurück über Döschnitz geführt (vgl. die erste Erläuterung zu 292,10; zu 294,16; zu 294,24–25).

JULI 1781

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295,24 in die Klüffte der Erde initiirt] Goethe und Knebel hatten in Blankenburg das dortige Kupferschieferbergwerk (vgl. zu 296,18) und in Döschnitz einen Marmorbruch (294,25) besucht (vgl. zu 294,24–25). 295,25 alten Bergmeister] Johann Otto Mühlberg, schwarzburg-rudolstädtischer Bergmeister, der zwischen 1728 und 1740 mit Unterbrechungen auf dem Ilmenauer Bergwerk gearbeitet hatte (vgl. FA/Goethe I 26, 427). 295,27 Sonntags] Der 8. Juli 1781 (vgl. zu 296,26). 296,1 Colloquium] Hier im Sinne von ‚Befragung‘ (vgl. GWb 5, 511). 296,1–2 seine Aussagen protokolliren lassen] Von Mühlbergs Erfahrungsbericht erhoffte man sich wichtige Erkenntnisse für die geplante Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus (vgl. zu 296,27; zu 296,29). 296,4 die Knebel erzählen soll] Vgl. zu 302,6. 296,5 eine Tasse] Vgl. zu 295,9. 296,6 Morgen wollen wir 〈…〉 auf den Inselsberg] Der geplante Ausflug fand wegen schlechten Wetters nicht statt (vgl. 300,18–19). – Der Große Inselsberg (916 m) markierte die Grenze zwischen Sachsen-Gotha und Sachsen-Meiningen. Friedrichroda liegt 9 km östlich des Gipfels, 36 km nordwestlich von Ilmenau. 296,7–8 die Verhandlung 〈…〉 einige Tage aufhalten] Vgl. zu 296,1–2. 296,9–11 Die Welt 〈…〉 beyseite zu begeben.] Wahrscheinlich in Anspielung auf die komplizierten Verhandlungen während der Bergwerkskonferenz (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7), möglicherweise aber auch auf die Untersuchungskommission, die sich im Juni/Juli 1781 mit den Unregelmäßigkeiten der Steuerkasse Ilmenau und dem Betrug des Steuereinnehmers Gruner befasste und nur schleppend vorankam (vgl. zu 6,4; zu 205,27; zu 194,7; Goethe und Ilmenau, 118f.). Goethe hatte an der Sitzung des Geheimen Consiliums teilgenommen, als die Untersuchungskommission berufen wurde (vgl. Wahl, Consilium, 699, Nr 10118). Auch wenn er nicht direkt an der Untersuchung beteiligt war, wurde er wahrscheinlich vor Ort durch Krafft und Ackermann auf dem Laufenden gehalten. – Mit leichten Anklängen an den 8. Aphorismus im 1. Buch von Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ (griech. « ): „Von Apollonius habe ich gelernt 〈…〉 in allerley Zufällen, in grossen Schmerzen, in Verlust eines lieben Kindes, in langwirrigen Krankheiten immer gleichen Muth zu behalten.“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 7 [VI, 23]; vgl. zu 103,12–13.)

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BRIEFE 440/441

440. An Jacob Friedrich von Fritsch

Ilmenau, 5. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 22–23. – Doppelblatt 34(–34,3) × 20,9 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unten rechts Präsentatsvermerk, Tinte: „ps. d. 6 July 1781 F.“ – Faksimile: Abb. 14–16 im Textband (S. 297–299). E: WA IV 5 (1889), 162f., Nr 1268 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Goethe hielt sich seit dem 25. Juni 1781 in Ilmenau auf, wo am 27. und 28. Juni 1781 eine Bergwerkskonferenz mit Vertretern Kursachsens und SachsenGothas stattgefunden hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). Am 2. Juli war er von Ilmenau aus zu einer kurzen Reise aufgebrochen und am 4. Juli nach Ilmenau zurückgekehrt (vgl. zu 293,16). 296,16 abermals ein Schreiben] Goethe hatte Fritsch bereits am 30. Juni 1781 ausführlich von der Bergwerkskonferenz berichtet (vgl. A 8) und angekündigt, er wolle noch eine kleine Exkursion in die Nachbaarschafft thun, um mich mit den Bergwercken in dieser Gegend bekannt zu machen, wo ich denn wohl in acht Tagen wieder zu Hause eintreffen mögte. (412,16–19.) Goethe kehrte erst am 11. Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 302,19–20). 296,17 Umstand 〈…〉 länger in diesen Gegenden zu bleiben] Das Treffen mit dem Bergmeister Mühlberg (vgl. zu 296,27). 296,18 Blanckenburg] Vgl. die erste Erläuterung zu 294,20. In der Umgebung von Blankenburg wurde Kupfererz abgebaut. 296,19 Bergmeister Mühlbergs] Vgl. zu 295,25. 296,26 wo er auch nächsten Sonntag eintreffen wird] Mühlberg traf am 8. Juli 1781 (Sonntag) in Ilmenau ein (vgl. 302,12–13). 296,27 eine Unterredung zwischen ihm und dem Geschwornen] Die Unterredung mit Mühlberg, die weitere Erkenntnisse über die Lagerstätten bringen sollte, fand am 9. Juli 1781 in Goethes Gegenwart statt. Johann Gottfried Schreiber d. Ä. war 1781 leitender Beamter (Geschworener) des Bergbauamtes in Ilmenau. – Vgl. ausführlich dazu Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 125–120. 296,29 aufzeichnen] Überliefert ist ein ausführliches Protokoll des Ilmenauer Amtmanns Heinrich Anton Ackermann, in dem zwölf Fragen an Mühlberg und dessen Antworten aufgeführt sind (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 144–147; FA/Goethe I 26, 426–431, Nr 170). 300,5 Voigten] Der Geologe und Mineraloge Johann Carl Wilhelm Voigt, der von Goethe mit der geologischen Erkundung des Herzogtums beauftragt worden war (vgl. zu 86,7–9).

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300,8 zusammen einfahren] Begleitet von Mühlberg, Schreiber, Voigt und dem Ilmenauer Obersteiger Johann Georg Paul befuhr Goethe am 10. Juli 1781 den Schacht ‚Getreuer Friedrich‘ bis zum Martinrodaer Stollen und nah an den Schacht ‚Alter Johannes‘. Überliefert ist ein Protokoll dieser Befahrung von Johann Carl Wilhelm Voigt (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16228, Bl. 148–157; FA/Goethe I 26, 431–433, Nr 171). 300,12 Serenissimo] Dativ von lat. Serenissimus; hier: Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 300,13 Hl. Collegen Hl. GehR. Schnaus] Goethes und Fritschs Kollege im Geheimen Consilium Geheimrat Christian Friedrich Schnauß.

441. An Charlotte von Stein

〈Ilmenau〉, 6. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 62. – 1 Bl. 16,1 × 18,9 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt etwa 1 cm als Falz auf Trägerpapier geklebt, 1 1⁄8 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „144“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 147), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 87f. WA IV 5 (1889), 167, Nr 1271. BEIL AG E

Blumentopf (vgl. zu 300,19–20; 301,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 300,18–19 auf den Inselsberg zu gehn] Vgl. zu 295,2–3. 300,19–20 zwey Blumentöpfe gemahlt] Wohl bemalte Porzellanübertöpfe aus der Ilmenauer Manufaktur (vgl. zu 295,9). 300,22 Knebel ist gar gut und brav] Knebel begleitete Goethe seit dem 29. Juni auf seinen Reisen und Wanderungen in die Umgebung Ilmenaus (vgl. 294,13–14). 300,24 Was ich 〈…〉 leide um des Reiches Gottes willen] In Anspielung auf die biblische Verheißung der ‚Königsherrschaft Gottes‘ auf der Erde. – Hier als Metapher für Goethes Verhältnis zu Charlotte von Stein, das ihn gleichermaßen beglückte und quälte (vgl. 302,2–5).

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BRIEF 442

300,27 liebe Lotte] Die Kurzform des Vornamens der Adressatin gebrauchte Goethe als Anrede in den Briefen erst seit 1781 mit dem Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ (vgl. zu 263,7). 301,1–2 nach Paulin Zelle, dort eine Ruine zu zeichnen] Paulinzella (heute Ortsteil von Königsee-Rottenbach), etwa 16 km östlich von Ilmenau gelegen, mit der Ruine eines Benediktinerklosters aus dem frühen 12. Jahrhundert. – Eine Zeichnung der Klosterruine von Goethes Hand ist nicht überliefert. Offenbar fand der Ausflug nach Paulinzella, der auch in den folgenden Briefen keine Erwähnung findet, nicht statt. Nach den „Tag- und Jahres-Heften“ besuchte Goethe den Ort erst am 28. August 1817: Seit vierzig Jahren zu Wagen, Pferd und Fuß Thüringen kreuz und quer durchwandernd war ich niemals nach P a u l i n z e l l e gekommen, obgleich wenige Stunden davon hin und her mich bewegend. Es war damals noch nicht Mode diese kirchlichen Ruinen als höchst bedeutend und ehrwürdig zu betrachten; endlich aber mußte ich so viel davon hören, die einheimische und reisende junge Welt rühmte mir den großartigen Anblick, daß ich mich entschloß meinen dießjährigen Geburtstag, den ich immer gern im Stillen feierte, einsam dort zuzubringen. Ein sehr schöner Tag begünstigte das Unternehmen 〈…〉. (WA I 36, 130.) 301,2 Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, dem Goethe am 5. Juli 1781 selbst aus Ilmenau geschrieben hatte (Nr 439). 301,2 Steinen] Josias von Stein. 301,2 Carolingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 301,3 die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise und Freundin Charlotte von Steins (zur Person vgl. die erste Erläuterung zu 37,11). 301,3 Fritzen] Friedrich von Stein.

442. An Charlotte von Stein

Ilmenau, 8. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 63. – 1 Bl. 17,5 × 19,3 cm, Blatt auf Falz geklebt, dazu abgetrennter Teil eines Briefblattes verwendet mit Fragment einer egh. Adresse: v. St, 1 ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte, Bleistift: „147b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 148), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 88f. WA IV 5 (1889), 168f., Nr 1273.

JULI 1781

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 301,10 Knebel wird 〈…〉 Brief bringen] Knebel, der Goethe auf seinen Reisen in die Umgebung von Ilmenau begleitet hatte, war am 9. Juli 1781 „Von Illmenau wiedergekommen“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 29v), während Goethe erst am 11. Juli zurückkehrte (vgl. zu 295,4). 301,16 kleinlich] Hier in der bei Goethe nur selten belegten Bedeutung von ‚mutlos‘, ‚verzagt‘ (vgl. GWb 5, 438). 301,17 ein böser Genius] ‚Genius‘ in Anlehnung an die seit der römischen Antike tradierte Bedeutung ‚persönlicher Schutzgeist‘, hier mit negativer Konnotation in der Bedeutung ‚Dämon‘. 301,19 mit der Flucht zu retten] Seit seiner Leipziger Studentenzeit entzog sich Goethe in persönlichen Umbruch- und Krisensituationen häufig durch plötzlichen Weggang. Dieses Verhalten zeigt sich auch in der Beziehung zu Charlotte von Stein, die immer wieder durch Reisen unterbrochen wurde, über deren Ziel und Dauer Goethe die Freundin häufig lange im Ungewissen ließ, so bei seinem Ritt in den Harz am 29. November 1777 (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 309) oder dem Aufbruch zur Schweizer Reise im September 1779, die insgesamt vier Monate bis zum 14. Januar 1780 dauerte (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 530). Der vorliegenden Bemerkung gingen schon in früheren Briefen verschiedene Andeutungen eines Unbehagens voraus (vgl. u.a. 271,13; zu 263,12; zu 269,15; zu 292,3). Sie bezeugt den latent vorhandenen Wunsch Goethes, sich aus den oftmals als beengend empfundenen Verhältnissen mit einer ‚Flucht‘ zu entziehen, und weist auf den vier Jahre später erfolgten Aufbruch zur italienischen Reise voraus. 301,24 vor meinem Fenster] Wahrscheinlich im Amtshaus am Markt, in dem Goethe bei seinen Aufenthalten in Ilmenau eine Dienstwohnung nutzte (vgl. GB 3 II, zu 59,20). 301,27 Illm.] Ilmenau (vgl. zu 292,6). 302,1 sorglichen] Sorglich: im Zustand der Sorge sein, besorgt sein. 302,1 dein Fus] Vgl. zu 244,12. 302,1–2 deiner Kinder Husten] Mit Bezug auf die Erkrankung der beiden jüngeren Söhne Ernst und Friedrich von Stein (vgl. zu 295,16; zu 295,16–17). 302,2 Wir sind wohl verheurathet] Als Bekräftigung der imaginierten eheähnlichen Beziehung zu Charlotte von Stein, mit der sich Goethe schon kurz nach dem ersten Kennenlernen ungewöhnlich stark verbunden fühlte. Bereits im Gedichtbrief vom 14. April 1776 „Warum gabst du uns die Tiefen Blicke 〈…〉“ (GB 3 I, Nr 82) finden sich die Verse: Ach du warst in abgelebten Zeiten / Meine Schwester oder meine Frau. (GB 3 I, 53,19–20.) Die Vorstellung von der Seelenwanderung und dass beide einst Mann und Weib (GB 3 I, 55,2–3) gewesen seien, begegnet ganz direkt auch im Brief an Christoph Martin Wieland von

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BRIEFE 443/444

Mitte April 1776 (GB 3 I, Nr 84), der allerdings nur fragmentarisch und als Druck überliefert ist (vgl. zu 366,2–3). Nachdem Goethe am 23. Juni 1780 in die Weimarer Freimaurerloge aufgenommen worden war, schenkte er Charlotte von Stein als Symbol der ‚Vermählung‘ die zum Aufnahmeritual gehörenden Frauenhandschuhe (vgl. zu 76,12–13). 302,2–3 durch ein Band verbunden] In Anspielung auf das imaginäre Liebesband, für Goethe auch versinnbildlicht im Haar- oder Schmuckband Charlotte von Steins, das er als eine Reliquie mit sich führte (vgl. zu 229,11–12). 302,3–4 der Zettel aus Liebe 〈…〉 der Eintrag aus Kreuz Kummer und Elend] Ähnlich ambivalent empfand Goethe sein Verhältnis zu Charlotte von Stein, in dem sich fast seit Beginn ihrer Bekanntschaft immer wieder Freude und Beglückung untrennbar mit Schmerz und Leiden verbanden (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 18). – ‚Zettel‘ und ‚Eintrag‘, auch ‚Einschlag‘, zeitgenössisch für Kett- und Schussfäden eines Gewebes; die Metapher begegnet mehrfach in Goethes Werken und Briefen (vgl. u.a. „Antepirrhema“ [WA I 3, 92]), sogar noch im letzten überlieferten Brief an Wilhelm von Humboldt vom 17. März 1832: Bewußtseyn und Bewußtlosigkeit werden sich verhalten wie Zettel und Einschlag, ein Gleichniß das ich so gerne brauche. (WA IV 49, 282,8–10.) 302,4 grüse Steinen] Der in Goethes Briefen dieser Zeit formelhaft wiederkehrende Gruß an den Ehemann Josias von Stein erscheint im Kontext des vorliegenden Briefes absichtsvoll unangebracht. 302,4–5 Hilf mir glauben und hoffen.] Wohl noch mit Bezug zu den oben geäußerten ‚Fluchtgedanken‘ (vgl. auch zu 294,12).

443. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Ilmenau, 8. Juli 1781 → Weimar ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 20–21. – Doppelblatt 17 × 21,1 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Des Herzogs / Durchl / nach / Weimar., rote Siegelreste; restauriert. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 21, Nr 14. WA IV 5 (1889), 168, Nr 1272. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

JULI 1781

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302,6 Knebel] Knebel kehrte am 9. Juli 1781 von Ilmenau nach Weimar zurück (vgl. zu 301,10). Eine Begegnung mit dem Adressaten ist weder in Knebels Tagebuch noch im Fourierbuch dokumentiert. 302,8–9 seit Staffens hierseyn] Wilhelm von Staff war seit 1765 Oberforstmeister in Ilmenau. 302,9 hohen Schlaufe] Ein 735 m hoher Gipfel im Kickelhahn-Massiv östlich von Ilmenau. 302,12–13 Mein alter Bergmeister 〈…〉 überirrdisch sprechen.] Vgl. zu 296,27. 302,13–14 bald bey Ihnen] Goethe kehrte am 11. Juli 1781, einen Tag nach der Befahrung des Bergwerkes (vgl. zu 300,8), nach Weimar zurück und wurde abends zur fürstlichen Tafel eingeladen (vgl. FB 1781, S. 131).

444. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 64. – 1 Bl. 19 × 11,5 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, links unter dem Text Papier ausgerissen; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „145.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 149), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 89. WA IV 5 (1889), 170, Nr 1274. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 302,19–20 Zum erstenmal wieder von Haus 〈…〉 dich zu sehn.] Demnach war Goethe am 11. Juli von seiner Reise nach Ilmenau und Umgebung zurückgekehrt (vgl. zu 291,25). 302,20 Die Gesellschafft] Am Abend des 11. Juli 1781 war Goethe Gast der fürstlichen Tafel, an der neben dem Herzog und Goethe nur Graf Moritz von Brühl, Josias von Stein, Leonhard von Klinckowström, Sigmund von Seckendorff und Christian Wilhelm Gottlob von Milkau teilnahmen (vgl. FB 1781, S. 131). 302,21–22 Heut bin ich bey Hofe geladen] Am 12. Juli 1781 nahm Goethe an der fürstlichen Mittagstafel teil. Sein Name wird an 13. und damit an letzter Stelle aufgeführt (vgl. FB 1781, S. 132). 303,1 unter dem alten Joche den gewohnten Pfad] In Anspielung auf die amtliche Tätigkeit. Wenn Goethe nicht auf Reisen war, versäumte er in der Regel

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BRIEFE 445–447

keine der wöchentlich zwei bis drei Sitzungen des Geheimen Consiliums. Etwa seit März 1781 klagt er häufiger, dass ihm die amtlichen Verpflichtungen kaum Zeit für seine literarische Arbeit ließen (vgl. zu 224,3). Auf der Reise nach Ilmenau und Umgebung, deren Hauptzweck die Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha war, kamen ihm ‚Fluchtgedanken‘, die wohl auch mit der Zunahme der Amtsgeschäfte zu tun hatten (vgl. zu 301,19).

445. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 64. – 20(–20,4) × 8,1(–8,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „147.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 150), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 89f. WA IV 5 (1889), 171, Nr 1276. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 303,5 eine Gesellschafft] Zum Freundeskreis Charlotte von Steins gehörten deren Hausgenossin Caroline von Ilten, ihre Schwägerin Sophie von Schardt, die Freundinnen Emilie von Werthern-Beichlingen und Amalia von Hendrich sowie Louise Adelaide Waldner von Freundstein, die Hofdame der Herzogin Louise, und Carl Ludwig von Knebel. 303,5 meine Geschichte] Vgl. zu 295,17–19. 303,6 Toblern] Der Schweizer Theologe und Schriftsteller Georg Christoph Tobler, ein Freund und Schüler Lavaters (vgl. zu 263,4–5). 303,6–7 Knebeln siehst du ia irgend] Knebel hatte Goethe auf seiner Reise in die Umgebung von Ilmenau begleitet (vgl. zu 300,22). – ‚Irgend‘ hier verkürzt für ‚irgendwo‘ und ,irgendwann‘; im Sinne von ,sowieso‘.

JULI 1781

446. An Charlotte von Stein

809

〈Weimar〉, 16. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 64. – 1 Bl. 13,6(–13,8) × 9,7 cm, 1⁄3 S. beschr., egh., Tinte; linke obere Ecke abgerissen, daneben Papier ausgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „146“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 151), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 90. WA IV 5 (1889), 172, Nr 1277. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 303,10 fleisig seyn] In Vorbereitung der fünften „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums im Juli 1781, die am nächsten Tag stattfinden sollte (vgl. Wahl, Consilium, 710f., Nr 10320–10350). Nach seiner Rückkehr aus Ilmenau hatte Goethe schon an der vierten Sitzung am 13. Juli teilgenommen (vgl. ebd., 709f.).

447. An Philipp Christoph Kayser Weimar, 16. Juli 1781 → Zürich ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/260,I, Bl. 6. – 1 Bl. 16,6 × 20 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; rechter Rand Mitte Siegelausriss, linker Rand Mitte eingerissen; Rs. Adresse: Herrn Kayser / nach / Zürch., rotes Initialsiegel: „G“. E: WA IV 5 (1889), 172, Nr 1278 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 15. Juli 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 46v). 303,13 Ihr Gefährte] Wer hier gemeint ist, konnte nicht ermittelt werden. 303,14–15 Erzählen Sie mir ich bitte die Sache ausführlich] Da ein Antwortbrief Kaysers nicht überliefert ist (vgl. zu 10,2), kann nicht ermittelt werden, ob Kayser Goethes Bitte entsprach. 303,17 wieder in Zürch] Nach einem Aufenthalt in Weimar von Ende Dezember 1780/Anfang Januar bis Mai 1781 (vgl. zu 209,27–28) war Kayser wieder

810

BRIEFE 448/449

nach Zürich gereist, wo er seit dem Frühjahr 1775 mit wenigen Unterbrechungen bis zu seinem Tod lebte. 303,18–19 in dem lebendigen Gebrauch der Welt fort 〈…〉 gewagt haben] Goethes mit dieser Aufmunterung verbundene Hoffnung, der er z.B. auch in einem Brief an Lavater vom 19. Februar 1781 Ausdruck verliehen hatte (209,27–28), erfüllte sich nur zum Teil, wie einige Situationen in Kaysers Leben zeigen: 1781 ging er nicht nach Wien (vgl. zu 304,3); nur wenige Wochen hielt es ihn 1788 bei der Reisegesellschaft Anna Amalias, die er eigentlich nach Rom begleiten sollte, aber bereits in Bozen verließ und nach Zürich zurückkehrte (vgl. GB 8 II, zweite Erläuterung zu 28,11). 303,20 Schreiben Sie mir manchmal] Vgl. zu 11,4. 304,1 den versprochnen Plan] Dieser Plan könnte auf mündliche, während Kaysers Aufenthalt in Weimar (vgl. zu 303,17) getroffene Abmachungen zurückgehen; im vorangehenden Brief an Kayser (Nr 7) wird kein Plan erwähnt, ebenso wenig im nächstfolgenden (Nr 451). 304,2 Wie weit man mit 7 kleinen Schritten kommt] Vermutlich eine Anspielung auf die Siebenmeilenstiefel – viele Jahre später wird Goethe Mephistopheles zu Beginn des vierten Aktes von „Faust II“ in solchen Stiefeln auftreten lassen. 304,3 Plan auf Gluck] Nachdem bei Kaysers Besuch in Weimar deutlich geworden war, dass er sich in die dortige Gesellschaft nicht integrieren konnte, war Goethe bestrebt, ihm mit Hilfe des Herzogs Carl August einen Aufenthalt in Wien zu ermöglichen, damit er sich dort bei Christoph Willibald Gluck weiter ausbilde. Kayser, der seiner Verehrung für Gluck bereits in dem 1776 im Septemberheft des „Teutschen Merkur“ erschienenen Aufsatz „Empfindungen eines Jüngers in der Kunst vor Ritter Glucks Bildniße“ (vgl. Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 293–340, hier 324–331) Ausdruck verliehen hatte, reiste jedoch nicht nach Wien. Möglicherweise war der Verzicht auf einen Aufenthalt in Wien in Kaysers Persönlichkeit begründet. Auch Glucks Mitteilung in einem Brief an Herzog Carl August vom 21. August 1781, er könne sich aufgrund seiner Krankheit wenig um den jungen Musiker kümmern (abgedruckt als Beilage zu Nr 481), könnte zu der Entscheidung beigetragen haben. 304,4 Reichard hat wieder Lieder herausgegeben] Vermutlich handelt es sich um die 1781 in Berlin erschienene Sammlung „Gedichte von Karoline Christiane Louise Rudolphi. Herausgegeben und mit einigen Melodien begleitet von Johann Friedrich Reichardt.“ 304,4–5 die ich gelegenlich schicke] Von einer Übersendung der Lieder Reichardts ist in den folgenden Briefen an Kayser nicht die Rede. – ‚Gelegenlich‘ flüchtig für ‚gelegentlich‘.

JULI 1781

448. An Charlotte von Stein

811

〈Weimar〉, 18. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 65. – 1 Bl. 11,8 × 9,3 cm, 1⁄3 S. beschr., egh., Tinte; rechte untere Ecke Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „148.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 152), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 90. WA IV 5 (1889), 173, Nr 1280. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 304,7 Taglich werd ich mehr dein eigen 〈…〉 bleibe mein.] Vgl. dagegen zu 302,4–5. 304,8 les Erreurs et la Verité] Die 1775 in Edinburgh anonym erschienene Schrift des französischen Theosophen Louis Claude de Saint-Martin „Des Erreurs et de la Vérité, ou les Hommes rappellés au Principe Universel de la Science“ (vgl. die erste Erläuterung zu 252,24). 304,8–9 einige Schulden abthun] ‚Briefschulden‘ oder ganz allgemein unerledigte Arbeiten. – ‚Abtun‘: erledigen, wegarbeiten (vgl. GWb 1, 208).

449. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 18. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 65. – 1 Bl. 17,1 × 7,9(–8,2) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, linke obere Ecke ausgerissen; Vs. rote Siegelspuren; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „151.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 153), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 90. WA IV 5 (1889), 173, Nr 1279. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 304,12 allerley abgethan] Vgl. zu 304,8–9.

812

BRIEFE 450–452

450. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 65. – 1 Bl. 17,4 × 7,9 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: 〈Fr. v.〉 Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „149.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 154), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 90. WA IV 5 (1889), 174, Nr 1282. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 304,16–17 dir tausend tausendmal zu sagen 〈…〉 dein bin] Korrespondiert mit Goethes Treue- und Verbundenheitsbekenntnissen in den Briefen von der Ilmenau-Reise, doch ohne deren bitter schmerzliche Komponente (vgl. zu 302,2).

451. An Philipp Christoph Kayser

Weimar, 20. Juli 1781 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 143. – 1 Bl. 16 × 18,5(–18,7) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte. E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 193 (Incipit 305,1–2: Da Sie den Geist meiner Mauerey kennen 〈…〉 vorstehendem Liede habe). E2: Burkhardt, Goethe/Kayser (1879), 60–62, Nr 2 (nach h: GSA 68/761, mit dem zweiten Briefteil vom 10. September 1781 als Nachschrift [vgl. Überlieferung zu Nr 481]). WA IV 5 (1889), 173, Nr 1281. BEIL AG E

Gedicht (vgl. zu 305,2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Die Antwortbriefe sind nicht überliefert (vgl. zu 312,5). 305,1 Da Sie den Geist meiner Mauerey kennen] Goethe war seit Juni 1780 Mitglied der Weimarer Freimaurerloge „Amalia zu den drei Rosen“ (vgl. die ein-

JULI 1781

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leitende Erläuterung zu Nr 16). Kayser, der der Zürcher Freimaurerloge „Modestia cum Libertate“ angehörte, hatte 1780 die anonym erschienene Sammlung „Neun Freymaurer-Reden, gehalten in der Sch*** Loge zur Bescheidenheit“ herausgegeben (vgl. zu 95,32). Den Geist von Goethes Freimaurerei kannte Kayser spätestens seit dem 9. Januar 1781, an dem Goethes Tagebuch zufolge ein Gespräch mit Kayser über die (Weimarer) Loge stattgefunden hatte (vgl. GT I 1, 121). Der Inhalt dieses Gesprächs und somit das, was hinter Goethes Formulierung im vorliegenden Brief steht, lässt sich aus seinem Brief an Kayser vom 15. März 1783 teilweise erschließen: Die geheimen Wissenschafften haben mir nicht mehr noch weniger gegeben als ich hoffte. Ich suchte nichts f ü r m i c h drinne, bin aber schon belehrt genug da ich sehe was andre f ü r s i c h drinne suchten, fanden, suchen und hoffen. 〈…〉 so hab ich auch gefunden daß in der kleinen Welt der Brüder, alles zugeht wie in der grosen, und in diesem Sinne hat es mir viel genutzt diese Regionen zu durchwandern. Wenn ich mich nicht irre; so sagt ich Ihnen dies schon ehmals noch im Vorhofe, und habe bey der Bundeslade nunmehr auch nichts weiter zu sagen. (WAN 1, 65.) – Kayser kannte nicht nur Goethes Haltung zur Freimaurerei; die Zeit seines Aufenthaltes in Weimar von Ende Dezember 1780/Anfang Januar bis Mai 1781 hatte er auch dazu „genutzt, sich mit dortigen Freimaurern, insbesondere Johann Joachim Christoph Bode, zu beraten und interne Informationen über die Weimarer Loge nach Zürich weiterzuleiten.“ (Gabriele Busch-Salmen: Einführung. Philipp Christoph Kayser im Urteil seiner Zeitgenossen und späterer Forscher. In: BuschSalmen, Ph. Ch. Kayser, 1–23, hier 11.) 305,2 mit vorstehendem Liede] Um welches Gedicht es sich handelt, konnte nicht ermittelt werden. 305,2–3 mehreren die nachkommen sollen] Von einer Übersendung weiterer Gedichte an Kayser ist in den folgenden Briefen Goethes aus dem Jahr 1781 nicht mehr die Rede. 305,3 eine Melodie] Eine mögliche Vertonung dieser Dichtung durch Kayser konnte nicht ermittelt werden. 305,5 Lassen Sie bald etwas von sich horen.] Vgl. zu 11,4.

452. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 22. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 66. – 1 Bl. 18,5(–18,7) × 9,7(–10,3) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, obere linke Ecke abgeschnitten; Rs. Adresse: Frau v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „157“. – In einem ge-

814

BRIEFE 453/454

bundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 157), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 91. WA IV 5 (1889), 174, Nr 1283. BEIL AG EN

Schnitt- und Topfblumen (vgl. 305,8). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 305,9–10 die Schröter zu Tisch] Corona Schröter, die zuletzt im Brief vom 28. Mai 1781 als Besucherin erwähnt wurde (vgl. 272,4).

453. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 23. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 67. – 1 Bl. 18,5(–18,7) × 10,8(–11) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust, letzter Buchstabe der Adresse angeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „158“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 158), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 91. WA IV 5 (1889), 174, Nr 1284. BEIL AG E

Lebensmittel (vgl. zu 305,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 305,13 Laß dir das Frühstück wohl schmecken] Lebensmittel, die Goethe wie so häufig als Morgengruß überschickte. 305,14 das silberne Beschläg] ‚Das Beschläge‘ (Pluraletantum): bearbeitetes Metallstück zur Verzierung (vgl. Adelung 1, 900). 305,15 die Raritäten] Im 18. Jahrhundert kuriose oder seltene und wertvolle Dinge, die in meist fürstlichen Raritäten-Kabinetten oder Wunderkammern gesammelt und gezeigt wurden, darunter Münzen, Antiquitäten, Gemälde, Naturalien,

JULI 1781

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mechanische Spielwerke u.a. mehr; hier vielleicht auch das erwähnte Essigkännchen.

454. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 24. Juli? 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) ist der vorliegende Brief vor dem Brief vom 1. August 1781 (Nr 457) eingeordnet. Im Erstdruck wurde er nach dem Inhalt (vgl. zu 306,2–3; die zweite Erläuterung zu 306,4) auf Mitte Juni 1781 datiert, allerdings in der Annahme, er sei in Ettersburg geschrieben worden (ebenso bei Fielitz, Goethe-Stein 1, 360, Nr 684; Wahle, Goethe-Stein 1, 336, Nr 684; Petersen, Goethe-Stein 1, 357, Nr 676; in allen drei Ausgaben als vermutete Absendeorte: Belvedere, Tiefurt oder Ettersburg). Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu, vermutet aber in den „Lesarten“, der Brief könne nach einer Übereinstimmung mit dem Tagebuch am 25. August 1780 in Belvedere geschrieben worden sein (vgl. WA IV 7, 344, zu Nr 2393). Goethe war an diesem Tag zwar gemeinsam mit dem Herzog in Belvedere (vgl. GT I 1, 114), allerdings bereits am Vormittag, während der vorliegende Brief einen Abendgruß enthält (vgl. 306,1–2). Lediglich Fränkel nimmt nach einer Parallele zum Tagebuch (vgl. GT I 1, 106,18) an, er sei im ‚Kloster‘ geschrieben worden, allerdings bereits im März 1780 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 217, Nr 389; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 203, Nr 389). Sowohl die Einordnung im Konvolut wie auch der Umstand, dass der Brief aus der wärmeren Jahreszeit stammt, als Carl August häufiger im ‚Kloster‘ übernachtete (vgl. zu 306,4–5), sprechen für eine Datierung auf Ende Juli 1781. Möglicherweise wurde der Brief am 24. Juli 1781 geschrieben, als der Herzog laut Fourierbuch nicht an der Hoftafel in Belvedere teilnahm und sich vielleicht in der Stadt aufhielt (vgl. FB 1781, S. 139). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 69. – 1 Bl. 11,3 × 12,7 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „155“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 162), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 80. WA IV 7 (1891), 269, Nr 2393.

816

BRIEFE 455/456

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 306,2–3 der Herzog 〈…〉 will zum Essen hier bleiben] Das im Folgenden erwähnte Closter (306,4) legt nahe, dass sich die vorliegende Bemerkung nicht auf eines der Jagd- oder Sommerschlösser in der Umgebung Weimars bezieht, sondern auf das ‚Louisenkloster‘ in den 1779 neu gestalteten Parkanlagen oberhalb des „Sterns“ am linken Ilmufer, wo sich der Herzog in der schönen Jahreszeit allein oder in Gesellschaft Goethes, Knebels und anderer Freunde häufiger aufhielt und zuweilen auch übernachtete. 306,4 Cammerdiener] Wahrscheinlich Johann Conrad Wagner, der auch auf der Schweizer Reise 1779/80 zur Entourage des Herzogs gehört hatte (vgl. GB 3 II, zu 288,8–9). 306,4 im Closter] Vgl. zu 30,18. 306,4–5 auf seinem Zimmer schlafen] In den privaten Wohnräumen Herzog Carl Augusts im Landschafts- oder Fürstenhaus (vgl. zu 24,24–25). 306,5–6 ich sehe Licht bey Ihnen] Auf dem Weg vom ‚Louisenkloster‘ zum Fürstenhaus kam Goethe direkt am Wohnhaus der Familie von Stein im so genannten Stiedenvorwerk am Welschen Garten an der Ackerwand vorbei.

455. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 67. – 1 Bl. 18,4(–18,7) × 12,9(–13,2) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „159“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 159), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 91. WA IV 5 (1889), 175, Nr 1285. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 306,8 dem gestrigen] Möglicherweise der vorangehende Brief (Nr 454). 306,9 nach Hof geladen] Am 25. Juli 1781 fanden anlässlich des Besuches der Markgräfin Sophie von Brandenburg-Bayreuth, der Schwester der Herzoginmutter Anna Amalia, mittags und abends große Hoftafeln mit 32 bzw. 30 Personen statt. Zu beiden Tafeln war Goethe geladen; er wird jeweils an 30. Stelle aufgeführt (vgl. FB 1781, S. 144).

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306,9–10 die Hoffnung dich dort zu sehen] Unter den Gästen der Mittagstafel vom 25. Juli 1781 war auch Charlotte von Stein: „〈Frau〉 OberstaL. v. Stein“ (FB 1781, S. 144).

456. An Jenny von Voigts

Weimar, 31. Juli 1781 → 〈Melle〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt; zwei Fotokopien der Ausfertigung im Niedersächsischen Staatsarchiv Osnabrück (Sign.: Rep 2 Nr 441, Bl. 2; Nachlass Eberhard Crusius, Sign.: Dep 27, Nr 20). – 1 Bl. (Angabe nach D), 1 S. beschr., egh., Tinte. E: B〈ernhard〉 R〈udolph〉 Abeken: Reliquien von Justus Möser und in Bezug auf ihn. Berlin 1837, S. 11. D: Eberhard Crusius: Der Freundeskreis der Jenny von Voigts, geb. Möser. Neue Briefe aus ihrem Nachlaß. In: Osnabrücker Mitteilungen, Bd 68 (1959), S. 230, Nr 1 (nach H). WA IV 5 (1889), 175, Nr 1286 (nach E). Textgrundlage: Faksimile (Fotokopie). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf den von Goethe schon am 21. Juni 1781 (Nr 427) beantworteten Brief Jenny von Voigts’ von Mai oder Anfang Juni 1781 (vgl. zu 283,16). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 306,15 letzten Briefe] Vom 21. Juni 1781 (Nr 427). 306,15–16 ein lebhaffteres Bild] Jenny von Voigts hatte in ihrem Brief um eine Silhouette Goethes gebeten, die er ihr mit seinem Brief vom 21. Juni 1781 (Nr 427) zuschickte (vgl. zu 285,7). Goethe versprach, noch etwas zu schicken, das weniger Fläche ist (285,8). 306,17 eine Büste] Der Gipsabguss einer Goethe-Büste von Martin Gottlieb Klauer, die Goethe schon im Brief vom 21. Juni 1781 angekündigt hatte (vgl. 285,7–8). Im Juliheft 1781 war in Wielands „Teutschem Merkur“ folgende Anzeige erschienen: „Bey dem Fürstl. Hofbildhauer, Hr. Klauer, in Weimar, sind Gipsabgüsse der Abbildungen zu haben, welche derselbe von Herder, Göthe, und Wieland, sowol e n B u s t e als e n M e d a i l l o n vor kurzem nach dem Leben verfertigt hat. Wir sind Hrn. Klauer die Gerechtigkeit schuldig, zu gestehen, daß diese Abbildungen, sowohl was die Aehnlichkeit als was die Kunst und der Geschmack der Ausarbeitung betrift, nichts zu wünschen übrig lassen, und in beyderley Betracht diesem geschikten Künstler Ehre machen.“ (S. 95f.) Die „Brustbilder“ seien „in natürlicher Größe“ (S. 96) und direkt beim Bildhauer für einen Preis von

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BRIEFE 457–459

einem halben Louisdor oder 2 Reichstalern und 12 Groschen zu erwerben. Klauer hatte im September 1778 seine erste aus Kalkstein gefertigte Goethe-Büste begonnen (vgl. GT I 1, 66). 1780 schuf er weitere im Typ sehr ähnliche Büsten nach antikem Vorbild, von denen er Gipsabgüsse herstellte. Am 20. August 1781 meldete Goethe Jenny von Voigts, dass sich die Absendung der Büste wegen Unregelmäßigkeiten beim Ausgießen (314,4) verzögert habe (vgl. 314,1–13), nachdem er sich laut Tagebuch am 16. August 1781 mit Clauern (GT I 1, 123) getroffen hatte. In Goethes Rechnungen und Rechnungsbüchern aus dieser Zeit sowie in Klauers Rechnungsbuch (GSA 96/1567) tauchen keine Zahlungen Goethes für Gipsabgüsse auf. Dass Jenny von Voigts die Büste jedoch tatsächlich erhalten hat, ist einem Brief Johann Friedrich Kleukers an Anton Matthias Sprickmann vom 23. Dezember 1781 zu entnehmen: „Fr. v. V[oigts] 〈…〉 hat Göthens Büste zum Geschenk bekommen von ihm selbst“ (zitiert nach: Möser, Briefwechsel, 607). Im Frühjahr 1781 hatte Carl August auch Lavater eine dieser Büsten zukommen lassen (vgl. 266,27–28). – Vgl. Walter Geese: Gottlieb Martin Klauer. Der Bildhauer Goethes. Leipzig 1935, S. 54–68, 212f. 307,1 Adresse nach Osnabrück] Seit 1775 wohnten Jenny von Voigts’ Eltern in der Hakenstraße 10 in Osnabrück (heute Gelände der Möser-Mittelschule), wo sich Jenny von Voigts häufig aufhielt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 427). 307,2 einem überhaüften] Wohl in Anspielung auf seine amtlichen Pflichten, die Goethe wenig Zeit ließen. Neben seiner Tätigkeit im Geheimen Consilium und in der Bergwerkskommission war Goethe 1779 auch Direktor der Wegebaukommission und Mitglied der Kriegskommission geworden.

457. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 69. – 1 Bl. 19,7(–19,9) × 9(–9,3) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „160.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 164), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 92. WA IV 5 (1889), 175f., Nr 1287. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 1. August 1781 (vgl. zu 307,5–6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

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BRIEFE 457–459

einem halben Louisdor oder 2 Reichstalern und 12 Groschen zu erwerben. Klauer hatte im September 1778 seine erste aus Kalkstein gefertigte Goethe-Büste begonnen (vgl. GT I 1, 66). 1780 schuf er weitere im Typ sehr ähnliche Büsten nach antikem Vorbild, von denen er Gipsabgüsse herstellte. Am 20. August 1781 meldete Goethe Jenny von Voigts, dass sich die Absendung der Büste wegen Unregelmäßigkeiten beim Ausgießen (314,4) verzögert habe (vgl. 314,1–13), nachdem er sich laut Tagebuch am 16. August 1781 mit Clauern (GT I 1, 123) getroffen hatte. In Goethes Rechnungen und Rechnungsbüchern aus dieser Zeit sowie in Klauers Rechnungsbuch (GSA 96/1567) tauchen keine Zahlungen Goethes für Gipsabgüsse auf. Dass Jenny von Voigts die Büste jedoch tatsächlich erhalten hat, ist einem Brief Johann Friedrich Kleukers an Anton Matthias Sprickmann vom 23. Dezember 1781 zu entnehmen: „Fr. v. V[oigts] 〈…〉 hat Göthens Büste zum Geschenk bekommen von ihm selbst“ (zitiert nach: Möser, Briefwechsel, 607). Im Frühjahr 1781 hatte Carl August auch Lavater eine dieser Büsten zukommen lassen (vgl. 266,27–28). – Vgl. Walter Geese: Gottlieb Martin Klauer. Der Bildhauer Goethes. Leipzig 1935, S. 54–68, 212f. 307,1 Adresse nach Osnabrück] Seit 1775 wohnten Jenny von Voigts’ Eltern in der Hakenstraße 10 in Osnabrück (heute Gelände der Möser-Mittelschule), wo sich Jenny von Voigts häufig aufhielt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 427). 307,2 einem überhaüften] Wohl in Anspielung auf seine amtlichen Pflichten, die Goethe wenig Zeit ließen. Neben seiner Tätigkeit im Geheimen Consilium und in der Bergwerkskommission war Goethe 1779 auch Direktor der Wegebaukommission und Mitglied der Kriegskommission geworden.

457. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 69. – 1 Bl. 19,7(–19,9) × 9(–9,3) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „160.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 164), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 92. WA IV 5 (1889), 175f., Nr 1287. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 1. August 1781 (vgl. zu 307,5–6). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

AUGUST 1781

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307,6 in die Zeichenstunde] In der Weimarer „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ im Fürstenhaus fand zweimal wöchentlich jeweils mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr Unterricht für Frauen und Mädchen statt (vgl. zu 241,4). – Goethe selbst besuchte am 1. August 1781 die Zeichen Akademie (GT I 1, 122).

458. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 70. – 1 Bl. 19,8 × 8,3(–8,6) cm, 1⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v〈. Stein〉, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „161.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 165), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 93. WA IV 5 (1889), 176, Nr 1288. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 307,9 daß sie sich besser befindet] Vgl. 307,5–6. – Hierzu vermerkt Goethe im Tagebuch vom 2. August 1781: Mittags zu Hause dann zu 〈Charlotte von Stein〉 sie war noch kranck. (GT I 1, 122.) 307,9–10 Ich bleibe heute zu Haus] Die erste Sitzung des Geheimen Consiliums im August 1781 fand am folgenden Tag statt (vgl. Wahl, Consilium, 716f., Nr 10440–10452). In Vorbereitung studierte Goethe am 2. August Früh Ackten (GT I 1, 122). Außerdem besuchten ihn vielerley Menschen (ebd.).

459. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 70. – 1 Bl. 11,5(–11,7) × 8,2 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; in der Mitte des Blattes Siegelausriss ohne Buchstabenverlust, unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „162“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 166), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

820

BRIEFE 460/461

E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 93. WA IV 5 (1889), 176, Nr 1289. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 307,12 Wie befindet sich meine L. L.] Vgl. zu 307,9. – Am Nachmittag besuchte Goethe Charlotte von Stein, die empfindlich von der Kranckheit war (GT I 1, 122). – ‚L. L.‘ abgekürzt für ‚liebe Lotte‘; diese Anrede erst 1781 mit dem Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ gebraucht (vgl. zu 263,7). 307,13 Heut bin ich zur H. Mutter geladen.] Laut Tagebuch vom 3. August 1781 war Goethe früh 〈im〉 Conseil, anschließend bei  〈Herzoginmutter Anna Amalia〉 essen. (GT I 1, 122.)

460. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 70. – 1 Bl. 16,7 × 10,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „160.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 167), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 93. WA IV 5 (1889), 176, Nr 1290. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 308,1 Sag mir liebste 〈…〉 ob du mit mir einig bist.] Demnach muss es zu einem Missverständnis zwischen Goethe und der Freundin gekommen sein. Wie Goethes Tagebuch nahelegt, kam es am 4. August zu keiner versöhnlichen Aus〈Charlotte von Stein〉 wo d Waldner sprache mit Charlotte von Stein: Zu 〈Louise Adelaide Waldner von Freundstein〉 und Carolingen 〈Caroline von Ilten〉 waren, und kinderten. (GT I 1, 122.) Möglicherweise wurde der Brief erst nach Goethes Besuch bei Charlotte von Stein geschrieben. 308,5 meine Schrifften] Möglicherweise die Himburgsche Goethe-Ausgabe. Sie war zuerst 1775/76 unter dem Titel „D. Goethens Schriften“ (3 Bde. Berlin) erschienen. Den Supplementband der dritten erweiterten Auflage (J. W. Goethens Schriften) hatte Goethe Charlotte von Stein wahrscheinlich im Mai 1779 geschenkt (vgl. GB 3 I, Nr 498 und die Erläuterungen dazu). – Jeweils unter dem

AUGUST 1781

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Titel „J. W. Goethens Schriften“ waren 1778–1780 bei Christian Gottlieb Schmieder in Karlsruhe eine vier- und eine dreibändige Ausgabe erschienen (vgl. Hagen, 6f., Nr 6 und 7 [sch1–2]). – Nicht ganz auszuschließen ist, dass Goethe um Manuskripte bat, an denen er arbeiten wollte. Laut Tagebuch vom 4. August 1781 war er früh zu Hause schrieb am Tasso, korrigirte die Iphigenie (GT I 1, 122).

461. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 5. oder 6. August? 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wurde er ohne explizite Begründung nach dem datierten Brief vom 4. August 1781 (Nr 460) eingeordnet. Nur Eduard von der Hellen setzte ihn in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise. Vom Inhalt und Tonfall her passt der Brief in den Zeitraum zwischen dem 5. und dem 8. August 1781, aus dem sonst keine datierten und datierbaren Briefe überliefert sind. Den Angaben des Tagebuchs nach könnte er am 5. oder 6. August 1781 geschrieben worden sein (vgl. zu 308,7). Daher wird die überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten und präzisiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 88. – 1 Bl. 16,3(–16,6) × 8,5(–8,9) cm, 1 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, braune Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „204“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 204), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 93. WA IV 7 (1891), 269, Nr 2395. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 308,7 Sag mir 〈…〉 zum Leben gestärckt werde.] Wenn die vorliegende Bitte, wie angenommen, am 5. oder 6. August 1781 geschrieben wurde, korrespondiert sie inhaltlich mit Brief Nr 460 vom 4. August (vgl. zu 308,1). – Wie das Tagebuch belegt, ging Goethe am 5. August Abends mit 〈Charlotte von Stein〉 spazieren und aß Mit ihr und Stein zu Nacht (GT I 1, 122). Seit dem 7. August scheint er die gewohnten Formen des Umgangs mit der Freundin wieder aufgenommen zu

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BRIEFE 462/463

haben: nach den Sitzungen des Geheimen Consiliums oder der Kriegskommission aß er bei Charlotte von Stein zu Mittag und besuchte sie meist am Abend noch einmal (vgl. ebd., 122f.).

462. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 9. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 72. – 1 Bl. 17 × 10,1 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; Vs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „164“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 170), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 94. WA IV 5 (1889), 177, Nr 1291. BEIL AG E

Artischocken (vgl. zu 308,9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 308,9 Artischocken] Unter dem 18. August 1781 ist dazu in den Rechnungen vermerkt: Bothenlohn für Artischoken 4 〈Groschen〉 (GR/RB 1781/82, Bl. 56v). Vor allem in späteren Jahren ließ Goethe sich die in Weimar seltenen Artischocken aus Frankfurt schicken (vgl. u.a. GT V 2, zu 179,31, zu 273,32; GT VI 2, zu 125,31; GT VIII 2, zu 269,23–24). 308,10 Zu Mittag will ich nach Tiefurth] Laut Tagebuch blieb Goethe am 9. August zu Hause und hat Gearbeitet und Geordnet (GT I 1, 123). Dagegen war er am 10. August Abends um 10 Uhr mit  〈Herzoginmutter Anna Amalia〉 nach Tiefurth vom Jagen gefahren und kehrte dann Zu Fuse herein (GT I 1, 123). Nach dem Weggang des Prinzen Constantin im Juni 1781 (vgl. die erste Erläuterung zu 277,5) nutzte die Herzoginmutter Schloss und Park Tiefurt als Sommerresidenz: „Unsre liebe gute Herzogin Amalia rusticiret seit des Prinzen Abreise zu tiefurt, ganz allein mit Thusnelden 〈Louise von Göchhausen〉 und 2 bedinten 〈…〉.“ (Wieland an Merck, 11. Juli 1781; Merck, Briefwechsel 2, 637; vgl. auch Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach an Merck, 4. August 1781; ebd., 646.)

AUGUST 1781

463. An Friedrich Müller

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Weimar, 9. August 1781 → 〈Rom?〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GMD Düsseldorf, Sign.: NW 1932/1986. – 1 Bl. 19 × 27,3(–27,5) cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; Rs. Skizze Friedrich Müllers: Männlicher Akt, Kreide, mit Zuschreibung von fremder Hd, Bleistift. – Faksimile des Briefs: Stargardt-Katalog 634, Auktion vom 26. bis 27. November 1985, S. 35, Nr 107. E: Gotthilf Weisstein: Beiträge zu Maler Müller’s Lebensgeschichte. Herrn Professor Steinthal zum sechzigsten Geburtstag. Berlin 1883, S. 8. WA IV 5 (1889), 177, Nr 1292 (nach E). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugsbrief ist nicht überliefert (vgl. zu 308,13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: vor dem 13. August 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 53r). 308,13 Ihren lezten Brief] Er war am 6. August eingetroffen (vgl. GT I 1, 122). 308,14–15 bey einer Unterredung] Zu der sollte es erst während Goethes römischem Aufenthalt kommen. Das offenbar kurze Treffen fand jedoch in Goethes Aufzeichnungen keinen Niederschlag. Müller berichtete davon im Brief an Wilhelm Heinse vom 17. April 1787: „daß Göthe hier war wirstu vermuthlich schon wißen – er logirte beym mahler tischbein schien ein Staatsgefangner vom neugebacknen antiquar Hirt (ein erbärmlicher Prinz) Schüz 〈Johann Georg Schütz〉, Pirri 〈Friedrich Bury〉 etz zu seyn diese machten seine leibguarde aus und es schien mir immer wenn ich den starcken Göthe unter den Scheelen Schmachtlappen so herum marschiren sah, als erblickt ich den Achilles unter den Vozen von Sciros – ich sah ihn nicht als nur in den lezten tagen seines hierseyns da trafen wir uns auf der Villa Medicis und sprachen auf einige augenblicke miteinander.“ (Müller, Briefwechsel 1, 119.) 308,16 Parallaxen] Aus der astronomischen Fachsprache stammender, im 18. Jahrhundert bildungssprachlich geläufiger Begriff: scheinbare Verschiebungen von Gegenständen durch abweichende Beobachtungsstandpunkte (vgl. Krünitz 107, 451). 309,6–7 mit dem aufgeklärtesten Urtheil das lebhafteste Lob] Im Gegenteil wertete Johann Heinrich Meyer Müller mit der Bemerkung ab: „Wir erwähnen von Künstlern, welche zu Füeßli’s Zeit und bald darauf nach Michel Angelo gelüstete, nur noch den Maler M ü l l e r, der in Deutschland schon früher durch verschiedene poetische Versuche Aufmerksamkeit und gute Meynung von seinen Talenten erregt hatte. Als bildender Künstler wollte er mehr die Denkweise des Michel Angelo als

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BRIEF 464

desselben Formen nachahmen, und wählte sich Gegenstände, wo Teufel die Hauptrolle spielen; doch es gelang ihm nicht, sich Beyfall zu erwerben.“ (Entwurf einer Kunstgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts. In: Winkelmann und sein Jahrhundert. In Briefen und Aufsätzen herausgegeben von Goethe. Tübingen 1805, S. 297f.) Im Glauben, dass Goethe der Verfasser sei, entwarf Müller einen Gegenangriff, der jedoch nicht zum Druck gelangte (vgl. Friedrich Meyer: Maler-Müller-Bibliographie. Leipzig 1912, S. 58 [zu Nr 179]). Als Friedrich Christoph Perthes im Brief vom 1. Juni 1817 anmerkte, dass im zweiten Heft von „Ueber Kunst und Altertum in den Rhein- und Mayn-Gegenden“ bei der Darstellung der römischen Gegenwartskunst Müllers nicht gedacht werde (vgl. RA 7, Nr 1030), antwortete Goethe am 27. Juni: Wegen Maler Müller wird sich auch etwas Billiges und Bedeutendes sagen lassen. Am interessantsten wär es wenn man ihn veranlassen könnte, seine innerlich immer thätige, seit langen Jahren abgeschlossene, nach außen weniger wirksame Individualität darzustellen und zu offenbaren. (WA IV 28, 145.) Zwar griff Goethe den Vorschlag von Perthes nicht auf, wohl aber zeigte er sich einig mit Müllers Aufsatz „Del cenacolo di Leonardo da Vinci, libri quattro di Giuseppe Bossi“ (Über Leonardo da Vincis Abendmal, von Giuseppe Bossi, in: Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur 9 [1816], 2. St., S. 1137–1206). In „Joseph Bossi über Leonard da Vinci Abendmahl zu Mayland“, veröffentlicht im dritten Heft von „Ueber Kunst und Altertum in den Rhein- und Mayn-Gegenden“ 1817, erwähnte Goethe anerkennend, daß unser mehrjähriger Freund, Mitarbeiter und Zeitgenosse, den wir noch immer so gern, früherer Jahre eingedenk, mit dem Namen des M a h l e r M ü l l e r bezeichnen, uns von Rom aus mit einem trefflichen Aufsatz über Bossi’s Werk in den Heidelberger Jahrbüchern, December 1816, beschenkt (WA I 49 I, 247). 309,7 wie sehr beneide ich Sie] Vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 113. 309,9 nur durch Tradition eine neblichte Ahndung] Die Kenntnis der Kunst Italiens in Deutschland beruhte vornehmlich auf Kupferstichen und Kopien. Zwar enthielten die großen Galerien und Kunstsammlungen in Dresden, Düsseldorf, Kassel oder Mannheim etliche Originale, die jedoch nur selektive Eindrücke vermitteln konnten. 309,11 Schreiben und schiken Sie wenn und was Sie mögen] Auf diesen Vorschlag ging Müller nicht mehr ein. Ein großer Teil seines malerischen Werks ist nicht mehr auffindbar, muss vielleicht als verschollen gelten. Die Qualität seines Schaffens ist daher letztlich nicht zu beurteilen. Erst 1800/01 entspann sich nochmals ein kurzer Briefwechsel mit Goethe (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 383). Die Widmung seines Schauspiels „Golo und Genovefa“ an Goethe, erstmals vollständig gedruckt im 3. Band der von Ludwig Tieck begründeten und von Georg Anton Batt herausgegebenen Werkausgabe (Heidelberg 1811), hat Müller gestrichen (vgl. Friedrich Meyer: Maler-Müller-Bibliographie. Leipzig

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1912, S. 43). Im Nachlass erhalten hat sich als Reflex der großen Enttäuschung Müllers Notiz „An Göthe. Keiner soll vergeßen daß der größeste augenblicklich unter das Rad des Glücks sincken und der Nemesis Hand entgegen sincken könne, daß Jupiter selbst der gewaltigste der Götter der nothwendigkeit sich unterlegen fühlt, und ungewiß in sich selbst auf den furchtbaren Gang von des Schicksals Waage schauete.“ (Müller, Briefwechsel 3, 1361.)

464. An Catharina Elisabeth Goethe Weimar, 11. August 1781 → 〈Frankfurt a. M.〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 37/I,9,3, Bl. 9–10. – Doppelblatt 38,2 × 27,7 cm, 3 ½ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen und egh. Paraphe, Tinte. E: Frau Rath (1871), 171–174, Nr 45. WA IV 5 (1889), 178, Nr 1293. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet den Brief Catharina Elisabeth Goethes vom 17. und 19. Juni 1781 (vgl. RA 1, Nr 148). – Der Antwortbrief, der vor dem 24. August 1781 in Weimar eintraf, ist nicht überliefert (vgl. zu 315,6–7). Der vorliegende Brief ist der einzige überlieferte Brief Goethes an Catharina Elisabeth Goethe aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes. Der diesem vorausgehende überlieferte Brief Goethes an seine Mutter von Mitte August 1779 (GB 3 I, Nr 520) stand noch ganz im Zeichen der Vorbereitung des geplanten Aufenthalts in Frankfurt mit Herzog Carl August aus Anlass der Reise in die Schweiz. Die Gesellschaft hielt sich auf der Hin- und Rückreise einige Tage im September 1779 und Ende Dezember 1779/Anfang Januar 1780 in Goethes Elternhaus auf. Aus den ersten Monaten nach dem zweiten Frankfurter Aufenthalt sind bislang keine Briefe Goethes an seine Mutter erschlossen. Möglicherweise schickte er ihr um den 15. August 1780 eine Abschrift der „Vögel“ mit Begleitbrief (EB 65), am 13. September 1780 ist laut Rechnung wieder ein Paket an die Mutter abgegangen (EB 80). Diesem folgen bis Ende 1781 ein weiteres Paket und vier erschlossene Briefe (EB 85, 100, 123, 133). Einige dieser Sendungen können auch für Dritte bestimmt gewesen sein, da Goethe wiederholt Briefe und Pakete, die u. a. Abschriften seiner Werke oder Zeichnungen enthielten, an seine Mutter schickte, die diese dann an die Adressaten weiterleitete (vgl. u. a. 104,11; 152,5–7; 346,22–23; vgl. auch zu 137,23–24). Zusätzlich zur Korrespondenz mit ihrem Sohn stand Catharina Elisabeth Goethe u. a. mit Herzogin Anna Amalia in brieflichem Austausch und

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BRIEF 464

war in diesen Jahren gut über das Leben in Weimar unterrichtet. Von Catharina Elisabeth Goethe sind ein Brief vom 23. März 1780 (Pfeiffer-Belli, 470f.; vgl. RA 1, Nr 114) und der Brief vom 17. bis 19. Juni 1781 (Pfeiffer-Belli, 491–494; vgl. RA 1, Nr 148), auf den Goethe mit dem vorliegenden Brief antwortet, überliefert. Weitere Briefe lassen sich erschließen (vgl. 152,16–18; 315,6–7; vgl. auch zu 182,22). – Über Catharina Elisabeth Goethe und Goethes Verhältnis zu seiner Mutter vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 276. 309,15 Devin du Village] Die Sendung kam von Barbara Schultheß aus Zürich über Frankfurt. Am 13. August 1781 schrieb Goethe an Philipp Christoph Kayser nach Zürich: Und danken dl. Fr. Schulthes für den D e v i n . (313,6–7.) Es handelt sich um die als Intermède bezeichnete einaktige Oper „Le devin du village“ (Der Dorfwahrsager), Text und Musik von Jean-Jacques Rousseau, die 1752 im Schloss Fontainbleau sehr erfolgreich uraufgeführt worden war und viele Bearbeitungen und Übersetzungen nach sich zog. Einige der Lieder und Melodien hatten allgemeinere Bekanntheit erlangt. Ob Goethe eine Partitur oder nur das Libretto erhalten hat, ist nicht bekannt, da in seinem Nachlass dazu nichts überliefert ist. Auch wird die Oper, die Goethe laut „Dichtung und Wahrheit“ schon als Kind in Frankfurt gehört hatte (vgl. AA DuW 1, 80 [3. Buch]), nicht weiter erwähnt. – Zwei Tage später informierte Goethe Philipp Christoph Kayser über eine Sammlung von Rousseau’s Liedern, die nach seinem Tode herausgekommen ist (312,8–9; vgl. zu 311,24–25). Die Beschäftigung mit den Liedern aus „Les consolations des misères de ma vie, ou Recueil d’airs romances et duos par J. J. Rousseau“ (Die Tröstungen über das Elend meines Lebens, oder Sammlung von Melodien, Lieder und Duette von J〈ean〉 J〈acques〉 Rousseau), die u. a. am 12. und 15. August 1781 von Corona Schröter vorgetragen wurden (vgl. GT I 1, 123; 312,13), gehört ins Umfeld des „Journals von Tiefurth“. Goethe schrieb über Rousseaus Kompositionen: Man wird sie nicht satt und ich bewundere bei der Einfalt die große Mannigfaltigkeit und das reine Gefühl wo alles an seinem Platz ist. (WA IV 5,189.) Möglicherweise waren Stücke aus „Le devin du village“ auch für Aufführungen vorgesehen. 309,15 Melchiors Schrift] Wahrscheinlich die 1781 bei Christian Friedrich Schwan in Mannheim erschienene Schrift „Versuch über das sichtbare Erhabene in der bildenden Kunst“ des mit der Familie Goethe bekannten Bildhauers und Modelleurs Johann Peter Melchior, die sich in Goethes Nachlass jedoch nicht nachweisen lässt. Von Melchior stammen ein Bildnismedaillon Goethes aus dem Jahr 1774 mit der rückseitigen Inschrift: „Der Verfasser der Leiden des jungen Werthers durch seinen Freund Melchior 1775“ (KSW, Museen, Plastiksammlung, Inv.-Nr KPl/00693; vgl. GB 2 II, zu 151,10–11) sowie aus dem Jahr 1779 Reliefs von Goethes Eltern (KSW, Museen, Plastiksammlung, Inv.-Nr KPl/01825 und KPl/01861). Seit 1779 war Melchior Modellmeister an der Porzellanmanufaktur in Frankenthal und Hofbildhauer in Mannheim. Melchior hatte in seine als Anlei-

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tung für Künstler gedachte Schrift „das Beträchtlichste meiner theoretischen Betrachtungen welche ich zu meinem eigenen Unterrichte, nach und nach, niedergeschrieben“ (S. VI) aufgenommen, so dass Goethe die Anleitung möglicherweise für die Weimarer Zeichenschule nutzen wollte. Weniger wahrscheinlich ist, dass es sich um Friedrich Melchior von Grimms Satire „Der kleine Prophet von Böhmisch-Broda“ von 1753 oder andere von Grimms Schriften handelt (vgl. FA/Goethe II 2, 947), da Goethe Grimm sonst nie mit dessen Vornamen nennt. Grimm hatte mit seiner Satire in den Streit um die französische und italienische Oper in Paris (Buffonistenstreit) eingegriffen, in den auch der mit Grimm befreundete Rousseau mit seiner Oper involviert gewesen war. 309,16 Ihren vorigen lieben Brief] Catharina Elisabeth Goethe hatte schon am 17. und 19. Juni 1781 geschrieben (Pfeiffer-Belli, 491–494; vgl. RA 1, Nr 148). 309,20–21 Meine Gesundheit] Catharina Elisabeth Goethe hatte sich Sorgen um ihren Sohn gemacht, weil sie lange nichts von ihm persönlich gehört hatte und offensichtlich Gerüchte über Goethes angeblich angeschlagene Gesundheit kursierten (vgl. Pfeiffer-Belli, 492f.). Am 2. Juli hatte Johann Heinrich Merck, der Goethes Mutter im Juni besucht hatte (vgl. ebd., 491f.), an Christoph Martin Wieland geschrieben: „Sag doch, was an dem Mährchen von Göthes Gesundheit ist. K. u. Sekendorf haben mir allerley davon gesagt, das mich ernsthafft niederschlägt.“ (Merck, Briefwechsel 2, 632.) Johann August Alexander von Kalb und Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff waren ebenfalls bei Goethes Mutter zu Gast und werden berichtet haben (vgl. Pfeiffer-Belli, 491). Wahrscheinlich wurden Gerüchte auch durch Philipp Christoph Kayser gestreut, der sich im Frühjahr 1781 in Weimar aufgehalten hatte und danach durch Darmstadt reiste und „bedenklich“ von Goethes Zustand sprach (Merck, Briefwechsel 2, 632). An Heinrich Christian Boie hatte Merck schon am 28. Mai 1781 geschrieben: „Goethe lebt sehr stille für sich in seinen Geschäfften weg, u. entzieht sich dem Hoff so weit er kan. Seine Gesundheit ist nicht die Beste. Ich wolte überhaupt, daß er aus dieser Galeere, u. auf einem bessern Clima sässe.“ (Ebd., 604; vgl. auch Wieland an Merck, 11. Juni 1781; ebd., 637f.) 309,25 großer Beschweerniße] Im Hinblick auf die amtlichen Herausforderungen, die Goethe wenig Zeit ließen. Neben seiner Tätigkeit im Geheimen Consilium und in der Bergwerkskommission war Goethe 1779 auch Direktor der Wegebaukommission und Mitglied der Kriegskommission geworden. Im Sommer 1781 war er u. a. mit den Vorbereitungen einer Bergwerkskonferenz in Ilmenau beschäftigt gewesen, an der er als Deputierter für Sachsen-Weimar und Eisenach auch teilnehmen musste (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). 309,27–28 hypochondrischen Unbehaglichkeit] ‚Hypochondrie‘, ein Modewort des 18. Jahrhunderts, war im zeitgenössischen Verständnis „eine der beschwerlichsten Krankheiten, welche ihren Sitz vornehmlich in dem Unterleibe hat, von einer reitzenden auf die Nerven wirkenden Schärfe herrühret, Personen, welche viel

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BRIEF 464

sitzen, am meisten und heftigsten anfällt, und oft in Schwermuth und Melancholie ausartet“ (Adelung 2, 1345). Goethe, der laut „Dichtung und Wahrheit“ schon von Hause 〈…〉 einen gewissen hypochondrischen Zug mitgebracht hatte (AA DuW 1, 275 [8. Buch]), spielt häufig selbstironisch auf sein ‚hypochondrisches Wesen‘ an (vgl. zu 202,7). – Hier: eine allgemeine, zuweilen melancholische und schwankende Stimmung (vgl. GWb 4, 1461). 310,1–2 Merk und mehrere beurtheilen meinen Zustand ganz falsch] In ihrem Brief berichtete Goethes Mutter von einem Gespräch mit Merck, in welchem dieser gesagt haben soll: „aber allemahl und auf alle fälle solten Sie suchen Ihn wieder her zu kriegen, das dortige Infame Clima ist Ihm gewiß nicht zuträglich – Die Hauptsache hat Er zu stande gebracht – der Herzog ist nun wie Er sein soll, das andre Dreckwesen – kan ein anderer thun, dazu ist Goethe zu gut u. s. w.“ (Pfeiffer-Belli, 492; vgl. auch zu 309,20–21.) Dass Goethe dies keineswegs so empfand, belegt ein Tagebucheintrag, der nur vier Tage nach dem vorliegenden Brief geschrieben wurde: Kr〈iegs〉. Komission. Rekapitulirte in der Stille was ich bey diesem Departement geschafft. Nun wäre mirs nicht bange ein weit gröseres, ia mehrere in Ordnung zu bringen, wozu Gott Gelegenheit und Muth verleihe. (GT I 1, 123.) Am 3. Februar 1782 äußerte er sich gegenüber Carl Ludwig von Knebel über seine Lage in Weimar: und da es mir gelingt mich täglich mehr einzurichten und zu schicken; so werd ich auch täglich zufriedner in mir selbst. Ich dancke Gott daß er mich bey meiner Natur in eine so eng-weite Situation gesezt hat, wo die manigfaltigen Fasern meiner Existenz alle durchgebeizt werden können und müssen. (WA IV 5, 257.) – Vgl. dazu auch Goethes Reaktion in seinem Brief an Johann Heinrich Merck vom 14. November 1781 (346,1–7). 310,5 der lezten Zeiten] In den Monaten, die er vor seiner Abreise nach Weimar im November 1775 im Elternhaus in Frankfurt zugebracht hatte, befand sich Goethe durch die ungeliebte Tätigkeit als Anwalt sowie die sich immer schwieriger gestaltende Beziehung zu seiner Verlobten Anna Elisabeth Schönemann in einer existenziellen Krise. So schrieb er im Oktober 1775 von den zerstreutesten, verworrensten, ganzesten, vollsten, leersten, kräfftigsten und läppischten drey Vierteliahren die ich in meinem Leben gehabt habe. (GB 2 I, 222,16–19.) Kurz nach seiner Ankunft in Weimar konnte er dann melden, dass sein Leben neuen Schwung (GB 3 I, 5,16) erhalten habe. Schon im September 1777 stellte er dann fest, wie sich mein innres seit einem Jahr befestigt hat (GT I 1, 47). Am 7. August 1779 beschrieb er seine Zeit in Weimar gar als Rettung: da die Hälfte des Lebens nun vorüber ist, wie nun kein Weeg zurückgelegt sondern vielmehr ich nur dastehe wie einer der sich aus dem Wasser rettet und den die Sonne anfängt wohltätig abzutrocknen. (GT I 1, 87.) 310,9 Einbildung] Im Sinne von „Einbildungskraft, 〈…〉 aktives, produktives Vorstellungsvermögen“ (GWb 2, 1428).

AUGUST 1781

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310,10 Ahndung] Hier im Sinne von ‚intuitiver Wahrnehmung, Erfassung, Durchdringung‘ (vgl. GWb 1, 297). 310,11 ewigen Kindheit] Hier kritisch „als Zeit des Unverstands u der Hilflosigkeit“ (GWb 5, 383). Mit Blick auf seine Kindheit und Jugend hatte Goethe schon am 7. August 1779 in seinem Tagebuch resümiert: Stiller Rückblick aufs Leben auf die Verworrenheit, Betriebsamkeit Wissbegierde der Jugend, wie sie überall herumschweift um etwas befriedigendes zu finden. Wie ich besonders in Geheimnissen, duncklen Imaginativen Verhaltnissen eine Wollust gefunden habe. Wie ich alles Wissenschaftliche nur halb angegriffen und bald wieder habe fahren lassen, wie eine Art von demütiger Selbstgefalligkeit durch alles geht was ich damals schrieb. Wie kurzsinnig in Menschlichen und göttlichen Dingen ich mich umgedreht habe. Wie des Thuns, auch des Zweckmäsigen Denkens und Dichtens so wenig, wie in zeitverderbender Empfindung und Schatten Leidenschafft gar viel Tage verthan, wie wenig mir davon zu Nuz kommen 〈…〉. (GT I 1, 85–87.) 310,13 ein Verhältniß] Mit der bereits im Juni 1776 erfolgten Aufnahme ins Geheime Consilium, die oberste Behörde des Herzogtums, hatte Goethe die Aufgabe übernommen, den Herzog mit den beiden anderen Räten in sämtlichen Regierungsfragen zu beraten. Dies bedeutete, dass Goethe sich mit Angelegenheiten befassen musste, die ihm bis dahin nahezu unbekannt gewesen waren. Hinzu kamen die vielfältigen Aufgaben in der Bergwerks-, der Wegebau- und der Kriegskommission, in die er sich einarbeiten musste. Schon bevor er zum Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium ernannt worden war, stellte Goethe fest: Ich bin nun ganz in alle Hof und Politische Händel verwickelt und werde fast nicht wieder weg können. Meine Lage ist vortheilhafft genug, und die Herzogthümer Weimar und Eisenach immer ein Schauplaz um zu versuchen wie einem die Weltrolle zu Gesichte stünde (GB 3 I, 23,13–16). Über seine Bereitschaft, diese Rolle zu übernehmen, und den daraus zu ziehenden Nutzen schrieb er am 14. Mai 1780 an Johann Christian Kestner: Ausser meiner Geheimeraths Stelle, hab ich noch die Direcktion des Kriegs Departemens und des Wegebaus mit denen dazu bestimmten Kassen. Ordnung, Präzision, Geschwindigkeit sind Eigenschafften von denen ich täglich etwas zu erwerben suche. (56,13–16.) – Vgl. auch 137,7–18. 310,31 die gepflanzten Bäume] Vgl. zur Baumsymbolik GB 3 I, 174,14–18. 310,32–311,1 bey der Aerndte das Unkraut vom Waizen zu sondern] In Anlehnung an ein Gleichnis aus dem Matthäus-Evangelium 13,24–30. 311,7 bey Ihnen] Die Mutter bot Goethe im Bezugsbrief an, ihm in Frankfurt „gute und ruhige Tage verschaffen“ zu können (Pfeiffer-Belli, 492). 311,11–12 Zustande des Vaters] Im Herbst 1779, nach Goethes Besuch in Frankfurt, hatte Johann Caspar Goethe einen ersten Schlaganfall erlitten, im Oktober 1780 folgte ein zweiter. Er starb am 25. Mai 1782. Catharina Elisabeth

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BRIEFE 465/466

Goethe hatte seinen gegenwärtigen Zustand folgendermaßen beschrieben: „Der Vater ist ein armer Mann Cörpperliche Kräffte noch so zimmlich – aber im Geiste sehr schwach – im übrigen so zimmlich zufrieden, nur wan Ihn die langeweile plagt – dann ists gar Fatal“ (Pfeiffer-Belli, 493). 311,14 auf diesen Herbst] Im Bezugsbrief hatte die Mutter gebeten: „Vergieß die Herbstmeß nicht“ (Pfeiffer-Belli, 494). In Frankfurt begannen die Handelsmessen im Herbst in der Zeit zwischen dem 6. und dem 12. September und dauerten drei Wochen (vgl. GB 2 II, zu 211,10). 311,16 zur Weinlese bey Ihnen] Goethes nächster Besuch in Frankfurt erfolgte erst im August 1792, als er Herzog Carl August auf dem Feldzug nach Frankreich begleitete. 311,19 Freunde] Darunter wohl Anhörige der Familien Crespel, Gerock und Schlosser, mit denen Goethe seit seiner Jugendzeit befreundet war (vgl. GB 3 II, zu 289,28).

465. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 72. – 15,4 × 9,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „165“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 171), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 94f. WA IV 5 (1889), 181, Nr 1294. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 311,22–23 seit heute früh wie besät von Menschen] Im Tagebuch vom 12. August 1781 vermerkt Goethe dazu: Früh mit Leuten geplagt. (GT I 1, 123.) 311,23 unsre Feyerlichkeit] Am Abend des 11. August 1781 war Goethe zum Aerndtekranz in Tiefurth (GT I 1, 123) geladen, einem volkstümlichen Erntefest, bei welchem dem Gutsherrn von der Landbevölkerung der Erntekranz überreicht wurde, der sich dafür mit Speisen und Getränken bedankte (vgl. GWb 3, 374). Seit Juni 1781 bewohnte die Herzoginmutter Anna Amalia das Tiefurter Schloss (vgl. zu 308,10), unter deren Ägide das Fest 1781 stattfand (vgl. Wahl, Tiefurt, 85f.). Ein scherzhafter ‚Bericht‘ erschien im ersten Stück des in diesen Tagen begründeten „Journals von Tiefurth“ vom 16. August 1781, und zwar unter der Rubrik „Schauspiele“: „Den 11ten dieses, wurde das Ernde Fest hier gegeben.

AUGUST 1781

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Illumination und Decoration thaten außerordentliche Wirckung, und machten dem Geschmack des Erfinders viel Ehre. Der Beifall des Publicums war sehr laut und Tags darauf wurden die Akteurs mit einem ländlichen Fest regalirt.“ (Journal von Tiefurt2, 45.) 311,24–25 die singenden Mäuse] ‚Mäuse‘ für ‚hübsche junge Mädchen‘, analog zu ‚Misel‘, elsässisch ‚Mäuslein‘; begegnet in den ersten Weimarer Jahren häufig in Goethes Briefen (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16). – Hier: Corona Schröter und deren Gesellschafterin Wilhelmine Probst (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16). Im Tagebuch vom 12. August 1781 vermerkt Goethe: Abends Cr. 〈Corona Schröter〉 Rousseaus Lieder gesungen (GT I 1, 123). Es handelte sich um Lieder aus der Sammlung „Les consolations des misères de ma vie, ou Recueil d’airs romances et duos par J. J. Rousseau“ (Die Tröstungen über das Elend meines Lebens, oder Sammlung von Melodien, Lieder und Duette von J〈ean〉 J〈acques〉 Rousseau), die postum 1781 in Paris erschienen war. Sie enthält 24 Lieder, deren Texte z. T auch von Rousseau stammen (vgl. zu 312,13). Goethes Exemplar ist nicht überliefert; vermutlich benutzte er eines, das dem Herzog laut Rechnung von Bauer & Treuttel am 30. Juli aus Straßburg geschickt worden war (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 254, Beleg Nr 260). – Die Anfänge von drei Liedern hatte Charlotte von Stein auf einem Gedichtbrief von Goethe und Lenz vom 30. Oktober und 1. November 1776 notiert. Diese Notizen können dem Erscheinungsjahr der Sammlung nach frühestens aus dem Jahr 1781 stammen (vgl. Überlieferung und einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 180). 311,25 Brätgen] Braten, vor allem Wildpretsbraten (239,15), gehörte zu den Lebensmitteln, die häufig zwischen Goethe und Charlotte von Stein ausgetauscht wurden. 311,26 Andencken] Vermutlich Lebensmittelgeschenke Charlotte von Steins.

466. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 73. – 1 Bl. 12,5 × 6,1(–6,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust (Paraphe angeschnitten); Vs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „166.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 173), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 95. WA IV 5 (1889), 182, Nr 1295.

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BRIEF 467

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 312,2 von meinen Gästen weggelaufen] Außer Corona Schröter und wahrscheinlich deren Gesellschafterin Wilhelmine Probst (vgl. zu 311,24–25) kam auch Herzog Carl August am späteren Abend des 12. August 1781 zu Goethe (vgl. GT I 1, 123).

467. An Philipp Christoph Kayser Weimar, 13. August 1781 → Zürich ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/260,I, Bl. 7–8. – Doppelblatt 15,7(–16,4) × 18,6 cm, 2 1⁄8 S. beschr.: S. 1–2 Schreiberhd (Seidel), mit egh. (?) Korrektur und egh. Schlussformel, Orts- und Datumsangabe sowie Paraphe (313,4–5 Leben sie 〈…〉 G), Tinte; S. 3 egh. Nachsatz, quer zur Schreibrichtung (313,6–7 Melden Sie 〈…〉 D e v i n.), Tinte; S. 4 egh. Adresse: Herrn Kayser / bey H. Diakonus Lavater / in / Zürch / fr. (spätere Streichung, von fremder Hd?), rotes Initialsiegel: „G“, zwei Zeilen (313,6–7 Und danken 〈…〉 D e v i n.) nachträglich durch Tintenschlingen unleserlich gemacht (vgl. die einleitende Erläuterung). E1: Burkhardt, Goethe/Kayser (1879), 62f., Nr 3 (nach h: GSA 68/761; Teildruck: 313,6–7 Melden Sie 〈…〉 D e v i n. fehlt). E2: WA IV 5 (1889), 182f., Nr 1296 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Die Bezugsbriefe sind nicht überliefert (vgl. zu 312,5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Anders als bisher vermutet, stammen die Streichungen in Goethes Briefen an Kayser nicht von Riemer (vgl. GB 3 II, Überlieferung zu Nr 155; GB 6 II, Überlieferung zu Nr 199, zu 129,16, zu 139,13–14, zu 174,12 und zu 174,16; GB 7 II, Überlieferung zu Nr 23, zu Nr 54 und zu Nr 103; GB 8 II, Überlieferung zu Nr 155). Riemer, der Zugang zu den Originalen hatte, vermerkte in seinen Abschriften der Briefe an Kayser an drei Stellen die Streichungen und versuchte an einer Stelle, den Text zu rekonstruieren (vgl. GSA 29/260,III,1, Bl. 9v, 25v und 29r). Die Streichungen sind also vor Riemers Tod im Jahr 1845 zu datieren. Möglicherweise wurden sie vor der Erwerbung der Briefe durch Goethe oder seine Erben vorgenommen. Nicht auszuschließen ist, dass die Eingriffe von Kayser selbst stammen (vgl. Evelyn Liepsch: Die archivalische Überlieferung zu Kayser im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar. In: Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 341–358, hier 356f.).

AUGUST 1781

833

312,5 Ihre beiden Briefe] Nicht überliefert (vgl. zu 11,4). Aus einer Aufstellung über die von Goethe bezahlten Ausgaben für Porto der bei ihm eingegangenen Briefe geht hervor, dass er den ersten der Briefe vermutlich am 5., den zweiten am 13. August erhielt (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 53r). 312,5–6 den verlangten Büchern] Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. 312,6 Das Lied] Vor allem weil Kaysers Briefe, auf die Goethe hier antwortet, nicht überliefert sind (vgl. zu 312,5), kann nicht ermittelt werden, um welches Gedicht es sich handelt. Auch aus dem folgenden Brief Goethes vom 10. September 1781 geht nicht hervor, ob er das Gewünschte fand und an Kayser schickte. Aus der Formulierung werde ich meine alten Paquete aufbinden und durchkramen müßen (312,6–7) lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit schlussfolgern, dass Kayser um ein bis zu diesem Zeitpunkt ungedrucktes Gedicht Goethes bat. 312,8–9 die Sammlung von Rousseau’s Liedern] Les consolations des misères de ma vie, ou Recueil d’airs romances et duos par J. J. Rousseau. Paris 1781 (vgl. zu 311,24–25). 312,9 nach seinem Tode] Nach dem 2. Juli 1778. 312,10–11 schreibe ich 〈…〉 an den Buchhändler Bauer nach Strasburg] Da ein Brief Goethes an den Verleger und Buchhändler Johann Gottfried Bauer in Straßburg nicht überliefert ist, es in Goethes „Rechnungsbüchern“ keinen Hinweis darauf gibt und auch eine Antwort Bauers an Goethe nicht bekannt ist, ist anzunehmen, dass die Bestellung vermutlich von Bertuch erledigt wurde, der Kontakte mit dem Verlag Bauer & Treuttel pflegte (vgl. zu 238,6–8). Laut Bauers Rechnung vom 20. September 1781 wurde ein Exemplar von Rousseaus Liedern am 20. August nach Zürich geschickt; die Kosten übernahm die herzogliche Privatschatulle (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 254, Beleg Nr 260). Aus Goethes Brief vom 10. September 1781 geht hervor, dass Kayser sich bei Goethe brieflich für die Liedersammlung bedankte und dass sie ihm große Freude gemacht (319,7–8) hat. 312,13 Die M. Schröter, die die meisten gespielt und gesungen] Goethes Tagebuch zufolge hat Corona Schröter u.a. am 12. August 1781 Abends 〈…〉 Rousseaus Lieder gesungen (GT I 1, 123; vgl. zu 311,24–25). 312,17–18 daß Sie mir 〈…〉 die Fehler auf einen Bogen anmerken] Da Briefe Kaysers an Goethe in diesem Zeitraum nicht überliefert sind, lässt sich im Einzelnen nicht nachweisen, welche ‚Fehler‘ von dem Komponisten angemerkt wurden, sofern er dem Wunsch Goethes entsprochen hat. 312,19 denn zu den meisten dieser Lieder sind Instrumente gesezt] Als Begleitinstrumente sind z. B. (bei Lied Nr 27, S. 50f. und bei Lied Nr 35, S. 60) Geige und Harfe notiert.

834

BRIEFE 468/469

312,20 ausschreiben laßen] ,Ausschreiben‘ meint im Kontext von musikalischen Aufführungspraktiken das Ausziehen von „Stimmen aus Musikwerken für die Mitwirkenden“ (GWb 1, 1218); zum ‚Ausschreiben‘ dieser Stimmen vgl. zu 319,8. 312,22–23 Schule in Zürich 〈…〉 den Namen einer Realschule geben] Wenn es sich bei der von Goethe erwähnten Schule wirklich um eine Realschule handelt, dürfte die Kunstschule in Zürich, die 1774 eröffnet worden war, gemeint sein. – „Der Begriff R. 〈Realschule〉 bezeichnet eine Schule, in der die Vermittlung von realen Bildungsinhalten stärker gewichtet wird als jene alter Fremdsprachen. Er stammt aus der Aufklärungspädagogik des 18. Jh., deren Vertreter in den Lateinschulen (Gymnasium) neben der klass.-humanist. eine moderne oder wissenschaftl. Richtung mit lebenden Sprachen (Muttersprache und eine Fremdsprache), Arithmetik, Geometrie, Zeichnen, Naturwissenschaften, neuerer Geografie und Geschichte einführen wollten. / Im Zuge der Differenzierung des an die Primarschule anschliessenden Unterrichts entstanden in der Schweiz neben den Sekundarschulen erste R.n. Die erste Unterrichtsstätte dieser Art war die 1774 eröffnete Kunstschule in Zürich.“ (Historisches Lexikon der Schweiz. Hrsg. von der Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz [HLS]. Chefredaktor: Marco Jorio. Bd 10. Basel 2011, S. 135). 312,24 Matesin] GWb verzeichnet diese Briefstelle unter „Mathesie“ (GWb 5, 1511) und verweist zur Erhellung der Bedeutung – Mathematik als Unterrichtsfach – auf die entsprechende Stelle im Eintrag „Mathematik“ (ebd., 1509). 312,26 Abschrift von einem solchen] Eine solche Abschrift konnte in Goethes Nachlass nicht ermittelt werden; auch deshalb bleibt unklar, ob Kayser den von Goethe erbetenen Text nach Weimar gesandt hat. 313,1 der hiesigen Akademie] Die seit 1776 von Georg Melchior Kraus geleitete „Fürstliche Freye Zeichenschule“ in Weimar. 313,3 sie zu bezahlen] In Goethes Rechnungsbüchern konnte kein entsprechender Beleg ermittelt werden. 313,6–7 danken dl. Fr. Schulthes für den D e v i n] Barbara Schultheß hatte Goethe Rousseaus einaktige Oper „Le devin du village“ über Frankfurt zukommen lassen (vgl. die erste Erläuterung zu 309,15).

468. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 18. August? 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen dem 20. November und dem 1. Dezember 1781. Seit dem Erstdruck wurde er ohne explizite Begründung vor den

AUGUST 1781

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Brief vom 19. August 1781 (Nr 469) gesetzt. Nur Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da es keine Anhaltspunkte gibt, die gegen die bisher überwiegend vorgenommene Datierung des Briefes sprechen, wird sie beibehalten und nach dem Tagebuch präzisiert (vgl. zu 313,8–9). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 100. – 1 Bl. 13(–13,2) × 7,4(–7,6) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: v. St〈ein〉, brauner Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „139.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 239), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 96. WA IV 7 (1891), 272, Nr 2407. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 313,8 Frühstück] Lebensmittel, die Charlotte von Stein wie so häufig als Morgengruß geschickt hatte (vgl. u.a. zu 15,15; zu 25,7). 313,8 den Hut] Wohl ein Geschenk Goethes. 313,8–9 Ich bleibe zu hause] Der Brief könnte vom 18. August 1781 stammen, als Goethe im Tagebuch lapidar festgehalten hatte: Meist zu Hause. (GT I 1, 123.)

469. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 74. – 1 Bl. 18,7 × 11,7(–12) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, braunes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „167“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 174), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 96. WA IV 5 (1889), 183f., Nr 1297. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 313,10–11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

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BRIEF 470

313,10–11 Schon den ganzen Morgen 〈…〉 hätte geschrieben und geschickt] Wahrscheinlich antwortet Goethe damit auf eine entsprechende Nachfrage Charlotte von Steins im nicht überlieferten Bezugsbrief. 313,11–12 mein neues Stück] Das Fragment gebliebene Stück „Elpenor“, mit dessen Niederschrift Goethe am 11. August 1781 begonnen hatte (vgl. GT I 1, 123). Am 19. August vermerkt er im Tagebuch: früh an Elpenor. meine Iphig. durchgesehen (ebd.), was auf Bezüge zur frühen Prosafassung der „Iphigenie“ verweist. Für „Elpenor“ konnten zudem zahlreiche Motivanregungen und stoffliche Quellen nachgewiesen werden, darunter der antike Antiope-Mythos und die Pelopiden-Sage, mit der Goethe schon durch die „Iphigenie“ vertraut war, Dramen des Euripides, Voltaires Tragödie „Mérope“ (1736/37; E: 1744) und sogar chinesische Quellen (vgl. Gerhard Sauder: Dramenfragmente und kleine Dramen. In: Goethe-Handbuch3 1, 62f.; FA/Goethe I 5; 1134–1139). Das Stück sollte als Festspiel zur Geburt des lange erwarteten Erbprinzen aufgeführt werden (vgl. Georg Christoph Tobler an Johann Caspar Lavater, 1. bis kurz nach dem 10. September 1781; Goethe-Lavater3, 359f.). Als Herzogin Louise am 10. September 1781 mit einer todten Prinzess (GT I 1, 124) niederkam, stellte Goethe seine Arbeit an „Elpenor“ ein, um sie erst nach der Geburt des Erbprinzen Carl Friedrich im Februar 1783 wieder aufzunehmen. Doch auch 1783 blieb das Stück unvollendet. Für den Erstdruck in „Goethe’s Werken“ (Bd 4. Tübingen 1806, S. 315–360) war das Fragment auf Anregung Herders von Friedrich Wilhelm Riemer in Versform gebracht worden (vgl. WA I 11, 1–46). 313,12 Die zweyte Scene wird heute wohl fertig.] Die 1781 entstandenen Teile des „Elpenor“ sind nicht überliefert. Dagegen hat sich von der 1783 vorgenommenen Umarbeitung und Fortführung der frühen Prosafassung eine Abschrift des ersten Aktes sowie von Teilen des zweiten Aktes erhalten, die von der Hand Christian Georg Vogels stammt und mutmaßlich 1784 entstanden ist (GSA 29/W 1253 [WA=H]; vgl. WA I 11, 368–396). Sie diente Riemer 1806 als Grundlage seiner Versbearbeitung (GSA 29/W 1254 [WA=H1]; vgl. WA I 11, 362f.). 313,13–14 schön daß deine Phantasie mich mit dem Onkle zusammenschmilzt] Wohl mit Bezug auf eine Bemerkung Charlotte von Steins in ihrem nicht überlieferten Brief vom selben Tag. Ob sich die Anspielung auf eine reale Person aus dem Umfeld der Adressatin oder auf eine literarische Figur bezieht, konnte nicht ermittelt werden.

AUGUST 1781

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470. An Jenny von Voigts Weimar, 20. August 1781 → 〈Melle oder Osnabrück〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GMD Düsseldorf, Sign.: NW 2182/1994. – Doppelblatt 19,2 × 27,7(–28) cm, 1¼ S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; Bl. 2 oberes äußeres Viertel (10 × 14 cm) herausgeschnitten. E: Tägliche Rundschau. Unterhaltungsbeilage (1926), Nr 201 (Willy Pastor). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 59f., Nr 1297a (nach E). BEIL AG E

Ein Drama Goethes (vgl. zu 314,17–18). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief bezieht sich auf einen nicht überlieferten Brief Jenny von Voigts’ (vgl. zu 314,13–14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Goethes Briefe vom 4. März (WA IV 5, 275, Nr 1426) und 5. Mai 1782 (WA IV 5, 321, Nr 1463) an Jenny von Voigts beziehen sich jedoch inhaltlich auf Briefe, die Goethe erhalten haben muss. 314,1 des versprochenen Kastens mit meiner Büste] Der Abguss einer Goethe-Büste von Martin Gottlieb Klauer (vgl. zu 306,17). 314,4 Bildhauers] Der Hofbildhauer Martin Gottlieb Klauer kümmerte sich selbst um den Guss der Büsten und versprach in einer Anzeige vom 18. September 1782 im Septemberheft des „Teutschen Merkur“, dass die Büsten „mit möglichster Sorgfalt gegossen, und von meinen eignen Händen verputzt“ seien (S. 302). 314,8–9 in dem Briefe, mit dem ich das Bild überschikte] Sein Schattenbild (285,7) hatte Goethe schon in seinem Brief vom 21. Juni 1781 (Nr 427) mitgeschickt. 314,10 ander Modell] Klauer hatte 1780 mehrere Goethe-Büsten modelliert (vgl. zu 306,17). Am 22. Juni 1781 berichtete Goethe Lavater, dass Klauer eine vortrefliche Büste von Herdern 〈…〉 davon dir auch ein Abguß zugeschikt werden soll (288,6–7) gemacht habe. Bei dieser Gelegenheit wird er möglicherweise auch das andere Modell seiner Büste gesehen haben. Weitere Hinweise auf einen Besuch Goethes in Klauers Werkstatt sind aus dieser Zeit nicht überliefert. 314,13–14 nach Braunschweig] Wie aus Briefen an die Fürstin Louise Henriette von Anhalt-Dessau vom 7. Juli und vom 6. September 1781 hervorgeht, hielt sich Jenny von Voigts um diese Zeit in Braunschweig auf. Dort besuchte sie ihre Verwandtschaft, u. a. die Familie Johann Friedrich Wilhelm Jerusalems (vgl. Sheldon, Freundschaftsbriefe, 82 und 85). Goethe muss also aus einem nicht überlieferten Brief Jenny von Voigts’ von ihren Plänen, nach Braunschweig zu reisen, erfahren haben.

838

BRIEFE 471/472

314,14–15 an Ihren Herrn Vater nach Osnabrük] Vgl. zu 307,1. 314,16 ein Bild von Ihnen beyden] Vgl. zu 285,8–10. 314,17–18 ein Stük bey 〈…〉 wieder überarbeitet] Nicht überliefert. Welches Stück beilag, lässt sich nicht mit Sicherheit erschließen. Paul Raabe (Raabe, Zwölf Goethe-Briefe, 243) und Eberhard Crusius (Der Freundeskreis der Jenny von Voigts, geb. Möser. Neue Briefe aus dem Nachlaß mit einer Tafel. In: Osnabrücker Mitteilungen, Bd 68 [1959], S. 232) schließen nicht aus, dass es sich um den „Tasso“ oder den „Urfaust“ handeln könnte. Da Goethe von einem seiner ältsten (314,17) Stücke spricht, kann es sich nicht um den „Tasso“ handeln, da er diesen erst 1780 begonnen hatte (vgl. zu 161,2). Nicht auszuschließen ist, dass Goethe den „Egmont“ mitschickte, mit dem er sich nachweislich seit Herbst 1775 beschäftigte und in den er, wie im „Götz von Berlichingen“, Gedanken aus Mösers „Patriotischen Phantasien“ aufnahm (vgl. Renate Stauf: Justus Mösers Konzept einer deutschen Nationalidentität. Mit einem Ausblick auf Goethe. Tübingen 1991, S. 356f.). Im Mai 1781 hatte Georg Christoph Tobler, der sich zu dieser Zeit in Weimar aufhielt (vgl. zu 263,4–5), an Lavater geschrieben, dass Goethes „Egmont“ fast fertig sei (vgl. EGW 3, 190), und im Brief vom 12. bis 13. Dezember 1781 meldete Goethe Charlotte von Stein: Mein Egmont ist bald fertig und wenn der fatale vierte Ackt nicht wäre den ich hasse und nothwendig umschreiben muß, würde ich mit diesem Jahr auch dieses lang vertrödelte Stück beschliesen. (362,4–7.) 314,22 die übrigen wenigen Arbeiten zuschiken] Am 4. März 1782 kündigte Goethe Jenny von Voigts weitere Arbeiten an: Ihrem Herrn Vater schick ich ehstens von meinen Sachen. Ein Verzeichniß davon bin ich selbst nicht wohl im Stande zu fertigen, es sind so viele Kleinigkeiten. (WA IV 5, 276.) Mit dem Brief vom 5. Mai 1782 schickte er dann einen Versuch, den ich vor einigen Jahren gemacht habe, ohne daß ich seit der Zeit so viel Muße gefunden hätte, um das Stück so zu bearbeiten wie es wohl seyn sollte (WA IV 5, 321), und bat um Mösers Urteil. Bei diesem Stück handelte es sich, wie Ulrike Sheldon nachweisen konnte, um die dritte Fassung der „Iphigenie auf Tauris“, zu der auch eine Stellungnahme Mösers in einem Brief an Jenny von Voigts überliefert ist (vgl. Ulrike Sheldon: Mösers Urteil über Goethes „Iphigenie“ [dritte Fassung]. In: GJb 92 [1975], 256–265).

AUGUST 1781

471. An Charlotte von Stein

839

〈Weimar〉, 20. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 74. – 1 Bl. 16,7 × 9,5(–9,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Frau v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „168.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 175), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 97. WA IV 5 (1889), 184, Nr 1298. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 315,1 nach Tiefurt zum Essen] Wahrscheinlich ein Essen bei der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. zu 308,10). Im Tagebuch vom 20. August 1781 ist nur vermerkt: zu Tiefurt gessen (GT I 1, 123). 315,2 gehausvatert wie du mich haben willst] Hausvatern: sich wie ein Hausvater beschäftigen (vgl. GWb 4, 797), okkasionelle Wortbildung Goethes, außer an dieser Stelle nur noch im Brief an Augusta zu Stolberg vom 17. bis 24. Mai 1776 belegt (vgl. GB 3 I, 67,24). – Wahrscheinlich wurde u.a. der Brief an Jenny von Voigts (Nr 470) am Vormittag geschrieben. – Scheint an die Bemerkung im Brief vom 19. August anzuknüpfen: schön daß deine Phantasie mich mit dem Onkle zusammenschmilzt (vgl. zu 313,13–14). 315,3 Ich komme zeitig wieder.] Laut Tagebuch blieb Goethe bis 5 Uhr in Tiefurt und besuchte Abends Charlotte von Stein (GT I 1, 123). 315,4 die grose Allee] Die etwa 3 km lange Hauptchaussee nach Tiefurt (heute Tiefurter Allee).

472. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 24. August 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) ist der vorliegende Brief vor dem Brief vom 9. August 1781 (Nr 462) eingeordnet. Schöll datiert ihn im Erstdruck ohne Begründung auf die erste Hälfte des Februar 1782. Seit der Ausgabe von Fielitz wird er nach der inhaltlichen Parallele zum Tagebuch auf den 24. oder 26. August 1781 gesetzt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 370, Nr 717 und 499, Anm. 1 [zu S. 370]). Da diese Datierung plausibel erscheint, wird sie beibehalten und präzisiert (vgl. die erste und dritte Erläuterung zu 315,8).

840

BRIEF 473

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 71. – 1 Bl. 13,9 × 10,5(–10,7) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, rechts oberhalb der Mitte Tintenfleck, Buchstaben teilweise verdeckt; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „174“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 169), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 156. WA IV 5 (1889), 184f., Nr 1300. BEIL AG E

Brief von Catharina Elisabeth Goethe an Goethe (vgl. 315,6–7). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 315,6–7 Brief von meiner Mutter] Die nicht überlieferte Antwort auf Goethes Brief vom 11. August 1784 (Nr 464). 315,7 an dem Leben drinne] Anspielung auf den ungewöhnlich anschaulichen Briefstil Catharina Elisabeth Goethes (vgl. z.B. ihren Brief vom 17. und 19. Juni 1781; Pfeiffer-Belli, 491–494; RA 1, Nr 148). 315,8 Gestern war’s recht artig.] Mit Bezug auf die im Folgenden erwähnte Rezitation des „Tasso“ am 23. August 1781: Abends Tiefurt Nathan und Tasso gegen einander gelesen. (GT I 1, 124.) Schloss und Park Tiefurt wurden etwa seit Juni 1781 von der Herzoginmutter Anna Amalia als Sommerresidenz genutzt. – ‚Artig‘, ein Modewort des 18. Jahrhunderts, hier als Ausdruck positiven Befindens, im Sinne von ‚nett‘, ‚angenehm‘ (vgl. GWb 1, 841). 315,8 Die Werthern] Emilie von Werthern-Beichlingen, die Frau des fast 20 Jahre älteren herzoglichen Kammerherrn und Reisestallmeisters Christian Ferdinand Georg von Werthern-Beichlingen, eine der Stützen des Weimarer Liebhabertheaters (vgl. die zweite Erläuterung zu 38,6). 315,8 den Tasso mit rezitirt] Laut Tagebuch las Goethe den „Tasso“ auch am 25. August 1781 der Herzogin Louise vor, allerdings am Vormittag, weshalb sich die vorliegende Erwähnung wahrscheinlich auf die Tiefurter Lesung am Abend des 23. August bezieht (vgl. GT I 1, 124). – Damals lagen lediglich der erste Akt und Teile des zweiten Aktes der frühen Prosafassung vor (vgl. zu 161,2). 315,10 Die Lieder] Wohl Lieder von Jean-Jacques Rousseau (vgl. zu 311,24–25).

AUGUST 1781

473. An Charlotte von Stein

841

〈Weimar〉, 28. August 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 74. – 15,9(–16,3) × 10,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „169“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 176), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 97. WA IV 5 (1889), 185, Nr 1301. BEIL AG E

Lebensmittel? (vgl. zu 315,14). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 315,12 deinem Ubel] Vielleicht Kopfschmerzen, unter denen Charlotte von Stein häufig zu leiden hatte (vgl. zu 307,9). Von Ende März bis Anfang Juli hatte sich Goethe immer wieder nach den ‚Fußbeschwerden‘ der Freundin erkundigt (vgl. zu 244,12). 315,12 an dem heutigen Tag] Goethes 32. Geburtstag. Laut Tagebuch aß er wie gewöhnlich bei Charlotte von Stein zu Mittag und war abends in Tiefurt, wo ihm zu Ehren ein Schattenspiel aufgeführt wurde (vgl. GT I 1, 124; die erste Erläuterung zu 316,7). 315,14 vom Angebinde dein Theil] Wohl ein Geburtstagsgeschenk für Goethe; vielleicht Früchte und Kuchen. 315,15 Conseil] Die siebente „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im August 1781, an der Herzog Carl August und alle drei Geheimen Räte teilnahmen (vgl. Wahl, Consilium, 722f., Nr 10540–10561). Da weniger amtliche Vorgänge verhandelt wurden, fiel sie im Vergleich zu den vorangegangenen Sitzungen wesentlich kürzer aus. 315,16 leibeigner] In positiver Umdeutung des Status der persönlichen Unfreiheit und direkten Abhängigkeit (vor allem des Bauernstandes) von einem Grundherrn oder Fürsten.

842

BRIEFE 474/475

474. An Sophie von Schardt 〈Weimar, 28. oder 29. August 1781?〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Eduard von der Hellen ordnet den Brief dem Jahr 1781 zu, „da die Empfängerin im Sommer dieses Jahres schwer krank gewesen war“ (WA IV 5, 374). Dieselbe Zuordnung trifft auch Heinrich Düntzer (vgl. Düntzer, Zwei Bekehrte, 302). Sophie von Schardt hatte am 30. März 1781 eine Tochter geboren, die entweder tot zur Welt kam oder kurz nach der Geburt starb (vgl. zu 259,6). Ihr Gesundheitszustand war danach lange Zeit sehr schlecht (vgl. Düntzer, Zwei Bekehrte, 301). Da Goethe Sophies Wohlergehen als eins von den liebsten Geschenken mir zum Geburtstage (316,5) bezeichnet und die Blumen von Ihrem Angebinde (316,2) erwähnt, wird er den Brief am 28. August, seinem Geburtstag, oder am folgenden Tag geschrieben haben. ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. E: Düntzer, Zwei Bekehrte (1873), 302. WA IV 5 (1889), 185, Nr 1302 (nach E). Textgrundlage: E. ERL ÄUT ERUNGEN

Goethe erwähnt ein Geschenk, das er von Sophie von Schardt anlässlich seines Geburtstages erhalten hat (vgl. 316,2). Ob ein Brief dabei lag, ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 316,1 das Leben wieder so freundlich ansehn] Wahrscheinlich eine Anspielung auf den Tod von Sophie von Schardts Tochter und ihre gesundheitlichen Probleme nach der Geburt (vgl. Datierung). Nach Aussagen Johann Gottfried Herders in einem Brief an Johann Georg Hamann vom 11. Mai 1781 scheint Sophies Gesundheitszustand auch Wochen nach der Geburt noch äußerst bedenklich gewesen zu sein: „Eine meiner besten Freundinnen, die ich vor einem Jahr Griechisch lehrte, ist nach einem sehr unglücklichen Wochenbett dem Tode nah: ich wollt, daß sie wieder lebte oder schon herüber wäre. Sie ist mehr ein Engel vom Kinde, als ein Weib u. frißt sich über den Verlust ihres Kindes selbst ins Grab.“ (HB 9, 309.) Goethe hatte Sophie während ihrer Krankheit besucht (vgl. zu 259,6). 316,2 Angebinde] Hier: „Geschenk (zu feierlichem Anlaß)“ (GWb 1, 542). An Charlotte von Stein schrieb Goethe am 28. August 1781: Meine Freunde sind freundlich und schicken mir allerley gutes. Hier hast du vom Angebinde dein Theil. (315,12–14). 316,5 zum Geburtstage] Goethe feierte am 28. August 1781 seinen 32. Geburtstag.

AUGUST 1781

475. An Charlotte von Stein

843

〈Weimar〉, 29. August 〈1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Das Jahr ‚1781‘ ergibt sich aus dem Inhalt und der Beilage (vgl. die erste Erläuterung zu 316,7; zu 316,9). Auf den 29. August 1781 wird der Brief auch seit dem Erstdruck datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 75. – 1 Bl. 16,1(–16,3) × 7,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „170.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 177), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 98. WA IV 5 (1889), 186, Nr 1303. BEIL AG E

Sigmund von Seckendorffs Tragikomödie „Minervens Geburt, Leben und Thaten“ (Druck; vgl. die erste Erläuterung zu 316,7; zu 316,9; vgl. Abb. 5–11 im Kommentarband, S. 844–850: Exemplar aus dem Bestand Eduard Boas: GSA 136/136. – 5 Bl. 7 S. bedruckt, in einem goldbraunen Pappeinband). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 316,7 das Schauspiel] „Minervens Geburt, Leben und Thaten“, eine Tragikomödie in Knittelversen mit Musik von Sigmund von Seckendorff (vgl. Beilage), die anlässlich des 32. Geburtstags von Goethe in Tiefurt als pantomimisches Schattenspiel aufgeführt wurde. Die Komposition dazu ist nicht überliefert. Mitwirkende der Aufführung waren nach Lyncker der Maler Georg Melchior Kraus, der zugleich auch die Dekorationen anfertigte und den Jupiter spielte, „auf dessen Schultern ein colossaler Pappenkopf befestigt war“ (Lyncker, 80), Herzog Carl August, der den Vulkan verkörperte, Carl von Lyncker als Ganymed und Corona Schröter als Minerva. Der Darsteller des Aeskulap ist nicht bekannt (vgl. ebd.). Es ist anzunehmen, dass der Text vom Autor selbst vorgetragen wurde. – Im 3. Stück des kurz zuvor gegründeten „Journals von Tiefurth“ erschienen zwei Beiträge zur Aufführung, eine gelehrt-parodierende Theaterkritik des Herzogs Carl August (vgl. Journal von Tiefurt2, 58–62), die sein einziger Beitrag zum Journal bleiben sollte, und ein fingierter, ebenfalls parodistischer Leserbrief von Christoph Martin Wieland (vgl. ebd., 63–66). Mit der Aufführung wurde das „T〈iefurter〉 Wald-Theater“ (Beilage: Titelblatt; Abb. 5 im Kommentarband) eingeweiht, vermutlich die Stelle am Ilmufer etwa in der Mitte des Ilmbogens, wo Mitte Juli 1782 die Uraufführung von Goethes

844

BRIEF 475

Abb. 5: Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. Titelblatt

AUGUST 1781

845

Abb. 6: Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. [S. 1]

846

BRIEF 475

Abb. 7: Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. [S. 2]

AUGUST 1781

847

Abb. 8: Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. [S. 3]

848

BRIEF 475

Abb. 9: Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. [S. 4]

AUGUST 1781

849

Abb. 10: Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. [S. 5]

850

BRIEF 475

Abb. 11: Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. [S. 6]

AUGUST 1781

851

„Fischerin“ stattfand. – Charlotte von Stein nahm an der Tiefurter Aufführung wohl deshalb nicht teil, weil sie krank war (vgl. die erste Erläuterung zu 315,12). 316,7 recht artig] Artig: Modewort des 18. Jahrhunderts mit zahlreichen Bedeutungsnuancen; hier etwa: ansprechend, Gefallen erregend (vgl. GWb 1, 840). 316,9 Hier ist das Programm 〈…〉 en ombre Chinois] Der eigens für die Aufführung am 28. August 1781 gedruckte Text des Stückes, der als „Programma“ (ital.: Programm) an die Gäste verteilt wurde (vgl. Beilage [Abb. 5–11 im Kommentarband]). Das dem vorliegenden Brief beigelegte Exemplar ist nicht überliefert. – Im Unterschied zum chinesischen Schattentheater, einer Sonderform des Puppenspiels, agierten in Tiefurt Schauspieler. Vom Schlussbild des Schattenspiels ist eine Silhouette von Unbekannt überlieferte (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GSi/AK 2891; vgl. Abb. 12 im Kommentarband, S. 852). – Franz. ombre chinois: chinesisches Schattenbild. 316,10–11 laß mich die Freuden rein geniessen] In Anknüpfung an frühere Bitten und ‚Mahnungen‘ an die Freundin (vgl. zu 302,4–5). Denn ungeachtet der seit März immer enger werdenden Bindung zu Charlotte von Stein, die sich in den Briefen im Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ manifestiert, war das Verhältnis selten ganz unbeschwert, sondern immer wieder durch Phasen der Verstimmung getrübt (vgl. zu 292,13–14).

476. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 31.〉 August 1781 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Der Tag wurde nach dem Inhalt korrigiert (vgl. zu 316,15–16). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 75. – 1 Bl. 11,2(–11,4) × 6,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, stellenweise Aussetzen des Tintenflusses bei den Unterlängen (bes. 316,16 H.); Vs./Rs. braune Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. / Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „171“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 178), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 98. WA IV 5 (1889), 186, Nr 1304. BEIL AG E

Hemd (vgl. die zweite Erläuterung zu 316,15).

852

BRIEFE 476/477

Abb. 12: Schlussbild des Schattenspiels „Minervens Geburt, Leben und Thaten“ mit Huldigung auf den Dichter der „Iphigenie“ und des „Tasso“

SEPTEMBER 1781

853

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 316,16–17). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 316,15 Ihr frühes Andencken] Ein Morgengruß Charlotte von Steins, möglicherweise der nicht überlieferte Brief, vielleicht auch Lebensmittel zum Frühstück. – ‚Andenken‘ hier im Sinne von „Erinnerungsstück, -zeichen“ (GWb 1, 490). 316,15 Ein Hemd kommt mit.] Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein um das Hemd gebeten, um es mit einer Verzierung versehen zu lassen (vgl. zu 218,11). 316,15–16 Es ist Conseil] Die achte und letzte „Ordinaire Sitzung“ des Geheimen Consiliums im August 1781 fand am Freitag, dem 31., statt (vgl. Wahl, Consilium, 724f., Nr 10562–10580). 316,16 H.] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 316,16–17 Ihrer Einladung] Ausgesprochen im nicht überlieferten Bezugsbrief vom selben Morgen. Laut Tagebuch vom 31. August 1781 hat Goethe an diesem Tag nach der Sitzung des Consiliums mit 〈Charlotte von Stein〉 gegessen (GT I 1, 124). 316,18 30 Aug 81.] Verschrieben für ‚31. August 1781‘ (vgl. Datierung).

477. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 1. September 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Die Datierung folgt der Angabe Charlotte von Steins auf der Handschrift (vgl. Überlieferung), die durch die inhaltliche Parallele zum Tagebuch vom 1. September 1781 gestützt wird. Auf diesen Tag wird der Brief seit dem Erstdruck datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 75. – 1 Bl. 19,1 × 11,8(–12,4) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, obere rechte Ecke abgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. unten links von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „dL. 1ten S. / 81.“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „172“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 179), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 99. WA IV 5 (1889), 187, Nr 1306. BEIL AG E

Trauben und Pfirsiche (vgl. zu 317,1).

SEPTEMBER 1781

853

ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 316,16–17). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 316,15 Ihr frühes Andencken] Ein Morgengruß Charlotte von Steins, möglicherweise der nicht überlieferte Brief, vielleicht auch Lebensmittel zum Frühstück. – ‚Andenken‘ hier im Sinne von „Erinnerungsstück, -zeichen“ (GWb 1, 490). 316,15 Ein Hemd kommt mit.] Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein um das Hemd gebeten, um es mit einer Verzierung versehen zu lassen (vgl. zu 218,11). 316,15–16 Es ist Conseil] Die achte und letzte „Ordinaire Sitzung“ des Geheimen Consiliums im August 1781 fand am Freitag, dem 31., statt (vgl. Wahl, Consilium, 724f., Nr 10562–10580). 316,16 H.] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 316,16–17 Ihrer Einladung] Ausgesprochen im nicht überlieferten Bezugsbrief vom selben Morgen. Laut Tagebuch vom 31. August 1781 hat Goethe an diesem Tag nach der Sitzung des Consiliums mit 〈Charlotte von Stein〉 gegessen (GT I 1, 124). 316,18 30 Aug 81.] Verschrieben für ‚31. August 1781‘ (vgl. Datierung).

477. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 1. September 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Die Datierung folgt der Angabe Charlotte von Steins auf der Handschrift (vgl. Überlieferung), die durch die inhaltliche Parallele zum Tagebuch vom 1. September 1781 gestützt wird. Auf diesen Tag wird der Brief seit dem Erstdruck datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 75. – 1 Bl. 19,1 × 11,8(–12,4) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, obere rechte Ecke abgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. unten links von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „dL. 1ten S. / 81.“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „172“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 179), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 99. WA IV 5 (1889), 187, Nr 1306. BEIL AG E

Trauben und Pfirsiche (vgl. zu 317,1).

854

BRIEFE 478/479

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 317,1 Trauben und Pfirschen] ‚Pfirsche‘ für ‚Pfirsich‘: „Im Oberdeutschen auch der Pfersig, Pfersing, im gemeinen Leben der Hochdeutschen aber Pfirsche. 〈…〉 Der Nahme soll so viel als eine Persische Frucht bedeuten, aus welchem Lande dieser Baum zuerst nach Europa gekommen seyn soll.“ (Adelung 3, 732.) – Vielleicht kamen die Trauben aus Goethes Heimat, den Rhein-Main-Gegenden, von wo sie ihm gelegentlich von seiner Mutter oder von Freunden übersandt wurden. Die Pfirsiche hatte Goethe bei „Hr von Bentheim“, wahrscheinlich dem Weimarer Hauptmann Johann Georg von Bentheim, gekauft (GR/RB 1781/82, Bl. 56). 317,2 in die Zeichenschule] Die „Fürstliche Freye Zeichenschule“, wohl noch im Fürstenhaus (vgl. die erste Erläuterung zu 340,7), wo zweimal wöchentlich jeweils mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr Unterricht für Frauen und Mädchen stattfand (vgl. zu 241,4). Laut Tagebuch tagte am 1. September 1781 die Kriegskommission, zuvor war Goethe in der Zeichenstunde (GT I 1, 124). 317,3 Ich bin heut musikalisch und esse mit der S.] ‚S.‘ für Corona Schröter. Im Tagebuch vermerkt Goethe am 1. September: Bey Crone gessen Musick (GT I 1, 124).

478. An Charlotte von Stein

〈Weimar, Anfang September? 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Seit dem Erstdruck wird er ohne explizite Begründung nach dem Brief vom 1. September 1781 (Nr 477) eingeordnet. Fränkel ordnete ihn wahrscheinlich nach einem vermuteten Bezug zum Brief vom 20. August 1781 (Nr 471) unmittelbar nach diesem ein (vgl. Fränkel, Goethe-Stein2 1, 319, Nr 710). Eduard von der Hellen setzte den Brief in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise. – Da es keine inhaltlichen Anhaltspunkte für eine Datierung gibt, der von Fränkel vermutete Bezug nicht überzeugend erscheint und der Brief im Tonfall und von Anrede her in den September 1781 passt, wird die bisher überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 94. – 1 Bl. 15,4(–15,6) × 7,7 cm, ½ S. (3 Zeilen) beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v.

SEPTEMBER 1781

855

Ste〈in〉, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „221“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 221), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 99. WA IV 7 (1891), 271, Nr 2402. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 317,6–7 lasse holen was mir das liebe anbietet] Lebensmittel für ein Mittagessen, das Goethe sonst häufig gemeinsam mit der Adressatin einnahm. – Fast seit Beginn der Bekanntschaft mit Charlotte von Stein gehörte das gegenseitige Versorgen mit Lebensmitteln zum festen Bestandteil der Beziehung.

479. An Charlotte von Stein 〈Weimar, vor dem 10. September 1781?〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Im Erstdruck wurde er ohne explizite Begründung vor dem Brief vom 6. November 1781 (Nr 515) eingeordnet, seit der Ausgabe von Fielitz nach einem vermuteten inhaltlichen Bezug zum Brief an Kayser vom 10. September 1781 (Nr 481) unmittelbar vor diesem Datum (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 371, Nr 724). Fränkel datiert ihn vermutungsweise auf den 26. Januar 1782 (Fränkel, GoetheStein2 1, 353, Nr 801), und zwar in der Annahme, die erwähnten Lieder (317,10) seien die zum „Pantomimischen Ballett“ (vgl. zu 366,9). Eduard von der Hellen setzte den Brief in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise. – Da Verschiebungen der in den Konvoluten zusammengefassten Briefe über die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen und es dafür auch keinen überzeugenden Beleg gibt, wird der Brief im Jahr 1781 belassen. Gegen Schölls Einordnung spricht der Umstand, dass Charlotte von Stein nach einem sechswöchigen Aufenthalt in Kochberg erst am 5. November 1781 nach Weimar zurückgekehrt war (vgl. zu 338,3). Der seit Fielitz vermutete Bezug dagegen erscheint plausibel, weshalb die bisher überwiegend vorgenommene Datierung beibehalten wird (vgl. zu 317,10). Der Terminus ante quem ‚10. September 1781‘ ergibt sich aus dem Umstand, dass die Herzogin Louise an diesem Tag mit einer Totgeburt niederkam und die mit ihr befreundete Charlotte von Stein in der Zeit unmittelbar danach kaum in der Stimmung für einen geselligen Liederabend gewesen sein dürfte (vgl. zu 319,26–27). Nicht auszuschließen, wenn auch weniger wahr-

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BRIEFE 480/481

scheinlich ist eine spätere Datierung, da sich Goethe ab Mitte September bis zur Abreise der Adressatin nach Kochberg Anfang Oktober (vgl. zu 326,9) meist auf Reisen befand. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 87. – 1 Bl. 18,7 × 7,3(–8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, linker Rand Mitte eingerissen; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, braune Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „200.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 201), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 111. WA IV 7 (1891), 269, Nr 2394. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 317,9 Zahn] Georg August Zahn, „HofMusicus“ in Weimar (Hofkalender 1781, 81). 317,9 mit der Harfe] Auch dies spricht dafür, dass die im Folgenden erwähnten Lieder die Kompositionen von Rousseau sind, für die als Begleitinstrument ausdrücklich die Harfe genannt wird (vgl. zu 312,19). 317,9 die Schr.] Corona Schröter. 317,10 die Lieder] Wahrscheinlich „Les consolations des misères de ma vie, ou Recueil d’airs romances et duos par J. J. Rousseau“ (Paris 1781). Seine Bewunderung für diese Kompositionen brachte Goethe u.a. in seinem Brief an Philipp Christoph Kayser vom 10. September 1781 zum Ausdruck (319,9–11). Der Brief ist zugleich auch Beleg für eine intensivere Beschäftigung Goethes mit Rousseaus Liedern im September 1781 (vgl. zu 319,8). Corona Schröter hatte sie u.a. am 12. und 15. August 1781 vorgetragen (vgl. GT I 1, 123; zu 312,13). Charlotte von Steins Interesse belegen ihre Notizen auf der Rückseite eines Gedichtbriefes von Goethe und Lenz vom 30. Oktober und 1. November 1776 (vgl. zu 311,24–25). 317,11 deine Mutter] Concordia Elisabeth von Schardt. 317,11 beyde Häsgen und das Feldhuhn] Wohl Jagdgeschenke. – ‚Feldhuhn‘: ein „auf dem Feld lebender Hühnervogel, Rebhuhn“ (GWb 3, 645).

SEPTEMBER 1781

480. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 10. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 76. – 1 Bl. 11,3(–11,5) × 9,5 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „173“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 180), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 100. WA IV 5 (1889), 187, Nr 1307. BEIL AG E

Zeichnungen (vgl. zu 317,15). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 317,13 mein beste und liebste] Flüchtig für ‚meine Beste und Liebste‘. 317,14 O warum wohn ich in keinem Weinberge.] In Anlehnung an die Sprache der Bibel (vgl. z.B. Matthäus 20,1–16) und in Anspielung auf Goethes häufige Traubensendungen an Charlotte von Stein (vgl. zu 317,1). 317,15 einige Zeichnungen] Wohl eigene Zeichnungen; Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. 317,16 dl. 10 Sept. 81] An diesem Tag „¾ auf 4. uhr kahmen DurchL. Herzogin |:zu unsern grösten mitleiden:| mit einer Prinzeßin nieder, waren also glücklich entbunden aber die Prinzeß kahmen Todt auf die Welt“ (FB 1781, S. 169). – Vgl. zu 319,26–27.

481. An Philipp Christoph Kayser

Weimar, 10. September 1781 → 〈Zürich〉

DAT IERUN G

Der zweite, undatierte Briefteil (319,6–25), zu dem die Handschrift der Ausfertigung nicht überliefert ist, wurde im Erstdruck offenbar nach der Abschrift im Kanzler von Müller-Archiv (vgl. Überlieferung) als Teil des Briefes vom 20. Juli 1781 (Nr 451) gedruckt. Seit der WA wird der undatierte Teil nach dem inhaltlichen Bezug zum datierten Briefteil vom 10. September 1781 diesem zugeordnet (vgl. 319,13–20).

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BRIEF 481

ÜBER L IEF ERU NG

1) Briefteil (318,1–319,5 Ich habe Ihnen 〈…〉 Sept. 1781 G.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/260,I, Bl. 9. – 1 Bl. 19 × 25,6 cm, 1 2⁄3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe, Tinte. E: Burkhardt, Goethe/Kayser (1879), 16f., Nr 3 (nach h: GSA 68/761). WA IV 5 (1889), 187–189, Nr 1308. 2) Briefteil (319,6–25 Wie dieser Brief 〈…〉 das Beste seyn.): H: Verbleib unbekannt. h: GSA Weimar, Sign.: 68/761, Bl. 1–2. – Doppelblatt 20,4 × 32,5 cm, 2 ¼ S. beschr., Schreiberhd, Tinte (S. 1 oben Abschriften zu den Briefen vom 15. August 1776 [GB 3 I, Nr 155] und vom 20. Juli 1781 [Nr 451]); spätere Korrekturen von fremder Hd, Bleistift. E: Burkhardt, Goethe/Kayser (1879), 61f., Nr 2 (nach h, als Nachschrift zum Brief vom 20. Juli 1781). WA IV 5 (1889), 189f., Nr 1308. Textgrundlage: h. BEIL AG E

Brief von Christoph Willibald Gluck an Herzog Carl August vom 21. August 1781 (vgl. 318,7): D u r c h l a u c h t i g e r H e r z o g! Gnädiger Herr!

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Es hat E w D u r c h l a u c h t gefallen durch ein Schreiben vom 8tn. dieses, mir einen Beweiß von D e r o Huld und gütigsten Andenken zu geben, ich erkenne diese hohe Gnade mit innigsten und unterthänigsten Dank. Die noch fortdaurende Lähmung der rechten Hand sezt mich außer Stand E w D u r c h l a u c h t eigenhändig meinem unterthänigsten Dank abzustatten, ich hoffe aber, daß das Badner Bad, so ich nun zum zweiten mal zu brauchen im Begriff bin, dieses Ubel nach und nach, wenigstens zum Theil heben soll. / Es thut mir herzlich Leid, daß diese nämliche Krankheit mich ausser Stand sezt E w D u r c h l a u c h t gnädige Absicht in Ansehung des jungen Musikers zu erfüllen; den, ohngeachtet, Gott sey Dank, mein unglücklicher Zufall, keine üble Wirkung auf meine Verstandeskräffte gehabt, so leiden doch meine ietzigen Umstände durchaus nicht diejenige Anstrengung, so zu einem Geschäffte dieser Art erforderlich ist. Wollen aber E w. D u c h l a u c h t nichts destoweniger diesen jungen Mann hierher reisen laßen, so bin ich versichert, daß sein Aufenthalt nicht ohne grosen Nutzen seyn wird, da bey der Anwesenheit des Großfürsten Opera gegeben wird, wo er mit einem mahl mehr lernen kann, als sonst durch langes studiren; so viel es

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meine dermahlige Umstände zulaßen, werde ich ihm mit / Freuden dienen, und wenigstens mit Ertheilung guten Raths, und Verschaffung guter Bekantschafften nüzlich zu seyn suchen. In Erwartung E w D u r c h l a u c h t fernern gnädigen Befehle bin ich mit unterthäniger Devotion Durc hlauc htiger Herzog Gnädiger Herr E w. D u r c h l a u c h t Wien dL 21. August 781.

unterthänigster Diener Gluck

(H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 49, Bl. 5–6; vgl. Burkhardt, Goethe/Kayser, 18f.) 3 Schreiben vom 8tn. dieses] Vgl. zu 318,6. 6 fortdaurende Lähmung] Vgl. zu 318,5. 8 Badner Bad] Baden (heute Baden bei Wien), Kurort in Niederösterreich, 26 km südlich von Wien gelegen. 17 Anwesenheit des Großfürsten] Vgl. zu 318,8–9. 17 Opera gegeben] Vgl. zu 318,10. ERL ÄUT ERUNGEN

Für den ersten Briefteil ist ein Bezugsbrief nicht bekannt; der zweite Briefteil beantwortet einen nicht überlieferten Brief Kaysers (vgl. zu 319,6–7). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 318,2 Antwort] Vgl. zu 11,4. 318,3 Sie Gluken näher zu bringen] Vgl. zu 304,3. 318,4 nach Ihrer Abreise] Kayser hatte sich von Ende Dezember 1780/Anfang Januar bis Mai 1781 in Weimar aufgehalten (vgl. zu 209,27–28); seine Abreise muss am oder nach dem 23. Mai 1781 erfolgt sein (vgl. 270,14). 318,4 einen Brief] EB 121; wohl nicht abgeschickt. 318,5 Nachricht von dem Schlag] Gluck hatte in den vorangegangenen Jahren mehrere Schlaganfälle erlitten: den ersten leichten am 30. Juli 1779 in Paris, einen zweiten, der seine Arbeitsfähigkeit erheblich einschränkte, Ende Mai oder Anfang Juni 1780 in Wien. Im Mai 1781 traf ihn ein weiterer Schlaganfall (vgl. Irene Brandenburg: Chronik. In: Christoph Willibald Gluck und seine Zeit. Hrsg. von Irene Brandenburg. Laaber 2010, S. 10–34, hier S. 32). Von den Schlaganfällen und deren Folgen konnte Goethe auch aus Glucks Brief an Herzog Carl August vom 21. August 1781 wissen (vgl. Beilage), in dem der Komponist darauf hinweist, dass die „Lähmung der rechten Hand“ noch fortdauere. 318,6 Durchl der Herzog schrieben darauf selbst an ihn] Aus Glucks Brief an Carl August geht hervor, dass es sich hier um einen Brief vom 8. August 1781

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BRIEF 481

handeln muss. Glucks gesamter Nachlass ging 1809 durch Plünderungen napoleonischer Truppen verloren. 318,7 beiliegende Antwort] Brief von Christoph Willibald Gluck an Carl August vom 21. August 1781 (abgedruckt als Beilage). 318,7–8 ob Sie Sich zu diesem wakern Schritte entschließen wollen] Nach Wien zu gehen, hinderte Kayser vermutlich – wie auch im Falle späterer, ähnlicher Empfehlungen von Freunden – nicht zuletzt eine zu Mutlosigkeit tendierende charakterliche Disposition (vgl. Gabriele Busch-Salmen: Einführung. Philipp Christoph Kayser im Urteil seiner Zeitgenossen und späterer Forscher. In: Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 1–23, hier 12). 318,8–9 Feyerlichkeiten in Wien] Am Ende des ersten Regierungsjahres von Joseph II. stand ein inoffizieller Staatsbesuch an, der sich bis in den Januar 1782 erstreckte: Großfürst Paul von Russland, der spätere Zar, traf am 21. November 1781 mit seiner Gemahlin Maria Feodorowna geb. Sophie Prinzessin von Württemberg und einem großen Gefolge in Wien ein. Bereits seit dem 10. November waren die Eltern Maria Feodorownas, Friedrich Eugen Herzog von Württemberg und Friederike Dorothea Sophie, sowie zwei ihrer Kinder, Prinz Ferdinand Friedrich August und Prinzessin Elisabeth Wilhelmine Louise, in Wien. Die Familien reisten inkognito, die Württemberger als Grafen von Grömingen, Großfürst Paul als Graf Nord. Zum Programm für die Besucher gehörten neben der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten wie der Hofbibliothek, dem Theresianum und der Karlskirche auch ein Ball in Schönbrunn sowie Theateraufführungen (vgl. Elisabeth Großegger: Deutsches Nationaltheater in Wien. Christoph Willibald Gluck, der Besuch des Grafen Nord und die Wiener Theaterreform [1776/1781]. In: Kongressbericht. Gluck auf dem Theater. Nürnberg, 7.–10. März 2008. Hrsg. von Daniel Brandenburg und Martina Hochreiter. Kassel, Basel u.a. 2011, S. 183–196, bes. S. 183–185 und S. 188–191). 318,10 einige Opern von Gluk deutsch aufgeführet] Anlässlich des Staatsbesuchs kamen vier Opern von Gluck zur Aufführung, zwei davon auf Deutsch. Am 23. Oktober 1781 wurde mit „Iphigenie auf Tauris“ noch vor der Ankunft der Gäste die deutsche Fassung von Glucks „Iphigénie en Tauride“ – diese Oper war 1779 in Paris uraufgeführt worden – zum ersten Mal aufgeführt. Am 30. Oktober wurde die von Gluck und Johann Baptist Alxinger übersetzte Fassung anlässlich der Entbindung Marie Antoinettes zum zweiten Mal zur Aufführung gebracht. Am 11. November besuchten die Gäste aus Württemberg, am 27. November die Gäste aus Russland eine Aufführung der „Iphigenia“. Am 9. Dezember besuchten alle Gäste gemeinsam eine Vorstellung dieses Werks. Ebenfalls auf dem Spielplan stand Glucks „Alceste“ aus dem Jahr 1767; die Gäste Josephs II. besuchten insgesamt fünf der in italienischer Sprache aufgeführten Vorstellungen: am 25. November sowie am 3., 13., 19. und 27. Dezember. Zur Aufführung kam mit „Orfeo ed Euridice“ aus dem Jahr 1762 ferner Glucks erste Reformoper;

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die Gäste besuchten eine der in italienischer Sprache gegebenen Vorstellungen am 3. Januar 1782. Am 5. Dezember wurde das erstmals 1780 aufgeführte Singspiel „Die unvermuthete Zusammenkunft, oder Die Pilgrime von Mecca“ in Anwesenheit des hohen Besuchs gespielt. Glucks ehemaliger Schüler Antonio Salieri leitete als Dirigent die Aufführungen für den erkrankten Komponisten (vgl. ebd., S. 187 und S. 189–193; am Ende des Beitrags sind alle vier Theaterzettel abgedruckt). 318,12 wie lang er noch lebt] Der 1714 geborene Gluck starb am 15. November 1787 in Wien. 318,13–14 daß Sie gleich aufbrächen 〈…〉 zu seyn] Nachdem Joseph II. Ende Juli seine Wünsche für das Besuchsprogramm seiner Gäste (vgl. zu 318,8–9) formuliert hatte, begannen ab September die Proben (vgl. ebd., S. 188f.). 318,15 Sänger und Sängerinnen] Ob Goethe hier an bestimmte Künstler dachte, konnte nicht ermittelt werden. Zu den berühmten Sängern und Sängerinnen, die damals in Wien lebten, gehörte der Tenor Valentin Adamberger, der 1780 von Kaiser Joseph II. an das Hof- und Nationaltheater in Wien berufen worden war. Er sang u.a. in Opern Glucks und war 1782 Mozarts erster Belmonte in der „Entführung aus dem Serail“. Für die Wiener Erstaufführung der „Iphigenie auf Tauris“ im Jahr 1781 schrieb Gluck die Partie des Orest für ihn vom Bariton zum Tenor um. In dieser Aufführung wurde die Titelpartie von Antonia Bernasconi gestaltet, die bereits 1767 an der Wiener Hofoper in der Uraufführung von Glucks „Alceste“ (in italienischer Sprache) die Titelrolle gesungen hatte. Nach einigen Jahren in Venedig und Neapel kam sie ab 1781 wieder nach Wien. Ferner sang sie 1781 die Euridice und die Alcestis. Als eine der größten Sängerinnen ihrer Generation galt die Sopranistin Catharina Cavalieri, die niemals außerhalb von Wien aufgetreten war. Für sie schrieben u. a. Mozart und Salieri anspruchsvolle Rollen und Arien. 318,18 Ihren Entschluß] Kayser reiste nicht nach Wien; Empfehlungsschreiben an die im Folgenden genannten Personen erübrigten sich deshalb. 318,19–20 an den hiesigen Residenten] Christian Bernhard von Isenflamm, der damals „Rath und Resident des hiesigen Hochfürstl. Hauses“ am Kaiserlichen Hof zu Wien war (Hofkalender 1781, 19). Über den im Herbst 1782 nach Weimar zurückgekehrten Isenflamm schrieb Goethe in einem Brief an Charlotte von Stein vom 31. August 1782: Isenflamm ist angekommen mit dem will ich brav politisiren. Der soll mir Wien inn und auswendig schildern. (WA IV 6, 51.) 318,22–23 Antworten Sie mir aufs baldigste] Briefe Kaysers sind für den Zeitraum des vorliegenden Bandes nicht überliefert (vgl. zu 11,4). 319,1 Lavater giebt Ihnen wohl einen Brief an den Grafen Thun mit] Da Kayser nicht nach Wien aufbrach, dürfte Lavater den Brief an seinen Freund Franz Joseph Graf von Thun-Hohenstein nicht geschrieben haben. – Zu Lavater und Thun vgl. die erste Erläuterung zu 342,11.

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BRIEF 482

319,6–7 den Ihrigen über Rousseaus Lieder] Kayser war wohl in seinem nicht überlieferten Bezugsbrief auf die ihm von Goethe übersandten „Consolations des misères de ma vie“ von Rousseau (vgl. zu 312,8–9) eingegangen. 319,8 Ich habe die Stimmen ausschreiben lassen] Dies muss nach dem 13. August geschehen sein, denn an diesem Tag hatte Goethe noch an Kayser geschrieben: denn zu den meisten dieser Lieder sind Instrumente gesezt, die ich gerne, und doch nicht eher mögte ausschreiben laßen, biß ich wegen der Richtigkeit sicher bin (312,19–21). 319,9 schon etlichemal gehort] Seinem Tagebuch zufolge hatte Goethe die Lieder auf jeden Fall am 12. und am 15. August 1781 gehört (vgl. GT I 1, 123; zu 312,13). – ‚Gehort‘ versehentlich für ‚gehört‘. 319,15 an meinem Banquier nach Eisenach] Ein im September 1781 geschriebener Brief Goethes an den Eisenacher Bankier und Kaufmann Johann Lorenz Streiber konnte nicht ermittelt werden, ebenso wenig eine Antwort Streibers. 319,20 Gluck, der ohnedies schon von Ihnen weiß] Vgl. zu 318,6. 319,22–23 in München die trefflichen Meister, die der Churfürst von Bayern bey seiner Capelle hat] Carl Theodor, Kurfürst von der Pfalz, hatte nach dem Tod des bayerischen Kurfürsten Maximilian III. Joseph am 30. Dezember 1777 dessen Nachfolge angetreten und 1778 seine Residenz von Mannheim nach München verlegt. Während Carl Theodors Zeit in Mannheim und schon davor unter Kurfürst Carl Philipp wurde die dortige Hofkapelle reformiert und zu einem Ensemble geformt, in dem bedeutende Instrumentalisten aus ganz Europa musizierten. Die u.a. von Mozart hochgeschätzte Hofkapelle und die in Mannheim wirkenden Komponisten wie Carl Philipp Stamitz entwickelten einen eigenen Stil („Mannheimer Schule“) und waren maßgeblich beteiligt an der Herausbildung der vorklassischen Instrumentalmusik. Als Carl Theodor, der großes Interesse an der Entwicklung einer deutschsprachigen Oper zeigte, nach München ging, folgten ihm viele wichtige Musiker der Mannheimer Hofkapelle. Sie vereinigten sich mit Musikern der Münchner Hofkapelle, einem der ältesten Orchester Deutschlands (seine Ursprünge lassen sich bis ins frühe 16. Jahrhundert zurückverfolgen), so dass die Mannheimer Tradition prägend für den Münchner Musikstil wurde. Das heutige Bayerische Staatsorchester geht auf die Münchner Hofkapelle zurück. 319,25 Ducaten werden das Beste seyn] Diese Währungseinheit – eine „Goldmünze von hohem Feingehalt“ (GWb 2, 1285) – dürfte Goethe vermutlich besonders deshalb empfohlen haben, weil sie stabil und reichsweit im deutschen Territorium gültig war.

SEPTEMBER 1781

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482. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 11. und 13. September 1781〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen dem 20. November und dem 1. Dezember 1781. Im Erstdruck wurde er ohne explizite Begründung nach dem 4. August 1781 eingeordnet, seit der Ausgabe von Fielitz überwiegend auf Ende November 1781 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 384, Nr 764). Von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Fränkel datiert den Brief nach den inhaltlichen Parallelen zu Goethes Tagebuch auf die Zeit zwischen dem 11. und dem 13. September 1781 (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 348, Nr 717; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 320, Nr 717). Da das Jahr ‚1781‘ durch die Einordnung ins Konvolut als wahrscheinlich gelten kann und die sprachlich-inhaltlichen Bezüge zum Tagebuch plausibel erscheinen (vgl. zu 319,26–27), wird Fränkels Datierung beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 100. – 1 Bl. 19 × 10,3(–10,5) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. S〈tein〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „238.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 238), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 93. WA IV 7 (1891), 271 f, Nr 2406. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 319,26–27 aus deiner Stille und Trauer 〈…〉 herausgerissen hast] Wohl im Zusammenhang mit der Totgeburt, die Herzogin Louise am 10. September 1781 erlitten hatte (vgl. zu 317,16). Dazu hält Goethe teilweise in wörtlicher Parallele zur vorliegenden Briefstelle in einem undatierten Tagebucheintrag vom September 1781 fest: Niederkunft der Herzoginn mit einer todten Prinzess. Stille und Trauer. (GT I 1, 124.) Vgl. auch Goethes Brief an Jacob Friedrich von Fritsch vom 20. September 1781 (323,8–12). 320,1–2 Colibri Hälsgen] Ein bei Goethe äußerst seltenes Bild, das hier zum ersten Mal begegnet; ‚Kolibri‘ ist insgesamt nur dreimal in Goethes Briefen und Gesprächen belegt. 320,3 H.] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach.

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BRIEFE 483/484

320,3 Tiefurt] Wahrscheinlich ging Goethe nach Tiefurt, um der Herzoginmutter Anna Amalia in ihrer Tiefurter Sommerresidenz die Nachricht von der Totgeburt der Herzogin Louise zu überbringen.

483. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 13. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 76. – 1 Bl. 19,2(–19,5) × 9,4(–9,7) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust (letzter Buchstabe der Adresse angeschnitten); in der Mitte rechts Siegelausriss, geringer Buchstabenverlust (320,7 gan〈z〉); Rs. Adresse: Fr. v. Stein, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „177“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 181), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 100. WA IV 5 (1889), 190, Nr 1309. BEIL AG EN

1) Band 3 oder 4 von Bjørnståhls „Briefen auf seinen ausländischen Reisen“ (vgl. die erste Erläuterung zu 320,6). 2) Schere (320,6). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 320,6 Biörnst.] Ein Band der deutschen Übersetzung von Jakob Jonas Bjørnståhls „Briefen auf seinen ausländischen Reisen an den Königlichen Bibliothekar C. C. Gjörnwell in Stockholm“ (übersetzt von Just Ernst Groskurd und Christian Heinrich Groskurd. 6 Bde. Leipzig und Rostock 1777–1783). 1781 war Band 3 mit Briefen aus der Türkei und Griechenland erschienen, außerdem Band 4 mit Briefen aus der Schweiz, Deutschland, Holland und England, der Goethe wohl am meisten interessiert haben dürfte. Er hatte den schwedischen Orientalisten und Entdeckungsreisenden im April 1774 persönlich kennen gelernt, als sich dieser auf der Durchreise in Frankfurt befand. Wie der einzige überlieferte Brief an Bjørnståhl vom 13. April 1774 nahelegt (GB 2 I, Nr 105), zeigte Goethe ihm damals die Stadtbibliothek im ehemaligen Barfüßerkloster (vgl. GB 2 II, zu 83,1). Auf der gemeinsam mit Lavater unternommenen Rheinreise im Juli 1774 traf Goethe erneut mit Bjørnståhl zusammen. In dessen postum erschienenem „Tagebuch des vorhin 〈in Bd 3〉 nicht beschriebenen Theils der Reise durch die Schweiz, Deutschland, Holland und England“ wird auch die Frankfurter Begegnung mit Goethe erwähnt.

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Der Jahresangabe nach erschien dieser Teil (Bd 5 der „Briefe auf seinen ausländischen Reisen“) erst 1782. – Zu Goethe und Bjørnståhl vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 2 II, Nr 105. 320,6 Robertsonen] Möglicherweise ein Band der deutschen Übersetzung von William Robertsons „Geschichte der Regierung Kaiser Carls des V.“ (übersetzt von Matthaeus Theodor Christoph Mittelstedt. 3 Bde. Braunschweig 1770), in zweiter Auflage 1778 und 1779 erschienen. In Frage käme auch der erste oder zweite Band von Robertsons „Geschichte von Amerika“ (übersetzt von Johann Friedrich Schiller [Leipzig 1777]; Bd 3 folgte erst 1798). Werke von Robertson sind in Goethes Bibliothek nicht mehr nachweisbar. 320,6 im Closter] Im so genannten ‚Louisenkloster‘ im Park oberhalb des „Sterns“ am linken Ilmufer (vgl. zu 30,18). 320,8 dl. 13 Sept. 81.] An diesem Tag fand nach höfischem „Reglement“ (FB 1781, S. 170) im Beisein des Kammerherrn Christian Ferdinand Georg von Werthern-Beichlingen, des Kammerjunkers Franz von Seckendorff und des Generalsuperintendenten Herder die Beisetzung der am 10. September totgeborenen Weimarer Prinzessin statt. Die Grabstätte in der Stadtkirche hatten Herder und Goethe am 11. September 1781 gemeinsam ausgewählt (vgl. Caroline Herder an Sophie von Schardt, 11. September 1781; BuG 2, 319).

484. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang bis Mitte September? 1781〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen dem 20. November und dem 1. Dezember 1781. Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt (vgl. zu 320,10) überwiegend Anfang September 1781 eingeordnet, Fränkel setzt ihn ebenfalls auf Mitte September (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 349, Nr 719; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 321, Nr 719). Da es sonst keine inhaltlichen Anhaltspunkte gibt und der Brief im Tonfall und von der Anrede her in den September 1781 passt, wird der Zeitraum der bisher vorgenommenen Datierungen beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 101. – 1 Bl. 11,3(–11,5) × 7,8(–8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „240“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 240), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

866

BRIEFE 485/486

E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 99. WA IV 5 (1889), 186, Nr 1305. BEIL AG E

Pfirsiche (vgl. zu 320,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 320,10 Die Pfirschen] Oberdeutsch für ‚Pfirsiche‘ (vgl. zu 317,1). 320,11–12 mein kostbaarstes] In Anspielung auf die Liebe Charlotte von Steins (zu den ungewöhnlichen Anreden vgl. u.a. zu 207,13–14).

485. An Charlotte von Stein 〈Weimar, Anfang bis Mitte September 1781?〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Der vorliegende Brief ist nicht in den gebundenen Konvoluten der Briefe Goethes an Charlotte von Stein überliefert, sondern gehört zu den wenigen, die vor Anlage der Bände entnommen wurden (vgl. Vorbemerkung zur Gesamtüberlieferung zu Nr 1). Nach Angabe der Adressatin (vgl. Überlieferung) stammt er wahrscheinlich aus dem Jahrgang 1781, seiner Nummerierung „203“ nach befand er sich vor seiner Herauslösung aus der Sammlung der Goethe-Briefe unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Dem Inhalt nach wurde er in einer Zeit geschrieben, als Goethe und Charlotte von Stein einander häufiger Früchte übersandten (vgl. die Erläuterungen zu 320,14). 1781 geschah dies vor allem in der ersten Septemberhälfte, aus der die Überlieferung datierter Briefe lückenhaft ist. Der Brief passt auch von der Anrede und dem Tonfall in diese Zeit und wird deshalb so eingordnet. ÜBER L IEF ERU NG

H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 11,5(–11,7) × 11,3(–11,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; in der Mitte des Blattes Siegelausriss, geringfügige Buchstabenbeschädigung; untere rechte Ecke Siegelrest; Rs. Adresse: Fr. v. Stein., Siegelreste; Vs. unten Mitte von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „1781?“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „203“. E: Autographen aus allen Gebieten. Auktion am 11. und 12. Juni 2002. Katalog 676. J. A. Stargardt, S. 50, Nr 95, Faksimile auf S. 51; danach gedruckt in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 26. Mai 2002, Nr 21, S. 21 (mit Faksimile) (Volker Weidermann). WA: Nicht gedruckt.

SEPTEMBER 1781

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BEIL AG EN

1) Birnen (vgl. die zweite Erläuterung zu 320,14). 2) Schere (vgl. 320,18). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 320,14 Pfirsche] Oberdeutsch für ‚Pfirsiche‘ (vgl. zu 317,1). 320,14 gemeine Birn] ‚Gemein‘ hier im Sinne von ‚gewöhnlich‘; ‚Birn‘ für ‚Birnen‘, ältere Plural-Form.

486. An Charlotte von Stein

〈Erfurt, 15. September 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) wurde der vorliegende Brief nach dem Brief vom 4. August 1781 (Nr 460) eingeordnet. Im Erstdruck wurde er – entgegen der Einordnung im Konvolut in den Jahrgang 1781 – nach einem vermeintlichen inhaltlichen Bezug (vgl. zu 321,2–3) auf den 30. März 1782 gesetzt. Seit der Ausgabe von Fielitz (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 372, Nr 727) wird er nach der inhaltlichen überzeugenden Parallele zu Goethes Tagebuch und der Tagesangabe Sonnabend (321,9) auf den 15. September 1781 datiert (vgl. zu 321,6). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 71. – 1 Bl. 15,9(–16,3) × 18(–18,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „175“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 168), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 175f. WA IV 5 (1889), 190f., Nr 1310. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Möglicherweise antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 321,2). Dem Inhalt nach wurde der Brief in Erfurt, wo sich Goethe vom 14. bis 16. September 1781 aufhielt, geschrieben (vgl. zu 321,6). 321,1 Schachtel mit Früchten] Der Jahreszeit nach vielleicht Pfirsiche (vgl. zu 317,1), die gesondert geschickt wurden.

868

BRIEF 487

321,1–2 die Botenfrau] Wohl eine Erfurter Botin, da Goethe sie dort mit einer Nachricht von der Adressatin zurückerwartete. 321,2 ein Wort von deiner Liebe erbitte] Ein Antwortbrief ist nicht überliefert. 321,2–3 Die schöne Gräfinn] Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen, die ebenfalls in Erfurt zu Gast war (vgl. zu 321,6). Goethe hatte sie und ihren Mann Jacob Friedemann von Werthern-Beichlingen im März 1781 gemeinsam mit Herzog Carl August in Neunheilingen bei Langensalza besucht (vgl. zu 220,20). – Auf der Anmerkung Friedrich von Steins „Gräfin Werther von Neunheiligen“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 11v) und einem vermeintlichen Bezug zum Fourierbuch, das den Besuch des Ehepaars von Werthern-Beichlingen in Weimar vom 13. bis 24. März 1782 belegt (vgl. FB 1782, S. 48 und 55), beruht Schölls Datierung des vorliegenden Briefes (vgl. Datierung). 321,3 eine schöne Seele] In Anlehnung an das griechische Ideal der Kalokagathia (griech.  $: schön und gut), die Verbindung von körperlicher Vollkommenheit und geistig-moralischer Vortrefflichkeit, von Schönheit und Güte. Im Hinblick auf eine reale Person hatte Goethe den Topos zum erstenmal im März 1780 für die Gräfin von Werthern-Beichlingen gebraucht (vgl. zu 119,20–21). 321,4–5 aus den letzten Flammenspitzen 〈…〉 sehnend erhebt] Anspielung auf das Verhältnis der Gräfin von Werthern zu Herzog Carl August (vgl. zu 58,5–6). – Der zweite Teil des metaphorischen Vergleichs in Anlehnung an bildkünstlerische Darstellungen von Mariä Himmelfahrt, von Goethe mit Bezug auf Charlotte von Stein schon im Brief vom 7. Oktober 1776 gebraucht (vgl. GB 3 II, zu 112,4–8). 321,6 Der Stadthalter] Carl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg, kurmainzischer Statthalter in Erfurt (vgl. die zweite Erläuterung zu 3,5), den Goethe nach einem nicht genau datierten Tagebucheintrag im September 1781 besuchte: Zum Stadthalter. Fand 〈Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen〉 kam der Graf Schuwalov mit seiner Famielie 〈…〉. Fuhr ich mit ihnen nach Weimar. (GT I 1, 124.) Da Goethe die Familie Schuwalow am 16. September 1781 nach Weimar begleitete (vgl. zu 322,3) und der vorliegende Brief von einem Sonnabend (321,9) stammt, muss er am 15. September 1781 geschrieben worden sein. 321,11 die Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, die am 10. September 1781 mit einer Totgeburt niedergekommen war (vgl. zu 317,16).

SEPTEMBER 1781

487. An Charlotte von Stein

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〈Weimar〉, 17. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 76. – 1 Bl. 11,6(–11,8) × 9(–9,3) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke ausgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „178.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 182), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 101. WA IV 5 (1889), 191, Nr 1311. BEIL AG E

Früchte (vgl. zu 321,12). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 321,12 freundliche Früchte] Vielleicht Pfirsiche (vgl. zu 317,1). 321,12–13 meine Schweitzer reise] Eine Abschrift der bis dahin vorliegenden Teile der Reisebeschreibung von Goethes zweiter Schweizer Reise (vgl. zu 13,5–6; zu 321,20); möglicherweise die im GSA überlieferte Abschrift 25/W 2014 (=H1 [vgl. WA I 19, 436]), die den späteren Abschriften und Drucken zugrunde liegt. 321,13 Prinz August] August von Sachsen-Gotha und Altenburg, dem Goethe zuletzt bei seinem Besuch in Erfurt vom 14. bis 16. September 1781 begegnet war (vgl. zu 321,18–19). 321,13–14 Belwedere wo ich dich heute sehn werde] Am 17. September 1781 fanden zu Ehren des Besuchs von Graf Andrej Petrowitsch Schuwalow und dessen Familie (vgl. zu 321,6) große Hoftafeln statt, mittags in der herzoglichen Sommerresidenz Schloss Belvedere und abends im so genannten Kloster im Park an der Ilm, an denen auch Goethe und Charlotte von Stein teilnahmen. „Geh: Rath Göthe“ wird unter den Gästen an 12. bzw. 11. Stelle genannt, „Frau OberstaL. v. Stein“ jeweils an 5. Stelle (FB 1781, S. 174).

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BRIEF 488

488. An August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg Weimar, 17. September 1781 → 〈Gotha〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: Forschungsbibliothek Gotha, Sign.: Chart. B 1918 II Goethe, Bl. 3–4. – Doppelblatt 37,4(–37,6) × 27,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Papierausriss am oberen Rand, kein Textverlust. E: Wilhelm Arndt: Zu Goethes Geburtstag. Zwölf ungedruckte Briefe Goethes aus den Jahren 1780–1829. In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. 39. Jg. II. Semester. Nr 35. Ausgegeben am 26. August 1880. Leipzig 1880, S. 351f. (mit Notiz des Empfängers). WA IV 5 (1889), 191f., Nr 1312 (nach E). BEIL AG E

Manuskript des 1. Buches von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ (vgl. zu 321,20). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 321,16 Fürst] Hier wohl als Anrede, nicht im Sinne eines adligen Titels gebraucht. Der Adressat war als Sohn und Bruder regierender Fürsten von seiner Stellung her ‚Prinz‘ (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 355). 321,18–19 Begegnung in Erfurt] Goethe war zwischen dem 14. und dem 16. September 1781 in Erfurt und besuchte dort Carl Theodor von Dalberg (vgl. zu 321,6). Offenbar hatte der Adressat seinen Bruder, Herzog Ernst II., am 14. September nach Erfurt begleitet (vgl. FB Gotha 1781 III, Bl. 88v), der am darauffolgenden Tag zurück nach Gotha fuhr (vgl. ebd., Bl. 89r). 321,20 die beyden versprochnen Kleinigkeiten] Manuskripte mit dem Anfang von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ (vgl. zu 70,17 – 18) und mit einem Teil des Manuskripts der Schweizer Reise (vgl. zu 13,6). Letzteres konnte jedoch dem Brief nicht beigelegt werden und wurde nachgeschickt (vgl. zu 322,11). – Eine eigenhändige Notiz des Prinzen dokumentiert den Empfang dieser Sendungen:

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Nachricht zu Goethens Briefe vom 17ten Sept. 1781. – Das erstüberschickte Werk, das mit diesem Briefe ankam, hieß: W i l h e l m M e i s t e r s t h e a t r a l i s c h e S e n d u n g. E r s t e n T h e i l s e r s t e s B u c h. Das zweyte Werk, das den folgenden Posttag nachkaum, und auch in der Handschrift war, hatte keinen Titel, es war nur ein Bruchstück aus Göthens Reise mit

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dem Herzoge durch die Schweitz (1779.) und enthielt die Beschreibung der Gletscher, und zumal der Savojischen bey Chamouni u.s.w. In langer Zeit hab’ ich nichts anziehenders gelesen, als eben dieses Bruchstück. 23ten Sept 1781. (H: Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1918 II Goethe, Bl. 5–6; vgl. E.) 8 bey Chamouni] Diesen Abschnitt hatte Goethe Charlotte von Stein von der Schweiz aus geschickt (vgl. zu 13,5–6). 322,1 einer einer] Versehentliche Dittographie nach Zeilenumbruch. 322,1–2 die Augen eines freundschafftlichen Beschauers nötig] In Anspielung auf den fragmentarischen und unmittelbaren Charakter der Reisebeschreibung. 322,3 Schuwalovische Carawane] Goethe hatte in Erfurt Andrej Petrowitsch Graf Schuwalow und dessen Familie getroffen, die sich auf der Rückreise von Paris nach St. Petersburg befanden, und sie nach Weimar begleitet (vgl. GT I 1, 124). Am 17. September 1781 wurde er zu den fürstlichen Tafeln eingeladen (vgl. zu 321,13–14), bei denen Schuwalow, seine Frau Katharina Petrowna und ihre älteste Tochter, Praskovia, anwesend waren (vgl. FB 1781, S. 174). Mit dem Adressaten hatte Schuwalow, der Beiträge für die „Correspondance littéraire“ beisteuerte, gemeinsame künstlerische Interessen sowie die gleiche Faszination für Voltaire. – ‚Carawane‘ hier als Anspielung auf die große Gefolgschaft und den aufwendigen Lebensstil Schuwalows, der mit seiner ganzen Familie, zu der auch die jüngeren Kinder Peter, Alexandra und Pavel gehörten, durch Europa reiste. 322,4–5 Heut Abend gehn sie weiters.] Die Schuwalows reisten erst am 19. September 1781 von Weimar ab (vgl. FB 1781, S. 176). 322,5 Herzog und Herzoginn] Ernst II. und seine Gattin Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg. 322,11 Die Reise war nicht in meinen Händen] Das Manuskript der Schweizer Reise befand sich noch bei Charlotte von Stein (vgl. zu 321,12–13). 322,12 den nächsten Posttag] Die fahrende Post nach Erfurt und Gotha ging „Montags früh 7 Uhr“ von Weimar ab (Post-Bericht 1781, o. S.). Da dienstags nur die reitende Post nach Gotha abging, wurde das Paket wohl am Mittwoch, dem 19. September, um 12 Uhr mit dem „CammerWagen von Jena“ verschickt, der sowohl Pakete als auch Personen beförderte (ebd.).

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489. An Charlotte von Stein

BRIEFE 489/490

〈Weimar〉, 19. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 77. – 1 Bl. 19 × 7,8(–8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, rechts unter dem Text Papierausriss ohne Buchstabenverlust; Rs. rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „181“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 183), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 101. WA IV 5 (1889), 192, Nr 1313. BEIL AG EN

1) Tableau de Paris (vgl. die erste Erläuterung zu 322,13). 2) Pfirsiche (vgl. die zweite Erläuterung zu 322,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 322,13 Tableau de Paris] Der erste von insgesamt zwölf Bänden der Sitten- und Alltagsschilderungen aus dem vorrevolutionären Paris erschien ohne Angabe des Verfassers Louis Sébastian Mercier 1781 in Hamburg. 322,13 Pfirschen] Oberdeutsch für ‚Pfirsiche‘; im 18. Jahrhundert als Femininum gebraucht (vgl. zu 317,1). 322,15 zu den Kindern dieser Welt] In Anspielung auf Johannes 18,36: „Mein reich ist nicht von dieser welt.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 117.) – Hier möglicherweise mit Bezug auf die Verabschiedung des Grafen Andrej Petrowitsch Schuwalow (vgl. zu 321,6), der mit seiner Familie am 19. September 1781 „um 10 uhr“ aus Weimar abreiste (FB 1781, S. 176).

490. An Friedrich Justin Bertuch 〈Weimar, 18. oder 19. September 1781?〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Die Datierung ist unsicher. Die Überlieferung der Ausfertigung im unfoliierten Bertuch-Nachlass zwischen dem Brief vom 10. Januar 1783 und dem Brief vom 12. Oktober 1783 bietet keinen verlässlichen Anhaltspunkt. Nach der Anrede ‚Sie‘ ist von einer Datierung nach Goethes zweiter Schweizer Reise auszugehen (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 318). Terminus ante quem ist Carl Christian Heinrich Rosts Tod im März 1798 (vgl. zu 322,17). Aufgrund der Er-

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wähnung der Pensionszahlung an Jeanette Brossard (vgl. zu 322,20) lässt sich der Zeitraum etwas genauer eingrenzen: In ihrem Brief an Bertuch vom 12. Juli 1795 (GSA 6/624, St. 6) bezog sie sich auf dessen Brief von 3. Oktober 1793, in dem er Kirms als zukünftigen Ansprechpartner seitens der Kammer für die Zahlungen nannte. Daher kann man eine Datierung vor Oktober 1793 annehmen. – Einen Hinweis für die Datierung ins Jahr 1781 liefert Oesers Brief an Herzogin Anna Amalia vom 12. September 1781, in dem möglicherweise von dem in vorliegendem Brief erwähnten Portefeuille die Rede war (vgl. zu 322,18–19). Demnach wäre der Brief unmittelbar vor Bertuchs Abreise nach Kalbsrieth und Dessau um den 19. September 1781 zu datieren (vgl. zu 322,21). Goethe selbst reiste am 22. September nach Dessau und Leipzig ab (vgl. zu 324,17). – Eine Datierung im Zusammenhang mit Rosts Brief an Bertuch vom 30. Dezember 1780, in dem er „ein Portefeuille verschiedener guten alten Blätter zur Auswahl“ ankündigte (GSA 6/1561, St. 11), ist deswegen auszuschließen, weil dieser Termin nach der Messe (vgl. zu 322,19) lag. – Eine spätere Datierung vor oder nach Goethes italienischer Reise bis Oktober 1793 ist nicht auszuschließen. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – 1 Bl. 19(–19,2) × 13,8(–14,1) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, unten rechts Siegelausriss; Rs. Adresse: Hl. Rath / Bertuch, rotes Initialsiegel: „G“. E1: Ludwig Geiger: Goethes Briefe an Bertuch. In: GJb IV (1883), 199 (Teildruck: 322,16 hab ich vergessen zu fragen; 322,20 ob Sie an die Brossard gedacht haben). E2: WA IV 7 (1891), 257, Nr 2348 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 322,16 Heute früh] Eine Begegnung mit dem Adressaten ist nicht dokumentiert. 322,17 einer Antwort von Rosten] Mit dem Leipziger Verleger und Kunsthändler Rost stand Bertuch spätestens seit 1774 in Kontakt; die Geschäftsbeziehung wurde ab Mitte der 1780er Jahre intensiviert (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 137). In Rosts Briefen an Bertuch finden sich keine Bezüge zum vorliegenden Brief (vgl. GSA 6/1561). 322,18 Entschliesung] Hier im Sinne von ‚persönlicher Entscheidung‘ oder ‚Entschluss‘ (vgl. GWb 3, 178). – Möglicherweise hatte Bertuch in Absprache mit Goethe direkt an Rost ein Angebot für die Zeichnungen geschickt, die entweder für Carl Augusts oder Anna Amalias Sammlung oder für die Zeichenschule bestimmt gewesen sein dürften.

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BRIEF 491

322,18–19 Portefeuille] Adam Friedrich Oeser hatte Herzogin Anna Amalia nicht näher zu ermittelnde Zeichnungen aus den Beständen der „Rostischen Kunsthandlung“ zukommen lassen, die zum Verkauf angeboten wurden: Durchlauchtigste Herzoginn, gnädigste Herzoginn und Frau!

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Mit der tiefsten und dankbarsten Verehrung gegen Ew: Durchlaucht huldreichsten Befehl, überreiche ich Hoechstdenenselben, auf beyliegenden Blatte, mein unmaasgebliches Urtheil, über diejenigen in der Rostischen Kunsthandlung / befindlichen Zeichnungen, welche vielleicht der Aufmerksamkeit einer so erleuchteten, und erhabenen Kennerin nicht ganz unwürdig seyn möchten. Damit Ew: Durchlaucht den ganzen Vorrath übersehen, und das beste darunter auszulesen geruhen mögen, habe ich dem Kaufmann Rost, dieses Portefeuille auf 14 Tage abgeborgt. Er hat mir die Preise so angeben müßen, als ob ich der Käufer wäre, und sie haben mir überall billig geschienen. Glücklich würde ich mich schätzen, wenn meine angefangenen, und meistens unvollen/deten Arbeiten, worunter der Plafond, im hiesigen neuerbauten ConcertSaale, mit begriffen ist, noch eine Reise nach Weimar diesen Herbst erlaubten, um die tiefe und unverbrüchliche Ehrfurcht und Dankbarkeit, mündlich zu bekennen, womit ich lebenslang ersterbe, Durchlauchtigste Herzogin, Gnädigste Herzogin und Frau! Ew: DurchL. Leipzig den 12 Septbr 1781. unterthänigst gehorsamster Adam Friedrich Oeßer (H: LATh – HStA Weimar, HAA XVIII, Nr 82, Bl. 25–26.) 322,19 Messe] Die dreiwöchige Leipziger Michaelismesse, die am Sonntag nach Michaelis (29. September) begann, 1781 also am 30. September. 322,20 an die Brossard] Jeanette Brossard erhielt zunächst aus Carl Augusts Privatschatulle, ab 1793/94 aus der Kammerkasse eine jährliche Pension von 500 Livres; möglicherweise hatte sie nach einer Affäre mit dem Herzog während dessen Kavalierstour 1774/75 ein uneheliches Kind zur Welt gebracht (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 549). Goethe hatte sich bereits 1779 (vgl. ebd.) und möglicherweise 1780 (vgl. EB 58) mit der Zahlung der Pension befasst. Brossard schrieb in späteren Jahren immer wieder an Bertuch (im Herbst 1788 und 1789 [GSA 6/264, St. 1–2]) und an Goethe selbst (14 überlieferte Briefe, der erste vom

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7. Oktober 1792 [vgl. RA 1, Nr 470]), um die verspätete Zahlung der Pension einzufordern. – Laut Schatullrechnung wies Bertuch die Pensionszahlung für die Zeit zwischen Michaelis 1780 und 1781 erst am 9. Oktober 1781 an (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1090a, S. 66). 322,21 glückliche Reise 〈…〉 Empfehlungen] Bertuch notierte in seiner „Privat-Rechnung 1781“ die „Reisekosten vom 19–30 Sept. nach Kalbsrieth und Deßau“ (GSA 6/2314). Grund seiner Reise nach Dessau dürften Beratungen bei der im Februar 1781 gegründeten Buchhandlung der Gelehrten und der Verlagskasse für Gelehrte und Künstler gewesen sein. Bertuch gehörte zu den Gründungsmitgliedern der als Genossenschaft organisierten Schwesterunternehmen, die Autoren Gelegenheit zur Publikation außerhalb des regulären Verlagsbuchhandels ermöglichten. Der Weg nach Dessau führte über das etwa 47 km nördlich von Weimar gelegene Gut Kalbsrieth. Goethes Grüße dürften sich daher an die Familie von Kalb richten, die das Gut besaß. Bertuch und Goethe begegnen sich auch am 24. September 1781 beim Geburtstagsfest für Louise Henriette von Anhalt-Dessau (vgl. BuG 2, 322, zu 324,17–18).

491. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 77. – 1 Bl. 13,1 × 8,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „179“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 185), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 101f. WA IV 5 (1889), 194, Nr 1315. BEIL AG E

1) Kuchen (323,2). 2) Gedicht (vgl. die zweite Erläuterung zu 323,2). Nach dem Griechischen. Euch bedaur’ ich unglückseelge Sterne Die ihr schön seyd und so herrlich scheinet, Dem bedrängten Schiffer gerne leuchtet, Unbelohnt von Göttern und von Menschen. Denn ihr liebt nicht, kanntet nie die Liebe. Unaufhaltsam führen ewge Stunden Eure Reihen durch den weiten Himmel;

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BRIEF 492

Welche Reise habt ihr schon vollendet! Seit ich bleibend in dem Arm der Liebsten Eurer und der Mitternacht vergessen? = (H: LATh – HStA Weimar, HAA XVIII, Nr 150, Bl. 51. – 1 Bl., Vs. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Hl. v. Einsiedel, Siegelreste.) ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 323,2 Fritzen] Friedrich von Stein. 323,2 Was beyliegt ist dein.] Beilage 2. – Aus dem Kontext geht hervor, dass es sich um das im sechsten Stück des „Journals von Tiefurth“ unter dem Titel „Nach dem Griechischen“ veröffentlichte Gedicht „Euch bedaur’ ich unglückseelge Sterne 〈…〉“ handelt (Journal von Tiefurt2, 86). Die dem Brief beigelegte Handschrift für Charlotte von Stein ist nicht überliefert. Das Gedicht wird hier nach einer eigenhändigen Reinschrift mitgeteilt, die für Friedrich Hildebrand von Einsiedel bestimmt war, den ‚Redaktor‘ des „Journals von Tiefurth“. – Eine eigenhändige Reinschrift hat sich auch im Faszikel „Vermischte Gedichte“ (Erste Sammlung; GSA 25/W 1, S. 68 [WA=H3]) erhalten. Sie war Teil der Textgrundlage für die Gesamtausgabe von Goethes Gedichten, wo das Gedicht leicht verändert unter dem Titel „Nachtgedanken“ zuerst im Druck erschien (Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789, S. 171). Erhalten haben sich außerdem Abschriften von Herder (SBB/PK, NL Herder XXXII,6, Bl. 1r) und Louise von Göchhausen (GSA 24/15,2, Bl. 29) sowie Abschriften von Schreiberhand in den überlieferten Exemplaren des „Journals von Tiefurth“ (z.B. GSA 24/24, Bl. 29 [Exemplar der Louise von Göchhausen]). 323,3 Tief. Journal] Das im August 1781 von der Herzoginmutter und ihrem Kreis begründete „Journal von Tiefurth“ (vgl. zu 311,23). 323,3–4 nach dem Griechischen] Mit dem fingierten Titel wollte Goethe etwaige Bedenken der Adressatin auch gegenüber einer begrenzten Veröffentlichung des ihr gewidmeten Liebesgedichtes zerstreuen. 323,4–5 was wäre Morgen und Abend mir ohne dich] Mit Bezug auf Goethes abendliche Besuche bei Charlotte von Stein (zu den ungewöhnlichen Anreden Goethes für Charlotte von Stein vgl. zu 206,10; zu 207,13–14; zu 238,17).

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492. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar〉, 20. September 1781 → 〈Seerhausen〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 24. – Doppelblatt 38,1 × 27,8 cm, 1 ¾ S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unten rechts Präsentatsvermerk, Tinte: „ps d. 23. 7br 1781 F“. E: WA IV 5 (1889), 193f., Nr 1314 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 323,6 bey Gelegenheit einer freudigen Nachricht] Die nicht eintraf, da Herzogin Louise am 10. September 1781 eine Totgeburt erlitten hatte (vgl. zu 317,16; zu 319,26–27), von der Carl August Fritsch umgehend berichtete: „Diesen Nachmittag 4 Uhr gebahr meine Frau eine todte tochter. Die Mutter ist biß jezt noch nicht sehr kranck.“ (LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 38, Bl. 41r.) 323,17 von Ihrer Cur] Fritsch war Ende Juli 1781 zu einer Heilwasserkur auf sein Gut Seerhausen in Sachsen gereist und kehrte erst Ende September oder Anfang Oktober nach Weimar zurück. Am 26. Juli 1781 hatte Justus Christian Loder an Fritsch geschrieben: „Gestern hörte ich vom Hrn. Hofrath Hufeland, daß Hochdieselben vielleicht schon am nächsten Montag von Weimar abgehen dürften.“ (GSA 20/37,4, Bl. 50r.) Am 5. Oktober 1781 gratulierte Loder zu Fritschs „glücklicher Rückkunft nach Weimar 〈…〉 und wünsche von den ersprießlichen Folgen des in Seerhausen gebrauchten Brunnens die angenehmste und für mich erfreulichste Nachricht zu vernehmen.“ (Ebd., Bl. 51r.) Schon am 2. Oktober hatte Fritsch wieder an der Sitzung des Geheimen Consiliums teilgenommen (vgl. Wahl, Consilium, 732). Während Fritschs Abwesenheit erkundigte sich Carl August nach seinem Wohlbefinden und hielt ihn auf dem Laufenden über die amtlichen Geschäfte (vgl. Briefe vom 22. August und vom 10. September 1780; LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 38, Bl. 38–40). 323,21–22 neuerbauten Stalle] Möglicherweise der Pferdestall im fürstlichen Geleithaus in Weimar (heute Scherfgasse 1, Ecke Geleitstraße), der zwar nicht neu gebaut, aber auf herrschaftliche Kosten wieder hergerichtet wurde (vgl. Wahl, Consilium, 826, Nr 12292). Das 1574 errichtete Renaissancegebäude war zwichen 1764 und 1817 Sitz des Rentamtes und Einnahmestelle der Geleitgelder, die von Reisenden und Kaufleuten für die Benutzung von Straßen gezahlt werden mussten. Geleitreiter kontrollierten, ob diese Gebühren, die man u. a. für den Wege- und Straßenbau verwendete, ordentlich gezahlt worden waren. Goethe, seit Januar 1779 Leiter der Wegebaudirektion, hatte von Amts wegen ein Interesse am ordnungsgemäßen Ablauf des Geleitwesens.

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BRIEFE 493/494

323,25–26 auf den Geburtstag der Hoheit 〈…〉 28 dieses] Nicht am 28., sondern am 24. September 1781 beging Louise Henriette, die Frau des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, ihren 31. Geburtstag, weswegen Goethe schon am 22. September (vgl. 325,4) nach Dessau reiste (vgl. zu 324,10–11; zu 324,11–12). 324,2 Frau Gemahlinn] Fritsch war seit 1767 mit Johanna Sophia geb. von Haeseler verheiratet.

493. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 21. September 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen zwischen Ende Oktober und Anfang November 1781. Im Erstdruck wurde er nach dem inhaltlichen Bezug zu Goethes bevorstehender Dessauer Reise auf den 16. September 1781 datiert. Seit der Ausgabe von Fielitz (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 373, Nr 731) wird er nach dem Bezug zum Brief an Knebel vom 21. September 1781 ebenfalls auf diesen Tag gesetzt (vgl. zu 325,4). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 95. – 1 Bl. 16,8(–17,2) × 10,8(–11) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Rs. Spuren roten Siegellacks; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „223“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 223), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 100f. WA IV 5 (1889), 195f., Nr 1318. BEIL AG E

Pfirsiche? (vgl. zu 324,8–9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 324,8–9 die Früchte] Vielleicht Pfirsiche (vgl. zu 317,1). 324,10–11 der Geburtstag der Hoheit dl. 24ten] Der 31. Geburtstag von Louise Henriette von Anhalt-Dessau am 24. September 1781. – Den Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau und dessen Frau hatte Goethe schon im Dezember 1776 während seines Besuchs mit Herzog Carl August in

SEPTEMBER 1781

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Wörlitz und Dessau persönlich kennen gelernt (vgl. GB 3 II, Erläuterungen zu Nr 199). 324,11–12 Sonnabends Nachmittag 〈…〉 weg muß] Goethe reiste am 22. September 1781 aus Weimar ab. Dass er den Entschluss zur Reise nach Dessau und Wörlitz wohl erst am Tag zuvor gefasst hat, belegt sein Brief an Knebel 21. September (vgl. 325,4). Von Dessau und Wörlitz reiste Goethe über Leipzig (vgl. zu 328,1–2) zurück nach Weimar, wo er in der Nacht zum 1. Oktober 1781 wieder eintraf (vgl. 328,19). 324,12 zu diesem Feste] Vgl. zu 324,17–18. 324,13 Fritzens Bagage] Friedrich von Stein, Charlottes jüngster Sohn, begleitete Goethe auf der Reise nach Dessau (vgl. 326,1–2). – ‚Bagage‘ hier: Reisegepäck.

494. An Johann Gottfried und Caroline Herder 〈Weimar, 21. September 1781〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

Der Brief lässt sich wegen der erwähnten Reise nach Dessau am darauffolgenden Tag (vgl. zu 324,17) präzise auf den 21. September 1781 datieren. Goethe reiste am 22. September 1781 aus Weimar ab (vgl. zu 325,17; Knebel, Tgb. 1781, Bl. 40r). ÜBER L IEF ERU NG

H: Russische Nationalbibliothek, St. Petersburg, Sign.: Slg 991, Nr 491. – 1 Bl. 10,8 × 17,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. – Faksimile: Aleksandr Gabritschewski: Goethe-Autographen in der U.S.S.R. In: Literaturnoje nasledstwo 4–6 (1932), S. 826. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 67, Nr 26 (nach einer Abschrift). WA IV 5 (1889), 194f., Nr 1316 (nach E). BEIL AG E

Manuskript mit Gedichten Goethes (vgl. zu 325,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 324,17 nach Dessau] Goethe reiste in Begleitung Friedrich von Steins am 22. September 1781 nach Dessau, Wörlitz und Leipzig (vgl. zu 324,11 – 12). – Friedrich Matthissons Angabe, Goethe sei in Begleitung Carl Augusts nach Dessau gefahren, ist zu korrigieren (vgl. BuG 2, 323): In der Dessauer „Nachweisung sämtlicher Fremder, welche vom März 1770 bis September 1806 am

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BRIEF 495

Hofe empfangen sind“ werden unter dem 24. September 1781 Goethe und Friedrich von Stein, jedoch nicht Carl August aufgeführt (Landesarchiv SachsenAnhalt, Z 44, A 12a Nr 19). Laut Fourierbuch blieb der Herzog bis zum Nachmittag des 24. September 1781 in Weimar und fuhr dann in Begleitung Knebels nach Ettersburg auf die Jagd (vgl. FB 1781, S. 178; Knebel, Tgb. 1781, Bl. 40v). 324,17–18 der Hoheit zum Geburtstage aufwarten] Die Fürstin Louise Henriette von Anhalt-Dessau feierte am 24. September 1781 ihren 31. Geburtstag. Als geborene Prinzessin von Brandenburg-Schwedt, einer Nebenlinie des preußischen Königshauses, besaß sie im Unterschied zu ihrem Mann Fürst Leopold II. Friedrich Franz den Rang einer Königlichen Hoheit. Seit 1777 wurde ihr Geburtstag am westlich von Wörlitz gelegenen Drehberg mit einem Volksfest begangen, zu dem sportliche Wettbewerbe für Frauen und Männer gehörten. Die Fürstin war Schirmherrin und zugleich Preisrichterin. – 1782 nahmen Carl August und die Herzoginmutter Anna Amalia an der Feier teil, offenbar auf Anregung Goethes und mit der letztlich nicht realisierten Idee, die Wörlitzer ‚Festspiele‘ in Weimar nachzuahmen. 324,18 eine alte Versäumniss] Vermutlich hatte der Fürst von Anhalt-Dessau Goethe bereits bei ihrer letzten Begegnung im April 1780 in Leipzig zu einem Besuch eingeladen (vgl. 68,7–8). Goethe war im Mai 1781 Herzog Carl Augusts Einladung zu einer Reise nach Dessau, Wörlitz und Leipzig vom 10. bis 20. Mai 1781 nicht gefolgt (vgl. zu 262,7–8). Sein letzter Besuch in Dessau hatte im Mai 1778 stattgefunden (vgl. zu 325,5). – ‚Versäumnis‘ im 18. Jahrhundert in der Regel als Femininum gebraucht (vgl. Adelung 4, 1114), aber auch als Neutrum nachgewiesen (vgl. Grimm 25, 1048). 324,19–20 von euch eines freundlichen Empfanges versichert bin] Vgl. zu 325,9–10. 325,1 hier ist alles] Handschriftliche Sammlung von Gedichten Goethes, nicht überliefert (nach Karl Eibl der „Archetyp H0“ von der „Ersten Weimarer Gedichtsammlung“ [GSA 25/W 18]; Goethe-Handbuch3 1, 157). – In Herders Nachlass ist eine Abschrift von frühen Gedichten Goethes überliefert (SBB/PK, NL Herder XXXII,5), als deren Vorlage das dem Brief beigelegte Manuskript diente. Herders Abschrift enthält auf sieben Blatt 36 Gedichte, 33 davon von Goethe. Die Beschaffenheit des Papiers spricht für einen Zeitraum um 1781. Der Schreibduktus und die Abkürzungen lassen darauf schließen, dass Herder die Auswahl an mehreren Tagen in Eile abschrieb, möglicherweise um Goethe die Vorlage nach dessen Rückkehr von Dessau zurückzugeben (vgl. Bernhard Suphan: Ältere Gestalten Goethe’scher Gedichte. Mittheilungen und Nachweise aus Herder’s Papieren. In: GJb II [1881], 103–145, bes. 105–112). 325,2 es fehlen einige die folgen sollen] In Herders Nachlass ist eine weitere Abschrift mit Gedichten Goethes von Herders Hand auf zwei Doppelblättern und

SEPTEMBER 1781

881

einem Einzelblatt überliefert (SBB/PK, NL Herder XXXII,6). Das erste Doppelblatt enthält neun Gedichte (Bl. 1–2). Da einige davon 1782 im „Journal von Tiefurth“ erschienen, von dem auch Herder ein Exemplar erhielt, ist davon auszugehen, dass er die Abschrift vor dieser Veröffentlichung erstellte. Die Gedichte waren also sehr wahrscheinlich Teil der hier angekündigten Sendung (vgl. Suphan: Ältere Gestalten Goethe’scher Gedichte, S. 112–117). Vermutlich stellte Goethe Herder die auf dem zweiten Doppelblatt abgeschriebenen Epigramme, die erst 1789 im Druck erschienen, ebenfalls Ende 1781 zur Verfügung (Bl. 3–4). Die Abschriften auf dem Einzelblatt sind jedoch später entstanden, da es Gelegenheitsgedichte aus den Jahren 1782 und 1783 enthält (Bl. 5).

495. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar〉, 21. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I, Bl. 5. – 1 Bl. 11,3 × 18,5 cm, von größerem Blatt (vermutlich einem Doppelblatt) abgeschnitten, 1 ¼ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; über dem Brieftext von fremder Hd, Tinte: „An Knebel“; nachträgliche Eintragungen und Korrekturen von fremder Hd, Bleistift. E: Goethe-Knebel 1 (1851), 22, Nr 25. WA IV 5 (1889), 19, Nr 1317 (nach E; Hinweis auf die Ausfertigung im GSA und Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 215). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 325,4 morgen auf Dessau] Goethe reiste in Begleitung Friedrich von Steins am 22. September 1781 nach Dessau, Wörlitz und Leipzig (vgl. zu 324,11–12). 325,5 mein langes Aussenbleiben] Goethe hatte sich zuletzt im Mai 1778 in Wörlitz aufgehalten (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 207,15). 325,6 der Hoheit Geburtstag] Vgl. zu 324,17–18. 325,8 In acht Tagen] Goethe und Friedrich von Stein kehrten am 1. Oktober nach Weimar zurück (vgl. die erste Erläuterung zu 328,19). 325,8–9 Grüse Toblern] Georg Christoph Tobler wohnte während seines Aufenthalts in Weimar bei Knebel (vgl. 267,22–23). 325,9–10 Mit Herdern bin ich 〈…〉 alles Gute verspricht.] Ein vor dem 20. September 1781 datierter Tagebucheintrag deutet auf eine Aussöhnung mit Herder hin, nachdem es seit der Rückkehr Goethes von der Schweizer Reise starke Spannungen gegeben hatte (vgl. zu 137,32): Nähe zu Herdern. (GT I 1, 124.) – Zwischen Knebel und Herder war es ebenfalls zu Auseinandersetzungen gekom-

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BRIEFE 496/497

men, wie etwa der am 30. März 1780, bei der auch Goethe anwesend war (vgl. ebd., 108). Möglicherweise nahm ein undatierter versöhnlicher Brief Herders an Knebel Bezug auf diesen Vorfall (vgl. HB 4, 152, Nr 132). 325,12 die die] Versehentliche Dittographie am Zeilenende der Handschrift.

496. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 22. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 78. – 1 Bl. 19 × 7,1(–7,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, Rest eines braunen Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „180.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 186), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 102. WA IV 5 (1889), 196, Nr 1319. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Schon im März wechselt Goethe in seinen Briefen an Charlotte von Stein gelegentlich von der höflich-distanzierenden Anrede ‚Sie‘ zum vertraulichen ‚Du‘ (vgl. zu 229,6–7), seit Ende Mai 1781 gebraucht er überwiegend die Anrede ‚Du‘ (vgl. Nr 408, 409, 414). Der vorliegende Brief ist der vorläufig letzte, in dem er von Ihnen (325,18) zu dir (325,18) und dein (325,19) wechselt. Danach verwendet er in allen datierten Briefen bis zum zeitweisen Abbruch der Korrespondenz im Juni 1789 (vgl. GB 8 I, Nr 117) das ‚Du‘. Als Goethe nach einer Pause von mehr als sieben Jahren am 7. September 1796 zum ersten Mal wieder an Charlotte von Stein schreibt, kehrt er zum ‚Sie‘ zurück (vgl. WA IV 11, Nr 3382), bei dem er bis zum Ende der Korrespondenz im Jahr 1826 bleibt (vgl. WA IV 41, Nr 109). – Zu den Anredepronomina in Goethes Briefen vgl. Schöne, Briefschreiber Goethe, 437–510. 325,17 mitten in der Abreise Zerstreuung] Goethe war im Begriff, zu einer Reise nach Dessau, Wörlitz und Leipzig aufzubrechen (vgl. zu 324,11–12). Im Tagebuch findet sich nach dem Eintrag vom 20. September 1781 lediglich der Vermerk: Nach Dessau. Leipzig. (GT I 1, 124.) 325,17 unheimlich] Hier im Sinne von ‚beunruhigend‘, ‚unerfreulich‘, ‚unwohl‘ (vgl. Grimm 24, 1057). 325,17–18 von Ihnen zu gehn] Die vorläufig letzte Anrede in einem datierten Brief Goethes an Charlotte von Stein in dieser höflich-distanzierenden Form. Da-

SEPTEMBER 1781

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nach geht Goethe in den Briefen bis zum Abbruch der Beziehung im Juni 1789 endgültig zum ‚Du‘ über. 325,19 dein liebes Unterpfand] Friedrich von Stein (vgl. 326,1–2).

497. An Charlotte von Stein

Merseburg, 22. September 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 79. – 1 Bl. 15,6(–16) × 20 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unten Mitte von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „24“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „183.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 188), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 103. WA IV 5 (1889), 196f., Nr 1320. 2) Beilage?: H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 78. – 1 Bl. 10,3 × 10,3 cm, Vs. egh. Zeichnung, Feder mit Tinte (Schweinehütte; Corpus VIa, 57, Nr 199c); Rs. egh. Datierung, Paraphe sowie Versfragment ([326,16–19]), Tinte; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „180b“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 187), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Faksimile (Vs.): Abb. 17 im Textband (S. 327). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 326,1 Fritzen] Friedrich von Stein, der Goethe auf seiner Reise nach Dessau, Wörlitz und Leipzig begleitete (vgl. zu 324,11–12). 326,1 einem Tisch] Flüchtig für ‚an einem Tisch‘. 326,1 eine Cantzley aufgeschlagen] Hier übertragen für ‚ein privates Sekretariat (zum Briefe- und Gedichteschreiben) einrichten‘ (vgl. GWb 5, 260). 326,2–3 Cristus hat recht 〈…〉 seelig werden.] In Abwandlung zu Matthäus 19,14: „Aber Jesus sprach: Lasset die kindlein, und wehret ihnen nicht zu mir zu kommen: denn solcher ist das himmelreich.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 23; vgl. auch Markus 10,13–16.) 326,4 Zufall] Hier: unvorhergesehener Aufenthalt, Zwischenfall. 326,4 unsre Tagreise] Merseburg, der Absendeort des Briefes, liegt etwa 70 km nordöstlich von Weimar auf halber Strecke nach Dessau.

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BRIEF 498

326,4–5 die ewigen Stoppeln] In Anspielung auf die Eintönigkeit der Stoppelfelder, durch die der Weg nach Merseburg führte. 326,5–6 Gedichten] Vgl. zu 326,18–19. 326,6 die ich in das Tiefurter Journal schicke] So wie das Liebesgedicht „Euch bedaur’ ich unglückseelge Sterne 〈…〉“, das Goethe am 20. September 1781 zunächst an Charlotte von Stein geschickt hatte und dann im „Journal von Tiefurth“ unter dem fingierten Titel „Nach dem Griechischen“ veröffentlichte (vgl. die zweite Erläuterung zu 323,2). 326,7 die Cour machen] Von franz. faire la cour: den Hof machen; im 18. Jahrhundert übliche Redewendung in der adligen und gehobenen bürgerlichen Gesellschaft. 326,9 noch in W. treffen] ‚W.‘ für Weimar; die Adressatin stand im Begriff, auf das Landgut der Familie nach Kochberg zu reisen, wohin Goethe auch den ersten Brief nach seiner Rückkehr, geschrieben am 1. und 2. Oktober 1781 (Nr 499), schickte und wo er sie vom 12. bis 15. Oktober besuchte (vgl. zu 333,26–27; vgl. GT I 1, 124). Am 5. November war Charlotte von Stein wieder in Weimar (vgl. zu 338,3). 326,10 Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, die am 10. September 1781 mit einer Totgeburt niedergekommen war (vgl. zu 317,16). 326,12 Merseburg] In Kursachsen, bis 1738 Residenz des Herzogtums Sachsen-Merseburg. 326,16 d. 22 Sept 81.] Die unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein überlieferte Zeichnung (vgl. Abb. 17 im Textband [S. 327]) stammt laut Datierung auf der Rückseite des Blattes vom selben Tag wie der in Merseburg geschriebene Brief, wo Goethe auf dem Weg nach Dessau Station machte. Sie könnte als Beilage übersandt worden sein, auch wenn es im Brief selbst keinen Hinweis darauf gibt. – Das Motiv der ‚Schweinehütte‘ findet sich noch auf zwei weiteren für Charlotte von Stein bestimmten Zeichnungen, die am 10. Mai 1778 (vgl. Beilage 2 zu GB 3 II, Nr 359) bzw. am 22. April 1780 (vgl. zu 48,3) jeweils ebenfalls auf einer Reise in Richtung Leipzig bzw. Dessau entstanden sind. 326,18–19 wenn ich dir es gönnte 〈…〉 es erfüllte] Fragment von zwei Versen der frühen Fassung des Gedichts „Einen wohlgeschnitzten vollen Becher 〈…〉“, zuerst unter dem Titel „Aus dem Griechischen“ im neunten Stück des „Journals von Tiefurth“ veröffentlicht (vgl. zu 329,18–19).

OKTOBER 1781

498. An Adam Friedrich Oeser

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Weimar, 1. Oktober 1781 → 〈Leipzig〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/364,I, Bl. 12. – 1 Bl. 18,7(–18,9) × 27,8 cm, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift; Rs. Empfangsvermerk, Tinte: „v. Goethe. 8tbr -81.“ E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 132f., Nr 9. WA IV 5 (1889), 197f., Nr 1321. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 328,1–2 vielerley Geschäfte bey meiner Ankunft] Goethe war in der Nacht zum 1. Oktober von einer am 22. September angetretenen Reise nach Dessau und Leipzig zurückgekehrt (vgl. die erste Erläuterung zu 328,19). In Leipzig hatte er Oeser besucht und ihn u. a. wegen eines geplanten Denkmals für Sophie von Diede um Rat gefragt (vgl. Goethes Brief an Wilhelm Christoph von Diede vom 18. Februar 1782; WA IV 30, Nr 1408a). 328,7 von hier abreißen] Goethe reiste schon am nächsten Abend, einer Einladung des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg folgend, nach Gotha (vgl. 329,31), um Friedrich Melchior von Grimm zu treffen (vgl. zu 329,3). 328,8 Statue] Möglicherweise handelt es sich um die Gipsstatue einer „großen Vestale“ (Herkulanerin), die Herzog Carl August seiner Mutter 1781 zum Geschenk machte (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1097, Bl. 48) und die sich heute noch im Wittumspalais befindet (KSW, Museen, Plastiksammlung, Inv.-Nr KPl/01072). Den Schatullrechnungen ist zu entnehmen, dass der Leipziger Kunsthändler Carl Christian Heinrich Rost (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 137) am 17. November und 9. Dezember 1781 zwei Zahlungen für diese Gipsstatue quittierte (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1102, Bl. 18–20, Beleg Nr 446). 328,9 Rath Bertuch] Friedrich Justin Bertuch, Geheimer Sekretär und Schatullverwalter von Herzog Carl August. Ein Brief Oesers an Bertuch in dieser Angelegenheit ist nicht überliefert. 328,13 Reisegefährdte] Charlotte von Steins jüngster Sohn Friedrich hatte Goethe auf seiner Reise nach Dessau und Leipzig begleitet (vgl. 326,1–2). 328,16 Basrelief] Flachrelief (von franz. bas: flach), ein nur wenig erhaben gestaltetes Relief, dessen Partien fast alle gleich hoch sind. Möglicherweise handelt es sich um eines der Medaillons, die Martin Gottlieb Klauer 1781 von Wieland und Herder angefertigt hatte (vgl. Walter Geese: Gottlieb Martin Klauer. Der Bildhauer Goethes. Leipzig 1935, S. 211; Antlitz des Schönen. Klassizistische Bildhauerkunst im Umkreis Goethes. Hrsg. vom Thüringer Landesmuseum Heidecksburg.

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BRIEF 499

Rudolstadt 2003, S. 307). In sein Auftragsbuch notierte Klauer, dass er 6 Reichstaler „vor 2 Paralifs nach Leipzig“ erhalten habe (GSA 96/1567, Bl. 3r).

499. An Charlotte von Stein

Weimar, 1. und 2. Oktober 1781 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 80. – 1 Bl. 18,3(–19) × 27,7(–27,9) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Buchstabenverlust (329,15, 329,20, 329,21); Vs. oben über der Monatsangabe von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „O c t b r“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „188.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 189), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 103–105. WA IV 5 (1889), 198–200, Nr 1322. BEIL AG EN

1) Abdruck eines geschnittenen Steins (vgl. 329,14–15). 2) Briefe oder Zeichnungen von Friedrich von Stein (vgl. zu 330,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 328,18 dl. 1 Sept. 81.] Dem Inhalt und der Datierung des zweiten Briefteils (329,30) nach ist die Monatsangabe verschrieben, der Brief wurde am 1. Oktober 1781 begonnen. 328,19 wieder angekommen] Von der Reise nach Dessau und Leipzig, zu der Goethe am 22. September aufgebrochen war (vgl. zu 324,11–12). Laut Tagebuch von 1781 kam Goethe d. 1 Oktbr wieder nach Hause (GT I 1, 124). 328,19 Fritz] Friedrich von Stein, Goethes Reisebegleiter (vgl. 326,1–2). 328,22 Steinen 〈…〉 in Leipzig gesehn] Josias von Stein, der vom 27. September bis zum 3. Oktober 1781 offenbar ebenfalls auf Reisen war, da er in dieser Zeit nicht an der Hoftafel teilnahm (vgl. FB 1781, S. 179, 183). – Gegen Düntzers Angabe, dass er sich auf „einer Reise nach Wien zum Pferdekauf“ befunden habe (Düntzer, Goethe-Stein, 315, Anm. 2), spricht der Umstand, dass die Strecke von Weimar nach Wien und zurück mehr als 1100 km beträgt, die Stein in den sieben Tagen seiner Abwesenheit von Weimar nicht bewältigt haben kann. – Die Bemerkung von Johann August Ludecus in einem Brief an Knebel vom 17. November 1781 bezieht sich offensichtlich auf eine spätere Reise Steins: „Hl. v. Stein hat 16. Pferde aus Wien mitgebracht, und soll Ehre vom Kaufe haben.“ (GSA 54/218, Bl. 1v.) Den Erwähnungen im Fourierbuch zu-

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folge könnte Stein vom 8. Oktober bis zum 17. November 1781 auf Reisen gewesen sein (vgl. FB 1781, S. 185 und 215). 329,2 Ein halbes Jahr in der Welt 〈…〉 weit führen.] Seit der Bemerkung im Brief vom 8. Juli 1781 aus Ilmenau ist dies der zweite Hinweis auf Goethes latent vorhandenen Reisewunsch, den er vier Jahre später mit seinem Aufbruch nach Italien verwirklichen sollte (vgl. zu 301,19). 329,2–3 Brief von Herzog von Gotha] Nicht überliefert. – Aus dem Folgenden ist zu schließen, dass der Brief eine Einladung an den Gothaer Hof enthielt. Seit Goethes Besuch im Februar 1780 hatte sich zum regierenden Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg aufgrund gemeinsamer Interessen an Kunst und Literatur sowie der freimaurerischen Verbindungen ein fast schon freundschaftliches Verhältnis entwickelt (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 25). 329,3 Grimm ist drüben] Friedrich Melchior von Grimm, bis 1773 maßgeblicher Herausgeber der „Correspondance littéraire“ (vgl. zu 40,23–24) und seit 1776 sachsen-gothaischer Gesandter am französischen Hof, war am 23. September 1781 in Gotha angekommen (vgl. FB Gotha 1781 III, Bl. 97v). 329,4 werde wohl übermorgen hingehn] Goethe reiste schon am nächsten Tag nach Gotha (vgl. 329,31). 329,4 Bekanntschafft mich] Versehentlich für ‚Bekanntschaft mit‘. 329,5 ami des philosophes et des grands] Franz.: Freund der Philosophen und der Großen; in Anspielung auf Grimms Verbindung zu den Enzyklopädisten, vor allem zu Denis Diderot und Jean Baptiste d’Alembert, sowie zum preußischen König Friedrich II. und der Zarin Katharina II., mit denen er korrespondierte. – Zur Gothaer Begegnung Goethes mit Grimm vgl. zu 331,9–12. 329,5 macht gewiss Epoche] Hier: Zäsur, Beginn eines neuen Lebensabschnitts (vgl. GWb 3, 225). 329,6–7 Durch seine Augen wie ein schwedenborgischer Geist 〈…〉 sehn.] In Anspielung auf Vorstellungen des schwedischen Mystikers und Theosophen Emanuel Swedenborg, denen zufolge Geister und Engel die irdische Welt nicht mit eigenen Augen sehen können, sondern sich dazu der Augen der Menschen bedienen. Im Juli 1776 hatte Goethe bei Christian Wilhelm Steinauer in Leipzig „Swedenborgs und anderer Irrdische und Himmlische Philosophie, zur Prüfung des Besten, ans Licht gestellt von Friedrich Christoph Oetinger“ (Frankfurt und Leipzig 1765; Übersetzung von Swedenborgs „Arcana Coelestia“ [8 Bde. London 1749–1756]) bestellt, das in seiner Bibliothek überliefert ist (vgl. Ruppert, 458, Nr 3135). Wahrscheinlich gab er das Buch im November 1776 an Charlotte von Stein weiter (vgl. GB 3 II, Beilage 2 zu Nr 187). Für Swedenborgs Werk, das in der Bibliothek seines Vaters vorhanden war (vgl. Götting, 39), hatte Goethe sich schon 1768 in Frankfurt interessiert (vgl. GB 3 II, zu 84,13). – Die Vorstellung, dass Geister durch ‚fremde Augen‘ sehen, begegnet gleichnishaft in Goethes Briefen (vgl. z.B. an Catharina Elisabeth Goethe, 3. Oktober 1785; GB 6 I, 101,26–27) und

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BRIEF 499

Werken, zuletzt in „Faust II“: Steigt herab in meiner Augen / Welt- und erdgemäß Organ, / Könn’t sie als die euern brauchen / Schaut euch diese Gegend an. (FA/Goethe I 7/1, 458, Verse 11906–11909.) 329,8 sehr schöne Bekanndtschafften] Am Hof des Dessauer Fürsten und/oder in Leipzig. 329,13 mir verboten dir nichts mitzubringen] Doppelte Verneinung als rhetorische Verstärkung, Übernahme aus der (oberdeutschen) Umgangssprache. 329,14–15 geschnittnen Stein] Eine Gemme, der im Folgenden erwähnte gelbe Achat zu einem Ring für Charlotte von Stein (vgl. Beilage zu Nr 500). 329,16–17 Psyche 〈…〉 mit dem Schmetterling auf der Brust] In der bildenden Kunst wird Psyche häufig mit Schmetterlingsflügeln oder mit einem Schmetterling dargestellt ( : altgriechisch für Schmetterling und Seele). – Das Märchen von Amor und Psyche erfreute sich in der Weimarer Hofgesellschaft größter Beliebtheit. Im Januar und Februar 1780 hatte es Knebel aus den „Metamorphosen“ des Apuleius übersetzt und anschließend im Freundeskreis um Goethe und Charlotte von Stein vorgelesen (vgl. zu 154,6–7). Im Herbst 1781 erschien eine Übersetzung der Herzoginmutter Anna Amalia im „Journal von Tiefurth“ (11.–14., 16., 18.–21. Stück). 329,18–19 dir ein Gedicht gemacht 〈…〉 zu sehen kriegen] Das Gedicht „Einen wohlgeschnitzten vollen Becher 〈…〉“, das zuerst in einer Abschrift von Schreiberhand im neunten Stück des „Journals von Tiefurth“ veröffentlicht wurde, das wahrscheinlich Mitte Oktober 1781 vorlag: Aus dem Griechischen

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Einen wohlgeschnizten vollen Becher Hielt ich drückend in den beiden Händen Sog begierig süßen Wein vom Rande. Amor trat herein und fand mich sizen. Und er lächelte bescheiden weise, Als den Unverständigen bedaurend. „Freund, ich kenn’ ein schöneres Gefäße Werth die ganze Seele drein zu senken, Was gelobst du, wenn ich dir es gönne, Es mit anderm Nektar dir erfülle?“ O wie freundlich hat er Wort gehalten, Da er Lida dich, mit sanfter Leitung, Mir dem lange Sehnenden geeignet. Wenn ich deine lieben Hüften halte Und von deinen einzig treuen Lippen Lang bewahrter Liebe Balsam koste,

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Seelig sprech’ ich dann zu meinem Geiste: Nein ein solch Gefäß hat außer Amorn Nie ein Gott gebildet noch besessen. Solche Formen treibet nicht Vulkanus Mit den sinnbegabten feinen Hämmern. Auf belaubten Hügeln mag Lyaus Durch die ältsten klügsten seiner Faunen Ausgesuchte Trauben keltern laßen Selbst geheimnißvoller Gährung vorstehn, Solchen Trank verschafft ihm keine Sorgfalt. (Journal von Tiefurt2, 110f.). – Zum ersten Mal wird die Geliebte hier mit dem Namen ‚Lida‘ angesprochen, der in späteren Charlotte von Stein gewidmeten Gedichten wiederkehrt. Mit dem fingierten Titel „Aus dem Griechischen“ sollen persönliche Bezüge verschleiert werden, zugleich ist er durch das in der griechischen Epigrammatik (z.B. in der Anthologia Graeca) und bei Anakreon häufig begegnende BecherMotiv begründet. Zudem steht im „Journal von Tiefurth“ Goethes Anakreon-Übersetzung „Die Heuschrecke“ unmittellbar vor dem hier mitgeteilten Gedicht (Journal von Tiefurt2, 110). – Unter den Briefen an Charlotte von Stein ist keine vollständige Handschrift des Gedichts überliefert. Auf der Rückseite einer Zeichnung für die Adressatin vom 22. September 1781 findet sich lediglich ein Fragment von zwei Versen (vgl. zu 326,18–19). Eine eigenhändige Reinschrift hat sich im Faszikel „Vermischte Gedichte“ (Erste Sammlung; GSA 25/W 1, S. 64 und 67 [WA=H3]) erhalten. Sie war Teil der Textgrundlage für die Gesamtausgabe von Goethes Gedichten, wo das Gedicht leicht verändert unter dem Titel „Der Becher“ zuerst im Druck erschien (Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789, S. 169f.). 329,20 das Offenbaare Gehei〈m〉niss gesehen] Lustspiel nach Carlo Gozzis „Il pubblico segreto“ (1769), wahrscheinlich in der Übersetzung Friedrich Wilhelm Gotters mit dem Titel „Das öffentliche Geheimniß“ (Leipzig 1781). Das Stück war unter demselben Titel in der Übersetzung von Friedrich August Clemens Werthes schon 1778 in den „Theatralischen Werken von Carlo Gozzi“ (Bd 4. Bern) erschienen (zu Aufführungen von Gozzi am Weimarer Liebhabertheater vgl. zu 12,6). Goethes Titelwiedergabe, die von Gotters und Werthes’ Übersetzungen eigentümlich abweicht, ist der früheste Beleg für die Verwendung der Formel ‚Offenbares Geheimnis‘. Diese wird in Goethes Alterswerk zum universalen Prinzip und zur Grundlage seiner Symboltheorie (vgl. Schöne, Harzreise, 47–49, bes. 48, Anm. 75). 329,20–21 mein Gewissen hat mi〈ch〉 gewarnt] Dies und der folgende Satz in Anspielung auf die poetische Geheimsprache, deren sich die Liebenden in Gozzis Stück bedienen, ähnlich wie Goethe sich in seinen Gedichten, die er im „Journal von Tiefurth“ veröffentlichte‚ der Geliebten ‚offenbarte‘ und dies zugleich vor der Öffentlichkeit ‚geheim hielt‘.

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BRIEFE 500/501

329,25 Knebel] Carl Ludwig von Knebel war am 24. September mit Herzog Carl August „auf die Jagd“ nach Ettersburg (FB 1781, S. 178) gegangen und erst am 1. Oktober nach Weimar zurückgekehrt (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 40v–41r). 329,26 Quitessenz] Flüchtig für ‚Quintessenz‘. 329,26–27 warum kan ich es nicht dir diesen Mittag] Charlotte von Stein hielt sich etwa seit dem 23. September auf ihrem Landsitz in Kochberg auf, von wo sie erst am 5. November zurückkehrte (vgl. zu 326,9). 329,28 Den Boten] Vielleicht Goethes Laufbursche und Hausdiener Georg Paul Goetze (vgl. u.a. 90,8–9). 329,31 Schon heute Abend will ich fort auf Gotha] Laut Tagebuch vom Oktober 1781 ging Goethe d. 2 Auf Gotha (GT I 1, 124); zum Anlass vgl. zu 329,2–3; zu 329,3. Am 3. Oktober 1781 meldet das Gothaer Fourierbuch die Ankunft des „Geh. Rath Göthe von Weimar“ (FB Gotha 1781 IV, Bl. 14v). 330,1 Hierbey kommt verschiednes von Fritzen.] Nicht überliefert. – Wahrscheinlich Briefe und/oder Zeichnungen an seine Mutter von der gemeinsamen Reise mit Goethe (vgl. 326,1–2). 330,1–2 die Kleine] Die ‚kleine‘ Schwägerin Sophie von Schardt. 330,2 Carolingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 330,2 Billet] Nicht überliefert. 330,3 deinem Bruder] Carl von Schardt, Geheimer Regierungsrat in Weimar, der demnach gemeinsam mit seiner Frau Sophie zu Besuch in Kochberg war. 330,3 die Marmor] Möglicherweise für ‚die Marmorarbeit‘ oder im Plural für ‚Muster aus den Marmorbrüchen‘ (vgl. zu 294,24–25).

500. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. Oktober 1781 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 81. – 1 Bl. 17,4 × 8,6(–9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust (Paraphe angeschnitten); Rs. braunes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „189“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 190), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 106. WA IV 5 (1889), 200, Nr 1323. BEIL AG E

Maße zu einem Fingerring (vgl. 330,6).

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 330,6 meine Geliebte] Seit März 1781 häufiger als Anrede in den Briefen an Charlotte von Stein gebraucht (vgl. zu 220,2). 330,7–8 den Stein] Vgl. zu 329,14–15; zu 329,16–17. 330,8 schicke mir es balde wieder] Aus Kochberg, wo sich Charlotte von Stein etwa seit dem 23. September 1781 aufhielt (vgl. zu 326,9). 330,9 In Eile] Goethe reiste noch am selben Tag nach Gotha (vgl. zu 329,4).

501. An Carl Ludwig von Knebel

〈Weimar, 2. Oktober 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Nach der Beilage, einem Manuskript, das Goethe im Herbst 1781 erhielt (vgl. zu 342,7), und nach der erwähnten Reise nach Gotha, die Goethe am 2. Oktober 1781 antrat (vgl. zu 329,31). ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4o. 521, Bl. 20. – 1 Bl. 12,7(–13,4) × 7,4(–7,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. Überlieferung zu Nr 123). – Beischluss: Brief an Georg Christoph Tobler, wahrscheinlich von Lavater (vgl. zu 330,12). E: Goethe-Knebel 1 (1851), 22f., Nr 26. WA IV 5 (1889), 200, Nr 1324. BEIL AG E

Johann Caspar Lavaters „Aufzeichnungen über den Geist Gablidone“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 330,11). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 330,11 heut Abend auf Gotha] Goethe hielt sich zwischen dem 3. und dem 12. Oktober 1781 in Gotha auf (vgl. FB Gotha 1781 IV, Bl. 2, 14v–23v; zu 329,31). 330,11 hier ist Gablidon] Vgl. zu 342,7. 330,11–12 zeige dies Wunder wem du denckst] In einem Brief an Herzog Carl August vom 5. Oktober 1781 kündigte Knebel an, am Abend „Gablidon“ in Tiefurt vorlesen zu wollen (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1039–1040).

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BRIEF 501

Abb. 13: Goethe: Ohnmächtige Maria, von einer der heiligen Frauen unterstützt

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330,12 ein Brief an Tobler] Wahrscheinlich Lavaters nicht überlieferte Antwort auf einen Brief Toblers vom 1. bis kurz nach dem 10. September 1781, den Lavater am 22. September empfangen hatte (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 529.132; vgl. Goethe-Lavater3, 358–360). Tobler hatte während seines Aufenthalts in Weimar (vgl. die erste Erläuterung zu 267,22) bei Knebel gewohnt (vgl. zu 267,22 – 23). 330,13 ehe acht Tage vergehn] Goethe traf erst am 15. Oktober wieder in Weimar ein (vgl. zu 333,26–27).

502. An Charlotte von Stein

〈Gotha〉, 9. Oktober 1781 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 81. – Doppelblatt 13,5(–13,8) × 19,5 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „Gotha“, rechts daneben von fremder Hd, Tinte: „190“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 191), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 106f. WA IV 5 (1889), 201f., Nr 1325. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 331,25–27). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 330,14 Den einzigen Lotte welchen du lieben kanst 〈…〉] Mit dem Gedicht, das dem Brief nicht etwa nur beilag (vgl. FA/Goethe I 1, 971), sondern als emphatische Einleitung den nachfolgenden persönlichen Mitteilungen aus Gotha vorangestellt ist, verleiht Goethe der seit März 1781 vollzogenen Wandlung seines Verhältnisses zu Charlotte von Stein poetischen Ausdruck (vgl. u.a. zu 229,24–25; zu 238,17). Auf Seiten der Adressatin war dies allem Anschein nach mit der ‚Forderung‘ nach Exklusivität der Beziehung verbunden, die sie wahrscheinlich auch in ihrem nicht überlieferten Bezugsbrief zum Ausdruck gebracht hatte (vgl. zu 331,25–27). Mit dem Gedicht versprach Goethe zumindest in literarischer Form, der Forderung nachzukommen. Die Verse besiegeln als Höhepunkt einer Reihe vergleichbarer persönlicher und zugleich ins Allgemeine weisender poetischer Liebeserklärungen die ‚offenbare geheime‘ Verbindung (vgl. zu 329,20) zwischen dem Dichter und Charlotte von Stein. In den Briefen selbst schlägt sich die Nähe und beidseitige Vertrautheit durch den endgültigen Übergang zum ‚Du‘ nieder (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496). – Unter dem Titel „An die Einzige“ wurde das Gedicht zuerst in Johann Friedrich Reichardts

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BRIEF 502

„Deutschen Gesängen mit Clavierbegleitung“ (S. 32f.) veröffentlicht, die 1788 bei Georg Joachim Göschen in Leipzig erschienen, wahrscheinlich ohne Autorisation Goethes. Der Text ist dort an 25. und damit letzter Stelle gedruckt, zwar mit Angabe des Verfassers, doch nicht als Gedicht, sondern nur als fortlaufende „Singstimme“. Neben Abweichungen in Orthographie und Interpunktion findet sich in der ersten Zeile die Variante Den Einzigen, Psyche, welchen du lieben kannst (ebd.). Die Textgrundlage für Reichardts Vertonung ist nicht bekannt. Offenbar nach derselben Vorlage druckte der Komponist den Text erneut in seiner Sammlung „Göthe’s Lyrische Gedichte / Mit Musik“ (Berlin 1794, S. 30), nun allerdings unter dem Titel „An Lida“. Unter diesem Titel war das Gedicht zuerst 1789 in Band 8 der Göschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (S. 172) erschienen. Von der frühen Brief-Fassung weicht der Text geringfügig, aber signifikant ab. Analog zum Titel wurde der Name ‚Lotte‘ im Eingangsvers zu ‚Lida‘. Auch der Zeilenfall wurde verändert, so dass in der zweiten Fassung die Strophe aus elf statt neun Verszeilen besteht (vgl. WA I 2, 109). Textgrundlage für diesen ersten autorisierten Druck ist die neben der Brief-Fassung einzig bekannte eigenhändige Handschrift, überliefert im Faszikel „Vermischte Gedichte“ (Erste Sammlung; GSA 25/W 1, S. 69b [WA=H3]). In der vorliegenden frühen ‚Brief-Fassung‘ erschien das Gedicht, allerdings mit Eingriffen in Orthographie und Interpunktion, zuerst 1848 in der von Schöll herausgegebenen Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein (vgl. E). 330,16–17 Denn seit ich von dir binn 〈…〉 lärmende Bewegung] Hier auch mit Bezug auf die persönliche Situation des längeren Getrenntseins von der Freundin durch die beiden aufeinanderfolgenden Reisen Goethes seit dem 22. September, die ihn an die Höfe nach Dessau und Gotha führten. 331,4 des Nordlichts bewegliche Strahlen] Das Nord- oder Polarlicht (Aurora borealis) ist „eine feurige Lufterscheinung, welche sich in den kältern Gegenden in Norden am Horizonte sehen läßt, und aus einem starken oft hochrothen Lichte besteht, woraus helle Lichtstrahlen herauffahren 〈…〉. Die Nordlichter nehmen gewöhnlich ihren Anfang gleich nach Sonnenuntergang oder doch wenigstens nicht lange darnach 〈…〉; die stärksten ereignen sich gleich nach der Abenddämmerung.“ (Krünitz 102, 650.) Im 18. Jahrhundert wurden Theorien über die Entstehung des flüchtigen Naturphänomens kontrovers diskutiert, nämlich ob Polarlichter allein durch die Reflexion von Sonnenstrahlen oder durch die Interaktion mit dem Erdmagnetfeld verursacht werden (vgl. ebd., 650–667). – Dieses Motiv hatte Goethe bereits in einem Gedicht zur Geburtstagsfeier von Herzogin Louise am 2. Februar 1781 verwendet (vgl. Beilage zu Nr 267). 331,8 Grimm ist heute Nacht fort] Goethe war vom regierenden Herzog Ernst II. nach Gotha eingeladen worden, um Friedrich Melchior von Grimm zu treffen, der sich seit dem 23. September 1781 am Gothaer Hof aufhielt (vgl. zu 329,3). Laut Fourierbuch vom 8. Oktober 1781 wurde an diesem Abend „auf Friedenstein

OKTOBER 1781

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nicht öffentL. gespeißet 〈…〉 Dito ist der Hr Geh Leg Rath von Grim wieder abgereißet“ (FB Gotha 1781 IV, Bl. 20r). 331,8 ich bleibe aus vielen Ursachen hier] Seit dem 3. Oktober 1781 hielt sich Goethe in Gotha auf und blieb dort bis zum 12. Oktober (vgl. FB Gotha 1781 IV, Bl. 14v und 20v). Während seines Besuchs war er täglich Gast der fürstlichen Tafel, an der er im Unterschied zum Weimarer Hof jeweils nach dem fürstlichen Paar und adligen Ehrengästen an sechster Stelle und damit noch vor dem sachsen-gothaischen Geheimen Legationsrat Grimm aufgeführt wird. Einer der Gründe für die Ausdehnung von Goethes Aufenthalt in Gotha dürfte das im Folgenden erwähnte Interesse an den herzoglichen Kunstsammlungen gewesen sein. Auch traf er während seines Gothaer Aufenthaltes außer Grimm weitere Gäste des Hofes (vgl. zu 332,8–11) und besuchte Konzerte und Theateraufführungen, darunter eine Aufführung seiner „Geschwister“ (vgl. zu 194,15). 331,9–12 Die Bekanntschafft mit dem F r e u n d e 〈…〉 zu beurtheilen.] In Anspielung auf den Beinamen, den Goethe Grimm in seinem Brief vom 1. Oktober 1781 gegeben hatte (vgl. zu 329,5). – Im Gegensatz zu diesem positiven Urteil steht Goethes kurzes Tagebuchresümee nach der ersten persönlichen Begegnung mit Grimm am 8. Oktober 1777 auf der Wartburg bei Eisenach: Die Ankunft des Stadth. 〈Dalberg〉 schloss mich auf einige Augenblicke auf, Grimms Eintritt wieder zu. Ich fühlte so inniglich dass |:alles andre bey Seite:| ich dem Manne nichts zu sagen hatte der von Petersburg nach Paris geht. Nach Tafel St. 〈Stadthalter〉 u Gr. 〈Grimm〉 wieder nach Gotha. (GT I 1, 50). 331,13 Meine ehmalige Geschichten hier] In Anspielung auf frühere Aufenthalte am Gothaer Hof, den Goethe zum ersten Mal schon kurz nach seiner Übersiedlung nach Weimar im Gefolge Herzog Carl Augusts vom 27. bis 29. Dezember 1775 besucht hatte (vgl. GB 3 II, zu 31,14–15). In den folgenden Jahren hielt er sich mehrfach dort auf, freilich ohne dies in den Briefen an Charlotte von Stein besonders zu thematisieren (vgl. z.B. die Erläuterungen zu Nr 110 und 111). 331,18 Die Zeichnungen des Herzogs machen mich glücklich] 1780 war Herzog Ernst II. durch Vermittlung des Altertumsforschers, Kunsthändlers und sachsen-gothaischen Hofrates Johann Friedrich Reiffenstein ein 32 Blatt umfassendes Konvolut mit wertvollen Zeichnungen aus dem Nachlass des Malers Anton Raphael Mengs angeboten worden:

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BRIEF 502

ad. 15. Octobris 80. Ve r z e i c h n i ß einiger der besten Handzeichnungen vom seeL. Chevr Mengs die unter mehrern andern bey deßen Erben um nachgesezte Preise zu Kauf stehen.

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Joseph im Gefängniß Der Kopf des Brutus dies ist eigentlich ein Profil des berüchtigten Theor. d’Hancarville mit dem Attribute eines Dolchs Entwurf eines Apolls Eine Academie nach dem Leben Die Geburth Christi getuscht und mit weiß erhöhet Eine andere Geburth Christi mit einer Glorié von Kindern auf grau Papier mit Weiß erhöhet Eine Abnehmung von Creuze Ein Engel auf gefärbt Papier Ein kleiner Genius Kopf der heiligen Magdalene Eine Academie mit allerley Farbestiften gezeichnet Der Streit zwischen dem Ulißes und Ajax in Waßerfarben Ein anderes ähnliches Stück aus dem Homer Die Enthaltung des Scipions Der Tod der Virginia Hectors Abschied von der Andromache Daßelbe Sujet anders componirt Ein Portrait auf gefärbt Papier Semiramis der man die Nachricht vom Abfall Babilons bringet Drey Zeichnungen welche die Geburt, die Himmelfarth und die Anbetung der Engel vorstellen Die Vorstellung Mariae im Tempel Eine Magdalene in Bleystift auf weiß Papier Ein heiliger Johannes Christus am Oelberge Ein todter Christus original Zeichnung von Raphael Maria mit dem Christkinde original vom Corregio Gruppo von Kindern Entwurf zu einem Platfond in Waßerfarben Der Engel und Tobias Eine Geburth Christi

Scudi 25. 14.

20. 20. 40. 100. 50. 8. 8. 12. 20. 25. 25. 50. 25. 25. 25./ 8. 65. 160. 30. 30. 25. 100. 200 80. 61. 350 40 80

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Eine liegende Magdalena Mengsens Portrait zu einem historischen Stück von der Geburt Christi flüchtig entworfen

120. 80.

(H: LATh – StA Gotha, Geheimes Archiv E XIII A Nr 7/4, Bl. 93. – 1 Bl., 1 S. beschr., Tinte, Schreiberhd, nachträgliche Unterstreichungen und Häkchen an der linken Seite von fremder Hd, Tinte und Rötel; vgl. Beck, Ernst II., 816 [Teildruck]). – Daraus hatte der Herzog Anfang 1781 zehn Blätter erworben (vgl. die Unterstreichungen im „Verzeichniß“), darunter Werke von Raffael (zur Sache vgl. Rosenbaum, Gothaer Kunstsammlungen, 247f.). 331,19 Nach seinem Raphael hab ich gezeichnet] Goethes Zeichnung (mit Bleistift, Feder und Pinsel in Grau) „Ohnmächtige Maria, von einer der heiligen Frauen unterstützt“; Rückseite mit eigenhändiger Beschriftung (Feder in Grau): Nach einer Raphaelischen Zeichn. ehmals von Mengs dann von H. Ernst von Gotha besessen copirt von G. (Corpus I, 108, Nr 311; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/Sch.I.245,0128; vgl. Abb. 13 im Kommentarband, S. 892). Die Vorlage der Zeichnung war eine ‚Grablegung‘ von Raffael, die zu den von Ernst II. aus dem Nachlass Mengs’ erworbenen Blättern gehörte. In Goethes Kunstsammlungen ist zudem eine vollständige Kopie (Feder und Pinsel in Braun, über Bleistift) von unbekannter Hand erhalten: „Der Leichnam Christi, die ohnmächtige Maria und die trauernden Freunde vor dem Eingang zum Grabe“, Passepartoutvermerk: „Die Originalzeichnung im Gegensinn befindet sich in der Sammlung auf dem Schloß zu Gotha.“ (KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GHz/Sch.I:245,0127.) Die Raffael-Zeichnung ist in den Gothaer Kunstsammlungen nicht mehr nachweisbar (nach freundlicher Auskunft der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha). 331,21–22 der immediate Geist] Hier: der ‚originäre‘, ‚unverfälschte‘, ‚unmittelbare‘ Geist, ohne Vermittlung einer Zwischeninstanz (vgl. GWb 4, 1496). 331,23 die Freude dich wiederzusehen] Laut Tagebuch ging Goethe am 12. Oktober 1781 direkt von Gotha aus auf Kochberg (GT I 1, 124). Die als Wanderung geplante Reise (vgl. zu 332,3–4) musste aufgrund des schlechten Wetters von Erfurt aus zu Pferd fortgesetzt werden (vgl. 332,23–25). 331,25 kamst] Möglicherweise flüchtig für ‚kämst‘ oder als indikatives Präteritum wie gelegentlich in den frühen Briefen Goethes für den Konjunktiv Irrealis verwendet. 331,25–27 Ich bin ganz dein 〈…〉 daß du davon überzeugt bist.] In Korrespondenz zur poetischen Einleitung des Briefes und wie diese wahrscheinlich mit Bezug auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins. Darin scheint sie ihrem alten ‚Unglauben‘ abgeschworen und ihr Vertrauen in Goethes Treue und die Aufrichtigkeit seiner Gefühle versichert zu haben (vgl. zu 330,14). 331,27 die deinigen] Darunter wohl den Bruder Carl von Schardt, dessen Frau Sophie und Caroline von Ilten (vgl. 330,1–3).

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BRIEF 503

503. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Gotha, 11. Oktober, Erfurt 12. Oktober 1781 → Weimar ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 22–23. – Doppelblatt 19,5(–19,8) × 27,4(–27,6) cm, 2 ¼ S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Des regierenden Herzogs / von Sachsen Weimar / Hochfürstl Durchl / nach / Weimar., rote Siegelreste; restauriert. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 21–24, Nr 15. WA IV 5 (1889), 202–204, Nr 1326. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 332,1 meinen hiesigen Aufenthalt] Goethe befand sich seit dem 3. Oktober in Gotha und brach am 12. Oktober 1781 zur Rückreise auf (vgl. FB Gotha 1781 IV, Bl. 2 und 14v–23v). 332,2 in forma] Offiziell, förmlich (vgl. GWb 3, 814). 332,2–3 in Siebeleben aussteigen] Siebleben, etwa 2 km östlich von Gotha gelegen (heute Stadtteil von Gotha), war die erste Station auf der Straße von Gotha nach Erfurt und Weimar. 332,3–4 über die Gleichen, Ichtershausen, Dinstädt nach Kochberg zu Fuse gehn] Die Wanderung von Gotha nach Schloss Kochberg, dem Landgut der Familie von Stein, sollte über die Drei Gleichen, Ichtershausen, nördlich von Arnstadt, und Dienstedt über eine Strecke von etwa 58 km führen. 332,5 Friedenstein] Das Gothaer Residenzschloss Friedenstein. 332,8 viel gezeichnet] Nach Vorlagen von Raffael aus der Sammlung Ernsts II. (vgl. zu 331,19). 332,8–9 Das lebhaffte Intresse des Cirkels] Goethe war wegen der Anwesenheit von Friedrich Melchior von Grimm nach Gotha eingeladen worden (vgl. zu 329,2–3). Nach der Rückkehr von seiner Schweizer Reise hatte sich ein Vertrauensverhältnis zwischen ihm, Herzog Ernst II. und Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg entwickelt. Er profitierte nicht nur von deren Kunst-, Naturalien- und Büchersammlungen, sie waren gleichzeitig wichtige Ansprechpartner bei literarischen und naturwissenschaftlichen Themen (vgl. die einleitenden Erläuterungen zu Nr 25 und zu Nr 355). Während des Aufenthalts von Goethe kamen weitere Besucher nach Gotha, darunter Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen, Louise von Werthern-Beichlingen und Carl Theodor von Dalberg; am Hof fanden ein Konzert sowie Theateraufführungen statt, darunter eine von Goethes „Geschwistern“ mit dem Ehepaar Gotter; außerdem gab Goethe bei der Oberhofmeisterin Juliane Franziska von Buchwald eine Lesung (vgl. BuG 2, 324–326; FB

OKTOBER 1781

899

Gotha 1781 IV, Bl. 2). – Im zweiten Briefteil betonte Goethe erneut die positive Wirkung des Gothaer Aufenthalts (vgl. 333,3–8). 332,12 Mein Christoph] Goethes Hausdiener Christoph Erhard Sutor. 332,17 Der Inselsberg] Der Große Inselsberg (916 m) liegt etwa 23 km südwestlich von Gotha. – Goethe hatte bereits im Juli 1781 einen Ausflug auf den Inselsberg wegen schlechten Wetters ausfallen lassen (vgl. 300,18–19). Auch dieses Mal konnte die Wanderung wetterbedingt nicht ausgeführt werden (vgl. 332,23–25). 332,21 Verte] Lat.: wende (das Blatt). 332,25 über Tondorf und Tannrode zu reiten] Tonndorf liegt auf der Straße von Erfurt nach Rudolstadt, Tannroda (heute Stadtteil von Bad Berka) im Ilmtal. Die Strecke zwischen Erfurt und Kochberg beträgt etwa 38 km. 332,25–26 Der Herzog fürchtet sich vor der Marckgräfinn] Sophie Caroline Maria Markgräfin von Bayreuth geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel, die Tante Carl Augusts. Die seit 1763 verwitwete ältere Schwester der Herzoginmutter Anna Amalia hielt sich auf der Rückreise von Braunschweig nach Bayreuth vom 7. bis 19. Oktober 1781 in Weimar auf (vgl. FB 1781, S. 185–197). 332,26–333,1 als bis sie weg ist] Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg stattete erst vom 2. bis 7. Februar 1782 in Begleitung seines Bruders Prinz August einen Besuch in Weimar ab (vgl. FB 1782, S. 19–24). 333,9–10 einen Schluck 〈…〉 weiblicher Freundschafft] Anspielung auf die geplante Begegnung mit Charlotte von Stein in Kochberg. 333,10 mein Thal] Das Ilmtal, an dessen Hängen Goethes Gartengrundstück lag (vgl. zu 333,22). 333,10–11 Diese drey Wochen] In Bezug auf die Reisen nach Dessau, Wörlitz und Leipzig in Begleitung Friedrich von Steins vom 22. bis 30. September 1781 (vgl. zu 324,11–12; zu 324,13) und den Aufenthalt in Gotha (vgl. zu 332,1). 333,13–14 Sagen mir 〈…〉 herumstreifen lassen.] Eine Reaktion auf diese Anfrage ist nicht bekannt. Goethe kehrte am 15. Oktober 1781 nach Weimar zurück (vgl. zu 333,26–27). 333,15–16 auf mineralogischen Weegen] Anspielung auf die zahlreichen geologischen und mineralogischen Erkundungen Thüringens in den Jahren 1780 und 1781 im Zusammenhang mit der geplanten Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergwerks. 333,18 Stadthalter] Der kurmainzische Statthalter von Erfurt, Carl Theodor von Dalberg. 333,18–19 Herzog von Gotha nicht dringend auf den Montag einzuladen] Am Montag, dem 15. Oktober, fuhren Carl August, die Herzoginmutter Anna Amalia und deren Schwester Sophie Caroline Maria Markgräfin von Bayreuth nach Erfurt, wo sie bei Dalberg zum Mittagessen eingeladen waren (vgl. FB 1781, S. 193). Die Einladung dürfte Dalberg bei seinem Besuch in Weimar am 10. Oktober

900

BRIEFE 504/505

1781 ausgesprochen haben (vgl. ebd., S. 188). Offenbar sollte eine Begegnung von Herzog Ernst II. mit der Markgräfin verhindert werden.

504. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. Oktober 1781 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 82. – 1 Bl. 13,7 × 12,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „191.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 192), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 107f. WA IV 5 (1889), 204f., Nr 1327. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 333,22 Wie freundlich mich Thal 〈…〉 empfangen hat] Nach dem Besuch bei Charlotte von Stein in Kochberg. Als ‚mein Tal‘ oder ‚mein liebliches Tal‘ bezeichnet Goethe häufig in seinen Briefen das Ilmtal, an dessen Hängen sein Gartengrundstück lag (vgl. GB 3 II, zu 194,16). 333,23–25 Der Gedancke an deine Liebe 〈…〉 die besten Hoffnungen.] Vgl. zu 330,14. 333,26–27 nach dieser Abwesenheit] Am 15. Oktober kam Goethe nach mehr als dreiwöchiger fast ununterbrochener Abwesenheit wieder nach Hause (GT I 1, 124). Nach seiner Rückkehr am 1. Oktober von einer Reise nach Dessau und Leipzig (vgl. die erste Erläuterung zu 328,19), zu der er am 22. September aufgebrochen war, reiste er zwei Tage später nach Gotha, wo er sich vom 3. bis 12. Oktober als Gast des Herzogs aufhielt (vgl. die zweite Erläuterung zu 331,8). Von Gotha aus besuchte er vom 12. Oktober an Charlotte von Stein in Kochberg (vgl. GT I 1, 124). 334,2 Lingen] Charlotte von Steins Hausgast Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 334,2 die Schl.] Wahrscheinlich Dorothea Philippine Franziska Schleißing, die Frau des Kochberger Gerichtshalters Johann Ernst Schleißing, die Goethe ab und an in den Briefen nach Kochberg grüßen lässt (vgl. die erste Erläuterung zu 46,14). – Dass der Gruß Sophie von Schardt gilt, ist weniger wahrscheinlich, da Goethe sie gewöhnlich ‚die kleine Schwägerin‘ (vgl. zu 61,12–13) oder ‚die kleine‘ nennt. Ihr Besuch in Kochberg ist nur für Anfang Oktober nachzuweisen (vgl. zu 330,1–2).

OKTOBER 1781

505. An Charlotte von Stein

901

〈Weimar〉, 19. Oktober 1781 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 82. – 1 Bl. 11,3(–11,5) × 18,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „193“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 193), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 108. WA IV 5 (1889), 205, Nr 1328. BEIL AG E

Lerchen (vgl. zu 334,5). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 17. oder 18. Oktober 1781 (vgl. die zweite Erläuterung zu 334,4). – Charlotte von Stein antwortete möglicherweise vor dem 23. Oktober 1781 (vgl. zu 335,6). 334,4 Hofmechanikus] ‚Mechanikus‘ bezeichnet im 18. Jahrhundert einen Instrumentenbauer, der u.a. optische und astronomische Geräte herstellte. – Der sachsen-weimarische „Hof- und Addreß-Calender“ von 1781 führt nur Georg Christoph Schmidt als „HofMechanicus“ auf (Hofkalender 1781, 84). Gemeint sein könnte hier auch der seit 1775 als „fürstlicher Hofmechaniker und ‚Feuerkunstmeister‘“ (Ventzke, 204) in weimarischen Diensten stehende Johann Christoph Neubert, der gelegentlich in Goethes Tagebuch erwähnt wird (vgl. Tagebucheinträge vom 16. und 22. März 1778; GT I 1, 61). 334,4 dein liebstes Briefgen] Nicht überliefert. 334,5 ein Halb Schock Lerchen] ‚Schock‘ als Mengenmaß 60 Stück (4 Mandeln oder 5 Dutzend); hier vermutlich umgangssprachlich für „eine beträchtliche unbestimmte Menge“ (Adelung 3, 1616). Lerchen wurden im Herbst meist mit Netzen gefangen (Lerchenstreichen). 334,6 deinen Gästen] Darunter wohl der im Folgenden erwähnte Herzog Carl August mit Begleitung, den Goethe offenbar in Kochberg vermutete. 334,6–7 den Herzog] Die Art der Erwähnung legt nahe, dass Carl August gemeint ist, der jedoch laut Fourierbuch am 19. Oktober fürstliche Tafel in Jena hielt (vgl. FB 1781, S. 197), vom 20. bis 26. Oktober ist seine Teilnahme an der Mittagstafel belegt (vgl. ebd., S. 198–202). Erst am 26. Oktober 1781 ging er „auf einige Tage nacher Eisenach“ (ebd., S. 202). Am 20. und 21. Oktober fanden jeweils am Abend keine Hoftafeln statt, so dass ein Kurzbesuch Carl Augusts im nur etwa 27 km von Weimar entfernten Kochberg möglich gewesen wäre.

902

BRIEF 505

334,7 das Zeichen über dem Camin] Wohl der Kamin im so genannten Altanzimmer im Obergeschoss des Gartenhauses. Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. – ‚Kamin‘ hier im schriftsprachlichen Gebrauch als Maskulinum, daneben von Goethe häufig als Neutrum verwendet (vgl. die zweite Erläuterung zu 176,5). 334,9 Anatomie gezeichnet] In Goethes Sammlungen sind mehrere „Künstlerische Anatomiestudien“ überliefert, die mutmaßlich vom Herbst 1781 stammen, darunter Federzeichnungen „zum menschlichen Skelett“ (Corpus I, 108f., Nr 312; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/0079) und „zur oberflächlichen Muskulatur des menschlichen Körpers“ (Corpus I, 109, Nr 313; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/1788; vgl. Abb. 14 im Kommentarband, S. 903). Vorlage dafür war jeweils Daniel Preißlers „Deutliche Anweisung und gründliche Vorstellung von der Anatomie der Mahler“ (Nürnberg 1706; in Goethes Bibliothek ist die Ausgabe von 1749 erhalten, vgl. Ruppert, 336, Nr 2309). Die Zeichnungen könnten im Oktober 1781 entstanden sein (vgl. Maisak, Goethe-Zeichnungen, 112f.). Von 1781 stammt außerdem eine Arm- und Oberkörperstudie (Feder mit Tusche und roter Tinte) nach unbekannter Vorlage (vgl. Corpus I, 110, Nr 318; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/2245). Eine weitere Arm- und Oberkörperstudie (Feder in Schwarz und Rot) entstand nach der eigenhändigen Datierung am 20. Oktober 1781 (vgl. Corpus I, 110, Nr 316; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/0106). Auf der Rückseite des Blattes finden sich Armstudien in schwarzer Kreide (vgl. Corpus I, 110, Nr 316v; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/0106v). Erhalten hat sich auch eine Arm- und Proportionsstudie (Federzeichnung) mit eigenhändiger Datierung d. 21 Oktbr. 81 (Corpus I, 110, Nr 317v; KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr GGz/0107v). – Die anatomischen Zeichnungen vom Herbst 1781 stehen in umittelbarem Zusammenhang mit Goethes neu erwachtem Interesse für Osteologie und Anatomie, denen er sich mit Unterstützung des Jenaer Anatomen und Medizinprofessors Justus Christian Loder schon seit 1780 und verstärkt seit Oktober 1781 widmete. Ende Oktober/Anfang November 1781 nahm er an anatomischen Sektionen Loders teil (vgl. zu 339,24–26). Die neuen Kenntnisse suchte Goethe den Schülern der „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ zu vermitteln (vgl. zu 344,19–31). 334,12 Lingen] Charlotte von Steins Hausgast Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18). 334,12 Der Schl.] Wahrscheinlich Dorothea Philippine Franziska Schleißing, die Frau des Kochberger Gerichtshalters Johann Ernst Schleißing (vgl. die zweite Erläuterung zu 334,2). 334,12 die Vögel] Möglicherweise die übersandten Lerchen, die Goethe durch Vermittlung Schleißings von dritter Seite bekommen haben könnte.

OKTOBER 1781

Abb. 14: Goethe: Künstlerische Anatomiestudie

903

904

506. An Charlotte von Stein

BRIEFE 506/507

〈Weimar〉, 23. Oktober 1781 → 〈Kochberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 83. – Doppelblatt 14 × 18,9(–19,1) cm, 1 1⁄3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „192.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 194), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 108f. WA IV 5 (1889), 206, Nr 1329. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 335,6). – Charlotte von Stein antwortete etwa am 25. Oktober 1781 (vgl. zu 335,11–12). 334,15 Dein Quartier ist fertig] Die Stadtwohnung der Familie von Stein im so genannten Stiedenvorwerk am Welschen Garten an der Ackerwand (vgl. GB 3 II, zu 127,3–4), die sie am 14. November 1777 bezogen hatte und die nun offenbar renoviert worden war. Schon 1777 hatte sich Goethe um die Einrichtung und Renovierung der Wohnung gekümmert (vgl. ebd., Erläuterungen zu Nr 304). 334,16–17 Ich bin diese Tage 〈…〉 viel beschäfftigt] Im Tagebuch findet sich dazu der Eintrag: Den Rest des Oktbr und den November / Täglich mehr Ordnung bestimmtheit und Consequenz in allem. (GT I 1, 124.) 334,17 mein Haus] Das Gartenhaus an den Ilmhängen oberhalb des „Sterns“, das Goethe schon 1776/77 winterfest machen ließ und in dem er nach dem Umbau im Frühjahr 1777 fast ständig lebte (vgl. GB 3 II, zu 136,5). 334,18 eine Wohnung in der Stadt] Neben dem Gartenhaus hatte Goethe immer auch Unterkünfte in der Stadt. Nachdem er um Ostern 1777 seine erste eigene Wohnung im Haus des Hofkassierers Heinrich Carl König am heutigen Burgplatz (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 43,18) aufgegeben hatte, nahm er bis Juli 1779 Quartier im Parterre des Fürstenhauses; ab August bezog er ein Absteigquartiergen (GT I 1, 85,10) in der Seifengasse unweit des Hauses der Familie von Stein, das er bis etwa Juni 1781 behielt (vgl. Burkhardt, Goethes Stadtwohnungen in Weimar, 246). 334,18–19 ich zöge nicht hinein] Entgegen dieser Beteuerung sah Goethe sich nach einer Stadtwohnung um und vereinbarte schon am 14. November, das Haus am Frauenplan zu mieten (vgl. zu 347,23–24), das er am 1. Juni 1782 bezog. Ob er den Wunsch nach einer Stadtwohnung in einem der nicht überlieferten Briefe an seine Mutter geäußert hat, kann nur vermutet werden. Jedenfalls bat diese die Herzoginmutter Anna Amalia am 16. November 1781: „Haben doch Ihro Durchlaucht die gnade und helfen mitdazu daß mein Sohn den Winter

OKTOBER 1781

905

in der Stadt eine Wohnung bekomt – So oft wir hir schlimme Witterung haben (|: wie eben jetzt der Fall ist, da des Regens kein Ende werden will :|) so fält mirs schwer aufs Hertz, daß der Docter Wolf in seinen Garten gehn muß, daß allerley übels draus entstehen kan u. s. w. Ihro Durchlaucht! werden Frau Aja unendlich verbinden, wenn Sie ihr diesen Hertzendruck helfen wegnehmen.“ (Pfeiffer-Belli, 506f.) 334,20 Der Augenblick 〈…〉 wird auch kommen] Wie aus dem Schluss des Briefes zu entnehmen ist, rechnete Goethe mit Charlotte von Steins Ankunft in den nächsten Tagen. Sie kehrte aber erst am 5. November 1781 aus Kochberg zurück, wo sie sich schon etwa seit dem 23. September aufhielt (vgl. zu 326,9). 334,22 meine Liebste! mein Glück!] Vgl. zu 330,14. 334,22–23 ein wohlthätigerer November 〈…〉 als der vorige] Wohl in Anspielung auf das im Unterschied zum Vorjahr engere und vertrautere Verhältnis zur Adressatin und die Erkrankungen, unter denen Goethe und Charlotte von Stein Ende November 1780 zu leiden hatten (vgl. zu 165,1–2; zu 166,2–3). 335,6 deine Krancken] Wahrscheinlich der mittlere Sohn Ernst von Stein (vgl. zu 295,16) und möglicherweise auch Josias von Stein, der vielleicht wegen einer Krankheit vom 8. Oktober bis zum 17. November 1781 nicht an der Hoftafel teilnahm, zumindest wird er nicht unter den Gästen genannt (vgl. FB 1781, S. 186 und 214). 335,7 Wende] Christian Benjamin Wende, Diener in der herzoglichen Stallmeisterei in Weimar und im Haushalt des Oberstallmeisters Josias von Stein. 335,7 mit einräumen fertig werden] Mit Bezug auf die Wohnung der Familie von Stein.

507. An Charlotte von Stein 〈Weimar〉, 27. und 28. Oktober 1781 → 〈Kochberg〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 84. – 1 Bl. 13,9 × 19 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „194“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 195), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 109f. WA IV 5 (1889), 207, Nr 1330. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 25. Oktober 1781 (vgl. zu 335,11–12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

906

BRIEFE 508–510

335,11–12 die Nachricht daß du ausbleibst] Charlotte von Stein kam erst am 5. November 1781 von ihrem Landgut in Kochberg zurück (vgl. zu 334,20), was sie Goethe wahrscheinlich in einem nicht überlieferten Brief mitgeteilt hatte. 335,15 in einem sehr beschweerlichen Auftrag] Die im Brief an Herzog Carl August vom 4. November 1781 erwähnte Betreuung August Hildebrand von Einsiedels, der wahrscheinlich unter einer psychischen Erkrankung litt (vgl. 338,23–339,5; vgl. zu 338,19). Goethe stand mit Friedrich Hildebrand von Einsiedel, dem Sohn des Kranken, in freundschaftlicher Verbindung (vgl. die zweite Erläuterung zu 90,10). Daher ist anzunehmen, dass dieser darum gebeten hatte, den Vater nach Jena zu begleiten und sich um dessen Unterbringung zu kümmern. 335,18 Ich gehe nach Jena in einer sonderbaaren Gesellschafft.] Im Tagebuch vom November 1781 vermerkt Goethe dazu: Mit d. alten Einsiedel 〈August Hildebrand von Einsiedel〉 nach Jena. dort Anatomie. (GT I 1, 124.)

508. An Carl Ludwig von Knebel 〈Weimar, vor dem 28. Oktober 1781?〉 → 〈Weimar/Tiefurt?〉 DATIERUN G

Eine genaue Datierung ist nicht möglich, der Inhalt des Briefes gibt keine konkreten Anhaltspunkte. Eduard von der Hellen gab in der WA unter Verweis auf die Schreibart an, dass der Brief vor Frühling 1781 zu datieren sei (vgl. WA IV 7, 337). Der Brief ist aufgrund des erwähnten Mittagessens wahrscheinlich vor Knebels Übersiedlung nach Franken Anfang November 1781 geschrieben (vgl. zu 339,11), genauer vor dem 28. Oktober 1781, bevor Goethe nach Jena ging (vgl. zu 335,18), wo er sich von Knebel verabschiedete. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I, Bl. 7. – 1 Bl. 13(–13,2) × 8,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3); Vs. unter dem Brieftext von fremder Hd, Tinte: „Göthe an Knebel“; Rs. von Knebels Hd, Tinte: „HL. GehRath Goethe.“, darunter von fremder Hd, Tinte: „Knebels Hand × × “, rote Siegelreste. E: WA IV 7 (1891), 259, Nr 2355 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

OKTOBER 1781

509. An Jacob Friedrich von Fritsch

907

Weimar, 28. Oktober 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 25–26. – Doppelblatt 33,8(–34,2) × 20,5 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Des Hl. Geh. Raths / von Fritsch / Exzell., rotes Initialsiegel: „G“. E: WA IV 7 (1891), 366, Nr 1330a (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 336,5 Eine wunderbaare Angelegenheit] ‚Wunderbar‘ im Sinne von ‚sonderbar‘, ‚merkwürdig‘, „befremdlich, unerhört, toll, verschroben“ (Grimm 30, 1846); als „glimpflicher Ausdruck für das härtere seltsam“ (Adelung 4, 1622). – Goethe reiste noch am selben Tag mit August Hildebrand von Einsiedel, der wahrscheinlich unter einer psychischen Erkrankung litt, nach Jena (vgl. 336,13) und kehrte am 3. November zurück (vgl. 338,1). Vgl. zu 335,15.

510. An Charlotte von Stein

〈Jena, 29. Oktober 1781〉 → 〈Kochberg〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd IV) ist der vorliegende Brief nach dem Brief vom 28. August bis 1. September 1782 (WA IV 6, Nr 1571) eingeordnet. Die inhaltlichen Bezüge zum Brief vom 27. und 28. Oktober 1781 (Nr 507) im Zusammenhang mit der Tagesangabe Montags (337,9) belegen jedoch, dass er am 29. Oktober 1781 geschrieben wurde (vgl. zu 336,13; zu 336,15; zu 336,16–17). So wird der Brief seit dem Erstdruck auch datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 85. – 1 Bl. 18,7 × 23,1 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „186“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 180), vgl. Überlieferung zu Nr 1. – Beischluss zu Nr 511 (vgl. zu 337,10). E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 110. WA IV 5 (1889), 207f., Nr 1331. BEIL AG E

Trauben (vgl. 336,13–14).

908

BRIEFE 511/512

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 336,13 Von Jena wo ich seit gestern bin] Seit dem 28. Oktober 1781 (vgl. zu 335,18). 336,15 Ein beschweerlicher Liebesdienst] Die Betreuung des psychisch kranken August Hildebrand von Einsiedels (vgl. zu 335,15). 336,16 meiner Liebhaberey] Goethes wachsendes Interesse für Osteologie und Anatomie (vgl. zu 334,9). 336,16–17 Loder erklärt mir alle Beine und Musklen] In Jena besuchte Goethe anatomische Sektionen des Anatomen und Medizinprofessors Justus Christian Loder (vgl. zu 339,20–21; zu 339,24–26). 336,18 Meine Seele ist an dich fest gebunden] Dies und das Folgende als Befestigung des ‚neuen‘ Verhältnisses zur Adressatin, das Goethe in den Briefen seit seiner Rückkehr aus Dessau und Leipzig Anfang Oktober 1781 in nahezu allen seinen Briefen beschwört (vgl. zu 330,14). 337,3 daß du noch nicht da bist] Charlotte von Stein hielt sich noch in Kochberg auf, von wo sie erst am 5. November 1781 nach Weimar zurückkehrte (vgl. zu 338,3). 337,4 ein verwickelt Abenteur] In Anspielung auf den Umgang und die Erfahrungen mit dem kranken August Hildebrand von Einsiedel. – ‚Abenteuer‘ hier in verhüllender Absicht für etwas, das noch im Ungewissen bleiben sollte, ein ‚ungewöhnliches, erzählenswertes Erlebnis‘ (vgl. GWb 1, 36 und 38f.). 337,8 Lingen] Caroline von Ilten (vgl. die erste Erläuterung zu 114,18).

511. An Philipp Seidel

〈Jena, 29. Oktober 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Gräf datiert in E den Brief auf den 16. Oktober 1780 und bezieht sich dabei auf Goethes Brief an Charlotte von Stein nach Kochberg vom Tag zuvor, in dem Goethe schreibt: Sie erhalten schöne Trauben (151,5), sowie auf Goethes Reise nach Mühlhausen, die dieser jedoch erst am 20. Oktober 1780 antrat. In der WA wurde diese Datierung übernommen. Wahrscheinlicher ist jedoch eine Datierung auf Montag, den 29. Oktober 1781. An diesem Tag schrieb Goethe an Charlotte von Stein nach Kochberg: Von Jena wo ich seit gestern bin schick ich dir eine Schachtel mit Trauben möge sie gut bey dir ankommen. (336,13–14.) Beide Briefe enthalten die Angabe Montags (337,9; 337,14). Goethe musste auch in einer Angelegenheit der Familie von Einsiedel (vgl. zu 335,15) kurz entschlossen nach Jena reisen, was zu der unsicheren Angabe über die Dauer seines

OKTOBER/NOVEMBER 1781

909

Aufenthaltes im vorliegenden Brief passen würde (vgl. 337,12–13). Auch Goethes Abwesenheit von Weimar spricht für das spätere Datum, weil ein Brief an Seidel, der in Goethes Haus lebte, sonst nicht notwendig gewesen wäre. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/469,I, Bl. 3. – 1 Bl. 20,8 × 18,2 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss: Nr 510 (vgl. zu 337,10). E: Gräf, Philipp Seidel (1920), 232, Nr 1. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 56f., Nr 1027a. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 337,10 die Briefe] Außer Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 29. Oktober 1781 (Nr 510) sind keine weiteren Briefe bekannt, die Goethe in der fraglichen Zeit geschrieben hat. Den Brief an Jacob Friedrich von Fritsch hatte er am 28. Oktober noch in Weimar geschrieben (Nr 509). 337,10–11 Schachtel mit den Trauben geht nach Kochberg] Vgl. 336,13–14. Charlotte von Stein hielt sich von Ende September (vgl. zu 326,9) bis zum 5. November 1781 (vgl. zu 338,3) in Kochberg auf. 337,12–13 wenn ich länger ausenbleibe] Goethe war am 28. Oktober mit August Hildebrand von Einsiedel, der wahrscheinlich unter einer psychischen Erkrankung litt, nach Jena gereist (vgl. 336,13) und kehrte am 3. November zurück (vgl. 338,1).

512. An Carl Ludwig von Knebel oder Johann Gottfried Herder? 〈Weimar?, zwischen Mai und 2. November 1781 oder zwischen Mai 1780 und August 1781?〉 → 〈Weimar?〉 DAT IERUN G

Aufgrund der zeitlichen Angabe Jahrlang (337,15) ist davon auszugehen, dass der Brief erst mehrere Jahre nach dem Abschluss der erwähnten Anthologie im Jahr 1776 geschrieben wurde (vgl. zu 337,15). – War Knebel der Adressat, ist der Brief auf jeden Fall vor dessen Übersiedlung nach Franken am 2. November 1781 zu datieren (vgl. zu 339,11). Plausibel wäre eine Datierung in die Zeit während Toblers Aufenthalt in Weimar zwischen Mai und November 1781. Eine spätere Datierung, etwa nach Knebels Rückkehr nach Weimar im Juli 1784 und vor Goethes italienischer Reise, ist weniger wahrscheinlich. – War Herder der Adressat, ist der Brief zwischen Mai 1780 und August 1781 zu datieren. – Eine genauere Datierung ist in beiden Fällen nicht möglich.

OKTOBER/NOVEMBER 1781

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Aufenthaltes im vorliegenden Brief passen würde (vgl. 337,12–13). Auch Goethes Abwesenheit von Weimar spricht für das spätere Datum, weil ein Brief an Seidel, der in Goethes Haus lebte, sonst nicht notwendig gewesen wäre. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/469,I, Bl. 3. – 1 Bl. 20,8 × 18,2 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss: Nr 510 (vgl. zu 337,10). E: Gräf, Philipp Seidel (1920), 232, Nr 1. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 56f., Nr 1027a. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 337,10 die Briefe] Außer Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 29. Oktober 1781 (Nr 510) sind keine weiteren Briefe bekannt, die Goethe in der fraglichen Zeit geschrieben hat. Den Brief an Jacob Friedrich von Fritsch hatte er am 28. Oktober noch in Weimar geschrieben (Nr 509). 337,10–11 Schachtel mit den Trauben geht nach Kochberg] Vgl. 336,13–14. Charlotte von Stein hielt sich von Ende September (vgl. zu 326,9) bis zum 5. November 1781 (vgl. zu 338,3) in Kochberg auf. 337,12–13 wenn ich länger ausenbleibe] Goethe war am 28. Oktober mit August Hildebrand von Einsiedel, der wahrscheinlich unter einer psychischen Erkrankung litt, nach Jena gereist (vgl. 336,13) und kehrte am 3. November zurück (vgl. 338,1).

512. An Carl Ludwig von Knebel oder Johann Gottfried Herder? 〈Weimar?, zwischen Mai und 2. November 1781 oder zwischen Mai 1780 und August 1781?〉 → 〈Weimar?〉 DAT IERUN G

Aufgrund der zeitlichen Angabe Jahrlang (337,15) ist davon auszugehen, dass der Brief erst mehrere Jahre nach dem Abschluss der erwähnten Anthologie im Jahr 1776 geschrieben wurde (vgl. zu 337,15). – War Knebel der Adressat, ist der Brief auf jeden Fall vor dessen Übersiedlung nach Franken am 2. November 1781 zu datieren (vgl. zu 339,11). Plausibel wäre eine Datierung in die Zeit während Toblers Aufenthalt in Weimar zwischen Mai und November 1781. Eine spätere Datierung, etwa nach Knebels Rückkehr nach Weimar im Juli 1784 und vor Goethes italienischer Reise, ist weniger wahrscheinlich. – War Herder der Adressat, ist der Brief zwischen Mai 1780 und August 1781 zu datieren. – Eine genauere Datierung ist in beiden Fällen nicht möglich.

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BRIEF 513

ZUM A D RESSATEN

Aufgrund der Anrede ‚Du‘ und des Inhalts des Briefes („Anthologia Graeca“, vgl. zu 337,15) kommen Knebel und Herder als Adressaten in Frage. – Für Knebel spricht, dass er sich gemeinsam mit Tobler, der sich von Mai bis November 1781 in Weimar aufhielt, mit der „Anthologia Graeca“ beschäftigte. Die im Mai 1782 im 25. Stück des „Journals von Tiefurth“ erschienenen Epigramme aus der Anthologie waren wahrscheinlich eine gemeinsame Übersetzung (vgl. Journal von Tiefurt2, 210f.; zu 267,22–23). – Für Herder spricht seine intensive Beschäftigung mit dem griechischen Epigramm zu dieser Zeit. Er bedankte sich Anfang Dezember 1780 bei Sophie von Schardt für ihre Abschrift seiner Übersetzungen von Epigrammen aus der Anthologie (vgl. HB 4, 144; Suphan 26, 99–104). Das Ergebnis seiner Studien waren die parallel 1785 in den „Zerstreuten Blättern“ abgedruckten „Anmerkungen über das griechische Epigramm“ und die Nachdichtungen („Blumen aus der griechischen Anthologie gesammelt“). Herder hatte in einem Brief an Jeremias Jacob Oberlin vom 27. April 1780 Bruncks „Analecta“ bestellt (vgl. HB 4, 113), am 14. August 1781 hieß es aber: „Mit Bruncks Dichtern mags bleiben. Die Anthologie von ihm besitze ich schon“ (ebd., 190). Es könnte also durchaus sein, dass Goethe ihm die Sammlung geschenkt hatte (vgl. 337,16). ÜBER L IEF ERU NG

H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-28999. – 1 Bl. 13,8 × 7,4 cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3). – Faksimile in: E. E: Auktionskatalog Hartung & Karl 3 (1973), 98, Nr 164a. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 583, Nr 55064a (nach E/Faksimile). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 337,15 Brunck] Da Goethe zum einen das Werk seit längerer Zeit besaß und zum anderen nur der Editor Richard Franz Philipp Brunck und kein Verfasser erwähnt wird, kommt allein die von diesem Straßburger Philologen besorgte Ausgabe der „Anthologia Graeca“ in Frage: Analecta Veterum Poetarum Graecorum. 3 Bde. Straßburg 1772–1776. – Bruncks berühmte Edition nach den beiden bekannten Handschriften („Anthologia Planudea“ und „Anthologia Palatina“) stieß auf große Resonanz. Gemeinsam mit Lessings 1771 erschienenen „Zerstreuten Anmerkungen über das Epigramm und einige der vornehmsten Epigrammatisten“ führte sie zu einer intensiven produktiven Reflexion über die Gattung, an der sich in Weimar Herder, Knebel und Goethe beteiligten. – Die weiteren Ausgaben von Brunck (Anakreon, 1778; Aischylos, Euripides, Sophokles, 1779; Apollonius’ Argonautica, 1780) sind auszuschließen. Im Falle einer späteren, weniger wahr-

NOVEMBER 1781

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scheinlichen Datierung käme die weniger bekannte Ausgabe Bruncks „Gnomici poetae Graeci“ (Straßburg 1784) in Frage, da Knebel und Goethe auch diese Sammlung der griechischen Spruchdichter kannten.

513. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 3. November 1781〉 → 〈Kochberg〉

DAT IERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd V) wurde der vorliegende Brief vor dem Brief vom 3. August 1784 (WA IV 6, Nr 1963) eingeordnet. Die inhaltlichen Bezüge zu den Briefen vom 27. und 28. Oktober 1781 (Nr 507) und vom 29. Oktober 1781 (Nr 510; vgl. zu 336,13; zu 338,2; zu 338,3) sowie die Tagesangabe Sonnabend. (338,9) verweisen darauf, dass er am 3. November 1781 geschrieben wurde. So wird der Brief seit dem Erstdruck auch datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/490,I, Bl. 47. – 1 Bl. 16,9 × 20,3 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „86.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd V, Jg 1784, Nr 84), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 363. WA IV 5 (1889), 208f., Nr 1332. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 338,1 Heute bin ich von Jena zurückgekommen] Vgl. zu 336,13. 338,2 als moralischer Leibartzt] In Jena hatte sich Goethe um den psychisch kranken August Hildebrand von Einsiedel gekümmert (vgl. zu 336,15). 338,3 Ich höre du kommst erst Montags] Demnach kehrte Charlotte von Stein am Montag, dem 5. November 1781, aus Kochberg nach Weimar zurück (vgl. zu 326,9). Die Art der Formulierung legt nahe, dass Goethe die Nachricht auf mündlichem Weg erhalten hatte. 338,5 ware] Flüchtig für ‚wäre‘. 338,8 daß ich ganz dein bin] Vgl. zu 336,18. 338,9 Sonnabend.] Vgl. Datierung.

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BRIEF 514

514. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 〈Weimar〉, 4. November 1781 → 〈Eisenach〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX, Nr 42, Bl. 24–25. – Doppelblatt 19,1(–19,3) × 27,8(–29,1) cm, 3 ¾ S. beschr., egh., Tinte. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 24–26, Nr 16. WA IV 5 (1889), 209–212, Nr 1333. BEIL AG E

Brief von Carl von Lyncker (vgl. zu 339,29). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief (vgl. zu 338,11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 338,11 Ihr Brief] Nicht überliefert. – Der Adressat war laut Fourierbuch am 26. Oktober nach Eisenach gefahren und kehrte am 8. November 1781 nach Weimar zurück (vgl. FB 1781, S. 202–209). Er nutzte die Gelegenheit, um nach Neunheilingen zu fahren (vgl. die erste Erläuterung zu 339,8). 338,11 zu hause] Goethe war am 3. November 1781 nach Weimar zurückgekehrt. Er hatte sich seit dem 28. Oktober in Jena aufgehalten. 338,17 Entwicklung] Hier für ‚Lösung‘ oder ‚Klärung‘ des Konflikts (vgl. GWb 3, 199). 338,19 Eine alte Kranckheit 〈…〉 die Einsiedlische Famielie] Aus dem Folgenden und Knebels Brief an Emilie von Werthern (vgl. zu 339,1) lässt sich vermuten, dass es sich um eine beginnende Geisteskrankheit handelte, die sich bei August Hildebrand von Einsiedel bemerkbar machte (vgl. zu 335,15). Aufgrund seines unstabilen seelischen und körperlichen Zustandes wurde er vom Arzt Ambrosius Michael Sieffert behandelt. Möglicherweise stand er auch im Streit mit seiner Frau und seinem Bruder aufgrund finanzieller Schwierigkeiten. 338,22 zu Hause durchgegangen ist] August Hildebrand von Einsiedel war Herr auf Gut Lumpzig, 15 km westlich von Altenburg. – ‚Durchgehen‘ hier im übertragenen Sinne; normalerweise in Bezug auf Pferde, die ‚flüchten‘ und ‚wild werden und ungezügelt davon jagen‘ (vgl. Adelung 1, 1591). 338,23 seinen Sohn hier] Friedrich Hildebrand von Einsiedel, der älteste Sohn, war Kammerherr am Weimarer Hof (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 124). 338,23–24 Ich habe 〈…〉 ihn nach Jena in das Schloß gebracht] Am 28. Oktober 1781 reiste Goethe in Begleitung August Hildebrand von Einsiedels von Weimar nach Jena (vgl. zu 335,18).

NOVEMBER 1781

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339,1 seine Söhne] Laut Knebels Brief an Emilie von Werthern-Beichlingen vom 3. November 1781 waren drei Söhne in Jena anwesend: „Zu E i n s i e d e l, wo wir den alten Va t e r mit d r e y seiner geliebten S ö h n e, und den Dr. S i e f f e r t antraffen. Sie sassen Bey Tische. Es war ein Tumult und Specktackel als wir kamen, wie bey jungen Cyclopen oder Faunen. Alle gutherzig. Der Vater der gutherzigste. Die jungen übermeistern ihn durch ihre mehrere sinnliche Kraft, und da muß er toll werden. Jeder schreyt und weiß was bessers, lassen den Vater im recht, der sehr moralisch ist, gerne mitdisputiren mag und immer was neues zur Untersuchung aufwirft. So ein Leben, mit solcher etwas dumpfen doch muntern Behaglichkeit ist mir noch nicht vorgekommen. Gar keine Zweifel noch Bedenken über ihre gegenwärtige Lage, die doch etwas unangenehm und mißlich seyn soll.“ (GSA 54/344.) Von den neun Kindern (sieben Söhne und zwei Töchter) war ein Sohn bereits gestorben; mit hoher Wahrscheinlichkeit befanden sich neben Friedrich Hildebrand auch Johann August und entweder Georg Carl oder Alexander bei ihrem Vater. Es ist unwahrscheinlich, dass der 19-jährige Haubold oder der 11-jährige Heinrich Ludwig anwesend waren. 339,1–2 Mutter und Onckle] Caroline Charlotte von Einsiedel stammte aus dem kursächsischen Geschlecht von Pflugk; Friedrich Heinrich von Einsiedel, der unverheiratete ältere Bruder August Hildebrands, war Wirklicher Geheimrat, Kammerpräsident und Obersteuerdirektor in Altenburg (diese Ämter wurden irrtümlich August Hildebrand von Einsiedel zugeschrieben; vgl. Huschke, Klassisches Weimar, 68; danach GB 3 II, 1158). 339,2 negotiirt] Negoziieren (von lat. negotium: Geschäft, Angelegenheit): Verhandeln. 339,6 auf Ihrer Reise] Vgl. die erste Erläuterung zu 338,11. 339,8 der Gr.] Gräfin Johanna Louise von Werthern-Beichlingen. Wahrscheinlich hatte Carl August im nicht überlieferten Bezugsbrief von einem Besuch bei ihr in Neunheilingen berichtet. 339,8 die Perserinnen] „Die Perser“ von Aischylos, die älteste überlieferte griechische Tragödie. 339,9–10 ich musste Toblern 〈…〉 zur Ubersetzung bringen] Während seines Aufenthalts in Weimar hatte Georg Christoph Tobler, der bereits eine Sophokles-Übersetzung veröffentlicht hatte, auch Stücke von Aischylos und Euripides übersetzt (vgl. zu 274,7–8). Im GSA ist eine Abschrift von Toblers Übersetzung der „Perser“ überliefert (vgl. GSA 96/3967). Vermutlich zirkulierte dieses Manuskript in Weimar. 339,11 Knebel nahm 〈…〉 auf Saalfeld.] Knebel hatte sich zu einer Übersiedlung nach Franken entschlossen, da er mit seiner Lage in Weimar ohne ein Amt unzufrieden war (vgl. zu 96,20–21; zu 210,22), nicht zuletzt auch, weil diese Untätigkeit bei einer jährlichen Pension von 800 Reichstalern (vgl. zu 93,12) den Neid am Weimarer Hof hervorrief. Wahrscheinlich war Knebel zudem enttäuscht

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BRIEF 514

darüber, dass sein ehemaliger Zögling, Prinz Constantin, seinen ehemaligen Lehrer Johann Carl Albrecht und nicht ihn als Begleiter zu einer Europareise gewählt hatte (vgl. zu 340,9–10). Außerdem hatte Knebel immer noch Schuldenprobleme, obwohl Carl August bereits im Sommer 1780 Schulden für ihn getilgt hatte (vgl. zu 80,26–27). – Knebel hatte am 2. November 1781 dem Herzog einen Abschiedsbrief geschickt (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1044). An diesem Tag war er von Weimar nach Jena abgereist, wo er sich von Goethe verabschiedete. Er fuhr in Begleitung von Tobler über Saalfeld, Coburg und Bamberg nach Nürnberg, wo er am 6. November eintraf (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 46). Knebel blieb bis 1784 in Franken. – Im Vorfeld seiner Übersiedlung hatte sich Knebel am 2. Oktober 1781 an den Herzog mit dem Wunsch gewandt, „daß Euer Durchlaucht mir die Erlaubniß ertheilen möchten, mich auf so lange wenigstens von hier entfernen zu dürfen, bis Umstände oder Zeit eine schicklichere Möglichkeit meiner Existenz allhier auszeichnen!“ (Brief vollständig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1037f.) Da dieser Brief unbeantwortet blieb, wandte er sich am 4. Oktober 1781 erneut an den Herzog: „Haben Euer Durchlaucht noch einige Rücksicht auf mein Schicksal und Glück!“ (Brief vollständig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1039.) Carl August erteilte Knebel in seinem ausführlichen Antwortbrief vom selben Tag eine Absage, ihm ein Amt mit einer konkreten Aufgabe zu gewähren, unterstrich aber zugleich Knebels Bedeutung als Gesprächspartner und Impulsgeber des Geisteslebens am Weimarer Hof: „Willst – du Nun diese schöne Laufbahn, dieses würdige Geschäft aufgeben, alle dir eingewachsene Bande außreißen, gleich einem Anfänger eine neue Existenz ergreifen, u. dich Gott weiß wohin, unter Menschen die dich nichts mehr angehn, od. mit denen du kein reines od. dir Gewohntes Verhältnis hast, hinwerfen? 〈…〉 u. warum? um etwa ein paar Canzelisten Seelen auß den Wege zu gehn, die dir deine Semmel die du mehr hast als sie, beneyden, weil du nicht gleich Ihnen Maulthier Handwerck treibst. 〈…〉 Laß uns also die Sache nicht so feyerL. u. das Übel nicht so für unheilbar halten: Ists deiner Natur gut sich zu verändern, s o r e i s e, da du nicht am Wege zum stein klopfen gestellt bist, so bindet dich G l ü c k l i c h e r keine Stunde; gehe also deiner Phantasie, dem GeistL. u. leibL. bedürfnis von bewegung u. Luft wechsel nach; kehre dann reconvalescirend wieder zu uns, sättige uns, die wir dich mit offnen Munde, ohren u. Hertzen zurückerwarten, u. erzähle gleich Ulyssen dem Schweine Hirten, beym Feuer, hinter einer Schüßel des fettesten Schweine Fleisches 〈…〉 deine Abentheuer, u. begebenheiten. Warum sich immer Ersäufen wollen, wenns mit einem schönen bade gethan ist.“ (GSA 54/249, Bl. 24–25; vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 126–130.) Knebel bedankte sich bei Carl August in einem Brief vom 5. Oktober 1781 (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1039f.). 339,13 ietzigen Zustande] Anspielung auf Knebels Hypochondrie und Unzufriedenheit mit seiner Lage in Weimar (vgl. zu 96,20–21). – Knebel schilderte seine Enttäuschung im Abschiedsbrief an Emilie von Werthern-Beichlingen vom

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3. November 1781 aus Jena: „Ziemlich erschöpft und von den lezten Dramen, durch die man sich meist immer noch zwängen muß, verwundet, kam ich endlich gestern Nachmittags 1. Uhr von Weimar weg. 〈…〉 Nie bin ich indeß mit leichterm Gewissen aus Weimar geritten. 〈…〉 In meiner Seele wirds immer etwas lichter und milder. Gott erhalte mir’s! Ich weiß, was ich in We i m a r verlassen. Aber g l ü c k l i c h bin ich daselbst nicht – als in den Armen meiner Lieben!“ (GSA 54/344.) – In einem langen Brief an Tobler vom 29. November 1781, in dem er ihm Ratschläge für die Zeit nach der Rückkehr nach Zürich erteilte, schilderte Knebel auch seinen eigenen seelischen Zustand:

〈…〉 Ich – der ich so gute Lehren geben mag, handle so ziemlich, wie Ihr wißt, in dem meisten dawider. Wenigstens spekulire ich immer zu viel; das ist mein Fehler, und Fehler vielleicht meines Schiksals. Laß es gut seyn! Wir wollen sehen, wie wir weiter kommen! H i e r bin ich für jezt ganz gut. Ich habe es immer bemerkt, wenn mir der Himmel Eine Stüze nimmt, giebt er mir gar oft zwey andre dafür. Seit Ihr weg seyd, fühle ich / mehr Kraft und Ruhe in mir. Dieß habt I h r mir gelassen. Ich exercire nun zum Theil an andern, was Ihr mir an Dultsamkeit gelassen habt – und dabey ist mir recht wohl. Mein Glück ist’s, daß ich so ziemlich mein freyer Herr bin; daß ich es fühle, was dieses m i r i s t, und daß ich M i n e r v e n bitten will, mich ja nicht auf diesem Wege zu versäumen noch zu verlassen. 〈…〉 (H: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.113.) 339,20–21 Loder ist 〈…〉 Cursum Philologikum.] Lat. cursus philologicus: Philologische Vorlesung; hier versehentlich für ‚cursus physiologicus‘. – Carl August hatte Justus Christian Loder am 28. Juli 1781 zum herzoglichen Leibarzt ernannt (vgl. Wahl, Consilium, 714, Nr 10410). Er war ihm während seines Aufenthalts in Jena am 19. und 20. Oktober 1781 begegnet (vgl. FB 1781, S. 197). Laut Loders Brief an Fritsch vom 24. Oktober 1781 interessierte sich Carl August für dessen Untersuchungen: „Von Serenissimi leztem gnädigsten Besuch habe ich diesmal viel profitirt. Ich hatte die Ehre, bey der Mittagstafel zu seyn, und den höchsten Herrschaften das Cabinet zu zeigen. Fast den ganzen Nachmittag bis abends um 9 brachten DurchL. der Herzog mit dem Herrn Stadthalter in meinem Präparatenzimmer zu 〈…〉. Den Abend von 9 bis 11 Uhr unterhielten Serenissimus Sich mit Hrn. Prof. Eichhorn und mir im Schloß; auch noch den andern Morgen hatte ich die Ehre, HöchstIhren aufzuwarten und Sie ins Accouchirhaus zu begleiten, von wo Höchstdieselben nebst dem Herrn Stadthalter etwa um 10 Uhr abfuhren. – Was mich unendlich freute, war, daß DurchL. der Herzog mir befohlen, Ihnen diesen Winter, so bald ich ein gutes Cadaver dazu bekäme, die Lehre vom Gehirn an einem erwachsnen Kopf zu wiederholen; und daß HöchstSie äus-

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BRIEF 514

serten, einmal einen ganzen cursum anatomico-physiologicum von ein oder anderthalb Monaten in Gesellschaft des Herrn Stadthalters hören zu wollen. So viel Ehre und Aufmunterung ist, meines Wissens, diesem Studio noch nicht wiederfahren.“ (GSA 20/37,4, Bl. 55r.) – Goethe und Carl August hatten bereits am 6. Juli 1780 osteologischen Experimenten Loders beigewohnt (vgl. LA II 9A, 274f.). Loder berichtete Fritsch am 26. Juli 1780 von der Sezierung eines Gehirns, bei der Goethe anwesend war: „Am Dienstag in der vorigen Woche wurden mir ein Paar Kinder gebracht; ich meldete es daher sogleich nach Weimar, und erhielt den Befehl, Tages darauf mit meinen Kindern in Weimar zu seyn 〈…〉. Ich 〈…〉 mußte im Landschaftshause von früh um 7 Uhr bis gegen 11 das Gehirn so genau demonstriren, als es mir möglich war. DurchL. die regierende Herzogin war eine halbe Stunde dabey; ausserdem aber hatte ich noch verschiedene Herren vom Hof, Hn GeheimdenRath Göthe, Hn Generalsuperintendent Herder und Hn Hofr. Hufeland zu Zuhörern. Nach der Tafel mußte ich Serenissimo alles an Zeichnungen wiederholen, und abends fuhr ich mit dem Rest von meinen Kindern wieder nach Jena. Es gereicht mir zu einer ausnehmenden Aufmunterung, daß Serenissimus mir zu erkennen gaben, Sich die ganze Lehre noch einmal in Jena wiederholen zu laßen, und auch über andre Theile des Körpers Vorlesungen anzuhören.“ (GSA 20/37,3, Bl. 58.) 339,24–26 Mir hat er 〈…〉 durch demonstrit.] Loder berichtete Fritsch von Goethes Besuch im Brief vom 7. November 1781: „In der ganzen vorigen Woche aber habe ich eine mir sonst angenehme Abhaltung durch die Gegenwart des Herrn Geheimen Raths Goethe gehabt, den ich den ganzen Tag mit myologischen und osteologischen Demonstrationen unterhalten muste, und der auch meine öffentlichen Vorlesungen samt und sonders ordentlich besucht hat. Es wird mich ganz unbeschreiblich freuen, wenn der Herr Geheime Rath mir bey Ew: Hochfreyherrlichen Excellenz ein gutes Zeugniß geben sollte.“ (GSA 20/37,4, Bl. 59r.) – Auch in einem undatierten Brief an Bertuch aus dieser Zeit geht er auf Goethes Interesse ein: „Eben ist Göthe hier, und ich unterhalte ihn den ganzen Tag. Er ist auch ein treufleißiger Auditor in allen meinen Collegiis, und wir haben hernach herrlichen Unterredungen darüber.“ (GSA 6/1159, Bl. 34r.) – Osteologie und Myologie: Knochen- und Muskellehre. 339,27–28 sündigen Fleische] Anspielung auf das Gesetz, nach dem die Leichen unehelicher Schwangerer sowie anderer Stigmatisierter (Hingerichtete, Mittellose) dem anatomischen Institut übergeben wurden. – Das von Loder geleitete Accouchierhaus (Hebammeninstitut) war deswegen in der Bevölkerung trotz der philanthropischen Absichten und der medizinischen Erfolge der Einrichtung unbeliebt. Da alle unehelich Schwangeren gesetzlich verpflichtet wurden, dort zu entbinden, herrschte auch unter den bürgerlichen Frauen großes Misstrauen dem Institut gegenüber, da sie nicht mit Frauen, deren Ruf zweifelhaft war, vermischt werden wollten (vgl. Kublik, Loder, 54–56).

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339,29 Lynckerischen Brief] Das Schreiben des Oberkonsistorialpräsidenten Carl von Lyncker ist nicht überliefert; wahrscheinlich handelte es von einer „Stipendienangelegenheit“, wie Hans Wahl vermutet (vgl. Carl August-Goethe2 1, 364). – Möglicherweise hatte sich Lyncker nach einer finanziellen Unterstützung für einen Weimarer Gymnasiasten an der Universität Jena erkundigt, etwa in Gestalt einer kostenlosen Verköstigung im akademischen Konvikt. Die Anzahl der Freistellen im Konvikt, die vom jeweiligen Landesherren nach einer entsprechenden Empfehlung des Oberkonsistoriums finanziert wurden, war beschränkt (vgl. Sandra Salomo: Die Ökonomie des knappen Geldes. Studentische Schulden in Jena 1770–1830. Köln u. a. 2016, S. 68–72). Die Akten „das Convictorium zu Jena, und Vergebung einiger Frey-Stellen das. betrL.“ enthalten Gesuche nur bis zum Jahr 1774 (vgl. LATh – HStA Weimar, Kunst und Wissenschaft A 5980); für die 1780er Jahre sind keine Stipendiaten-Listen überliefert. 339,30 dem Klienten eine Stelle bezahlen] ‚Klient‘ hier für ‚Schützling‘ (vgl. GWb 5, 443). – Eine andere Möglichkeit, bedürftige Studenten zu unterstützen, bestand in der Gewährung eines Stipendiums. In den Akten des Geheimen Consiliums wurden in den folgenden Wochen Gesuche um Stipendien erwähnt, die Christian August Vulpius (am 20. November 1781, vgl. Wahl, Consilium, 747, Nr 11004) und Friedrich Netto (am 27. November 1781, vgl. ebd., 751, Nr 11071) stellten. Laut Schatullrechnungen des Herzogs erhielt nur Vulpius bis Ostern 1785 ein Stipendium von 3 Reichstalern pro Quartal, allerdings erst ab dem Osterquartal 1782 (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1097, Bl. 23r; A 1107, Bl. 27r; A 1127, Bl. 28r). Möglicherweise gewährte Carl August Goethes späterem Schwager das Stipendium, weil es zu dieser Zeit keine freie Stelle im Konvikt gab. 339,32–33 Ihre schöne Freundinn] Johanna Louise Gräfin von WerthernBeichlingen (vgl. zu 58,5–6). Am 4. November 1781 hielt sie sich allerdings mit ihrem Mann am Weimarer Hof auf und war Gast an der fürstlichen Tafel bei Herzogin Louise (vgl. FB 1781, S. 207). 340,1–3 Auf den Mittwoch 〈…〉 des menschlichen Körpers anzuführen.] Vgl. zu 344,19–31. 340,7 Der neue Saal] Für die „Fürstliche Freye Zeichenschule“ waren im September 1781 ein Saal und zwei kleinere Räume im Ostflügel des Roten Schlosses eingerichtet worden (vgl. Wahl, Consilium, 704, Nr 10209 und 710, Nr 10319), zuvor Räume des Naturalienkabinetts, das im Frühjahr 1781 nach Jena ausgelagert worden war (vgl. ebd., 696, Nr 10072). Außerdem erhielt deren Direktor Kraus eine freie Wohnung im Roten Schloss. In den „Acta die Aptirung derjenigen Zimmer im rothen Schloß hieselbst, worinnen vormals das NaturalienCabinet befindlich geweßen, zum Behuf des etablirten ZeichnungsInstituts, betrL.“ sind die Kostenanschläge des Architekten Johann Friedrich Rudolph Steiner vom

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BRIEF 514

Juni 1781 und vom September 1781 (Nachtrag) überliefert (vgl. LATh – HStA Weimar, Kunst und Wissenschaft A 11718, Bl. 3–5, 7). – Das seit 1777 für die Zeichenschule benutzte Zimmer im Fürstenhaus bot lediglich Platz für 12 Schüler und hatte vornehmlich dem Privatunterricht eines kleinen Kreises um die Herzoginmutter gedient (vgl. Klinger, Zeichenschule, 71). Mit der Ausweitung des Unterrichts der nunmehr öffentlichen Zeichenschule war ein größerer Raumbedarf entstanden (vgl. ebd., 74f.). 340,7 alle Schüler] Vgl. zu 344,19–31. 340,9–10 Der Prinz 〈…〉 von Florenz geschrieben.] Nicht überliefert. – Prinz Constantin hatte am 11. Juni 1781 in Begleitung von Johann Carl Albrecht eine Europareise angetreten (vgl. die erste Erläuterung zu 277,5). Sie führte zunächst über Kassel und Frankfurt in die Schweiz, wo Lavater in Zürich besucht wurde (vgl. zu 343,14), dann ab August 1781 nach Italien (Turin, Mailand, Florenz, Rom, Neapel, wieder Rom und Venedig), wo sich die Reisenden bis Juni 1782 aufhielten. In Italien entschloss sich Constantin, die Reise auszudehnen. Es folgte ein längerer Aufenthalt in Paris und ab September 1782 in England; erst im Juli 1783 kehrte Constantin nach Weimar zurück (vgl. Berger, Anna Amalia, 171–177). Er führte ein Tagebuch (vgl. Constantin, Reisejournal) und schrieb regelmäßig an seine Mutter und seinen Bruder. Mit seinem einstigen Erzieher Knebel führte er einen intensiven Briefwechsel, von dem fast nur Constantins Briefe überliefert sind, in denen er die positive Wirkung der Reise betonte: „Die allzuschlaffe Freiheit in welcher ich zu Hausse lebte, war ein tödtlich Gift und ich wurde dadurch gäntzlich aufgerieben.“ (Brief vom 18. Juni 1781; GSA 54/251, Bl. 27r.) Erteilte Knebel in seiner ehemaligen Rolle als Prinzenerzieher Constantin noch kurz nach Beginn der Reise einen „Cours de morale“ (Brief vom 27. Juni 1781, abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1034–1036; hier 1035,40), kehrte der Prinz das Verhältnis allmählich um und gab Knebel Ratschläge über dessen geplanten Weggang von Weimar (vgl. Brief vom 23. und 24. Oktober 1781, abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1040–1043). – Goethe hatte Constantin bereits mehrmals durch Knebel grüßen lassen (vgl. Constantins Briefe an Knebel vom 25. Juni aus Straßburg, vom 2. Juli aus Schaffhausen, vom 6. August 1781 aus Turin; GSA 54/251, Bl. 29–30, 34 und 36). In Florenz hatte sich der Prinz vom 12. September bis zum 22. Oktober 1781 aufgehalten. Dort besuchte er vor allem Galerien und Palazzi, ebenso Konzerte und Theater (vgl. Constantin, Reisejournal, Bl. 10r–13v; Albrecht, Tgb., Bl. 20r). Von Constantins Aufenthalt in Florenz war man am Weimarer Hof durch dessen Briefe an Herzog Carl August vom 14. und vom 22. September 1781 (vgl. LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 24, Bl. 1–2 und 4) sowie durch Albrechts Brief an Herzoginmutter Anna Amalia vom 12. Oktober 1781 unterrichtet (vgl. LATh – HStA Weimar, HAA XVIII, Nr 1, Bl. 8). Carl August bedankte sich bei Albrecht für die Nachrichten von seinem Bruder: „Auf diese Art, da mein Bruder frey von allen PersönL. Druck

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ist, kan ihm die Reise nicht anders als sehr nutzbar werden.“ (Ebd., Bl. 10r.) – Constantins Brief an Goethe war vermutlich dem Brief an Knebel vom 23. und 24. Oktober beigeschlossen und dürfte Zeugnis von der positiven Wirkung der Reise auf die psychische Verfassung des Prinzen abgelegt haben, der in Weimar als Zweitgeborener einen schweren Stand hatte (vgl. 80,23–24). Wahrscheinlich war er in seinem Brief an Goethe nicht so offen wie in den Briefen an Knebel, zumindest was seine Zukunftspläne anbetraf. Vermutlich aber enthielt der Brief eine ähnliche Stilisierung der Italienreise mit Verweisen auf die stoische Philosophie als einen Prozess der Selbstfindung und Loslösung vom Weimarer Hof wie in den Briefen an Knebel (vgl. Joachim Berger: „Eine neue Menschwerdung“. Die Italienreise Prinz Constantins von Sachsen-Weimar-Eisenach [1781–1782] zwischen Winckelmann und Goethe. In: Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach und die Italien-Beziehungen im klassischen Weimar. Hrsg. von Peter Kofler, Thomas Kroll und Siegfried Seifert. Bozen 2010, S. 101–116). 340,10–11 Es erfüllt sich 〈…〉 Nutzen sein wird.] Goethe war an Constantins Reiseplänen beteiligt gewesen. – Laut Albrechts Tagebuch hatte Prinz Constantin ihm am 23. April 1781 vorgeschlagen, ihn nach Italien zu begleiten; daraufhin hatte Albrecht Constantin empfohlen, Goethe einzuweihen. Carl August hatte dem Projekt am 23. Mai seinen Segen gegeben; weniger begeistert hatte sich am darauffolgenden Tag Anna Amalia gezeigt, da Constantin ihr versprochen habe, sie nach Italien zu begleiten (vgl. Albrecht, Tgb., Bl. 17v). Ein undatiertes Billett von Constantin an Albrecht (wohl vom 6. Mai 1781) legt Zeugnis ab von Goethes Teilnahme an den Vorbereitungen der Reise: Lieber Freündt. Ich war eben bey Goethen welchen ich mein vorhaben wie wir es abgeredet hatten gerade zu so sagte, welches er sehr gut aufnahm und meinen entschluß Beyfall gab. Er wird Sie morgen zu sich bitten zu mittage und da hoffe ich werden Sie fortfahren zu meinem besten zu reden. Fängt er nicht selber von den Project meiner Mutter an so wünschte ich Sie berührten es auch nicht indem ich es auf beyden Seiten als Geheimniß habe müssen tractiren. Genug es scheint ihm wie mir verwerflich und unmöglich zu seyn. Leben Sie wohl und lassen Sie sich es wohl gehn. Ihr Aufrichtiger Freündt Constantin (H: LATh – HStA Weimar, HAA XVIII, Nr 1, Bl. 3.) 340,15 Frau Gemahlinn] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach.

5

10

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BRIEFE 515/516

340,16 Blancket] Franz. blanquet: unbeschriebenes, unterzeichnetes Blatt (vgl. GWb 2, 744; Adelung 1, 1042). Hier mit Bezug auf den Auftrag von Herzogin Louise. 340,18 Wedeln] Moritz von Wedel begleitete Carl August auf der Reise nach Eisenach.

515. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 6. November 1781 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd V) wurde der vorliegende Brief in den Jahrgang 1784 eingeordnet. Der handschriftliche Befund spricht für die Datierung ‚6. November 1781‘ (vgl. zu 340,23). So wird der Brief seit dem Erstdruck auch datiert. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/490,I, Bl. 68. – 1 Bl. 19,2 × 9,3(–9,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „116“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd V, Jg 1784, Nr 114), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 111. WA IV 5 (1889), 212, Nr 1334. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 340,19 Sag mir meine Liebste 〈…〉 wie du lebst.] Charlotte von Stein war nach etwa sechswöchigem Aufenthalt in Kochberg am Vortag nach Weimar zurückgekehrt (vgl. zu 338,3). 340,20 den Rock] Vielleicht mit Bezug auf ein in Charlotte von Steins Wohnung liegengelassenes Kleidungsstück Goethes, der sich vor Ankunft der Adressatin um die Renovierung des Quartiers im Haus an der Ackerwand gekümmert hatte (vgl. zu 334,15). – ‚Rock‘ hier wohl „ein langes Oberkleid“, eine Jacke, im Unterschied zu „dem noch längern und weitern Mantel“ (Adelung 3, 1138). 340,20 die Schlüssel] Möglicherweise die Schlüssel für die Steinsche Wohnung, die Goethe an den Diener Christian Benjamin Wende ausgeliehen haben könnte (vgl. 335,7). 340,20 mich] Versehentlich für ‚mit‘.

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340,21 meine durch Ackten eingeschnürte Seele] Aus dem November 1781 sind vier Reskripte des Geheimen Consiliums überliefert, die von Goethe nicht nur signiert, sondern auch mit eigenhändigen Korrekturen und Zusätzen versehen wurden (vgl. AS 1, 166–170, Nr 89–92). Beschäftigt war er sicher auch mit der Vorbereitung seines vierseitigen Reskripts über die „Untersuchung und Bestrafung der Amtsvergehen des Steuereinnehmers Gruner in Ilmenau“ vom 30. November 1781 an die Regierung in Weimar (ebd., 170–174, Nr 93). 340,23 81.] Der handschriftliche Befund spricht für die Lesung ‚81.‘; die zusammengezogene Schreibung beider Ziffern findet sich in zahlreichen weiteren Briefen des Jahrgangs 1781 (vgl. z.B. Nr 347, 361, 366, 368, 516).

516. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 7. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 95. – 1 Bl. 19 × 12,9 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. Obe〈rstallmeister〉 / v Ste〈in〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „225.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 225), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 111. WA IV 5 (1889), 212, Nr 1335. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 341,1 den Schädel] Als Objekt osteologischer Studien und Vorlage für anatomische Zeichnungen (vgl. zu 342,2–3). 341,2 Die vielerley Papiere 〈…〉 zu hause] Wohl in Vorbereitung verschiedener Reskripte (vgl. zu 340,21) sowie der zweiten „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums des Monats am 9. November 1781 (Wahl, Consilium, 742f., Nr 10901–10932). 341,5 ins Conzert] Nicht am Hof, wo laut Fourierbuch das nächste Konzert erst am Abend des 11. November 1781 stattfand (vgl. FB 1781, S. 211).

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BRIEFE 517/518

517. An Charlotte von Stein 〈Weimar, kurz vor dem 12. November 1781〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) befindet sich der vorliegende Brief vor dem Brief vom 7. November 1781 (Nr 516). Seit dem Erstdruck wird er nach dem inhaltlichen Bezug zum Brief vom 12. November 1781 (Nr 518) vor diesem eingeordnet. Nur Eduard von der Hellen setzte ihn in WA IV unter die undatierten Briefe aus der Zeit vor der italienischen Reise. Fränkel ordnete ihn nach dem Brief vom 21. Mai 1781 (Nr 402) ein (vgl. Fränkel, Goethe-Stein1 1, 331, Nr 662; Fränkel, Goethe-Stein2 1, 305, Nr 662). Die Einordnung im Konvolut wie die inhaltlichen Bezüge zu Brief Nr 518 (vgl. zu 341,7) und Nr 516 (vgl. zu 341,8) lassen die bisher überwiegend vorgenommene Datierung plausibel erscheinen, die daher beibehalten wird. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 95. – 1 Bl. 19,3 × 5,3(–5,6) cm, 1 S. (2 Zeilen) beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse. F〈r. v. Stein〉, brauner Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „224“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 224), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 112. WA IV 7 (1891), 271, Nr 2403. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 341,7 Sag mir 〈…〉 etwas Tröstliches.] Mit Bezug auf eine Erkrankung Charlotte von Steins, von der Goethe wahrscheinlich gerade erfahren hatte (vgl. zu 341,10) 341,8 aus den Akten] Vgl. zu 340,21; zu 341,2.

518. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 12. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 96. – 1 Bl. 19(–19,2) × 17,3(–17,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; in der Mitte Siegelausriss, Ober- und Unterlängen einzelner Buchstaben ausgerissen (vgl. 341,14 geniessen, 341,15 will); Rs. Adresse: Frau von Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „226.“ – In ei-

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nem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 226), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 112. WA IV 5 (1889), 213, Nr 1336. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 341,10). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 341,10 Wenn nur die Schmerzen weg sind] Wohl mit Bezug auf eine briefliche Mitteilung Charlotte von Steins über ihr Befinden. Sie litt häufig unter Kopfschmerzen (vgl. 307,5–6). Seit März 1781 erkundigte sich Goethe auch wiederholt nach ihren Fußbeschwerden (vgl. zu 244,12). 341,14 in meinen Gärten des Schattens zu geniessen] Mit Bezug auf die Umgestaltung der Parkanlagen an der Ilm im englischen Stil, an der sich Goethe seit etwa 1778 direkt beteiligte (vgl. GB 3 II, zu 191,6–7). Vorbild war vor allem der Wörlitzer Park des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (vgl. GB 3 II, zu 207,17–18), den Goethe Ende September 1781 zum wiederholten Mal besucht hatte (vgl. zu 324,11–12). Möglicherweise war dies der Anlass für den im Folgenden erwähnten ‚Plan‘. 341,16–17 Der Herzog 〈…〉 Vorstellungs Art] Dies und das Folgende als Andeutung der unbefriedigenden Ergebnisse von Goethes anhaltendem pädagogischem Bemühen um Carl August. Im Gegensatz zur vorliegenden skeptischen Einschätzung des Herzogs und dessen Fähigkeiten zu entschlossenem strategischem Handeln – hier vielleicht in Hinblick auf die Anlage der Weimarer Parklandschaft – steht das freundschaftlich private Vertrauensverhältnis Goethes zu Carl August, das in den parallel entstandenen Briefen an diesen zum Ausdruck kommt (vgl. z.B. den Brief vom 4. November 1781 [Nr 514]). 341,17–19 einen langen Plan durchzusetzen 〈…〉 an wahrer Standhafftigkeit] Im Anklang an Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ (griech. « ), dem die stoische Kategorie der ‚Standhaftigkeit‘ ebenso wie ‚Arbeitseifer‘ und ‚Gemeinwohlorientierung‘ als Kardinaltugenden gelten. So heißt es z.B. schon im ersten Buch, in dem die pädagogischen Vorbilder aufgezählt werden: „Von meinem Vater habe ich die Sanftmuth und die unbewegliche Standhaftigkeit in Entschlüssen, die mit reifer Ueberlegung gefaßt worden; und 〈…〉 daß ich mit Lust und Emsigkeit arbeite; daß ich denen gern Gehör gebe, die etwas gemeinnütziges anzubringen wissen 〈…〉; daß ich verstehe, wo ich mich anstrengen muß, und wo ich nachläßig seyn darf 〈…〉.“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 10 [I, 16].) – Zur Rolle der „Selbstbetrachtungen“ für Goethe und für seine pädagogischen Bemühungen um den Herzog vgl. zu 103,12–13; zu 137,33–138,2.

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519. An Charlotte von Stein

BRIEF 519

〈Weimar〉, 14. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 105. – 1 Bl. 17,8(–18) × 11,4(–11,6) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, untere rechte Ecke leicht ausgerissen; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „229“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 223), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 112. WA IV 5 (1889), 213, Nr 1337. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 342,2–3 den Schädel, die Zeichnung davon] Wohl ein anatomisches Präparat; aus dem Herbst 1781 sind zwar verschiedene anatomische Zeichnungen überliefert, darunter allerdings keine Schädel-Darstellungen (vgl. zu 334,9). – Nach der Rückkehr aus Jena, wo er anatomische Sektionen Justus Christian Loders besucht hatte (vgl. zu 336,16–17), vermittelte Goethe den Schülern der „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ seine neuen Kenntnisse. In einem nicht genau datierten Tagebucheintrag vom November 1781 vermerkt er dazu: Auf der Zeichen Akad. Anfang Osteologischer Vorlesungen. (GT I 1, 124.) Ausführlicher äußert er sich in den Briefen an Johann Caspar Lavater und Johann Heinrich Merck vom selben Tag (344,19–28; 346,8–21; vgl. zu 344,19–31). 342,3 das Lateinische Buch in Oktav] Möglicherweise „De Ossibus Corporis Humani“ (Leiden 1726) von Bernard Siegfried Albinus, ein Standardwerk der beschreibenden Anatomie, das Goethe zur Vorbereitung seiner ‚osteologischen Vorlesungen‘ gebraucht haben könnte (vgl. Düntzer, Goethe-Stein, 321, Anm. 3). Nachdrucke im Oktavformat waren u.a. 1757 und 1759 bei Breitkopf in Leipzig erschienen (gedruckt bei Paul Kraus in Wien). Der Titel ist in Goethes Bibliothek nicht vorhanden und wird auch sonst namentlich nicht erwähnt. Ein Exemplar der Oktavausgabe von 1759 ist in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena vorhanden. – Oktav: kleines Papierformat, das durch die Faltung eines Bogens in acht Blätter entsteht, die bei Kleinoktav etwa 10 bis 18,5 cm und bei Großoktav bis zu 25 cm hoch sein können.

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Abb. 15: Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach

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520. An Johann Caspar Lavater

BRIEF 520

Weimar, 14. November 1781 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 146. – Doppelblatt 19 × 27,8(–28) cm, 4 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrektur und egh. Paraphe, Tinte; S. 4 man in unserm gewöhnlichen 〈…〉 Nov. 1781 (310,1–2 am Seitenende sehr eng und klein geschr.; Auslassungszeichen von fremder Hd, Bleistift (wahrscheinlich Bearbeitungsspuren für E1). E1: Goethe-Lavater1 (1833), 133–138, Nr 36 (Teildruck mit Auslassungen: 342,7–16 welcher mir eine wunderbare 〈…〉 List hinwegnimmt.; 342,23–343,13 Was soll ich aber zu Geistern 〈…〉 gleichgültig bleiben müßen.). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 193f. (Teildruck: 342,6–12 Arbeiten und Zerstreuungen 〈…〉 Schelmen halten.) E3: WA IV 5 (1889), 214–218, Nr 1338 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 16. August 1781 (vgl. RA 1, Nr 150) sowie mindestens einen weiteren, nicht überlieferten Brief (vgl. die erste Erläuterung zu 344,14). – Lavater antwortete am 23. November 1781 (vgl. RA 1, Nr 153). Postsendungen: 14. November 1781 (vgl. GR/RB 1781/82, Bl. 74r). 342,6 Arbeiten und Zerstreuungen haben mich abgehalten] Goethe unternahm zwischen September und Oktober 1781 mehrere Reisen, darunter nach Erfurt (vgl. zu 321,18–19), nach Dessau, Wörlitz und Leipzig (vgl. zu 324,11–12) sowie nach Gotha und Kochberg (vgl. die zweite Erläuterung zu 331,8; zu 333,26–27), und hatte sich vom 28. Oktober bis zum 4. November in Jena aufgehalten (vgl. die zweite Erläuterung zu 338,11). – Lavater war bereits durch Tobler von Goethes erster Reaktion auf seinen Brief vom 16. August 1781 informiert worden (vgl. zu 289,7–11). 342,6–7 überschikten] Lavater schickte das Manuskript wohl Sarasin nach Straßburg, der es an Matthaei weitergab, damit dieser es nach Weimar beförderte (vgl. Goethe-Lavater3, 416). – Schon am 23. Juli 1781 hatte Lavater Knebel, am 16. August Goethe die baldige Zusendung der „Geistergeschichte“ angekündigt (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 403f.; Goethe-Lavater3, 191). 342,7 Gablidon] Nicht überlieferte Abschrift von Lavaters „Aufzeichnungen über den Geist Gablidone“, die während Franz Joseph von Thun-Hohensteins Besuch in Zürich im Juli 1781 entstanden waren (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 147–149). Dieser hatte Lavater und dessen Bruder Diethelm von den jahrelang geführten Sessionen berichtet, in denen der Geist Gablidone durch ein Medium, den so genannten ‚Rechner‘, mit ihm kommunizierte. Da der ‚Rechner‘ Magnanephton

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1778 gestorben war, befand sich Thun auf der Suche nach einem neuen Medium, um die Verbindung mit Gablidone wieder aufzunehmen. Dafür ließ er unter Vertrauten einen Kupferstich zirkulieren, der ihn als Ritter des Gablidone-Ordens abbildete. – Goethe gab das Manuskript an Knebel (vgl. zu 330,11–12) und Carl August weiter, der sich im Brief an Lavater vom 21. Oktober 1781 darauf bezog: „Gablidon hat mich sehr verwundert, wenn es thunL. ist, so schickt mir doch die Copie von des Geistes Portrait. Was haltet ihr von der Wahrheit der Sache? Auch an mich haben sich Geisterbeschwörer, aber nur schriftL. gemacht: ich wolte mich, zur belustigung mit Ihnen einlaßen, sie scheinen aber den braten gerochen zu haben, u. haben sich noch nicht weiter erklärt. Was mir an allen den Zeüge lieb ist, ist daß man doch neüerL. wieder anfängt den Geistischen Hofstaat, u. die Zahl der Einwirckenden Kräfte, etwas reicher u. Zahlreicher zu besetzen, den die ChristL. Mythologie so bößL. simplificirt hatte. Ich habe gar keine Freüde noch liebe noch Glauben an die vornehme unmittelbare Verwandschaft mit den lezten u. höchsten Wesen, welches unsere Sinne zu begreifen u. erkennen glaubt. Ich habe gerne Gablidons Vorsteher.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 505.50; vgl. Karl August und Luise-Lavater, 271.) – Die Aufzeichnungen wurden später nach einer anderen Vorlage und ohne Lavaters Kenntnis veröffentlicht, um dessen Wunderglauben zu entlarven und ihn als Geistlichen zu diskreditieren (vgl. 〈Anonym〉: Lavaters Protokoll über den Spiritus Familiaris Gablidone. Mit Beylagen und einem Kupfer. Frankfurt, Leipzig 1787). 342,8 die Sache 〈…〉 roher nehme] Wahrscheinlich ließ Lavater Abschriften aus Goethes Briefen, in denen er sich zu Cagliostro und Gablidone äußerte, seinen Vertrauten Sarasin, Hotz und Matthaei zukommen. Sarasin antwortete Lavater am 18. Dezember 1781: „Was Göthe über die Thunische Geschichte schreibt u. abspricht hat mich beym ersten Durchlesen geärgert u. mir beym zweiten Durchlesen Freüde gemacht. / Es ist mir immer wichtig des Mannes Bekändtnüsse zu haben u ich glaube an die Geister Welten. Seine conditionen unter welchen er dran glaubt sind mir gleichgültig weil jeder Mensch doch nur durch seine eigne Brille sehen kan.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 525.159.) Hotz bedankte sich am 24. Dezember für die Mitteilung: „G. Briefe sind Gold und Perlen: wy ein Fels steht der Mann auf Seinem Punkt, und aus diesem Punkt reyhet er alles um sich her, was sich ihm nähert: – dabey muß ihm auch wohl seyn, und kann ihm nicht anders als wohl gehen –. Mit solchen Lecturen gibst du mir F r e u d, und L e b e n.“ (Ebd., 514.123.) Matthei kommentierte am 31. Dezember: „G ö t h e n s Brief hat mir gar zu wenig Genüge gethan, ich merke wohl Er hat gar keinen Sinn für alle dergleichen Sachen, und da ist mann für andere dieser Art, vollends ungenießbar. Aber ich hätte mir doch eine Antwort von Ihm gedacht, die anderes Geistes voll wäre; dieser ist Gemeinsäze voll; i c h seze mich zu Göthen hundert Stufen tiefer gerne herab; seine Denkungs Art in diesen Punct ist ganz die meinige, aber eben weil er 100 Stufen über mir stehet, so hätte er ungleich kräftiger darüber reden müßen.“ (Ebd., 519.295.)

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BRIEF 520

342,11 Thunen] Lavater hatte Franz Joseph Graf von Thun-Hohenstein, mit dem er seit 1777 einen Briefwechsel führte, in seine physiognomischen Studien einbezogen (vgl. Physiognomische Fragmente 4, 187–192) und ihm ein Fragment gewidmet (vgl. ebd., 459–473; Arthur Weber: Franz Joseph Thun, der Geisterseher. In: Chronik des Wiener Goethe-Vereins 41 [1936], S. 19–31). 342,11 die beiden andern] Der ‚Rechner‘ Magnanephton und Thuns Vertrauter Reiter, die wohl auf dessen Kosten lebten. Die Aufzeichnungen Lavaters protokollieren Anweisungen Gablidones, die Thun teuer zu stehen kamen (vgl. Lavaters Protokoll über den Spiritus Familiaris Gablidone, S. 46–48). 342,13–14 Taschenspielerstreiche] Anspielung auf die Vergangenheit des ‚Rechners‘ Magnanephton als Taschenspieler (vgl. Lavaters Protokoll über den Spiritus Familiaris Gablidone, S. 29f.). 342,19–20 Schwedenborgischen Geisteruniversum] Anspielung auf den schwedischen Geisterseher und Mystiker Emanuel Swedenborg, insbesondere auf dessen achtbändiges Werk „Arcana coelestia“ (London 1749–1756), das Goethe in der Übersetzung Friedrich Christoph Oetingers „Swedenborgs und anderer Irrdische und himmlische Philosophie“ (Frankfurt und Leipzig 1765) kannte. Darin beschreibt Swedenborg seine Kontakte zu Geistern, die die irdische Welt nur durch menschliche Augen wahrnehmen können (vgl. zu 329,6–7). 342,21 menschlicher Exkremente] Hier abwertend für „Unedles, Niederes“ (vgl. GWb 3, 496). 342,21 feine Gährung] Den chemischen Begriff der ‚Gärung‘ benutzte Goethe nicht nur für Transformationsprozesse, sondern auch im übertragenen Sinne für kreative Prozesse (vgl. 94,1–5; GWb 3, 1115f.). 343,3–4 das Costume 〈…〉 gemahlt] Thun zufolge hatte sich Gablidone selbst gezeichnet (vgl. Lavaters Protokoll über den Spiritus Familiaris Gablidone, S. 48–52). Lavater, der das Bild gesehen hatte, beschrieb es als ein „ganz originelles, obgleich flüchtig hingeworfenes Bild des armen G a b l i d o n e, ein gerade vor sich hinsehendes Sehergesicht, ein klein rund schwärzlich Käppchen auf dem Scheitel, dünne zart und flüchtig gerollte oder krummgerollte Haare, ziemlich große, offene, ungestarrte Augen, eine markichte aber nicht erhaben stylisirte Nase, einen nicht gemeinen wohlgeschweiften Mund. 〈…〉 die Figur hat einen weißen liegenden Kragen bis ans Ende der Achsel, und einen schwarzen Rock.“ (Ebd., S. 50f.) 343,4 Chicann] Schickane (von franz. Chicane) hier: Einwendung (vgl. Adelung 1, 1327). 343,5 Schabbeß] Schabbes (aus dem Jidd. schabbos, von hebr. schabbat): Ruheund Feiertag. – Der ungewöhnliche Gebrauch des jiddischen Wortes, das im Neuhochdeutschen erst seit dem 18. Jahrhundert belegt ist, anstatt des älteren hebräischen Wortes könnte auf die Ähnlichkeit von Gablidones Bekleidung mit der zeitgenössischen jüdischen Tracht anspielen.

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343,6 Seher iener Zeiten] „G a b l i d o n e habe sich 〈…〉 für den vor Christi Geburt schon abgeschiedenen Geist eines jüdischen Cabbalisten oder Magiers ausgegeben, der durch die magische Wissenschaft herausgebracht, daß der Messias J e s u s von N a z a r e t h heißen und bis auf den Tod verfolgt werden würde.“ (Lavaters Protokoll über den Spiritus Familiaris Gablidone, S. 32.) 343,7–8 die Stükgen vom wahren Kreuze] Gablidone soll Thun „einmal drey ächte Partikeln vom Kreuze Christi“ gegeben haben, „mit der Versicherung, daß alle vorgebliche Partikeln in den Kirchen, die man nicht unmittelbar aus der Geisterwelt empfangen zu haben beweisen könnte, falsch wären“ (Lavaters Protokoll über den Spiritus Familiaris Gablidone, S. 42f.). 343,13 Gedenkungsart] Denkweise (vgl. GWb 3, 1193f.). – Lavater gab sich in seiner Antwort vom 23. November 1781 unbeirrbar und bekräftigte seinen Glauben an Gablidone (vgl. Goethe-Lavater3, 196f.). 343,14 Das mir überschikte Portrait] Wilhelm Tischbeins Porträt von Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach (KSW, Museen, Gemäldesammlung, Inv.-Nr KGe/00820; vgl. Abb. 15 im Kommentarband, S. 925). Prinz Constantin befand sich auf einer Europareise (vgl. zu 340,9–10; die erste Erläuterung zu 277,5). Am 3. Juli 1781 hatte er Lavater auf dem Weg nach Zürich getroffen (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 148). Während seines Aufenthaltes dort, der bis zum 6. Juli dauerte, ließ sich Constantin von Tischbein porträtieren (vgl. Constantin, Reisejournal, Bl. 4r; Albrecht, Tgb., Bl. 18v). – Anlass für die Zusendung des Gemäldes an Goethe dürfte Tischbeins Suche nach einem Förderer gewesen sein (vgl. die zweite Erläuterung zu 343,15). 343,15 zeigt] Versehentlich für ‚zeugt‘. 343,15 männlichen Mahler] Das Attribut ‚männlich‘ bezieht sich auf die Reife, Ausdrucksstärke und Originalität des Künstlers (vgl. GWb 5, 1431); Goethe hatte es bereits im Aufsatz „Von deutscher Baukunst“ in Bezug auf Albrecht Dürer verwendet (vgl. DjG3 3, 107). – Wilhelm Tischbein hatte sich nach seinen Lehrjahren in Kassel, Hamburg und den Niederlanden einen Namen als Porträtist in Berlin gemacht (vgl. GB 7 II, zu 13,22). Nach dem Auslaufen eines Italien-Stipendiums hielt er sich zwischen Mai 1781 und Oktober 1782 in der Schweiz, vor allem in Zürich, auf und schuf mehrere Porträts für Lavater, von dessen Kunstkabinett er profitieren konnte (vgl. Tischbein, Aus meinem Leben 1, 195–218). Während dieser Zeit bemühte er sich, „Satt und matt des Portraitmahlens um’s Geld“, wie Lavater am 17. April 1782 berichtete (Goethe-Lavater3, 200), um einen weiteren Studienaufenthalt in Frankreich oder Italien, den Carl August finanzieren sollte. Schließlich erhielt Tischbein durch die Vermittlung von Goethe und Merck ein weiteres Italien-Stipendium von Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg und siedelte Anfang 1783 nach Rom über (vgl. Beck, Ernst II., 263–275; Hermann Mildenberger: Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und der „Goethe“-Tischbein. In: Anna Amalia, Carl August und das Ereignis Wei-

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mar. Hrsg. von Hellmut Th. Seemann. Klassik Stiftung Weimar. Jahrbuch 2007. Göttingen 〈2007〉, S. 165–181). 343,16 nicht Zeit gehabt hat] In einem Brief an seinen Bruder Johann Heinrich d. J. vom 14. Juli 1781 schilderte Tischbein die Entstehungssituation des Porträts: „ich habe ihn gemalt in einem Tag fertig, es ist was es werden kann, ein paar Stunden für einen Kopf ist zu wenig, besonders für einen jungen Kopf, den man zum ersten Mal sieht, ich möchte wohl einmal einen ausführlichen Kopf nach Weimar machen.“ (Alten, Tischbein, 11.) 343,17 die Stellung] Das Porträt stellt den Prinzen als leicht nach rechts schauende Halbfigur mit ineinander verschränkten Armen dar. 343,19–20 ein sehr wohl organisirtes 〈…〉 Kind] Vermutlich Friedrich von Stein. 343,23 in der Farbe] Das Bild zeigt Constantin in grauem Rock und mit rotem Tuch vor neutralem dunklem Hintergrund. Das Gesicht weist ebenfalls eine leichte Rötung auf. 343,23–24 in der mehreren Männlichkeit 〈…〉 nicht hat] Lavater ging in seinem Antwortbrief vom 23. November 1781 darauf ein: „In C o n s t a n t i n s Porträt ist was fremdes, vergröbertes.“ (Goethe-Lavater3, 197.) – Das Porträt vermittelt ein Bild von Constantin als temperamentvoll-sorglosem Jüngling, das im Widerspruch zum gängigen negativen Urteil stand, das man von dem Prinzen aufgrund des ständigen Vergleichs mit seinem älteren Bruder Carl August gefällt hatte (vgl. Sigismund, Prinz Constantin, 250–259). – Lavater schilderte am 21. Juli 1781 Carl August seine Eindrücke von Constantin: „Beßter Herzog! / Es ist schändlich, daß ich erst izt, und izt nur mit zwey WortL melde, wie vertraulich angenehm ich durch den Prinz Constantin und seinen denkenden Begleiter überrascht wordL bin. 〈…〉 Lange hat mir nichts so wohl gethan, wie – Sie, Beßter, wieder in Ihrem Bruder, so nahe und so sehr wie möglich zusehen, da ich wenige Stunden vorher, so viel wie möglich von IhnL gesprochL hatte. 〈…〉 Der gesunde, gerade Blik, und die reine herzige Natürlichkeit Ihres Bruders hat Ihm mein Herz ganz gewonnL. und es thut mir immer wohl, daß mir im ersten AugLblik, da ich ihn sahe, eh ich ihn kannte, in seiner Athmosphäre wohl ward“ (LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 70, Bl. 5). – Knebel hatte am 26. Juni 1781 Lavater gebeten: „Nehmen Sie diß arme Kind mit Wohlgefallen auf, und gießen Sie ihm einige Tropfen Zuverläßigkeit ins Herz!“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.119.) Lavater gab ihm am 23. Juli 1781 Bericht von Constantins Zürcher Aufenthalt (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 403). 343,25 für mich behalten werde] Das Porträt ist nicht in Goethes Kunstsammlung überliefert; es gehörte zum Kunstbesitz der herzoglichen Bibliothek, wo es seit spätestens 1847 hing (vgl. A.〈dolf〉 Schöll: Weimar’s Merkwürdigkeiten einst und jetzt. Ein Führer für Fremde und Einheimische. Weimar 1847, S. 153). 343,27–28 Knebel 〈…〉 aufhalten.] Knebel war am 2. November 1781 von Weimar nach Jena abgereist, wo er sich von Goethe verabschiedet hatte (vgl. zu

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339,11). Er hielt sich nicht nur den Winter in Franken auf, sondern blieb in Ansbach bis zu seiner Rückkehr nach Weimar im Juni 1784. 343,28 Tobler so lange gezögert hat] Tobler hatte Knebel nach Franken begleitet. Von dort aus trat er am 14. November 1781 die Rückreise in die Schweiz an (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 47v). – Lavater, der sich am 23. Juli und am 22. September bei Knebel für die fürsorgliche Unterstützung des Zürcher Freunds bedankte (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.145–146), hatte mit dessen Rückkehr im August 1781 gerechnet: „Von To b l e r n weiß ich solange nichts, daß ich leise, leise hoffe – Bald wird er mich überraschen, u: mir viel, viel von Goethe und Ihnen sagen.“ (Brief an Knebel vom 23. Juli 1781, ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.145; vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 403.) Knebel hatte Lavater daraufhin am 3. August 1781 darüber informiert, dass Tobler ihn nach der Niederkunft der Herzogin nach Nürnberg begleiten würde (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.120). – Tobler selbst hatte Lavater von seinem verlängerten Aufenthalt in Weimar in einem Brief vom 1. September Nachricht gegeben: „Noch in Weimar u. du erwartetest mich schon vor einem Monat in Zürich. Auch du liebender verzeihe mein Säumen. Es wird mir schwer nach Hause zukommen so sehr ich dich wieder zusehen verlange. U. hier schlentere ich meine Tage sorgenfreyer hin, wie es mir wahrscheinlich im Leben nicht mehr zu lieb werden wird. Wir wärL fort wenn die Herzoginn niedergekommen wäre. Aber sie u. die Doctor habL sich um einen Monat verrechnet.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 529.132; vgl. Goethe-Lavater3, 358f.) 343,29 bey dir angelangt seyn] Tobler kam erst am 22. November 1781 in Zürich an. 343,30–33 Ich wünsche 〈…〉 halten wird.] In einem Brief vom 24. November 1781 schilderte Tobler Knebel seine Rückreise und bezog sich darin auch auf Goethes Hinweis: „Ich hab’ unterwegs 〈…〉 verschiedene Mahle gefühlt wie ich dem Schicksahle Dank schuldig daß es mich ein Jahr lang so im freyen hat laufen, fliegen u. schleichen laßen – u. daß es mir bey Ihnen eine so gute Stätte bereitet hat: Ich glaube noch immer es hat mir auch fürs künftige nicht übel – so wie in der Gegenwart gewiß wohl gethan: obschon Goethe sagt in seinem Briefe an L. ich wäre wahrscheinlich durchs Deutschlandsreisen etwas für Zürich verwöhnt worden. Welches ich in mancher Absicht wohl fühle – aber mirs angelegen seyn laßen will – mich in das itzige auch zu fügen.“ (GSA 54/280, Bl. 4; vgl. Düntzer, Knebels Nachlaß 1, 77f.) – Aus Toblers Briefen an Knebel bis Sommer 1782 geht hervor, dass die anfängliche Freude über die positive Aufnahme in Zürich allmählich in Unzufriedenheit über die „Philisterei“ seiner Heimatstadt und über das problematische Verhältnis zu Frauen (u. a. zu der verheirateten Regula von Orelli) umschlug (vgl. GSA 54/280, Bl. 3–17). 344,1 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). – Der Begleitbrief zur Sendung des zweiten Akts des „Tasso“ ist nicht überliefert (vgl. EB 135).

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344,1–2 der vollendete zweite Akt meines Taßo] Lavater hatte im Bezugsbrief geschrieben: „Von deinem Ta ß o, du Menschen Mensch, hab’ ich den Anfang mit der süßesten Empfindung einsam auf der Kirchhofmauer zu Oberried gelesen – aber mit Wehmuth – w e r n i c h t a l l e s s a g t, s a g t n i c h t s – gefühlt, weil ich’s nicht ganz hatte.“ (Goethe-Lavater3, 191.) – Von der zweiaktigen Prosafassung des „Tasso“ ist kein Manuskript überliefert (vgl. zu 161,2). 344,4 Die Unruhe in der ich lebe] In Anspielung auf die Last der amtlichen Tätigkeiten. Lavater ging in seinem Antwortbrief vom 23. November 1781 darauf ein: „Deine Amtstreüe u. Gewißenhaftigkeit wurde mir neüe Ermunterung.“ (Goethe-Lavater3, 197.) 344,10 in neue Verbindungen] Goethe hatte seit dem 11. August 1781 an einem Festspiel für die erwartete Geburt des Thronfolgers gearbeitet („Elpenor“; vgl. EGW 3, 425f.; zu 313,11–12). 344,12 Pontius Pilatus] Lavater hatte am 16. August 1781 von seiner Arbeit am „Pontius Pilatus“ (4 Bde. Zürich 1782–1785) berichtet: „mein Cheval de Bataille. Ach! daß du bey mir wärest. Ich finde alles, Himmel u. Erde u. Hölle, Tugend, Laster, Weisheit, Thorheit, Schicksal, Freyheit – in I h m – Symbol von allem an alles.“ (Goethe-Lavater3, 191.) Im Antwortbrief vom 23. November 1781 versprach er die baldige Zusendung eines Auszuges (vgl. ebd., 197). – Der erste Band von Lavaters Schrift führte zur Entfremdung zwischen den Briefpartnern. Goethe kritisierte zunächst Lavaters religiöse Schwärmerei und Intoleranz sowie dessen literarisches Unvermögen in einem Brief an Charlotte von Stein vom 6. April 1782 (vgl. WA IV 5, 298–301, Nr 1447) wie auch im Aufsatz „Ein Wort über den Verfasser des Pilatus“ (vgl. WA I 42.2, 5–7; AA SL 2, 268f.). Scharfe Ablehnung brachte er am 29. Juli 1782 in einem Brief an Lavater zum Ausdruck: Da ich zwar kein Widerkrist, kein Unkrist aber doch ein dezidirter Nichtkrist binn, so haben mir dein Pilatus und so weiter widrige Eindrücke gemacht, weil du dich gar zu ungebärdig gegen den alten Gott und seine Kinder stellst. (WA IV 6, 20.) 344,14 Frau von der Lühe] Wahrscheinlich als Antwort auf eine Erkundigung Lavaters. – Caroline von Brandenstein hatte in den 1770er Jahren Kompositionsunterricht bei Georg Joseph Vogler in Ludwigsburg genommen, der 1780 eine „Clavier Sonate“ seiner Schülerin in seiner Zeitschrift „Gegenstände der Betrachtungen der Mannheimer Tonschule“ (Bd 3, S. 421–434) veröffentlichte. Sie war mit Lavater befreundet, der ihr die Patenschaft für seine Tochter Louise übertrug (vgl. Brief an Lavater vom 26. Oktober 1780; ZB Zürich, FA Lav. Ms. 531.83). Anfang 1781 war sie von Stuttgart nach Gotha übergesiedelt und hatte dort am 12. Januar Joachim Friedrich Ernst von der Lühe geheiratet. 344,14 in Gotha] Goethe hielt sich vom 3. bis zum 12. Oktober 1781 in Gotha auf (vgl. FB Gotha 1781 IV, Bl. 2, 14v–23v). Am letztgenannten Tag war Herzogin Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg in Begleitung von Caroline von der Lühe nach Meiningen abgereist.

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344,15 E r ] Joachim Friedrich Ernst von der Lühe, ein ehemaliger Lehrer an der Stuttgarter Militärakademie, war seit dem 3. April 1780 Erzieher der Prinzen August und Friedrich von Sachsen-Gotha und Altenburg (vgl. FB Gotha 1780 II, Bl. 3r). Seine Frau hatte Lavater am 22. Mai 1781 von ihrer Heirat und Übersiedlung nach Gotha berichtet und sich auch über die Erziehung der Prinzen geäußert: „Mein lieber Mann arbeitet mit sichtbarem Seegen an denen ihm anvertrauten Kindern. es sind liebe gutmüthige Geschöpfe – vorzüglich der jüngste Lieber Lavater – wen du die liebende Seele dieses Knaben in seinem ofnen Aug sähen köntest, ich weiß; es wäre dir Freude. ich habe mich gleich wie ich her kam, so viel möglich, von allen Hofverhältnißen zurük gezogen und lebe meinen Pflichten treu – bloß für meinen guten Mann und für diese Kinder. Sie sind an mein Herz gekettet – lieben mich mit Wärme und Innigkeit – und – mein Herz schwillt mir über dem süßen Gedanken – ich hofe Mein Umgang – soll mit der Hülfe Gottes – nuzbar für sie werden. ich suche – soviel wenn weibliche Kräfte es können, die Bürden des Amts meinem Lieben Lühe zu versüßen – sie ihm hie und da abzunehmen – durch beschäftigung und unterrichtende Unterhaltungen mit den Kindern, die meistens den Zwek haben, ihren ideen und begrifen eine reine unbefangene Richtung zu geben – Gefühle für Wahrheit und Gottes Liebe in ihren jungen Seelen zu weken, und zu bevestigen. – O der Umgang mit diesen Kindern ist eine herrliche Schule für mich selbst; und eine starke dringende Aufforderung – durch rechtschafene Beyspiele – sie liebevoll zur Nachahmung zu reizen. ich seufze stündlich und augenbliklich um Weisheit und Kraft zu guten Thaten; und Gott der meinen Eifer und meinen redlichen Willen kent – wirksam und gemeinnüzig zu seyn, wird mir meine bitte nicht versagen.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 531.84.) 344,17 der Herzog] Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg hatte im Herbst 1779 von der Lühe, als dieser sich auf der Reise von Stuttgart nach Mecklenburg zehn Tage in Gotha aufhielt, das Amt angeboten. In einem Brief vom 28. Oktober 1779 an Johann Gottfried Geißler schrieb er dazu: „Er kam von ohngefähr, gefiel mir, und ich behielt ihn unter dem Prädikate als Major. Er soll ein Jahr lang zum Versuche bei uns bleiben; und soweit als meine Menschenkenntniß reicht, so schmeichele ich mir, eine gute Wahl getroffen zu haben. 〈…〉 ich hoffe das Beste und ich werde sehr stolz sein, wenn er einschlägt. Das Aeußerliche könnte vielleicht besser sein, aber darauf kömmt mirs nicht an. Ich glaube ihn einen rechtschaffenen Mann, und Kenntnisse Dessen zu haben, was ich von ihm fordere, und dieß ist mir genug; denn im Grunde, alle Anderen, die mir empfohlen worden sind oder deren Empfehlung ich noch vermuthet hätte, würden doch im Grunde nur Anfänger auf dieser Bahn gewesen sein, und hier finde ich Erfahrung und Beobachtungsgeist; mehr verlange ich nicht, und Männer aus der Welt haben selten Sitten und Sittsamkeit, die dazu erforderlich ist.“ (Beck, Ernst II., 29.) 344,19–31 Auf unserer Zeichenakademie 〈…〉 zu eigen.] Diese Stelle ist nahezu gleichlautend mit einer Passage im Brief an Merck vom selben Tag (vgl.

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346,8–20). – ‚Lehrern und Schülern‘: Unter den Lehrern der „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ befanden sich der Direktor Kraus, der Kammerkanzelist Johann Friedrich Loßius (ordentlicher Lehrer für Geometrie) und der Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann (Unterlehrer); ob der Hofbildhauer Klauer zu dieser Zeit für die Zeichenschule tätig war, ist unklar (vgl. Klinger, Zeichenschule, 182f.). 1781 waren 103 Schüler und 61 Schülerinnen angemeldet (vgl. ebd., 184f.). – ‚Knochenbau des menschlichen Körpers‘: Goethe hatte bereits im Sommer 1780 an anatomischen und physiologischen Vorlesungen Loders teilgenommen (vgl. zu 339,20–21) und sich Ende Oktober/Anfang November 1781 von ihm in die Muskel- und Knochenlehre als Vorbereitung für den eigenen Unterricht in Weimar einführen lassen (339,24–26). Goethe hielt zwischen dem 7. November 1781 und dem 16. Januar 1782 Vorlesungen in der „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ (vgl. GT I 1, 124–131) und wurde dabei am 5. und 6. Januar von Loder unterstützt (vgl. ebd., 129). Zur Vorbereitung auf den Unterricht hatte Goethe eine Reihe anatomischer Zeichnungen angefertigt (vgl. zu 334,9; zu 342,2–3). – ‚Merkwürdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn von ‚wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 344,31–32 das Wort Phisiognomik und Phisiognomie] Der Verzicht auf diese zentralen Begriffe von Lavaters Lehre deutet darauf hin, dass Goethe Diskussionen über Lavaters umstrittene Ideen vermeiden wollte und in seinem Unterricht weniger auf theoretische Abstraktionen als vielmehr auf die praktische Anwendung (das Zeichnen) zielte. 345,2 der thierischen Oekonomie] Hier wohl im Sinne der Anatomie und Physiologie der Tiere. 345,3 einen nüzlichen Beytrag] Ein derartiger Beitrag Goethes zu Lavaters physiognomischen Studien ist nicht bekannt.

521. An Johann Heinrich Merck 〈Weimar〉, 14. November 1781 → 〈Darmstadt〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: Privatbesitz, München. – Doppelblatt 18,9 × 27,8 cm, 4 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen und egh. Schluss (347,11–22 Glück zu daß 〈…〉 ietzo auf?), Tinte. E: Merck, Briefe2 (1838), 257–259, Nr 119 (ohne Paraphe, Datierung: „14. Nov. 82“). WA IV 5 (1889), 218, Nr 1340 (nach E; Jahr nach dem Inhalt korrigiert: „1781“).

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BEIL AG E

Johann Carl Wilhelm Voigt: Mineralogische Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach und einige angränzende Gegenden, in Briefen. Erster Theil. Dessau 1782 (vgl. zu 345,8). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Bezugs- (vgl. 345,5) und der Antwortbrief, den Goethe wohl am 10. Dezember 1781 in Eisenach erhielt (vgl. zu 359,4), sind nicht überliefert. 345,8 Das beigelegte Buch] Vgl. Beilage. – Das Buch erschien vordatiert. Goethe hatte Voigt mit der Untersuchung der Geologie Thüringens beauftragt (vgl. zu 86,7–9; zu 178,5–7) und sich intensiv mit ihm ausgetauscht (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 239). 345,8 wir] Der Gebrauch der ersten Person Plural spielt auf die Zusammenarbeit mit Voigt beim Studium der Geologie Thüringens an. 345,11 Fürstbischofes] Seit 1759 war Heinrich von Bibra Fürstbischof von Fulda. 345,11–12 das ganze Fuldische] Den Ertrag der Reise bildete Voigts „Mineralogische Beschreibung des Hochstifts Fuld und einiger merkwürdigen Gegenden am Rhein und Mayn“ (Dessau und Leipzig 1783). Bei seinem Besuch in Frankfurt Anfang 1782 zeigte er Merck die von ihm gezeichnete „Petrographische Landkarte des Hochstifts Fuld“, die später gestochen und dem Buch beigelegt wurde (vgl. Merck an Carl August, 22. Januar 1782; Merck, Briefwechsel 2, 697). 345,13 das übrige Stük von Thüringen] Der zweite Teil von Voigts „Mineralogischen Reisen“ erschien 1785 in Weimar. 345,14 vielleicht der Harz] Voigt besuchte 1782 und 1783 den Harz, legte jedoch keine Publikation darüber vor. – Goethes Anliegen war, Ähnlichkeiten zwischen dem Thüringer Wald und dem Harz zu untersuchen (vgl. zu 179,5–6; zu 182,1–2; zu 182,3). 345,14–15 nach gleichen Grundsäzen und mit eben der terminologie] Vgl. zu 144,19. 345,19 schike ich dir die Sammlung Steine die dazu gehören] Am 22. Februar 1782 teilte Merck Herzogin Anna Amalia mit, dass er von Goethe „die Mineralien Sammlung des Landes“ erhalten werde (Merck, Briefwechsel 3, 10). Sie sollte, wie Merck launig fortfuhr, zur Ausstattung einer „Weimarische[n] Stube“ dienen, damit Gäste aus dem Herzogtum sich darin wie zu Hause fühlten (ebd.). – Ein Inventar zu Mercks mineralogischem Kabinett ist nicht bekannt. Es dürfte aber der „Folge der Gebirgsarten des Thüringer Waldes“ entsprochen haben, die in Goethes Sammlung überliefert ist (vgl. zu 179,29–30). 345,20 Buchstaben 〈…〉 auf den Tafeln vorkommen] Voigts Werk enthielt sechs kolorierte Kupferstiche mit Profilen von Gesteinsschichten (vgl. zu 178,4). Die unterschiedlichen Gesteinsarten waren mit Großbuchstaben bezeichnet, die in

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der „Erklärung der Kupfertafeln“ aufgelöst und beschrieben wurden (vgl. Voigt, Mineralogische Reisen 1, o. S.). 345,23 uns aber auch von euren Sachen schiken] Da Voigts Besuch in Darmstadt im Februar 1782 anstand, wollte Merck die Gelegenheit nutzen und „ihn mit unsern Stein Arten beladen die in allem Betracht manichfaltig, u. merkwürdig genug sind“ (Merck an Carl August, 22. Januar 1782; Merck, Briefwechsel 2, 697). 345,24 grüne glasige Lava von Butschbach] Merck schickte wohl die gewünschten Stufen aus Butzbach in der Wetterau, die in Goethes Sammlung nicht nachgewiesen werden konnten (vgl. zu 359,9). 345,25–28 Ich befinde mich 〈…〉 vorbeygezogen sind.] Von Mercks Sorge um sein Wohlergehen hatte Goethe aus dem Brief seiner Mutter vom 17. bis 19. Juni 1781 erfahren (vgl. 310,1–7; zu 310,1–2). 346,2–3 schike mich 〈…〉 in das beschweerliche meiner Aemter] Seit dem 11. Juni 1776 war Goethe Geheimer Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium, seit September 1779 Geheimer Rat (vgl. GB 3 II, zu 295,16–17). Außerdem leitete er drei Kommissionen: die Kriegskommission seit dem 5. Januar 1779 (vgl. GB 3 II, zu 232,14–15), die Wegebaukommission seit dem 19. Januar 1779 (vgl. GB 3 II, zu 256,11) und die Bergwerkskommission seit dem 18. April 1780 (vgl. zu 89,10–11). 346,5–6 Zubuse] Zubuße: Bergmannssprachlich für „den Beytrag an den Kosten 〈…〉, welchen die Gewerken oder Interessenten nach Abzug der Ausbeute noch zuschießen müssen“ (Adelung 4, 1741). 346,6 gangbare Gruben] Im Betrieb befindliche Bergwerke (vgl. GWb 3, 1077). 346,6 aufläßig] Bergmannssprachlich für ‚verlassen‘, ‚aufgegeben‘, ‚stillgelegt‘ (vgl. Adelung 1, 507; GWb, 1, 961). 346,8–20 Diesen Winter 〈…〉 macht sie sich zu eigen.] Die Passage ist beinahe gleichlautend mit einer Passage im Brief an Lavater vom selben Tag (vgl. 344,19–31). – Vgl. zu 344,19–31. 346,22 Mein Gespräch über die deutsche Litteratur] Goethes nicht überlieferte Gegenschrift zu Friedrichs II. „De la littérature Allemande“ (vgl. zu 240,1). 346,23–24 Ich hoffte dir 〈…〉 Vergnügen zu machen.] Im Bezugsbrief hatte Merck wahrscheinlich nach dem Fortgang und Abschluss der Arbeit gefragt, deren Inhalt ihm offenbar bekannt war. Wann er den Text erhalten hatte, ist nicht bekannt. Möglicherweise hatte er das Manuskript leihweise von Catharina Elisabeth Goethe bekommen, da es über sie wieder zurückgesendet werden sollte. In einem (nicht bekannten) Brief hatte Merck Georg Forster von Inhalt und Machart der Schrift erzählt, wie aus dessen Antwort vom 3. November 1781 hervorgeht: „Ich kann mir wohl vorstellen, daß Göthens Schrift über deutsche Litteratur meisterhaft geschrieben seyn müsse. Meines Erachtens ist er just der Mann, darüber zu schrei-

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ben. – Die Art wie er dies Sujet behandelt hat, ist aus Ihrer Beschreibung vortreflich passend.“ (Merck, Briefwechsel 2, 668.) 346,26–27 nichts mehr zu sagen] Justus Möser war Goethe mit der Schrift „Ueber die deutsche Sprache und Litteratur“ (vgl. zu 283,21–22) zuvorgekommen (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 427). 346,27–28 alten Königes 〈…〉 kennte wie er ist] Vom 15. bis 21. Mai 1778 war Goethe als Begleiter Herzog Carl Augusts in Potsdam und Berlin gewesen. Seinen Eindruck von der Umgebung Friedrichs II., dem er persönlich nicht begegnete, fasste er im Brief an Merck vom 5. August nicht ohne Mitgefühl zusammen: Und dem alten Friz bin ich recht nah worden da ich hab sein Wesen gesehn, sein Gold Silber Marmor Affen Papageyen und zerrissne Vorhänge, und hab über den grosen Menschen seine eigne Lumpenhunde raisonniren hören. (GB 3 I, 221,15–18.) 347,5 unrektificirlichen] ‚Unrektifizierlich‘ (aus dem lat. rectificatio: Verbesserung, Berichtigung): unverbesserlich. 347,8 Faujas de Saint Fond über die Vulkane] Vgl. zu 238,6–8. 347,8–9 Versuch über die Mineralogie der Pyrenäischen Gebürge] Pierre Bernard Palassous „Essai sur la minéralogie des Monts-Pyrénées; suivi d’un catalogue des plantes observées dans cette chaîne des montagnes“ (Paris 1781. – Versuch über die Mineralogie der Pyrenäen, gefolgt von einem Verzeichnis der dort beobachteten Pflanzen; vgl. Ruppert, 712, Nr 4957). Diese geologische Beschreibung der Pyrenäen war im Quartformat gedruckt und mit sechs Karten und zwölf Tafeln ausgestattet. Das Buch wurde von der herzoglichen Privatschatulle bezahlt: Laut der Sammelrechnung der Straßburger Buchhandlung Bauer & Treuttel vom 20. September 1781 war es am 17. September verschickt worden, der Preis betrug 19 Livres (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 254, Beleg Nr 260). 347,11 daß du mit Höpfnern auseinander bist] Mercks Freund Ludwig Julius Friedrich Höpfner, Professor der Rechte an der hessen-darmstädtischen Landesuniversität Gießen, war Anfang des Jahres an das Oberappellationsgericht in Darmstadt berufen worden. Das stattliche Persiussche Haus am Ballonplatz, bis dahin eine Gästeunterkunft des Hofes, das er am 7. April 1781 vom Landgrafen für 6500 Gulden erworben hatte, tauschte er bald darauf gegen Mercks ungleich bescheideneres Haus in der Luisenstraße, dessen Kaufwert im Jahr 1774 3250 Gulden betragen hatte. Durch Mercks verlängerten Dienstaufenthalt in Kassel verzögerte sich der Umzug, so dass Höpfner in einer Eingabe um Aufschub seines Dienstantritts bitten musste. Der Wertausgleich von 3500 Gulden war Gegenstand einer Klausel im Kaufvertrag, über deren Abwicklung es zu einer kurzzeitigen Trübung des freundschaftlichen Verhältnisses kam (vgl. Merck an Höpfner, 14. November 1781; Merck, Briefwechsel 2, 676).

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BRIEFE 522/523

347,11–12 Frau und Kinder] Mercks Gattin Louise, die Tochter Adelheid und der Sohn Carl Anton. 347,14 hierhaussen in meinem Neste] Im Haus im Garten am „Stern“ (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 62,4). – ‚Haußen‘ umgangssprachlich für ‚draußen‘ (vgl. Adelung 2, 1035f.). 347,15 Quartier in der Stadt] Vgl. zu 347,24–25. 347,20–21 Portrait des Prinzen Constantin, vom römischen Tischbein] Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins Porträt von Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach (vgl. zu 343,14). 347,21–22 Wo hält er sich ietzo auf?] Tischbein hielt sich zu dieser Zeit in Zürich auf und verdingte sich als Porträtmaler (vgl. die zweite Erläuterung zu 343,15). Merck legte seinem Antwortbrief einen Brief Tischbeins vom 11. Oktober 1781 bei, in dem dieser seine missliche Lage beschrieb, in der er sich seit seiner Rückkehr aus Rom befand (abgedruckt als Beilage 2 zu Nr 546). Tischbeins Brief schickte Goethe mit Mercks Antwortbrief am 11. Dezember an Charlotte von Stein (vgl. Beilagen zu Nr 546).

522. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 14. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 97. – 1 Bl. 18,9(–19,1) × 12,7(–13,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; rechts neben der Mitte Siegelausriss; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust (letzter Buchstabe der Adresse angeschnitten); Rs. Adresse: Fr. v. Stein, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „227“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 228), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 113. WA IV 5 (1889), 218, Nr 1339. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 347,23 lieber Schutzgeist] Für ‚guter Genius‘, in Anlehnung an die seit der römischen Antike tradierte Bedeutung; im Kontext des Briefes wohl mit der Konnotation (guter) ‚Hausgeist‘, vergleichbar den römischen Laren. 347,23–24 mit Helmershausen richtig gemacht] Der herzoglich sächsische Rat und Garnisionsarzt Paul Johann Friedrich Helmershausen war Besitzer des Hauses am Frauenplan. Mit ihm kam Goethe im November 1781 überein, die westliche Gebäudehälfte zu mieten (vgl. zu 347,26). – Noch am 23. Oktober

NOVEMBER 1781

939

1781 hatte Goethe gegenüber Charlotte von Stein versichert, wenn ich auch eine Wohnung in der Stadt hätte ich zöge nicht hinein (334,18–19). 347,24–25 Auf Ostern zieht Hendrich aus und ich trete in seine Miethe] Der eigentliche „Mieth und Pacht Contract“, der zunächst auf zwei Jahre begrenzt war, stammt vom 19. April 1782 (GSA 30/33, Bl. 1–2). Vormieter war der Weimarer Kammerrat Franz Ludwig Albrecht von Hendrich. Goethe zog am 1. Juni 1782 in sein neues Quartier. Schon am 27. Juni 1782 wurde der Mietvertrag mit Helmershausen auf sechs Jahre verlängert (vgl. ebd., Bl. 3). 1792 erwarb Herzog Carl August das Haus und stellte es Goethe mietfrei als Dienstwohnung zur Verfügung, 1794 ging es als herzogliche Schenkung in Goethes Besitz über. 347,26 unsern Planen] Zeitgenössischer Plural zu ‚Plan‘ (vgl. zu 199,14); hier in Anspielung auf den geplanten Umzug Goethes in eine Stadtwohnung, der offenbar auch den Wünschen Charlotte von Steins entsprach. In einem nicht genau datierten Tagebucheintrag vom November 1781 hält Goethe fest: Glück durch 〈Charlotte von Stein〉. hielte sorgfältig auf meinem Plan. Haus gemietet. Aufklärung und entwicklung mancher Dinge. (GT I 1, 124.) 347,27–348,2 Der Ausgang durch den Garten 〈…〉 dieser Wohnung.] Goethes künftige Stadtwohnung am Frauenplan lag in der Nachbarschaft zum Steinschen Quartier an der Ackerwand, an das der Garten des Hauses am Frauenplan grenzte. Im Mietvertrag war in einem eigenen Punkt geregelt, dem „Abmiether“, also Goethe, „den freien Durchgang durch den Garten, jedoch nur für dero eigne Persohn“ zu erlauben (GSA 30/33, Bl. 2).

523. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 15. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 97. – 1 Bl. 19,1 × 12,1 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, rechts neben der Mitte eingerissen; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Stei〈n〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „228“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 229), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 113. WA IV 5 (1889), 222, Nr 1341. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

940

BRIEFE 524/525

348,4 Denen Sonnenstrahlen] ‚Denen‘ im 18. Jahrhundert attributiv gebraucht; nach Adelung aus dem Oberdeutschen übernommen und in der Hochsprache nicht mehr gebräuchlich (vgl. Adelung 1, 1458). 348,5–6 daß ich deine Wohnung sehn kan] Zwischen der Wohnung Charlotte von Steins im so genannten Stiedenvorwerk, damals das einzige Gebäude an der Ackerwand, und Goethes nur wenige hundert Meter entferntem Gartenhaus lagen nur der Welsche (auch Walsche oder Wälsche) Garten und der „Stern“, der älteste Teil des Schlossparks. 348,7–8 so werde aus Morgen und Abend wieder ein glücklicher Tag] In Anlehnung an die Verse der Genesis: „Da ward aus abend und morgen der erste tag.“ (1 Mose 1,5; Luther-Bibel 1772 AT, 1.)

524. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 16. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 97. – 1 Bl. 13,9(–14,1) × 6,1(–6,3) cm, ½ S. (3 Zeilen) beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. 〈Stein〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „231.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 230), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 113. WA IV 5 (1889), 222, Nr 1342. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 348,10 Nur in der Eile einen guten Morgen.] Am 16. November fand die vierte „Ordinaire Session“ des Geheimen Consiliums im November 1781 statt, an der neben Herzog Carl August und Goethe auch Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß teilnahmen (Wahl, Consilium, 745f., Nr 10964–10984). 348,10 der Phasan] Fasan: hier wahrscheinlich ein Jagdgeschenk (vgl. 153,3). 348,11 der Freund] Seit 1780 spricht Goethe in den Briefen an Charlotte von Stein gelegentlich in der dritten Person von sich selbst als dem ‚Freund‘ (vgl. zu 202,7).

NOVEMBER 1781

525. An Charlotte von Stein

941

〈Weimar〉, 18. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 107. – 1 Bl. 13,5 × 9,7(–9,9) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „235“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 229), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 114. WA IV 5 (1889), 223, Nr 1343. BEIL AG EN

1) Brief von Johann Caspar Lavater an Goethe (vgl. die erste Erläuterung zu 348,13). 2) Brief von Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg an Goethe (vgl. die zweite Erläuterung zu 348,13). 3) Brief Goethes an Barbara Schultheß (vgl. zu 348,13–14). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom 17. oder 18. November 1781 (vgl. die erste Erläuterung zu 348,13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 348,13 Hier hast du den Brief von Lav.] Johann Caspar Lavaters Brief, in dem er sich wahrscheinlich nach der aus Zürich stammenden, inzwischen in Gotha lebenden Caroline von der Lühe erkundigt hatte (vgl. zu 344,14); nicht überliefert. Der Formulierung zufolge hatte die Adressatin nach dem Brief gefragt. 348,13 einen vom H. v. Gotha] Der Brief von Herzog Ernst II. von SachsenGotha und Altenburg ist nicht überliefert. – Goethe war auf Einladung des Herzogs vom 3. bis 12. Oktober 1781 Gast am Gothaer Hof gewesen, wo er Bekanntschaft mit Friedrich Melchior von Grimm machte (vgl. die Erläuterungen zu 331,8). 348,13–14 mit einer Antwort an B. Schulthes] Goethes Brief an Barbara Schultheß vom 17. oder 18. November 1781, in dem er Lavater zufolge „über das ganze Wesen oder Unwesen 〈Cagliostros〉 〈…〉 geschrieben“ (vgl. zu 355,2–3) haben soll, ist nicht überliefert (vgl. EB 135). Schon im Mai 1781 hatte Goethe Briefe von Lavater und Barbara Schultheß an Charlotte von Stein geschickt, um dem Eindruck zu begegnen, er verheimliche der Freundin etwas (vgl. zu 272,11). Vgl. auch zu 349,10. 348,14 Das Kästgen will ich mahlen.] Vielleicht ein Holzkästchen zum Aufbewahren von Schmuck oder Ähnlichem. 348,17–19 Die Herz. Mutter 〈…〉 daß mich der Herzog müsse und wolle adlen lassen] Demnach vermittelte und unterstützte die Herzoginmutter Anna

942

BRIEFE 526/527

Amalia den Plan Carl Augusts, Goethe in den Adelsstand erheben zu lassen. Dass dieser zuvor schon durch den Herzog selbst davon erfahren hatte, ist zwar zu vermuten, lässt sich allerdings nicht belegen. Die vorliegende Bemerkung ist die erste briefliche Erwähnung dieser Absicht Carl Augusts. Wenngleich reichsunmittelbarer Fürst, besaß er selbst nicht das Recht der Nobilitierung, sondern musste darum beim römisch-deutschen Kaiser Joseph II. nachsuchen. Dies geschah über den sachsenweimarischen Residenten in Wien Christian Bernhard von Isenflamm, der das Anliegen erfolgreich vermittelte. In der schriftlichen Begründung des Herzogs, die von Isenflamm an den Kaiser weitergeleitet wurde, heißt es: „Les Services essentiells que mon Conseille Privè Göthe m’a rendu, et son fidel attachement pour ma personne, demandent ma reconnoissance. je ne pourrois pas la lui mieux temoigner devant le monde, qu’en tachant de lui procurer des lettres de noblesse. Son nom est trop connu dans le Public, et sa reputation trop bienfaite, pourque j’eusse besoin de prouver qu’il merite d’en etre decoré.“ (Bradish, Reichsadelstand, 37. – „Die wesentlichen Dienste, die mein Geheimrat Göthe mir geleistet hat, und seine treue Anhänglichkeit an meine Person verlangen meine Anerkennung. Ich könnte ihm diese nicht besser vor der Welt bezeugen als dadurch, daß ich versuche, ihm den Adelsbrief zu verschaffen. Sein Name ist in der Öffentlichkeit zu bekannt und sein Ruf zu begründet, als daß ich beweisen nötig hätte, daß er ausgezeichnet zu werden verdient.“ [Ebd., 39].) Das vom Kaiser unterzeichnete Adelsdiplom für Goethe vom 10. April 1782 (GSA 30/520 [ÜF 87]) gelangte vermutlich Ende Mai nach Weimar (zur Sache vgl. Bradish, Reichsadelstand, 9–102). – ‚Demonstration‘: Eine „mit einer best〈immten〉 Absicht verbundene auffällige Bekundung“ (GWb 2, 1123). 348,19–349,2 meine Meynung 〈…〉 dabey nicht verhelt, was ich dir auch noch erzählen will] Direkte Äußerungen Goethes zur geplanten Adelserhebung durch das Herzogshaus sind nicht überliefert. Dass er ihr aber mit einer gewissen Distanz gegenüberstand, belegt die lakonische Bemerkung vom 4. Juni 1782, mit der er Charlotte von Stein den Adelsbrief überschickte: Hier schick ich dir das Diplom damit du nur auch weissest wie es aussieht. Ich bin so wunderbar gebaut daß ich mir g〈ar〉 nichts dabey dencken kan. (GSA 29/489,I, Bl. 56, Nr 108; vgl. WA IV 5, 337,3–5.)

526. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 98. – 1 Bl. 17,8 × 8,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; rechts neben der Mitte Siegelausriss; unterer Teil des Blattes abgeschnit-

NOVEMBER 1781

943

ten, geringfügiger Buchstabenverlust im Brieftext (349,5) und bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „230“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 231), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 114. WA IV 5 (1889), 223, Nr 1344. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 349,4 einerley] Hier adjektivisch gebraucht für ‚gleich〈artig〉‘, ‚identisch‘ (vgl. GWb 2, 1438). 349,4–5 aus Huflands Küche] Wahrscheinlich eine Arznei oder eine Diät, wie sie der herzogliche Leibarzt Johann Friedrich Hufeland verordnete (vgl. zu 165,1–2). Von den ‚Schmerzen‘ Charlotte von Steins war in den vorangegangenen Briefen mehrfach die Rede (vgl. zu 341,10).

527. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 98. – 1 Bl. 17 × 7,4(–7,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „232.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 232), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 114. WA IV 5 (1889), 223f., Nr 1345. BEIL AG EN

1) Briefe (vgl. zu 349,10). 2) Schmerlen (349,12). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 349,10 Briefe die ich heute erhalte] Nicht ermittelt. – Aus dem November 1781 ist lediglich der Brief Lavaters vom 23. November überliefert (vgl. RA 1, Nr 153). 349,10–11 damit du alles wissest was 〈…〉 geschieht] Schon im Mai 1781 hatte Goethe Briefe von Lavater und Barbara Schultheß an Charlotte von Stein geschickt, um dem Verdacht von Heimlichkeiten zu begegnen (vgl. zu 272,11). Auch

944

BRIEFE 528–530

am Vortag schickte er der Freundin nicht überlieferte Briefe von Johann Caspar Lavater und Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg sowie einen Brief an Barbara Schultheß zur Lektüre (vgl. Beilagen zu Nr 525). 349,12 Schmerlen 〈…〉 zusammen essen wollen] Kleine Bachfische, vielleicht aus der Ilm; nur im vorliegenden und folgenden Brief erwähnt (vgl. zu 349,14).

528. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 98. – 1 Bl. 18,9 × 9 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte, obere linke Ecke abgeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Rest eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „233.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 233), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 115. WA IV 5 (1889), 224, Nr 1346. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 349,14 Hebe mir 〈…〉 Schmerlen auf] Vgl. zu 349,12. 349,15 aus dem Conseil] Am 20. November nahm Goethe an der fünften „Ordinairen Session“ des Geheimen Consiliums im November 1781 teil, bei der neben Herzog Carl August auch Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß anwesend waren (Wahl, Consilium, 746–748, Nr 10985–11022). 349,15–16 mit bessrer Würze als die von der Insel Banda] Die ‚Banda-Inseln‘ („Gewürzinseln“): eine Inselgruppe der indonesischen Molukken im Pazifischen Ozean, Ende des 16. Jahrhunderts von den Holländern entdeckt und kolonialisiert, waren berühmt für ihre Gewürze, vor allem für die Muskatnuss.

529. An Charlotte von Stein 〈Weimar, zwischen 20. und 25. November? 1781〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

Seit dem Erstdruck wird der vorliegende Brief nach seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) nach dem Brief vom 20. November 1781

NOVEMBER 1781

945

(Nr 528) datiert. Nur Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Da es inhaltliche Anhaltspunkte für eine genauere Datierung nicht gibt und die Anrede ‚Du‘ sowie der Tonfall des Briefes nicht gegen die bisher überwiegend vorgenommene Einordnung sprechen, wird sie beibehalten. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 99. – 1 Bl. 18,5 × 8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. S〈tein〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „234.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 234), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 115. WA IV 7 (1891), 271, Nr 2404. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 350,1 etwas schicken sollen] Möglicherweise eingegangene Briefe (vgl. zu 349,10–11); Näheres konnte nicht ermittelt werden. 350,2 Melde mir gute Nachrichten] Falls der Brief, wie angenommen, aus der Zeit zwischen dem 20. und dem 25. November 1781 stammt, mit Bezug auf eine Unpässlichkeit Charlotte von Steins (vgl. zu 349,4–5; 350,5).

530. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 109. – 1 Bl. 19,8 × 12,5(–12,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, Rest eines roten Gemmensiegels: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung (vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „242.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 235), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 115. WA IV 5 (1889), 224, Nr 1347.

946

BRIEF 531

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 350,5 liebe einzige] Ausdruck der Exklusivität der Beziehung Goethes zu Charlotte von Stein; als Anrede in den Briefen verstärkt seit dem Frühjahr 1781 (vgl. auch zu 330,14). 350,5 wie du dich befindest] Vgl. zu 349,4–5. 350,6 zu mir herunter siehst] Goethes Garten und Gartenhaus am „Stern“ waren tiefer gelegen als das mit etwa 500 m nur wenige Gehminuten entfernte Stiedenvorwerk an der Ackerwand, in dem sich die Wohnung der Familie von Stein befand. 350,7–10 Die Schwüre des Barbiers gestern 〈…〉 nicht drauf gerichtet.] Mit Bezug auf Sigmund von Seckendorffs „Zauber-Spiel“, das demnach am 24. November 1781 aufgeführt worden war (vgl. dagegen Sichardt, 164f.). Nach Belegen in den Schatullrechnungen vom 23. und 24. November 1781 fand die Aufführung im Weimarer Komödienhaus statt (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 944, Belege Nr 83–85). Es handelte sich dabei um ein pantomimisches Schattenspiel, bei dem im Unterschied zum chinesischen Schattentheater (franz. Ombre chinois) keine Puppen, sondern Schauspieler agierten (vgl. die erste Erläuterung zu 316,7). Dass neben Hildebrand von Einsiedel auch Goethe zu den Mitwirkenden gehörte, ist in den Schatullrechnungen belegt (vgl. LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 944, Beleg Nr 92). Das Stück in Knittelversen erschien wahrscheinlich Ende November 1781 im „Journal von Tiefurth“ (11. Stück; vgl. Journal von Tiefurt2, 121–126). Stoffliche Grundlage war eine Erzählung aus Ovids „Metamorphosen“ (XI, 85–145), der musikalische Wettstreit zwischen Apoll und Pan, zu dessen Richter König Midas bestimmt war. Als Strafe seiner Entscheidung für Pan ließ Apoll ihm Eselsohren wachsen, die er unter der phygrischen Mütze, bei Seckendorff unter einer Perücke, zu verbergen sucht. Nur sein Kammerdiener und ‚Barbier‘ Amyon, im Schattenspiel vielleicht von Goethe dargestellt, kennt sein Geheimnis. Ihm wird am Schluss des „Acktus IV“ empfohlen: Wenn den Amyon sein Geheimniß drückt, So befrey er sich davon geschickt, Damit durch irgend einen lustigen Streich Das Stück eine fröliche Endschafft erreich! (Journal von Tiefurt2, 125.) – Möglicherweise spielt Goethe auf sein ‚Geheimnis‘ an, nämlich das seiner erwiderten Liebe zu Charlotte von Stein, das er im Gegensatz zum ‚Barbier‘ nicht preisgeben wird. 350,10–11 Ich esse bey Hofe] Unter den Gästen der fürstlichen Mittagstafel am 25. November 1781 ist Goethe nicht genannt. Er könnte abends nach „Cour und

NOVEMBER 1781

947

Concert“ an der Tafel mit 20 namentlich nicht aufgeführten Personen teilgenommen haben (FB 1781, S. 221). 350,11 arbeit ich etwas für dich] Möglicherweise mit Bezug auf den „Tasso“, dessen erste Arbeitsphase sich bis Ende November 1781 erstreckte (vgl. zu 161,2).

531. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 26. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 110. – 1 Bl. 19,5 × 10,2(–10,5) cm, 2 ⁄3 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „255.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 237), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 116. WA IV 5 (1889), 224f., Nr 1348. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 350,13 daß du mir auch dieses überlassen willst] Näheres dazu nicht ermittelt. 350,14 Whist] Ein aus England stammendes Kartenspiel mit französischem Blatt. – Wie Goethes wiederholte Erwähnungen in seinen Briefen an Charlotte von Stein nahelegen, war Kartenspielen – oft wurde Tarock gespielt – ein bevorzugter abendlicher Zeitvertreib nicht nur in der höfischen Gesellschaft (vgl. die erste Erläuterung zu 15,13). 350,14 Wonicht] ‚Wo‘ hier konjunktional gebraucht und mit der nachfolgenden Partikel zusammengerückt; begegnet in dieser Form gelegentlich in Goethes Briefen und Werken. 350,15 L. L.] Abgekürzt für ‚Liebe Lotte‘; diese Anrede erst 1781 mit dem Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ gebraucht (vgl. zu 263,7).

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BRIEFE 532–534

532. An Johann Caspar Lavater

〈Weimar〉, 26. November 1781 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 147. – 1 Bl. 19 × 27,8(–28), 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, am rechten Rand Papierverlust mit Textverlust (vgl. a〈n〉 [351,9]; 〈uns〉 [351,10]); Vs. Rest eines roten Siegels; Rs. Adresse: Hl. Helfer Lavater. E: Goethe-Lavater1 (1833), 130f., Nr 37. WA IV 5 (1889), 225, Nr 1349. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 351,1 eine Abschrifft meiner I p h i g n i e ] Goethe hatte Lavaters Bitte im November 1780 zunächst abgelehnt (vgl. zu 148,25–26). 351,1 Gen. Koch] Wahrscheinlich der österreichische General Johann Baptist Freiherr von Koch, Gouverneur von Ostende, der längere Reisen durch Europa unternommen hatte. Möglicherweise war Koch der „vornehme 〈…〉 General von wien“, der Lavater laut Muralts Tagebuch im September 1780 besucht hatte (Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 121). 351,4 Gegen Weynachten kan eine Abschrifft fertig seyn.] Über eine weitere Abschrift der „Iphigenie“ ist nichts bekannt. Sie wurde wahrscheinlich nicht angefertigt (vgl. die folgende Erläuterung). 351,6 wo er sich aufhält] Koch war bereits am 20. Dezember 1780 in Paris gestorben. 351,7 in Curialibus] Von lat. curialis (zur Kurie gehörig): die Förmlichkeiten des Kanzleistils, die Anwendung der Titel betreffend (vgl. GWb 2, 1030). 351,8 Schreibe mir bald] Es ist keine Antwort Lavaters auf diesen Brief überliefert. Der nächste Brief Lavaters, den Goethe erhielt, war der vom 23. November 1781, der sich mit dem vorliegenden Brief kreuzte (vgl. 354,11). 351,10 hinieden] Im religiösen Sinne: ‚hier unten‘, ‚auf Erden‘ (vgl. GWb 4, 1116f.).

533. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 27. November 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/490,I, Bl. 59. – 1 Bl. 17,4 × 14,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, obere linke Ecke abgerissen; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Gemmensiegel: antiker bartloser Kopf mit besternter phrygischer Kopfbedeckung

NOVEMBER 1781

949

(vgl. Femmel/Heres, 12); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „144.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd V, Jg 1783, Nr 136), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 116f. WA IV 5 (1889), 225f., Nr 1350. BEIL AG E

Geschenk für Sophie von Schardt (vgl. zu 351,20). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. die erste Erläuterung zu 351,15). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 351,13 Tageswandrung] Wohl ein Ausflug in die Umgebung Weimars; Näheres nicht ermittelt. 351,15 dein liebes Briefgen] Wahrscheinlich vom selben Tag; nicht überliefert. 351,15 mit dem langgehofften Siegel] Die Psyche-Gemme, die Goethe in Leipzig gekauft hatte und zu einem Ring für Charlotte von Stein verarbeiten ließ (vgl. zu 329,14–15; zu 329,16–17). 351,16–17 Es ist und wird 〈…〉 nach und nach.] Ähnlich äußert sich Goethe in nahezu allen seinen Briefen nach der Rückkehr aus Dessau und Leipzig Anfang Oktober 1781 (vgl. zu 330,14; zu 347,26). 351,19 Gott versteht mich] Eine der wiederkehrenden Redewendungen Sancho Pansas in Cervantes’ „Don Quijote“, von Goethe schon im Brief an Charlotte von Stein vom 6. September 1777 zitiert (vgl. GB 3 I, 164,13–14; zu 128,33). 351,20 gieb beyliegendes der Kleinen.] Nicht ermittelt; möglicherweise Verse für Sophie von Schardt geb. von Bernstorff, die Goethe in den Briefen häufiger als ‚kleine Schwägerin‘, ‚kleine gute Schardt‘ oder ‚die Kleine‘ grüßen lässt (vgl. zu 61,12–13).

534. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 30. November 1781〉 → 〈Weimar〉

DAT IERUN G

Seit dem Erstdruck wird der vorliegende Brief nach seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) vor dem Brief vom 1. Dezember 1781 (Nr 535) auf den 30. November 1781 datiert. Überlieferung und inhaltliche Parallelen sprechen für diese Datierung, die daher beibehalten wird (vgl. die Erläuterungen zu 352,2).

950

BRIEFE 535/536

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 101. – 1 Bl. 13,2 × 7,9(–8,1) cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Stei〈n〉, roter Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „241.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 241), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 117. WA IV 5 (1889), 226, Nr 1351. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 352,2 Morgenden Parthie] Der Kontext legt nahe, dass ein gemeinsamer Ausflug nach Jena geplant war. – ‚Morgend‘ im 18. Jahrhundert noch gebräuchlich für ‚morgig‘ (vgl. Adelung 3, 286; GWb 6, 333). 352,2 Lodern] Der Jenaer Anatom und Medizinprofessor Justus Christian Loder, den Goethe wahrscheinlich gemeinsam mit Charlotte von Stein besuchen wollte (vgl. zu 352,6–7).

535. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 1. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 101. – 1 Bl. 19,6(–19,9) × 10,5(–10,7) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „242“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 242), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 117. WA IV 5 (1889), 226, Nr 1352. BEIL AG E

Ein Exemplar des „Journals von Tiefurth“ (vgl. zu 352,4). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 352,4 das Tiefurter Journal] Wahrscheinlich ein Exemplar des „Journals von Tieffurth eilftes Stück“ (Journal von Tiefurt2, 121) mit zwei Beiträgen von Sigmund von Seckendorff, dem „Zauber-Spiel“ (vgl. zu 350,7–10) und dem zweiten Kapitel seines Romans „Das Rad des Schicksals“, sowie dem Beginn der Überset-

DEZEMBER 1781

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zung des Märchens von „Amor und Psyche“ der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. zu 154,6–7). 352,5 Zeichenstunde] Der Unterricht für Frauen und Mädchen fand an der Weimarer Zeichenschule zweimal wöchentlich jeweils mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr statt. Charlotte von Stein war dort spätestens seit 1781 eingeschriebene Schülerin (vgl. zu 241,4). 352,5 freue mich deiner Liebe] Vgl. zu 351,16–17. 352,6–7 wenn ich es Lodern nicht 〈…〉 versprochen hätte] Wie der folgende Brief an Charlotte von Stein nahelegt, ritt Goethe am 2. Dezember 1781 nach Jena und kehrte am selben Tag zurück (vgl. zu 352,16). Justus Christian Loders anatomische Sektionen hatte Goethe schon Ende Oktober besucht (vgl. zu 336,16–17).

536. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 102. – 1 Bl. 20,8 × 15,4(–15,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „243.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 243), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 118. WA IV 5 (1889), 226f., Nr 1353. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 352,10–11 hattest du mich an ein artiges Misel verheurathet] Im Unterschied dazu hatte Goethe in den Anfangsjahren der Beziehung zu Charlotte von Stein häufig versucht, mit Anspielungen auf seine Miseleyen (GB 3 I, 149,3) deren Eifersucht zu erregen (vgl. GB 3 II, zu 168,9). – ‚Misel‘: wörtlich Mäuslein, für ‚hübsche junge Mädchen‘ (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); ‚artig‘: Modewort des 18. Jahrhunderts, hier im Sinne von ‚hübsch‘, ‚anmutig‘ (vgl. GWb 1, 840); ‚heurathen‘: ältere Wortform zu ‚heiraten‘, das sich in der Hochsprache durchsetzte (vgl. Adelung 2, 1087). 352,13 schickte ich die Pferde fort] Goethe stand im Begriff, Justus Christian Loder in Jena zu besuchen (vgl. zu 352,6–7). 352,16 wenn ich vor 10 Uhr komme] Demnach wollte Goethe noch am selben Tag nach Weimar zurückkehren.

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zung des Märchens von „Amor und Psyche“ der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. zu 154,6–7). 352,5 Zeichenstunde] Der Unterricht für Frauen und Mädchen fand an der Weimarer Zeichenschule zweimal wöchentlich jeweils mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr statt. Charlotte von Stein war dort spätestens seit 1781 eingeschriebene Schülerin (vgl. zu 241,4). 352,5 freue mich deiner Liebe] Vgl. zu 351,16–17. 352,6–7 wenn ich es Lodern nicht 〈…〉 versprochen hätte] Wie der folgende Brief an Charlotte von Stein nahelegt, ritt Goethe am 2. Dezember 1781 nach Jena und kehrte am selben Tag zurück (vgl. zu 352,16). Justus Christian Loders anatomische Sektionen hatte Goethe schon Ende Oktober besucht (vgl. zu 336,16–17).

536. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 2. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 102. – 1 Bl. 20,8 × 15,4(–15,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „243.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 243), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 118. WA IV 5 (1889), 226f., Nr 1353. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 352,10–11 hattest du mich an ein artiges Misel verheurathet] Im Unterschied dazu hatte Goethe in den Anfangsjahren der Beziehung zu Charlotte von Stein häufig versucht, mit Anspielungen auf seine Miseleyen (GB 3 I, 149,3) deren Eifersucht zu erregen (vgl. GB 3 II, zu 168,9). – ‚Misel‘: wörtlich Mäuslein, für ‚hübsche junge Mädchen‘ (vgl. die erste Erläuterung zu 27,16); ‚artig‘: Modewort des 18. Jahrhunderts, hier im Sinne von ‚hübsch‘, ‚anmutig‘ (vgl. GWb 1, 840); ‚heurathen‘: ältere Wortform zu ‚heiraten‘, das sich in der Hochsprache durchsetzte (vgl. Adelung 2, 1087). 352,13 schickte ich die Pferde fort] Goethe stand im Begriff, Justus Christian Loder in Jena zu besuchen (vgl. zu 352,6–7). 352,16 wenn ich vor 10 Uhr komme] Demnach wollte Goethe noch am selben Tag nach Weimar zurückkehren.

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BRIEFE 537/538

537. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 3. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 102. – 1 Bl. 19 × 11 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. Ste〈in〉, Reste eines roten Initialsiegels: „G“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „244“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 244), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 118. WA IV 5 (1889), 227, Nr 1354. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 353,1–2 auf die Reise vorzubereiten] Am 6. Dezember 1781 brach Goethe zu einer Reise über Erfurt nach Eisenach, Wilhelmsthal und Gotha auf (vgl. zu 356,3). 353,3 Krause] Georg Melchior Kraus, Direktor der Weimarer Zeichenschule.

538. An Carl Ludwig von Knebel

Weimar, 3. Dezember 1781 → 〈Nürnberg〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Biblioteka Jagiello´nska Kraków (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4o. 521, Bl. 21. – 1 Bl. 19 × 23,5 cm, 1 2⁄3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen und egh. Paraphe, Tinte. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. Überlieferung zu Nr 119). – Beischluss zu einem Brief Charlotte von Steins an Knebel (vgl. zu 355,8; zu 355,9). E1: Riemer, Mittheilungen 1 (1841), 188 (Teildruck: 353,25–354,2 Das Bedürfniß meiner Natur 〈…〉 um nur zu leben); ebd. 2, 962 (Teildruck: 354,7–9 Von dem Kayser 〈…〉 Schwerdtstreich zu erobern.). E2: Goethe-Knebel 1 (1851), 23f., Nr 27. WA IV 5 (1889), 227–229, Nr 1355. BEIL AG EN

1) Zwei Stücke der Zeitschrift „Chronologen“ (wahrscheinlich Bd 8 [1780 〈recte 1781〉], St. 1–2, S. 1–192; vgl. zu 353,7).

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2) Separatdruck von Christoph Martin Wielands Gedicht „An Olympia“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 355,7). 3) Kupferstiche von Everdingen (vgl. die erste Erläuterung zu 355,7). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Knebels vom 27. November 1781 (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 49v). – Der Antwortbrief vom 7. Dezember 1781 ist nicht überliefert, genauso wie weitere Briefe Knebels vom 17. bis 18. Dezember 1781 (vermutlich am 21. mit einem Paket abgeschickt, vgl. ebd., Bl. 51r und 52v–53r) und vom 1. Januar 1782 (vgl. Knebel, Tgb. 1782, Bl. 2v). Der Brief und die Beilagen wurden am 4. Dezember an Charlotte von Stein geschickt mit der Bitte um Weiterleitung an Knebel (vgl. Beilagen zu Nr 540). 353,7 Die Chronologen] Wilhelm Ludwig Wekhrlins „Chronologen. Ein periodisches Werk“ (Frankfurt und Leipzig 1779–1781〈1783〉). Das Journal, das die aktuelle politische und literarische Welt unterhaltend kommentierte, erschien unregelmäßig in zwölf Bänden zu je drei Stück. Wekhrlin steuerte die meisten Beiträge bei, die meist ohne Autorangaben erschienen. – Knebel hatte am 27. November „G. zwey Chronologen geschickt“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 49v), vermutlich die Stücke 1 und 2 von Bd 8 ([1780 〈recte 1781〉], S. 1–192; vgl. 353,13). Das erste Stück enthielt die „Probe der Politesse der deutschen Musen des achtzehnten Jahrhunderts“ (S. 83–92), eine satirische Reaktion auf die anonyme Ankündigung einer neuen Zeitschrift („Deutschlands achtzehntes Jahrhundert“), die sich abwertend über die Masse der gelehrten Journale beklagt hatte. Der Artikel schloss mit einem satirischen Dialog ab: „Deutschlands achtzehntes Jahrhundert. Eine Parodie“ (S. 89–92). Diese Parodie knüpfte ausdrücklich an Goethes „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ an; das dürfte der Anlass für Knebels Sendung gewesen sein. 353,8 eine Weile] Spätestens seit der Veröffentlichung von Christian Gottlob Voigts Aufsatz zum Kindsmord im Mai 1781 („Ueber die Preißaufgabe. Welches sind die besten ausführbaren Mittel, dem Kindermord Einhalt zu thun?“ In: Chronologen. Bd 7 [1780 〈recte 1781〉], St. 1, S. 79–102; vgl. Wahl/Baerlocher, Kindsmord, 51–68; zu 243,1–2). Goethe dürfte außerdem Zugang zum Exemplar des Herzogs gehabt haben; Carl August hatte sich im September 1781 alle bis dahin erschienenen sieben Bände liefern lassen (vgl. Rechnung der Hoffmannschen Buchhandlung vom 20. September 1781; LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1092, Bl. 252r, Beleg Nr 258). 353,9 Verfaßer] Wekhrlin, der ein Anhänger von Kaiser Josephs II. Reformpolitik war, betrieb mit seinen Journalen eine Radikalaufklärung, die Aberglaube, Intoleranz und Machtmissbrauch bekämpfte. 353,14 Verfaßer des Milchtopfes] „Der Milchtopf. Ein Märchen“ war in den „Chronologen“ erschienen (Bd 7 [1780 〈recte 1781〉], St. 2, S. 128–132). Das Gedicht in Knittelversen ist eine Parabel auf das Heilige Römische Reich Deut-

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BRIEF 538

scher Nation, in der der Kaiser als Zentralinstanz eine Anarchie verhindert. Wekhrlin war jedoch nicht der Verfasser: Er schrieb Auszüge aus der von Carl Maximilian Wilhelm Petermann anonym herausgegebenen Schrift eines unbekannten Autors „Der Milchtopf, ein altes Gedicht“ (o. O. u. J. 〈Bayreuth 1775〉) ab (bes. S. 13–18, mit einer Auslassung S. 17f.). Diese Vorlage stammt laut Petermanns Kommentar aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. – Wekhrlins Veröffentlichung des „Milchtopfs“ stand in Verbindung mit einer Polemik, die 1778 von Linguet in seinem Journal „Annales politiques, civiles, et littéraires du dix-huitième siècle“ (Politische, bürgerliche und literarische Jahrbücher des 18. Jahrhunderts) initiiert worden war: Im Zusammenhang mit Russlands Vermittlungsversuchen im Bayerischen Erbfolgekrieg zwischen Preußen und Österreich, die am 13. Mai 1779 zum Frieden von Teschen führten, hatte Linguet die Bedeutung des Westfälischen Friedens infrage gestellt und die deutsche Verfassung kritisiert. In den „Chronologen“ erschien der Aufsatz „Deutschland. Eine politische Lektion“ (Bd 7, St. 1, S. 2–29), die Übersetzung einer in den „Annales politiques“ veröffentlichten Reaktion auf Linguets Kritik mit Wekhrlins Kommentaren in den Fußnoten. Der zweite Teil des Aufsatzes, unmittelbar dem „Milchtopf“ vorangestellt (S. 103–127), stammt höchstwahrscheinlich von Wekhrlin selbst, der für eine Reformierung des Reiches unter einem „aufgeklärten und tugendhaften Despoten“ (wohl Joseph II.) plädierte (S. 105). 353,15 das Bunte seiner Schrift und Schreibart] Anspielung auf die sehr unterschiedlichen Textsorten, die in den „Chronologen“ verwendet wurden. Neben seinen eigenen Aufsätzen veröffentlichte und kommentierte Wekhrlin Artikel aus deutschen und ausländischen Journalen und druckte Gedichte, Fabeln und Anekdoten ab. 353,19 Schreibe mir mehr von ihm] Knebel ging offenbar dieser Bitte nach und trat in Kontakt zu Wekhrlin. Überliefert ist ein förmliches Schreiben von Wekhrlin an Knebel vom 14. Dezember 1781 (vgl. DLA Marbach, A: Knebel, 64.68). Dem Brief lag ein Exemplar von Andreas Zaupsers polemischer „Ode auf die Inquisition“ bei, die kurz nach dem Erstdruck (1777) in Bayern zensiert und dadurch berühmt geworden war. – Am 4. Januar 1782 schickte Knebel mit einem Brief an Charlotte von Stein das „Bürgermeisteramt eine Fraze von Wekhrlin“ (Knebel, Tgb. 1782, Bl. 3r) sowie am 18. Januar mit einem Brief an Carl August eine „Silhouette von Wekhrlin für Göthe“ (ebd., Bl. 5r), möglicherweise eine von Andreas Leonhard Moeglich in Nürnberg mit Pinsel in Schwarz in einem radierten Rahmen erstellte Silhouette (vgl. KSW, Museen, Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KSi/AK2658). Wahrscheinlich enthielten Knebels Briefe weitere Informationen über Wekhrlin, denn Goethe antwortete ihm am 3. Februar 1782 in Bezug auf „Das Bürgermeisteramt des Harlekin. Eine Fastnachtfrazze mit Tänzen“ (〈Nördlingen〉 1779): Arlekin Burgemeister hat von seinem Bruder dem Milchtopf nichts. Es ist ein elend Pasquill. (WA IV 5, 258.)

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353,20 merkwürdiges] ‚Merkwürdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn von ‚wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 353,23 Beweiß meiner Unermüdlichkeit] Nicht ermittelt, da Knebel sich wohl auf einen nicht überlieferten Brief Goethes (vor dem 26. November 1781) bezogen hatte (vgl. EB 136). – Knebel war bei einer anatomischen Demonstration Loders zugegen, die Goethe zur Vorbereitung der eigenen Vorlesungen an der „Fürstlichen Freyen Zeichenschule“ besuchte (vgl. zu 344,19–31), wie aus seinem Brief an Emilie von Werthern-Beichlingen vom 3. November hervorgeht: „Fand G ö t h e n alleine mit L o d e r im Schloß, unter Todtengerippen und Schädeln und mit anatomischen Studien umgeben. Er empfieng mich mit Liebe. Ich sezte mich zu ihnen nieder, und hörte mit zu. Es wurde mir wohl da. G. erzählte mir nachher die Umstände der Absicht in welcher er hier ist. Wir gingen zusammen mit L o d e r zu seiner Lehrstunde in die Anatomie, wo zwey todte Körper waren“ (GSA 54/344). Dass Goethe auch von der Arbeit am „Egmont“ (vgl. zu 362,4) berichtet hatte, ist möglich. – Die folgende Passage weist Anklänge an John Lockes „Essay Concerning Humane Understanding“ (vgl. zu 129,24–25) sowie an Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ auf (vgl. zu 137,7–10). Letztere gehörten zu Knebels bevorzugter Lektüre (vgl. Knebel, Tgb. 1780, Bl. 10v). 354,5 Standhaftigkeit und Treue] Zentrale Tugenden der stoischen Philosophie (vgl. zu 341,17–19). 354,7 Kayser] Joseph II. war bereits seit 1764 römisch-deutscher König und seit 1765 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation als Mitregent seiner Mutter Maria Theresia. Erst nach ihrem Tod am 29. November 1780 konnte Joseph II. sein Reformprogramm im Sinne des aufgeklärten Absolutismus durchsetzen. Der so genannte ‚Josephinismus‘ zielte auf die Einschränkung der Macht der Kirche, die sich dem Staat unterordnen sollte. Im Herbst 1781 hatte Joseph II. zwei Gesetze verabschiedet, die großes Aufsehen erregten und die vermutlich im Bezugsbrief besprochen worden waren: Das Toleranzpatent vom 13. Oktober 1781 garantierte das Recht der Orthodoxen und Protestanten zur freien Religionsausübung; das Untertanenpatent vom 1. November 1781 hob die Leibeigenschaft der Bauern und den Frondienst auf. Möglicherweise standen Knebels Ausführungen im Zusammenhang mit der Lektüre der „Chronologen“, zumal Wekhrlin die Politik Josephs II. publizistisch unterstützte. In den von Knebel übersandten Stücken des Journals war ein lobender Artikel über Josephs II. Toleranzpolitik enthalten: „Werke der Gastfreundschaft, oder Die Juden zu Wien“ (Bd 8, St. 1, S. 93–100). 354,8–9 Wenn ihm das Glük 〈…〉 zu erobern.] Goethe spielt hier auf den Widerstand seitens der Kirche und der Großgrundbesitzer gegen die Reformpolitik Josephs II. an. In einem früheren Brief an Lavater hatte er sich skeptisch über die Persönlichkeit des Kaisers geäußert (vgl. 253,4–7). – Genius: Im Genius sahen die Römer einen unsichtbaren, persönlichen Schutzgeist. Zugleich galt er als Personifi-

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BRIEF 539

kation der Zeugungskraft. Hier wird er sowohl als Schutzgeist wie auch als Verkörperung menschlicher Tatkraft verstanden.

539. An Johann Caspar Lavater

Weimar, 3. Dezember 1781 → 〈Zürich〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 148. – 1 Bl. 19 × 27,9 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt noch ein 2,5 cm breiter Streifen vorhanden, 1 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Paraphe und Nachschrift (355,2–3 Von allem was 〈…〉 mir meinen Teil.), Tinte. E1: Goethe-Lavater1 (1833), 141f., Nr 38 (Teildruck mit Auslassungen: 354,21–23 Die Kapitels will 〈…〉 so viel hineinsiehst.; 355,2–3 Von allem was 〈…〉 mir meinen Teil.). E2: WA IV 5 (1889), 229f., Nr 1356 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 23. November 1781 (vgl. RA 1, Nr 153; vgl. 354,11). – Ein Antwortbrief ist nicht überliefert. 354,11–12 deine französische Phisiognomik] Der erste Band vom „Essai sur la physiognomonie“ (vgl. zu 14,11). – Laut Muralts Tagebuch hatte Lavater den letzten Teil des Druckmanuskripts am 17. Juni 1781 nach Den Haag geschickt und erhielt erst am 19. Januar 1782 die ersten 200 Exemplare (vgl. Lavater, Werke Ergänzungsbd 3/1, 147 und 163f.). 354,13–14 zwölf von den ersten Exemplaren] Lavater hatte im Bezugsbrief geschrieben: „Vielleicht kommen dir einige Exemplare der französischen Physiognomik zu – kannst du ohne alle Beschwerde 2. oder 3. los werden, so schreib das Geld an meiner Schuld beym Herzog ab.“ (Goethe-Lavater3, 198.) – Lavater reagierte umgehend auf Goethes Bestellung; am 20. Dezember schrieb er dem Frankfurter Bankier Johann Jacob Willemer: „Ich habe von G o e t h e Nachricht, daß Er in We y m a r vielleicht wol 12. Exemplare der Physiognomik brauchen könne, und allso Ordre gegeben, daß I h n e n vom H a a g aus noch 12. zukommen. Sie sind so gütig, so viel s c h l e ü n i g s t an G o e t h e abzusenden, als Sie absenden können.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 586.113.) – Von den subskribierten Exemplaren waren einige für Gotha bestimmt (vgl. GB 8 II, zu 60,4–5 und zu 65,2–3). Die Subskription, deren Abwicklung nicht reibungslos funktionierte, wurde mit Lavaters Anleihe bei Carl August verrechnet (vgl. zu 157,12–13). 354,17 Tobler] Georg Christoph Tobler war am 22. November 1781 in Zürich angekommen (vgl. zu 343,30–33).

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354,21 Die Kapitels] Im Bezugsbrief hatte Lavater Goethe gebeten, die Kapitel 18 und 19 des Johannes-Evangeliums zu lesen und ihm Rückmeldung für die Arbeit am „Pontius Pilatus“ zu geben (vgl. Goethe-Lavater3, 198). Dieser ging nicht weiter darauf ein. – Am 16. Januar 1782 richtete Lavater an Knebel die gleiche Bitte (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.147; Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 2, 404f.). Der äußerte in seinem Brief vom 10. Februar 1782 ernsthafte Bedenken über Lavaters Vorhaben (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.124). 354,22–23 noch so viel hineinsiehst] Anspielung auf Lavaters Tendenz, die biblische Überlieferung im Sinne seiner Christologie auszulegen und seine theologischen Auffassungen in die Quellen hineinzudeuten. 354,24 Bäben] Barbara (Bäbe) Schultheß, eine gemeinsame Freundin Lavaters und Goethes (vgl. die zweite Erläuterung zu 14,29). 354,24 Pfenningern] Vgl. die dritte Erläuterung zu 14,29. 354,25 Taßo] Goethe hatte die Sendung am 14. November 1781 angekündigt (vgl. zu 344,1–2). 354,26 Von Knebels Hegire 〈…〉 Tobler gesprochen.] Knebel war nach Franken übergesiedelt, wohin ihn Tobler bis Nürnberg begleitet hatte (vgl. zu 339,11). Auf Knebels Brief vom 9. Januar 1782 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.123) antwortete Lavater am 16. Januar 1782: „Ich hoffe doch – Weymar, wird Nürnberg überwiegen. Trauen Sie sich mich. Nirgend ist volle Harmonie.“ (ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.147.) – Hegire (franz. hégire): ‚Flucht‘, ‚fluchtartige Abreise‘. Hier von Goethe zuerst verwendet, später als Titel des Eröffnungsgedichts des „West-östlichen Divans“ (WA I 6, 5f.). – Zu Goethes Fluchtgedanken vgl. zu 301,19. 354,27 schreibe und schike bald] Der nächste überlieferte Brief Lavaters ist vom 17. April 1782 (vgl. RA 1, Nr 159). Wahrscheinlich schickte Lavater zuvor Auszüge seines „Pontius Pilatus“. 355,2–3 Von allem was die Geister 〈…〉 meinen Teil.] Anspielung auf die in den vorhergehenden Briefen thematisierte Faszination Lavaters für Cagliostro (vgl. die zweite Erläuterung zu 209,1; 235,31–236,2; zu 288,11–13) sowie auf Lavaters „Aufzeichnungen über den Geist Gablidone“ (vgl. zu 342,7; zu 343,13). – Lavater ging in einem Brief an Carl August vom 21. Dezember 1781 auf Cagliostro ein: diesmahl, vor Weyhnachten, nur Ein WörtchL, Beßter! Ich danke IhnL für das, was Sie Hozen thun. über Calliostro’s K r a f t hoff’ich in 6 WochL entscheiden zukönnen. Mich druckt jeder Mensch, den ich nicht f r e y f r a g L kann. Mit Ihm ist nichts anzufangL. Es giebt Stunden, wo Er schwatzt, wie ein Kind, und Stunden, wo Er toll wird, wenn man Ihn fragt. G o e t h e hat übrigens über das ganze Wesen oder Unwesen einen herrlichL Brief an die S c h u l t h e ß geschrieben.

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BRIEF 540

Im Vertrauen. Er bezeügt der Frau Sarrasin unerklärlichL Krankheitszustand bloß durch Vermittelung dL Geister, die Ihm das innwendige ihres Körpers zeigen mußten, erkannt zuhaben. Geheilt ist Sie. Daß Er g r o ß und g e h e i m wirkt, ist beynahe gewiß. ob zu großL Z w e c k L? ob d a u r e n d? ob w a h r? – Te m p u s d a b i t! Z. dL 21. Xbr 1781 L. (H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 70, Bl. 9.) 1–2 was Sie Hozen thun] Vgl. zu 96,11. 8 Frau Sarrasin] Vgl. zu 288,10. 12 Te m p u s d a b i t] Lat.: Die Zeit wird es lehren.

540. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 4. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 103. – 1 Bl. 20,4(–20,7) × 12,9(–13,1) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben Mitte von fremder Hd, Bleistift: „51“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „246.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 245), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E1: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 118f. (ohne Nachschrift; vgl. WA IV 5, 379). E2: WA IV 5 (1889), 230f., Nr 1358 (Eduard von der Hellen). BEIL AG EN

1) Kupferstiche von Everdingen (vgl. die erste Erläuterung zu 355,7). 2) Separatdruck von Christoph Martin Wielands Gedicht „An Olympia“ (vgl. die zweite Erläuterung zu 355,7). 3) Brief Goethe an Carl Ludwig von Knebel (Nr 538; vgl. zu 355,8). 4) Zwei Stücke der Zeitschrift „Chronologen“ (vgl. zu 355,8–9). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 355,4 der Seckendorf] Sophia Friederike von Seckendorff, die Frau Sigmund von Seckendorffs, die zum Freundeskreis um Knebel und Charlotte von Stein gehörte. 355,5 Der neue Spieltisch] Dazu hat sich eine Rechnung des Tischlers Johann Franz Preller vom 7. Dezember 1781 erhalten, in der u.a. aufgeführt werden: „ein Fuß von Eichen Holtz und roth gepeitzet 6 gL / ferner ein Spiel Tisch von 3 Fuß 〈etwa 84 cm〉 ins Quadrat 4 thL / ferner vor Ein und halb Elle 〈etwa 90 cm〉 grün

DEZEMBER 1781

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Tuch 〈…〉 zu den Tisch genommen 1 thL 1 gL“ (GR/Belege 1781/82, 1, Bl. 42). – Von den beiden heute in Goethes Gartenhaus an den Stirnseiten des Erdsälchens aufgestellten Spieltischchen aus Eichenholz, die zur frühen Möblierung gehörten, ist keiner mit dem hier erwähnten identisch. Beide stammen wahrscheinlich aus dem Jahr 1783 (vgl. Rechnung des Tischlers Johann Friedrich Holtzhauer vom 11. März 1783; GR/Belege 1783, 1, Bl. 27). 355,5 Karten] Damals bevorzugte Kartenspiele waren Tarock und Whist (vgl. jeweils die erste Erläuterung zu 15,13 und zu 350,14). – In Goethes Rechnungen sind 1781 mehrfach Ausgaben für „Tarok-Karten“ verzeichnet (u.a. GR/RB 1781/82, Bl. 27v). 355,6 Ernstens Vorschrifft] Ernst von Stein, der mittlere, damals 15-jährige Sohn Charlotte von Steins. – ‚Vorschrift‘ hier im Sinne einer mündlichen Vorgabe oder Regel (für das Kartenspiel) (vgl. Adelung 4, 1294f.). 355,7 die verlangten Everdingens] Kupferstiche des niederländischen Landschaftsmalers und Radierers Allaert van Everdingen, möglicherweise aus Goethes Sammlung (vgl. zu 223,29–224,2). Wie der Kontext nahelegt, waren sie wie auch der Separatdruck von Wielands Gedicht „An Olympia“ Geschenke zu Knebels 37. Geburtstag am 30. November 1781. 355,7 a n O l y m p i e n ] Separatdruck (ohne Angabe des Verfassers) von Wielands Gedicht „An Olympia. / Am Vier und Zwanzigsten / des Weinmonds / 1781.“, der anlässlich des 42. Geburtstages der Herzoginmutter Anna Amalia am 24. Oktober 1781 erschienen war (4 Bl.; GSA 93/3). Das beigelegte für Knebel bestimmte Exemplar ist nicht überliefert. – Wielands Gedicht wurde 1782 im Novemberheft des „Teutschen Merkur“ (S. 101–104) erneut abgedruckt, und zwar unter dem Titel: „An I. D. d. V. H. v. W. / Am 24sten October“ und mit der Verfasser-Initiale „W.“ (vgl. WOA 16.1, 494–497). 355,8 Brief an Knebeln] Goethes Brief an Knebel vom 3. Dezember 1781 (Nr 538), den Charlotte von Stein ihrem eigenen Brief beischließen sollte. Knebel hielt sich seit dem 6. November in Nürnberg auf (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 46v). 355,8–9 den Chronologen] Wahrscheinlich die ersten beiden Stücke des 8. Bandes von Wilhelm Ludwig Wekhrlins Zeitschrift „Chronologen“ (vgl. zu 353,7), die Knebel am 27. November 1781 an Goethe geschickt hatte. 355,9 schreib ihm dazu] Den Eingang der Weimarer Sendungen vermerkte Knebel im Tagebuch vom 5. Dezember 1781: „Geschenke zu meinem Geburtstag von We i m a r erhalten. Nebst Brief von G〈oethe〉 Fr〈au〉 v〈on〉 St〈ein〉 Em〈ilie von Werthern-Beichlingen〉 Sch 〈Sophie von Schardt〉 p“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 50v). 355,14 Ballet] Wahrscheinlich der Entwurf zum „Pantomimischen Ballett untermischt mit Gesang und Gespräch“, das am 30. Januar 1782, dem 25. Geburtstag von Herzogin Louise, aufgeführt werden sollte (vgl. WA I 16, 444–452).

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541. An Charlotte von Stein

BRIEFE 541–543

〈Weimar〉, 6. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 103. – 1 Bl. 20 × 12,8 cm, 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Siegelreste; Vs. oben Mitte von fremder Hd, Bleistift: „52“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „247.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 246), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 119. WA IV 5 (1889), 231, Nr 1359. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 355,15 meine Schlüssel] Zum Gartenhaus oder auch die Schlüssel zu den Brücken, über die man zu Goethes Garten gelangte. Sein Grundstück lag oberhalb des „Sterns“, des ältesten Teils des Schlossparks, der damals vollständig von der Ilm und dem Floßgraben eingeschlossen war (vgl. GB 3 II, zu 189,1). 355,16–17 daß nichts ausser dir Eingang findet] Vgl. zu 330,14.

542. An Charlotte von Stein

〈Weimar, 6. Dezember 1781〉 → 〈Weimar〉

DATIERUN G

Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) wurde der vorliegende Brief nach dem Brief vom 25. Juli 1781 (Nr 455) eingeordnet. Schöll setzt ihn im Erstdruck nach einem vermuteten inhaltlichen Bezug (vgl. zu 291,25) in die Zeit vor die Ilmenaureise Ende Juni 1781. Seit der Ausgabe von Fielitz wird der Brief auf den 6. Dezember 1781 datiert, den Tag von Goethes Abreise nach Gotha und Eisenach. Nur Eduard von der Hellen ordnete ihn in WA IV den undatierten Briefen aus der Zeit vor der italienischen Reise zu. Anrede, Tonfall und Inhalt (vgl. zu 356,3) sprechen für die überwiegend vorgenommene Datierung, die daher beibehalten wird. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 68. – 1 Bl. 13,6 × 19,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „153.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 160), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

DEZEMBER 1781

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E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 83. WA IV 7 (1891), 268f., Nr 2392. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 356,1 m. L.] Abgekürzt für ‚meine Liebe‘, möglicherweise auch für ‚meine Lotte‘ (vgl. zu 263,7). Diese Anrede wird in der Korrespondenz etwa seit März 1781 mit dem Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ gebraucht (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496). 356,3 Nun sag ich dir noch einmal lebe wohl.] Goethe stand im Begriff, nach Erfurt aufzubrechen, von wo aus er am 7. Dezember (vgl. 356,9–11) über Gotha weiter nach Eisenach, Wilhelmsthal und Barchfeld reiste. 356,4 Auf diesem beweglichen Erdball] ‚Beweglich‘ hier als Prinzip der Natur und des Lebens überhaupt, im Sinne von ‚ewig wandelbar‘, ‚veränderlich‘, ‚vergänglich‘ (vgl. GWb 2, 598). Wohl auch in Anspielung auf das ‚wandelbare‘ Glück, dem Goethe in Form einer Kugel auf einem Kubus als ‚Stein des guten Glücks‘ ein Denkmal gesetzt hatte (vgl. zu 214,7). 356,6–7 wenn ich dich wieder sehe] Goethe kehrte am Sonntag, dem 16. Dezember 1781, nach Weimar zurück (vgl. zu 363,3).

543. An Charlotte von Stein

Erfurt, 7. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 104. – 1 Bl. 16 × 20,2(–20,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben Mitte von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „53“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „245.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 247), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 120. WA IV 5 (1889), 231f., Nr 1360. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 10. Dezember 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 361,1). 356,8 Arnolden] Der herzogliche Kammerhusar Johann Sebastian Arnhold (vgl. Hofkalender 1781, 88). 356,9 die Pferde werden bald da seyn] Für die Weiterreise zunächst nach Gotha, von wo aus Goethe nach Eisenach, Wilhelmsthal und Barchfeld ging.

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BRIEFE 544/545

356,11 Stadthalter] Carl Theodor von Dalberg, kurmainzischer Statthalter in Erfurt, mit dem Goethe in freundschaftlichem Kontakt stand und den er 1780/81 mehrfach besuchte (hierzu und zum Folgenden vgl. u.a. zu 51,23–24). 356,11 stickt] Sticken: alte Nebenform zu ‚stecken‘ (vgl. Grimm 17, 1319); Goethe war vor allem die flektierte Form ‚stickt‘ geläufig; sie ist in seinen Briefen noch bis in die 1820er Jahre belegt. 356,14 in dieser Stube] Im sachsen-weimarischen Geleithaus (heute Regierungsstraße 72) unmittelbar neben der Residenz Dalbergs, der kurmainzischen Statthalterei (heute Thüringer Staatskanzlei). Der Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach besaß das für ganz Thüringen geltende Obergeleit. Das ehemals kursächsische Geleithaus befand sich deshalb in seinem Eigentum und diente als Unterkunft für den Herzog und den Weimarer Hof, darunter Goethe, der als Wegebaukommissar häufig dort Station machte (vgl. zu 51,14–16). 356,16 Meinen neuen Roman über das Weltall] Nicht überliefert; wahrscheinlich wurde auch dieses Roman-Projekt nicht ausgeführt (vgl. zu 124,24). 356,19 Erf.] Erfurt.

544. An Charlotte von Stein

Gotha, 8. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 105. – 1 Bl. 16 × 20,2 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt etwa 1,5 cm als Falz auf Trägerpapier geklebt, 1 ¼ S. beschr., egh., Tinte; oben Mitte von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „54“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „248.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 248), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 120f. WA IV 5 (1889), 232f., Nr 1361. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 10. Dezember 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 357,12–13). 357,1 Gotha] Das Gothaer Fourierbuch vermerkt die Ankunft des „Herr〈n〉 Geh Rath Göthe“ für den 7. Dezember 1781 (FB Gotha 1781 IV, Bl. 81v). Goethe war sehr zeitig in Erfurt abgereist und sicher noch am frühen Vormittag in der nur etwa 25 km westlich von Erfurt gelegenen Residenzstadt eingetroffen (vgl. 356,9). 357,2 Von freundlichen Gesichtern empfangen] Neben den im Folgenden Erwähnten auch der regierende Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg und dessen Bruder Prinz August. Mit beiden verband Goethe ein fast freundschaft-

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liches Verhältnis. Wie bei früheren Besuchen (vgl. die Anmerkungen zu 331,8) war er auch am 7. Dezember Gast der fürstlichen Mittagstafel, an der er im Unterschied zum Weimarer Hof jeweils nach dem fürstlichen Paar, Prinz August und den beiden Hofdamen der Herzogin an sechster Stelle aufgeführt wird (vgl. FB Gotha 1781 IV, Bl. 81v). Abends aß er gemeinsam mit dem Herzogspaar, Prinz August und der Hofdame Auguste von Schlotheim im „Audienz Zimmer an einem Täfelgen“ (ebd., Bl. 82r). 357,6 Herzoginn] Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg, eine geborene Prinzessin von Sachsen-Meiningen. 357,7 Oberhofmstrn] Juliane Franziska von Buchwald, Oberhofmeisterin am Gothaer Hof, die Goethe ebenfalls schon von früheren Besuchen in Gotha kannte (vgl. zu 332,8–9). 357,7 Dose mit Rousseaus bild] Näheres nicht ermittelt; wahrscheinlich nicht überliefert. 357,10 der vielgeliebte Talisman] Ein Andenken an Charlotte von Stein (vgl. zu 268,4); Näheres nicht ermittelt. 357,10–12 Abends und Morgens 〈…〉 wenn ich deinen Nahmen] Korrespondiert mit Goethes ungewöhnlichen Anreden für Charlotte von Stein (vgl. zu 207,13–14). 357,12–13 bey meiner Rückkehr deinen Brief zu finden] Auf dem Rückweg von Eisenach machte Goethe am 14. Dezember 1781 erneut Station in Gotha, wo er bis zum 16. Dezember blieb (vgl. zu 363,2; zu 363,3). Ein Brief Charlotte von Steins erreichte Goethe am 12. Dezember 1781 in Wilhelmsthal (vgl. zu 361,1). 357,14–16 deine Gestalt und deine Liebe 〈…〉 in Gedancken zu dir] Als Ausdruck der besonderen Verbundenheit mit der Adressatin, die Goethe ihr vor allem seit Oktober 1781 in fast jedem seiner Briefe versichert (vgl. u.a. zu 336,18).

545. An Charlotte von Stein

Eisenach, 9. 〈Dezember 1781〉 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 106. – 1 Bl. 19,5(–19,8) × 27,3(–27,5) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben, Paraphe verschliffen; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „249.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 249), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 121. WA IV 5 (1889), 233f., Nr 1362.

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BRIEF 546

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 10. Dezember 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 361,1). 357,18 Eisenach] Etwa 30 km westlich von Gotha gelegen, Sitz der Zentralbehörden des Eisenacher Landesteils des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach. Goethe logierte bei seinen Eisenacher Aufenthalten im Stadtschloss am Marktplatz (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 164,21). 357,19 Ich kam gestern zu spät] Goethe hatte am 8. Dezember 1781 mittags allein mit dem Herzogspaar und Prinz August im Zimmer der Herzogin gegessen (vgl. FB Gotha 1781 IV, Bl. 82v), war also erst am späteren Nachmittag aus Gotha abgereist. 357,19 Wilhelmsthal] Herzogliches Jagdschloss etwa 10 km südlich von Eisenach, wo sich Herzog Carl August schon seit dem 1. Dezember 1781 zum „Schweins Jagen“ aufhielt: „daß Standt Quardier war in Willhelms Thal, das Jagen aber war bey Tiffenorth“ (FB 1781, S. 225). Das Jagdrevier bei Tiefenort lag etwa 15 km südwestlich von Wilhelmsthal. 357,21–22 In Gotha 〈…〉 mir wohl gemacht.] Vgl. 357,2–9. 357,22–23 Auf dem Rückweege 〈…〉 hängen bleiben.] Goethe reiste am 14. Dezember 1781 von Eisenach aus nach Gotha, wo er bis zum 16. Dezember blieb (vgl. zu 357,12–13). 358,2 mit dem lieben Talismann] Vgl. zu 357,10. 358,5 künstlich] Hier: klug, planvoll, absichtsvoll (vgl. GWb 5, 838).

546. An Charlotte von Stein Barchfeld, 9. und Eisenach, 10.–11. Dezember 1781 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 107. – 2 Doppelblätter: 1. Doppelblatt 13,8 × 19,5 cm, 2. Doppelblatt: 1. Bl. 13,7 × 19,8(–20) cm, 2. Bl. 11,5 × 19,7 cm, 5 ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; S. 3 unten Mitte roter Siegelrest; jeweils oben rechts von fremder Hd, Tinte: „250.“ (S. 1), „251.“ (S. 5). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 250), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 122–125. WA IV 5 (1889), 234–237, Nr 1363.

DEZEMBER 1781

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BEIL AG E

1) Brief von Johann Heinrich Merck an Goethe (vgl. zu 359,4). 2) Brief von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein an Johann Heinrich Merck vom 11. Oktober 1781 (vgl. zu 360,17): So gerne ich schon längst an Ihnen geschrieben hätte, so habe ich es doch mit Vorsatz nicht gethan, den Sie werden mit meiner vertrüsligen Laune beschwerdt sein worden. Den seit der Zeit daß ich Ihren angenehmen Brief erhilt bin ich sehr betriebt gewesen. Ich war eben in Neapel und mit meiner Abreise begrifen, wieder zuruck nach Theutschlandt, wo ich den alten Schlenterweg wider vor mir sahe der mir so verhast ist, den das Portrat mahlen auf die Ardt wie ich es schon getrieben habe, und so wie ich es jezo wider treibe, ist mir so unausstelich, daß ich es Ihnen nicht sagen Mag. ich könte es Ihnen aber sagen alle beschwerden, und alle Hindernisse wolte ich Ihnen theutlich machen die einem verhindern einen guten Mahler zu werden, aber ich mag es nicht daher schreiben Sie werden selber wissen das man unmöglich / was gescheides machen kan mit der Pallette von einem Ord zum andern wandern mus, wo kein ordentlig l i g t i s t. Dann sind noch tausent omstende die sich nicht gut ändern lassen, die schönen Damens komen om 10 Uhr bis 12, da kon man kein Kopf in mahlen. Auch der Preis ist manchmahl so geringe das man nicht Zeit genug dazu anwenden kan um es auszuführen. – – – Das ist gewis, ich wolte lieber mit e i n e r C a p u c i n e r - K l e i d u n g u n d e i n e r g e r i n g e n S p e i s e v o r l i e b nehmen, wen ich nur H i s t o r i e n u n d P o r t r a t e nach meinem willen mahlen könte. Zu leben ist es ganz angenehm auf die Ard wie ich jetzo Portrate mahle; man genist die Weldt besser. Aber ich geniese kein Vergnügen daß ich nicht Darbey weinen mechte, ich sehe mich so vergehen, ich bin so gar nichts – – – und / doch fühle ich so was in mir das ich was werden könte, mit aller meiner Mühe kan ich mein unglucklig Schicksall nicht überwinten, Das kan mich so traurig machen wen ich sehe das so viele taugenikse, von Fürsten understüzet werden, die doch so undichtig sind jemahls was zu werden, alles wert umsonst an ihn verschwendet. ich kan nimand finden der mir hilft, Sie werten wissen wie ich in Cassel stehe. Dencken Sie ein mahl ich habe mich angebotten alles was ich mache vor sie umsonst zum Gebrauch der Academie und sonst zu machen, wen sie mich noch einige jahre wolten Studiren lassen; nach dem wolte ich ihnen Zeitlebens dinen vor das was sie mir geben wollen. Aber sie machen sich so wenig aus mir das sie mir nicht einmal andworten. ich habe es ihnen so theutlig geschrieben / als mir möglich wahr, und doch könen sie es nicht oder wollens nicht begreifen, da nemlig in diesen jahren worin ich bin eine understizung helfen kan. Das finde ich sehr unweiße eine Academie anzulegen um junge leide zureitzen das sie Mahler werden; sie werden nur verleidet daß sie ein nuzliges Geschefte ligenlassen und werden ein unglückliger Mahler oder Schmirer, ich könne derer schon viele die sich als unglecklige Menschen in der Weld herum schlepen, daran ist die Weise einrichtung schuld. Der

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BRIEF 546

Herr Landgraf hatt eine gute Meinung, aber die um ihn sind und die Sage besser verstehen solten, denen verzeie es Gott. Was hilft mich nun das ich in Italien gewesen bin, das ist nicht halb und nicht gantz, ich habe nur einsehen lernen wie schwehr die Kunst ist und das ich ein ungleckliger Stümper bin. / Verzeien Sie mir das ich Ihnen so klaglichen brief schreibe, aber es ist eine Sache die mir viel am Herzen liget als das ich nicht einem solchen Mann was davon sagen solte der so gute Meinung von mir hatt. wen ich nun nicht vortfare so gute Sachen zu machen als Sie von mir erwartet haben, so dencken Sie das es nicht meine Schuld ist. Ich mus nun mich wider an das Portrat mahlen machen, da will ich nur sehen wie weid ich es bringen kan; meine Reise nach Italien hat mir doch so viel geholfen das ich ein wenig Zeichnen kan, und einen Kopf will ich nun erst recht anfangen zu studiren, zuweilen Bekomt man doch auch Menschen zu mahlen daß einem Freude macht. Sie schrieben mir da mahls Sie wolten gerne Zeichnungen nach Raphael, ich kann ommöglich mich noch länger aufhalten, hätte ich es aber eher gewust, so wolte ich Ihnen gerne welche gezeichnet haben, ich habe mir viele Eskizen gemacht, die / aber für einen Liebhaber nichts taugen, weil sie nicht ausgeführt sind, sonst wolte ich Ihnen gerne welche schicken. Vieleicht habe ich noch ein mahl Gelegenheit in Franckreich da viele schöne Rapfhals sind, d e n w i l l i c h I h n e n g e w i s w e l c h e m a c h e n. Ich habe mit vielen Freuden gesehen das Sie mit der Meinung zufrieden sind die ich über die Kunst habe, aus denen briefen die Sie die Gute gehabt haben trucken zu lassen es hatt mir aber leid gethan das ich nicht gewust habe das so ein Mann in Theutschland were der gefallen daran hatt, sonst hätte ich mehr aufgeschrieben. Den an wen solte ich es schreiben, an die Professores in Cassel, die Italiener sagen das sind Professores ma come, und jemand anders habe ich nicht gekand der mich verstanden hätte Winckelmann und Mengs haben verschiedne schöne Sachen aufgeschrieben die sie für Ihre eigene Bemerckung ausgegeben haben / das hört man aber von Buben reden in Rom. Ich habe mich niemahls über die Dumheit sondern über die Gluchheit der Menschen gewondert, aber nie mehr als ich die sachen der Griechen gesehen habe, die Staduen sind gewis das Volkommenste und das Groste was der Menschen Verstand hervor gebracht hatt. und gewis sind sie in der Mahlerey eben so groß gewesen. Ein Andickes Bild habe ich gesehen was mir besser gefallen als alles was ich noch von Mahlerey könne, und doch glaube ich das es nicht von denen Besten ist, den es ist nur mit Leichtigkeit auf eine Mauer gemahlt, und nicht von denen wo sich der Künstler Mühe bey gegeben hatt, aber man sieet wie er eine Figur verstanden, den so wie er mit dem Pinsel gefahren so truckt es immer eine Muskel aus, und das Colorit ist weid schöner als Titian. Bleiben Sie mir gut bis ich Ihnen ein mahl was machen kann, wo durch ich Ihre Freundschaft verdine, alsdan wil ich suchen sie zu befestigen. Zürich, den 11 Oct H Wi. Tischbein.

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(Merck, Briefwechsel 2, 659–661, Nr 485; H: LATh – HStA Weimar, HAC, W3, Bl. 12–15). 36–37 Der Herr Landgraf] Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel. 52 Eskizen] Skizzen. 58–59 denen briefen die Sie die Gute gehabt haben trucken zu lassen] Merck hatte im Aprilheft 1781 des „Teutschen Merkur“ (S. 48–55) Auszüge aus sechs Briefen Tischbeins von dessen erstem Italienaufenthalt mit einer Vor- und Nachbemerkung zum Künstler veröffentlicht. 69 Andickes Bild] Antikes Bild. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 10. Dezember 1781 ist nicht überliefert (vgl. zu 360,13). 358,10 Barchfeld] Etwa 16 km südlich von Wilhelmsthal, seit 1721 Sitz der Landgrafen von Hessen-Philippsthal-Barchfeld (Schloss Wilhelmsburg). 358,13 Wilhelmsthal] Etwa 10 km südlich von Eisenach (vgl. die zweite Erläuterung zu 357,19). 358,13 der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 358,15 Die gute Pr. W. seh ich denn auch verheurathet] Prinzessin Wilhelmine Louise Christiane von Sachsen-Meiningen, Tochter aus zweiter Ehe des 1763 verstorbenen Herzogs Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen mit Charlotte Amalia von Hessen-Philippsthal (vgl. zu 143,23–24). Die Prinzessin hatte am 18. Oktober 1781 in Meiningen Landgraf Adolph von Hessen-PhilippsthalBarchfeld geheiratet. Der Kontext der vorliegenden Bemerkung verweist darauf, dass Goethe sie persönlich kannte, wahrscheinlich war er ihr im September 1780 bei seinem Besuch in Meiningen begegnet (vgl. zu 138,20–21). 358,22 Stein ist gar gut.] Josias von Stein, der als Oberstallmeister zur Begleitung des Herzogs gehörte. 358,22 nur gutes von seinem Schwager erzählt] Rittmeister Karl Eugen Reinhard von Röder, der in Weimar wohl keinen guten Ruf hatte (vgl. zu 359,11–12). 358,23 Eisenach] Etwa 24 km nördlich von Barchfeld gelegen (vgl. zu 357,18). 358,26 spielen lernen] Vgl. die erste Erläuterung zu 15,13. – In seiner Leipziger Studentenzeit hatte Goethe auf den Ratschlag seines Vaters hin das Kartenspielen abgelehnt, weshalb man ihn für einen überflüssigen Menschen gehalten habe, mit dem nichts anzufangen sei (GB 1 I, 68,26–27). 358,27 deinr] Flüchtig für ‚deiner‘. 359,4 Beykommender Brief] Wie aus dem Kontext zu schließen ist, handelt es sich um den nicht überlieferten Antwortbrief von Merck auf Goethes Brief vom 14. November 1781 (Nr 521). 359,4–5 vom Wohlwollen 〈…〉 gegen den deinigen] Möglicherweise mit Bezug auf Carl von Stein, den ältesten Sohn der Adressatin, der in Braunschweig am Collegium Carolinum studierte (vgl. zu 44,7). Über ihn könnte Mercks nicht über-

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BRIEF 547

lieferter Brief an Goethe Mitteilungen enthalten haben. Carl August hatte sich im November 1781 an Merck gewandt, um Nachrichten über Carl von Stein zu erhalten, die ihm Merck aber zunächst schuldig bleiben musste (vgl. Merck an Carl August, 7. November 1781; Merck, Briefwechsel 2, 673). – Nicht auszuschließen ist allerdings auch, dass Goethe mit dem ‚deinigen‘ sich selbst meint. 359,7 eine köstliche Stufe] In Goethes Sammlungen sind aus dem Jahr 1781 zwei Gesteinsproben vom Hellkopf aus der Gegend zwischen Ruhla und Barchfeld überliefert (vgl. Prescher, Goethes Sammlungen, 186, Nr 3275; 189, Nr 3334). 359,9 die Lavas von Butspach] Goethe hatte Merck am 14. November um Stufen aus Butzbach in der Wetterau gebeten (vgl. zu 345,24). 359,11–12 Stein ist bey seiner Schwester 〈…〉 ein Schufft ist.] Sophie von Stein, eine bis zum Tod ihrer Mutter 1778 unverheiratete ältere Schwester Josias von Steins, die 1781 einen Rittmeister von Röder geheiratet hatte und nun offenbar in Eisenach lebte. – Friedrich von Stein merkte zu dieser Stelle an: „Eine bejahrte und vermögende Schwester meines Vaters traf nach dem Tode ihrer Mutter einen ihrer Bewerber aus der Jugendzeit wieder, dem damahls ihre Mutter entgegen gewesen war. Alle Freunde mißbilligten die Heirath mit ihm die sie schloß. Mein Vater der seine Schwester hierdurch glücklich sah; billigte sie uneigennützig.“ (F. von Stein, Erläuterungen, Bl. 12v.) 359,18 Die Gunst die man mir in Gotha gönnt] Vgl. 357,2–9. 359,20–21 durch einen Hof verlohren] Hier mit Bezug auf den Weimarer Hof, den Goethe im Vergleich zu Gotha kritisch sah, wohl auch weil er ihn in seinen Widersprüchlichkeiten sehr viel genauer wahrnahm. 359,28 Ernsten und Fritzen] Ernst und Friedrich von Stein, die beiden jüngeren Söhne der Adressatin. 359,30 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 359,30–31 er füttert 80 Menschen in der Wildniss und dem Frost] In Anspielung auf den großen Aufwand, der bei den Jagden getrieben wurde. Die Schwarzwildjagd (Hohe Jagd) gehörte zu den Privilegien des Adels und wurde von Carl August alljährlich in den Revieren um Eisenach veranstaltet (vgl. die zweite Erläuterung zu 357,19; vgl. GB 3 II, zu 183,10). Im Tagebuch vermerkt Goethe im Dezember 1781 zum Aufenthalt des Herzogs in Wilhelmsthal: Sorge wegen 〈Herzog Carl Augusts〉 allzu kostspieligen Ausschweifungen. (GT I 1, 124.) Den Schatullrechnungen zufolge kostete die „Reise und das Sejour 〈der Aufenthalt〉 Serenissimi zu Eisenach, Wilhelmsthal, Meiningen, Gotha vom 24. Novbr: 1781 bis 4 Jan: 1782“ einschließlich der Reise Herzogin Louises „nach Gotha, 29 December bis 4. Januar 1782“ insgesamt 2923 Reichstaler, 8 Groschen und 11 Pfennige (LATh – HStA Weimar, Fürstenhaus A 1097, Bl. 17v). 359,32 weil er im freyen hetzen will] Die so genannte Schweinshatz, bei der die Wildschweine in einen „mit Netzen und Tüchern umstellten Ort zusammen getrieben“ (Zedler 36, 285) und entweder geschossen oder mit Fangeisen gejagt

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wurden. Auch Hunde und berittene Jäger kamen bei großen Jagden zum Einsatz (vgl. ebd.). 359,32–33 ennuirt] Von franz. ennuyer: sich langweilen, verdrießen; hier: lästig fallen (vgl. GWb 3, 111). 360,6 haushälterischer] Hier: wirtschaftlicher, sparsamer (vgl. GWb 4, 789). 360,8 Eisen.] Eisenach. 360,10–11 gehe wohl morgen auf Gotha wo ich einige Tage bleibe] Entgegen dieser Ankündigung reiste Goethe erst am 14. Dezember 1781 nach Gotha, wo er bis zum 16. Dezember blieb (vgl. zu 357,12–13). 360,13 Briefe von dir] Ein Brief Charlotte von Steins erreichte Goethe am 12. Dezember in Wilhelmsthal (vgl. zu 361,1). 360,17 Der Brief von Tischbein] Vgl. Beilage 2. – Mercks Antwort auf Goethes Brief vom 14. November 1781 (vgl. Beilage 1) lag Tischbeins Brief an Merck vom 11. Oktober 1781 bei, der wahrscheinlich an Herzog Carl August weitergegeben wurde und nicht wieder zu Merck zurückgelangte.

547. An Charlotte von Stein Wilhelmsthal, 12.–13. Dezember 1781 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 108. – 2 Doppelblätter: 1. Doppelblatt: 1. Bl. etwa 15,8(–16) × 20(–20,2) cm, 2. Bl. 16 × 20 cm, 2. Doppelblatt 16 × 20,2 cm, 5 ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Bl. 1 in der oberen Hälfte ein Streifen von etwa 3–4 cm leicht schräg zur Schreibrichtung ausgeschnitten und ausgerissen, Textverlust (vgl. 360,20 dirs 〈 〉 magst; 360,21 kein 〈 〉 leben; 360,22 〈 〉 men. 〈 〉 auf s heiligste, 〈 〉 durchlauchtich; 361,8–9 mache! 〈 〉 / was es sey 〈 〉 gleich); Bl. 2 oberhalb der Mitte vom linken Rand aus etwa 12 cm eingerissen; jeweils oben links von Charlotte von Steins Hd?, Bleistift: „58“ (S. 1), „59“ (S. 5); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „252.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 251), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 125–128. WA IV 5 (1889), 237–240, Nr 1364. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 10. Dezember 1781 (vgl. zu 361,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 360,18 Willhelmsthal] Eines der Jagdschlösser des Weimarer Herzogs, etwa 10 km südlich von Eisenach gelegen (vgl. die zweite Erläuterung zu 357,19).

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BRIEF 547

360,18 D.] Dezember. 360,19–21 Vor allen Dingen 〈…〉 leben] Dies und der folgende Absatz in Erwiderung auf den nicht überlieferten Bezugsbrief Charlotte von Steins, der bei Goethe wahrscheinlich Zweifel an der seit Oktober 1781 immer wieder beschworenen Nähe, Vertrautheit und Einzigartigkeit ihrer Beziehung aufkommen ließ, die er mit seinem Brief auszuräumen sucht. 360,24–361,1 wenn du mir d u bist 〈…〉 kein S i e mehr!] Wie aus dem Folgenden hervorgeht, hatte Charlotte von Stein in ihrem Bezugsbrief die förmlichdistanzierende Anrede ‚Sie‘ gebraucht, nachdem sie zuvor offenbar das ‚Du‘ verwendet hatte, zu dem Goethe seinerseits endgültig nach dem 22. September 1781 übergegangen war (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 496). 361,1 deinen Brief] Mit dem die Adressatin auf Goethes Briefe vom 7., 8. und 9. Dezember 1781 (Nr 543, 544, 545) antwortete; der Brief ist nicht überliefert. 361,13 eine Unschicklichkeit] Hier: ungebührliches Verhalten gegenüber Herzog Carl August, zu dessen Begleitung Goethe in Eisenach, Barchfeld und Wilhelmsthal gehörte. 361,14 Beichtigerinn] Hapaxlegomenon Goethes (vgl. Grimm 1, 1361); eine der ungewöhnlichen Anreden der Geliebten, mit der Goethe die religiöse Metaphorik und die ins Religiöse überhöhte Verehrung Charlotte von Steins aufgreift, die in früheren Briefen des Jahres 1781 begegnen (vgl. zu 260,13–14). – Zu den ungewöhnlichen Anreden vgl. zu 206,10; zu 207,13–14; zu 214,7. 361,14 Liebe Lotte] Die Kurzform des Vornamens der Adressatin gebrauchte Goethe als Anrede in den Briefen erst seit 1781 mit dem Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ (vgl. zu 263,7). 361,17 Der Herzog thut was unschickliches mit dieser Jagd] Vgl. zu 359,30–31. – ‚Unschicklich‘ hier im Sinne von ‚unangemessen‘, ‚übermäßig‘. 361,18 Herzoglichkeit] Hapaxlegomenon Goethes (vgl. Grimm 10, 1258); hier: das seinem Stand geschuldete Betragen Carl Augusts. 361,23 daß ihm zu haus nicht wohl ist] Anspielung auf die von Anfang an schwierige, wenn nicht unglückliche Ehe Carl Augusts mit Louise von SachsenWeimar und Eisemach. Die junge Herzogin beschreibt Wieland in einem Brief an Lavater vom 4. März 1776: „Von unsrer Her[zogin] Louise? Was kan ich Ihnen sagen? Sie ist ein Geschöpf aus meiner lieben Niobes-Familie; gleicht einem Weib aus der Unschuldswelt, oder aus den guten Homerischen u. Patriarchalischen Zeiten wenigstens. 〈…〉 Und doch ist sie nicht glükl. und macht nicht glüklich! Ein trauriges Räthsel! – 〈…〉 Ich sehe sie sehr selten; und wohl mir, daß ich sie selten sehe. Sie ist, nach Seel und Leib, eine Idealische Form für mich, und würde mir mehr Liebe einflößen, als unser Verhältnis tragen möchte. Warum kan C[arl] A[ugust] den Engel nicht aus m e i n e n Augen sehen? Warum kan Louise den edlen, guten, biderherzigen, wiewohl auf halbem Weg verunglückten Heros C. A. nicht mit m e i n e n Augen sehen?“ (WB 5, 481f.) Über die zwischen dem jungen Herzogs-

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paar herrschende Kälte berichtet auch Charlotte von Stein in ihrem Brief an Zimmermann vom 6. März 1776 (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 57 [S. 166,15–17]). Auf das sich anbahnende Verhältnis des Herzogs zu der damals 28 Jahre alten Johanna Louise Gräfin von Werthern-Beichlingen, von der sich auch Goethe angezogen fühlte, finden sich schon im August 1779 erste Andeutungen in Goethes Briefen (vgl. GB 3 II, zu 291,13). Der Herzog zeigte seine Neigung zumindest gegenüber Goethe und wahrscheinlich auch einigen Vertrauten seit dem Frühjahr 1780 vergleichsweise offen (vgl. zu 58,5–6). 361,26 eine Italiänische Ubersetzung des Werthers] Der italienische Mediziner und Übersetzer Michele (Michiel) Salom hatte Goethe am 2. Oktober 1781 seine Übersetzung des „Werthers“ zugeschickt, für die dieser sich am 20. Februar 1782 bedankte: Ihre Übersetzung habe ich mit Vergnügen gelesen und daraus gar leicht gesehen, daß Sie meine kleine Schrift und ihre Absicht wohl verstanden haben, und ich glaube Ihnen meine Dankbarkeit für Ihre Bemühung nicht besser bezeigen zu können, als wenn ich mich erbiete Ihr Manuskript durchzugehen, über einzelne Stellen meine Gedanken zu sagen und Ihnen zu überlaßen was Sie alsdann davon brauchen wollen. (WA IV 5, 266f.) Im Druck erschien Saloms Übersetzung erst 1788: „Verter, opera originale tedesca del celebre signor Goethe, trasportata in italiano dal D. M. S. 〈Dottor Michiel Salom〉“ (2 Tle in einem Bd. Venedig). 361,31–32 meinen vielgeliebten Nahmen 〈…〉 in Annetta verwandelt] In Anspielung auf Lotte, die Hauptfigur des „Werthers“. Seit 1781 mit dem Übergang zum vertraulichen ‚Du‘ gebrauchte Goethe die Kurzform des Vornamens der Adressatin häufig auch als Anrede in den Briefen an sie (vgl. zu 263,7). In der gedruckten Fassung der italienischen Übersetzung lautete der Name der weiblichen Hauptfigur schließlich Carlotta. 362,4 Mein Egmont ist bald fertig] Dies ist der erste direkte Hinweis auf die Arbeit am „Egmont“ seit einem Tagebucheintrag vom 16. März 1780 (vgl. GT I 1, 106,29). In den Briefen hatte Goethe das Stück zuletzt am 7. September 1779 erwähnt (vgl. GB 3 I, 295,1–2). – Nachdem Goethe wahrscheinlich schon in der Frankfurter Zeit den Plan zum Trauerspiel „Egmont“ gefasst und 1775 mit der Niederschrift begonnen hatte (vgl. GB 2 II, zu 47,12 und ebd., zweite Erläuterung zu 151,16), wurde die Weiterarbeit auch in den folgenden Jahren immer wieder unterbrochen. Der „Egmont“ wurde erst 1787 in Rom abgeschlossen und erschien ein Jahr später in Band 5 der Göschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (vgl. EGW 3, 183–205). 362,8 Herz. v. Gotha] Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg, den Goethe auf dem Weg von Weimar nach Wilhelmsthal besucht hatte (vgl. zu 357,2). 362,8 die Jagd] Die Schweinejagd (vgl. zu 359,30–31; zu 359,32). 362,9 Auf den Sonntag giebt der Herzog ein Gastmal] Wie aus Goethes folgendem Brief hervorgeht, nahm er nicht daran teil, sondern reiste über Gotha zu-

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BRIEFE 548/549

rück nach Weimar, wo er am Sonntag, dem 16. Dezember 1781, eintraf (vgl. zu 363,3). 362,11 die Gäste von den Zäunen] In Anlehnung an Lukas 14,23: „Und der Herr sprach zu dem knechte: Gehe aus auf die landstrassen und an die zäune, und nöthige sie herein zu kommen, auf daß mein haus voll werde.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 79.) 362,12 Fourier Zettel] Hier: Verzeichnis der geladenen Gäste der Jagdgesellschaft (in der Reihenfolge ihres Ranges). 362,13 Der Hofmarsch.] Leonhard von Klinckowström, seit 1775 Reisemarschall Carl Augusts, im Laufe des Jahres 1781 zum Hofmarschall ernannt. Der bis dahin im „Hof- und Addreß-Calender“ noch als Hofmarschall geführte Christian von Schardt, der Vater der Adressatin, war de facto schon seit Langem aus dem Dienst ausgeschieden, hatte aber Titel und Bezüge behalten; ab 1782 wurde er auch offiziell nicht mehr als „HofMarschall“ geführt (vgl. Hofkalender 1781, 76; Hofkalender 1782, 75). 362,13 der Oberstallmeister] Der zuvor schon mehrfach erwähnte Josias von Stein (vgl. zu 359,11–12). 362,16 verschlagne Pferde] „Ein Pferd verschlägt, hat verschlagen, wenn es wegen plötzlich unterdrückter Ausdünstung krank wird, welche Krankheit sich zuerst durch eine Streife in den Füßen äußert. Sich verfangen, ist in eben demselben Verstande üblich, besonders, so fern das Verschlagen von dem Winde oder einem hitzigen Trunke herrühret.“ (Adelung 4, 1120.) 362,18–19 politisch moralisch dramatische Tasche] Möglicherweise in Anspielung auf die oben erwähnte Weiterarbeit am „Egmont“. 362,19–20 in der Italienischen Ubersetzung] Vgl. zu 361,26. 362,23–24 der Bote] Wahrscheinlich ein herzoglicher Husar (vgl. zu 129,15). 362,24 meine Einzige] Ausdruck der Exklusivität seiner Beziehung zu Charlotte von Stein, als Anrede in den Briefen verstärkt seit dem Frühjahr 1781 gebraucht (vgl. auch zu 330,14). 362,27 D.] Dezember.

548. An Charlotte von Stein

Eisenach, 14. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 109. – 1 Bl. 19,3(–19,5) × 21(–21,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben links von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „60“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „253.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 252), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

DEZEMBER 1781

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E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 128. WA IV 5 (1889), 240, Nr 1365. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 363,2 Heute Abend bin ich Gotha] Flüchtig für ‚bin ich in Gotha‘. – Nach dem Fourierbuch „sind der Herr Geh Rath Göthe“ am 14. Dezember 1781 „5 Uhr“ in Gotha angekommen (FB Gotha 1781 IV, Bl. 88v). 363,3 Sonntags binn ich wo mein Herz ist] Goethe reiste am 16. Dezember 1781 nach Weimar zurück (vgl. FB Gotha 1781 IV, Bl. 90v). 363,5 die Jagd] Die Schweinsjagd in den Revieren um Eisenach, zu der Carl August eine große Gesellschaft geladen hatte (vgl. zu 359,30–31; zu 359,32). 363,5 einen grosen Ball] Das im vorangegangenen Brief angekündigte Gastmahl (vgl. zu 362,9). 363,7 ein Bote] Vgl. zu 362,23–24. 363,7 zu guter Zeit] Hier im Sinne von ‚frühzeitig‘, ‚zu früher Stunde‘; nach franz. de bonne heure.

549. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 17. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 110. – 1 Bl. 13,8(–14) × 19(–19,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben links von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „61“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „254.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 253), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 128f. WA IV 5 (1889), 241, Nr 1366. BEIL AG E

1) Italienische Übersetzung des „Werthers“ (vgl. zu 363,12). 2) eine Geschichte (vgl. zu 363,13). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 363,9–10 schon wieder deine Stimme hören] Goethe war am 16. Dezember 1781 aus Gotha, der letzten Station seiner Reise nach Eisenach, Barchfeld und Wilhelmsthal, zurückgekehrt (vgl. zu 363,3). Der vorliegenden Bemerkung und

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BRIEF 550

dem Nachsatz des Briefes (363,19) zufolge hatte er Charlotte von Stein noch am Tag seiner Ankunft besucht. 363,11 artig] Von Goethe häufig gebrauchtes Modewort mit zahlreichen Bedeutungsnuancen, hier: freundlich, angenehm (vgl. GWb 1, 839). 363,12 Hier schick ich den Ital. Werther] Das Manuskript von Michele Salom hatte Goethe während seiner Reise in Eisenach oder Wilhelmsthal erhalten (vgl. zu 361,26). 363,13 eine Geschichte] Nicht überliefert; Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. 363,13–14 die Herzoginn von Gotha] Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg, eine geborene Prinzessin von Sachsen-Meiningen, der Goethe zuletzt während seines Besuches am Gothaer Hof begegnet war (vgl. 357,6–7; zu 357,2). 363,19 was ich bey dir habe] Verkürzt für ‚was ich bei Dir vergessen habe‘ beim Besuch am 16. Dezember.

550. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 19. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 118. – 1 Bl. 17,7(–17,9) × 9,3(–9,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben links Reste der Beschriftung eines wiederverwendeten Blattes (Unterlängen), oben rechts von fremder Hd, Tinte: „266.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 258), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 129. WA IV 5 (1889), 241, Nr 1367. BEIL AG E

Beschreibung der letzten Reise von James Cook (vgl. zu 364,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 364,1 Ich schliese mit Coocks Todt das Buch und schick es dir.] Wahrscheinlich das 1781 in Berlin erschienene „Tagebuch einer Entdekkungs Reise nach der Südsee in den Jahren 1776 bis 1780“ (vgl. die folgende Erläuterung). Der Bericht über James Cooks Tod findet sich etwa 50 Seiten vor dem Schluss des Buches, das laut Johann Reinhold Forster auf persönlichen Aufzeichnungen eines Mitreisenden basiert. Als Verfasser gilt der Marineoffizier John Rickman (vgl. Forster, Werke 11, 445f. und 454). – Nicht ganz auszuschließen, aber weniger wahrscheinlich ist,

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dass sich Goethe hier auf das Original bezieht: „Journal of Captain Cook’s last voyage to the Pacific Ocean, on Discovery; performed in the Years 1776, 1777, 1778, 1779“ (London 1781). In Goethes Bibliothek sind beide Titel nicht nachweisbar. 364,1–4 Es ist eine grose Catastrophe 〈…〉 und andrer willen.] Über die Verehrung der ‚Indianer‘ für James Cook berichtet der Tagebuchschreiber (John Rickman), der an Cooks letzter Südseereise teilgenommen hatte, die ihn im Oktober 1778 zu den Sandwichinseln (Hawaii) führte: „Manche haben Kapitain Cook, wegen seiner Strenge gegen die Indianer getadelt, er war es aber nicht blos gegen sie, sondern gegen alle auf Schiffen. Keinem von seinen Leuten blieb auch der geringste Fehler unbestraft. Ward einer davon überführt, daß er einen Wilden gemißhandelt, oder sich an seinem Eigenthume vergriffen, so ließ er ihn sicher in Gegenwart der Indier bestrafen. Durch diese unpartheische Handhabung der Gerechtigkeit, bekamen die Indier einen so hohen Begrif von seiner Weisheit und seiner Macht, daß sie ihm gleiche Ehre, wie ihren Et-hu-a, oder guten Gott erwiesen.“ (Tagebuch einer Entdekkungs Reise nach der Südsee in den Jahren 1776 bis 1780 unter Anführung der Capitains Cook, Clerke, Gore und King. Mit einer neuen verbesserten Karte und Kupfer nach der originellen Handschrift getreulich beschrieben. Eine Uebersetzung nebst Anmerkungen von Johann Reinhold Forster. Berlin 1781, S. 286f.) Ungeachtet der Verehrung Cooks durch die Insel-Bewohner verlor er bei einer Auseinandersetzung mit ihnen in der Kealakekua-Bucht am 14. Februar 1779 sein Leben. „Ein Kerl der den Kapitain Cook mit einen Streich drohete, ward auf der Stelle von ihm erschossen, und wie er mit seiner doppelten Flinte nach einen andern zielte, kam ein Wilder mit aufgehobener Keule hervor, schlug ihn auf dem Kopf, daß er zur Erde stürzte, und sties ihn mit seinem Pahahi (eine Art von Dolch, die unser Waffenschmiede, auf des Königs Bitten den Tag vorher verfertigt hatten) mit solcher Macht durch die Schultern, daß die Spitze aus der Brust wieder hervor kam. 〈…〉 So beschloß der gröste Seefahrer sein Leben, dessen Gleichen keine Nation aufweisen konte. Dreimal hatte er glücklich eine Schaar tapferer Britten um die Welt geführt, und die oft von Gelehrten bezweifelte, und behauptete Existenz eines südlichen Welttheils völlig vernichtet. Er sezte die Grenzen der Erde und des Meers, und zeigte die Unmöglichkeit einer nordwestlichen Durchfahrt, aus dem atlantischen Meer in die Südsee, welche lange vergebens von den berühmtesten Seefahrern gesucht ward, um welche ungeheure Summen verschwendet worden, und eine Menge versuchter Seefahrer ihr Leben jämmerlich verloren haben. Leser wenn du einiges Gefühl für dein Vaterland bei diesem grossen Verluste hast, oder einiges Mitleiden für diejenigen die der Entleibte Befehlshaber zurückließ sein Schicksal zu beklagen, so opfere mit mir bei dieser traurigen Erzählung eine Thräne, daß er der so vielen Gefahren trozte, und den Tod in tausendfältiger Gestalt sah, zulezt von der Hand eines feigen Wilden fiel, der aus Furcht vor seinem unaufhaltsamen Zorn, sich hinter ihm schlich, und meuchelmörderisch den Rücken durchborte.“ (Ebd., S. 301–303.)

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BRIEFE 551/552

364,5–6 Ich bin dir ganz nah 〈…〉 Lufft in der ich lebe.] Kurz nach der Rückkehr aus Eisenach, Wilhelmsthal und Gotha am 16. Dezember 1781 vermerkte Goethe in seinem Tagebuch: Mit 〈Charlotte von Stein〉 stille und vergnügt gelebt. (GT I 1, 124.)

551. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 20. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 119. – 1 Bl. 19,8(–20) × 16,2(–16,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „267.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 260), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 129f. WA IV 5 (1889), 242, Nr 1368. BEIL AG E

Herders Aufsatz „Liebe und Selbstheit“ (vgl. zu 364,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 364,8 meine gestrige Enthaltsamkeit] Goethe hatte die Freundin am 19. Dezember 1781 nicht besucht (vgl. 364,6–7). 364,9 l. L.] ‚Liebe Lotte‘ (vgl. zu 263,7). 364,10 Liebe und selbstheit] Möglicherweise lag dem Brief ein Aushängebogen des Dezemberheftes 1781 des „Teutschen Merkur“ mit Johann Gottfried Herders Aufsatz „Liebe und Selbstheit. Ein Nachtrag zum Briefe des Herrn Hemsterhuis“ (S. 211–235) bei. Es handelte sich um einen Nachtrag zu seiner Übersetzung von Frans Hemsterhuis’ Abhandlung in Briefform „Lettre sur les désirs“, die unter dem Titel „Ueber das Verlangen“ im Novemberheft des „Merkur“ (S. 99–122) erschienen war. 1785 nahm Herder seinen Aufsatz in die erste Sammlung der „Zerstreuten Blätter“ (Gotha) auf. 364,10 Meine Verse zu der Zeichnung] Das Gedicht „Das Neueste von Plundersweilern“ (WA I 16, 45–55), das nach Bänkelsängerart ein ‚Scherzbild‘ von Georg Melchior Kraus erklärt, welches die deutsche Literatur der nächstvergangenen Jahre (ebd., 43,15–16) darstellt. Goethe knüpft mit seinen Versen an das schon 1773 entstandene Maskenspiel „Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ an, das am 20. Oktober und 6. November 1778 vom Weimarer Liebhabertheater in neuer Fassung (vgl. WA I 16, 8–39) und in der Vertonung der Herzoginmutter Anna Amalia

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in Ettersburg aufgeführt worden war (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 406). Seither war der satirisch-fiktive Ort „Plundersweilern“ als Bühne des ‚großen Welttheaters‘ im Kreis um Anna Amalia mit Ettersburg verbunden. Die Originalzeichnung von Kraus, ein Aquarell (Feder in Braun), ist in den Museen der Klassik Stiftung Weimar überliefert (Graphische Sammlungen, Inv.-Nr KHz1983/00506). Verse und Zeichnung waren als Weihnachtsgeschenk für Anna Amalia bestimmt und wurden ihr am 24. Dezember 1781 feierlich übergeben (vgl. zu 365,4). 364,11 Coocks Todt] Vgl. zu 364,1–4. 364,17 ein Schweinskopf angekommen] Ein Geschenk von der herzoglichen ‚Schweinsjagd‘ in den Revieren um Eisenach und Wilhelmsthal (vgl. zu 359,30–31).

552. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 24. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 110. – 1 Bl. 19,3 × 11(–11,2) cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, geringfügiger Buchstabenverlust bei der Adresse; Rs. Adresse: Fr. v. St〈ein〉, rote Siegelreste; Vs. oben links von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „62“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „255.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 254), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 130. WA IV 5 (1889), 242, Nr 1369. BEIL AG E

Kuchen (vgl. zu 365,1–2). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 365,1–2 ein Stück Feyertags Kuchen] Ein besonderer Kuchen, der zu den Ritualen der weltlichen und kirchlichen Festtage, hier dem Weihnachtsfest, gehörte, vergleichbar dem im Frankfurter Elternhaus zu Weihnachten üblichen „Liba festiva“ oder „Festkuchen“ (Liber domesticus2, 182, 219; Einträge vom 27. Dezember 1771 und 28. Dezember 1774). 365,4 Um 10 geh ich auf das Theater] Dort fand 1781 die feierliche ‚Weihnachtsbescherung‘ (vgl. die zweite Erläuterung zu 364,10) für die Herzoginmutter Anna Amalia statt (vgl. Sichardt, 165). Nach dem Bericht des Hoftanzmeisters Johann Adam Aulhorn trat dieser selbst als ‚lustige Person‘ auf, während Goethe in

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BRIEFE 553/554

der Rolle des ‚Marktschreiers‘ sein Gedicht „Das Neueste von Plundersweilern“ (WA I 16, 45–55) vortrug: „Der Rath Krauße hatte auf Angeben des Geheimenraths Göte ein Gemählde gemacht, welches das Neuste zu Plundersweilen vorstellte. Es war ein großer Mischmasch von menschlichen Thorheiten, welche sich an den genanten Ort zutrugen und schien zugleich eine Anspielung auf die Literatur unserer Zeiten zu seyn. Der Gh. G. hatte Verse verfertigt, welche die Beschäftigung und Würde einer ieden Gestalt dieses Gemähldes an’s Licht stellten. Das Gemählde, welches in einen über Manneshohen, Ellipsenförmigen, mit Satyrsköpfen und verguldeten Schnitzwerke verzierten Rahm gefaßt war, stand in dem schmalen Sälgen, gegen die Thür gewendet, worinne man in den Aufenthalt der Medizäischen Venus hineingehet. Es war mit 14 Lichtern erleuchtet und darhinter war ein grünes Tuch angeschlagen, welches die nehmlichen Dienste that als bei einem Gemählde der Grund. Die Musik war im Saal. Die Kleidung des Gh. Götens war rothe Strümpfe, welche über die Knie giengen, eine große Bürgermeistersweste, dergleichen Manschetten, Schapeau und Halskrauße, Rock mit großen Aufschlägen, und eine schwartze Perruque. Als der Hertzogin zu wißen gethan worden war, daß alles bereit sei, gieng der Gh. G. mit mir, der ich die nehmliche Kleidung anhatte als auf dem Jahrmarkt zu Plundersweilen und eine Masque vor dem Gesicht, der Hertzogin entgegen; er sagte ihr, er hofte, Ihro Durchl. würden denen Vornehmen zu Plund. die hohe Ehre nicht abschlagen, sie ein wenig im Vorbeigehen zu besuchen, da ihnen diese hohe Gnade an den vorigen Jahrmarkt schon einmahl widerfahren sei; doch ließe sich der dasige Senat entschuldigen, daß er nicht selbst gekommen sey, Ihro Durchl. zu bewillkommen, weil seine Glieder alle verheirathet und Kinder hätten und sich also des Vergnügens ohnmöglich berauben könnten, ihren kleinen Zöglingen heute Abend Heiligen Christ zu bescheeren; derowegen hätten sie ihn armen Hagestoltz abgeschickt Ihro Durchl. einzuladen. Damit war die Anrede aus, ich gab das Zeichen, daß die Musik angieng und die Hertzogin trat in den Aufenthalt der Medizäischen Venus hinein; sie besah mit Fr. v. Jöchhauß das Gemählde.“ (BuG 2, 336f.)

553. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 25. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 111. – 1 Bl. 17,5(–17,7) × 11 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben links von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „63“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „256.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 255), vgl. Überlieferung zu Nr 1.

DEZEMBER 1781

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E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 130. WA IV 5 (1889), 243, Nr 1370. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 365,8 bey Hofe] Goethe war am 25. Dezember 1781 Gast der fürstlichen Mittagstafel der Herzogin Louise und der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. FB 1781, S. 240). Herzog Carl August hielt sich nicht in Weimar auf. Von Wilhelmsthal und Eisenach, wohin er am 1. Dezember zur Jagd aufgebrochen war (vgl. die zweite Erläuterung zu 357,19), ging er nach Meiningen und von dort aus nach Gotha. Am 29. Dezember 1781 folgte ihm Herzogin Louise an den Gothaer Hof (vgl. FB 1781, S. 244). 365,12 Viel Glück zum Geburtstag.] Dies ist der erste schriftlich überlieferte Geburtstagsgruß Goethes für Charlotte von Stein, die am 25. Dezember 1781 41 Jahre alt wurde.

554. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 26. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 112. – 1 Bl. 19 × 12 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „64“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „257“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 257), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 130f. WA IV 5 (1889), 243, Nr 1371. BEIL AG EN

1) Geschenk Charlotte von Steins? (vgl. zu 365,13). 2) Marzipan (vgl. zu 365,13–14). 3) Kupferstich (vgl. zu 365,14). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 365,13 Deiner süssen Liebe schönes Zeichen] Möglicherweise ein Erinnerungsstück, vielleicht ein Haarband Charlotte von Steins, das zwischen ihr und Goethe als Zeichen der Verbundenheit ausgetauscht wurde (vgl. die erste Erläuterung zu 215,3; zu 357,10).

980

BRIEFE 555/556

365,13–14 Franckfurter Marzipane] Auch ‚Frankfurter Brenten‘ genannt, Weihnachtsplätzchen aus Mandeln, Puderzucker und Rosenwasser, mit Eigelb glasiert und mit Mandeln verziert (vgl. GWb 5, 1472). Wahrscheinlich hatte sie Goethe als Geschenk von seiner Mutter erhalten (vgl. zu 182,22). – ‚Marzipan‘ im 18. Jahrhundert im Maskulinum gebraucht (vgl. Adelung 3, 89). 365,14 das verlangte Kupfer] Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. 365,15 Jöchhausen] Louise von Göchhausen, seit 1775 Gesellschafterin, ab 1783 Hofdame der Herzoginmutter Anna Amalia, die für Goethe gelegentlich Schreiberdienste übernahm (vgl. zu 74,15). 365,15 etwas zu ihrem Geburtstag] Mit Bezug auf den bevorstehenden 30. Geburtstag Louise von Göchhausens am 13. Februar 1782. Näheres dazu konnte nicht ermittelt werden. – Am Abend des 13. Februar 1782 fand – möglicherweise anlässlich des Geburtstages Louise von Göchhausens – ein Concert bey der Herzoginn Mutter Anna Amalia statt, bei dem 〈Corona〉 Schröter spielte (GT I 2, 134). 365,16 Carolingens] Caroline von Ilten, in Goethes Briefen meist als ‚Lingen‘ oder ‚Carolingen‘ erwähnt, die in Charlotte von Steins Haushalt lebte (vgl. zu 78,15–16). Ihr genaues Geburtsdatum konnte nicht ermittelt werden. 365,16–17 der kl. Schwägerin] Sophie von Schardt geb. von Bernstorff (vgl. zu 61,12–13). Sie hatte am 23. November Geburtstag und war 1781 26 Jahre alt geworden.

555. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 28. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 111. – 1 Bl. 17,4(–17,7) × 12,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rote Siegelreste; Vs. oben links von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „65“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „258.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 256), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 131. WA IV 5 (1889), 243f., Nr 1372. ERL ÄUT ERUNGEN

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 366,1–2). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 366,1–2 Dem Himmel sey Danck 〈…〉 bleibend ist.] Möglicherweise bezieht sich Goethe damit auf einen nicht überlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag.

DEZEMBER 1781

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366,2–3 Herders Gespräche über die Seelenwandrung] Johann Gottfried Herders Dialoge „Ueber die Seelenwandrung“ erschienen 1782 im Januar- und Februarheft des „Teutschen Merkur“ (Erstes Gespräch: Januarheft, S. 12–32; Zweites Gespräch: ebd., S. 32–54; Drittes Gespräch: Februarheft, S. 98–123). – Der griechische Begriff der   « bezeichnet eine philosophische Spekulation, die auf die Schule des Pythagoras und auf Empedokles zurückgeht, vor allem aber bei Platon Bedeutung gewonnen hat, der diese Vorstellung mit seiner erkenntnistheoretischen Lehre von der $ «, der Wiedererinnerung, verbindet (vgl. GB 3 II, zu 55,2). – Die Vorstellung von der Seelenwanderung (GB 3 I, 55,2) und dass Goethe und Charlotte von Stein einst Mann und Weib (ebd.) gewesen seien, begegnet ganz direkt auch im Brief an Christoph Martin Wieland von Mitte April 1776 (GB 3 I, Nr 84), der sprachlich-inhaltlich in Bezug zu dem in dieser Zeit entstandenen Gedicht „Warum gabst du uns die Tiefen Blicke 〈…〉“ steht, das mit der Datierung 14. April 1776 unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein überliefert ist (vgl. GB 3 I, Nr 82). Mit Hilfe der Idee von der „Seelenwanderung“, die darin unausgesprochen anklingt, wird die eigentlich unerklärbare Nähe und Vertrautheit zur Adressatin des Gedichts erklärt (vgl. auch zu 302,2).

556. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 29. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 112. – 1 Bl. 18,9 × 6,2(–7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oberer Teil des Blattes abgeschnitten, Textverlust (vgl. 366,8), unterer Rand links eingerissen, untere rechte Ecke ausgerissen, rote Siegelspuren; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. unten links von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Bleistift: „66.“, unten rechts von fremder Hd, Tinte: „259“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 258), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 131. WA IV 5 (1889), 244, Nr 1373. BEIL AG E

Süßigkeiten (vgl. zu 366,10). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 366,9 das Ballet] Das „Pantomimische Ballett untermischt mit Gesang und Gespräch“, das am 30. Januar 1782, dem 25. Geburtstag von Herzogin Louise, auf-

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BRIEF 557

geführt werden sollte (vgl. WA I 16, 444–452). Mit dem Entwurf zum ‚Ballett‘ beschäftigte sich Goethe schon seit Anfang Dezember 1781 (vgl. 355,13–14). 366,10 etwas süses] Vielleicht Marzipan (vgl. Beilage 2 zu Nr 554) oder glasierte Früchte (vgl. zu 153,20). 366,11–12 als die hundert Nahmen 〈…〉 dich ewig nenne] Möglicherweise in Anspielung auf die ,schönen Namen‘, auch die ,99 Namen Gottes‘ im Koran (zu Goethes früher Beschäftigung mit dem Koran vgl. GB 2 II, zu 68,7). – Zu den ungewöhnlichen Anreden, die Goethe für Charlotte von Stein gebraucht, vgl. zu 206,10; zu 207,13–14; zu 214,7.

557. An Charlotte von Stein

〈Weimar〉, 30. Dezember 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/489,I, Bl. 122. – 1 Bl. 18,2(–18,5) × 14,2(–14,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs./Rs. rote Siegelreste; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „272“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd IV, Jg 1782, Nr 265), vgl. Überlieferung zu Nr 1. E: Schöll, Goethe-Stein 2 (1848), 132. WA IV 5 (1889), 244, Nr 1374. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 366,15 Jagemannen] Christian Joseph Jagemann, Privatbibliothekar Anna Amalias und ausgewiesener Kenner der italienischen Literatur, den Goethe im Zusammenhang mit der Arbeit am „Tasso“ konsultiert hatte (vgl. zu 175,12). Die Einladung steht im Zusammenhang mit der im Folgenden erwähnten „Werther“-Übersetzung, wie Goethes Brief an Michele Salom vom 20. Februar 1782 belegt: Ihre Übersetzung habe ich mit Vergnügen gelesen 〈…〉 und ich glaube Ihnen meine Dankbarkeit für Ihre Bemühung nicht besser bezeigen zu können, als wenn ich mich erbiete Ihr Manuskript durchzugehen, über einzelne Stellen meine Gedanken zu sagen und Ihnen zu überlaßen was Sie alsdann davon brauchen wollen. Solches zu thun, würde ich mich, bey meiner wenigen Kenntniß der italiänischen Sprache, nicht wagen, wenn ich nicht einen Gelehrten um mich hätte, der selbst in Italien lange gewesen, der, nach seiner Rückkunft, sich das Studium der Sprache jederzeit angelegen seyn lassen, und der selbst den Werther zu übersezen einen Versuch gemacht. (WA IV 5, 266f.)

DEZEMBER 1781

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366,16 die Italiänischen Briefe Werthers] Die Übersetzung des „Werther“ von Salom (vgl. zu 361,26), die Goethe am 17. Dezember 1781 an Charlotte von Stein geschickt hatte (vgl. Beilage 1 zu Nr 549). 366,16–17 dein deutsch Exemplar] Goethes Erstlingsroman „Die Leiden des jungen Werthers“ war zuerst Anfang Oktober 1774 bei Weygand in Leipzig erschienen und in den folgenden Jahren vielfach nachgedruckt und übersetzt worden. Schon vor der ersten Begegnung mit Goethe im November 1775 hatte Charlotte von Stein zu den enthusiastischen Leserinnen des „Werther“ gehört und besaß sicher eine der frühen Ausgaben (vgl. zu 46,11–12). 366,17 Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, gehörte zum engeren Freundeskreis Charlotte von Steins. 366,20 das Portefeuille für Gustgen Stolberg] Ein Geburtstagsgeschenk für Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg. Wie Goethes Brief an sie vom 4. März 1782 belegt, wurde das Geschenk jedoch nicht rechtzeitig fertig: Zu Anfang des Jahrs redete ich mit der kleinen Schardt ab, Ihnen ein Portefeuille zu mahlen und es zum Geburtstag zu schicken. Es stand lange gestickt in meiner Stube und ich konnte nicht dazu kommen 〈…〉. Nun hat es Frau v. Stein gemahlt, ist aber auch nicht glücklich gewesen der Atlas floss, er war zu dünne, es ist eben kein Glück und Segen dabey. (WA IV 5, 275.) – Franz. portefeuille: Brieftasche, Mappe.

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BRIEF 557

AMTLICHES

DEZEMBER 1781

A 1. An Jean Antoine de Castrop?

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〈Weimar〉, 23. Januar 1780 → 〈Weimar〉

ZUM A D RESSATEN

Der vorliegende Brief wurde zum ersten und bislang einzigen Mal in der WA als Brief an Unbekannt gedruckt. Nach Anrede, Tonfall (vgl. die erste Erläuterung zu 407,1), Inhalt und Bezug zum Tagebuch vom 22. Januar 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 407,1) könnte er an den Artillerie-Hauptmann Jean Antoine de Castrop, seit Januar 1779 Goethes Mitarbeiter bei der Wegebaukommission, gerichtet sein. Da Goethe seit seiner Rückkehr aus der Schweiz häufig auch die Kriegskommission erwähnt (vgl. GT I 1, 103f.), deren Leitung er gleichfalls im Januar 1779 übernommen hatte, ist jedoch auch nicht auszuschließen, dass der Brief an ein Mitglied dieser Kommission gerichtet war, möglicherweise Carl Albrecht von Volgstedt. Goethe schätzte Volgstedt jedoch nicht sehr, da u. a. durch dessen nachlässige Arbeitsweise die Repositur der Kriegskommissionsakten in Unordnung geraten war, was Goethe zu beheben suchte (vgl. Bürgin, 124f.). ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. – 1905 in der Schiller-Ausstellung im Stadthaus Jena (vgl. WA IV 50, 158). E: WA IV 50 (1912), 9, Nr 884a (Carl Schüddekopf). Textgrundlage: E. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. 407,1 Sie sind so gütig] Die höfliche Anrede und der respektvolle Ton, in dem der Auftrag vorgebracht wird, verweisen darauf, dass es sich bei dem Adressaten um eine Person handelt, die Goethe zwar unterstellt war, der er aber mit Wertschätzung begegnet. Dies spricht für den im Wegebau erfahrenen Castrop, der zwar Goethes Anordnungen ausführte, doch auch in die Planungen der Projekte einbezogen war (vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 458). 407,1 was an Extrackten, und Manualen abgeht] Vielleicht mit Bezug auf ein Gespräch mit Castrop am 22. Januar 1780, bei dem Goethe Die Weegeb. Sachen in Ordn. (GT I 1, 104) vorgefunden hatte. – ‚Extrakte‘ hier wahrscheinlich Auszüge, Exzerpte aus Büchern oder Akten; ‚Manual‘ hier wahrscheinlich im Sinne von ‚Handbuch‘, ‚Gedächtnisbuch‘ mit chonologischen Eintragungen.

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AMTLICHES 2

A 2. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim Kaltennordheim, 14. September 1780 → 〈Eisenach〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Hoheitssachen Nr 2601, Bl. 12–13. – Doppelblatt 19,6(–19,9) × 27,7(–28) cm, 2 2⁄3 S. beschr., egh., Tinte. – In einem gebundenen Konvolut mit der Aufschrift: „Privat Correspondenz / Ad Zillbacher Sache gehörig“. E: Flach, Zillbacher Holzprozeß (1954), 86–88. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 54–56, Nr 1016a. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsschreiben ist nicht bekannt. – Vor dem 20. September 1780 schickte Mauchenheim einen nicht überlieferten Aufsatz an Goethe (vgl. zu 407,17). Ob ein Schreiben beilag, ist nicht bekannt. Über Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim und dessen Briefwechsel mit Goethe vgl. die einleitende Erläuterung zu GB 3 II, Nr 186. Gegenstand des vorliegenden und eines weiteren Schreibens vom 20. September 1780 (A 3) an Mauchenheim, der seit 1776 Vizekanzler der sachsen-eisenachischen Regierung war, sind die langwierigen Verhandlungen mit Sachsen-Meiningen um Holzlieferungen aus den westlich von Schmalkalden gelegenen Zillbacher Forsten, die ehemals zum Territorium der Grafen von Henneberg gehörten. In der Hennebergischen Forstordnung von 1615 war festgelegt worden, dass die Untertanen für die zu leistenden Fronen auch in der Zukunft das Holz zu einem herabgesetzten Preis kaufen dürften. Als 1660 der Henneberger Besitz unter den sächsischen Herzogtümern aufgeteilt wurde, erhielt Weimar die in den zunächst zu Sachsen-Gotha gehörenden Ämtern Wasungen und Sand gelegenen herrschaftlichen Waldungen, zu denen die Zillbacher Forste gehörten. Dafür verpflichtete sich der Weimarer Herzog, an Sachsen-Gotha Holz abzugeben und den Holzverkauf an die Untertanen in den Ämtern Wasungen und Sand zu den festgesetzten niedrigen Preisen beizubehalten. 1680 fielen die betreffenden Ämter an Sachsen-Meiningen und 1691 die herrschaftlichen Wälder an das Haus Eisenach, wobei die zu leistenden Holzabgaben und die Preise für die Untertanen erneut festgeschrieben wurden. Nachdem die Waldungen 1742 nach dem Aussterben der Eisenacher Linie wieder an SachsenWeimar gelangten, wurden diese Zusagen von Herzog Ernst August I. mit dem Hinweis, dass die Wälder den übermäßigen Holzabbau nicht mehr vertrügen, aufgehoben. Daraufhin erhob das Haus Sachsen-Meiningen für sich und seine Untertanen Klage beim Reichshofrat, dem obersten kaiserlichen Gericht, was zu einem langwierigen Prozess über die böse Holzangelegenheit (407,4–5) zwischen Sachsen-Meiningen und Sachsen-Weimar und Eisenach führte. 1774 nahm Weimar die Holzlieferungen an die Herrschaft und die Beamten Sachsen-Meiningens

SEPTEMBER 1780

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zwar wieder auf, die Forderungen der Untertanen blieben dagegen unerfüllt. – Vgl. dazu ausführlich: Flach, Zillbacher Holzprozeß. 407,4–5 die böse Holzangelegenheit] Am 15. August 1780 traf in Weimar unerwartet ein Bericht des sachsen-weimarischen Residenten am kaiserlichen Hof Christian Bernhard von Isenflamm mit der ungünstigen Nachricht ein, dass die Zillbacher Holzabgabesache auf Drängen der Untertanen am 3. und 4. August 1780 vor dem Reichshofrat zum Vortrag gekommen sei und der Reichshofrat am 4. August beschlossen habe, dass die festgelegten Holzlieferungen binnen zwei Monaten wieder aufzunehmen seien, um eine Vollstreckung durch Truppen des zuständigen Fränkischen Reichskreises zu vermeiden. Isenflamm riet zum Vergleich mit Sachsen-Meiningen. Am 16. August wurde diese Angelegenheit im Geheimen Consilium verhandelt, woraufhin Christian Friedrich Schnauß beauftragt wurde, ein Gutachten auszuarbeiten (vgl. Wahl, Consilium, 600, Nr 8408). Schnauß kam in seinem Bericht vom 1. September 1780 auch zum Ergebnis, dass gütliche Vergleichsverhandlungen mit Sachsen-Meiningen anzustreben seien (vgl. LATh – HStA Weimar, Auswärtige Angelegenheiten DS 2503, Bl. 14–24). Der beste Weg möchte sein, „wenn das Sachßen Meiningische Ministerium und besonders der Geheimde Rath von Durckheim, welcher sonst sehr gute Gesinnungen hat, gewonnen und durch freundschafftLen Erklarung und Nachgiebigkeit in andern Sachen 〈…〉 dahin gebracht werden könnte, die Unterthanen zu einem solchen anderweitigen Vergleich und renunciation auf ihrer Klage zubewegen.“ (Ebd. Bl. 23v–24r.) Die schon länger geplante Inspektionsreise Goethes und Carl Augusts in das Eisenacher Oberland, die Goethe am 5. September angetreten hatte (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 170), wurde nun auch dazu genutzt, um sich vor Ort ein Bild von der Zillbacher Holzangelegenheit zu machen und die Meininger zu Vergleichsverhandlungen zu bewegen. Am 12. und 13. August 1780 war Goethe in Zillbach gewesen (vgl. 125,5; 126,11–14) und hatte sich am Tag darauf in Kaltennordheim einige Stunden (128,13) mit dem Prozess (128,13) befasst und vermutlich das Gutachten von Schnauß studiert, bevor er den vorliegenden Brief schrieb. 407,8–9 der Gegentheil] Hier, da maskulin, „der Gegner, die Gegenseite, gegnerische Partei“ (GWb 3, 1257; vgl. auch Adelung 2, 487). 407,10 Der Herzog ist jezt in der Gegend] Carl August hielt sich wie Goethe in Kaltennordheim auf (vgl. 126,11). 407,10 nach Meinungen] ,Meinungen‘ für Meiningen (vgl. zu 134,22–23), wohin Goethe und Carl August am 22. September 1780 reisten. 407,13 Türckheim] Franz Christian Eckbrecht von Dürckheim war Legationsrat in Sachsen-Weimar und Eisenach, bevor er 1770 als Prinzenerzieher nach Meiningen ging und dort seit 1775 dem Geheimen Ratskollegium angehörte. Verbindungen zu Weimar hatte Dürckheim auch durch seine Mitgliedschaft in der Weimarer Freimaurerloge „Amalia zu den drei Rosen“, der Goethes Kollege Jacob

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AMTLICHES 2

Friedrich von Fritsch vorstand und in die Goethe am 23. Juni 1780 aufgenommen worden war (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 16), was den inoffiziellen Austausch zwischen Mitgliedern der Weimarer Regierung und Dürckheim sehr wahrscheinlich macht. Auf meiningischer Seite wurde dann auch Dürckheim zum Verhandlungskommissar bestellt (vgl. 139,15–16). 407,14–15 von seiten ihrer Regierung 〈…〉 Halsstarrigkeit] Sachsen-Meiningen hatte schon einmal einen Vergleich nicht ratifiziert (vgl. zu 407,24), was auf Weimarer Seite zu einigem Misstrauen führte (vgl. Flach, Zillbacher Holzprozeß, 64–67). 407,17 Ihre Gedancken] Der Adressat kam Goethes Bitte nach. Am 20. September 1780 schickte Goethe die Abschrift eines Aufsatzes, den er von Mauchenheim bekommen hatte, an diesen zurück (vgl. 408,26). Dieser Aufsatz ist nicht überliefert. 407,17–18 was Sie dem Geschäfft 〈…〉 zu geben gedencken] Mauchenheim war als Vizekanzler in Eisenach dienstlich mit der Sache befasst, da Zillbach zum Bereich des Herzogtums Eisenach gehörte und die dortigen Angelegenheiten von den Eisenacher Behörden zu erledigen waren (vgl. Flach, Zillbacher Holzprozeß, 69). 407,21 zurucken] „Zurücken, v., zurucken. beiseite rücken, um platz zu machen 〈…〉 heran, näher rücken“ (Grimm 32, 689). Hier: die Untertanen nicht sehr hart angehen (vgl. die folgende Erläuterung). 407,24 die Unterthanen Pars geworden] 1767 hatte es zwischen SachsenMeiningen und Sachsen-Weimar und Eisenach einen Vergleich gegeben, in dem die weimarischen Leistungen genau festlegt worden waren, wobei der Holzverkauf zu niedrigen Preisen an die Untertanen stark eingeschränkt wurde. Der Vergleich wurde aber auf Drängen der Untertanen von Sachsen-Meiningen nicht ratifiziert. Am 13. Oktober 1769 wandten sich die Untertanen, die sich durch das Herzogshaus nicht mehr ausreichend vertreten fühlten, als dritte Partei (Pars) mit einer Klage an den Reichshofrat. Da Meiningen die Entscheidung dem Kaiser überließ und die Untertanen als klagende Partei anerkannte, bat Weimar 1773 beim Reichshofrat darum, die Klage der Untertanen, denen das Klagerecht überhaupt nicht zustehe, abzuweisen, was 1774 auch geschah. Am 3. und 4. August 1780 ließ der Reichshofrat die Klagen der Wasunger Untertanen jedoch überraschend zum Vortrag kommen. 407,25 Conclusum] Beschluss, Entscheidung des Reichshofrats. Das Conclusum vom 4. August 1780 setzte fest, dass das Conclusum vom 19. Oktober 1744 gelte. Dieses sah die Exekution der meiningischen Forderungen gegen Sachsen-Weimar durch den Fränkischen Kreis vor, wobei dem Weimarer Herzog aber zugestanden wurde, unter Nachweis der Unerfüllbarkeit der Forderungen (exceptio impossibilitatis) mit Meiningen einen Vergleich auszuhandeln. Die folgenden immer wieder unterbrochenen Verhandlungen blieben zunächst jedoch ohne Erfolg. 407,26 Consulenten] Konsulent: Rechtsberater, „der da in Rechts-Sachen Rath giebet, der Rathgeber“ (Zedler 6, 1108).

SEPTEMBER 1780

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408,1 Präsident Hinckeldey] Der Fürstlich Löwenstein-Wertheimische Regierungs- und Kammerpräsident Hieronymus Heinrich von Hinckeldey, dessen Gut in Sinnershausen wenige Kilometer von Zillbach entfernt lag, war schon früher auf Meininger Seite in der Zillbacher Holzabgabesache tätig gewesen (vgl. Flach, Zillbacher Holzprozeß, 69). Am 20. September 1780 berichtete Goethe: Der Präsident Hinckeldey den wir besucht haben, zeigt die beste Gesinnungen, und wenn ers aufrichtig meynt kann er viel thun. (408,29–30.) Wahrscheinlich fand der Besuch am Sonntag, dem 17. September, statt (vgl. 408,19–20). 408,4 Arnswald] Christoph Friedrich von Arnswald war sachsen-weimarischer Kammerherr und Oberforstmeister von Zillbach. Am 13. September 1780 berichtete Goethe aus Kaltennordheim, dass Arnswald in ihrer Gesellschaft war (vgl. 126,11–12). 408,10 er hat auch bey uns eins und das andre hängen] Wahrscheinlich handelt es sich um eine 1768 abschlägig beschiedene Streitsache mit der Eisenacher Kammer wegen „Jagd- und Zinsirrungen“ (Wahl, Consilium, 995, Nr 15150), die zwischen 1783 und 1785 wieder verhandelt wurde (vgl. 408,30–33; Wahl, Consilium, 971, Nr 14747; 988, Nr 15032; 1083, Nr 16592; 1089, Nr 16689; 1110, Nr 17018; 1132, Nr 17331). 408,15 Canzlar] Der Geheime Rat Johann Christian von Göckel war schon 1737 Regierungsassessor, 1756 Vizekanzler und seit 1760 Kanzler in Eisenach. Christian Friedrich Schnauß hatte Göckel am 10. und 11. September 1780 über die Angelegenheit informiert (vgl. Wahl, Consilium, 608, Nr 8552 und 8553). Am 29. Dezember 1780 wurde in einer außerordentlichen Sitzung des Geheimen Consiliums in Gegenwart Mauchenheims über einen Aufsatz Göckels als Verhandlungsgrundlage beraten, „da man die darinne enthaltenen Erinnerungen und Vorschläge durchgehends der Sache angemeßen und im Hauptwerck mit denen hiesigen Orts bey denen zeitherigen Deliberationen festgesezten Principiis übereinstimmend fand“ (AS 1, 129). 408,18 Antwort] Nicht überliefert (vgl. zu 407,17). 408,21 Frau] Juliane (Julie) Auguste Christiane von Mauchenheim gen. Bechtolsheim. 408,22 Anstalten im Oberland] Einer der Hauptgründe der Reise war die Besichtigung der Meliorationsprojekte George Battys (vgl. zu 134,15–16). 408,22 zugerückt] Zurücken: hier „vorrücken einer arbeit“ (Grimm 32, 689).

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AMTLICHES 3/4

A 3. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim Ostheim, 20. September 1780 → 〈Eisenach〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Hoheitssachen Nr 2601, Bl. 15. – 1 Bl. 18,6 × 15,3 cm, ursprünglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt noch ein 6,7 cm breiter Streifen vorhanden, 1 ¼ S. beschr., egh., Tinte. – In einem gebundenen Konvolut mit der Aufschrift: „Privat Correspondenz / Ad Zillbacher Sache gehörig“. E: Flach, Zillbacher Holzprozeß (1954), 88. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 56, Nr 1020a. BEIL AG E

Abschrift eines Aufsatzes von Mauchenheim (vgl. zu 408,26). ERL ÄUT ERUNGEN

Mauchenheim hatte Goethe nach dessen Schreiben vom 14. September 1780 (A 2) einen Aufsatz geschickt (vgl. zu 407,17; zu 408,26). – Ein Antwortschreiben ist nicht bekannt. Gegenstand des vorliegenden und des Schreibens vom 14. September 1780 (A 2) an Mauchenheim sind die langwierigen Verhandlungen mit Sachsen-Meiningen um Holzlieferungen aus den westlich von Schmalkalden gelegenen Zillbacher Forsten. – Vgl. dazu die Erläuterungen zu A 2. 408,26 die Abschrifft Ihres Aufsazzes] Goethe hatte Mauchenheim am 14. September 1780 um dessen Gedancken (407,17) in der Zillbacher Holzangelegenheit gebeten (vgl. 407,16–19). 408,28 Ubermorgen gehts nach Meinungen] ‚Meinungen‘ für Meiningen, wohin Goethe und Carl August am 22. September 1780 reisten (vgl. zu 134,22–23). 408,29 Präsident Hinckeldey] Hieronymus Heinrich von Hinckeldey (vgl. zu 408,1). 408,31–32 da man ihm bey uns einige Zinsen verkümmert hat] Vgl. zu 408,10. – ‚Verkümmern‘ hier im Sinne von „den zugang hindern, sperren“ (Grimm 25, 692). 409,1 Die Wiesenverbesserungen] Die Besichtigung der Meliorationsprojekte George Battys in den Eisenacher Oberlanden war einer der Hauptgründe der Reise (vgl. zu 134,15–16). 409,3 Von Meinungen aus schreib ich mehr.] Weitere Schreiben Goethes an Mauchenheim sind nicht bekannt. Ausführlich schrieb Goethe am 1. Oktober 1780 über die Verhandlungen mit Meiningen in der Zillbacher Holzangelegenheit an Jacob Friedrich von Fritsch (Nr 179). 409,4 Ostheim] Vgl. zu 134,3.

SEPTEMBER 1780/APRIL 1781

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A 4. An Eberhard Sylvius von Franckenberg mit Johann Ludwig Eckardt Weimar, 23. April 1781 → Gotha ZUM A D RESSATEN

Wie aus der Anrede Hochgeehrtester Herr Hofmarschall, und Cammerrath (409,6–8) hervorgeht, ist der Brief nicht, wie bisher angenommen, an den sachsen-gothaischen Wirklichen Geheimen Rat Sylvius Friedrich Ludwig Freiherr von Franckenberg (vgl. WA IV 30, 16), sondern an Eberhard Sylvius von Franckenberg gerichtet (vgl. die einleitende Erläuterung). ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/174,I, Bl. 1–2. – Doppelblatt 38,1(–38,3) × 32,4 cm, 1 ½ S. beschr., Schreiberhd, mit egh. Schlussformel (409,23) und Unterschrift, Tinte, mitunterzeichnet von Johann Ludwig Eckardt; S. 4 Adresse: An / des Herzogl. Sachsen Gothaischen Herrn / Hofmarschalls und Cammerraths v o n / F r a n c k e n b e r g H o c h w o h l g e b l / zu / G o t h a . / Herrschl. / frey., rotes Siegel: herzogliches Wappen, Siegelausschnitt; S. 1 oben rechts Eingangsvermerk, Tinte: „praes. dL. 2ten May“. K: LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 24v. – 1 Bl. 19,5 × 33,1 cm, ¾ S. einspaltig rechts beschr. (Rs.; Vs. Konzept des Schreibens an Christian August von Taubenheim, 23. April 1781), Eckardts Hd, Tinte; linke Spalte oben Adresse: An / den Hln. Hofmarschall u. Cammerrath / von Franckenberg zu Gotha.; linke Spalte Mitte Vermerke Eckardts und Goethes; linke Spalte unten egh. Absendevermerk, Tinte: auf die Post gegeben dl. 27 Apr. – Geringfügige Varianz gegenüber H (Orthographie, Hervorhebungen und Anreden). – In einem gebundenen Konvolut mit der Aufschrift „Acta Commissionis / Die mit dem ChurhaußSachsen und Sachsen Gotha gepflogenen Unterhandlungen über die gewerkschaftlichen Gerechtsame und Ansprüche an dem Ilmenauer Bergwerk betrL. / 1780.–1784.“ E1: Liepmannssohn. AK 17 (1896), Nr 203 (Katalogdruck). E2: WA IV 30 (1905), 16f., Nr 1210a (Carl Schüddekopf). ERL ÄUT ERUNGEN

Das Schreiben beantwortet ein Schreiben Franckenbergs vom 31. März 1781 (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 22–23). – Franckenberg antwortete am 7. Mai 1781 (vgl. ebd., Bl. 25–26). Das Schreiben der Bergwerkskommission, das von Johann Ludwig Eckardt aufgesetzt wurde (vgl. Überlieferung), steht im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Ilmenauer Bergwerkskonferenz zwischen Kursachsen, Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha. Zu Eberhard Sylvius von Franckenberg (1731–1797) hatte Goethe eine rein amtliche Beziehung. Franckenberg war 1760 aus württembergischen

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AMTLICHES 5

Diensten ausgeschieden und hatte in Gotha eine Stelle als Kammerherr angetreten. In der Finanzbehörde machte er einen schnellen Aufstieg: 1764 zum Kammerrat ernannt, wurde ihm 1765 die Aufsicht über das Bauwesen übertragen, und 1768 erhielt er den speziellen Auftrag für die Saalfelder Bergwerksangelegenheiten. Wegen der in diesem Amt gesammelten Erfahrungen in den juristischen und finanziellen Aspekten des Bergbaues wurde er am 12. Mai 1780 von Sachsen-Gotha als Deputierter zur Bergwerkskonferenz eingesetzt (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16039, Bl. 326–327). Neben seinem Amt in der Kammer war Franckenberg im Hofmarschallamt tätig: 1767 wurde er Oberschenk, 1770 Hofmarschall. In dieser Funktion dürfte ihm Goethe bereits bei seinen Besuchen im Schloss Friedenstein begegnet sein, da Franckenberg häufig den Vorsitz der Marschalltafel übernahm. Franckenberg wurde 1787 zum Wirklichen Geheimrat und 1795 zum Oberhofmarschall ernannt (vgl. LATh – StA Gotha, Geheimes Archiv UU XXIV, Nr 28). Er starb kinderlos. – Zwischen Goethe und dem Adressaten ist kein privater Briefwechsel überliefert. 409,10 vorseyenden Conferenz] Die Konferenz zur Klärung der Ansprüche von Kursachsen und Sachsen-Gotha aus dem Hennebergischen Erbe an den Regalen aus dem Ilmenauer Bergbau (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). – ‚Vorseyn‘ hier im Sinne von ‚bevorstehen‘ (vgl. Grimm 26, 1555). 409,12 Verhinderungsursache] Die Bergwerkskommission hatte Franckenberg am 19. März 1781 als mögliche Termine für den Beginn der Konferenz den 28. Mai und den 6. Juni 1781 vorgeschlagen (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 20–21). Im Bezugsschreiben hatte der Adressat um eine Verschiebung gebeten: „Da 〈…〉 der bevorstehende hiesige Landtag mir auf 4. Wochen lang meine ganze Zeit wegnehmen und bis Pfingsten dauren wird: So sehe ich mich genöthiget, D i e s e l b e gehorsamst zu ersuchen, den Te r m i n / unserer Ankunft in Ilmenau in etwas zu verschieben, und zu solchen etwa den 20 sten oder 25 sten J u n y sich geneigtest gefallen zu laßen.“ (Ebd., Bl. 22.) 409,13 Herrn Oberaufseher von Taubenheim zu Schleusingen] Christian August von Taubenheim leitete seit 1774 als Oberaufseher die Verwaltung des kursächsischen Anteils der Grafschaft Henneberg in Schleusingen. Er war am 20. Dezember 1780 zum kursächsischen Deputierten zur Bergwerkskonferenz ernannt worden (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16039, Bl. 328). 409,14 benachrichtiget] Durch ein Schreiben der Bergwerkskommission (Goethe, Eckardt) an Taubenheim vom selben Tag. Das von Eckardt erstellte Konzept ist auf dem gleichen Bogen überliefert wie das Konzept des Schreibens an Franckenberg, wurde ebenfalls von Eckardt und Goethe abgezeichnet und von Goethe mit dem gleichen Absendevermerk versehen (vgl. Überlieferung). 409,18 sothane] ,Sothan(ig)‘ (Kanzeleisprache): solch (vgl. Adelung 4, 153).

MAI 1781

A 5. An Jacob Friedrich von Fritsch

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Weimar, 7. Mai 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 17. – Doppelblatt 37,9(–38,3) × 28 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Präsentatsvermerk, Tinte: „ps. d. 7. May 1781 F“. E: WA IV 5 (1889), 121, Nr 1222 (Eduard von der Hellen). BEIL AG E

Kriegskasse rechnung (vgl. zu 410,1). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. Goethe war seit dem 5. Januar 1779 Fritschs Nachfolger als leitender Kriegskommissar in der Kriegskommission, zu deren Aufgaben u. a. die Verwaltung und Berechnung der Einnahmen und Ausgaben für das Militär gehörte (vgl. zu 70,7–9). Da durch die nachlässige Arbeitsweise des zweiten Kriegskommissars Carl Albrecht von Volgstedt die Repositur der Kriegskommissionsakten in Unordnung war (vgl. zu 55,10), versuchte Goethe Ordnung in die Akten zu bringen und beendete diese Arbeit erst im August 1781 (vgl. GT I 1, 123; Bürgin, 124). 410,1 Geh Rath Schnaus] Christian Friedrich Schnauß, neben Goethe und Fritsch Mitglied des Geheimen Consiliums. 410,1 die Kriegskasse rechnung] Am 22. März 1781 hatte die Kriegskommission (Goethe) dem Herzog die (nicht überlieferte) Rechnung der Kriegskasse 1779/1780 mit folgendem Begleitschreiben geschickt: Durchlauchtigster Herzog, Gnädigst regierender Fürst und Herr! Es hat bey uns der Rath und Kriegs-Cassirer, Johann Gottlieb Götze, hieselbst, beygehende ultimo Junii 1780. geschlossene Jahres Rechnung von der Fürstlichen Kriegs-Casse, bereits im nur gedachten Jahre übergeben, und wir haben selbige nach höchsten Befehlen inzwischen genau revidiren lassen, nach Erfolg dessen der Calculus nachgeleget und das Attestat darüber der Rechnung selbst beygefüget worden ist. Gleichwie nun unsere devoteste Obliegenheit erfordert, gedachte Rechnung zu / E u e r H e r z o g l. D u r c h l. höchsten Einsicht und die eventualiter entworfene Quittung darüber für den Rechnungsführer zu höchster Vollziehung einzusenden: Also verfehlen wir nicht, solches in tiefster Ehrfurcht hiermit zu bewürken und beharren im treuesten Gehorsam zeitlebens

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AMTLICHES 6/7

E u e r H e r z o g l. l D u r c h l. l

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Weimar, den 22. Mart. 1781. 20

unterthänigst treu gehorsamste F ü r s t l. S . z u r K r i e g s - C o m m i s s i o n verordnete Räthe daselbst Johann Wolfg. Goethe.

(H: LATh – HStA Weimar, Militärsachen B 37600, Bl. 112–113.) – Das Geheime Consilium quittierte die Rechnung der Kriegskasse am 31. Juli 1781, sie wurde der Kriegskommission am 2. August 1781 als vollzogen gesandt (vgl. ebd., Bl. 112r; Wahl, Consilium, 715, Nr 10421). 410,3 ich bitte von Ew Exzell ein gleiches] Offenbar ergaben sich Fragen nach Fritschs erster Überprüfung der Rechnungen, denn Goethe bat den Adressaten erneut am 24. Juni 1781 um eine weitere Durchsicht der verwaisten Kriegskasse (291,19; vgl. zu 291,19–20). 410,4 Volgstädtiana] Der zweite Kriegsrat Carl Albrecht von Volgstedt war wegen seiner nachlässigen Amtsführung und Unordnung auf Betreiben Goethes am 12. Januar 1781 entlassen worden (vgl. zu 183,5).

A 6. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Weimar, 1. Juni 1781 → 〈Weimar〉 ÜBER L IEF ERU NG

H: LATh – HStA Weimar, Bergwerke, Sign.: B 16040, Bl. 1. – 1 Bl. 20,4(–20,6) × 33,2 cm, 2 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Unterschrift, Tinte; Anlagestrich am linken Rand neben 410,20 lege ich sie hiermit zur Prüfung unterthänigst; Vs. oben rechts Eingangsvermerk, Tinte: „prs. d. 1. Juny 1781“, unten rechts Erledigungsvermerk, Tinte: „ad Acta / resoL. den 2ten Juni / 1781. / JCSchmidt“. – In einem Konvolut mit der Aufschrift „GeheimeCanzley-Acta das Bergwerck zu Illmenau besonders deßen intendirte Wieder Erbauung betr. Vol. IV. 1781“. E: WA II 13 (1904), 341, Nr 322 (Max Morris). WA IV 50 (1912), 13, Nr 1242a (ohne Beilage). BEIL AG E

„Nachricht von dem ilmenauischen Bergwesen“ (vgl. zu 410,16).

JUNI 1781

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ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. 410,16 Nachricht von der Geschichte des illmenauer Bergwerks] Goethes Ausarbeitung „Nachricht von dem ilmenauischen Bergwesen“ (H: LATh – HStA Weimar, Bergwerke, Sign.: B 16040, Bl. 2–20a [vgl. WA II 13 (1904), 341–354, Nr 322]; K: LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16235a, Bl. 149–163 [vgl. FA/Goethe I 26, 366–379, Nr 162]). – Goethes Beschäftigung mit der projektierten Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus geht bis auf das Jahr 1776 zurück (vgl. GB 3 II, zu 90,1–2). Zunächst waren die geologischen und bergmännischen Aspekte mit Hilfe von Trebra geklärt worden, der ein positives Gutachten verfasste (vgl. Wahl, Consilium, 147, Nr 339; Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 22–26). Als Mitglied der 1777 gegründeten Bergwerkskommission und seit April 1780 als deren Leiter (vgl. zu 89,10–11) hatte sich Goethe nicht nur mit geologischen Fragen, sondern auch mit den juristischen und finanziellen Belangen des Vorhabens beschäftigt. Veranlasst durch die anstehende Bergwerkskonferenz, die die rechtlichen Grundlagen für die geplante Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus mit Sachsen-Gotha und Kursachsen schaffen sollte, setzte sich Goethe intensiv mit der Geschichte des Ilmenauer Bergbaus auseinander. So entstand der beigelegte Aufsatz. Goethes historischer Abriss basierte auf Johann Ludwig Eckardts Schriften (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). 411,1 bei den Akten] Sowohl das Schreiben als auch die Beilage wurden mit den Unterlagen über die Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergwerks aufbewahrt (vgl. Überlieferung).

A 7. An Johann Ludwig Eckardt

〈Weimar〉, 5. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. E: Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. Nach den Originalen mitgetheilt. In: Die Grenzboten. Jg 33 (1874), 2. Semester, 1. Bd, S. 186. WA IV 5 (1889), 133, Nr 1244 (nach E). Textgrundlage: E. ERL ÄUT ERUNGEN

Eckardt hatte Goethe Vorschläge wegen der Conferenz-Punkte (vgl. zu 411,7) geschickt. Ob ein Schreiben beilag, ist nicht überliefert. – Ein Antwortschreiben ist nicht bekannt.

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AMTLICHES 7

Der aus Coburg stammende Jurist Johann Christian Ludwig Eckardt (1732– 1800) hatte in Jena studiert und dort 1759 die juristische Doktorwürde erworben. Zunächst war Eckardt Hof- und Regierungsrat in Weimar, seit 1778 Geheimer Archivar und ab 1783 Geheimer Hofrat und Professor für Kanonisches Recht und Kirchenrecht sowie Ordinarius der Juristischen Fakultät an der Universität in Jena. 1792 wurde Eckardt in den Adelsstand erhoben. Wie Goethe seit 1777 Mitglied der neu eingerichteten Bergwerkskommission, die anfangs vor allem rechtliche und finanzielle Fragen im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung des Ilmenauer Bergbaus zu klären hatte, erledigte der erfahrene Jurist im Wesentlichen die vorbereitenden Arbeiten (vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 29; vgl. auch 411,7–9). So beruhte Goethes „Nachricht von dem ilmenauischen Bergwesen“ (FA/Goethe I 26, 366–379, Nr 162; vgl. zu 410,16), die er im Vorfeld der Ilmenauer Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha im Mai 1781 geschrieben hatte, auf Eckardts Schriften, sowohl auf der 1776 entworfenen Denkschrift „Recess- und Actenmäßige Erläuterung des Hennebergischen Bergwerks-Regals überhaupt und was es damit insonderheit in Ansehung des Illmenauischen Bergwerks für eine Beschaffenheit habe“ (LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16235a, Bl. 64–103) wie auch auf der spätestens seit 1778 vorliegenden und für die Öffentlichkeit bestimmten „Nachricht von dem ehmaligen Bergbau bey Ilmenau“ (vgl. zu 98,1). Schon am 4. Februar 1777 hatte Goethe in seinem Tagebuch notiert: übers Bergwerck gelesen die Deducktion Eckards in Garten, unterschrieben (GT I 1, 36). Goethes Verhältnis zu Eckardt war hauptsächlich dienstlicher Natur, was auch bei den seltenen Erwähnungen Eckardts in Goethes Tagebuch deutlich wird (vgl. GT I 1, 38, 131). Darüber hinaus hatte Goethe Eckardt, einen hiesigen treflichen Rechtsgelehrten, auch in privaten Angelegenheiten um seine Meinung gefragt (GB 3 I, 273,13–14), vor allem bei den rechtlichen Auseinandersetzungen um die Erbschaft für Peter im Baumgarten (vgl. Beilage zu GB 3 II, Nr 489). Neben den fünf Briefen Goethes an Eckardt im vorliegenden Band, die alle im Zusammenhang mit der Bergwerkskonferenz mit Kursachsen und Sachsen-Gotha geschrieben worden sind, ist noch ein Konzept Goethes zu einem Brief vom 10. Oktober 1800 in den Akten der Wasserbaukommission überliefert, in dem er Eckardt zu beruhigen sucht, der sich bei der Kommission über einen bei Arbeiten aufgetretenen Schaden an seinem Grundstück beschwert hatte (vgl. WA IV 15, 129–131, 329f.). Private Briefe Eckardts an Goethe sind nicht überliefert. Am 27. und 28. Juni 1781 fand in Ilmenau eine Bergwerkskonferenz mit Vertretern Sachsen-Weimar und Eisenachs, Kursachsens sowie Sachsen-Gothas statt. Diese war nötig geworden, weil mit der geplanten Wiedereröffnung des Ilmenauer Bergbaus im Vorfeld eine Einigung über die Regalitätsrechte Kursachsens und Sachsen-Gothas erreicht werden musste. Das Bergregal, Rechte, die dem souveränen Landesherrn zustehen, beinhaltet zum einen das Recht des Landesherrn auf

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Gewinnung und Aneignung von Metallen, indem er den Bergbau selbst betreibt oder an Dritte (Gewerke) überträgt, die ihm den Zehnten zu entrichten hatten, zum anderen die Ausübung hoheitlicher Rechte wie den Erlass von Berggesetzen sowie die Gerichtsbarkeit oder die Befreiung von Steuern. Im Ratssaal (dem heutigen Bürgermeisterzimmer) des Ilmenauer Rathauses sollte in den zwei Tagen die gesamte Abfindungsproblematik beraten werden, um den Weg für eine neue Gewerkschaft mit möglichst geringen Belastungen frei zu machen. Stadt und Amt Ilmenau hatten ursprünglich zur Grafschaft Henneberg gehört und waren 1583 nach dem Tod des letzten Henneberger Grafen Georg Ernst an Kursachsen und die ernestinischen Häuser übergegangen. 1660 wurde die gemeinsame Regierung der Grafschaft beendet und zu Sachsen-Weimar gehörten fortan Stadt und Amt Ilmenau. Das Recht an den Bergwerken blieb jedoch bei allen hennebergischen Erben. Zu Deputierten der Konferenz wurden von Sachsen-Weimar und Eisenach Eckardt und Goethe, dem seit April 1780 die Direktion über alle Bergwerksangelegenheiten oblag, ernannt. Auch der Vorsitz während der Konferenz sowie die Vorbereitungen, wie Unterbringung und Bewirtung der Deputierten, lagen in ihren Händen. – Vgl. dazu ausführlich Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 37–57; zu den Ergebnissen vgl. auch die Protokolle vom 27. und 28. Juni 1781 (FA/Goethe I 26, 386–427, Nr 166–168) und den von Goethe und Eckardt unterzeichneten Bericht vom 13. Juli 1781 an Herzog Carl August (FA/Goethe I 26, 421–426, Nr 169). 411,7 Ihre Vorschläge wegen der Conferenz-Punkte] Eckardts Schreiben ist nicht überliefert. Die von Eckardt entworfenen und von ihm und Goethe abgezeichneten elf Instruktionspunkte, die die Verhandlungslinien für die sachsen-weimarische Deputation genau vorgaben, wurden am 6. Juni 1781 von Carl August genehmigt (K: LATh – HStA Weimar, Bergwerke, B 16231, Bl. 29–31; H: LATh – HStA Weimar, Bergwerke, B 16040, Bl. 23–26; vgl. FA/Goethe I 26, 380–385, Nr 164; Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 47). 411,10–11 wegen des zwanzigsten] Es handelt sich dabei um die auf dem Bergregal beruhenden Abgaben, die der Bergwerksbetreiber an den oder die Landesherren zu entrichten hatte. Der vierte Punkt der Instruktionen legte fest, dass die Deputierten darum bemüht sein sollten, „nicht nur den Zehenden, sondern auch den Zwanzigsten vom künftigen Bergbau so lange, bis der sämtliche Aufwand wiedererstattet worden, mithin bis zur reinen Ausbeute 〈…〉 gänzlich abzuwenden. Im alleräußersten Fall aber und wenn dergleichen auf keine Weise durchzusetzen sein sollte, haben sie nur in so weit nachzugeben, daß dann erst, wenn die Zubußen 〈der Beitrag der Teilhaber an einem Bergwerk zu den Betriebskosten〉 zessieren 〈aufhören, wegfallen〉, der Zwanzigste eintreten und bis zur gänzlichen Restitution des gemachten Aufwandes, wo sodann der Zehende gefällig wieder erhoben werden solle.“ (FA/Goethe I 26, 381.) Kursachsen hatte in einem Schreiben vom 11. März 1780 (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B16039, Bl. 309–311) seinen

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AMTLICHES 8

Anteil an dem Zehnten gefordert, der, bis das Werk Überschuss erwirtschaftet habe, in halber Höhe von den gewonnenen Erzen erhoben werden sollte (vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 45). 411,11 Münzvertrags] Goethe bezieht sich auf den von Kursachsen geforderten ‚Münzertrag‘, die Einnahmen aus der Münzprägung, die sich aus dem Unterschied zwischen dem Marktpreis des verwendeten Edelmetalls und dem Nominalwert der Münzen ergeben und die dem jeweiligen Landesherrn zustehen. Goethe und Eckardt sollten laut Instruktionen „Kursachsen von dergleichen Prätension“ abbringen oder, sollte dies nicht gelingen, „solcher Punkt gleich vorigem einstweilen zu weiterer Kommunikation und rechtlicher Erörterung ausgesetzt werden“ (FA/Goethe I 26, 382). – Zum Ergebnis vgl. Goethes Bericht an Jacob Friedrich von Fritsch vom 30. Juni 1781 (A8). 411,13 nächstens zu sprechen] Darüber ist nichts bekannt. Goethe notierte zwischen dem 17. Januar 1781 und August 1781 nichts im Tagebuch.

A 8. An Jacob Friedrich von Fritsch

Ilmenau, 30. Juni 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 20–21. – Doppelblatt 24,1 × 20,8 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unten rechts Präsentatsvermerk, Tinte: „ps. d. 3. July 1781. F.“ – Beischluss: Möglicherweise Nr 436 (mit Nr 434 und Nr 435; vgl. zu 412,21–22). E: WA IV 5 (1889), 157f., Nr 1262 (Eduard von der Hellen). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. Im vorliegenden Schreiben berichtet Goethe vom Verlauf und von einzelnen Ergebnissen der Bergwerkskonferenz mit Vertretern Kursachsens und Sachsen-Gothas, die am 27. und 28. Juni 1781 in Ilmenau stattgefunden hatte und auf der im Vorfeld der geplanten Wiedereröffnung des Ilmenauer Bergbaus Einigungen über Regalitätsrechte getroffen werden mussten. – Vgl. dazu die Schreiben an Johann Ludwig Eckardt (A 7, A 9, A 10, A 11, A 12); Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 37–57; zu den Ergebnissen vgl. auch die Protokolle vom 27. und 28. Juni 1781 (FA/ Goethe I 26, 386–427, Nr 166–168) und den von Goethe und Eckardt unterzeichneten Bericht vom 13. Juli 1781 an Herzog Carl August (FA/Goethe I 26, 421–426, Nr 169). 411,19 beyder Deputirten] Der kursächsische Deputierte Christian August von Taubenheim aus Schleusingen (vgl. zu 409,13) und der sachsen-gothaische Depu-

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tierte Hofmarschall und Kammerrat Eberhard Sylvius von Franckenberg (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 4). 411,21 Münzertrag] Die Einnahmen aus der Münzprägung (vgl. zu 411,11, zu 413,19–20). 411,21 Schlägeschatz] Abgaben für die Prägung von Münzen (Schlagschatz) (vgl. zu 413,19–20). 411,22–23 höchstunangenehme Connexion] Konnexion (lat. conexio): Verbindung, Verknüpfung. – Der Deputierte Kursachsens bestand an beiden Konferenztagen „auf der Verteilung des Schläge-Schatzes und übrigen Münz-Ertrags“ (FA/Goethe I 26, 396), was nach Ansicht Weimars eine gemeinsame Rechnungslegung nach sich gezogen hätte. Diese wäre aber der erste Schritt zu einer gemeinsamen Bergregierung gewesen, was Weimar vermeiden wollte (vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 50). 411,23–24 ihre veralteten Forderungen] Aus der Zeit des früheren Bergbaus meldete Kursachsen ausstehende Erträge aus 24 Freikuxen (Bergwerksanteilen) an und forderte die Regulierung eines Schadens, den das alte Bergwerk an einem Teich auf kursächsischem Territorium verursacht hatte. Darüber hinaus war die alte Gewerkschaft Erbzinsen für Grundstücke auf kursächsischen und sachsen-gothaischen Gebieten schuldig geblieben (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 10). Weimar lehnte diese Forderungen ab, da sie auf die neue Gewerkschaft nicht übertragen werden könnten. – Vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 51–54. 412,1 durch einen Regress schröcken] Regress: Rückforderung. – Das Bergregal, also das Recht der souveränen Landesherren auf die Gewinnung und Aneignung von Metallen, stand im Amt Ilmenau dem Kurfürsten von Sachsen sowie den Ernestinischen Häusern gemeinsam zu (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7). Kursachsen hatte seine Anteile zunächst der Zweiglinie Sachsen-Zeitz übertragen. 1694 waren Sachsen-Zeitz für verbilligte Holzlieferungen an die Gewerkschaft 24 Freikuxe gewährt worden. Kursachsen bestand nun auf der einst von Weimar zugestandenen Ausbeute dieser Kuxe und machte auch Forderungen aus der Vergangenheit geltend. Da die alte Gewerkschaft nicht mehr zu belangen war, wollte Kursachsen, dass die weimarische Kammer dafür einstehe (vgl. Protokoll des ersten Konferenztages, 27. Juni 1781 [FA/Goethe I 26, 399f.]; Erstes Protokoll des zweiten Konferenztages, 28. Juni 1781 [FA/Goethe I 26, 410]; Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 51f.). 412,4–5 regerirt] „Regeriren, v. lat. regerer: erwiedern, von Neuem einwenden.“ (Eucharius Ferdinand Christian Oertel: Gemeinnüzziges Wörterbuch zur Erklärung und Verteutschung der im gemeinen Leben vorkommenden fremden Ausdrükke, nach ihrer Rechtschreibung, Aussprache, Abstammung und Bedeutung aus den alten und neuen Sprachen erläutert. Dritte, sehr verbesserte und vermehrte Auflage. Bd 2. Ansbach 1816, S. 741.) 412,6 künftigen Gewerckschafft] Vgl. zu 413,13.

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AMTLICHES 9

412,6 – 7 Schluss der Conferenz] Die Deputierten Sachsen-Weimar und Eisenachs betonten am Ende der Konferenz: „Man werde daher Weimarischer Seits nicht ermangeln, zu Ausführung des seit verschiedener Zeit her mannigfaltig durchgedachten Plans nähere Schritte zu tun, das Publikum damit bekannt zu machen, und es zu Teilnehmung an dem Werke einzuladen, wobei man freundschaftlicher Einwürkung und gefälliger Vergünstigung auch in den Ländern höchster Herrn Mit-Interessenten, sich versprochenermaßen gewärtigen könne.“ (Erstes Protokoll des zweiten Konferenztages, 28. Juni 1781 [FA/Goethe I 26, 415].) 412,7 Publikation] Johann Ludwig Eckardts Denkschrift „Nachricht von dem ehmaligen Bergbau bey Ilmenau in der Grafschaft Henneberg und Vorschläge ihn durch eine neue Gewerkschaft wieder in Aufnahme zu bringen“, mit der für die Beteiligung an der neu zu gründenden Gewerkschaft geworben werden sollte. Sie erschien 1783 (vgl. zu 98,1). 412,11 Serenissimi] Genitiv von lat. Serenissimus; hier: Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 412,11 geh. Consilii] Des Geheimen Consiliums, der höchsten Behörde im Herzogtum; ihr gehörten Goethe, Fritsch und Schnauß an. 412,12 Relation] Bericht, „den der Unterrichter bey Ubersendung der Acten ertheilt“ (Zedler 31, 426). 412,12–13 unterth Berichte] Der ‚untertänigste Bericht‘ der Bergwerkskommission vom 13. Juli 1781 an Carl August, der die Ergebnisse der beiden Konferenztage darlegte (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 86–88; FA/Goethe I 26, 421–426, Nr 169). 412,13 beyzufügende Protokoll] Die ausführlichen Protokolle der beiden Konferenztage von der Hand des Sekretärs Johannes Schmidt (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 49–61, 67–75, 76–80 [FA/Goethe I 26, 386–427, Nr 166–168]). 412,14 bewirthet] Goethe und Johann Ludwig Eckardt sollten sich laut den Instruktionen für die sachsen-weimarische Deputation (vgl. zu 411,7) zwei Tage vor der Konferenz „nach Ilmenau begeben und daselbst zu anständiger Einlogierung und Bewirtung der Kursächsischen und Sachsen Gothaischen Deputatorum die erforderlichen Einrichtungen treffen, diese auch überhaupt als Gäste behandeln, selbst aber den Wirt machen“ (FA/Goethe I 26, 380). 412,16 Morgen werden sie wohl von hier abgehn] Am 1. Juli 1781 schrieb Goethe an Charlotte von Stein: Heute ist der Valetschmaus, Morgen gehn unsre Freunde weg (292,8–9). 412,17 eine kleine Exkursion in die Nachbaarschafft] Am 2. Juli brach Goethe von Ilmenau aus zu einer kurzen Reise auf, von der er am 4. Juli nach Ilmenau zurückkehrte (vgl. 293,16).

JUNI/JULI 1781

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412,17–18 Bergwercken in dieser Gegend] Goethe besuchte das Kupferbergwerk in Blankenburg (vgl. 296,18) und einen Kalksteinbruch in Döschnitz (vgl. zu 294,24–25). 412,18–19 in acht Tagen wieder zu Hause] Goethe kehrte erst am 11. Juli nach Weimar zurück (vgl. zu 302,19–20). 412,20 Serenissimo] Dativ von lat. Serenissimus. 412,21 Schnaus] Christian Friedrich Schnauß, Goethes und Fritschs Kollege im Geheimen Consilium. 412,21–22 einige Kleinigkeiten] Briefe vom 30. Juni sind nicht bekannt. Am folgenden Tag schrieb Goethe drei Briefe nach Weimar. Nicht auszuschließen ist, dass dem vorliegenden Schreiben, das vermutlich von einem Boten oder Husaren nach Weimar befördert wurde, der Brief an Philipp Seidel (Nr 436) beigeschlossen war, der wiederum die Briefe an Friedrich Justin Bertuch (Nr 435) und Charlotte von Stein (Nr 434) als Beischlüsse enthielt.

A 9. An Johann Ludwig Eckardt 〈Ilmenau, zwischen 27. Juni und 2. Juli 1781?〉 → 〈Ilmenau〉 DAT IERUN G

Goethes Nachfrage gehört in den Zusammenhang der Bergwerkskonferenz in Ilmenau (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7), die am 27. und 28. Juni 1781 stattfand. Das in E undatierte Schreiben datiert die WA auf „Mitte Juni“ 1781 (WA IV 5, 135). Wahrscheinlicher ist, dass es nach einem der zwei Verhandlungstage, also am 27. oder 28. Juni 1781, in Ilmenau geschrieben worden ist, worauf die Bemerkung wie es noch mit dem separaten Protokoll gegangen schließen lässt (vgl. zu 412,28–29]. Möglicherweise schrieb Goethe aber auch am 1. oder 2. Juli 1781, da er sein Schreiben vom 2. Juli an Eckardt mit Und Wünsche nochmals wohl zu leben (413,7–8) beendet und das vorliegende mit und wünsche wohl zu leben (412,30) schließt. ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. E: Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. Nach den Originalen mitgetheilt. In: Die Grenzboten. Jg 33 (1874), 2. Semester, 1. Bd, S. 186. WA IV 5 (1889), 135, Nr 1249 (nach E). Textgrundlage: E.

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AMTLICHES 10

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. 412,28–29 separaten Protokoll] Die Instruktionen für Goethe und Eckardt (vgl. zu 411,7), die als Deputierte für Sachsen-Weimar und Eisenach an der Bergwerkskonferenz, die am 27. und 28. Juni 1781 in Ilmenau stattfand (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7), teilnahmen und den Vorsitz bei den Verhandlungen führen sollten, sahen vor, „daß über sämtliche konferenzialische Verhandlungen ein gemeinschaftliches Protokoll geführt, solches aber zu ebenmäßiger Umgehung alles Rangdisputs nicht coniunctim 〈gemeinsam〉 unterschrieben, sondern entweder jedem Deputierten eine vom Direktorial-Secretario vidimierte 〈beglaubigte〉 Kopei desselben zugestellt, oder solches gegen einander von jedem Teil besonders vollzogen ausgewechselt werde.“ (FA/Goethe I 26, 381; vgl. die Protokolle vom 27. und 28. Juni 1781 [FA/Goethe I 26, 386–427].) 412,29 Herrn v. Fr.] Eberhard Sylvius von Franckenberg, der als Deputierter Sachsen-Gothas an der Bergwerkskonferenz teilnahm (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 4). 412,30 ein Wort Nachricht] Dazu ist nichts überliefert.

A 10. An Johann Ludwig Eckardt

〈Ilmenau, 2. Juli 1781〉 → 〈Ilmenau〉

DATIERUN G

Aus dem Präsentatsvermerk vom 2. Juli 1781 (vgl. Überlieferung) ist zu schließen, dass das Schreiben vom selben Tag stammt. Goethe, der sich wie Eckardt wegen der Bergwerkskonferenz (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7) in Ilmenau aufhielt, brach noch am 2. Juli zu einer Exkursion in die Nachbaarschafft (412,17) auf, von der er am 4. Juli nach Ilmenau zurückkehrte. ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. – Präsentatsvermerk: „prs. Ilmenau den 2. Juli 1781.“ (Angabe nach E.) E: Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. Nach den Originalen mitgetheilt. In: Die Grenzboten. Jg 33 (1874), 2. Semester, 1. Bd, S. 186. WA IV 5 (1889), 160f., Nr 1265 (nach E). Textgrundlage: E. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugsschreiben ist nicht bekannt. – Das Antwortschreiben ist nicht überliefert. Im folgenden Schreiben (A 11) an Eckardt heißt es: Mit Ew. Wohlgeboren bin

JULI 1781

1005

ich völlig einverstanden was den Modum betrifft (413,10–11), während Goethe im vorliegenden Brief Den Modum und die Stricke und Bänder Eckardts bekannten Klugheit überließ (413,6–7). Vgl. auch Datierung zu A 11. Während der Bergwerkskonferenz am 27. und 28. Juni 1781 in Ilmenau (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7) war von Weimarer Seite am zweiten Verhandlungstag darauf aufmerksam gemacht worden, „daß der Bau einer Schneide-Mühle über Manebach im Werke sei, welche an den sogenannten mittleren Berg-Graben, dessen man nicht nur bei dem Wieder-Angriff des hiesigen Bergbaues benötigt, sondern auch dem hiesigen Bergwerk, welchem das ohnstrittige Vorrecht zum Wasser zustehe, eigentümlich zugehörig sei, gesetzt werden solle.“ (Erstes Protokoll des zweiten Konferenztages, 28. Juni 1781 [FA/Goethe I 26, 406].) Man wünsche eine Unterbrechung des Baus bis zur Klärung der Frage, ob das Betreiben der Mühle Nachteile für das Bergwerk bringen werde. Da der Mittlere Berggraben auf dem Gebiet Sachsen-Gothas verlief und das Grundstück als Erblehen vergeben worden war, wurde eine Einigung mit Gotha erforderlich. Schon am ersten Konferenztag war die Sprache auf die Zahlungen von Erbzinsen gekommen, die die alte Gewerkschaft, also die Teilhaber am Bergwerk, für die genutzten Grundstücke auf kursächsischem und sachsen-gothaischem Territorium schuldig geblieben war. Weimar lehnte die alten Forderungen ab, verpflichtete sich aber, sollten die Grundstücke für den zukünftigen Bergbau wieder benötigt werden, die ehemals vereinbarten Erbzinsen anzuerkennen. „Man bedinge sich aber auch zugleich hierbei, daß beide höchste Häuser, auf den Fall der Bedürfnis dem Bergwerk gegen diejenigen, welche sich sotaner Grundstücke seit dem Verfall des Bergwerks de facto angemaßet, ohne Weiterung wieder dazu verhelfen würden.“ Kursachsen und Sachsen-Gotha erklärten sich darauf bereit, „alle Assistenz, im Fall der Reklamierung des einen oder andern Grundstücks, so ehehin dem Bergwerk zugehöret, zuzusichern.“ (Protokoll des ersten Konferenztages, 27. Juni 1781 [FA/Goethe I 26, 401f.].) Auf diese Zusicherung beriefen sich Goethe und Eckardt dann auch am zweiten Konferenztag in Bezug auf das Grundstück, auf welchem die Mühle gebaut werden sollte (vgl. erstes Protokoll des zweiten Konferenztages, 28. Juni 1781 [FA/Goethe I 26, 405f.]). Im folgenden Schreiben an Eckardt erklärte sich Goethe völlig einverstanden (413,10) mit dessen Vorschlägen zur Wiedererlangung der den Bergbau betreffenden Grundstücke (vgl. A 11). Im Schreiben der Bergwerkskommission an Herzog Carl August vom 13. Juli 1781 wurde zusammenfassend zu dieser Angelegenheit berichtet: Gegen unsere Erklärung in Ansehung der Erbzinsen pro futuro fanden beede jenseitige Deputierte nichts einzuwenden, sie versicherten uns auch bei diesem Punkt der Assistenz ihrer Höfe, wenn den zeitherigen Usurpatoren der in ihren Territorien gelegenen gewerkschaftlichen Grundstücke diese abgefordert würden. Und weil nur erst der Geschworne Schreiber bei uns angezeigt hatte, daß oberhalb Manebach in Sachsen Gotha eine neue Schneidmühle dicht an den mittleren Berg- oder Kunstgra-

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AMTLICHES 11

ben gebaut würde; So erbaten wir uns sogleich hiergegen die Sachsen Gothaische Assistenz, ließen auch durch das Amt Ilmenau beim Amte Schwarzwald um Inhibition nachsuchen und stehet der Erfolg hiervon zuerwarten. (FA/Goethe I 26, 424.) Nachdem zunächst vergeblich nach anderen Lösungen gesucht worden war, das Bergwerk mit Wasser zu versorgen, wurde die Schneidemühle 1785 von den Bergwerksteilhabern gekauft. – Vgl. dazu ausführlich Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 51, 209–217. 413,1 der Müller] Vom gothaischen Amt Schwarzwald war der Zimmermann Christoph Friedrich Heyn, der am Mittleren Berggraben eine Sägemühle errichtete, mit dem Mühlengefälle (Mühlenkonzession) belehnt worden (vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 214). 413,1 bündigen Revers] Rechtskräftige Aussage, (schriftliche) Verpflichtung. Revers: „jedwede Schrifft oder schrifftliche Bekänntniß, wodurch einer sich zu einer Gegenleistung oder Schuldigkeit bekennet, etwas zu thun oder zu unterlassen sich anheischig macht“ (Zedler 31, 904). 413,4 in Gotha anzeigen] Vgl. die einleitende Erläuterung. 413,5 eine Art von Garantie erhalten] Dies war zunächst nicht der Fall. Da weder der Müller noch das gothaische Amt Schwarzwald auf die Schreiben der Bergwerkskommission reagierten, wandte sich diese am 1. August 1781 an den sachsen-gothaischen Deputierten Eberhard Sylvius von Franckenberg mit der Bitte, „S i c h der Sache kräfftig anzunehmen und uns aus der Verlegenheit zu ziehen“ (LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 93–94, hier Bl. 93v). 413,6 Modum] Lat. modus: Art und Weise. Im folgenden Brief an Eckardt (A 11) erklärte sich Goethe völlig einverstanden was den Modum betrifft (413,10–11) im Hinblick auf die Wiedererlangung der Grundstücke. 413,6 vinckuliren] Von lat. vinculare: fesseln, binden, verbinden.

A 11. An Johann Ludwig Eckardt

〈Ilmenau, 4.? Juli 1781〉 → 〈Ilmenau〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. E: Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. Nach den Originalen mitgetheilt. In: Die Grenzboten. Jg 33 (1874), 2. Semester, 1. Bd, S. 187. WA IV 5 (1889), 162, Nr 1267 (nach E). Textgrundlage: E.

JULI 1781

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DAT IERUN G

Goethes Schreiben gehört in den Zusammenhang der Bergwerkskonferenz in Ilmenau (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7), die am 27. und 28. Juni 1781 stattgefunden hatte. Den in E nur mit „1781“ datierten Brief datiert die WA ohne Begründung auf „Ilmenau, 4. Juli.“ 1781 (WA IV 5, 162). Nach dem Inhalt ist er wahrscheinlich kurz nach Goethes Brief an Eckardt vom 2. Juli 1781 (A 10) geschrieben worden. Darin überließ Goethe den Modum und die Stricke und Bänder (413,6), um den Bau einer Sägemühle am Mittleren Berggraben bei Manebach zu verhindern (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 10), Eckardts bekannter Klugheit (413,7). Im vorliegenden Brief zeigt sich Goethe völlig einverstanden was den Modum betrifft (413,10–11). Am 2. Juli war Goethe zu einer kurzen Reise aufgebrochen, von der er am 4. Juli nach Ilmenau zurückgekehrt war (vgl. zu 293,16), so dass es möglich ist, dass er nach seiner Rückkehr Eckardts Vorschläge vorfand und diesem sofort antwortete. ERL ÄUT ERUNGEN

Möglicherweise antwortete Goethe auf ein Schreiben Eckardts, den er am 2. Juli 1781 gebeten hatte, einen Weg zu finden, wie der Bau einer Sägemühle am Mittleren Berggraben bei Manebach verhindert werden könne (vgl. A 10 und die Erläuterungen dazu). Im vorliegenden Schreiben erklärt er sich völlig einverstanden was den Modum betrifft (413,10–11), hatte also einen Bericht oder ein Schreiben Eckardts vorliegen. – Ein Antwortschreiben ist nicht bekannt. Zu der im Schreiben angesprochenen Wiedererlangung der auf kursächsischen und sachsen-gothaischen Gebieten liegenden Grundstücke, die für den zukünftigen Bergbau benötigt wurden, vgl. die einleitende Erläuterung zu A 10. 413,10 Modum] Vgl. die erste Erläuterung zu 413,6. 413,13 eine neue Gewerckschafft] Das Recht des Landesherrn, Bergbau zu betreiben, konnte auch an Dritte verliehen werden, die dann als eine Gemeinschaft privater Kapitalgeber (Gewerkschaft) die Abbaurechte wahrnahmen. Teilhaber am Bergbau wurde man durch den Kauf von Kuxen (Anteilen). Die Gründung einer neuen Gewerkschaft war notwendig, um die Wiederaufnahme des Bergbaubetriebs in Ilmenau finanzieren zu können, nachdem sich die alte Gewerkschaft von dem Werk losgesagt und man das Bergwerk von alten Forderungen und Ansprüchen befreit hatte. Erst im Herbst 1783 ging Eckardts Denkschrift „Nachricht von dem ehmaligen Bergbau bey Ilmenau in der Graffschaft Henneberg und Vorschläge ihn durch eine neue Gewerkschaft wieder in Aufnahme zu bringen“ (Weimar), mit der für die Beteiligung an der neu zu gründenden Gewerkschaft geworben werden sollte, an die Öffentlichkeit (vgl. zu 98,1). Hier ist zu lesen, dass die Bergwerkskommission u. a. die Aufgabe habe, nicht nur „alles dasjenige, war 〈sic!〉 zur Zusammenbringung einer neuen Gewerkschaft erforderlich seyn möchte, zu verrichten, sondern 〈…〉 auch die möglichste Beförderung des Besten des künftigen Bergbaues und der

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AMTLICHES 12

neu zuerrichtenden Gewerkschaft, in Vereinbarung mit dem Besten des Landes“ anzustreben (S. 11). Die neue Gewerkschaft wurde in 1000 Kuxe zu je 20 Reichstalern eingeteilt. Die Kuxe wurden auf den 24. Februar 1784, den Tag der Eröffnung des Bergwerks, ausgestellt. An diesem Tag trat auch die neue Gewerkschaft zusammen (vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 132–138). 413,14 quaest.] Von lat. quaestio: (strittige) Frage, Untersuchung; hier: ‚betreffend‘, ‚in Frage kommend‘. 413,16 Morgen Nachmittag] Über ein Treffen Goethes und Eckardts ist nichts bekannt.

A 12. An Johann Ludwig Eckardt

Weimar, 14. Juli 1781 → 〈Weimar〉

ÜBER L IEF ERU NG

H: Verbleib unbekannt. – Schreiberhd (Seidel); Präsentatsvermerk: „prst. den 14. Juli 1781.“ (Angaben nach E). E: Carl August Hugo Burckhardt: Klassische Findlinge. Nach den Originalen mitgetheilt. In: Die Grenzboten. Jg 33 (1874), 2. Semester, 1. Bd, S. 187. WA IV 5 (1889), 170f., Nr 1275 (nach E). Textgrundlage: E. ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. Goethes Schreiben gehört noch in den Zusammenhang der Bergwerkskonferenz in Ilmenau (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7), die am 27. und 28. Juni 1781 stattgefunden hatte. Goethe war erst am 11. Juli 1781 aus Ilmenau zurückgekehrt (vgl. zu 302,19–20) und hatte am 13. Juli an der Sitzung des Geheimen Consiliums teilgenommen. Wahrscheinlich im Anschluss daran fand ein Gespräch mit dem Herzog statt über den vorläufigen unterthänigsten Vortrag (413,19), d. h. den auf den 13. Juli 1781 datierten Bericht, der die Ergebnisse der beiden Konferenztage enthielt und als Konzept von Eckardts Hand vorlag (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 86–88; FA/Goethe I 26, 421–426). Mit Reskript vom 31. Juli 1781 wurde der Bericht von Carl August bestätigt (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16040, Bl. 37–38). 413,19 Serenissimus] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 413,19–20 3. Punktes unseres Berichts] Der dritte Punkt des Berichts (vgl. FA/Goethe I 26, 423) bezieht sich auf die aus dem Bergwerksregal abgeleiteten Forderungen Kursachsens nach Abgaben für die Prägung von Münzen (Schlagschatz) sowie nach Einnahmen aus der Münzprägung (Münzertrag; vgl. zu 411,11).

JULI 1781

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Goethe und Eckardt sollten laut Instruktionen „Kursachsen von dergleichen Prätension“ abbringen oder, sollte dies nicht gelingen, „solcher Punkt gleich vorigem einstweilen zu weiterer Kommunikation und rechtlicher Erörterung ausgesetzt werden“ (FA/Goethe I 26, 382). Der Deputierte Kursachsens bestand jedoch am ersten Verhandlungstag sowohl auf den „Schläge-Schatz“ als auch auf „die übrige MünzNutzungen“ (ebd., 389), versicherte aber nach der Sitzung laut Goethes und Eckardts Bericht, auf diese Forderungen zu verzichten, wenn Carl August von der künftigen Gewerkschaft die von ihm bisher geleisteten zum Besten des künftigen Bergbaues gemachten Aufwände nicht zurückverlangen werde (ebd., 423; vgl. auch 411,20–412,9). Weimar hatte u. a. für die Erhaltung des Martinrodaer Stollens über 25000 Reichstaler aufgebracht. Die Hoffnung auf Einlenken Kursachsens erfüllte sich zunächst jedoch nicht. Erst 1785 kam es zu einer weitgehenden Einigung (vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 55–57). 413,20 resolviret] Von lat. resolvere: lösen, öffnen, befreien; hier: ‚beschließen‘, ‚entscheiden‘. 413,23 künftigen Gewerkschaft] Vgl. zu 413,13. 413,24 den übrigen Theilhabern] Die Regalteilhaber (vgl. die einleitende Erläuterung zu A 7), zu denen neben Sachsen-Weimar und Eisenach Kursachsen und Sachsen-Gotha mit den Nebenlinien Meiningen, Hildburghausen und Coburg gehörten. 414,5 Zehnden] Abgaben, die die Gewerkschaft an die Regalteilhaber zu entrichten hatten (vgl. zu 411,10–11). 414,7–8 einen Brief an Herrn von Taubenheim in unserer beider Namen] Im Bericht der Bergwerkskommission an Herzog Carl August vom 13. Juli 1781 wurde betont: so scheint uns eine schleunige schriftliche Kommunikation mit dem Kursächsischen Deputierten um deswillen von großer Notwendigkeit zusein, damit die Sache beim Vortrag der Konferenz Verhandlungen zu Dresden hinlänglich instruiert sei und so wenig, als immer möglich auf weitere Vorträge ausgesetzt werden dürfe. Dazu wären wir aber hauptsächlich Ew p gnädigster Entschließung ad Numerum 3) benötiget (FA/ Goethe I 26, 426). – Eckardt verfasste gleich nach Erhalt von Goethes Schreiben den Brief der Bergwerkskommission an den kursächsischen Deputierten Christian August von Taubenheim (vgl. LATh – HStA Weimar, Bergwerke B 16231, Bl. 89–90). Das von Goethe und Eckardt abgezeichnete Schreiben greift Formulierungen aus dem vorliegenden Brief auf: obwohl Serenissimus den Ersaz sothaner Aufwände von einer künftigen Gewerkschaft, oder nach den Reguln der Gemeinschaft, selbst von den Regalstheilhabern verlangen u. erwarten könten, Sie dennoch aus ganz besonderen Rücksichten auf den Fall, wenn Man Sich Jenseits in allen übrigen Punkten nachgiebig erzeigen wird, dieselben ganz alleine übertragen u. einer neuen Gewerkschafft ein ganz reines Werk anbiethen, dadurch aber zugleich das Interesse der Regals-

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AMTLICHES 12

theilhaber nicht wenig befördern wollen. (Ebd., Bl. 89r.) Taubenheim beantwortete das Schreiben am 6. August 1781 (vgl. ebd., Bl. 99–106). 414,8–9 versprochenen Beylagen] Wahrscheinlich beziehen sich die Beilagen auf die sub Numero 4) bemerkten Kommunikationen (FA/Goethe I 26, 426) im Bericht der Bergwerkskommission vom 13. Juli 1781. Kursachsen hatte Forderungen an die alte Gewerkschaft angemeldet, was die Weimarer Deputierten grundsätzlich ablehnten: Um Kursachsen desto begreiflicher zumachen, daß sich wegen dieser Ansprüche an der alten Gewerkschaft in keiner Weise zuerholen sei, haben wir dem Deputato Electorali die Kommunikation des Protokolls über die praeviis Edictalibus eingekommenen Liquidationen (das ist das Protokoll der Liquidationskonferenz vom 15. September 1777, auf der die Gläubiger der alten Gewerkschaft ihre Forderungen vorbringen konnten; vgl. Steenbuck, Ilmenau-Bergwerk, 84f.), desgleichen der Taxe der Überbleibsel der vorigen Gewerkschaft zugesichert. (FA/Goethe I 26, 424.) 414,14 argumentum ad crumenam] Lat. crumina (crumena): Geldbeutel, Kasse; ein finanzielles Argument.

NACHTRÄGE

MAI 1778

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GB 3/A 1a. An Jacob Friedrich von Fritsch 〈Weimar, zwischen 24. April und 4. Mai 1778?〉 → 〈Weimar〉 DAT IERUN G

In E wird der Brief nach „der Schreibart vor Anfang 1781“ datiert und in Zusammenhang mit den Briefen an Charlotte von Stein vom 5. Juni 1780 (Nr 109) und vom 5. und 6. Juni 1780 (Nr 110) gebracht. Die Begründung, da der erwähnte Rittmeister Friedrich Wilhelm von Lichtenberg der Schwager Caroline von Iltens (vgl. zu 70,1–2; zu 70,11–13) sei, stehe „das Schreiben in irgend einem Zusammenhange“ mit diesen Briefen (WA IV 4, 371), ist nicht stichhaltig, da es im vorliegenden Schreiben nur darum geht, dem Rittmeister (417,1) die geforderte vierte Ration (417,1) bzw. Zulage endgültig abzuschlagen, das Schreiben also rein amtlichen Charakter hat. – Laut dem herzoglichen Reskript vom 11. Januar 1777 an die Kriegskommission waren Lichtenberg jährlich „zu Vergütung seiner Anzugs- und Equipirungs-Kosten“ 300 Reichstaler zuerkannt worden (LATh – HStA Weimar, Militärsachen B 39939, Bl. 67). Mit dem herzoglichen Reskript vom 24. April 1778 an die Kriegskommission wurde Lichtenberg eine Gehaltserhöhung gewährt: „Nachdem Wir des Hußaren Rittmeisters, Friedrich von Lichtenberg, Gehalt dergestalt zu reguliren und fest zu setzen, resolviret, daß derselbe pro futuro überhaupt monathL 50 rh. oder jährL. 600 Rthlr an Geld, benebst der Fourage auf drey Pferde, wie auch die freye Wohnung in dem zum Behuf des Hußaren-Corps erkauften Hauße, vom 1. künfftigen Monaths an, zu genießen haben soll 〈…〉“ (ebd., Bl. 69). Vermutlich ist der vorliegende Brief zwischen dem Erlass und der Absendung des Reskripts am 4. Mai 1778 zu datieren: Lichtenberg, der den Herzog offensichtlich mündlich um eine vierte Ration gebeten hatte, sollte vorab darüber informiert werden, dass ihm Fourage lediglich für drei und nicht für vier Pferde gewährt werden sollte (vgl. die zweite Erläuterung zu 417,1). Da Goethe Fritsch bittet, die Angelegenheit mit Lichtenberg zu klären, ist eine Datierung vor Goethes Übernahme der Kriegskommission am 5. Februar 1779 plausibel. Fritsch war Goethes Vorgänger in diesem Amt. – Eine frühere Datierung ist jedoch nicht auszuschließen. Auch ist möglich, dass Lichtenberg zu einem späteren Zeitpunkt um die Zulage bat. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 14. – 1 Bl. 19,7 × 17,6(–17,8) cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Des Hl. Geh. Raths / von Fritsch Exzell, rotes Initialsiegel: „G“. E: WA IV 4 (1889), 225f., Nr 959 (Eduard von der Hellen).

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BRIEF GB 3/A 1B

ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. 417,1 dem Rittmeister] Der aus Preußen stammende Carl Friedrich von Lichtenberg war seit 1774 Husarenrittmeister in Weimar. 417,1 die vierte Ration] Ration: hier im Sinne von ‚Fourage-Ration‘ oder ‚Pferdefutter‘ (vgl. Krünitz 120, 735). – Die monatliche Fourage-Ration, die Lichtenberg für jedes Pferd erhielt, betrug 4 Reichstaler (vgl. zu 70,7–9).

GB 3/A 1b. An Jacob Friedrich von Fritsch mit Christian Friedrich Schnauß 〈Weimar, zwischen 1. und 6. Dezember 1778〉 → 〈Weimar〉 DATIERUN G

In der WA wird das Schreiben „mit Bestimmtheit auf die Zeit vor Frühjahr 1781“ datiert, da bis dahin die „Fürstlich Sächsische zur Direction des Brand-Assecurations-Instituti in dem Fürstenthum Eisenach gnädigst verordnete Deputation“ bestand (WA IV 7, 336). Willy Flach datiert das Schreiben zwischen den 1. und den 6. Dezember 1778, ohne jedoch eine Begründung anzuführen (vgl. AS 1, 43); ihm folgt Reinhard Kluge, ebenfalls ohne Belege für die Datierung (vgl. FA/Goethe I 26, 39; FA/Goethe I 26K, 129f.). – Am 1. Dezember 1778 war im Geheimen Consilium beschlossen worden, dass die Brandassekurationsdeputation Eisenach über „das erneute Gesuch der Bürgerschaft in Eisenach um Entlassung aus dem Nexus der Brand-Assecurations-Societät“ berichten solle (Wahl, Consilium, 424, Nr 5121). An dieser ordentlichen Sitzung des Geheimen Consiliums nahm Fritsch zwar teil (vgl. Kalendarium zur Tätigkeit des geheimen Consiliums 1776 bis 1786; ebd., 100), er zeichnete jedoch das beigelegte Reskript nicht ab (vgl. Beilage); demnach war er bei den Beratungen über diese Angelegenheit abwesend. Wahrscheinlich dienten die Voten Goethes und Schnauß’ dazu, Fritsch als Vorsitzenden der Weimarer Brandassekurationsdeputation zu unterrichten. Da das Reskript am 7. Dezember 1778 abgesendet wurde, ist das vorliegende Schreiben zwischen dem 1. und dem 6. Dezember 1778 zu datieren. ÜBER L IEF ERU NG

H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 9. – Doppelblatt 41(–42) × 23,5(–23,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unter dem Brieftext Votum von Christian Friedrich Schnauß (Petitdruck). E: WA IV 7 (1891), 257f., Nr 2350 (Eduard von der Hellen).

DEZEMBER 1778

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BEIL AG E

Herzogliches Reskript vom 1. Dezember 1778 an die Brandassekurationsdeputation Eisenach (vgl. zu 417,13–14). ERL ÄUT ERUNGEN

Ein Bezugs- und ein Antwortschreiben sind nicht bekannt. Unter Herzogin Anna Amalia war 1768 eine Versicherung gegen Feuerschäden eingeführt worden, „damit denenjenigen, welche ein Brand-Schade treffen würde, die Wiederherstellung ihrer abgebrannten Gebäude erleichtert und der erleidende Verlust desto erträglicher gemacht werden möge“ (Johannes Schmidt: Aeltere und neuere Gesetze, Ordnungen und Circular-Befehle für das Fürstenthum Weimar und für die Jenaische Landes-Portion bis zum Ende des Jahres 1799. in einen alphabetischen wörtlichen Auszug gebracht. Bd 1. Jena 1800, S. 489). Für das Fürstentum Eisenach wurde 1772 „zwar eine vor sich selbst bestehende und besondere Societät“ geschaffen, die aber mit der Weimarer „in einer Verbindung stehen und combinirt seyn solle.“ (Ebd., S. 511.) Beide Anstalten, deren Geschäfte von je einer Deputation verwaltet wurden, hatten bei Brandfällen einander zu unterstützen und die Versicherungsleistungen, die nur nach größeren Bränden erhoben wurden, anteilig zu übernehmen. Alle Untertanen, „ohne daß hierunter auf deren Vermögens-Umstände einige Rücksicht genommen werden solle, mithin Reiche sowohl als Mittelleute und Arme“ (ebd., S. 512), waren zu Beiträgen verpflichtet. Diese Zwangsversicherung provozierte vor allem den Widerstand der Einwohner des Landesteils Sachsen-Eisenach, deren wirtschaftliche Lage sich verschlechtert hatte. Zudem hatte Eisenach als kleinerer Landesteil mehr Versicherungsleistungen als Weimar aufzubringen. Schon im September 1776 hatten sich die Vierleute der Stadt Eisenach mit der Bitte an das Geheime Consilium gewandt, von weiteren Zahlungen befreit zu werden, da viele Bürger kaum noch ihren Lebensunterhalt aufbringen könnten (vgl. Wahl, Consilium, 151, Nr 393; vgl. auch ebd., 373, Nr 4265). Das Geheime Consilium weigerte sich jedoch, Änderungen bei den Beiträgen vorzunehmen. Erst im Juni 1781 wurde die gemeinsame Brandversicherungsgesellschaft wieder aufgehoben (vgl. ebd., Nr 10100). – Vgl. Ventzke, 346–348. 417,8–9 die Brand assecurations Dep. zu Eisen.] Der Brandassekurationsdeputation Eisenach gehörten der Eisenacher Geheimrat, Kanzler, Oberkonsistorialpräsident und Landschaftskassendirektor Johann Christian von Göckel, der Eisenacher Kammerpräsident Carl Christian von Herda zu Brandenburg, von Seiten der Landschaft der burggräflich kirchbergische Rat Wilhelm Carl Appelius und der Eisenacher Bürgermeister Wilhelm Esaias Herda an. 417,9 einen Auswurf] Im Sinne von „Kostenanschlag, Berechnung, (Etat-)Aufstellung“ (GWb 1, 1288). Hier und im Folgenden fast wortwörtlich aus dem beigelegten Reskript (vgl. zu 417,13–14).

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417,10 die Quanta] Der (Zahlungs-)Anteil, hier die Höhe der Versicherungsbeiträge. 417,11–12 dem schon geführten weitläufigen Protokoll] Die bei der Vernehmung der Bürger der Stadt Eisenach gefertigten Protokolle über den Wert der Häuser und die entsprechenden Beiträge zur Brandassekurationskasse (vgl. zu 417,13–14). 417,12–13 mit Bericht eingesandt werden] Das Geheime Consilium beriet am 27. Juli 1779 über den angeforderten Bericht der Brandassekurationsdeputation Eisenach, ohne jedoch über die Aufhebung der gemeinsamen Brandversicherungsgesellschaft zu entscheiden (vgl. Wahl, Consilium, 498, Nr 6469). 417,13–14 Schlussworte gegenwärtigen Rescripts] Im Konvolut „Geheimde Canzley-Acta / Die in denen Weimar- und Eisena/chischen Landen errichtete / Brand Assecurations Socie/taet betrL. / Vol: II. 1775. bis 1781.“ ist das als Abschrift zu den Akten gelegte Konzept des Reskripts vom 1. Dezember 1778 überliefert:

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An die zu Dirigirung des BrandAssecurations-Instituts in dem Fürstenthum Eisenach verordnete Deputation. Die von der Bürgerschaft zu Eisenach wegen WiederAufhebung dieses Instituts p abermals geschehene Vorstellung betrL. V. G. G. C a r l A u g u s t H. z. S. J. C. u. B. a. E. u. W. p p. l. g. Wir geben Euch aus der copeylichen Anfuge des mehrern zu ersehen, welchergestalt die Stadt-Vormündern und Bürgerschafft zu Eisenach, wegen der ihr angeblich zu lästig fallenden BrandAssecurations-Beyträge abermals unterthänigste Vorstellung gethan, und wie dieselbe am Ende gebeten, daß sothanes Institut wiederum aufgehoben, oder wenigstens die dasige Stadt gänzlich ex nexu gelaßen werden möchte. Nun tragen Wir zwar Bedencken, dem Gesuch der supplicantischen Bürgerschafft angebrachtermaaßen zu deferiren. Da Wir Uns jedoch erinnern, daß Wir bereits bey dem in dem vorigen Jahre gehaltenen Eisenachischen AusschußTage denen versammelten getreuen Ständen per Decretum d.d. 18 Septbr. a. pr. wovon Wir Euch / hierbey anschlüßig eine Abschrifft zufertigen laßen, zu erkennen gegeben, wie Wir allenfals geschehen laßen wolten, daß, weilen die Bürgerschafft zu Eisenach vorgegeben, es wären ihre Häußer nach dem wahren Werth derselben allzuhoch angesetzet worden, zum Versuch ein Auswurff gemacht werde, wieviel es betrage, wenn denenjenigen Bürgern, welche ihre quanta nicht bestreiten können, solche in etwas herunter zu setzen erlaubt werden solle: Alß begehren Wir hiermit gnädigst, Ihr wollet, jedoch ohne daß davon etwas bekannt werde, damit eine Probe bey denen Bedürfftigsten der Bürgerschafft nach denen darüber bereits geführten Vernehmungs Protocollen machen, das minus behörig notiren, den Abfall zusammentragen laßen, und darvon, wie starck dadurch das ganze Assecurations u Contributions-Quantum

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der Stadt Eisenach verringert werden möchte, zu Faßung weiterer Entschließung berichtliche Anzeige anhero thun. An dem p und Wir p Geben Weimar, den 1n Dec. 1778. Carl August HzS. (H: LATh – HStA Weimar, Polizeisachen B 5269, Bl. 156. – Vermerke von Carl August, Goethe und Schnauß; Absendevermerk: „Abgeg. mit drüben bemerckten Abschrifften den 7ten Dec 1778.“) 5 V. G. G.] Von Gottes Gnaden. 5 H. z. S. J. C. u. B. a. E. u. W. p] Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg auch Engern und Westphalen usw. 6 p. l. g.] Die herkömmliche Anrede der Reskripte lautete: „Veste und Hochgelehrte Räthe, liebe Getreue“ (AS 1, 449f.). 6 copeylichen Anfuge] Die beiden dem Reskript beigelegten Abschriften (vgl. die folgenden Erläuterungen) wurden dem Schreiben an Fritsch wahrscheinlich nicht beigelegt. 8–9 unterthänigste Vorstellung] Anlass des Reskripts war das Gesuch der Bürgerschaft von Eisenach vom 18. November 1778 mit der Bitte um Aufhebung der gemeinsamen Brandversicherungsgesellschaft mit Weimar gewesen (vgl. LATh – HStA Weimar, Polizeisachen B 5269, Bl. 152–155). 10 ex nexu] Lat.: Aus der Verbindung. 13 deferiren] stattgeben. 15 Decretum d.d. 18. Septbr. a. pr.] Nicht ermitteltes Reskript vom 18. September 1778 an die Landschaftsdeputation Eisenach. – ‚d.d.‘: von lat. de dato: vom Datum. 28 An dem p und Wir p] Der herkömmliche Schluss der Reskripte lautete: „An dem geschiehet Unsero Meynung, und Wir sind Euch mit Gnaden gewogen.“ (AS 1, 449f.)

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ANHANG

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Dokumente Die im Folgenden mitgeteilten Kontextbriefe werden hier zum ersten Mal erschlossen und vollständig wiedergegeben, da auf sie wiederholt in den Erläuterungen Bezug genommen wird. Lediglich die Briefe Carl Ludwig von Knebels an Herzog Carl August vom 2., 4. und 5. Oktober 1781 sowie der Brief Prinz Constantins an Knebel vom 23. und 24. Oktober 1781 sind bisher (unvollständig) gedruckt.

1) Brief Johann Salomo Semlers an Johann Caspar Lavater vom 24. Dezember 1779 (vgl. zu 14,24) Würdiger frommer Mann könten wir uns eine Stunde sprechen, es wäre entschieden; wir wären einander das, was wir vor Gott wirklich sind. Nicht eine Zeile schreibe ich, zu meiner Entschuldigung oder Empfelung; es seie so; Lavater muste mich einen Deisten nennen und mich dafür in feierlichem Eifer declariren. G u t e r Lavater, mus ichs aber dadurch werden, wenn ich es nicht bin? Ob alles, was auf Ihren Synoden gehandelt wird, Mysterien wird u. ist, weis ich am wenigsten; ich kan es aber nicht glauben, weil ich es weis, daß viele in Zürch es alles wieder wissen, was im Synodus geredet ist. Wie könten auch Menschen durch einen Synodus mehr werden, als sie sind! Aber, mein lieber, Sie wissen es nicht, in welche Lage Sie mich drängen; hundert Deisten machten mich ganz sicher zum Cheval de Bataille, indem sie mir das dürre hölzerne bischen Gelersamkeit vorausgaben; meine gelerte holzhackerarbeit nemen sie für Deismus, u. dachten, ich ginge auf neuem Wege. Nicht so; ich verurtheile das nicht, was / man sehr offt ungeschickt Naturalismus, Deismus, Indifferentismus nent; sowenig ich den Nationalismus unter den Menschen verurtheile. Aber ich habe nicht theil daran; wenn ich also Menschen gefällig seyn wolte u. könte, so wäre ich Christi Knecht u. Diener nicht; und das bin ich stets gewesen, ohne kryptisch u. paulisch zu seyn. Gehen Sie, frommer Lavater, dafür halte ich Sie, wenn auch Ihre Physiognomik mir manche starke Einwürfe anbietet, alle meine ehrlichen simpeln Schrifften durch; suchen Sie das aus, was auffält; unserm wahren innern Christentum ist nichts entgegen; ich bin dem so herzlich treu ergeben, daß es nicht möglich ist, ihm Schaden zu thun. Aber den alten langen Zug von Gelersamkeit habe ich untersucht; mehr als Sie, glüklicher Mann es nötig hatten; da sind mir daemoniaca u. charismata gleich unbedeutende Dinge, Systemata und Theorien ganz freie Zufälligkeiten. Aber wenn Bahrd Kant u. positive Leute, die den freien Gang des Gewissens unterminiren, u. feindlichen Atheismus aussäen, da trete / ich hin, u. greiffe an den Hals, mögen auch noch so vorneme mächtige Menschen mich schrecken. Sie

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machen mich zum Deisten; guter Mann, warum richten Sie einen fremden Knecht? wollen Sie     ? was schade ich Ihrem Fleis u. Eifer dort in Zürch? was haben Sie für Kentnis von unserm Werk? Um Bahrds willen, weil ich mich wissentlichen Neuerungen öffentlich, hier ganz allein, widerseze, werde ich m e h r a l s H e l t a b g e s e z t durch einen mir sonst so gnädigen Ministre. Doctor Nösselt nimt meine Stelle als Director Seminarii theolog. an, welches Seminarium ich gleichsam neu geschaffen habe; 22 Jahr w a r ich Director, der viel Gutes schaffete; blos darum, weil ich dem unglüklichen Bahrd die Larve eines Verfolgten abris, werde ich so beschimpft; u. Nösselt heißt ein respectabler kluger Mann. Sie verstehen dis doch wohl? Ich habe der – – mich in den Weg gelegt; Bahrd kan nun nicht in ein protestantisch Amt kommen, u. noch mehr Schaden thun. Ich mus es leiden, daß er doch in Halle collegia lieset, m i r z u m P o s s e n, wie / mann es sagen darf. Dadurch behalte ich einen festern Sin, u. wenn die Welt vol Teufel wär, ich gebe doch nicht nach, u. behalte noch immer manchen Eingang. Aber nun, wie bin i c h in diesem statu confessionis, ein Deist? Ich habe auch wider Steinbart geschrieben; u. Nösselt nent ihn selbst einen Windbeutel; aber bereden Sie den übervorsichtigen Mann, den wirklich herzlich guten, daß er das ö f f e n t l i c h zu erkennen gebe; da werden Sie sehen, daß Entschlossenheit nur wenigen Gelerten gehört. Beurtheilen Sie, liebster Mann, mein ganzes Herz, auf dessen Kentnis Sie doch so viel Zeit gewendet haben; lassen Sie Ihr Herz alsdann reden; Sie u. ich bleiben Menschen; vor Gott? ich weis, wie tief ich da liege; aber vor Menschen, zälen Sie die zusammen, die so wenig furchtsam sind, als ich Ihr herzlich zugethaner Freund, nicht Deist, JSSemler Halle dL. 24. Decemb. 1779 ich büsse die Hälffte meiner sehr mässigen Besoldung ein, wenn auch Nösselt sie mir zurük gibt, wie ich Baumgartens Kindern 10 Jahre lang sie gelassen habe! 5 unerzogene Kinder fülen den Christianismus ihres frommen Vaters; in wenig Tagen lesen Sie ein Avertissement von meinem Leben, das ich schreibe u. auf praenumeration druken lassen wil, um noch was zu meinem ehrlichen Leben zu erlangen. Loben Sie doch einen solchen Deisten, lieber Mann! Sie schaffen nur dies auch zu lesen? O könten wir uns sprechen! H: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 526.278. Lavater beantwortete Semlers Brief am 8. Januar 1780 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 581.20). 11 Cheval de Bataille] Franz.: Schlachtross. 25 Bahrd] Goethe stand dem Aufklärungstheologen Carl Friedrich Bahrdt kritisch gegenüber (vgl. GB 3 II, erste Erläuterung zu 14,1). Bahrdt hatte 1778 Zuflucht vor der kaiserlichen Justiz in Preußen gesucht, wo er aus politischem Kalkül aufgenommen worden war. Der preußische Kirchen- und Unterrichtsminister Karl

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Abraham von Zedlitz hatte erfolglos die Aufnahme Bahrdts als Privatdozenten in der theologischen Fakultät in Halle durchzusetzen versucht. Aufgrund von Semlers Widerstand durfte Bahrdt nur an der philosophischen Fakultät unterrichten. 29     ] Griech.: die Geistlichkeit unterjochen bzw. über den Klerus gebieten. 32 Ministre] Zedlitz hatte wegen der Affäre um Bahrdts gescheiterte Berufung in die theologische Fakultät die Amtsenthebung Semlers im Dezember 1779 eingeleitet. 33 Nösselt] Johann August Nösselt war Semler als Direktor des theologischen Seminars in Halle nachgefolgt. Nösselt galt in Fachkreisen als polemikscheu. 40 wenn die Welt vol Teufel wär] Vers aus Luthers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“. 42 statu confessionis] Lat.: im Bekenntnisfall oder -zustand. In Anlehnung an den Adiaphoristischen Streit ist eine außergewöhnliche Entscheidungssituation gemeint, in der es „über die Proklamation der Zugehörigkeit zu Christus oder die Absage an Christus geht“ (RGG4 7, 1692). 42 wider Steinbart geschrieben] Gegen den Theologen Gotthilf Samuel Steinbart, einen erklärten Gegner Lavaters (vgl. GB 3 II, zu 328,17–18), und dessen Schrift „System der reinen Philosophie oder Glückseligkeitslehre des Christenthums für die Bedürfnisse seiner aufgeklärten Landesleute und andrer die nach Weisheit fragen eingerichtet“ (Züllichau 1778): „Hrn. Caspar Lavaters und eines Ungenannten Urtheile über Hrn. C. R. Steinbarts System des reinen Christentums. Mit vielen Zusätzen von D. Joh. Sal. Semler“ (Halle 1780). 55 Baumgartens] Sigmund Jacob Baumgarten war der Lehrer und Vorgänger Semlers am theologischen Seminar gewesen. 57 Avertissement von meinem Leben] Ankündigung von Semlers „Lebensbeschreibung“ (2 Bde. Halle 1781–82).

2) Johann Caspar Lavater an Johann Gottfried Herder, 30. Januar 1780; auf einem undatierten Brief von Unbekannt an Johann Conrad Pfenninger: An Herrn Pfenninger. Sag dem würdigen Mann meinen Gegengruß und über sein Maran-atha folgendes: Was Er S. 293. u. f. höchstschriftmäßig von unsers Herrn Kommen redet, eben das sollte ihn dafür bewahret haben, dies Buch a u c h n u r i n s o w e i t von der Zerstörung Jerusalems zu erklären. Es sind d i e i m e i g e n t l i c h s t e n Ve r s t a n d e l e t z t e n Zeiten, in welche Johannes Aussichten eröfnet. Jerusalems damaliges Schicksal ist für des Sehers allumfaßenden Blick ein viel zu enges Thema. Und warum sollt er so mystisch erst noch das geweißagt haben, was unser Herz ja schon viel deutlicher selbst propheceyt hatte, und was (wie frühe wir auch das Datum der Apokalypsis annehmen) schon s o nahe war, daß selbst ein jüdischer oder römischer Politikus es aus der Lage der Sache hätte augurieren können; wie z.B. Josephus? Was sollte es für eine so nahe, die schon so deütlich aus den Reden des Herrn des

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Christus bekannte Begebenheit erst noch eines solches Aufwandes der höchsten und dunkelsten Bildersprache bedurft haben? Und, wäre die Deutung auf Jerusalem so auffallend, wie Hr. H. glaubt, nein, Wie hätte die alte Kirche dies so ganz ignoriren können? Wie kommts, daß die ältsten Väter nicht diesen Schlüssel, der ihnen noch so viel näher, als uns, an der Hand lag, gefunden haben? Von der Härte besondrer Deutungen, z.B. auf Jesus Anani u dgL. nichts zu sagen. Den Vätern kam / bey den beyden Zeugen eher an einen Wiederkommenden Enoch und Elias – der Sinn. Und meines Bedünkens mit allem Recht. Jemehr ich dies Buch lese, und je weniger ich den Schlüßel s u c h e, je auffallender wird er mir, daß sich des Sehers Geist durchaus in die eigentlichste so genannten letzten Zeiten versetzt; dieselben freylich gantz aus israelitischem Gesichtspunkt, aber ohne von dem, was d a m a l s Jerusalem litt, im geringsten umfangen zu seyn, sich vergegenwärtigt,  kommen sieht, und daß alle diese großen Bilder Auftritte u. Personen u. Mächte… bezeichnen, die d a n n ihre Role spielen werden, wanns um eigentliche Wiederkommen des Herrn zu thun ist; was dies für Auftritte, Personen, Mächte p seyen, kann folglich izt aus den charakterischen Zügen der Bilder wol vermuthet, und aus schon vorhandenen Datis u. Anlagen sogar mit Sicherheit bestimmt, aber noch nicht aus Geschichte, als etwas Erfülltes, gezeiget werden. 〈Lavater:〉 Ich unterschreibe dieß urtheil mit brüderlicher dankbarkeit für alles vortrefliche in deiner A p o k a l y p s e. Es thut mir leid, daß ich unmögL. Zeit habe, umständlich zuseyn. Ich weiß, du willst und bedarfst meines Lobes nie, und mein Tadel ist nichts, als reiner wunsch, daß Ein Licht uns alle erläuchten und tausende durch uns. dL 30 Jan. 80. H: GSA 44/68, Bl. 35. 1 Pfenninger] Vgl. die dritte Erläuterung zu 14,29; zu 13,17. 2 würdigen Mann] Herder. 3 S. 293. u. f.] Vgl. Suphan 9, 260. 9–10 das Datum der Apokalypsis] In „Maran Atha“ hatte Herder, anders als zuvor in „Johannes Offenbarung“, die Apokalypse vor der Zerstörung Jerusalems unter Titus im Jahr 70 n. Chr. datiert. 11 Josephus] Flavius Josephus, Historiker des 1. Jahrhunderts, war der Autor der „Geschichte des jüdischen Krieges“, der wichtigsten Quelle zur Zerstörung des Tempels zu Jerusalem. Herder bezog sich im Gegensatz zu Lavater auf Josephus, um die Visionen der Apokalypse geschichtlichen Ereignissen zuzuordnen. 18 Jesus Anani] Jesus, der Sohn von Ananus, war ein Bauer, der laut Josephus vier Jahre vor dem Anfang des Krieges die Zerstörung Jerusalems prophezeit hatte. 19 Enoch und Elias] Die alttestamentarischen Propheten Henoch und Elia, die zurück auf die Erde kommen sollten. Wie der Briefschreiber identifizierte auch Lavater in seiner poetischen Bearbeitung die beiden Zeugen, die in der Vorlage unbenannt bleiben (vgl. Apokalypse 11,3–13), als Henoch und Elia (vgl. Lavater, Jesus Messias, 76). Herder hatte

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dagegen in Anlehnung an Josephus die Zeugen bezeichnet als „die beiden Hohepriester, A n a n u s und J e s u s“ (Suphan 9, 163). 24 ] Griech.: schnell, sehr bald.

3) Brief Johann Caspar Lavaters an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 2. Februar 1780 (vgl. zu 28,17–20): Herzensdank, beßter Fürst, für Ihre liebe ZeilL. Sie thaten mir herzwol. Ich war sooft unter Ihnen und träumte den einst so nahen, nun so fernen, mit Wehmuth und Freüde nach. Das Jahr 1780. wird mir besonders auch dadurch immer merkwürdig bleiben, daß ich das Glük hatte, Sie von Angesicht kennenzulernen. Ich habe einige Kammern meiner Seele nun in die 15. bis 20 Jahre verschloßen halten müßen, und endlich einen Menschen, endlich Sie gefunden, dem ich sie öffnen darf. ob mir das wol thun? urtheiL Sie. Das Ve n e r a b e l s t e aller Geschöpfe, mir mir je e r s c h i e n e n, hat Gott I h n e n gegeben. Wenn ich S i e auch nicht kennte, edler Mann, würden Sie mir, den kein Schauspiel, wie das vom Zusammentreffen der Menschen intereßiert, höchstmerkwürdig seyn. Nun glaub ich zusehen, was ich ahndete. Gott sey für alles gelobt! Ich sag immer: „Es ist doch in aller Welt kein Dramatist, wie unser Herr Gott.“ / Sagen Sie doch, ich bitte, Ihrem Engel; „Lavater hat mich so herzlieb wie wenige MenschL.“ Ich habe gar keinen Zweifel, daß das Sie nicht herzlich freüe. Wir sind alle gesund – und ich, mit all meinem Husten, kann in dem Müllengetöse meines Berufes fortexistiren, so gut man immer existiren kann. Die Gemälde sind nun alle abgegangen. In drey oder vier malen nacheinander wird alles anlangen. Verzeihung, daß ich das Juelische so lange behielte – Ich wollte eine gute Copie erzwingen – aber umsonst. Die Migniatur ist noch das leidlichste, was herauskam, die beyden andern gab’ ich Dr H o z e n und I m t h u r n, diesen so warmen, treüen Verehrern von Ihnen. Nicht wahr, Sie rechnens meinen H e r z e n gern an, daß ich Ihnen den wunderschönen C o r r e g e so gern abtrat. Verzeihen Sie die Eitelkeit, die mich sagen macht. ‚Hier fühlt’ ich, daß mir der Herzog u: seine L u i s e unaussprechlich lieb sind, daß / ich Ihnen dieß Opfer so leicht, so froh hingab!‘ Nicht wahr, ich darf Ihnen a l l e s sagen, w a s ich will, u: w i e ich will? – Ich bin izt eben mit aufräumen, rangordnen, u: Cabinetisiren meiner Zeichnungen u: Kupfer beschäftigt. Kommen Sie wieder einmal welches ich für gewiß nehme – so sollen Sie wundersame Zusammenstellungen u: physiognomische Dramata finden. Zu dem Cabinetchen für Sie sind bereits alle Voranstalten gemacht. Sind wir einmal en Train, so solls von Monat zu Monat fortgehen. Von F ü ß l i weiß ich

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kein Wort mehr. Es brennt einen doch im Marke, daß von dem Wundermanne nichts zuhaben ist. Gott mit Ihnen, beßter. Denken Sie bisweilen, daß mir das Herz im Leibe hüpft, soofft ich Weymar höre, lese, denke. Zürich dL. 2. Febr. 1780. J.C.Lavater A: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 555.94. Der Brief beantwortet Carl Augusts Brief vom 18. Januar 1780 (vgl. zu 14,3–6). – Carl August antwortete am 4. April 1780 (vgl. Karl August und Luise-Lavater, 268f.). 8 Ve n e r a b e l s t e aller Geschöpfe] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 19 Juelische] Vgl. die erste Erläuterung zu 69,4. 20 Migniatur] Vgl. 102,22. 21 Dr H o z e n und I m t h u r n] Vgl. zu 63,18; zu 63,4. 32 Cabinetchen für Sie] Vgl. zu 94,28–29. 33 F ü ß l i] Vgl. zu 14,19–20.

4) Brief Johann Caspar Lavaters an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 19. Juli 1780 (vgl. zu 94,1): Bester Fürst.

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Ich habe mich so eben auf Pratteln ein Dorf unfern von Basel, mit einem Paket unbeantworteter Briefe hingeflüchtet – oben auf liegt auch einer von Ihrer Theüren Hand. Es thut mir wohl, daß sich mein liebster Herzog so wohl und so neügestärkt befinden seit Ihrer Reise. Ich kann’s oft kaum glauben, daß wir uns so nahe gewesen sind, und gewiß ist mein Herz noch keinen Tag fern von Ihnen gewesen. Wenn ich mir We y m a r höre oder lese so geht mir eine Freüde durchs Herz. K n e b e l hat mich aufs neüe in die Weymarische Luft und in die lieben Kreise hineingesezt. Er hat sich bey uns allegemeine Achtung und Liebe erworbenn G ö t h e s I p h i g e n i e hat uns / besonders wohlgethan, und wird uns noch lange wohlthun. So bald mein junger Hauszeichner gesund ist, fang ich an mein Versprechen zuhalten – Ich hoffe bald. Der Riß zur Corndarre ist nun abgegangen – Ich habe noch viele Stunden auf die Außarbeitung der A p o k a l y p s e verwendet, und bin nun, GottLob auch damit fertig geworden. Sie wird eben gedruckt. Unendliche Herzens – Grüße, ich mag nicht sagen, Complimente Empfehlungen – die innigsten wärmsten HerzensGrüße an Iphigenie-Luise. Prattelen dL. 19. Jul. 1780. Johann Caspar Lavater.

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A: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 555.95. Der Brief beantwortet Carl Augusts Brief vom 15. Juni 1780 (vgl. Karl August und Luise-Lavater, 269). Carl August antwortete am 21. September 1780 (abgedruckt in der einleitenden Erläuterung zu Nr 177). 12 Versprechen] Vgl. zu 94,28–29. 14 Corndarre] Vgl. zu 28,20–21. 15 A p o k a l y p s e] Vgl. zu 13,11.

5) Brief Charlotte von Steins an Carl Ludwig von Knebel vom 31. Juli bis 7. August 1780 (vgl. die zweite Erläuterung zu 90,17): Weimar den 31ten Juli 1780. Nun sind schon wieder dem Journal ein paar Tage entwischt, aber sie enthielten auch nicht viel. Goethens Jery und Bätely wurde vergangnen Freytag aufgeführt; Wedel machte den Thomas vortrefflich das ganze paßte sehr gut zusammen, auf mich würckt die Liebe zum Autor mit, so auch manchmahl ist mirs mit den Acteurs doch brauchen Sie von keinen Zuschauer den Nebenhalt in Ihren Rollen. Gestern spielte mann in Etersburg den Agapito als impromtu, ich war nicht zugegen, sondern hatte Geselschafft mit welcher ich ins Wöbig spazierte, und durch Goethens Garten nach einen Abend Eßen bey ihn, wieder nach Hauß ging; Ihr Prinz erschien einen Augenblick und verschwand, er führt ein wahres misantropisches Leben mann sieht ihn nirgends. Der Herzog ist seit einigen Tagen ins Land gereißt. 2t August gestern war ich mit noch einigen zu Abends in Tieffurth Ihr Prinz geht unter, ich nahm mir die Freyheit ihn Vorstellungen zu machen, aber da ist’s leider als wen alles Feuer der Jugend bey ihn erloschen wäre oder wohl gar niemahlen gebrand hätte; Auserdem brent’s noch fleisig um uns herum, und ist gestern StadtIlm ein hübsch erschafftes Städtgen in Asche gelegt worden, Sie werden es von den Weg nach Ilmenau zu kennen. / 4t August Ich weis nicht, liegt’s an meiner Vorstellung daß mir alles hier unbedeutend vorkomt, oder an den Sachen, genug von unßern Tagen weis ich nichts zu schreiben. Es ist ein Franzos hier mr. prevot der nach Berlin an Sulzers Platz komt, gesehen habe ich ihn nicht, aber er gesellt sich zu Goethen und Wieland, hat die Medea des Euriptes übersetz und das ist alles was ich von ihn weis. Der Herzog ist wieder hier. Die Seckendorff hat mir den Brief an Sie gegeben und ich soll Ihnen schmelen daß Sie nicht ein einziges mahl weder an ihr noch ihrem Mann geschrieben. Wen Ihnen Seckendorffs schreiben so wißen Sie wohl auch alle hiesigen Begebenheiten, vermuthlich auch die daß nach der dänstäter Lincker zum Fenster hinein geschoßen worden, und daß das Puplikum murmelt es sey auf Anstifften des Mannes. Morgen

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giebt die Herzogin Louise das letzte dejeuné und den 9t geht die Herrschafft nach Alstät. 6· Gestern Abend hat uns Goethe, im Closter beym Herzog, sein Drama die Vögel vorgelesen, ich glaube nicht daß es uns wird so viel zu lachen machen als er denckt, den der Witz ist nicht plat genug, doch kan auch die närrische Verkleidung etwas thun; ein guter Einfall steht in Epilogus wo er sagt, ihr werdet erwegen daß von Athen nach Etersburg mit einem salto mortale nur zu gelangen war. 7 Ich hab das Ende von Jaque le fataliste gelesen, er ahmt gar zu / sehr des Tristrams Zweydeutigkeiten nach; ich glaube daß es eher ein Buch vor Männer als vor Frauens ist, weil erstere mehr in Gemeinschafft solcher Begebenheiten sind; wen ich’s aber auf der Seite von Kunst des Autors betrachte, so hat so ein ungelehrtes trocknes düstres Wesen als ich, freilich kein Fleck an dem es recht anschlagen kan; wie ich das Buch zuthat hohlte ich gleich meinen lieben Antonin, und da wurde mir wohl, und folgt allemahl drauf der Gedancke an Sie; Es möge Ihnen auch wohl seyn! Ich freu mich der sich wickelnden Zeit, die in den Kneul der Vergangenheit zwar manches Liebe zuwickelt, doch aber an den selben Faden auch abwesende Freunde wieder herbey zieht. Leben Sie wohl. Von Stein. H: GSA 54/274,1, Bl. 8–9. Knebel hielt sich am 31. Juli 1780 in „Luterbrunn“ 〈Lauterbrunnen〉 auf, von wo aus er weiter über verschiedene Stationen, darunter Thun, Bern und Luzern, nach Basel reiste. Am 12. August schrieb er von dort aus an „Fr. von Stein.“ (Knebel, Tgb. 1780, Bl. 32v–34r). Vgl. auch zu 97,12. 2 dem Journal ein paar Tage entwischt] Demnach war der vorliegende Brief Fortsetzung früherer tagebuchartiger Aufzeichnungen Charlotte von Steins für Knebel, den sie zuletzt in Nürnberg und Mörlach am 16. und 17. und vielleicht auch am 20. Juni gesehen hatte (vgl. die zweite Erläuterung zu 76,7; Knebel, Tgb. 1780, Bl. 26r). 3 Jery und Bätely 〈…〉 aufgeführt] Am 28. Juli 1780 fand eine Wiederholung der Uraufführung vom 12. Juli statt, die Charlotte von Stein aufgrund ihrer Reise nach Mörlach nicht gesehen hatte (vgl. Sichardt, 161; zu 79,6). 4 Thomas] Die Figur des lebenslustigen ehemaligen Soldaten, der für Jery um Bätelys Hand wirbt. 7 Agapito] Möglicherweise Teile aus Carlo Goldonis Komödie „La finita ammalata“ (Die verstellte Kranke), die mit einem Auftritt des tauben Apothekers Agapito beginnt. Das Stück in der Tradition der Commedia dell’arte und der Stegreifburlesken war eines der erfolgreichsten Goldoni-Stücke am deutschen Theater des 18. Jahrhunderts. In den 1770er Jahren gehörte es zum festen Repertoire des Gothaer Hoftheaters. Zu seiner Verbreitung auf den deutschsprachigen Bühnen hatte vor allem die Übersetzung Justus Heinrich Saals beigetragen (Des Herrn Carl Goldoni Sämmtliche Lustspiele. Zweyter 7 als impromtu] Als ImTheil. Leipzig 1768, S. 329–424〈recte: 422〉).

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provisation, aus dem Stegreif. 8 Wöbig] Webicht: Waldgebiet im Osten Weimars an der nach Umpferstedt und Jena führenden Allee. 9 Ihr Prinz] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach (zur Sache vgl. zu 74,22). 15–16 StadtIlm 〈…〉 in Asche gelegt worden] Vgl. zu 77,1–2. 21 mr. prevot] Pierre Prévost, Schweizer Physiker, Philosoph und Schriftsteller, 1780 von Friedrich II. als Professor nach Berlin berufen (vgl. zu 100,15). 23 Euriptes] Euripides, dessen Werke Prévost übersetzt und kommentiert hatte. 23–24 Der Herzog 〈…〉 hier.] Am 29. Juli war Carl August „auf einige Tage nacher Dornburg“ (FB 1780, S. 159) gegangen und am 3. August zurückgekommen (vgl. ebd., S. 163). Wie sein Brief vom 27. Juli an Knebel belegt, wollte er das Ende von Diderots „Jacques le fataliste“ lesen (vgl. zu 104,22). 24 Die Seckendorff] Sophia Friederike von Seckendorff geb. von Kalb. 25 ihrem Mann] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Kammerherr Carl Augusts. 27 dänstäter Lincker] Joseph Johann Jacob Daniel von Lincker und Lützenwick, Gutsbesitzer in Denstedt bei Weimar. 30 Alstät] Vgl. zu 103,4. 31 Closter] Vgl. zu 30,18). 31–32 die Vögel] Goethes Einakter nach Motiven der gleichnamigen Komödie des Aristophanes (vgl. zu 74,18–19). 33 närrische Verkleidung] Kostüme (Masken) in Anlehnung an die Typen der italienischen Commedia dell’arte (vgl. zu 106,11). 34 Epilogus] Vgl. 87,15–31. 36 das Ende von Jaque le fataliste] Vgl. zu 37,8. 36–37 Tristrams Zweydeutigkeiten] Lawrence Sternes Roman „The life and opinions of Tristram Shandy“ (1759–1767). 41 Antonin] Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ (vgl. zu 103,12–13). 44–45 an den selben Faden 〈…〉 herbey zieht] Vielleicht in Anlehnung an eine der bevorzugten Metaphern, die Goethe häufig auch in seinen Briefen an Charlotte von Stein gebraucht (vgl. zu 51,25).

6) Brief Johann Caspar Lavaters an Carl Ludwig von Knebel vom 3. März 1781 (vgl. zu 232,12): Lieber Knebel, Wie soll ich Ihnen die Hahnische Uhr, die Sie in meinem Hause gesehen, auf die Sie zwei Billiets genommen, die S i e gewonnen haben, sorgfältig und sicher genug übermachen? wie weit wäre sie etwa auf dem Waßer zubringen? An welchen Freünd – der Sie vom Waßer empfinge, und einer sorgfältigen Fuhr übergäbe, soll ich sie, versteht sich’s, auf möglichste verwahrt, addreßirL? / Haben Sie nun meine O f f e n b a h r u n g erhalten? Ist das Manuskript an den Herzogen von Sachsengotha, so Bodmer hatte, und das Ihnen oder Goethe zugeschrieben worden, eingegangen? Haben Sie mich noch lieb? was macht die Henriette?

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was das Urbild des schönen Profiles, das Sie mir zeigten? was Herder? was Luise? / Die gözischen Bogen, voll mahlerischer Naivetäten – und dennoch selten so r e i n im M a r k e, wie ich solche Dinge wünsche, hab’ ich erhalten. Itzt wird am zweyten Theile meiner v e r m i s c h t e n S c h r i f t e n, der größtentheils wahre Briefe und Predigten enthält, und an zween Bänden rein freyer P o e s i e e n gedrukt. / Ich bin so gesund als man seyn kann. Schwehrbeladen, dennoch Herzfroh – hab’ eben ein Engeljungen Va n d e r B o r g bey mir, der mir, wie eine Erscheinung aus der andern Welt ist. Hier ein unvollkommner Schattenriß von ihm. In Straßburg, wo ich vor einigen Wochen war, hab’ ich von der Razenhausen und Schweighäusern – Ihren Namen mit Vergnügen nennen hören. Z. dL 3 Mz 1781. JCL. H: GMD, KK 4348. Der Brief bezieht sich auf Knebels Brief vom 15. Oktober 1780 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.114). – Knebel antwortete am 15. März 1781 (vgl. S. 1030–1032). 2 die Hahnische Uhr] Vgl. zu 210,7. 7 meine O f f e n b a h r u n g] Vgl. zu 29,4. 7 Manuskript] Vgl. zu 233,11. 11 Henriette] Knebels Schwester Henriette. 12 das Urbild] Die von Knebel verehrte Emilie von Werthern-Beichlingen (vgl. zu die zweite Erläuterung zu 38,6; zu 78,7–8; zu 81,8). 13 Luise] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 14 gözischen Bogen] Gedichte von Johann Nikolaus Götz. 16 v e r m i s c h t e n S c h r i f t e n] Vgl. zu 286,11. 17–18 P o e s i e e n] Vgl. zu 233,7. 20–21 Van der Borg] Atje van der Borg, dessen Silhouette in der französischen Phyisiognomik abgedruckt wurde (vgl. zu 288,31). 23–24 Razenhausen und Schweighäusern] Carolina Philippina von Rathsamhausen und Catharina Salome Schweighäuser. Letztere hatte Knebel am 25. Januar 1781 von Lavaters Besuch berichtet (vgl. Düntzer, Knebels Nachlaß 1, 74f.).

7) Brief Carl Ludwig von Knebels an Johann Caspar Lavater vom 15. März 1781 (vgl. zu 232,14): We i m a r den 15. Merz 1781. Ich dancke gar herzlich, Lieber, für alles Gute und Liebe, das sich mir noch immer von Ihnen aus der Ferne mittheilt. Was verdien’ ich, und was vermag, ich Armer, dagegen?

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Meine Lippe regt sich oft ein Wort Ihnen zu sagen. Dann wird’s verschwiegen. Nehmen Sie Sich’s Selbst von dem Altar eines guten Herzens, das es hervorbringt – Sie mögen die Flamme schicken, die es aufnimmt! In einer Welt, in einer Reyhe von Umständen, die mit den Ihrigen so wenig Gleichheit haben, daß Sie sie auch, so weitumfassend Ihre Seele ist, nicht erreichen mögen – wo Schwachheit und Kraft, der ausschliessendste / Reichthum und die unempfänglichste Armuth dicht neben einander liegen – wo alles formlos, ungewiß und wanckend ist – was soll ich weiter sagen? Was läßt sich hier geben? – als vielleicht ein Hauch des Herzens, nur demjenigen sichtbar, der ihn mit eignem Herzen beleuchtet. Genug! – Die O f f e n b a r u n g e n hab’ ich erhalten, und Ihnen viel Gutes und herrliches darüber zu sagen. Zu jeder Empfindung des Herzens stimm’ ich mit Ihnen überein, oder vielmehr Sie nehmen mein Herz auf, wie ein Strom den Bach. Aber die Welt erscheint mir anders. Das Göttliche drinnen hängt mir weit näher mit dem Menschlichen zusammen. O Gott! Es scheint / mir nur Eins! – Der Besiz der Uhr, die ich so unerwartet gewonnen, würde mir Freude machen, wenn ich mir’s nicht zum Gewissen erharte, einer Menge Freunde eine Seltenheit zu entziehen, denen ich durch tausend Verbindlichkeiten schuldig bin. Wissen Sie diese Bedencklichkeit zu mindern, so geschieht mir wircklich ein Gefallen. Am liebsten, ich darf’s nicht sagen! wünscht’ ich, daß Sie für Sich Selbst einen Gebrauch davon machen möchten. H . L u i s e hat mir einen Brief für Sie versprochen. Sie ist wacker und gut, nur in der Oberfläche unbestimmt und wanckend, welches macht, daß man in dem Leben mit Ihr, selten einen Tag so gut von ihr urtheilen kann, als den andern. Auch hat sie viele der Vorurtheile ihres Standes, und ist über manche Dinge schwer zu erleuchten. / Man sagt hier allgemein, daß sie in Hofnung seye – und es ist wohl so gut als gewiß. H e r d e r steht auf einer guten Höhe seiner moraL. Existenz. Er hat sich fast von aller Gesellschaft der Menschen getrennt, und scheint mir seine gewöhnliche Unruhe durch Verstand und Arbeit zu dämpfen. Sein zweyter Theil der T h e o l o g i s c h e n B r i e f e wird nächstens erscheinen. Sie werden ein paar H y m n e n von mir darinn finden, für die ich im voraus Nachsicht erbitte. – Er hat die Mutter Ihres jungen v a n d e r B o r g gekannt, und sagt herrliches von ihr. – Noch einen Gruß von ihm! – H e n r i e t t e ist gut, gedrückt, ruhig, theilnehmend u. dultend. Das Urbild meines schönen Profils wohnt in meiner Nachbarschaft. Zärtlichkeit und Liebe hat der Himmel nie in reicherm, reinerm und schönerm Maaße über eine Sterbliche ausgegossen. Sie macht das Glück und die Stärcke meines Lebens. – Adieu Lieber! /

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Von der R a t h s a m h a u s e n und S c h w e i g h ä u s e r ein andermale! Es sind gute volle Seelen. Sie haben sie vielleicht beyde in ungünstigen Augenblicken getroffen. Der Stolz der Erstern kommt aus wircklicher jugendlicher Kraft, aus stoischen seltsamen Prinzipien und Reflexionen – sizt aber nirgends auf einer blossen leichten Oberfläche. – Sie haben beyden durch Ihre Erscheinung wohl gethan. Ein Wort vom Pf. S t u b e r – den ich n i c h t gesehen! das Manuscript ist von B o d m e r n, so viel ich weiß, zurück. Hier noch ein ungefähres Silhuett von G ö t z. Der einfältige Verfertiger hat ihn zum Cammerherrn machen wollen, und ihm deshalb eine Spizenkrause – und wer weiß was noch! – gegeben. Grüssen Sie P f e n n i n g e r n! grüssen Sie H o z! grüssen Sie den Professor F ü e ß l i und S t e i n b r ü c h e l! Ich bin allen diesen Männern vielmals und sehr verpflichtet. – Dem lezten werd ich bald einmal eine Uebersezung aus dem P l a t o von mir zuschicken. – Grüssen Sie Frau und Kinder! Adieu bester, lieber! H: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.115 und 105. Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 3. März 1781 (vgl. S. 1029f.). – Lavater antwortete am 26. März 1781 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.143; zu 287,33–34). 16 Die O f f e n b a r u n g e n] Vgl. zu 29,4. 21 Der Besiz der Uhr] Vgl. zu 210,7. 27 H . L u i s e] Der Brief von Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 14. März 1781 ist überliefert (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 519.143). 31 in Hofnung] Vgl. zu 209,10–11. 36 T h e o l o g i s c h e n B r i e f e] Der zweite Band der „Briefe, das Studium der Theologie betreffend“ (Weimar 1781) mit dem dritten und vierten Teil erschien zur Ostermesse. 37 H y m n e n] Wahrscheinlich nur eine („Gott!“) im 30. Brief (3. Teil; vgl. Briefe, das Studium der Theologie betreffend. Bd 2, S. 81–83; Suphan 10, 331f.), von der ein stark korrigiertes Exemplar in Knebels Nachlass überliefert ist (vgl. GSA 54/1, Bl. 25–26). 38 die Mutter Ihres jungen v a n d e r B o r g] Vgl. zu 288,31. 41 H e n r i e t t e] Knebels Schwester Henriette. 41 Urbild] Die von Knebel verehrte Emilie von Werthern-Beichlingen (vgl. S. 1030, zu Zeile 12). 45 R a t h s a m h a u s e n und S c h w e i g h ä u s e r] Vgl. S. 1030, zu Zeile 23–24. 50 Pf. S t u b e r] Johann Georg Stuber, Pfarrer in Straßburg. 50 das Manuscript] Von Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ aus der Gothaischen Bibliothek (vgl. zu 233,11), das Goethe für Johann Jacob Bodmer ausgeliehen hatte (102,14–15). 52 G ö t z] Johann Nikolaus Götz; die Silhouette ist nicht überliefert. 55 P f e n n i n g e r n] Johann Conrad Pfenninger (vgl. die dritte Erläuterung zu 14,29). 55 H o z] Johannes Hotz (vgl. zu 63,18). 56 F ü e ß l i] Hans Heinrich Füßli, Professor am Zürcher Carolinum. 56 S t e i n b r ü c h e l] Johann Jakob Steinbrüchel. 57 P l a t o] Ob Knebel Steinbrüchel Manuskripte seiner Platon-Übersetzung zuschickte, ist eher unwahrscheinlich; überlie-

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fert sind lediglich Konzepte und Vorarbeiten zu mehreren Dialogen (vgl. GSA 54/21–24). 58 Frau und Kinder] Anna Lavater und ihre Kinder Heinrich, Anna (Nette) und Louise.

8) Brief Johann Caspar Lavaters an Carl Ludwig von Knebel vom 21. April 1781 (vgl. zu 252,12–13): Lieber Knebel Ich will nicht d a n k e n – nur hinstellen laßen, mit dem einfachen Wort – „Hingestellt von einem Unbekannten, der durchaus keine Art des Dankes, oder weiterer Notiznehmung will.“ – und alles dann seine Wirkung thun laßen. Ich will Sie g a n z r e i n die Freüde, Freüde gemacht zuhaben, geniessen laßen. Nur dies m u ß ich sagen: So wahr ich lebe, ich hätte dies Anerbieten nicht angenommen, wenn ich gewußt hätte, w i e die Uhr, die Hahns Bruder 50 Stunden weit h e r t r a g e n ließ, transportiren, und also war die erste Eturderie, daß ich irgend / einen fremden Menschen theilnehmen ließ. Diese und hundert ähnliche Eturderien haben mir Gott und gute Menschen zu verzeihen. Ihr Brief war übrigens so schön, wie Ihr schönes Herz hat mir Freüde gemacht – obgleich mir’s im Grunde allemahl schwehr macht, wenn so gütig gegen mich gehandelt wird. Doktor H o z e hat viel zuleiden. Die Van der Borg war 16 Tage bey mir, und erzählte mir viel von H e r d e r n, dem sie gut ist. Das gute Weibchen trägt auch vieles. Doch, welcher guter Mensch trägt nicht viel? Grüssen Sie mir E m i l i e und sagen Sie ihr: „Mache mir eine Freüde in Lavaters Namen!“ Z. dL. 21. Apr. 1781. / Der Naturforschenden Gesellschaft, in Zürich zum Eigenthume; und der Kunstschule … zum allenfalls nothig erachteten Gebrauche fur wenige Tage; Hingestellt von einem Freunde; der sich das einzige zum Dank ausbittet… daß weder Ihm, noch dem

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vermuthlichen Urheber dieser Zeile Jemals auf irgend eine Weise mündlich oder schriftlich, unmittelbar oder mittelbar gedanket werde. Zürich, Samstags den 21. Apr. 1781. A: ZB Zürich, FA Lav. Ms. 568.144. Der Brief beantwortete Knebels Brief vom 9. April 1781 (vgl. Beilage 1 zu Nr 363). – Knebel antwortete am 11. Mai 1781 (vgl. ZB Zürich, FA Lav. Ms. 517.117). 7 Hahns Bruder] Georg David oder Egidius Stephanus Gottfried Hahn, beide arbeiteten in Hahns Werkstatt mit. 8 Eturderie] Franz. etourderie: Unbesonnenheit. 14 H o z e] Johannes Hotz (vgl. zu 63,18). 14 Die Van der Borg] Vgl. zu 288,31. 16 E m i l i e] Die von Knebel verehrte Emilie von Werthern-Beichlingen (vgl. S. 1030, zu Zeile 12). 20 Naturforschenden Gesellschaft] Vgl. zu 236,26.

9) Brief Carl Ludwig von Knebels an Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 27. Juni 1781 (vgl. zu 340,9–10): Belvedere den 27. Jun. 81.

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Es freut mich ausnehmend, lieber Prinz, gute Nachricht von Ihnen zu erhalten, und ich dancke Ihnen für das gestern, durch Ihren HL Bruder, erhaltene Schreiben. Carlinchen, da wir just beym Thee zusammen waren, hab’ ich sogleich den Einschluß übergeben. Freylich hat, für empfindliche zarte Gemüther, die Trennung von den ihrigen und von denen Personen, deren sie von Jugend auf gewohnt sind, anfänglich etwas herbes. Man gewöhnt sich nicht so gleich an andre, von denen man doch immer wieder, wenn man reyßt, losgerissen wird. Aber bedencken Sie, lieber Prinz, daß die Trennung von dem was uns zur Gewohnheit geworden und lieb ist, wenn man sie um guter Absichten willen unternimmt, nur alleine der Seele einige Dauer, Werth und Festigkeit giebt. Wir müssen uns in gewissen Masse von uns selbst trennen, von unsern liebsten Gewohnheiten und Leidenschaften, wenn wir das nur einigermassen erreichen wollen, was in aller Zeit für Tugend und Kraft gegolten hat. Dieß giebt uns das einzige Hülfsmittel und beynahe Zweck der Tugend, auf sich selbst zu bauen, und den Grund seines Glückes i n s i c h s e l b s t suchen zu können. Je weiter Sie kommen, desto mehr werden Sie dieses finden, liebster Prinz, und Sie werden wohl thun und es nöthig haben, daß Sie suchen, fremder Hülfe entbehren zu

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können. Ich weiß, Sie können mich hierinnen nicht unrecht verstehen. Ich will gar nicht sagen, daß man keines Menschen Hülfe brauchen müsse, um gut und tugendhaft zu leben, oder daß man ohne aller andern Menschen Beystand glücklich seyn könne und müsse. Es ist gerade das Gegentheil. Wer am meisten i n s i c h v e r m a g, sucht auch am meisten wieder / auf andre zu legen. Die stärcksten, die innigsten Seelen, haben am meisten nach Freundschaft gestrebt. Jede Natur – ausser einer ganz schwachen und kräncklichen – sucht ihr ähnliches. Nur wenn das Thier kranck ist, bleibt es von den andern zurück. Feurige Seelen suchen ihre Gestalt, ihr Bild, sich selbst in dem andern auf. Ein Held war nie ohne Freund; und wer am meisten i n s i c h vermag, sucht auch am meisten i n a n d e r n zu vermögen. – Ich rede aber nur von e n t b e h r e n k ö n n e n. Wer sich am meisten v e r s a g e n kann, kann auch am meisten g e n i e ß e n. Wer sich selbsten tragen kann, mag auch andre leicht tragen. Und dadurch nur erhalten wir für die Gesellschaft einen Werth. Was hilft ein Mensch, der nur als eine positive Last anzusehen ist; der sich nur auf die Schultern der andern legt, und keins Bürde einmal auf sich zu nehmen willens oder im Stande ist? der dieses hingegen vermag, der ist der g e s u c h t e M e n s c h, den Menschen und Götter lieb haben müssen; jene weil er ihre Lasten willig theilt, diese, weil er ihnen die Hälfte ihrer Sorgfalt für ihre Menschen gleichsam abnimmt. Dieses alles aber erlernt sich, durch das A l l e i n e s t e h n; sich nirgends auf irgend ein schwaches zerbrechliches Rohr zu stüzen, das nur schwache Seelen hält, und dieß für A l l e i n e s t e h n halten. Verzeyhen Sie mir, lieber Prinz, diesen Cours de morale! die Liebe zu Ihnen und zur Sache hat mir ihn blos inspirirt. Sonsten geht es bey uns, wie immer. Sie brauchen nur wenig Ihre Einbildungskraft anzustrengen, um Sich vollkommen hieher zu versezen. Wenig Menschen nur sind izo hier gegenwärtig. Ihre Frau Schwägerin wird in kurzem, wie es heißt, wieder in die Stadt ziehen. Ihre Frau Mutter befindet sich in Tiefurth. Es scheint ihr ganz wohl da zu seyn. Gönnen / Sie ihr diesen ruhigen Aufenthalt. Sie hat ihn nöthig. Für s i e kann das Reyßen und abwesend seyn keinen Zweck mehr haben. Es ist schicklicher für sie das Marck und die Kräfte des Landes dem Lande wieder zurück zu geben, und es für jezt ihrem Sohne zu überlassen, Kräfte zu sammeln, um dadurch einmal sich und dem Lande nüzlicher zu werden. Wir andern leben in der Stille. Wir wollen abwesend Ihnen nachzueifern suchen, und in der Stille, wie’s uns gebührt, durch Verläugnung und Einschränckung – wo möglich! – unsrer Leidenschaften und Wünsche, uns Kräfte zu einem bessern Leben aufzubewahren suchen. Dieß w o l l e n w i r – ist versprech es Ihnen! Das wenige, was Sie mir von Ihrer bisherigen Reyße erzählen, hat mich angenehm unterhalten. Sehen Sie nur, hübsch unbefangen, lieber Prinz, mit e i g e n e n Augen, und fällen Sie lieber gar kein Urtheil, als ein zu schnelles! Der Winterkasten, in Cassel, hat mir nicht diese innigen Zeichen von Grösse des Geistes zu haben geschienen, wie Ihnen. Es scheint mir vielmehr eine pralhafte,

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leere, gigantische Grösse. Eine ungeheure Masse von Steinen auf einem Berge zusammengetragen! Kein Plan, kein Endzweck, als, die hohen Festtage etwas hinaufgetriebenes Wasser heruntersprüzen zu lassen. Leer übrigens ist die Idee, wie der kahle Felsen, und ohne Wasser kaum auszustehen. Die Aussicht vom Berge konnte ohne den ungeheuren Aufwand erreicht werden. Die oberste grosse Grotte alleine ist mir noch, aber eben wegen ihrer Ungeheurigkeit, respektabel vorgekommen. Soviel genug! Den Brief an L u d e c u s hab’ ich seiner Frau überschickt. K: GSA 122/132. Mehrere vorgenommene Korrekturen weisen wie auch das Fehlen von Schlussformel und Unterschrift auf den Konzeptcharakter des Briefes hin. Die Überlieferung im Nachlass Sophie von Schardts sowie die Fidibusfaltung (vgl. die einleitende Erläuterung zu Nr 3) legen ebenfalls nahe, dass es sich um eine verworfene Ausfertigung handelt, die Knebel Sophie von Schardt mit einem Boten zukommen ließ. Außerdem ist eine veränderte und gekürzte Abschrift überliefert (GSA 54/251, Bl. 31–32), die Carl August mit einem Vermerk versah: „Knebel, an meinen Bruder auf der Reise. dL. 26t Juny. 1781.“ (Ebd., Bl. 32.) Vermutlich wurden die an Constantin gerichteten Briefe Knebels nach dem Tod des Prinzen im Jahr 1793 vernichtet. Ansonsten ist lediglich der Brief vom 19. März 1783 überliefert, in dem Knebel seinen einstigen Zögling für dessen ungebührliches Verhalten maßregelte (vgl. GSA 54/329). – Der Brief beantwortet Constantins Brief vom 18. bis 21. Juni 1781 aus Frankfurt und Mannheim (vgl. GSA 54/251, Bl. 27–28). – Constantin antwortete am 6. August aus Turin (vgl. ebd., Bl. 35–36). 3 HL Bruder] Constantins Brief an Herzog Carl August, dem der vorliegende Brief beigeschlossen wurde, ist nicht überliefert. 4 Carlinchen] Caroline von Ilten, mit der Prinz Constantin in einer von der Familie nicht akzeptierten Liebesbeziehung stand (vgl. die erste Erläuterung zu 33,9). Er hatte Knebel im Bezugsbrief gebeten, ihr einen beigeschlossenen Brief zu übermitteln, und hinzugefügt: „Nimm dich ihrer doch zuweilen an und hilf ihr auf daß sie nicht klein und niedrig 〈…〉 wird“ (GSA 54/251, Bl. 28). 44 Frau Schwägerin] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 45 in die Stadt ziehen] Von Schloss Belvedere, seit 1776 herzogliche Sommerresidenz (vgl. die erste Erläuterung zu 38,2). 45 Frau Mutter] Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach. 45 Tiefurth] Constantin und Knebel hatten von 1776 bis 1780 im ehemaligen Pächterhaus in Tiefurt gewohnt und die Umgebung zu einer Parkanlage gestaltet (vgl. zu 15,15–16). Während Constantins Abwesenheit im Sommer 1781 übernahm Anna Amalia das Schlösschen als Sommerresidenz (vgl. zu 308,10). Im Antwortbrief äußerte Constantin seine Bedenken: „Daß es meiner Mutter wohl in Tieffurth geht ist mir lieb und ich gönne ihr hertzlich diessen aufenthalt. Nur wünsche ich keine neuerungen in den Garten und daß Thusnelde 〈Louise von Göchhausen〉 mir

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nicht alles beschmuzt. Sehe zuweilen darauf.“ (GSA 54/251, Bl. 36.) 54 ist versprech] Schreibversehen. 58 Der Winterkasten, in Cassel] Der Bergpark Wilhelmshöhe auf dem Habichtwald westlich von Kassel, der vom HerkulesDenkmal gekrönt wurde. Im Bezugsbrief hatte Constantin berichtet: „daß Colossalische Gebäude 〈…〉 hat merklichen eindruk auf mich gemacht.“ (Ebd., Bl. 27.) 66 L u d e c u s] Johann August Ludecus, Constantins Schatullier. 66 seiner Frau] Friederike Ludecus.

10) Brief Carl Ludwig von Knebels an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 2. Oktober 1781 (vgl. zu 339,11): Durchlauchtigster Gnädigster Herzog und Herr, Euer Durchlaucht erlauben, daß, so furchtsam ich auch hiezu bin, ich dennoch, in Zuversicht auf Ihre Gnade, eine Bitte an Sie wage! Daß ich über die Art und Weise, wie ich in meiner gegenwärtigen Lage zu einigem Nuzen und Absicht für Euer Durchlaucht seyn könne, nachgedacht, und solches in ernstere Betrachtung gezogen habe, wissen Euer Durchlaucht, und haben Sich Selbst davon unterrichtet. Es ist Ihnen nichts ausfindlich gewesen, was bey dieser Lage der Sachen, eine schickliche Bahn für mich zeigen könnte, um das Glück meiner Erhaltung das ich Ihnen zu verdancken, wenigstens dem Anscheine nach, näher zu verdienen. Sie haben vielmehr darüber großmüthiger gedacht, und mir eben dieses Glück, / vielleicht in Rücksicht des wenigbedeutenden Vergangnen, und vielleicht in Hofnung eines zukünftig bessern, völlig überlassen. Ich erkenne die Gnade die Euer Durchlaucht für mich gehabt, und es ist unmöglich, daß der Danck dafür je unwircksam in meiner Brust ersterbe. Allein, gnädigster Herr, sehen Sie herunter auf mich, so werden Sie finden, wie schwer es dennoch sey, mich dabey zu beruhigen. Sich über die Meynung der Menschen wegzusezen, unter denen man lebet, ist keinem guten Menschen gegeben. Am wenigsten mir; und es ist kein Wunder wenn vielen das ehrenlos vorkömmt, was ihnen oder andern auch ehrenlos seyn würde. Quälend und drückend muß in einem so engen Staate, wo sich die Glieder so nahe berühren, ein solcher Zustand seyn, worinnen man immer der Entschuldigung der Einsichtsvollern und Bessern braucht, um sich das Schickliche und Anständige desselben einigermassen zurecht zu legen. Euer Durchlaucht sehen wohl, daß mir dieß sogar das Leben / unter Ihnen benimmt, und daß ich, durch diese Zurückgezogenheit, die mir nothwendig wird, selbst für die Beßten eine widrige Gestalt bekomme.

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Ich müßte äusserst undanckbar und unbesonnen seyn, wann ich dabey nur das geringste von Euer Durchlaucht gänzlichen Wohlgesinntheit und Großmuth gegen mich verkennen wollte. Ich erkenne mein Glück, und lege es nur auf die Schuld meines Schicksales, daß ich es nicht zu den Diensten Euer Durchlaucht gebrauchen kann. Verwegen scheint es mir unter diesen Umständen freylich mich noch mit Einem Verlangen Ihnen zu nahen, und Sie zu bitten gnädigster Herr, in Ihrer Huld und Gnade gegen mich, noch Einen Schritt weiter zu gehen! Dieser ist kein anderer: als daß Euer Durchlaucht mir die Erlaubniß ertheilen möchten, mich auf so lange wenigstens von hier entfernen zu dürfen, bis Umstände oder Zeit eine schicklichere Möglichkeit meiner Existenz allhier auszeichnen! Ich habe diesen Schritt wohl überdacht gnädigster Herr, / eh’ ich ihn wage. Ich weiß, von wie viel theuren Verbindungen ich mich losreissen muß; wie unersezlich mir der Verlust Ihrer gegenwärtigen Gnade, der von Ihrem Hause und von meinen Freunden seyn wird. Aber es wäre Feigheit mich nicht zu dem zu entschliessen, was die Umstände von mir zu verlangen scheinen. Mein Maas ist gegenwärtig in gewissem Betracht hier voll und ich weiß keinen weitern Faden mehr anzuhängen. Vielleicht erfüllt sich’s künftig glücklicher! Meine Privatsituation wincket mir auf der andern Seite, auf das dringendste, und macht mich diese Genehmigung von Euer DurchL gegenwärtig als mein höchstes Glück betrachten, als das schönste Siegel das dieselben anizt der Reyhe Ihrer glänzenden und vielen Wohlthaten gegen mich aufdrücken möchten. Genehmigen Sie mich, gnädigster Herr, meine Bitte gut und bald! Ich bin mit der tiefsten Ehrfurcht Euer Durchlaucht unterthänigster, treuster, gehorsamster KvKnebel. H: LATh – HStA, HAA XIX, Nr 65, Bl. 21–22. – E: Knebel-Carl August, 111f. (Teildruck). Datierung nach Knebels Tagebuch vom 4. Oktober 1781: „Brief an den Herzog geschriebL.“ (Knebel, Tgb. 1781, Bl. 41v.) Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 11 dem Anscheine nach] Knebels Situation ohne Amt bei guter Besoldung zog wohl den Neid anderer Weimarer Beamten auf sich. 38 von hier entfernen] Knebel kehrte erst im Juli 1784 nach Weimar zurück. 48 Meine Privatsituation] Anspielung auf die Schulden Knebels (vgl. zu 80,26–27).

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11) Brief Carl Ludwig von Knebels an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 4. Oktober 1781 (vgl. zu 339,11): Das gänzliche Stillschweigen von Euer Durchlaucht auf mein leztes inständiges Bitten, sezt mich in Unruhe und Verlegenheit. Ich habe die Ursache davon so lange bey mir reif werden lassen, daß mir der Aufschub Schmerzen verursacht. Ist mein Schicksal Euer Durchlaucht ganz gleichgültig geworden? Oder haben Sie mein Bitten mit den andern gewöhnlichen Bitten vermischt? – Ich habe Euer Durchlaucht noch durch G ö t h e n ersuchen lassen, mir noch die Zweyhundert Thaler zu lassen, welche dieselben mir voriges Jahr, statt einer / Entschädigung für das was mir der Prinz genommen, accordirt haben. Ich würde es nicht gethan haben, gnädigster Herr wenn mich nicht mein siebenjähriger Aufenthalt hier, zu einigen meine Einnahme überschreitenden Ausgaben verleitet hätte, von welcher Schuld ich mich durch diesen Ersaz in der Folge der Zeit loszumachen suchen werde. Haben Euer Durchlaucht noch einige Rücksicht auf mein Schicksal und Glück! Ich würd’ es jederzeit dran gesezt haben, wenn es auf das Wohl Ihrer Person oder Ihres Hauses hätte seyn sollen – und es ist vielleicht noch jezt für die Zukunft nichts verlohren. Der Zustand meines Gemüthes, mit welchem ich Euer Durchlaucht dieses bitte, mögen Sie errathen! W. dL. 4. 8br. 1781.

Knebel.

H: LATh – HStA, HAA XIX, Nr 65, Bl. 9. – E: Knebel-Carl August, 112 (Teildruck). Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Carl August antwortete am selben Tag (GSA 54/249, Bl. 24–25; vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 126–130). 1 Stillschweigen] Carl August hatte den Brief vom 2. Oktober 1781 unbeantwortet gelassen. 7 Zweyhundert Thaler] Vgl. zu 93,12. 8 accordirt] bewilligt. 9 siebenjähriger Aufenthalt] Knebel war im Sommer 1774 als Erzieher von Prinz Constantin durch Herzogin Anna Amalia nach Weimar berufen worden. 10 überschreitenden Ausgaben] Carl August hatte bereits im Sommer 1780 Schulden für Knebel getilgt (vgl. zu 80,26–27).

12) Brief Carl Ludwig von Knebels an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 5. Oktober 1781 (vgl. zu 339,11): Sie sind gar zu gut – gar zu gut, gnädigster Herr! In Ihrer Hand ist freylich das Mittel mich zu demüthigen und zu beschämen! –

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Freylich ist die Flöte meines Lebens noch hie und da verstimmt, und ich habe keine Lust darauf zu blasen. Lassen Sie es ihr nicht an Hauch fehlen, sie soll doch noch zuweilen ein Stückchen hervorbringen, das Ihnen gefällt, wenn es auch nicht ganz in Roußeauischen Harmonieen ist – aber die Brust aus welcher der Ton kommt, ist wenigstens rein. Ich dancke übrigens für alles auf das danckbarste. Es war mir eine Stärckung nöthig. – Sind Sie diesen Abend in Tiefurth wenn ich G a b l i d o n vorlese? K. H: LATh – HStA, HAA XIX, Nr 65, Bl. 10. – E: Knebel-Carl August, 113 (Teildruck). Der Brief beantwortet Carl Augusts Brief vom 4. Oktober 1781 (GSA 54/249, Bl. 24–25; vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 126–130). Da Knebel am 6. Oktober nach Kochberg fuhr und dort bis zum 8. Oktober blieb (vgl. Knebel, Tgb. 1781, Bl. 42r), ist der Brief auf den 5. Oktober 1781 zu datieren. 6 Roußeauischen Harmonieen] Rousseaus Lieder wurden im Sommer 1781 in Weimar intensiv rezipiert (vgl. zu 311,24–25). 10 G a b l i d o n] Vgl. zu 342,7.

13) Brief Constantins Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach an Carl Ludwig von Knebel vom 23. und 24. Oktober 1781 (vgl. zu 340,9–10):

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Florentz. d. 23 Oct. –81 Ja lieber Freünd wir wollen und haben immer ein Hertz für einander. Diesses rufe ich dir zu indem ich deinen lieben Brief leese. Daß du mir gantz die alten, wehrten rechte der Freündtschaft wieder giebst, geht mir über alle Geschenke die mich erfreüen können. Es ist viel gesagt, aber es ist auch gantz war. Ich hatte sie verlohren mit meiner Schuld, mein Gewissen war oftmahls mein Ankläger, ich glaubte mich aber klüger, doch siegte die Wahrheit, und ein freyes Geständniß konte es nur gut machen Lass uns nun unzertrennlich seyn, und diesses Band, mit doppelten Eifer schmieden. Dein Hertz ist gut und Edel, daß meinige, jezt rein, und gebessert von Alten Fleken, u. glaube mir ich weis izt daß deinige zu schätzen, um es nie für mich verliehrend wieder zu machen. In einienen vorigen Briefe schreibe ich dir nicht weg zu gehen u.s.w. und du siehest auch darinnen meinen Bewegungs Grund; Aber nach allen überlegungen hast du freylich recht, nehmlich in den Fall daß du gantz alleine ohne einiges intresse lebst, ohne zu eines besten was beyzutragen. Diesses geschiehet aber auch nicht in Bareuth in Nürnberg und überall, und dich in ein Winkelchen zu setzen ohne reelle Vermögens Umstände, kriegt man es glaube ich auch baldt satt. Verzeihe mir die

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Freiheit meiner Worte, meines Styls; allein als Freünd, als wirklicher Theilnehmer deines Schicksaals rede ich gerade heraus, und diesses muß, und kan dich nicht beleidigen. Nun weiter – Ich bin jung, und sonderbar klingt es daß ich von Lebens Reglen und guten Rathen spreche; deswegen scheue ich mich doch nicht dir meine Meynungen zu sagen. Mir geht es eben jezt so wie dir. Ich sehe ein weites – weites Feld offen bey meiner nach Hausse kunft, und diesses muß aufgefüllt werden, sonst bin ich im Menschlichen Leben nichts nutz. Erzählungen, von einem Creisse zum andern zu lauffen, meine Zeit mit Jagen, Reiten, Gartebau u dg. zu beschäftigen, und nur zuweilen wen es mir einfällt einige Tage und Stunden den Seelen kräften zu widmen wäre kein würdiges und anständiges Leben für mich und allen Menschen. Wie nun zu rathen? Meine Reisse die mir ungemein wohl bekömt, mich nicht zuviel zerstreut und nur meine sonstigen herrumirrenden Stunden ausfüllt, hat mich auf meine künfftigen Umstände viel denken gemacht. / Die Stunden, nehmlich alle Morgen und Abende, welche ich viel alleine zubringe, gebrauche ich darzu meine Seele zu strengeren Arbeiten zu gewöhnen, den durch diesses alleine, sehe ich izt deütlich, erhält man wahre Glückseeligkeit, und alles übrige ist nur Tand und Spielwerk. Da suche ich meinen Charakter, Sitten und Moral zu besseren, dringe tiefer in die Menschen hinnein, und bereite mich vor immer zu höheren Stuffen zu gelangen, und mein freünd, wo du Glauben wirst daß er alleweile durch mich redet, steht mir hülfreich bey. Er steht mir auch nur wirklich bey, und diesses alles sage ich dir auf wahrer gefühlter Selbst erkentniß. Durch diesse Fortsetzung, will ich mir suchen mein Leben angenehm und nützlich zu machen, und diesses dan, soll und muß meine Haupt beschäftigung seyn; den eine Haupt beschäftigung müssen wir haben. Dan ist uns andere Menschliche Hülfe, wenig oder gar nicht nothwendig. Izt lebe ich in einer beynahe gleich kommenden einsamkeit, und nie ist es mir so wohl gewesen. Sonst glaubte ich, man müste unter Menschen leben um Glücklich zu seyn, und izt bin ich eines gantz andren überführt. Deswegen Menschen zu fliehen oder zu hassen, bin ich weit entfernt. Ich lebe gerne mit ihnen, wen sie für meine Seele und Verstandt nützlich sind, aber enthalte mich gerne von denen die mich ausleeren. Diesses ist und soll nun fester mein Grundsatz bleiben, und dadurch wird es mir für keinem Ort bange wo ich lebe. Meynungen von dem und jenen zu hören achte ich der nicht viel, und schreite still mit bedacht meinen weeg fort. Diesses habe ich bedacht und bedenke es alle Tage; nur bringt mich nichts zum weichen. So geht es einem dan wohl auf diesser Erde. Dan ist mir dan an Politic, oder was der und jener macht wenig gelegen, Festivitaeten und dg sachen, SpielWerke; sucht man mich den zu verfolgen, was man aufmuntren nent, so ziehe ich dan weiter, und überall wo der Himmel ist, finde ich dan Glück. Nie bin ich so heiter gewesen wie izt, und bedaure nur die zeit die ich in Ausschweifungen, oder gar Grämlichkeit verbrachte; den wen ich es jezt betrachte, so bin ich selbst an allen Schuld gewesen, und war oftmahls ein verblendeter Thor. /

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So glaube ich müssen wir Menschen handlen, wen uns keine gewisse bestimmung auferlegt ist, welches mir ein Glück zu seyn scheint, indem uns niemand drüken und verfolgen kan, wir bey den ersteren, frey sind, und beym andren nie armseeliger Sclav. Ein solches Glück besitzest du auch. Wärst du noch bey mir, so wärest du gefesselt, der und jener reizte dich, disser verdarb dir manche Stunde, und selbst ich. Nun bist du nicht mehr gebunden, du hast Zeit vor dir, deinen Geist auf die Höchste Stufe zu bringen, und Ewige Glückseeligkeit zu geniessen. Reich bist du nicht, jedoch ohne grossen Aufwand, kan dir schwehrlich etwas fehlen. Ist es doch keine Schande zu zeigen daß man nicht viel hat, gebräche dir auch alles, so theile ich gerne Haus und Guth und blut mit dir. Muß ich mir doch vielle Dinge versagen auf meiner Reise, mich so knap als möglich einrichten; Gerne thue ich diesses alles, sehe manchen Edelman, manchen Abée für mich vorbey fahren, und gehe doch zufrieden zu Fusse nebenher. Ist mir nur mein Hertz ruhig, dringt nur meine Seele auf einnem weege fort, so ist mir daß übrige gleichgültig. Suche alle Unschicklichkeit zu vermeiden, nehmlich die meiner und des Menschen nicht würdig sind, und setze meinnen Pfad ruhig fort. Vergieb mir wen ich zu viel gesagt habe, beleidigen soll es dich nicht, wahrlich nicht, und ich hoffe deine delicatesse nicht beleidigt zu haben. Ich spreche gantz von mir heraus in dir hinnein, und diesses Bild ist mir jezt so wahr, daß es nie Phantasie seyn kan. Zum viellen Herumwerfen in der Welt bin ich nicht gemacht; daß ist wahr. Auch hüte ich mich sehr davor, und wie gesagt sehr ruhig lebe ich. Nun in Rom leben wir ein paar Monathe wieder stille, und da gebrauche ich dan die zeiten wie ich schon gesagt habe. Mittags sehen wir, nehmlich erfüllen die Pflichten eines Reisenden, und dan ist der gantze Tag wieder mein. So auch in Neapel. und dan wieder in Rom. Dan geht es ein wenig unruhig. Hinaus aus Italien, über Lyon nach Paris, da will ich nur vier wochen bleiben, indem mir am herum Schwärmen nichts gelegen ist, um gerade nach London. / Da komme ich den hin kommendes Jahr im September, bleibe den gantzen Winter da und so lange es mir gefällt. Da wünscht ich dich zu sehen, da will ich leben als freyer Britte trotz des Krieges in vollkomner Ruhe und immer meynen Plan verfolgen. Von diesser Reyse las in Weimar nichts hören, sie sollen es zu gehöriger Zeit schon erfahren. Daß wäre ein Aufenthalt für dich; lebest du hübsch genau diesses Jahr und kommendes, so köntest du in aller Stille nach Engelland kommen. Dort lebt man wie man will und es wird nicht mehr praetendirt als was man leisten kan. Du gingest gegen Herbst weg, ohne jemanden was zu sagen und gerade in meine freündtschaftlichen dir ausgebreiteten Arme. Du bist zu sehr aus deinen Verhältnissen mit mir gesezt. Wohl lieber Freünd daß es so ist. Lebt doch unsere Freündtschaft, diesse bindet mehr. Dort konte jede Kleinigkeit berücken, und bey der letzteren streben wir beyde zum guten ohne aufgehalten zu werden.

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Sienna d. 24 Oct –81. Diesses waren meine Gedanken in Florentz, und beym durchlesen finde ich es gantz so mit meiner Meynung übereinstimmend daß ich also hier in Sienna fortfahre. Wegen Engelland, bedenke daß lieber Freünd, und schreibe mir frey deine Gedanken wegen dessen einrichtung. Die Reise hinzumachen, kan kein sehr beträchtliches betragen, und wegen dorten liesse es sich auch gut einrichten, und diesses wollen wir noch zusammen überlegen. Was ich dir schrieb, wegen, daß du allen verhältnissen mit mir wärest, ist nehmlich auf Häußliche, und Wirthschaftsachen zu verstehen, den sonst hat es sich in nichts geändert. Diesses muste seyn, je älter ich werde je mehr fühle ich den Trieb solches selber zu führen, und hätte auch keine gute Art wen ich deswegen immer einen Vormund brauchte. Und ist auch wirklich gut für dich, den dadurch kan ich auch dir, zwar nur in kleinigkeiten meine Gesselschaftliche Freündschaft bezeügen. Leben wir zusammen, so mischt sich keiner in des andren kleinigkeiten und verliehren dadurch keine Zeit uns mit besseren, wichtigeren sachen abzugeben, welches mehr bindet. Wie habe ich dir meinen Stand fühlen lassen? Vielleicht habe ich dir oftmahls zu grosse Empfindlichkeit gezeigt, diesses war aber weit entfernt vom Stoltz. Meinen Stand trage ich, weil er muß getragen seyn; aber diessen soll im geringsten keine influentz auf uns beyde haben. Er ist auf immer gantz abgelegt, wen ihn nicht das Thörichte Publicum zu sehen verlangt. So viel hier, ein mehreres in Rom. H: GSA 54/251, Bl. 42–43. – E: Sigismund, Prinz Constantin, 272 (Teildruck). Der Bezugs- und der Antwortbrief sind nicht überliefert. 4 rechte der Freündtschaft] Zwischen den Briefpartnern hatte es vor Knebels Reise in die Schweiz im Sommer 1780 Spannungen gegeben (vgl. zu 50,6). Die auf Prinz Constantins Europareise geschriebenen Briefe lassen vermuten, dass Knebel zunächst über die Wahl des einstigen Prinzenlehrers Albrecht als Reisebegleiter verärgert war, während er ohne Amt in Weimar zurückbleiben musste. Die Briefpartner teilten das Gefühl, Außenseiter am Weimarer Hof zu sein (vgl. zu 80,23–24). 12 In einienen vorigen Briefe] Für ,in einen der vorigen Briefe‘; wohl der Brief vom Oktober 1781, aus Florenz. Constantin hatte Knebel empfohlen, den Winter in Weimar zu verbringen: „Du wilst Weimar verlassen, andere Pfade suchen? Glaubst du bessere, wärmere Freunde zu finden ausser diessen Creis? 〈…〉 Ich gestehe dies; immer in Weimar zu sitzen ist freylich traurig, und gantz verdenk ich dir es nicht, aber um meinens Bruders Gesellschaft, welcher dich liebt, gerne mit dir ist, solltest du es nicht thuen.“ (GSA 54/251, Bl. 40; vgl. zu 339,11.) 37 mein freünd] Anspielung auf einen Autor von Constantins moralischen Lektüren, möglicherweise Epiktet oder Gellert. Begriffe wie ‚Selbsterkenntnis‘ deuten außerdem auf den Einfluss von Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ hin (vgl. zu 103,12–13). 86 nach London] Constantin setzte diesen

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Plan um. 88 Da wünscht ich dich zu sehen] Knebel lehnte das Angebot ab. 119 ein mehreres in Rom] Der erste Brief aus Rom stammt vom 26. Oktober 1781 (vgl. GSA 54/251, Bl. 39).

14) Brief Carl Ludwig von Knebels an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 2. November 1781 (vgl. zu 339,11):

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Gnädigster Herr, Beschämt von Ihrer Güte nehme ich von hier Abschied. Erlauben Sie mir auch in der Ferne Sie lieben und verehren zu dürfen, und entschuldigen Sie mein Betragen, wenn es Ihnen nicht tadelfrey scheint. Wenn ich die grosse Kunst erlerne, für mich selbst gut sorgen zu können, dann will ich Euer Durchlaucht wohl verführen, daß Sie mit dem Rest meines Lebens nicht ganz unzufrieden seyn sollen. Leben Sie indeß wohl, gnädigster Herr! Behalten Sie mich in Ihrer Gnade, und lassen Sie meinen Nahmen nicht ganz im Guten bey Sich untergehn! Weimar den 2. 9br 1781. Knebel. H: LATh – HStA Weimar, HAA XIX, Nr 65, Bl. 11. Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Carl August antwortete am 8. Februar 1782 (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 130f.).

Verzeichnis von Briefen und Doku. Dritter im Kommentar und Anhang

Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter im Kommentar und Anhang Johann Christian von Düring an Goethe, 4. März 1780 . . . . . . . . Carl Ludwig August von Scholley an Goethe, 20. März 1780. . . . Johann Lorenz Streiber an Goethe, 16. Februar 1780 . . . . . . . . . . Bankhaus Schultheß (Zürich), Quittung, 20. März 1780 . . . . . . . Johann Friedrich Wilhelm Charpentier an Goethe, 25. Juli 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein, 5. August 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl Ludwig von Knebel, 26. August 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Justin Bertuch, Protokoll, 30. August 1780 . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Charlotte von Stein, 26. August 1780 . . Johann Caspar Lavater an Charlotte von Stein, 2. September 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Gedicht, 18. September 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an Johann Caspar Lavater, 21. September 1780 . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 8. Dezember 1779. . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Friedrich Justin Bertuch, 16. September 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Friedrich Justin Bertuch, 28. Oktober 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Goethe, 16. Dezember 1788 . . . . . . . . . Johann Reinhold Forster, Quittung, 19. Januar 1781 . . . . . . . . . . Unbekannt, Gedicht „Nimm diese Blumen“, 2. Februar 1781 . . . Philipp Christoph Kayser an Johann Caspar Lavater, 11. Januar 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl Ludwig von Knebel, um dem 10. Februar 1781. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Heinrich Merck, Verzeichnis, März 1781 . . . . . . . . . . . . . Carl Ludwig von Knebel an Johann Caspar Lavater, 9. April 1781. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 19. Mai 1781. . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Goethe, 19. Mai 1781. . . . . . . . . . . . . .

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1046 Verzeichnis Verzeichnisvon vonBriefen Briefenund undDoku. Dokumenten Dritter im Dritter Kommentar im Kommentar und Anhang und Anhang

Johann Caspar Lavater an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 30. Dezember 1780 . . . . . . . . . Christoph Willibald Gluck an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 21. August 1781 . . . . . . . . . . . . August Prinz von Sachsen-Gotha und Altenburg, Aufzeichnung, 23. September 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adam Friedrich Oeser an Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, 12. September 1781 . . . . . . . . . Johann Friedrich Reiffenstein, Verzeichnis, 15. Oktober 1780 . . . Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach an Johann Carl Albrecht, 6. Mai 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 21. Dezember 1781 . . . . . . . . . Johann Heinrich Wilhelm Tischbein an Johann Heinrich Merck, 11. Oktober 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Reskript an die Direktion der Eisenacher Brandassekurationsdeputation, 1. Dezember 1778. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Salomo Semler an Johann Caspar Lavater, 24. Dezember 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unbekannt an Johann Conrad Pfenninger, undatiert . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Johann Gottfried Herder, 30. Januar 1780 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 2. Februar 1780 . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl August Herzog zu Sachsen-Weimar und Eisenach, 19. Juli 1780. . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein an Carl Ludwig von Knebel, 31. Juli bis 7. August 1780. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl Ludwig von Knebel, 3. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl Ludwig von Knebel an Johann Caspar Lavater, 15. März 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Carl Ludwig von Knebel, 21. April 1781 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl Ludwig von Knebel an Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach, 27. Juni 1781 . . . . . . . . . . . . . . Carl Ludwig von Knebel an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 2. Oktober 1781 . . . . . . . . . . . Carl Ludwig von Knebel an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 4. Oktober 1781 . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis Verzeichnis von Briefen von Briefen und Dokumenten und Doku.Dritter DritterimimKommentar Kommentarund undAnhang Anhang 1047

Carl Ludwig von Knebel an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 5. Oktober 1781 . . . . . . . . . . . Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach an Carl Ludwig von Knebel, 23. und 24. Oktober 1781 . . . . . . . . Carl Ludwig von Knebel an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 2. November 1781 . . . . . . . . .

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1048 Verzeichnis von Briefen und Doku. Dritter im Kommentar und Anhang

Verzeichnis der Abbildungen

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Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3

Abb. 4

Abb. 5

Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12

Abb. 13

Emanuel Handmann: Herzog Bernhard von Weimar, Ölgemälde nach einer Vorlage von Unbekannt (zu Nr 108); Klassik Stiftung Weimar, Museen, Gemäldesammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Der Wasserfall bei der Wassermühle auf der Höhe, Kreidezeichnung nach einer Vorlage von Allaert van Everdingen, um 1781 (zu Nr 320); Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum, Frankfurt a. M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lucas Emil Vorsterman d. Ä.: Brutus, Kupferstich nach Rubens (zu Nr 326); Klassik Stiftung Weimar, Museen, Graphische Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte Ernestine Albertine von Stein geb. von Schardt, Silhouette von Unbekannt, undatiert (zu Nr 397); Klassik Stiftung Weimar, Museen, Graphische Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmund von Seckendorff: Minervens Geburt, Leben und Thaten. Eine Tragi-Komödia auf dem T– – Wald-Theater aufgeführt den 28. August 1781. Programma. Druck, unpaginiert (Beilage zu Nr 475); Titelblatt; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . Dass., [S. 1] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., [S. 2] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., [S. 3] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., [S. 4] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., [S. 5] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., [S. 6] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussbild des Schattenspiels „Minervens Geburt, Leben und Thaten“ mit Huldigung auf den Dichter der „Iphigenie“ und des „Tasso“, Silhouette von Unbekannt, 1781 (zu Nr 475); Klassik Stiftung Weimar, Museen, Graphische Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Ohnmächtige Maria, von einer der heiligen Frauen unterstützt, Lavierte Bleistiftzeichnung nach einer Vorlage von Raffael, 1781 (zu Nr 502); Klassik Stiftung Weimar, Museen, Graphische Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 14 Goethe: Künstlerische Anatomiestudie, Bleistiftzeichnung, um 1781 (zu Nr 505); Klassik Stiftung Weimar, Museen, Graphische Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903 Abb. 15 Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Ölgemälde, 1781 (zu Nr 520); Klassik Stiftung Weimar, Museen, Gemäldesammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 925 KomJohann Carl Wilhelm Voigt: Durchschnitt der Gebürge mentar- von der Rhoen bis Giebigenstein, oder von Südwest band A, nach Nordost durch den Thüringerwald, Stahlstich, hinterer koloriert, 1780 (Beilage zu Nr 239); Vorsatz Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar

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Register Das Register besteht aus drei Teilen: einem Register der Personen und ihrer Werke, einem Register der Werke Goethes und einem Register der Anonyma und Periodika. Zahlen in Fettdruck bei Personen bezeichnen die Nummern der an sie gerichteten Briefe, die Angabe „EB“ verweist auf „Erschlossene Briefe“, „A“ auf „Amtliches“. Die Briefnummern sind mit * versehen, wenn der Adressat unsicher ist. Zahlen in Geradschrift beziehen sich auf Erwähnungen im Textband, kursive Zahlen verweisen auf Erwähnungen im Kommentarband, kursive Zahlen in Fettdruck auf die einführenden Erläuterungen zu den Adressaten. Werk- und Personenregister enthalten auch Verweise auf indirekt erwähnte Werke und Personen. Aufgrund der Häufigkeit, in der Charlotte von Stein im vorliegenden Kommentarband erwähnt wird, sind im Register nur die Nummern der an sie gerichteten Briefe sowie Erwähnungen in den Erläuterungen der Briefe an andere Adressaten verzeichnet. Auf den Bearbeiter zurückgehende Werktitel sind durch spitze Klammern markiert, z.B.: 〈Gespräch über die deutsche Literatur〉 (Aufsatzplan). Um unnötige oder irreführende Verdoppelungen zu vermeiden, blieben die Lemmata bei der Verzeichnung unberücksichtigt, ebenso Übersetzungen fremdsprachiger Briefe Goethes. Fürstlichkeiten und Könige erscheinen unter dem Namen ihres Landes (z.B.: Preußen, Friedrich II. [der Große], König von), Kaiser unter ihrem Vornamen, Päpste unter ihrem Amtsnamen. Innerhalb einer Familie, deren Mitglieder mit einem Wiederholungszeichen (–,NN) verzeichnet werden, gilt in der Regel die genealogische Reihenfolge. Im Zusammenhang einer Familie beziehen sich die Relativpronomen dessen/ deren nicht auf die jeweils zuletzt erwähnte Person, sondern auf die zuerst mit ausgeschriebenem Namen verzeichnete. Als Plural ist das Pronomen deren zu verstehen, wenn beide Elternteile zu Beginn des Eintrags genannt sind. Einträge, die mit einem ausgeschriebenen Namen beginnen, richten sich nach der Reihenfolge des Alphabets. Das Register der Anonyma und Periodika ist alphabetisch nach dem Titel angeordnet. Dieser erscheint soweit möglich in originaler Orthographie.

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Register

Personen und Werke Aberli, Johann Ludwig (1723–1786), Maler, Zeichner und Radierer in Bern EB 8, EB 50, EB 119; 65, 372, 381; 68, 212, 233f. Thunersee (Gemälde) 372 Abramson, Abraham (1754–1811), Medailleur und Stempelschneider in Berlin 794 Fähigen und Fleißigen (Preismedaille für die Weimarer Freien Zeichenschule) 794 Acier, Michel Victor (1736–1799), französischer Bildhauer und Modelleur, seit 1772 in Meißen 732 〈Tafelaufsatz〉 269; 732 Ackermann, Heinrich Anton (1730/31–1792), Hofsekretär und Hofadvokat in Weimar, 1779 Justizamtmann in Ilmenau 16, 170, 194, 198, 205; 27, 61, 380, 486f., 545, 557, 570f., 801f. Adamberger, Valentin (1740/1743–1804), Opernsänger 861 Adelung, Johann Christoph (1732–1806), seit 1765 Redakteur, Sprachforscher und Übersetzer in Leipzig, seit 1787 kurfürstlicher Bibliothekar in Dresden 211 Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches der Hochdeutschen Mundart 211 Aischylos (Aeschylus) (525/24–456 v. Chr.), griechischer Tragödiendichter 748, 913 Agamemnon 748 Der gebundene Prometheus 748 Die am Grabe Opfernden 748 Die Flehenden 748 Die Perser 339; 913 Die sieben gegen Theben 748 Euminiden 748

Albinus, Bernhard Siegfried (1697–1770), deutscher Mediziner, bedeutender Vertreter der beschreibenden Anatomie, Professor für Anatomie und Chirurgie, später für Anatomie und Therapie an der Universität Leiden, zeitweise Rektor 924 De ossibus corporis humani 342?; 924 Albrecht, Johann Carl (1736–1800), Mathematiker, Naturforscher, Pädagoge, seit 1760 in Weimar, Geheimer Archivar, Prinzenlehrer, Legations- und Hofrat, Reisebegleiter des Prinzen Constantin von SachsenWeimar und Eisenach 277; 182, 279, 303, 755, 914, 918 Aldegrever, Heinrich (eigentl. Hinrich Trippenmeker) (um 1502–vor 1562), Siegelschneider, Kupferstecher und Goldschmied in Soest 664 〈Zeichnung〉 663f. Alembert, Jean Baptiste le Rond d’ (1717–1783), französischer Mathematiker und Philosoph, Enzyklopädist 887 Altwein, Dorothea, Dienstmagd in Weimar, 1781 wegen Kindsmordes zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt, 1798 begnadigt 655 Alxinger, Johann Baptist (1794: von) (1755–1797), österreichischer Schriftsteller, Jurist und Hofagent in Wien, seit 1794 Sekretär am Hoftheater, Reichsritter 860 Iphigenie auf Tauris (Libretto) 860 Ammann, Johann Conrad (1724–1811), Arzt in Schaffhausen, Naturalienund Kunstsammler 228 Anhalt, Friedrich Graf von (1732–1794), Sohn aus einer morga-

Personen und Werke

natischen Ehe von Wilhelm Gustav Erbprinz von Anhalt-Dessau, Offizier in preußischen Diensten, seit 1776 sächsischer Generalleutnant, seit 1783 in russischen Diensten 434 Anhalt-Dessau –‚ L e o p o l d III. Friedrich Franz von (1740–1817), seit 1758 regierender Fürst, seit 1807 Herzog 68, 323; 240f., 265, 693, 710, 878–880, 923 –‚ L o u i s e H e n r i e t t e Wilhelmine von, geb. Prinzessin von Brandenburg-Schwedt (1750–1811), seit 1767 dessen Frau 323–325; 241, 770f., 837, 875, 878–880 –‚ Friedrich Erbprinz von (1769–1814), preußischer Offizier, 1794 als Generalmajor entlassen, deren Sohn 241, 301 Anhalt-Zerbst, Friedrich August Fürst von (1734–1793), Bruder der Zarin Katharina II. 694 Aniello (d’Amalfi), Tommaso siehe Masaniello Antici, Tommaso (1731–1808/1812), römischer Freiherr, Marquis von Pescia, Vertreter mehrerer Staaten am Heiligen Stuhl im Rom, 1769–1798 kurpfälzischer Gesandter in Rom, seit 1788 Kardinal 452f. Appelius, W i l h e l m C a r l Lorenz (1728–1796), Landschaftssyndikus sowie Hofadvokat und Kammerrat in Eisenach EB 40*; 1015 Apuleius (Lucius Apuleius) (um 124–um 180), römischer Epiker, Philosoph 388, 440, 888 Amor und Psyche 440, 888 Aquila, Pietro (gest. 1692), italienischer Maler und Radierer 25 Fresken in den vatikanischen Loggien (Kupferstiche nach Raffael) 25 Aristophanes (um 445–um 386 v. Chr.), griechischer Dramatiker 87; 263, 274, 286, 292f., 342, 607, 1029

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Die Vögel 74, 87; 263, 274, 286, 292f., 342, 607, 1029 Die Wolken 220; 607 Arnhold, Johann Sebastian, 1780 sachsen-weimarischer Kammerhusar 129?, 356; 389, 961 Arnswald, Christoph Friedrich von (1723–1794), sachsen-weimarischer Kammerherr und Oberforstmeister von Zillbach 126, 408; 385, 991 Aulhorn, Johann Adam (1728–1808), Hoftanzmeister, Schauspieler und Sänger in Weimar 198, 522, 572, 977 Ausfeld, Georg Gottlob (1740–1782), Theologe, Pfarrer in Großwelsbach, 1775 Diakon in Langensalza, 1782 Professor in Jena 223?; 616 Ayrenhoff, Cornelius Hermann von (1733–1819), österreichischer Schriftsteller und Offizier, seit 1794 Feldmarschall-Lieutenant, seit 1814 im Ruhestand 118 Irene (Drama) 118 Bach, Carl P h i l i p p E m a n u e l (1714–1788), Komponist, seit 1767 Musikdirektor in Hamburg, Sohn von Johann Sebastian Bach 211 Baden –‚ Karl Friedrich von (1728–1811), seit 1746 regierender Markgraf, seit 1803 Kurfürst, seit 1806 Großherzog 251; 13, 680 –‚ Carl Ludwig Erbprinz von (1755–1801), dessen Sohn 680 Bahrdt (Bard), Carl Friedrich (1741–1792), Theologe und Schriftsteller, seit 1771 Professor in Gießen, 1773/1774 Herausgeber der FGA, seit 1779 in Halle 453, 1021–1023 –‚ Kirchen- und Ketzer-Almanach aufs Jahr 1781 453 Banks, Joseph (1781: Sir) (1743–1820), englischer Botaniker und For-

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Register

schungsreisender, Begleiter von James Cook 538 Bansa, Johann Matthias (1758–1802), Bankier in Frankfurt a. M. 84 –‚ Marie S o p h i a , dessen Frau siehe Streiber, Marie S o p h i a Bartsch, Adam (1812: von) (1757–1821), Kupferstecher und Kunstschriftsteller in Wien, seit 1791 Direktor der Kupferstichsammlung der Hofbibliothek 52 Catalogue raisonné de toutes les estampes qui forment l’oeuvre de Lucas de Leyde 52 Basedow, Johann Bernhard (1724–1790), Theologe, Pädagoge, Schulreformer, 1774 Begründer des Philanthropinums in Dessau, pädagogischer Schriftsteller 82; 284, 687 Batt, Georg Anton (1775–1839), Privatgelehrter und Heimatforscher aus Heidelberg 824 Mahler Müller’s Werke (Mitherausgeber) 824 Batty (Bätty, Baty, Bäty), George (1732/33–1821), englischer Ökonom, seit 1779 sachsen-weimarischer Landkommissar und Inspektor der herzoglichen Kammergüter in Weimar, 1805 Privatier EB 17, EB 30; 126, 128f., 134, 140, 142f.; 371, 385, 388, 397, 411, 415–418, 440, 527, 991f. Bauer, Johann Gottfried (1716–1783), Verleger und Buchhändler in Straßburg 312; 833, 937 Baumgarten, Peter im siehe Peter im Baumgarten Baumgarten, Sigmund Jacob (1706–1757), Professor der Theologie in Halle 1022f. –‚ dessen Kinder 1022 Bayern –‚ Maximilian III. Joseph von (1727– 1777), seit 1745 Kurfürst 862

–‚ C a r l Philipp T h e o d o r von (1724–1799), seit 1742 als Carl IV. Kurfürst von der Pfalz, seit 1777 als Carl II. Kurfürst von Bayern 319; 32, 862 Beaulieu-Marconnay, F r i e d r i c h G e o r g Christian von (1739–1808), königlich-großbritannischer und hannoverscher Oberjägermeister in Celle 75 –‚ W i l h e l m i n e Baldine Sophie Eleonore Elisabeth von, geb. von Lindau (1757–1795), dessen Frau, Schwester von Heinrich Julius von Lindau 19–21, 29, 53; 72, 75, 77, 83 Beaumarchais, Pierre Augustin Caron de (1732–1799), französischer Schriftsteller und Dramatiker 542 Eugénie (Drama) 542 Beaunoir, Alexandre-Louis-Bertrand Robineau gen. de Beaunoir (1746–1823), französischer Schriftsteller 441 Fanfan et Colas (Drama) 441 Bechtolsheim siehe Mauchenheim Becker, Rudolf Zacharias (1752–1822), Schriftsteller und Verlagsbuchhändler, Hauslehrer in Erfurt, 1782–83 Lehrer am Philanthropinum in Dessau, ab 1784 in Gotha 285 Becker, Wilhelm Gottlieb (1753–1813), Schriftsteller und Kunsthistoriker in Dresden, seit 1795 Inspektor des Münzkabinetts und der Antikengalerie, seit 1804 des Grünen Gewölbes 662, 743 Behrisch, Ernst Wolfgang (1738–1809), bis 1767 Hofmeister des Grafen Lindenau in Leipzig, Erzieher des Erbprinzen, später Gesellschafter des regierenden Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau und Hofrat in Dessau, Freund und

Personen und Werke

Mentor Goethes in Leipzig EB 68; 90, 93; 301 Beilschmidt, Johann Heinrich (um 1754–1820), Bedienter in Weimar, um 1776 Hoflivréebediensteter (Läufer), um 1808 Diener in der Kammerrentei 376 Bentheim, Johann Georg von (1739–1801), Offizier, seit 1779 Hauptmann, seit 1783 Stadtkommandant von Jena 854 Bentley, Thomas (1731–1780), englischer Unternehmer, Besitzer einer Porzellanmanufaktur in London 324 Bergen, Niclaus von, Schweizer Landammann in Oberhasli im Kanton Bern, Angehöriger einer einflussreichen und weit verzweigten Oberhasler Familie 74 Bergler, Stephan (um 1680–nach 1738), Gräzist 121, 263 Aristophanis comediae (Hrsg.) 263 Beringer, David (1756–1821), Mechaniker, Instrumentenmacher in Nürnberg 641 Berlepsch, Emilie Dorothea Friederike, geb. von Oppel (1755–1830), Schriftstellerin, Tochter des sachsengothaischen Hofbeamten Karl Georg August von Oppel, seit 1771 in erster Ehe Frau von Friedrich Ludwig von Berlepsch, seit 1801 in zweiter Ehe Frau des Domänenrats August Heinrich Ludwig Harmes auf Redefin bei Ludwigslust, um 1804 in Berlin, dann auf Gut Erlebach am Zürichsee, in Schwerin und zuletzt in Lauenburg, Freundin Johann Gottfried Herders und Jean Pauls 206 Ueber einige zum Glück der Ehe nothwendige Eigenschaften und Grundsätze 206

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Berlepsch, G o t t l o b Günther August Heinrich Carl von (1786–1877), Kunstsammler und -historiker, 1793 Kadett in Dresden, 1802 preußischer Fähnrich in Erfurt, 1806 in französischer Kriegsgefangenschaft, dann Jurastudent in Wittenberg 616 Bernasconi, Antonia (1741–1803), Opernsängerin 861 Bernstein, Johann Gottlob (1747–1835), Mediziner, Barbier und Chirurg in Ilmenau, 1791 am Weimarer Hof, 1796 herzoglicher Hofchirurg und an der chirurgischen Krankenanstalt in Jena, seit 1806 in Halle, seit 1810 Professor in Berlin, seit 1820 wieder in Ilmenau und seit 1822 in Neuwied 187; 488, 528 Bernstorff (Bernsdorf, Bernstorf), Charitas Emilie Gräfin von, geb. von Buchwald (1733–1820), Frau von Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff, 1772 verwitwet, seit 1779 in Weimar 27, 79; 97, 102–105, 217, 222, 275, 361, 440, 737 –‚ Johann Hartwig Ernst Graf von (1712–1772), 1751 bis 1770 dänischer Staatsminister in Kopenhagen, deren Mann 102, 217, 222 Bernstorff, Friederike S o p h i e Eleonore von siehe Schardt, Friederike S o p h i e Eleonore von –‚ Andreas von (1688–1757), Beamter in Hannover und Celle, deren Vater 102f. –‚ Charlotte von, geb. Holle (1719–1763), deren Mutter 102 Bernstorff, H e n r i e t t e Friederike Gräfin von, geb. Gräfin zu StolbergStolberg (1747–1782), Schwester von Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg 222 –‚ Andreas Peter Graf von (1735–1797), dänischer Staatsminis-

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Register

ter, seit 1762 deren Mann, Neffe von Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff 222 –‚ A u g u s t a Louise Gräfin von, deren Schwester siehe Stolberg-Stolberg, A u g u s t a Louise Gräfin zu Beroldingen, J o s e p h Anton Siegmund (Sigismund) von (1738–1816), Theologe, Kunstsammler, Schriftsteller und Übersetzer, Domherr und Dechant in Speyer und Hildesheim, später Propst in Bruchsal 41; 152f. Bertuch, F r i e d r i c h Johann J u s t i n (1747–1822), Jurist, Schriftsteller, Übersetzer, Verleger und Unternehmer in Weimar, von 1775 bis 1796 Geheimer Sekretär und Schatullverwalter des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 318, 333, 435, 490; 48, 110, 136, 148, 221f., 328, 371, 373–375; 23, 48, 108, 120f., 177, 181, 198, 214f., 291, 303, 317, 325, 340, 354f., 354, 388, 405, 426, 428–430, 448f., 478, 481, 610, 611, 613, 641, 649, 696, 721, 731, 790, 796, 833, 873–875, 885, 916, 1003 Magazin der spanischen und portugiesischen Literatur siehe Anonyma und Periodika Leben und Thaten des weisen Junkers Don Quixote von La Mancha (Cervantes-Übersetzung) 388 Bethmann, Gebrüder, Bankhaus in Frankfurt a. M., 1748 gegründet 23, 66, 80, 88 Bethmann, Johann Philipp (1715–1793), Kaufmann und Bankier in Frankfurt a. M., seit 1786 Wirklicher Kaiserlicher Rat 17, 20–22; 23, 66, 80 –‚ Simon Moritz (1721–1782), Kaufmann und Bankier in Frankfurt a. M., dessen Bruder 17, 20–22; 23, 66, 80

Beyer, Albert (gest. 1796), braunschweigischer Steinschneider, etwa seit 1775 in Jena EB 31, EB 33; 378 Bibra, Heinrich von (1711–1788), seit 1759 Fürstbischof von Fulda 345; 935 Bibra, Ludwig Carl von (1749–1795), Reisemarschall am Meininger Hof 171; 489, 496 Bieglein, Johann Wolfgang gen. Kreussler (gest. 1780), akademischer Fechtmeister und Stadthauptmann in Jena 788 Bjørnståhl, Jakob Jonas (1731–1779), schwedischer Orientalist, Sprachwissenschaftler, Schriftsteller und Forschungsreisender, seit 1776 Professor der Orientalistik in Uppsala, später in Lund 320; 864 Briefe auf seinen ausländischen Reisen an den Königlichen Bibliothekar C. C. Gjörnwell in Stockholm 320; 864f. Blankenburg (Blanckenburg), Christian F r i e d r i c h von (1744–1796), preußischer Offizier, Philologe und Schriftsteller, seit 1778 in Leipzig 564 Vermischte philosophische Schriften des H. Hemsterhuis (Übersetzung) 564 Bobrinski, Alexei Grigorjewitsch (1762–1813), unehelicher Sohn von Katharina II. und Grigori Orlow, seit 1792 oder 1796 Graf 694f. Bode, Johann Joachim Christoph (1730–1793), Musiker, Schriftsteller und Übersetzer, Freimaurer, seit 1766/67 Buchhändler und Verleger in Hamburg, Verleger und Herausgeber des „Wandsbecker Bothen“, seit 1779 Geschäftsführer der verwitweten Charitas Emilie Gräfin von Bernstorff in Weimar 112, 154; 63,

Personen und Werke

91, 97, 103, 132, 360f., 440f., 685, 784, 813 Das Muttersöhnchen oder der Hofmeister (Goldoni-Übersetzung) 441 Der Westindier (Cumberland-Übersetzung) 440f. Die Gouvernante (Bearbeitung von „La Gouvernante“ von Nivelle de La Chaussée?) 441 Ein paar Tröpflein aus dem Brunnen der Wahrheit (Hrsg.) 784 Examen impartial du livre intitulé: Des erreurs et de la verité etc. 685 Junker Fritz, oder das Muttersöhnchen (Beaunoir-Übersetzung) 41 Bodmer, Johann Jacob (1698–1783), Literaturtheoretiker, Dichter und Übersetzer, Professor der Geschichte in Zürich, Mitglied des Großen Rates 82, 102, 138; 286, 309, 310f., 331, 407, 631, 1029, 1032 Heinrichs von Veldeck, Ritters, Aeneas (Aufsatz) 331 Bögner, Johann Georg Wilhelm (gest. 1778), Weinhändler und Kunstsammler in Frankfurt 32 Bölling, Johann Caspar (1739–1793), Kaufmann in Frankfurt a. M. EB 18; 375 Bohne, Johann Ludwig Benjamin, um 1780 Lakai in der Hofhaltung des Prinzen Constantin von SachsenWeimar und Eisenach 755 Boie, Heinrich Christian (1744–1806), Jurist, Schriftsteller und Lyriker, 1776 Stabssekretär in Hannover, seit 1781 als Landvogt von Süderdithmarschen in Meldorf in dänischen Diensten, 1772 Mitgründer des Göttinger Hains, von 1770 bis 1774 Herausgeber des Göttinger „Musen Almanachs“, von 1776 bis 1788 des „Deutschen Museums“ 337, 743, 827

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Boileau-Despréaux, Nicolas (1636–1711), französischer Dichter und Literaturtheoretiker 659 L’Art poétique 659 Traité sur le sublime (Longin-Übersetzung) 659 Boisserée, Johann S u l p i z Melchior Dominikus (1783–1854), Kaufmann, Kunstschriftsteller und Kunstsammler in Köln, seit 1810 in Heidelberg, 1819 in Stuttgart, 1827 in Heidelberg 373 Bonnet, Charles (1720–1793), Schweizer Naturforscher und Philosoph in Genf 66, 145?; 235, 423 Borch, Anne van der, geb. von Villégas (1745–um 1808), von ihrem Mann getrennt in der Schweiz lebend 288; 785 –‚ Jan Carel Baron van der (1734–1797), niederländischer Kammerherr und Gesandter am schwedischen Hof, deren Mann 785 –‚ Adrian Allhard ( A t j e ) van der (1769–1833), deren Sohn 785 Born (Börner, de Boren), Jakob Heinrich von (1750–1782), 1767 Student der Rechte in Leipzig, 1772 Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar, seit 1776 kurfürstlich-sächsischer Hof- und Justizrat in Dresden 400 Born, Ignaz Edler von (1742–1791), österreichischer Mineraloge 400 Born, Herr, Adressat Goethes EB 122; 400 Born, Schneider aus Weimar 400 Bossi, Giuseppe (1777–1815), italienischer Maler und Radierer, Kunsthistoriker 824 Del cenacolo di Leonardo da Vinci (Aufsatz) 824 Boulton & Watt, Stahl- und Dampfmaschinenhersteller aus Birmingham, Firma gegründet 1775 105

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Register

Branconi, Maria Antonia von, geb. von Elsener (1746–1793), seit 1766 Witwe, 1766–1777 Mätresse des Erbprinzen und späteren Herzogs Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel, des Bruders der Herzogin Anna Amalia 161, 184; 108–110, 112, 119, 137, 149, 209, 236, 288; 311, 348–351, 352f., 355, 374, 402, 404, 430f., 435f., 579, 581, 685, 725, 784f. –‚ Francesco Pessina de (gest. 1766), neapolitanischer Beamter, deren Mann 352f., 436 –‚ Franz Anton Salvator (Francesco Antonio Salvatore) von (1762–1828), deren Sohn, 1785 Kanonikus der Liebfrauenkirche in Halberstadt, später Reisemarschall von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau 152; 352, 436 –‚ Anna Maria (1764–1835), deren Tochter 109?, 152; 352f., 436 Brandenburg-Bayreuth, Sophie Caroline Maria von, geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel (1737–1817), zweite Frau des Markgrafen Friedrichs III., Schwester der Herzogin Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach 332f.; 816, 899 Brandenstein, Caroline von siehe Lühe, Caroline von der Brandes, Ernst (1758–1810), hannoverscher Beamter, Publizist, Auditor bei der Geheimen Staatskanzlei, 1791 Geheimer Kabinettssekretär und für die Universität Göttingen zuständig, 1805 Geheimer Kabinettsrat 273; 746f. Brandt, Enevold Graf (1738–1772), dänischer Jurist, Vertrauter Johann Friedrich Struensees, von diesem 1771 in den Grafenstand erhoben und zum Direktor des königlichen

Theaters, der Gemäldegalerie und der Kunstakademie befördert, 1772 wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und hingerichtet 217 Braunschweig-Wolfenbüttel –‚ Carl II. Wilhelm Ferdinand Herzog von (1735–1806), seit 1780 regierender Herzog, preußischer Generalfeldmarschall, Sohn von Carl I., Bruder der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach 351f. –‚ Philippine Charlotte Herzogin von, geb. Prinzessin von Preußen (1716–1801), Frau von Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel, Schwester des preußischen Königs Friedrich II., dessen Mutter 588 –‚ Ferdinand Herzog von (1721–1792), preußischer Generalfeldmarschall, dessen Onkel 538 Breidbach-Bürresheim, Emmerich Joseph von und zu (1707–1774), seit 1763 Kurfürst und Erzbischof von Mainz, seit 1768 Fürstbischof von Worms 188 Breitkopf, Johann Gottlob Immanuel (1719–1794), Buch- und Musikaliendrucker und Verleger in Leipzig 96; 210–212 –‚ Bernhard Christoph (1695–1777), Buchdrucker und Verleger, Gründer der Firma in Leipzig, dessen Vater 210 –‚ Maria F r i e d e r i k e C o n s t a n t i a, geb. Brix (geb. 1727), seit 1749 dessen Frau 59; 211f., 213 –‚ Theodora Sophie C o n s t a n t i e (1748–1818), dessen Tochter 211f. –‚ Bernhard Theodor (1749–1820), Musiker und Komponist, Buchdrucker und Buchhändler in Leipzig, später Staatsrat in St. Petersburg, dessen Sohn 211f.

Personen und Werke

–‚ Christoph Gottlob (1750–1800), Buchdrucker in Leipzig, dessen Sohn 211–213 –‚ Familie 59; 212 –‚ Firma 210, 924 Brenner, Kaufmann 398f. Brentano, Maximiliane (M a x , M a x e ) Euphrosyne, geb. La Roche (1756–1793), Tochter von Sophie und Georg Michael Anton La Roche, Mutter von Clemens Brentano und Bettine von Arnim 112; 41, 361 –‚ Peter Anton (1735–1797), Kaufmann in Frankfurt a. M., kurtrierischer Geheimer Rat und Resident, seit 1785 Generaleinnehmer der Kasse des kurrheinischen Kreises, seit 1774 deren Mann 361 Brinckmann, Philipp Hieronymus (1709–1761), Landschafts- und Historienmaler 257 Brinken (Brincken), Johann Heinrich von den (um 1741–1809), von 1781 bis 1784 Hauptmann und seit 1781 akademischer Fechtmeister in Jena 290f.; 789f. Brockenburg, Christian Albrecht Günther von (1731–1790), Berghauptmann und Kammerrat in Rudolstadt, Besitzer eines Naturalienkabinetts 163; 465 Brossard, Jeanette (geb. um 1750), 1775 in Epernay in der Champagne, Freundin des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach EB 58, EB 134; 322; 873–875 –‚ deren Kind (geb. um 1775), vermutlich Kind von Herzog Carl August 874 Brühl, Han(n)s Moritz Graf von (1746–1811), Oberst in französischen Diensten, später kursächsischer Kammerherr und preußischer Staatsbeamter, seit 1791 erster Generalinspektor der preußischen Chaus-

1059

seen, Übersetzer und Zeichner, Gutsherr von Seifersdorf bei Radeberg 302; 807 Bruins oder Bruire siehe Unbekannt Brunck, Richard Franz (François) Philipp (1729–1803), Philologe in Straßburg 337; 910f. Aeschly Tragoediae Prometheus, Persae & Septem ad Thebas; Sophoclis Antigone; Euripidis Medea (Hrsg.) 910 Anacreontis Carmina (Hrsg.) 910 Analecta Veterum Poetarum Graecorum (Anthologia Graeca, Hrsg.) 337; 725, 889, 910 Apollonii Rhodii Argonautica (Hrsg.) 910 Gnomici poetae Graeci (Hrsg.) 911 Buchholz, Wilhelm Heinrich Sebastian (1734–1798), Naturforscher, Arzt in Weimar, seit 1773 Besitzer der Hofapotheke, 1777 Hofmedikus und Amtsphysikus, 1782 Bergrat 622 Buchwald, Juliane Franziska von, geb. von Neuenstein (1707–1789), Hofdame der Herzogin Luise Dorothea von Sachsen-Gotha und Altenburg, Oberhofmeisterin 357; 898, 963 Büchel, Johann Ulrich (1753–1792), Schweizer Architekt, Zeichner und Radierer 214 Bückle, Johann Martin (1742–1811), Medailleur und Stempelschneider in Augsburg und seit 1786 badischer Hofmedailleur in Durlach 236; 636, 739, 741 Bürger, Gottfried August (1747–1794), Dichter, Übersetzer, seit 1772 Amtmann in Altengleichen im Dienste der Familie von Uslar, seit 1784 Privatdozent, seit 1789 außerordentlicher Professor der Ästhetik in Göttingen 410; 662, 666, 742, 743f., 745, 773 Gedichte 744

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Register

–‚ Dorothea (Dorette) Marianne, geb. Leonhardt (1756–1784), seit 1774 dessen Frau 743f. Büttner, Christian Wilhelm (1716–1801), Natur- und Sprachforscher, von 1758 bis 1782 Professor in Göttingen, seit 1783 Privatgelehrter in Jena 245; 619, 647, 662, 665f., 717–720 Buffon (Büffon), Georges Louis Leclerc Comte de (1707–1788), französischer Naturforscher, Direktor des Botanischen Gartens in Paris 40, 43, 145; 149f., 161f., 378, 422f., 512, 717 Histoire naturelle générale et particulière 149 Les Époques de la Nature 40, 43, 145; 149f., 161f., 378, 422f., 512, 717 Burkhardt (Burckhardt), Johann Rudolf (1750–1813), Seidenbandfabrikant in Basel, Kunstsammler und Mäzen 97; 64, 148; 213f., 215, 232, 313, 355, 429 –‚ Gedeon (1728–1760), Seidenbandfabrikant in Basel, dessen Vater 213, 232, 429 –‚ Anna Maria, geb. de Bary (1749–1808), dessen erste Frau, 1779 Scheidung und Ehe mit Christoph Heitz 214 –‚ Sara, geb. Rohner (1761–1825), seit 1780 dessen zweite Frau 59; 214 –‚ Johannes (1768–1806), dessen Sohn 59; 214 –‚ Anna Margaretha (1770–1848), dessen Tochter 59; 214 –‚ Johann Rudolf d. J. (1773–1791), dessen Sohn 59; 214 –‚ Gedeon (1774–1848), dessen Sohn 59; 214 Bury, Johann F r i e d r i c h (1763–1823), Historien- und Porträtmaler, bis 1799 zeitweise in

Rom, Neapel und Oberitalien, dann in Weimar, später in Berlin, Hanau und Kassel 763, 823 Bussche, Ernst August Wilhelm von dem (1727–1789), seit 1772 Minister und Konsistorialpräsident in Hannover, seit 1779 Kurator der Universität Göttingen 240 Cagliostro, Alexander Graf von (Conte Alessandro di; d. i. Giuseppe Balsamo) (1743–1795), italienischer Abenteurer, Alchimist und Betrüger, trat nach Reisen in Griechenland und Ägypten als Großkophta auf, 1779 in Mitau und St. Petersburg, 1780 in Straßburg und Paris 209, 235, 288, 403; 47, 579–582, 636, 684f., 740, 783, 785, 927, 941, 957f. Caillard, Antoine Bernard (1737–1807), seit 1773 französischer Gesandtschaftssekretär in Kassel, 1775 in Kopenhagen, 1785 Gesandter in Den Haag, 1792 in Regensburg, von 1795 bis 1798 in Berlin, Historiker, Übersetzer 54 Essai sur la physiognomie (LavaterÜbersetzung; mit Marie Elisabeth de la Fite und Henri Renfer) 53, 956 Callenberg, Johann Alexander Graf von (1697–1776), kursächsischer Geheimrat, Standesherr zu Muskau 702 Campe, Joachim Heinrich (1746–1818), Theologe, Schriftsteller, Sprachforscher, Pädagoge und Verleger, Erzieher Wilhelm von Humboldts, 1776/77 Mitbegründer des Dessauer Philanthropinums, danach Hauslehrer in Hamburg, seit 1787 Kanonikus des Cyriacus-Stiftes und Verleger in Braunschweig 82; 176, 284 Sammlung einiger Erziehungsschriften 176

Personen und Werke

Carracci, Agostino (1557–1602), italienischer Maler und Kupferstecher 158; 452 –‚ Annibale (1560–1609), italienischer Maler, Zeichner und Kupferstecher, dessen Bruder 158; 425, 452 〈Zeichnungen〉 146; 425, 452 Christus mit Dornenkrone 146?; 426 Heilige Familie 146?; 426 Magdalena 146?; 426 –‚ Lodovico (1555–1619), italienischer Maler, deren Vetter 158; 425f., 452 〈Zeichnungen〉 146; 425f., 452 Heilige Familie 146?; 426 Venus und Adonis 146?; 426 Castiglione, Giovanni Benedetto, gen. il Grechetto (1609–1664), italienischer Maler und Radierer 663 〈Zeichnungen〉 Herdenwanderung 663 Hirtenwanderung 663 Ziehende Hirtenfamilie mit Herde 663 Castillon, Friedrich (von) (Fréderic de) (1747–1814), Philosoph und Übersetzer, seit 1763 in Berlin 285 Castrop, Jean Antoine Joseph de (um 1731–1785), Offizier, Straßenbauaufseher in Kassel, 1754 in Eisenach, ab 1756 in Weimar, 1764 weimarischer Ingenieur-Hauptmann bei der Wegebaukommission, 1768 Artilleriehauptmann, von 1776 bis Anfang 1779 kommissarischer Wegebaudirektor A 1*; 987 Catoir, Johann Heinrich, Baumwollwarenhändler in Frankfurt a. M. 84 Cavalieri, Catharina (1755/1761–1801), Opernsängerin 861 Cenci, Beatrice (1577–1599), römische Adlige 14, 83; 55f., 288

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Cervantes Saavedra, Miguel de (1547–1616), spanischer Schriftsteller 388, 395, 949 Don Quijote 128; 388, 949 Chalybäus (Chalibaeus), Christian Friedrich (1731–1801), Arzt in Roda EB 54; 384 Chandler, Richard (1738–1810), englischer Archäologe 241; 649 Reisen in Griechenland 241; 649 Charnes, Jean Antoine de (1641–1728), französischer Schriftsteller 459 La vie du Tasse 459 Charpentier, Johann Friedrich Wilhelm (1738–1805), Geologe und kursächsischer Beamter, 1766–1784 Professor an der Bergakademie in Freiberg, 1773 Bergkommissionsrat, 1784 Adelsbrief, 1785 Bergrat, 1800 Vizeberghauptmann, 1802 Berghauptmann 123, 132; V, X, 294f., 296–298, 317f., 422, 511, 514, 539 Bergwerks Charte des Bergamtsreviers Marienberg 296 Beobachtungen über die Lagerstätten der Erze 295 Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande 89, 144; 295, 422 Petrographische Karte des Churfürstentums Sachsen 294f. Chiari, Pietro (1711–1785), italienischer Schriftsteller, Librettist 438 La sposa fedele (Libretto) 438 Chodowiecki (Chodowicki, Chodowiecky, Chodowieky), Daniel Nikolaus (1726–1801), Maler, Radierer und Zeichner in Berlin, Vizedirektor, seit 1797 Direktor der Akademie der Künste 244 〈Vignette zu Lavaters „Jesus Messias“〉 (Kupferstich) 244 Cicero, Marcus Tullius (106–43 v. Chr.), römischer Staatsmann, Rhetor und Schriftsteller 38

1062

Register

Claudius, Matthias (1740–1815), Dichter, Übersetzer und Publizist in Hamburg, später in Wandsbek, von 1771 bis 1775 Redakteur des „Wandsbecker Bothen“, 1776/77 Mitglied der Oberlandkommission in Darmstadt 82; 284, 685, 773 Irrthümer und Wahrheit (SaintMartin-Übersetzung) 685 Clodius, Christian August (1737/38–1784), Professor der Philosophie und der schönen Wissenschaften in Leipzig, Schriftsteller EB 125; 290, 401; 789 Cölln, Ludwig Friedrich August von (1753–1804), Theologe, Prediger in Heiden an der Lippe, seit 1797 Superintendent in Detmold 431 Cook, James (1728–1779), englischer Kapitän, Weltumsegler und Forschungsreisender 364; 520, 539, 641, 974f. Corneille, Pierre (1606–1684), französischer Dramatiker 560 Cinna ou la Clémence d’Auguste 199; 560 Correggio (eigentl. Antonio Allegri) (1489 oder 1494–1534), italienischer Maler 194; 47, 107 〈Gemälde〉 〈Ruhe in Ägypten〉 (Zuschreibung) 13, 28; 47, 107f., 539, 547 Zingarella (Correggio-Kopie) 107f. 〈Zeichnungen〉 194; 539, 547 Crespel (Krespel), Johann Bernhard (1747–1813), Rat und Archivar in thurn- und taxisschen Diensten in Frankfurt a. M., zeitweise in Regensburg, seit 1794 im Dienst des Grafen Solms-Laubach in Laubach (Hessen), Kindheits- und Jugendfreund Goethes 127, 830 –‚ Maria C a t h a r i n a (1749–1801), dessen Schwester, Frankfurter Jugendfreundin Goethes 830

–‚ Familie 311; 830 Cronstedt, Axel Fredric (1722–1765), schwedischer Mineraloge und Chemiker 421 Versuch einer Mineralogie 421 Dänemark (und Norwegen) –‚ Christian VII. von (1749–1808), seit 1766 König, Herzog von Schleswig und Holstein, Sohn Friedrichs V. 217 –‚ Caroline Mathilde, geb. Prinzessin von Großbritannien (1751–1775), seit 1766 dessen Frau, Geliebte des königlichen Leibarztes Johann Friedrich Struensee, seit 1772 Exil in Celle 217 –‚ Juliane Marie Königin von, geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel (1729–1796), seit 1752 Frau von König Christian V., 1766 verwitwet 217 Dalberg, C a r l T h e o d o r Anton Maria Freiherr von (1744–1817), 1771 bis 1802 kurmainzischer Statthalter in Erfurt, 1787 Koadjutor des Mainzer und Wormser (Erz-)Bischofs Friedrich Karl Joseph von Erthal, 1788 auch Koadjutor des Konstanzer Fürstbischofs, 1800 bis 1817 Fürstbischof von Konstanz, 1802 Kurfürst und Erzbischof von Mainz und zugleich Reichserzkanzler, 1802 bis 1817 Fürstbischof von Worms, 1803 Administrator und 1805 bis 1817 Erzbischof von Regensburg, 1806 bis 1813 Fürstprimas des Rheinbundes, 1810 bis 1813 Großherzog von Frankfurt 5, EB 10, EB 25; 3, 7, 26, 49, 51f., 158, 279, 321, 333, 356; 15f., 31f., 100, 162, 167, 176–178, 185, 187f., 255, 512, 759f., 868, 870, 895, 898–900, 962 〈Physiognomische Aufzeichnungen〉 (nicht überliefert) 49; 176f.

Personen und Werke

–‚ Wo l f g a n g H e r i b e r t Tobias Otto Maria Johann Nepomuk Freiherr von (1750–1806), kurpfälzischer Geheimer Rat, Präsident des Oberappellationsgerichts in Mannheim, von 1778 bis 1803 Intendant des Mannheimer Nationaltheaters, Dramatiker und Übersetzer, dessen Bruder 30, 63, EB 127; 168; 16, 22, 32f., 37, 99–101, 160, 257, 307, 478f., 481, 532, 761f. –‚ Elisabeth Augusta von, geb. Ulner von Dieburg (1751–1816), Tochter des kurpfälzischen Obristenhofmarschalls Johann Wilhelm Franz Ulner von Dieburg, seit 1771 Frau von Wolfgang Heribert von Dalberg 3, 26, 43; 16, 102, 160 –‚ E m m e r i c h J o s e p h Wolfgang Heribert von (1773–1833), seit 1810 Herzog (Duc de France), Beamter und Diplomat in badischen und französischen Diensten, Sohn von Wolfgang Heribert von Dalberg 43; 160 Dapper, Olfert (1635–1689), niederländischer Arzt, Geograph und Reiseschriftsteller 372 Asia, oder Ausführliche Beschreibung des Reichs des Grossen Mogols und eines grossen Theils von Indien 372 De Wette, Anton Johann Friedrich (1739–1804), von 1769 bis 1785 Pfarrer in Hottelstedt, seit 1785 Pfarrer in Ulrichshalben 194?; 546 –‚ Johann August (1744–1812), von 1776 bis 1783 Pfarrer in Ulla, seit 1783 Pfarrer in Großkromsdorf, dessen Bruder 194?; 546 Diderot, Denis (1713–1784), französischer Philosoph und Schriftsteller 40, 221; VIII, 140, 142, 144, 150f., 321, 337, 395, 611f., 675, 887, 1029

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Jacques le Fataliste 37, 40, 99?, 104; VIII, 140–142, 144, 150–152, 321, 337f., 395, 675, 1029 La Religieuse 221f.; 611f. Diede zum Fürstenstein, Wilhelm Christoph von (1732–1807), Diplomat, 1755 Kammerjunker in Kassel, seit 1758 in dänischen Diensten, 1763–1766 Gesandter in Berlin, 1767–1777 in London und 1793–1806 beim Reichstag in Regensburg 379, 390; 3, 253; 15, 101, 681, 689, 701–704, 705, 713f., 885 –‚ Ursula Margareta Constantia Louise von, geb. Gräfin von Callenberg (1752–1803), Tochter des Grafen Johann Alexander von Callenberg, seit 1772 dessen Frau 3, 253, 260, 264; 15, 681, 689, 702–705, 715 –‚ S o p h i e Marie Margarethe, dessen Schwester, siehe Löw von und zu Steinfurth, S o p h i e Marie Margarethe Dietrich, Christian Wilhelm Ernst (1712–1774), Maler und Radierer, seit 1730 Hofmaler Friedrich Augusts I. (des Starken), seit 1748 Inspektor der Dresdner Gemäldegalerie 480, 663f. 〈Zeichnungen〉 Brustbild eines jungen Mannes mit großem Hut 663f. Landschaft 663 Diodati, Anton Josua (Antoine-Josué) (1728–1790), Pfarrer und Bibliothekar in Genf 145?; 423 Doell, Friedrich Wilhelm (Eugen) (1750–1816), Bildhauer in Gotha, 1773–1782 in Rom, Professor und seit 1787 Inspektor der Kunstsammlungen 90 Dohm, Christian Konrad Wilhelm (1786: von) (1751–1820), Historiker, Diplomat und Schriftsteller, seit 1774 Mitredaktor des „Deutschen

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Register

Museums“ in Göttingen, 1776 Professor am Carolinum in Kassel, 1779 Archivar, 1783 Geheimer Kriegsrat in Berlin, später preußischer Gesandter und Minister in Köln und Aachen, von 1808 bis 1810 westfälischer Gesandter in Dresden 670 Rechnung von seiner Finanzverwaltung Sr. Majestät dem König von Frankreich (Necker-Übersetzung) 670 Doomer, Lambert (1622/23–1700), niederländischer Maler und Zeichner 95 Bauerngehöft (Zeichnung) 95 Dorat, Claude Joseph (1734–1780), französischer Dichter und Dramatiker 160 Der Ehescheue (franz. Le Célibataire, Drama) 160 Duchanteau (Touzai-D., Touzay-D., Touzet-D.) (gest. 1786), französischer Alchimist, Okkultist 236; 637, 686 Duck, Jacob (um 1600–1667), niederländischer Maler 143; 419 Gesellschaftsstück mit wahrsagender Zigeunerin (Gemälde) 143; 419 Ducq, Jan (Johan) le (um 1629–um 1677), niederländischer Radierer, Tier- und Landschaftsmaler 419 Dürckheim, Franz Christian Eckbrecht von (1729–1807), seit 1770 Prinzenerzieher in Meiningen, seit 1775 Mitglied des Ratskollegium, Geheimrat 139, 407; 409f., 989f. Dürer, Albrecht (1471–1528), deutscher Maler, Kupferstecher und Zeichner in Nürnberg 13, 28, 39, 48f., 69, 86, 93f., 102, 113, 137, 144, 157, 280, 389; 50–52, 106f., 147f., 177, 244, 254, 268, 291, 305, 307, 420, 447, 665, 762, 929 〈Holzschnitte〉 86, 102; 291 Apocalipsis cum figuris 291

Kleine Holzschnittpassion 291 Das Marienleben 291 〈Kupferstiche〉 13f., 28, 48, 83, 94, 102, 113, 137, 157, 389; 50–52, 106f., 146–148, 176f., 244, 288, 330f., 362–364, 404, 420, 447, 452, 647, 762 Der heilige Hieronymus im Gehäus 28; 106f. Kurfürst Friedrich III. von Sachsen 177 Erasmus von Rotterdam (zugeschriebene Kopie einer Zeichnung) 245; 665 Düring, Johann C h r i s t i a n von (1751–1823), hannoverscher Forstbeamter in Clausthal, ab 1781 Oberforstmeister, seit 1816 Generalforstdirektor und Mitglied der Kammer in Hannover 20, 83, EB 9, EB 98, EB 113; 71f., 76–78, 80, 193 –‚ Johann Christian von (1697–1766), Burgmann auf Horneburg und Nottensdorf, seit 1751 Präsident der Bremer Ritterschaft, dessen Vater 71 –‚ Anna Dorothea von, geb. Gräfin von Rantzau-Rastorf (1719–1797), dessen Mutter 71f. –‚ Marie U l r i k e Friederike von, geb. von Lindau (1761–1832), seit 1779 dessen Frau, Schwester von Heinrich Julius von Lindau 19–21, 29, 53; 71f., 75 Dughet, Gaspard (gen. Poussin) (1613–1675), französisch-italienischer Maler und Kupferstecher, Schwager von Nicolas Poussin 480 Dujardin, Karel (um 1622–1678), niederländischer Maler und Radierer 663f. Dumeiz (Dumeix, Du Meiz) de Huville, Damian Friedrich (1729–1802), aus Belgien stammender Geistlicher, Dechant an St. Leonhard in Frankfurt a. M., seit 1782 Stiftspropst in Erfurt 109?; 353

Personen und Werke

Dungern, Caroline L o u i s a Augusta von (gest. 1825), Hofdame in Sachsen-Meiningen, 1784 Heirat mit dem Sachsen-Meininger Oberhofmeister Ludwig Carl von Bibra EB 97; 159, 174; 455, 489, 496, 498, 516 –‚ Carl Philipp von (1732–1783), Offizier in österreichischen Diensten, 1772 Hofmarschall in Nassau-Usingen, zuletzt Oberhofmarschall in Darmstadt, deren Vater 496 Dyck, Anthonis van (1599–1641), niederländischer Maler und Radierer, Schüler von Peter Paul Rubens 257; 697 〈Gemälde〉 Bildnis eines jungen Mannes (zugeschrieben) 256f.; 697 Bildnis eines Offiziers (zugeschrieben) 697 Eberwein, Franz C a r l Adalbert (1786–1868), Violinist, Komponist und Dirigent in Weimar, 1803 Mitglied der Hofkapelle, 1810 Kammermusikus, 1818–1829 Musikdirektor der Stadtkirche und Gesanglehrer am Lehrerseminar, 1826–1849 Musikdirektor, 1808–1809 Schüler Carl Friedrich Zelters in Berlin, leitete Goethes Hausmusik 38, 480 〈Kompositionen zu〉 Proserpina (Goethe) 38, 480 Eck, Johann Georg (1745–1808), Literaturhistoriker in Leipzig, seit 1770 außerordentlicher Professor, seit 1781 ordentlicher Professor 120 Eckardt, J o h a n n Christian L u d w i g (1792: von) (1732–1800), Jurist, 1777 Mitglied der Bergwerkskommission, 1778 Hof-, Regierungsrat und geheimer Archivar in Weimar, seit 1783 Geheimer Hofrat und Professor der Rechte in Jena A 7, A 9,

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A 10, A 11, A 12; 409; VIII, 295f., 317, 546, 788, 791, 795, 993f., 997f., 999f., 1002–1009 Nachricht von dem ehmaligen Bergbau bey Ilmenau in der Grafschaft Henneberg 98, 412; 296, 317, 998, 1002, 1007 Recess- und Actenmäßige Erläuterung des Hennebergischen Bergwerks-Regals 998 Eckermann, Johann Peter (1792–1854), Schriftsteller, seit 1823 Goethes Mitarbeiter und Vertrauter 420 Edelsheim, Wilhelm von (1737–1793), seit 1774 Geheimer Rat und Minister für auswärtige Angelegenheiten und Finanzen der Markgrafschaft Baden in Karlsruhe, 1788 Präsident des Geheimen Rates 680 Eggling siehe Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin Ehrmann, Johann (1751–1827), Straßburger Pädagoge, 1776 Lehrer am Philanthropin in Dessau, Reisegefährte von Christian Kaufmann, ab 1786 Vikar am Gymnasium in Straßburg 82; 283f. Eichel, Friederike Christine, geb. Streiber (1759–1833), Tochter Johann Lorenz Streibers 84 –‚ Heinrich Jacob (1753–1811), Kaufmann und Bankier in Eisenach, seit 1777 deren Mann 84 Eichel, Johann Benjamin, Kaufmann in Eisenach, Besitzer einer Spinnerei, Weberei und Färberei 84 Eichhorn, Johann Gottfried (1752–1827), Theologe, Orientalist, Literaturhistoriker, seit 1775 Professor der orientalischen Sprachen in Jena, 1783 Hofrat, seit 1788 Professor der Philosophie in Göttingen 718f., 915 Einsiedel-Scharfenstein, Friedrich Hildebrand von (1750–1828), Jurist,

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Register

Schriftsteller und Übersetzer in Weimar, seit 1776 Kammerherr der Herzogin Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach, von 1817 bis 1824 erster Präsident des Oberappellationsgerichts in Jena 78?, 90, 338f.; 264, 272, 275, 300, 342, 444, 717, 876, 906, 912f., 946 August Hildebrand von (1722–1796), Herr auf Gut Lumpzig bei Altenburg, dessen Vater 335, 337; 716, 906–909, 911–913 Caroline Charlotte von, geb. von Pflugk, dessen Mutter 339; 912f. Friedrich Heinrich von (1721–1793), sachsen-gothaischer wirklicher Geheimrat, Kammerpräsident und Obersteuerdirektor in Altenburg, dessen Onkel 339; 912f. Familie 338; 717, 908, 913 K u r t Heinrich von (1752–1771), Kadett, dessen Bruder 913 Johann A u g u s t von (1754–1837), Philosoph, Naturforscher, u.a. Offizier in holländischen Diensten und sächsischer Bergbeamter, zeitweise in Weimar und Jena, 1785 bis 1786 Reise nach Afrika, seit 1788 Mann von Amalia Christine Philippine von Werthern-Beichlingen, dessen Bruder 393; 339; 162, 218, 716f., 718, 720, 913 Ideen 717 Georg Carl von (1759–1835), um 1780 Jagdpage in Gotha, Offizier in holländischen Diensten, 1785 bis 1786 Reise nach Afrika, später sachsen-gothaischer Landjäger und Oberforstmeister, dessen Bruder 339; 717, 913 Johann A l e x a n d e r von (1760–1849), Offizier, bis 1784 als preußischer Leutnant in Halberstadt, 1785 bis 1786 Reise nach Afrika,

später in Österreichischen Diensten, dessen Bruder 339; 717, 913 –‚ H a u b o l d Ludwig von (1762–1794), bis 1780/81 Page am Gothaer Hof, ab 1783 Offizier, zunächst in gothaischen Diensten, dessen Bruder 913 –‚ H e i n r i c h Ludwig von (1770–1842), Offizier in preußischen Diensten, dessen Bruder 913 Ekhof (Eckhof), Hans C o n r a d Dietrich (1720–1778), Schauspieler, von 1771 bis 1774 in Weimar, ab 1774 Leiter des Gothaer Hoftheaters 90f. Elsheimer (Elzheimer), Adam (1578–1610), Maler in Frankfurt a. M. und Rom 186; 526f., 577 〈Gemälde〉 〈Ceres-Darstellung〉 186, 208; 526f., 577 Der große Tobias 186, 208; 526f., 577 Der kleine Tobias 526f. Empedokles (um 495–um 435 v. Chr.), griechischer Philosoph 981 Engelhardt, Johann Christian Daniel (1720–1790), Leibchirurg des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, 1782 Hofrat 270; 735 Epiktet (Epiktetos) (um 50–um 138), griechischer Philosoph der Stoa 1043 Epikur (Epikuros) (341–270 v. Chr.), griechischer Philosoph 38 Erdmannsdorff (Erdmannshausen), Friedrich Wilhelm von (1736–1800), Architekt und Architekturtheoretiker, seit 1758 im Dienst von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, Baumeister des Wörlitzer Schlosses 169 Erlach, Johann Ludwig von (1595–1650), Generalmajor und Gouverneur der Festung Breisach im

Personen und Werke

Dienst des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar 233, 241, 488 –‚ dessen Familie 370 Erxleben, Johann Christian Polykarp (1744–1777), Naturwissenschaftler, Professor für Physik und Tierheilkunde in Göttingen 622 Anfangsgründe der Chemie 622 Eschenburg (Eschenbach), Johann Joachim (1743–1820), Ästhetiker, Literarhistoriker und Übersetzer, seit 1773 Professor der Literatur und Philosophie am Collegium Carolinum in Braunschweig, 1782 Bibliothekar, seit 1786 Hofrat, Freund Lessings 275, 438f. Robert und Kalliste (Guglielmi-Bearbeitung) 438f. William Shakespeare’s Schauspiele (Übersetzung) 275 Eßlinger, Johann Georg Friedrich (1710–1787), Buchhändler in Frankfurt a. M. 22 Eudokia Makrembolitissa (um 1021–1096), byzantinische Kaiserin 119 Euripides (485/84 oder 480–406 v. Chr.), griechischer Dramatiker 125; 383, 748, 836, 913, 1027, 1029 〈Tragödien〉 910 Herkules 748 Hippolytos 748 Medea 1027 Everdingen, Allaert van (1621–1675), niederländischer Maler und Radierer 222f., 228, 246f., 251, 275, 355; 613, 616f., 623, 666–668, 670, 672, 679f., 751, 753, 958f. 〈Kupferstiche〉 222, 275, 355; 613, 623, 753, 958f. 〈Radierungen〉 246, 251; 666–668, 679f., 751 Der Wasserfall bei der Wassermühle auf der Höhe 616 〈Zeichnungen〉 617, 666

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Fahlmer, J o h a n n a Catharina Sybilla siehe Schlosser, J o h a n n a Catharina Sybilla –‚ Maria, geb. Starck (1701–1780), zweite Frau Georg Christoph Fahlmers, deren Mutter 526f. Falk, Johann(es) Daniel (1768–1826), Schriftsteller und Pädagoge, seit 1797 in Weimar 128, 611 Faujas de Saint-Fond, Barthélemy (1742–1819), französischer Geologe und Vulkanologe, 1793 Professor am Musée d’Histoire 238, 347; 641 Recherches sur les volcans éteints du Nivarais et du Velay 238, 347; 641 Fellon, François, französischer Fechtmeister, 1781 von Leipzig nach Weimar gezogen, 1783 in Eisenach 289–291, 401; 788–790 –‚ dessen Frau 290; 788 Feuquières, Manassès Marquis de Pas de (1590–1640), französischer Feldherr und Diplomat 487f. Lettres et négociations 487f. Feurer (Führer, Fuhrer), Andreas (auch André) (geb. 1761), Zögling im Philanthropin in Marschlins, Schützling Heinrich Julius von Lindaus 19–21, 29, 36; 71, 73, 77f., 82f., 85, 109f., 137 Forstenburg, C a r l Anton Ferdinand Graf von (1767–1794), 1785 Offizier im Dragonerregiment Schonberg in Lothringen, Sohn von Maria Antonia von Branconi und Erbprinz Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig (seit 1780 Herzog) 65, 152, 390f.; 351f., 436 Forster, Johann G e o r g ( e ) Adam (1754–1794), Naturforscher, Philosoph, Schriftsteller, von 1772 bis 1775 Teilnahme an James Cooks zweiter Weltumseglung, 1779 Professor der Naturwissenschaften am Collegium Carolinum in Kassel und ab

1068

Register

1784 in Wilna, 1788 Universitätsbibliothekar in Mainz EB 51, EB 76; 392; 90, 150, 423, 520, 538f., 936 A letter to 〈…〉 the Earl of Sandwich 520 〈Pflanzen und Tiere〉 (Zeichnungen) 184, 392; 90, 520, 538 –‚ Johann Reinhold (1729–1798), protestantischer Theologe, Lehrer und Übersetzer, Pfarrer in Nassenhuben bei Danzig, von 1772 bis 1775 Teilnahme an James Cooks zweiter Weltumseglung, 1780 Professor der Naturgeschichte in Halle, dessen Vater EB 92; 184, 191; 150, 520, 538f., 974f. Dr. Forster an Prof. Lichtenberg. Ueber Buffons Epochen der Natur (Rezension) 150 Tagebuch einer Entdekkungs Reise nach der Südsee in den Jahren 1776 bis 1780 (Rickman-Übersetzung) 364?; 974f. Franckenberg, Eberhard Sylvius von (1731–1797), seit 1760 in sachsengothaischen Diensten, seit 1764 Kammerrat, seit 1767 Oberschenk, seit 1770 Hofmarschall, seit 1787 wirklicher Geheimerrat, seit 1795 Oberhofmarschall A 4; 292, 411f.; 793, 993f., 1001, 1004, 1006 Franckenberg und Ludwigsdorf, S y l v i u s Friedrich Ludwig von (1728–1815), Geheimer Rat und Mitglied des Geheimen Ratskollegiums des Herzogtums Sachsen-Gotha und Altenburg in Gotha, 1805 Minister EB 55; 384 Frankreich –‚ Ludwig XIV. (Louis XIV, le Grand, le Roi Soleil) (1638–1715), seit 1643 König 776 –‚ Ludwig XVI. (Louis XVI) (1754–1793), dessen Urenkel, seit 1774 König 73, 669f.

Frede, Johann Adam Hieronymus Gottfried, 1780 Schlosser in Weimar 464 Friederici, Christian E r n s t (1709/1712–1780/1781), Orgelbauer in Gera EB 11*, EB 15*, EB 26*; 373 –‚ Christian G o t t l o b (1750–1805), Orgelbauer in Gera, seit 1786 Kammerrat, dessen Neffe EB 11*, EB 15*, EB 26*; 373 Fritsch, Jacob Friedrich von (1731–1814), sachsen-weimarischer Beamter, seit 1762 Mitglied, von 1767 bis 1800 Präsident des Geheimen Consiliums in Weimar, seit 1772 Wirklicher Geheimer Rat, bis 1779 Präsident der Kriegskommission 16, 38, 179, 352, 428, 431, 440, 492, 509, A 5, A 8, GB 3/A 1a, GB 3/A 1b; 177, 401; IX f., 62f., 64, 120, 124, 265, 269, 296, 317, 338, 356, 408–410, 412, 425, 463, 471, 483, 503, 505, 527, 547, 640, 670f., 677, 679, 690, 708, 711, 720, 777, 786, 788–791, 798, 802f., 863, 877f., 909, 915f., 940, 944, 989f., 992, 995f., 1000, 1002f., 1013f., 1017 –‚ Johanna Sophia von, geb. von Haeseler (1748–1836), seit 1767 dessen Frau 97, 177, 324; 315, 503, 572 Füchsel, Georg Christian (1722–1773), Arzt, Geologe und Bibliothekar in Rudolstadt 181; 422, 428, 512f. Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte 145?, 181; 422 Historia terrae et maris, ex historia thuringiae per montium descriptionem 512 Usus historiae 〈…〉 terrae et maris 181; 512f. Füger, H e i n r i c h Friedrich (1751–1818), Maler in Wien 761 Füßli (Füssli, Fueßli, Fuessli, engl. Fusely), Johann Heinrich (1741–1825),

Personen und Werke

schweizerischer Maler und Schriftsteller, seit 1764 in England, von 1770 bis 1778 in Rom, danach dauerhaft in London, seit 1799 Professor an der Royal Academy, Jugendfreund Johann Caspar Lavaters 83; 47, 54, 108, 288, 449 〈Kupferstiche〉 (nach Vorlagen Füßlis) 83; 288 〈Zeichnungen〉 28; 108, 288 –‚ Johann Caspar (1706–1782), Schweizer Maler, Zeichner, Kunstschriftsteller und Sammler in Zürich, Kunsterzieher und Ratsschreiber in Zürich, Mitinhaber der Buchhandlung Orell, Gessner, Füssli & Co., dessen Vater 28; 51, 107, 109 Raisonirendes Verzeichnis der vornehmsten Kupferstecher und ihrer Werke 51 Füßli (Füssli), Johann (Hans) Heinrich (1745–1832), Historiker, Politiker, Schriftsteller in Zürich, 1775–85 Professor für Geschichte am Carolinum, Mitinhaber der Buchhandlung Orell, Gessner, Füssli & Co. 1032 Gademann, Johann Georg (1754–1813), Farbenfabrikant in Schweinfurt, von 1771 bis 1775 als Lehrling in Frankfurt, von 1777 bis 1778 bei Johann Lorenz Streiber in Eisenach 85 Galland, Antoine (1646–1715), französischer Bibliothekar, Antiquar, Orientalist und Übersetzer 383 Les mille et une nuits (Übersetzung) 383 Gallitzin (Gallizin, russ. Golizyn), Adelheid A m a l i a Fürstin von, geb. Gräfin von Schmettau (1748–1806), seit 1768 Frau des Fürsten Dmitri Alexejewitsch Golizyn, des russischen Gesandten in Den Haag (seit 1769), seit 1774 von ihm getrennt,

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seit 1779 in Münster, Schwester des Grafen Friedrich Wilhelm Carl von Schmettau 564 Garve, Christian (1742–1798), Philosoph, Schriftsteller, Übersetzer und Buchhändler, von 1768 bis 1772 Professor für Philosophie in Leipzig, danach in Breslau 274; 748, 751 Gaßner, Johann Joseph (1727–1779), österreichischer Theologe, Wunderheiler und Exorzist 287; 580, 782 Geißler, Johann Gottfried (1726–1800), 1751 Konrektor in Görlitz, 1768 Gymnasialrektor und Kirchenrat in Gotha, 1779 Rektor in Schulpforta, 1786/87 Direktor der Hofbibliothek und Hofrat in Gotha 933 Gellert, Christian Fürchtegott (1715–1769), Dichter und Schriftsteller, Professor der Moral, Poesie und Beredsamkeit in Leipzig 102, 435, 659, 749, 773, 1043 Briefe, nebst einer Praktischen Abhandlung von dem guten Geschmack in Briefen 102, 435 Genelli, Giovanni (Hans), gen. B(u)onaventura (1798–1868), Maler, Zeichner und Kupferstecher, 1822–1832 in Rom, 1836 in München und seit 1859 in Weimar 765 〈Karikatur〉 765 Gerhard, Carl Abraham (1738–1821), Mineraloge, 1770 Gründer und Leiter der Bergakademie Berlin und bis 1789 auch Lehrer für Mineralogie und Bergwissenschaften, 1770 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 1786 Geheimer Oberbergrat, 1802 Geheimer Oberfinanzrat 292; 792 Versuch einer Geschichte des Mineralreichs 292, 401; 792 Gerock, A n t o i n e t t e Louise (1753–1808), Tochter von Johann Georg Gerock, Jugendfreundin

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Register

Goethes, Freundin und Hausgenossin Cornelia Schlossers in Karlsruhe und Emmendingen 186?; 527 –‚ Anna (Nanne), deren Schwester 186?; 527 –‚ Familie 311; 830 Gersaint, Edme-François (1694–1750), französischer Kunsthändler 86; 291 Catalogue raisonné de toutes les pièces qui forment l’Oeuvre de Rembrandt 86, 144; 291 Supplement au Catalogue raisonné de toutes les pièces qui forment l’Oeuvre de Rembrandt 86, 144; 291 Gersdorff, Philippine Charlotte Freifrau von (1711–1787), aus Kursachsen, seit 1761 Verlegerin des Ilmenauer Bergbaus 402 Geßner (Gessner), Johannes (1709–1790), schweizerischer Arzt, Mathematiker und Naturforscher, 1746 Gründer der „Physikalischen Gesellschaft“ in Zürich (seit 1808 „Naturforschende Gesellschaft“) 585 Giannini, Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gräfin von (1719–1784), seit 1755 Hofdame in Braunschweig, Kanonissin des Damenstifts Herford, seit 1775 Oberhofmeisterin der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach EB 1; 370 Gilbert, Ludwig Wilhelm (1769–1824), Physiker, Professor in Halle und seit 1811 in Leipzig 94 Versuch einer Naturgeschichte und Physik der Wolken (Howard-Übersetzung) 94 Giraffi, Alessandro (17. Jh.), italienischer Schriftsteller 447, 695 Le Rivolutioni di Napoli 157; 447, 695 Glaser, Johann Elias (1721–1781), Kaufmann in Stützerbach 381

Gläser, Friedrich Gottlob (1749–1804), Geologe und kursächsischer Bergmeister 508 Versuch einer mineralogischen Beschreibung der Gefürsteten Graffschaft Henneberg, Chursächßischen Antheils 178; 508 Gläser, Johann Gottlob (1721–1802), kursächsischer Bergmeister in Großkamsdorf EB 132; 402 Gleichen (gen. Rußwurm), Wilhelm Friedrich Freiherr von (1717–1783), Oberstallmeister, Naturforscher und Musikgelehrter, Offizier in markgräflich-bayreuthischen Diensten, seit 1756 auf Schloss Greifenstein bei Hammelburg, Beschäftigung mit mikroskopischen Untersuchungen 259 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig (1719–1803), Dichter, seit 1747 Domsekretär, später Kanonikus in Halberstadt, Freund Klopstocks und Lessings, Gönner und Förderer u.a. von Anna Louisa Karsch 274, 286, 376, 773 Die goldenen Sprüche des Pythagoras (Übersetzung)) 376 Gluck, Christoph Willibald (1756:) von (1714–1787), Komponist, von 1754 bis 1764 Kapellmeister der Hofoper in Wien, 1774 kaiserlicher Hofkomponist EB 121; 14, 304, 318f.; 36, 56, 810, 858–861 〈Opern〉 Alceste 318; 860f. Die unvermuthete Zusammenkunft, oder Die Pilgrime von Mecca 318; 860f. Iphigenie auf Tauris (1781) 318; 860f. Iphigénie en Tauride (1779) 318; 860 Orfeo ed Euridice 318; 860f.

Personen und Werke

Glüsing, Conrad Jacob Leonhard (1741–1812), Hofbuchdrucker in Weimar 543 Göchhausen, L o u i s e Ernestine Christiane Juliane von (1752–1807), seit 1775 Gesellschafterin der Herzogin Anna Amalia von Sachsen Weimar und Eisenach, seit 1783 erste Hofdame 204*; 74, 76, 79, 90, 193, 365; 151, 262f., 269, 275f., 292, 299, 342, 391, 393, 468, 544, 715, 822, 876, 980, 1036f. Mineralogie (Miszelle) 299 Göckel, Johann Christian (1775:) von (1713–1781), Beamter in Eisenach, 1737 Regierungsassessor, 1756 Vizekanzler, 1760 Kanzler, 1764 wirklicher Geheimer Rat 408; 991, 1015 Goeckingk (Göckingk), Leopold Friedrich Günther (1789: von) (1748–1828), Jurist und Dichter, von 1770 bis 1786 Kanzleidirektor in Ellrich (Harz), seit 1793 Oberfinanzrat in Berlin 743f. Goertz (Görtz) (eigentl. Schlitz), Johann Eustach Graf von (1737–1821), Jurist, Diplomat, Schriftsteller, von 1762 bis 1775 Erzieher des Erbprinzen Carl August und des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, danach in preußischen Diensten, u.a. von 1779 bis 1785 preußischer Gesandter in St. Petersburg 269; 188f., 692–694, 732 –‚ Friedrike C a r o l i n e Gräfin von, geb. von Uechtritz (1749–1809), dessen Frau 102 Göschel, Christian Gottlieb Lebrecht (1719–1802), Amtmann in Langensalza 223?; 616 Göschen, Georg Joachim (1752–1828), Buchhändler, Buchdrucker und Verleger, seit 1781 bei der Dessauer Verlagsbuchhandlung der Gelehrten,

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seit 1785 selbstständig in Leipzig und Grimma 100, 894 Goethe’s Schriften (Verleger) 12, 264, 292, 308, 459, 480, 484, 894, 971 Goethe, Johann Caspar (1710–1782), Jurist, einziger Sohn aus der zweiten Ehe eines wohlhabenden Frankfurter Schneidermeisters und Gasthofbesitzers, Schüler des Coburger Casimirianums, Student in Gießen und Leipzig, 1735 Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar, 1739 Promotion in Gießen, 1742 kaiserlicher Rat, danach Privatier in Frankfurt a. M., 1748 Heirat mit Catharina Elisabeth Textor, Goethes Vater EB 93; 109, 154, 311; 388, 439, 459, 829f. –‚ Catharina Elisabeth, geb. Textor (1731–1808), seit 1748 dessen Frau, Tochter des Frankfurter ReichsStadt-Schultheißen Johann Wolfgang Textor, Goethes Mutter 464, EB 65, EB 80, EB 85, EB 100, EB 123, EB 133; 104, 106, 109, 137, 146, 152, 252, 315, 346; 18, 218, 336, 353, 398, 425, 435, 439, 515, 593, 759, 825f., 827, 829f., 840, 887, 936 –‚ C o r n e l i a Friederike Christiane, deren Tochter siehe Schlosser, C o r n e l i a Friederike Christiane –‚ Julius A u g u s t Walter von (1789–1830), von 1808 bis 1811 Jurastudent in Heidelberg und Jena, Kammerassessor, Kammerrat in Weimar, 1823 Geheimer Kammerrat, 1826 Kammerherr, Goethes Sohn, 1801 legitimiert 674 Göttling, Johann Friedrich August (1753–1809), Chemiker, Pharmazeut, seit 1788 Professor in Jena 621f. Götz, Johann N i k o l a u s (1721–1781), Schriftsteller, Theo-

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Register

loge, seit 1751 Pfarrer, ab 1776 Superintendent in Winterburg bei Kreuznach 335f., 586, 1030, 1032 –‚ G o t t l i e b Christian (1752–1803), Buchhändler und Verleger in Mannheim, seit 1782 Teilhaber von Christian Friedrich Schwan, dessen Sohn 22f. Goetze (Götze), Johann Georg P a u l (Johann Paul August) (1761–1835), seit 1777 Goethes Diener, 1794 Baukondukteur in Jena, 1803 Wegebaukommissar, 1807 Wegebauinspektor 52?, 57?, 90, 170, 172?, 276, 329?; 191, 206, 299, 432, 486, 493, 516, 532, 753, 890 –‚ Maria Dorothea, geb. Güntzel (1730–1812), dessen Mutter, seit 1757 Frau des Regimentsmusikers Johann Ernst Goetze in Weimar, seit Ende 1777 in Goethes Diensten 52?, 150, 182?; 191, 432f., 470, 516 Götze, Johann Gottlieb (um 1733–1796), Rat und Kriegskassierer in der Weimarer Kriegskanzlei 995 Goldoni, Carlo (1707–1793), italienischer Komödiendichter, Theaterdirektor in Venedig, später in Paris 1028 Das Muttersöhnchen oder der Hofmeister (Übersetzung von Bode) 441 La finita ammalata 1027f. Goldsmith, Oliver (1728–1774), irischer Schriftsteller 387, 575 The Deserted Village 128; 387 The Vicar of Wakefield 387 Gordon, George (1751–1793), britischer Politiker, Anführer der antikatholischen Unruhen im Jahr 1780 270 Gotter, Friedrich Wilhelm (1746–1797), Jurist, Dichter, Übersetzer, Schauspieler und Regisseur, 1767 und von 1770 bis 1772 sach-

sen-gothaischer Legationssekretär in Wetzlar, Mitglied der „Rittertafel“, 1772 herzoglicher Geheimsekretär in Gotha 160, 546f., 889, 898 〈Übersetzungen〉 Das öffentliche Geheimniß (Gozzi) 329; 898 Der Ehescheue (Dorat) 160 –‚ Luise, geb. Stieler (1760–1826), seit 1780 dessen Frau 898 Gottsched, Johann Christoph (1700–1766), Dichter, Literaturtheoretiker und Theaterreformer, seit 1730 Professor der Poesie, seit 1734 der Logik und Metaphysik in Leipzig 659 Goudt, Hendrik (1583–1648), niederländischer Maler und Kupferstecher in Utrecht 526 〈Radierungen〉 Der große Tobias (nach Elsheimer) 526 Der kleine Tobias (nach Elsheimer) 526 Goué (Goue), August Friedrich (Siegfried) von (1742–1789), Jurist, Lyriker und Schriftsteller, Freimaurer, von 1767 bis 1772 in Wetzlar, bis 1771 als herzoglich braunschweigischer Legationssekretär, seit 1779 Hofrichter und Hauptmann beim Grafen von Bentheim-Steinfurt 64 Goyen (Goien), Jan Josephszoon van (1596–1656), holländischer Landschaftsmaler und Zeichner 663f. 〈Zeichnungen〉 664 Gozzi, Carlo (1720–1806), italienischer Theaterdichter 43, 889 Il pubblico segreto 329; 889 L’augellino belverde (Das grüne Vögelchen) 12; 43 Gräbner, Christian Zacharias (gest. 1821 oder 1831), 1777 Porzellanfabrikant in Ilmenau, 1782 bankrott,

Personen und Werke

von 1784 bis 1790 Glasfabrikant in Russland 799 Grellmann, Heinrich Moritz Gottlieb (1756–1804), Statistiker, Kulturhistoriker, von 1776 bis 1781 Studium in Jena, danach Studium in Göttingen, 1787 Professor in Göttingen, 1804 in Moskau 719 Greven, Friedrich Joseph (1751–1828), Offizier in hannoverschen Diensten, 1776 Inspektor am Philanthropinum in Marschlins, später Oberstleutnant und Kommandeur in Göttingen 73 Griesbach, Johann Jacob (1745–1812), Theologe, Begründer der neutestamentlichen Textkritik, 1766/67 Student in Leipzig, seit 1773 Professor der Theologie in Halle, seit 1775 in Jena, 1781 sachsen-weimarischer Kirchenrat, 1784 Geheimer Kirchenrat EB 117; 399; 788 Grimm, Friedrich M e l c h i o r (1772:) von (1723–1807), Diplomat in französischen, gothaischen und russischen Diensten, Schriftsteller und Gelehrter, 1753 Gründer und bis 1773 Herausgeber der „Correspondance littéraire“ 329, 331; 151, 423, 827, 885, 887, 894f., 898, 941 Der kleine Prophet von BöhmischBroda 827 Grimm, Martin Christian (1727–1792), Jurist und Beamter in Meiningen, seit 1767 Regierungsrat, seit 1779 Kanzler 139?; 409f. Groschlag (Großschlag) von Dieburg, Carl Friedrich Willibald Freiherr von (1729–1799), von 1758 bis 1763 kurmainzischer Gesandter in Paris, danach Großhofmeister, Staats- und Konferenzminister in Mainz, seit 1774 französischer Gesandter am Oberrheinischen Kreis 14f., 621

1073

–‚ Sophie Helene Walburga von, geb. Gräfin Stadion (1753–1828), dessen Frau 15 Groskurd, Christian Heinrich (1747–1806), Lehrer in Stockholm und Stralsund 864 –‚ Just Ernst (1750–1780), Hofmeister, Politiker und Schriftsteller in Stockholm und Stralsund, dessen Bruder 864 Groß, Anna Barbara (B ä b e ), geb. Pestalozzi (1751–1832), Schwester von Johann Heinrich Pestalozzi, seit 1775 in Leipzig, seit 1777 Frau von Christian Gottlob Groß 450 Großbritannien –‚ Georg III. (George William Frederick) (1738–1820), seit 1760 König von Großbritannien und Irland sowie Kurfürst von BraunschweigLüneburg („Kurhannover“), seit 1814 in Personalunion König von Hannover 78f., 270, 520 –‚ F r i e d r i c h August Prinz von (1763–1827), seit 1784 Herzog von York und Albany, 1764–1803 Fürstbischof von Osnabrück, dessen Sohn 772f. Große, Johann Christoph (gest. 1780), Buchbindermeister in Weimar 107 –‚ Anna Margaretha, geb. Zeumer (um 1726–1790), seit 1780 dessen Witwe und Geschäftsnachfolgerin 28; 107, 414, 423, 484, 648 Großmann, Carl August (1741–um 1798), Kupferstecher, Radierer, Kunsthändler und Verleger in Augsburg 305 Grün, Johann Christoph von der (um 1555–1622), Adjutant des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar, kurpfälzischer Geheimer Rat und Kanzler 23; 93, 487 Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Bernhard’s des Gro-

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Register

ßen 〈…〉 Heldenthaten 〈…〉 23; 93, 487 Gruner, Georg Friedrich (1732–1798), Steuersekretär in Ilmenau, 1779 Bürgermeister, 1782 entlassen und eingesperrt, 1783 freigelassen 28, 545f., 557, 570f., 801, 921 Güßefeld (Güssefeld), F r a n z Ludwig (1744–1808), Ingenieur, Mathematiker und Kartograph, seit 1767 Weimarer Kammerbeamter, seit 1782 Forstsekretär 296 Guglielmi, Pietro Alessandro (1728–1804), italienischer Opernkomponist, wirkte u.a. in Dresden, Braunschweig und London, seit 1772 in Neapel, seit 1793 Domkapellmeister in Rom 438f. La sposa fedele 438f. Guibal, Nicolas (1725–1784), französischer Maler und Kunsttheoretiker, von 1750 bis 1755 in Italien, seit 1755 württembergischer Hofmaler in Stuttgart EB 36; 761 Gujer (Guyer), Hans Jakob, gen. Chli Jogg (Kleinjogg) (1716–1785), Schweizer Reformbauer in Wermatswil bei Uster im Kanton Zürich 286 Guttenberg, Carl Gottlieb (1743–1790), Kupferstecher in Nürnberg, Basel und seit 1780 endgültig in Paris 153 –‚ H e i n r i c h Carl Gottlieb (1749–1818), Kupferstecher in Nürnberg, 1770–1789 in Paris, 1789–1792 in Italien und 1803–1816 wieder in Paris, dessen Bruder 153 Haacke, Friederike von, um 1781 Hofdame der Herzogin Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg 963 Hackert, Jakob P h i l i p p (1737–1807), deutscher Landschaftsmaler, seit

1768 in Rom, von 1786 bis 1799 Hofmaler in Neapel, zuletzt in San Piero di Careggio bei Florenz 763 Hähling, Tobias Friedrich (1741–1829), 1783 Hofchirurg in Weimar, 1787 auch Kammerdiener, 1799 Hof- und Regimentschirurg 289; 785f. Händel, Georg Friedrich (1685–1759), deutsch-britischer Komponist 45, 197f., 216, 522 〈Oratorien〉 Das Alexander-Fest 13; 45 Der Messias 55; 197f., 216, 522 Hagedorn, Friedrich von (1708–1754), Dichter, Jurist, Sekretär der englischen Handelsgesellschaft in Hamburg 773 –‚ Christian Ludwig von (1712–1780), Diplomat, Kunsthistoriker, Radierer, seit 1735 in kursächsischen Diensten, seit 1764 Generaldirektor der sächsischen Kunstanstalten, der Gemäldegalerie Dresden und der Kunstakademien in Dresden und Leipzig, dessen Bruder 152 Betrachtungen über die Mahlerey 152 Hagen (Haagen, Verhaegen), Joris van der (um 1615–1669), niederländischer Landschaftsmaler 663f. Landschaft (Zeichnung) 663f. Hahn, Philipp Matthäus (1739–1790), Theologe Erfinder und Mechaniker 210; 585, 638, 683, 1029f., 1033f. –‚ Georg David Polykarp (1747–1814), Chirurg und Uhrmacher, dessen Bruder 1033f. –‚ Egidius Stephanus Gottfried (geb. 1749), Chirurg und Uhrmacher, dessen Bruder 1033f. Haller, Albrecht von (1708–1777), schweizerischer Dichter, Mediziner und Universalgelehrter, seit 1729 Arzt in Bern, von 1736 bis 1753 Professor für Anatomie, Botanik und

Personen und Werke

Chirurgie in Göttingen, 1747–1753 Direktion der „Göttingischen Gelehrten Anzeigen“, seit 1753 in Bern 67f., 773 Vorrede (zu Abraham Wagner: Merkwürdige Prospekte von den Schweizer-Gebürgen) 68 Hamann, Johann Georg (1730–1788), Sprach- und Religionsphilosoph, Beamter in Königsberg, Schriftsteller, Freund Herders 48, 82; 50, 110, 151, 176, 218, 284, 405, 427, 563, 565, 646, 725, 824 Zwey Scherflein zur neusten Deutschen Literatur 48; 176 Hamberger, Julius Wilhelm (1754–1813), Historiker und Bibliothekar, von 1775 bis 1808 erster Bibliothekar an der herzoglichen Bibliothek in Gotha, seit 1808 in München 92 Hamilton, Gavin (1723–1798), schottischer Maler, Archäologe, Kunstsammler und -händler, seit 1742 vorwiegend in Rom 48 Schola Italica Picturae 13; 48 Handmann, Emanuel (1718–1781), Schweizer Maler 241, 245 〈Kopie eines Porträts von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar〉 68; 241, 245 Hardenberg, Georg Gottlieb Leberecht von (1733–1822), Philologe, Oberstallmeister in Gotha 597 Hardenberg, Karl August Freiherr von (1814: Fürst) (1750–1822), preußischer Staatsmann, seit 1783 Minister in Braunschweig-Wolfenbüttel, seit 1791 preußischer Staats- und Dirigierender Minister in Ansbach-Bayreuth, 1810 preußischer Staatskanzler und -reformer 621 Hartknoch, Johann Friedrich (1740–1789), Verlagsbuchhändler in Riga 49

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Hartmann, Johann Georg (1731–1811), Kameralist und Schriftsteller in Stuttgart, 1761 Kammerrat, später wirklicher Rat am Rentkammerkollegium des Herzogtums Württemberg in Stuttgart, 1767 mit dem Referat für Marstall- und Gestütssachen betraut, seit 1787 württembergischer Hof- und Domänenrat 63; 227f. –‚ Johannes (1732–nach 1806), von 1764 bis 1773 württembergischer Kammerdiener und Kastellan in Stuttgart, 1777/78 Begleiter von Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg auf der Reise nach Italien, danach dessen Haushofmeister, dessen Bruder 63; 227 –‚ Israel (1725–1806), Pädagoge, Pietist, Schulmeister am Waisenhaus in Ludwigsburg, dessen Cousin 228 Hartmann (eigentl. von Schmidt), Johann Joseph (1753–1830), aus Mannheim stammender Landschaftsmaler und Radierer in Biel 241 Hastings, Warren (1732–1818), britischer Staatsmann und Kolonialbeamter, seit 1750 im Dienst der ostindischen Kompanie, 1772 Gouverneur von Bengalen, 1773 Generalgouverneur von Ostindien, 1785 abberufen, lebte in London 261 –‚ Anna Maria Apollonia (M a r i a n , M a r i a n n e ), geb. Chapus(s)et de St. Valentin, gesch. von Imhoff (1747–1837), seit 1777 Frau von Warren Hastings, Mutter von C h a r l e s Christian Augustus von Imhoff 261 Haugwitz, Christian August Heinrich Curt (1786: Graf) von (1752–1832), preußischer Staatsmann, Gutsbesitzer in Schlesien, Freund der Grafen Christian und Friedrich Leopold zu

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Register

Stolberg-Stolberg 30, 49; 112, 178, 672 An meine Brüder (Logenschrift) 672 Hauptmann, Anton Georg (1735–1803), Bau- und Fuhrunternehmer in Weimar, 1770 Hofjäger der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1777 auch Postmeister 23; 89, 95, 128, 203, 515 Hauptmann, August Friedrich (1739–1801), von 1778 bis 1780 Jagdlakai bei Prinz Constantin, von 1781 bis 1801 Hegereiter in Eisenach 80; 279f. Hedlinger, Johann Carl (1691–1771), schweizerischer Medailleur und Stempelschneider, von 1718 bis 1745 Medailleur der königlichen Münze in Stockholm, danach Rückkehr in die Schweiz 63; 230 〈Zeichnungen〉 63 Heidegger, Hans (Johann) Conrad d. Ä. (1710–1778), Schweizer Politiker und Diplomat, seit 1768 Bürgermeister Zürichs 51 –‚ Hans (Johann) Conrad d. J. (1748–1808), Schweizer Politiker und Diplomat, Bibliograph, Bücherund Kunstsammler, 1779 Mitglied des Großen Rats in Zürich, 1783 Zunftmeister, 1795 Rücktritt von allen Ämtern, seit 1796 u.a. in Augsburg, 1803 Kämmerer und Geheimer Rat in München, zuletzt wieder in Zürich, dessen Sohn 13, 28; 51, 108f., 230 Heinecken (Heineken), Carl Heinrich (1748:) von (1707–1791), Kunstgelehrter und -sammler, von 1739 bis 1763 als Bibliothekar, Privatsekretär und Güterdirektor im Dienst des sächsischen Kabinetts- und Premierministers Graf Heinrich von Brühl,

von 1746 bis 1763 Direktor des Kupferstichkabinetts in Dresden 51, 420, 659 Idée générale d’une collection complette d’estampes 51 Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen 51, 420 Neue Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen 51 Vom Erhabenen (Longin-Übersetzung) 659 Heinnicke (Hennicke), Christian Gottfried (gest. 1801), von 1774 bis 1800 Hoffechtmeister in Weimar, Fechtlehrer am Gymnasium in Weimar 290; 789 Heinrich von Veldeke (2. Hälfte des 12. Jhs.), Dichter 331, 407, 631, 1032 Eneasroman 102, 138, 233; 331, 407, 631, 1032 Heinse (Heintze, Heinze; Ps. Rost), Johann Jakob W i l h e l m (1746–1803), Dichter, Kunstschriftsteller, von 1780 bis 1783 in Italien, seit 1786 Vorleser des Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz, seit 1789 Bibliothekar und Hofrat, später in Aschaffenburg 362, 453, 459, 767, 823 Leben des Torquato Tasso 459 Hellfeld, Johann August (1764:) von (1717–1782), Jurist, seit 1748 Professor in Jena EB 88*; 391 –‚ Christian August Friedrich (1764:) von (1757–1840), Mediziner, 1779 Privatdozent in Jena, 1783 Professor, 1786 Kammerrat, dessen Sohn EB 88*; 391 Helmershausen, Paul Johann Friedrich (1734–1820), Arzt in Weimar, 1766 Garnisonmedikus, 1772 Rat, 1816 Obermedizinalrat, auch Landphysikus, bis 1792 Besitzer des Hauses am Frauenplan 347; 938f.

Personen und Werke

Hemsterhuis, Franz (Frans, François) (1721–1790), niederländischer Philosoph, Ästhetiker, Sekretär der Generalstaaten, seit 1775 Freund der Fürstin Adelheid Amalia von Gallitzin in Den Haag, später in Münster 563f., 607, 976 Aristée ou de la Divinité 563 Lettre sur les désirs 976 Simon, ou des facultés de l’ame 201?; 563f., 607 Hendrich, Amalia (M a l c h e n ) Sophia Augusta Christiana von (geb. 1757), älteste Tochter des sachsen-weimarischen Regierungs- und Konsistorialpräsidenten Johann Friedrich von Hendrich, Schwester von Franz Ludwig Albrecht von Hendrich 12?, 61?, 70?, 135, 153, 154?, 157, 172; 35, 42, 144, 222, 250, 399, 439f., 493, 572, 808 –‚ Magdalena Catharina von, geb. von Berlichingen, deren Mutter 280 –‚ F r a n z L u d w i g Ernst A l b r e c h t von (1754–1828), seit 1781 Kammerrat in Weimar, 1784 Kammerherr, 1802 bis 1813 Major und Stadtkommandant von Jena, deren Bruder 347; 454, 939 –‚ Sophie Christiane Johanna von, geb. von Poseck (1750–1802), seit 1776 Frau von Franz Ludwig Albrecht von Hendrich, 1796 geschieden, in zweiter Ehe verheiratet mit Arnold von Brunst 454 Hendrich, Franz Josias von (1752–1819), Beamter, Diplomat, 1775 Legations- und Regierungsrat in Meiningen, 1802 Wirklicher Geheimer Rat, auch Landschaftsdirektor in Coburg, 1815 Gesandter der sächsischen Höfe beim Bundestag in Frankfurt a. M. 159; 454f. –‚ Maria Amalia von, geb. von Leutsch (1751–1804), seit 1776 dessen erste

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Frau 192, EB 104; 426, 431, 447, 451, 454f. –‚ Karl Friedrich Ludwig Franz von (1777–nach 1784), deren Sohn 455 –‚ A m a l i e Eleonore Juliane Auguste von (1779–1843), deren Tochter 455 –‚ Dauphine von, geb. Fabre (1778–1837), seit 1806 dessen zweite Frau 454 Henneberg-Schleusingen, Georg Ernst Graf von (1511–1583), 1545 Gründer des Schleusinger Gymnasiums, letzter Graf von Henneberg 988, 999 Hennings, August Adolf Friedrich von (1746–1826), Jurist und Schriftsteller, seit 1772 holsteinisch-dänischer Legationssekretär in Berlin und Dresden, seit 1778 Amtmann in Plön, seit 1807 Administrator der Grafschaft Rantzenau 56; 202 Olavides. Herausgegeben und mit einigen Anmerkungen über Duldung und Vorurteile begleitet von August Hennings 56?; 202 Herda, Wilhelm Esaias, 1778 Bürgermeister in Eisenach 1015 Herda zu Brandenburg, Carl Christian von (1726/28–1802), seit 1776 Kammerpräsident in Eisenach, 1781 Geheimer Rat, (Ober-)Steuer- und Kassendirektor 164; 356, 357, 358f., 417f., 1015 –‚ Friederike Bernardine Sophie Dorothea Elisabethe von, geb. von Holleben (1749–1816), seit 1772 dessen Frau 112; 359 Herder, Johann Gottfried (1801: von) (1744–1803) 338, 494, 512*; 29, 78, 82, 104, 121, 137, 157, 225, 275, 288, 325, 366, 392, 396; 7, 49f., 57, 100, 103, 110f., 113, 124, 136, 151, 155, 173, 175f., 197, 206, 218, 226, 250, 274, 284f.,

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Register

308–310, 321, 323, 337, 375, 377, 393, 405, 427, 430, 447f., 545, 563, 565, 592, 618, 644, 646, 647, 674–676,682, 685, 698, 702f., 712, 717, 721, 725, 746, 751f., 765f., 779, 783, 817, 836f., 842, 865, 876, 880–882, 885, 909f., 916, 976, 981, 1023–1025, 1030 Abhandlung über den Ursprung der Sprache 285 Briefe, das Studium der Theologie betreffend 157?; 447, 752 Dissertation sur l’influence des sciences sur le gouvernement et du gouvernement sur les sciences siehe Vom Einfluß der Regierung Des Lebens Fürsten haben sie getötet 〈…〉 (Gedicht) 682 Der Messias (Übersetzung der Texte zu Händels Oratorium) 197 Johannes Offenbarung. Ein heiliges Gesicht, ohn’ einzelne Zeitendeutung verständlich 49, 1024 Jüdische Dichtungen und Fabeln 766 Liebe und Selbstheit. Ein Nachtrag zum Briefe des Herrn Hemsterhuis 364?; 976 Maran Atha. Das Buch von der Zukunft des Herrn, des Neuen Testaments Siegel 13; 49, 1024 〈Predigt〉 206 Ueber die Seelenwanderung 366; 981 Ueber das Verlangen (HemsterhuisÜbersetzung) 976 Ursachen des gesunkenen Geschmacks bey den verschiedenen Völkern, da er geblüht 〈…〉 285 Vom Einfluß der Regierung auf die Wissenschaften und der Wissenschaften auf der Regierung 82; 284f., 310 Zerstreute Blätter 910, 876 Erste Sammlung

I. Blumen, aus der griechischen Anthologie gesammlet 910 II. Anmerkung über die Anthologie der Griechen, besonders über das Griechische Epigramm 910 Zweite Sammlung Abhandlung über das griechische Epigramm. Zweiter Theil der Abhandlung 910 Blumen aus der griechischen Anthologie gesammlet 910 –‚ Maria Carolina (C a r o l i n e , L i n a ) (1801: von), geb. Flachsland (1750–1809), seit 1773 dessen Frau 494; 38, 60, 78f., 121; 7, 136, 144, 155, 216, 274, 287, 377, 405, 424, 702, 704, 717, 725, 856 Hersleb, Hans Christopher (1722– 1788), Bürgermeister und Kunstsammler in Christiania (Oslo) 562 Hertzberg, E w a l d Friedrich (1786:) Graf von (1725–1795), preußischer Politiker, 1750 Leiter des Geheimen Archivs, 1752 Geheimer Legationsrat und Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, von 1763 bis 1791 zweiter Staats- und Kabinettsminister 772 Heß, Johann Jakob (1741–1828), Schweizer Theologe und Schriftsteller, seit 1777 Diakon, seit 1795 Hauptpastor (Antistes) in Zürich 239f. Hesse (Hess, Heß), Andreas Peter (1770:) von (1728–1803), Jurist, 1768–1772 Erster Staatsminister in Hessen-Darmstadt, seit 1770 Kurator der Universität Gießen 146; 155, 424 –‚ F r i e d e r i k e Katharina von, geb. Flachsland (1744–1801), dessen Frau, Schwester Caroline Herders 41; 155

Personen und Werke

Hessen-Darmstadt –‚ Ludwig IX. von (1719–1790), seit 1768 Landgraf, residierte in Pirmasens, Vater der Herzogin L o u i s e von Sachsen-Weimar und Eisenach 290 –‚ Henriette K a r o l i n e Christine Philippine Luise Landgräfin von, geb. Prinzessin von Pfalz-Zweibrücken (1721–1774), seit 1741 dessen Frau, residierte in Darmstadt, Mutter der Herzogin L o u i s e von SachsenWeimar und Eisenach 116, 154f. –‚ Georg Wilhelm, Prinz von (1722–1782), dessen Bruder 13, 16, 18 –‚ Ludwig, Erbprinz von (1753–1830), seit 1790 als Ludwig X. Landgraf, seit 1806 als Ludwig I. Großherzog von Hessen und bei Rhein, Bruder der Herzogin Louise von SachsenWeimar und Eisenach, dessen Sohn 13, 16 –‚ Louise Caroline Henriette von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1761–1829), seit 1777 Frau von Erbprinz Ludwig von HessenDarmstadt 3; 13, 16 –‚ C h a r l o t t e Wilhelmine Christiane Louise Prinzessin von (1755–1785), Tochter von Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt, seit 1784 Frau von Karl II. Ludwig Friedrich von Mecklenburg-Strelitz 3; 18 –‚ W i l h e l m i n e Luise von siehe Russland, W i l h e l m i n e Luise von Hessen-Homburg –‚ Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian von (1748–1820), von 1766 bis 1806 und seit 1815 Landgraf 19 –‚ Carolina Landgräfin von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1746–1821), seit 1768 dessen Frau, Schwester der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 19

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Hessen-Kassel, Friedrich II. von (1720–1785), seit 1760 Landgraf, 1741 österreichischer und 1756 preußischer Generalleutnant, 1760 Generalfeldmarschall 965–967 Hessen-Philippsthal-Barchfeld –‚ Adolph Landgraf von (1743–1804), Offizier in niederländischen und von 1774 bis 1780 in preußischen Diensten, zuletzt Generalmajor, seit 1777 Landgraf, Sohn von Landgraf Wilhelm und Bruder von Landgraf Friedrich 192, 358; 539 –‚ Wilhelm Landgraf von (1692–1761), Sohn von Landgraf Philipp von Hessen-Philippsthal, Offizier in niederländischen Diensten, seit 1721 Landgraf der neuen Nebenlinie, dessen Vater 539 –‚ Friedrich Landgraf von (1727–1777), von 1745 bis 1762 Offizier in niederländischen Diensten, seit 1761 Landgraf, Sohn von Landgraf Wilhelm, dessen Bruder 539 –‚ Wilhelmine Louise Christiane, geb. Prinzessin von Sachsen-Meiningen (1752–1805), Tochter von Anton Ulrich und Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen, seit 1781 dessen Frau 358; 408, 967 Heyn, Christoph Friedrich, Tischler und Besitzer einer Mühle in Manebach bei Ilmenau 413; 1006 Heyne, Christian Gottlob (1729–1812), Altphilologe und Sprachforscher, seit 1763 Professor der Poesie und Beredsamkeit in Göttingen, Universitätsbibliothekar, seit 1770 Sekretär der Akademie 665f., 746, 765 Einleitung in das Studium der Antike oder Grundriß einer Anführung zur Kenntniß der alten Kunstwerke 765

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Register

Hien, Daniel (1725–1773), Hofmaler in Zweibrücken 32 Hiller, Johann Adam (1728–1804), Musiker, Komponist, Musikschriftsteller, seit 1781 Gewandhauskapellmeister, von 1789 bis 1800 Thomaskantor in Leipzig 40, 211 Himburg, Christian Friedrich (1733–1801), Buchhändler und Verleger in Berlin 792 D. Goethens Schriften (Verleger) 820 Hinckeldey, Hieronymus Heinrich von (1720–1805), Löwenstein-Wertheimischer Geheimrat, Regierungsund Kammerpräsident 139?, 408; 410, 991f. Hirt, A l o y s Ludwig (1759–1837), Archäologe und Kunsthistoriker in Berlin, von 1782 bis 1796 in Rom, mit Goethe befreundet, 1796 Hofrat sowie Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Künste in Berlin, 1810 Professor der Altertumskunde, Mitgründer der Berliner Museen 823 Hirzel, Johann (Hans) Caspar (1725–1803), schweizerischer Arzt, Philanthrop, Mitglied des Großen Rats in Zürich, 1762 Mitbegründer der Helvetischen Gesellschaft 82, 289; 286, 786 Die Wirtschaft eines philosophischen Bauern 286 Hirzel an Gleim über Sulzer den Weltweisen 82; 286 Hölty, L u d w i g Christoph Heinrich (1748–1776), Lyriker, Schriftsteller und Übersetzer, Mitbegründer des Hainbunds 39 〈Gedichte〉 Das Traumbild 39 Die Schiffende 39 Höpfner, Ludwig Julius Friedrich (1743–1797), Jurist, seit 1767 Professor der Rechte am Collegium Caro-

linum in Kassel, seit 1771 in Gießen, 1780 Oberappellationsgerichtsrat, später Tribunalrat in Darmstadt 347; 937 Hoff, C a r l Ernst Adolf von (1771–1837), Geologe und Geograph, Beamter in Gotha, 1791–1826 in der Geheimen Kanzlei, 1803 Legationsrat, 1809 Hofrat, 1813 Geheimer Assistenzrat, 1817 Kommissar für die Angelegenheiten der Universität Jena, 1826 Geheimer Konferenzrat und Leiter der Sternwarte auf dem Seeberg, 1829–1837 Oberkonsistorialdirektor, 1832 mit der Direktion der wissenschaftlichen Sammlungen betraut 258 Hoffmann, Benjamin Gottlob (1748–1818), Buchhändler und Verleger in Hamburg 772 Hohenfeld, Christoph Philipp Willibald Freiherr von (1743–1822), Domdechant in Speyer, Domherr in Bamberg, Kapitular von Wimpfen, Generalvikar des Fürstbischof von Speyer, bis 1780 Konferenzminister und Staatsrat des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Trier, danach Domherr in Worms 424 Hohenlohe-Kirchberg, Friederike M a r i a Johanna (Jenny) Fürstin von, geb. Gräfin von Reuß-Plauen-Greiz (1748–1816) 250; 677f. Holbein, Hans d. J. (1497/98–1543), deutscher Maler und Zeichner in Basel, Hofmaler Heinrichs VIII. von England 430 Thomas Morus (Gemälde, zugeschrieben) 430 Holberg, Ludvig von (1684–1754), norwegisch-dänischer Dichter und Historiker, seit 1717 Professor der Metaphysik, seit 1730 Professor der Geschichte in Kopenhagen 188 Der politische Kannegießer 188

Personen und Werke

Holtzhauer, Johann Friedrich (1746–1806), Tischler in Weimar, seit 1775 Hoftischler 959 Holzer, J o h a n n Evangelist (1709–1740), Maler und Radierer 663 〈Zeichnungen〉 Allegorische Darstellung 663 Heilige Familie 663 Homer (Homeros) (9./8. Jh. v. Chr.) 385; 119f., 136, 149, 375f., 380, 461, 896, 970 Ilias 120 Odyssee 136, 376f. Horaz (Quintus Horatius Flaccus) (65–8 v. Chr.), römischer Lyriker 24 Carmina 24 Horn, Gustaf (1592–1657), schwedischer Feldherr im Dreißigjährigen Krieg 92 Hotz (Hotze, Hoze), Johannes (1734–1801), schweizerischer Mediziner, Arzt in Richterswil bei Zürich, Freund Johann Caspar Lavaters 63, 96, 289; 227, 229, 312f., 579, 786, 927, 1032–1034 Houdon, Jean-Antoine (1741–1828), französischer Bildhauer 90 Howard, Luke (1772–1864), britischer Meteorologe, Chemiker in London 94 Versuch einer Naturgeschichte und Physik der Wolken 94 Huber, Jean (1721–1786), Schweizer Maler, Zeichner und Kupferstecher, Ratsherr in Genf 66; 235, 423 Hüsgen (Huisgen, Hißgen), Heinrich Sebastian (1745–1807), Kunst- und Altertumshistoriker, Kunstsammler und -händler in Frankfurt a. M., Jugendbekannter Goethes 144; 51, 107, 147, 330, 362f. Raisonnirendes Verzeichnis aller Kupfer- und Eisenstiche, so durch die geschickte Hand Albrecht Dürers

1081

selbsten verfertigt worden 39, 102, 113, 144; 51, 107, 147, 177, 330f., 362f. Hufeland, Johann Friedrich (1730–1787), herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar 165, 166?, 195, 208, 349; 328, 376, 470, 472, 550, 578, 786, 877, 916, 943 Humboldt, Friedrich W i l h e l m Christian Carl Ferdinand von (1767–1835), preußischer Staatsmann, Sprachforscher und Schriftsteller, Privatgelehrter in Berlin 806 Huysum, Jan van (1682–1749), niederländischer Maler 245; 665 Trauben, Pfirsiche und einige andere Früchte (Zeichnung) 245?; 665 Iffland, August Wilhelm (1759–1814), Schauspieler und Theaterdichter in Mannheim, 1796 Theaterdirektor in Berlin 16 Ilten, C a r o l i n e von (um 1757–1789), etwa seit 1776 Geliebte des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, um 1789 Heirat mit Friedrich Wilhelm Moser von Filseck 12?, 61?, 70, 78, 111?, 114, 121, 129, 135f., 142, 151, 153–156, 160f., 165, 172?, 194, 220, 230, 255, 277, 301, 330f., 334, 337, 365; 35, 42, 96, 124, 144, 183, 222, 247, 249f., 264, 273, 348, 356, 368, 377f., 389, 399f., 412, 415, 434, 437, 439, 442–446, 456f., 462, 471, 493, 546, 572, 606, 625, 691, 754f., 804, 808, 820, 890, 897, 900, 902, 908, 980, 1013, 1035f. Im Thurn, Georg Friedrich (1747–1799), Landvogt von Schaffhausen 63; 228 –‚ Judith (Juditha), geb. Stockar (1751–1801), dessen Frau 63; 228

1082

Register

Imhof (Imhoff) von Spielberg und Oberschwambach, Franz Carl (1729–1814), seit 1771 Reichsstadtvogt von Augsburg, 1759 Heirat mit Maria Theresia Holzapfel 78?, 88?; 272, 293f. Imhoff, Christoph Adam C a r l von (1734–1788), Porträt- und Miniaturmaler, Offizier in Hessen-Kassel, später in Württemberg, in erster Ehe Mann von Anna Maria Apollonia Chapusset, verh. Hastings, von 1767 bis 1769 in London, danach bis 1773 in Indien, bis 1785 auf dem Familiengut in Mörlach bei Nürnberg, seit 1786 Unterstützung durch Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 75, 88; 55, 179f., 261, 267, 272, 293f. 〈Zeichnungen〉 49; 55, 179f. –‚ L o u i s e Franziska Sophie von, geb. von Schardt (1750–1803), seit 1775 dessen Frau, Schwester von Charlotte von Stein 75, 77, 79, 88; 224, 238, 246, 252, 261, 266–268, 271, 276, 293f., 298 –‚ Anna Amalia (A m a l i e ) von (1776–1831), Schriftstellerin, Malerin, deren Tochter 267 Isenflamm, Christian Bernhard (1773:) von (gest. 1786), Diplomat in Wien, seit 1770 sachsen-weimarischer Geheimer Legationsrat und Geschäftsträger, seit 1775 Resident am Kaiserlichen Hof 318, 400; 861, 942, 989 Jablonowski, Joseph Alexander Fürst von (1711–1777), polnischer Fürst und Mäzen, seit 1768 in Leipzig, Gründer der Fürstlich Jablonowskische Gesellschaft der Wissenschaften 323 Jacobi, Friedrich (F r i t z ) Heinrich (1743–1819), Philosoph und Schrift-

steller, Kaufmann, seit 1772 Rat bei der jülisch-bergischen Hofkammer in Düsseldorf, 1779 Geheimer Rat in München, Privatier in Pempelfort bei Düsseldorf, seit 1794 in Wandsbek und Eutin, seit 1807 Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München 113; 23, 31, 254, 360, 362, 452f., 456, 520, 539, 723, 767, 785 Woldemar (Roman) 267; 362, 723, 739 –‚ Johann Georg (1740–1814), Schriftsteller, Professor der Philosophie und Beredsamkeit in Halle, von 1758 bis 1774 Kanonikus in Halberstadt, seit 1784 Professor der schönen Wissenschaften in Freiburg (Breisgau), Herausgeber der „Iris“, dessen Bruder 360 Jacquet, Franciska (F r ä n z c h e n ) Jacobea, Schwester von Johann Bernhard Crespel (Krespel) 830 Jagemann, Christian Joseph (1735–1804), Italianist, Übersetzer, Novize im Augustinerkloster in Erfurt, Hauslehrer in Dänemark, Geistlicher in Rom und Florenz, 1774 Direktor des katholischen Gymnasiums in Erfurt, seit 1775 Bibliothekar der Privatbibliothek der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar, herzoglicher Rat 175, 366; 499, 982 Antologia poetica italiana (Hrsg.) 499 Geschichte der freien Künste und Wissenschaften in Italien 499 Magazin der italienischen Litteratur und Künste siehe Anonyma und Periodika Jennens, Charles (1700/01–1773), englischer Mäzen und Librettist, Freund Georg Friedrich Händels 197 Jerusalem, Johann Friedrich Wilhelm (1709–1789), Theologe, von 1742

Personen und Werke

bis 1752 Hofprediger und Prinzenerzieher in Braunschweig, 1745 Kurator, 1747 Rektor des Collegium Carolinum, seit 1771 Konsistorialvizepräsident in Wolfenbüttel 212; 588, 837 Über die teutsche Sprache und Litteratur 212, 588 –‚ Carl Wilhelm (1747–1772), Jurist, von 1765 bis 1769 Student in Leipzig und Göttingen, seit 1771 braunschweigischer Legationssekretär am Reichskammergericht in Wetzlar, 1772 Freitod, dessen Sohn 588 Jode, Pieter de d. Ä. (um 1573–1634), flämischer Kupferstecher 663f. –‚ Pieter de d. J. (1606–nach 1667), flämischer Kupferstecher, dessen Sohn 663f. Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin, Flachsspinnerei in Braunschweig EB 261 Johannes, Apostel und Evangelist 48, 57, 1023 Johnson, Samuel (1709–1784), englischer Schriftsteller, Lexikograph 118 Irene (Tragödie) 31?; 118 Joseph II. (1741–1790), Erzherzog von Österreich, seit 1764 römisch-deutscher König, seit 1765 Kaiser (Mitregent) des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, 1780 König von Ungarn, Kroatien und Böhmen, Sohn von Kaiser Franz I. und Kaiserin Maria Theresia 253, 354; 15, 686f., 759, 860f., 942, 953–955 Josephus, Flavius (1. Jh. n. Chr.), römisch-jüdischer Historiker 1023–1025 Geschichte des jüdischen Krieges 1024 Juel, Jens Jørgensen (1745–1802), dänischer Maler, Schüler Johann Michael Gehrmans in Hamburg, von 1772

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bis 1779 in Rom, Genf, Dresden und Paris, Mitglied und später Direktor der Königlichen Akademie der Künste in Kopenhagen 69; 181, 243, 331 〈Porträts〉 〈Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach〉 69; 181, 243, 331f., 1025 〈Goethe〉 243 Kästner, Abraham Gotthelf (1719–1800), Mathematiker und Schriftsteller, 1746 außerordentlicher Professor in Leipzig, seit 1756 Professor der Mathematik und Physik in Göttingen 717 Kästner (Kestner), Johann Friedrich (1747–1812), seit 1780 Pageninformator in Weimar, Hauslehrer der Familie von Stein, seit 1788 Gymnasialprofessor 44, 78; 164, 272, 649 Kalb, J o h a n n A u g u s t Alexander von (1747–1814), seit 1775 sachsenweimarischer Kammerherr, von 1776 bis 1782 Präsident des Kammerkollegiums in Weimar, danach Pensionär EB 23*; 89; 294–297, 701, 755, 795, 827, 875 –‚ Carl Alexander von (1712–1792), Geheimer Rat in Weimar, von 1761 bis 1776 Kammerpräsident, dessen Vater 376; 875 –‚ A u g u s t a Eleonore von (1761–1821), dessen Schwester, seit 1796 zweite Ehefrau von Lebrecht von Luck 277; 183, 755 Kanne (Canne), Anna (Annette) Catharina (K ä t h c h e n ), geb. Schönkopf (1746–1810), Tochter des Leipziger Zinngießermeisters und Gastwirts Christian Gottlob Schönkopf, seit 1770 Frau des Juristen Christian Carl Kanne, Leipziger Freundin Goethes 41, 211

1084

Register

Kant, Immanuel (1724–1804) 309, 585, 1021 Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels 585 Kritik der Urteilskraft 309 Karl V. (1500–1558), von 1516 bis 1556 als Karl I. König von Spanien, von 1519 bis 1556 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 380 Kaufmann, Johann C h r i s t o p h (1753–1795), Schweizer Apotheker, reisender Wunderarzt, religiöser Schwärmer und Philanthrop 30, 49, 63, 68, 81, 236; 47, 112f., 178, 228, 241, 256, 283f., 636, 672 Kayser, Philipp Christoph (1755–1823), Komponist und Schriftsteller, seit 1775 Musiklehrer in Zürich, Frankfurter Freund Goethes 7, 447, 451, 467, 481; 4, 29, 83, 95, 202?, 209, 221, 233f., 236, 257, 270, 274f., 399f.; 20, 31, 36, 37–40, 64, 65, 100, 112, 275, 287f., 310, 522, 525, 544, 568, 575, 582f., 610, 630, 637, 671, 699, 736, 749, 809f., 812f., 826f., 832f., 855–862 Empfindungen eines Jüngers in der Kunst vor Ritter Glucks Bildniße (Aufsatz) 810 Gesänge mit Begleitung des Klaviers 39 〈Kompositionen〉 An den Mond (Goethe) 39 Aufzug des Winters (Goethe) 207; 568, 575, 582 Das Veilchen (Goethe) 39 Das Traumbild (Hölty) 39 Die Schiffende (Hölty) 39 Gesang der Geister über den Wassern (Goethe; nicht beendet) 83; 287 〈Goethes Notenheft〉 39 Ihr verblüht süße Rosen (Goethe) 39 Jägers Nachtlied (Goethe) 39

Jery und Bätely (Goethe; nicht beendet) 4, 10f.; 20, 36–40, 100, 112, 275, 287, 610 〈Lieder〉 813, 833 Scherz, List und Rache (Goethe) 36 Schottisch Lied (Klinger) 39 Neun Freymaurer-Reden, gehalten in der Sch*** Loge zur Bescheidenheit 95?; 310, 813 Vermischte Lieder mit Melodien aufs Clavier 39 Kern, Johann Gottlieb (um 1726–1785), Beamter in Eisenach, 1769 Landschaftskassierer, 1771 Rat 22; 72, 87f. Kestner, Johann Christian (1741–1800), Jurist, seit 1767 bremischer und kurfürstlich hannoverscher Legationssekretär in Wetzlar, seit 1773 Archivsekretär, später Hofrat in Hannover 90, 411; 199, 200, 202, 745f., 829 –‚ C h a r l o t t e Sophie Henriette, geb. Buff (1753–1828), seit 1773 dessen Frau, Freundin Goethes in Wetzlar 56, 273; 41, 55, 200, 746 –‚ G e o r g Heinrich Friedrich Wilhelm (G e o r g Wolfgang) (1774–1867), Archivrat in Hannover, Patenkind Goethes, deren Sohn 56, 273; 200, 746 –‚ W i l h e l m Georg Konrad Arnold (1775–1848), königlich hannoverscher Amtmann in Hagen, deren Sohn 56, 273; 200, 746 –‚ Philipp C a r l (1776–1846), Fabrikant, Mitbegründer der chemischen Industrie des Elsass, deren Sohn 56, 273; 200, 746 –‚ Georg A u g u s t Christian (1777–1853), Diplomat, Kunstforscher und -sammler, seit 1817 in Rom, Mitgründer des späteren Deutschen Archäologischen Instituts, deren Sohn 56, 273; 200, 746

Personen und Werke

–‚ T h e o d o r Friedrich Arnold (1779–1847), Mediziner, u.a. Arzt in Frankfurt a. M., deren Sohn 56, 273; 200, 746 Kirchberger, Nikolaus (Niklas, Niklaus) Anton, Herr von Liebistorf (1739–1800), Schweizer Offizier in holländischen Diensten, Schriftsteller und Publizist, seit 1792 Präsident der Ökonomischen Gesellschaft in Bern 65; 233, 581 Kirms, Franz (1750–1826), seit 1774 Beamter im Hofmarschall- und im Stallamt in Weimar, 1789 Land- und 1794 Hofkammerrat, 1813 Geheimer Hofrat, von 1791 bis 1824 Mitglied der Hoftheaterleitung, von 1820 bis 1824 Intendant 873 Klauer, M a r t i n Gottlieb (1742–1801), Bildhauer, zunächst in Rudolstadt, seit 1773 weimarischer Hofbildhauer, seit 1777 in Weimar, Lehrer an der Freien Zeichenschule 24, 77–79, 81, 86, 99, 266, 288, 314; 93, 108, 115, 271, 276, 289, 322f., 500f., 649, 676, 721, 739f., 757, 783, 817f., 837, 885f., 934 〈Büsten〉 〈Adam Friedrich Oeser〉 77–79, 81, 86, 99; 115, 271, 276, 289, 322 〈Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach〉 721 〈Carl Ludwig von Knebel〉 323 〈Christoph Martin Wieland〉 323, 721, 817 〈Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach〉 323 〈Johann Georg Sulzer〉 323 〈Johann Gottfried Herder〉 288; 323, 721, 783, 817, 837 〈Johann Wolfgang Goethe〉 176, 249, 266f., 285, 306, 314; 323, 500f., 673, 676, 721, 739f., 783, 817f., 837

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〈Medaillons〉 〈Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach〉 278?; 757 〈Christoph Martin Wieland〉 328?; 817, 885f. 〈Johann Gottfried Herder〉 328?; 817, 885f. 〈Statuen〉 Kaunus und Byblis 323 Klettenberg, S u s a n n a Catharina von (1723–1774), Pietistin in Frankfurt a. M., bis 1770 Goethes Vertraute in Fragen von Religion und Christentum, Verfasserin religiöser Aufsätze und geistlicher Lieder 185, 373 Kleuker, Johann Friedrich (1749–1827), Theologe und Orientalist, Hauslehrer in Bückeburg, Freund Herders, 1775 Gymnasiallehrer in Lemgo, 1778 Rektor in Osnabrück, 1798 Professor der Theologie in Kiel 818 Klinckowström (Klinkowström), Leonhard von (1741–1821), Sohn des schwedischen Regierungsrates und pommerschen Regierungskanzlers Thure Gustav von Klinckowström, 1765 Kammerjunker in Weimar, 1775 Reise- und 1781 Hofmarschall, 1789 entlassen, zuletzt in Stockholm 302, 362; 388, 807, 972 Klinger, Friedrich Maximilian (1780:) von (1752–1831), Offizier und Dichter, 1776 in Weimar, danach Theaterdichter in Leipzig, 1780 russischer Offizier, Hofmeister des Großfürsten Paul, 1796 Generalmajor, von 1803 bis 1820 Kurator der Universität Dorpat und Oberaufseher der Schulen im Baltikum, Frankfurter Jugendfreund Goethes 31f., 39, 745, 773 Schottisch Lied 39 Klipstein, Philipp Engel (1747–1808), Mineraloge, Kammerrat am mark-

1086

Register

gräflichen Hof in Hessen-Darmstadt 424 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724–1803) 15; 57, 84, 103, 155, 176, 222f., 380, 773 Der Messias 15; 57 An Fanny 84 Ueber die deutsche Rechtschreibung 176 Knebel, Carl Ludwig (1756:) von (1744–1834), Offizier, Schriftsteller und Übersetzer, von 1765 bis 1773 preußischer Fähnrich in Potsdam, 1774 sachsen-weimarischer Hauptmann, bis 1780 Erzieher des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach in Weimar und Tiefurt, 1780 sachsen-weimarischer Major, 1781 pensioniert, seit 1784 in Jena, von 1798 bis 1804 in Ilmenau, danach in Jena, „Urfreund“ Goethes 5, 106, 112, 119, 127, 130, 145, 187, 195, 216, 219, 267, 305, 495, 501, 508, 512, 538, EB 48, EB 75, EB 136, EB 137; 7, 12?, 15, 33, 38, 50f., 54, 58, 69, 76, 78, 83, 90, 94, 97, 102, 107, 110, 112f., 141, 148f., 151, 153, 155f., 158, 161, 164–166, 173, 188, 193, 197, 199, 201f., 210f., 214, 218, 220f., 229f., 232, 241, 250, 252, 254, 257, 267, 276f., 292–296, 300–303, 329, 339, 343, 354f., 370; 7, 21, 31, 34f., 40, 42, 44–46, 56f., 59f., 70, 85, 96, 100f., 103f., 108, 115–121, 124, 131, 134–136, 140–145, 151, 158f., 164, 167, 169–171, 179, 182f., 185, 188, 193–197, 204, 207–209, 215f., 225–227, 228–236, 244, 247, 250–252, 261–265, 268f., 272, 276–281, 286f., 289, 297f., 300–307, 309, 312–316, 320, 326f., 331, 334–337, 340, 343, 345f., 355, 359f., 362, 366f., 376, 383, 387, 395, 402f., 405, 409, 412–414,

426f., 429f., 434, 440–446, 450f., 458, 460f., 463, 466–468, 471, 473, 476, 478, 481f., 484f., 490, 495, 499, 502, 505, 517, 522f., 529, 532, 534f., 540–543, 547, 551–553, 555, 559, 563, 567f., 571, 582–588, 594, 599f., 624f., 629, 631, 635, 638, 641, 646, 651, 668, 682–687, 697, 701, 712, 717, 723, 725, 727, 734, 748, 753–755, 779, 783, 785f., 792f., 796f., 800f., 803, 805, 807f., 816, 828, 878–882, 886, 888, 890f., 893, 906, 909–915, 918f., 926f., 930f., 952–955, 957–959, 1021, 1027–1030, 1032–1040, 1043f. Amor und Psyche (Apuleius-Übersetzung) 60, 440, 888 Dialoge von Platon (Übersetzung) 563, 1032f. Epigramme (Übersetzung aus der Anthologia Graeca, mit Tobler) 725, 910 Gastmal (Platon-Übersetzung) 201?; 563 Gott! (Gedicht) 1031f. Schweizer Wanderungen 227, 236 –‚ Magdalena H e n r i e t t e von (1755–1813), lebte in Ansbach, seit 1791 Hofmeisterin, später Gesellschafterin der Prinzessin Caroline Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach in Weimar, ab 1810 mit ihr in Schwerin, dessen Schwester 1029f., 1031f. Kniep, Christoph Heinrich (1755–1825), Landschaftsmaler, -zeichner, Porträtist zunächst in Hamburg und Berlin, seit 1781 in Italien, vor allem in Rom, seit 1785 in Neapel, um 1820 Professor an der Akademie in Neapel 763 Kniller (Kneller), Gottfried (1646–1723), Maler, seit 1676 in London 663f.

Personen und Werke

〈Zeichnungen〉 Herr in Lockenperücke 663f. Sitzende junge Dame 663f. Kobell, Ferdinand (1740–1799), Maler, Kupferstecher und Radierer, 1764 Theaterdekorationsmaler und 1766 Kabinettsmaler in Mannheim, von 1768 bis 1770 in Paris, seit 1798 in München, 1798 Galeriedirektor 215, 275; 27; 95, 99, 102, 106, 257, 477f., 479–481, 561f. 〈Gemälden〉 Abendliche, bewaldete Landschaft 167; 478 Abendliche Hügellandschaft mit sitzender Figur am Wegrand 167; 478 Landschaft bei Gewitter 167; 478 Landschaft bei Morgenröte mit Kirchturm 167; 478 Landschaft mit Eselsreiter 167; 95, 106, 478 Landschaft vom letzten Abendschein beleuchtet 167; 478 Winterlandschaft 167; 478 〈Zeichnungen〉 26, 168, 200; 95, 99, 102, 478–481, 562 –‚ Balthasar (gest. 1762), kurpfälzischer Finanzbeamter, dessen Vater 477 –‚ Maria Franziska, geb. Mezinger, dessen Mutter 477 –‚ F r a n z Innocenz Josef (1749–1822), Graphiker und Landschaftsmaler, von 1779 bis 1784 in Italien, seit 1785 Hofmaler in München, dessen Bruder 168; 99, 453, 480, 〈Zeichnungen〉 26, 168, 200; 99, 480, 562 Antike Ruine 480 Bauerngehöft 479, 562 Koch, Carl, Jagdlakai in Weimar 608 Koch, Friedrich Christian August, kursächsischer Bergbaubeamter, um 1780 Schichtmeister in Bottendorf,

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seit 1786 Berg- und Hüttenverwalter im Bergamt Eisleben, seit 1794 auch Markscheider 509 Koch, Johann Baptist Freiherr von (1733–1781), österreichischer Offizier, seit 1773 Feldmarschall-Leutnant, 1780 Gouverneur von Ostende 351?; 948 Koch, Johann Christoph (1732–1808), Jurist, Professor in Gießen, Kanzler der Universität EB 56, EB 73, EB 77 –‚ dessen Sohn 384 Kocher, Peter, Schweizer Bürger, Schiffer in Thun, Alpenführer, 1779 Begleiter Goethes und des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 65; 233 Kölla (Koella), Johann (1740–1778), Schweizer Porträt- und Genremaler 109 König, E v a Catharina, geb. Hahn (1736–1778), seit 1776 Frau von Gotthold Ephraim Lessing 397 –‚ Maria Amalia (1761–1848), deren Tochter und Stieftochter Gotthold Ephraim Lessings, seit 1782 mit dem Braunschweiger Beamten Georg Conrad Albert Henneberg verheiratet EB 110 König, Heinrich Carl, 1776 sachsenweimarischer Hofkassierer 904 Köppen, Carl Friedrich (1734–1798), preußischer Kriegsrat in Berlin, Freimaurer 672 Crata repoa 672 Körner, Christian Gottfried (1756–1831), Jurist, 1781 Konsistorialadvokat in Leipzig, 1783 Oberkonsistorialrat in Dresden, 1790 Appellationsgerichtsrat, 1815 Staatsrat im preußischen Innenministerium, 1817 Geheimer Oberregierungsrat im Kultusministerium, Freund Schillers 637

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Register

Kohlnicker, Joseph (gest. 1771), Steinfresser 189 Kopp (Koppe, Koppen), Johann Friedrich (erste Hälfte des 18. Jhs.), königlich polnischer und kurfürstlich sächsischer Hof- und Justizsekretär, Übersetzer 459 Gottfried, oder das Befreyte Jerusalem (Tasso-Übersetzung) 459 Krafft, Johann Friedrich (Ps.; eigentl. Feist oder Weiße?) (gest. 1785), um 1762 Mitarbeiter Christoph Friedrich Nicolais in Berlin, später in Gera, seit 1779 Schützling Goethes in Ilmenau und seit 1785 in Jena 4, 15, 144, 221, 250, 269, 281, EB 37, EB 105*, EB 107*, EB 111*, EB 114*, EB 118*, EB 129, EB 130; 19, 122; 25, 26, 27–30, 60f., 76, 92f., 333f., 372, 378, 386, 486–488, 528f., 545, 556f., 569f., 745, 801 〈Auszüge aus Akten, das Leben des Herzogs Bernhard von SachsenWeimar betreffend〉 (im Auftrag Goethes) 93, 487f. 〈Berichte aus Ilmenau〉 27f. Kramer, 1780 Husar in sachsen-weimarischen Diensten 221; 612 Kranz (Crantz), Johann Friedrich (1752–1810), Violinist und Komponist in Weimar, 1787 Konzertmeister, 1799 Kapellmeister in Weimar, 1786/87 in Italien, 1803 in Stuttgart 168, 200; 481 Kraus (Krause), Georg Melchior (1737–1806), Zeichner, Maler und Kupferstecher in Frankfurt a. M., seit 1775 in Weimar, seit 1776 Direktor der Weimarer Zeichenschule 26?, 28, 344, 346, 353; 101, 109, 152, 526, 649, 834, 843, 917, 934, 952, 976f. Das Neueste von Plundersweilern (Aquarell) 364; 976f.

〈Landschaften〉 28; 109 Schloss Wilhelmsthal (Stich) 59?; 212 Krohne, Gottfried H e i n r i c h (1703–1756), Hofbaumeister von Sachsen-Weimar und SachsenGotha 143 Küttner, Carl Gottlob (1755–1805), Reiseschriftsteller, 1776–1783 in der Schweiz, 1783–1793 in Großbritannien, seit 1793 in Leipzig 59; 214f. Kulenkamp, Johann Andreas Gottlieb (1731–1806), Kaufmann in Bremen EB 82*, EB 94* Kulenkamp, Nicolaus d. Ä. (1710–1793), Seifen- und Farbenfabrikant in Bremen EB 82*, EB 94* –‚ Nicolaus d. J. (1750–1815), Seifenund Farbenfabrikant in Bremen, dessen Sohn EB 82*, EB 94* Kulenkampff, Arnold H e r m a n n (1744–1834), Kaufmann und Politiker in Bremen EB 82*, EB 94* La Fite, Marie Elisabeth de, geb. Boué (1737–1794), Frau eines reformierten Predigers in Den Haag, Schriftstellerin und Übersetzerin 53f. Essai sur la Physiognomonie (mit Antoine Bernard Caillard und Henri Renfer; Lavater-Übersetzung) 53f. La Roche, Marie S o p h i e (1775:) von, geb. Gutermann (1730–1807), Schriftstellerin in Thal-Ehrenbreitstein und Mainz, ab 1780 in Speyer und seit 1786 in Offenbach, Freundin Goethes und Wielands 165; 388; 15, 127, 180, 349, 359f., 360–362, 424, 609, 723 Geschichte des Fräuleins von Sternheim 361 Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St** 112; 360f. Tagebuch einer Reise durch die Schweitz 180

Personen und Werke

–‚ Georg Michael Anton (eigentl. Georg Michael Franck) (1775: Edler von Frank) (1720–1788), 1771 kurtrierischer Geheimer Rat, 1775 Staatsrat und 1778 Kanzler des Fürstbischofs von Trier, deren Mann 112, 146; 360f., 424 Briefe über das Mönchswesen 424 –‚ Louise, deren Tochter siehe Möhn, Louise –‚ Maximiliane, deren Tochter siehe Brentano, Maximiliane Lambert, Johann Heinrich (1728–1777), Mathematiker, Physiker, Astronom und Philosoph, 1765 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, 1770 Oberbaurat 210; 568, 585 Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues 210; 568, 585 Lamezan-Salins, Ferdinand Adrian Reichsfreiherr von (1741–1817), kurpfälzischer Regierungsrat in Mannheim, Hofrat in München, seit 1804 Hofgerichtsrat in Bamberg 655 Lange, Johann Adam, seit 1775 Beamter im Eisenacher Kammerkollegium, 1778 Kammerkalkulator, 1782 Rentkommissar, 1792 Rentsekretär, 1797 Kammer- und Obersteuerverwalter, 1799–1806 Kammerkassierer 357 Lavater, Johann Caspar (1741–1801), Theologe und Schriftsteller in Zürich, 1769 Diakon, 1775 Pfarrer an der Waisenhauskirche, 1786 Pfarrer an der Kirche St. Peter 12, 34, 76, 108, 120, 128, 131, 142, 150, 155, 162, 166, 177, 182, 190, 291, 326, 329, 363, 372, 394, 429, 520, 532, 539, EB 63; 39, 63, 66, 80, 92, 96, 103, 152, 159, 208, 229, 272, 319, 348, 374, 377, 382f., 385, 389, 396,

1089

403f.; 17f., 42, 46f., 48–57, 65, 69, 73–75, 101, 106–113, 127, 147f., 175–181, 213, 215, 227–230, 233, 235, 237–244, 254, 277, 281–289, 291, 293, 301f., 304, 306–310, 312–314, 316, 330–332, 334f., 339–341, 345f., 348–355, 362–367, 371, 380, 397f., 400–407, 414, 420, 426–431, 436, 446–451, 455, 483, 501, 568, 578–587, 598, 609, 612, 624f., 629–631, 633–638, 647, 677, 680–688, 692f., 696–698, 702, 712, 720–729, 739–742, 748, 761, 778–787, 808, 810, 818, 832, 836–838, 861, 864, 891, 893, 918, 924, 926–934, 936, 941, 943f., 948, 955–957, 970, 1021–1026, 1029–1033 An den Fürsten und die Fürstinn zu Dessau (Widmung) 241 An meine Freunde, über Magnetismus, Cagliostro, geheime Gesellschaften, und Nichtchrist Atheist 580 Aufzeichnungen über den Geist Gablidone (Manuskript) 330, 342f.; 891, 926–929, 957 Aussichten in die Ewigkeit 685, 724 Briefe über Waser siehe Über Heinrich Waser Briefe und Auszüge aus Briefen siehe Vermischte Schriften Essai sur la physiognomonie, destiné a faire connoître l’Homme & le faire aimer (franz. Ausgabe der Physiognomischen Fragmente) 14, 354; 52–54, 241, 243, 288, 332, 403, 430, 448f., 501, 686, 721, 785, 956 Du bist, vergiss nicht, was du bist 〈…〉 352 Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn. Nach der Offenbarung des Johannes 13–15, 29f., 67f., 94, 137; 48f., 57, 109, 112, 239,

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Register

244, 307, 404f., 1024, 1026, 1029 Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe 14, 68; 53f., 55f., 229, 241, 348, 380, 406, 462, 483, 583, 634, 729 Poesieen 233f., 287f.; 630f., 634, 684, 783, 1030 Pontius Pilatus 344; 47, 229, 932, 957 Über Heinrich Waser von Zürich in Briefen an einen Freünd in Deütschland (Manuskript) 81, 83, 94, 102, 107, 114, 141, 147f., 151, 157, 221; 178f., 239f., 281–283, 308, 330, 345f., 365–367, 414, 426f., 434, 612 Ueber Ideale der Alten; schöne Natur; Nachahmung 285 Vermischte Schriften 286f.; 778–780, 782, 1030f. Anna, geb. Schinz (1742–1815), seit 1766 dessen Frau 14, 29, 49, 83, 97, 102, 106, 138, 157, 210, 236, 253, 288; 56, 112, 181, 287, 316, 332, 341, 407, 451, 583, 637, 687 Regula (1767–1769/70), deren Tochter 287 Heinrich (1768–1819), Arzt in Zürich, deren Sohn 14, 29, 49f., 83, 157, 210, 236, 253; 56, 112, 181, 287, 451, 583, 637, 687 Anna (Nette) (1771–1852), deren Tochter 14, 29, 49, 83, 157, 210, 236, 253; 56, 112, 181, 287, 451, 583, 637, 687 Hans Caspar (1773–1774), deren Sohn 287 David (1775–1776), deren Sohn 287 Louise Magdalena (1778–1779), deren Tochter 287 Louise (1780–1854), deren Tochter 83; 287, 451, 583, 637f., 687

–‚ Diethelm (1743–1826), Arzt und Apotheker in Zürich, dessen Bruder 105; 65, 288, 310, 340, 585, 926 –‚ Familie 581 Le Sueur (Lesueur), Eustache (1616/17–1655), französischer Maler und Zeichner 283; 768 〈Zeichnungen〉 Der Evangelist Johannes 283; 768 Lesende Nonne 283; 768 Weibliche Gewandfigur mit Kind 283; 768 Leisching, Carl Gottlob (1725–1806), Pfarrer in Langensalza, seit 1770 Superintendent 223; 616 Leisewitz, Johann Anton (1752–1806), Jurist, Schriftsteller und Übersetzer, 1774 Advokat in Hannover, seit 1778 in Diensten des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel, 1786 Erzieher des Erbprinzen, 1790 Sekretär in der Geheimen Kanzlei, 1801 Geheimer Justizrat, 1805 Präsident des Obersanitätskollegiums, 1774 Mitglied des Göttinger Hains 104; 336f., 378, 403 Julius von Tarent 337, 403 Lengefeld, Louise Antoinette C h a r l o t t e von (1766–1826), seit 1790 Frau von Friedrich Schiller 7, 400 Lenz, J a c o b Michael Reinhold (1751–1792), Schriftsteller, Student der Theologie in Dorpat und Königsberg, 1771 Hofmeister in Straßburg, 1776 in Weimar, 1779 in Riga, 1781 in St. Petersburg, zuletzt Lehrer in Moskau 239, 241; 31, 268, 383, 532, 575, 643f. So soll ich dich verlassen liebes Zimmer 〈…〉 644, 831, 856 Leonardo da Vinci (1452–1519) 48, 824 Leopold I. (1640–1705), seit 1658 römisch-deutscher Kaiser 694

Personen und Werke

Lersé (Lerse, Lersee), Franz Christian (1749–1800), Inspektor der Militärakademie in Colmar, Tischgenosse Goethes in Straßburg, seit 1792 Erzieher und Begleiter des Grafen Moritz Christian Johann von Fries 687 Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781) 212, 236; 397; 103, 337, 589, 637, 672, 773 Ernst und Falk. Gespräche für Freymaurer 672 Ueber die sogenannten Fabeln aus den Zeiten der Minnesänger. Zweite Entdeckung 589 Zerstreute Anmerkungen über das Epigramm und einige der vornehmsten Epigrammatisten 910 Lestwitz, Karl Rudolf Freiherr von (1745–1803), Freimaurer, Gutsherr auf Groß Tschirnau in Schlesien, 1773 Vizedirektor des Landschaftsdirektoriums im Kreis Glogau 672 Meine Gedanken über die zwey kleine freymäurerische Schriften 672 Leutbecher, Caspar Adam, 1780 Schultheiß in Melpers 338 Leyden, Lucas Hugensz van (1494–1533), niederländischer Maler 13f., 157; 50–52, 107, 331, 447 〈Kupferstiche〉 13f., 28, 102, 157; 50f., 107, 331, 447 Leyen und zu Hohengeroldseck, Philipp Franz Wilhelm Ignaz Graf (und seit 1806 Fürst) von der (1766–1829), seit 1791 Regent der Herrschaft Blieskastel im Westrich und der Grafschaft Hohengeroldseck in Baden, 1806 bis 1815 als Fürstentum von der Leyen Mitglied des Rheinbunds, Neffe Carl Theodor von Dalbergs 51; 187f., 760 –‚ Franz Carl Graf von der (1736–1775), Geheimrat und Kämmerer, dessen Vater 187

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–‚ Maria Anna (Marianne) Helene Josephina von der, geb. von Dalberg (1745–1803), seit 1775 vormundschaftliche Regentin der Herrschaft Blieskastel im Westrich und der Grafschaft Hohengeroldseck in Baden, Schwester von Carl Theodor von Dalberg, dessen Mutter 187 Lichtenberg, Carl F r i e d r i c h Ernst von (1732/33–1790), Offizier in preußischen Diensten, seit 1774 Husaren-Rittmeister in Weimar, Adjutant des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 70, 417; 248f., 534, 572, 1013f. Lichtenberg, Ludwig Christian (1737–1812), Naturforscher, Archivar, 1765 Geheimer Archivar in Gotha, 1772 Geheimer Sekretär und 1782 Legationssekretär, Geheimer Legationsrat 114; 91, 257–259 Entwurff zu einer Vorlesung über die Naturlehre 258 Verhaltungs-Regeln bey nahen Donnerwettern 258 –‚ Christian Friedrich (1734–1790), Jurist und Schriftsteller, Studium in Gießen und Halle, hessen-darmstädtischer Beamter, zuletzt Geheimer Tribunalrat, dessen Bruder 16 Lampedo 3; 16 –‚ Georg Christoph (1742–1799), Physiker, Naturforscher und Schriftsteller, 1767 Professor der Mathematik in Gießen, 1770 Professor der Philosophie, 1775 der Physik in Göttingen, dessen Bruder 150, 218, 258, 662, 717, 743 Ueber die Weissagungen des verstorbenen Hrn. Superintendenten Ziehens zu Zellerfeld 218 Lieber, C a r l Wilhelm (1791–1861), Maler, Radierer und Restaurator in Weimar, um 1805 Kartenzeichner für das Landes-Industrie-Comptoir

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Register

(Geographisches Institut), seit 1816 Lehrer am Freien Zeicheninstitut, 1850 Professor 798 Lincker und Lützenwick, J o s e p h J o h a n n J a c o b Daniel von (1747–1807), Kameralist, Gutsbesitzer in Denstedt, 1788 Kammerrat in Weimar 1027, 1029 Lindau, Heinrich Julius von (1754–1776/77), 1775 Einsiedler in der Schweiz, Pflegevater des schweizerischen Hirtenjungen Peter im Baumgarten, 1776 als Offizier in hessischen Diensten Teilnehmer am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, 1776 verwundet 19–21, 29, 370; 71–83, 85, 110, 137f., 193 –‚ Wilhelmine von, dessen Schwester siehe Beaulieu-Marconnay, Wilhelmine von –‚ Caroline Luise von (1758–1842), dessen Schwester 19–21, 29, 53; 75–81, 110, 137, 193 –‚ Marie Ulrike Friederike von, dessen Schwester siehe Düring, Marie Ulrike Friederike von Linguet, Simon Nicolas Henri (1736–1794), französischer Historiker, Politiker und Jurist 954 Annales politiques, civiles, et littéraires 954 Linné, Carl von (1707–1778), schwedischer Naturforscher, Professor der Medizin und Botanik in Uppsala 320 Systema naturae 320 Lips, Johann Heinrich (1758–1817), Maler, Zeichner und Kupferstecher in Zürich, von 1782 bis 1789 vorwiegend in Rom, von 1789 bis 1794 Professor an der Freien Zeichenschule in Weimar 68, 81, 148; 52, 56, 181, 228, 241, 243, 283, 288, 331f., 430, 450, 462

Porträt Johann Caspar Lavaters (Gemälde) 14; 52 〈Kupferstiche〉 161; 450 Beatrice Cenci (nach Guido Reni) 56 Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach (nach Juel) 69; 181, 243, 331 Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 49, 102; 181, 332 Herzog Bernhard von SachsenWeimar 68; 241 Johann Caspar Lavater 52 〈nach Vorlagen Füßlis〉 288 Thomas Morus (nach Hans Holbein d. J.) 148; 430 Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach (Zeichnungen) 332 Locke, John (1632–1704), englischer Philosoph 389, 955 An Essay Concerning Humane Understanding 129; 389, 955 Loder, Justus Christian (1809: von) (1753–1832), Mediziner und Anatom, 1778 Professor in Jena, Gründer mehrerer medizinischer Einrichtungen, 1781 sachsen-weimarischer Leibarzt und 1782 Hofrat, 1803 Professor in Halle, seit 1807 Arzt in Moskau, von 1812 bis 1817 Leiter des Lazarettwesens, 1819 Professor am anatomischen Theater EB 32, EB 62, EB 67, EB 78, EB 81; 336, 339, 352; 406, 786, 788f., 877, 902, 908, 915f., 924, 934, 950f., 955 Löw von und zu Steinfurth, S o p h i e Marie Margarethe, geb. von Diede zum Fürstenstein (1730–1815), seit 1749 die zweite Frau von Johann Friedrich Ferdinand Löw von und zu Steinfurth, seit 1794 Witwe 259, 264; 704, 714 Longinus (1. Jh.), angeblicher Verfasser von „Über das Erhabene“ 659f.

Personen und Werke

Über das Erhabene (Peri hypsous) 244; 659f. Lorrain, Claude (eigentl. Claude Gellée) (1600–1682), französischer Maler und Radierer 480 Loßius, Johann Friedrich, Kammerkanzlist an der herzoglichen Kammer in Weimar 344, 346; 934 Luc, Jean André de (1727–1817), Schweizer Geologe und Physiker 154, 423, 511 Lettres physiques et morales sur l’histoire de la terre et de l’homme 154, 423, 511 Luck, Johann Georg L e b r e c h t von (1751–1814), Hofbeamter und Offizier in Weimar, 1790 Hauptmann, 1791 Kammerherr, seit 1794 Hofmarschall, 1797 Mitglied der Hoftheaterkommission, 1791 Heirat mit Sophie von Lichtenberg geb. von Ilten 33, 176, 194; 124, 502, 546 Ludecus, Johann August (1741–1801), seit 1775 Geheimer Sekretär der Herzogin Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach, seit 1777 auch Schatullier, seit 1801 Hofrat 85, 183, 280, 886, 1036f. –‚ Friederike, geb. Kirms (1746–1789), seit 1778 dessen Frau 1036f. Ludolf, Hiob (1624–1704), Orientalist, Diplomat, Prinzenerzieher und Philologe, Begründer der Äthiopischen Sprachwissenschaft 718 Ludwig, Christian (1660–1728), Sprachlehrer 413f. A Dictionary English, German and French 414 Teutsch-Englisches Lexicon 141; 413f. Lühe, Joachim Friedrich Ernst von der (1748–1809), Jurist, 1775 Hauptmann und Lehrer an der Militärakademie in Stuttgart, ab 1779 Kam-

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merherr, Hofmeister, Prinzenerzieher und Major in Gotha, ab 1794 Justizbeamter in Stavenhagen (Mecklenburg), Freimaurer, ab 1783 Mitglied des Illuminatenordens 344; 932f. –‚ Caroline von der, geb. von Brandenstein (um 1754–um 1813), Schriftstellerin, dessen Frau 344; 932f., 941 〈Kompositionen〉 Clavier Sonate 932 Lullin de Châteauvieux, Michel (1695–1781), Jurist, Ratsherr und Syndikus von Genf, Landwirt und Agronom 423 Luther, Martin (1483–1546) 361, 1023 Eine feste Burg ist unser Gott 〈…〉 1022f. Enchiridion / Der kleine Katechismus 361 〈Luther-Bibel〉 18, 33, 57, 109, 151f., 177, 188f., 195, 243, 247, 255, 306, 332f., 350, 360, 375, 380, 387, 399, 420, 442–444, 491, 572, 620f., 623, 686, 727, 746, 750, 764, 766f., 782–784, 872, 883, 940, 972 Lyncker auf Flurstedt und Kötschau, C a r l Friedrich Ernst Freiherr von (1727–1801), seit 1768 Vizepräsident, seit 1775 Präsident des Oberkonsistoriums und Landschaftsdirektor in Weimar, 1779 Geheimer Rat, Gutsbesitzer in Flurstedt bei Apolda 236, 339; 30, 636, 912, 917 –‚ C a r l Wilhelm Heinrich von (1767–1843), von 1780 bis 1783 Page in Weimar, später Offizier in preußischen Diensten und Kammerrat in Schwarzburg-Rudolstadt, seit 1809 in Jena, dessen Sohn 342, 532, 566, 572, 843

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Register

Magnanephton (gest. 1778), Medium, Vertrauter von Franz Joseph Graf von Thun-Hohenstein 342; 926–928 Manso, Giovanni Battista (1567–1645), italienischer Schriftsteller 459 Vita di Torquato Tasso 459 Marc Aurel (Marcus Aurelius Antoninus, Marcus Annius Verus) (121–180), seit 161 römischer Kaiser 103, 128, 227; 96, 243, 333f., 387f., 402f., 406, 450, 536, 621, 801, 923, 955, 1028f., 1043 Selbstbetrachtungen 103, 128, 157; 96, 243, 333f., 387f., 402f., 450, 536, 621, 801, 923, 955, 1028f., 1043 Maria Theresia (1717–1780), seit 1740 regierende Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen, als Frau von Kaiser Franz I. seit 1745 Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 955 Marschalck, Otto Detlef von (1750–1808), Ritterschaftspräsident in Stade, Mann von Caroline Luise von Lindau 75 Martines de Pasqually, Jacques (1709 oder 1726/27?–1774), französischer Esoteriker (Pseudonyme: Dom Jaime, Joachim de La Tour de La Caze) 686 Masaniello (eigentl. Tommaso Aniello d’Amalfi) (1620–1647), Anführer eines wegen einer Hungersnot ausgebrochenen Volksaufstandes in Neapel im Jahr 1647 157; 447, 693, 695 Matthaei (Mattei, Matthäi), C a r l Johann Conrad Michael (1744–1830), zunächst Hofmeister, seit 1776 Privatsekretär von Maria Antonia von Branconi, Erzieher ihres Sohnes Carl Anton Ferdinand von Forstenburg, 1779/80 in Lausanne, Freund Lava-

ters 160, EB 14, EB 27; 49, 65, 152; 180, 234, 316, 350f., 352, 402, 436, 579, 926f. Matthisson, Friedrich (1809: von) (1761–1831), Schriftsteller, Bibliothekar, seit 1812 Theaterintendant und Oberbibliothekar in Stuttgart, zuletzt in Wörlitz 879 Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Johann Ludwig von (1739–1806), Beamter in Gotha und Eisenach, seit 1776 Vizekanzler der sachsen-eisenachischen Regierung in Eisenach, 1781 Kanzler und Oberkonsistorialpräsident, 1784 Geheimer Rat, 1802 auch Direktor der Landschaftskasse A 2, A 3; 177; 85, 409f., 503, 988f., 990–992 –‚ Juliane (J u l i e ) Auguste Christiane von, geb. von Keller (1753–1847), Schriftstellerin, seit 1774 dessen Frau 177, 408; 503, 991 Mechau, J a c o b Wilhelm (1745–1808), Landschaftsmaler, von 1776 bis 1780 und von 1790 bis 1798 in Italien 8; 34 Mechel, Christian von (1737–1818), Kupferstecher und Kunsthändler in Basel 230, 430, 453 Oeuvre du Chevalier Hedlinger ou récueil des médailles de ce célèbre artiste 230 Meckel, Georg Ludwig (1774:) Edler von Hemsbach (1721–1789), Jurist, seit 1777 Assessor am Reichskammergericht in Wetzlar EB 19* –‚ H e n r i e t t e S o p h i e Katharina, geb. Schuler (gest. 1785), seit 1761 dessen Frau 375 –‚ Philipp Ludwig (1693–1764), Jurist, Prokurator am Reichskammergericht in Wetzlar, dessen Vater 375 Meister, Jacob Heinrich (1744–1826), Schweizer Schriftsteller, vorwiegend in Zürich und Paris, 1773–1793 He-

Personen und Werke

rausgeber der „Correspondance littéraire philosophique et critique“ 151, 611 Correspondance littéraire philosophique et critique siehe Anonyma und Periodika Melchior, Johann Peter (1742–1825), Bildhauer und Porzellanmodelleur in Höchst, 1779 in Frankenthal, 1797 in Nymphenburg, Schriftsteller 309?; 826 〈Reliefs〉 Catharina Elisabeth Goethe 826 Johann Caspar Goethe 826 Johann Wolfgang Goethe 826 Versuch über das sichtbare Erhabene in der bildenden Kunst 309?; 826f. Mengs, Anton Raphael (1728–1779), Maler und Kunstschriftsteller, kursächsischer Oberhofmaler in Dresden, seit 1751 überwiegend in Rom, zeitweise Maler am spanischen Hof in Madrid 194; 539, 547, 895–897, 966 〈Zeichnungen〉 194; 539, 547 Mercier, Louis Sébastien (1740–1814), französischer Schriftsteller 762, 872 Du théatre, ou nouvel essai sur l’art dramatique 762 Tableau de Paris 322; 872 Merck, Johann Heinrich (1741–1791), Schriftsteller, Übersetzer, Publizist, Kritiker, Naturforscher, Hofmeister in der Schweiz, seit 1767 in Darmstadt Kanzleisekretär, seit 1768 Kriegszahlmeister, 1772 Mitherausgeber der FGA, 1774 Kriegsrat, Freund Goethes 59, 121, 181, 349, 521, EB 69; 107, 153–155, 310, 371, 394; 17–19, 25, 32, 42, 58, 101, 107, 115, 127, 140, 146, 147–149, 151–156, 162, 169, 177, 255–257, 263, 270, 285, 288–292, 295, 322, 336, 343, 361, 364, 371,

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385, 397f., 405, 415–422, 424f., 437, 440, 444, 452, 478f., 487, 506, 511, 526, 563–565, 577, 592, 613, 619, 644, 647, 660–663, 665–669, 710, 718, 722, 743, 748f., 758f., 761, 764, 775, 822, 827f., 924, 929, 933–938, 965, 967–969 〈Aufsätze〉 Aus einem Schreiben an den H. über die Frage: wie eine Kupferstichsammlung anzulegen sey? 148, 420 Beleuchtung (Artikel für die „Deutsche Encyclopädie“) 764 Das Poetische Deutschland in seinem höchsten Flor 〈…〉 155f. Einige Rettungen für das Andenken Albrecht Dürers gegen die Sage der Kunst-Literatur 107, 148, 420 Mineralogische Spaziergänge 424, 662 Ueber die Landschaft-Mahlerey 255 Ueber die letzte Gemälde Ausstellung in ** 256f. 〈Erzählungen〉 Geschichte des Herrn Oheims 42; 156 Herr Oheim der Jüngere, eine wahre Geschichte 156 〈Rezensionen〉 Allgemeine Theorie der Schönen Künste (Johann Georg Sulzer) 152 Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande (Johann Friedrich Wilhelm Charpentier) 422 –‚ Louise (L i s e t t e ) Françoise, geb. Charbonnier (1743–1810), seit 1766 dessen Frau 146, 347; 424, 938 –‚ A d e l h e i d Charlotte Henriette Louise (1771–1845), deren Tochter 347; 938

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Register

–‚ Carl Anton (1777–1783), deren Sohn 347; 938 Mettra, Louis-François (um 1738–1804), französischer Journalist, 1775–1793 Herausgeber der „Correspondance littéraire secrète“ 117 Correspondance littéraire secrete siehe Anonyma und Periodika Meusel, Johann Georg (1743–1820), Lexikograph und Publizist, seit 1768 Professor der Geschichte in Erfurt, 1779 in Erlangen 116, 322 Meyer, Johann Heinrich (1755–1829), Züricher Landschaftsmaler und Kupferstecher 109 Meyer, Johann H e i n r i c h (1760–1832), Schweizer Maler und Kunsthistoriker, von 1784 bis 1790 in Italien, seit 1791 in Weimar, von 1795 bis 1797 Italienreise, 1795 Professor an der Freien Zeichenschule in Weimar, seit 1807 deren Direktor 108f., 148, 419, 526, 697, 763, 823f. Albrecht Dürers christlich-mythologische Handzeichnungen (Rezension, gemeinsam mit Goethe) 148 Entwurf einer Kunstgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts 824 Michelangelo Buonarroti (eigentl. Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni) (1475–1564), italienischer Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter 8, 158; 254f., 400, 420, 452, 823 〈Fresken in der Sixtinischen Kapelle〉 Das Jüngste Gericht 254f. Mieding, Johann Martin (1725–1782), Kunst- und Theatertischler in Weimar 79; 275, 277, 342, 543 Milkau (Milckau), Christian Wilhelm Gottlob von (um 1740–1802), sachsen-weimarischer Offizier und Kammerherr, Kommandant von Jena 302; 807

Milton, John (1608–1674), englischer Politiker, Schriftsteller und Publizist 400 Il penseroso (Gedicht) 136?; 400 Mittelstedt, Matthäus Theodor Christoph (1712–1777), Konsistorialrat und Hofprediger in Braunschweig, Übersetzer 865 Mochel, Johann Jacob (1748–1778), Pädagoge, 1776/77 Lehrer am Philanthropin in Dessau 81f.; 113, 283f. Moeglich, Andreas Leonhard (1742–1810), Zeichner und Kupferstecher 954 Wilhelm Ludwig Wekhrlin (Silhouette) 954 Möhn, Louise (L u l u ) von (1759–1832), Tochter von Sophie von La Roche 112; 361 –‚ Christian Joseph (1754–1804), kurtrierischer Hofrat, seit 1779 deren Mann, seit 1789 getrennt, 1789 vom Dienst entlassen und unter Vormundschaft gestellt 361 Möser, Justus (1720–1794), Regierungsassessor in Osnabrück, 1783 Geheimer Justizrat, Schriftsteller 278, 283f., 314; 565, 647, 757f., 769–776, 818, 838, 937 Patriotische Phantasien 770, 838 Ueber die deutsche Sprache und Litteratur 278, 283f.; 565, 647, 757f., 771–776, 937 Über die National-Erziehung der alten Deutschen 772 –‚ Regina Juliana Elisabeth, geb. Brouning (1716–1787), seit 1746 dessen Frau 769, 818 –‚ Johanna (J e n n y ) Wilhelmine Juliane, dessen Tochter siehe Voigts, Johanna (J e n n y ) Wilhelmine Juliane von Momper, Jodocus (Joos) de (1564–1635), niederländischer Maler 146; 425

Personen und Werke

〈Zeichnung〉 Gebirgige Landschaft mit Furt 146?; 425 Montagu, John Earl of Sandwich (1718–1792), englischer Diplomat und Politiker, 1748–1751 und 1771–1782 Marineminister 520 Montesquieu, C h a r l e s Louis Joseph de Secondat de la Brède et de (1689–1755), französischer Politiker und Schriftsteller 90 Morin, Lombard et Borel, Handelsgesellschaft in Genf, 1769 von Étienne Morin (1728–1813), Charles-Gabriel Lombard et Jean-Pierre Borel gegründet, 1781 aufgelöst 96; 312 Morus, Samuel Friedrich Nathanael (1736–1792), seit 1761 Privatdozent für griechische und lateinische Sprache in Leipzig, 1768 Professor der klassischen Philologie und der Theologie in Leipzig EB 60*; 120f., 659 〈Übersetzung〉 De sublimitate (Longin) 659 Morus (More), Thomas (1478–1535), englischer Politiker 148; 430 Moser, F r i e d r i c h C a r l Ludwig (1767:) von (1723–1798), hessendarmstädtischer Legationsrat, 1767 Reichshofrat in Wien, von 1772 bis 1780 darmstädtischer Präsident und Kanzler, Schriftsteller 83, 86, 97; 289–291 Moucheron, Frederik de (1633–1686), niederländischer Landschaftsmaler 663f. –‚ Isaac de (1670–1744), niederländischer Landschaftsmaler und Radierer, dessen Sohn 663f. Mozart, Johannes Chrysostomus Wolfgang Gottlieb, gen. Wolfgang Amadeus (1756–1791) 861f. Die Entführung aus dem Serail 861 Mühlberg, Johann Otto (1709–1781), schwarzburgischer Bergmeister, vor

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1739 in Ilmenau tätig 295f., 302; 798f., 801–803 Müller, F r i e d r i c h Theodor Adam Heinrich (1807: von) (1779–1849), Jurist, von 1801 bis 1848 Mitglied der Regierung in Weimar 654, 772, 857 Denkrede auf Christian Gottlob von Voigt 654 Müller, Gottfried Wilhelm (gen. GlasMüller) (1709–1799), Mediziner, Mineraloge, 1735 Arzt in Frankfurt a. M., 1741 Lehrer an dem von Johann Jakob Grambs gegründeten Institut für Anatomie, 1742 dessen Leiter 41; 154 Müller, Johann G e o r g (1759–1819), Schweizer Theologe, Politiker und Sprachwissenschaftler, Schulmann und Pädagoge, Freund der Familie Herder 725, 779 Müller, Johannes F r i e d r i c h (gen. Maler Müller) (1749–1825), Maler, Radierer, Schriftsteller, 1768 in Mannheim, 1772 in Zweibrücken, seit 1778 in Rom 113, 191, 426, 463; 7–9, 17, 69; 22f., 25, 31–34, 66, 86, 107, 244, 253f., 255–257, 451–453, 478, 480, 724, 760–769, 787, 823–825 Del cenacolo di Leonardo da Vinci, libri quattro di Giuseppe Bossi (Aufsatz) 824 Golo und Genovefa (Drama) 824 Lied eines bluttrunknen Wodanadlers (Gedicht) 31 〈Gemälde〉 158 Das Quellwunder des Moses 768 Die eherne Schlange 279; 760 Die Hölle 768 Gott Vater zeigt Moses das gelobte Land 767 Kampf des Erzengels Michael mit Satan um den Leichnam Mosis

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Register

8f., 158, 279, 281; 33f., 256, 452, 760, 766f. Selbstporträt mit Samtbarett 256 〈Zeichnungen〉 Bauernfamilie mit Maultier, Schafen und Ziege 33 Casteluccio 279, 282; 760, 768 Das Quellwunder des Moses 279, 282; 760, 762, 768 Die eherne Schlange 279, 282; 760, 762, 767 Flußlandschaft mit Häusern und Herde 33 Gebirgsort in der Umgebung Roms 761 Gotische Klosterruine 33 Große Baumgruppe auf Gebirgsplateau 33 Hirt und Herde 33 Kleine Waldblöße mit Herde am Wasser 33 Landschaft mit Hirtenfamilie am Gießbach 33 Landschaft mit Holzbrücke und Ruine 33 Südliche Landschaft 33 Weidende Herde vor einem Bürgerhaus 33 Weideplatz am Waldrand 33 Münchhausen auf Leitzkau und Steinburg, Sophie Charlotte Ludovica Wilhelmine von, geb. von der Schulenburg (1714–1789), seit 1738 Frau von Philipp Adolph von Münchhausen, Mutter von Emilie von Werthern 183, 467, 542 Münchhausen, Gerlach Adolf von (1688–1770), hannoverscher Politiker, Gründer und erster Kurator der Universität in Göttingen, Onkel von Emilie von Werthern 541 Münter, Balthasar (1735–1793), Theologe und Schriftsteller, seit 1760 Hofdiakon und Prediger am Waisenhaus in Gotha, 1763 Superintendent

in Gräfentonna, 1765 Prediger an der Sankt-Petri-Kirche in Kopenhagen 217 Bekehrungsgeschichte des vormahligen Grafen J. F. Struensee 60?; 217 Muralt, Anna Barbara von (1727–1805), Kusine Johann Caspar Lavaters in Zürich 47, 113, 244, 426, 450, 581, 948, 956 Murr, Christoph Gottlieb von (1733–1811), Jurist, Polyhistor, Kunst- und Autographensammler in Nürnberg 364, 794 Musäus, Johann C a r l A u g u s t (1735–1787), Schriftsteller, seit 1763 Pagenhofmeister und seit 1769 Gymnasialprofessor in Weimar 532 Necker, Jacques (1732–1804), Schweizer Bankier, seit 1747 in Paris, von 1777 bis 1781 und von 1788 bis 1789 Finanzminister Frankreichs, Vater von Anne Louise G e r m a i n e de Staël-Holstein 247f.; 669f., 673 Compte rendu au Roi 247f.; 669f., 673 Neidhardt, August Wilhelm (1734–1802), Offizier in preußischen Diensten, seit 1757 in kurmainzischen Diensten, von 1772 bis 1789 Oberbaudirektor in Erfurt, Vater von August Wilhelm von Gneisenau EB 41* Nesselrode-Ehreshoven, Maximilian Julius Wilhelm F r a n z Graf von (1728–1819), kaiserlich russischer Geheimer Rat und Gesandter in Portugal 3; 16 –‚ Louise Gräfin von, geb. Gontard (1746–1785), Tochter von Jakob Friedrich Gontard, seit 1779 dessen Frau 16 Netto, Ernst F r i e d r i c h Christoph (1764–1834), Theologe, 1795 Pastor

Personen und Werke

in Oberweimar und Ehringsdorf, zuletzt in Utenbach 339?; 917 Neubert, Johann Christoph (gest. 1803), Hofmechaniker in Weimar 334?; 901 Nicolai, Christoph F r i e d r i c h (1733–1811), Buchhändler, Verleger, Schriftsteller und Publizist in Berlin 258, 425, 621, 746 Freuden des jungen Werthers. Leiden und Freuden Werthers des Mannes. Voran und zuletzt ein Gespräch 746 Nicolai, Ernst Anton (1722–1802), Mediziner, seit 1758 Professor in Jena EB 66* Nicolai, Ferdinand Friedrich von (1730–1814), Offizier in württembergischen Diensten EB 66* Nösselt, Johann August (1734–1807), Theologe, Professor in Halle 1022f. Nooms, Reinier siehe Zeeman, Reinier Nothnagel, Johann Andreas Benjamin (1729–1804), Maler, Radierer, Kupferstichsammler und Kunsthändler in Frankfurt a. M., Inhaber einer Tapetenfabrik 153, 704 Obereit, Jacob Hermann (1725–1798), Schweizer Chirurg, mystischer Philosoph und Schriftsteller, 1776–1781 in Winterthur, Bern und Zürich, 1782 in Hannover, 1784 in Leipzig, Weimar und Jena, 1786–1791 Hofphilosoph in Meiningen, 1793 in Dresden, zuletzt wieder in Jena 111 –‚ Ludwig (1734–1803), Mathematiker und Finanzbeamter, seit spätestens 1775 in Dresden, kursächsischer Oberbuchhalter, dessen Bruder 111 Oberlin, Jeremias Jacob (1735–1806), Philologe, Philosoph, 1763 Kustos der Universitätsbibliothek und 1782 Professor in Straßburg 910

1099

Oertel, F r i e d r i c h Benedikt (1753:) von d. Ä. (1735–1795), Rittergutsbesitzer bei Leipzig, Privatier in Weimar 183; 518, 598 –‚ Johanna Carolina von, geb. (von) Greiner (1741–1809), Tochter des Geheimen Rats Johann Poppo (von) Greiner in Weimar, dessen Frau 216; 518, 598 –‚ Wilhelmine (M i m i ) Henriette von (geb. 1764), deren Tochter 572 –‚ Erdmute C a r o l i n e Friederike Amalie von (1769–1845), deren Tochter, seit 1798 Frau von Heinrich Carl Erdmann von CarolathBeuthen 572 Oeser, Adam Friedrich (1717–1799), Maler, Zeichner, Radierer und Bildhauer, Ästhetiker, Kunsterzieher in Leipzig, seit 1764 Direktor der Kunstakademie in der Pleißenburg, von 1765 bis 1768 Goethes Zeichenlehrer 36, 136, 498, EB 12; 74, 76–81, 86, 135, 193; 59, 114f., 116, 126, 169, 261–263, 265, 272, 274, 276f., 292, 322f., 342, 398, 478f., 542, 873f., 885 〈Theaterdekorationen für das Weimarer Liebhabertheater〉 74; 115f., 262, 269, 274, 277f., 342, 542 〈Skulpturen〉 Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen 100; 323 〈Stein des guten Glücks〉 (Entwurf) 595, 961 〈Zeichnungen〉 Gefängnis 31; 115 Tischfuß 31; 116 Österreich siehe Joseph II., Maria Theresia Oetinger (Oettinger), Friedrich Christoph (1702–1782), Theologe, Pietist, 1766 Prälat im Kloster Murrhardt an der Murr nordöstlich von Stuttgart 887, 928

1100

Register

Swedenborgs und anderer Irrdische und himmlische Philosophie, zur Prüfung des Besten ans Licht gestellt (Swedenborg-Übersetzung) 887, 928 Oettelt, C a r l Christoph (1727–1802), seit 1768 sachsen-weimarischer Oberförster in Ilmenau, 1797 Forstmeister EB 86; 28 Orelli, David von (1749–1813), Zürcher Politiker, 1789–1798 Landvogt von Wädenswil, seit 1803 Großrat und Oberrichter in Zürich 288; 335, 785 –‚ Regula von, geb. Escher (1757–1829), seit 1776 dessen Frau, Freundin Lavaters in Zürich 288; 785 Orlow, Grigori Grigorjewitsch (1734–1783), russischer Offizier, seit 1763 Graf, seit 1772 Fürst, Geliebter von Katharina II. 694f. Ortmann, Johann Georg (1727–1799), seit 1771 Pfarrer und Dekan in Kaltennordheim, ab 1785 mit dem Prädikat Superintendent 129; 390 Mischelkorn oder Gemang, ein Versuch von Auflösung der Preißaufgabe der löblichen ökonomischen Gesellschaft zu Bern über diese Materie 390 Orville, Jean George d’ (1747–1799), Kaufmann und Fabrikant in Offenbach a. M., Cousin Anna Elisabeth Schönemanns EB 46; 129 –‚ Jeanne R a h e l d’, geb. Bernard (1751–1822), dessen Frau 129 Ostade, Adriaen van (1610–1685), niederländischer Maler und Radierer 175 Ovid (Publius Ovidius Naso) (43 v. Chr.–17 oder 18 n. Chr.) 127, 189, 946 Metamorphosen 127, 946

Palassou, Pierre Bernard (1745–1830), französischer Geologe und Mineraloge 937 Essai sur la minéralogie des Monts Pyrénées 347; 937 Palma, Jacopo (gen. Palma il Giovane, eigentl. Jacopo Negretti) (1544– 1628), italienischer Maler und Radierer 452 Pasqually siehe Martines de Pasqually, Jacques Paul, Johann Georg, Obersteiger in Ilmenau, 1785 entlassen 803 Paulsen (Paulssen, Paulßen), Johann Jacob Heinrich (1724–1789), Kaufmann in Jena, sachsen-weimarischer Hofagent und Kommerzienrat, seit 1783 Bürgermeister und Landschaftsdeputierter 80, 92; 280 Perthes, F r i e d r i c h Christoph (1772–1843), Verlagsbuchhändler, 1796 in Hamburg, seit 1822 in Gotha, Neffe des Verlagsbuchhändlers Justus Perthes in Gotha 824 Peter im Baumgarten (1761–1799), Hirtenjunge aus Meiringen im Haslital im Kanton Bern, Pflegesohn des hessischen Offiziers Heinrich Julius von Lindau, 1775 Zögling des Philanthropinums in Marschlins, seit 1777 Pflegesohn Goethes in Weimar und Ilmenau, 1778 Jägerbursche in Ilmenau, 1781 in Troistedt und 1782 auf dem Schloss „Fröhliche Wiederkunft“ bei Neustadt an der Orla, von 1784 bis 1785 Volontär in Berka, später Kupferstecher, um 1794 in Leipzig 6, 18–21, 29, 36, 53, 236, 370, 372, 391, 394, 396, 398; 28f., 66, 71–83, 85f., 137f., 193, 745, 998 Petermann, Carl Maximilian Wilhelm (1722–1794), Beamter in Bayreuth, 1758 Justizrat, 1763 Hofrat, 1764 Regierungsrat, 1774 KonsistorialVizepräsident 954

Personen und Werke

Der Milchtopf, ein altes Gedicht (Hrsg.) 954 Pfalz –‚ Carl Philipp von der (1661–1742), seit 1716 Kurfürst 862 –‚ C a r l Philipp T h e o d o r , von der siehe Bayern, C a r l Philipp T h e o d o r von Pfeffel, Gottlieb Conrad (1736–1809), hessen-darmstädtischer Hofrat, Leiter der „École militaire“ in Colmar, Schriftsteller 64; 75, 232, 687f. Pfenninger, Johann Conrad (1747–1792), seit 1775 Diakon in Zürich, 1778 Pfarrer der Waisenhauskirche, 1786 Diakon der Peterskirche, Freund und Mitarbeiter Johann Caspar Lavaters, religiöser Schriftsteller 14, 82, 210, 288, 354; 49, 56, 239f., 284, 1023f., 1302 Pfyffer von Wyer, Franz Ludwig (1716–1802), schweizerischer Topograph und Offizier in französischen Diensten, 1768 Generalleutnant, seit 1769 Mitglied des Kriegsrates in Luzern, städtischer Bauinspektor, 1798 Mitglied des Geheimrats 64; 231f., 726 Relief von der Urschweiz (Modell) 64; 231f. Phidias (Pheidias) (um 500/490–432/430 v. Chr.), griechischer Bildhauer und Bronzeplastiker 281; 765f. 〈Skulpturen〉 Athena Parthenos 766 Zeus 765f. Pierre Pasteur et fils, Bank in Genf 312 Pindar (Pindaros) (um 518–um 446 v. Chr.), griechischer Lyriker 375f. Pistorius, L o u i s e Augusta Philippina, geb. Schwan (1775–1853), Tochter des Verlagsbuchhändlers Christian Friedrich Schwan in Mannheim, seit 1795 Frau von Gottlieb Pistorius 22f.

1101

Plato (Platon) (428/27–348/47 v. Chr.), griechischer Philosoph 373, 563, 670, 981 Dialoge 563, 1032f. Plessing, F r i e d r i c h Victor Leberecht (1749–1806), zwischen 1778 und 1783 Studium der Rechte, der Theologie und der Philosophie u.a. in Göttingen, Halle und Königsberg, zeitweise Aufenthalt in Wernigerode, seit 1788 Professor der Philosophie in Duisburg EB 57 Poussin, Nicolas (1594–1665), französischer Maler 480 Preißler (Preisler), Johann Daniel (1666– 1737), Maler in Nürnberg 902 Deutliche Anweisung und gründliche Vorstellung von der Anatomie der Mahler 902 Preller, Johann Franz (Frantz) Andreas, Tischler in Weimar 958 Preußen –‚ Friedrich II. (der Große) von (1712–1786), seit 1740 König von Preußen 57, 68?, 236, 253, 284f., 346f.; 10, 151, 202, 242, 326, 562, 565, 588–590, 618, 637, 646f., 676, 686, 771f., 758, 773, 775, 887, 936f., 1029 De la littérature Allemande 236, 284, 346; 10, 562, 565, 588, 590, 618, 637, 646, 676, 686, 758, 771–773, 775, 936 –‚ Friedrich H e i n r i c h Ludwig von (1726–1802), Prinz, Generalleutnant, dessen Bruder 242 –‚ Philippine Charlotte von, dessen Schwester siehe Braunschweig-Wolfenbüttel, Philippine Charlotte von –‚ Friedrich Wilhelm von (1744–1797), Prinz, seit 1786 König (Friedrich Wilhelm II.), dessen Neffe 265 –‚ Friederike Louise Prinzessin von (1751–1805), geb. Prinzessin von

1102

Register

Hessen-Darmstadt, seit 1769 Frau von Prinz Friedrich Wilhelm, Schwester von Herzogin Louise von Sachsen-Weimar 80; 265 Prévost, Pierre (1751–1839), Schweizer Physiker, Philosoph und Schriftsteller, 1780–1784 Professor der Philosophie in Berlin, Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften, seit 1793 in Genf 326, 383, 750, 1027, 1029 Voyages dans les Alpes (Rezension, Saussure) 750 Probst, Rahel Henrietta W i l h e l m i n e (geb. 1753), Freundin und Gesellschafterin von Corona Schröter, Tochter des kursächsischen Hofgärtners Johann Ernst Probst 27, 53?, 56?, 311f.; 106, 192, 199, 831f. –‚ deren Bruder EB 34?, EB 106?; 27, 379; 106 Pseudo-Longinus siehe Longinus Pynas, Jacob Symonszoon (um 1593–nach 1650), niederländischer Maler und Zeichner 663f. 〈Zeichnungen〉 Tobias nimmt in Begleitung des Engels Raffael den Fisch aus 663f. Pythagoras von Samos (um 570–um 496 v. Chr.), griechischer Mathematiker und Philosoph 376, 981 Pythagoras goldene Sprüche siehe Goldene Verse (Anonyma und Periodika) Quevedo y Villegas, Francisco de (1580–1645), spanischer Schriftsteller 198 Historia de la vida del Buscón, llamado don Pablos; ejemplo de vagamundos y espejo de tacaños 55; 198 Raffael (eigentl. Raffaelo Santi, auch Raphael) (1483–1520), italienischer Maler 8, 144, 158, 193, 280f., 331;

24f., 107, 254f., 420f., 439, 452, 542, 762, 897f., 966 〈Kupferstiche〉 5; 24f. 〈Zeichnung〉 Grablegung Christi 331; 897 Raimondi, Marcantonio (um 1480–1527/34), italienischer Kupferstecher 421 〈Kupferstiche〉 Ananias (nach Raffael) 421 Die Schlacht mit dem Säbel (nach Raffael) 421 Kleopatra (nach Raffael) 421 Lucretia (nach Raffael) 421 Maria Magdalena (nach Raffael) 421 Venus (nach Raffael) 421 Rameau, Jean Philippe (1683–1764), französischer Komponist 380 Ramond de Carbonnières, Louis François Élisabeth (1755–1827), französischer Geologe, Botaniker und Politiker in Straßburg, Freund von Jacob Michael Reinhold Lenz EB 24, EB 38; 19, 29, 376, 380; 74f. Raspe, Rudolf Erich (1737–1794), von 1767 bis 1775 Professor der Altertumskunde und Bibliothekar in Kassel, danach Schriftsteller und Übersetzer in England 511 Beytrag zur allerältesten und natürlichen Historie von Hessen 511 Rathsamhausen, Carolina Philippina von (1754–1830), Hofdame in Karlsruhe, seit 1790 Frau des Obristen Friedrich Karl von Haacke (Hake) 1030, 1032 Raynal, Guillaume Thomas François (1713–1796), französischer Philosoph, Schriftsteller und Priester 267; 725f. Histoire philosophique et politique des établissements et du commerce des Européens dans les deux Indes 726

Personen und Werke

Recke, Charlotte Elisabeth (E l i s a ) Constantia von der, geb. (Gräfin) von Medem (1754–1833), Schriftstellerin, seit 1771 verheiratet mit Georg Peter M a g n u s von der Recke, 1781 geschieden, von 1784 bis 1786 Reise durch Deutschland, seit 1803 Lebensgefährtin von Christoph August Tiedge, von 1804 bis 1806 in Italien, dann vorwiegend in Berlin, Leipzig, Löbichau und seit 1818 in Dresden, Stiefschwester der Herzogin Anna Charlotte D o r o t h e a von Kurland 580f., 784 Nachricht von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalte in Mitau im Jahre 1779 und von dessen dortigen magischen Operationen 784 Rehsen, Johann Paul siehe Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin Reich, Philipp Erasmus (1717–1787), Verleger und Buchhändler in Leipzig, seit 1762 Teilhaber der Buchhandlung Weidmanns Erben und Reich 218, 412, EB 90; 252, 287; 39, 53f., 179, 324, 360, 380, 450, 483f., 630, 683f., 783 Reichard, Heinrich August Ottokar (1751–1828), Schriftsteller, Übersetzer, 1775 Leiter des Hoftheaters und 1780 herzoglicher Bibliothekar in Gotha, Mitglied des Kriegskollegiums, Freimaurer, Vertrauter von Herzog Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha und Altenburg 116, 322 Reichardt, Johann Friedrich (1752–1814), Komponist, Schriftsteller und Publizist, seit 1773 Kammersekretär in Königsberg, 1776 königlich preußischer Hofkapellmeister in Berlin, seit 1794 auf seinem Gut Giebichenstein bei Halle, 1796 Salineninspektor in Halle, 1808 Hofkapellmeister in Kassel 304; 37, 101, 810, 893f.

1103

Deutsche Gesänge mit Clavierbegleitung 894 〈Kompositionen〉 An die Einzige / An Lida (Goethe) 893f. Gedichte von Karoline Christiane Louise Rudolphi 304; 810 Göthe’s Lyrische Gedichte 894 Jery und Bätely (Goethe) 37, 101 Reiffenstein, Johann Friedrich (1719–1793), deutscher Altertumsforscher und Kunsthändler, russischer und sachsen-gothaischer Hofrat, seit 1762 in Rom, Freund Winckelmanns, nach dessen Tod begehrtester Cicerone Roms, Begleiter auch für Goethe 90, 895 Reinbaben (Rheinbaben), S o p h i e Bernhardine Friederike von (1755–1804), seit 1798 oder 1801 Frau von Ludwig Ernst Wilhelm von Schardt, Bruder Charlotte von Steins 78?; 274 –‚ Franz Ludwig von (gest. 1768), weimarischer Regierungspräsident und Oberkonsistorialrat, deren Vater 274 Reise, Gottlob Gottfried (gest. 1790), sachsen-weimarischer Beamter, seit 1757 Hofadvokat und Steuereinnehmer in Hardisleben und Brembach, seit 1760 auch Steuereinnehmer in Buttstädt, seit 1765 Rat 548 Reiter, Medium, Vertrauter von Franz Joseph Graf von Thun-Hohenstein 342; 928 Rembrandt (eigentl. Rembrandt Harmenszoon van Rijn) (1606–1669), niederländischer Maler, Radierer und Zeichner 144; 147, 256, 291, 374, 452, 762 Renfner, Heinrich (1753–1819), preußischer Diplomat und Beamter, Zensor, Übersetzer, 1771 der Gesandtschaft in Den Haag zugeteilt,

1104

Register

1791 Geheimer Legationsrat im Departement der auswärtigen Angelegenheiten in Berlin, 1806 in Königsberg, 1809 in Paris, 1810 Geheimer Staatsrat in Berlin, 1815 zeitweise in Paris, langjähriger Zensor 54 Essai sur la physiognomonie (mit Maria Elisabeth de la Fite und Antoine Bernard Caillard; Lavater-Übersetzung) 53f. Reni, Guido (gen. il Guido) (1575–1642), italienischer Maler, Radierer und Bildhauer 48, 55, 452 Beatrice Cenci (zugeschrieben) 14, 83; 55f. Maria Magdalena 48 Repnin, Nicolai Wassiljewitsch Fürst (1734–1801), russischer General und Diplomat 731 Retz, Johann Georg Otterich (1711/12–1765), Handelsmann in Leipzig, Inhaber der Firma Carl Benelle und Sohn in „Auerbachs Hof“ 324 Rheinbaben, Sophie von siehe Reinbaben, Sophie von Richard, René (1654–1727), französischer Historiker 488 Le véritable père Joseph 488 Richardson, Samuel (1689–1761), englischer Romanschriftsteller, Drucker und Verleger in London 484 Richter, Johann Adolf (1682–1768), Baumeister, von 1722 bis 1744 herzoglich sächsischer Oberlandbaumeister in Weimar 143 Rickman, John (gest. 1818), britischer Marineoffizier, Teilnehmer an Cooks dritter Reise 974f. Journal of Captain Cook’s last voyage to the Pacific Ocean, on Discovery 364?; 974f. Riemer, Friedrich Wilhelm (1774–1845), Altphilologe und Pädagoge, 1798/99 Privatdozent in

Halle, 1801 Hauslehrer bei Wilhelm von Humboldt in Tegel und Rom, seit 1803 in Weimar, Sekretär und Mitarbeiter Goethes, seit 1812 Gymnasialprofessor, seit 1814 Bibliothekar 575, 832, 836 Riesbeck, Johann Kaspar (1754–1786), Schriftsteller 424 Briefe über das Mönchswesen (Fortsetzung) 424 Riese, Johann G o t t l o b (um 1848–1802), protestantischer Theologe, seit 1778 Lehrer an der Garnisonschule in Weimar, 1786 Pfarrer in Bergsulza und Dorfsulza 545 Rieth, Julius Michael (gest. 1779), Kaufmann in Ilmenau, Hauswirt Johann Friedrich Kraffts 6; 29, 378, 556 –‚ Johanna Katharina Margareta, dessen Frau, ab 1779 Wirtin Johann Friedrich Kraffts 6; 29 Robertson, William (1721–1793), schottischer Theologe und Historiker, Rektor der Universität Edinburgh 320; 865 Geschichte der Regierung Kaiser Karls des V. 320?; 865 Geschichte von Amerika 320?; 865 Röder (Roeder), Karl Eugen Reinhard (Reinhardt) von (um 1734–1816), preußischer Rittmeister in Eisenach 358f.; 967f. –‚ Gottlobe Dorothea Sophia S o p h i e Elisabeth Magdalena von, geb. von Stein (gest. 1788), seit 1781 dessen Frau, Schwester von Josias von Stein 359; 968 Röse, Bernhard (1795–1857), Historiker, Archivar, Lehrer in Schnepfenthal, seit 1823 in Weimar, seit 1846 Leiter des Ernestinischen Gesamtarchivs 93, 488 Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar 93, 488

Personen und Werke

Roesler, Vinzenz (Vincenzo), Gastwirt ursprünglich aus Böhmen, erster Hilfskoch seit 1759, dann Inhaber einer Osteria in Rom seit 1765, die als beliebter Treffpunkt deutscher Künstler diente 257 Roos, Johann Heinrich (1631–1685), Maler (vorwiegend Tiermaler) und Radierer in Heidelberg und Frankfurt a. M. 256, 420, 663f. 〈Zeichnungen〉 Drei Schafgruppen 144; 420 Stehende Kuh nach links 663f. Rost, Carl Christian Heinrich (1742–1798), Verleger, Kunstschriftsteller und -händler in Leipzig, seit 1778 Inhaber der früheren Firma Carl Benelle und Sohn in „Auerbachs Hof“ 137, EB 47; 322; 324f., 364, 872–874, 885 Feyer der Christen auf Golgatha (Libretto) 325 Rost, Johann Christoph Ferdinand (1746–1789), Schreiber in Weimar, dann Postschreiber und 1785 Postverwalter in Jena 26?; 100, 218, 514 Rotberg, Wilhelm Theodor von (1718–1795), Kammerpräsident in Sachsen-Gotha-Altenburg, 1757 Gründer der Gothaer Porzellanmanufaktur 800 Rotenhan, Johann Friedrich Freiherr von (1713–1776), Generaldirektor der Reichsritterschaft 315 –‚ Johanna W i l h e l m i n e von, geb. von Seckendorff (1728–1780), seit 1749 dessen Frau 97; 315 Roth (Rothe), Christian Friedrich Wilhelm (1726–1807), 1756 Geheimer Kanzlist in Weimar, 1778 auch Schreib- und Rechenmeister am Gymnasium, 1783 Geheimer Registrator 291

1105

Rottenhammer, Hans (1564/65–1625), Maler 663f. 〈Zeichnung〉 663f. Rousseau, Jean-Jacques (1712–1778) 100, 312, 319, 357; 90, 325f., 675, 687, 724, 826f., 831, 833f., 840, 856, 862, 1040 Le devin du village 309, 313; 826f., 834 Les consolations des misères de ma vie 312, 315?, 317?, 319; 724, 826, 831, 833, 856, 862, 1040 Rubens, Peter Paul (1577–1640), niederländischer Maler 256; 631, 696f., 762 〈Gemälde〉 Brutus 631 〈Stillleben〉 (zugeschriebene Kopie) 256; 696f. Rückert (Ruckert), Joseph (1771–1813), Klosterbruder in Schönfelden bei Heilbronn, 1794 Philosophiestudent in Jena, später Professor der Geschichte in Würzburg 393 Bemerkungen über Weimar 1799 393 Rugendas, Georg Philipp (1666–1742), Maler und Stecher 663f. Russland –‚ Katharina II. (die Große) von, geb. Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst (1729–1796), seit 1745 Frau des Zaren Peter III. Fjodorowitsch, seit 1762 regierende Zarin von Russland 22, 151, 692, 694f., 887 –‚ Paul I. Petrowitsch von (1754–1801), Großfürst, seit 1796 Zar, deren Sohn 155, 694, 859f. –‚ Peter III. Fjodorowitsch von (vorher: Carl Peter Ulrich von Holstein-Gottorp) (1728–1762), seit 1761 Zar, deren Mann 695

1106

Register

–‚ Natalia Alexejewna von, geb. Prinzessin W i l h e l m i n e Luise von Hessen-Darmstadt (1755–1776), Tochter von Ludwig IX. und Karoline von Hessen-Darmstadt, Schwester von Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1773 erste Frau von Paul I. Petrowitsch 155 –‚ Maria Fjodorowna von, geb. Prinzessin S o p h i e D o r o t h e a Augusta Luise von Württemberg (1759– 1828), Tochter von Friedrich Eugen von Württemberg, seit 1776 zweite Frau von Paul I. Petrowitsch 860 Ruysdael (Ruisdael), Salomon van (um 1600–1670), niederländischer Maler 419 〈Gemälde〉 Sommerlandschaft mit Kuhherde am Bach 143; 419 –‚ J a c o b Izaakszoon van (1628/29–1682), niederländischer Maler, dessen Neffe 419 〈Gemälde〉 Sommerliche Landschaft 143; 419 Zwei Wassermühlen mit offener Schleuse (zugeschriebene Kopie) 143; 419 Rzewuski, Kazimierz Graf (um 1750–1820), polnischer Politiker, Offizier und Mäzen 581 Saal, Justus Heinrich (1722–1794), Beamter und Übersetzer 1028 〈Übersetzung〉 Des Herrn Carl Goldoni Sämmtliche Lustspiele 1028 Sachsen, Friedrich August III. von (1750–1827), 1763 nach dem Tod seines Vaters Friedrich Christian von Sachsen unter Vormundschaft seines Onkels Clemens Wenzeslaus von Sachsen von Oktober bis Dezember 1763 Kurfürst, Alleinregierung seit 1768, 1806 als Friedrich August I. König 323, 731

Sachsen-Coburg-Saalfeld, Ernst Friedrich Herzog von (1724–1800), seit 1764 Herzog 68, 140, 152; 242, 411 Sachsen-Eisenach, Albrecht Herzog von (1599–1644), Bruder von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, seit 1640 Herzog 242 Sachsen-Gotha und Altenburg –‚ Ernst II. Ludwig von (1745–1804), seit 1772 Herzog, seit 1774 Freimaurer, seit 1783 Illuminat 25, 239, 243, 259, EB 44, EB 101; 68, 102, 140, 152, 233, 322, 329, 331–333, 344, 348, 362, 392, 396f.; 90–92, 94, 101, 151, 242, 252, 258, 331, 374, 408, 411, 422, 507, 512, 517, 520, 536, 547, 597, 674, 676, 761, 870f., 885, 887, 894f., 897–900, 929, 933, 941, 944, 962–964, 971 –‚ Maria C h a r l o t t e Amalie Ernestine Wilhelmine Henriette Philippine von, geb. Prinzessin von Sachsen-Meiningen (1751–1827), seit 1769 dessen Frau EB 102; 24, 194, 322, 357, 363, 395; 94, 252, 507, 546, 871, 932, 963f., 974 –‚ August Prinz von (1747–1806), holländischer und sachsen-gothaischer General, dessen Bruder 355, 488, EB 109, EB 128; 24, 63, 194, 213, 321, 395; 90, 94, 151, 227, 263f., 337, 411, 436, 507, 536, 546, 591f., 646, 673–676, 869f., 898f., 962–964 Princesse Perruche 675 –‚ Emil Leopold A u g u s t Prinz von (1772–1822), seit 1804 Herzog, dessen Sohn 258, 933 –‚ Friedrich Prinz von (1774–1825), seit 1822 Herzog (Friedrich IV.), dessen Sohn 258, 933 –‚ Ernst I. der Fromme von (1601–1675), 1640 Herzog von Sachsen-Gotha und 1672 auch von

Personen und Werke

Sachsen-Altenburg, Bruder von Herzog Bernhard von SachsenWeimar 242, 613 –‚ Friedrich III. von (1699–1772), seit 1732 Herzog, Vater von Herzog Ernst II. Ludwig 90, 592, 673f. –‚ Luise Dorothea von, geb. Prinzessin von Sachsen-Meiningen (1710–1767), Frau von Herzog Friedrich III., Mutter von Herzog Ernst II. Ludwig 90, 151, 673f. –‚ Friedrich Ludwig Prinz von (1735–1756), Bruder von Herzog Ernst II. Ludwig 90 Sachsen-Hildburghausen –‚ J o s e p h Maria F r i e d r i c h Wilhelm Hollandius von (1702–1787), Prinzregent des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen, österreichischkaiserlicher Generalfeldmarschall 408, 614 –‚ Ernst F r i e d r i c h I I I . Carl von (1727–1780), seit 1745 Herzog, dessen Großneffe 68, 139; 242, 408, 411 Sachsen-Meiningen –‚ Anton Ulrich Herzog von (1687–1763), seit 1743 Mitregent, seit 1746 regierender Herzog 143; 408, 410f., 419, 967 –‚ Charlotte Amalie Herzogin von, geb. Prinzessin von Hessen-Philippsthal (1730–1801), dessen Frau, von 1763 bis 1782 Regentin 139, 159; 408, 410, 419, 455, 967 –‚ August Friedrich Carl Wilhelm (auch Carl August) von (1754–1782), seit 1775 Mitregent unter Vormundschaft seiner Mutter und 1779 mit seinem Bruder Georg, deren Sohn 68, 140, 152, 159, 407; 242, 408, 410f., 419, 455, 474, 489f., 567 –‚ G e o r g Friedrich Carl von (1761–1803), seit 1779 Mitregent

1107

und seit 1782 als G e o r g I. Friedrich Carl regierender Herzog, deren Sohn 140, 152, 159, 171, 184, 407; 408, 411, 419, 455, 476, 489f., 496, 502, 520, 898 –‚ Louise Herzogin von, geb. Prinzessin von Stolberg-Gedern (1764– 1834), seit 1780 Frau von Herzog August Friedrich Carl Wilhelm, 1782 verwitwet, seit 1787 Frau von Herzog E u g e n Friedrich Heinrich von Württemberg 159; 455 –‚ Wilhelmine Luise Christiane Prinzessin von siehe Hessen-PhilippsthalBarchfeld, Wilhelmine Luise Christiane von –‚ Prinzessinnen von 496 Sachsen-Weimar –‚ Bernhard Herzog von (1604–1639), Heerführer im Dreißigjährigen Krieg in schwedischen und französischen Diensten 23f., 40, 68, 370; 29, 60, 92f., 149, 241–243, 245 (Abb.), 487f., 528 –‚ Johann Herzog von (1570–1605), Sohn von Johann Wilhelm I. und Dorothea Susanna von Sachsen, Bruder von Friedrich Wilhelm I., seit 1602 Herzog, dessen Vater 242 –‚ Johann Ernst I. Herzog von (1594–1626), seit 1615 regierender Herzog, dessen Bruder 68; 242 –‚ Friedrich Herzog von (1596–1622), General, dessen Bruder 68; 242 –‚ Wilhelm Herzog von (1598–1662), seit 1620 Regent, seit 1626 regierender Herzog, dessen Bruder 68; 242 –‚ Johann Friedrich Herzog von (1600–1628), Offizier, dessen Bruder 68; 242 –‚ Friedrich Wilhelm Herzog von (1603–1619), dessen Bruder 68; 242 –‚ Johann Ernst III. Herzog von (1664–1707), Enkel von Herzog

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Register

Wilhelm, Bruder von Herzog Wilhelm Ernst 694 –‚ Sophie Auguste Herzogin von, geb. Prinzessin von Anhalt-Zerbst (1663–1694), seit 1685 erste Frau von Herzog Johann Ernst III. 694 Sachsen-Weimar und Eisenach –‚ Carl August Herzog von (1757–1828), seit 3. September 1775 Regent, seit 1815 Großherzog 5, 257, 261, 289, 306, 339, 370, 439, 443, 503, 514, EB 99, EB 112, A 6; 3, 7, 14, 24, 27f., 30, 32, 34, 39, 41, 45f., 48f., 51, 58, 60, 64, 68, 74f., 77, 78?, 79f., 83, 86, 92–94, 99, 101f., 104f., 108, 110–112, 121f., 124–126, 129, 135–137, 139f., 142–144, 148–150, 152, 154, 156–158, 162, 164, 167f., 184, 186, 191f., 199, 202, 209, 219–225, 228, 230, 239, 241, 244f., 247, 254, 256, 262, 266, 271, 275, 278, 289, 291, 300–302, 306, 312, 316, 318f., 334, 341, 347f., 358–362, 370–375, 377, 381, 394f., 397, 399, 403, 407–409, 412f., 417; 9f., 13–19, 27, 32, 34f., 37, 42, 48, 50–52, 54, 61, 63, 69, 80, 83f., 91, 93–96, 100, 106–108, 112, 114f., 118–121, 124, 129, 131, 144, 146–148, 151–155, 164, 167, 169, 177, 180f., 187f., 201, 203, 208, 215, 225–236, 240–244, 261–265, 267–270, 272, 278, 280, 286, 289–291, 298, 300–308, 312–314, 327f., 331f., 337f., 340, 343, 347, 349, 354–359, 365, 370f., 376f., 381f., 384–386, 388f., 394f., 397–399, 401f., 405f., 408–411, 413f., 416–421, 423, 425, 431f., 435, 440, 442, 449f., 452, 456, 463, 467f., 471, 478f., 486, 488f., 501, 503, 520, 524–527, 529, 532, 534, 535f., 537, 539–541, 545, 547f., 550,

557, 560, 564, 567, 570, 572f., 577f., 582, 585, 589, 600f., 604, 608, 610–614, 617, 619, 623–625, 631, 640f., 645, 647, 649, 651, 654f., 658, 661f., 665f., 668–670, 675, 680, 691–695, 697, 702, 710, 714, 718–724, 727, 729, 732, 735, 737f., 740f., 743, 748, 751, 757–759, 761, 783, 785f., 789f., 793–796, 798, 803f., 810, 815f., 818, 825, 830, 832, 841, 843, 853, 858–860, 863, 868, 873f., 877–880, 885, 890f., 895, 899, 901, 906, 913–920, 923, 927, 929f., 935–937, 939f., 942, 944, 953f., 956f., 964, 967–970, 972f., 979, 898, 992, 999f., 1002, 1005, 1008f., 1016f., 1021, 1025–1027, 1029, 1036–1040, 1044 〈Gedichte〉 Den Ochsen band einst Hannibal 〈…〉 394 Es ist doch nichts so zart u. klein 〈…〉 230f.; 625 –‚ L o u i s e Auguste Herzogin von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1757–1830), seit 1775 Herzogin, seit 1815 Großherzogin, seit 3. Oktober 1775 dessen Frau 5; 7, 13, 69, 74, 80, 106, 114, 154, 158, 184, 193, 209, 221, 225, 238?, 321, 323, 326, 340; 370, 403; 7, 16–18, 34, 46, 70, 95, 106, 113f., 116, 124, 151, 162, 171, 186, 189, 194, 208f., 237f., 243, 251, 265, 277, 286, 293, 328, 342, 366f., 390, 414, 440, 444, 448, 520, 532, 542–544, 550f., 553–555, 560, 581–583, 609, 618, 625, 642, 645f., 680, 712, 728f., 732, 783, 794f., 804, 808, 836, 840, 855, 857, 863f., 868, 877, 884, 894, 916f., 919f., 931, 959, 968, 970f., 979, 981, 983, 1025f., 1028–1032, 1035f.

Personen und Werke

–‚ L o u i s e Auguste Amalie Prinzessin von (1779–1784), deren Tochter 141; 251, 414, 794 –‚ Carl Friedrich Erbprinz von (1783– 1853), seit 1815 Erbgroßherzog, 1828 Großherzog, deren Sohn 206, 836 –‚ Anna Amalia Herzogin von, geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel (1739–1807), seit 1756 verheiratet mit Herzog Ernst August II. Constantin, von 1758 bis 1775 obervormundschaftliche Regentin, deren Mutter 5; 7, 15?, 44, 69, 86, 135, 153, 158, 164, 167f., 193, 221, 238?, 307, 348; 403; 7, 15–18, 34, 46, 57, 60, 103, 108, 115, 124, 132, 142f., 147–149, 151, 153, 163, 171, 183, 203, 210, 218, 226, 231, 238, 243, 262, 264f., 269, 275, 291f., 299f., 302, 322, 336, 343, 352, 361, 375, 398f., 405, 425, 438–440, 444, 449, 468f., 471, 478, 499, 522, 542–544, 574, 582f., 585, 588, 607, 612, 642, 665f., 717, 723, 768f., 789, 810, 816, 820, 822, 825, 830, 839f., 864, 873f., 876, 880, 888, 899, 904, 918f., 935, 951, 959, 976–980, 982, 1015, 1035f., 1039 Amor und Psyche (Apuleius-Übersetzung) 440, 888, 950f. 〈Komposition〉 Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern (Goethe) 976f. –‚ Friedrich Ferdinand C o n s t a n t i n Prinz von (1758–1793), kursächsischer Generalmajor, dessen Bruder 5; 7, 33, 50f., 58, 69, 74, 77, 80, 92f., 100, 126, 156, 158, 160, 176, 193, 202, 277, 340, 343; 34, 59f., 96, 124, 131, 134f., 140, 145, 167, 182f., 188, 209, 225, 227, 244, 247, 249, 264f., 270, 273, 278–280, 301–304, 315, 323, 343,

1109

368, 374, 376–378, 384, 395, 439, 442f., 446, 456f., 485, 502, 529, 540–542, 566, 572, 584f., 599, 674, 732, 755f., 822, 918f., 925 (Abb.), 929f., 938, 1021, 1027, 1029, 1034–1037, 1039f., 1043 –‚ Ernst August I. Herzog von (1688–1748), seit 1707 Mitregent, seit 1728 Alleinregent von SachsenWeimar und Eisenach, dessen Großvater 143, 988 Saint-Martin, Louis Claude de (1743–1803), französischer Theosoph und Esoteriker 680, 685, 811 Des erreurs et de la verité 251f., 267, 304; 680, 685, 724, 811 Salieri, Antonio (1750–1825), italienischer Komponist, von 1788 bis 1824 Hofkapellmeister in Wien 861 Salis-Marschlins, Carl U l y s s e s von (1728–1800), Schweizer Politiker in Graubünden, Pädagoge und Schriftsteller, Gründer und Leiter des Philanthropinums in Marschlins 22, 51; 19f., 22, 29, 36; 396; 71–75, 77–81, 82, 83, 85, 87f., 137f. Sallot (Salos), Emanuel, französischer Maler, von 1775 bis 1781 Schüler der Pariser Académie Royale, von 1787 bis 1810 in Rom tätig 143; 419 〈Zeichnung〉 〈Kopie nach Andrea del Sarto〉 143; 419 Salom, Michele (Michiel, Michel di Abram; seit 1801: Michelangelo Arcontini) (1751–1837), italienischer Mediziner, Politiker und Übersetzer, Freimaurer, 1776–1789 Arzt in Padua, um 1791 zeitweise in Berlin, 1797 als einziger Jude in den Stadtrat berufen, seit 1801 katholisch, Übersetzer aus dem Deutschen 361; 971, 974, 982f.

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〈Übersetzungen〉 Verter, opera originale tedesca (Goethe) 361–363, 366; 971, 974, 982f. Salzmann, Christian Gotthilf (1744–1811), Theologe, Pädagoge, 1768 Pfarrer in Rohrborn und 1772 in Erfurt, 1781 Lehrer und Pfarrer am Philanthropinum in Dessau, 1784 Gründer einer Erziehungsanstalt in Schnepfenthal 91 Sandrart, Joachim von d. Ä. (1606–1688), Maler und Kunstschriftsteller, u.a. in Frankfurt a. M. 234 L’Academia Todesca della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen BauBild und Mahlerey-Künste 234 Sarasin, Jacob (1742–1802), Seidenbandfabrikant, Politker und Philanthrop in Basel 403; 579, 783f., 926f. –‚ Gertrud, geb. Battier (1752–1791), seit 1770 dessen Frau 783 Sarto, Andrea del (1486–1530/31), italienischer Maler 143 Saussure, Horace Bénédict de (1740– 1799), Schweizer Naturforscher, seit 1772 Professor der Philosophie und Naturgeschichte in Genf 66, 145; 67, 69, 235, 423 Voyages dans les Alpes 145, 275; 67, 423, 750 Scaliger, Joseph Justus (1540–1609), Philologe, Professor in Leiden 263 Aristophanis comoediae (Hrsg.) 263 Schardt, Johann Wilhelm Christian von (um 1711–1790), Reise- und Hofmarschall Herzog Ernst Augusts I. von Sachsen-Weimar und Eisenach, Vater Charlotte von Steins 231; 7, 626, 972, –‚ Concordia Elisabeth von, geb. Irving of Drum (1724–1802), dessen Frau, Mutter Charlotte von Steins 37, 78, 198, 231, 317; 7, 273, 558, 626, 856

–‚ Ernst C a r l Constantin von (1744–1833), seit 1768 sachsen-weimarischer Beamter, 1776 Geheimer Regierungsrat, 1798 Landschaftskassendirektor, 1802 Geheimer Rat, von 1809 bis 1814 Präsident des Landschaftskollegiums, deren Sohn 88, 104, 192, 330f.; 224, 252, 268, 294, 337, 468, 529, 540, 701, 706, 890, 897 –‚ L u d w i g Ernst Wilhelm von (1748–1826), Offizier in sachsenweimarischen Diensten, seit 1776 herzoglicher Kammer- und Jagdjunker in Weimar, 1786 Kapitän und Kammerherr, 1808 Schlosshauptmann in Eisenach, deren Sohn 274, 566 –‚ Friederike S o p h i e Eleonore von, geb. von Bernstorff (Bernsdorf, Bernstorf) (1755–1819), Pflegetochter von Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff, seit 1778 Frau von Carl von Schardt 31, 47, 474; 12?, 35?, 51, 58?, 61, 70?, 71, 74, 77, 79, 88, 129, 135, 153, 156, 164, 172?, 173, 192, 220, 230, 259, 260?, 303?, 330f., 351, 365; 35, 42f., 46, 60, 70, 97, 102–104, 118, 124, 131f., 140, 144, 183, 186, 194, 207, 210, 217, 220–222, 224, 250–252, 266, 268, 271, 274, 276, 294, 337, 389, 399f., 439f., 446, 462, 467f., 484, 493, 495, 529, 540, 575, 599, 606, 625, 701, 706, 808, 842, 865, 890, 897, 900, 910, 949, 959, 980, 983, 1036 〈Gedichte〉 103 〈Übersetzungen〉 103 Schaumburg-Lippe, Philipp II. Ernst zu (1723–1787), seit 1777 Graf, Neffe von Friedrich Ernst Wilhelm von Schaumburg-Lippe 160; 457, 459 –‚ J u l i a n e Wilhelmine Louise Gräfin zu (1761–1799), geb. Prinzessin von

Personen und Werke

Hessen-Philippsthal, seit 1780 dessen Frau, von 1787 bis 1799 Regentin 457, 459 Schellenberg, Johann Rudolf (1740–1806), Maler, Kupferstecher und Schriftsteller in Winterthur 63; 229, 244 〈Kupferstiche〉 229 〈Vignette zu Lavaters Jesus Messias〉 244 Scherbius, Johann Jacob Gottlieb (geb. 1728), Hauslehrer in Frankfurt a. M. 375 Schernhagen, Johann Andreas (1722–1785), Jurist, von 1774 bis 1778 Vikar in Wunstorf, seit 1778 Propsteivikar in Einbeck 662 Schicht, Johann Gottfried (1753–1823), Komponist in Leipzig 325 〈Kompositionen〉 Feyer der Christen auf Golgatha (Carl Christian Heinrich Rost) 325 Schiller, Johann Christoph F r i e d r i c h (1802: von) (1759–1805) 7, 22, 151, 158, 241 Die Räuber 22 Merkwürdiges Beispiel einer weiblichen Rache (Diderot-Übersetzung) 151 –‚ Louise Antoinette C h a r l o t t e von, dessen Frau siehe Lengefeld, Louise Antoinette C h a r l o t t e von Schimmelpfennig, Johann Constantin, Diener am Weimarer Hof, Lakai und von 1775 bis 1793 Kammerlakai von Prinz Constantin 280 Schinz, Johann Heinrich (1726–1788), Pfarrer in Altstetten bei Zürich 286 Schinz, Johann (Hans) Rudolf (1745–1790), Pfarrer in Uetikon, Publizist, Verfasser landwirtschaftlicher Werke und Reisebeschreibungen, seit 1775 Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft in

1111

Zürich, seit 1778 deren Sekretär 239f. Schlegel, Johann Gottfried, fürstlicher Landbaumeister in Weimar, später in Gera 95 Schleißing (Schleusing, Schleusinger), Johann Ernst (1726–1797), Verwalter und Gerichtshalter in Kochberg, ab 1782 in Blankenhain 173, 900, 902 –‚ Dorothea Philippine Franziska, geb. von Seckendorff (1732–1811), seit 1758 dessen Frau 46?, 334?; 173, 900, 902 Schlicht, Johann A b e l (1754–1826), Architekt, Theatermaler, Aquatintaund Kupferstecher, 1777 Lehrer an der Kunstakademie in Düsseldorf, um 1779 kurpfälzischer Hofbaumeister in Mannheim, seit 1789 Ehrenmitglied der Akademie der Künste in Berlin 26; 101 Schlözer, August Ludwig (1803: von) (1735–1809), Historiker und Schriftsteller, seit 1765 Professor der russischen Geschichte in St. Petersburg, seit 1769 Professor der Geschichte in Göttingen 148; 178f., 239, 282f., 427f. A. L. Schlözers Briefwechsel meist historischen und politischen Inhalts siehe Anonyma und Periodika Schlosser, Johann Georg (1739–1799), seit 1769 Rechtsanwalt in Frankfurt a. M., seit 1773 markgräflich badischer Hof- und Hof- und Regierungsrat in Karlsruhe, seit 1774 Oberamtmann der Markgrafschaft Hochberg in Emmendingen, 1787 Geheimer Hofrat am Landeskollegium Karlsruhe, seit 1773 Goethes Schwager 64, 82, 97, 186, 392; 217, 232, 284, 313, 315, 525–527, 659 Bekehrungsgeschichte des vormahli-

1112

Register

gen Grafen J. F. Struensee (MünterRezension) 217 Vom Erhabenen (Longinus-Übersetzung) 659 –‚ C o r n e l i a Friederike Christiane, geb. Goethe (1750–1777), seit 1773 dessen Frau, Goethes Schwester 137; 41, 211, 247, 439, 527 –‚ L o u i s e Maria Anna (1774–1811), deren Tochter 186; 527 –‚ Katharina Elisabeth Juliette (J u l i e ) (1777–1793), deren Tochter 186; 527 –‚ J o h a n n a Catharina Sibylla, geb. Fahlmer (1744–1821), seit 1778 dessen zweite Frau, Freundin Goethes 249; 97; 315, 525f., 527, 577, 723 –‚ Hieronymus Peter (1735–1797), Rechtsanwalt in Frankfurt a. M., 1777 Ratsherr, 1786 und 1789 Bürgermeister, 1792 Schöffe, dessen Bruder EB 91; 392 –‚ dessen Familie 311; 830 Schlotheim, Auguste von, 1772–1796 Hofdame der Herzogin Charlotte von Sachsen-Gotha und Altenburg 963 Schmaltz, Philipp Lorenz (1693–1771), kurpfälzischer und pfalz-zweibrückischer Hofbankier in Mannheim 23 –‚ Dietrich Heinrich (gest. 1796), Bankier in Mannheim, dessen Sohn 5; 23, 657 –‚ Johann Wilhelm, Bankier in Mannheim, dessen Sohn 5; 23 Schmid, Achat (Achatius) Ludwig C a r l (1725–1784), Jurist, sachsenweimarischer Beamter, 1763 weimarischer Hofrat, 1764 Professor der Pandekten in Jena, 1766 Geheimer Assistenzrat, 1775 Geheimer Rat, 1776 Kanzler und Präsident des Regierungskollegiums in Weimar 546, 654

Schmid, Johann Wilhelm, Verleger, Buchhändler, 1743–1757 in Göttingen 772 Schmidt, Christian Andreas, Kaufmann in Langensalza 84 Schmidt, Christian Friedrich (1741–1778), Theologe in Leipzig, ab 1772 Professor in Wittenberg 55 Ob die Offenbarung Johannis ein ächtes göttliches Buch ist 14?; 55 Schmidt (Schmid), Ernst August (1746–1809), Philologe und Übersetzer, Bibliothekar in Weimar, 1782 Akzessist bei der Bibliothek, 1794 Sekretär, 1805 Bibliothekar 198 Geschichte des Gran Tacaño. Oder Leben und Thaten des Erzschalks (Quevedo-Übersetzung) 198 Schmidt, Georg Christoph (1740–1811), Mechaniker in Jena, seit 1773 Hofmechaniker 334?; 901 Schmidt, Johann Christoph (1727–1807), sachsen-weimarischer Beamter, seit 1784 Mitglied des Geheimen Consiliums in Weimar, 1788 Geheimer Rat und Kammerpräsident, 1802 Oberkammerpräsident 84 Schmidt, Johann Lorenz (1702–1749), Theologe 55 Die göttlichen Schriften vor den Zeiten des Messie Jesus (Übersetzungen aus der Wertheimer Bibel) 14?; 55 Schmidt, Johannes (1749–1811), Registrator in Weimar, 1780 Sekretär und Archivar, 1785 Geheimer Sekretär, 1800 Legationsrat 1002 Schmidt, Sebastian (1617–1696), Theologe, seit 1653 Professor in Straßburg 55 Biblia hebraica (Übersetzung) 14?; 55 Schmieder, Christian Gottlieb (1750–1827), Buchhändler und Verleger in Karlsruhe, 1819 Ministerialkanzlist 821

Personen und Werke

Schmohl, Johann Christian (1756– 1783), Pädagoge, Schriftsteller, um 1777 Lehrer am Philanthropin in Dessau, 1780–81 in Halle, um 1782 in Königsberg 81f.; 113, 283f. An Simon und Schweighäuser 283 Reliquien verschiedener philosophischen, pädagogischen, poetischen und anderer Aufsätze 283 Urne Johann Jacob Mochels 81; 113, 283f. Schnauß, Christian Friedrich (1722–1797), seit 1743 sachsen-weimarischer Regierungsbeamter in Eisenach und Weimar, seit 1743 Kabinettssekretär, 1763 Regierungsrat, seit 1772 als Geheimer Assistenzrat im Geheimen Consilium, 1779 Geheimer Rat, seit 1786 Oberaufsicht der herzoglichen Bibliothek und des Münzkabinetts 140, 206, 291, 300, 410, 412, 417; 338, 356, 412, 463, 471, 483, 495, 505, 573, 589, 649, 677, 679, 690, 708, 711, 718–720, 790, 803, 940, 944, 989, 991, 995, 1002f., 1014, 1017 Schneider, (Autographen-)Sammler 398f. Schönemann, Anna Elisabeth (L i l i ) siehe Türckheim, Anna Elisabeth (L i l i ) Schönkopf, Anna (Annette) Catharina (K ä t h c h e n ) siehe Kanne (Canne), Anna (Annette) Catharina (K ä t h chen) Scholley, Carl Ludwig August von (1730–1813), seit 1773 Obervorsteher der althessischen Ritterschaft, hessischer Hofgerichtsrat, letzter Hofrichter des hessischen Amtshofgerichts in Marburg, zugleich Obervorsteher der Alten-, Armen- und Krankenpflegeanstalten 21, 52; 18f., 21, 36, 372; 72–78, 79f., 81–83, 86f., 137f.

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Schongauer (Schön), Martin (um 1430–1491), Kupferstecher und Maler 13f.; 50f., 331 〈Kupferstiche〉 13f., 102; 50f., 331 Schreiber, Johann Gottfried (1732–1797), Bergbeamter, 1778 Berggeschworener in Ilmenau, Kaltennordheim und Kammerberg, 1791 Bergmeister 111, 296, 300; 357f., 802f., 1005 Schreiber, Johann Gottfried (1746–1827), Bergbaubeamter in Freiberg und Marienberg, 1770–1773 Stipendiat an der Bergakademie in Freiberg, 1773 Bergbauassessor und Markscheider in Johanngeorgenstadt und Schwarzenberg, seit 1777 in Frankreich, 1784 Inspecteur des mines in Paris, 1794 Professor an der École des mines in Pesey-Moutiers, später Direktor 295f. Charte über einen Theil der Gebirge im Hennebergischen Herzogl. Sachs-Weimarischen Antheils 89; 295f. Schröder, Johann Friedrich (1737–1816), Mechaniker in Gotha, Aufseher über des physikalische Kabinett 73; 259 Schröter, Johann Samuel (1735–1808), Theologe, Paläontologe und Mineraloge, 1756 Schulrektor in Dornburg/Saale, 1763 Pastor in Thangelstedt, 1772 Stiftsprediger und 1773 erster Diakon der Stadtkirche in Weimar, 1785 Superintendent und Oberpfarrer in Buttstädt 181?; 513 Schröter, C o r o n a Elisabeth Wilhelmine (1751–1802), Sängerin, Schauspielerin und Komponistin, 1765 Konzertsängerin in Leipzig, seit 1771 in Berlin, seit 1776 Kammersängerin und Schauspielerin in Weimar, seit 1801 in Ilmenau 11, 27,

1114

Register

33, 35, 53?, 55f.?, 87, 141, 154?, 193, 202, 242, 257, 260?, 272, 305, 311f., 317, 379; 11, 20, 40f., 106, 124, 135f., 192, 198f., 212, 266, 275, 292, 303, 342, 414, 433, 438–440, 442, 485, 522, 544, 552, 567, 652, 697f., 706, 724, 741, 814, 826, 831–833, 843, 854, 856, 980 Schuchhart, Maria C h r i s t i a n a , von 1776 bis 1781 Konditormagd bei Herzogin Anna Amalia 193; 542 Schütz, Franz (1751–1781), Maler in Basel, Sohn von Christian Georg Schütz 59f.; 213, 315 〈Goethe-Porträt〉 (nicht überliefert) 215 〈Zeichnungen〉 60; 215 〈Landschaftliche Zeichnungen nach der Natur〉 215 Staubbach-Wasserfall 215 –‚ Johann Georg (1755–1813), Maler und Radierer in Frankfurt a. M., von 1784 bis 1790 in Rom, dessen Bruder 823 Schuler, Helene Catharina Susanne, geb. Lindheimer (1699–1734), Mutter Henriette Sophie Schulers, verh. Meckel 375 Schultheß, Anna Barbara (B ä b e ), geb. Wolf (1745–1818), Freundin Lavaters und Goethes in Zürich EB 49, EB 95, EB 116, EB 124, EB 135; 14, 29, 50, 83, 94f., 97, 106, 107, 114, 138, 149, 157, 209, 210, 233f., 236, 253, 267, 272, 288, 313, 344, 348, 354, 383, 403; 56, 111, 176, 181f., 250, 287, 307f., 310, 316, 341, 346, 364, 404, 406f., 430, 450f., 579, 581–583, 630, 633, 637, 687, 722, 727, 739–742, 753, 783–785, 826, 834, 931, 941, 943f., 957 –‚ David (1728/29–1778), Seidenfabrikant, Kaufherr und Hauptmann, deren Mann 56

–‚ Anna Barbara (B ä b e ), deren Tochter 250 Schultheß, Hans Heinrich (1707– 1782), Seidenfabrikant und Bankier in Zürich 88 –‚ Hans Heinrich (1744–1789), Bankier in Zürich, dessen Sohn 22, 36; 87f., 137 –‚ Diethelm (1756–1834), Bankier in Zürich, dessen Sohn 22, 36; 87f., 137 –‚ Kaspar (1763–1827), Bankier in Zürich, dessen Sohn 22, 36; 87f., 137 Schultheß, Johann Georg (1724–1804), Schweizer Theologe und Philologe, Schriftsteller, Übersetzer, 1752 Pfarrer in Stettfurt im Thurgau und 1769 in Mönchaltorf im Kanton Zürich 334 Bibliothek der griechischen Philosophen 334 Schumann (Schuhmann), Johann Ehrenfried (1732–1787), Maler in Weimar, seit 1764 Hofmaler, auch Theatermaler und Dekorateur, seit 1776 Unterlehrer an der Zeichenschule 26?, 31, 79, 193, 216f., 344, 346; 101, 116, 274, 277, 342, 542, 601, 649, 934 Schuwalow, Andrej Petrowitsch (seit 1746:) Graf (1744–1789), russischer Hofmann, Politiker, Diplomat und Schriftsteller, 1768 Direktor der Assignationsbanken von St. Petersburg und Moskau, 1782 Senator, später Mitglied des Staatsrates, von 1776 bis 1781 im Ausland 322; 868f., 871f. –‚ Peter Andreewitsch Graf (1771–1808), russischer Generalleutnant und Senator, deren Sohn 322; 871 –‚ Pavel Andreewitsch Graf (1776–1823), russischer Generalleutnant, deren Sohn 322; 871 –‚ dessen Familie 322; 868f., 871f.

Personen und Werke

Schuwalowa, Katharina Petrowna Gräfin, geb. Gräfin Saltykowa (1743–1816/17), seit 1762 dessen Frau 322; 871 –‚ Praskovja Andreewna Gräfin (1767– 1828), deren Tochter, seit 1787 Frau von Michail Andreewitsch Golizyn 322; 871 –‚ Alexandra Andreewna Gräfin (1775– 1847), deren Tochter, seit 1797 Frau von Franz Joseph von Dietrichstein 322; 871 Schwan, Christian Friedrich (1733– 1815), Verleger, Hofbuchhändler und Schriftsteller in Mannheim, Heilbronn und Stuttgart 2, 17, EB 89; 22f., 34, 65f., 86, 101, 769, 826 Anecdotes russes ou lettres d’un officier allemand à un gentilhomme Livonien 22 Nouveau dictionnaire de la langue allemande et françoise 22 –‚ Margarethe Katharina, geb. Eßlinger, dessen Frau 22 –‚ L o u i s e Augusta Philippina, dessen Tochter siehe Pistorius L o u i s e Augusta Philippina –‚ Ananias, Buchhändler in Prenzlau, dessen Vater 22 –‚ Dorothea Sophia, geb. Buchholz, verw. Baumann, dessen Mutter 22 Schwarzburg-Rudolstadt, Friedrich Carl Erbprinz von (1736–1793), seit 1790 regierender Fürst, Sohn von Ludwig Günther II. von Schwarzburg-Rudolstadt 465, 513 Schwarzburg-Sondershausen, Christian Günther III. Fürst von (1736–1794), seit 1758 Regent 616 Schweden, Gustav II. Adolf von (1594–1632), seit 1611 König 93, 487 Schweighäuser, Catharina Salome, geb. Haering (gest. 1807), Tochter des Straßburger Notars Johann Richard

1115

Haering, seit 1775 verheiratet mit dem Philologen Johannes Schweighäuser 1030, 1032 Schweighäuser, Johann(es) (1738– 1806), Buchdrucker und Verleger in Basel 748 Schweighäuser, J o h a n n Georg (1753–1801), Pädagoge, von 1775 bis 1777 Lehrer am Philanthropin in Dessau, von 1779 bis 1781 in Straßburg 283 An Herrn Schmohl (mit Johann Friedrich Simon) 283 Schweitzer (Schweizer), Anton (1735–1787), Komponist, von 1766 bis 1769 Kapellmeister in Hildburghausen, von 1769 bis 1774 Kapellmeister von Abel Seylers Truppe, seit 1775 in Gotha (seit 1778 Hofkapellmeister) EB 13*; 73; 101 〈Kompositionen〉 Alceste (Wieland) 373 Rosamund (Wieland) 26; 101 Sckell (Skehl, Skell), Johann Georg (1725–1800), seit 1767 Hofgärtner in Wilhelmsthal 280 –‚ J o h a n n Theodor H e i n r i c h Peter (1759–1826), von 1780 bis 1783 Jagdlakai, von 1784 bis 1790 Kammerdiener und von 1791 bis 1792 Geheimer Kämmerer bei Prinz Constantin von Sachsen-Weimar, 1793 Oberförstersubstitut und zuletzt Oberförster in Jena, dessen Sohn 280, 755 Seckendorff-Aberdar, Carl Friedrich Sigismund (S i g m u n d ) von (1744–1785), von 1761 bis 1764 Offizier in österreichischen Diensten, später sardinischer Oberstleutnant, 1775 Kammerherr des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1785 als preußischer Diplomat in Regensburg und Ansbach, Gelegenheitsschriftsteller,

1116

Register

Komponist, Lyriker, Übersetzer 35, 264, 302; 20, 37, 39f., 98, 100f., 116, 124, 135, 194f., 275, 301, 313, 438f., 534, 572, 598, 625, 702f., 714f., 755, 807, 827, 843, 946, 950, 958, 1027, 1029 Das Rad des Schicksals 950 〈Dramen〉 Kalliste 439 Minervens Geburt Leben und Thaten 316; 843, 844–850 (Abb.), 853 (Abb.) Robert und Kalliste 153, 156; 100, 116, 124, 135, 195, 203, 216, 438f. Zauber-Spiel (Schattenspiel) 350; 946, 950 〈Kompositionen〉 Jery und Bätely (Goethe) 20, 37, 39f., 100f., 195, 275 〈Scherzgedichte zum neuen Jahr 1779〉 (mit Goethe) 598 –‚ Sophia Friederike von, geb. von Kalb (1755–1820), seit 1779 dessen Frau 173, 230, 277, 355; 98, 124, 183, 495, 534, 625, 755, 958, 1027, 1029 Seckendorff, F r a n z Paul Christoph Albrecht von (1750–1823), von 1773 bis 1785 Hof- und Regierungsbeamter in Weimar, 1773 Regierungsassessor in Weimar, 1775 Kammerjunker, Regierungsrat, 1779 Hofrat, 1781 Kammerherr, Geheimer Regierungsrat, seit 1785 Reichshofrat in Wien, von 1800 bis 1806 Präsident des Reichskammergerichts in Wetzlar 654, 865 Seidel, P h i l i p p Friedrich (1755–1820), Hauslehrer Cornelia Goethes in Frankfurt a. M., Sekretär Johann Caspar Goethes, von 1775 bis 1785 Sekretär Goethes in Weimar, seit 1785 Kammerkalkulator und seit 1789 Rentkommissar an der

herzoglichen Kammer in Weimar 317, 436, 511; 52?, 57?, 114, 141, 187, 198, 278?, 378, 380, 398; 13, 27, 34, 46, 61, 73, 75, 92f., 101, 146, 191, 206, 226, 250f., 302, 357, 368, 414, 429, 487f., 529, 532, 593, 610, 715, 759, 768, 909, 1003 Seidler, Heinrich Friedrich Wilhelm (1750–1819), 1774 Oberkonsistorialakzessist, 1775 Oberkonsistorialarchivar, 1780 Oberkonsistorialsekretär in Weimar, Mitwirkender am Liebhabertheater und im Chor der Hofkapelle 33; 124, 522 Semler, Johann Salomo (1725–1791), seit 1753 Professor der Theologe in Halle, Philologe, Historiker 14; 54f., 176, 1021–1023 Hrn. Caspar Lavaters und eines Ungenannten Urtheile über Hrn. C. R. Steinbarts System des reinen Christentums 1023 Lebensbeschreibung 1023 Seyler, Abel (1730–1801), aus der Schweiz stammender Schauspieler und Theaterdirektor, von 1771 bis 1775 in Weimar, seit 1775 u.a. in Mannheim, Gotha und Leipzig 373; 16, 90, 160 Shaftesbury, Anthony Ashley Cooper, Earl of (1671–1713), englischer Politiker, Philosoph und Schriftsteller 309, 467, 542 Shakespeare, William (1564–1616) 126, 149, 275, 395, 575, 635, 773 Julius Caesar 635 Macbeth 275 Sheridan, Frances, geb. Chamberlaine (1724–1766), irische Schriftstellerin 484 The Memoirs of Miss Sidney Bidulph 169; 484 –‚ Richard Brinsley (1751–1816), irischer Dramatiker und Politiker, deren Sohn 160

Personen und Werke

Die Nebenbuhler (engl. The Rivals) 160 Siefert (Siefart), Nicolaus Bartholomäus (geb. 1720), seit 1757 Rektor in Kaltennordheim 126, 135; 386, 399 Sieffert, Ambrosius Michael (1727–1802), Mediziner, Chemiker, Arzt in Denstedt bei Weimar, 1781 mit der Aufsicht über die Wetterbeobachtungen im Herzogtum betraut 194; 546, 912f. Sigaud de la Fond, Joseph Aignan (1730–1810), französischer Physiker 258 Simon, Johann Friedrich (1747–1829), Erzieher und Publizist, von 1766 bis 1770 Studium der Philosophie in Straßburg, 1775 Lehrer am Philanthropin in Dessau, 1779 Gründer und Leiter der ersten höheren Schule für Mädchen in Straßburg, 1783/84 Leiter des Philanthropins in Neuwied, von 1784 bis 1788 in Koblenz, seit 1796 diplomatischer Agent in Hessen-Kassel, ab 1800 Professor der deutschen Sprache in Paris 283 An Herrn Schmohl (mit Johann Schweighäuser) 283 Simons, Menno (1496–1561), katholischer Priester aus Westfriesland, seit 1536 Mitglied der Täufer, Begründer der Mennoniten 417 Sinner, Carl Ferdinand von (1748–1826), 1759/60 Schüler Wielands in Bern, Berner Stadtpolitiker, 1785 Mitglied des Großen Rates, 1793 Landvogt von Thun, Offizier EB 3; 65, 370; 233 –‚ Friedrich von (1713–1791), Jurist, Berner Stadtschultheiß, dessen Vater 65; 370; 233 Sokrates (469–399 v. Chr.), griechischer Philosoph 220; 373, 607

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Sommer, Theodosius Samuel (1715–1798), seit 1758 Oberpfarrer in Neunheilingen 227; 621 Spilcker (Spilker), Johann Christoph Ferdinand (1746–1805), Bibliothekar in Weimar, 1775 Akzessist, 1778 Bibliothekar, 1785 Rat 719 Sprickmann, Anton Matthias (1749–1833), Jurist, Historiker und Schriftsteller, 1774 Regierungsrat in Münster, 1778 Professor der Reichsgeschichte und des Staatsrechts in Münster, Mitglied des Kreises von Münster der Fürstin von Gallitzin, 1791 Hofrat und Kommissar der Lehnskammer, 1814 Professor der Rechte in Breslau und von 1817 bis 1829 in Berlin 818 Sprüngli, Daniel (1721–1801), Pfarrer in Stettlen, 1775 Privatgelehrter in Bern, Naturforscher, Besitzer einer Fossilien- und einer Vogelsammlung 67 Staff, August W i l h e l m Ferdinand von (1732–1788), 1745 Page in Weimar, 1756 herzoglicher Hof- und Jagdjunker, 1758 Kammerjunker, 1765 Oberforstmeister und 1775 Kammerherr in Ilmenau 6, 121, 302; 30, 376, 807 –‚ Christian Friedrich August von (1755–1823), 1776 Hofjunker in Weimar, 1782 Kammerjunker, 1789 Kammerherr und Oberforstmeister, seit 1792 in Eisenach, 1804 Landjägermeister, 1815 Oberjägermeister, dessen Bruder 176; 503, 572 Stamitz, Carl Philipp (1745–1801), Komponist und Violinist 862 Starck, Johann August (1811: von) (1741–1816), Theologe, Orientalist, von 1763 bis 1765 Lehrer in St. Petersburg, 1766 Lektor in Paris, 1767 Konrektor in Wismar, 1769 Professor in Königsberg, 1776 Oberhof-

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Register

prediger und Generalsuperintendent, 1777 Gymnasialprofessor in Mitau, 1781 Oberhofprediger und Konsistorialrat in Darmstadt 289, 672 Ueber den Zweck des Freymaurerordens 672 Stein, C h a r l o t t e Ernestine Berhardine Albertine von, geb. von Schardt (1742–1827), bis 1764 Hofdame der Herzogin Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach, 1764 Heirat mit Josias von Stein, seit 1775 Freundin Goethes 1, 3, 6, 8, 9, 10, 11, 13, 14, 19, 24, 26, 27, 28, 29, 32, 33, 35, 37, 39, 40, 41, 42, 44, 45, 46, 48, 49, 50, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 60, 61, 62, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 91, 92, 93, 94, 95, 98, 99, 100, 101, 102, 104, 105, 107, 109, 110, 111, 115, 116, 117, 118, 122, 124, 125, 126, 129, 133, 134, 135, 138, 139, 140, 141, 143, 146, 147, 148, 149, 151, 152, 153, 154, 156, 157, 158, 159, 163, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 178, 180, 183, 185, 186, 188, 189, 193, 194, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 217, 220, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 240, 241, 242, 244, 245, 246, 247, 248, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 258, 260, 262, 263, 264, 265, 266, 268, 270, 271, 272, 273, 274, 276, 277, 278, 279, 280, 282, 283, 284, 285, 286, 287, 288, 290, 292, 293, 294, 295, 296, 297, 298, 299, 300, 301, 302, 303, 304, 307, 308, 309, 310, 311, 312, 313, 314, 315, 316, 319, 320, 321, 322, 323, 324, 325, 327, 328, 330, 331, 332,

334, 335, 336, 337, 340, 341, 342, 343, 344, 346, 347, 348, 351, 353, 354, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 362, 364, 365, 366, 367, 368, 369, 371, 373, 374, 375, 376, 377, 378, 380, 381, 382, 383, 384, 385, 386, 387, 388, 389, 391, 392, 395, 396, 397, 399, 400, 401, 402, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 409, 414, 415, 416, 417, 418, 419, 420, 421, 422, 423, 424, 425, 430, 432, 433, 434, 437, 438, 441, 442, 444, 445, 446, 448, 449, 450, 452, 453, 454, 455, 457, 458, 459, 460, 461, 462, 465, 466, 468, 469, 471, 472, 473, 475, 476, 477, 478, 479, 480, 482, 483, 484, 485, 486, 487, 489, 491, 493, 496, 497, 499, 500, 502, 504, 505, 506, 507, 510, 513, 515, 516, 517, 518, 519, 522, 523, 524, 525, 526, 527, 528, 529, 530, 531, 533, 534, 535, 536, 537, 540, 541, 542, 543, 544, 545, 546, 547, 548, 549, 550, 551, 552, 553, 554, 555, 556, 557, EB 126; 61, 71, 81, 104, 137, 154, 161, 193, 221, 296, 333, 379, 386f., 393, 397, 404; 3–14, 29, 57, 61, 69, 85, 102–104, 116, 131f., 202, 221–223, 225, 234, 252, 256, 288f., 330, 335, 340, 345f., 353, 401, 403–405, 422f., 425, 427, 430, 435, 441f., 455, 460f., 468, 484f., 582, 584, 600, 610, 629, 646, 661, 668, 674, 685, 687f., 703, 715, 727, 746, 748, 763, 772, 795, 838, 842, 861, 871, 885, 899, 908f., 932, 938, 952–954, 1002f., 1013, 1027–1029 Die zwey Emilien 7 〈Zeichnungen〉 254?; 691 Ariadne 650 Homer (nach einer Gipsbüste) 649f. 〈Kopfstudie〉 (nach Kraus) 649 〈Landschaft〉 57; 204

Personen und Werke

–‚

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–‚

Landschaft mit Bauernhäusern 204 Partie im Weimarer Park 204 Gottlob Ernst J o s i a s Friedrich von (1735–1793), Erb- und Gerichtsherr auf Groß-Kochberg, 1755 Kammerassessor, dann Kammerjunker in Weimar, 1760 sachsen-weimarischer Stallmeister der Herzogin Anna Amalia und 1775 Oberstallmeister des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1764 deren Mann 34, 50f., 61f., 74f., 78, 88, 124–126, 129, 139, 142, 150, 153, 156, 160, 188, 194, 207, 212f., 220f., 227, 230, 251, 292, 295, 301f., 328, 335?, 358f., 362; 6f., 70, 129, 185f., 219, 224, 260, 266f., 273, 315, 370, 376, 381f., 385, 393f., 396, 408, 415, 432, 439, 486, 500, 547, 575, 588, 591, 610, 621, 625, 676, 680f., 793, 800, 804, 806f., 886, 905, 967f., 972 Gottlob C a r l Wilhelm Friedrich von (1765–1837), 1780–1783 Zögling des Braunschweiger Collegium Carolinum, 1783 Studium in Helmstedt, ab 1784 in Göttingen, 1787 Kammerjunker am herzoglichen Hof von Mecklenburg-Schwerin, später Kammerherr, seit 1796 Gutsherr auf Kochberg, deren Sohn 136; 7, 164, 273, 400, 415, 649, 967f. Gottlob E r n s t von (1767–1787), Jagdpage am Weimarer Hof, deren Sohn 44, 57, 77f., 136?, 225, 262, 295, 302, 335?, 355, 359; 7, 163, 204, 268, 271–273, 400, 415, 618, 650, 711, 742, 800, 805, 905, 959, 968 Gottlob Friedrich (F r i t z ) Constantin von (1772–1844), 1783 bis 1786 Goethes Zögling, seit 1789 sachsenweimarischer Hofjunker, seit 1791 Student in Jena, 1794 bis 1797 sach-

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sen-weimarischer Kammerassessor und Kammerjunker, seit 1795 Volontär der preußischen Domänenkammer in Breslau, 1798 bis 1807 preußischer Kriegs- und Domänenrat in Breslau, 1810 Generallandschaftsrepräsentant, Gutsbesitzer in Schlesien, deren Sohn 27, 44, 57, 71, 74, 77f., 136?, 142, 151, 154, 156, 160f., 169, 177, 196, 225, 230, 241, 247, 259, 272, 295, 301f., 323–326, 328–330, 359; 5, 7, 85, 98, 105, 115, 163, 204, 224, 247, 249, 251, 261f., 266, 268, 271–274, 342, 384, 389, 393f., 400, 415, 432, 434, 437, 439, 442, 445f., 457, 462, 472, 483, 496, 504, 515, 518, 533f., 551, 559, 561, 566, 588, 591f., 594, 618, 625, 649–651, 670, 677, 701, 742, 746, 800, 804f., 876, 879–881, 883, 885f., 899, 930, 968 –‚ August K a r l von (1800–1871), Jurist, Sohn von Carl und Amalie von Stein auf Kochberg, deren Enkel 3 –‚ deren Töchter 7 –‚ deren Familie 7, 12, 204, 272f., 746 Stein, Henriette Caroline, Freifrau vom und zum, geb. Langwerth von Simmern, verw. von Löw (1721–1783) 180, 609, 620 –‚ Karl Philipp vom und zum (1708–1788), deren Mann 180, 620 –‚ Heinrich Friedrich Carl vom und zum (1757–1831), preußischer Staatsmann und Reformer, deren Sohn 620 Steinauer, Christian Wilhelm (1741–1826), Kaufmann in Leipzig, seit 1765 Inhaber der Firma Carl Benelle und Sohn in „Auerbachs Hof“, 1779/80 Oberkontrolleur, 1795 Dritter Kommissar der Porzellanmanufaktur in Meißen, danach Privatier

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Register

in Naumburg, Freund Friedrich Justin Bertuchs 398; 731, 732, 887 Steinbart, Gotthilf Samuel (1738–1809), Schweizer Theologe, Leiter des pietistischen Waisenhauses in Züllichau, seit 1774 Professor der Philosophie in Frankfurt/Oder, 1787 Oberschulrat und Konsistorialrat in Berlin 54, 1022f. System der reinen Philosophie 1023 Steinbrüchel, Johann Jakob (1729–1796), Theologe, seit 1769 Professor der alten Sprachen in Zürich 1032 Steiner, Jacob (1757–1816), 1773–1778 Student am Collegium Carolinum in Zürich, 1778 auf Reisen in Weimar, 1780 in Dresden und in der Universität Halle, ab 1803 Stadtrat in Winterthur 29; 110f. –‚ Jacob d. Ä., Goldarbeiter in Winterthur, dessen Vater 110f. Steiner, Johann H e i n r i c h (1747–1827), Verleger und Buchhändler in Winterthur 53, 380 Steiner (Steinert), Johann Friedrich Rudolf (1742–1804), Architekt in Weimar, seit 1775 Baukontrolleur, seit 1791 Baumeister 115, 917f. Sterne, Lawrence (1713–1768), englischer Schriftsteller, von 1738 bis 1760 Landprediger in Yorkshire, von 1762 bis 1764 in Toulouse, 1765 in Italien 395 The Life and Opinions of Tristram Shandy 133; 395, 1028f. Stock, Johann Michael (1739–1773), Kupferstecher in Leipzig 257 Stockmar, Johann Heinrich Wolfgang (1707–1785), Medailleur in Ilmenau, seit 1732 sächsisch-weimarischer Hofmedailleur 293?; 795 –‚ Johann Leonhard (1755–1852), Medailleur in Ilmenau, 1789–1835 Stempelschneider und Münzmeister

in Eisenach, dessen Sohn 293?; 794f. 〈Medaillen〉 Auf die Geburt von Prinzessin Louise 794 Stolberg-Stolberg, A u g u s t a Louise Gräfin zu (1753–1835), von 1770 bis 1783 Stiftsdame in Uetersen, Schwester der Grafen Friedrich Leopold und Christian zu Stolberg, seit 1783 zweite Frau von Andreas Peters von Bernstorff 103; 62, 366; 41, 103, 172, 220f., 222f., 246, 403, 839, 983 –‚ Christian Günther Graf zu (1714–1765), Gutsbesitzer in Bramstedt (Holstein), 1738 Offizier der Leibgarde des dänischen Königs Christian VI. in Kopenhagen, 1756 königlicher Hofmarschall, deren Vater 220 –‚ Charlotte Friederike Christiane Gräfin zu, geb. Gräfin zu Castell-Remlingen (1722–1773), deren Mutter 220 –‚ Christian Graf zu (1748–1821), Jurist, Schriftsteller und Übersetzer, 1772 Mitglied des Göttinger Hains, von 1777 bis 1800 dänischer Amtmann in Tremsbüttel (zwischen Hamburg und Lübeck), danach auf seinem Gut in Windebye, deren Bruder 62; 112, 222f. –‚ Friedrich (F r i t z ) Leopold Graf zu (1750–1819), Schriftsteller und Übersetzer, 1772 Mitglied des Göttinger Hains, seit 1777 fürstbischöflicher oldenburgischer Gesandter in Kopenhagen, 1781 Vizehofmarschall in Eutin, 1789 dänischer Gesandter in Berlin, 1791 Kammerpräsident in Eutin, ab 1800 in Münster, deren Bruder 62; 112, 222f. Streiber, Johann Lorenz (1723–1796), Bankier und Kaufmann in Eisenach, 1767 sachsen-weimarischer Kom-

Personen und Werke

merzienrat, 1782 Kammerrat, von 1767 bis 1782 Bürgermeister 23, EB 2, EB 5, EB 39, EB 43, EB 52, EB 64, EB 72, EB 83, EB 87, EB 115; 4, 18, 20, 29, 93, 103, 148, 319, 370, 372, 380f.; 19, 35, 65, 71f., 75, 79–82, 84–86, 87, 109, 136, 215, 304, 335, 430, 479, 666, 768f., 862 –‚ Johann Justin, Zeugmacher und Kaufmann in Eisenach, dessen Vater 84 –‚ Maria S o p h i a , geb. Schmidt (1731–1799), Tochter des Kaufmanns Christian Andreas Schmidt in Langensalza, seit 1754 dessen Frau 22; 84 –‚ V i k t o r i a Maria Augusta (1757– 1835), dessen Tochter, später verheiratet mit Johann Heinrich Catoir 22; 84f. –‚ Johann C h r i s t i a n (1761–1840), Kaufmann und Fabrikbesitzer in Eisenach, dessen Sohn 22; 84 –‚ Marie S o p h i a (1762–1842), dessen Tochter, seit 1781 Frau von Johann Matthias Bansa 22; 84 –‚ August (1766–1818), Kaufmann in Eisenach, 1807 sachsen-weimarischer Legationsrat, dessen Sohn 22; 84 –‚ dessen Familie 85 Streit, L u d w i g Wilhelm Friedrich von (1744–1801), hochfürstlichbrandenburgischer Offizier in Erlangen 305 –‚ Sybilla Maria Theresia, geb. von Imhoff (geb. 1743), Schwester von Christoph Adam Carl von Imhoff, seit 1775 dessen Frau 179 Struensee, Johann Friedrich (1771:) von (1737–1772), Stadtphysikus in Altona, 1769 Leibarzt des dänischen Königs Christian VII., 1771 Geheimer Kabinettsminister 60; 216f.

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Stuber, Johann Georg (1722–1797), seit 1767 Pfarrer an der Thomaskirche in Straßburg, Verfasser von Schul- und Erbauungsschriften 1032 Sturz, Helferich Peter (1736–1779), Jurist und Schriftsteller, dilettantischer Zeichner und Porträtist, 1762–1772 in dänischen Diensten, 1765 Sekretär des Grafen von Bernstorff in Kopenhagen, ab 1773 in Oldenburg, ab 1775 als Etatsrat 56 Beatrice Cenci (Zeichnung nach einer Kopie angeblich von Guido Reni) 56 Sulzer, Johann Georg (1720–1779), Philosoph und Ästhetiker, Pädagoge, Professor der Mathematik am Joachimsthaler Gymnasium in Berlin, 1763 an der Ritterakademie, 1776 Direktor der philosophischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften 152, 286, 323, 1027 Allgemeine Theorie der Schönen Künste 116, 152 Sutor, C h r i s t o p h Erhard (1754–1838), von 1776 bis 1795 Goethes Diener und Schreiber, 1782 auch Spielkartenfabrikant und Inhaber einer Leihbibliothek in Weimar 51, 52?, 57?, 278?, 332; 185, 191, 206, 608, 759, 899 Swedenborg (eigentl. Swedberg), Emanuel (1688–1772), schwedischer Mystiker und Theosoph, Chemiker und Physiker, Akademiemitglied, von 1716 bis 1747 Assessor im Bergwerkskollegium zu Stockholm, danach in Holland und England 329, 342; 887, 928 Arcana coelestia 887, 928 Tasso, Torquato (1544–1595), italienischer Dichter, Hofdichter unter Herzog Alfonso II. d’Este in Ferrara 459, 659 La Gerusalemme liberata 459

1122

Register

Taubenheim, Christian August von (1741–1820), kursächsischer Beamter, 1774–1808 Oberaufseher der Gefürsteten Grafschaft Henneberg in Schleusingen 292, 409, 411f., 414; 793, 993f., 1000, 1009f. Telemann, Georg Philipp (1681–1767), Komponist 211f. Tell, Wilhelm, legendärer Nationalheld der Schweiz 63; 230 Textor, A n n a M a r g a r e t h a Justina, geb. Lindheimer (1711–1783), Frau von Johann Wolfgang Textor, Goethes Großmutter 375 Thümmel, H a n s Wilhelm von (1744–1824), Beamter und Diplomat, Schriftsteller, 1771 Mitglied der Kammer in Gotha und 1783 der Kammer in Altenburg, 1796–1817 Geheimer Rat und Kammerpräsident in Gotha 674 Thun-Hohenstein, Franz Joseph Graf von (1734–1801), österreichischböhmischer Esoteriker und Freimaurer, Freund Lavaters, 1761–1785 am Wiener Hof, seit 1785 in Klösterle (Böhmen) 319, 342; 580, 780, 861, 926–929 Tickell, Richard (1751–1793), englischer Dramatiker und Satiriker 118 Anticipation (Satire) 31; 118 Tieck, Johann L u d w i g (1773–1853), Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber, 1799 bis 1800 in Jena, später u.a. in Dresden, München, Rom, Wien, Prag und in England, von 1819 bis 1842 in Dresden, 1825 Dramaturg am Hoftheater, seit 1842 in Berlin und Potsdam 824 Tischbein, Johann Heinrich W i l h e l m (1751–1829), Maler, Radierer, zunächst in Berlin, von 1780 bis 1799 vorwiegend in Italien, 1782 bis 1787 in Rom, danach in Neapel, 1789 Direktor der Kunstakademie in

Neapel, von 1799 bis 1801 in Kassel, Göttingen und Hannover, dann in Hamburg, seit 1808 in Eutin 343, 347, 360; 90, 289, 480, 722, 739f., 761, 823, 929f., 938, 965–967, 969 〈Gemälde〉 Barbara Schultheß 722, 739f. Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach 343, 347; 925 (Abb.), 929f., 938 Johann Caspar Lavater 722, 739f., 929 –‚ Johann Heinrich d. J. (1742–1808), Maler, seit 1775 Inspektor der Gemäldegalerie in Kassel, dessen Bruder 930 Tobler, Johann G e o r g C h r i s t o p h (1757–1812), Schweizer Theologe, Übersetzer, 1777 Kandidat der Theologie in Genf, Hauslehrer in Basel, 1779 Bibliotheksgehilfe in Genf, 1781 Besuch in Weimar, 1782 Katechet in Fluntern, seit 1784 Prediger in Offenbach a. M., 1794 in Veltheim bei Winterthur, 1799 Senator der Helvetischen Republik, 1801 Pfarrer in Wald bei Zürich, Freund und Schüler Lavaters 263, 265, 267, 274, 288, 303, 325, 330, 339, 343, 354, 404; 431, 579, 712, 722, 724f., 739f., 747f., 785, 787, 808, 836, 838, 881, 891, 893, 909f., 913–915, 926, 931, 956f. Fragment (‚Naturfragment‘ im ‚Journal von Tiefurth‘) 724 Sophokles (Übersetzung) 725, 748, 913 〈Übersetzungen〉 274; 724f., 748, 913 Agamemnon (Aischylos) 748 Der gebundene Prometheus (Aischylos) 748 Die am Grabe Opfernden (Aischylos) 748 Die Flehenden (Aischylos) 748

Personen und Werke

Die Perser (Aischylos) 748, 913 Die sieben gegen Theben (Aischylos) 748 Epigramme (aus der Anthologia Graeca, mit Knebel) 725 Eumeniden (Aischylos) 748 Herkules (Euripides) 748 Hippolytos (Euripides) 748 –‚ Johannes (1732–1808), Schweizer Theologe, Übersetzer und Schriftsteller, 1777 zweiter Archidiakon und Chorherr am Großmünster in Zürich, dessen Vater 274; 307, 747 Toggenburg(er), Johann Ulrich (1734–1788), Arzt in Marthalen (Kanton Zürich) 13; 50 Trebra, Friedrich Wilhelm H e i n r i c h von (1740–1819), Mineraloge, 1767 Bergmeister und 1773 Vizeberghauptmann in Marienberg im Erzgebirge, 1779 Bergmeister in Zellerfeld, 1791 Berghauptmann in Clausthal, seit 1795 auf seinem Gut Bretleben an der Unstrut lebend, 1801 Oberberghauptmann in Freiberg in Sachsen EB 20, EB 53, EB 84, EB 131; 182, 375; 295f., 305, 317, 381, 508f., 511, 513f., 750, 997 Einige wenige unvollkommene Bruchstücke, vom Äußern und Innern des Harztes (Manuskript) 813 Trier, Clemens Wenzeslaus (August Hubert Franz Xaver) Kurfürst und Erzbischof von (1739–1812), Sohn des Kurfürsten Friedrich August II. von Sachsen 424 Trier, Johann Friedrich (1652–1709), Jurist, seit 1684 Bibliothekar in Dresden, seit 1690 kursächsischer Hofund Justizrat, seit 1701 Betreiber eines Bergwerkes in Glücksbrunn 411 Trippel, Alexander (1744–1793), Schweizer Bildhauer, nach Studien

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in London, Kopenhagen und Paris seit 1776 in Rom 280; 34, 213, 453, 762f. Tscharner, Niklaus Emanuel (1727–1794), schweizerischer Politiker und Ökonom, seit 1764 Mitglied des Großen Rates in Bern, 1767–1773 Obervogt der Herrschaft Schenkenberg an der Aare, Gutsbesitzer und Landwirt in Kehrsatz bei Bern EB 108; 236, 396 –‚ Vinzenz Bernhard (1728–1778), schweizerischer Politiker und Historiker, seit 1764 Mitglied des Großen Rates in Bern, dessen Bruder 236 Dictionnaire géographique, historique et politique de la Suisse siehe Anonyma und Periodika Türckheim, Anna Elisabeth (L i l i ), geb. Schönemann, seit 1778 Frau von Bernhard Friedrich von Türckheim, 1775 Goethes inoffizielle Verlobte 41, 221, 898 Ulner von Dieburg, Johann Wilhelm Franz (1715–1771), kurpfälzischer Obristhofmarschall, Obristküchenmeister, Oberamtmann in Umstadt und Otzberg, Grundherr zu Dieburg, Winterkasten und Grombach 16 Unbekannt –‚ altes Weib in Frauenfeld 63; 229 –‚ Bedienter 322 Goethes 127 Herzogin Louises 106 –‚ Bibliothekar 399 –‚ Bote(n) 225, 293, 362f.; 431, 619, 972, 1003 Charlotte von Steins 150, 175, 228; 498f., 622 Goethes 50, 122, 133, 141f., 173, 188, 229, 292f., 352; 184, 369, 378, 396, 459, 492, 494, 624, 796

1124

Register

Knebels 169; 482, 1036 nach Ilmenau 114; 25, 368 –‚ Botenfrau 321; 868 –‚ Bruins oder Bruire, Maler 5, 17; 23, 66 〈Zeichnungen〉 5; 23, 66 –‚ Fechtmeister in Leipzig 290 –‚ Fürst (Abt im Kloster Maria-Einsiedel) 63; 230 –‚ Fuhrmann 14, 106, 328; 341 –‚ Gefährte Philipp Christoph Kaysers 303; 809 –‚ Hofdamen in Meiningen 159; 455 –‚ Hautboisten 221; 610 –‚ Husar 222f., 229–231; 270, 378, 396, 408, 612, 617, 623f., 796, 972, 1003 –‚ Kupferhändler 114 –‚ Kutscher 220 –‚ Mann und Frau in Ilmenau 124; 381 –‚ Mennoniten 143; 417 –‚ Misel(s) 51, 105; 126, 185, 339, 384 –‚ Mörder, Diebe und Hehler in Ilmenau 122; 379 –‚ Ochsentreiber 134 –‚ Reitknecht 71, 352; 23, 89, 251f. –‚ Sänger 207; 575 –‚ Sänger und Sängerinnen in Wien 861 –‚ Sängerin 11; 40 –‚ schwarzverhüllte Begleiterin Charlotte von Steins 98; 319f. –‚ Überbringer eines Briefes siehe Bote(n) –‚ Vater und Sohn in Ilmenau 124 –‚ Verfasser eines Briefes an Pfenninger 49, 1023f. –‚ Vorreiter siehe Reitknecht –‚ Würzburgische Untertanen 143; 416 Unbekannte Adressaten von Briefen Goethes EB 7, EB 16, EB 45, EB 61, EB 96, EB 120

Vergil (Publius Vergilius Maro) (70–19 v. Chr.) 127 Bucolica (Eklogen) 98 Verschaffelt (Verschaffeldt), Peter Anton von (1710–1793), aus Gent stammender Baumeister in Mannheim, Hofbildhauer, 1758 Leiter der Zeichnungs- und Bildhauerakademie 32, 256, 477 –‚ Maximilian von (1754–1818), flämischer Maler, Bildhauer und Baumeister in Mannheim, von 1782 bis 1793 in Rom, seit 1793 in München und Wien, dessen Sohn 763 Villoison, Jean Baptiste Gaspard d’Ansse de (1750/53–1805), französischer Philologe, Gräzist EB 59; 32, 385; 119–121 Anecdota graeca (Hrsg.) 119f. Homeri Ilias (Hrsg.) 119f. Vlieger, Simon de (um 1601–1653), niederländischer Maler und Radierer 663f. Vogel, Christian Georg Carl (1760–1819), von 1782 bis 1789 sowie auch später Schreiber und Sekretär Goethes, 1789 Geheimer Kanzlist, 1794 Geheimer Botenmeister, 1802 Geheimer Kanzleisekretär in Weimar, 1815 Kanzleirat, Geheimer Sekretär und Schatullverwalter des (Groß-)Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 308, 546, 676, 836 Vogel, Samuel Gottlieb (1832: von) (1750–1837), Arzt, 1764–1771 Studium in Göttingen 189 De lithophago et polyphago Ilfeldae nuper mortuo et dissecto 189 Historisch-medizinische Abhandlung von dem zu Ilfeld verstorbenen und geöfneten Vielfraß und Steinfresser 189f. Vogler, Georg Joseph (gen. Abbé Vogler) (1749–1814), Komponist und Mu-

Personen und Werke

siktheoretiker, 1776 Geistlicher Rat und Vizekapellmeister in Mannheim, 1784 Hofkapellmeister in München, 1786–1792/96 Kapellmeister und Prinzenerzieher in Stockholm, 1807 Hofkapellmeister in Darmstadt EB 21; 16, 932 〈Kompositionen〉 Erwin und Elmire (Goethe) 376 Lampedo (Lichtenberg) 3; 16 Voigt, Christian Gottlob d. Ä. (1807: von) (1743–1819), seit 1766 sachsen-weimarischer Verwaltungsbeamter, 1775 Rat, von 1777 bis 1791 Mitglied der herzoglichen Regierung und von 1788 bis 1814 der Kammer in Weimar, 1783 Geheimer Archivrat, 1789 Geheimer Regierungsrat, 1791 Geheimer Assistenzrat, 1794 Geheimer Rat, 1802 Kammer-, 1807 Oberkammerpräsident, von 1791 bis 1815 Mitglied des Geheimen Consiliums, 1815 Staatsminister und Präsident des Staatsministeriums 345; 317, 653–655, 656f., 693, 953 Über den Familienkontrakt 655 Ueber die Preisaufgabe: Welches sind die besten ausführbaren Mittel, dem Kindermord Einhalt zu thun? 243; 653, 655–657, 953 –‚ Gottlieb Wilhelm (1709–1769), Amtsadjunkt in Dornburg, seit 1742 Rat und Amtmann in Allstedt, dessen Vater 653 –‚ Christiana Sophia, geb. Müller (1719–1758), dessen Mutter 653 –‚ Johann Carl Wilhelm (1752–1821), Geologe und Mineraloge, 1783 Bergsekretär in der herzoglichen Bergwerkskommission für Ilmenau, 1789 Bergrat, Mitaufseher über den Bergbau, auch Bürgermeister, dessen Bruder 86, 144, 178f., 291, 300,

1125

345; 289f., 295, 305, 320, 374f., 390, 398, 421–424, 506–514, 641, 654, 667, 749, 790, 799, 802f., 935f. Mineralogische Beschreibung des Hochstifts Fuld 935 Mineralogische Reise durch das Herzogthum Weimar und Eisenach 1780 (Manuskript) 86; 290, 320, 374f., 505, 508 Mineralogische Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach und einige angränzende Gegenden, in Briefen 274, 291, 345; 290, 422, 506–514, 667, 749, 790, 799, 935f. Petrographische Landkarte des Hochstifts Fuld 935 Schreiben an Prof. Leske über die Rhönberge 421, 423f. Voigt, Johann Heinrich (1751–1823), Mathematiker, Physiker, Gymnasialprofessor in Gotha, seit 1789 Professor in Jena, 1798 Hofrat, 1817 Geheimer Hofrat 259 Kurze Nachricht von dem physikalischen Cabinet des Herausgebers 259 Voigts, Johanna (J e n n y ) Wilhelmine Juliane von, geb. Möser (1749–1814), Tochter des Historikers Justus von Möser in Osnabrück 427, 456, 470; 278; 488, 501, 757f., 760, 769–771, 772, 776, 787, 817f., 837–839 –‚ Johann Gerlach Jost von (1741–1797), Gutsbesitzer in Melle, Justizrat in Osnabrück, von 1768 bis 1794 deren Mann 769 –‚ dessen Vater 769 Volgstedt (Volgstädt), Carl Albrecht von (1732–1784), 1760 Assessor der Kriegskommission, 1761 Kriegsrat in Weimar, 1781 entlassen 55, 183, 410; VIII, 10, 198, 201, 444, 517, 532, 536, 545, 791, 987, 995f.

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Register

Volkmann, Johann Jacob (1732–1803), Reise- und Kunstschriftsteller und Übersetzer in Leipzig, ab 1757 Reisen durch Europa, u.a. nach Italien, Frankreich und den Niederlanden, seit 1764 auf seinen Landgütern bei Leipzig 234 Joachim von Sandrart: Teutsche Academie der Bau-, Bildhauer- und Maler-Kunst (Hrsg.) 234 Voltaire (eigentl. François Marie Arouet) (1694–1778) 90, 117f., 235, 350, 377, 383, 400, 675, 836, 871 〈Dramen〉 Irène 31?; 117f. Mérope 836 Le blanc et le noir 125; 383 Le monde comme il va, Vision des Babouc 400 Le taureau blanc 350, 377 Vorsterman, Lucas Emil d. Ä. (1595–1675), flämischer Kupferstecher 631 〈Kupferstiche〉 Brutus (Rubens) 233, 235f.; 628 (Abb.), 631 Voß, Johann Heinrich d. Ä. (1751–1826), Philologe, Schriftsteller und Übersetzer, seit 1772 Student der Theologie und Philologie in Göttingen und Mitglied des Göttinger Hains, 1778 Schulrektor in Otterndorf, 1782 der Gelehrtenschule in Eutin, 1786 Hofrat, 1802 Privatgelehrter in Jena, 1805 SinekureProfessur in Heidelberg 376 Odyssee (Homer-Übersetzung) 376 Vulpius, Johanna Christiana (C h r i s t i a n e ) Sophia (1765–1816), seit 1788 Lebensgefährtin Goethes, seit 1806 dessen Frau 7, 324 –‚ Christian A u g u s t (1762–1827), Jurist, Schriftsteller, Dramatiker und Bibliothekar, von 1786 bis 1788 Privatsekretär in Nürnberg, Privatgelehrter u.a. in Erlangen und Leipzig,

seit 1790 Dramaturg am Theater in Weimar, seit 1797 Bibliotheksregistrator, 1800 Bibliothekssekretär, 1805 Bibliothekar, 1814 erster Bibliothekar, deren Bruder 339?; 212, 917 Wagenknecht, Anne D o r o t h e e (1736–1806), von 1775 bis 1789 Goethes Köchin 52?, 278; 164, 191, 204, 759 Wagner, Abraham (1734–1782), Verleger in Bern 17, 59; 68 Prospectus (Merkwürdige Prospekte von den Schweizer-Gebürgen) 17, 59; 68 Wagner, Heinrich Leopold (1747–1779), Jurist, Schriftsteller und Übersetzer, 1774 Privatlehrer in Frankfurt a. M., seit 1776 Rechtsanwalt, Goethes Kommilitone in Straßburg 762 Neuer Versuch über die Schauspielkunst (Mercier-Übersetzung) 762 Wagner, Johann Conrad (1737–1802), Kammerdiener von Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1787 auch Kämmerer, 1796 Schatullier 306?; 376, 608, 710, 816 Wagner, Maler 480 Walch, Carl Friedrich (1734–1799), Jurist, 1757 Professor in Jena, 1771 sachsen-gothaischer Hofrat, 1783 Geheimer Justizrat und Mitglied der Polizeikommission 391 Waldner von Freundstein, Louise A d e l a i d e (Laide) (1746–1830), seit 1775 Hofdame der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, von 1780 bis 1784 Erzieherin der Prinzessin Louise Augusta Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach 37, 51, 67, 71?, 75, 80, 88, 114, 129, 193, 221, 230, 239, 263,

Personen und Werke

277, 301, 366; 141f., 186, 237, 251, 267, 277, 293, 328, 366, 390, 444, 529, 543, 572, 609, 625, 645, 712, 754, 804, 808, 820, 983 Wartensleben, Charlotte Wilhelmine I s a b e l l a Gräfin von, geb. Gräfin zu Lynar (1743–1811), seit 1765 Frau des Feldmarschall-Leutnant Friedrich Leopold Wartensleben, Gutsbesitzerin in Exten bei Rinteln (Westfalen), Pietistin, 1788 in Köstritz (Vogtland), 1798 in der Brüdergemeine in Kleinwelka (Lausitz), Freundin Charlotte von Steins 250, 253; 677f., 687f. –‚ Carl Friedrich G i d e o n Graf von (1765–1783), deren Sohn 253; 687f. Waser, Johann Heinrich (1742–1780), Schweizer Theologe und politischer Schriftsteller, 1770 Pfarrer in der Kreuzkirche bei Zürich, 1774 suspendiert, 1780 wegen Landesverrats hingerichtet 49, 68, 81, 83, 94, 102, 107, 114, 141, 147f., 151, 157, 221; 176, 178f., 239–241, 281–283, 287, 308, 330, 345, 366f., 414, 426–428, 434, 447, 612, 727 Bevölkerung des löbl. Cantons Zürich, in verschiedenen ZeitAltern 179, 427f. Dispüten in Zürich, über das StatsRecht dieses Cantons, bei Gelegenheit der französischen Allianz 179, 427f. Schweizer-Blut und Franz-Geld politisch gegeneinander abgewogen von einem alten Schweizer 179, 427f. Ursprung und Beschaffenheit des Kriegs-Fonds in Zürich 179, 427f. –‚ Anna Cleophea, geb. Scheuchzer, seit 1765 dessen Frau 283 –‚ Heinrich, Bäcker in Zürich, dessen Vater 283

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Watteau, Jean A n t o i n e (1684–1721), französischer Maler 663f. 〈Zeichnungen〉 663f. Wedel, Otto Joachim M o r i t z von (1752–1794), Beamter am herzoglichen Hof in Weimar, 1763 Page, 1772 Hof- und Jagdjunker, 1775 Kammerjunker und Hofmarschall, 1776 Kammerherr und Oberforstmeister, 1788 Mitglied des Kammerkollegiums, 1789 auch Mitglied der Schlossbaukommission 194, 225, 340, 370; 13f., 19, 21, 27, 35, 40, 243, 275, 536, 547, 550, 572, 619, 719, 920, 1027 Wedgwood, Josiah (1730–1795), englischer Töpfer und Unternehmer, 1769 Gründer der nach ihm benannten Porzellanmanufaktur 324 Weichler, Johann (um 1721–1784), Kammerdiener von Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach 280 Weisbrod, Carl Wilhelm (1743–um 1806), Kupferstecher 153 Weishaupt, Johann A d a m Joseph (1748–1830), Jurist, 1772 Professor in Ingolstadt, 1776 Gründer des Illuminatenordens, 1784/85 entlassen und aus Bayern verbannt, seitdem in Gotha, Legations- und später Hofrat 91 Weiße, Christian Felix (1726–1804), Schriftsteller, Übersetzer, Pädagoge, Zeitschriftenredakteur und -herausgeber, seit 1762 Kreissteuereinnehmer in Leipzig 749 Weitolshausen, Ludwig (Louis) Carl von, gen. Schrautenbach (1724–1783), Berater am Darmstädter Hof, Diplomat der Herrnhuter Brüdergemeine, Schriftsteller, Freund Johann Heinrich Mercks EB 6; 41, 371; 19, 154f.

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Register

Wekhrlin, Wilhelm Ludwig (1739–1792), Schriftsteller, Journalist, von 1772 bis 1777 in Wien, von 1777 bis 1792 in Nördlingen (ab 1787 inhaftiert), 1792 in Ansbach 353; 657, 953–955, 959 Chronologen siehe Anonyma und Periodika Das Bürgermeisteramt des Harlekin 954 Der Michtopf. Ein Märchen 353, 355; 953f. Deutschland. Eine politische Lektion 954 Probe der Politesse der deutschen Musen des achtzehnten Jahrhunderts 953 Werke der Gastfreundschaft, oder Die Juden zu Wien 955 Wende (Wencke), Christian Benjamin (1722–1797), Diener in der herzoglichen Stallmeisterei in Weimar, auch Diener im Hause Josias von Steins 335; 905, 920 Werner, Abraham Gottlob (1749–1817), Geologe und Mineraloge, seit 1775 Professor an der Bergakademie in Freiberg, 1792 Bergkommissionsrat, 1799 Bergrat EB 79*; 389; 290, 295, 305, 421, 506, 511, 654 Versuch einer Mineralogie (Cronstedt-Übersetzung) 421 Von den äußerlichen Kennzeichen der Foßilien 421 Wernich, Johann Carl Gustav (geb. 1752), Schriftsteller EB 22*, EB 35*; 376 Werthern-Beichlingen auf Frohndorf, Christian Ferdinand Georg von (1738–1800), 1774 herzoglicher Kammerjunker in Weimar, 1775 Kammerherr und bis 1780 auch Reisestallmeister, 1794 Oberkammerherr 144, 272, 625, 741, 840, 865

–‚ Amalie (E m i l i e , Amelie, Anna Amalia) Christine Philippine von, geb. von Münchhausen (1757–1844), seit 1775 dessen Frau, 1785 Geliebte Johann August von Einsiedels, seit 1788 Einsiedels Frau 12?, 35?, 38, 61?, 70?, 78, 81, 153, 164, 172f., 193, 230, 272, 315, 404; 35, 42f., 46, 96, 103, 124, 131f., 136, 144, 183, 222, 250, 272, 277, 281, 301f., 331, 439f., 467f., 493, 495, 529, 535, 542, 572, 625, 683, 717, 741, 808, 840, 912–914, 955, 959, 1030–1034 Werthern-Beichlingen auf Neunheilingen, Jacob Friedemann Graf von (1739–1806), Reichsgraf, kursächsischer Beamter und Diplomat, Gutsbesitzer auf Neunheilingen bei Langensalza 350; 220, 222, 224, 227, 275; 10, 180, 208f., 490f., 547, 608–610, 613f., 616f., 620f., 666, 667f., 751, 868, 917 〈Verse für einen Aufzug der vier Jahreszeiten〉 668 –‚ Johanna L o u i s e Gräfin von, geb. vom und zum Stein (1751–1811), seit 1773 dessen Frau EB 103; 194, 220, 222, 224, 226–228, 246, 321, 339; 10, 180, 208f., 373, 490f., 547, 608–610, 613, 617, 620f., 623, 667f., 868, 898, 913, 917, 971 –‚ Jacobine Henriette Juliane von (1775–1776), deren Tochter 667 –‚ L o u i s e Henriette Caroline von (1774–1836), deren Tochter, 1780–1784 Internat in Lausanne, seit 1802 Frau von Friedrich Christian Ludwig Senfft von Pilsach 180, 667 Werthes, Friedrich August Clemens (1748–1817), Hofmeister im Hause des Grafen von Lippe-Alverdissen, 1782 Professor der Ästhetik in Stuttgart, 1784 in Pest (Ungarn), 1791

Personen und Werke

Privatier und Hofrat in Stuttgart, Schriftsteller 43, 889 〈Übersetzungen〉 Das grüne Vögelchen (Gozzi) 12; 43 Das öffentliche Geheimniß (Gozzi) 889 Weygand, Johann Friedrich (1743–1807), Buchhändler und Verleger in Helmstedt, seit 1770 Verleger in Leipzig 172, 983 Wiedeburg, Johann Ernst Basilius (1733–1789), Physiker, Astronom, Mathematiker, 1756 Universitätsbibliothekar in Erlangen, seit 1757 Professor der Philosophie, seit 1760 der Philosophie und Mathematik in Jena 718 Beschreibung der Stadt Jena 718 Wiegleb, Johann Christian (1732–1800), Naturforscher, Chemiker und Apotheker in Langensalza, Senator und Oberkämmerer 228?; 621f. Anfangsgründe der Chemie (Hrsg.) 622 Handbuch der allgemeinen Chemie 621 Historisch-kritische Untersuchung der Alchemie 621 –‚ dessen Familie 228?; 621 Wieland, Christoph Martin (1733–1813), von 1769 bis 1772 Professor der Philosophie in Erfurt, von September 1772 bis 1775 Erzieher des Erbprinzen Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach in Weimar, seit 1775 Schriftsteller in Weimar, Übersetzer, Begründer und Herausgeber des „Teutschen Merkur“ 5, 43; 7, 15?, 40f., 57, 82, 95, 106, 112, 158, 193; 7, 17f., 21, 32, 34, 46, 57f., 100f., 120, 126, 127f., 140, 144, 146f., 149, 151f., 154, 202, 206, 233, 256, 285f., 289,

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303, 309, 323, 326, 343f., 359–362, 373, 383, 405, 422, 456, 471, 503, 543f., 560, 592, 644, 654, 674f., 702f., 721, 723, 749, 773, 780, 805, 817, 822, 827, 843, 885, 953, 958f., 970, 981, 1027 Alceste (Singspiel) 373 An Olympia (Gedicht) 355; 953, 958f. Briefe an einen Freund über das deutsche Singspiel „Alceste“ 383 Cantate auf den 30sten Jenner 193; 543f., 560 Gedanken über die Ideale der Alten 82; 285 Hirzel an Gleim über Sulzer den Weltweisen (Rezension) 286 Idris 126 Musarion oder Die Philosophie der Grazien 126 Oberon 33, 40, 57, 82, 95; 126f., 149, 202, 285, 309f., 361 Rosamund 26; 32, 101 Shakespeares Theatralische Werke (Übersetzung) 126, 153 Von schönen Seelen 373 –‚ Anna Dorothea, geb. von Hillenbrand (1746–1801), Tochter des Augsburger Ratsherrn und Kaufmanns Johann David (von) Hillenbrand, seit 1765 dessen Frau 128 Wille (Will), Johann Georg (1715–1808), Kupferstecher, seit 1736 in Paris 147 Willemer, Johann Jacob (1816: von) (1740–1838), Bankier in Frankfurt a. M., von 1789 bis 1792 Senator, von 1800 bis 1802 und 1804 Mitglied der Theaterdirektion, Schriftsteller 213?; 592f., 956 –‚ Maria Magdalena, geb. Lang (1763–1792), seit 1780 dessen erste Frau 213?; 592 Winckelmann, Johann Joachim (1717–1768), deutscher Archäologe

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und Kunsthistoriker in Rom, 1748 bis 1755 Bibliothekar des Grafen Heinrich von Bünau in Nöthnitz bei Dresden, seit 1755 in Rom, 1763 von Papst Clemens XIII. zum Präsidenten (Aufseher) der Altertümer in Rom ernannt, 1768 ermordet 635, 765f., 966 Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst 966 Geschichte der Kunst des Alterthums 635, 765 Woellwarth-Essingen, Johanna M a r i a n n e Henriette von (1752–1815), seit 1775 Hofdame der Herzogin Louise Auguste von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1804 Oberhofmeisterin, seit 1782 Frau von Moritz von Wedel 80, 193; 277, 543 Wolf, Caspar (1735–1798), Schweizer Landschaftsmaler, seit 1760 in Aarau, 1769–1771 in Paris, 1774–1777 in Bern 372; 68 〈Gemälde〉 68 Merkwürdige Prospekte von den Schweizer-Gebürgen 372; 68f. Vues remarquables des montagnes de la Suisse 68f. Wolf, E r n s t Wilhelm (1735–1792), seit 1768 Konzertmeister in Weimar, 1772 Kapellmeister, 1775 Hofkapellmeister, Komponist 193, 202?, 252; 197, 211, 272, 342, 544, 560, 568, 583, 682 Cantate auf den 30sten Jenner 1781 (Wieland-Vertonung) 193; 544, 560 〈Chor zu den „Vögeln“〉 (GoetheVertonung) 272, 342 Ostercantate (Herder-Vertonung) 252; 682 Wolf, Johann Adam, Diener und Schreiber von Goethes Vater in Frankfurt a. M., Jugendfreund

Philipp Seidels EB 29*, EB 70*, EB 74*; 378 Wouwerman, Philips (1619–1668), niederländischer Maler 256f. Württemberg –‚ F r i e d r i c h Eugen Prinz von (1732–1797), preußischer General, seit 1795 Herzog 860 –‚ Friederike Sophie D o r o t h e e Herzogin von, geb. Prinzessin von Brandenburg-Schwedt (1736–1798), dessen Frau 860 –‚ Ferdinand Friedrich August Prinz von (1763–1834), seit 1806 Herzog, österreichischer General, seit 1805 Feldmarschall, deren Sohn 860 –‚ Elisabeth Wilhelmine Louise Prinzessin von (1767–1790), seit 1788 verheiratet mit Erbherzog Franz von Österreich, deren Tochter 860 –‚ S o p h i e D o r o t h e a Auguste Louise, deren Tochter siehe Russland, Maria Fjodorowna von –‚ Carl Eugen von (1728–1793), seit 1737 Herzog unter Vormundschaft, seit 1744 Regent, dessen Bruder 13, 227 Wyttenbach, Jacob Samuel (1748–1830), Theologe und Naturforscher, Pfarrer an der Heiliggeistkirche in Bern, seit 1798 Professor für Naturgeschichte an der Universität Bern, Besitzer naturkundlicher Sammlungen 18, 413; 59, 65, 96; 67f., 69, 214, 313, 423, 750 Beschreibung einer Reise (Merkwürdige Prospekte von den Schweizer-Gebürgen) 68 Erklärung der Kupfertafeln (Merkwürdige Prospekte von den SchweizerGebürgen) 68 Kurze Anleitung für diejenigen, welche eine Reise durch einen Theil der merkwürdigsten Alpgegenden 〈…〉 machen wollen 67f.

Personen und Werke

Reisen durch die Alpen (SaussureÜbersetzung) 275; 67, 423, 750 Yver, Pieter (1712–1787), niederländischer Kupferstecher und Kunsthändler Supplement au Catalogue raisonné de toutes les pièces qui forment l’Oeuvre de Rembrandt 291 Zach, Johann F r a n z Xaver Vitus Friedrich (1765:) von (1754–1832), Astronom und Militär ungarischer Herkunft, um 1776 Vermessungsingenieur in Lemberg, seit 1786 Offizier in sachsen-gothaischen Diensten, von 1787 bis 1806 auch Leiter der herzoglichen Sternwarte, seit 1827 vorwiegend in Paris 91 Zahn, Georg August (1725/26–1796) Hofmusiker in Weimar 317; 856 Zaupser, Andreas Dominicus (1748–1795), Aufklärer und Publizist in München, seit 1773 Bayerischer Hofkriegssekretär, später Professor an der Militärakademie 954 Ode auf die Inquisition 954 Zedlitz, Karl Abraham von (1731–1793), Jurist, 1770 Wirklicher Geheimer Etats- und Justizminister in Preußen, 1771–1788 auch Kirchen- und Unterrichtsminister, Reformer des preußischen Schulwesens 1022f. Zeeman (eigentl. Nooms), Reinier (um 1623–um 1667), niederländischer Maler 663f. 〈Zeichnungen〉 664 Zelter, Carl Friedrich (1758–1832), Maurer- und Baumeister in Berlin, Komponist, 1800 Direktor der Singakademie, seit 1799 mit Goethe befreundet 381, 522, 797 Gesänge der Liedertafel (Hrsg.) 522

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Zentner, Johann Leonhard (1761–1802), Tapetenmaler und Kupferstecher, 1777–1780 in Paris 41; 153f. –‚ Franz (1726–1779), Hofuhrmacher in Darmstadt, dessen Vater 153 Ziegesar, F r a n z (Friedrich) Ludwig (Louis) Ernst C a r l von (1749– 1826), sachsen-meiningischer Hofbeamter, Oberforstmeister, seit 1802 Oberjägermeister 171, 173; 489f., 495 Ziehen, Conrad Sigismund (Siegmund) (1727–1780), Theologe, 1756 Feldprediger und 1759 Hofkaplan in Hannover, 1764 Superintendent in Münder, 1769 erster Pastor in Zellerfeld und Superintendent des Kommunionharzes 68, 82f.; 217f., 240, 286, 457 Nachricht von einer bevorstehenden großen Revolution der Erde 〈…〉. Mit einem Anhange über das Buch Chevilla (Druck) 218 Vorläufige allgemeine Nachricht, 〈…〉 das Buch Chevila betreffend (Handschrift) 60; 217f., 286f. Zimmermann, Johann Georg (1786: von) (1728–1795), Schweizer Arzt und Schriftsteller, seit 1754 Stadtphysikus in Brugg (Schweiz), 1768 königlicher Leibarzt in Hannover, Freund und Mitarbeiter Lavaters 53, 55f., 310, 729, 782, 791 Zingg, Adrian (1734–1816), Schweizer Zeichner, Radierer und Kupferstecher, 1750 in Paris, 1766 in Dresden 89, 97; 295–297, 317 Zollikofer, Georg Joachim (1730–1788), Schweizer Theologe, seit 1758 Prediger an der reformierten Kirche in Leipzig, Schriftsteller 749 Zopfli (Zopfi), Isaac, Schweizer Landschreiber und Vogt in Oberhasli im

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Kanton Bern, Angehöriger einer einflussreichen und weit verzweigten Oberhasler Familie 74 Zorn von Plobsheim, Wolf Christoph (1655–1721), Architekt, Bauingenieur, Offizier 93 Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Bernhard’s des Großen 〈…〉 Heldenthaten 〈…〉 (Hrsg.) 93

Zuccari, Taddeo (1529–1566), italienischer Maler 768 〈Zeichnungen〉 Die Heilung des Eutychius 768 Zürich / Naturforschende Gesellschaft 67, 584, 587, 638, 684, 1033 Zwingli, Ulrich (Huldrych) (1484–1531), schweizerischer Pfarrer, Theologe und Politiker, Begründer des reformierten Protestantismus 417

Werke Goethes

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Werke Goethes 〈Albrecht Dürer〉 (Aufsatzplan, nicht ausgeführt) 39; 50, 107, 148 〈Anteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“〉 380, 406, 704 Brutus 380 Caesar 380 Homer 380 Klopstock 380 Rameau 380 Zugaben 〈Zum Fragment „Einige Gründe der Verachtung und Verspottung der Physiognomik“〉 380 〈Zum Fragment „Von den oft nur scheinbaren Fehlschlüssen der Physiognomisten“〉 380 〈Zum Fragment „Von der Physiognomik überhaupt“〉 380 Anekdoten zu den Freuden des iungen Werthers 273?; 747 Anzeige Mineral und lithologischer Merckwürdigkeiten der beyden Ämter Lichtenberg und Kaltennordheim 358, 514 Aufzug des Winters 201f., 206f., 209, 212, 216f.; 10, 566, 573, 575f., 582, 600–603 Aus Goethes Brieftasche (Anhang zu Heinrich Leopold Wagners MercierÜbersetzung „Neuer Versuch über die Schauspielkunst“) 762 Nach Falkonet und über Falkonet 256, 762f. Betrachtungen über die abzuschaffende Kirchenbuße 495, 656 〈Biographie von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar〉 (nicht ausgeführt) 23f., 40; 29, 60, 92f., 149, 242f., 487f., 528 Briefe auf einer Reise nach dem Gotthardt (später Briefe aus der Schweiz)

39f., 42, 109, 114, 152, 321f.; 17, 46, 60, 68f., 131, 133, 140, 142f., 157f., 227, 353, 365f., 436, 869–871 Briefe aus der Schweiz 158, 250f., 727 Clavigo 15f., 160, 547 Das Louisenfest 113f. Der Bürgergeneral 674 Der Groß-Cophta 580 Des Joseph Balsamo, genannt Cagliostro, Stammbaum 580 Dichtung und Wahrheit 3. Buch 826 5. Buch 15 7. Buch 775 8. Buch 211, 478, 828 10. Buch 618 12. Buch 437 13. Buch 353, 770, 772 14. Buch 437, 609, 781f. 15. Buch 437 17. Buch 64 18. Buch 229f., 437 19. Buch 239, 307, 309f. 20. Buch 501 Die Fischerin 850f. Die Geschwister 194, 395; 461, 499, 546f., 895, 898 Die Leiden des jungen Werthers 46, 361, 366; 18, 26, 41, 55, 172, 200, 588, 747, 971, 973f., 982f. Die Mitschuldigen 26, 43, 57?, 94, 188; 99f., 160, 203, 307, 531f. Die Mystificirten 580 Die Vögel 40?, 57?, 74–76, 78–80, 86–88, 90, 92, 97, 101, 104, 106, 146, 173, 249, 386, 388; 8, 13, 115, 149, 203, 262–264, 266, 269, 272, 274f., 278, 286, 289, 292f., 299f., 305, 311, 315, 327–329, 332,

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335–337, 339, 341–345, 348, 360, 362, 425, 493, 542, 607, 673, 676, 825, 1028f. Epilog 87; 263, 292, 342, 1028 Die Wahlverwandtschaften 444 Dritte Wallfahrt nach Erwins Grabe im Juli 1775 562 Egmont 314?, 362; 158,427, 456, 838, 955, 971f. Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Styl 763–765 Ein Wort über den Verfasser des Pilatus 932 Ein Zug Lappländer siehe Wir kommen in vereinten Chören 〈…〉 (Gedichte) Elpenor 313; 836, 932 Erwin und Elmire 376 Faust 375, 437, 810, 838, 887f. Faust (Frühe Fassung) 387, 542, 620

〈Gedichte〉 53, 58, 305, 312?, 325; 13, 31, 36, 207, 445, 793, 812f., 879–881 Alles gaben Götter die unendlichen 〈…〉 246f. An den Herzog Carl August. Abschied im Namen der Engelhäuser Bäuerinnen 557 An den Mond 39 An die Einzige siehe Den einzigen Lotte welchen du lieben kanst 〈…〉 An Lida siehe Den einzigen Lotte welchen du lieben kanst 〈…〉 Anmuthig Thal! du immergrüner Hain! 〈…〉 553, 559 Antepirrhema 806 Auf dem Harz 192 Auf ewig hab’ ich sie vertrieben 〈…〉 373 Aus Kötschaus Thoren reichet Euch 〈…〉 172f.; 492f. Aus meiner Hütte 〈…〉 644, 831, 856

Christoph Kaufmann von Winterthur im Gefolge Lavaters 113 Das Neueste von Plundersweilern 364; 976, 978 Den einzigen Lotte welchen du lieben kanst 〈…〉 330; 12, 893f. Der Becher siehe Einen wohlgeschnitzten vollen Becher 〈…〉 Der regierenden Herzogin von Weimar. zum Geburtstage 1781 siehe Wir kommen in vereinten Chören 〈…〉 Das Veilchen 39 Die heil’gen drei König’ mit ihrem Stern 〈…〉 185, 235; 522, 635f. Die Heuschrecke (Anakreon-Übersetzung) 889 Ein gleiches siehe Über allen Gipfel ist Ruh Ein ieder hat sein Ungemach 〈…〉 126; 384, 490 Einen wohlgeschnitzten vollen Becher 〈…〉 326, 329; 884, 888f. Epiphanias siehe Die heil’gen drei König’ mit ihrem Stern 〈…〉 Epiphaniasfest siehe Die heil’gen drei König’ mit ihrem Stern 〈…〉 Erste Weimarer Gedichtsammlung 191f., 880 Es fähret die poetsche Wuth 〈…〉 122; 369, 378, 490 Euch bedaur’ ich unglückseelge Sterne 〈…〉 323; 875f., 884 Felsen sollten nicht Felsen und Wüsten Wüsten nicht bleiben 〈…〉 372 Freuden des iungen Werthers 273?; 747 Gesang der Geister über den Wassern 83; 287, 451 Gib das tagwerck meiner Hande 〈…〉 392, 497 Gränzen der Menschheit 48?; 173–175 Harzreise im Winter siehe Auf dem Harz

Werke Goethes

Hegire 957 Hoffnung siehe Gib das tagwerck meiner Hande 〈…〉 Ich wollt’ ich wär’ ein Fisch 〈…〉 249 Ihr verblühet, süße Rosen 〈…〉 39 Ilmenau am 3. September 1783 siehe Anmuthig Thal! du immergrüner Hain! 〈…〉 Jägers Abendlied siehe Jägers Nachtlied Jägers Nachtlied 39, 191 Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze 〈…〉 249 Lieber Hl. Dorwille liebe Frau 〈…〉 129 Liebhaber in allen Gestalten siehe Ich wollt’ ich wär’ ein Fisch 〈…〉 Mahomets Gesang 191 Meine Göttin siehe Welcher Unsterblichen soll der höchste Preis seyn? 〈…〉 Mit einem gemahlten Band 191 Nach dem Griechischen siehe Einen wohlgeschnitzten vollen Becher 〈…〉 Nach dem Griechischen siehe Euch bedaur’ ich unglückseelge Sterne 〈…〉 Nachtgedanken siehe Euch bedaur’ ich unglückseelge Sterne 〈…〉 Ode siehe Welcher Unsterblichen soll der höchste Preis seyn? 〈…〉 Prometheus 191 Sag ich’s euch geliebte Bäume 〈…〉 174f.; 497–499 〈Scherzgedichte zum neuen Jahr 1779〉 (mit Sigmund von Seckendorff) Fräul Göchhausen 468 Frau von Oertel 598 Seefahrt 191 So gros als die Begierde war in mir 〈…〉 208; 526, 577f. Über allen Gipfel ist Ruh 9, 373, 392f.

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Um Mitternacht wenn die Menschen erst schlafen 〈…〉 150f.; 433 Und wenn du’s vollbracht hast 〈…〉 (Übersetzung aus den „Goldenen Versen“) 120f.; 376 Urworten. Orphisch 557 Vermischte Gedichte (Gedichtsammlung) 173, 391, 876, 889, 894 Wandrers Nachtlied 393, 435 Wandrers Sturmlied 191 Warum gabst du uns die Tiefen Blicke 〈…〉 413, 805, 981 Was ich leugnend gestehe und offenbarend verberge 〈…〉 372 Wechsellied zum Tanze siehe Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze 〈…〉 Welcher Unsterblichen soll der höchste Preis seyn? 〈…〉 130–132; 390–392, 403 Wenn ich dir es gönnte siehe Einen wohlgeschnitzten vollen Becher 〈…〉 Wir kommen in vereinten Chören 〈…〉 193, 196f.?; 543, 552–555, 894 Zum Tanze schick ich dir den Straus 〈…〉 171; 490f. Geheime Nachrichten von den letzten Stunden Woldemars Eines berüchtigten Freygeistes (Zuschreibung unsicher) 723 〈Gespräch über die deutsche Literatur〉 189, 193, 201, 202?, 208, 212, 225, 240, 249, 346; 10, 13, 521, 536, 544, 562, 565, 567, 572, 574, 577, 590, 592, 618, 646, 676, 686 Götter Helden und Wieland 383 Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand 284; 646, 758, 771, 773f., 838 Granit I 382, 514 Granit II 382 Instruktion für den bergbefliessenen J. C. W. Voigt 289f.

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Register

Iphigenie auf Tauris 92, 94, 97, 148, 157, 193, 194?, 196, 257, 314, 351, 395?; 40, 145, 200, 307, 315, 328f., 362, 373, 406, 430, 450f., 493, 532, 542, 547, 551f., 601, 697f., 771, 821, 836, 838, 852, 948 Italiänische Reise 580, 703 Jahrmarktsfest zu Plundersweilern (siehe Neueröfnetes moralisch-politisches Puppenspiel) Jery und Bätely 4, 10f., 26, 30, 57?, 79; 19f., 36–40, 100f., 112, 195, 198, 203, 275, 287, 329, 471, 610 Joseph Bossi über Leonard da Vinci Abendmahl zu Mayland 824

〈Kleines Nachspiel〉 (nicht überliefert) 200, 745, 747 Lila 262

〈Mineralogie Thüringens〉 (geplanter Aufsatz) 145; 422, 506f. Nach Falkonet und über Falkonet siehe Aus Goethes Brieftasche Nachricht von dem ilmenauischen Bergwesen 410f.; 996–998 Neueröfnetes moralisch-politisches Puppenspiel Jahrmarktsfest zu Plundersweilern 39f., 953, 976–978 Pandora 775 Pantomimisches Ballett 355?, 366; 855, 959, 981f. Proserpina 38 Proserpina. Melodram von Goethe. Musik von Eberwein 480f.

〈Radierungen〉 257 Reise in die Schweiz 726

〈Rezensionen〉 Albrecht Dürers christlich-mythologische Handzeichnungen (gemeinsam mit Johann Heinrich Meyer) 148 Joachims von Sandrart teutsche Akademie der Bau- Bildhauer und Malerkunst, in bessere Ordnung gebracht und durchgehends verbessert von Joh. Jak. Volkmann 234 〈Roman in Briefform〉 (nicht ausgeführt) 124; 381f. 〈Roman über das Weltall〉 (nicht ausgeführt) 356; 382, 962 Shakespeare und kein Ende! 557

〈Studie nach Spinoza〉 578

Tag- und Jahres-Hefte 36, 110, 146, 254, 569, 662, 804 Torquato Tasso 40?, 50, 57?, 96, 125, 154?, 161–166, 169f., 183, 241, 258–261, 268, 276, 288, 315, 344, 354, 401, 403; 9, 13, 20, 127, 136, 149, 184, 189, 202f., 311f., 382, 442, 451, 458–468, 470–474, 476, 481f., 484f., 496, 499f., 502, 517, 519, 524, 621, 650, 659, 678, 698–700, 705, 707–709, 715, 728, 753, 785, 821, 838, 840, 852, 931f., 947, 982 Ueber Kunst und Alterthum 770, 824 Über Volks- und Kinderlieder 522, 635 〈Übersetzungen〉 〈Princesse Perruche〉 (Prinz August von Sachsen-Gotha und Altenburg, nicht ausgeführt) 675 Die Heuschrecke siehe Gedichte Urfaust siehe Faust (Frühe Fassung) Von Deutscher Baukunst 562, 929

〈Werkausgaben〉 D. Goethens Schriften. (3 Bde, Him-

Werke Goethes

burg, Berlin 1775/1776; unautorisiert) 308?; 820 J. W. Goethens Schriften (4 Bde, Himburg, Berlin 1779; unautorisiert) 820 J. W. Goethens Schriften (4 bzw. 3 Bde, Schmieder, Karlsruhe 1778– 1780; unautorisiert) 308?; 820f. Goethe’s Schriften (8 Bde, Göschen, Leipzig 1787–1790) 12, 100, 173, 264, 292, 308, 391, 459, 481, 484, 698, 876, 889, 894, 971 Goethe’s Werke (13 Bde, Cotta, Tübingen 1806–1810) 158, 836 Goethe’s Werke (20 Bde, Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815–1819) 288, 393, 522 Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand (60 Bde, Cotta, Stuttgart und Tübingen 1827–1842) 37, 39, 522 West-östlicher Divan 957 Wilhelm Meister 40?, 70, 272; 249f., 381, 704 Lehrjahre 44, 373, 621 Theatralische Sendung 321; 13, 56, 149, 250, 364, 387, 443f., 451, 618, 620f., 678, 741, 870 Wanderjahre 618 Winckelmann und sein Jahrhundert (Hrsg.) 823f. Zahme Xenien (mit Schiller) 373 〈Zeichnungen〉 5, 24, 41, 72, 57, 276?, 317?; 24, 152, 447, 751, 753, 793, 804, 857 Antike Ruine (nach Franz Kobell) 200?; 562 Brücke 114; 368 Burgruine 368 Bauergehöft (nach Lambert Doomer) 24?; 95 Carl Ludwig von Knebel 559 Dampfende Täler bei Ilmenau 119; 373

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Der Wasserfall bei der Wassermühle auf der Höhe (nach Everdingen) 222f.?; 615 (Abb.), 616f. Gefängnisszene 115 Gebirgslandschaft 187?; 530f. Haus an der Brücke, im Hintergrund die Linie eines Berges 368 Häusergruppe an einer Brücke 368 Hinter der Hütte (nach Everdingen) 222f.?; 617 Künstlerische Anatomiestudien 334; 903 (Abb.), 921, 924, 934 Arm- und Oberkörperstudie 902 Arm- und Proportionsstudie 902 Armstudie 902 zum menschlichen Skelett 902 zur oberflächlichen Muskulatur des menschlichen Körpers 902 〈Landschaft〉 (nach Everdingen) 248?; 672 Landschaft mit Eselsreiter (nach Ferdinand Kobell) 24?, 27?; 95, 99, 105f. Louisenkloster 113 Ohnmächtige Maria, von einer der heiligen Frauen unterstützt (nach Raffael) 331; 892 (Abb.), 897f. Schloss Schwarzburg 244; 798 Schweinehütte 47 (Abb.), 48, 327 (Abb.); 173, 175, 256, 883f. Schweizer Gebirgslandschaft 187?; 530f. 〈Umgebung von Goethes Gartenhaus〉 152, 390f.; 435 Verlassenes Gehöft (nach Franz Kobell) 200?; 562 Wassermühle am Berg (nach Everdingen) 222f.?; 617 Zwei Leitern (nach Everdingen) 222f.?; 617 Zwei Leiterwagen (nach Everdingen) 222f.?; 617

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Anonyma und Periodika Actorum academiae electoralis moguntinae scientiarum utilium quae efordiae est siehe Beiträge der Kurfürstlich Mainzischen Akademie nützlicher Wissenschaften zu Erfurt A. L. Schlözers Briefwechsel meist historischen und politischen Inhalts (siehe auch Schlözer) 148; 178f., 283, 428, 656 Allgemeine Deutsche Bibliothek 258 Annales politiques, civiles, et littéraires du dix-huitième siècle 954 Anthologia Graeca 725, 889, 910 An unsere Brüder 672 Beiträge der Kurfürstlich Mainzischen Akademie nützlicher Wissenschaften zu Erfurt 512f. Bernisches Magazin der Natur, Kunst und Wissenschaften 67 Bibel 83; 25, 55, 197, 405 Altes Testament 40, 68f., 108, 120, 144, 154, 171, 211, 273, 275, 281–283, 348; 151f., 177, 189, 242, 247, 274, 350, 375, 420, 442, 453, 491, 746, 750, 763f., 766f., 784, 940, 1024 Apokryphen 766 Neues Testament 8, 54, 68, 72, 94, 112, 122, 128, 135, 155, 226f., 229, 253, 268, 287, 310f., 326, 354; 18, 33, 57, 109, 188, 195, 243, 255, 306, 332f., 360, 380, 387, 399, 443f., 453, 572, 620f., 623, 686, 711, 727, 766, 782f., 857, 872, 883, 972, 1024 Christliches Magazin (siehe auch Pfenninger) 56 Chronologen (siehe auch Wekhrlin) 353, 355; 653, 655–657, 952–955, 958f.

〈Correspondenz〉 99f.; 322f. Correspondance littéraire, philosophique et critique 90, 117, 140, 150–152, 323, 337, 377, 423, 592, 611f., 669, 675, 726, 750, 871, 887 Correspondance littéraire secrète 117 Der neue Teutsche Merkur 120, 126, 148f., 156, 202, 212, 255–257, 285, 322, 361, 373, 376, 420, 422, 424, 662, 763, 766, 810, 817, 837, 959, 967, 976, 981 Der Teutsche Merkur 206 Deutsche Encyclopädie oder Allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften von einer Gesellschaft Gelehrten 764 Deutsches Museum 283, 331 Deutschlands achtzehntes Jahrhundert 953 Diario Ordinario del Chracas 33 Dictionnaire géographique, historique et politique de la Suisse 67; 236 Die Horen 158 Die Schreibtafel 22, 34, 66 Frankfurter Gelehrte Anzeigen 152, 155, 217, 234, 724

〈Gedichte〉

Nimm diese Blumen 〈…〉 193; 543f. Gegenstände der Betrachtungen der Mannheimer Tonschule 932 Goldene Verse (Lehrgedicht) 120f.; 376 Gothaische gelehrte Anzeigen 115 Gothaische Gelehrte Zeitung 258, 719 Göttingische Anzeigen von gemeinnützigen Sachen 189, 218 Göttingisches Magazin der Wissenschaften und Litteratur 150

Anonyma und Periodika

Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur 824 Herzoglich-Sachsen-Gotha- und Altenburgischer Hof- und AdreßCalender 514, 591 Hochfurstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Adress-Calender 251, 280, 389, 542, 856, 861, 901, 961, 972 Iris 360 Jenaische Allgemeine Literaturzeitung 148 Journal für die Liebhaber des Steinreichs und der Konchyliologie 513 Journal von Tiefurth 323, 326, 329, 352; 103, 159, 299, 391, 440, 675, 724f., 826, 830f., 843, 876, 881, 884, 888f., 910, 946, 950 Kirchen- und Ketzer-Almanach 453

〈Kupferstiche〉 〈Knabenkopf〉 93; 305 〈Stiche nach Zeichnungen Füßlis〉 83; 288 〈Vignetten zu Lavaters Jesus Messias〉 69; 57, 244 Lavaters Protokoll über den Spiritus Familiaris Gablidone 927–929 Lebensbeschreibung Verhaft und Hinrichtung der beyden unglücklichen Grafen Johann Friedrich Struensee, und Enevold Brands 〈…〉 217 Leipziger Magazin zur Naturkunde, Mathematik und Oekonomie 421 Magazin der italienischen Litteratur und Künste (siehe auch Jagemann) 499 Magazin der Spanischen und Portugiesischen Litteratur (siehe auch Bertuch) 198 Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte 258f.

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Mannheimer Zeitung 101 Miscellaneen artistischen Inhalts 116, 322 Musenalmanach (auch Musen Almanach; siehe auch Boie) 31 Osnabrückische Intelligenz-Blätter 772

〈Porträts〉 Beatrice Cenci siehe Reni, Guido Lotte 14, 49; 55, 179 Rheinische Beiträge zur Gelehrsamkeit 477, 655, 657 Rheinische Thalia 151

〈Skulpturen〉 Große Herkulanerin (Vestale) 328?; 885 〈Silhouetten〉 41, 69, 149 Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach 69; 243 Anne van der Borch 785 Atje van der Borch 785, 1030 Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 30; 112, 243 Charlotte von Stein 268; 243, 348, 353, 403f., 729, 730 (Abb.) Christoph Willibald Gluck 14; 56 Duchanteau 235, 252; 637, 686 Ernst Wilhelm Wolf 583 Familie Kestner 200 Friedrich Gottlieb Klopstock 222 Isabella von Wartensleben 677 Jenny von Voigts 285, 314; 776 Johann Caspar Lavater 157, 159; 455 Johann Heinrich Waser 83; 287 Johann Nikolaus Götz 1032 Johann Wolfgang Goethe 159?, 285, 306; 155, 243, 454f., 501, 721, 769, 776, 817, 837 Justus Möser 285, 314; 776 Lotte siehe Porträt

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Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 69; 243, 583 Maria Amalia von Hendrich 149, 157, 159; 426, 431, 451, 455 Maria Antonia von Branconi 348, 353, 404 Moritz von Wedel 243 Sophie Marie Löw von und zu Steinfurth geb. von Diede 704 Staats-Anzeigen 428 Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1817 618 Tausendundeine Nacht 383

Teutschland in seinem höchsten Flor wenn es will; ein Vorschlag, dem Kaiser und Reiche gewidmet 155 Topographisches Reise-, Post- und Zeitungslexikon von Deutschland 410, 629, 661 Weimarische Wöchentliche Anzeigen 217; 271, 515, 540, 552, 600 Westphälische Beyträge zum Nutzen und Vergnügen 771–776

Anonyma und Periodika

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Inhalt Zu diesem Band . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V X Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Editionsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XX Hinweise zur Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftarten, Abkürzungen, Siglen und Zeichen in Texten Goethes, die im Kommentar gedruckt werden . . . . . . . . . . XXIII XXV Schriftarten, Abkürzungen und Siglen im Kommentar . . . . . Siglen und Abkürzungen für Archivalien . . . . . . . . . . . . . . . XXVII Siglen und Abkürzungen für Ausgaben und wissenschaftliche Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXI LX Abkürzungen in Goethes Briefen und Rechnungsbüchern . . LXII Münze und Geldrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Briefe 1780–1781 Kommentar Nachträge GB 3/A 1a. An Jacob Friedrich von Fritsch, zwischen 24. April und 4. Mai 1778? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GB 3/A 1b. An Jacob Friedrich von Fritsch mit Christian Friedrich Schnauß, zwischen 1. und 6. Dezember 1778 . . . . Anhang Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter im Kommentar und Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register Personen und Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werke Goethes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anonyma und Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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