201 45 45MB
German Pages 140 [147] Year 1985
ISSN 0044-3409 • Z. Psychol. • Leipzig • 192 (1984) 3 • S. 213-352
ZEITSCHRIFT FÜR
PSYCHOLOGIE mit Zeitschrift für a n g e w a n d t e Psychologie
Schriftleitung Friedhart Klix. Berlin • Hans-Dieter Schmidt. Berlin • H u b e r t Sydow, Redaktion:
J ü r g e n Mehl, Berlin • Friedrich Kukla,
Unter Mitwirkung
Berlin
von
N. Bischof, Zürich G. C l a u ß , L e i p z i g D. D ö r n e r , B a m b e r g H. Düker, Marburg II.-J. Eysenek, London P. Fraisse, Paris Vf. H a c k e r , D r e s d e n J . Helm, Berlin H. Hiebsch, Jena A. K o s s a k o w s k i , B e r l i n
E V P 12,50 M j e H e f t
Berlin
D. K o v ä c , B r a t i s l a v a B. F . Lomow, Moskau D. Magnusson, Stockholm H . D. Rösler, Rostock R. R o t h , Salzburg W. P. Sintschenko, Muskau M. V o r w e r g , L e i p z i g D. W e n d t , H a n i b u r g M. W e r t h e i m e r , B o u l d e r
JOHANN AMBROSIUS BARTH
LEIPZIG
Inhalt Klix, F. (Berlin). Denken und Gedächtnis — Über Wechselwirkungen kognitiver Kompartments bei der Erzeugung geistiger Leistungen. Mit 11 Abb
213
Timpe, K.-T. (Berlin). Psychologie und Technik. Mit 8 Abb
245
Topel, Renate (Leipzig). Wahrnehmungspsyohologische tischem Denken. Mit 4 Abb
Vorstellungen in W U N D T S
theore207
Hager, W . ; R. Westermann (Göttingen). Statistische Validität in Meßwiederliolungs- und Randomisierten Blockplänen. Mit 1 Abb
281
Pögelt, Annette; N. R o t h ; B. Pögelt; II.-J. Lcubusehcr; R. Bergmann (Leipzig). The application of a programmable maze as a behavioural model in psycliophysiology. White 9 fig
307
Gudermuth, Stefanie (Berlin). Grundlagen von Trainingsmethoden und Ergebnisse der Behandlung von Selbstunsicherheit mit einem verhaltenstherapeutischen Gruppcntraining. Mit 2 Abb
319
Buchbesprechungen
244, 266, 306, 337
Anschriit der Redaktion: Dr. J . M e h l , Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, D D R - 1 0 2 0 Berlin, Oranienburger Str. 18, Ruf 2 82 50 91 Von Originalarbeiten liefert der Verlag an Stelle eines Honorars 50 Sonderdrucke kostenlos. Buchbesprechungen werden nicht vergütet, dafür bleibt das Besprechungsexemplar Eigentum des Referenten. Von der Zeitschrift erscheint jährlich ein Band mit 4 Heften, die zwanglos ausgegeben werden. Der Bezugspreis beträgt je Band 50,— M, zuzüglich Postgebühren. Bestellungen nehmen entgegen: In der D D R der Postzeitungsvertrieb und der Verlag Johann Ambrosius Barth. In den sozialistischen Ländern der zuständige Postzeitungsvertrieb, in der BRD/Berlin (West) die Firma Zeitungsvertrieb Gebr. Petermann, Kurfürstenstr. III, D - 1000 Berlin (West) 30, und der örtliche Buchund Zeitschriftenhandel. In allen anderen Staaten der örtliche Buch- und Zeilschriftenhandel. Bestellungen des Buch- und Zeitschriftenhandels sind zu richten an Buchexport Volkseigener Außenhandelsbetrieb der DDR. DDR - 7010 Leipzig, Leninstr. 16, Postfach 160. Anschrift des Verlages: Johann Ambrosius Barth, D D R - 7 0 1 0 Leipzig, Salomonstr. 18b. Postfach 109, Ruf 7 0131. Anzeigen werden erbeten für Inland a n : V E B Fachbuchverlag, D D R - 7010 Leipzig, Richard-WagnerStr. 6; für Ausland a n : Interwerhung G m b H — Gesellschaft für Werbung und Auslandsmessen der DDR, D D R - 1 1 5 7 Berlin-Karlshorst, Iiermann-Duncker-Str. 89, Ruf 5 090981. Für die Anzeigenpreise gelten die Festlegungen gemäß Preiskatalog Nr. 286/1 vom 1. 7. 1975.
ZEITSCHRIFT
FÜR
PSYCHOLOGIE
Band 192,1984 mit Zeitschrift für angewandte Psychologie
Heft 3 Band 9$
Aus der Sektion Psychologie der H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t Berlin
Denken und Gedächtnis - Über Wechselwirkungen kognitiver Kompartments bei der Erzeugung geistiger Leistungen Von F. Klix Mit 11 Abbildungen
Eine Vorbemerkung Das Thema ,Denken und Gedächtnis' wirkt wie eine Kapitelüberschrift aus psychologischer Propädeutik. Gleichwohl kann solche, aus allgemeinerem Uberlegen geborene Thematik auch den detailforschende Psychologen aufwecken: ,Denken und Gedächtnis'? Denken kann ja auch eine Form des Lernens sein, nämlich, indem es Gedächtnis umbildet, und ohne funktionierendes Gedächtnis sind Denkprozesse nicht möglich. Also gibt es Abhängigkeiten, Gemeinsamkeiten, Unterschiede. Dies an einigen Knotenpunkten aktueller psychologischer Themenstellungen deutlich zu machen, dafür ist der folgende Aufsatz geschrieben.
Über zeitweilige kognitive Strukturbildungen Flüchtige, rasch wechselnde oder — was alles dasselbe ist — dynamische Strukturbildungen, das sind zeitweilige Konfigurationen mit unterschiedlichem Ordnungsgrad. Dynamische Strukturbildungen sind charakteristisch für zahlreiche Formen der menschlichen Denk- und Gedächtnistätigkeit. Eine Funktion dieser zeitweiligen Ordnungsbildung sehen wir vor allem darin, vorhandene Gedächtnisinhalte so an- oder umzuordnen bzw. neu zu strukturieren, daß es der Realisierung von Zielen, z. B. dem Verstehen eines Satzes, der Beantwortung einer Frage oder der Steuerung einer Handlung zweckdientlich ist. Die Betonung liegt hier auf der Zeitweiligkeit der Strukturen. Gesetzmäßigkeiten in solchen flüchtigen Ordnungsbildungen zu finden, ist ein Kardinalproblem der Psychologie geistiger Prozesse.
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Über die Kompartments kognitiver Dispositionen und Leistungsfähigkeit Wir möchten zunächst einige Rahmenbedingungen vorstellen, die zur Herleitung dieser zeitweiligen Ordnungsbildungen definiert werden müssen. Die Komponenten oder, weil nur bedingt isolierbar, genauer: die Kompartments kognitiver Leistungen, von denen wir ausgehen, sind großenteils in der Literatur benannt. Sie sind aber nicht eindeutig definiert, und sie werden oft auch in unterschiedlichem Sinne verwendet (vgl. dazu die Arbeiten von Norman und Lindsay, 1973, Broadbent, 1958, Hacker, 1973; Lompscher, 1972;Velitschkovskij, 1982; Wender, Colonius und Schulze, 1983). Für unsere Zwecke brauchen wir aber eindeutige Festlegungen. Es sind 3 unterscheidbare Kompartments, von denen wir im weiteren ausgehen und deren Komponenten wie Eigenschaften wir definieren wollen: Das operative
Kompartment
Wir fassen darunter jenen Funktionsbereich kognitiver Prozesse und Leistungen zusammen, in dem die zeitweiligen informationsverarbeitenden Strukturen aufgebaut werden und nach Realisierung der jeweiligen Anforderung wieder verschwinden — etwa wie ein Enzym inaktiv wird, wenn eine zu verdauende chemische Verbindung abgebaut ist. Woher das Signal zum Strukturaufbau kommt? Von den Eingangsinformationen der Sinnesorgane und vom Informationsbedürfnis des Handelnden her. Die Eingangsinformationen aktivieren verwandte (z. B. ähnliche) Gedächtnisstrukturen, die den sensorischen Informationsgehalt (sprich Neuigkeitswert) im Laufe eines Erkennungsprozesses abbauen, etwa mit der Feststellung: ,Der da kommt, das ist ein . . .'. Die zeitweilige Fixierung derartiger dynamischer erkennender Strukturen wird zuweilen als Arbeitsgedächtnis bezeichnet. Aber der Gedächtnisanteilist nur die eine Seite. Wir vermuten, daß die operativen Strukturen informationsverarbeitender (i. e. erkennender) Prozesse als latente Prozeduren verfügbar sind, die durch spezifische Parameter den aktuellen Erkennungsbedürfnissen angepaßt werden. (Etwa wie ein Rad, das — vor einer konkreten Realisierung — ein allgemeines kreisförmiges Gebilde ist und das seinen spezifischen Gebrauchswert durch seine Größe, sein Material, seine Festigkeitseigenschaften, sein Gewicht usw. erhält.) Die Parameter operativer Strukturen müssen für eine begrenzte Spanne simultan in Funktion bleiben. Dies läßt Zusammenhänge mit dem in der Literatur so beschriebenen Kurzzeitgedächtnis vermuten. Die Beschränkung derartiger Parameterfixierungen auf die bloße Zeitspanne des Behaltens verdeckt allerdings den Blick auf ihre originäre Funktion, etwa die Einhaltung einer bestimmten Schrittfolge in einer Erkennungsprozedur oder den notwendigen Aufwand bis zum Abschluß einer Erkennung. Das semantische
Kompartment
Es umfaßt klassifizierte Ereignisse oder Geschehenstypen. Geschehenstypen sind nach Orientierungsbereichen geordnet und bilden in diesem Sinne topologisch zusammenhängende Gebiete des Langzeitgedächtnisses. Ferner gehören klassifizierte Objektmengen
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Klix, Denken und Gedächtnis
(die singulären Begriffe) hierher. Sie sind als Bausteine von Denkstrukturen in gewissem Grade unabhängig vom Kontext verfügbar bzw. sie kommen in vielen Geschehenstypen vor. Ihre Ordnung im Gedächtnis scheint eher durch die Gemeinsamkeit von Merkmalen bestimmt, der im Effekt dann auch ein Ahnlichkeitsgrad entspricht. 1 Beiden Klassen von Begriffen sind Worte zugeordnet, die, für sich genommen, das Lexikon des semantischen Kompartments bilden. (Die Regeln der Sprachbenutzung, der Satzbildung und der sprachlichen Äußerung würden danach als Komponente des operativen Kompartments zu betrachten sein.) Das kontrollierende
Kompartment
oder die bewußtseinsfähigen
Prozesse
Es handelt sich hier, wie der Name ausdrücken soll, um eine Steuer- oder Kontrollinstanz, die die Funktion des Kompositeurs kognitiver Strukturen und — um im Bilde zu bleiben — des Dirigenten ihrer Funktion innehat. (Die Analyse dieses Kompartments ist mehr in der phänomenologischen Denkpsychologie als in der Experimentalpsychologie zu Hause — mit wenigen Ausnahmen, soweit wir sehen. Auf sie wird zurückzukommen sein.) Jedenfalls haben reflexive Prozesse in kognitiven Leistungen ihren Platz. Wir machen sie auch für die Entstehung von Metaebenen des Denkens und des Gedächtnisses verantwortlich. Nach dieser Uberschau bilden die operativen Strukturen die reinen Denkprozesse, die begrifflichen die rein statischen Gedächtnisinhalte. Aus der Wechselwirkung beider entstehen die kognitiven Prozesse und Leistungen. J e nach ihrer Effektivität wird man sie als mehr oder weniger intelligent bezeichnen können. Dabei könnte der Anteil operativer Komponenten der ,fluiden', der Anteil semantischer Komponenten der ,kristallinen' Intelligenz zuzuordnen sein (vgl. Baltes, 1983). Der kontrollierenden, potentiell bewußtseinsbildenden bzw. der Instanz der Metaebenenbildung werden die Prozesse der Strategiebildung und der planenden Handlungsausführung zugeordnet (vgl. dazu auch Häusler, Mielke-Ehrens und Rost (1982). Nachdem so die fraglichen Kompartments in Umrissen vorgestellt sind, sollen ihre Komponenten und Teilfunktionen so weit spezifiziert werden, daß sich bekannte Daten ihnen zuordnen bzw .Hypothesen aus ihnen ableiten lassen. Einen gewissen Überblick zum Gesagten soll Abb. 1 vermitteln. Die Kompartments im einzelnen Uber operative
Strukturbildungen
Unter ,operativen Strukturen' verstehen wir also zeitweilige Ordnungsbildungen (auch strukturierte Prozesse), in die sowohl über die Sinnesorgane einlaufende (sensorische) Information als auch aus dem Gedächtnis stammende, aktivierte (semantische) Information eingeht. In die Dynamik operativer Strukturen, die ja Informationsverarbeitung 1
Es soll damit auch deutlich sein, daß es nicht nur eine Bedingung, sondern zahlreiche Komponenten
und Faktoren gibt, die unterschiedliche Formen der Ordnungsbildung im Gedächtnis hervorrufen können. 15*
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Abb. 1 Veranschaulichung des Kompartment-Konzepts über das Zusammenwirken von Wahrnehmen und Denken im Wechselspiel mit latenten und aktivierten Gedächtnisstrukturen. (1) Sensorische Eingänge und Informationsreduktion durch die Sinnesorgane (2) Operatives Kompartment: Erkennungsprozeduren, die als aktivierte Strukturen Information aufnehmen und verarbeiten. Die Realisierung von Erkennung erfolgt durch Einbeziehung von Begriffen und Begriffsrelationen aus dem semantisch organisierten Langzeitgedächtnis. (3) Semantisches Kompartment: atomare Begriffe (Merkmalsbeschreibungen für Klassen ähnlicher Objekte) und molekulare Begriffe (Begriffskonfigurationen als klassifizierte Ereignisse, i. e. Geschehenstypen). (4) Kompartment der reflexiven, bewußtseinsfähigen Kontroll- und Steuerprozesse. (5) Antwortformierung (Handlungsentwurf) unter Einbeziehung operativer, begrifflicher und motivationaler Komponenten. (6, 7) Handlungssteuerung und Bewegungsausführung als Teil dynamischer (zeitabhängiger) Strukturbildungsprozesse (vgl. dazu Engelkamp und Zimmer, 1983). (8) Emotional-motivationale Basis für Aufbau, Ablaufs- und Zeitcharakteristik kognitiver Strukturen leisten, gehen z u d e m die m o t i v a t i o n a l e n Bezüge des Handelnden ein. In ihnen w i r k e n A f f e k t e mobilisierend oder h e m m e n d , j e nach Tonuslage u n d a f f e k t i v e r B e l a s t b a r k e i t des H a n delnden. Die d y n a m i s c h e n o p e r a t i v e n S t r u k t u r e n sind d a n a c h identisch m i t d e m A u f b a u , der U m - oder Neuorganisation m o m e n t a n e r k o g n i t i v e r A b l ä u f e , gleichviel, ob es u m die Erkenntnis eines Sehdings, u m die Lösung eines P r o b l e m s , um die B e a n t w o r t u n g einer F r a g e oder u m die Bereitstellung eines H a n d l u n g s m u s t e r s f ü r die V e r h a l t e n s s t e u e r u n g geht. (Dabei zählen w i r auch sprachliche F o r m u l i e r u n g e n zur Handlungs- und V e r h a l t e n s s t e u e r u n g . ) (Die erwähnten Verbindungen zum Motivhintergrund des kognitiven Prozesses gestattet zu entscheiden, ob eine Anforderung als erfüllt angesehen werden kann. Die kognitiven Parameter und ihre Effekte in der Strukturwandlung ermöglichen der Kontrollinstanz eine Entscheidung darüber, ob überhaupt und wie die gegebene Anforderung erfüllbar sein könnte.)
Klix, Denken und Gedächtnis
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Dabei wird die zeitweilige Fixierung von Variablen, seien es Operatoren oder Parameter 2 , sowohl zum Aufbau kognitiver Strukturen gebraucht, zur Verkettung von Entscheidungssequenzen, zu ihrer befristeten Stabilisierung wie zu ihrer zeitgemäßen Abwandlung. Es ist begreiflich, daß die Menge dieser simultan präsenten Informationsträger begrenzt ist. Aus den 7 ±'2 von G. A. Miller (1956) ist mittlerweile eine Legende geworden. Es gibt Beispiele dafür, daß diese Grenze weit nach unten (bis maximal 2 bei freien Parametern für Rückwärtszählen) und weit nach oben geschoben werden kann (bis zu über 100 Einheiten beim gebundenen Reproduzieren, zit. nach Hörmann 1983). Diese Befunde stützen die Annahme, daß die Anzahl simultan verfügbarer Gedächtniseinheiten vielmehr vom Typ der 'aufzubauenden und abzuarbeitenden Entscheidungsstruktur, d. h. letztlich von der Erkennungsanforderung als von einer isoliert angebbaren Größe abhängt. Atomare und molekulare
Begriffe
Das Kompartment klassifikatorischer Strukturen enthält zwei Klassen begrifflicher Ordnungsbildungen, deren Gemeinsamkeiten als Begriff wir kennen, die wir aber aus guten Gründen auseinanderhalten wollen: nach Ähnlichkeiten klassifizierte Objektmengen und nach Situationseigenschaften klassifizierte Ereignisse. Die als Gedächtniseintragungen klassifizierten Objektmengen bilden die (singulären) Begriffe. Sie bestehen aus Merkmalssätzen, deren verschiedenartigste Kombinationen beim Menschen durch Wortmarken gebunden sind. Diese Wortmarken sind zugleich eine Datenbasis der Sprachkompetenz. Die Spezifik begrifflicher Merkmalssätze des Menschen besteht einerseits darin, daß sie die invarianten Eigenschaften der klassifizierten Objektmengen im Gedächtnis abbilden, andererseits in der paradox scheinenden Eigenschaft, daß die Merkmale eines Begriffs zwar eine endliche, aber keine abgeschlossene Menge bilden. Es ist wie eine Menge, für die es ordinale Kennzeichnungen, aber keine Kardinalzahl gibt. Gefälliger ausgedrückt: Es läßt sich immer entscheiden: Dies kann ein Merkmal des Begriffs X sein, das auch eins usf. Aber niemals: dies sind alle (möglichen) Merkmale des Begriffs X. Allgemeiner gesagt: Zu jedem beliebigen Merkmalssatz eines Begriffs läßt sich wenigstens noch ein weiteres Merkmal hinzufügen. Zahlreiche Experimente von Puffe (1979), Denis (1982), Häuser (1981) und besonders von Zießler (vgl. Hoffmann, Zießler, Grosse 1984) sowie von Klimesch (1981) über die Nennung von Merkmalssätzen für Begriffe sowie über die Vergleiche von Merkmalsverteilungen bei verschiedenen Vpn. haben uns zu dem Schluß geführt, daß die Serie der Merkmalsnennungen bei beliebigem Zeitaufwand nicht abschließbar ist und daß immer wieder auch nicht spontan produzierbare Merkmale als ,bekannt' akzeptiert werden. Man denke z. B. an einen so simpel scheinenden Begriff wie Ente: Sie gehört ja nicht nur zur Klasse der Vögel, Feder- oder Haustiere, sondern auch zu den auf Teichen oder Tümpeln schwimmenden, eßbaren, zucht- oder mästbaren Lebewesen, zu den 2 Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist es nützlich, diese beiden Klassen von Variablen auseinanderzuhalten: während Parameter die ,Abmessungen' einer Struktur (z. B. ihre Komplexität) festlegen, sind Operatoren transformierende, i. e. abwandelnde Größen.
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schenkbaren, käuflichen oder verkäuflichen Objekten, zu den sterblichen, friedlichen Tieren, zu denen mit watschelndem Gang, zu den in Kinderbüchern anzutreffenden, zu den Lungenatmern, eierlegenden, tragbaren usw. Und dies noch alles ohne Mikroskop und Chemie . . .! Ob bei diesen zahllosen Merkmalswechseln Kontexteigenschaften eine Rolle spielen, wollen wir in diesem Rahmen unerörtert lassen. Wichtig ist uns, daß diese potentiell und praktisch nicht abschließbaren, erweiter- wie verkürzbaren Merkmalsbeschreibungen eines Begriffs die Grundlage zu sein scheint für das, was wir dynamisches Klassifizieren nennen. Wir meinen damit, daß irgendein wahrnehmbares Ding immer wieder neuen und anderen begrifflichen Klassenbildungen zugeordnet werden kann, ohne daß ein definitiver Abschluß erreicht wird. Das damit verbundene Weglassen oder Erweitern von klassifizierungsrelevanten Merkmalen ist eine charakteristische Eigenschaft dynamischer Strukturbildung und die kognitive Basis für anforderungsabhängiges Erkennen und Entscheiden (vgl. Abb. 2).
WMi
WM = -e-j—
WMj
A B C
ö
e
f
£
S
v
WMT
WMi
4
>
X
W WM8
'
0
1
2
—j->
WM10 WMg
WM 7 WM 4 Abb. 2 Heuristische Vorstellung über bedingungsabhängige Merkmalssätze von Begriffen als Basis dynamischen Klassifizierens. WM: Wortmarken; A ... A und 0, 1, 2: Merkmale bzw. Teilmengen von Begriffsmerkmalen, j : Kennzeichnung der fortsetzbaren Merkmalsangaben nach links und rechts. Klammerungen unten: E s ist angezeigt, daß Subklassen von Merkmalen eines Begriffes durch eine Wortmarke gebunden sind; auch hier gibt es hierarchische Kennzeichnungen: Die Wortmarke WMj schließt WM 3 und WM ( in hierarchischer Folge ein, WM S zwar auch, aber nicht im Rahmen der ersten Hierarchieserie, (z. B . : E N T E — V O G E L - T I E R als WM 4 , WM 3 , WM,; WM 5 könnte dann z. B. die Merkmalscharakteristik für ,Braten' oder ,Zuchttier' sein, die nicht in der ersten Hierarchiestufung liegt
Neben den elementaren Objektklassifikationen, den singulären Begriffen, unterscheiden wir Klassifikate, die aus Konfigurationen von Begriffen bestehen. Sie bilden Situationsoder Geschehenstypen im Gedächtnis, und sie entstammen den häufig wiederkehrenden Ereignissen des tagtäglichen Lebens und Erlebens. So wie einzelne wahrnehmbare und bedeutungshaltige Gegenstände die singulären Begriffe erzeugen, so führt die Klassifizierung von Ereignissen zur Fixierung von Geschehenstypen im Gedächtnis. Der Klassifizierungsprozeß selbst kann durchaus gleichartig verlaufen, nur Anlaß und Resultat unter scheiden sich wesentlich.
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Die Geschehenstypen als Gcdächtnisinhalte sind, als Strukturen aktiviert, wohl auch die Steuergrößen einer rationalen Verhaltensorganisation des Wahrnehmenden in einer im Detail ständig wechselnden, im Typus aber relativ stabilen Umwelt. Im Typus relativ stabilen: Das Frühstück, ein Klinik-Besuch, die S-Bahnfahrt zum oder vom Arbeitsplatz, das Vorlesung-Halten oder -Hören, die Behandlung eines Kranken, eine Bootstour, das Schlittschuhlaufen — das eben sind solche Geschehenstypen, die man aus der Perspektive des Handelnden, des Betroffenen, der örtlichkeit, des Zeitbezugs, aber auch von der Motivation und noch von anderen Aspekten her betrachten kann. Wir möchten einige Eigenschaften solche Geschehenstypen nennen, soweit das ihre kognitive Repräsentation betrifft. Die erste bemerkenswerte Eigenschaft besteht darin, daß die vom Gedächtnis her spontan reproduzierten Geschehenstypen in ihrem Allgemeinheitsgrad irgendwo zwischen der anschaulichen'Nähe des Einzelereignisses und der abstrakten Hülle des die Ereignisklasse in all ihren Varianten einschließenden Bedeutungsvolumens liegen. Nehmen wir den komplexen Begriff SPIELEN. Die semantische Hülle dieses Begriffs umschließt eine Menge verschiedenartiger Geschehenstypen: Das Fußballspiel und das Computerspiel, das Ballspiel des Kindes, das Puppenspiel, das Theater- oder das Skatspiel, Glücksspiel oder Soldatenspiel usf. Es sind die Subklassen dieser Hülle, die unsere Geschehenstypen, d. h. klassifizierte Ereignismengen bilden. (Die Hülle zu definieren fiel selbst Wittgenstein schwer (1977). Seine angenommene Minimalvariante, daß etwas nach Regeln gehen müsse, ist nicht weit genug: welche Regeln beherrschen das Mückenspiel?) Es scheint danach, daß es für einen Geschehenstyp so etwas wie eine ausgezeichnete Abstraktionsebene gibt. Der Grad der (notwendigen und zugleich optimalen) Abstraktheit scheint von der Homogenität der klassifizierten Ereignismenge abzuhängen: so ist die Ereignismenge TANKEN offensichtlich spezifischer als LEHREN, die wieder spezifischer als BEHANDELN oder gar die Hülle für SPIELEN. Fassen wir diese erste Eigenschaft präziser: Die für einen Geschehenstyp spezifische Allgemeinheitsstufe nennen wir charakteristische Abstraktionsebene. Es läßt sich vermuten, daß die besonders von Zießler (1983, vgl. dazu auch Hoffmann, 1982) gefundene Bevorzugungsebene klassifizierenden Erkennens mit dieser charakteristischen Abstraktionsebene verwandt (oder gar mit ihr identisch) ist (vgl. dazu auch Rosch (1975)).
Abb. 3 Darstellung des Geschehenstyps LEHREN als Konfiguration von Begriffen. Der Geschehenstyp ist durch einen semantischen Kern und durch fünf weitere Begriffe definiert, die durch qualitativ verschiedene semantische Relationen miteinander verbunden sind. (HT = Handlungsträger, OBI: Objekt oder Instrument; LOC: Ortsbestimmung und FIN: Ziel oder Zweck des bezeichneten Geschehens, falls eine Motivation dafür vorliegt
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Die zweite spezifische Eigenschaft ergibt sich daraus, daß Geschehcnstypcn als spezifische Konfiguration von Begriffen angesehen werden. Mit anderen Worten: Wir nehmen an, daß sie in Form netzartiger Verbindungen im Gedächtnis fixiert sind. Abb. 3 zeigt das am Beispiel des Geschehenstyps L E H R E N . Im Unterschied zur propositionalen Beschreibungsform (Kintsch und van Dijk, 1983) gehen wir jedoch davon aus, daß die Begriffsbeziehungen innerhalb dieser Konfiguration nicht gleichwertig, sondern qualitativ verschieden sind. Diese Annahme ist — wie sich zeigen wird — psychologisch bedeutsam. Konsequenzen daraus werden durch die bloße Berücksichtigung von Stelligkeiten verdeckt. Diese qualitativen Unterschiede einer Begriffskonfiguration, die einen Geschehenstyp beschreiben, bezeichnen wir mit Relationsnamen. Die Bezeichnungsweise ist an einschlägigen linguistischen Klassifizierungen orientiert, die von Aristoteles (zusammenfassend 1948) bis Fillmore (1968) sowie in computerlinguistischen Benennungen (Schank, 1975) immer wieder anzutreffen sind. Und sie sind auch ganz sicher erweiterungsbedürftig. Wir unterscheiden: (1) Den Handlungsträger I ; er ist der Akteur des Geschehens; (2) den Handlungsträger I I ; er ist der Rezipient des Geschehens, an oder mit dem etwas geschieht, (3) den Ort, die Lokation (LOC) eines Geschehenstyps, falls es sie (bevorzugt) gibt, wie für J A G E N den WALD, für O P E R I E R E N die K L I N I K ; es kann sich aber auch um einen bevorzugten Raumzeitpunkt handeln (wie bei S C H L I T T S C H U H L A U F E N T E I C H im W I N T E R z. B.). (4) Wir definieren sodann Instrument und Objekt, unterscheiden aber nicht zwischen diesen beiden, da sie oft ihre Rolle vertauschen können: Schere als Instrument des Schneiders kann auch Objekt (beim Schärfen oder Reparieren) sein; Biologie als Gegenstand des Lernens kann auch Instrument des Lehrens sein. Zahlreiche Begriffe, die von dieser Objekt-Instrumentrelation gleichsam angefaßt werden, zeigen die auffallende Eigenschaft, daß sie verschiedenen Orientierungsbereichen angehören, so etwa die Gruppe der Wissenschaftsdisziplinen (vgl. Abb. 1, Anhang), der Musikinstrumente, der Sportgeräte etc. Diese sich wie von selbst anbietende Ordnung verweist darauf, daß diese Mittel oder Objekte von Aktivitäten stark von den Geschehenstypen geprägt sind, denen sie bevorzugt angehören. (Bekanntlich klassifizieren wir ja die Geschehenstypen nach Orientierungsbereichen wie W I S S E N S C H A F T E N , M U S I K , S P O R T , K R A N KH E 1 T etc.) Aber diese Geschehenstypprägungen der Begriffe sind unterschiedlich stark: Während S K 1 E R oder M A S E R N als Instrument oder Objekt (der Behandlung) stark an Sport und Krankheit gebunden sind, trifft das für Begriffe wie Messer oder Schere weniger, für Stein oder Stange hingegen kaum noch zu.
(5) Schließlich kennzeichnen wir noch die Finalitätsrelation. Hier geht es um Ziele oder Zwecke des Handelns. Im Modellfall haben wir W O L L E N , etwas zu K Ö N N E N und etwas zu W E R D E N unterschieden. Ob diese Differenzierung erforderlich ist oder noch differenziert werden muß, kann nur weiteren Datenerhebungen abgelesen und soll hier nicht weiter differenziert werden. Alles in allem: Geschehenstypen als Gedächtniseintragungen betrachten wir als Konfigurationen von Begriffen, die netzartig einander assoziiert sind. Die qualitativ verschiedenartigen Verbindungen zwischen ihnen heißen semantische Relationen 3 . 3
In Analogie gedacht können Begriffe als Atome und Geschehenstypen als die Moleküle des Gedächt-
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Und der für einen Geschehenstyp zentrale, ihn aufspannende Begriff heißt semantischer Kern. Der durch einen Geschehenstyp klassifizierte Rahmen ist eine Ereignismenge mit raumzeitlich interagierenden Personen und Dingen. Dabei kann, wie bemerkt, der Gedächtnisträger selbst in das Klassifikat eingegliedert oder auch nur als Betrachter einbezogen sein. Schließlich ist schon angedeutet worden: Wenn die konkrete Realisierung eines Geschehenstyps ein Ereignis ist, so ist die stärkste (zulässige) Verallgemeinerung seine semantische Hülle. Die Festlegung dieses Begriffs ist bedeutsam, denn die semantische Hülle ist der Rahmen, innerhalb dessen Aussagen als mögliche wahre S ä t z e akzeptiert werden können und außerhalb deren Aussagen als nicht wahr erkennbar werden. 4 Beim Geschehenstyp T A N K E N z. B . ist die Objekt/Instrumentrelation in der semantischen Hülle durch den Begriff ,Flüssigkeit' gebunden: Man kann Wasser, Öl, Benzin, (flüssiges) Gas tanken, aber nicht Stein, B a u m usf. Beim Geschehenstyp M U S I Z I E R E N ist der Handlungsträger mit M E N S C H ( E R W A C H S E N E N oder S C H Ü L E R ) besetzt. Dadurch sind Begriffe wie S Ä U G L I N G oder alle Tierarten ausgeschlossen. Bewußtseinsfähige
Steuerung und Kontrolle
Was die letzte, die auswählende, kontrollierende und wertende Steuerinstanz für den Aufbau und den Ablauf kognitiver Prozesse leistet, so steht bislang nur wenig mehr fest, als daß es sie gibt. Uber ihre mutmaßliche Funktion und Arbeitsweise gibt es, wenn man von der bahnbrechenden Arbeit Dunckers (1935) absieht, vor allem die Lohausen-Experimente von Dörner und Mitarbeitern (1983), Dörner (1976) sowie Untersuchungen von Lüer (1975). Wir meinen dabei insbesondere die Darstellung von Bedingungen für Selbstreflexion, für Neudefinieren des Ziels, des Suchraumerweiterns, Einengens, des t h e m a t i schen Vagabundierens', also von kognitiven Steuerungen, die dem Neubau oder der Abwandlung kognitiver Strukturbildungen unmittelbar vorangehen und die die folgenden Prozeßschritte doch merklich beeinflussen. Man kann durch die Beobachtungen Dörners begründen, daß Einstellungen gegenüber Erfolg und Mißerfolg, soziale Bezüge des Handelnden in der Entscheidungssituation, daß also Eigenschaften der handelnden Persönlichkeit den Prozeßaufbau und die kognitive Prozeßsteuerung wesentlich zu beeinflussen vermögen. Dies scheint vor allem bei Prinzipalternativen relevant, während dort, wo kognitive Module für Erkennungsleistungen verfügbar sind, das Prozeßgeschehen in starkem Maße autonom abläuft. Immerhin könnte sich bei der Betrachtung dieser Zusammenhänge auch von der Mikroanalyse kognitiver Prozesse aus ein Zugang zu diesen komplexen Bedingungen mentalen Geschehens ergeben. nisses vorgestellt werden. Auch die Moleküle der Chemie haben gegenüber den Atomen qualitative Eigenarten, die sich nicht aus den Eigenschaften der Atome herleiten lassen, sondern die ihre Spezifik aus der Qualität der Wechselwirkung zwischen den Elementen beziehen. Nur eins fehlt dem Vergleiche: Die Moleküle des Gedächtnisses, sprich: Geschehenstypen, sind als Elemente dynamischer kognitiver Strukturen selbst einer Dynamik unterworfen: Sie werden aktualisiert, erweitert, spezifiziert, transformiert oder homogenisiert. Sie sind dynamische Elemente, von zeit- und bedingungsabhängiger Eigenstruktur. (Wir werden das im übrigen durch Experimente belegen und am Modell demonstrieren.). i Die metaphorische Verwendung von Begriffen und Begriffsbeziehungen ist ein Problem für sich, auf das wir in anderem Zusammenhange eingehen wollen.
222
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Im weiteren kommt es uns darauf an, diesen allgemein bezeichneten Rahmen an wohlbestimmten Punkten zu untersetzen. Ziel ist es dabei, einen Zugang zu finden, von dem aus das Zusammenwirken möglichst aller Komponenten gut untersucht werden kann. Wir glauben, einen Zugang dieser Art gefunden zu haben, wenn wir einige Eigenschaften zeitweiliger operativer' Strukturbildungen analysieren, wie sie bei kognitiven Erkennungsleistungen auftreten. Denn sie bilden ja den Knoten, an dem sensorische Information und Gedächtnisbezug, Anforderungstyp und motivationaler Hintergrund, die Autonomie modularer Prozeßkomponenten und die Flexibilität adaptiver Abwandlungen des Prozeßgeschehens ineinandergreifen. Wir gewinnen von hieraus auch den Zugang zu einer von uns bereits mehrfach belegten Hypothese, nämlich der, daß begriffliche Erkermungsprozesse vom Anforderungstyp her gesteuert ablaufen können; daß es also algorithmusähnliche Prozeduren gibt, die in der Lage sind, Eigenschaften von Begriffen (also Merkmale oder Relationen oder beides) zu prüfen und zu vergleichen und dabei immer wieder neue Verwandtschaften, Ähnlichkeiten, Unterschiede etc. zu erkennen. Dies besagt, daß solche Prozeduren unter Nutzung von Gedächtnisinhalten Information erzeugen können, wie eine in die reale Umwelt ausgreifende Handlungssteuerung. Und ferner hatten wir auch begründet, daß begriffliche Eintragungen von Geschehenstypen latente, stationär assoziierte Strukturen bilden. Wird hiervon ein Element angeregt, so finden Mit- oder Voraktivierungen von Begriffen — zunächst des gleichen Geschehenstyps — statt. Das kann sich in Schwellensenkungen, Fehlerkennungen oder in anderen facilitierenden wie hemmenden Effekten zeigen. Wir wbllen in diesem Text nur einige der erwähnten Aspekte darstellen und werden die dabei offen bleibenden in nachfolgenden Aufsätzen schrittweise näher betrachten. Erkennungsprozesse als dynamische Strukturbilduugen In Auswertung experimenteller Befunde von M. Preuß (1984) (vgl. Klix, 1984) hatten wir ein Schema zur hypothetischen Erklärung der Zeitverhältnisse bei Merkmalsvergleichsprozessen hergeleitet. Dieses Schema ist in Abb. 4 wiedergegeben. Wir haben in der zitierten Arbeit ferner eine Computersimulation dieses Modells vorgestellt und gezeigt, daß es die untersuchten Leistungen nachvollzieht, und zwar in Übereinstimmung mit den gemessenen zeitlichen Aufwandsunterschieden. Sie waren im Programm aus den notwendigen Entscheidungsschritten reproduzierbar. (Selbstverständlich besagen hier die absoluten Zeiten nichts, denn der Rechenaufwand hängt von der Programmiersprache, der Programmstruktur u. a. ab.). Inhaltlich handelt es sich dabei um die Erkennung von Unter-Oberbegriffsbeziehungen in drei Hierarchieebenen, von Ober-Unterbegriffsrelationen in den gleichen Abstraktions-(Hierarchie-)stufen und um die Erkennung von Nebenordnungsbeziehungen. (Es wurden aus methodischen Gründen nur 2 Stufen ausgewertet, die Auswertung der dritten wird hier nachgetragen.) Einige Beispiele für die Anforderungen befinden sich im Anhang, des rascheren Verständnisses wegen sind ab und an auch Beispiele in den laufenden Text eingefügt.) Die Ergebnisse von Preuß, wie sie in Abb. (nicht schraffierte Säulen) dargestellt sind, wurden in 2 Versuchsreihen gewonnen:
Klix, Denken und Gedächtnis
223 Syn. NAME 1 I NAME 2
E*. m¡ € Mi so ~dafl m¡ ? UNT/OBB ? I
STOP A
-
— Ex. TM (Mi) = Mi / mit -/ M, = M2 ? Ex. m¡ € M2 so/ daß m¡ rMi ?
IST M, \ {mi}£M 2 ?-i
Merkmale Mi ^ ^
^+ Ident. ?
Merkmale M2
^
FS
i" Präval. ? | + Comp. ?
OBB/UNT ? !X„ — dai) mj *Mi ?
STOP
• IST M 2 v W CM,?- j = (j*1) a = 0,05; j9 a =0,031 > a = 0,01). Im unteren Wertebereich (e 0 , 2 0 = - a = 0 , 0 5 ; ^ a > 0 , 1 3 > a = 0,01). — Nach den Befunden der genannten Autoren lassen sich durch (realistische) Erhöhungen der Stichprobengrößen keine nennenswerten Verringerungen der Diskrepanz /pa— a/ erzielen. Rogan und Mitarb. (1979) haben sich mit der Teststärkefunktion des konventionellen F-Tests unter nicht-zirkulären Matrizen befaßt und im einzelnen die folgenden über jeweils zwei Bedingungen gemittelten Resultate bei N = 39 und a = 0,05 erhalten: £ = 1,0, ^ = 0 , 2 7 8 („Eichwert" unter erfüllten Voraussetzungen); £ = 0,96, ^ = 0 , 2 7 9 ; e = 0,75, 290=0,335; £ = 0 , 5 7 , 2 ^ = 0 , 3 7 1 ; £ = 0,48, ^ = 0 , 3 9 8 . - Über ähnliche Befunde berichten auch Mendoza und Mitarb. (1974). Nicht-zirkuläre Kovarianzmatrizen führen also nicht nur zu erhöhten Wahrscheinlichkeiten für Fehler 1. Art, sondern auch zur Verminderung der Teststärke 1—/?. Die vorstehenden und weitere Befunde der in der Tab. l a enthaltenen Autoren verdeutlichen die Notwendigkeit von Teststrategien, die an die Stelle des sehr häufig als invalide zu erwartenden konventionellen univariaten F-Tests treten können.
292
Z. Psychol. 192 (1984) 3
Alternativen zum konventionellen F-Test: ein Vergleich Konservativer F- Test Eine aufgrund der Ausführungen im vorigen Abschnitt naheliegende Alternative zum konventionellen (univariaten) F-Test stellt ein F-Test mit e-adjustierten Freiheitsgraden dar. Bei dieser des öfteren anzutreffenden Empfehlung (etwa Bortz, 1979, S. 445) wird jedoch übersehen, daß e als Parameter unter Verwendung der Elemente der PopulationsKovarianzmatrix 2 definiert ist, die typischerweise nicht bekannt ist. Wegen dieser Schwierigkeit (siehe dazu auch den folgenden Abschnitt) haben Greenhouse und Geisser (1959, S. 102—104) unter Ausnutzung der Tatsache, daß e im Falle maximaler Abweichung von der Zirkularität den Wert i/(K—l) annimmt, vorgeschlagen einen konservativen F-Test bei größtmöglicher Adjustierung der Freiheitsgrade durchzuführen. Im einfaktoriellen Plan ergibt sich dabei d f z (kons) = 1 und dfN (kons) = N — 1, während im zweifaktoriellen Plan für den Test des Faktors B d f z (kons) = 1 und dfN (kons) = N—J und für den Test der Interaktion dfZ(kons) — J—i und d f y (konsj = N—J resultiert (Greenhouse und Geisser, 1959, S. 102). — Für einen konservativen Test gilt im übrigen stets, daß p a < c c (vgl. auch Abb. 1). Der konservative F-Test zeichnet sich vor allen anderen im folgenden angesprochenen Verfahren durch seine rechnerische Ökonomie aus, aufgrund derer er auch häufig empfohlen wird. Doch wird dabei übersehen, daß der Test nur dann valide ist, wenn s tatsächlich nahe an seinem Minimalwert liegt. Dies ist nach den bisher vorliegenden Befunden (e.g. Huynh und Feldt, 1976; Huynh, 1978) jedoch nur in Ausnahmefällen zu erwarten. Im Regelfall dürfte daher der konservative F-Test zu sehr konservativen Entscheidungen führen (pa p x = 0,05; a = 0 , 1 5 > p a = 0 , 0 1 ; e = 0,411: a = 0 , 3 0 = 0 , 0 5 ; e = 0,940: a = 0 , 3 8 > p o = 0 , 0 1 . Unter sonst gleichen Bedingungen führen konservative Tests natürlich zu einem (im vorliegenden Fall beträchtlichen) Verlust an Teststärke. Multivariate
Tests
Autoren wie Cole und Grizzle (1966) und Koch und Mitarb. (1980) sprechen sich dafür aus, Daten aus Meßwiederholungsplänen stets durch ein multivariates Modell zu beschreiben, da die Werte der einzelnen UEn als ein „profile of inherently multivariate d a t a " (Koch und Mitarb., 1980, S. 249) angesehen werden können. Zudem sind multivariate Tests im allgemeinen (s. u.) teststärker als der konservative F-Test. Innerhalb dieser Modellvorstellung werden die K Daten („Beobachtungseinheiten") pro U E oder Block als normalverteilt nach N V (fi0; 2) aufgefaßt, und die entsprechenden statistischen Hypothesen (siehe insbes. Harris, 1975; Timm, 1980; Möbus und Nagl, 1983) können mit einem der verschiedenen multivariaten Testkriterien, etwa dem T2 von Hotelling-Lawley oder dem V-Kriterium von Pillai-Bartlett, getestet werden, über die neben den einschlägigen Lehrbüchern u. a. Moosbrugger und Steyer (1983) informieren.
293
Hager, Statistische Validität
Während bei der Berechnung des empirischen Wertes für das univariate F die Prüfvarianz aus dem Durchschnitt der K Varianzen und der ( f ) Kovarianzen der Stichproben-Kovarianzmatrix ^ g e b i l d e t wird x u En) = ~ > geht die Matrix 2 bei der Berechnung der empirischen Werte für die multivariaten Kriterien unverändert ein, d. h. unter Erhaltung aller Heterogenitäten zwischen den Varianzen und den Kovarianzen (e.g. Vitaliano, 1982). Für die valide Anwendung der multivariaten Tests sind neben der Voraussetzung unabhängiger multivariater Normalverteilungen für die Vektoren der Beobachtungseinheiten keine Annahmen über die Struktur der Kovarianzmatrix 2 notwendig. Liegt mindestens ein nicht-wiederholter Faktor vor, muß allerdings vorausgesetzt werden, daß die Matrizen C ' S j C auf allen Stufen des/der nichtwiederholten Faktors/-en homogen sind (e.g. Huynh und Feldt, 1970; Rogan und Mitarb., 1979). - Ferner muß N-J^K-1 gelten. Die ausschließliche Verwendung multivariater Modelle und Tests wird jedoch nicht von allen Autoren geteilt. Häufig wird stattdessen eine sequentielle Auswertungsstrategie vorgeschlagen, bei der davon ausgegangen wird, daß bei Vorliegen von Zirkularität ein univariates den multivariaten Modellen vorzuziehen ist (e.g. Timm, 1980, S . 4 9 ; vgl. daneben etwa Bock, 1963,1975). Sequentielle
Auswertungsstrategien
Um zu einer Entscheidung zwischen univariaten und multivariaten Modellen und Tests gelangen zu können, werden in der Literatur im wesentlichen zwei verschiedene Vorgehensweisen vorgeschlagen: Im einen Fall wird die Frage der Voraussetzungen mittels Vortests zu beantworten versucht und im anderen Fall wird sequentiell ohne Vortests ausgewertet (S. 294 ff.). Tests auf Homogenität der Kovarianzmatrizen und der Zirkularität als Vortests Im folgenden betrachten wir den auf S. 285 f. dargestellten Versuchsplan, in dem die Kovarianzmatrizen C'üyC homogön sein müssen und in dem unter Verwendung des univariaten Modells die gemeinsame Matrix C'SjC zirkulär sein muß. B o x (1949, 1950) hat ein Likelihood-Kriterium vorgestellt, mit dem unter der Annahme multivariater Normalverteilungen die Hypothese der Homogenität von Kovarianzmatrizen getestet werden kann. Modifiziert man die Testgröße dieses Homoskedastizitätskriteriums M geringfügig (Huynh und Feldt, 1970, S. 1588), lauten die getesteten Hypothesen wie folgt:
(19)
H0 : C'SxC = C'22C =... = C'ZjC = C'SC; 11x: C'2jC
r^C'2p
C für mindestens ein Paar (j, j') mit j^j'
.
Unter Zugrundelegung der Modifikation von Huynh und Feldt (1970) bestimmt sich der empirische Wert von M wie folgt:
(20)
M= 2 dtUE • In \C'2C\ - 2 dt UE . In \C'2jC\; mit 1 1 y=i y=i
(21)
C'SC=
2 Mue,- • C'SjC/ 1 j=i
2 i
dW. 1
C ' Z C bezeichnet die über alle ./ Stufen des nicht-wiederholten Faktors gemittelte („gepoolte") Schätzung der unter Gültigkeit der H0 als gemeinsam angenommenen Matrix C'SC 20
Z. P s y c h o l o g i e 192-3
und ¡C'2C\
die Determinante
294
Z. Psychol. 192 (1984) 3
dieser Matrix; dfu£j sind die zur Schätzung der Varianzen und Kovarianzen zur Verfügung stehenden Freiheitsgrade. Tabellen mit kritischen Werten für M finden sich u. a. in Pearson und Hartley (1976) und in Krishnaiah und Lee (1980). Daneben kann eine approximativ valide Beurteilung der Signifikanz von M über die X2-Verteilungen vorgenommen werden; vgl. zu den Einzelheiten die soeben genannte Literatur. Kann die Hypothese gleicher Kovarianzmatrizen beibehalten werden, wird anschließend die Zirkularität der gemittelten Matrix C 2C mit dem von Mauchly (1940) entwickelten Zirkularitätskriterium W überprüft. Unter der Annahme multivariater Normalverteilungen lauten die getesteten Hypothesen in der von Huynh und Feldt (1970, S. 1588) und von Rouanet und Lepine (1970, S. 158) für den vorliegenden Kontext adaptierten Version: (22)
H 0 : C ' 2 C = al • I //t: I.
und
Der empirische Wert für W bestimmt sich wie folgt (a. a. 0 . ) : (23)
IV=
W2C\ [Spur (C2C)/RY
wobei R die Anzahl der orthonormierten Kontraste in C bezeichnet; für den globalen Vergleich (s. o.) gilt daß R = K—1. In den Arbeiten von Nagarsenkar und Pillai (1973) und von Krishnaiah und Lee (1980) sind kritische Werte für W enthalten, das daneben auch über die ^-Verteilungen approximativ beurteilt werden kann (siehe bspw. Krishnaiah und Lee, 1980, S. 523—524). Führt auch dieser Test zur Annahme der H0, können die wichtigen Voraussetzungen als erfüllt angesehen werden („multisample sphericity"), und die Auswertung kann über einen univariaten konventionellen F-Test erfolgen. Wird dagegen die H0 unter (22) zurückgewiesen, ist der F-Test nicht mehr exakt. Wird die HQ unter (19) abgelehnt, ist zudem auch die Homogenitätsvoraussetzung für die gebräuchlichen multivariaten Tests verletzt. — Beispiele für die angesprochene sequentielle Strategie findet man u. a. in Huynh und Mandeville (1979) und in Keselman und Mitarb. (1980). Ein von Mendoza (1980) vorgeschlagenes Testkriterium ermöglicht die Testung der Hypothese der „multisample sphericity" mit nur einem Test. Von den verschiedenen Homoskedastizitätstests ist seit langem bekannt, daß sie sehr sensitiv auf Abweichungen von der Normalität der Populationen reagieren (Ito, 1969). Hopkins und Clay (1963, S. 1052— 1053) haben empirisch non-normale symmetrische Verteilungen simuliert und berichten über die folgenden Ergebnisse für das Kriterium M (s. a. Tab. lb), an denen bemerkenswert ist, daß der Unterschied p a — a mit wachsendem JV zunimmt: a) unter vghv. geringen Abweichungen von der Multinormalität: n = 5, p a = 0,08 > a = 0,05; n = 20, pa = = 0,18>oc = 0,05; ;i = 20, pa= 0,42 > a = 0,05. Der Standardfehler a beträgt für alle Angaben ungefähr 0,007. Keselman und Mitarb. (1980, S.480; vgl. auch Tab. lb) gingen von asymmetrischen Populationen aus und erhielten bei J = 3 Stufen für den nicht-wiederholten Faktor und bei Jij = n2 = " 3 = 13 den Wert pa — = 0,29=- " bedeutet: „ist sensitiver a l s " ) : 2 1) konventionelles konservatives F > m u l t i v a r i a t e s T 2; 2) konventionelles f >multivariates T 2=»konservatives F; 3) multivariates T" 2 > konventionelles konservatives F. Über Teststärke- und Sensitivitäts-Betrachtungen kann demnach keine allgemeine Entscheidung zugunsten des konventionellen F- oder der multivariaten Tests erfolgen. Ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Wahl eines Tests stellen die zu seiner validen Anwendung notwendigen Voraussetzungen dar. Häufig wird der Gebrauch der multivariaten Kriterien vor dem univariaten jF-Test favorisiert, weil für die valide Anwendung des letzteren restriktivere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Bevor man sich dieser Empfehlung jedoch anschließt, sollte man die folgenden Aspekte berücksichtigen. a) Die Robustheit des univariaten F-Tests gegenüber Abweichungen von der Normalität der Fehlerverteilungpn (vgl. Itö, 1980; Hager und Westermann, 1983 a) läßt sich nicht auf die multivariaten Kriterien übertragen. Die Empfindlichkeit dieser Tests gegenüber Nonnormalität nimmt mit steigender Anzahl wiederholter Messungen zu (Mendoza und Mitarb., 1974; Olson, 1974; Everitt, 1979; Ito, 1980). b) Auch reagieren die multivariaten Kriterien wesentlich empfindlicher auf heterogene Kovarianzmatrizen als das univariate F: „Heterogeneity of covariance matrices is generally a more serious violation. Type-I errors can become excessively high for . . . T ( 2 ) . . ., while V is somewhat less disturbed. . . . The power curves of all tests become rather flat in the presence of heterogeneity . . ." (Olson, 1974, S. 906; vgl. ferner Korin, 1972; Hakstian und Mitarb. 1979; Ito, 1980). — E s sei angemerkt, daß zwischenzeitlich multivariate Testkriterien vorgestellt worden sind, die robuster auf Heterogenität der Kovarianzmatrizen reagieren (u. a. von Ben und Yohai, 1980). c) Da die Bedingung e = l , 0 für einen validen konventionellen F-Test in aller Regel ebenso wenig erfüllt sein dürfte wie die Bedingung e=i/(K— 1) für einen validen konservativen F-Test, ist bei Anwendung dieser unvariaten Verfahren entweder durchgängig mit p a > a beim konventionellen oder durchgängig mit p a < a beim konservativen Test zu rechnen (s. o.). Demgegenüber kontrollieren die. multivariaten Kriterien auch unter nichtzirkulären Kovarianzmatrizen die Wahrscheinlichkeit für Fehler 1. Art sehr genau. Aus diesem Grunde sollten die multivariaten Kriterien zumindest beim Fehlen eines nicht-wiederholten Faktors dem konventionellen und dem konservativen univariaten Test i. a. vorgezogen werden. — Wie anschließend zu zeigen sein wird, gibt es jedoch möglicherweise eine bessere Vorgehensweise. R o m a n i u k und Mitarb. (1977, S. 1759) beziehen sich auf einen D a t e n s a t z von D a v i d s o n (1972, S . 450) und berechnen für diesen den konventionellen und den k o n s e r v a t i v e n / - T e s t sowie das mult i v a r i a t e T2. Bei N = 10 und / v = 3 sind m i t den empirischen Werten der entsprechenden S t a t i s t i k e n die folgenden Überschreitungswahrscheinlichkeiten ( „ p - W e r t e " ) verbunden (a. a. O.): 0,0005 für den konventionellen und p < 0 , 0 1 für den k o n s e r v a t i v e n F - T e s t sowie 0,025 für 2"2. Durch Erhöhung der Anzahl wiederholter Messungen auf I i — 4 und der Stichprobe auf .Y = 30 sowie durch Verä n d e r u n g der K o v a r i a n z - und der N o n z e n t r a l i t ä t s s t r u k t u r lassen sich auch die übrigen Sensitivitätsrangordnungenherstellen (a. a. 0 . ) . 2
297
H a g e r , Statistische Validität
¿-adjustierte
und i-adjustierte
F- Tests
E i n e andere Möglichkeit zur R e d u k t i o n bzw. E l i m i n a t i o n der mit der A n w e n d u n g des i. a. verbundenen erhöhten Wahrscheinlichkeiten f ü r Fehler konventionellen F-Tests 1. Art besteht d a r i n , s a u s dem empirischen D a t e n unter Verwendung der StichprobenKovarianzmatrix zu schätzen, die die erwartungstreuen S c h ä t z e r a2e u n d a k k , f ü r cP~e bzw. a k k , enthält. H u y n h und F e l d t (1976, S . 72) haben jedoch gezeigt, daß bei entsprechendem Einsetzen in F o r m e l (15) der entstehende V a r i a n z - K o v a r i a n z - Q u o t i e n t e keinen erwartungstreuen S c h ä t z e r für e darstellt. In verschiedenen S i m u l a t i o n s u n t e r s u c h u n g e n wurde der bislang theoretisch nicht beantworteten F r a g e nachgegangen, wie verzerrt die entstehende S c h ä t z u n g e ist. F a ß t m a n die B e f u n d e von Collier und Mitarb. (1967), Stoloff (1970), Mendoza u n d Mitarb. (1974), K . Wilson (1975), H u y n h und F e l d t (1976), H u y n h (1978) sowie v o n Maxwell u n d A r v e y (1982) z u s a m m e n , ergibt sich folgendes B i l d , wobei zu berücksichtigen ist, daß überwiegend der Bereich K= 4 bis 5 wiederholte Messungen untersucht w u r d e ( A u s n a h m e n : K . Wilson (1975; tf=10) u n d Maxwell und A r v e y (1982; tf=13) u n d dabei meist g a l t , d a ß N=~K (i. a. 2 K) ( A u s n a h m e : Maxwell und Arvey, 1 9 8 2 ; N~=K) (vgl. auch T a b . l ) : a) Die Verwendung von e f ü h r t stets dann zu U n t e r s c h ä t z u n g e n des P a r a m e t e r s e, wenn dessen Wert nicht in unmittelbarer N ä h e des jeweiligen Minimalwertes 1 / ( K — 1 ) liegt. b) I m Bereich l , 0 ^ e ^ 0 , 7 5 sind die U n t e r s c h ä t z u n g e n i.a. beträchtlich und u m s o ausgep r ä g t e r , j e größer K und/oder j e größer e und/oder j e kleiner die S t i c h p r o b e bei N>K ist. Die Differenz e —e ist am größten, wenn s sehr nahe an 1,0 liegt oder gleich diesem Wert ist. c) I m Bereich 0 , 7 5 > e > 0 , 5 5 sind die S c h ä t z u n g e n zwar ebenfalls k o n s e r v a t i v , aber zum i n d e s t bei K s , 5 recht genau. B e i 5 ist zu erwarten, daß sich der Bereich der vglw. genauen S c h ä t z u n g e n in R i c h t u n g auf den jeweiligen Minimalwert verschiebt, in dessen N ä h e sogar geringfügige U b e r s c h ä t z u n g e n möglich sind. d) N a c h den B e f u n d e n von K . Wilson (1975) k a n n v e r m u t e t werden, daß nicht nur der Wert des P a r a m e t e r s e, sondern auch die spezielle S t r u k t u r der K o v a r i a n z m a t r i z e n die S c h ä t z u n g e beeinflußt. Diese V e r m u t u n g bedarf jedoch noch der .weiteren E r h ä r t u n g . U m die Verzerrung bei der S c h ä t z u n g zu reduzieren, haben H u y n h u n d F e l d t (1976, S . 72—76) u n d H u y n h (1978) vorgeschlagen, die S t i c h p r o b e n - S c h ä t z u n g e f ü r e wie folgt zu korrgieren: (24)
-
N(K—l) e — 2 ( K - i ) [ N - J - ( K - i) £] '
wobei JV die G e s a m t s t i c h p r o b e n g r ö ß e bezeichnet und J die Anzahl der S t u f e n des nichtwiederholten oder B l o c k - F a k t o r s (^4); besteht dieser nur a u s einer S t u f e (S. 2 8 3 f f . ) , gilt J = l . Sollte die K o r r e k t u r ergeben, d a ß e = » l , 0 , wird e = 1,0 gesetzt (a. a. 0 . ) . In den S i m u l a t i o n s s t u d i e n von H u y n h und F e l d t (1976, S . 76—78) und von H u y n h (1978, S . 170—171) erwies sich die korrigierte S c h ä t z u n g e bei K= 5 als weniger verzerrt als d a s unkorrigierte £ und f ü h r t e durchgängig (1,0 > £ = ^ 0 , 3 6 3 ) zu geringfügigen Ü b e r s c h ä t z u n g e n
298
Z. Psychol. 192 (1984) 3
des Parameters e, und die Abweichungen waren umso geringer, je größer die Stichprobe war. Im Bereich von ungefähr e < 0 , 5 5 führte die Verwendung der unkorrigierten Schätzung e zu besseren Annäherungen an den jeweiligen Parameterwert (a. a. O. und Rogan und Mitarb., 1979). Ist in einem zweifaktoriellen Plan (S. 285 f.) neben der Bedingung der Zirkularität auch die der Homogenität der J Kovarianzmatrizen C'2jC nicht erfüllt, ist für jede der J Matrizen ein eigener Wert Sj anzusetzen, und die soeben vorgestellten Adjustierungen lassen sich zunächst nicht durchführen, da sie nur einen Wert für e voraussetzen. Huynh (1978) ist es gelungen, das Adjustierungskonzept auf den allgemeinen Fall nicht-zirkulärer, heterogener Kovarianzmatrizen bei ungleichen Stichprobenumfängen rij{j= 1, ..., J) zu übertragen und auf der Basis der e-Adjustierung die „Improved General Approximate"Tests abzuleiten. Allerdings sind die für diese notwendigen Schätzungen für die Parameter £j nicht ohne einen gewissen rechnerischen Aufwand zu erstellen; doch hat die Simulationsstudie von Huynh (1978, S. 171—173) gezeigt, daß selbst bei heterogenen Kovarianzmatrizen C'SjC und ungleichen Stichprobenumfängen in einem zweifaktoriellen Plan die Verwendung der „Improved General Approximate"-Tests zu keiner nennenswert besseren Kontrolle der Wahrscheinlichkeiten für Fehler 1. Art führt als die weniger aufwendige e-Adjustierung. Die relativ deutlichsten Unterschiede sind dabei noch beim Interaktionstest und bei den niedrigeren der konventionellen Signifikanzniveaus festzustellen. Multivariate
und e- bzw. s-adjustierte
univariate
Tests
Die Anzahl der auf S. 295 betrachteten „Sensitivitätsrangordnungen" erhöht sich weiter, wenn man zusätzlich zu den dort aufgeführten Tests die univariaten F-Tests mit adjustierten Freiheitsgraden berücksichtigt. Diese sind stets zwischen dem konventionellen und dem konservativen F-Test eingereiht, wie eine einfache Überlegung zeigt (vgl. auch Abb. 1): Alle F-Tests beruhen auf der gleichen Prüfstatistik und unterscheiden sich nur hinsichtlich der Freiheitsgrade. J e mehr Freiheitsgrade mit einem Test verbunden sind, desto größer ist unter sonst gleichen Bedingungen seine Sensitivität. Nach den Ausführungen auf S. 292 gilt aber (bei kleinen bis mittleren Stichprobenumfänge!), bei N > K und bei 10) die folgende Rangordnung der F-Tests hinsichtlich der Anzahl der Freiheitsgrade und damit auch hinsichtlich der Teststärke und Sensitivität: 4) l , 0 > e ^ 0 , 7 5 : k o n v e n t i o n e l l > e ^ e > e > k o n s e r v a t i v ; 5) 0 , 7 5 > e ^ 0 , 5 5 : konventionell > e = e & £ > konservativ; 6) 0 , 5 5 — 1): k o n v e n t i o n e l l k o n s e r v a t i v . Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten der konventionelle und der konservative F-Test als Routine verfahren ausgeschlossen worden sind, sind abschließend noch die multivariaten und die univariaten e- und e-adjustierten Tests miteinander zu vergleichen. Für die Auswertung der in der vorliegenden Arbeit betrachteten Versuchspläne, bei denen wiederholte Messungen vornehmlich aus Gründen der Ökonomie und der Erhöhung der Präzision erhoben werden und bei denen damit nur eine AV betrachtet wird, halten wird die e- und die e-adjustierten univariaten Tests i. a. auch wegen der mit ihnen verbundenen
• Hager, Statistische Validität
299
Modellimplikationen für eher indiziert als die multivariaten Verfahren. Die Tests mit adjustierten Freiheitsgraden sind nicht an die mit dem univariaten Modell verbundene restriktive Zirkularitätsvoraussetzung gebunden und gleichzeitig robuster gegenüber Verletzungen der Normalitäts- und der Homogenitätsannahme als die multivariaten Tests. Liegen dagegen mehrere AVn vor, sollten die entsprechenden Daten auch durch ein multivariates Modell beschrieben und entsprechend ausgewertet werden. Entschließt sich ein Forscher, der vorstehenden Empfehlung zu folgen, stellt sich ihm noch ein weiteres, bisher nicht gelöstes Problem: Wann sollte die Schätzung e korrigiert werden? Aus den insgesamt wenigen Daten der in Tab. l a zusammengestellten relevanten Studien lassen sich die vorläufigen und möglicherweise im Lichte weiterer Untersuchungen zu revidierenden Empfehlungen ableiten: a) Für den Bereich 3 • dürfte insgesamt eine Korrektur der Schätzung e nur indiziert sein, wenn K zwischen 4 und etwa 7 bis 10 liegt und wenn e größer oder gleich ungefähr 0,50 bis 0,55 ist. Ist K größer als 7 bis 10, kann sich die Verwendung der korrigierten Schätzung bereits ab £ = 0,40 empfehlen. b) Nach den Befunden von Maxwell und Arvey (1982) läßt sich die vorstehende Empfehlung mit einigen Vorbehalten wegen der sehr schmalen Datenbasis auf den Fall N ^ K übertragen, der ja häufig dann zu erwarten ist, wenn die wiederholten Messungen aus Okonomiegründen eingesetzt werden (vgl. bspw. Westermann und Hager, 1983) c) Ist N ungefähr gleich 4 • K, sollte die Korrektur erst bei Werten für e um 0,70 bis 0,75 vorgenommen werden, sofern K zwischen 4 und etwa 7 liegt. d) Ist N > 4 • K, kann auf die Korrektur vermutlich verzichtet werden, sofern K nicht größer als etwa 7 bis 10 ist. Zu in Ansätzen vergleichbaren Empfehlungen gelangt auch Vitaliano (1982), der allerdings nur die e-Adjustierung berücksichtigt und für extreme Abweichungen von der Zirkularität (e^0,45) den konservativen F-Test. für N s K und für N > K einen multivariaten Test vorschlägt (Vitaliano, 1982, S. 7). Unterstellt man die Werte für N, K und e, die in den Studien realisiert wurden, die in Tab. l a enthalten sind, als realistisch und nicht zu untypisch für die psychologische Forschung — wie dies die Daten in Huynh und Feldt (1976), Huynh (1978 und in Vitaliano (1982) nahelegen — wird man in der Mehrzahl der Fälle die korrigierte Schätzung e verwenden. Sie läßt sich problemlos aus der Schätzung e berechnen, die ihrerseits bspw. mittels BMDP (Dixon, 1981) bestimmt werden kann.
Albschließende Anmerkungen Da in der Regel in publizierten Forschungsberichten mit varianzanalytischer Versuchsanlage von einem /'-Test zur Beurteilung des globalen Vergleichs mit K— 1 Kontrasten ausgegangen wird (vgl. dazu Hager und Westermann, 1983b), wurde in der vorliegenden Arbeit ausschließlich dieser Fall betrachtet. Häufig wird der globale F-Test jedoch durch
300
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multiple Vergleiche zwischen einzelnen B e h a n d l u n g e n ergänzt. B e r u h e n diese, w i e allgemein üblich, auf der S c h ä t z u n g nur einer als g e m e i n s a m unterstellten F e h l e r v a r i a n z , m u ß 2 heißen zueinander „orthogonal", wenn für die zugehörigen Kontrastvektoren C t und c 2 gilt : (A. 2)
c
;-c2 =
o.
F ü r K Parameter können m a x i m a l K— 1 orthogonale K o n t r a s t e konstruiert werden. F a ß t m a n R Kontrastvektoren zu einer Matrix zusammen, erhält m a n eine „ K o n t r a s t m a t r i x C " . Ist jeder Spaltenvektor
305
Hager, Statistische Validität
CT in c standardisiert, heißt C „(spaltenweise) orthonormal". Für jede spaltenweise orthonormale Kontrastmatrix C gilt: (A.3)
C'
wobei /(X-1) die Einheitsmatrix des Typs K— 1 mit K — 1 Zeilen und K— 1 Spalten bezeichnet und C die Transponierte zu C . Eine derartige Kontrastmatrix C repräsentiert einen „Vergleich" (engl, „comparison") zwischen K Stufen eines Faktors, d. h. sie entspricht einer spezifischen Nullhypothese der Form C ' - fi = 0, wobei [A den Spaltenvektor mit den K unbekannten Erwartungswerten ft^ bezeichnet. Man unterscheidet verschiedene Arten von Vergleichen: Beim sog. „Globalvergleich" mit den Zählerfreiheitsgraden d f z — K— 1 werden alle K Erwartungswerte miteinander verglichen, und die K o n t r a s t m a t r i x besteht aus K— 1 Kontrastvektoren. B e t r ä g t die Anzahl der Freiheitsgrade für einen Vergleich Afz = — RH3HOJIOrHHeCKH6 yKa3aTejiH CJiyjkhjih nacTOTa cepjwa h ^uxaHiia h noTemjHajiM 3aBHCHiomHe of coGhthü. PeayjibíaTw noitaatiBaroT, HTO JiaßnpHHTHLIÖ npaeM HBJJHeTCH XOpOHieñ MOAejIIO nOBe^eHHH RJIfl nCHXO(J>H3HOJIOrHMCCKHX HCCJieROBaHHñ. Oh naeT B03M0JKH0CTb KaiecTBeHHoro yqefa pe3yjibTaTa oSyieHHH h ero $H3H0Ji0rHiecKHX KoppeJiaTOB.
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Aus der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität Bereich Klinische Psychologie
Grundlagen von Trainingsmethoden und Ergebnisse der Behandlung von Selbstunsicherheit mit einem verhaltenstherapeutischen Gruppentraining Von Stefanie Gudermuth Mit 2 Abbildungen
Im Folgenden stellen wir einige Arbeiten zu methodischen Grundlagen von Trainingsprogrammen dar, die in die Konstruktion eines verhaltenstherapeutischen Trainingsverfahrens zur Behandlung von Selbstunsicherheit eingegangen sind und Grundlage für die Ausarbeitung eines Therapiemanuals bildeten. Im weiteren werden einige Ergebnisse zum Wirkungsspektrum des vorgestellten Trainingsverfahrens dargelegt. Mit diesem Programm ist eine Ergänzung des gegenwärtigen Methodenspektrums zur psychotherapeutischen Behandlung von selbstunsicheren Patienten angezielt. Allgemeine Ausführungen zu Trainingsverfahren Zielstellung und Anwendung von
Trainingsverfahren
Als Training wird heute im allgemeinen das praktische Üben bzw. Trainieren von bestimmten Verhaltensweisen bezeichnet aber auch die symbolische, innere Übung von Verhalten, Denkgewohnheiten im weitesten Sinne. Im Rahmen von Psychotherapie — und um diesen Bereich geht es uns hier — kommen Trainingsverfahren dann zum Einsatz, wenn die Analyse einer psychischen Beeinträchtigung ergeben hat, daß z. B. — der Patient bestimmte Verhaltensweisen nur schwer oder gar nicht realisieren kann, — fehlerhaft erlerntes Verhalten durch alternative Verhaltensweisen ersetzt werden sollte, — der Patient selbst darüber klagt, bestimmte Verhaltensweisen, die er als notwendig erkennt, nicht realisieren zu können. Die Indikation für ein Trainingsverfahren mit therapeutischer Zielstellung wird im allgemeinen dann gestellt, wenn die o. g. Beeinträchtigungen ursächlich an einer Störung beteiligt sind, diese unterhalten oder in sich selbst die maßgebliche Störung darstellen. Es gibt heute eine fast • unübersehbare Anzahl verschiedener Trainingsverfahren, die allgemein eine Verbesserung der sozialen Interaktion des Individuums mit seiner Umwelt zum Ziel haben, um vorhandene Störungen oder psychische Beeinträchtigungen zu verringern oder diesen vorzubeugen. Bezeichnungen dafür sind z. B. „Selbstsicherheitstraining" (de Müynck und Forster 1974), „Training in Verhaltensgeschicklichkeit und Selbstregulation" (Zimmer, 1976), „Trainings sozialer Kompetenz" (Sclimook, 1976), „Einübung von Selbstvertrauen und sozialer Kompetenz" (Ullrich und Ullrich, 1976), „Verhaltenstrainingsprogramm zum Aufbau sozialer Kompetenz" (Feldhege und Krauthahn, 1979),
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„Gruppentraining sozialer Kompetenzen" (Hinsch und Pfingsten, 1983). Die Bezeichnung des Trainingsziels ist — wie hier deutlich wird — unterschiedlich. Im Mittelpunkt fast aller Trainingsverfahren steht der Erwerb bestimmter sozialer Fertigkeiten, die nach Rinn und Markle (1979) dadurch gekennzeichnet sind, daß sie sozial akzeptiert sind, ein Mindestmaß gesellschaftlicher Normen repräsentieren und gleichzeitig für das handelnde Individuum persönlich wohltuend und nützlich sind, in der Interaktion mit anderen wechselseitig das Wohlbefinden steigern oder sich wohltuend und nützlich vor allem für andere auswirken.
Für all diese Verfahren ist kennzeichnend, daß sie eine Art „Programmpaket" darstellen, in dem mehrere therapeutische Prinzipien und Techniken verwendet werden. Einsatz und Anzahl dieser Prozeduren in einem Trainingsprogramm variieren erheblich. Das führt neben vorhandenen Unterschieden in der inhaltlichen Gestaltung zu sehr vielfältigen Strukturen von Trainingsverfahren. Für den Aufbau eines konkreten Programms sollte die Auswahl der einzusetzenden Bausteine und therapeutischen Techniken sorgfältig vorgenommen werden. Das Risiko einer Symptomverschlechterung ist nur dann gering, wenn empirisch gut überprüfte Techniken eingesetzt werden und nicht vorschnell solche Prozeduren zum Einsatz kommen, deren Wirksamkeit nicht oder nur an psychisch Gesunden überprüft wurde. Verhaltenstherapeutische Trainingsprogramme entwickelten sich als ein spezielles Vorgehen neben anderen Möglichkeiten zur Behandlung psychisch beeinträchtigter Personen (Salter, 1949; Wölpe 1958), bei denen sich diese Störung auch im Verhalten manifestiert. Ausgangspunkt für die Programmentwickhing ist damit das beeinträchtigte Individuum; dabei wurde die Beeinträchtigung anfangs als eine ausschließliche individuumsbezogene Störung angesehen und erst später die soziale Dimension deutlicher in die Betrachtung und damit auch in die Behandlungsziele einbezogen. Jede Behandlung mit verhaltenstherapeutischen Trainingsverfahren greift — trotz des vorrangig am Verhalten orientierten Vorgehens — immer auch an Selbstwahrnehmung und -bewertung sowie an Befindlichkeit an. Für die Erfolgsmessung zum Behandlungsende ist die Wertigkeit möglicher Diagnoseebenen (Selbstbeurteilung, Fremdbeurteilung) gründlich abzuwägen. Gibt der Patient an, daß er sich jetzt Situationen, die früher das Problemverhalten erzeugten, besser gewachsen fühlt, so ist das ein wichtiges Datum zur Einschätzung des Behandlungserfolgs, denn genau diese subjektioe Einschätzung führte zum Behandlungswunsch und zur Behandlungsaufnahme. Formale Gestaltung, Struktur, Trainingsprogrammen.
Konstruktionsprinzipien
und Festlegung
von Inhalten
von
Zur formalen Gestaltung Trainingsprogramme unterscheiden sich heute erheblich. Unterschiede gibt es in den Durchführungsbedingungen (Dauer einer Sitzung, Anzahl der Teilnehmer), im Umfang (Gesamtlänge des Programms, Anzahl der Zielbereiche) und in der Konzeption (als Einzel- oder Gruppenverfahren, als ambulante oder stationäre Behandlung). Zur Standardisierung, Strukturierung In Bezug auf das Ausmaß der Standardisierung und klar umrissenen Strukturierung können verhaltenstherapeutische Trainingsprogramme in: — zielgeschlossene, vollstandardisierte,
Gudermuth, Verhaltenstherapie von Selbstunsicherheit
321
— zielgeschlossene, halbstandardisierte, — zieloffene, unstandardisierte Verfahren eingeteilt werden.
(Vgl. Fliegel und
Mitarb.
1 9 8 1 ; Fiedler, 1 9 7 9 ) Im Entwicklungstrend verlieren die zielgeschlossenen, vollstandardisierten Vorgehensweisen an Bedeutung. Das ATP (Assertive Trainings Programm) von Ullrich und Ullrich (1976) ist ein typisches Beispiel für ein zielgeschlossenes, vollstandardisiertes Training. Ziele und Inhalte stehen fest, d.h. in einem festgelegten Rollenspiel wird das über ein Modell (Video, Trainer) konkret vorgegebene Zielverhalten geübt. Vorteile solcher Programme liegen in der eindeutigen zeitlichen Begrenzung und in ihrer Eignung für wissenschaftliche Untersuchungen, wegen der eindeutigen Replizierbarkeit des Vorgehens. Nachteile sind die geringe Flexibilität bei der Abstimmung von Übungsinhalten auf die Probleme der Patienten. In den zielgeschlossenen, halbstandardisierten Trainingsprogrammen sind die Ziele soweit festgelegt, daß in den einzelnen Sitzungen themenbezogene Übungen durchgeführt werden. Die konkreten Inhalte können mehr oder weniger variabel sein. So ist es möglich, mit einem festen Katalog von Spielsituationen zu einem Thema zu beginnen und diese durch individuelle Vorschläge der Patienten zu variieren. Damit kann das Ziel weitgehend flexibel bleiben, in dem der Patient stärker in die Zielformulierung einbezogen wird. Vorteile liegen in der größeren Flexibilität zugunsten der Patienten. Die verbliebene Strukturierung läßt noch immer ausreichend Möglichkeiten für eine Forschungsanforderung genügende Replizierbarkeit des Vorgehens. Zieloffene, unstandardisierte Trainingsprogramme werden in der Regel zur Ausbildung und Behandlung sehr komplexer, zwischenmenschlicher Interaktionen eingesetzt. Sie stellen relativ hohe Anforderungen an die Teilnehmer, so z. B. durch die gemeinsame Problemanalyse der individuellen Probleme aller Teilnehmer in der Gruppe. Gegenüber vollstandardisierten Trainingsgruppen zeigten sich mit diesen Trainingsformen langfristigere stabile Erfolge, die aber wesentlich von der Population abzuhängen scheinen. Insbesondere junge, intelligente, sozial angepaßte und weniger beeinträchtigte Patienten profitieren hier. Trainingsprogramme zur Behandlung von Selbstunsicherheit werden v o r allem in vollstandardisierten und halbstandardisierten Gruppenübungen durchgeführt, (vgl. Ullrich und Ullrich, 1 9 7 6 ; Alberti und E m m o n s , 1 9 7 9 , Fallon und Mitarb. 1974). Zu Konstruktionsprinzipien In der Grundkonzeption sind verhaltenstherapeutische Trainingsprogramme s y m p t o m orientiert.
Das
bedeutet,
der
Trainingsinhalt
wird durch das Problemverhalten, die
S y m p t o m a t i k bestimmt. Dabei werden das empirisch gesicherte Wissen über das S y m p m t o m , zunehmend auch funktionale Analysen über die S y m p t o m e n t s t e h u n g und -unterhalten mit
einbezogen.
Die Auswahl eingesetzter therapeutischer Hilfen und Techniken (zusammen als Veränderungsprozeduren bezeichnet), orientiert sich an den in empirischen Untersuchungen als wirksam ermittelten
Prozeduren.
Dazu gehören: Verhaltenstherapeutisches Rollenspiel, Modelldarbietung, Instruktion u.a. Therapeutische Hilfestellungen umfassen sukzessive Ausformung des Zielverhaltens durch Bekräftigung von Zieiannäherung, gezielte, konkrete Hilfestellung während des Spiels sowie soziale Bekräftigung während des Spiels und danach. (Vgl. Gudermuth, 1983) Diese Rahmenbedingungen therapeutischen
bestimmen
die Konstruktionsprinzipien
aller
verhaltens-
Trainingsprogramme.
Das Trainerverhalten
ist in verhaltenstherapeutischen
Trainingsgruppen
sowohl
all-
gemein wie auch konkret festgelegt. Wenn es auch vereinzelt Variationen gibt, so lassen sich doch einige allgemeingültige Aussagen dazu treffen:
322
Z. Psycho], 192 (1984) 3
— Allgemeine Hinweise zum Trainerverhalten umfassen: z. B. — Förderung der Gruppenkohäsion durch Schaffung einer entängstigenden Atmosphäre, — Realisierung von Echtheit und Wertschätzung, — Transparenz des Vorgehens durch Hinweise zu Zielen und Erklärungsmodellen für das therapeutische Vorgehen, — Vermeidung einer zu starken Leiterzentrierung. — Delegierung von Fragen und Verantwortung an die Gruppe. — Konkrete Hinweise zum Therapeutenverhalten leiten sich ab aus verhaltenstherapeutischen Anderungsprinzipien. Dazu gehören z. B. therapeutischen Hilfen: — sukzessive Verhaltensformung (shaping), — soziale Bekräftigung, — différentielle Verstärkung spezieller Verhaltensweisen, — konkrete Hilfestellungen (prompting). Zur inhaltlichen Festlegung von Trainingszielen Inhaltliche Festlegungen sollten eine Operationalisierung des Trainingsziels darstellen. In Trainingsprogrammen zur Behandlung von Selbstunsicherheit sind die Trainingsinhalte vorher relativ konkret festgelegt, (zielgeschlossene Programme) Sie sind zunächst aus einer Analyse der Störung auf der Verhaltensebene abgeleitet und umfassen im allgemeinen eine unterschiedliche Breite von aufzubauenden Verhaltensklassen, die als bedeutsam für selbstunsichere Patienten ermittelt wurden. Die gezielte Modifikation des Problemverhaltens erfolgt unter Berücksichtigung möglichst vieler Ebenen der Störung, ist jedoch überwiegend auf die Verhaltensebene gerichtet. Diese besondere Akzentuierung schließt die Wirkung auf andere „Ebenen" nicht aus, zumal diese Ebenentrennung eher als eine methodische, als eine dem Phänomen innewohnende angesehen werden muß. E s ist darüber hinaus bis heute eine in der Therapieforschung nicht geklärte Frage, welche Zugangsebene, ob primär kognitiv-rational, emotional-affektiv oder über die Verhaltensebene für therapeutische Veränderungen für welche Patienten am effektivsten ist.
In vielen Trainingsprogrammen werden die auf Verhaltensebene formulierten Zielbereiche durch andere ergänzt, die nicht unmittelbar auf eine Korrektur beobachtbaren Verhaltens gerichtet sind. Dazu gehören u. a.: — Wissensvermittlung zur Realisierung des Zielverhaltens, — Vermittlung von Verhaltensstrategien zur Bewältigung von relevanten Problemsituationen, — gezielte Modifikation von Selbstregulationsprozessen, — Anleitungen zur Verbesserung der Wahrnehmungsdiskrimination, — gezielte Aufforderung zur Übertragung von Lernfortschritten auf die Realsituation.
323
Gudermuth, Verhaltenstherapie von Selbstunsicherheit
Therapeutische
Prozeduren
und, deren empirisch
gesicherten
Effekte
Ein Blick auf die Wissenschaftsgeschichte in der Untersuchung verhaltenstherapeutischer Trainingsprogramme verdeutlicht, daß sich die Arbeitsmodelle bzw. Heurismen, die den eingesetzten Prozeduren als Erklärungsansätze unterlegt wurden, immer wieder geändert haben. Mit dem Aufkommen neuer Heurismen — so den A priori-Annahmen der kognitiven Verhaltenstherapie — entstanden auch neue Interventionen, deren Effektivität sich ebenfalls belegen ließ. Es bleibt aber kritisch anzumerken, daß diese Arbeitsmodelle nicht geeignet sind, Veränderungen vorherzusagen und damit auch das Niveau von post hoc Erklärungen nicht überwinden konnten. W i r verzichten deshalb in unseren Ausführungen auf das Zitieren der auf dem Hintergrund unterschiedlicher Schulen und Auffassungen formulierten Erklärungsansätze für die Wirksamkeit einzelner Prozedur und beschränken uns auf die Beschreibung der Techniken und deren Wirkungsnachweis.
Eine Analyse zeigte, daß es 4 Techniken sind, die in fast allen Trainingsprogrammen zur Anwendung kommen: Üben des Zielverhaltens, Instruktion zum Zielverhalten, Demonstration des Zielverhaltens, Rückmeldung zum gezeigten Verhalten. Im folgenden stellen wir dar, wie diese „Basisprozeduren" eingesetzt werden und welche davon mit welchem Ergebnis auf ihre Wirksamkeit geprüft sind. In sehr vielen Untersuchungen wird der Wirkungsanteil von Rollenspiel, Modelldemonstration und Instruktion untersucht. In einem Literaturüberblick dazu kommen Heimberg und Mitarb. (1977) zu folgenden Aussagen: — Verhaltensübungen, Verhaltensinstruktionen und Modelldarbietung sind die effektivsten Komponenten des Trainings, angewendet an schüchternen, geheiiimten Studenten, die über Selbstunsicherheit klagen. — Diese Aussage gilt prinzipiell auch für stärker gestörte Populationen (psychiatrische Patienten). Jedoch wurde deutlich, daß für psychiatrische Patienten die Modelldemonstration eine wesentlich größere Bedeutung für wirksame therapeutische Veränderungen besitzt. Heute gelten diese drei Techniken: Rollenspiel, Instruktion und Modelldemonstration als die wirksamsten Bausteine des Trainings zur Behandlung von Selbstunsicherheit. Feedbackprozeduren und ihre Bedeutung wurden erheblich weniger untersucht. Die Ergebnisse dazu sind widersprüchlich. Insbesondere ist die Bedeutung von Videofeedback umstritten (Zimmer 1980; Hinsch, Pfingsten, 1983) Die bisher als „Basisprozeduren" bezeichneten Elemente sollen im folgenden beschrieben und bzgl. der ermittelten Effektivität dargestellt werden. Rollenspiel bzw. Verhaltensübung a) Allgemeine Beschreibung Das Rollenspiel nimmt in fast allen Therapieprogrammen den breitesten Raum ein. (Meist wird % der Zeit gespielt). Anders als beim Psychodrama (Moreno, 1946) geht es im Training nicht um das Spielpn eines für den Patienten typischen Verhaltens, sondern um das Üben bzw. Spielen des Zielverhaltens, d. h. nur dieses Verhalten wird in verschiedenen Spielsituationen geübt.
324
Z. Psychol. 192 (1984) 3
b) Ergebnisse empirischer Untersuchungen Es ist in kontrollierten Untersuchungen belegt, daß allein durch Üben des Zielverhaltens signifikante Wirkungen erzielt werden können. (Vgl. ausführliche Bibliographie bei Zimmer, 1980) Bei schwer gestörten Patienten reicht dieses Üben jedoch nicht aus, um Änderungen zu erzielen. Verschiedentlich wurde auch die Wirkung offener Übungen mit der verdeckten Übung (Vorstellung der Realisierung des Zielverhaltens) verglichen. Hier zeigte sich, daß bei leichter gestörten Patienten (Studenten) (McEall und Twentymann, 1973) gleiche Effekte feststellbar sind, bei schwer gestörten hospitalisierten Patienten dagegen aktives Üben der verdeckten Übung überlegen ist (Longin und Mitarb. 1975). Modelldarstellung des Zielverhaltens a) Allgemeine Beschreibung In der Literatur zu verhaltenstherapeutischen Trainingsmethoden wird im allgemeinen sehr unscharf von der Wirkung des „Modellernens" gesprochen. Mit „Modellernen" ist dabei meist die Darstellung des Zielverhaltens und das wiederum vor allem durch Modellpersonen g e m e i n t . Bedingt durch 2 Übersetzungsmöglichkeiten von 'modeling' kommt es in deutschen Veröffentlichungen oft zur Gleichsetzung von Technik (Modelldemonstration, -darbietung) und Wirkungsbeschreibung dieser Technik (Modellernen). Folgt man aber bspw. Bandura's Auffassungen zu Modellernen (vgl. Evans, 1979), so ist eine Modelldemonstration (im Sinne einer visuellen bzw. audiovisuellen Demonstration einer komplexen Yerhaltenskette) für diese Lernform nicht nötig. Modelldemonstration sollte nicht mit Modellernen gleichgesetzt werden, da nicht nur unterschiedliche Prozesse gemeint sind, sondern auch Modellernen keinesfalls eine bestimmte Technik bezeichnet.
Die Modellperson kann über Video oder Tonband agieren oder durch den Therapeuten selbst verkörpert werden. Bei der Durchführung des Gruppentrainings können auch Mitpatienten als Modelle wirken. Neben Modelldarbietung über visuelle oder akustische Modelle wird in der Literatur auch „verdecktes Modellernen" erwähnt. Dabei stellt sich der Patient ein Modell vor, das das Zielverhalten realisiert. b) Ergebnisse empirischer Untersuchungen Aus dem Literaturüberblick von Heimberg und Mitarb. (1977) geht hervor, daß Modelldarstellung bei leichter Gestörten nur zur Effektivitätserhöhung beiträgt, während diese in den meisten Untersuchungen bei psychiatrischen oder schwer gestörten Patienten als wichtiges und notwendiges Behandlungsclement aufgeführt wird. Rimm und Masters (1979) führen nach einer Literaturdurchsicht zu zahlreichen empirischen Untersuchungen aus, daß Modelldarstellung besonders dann von Bedeutung ist, wenn das Zielverhalten komplex ist. In Bezug auf die behandelten Verhaltensklassen zeigte sich in einer Untersuchung von Eisler (1978), daß Modellbeobachtung beim Erwerb nonverbaler Komponenten selbstsicheren Verhaltens für nicht psychiotische Patienten fördernd und für psychotische notwendig ist. Kazdin (1976) konnte belegen, daß das Vorhandensein mehrerer Modelle
Gudermuth, Verhaltenstherapie von Selbstunsicherheit
325
die Effektivität des Trainings erhöht (Gruppentrainingsprogramme bieten mit dem Spielen einer Situation durch alle Patienten prinzipiell mehrere Modelle). Verdecktes Modellernen wird seltener in der therapeutischen Praxis verwendet und wurde vor allem von Kazdin (1974, 1975), (1976) im Vergleich mit offener Modellwirkung untersucht. Auch Rosenthal und Mitarb. (1976) untersuchten die Effektivität dieser Technik. Die Resultate erbrachten jeweils vergleichbare Wirkungen von offener und verdeckter Modellierung. Eine Überprüfung dieser Technik an schwer gestörten Patienten steht noch aus.
Instruktion a) Allgemeine Beschreibung Die Instruktion dient der Akzentuierung und Verdeutlichung dessen, was gelernt werden soll. Aus der Literatur wird deutlich, daß unter Instruktion keine klar definierte Variable verstanden wird. Meist versteht man unter Instruktion die verbale Beschreibung des Zielverhaltens für den Patienten, die entweder ganz konkret über das zu realisierende Verhalten informiert oder in allgemeinerer Form gegeben wird. Aus empirischen Untersuchungen wird deutlich, daß die Wirkungen konkreter verbaler Mitteilungen zum Zielverhalten eine andere ist, als die visuelle Demonstration des konkreten Zielverhaltens. Die o. g. Unterscheidung könnte eine mögliche Erklärung für die unterscheidbare Wirkung liefern. b) Ergebnisse empirischer Untersuchungen McFall und Mitarb. (1973, 1971) zeigten in verschiedenen Untersuchungen, daß durch die konkrete Instruktion deutlichere Erfolge zu erreichen sind (zusammen mit Rollenspiel), die durch die zusätzliche Variable „Modelldarstellung" (Vorsprechen des selbstsicheren Verhaltens auf Tonband oder Darstellung über Video) nicht bedeutsam verändert wurden. Die Ergebnisse beziehen sich auf eine Population selbstunsicherer Studenten. Eisler (1978) konnte zeigen, daß Instruktion gegenüber Modelldarstellung den Erwerb verbaler Verhaltensfertigkeiten begünstigt. Feedback/Rückmeldungen a) Allgemeine Beschreibung Feedback wird in der Literatur als therapeutische Technik seltener genannt (und ist auch weniger untersucht worden), obwohl immer stattfindend, da Lernen ohne Rückmeldung nicht möglich ist. Wird Feedback zielgerichtet gegeben, so kann es noch immer sehr unterschiedliche Formen annehmen (sehr konkret bis sehr allgemein). Zum Einsatz kommen z. B. Tonband- und Videofeedback, soziale Bekräftigung in Form von Lob, nachträgliches Hervorheben gelungener Verhaltensweisen oder der Hinweis auf inadäquates Verhalten in freundlicher, nichtbestrafender Art und Weise. Meistens wird positives Feedback gegeben. 22
Psychologie 192-3
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b) Ergebnisse empirischer Untersuchungen Ullrich und Ullrich (1972) zeigten, daß eine différentielle soziale Verstärkung von selbstsicherem Verhalten durch den Therapeuten (hier auf dem Hintergrund eines Konditionierungsparadigmas) zwar für die Therapie von Selbstunsicherheit nicht notwendig ist, aber die Befindlichkeit der Patienten in der Therapie verbessert. In einer Behandlung von „Dating-Problemen" (Christensen, Arkowitz, Anderson zit. nach Rimm und Masters 1979) war das Vorgehen ohne Feedback dem mit Feedback überlegen. Feedback umfaßte hier die vorher vereinbarte Rückmeldung des Partners über 2 positive Verhaltenselemente und ein Element, daß der Partner gern geändert hätte. Young, Rimm und Kennedy (1973) verglichen zwei Therapiegruppen (einmal mit Lob durch den Therapeuten, einmal ohne) mit einer Kontrollgruppe. Beide Behandlungsgruppen erbrachten signifikante Verbesserungen in den objektiven Maßen (Verhaltensbeobachtung) von Selbstsicherheit, gegenüber der Kontrollgruppe. Interessant dabei sind die differentiellen Effekte in den Behandlungsgruppen: Während die Behandlungsgruppe ohne Lob durch den Therapeuten größere Generalisierungseffekte aufwies, war die Behandlungsgruppe mit Lob in den Selbstberichtsmaßen überlegen und tendierte dazu, den Behandlungseffekt als größer einzuschätzen. Diese Ergebnisse deuten Probleme an, die durch positives Feedback entstehen. Eine Entscheidung über die Wirkungsverursachung, d. h. ob z. B . kurzfristige Suggestion wirkt oder eine tiefgehende Veränderung der Bewertung eigener Fähigkeiten erzeugt wird, können erst katamnestische Untersuchungen bringen.
Kazdin (1974) verglich verdecktes Modellernen mit und ohne Feedback und fand eine Überlegenheit bei der Anwendung positiver Bekräftigung. McFall und Twentyman (1973) stellen fest, daß die offene Übung der verdeckten nur dann überlegen ist, wenn darauf eine positive Rückmeldung gegeben wird. Zimmer (1976) konnte in einer Untersuchung zur Wirkung von Videofeedback die aus der Literatur bekannten widersprüchlichen Ergebnisse bestätigen. Es zeigte sich, daß Videofeedback zu einer Angststeigerung und zu selbstabwertenden Reaktionen führen kann (vgl. auch Hinsch und Pfingsten, 1983). Insgesamt fehlt es an eindeutigen Ergebnissen über die Wirkung verschiedener Formen von Feedback, auch wenn außer Frage steht, daß Rückmeldungen für den Therapieprozeß eine notwendige Bedingung darstellen. Eine Interpretation der widersprüchlichen Befunde liegt in dem Sinne nahe, daß Patienten sich ihre Feedbackinformationen individuell einholen, entscheidendere Veränderungen aber durch die anderen Prozeduren bewirkt werden. Für eine Verwendung von positivem Feedback sprechen die meisten der zitierten Ergebnisse. Die oben dargelegten Ergebnisse vorliegender Untersuchungen zur Wirkung der therapeutischen Prozeduren von Trainingsprogrammen belegen eindeutig deren Wirksamkeit bei der Veränderung von selbstunsicherem Verhalten oder von Teilkomponenten desselben. Die hier als „Basisprozeduren" vorgestellten Techniken werden heute meist durch weitere Prozeduren ergänzt, die den Lern- und Veränderungsprozeß forcieren sollen. Sie entstanden mit der „kognitiven Wende" in der Verhaltenstherapie, die nicht nur Ein-
Gudermuth, Verhaltenstherapie von Selbstunsicherheit
327
fluß auf die Annahmen über Entstehung und Aufrechterhaltung von Verhaltensstörungen hatte, sondern sich auch auf die Gestaltung des Programmpakets von Trainingsverfahren auswirkte. Zu nennen sind hier Interventionen, die aus Vorstellungen über Selbstregulationsprozesse erwachsen sind (Kanfer und Goldstein, 1975; Zimmer 1976), Interventionen, die sich am Prozeß des Problemlösens orientieren (Dziewas und Grawe, 1979), sowie unterschiedlich theoretisch getragene Ansätze, den Gruppenmitgliedern eine Art vereinfachtes Orientierungsschema zur besseren Bewältigung von Problemsituationen anzubieten. (Vgl. Schmook, 1976; Feldhege und Krauthahn, 1979). Eine Ergänzung der „Basisprozeduren" durch o. g. Elemente erwies sich in den meisten Untersuchungen als förderlich für den Trainingserfolg. Insgesamt zeigt sich im Entwicklungstrend bei der Konstruktion von Trainingsprogrammen eine Auflockerung der Standardisierung und eine Ergänzung der „Basisprozeduren" durch weitere Elemente, (vgl. Abb. 1)
Abb. 1
Entwicklungstendenzen in der Konstruktion verhaltenstherapeutischer Trainingsprogramme
Konzeption des verhaltenstherapeutischen Gruppentrainingsprogramms zur Behandlung von Selbstunsicherheit an der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität Im folgenden stellen wir das an unserer Sektion entwickelte, halbstandardisierte Trainingsprogramm zur Behandlung von Selbstunsicherheit und einige mit diesem Verfahren erzielten Ergebnisse dar. Aufbauend auf die erste Konzeption des Verfahrens als sogenanntes „Selbstsicherheitstraining" (Behzadi, 1976) wurde von uns eine überarbeitete Fassung mit kompletten Therapiemanual für die vergleichbare Handhabung durch unterschiedliche Behandler erstellt. 22«
328
Z. Psychol. 192 (1984) 3
Struktur,
Format
und
Inhalt
der endgültigen
Konzeption
Die Programmstruktur und das Format des Trainings wurden unter Auswertung konzeptioneller Überlegungen aus sozialpsychologischen Trainingsprogrammen (vgl. Alberg, Schmidt, 1980; Alberg,' 1982), unter Berücksichtigung von Entwicklungstrends in der Programmstruktur von Trainingsverfahren (vgl. Schmook, 1976; Zimmer, 1976; Feldhege und Krauthahn, 1979; Fiedler, 1979; Fliegel, 1981), von Befunden zur Modellwirkung (vgl. Bandura, 1979; Kazdin, 1974, 1975, 1976; Rosenthal, 1979; Eisler und Mitarb. 1978; Speierer, 1981) und unter Auswertung von Ergebnissen zur Wirksamkeit bestimmter Prozeduren (vgl. Heimberg und Mitarb. 1976) sowie unter Beachtung der von Libermann (1976) zusammengestellten Hilfen zur Vermeidung von Verschlechterungseffekten entwickelt. Das konzipierte verhaltenstherapeutisch orientierte Gruppentrainingsverfahren für Gruppen von 6—8 Teilnehmern, arbeitet mit (lerntheoretisch begründeten) Veränderungsprozeduren, die in kontrollierten Untersuchungen als wirksam bestätigt wurden. Diese Prozeduren orientieren sich an einer Verhaltenskorrektur, aber
Techniken 1. Wissensvermittlung (Instruktion, Orientierungsgrundlagen) 2. Übungen zum Zielverhalten (Rollenspiel, in-vivo-Übungen) 3. gezielte Selbstinstruktion, -bewertung und -beobachtung 4. gezielte Wahrnehmungsdiskrimination (Fokussieren auf Verhaltensverbesserungen, strukturiertes Feedback) 5. konkrete Zielformulierung 6 . Modelldarbietung
therapeutische Hilfen 1. sukzessive Verhaltensformung (shaping) 2. soziale Beschäftigung (im Spiel) 3. différentielle Verstärkung (nach dem Spiel) 4. konkrete Hilfestellung (im Spiel)
5. Hinweise zur individuellen Zielformulierung 6. Ermunterung
in den für Selbstunsicherheit relevanten Problembereichen
1. 2. 3. 4.
I
Äußern von Bitten und Forderungen Situationsbewältigung bei Auseinandersetzung und Kritik Ablehnen von Bitten und Forderungen Hemmungen im Kontaktbereich
5. direkter Gefühlsausdruck, insbesondere im Bereich partnerschaftlicher Beziehungen Abb. 2
Verhaltenstherapeutische Änderungsprozeduren zur Zielrealisierung
Gudermuth, Verhaltenstherapie von Selbstunsicherheit
329
Tabelle 1 Gezielte Unterstützung der Verhaltensmodifikation durch Therapiemanual (TM) und Arbeitsmaterial (AM) Angriffspunkte der Verhaltensmodifikation 1. Wissensvermittlung
Therapiemanual und Arbeitsmaterial
zu:
— therapeutischem Rational — Therapieziel — Lernschwerpunkten — konkreten Verhaltensstrategien
Orientierungsgrundlage „Einführungsstunde" (AM) Diskriminationsmaterial „Zielverhalten" (AM) Orientierungsgrundlagen „Lernschwerpunkte" (AM)' Instruktion zu Rollenspielen (TM)
2. Übungen zum Zieli'erhalten — Rollenspiele — in-vivo-Übungen 3. Gezielte Selbstinstruktion, -beobachtung und -bewertung — Anleitung zur Selbstinstruktion — Anleitung zur Selbstbeobachtung — Anleitung zur Selbstbewertung 4. Gezielte Wahrnehmungsdishrimination (Fokussieren auf Verhaltensverbesserungen) — Feedback der Gruppe — strukturiertes Eigenfeedback — Feedback des Therapeuten
Hinweise zum Stundeninhalt (AM) Hinweise zum Sttindeninhalt (AM) Anleitung für den Therapeuten (TM)
5. Individuelle Zielformulierung — Formulieren von Teilzielen — Formulieren persönlicher Lernziele
Anleitung für den Therapeuten (TM) Anleitung für den Therapeuten (TM)
Beschreibung der Rollens^iele (TM) Inhalte der In-vivo-Übungen (AM)
Anleitung für den Therapeuten (TM) Beobachtungsprotokolle (AM) Bewertungsmaßstab Teilziel (TM)
ebenso auch an einer Korrektur von Prozessen, von denen angenommen wird, daß diese die Störung mitbedingen bzw. an ihr beteiligt sind (U. a. Prozesse der Selbst- und Fremdwahrnehmung der Selbstregulation) Einen gerafften Einblick in die jetzt vorliegende Trainingskonzeption geben die Abbildung 2 und Tabelle 1. Die Struktur des Programms stellt sich im Überblick wie folgt dar: Zu Therapiebeginn wird das Trainingsziel erarbeitet und das therapeutische Rational erläutert: Uber Wissensvermittlung und die Vergabe von Arbeitsmaterial wird in Diskussionen eine Grundlage für den einzuleitenden Lernprozeß geschaffen. Es wird insbesondere auf ineffektives soziales Verhalten (aggressives, gehemmtes) eingegangen und die Bedeutung individueller Zielformulierungen besonders herausgestellt. Die folgenden Sitzungen sind nach Lern- und Problemschwerpunkten strukturiert: In Rollenspielen und in Übungen außerhalb der Therapie (Hausaufgaben) wird die Bewältigung von Problemsituationen geübt, die für Selbstunsicherheit als bedeutsam ermittelt wurden. (Vgl. Lazarus, 1973; Zimmer, 1978; Pabel, 1976.)
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Mit der Strukturierung des Programms nach Lernabschnitten soll die Transparenz der Lerninhalte erhöht, die Aufmerksamkeit auf die Lernschwerpunkte gelenkt und der Lernprozeß damit systematisiert werden. Zugleich ermöglicht diese Strukturierung eine Öffnung des Programms am E n d e eines Lernabschnittes für die individuellen Patientenprobleme bei der Anwendung des Trainings in der therapeutischen Praxis. E i n e Auflockerung der Standardisierung wird durch die vorgesehene Anleitung zur individuellen Zielformulierung vor jeder Übungssituation erreicht. Zugleich wird damit das Ziel verfolgt, durch gelenkte Anleitung zur Selbstinstruktion, -beobachtung und -bewertung Selbstregulationsmechanismen in den Mittelpunkt von Wahrnehmungsprozessen zu stellen, um deren Modifizierung einzuleiten. Durch die Sequenz: individuelle Zielformulierung (auf dem Hintergrund der gesetzten allgemeinen und individuellen Lernziele), Selbstinstruktion vor dem Rollenspiel, Selbstbewertung gemessen an den formulierten Zielen und Selbstbekräftigung für Zielerreichung nach dem Rollenspiel wird mit Unterstützung durch den Therapeuten zur realistischen Zielsetzung angeregt, die Wahrnehmungsdiskrimination bzgl. bedeutsamer Lernschwerpunkte gefördert, positive Selbstbekräftigung durch eine Orientierung an realistisch gesetzten Zielen ermöglicht. F ü r den Therapeuten existieren konkrete Hinweise zum Verhalten in die Erfahrungen aus der Literatur über effektives Therapeutenverhalten eingegangen sind. Zu jedem Rollenspiel wurde eine konkrete Instruktion formuliert. Damit wird der in empirischen Untersuchungen ermittelten Bedeutung dieses Programmbausteins Rechnung getragen. I m Training werden nur solche Änderungsprozeduren verwendet, die in Kontrolluntersuchungen als effektiv ermittelt wurden. Das gilt für eingesetzte Techniken und therapeutische Hilfen. Mit der vorgenommenen Komplettierung und Umstrukturierung des vorhandenen Materials steht ein Trainingsprogramm zur Verfügung, das alle Voraussetzungen erfüllt, um Fragestellungen zu untersuchen, deren Ergebnisse durch andere Anwender replizierbar sind. Indikationsfestlegungen Bei der Entscheidung für eine Behandlung mit dem von uns (Behzadi, 1976; Gudermuth, 1981) konzipierten verhaltenstherapeutischen Gruppentraining gehen wir nicht von einer nosologischen Klassifikation (wie z. B . primäre oder sekundäre Fehlentwicklung) aus, vielmehr stellen wir eine positive Indikation gegenwärtig aus der Kombination von E r gebnissen therapiezielnaher Meßverfahren und den Erhebungen aus Exploration und Verhaltensanalyse. Folgende Fragen stehen dabei im Vordergrund und müssen für eine Indikation b e j a h t werden: 1. Ist Selbstunsicherheit die maßgebliche Störung oder liegen situative Bedingungen vor (z. B . Eheproblematik, Leistungsüberforderung, akute Entscheidungssituation),
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so daß Selbstunsicherheit vor allem auf eine bestimmte Beziehung oder an eine bestimmte Bedingung geknüpft ist? 2. Ist Selbstunsicherheit ursächlich an einer vorhandenen Störung beteiligt bzw. hat sie daran wesentlichen Anteil? 3. Gibt es Hinweise darauf, daß die als bedeutsam für Selbstunsicherheit angesehenen Verhaltensklassen (die auch Lernschwerpunkte des Trainings darstellen) nicht realisiert werden können (vgl. Tab. 1)? 4. Ist der Patient in der Lage, die im Training angebotene „Arbeitsbeziehung" wahrzunehmen oder gibt es eine ausgeprägte Abhängigkeitshaltung des Patienten; die hinderlich für die Arbeit im Training ist? Hier müßte zunächst diese Haltung in vorgelagerten Interventionen bearbeitet werden. 5. Ist der Patient ausreichend motiviert, ist sein Leidensdruck so groß, daß er für diese Methode (Hinweis auf die Rollenspiele) motiviert ist? 6. Da das Training nicht vorsieht, ausführlich auf individuelle Probleme einzugehen oder sie aufzuarbeiten (Diskussionen beschränken sich auf Probleme im Kontext der Lernschwerpunkte) ist zu klären, ob das Training den Erwartungen des Patienten nahekommt. Trifft das nicht zu, so ist ein Training als Alleinversorgungsmethode oder zu Behandlungsbeginn nicht indiziert. (Vgl. dazu Ergebnisse der sozialpsychologischen Compliance-Forschung) Als Entscheidungshilfe für eine Indikationsstellung verwenden wir außerdem 1. den Unsicherheitsfragebogen ( U F B 3, Behzadi, 1984), mit einer Ausprägung von C größer oder gleich 7 als Zuweisungskriterium 2. einen unstandardisierten Situationsfragebogen, der die individuelle Bedeutsamkeit eines großen Teils der Trainingssituationen erfaßt. Bestimmte Profilpräferenzen im F P I (z. B . hohe Gehemmtheit, niedrige Geselligkeit, niedrige Maskulinität) haben für uns gegenwärtig hinweisenden Charakter für eine Indikationsstellung. Im Rahmen der Indikationsentscheidung geht es uns nicht primär um den Anspruch, mit dem vorhandenen Training als Alleinversorgungsmethode wirksam zu werden, vielmehr um die Klärung, ob die spezifischen Wirkungen des Trainings gefragt sind. Zur
Anwendung
Patienten, die wir zum Training aufnehmen, sind allgemein so zu beschreiben, daß sie sich in vielen sozialen Situationen unsicher fühlen, daß es ihnen schwer fällt, eigene Rechte und eigene Ansprüche geltend zu machen, daß sie im Kontakt mit anderen über Gehemmtheit klagen und sich selbst gering oder negativ bewerten. Das Anwendungsspektrum — bezogen auf die Behandlungspopulation — des Trainings ist damit sehr breit, betrachtet man diese Methode als ein Verfahren zur gezielten Behandlung eines bestimmten Störungssyndroms, das auch in andere Krankheitsbilder eingebettet sein kann. " Ist diese umschriebene Wirkung angezielt, schließen sich Überlegungen an, ob eine Kombination mit anderen Verfahren angezeigt ist oder nicht.
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Wir verstehen das Training somit als ein Verfahren mit spezifischer Wirkung (dieses Verständnis gilt für verhaltenstherapeutische Methoden seit langem und hat sich bisher als brauchbarer Weg erwiesen, dem Mangel einer umfassenden Psychologie-Theorie als allgemeine Grundlage für Psychotherapie zu entgegnen; vgl. Quekelberghe, 1979; Schulte, 1980), das je nach Problematik des Patienten durch weitere Behandlungsmethoden zu ergänzen ist, bzw. als Alleinversorgungsmethode zum Einsatz kommt. Folgende Einsatzmöglichkeiten sind — neben dem Einsatz als Alleinversorgungsmethode — denkbar und größtenteils auch schon erprobt: 1. Training als Folgetherapie, z. B. bei bevorstehender Reintegration eines psychiatrischen Patienten bzw. wenn trotz veränderter Einstellungen ein neues Verhalten nicht gelingt, alte Verhaltensmuster immer wieder durchbrechen. 2. Training in Kombination mit anderen Verfahren, z. B. als flankierende Maßnahme neben anderen soziotherapeutischen und arbeitstherapeutischen Methoden bzw. in der Kombination bei der Behandlung von Alkohol- und Drogenabhängigen. 3. Training als Vorbereitung für eine anschließende psychotherapeutische Behandlung, z. B. vor einer unstrukturierten Gruppenbehandlung, als erster Schritt, den Patienten gruppenfähig zu machen oder als Anstoßfunktion für eine nachfolgende Aufarbeitung bisher nicht ausreichend durch den Patienten wahrgenommener Verhaltensdefizite oder -exzesse, die an einer vorhandenen Störung beteiligt sind oder diese ausmachen. Die Indikation ist dabei grundsätzlich nach den vorstehend genannten Kriterien zu treffen. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß dem Training ein wesentlicher Vorwurf vieler Therapien: daß sie vor allem den intellektuell differenzierten Patienten zugänglich sind — nicht gemacht werden kann. Das Training eignet sich gut für einfach strukturierte Patienten, für Patienten, bei denen sprachliche Gewandtheit, intellektuelle Flexibilität weniger ausgeprägt und das Reflektieren erschwert sind. Ergebnisse einiger Untersuchungen zu dem entwickelten Trainingsprogramm von Selbstunsicherheit
zur
Behandlung
Kellert und Rentsch (1978) untersuchten eine vorläufige Form des Trainings an 16 Patienten bzgl. erzielter Trainingseffekte. Positive signifikante Veränderungen von Prä nach Post (ermittelt über eine 3-Punkt-Erhcbung) wurden gefunden in: • Unsicherheitsfragebogen (UFB 2) in allen Skalen, • Situationsfragebogen (SIT) Hofmann und Zech (1982) untersuchten an 15 Patienten die Trainingseffekte der endgültigen Trainingskonzeption. (3-Punkt-Erhebung). Positive (signifikante) Veränderungen wurden in folgenden Skalen gefunden: - UFB 3 in allen Skalen - SIT - FPI Skala 2 (verminderte aggressive Hemmung) Skala M (maskulinere Selbstschilderang) • FVF 2 (Thorn, 1983) Zunahme an Verhaltensfertigkeiten Erdmann und Mitarb. (1982) ermittelten die Trainingseffekte des endgültigen Programms
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an einer Stichprobe von 30 Patienten, (3-Punkt-Erhebung) und fanden folgende signifikanten Veränderungen: • UFB 3 in allen Skalen • SIT • FPI in S k a l a 5 (geselliger) Skala 8 (weniger gehemmt) Skala M (iakulinere Selbstschilderung) • Fragebogen zur Erfassung von Verhaltensfertigkeiten (FVF 2) (Zuwachs an Verhaltensfertigkeiten) Erdmann und Mitarb. (1983) ermittelten an einer Stichprobe von 27 Patienten die S t a bilität der Trainingswirkung über katanmestische Erhebungen. Im Ergebnis erwiesen sich alle erzielten Veränderungen nach mehr als 6 Monaten als stabil. Nach Trainingsabschluß traten insbesondere in den Skalen des FPI weitere Veränderungen in Richtung Normalität ein. (FPI 1, 2, 3, 8, N, M). Bliesener (1983) verglich die in Selbstbeurteilungsmaßen feststellbaren Wirkungen der endgültigen Trainingskonzeption mit denen im beobachtbaren Verhalten, die durch trainierte Rater auf Bais von Videoaufnahmen erhoben wurden. Während sich auch hier signifikante Veränderungen in fast allen eingesetzten Selbstbeurteilungsmaßen nachweisen ließen, wiesen die Erhebungen zu verschiedenen non- und paraverbalen wie auch verbalen Beobachtungskategorien keine signifikanten Veränderungen aus. Diese diskrepanten Ergebnisse zwischen beiden Beurteilungsebenen werfen verschiedene Fragen auf, die im wesentlichen das Phänomen Selbstunsicherheit betreffen, das im allgemeinen über drei Ebenen: Verhaltensdefizite, inadäquate Einstellungen, soziale Ängste (vgl. de Muynck und Forster, 1974; Behzahdi, 1981) beschrieben wird. Welche Wertigkeit hat die Verhaltensebene für den Nachweis wirksamer Veränderungen von Selbstunsicherheit? Ist Selbstunsicherheit durch einen Fremdbeobachter, ohne daß er aktiv in die Interaktion mit dem zu Diagnostizierenden eintritt, ebenso feststellbar, wie das in der Selbstbeobachtung und -beurteilung möglich ist, auf deren Hintergrund der Patient seine Störung, seinen Leidensdruck und seine Behandlungsmotivation formuliert? Unsere Ergebnisse legen nahe, den Prozessen der Selbstwahrnehmung und -bewertung Priorität beizumessen und die aus dem klassischen Behaviorismus übernommene Vorstellung, das Symptom ist auf der Verhaltensebene ebenso erkennbar, deutlich zu relativieren. Diese Annahmen müssen jedoch in weiteren Untersuchungen (z. B. über experimentelle Spiele) geprüft werden. Die zitierten Untersuchungsergebnisse basieren auf Behandlungen von Patienten unterschiedlicher Diagnosen (primäre, sekundäre Fehlentwicklung, endogene Depression in der Nachbetreuung), die in unserem Ambulatorium sowie in einigen psychotherapeutischen Einrichtungen in der DDR durchgeführt wurden. Die detaillierte Ausarbeitung des Therapiemanuals, Basismaterial und schriftliche Anleitungen zum Therapeutenverhalten ermöglichten es, daß — nach einigen Supervisionsund Anleitungssitzungen — von allen Behandlern ein gleiches Vorgehen realisiert wurde. Aus persönlichen Mitteilungen der Behandler geht hervor, daß mit dem vorhandenen Material eine gute Grundlage für die Durchführung des Verfahrens vorliegt. Für die
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Behandlungszuweisung w u r d e n — neben den v o n uns g e n a n n t e n K r i t e r i e n — aus den praktischen E r f a h r u n g e n als „ S e k u n d ä r e f f e k t e " die G e w ö h n u n g der P a t i e n t e n an eine therapeutische G r u p p e h e r v o r g e h o b e n . Ausblick Eine K o n k r e t i s i e r u n g u n d Differenzierung der g e n a n n t e n Ergebnisse e r w a r t e n w i r aus den j e t z t abgeschlossenen U n t e r s u c h u n g e n . S c h w e r p u n k t dabei ist eine d i f f e r e n z i e r t e E f f e k t a n a l y s e an einer größeren S t i c h p r o b e , aus der eine A b g r e n z u n g des W i r k u n g s s p e k t r u m s erfolgen soll. Insbesondere interessiert uns, in welchen Beschreibungsbereichen v o n S e l b s t u n s i c h e r h e i t das v o r h a n d e n e Train i n g s p r o g r a m m v o r w i e g e n d W i r k u n g e n zeigt, u m d a m i t eine gezieltere Behandlungszuweisung zu erreichen. Die W i r k u n g s e r f a s s u n g erfolgt auf der G r u n d l a g e v o n P r ä - P o s t - V e r g l e i c h e n (unter V e r w e n d u n g einer E i g e n w a r t e g r u p p e ) . E r g ä n z e n d dazu e r h e b e n w i r V e r l a u f s d a t e n , die k o n t i nuierlich n a c h j e d e r B e h a n d l u n g s s t u n d e erhoben w e r d e n . Die F r a g e b o g e n m e t h o d i k bildet dabei den s c h w e r p u n k t m ä ß i g e n Beobachtungszugang. Zusammenfassung Nach der Darstellung methodischer Grundlagen verhaltenstherapeutischer Trainingsprogramme, einer Beschreibung der wichtigsten Bausteine und ihrer Wixkungsüberprüfung wird der Aufbau eines an der Berliner Sektion Psychologie konzipierten verhaltenstherapeutisch orientierten Programmpakets zur Behandlung von Selbstunsicherheit vorgestellt. Es werden allgemeine Indikationsregeln, Anwendungsmöglichkeiten und Ergebnisse zur Wirkungsüberprüfung der Methode vorgestellt. Summary ' After a discussion of the basic methods of training programs in Behavior Therapy, the description of their essential components and of their modes of function, the author presents the construction of a treatment package for the modification of unassertiveness. She further outlines the general rules of indication (prescription), fields of application and results of empirical effectivity investigations of this method. Pe3H>Me Ilocjie npeRbHBJieHHH MeTOAH^ecKHX ochob TpeHnpoBOHHtix nporpaMM b paMKax noBe«eHiecKofi TepanHH, oimcamiH CciMLix BawHtix ctpoHTejibHbix HacTeK h npoBepKH hx .ueöcTBHft npeHCTaBJiHioT ycTpoitcTBO pa3BHBaeM0ii b EepjiHHCKOM HHenrryTe nenxojiornn yHHBepcHTeTa nporpaMMHoii iioclijikh oimparomeficn Ha noBeaeHqecKoft TepanHH hjih jieqemiH HeyBepeHHoc™ b ce6e. 06cy»j;aioT o6mne npaBiiJia HHflHKaipm, B03M0JKH0CTH npHM6H6HHH H peSyJILTaTfcl npOBepKH nettCTBHH 9T0TO MCTOfla. Literatur Alberg, T.: Theoretische Grundlagen der Modifikation von Regulationsvorgängen. In: Psychologie der Persönlichkeit. Hrsg. Schröder, H. Bericht über die 1. Winterschule für Persönlichkeitspsychologie. Berlin 1982. Alberg, T., Schmidt, J . : Trainingsbedingte Modifikation der psychischen Verhaltensregulation. I n :
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Verhaltens.
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Vorwerg, M.: Klinische Psychologie und soziales Verhalten. Psychotherapie und Grenzgebiete 3 (1982) 77-90. Wendtland, W . : Training von sozialen Fertigkeiten. I n : Grundbegriffe der Psychotherapie. Hrsg. Bastine, R. Weinheim: edition psychologie 1982. Zimbardo, P h . ; Pilkonis, P . : Schüchternheit. In: Psychologie des 20. J a h r h u n d e r t s . Bd. 8. Zürich: Kindler 1979 Zimmer, D.: Ausbildung sozialer Kompetenz durch Training in Verhaltensgeschicklichkeit und Selbstregulation. Diss. Münster 1976. (unveröffentl.) Zimmer, D.: Die Entwicklung des Begriffs der Selbstsicherheit u n d der sozialen Kompetenz in der Verhaltenstherapie. I n : Soziale Kompetenz Hrsg. Ullrich, R . ; Ullrich de Muynck. Bd. 1, München: Pfeifer 1978. Zimmer, D.: Empirische Studien zur Effektivität des Selbstsicherheitstrainings. I n : Soziale Kompetenz, Bd. 2. München: Pfeiffer 1980. Eingegangen a m : 7. 11. 83 Anschr. d. Verf.: Dr. Stefanie G u d e r m u t h , Dipl.-Psych. Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, D D R - 1020 Berlin, Oranienburger Str. 18
Buchbesprechungen Schönpflug, W.; Schönpflug, U.: Psychologie — Allgemeine Psychologie und ihre Verzweigungen in die Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Sozialpsychologie. 518 S. W i e n : U r b a n und Schwarzenberg 1983. Ein einfacher Titel, scheinbar, in Wahrheit außerordentlich anspruchsvoll; nur den Laien k a n n er abgegriffen anmuten, er ist herausfordernd f ü r den F a c h m a n n . Es sind zuständige Verfasser, die beiden Autoren; wir wollen sehen : In 11 Kapiteln werden die Grundzüge der neueren Psychologie umrissen und mit Akzenten versehen, die m i t dem Untertitel gesetzt sind: Ein stark expandierendes, schwer überschaubares Fachgebiet und seine Probleme, theoretische Richtungen und methodische Ansätze bilden den Anfang. Die Verfasser stellen v o r : Grundbegriffe, Geschichtliches, Verbindungen zu anderen Fachgebieten. Die Sachfragen beginnen m i t Kapitel 3: W a h r n e h m u n g ; aber anders als gewohnt, sehr viel a n d e r s : Wissen und W a h r n e h m e n stehen a m Anfang („Wer mehr weiß, sieht mehr"), die Leistungen des W a h r nehmungsapparates, Psychophysik, Offenes. Und hier wie in allen weiteren Abschnitten: entwicklungs-, Persönlichkeits- und sozialpsychologische Aspekte werden in Relation dazu gesetzt. Derartige Beziehungen sind zwar immer da, aber eben unterschiedlich fein ausgestaltbar, je nachdem, was einbringbar ist vom Allgemeinen in das Besondere. Vorstellung, Begriffe, Wissen (Kapitel 4). Es wird auch hier — wie zumeist — eingeführt mit einer Alltagsbeobachtung, einer kleinen Story sozusagen. J e m ä n d könnte meinen, daß sie manchmal zu simpel geraten sei, psychologisierender allgemeiner. Menschenverstand. Ich glaube nicht, daß dieser Einwand berechtigt ist, falls ich nachempfinde, was die Autoren im Grunde wollen: Zu sagen nämlich, daß sich selbst die zuweilen knöcherne Experimentalpsychologie von den wirklich anzutreffenden Geschehensformen psychischer Vorgänge nicht absolut entfernt hat, sondern daß m a n von ihr aus den Zugang zu jenen noch immer gewinnen kann. Also: Vorstellungen und Begriffe: Wieder beginnt das Kapitel nicht mit Begriffen, sondern mit „Phantasie" u n d divergentem Denken und Schlafträumen. Aber schließlich k o m m e n die Begriffe doch: klar und kenntnissreich, schlicht in der Darstellung und dennoch exakt in der A u s f ü h r u n g wird erläutert, wovon die neuere Begriffsbildungsforschung handelte. Ähnlich beim schlußfolgernden Denken (Kapitel 5): Deduktion und Induktion u n d Analogien. Ein häufiger Fehler in der neueren Literatur, verstärkt durch
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Vorwerg, M.: Klinische Psychologie und soziales Verhalten. Psychotherapie und Grenzgebiete 3 (1982) 77-90. Wendtland, W . : Training von sozialen Fertigkeiten. I n : Grundbegriffe der Psychotherapie. Hrsg. Bastine, R. Weinheim: edition psychologie 1982. Zimbardo, P h . ; Pilkonis, P . : Schüchternheit. In: Psychologie des 20. J a h r h u n d e r t s . Bd. 8. Zürich: Kindler 1979 Zimmer, D.: Ausbildung sozialer Kompetenz durch Training in Verhaltensgeschicklichkeit und Selbstregulation. Diss. Münster 1976. (unveröffentl.) Zimmer, D.: Die Entwicklung des Begriffs der Selbstsicherheit u n d der sozialen Kompetenz in der Verhaltenstherapie. I n : Soziale Kompetenz Hrsg. Ullrich, R . ; Ullrich de Muynck. Bd. 1, München: Pfeifer 1978. Zimmer, D.: Empirische Studien zur Effektivität des Selbstsicherheitstrainings. I n : Soziale Kompetenz, Bd. 2. München: Pfeiffer 1980. Eingegangen a m : 7. 11. 83 Anschr. d. Verf.: Dr. Stefanie G u d e r m u t h , Dipl.-Psych. Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, D D R - 1020 Berlin, Oranienburger Str. 18
Buchbesprechungen Schönpflug, W.; Schönpflug, U.: Psychologie — Allgemeine Psychologie und ihre Verzweigungen in die Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Sozialpsychologie. 518 S. W i e n : U r b a n und Schwarzenberg 1983. Ein einfacher Titel, scheinbar, in Wahrheit außerordentlich anspruchsvoll; nur den Laien k a n n er abgegriffen anmuten, er ist herausfordernd f ü r den F a c h m a n n . Es sind zuständige Verfasser, die beiden Autoren; wir wollen sehen : In 11 Kapiteln werden die Grundzüge der neueren Psychologie umrissen und mit Akzenten versehen, die m i t dem Untertitel gesetzt sind: Ein stark expandierendes, schwer überschaubares Fachgebiet und seine Probleme, theoretische Richtungen und methodische Ansätze bilden den Anfang. Die Verfasser stellen v o r : Grundbegriffe, Geschichtliches, Verbindungen zu anderen Fachgebieten. Die Sachfragen beginnen m i t Kapitel 3: W a h r n e h m u n g ; aber anders als gewohnt, sehr viel a n d e r s : Wissen und W a h r n e h m e n stehen a m Anfang („Wer mehr weiß, sieht mehr"), die Leistungen des W a h r nehmungsapparates, Psychophysik, Offenes. Und hier wie in allen weiteren Abschnitten: entwicklungs-, Persönlichkeits- und sozialpsychologische Aspekte werden in Relation dazu gesetzt. Derartige Beziehungen sind zwar immer da, aber eben unterschiedlich fein ausgestaltbar, je nachdem, was einbringbar ist vom Allgemeinen in das Besondere. Vorstellung, Begriffe, Wissen (Kapitel 4). Es wird auch hier — wie zumeist — eingeführt mit einer Alltagsbeobachtung, einer kleinen Story sozusagen. J e m ä n d könnte meinen, daß sie manchmal zu simpel geraten sei, psychologisierender allgemeiner. Menschenverstand. Ich glaube nicht, daß dieser Einwand berechtigt ist, falls ich nachempfinde, was die Autoren im Grunde wollen: Zu sagen nämlich, daß sich selbst die zuweilen knöcherne Experimentalpsychologie von den wirklich anzutreffenden Geschehensformen psychischer Vorgänge nicht absolut entfernt hat, sondern daß m a n von ihr aus den Zugang zu jenen noch immer gewinnen kann. Also: Vorstellungen und Begriffe: Wieder beginnt das Kapitel nicht mit Begriffen, sondern mit „Phantasie" u n d divergentem Denken und Schlafträumen. Aber schließlich k o m m e n die Begriffe doch: klar und kenntnissreich, schlicht in der Darstellung und dennoch exakt in der A u s f ü h r u n g wird erläutert, wovon die neuere Begriffsbildungsforschung handelte. Ähnlich beim schlußfolgernden Denken (Kapitel 5): Deduktion und Induktion u n d Analogien. Ein häufiger Fehler in der neueren Literatur, verstärkt durch
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R. Sternbergs falsche Ansicht, wird nicht mitgemacht: analoge Schlüsse lassen sich nicht auf induktives Schließen reduzieren. Das kann man zeigen; es ist hier nicht das Thema, aber das Richtige ist so vorausgesetzt. Kapitel 6, Gedächtnis; eine Heimat der Autoren, man spürt es: Es ist gewählt aus der Fülle, auch was die Details anlangt. Die Übersichten zu Ultrakurz- und Kurzzeitgedächtnis, Hypothesen über die Organisation des Langzeitgedächtnisses, Rolle und Funktion einer Metaebene für Urteile über Gedächtnisbesitz und geistiges Vermögen, all das verrät Kennerschaft und Vertrautheit im einzelnen. Straff und konzentriert auch das Kapitel Problemlösen: Lohhausen und andere paradigmatische Problemlöseanforderungen, wie das Kannibalen-MissionareThema, der Turm von Hanoi, die Strahlenaufgabe und das Schach. Beim Thema Kreativität stehen das wenig Wahrscheinliche sowie die Problematik des Findens von Problemen im Vordergrund. Man hätte natürlich auch das qualitativ Eigene kreativen Denkens zum Zentrum machen können, seine Nichtrückführbarkeit auf Vorgegebenes und seine Abhängigkeit von Wechselwirkungen heterogener kognitiver Strukturen. Das sind Standpunktsfragen. Der Rezensent weicht hier ein wenig in seiner Auffassung ab. Zielgerichtetes Verhalten (Kapitel 8) wird am Beispiel komplexer Handlungspläne erläutert; danach wird versucht, dieses Komplexere vom (relativ) Elementaren her aufzubauen: Instinktverhalten (wohl nicht gänzlich mit „reaktivem Verhalten" zur Deckung zu bringen?), die S-R-Kettentheorie, TolmanPlanungen, artistischer Mehrfach-Handlungsaufbau und natürlich die Ideen der „Arbeiten zur Handlungs- und Affektpsychologie". Hier stehen naturgemäß auch gute Zulieferungen an die Nachbargebiete Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Sozialpsychologie ins Haus. Lernen vom Verhalten (10. Kapitel) wird einleitend wiederum am komplexen (menschlichen) Endphänomen vorgeführt, sodann aber wieder von unten her aufgebaut : bedingte Reflexe, interne Abbildung von Ortsrelationen im tierischen Lernen, operantes Bedingen, einsichtiges Lernen und das Thema „Bekräftigung". Gibt es denn überhaupt Lernen ohne Bekräftigung? Hier klingt das Thema „Kognitives Lernen" an, auch wenn es so nicht genannt ist. Wenn nicht alles täuscht, könnte dies ein Kapitel in einer der nächsten Auflagen des Buches werden. Noch ist aber in der Psychologie darüber zu wenig Gesichertes bekannt. Bei Motivation und Emotion bilden Aktiviertheit, Psychophysiologie der Belastung, Selbstwahrnehmung und Selbstkontrolle die Zentren der Thematik, und mit „Kommunikation, Sprache, Ausdruck" (Kapitel 11) klingt das Buch aus. Auch bei der Sprache steht die maximale Komplexität des Phänomens am Anfang: Die Pragmatismen eines Dialogs, Aspekte der Metakommunikation an Beispielen (statt auf eine Frage zu antworten, über eine Klasse von Fragen oder Absichten des Fragers zu reflektieren). Das vielschichtige, wechselseitig nicht eindeutig bestimmte Verhältnis von Sprache und Denken sowie Aspekte des Sprechaktkonzepts stehen im Mittelpunkt. Und dann: die Ausdruckskunde: wie ein Kaspar Hauser unter den Kindern der modernen Psychologie: vernachlässigt, ungepflegt, geistig zurückgeblieben, ein Stiefgeschwister mit dubioser Vorgeschichte. Die Autoren sehen das ähnlich. Und das Buch im ganzen? Über 20 Seiten Literaturverzeichnis, einige 100 Abbildungen, Graphiken, Tabellen; eine Fleißarbeit also? Das auch, notwendigerweise, aber eben nicht nur. Zahlreiche schmükkende Details wie Zitate großer Leute aus der Geschichte, genial-Fröhliches in gesondert gerahmten Marginalien (wenn jemand zuviel getrunken hat, sagt man „der hat sein Geld versoffen", warum sagt man nach vielem Essen nicht: „ E r hat sein Geld vergessen" ? ; nach welchen Regeln wurden Benennungen gebildet?). Die Auswahl läßt erkennen: Das Buch wurde mit viel Liebe gestaltet. (Übrigens auch vom Verlag Urban und Schwarzenberg.) Gelungen auch die Zusammenfassungen: Gestalterisch abgewogen, einprägsam. Und die Psychologie im ganzen? E s ist eine breite Musterung weiträumiger Themen vorgenommen, die nicht unabhängig hingestellt, sondern miteinander verfugt werden; eben der Grundriß einer Allgemeinen Psychologie, so wie sie sich derzeit darstellt und entwickelt. E s ist eine Einführung, also einfach gehalten, aber es gibt keine Simplifizierung. Gewiß, über Akzente kann man streiten; aber wenn ein Buch geschrieben ist, das den Anfänger ansprechen soll und auch den vom B a u interessieren kann, so soll man gratulieren. Was hiermit geschehen ist. F . Klix (Berlin)
Buchbesprechungen
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Walker, S.: Animalthought. 437 S. mit 4 Abb., 14,5 X 22 cm. London— Boston— Melbourne: Routledge & Kegan Paul 1983. International Library of Psychology. Leinen £ 17,50. Dieses Buch — von einem Psychologen geschrieben — ist ein bemerkenswerter Versuch, eine schon oft gestellte Frage aus der Sicht unseres gegenwärtigen Wissens zu beantworten. Dazu wird zunächst die Geschichte der Wissenschaft nach ihrem Beitrag zum Erkenntnisgewinn befragt, wobei von der „Dichotomie" eine Descartes ausgegangen, zugleich aber auch eine differenziertere Betrachtung seiner Auffassungen vorgestellt wird, die interessante Linien zur Gegenwart einschließt. Danach folgen die „materialistischen Theorien des Geistes (mind)", Perzeption, Gedächtnis, Abstraktion und Verstand sind angesprochen, und hier werden Locke, Hume, Kant, Hegel und Schopenhauer zitiert. Dann folgt Darwin unter dem Konzept der quantitativen und qualitativen intellektuellen Differenzierung, Romanes wird einbezogen. Huxleys Versuche, die geistigen Leistungen als Phänomene von Hirnprozessen zu definieren, schließen sich an, wobei dieser zwischen dem Gehirn der Menschenaffen und des Menschen keine prinzipiellen Unterschiede sah. Marx und Engels werden als „Nach-Darwinisten" vorgestellt. Dann folgt noch L. Morgan mit seinem Konzept des Bewußtseins, das sich als angepaßte Umsetzung individuell erworbener Erfahrungen manifestiere und damit vom Instinkt abzusetzen sei, der solche nicht erfordere. Der historische Weg führt zu einer ausführlichen Darstellung von Thorndike und Pawlow, wobei auch Watson und Tolman einbezogen werden. Dann kommen jüngere Konzepte zur Erörterung: Skinner, Piaget, Hebb, Konorski und Bindra, auch die „Psychologie des Lernens bei Tieren" (Mclntosh) ist die Darstellung eingeschlossen. Damit ist eine „erstaunliche Vielfalt von Meinungen" vorgestellt, aus der Folgerungen gezogen werden. Es geht um Denken und Bewußtsein, Abstraktion, Gedächtnis und Hirnprozesse bei Tieren. Der Stammbaum, Gehirngröße und die Hirnzellen werden im 4. Kapitel behandelt. Der Autor ist gut belesen und bietet auch bei den Erörterungen der Phylogenie moderne Befunde an. Dann aber fokussiert er die Darstellung zunehmend auf das zentrale Anliegen des Buches, die Hirnleistungen der Wirbeltiere und ihre Voraussetzungen, in denen der Schlüssel für die Antworten auf die angeschnittenen Fragen gesehen wird. Bei höheren Vertebraten wird eine Relation zwischen der Hirnmasse (E) und der Körpermasse (P) durch folgenden Term gegeben: E = 0,07xP°' 6 6 6 7 . Zusätzlich wird das Problem der Gehirnmasse und der Neuronendichte angesprochen. Damit ist das folgende Kapitel vorbereitet, das der funktionellen Organisation des Vertebratengehirns gewidmet ist. Auch hier sind wieder phylogenetische Aspekte eingebracht. Dabei schimmert der Gedanke hindurch, daß die höhere psychische Organisation im wesentlichen als Funktion der Entwicklung des Vorderhirns angesehen werden kann. So geht das nächste Kapitel in medias res: Das Leben der Vertebraten und der Überlebenswert der Intelligenz. Bewegung und Kenntnis des Raumes (die Frage der Zeit bleibt hier unberührt) leiten diese Überlegungen ein, Nahrungsstrategien, Reproduktion und andere soziale Interaktionen sind angesprochen, schließlich stehen die Phänomene „Belohnung und Strafe" und „Schlaf und Traum" als Faktoren und Kriterien der Organisation der Psyche zur Diskussion. Wege der Perzeption der Umwelt unter dem Gesichtspunkt der Qualitäten und Modalitäten werden untersucht, dann aber auch der kognitiven Organisation der Wahrnehmungen. Dann ist vom Wesen des Gedächtnisses die Rede. Fast 50 Seiten sind unter dem schwer übersetzbaren Titel „knowing and meaning in men keys and apes" den Fragen der Ontogenese kognitiver Fähigkeiten bei Primaten, ihren geistigen Leistungen, ihrer Kommunikation sowie sprachanalogen Phänomenen und der Beziehung zur menschlichen Sprache gewidmet. Damit kann das letzte Kapitel noch einmal die Frage nach dem Vergleich zwischen dem Denken bei Tieren und jenem des Menschen resümieren und den Versuch einer Beantwortung unternehmen. In der Sprache wird der „immergrüne Kandidat" für eine Diskontinuität in der Evolution des Menschen gesehen, daher können Tiere nicht denken wie wir, wenn wir in Worten denken; aber: das Gehirn als Organ des Denkens ist für uns verfügbar, weil es geformt und entwickelt wurde vor unserer Zeit. Das Buch ist vorzüglich geschrieben, anregend, und ein gewichtiger Beitrag zu einem hoch-aktuellen Thema. ^ G. Tembrock (Berlin)
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Angewandte Sozialpsychologie. Bedingungen, Möglichkeiten und Ergebnisse der praktischen Anwendung sozialpsychologischer Theorien. Mit einem Vorwort von Werner Herkner. Hrsg. Haisch, J. 216 S. mit 10 Abb. Bern - S t u t t g a r t - W i e n : Verlag H a n s Huber 1983. kartoniert S f r . 3 2 , - D M 3 6 . - . Deutschsprachige Werke zur angewandten Sozialpsychologie sind nicht gerade häufig; schon deshalb ist das Erscheinen dieses Buches zu begrüßen. Dies aber nicht nur, weil es eine Lücke f ü l l t ; dem Rezensenten erscheint es schon wegen des einleitenden Artikels von J . Haisch, dem Herausgeber, sehr wertvoll, in welchem sehr solide u n d strenge „methodologische Regeln" f ü r die Anwendung sozialpsychologischen Wissens auf Fragestellungen der Praxis dargelegt werden. Ihre Befolgung d ü r f t e nicht n u r für effiziente Anwendungen, sondern auch für Theorie-Entwicklungen wichtig sein. Die meisten der Autoren dieses Sammelbandes demonstrieren dies in ihren Beiträgen explizit. Da dieses Buch — verständlicherweise! — n u r einige Ausschnitte aus dem weiten Feld m ö g l i c h e r Anwendungen sozialpsychologischer Theorien auf die Praxis behandelt, wird der Leser vor allem methodologischen Nutzen daraus ziehen können, auch in der Hinsicht, daß ihm vorgeführt wird, was noch alles zu t u n ist, um sozialpsychologische Theorien praktikabel zu machen (anders gesagt, wie weit manche der elaborierten Theorien von solchen Anwendungen noch e n t f e r n t sind). I m 1. Teil werden „Anwendungsbereiche" sozialpsychologischer Theorien geringerer bis mittlerer Reichweite abgehandelt: Attributionst'heorie — Attributionstherapie (Haisch); Dissonanztheorie — Dissonanztherapie (Haisch, Osnabrügge und D. Frey); Reaktanztheorie — Kindererziehung (Dickenberger); Einstellungstheorie — Verhalten (Einstellung zur Arbeit, Mielke, und Einstellungsänderung gegenüber S t r a f t ä t e r n , Abele). Der 2. Teil referiert Ergebnisse von Anwendungsprojekten: Trainingsprogramme f ü r Richter (Haisch); Entscheidungshilfe zur Berufswahl (Aschenbrenner); Crowdingprobleme (SchultzGambard) ; politische Einschüchterung als sozialpsychologisches Problem (Strack, M., N. Schwarz, Weidner, Hippler und R. Schwarz). Die Differenzierung zwischen dem 1. und dem 2. Teil folgt allerdings keinem deutlichen K r i t e r i u m ; so werden im Ergebnisteil oft auch nur Bereiche, in denen Anwendungen möglich sind, untergebracht. Unsere Titelaufzählung zeigt wohl deutlich den mehr zufälligen Charakter der Auswahl. Das d ü r f t e auch ein Zeichen dafür sein, daß Anwendungen sozialpsychologischer Theorien in der B R D (und anderen kapitalistischen Ländern) recht sporadisch vorgenommen werden. Es fällt auf, daß ein solcher Bereich wie die verschiedenen T-Gruppenverfahren, z. B. im Management-Training, gar nicht e r w ä h n t werden. Weiter fällt auf, daß die hier berichteten Anwendungen n u r sehr eng definierte Fragen der Praxis betreffen. Versuche, die sozialpsychologischen Theorien zu umfassenderen „sozialen Technologien" zu transformieren (wie von Irle, 1975, gefordert) sind n u r ansatzweise in den letzten beiden Beiträgen — zu „Crowding" und zur „politischen Einschüchterung" — zu erkennen. Oder eignet sich die gegenwärtige kapitalistische Gesellschaft der westlichen Länder etwa dafür nicht? H . Hiebsch (Jena) G. A. Lienert: Verteilungsfreie Methoden in der Biostatistik. Zweite, völlig neu bearb. Aufl. Verlag Anton Hain, Meisenheim am Glan. B a n d I : X X I V , 736 S. mit Tab. und Abb. Broschürt 81,50 DM, gebunden 93,50 DM. B a n d I I : X X X , 1276 S. mit Tab. und Abb. Broschürt 1 9 8 , - DM, gebunden 2 1 6 , - DM. Tafelband X, 686 S. Broschürt 5 9 , - DM, gebunden 68 DM. Mit dieser zweiten, völlig neu bearbeiteten Auflage als dreibändiger Gesamtausgabe der verteilungsfreien Methoden in der Biostatistik liegt erstmalig eine deutschsprachige Gesamtübersicht über die vielfältigsten Einsatz- und Anwendungsgebiete der nichtparametrischen Statistik vor. A u f g r u n d des ausgedehnten Spektrums, seiner differenzierten Problemdurchdringung und seines vorzüglichen Tabellenwerkes kann diese Gesamtausgabe nicht mehr mit der früheren einbändigen Ausgabe (1. Auflage) verglichen werden, die bisher als deutschsprachiges Standardwerk der nichtparametrischen Datenanalyse in weiten Bereichen der Verhaltenswissenschaften angesehen wurde. Die jetzige Gesamtausgabe ist nicht n u r als quantitative Erweiterung anzusehen, sondern stellt einen qualitativ neuen Zugang zur nichtparametrischen Statistik, der durch die folgenden Eigenschaften gekennzeichnet werden k a n n :
Buchbesprechungen
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1) In den Anwendungsbereichen der 1. Auflagen wurde die Anzahl der möglichen Verfahren wesentlich erweitert, so daß dem Nutzer mehr Alternativen zur Bearbeitung seiner spezifischen Problemstellung dargeboten werden. 2) Die Menge der Anwendungsbereiche wurde gegenüber der 1. Auflage wesentlich erweitert. Damit wird der Bereich derjenigen Leser erheblich größer, die für eine Vielzahl empirischer Fragestellungen einen statistischen Lösungsweg angeboten bekommen. (Damit dürfte auch die häufig noch fehlerhafte Anwendung parametrischer Verfahren bei Nichterfüllung der Datenvoraussetzungen weiter stark eingeschränkt werden, da die Gesamtausgabe für die überwiegende Anzahl dieser Fälle adäquate nichtparametrische Analyseverfahren darstellt.) 3) Durchgängig beibehalten wurde das Prinzip, Grundgedanken und Anwendungsbereiche der statistischen Methoden auch für den Praktiker (Nutzer der Methoden) durchsichtig zu halten. Dies schränkt zwangsläufig die mathematisch-statistische Präzision in der Darstellung ein, dürfte aber für den breiten Nutzerkreis ohne diesbezügliche Spezialkenntnisse von Vorteil hinsichtlich der Aneignung spezieller Verfahrensklassen sein. Mögliche Probleme der Anwendungsspezifik sollten dann in Zu- sammenarbeit mit einem Statistiker beraten werden. Hervorzuheben ist auch das breite Bestreben um Beispielsdemonstrationen, die dem Nutzer den Rechenweg und damit die eigenständige Realisierung der Methoden erleichtern dürften. 4) Besonders hervorzuheben ist der umfangreiche Tafelband, der eine Vielzahl von Tafeln in der Zusammenstellung enthält, die z. T. durch ihr isoliertes Erscheinen nur sehr schwer zugänglich sind. Mit diesem Tabellenband, der auf die beiden Textbände bezogen ist, gewinnt die Gesamtausgabe erheblich an Wert, da damit die statistische Datenanalyse direkt und vollständig ermöglicht wird. Für die Kennzeichnung des Inhaltes von Band I verweise ich auf dessen frühere Rezension in Z. Psychol. Der Band II enthält als wichtigste Abschnitte die quantitativen Methoden der subjektiven Merkmalsbeurteilung (Konkordanz-, Konsistenz- und Akkordanzanalyse), die verteilungsfreie Sequenzanalyse, die verteilungsfreie Zeitreihenanalyse, die Kontingenztafelstatistik (zwei-, drei- und mehrdimensional) sowie die verteilungsfreie Auswertung uni- und multivariater Versuchspläne. Aus dieser globalen Inhaltscharakteristik sollen die Kapitel über die verteilungsfreie Zeitreihenanalyse, die Zeitreihentest und der Analyse von Richtungs- und Zyklusmaßen besonders hervorgehoben werden, da sie in ihrer Vielfältigkeit wesentlich neue und angemessene statistische Methoden für Probleme der psychologischen (und allgemein verhaltenswissenschaftlichen) Prozeßforschung erschließen, bei denen die Voraussetzungen der häufig verwendeten parametrischen Verfahren meistens kaum erfüllt sind. Insgesamt kann die vorliegende Gesamtausgabe der verteilungsfreien Methoden in der Biostatistik als ein herausragendes Werk für alle Verhaltenswissenschaften angesehen werden, das für die Fundierung der Analyse von empirischen Daten von besonderer Bedeutung ist und deren adäquate Anwendung weitgehend ermöglicht. Deshalb kann diese Gesamtausgabe sowohl Fachwissenschaftlern und Bibliotheken zur Vervollständigung ihrer diesbezüglichen Kenntnisse als auch Lernenden und Studierenden zur Aneignung eines breiten statistischen Methodenfundus nur nachdrücklich empfohlen werden. Aus der differenzierten Arbeit mit der Gesamtausgabe erschließt sich ihr konkreter, hilfreicher Wert und die Achtung vor der bewundernswerten Leistung des Autors, in differenzierter Kleinarbeit und durchgängig diese Verfahrenssammlung zusammengestellt und geordnet dargestellt zu haben. B. Krause (Berlin)
Sabrin, E . Th., Mancnso, J . C.: Schizophrenie: Medizinische Diagnose oder moralisches^Urt«il?[284 S. 15 X 22,5 cm. München — Wien — Baltimore: Urban und Schwarzenberg 1982. Paperback. „Schizophrenie ist ein moralisches Urteil und ist deshalb, wie alle moralischen Urteile, von der Zeit, Ort und Person abhängig, von den identifizierbaren sozialen Merkmalen der Menschen, die das moralische Urteil verkünden" (S. 1). Das ist die Grundthese der vorliegenden Monographie, die aus wissenschaftstheoretischen Betrachtungen und Analysen der experimentellen und empirischen Forschungen zur Schizophrenie engagiert zu be23
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gründen versucht wird. Konsequenterweise wird vorausgesagt, daß Schizophrenie verschwindet, sobald die Gesellschaft aufhört, jene Menschen als ,krank' zu betrachten und abzusondern, die Verhaltensabweichungen zeigen (S. 237). Die Auseinandersetzung mit dem Krankheitsmodell der Schizophrenie erfolgt sehr detailliert. Es wird dabei zutreffend auf viele methodische Fehlerquellen (z. B. unkontrollierte Variable) in den bisherigen Untersuchungen zur Schizophrenie verwiesen. Als Alternative wird ein kontextualistischer Ansatz zur Betrachtung abweichenden Verhaltens vorgeschlagen, der den sozialen Kontext der Verhaltensbewertung einbezieht. Das unerwünschte Verhalten (das als symptomatisch für Schizophrenie angesehen wird, wobei hier Unterschiede zwischen der US-amerikanischen und Auffassungen in anderen Ländern bestehen dürften) entsteht danach aus der Abwertung der sozialen Identität, einen sozialen Prozeß also, der von prüfbaren Umweltbedingungen abhängt. Totz der teils suggestiven Argumentationen fällt bald eine starke Einseitigkeit der Problemanalyse auf: Eine somatische Dimension psychotischen Geschens wird von vornherein ausgeschlossen und negiert. So führen hier die aus der naturwissenschaftlichen Vereinseitigung des Krankheitsmodells resultierenden (und meist auch erkannten) Unzulänglichkeiten des psychiatrischen Schizophreniemodells zur Ablehnung einer psychiatrischen Diagnostik überhaupt. Die Verabsolutierung dieses „antipsychiatrischen" Ansatzes hat weitgehend Ablehnung erfahren. Geblieben ist ihr rationaler Kern, wie er in umfassenden Diagnostik' und Therapiekonzepten der Sozialpsychiatrie enthalten ist. Auch wenn man nicht allen Argumenten folgen wir'd und Schlüssen zustimmen kann, bleibt das Buch bemerkenswert. Es fordert zur Auseinandersetzung heraus und regt zum Überdenken festgelegter Schemata an. F. Kukla (Berlin)
Hrsg.: Oerter, R . ; Montada, L. Entmcklungspsychologie— Ein Lehrbuch. X V I I I 918 S. mit zahlr. Abb. und zahlr. Tab. München — Wien — Baltimore: Urban & Schwarzenberg 1982. Urban und Schwarzenberg Psychologie. Paperback. Ausgehend von Studienbriefen für das Fernstudium erarbeiteten 12 Autoren die 15 Kapitel des vorliegenden Lehrbuches und entsprachen damit dem bemerkenswerten Aufschwung der entwicklungspsychologischen Forschung in den letzten Jahren und dem gestiegenen Bedarf nach einem breit in den Zugängen und Aspekten gestalteten Lehrbuch. In einem Einführungsteil (Kapitel 1) werden methodologische Herangehensweisen, historische Entwicklungslinien und aktuelle Trends dargestellt. Der Teil II (Kapitel 2 bis 5) ist nach Entwicklungsabschnitten gegliedert, beschreibt altersspezifische Phänomene und Probleme und hebt die Verflechtung verschiedener in der Entwicklung begriffener Funktionen hervor. Teil I I I (Kapitel 6 bis 9) ist ausgewählten Funktionsbereichen gewidmet und beschreibt die Herausbildung einzelner Funktionen als Grundlage für die Einschätzung des Entwicklungsstandes und für Entwicklungsinterventionen. Die Kapitel 10 bis 14 (Teil IV) behandeln Anwendungsfragen der Entwicklungspsychologie in verschiedenen Altersabschnitten und zeigen Einflüsse praktischer Problemstellungen auf die Grundlagenforschung auf. Im Teil V (Kapitel 15) sind Forschungsmethoden (Versuchspläne, Methoden der Datenerhebung und -auswertung) dargestellt. Ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis (60 Seiten) eröffnet den Zugang zur klassischen und modernen Literatur und ermöglicht auf der Grundlage zahlreicher Anregungen im Text ein weiterführendes Literaturstudium. Die Autoren meinen, den Forderungen an ein Lehrbuch gerecht zu werden, indem sie die verschiedenen konkurrierenden Theorieansätze beschreiben, dabei aber oft auf die Hervorhebung eines eigenen wertenden Standpunktes verzichten. Dabei werden marxistische Theorieansätze nur benannt, ihre Urheberschaft bei dialektischen Entwicklungstheorien wird nicht vermerkt. Daß ein sozio-kultureller Einfluß (S. 30) auf die Entwicklung zu beachten ist, wird angedeutet, bei den einzelnen Kapiteln jedoch nur wenig spürbar. Die in vielen Kapiteln zu findende Diskussion um die Grenzen der Generalisierbarkeit von Ergebnissen
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aus Laborexperimenten ist zwar sehr wichtig, aber auch ein Ausweichen vor der Forderung an die Entwicklungspsychologie, die Wirkung konkret gesellschaftlicher Bedingungen auf die Entwicklung zu einem substantiellen Bestandteil ihrer Forschungsmethoden und Theorien zu machen. ,
H. Sydöw (Berlin)
Lernziel Verständigung— Dialogprinzip und Difclogverhalten.jHrsg. F. Scheidt. 205 S. München — Basel: Ernst Reinhardt Verlag 1982. Leinen gebunden. Mit dem Buch wird eine Artikelsammlung vorgelegt, die den Rahmen und die Bedingungen derjenigen Prozesse umreißt, die für die Realisierung des Lernziels „Verständigung" bedeutsam sind. Zu erlernen „sich zu verständigen" ist dabei sowohl ein allgemeines Ziel gesellschaftlichen Lebens als auch ein spezifisches Verhaltensmuster in pädagogischen Prozessen. Dies wird durch den Untertitel „Dialogprinzip und Dialogverhalten" gekennzeichnet, der sowohl die Prinzipien des auf Verständigung gerichteten Dialoges als auch die Problematik der dafür förderlichen oder hinderlichen Verhaltensweisen in den Gegenstandsbereich der Untersuchungen rückt. Dies wird damit zu einer interdisziplinären Problematik, in die Erkenntnisse aus der Psychologie, Philosophie, Pädagogik und Soziologie einfließen. Die 8 Beiträge des Buches sind in 3 thematische Abschnitte gegliedert: I) Phänomen und Bedeutung der Verständigung In diesem Abschnitt wird Verständigung von Dieterich unter psychologischem Aspekt in die Komponenten Kommunikant, Gegenstand und Inhalt der Kommunikation, Verständigungsprozeß und Ziel und Zweck der Kommunikation zerlegt, die im einzelnen diskutiert und an pädagogischen Beispielen demonstriert werden. Wesentlich ist die Feststellung, daß Verständigung sowohl im inter- als auch im intrapersonellen Bereich mißlingen kann, wobei letzteres zu neurotischen Erscheinungsformen in der Persönlichkeitsentwicklung führen kann. Lückert kennzeichnet Verständigung als „vernunftgeleitete Kommunikation" und diskutiert „Axiome " der Kommunikation. Scheidt schließlich widmet sich den kognitiven Aspekten der (schulischen) Werterziehung. Gegenstand sind diejenigen Lernprozesse, die Heranwachsende befähigen sollen, selbständig moralisch urteilen und handeln zu können. II) Voraussetzungen und Grenzen des ethischen Dialoges Der Beitrag von Kleinknecht ist dem Begriff ethischer Erkenntnis gewidmet und beschreibt den Weg solcher Erkenntnis (auf der Grundlage der Methode der Abstraktion). Westermann beschäftigt sich mit der Frage „Warum moralisch handeln?". III) Erziehen und Unterrichten als Verständigungsprozeß v Hier behandelt Singer die Problematik der Verständigung in schulischen Konfliktsituationen und demonstriert ihren Effekt in der Einheit mit Verstehen an ausgewählten Beispielen des Schulunterrichtes. In dem Beitrag über kommunikative Kompetenz und Interesse entwickelt Müller das Konzept einer „kommunikativen Didaktik", bei der das schulische Lernen und der „Lebenswelt des Schülers" in Zusammenhang gebracht wird. Schröder behandelt die Bedeutung der Persönlichkeitsreife des Lehrers für den Verständigungsprozeß und zeigt, daß Bestimmungsmerkmale der Persönlichkeitsreife in direktem Zusammenhang zur Fähigkeit des pädagogischen Handelns stehen. Insgesamt umreißt das Buch einen sehr komplexen Phänomenbereich, der durch die instruktiven und theoretisch begründeten Abhandlungen deutlich akzentuiert wird, wobei natürlich einige Aussagen durch das bürgerliche Gesellschaftsbild geprägt sind. Trotzdem erschließen die Darstellungen einen fruchtbaren Hintergrund, der für Kommunikationswissenschaftler von großem Interesse sein dürfte. Dabei wird sowohl eine gute Übersicht über die Problematik als auch eine anregende Tiefe in den behandelten Einzelproblemen erreicht. Damit dürfte dieses Buch sowohl zur Einarbeitung in das Themengebiet als auch für diesbezügliche Spezialisten mit Interesse zur Kenntnis genommen werden. B. Krause (Berlin) 23*
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Hrsg.: Hacker, W., Volpert, W. und V. Cranach, M. Cognitive and Motivational Aspects of Action. 173 S. mit 65 Abb. und 25 Tab., Amsterdam: North-Holland Publishing Company 1982. XXIInd International Congress of Psychology, Leipzig GDR July 6—12,1980. Preis 44,— US. $ Der vorliegende Band reiht sich ein in die Sammlung der Berichte über den X X I I . Internationalen Kongreß für Psychologie in Leipzig. Ausgewählte Vorträge und einschlägige Beiträge sind aufgenommen. In dem Band wird der Versuch unternommen, kognitive und motivationale Aspekte zielgerichteten Handelns darzustellen, ein Thema, dessen Bedeutung seit langem erkannt und das nach wie vor hoch aktuell ist. Im Buch sind Beiträge von Heckhausen, Hacker. Dörner, Volpert, v. Cranach, Kalbermatten, Kühl, Gjesme, Oesterreich, Stadler, Wehner, Brichcin, Wolff, Freier, Huybrechts, Seifert, Bolotova, Raum, Matern und Plath aufgenommen. Den Herausgebern geht es darum, Forscher der motivationalen und der kognitiven Aspekte zielgerichteten Handelns zusammenzuführen. Die wechselseitige Ergänzung kommt in der Aufspaltung des Motivationskonstruktes unter Nutzung kognitiver Aspekte der Handlung und in der Entdeckung motivationaler Bedeutung kognitiver Aspekte von Handlungen zum Ausdruck. Dabei beziehen die Untersuchungen sowohl Ergebnisse der Grundlagenforschung ein wie solche des Wahrnehmens, des Problemlösens und der Kommunikation und strahlen aus bis hin zu nützlichen Anwendungen, wie Verhütung von Über- und Unterforderung, Berücksichtigung von Problemen der Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie und des Lernens. Die Herausgeber wollen mit diesem Symposiumsband Forschungsgruppen unterschiedlicher Herkunft ins Gespräch bringen. So charakterisiert das Buch den Stand der Forschung: die Vielfalt der Zugänge zur Analyse zielgerichteten Handelns. Eine Koordinierung oder Integration der Beiträge wurde gar nicht erst versucht. Offenbar ist der Zeitpunkt dafür noch zu früh. W. Krause (Berlin) Alexa Franke: Klienten-zentrierte Gruppenpsychotherapie. Verhaltensmodifikation, Diagnostik, Beratung, Therapie. Hrsg.: H. Bommert; St. Schmidtchen. 150 S. Stuttgart: W. Kohlhammer 1978. Kartoniert. DM22,00. Die Autorin schließt ihre Darstellung mit dem Resümee: ändert sich meines Erachtens nichts an dem bisherigen traurigen Fazit, daß die Klienten- zentrierte Gruppenpsychotherapie zur Zeit nicht als effektive Methode empfohlen werden kann.", was den aufmerksamen Leser nicht verwundert, denn bereits im Vorwort, aber auch in den sehr ausführlichen historischen und theoretischen Präliminarien zur eigentlichen Untersuchung klingen resignative Töne durch. Auch wenn dabei immer wieder erklärt wird, daß dieses negative Ergebnis stimulierend auf die Erforschung und Weiterentwicklung der „Klientenzentrierten Gruppenpsychotherapie" wirken soll, wird das Hauptziel der Arbeit deutlich, wenn sie klarstellt: „Dabei halte ich die kritische Reflexion dieser Ergebnisse nicht nur für wichtig, um der Gruppeneuphorie einen Dämpfer zu geben . . ." Die Arbeit selbst hat ihre Stärke im umfassenden theoretischen Teil, der scheinbar umfassend die Literatur zur „ Klienten-zentrierten Gruppenpsychotherapie" widerspiegelt. Dabei werden auch Querverbindungen zur Gruppenpsychotherapie überhaupt dargestellt, wobei die Autorin auf nur 6V2 Seiten meint, ausreichend Literatur gefunden zu haben, um festzustellen, daß Gruppenpsychotherapie hoffnungslos jeglicher theoretischer Grundlagen entbehre. Diese Ausführung muß in jeder Hinsicht als mißglückt gelten und sollte bei Wiederauflagen eliminiert werden, da hierzu offenbar nicht die notwendige Fachkompetenz vorliegt (S. 20—26). Die dem Thema zugehörigen Kapitel sind äußerst aufschlußreich, weil sie interessante Schlaglichter auf die Entwicklung der Gesprächspsychotherapie werfen und deutlich machen, daß Rogers immer ein Verfechter der Gruppentherapie war. Der empirische Teil ist methodisch scheinbar exakt aber nicht fehlerfrei und zeigt ein Untersuchungsdesign mit zwei Behandlungsgruppen (Einzel- vs. Gruppentherapie) und Fremd-Kontrollgruppe mit einer 4-Punkte-Meßung bei einem Follow-up von einem halben Jahr. In die Untersuchung gingen 93 Studenten ein. Als Meßmittel dienten das FPI, das POI, der S F K (Strauss) das LPS (Horn) sowie ein eigener Gruppenfra gebo gen.
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Während die Meßergebnisse einer Vielzahl von mathematischen Analysen unterzogen werden, erfährt man wenig über die Art, Inhalte, Prozeßmerkmale der eigentlichen Therapie und kaum etwas über die Therapeuten. Das Follow-up nach nur 6 Monaten wurde brieflich abgewickelt. Es ist sicher kompliziert, saubere, methodisch-exakte Studien mit Generalisierungseffekt vorzulegen. Die Psychotherapieforschung befindet sich eben noch in einem hypothesengenerierenden Stadium. Dann ist es aber auch erforderlich, vorsichtige (!) Schlüsse aus nicht replizierten Studien zu ziehen. An dieser Stelle überzieht Alexa Franke und schlußfolgert Dinge, die aus einer solchen Studie nicht zu schlußfolgern sind. Andererseits hätte aber ein dialektisch denkender Mensch das Ergebnis vorhersagen können, denn noch nie hat es funktioniert, sich selbst Gewalt anzutun und dort Ergebnisse zu zaubern, wo man sie nicht wünscht. H. Eichhorn (Ueckermünde) M. Holm-Hadulia: Psychologische Aspekte der Krebserkrankung. Hrsg. Annemarie Dtihrssen. 121 S. Göttingen: Yerlag für Medizinische Psychologie. 1982. Vandenhoeck & Ruprecht. Kartoniert. Das vorliegende Büchlein versucht teilzuhaben an der Errichtung von Buhnen, die den mächtigen Strom der biologistischen Krebsforschung bahnen wollen, um zur integrativen Betrachtung von biologischen, psychischen und sozialen Faktoren auch bei der Krebskrankheit zu gelangen. Wenn nach Bräutigams Aussage im Vorwort die Krebserkrankung „nach wie vor die Herausforderung für die medizinische Wissenschaft und die ärztliche Versorgung der Gegenwart" darstellt, dann sollte wirklich jeder Versuch, festgefahrene Forschungskarren flottzukriegen, genutzt werden. Der Autor wählt folgenden Ansatz: Patientinnen mit einem suspekten cytologischen Portio-Abstrich wurden vor der weiteren Organdiagnostik einer Psychodiagnostik mit Rorschach-Test, F P I und einem eigenen Fragebogen mit 49 Alternativitems untersucht und die Ergebnisse nach erfolgter Abklärung des Organbefundes diskutiert. Es zeigte sich dabei — wie schon bei anderen Autoren — daß es möglich ist, Krebskranke zu psychodiagnostizieren. Sie sind besonders durch den Fragebogen von Holm- Hadulla mit hoher Signifikanz bezüglich folgender Eigenschaften erkennbar: — Körperliches Entfremdungserleben; — vorangegangener Objektverlust; — — unerfülltes Sexualleben; — emotionale Isolation; — altruistische Opferbereitschaft; — Konfliktscheu; — resignative Grundhaltung. Diese Befunde, die — wie geschildert — nicht als erlebnisbedingte Reaktion auf das Krankheitsgeschehen verstanden werden dürfen, sind in vielerlei Studien als typisch für Krebskranke beschrieben worden. Welche Bedeutung (und ob überhaupt) sie für das Krankheitsgeschehen haben, ist unklar. Es wäre wichtig, wenn solche Befunde von den eigentlichen Krebsforschern zur Kenntnis genommen würden, um sie in umfassendere Forschungsstrategien zu integrieren. Vorsichtig resümiert der Autor seine durchaus bescheidene Studie: „Vielleicht läßt sich in der individuellen Ausprägung, Ausgestaltung oder evtl. Änderungen dieser beschriebenen Befindlichkeiten auch ein Teil der bisher unbeantworteten Fragen nach langsamem oder schnellem Wachstum der Neubildung oder sogar das Überleben von Patienten mit schlechtester Prognose erklären". H. Eichhorn (Ueckermünde) Progress in Cybernetics and System Research Volume VIII: General System Methodology, Mathematical System Theory, Fuzzy Sets. Hrsg.:Trappl, R . ; Klir, G. J . ; Pichler, F . R. X I V 529 S. mit Abb. und Tab., 2 8 x 2 1 , 5 cm. Washington — New York — London: Hemisphere Publishing Corporation 1982. Gebunden $ 88.00. Der Band enthält insgesamt 71 Beiträge des 5. Europäischen Treffens für Kybernetik und Systemanalyse, das 1980 in Wien stattfand. Diese Vorträge wurden in drei Symposien „Mathematische Systemtheorie", „Allgemeine Systemanalyse" und „Unscharfe Mengen" der insgesamt 16 Symposien gehalten. In der Einführung zum Sammelband weist Arbib auf den wachsenden Einfluß der kybernetischen Denk-
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weise auf viele Naturwissenschaften hin. Die sich ständig erweiternden rschentechnischen Möglichkeiten, mathematische Modelle und Algorithmen zu überprüfen und der Ausbau von Rechnerkopplungen zu öffentlichen Kommunikationsnetzen unterstützen diesen Trend. Der Abschnitt „Allgemeine Systemmethodologie" bietet dem Leser einen methodischen Brückenschlag über mehrere Wissenschaften. So versuchen Tretter und Maarschaik, Gemeinsames im Ansatz von biologischen, psychologischen und soziologischen Modellen herauszuarbeiten. Sierrock und Tchorn widmen sich der mathematischen Beschreibung des analogen Schließens. Der Frage „Was leistet die Katastrophentheorie bei der Identifikation von allgemeinen Systemen? geht Jumarie nach. Der Abschnitt „Mathematische Systemtheorie" wird durch F. Pichler eröffnet, in dem er einen Beitrag zum Selbstverständnis dieses wichtigen Zweiges der Kybernetik leistet. Dabei grenzt er die mathematische Systemtheorie von der angewandten Mathematik und der Operationsforschung ab und faßt erstere als einen Versuch auf, eine gut organisierte Sammlung unterschiedlichster Methoden zur Problemlösung in den verschiedensten wissenschaftlichen Gebieten zur Verfügung zu stellen. Diese Auffassung findet der Leser in dem Spektrum der weiteren Artikel, auch in jenem der Artikel, die unter der Überschrift „Unscharfe Mengen" eingeordnet wurden, vollauf bestätigt. Die breite Palette von Modellansätzen für kontinuierliche, diskrete und unscharfe Systeme offenbaren den Wissenszuwachs und die aktuellen Probleme der kybernetischen Forschung. Es werden Transformationen zur Signalanalyse (Walsh- und Fouriertransformation) hinsichtlich ihres Berechnungsaufwandes verglichen und für mehrere Dimensionen erweitert. Für die in der psychologischen Forschung bisher wenig genutzten nichtlinearen Modelle werden Algorithmen zur Parameteridentifikation und Schätzung diskutiert. Weiterhin stellen vier Autoren Verfahren zur Zeitreihenanalyse in Zeit- und Frequenzbereich vor. Insgesamt gesehen bietet der Band für den in der psychologischen Forschung tätigen Leser einen wertvollen Einblick in den Stand gegebenenfalls nutzbarer mathematischer Methoden zur Modellierung und Simulation experimentell erhaltener Daten. R. Schmitt (Berlin) Tolle, R. unter Mitarbeit von Lempp, R . : Psychiatrie. 6. neuverfaßte und erw. Aufl., XIII. 433 S. mit Abb. und Tab., 17 X 24 cm. Berlin - Heidelberg - New York: Springer-Verlag 1982. Geheftet 48,- DM, An der inhaltlichen Gestaltung von Lehrbüchern kann man den Stand einer medizinischen Wissenschaft am besten ablesen, wenn man berücksichtigt, daß neue Richtungen in Lehrbüchern erst ein Jahrzehnt später eingearbeitet werden. Tölle hat auch im Titel seinen verstorbenen Mitautor Schulte verlassen. Der jetzige „Tölle", immerhin in der 6. und zwar neuverfaßten Auflage, bringt die Kinderpsychiatrie nicht als ein eigenes Kapitel, sondern hat ihre Themen in die einzelnen Kapitel integriert. Eine allgemeine Psychopathologie gibt es als besonderes Kapitel nicht. Auch hier ist zumindest der Versuch der Einarbeitung in die Krankheitskapitel erfolgt. Die Psychosen stehen nicht mehr am Beginn eines PsychiatrieLehrbuches. Das Inhaltsverzeichnis zeigt die Reihenfolge Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Suicidhandlungen, Sexualstörungen, Sucht, Wahn, Wahnentwicklungen, Schizophrenien, andere Psychosen wie Hirnkrankheiten. Der Versuch wird ersichtlich, Psychiatrie nicht mehr als eine zu katalogisierende Folge von Krankheitszuständen zu kennzeichnen. Es soll die Abhängigkeit der jeweiligen Symptomenbilder von den unterschiedlichsten Teilen eines mehrdimensionalen, sprich auch Persönlichkeits- und entwicklungsbedingten Denkens gezeigt werden. So wurde der Begriff der Psychopathie völlig aufgegeben und statt dessen die allgemeinen und speziellen Formen von Persönlichkeitsstörungen in ihrer sozialen Gebundenheit geschildert. Daß die geschilderten Gedanken nicht durchgängig eingehalten werden können — oder zumindest noch nicht —, merkt man an Kapiteln wie Alterspsychiatrie. Trotz Anmerkungen über soziale und Persönlichkeitsfaktoren fehlt eben doch die Grundlage einer Entwicklungs- und Sozialpsychologie des alternden und alten Menschen, um die mannigfachen neurotischen, erlebnisreaktiven und sonstigen Erlebens- und Versagenszustände zu kennzeichnen. Obwohl ein Lehrbuch für Studenten nicht zu viel an neuartigen Denkansätzen bringen kann, so sollte der heutige Student lernen, von der Bevorzugung des klassifizierenden Denkens abzukommen. H. Szewczyk (Berlin)
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Progress in Cybernetics and System Research Volume X. Hrsg.: Trappl, E . ; Tomlinson, £ . ; F . de P. Hanika. 562 S. mit Abb. und Tab., 28x21,5 cm. Washington — New York — London: Hemisphere Publishing Corporation 1982. Gebunden. Der Band enthält 73 Beiträge des „V. Europäischen Treffens" der Kybernetiker und Systemforschet, das 1980 in Wien stattfand. Die Beiträge sind in acht Abschnitten eingegliedert und enthalten ein breites Spektrum von Ideen und Lösungen, die primär auf sozioökonomische Probleme zugeschnitten sind. Das weitere Eindringen der Rechentechnik auch in diese bisher vernachlässigten Gebiete wird deutlich. Für Leser, die auf psychologischem, insbesondere ingenieurpsychologischem Gebiet arbeiten, dürften besonders die Artikel von Interesse sein, die sich mit der Schnittstelle zwischen sozialen und technischen Systemen beschäftigen. In dem Beitrag von Honkasalo wird aus einer kritischen Sicht der gegenwärtig existierenden Mensch-Maschine Systeme versucht, den Nachweis zu erbringen, daß unterschiedliche Techniken, z. B. gründliche Arbeitsstudien, zur Veränderung des gesamten Produktionsprozesses führen. Im Rahmen der Mensch-Maschine-Kommunikation fällt dem Rechner immer mehr die Rolle eines aktiven Partners zu. Blach und Wasniowski diskutieren Rechnersysteme, die das sogenannte Expertenwissen speichern und für Trendberechnungen und Entscheidungshilfen elegant bereitstellen. Ob das System im Rahmen von ökonomischen, ökologischen, medizinischen oder psychologischen Fragen genutzt wird, bleibt unerheblich. Daß nicht jede Information in Betrieben oder Institutionen einen optimalen Weg geht und häufig Mitarbeiter mit redundanten Fragen belästigt werden, ist der Ausgangspunkt eines Versuchs von Martin, mittels Rechentechnik den Informationsfluß sinnvoll zu reduzieren, zu vereinfachen oder zumindest geeignet zu steuern. Insgesamt gesehen sind die zentralen Themen dieses Bandes die stark rechentechnisch unterstützte Behandlung von Informationen, die Modellbildung und Simulation von Planungs- und Steuerungsprozessen und der rechentechnische Einfluß in der Organisation der Wissenschaftsstrategie. Die in diesem Band dokumentierte kybernetische Herangehensweise an die gesetzten Ziele dürfte für Naturwissenschaftler, Ingenieure und Mathematiker gleichermaßen wertvolle Erkenntnisse vermitteln. Der Wunsch, auch auf sozial-ökonomischem Gebiet mathematische Modelle nutzbar zu machen und die Rechentechnik sinnvoll einzusetzen, ist zumindest offenkundig. R. Schmitt (Berlin)
Psycholinguistic Studies in Language Processing. Hrsg.: Eickheit, G. und Bock, M. VIII/305 S. Abb. undTab., 16,5 X 24 cm. Walter de Gruyter & Co. 1983. Research in Text Theory, Vol. 7. Gebunden 124,—DM. Das Buch ist der Bericht einer Tagung zum Thema „Semantics as a Basis for Understanding", die im Mai 1981 am Zentrum für interdisziplinäre Forschungen der Universität Bielefeld stattgefunden hat. Wenn auch der Titel den Inhalt des Bandes ein wenig verkantet wiedergibt, etwas Seltenes ist hier doch gelungen: ein offenes Problemgebiet relativ geschlossen abhandeln zu lassen und zu sichern, daß so sehr verschiedene Autoren der Thematik des Rahmens und nicht nur ihren Ideen folgen. Sagen wir besser: fast alle Autoren. Auf manches, worauf einzugehen sich lohnte, muß verzichtet werden. Wir wollen Beispiele auswählen: Unter den „Problems of Meaning" (Teil 1) die (vermutlich und leider) letzte Arbeit des bedeutenden Sprachpsychologen Hans Hörmann. Der Begriff des mentalen Wörterbuches wird von ihm thematisiert, die Unhaltbarkeit abgeschlossener Merkmalssätze für Worte (Begriffe), die Unzulänglichkeit vorliegender Modelle (Katz & Fodar, AI-Definitionen, Netzwerksansätze) werden an Beispielen demonstriert. Die Grundidee: Die Bedeutungskonstituenten der Worte (Begriffe) hängen vom Kontext ab. Ähnlichen Überlegungen sind die Arbeiten von Strube und Marx gewidmet. Bei Strube steht der Selektionsaspekt (filtermechanism) für momentan relevante Bedeutungskomponenten im Vordergrund, bei Marx der Einfluß von Adjektiven auf die Bedeutungskonstituenten der Substantive. (Arbeiten von Wichter und Bock behandeln intra- sowie interindividuelle Unterschiede von (extensional gefaßten) Wortbedeutungen bzw. die sehr stabile Interpretation von akustischen Signalen.)
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Schnelle's Thema liegt außerhalb dessen, was der Buchtitel deckt: Petri-Netze, Sprachproduktion und -verstehen werden von einem Automatenmodell-Ansatz aus betrachtet. Im Teil 2 (Satzverarbeitung) seien Le Ny und Mitarbeiter sowie Engelkamp-Zimmer hervorgehoben. Le Ny behandelt einen recency effect bei der Satzverarbeitung als Funktion der Arbeitsweise des Kurzzeitgedächtnisses; Engelkamp-Zimmer die Rolle von Aufmerksamkeits-foci im Satzverstehen und beim Satzproduzieren (mit interessanten Unterschieden bei Aktiv- und Passivsätzen). Textverarbeitung der dritte Teil: Wie die Lerneinstellung zum Text die mentale Repräsentation beeinflußt (Schnotz), daß propositionale Zyklen beim Textlernen mit dem Übungsanstieg abnehmen (Weingarten/Rickheit/Strohner), Wechselwirkungen zwischen konkordanten Bild-Text-Aussagen oder Interferenzen bei diskordanten (Bock und Jörg) und schließlich zwei mehr methodologische Betrachtungen: Was ist und welches sind die Kriterien für Textverstehen? (Heringer und Petöfi in zwei getrennten Abhandlungen.) Aktuelle Themen alles, Werkstattberichte zum großen Teil, Abgeschlossenes kaum. Wichtig für den aufs Aktuelle ausgerichteten Leser ist die schon eingangs angedeutete, vielerorts aufscheinende Tendenz: Die enthusiastischen Erleuchtungshymnen für linguistisches Denken in der Psychologie sind einer gewissen Ernüchterung gewichen. Es ist allenthalben deutlich geworden, daß interne Fragen nicht vom externen Standpunkt aus beantwortet werden können. Überhaupt entsteht die Frage, wieweit eine Theorie der Sprache notwendig ist zum Begreifen des Sprachbenutzers. Man muß die Formel eines Kreises nicht kennen, um einen Kreis erkennen zu können. Muß man die Theorie der Sprache kennen, um Sprachverstehen erkennen zu können? Diese Thematik, scheint dem Rezensenten, schwingt ganz unausgesprochen in Hintergründen mit, die dieses Buch — wie auch andere der sprachpsychologischen Gegenwart — hervorgebracht haben. F. Klix (Berlin)
Mittenecker, E . : Planung und statistische Auswertung von Experimenten: Eine Einführung für Psychologen, Pädagogen und Mediziner. 10. Aufl. mit 213 + V I I I S. 18 Abb. und 63 Tab., 2 3 x 15,3 cm. Wien: Franz Deuticke 1983. Brosch., Kunstst. 248.00. Mittenecker's „Planung und statistische Auswertung von Experimenten" zählt zu den klassischen Lehrbüchern der angewandten Statistik. Seit seiner 1. Auflage 1952 hat es zahlreichen Anwendern statistischer Methoden als Lehr- und Nachschlagewerk gedient und ist bei der Erarbeitung vieler weiterer Werke hinzugezogen worden (vgl. z . B . Clauss/Ebner: Grundlagen der S t a t i s t i k . . . , Vorwort). Die vorliegende Ausgabe ist ein korrigierter Nachdruck der 9., überarbeiteten Auflage. Der Autor stellt sich das Ziel, auf kanpp 200 Textseiten und unter weitgehendem Verzicht auf rein formale Ableitungen den engen Zusammenhang zwischen Fragestellung, Versuchsplanung und Auswertung bewußtzumachen. 65 ausführliche und nachvollziehbare Beispiele unterstützen didaktisch hervorragende Einführungen in die für den Anfänger meist so schwer verständlichen Probleme der Signifikanz, der Freiheitsgrade, der Stichprobenverteilungen usw. Mittenecker behandelt nach einer kurzen Darstellung der deskriptiven Statistik mit Einführung in die Problematik von Stichprobe und Stichprobenfehler v. a. Stichproben qualitativer und quantitativer Variablen (Kap. 4,5), die einfache Korrelation (Kap. 7,8), die Varianzanalyse (Kap. 6,10), korrelierende Stichproben (Kap. 9) und nichtparametrische Tests (Kap. 11), wobei immer wieder explizit auch der Fall kleiner Stichproben untersucht wird, der v. a. in der klinischpsychologischen Forschung so häufig anzutreffen ist. Mit Formelverzeichnis, Sachregister und ausführlichem Tafelanhang incl. einer Übersicht zu Signifikanztests ist dieses Buch auch in der 10. Auflage unmittelbar in der (statistischen) Praxis nutzbar. Seit einigen Jahren wird verstärkt die Diskussion um den generellen Nutzen der Prüfstatistik geführt und die sinnvolle Verwendung ihrer Standardverfahren in Frage gestellt. Der Rezensent stimmt dem Autor (S. V) zu, daß die Konsequenz sicher nicht der völlige Verzicht auf solche Verfahren sein kann. Dennoch wäre es für die nächste Auflage wünschenswert, wenn diese Diskussion (z. B. Statistische vs. praktische Signifikanz) sich stärker als nur im Vorwort niederschlagen würde und so dem Studierenden oder Praktiker den Einstieg in die Originalarbeiten erleichtern würde. Die Behandlung verschiedener
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Rechenerleichterungen und Schnelltests für die nichtmaschinelle Berechnung bestimmter Maßzahlen und Prüfgrößen (z. B. S. 15, 72, 104) hält der Rezensent dagegen wegen der heute problemlosen Nutzung moderner EDYA für überflüssig. Noch eine Anmerkung für die nächste Auflage: Bei der Einführung der Stevensschen Einteilung in Ordinal-, Intervall- und Verhältnisskalen (S. 6) trifft die Kennzeichnung „Neuerdings" nicht (mehr) zu. Abschließend ist festzustellen, daß der um eine Einführung bemühte Leser das oben angeführte Ziel erreichen wird. Mittenecker's Lehrbuch bleibt eines der Standardwerke zur angewandten Statistik, dessen Lektüre jedem Studierenden und Praktiker empfohlen werden kann. H. Schmidt (Leipzig)
Schönpflug, W., unter Mitwirkung von Koch, 6 . : System Mensch. Studientext zur Einführung in die Psychologie. 250 S. mit 180 Abb. 20x22,5 cm. Stuttgart: K l e t t - Cotta 1977. Kartoniert 22,- DM. Das Interesse an der Psychologie bzw. an psychologischen Fragestellungen hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. „System Mensch" will im Sinne einer Einführung in die Psychologie einem breiten Leserkreis, der sich mit derartigen Problemen beschäftigt, zu einer allgemeinen Orientierung verhelfen. Was versteht man unter Psychologie, welche Fragen, Ergebnisse, Theorien gibt es, und welche Anwendungsmöglichkeiten existieren? Zu diesen und anderen Problemen nimmt W. Schönpflug in allgemeinverständlicher, aber stets doch auch wissenschaftlich präziser Weise Stellung. Ausgehend von konkreten und prägnanten Fallstudien leitet er zu gewonnenen psychologischen Erkenntnissen über und gibt Antwort auf die genannten Fragen. Das Buch ist in einzelne Kapitel unterteilt, die aufeinander aufbauen. Dabei werden Grundprobleme psychologischer Forschung und Anwendung aufgegriffen, wie: theoretische Grundpositionen in der Psychologie; Wahrnehmen und Erkennen; Informationssuche und -auswahl; Handlung und Sprache; Motivation; Gedächtnis; Denken und Problemlösen; Lohn und Strafe; Gefühle. Jedes Kapitel ist in einzelne Abschnitte untergliedert, die nach steigender Schwierigkeit aufgebaut wurden. Dadurch sind auch Leser mit umfassenderen Vorkenntnissen angesprochen. Am Ende jedes Kapitels führen Problemfragen über die Darstellung des Textes hinaus und hin zu aktuellen Problemen und kontrovers diskutierten Aspekten, sie regen zum Weiterdenken und kritischen Überprüfen an, markieren Gebiete, in denen sich Erkenntnisfortschritt in der Psychologie vollzieht. Eine Vielzahl von Fotografien und Graphiken veranschaulichen die dargestellten Sachverhalte und tragen zum Erkennen der Schwerpunkte bei. Durch die Wissensfragen, die der Leser nach dem Studium der Kapitel jeweils vorfindet, kann er selbst überprüfen, ob der Inhalt des Kapitels verstanden ist. Der flüssige Stil und die anregende Problemdarstellung tragen zum guten Verständnis bei. „System Mensch" ist ein überzeugender Ausdruck der großen Erfahrung und der wissenschaftlichen Kompetenz des Autors auf den behandelten Gebieten der psychologischen Forschung und Lehre. Der Leser spürt die Freude und das Interesse, das Schönpflug der Psychologie als Wissenschaft entgegenbringt. Der Rezensent heißt aus eigener Lehrerfahrung auf dem Gebiet der Allgemeinen Psychologie das vorliegende Buch als informative und motivierende Einführungsliteratur für Studenten und als anregenden Ratgeber willkommen. /
Elke van der Meer (Berlin)
System Mensch. Beispiele aus der psychologischen Fachliteratur. Ein Beader. Hrsg.: Sch5npflug, W. 175 S. mit 48 Abb. und 26 Tab., 20x22,5 cm. Stuttgart: K l e t t - Cotta 1977. Kartoniert 17,- DM. Der Studientext „System Mensch — Einführung in die Psychologie" wird untersetzt durch einen von W. Schönpflug zusammengestellten und eingeleiteten 2. Teil „System Mensch — Beispiele aus der psychologischen Fachliteratur".
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I n diesem Sammelband findet der Leser eine Auswahl von 26 Artikeln aus psychologischen Fachze itschriften, die die Methoden, Besonderheiten und Entwicklungsspezifika psychologischer Forschung der letzten 20—25 J a h r e widerspiegeln. Die Artikel sind den 13 Themenkomplexen des Einführungstextes zugeordnet. Darunter finden sich viele Arbeiten bekannter Fachvertreter. Als Untersetzung des K a p i t e l s „Gedächtnis" sind beispielsweise ein berühmt gewordener Aufsatz von G. A. Miller „The magical n u m b e r seven, plus or minus t w o : Some limits on our capacity for processing information" aus dem J a h r e 1956 und ein Artikel von G. H. Bower „How to . . . uh . . . remember!" von 1973 aufgenommen. Die ausgewählten Arbeiten kennzeichnen die Vielfalt psychologischer Fragestellungen, Methoden und Theorien und weiten somit den Blick für den komplexen Gegenstandsbereich der Psychologie. Durch die ausnahmslos deutschsprachige, z. T. gegenüber dem Original leicht gekürzte Textdarstellung bereitet das Studium der Literatur auch Anfängern keine unüberwindlichen Schwierigkeiten. Dadurch wird dem Leser der Zugang zu Schwerpunkten der behandelten Thematik möglich. Die Hinweise für weiterführende Literatur erleichtern das tiefere Eindringen in das Fachgebiet und vermitteln vielfältige Anregungen für die Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen psychologischer Forschung und der Auswahl geeigneter wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden. Damit ist diese Sammlung von Beispielen aus der psychologischen Fachliteratur eine wertvolle E r gänzung und Bereicherung des Studientextes zur Einführung in die Psychologie. Elke van der Meer (Berlin)
Markovä, I . : P a r a d i g m a , T h o u g h t , and Language. 229 S. mit 15 Abb. und 2 Tab., 1 5 , 5 x 2 3 , 5 cm. Chichester — New Y o r k — Brisbane — Toronto — Singapore: J o h n Wiley & Sons 1982. Kunstleder 15.95 f . Denken und Sprache zählen zu den kognitiven Prozessen. Dabei handelt es sich um Prozesse der Widerspiegelung von Eigenschaften der objektiven Realität in psychischen Vorgängen, d. h. um Erkenntnisprozesse. Ein Forschungsschwerpunkt der Allgemeinen Psychologie ist die Analyse von Gesetzmäßigkeiten dieser Erkennntnisprozesse. Dabei wird zum einen nach dem Inhalt von Erkenntnisprozessen gefragt, d. h. nach den Eigenschaften der Realität und ihrer Repräsentation im Gedächtnis. Zum anderen wird die Struktur dieser Prozesse untersucht, d. h. die Art und Weise der Widerspiegelung der R e a l i t ä t im menschlichen Bewußtsein, die durch Struktureigenschaften des Zentralnervensystems bedingt und Ausdruck von Lernprozessen ist. Die Auffassung und Interpretation dieser Probleme basiert ganz wesentlich auf weltanschaulichen Grundpositionen. Die Autorin des vorliegenden Buches unternimmt nun den Versuch, philosophische und methodologische Grundannahmen, denen ausgewählte Vertreter der modernen kognitiven Psychologie und Psycholinguistik verhaftet sind, zu analysieren und die daraus erwachsenden Konsequenzen für die Untersuchung und Interpretation psychologischer Phänomene zu kennzeichnen. Dabei stellt sie zwei Weltbilder gegenüber: das des 17. und beginnenden 18. und das des 19. J a h r h u n derts, von ihr als Cartesianisches und Hegelianisches System charakterisiert. Kennzeichnend für die erste Periode ist die Auseinandersetzung zwischen dem Empirismus, der Lehre vom erfahrungsmäßigen Ursprung aller Erkenntnisse, und dem Rationalismus, der die Erkenntnisse aus dem reinen Denken ableitete. K a n t bemühte sich um eine Aufhebung dieses Gegensatzes, indem er den Anteil von empirischer Erfahrung und reiner Verstandestätigkeit an der Erkenntnis zu bestimmen suchte (Kritizismus). Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang seine Auffassungen über die aktive und schöpferische Rolle von Gedächtnis und Denken beim Erkennen. Charakteristisch für die zweite Periode ist die idealistische Philosophie Hegels. Für ihn ist die Entwicklung der objektiven Welt die stufenweise Entfaltung und Selbsterkenntnis der „absoluten Idee". I n dieser idealistisch verkehrten Form hat er jedoch wesentliche Aspekte der Dialektik des Erkenntnisprozesses bestimmt. Das betrifft u. a. Ansätze bzgl. der bedeutsamen Rolle der Praxis für das Erkennen und die historische Bedingtheit von Erkenntnisprozessen. Markova stellt beide Traditionen I z g l . ihrer Auffassungen über die Natur von Denken und Sprache gegenüber: Erkennen als passiver, statischer Vorgang im Kopf des isolierten Individuums bzw. als
Buchbesprechungen
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aktiver, dynamischer Prozeß von gesellschaftlich verankerten Individuen. Diese Gegenüberstellung erscheint nicht immer begründet, wie schon bei den Auffassungen Kants deutlich wird. Anlaß zu grundsätzlicher Kritik ist jedoch die Position Markovä's, daß die Hegel'sche Philosophie als bisheriger Entwicklungshöhepunkt anzusehen ist. So wird dem Marxismus-Leninismus abgesprochen, über die Auffassungen Hegel's hinauszugehen und diese schöpferisch weiterentwickelt zu haben. In diesem Sinne seien von ihm auch keine Impulse für die Entwicklung wissenschaftlicher Begriffe und Fragestellungen ausgegangen. Folglich könne er aus der Betrachtung ausgenommen werden. Aus dieser fehlerhaften Betrachtungsweise der Autorin resultieren zum einen einseitige und zum anderen nur eingeschränkt gültige Analysen über bestehende philosophische und methodologische Grundpositionen in der gegenwärtigen kognitiven Psychologie und Psycholinguistik. Ungeachtet dessen findet der Leser in dem vorliegenden Buch eine Sichtung und Diskussion verbreiteter psychologischer Ansätze, ihre historische Einbettung und zwischen ihnen bestehende Beziehungen. Elke van der Meer (Berlin) Underwood, G.: Attention and Memory. 280 S . m i t 50 Abb. und 6 Tab., 2 1 x 1 4 , 8 cm. Oxford —New York — Toronto — Sydney — Paris — Frankfurt: Pergamon Press 1977. Pergamon International Library for Science, Technology . . . Kartoniert 20,— US Dollar. Die Umwelt des Menschen ist komplex und vielgestaltig. Nur ein Bruchteil der zugänglichen Information wird aufgenommen, verarbeitet und im Gedächtnis fixiert. Wovon hängt die Informationsselektion ab, und welche Mechanismen liegen ihr zugrunde? Auf welche Weise erfolgt die interne Repräsentation der Information, und wie wird sie zur Verhaltenssteuerung genutzt? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des vorliegenden Buches. Dem Leser wird ein detaillierter Überblick über grundlegende Untersuchungen und Ergebnisse auf ausgewählten Gebieten von Gedächtnis und Aufmerksamkeit vermittelt. Das Buch ist in fünf Kapitel untergliedert, die sich mit Fragen des Ultrakurzzeit-, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnisses, mit der Charakteristik und Funktion von Kontrollprozessen, mit Aufmerksamkeit und Erinnern sowie mit der Aufmerksamkeitskontrolle befassen. Besondere Beachtung findet die Aufnahme, Verarbeitung und Repräsentation von sprachlich vermittelter Information. Elke van der Meer (Berlin) Vroon, P . A . : Intelligence on Myths and Measurement. 178 S. Amsterdam — New York — Oxford: NorthHolland Publ. Company 1980. Advances in Psychology. Ganzleinen. Der vorliegende Band ist Teil einer'Serie psychologischer Publikationen, die der Verlag North-Holland unter dem Titel „Advances in Psychology" herausgibt. Für diese (und andere Formen) psychologischer Dokumentation sei dem Verlag einmal ausdrücklich gedankt. Nun zum Buch „Intelligence". „Advances", wie der Serientitel es ausdrückt, sind darin nicht enthalten. Es ist mehr der Blick aus der Metaebene des reflektierenden Betrachters, für den die Details der konkreten Forschungsarbeit unwesentlich geworden sind und der den Blick aufs Ganze lenkt: Was ist das: Intelligenz?, „. . . die Fähigkeit, abstrakt zu denken, eine kritische Meinung zu äußern, effektiv mit dem Gegebenen umzugehen, die Kunst, sich anzupassen, die Fähigkeit, verschiedene Eindrücke zu kombinieren, fähig zu sein, mit abstrakten Symbolen umzugehen, Einsichten in Beziehungen zu gewinnen, die Fähigkeit, zu lernen . . .?? ;" wir wollen aufhören. Klarheit ist aus dieser Distanz sicher nicht zu gewinnen. Der Autor spürt das selbst. Es ist eine methodologisch-kritische Reflexion, die das Buch durchzieht. Man wird wieder einmal bekräftigt in der Auffassung, wie wenig Erkenntnisgewinn der phänomenologischen Betrachtung doch zukommt, wenn man sich auf sie beschränkt und nicht zum Ausgangspunkt sondierender Fragestellungen nimmt. F . Klix (Berlin)
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Benesch, H.: Der Ursprung des Geistes. 248 S. mit 91 Abb. 15x22,5 cm. Stuttgart: Deutsche VerlagsAnstalt 1977. Kartoniert 28,- DM. Wie entstand unser Bewußtsein? So lautet ein Untertitel dieses Buches. Anliegen des Autors ist es, das Leib-Seele-Problem, eine der vieldiskutierten weltanschaulichen Kardinalfragen seit der Antike, naturwissenschaftlich zu erschließen. Ausgehend von neuen Erkenntnissen der Neurowissenschaften wird dargestellt, wie sich das Bewußtsein als höchstes Entwicklungsprodukt der Materie auf natürliche Weise herausgebildet hat. Das soll heißen: Auf welche Weise gehören Hirntätigkeit und psychisches Geschehen zusammen? Und wie sind psychische Prozesse evolutionär entstanden? In Anlehnung an Betrachtungsweisen und Begriffe aus der Informationstheorie wird die Grundbeziehung Träger — Muster — Bedeutung eingeführt. Das Nervensystem wird dabei als Träger psychischer Prozesse gekennzeichnet. Dabei ist es naheliegend, daß Psychisches bereits in den elementaren Bausteinen des Gehirns, in den Neuronen, seinen Ausgang nimmt. Physikalischer Trägerprozeß der relevanten Information ist das biochemische Geschehen in den Neuronen. Neben der Erregbarkeit und der Weiterleitung der entstehenden Erregungsmuster ist für Neuronen eine zweite Eigenschaft bedeutsam: die Herstellung flexibler Verbindungen zu anderen Neuronen. Dadurch entstehen zeitliche und räumliche Strukturen, die in sich Bedeutung tragen können. Die Entschlüsselung des Bedeutungsgehaltes derartiger Strukturen ist ein Untersuchungsgegenstand der Neurowissenschaften. Durch die Entwicklung komplexer Strukturen im Verlaufe der Evolution und die Organisation dieser Strukturen ist, so wird hier angenommen, das sog. ,vorpsychische Rohmaterial' zu Bewußtsein gelangt. Dabei versteht Benesch unter Bewußtsein „das Wissen um erlebte Inhalte" (S. 168). Eingebettet in diese Überlegungen werden Aussagen über das Verhältnis von Emotion und Kognition, die Möglichkeit zur Bestimmung von Defektorten im Falle psychischer Störungen bis hin zu Leistungsvergleichen zwischen Computer und menschlichem Gehirn. Hervorzuheben ist die allgemeinverständliche Darstellung der behandelten Thematik. Neben der überblickhaften Kennzeichnung von Aufbau und Funktionsweise von Neuronen, einer allgemein gehaltenen Beschreibung von Leistungseigenschaften und Aufbauprinzipien des Zentralnervensystems, findet der Leser auch Aussagen über die spezifischen Gegenstandsgebiete von Psychologie, Psychophysiologie und auch Künstlicher Intelligenz und eine Kennzeichnung des Beitrages, den diese Wissenschaftsdisziplinen zur Lösung der angesprochenen Problematik leisten können. Durch historische Exkurse und vielfältige Beispiele wird dem Leser der Erkenntnisfortschritt auf diesem Gebiet wissenschaftlicher Forschung verdeutlicht und nachvollziehbar gemacht. Nicht mit allen theoretischen Auffassungen und weltanschaulichen Konsequenzen der dargestellten Fragen stimmt der Rezensent überein. Auch birgt eine bewußt vereinfacht und allgemeinverständlich gehaltene Erörterung von komplizierten Sachverhalten immer die Gefahr des Übersimplifizierens und damit des Nicht-mehr-Zutreffens der Aussagen in sich. Der Versuch der Einordnung psychischer Störungen ist m. E. ein in dieser Hinsicht kritisch anzumerkendes Beispiel. Ungeachtet dessen liefert das Buch für einen breit interessierten Lesekreis eine anregende Aufforderung, sich mit der dargestellten, zweifelsohne bedeutsamen und zukunftsträchtigen Thematik näher zu befassen und auseinanderzusetzen. Elke van der Meer (Berlin)
Zeitschrift iür Psychologie — Verlag: Johann Ambrosius Barth, DDR - 7010 Leipzig Salomonstr. 18b, Ruf 70 131. — Verlagsdirektor: K. Wiecke. — Chefredakteur: Prof. Dr. F. Klix, Sektion Psychologie, DDR - 1020 Berlin, Oranienburger Str. 18. — Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr. 1394 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik. - Gesamtherstellung: VEB Druckerei, -.Gottfried Wilhelm Leibniz- DDR - 4450 Gräfenhainichen, IV/2/14, 920. - AN (EDV) 75015. - 4mal jährlich, EVP 12,50 M
Beiträge zur Pathopsychologie der Persönlichkeit Herausgegeben
von Prof. Dr. sc. pliil. Harry Schröder, Leipzig (Psychotherapie und
Grenzgebiete. B a n d 6) 1984. 151 Seiten, 9 Bilder, 9 Tabellen Kartoniert. D D R 2 1 , - M, Ausland 2 6 , - M Bestellangaben: 793 737 8
Wissenschaftlich und
praktisch arbeitende Psychologen und Mediziner
diskutieren
tradierte Grenzen, gegenwärtigen S t a n d und Anwendungsmöglichkeiten von Persönlichkeits psychologischem
Grundlagenwissen
in
der
pathopsychologischen,
medizinisch-
psychologischen und psychotherapeutischen Forschung und Praxis. Empirische Analysen sowie Ansätze zu einer Neufassung persönlichkeitspsychologischer Zugänge zur Pathopsychologie beziehen sich inhaltlich auf Selbstkonzepte der Persönlichkeit, Kognitionsanalyse und soziale Wahrnehmung, Persönlichkeitsbesonderheiten bei Diabetes mellitus sowie auf persönlichkeitsorientierte Depressionsforschung und Familientherapic. Dieses Buch vermittelt neuere theoretische und methodisch-diagnostische Erkenntnisse auf dem Gebiet der Persönlichkeitspsychologie und will beim Leser Verständnis wecken für vielfältige Praxisanwendungsmöglichkeiten persönlichkeitspsychologischen gehens an pathopsychologische Fragestellungen.
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Heran-
Einführung in die Elektroenzephalographie Von Prof. Dr. sc. med. Hans-Günther Niebcling, Leipzig
2., wesentlich erweiterte Auflage. 1980 562 Seiten, 445 Abbildungen und 4 Tabellen Leinen. DDR 180,- M, Ausland 198,- M (Vertriebsrechte für das gesamte nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet vergeben)
Das in der 2. Auflage wesentlich erweiterte, unter der Mitarbeit international bekannter Autoren verfaßte Buch, behandelt Grundlagen, Technik, Diagnostik, Klinik und Grenzgebiete der Elektroenzephalographie. Die neuen Kapitel enthalten u. a. Ausführungen über die telemetrischen Übertragungsmethoden, die Anästhesie und Reanimation, die Dokumentation und die Begutachtung. Die Elektromyographie, deren Bedeutung ständig zunimmt, wird ebenfalls in einem speziellen ausführlichen Kapitel abgehandelt. Viele Abbildungen sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis ergänzen das Buch, welches zweckmäßigerweise weit ins Detail geht, so daß es sowohl eine konkrete Anleitung für den elektroenzephalographisch tätigen Arzt als auch ein Standardwerk für den sich nur im Überblick mit der Elektroenzephalographie Befassenden bildet. Das letzte Kapitel „Begriffe und ihre Synonyma" trägt wesentlich zur Sprachregelung und terminologischen Standardisierung bei.
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