Zeitschrift für Psychologie: Band 195, Heft 3 1987 [Reprint 2021 ed.]
 9783112469620, 9783112469613

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ISSN 0044-3409 • Z. Psychol. • Leipzig • 195 (1987) 3 • S. 241-352

ZEITSCHRIFT FÜR

PSYCHOLOGIE mit Zeitschriii für angewandte Psychologie

Schriftleitung Friedhart Klix, Berlin • Joachim Hoffmann, Berlin Redaktion: Jürgen Mehl, Berlin • Friedrich Kukla, Berlin

Unter Mitwirkung

von

J . E . A x c o a g a ( B u e n o s Aire») P. B. Bültes (Berlin/West) N . Bischof (Zürich) A. A . B o d a l j u w (Moskau) H. D ö m e r (Bamberg) H. Düker + J . Engelkamp (Saarbrücken) P . Fraisse (Paris) H.-G. Geißler (Leipzig) W. H a c k e r (Dresden) D . J . H e r r m a n n (New Y o r k ) A. Kosaakowski (Berlin) D. Koväc (Bratislava)

B . F . L o m o w (Moskau) D . Magnusson ( S t o c k h o l m ) K. Pawlik (Hamburg) P. Petzold (Jena) H . - D . Rüsler ( R o s t o c k ) E . R o t h (Salzburg) H . - D . S c h m i d t (Berlin) L. S. S v e t k o v a (Moskau) H . S y d o w (Berlin) B. M. Velichkowsky (Moskau) M. W e r t h e i m e r (Boulder) G. D ' Y d e w a l l e ( L e u v e n )

JOHANN AMBROSIUS BARTH

LEIPZIG

Inhalt In memoriam Heinrich Düker. Mit Bild

241

Goede, Karin (Berlin). Metabegriffliche E n t w i c k l u n g e n : Die hierarchische S t r u k t u r i e r u n g unbekannter Objektmengen als Kriterium für d a s Verständnis der Klasseninklusion. Mit 6 Abb. . . .

243

Otto, E. (Berlin). Multifaktorielle Abhängigkeit der kritischen Flimmerverschmelzungsfrequenz (CFF) — W i r k u n g s z u s a m m e n h a n g physikalischer und physiologischer Einflußgrößen. Mit 7 Abb.

261

Sarris, V. (Frankfurt/M.). Max Wertheimer in F r a n k f u r t — über Beginn und Aufbaukrise der Gestaltpsychologie. I. Ausgangsstudien über das Sehen von Bewegung (1910—1912). Mit 10 Abb

283

Wertheimer, M. (Colorado). Some implicit assumptions of modern psychology

311

Krause, B . ; R a y k o v , T. (Berlin). Further problems in measuring change

325

Kirsten, Martina (Rostock). Zum Leben und W e r k von David Katz (1884—1953). Mit 1 Abb. Buchbesprechungen

. .

335

281, 324, 334, 344

Hinweise für Autoren

Anschrift der Redaktion: Dr. J . Mehl, Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, Str. 18, Berlin, DDR - 1020, Ruf 2 8 0 5 1 1 5 .

351

Oranienburger

Anschrift des Verlages: J o h a n n Ambrosius Barth, Salomnnstr. 18b, Postfach 109, Leipzig, DDR - 7010, Ruf 7 0 1 3 1 . Von Originalarbeilen liefert der Verlag an Stelle eines Honorars 50 Sonderdrucke kostenlos, Buchbesprechungen •werden nicht vergütet, dafür bleibt das Besprechungsexemplar Eigentum des Referenten. Anzeigen werden erbeten für Inland a n : \ KIi Fachbuchverlag, Postfach 3 4 9 ; Leipzig, DDR - 7010; für Ausland a n : Interwerbung GmbH — Gesellschaft für Werbung und Auslandsmessen der DDR, Herrnann-Duncker-Str. 89, Berlin, DDR - 1157, Ruf 5 0 9 0 9 8 1 . Für die Anzeigenpreise gelten die Festlegungen g e m ä ß Preiskatalog Nr. 286/1 vom 1. 7. 1975. Bestellungen nehmen entgegen: In der DDR der Postzeitungsvertrieb und der Verlag J o h a n n Ambrosius B a r t h . In den sozialistischen Ländern der zuständige Postzeitungsvertrieb, in der BRD/Berlin (West) die F i r m a Zeitungsvertrieb Gebr. Petermann, Kurfürstenstr. 111, D - 1000 Berlin ( W e s t ) 30, und der örtliche Buch- und Zeitschriftenhandel. In allen anderen Staaten der örtliche Buch- und Zeitschriftenhandel. Bestellungen des Buch- l nd Zeitscbriftenhandels sind zu richten an Buchexport Außenhandelsbetrieb der DDR, Leninstr. IG, Leipzig, DDR - 7010, Postfach 100.

ZEITSCHRIFT FÜR Band 195, 1987 mit Zeitschrift für angewandte Psychologie Z. Psychol. 195 (1987) 241-242

PSYCHOLOGIE Heft 3 Band 101 J . A. Barth, Leipzig/DDR

In memoriam

Heinrich Düker Mit dem Tode Heinrich Dükers ist ein Letzter jener großen Generation deutscher Psychologen von uns gegangen, in der die Integrität von Persönlichkeit, Charakter und Wissenschaftlichkeit nicht in Frage gestellt werden konnte. Erzogen im trocken-strengen Denken unter Georg Elias Müller, beeindruckt durch Narziß Ach von der Frage nach Zusammenhängen zwischen Willenshandlung und Erkenntnistätigkeit, hat er zeitlebens an der Einheit von Grundlagenforschung und praktischer Bedeutsamkeit psychologischer Erkenntnisse festgehalten. Sein Werk lebte und wirkt fort mit dieser Spannung zwischen Sauberkeit im Detail und Bedeutsamkeit der Erkenntnisse für das Verständnis menschlichen Tuns im ganzen. Es ist ein Stück Zentrum der Psychologie, das Heinrich Düker dabei mitgestaltet hat. Wissenschaft, so soll er einmal gesagt haben, sei Charaktersache. Wie immer deutbar dieser Spruch gemeint gewesen sein könnte: Festigkeit und Klarheit in Sachen Charakter hat Heinrich Düker vorgelebt: Entlassen von der Universität, verurteilt 1936 „wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens", nach mehreren Jahren entlassen, 16 Z. Psychologie 195-3

ZEITSCHRIFT FÜR Band 195, 1987 mit Zeitschrift für angewandte Psychologie Z. Psychol. 195 (1987) 241-242

PSYCHOLOGIE Heft 3 Band 101 J . A. Barth, Leipzig/DDR

In memoriam

Heinrich Düker Mit dem Tode Heinrich Dükers ist ein Letzter jener großen Generation deutscher Psychologen von uns gegangen, in der die Integrität von Persönlichkeit, Charakter und Wissenschaftlichkeit nicht in Frage gestellt werden konnte. Erzogen im trocken-strengen Denken unter Georg Elias Müller, beeindruckt durch Narziß Ach von der Frage nach Zusammenhängen zwischen Willenshandlung und Erkenntnistätigkeit, hat er zeitlebens an der Einheit von Grundlagenforschung und praktischer Bedeutsamkeit psychologischer Erkenntnisse festgehalten. Sein Werk lebte und wirkt fort mit dieser Spannung zwischen Sauberkeit im Detail und Bedeutsamkeit der Erkenntnisse für das Verständnis menschlichen Tuns im ganzen. Es ist ein Stück Zentrum der Psychologie, das Heinrich Düker dabei mitgestaltet hat. Wissenschaft, so soll er einmal gesagt haben, sei Charaktersache. Wie immer deutbar dieser Spruch gemeint gewesen sein könnte: Festigkeit und Klarheit in Sachen Charakter hat Heinrich Düker vorgelebt: Entlassen von der Universität, verurteilt 1936 „wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens", nach mehreren Jahren entlassen, 16 Z. Psychologie 195-3

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dann wieder in das Konzentrationslager bis zum Kriegsende, — das sind nur schlaglichtartige Erhellungen eines konsequenten Lebensweges. Durch diese Standhaftigkeit, verbunden mit Redlichkeit im Denken, hat ein Heinrich Düker vermocht, ohne Absicht oder Ziel dahin, dem Wort von der Wissenschaftlerpersönlichkeit Reinheit zu bewahren. In diesem Sinne ist sein Leben ein Zeugnis und ein Vermächtnis für Generationen erkenntnisstrebender junger Menschen. Dankbar gedenken namentlich die Wissenschaftler des psychologischen Instituts der Humboldt-Universität seiner zahlreichen Besuche und Vorträge. Seine streitbare Diskussionsfreudigkeit bleibt uns kostbare Erinnerung. F. Klix (Berlin)

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J . A. B a r t h , L e i p z i g / D D R

Aus dem Zentralinstitut für Sprachwissenschaft der AdW der D D R

Metabegriffliche Entwicklungen: Die hierarchische Strukturierung unbekannter Objektmengen als Kriterium für das Verständnis der Klasseninklusion Von Karin Goede Mit 6 Abbildungen

Einleitung Begriffe sind Einheiten der mentalen Repräsentation, die der Mensch von seiner Umwelt hat. Man kann unterscheiden zwischen dem Begriff [X], seiner Extension X und der sprachlichen Benennung „ X " . Der Begriff [X] fixiert die Bedingungen, unter denen „ X " angewendet werden kann. Im Grenzfall ist die Identifizierung von Beispielen unmittelbar durch die Uberprüfung dieser Bedingungen bestimmt, in der Regel gehen jedoch perzeptiv leichter zugängliche Korrelate derselben in die verwendeten Identifikationsprozeduren ein. Die Extension X ist (bei einer Beschränkung auf Objektbegriffe) die Klasse der Objekte, die Beispiele für [X] sind. „ X " referiert sowohl auf [X] als auch auf die Dinge der realen Welt. 1 Die Begriffe bestehen nicht isoliert nebeneinander, es gibt vielmehr eine Reihe semantischer Relationen zwischen ihnen (Klix, 1984). Werden Begriffe auf mehreren Ebenen der Abstraktion gebildet (Rosch, 1975; Rosch und Mitarb., 1976), können bestimmte Paare einander wechselweise über- bzw. untergeordnet sein. Die Anwendungsbedingungen des übergeordneten Begriffs sind in den entsprechenden des untergeordneten mit enthalten. Zwischen den jeweiligen Extensionen besteht die Relation der Klasseninklusion. Im Gegensatz zu den klassischen Theorien (Bruner und Mitarb., 1966; Inhelder und Piaget, 1964; Wygotski, 1966) gehen moderne Theorien über den Aufbau von Begriffssystemen in der Ontogenese (z. B. Carey, 1983; Gelman, 1983) von einer grundsätzlichen Übereinstimmung der Ausarbeitung begrifflicher Repräsentationen bei Kindern und Erwachsenen aus. Damit sind bestimmte Umarbeitungen der kindlichen Begriffsrepräsentationen, etwa die Abstraktion einer Gesamtinformation aus zuvor gespeicherten Einzelbeispielen (vgl. Smith und Medin, 1981) keinesfalls ausgeschlossen. Solche Umarbeitungen müssen sogar in weiten Bereichen angenommen werden, wenn man beispielsweise das Auftreten bestimmter Fehler im Anschluß an Phasen korrekter Wortverwendungen erklären will (Bowermann, 1982). Sie sind jedoch in dieser Sicht nicht an bestimmte Stufen der kindlichen Entwicklung gebunden sondern entsprechen vielmehr Phasenabfolgen, die E s gibt eine Reihe von Gründen, für „ X " darüber hinaus a u c h einen „ S i n n " anzugeben, d. h. eine Wortbedeutung [ X ' ] , die sich von [ X ] unterscheidet. Sie wäre als eine Adresse oder als ein S y m b o l f ü r [ X ] zu verstehen (vgl. etwa Bierwisch, 1985; Macnamara, 1982). Die mit einer solchen Differenzierung verbundenen Probleme werden im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter verfolgt. 1

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J . A. B a r t h , L e i p z i g / D D R

Aus dem Zentralinstitut für Sprachwissenschaft der AdW der D D R

Metabegriffliche Entwicklungen: Die hierarchische Strukturierung unbekannter Objektmengen als Kriterium für das Verständnis der Klasseninklusion Von Karin Goede Mit 6 Abbildungen

Einleitung Begriffe sind Einheiten der mentalen Repräsentation, die der Mensch von seiner Umwelt hat. Man kann unterscheiden zwischen dem Begriff [X], seiner Extension X und der sprachlichen Benennung „ X " . Der Begriff [X] fixiert die Bedingungen, unter denen „ X " angewendet werden kann. Im Grenzfall ist die Identifizierung von Beispielen unmittelbar durch die Uberprüfung dieser Bedingungen bestimmt, in der Regel gehen jedoch perzeptiv leichter zugängliche Korrelate derselben in die verwendeten Identifikationsprozeduren ein. Die Extension X ist (bei einer Beschränkung auf Objektbegriffe) die Klasse der Objekte, die Beispiele für [X] sind. „ X " referiert sowohl auf [X] als auch auf die Dinge der realen Welt. 1 Die Begriffe bestehen nicht isoliert nebeneinander, es gibt vielmehr eine Reihe semantischer Relationen zwischen ihnen (Klix, 1984). Werden Begriffe auf mehreren Ebenen der Abstraktion gebildet (Rosch, 1975; Rosch und Mitarb., 1976), können bestimmte Paare einander wechselweise über- bzw. untergeordnet sein. Die Anwendungsbedingungen des übergeordneten Begriffs sind in den entsprechenden des untergeordneten mit enthalten. Zwischen den jeweiligen Extensionen besteht die Relation der Klasseninklusion. Im Gegensatz zu den klassischen Theorien (Bruner und Mitarb., 1966; Inhelder und Piaget, 1964; Wygotski, 1966) gehen moderne Theorien über den Aufbau von Begriffssystemen in der Ontogenese (z. B. Carey, 1983; Gelman, 1983) von einer grundsätzlichen Übereinstimmung der Ausarbeitung begrifflicher Repräsentationen bei Kindern und Erwachsenen aus. Damit sind bestimmte Umarbeitungen der kindlichen Begriffsrepräsentationen, etwa die Abstraktion einer Gesamtinformation aus zuvor gespeicherten Einzelbeispielen (vgl. Smith und Medin, 1981) keinesfalls ausgeschlossen. Solche Umarbeitungen müssen sogar in weiten Bereichen angenommen werden, wenn man beispielsweise das Auftreten bestimmter Fehler im Anschluß an Phasen korrekter Wortverwendungen erklären will (Bowermann, 1982). Sie sind jedoch in dieser Sicht nicht an bestimmte Stufen der kindlichen Entwicklung gebunden sondern entsprechen vielmehr Phasenabfolgen, die E s gibt eine Reihe von Gründen, für „ X " darüber hinaus a u c h einen „ S i n n " anzugeben, d. h. eine Wortbedeutung [ X ' ] , die sich von [ X ] unterscheidet. Sie wäre als eine Adresse oder als ein S y m b o l f ü r [ X ] zu verstehen (vgl. etwa Bierwisch, 1985; Macnamara, 1982). Die mit einer solchen Differenzierung verbundenen Probleme werden im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter verfolgt. 1

16'

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den Aufbau begrifflicher Repräsentationen in allen Altersstufen charakterisieren. Es können somit Begriffsrepräsentationen nebeneinander bestehen, die unterschiedlichen Phasen der Ausarbeitung entsprechen. Man kann davon ausgehen, daß bereits sehr junge Kinder über Begriffe auf unterschiedlichen Ebenen der Abstraktion verfügen (Mandler, 1979). Damit erhebt sich die Frage nach der mentalen Repräsentation der zwischen diesen Begriffen bestehenden hierarchischen Beziehungen. Ergebnisse neuerer Habituations- und' Priming-Experimente zeigen in diesem Zusammenhang, daß Aktivierung und Hemmung bestimmter Strukturen im Gedächtnis auch übergreifen auf Strukturen, die unter einem allgemeineren Gesichts'punkt zusammengehören (Mandler, 1983). Danach spiegeln sich also die zwischen den Begriffen bestehenden Zusammenhänge von Anfang an im Aufbau des Gedächtnismaterial wider. Von diesen geschilderten primären Entwicklungen ist die Entwicklung eines bewußten Reflektierens über Begriffe und die Beziehungen zwischen ihnen zu unterscheiden, die vermutlich einen bestimmten Stand der Primärentwicklung voraussetzt. Als Endergebnis einer solchen metabegrifflichen Entwicklung werden bestimmte Zusammenhänge in einer Begriffshierarchie unabhängig von ihrer konkreten Realisierung verstanden und sind damit unmittelbar auf neue Situationen übertragbar. Es gibt Aufgaben, deren Lösung ein solches abstraktes metabegriffliches Verständnis erfordert. Fehlleistungen hierbei erlauben jedoch keinen direkten Rückschluß auf Eigenschaften des zugrunde liegenden Repräsentationssystems. Dies wurde in den frühen Theoriebildungen über die Entwicklung des kindlichen Begriffssystems nur unzureichend berücksichtigt. Problemstellung In der vorliegenden Arbeit werden spezielle Aspekte der metabegrifflichen Entwicklung untersucht. Es geht um die Frage, in welchem Maße Kinder verstehen, daß unterschiedlich aussehende Objekte im Hinblick auf einen gemeinsamen Namen gleichwertig sind. 2 Das ist gleichbedeutend mit der Frage, in welchem Maße sie das Prinzip der Klassenbildung verstehen. Im Vergleich zu einer einfachen Klassenbildung, bei der lediglich die Gemeinsamkeiten zwischen den Objekten sprachlich fixiert sind, bestehen höhere Anforderungen an das Verständnis der Gleichwertigkeit, wenn die Objekte nicht nur einen gemeinsamen Namen (z. B. „Tier") sondern außerdem auch noch unterschiedliche Namen (z. B.„Hund", „Katze") haben. Es muß hier zusätzlich verstanden werden, daß zwei Namen für ein und dasselbe Objekt unterschiedliche Anwendungsbedingungen haben können. Das entspricht einem Verständnis der Klasseninklusion. Ein Verständnis der Gleichwertigkeit unterschiedlicher Objekte im Hinblick auf einen gemeinsamen Namen umfaßt sowohl das Wissen, daß die Objekte gleiche Anwendungs-, 2

Diese Gleichwertigkeit

besteht insofern, als

alle O b j e k t e bestimmten Mindestanforderungen für die

A n w e n d b a r k e i t des Namens genügen, bie ist d a m i t unabhängig von Erkenntnissen über die l ' n g l e i c h wertigkeit von Begriffsbeispielen im Prozeß des Klassifizierens, auf die z. B . Roscli (1975) a u f m e r k s a m gemacht hat.

Coedp, Strukturierung von Objektmengen

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bedingüngen erfüllen als auch das Wissen, daß die Differenzen zwischen den Objekten immer dann vernachlässigt werden können, wenn auf ihren gemeinsamen Namen Bezug genommen wird. Beide Wissensaspekte sind unabhängig von speziellen Materialkenntnissen und können damit auch auf unbekanntes Material angewendet werden, d. h. es werden dann unterschiedlich aussehende unbekannte Objekte mit einem willkürlich vorgegebenen gemeinsamen Namen als gleichwertig behandelt. Ist das Verständnis der Gleichwertigkeit nicht vorhanden, fehlt insbesondere der zweite Wissensaspekt, können Differenzen zwischen gleichbenannten unbekannten Objekten nicht vernachlässigt werden. Es ist jedoch zu beachten, daß in einem solchen Fall eine Materialabhängigkeit besteht. Bei Verwendung eines vertrauten Materials lenken die mit den Namen verbundenen Identifikationsprozeduren die Aufmerksamkeit automatisch auf die zwischen den Objekten bestehenden Gemeinsamkeiten. In gewissem Ausmaß kann auf diese Weise bewirkt werden, daß die unterschiedlichen Objekte als gleichwertig behandelt werden, auch ohne daß die dabei vorgenommene Vernachlässigung der Unterschiede explizit verstanden wird. Die vorangegangenen Überlegungen führen zu der folgenden Experimentalsituation: Einer unbekannten Objektmenge mit deutlich unterschiedlichen Teilgruppen werden Namen zugeordnet. Im Fall einer einfachen Benennung ist das lediglich der Name „ B " . Im Fall einer Benennung im Sinne einer Inklusionshierarchie werden zunächst den beiden Teilklassen die N a m e , ^ ! 1 ' biw. „ A 2 " zugeordnet. Anschließend wird der Name „ B " durch die Information ingeführt „Die A t sind B. Die A 2 sind auch B " . Die Gleichwertigkeit der Objekte wird mit Hilfe einer Methode der Paarauswahl geprüft. Es wird dabei wiederholt gefordert, aus der Gesamtmenge der Objekte zwei B herauszugreifen. Bei einer Benennung auf zwei Ebenen geschieht das im Wechsel mit der Wahl von zwei Aj und zwei A 2 . Wenn alle Objekte im Hinblick auf die Erfüllung eines unbekannten Kriteriums [B] als gleichwertig betrachtet werden, hat jedes Objekt dieselbe Wahrscheinlichkeit, in ein B-Paar gewählt zu werden. In einer Folge von B-Paaren sind in einem solchen Falle deshalb sowohl „gleichelementige" als auch „verschiedenelementige" B-Paare zu erwarten, wobei im ersten Fall beide Elemente aus derselben Teilklasse und im zweiten Fall aus verschiedenen Teilklassen stammen. Es ist mit einer Gleichwertigkeit der Objekte nicht vereinbar, daß in einer längeren Serie von B-Paaren verschiedenelementige Paare völlig fehlen. Ein solches Ereignis hätte eine zu geringe statistische Wahrscheinlichkeit. Man würde es hingegen gerade dann erwarten, wenn „ B " in der Art eines Homonyms unabhängig auf jede der beiden unterschiedlichen Teilklassen referiert. Im Fall benannter Teilklassen wäre „ B " dann in der einen Lesart synonym mit „A^', in der anderen mit „A 2 ". Das Auftreten von mindestens einem verschiedenelementigen B-Paar zeigt so die Gleichwertigkeit der Objekte und damit das Verständnis der einfachen Klassenbildung bzw. ,der Klasseninklusion an. In Experiment I wird der beschriebene Grundgedanke ausgeführt. In Experiment II werden die Ergebnisse von Experiment I in Beziehung gesetzt zu den Aussagen, die man bei Verwendung der Inklusionsaufgabe nach Inhelder und Piaget (1964) erhält, mit der traditionellerweise das Verständnis der Klasseninklusion gemessen wird. In Experiment III wird geprüft, ob Variationen bei der Einführung des Namens „ B " die

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E r g e b n i s s e bei der P a a r a u s w a h l beeinflussen. E s w erd en d a z u zwei v o n M a r k m ä n

und

M i t a r b . (1980) unter a n d e r e n P r ü f b e d i n g u n g e n v e r w e n d e t e I n s t r u k t i o n e n einbezogen. In diesem Z u s a m m e n h a n g w e r d e n a u c h die B e f u n d e diskutiert, die v o n diesen A u t o r e n als Zeichen einer B e v o r z u g u n g der Teil-Ganzes-Relation gegenüber der

Inklusionsrelation

interpretiert wurden.

Experiment I Mit Hilfe der M e t h o d e der P a a r a u s w a h l wird für einfach und doppelt b e n a n n t e Objektm e n g e n u n t e r s u c h t , in w e l c h e m M a ß e K i n d e r b e s t i m m t e r A l t e r s s t u f e n d e u t l i c h u n t e r schiedliche O b j e k t e im Hinblick

auf einen gemeinsamen

Namen

als g l e i c h w e r t i g

be-

trachten. D a b e i wird sowohl u n b e k a n n t e s als a u c h b e k a n n t e s Material v e r w e n d e t . I n s g e s a m t w e r d e n d a m i t die E r g e b n i s s e der P a a r a u s w a h l in A b h ä n g i g k e i t v o n den F a k t o r e n „ V e r t r a u t h e i t d e s M a t e r i a l s " (A), „ E b e n e n d e r B e n e n n u n g " ( B ) u n d „ A l t e r " (C) analysiert. Die v o r g e n o m m e n e n B e d i n g u n g s v a r i a t i o n e n bieten gleichzeitig eine Möglichkeit, die Sensibilität der M e t h o d e der P a a r a u s w a h l g e g e n ü b e r der Gleichwertigkeit der O b j e k t e zu überprüfen. Methoden Material: Die Faktoren A und B wurden in zwei Stufen variiert. Es wurde sowohl künstliches (K) als auch natürliches Material (N) verwendet, und jede Materialvariante wurde einfach (E) sowie doppelt (D) benannt. Für beide Materijilvarianten gab es zwei sich deutlich unterscheidende Teilgruppen von je vier untereinander identischen Figuren. Als natürliches Material dienten Abbildungen von Blumen (rote Rosen, gelbe Tulpen), als künstliches Material geometrische Figuren (Abb. 1). Letztere hatten neben den Formunterschieden auch deutliche Farbunterschiede (rot/blau). Die verwendeten Namen waren bei natürlichem Material „Rosen", „Tulpen" und „Blumen", bei künstlichem Material sinnlose Silben des Typs C-V-C mit der Pluralendung „-en". Versuchsablauf: Die nach Teilgruppen geordneten Figuren wurden in einer linearen Anordnung vorgeführt und benannt. Die Art der Benennving war für beide Materialtypen gleich. Bei Doppelbenennung wurde nach der Zuordnung der Namen „ A j " und „ A 2 " zu den beiden Teilgruppen („Das sind Aj. Das sind A 2 .") der Name „ B " durch die Information eingeführt: „Die A4 sind B. Die A 2 sind auch B " (Abi). 1). Bei Einfachbenennung wurde aus Gründen der Vergleichbarkeit nacheinander auf die Teilgruppen gezeigt und dazu informiert: „ D a s sind B. Das sind auch B . " Nach der Benennung wurde zusätzlich ein identischer Satz der acht Figuren als ungeordneter Haufen vor das Kind gelegt. Es hatte die Aufgabe, wiederholt zwei vom Versuchsleiter (VI) namentlich geforderte Figuren herauszunehmen. Sie wurden anschließend wieder in den Haufen zurückgelegt. Bei Einfachbenennung waren 12 mal hintereinander zwei B zu wählen. Bei Doppelbenennung wurden zunächst zwei A t und zwei A 2 und dann dreimal hintereinander zwei B angefordert. Insgesamt gab es vier solche Gruppen, so daß auch hier jedes Kind 12 mal zwei B wählte. Bei künstlichem Material wurden zwischen den Gruppen die Namen wiederholt. Die Kinder wurden ständig ermahnt, jedesmal andere Figuren zu nehmen. Versuchspersonen (Vpn): Der Faktor „Alter" (C) wurde in 7 Stufen variiert. Es wurden Kindergartenkinder der Alterstufen 4, 5 und 6 Jahre sowie Schüler der Klassen 1—4 untersucht. Die Altersmittelwerte (Jahre; Monate) der vier Gruppen pro Altersstufe liegen dabei in folgenden Bereichen: (4; 0—4; 2), (5; 1 - 5 ; 3), (5; 1 0 - 6 ; 1),'(6; 1 0 - 7 ; 0), (7; 1 0 - 8 ; 2), (8; 1 1 - 9 ; 1), (9; 11-10; 1).

247

Goede, S t r u k t u r i e r u n g von O b j e k t m e n g e n

Pro B e d i n g u n g und Altersstufe g a b es 12 Kinder. Die K o m b i n a t i o n E N wurde nur in den A l t e r s s t u f e n 4, 5 und 6 J a h r e ü b e r p r ü f t . Der hier v o r g e f u n d e n e „ N u l l e f f e k t " kann für ältere K i n d e r als sicher v o r a u s gesetzt werden.

Das

sind

A1

DQZU ohne Zeigen

Das sind

B

Die A-j sind

B

Die

M W

sind

A-,

W M

A b b . 1. V e r s u c h s a n o r d n u n g und B e n e n n u n g der O b j e k t e in der B e d i n g u n g K D von E x p e r i m e n t I ( K D künstliches Material, Doppelbenennung)

Ergebnisse Ausgewertet wurden die Folgen der gewählten B-Paare. Eine Folge von 12 B-Paaren ist eine „gleich"-Folge, wenn sie ausschließlich aus gleichelementigen B-Paaren, eine „verschieden"-Folge, wenn sie ausschließlich aus verschiedenelementigen B-Paaren und eine „gemischt"-Folge, wenn sie aus B-Paaren beiden Typs besteht. In Abbildung 2 ist für die vier Bedingungen die Anzahl der Vpn mit „gleich"-Folgen pro Altersstufe aufgetragen. Die signifikanten Differenzen zwischen den Bedingungen zeigen, daß die Methode der Paarauswahl sensibel gegenüber V ariationen ist, die plausiblerweise die Gleichwertigkeit von Objekten mehr oder weniger offensichtlich machen sollten. ( K D / K E : ¿2 = 41,01; N D / N E : ¿2 = 23,53; K D / N D : ¿2 = 26,03; K E / N E : ¿ 2 = 1 3 , 5 4 ; a n e Werte sind zu vergleichen mit ¿ 2 ( o , o 5 ; i ) : = : 3 , 8 4 ) . Der Einfluß der Faktoren A, B und C auf den Antworttyp D wurde mit Hilfe eines CHI 2 Tests analysiert (Krause und Metzler, 1983, S. 331). Dabei ergaben sich signifikante Haupteffekte der Faktoren A, B und C auf den Antworttyp (CHI 2 AD = 3 2 , 4 2 = ^ 2 ( 0 0 5 ; 1 ) = 3,84; C H P B D - 5 8 , 2 5 > ^ ( o o 5 i - 3 j 8 4 ; C H I 2 C D = 5 3 , 2 9 > Z 2 ( 0 0 5 ; 6 ) = 12,6). Weiterhin ergab sich eine signifikante Wechselwirkung der Faktoren A, B und D (CHI 2 ABD = 5 , 3 > ^ 2 ( 0 ; 0 5 ; i ) = 3,84). Das heißt, Material und Benennung kombinieren sich nicht einfach additiv in ihrem Einfluß auf den Antworttyp. Die Differenz zwischen Doppelund Einfachbenennung ist für künstliches Material größer als für natürliches Material. Zwischen den Faktoren B, C und D zeigte sich ebenfalls eine signifikante Wechselwirkung (CHI 2 BCD = 14,54;=^2 (0 0 5 . 6 ) = 12,6). Der Unterschied zwischen Doppel- und Einfachbenennung ist bei jüngeren Kindern größer als bei älteren Kindern. Zwischen den Faktoren A, C und D ließ sich keine Wechselwirkung nachweisen (CHI 2 ACD = 5 , 0 4 < ¿ 2 ^ 0 5 . 6 ) = 12,6). Die Differenzen zwischen natürlichem und künstlichem Material sind etwa für die Kinder aller Altersstufen gleich.

248

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Eine Wechselwirkung zwischen allen vier Faktoren war ebenfalls nicht nachzuweisen (CHI 2 ABCD = 1 , 6 7 < £ 2 ( 0 0 5 . 6 ) = 1 2 , 6 ) .

Jahre

Abb. 2 Die Anzahl N g j der „glcich"-Folgen als Funktion der Faktoren „Material", „Benennung" und „Alter". K künstliches Material, N natürliches Material, D Doppelbenennung, E Einfachbenennung

Diskussion Die Ergebnisse zeigen, daß das Verständnis der Gleichwertigkeit gleich benannter, aber unterschiedlich aussehender unbekannter Objekte einer deutlichen Entwicklung unterliegt. Das gilt sowohl für den Fall, daß die Objekte mit nur einem gemeinsamen Namen benannt sind (KE) als auch für den Fall ihrer doppelten Benennung im Sinne einer Inklusionshierarchie (KD). Die signifikant größere Anzahl von „gleich"-Folgen im zweiten Fall resultiert dabei aus zusätzlichen Schwierigkeiten, die mit dem Wechsel zwischen den Abstraktionsebenen verbunden sind. Diese Schwierigkeiten zeigen sich auch in der relativ hohen Zahl von „gleich"-Folgen bei der doppelten Benennung eines vertrauten Materials (ND). Sie ist hier jedoch kleiner als bei unbekanntem Material, weil die mit dem Namen automatisch verbundene Identifizierungsprozedur eine Orientierungshilfe darstellt, die es erleichtert, die Verschiedenheit der Beispiele zu ignorieren. Bei einfacher Benennung des vertrauten Materials (NE) ist diese Orientierungshilfe bereits schon für die jüngsten der untersuchten Kinder ausreichend, wie das Fehlen von „gleich"-Folgen bei dieser Bedingung zeigt. Die zwischen den Faktoren „Material" und „Benennung" gefundene Wechselwirkung zeigt, daß sich die „gleich"-Folgen in K D nicht additiv aus den „gleich"-Folgen in den beiden Teilaufgaben K E und ND zusammensetzen. In K D wird auch dann noch mit „gleich"-Folgen reagiert, wenn die in den beiden Teilaufgaben ausgewiesenen partiellen

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Göede, S t r u k t u r i e r u n g von O b j e k t m e n g e n

Schwierigkeiten bereits überwunden sind. Das liegt gerade daran, daß in K D neben-dem Verständnis des Prinzips einer einfachen Klassenbildung ein Ebenenwechsel ohne Orientierungshilfe gefordert ist. Für eine differenzierte Einschätzung der Ergebnisse der Paarselektion ist die Frage wesentlich, wie sich Kinder mit „gleich"-Folgen in K D verhalten, wenn man ihnen gemischte Paare (A t , A2) vorlegt und sie direkt fragt, ob das zwei B sind. Abbildung 3 zeigt für das Alter von 6—10 Jahren den Anteil dieser Kinder, die eine solche Frage bejahen. (Es sind hier auch Kinder aus Experiment III mit einbezogen, so daß die Aussagen auf einer relativ hohen Anzahl von Kindern pro Meßpunkt beruhen. Sie hat in aufsteigender Altersreihenfolge die Werte 28, 17, 11, 7 und 1). 7,0-

l

Q.

0,8 -

0,6 •

OS A b b . 3. Die Wahrscheinlichkeit p, d a ß K i n d e r m i t „ g l e i c h " - F o l g e n in K D ein v o r g e l e g t e s verschiedenelementiges P a a r als B - P a a r a k z e p t i e r e n K D wie in A b b i l d u n g 1

0[—ih

Jahre •

10

Man sieht deutlich, daß es für die abgeforderte Beurteilung vorgelegter gemischter Paare ebenfalls eine Entwicklung gibt. (Der Einfluß des Alters auf die Antworten ist statistisch signifikant: Z2 = 8»^9>/ 2 ( 0 ) 0 5 ; 3 ) -=7,81.) Sie geht der spontanen Einbeziehung dieser Paare in die Wahlen unmittelbar voraus. Sechsjährige Kinder sind noch sehr unsicher und beantworten die Frage häufig mit „nein", wobei ein typischer Kommentar ist: „Das ist ein B, und das ist ein anderes B . " Neunjährige Kinder scheinen demgegenüber bei ihren Wahlen die gemischten Paare tatsächlich nur „vergessen" zu haben, aber zehnjährige Kinder „vergessen" sie dann im wesentlichen nicht mehr, wie das fast vollständige Verschwinden der „gleich"-Folgen zeigt.

Experiment II Kinder, die „gemischt"- oder „verschieden"-Folgen unter der Bedingung K D von Experiment I Zeigen, behandeln auf einer übergeordneten Ebene Objekte als gleichwertig, die auf der untergeordneten Ebene verschieden sind. Sie benötigen darüber hinaus für einen solchen Wechsel nicht die Orientierungshilfe einer mit dem Namen verbundenen Identifikationsprozedur, d. h. sie prägen allein anhand vorgegebener Namen einer unbekannten Objektmenge eine hierarchische Struktur auf. Das zeigt ein Verständnis der Klasseninklusion.

250

Z. Psychol. 195 (1987) 3

Ein solches Verständnis wird traditionsgemäß mit einer von Inhelder und Piaget (1964) entwickelten Aufgabe gemessen, so daß nach dem Zusammenhang zwischen dieser Aufgabe (PA) und der obigen „Hierarchisierungsaufgabe" (HA) zu fragen ist. Bei der PA wird das Kind mit einer Reihe von Objekten konfrontiert, beispielsweise mit der Reihe R R R R TT (R: Rose (A t ), T : Tulpe (A2)), wobei gefragt wird: „Liegen dort mehr Rosen oder mehr Blumen (B)?" Diese Frage wird erst mit etwa 7—9 J a h r n richtig beantwortet. Jüngere Kinder vergleichen die beiden Teilklassen und kommen so zu falschen Antworten. Die Autoren erklären das fplgendermaßen: Die jüngeren Kinder können die zwischen den A4 und A2 differenzierenden Merkmale nicht gleichzeitig berücksichtigen und ignorieren. Damit zerfällt die KlasSe B in B t = A t und B 2 = A 2 . In dem geforderten Vergleich ist dann B 2 = A 2 die einzige Klasse, mit der A t verglichen werden kann. Erst wenn Merkmale gleichzeitig berücksichtigt und ignoriert werden können, steht die Klasse B zum Vergleich zur Verfügung, so daß die Aufgabe gelöst werden kann. 3 Zwischen beiden Aufgaben läßt sich folgender Zusammenhang begründen: 1) Wer die HA löst, schließt von der vorgegebenen Namensverteilung auf die Gleichwertigkeit aller Objekte mit dem Namen „B". Dasselbe sollte dann bei der PA möglich sein und verhindern, daß in dem geforderten Vergleich eine Teilklasse weggelassen wird. 2) Für die Schlußfolgerungen in der umgekehrten Richtung ist die Rolle des in der PA verwendeten vertrauten Materials zu prüfen. Hier läßt sich feststellen, daß eine unterstützende Wirkung des vertrauten Materials, wie sie beispielsweise in Experiment I beobachtet wurde, in einem simultanen Vergleich entfallen muß, da man nicht wirklich gleichzeitig ein Merkmal beachten und nicht beachten kann. Das gleichzeitige Berücksichtigen und Ignorieren von Merkmalen setzt ein abstraktes, vom Material unabhängiges Verständnis der Zusammenhänge voraus. 4 Wir erwarten deshalb, daß aus der Lösung der PA mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch auf die Lösung der HA geschlossen werden kann. Die beschriebenen Zusammenhänge können nur bestehen, wenn die Lösungen und Nichtlösungen der beiden Aufgaben in wesentlichem Maße durch die angenommenen Ursachen bestimmt sind. Für die PA liegt jedoch mit dem in der Frage enthaltenen „oder" eine zusätzliche Fehlerquelle nahe. Mit „oder" werden normalerweise gleichgestellte Ebenen koordiniert, so daß die kritische Frage pragmatische Implikaturen verletzt. Das „oder" kann also ein vorhandenes Verständnis der Klasseninklusion maskieren. Wenn das, wie vifelfach angenommen wird, der Fall ist, sollten die Lösungswahrscheinlichkeiten für die HA in allen Altersstufen deutlich höher sein als für die PA. 3

Dies ist für Inhelder und Piaget (1964) äquivalent mit der Koordination der logischen Operationen der Klassenaddition (B = A 1 + A 2 ) und der Klassensubstraktion (Af = B —A 2 ), als deren Ergebnis ein Ganzes bei gleichzeitiger Beachtung seiner Teile „konserviert "werden kann. 4 Es ist eine andere Frage, in welchem Maße die Aufgabe auch auf der Basis eines sukzessiven Ebenenwechsels gelöst werden kann. So entstandene Lösungen können materialabhängig sein.

251

Goede, Strukturierung von Objektmengen Methoden

Versuchspersonen sind die K i n d e r der G r u p p e K D aus E x p e r i m e n t I ah A l t e r s s t u f e 6. Sie lösten z u r H ä l f t e v o r , zur anderen H ä l f t e n a c h der HA zusätzlich auch die P A . Die A l t e r s m i t t e l w e r t e ( J a h r e ; Monate) der K i n d e r dieser G r u p p e und die m a x i m a l e n S c h w a n k u n g e n sind 6 ; 0 ( 5 ; 6 — 6 : 4), 6 ; 1 0 ( 6 ; 6 — 7 ; 1), 7 ; 10 ( 7 ; 7 - 8 ; 2), 9 ; 0 ( 8 ; 7 - 9 ; 5), 9 ; 1 1 ( 9 ; 6 - 1 0 ; 4). Als Material w u r d e n f ü r die P A A b b i l d u n g e n von Blumen (4 Rosen, 2 Tulpen), Tiere (4 Hunde, 2 K a t z e n ) sowie Kreise (4 blaue, 2 gelbe) v e r w e n d e t . V o r jeder Frage w urde das Material v o m V I in derselben Weise wie in der H A ( A b b . 1) auf beiden Ebenen b e n a n n t .

Ergebnisse

Die PA galt als gelöst, wenn zwei der drei Teilaufgaben gelöst wurden. Die HA galt als gelöst, wenn mindestens einmal ein Paar (A1? A 2 ) gewählt wurde (wenn also „gemischt"oder „verschieden"-Folgen auftraten). Eine globale Charakteristik der Zusammenhänge zwischen beiden Aufgaben erhält man, Wenn man Lösungen und Nichtlösungen der einen Aufgabe im Hinblick auf Lösungen und Nichtlösungen der anderen Aufgabe subklassifiziert. Die resultierende Kontingenztafel zeigt Tabelle I. Es läßt sich als ein zusammenfassendes Maß ein Kontingenzkoeffizient berechnen. Er ergibt sich als C korr . = 0,809 (Claus/Ebner, 1974, S. 293). Die Nullhypothese der Unabhängigkeit kann sehr sicher abgelehnt werden Z 2 = 2 9 , 1 9 > Z V o o i . i , = 10,8). T a b . I. Z u s a m m e n h a n g zwischen Lösung bzw. Niclitlösung der Inklusionsaufgabe n a c h Inlielder und Piaget ( P A ) und der Hierarchisierungsaufgabe (HA) \ PA

IIA

Gelöst

Nicht gelöst

\

Gelöst Nicht gelöst

21

3

24

0

30

30

27

33

60

Dieser allgemeine Zusammenhang wird im folgenden näher analysiert. In Abbildung 4 sind für beide Aufgaben die Lösungswahrscheinlichkeiten p(HA) bzw. p(PA) pro Altersstufe aufgetragen. Beide Wertegruppen lassen sich durch eine gemeinsame Regressionsgerade y = a + b x mit den Parametern a = 0,0499 und b = 0,1876 beschreiben. Der Korrelationskoeffizient zwischen Lösungswahrscheinlichkeit und Alter ist r = 0,9824. Aus der festgestellten Gleichheit von p(PA) und p(HA) folgt aufgrund der Beziehung p(PA • HA) = p HA (PA) • p(HA) = p PA (HA) • p(PA) auch die Gleichung p H A ( P A ) = p PA (HA). Dabei ist p(PA • HA) die Wahrscheinlichkeit, sowohl die PA als auch die HA zu lösen, p HA (PA) ist die Wahrscheinlichkeit, die PA zu lösen unter der Bedingung, daß die HA bereits gelöst wurde, und p P A (HA) ist umgekehrt die Wahrscheinlichkeit, die HA zu lösen, wenn PA bereits gelöst wurde. In Abbildung 5 sind diese bedingten Lösungswahrscheinlichkeiten für die fünf unter-

252

Z. Psychol. 193 (1987) 3

suchten Altersstufen aufgetragen. Bei einem Korrelationskoeffizienten r = 0,141 kann die Nullhypothese fehlender Korrelation mit dem Alter angenommen werden (t = 0 , 2 4 6 < t ( 0 > 0 5 . 3 ) = 2,35). Die bedingten Lösungswahrscheinlichkeiten streuen danach um einen konstanten Wert a = 0,823. Eine Linearitätsprüfung ergibt, daß sich die empirischen Werte durch eine entsprechende Gerade parallel zur x-Achse beschreiben lassen ( F = 2 , 1 6 < F ( 0 0 5 ; 3 . 5 ) = 5,41).

X

Ofl 1 Q.

0,6

1

Q.

0,40,2 0'

6

7

8

9

10

Abb. 4. Die Lösungswahrscheinlichkeiten ji(PA) uncl p(HA) als Funktion des Alters P A : Inklusionsaufgabe nach Inheldcr und Piaget I I A : llicrarehisierungsaufgabe (Bedingung KD E x p . I)

Jahre

0,8

1 cf 0,6

i


£ 2 [ 0 j 0 5 ;1) = 3,84). Die „gemischt"-Folgen (Abb. 6b) nehmen für I 1 und I 3 mit dem Alter zu, wobei die Zunahme für I 3 stärker ist (#11/13 = 4,77>% 2 ( 0 0 5 ; 1 ) = 3,84). I 2 bewirkt keine Zunahme der „gemischt"-Folgen. Ihr Anteil ist bei allen Altersstufen gleich und mit etwa 25 % r e " lativ gering. D$r Anteil der „verschieden"-Folgen (Abb. 6c) ist für I 1 und I 3 unabhängig vom Alter und mit etwa 15 % recht gering. Es gibt dagegen für I 2 eine sehr starke altersabhängige Zunahme der „verschieden"-Folgen (%2 = 20,5>-^ 2 ( 0 0 5 . 5 ) = l l , l ) .

257

Goede, Strukturierung von Objektmengen

Abb. 6 b. Folgen

Abb. 6c.

J gen

Die Anzahl N g e m

der „gemischt"

Die Anzahl N v . der „verschieden"-Fol-

Die Beziehungen zwischen den Faktoren A (Alter), B (Instruktion) und C (Antworttyp) wurden mit Hilfe eines CHP-Tests (Krause und Metzler, 1983, S. 331) analysiert. E s ergaben sich signifikante Einflüsse des Alters (CHI 2 A C = 77,43>%(,05;io) = 1 8 ' 3 ) u n d der Instruktion (CHI 2 B C = 5 8 , 2 3 > ^ 0 05 . 4) = 9,49) auf den Antworttyp. Eine Wechselwirkung der Faktoren A, B und C konnte nicht nachgewiesen werden (CHI 2 A B C = 23,26.umfangs, in» telleftueller Dorgänge, bes Ceferts — ein ®bj. bem beob. *£luge fu^eitig bai3ubieten. Die Darb, fönnen bis 3U tuin3tgen Bruchteilen Don Sefunben bouern. (Es gibt l . g a l l t . . (Ein fenfredjtes Saulenpaar trägt am oberen (Enbe einen (Eleftromagneten, öcr einen Bledjbilbrafjmen feftljält. Bei Stromöffnung fällt ber Rahmen — je nad; f^ölje bes auf ben Säulen oerfdjiebbaren Iltagneten — betie« big rafd; herunter, reifet im gall ei« nen unten befinblidjen, bas©bj.oot« Ijer nerbedenben Dorfyang mit, foba& toä^renb bes S o l l n s basfelbc fidjtbar ©urbe. — 2. R o t a t i o n s t . . 3ur £jinterein> anberbarb. oon ein ober 3tDei ©bj.; unb Spiegelt, ( f . b . ) . — 3 . p e n b e l t . , f.b. — 4 . p i j o t o g r a p^ifdjer momentoerf^Iufe, hinter bem bas ©bj. geboten roirb

287

Sarris, Max Wertheimer in Frankfurt I

fachen Lehrbuchdarstellung) und zum anderen unter einem historisch-dokumentarischen Gesichtspunkt (z. B. Appendix, S. 303ff). Die Verbindung beider Darstellungsweisen dient dem einfacheren Verständnis der Wertheimerschen Arbeiten im geschichtlichen Rahmen. Allgemeine Versuchsgrundlagen. — Läßt man nacheinander zwei Linien a und b an zwei benachbarten Orten jeweils kurz erscheinen, so daß a schon wieder verschwunden ist, wenn b erscheint, so tritt das P/w-Phänomen unter bestimmten zeitlichen Bedingungen auf, d. h. eine Scheinbewegung mit subjektiver „Felderfüllung" (phänomenale Identität), obschon a und b objektiv ruhen (Abb. 1).

scheinbar

wirklich

a'l

a

1 1 1 . 1

1 1 b

>> \

\

\

\ + b'

Abb. i .

Schema zur Erläuterung des

Phi-Phä-

nomens. — Vgl. Text

Wertheimer ermittelte für das Zeitintervall zwischen Erst- und 'Zweitreiz einen mittleren Wert von etwa 60 Millisekunden (±0,025 Sek.), um bei seinen Probanden und sich eine optimale Scheinbewegung zu erzeugen. Bei noch kleinerem Zeitintervall, d. h. bei etwa 0,03 Sekunden und kleiner, wurde Simultaneität, umgekehrt ab etwa 0,15 Sekunden Zeitintervall Sukzessivität der Linien a und b wahrgenommen. Die für die Erzeugung des P/it-Phänomens (Bewegungsgestalt: a'->-b') relevante Intervallzeit (0,06 Sek.) war also in Wertheimers Versuchen die experimentell wichtigste Größe. Die wahrgenommene Bewegung beim Abspielen eines Kino- oder TV-Streifens, der ja aus einer Vielzahl von aneinandergereihten statischen Einzelbildern besteht, — ebenfalls eine Scheinbewegung, — ist eine praktische Nutzbarmachung des PAi'-Phänomens. Da eine erscheinungsmäßig so eindeutige Bewegungs-GesfaZi zuvor in der Fachliteratur so noch nicht beschrieben worden war, gab Wertheimer diesem experimentell ermittelten Effekt einen Namen: das PhiPhänomen, wobei „Phi" (Me OßcyHtflaioTCH paHHue ijipaHKifiypTeKHe paßoTti Maifta BepTxaiiMepa (1910—1912). LJcHTpajibHoii TeMOii HBJIH6TCH paßoTa BepTxaäMepa (c npiiJiOHieinieM), noHBUBinanCH 75 jieT Haaafl, o KarnymeMCH ABHmeHHit

KawecTBe ochobhhx momchtob Haiuero itajioHietniH SbiJin BuCpaHM (1) tgxhhhgckwg ochobhoh KOHijenT reiirraJibT-ncHxojiornH, (3) H3H0Ji0riwecKaH TeopHH «KopoTKoro 3aMM-

((j)H-eHOMeH). B MeTOfflu, (2)

KailHH» H (4) KJIHHHKO-nCHXOJIOrHieCKaH npHM6HHMOCTb C (5) yTOTOM HCTOpHMeCKOrO 3HaieHHH 3T0Ö paßoTbi. 3Ta HcxoffHan: paöoTa,

cbohm npoflOJimeHHeM

oTKpwBiuaH b CBoe

BpeMH 6onbiuoe

hhcjio

BamHbix $aKTopoB, HMeJia

BepTxaitMepoBCKoe « Y i e H n e o reuiTajibTe». OHa ojKHBHjia HHTepec

k Hccjiejjo-

BaHHHM (a) BOCnpHHTHH flBHJKeHHH, (6) nOCJiyiKHJia HanajlOM 3KCIIGpHMGHTaJIbH0 H ßHOnCHXOJIOrireeCKH

oßocHOBaHHOft rcuiTaJibT-ncHxojiorHH

h

(b)

Cbirpajia p o u t

b nonbrme

ynpoHGHHfl TeopHH reuiTanbTa

(rojiH3Ma), KOTopott npHflepwHBaJiHCb BepTxatiMep, Kenep h Ko$iJ»Ka.

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302

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Sarris, Max Wertheimer in Frankfurt I

303

Anhang Max

Wertheimers

„Experimentelle

Z. P s y c h o l . 6 1 ( 1 9 1 2 )

Studien

über das

Seh^n

von

Bewegung".

161-265.

Hinweis: Der nachfolgende Text gibt wichtige Stellen der Wertheimerschen (1912) Originalarbeit über Scheinbewegungen wieder. Das Material ist gegliedert (von V. S.) nach Fragestellung, Methode, Ergebnisse, Kurzschlußtheorie und Anhang. N a c h e i n e r k u r z e n E i n f ü h r u n g in d e n a k t u e l l e n S t a n d d e s F o r s c h u n g s g e b i e t s ( S . 1 6 2 f f . ) v e r a n s c h a u l i c h t W e r t h e i m e r die eigene e x p e r i m e n t e l l e T h e m e n s t e l l u n g — a m B e i s p i e l — wie f o l g t : „Man zeichnet auf den Objektstreifen eines Stroboskops zwei Objekte einfacher Art. Z. B. eine 3 cm lange Horizontale am Anfang des Streifens, eine zweite in der Mitte des Streifens etwa 2 cm tiefer. Bei relativ sehr langsamer Rotation des Stroboskops erscheint zuerst die eine Horizontale, dann die andere; die beiden treten klar sukzessiv und dualiter auf. Bei sehr schneller Rotation sieht man sie simultan übereinander; sie sind gleichzeitig, zusammen da. Bei einer mittleren Geschwindigkeit sieht man bestimmte Bewegung: ein Strich bewegt sich klar und deutlich von einer oberen Lage in eine untere und zurück." (S. 165). Fragestellung.

— Welches sind die H a u p t u r s a c h e n f ü r diese S c h e i n b e w e g u n g , die W e r t -

h e i m e r als e i n n o c h d e r K l ä r u n g b e d ü r f t i g e s P h ä n o m e n ( „ P h i " ) a n s p r i c h t ? „ I s t es möglich, durch vorschreitende experimentelle Fragestellungen vorwärts zu kommen in der Erforschung des Problems: was da psychisch vorhanden sei; was diese Eindrücke konstituiere?" ('S. 166). Wertheimers experimentelle Fragestellungen lauten: „1. Beobachtungen . . . unter Variation der Zwischenzeit t zwischen den Expositionen der beiden Objekte; Variation der Expositionszeiten. 2. Taugliche Variation in der Anordnung der beiden Objekte, der Lage, gegenseitigen Entfernung (Abstand), der Gestalt, Farbe usw. und Verwendung von in bestimmter Weise verschiedenen Objekten. 3. Variation bezüglich des subjektiven Verhaltens; der Fixation, der Aufmerksamkeitseinstellung, der Einstellung. 4. Einführung dritter und weiterer Objekte in das Expositionsfeld, wobei komplizierte Faktoren durch taugliche Gegenexperimente auszuschließen wären. 5. Untersuchungen von Nachwirkungen." (S. 167). Methode.

— B e i der B e s c h r e i b u n g der methodischen G e s t a l t u n g seiner Versuche weist

W e r t h e i m e r z u n ä c h s t a u f e i n i g e d a f ü r h i l f r e i c h e V o r v e r s u c h e hin. D a n n erfolgt die G e r ä t e b e s c h r e i b u n g Artikels

ersichtlichen verschiedenen

unter

Verweis auf

die aus d e m

Anhang

Schieberanordnungen (Figuren zum

seines

Wertheimer-

schen Schieber); dort sind auch einige weitere Variationen von Einflußgrößen aufgelistet (vgl. h i e r A n h a n g , S . 3 0 7 f f ) . „II. Prof. Schumann hatte die Freundlichkeit, nur zu Untersuchungen unter technisch genaueren und exakt meßbaren Bedingungen sein bekanntes Tachistoskop mit einer besonderen Einrichtung, die er zum Zwecke des Studiums der Wirkung von zwei sukzessiven Expositionen getroffen hatte, zur Verfügung zu stellen. Die hier vorliegenden Untersuchungen sind im Herbst und Winter 1910 am psychologischen Institut zu Frankfurt a. M. angestellt. Knapp hinter der Scheibe des Tachistoskoprades, hinter dem Objektiv des Fernrohres, durch das gesehen wird, ist ein Prisma aufgestellt, das die untere Hälfte des Objektivs deckt, so daß in die obere Hälfte des Objektivs die Strahlen gerader Richtung, in die

304

Z. Psychol. 195 (1987) 3

untere Strahlen von der Seite her einfallen; ein Expositionsschlitz a m Rade läßt die obere Hälfte (des Objektivs) frei, ein zweiter die untere; sind die Entfernungen zwischen Objektiv und Prisma gering, so wird bei jeder der beiden Expositionen die ganze Kreisfläche des jeweiligen Expositionsfeldes gesehen. Rotiert das Tachistoskoprad, so erfolgt zuerst die Exposition des einen, dann des anderen Expositionsfeldes . . . Der objektive Abstand der Expositionsfelder vom Prisma betrug e t w a 80 c m ; die beiden Expositionsfelder waren schwarz oder dunkel, jedes seitlich von einer Lampe beleuchtet; die Objekte wie Streifen usw. s. S. 264 z. B. von 1 x 6 cm, größer oder kleiner, in weißer oder anderer Farbe, waren an den Expositionsfeldern angebracht und ihre Lage bei objektiver Simultanexposition (gleichzeitig gemeinsame Schlitzöffnung) eingestellt; durch die Stellung der beiden Lampen wurde gleiche Helligkeit hergestellt. Helligkeit, Form, Größe, Abstand der Objekte voneinander (gegenseitige Lage) usw. sind von einiger Relevanz." (S. 175f.).

Die Hauptversuche fanden mit einer nur geringen Anzahl von Probanden statt, die Wertheimer offensichtlich für viele experimentelle Einzelsitzungen zur Verfügung gestanden haben: „Als reguläre Versuchspersonen stellten sich freundlichst die beiden Herren Assistenten des Instituts, Dr. Wolfgang Köhler und Dr. Koffka, nachher auch Frau Dr. Klein-Koffka zur Verfügung . . . auch mit anderen Versuchspersonen . . . auch mit in psychologischen Beobachtungen völlig Ungeübten. Die wesentlichen Versuche waren alle im unwissentlichen Verfahren angestellt." (S. 176f.). Ergebnisse: — „Das Hauptergebnis w a r : In den meisten Fällen waren die wirkliche und die ,Schein'bewegung überhaupt nicht zu unterscheiden; auch nicht für Beobachter, die durch die vielfachen tacliistoskopischen Experimente in schärfster Beobachtung des Gegebenen bei momentaner Exposition Monate hindurch geübt waren. In einigen Fällen wurde (nach vielfacher Exposition einer solchen Tafel, nach langer Beobachtung der Bewegung) schließlich richtig erkannt, dabei aber nicht e t w a das eine als Bewegung, das andere als 'Nichtbewegung bezeichnet, sondern (nur) ein qualitativer Unterschied der gesehenen Bewegungen konstatiert; . . . sehr oft k a m es zu Aussagen wie ,die eine Bewegung unterschied sich dadurch von der anderen, daß sie so stark, energisch war, es war die beste Bewegung von allen' . . . " (S. 177).

Der allgemeinen Ergebnisbeschreibung folgt die Darstellung des numerischen Datenmaterials. Von den beiden Datentabellen, die Wertheimer publiziert hat, wird hier die erste von beiden unten wiedergegeben (Tab. I): „Ich führe zur Illustration der zeitlichen Werte einige Tabellen an, wie sie sich bei den drei Hauptbeobachtern . . . ergaben . . . Die Berechnung der Zeitwerte geschieht folgendermaßen: z. B. die Schlitzlänge der Exposition a-b betrage 7 Grad des Radunifanges; die Länge des Zwischenraumes zwischen den Expositionsschlitzen 16 Grad; die Gesamtlänge (Zeit der Gesamtexposition) = 30 Grad. Als Teilwerte der Gesamtumdrehung 360 ergeben sich 51,4, '22,5, 12. Ergibt die Messung der Zeitlänge von 20 Umdrehungen im speziellen Fall z. B. 20,4 sec., so entfällt auf die Zeitlänge einer Umdrehung 1020 insec, die Gesamtexpositionszeit (g) 85 msec, die Expositionszeit je eines Reizes a = / ? = 2 0 m s e c , die Zwischenzeit zwischen den Expositionen von a und b, t = 45 msec. m I. Beispiel: Objekte: zwei weiße Streifen auf schwarzem Grunde, von 1,5 mal 8,7 c m ; schräg gegeneinander geneigt im Winkel von 45°, im Scheitel sich berührend s. Abb. S. 264; der horizontale Streifen (a) auf dem Expositionsfeld A, der schräge, b, auf dem Expositionsfeld B. Optimales Bewegungsstadium e r g a b die Drehung eines Streifens von der Horizontallage in die Schräglage . . . Neben den Hauptversuchen a m Tachistoskop operierte ich mit einer Reihe anderer Versuchsanordnungen." (S. 178 ff).

Es folgt dann eine sehr ausführliche qualitative Darstellung der Einzelbefunde (experimentelle Phänomenanalyse), aufgegliedert nach 14 (von insgesamt 22) Paragraphen,

Sarris, Max Wertheimer in Frankfurt I

305

Tab. V I . Die von Max Wertheimer mitgeteilten Zeitwerte (in Millisekunden) für drei Probanden (Vp. I, I I , I I I ) bei verschiedenen P/u-Phänomenstadien. (Ausschnitt aus den Originaldaten) (Wertheimer, 1912,Tab. I., S. 175) msec: Vp.

Vp.

I

II

\p. I I I

Ruhige Simultaneität Duale Ganzbew. § 6 Identität, Drehung, optimal col. längs. Bew. id. § 7, S. 195 Ruhige Sukzession Ruhige Simultaneität Identität, Drehung, optimal Ruhig simultan teilsim. S. 194 unt. Teilbew. § 7 Duale Ganzdrehung § 6 Ident. Drehung, optimal 11

11

t 32 53 59 116 178 36 71 31 40 50 58 62 64

beginnend mit § 4. „Zur Frage der Scheinbewegungen" (S. 181 f£) bis zu § 17, „Analogien beim Sehen wirklicher Bewegung" (S. 227 ff.). — Wir begnügen uns mit der leicht gekürzten Zusammenfassung der von Wertheimer als wesentlich erachteten Hauptergebnisse seiner Arbeit (§ 18, S. 233 f f ) : Zusammenfassung 1. Bei entsprechender Sukzessivexposition zweier in einem bestimmten Abstand voneinander stehender Reize a und b wird eine Bewegung gesehen, die nic ht durch Augenbewegungen oder andere periphere physiologische Prozesse bedingt ist, also eine Scheinbewegung zwischen ruhenden Objekten (PhiPhänomen). Die optimale Scheinbewegung („Ganzbewegung") erstreckt sich in dem Raum vom erstgezeigten Reiz a zum nach etwa 60 msec gezeigten Reiz b; bei nur 30 msec Zeitabstand zwischen der Darbietung von a und der von b sieht der Proband beide gleichzeitig („simultan ruhend"); ab etwa 200 msec Zeitintervall sieht man zuerst a, dann b auftauchen („sukzessiv ruhend"). Entscheidend für das Zustandekommen der Scheinbewegung ist außer dem Darbietungszeitintervall auch der räumliche Abstand zwischen Reiz a und Reiz 6: Je kleiner er ist, desto leichter ergibj sich das PhiPhänomen. 2. Zwischen dem Eindruck von „simultaner Ruhe" und dem von „optimaler Scheinbewegung" wechseln, unter variierten Darbietungsmodi, Eindrücke von Bewegung und „Identität a = b": „Der optimale Bewegungseindruck zeigte ein Identisches sich Bewegendes; ein Objekt, das sich bewegt, (z. B.) dreht; bei Dauerbeobachtung in Serienposition (a b a b a b . . .): ein Objekt, das sich hin und her bewegt, sich hinüber und herüber dreht. Selbst bei einiger Verschiedenheit von a und b kommt es zu solcher Identität . . . " (S. 186). 3. „Zwischen dem Effekt einer Ganzbewegung (von Lage a nach Lage b) und den Extremstadien B. ruhiger Simultaneität) zeigen sich duale Teilbewegungen, d. i. Bewegungen der beiden Objekte jedes für sich." (S. 186). 4. „Es ergaben sich (auch) Bewegungseindrücke, bei denen das eine der beiden Objekte unberührt ruhig bleibt, das andere eine (Teil-)Bewegung zeigt (Sigularbewegung)." (S. 187). 5. „Je nach — zufällig oder experimentell — ausgerichtetem Fixierungspunkt im Beobachtungsfeld ändern sich die Effekte: „So zeigte sich z. B. die Stellung der Aufmerksamkeit in das Abstandsfeld (zwischen a und b) begünstigend für den Bewegungseindruck." (S. 187). 20

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6. „Es ergaben sich Bewegungseindrücke (und zwar Teilbewegung), bei denen eines der beiden Objekte psychisch nicht wahrgenommen oder auch objektiv als Reiz nicht mehr vorhanden war." (S. 187) — Das heißt, gelegentlich „. . . zeigte sich, daß das Wesentliche des Hinübergehens resp. des Drehens nicht mit subjektiven Zwischenlagen zu tun hat. Es gibt Fälle, wo

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J . A. B a r h , L e i p z i g / D D R

F r o m the Department of Psychology of University of Colorado, Boulder

Some implicit assumptions of modern psychology By M. Wertheimer In an annual report of the Division of Theoretical and Philosophical Psychology of the American Psychological Association, Smith (1985, p. 3) admitted that the division is small, and essentially unpolitical. But he added that "within the APA, it does have a political interest: to assure that the intellectual foundations which are perennially problematic, do not get forgotten in the dominant pursuit of professionalism, whether in the human services or in the academy . . . Since . . . the Division regards a concern for the intellectual foundations of psychology essential to the health and worth of the discipline and to APA members' identity as psychologists, members of the Division predictably assert that their enterprise is more important to psychology and to the APA than its numbers might suggest." The "perennially problematic intellectual foundations of psychology" are Division 24's reason for existence. Over the years, the Division's Newsletter has published attempts by members of the Division to answer the question, "What is philosophical psychology?," and most answers have alluded to the great issues that have informed the Western intellectual scene for thousands of years: How can we obtain knowledge? What is the nature of the world and of being human? How can we assure justice, prudence, and wisdom in our actions and decisions. Theoretical and philosophical psychology are about what MacLeod (1975) called the "persistent problems of psychology": epistemology, ontology and the mind-body problem, ehtics, esthetics, and politics. These problems are ubiquitous. They are unavoidable. They will not go away if we ignore them, but will haunt us in ways that can interfere seriously with our efforts to reach those goals that are most dear to us. Yet there are no easy solutions to them. So most of us cope with them by maintaining a host of implicit beliefs we never look straight in the eye. Day in and day out, our actions are based on these unexamined assumptions. They range from the trivial to the potentially explosive, and it is, to repeat, impossible to avoid them in any interaction between oneself and one's animate as well as inanimate environment. Among the (I hope) relatively trivial ones right now are, for example, that the floor will continue to support the weight of the furniture and people in the room, and that the reader will be able to decode the sequence of squiggles on this and the next few pages. "Relatively trivial," I call them; they remain that way as long as they are confirmed. They become dramatically less trivial if they are disconfirmed: architectural disasters have been known to occur as parts of buildings collapsed, and sudden incoherence of printed symbols leads to surreal Kafkaesque images or ominous conclusions about the writer's, printer's — or reader's — sanity. Inherently nontrivial, yet apparently equally unexamined, is, for example, the assumption of individuals currently high in various

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J . A. B a r h , L e i p z i g / D D R

F r o m the Department of Psychology of University of Colorado, Boulder

Some implicit assumptions of modern psychology By M. Wertheimer In an annual report of the Division of Theoretical and Philosophical Psychology of the American Psychological Association, Smith (1985, p. 3) admitted that the division is small, and essentially unpolitical. But he added that "within the APA, it does have a political interest: to assure that the intellectual foundations which are perennially problematic, do not get forgotten in the dominant pursuit of professionalism, whether in the human services or in the academy . . . Since . . . the Division regards a concern for the intellectual foundations of psychology essential to the health and worth of the discipline and to APA members' identity as psychologists, members of the Division predictably assert that their enterprise is more important to psychology and to the APA than its numbers might suggest." The "perennially problematic intellectual foundations of psychology" are Division 24's reason for existence. Over the years, the Division's Newsletter has published attempts by members of the Division to answer the question, "What is philosophical psychology?," and most answers have alluded to the great issues that have informed the Western intellectual scene for thousands of years: How can we obtain knowledge? What is the nature of the world and of being human? How can we assure justice, prudence, and wisdom in our actions and decisions. Theoretical and philosophical psychology are about what MacLeod (1975) called the "persistent problems of psychology": epistemology, ontology and the mind-body problem, ehtics, esthetics, and politics. These problems are ubiquitous. They are unavoidable. They will not go away if we ignore them, but will haunt us in ways that can interfere seriously with our efforts to reach those goals that are most dear to us. Yet there are no easy solutions to them. So most of us cope with them by maintaining a host of implicit beliefs we never look straight in the eye. Day in and day out, our actions are based on these unexamined assumptions. They range from the trivial to the potentially explosive, and it is, to repeat, impossible to avoid them in any interaction between oneself and one's animate as well as inanimate environment. Among the (I hope) relatively trivial ones right now are, for example, that the floor will continue to support the weight of the furniture and people in the room, and that the reader will be able to decode the sequence of squiggles on this and the next few pages. "Relatively trivial," I call them; they remain that way as long as they are confirmed. They become dramatically less trivial if they are disconfirmed: architectural disasters have been known to occur as parts of buildings collapsed, and sudden incoherence of printed symbols leads to surreal Kafkaesque images or ominous conclusions about the writer's, printer's — or reader's — sanity. Inherently nontrivial, yet apparently equally unexamined, is, for example, the assumption of individuals currently high in various

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nations' leadership hierarchy that anything their enemies do is evil and that much that is evil in the world is probably perpetrated, or at least supported, by their enemies. Most of us go blithely through our lives without ever stopping to ask what our basic assumptions are. And most of us, fortunately, are only rarely tripped up b y our unexamined presuppositions. We are shocked when someone we esteem contradicts our own cherished but irrational beliefs. They become conscious only when they are violated. There are advantages to our unexamined assumptions staying unexamined and unconsciuos most of the time. The smooth locomotor behavior of the experienced skier or tennis player or centipede would deteriorate significantly if the creature stopped to think how the specific sequence of muscle contractions that produce each leg's movement must be fine-tuned in order to coordinate its movement with that of the other limbs. Comparably, our day-to-day actions would be badly disrupted if we regularly stopped to ponder the host of unquestioned assumptions that undergird our conduct. Yet it is likely that many of our nagging perennial problems, both individual garden-variety ones and international nuclearvariety ones, stem in part from assumptions that have routinely been taken for granted but are just plain wrong or at least inappropriate. George Kelly (1955) suggested in his ingeniously named theory of Constructive Alternativism that people in trouble might do well to consider looking at the world in a different way than they have been accustomed to, that is, to develop an alternative system of constructs for making sense of their world; that way many of the problems they thought they had might evaporate, and they might stop inadvertently generating their own troubles. If I construe my social environment as hostile to me, it is not surprising if that environment responds to me accordingly; if I see it as benign or at least neutral, the signals I generate toward it might make it less likely to act toward me as though I were ready to do it harm. Such considerations are, of course, relevant to our everyday conduct, to all clinical issues, and to keeping humanity from destroying its fragile habitat and itself. They are central for anyone dedicated to the enhancement of human welfare. They apply to every kind of psychologist, whether in the role of teacher, practitioner, researcher, consultant, or administrator; ultimately, of course, they apply to every human being doing anything at all. We all too rarely explicate the presuppositions that are taken for granted b y modern psychology, or by our colleagues, or, indeed, by ourselves. It would be useful to give ourselves the opportunity to decide whether it really makes sense to continue with the same assumptions that we have glibly endorsed for many years, orwhethef it would be worthwhile to. stop for a moment in our belief trajectory and think about how some different set of implicit assumptions might be more useful, or, depending on your implicit assumption about how to evaluate implicit assumptions, more rewarding, realistic, productive, logically consistent, or defensible. Such a periodic philosophical checkup, examining our "intellectual foundations", could enhance the health of modern psychologists, and therefore of modern psychology. I am, of course, by no means the only one to make such observations and to offer such a prescription. Fox (1985, p. 49) urged psychologists to regocnize the importance of developing the habit of mind that could see alternatives; and he aspired "to participate in

Wi'i'tlieinior, Some implicit assumptions oí modern psychology

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t h e c r u c i a l process of exposing our own basic a s s u m p t i o n s to c o n s t r u c t i v o . . . c r i t i c i s m / ' H e (p. 56) w a r n s t h a t " f a i l i n g to question our own b a s i c a s s u m p t i o n s m a y u l t i m a t e l y l e a d to t r a g e d i e s t h a t could o t h e r w i s e be avoided."' He cites w i t h a p p r o v a l a n u m b e r of r e c e n t w r i t e r s w h o have; q u e s t i o n e d (p. 56) "Ion-held a s s u m p t i o n s about the n a t u r e of social science a n d a b o u t the connection b e t w e e n p s y c h o l o g y a n d t h e s t a t u s q u o , " such as C a pi an a n d Nelson (1973), l l a r r é (1980), H a r r é a n d S e c o r d (1972), K e n d l e r (1981), M a n i c a s a n d S e c o r d (1983), R e a s o n a n d R o w a n (1981), Rosnow (1981), S a r a s o n (1981), S m i t h u n d W h i t e (1983). S l a a t s (1983), a n d W e x l e r (1983). A m o n g these, for i n s t a n c e , S a r a s o n h a s w r i t t e n r e p e a t e d l y a n d p o w e r f u l l y on t h i s t h e m e . In one p a p e r (1984, p. 477) he o b s e r v e d t h a t " e a c h of us possesses a w o r l d v i e w m u c h of w h i c h , b y v i r t u e of t h e socialization process, we n e v e r h a v e to a r t i c u l a t e a n d therefore do n o t h a v e reason to c h a l l e n g e . More a c c u r a t e l y , w e a r e possessed b y our w o r l d v i e w as m u c h as we possess it. W h e n we set our m i n d s to it, w e can b e g i n to f a t h o m h e r e t o f o r e u n e x a m i n e d a x i o m s in our w o r l d v i e w , but w e can n e v e r u n i m p r i s o n ourselves, except in s m a l l m e a s u r e , f r o m our w o r l d v i e w . " His a r t i c l e , a p t l y t i t l e d "If it can be s t u d i e d or d e v e l o p e d , should it be'.'," e l a b o r a t e s t h a t w h a t is good for science a n d t e c h n o l o g y is not a l w a y s good for societal w e l f a r e . H e concludes (p. 484) t h a t our w o r l d v i e w " c o n f u s e s c h a n g e w i t h progress, k n o w l e d g e w i t h w i s d o m , freedom w i t h license, a n d s l a v e r y w i t h m a s t e r y . " P e r h a p s , t h o u g h , c a r e f u l , c r i t i c a l e x a m i n a t i o n of the a x i o m s of our w o r l d v i e w m a y m a k e it s o m e w h a t less l i k e l y t h a t those a x i o m s will l e a d us b l i n d l y to a c t i o n s t h a t r e s u l t in societal h a r m . A n u m b e r of scholars h a v e proposed dimensions, v a r i a b l e s , or dichotomies t h a t can be used to c h a r a c t e r i z e p s y c h o l o g i s t s ' s y s t e m a t i c i m p l i c i t a s s u m p t i o n s , such a s H i l t ' s (1969) " m o d e l s , " W a t s o n ' s (1967) " p r e s c r i p t i o n . " Coan's (1979) " t h e o r e t i c a l o r i e n t a t i o n s , " W e r t h e i m e r ' s (1972) " ' f u n d a m e n t a l i s s u e s " or Irishman's (1986) " p a r a d i g m char a c t e r i s t i c s . " F i t t i n g even b e t t e r w i t h p s y c h o l o g y ' s r e c e n t o r t h o d o x doctrine, s e v e r a l i n v e s t i g a t o r s h a v e u n d e r t a k e n e m p i r i c a l s t u d i e s of w h e r e c e r t a i n s u b g r o u p s of psychologists f a l l in a m u l t i - d i m e n s i o n a l space specified b y v a r i o u s philosophical positions. T h u s F u e h s a n d K a w a s h (1974) a n d K a w a s l i a n d F u c h s (1974) s t u d i e d w h e r e t h e t r a d i t i o n a l f i v e schools of p s y c h o l o g y fall on W a t s o n ' s prescriptions, Coan (1979) e x a m i n e d t h e theor e t i c a l a n d personal belief s y s t e m s of v a r i o u s psychologists, K r a s n e r a n d H o u t s (1984) c o m p a r e d t h e b a s i c a s s u m p t i o n s a n d v a l u e s of psychologists a s s o c i a t e d w i t h t h e developm e n t of t h e " b e h a v i o r m o d i f i c a t i o n " m o v e m e n t w i t h those of p s y c h o l o g i s t s not so i d e n t i f i e d , a n d K i m b l e (1984) found some s t r i k i n g c o n t r a s t s b e t w e e n " s c i e n t i f i c " a n d " h u m a n i s t i c " p s y c h o l o g i s t s in how t h e y respond to q u e s t i o n s a b o u t v a r i o u s " v a l u e s " a n d also some m a j o r differences b e t w e e n psychologists a n d those w h o a r e n o t v e r s e d in t h e field. The sets of dimensions proposed b y different a n a l y s t s o v e r l a p , a n d t h e f i n d i n g s of t h e e m p i r i c a l s u r v e y s a r c g e n e r a l l y consistent w i t h e a c h other a n d w i t h w h a t a n y o n e r e a s o n a b l y f a m i l i a r with c o n t e m p o r a r y W e s t e r n p s y c h o l o g y might e x p e c t . The implicit a s s u m p t i o n s of modern p s y c h o l o g y , of course, as S a r a s o n (1984) a n d others h a v e p o i n t e d o u t r e p e a t e d l y , go f a r b e y o n d t h e discipline of p s y c h o l o g y n a r r o w l y conc e i v e d . A n y d i s c i p l i n é i s p u r s u e d w i t h i n a powerful socio-cullural, economic a n d political c o n t e x t . A m o n g t h e m o r e obvious i m p a c t s of t h i s c o n t e x t is t h e m a s s i v e i n f l u e n c e of

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sources of research and training funds, both governmental and private, on the specific tasks to which scholars in the discipline devote their energies. As funding agencies within the United States, for example, emphasize "research applied to national needs", the teaching of reading, space technology, or fife styles that arc conductive to physical wellbeing, scholars hungry for research and training dollars change their foci with the seemingly haphazard political winds. Less obvious are the pervasive, culture-wide and relatively stable assumptions of the larger society within which the psychological endeavor is pursued. This is not meant to imply that modern Western intellectual a c t i v i t y in general or modern Western psychology in particular is monolithic; in significant w a y s psychology is exceedingly diverse, as, among others, Sigmund Koch (e. g.. J981) emphasized in his plea that we abandon the term „psychology" as such, implying as it does that psychology is a unified field, and instead replace it with some such phrase as "the psychological studies." Still, the larger culture severley limits the alternative w a y s in which psychologists can look at the world: it is rare for us to be able to transcend our eulurte's crushing preconceptions, for example, to the degree that Rappoport has done in his interest in Zen philosophy and in his conclusion (1985, p. 140). after reading Heiders' (1983) gracious and moving autobiography, that the next assignment for the field of c r e a t i v i t y and adult development should be the poetics of human development. The catechism of modern psychology, of course, comes down to the implicit assumptions of individual psychologists. W e are all subject not only to the pressures of the world view inherent in the larger culture within which we participate, but also to the particular belief patterns shared b y the smaller subgroups with which we, as individuals, identify. Our individual world views are the product of the particular socialization experiences to which each of us has been exposed. So while we share m a n y assumptions that are common to h u m a n i t y at large and especially that are peculiar to that small fraction of contempor a r y h u m a n i t y t h a t is the Western world, we also endorse presuppositions t h a t are common among psychologists and uncommon among the great m a j o r i t y of Westerners who are not psychologists. Further, different specialties within the field also m a k e somew h a t different sets of assumptions, and indeed the set t a k e n for granted in one field m a y contradict several of the assumptions taken equally for granted in a different specialty; such speculations, incidentally, are a m p l y confirmed by the research literature on the v a l u e and belief systems of psychologists cited a little while ago. The same individual m a y even fall into a pattern of making one set of assumptions when engaged in one role, and accepting a quite different, partly contradictory, set when engaged in a different role. Such a practice m a y be quite reasonable, even useful or a d a p t i v e much of the t i m e ; but it m a y also occasionally be destructive or at least counterproductive. So while all psychologists share certain implicit assumptions, different subfields endorse somewhat different ones, and the details of an individual Weltanschauung are unique, and not a l w a y s internally consistent over time and over the changing demands of different roles. W h a t , concretely, are some of the presuppositions of modern psychology? In u l t i m a t e detail, to repeat, the assumptions of psychologists are individually unique and specific to a context, role, and t i m e ; furthermore, one's own m a y be inherently difficult to discern. Psychoanalysts have warned for decades that objective exploration of one's own un-

Wertlieirner, Some implicit assumptions of modern psychology

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conscious processes is an almost hopeless endeavor, since what is unconscious in one's mind usually is so for good reason. Yet the exploration must start somewhere. I realize that my personal exploration has hardly started, and that the beliefs that have occurred to me to share here are not presented in careful systematic sequence. Nor is there any pretense that the list is complete, or even that the most salient or important ones have been identified. The present effort is a preliminary, tentative foray. If the results of this exercise do not convince you, you are invited to correct errors of both omission and commission. And you are also invited to spend at least a few minutes every few months or so examining your own unquestioned assumptions. The effort was undertaken in a peaceful, quiet setting that would not inadvertently reinforce unexamined presuppositions by sheer effect of context: a ristic cabin in a primitive mountain setting, far removed from the office, the labs, the classrooms, the computers, and the committee meetings. To start with, it is clear, to repeat, that the presuppositions of modern psychology include assumptions of the sociocultural context within which psychological endeavors occur. Among the more fundamental of these is the presupposition of stability, or at least of continuity. Consider the myriad ways in which we assume it. As K a n t (1781, 1896) pointed out two centuries ago, both spacc and time are categorial in human thought: it is difficult conceive of an object or event which is not spatial, and we cannot conceive of any object or event which is not temporal. Almost everything in human experience occurs in space, and everything in human experience occurs in time. Space, while it has richly differentiated regions for each of us, is nevertheless continuous. Space has no beginning nor end, no boundary outside of which there is no space. To be sure, we occupy only a tiny compartment of the infinitude that is space, yet it is inconceivable to us that space could ever end. As for time, it too is continuous. While individuals may differ in their synesthetic images of time, the past is typically viewed as behind us, the present as right here, and the future as stretching out ahead of us—but all in one continuous, unbroken trajectory, always moving unerlingly in the same direction at the same rate, even if subjectively the apparent speed at which time passes may vary radically. The image of this trajectory, I have learned in travels to such parts of the world as India and Nepal, is not universally a straight line from the past through the now to the future, from behind to here to ahead; millions, probably billions, of people view time as circular rather than linear or even spiral. Harder yet for most of us to conceive than circular time would be a mode of thought that is truly atemporal and aspatial. One could ask whether our thinking constantly in spatiotemporal terms may not limit our consciousness unnecessarily, may not lead to excessively narrow causal and if—then ways of conceiving the world. Could human experience transcend space and time? If it could, what new insights might this mode of experience yield? Such musings may strike the reader as excessively esoteric. But our unquestioned beliefs about space and time go beyond their abstract properties. Space and time are, of course, most significant to us for what they contain. More of that later; for now, consider one

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spatiotemporal content which is highly salient for each of us as an individual: the self. W e implicitly assume, as William James elaborated early this century (1902), the continuity of the me. I know that I am the same person now that I was yesterday and will presumably be tomorrow, even though continuous self-awareness was interrupted b y sleep between" yesterday and today and will be between today and tomorrow. This apparently self-evident continuity or self ccours in several domains. Subjectively,

I am

still the same me that I was last week, last month, last year and, though to a significantly lesser degree, even twenty years ago (the clarity of the apparent conscious continuity, incidentally, fades fairly rapidly with increasing temporal distance, a phenomenon which may bear further thought and analysis). Physically

(althouhg there is cell replacement,

regeneration, and the reation of new tissue to repair wounds), I am also in a significant sense the same biological organism that I was before, and I assume I will continue to be for at least a bit more time. While m y subjective, personal me might wish that its physical housing were younger and more athletic, etc., the same assumption is made about the continuity of the physical self as about the continuity of the conscious self. Some might wish to add a spiritual self as well, distinct from both other selves, but its relation to the conscious self may be problematic; few of us have been able to achieve the degree of clarity in our understanding that we crave about how the spiritual and the conscious self are related. Nevertheless, there are many who believe in the reality of a spiritual self, which has fully as much assumed continuity as the other two, indeed typically more continuity. Many are convinced about the continued existence of the spirit even after the cessation of the conscious and of the self-propelled physical self. Certain Eastern Weltanschauungen go even further, believing in oft-repeated reincarnations and a cycle of death and rebirth that can end only with the achievement of perfect serenity. Whatever the details of our own individual belief systems, none of us could function a psychologists, or as people, if we did not make assumptions about the continuity of space, time, and self. Our everyday activities, at work and in the rest of our lives, would make no sense or would change or cease instantly if space were to develop anomalies or discontinuities (if, say, a right turn at an accustomed intersection no longer took one in the direction of the campus, or if suddenly a thousand-mile gap appeared between our house and the house next to it), or if time were to reverse or stop or change capriciously (so that, for instance, the afternoon suddenly came before the morning, while soon after that dawn would precede midnight), or if we did not at least to a significant degree expect to be the same person tomorrow that we are today and were yesterday. Assumed continuities of space, time and self are in a profound sense crucial to everything we are and do. But in addition to the sheer continuity of space, time ans self as such, we assume the continuity of what is important to us. This includes, of course, not only a select f e w significant others, but a vast array of people, institutions, practices, buildings, gadgets, languages and thousands of other things. W e rely on our spouse, our children, our friends, our colleagues, our neighbors and acquaintances, indeed our entire social milieu (not to mention our physical milieu) not to change; and it is always a jolt, sometimes a most unpleasant one, when such continuities are broken, as occurs more and more frequently, of course, as we get older. Continuity is typically taken for granted to a somewhat lesser

Wort I lei mer, S o m e implicit assumptions of modern p s y c h o l o g y

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extent, and with occasional additions and deletions being somewhat more readilv accepted, in one's personal possessions. But the form of additions and deletions follows certain rules that are also part of our usually unexamined presuppositions. If I buy something, I will acquire i t ; if I give something away, I will no longer own it. B u t those of us who do not live in blighted urban settings are surprised if the car we parked in front of the house last night has disappeared by this morning. We expect the shoes we put into the closet last week to be there when we look for them next week, and we are annoyed when the scissors are missing from their accustomed place in the drawer, or the refrigerator, the TV or the computer breaks down—though with experience we develop a sophisticated set of conclusions about what we can expect, including the frequency of various kinds of breakdowns in various kinds of continuity and in various kinds of equipment. Besides to people and to everyday things, we ascribe continuity to the grocery store, the tax office, the universities, clinics, and hospitals where we wprk, the buildings in which we function, the associations to which we belong, and the books and journals we read and in which we publish. As hinted twice earlier, continuity in the ability to communicate is a crucial implicit assumption in our daily life and work; it would be devastating if suddenly the people around us were unable to understand the language in which we had communicated with them for years, never giving the fact of communication itself a second thought. We also assume continuity, though with some change over time, in what our job entails, in the knowledge that constitutes our field in the technology we use in our everyday activities, and in the methods that we assume can yield trustworthy new knowledge. And we implicitly assume that there will be continuity in the implicit assumptions that we, our friends, and our colleagues take for granted, from the conviction that "doing psychology" is a good thing, through being convinced that life is almost always preferable to death, to the belief that the aircraft on which we will fly next week will function properly. How tenable or reasonable are these assumptions about the continuity of space, time, ourselves, and what is important to us? Experience and reflection show us that they both are and are not. Space and time are especially problematical. As Kant (1781, 1896) taught, they are in a crucial sense creations of the human mind, which it imposes on all of its experience; they inhere in all cognition. Questions about their " r e a l i t y " or continuity are therefore moot: asking whether the continuity that we assume in space and time is trustworthy or " r e a l " is asking an inherently unanswerable question. Space and time are ubiquitous constructions or figments of the human mind and there is no way to assess their reality or their continuity by any "outside" criterion. How about the continuity of the self? For a brief time, yes, it appears to exist, at least in our own awareness and in the reactions of others to us, but it is by no means infinitely continuous. My body and my mind did not exist at some time, then at a later time they did, but it appears impossible to specify their precise date of origin. My body started to exist some time, but just when it is appropriate to say that a human individual who did not exist before now does exist is not clear. This may be a definitional issue in embryology ; but it is not a question to which an empirical answer can be given, and indeed some

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intense religious controversies, especially concerning abortion, hinge on this inherently unanswerable question. When the subjective me emerges as a distinct, self-consciousentity appears to be no less problematical. Its emergenceTnay be gradual rather than all-or-none; it is unlikely that a specific date can be established for any individual human being before which self-conscious mind in the sense of awareness of selfidentity did not exist and after which it did. But the other end of life is typically more abrupt, even though philosophical, medical and legal issues are still unresolved about the exact instant of death. Yet death is a drastic discontinuity, at least in how the conglomerate of water, protein, and other constituents of the body functions. Many people also assume that deathin volves a profound discontinuity in the subjective self, finding it hard to imagine a dead person being conscious in the same sense as we are subjectively aware of being conscious right now. The continuity of that which is important to us is> of course, equally illusory. Acquaintances, friends, and family members die. Buildings get built or altered or torn down. Neighborhoods deteriorate, get renewed, and change. Institutions come and go, and so even do nations. Univerities, hospitals, clinics and other organizations that hire and fire psychologists are founded or close their doors. Academic fields change, often with dramatic paradigm shifts, as Thomas Kuhn (1970) pointed out; and all living social mores and living languages change over time. What is valued by one generation may be shunned by the next. What is taken for granted in one time and place may well be viewed as quaint superstition or dangerous prejudice in another. So the implicit assumption about the permanence, or stability, or continuity of the self and of what the self values turns out to be untenable after all. If this most fundamental of implicit assumptions founders, what happens to other axioms of modern psychologists? The few remaining paragraphs of this paper will briefly mention a few additional presuppositions, some of which are, perhaps, more directly and exclusively relevant to psychology than the broad ones discussed so far. Most of them are in the form of pairs, of antinomies, such that one member of each pair states a proposition while the other asserts the opposite. Some of us believe one thing, others its opposite, and sometimes the same person may even believe simultaneously both of two contradictory propositions. What criteria should we use for deciding what to believe? That question, of course, deserves extensive deliberation, but one reasonable approach might be the pragmatic strategy which Sarason (1984) recommended, to evaluate assumptions not by faith or reason or emotion, but by the consequences that belief in them brings. If a particularly sensitive nerve of the reader's gets touched in the remainder of this paper, it will have achieved its purpose. Does it really make sense to believe what we have been assuming implicitly? Does it really bring us closer to our goals to cling uncritically to what we have been taking for granted for so long? Most of the antinomies listed next deserve at least the amount of attention devoted to the continuity-discontinuity one. But here they will just be briefly sketched, leaving the reader to elaborate on them, and to generate additional ones. Already discussed is how we tend to act as though things will always stay the same, but we are also convinced that things will always change. There is a third axiom in this area

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as of forty of years ago: we also realize that the world as we know it may end abruptly. How do — or should — such realizations affect our conduct? Many, perhaps, all of us see the present as modern, as possessing more truth and knowledge than ever before, and consider the beliefs and practices ot the past as quaint or misguided; yet a broader view leads one to realize that much of what we now do or believe is fad, and that many people in the past possessed wisdom. We are convinced that society has made impressive progress; but a different perspective suggests that progress is largely illusory, and that intellectual conceptions of the world really only change rather than making significant headway. How do — or should — such convictions affect what we do? Even the extent to which it is useful to be cognizant of one's intellectual history is a controversial matter. Many of us act as though knowing too much about the past will lead to being caught by it, unable to escape from it, or go beyond it. Yet historians and philosophers tell us that one'who is ignorant of the past, who knows only the present, is doomed to repeat the past, or to remain always a child. We act in our everyday lives as though reality (whatever we mean by that term metaphysically) is mirrored at least reasonably accurately in human perceptions and conceptions of it, yet reflection yields the conclusion that in any ultimate sense we have no way to find out with any degree of certainty about "genuine reality,' or even whether there is such a thing. A related conviction is that my perception of reality matches, or at least overlaps significantly with, yours; but in an epistemologically responsible sense there' is no way of knowing whether, or to what extent, your perceptions match mine. What difference do these beliefs make in what we do? Since long before any of us was born it has been taken for granted in most of the Western world that the empirical method is the prime key to trustworthy knowledge. At the same time, logic is often raised to equally high epistemological status. How these two fit together in detail clearly requires more explication than most of us have devoted to that question. In personality research and especially clinical practice, many psychologists assign an important role to intuition and personal sensitivity as sources of useful knowledge. The empirical, rational and intuitive approaches to truth by no means always mesh perfectly. For that matter, we take for granted that the results of empirical studies of psychological questions can be readily generalized to other settings, but Gergen (1973) has shown that the results of many empirical studies, especially in social psychology, are context-specific. How does—or should—all this affect our actions? A methodological prescription that Western science, including psychology, has long endorsed is that reductive analysis is the key to the understanding of any complex phenomenon or whole; but holistic theorists have for thousands of years countered that reductive analysis destroys, or at least leads inevitably to misunderstanding of, the essential systemic properties of any integrated complex phenomenon or whole. In which of these camps are you more comfortable? A large subgroup of us appears to be certain that, ultimately, biological mechanisms will explain behavior; a probably even larger subgroup seems equally convinced that biological mechanisms are inherently incapable of explaining the more interesting aspects of

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experience and behavior. Not unrelated, of course, is the assumption that mind can be, reduced to bodily, or brain, processes, and its counterpart, that mind can never be fully reduced to bodily, or brain, processes. Another pair in this realm is that psychologists must concentrate on the study of subjective experience, as against the belief that it is inherently impossible to study experience as such (the classical behaviorist position). Where do you fall on these dichotomies, and how does this affect what you do? Fundamental to a science of psychology, most of us would maintain, is the axiom that behavior is, to a substantial extent, predictable; but at the same time, we recognize (perhaps especially in our own conduct) that the details of individual behavior are only rarely, if ever, predictable. Presuming that there is at least some degree of regularity in behavior, psychology of course implicitly assumes that it is a good thing to discover the laws of behavior; yet there are those who argue that it may be dangerous, or at least ethically questionable, to discover laws that could be applied for evil ends. Sometimes opposed to the assumption that it is a good thing to study what people experience and do is the humanistic claim that studying people demeans them; some go so far as to hold that it is inherently impossible to study genuine human nature with the tools of the natural scientist. Then, again to echo Sarason (1984), there is the assumption, not always unspoken, that psychology is useful to the society that is supporting it, in contrast with the conviction that it has not yet proven, and may never demonstrate, its utility, or even the belief that psychology has been, or is at least potentially, dangerous and destructive. x How do—or should—such assumptions affect our conduct? A different kifld of antinomy is especially sensitive in Europe, although few people in the United States seem to be aware of it. American psychologists routinely ignore anything that is not published in American journals, or at least in the English language; the implication is that world psychology is coextensive with U. S. psychology. It is unnecessary to elaborate the opposite member of this particular pair. Where do you fall on this dichotomy? Almost all modern cognitive scientists know that computers model human cognition well; others are convinced that computers can never simulate the most fascinating phenomena of cognition, such as insight. Related is the antinomy that some computers think, as against the sometimes indignantly expressed belief that computers can't think. Such convictions affect what many of us do. Many research workers, especially in biopsychology but also in learning, development, motivation, and cognition, implicitly assume that animal models are valuable analogs of human phenomena; indeed, most research with animals is based on this presupposition. A number of sophisticated comparative psychologists, though, have serious misgivings about this assumption, believing that animal models are always inexact and may well be misguided, indeed that they do injustice not only to the human but to the animal as well. In which group do you belong? The psychology of motivation is riddled with irrational presuppositions. Psychologists as varied as those from the Hullian, Freudian and humanistic traditions have all uncritically assumed, as the Wallachs (1983) have recently documented, that ultimately all motivation is selfish; but the Wallachs make a convincing case for the proposition that this assump-

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tion is empirically and rationally groundless, and that, in fact, much human a n d animal motivation is altruistic. Further, m a n y different motives have been identified b y different people as the basic energizcr of human (and animal) behavior: sex, hunger, competence power or survival of the gene pool. Whatever one considers the most fundamental motive, there is the conviction that human nature is universal, that personality is basically the same throughout the world, and that therefore any human being anywhere is in a significant sense a representative exemplar of all of humanity, as opposed to the- widespread equally strongly held presupposition, especially among some cultural anthropologists and social psychologists, that personality is culturally relative and can even be categorized in terms of "national character." The antithesis of the concept of universal h u m a n nature, though, is the conviction of most personality theorists and all practicing clinicians t h a t ultimately all individuals are unique. Others compromise b y believing that some aspects of personality may be universal and other aspects unique, without necessarily agreeing on which is which, and without fully resolving the universality-uniqueness dilemma. Where do you fall on these issues, and what difference does that make in what you do? To conclude the list, one member of a particularly sensitive antinomy is the conviction of every psychotherapist that therapy can work. Smith and Glass (1977), summarizing the entire literature on the effectiveness of such techniques, elegantly demonstrated the superiority of psychotherapy over control procedures. B u t that statistical superiority appears to be smaller than the combined known contaminating effects of self-fulfilling prophecy, judgmental biases, reduction of cognitive dissonance and social facilitation inherent in any psychotherapeutic encounter. This leads to the statistically viable but clinically unconscionable position that, on average, psychotherapy m a y actually be harmful. Where do you stand on this one, and what difference does that m a k e ? In conclusion, the fervently held presuppositions of some modern psychologists are balanced by equally fervent belief in their opposites by other psychologists. Many suppositions of modern psychology are mutually incompatible, or at least mutually inconsistent. Unexamined axioms are doubtless easier to identify in writings from the p a s t or in someone else's thinking than in one's own. B u t it is, of course, in our own work t h a t it is most important to try to be aware of them. Becoming cognizant of our implicit assumptions could help us avoid unnecessary inconsistencies, stupidities, and inadvertent injury or destruction of what we value most highly. Let us look dispassionately every now and then at "where we're a t " and "where we're coming f r o m " , and check whether our belief systems make sense and are consistent with "where we'd like to g o . " Yet, of course, you are also free to ask what this assumption leads us to do, or should lead us to do.

Summary All psychological practice, scholarship, teaching and research occurs in the cojitex,t of a host of unquestioned assumptions made by the culture, the discipline, and the subdiscipline within which each psychologist works. This context profoundly affects each psychologist's endeavors. Some of these presuppositions may occasionally be inconsistent with, or even damaging to, the psychologist's goals. The discussion opens with examination of the assumption of the continuity of space, time, and self (as well as of t h a t which is important to the self), and constinues with brief mention of m a n y additional preconceptions, most of them in the form of mutually contradictory pairs. 21

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Zusammenfassung Jede psychologische Praxis, Lehre und Forschung verläuft innerhalb einer Vielzahl von unüberprüften Annahmen seitens der Gesellschaft, des Wissenszweiges und des angrenzenden Bereiches, in denen jeder Psychologe arbeitet. Dieser Zusammenhang beeinträchtigt stark die Bemühungen eines jeden Psychologen. Einige dieser Voraussetzungen können gelegentlich in Widerspruch zu den Zielen des Psychologen stehen oder sogar schädlich für diese sein. Die Diskussion beginnt mit einer Überprüfung der Annahme der Kontinuität von Raum, Zeit und des Ichs (ebenso wie von jenem, das wichtig für das Ich ist) und umfaßt weiterhin eine kurze Erwähnung vieler zusätzlicher, vorgefaßter Meinungen — die meisten von diesen in Form von sich gegenseitig widersprechenden Paaren.

Pe3ioMe Jlwöan npaKTHiecKan jih, HCCJieaoBaTe:ibCKan hjih yneßHan jjeHTejibHocTb b ncuxojiorHH iipoTenaeT b yCJIOBHHX MHOrOMHCJICHHLIX npeflnOHCOKeHHÜ, CTaBlIIHX HeOCnopHMBIMH B TOM OÖmeCTBe, B TOft OÖJiaCTH 3HaHHfi h b npraeraiomHx oöJiacTHX, r^e paßoTaeT ncuxojior. 9to o6ctohtgjibctbo cymecTBeHHo bjihhct Ha AeHTejibHocTt nawaoro ncHxojiora. HeKOToptie H3 othx npcaiiocbiJioK MoryT irponiBopeiHTb liojihm ncHxonora hjih flame BpeRHTb hm. OScyvKRemie naiMHaeTcn c npoBepra npeanojioiKeimn o HenpepbiBhocth npocTpaHCTBa, BpcM6HH h fl (a Tanme Bcero Toro, hto BajKHo ajih fl). flanee b HeM ynoMHHawTCH Hpyriie MHoroyncjieHHbie npe«B3HTbie mhchhh — 6ojii>iiihhctbo H3 hhx b $opMe npoTHBopeiHBHX nap.

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Buchbesprechung F t h e n a k i s , W . E . : Väter. Bd. 1: Z u r Psychologie der Vater K i n d B e z i e h u n g . X I X , Vi 9 S., 20 A b b . , 23 X 1 5 cm. Bd. 2: Z u r Vater K i n d B e z i e h u n g in verschiedenen F a m i l i e n s t r u k t u r e n . X V , 286 S., 2 3 X 15 c m . M ü n c h e n : Verlag Urban & S c h w a r z e n b e r g 1985. K a r t o n i e r t . J e B d . 48,—DM. Dies d ü r f t e , z u m i n d e s t im Bereich des d e u t s c h s p r a c h i g e n S c h r i f t t u m s , die u m f a s s e n d s t e u n d t i e f g r ü n d i g s t e S i c h t u n g (und v o r allem P r o b l e m a t i s i e r u n g ) des a k k u m u l i e r t e n Wissens ü b e r die V a t e r K i n d - B e z i e h u n g sein, die wir g e g e n w ä r t i g besitzen. Es h a n d e l t sich uin eine „ h a n d b u c h a r t i g e B e h a n d l u n g " des T h e m a s , in d e r sich „ W i d e r s p r ü c h e , U n g e r e i m t h e i t e n u n d Defizite g e g e n w ä r t i g e r V a t e r f o r s c h u n g . . . g e n a u s o niederschlagen, wie . . . bis d a h i n u n b e k a n n t e Ergebnisse, eine Vielzahl n e u e r E r k e n n t n i s s e u n d wahrscheinlich a u c h eine Reihe ü b e r r a s c h e n d e r E i n s i c h t e n u n d K o n s e q u e n z e n f ü r d e n Leser" (S. V I I ) . Die gesellschaftliche Zielsetzung des W e r k e s l ä u f t n i c h t auf e i n e A r t „ V a t e r - B e w e g u n g " h i n a u s , „schon g a r n i c h t eine, die sich . . . als ,gegen' die M u t t e r - K i n d - B e z i e h u n g g e r i c h t e t s i e h t . " D e r Verfasser u n d sein M i t a r b e i t e r t e a m des M ü n c h n e r S t a a t s i n s t i t u t s f ü r F r ü h p ä d a g o g i k v e r s u c h e n , „einer s y s t e m o r i e n t i e r t e n Sicht der Familie zu folgen, d e r e^ u m alle F a m i l i e n m i t g l i e d e r g e h t u n d die die wechselseitigen, d i r e k t e n wie i n d i r e k t e n Beiträge aller f ü r die individuelle u n d g e m e i n s a m e E n t w i c k l u n g b e r ü c k s i c h t i g t u n d a n e r k e n n t " (S. V I I I ) . B a n d 1 e n t h ä l t ein erstes K a p i t e l zur Geschichte d e r V a t e r - K i n d - B e z i e h u n g u n d zur psychologischen T h e o r i e b i l d u n g , bezogen auf F o r m e n u n d i r k m e c h a n i s m e n d e r \ a t e r s c h a f t . I m zweiten K a p i t e l w e r d e n verhaltensbiologische u n d k u l t u r v e r g l e i c h e n d e B e f u n d e referiert u n d a u s g e w e r t e t . D a s d r i t t e K a p i t e l b e t r i f f t die Psychologie d e r V a t e r - K i n d - B e z i e h u n g w ä h r e n d S c h w a n g e r s c h a f t / G e b u r t , bei d e r K l e i n k i n d pflege, i m K o n t e x t d e r B i n d u n g s e n t s t e b u n g ; f e r n e r wird d e r E i n f l u ß des V a t e r s auf einige E n t w i c k l u n g s d i m e n s i o n e n u n t e r s u c h t ( K o g n i t i o n , Moral, Geschlechtsrollenspezifik). I m B a n d 2 wird d a s P r o b l e m „ V ä t e r in verschiedenen F a m i l i e n s t r u k t u r e n " — als viertes K a p i t e l des G e s a m t w e r k s — in den M i t t e l p u n k t g c r ü c k t . B e f u n d e über V ä t e r n i c h t e h e l i c h e r Kinder, über n i c h t - s o r g e b e r e c h t i g t e o d e r alleinerziehende V ä t e r und ü b e r V ä t e r in Stieffamilien belegen die N o t w e n d i g k e i t , die V a t e r K i n d - B e z i e h u n g als F u n k t i o n dieser u n t e r s c h i e d l i c h e n V a t e r p o s i t i o n e n zu analysieren. Das a b s c h l i e ß e n d e f ü n f t e K a p i t e l b e s c h ä f t i g t sich vor allem mit den sozial-, bildungs-, gesundheits-, r e c h t s - u n d arbeitspolitischen K o n s e q u e n z e n , die sicli — bezogen auf die S i t u a t i o n k a p i t a l i s t i s c h e r L ä n d e r — aus den z u v o r v e r m i t t e l t e n E i n s i c h t e n ergeben. D a m i t sind a u c h die Grenzen dieses voluminösen W e r k e s m a r k i e r t . D a t e n f u n d a m e n t u n d I n t e r p r e t a t i o n sind sehr eng an die B e d i n g u n g e n „ w e s t l i c h e r " Zivilisation und K u l t u r als A u s d r u c k e n t s p r e c h e n d e r s o z i a l ö k o n o m i s c h e r Basis- u n d U b e r b a u v e r h ä l t n i s s e g e b u n d e n u n d setzen w e i t g e h e n d die K o n s t a n z dieser Verhältnisse v o r a u s . D a s zwingt n i c h t n u r einschlägig F o r s c h e n d e u n d S t u d i e r e n d e aus sozialistischen u n d E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n , die Leser dieses Buches sind, zu erheblichen A n s t r e n g u n g e n kritischer R e f l e k t i o n . D a m i t ist n i c h t ausgeschlossen, d a ß sie wichtige, t r a g e n d e I d e e n des A u t o r s als Quelle eigener F o r s c h u n g s h y p o t h e s e n und Ü b e r l e g u n g e n b e n u t z e n k ö n n e n . F ü r viele solche I d e e n gebührt ihm Hochachtung und Dank. H . - D . S c h m i d t (Berlin)

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J . A. B a r t l i / L e i p z i g / D D R

From the D e p a r t m e n t of Psychology of H u m b o l d t University Berlin

Further problems in measuring change 1 By B. Krause and T. Raykov Measuring change is relevant in many fields of psychology where the effect of some kind of intervention (e. g. treatment, therapy, training etc.) is to be evaluated. A common design is then the pre- and post-treatment design (also called pre- and posttest analysis, P P A , in which the variables under study are measured twice—before and after the intervention has taken place—for a random sample of subjects. Earlier (cf. K r a u s e and R a y k o v , 1986; Krause, 1982a) we characterized two aspects of the subject of measuring change within the P P A : a) the estimation of the " t r u e " change and testing its significance; b) the differentiation of those components that produced " t r u e " changes and the remission effects. We proposed then the use of regression models and of errors-inTvariables models as an approach towards answering (a). In this paper we intend to give a brief outline of the research carried out so far on the model choice between regression models and errors-in-variables models, to present some methods for measuring change on non-metrical d a t a and for correcting the law of initial values established by Wilder (1931). 1. The general errors-in-variables models (EVM) are defined in the following way (cf. H u m a k , 1983): Let the " t r u e " relation between the variables T= (Tt, ..., Tnl) be given by the equation (process equation) S(T, a ) = 0 where a = ( a 0 , ..., a m ) is a parameter vector, S (possibly a vector-) function of the process behaviour (of implicit or explicit type). The most essential feature of the E V M is that the variables T in which we are in fact interested (latent, inobservable variables) are measured or observed with an (occasionally considerable) error e, i. e. we have available only their fallible observation X= T+e. Evidently the E V M are more general than the regression models (RM), for the latter ones are included in the former —when the errors in the regressors vanish or at least, from the practical point of view, are negligible compared with the ones in the regressant. Moreover, the E V M are more precise because they yield in most cases of practical interest consistent estimates (c. f. e. g. K r a u s e and R a y k o v , 1986) of the model parameters and are more a d e q u a t e to the subject of measuring change (MC) in behavioral sciences where fallible d a t a are the rule rather than the exception. However, the E V M generally require greater c o m p u t e r aid than the corresponding RM. F o r reasons to be stated below, we shall be interested only in the following types of E V M : Revised version of a paper given at the l ( ) t h European Mathematical Psychology CI roup Meeting in Montpellier 1985. 1

Z. Psychol. 195 (1987) 3 2 5 - 333

J . A. B a r t l i / L e i p z i g / D D R

From the D e p a r t m e n t of Psychology of H u m b o l d t University Berlin

Further problems in measuring change 1 By B. Krause and T. Raykov Measuring change is relevant in many fields of psychology where the effect of some kind of intervention (e. g. treatment, therapy, training etc.) is to be evaluated. A common design is then the pre- and post-treatment design (also called pre- and posttest analysis, P P A , in which the variables under study are measured twice—before and after the intervention has taken place—for a random sample of subjects. Earlier (cf. K r a u s e and R a y k o v , 1986; Krause, 1982a) we characterized two aspects of the subject of measuring change within the P P A : a) the estimation of the " t r u e " change and testing its significance; b) the differentiation of those components that produced " t r u e " changes and the remission effects. We proposed then the use of regression models and of errors-inTvariables models as an approach towards answering (a). In this paper we intend to give a brief outline of the research carried out so far on the model choice between regression models and errors-in-variables models, to present some methods for measuring change on non-metrical d a t a and for correcting the law of initial values established by Wilder (1931). 1. The general errors-in-variables models (EVM) are defined in the following way (cf. H u m a k , 1983): Let the " t r u e " relation between the variables T= (Tt, ..., Tnl) be given by the equation (process equation) S(T, a ) = 0 where a = ( a 0 , ..., a m ) is a parameter vector, S (possibly a vector-) function of the process behaviour (of implicit or explicit type). The most essential feature of the E V M is that the variables T in which we are in fact interested (latent, inobservable variables) are measured or observed with an (occasionally considerable) error e, i. e. we have available only their fallible observation X= T+e. Evidently the E V M are more general than the regression models (RM), for the latter ones are included in the former —when the errors in the regressors vanish or at least, from the practical point of view, are negligible compared with the ones in the regressant. Moreover, the E V M are more precise because they yield in most cases of practical interest consistent estimates (c. f. e. g. K r a u s e and R a y k o v , 1986) of the model parameters and are more a d e q u a t e to the subject of measuring change (MC) in behavioral sciences where fallible d a t a are the rule rather than the exception. However, the E V M generally require greater c o m p u t e r aid than the corresponding RM. F o r reasons to be stated below, we shall be interested only in the following types of E V M : Revised version of a paper given at the l ( ) t h European Mathematical Psychology CI roup Meeting in Montpellier 1985. 1

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Z. Psychol. 195 (1987) 3

(A) linear bivariate EVM (LIFU-models in the notation of Humak (1983)) T 2 — OLoJrOiiTi which are identical with the model of the linear pre- and posttest analysis (PPA) (s. Krause, 1982 a). (B) linear multiple EVM: T'ic = a 0 + a 1 T' 1 + ... + a A ._iT A ._ 1 ; k ^ 3 , and T2 are the vectors of pre- and posttest (C) linear multivariate: T2=A T j where variables, and A denotes a matrix of unknown parameters. A more detailed description and a rigorous treatment of the general EVM is to be found in Humak (1983), ch. 3, or in Kendall and Stuart (1961) ch. 29. Most of the "classical" methods used in the PPA, which will be the main subject of this paper, employ some type of RM where T2 is regarded as a regressant and 1\—as a regressor (s. e. g. Lord, 1956; McNemar, 1958). Cronbach and Furby, 1970; Krause, 1982 a). These methods, however, yield inconsistent estimators of the model parameters if T1 cannot be measured without error (s. Humak, 1983; Kendall and Stuart 1961). Thus, in practical situations, when the pretest is measured with a non-negligible error compared to that in the posttest, these estimates may perform rather imperfectly. The use of the RM in such cases leads to an underestimation of the regression slope and of the correlation between the " t r u e " variables (s. Kendall and Stuart, 1961). As pointed out earlier (s. Krause and Raykov, 1986) consistent estimation is possible when additional information e. g. of one of the following types is available: (a) the ratio of the error variances A is known; (b) "instrumental variables" are observable which correlate highly with the " t r u e " scores but are uncorrelated with the error of measurement (s. Kendall and Stuart, 1961). Such additional information will frequently be available in psychological research—in some cases it will be reasonable even to assume A = l , or even both the variances of the measurement error in the pre- and posttest will be known. In others the researcher will be able to find such variables as in (b). Confidence intervals for the model parameters and the regression line are then directly derived from them; tests of the significance of the " t r u e " change are possible (s. Humak, 1983; Kendall and Stuart, 1961). Yet there are certain disadvantages in employing the EVM—consistency works asymptotically, the variance of the estimators might be greater than that of the regression estimates, because the dimension of the parameter to be estimated in the EVM is much greater than that of the RM, and, with the exception of the LIFU-case, the estimation procedure within the EVM requires more intensive computer aid than within the RM. Moreover, the RM have become a routine in many practical situations. Therefore the problem of comparing the "practical" efficiency of both the EVM and the RM arises. Because of considerable analytical difficulties, only the LIFU-case has been satisfactorily investigated in the literature available at present. Ketellapper (1983) compared the EVM- and RM-estimators on the basis of the A M S E (asymptotical mean square error) which equals the sum of the squared asymptotical bias and the asymptotical variance and derived the domains in the (fi, g)-plane in which the EVM dominate over the RM with respect to the AMSE and vice versa. The variables fi and q are specified functions of the model parameters and are estimated from the sample.

Krnuse and Rnykov, Problems in Measuring Change

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These domains of dominance depend on the sample size. Ketellapper showed then that one would errless if one always choses the LIFU-Models and recommended their general use instead of the corresponding RM. Anderson (1976) showed that asymptotically (when the " s p r e a d " of the " t r u e " scores increases) the LIFU-estimators are with greater probability more concentrated around the parameter values than the RM-estimators, unless ai-Test). Biom. J . 16 (1974) 9 1 - 9 5 . L a c e y , J . I . ; L a c e y , B. C.: The LIV in the longitudinal s t u d y of autonomic constitution. Ann. Ac. Sei. New York 98 (1962) 1257-1290. L e h m a e h e r , W . : S i m u l t a n e o u s tests for m a r g i n a l homogeneity of square contingency tables. Biom. J . 22 (1980) 7 9 5 - 7 9 8 . Lienert, G. A . : Verteilungsfreie Methoden in der Biostatistik. Bd. 1, Meisenhein a m Glan: Hain 1973. Lord, F. M . : The measurement of growth. Educ. Psychol. Measmt. 16 (1956) 421—437. McNemar, Q.: ¡Vote on the sample error of the difference between correlated proportions or percentages. P s y c h o m e t r i k a 17 (1947) 1 5 3 - 1 5 7 . McNemar, Q.: On growth measurement, Educ. Psychol. Measmt. 18 (1958) 47—55. M y r t e k , M., et a l . : Das Anfangswertproblem. Z. exp. angew. Psychol., 24 (1977) 463—491. P l a c k e t t , R . A . : The analysis of categorical d a t a . London: Griffin 1974. Siegel, S . : Nonparametric Statistics. New Y o r k : McGraw-Hill 1956. S t u a r t , A . : A test for homogeneity of the marginal distributions in a t w o - w a y classification. B i o m e t r i k a 42 (1955) 4 1 2 - 4 1 6 . . W a l l , K.-D.: Statistische Anmerkungen zum Anfangswertproblem. Z. exp. angew. Psychol. 24 ( 1 9 7 7 a ) 519-524. W a l l , K.-D.: S t a t i s t i c a l methods to s t u d y Wilder'» LIV. Biom. J . 19 (1977b) 613—625. Wilder, J . : Das Anfangswertgesetz, Z. Neurol. (1931) 1 3 7 - 3 3 8 . W i n e r , B. J . : S t a t i s t i c a l principles of experimental design. New Y o r k : Mc Graw-Hill 1962. A c c e p t e d : J u n e , 27. 1986 Author's address: Prof. Dr. B. Krause Sektion Psychologic der H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t Oranienburger Str. 18, Berlin, DDR - 1020

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Z. P s y c h o l . 195 (1987) 3

Buchbesprechung B r a i n M e c h a n i s m s a n d S p a t i a l Vision. H r s g . : Ingle, D. J . ; J c a n n e r o d , IM.; Lee, D. N. 470 S. m i t zalilr. A b b . , 10,0 x'^'i c m . Dordreclit — Boston — L a n c a s t e r : M a r t i n u s Nijhoff Publisliers 1985. Die vorgestellten 18 A r b e i t e n zur W a h r n e h m u n g des R a u m e s u n d d e r B e w e g u n g von O b j e k t e n k ö n n e n zwei g r u n d s a t z l i c h verschiedenen e x p e r i m e n t e l l e n A n s ä t z e n z u g e o r d n e t w e r d e n . Z u m ' e i n e n w e r d e n die R e a k t i o n e n von N e u r o n e n des visuellen K o r t e x i m H i n b l i c k auf Bew e g u n g s r i c h t u n g u n d Geschwindigkeit e l e m e n t a r e r , visuell d a r g e b o t e n e r Reize i m T i e r e x p e r i m e n t u n t e r s u c h t . I m Ergebnis sind eine Reibe n e u e r E r k e n n t n i s s e h e r a n g e r e i f t . Z u n ä c h s t stellt F r o s t fest, d a ß bisher wenige Arbeiten d e r U n t e r s u c h u n g des K o n t e x t e i n f l u s s e s auf d i e R e a k t i o n einzelner N e u r o n e g e w i d m e t w a r e n , i m G e g e n s a t z zu d e n zahllosen Arbeiten a u f p s y c h o p h y s i s c h e m Niveau, in d e n e n m a n sich mit d e n K o n t e x t e f f e k t e n a u s e i n a n d e r s e t z t . Es gelingt n u n E r o s t zu zeigen, d a ß Stimuli, die a u ß e r h a l b der rezeptiven Felder einzelner N e u r o n e auf die R e t i n a p r o j i z i e r t werden, die R e a k t i o n dieser N e u r o n e d e u t l i c h beeinflussen. S o m i t wird die Möglichkeit e r ö f f n e t , d i e n e u r o n a l e Basis d e r k o n t e x t a b h ä n g i g e n visuellen I n f o r m a t i o n s v e r a r b e i t u n g n a c h z u w e i s e n . In die zweite G r u p p e der e x p e r i m e n t e l l e n A n s ä t z e gehören die Arbeiten von Lee u n d Y o u n g . Sie v e r suchen die L e i s t u n g e n des visuellen S y s t e m s bei d e r zeitlichen S t e u e r u n g von Bewegungen a u f z u k l ä r e n . E s werden vor allem P r o b l e m e b e h a n d e l t , die sich aus d e r R e l a t i v b e w e g u n g von O b j e k t e n u n d Organism e n f ü r die \ e r h a l t e n s s t e u e r u n g ergeben. I n n e r h a l b dieser G r u p p e folgen aus den Ergebnissen u n m i t t e l b a r A n w e n d u n g s a s p e k t e . So zeigen z. B . Lee und Y o u n g in e i n e m S i m u l a t i o n s e x p e r i m e n t G e f a h r e n auf i m V e r h a l t e n von F u ß g ä n g e r n , insbesondere von K i n d e r n beim Ü b e r q u e r e n d i c h t b e f a h r e n e r S t r a ß e n , die aus F e h l e i n s c h ä t z u n g e n d e r F a h r z e u g g e s c h w i n d i g k e i t e n , d e r D i s t a n z zwischen den F a h r z e u g e n u n d d e r eigenen Möglichkeiten resultieren. In einer weiteren a i i w e n d u n g s o r i e n t i e r t e i i Arbeit wird von J a n s s o n gegenübergestellt, welche n o t w e n digen u n d h i n r e i c h e n d e n I n f o r m a t i o n e n d a s visuelle S y s t e m liefern m u ß , u m eine B e w e g u n g zu e r m ö g lichen u n d wie spärlich im G e g e n s a t z d a z u die I n f o r m a t i o n e n sind, die Blinde ü b e r die bisher g e n u t z t e n Gehhilfen erreichen. Aus diesem Defizit w e r d e n A u f g a b e n , v o r allem a u c h f ü r die G r u n d l a g e n f o r s c h u n g d e u t l i c h . Die gegenseitige B e f r u c h t u n g d e r G r u n d l a g e n - u n d d e r a n g e w a n d t e n F o r s c h u n g ist a u c h eines d e r Ziele, die die H e r a u s g e b e r neben d e m E n t w i c k e l n einer ^gemeinsamen psychophysiologischen S p r a c h e anstreben. D e r B a n d b i e t e t d e m Leser ein breites S p e k t r u m von n e u e n , sehr a u f s c h l u ß r e i c h e n E r g e b n i s s e n z u r Arbeitsweise des visuellen S y s t e m s . T r o t z d e r Breite wird ein a b g e s t e c k t e r R a h m e n d e u t l i c h . Die einzelnen A r b e i t e n sind sehr a u s f ü h r l i c h d a r g e s t e l l t und g u t n a c h z u v o l l z i e h e n . Insofern k a n n d e r g r ü n d l i c h e I.eser einen d e u t l i c h e n W i s s e n s z u w a c h s e r w a r t e n . R. S c h m i t t (Berlin)

Z. P*ychol. 195 (1987) 3 3 5 - 3 4 3

J . A. Barth, Leipzig/DDR

Aus der Setkion Pädagogik und Psychologie der Wilhelm-Pieck-Universilät

Rostock

Zum Leben und Werk von David Katz ( 1 8 8 4 - 1 9 5 3 ) Yon Martina Kirsten Mit 1 Abbildung

„Zu den sympathischsten Aufgaben des Historikers gehört es, zeitweilig zu Unrecht mehr oder weniger in Vergessenheit geratene Ideen, Entwicklungslinien und Personen sowie deren Wirkungen wieder ins Bewußtsein der Gegenwart zu heben" (Sprung, Sprung, H., 1985, S. 15). Eine dieser weitgehend in Vergessenheit geratenen Persönlichkeiten ist David Katz, ein Wissenschaftler, der zu seiner Zeit international großes Ansehen genoß und der sich bleibende Verdienste um die Entwicklung der Psychologie, insbesondere auch an der Universität Rostock erwarb. Der vorliegende Beitrag soll das Leben und Schaffen D. Katz' einem breiteren Kreis interessierter Kollegen zugänglich machen. David Katz wurde am 1. 10. 1884 als zweitjüngstes Kind einer Familie mit 5 Söhnen und 3 Töchtern in Kassel geboren. Bereits mit 17 Jahren nahm er an der Universität Göttingen ein Studium mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer auf. Schon im ersten Semester ergaben sich für ihn Kontakte zur Psychologie — zum einen durch die Teilnahme als Versuchsperson an einem psychologischen Experiment, zum anderen durch die bei J . Baumann gehörte Vorlesung „Über die Unsterblichkeit der Seele". Beides regte ihn zum

Z. P*ychol. 195 (1987) 3 3 5 - 3 4 3

J . A. Barth, Leipzig/DDR

Aus der Setkion Pädagogik und Psychologie der Wilhelm-Pieck-Universilät

Rostock

Zum Leben und Werk von David Katz ( 1 8 8 4 - 1 9 5 3 ) Yon Martina Kirsten Mit 1 Abbildung

„Zu den sympathischsten Aufgaben des Historikers gehört es, zeitweilig zu Unrecht mehr oder weniger in Vergessenheit geratene Ideen, Entwicklungslinien und Personen sowie deren Wirkungen wieder ins Bewußtsein der Gegenwart zu heben" (Sprung, Sprung, H., 1985, S. 15). Eine dieser weitgehend in Vergessenheit geratenen Persönlichkeiten ist David Katz, ein Wissenschaftler, der zu seiner Zeit international großes Ansehen genoß und der sich bleibende Verdienste um die Entwicklung der Psychologie, insbesondere auch an der Universität Rostock erwarb. Der vorliegende Beitrag soll das Leben und Schaffen D. Katz' einem breiteren Kreis interessierter Kollegen zugänglich machen. David Katz wurde am 1. 10. 1884 als zweitjüngstes Kind einer Familie mit 5 Söhnen und 3 Töchtern in Kassel geboren. Bereits mit 17 Jahren nahm er an der Universität Göttingen ein Studium mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer auf. Schon im ersten Semester ergaben sich für ihn Kontakte zur Psychologie — zum einen durch die Teilnahme als Versuchsperson an einem psychologischen Experiment, zum anderen durch die bei J . Baumann gehörte Vorlesung „Über die Unsterblichkeit der Seele". Beides regte ihn zum

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Z. Psvchol. 195 (1987) 3

Besuch der Psychologievorlesungen an, so daß er die Psychologie als Hauptfach im Doktorexamen wählte (Katz, 1951). Leiter des Göttinger Instituts war G. E. Müller, d a m a l s einer der berühmtesten deutschen Experiinentalpsychologen. Trotz seiner idealistischen Weltanschauung ist er einer im Prinzip materialistischen Linie in der Psychologie zuzurechnen, da er psychische \ o r g ä n g e letztendhch materialistisch zu erklären versuchte (Erpenbeck, 1980). Trotz der ungenügenden finanziellen Mittel des C.öttinger Instituts war die methodische Ausbildung vorbildlich, und es genoß großes Ansehen in Deutschland ( K a t z , 1951).

Im Frühjahr 1906 erwarb Katz den Doktorgrad mit seinen Untersuchungen zu Fragen der Psychologie des Vergleichs im Gebiet der Zeiterlebnisse. Für seine eigene wissenschaftliche Entwicklung schätzte er die Dissertationsschrift jedoch wesentlich weniger bedeutsam ein, als die ein J a h r zuvor publizierte Untersuchung über Kinderzeichnungen (Katz, 1951). Hier ließ er Kinder nach Modell zeichnen und erfaßte Formen der kindlichen Auffassung und Darstellung. Diese Untersuchungen bildeten den Ausgangspunkt für wahrnehmungspsychologische Experimente, die ihn sein ganzes Leben hindurch beschäftigten. Während der Zeit seiner Göttinger Studien war es neben Müller vor allem der Philosoph Husserl, der Katz nachhaltig beeinflußte. Seine späteren Arbeiten über das Farbsehen wurden in hohem Maße durch die phänomenologische Methode beeinflußt (Grassel, 1971; Katz, 1930 a). 1907 übernahm Katz eine Assistentenstelle in Göttingen. Die Zusage, im Institut von G. E. Müller zu arbeiten, war, wie er selbst schrieb, die wichtigste Entscheidung für die Gestaltung seiner wissenschaftlichen Laufbahn (Katz, 1951). Hier lernte Katz auch seine spätere Frau Rosa kennen. R o s a K a t z , geborene Heine, wurde 1885 in Odessa geboren, l ' m ihre psychologischen Kenntnisse zu erweitern, ging sie 1907 nach Böttingen. Auch sie besuchte die Vorlesungen Müllers und promovierte bei ihm im J a h r e 1913. Im J a n u a r 1919 heirateten David und Rosa K a t z ( K a t z , R.. 1971). Ihre beiden Söhne wurden 1920 und 1922 geboren.

Katz' schöpferische Fähigkeiten spiegeln sich nicht nur in seinen psychologischen Arbeiten, sondern ebenso in seinen technischen Erfindungen wider. Schon als Schüler konstruierte er kleinere technische Geräte, so z. B. einen automatisch wirkenden Apparat für Feueralarm, später einen Aufsatz für Kerzen, der deren Brenndauer um 100-200 % erhöhte (Katz, 1951). Dieses Interesse führte in der Psychologie zu zwei Patenten: Für einen Perkussionsapparat, der seinen Untersuchungen zum Yibrationssinn diente, sowie für den später in Schweden entwickelten Scriptochronographen, mit dessen Hilfe die Zeitlichen Verhältnisse beim Schreiben untersucht werden können (Katz, 1951; Kurth-, 1984). Sein 1911 erschienenes Buch „Die Erscheinungsweisen der Farbwelt und ihre Beeinflussung durch die individuelle Erfahrung" (1930 erschien die zweite Auflage unter dem Titel „Der Aufbau der Farbwelt") führte zu seiner Habilitation als Privatdözent. Katz versuchte mit dieser Schrift, das bisher in der Psychologie übliche „atomistische" Vorgehen durch eine ganzheitliche Theorie der Beleuchtungswahrnehmung zu vervoll-

Kirsten, David K a i / (1884—1953)

337

ständigen. Niehl die Speklralfarben waren Ausgangspunkt seiner Experimente, sondern konkrete Farbeindrücke und ihre räumliehen Erscheinungsweisen als Flächen- bzw. Oberflächenfarben (Jaroschewski. 1 9 7 5 ; K a t z , 1930a). In der Fachwelt wurden K a t z ' Untersuchungen mit großem Interesse aufgenommen. Sowohl Müller als auch Husserl, beide Gutachter der Habilitationsschrift, bezeichneten die Publikation als hervorragend (Husserl, 1 9 1 1 ; Müller, 1911). In der Folgezeit widmete sich K a t z den verschiedenartigsten Untersuchungen, in der Hauptsache lierpsychologischen Experimenten, viele zusammen mit G. Révész. -Mit seinen „Hühnerversuchen" begann eine Reihe tierpsychologischer Studien, die K a t z später in Rostock und London intensiv fortsetzte. Doch auch pädagogisch-psychologische Fragestellungen fanden frühzeitig sein Interesse. E r untersuchte nicht nur entwicklungspsychologische Probleme des Zahl- und R a u m begriffs bei normalen, sondern auch bei geschädigten Kindern ( K a t z , 1913). Während des 1. Weltkrieges ging K a t z freiwillig und aus psychologischem Interesse, wie er schrieb, an die Front, um sich Problemen der Zeitniessang zu widmen ( K a t z , 1951). Im Frühjahr 1918 wurde er an die Technische Hochschule Hannover abkommandiert, wo er an einer Forschungsstelle für künstliche Glieder die Leitung der psychologischen Abteilung übernahm. Der Krieg h a l t e den Amputierten zu einer Massenerscheinung gemacht. S o m i t wurde die Emiwicklung eines neuen Zweiges der angewandten Psychologie notwendig, der sich mit den Problemen des Prolhesenbaus und der Psyche Amputierter beschäftigte (Katz, 1921, 195 L). Dabei standen psychologische Forschungen, die sich der zweckmäßigen Konstruktion von Prothesen widmeten, im \ ordergrund. Da aber schon für K a t z „wissenschaftliche Arbeit . . . immer Produktion auf Überschuß"' war, widmete er sich gleichzeitig allgemeinpsychologischen Fragen (Katz, 1921, S. 11). Auch unter den Bedingungen einer Amputation konnte er die Gültigkeit der klassischen Gesetze der Psychophysik bestätigen ( K a t z , 1951). Wahrscheinlich noch i m J a h r e 1918 wurde er in Göttingen zum Professor (Grassel, 1971).

berufen1

Am 1. 10. 1919 wurde David K a t z zunächst zum außerordentlichen Professor für Pädagogik und Philosophie an die Philosophische F a k u l t ä t der Universität Rostock berufen 2 (Meckl.-Schwer. MfU, 1 9 1 9 ; Schröder, 1919). Trotz der Berufung zum Professor für Pädagogik und Philosophie war K a t z ' neuer Wirkungskreis hauptsächlich auf die Psychologie und Pädagogik gerichtet. I m Berufungsschreiben des Ministeriums hieß es, daß K a t z „Vorlesungen über Pädagogik in ihrem ganzen Umfange und über experimentelle Psychologie" zu halten habe und er

1

Die Datierung; ist nicht e i n d e u t i g : der K u r a t o r der Universität Güttingen h a t t e aber a m 14. 10. 1918

die Beilegung des Titels „ P r o f e s s o r " als vollzogen gemeldet (vgl. Grassel, 1971). 2

Während die offizielle Berufung D. K a t z ' zum Professor für Pädagogik und Philosophie erfolgte, schrieb

er selbst in seiner Autobiographie, er sei zum Professor für Psychologie und Pädagogik berufen worden. Auch an anderer Stelle findet man die Bezeichnung „Professor für Pädagogik und Psychologie" (vgl. Koppen, 1969). 2 2 Z. Psychologie

195-3

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Z. P s y c h o l . 105 (1987) .'!

demnächst die Leitung des neu zu gründenden Instituts übernehmen solle (Meekl.Schwer. MfU, 1919). A n l ä ß l i c h d e r 5 0 0 - J a h r - l - V i e r der R o s t o c k e r U n i v e r s i t ä t i m J a h r e 191!) w u r d e diese in g r o ß z ü g i g e r W e i s e g e f ö r d e r t u n d e r w e i t e r t . Ks w u r d e n drei n e u e L e h r s t ü h l e g e s c h a f f e n . d a r u n t e r einer f ü r P ä d a g o g i k und P h i l o s o p h i e ( v g l . K o p p e n , 19(39). Bei d e r W a h l der B e s e t z u n g d e r a u ß e r o r d e n t l i c h e n P r o f e s s u r s t a n d 1). K a t z an e r s t e r S t e l l e vor D e u c h l e r ( T ü b i n g e n ) u n d A n s e h i i l z ( H a m b u r g ) . In d e r B e g r ü n d u n g des V o r s c h l a g s D. K a t z h i e ß es, dal.) er In a u s g e z e i c h n e t e r W e i s e d e n F o r d e r u n g e n e n t s p r e c h e n w ü r d e , die an einen V e r t r e t e r der P ä d a g o g i k und e x p e r i m e n t e l l e n P s y c h o l o g i e g e s t e l l t w e r d e n m ü s s e n ( B e c h e r , 1919).

Mit der Berufung D. Katz' begann ein bemerkenswerter Aufschwung für die Psychologie an dieser Universität (Heidorn und Heitz, 1969). Mit ihm k a m einer der profiliertesten jüngeren Kollegen nach Rostock. Durch seine Untersuchungen, vor allem auf wahrnehmungspsychologischem Gebiet, genoß er schon früh internationales Ansehen (Grassel, 197:1). Unter seiner Leitung entwickelte sich die Psychologie zu einem anerkannten Fach an der Universität, und es entstand das Rostocker Psychologische Institut. Die Einrichtungen des Instituts standen jedem an der Universität Immatrikulierten und auch den zum Hören der Vorlesungen zugelassenen Lehrern und Lehrerinnen offen (Sivkovich, 1920). Es sollte ihnen in den ersten J a h r e n nach ihrer theoretischen Ausbildung zur pädagogisch-psychologischen Weiterbildung dienen. Trotz der beschränkten Mittel des Rostocker Laboratoriums fand sich eine große Anzahl von Mitarbeitern a m Psychologischen Institut ein (1932/33 waren es 10 bzw. 9 ordentliche und 10 bzw. 13 außerordentliche Mitglieder) (Keller, 1933). In der Zeit, in der K a t z Leiter des Instituts war, kamen etwa 30 von ihm betreute Dissertationen zum Druck. Unter seiner Leitung wurde eine kleine tierpsychologische Station geschaffen, die einzige zur damaligen Zeit i n Deutschland (Katz, 1931). Auf Grund der eingeschränkten finanziellen Mittel waren Hühner die häufigsten Versuchstiere. Die Arbeit von Schjelderup-Ebbe, eine der bekanntesten von Katz betreuten Dissertationen, die in der Zeitschrift für Psychologie erschien, widmete sich dem sogenannten „Hackgesetz" der Hühner (Schjelderup-Ebbe, 1922). Bemerkenswert ist der von K a t z hinzugefügte Anhang unter dem Titel „Tierpsychologie und Soziologie des Menschen" (Katz, 1922). Schon zu diesem Zeitpunkt (1922) bejahte K a t z das sozialpsychologische Experiment, als die Sozialpsychologie den meisten Psychologen noch völlig fern lag (Grassel, 1971, S. 156). Daß er dabei zum Teil „die weitgehende Parallelität, die sich statisch und dynamisch im Verhalten tierischer und menschlicher Gruppen ergibt" (Katz, 1922, S. 253f.), überbewertet, darf vor dem Hintergrund der damaligen wissenschaftlichen Situation nicht verwundern (Grassel, 1971). In dieser Zeit vervollständigte K a t z seine Arbeiten über den Farbsinn und es entstand „Der Aufbau der Tastwelt" (1925). In ihnen wurde gezeigt, daß optische und taktile Abbilder als selbständige Phänomene und nicht einfach als Effekt eines äußeren Reizes untersucht werden müssen (Jaroschewski, 1975), wobei er den Konstanzphänomenen besondere Aufmerksamkeit schenkte. Zusammen mit seiner F r a u publizierte Katz eine Reihe von Schriften, deren wichtigste die „Gespräche mit Kindern" w a r (Katz, Katz, R., 1927). Hier analysierten sie erstmalig nicht nur einzelne Worte bzw. Sätze, sondern ganze Dialoge zwischen Kindern und Erwachsenen, wobei sozialpsychologische Aspekte auch hier im Vordergrund standen.

Kirsten, David

Katz

339

(1881-1953)

Das Ehepaar K a t z pflegte intensive freundschaftliche Beziehungen zu Angehörigen desLehrkörpers der Universität Rostock, darüber hinaus aber auch zu vielen bekanntem Psychologen der damaligen Zeit, so z. B . zu Stern in Hamburg, Rubin in Kopenhagen sowie zu den Berliner Gestaltpsychologen. Weilerhin bestanden Verbindungen zu W e r t heimer, zu Klineberg, zu Piaget, zu Bühlers und zu vielen anderen (Katz, 1971). Von 1930 bis 1933 war K a t z zusammen mit Schumann Redakteur der Zeitschrift für P s y chologie. In der Xolgemeinschaft der deutschen Wissenschaft vertrat er die Psychologie. o O . K a t z , 1).: Tierpsychologie und Soziologie des Menschen. Z. Psychol. 88 (1922) 252—2G4. K a t z , D . : Eid zur A m t s e i n f ü h r u n g als ordentlicher Professor «ler P a e d a g o g i k und Philosophie v o m 18. G. 1923. U A R . R V I I I D 173. K a t z , I ) . : J a h r e s b e r i c h t f ü r «las Unterrichtsjalir 1927/28 an den R e g i e r u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e u «ler l niv e r s i t ä t R o s t o c k v o m 4. 5. 1928. UAR, K u r a t o r . J a h r e s b e r i e h l e d e s Psychologischen I n s t i t u t s 1920—1942. K a t z , ] ) . : J a h r e s b e r i c h t f ü r das U n t e r r i c h t s j a h r 1928/29 an den Regicrungsbevollniüchtigcii iler l niv e r s i t ä t R o s t o c k vorn 13. 5. 1929. U A R , K u r a t o r . J a h r e s b e r i c h t e des Psychologischen I n s t i t u t s 1920— 1942. K a t z , D . : Der A u f b a u der F ä r b weit. Leipzig: J . A. B a r t h 1930a. K a t z , D . : Jahresbericht, f ü r das U n t e r r i c h t s j a h r 1929/30 an den R e g i e r u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e n d e r Univ e r s i t ä t R o s t o c k v o m 12. 5. 1930. 1930b. U A R , K u r a t o r . J a h r e s b e r i c h t e des Psychologischen I n s t i t u t s 1920-1942. K a t z , D . : Besichtigungen d e u t s c h e r unrl österreichischer I n s t i t u t e im Anschluß an den K o n g r e ß in K o p e n h a g e n . Z. Psychol. 125 (1932) 94. K a t z , D . : E i d e s s t a t t l i c h e E r k l ä r u n g D. K a t z ' v o m (i. 4. 1933. U A R . R VI II D 173.

Kirsten, David Katz (ISS'i —195,°,)

343

Katz, D.: Schreiben an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock vom 7. 7. 1948. DAR, Personalakte D. Katz. Katz, D.: Antobiography. Iiistory of Psychology in Autobiography 4 (195:1) 189—211. Manuskript: UAR, R V i l l D 173. Katz, D.: Studien zur experimentellen Psychologie. Basel: Schwabe & Co. 1953. Katz, D.: Gestaltpsychologie. 4. Aufl. (bearbeitet und ergänzt von Metzger, W . ; Stadler, M.: Crabus, II.) Basel: Sclnvabe & Co 1909. Katz, J).; Katz, R . : Gespräche mit Kindern. Berlin: Springer-Verlag 1927. Katz, R . : Rosa Katz. I n : Psychologie in Selbstdarstellungen. Bern: II. Huber 1971 S. 103—12(i. Keller. I I . : Jahresbericht f ü r das Unterrichtsjalir 1932/33 an den Regierungsbevollmächtigten der Universität Rostock vom 25. 6. 1933. UAR, Kurator. Jahresberichts des Psychologischen Instituts 1920— 1942. Kleinknecht: Schreiben an die Landesregierung Mecklenburg, Ministerium für Volksbildung, vom 7. 5. 1948. UAR, Personalakte D. Katz. Koppen, P.: Die Universität in den Jahren der revolutionären Xachkriegskrise 1919 bis 1923/24. Diss. A, Willi.-Pieck-Univ. Rostock 191)9. (unveröffentl.). Kurt Ii, K.: David K a t z : Bedeutende Rostocker Gelehrte (49). Die neue Universität. Rostock 2. I L 1984. Macl.eod, R. B.: David Katz. Psycliol. Rundschau. Gl (1954) 1. Auszug: UAR, R V I I I D 173. Mecklenburg-Schwerin sc lies Ministerium f ü r Unterrichtsangelegenhciten: Schreiben an David Katz vom (i. 10. 1919. UAR, R V I I I D 173. Mecklenburg-Sclrwerinsches Ministerium f ü r Unterriehtsangelegenheiten: Schreiben an die Universität Rostock vom 23. 10. 1933. UAR, 11 V I I I D 173. Midier, G. K.: Gutachten zur Habilitationsschrift von Katz vom 14.2.1911. Universitätsarchiv Göttingen. sign. Fak.-Akte, Personalakte D. Katz. Abschrift vom Original: UAR, Personalakte D. Katz. ¡Niederdeutscher Beobachter: Die jüdischen Hochschullehrer und der Boykott. 4. 4. 1933. Auszug: UAR, R V I I I D 173. Sehjelderup-Ebbe, Tli.: Beiträge zur Sozialpsychologie des Haushuhns. Z. Psvchol. 88(1922)225—252. Schröder: Protokoll über die Beeidigung und Amtseinführung D. Katz vom 30. 10. 1919. UAR, R V I I I D 173. Scliüssler: Schreiben an den Minister des Innern vom 14. 9. 1933. UAR, R V I I I D 173. Sivkovich: Genehmigungsurkunde der Satzungen-des Psychologischen Inst ituts Rostock vom 3. 5. 1920. UAR, Akte: Institut für Psychologie 1919-1945. Sprung, L.; Sprung, I L : Zur Geschichte der Psychologie an der Berliner Universität. Psvchol. für die Praxis 1, (1985) 5 - 2 1 . Vorlesungsverzeichnis 1882-1945. UAR, R 6 II 27 (1-7). Eingegangen: Februar 1987 Ansclir. d. Verf.: Dr. Martina Kirsten Sektion Pädagogik und Psychologie, Wilh.-Pieck-Universität Kröpeliner Str. 26, Rostock, D D R - 2500

J . A. B a r t h ,

Z. P s y c h o ! . 195 (1987) 3 4 4 - 3 5 0

Leipzig/DDR

Buchbesprechungen A d v a n c e s in C o g n i l i v c S c i e n c e 1. H r s g : S b a r k e y ,

K. 3 3 9 S. m i t Tal). J o l i n W i l o y iV S o n s . P a p p e i n b a n d .

C o g n i t i v e S c i e n c e — \v;is ist d a s , so IVagt iler H e r a u s g e b e r a m A n f a n g . K r h a t A n t w o r t e n

gesammelt.

L n t c r s c h i e d l i c h sind sie a u s g e f a l l e n , a b e r es g i b t e i n e n D u r c h s c h n i t t : D a s sind i n t e r d i s z i p l i n ä r e

For-

s c h u n g e n , in d i e H y p o t h e s e n u n d A V i s s e n s b e s t ä n d e d e r Logik, L i n g u i s t i k , k ü n s t l i c h e n I n t e l l i g e n z , d e r Xeurophysiologie u n d der Psychologie eingehen. I nerläßlich ist n u r eins: die , , c o m p u t a t i o n a l m e t a p h o r " , d e r C o m p u t e r als M o d e l l b i l d n c r u n d 1 l y p o l l i e s c n p r ü f e r . A n s o n s t e n ist C o g n i t i v c S c i e n c e selir b r e i t . a u c h in d i e s e m B u c h e : \ o n

gewohnten

Kragen z u r S e m a n t i k (Gerrig), z u r G e d ä c h t n i s f o r s c h u n g

(Morton,

B e k e r i a n ) , z u r I n f e r e n z b i l d u i i g h e i m T e x t v c r s t e h e n ( G r a e s c r e t al.), zu Z i e l - l l a n d l u n g s p l ä n e n (Koss u n d Bower), neuronalen Xetzen (Shastri und Feldman), neuen N ä h e r u n g e n zum Parsing von Sätzen Zagar) und

allgemeineren

psycholingiiistischen

oder A erstehensprobleincn) — von diesen

(Ford,

gewohnten

F r a g e n a u s g e h e n d wird i m m e r w i e d e r v e r s u c h t , n e u e Tdeen e i n z u s p e i s e n , l ud d a z u ist B e m e r k e n s w e r t e s b e i g e t r a g e n . I m b e s o n d e r e n sind d i e n e u e n A n a l y s e n z u r v e r t e i l t e n J n i o n n a l i o n s s p e i c l i e r u n g u n d d e s n i c h t - d e z i d i c i ' t e n S c h l i e ß e n s ( S h a s t r i u n d F ' e l d n i a n ) u n d a u c h die d e s S c h l i e ß e n s bei w i d e r s p r ü c h l i c h e r I n f o r m a t i o n zu n e n n e n . H i n g e w i e s e n sei auf d i e (bei u n s m i t t l e r w e i l e a u c h p u b l i z i e r t e I d e e ) e i n e s d i r e k t e n Z u g a n g s zu B e g r i f f s w i s s c n i m P r o z e ß d e s S a t z v e r s t e h e n s ( R i e s b e c k ) u n d — d a m i t v e r w a n d t : die A n a l y s e und

M o d e l l i e r u n g s u b s y r n b o l i s c h c r P r o z e s s e . S m o l e n s k v e n t w i c k e l t h i e r seinen A n s a t z

harmonischer

( b e s s e r v i e l l e i c h t : k a n o n i s c h e r ) A k t i v i e r u n g e n . Iis sind I d e e n , d i e d e m K o n z e p t d e r B o l z m a n n - M a s c h i n c n n a h e s t e h e n , die derzeit eine Art P a r a d i g m e n f u n k t i o n für parallele s o w i e s t o c h a s t i s c h m i t b e s t i m m t e J.ern- u n d B e h a l t c n s l e i s t u n g e n

Informationsvorarbeitungsprozcsso

darstellen.

Ks l ä ß t sich h i e r n i c h t alles d a r s t e l l e n . Diese H i n w e i s e sind a u s g e w ä h l t , u m d i e F ä c h c r u n g d e s

Buches

k e n n t l i c h zu m a c h e n , i m b e s o n d e r e n a b e r , u m s e i n e t h e o r e t i s c h e A k t u a l i t ä t zu b e t o n e n . F. Klix (Berlin)

Clements, D . I I . : Computers in early and primarv ediication. X I V . 1 2 2 S. m i t z a h l r . A b b . , z a h l r . T a b . , E n g l e r w o o d Cliffs—New J e r s e y : P r e n t i e e - I l a l l 1985. P a p e r b a c k . D a s B u c h w e n d e t sich an d e n P e r s o n e n k r e i s , d e r sich m i t d e m E i n s a t z v o n C o m p u t e r n im \ o r s c h u l a U c r u n d in d e n e r s t e n S c h u l k h i s s c n b e s c h ä f t i g t . E s g i b t e i n e n Ü b e r b l i c k ü b e r . N u t z u n g s i n ö g l i c h k e i l e n C o m p u t e r s m i t d e m Ziel d e r E n t w i c k h i n g s f ö r d e r u n g bei n o r m a l e n t w i c k e l t e n u n d g e s c h ä d i g t e n U n d es g i b t H i n w e i s e , wie d i e s e M ö g l i c h k e i t e n e i n g e s e t z t w e r d e n

des

Kindern.

k ö n n e n , u m b e s t i m m t e Ziele ( d e s

L e r n e n s , d e r E n t w i c k l u n g ) zu e r r e i c h e n . I i s ist kein a k a d e m i s c h e s B u c h , s o n d e r n d u r c h d i e vielen k o n k r e t e n B e i s p i e l e ein Bucli f ü r d e n P r a k t i k e r . So w e r d e n v i e l e w i c h t i g e G e s e t z m ä ß i g k e i t e n d e r g e i s t i g e n E n t w i c k l u n g l e i c h t v e r s t ä n d l i c h f o r m u l i e r t u n d zu d e n a n n o n c i e r t e n Zielen spezieller H a r d w a r e -

und

S o f t w a r e - E n t w i c k l u n g e n in B e z i e h u n g g e s e t z t . D e r A u t o r ist s e i h s t in d e r L i t e r a t u r m i t w e r t v o l l e n A r b e i t e n z u r F l a g e , o b d a s E r l e r n e n d e s P r o g r a m m i e r e n s die g e i s t i g e E n t w i c k l u n g d e s K i n d e s f ö r d e r t , in E r s c h e i n u n g g e t r e t e n . Kr b e s c h r e i b t e i n e V i e l z a h l v o n P r o g r a m m e n u n d v e r f ü g b a r e G e r ä t e s y s t e m e , e r l ä u t e r t , w a s ein K i n d ü b e r d e n C o m p u t e r u n d

das

P r o g r a m m i e r e n a l t e r s a b h ä n g i g l e r n e n sollte o d e r k ö n n t e , s t e l l t die P r o g r a m m i e r s p r a c h e K O G O v o r u n d n i m m t S t e l l u n g z u m S t r e i t , w e l c h e s d i e b e s t e P r o g r a m m i e r s p r a c h e sei u n d g i b t s c h l i e ß l i c h e i n e Ü b e r s i c h t ü b e r K.insatzmöglichkcilen f ü r den C o m j m t e r im U n t e r r i c h t . Der A n h a n g e n t h ä l t Adressen von S o f t w a r e u n d H a r d w a r e - P r o d u z e n t e n , von Organisationen zur B e w e r t u n g von S o f t w a r e , von O r g a n i s a t i o n e n , die sich speziell m i t F r a g e n g e s c h ä d i g t e r K i n d e r b e f a s s e n u n d D e f i n i t i o n e n f ü r die w i c h t i g s t e n e t w a 100 v e r wendeten I nforniat i k-Bcgriffe. II. Sydow (Berlin)

Buchbesprechungen

345

Royce, J . R.; Mos, L. P. (Hrsg.): Annais of Theoretical Psychology. Vol. 2. 375 S. m i t 21 Abb., 3 Tab., 2 3 , 5 x 1 5 cm. New York — London: Plenum Press 1984. Leinen 45,—$. Das Buch repräsentiert eine originelle Strategie der Behandlung aktueller theoretischer Probleme der Psychologie: Ein einschlägig kompetenter Autor A verfaßt eine Abhandlung über ein bestimmtes theoretisches Thema, die er explizit mit eigenständigen Akzentsetzungen und Interpretationen anreichert; mehrere wiederum kompetente Fachkollegen B, C, D . . . treten als Kommentatoren der Abhandlung in Erscheinung und nutzen diese Gelegenheit, um zu differenzieren, auszuweiten, zu präzisieren usw., bis hin zu kritischer Konfrontation; danach (und abschließend) t r i t t wiedirum A auf, um sich in seiner Erwiderung mit den Kommentatoren auseinanderzusetzen. (Dabei kann er natürlich — und dies ist ein Nachteil der Strategie — von der Tatsache profitieren, das „letzte W o r t " zu haben.) Um welche Themen geht es? — Zunächst um die Soziobiologie (u. a. Rushton, Jensen, Vernon), dann um die Wissenschaftlichkeit der Psychoanalyse (u. a. Wolman, Freedman, Ekstein), schließlich um Fragen der teleologischen Theoriebildung (u. a. Rychlak, Weimer, Baker), der Prüfbarkeit von Theorien (u. a. Madsen, Brandt, Schaeffer) und des Wahrheitsgehalts psychologischer Aussagen (u. a. Smedslund, Vollmer, Wilkes), endlich um das Problemfeld Interaktion/Situation (u. a. Hyland, Pervin, Raynor). Die oben beschriebene Strategie f ü h r t beim Leser dazu, d a ß bei ihm ein Spannungsbogen des Rezipierens aufgebaut und durchgehalten wird. Die Auswahl der „Diskussionsteilnehmer", welche die Herausgeber getroffen haben, garantiert in so gut wie jedem Falle das Entstehen neuer Sichtweisen und das Kennenlernen neuer Daten aus der jeweiligen Forschung. So sind Gewinn und Nutzen auf Seiten des Lesers beträchtlich — auch wenn er gegebenenfalls feststellen muß, daß er sich in einer Kontraposition zu diesem oder jenem Autor oder gar einer ganzen Gruppe befindet. (Und das ist nicht verwunderlich, wenn man z. B. b e d e n k t : die Autoren kommen aus den USA — überwiegend —, aus England, Kanada, Norwegen und Dänemark, was eine erhebliche Einschränkung der Positions-Bandbreite bedeutet.) Dennoch: Wer über die o. g. Probleme der theoretichen Psychologie nachdenkt und arbeitet, sollte diesen Band 2 der „Annalen" u n b e d i n g t beachten. IL-D. Schmidt (Berlin)

Zur Geschichte der Psychiatrie im 19. Jahrhundert. Hrsg.: Thoin, A. 168 S. mit 17 Abb., 14,5 X21,5 c m . Berlin: V E B Volk und Gesundheit 1984. Broschiert 3 9 , - M. Im Mittelpunkt des Buches steht eine Arbeit des Herausgebers über Erscheinungsformen und Widersprüche des Weges der Psychiatrie zu einer medizinischen Disziplin im 19. J a h r h u n d e r t . Das 19. J a h r hundert habe für die Psychiatrie eine „Medizinalisierung" gebracht. Am Anfang dieses Zeitabschnittes bedeutete „medizinisch" eine universelle Wissenschaft, in der Geistes-, Sozial- und naturwissenschaftliche Elemente bis zur Untrennbarkeit miteinander verwoben waren. So waren die „ I r r e n " genau wie die Invaliden, Obdachlosen und hilflosen alten Menschen nicht Kranke, sondern Menschen, die aufzubewahren, zu verwalten und zu separieren waren. Erst im Laufe des 19. J a h r h u n d e r t s gelang es als Folge des Einstieges der Naturwissenschaften, sie als Kranke mit besonderen Behandlungserfordernissen zu sehen, so daß nicht mehr z. B. die „barmherzigen Brüder" also religiöse oder andere Verwaltungsinstitutionen die Leitung der Institutionen hatten, sondern zum Schluß des 19. J a h r h u n d e r t s Arzte, f ü r die dann allerdings die Patienten ein Objekt ihrer Behandlung waren und nicht die Arzt-Patienten-Beziehung im Vordergrund stand. An zweiter Stelle steht ein Aufsatz des Engländers Smith über „Verbrechen Geisteskranker und der Wandel von einer individuellen Verantwortlichkeit zu einer institutionalisierten Sozialpolitik im England des 19. J a h r h u n d e r t s " . Leider läßt der Verfasser nicht erkennen, d a ß er in der Tradition der Rechtssprechung der anglo-amerikanischen Länder steht. Was er mitteilt, ist mit der Entwicklung in Kontinentaleuropa nicht vergleichbar. Neben beispielhaften Darstellungen über die Entwicklung der Psychiatrie in einzelnen Irrenanstalten in Neuruppin, Pirna und in einigen anderen Teilen des alten Deutschland — Anhalt, Königreich Sachsen

346

Z. Psychol. 195 (1987) 3

und Berlin — gibt das schmale Büchlein die wissenschaftlichen Arbeiten wieder, die in der DDR 1949 bis 1982 sich mit der Geschichte der Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie beschäftigten, sowie ein Reglement der zu Neuruppin angelegten Kurmärkischen Irrenanstalt. Das Büchlein ist sehr instruktiv und für den Psychiater, aber auch klinischen Psychologen geeignet, der sich mit der Geschichte seines Wirtsfaches beschäftigen möchte und hieraus erfährt, daß manches Kuriose in seinem Wirtsfach Folge der Tradition ist. H. Szevczyk (Berlin) Poppe, W.; Tennstedt, A.: Mathematische Diagnostik praeseniler Demenzen. 96 S. mit 3 Abb., 1 Schern.. 1 Tab. Leipzig: Y E B Georg Thieme 1984. Broschiert 2 1 , - M. Im Kontext verstärkter Bemühungen um die Gewährleistung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit bis in das hohe Lebensalter hinein kommt diagnistischen und therapeutischen Fragen der senilen und praesenilen Demenz ein besonderes Gewicht zu. Es handelt sich hierbei um ein Aufgabengebiet, das der interdisziplinären Arbeit von Neurologen, Psychiatern und Psychologen bedarf. Die Autoren wollen mit der vorliegenden Arbeit zu einer klaren Unterscheidung der nach ihrer psycliopathologischen Symptomatik schwer abgrenzbaren Krankheitsgruppen Morbus Alzheimer, Morbus Pick (als Gruppen praeseniler Demenzen) und senile Demenz gelangen, was unter prognostischem und therapeutischem Gesichtspunkt von großem Interesse ist. Zugleich geht es ihnen um die Abgrenzung der genannten Krankheitsklassen von normalen, an das Präsenium bzw. Senium gebundenen Alterungsprozessen. Für die Klassifikation werden morphologische Merkmale gewählt. Genauer: Es wird das quantitative Verhältnis der strukturbildenden Elemente des ZNS, der Nervenzellen und der Gliazellen, zugrunde gelegt. Über die Diskriminanzanalyse gelingt erstens eine gute Trennung zwischen den 3 Krankheitsgruppen und zweitens eine klare Abgrenzung der pathologischen Klassen von den beiden Gruppen normaler Aiternsprozesse. Die traditionelle Unterscheidung nach den genannten klinischen Krankheitsbildem wird damit bestätigt. Mittels dieses Klassifikationsmodells läßt sich die Zuordnung zu den Krankheitsgruppen zuverlässiger vornehmen, was wiederum größere Sicherheit für die Prognose und die Therapie bedeutet. Sicher zu recht verweisen die Autoren auf den Modellcharakter ihres Herangehens. Denn auch für andere Fragestellungen in der Neurologie und Psychiatrie gilt die Notwendigkeit, über mathematisch fundierte Klassifikationen nosologische Systeme zu überprüfen und darauf gegründete diagnostische Strategien zu verbessern. Vor allem in diesem Sinne enthält die vorliegende Arbeit Aussagen von allgemeinerem Interesse. U. Schaarschmidt (Berlin) Rhenius, D.: Mathematik für die Psychologie: Eine Einführung (Teil II, Wahrscheinlichkeitstheorie). 297 S. mit zahlr. Abb., Tab. Bern—Stuttgart—Toronto: Hans Huber 1986. Methoden der Psychologie, Hrsg. Pawlik, H. Paperback. Nachdem 1983 der Teil I (Grundlagen, Vektorräume, Matrizen, Graphen, Simulation und Produktionssysteme) erschien, vermittelt dieser zweite Teil die wahrscheinlichkeitstheoretischen Grundlagen der Mathematischen Psychologie und der statistischen ¡Methoden in den Sozialwissenschaften. Er orientiert sich an typischen Anwendungsbeispielen aus der Psychologie und stellt die Verbindung zwischen elementaren mathematischen Vorkenntnissen und anspruchsvollen Verfahren der Statistik her. Mit gleicher Konsequeuz wie im Teil I wird durch eine klare Gliederung der Wissenseinheiten in Definitionen, Sätze und Beweise Verständnis für die Bedeutung mathematischer Aussagen und ihre Begründung vermittelt. Im Schwierigkeitsgrad gestaffelte Übungsaufgaben zu jedem Abschnitt der Kapitel erlauben sogleich die Kontrolle des erreichten Verständnisses. Nach Grundlagen bis zur Tschebyscheffschen Ungleichung (Kapitel 1 und 2) folgen Kapitel über spezielle

Buchbesprechungen

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Verteilungen, Probleme der stochastischen Abhängigkeit und weitere spezielle Verteilungen. Ausführlich werden im 6. Kapitel Grenzprozesse betrachtet, so daß Aussagen wie „asymptotisch verteilt" ein solides F u n d a m e n t erhalten. Eine Klassifikation stochastischer Prozesse mit gesonderter Behandlung von Markoffketten und stationären Prozessen bietet Kapital 7. Abschließend präsentiert Kapitel 8 die wichtigsten Aussagen zur Parameterschätzung, zur Prüfung von Hypothesen und über verteilungsfreie Verfahren. Damit ist die Brücke zu speziellen Statistikbüchern hergestellt, in denen dann auch die hier nicht enthaltenen statistischen Tabellen zu finden sind. Wollte man sich die hier zusammengestellten Grundlagen aus mathematischen Fachbüchern heraussuchen, so wäre ein vielfacher Aufwand zu leisten. Man kann mit dem Buch systematisch studierend, aber auch selektiv vertiefend oder einfach nachschlagend arbeiten. H. Sydow (Berlin) Seifert, W.: Der Charakter und seine Geschichten—Psychodiagnostik mit dem Thematischen Apperzeptions Test (TAT). 158 S. München — Basel: E m s t Reinhardt-Verlag 1984. Beiträge zur Psychodiagnostik des Kindes, Bd. 6. Das Buch befaßt sich mit den Grundlagen und Aussagemöglichkeiten des Thematischen Apperzeptionstests ( T A T ) . Der Autor stützt sich dabei auf die von Murrav und Morgan im J a h r e 1935 herausgegebene Form. Die einleitend diskutierte Grundlegung des Verfahrens bewegt sich im Rahmen des Konzepts projektiver Persönlichkeitsdiagnostik. In TAT-Geschichten — so die Voraussetzung — sollen im realen Leben wirksame Verhaltens- und Krlebenstendenzen besser zum Ausdruck kommen als in direkten Befragungen oder auch in anamnestischen Daten. E s werden im weiteren Testmaterial und Testdurchführung in Anlehnung an die Originalform des T A T beschrieben und in ausführlicher Weise Richtlinien der Auswertung und Interpretation erörtert. Zu leisten ist „die Rekonstruktion seelischer Verhältnisse", wozu es nicht ausreichend sei, die geschilderten Inhalte „wörtlich zu nehmen". Die „spezifischen individuellen Verhältnisse" zeigten sich erst in der Anordnung der Inhalte, in der „ L o g i k der Zusammenhänge, die den Inhalten ihre individuelle Bedeutung verleiht". Anhand einer Reihe von Falldarstellungen werden die in diesem Sinne für notwendig erachteten Auswertungs- und Interpretationsschritte demonstriert. Dabei versucht der Autor, die im jeweiligen Falle vermutete Konfliktlage mit Hilfe von Märchen entlehnten Motiven zu veranschaulichen und Lösungsmöglichkeiten auf dieser Grundlage aufzuzeigen. Dies geschieht nicht ohne belletristischen Reiz. Der Nachweis wissenschaftlicher Solidität des T A T gelingt jedoch auch mit diesem Buch nicht. Was bleibt, sind die prinzipiellen Zweifel, die für jedes projektive Verfahren anzumelden sind : ob auf Seiten des Pbn. der Mechanismus der Projektion überhaupt vorausgesetzt werden kann und ob nicht auf Seiten des Diagnostikers Mutmaßung und Spekulation die Interpretation mehr bestimmen als empirisch belegbare Fakten. L\ Schaarschmidt (Berlin) Hogenson, G. B . : J u n g ' s Struggle n ith Freud. 192 S. 14 x 2 2 cm. London : University of Notre Dame Press 1983. Leinen. C. G. J u n g (1875—1961) trennte sich 1913 nach mehrjähriger enger, fast freundschaftlicher Zusammenarbeit von seinem einst hochverehrten, 19 J a h r e älteren Lehrer und Meister Sigmund Freud, um schließlich eine eigene tiefenpsychologische Richtung, die „ K o m p l e x p s y c h o l o g i e " zu begründen. Dieser Abspaltung und Neugruppierung folgten dann bei gleichzeitigem Anwachsen der psychoanalytischen Bewegung spätere weitere Ab- und Ausgrenzungen (z. B. Adler, Stekel, Reich, Horney, Fromm, SchultzHencke, Alexander, M. Klein bis hin zu Rogers und neuerdings Kohut). Von daher ist die Aufarbeitung und Analyse der Hintergründe und Zusammenhänge dieser ersten „ A b l ö s u n g " auch heute noch \ on Interesse und hat zu Recht Anhänger und Gegner der tiefenpsycho-

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logischen Schulen, Biografen u n d H i s t o r i k e r b e s c h ä f t i g t . I n z w i s c h e n w u r d e v o n Mc.Guire d e r Briefwechsel zwischen S. F r e u d u n d C. G. J u n g v e r ö f f e n t l i c h t , w o v o n weitere E i n s i c h t e n zu e r w a r t e n w a r e n . Dies v e r a n l a ß t e offensichtlich d e n A u t o r , C. B. H o g e n s o n , L e h r e r f ü r politische Philosophie a n d e r Y a l e - U n i v e r s i t ä t , dieses i n t e r e s s a n t e B u c h zu schreiben. I n dein Buch w e r d e n Briefauszüge, Berichte von Zeitgenossen, Z i t a t e aus A r b e i t e n d e r J a h r e 1900—1920 u n d A u s s c h n i t t e aus d e r persönlichen Legensgeschichte d e r beiden F o r s c h e r m e t a b i o g r a p h i s c h zu d e r A u f f a s s u n g v e r b u n d e n , d a ß die K o n f r o n t a t i o n zwischen J u n g u n d F r e u d sich als K o n f l i k t von „ M y t h o logien" darstelle, der w i e d e r u m a u c h als K o n f l i k t zwischen lebensgeschichtlich g e w o r d e n e n Persönlichkeiten zu sehen sei. Hierbei v e r t r i t t d e r A u t o r die A u f f a s s u n g , d a ß die persönliche Mythologie jedes einzelnen seine Theorie beeinflusse u n d d a ß F r e u d ' s a u t o r i t a t i v e s B e h a r r e n auf seiner einzig möglichen I n t e r p r e t a t i o n des „ U n b e w u ß t e n " , die W e i g e r u n g , seine A u t o r i t ä t zu riskieren u n d J u n g ' s B e s t r e b e n , sich diesem M a c h t a n s p r u c h zu e n t z i e h e n , d u r c h g e h e n d als c h a r a k t e r i s t i s c h e s K e r n p r o b l e m die B e z i e h u n gen zwischen beiden, s p ä t e s t e n s a b 1906, k e n n z e i c h n e . O h n e d a ß a u s d r ü c k l i c h d a r a u f Bezug g e n o m m e n wird, k o n n t e d a s B u c h a u c h z u m N a c h d e n k e n ü b e r die Streitereien zwischen d e n h e u t i g e n „ O r t h o d o x e n " u n d d e n „ A b w e i c h l e r n " in d i e s e m G e n r e a n r e g e n . I m übrigen setzt d a s Buch jedoch eine g r ü n d l i c h e K e n n t n i s d e r P r i m ä r l i t e r a t u r v o r a u s . K. I l ö c k (Berlin)

S t r e l a u , J . : T e m p e r a m e n t , P e r s o n a l i t y , Activity. 375 S. m i t 18 A b b . , 65 T a b . , 23,5 X 15 c m . L o n d o n — New Y o r k : A c a d e m i c Press Inc. 1983. Leinen 49,50 $. Der b e k a n n t e polnische Psychologe J a n Strelau d o k u m e n t i e r t in diesem B u c h seine „ R e g u l a t i o n s t h e o r i e des T e m p e r a m e n t s " , die Ideen u n d e x p e r i m e n t e l l f u n d i e r t e E r f a h r u n g e n d e r Typologie d e r h ö h e r e n N e r v e n t ä t i g k e i t (insbesondere auf d e r Basis von F o r s c h u n g e n sowjetischer P s y c h o l o g e n : T e p l o w , Nebylitzin, Merlin), d e r n e u r o - u n d psychophysiologischen A k t i v a t i o n s t h e o r i e u n d der s o w j e t i s c h e n u n d polnischen H a n d l u n g s t h e o r i e ( L e o n t j e w , Tomaszewski) i n t e g r i e r t . S t r e l a u s K o n z e p t l ä u f t d a r a u f h i n a u s , d a ß d a s T e m p e r a m e n t „als P r o d u k t d e r biologischen E v o l u t i o n eine b e d e u t e n d e Rolle bei d e r R e g u l a t i o n d e r W e c h s e l b e z i e h u n g zwischen Mensch u n d U m w e l t spielt. Zwei basale E i g e n t ü m l i c h k e i t e n , die die energetische K o m p o n e n t e des V e r h a l t e n s einschließen — n ä m l i c h R e a k t i v i t ä t u n d A k t i v i t ä t —, werden besonders b e r ü c k s i c h t i g t . Ihre B e d e u t u n g b e s t e h t h a u p t s ä c h l i c h d a r i n , d a ß sie die s t i m u l i e r e n d e Valenz von U m g e b u n g s f a k t o r e n u n d des eigenen V e r h a l t e n s regulieren, dies als A b s i c h e r u n g des B e d ü r f nisses n a c h S t i m u l a t i o n " (S. V I I ) . Es wird klar u n d d e u t l i c h h e r a u s g e s t e l l t , d a ß u n d inwiefern d a s T e m p e r a m e n t als phylogenetisch-biologisches E r b e in d e n V e r h a l t e n s b a u p l a n e i n g e h t , w ä h r e n d die Persönlichkeit d a r ü b e r h i n a u s als „ R e s u l t a t sozio-historiseher B e d i n g u n g e n " a n g e s e h e n werden m u ß (ebenda). Die 7 K a p i t e l des Buches r e f l e k t i e r e n z u n ä c h s t den historischen A u s g a n g s p u n k t , die P a w l o w s c h e Typologie ( K a p . 1), u n d ihre W e i t e r e n t w i c k l u n g i m K o n t e x t d e r sowjetisch-psychologischen T y p e n f o r s c h u n g ( K a p . 2). Es folgen die K a p i t e l 3 u n d die d a s Strelausclie T e m p e r a m e n t s i n v e n t a r ( S T I ) u n d die Beziehungen zwischen T e m p e r a m e i i t s m e r k m a l e n u n d P e r s ö n l i c h k e i t s d i m e n s i o n e n ( E x t r a - / I n t r o version, A n g s t , N e u r o t i z i s m u s ) b e t r e f f e n . I m 5. K a p i t e l wird die R e g u l a t i o n s t h e o r i e des T e m p e r a m e n t s geschlossen vorgestellt, u n d es schließen sich n o c h 2 K a p i t e l an, die — auf d e r G r u n d l a g e dieses A n s a t z e s — die Beziehungen zwischen T e m p e r a m e n t u n d A k t i v i t ä t ( K a p . 6) u n d zwischen T e m p e r a m e n t und Persönlichkeit auf einer m e h r t h e o r e t i s c h e n E b e n e t h e m a t i s i e r e n . E i n A n h a n g e n t h ä l t die vollständige D o k u m e n t a t i o n d e r in d e r S t r e l a u - S c h u l e e n t w i c k e l t e n F r a g e b ö g e n z u r diagnostischen E r f a s s u n g von T e m p e r a m e n t u n d R e a k t i v i t ä t bei K i n d e r n u n d E r w a c h s e n e n . (Leider o h n e M i t t e i l u n g d e r N o r m w e r t e . ) W e r aus G r ü n d e n d e r F o r s c h u n g oder L e h r e den n e u e s t e n S t a n d d e r E r k e n n t n i s ü b e r die Typologie der h ö h e r e n N e r v e n t ä t i g k e i t , des T e m p e r a m e n t s u n d d e r basalen A k t i v a t i o n e r f a h r e n will — vor allem u n t e r d e m A s p e k t d e r psychologischen V e r t i e f u n g bzw. E r w e i t e r u n g ü b e r die P a w l o w - S c h u l e h i n a u s —, d e r darf an diesem B u c h n i c h t v o r ü b e r g e h e n . H . - D . S c h m i d t (Berlin)

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Hussy, W.: Denkpsychologie - E i n Lehrbuch (Bd. 2). 228 S. mit 55 Abb., 21 Tab., 18,5 X 11,5 cm. S t u t t gart—Berlin—Köln—Mainz: W. Kohlhammer 1986. Urban-Taschenbücher. Paperback. Die vier Kapitel des zweiten Bandes sind vom Autor als Vertiefung der im ersten Band dargelegten Grundlagen der Denkpsychologie gedacht. Kapitel 1 behandelt Schlußprozesse, Urteilsprozesse und zugleich die Kreativität. Einige wichtige Befunde zur Wirkung sprachlicher Prozesse auf Denkleistungen bilden das zweite Kapitel. Kapitel 3 legt theoretische Erwägungen zu Teilkomponenten eines problemlösenden Systems der Suche nach Entwicklungsbesonderheiten des Denkens zugrunde und bringt sehr sfliöne Untersuchungsbefunde aus der amerikanischen Entwicklungspsychologie und von Hussy selbst. Kapitel 4 wendet sich der Frage nach dem Verhältnis von Denken und Aufmerksamkeit zu. Der Leser findet eine Fülle von Experimenten und Modellierungsversuchen und d a m i t viele Anregungen zum Nachdenken über das Denken. Viele Verweise erwecken das Bedürfnis, neben Band 2 auch Band 1 (1984) zur Hand zu haben. Allerdings füliren die häufigsten Verweise, sie beziehen sich auf das „ S P I V - M o d e l l ^ i m Band 1 n u r auf den Literaturhinweis H U S S Y (1983) und nicht zu einer befriedigenden Darlegung des Modells selbst. Gesamtanliegen und Methodologie des Informationsverarbeitungsansatzes haben den Autor bei der Auswahl der Arbeiten geleitet, die er zu einem entsprechend repräsentativen Buch zu integrieren verstand. H. Svdow (Berlin)

Piaget, J.: Das moralische Urteil beim Kinde (mit einer Einführung von Hans Aebli). 478 S. 19 X 12,5 cm. München Deutsch. Taschenbuchverl. Klett, Cotta 1986. Dialog und Praxis. Paperback, glanzfolienkaschiert. 19,80 DM. Erstmals erschien dieses Buch im J a h r e 1932 in französischer Sprache, als Jean Piaget 36 J a h r e als war. Inzwischen ist es ein Klassiker der entwicklungspsychologischen Literatur und wurde — versehen mit einer Einleitung von Ilans Aebli — erneut aufgelegt. Wie Piaget im Vorwort selbst erklärt, ging es ihm nicht darum, moralisches Verhalten oder moralische Gefühle zu analysieren, vielmehr war es sein Ziel, das kindliche Denken über moralische Regeln, Normen und Prinzipien zu ergründen. In seinem ersten Kapitel untersucht er anhand von Spielregeln, welche Bedeutung Kinder unterschiedlichen Alters der Beachtung von Regeln beimessen. Um moralische Regeln und Normen, die jedem Kind zunächst durch Erwachsene vorgeschrieben werden, geht es im zweiten Kapitel. Besonders befaßt sich Piaget hier mit dem Problem der Lüge. I m Mittelpunkt des dritten Kapitels steht der Gerechtigkeitsbegriff, mit dem Fragen der Schuld, der Absicht, der Strafe und der Verantwortlichkeit verbunden sind. I m abschließenden Teil seines Buches setzt sicli Piaget mit Auffassungen zu Problemen der moralischen Entwicklung auseinander, wie sie Dürkheim, Fauconnet, Bovet und Baldwin vertraten. Seine Schlußfolgerungen zu Fragen der moralischen Erziehung sollten von jedem Pädagogen zumindest zur Kenntnis genommen werden. Piagets Methodik und auch die Auswertung seiner empirischen Befunde wurden einer kritischen Analyse unterzogen. So wird unter anderem bemängelt, daß seine Ergebnisse n u r ungenügend statistisch gesichert sind. Auch wird angenommen, daß ebenfalls Aussagen von Kindern bewertet wurden, die die Semantik der gestellten moralisch relevanten Probleme nicht eindeutig oder nicht vollständig erfaßt h a t t e n . Aber es ist auch ein Beweis für die Aktualität dieses Buches, wenn Forscher wie Wimmer und Gruber, Le Gall und andere gegenwärtig einige seiner Thesen mit Hilfe einer verbesserten Methodik überprüfen. Die zahlreichen, von Piaget durchgeführten Gespräche mit 4 bis 13jährigen Kindern werfen Fragen auf, die bis heute der Klärung bedürfen. Beate Doil (Berlin)

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Bierhoff, H. W.: Sozialpsychologie. Ein Lehrbuch. 270 S. mit 33 Abb., 32 Tab., 1 5 , 5 x 2 3 , 5 cm. Stuttgart — Berlin — Köln — Mainz: Kohlhammer 1985. Kartoniert 49,80 DM. Der Autor dieses Lehrbuchs gehört zu jenen vielen, die sich fast ausschließlich auf die individuumorientierte Sozialpsychologie konzentrieren. Irle hat diese Haltung unlängst (Theorien der Sozialpsychologie, Bd. II S. 41) als „massive Verengung der Wis^enschaftsperspektive der Sozialpsychologie" und als „höchst selbstmörderisch für sozialpsychologische Forschung" konstatiert. Dem muß wohl zugestimmt werden! In diesem Buch fehlt die Gruppenpsychologie gänzlich, die wenigen Seiten am Schluß unter der Überschrift „Interaktion und Gruppeneinflüsse" berühren z. B. Strategien und soziale Motive der Interaktion, also wiederum nur individuelle Aspekte. Der Themenplan des Buches „folgt der sachlogischen Entfaltung einer sozialen Perspektive des menschlichen Daseins" (S. 9). Durch eine Art „Alltagssicht" auf die aktuell gängigen kognitiven Theorien werden so allzu strenges rationales Herangehen und Langeweile vermieden. Besonders gut gelungen erscheinen die Abschnitte über angewandte Attributionstheorien, in denen auch entwicklungspsychologische Aspekte berücksichtigt werden, Felder, auf denen der Autor eigene Forschungserfahrungen einbringt. Auf eine weitere Einschränkung muß hingewiesen werden: E s fehlen die historischen Bezüge. Der Name Lewin wird im Text einmal erwähnt, findet sich aber nicht im Literaturverzeicnis. Wie soll der Student die aktuelle Thematik der Sozialpsychologie bewerten und einordnen können, wenn er so gar keine Hinweise zur Problemgeschichte erhält? K. Birth (Berlin) Steinhausen, M.: Lehrbuch der Animalischen Physiologie nach dem Gegenstandskatalog. 124 Abb., 23 Tab., 16,5 x 2 4 cm. München: J . F. Bergmann Verlag 1986. Broschiert

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Das vorliegende Lehrbuch lehnt sich an den fachspezifischen Gegenstandskatalog für Studenten an Universitäten der B R D an, der allerdings dabei auch kritisch eingeschätzt wird, so daß in der Stoffeinteilung Veränderungen vorgenommen wurden. Damit ist aber die Zielgruppe charakterisiert, und d a s Buch ist als „Lernbuch" gestaltet, wobei eine didaktisch überzeugende Darstellung des komprimierten Lehrgebietes erzielt wurde, zu der auch für jedes Teilgebiet ein Fragenkatalog gehört. Dabei handelt es sich hier um den Band II des Lehrbuches, der folgende Themen einschließt: Grundlagen der Erregungsund Neurophysiologie; vegetatives (autonomes) Nervensystem; Muskelphysiologie; spinale Sensomotorik; supraspinale Kontrolle der Motorik ( = zentrale Sensomotorik); allgemeine Informations- und Sinnesphysiologie; Sehen; Gehörsinn; vestibuläres System; Geschmack und Geruch; Gehirn, höhere Funktionen. Die Ausführungen sind straff gegliedert und werden durch instruktive Abbildungen unterstützt, überall wird aktueller Wissensstand reflektiert. Das Buch ist daher auch für Vertreter solcher Disziplinen sehr nützlich, die sich schnell eine fundierte Einsicht in die „animalische Physiologie" verschaffen wollen, die freilich ganz auf den Menschen ausgerichtet ist (und nicht etwa eine „Tierphysiologie" anbietet). Für Psychologen daher ein sehr nützliches Studienbuch, Student und Hochschullehrer werden es mit Gewinn zur Hand nehmen. G. Tembrock (Berlin)

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J. A. Barth, Leipzig/DDR

Hinweise für Autoren I. Allgemeines W i r bitten, die Manuskripte in druckreifer Form der Redaktion einzureichen (Originalschreibmaschinenmanuskripte einseitig im Format A 4 ; 2zeilig, pro Zeile etwa 60 Anschläge, pro Seite etwa 30 Zeilen). Links und unten einen etwas breiteren Rand lassen. Die Beiträge sollten etwa 20 Schreibmaschinenseiten umfassen und sind in deutscher oder englischer Sprache zweifach einzureichen. Handschriftliche Korrekturen sind sowohl im Manuskript als auch in der Umbruchkorrektur unzulässig. II. Gliederung der Arbeit 1. Kurztitel der Arbeit 2. Name bzw. Bezeichnung der Einrichtung, aus der die Arbeit kommt 3. Titel der Arbeit 4. Name des Autors bzw. der Autoren (Vorname bei männl. Autoren abgekürzt) 5. Anzahl der Abbildungen (z. B. Mit i Abbildung) 6. T e x t 7. Zusammenfassung. Es wird eine deutsche, englische und russische Zusammenfassung benötigt, die 15—20 Zeilen umfassen sollte. Falls der Verfasser die Übersetzung nicht selbst vornehmen kann, übernimmt die Redaktion diese Arbeit. Dann bitte die deutsche Zusammenfassung dreifach einreichen. Für die Supplementbände der Zeitschrift für Psychologie ist keine Zusammenfassung notwendig. 8. Literatur (s. V . ) 9. Anschrift des Verfassers (bitte nur eine Korrespondenzadresse angeben) III. Tabellen Die Tabellen müssen klar und übersichtlich abgefaßt werden und sind auf einem gesonderten Blatt der Arbeit beizufügen. Die Legenden zur Tabelle, die den wesentlichen Inhalt wiedergeben soll, ist über dieselbe zu setzen. Weitere Erklärungen über die Tabelle enthaltene Versuchsdaten; methodische Hinweise usw. sind unter die Tabelle zu schreiben. D^e Tabellen sind fortlaufend römisch zu numerieren. A m Rande des Manuskripts ist zu vermerken, an welcher Stelle im Text die Tabelle eingefügt werden soll (im Text Tabelle

ausschreiben).

IV. Abbildungen Von den Abbildungen ist ein Satz reproduktionsreifer Vorlagen beizufügen. Die Abbildungen sind nicht im Text einzukleben, sondern der Arbeit separat beizulegen. Auf der Rückseite der Abbildungen sind fortlaufende arabische Numerierung und der Name des Autors zu vermerken. Abkürzungen sind einzuzeichnen (im Text Abbildung

ausschreiben).

Weiterhin ist auf den Abbildungen der von dem Autor gewünschte Verkleinerungsmaßstab anzugeben (z. B. 1/2, 1/3, 1/4 usw.), der bei der Bearbeitung der Manuskripte Berücksichtigung finden kann. A m Rande des Manuskriptes ist zu vermerken, an welcher Stelle im Text die Abbildung eingefügt werden soll. Die Bildunterschriften (Legenden) sollen in numerischer (arabischer) Reihenfolge auf ein gesondertes Blatt geschrieben werden, nie auf die Abbildung. Die Legenden sollen die Abbildung auch ohne Kenntnis des jaufendes Textes verständlich machen (z. B. Abb. 1). V. Literatur Das Literaturverzeichnis ist alphabetisch zu ordnen. Bei Erwähnung des Autors im T e x t ist die Jahreszahl der Veröffentlichung unmittelbar nach dem Autorennamen einzufügen (Neumann, 1979). Bei mehreren Veröffentlichungen eines Autors im selben Jahr wird hinter die Jahreszahl in Kleinbuchstaben a, b, c,

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usw. gesetzt. Bei Veröffentlichungen mit mehr als zwei Autoren einer zitierten Arbeit sollte im Text nur ein Autor mit der Anfügung „und Mitarb." genannt werden. Im Literaturverzeichnis sind alle Autoren anzuführen. Der Arbeit ist auf einem gesonderten Blatt ein Literaturverzeichnis in alphabetischer Reihenfolge beizufügen. Dabei ist folgendermaßen zu verfahren. Bei Zitaten sind die Anfangsbuchstaben des \ ornamens dem Autorennamen stets nachzustellen. Der Titel einer zitierten Arbeit (oder eines Buches) ist vollständig zu nennen. Die Kurzbezeichnung von Zeitschriften erfolgt nach der T G L 20969, siehe auch DDR-Medizin-Report 15 (1986) 5/6 (Internationale Zeitschriften der Medizin und ihrer Grenzgebiete: Liste der Zeitschriftenkurztitel nach T G L 20969 vom J u n i 1984). Bei Zitaten ist folgende Reihenfolge zu beachten: a) Zeitschriften Bandzahl; Jahreszahl, in Klammern; Seitenzahl, von—bis Beispiel: Lehmann, P.; Müller, G.; Schulze, D.: Untersuchungen zur Struktur der Wahrnehmung. Z. Psychol. 186 (1978) 12-30. b) Bücher Auflage; Verlagsort; Verlag; J a h r des Erscheinens; evtl. Seitenzahl, von—bis Beispiel: Brückner, J . ; Mederake, J . : Ulbrich, C.: Musiktherapie für Kinder. 1. Aufl. Berlin: Volk und Gesundheit 1982. S. 15-32. c) Aufsätze von Sammelwerken Buchtitel; Herausgeber des Buches; Auflage; Verlagsort; Name des Verlages; J a h r des Erscheinens; Seitenzahl des Beitrages von—bis Beispiel: Rösler, H.-D.: Akzeleration und Intelligenzleistungen im Erwachsenenalter. In: Intelligenzdiagnostik. Hrsg. Klix, F . ; Gutjahr, W. J . ; Mehl. I., Berlin: Verlag der Wissenschaften 1967. S. 223-228. Die Autoren werden hier unbedingt um Beachtung der Setzung von Doppelpunkten, Punkt, Komma und Semikolon entsprechend dieser Beispiele gebeten. Die Autoren werden gebeten im Manuskript bei Formelsatz zu vermerken, welche Buchstaben bzw. Ziffern kursiv gesetzt werden sollen. Sonst erfolgt der Satz in Normalschrift. Autorennamen sind in der gesamten Arbeit in Normalschrift zu schreiben.

Zeitschrift für Psychologie — Verlag: Johann Ambrosius Barth, Salomonstr. 18b, Leipzig, DDR-7010, Ruf 7 01 31.— Verlagsdirektor: K. Wiecke. — Chefredakteur;'Prof. Dr. F. Klix, Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, Oranienburger Str. 18, Berlin, DDR - 1020. — Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr. 1394 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik. — Gesamtherstellung: VEB Druckerei «Gottfried Wilhelm Leibniz», Gräfenhainichen, DDR - 4450, IV/2/14, 920. - A N (EDV) 47030. - Erscheint jährlich ein Band zu 4 Heften. Jahresbezugspreis: DDR 05000, Ausland 77,-DM, Einzelheft: DDR 01250, Ausland 19,25 DM

MACINTER Selected papers from workshops organized by the Network on Man-Computer Interaction Research (MACINTER) of the International Union of Psychological Science (lUPsyS)

(In englischer Sprache) Herausgeber: Prof. Dr. F. Klix und Dr. H. Wandke, Berlin (Zeitschrift für Psychologie. Suppl. 9) 1987. Etwa 88 Seiten, 42 Abbildungen, 5 Tabellen Broschur. DDR etwa 15,-M, Ausland etwa 20,-DM

Die zunehmende Verbreitung von elektronischen Informationstechnologien in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens hat die Frage der Benutzerfreundlichkeit von Computersystemen in eine zentrale Position gerückt, was die Effektivität dieser Systeme betrifft. Die Psychologie kann Theorien, Modelle, Ergebnisse und Methoden einbringen, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. So ist in den letzten Jahren die Gestaltung der Mensch-ComputerInteraktion zu einem der wichtigsten Anwendungsgebiete vor allem der kognitiven Psychologie geworden. Organisatorischer Ausdruck dieser Entwicklung ist die Gründung eines Internationalen Netzwerkes der IUPsyS zur Mensch-Computer-Interaktion (MACINTER) im Jahre 1984, dem etwa 220 Wissenschaftler aus 24 Ländern angehören. 1985 organisierte MACINTER zwei eintägige Workshops mit den Titeln „Knowledge and visual information representation in man—Computer interaction" in Stuttgart (BRD) und „Knowledge acquisition and measurement of mental load in man-computer interaction" in Varna (Bulgarien). Ausgewählte Vorträge beider Veranstaltungen sind in überarbeiteter Form in dem Supplementband abgedruckt.

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JOHANN AMBROSIUS BARTH LEIPZIG

Lemke/Rennert

Neurologie und Psychiatrie sowie Grundzüge der Kinderneuropsychiatrie Ein Lehrbuch für Praxis und Studium Begründet von Prof. Dr. Rudolf Lemke 8., überarbeitete Auflage, herausgegeben von Prof. Dr. sc. med. Helmut Rennert, Halle/S. 1987. Etwa 608 Seiten, 167 Abbildungen, 8 Tabellen Leinen. DDR 3 5 , - M, Ausland 4 6 , - DM ISBN 3-335-00023-4, Bestell-Nr. 793 734 3

Die 8. Auflage des seit 1956 bewährten Lehrbuches soll neben der fachlichen Unterrichtung der Medizinstudenten vermehrt der Weiterbildung der jungen Arzte und als Nachschlagewerk den Fachärzten aller Disziplinen dienen. Deshalb umfaßt es die gesamte Nervenheilkunde in nur einem Band. Neben Grundlagen der Neurologie (auch Neuroanatomie und -physiologie) und Psychiatrie (auch Psychopathologie) werden Krankheitsbilder und Störungen ausführlich besprochen und das diagnostische und differentialdiagnostische Vorgehen erläutert. Besondere Aufmerksamkeit gilt den therapeutischen Maßnahmen. Unter Wahrung von Übersichtlichkeit und Leichtverständlichkeit hat der Text eine weitgehende Überarbeitung und Ergänzung erfahren. Ein Abriß der Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters sowie eine Aufführung fachbezogener gesetzlicher Bestimmungen der DDR runden den Stoff ab. Das umfangreiche und sorgfältig zusammengestellte Sachverzeichnis erleichtert die Benutzung.

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J O H A N N A M B R O S I U S BARTH LEIPZIG