Vergleichsordnung: Band 1 § 1–81 [4. neubearb. Aufl. Reprint 2019] 9783111466828, 9783111099972


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German Pages 977 [980] Year 1979

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Vorwort
Inhalt
Materialien
Schrifttum
Gesetzestext
Einleitung
§ 1. Grundsatz
1. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag
§ 2. Der Eröffnungsantrag
§ 3. Inhalt des Eröffnungsantrags
§ 4. Anlagen des Eröffnungsantrags
§ 5. Vermögensübersicht. Bilanz
§ 6. Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis
§ 7. Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestquote)
§ 8. Gleichbehandlung der Gläubiger
§ 9. Wiederauflebensklausel
§ 10. Nachholungsfrist
2. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens
§ 11. Bestellung eines vorläufigen Verwalters
§ 12. Sicherungsmaßnahmen
§ 13. Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen
§ 14. Anhörung der Berufsvertretung
§ 15. Verfahren bei Aussichtslosigkeit oder bei Rücknahme des Vergleichsantrages
§ 16. Entscheidung über die Eröffnung
§ 17. Ablehnungsgründe
§ 18. Weitere Ablehnungsgründe
§ 19. Entscheidung über die Konkurseröffnung
§ 20. Inhalt des Eröffnungsbeschlusses
§ 21. Zeitpunkt der Eröffnung
§ 22. Bekanntgabe des Eröffnungsbeschlusses
§ 23. Vermerk im Handelsregister
§ 24. Fortdauer einer Verfügungsbeschränkung
3. Abschnitt: Vergleichsgläubiger
§ 25. Grundsatz
§ 26. Nichtbeteiligte Gläubiger
§ 27. Absonderungsberechtigte Gläubiger
§ 28. Sperrfrist
§ 29. Ausgeschlossene Ansprüche
§ 30. Betagte Forderungen
§ 31. Bedingte Forderungen
§ 32. Haftung von Gesamtschuldnern
§ 33. Rechte der Gesamtschuldner und Bürgen
§ 34. Umrechnung von Forderungen
§ 35. Wiederkehrende Leistungen
§ 36. Forderungen aus gegenseitigen Verträgen
§ 37. Ausländische Gläubiger
4. Abschnitt: Vergleichsverwalter, Gläubigerbeirat
§ 38. Bestellung des Vergleichsverwalters
§ 39. Aufgaben des Vergleichsverwalters
§ 40. Weitere Rechte und Pflichten des Vergleichsverwalters
§ 41. Aufsicht des Gerichts
§ 42. Haftung des Vergleichsverwalters
§ 43. Auslagen und Vergütung des Vergleichsverwalters
§ 44. Gläubigerbeirat
§ 45. Rechte und Pflichten der Mitglieder des Gläubigerbeirats
5. Abschnitt: Wirkungen der Eröffnung des Vergleichsverfahrens
§ 46. Konkursrecht
§§ 47, 48. Vollstreckungsverbot — Anhängige Vollstreckungsmaßnahmen
§ 49. Klagen nach der Verfahrenseröffnung
§ 50. Abwicklung gegenseitiger Verträge
§ 51. Miet-, Pacht- und Dienstverträge
§ 52. Schadensersatz bei Abwicklung gegenseitiger Verträge
§ 53. Unabdingbarkeit der §§ 50 bis 52
§ 54. Aufrechnung
§ 55. Hemmung der Verjährung
6. Abschnitt: Verpflichtungs- und Verfügungsfähigkeit des Schuldners nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens
§ 56. Pflicht zu bescheidener Lebensführung
§ 57. Stellung des Schuldners gegenüber dem Vergleichsverwalter
§ 58. Verfügungsbeschränkungen (Grundsatz)
§ 59. Allgemeines und besonderes Veräußerungsverbot
§ 60. Beginn des allgemeinen Veräußerungsverbots
§ 61. Eintragung des Verbots im Grundbuch
§ 62. Wirkungen des allgemeinen Veräußerungsverbots
§ 63. Verbot der Verfügung über einzelne Gegenstände
§ 64. Zustimmungsbefugnis des Vergleichsverwalters
§ 65. Aufhebung der Verfügungsbeschränkungen
7. Abschnitt: Anmeldung der Forderungen, Vergleichstermin
§ 66. Verhandlung im Vergleichstermin
§ 67. Anmeldung der Forderungen
§ 68. Anwesenheitspflicht des Schuldners und des Vergleichsverwalters
§ 69. Verpflichtung des Schuldners zur Auskunft und eidesstattlichen Versicherung
§ 70,71. Erörterung der Forderungen — Feststellung des Stimmrechts
§ 72. Stimmrecht in besonderen Fällen
§ 73. Schriftliche Zustimmung
§ 74. Abstimmung über den Vergleichsvorschlag
§ 75. Stimmrecht des Ehegatten und seines Rechtsnachfolgers
§ 76. Änderung des Vergleichsvorschlags zuungunsten der Gläubiger
§ 77. Vertagung des Vergleichstermins
8. Abschnitt: Bestätigung des Vergleichs
§ 78. Bestätigungsverfahren
§ 79. Versagungsgründe
§ 80. Entscheidung über die Eröffnung des Konkurses bei Versagung der Bestätigung
§ 81. Verfahren bei Nichteröffnung des Konkurses
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Vergleichsordnung: Band 1 § 1–81 [4. neubearb. Aufl. Reprint 2019]
 9783111466828, 9783111099972

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Großkommentare der Praxis

w DE

G

Bley/Mohrbutter

Vergleichsordnung Großkommentar begründet von

Erich Bley f

4., neubearbeitete Auflage von

Dr. Jürgen Mohrbutter

Oberamtsrichter i. R., Osnabrück unter Mitarbeit von

Harro Mohrbutter

Rechtsanwalt und Notar, Osnabrück

Erster Band

SS 1 - 8 1

w DE

G 1979

Walter de Gruyter • Berlin • New York

Erscheinungsdaten der Lieferungen: §§ 1 — 24 (Lieferung 1): November 1978 §§ 25 — 55 (Lieferung 2): Juni 1979 § § 5 6 - 8 1 (Lieferung 3): August 1979

CIP-Kurztitelaufnabme

der Deutschen

Bibliothek

Bley, Erich: Vergleichsordnung : Großkommentar / begr. von Erich Bley. Neubearb. von Jürgen Mohrbutter unter Mitarb. von H a r r o Mohrbutter. — Berlin, New York : de Gruyter. Auf d. Haupttitels, auch: Bley-Mohrbutter. N E : Mohrbutter, Jürgen [Bearb.]; Bley-Mohrbutter, . . . Bd. 1. §§ 1 — 81. — 4., neubearb. Aufl. - 1979. (Großkommentare der Praxis) ISBN 3-11-08158-X

© C o p y r i g h t 1979 b y W a l t e r d e G r u y t e r & C o . , v o r m a l s G . J. G ö s c h e n ' s c h e V e r l a g s b u c h h a n d l u n g , J . G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g , G e o r g R e i m e r , K a r l J. T r ü b n e r , V e i t & C o m p . , Berlin 30. Alle R e c h t e , i n s b e s o n d e r e d a s R e c h t d e r V e r v i e l f ä l t i g u n g u n d V e r b r e i t u n g s o w i e d e r Ü b e r s e t z u n g , v o r b e h a l t e n . K e i n T e i l d e s W e r k e s d a r f in i r g e n d e i n e r F o r m ( d u r c h F o t o k o p i e , M i k r o f i l m o d e r ein a n d e r e s V e r f a h r e n ) o h n e s c h r i f t l i c h e G e n e h m i g u n g des Verlages r e p r o d u z i e r t o d e r u n t e r V e r w e n d u n g e l e k t r o n i s c h e r Systeme verarbeitet, vervielfältigt o d e r verbreitet w e r d e n . P r i n t e d in G e r m a n y . S a t z u n d D r u c k : H . H e e n e m a n n G m b H & C o , Berlin 42 B i n d e a r b e i t e n : L ü d e r i t z & B a u e r , B u c h g e w e r b e G m b H , Berlin 61

Vorwort Dem Begründer des Werkes kam es nach seinem Vorwort zur ersten Auflage des großen Kommentars zum Vergleichsrecht für sein Ziel, der wissenschaftlichen Vertiefung dieses Rechtsgebiets zu dienen, vor allem auf systematischen Aufbau und die Entwicklung der das Vergleichsrecht tragenden Gedanken an: „So eng auch materiell- wie verfahrensrechtlich die Verbindung mit dem Konkursrecht ist, so notwendig ist anderseits die Klarstellung der Besonderheiten, die allein von unzulässigen Verallgemeinerungen und falschen Schlüssen bewahren kann. Mit dem Hinweis auf die Eigengesetzlichkeit soll nun aber keineswegs einer Isolierung des Vergleichsrechts das Wort geredet werden. Eine solche verbietet sich ja im Hinblick darauf, daß das Vergleichsrecht gleich dem Konkursrecht das gesamte Gebiet der Vermögenshaftung berührt, ganz von selbst. Ihre praktische Bewährung müssen die Ergebnisse bei den Einzelfragen finden. Diesen ist der Verfasser allenthalben und mit dem Streben nach Selbständigkeit nachgegangen. Aus der großen Zahl der behandelten, vielfach neu aufgeworfenen Fragen und dem Versuch ihrer praktischen, zugleich aber juristisch begründeten Lösung erklärt sich der für ein ,Nebengesetz' ungewöhnliche Umfang des Werkes." Diese Sätze galten auch für die noch reicher gegliederte und in der Behandlung von Einzelfragen noch umfangreichere zweite Auflage. Die Verbindung des zudem häufig gutachtlich tätig gewesenen Begründers des Werkes mit bewährten Praktikern sicherten dem Kommentar die notwendige Lebensnähe. Wie die dritte Auflage (1970/1972), so kann bei dem Umfang des Werkes auch die notwendig gewordene vierte Auflage nur in Lieferungen vorgelegt werden. Der erste Band der Neuauflage umfaßt die Kommentierung der §§ 1 bis 81 VglO. Einzuarbeiten waren die seit dem Erscheinen der Vorauflage eingetretenen Änderungen der Vergleichsordnung selbst, sowie die anderer, unser Rechtsgebiet berührenden Gesetze und die nicht immer einheitliche Entwicklung der neueren Rechtsprechung, wie des jüngsten Schrifttums. Soweit bei der Kommentierung auf Entscheidungen und Aufsätze verwiesen worden ist, deren Veröffentlichung im Zeitpunkt der Drucklegung noch bevorstand, jedoch für B G H Z und KTS vorgesehen war, sind diese genau bezeichnet worden. So wird auch für die Lieferungen des in Vorbereitung befindlichen zweiten Bandes der Neuauflage verfahren werden können. Von der Vorauflage abweichende Rechtsauffassungen — es handelt sich um einige wenige Streitfragen — sind ausdrücklich hervorgehoben worden. Hierzu sei, wie auch sonst, der Dank des Verfassers für wohlmeinende Kritik und viele wertvolle Anregungen aus Praxis und Wissenschaft ausgesprochen. Osnabrück im Mai 1979 Jürgen

Mohrbutter

I n h a l t

Vorwort Materialien Schrifttum

VI XI XIII

Gesetzestext

1

Einleitung §

1

Seite

35

Grundsatz

41 1. Abschnitt Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

§ § § § § § § § §

2 3 4 5 6 7 8 9 10

Der Eröffnungsantrag Inhalt des E r ö f f n u n g s a n t r a g s Anlagen des E r ö f f n u n g s a n t r a g s Vermögensübersicht. Bilanz Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestquote) Gleichbehandlung der Gläubiger Wiederauflebensklausel Nachholungsfrist

42 97 125 136 150 164 184 226 248

2. Abschnitt Eröffnung des Verfahrens §11 § 12 §13 § 14 § 15 §16 § 17 §18 §19 § 20 §21 § 22 § 23 § 24

Bestellung eines vorläufigen Verwalters Sicherungsmaßnahmen Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen A n h ö r u n g der Berufsvertretung V e r f a h r e n bei Aussichtslosigkeit o d e r bei R ü c k n a h m e des Vergleichsantrages Entscheidung über die E r ö f f n u n g Ablehnungsgründe Weitere Ablehnungsgründe Entscheidung über die K o n k u r s e r ö f f n u n g Inhalt des Eröffnungsbeschlusses Zeitpunkt der E r ö f f n u n g Bekanntgabe des Eröffnungsbeschlusses V e r m e r k im Handelsregister F o r t d a u e r einer V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g

253 263 269 279 286 288 291 304 315 320 326 327 328 330

i . Abschnitt Vergleichsgläubiger § 25 § 26 § 27 §28 § 29

Grundsatz Nichtbeteiligte Gläubiger Absonderungsberechtigte Gläubiger Sperrfrist Ausgeschlossene Ansprüche

333 367 425 446 466

VII

Inhalt § 30 §31 § 32 § 33 §34 § 35 § 36 § 37

Betagte F o r d e r u n g e n Bedingte F o r d e r u n g e n H a f t u n g von Gesamtschuldnern Rechte der Gesamtschuldner und Bürgen U m r e c h n u n g von F o r d e r u n g e n W i e d e r k e h r e n d e Leistungen d a z u Insolvenzsicherung F o r d e r u n g e n aus gegenseitigen V e r t r ä g e n Ausländische Gläubiger

Seite 472 475 477 483 488 493 494 496 564

4. Abschnitt Vergleichsverwalter, Gläubigerbeirat § 38 § 39 § 40 §41 § 42 § 43 §44 § 45

Bestellung des Vergleichsverwalters Aufgaben des Vergleichsverwalters Weitere Rechte und Pflichten des Vergleichsverwalters Aufsicht des Gerichts H a f t u n g des Vergleichsverwalters Auslagen und V e r g ü t u n g des Vergleichsverwalters Gläubigerbeirat Rechte und Pflichten der Mitglieder des Gläubigerbeirats

567 580 589 593 599 608 619 628

5. Abschnitt Wirkungen der Eröffnung des Vergleichsverfahrens § 46 §§ 47, § 49 § 50 § 51 § 52 § 53 § 54 §55

Konkursrecht 48 Vollstreckungsverbot — Anhängige Vollstreckungsmaßnahmen Klagen nach der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g Abwicklung gegenseitiger V e r t r ä g e Miet-, Pacht- und Dienstverträge Schadensersatz bei Abwicklung gegenseitiger V e r t r ä g e Unabdingbarkeit der §§ 50 bis 52 Aufrechnung H e m m u n g der V e r j ä h r u n g

634 639 664 670 695 736 744 746 762

6. Abschnitt Verpflichtungs- und Verfügungsfähigkeit des Schuldners nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens § 56 § 57 § 58 § 59 § 60 §61 § 62 §63 § 64 §65

Pflicht zu bescheidener L e b e n s f ü h r u n g Stellung des Schuldners gegenüber dem Vergleichsverwalter V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n (Grundsatz) Allgemeines und besonderes V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t Beginn des allgemeinen Veräußerungsverbots Eintragung des Verbots im G r u n d b u c h W i r k u n g e n des allgemeinen Veräußerungsverbots V e r b o t der V e r f ü g u n g über einzelne G e g e n s t ä n d e Zustimmungsbefugnis des Vergleichsverwalters A u f h e b u n g der V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n

765 769 793 796 798 799 802 816 820 823

7. Abschnitt Anmeldung der Forderungen, Vergleichstermin § 66 § 67

VIII

V e r h a n d l u n g im Vergleichstermin Anmeldung der F o r d e r u n g e n

825 850

Inhalt § 68 Anwesenheitspflicht des Schuldners und des Vergleichsverwalters §69 Verpflichtung des Schuldners zur Auskunft und eidesstattlichen Versicherung §§70,71 Erörterung der Forderungen — Feststellung des Stimmrechts § 72 Stimmrecht in besonderen Fällen § 73 Schriftliche Zustimmung § 74 Abstimmung über den Vergleichsvorschlag §75 Stimmrecht des Ehegatten und seines Rechtsnachfolgers § 76 Änderung des Vergleichsvorschlags zuungunsten der Gläubiger §77 Vertagung des Vergleichstermins

Seite 857 . . . . 862 868 889 897 903 918 924 931

8. Abschnitt Bestätigung des Vergleichs § 78 § 79 § 80 § 81

Bestätigungsverfahren 939 Versagungsgründe 948 Entscheidung über die Eröffnung des Konkurses bei Versagung der Bestätigung . . . 956 Verfahren bei Nichteröffnung des Konkurses 960

IX

Materialien E. I

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Preisabbaues. Art. I: Vergleich zur Abwendung des Konkurses. Nr. 184 der Drucksachen des Reichsrates, Jahrgang 1925, Bd. 2.

E. II

Entwurf eines Gesetzes über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses (Vergleichsordnung). Nr. 2340 der Drucksachen des Reichstags, III. Wahlperiode 1924/26 (Reichstagsvorlage). Begründung zur Reichstagsvorlage (E. II), S. 14 ff. der Reichstagsdrucksache Nr. 2340. Auf S. 40 ff. ist das Gutachten des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats nebst der von Hachenburg verfaßten Begründung zu Art. I des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Preisabbaues (E. I) abgedruckt. Bericht des 13. Ausschusses des Reichstags (Rechtspflege) vom 14. Juni 1927 über

Begr. I

Ber.

E. III Begr. II Begr. III

den Entwurf eines Gesetzes über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses (Vergleichsordnung) Nr. 3430 der Drucksachen des Reichstags, III. Wahlperiode 1924/27. Entwurf einer Vergleichsordnung nebst Einführungsgesetz und Begründung. Veröffentlicht durch das Reichsjustizministerium. Berlin 1933. Amtliche Begründung zur Vergleichsordnung vom 2 6 . 2 . 1 9 3 5 (RGBl. I S. 321), Deutsche Justiz 1935 389 bis 393. Bericht von Vogels über die Beratungen in der Akademie f ü r Deutsches Recht, veröffentlicht in der Zeitschrift der Akademie f ü r Deutsches Recht, veröffentlicht in der Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (ZAkDR), 1934 S. 143.

Was die Bedeutung der Materialien als Auslegungsbehelf angeht, so gilt auch für die Vergleichsordnung, was die hervorragende und grundlegende Entscheidung des Reichsgerichts (Band 33 S. 162) allgemein hierzu sagt: „Begründung und Reichstagsverhandlungen können ja unter Umständen zur Auslegung dunkler und zweideutiger Bestimmungen eines Reichsgesetzes als Hilfsmittel benutzt werden. Sie sind aber nicht geeignet, als Ersatz dessen zu dienen, was nicht ausgesprochen ist, weil es irrtümlich als selbstverständlich oder als Folge des Ausgesprochenen angesehen wurde." Denn der Akt der Gesetzgebung hat „den Gesetzentwurf und das Gesetz in bestimmter Fassung (hier unterstrichen) zum Gegenstande, nicht die Folgerungen, welche der Verfasser der Begründung aus den vorgeschlagenen und angenommenen Bedingungen gezogen hat, nicht die Absichten, welche die Urheber des Gesetzentwurfs und die Kommission bei den gewählten Formulierungen verfolgt haben. Jene Absichten und Folgerungen sind also auch durch Beschlüsse des Bundesrats und des Reichstages nicht sanktioniert." Bei rechtsvergleichenden Betrachtungen ist verschiedentlich auf die Motive zur Konkursordnung Bezug genommen worden. Hierzu ist ergänzend auf den Beitrag von Thieme „Zur Entstehung der Konkursordnung" in der Kölner Festschrift „Einhundert Jahre Konkursordnung 1 8 7 7 - 1 9 7 7 " S. 35/54 ff zu verweisen (vgl. Einl. S. 35). Zu neueren Gesetzesänderungen sind — soweit erforderlich tagsdrucksachen bei der Kommentierung genannt worden.

— jeweils die

Bundes-

Zur „Reform der Vergleichsordnung" sind die bisher bekannt gewordenen Beiträge allgemein in der Einleitung (S. 36 f) und zu Einzelfragen bei § 38 V g l O (Rdn. 13/14), § 39 V g l O (Rdn. 11 bis 13), § 4 2 V g l O (Rdn. 10 bis 12) §44 V g l O (Rdn. 4 / 7 / 8 / 9 ) , §§47, 48 V g l O (Rdn. 2), §72 V g l O (Rdn. 7), § 77 V g l O (Rdn. 15) und § 79 V g l O (Rdn. 10 und 11) genannt worden. Entsprechendes wird im Band II des Werkes geschehen, insbesondere hinsichtlich der Reformvorschläge zu §§ 84, 92, 105, 106, 109, 119 und 121 VglO. -

XI

Schrifttum Unter dem Schrifftum ist auch das sich auf die alte Vergleichsordnung vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 139) beziehende zu nennen, da in der Kommentierung verschiedentlich mit hierauf zu verweisen ist.

1. Kommentare zur Vergleichsordnung vom 26. 2. 1935 Böhle-Stamschräder, Danielcik-Küch,

Vergleichsordnung 9. Aufl. München 1977.

Vergleichsordnung, Berlin 1935.

Krieg, Vergleichsordnung, Berlin 1935. Vogels-Nölte, Vergleichsordnung, 3. Aufl., Berlin, Frankfurt 1952. Warneyer, Vergleichsordnung, Berlin 1938. 2. Kommentare zur alten Vergleichsordnung vom 5. 7. 1927 Altstösser, Vergleichsordnung, München 1927. Bendix, Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses, Leipzig 1927. Bley, Vergleichsordnung, Kommentar, Berlin 1935. Cahn, Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses (Vergleichsordnung), München 1927. Dazu als Nachtrag: Gesetz über die Pflicht zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens, München 1930. Eisold, Vergleichsordnung, 3. Bearbeitung, Berlin 1931. Jaffa, Das Recht des Vermögensverfalls: 1. Bd. Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses, Berlin 1927. Kiesow, Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses (Vergleichsordnung), 4. Aufl., Mannheim 1932. Levy, Kommentar zur Verlgeichsordnung, Berlin 1932. Lucas, Die neue Verlgeichsordnung, Berlin 1927. Mayer, Kommentar zur Vergleichsordnung, München 1928. Dazu als Nachtrag: Gesetz über die Pflicht zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens, München 1931. Salomon, Kommentar zum Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses, Berlin 1927. Samolewitz, Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses (Vergleichsordnung), 3. Aufl., Berlin 1933. Stenz, Vergleichsordnung, Ansbach 1927. Sydow-Busch-Krieg, lin 1932. Weinberg-Manasse, Wilmersdoerffer-Selo, Wolff-Maas-von

Konkursordnung, Vergleichsordnung und Anfechtungsgesetz, 16. Aufl. BerVergleichsordnung, 5. Aufl., Berlin 1932. Vergleichsordnung, Stuttgart 1927 (zitiert: Wilmersdoerffer).

Simson, Vergleichsordnung, Berlin 1927.

XIII

3. Kommentare zur Konkursordnung Böhle-Stamschräder,

Konkursordnung, 12. Aufl. München 1976.

Fichtner, Kommentar zum Konkursrecht, Darmstadt 1955. Jaeger-Henckel, Konkursordnung mit Einführungsgesetzen, Großkommentar, 9. Aufl. 1. Lieferung 1977, Berlin New York. Jaeger-Lent, Konkursordnung mit Einführungsgesetzen, Großkommentar, Band I (§§ 1—70 K O ) 8. Aufl. Berlin 1958. Jaeger-Weber-Jahr-Klug, Konkursordnung mit Einführungsgesetzen, Großkommentar, Band II ( S S 7 1 - 2 4 4 K O ) 8. Aufl. Berlin • New York 1973. Mentzel-Kuhn,

Konkursordnung, Kommentar 8. Aufl. München 1976.

Mentzel-Kuhn-Uhlenbruck, Konkursordnung, Kommentar, 9. Aufl. München 1979, erschienen während der Drucklegung der vierten Aufl. Einarbeitung ab $ 56 VglO. 4. Systematische Darstellungen Baumann, Konkurs und Vergleich, Bielefeld 1976. Blomeyer, Arwed, Vollstreckungsverfahren Berlin-Heidelberg-New York 1975. Eickmann,

Konkurs — und Vergleichsrecht, Berlin • New York 1973.

Grunsky, Einführung in das Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht, Tübingen 1972. Haegele, Konkurs, Vergleich, Gläubigeranfechtung 3. Aufl. Herne 1973. Hanisch, Rechtszuständigkeit der Konkursmasse, Frankfurt 1973. Henze-Hagemann,

Zwangsvollstreckung, Konkurs, Vergleich, Bonn 1975.

Jauemig, Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht, 14. Aufl., München 1977. Jaeger, Lehrbuch des Deutschen Konkursrechts mit Nachtrag zur Vergleichsordnung vom 26. Februar 1935, 8. Aufl., Berlin und Leipzig 1932. Künne, Außergerichtliche Vergleichsordnung, 7. Aufl. München 1968. Kiinne, Der Liquidationsvergleich im gerichtlichen und außergerichtlichen Vergleichsverfahren, Düsseldorf 1968. Mohrbutter, Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts, 2. Aufl. Köln 1974. Mohrbutter-Haarmann, Pagenstecher-Grimm,

Leitfaden für Vergleichs — und Konkursverwalter 3. Aufl. Köln 1976. Der Konkurs, 4. Aufl. München 1968.

Schönke-Baur, Zwangsvollstreckungs- Konkurs- und Vergleichsrecht 10. Aufl. Heidelberg 1978. Schrader-Uhlenbruck-Delhaes,

Konkurs- und Vergleichsverfahren, 4. Aufl. München 1977.

Uhlenbruch, Abschreibungsgesellschaften, Anlegerprobleme bei Sanierung — Konkurs-Vergleich, Düsseldorf 1974. Uhlenbruck, Die G m b H & Co KG in Kriese, Konkurs und Vergleich, Köln 1977. 5. Schrifttum zu einzelnen Rechtsgebieten Arnold — Meyer-Stolte,

Kommentar zum Rechtspflegergesetz 3. Aufl. Bielefeld 1978.

Brill-Matthes-Oehmann, Arbeitsrechtblattei, Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht gart-Wiesbaden 1976.

Stutt-

Canaris, Bankvertragsrecht, Berlin • N e w York 1975. Eickmann-Riedel,

Kommentar zum Rechtspflegergesetz Wiesbaden-Dotzheim 1970.

Graf Lambsdorff, Handbuch des Eigentumsvorbehalts im deutschen und ausländischen Recht, Frankfurt 1974. Heilmann, Die Rechtslage des Arbeitnehmers bei Insolvenz seines Arbeitgebers, Berlin • New York 1977. Kleemeyer, Die Sicherstellung der Vergleichserfüllung durch Dritte im gerichtlichen Vergleichsverfahren, Diss. Tübingen 1972.

XIV

Liebich, Treuhand und Treuhänder im Wirtschaftsrecht, Herne, Berlin 1966. Moos, Die Vergleichsgläubigerhypothek ( § 9 3 VglO), Diss. Heidelberg 1965. Richardi, Sozialplan und Konkurs, Düsseldorf 1975. Rinklin,

Die vergleichsfähige und die konkursreife Unternehmung, Stuttgart 1960.

Schmitz, Handbuch des Konkursverwalters, Minden 1949. Senst-Eickmann-Mohn,

Handbuch für das Konkursgerricht 5. Aufl., Berlin 1976.

Schlüter, Die konkursrechtliche Behandlung der Sozialplanansprüche und der Ausgleichsansprüche nach § 113 BetrVG, Berlin 1977. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung bisher Band I bis IV 1963—1976, Heidelberg. Völker, Die Stellung des Vergleichsverwalters und die Rechtsnatur seines Amtes, Diss. Tübingen 1972. Wichmann, Der Arbeitnehmer, Lehrling und Pensionär im Konkurs — und Vergleichsverfahren des Arbeitgebers, Göttingen 1965.

Abkürzungen nach Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 2. Aufl., Walter de Gruyter & Co., Berlin 1968.

XV

Gesetzestext Vergleichsverordnung vom 26. Februar 1935 (RGBl. I S. 321) mit Änderungen durch Art. 8 der Verordnung zur D u r c h f ü h r u n g des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 21. Dezember 1940 (RGBl. I S. 1609), Art. 3 II des Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609). Art. 39 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (BGBl. I S. 503), das Erste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 645), das Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes, des Beurkundungsgesetzes und zur Umwandlung des Offenbarungseides in eine eidesstattliche Versicherung vom 27. Juni 1970 (BGBl. I S. 911), das Gesetz über Bausparkassen vom 16. November 1972 (BGBl. I S. 2097), das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), das Gesetz über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl. I S. 1481), das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 24. März 1976 (BGBl. I S. 725), das Erste Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1. WiKG) vom 29. Juli 1976 (BGBl. I S. 2034), sowie das Gesetz zur Änderung sachenrechtlicher, grundbuchrechtlicher und anderer Vorschriften vom 22. Juni 1977 (BGBl. I S. 998).

§1 Grundsatz Der Konkurs kann nach Maßgabe dieses Gesetzes durch ein gerichtliches Vergleichsverfahren abgewendet werden.

1. A B S C H N I T T Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

§2 Oer Eröffnungsantrag (1) Der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens ist bei dem f ü r die Konkurseröffnung zuständigen Gerichte (Vergleichsgericht) zu stellen. Der Antrag kann nur vom Schuldner gestellt werden. Er ist unter den gleichen Voraussetzungen zulässig, unter denen das Konkursverfahren beantragt werden kann. (2) Nach Eröffnung des Konkursverfahrens kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.

§3 Inhalt des Eröffnungsantrags (1) Der Antrag muß den Vergleichsvorschlag enthalten und ergeben, ob und wie die Erfüllung des Vergleichs sichergestellt werden soll. (2) In dem Antrag hat der Schuldner anzugeben:

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ob und wann er innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tage des Antrags sich mit seinen Gläubigern außergerichtlich verglichen hat; ob und wann innerhalb derselben Frist im Inlande ein Konkursverfahren oder ein Vergleichsverfahren über sein Vermögen rechtskräftig eröffnet oder die Eröffnung eines dieser Verfahren mangels Masse rechtskräftig abgelehnt worden ist; ob, wann und mit welchem Ergebnis er innerhalb derselben Frist im Inlande in einem Zwangsvollstreckungsverfahren wegen einer Geldforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geladen worden ist; wann und wo er geboren ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und 3 ist das Gericht anzugeben, bei dem das Verfahren anhängig ist oder anhängig gewesen ist. (4) Die richtigkeit der Angaben (Absätze 2, 3) hat der Schuldner an Eides Statt zu versichern oder durch öffentliche Urkunden nachzuweisen.

§4 Anlagen des Eröffnungsantrags (1) Dem Antrag sind beizufügen: eine Ubersicht des Vermögensstandes des Schuldners (§ 5); je ein Verzeichnis der Gläubiger und der Schuldner unter Angabe der einzelnen Forderungen und Schulden (§ 6); 3. eine Erklärung des Schuldners darüber, a) ob innerhalb des letzten Jahres vor dem Tage des Antrags zwischen ihm und seinem Ehegatten vor oder während der Ehe oder einem sonstigen nahen Angehörigen (Absatz 2) eine Vermögensauseinandersetzung stattgefunden hat, sowie darüber, b) ob und welche Verfügungen über Vermögensgegenstände er innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Tage des Antrags zugunsten seines Ehegatten vor oder während der Ehe oder eines sonstigen nahen Angehörigen vorgenommen hat; Verfügungen, die ausschließlich gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke zum Gegenstand hatten, bleiben außer Betracht; 4. wenn für die Erfüllung des Vergleichs Sicherheit geleistet werden soll, die genaue Bezeichnung der Sicherheiten und, wenn die Sicherheit in einer Bürgschaft besteht, die Bürgschaftserklärung; 5. die Erklärung des Schuldners, daß er bereit sei, die im § 69 Abs. 2 vorgesehene eidesstattliche Versicherung abzugeben. 1. 2.

1. 2. 3. 4.

(2) Als nahe Angehörige sind anzusehen: der Ehegatte des Schuldners, die Verwandten auf- und absteigender Linie des Schuldners oder seines Ehegatten, die voll- und halbbürtigen Geschwister des Schuldners oder seines Ehegatten, die Ehegatten der unter Nr. 2 und 3 bezeichneten Personen. (3) Der Antrag und seine Anlagen sind in zwei Stücken vorzulegen.

§5 Vermögensübersicht. Bilanz (1) In der Übersicht des Vermögensstandes (§ 4 Abs. 1 Nr. 1) müssen sämtliche Vermögensgegenstände (Aktiven) und Verbindlichkeiten (Passiven) einzeln unter Angabe ihres Betrages oder Wertes angeführt und einander gegenübergestellt werden. Uneinbringliche oder zweifelhafte Aktiven sind als solche kenntlich zu machen. Bei Grundstücken und eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, die zu den Aktiven gehören, sind ihre Grundbuchblätter oder Registerblätter anzugeben. (2) Ist der Schuldner nach Handelsrecht verpflichtet, Bücher zu führen, so hat er die Bilanzen und nach Möglichkeit die Gewinn- und Verlustrechnungen vorzulegen; betreibt er sein Geschäft 2

Gesetzestext länger als drei Jahre, so genügt die Vorlage der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen Uber die letzten drei Jahre.

S6 Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis (1) In die Verzeichnisse der Gläubiger und Schuldner (§4 Abs. 1 Nr. 2) sind alle Gläubiger und Schuldner aufzunehmen. Bei jeder Forderung und Verbindlichkeit sind der Betrag und der Schuldgrund anzugeben. Nebenrechte, insbesondere zur Sicherung übertragenes Eigentum, Eigentumsvorbehalte, Hypotheken, Grundschulden, Schiffshypotheken, Pfandrechte und Bürgschaften sowie Ansprüche aus zur Deckung erhaltenen oder begebenen Wechseln sind zu bezeichnen; bei Forderungen sind auch die vorhandenen Beweismittel anzuführen; bei Hypotheken und Grundschulden sind die Grundbuchblätter anzugeben, auf denen die belasteten Grundstücke eingetragen sind, bei Schiffshypotheken die Registerblätter, auf denen die belasteten Schiffe oder Schiffsbauwerke eingetragen sind. Ist eine Forderung oder eine Schuld streitig, so ist dies anzugeben. Gläubiger, die nicht zu den Vergleichsgläubigern gehören, sind gesondert anzugeben. Kann der Gläubiger im Fall des Konkurses abgesonderte Befriedigung beanspruchen, so ist auch die Höhe des mutmaßlichen Ausfalls anzugeben. (2) Ist ein Gläubiger oder ein Schuldner naher Angehöriger (§ 4 Abs. 2) des Vergleichsschuldners oder seines gesetzlichen Vertreters, so ist dies anzugeben. Ebenso ist anzugeben, wenn ein Gläubiger oder ein Schuldner ein Angestellter des Vergleichsschuldners oder seines gesetzlichen Vertreters ist oder mit dem Schuldner oder seinem gesetzlichen Vertreter in einem Gesellschaftsoder anderen Gemeinschaftsverhältnisse steht; das Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis ist genau zu bezeichnen. (3) Bei allen Gläubigern und Schuldnern ist die Anschrift anzugeben. Wohnt ein Gläubiger im Auslande oder ist sein Wohnort unbekannt, ist jedoch dem Vergleichsschuldner ein im Inlande wohnender, zur Empfangnahme von Zustellungen befugter Vertreter bekannt, so ist auch dessen Anschrift anzugeben.

§7 Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestsatz) (1) Der Vergleichsvorschlag muß bestimmt sein. Den Vergleichsgläubigern müssen mindestens fünfunddreißig vom H u n d e n ihrer Forderungen gewährt werden (Mindestsatz). (2) Der Mindestsatz erhöht sich auf vierzig vom Hundert, wenn der Schuldner eine Zahlungsfrist von mehr als einem Jahr von der Bestätigung des Vergleichs ab beansprucht. Eine Zahlungsfrist von mehr als achtzehn Monaten darf der Schuldner nur für den Betrag seines Angebots in Anspruch nehmen, der vierzig vom Hundert der Forderungen übersteigt. (3) Die Mindestsätze müssen bar geboten werden. (4) Ein Vergleichsvorschlag, in dem der Schuldner den Gläubigern sein Vermögen ganz oder teilweise zur Verwertung mit der Abrede überläßt, daß der nicht durch die Verwertung gedeckte Teil der Forderungen erlassen sein soll, ist nur zulässig, wenn die Verwertung des Vermögens den Vergleichsgläubigern voraussichtlich mindestens fünfunddreißig vom Hundert ihrer Forderungen gewähren wird und der Erlaß, falls die Verwertung weniger ergeben sollte, sich nicht auf den an fünfunddreißig vom Hundert der Forderungen fehlenden Betrag erstreckt.

§8 Gleichbehandlung der Gläubiger (1) Der Vergleich muß allen von ihm betroffenen Gläubigern gleiche Rechte gewähren. 1.

(2) Eine ungleiche Behandlung der Gläubiger ist nur zulässig, wenn die Mehrheit der zurückgesetzten, im Vergleichstermin anwesenden stimmberechtigten Ver-

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2.

gleichsgläubiger zustimmt; hierbei werden die schriftlich zustimmenden wie anwesende behandelt; und die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger mindestens drei Vierteile der Forderungen der zurückgesetzten stimmberechtigten Gläubiger beträgt. Die Vorschriften des § 75 finden entsprechende Anwendung.

(3) Jedes andere Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Gläubigern, durch welches diese bevorzugt werden, ist nichtig.

S9 Wiederauflebensklausel (1) Werden in dem Vergleich die Forderungen gestundet oder teilweise erlassen, so wird die Stundung oder der Erlaß f ü r den Gläubiger hinfällig, gegenüber dem der Schuldner mit der Erfüllung des Vergleichs in Verzug gerät; Verzug mit der Vergleichserfüllung ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens einwöchigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht bezahlt hat. (2) Wird vor vollständiger Erfüllung des Vergleichs über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so ist die Stundung oder der Erlaß allen Gläubigern gegenüber hinfällig. (3) Wenn der Schuldner im Falle des § 7 Abs. 4, nachdem das Vermögen zugunsten der Gläubiger verwertet ist, mit der Entrichtung des Betrages in Verzug gerät, f ü r den er wegen Nichterreichung des Mindestsatzes oder des vereinbarten höheren Satzes weiterhaftet, so finden auf diesen Verzug die Vorschriften des vorstehenden Absatzes 1 keine Anwendung. Wird im Falle des § 7 Abs. 4 nach Verwertung des Vermögens zugunsten der Gläubiger, aber vor Entrichtung des Betrages, f ü r den der Schuldner wegen Nichterreichung des Mindestsatzes oder des vereinbarten höheren Satzes weiterhaftet, über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so finden die Vorschriften des vorstehenden Absatzes 2 keine Anwendung. (4) Die Vorschriften der vorstehenden Absätze 1 bis 3 gelten nur insoweit, als im Vergleich nichts anderes vereinbart ist, jedoch mit der Maßgabe, daß die Anwendung des Absatzes 1 Halbsatz 2 sowie des Absatzes 3 im Vergleich nicht zum Nachteil des Schuldners ausgeschlossen oder beschränkt werden kann.

§ 10 Nachholungsfrist Unterläßt es der Schuldner, dem Antrag die im § 4 Abs. 1 genannten Anlagen beizufügen, oder genügen der Antrag und die Anlagen nicht den Vorschriften der §§ 3 bis 7, so kann das Gericht, falls der Mangel entschuldbar ist, dem Schuldner eine Frist zur Nachholung bewilligen. Die Frist soll zwei Wochen nicht überschreiten. Betrifft das Vergleichsverfahren ein Unternehmen von erheblichem U m f a n g oder liegen andere besondere Gründe vor, so darf sie länger, jedoch nicht mit mehr als vier Wochen bemessen werden.

2. A B S C H N I T T Eröffnung des Verfahrens §11

Bestellung eines vorläufigen Verwalters (1) Das Gericht hat sofort nach dem Eingang des Antrags einen vorläufigen Verwalter zu bestellen und den, Eingang des Antrags sowie den Namen des vorläufigen Verwalters öffentlich bekanntzumachen.

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Gesetzestext (2) Für den vorläufigen Verwalter gelten sinngemäß die Vorschriften über den Vergleichsverwalter (§S 38 bis 43).

§12 Sicherungsmaßnahmen Das Gericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners bis zur Entscheidung über den Antrag zu verhüten. Es kann insbesondere dem Schuldner Verfügungsbeschränkungen auferlegen und anordnen, daß die im $ 57 bezeichneten Beschränkungen des Schuldners eintreten und daß dem vorläufigen Verwalter die dort vorgesehenen Befugnisse des Vergleichsverwalters zustehen. Für die Verfügungsbeschränkungen gelten sinngemäß die Vorschriften der SS 59 bis 65.

§13 Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen (1) Auf Antrag des vorläufigen Verwalters kann das Vergleichsgericht anordnen, daß eine Zwangsvollstreckung, die gegen den Schuldner bei Eingang des Eröffnungsantrags anhängig ist oder später anhängig wird, bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag, längstens jedoch auf die Dauer von sechs Wochen, einstweilen eingestellt werde. Die Anordnung soll nur getroffen werden, wenn dies für das Ergebnis der Veräußerung von Vorteil oder zur Vermeidung eines den Gläubigern drohenden Nachteils unerläßlich ist. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn der vollstreckende Gläubiger im Falle der Eröffnung des Verfahrens Vergleichsgläubiger wäre oder zu den im S 29 N r . 3 und 4 bezeichneten Gläubigern gehören würde. (2) D e r Antrag ist abzulehnen, wenn er so spät gestellt wird, daß das Gericht seine Voraussetzungen nicht mehr prüfen kann.

§ 14 Anhörung der Berufsvertretung V o r der Entscheidung über den Eröffnungsantrag hat das Gericht unbeschadet seiner Verpflichtung nach S 116, wenn der Schuldner Handels- oder Gewerbetreibender oder Landwirt (Bauer) ist, die zuständige amtliche Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks (Gewerbes) oder der Landwirtschaft zu hören. Die Vertretung hat sich über den Antrag unverzüglich, spätestens jedoch vor Ablauf einer Woche zu äußern. Das Gericht kann die Frist auf Antrag der Vertretung um eine weitere Woche verlängern.

§15 Verfahren bei Aussichtslosigkeit oder bei Rücknahme des Vergleichantrags (1) Die in S S 11 bis 14 vorgesehenen Maßnahmen sollen unterbleiben, wenn der Eröffnung des Vergleichverfahrens einer der in den §§ 17, 18 bezeichneten Gründe entgegensteht und die Beseitigung dieses Grundes nicht möglich oder mit Sicherheit nicht zu erwarten ist. (2) Nimmt der Schuldner den Vergleichsantrag vor der Eröffnung des Verfahrens zurück, so hebt das Gericht die auf Grund der §§ 11 bis 13 getroffenen Maßnahmen auf. Die Rücknahme des Antrags und die Beendigung des Amts des vorläufigen Verwalters sind öffentlich bekanntzumachen, es sei denn, daß das Gericht auf Grund des vorstehenden Absatzes 1 von der im S 11 Abs. 1 vorgesehenen öffentlichen Bekanntmachung abgesehen hat.

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Gesetzestext $ 16 Entscheidung über die Eröffnung N a c h Abschluß der erforderlichen Ermittlungen, insbesondere nach Eingang der Äußerung der amtlichen Berufsvertretung oder nach Ablauf der im § 14 bezeichneten Fristen, entscheidet das Gericht, ob das Vergleichsverfahren zu eröffnen ist.

§17 Ablehnungsgründe 1. 2. 3.

4.

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7. 8. 9.

Die Eröffnung ist abzulehnen, wenn den Erfordernissen der §§ 3 bis 7 nicht genügt ist und der Mangel auch nicht innerhalb einer nach § 10 gesetzten Frist beseitigt wird; wenn der Schuldner flüchtig ist oder sich verborgen hält oder auf eine an ihn ergehende Ladung des Gerichts (§ 116) ohne genügende Entschuldigung ausbleibt; wenn gegen den Schuldner wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 bis 3, § 283 a des Strafgesetzbuchs eine gerichtliche Untersuchung oder ein wiederaufgenommenes Verfahren anhängig oder der Schuldner wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt ist; wenn innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem T a g e des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens im Inlande ein Konkursverfahren oder ein Vergleichsverfahren über das Vermögen des Schuldners rechtskräftig eröffnet oder mangels Masse rechtskräftig abgelehnt worden ist; wenn der Schuldner innerhalb derselben Frist im Inlande in einem Zwangsvollstreckungsverfahren wegen einer Geldforderung die eidesstattliche Versicherung abgegeben oder ohne Grund verweigert hat; wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die voraussichtlich entstehenden gerichtlichen Kosten des Verfahrens einschließlich der einem Verwalter ( § § 1 1 , 20) zu gewährenden Vergütung zu decken; die Ablehnung unterbleibt, wenn ein zur Deckung dieser Kosten ausreichender Geldbetrag bei Stellung des Antrags vorgeschossen oder sonst hinreichend sichergestellt wird; wenn der Schuldner dem vorläufigen Verwalter die Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere oder ohne genügenden Grund eine Auskunft oder eine Aufklärung verweigert; wenn die geschäftlichen Aufzeichnungen des Schuldners so mangelhaft sind, daß sie einen hinreichenden Überblick über seine Vermögenslage nicht ermöglichen; wenn der Schuldner einer nach § 12 erlassenen Anordnung des Gerichts zuwiderhandelt und sein Verhalten nicht entschuldbar ist.

§ 18 Weitere Ablehnungsgründe Die Eröffnung ist ferner abzulehnen, wenn sich aus dem Antrag des Schuldners, den ihm beigefügten Urkunden und Erklärungen, den Ermittlungen des Gerichts oder dem Gutachten der amtlichen Berufsvertretung ergibt, 1. daß der Schuldner seinen Vermögensverfall durch Unredlichkeit, Preisschleuderei oder Leichtsinn herbeigeführt hat oder 2. daß er den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens nach der Auffassung des ordentlichen Geschäftsverkehrs schuldhaft verzögert hat oder 3. daß der Vergleichsvorschlag der Vermögenslage des Schuldners nicht entspricht, sei es, daß der Schuldner zu wenig oder zu viel bietet, oder 4. daß im Falle der Fortführung des Unternehmens seine Erhaltung durch den Vergleich offenbar nicht zu erwarten ist.

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Gesetzestext §19 Entscheidung über die Konkurseröffnung (1) Wird die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt, so ist zugleich von Amts wegen über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. (2) Gegen die Entscheidung, durch die das Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Konkursverfahrens abgelehnt wird, steht dem Schuldner binnen einer Woche die sofortige Beschwerde zu (§ 121). Der Schuldner kann dabei auch geltend machen, daß die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens zu Unrecht abgelehnt worden sei. (3) Wird der Konkurs nicht eröffnet, so tritt eine nach § 12 getroffene Anordnung mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird, außer Kraft. Ist eine Verfügungsbeschränkung angeordnet worden, so gilt § 65 Abs. 2 sinngemäß. (4) Das Amt des vorläufigen Verwalters als solchen endigt mit Erlaß des Beschlusses, durch den das Vergleichs- oder das Konkursverfahren eröffnet wird, oder mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird. (5) Der Beschluß, durch den das Vergleichs- oder das Konkursverfahren eröffnet oder die E r ö f f n u n g des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird, sowie die im Beschwerderechtszug ergehenden Entscheidungen sind auch dem vorläufigen Verwalter zuzustellen. D e r Beschluß, durch den die Eröffnung des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird, ist nach Rechtskraft in derselben Weise öffentlich bekanntzumachen, wie die im § 11 Abs. 1 vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt ist.

§ 20 Inhalt des Eröffnungsbeschlusses (1) Wird das Vergleichsverfahren eröffnet, so ernennt das Gericht einen Vergleichsverwalter und bestimmt einen Termin zur Verhandlung über den Vergleichsvorschlag (Vergleichstermin). (2) Der Vergleichstermin ist nicht über einen Monat hinaus anzuberaumen. (3) Der Eröffnungsbeschluß hat zu enthalten: Namen (Firma), Vornamen, Beschäftigung oder Geschäftszweig, W o h n u n g oder gewerbliche Niederlassung des Schuldners; 2. N a m e n und Anschrift des Vergleichsverwalters; 3. O r t und Zeit des Vergleichstermins; 4. die Aufforderung an die Gläubiger, ihre Forderungen alsbald anzumelden. 1.

§21 Zeitpunkt der Eröffnung (1) In dem Beschlüsse, durch den das Vergleichsverfahren eröffnet wird, ist die Stunde der E r ö f f n u n g anzugeben. (2) Ist dies versäumt worden, so gilt als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages, an dem der Beschluß erlassen worden ist.

§ 22 Bekanntgabe des Eröffnungsbeschlusses (1) Die Geschäftsstelle hat den Eröffnungsbeschluß sofort öffentlich bekanntzumachen. (2) D e r Schuldner, die aus dem Gläubigerverzeichnis ersichtlichen Vergleichsgläubiger sowie der Vergleichsverwalter sind unter Mitteilung des Eröffnungsbeschlusses und des Vergleichsvorschlags zu dem Vergleichstermin durch besondere Zustellung zu laden. 7

Gesetzestext (3) In der öffentlichen Bekanntmachung und in der Ladung der Gläubiger ist darauf hinzuweisen, daß der Eröffnungsantrag mit seinen Anlagen und das Ergebnis der etwaigen Ermittlungen bei dem Gericht eingesehen werden kann.

§23 Vermerk im Handelsregister (1) Die Geschäftsstelle teilt, wenn der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist, eine Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses der für die Führung des Handelsregisters zuständigen Behörde mit. (2) Die Registerbehörde trägt die Eröffnung des Vergleichsverfahrens von Amts wegen in das Handelsregister ein. Eine öffentliche Bekanntmachung der Eintragung findet nicht statt. Die Vorschriften des § 15 des Handelsgesetzbuchs bleiben außer Anwendung.

§ 24 Fortdauer einer Verfügungsbeschränkung Eine gemäß § 12 angeordnete Verfügungsbeschränkung gilt von der Eröffnung des Verfahrens an als Verfügungsbeschränkung im Sinne der §§ 58 bis 65.

3. A B S C H N I T T Vergleichsgläubiger

§25 Grundsatz (1) An dem Vergleichsverfahren sind, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, alle persönlichen Gläubiger des Schuldners beteiligt, die einen zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen ihn haben (Vergleichsgläubiger). (2) Unterhaltsberechtigte sind nur insoweit Vergleichsgläubiger, als sie ihren Anspruch im Konkurse geltend machen können.

§ 26 Nichtbeteiligte Gläubiger (1) Gläubiger, denen im Konkurse ein Anspruch auf Aussonderung oder Ersatzaussonderung oder ein Verfolgungsrecht zusteht, ferner Gläubiger, deren Forderungen im Konkurs ein Vorrecht genießen, und Gläubiger, deren Anspruch durch eine Vorbemerkung gesichert ist, sind nicht Vergleichsgläubiger. (2) Ebenso gehören die Gebühren und Auslagen des Gerichts sowie Ansprüche des vorläufigen Verwalters nicht zu den Vergleichsforderungen, auch soweit sie vor der Eröffnung entstanden sind. Zu den Vergleichsforderungen gehören ferner nicht die Ansprüche, die im Konkurs Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 der Konkursordnung sind.

§27 Absonderungsberechtigte Gläubiger (1) Gläubiger, die im Konkurse abgesonderte Befriedigung beanspruchen können, sind unbeschadet der Vorschrift des § 71 Abs. 3 insoweit Vergleichsgläubiger, als ihnen der Schuldner auch 8

Gesetzestext persönlich haftet und sie auf die abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind. Solange der Ausfall nicht feststeht, sind sie bei der Vergleichserfüllung, falls nicht im Vergleich eine für den Schuldner günstigere Regelung vereinbart wird, mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen. (2) Die Bestimmungen für Absonderungsberechtigte gelten auch für Gläubiger, denen zur Sicherung eines Anspruchs eine Sache oder ein Recht übertragen worden ist, sowie für diejenigen, auf deren Befriedigung im Konkurs die Vorschriften für Absonderungsberechtigte entsprechende Anwendung finden.

§28 Sperrfrist (1) Gläubiger, die durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine Sicherung erlangt haben, bleiben Vergleichsgläubiger, wenn sie diese Sicherung später als am dreißigsten Tag vor der Stellung des Eröffnungsantrags erworben haben. Dies gilt entsprechend auch für Gläubiger, die durch Zwangsvollstreckung befriedigt worden sind. (2) Bei der Berechnung der Frist wird der Tag der Stellung des Antrags nicht mitgezählt.

§ 29 Ausgeschlossene Ansprüche Im Vergleichsverfahren können nicht geltend gemacht werden: die seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen; die Kosten, die den einzelnen Gläubigern durch ihre Teilnahme an dem Verfahren erwachsen; 3. Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; 4. Ansprüche aus einer Freigebigkeit des Schuldners. 1. 2.

§30 Betagte Fordeningen Betagte Forderungen gelten als fällig. Sind sie unverzinslich, so sind sie nur mit dem Betrag beteiligt, der mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Verfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrage der Forderung gleichkommt.

§31 Bedingte Forderungen Forderungen unter auflösender Bedingung nehmen am Verfahren wie unbedingte teil.

§32 Haftung von Gesamtschuldnern Ein Gläubiger, dem mehrere Personen für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, ist bis zu seiner vollen Befriedigung an dem Vergleichsverfahren gegen jeden Schuldner mit dem ganzen Betrag beteiligt, den er zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens zu fordern hatte.

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Gesetzestext §33 Rechte der Gesamtschuldner und Bürgen Der Gesamtschuldner und der Bürge sind wegen der Forderung, die sie infolge Befriedigung des Gläubigers künftig gegen den Schuldner erwerben könnten, nur dann Vergleichsgläubiger, wenn der Gläubiger mit seiner Forderung am Vergleichsverfahren nicht teilnimmt.

S 34 Umrechnung von Forderungen Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt oder nicht in inländischer Währung festgesetzt ist, sind mit ihrem für die Zeit der Eröffnung des Verfahrens in inländischer Währung zu schätzenden Werte beteiligt.

§ 35 Wiederkehrende Leistungen Forderungen auf wiederkehrende Leistungen, deren Betrag und Dauer bestimmt sind, sind mit dem Betrag beteiligt, der sich durch Zusammenrechnung der noch ausstehenden Leistungen unter Abzug des im $ 30 bezeichneten Zwischenzinses ergibt. Ist die Dauer der Leistungen unbestimmt, so gilt § 34 sinngemäß. §36 Forderungen aus gegenseitigen Verträgen (1) Ein Gläubiger, dessen Forderung auf einem gegenseitigen Vertrage beruht, ist nicht Vergleichsgläubiger, wenn zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens noch keine Vertragspartei den Vertrag vollständig erfüllt hat. (2) Sind die geschuldeten Leistungen teilbar und hat der Gläubiger die ihm obliegende Leistung zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens bereits teilweise erbracht, so ist er mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrage seiner Forderung auf die Gegenleistung Vergleichsgläubiger. Wegen dieser Teilleistung kann der Gläubiger ein etwa im Vertrage vereinbartes oder als vereinbart geltendes Rücktrittsrecht nach der Verfahrenseröffnung nicht mehr ausüben. (3) Ist die vom Gläubiger geschuldete Leistung deshalb nicht als vollständig bewirkt anzusehen, weil die Leistung mangelhaft ist, so ist der Gläubiger mit dem Anspruch auf die ihm trotz des Mangels etwa zustehende Gegenleistung Vergleichsgläubiger; die dem Schuldner wegen des Mangels zustehenden Rechte bleiben unberührt.

§37 Ausländische Gläubiger Ausländische Gläubiger stehen den inländischen gleich.

4. A B S C H N I T T Vergleichsverwalter. Gläubigerbeirat

§38 Bestellung des Vergleichsverwalters Zum Vergleichsverwalter ist eine geschäftskundige, von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige Person zu bestellen.

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Gesetzestext S39 Aufgaben des Vergleichsverwalters Der Vergleichsverwalter hat die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung des Schuldners und seiner Familie zu überwachen.

§ 40 Weitere Rechte und Pflichten des Vergleichsverwalters (1) Der Vergleichsverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Der Schuldner hat dem Vergleichsverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten; er und seine Angestellten haben ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen. (2) Der Vergleichsverwalter hat dem Gericht sofort anzuzeigen, wenn ihm Tatsachen bekannt werden, die ein Einschreiten des Gerichts, insbesondere den Erlaß von Verfügungsbeschränkungen, die Einstellung des Vergleichsverfahrens oder die Versagung der Bestätigung des Vergleichs zu rechtfertigen vermögen. Er hat dem Gericht auf Verlangen jederzeit Auskunft zu erteilen. (3) Im Vergleichstermin hat der Vergleichsverwalter über die Sachlage, insbesondere über die Ursachen des Zusammenbruchs des Schuldners, die Angemessenheit des Vergleichsvorschlags und die Aussichten auf Erfüllung des Vergleichs zu berichten. Das Vergleichsgericht kann anordnen, daß der Vergleichsverwalter auf Grund des Ergebnisses seiner Ermittlungen (§ 39) über die vorbezeichneten Punkte noch vor dem Vergleichstermin schriftlich Bericht erstatte und daß er Abschriften des Berichtes den Vergleichsgläubigern mitteile.

§41 Aufsicht des Gerichts (1) Der Vergleichsverwalter steht unter Aufsicht des Gerichts. (2) Das Gericht kann gegen den Vergleichsverwalter Zwangsgeld festsetzen. Es kann ihn aus wichtigen Gründen seines Amtes entheben. (3) Das Zwangsgeld ist vorher anzudrohen. Vor der Entscheidung nach Absatz 2 S. 2 ist der Vergleichsverwalter zu hören. (4) Gegen die Entscheidung, durch die ein Zwangsgeld festgesetzt wird, steht dem Vergleichsverwalter die sofortige Beschwerde zu (§ 121). Das Vergleichsgericht kann der Beschwerde abhelfen. § 42 Haftung des Vergleichsverwalters Der Vergleichsverwalter ist allen Beteiligten für die Erfüllung seiner Pflichten verantwortlich.

S 43 Auslagen und Vergütung des Vergleichsverwalters (1) Der Vergleichsverwalter kann von dem Schuldner die Erstattung angemessener barer Auslagen und eine angemessene Vergütung für seine Geschäftsführung verlangen. Der Vergleichsverwalter kann Auslagen, die ihm dadurch erwachsen, daß er durch Sachverständige die Bücher des Schuldners prüfen und seine Warenbestände schätzen läßt, nur erstattet verlangen, wenn das Vergleichsgericht vorher der Beiziehung eines Sachverständigen zugestimmt hat; die Zustimmung soll nur erteilt werden, wenn die Prüfung oder Schätzung besondere Schwierigkeiten bietet. (2) Die H ö h e der Auslagen und der Vergütung setzt das Vergleichsgericht fest. Wird das Vergleichsverfahren nach der Bestätigung des Vergleichs fortgesetzt, so ist zunächst nur die Vergü-

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Gesetzestext tung für die vom Vergleichsverwalter bis zur Bestätigung des Vergleichs geleistete Tätigkeit zu bestimmen. Die Vergütung f ü r die von ihm nachher entfaltete Tätigkeit ist nach ihrem Abschluß abgesondert zu bemessen; dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Vergleich erfüllt worden ist. (3) Die Entscheidung ist dem Vergleichsverwalter, dem Schuldner und jedem Mitglied des Gläubigerbeirats zuzustellen und kann von jeder der vorgenannten Personen angefochten werden (§ 121). Das Vergleichsgericht kann der Beschwerde abhelfen. (4) Vereinbarungen des Vergleichsverwalters mit dem Schuldner oder einem Vergleichsgläubiger über die H ö h e der Auslagen oder der Vergütung sind nichtig. (5) Der Reichsminister der Justiz kann über die dem Verwalter zu gewährende Vergütung allgemeine Anordnungen treffen. §44 Gläubigerbeirat (1) Zur Unterstützung und Überwachung des Vergleichsverwalters kann das Gericht einen Gläubigerbeirat bestellen, wenn der besondere U m f a n g des Unternehmens des Schuldners dies geboten erscheinen läßt. Zu Mitgliedern des Beirats können auch juristische Personen bestellt werden. (2) Das Gericht kann die Bestellung zum Mitglied des Beirats jederzeit widerrufen. (3) Die Mitglieder des Beirats sind f ü r die Erfüllung ihrer Pflichten allen Beteiligten verantwortlich. (4) Ein Beschluß des Beirats ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlußfassung teilgenommen hat und der Beschluß mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt worden ist.

§45 Rechte und Pflichten der Mitglieder des Gläubigerbeirats (1) Die Mitglieder des Gläubigerbeirats sind berechtigt, die Bücher und Geschäftspapiere des Schuldners und des Vergleichsverwalters einzusehen und Aufklärung über hierbei sich ergebende Fragen zu verlangen. Sie haben dem Gericht sofort anzuzeigen, wenn ihnen Tatsachen bekannt werden, die ein Einschreiten des Gerichts, insbesondere den Erlaß von Verfügungsbeschränkungen, die Einstellung des Vergleichsverfahrens oder die Versagung der Bestätigung des Vergleichs zu rechtfertigen vermögen. (2) Die Mitglieder des Gläubigerbeirats können von dem Schuldner die Erstattung angemessener barer Auslagen sowie angemessenen Ersatz f ü r Zeitversäumnis verlangen. Die Vorschriften des § 43 Abs. 2 bis 5 finden entsprechende Anwendung.

5. A B S C H N I T T Wirkungen der Eröffnung des Vergleichsverfahrens

§46 Konkursverbot Die Entscheidung über einen Antrag auf Konkurseröffnung bleibt von der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren abschließt, ausgesetzt.

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Gesetzestext § 47 Vollstreckungsverbot Die Vergleichsgläubiger sowie die im § 29 bezeichneten Gläubiger können nach der E r ö f f nung des Vergleichsverfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren abschließt, Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner nicht vornehmen.

§48 Anhängige Vollstreckungsmaßnahmen (1) Zwangsvollstreckungen, die zur Zeit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens zugunsten eines Vergleichsgläubigers oder eines der im § 29 N r . 3, 4 bezeichneten Gläubiger gegen den Schuldner anhängig sind, werden bis zur Rechtskraft der Entscheidung, die das Vergleichsverfahren abschließt, kraft Gesetzes einstweilen eingestellt. (2) Auf Antrag des Vergleichsverwalters kann das Vergleichsgericht die endgültige Einstellung und die Aufhebung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme (Abs. 1) anordnen, wenn die Verfügung über den von der Vollstreckung betroffenen Gegenstand im Interesse der Vergleichsgläubiger geboten ist.

§49 Klagen nach der Verfahrenseröffnung Erhebt ein Vergleichsgläubiger nach der Eröffnung des Verfahrens K l a g e auf Leistung, so fallen ihm die Prozeßkosten zur Last, wenn der Schuldner den Anspruch sofort anerkennt. Dies gilt nicht, wenn der Gläubiger bei der Erhebung der K l a g e die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht kannte oder an alsbaldiger Erlangung des Urteils ein berechtigtes Interesse hatte.

§50 Abwicklung gegenseitiger Verträge (1) Der Schuldner kann die Erfüllung oder die weitere Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags ablehnen, wenn zur Zeit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens noch keine Vertragspartei den Vertrag vollständig erfüllt hat. Im Falle des § 36 Abs. 2 ist die Ablehnung nur insoweit zulässig, als der Vertragsgegner mit seiner Forderung auf die Gegenleistung nicht Vergleichsgläubiger ist. (2) D e r Schuldner bedarf zur Ablehnung der vorgängigen Ermächtigung des Vergleichsgerichts. D a s Gesuch um Ermächtigung kann bereits bei der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Verfahrens und muß spätestens binnen zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses (§ 22) bei dem Gericht angebracht werden. V o r der Entscheidung hat das Gericht den Verwalter (§§ 11, 20) und den Vertragsgegner zu hören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie untunlich ist. Die Ermächtigung soll nur erteilt werden, wenn die Erfüllung oder die weitere Erfüllung des Vertrags das Zustandekommen oder die Erfüllbarkeit des Vergleichs gefährden würde und die Ablehnung der Erfüllung dem Vertragsgegner keinen unverhältnismäßigen Schaden bringt. Der Beschluß, durch den über das Ermächtigungsgesuch entschieden wird, ist dem Schuldner, dem Verwalter und dem Vertragsgegner zuzustellen. (3) D e r Schuldner kann die Erfüllung nur binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Ermächtigungsbeschlusses an ihn ablehnen; nach dem Beginn der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag kann die Ablehnung nicht mehr erklärt werden. (4) Ist zur Sicherung des Anspruchs des Gläubigers eine Vorbemerkung eingetragen, so steht dem Schuldner gegenüber dem Gläubiger die im Abs. 1 vorgesehene Ablehnungsbefugnis nicht zu. Dies gilt auch, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind.

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Gesetzestext §51 Miet-, Pacht- und Dienstverträge (1) Auf Miet- und Pachtverträge, bei denen der Schuldner der Vermieter oder der Verpächter ist sowie auf Dienstverträge, bei denen der Schuldner der zur Dienstleistung Verpflichtete ist, finden die Vorschriften des § 50 keine Anwendung. (2) Auf Miet- und Pachtverträge, bei denen der Schuldner der Mieter oder Pächter ist und der Miet- oder Pachtgegenstand ihm vor der Eröffnung des Verfahrens bereits überlassen worden ist, sowie auf Dienstverträge, bei denen der Schuldner der Dienstberechtigte ist, finden die Vorschriften des § 50 mit der Änderung Anwendung, daß an die Stelle der Befugnis zur Ablehnung der Erfüllung oder der weiteren Erfüllung die Befugnis tritt, das Vertragsverhältnis ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen.

§52 Schadensersatz bei Abwicklung gegenseitiger Verträge (1) Wird die Erfüllung oder die weitere Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags auf Grund des § 50 abgelehnt oder ein Miet-, Pacht- oder Dienstvertrag auf Grund des § 51 Abs. 2 vorzeitig gekündigt, so kann der Vertragsgegner des Schuldners Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Er ist mit dem Ersatzanspruch am Vergleichsverfahren beteiligt und wird von dem Vergleiche betroffen. (2) Das dem Vermieter oder dem Verpächter nach den §§ 559, 581, 585 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehende Pfandrecht kann für einen gemäß Abs. 1 infolge der vorzeitigen Beendigung des Vertrags erwachsenden Schadensersatzanspruch nicht geltend gemacht werden.

§53 Unabdingbarkeit der §§ 50 bis 52 Auf eine Abrede, durch die im voraus die Anwendung der §§ 50 bis 52 ausgeschlossen oder beschränkt wird, können sich die Vertragsteile nicht berufen.

§54 Aufrechnung Die Vergleichsgläubiger und die im § 29 bezeichneten Gläubiger bleiben nach der Eröffnung des Verfahrens zur Aufrechnung befugt; die Vorschriften der §§ 54, 55 der Konkursordnung über die Erleichterung und die Beschränkung der Aufrechnung gelten sinngemäß. Soweit die Aufrechnung hiernach statthaft ist, wird die Befugnis hierzu durch die Wirkungen des Vergleichs nicht berührt.

§55 Hemmung der Verjährung Die Verjährung der Ansprüche der Vergleichsgläubiger ist, vorbehaltlich des § 96 Abs. 3, von der Eröffnung des Vergleichsverfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren abschließt, gehemmt.

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Gesetzestext 6. A B S C H N I T T Verpflichtung:- und Verfügungsfähigkeit des Schuldners nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens

$ 56 Pflicht zu bescheidener Lebensführung Der Schuldner darf während des Vergleichsverfahrens die vorhandenen Mittel nur insoweit für sich verbrauchen, als es zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und seine Familie unerläßlich ist. §57 Stellung des Schuldners gegenüber dem Vergleichsverwalter (1) Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetriebe gehören, soll der Schuldner nur mit Zustimmung des Vergleichsverwalters eingehen. Auch die Eingehung von Verbindlichkeiten, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetriebe gehören, soll er unterlassen, wenn der Verwalter dagegen Einspruch erhebt. (2) Auf Verlangen des Verwalters hat der Schuldner zu gestatten, daß alle eingehenden Gelder nur von dem Verwalter entgegengenommen und Zahlungen nur von dem Verwalter geleistet werden. $ 58 Verfügungsbeschränkungen (Grundsatz) (1) Das Gericht kann jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag des Vergleichsverwalters, eines Mitglieds des Gläubigerbeirats oder eines Vergleichsgläubigers dem Schuldner Verfügungsbeschränkungen auferlegen. (2) Bei der Eröffnung des Verfahrens hat das Gericht zu prüfen, ob dem Schuldner solche Beschränkungen aufzuerlegen sind. §59 Allgemeines und besonderes Veräußerungsverbot Die Verfügungsbeschränkungen können darin bestehen, daß an den Schuldner ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen wird, oder daß dem Schuldner die Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände verboten wird. Das allgemeine Veräußerungsverbot ergreift auch das Vermögen, das der Schuldner nach Erlaß des Verbots erwirbt. Im übrigen bestimmen sich die Wirkungen dieser Maßnahmen ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 62 bis 64. $ 60 Beginn des allgemeinen Veräußerungsverbots (1) In dem Beschluß, durch den das allgemeine Veräußerungsverbot erlassen wird, ist die Stunde anzugeben, zu der das Verbot ergeht. Ist dies versäumt worden, so gilt als Zeitpunkt des Erlasses des Veräußerungsverbots die Mittagsstunde des Tages, an dem der Beschluß ergeht. (2) Das allgemeine Veräußerungsverbot ist öffentlich bekanntzumachen und dem Vergleichsschuldner sowie seinen Schuldnern und dem Vergleichsverwalter zuzustellen; hierbei hat das Gericht zugleich den Drittschuldnern die Leistung an den Schuldner zu verbieten. § 61

Eintragung des Verbots im Grundbuch (1) Das allgemeine Veräußerungsverbot ist in das Grundbuch, das Schiffsregister und das Schiffsbauregister einzutragen

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Gesetzestext 1. 2.

bei den Grundstücken, eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, als deren Eigentümer der Schuldner eingetragen ist; bei den f ü r den Schuldner eingetragenen Rechten an Grundstücken, eingetragenen Schiffen oder Schiffsbauwerken, wenn nach der Art des Rechts und den Umständen des einzelnen Falles aus der Unterlassung der Eintragung eine Beeinträchtigung der Vergleichsgläubiger zu besorgen ist.

(2) Das Vergleichsgericht hat, soweit ihm solche Grundstücke, eingetragenen Schiffe und Schiffsbauwerke oder Rechte bekannt sind, von Amts wegen oder auf Antrag des Vergleichsverwalters das Grundbuchamt oder das Registergericht um die Eintragung zu ersuchen. (3) Die Vorschriften des Abs. 1, 2 gelten sinngemäß, wenn der Schuldner während des Bestehens des allgemeinen Veräußerungsverbots ein Grundstück, eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk, ein Recht an einem solchen Gegenstand oder ein Recht an einem solchen Recht erwirbt. (4) Die Eintragung geschieht gebührenfrei.

$ 62 Wirkungen des allgemeinen Veräußerungsverbots (1) Das allgemeine Veräußerungsverbot hat die Wirkung, daß eine rechtsgeschäftliche V e r f ü gung, die der Schuldner nach seinem Erlaß über sein Vermögen trifft, den Vergleichsgläubigern gegenüber unwirksam ist. (2) H a t der Schuldner eine Verfügung am Tage des Erlasses des allgemeinen Veräußerungsverbots getroffen, so wird vermutet, daß er sie nach dem Erlaß des Verbots getroffen hat. (3) Die Vorschriften der §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuches, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (RGBl. I S. 1499) bleiben unberührt. (4) Soweit sich nicht aus § 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken ein anderes ergibt, wird die Verfügungsbeschränkung gegenüber einem Schuldner des Schuldners erst in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm bekannt wird. Ist die Anordnung des allgemeinen Veräußerungsverbots öffentlich bekanntgemacht oder dem Drittschuldner zugestellt (§ 60 Abs. 2), so wird die Kenntnis vermutet.

§ 63 Verbot der Verfügung über einzelne Gegenstände (1) Das Verbot der Verfügung über einzelne Gegenstände ist dem Schuldner und dem Vergleichsverwalter zuzustellen. Ist dem Schuldner die Verfügung über einen Anspruch, insbesondere die Einziehung einer Forderung, verboten worden so ist das Verbot auch dem Drittschuldner zuzustellen; hierbei hat ihm das Gericht die Leistung an den Schuldner zu verbieten. (2) Ist dem Schuldner die Verfügung über ein Grundstück, ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk, ein Recht an einem solchen Gegenstand oder über ein Recht an einem solchen Recht verboten worden, so gelten sinngemäß die Vorschriften des § 61 Abs. 1, 2 und 4. (3) Das Verbot der Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände hat die Wirkung, daß eine rechtsgeschäftliche Verfügung über den Gegenstand den Vergleichsgläubigern gegenüber unwirksam ist. Die Vorschriften zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten sinngemäß. Einem Drittschuldner gegenüber finden die Vorschriften des § 62 Abs. 4 entsprechende Anwendung. §64 Zustimmungsbefugnis des Vergleichsverwalters Eine Verfügungsbeschränkung steht der Wirksamkeit einer Verfügung nicht entgegen, wenn der Vergleichsverwalter der Verfügung zustimmt. Das Gericht kann die Zustimmungsbefugnis des Vergleichsverwalters ausschließen oder beschränken.

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Gesetzestext § 65 Aufhebung der Verfügungsbeschränkungen (1) Eine Verfügungsbeschränkung ist aufzuheben, wenn sie entbehrlich ist. (2) D i e Aufhebung ist in derselben Weise zuzustellen, öffentlich bekanntzumachen und in das Grundbuch, das Schiffsregister oder das Schiffsbauregister einzutragen wie die Anordnung (§ 60 Abs. 2, SS 6 1 , 63 Abs. 1 und 2).

7. A B S C H N I T T Anmeldung der Forderungen. Vergleichstermin

$ 66 Verhandlung im Vergleichstermin (1) Im Vergleichstermin wird über den Vergleichsvorschlag verhandelt, das Stimmrecht der Forderungen, soweit es bestritten wird, festgestellt und abgestimmt. D e r Vergleichsvorschlag ist zu verlesen; eine nach § 14 eingeholte Äußerung der Berufsvertretung ist ihrem Inhalt nach bekanntzugeben. (2) Die an dem Vergleichsverfahren nicht beteiligten Gläubiger können in dem Vergleichstermin erscheinen und sind auf ihren Antrag zu hören.

§ 67 Anmeldung der Forderungen (1) Ein Vergleichsgläubiger, dessen Forderung in das Gläubigerverzeichnis (§ 4 Abs. 1 N r . 2, § 6) nicht aufgenommen ist, wird bei der Abstimmung berücksichtigt, wenn er seine Forderung bis zum Beginn der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle anmeldet. Schriftliche Anmeldungen sind in zwei Stücken zu überreichen. (2) Die Anmeldung hat den Betrag und den Grund der Forderung zu enthalten; urkundliche Beweisstücke sind in Urschrift oder in Abschrift der Anmeldung beizufügen. Ist die Urschrift nicht beigefügt worden, so kann ihre V o r l a g e im Vergleichstermin verlangt werden. (3) D e r Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat das Gläubigerverzeichnis nach den Anmeldungen zu berichtigen.

$68 Anwesenheitspflicht des Schuldners und des Vergleichsverwalters (1) D e r Schuldner und der Vergleichsverwalter müssen in dem Vergleichstermin persönlich erscheinen. (2) D e r Schuldner darf sich nur vertreten lassen, wenn er glaubhaft macht, daß ihn wichtige Gründe am Erscheinen verhindern.

$ 69 Verpflichtung des Schuldners zur Auskunft und eidesstattlichen Versicherung (1) D e r Schuldner ist auf Verlangen des Vergleichsverwalters oder eines Vergleichsgläubigers verpflichtet, die zur Beurteilung seiner Vermögenslage sowie der Angemessenheit und Erfüllbarkeit des Vergleichsvorschlages erforderlichen Auskünfte zu erteilen, insbesondere die nach § 4 Abs. 1 N r . 3 abgegebene Erklärung zu erläutern und nähere Angaben über die im Vermögensver-

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Gesetzestext zeichnis angeführten Vermögensstücke sowie darüber zu machen, wo und in wessen Gewahrsam sie sich befinden. (2) Das Vergleichsgericht ordnet, wenn es dies zur Herbeiführung wahrheitsgemäßer Angaben f ü r notwendig hält, von Amts wegen oder auf Antrag des Vergleichsverwalters oder eines Vergleichsgläubigers an, daß der Schuldner zu Protokoll an Eides Statt versichert, er habe nach bestem Wissen sein Vermögen und seine Verbindlichkeiten so vollständig angegeben und die verlangte Auskunft so vollständig erteilt, als er dazu imstande sei. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Wird vom Schuldner keine Auskunft verlangt, so hat das Gericht den Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung entsprechend einzuschränken. §70 Erörterung der Forderungen Die Forderungen der Vergleichsgläubiger werden an Hand des berichtigten Gläubigerverzeichnisses erörtert; der Schuldner hat sich über sie zu erklären.

§71 Feststellung des Stimmrechts (1) Eine Forderung ist stimmberechtigt, wenn weder der Schuldner noch der Vergleichsverwalter noch ein Vergleichsgläubiger sie bestreitet. Der Vergleichsverwalter hat eine Forderung zu bestreiten, wenn sich gegen sie aus den Geschäftsbüchern und Aufzeichnungen des Schuldners oder sonst begründete Bedenken ergeben, die der Schuldner nicht zu zerstreuen vermag. (2) Wird eine Forderung bestritten und einigen sich der Schuldner, der Vergleichsverwalter und die im Termin erschienenen Vergleichsgläubiger nicht über die Gewährung des Stimmrechts, so entscheidet das Gericht. Es kann seine Entscheidung auf Antrag des Schuldners, eines im Termin erschienenen Vergleichsgläubigers oder des Vergleichsverwalters bis zum Beginn der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag ändern. Die Wirkung der Entscheidung beschränkt sich auf das Stimmrecht und die im § 97 bezeichneten Rechtsfolgen. (3) Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten sinngemäß f ü r aufschiebend bedingte Forderungen und Forderungen, f ü r die abgesonderte Befriedigung beansprucht wird. (4) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat nach der Erörterung einer jeden Forderung im Gläubigerverzeichnis zu vermerken, ob und von wem die Forderung bestritten wurde. Haben die Beteiligten sich über das Stimmrecht geeinigt oder hat das Gericht über das Stimmrecht entschieden, so ist auch diese Einigung oder Entscheidung zu vermerken.

§72 Stimmrecht in besonderen Fällen (1) Vergleichsgläubiger, deren Kapitalsforderungen nach dem Vergleichsvorschlag nicht beeinträchtigt werden, haben kein Stimmrecht. (2) Gläubigern, denen eine Forderung gemeinschaftlich zusteht oder deren Forderungen bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners eine einzige Forderung gebildet haben, gebührt nur eine Stimme. Die Vorschrift gilt sinngemäß, wenn an einer Forderung ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch besteht. §73 Schriftliche Zustimmung (1) Ein Gläubiger kann dem Vergleichsvorschlag auch schriftlich zustimmen; die Erklärung ist nur zu berücksichtigen, wenn sie dem Gericht bis zum Schluß der Abstimmung zugegangen ist. (2) Die Zustimmung gilt auch dann als erteilt, wenn die Forderung des zustimmenden Gläubigers bestritten wird; es sei denn, daß die Zustimmung f ü r diesen Fall verweigert worden ist.

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Gesetzestext § 74 Abstimmung über den Vergleichsvorschlag 1. 2.

(1) Zur Annahme eines Vergleichsvorschlages ist erforderlich, daß die Mehrheit der im Termin anwesenden stimmberechtigten Gläubiger unter Einrechnung der schriftlich zustimmenden dem Vergleichsvorschlag zustimmt und die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger mindestens drei Vierteile der Forderung der stimmberechtigten Gläubiger beträgt. (2) Die Mehrheiten sind nach dem berichtigten Gläubigerverzeichnis zu berechnen.

(3) Gewährt der Vergleichsvorschlag den Gläubigern nicht mindestens die Hälfte ihrer Forderungen, so muß die nach Absatz 1 N r . 2 erforderliche Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger mindestens vier Fünfteile der Forderungen der stimmberechtigten Gläubiger betragen.

§75 Stimmrecht des Ehegatten und seines Rechtsnachfolgers (1) Bei der Berechnung der Mehrheiten bleibt der Ehegatte des Schuldners außer Betracht, wenn er dem Vergleichsvorschlag zugestimmt hat. (2) D a s gleiche gilt von demjenigen, dem der Ehegatte des Schuldners nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder in dem letzten Jahre vorher eine Forderung gegen den Schuldner abgetreten hat, soweit das Stimmrecht auf der abgetretenen Forderung beruht. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Ehegatte zu der Abtretung durch Gesetz oder durch einen Vertrag verpflichtet war, der früher als ein Jahr vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens geschlossen worden ist.

§ 76 Änderung des Vergleichsvorschlags zuungunsten der Gläubiger Wird der Vergleichsvorschlag nach der Eröffnung des Verfahrens zuungunsten der Gläubiger geändert, so darf das Gericht den geänderten Vorschlag, sofern nicht alle Vergleichsgläubiger im Vergleichstermin anwesend sind, nur zur Abstimmung stellen, wenn er ihnen durch das Gericht vor dem Termin mitgeteilt worden ist; Gläubiger, die ihre Forderung so spät angemeldet haben, daß sie nicht rechtzeitig benachrichtigt werden konnten, bleiben außer Betracht. Darüber, ob der Vorschlag zuungunsten der Gläubiger geändert worden ist, entscheidet das Gericht.

§77 Vertagung des Vergleichstermins (1) Der Vergleichstermin ist auf Antrag des Schuldners zu vertagen, wenn nur eine der nach 5 74 zur Annahme des Vergleichsvorschlags erforderlichen Mehrheiten erreicht worden ist; die Vertagung darf nicht wiederholt werden. (2) Der Vergleichstermin kann vertagt werden, wenn drei Vierteile der erschienenen Vergleichsgläubiger es beantragen und zu erwarten ist, daß der neue Termin zu einem Vergleiche führen wird. Die Vorschriften des § 75 finden entsprechende Anwendung. (3) Der Vergleichstermin kann ferner vertagt werden, wenn der Schuldner sich in dem Termin zulässigerweise hat vertreten lassen (§ 68 Abs. 2) und das Gericht die Abgabe der im $ 69 Abs. 2 vorgesehenen eidesstattlichen Versicherung für notwendig erachtet. (4) Der neue Termin ist alsbald zu bestimmen und soll in der Regel nicht über zwei Wochen hinaus anberaumt werden.

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Gesetzestext 8. A B S C H N I T T Bestätigung des Vergleichs

§ 78 Bestätigungsverfahren (1) Der angenommene Vergleich bedarf der Bestätigung des Gerichts. (2) Das Gericht hat vor der Entscheidung über die Bestätigung den Schuldner, den Vergleichsverwalter und den Gläubigerbeirat zu hören. (3) Die Entscheidung über die Bestätigung ist in dem Vergleichstermin oder in einem alsbald zu bestimmenden, nicht über eine Woche hinaus anzusetzenden Termine zu verkünden. (4) Wird der Vergleich bestätigt, so ist sein wesentlicher Inhalt den aus dem berichtigten Gläubigerverzeichnis ersichtlichen Vergleichsgläubigern unter Hinweis auf die Bestätigung mitzuteilen. § 79 Versagungsgründe Die Bestätigung ist zu versagen, wenn die f ü r den Inhalt und den Abschluß des Vergleichs gegebenen Vorschriften oder die Vorschriften über das nach der E r ö f f n u n g einzuhaltende Verfahren in einem wesentlichen Punkt nicht beobachtet worden sind und das Fehlende nicht ergänzt werden kann; 2. wenn der Schuldner flüchtig ist oder sich verborgen hält, wenn gegen ihn wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 bis 3, 283 a des Strafgesetzbuches eine gerichtliche Untersuchung oder ein wiederaufgenommenes Verfahren anhängig ist, oder wenn sich ergibt, daß er wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist; 3. wenn der Vergleich unlauter, insbesondere durch Begünstigung eines Gläubigers, zustande gebracht worden ist; 4. wenn der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger widerspricht. 1.

§ 80 Entscheidung über die Eröffnung des Konkurses bei Versagung der Bestätigung (1) Wird die Bestätigung des Vergleichs versagt, so ist zugleich von Amts wegen über die Konkurseröffnung zu entscheiden. (2) Gegen die Entscheidung, durch die das Konkursverfahren eröffnet oder die E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens abgelehnt wird, steht dem Schuldner binnen einer Woche die sofortige Beschwerde zu (§ 121). Der Schuldner kann dabei auch geltend machen, daß die Bestätigung zu Unrecht versagt worden sei. (3) Die Entscheidung, welche die Bestätigung versagt, und die Entscheidung über die Eröffnung des Konkursverfahrens werden erst mit der Rechtskraft wirksam.

§ 81 Verfahren bei Nichteröffnung des Konkurses (1) Der Beschluß, der die Bestätigung versagt, ist, wenn der Konkurs nicht eröffnet wird, nach Rechtskraft in derselben Weise öffentlich bekanntzumachen, zuzustellen und in die öffentlichen Register einzutragen, wie die Eröffnung des Verfahrens (§§ 22, 23); der Beschluß ist ferner den Mitgliedern des Gläubigerbeirats zuzustellen; eine Ausfertigung des Beschlusses ist der Registerbehörde mitzuteilen. (2) Eine Verfügungsbeschränkung tritt außer Kraft. § 65 Abs. 2 gilt sinngemäß. (3) Das Amt des Vergleichsverwalters und der Mitglieder des Gläubigerbeirats endigt.

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Gesetzestext 9. A B S C H N I T T Wirkungen des bestätigten Vergleichs §82 Grundsatz (1) Der Vergleich ist wirksam f ü r und gegen alle Vergleichsgläubiger, auch wenn sie an dem Verfahren nicht teilgenommen oder gegen den Vergleich gestimmt haben. (2) Die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte aus einem für die Forderung bestehenden Pfandrecht, aus einer f ü r sie bestehenden H y p o thek, Grundschuld oder Rentenschuld oder aus einer zu ihrer Sicherung eingetragenen Vormerkung werden, unbeschadet der Vorschrift des § 87, durch den Vergleich nicht berührt. Der Schuldner wird jedoch durch den Vergleich gegenüber dem Mitschuldner, dem Bürgen oder anderen Rückgriffsberechtigten in gleicher Weise befreit wie gegenüber dem Gläubiger.

§ 83 Wirkung für besondere Ansprüche (1) Der Vergleich wirkt nach Maßgabe des § 82 auch f ü r und gegen die Forderungen aus einer Freigebigkeit des Schuldners. (2) Die für die Zeit von der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen der von dem Vergleiche betroffenen Forderungen sowie die Kosten, die den betroffenen Gläubigern durch die Teilnahme an dem Verfahren oder eine nach § 87 wirkungslos werdende Vollstreckungsmaßnahme erwachsen sind, gelten, wenn der Vergleich nichts anderes bestimmt, als erlassen.

§ 84 Wirkung auf einen Konkursantrag Wird der Vergleich bestätigt, so gilt ein Antrag auf Konkurseröffnung, über den die Entscheidung gemäß 5 46 ausgesetzt war, als nicht gestellt.

§ 85 Vollstreckung des Vergleichs (1) Aus dem bestätigten Vergleich in Verbindung mit einem Auszug aus dem berichtigten Gläubigerverzeichnis findet wegen der darin eingetragenen Vergleichsforderungen gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung in gleicher Weise statt wie aus einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil, sofern nicht im Gläubigerverzeichnis vermerkt ist, daß die Forderung vom Schuldner oder vom Vergleichsverwalter bestritten wurde. (2) Das gleiche gilt f ü r die Zwangsvollstreckung gegen einen Dritten, der für die Erfüllung des Vergleichs neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage durch eine dem Vergleichsgericht eingereichte schriftliche Erklärung oder im Vergleichstermin durch mündliche Erklärung zu Protokoll Verpflichtungen übernommen hat; hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Verpflichtungserklärung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 dem Vergleichsantrag beigefügt oder erst später dem Gericht eingereicht worden ist. (3) Macht der Gläubiger die Rechte geltend, die ihm im Falle des Verzuges des Schuldners zustehen, so bedarf es zur Erteilung der Vollstreckungsklausel für diese Rechte und zur Durchführung der Vollstreckung, außer der Glaubhaftmachung der Mahnung und des Ablaufs der Nachfrist (§ 9), nicht des Nachweises, daß der Schuldner sich im Verzug befindet.

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Gesetzestext § 86 Zuständigkeit bei Vollstreckung des Vergleichs Bei Zwangsvollstreckung auf Grund des bestätigten Vergleichs (§ 85) ist für Klagen auf Erteilung der Vollstreckungsklausel sowie für Klagen, durch die eine die Forderung selbst betreffende Einwendung geltend gemacht oder der bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommene Eintritt der Voraussetzungen für ihre Erteilung bestritten wird, das Amtsgericht, bei dem das Vergleichsverfahren anhängig ist oder anhängig war, und, wenn der Streitgegenstand die Zuständigkeit des Amtsgerichts übersteigt, das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Vergleichsgericht gehört.

§ 87 Auswirkung der Sperrfrist (1) H a t ein Vergleichsgläubiger oder einer der im § 29 Nr. 3 und 4 bezeichneten Gläubiger später als am dreißigsten T a g e vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine Sicherung oder Befriedigung erlangt, so wird mit der Bestätigung des Vergleichs die Sicherung unwirksam und ist das zur Befriedigung Erlangte nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. (2) Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 findet Anwendung.

§ 88 Wegfall der Vergleichswirkung (1) Der Vergleich verliert für alle von ihm betroffenen Gläubiger, unbeschadet der ihnen durch den Vergleich gewährten Rechte, seine Wirkung, wenn der Schuldner im Zusammenhang mit dem Vergleichsverfahren wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 bis 3, 283 a des Strafgesetzbuches oder deswegen rechtskräftig verurteilt wird, weil er eine eidesstattliche Versicherung nach § 3 Abs. 4 oder nach § 69 Abs. 2 vorsätzlich falsch abgegeben hat. (2) Auf Antrag eines von dem Vergleiche betroffenen Gläubigers kann das Gericht, bei dem das Vergleichsverfahren anhängig ist oder anhängig war, auch schon vor der rechtskräftigen Verurteilung des Schuldners Sicherungsmaßregeln, insbesondere Verfügungsbeschränkungen nach Maßgabe der §§ 59 bis 65 anordnen.

§ 89 Anfechtung des Vergleichs (1) Jeder von dem Vergleiche betroffene Gläubiger kann, unbeschadet der durch den Vergleich gewährten Rechte, den Vergleich anfechten, wenn der Vergleich durch arglistige T ä u schung zustande gekommen ist und der Gläubiger ohne sein Verschulden außerstande war, den Anfechtungsgrund im Vergleichsverfahren geltend zu machen. (2) Es kann nicht deshalb auf Aufhebung des Vergleichs geklagt werden, weil der Vergleich nicht erfüllt wird.

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Gesetzestext 10. A B S C H N I T T Aufhebung des Verfahrens Überwachung der Vergleichserfüllung

§ 90 Aufhebung des Verfahrens (1) Das Vergleichsverfahren ist mit der Bestätigung des Vergleichs aufzuheben, wenn es die Vergleichsgläubiger im Vergleichstermin mit der zur Annahme des Vergleichs erforderlichen Mehrheit vor der Entscheidung über die Bestätigung beantragen; 2. wenn die Summe der vollstreckbaren Vergleichsforderungen ohne Berücksichtigung des im Vergleich vorgesehenen Erlasses zwanzigtausend Deutsche Mark nicht übersteigt. 1.

(2) Widerspricht die Aufhebung des Verfahrens dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger, so hat das Gericht auf Antrag eines Vergleichsgläubigers oder von Amts wegen im Falle der Nr. 1 den Antrag abzulehnen und im Falle der Nr. 2 von der Aufhebung abzusehen.

§91 Im Vergleich vereinbarte Überwachung des Schuldners (1) Das Vergleichsverfahren ist ferner mit der Bestätigung des Vergleichs aufzuheben, wenn sich der Schuldner im Vergleich der Überwachung durch eine oder mehrere im Vergleich bezeichnete Personen als Sachwalter der Gläubiger bis zur Erfüllung des Vergleichs oder bis zum Eintritt einer im Vergleich festgesetzten Bedingung unterworfen hat. (2) Für die im Abs. 1 vorgesehene Überwachung des Schuldners gelten die Vorschriften der §§ 92 bis 95. Im Vergleich kann eine von §5 92, 93 Abs. 1, 3 abweichende Regelung getroffen werden. §92 Regelung der vereinbarten Überwachung (1) Der Sachverwalter hat die in den §§ 39, 40 Abs. 1, 42 und 57 bezeichneten Rechte und Pflichten des Vergleichsverwalters. Mehrere Sachwalter führen die Geschäfte gemeinschaftlich. (2) Das Gericht kann einen Sachwalter aus wichtigen Gründen seines Amtes entheben; vor der Entscheidung soll es ihn hören. (3) Lehnt ein Sachwalter die Übernahme der Tätigkeit ab, wird er seines Amtes enthoben oder fällt er sonst weg, so kann das Gericht einen anderen Sachwalter bestellen. (4) H a t der Schuldner im Vergleich dem Sachwalter eine Vollmacht erteilt, so kann er die Vollmacht bis zur Beendigung der Tätigkeit des Sachwalters nicht widerrufen. (5) Ist dem Sachwalter zum Zwecke der Erfüllung des Vergleichs Vermögen des Schuldners übertragen worden, so finden die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die H a f t u n g des Vermögensübernehmers keine Anwendung.

§93 Sicherungshypothek bei vereinbarter Überwachung (1) Ist im Vergleich vorgesehen, daß zur Sicherung seiner Erfüllung eine Hypothek bestellt werden soll, so kann die Hypothek in der Weise eingetragen werden, daß die Vergleichsgläubiger ohne nähere Angabe als Berechtigte bezeichnet werden. (2) Diese Hypothek kann nur als Sicherungshypothek bestellt werden. Sie gilt als Sicherungshypothek auch dann, wenn sie im Grundbuch nicht als solche bezeichnet ist. (3) Der jeweilige Sachwalter ist berechtigt, mit Wirkung f ü r und gegen die Gläubiger der Hypothek über die Hypothek zu verfügen. Er ist als Vertreter der Gläubiger ins Grundbuch ein-

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Gesetzestext zutragen. Ist der Eigentümer berechtigt, von den Gläubigern eine Verfügung zu verlangen, zu der der Sachwalter befugt ist, so kann er die Vornahme der Verfügung von dem Sachwalter verlangen. (4) Die vorstehenden Vorschriften gelten sinngemäß, wenn zur Sicherung der Erfüllung des Vergleichs eine Schiffshypothek bestellt werden soll.

S 94 Fortdauer der Verfügungsbeschränkungen bei vereinbarter Überwachung (1) Verfügungsbeschränkungen dauern fort; neue können auf Antrag des Sachwalters angeordnet werden. Mit der Beendigung der Überwachung sind die Verfügungsbeschränkungen aufzuheben. (2) Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 59 bis 65 sinngemäß; an die Stelle des Vergleichsverwalters tritt der Sachwalter.

§ 95 Beendigung der vereinbarten Überwachung Die Beendigung der Überwachung ist auf Antrag des Schuldners oder des Sachwalters durch das Vergleichsgericht auf Kosten des Schuldners öffentlich bekanntzumachen. Dem Antrag des Schuldners ist nur stattzugeben, wenn der Schuldner glaubhaft macht, daß der Vergleich erfüllt oder daß die festgesetzte Bedingung eingetreten ist. Der Umstand, daß der Schuldner im Falle des § 7 Abs. 4 noch nicht den Betrag gezahlt hat, f ü r den er nach Verwertung des Vermögens weiterhaftet, steht der Beendigung der Überwachung nicht entgegen.

§96 Fortsetzung des Vergleichsverfahrens (1) Wird das Vergleichsverfahren nicht mit der Bestätigung des Vergleichs aufgehoben (§§ 90, 91), so ist es nach Maßgabe der folgenden Vorschriften fortzusetzen. (2) Der Vergleichsverwalter hat die Erfüllung des Vergleichs zu überwachen. (3) Der in den §§ 46, 47 dem Schuldner gewährte Konkurs- und Vollstreckungsschutz sowie die im § 55 vorgesehene H e m m u n g der Verjährung enden mit der Bestätigung des Vergleichs. (4) Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Vergleichsverwalter anzeigt, daß der Schuldner den Vergleich erfüllt hat, oder wenn der Schuldner unter Glaubhaftmachung der Erfüllung die Aufhebung beantragt. Der Umstand, daß der Schuldner im Falle des § 7 Abs. 4 noch nicht den Betrag gezahlt hat, f ü r den er nach Verwertung des Vermögens weiterhaftet, steht der Aufhebung des Verfahrens nicht entgegen. (5) Zeigt der Vergleichsverwalter dem Gerichte an, daß der Vergleich nicht erfüllt werden kann, oder liegt binnen zwei Wochen nach Ablauf des letzten im Vergleich bestimmten Zahlungstages weder eine Anzeige des Vergleichsverwalters über die Erfüllung des Vergleichs noch ein Antrag des Schuldners auf Aufhebung des Vergleichsverfahrens vor, oder wird ein solcher Antrag nach Ablauf des letzten im Vergleich bestimmten Zahlungstages abgelehnt, so ist von Amts wegen über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. Vor der Entscheidung soll das Gericht den Schuldner und den Vergleichsverwalter hören. (6) Wird während eines nach Abs. 1 fortgesetzten Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen der Konkurs über das Vermögen des Schuldners eröffnet oder die Eröffnung des Konkurses mangels Masse abgelehnt, so ist in dem Beschluß zugleich die Einstellung des Vergleichsverfahrens auszusprechen. Die Vorschriften des § 80 Abs. 2, 3 und des § 81 gelten mit der Änderung, daß der Schuldner mit der Anfechtung auch geltend machen kann, es sei die Aufhebung des Vergleichsverfahrens zu Unrecht abgelehnt worden. 24

Gesetzestext (7) In den Fällen des Absatzes 5 kann das Gericht davon absehen, von Amts wegen über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden, wenn die Rückstände in der Vergleichserfüllung verhältnismäßig geringfügig sind. In diesem Falle kann das Gericht das Vergleichsverfahren aufheben. §97 Behandlung bestrittener und teilweise gedeckter Forderungen (1) Ist eine Forderung vom Schuldner oder Vergleichsverwalter bestritten oder steht bei einer teilweise gedeckten Forderung (§ 27) die H ö h e des Ausfalls noch nicht fest und liegt hierüber keine gemäß § 71 Abs. 2, 3 ergangene Entscheidung vor, so hat das Vergleichsgericht, gleichviel ob das Verfahren nach der Bestätigung aufgehoben wurde oder nicht, auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers die mutmaßliche H ö h e der bestrittenen Forderung oder des Ausfalls mit der im folgenden Absatz bezeichneten Wirkung festzustellen. (2) Die für den Fall des V e r z u g s in der Erfüllung des Vergleichs vorgesehenen Rechtsfolgen (§ 9 Abs. 1) können den Schuldner dann nicht treffen, wenn er bei der Erfüllung des Vergleichs die bestrittene oder teilweise gedeckte Forderung bis zur endgültigen Feststellung der Forderung oder des Ausfalls in dem Ausmaße berücksichtigt, das einer vom Vergleichsgericht gemäß Absatz 1 oder nach § 71 Abs. 2, 3 getroffenen Entscheidung entspricht. (3) N a c h endgültiger Feststellung der H ö h e der bestrittenen Forderung oder des Ausfalls hat der Schuldner, der bis dahin die Forderung in dem aus der Entscheidung des Vergleichsgerichts sich ergebenden geringeren Ausmaße bei der Erfüllung des Vergleichs berücksichtigt hat, das Fehlende nachzuzahlen. V e r z u g in der Erfüllung des Vergleichs ist jedoch erst anzunehmen, wenn der Schuldner den Fehlbetrag trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens zweiwöchigen Nachfrist an ihn gerichteten Mahnung nicht bezahlt hat. (4) Ergibt die endgültige Feststellung, daß der Schuldner zuviel gezahlt hat, so kann er den Mehrbetrag nur insoweit zurückfordern, als der Gläubiger durch die vom Schuldner geleisteten Zahlungen mehr erhalten hat als die gesamte ihm nach dem Vergleich zustehende, wenn auch noch nicht fällige Forderung beträgt. § 98 Wirkung der Aufhebung des Verfahrens (1) Mit der Aufhebung des Verfahrens erlischt das Amt des Vergleichsverwalters und der Mitglieder des Gläubigerbeirats. (2) Eine Verfügungsbeschränkung tritt, soweit sich aus § 94 nichts anderes ergibt, außer Kraft. § 65 Abs. 2 gilt sinngemäß. (3) Die Aufhebung ist in derselben Weise öffentlich bekanntzumachen, zuzustellen und in die öffentlichen Register einzutragen wie die Eröffnung des Verfahrens (§§ 22, 23); der Beschluß ist ferner den Mitgliedern des Gläubigerbeirats zuzustellen; eine Ausfertigung des Aufhebungsbeschlusses ist der Registerbehörde mitzuteilen. H a t sich der Schuldner einer Überwachung durch Sachwalter der Gläubiger unterworfen, so ist in der Bekanntmachung hierauf hinzuweisen. Die Aufhebung wird erst nach der Beendigung der Überwachung in die öffentlichen Register eingetragen.

11. A B S C H N I T T Einstellung des Verfahrens

§99 Einstellung wegen Rücknahme des Vergleichsvorschlags Das Vergleichsverfahren ist einzustellen, wenn der Schuldner den Antrag (§ 2) zurücknimmt.

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Gesetzestext Die Rücknahme des Antrags ist bis zur Beendigung der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag zulässig. § 100 Weitere Einstellungsgründe 1.

2. 3. 4.

5. 6. 7. 8.

(1) Das Vergleichsverfahren ist ferner einzustellen, wenn sich ergibt, daß die Eröffnung des Verfahrens hätte abgelehnt werden müssen; die Einstellung unterbleibt, wenn das Fehlende ergänzt werden kann oder der Vergleichsvorschlag bereits angenommen ist (§ 74); wenn der Schuldner flüchtig wird, sich verborgen hält oder auf eine Ladung des Gerichts (§ 116) ohne genügende Entschuldigung ausbleibt; wenn der Schuldner die Beschränkungen seiner Verpflichtungs- oder Verfügungsfähigkeit (§§ 57 bis 65) nicht einhält und sein Verhalten nicht entschuldbar ist; wenn der Schuldner dem Vergleichsverwalter oder einem Mitglied des Gläubigerbeirats die Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere oder ohne genügenden Grund eine Auskunft oder eine Aufklärung verweigert; wenn der Schuldner seiner Pflicht zu bescheidener Lebensführung (§ 56) zuwiderhandelt; wenn der Schuldner in dem Vergleichstermine nicht erscheint und sich auch nicht, soweit dies zulässig ist, vertreten läßt; wenn der Schuldner die Abgabe der im § 69 Abs. 2 vorgesehenen eidesstattlichen Versicherung verweigert; wenn sich im Vergleichstermine die zur Annahme des Vergleichsvorschlages erforderliche Mehrheit nicht ergibt und ein Antrag auf Vertagung des Termins nicht gestellt oder abgelehnt wird.

(2) Im Falle der Nr. 6 darf der Einstellungsbeschluß erst am dritten Werktag nach dem Terminstag erlassen werden. Macht der Schuldner vor dem Erlasse des Beschlusses dem Gericht glaubhaft, daß er oder, soweit Vertretung zulässig war, sein Vertreter durch ein auch bei äußerster Sorgfalt nicht zu vermeidendes Ereignis am Erscheinen im Termin verhindert war und auch keine Möglichkeit hatte, dies dem Gericht vor dem Termin anzuzeigen, so unterbleibt die Einstellung. Die Einstellung kann unterbleiben, wenn drei Vierteile der in dem Termin erschienenen Vergleichsgläubiger mit der Fortsetzung des Verfahrens einverstanden sind; die Vorschriften des § 75 finden entsprechende Anwendung. Wird das Verfahren nicht eingestellt, so ist alsbald ein neuer Vergleichstermin zu bestimmen, der in der Regel nicht über zwei Wochen hinaus anberaumt werden soll. (3) Die Vorschriften der Abs. 1, 2 gelten nicht f ü r ein nach § 96 fortgesetztes Verfahren.

§ 101 Entscheidung über die Eröffnung des Konkurses Wird das Verfahren eingestellt, so ist zugleich von Amts wegen über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften des § 80 Abs. 2 und 3 und des § 81 gelten mit der Änderung, daß der Schuldner mit der Anfechtung auch geltend machen kann, es sei das Verfahren zu Unrecht eingestellt worden.

12. A B S C H N I T T Anschlußkonkurs § 102 Grundsatz (1) Wird bei der Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens, bei der Versagung der Bestätigung, bei der Einstellung des Vergleichsverfahrens oder in einem nach § 96 fortgesetzten

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Gesetzestext Verfahren der Konkurs eröffnet, so ist er im Eröffnungsbeschluß als Anschlußkonkurs zu bezeichnen. (2) Für den Anschlußkonkurs gelten die Vorschriften der §§ 103 bis 107.

§ 103 Wirkung der Verfügungsbeschränkungen des Vergleichsverfahrens Eine im Vergleichsverfahren angeordnete Verfügungsbeschränkung gilt als zugunsten der Konkursgläubiger angeordnet.

§ 104 Wirkung der Sperrfrist (1) H a t ein Vergleichsgläubiger oder einer der im § 2 9 Nr. 3 und 4 bezeichneten Gläubiger später als am dreißigsten Tage vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine Sicherung oder Befriedigung erlangt, so wird mit der E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens die Sicherung unwirksam, und ist das zur Befriedigung Erlangte nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. (2) Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 findet Anwendung.

S 105 Kosten des Vergleichsverfahrens als Massekosten Die gerichtlichen Kosten des Vergleichsverfahrens sowie die vom Gericht gemäß §§ 11, 43, 45 festgesetzten Beträge f ü r den vorläufigen Verwalter, den Vergleichsverwalter oder die Mitglieder des Gläubigerbeirats gehören zu den Massekosten im Sinne des % 58 Nr. 1, 2 der Konkursordnung.

S 106 Ansprüche aus Darlehen des Schuldners als Masseschulden Ansprüche aus Darlehen, die der Schuldner während des Vergleichsverfahrens, im Falle des § 96 bis zur Bestätigung des Vergleichs, zur Fortführung seines Geschäfts, insbesondere zur Bezahlung von Löhnen oder ähnlichen Forderungen, oder im Interesse des Zustandekommens oder der D u r c h f ü h r u n g des Vergleichs, insbesondere zur Befriedigung von Kleingläubigern, mit Zustimmung des Vergleichsverwalters aufgenommen hat, gehören zu den Masseschulden im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 der Konkursordnung.

§ 107 Anfechtung. Erstreckung von Fristen (1) Für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung steht dem Antrag auf E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens gleich. (2) Die nach $ 31 Nr. 2, §§ 32, 33, § 55 N r . 3, § 183 Abs. 2 der Konkursordnung und nach § 342 des Handelsgesetzbuchs vom Tage der Konkurseröffnung zu berechnenden Fristen sind vom Tage der Eröffnung des Vergleichsverfahrens zu berechnen. 27

Gesetzestext 13. A B S C H N I T T Besondere Arten des Vergleichsverfahrens

§ 108 Aktiengesellschaft usw. (1) Bei Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g , anderen juristischen Personen sowie bei Vereinen, die als solche verklagt werden können, ist vorbehaltlich des § 112 das Vergleichsverfahren insoweit zulässig, als der Konkurs über ihr Vermögen eröffnet werden kann. Bei eingetragenen Vereinen ist die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nach Maßgabe des § 23 in das Vereinsregister einzutragen. (2) Im Vergleichsverfahren über eine Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g gelten die Gesellschafter und frühere Gesellschafter, wenn sie im letzten Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens aus der Gesellschaft ausgeschieden sind, als nahe Angehörige der Gesellschaft (§ 4 Abs. 2). Das gleiche gilt f ü r die nahen Angehörigen der im Satz 1 bezeichneten Gesellschafter.

§ 109 Offene Handelsgesellschaften usw. Für offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien gelten die folgenden besonderen Vorschriften: 1. Der Vergleichsvorschlag muß von allen persönlich haftenden Gesellschaftern gemacht werden. Andernfalls kann das Verfahren eröffnet werden, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Gesellschafter, der dem Vorschlag nicht zugestimmt hat, daran durch wichtige Gründe verhindert war; in diesem Falle muß die Zustimmung spätestens im Vergleichstermin vor dem Beginn der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag erklärt werden. 2. Soweit es f ü r die Eröffnung oder die Fortsetzung des Verfahrens auf das Verhalten des Schuldners ankommt, genügt es, wenn ein die Ablehnung der Eröffnung, die Versagung der Bestätigung des Vergleichs oder die Einstellung des Verfahrens rechtfertigender Grund in der Person eines persönlich haftenden Gesellschafters in den Fällen des $ 100 Abs. 1 Nr. 3, 4, 6 und 7 in der Person eines zur Vertretung berechtigten Gesellschafters vorliegt. 3. Der Vergleich begrenzt, soweit er nichts anderes festsetzt, zugleich den Umfang der persönlichen H a f t u n g der Gesellschafter.

§ 110 Vergleichsverfahren und Konkurs über das Vermögen eines Gesellschafters (1) In dem Vergleichsverfahren über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien sind die Gesellschaftsgläubiger, wenn über das Gesellschaftsvermögen das Vergleichsverfahren oder das Konkursverfahren eröffnet worden ist, nur in H ö h e des Betrages beteiligt, f ü r den sie in dem Verfahren über das Gesellschaftsvermögen keine Befriedigung erhalten. § 71 Abs. 2 und § 97 gelten sinngemäß. (2) Das Vergleichsverfahren über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien steht f ü r die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger im Konkursverfahren über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters dieser Gesellschaft dem Konkursverfahren gleich. 28

Gesetzestext § 111 Eingetragene Genossenschaften Für das Vergleichsverfahren über eine eingetragene Genossenschaft, die den Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, unterliegt, gelten die folgenden besonderen Vorschriften: 1. Zur Stellung des Antrags ist jedes Mitglied des Vorstandes berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Vorstandsmitgliedern gestellt, so hat das Gericht vor der Entscheidung die Vorstandsmitglieder, die den Antrag nicht gestellt haben, zu hören. 2. In dem Verzeichnis der Gläubiger (§ 4 Abs. 1 N r . 2) ist anzugeben, wenn ein Gläubiger Mitglied der Genossenschaft ist; das gleiche gilt für eine Anmeldung gemäß § 67. In dem Antrag ist weiter anzugeben, welchem Prüfungsverbande die Genossenschaft angehört oder innerhalb der letzten drei Jahre vor der Stellung des Antrags angehört hat; hat die Genossenschaft innerhalb dieser Zeit keinem Prüfungsverband angehört, so ist der nach der fachlichen Eigenart der Genossenschaft zuständige Prüfungsverband anzugeben, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat. Der Antrag und seine Anlagen sind in drei Stücken vorzulegen. 3. Der Prüfungsverband, dem die Genossenschaft angehört, ist vor der Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens nach Maßgabe des § 14 zu hören. Gehört die Genossenschaft keinem Prüfungsverband an, so ist der Prüfungsverband, dem die Genossenschaft innerhalb der letzten drei Jahre vor der Stellung des Antrags angehört hat, oder, wenn sie auch in dieser Zeit keinem Prüfungsverband angehört hat, der nach der fachlichen Eigenart der Genossenschaft zuständige Prüfungsverband zu hören, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat. K o m m e n - hiernach mehrere Prüfungsverbände in Betracht, so steht die Auswahl dem Gericht zu. 4. Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens ist nach Maßgabe des § 23 in das Genossenschaftsregister einzutragen. 5. Zum Abschluß eines Vergleichs ist erforderlich, daß die Gläubiger, die Mitglieder der Genossenschaft sind, und die Gläubiger, die nicht Mitglieder der Genossenschaft sind, dem Vergleiche gesondert mit den im § 74 festgesetzten Mehrheiten zustimmen. 6. H a t ein Genosse seinen Austritt aus der Genossenschaft erklärt oder der Gläubiger eines Genossen das Kündigungsrecht ausgeübt, so scheidet der Genosse nicht vor dem Schlüsse des Geschäftsjahrs aus, in dem das Vergleichsverfahren endet oder, wenn in einem Vergleich eine Stundung bewilligt wird, die Stundung abläuft. Die Erklärung des Genossen oder des Gläubigers über den Austritt oder die Kündigung ist spätestens sechs Wochen vor dem Ende des Geschäftsjahres, mit dessen Schluß der Genosse ausscheidet, oder, wenn das Vergleichsverfahren innerhalb der letzten sechs Wochen dieses Jahres endet, unverzüglich zu der Liste der Genossen einzureichen. Der Jahresschluß, zu dem der Genosse ausscheidet, ist erst nach Beendigung des Vergleichsverfahrens in die Liste der Genossen einzutragen; ist er bereits früher eingetragen, so ist nachträglich zu vermerken, daß ein Vergleichsverfahren eröffnet worden ist. Die Vorschrift des Satzes 1 findet keine Anwendung, wenn der Genosse zur Zeit der Stellung des Vergleichsantrags aus der Genossenschaft bereits wirksam ausgeschieden war.

§ 112 Versicherungsunternehmungen und Kreditinstitute (1) Ein Vergleichsverfahren zum Zwecke der Abwendung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer Versicherungsunternehmung und einer Bausparkasse, die der Beaufsichtigung nach Maßgabe des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 6. Juni 1931 (RGBl. I S. 315, 750) oder des Gesetzes über Bausparkassen vom 16. November 1972 (BGBl. I S. 2097) unterliegen, findet nicht statt. (2) Der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen eines Kreditinstituts, das der Beaufsichtigung nach Maßgabe des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (BGBl. I S. 881), zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das

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Gesetzestext Kreditwesen vom 24. März 1976 (BGBl. I S. 725), unterliegt und nicht Bausparkasse ist, kann nur mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamts über das Kreditwesen gestellt werden.

§ 113 Vergleichsverfahren über einen Nachlaß (1) Für das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Nachlaßkonkurses gelten die folgenden besonderen Vorschriften: 1. Zur Stellung des Antrags ist mit Ausnahme der Nachlaßgläubiger berechtigt, wer die Eröffnung des Konkurses beantragen kann. Die Vorschriften des § 2 1 7 Abs. 3 und des §218 Abs. 2 der Konkursordnung gelten entsprechend. Mehrere Erben können den Antrag nur gemeinschaftlich stellen. 2. Der Antrag kann vor der Annahme der Erbschaft gestellt werden. 3. Der Antrag kann nicht mehr gestellt werden, wenn der Erbe oder einer der Erben f ü r Nachlaßverbindlichkeiten allen oder einzelnen Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet oder wenn der Nachlaß geteilt ist. 4. In Ansehung der H a f t u n g des Erben f ü r die Nachlaßverbindlichkeiten wirkt das Vergleichsverfahren und ein in dem Verfahren geschlossener Vergleich wie der Nachlaßkonkurs und ein in dem Konkursverfahren geschlossener Zwangsvergleich. 5. Soweit es f ü r die Eröffnung oder die Fortsetzung des Verfahrens auf das Verhalten des Schuldners ankommt, genügt es, wenn ein die Ablehnung der Eröffnung, die Versagung der Bestätigung des Vergleichs oder die Einstellung des Verfahrens rechtfertigender Grund in der Person eines von mehreren Miterben vorliegt. 6. Die im § 224 der Konkursordnung bezeichneten Verbindlichkeiten sind auch dann an dem Vergleichsverfahren nicht beteiligt und werden von einem Vergleiche nicht betroffen, wenn sie zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens bereits begründet waren. 7. Die im § 226 Abs. 2 und 4 der Konkursordnung genannten Gläubiger sind an dem Vergleichsverfahren nicht beteiligt und werden von einem Vergleiche nicht betroffen; sie können jedoch während der Dauer des Vergleichsverfahrens in den Nachlaß keine Zwangsvollstreckung vornehmen, insbesondere Arreste und einstweilige Verfügungen nicht vollziehen. (2) Ist über einen Nachlaß das Konkursverfahren eröffnet oder ist eine Nachlaßverwaltung angeordnet, so gelten f ü r die Beteiligung der Nachlaßgläubiger an dem Vergleichsverfahren über das Vermögen des Erben oder, wenn dieser in Gütergemeinschaft lebt, an dem Vergleichsverfahren über das Vermögen seines Ehegatten oder über das Gesamtgut die Bestimmungen des § 234 der Konkursordnung sinngemäß. § 114 Vergleichsverfahren über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft Auf das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft finden die Vorschriften des § 113 entsprechende Anwendung. Vor der Entscheidung über den Antrag auf E r ö f f n u n g des Verfahrens sind die anteilsberechtigten Abkömmlinge, soweit tunlich, zu hören. § 114a Für das Vergleichsverfahren über das Gesamtgut der Gütergemeinschaft gelten folgende besondere Vorschriften: 1. Der Antrag muß von beiden Ehegatten gestellt werden. 2. Soweit es f ü r die Eröffnung oder die Fortsetzung des Verfahrens auf das Verhalten des Schuldners ankommt, genügt es, wenn ein die Ablehnung der Eröffnung, die Versagung der Bestätigung des Vergleichs oder die Einstellung des Verfahrens rechtfertigender Grund in der Person eines der Ehegatten vorliegt. 3. Der Vergleich begrenzt, soweit er nichts anderes festsetzt, zugleich den U m f a n g der persönlichen H a f t u n g der Ehegatten.

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Gesetzestext S 114b (1) Ist das Vergleichsverfahren oder das Konkursverfahren über das von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut und das Vergleichsverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten eröffnet worden, so sind die Gesamtgutsgläubiger in dem Vergleichsverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten nur in H ö h e des Betrages beteiligt, f ü r den sie in dem Verfahren über das Gesamtgut keine Befriedigung erhalten. § 71 Abs. 2 und § 97 gelten sinngemäß. (2) Das Vergleichsverfahren über das Gesamtgut steht f ü r die Befriedigung der Gesamtgutsgläubiger im Konkursverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten dem Konkursverfahren gleich.

14. A B S C H N I T T Allgemeine Verfahrensvorschriften

§ 115 Grundsatz Auf das Verfahren finden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung.

§ 116

Amtsbetrieb Das Gericht hat alle das Verfahren betreffenden Ermittlungen anzustellen. Es kann zu diesem Zwecke insbesondere den Schuldner hören, Zeugen und Sachverständige vernehmen und eine Gläubigerversammlung berufen; f ü r die Berufung dieser Gläubigerversammlung genügt öffentliche Bekanntmachung des Termins.

§ 117 Mündliche Verhandlung Die Entscheidungen können ohne mündliche Verhandlungen ergehen.

§ 118 Zustellungen (1) Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen, und zwar durch Aufgabe zur Post. Einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf es nicht. (2) Die Postsendung ist, wenn die Person, an die zugestellt werden soll, sich im Ausland befindet, mit der Bezeichnung „Einschreiben" zu versehen. (3) An Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, wird nicht zugestellt. Haben sie einen zur Empfangnahme von Zustellungen befugten Vertreter, der im Inland wohnt und dem Gericht bekannt ist, so wird dem Vertreter zugestellt.

§ 119 Öffentliche Bekanntmachungen (1) In den öffentlichen Bekanntmachungen ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben.

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Gesetzestext (2) Die öffentlichen Bekanntmachungen erfolgen durch mindestens einmalige Einrückung in das zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt; die Einrükkung kann auszugsweise geschehen. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt mit dem Ablauf des zweiten Tages nach der Ausgabe des die Einrückung oder die erste Einrückung enthaltenden Blattes. (3) Die Bekanntmachung ist auszugsweise in den Deutschen Bundesanzeiger einzurücken; auch kann das Gericht weitere Bekanntmachungen anordnen. (4) Die öffentliche Bekanntmachung gilt als Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt.

§ 120 Akteneinsicht (1) Der Schuldner, der vorläufige Verwalter, der Vergleichsverwalter und jeder Gläubiger können die Akten einsehen; der Schuldner, der vorläufige Verwalter und der Vergleichsverwalter können sich Abschriften daraus erteilen lassen. (2) Gläubigern kann die Einsicht in solche Teile der Akten versagt werden, deren Kenntnis f ü r sie ohne Bedeutung ist oder deren Geheimhaltung nach Angabe des Schuldners f ü r die Fortführung seines Unternehmens erforderlich ist. (3) Anderen als den im Absatz 1 bezeichneten Personen kann der Vorstand des Gerichts ohne Einwilligung des Schuldners die Einsicht der Akten nur gestatten, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.

S 121

Rechtsmittel (1) Die Entscheidungen des Gerichts können nur insoweit angefochten werden, als dieses Gesetz es bestimmt. (2) Soweit eine Anfechtung stattfindet, erfolgt sie durch sofortige Beschwerde. Die Beschwerdefrist (Notfrist) beträgt eine Woche. Die Frist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit ihrer Zustellung. (3) Eine weitere Beschwerde findet nicht statt.

15. A B S C H N I T T Schluß- und Übergangsvorschriften

§ 124 Arrest und einstweilige Verfügung Zwangsvollstreckung im Sinne dieses Gesetzes ist auch die Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung.

§§ 1 2 5 - 1 2 9 [enthalten Änderungen anderer Gesetze.]

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Gesetzestext § 130

Inkrafttreten (1) Dieses G e s e t z tritt am 1. April 1935 in K r a f t . (2) Gleichzeitig tritt das G e s e t z über den Vergleich z u r A b w e n d u n g des K o n k u r s e s ( V e r g l e i c h s o r d n u n g ) v o m 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 139) mit A u s n a h m e d e r § § 9 7 bis 100 a u ß e r K r a f t . Soweit in a n d e r e n V o r s c h r i f t e n auf das a u f g e h o b e n e G e s e t z verwiesen ist, treten die e n t s p r e c h e n den V o r s c h r i f t e n dieses Gesetzes an ihre Stelle.

§ 131

Ubergangsvorschrift (1) V e r g l e i c h s v e r f a h r e n , die beim I n k r a f t t r e t e n dieses Gesetzes bereits e r ö f f n e t w o r d e n sind, w e r d e n nach den bisherigen V o r s c h r i f t e n zu E n d e g e f ü h r t . (2) Die V o r s c h r i f t e n des 10. Abschnitts ( A u f h e b u n g des V e r f a h r e n s , Ü b e r w a c h u n g d e r V e r gleichserfüllung) f i n d e n a u c h auf die beim I n k r a f t t r e t e n dieses Gesetzes bereits e r ö f f n e t e n V e r gleichsverfahren A n w e n d u n g ; soweit der 10. Abschnitt auf a n d e r e V o r s c h r i f t e n verweist o d e r d u r c h a n d e r e V o r s c h r i f t e n e r g ä n z t wird, gelten a u c h diese a n d e r e n V o r s c h r i f t e n . (3) Für gegenseitige V e r t r ä g e sind v o m I n k r a f t t r e t e n dieses Gesetzes ab die V o r s c h r i f t e n dieses Gesetzes m a ß g e b e n d , soweit nicht bereits beim I n k r a f t t r e t e n dieses Gesetzes die E r f ü l l u n g o d e r die w e i t e r e E r f ü l l u n g wirksam a b g e l e h n t w o r d e n ist. Auf eine v o r d e m I n k r a f t t r e t e n dieses Gesetzes v o r g e n o m m e n e A b s t i m m u n g der G l ä u b i g e r ist es o h n e Einfluß, w e n n dabei ein G l ä u b i ger, dessen F o r d e r u n g auf einem gegenseitigen V e r t r a g b e r u h t , nicht nach M a ß g a b e dieses Gesetzes berücksichtigt w o r d e n ist.

§ 132

Durchführungsvorschriften D e r Reichsminister der Justiz erläßt die z u r D u r c h f ü h r u n g und E r g ä n z u n g dieses Gesetzes e r f o r d e r l i c h e n Rechts- u n d V e r w a l t u n g s v o r s c h r i f t e n .

Hinweis: Die B e s t i m m u n g e n der §§ 122, 123 des f r ü h e r e n f ü n f z e h n t e n Abschnitts sind d u r c h Art. 6 N r . 2 des Ersten Gesetzes z u r B e k ä m p f u n g d e r W i r t s c h a f t s k r i m i n a l i t ä t (1. W i K G ) vom 29. Juli 1976 (BGBl. I S. 2034) a u f g e h o b e n w o r d e n . D a m i t w u r d e d e r bisherige s e c h z e h n t e Abschnitt d e r V e r g l e i c h s o r d n u n g z u m f ü n f z e h n t e n Abschnitt.

33

Einleitung Das gerichtliche Vergleichsverfahren dient der Abwendung des Konkurses (§ 1 1 VglO). Gewisse Ansätze zu einem solchen Verfahren kennt bereits das römische Recht. Mark Aurel ließ in dem besonderen Falle der Nachlaßüberschuldung zur Vermeidung des Nachlaßkonkurses auf Beschluß einer Gläubigermehrheil mit behördlicher Bewilligung einen Zwangserlaß zu. Justinian gestattete unter entsprechenden Voraussetzungen bei jeder Vermögensunzulänglichkeit eine Zwangsstundung bis zur Dauer von fünf Jahren, um die cessio bonorum zu vermeiden. Hieraus hat dann die gemeinrechtliche Praxis die Zulassung von Moratorien (Indulten) hergeleitet. Es waren zunächst Spezialmoratorien auf die Dauer von meistens fünf Jahren (Quinquenellen), die die Landesherren erließen. Später wurden diese Moratorien als sogenannte „Gerichtliche Indulte" den Gerichten überwiesen. Nach großen Kriegen ließ man Generalmoratorien entweder zugunsten aller Schuldner oder bestimmter Schuldnerklassen zu. Unter den Partikularrechten, die einen konkursabwendenden Vergleich zuließen, ist vor allem die Hamburger Fallitenordnung vom 31. 8. 1753 zu nennen, die im wesentlichen noch 1874 in Kraft war. Aufgehoben wurden die landesrechtlichen Vorschriften über Generalmoratorien durch § 4 EG zur K O und solche über Spezialmoratorien durch § 14 Abs. 2 Nr. 4 EG zur Z P O . Zwar sah der „Entwurf einer Deutschen Gemeinschuldordnung" des Jahres 1S73, nach neueren Forschungen (vgl. Thieme in der Festschrift „Einhundert Jahre Konkursordnung 1877—1977" S. 35—65 ff) in erster Linie ein Werk Franz Försters, in den §§ 233 bis 256 ein als „Automatismus" dem Konkurs vorgeschaltetes gerichtliches Vergleichsverfahren vor. Doch wurde das völlig ausgearbeitete „Vergleichsverfahren zur Abwendung des Gemeinschuldverfahrens" bereits von der aus Juristen und Kaufleuten bestehenden Vorkommission, deren Vorsitz nicht wie vorgesehen Franz Försters, sondern dem Präsidenten von Neumayr übertragen wurde (vgl. zur Zusammensetzung der Kommission und zum Ausscheiden Franz Förster die Darstellung von Thieme a a O S. 58 f), abgelehnt. Diese Entscheidung wurde gegen die Empfehlungen aus Kreisen des Handels (vgl. z. B. Gutachten von LeneL, mitgeteilt bei Thieme a a O S. 54, Fußnote 59) und abweichend von einer Vielzahl deutscher partikularrechtlicher Vorbilder (vgl. Hanisch Rechtszuständigkeit der Konkursmasse 1973 40), wie auch ungeachtet einiger ausländischer Beispiele (vgl. Uhlenbruch in der Festschrift „Einhundert Jahre Konkursordnung 1877—1977" S. 13 ff) getroffen. Der Entwurf der Konkursordnung von 1875 enthielt den konkursabwendenden Vergleich nicht mehr. Er wurde im Hinblick auf das in eine funktionstüchtige Konkursordnung zu setzende Vertrauen als entbehrlich und auch bei dem Fehlen einer Verfügungsbeschränkung des Schuldners als im allgemeinen unstatthaft angesehen, (vgl. Hahn Motive II 224, ferner Materialien IV 382 ff, Hanisch a a O S. 41). Für lange Jahrzehnte blieb die Wirtschaft auf den außergerichtlichen Vergleich angewiesen (vgl. Künne, Einleitung zur „Außergerichtlichen Vergleichsordnung"). Erst der Ausbruch des ersten Weltkrieges gab den Anstoß zu einer gesetzlichen Regelung. Um den infolge des Krieges notleidend gewordenen, an sich lebensfähigen Unternehmen einen Schutz zu gewähren, wurde durch die Verordnung vom 8. 8. 1914 (RGBl. 363) die „Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkursverfahrens" geschaffen. Durch eine Aufsichtsperson wurde der Schuldner in seiner Vermögensverwaltung unterstützt und überwacht. Der Konkurs war während der Dauer der Geschäftsaufsicht ausgeschaltet, Zwangsvollstreckungen waren gehemmt. Es blieb dem Schuldner überlassen, sich mit seinen Gläubigern insgesamt zu einigen. Wie die Notlage des Ein35

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Einleitung

zelunternehmens zu beheben sei, bestimmte die Verordnung nicht. Die Herbeiführung einer gütlichen Übereinkunft mit allen Gläubigern zur Schuldenregelung lag weitgehend in der Hand der Aufsichtsperson (vgl. Jaeger Lehrbuch, 8. Aufl. S. 217, Papke in der Festschrift für Ernst Knorr (1968), S. 9 ff). Einen Mehrheitszwang gab es nicht. Erst die Ergänzungsverordnung vom 14. 12. 1916 (RGBl. 1363) sah einen konkursabwendenden Zwangsvergleich vor. Voraussetzungen für die Geschäftsaufsicht war jedoch, daß die Insolvenz sich als unmittelbare Folge des Krieges eingestellt hatte. Erst die weiteren Ergänzungsverordnungen vom 8. 2. 1924 und 14. 6. 1924 (RGBl. 51, 641) erweiterten das Verfahren und gestatteten eine Geschäftsaufsicht auch dann, wenn die Ursachen der Insolvenz in den wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges lagen. Das Verfahren wurde auf ein Jahr begrenzt und der Einfluß der Gläubiger durch einen obligatorischen Gläubigerbeirat gesichert. Die Geschäftsaufsicht wurde durch das mit der ersten Vergleichsordnung vom 5.7. 1927 (RGBl. I 139) eingeführte gerichtliche Vergleichsverfahren abgelöst. Der Schuldner konnte unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Vorgängen die Eröffnung beantragen, sofern er zahlungsunfähig oder überschuldet (konkursreif) war. Doch mußte der Schuldner nach § 16 Abs. 1 Ziff. 4 dieser Vergleichsordnung seinem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens die schriftliche Erklärung der Mehrheit der an dem Verfahren beteiligten Gläubiger (Kopf- und Kapitalmehrheit), daß sie mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens einverstanden sind, beifügen. Damit kam das Eröffnungsverfahren einem außergerichtlichen Verfahren gleich. Die Eröffnung konnte abgelehnt werden, wenn nicht mindestens 50 vom Hundert geboten wurden und die amtliche Berufsvertretung das Angebot als unzureichend bezeichnete (§ 23 Ziff. 1 der alten Vergleichsordnung). Das Gericht hatte bei der Eröffnung des Verfahrens eine Vertrauensperson zu bestellen, die von der im § 16 Abs. 1 Ziff. 4 genannten Gläubigermehrheit vorgeschlagen werden konnte (§ 41 der alten Vergleichsordnung). Da die Gläubigerschaft in der Regel nicht organisiert war, sich der Schuldner an die Gläubiger wenden mußte, um die erforderlichen Zustimmungen zur Eröffnung des Verfahrens vorlegen zu können, lag es nahe, in Rundschreiben für eine bestimmte Vertrauensperson zu werben und vorbereitete Zustimmungsformulare beizufügen. Auf diese Weise wurde nicht ein Vertrauensmann der Gläubiger, sondern nicht selten der „Vergleichshelfer" des Schuldners auf den Vorschlag der Gläubigermehrheit zur Vertrauensperson bestellt. Damit war das Gegenteil dessen erreicht, was an sich vom Gesetzgeber vorgesehen war (vgl. Papke aaO S. 5 ff). Die Abstimmung entsprach den Mehrheiten der Vergleichsordnung vom 26. 2. 1935, soweit nicht etwa nur ein Moratorium bis zu einem Jahr begehrt wurde. Hier genügte zum Abschluß des Vergleichs die Zustimmung der einfachen Mehrheit nach Kopf- und Forderungssumme (§ 63 Abs. 4 der alten Vergleichsordnung). — Das Gesetz hatte insbesondere folgende Mängel: Es fehlte ein Vorverfahren und ein hinreichender Schutz gegen die Verflüchtigung des Vermögens, aus dem der Vergleich erfüllt werden sollte (wegen der Einzelheiten vgl. Jaeger Lehrbuch, Nachtrag, Vogels DJ 1935 373 und Ublenbmck NJW 1975 900). 2

Hinsichtlich der heutigen Vergleichsverordnung vom 26. 2. 1935 sind im Schrifttum eine Reihe von nicht sehr erheblichen Mißständen gerügt worden, die im einzelnen kurz zu erörtern sind. Voran aber steht der Wunsch, wirtschaftlich gleiche Tatbestände grundsätzlich in einem Gesetz, nicht aber unterschiedlich in zwei Gesetzen, der Konkursordnung und der Vergleichordnung zu regeln. Die sich aus dem heutigen Nebeneinander von zwei Gesetzen ergebenden Mängel können so beseitigt werden. Heute kann ein vergleichsfähiger Schuldner allein durch die Stellung des Vergleichsantrags verhindern, daß über einen begründeten Konkursantrag entschieden wird (§ 46 VglO). 36

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W ä h r e n d so der K o n k u r s künstlich h i n a u s g e z ö g e r t w i r d , kann der Schuldner bis z u m Erlaß eines V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t s (§§ 12, 59 ff V g l O ) frei über sein V e r m ö g e n v e r f ü g e n (.Berges K T S 1955 49 f, Heilmann, K T S 1976 262). D a s N e b e n e i n a n d e r der beiden insolvenzrechtlichen Gesetze gestattet es heute dem Schuldner, nach dem Scheitern des k o n k u r s a b w e n d e n d e n Vergleichs im A n s c h l u ß k o n k u r s v e r f a h r e n (§§ 102 ff V g l O ) seinen nichtbevorrechtigten K o n k u r s g l ä u b i g e r n einen Zwangsvergleichsvorschlag zu unterbreiten (§§ 173 ff K O ) , der die f ü r das Vergleichsverfahren n o t w e n d i g e Mindestq u o t e nicht erreicht. Ein solcher V o r s c h l a g sollte n u r zulässig sein, w e n n den Gläubigern m e h r und nicht weniger g e b o t e n wird als bisher. Es ist dem Schuldner zu überlassen, die h i e r f ü r erforderlichen Mittel d u r c h Zuschüsse seiner Familie o d e r d u r c h Bürgenstellung zu beschaffen. Es erscheint wenig sinnvoll, bis z u r E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens kostenverursachende Vollstreckungen zuzulassen, sie d a n n auf A n t r a g des vorläufigen V e r w a l ters nach § 13 V g l O einzustellen und mit der Bestätigung des Vergleichs nach §§ 28, 87 V g l O schließlich u n w i r k s a m w e r d e n zu lassen. Sinnvoller erscheint ein mit einem o r d nungsmäßig gestellten Vergleichsantrag einsetzender Vollstreckungsschutz, der sich jedoch n u r auf V o l l s t r e c k u n g s m a ß n a h m e n der Vergleichsgläubiger und der im § 29 N r . 3 und 4 V g l O bezeichneten Gläubiger beziehen darf. Dieser M a ß n a h m e hat ein weiterer Ausbau des V o r v e r f a h r e n s , des Vergleichsantragsverfahrens zu entsprechen. Z w a r hat das Schrifttum bereits die Bestellung eines Gläubigerbeirats f ü r zulässig erachtet (vgl. Künne K T S 1955 31, Stein N J W 1955 1380, Berges K T S 1959 150 und 1960 139, Böhle-Stamschräder K T S 1959 47, Uhlenbruck K T S 1972 22, F u ß n o t e 5 und BB 1976 1198, ablehnend n u r Vogels-Nölte A n m . I, 1 zu § 44 V g l O ) . Die vergleichsrechtliche Praxis folgt der h. M. weitgehend (vgl. Künne K T S 1975 189). D o c h sind z u m Ausbau des im Gesetz n u r d u r c h wenige Bestimmungen geregelten V o r v e r fahrens (§§ 11 ff V g l O ) weitere M a ß n a h m e n erforderlich. W e r d e n dem vorläufigen Vergleichsverwalter g e m ä ß § 12 S. 2 V g l O die Befugnisse des Vergleichsverwalters aus § 57 V g l O ü b e r t r a g e n , so ist bereits im V o r v e r f a h r e n die A u f n a h m e eines „ V e r w a l t e r darlehens" im Sinne des § 106 V g l O möglich (vgl. B G H Z 32 268 = K T S 1960 138 mit Anm. Berges). G r e n z e n f ü r die A u f n a h m e eines solchen im Interesse der F o r t f ü h r u n g des G e s c h ä f t s , der Bezahlung von L ö h n e n o d e r ähnlichen F o r d e r u n g e n nicht selten dringend erforderlichen D a r l e h e n s aber haben sich aus der weiteren E n t w i c k l u n g der R e c h t s p r e c h u n g ergeben. D e n n nach B G H Z 59 356 = N J W 1973 51 mit A n m . Verfasserin N J W 1973 190 ist die Privilegierung f ü r die A n s p r ü c h e aus dem g e w ä h r t e n D a r lehen d a n n nicht gegeben, w e n n dem Vergleichsverfahren kein A n s c h l u ß k o n k u r s , sondern nach A u f h e b u n g (§§ 90, 91 V g l O ) ein technisch selbständiger K o n k u r s folgt. D a der mit den Befugnissen aus § 57 V g l O ausgestattete vorläufige V e r w a l t e r bei d e r Erteilung seiner Z u s t i m m u n g z u r A u f n a h m e des „ V e r w a l t e r d a r l e h e n s " aus § 106 V g l O nicht übersehen k a n n , ob etwa d e r Vergleichsschuldner den bisherigen, die F o r s e t z u n g des V e r f a h r e n s nach § 96 V g l O v o r s e h e n d e n Vergleichsvorschlag ä n d e r n wird in einen solchen, d e r die A u f h e b u n g des V e r f a h r e n s mit der Vergleichsbestätigung (5 78 V g l O ) vorsieht (§§ 90, 91 V g l O ) , wird er mit d e r Erteilung seiner Z u s t i m m u n g z u r D a r l e h e n s a u f n a h m e sehr z u r ü c k h a l t e n d sein (vgl. z u r Kritik an der B G H - R e c h t s p r e c h u n g : Bongartz D B 1975 871, Verfasser N J W 1973 190 und in d e r Festschrift „ E i n h u n d e r t J a h r e K o n k u r s o r d n u n g 1 8 7 7 - 1 9 7 7 " , S. 3 0 1 - 3 0 5 f). W e r d e n im V o r v e r f a h r e n dem vorläufigen Vergleichsverwalter die Befugnisse aus 3 § 57 V g l O ü b e r t r a g e n und zugleich dem Schuldner V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n a u f e r legt (§S 12, 59—65 V g l O ) , so bleibt z w a r die V e r f ü g u n g s b e f u g n i s beim Schuldner, doch k o m m t es zu einem M i t w i r k u n g s r e c h t des Verwalters und damit zu einer 37

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„gemeinsamen Unternehmensleitung", d. h. zu einem „Vergleichsverfahren Kölner Prägung" (vgl. dazu Berges KTS 1955 4 und 1956 113, sowie 1957 183, kritisch zu diesem Verfahren: Künne K T S 1971 235, dieses verteidigend: Uhlenbruck KTS 1972 220 ff). Diese Maßnahmen müssen nicht ihren Grund im Mißtrauen gegen den Schuldner haben. Sie sind vielfach durchaus geeignet, verloren gegangenes Vertrauen der Gläubigerschaft wieder zu gewinnen. Doch erscheint es richtiger, die Stellung des vorläufigen Verwalters grundsätzlich zu stärken und nicht erst durch Maßnahmen zu erreichen, die der Verwalter in Form von „Rundschreiben" an die Gläubiger diesen erläutern muß. Aus dem Vorverfahren (§§ 11 ff VglO) sind an Wünschen zur Reform ferner zu nennen: Die Fristen der §§13 und 14 V g l O sind für größere Verfahren zu kurz. Bei Vergleichsverfahren von umfangreichen Unternehmen kann die amtliche Berufsvertretung nicht innerhalb von zwei Wochen sich abschließend über den Eröffnungsantrag erklären. So lagen z. B. im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses J. D. Herstatt KGaA zwischen der Antragstellung und der Erstattung des Gutachtens aus § 14 V g l O fast vier Monate (vgl. die Berichte von Berges K T S 1975 77/90 und Künne KTS 1975 178 ff). Bei einem solchen Vergleichsverfahren reicht auch die SechsWochen-Frist aus § 13 Abs. 1 S. 1 V g l O für die einstweilige Einstellung von Zwangsvollstreckungen nicht aus. Über § 765 a Z P O kann nicht in jedem Falle geholfen werden. Im Rahmen der Stellungnahme gemäß § 14 V g l O hat sich die amtliche Berufsvertretung auch darüber zu äußern, ob und welche Ablehnungsgründe aus den §§17, 18 V g l O vorliegen. Dies gilt insbesondere für etwaige Ablehnungsgründe nach § 17 Ziff. 1, 7 und 8 VglO, wie für die nach § 18 Ziff. 1 und 2 VglO. Im Zusammenhang mit der P r ü f u n g der rechtlichen Zulässigkeit des Vergleichsvorschlags nach §§ 7 und 8 VglO ist eine gutachtliche Stellungnahme darüber abzugeben, ob der Vorschlag der Vermögenslage des Schuldners entspricht und ob im Falle der Fortführung des Unternehmens mit seiner Erhaltung (Sanierung) durch den Vergleich zu rechnen ist (§ 18 Ziff. 3 und 4 VglO). Vor einer ablehnenden Entscheidung ist der Schuldner zu hören (vgl. LG Aschaffenburg, M D R 1958 698), ist doch mit der Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens zugleich von Amts wegen über die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens zu entscheiden (§§ 19, 102 VglO). Aus der Fassung der Bestimmung (§ 17 V g l O „Die Eröffnung ist abzulehnen", § 18 VglO „Die Eröffnung ist ferner abzulehnen") hat das Schrifttum (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 1, Vogels-Nölte einl. Anm. zu A., beide zu § 17 V g l O und auch die Vorauflage dieses Werkes, Anm. 1 zu § 1 7 V g l O und Anm. 2 zu § 18 VglO) hergeleitet, die Ablehnungsgründe seien zwingender Natur. Dem war Berges bereits in K T S 1955 6 und 1958 32 entgegengetreten. Ein Mißtrauen gegen den Schuldner sei jedenfalls dann nicht mehr am Platze, wenn im Vergleichsverfahren, was bereits im Vorverfahren geschehen kann (vgl. §§ 12, 59—65 VglO), für eine verbesserte Betriebsfortführung Sorge getragen werde. Im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses f . D. Herstatt KGaA i. L. hat die amtliche Berufsvertretung in der in den IHK-Mitteilungen, Köln Nr. 22 vom 15. 11. 1974, S. 693 ff veröffentlichten Stellungnahme aus § 14 V g l O zum Ausdruck gebracht, es lägen zwar die Ablehnungsgründe aus § 18 Ziff. 1 und 2 VglO im vollen Umfange vor. Dennoch wurde empfohlen, trotz schwerster Bedenken im Interesse der Gläubiger, wie im gesamtwirtschaftlichen Interesse das Vergleichsverfahren zu eröffnen (vgl. weitere Einzelheiten bei Künne KTS 1975 178, 180 ff). Das Gericht ist dem gefolgt. Weitere Einzelheiten zur Bedeutung der Ablehnungsgründe der §§ 17, 18 V g l O (vgl. dazu ferner Berges KTS 1975 77/87 ff, Uhlenbrock K T S 1975 166 und Wessel BB 1976 770) bleiben einer Neubearbeitung der Kommentierung dieser Bestimmun38

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gen in dieser neuen Auflage des Werkes von Bley vorbehalten. Dabei ist auch für das Vorverfahren (§§ 11 ff VglO) des Vergleichsverfahrens, das den Konkurs abwenden soll (§ 1 VglO), davon auszugehen, sinngemäß die Vorschrift des § 79 Ziff. 4 VglO, d. h. das „Leitziel", dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger zu dienen (vgl. Berges JR 1968 318) zu übernehmen. Die Gläubigerinteressen dürfen auch bei der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens (§§ 16 bis 20 VglO) nicht unberücksichtigt bleiben. Die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters (§11 VglO) läßt sich nicht immer von der des „Vergleichshelfers" trennen. An sich ist eine solche Tätigkeit dem vorläufigen Verwalter nach dem sich aus § 38 VglO ergebenden Grundsatz verwehrt. Ubernimmt er sie dennoch, da die Anlagen des Vergleichsantrags (§ 4 VglO) unvollständig sind und der Schuldner sie nicht selbst beschaffen kann, so kommt es leicht zu besonderen Vergütungsvereinbarungen, die mit der Bestimmung des § 43 Abs. 4 VglO nicht vereinbar erscheinen. Es ist deshalb richtiger, dem vorläufigen Verwalter von Rechts wegen bei unvollständig eingereichten Vergleichsanträgen die Aufgaben des Vergleichshelfers mit zu übertragen, damit es keines Auftrages des Schuldners bedarf. Daß diese Tätigkeit bei der Festsetzung der Vergütung (§ 43 VglO) mit zu berücksichtigen ist, bedarf keiner Betonung. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung BGHZ 28 344 nach welcher im etwa nachfolgenden Konkursverfahren die Ausgaben für die „Vorarbeiten" des Vergleichsverfahrens auch dann nicht als solche anzusehen sind, durch welche die Gläubiger im Sinne des § 30 Nr. 1 Halbs. 1 K O als benachteiligt gelten, wenn diese Vorarbeiten für den Konkurs ohne Nutzen gewesen sind. — Zur Vergütung des Vergleichsberaters siehe im übrigen Mainka KTS 1971 13 ff —. Die Stellung des Vergleichsverwalters (§§ 20, 38 ff VglO) ist auszubauen. Sie 4 erscheint, namentlich dem Schuldner gegenüber als zu schwach. Darf doch der Vergleichsverwalter nicht ohne weiteres z. B. die Wohnräume des Schuldners betreten (§ 40 Abs. 1 S. 1 VglO), es sei denn, der Geschäftsbetrieb befindet sich hier oder wird hierhin mindestens teilweise verlegt. Der Vergleichsverwalter hat im allgemeinen nur Überwachungsaufgaben, für deren Erfüllung er allen Beteiligten gegenüber verantwortlich ist (§ 42 VglO). — Zum Begriff des Beteiligten im Sinne dieser Bestimmung siehe B G H Z 67 223 = KTS 1977 106. — Er ist weder zur Rechtsbelehrung, noch zu einer allgemeinen Beratung verpflichtet (vgl. B G H KTS 1963 170 und KTS 1966 46) und dennoch glaubt jeder, sich gerade an ihn wenden zu müssen (dazu: Knorr KTS 1970 69 f). Ein eigenes Verwaltungs- und Verfügungsrecht steht dem Vergleichsverwalter auch dann nicht zu, wenn Anordnungen aus §§ 58 ff VglO ergangen sind (vgl. BGHZ 23 318 = KTS 1957 87). Es ergibt sich damit ein recht schillerndes Bild (vgl. Papke Festschrift für Ernst Knorr, Düsseldorf 1968, erster Beitrag). Ein Ausbau der Stellung des Vergleichsverwalters und eine eindeutige gesetzliche Festlegung seiner Stellung erscheint erforderlich (vgl. Hanisch S. 39 ff, Ktinne KTS 1975 188). Dies ist um so dringender, als in der Rechtsprechung des BAG (vgl. z. B. Beschluß vom 20. 8. 1974 — 1 AZR 14/74) im Zusammenhang mit der Aufstellung von Sozialplänen im gerichtlichen Vergleichsverfahren dem Vergleichsverwalter Pflichten auferlegt werden, die über die ihm nach §§ 38 ff, §§ 57 ff VglO eingeräumten Befugnisse hinausgehen (vgl. Nachweise: Verfasser in der Festschrift „Einhundert Jahre Konkursordnung 1877—1977", S. 301 — 304). Entscheidungen des Vergleichsgerichts sind nach § 121 Abs. 1 VglO nur insoweit 5 anfechtbar, als es im Gesetz besonders bestimmt ist. Diese mit Rücksicht auf den Beschleunigungsgrundsatz getroffene Bestimmung (vgl. OLG Frankfurt NJW 1961 2023) hat zu der Streitfrage geführt, ob denn Entscheidungen des Vergleichsrichters 39

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auch dann unanfechtbar sind, wenn dieser seine Befugnisse aus §§ 13, 48 Abs. 2 V g l O überschritten und gegenüber am Vergleichsverfahren nicht beteiligten Gläubigern entschieden hat (vgl. einerseits O L G H a m m K T S 1967 246, andererseits LG O l d e n b u r g K T S 1970 236). H i e r aber muß m. E. das Rechtsmittel aus § 793 Z P O gegeben sein, dem, wenn der Rechtspfleger entschieden hat, die befristete Erinnerung (§ 1 Abs. 1, S. 2 RpflG) vorgeschaltet ist (zustimmend: Böhle-Stamschräder, Anm. 5 zu § 13 V g l O und Anm. 8 zu § 48 V g l O ) . Dies braucht, da insoweit Sonderakten anlegbar sind, nicht zu einer V e r z ö g e r u n g des Vergleichsverfahrens insgesamt zu führen. — Die Ausschaltung der weiteren Beschwerde ( § 1 2 1 Abs. 3 V g l O ) hat dazu geführt, daß es im Vergleichsverfahren an einer Rechtsprechung der Oberlandesgerichte fehlt. Zu wünschen wäre eine Regelung dahin, daß die weitere Beschwerde gegeben ist, soweit sie vom Beschwerdegericht mit seiner Entscheidung f ü r zulässig erklärt wird. Für eine N e u r e gelung der Fristen, so auch der aus § 121 V g l O , setzt sich Künne K T S 1975 189 und DB 1978 729 ein. 6

Andere Fragen f ü r eine R e f o r m des Insolvenzrechts ergeben sich aus der fortschreitenden Entwicklung des gemeinsamen Marktes innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Es sei hierzu auf folgende Beiträge verwiesen: R. Houin „Konkursprobleme des Gemeinsamen Marktes", K T S 1961 177 ff, Böhle-Stamschräder „Vor einem K o n k u r s a b k o m m e n der E W G - S t a a t e n " , K T S 1964 65 ff, Berges „ K o m m t es zu einem E W G - K o n k u r s a b k o m m e n ? " , K T S 1965 73 ff, Nadelmann „Ausländisches Vermögen unter dem Vorentwurf eines K o n k u r s a b k o m m e n s f ü r die E W G - S t a a t e n " K T S 1971 65 ff, Berges „Die Goodwill-Treuhand als G r u n d f o r m des europäischen K o n k u r ses", K T S 1974 125 ff, Berges „Zwanzig J a h r e ganzheitlicher Insolvenzrechtsreform im Blickfeld einer Fachzeitschrift", K T S 1975 77 ff. D a die Insolvenzrechtsordnungen der einzelnen Vertragsstaaten vielfach in das materielle Recht übergreifen, dieses aber grundlegende Unterschiede aufweist, kann die wünschenswerte Rechtsangleichung zur Zeit noch nicht durch ein einheitliches Konkursrecht erreicht werden. W o h l aber erscheint es möglich, die Frage der insolvenzrechtlichen Auswirkungen verfahrensrechtlicher Art zu regeln und auch zu einer Angleichung einiger grundsätzlicher Regeln des materiellen Rechts zu gelangen. Auf diese Fragen ist z. B. bereits in dem Beitrag von Lent „Die vis attractiva und das Konkursgericht als Kollegialgericht in ihrer Wechselwirkung", K T S 1959 73 ff hingewiesen worden. — Im R a h m e n seiner Stellungnahme zum Vorentwurf eines Ubereinkommens der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften über den K o n k u r s , Vergleiche und ähnliche V e r f a h r e n befaßt sich auch der Insolvenzrechtsausschuß des Deutschen Anwaltsvereins mit den Grundsätzen des europäischen Konkursrechts (vgl. K T S 1975 5 9 / 6 3 ff). D e r Frage des „Konkursdurchgriffs" in dem genannten Entwurf, insbesondere dem Einfluß der f r a n zösischen Insolvenzgesetzgebung von 1967 hierzu sind die Untersuchungen von Joachim Schmidt K T S 1976 11 ff gewidmet. Abschließend sind f ü r die R e f o r m die Arbeiten von Kilger Z Z P 1976 190 „Vorschlag einer Gesamt-Insolvenzreform" und von Arnold Rpfleger 1977 385 „Probleme einer K o n k u r s r e f o r m " sowie von Berges Beilage 5 zu H e f t 15/1978 des BB 1978 „Dynamische Sanierung" Kölner K o n z e p t einer schiedsrechtlichen „Großen Insolvenzrechtsreform" zu nennen"". „Vorschläge zur R e f o r m der Vergleichsordnung" hat Künne DB 1978 729 f vorgelegt, die in einem „Gesetzentwurf" z u s a m m e n g e f a ß t worden sind. W ä h r e n d der D r u c k l e g u n g erschien die z e h n t e Aufl. des L e h r b u c h e s von Schönke-Baur zum Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g s - und Insolvenzrecht. Sie e n t h ä l t , w o r a u f b e s o n d e r s hingewiesen sei, in einem neu e i n g e f ü g t e n Kapitel — § 78 des Buches — eine D a r s t e l l u n g z u m Stand der Insolv e n z r e c h t s r e f o r m (S. 410 — 413).

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Vergleichsordnung vom 26. Februar 1935 (RGBl. I S. 321)

mit Änderung durch Art. 8 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 21. Dezember 1940 (RGBl. I S. 1609), Art. 3 II des Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609), Art. 39 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (BGBl. I S. 503), das Erste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 645), das Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes, des Beurkundungsgesetzes und zur Umwandlung des Offenbarungseides in eine eidesstattliche Versicherung vom 27. Juni 1970 (BGBl. I S. 911), das Gesetz über Bausparkassen vom 16. November 1972 (BGBl. I S. 2097), das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), das Gesetz über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl. I S. 1481), das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 24. März 1976 (BGBl. I S. 725), das Erste Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ( l . W i K G ) vom 29. Juli 1976 (BGBl. I S. 2034), sowie das Gesetz zur Änderung sachenrechtlicher, grundbuchrechtlicher und anderer Vorschriften vom 22. Juni 1977 (BGBl. I S. 998).

§1 Grundsatz Der Konkurs kann nach Maßgabe dieses Gesetzes durch ein gerichtliches Vergleichsverfahren abgewendet werden.

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I. ABSCHNITT Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

§2 Der Eröffnungsantrag (1) Der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens ist bei dem für die Konkurseröffnung zuständigen Gerichte (Vergleichsgericht) zu stellen. Der Antrag kann nur vom Schuldner gestellt werden. Er ist unter den gleichen Voraussetzungen zulässig, unter denen das Konkursverfahren beantragt werden kann. (2) Nach Eröffnung des Konkursverfahrens kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.

Materialien: Begr. I S. 14 ff, 40, 43. Ber. S. 3, 6 f, 27, 46. Begr. II S. 54; III S. 389, Akad. S. 143 f. Übersiebt Vorbemerkung Inhalt der Vorschrift Arten der Zulässigkeitserfordernisse .

II.

III.

IV.

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Rdn.

A. D e r Schuldner Begriffsbestimmung Verfahrensrechtlicher Begriff Vergleichsfähigkeit Die gesetzlichen Fälle Natürliche Personen Juristische Personen und rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts Verein ohne Rechtsfähigkeit, V e r b ä n d e mit ausländischem Sitz O H G . , K. G . , Reederei, nicht: B G B Gesellschaft, Stille Gesellschaft. — . . . . N a c h l a ß und Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft U m f a n g des Vergleichsverfahrens G e s a m t - u n d Sondervergleichsverfahren Rechtliche Unterschiede Einheitliches Vergleichsverfahren mehrerer Schuldner Vergleichsunfähigkeit trotz K o n k u r s f ä h i g keit K o n k u r s a b w e n d u n g durch Aufsichtsbehörde Ausschluß des Konkursvergleichs Juristische Personen und Anstalten des öffentlichen Rechts

3 4

VI.

Rdn. Folgen des Mangels der Vergleichsfähigkeit E r ö f f n u n g des Verfahrens 16 Abhilfe 17 Nachträglicher Wegfall der Vergleichsfähigkeit 18 Rechtsstellung des Schuldners mit Bezug auf das Verfahren 19 Rechtsnachteile außerhalb des Verfahrens 20

5 6 7 8 9 10 11 12

13 14 15

B. Vergleichsgrund Die gesetzliche Regelung Erfordernis der Konkursreife 21 Vergleichsgrund gleich K o n k u r s g r u n d . . 22 Beweislast 23 Fehlen des Vergleichsgrundes; späterer Wegfall 24 Die Merkmale der Vergleichsgründe Zahlungsunfähigkeit 25 Uberschuldung 26

C . Vergleichsantrag Der Antragsakt Begriff, Bedeutung, Wirkungen Der Antrag als Prozeßhandlung Legitimation, Vertretung, Mitwirkungsrecht Antragsmängel

27 28 29 30

Der Eröffnungsantrag Rdn. II.

III.

I.

II.

III.

Verhältnis zwischen Vergleichsantrag und z u v o r gestelltem K o n k u r s a n t r a g (Absatz 2) Gläubigerantrag Schuldnerantrag Antragspflicht Anpassung an die die K o n k u r s a n t r a g s pflicht betreffenden Vorschriften Die Fälle der Antragspflicht Die Antragspflicht als Wahlpflicht Ruhen der Antragspflicht Bedeutung der Antragsfrist D . Vergleichsgericht Die Rechtspflegefunktion des Vergleichsgerichts Sachliche Zuständigkeit Verrichtungszuständigkeit Die örtliche Zuständigkeit Amtsgericht der gewerblichen Niederlassung, subsidiär: allgemeiner Gerichtsstand des Schuldners Gegenständlich beschränkte Zuständigkeit N a c h l a ß und Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft Mehrheit zuständiger Gerichte Zuständigkeitsmängel Ablehnung des Vergleichsantrags oder Verweisung an das zuständige Gericht . . Heilung des Mangels mit Verfahrensöffnung E. Schuldnervermögen Keine Teilungsmasse Folgerungen daraus

31 32

33 34 35 36 37

Rdn.

I.

II.

38 39

40 41

III. IV.

42 43

44

I.

45

46 47

§ 2

II.

F. Eheliches Güterrecht Vorbemerkung Gütertrennung Eintritt derselben Wirkung des Vergleichsverfahrens . . . . Stellung der Ehegatten Gütertrennung Gütermassen Gesamtgutsvergleich bei gemeinsamer Verwaltung Zusammentreffen desselben mit Vergleichsverfahren über sonstiges V e r m ö g e n Zusammentreffen desselben mit K o n k u r s über sonstiges V e r m ö g e n Kein Gesamtgutsvergleich bei Alleinverwaltung Vergleichsverfahren des Alleinverwaltenden Vergleichsverfahren des Nichtverwaltenden" Zugewinngemeinschaft Vergleichsverfahren Fortgesetzte Gütergemeinschaft Eintritt derselben Vergleichsverfahren über das Gesamtgut . G . Zwischenrecht Internationales Recht Inlandsvergleichsverfahren mit dem ganzen V e r m ö g e n Inlandsvergleichsverfahren über das inländische V e r m ö g e n D a s Auslandsvergleichsverfahren Insolvenzverfahren im anderen Teile Deutschlands

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Vorbemerkung Inhalt der Vorschrift Der Inhalt der Vorschrift beschränkt sich nicht auf den Eröffnungsantrag, sondern 1 bestimmt, wie insbesondere Absatz 1 S. 3 ergibt, die Elemente des Vergleichsverfahrens und damit seiner Zulässigkdt wie auch seines Gegenstandes: Die Vorschrift besagt, daß ein Schuldner unter den für den Konkurs gegebenen Voraussetzungen bei dem für ihn zuständigen Konkursgericht den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über sein Vermögen stellen kann, solange nicht der Konkurs eröffnet ist. Damit steht der Aufbau der Erläuterungen ohne weiteres fest. Diese müssen umfassen die Bestimmung des Schuldners (Vergleichsschuldner), den Vergleichsgrund, den Vergleichsantrag, das Vergleichsgericht und das Schuldnervermögen. Letzteres erfordert auch eine Behandlung des ehelichen Güterrechts sowie des zwischenstaatlichen und interlokalen Rechts. Arten der Zulässigkeitserfordernisse. a) D a s Vergleichsverfahren darf nur eröffnet werden, wenn der Schuldner ver- 2 gleichsfähig und vergleichsreif (Absatz 1 S. 3), vergleichswürdig (§ 17 Nr. 2 bis 5, 7, 9; § 18 Nr. 1, 2), zum Vergleich geeignet §§ 17 Nr. 8, 18 Nr. 3, 4; § 113 Nr. 3) und zur Kostendeckung vermögend ist (§ 17 Nr. 6) sowie bei dem zuständigen Gericht (Absatz 1 S. 1) einen vorschriftsmäßigen Antrag mit einem bestimmten Vergleichsvor43

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

schlag (§§3 bis 7; 17 Nr. 1) stellt. Zu beachten ist jedoch, daß von den vorstehend zusammengefaßten Erfordernissen für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens gewisse Ausnahmen bestehen. So läßt z. B. das Gesetz es zu, über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer Kommanditgesellschaft auf Aktien das Vergleichsverfahren zu eröffnen, wenn auch noch nicht alle persönlich haftenden Gesellschafter dem Vergleichsvorschlag zugestimmt haben (§109 Nr. 1, Einzelheiten Rdn. 7 zu dieser Vorschrift). — Ob die Ablehnungsgründe der §§ 17, 18 in jedem Falle zwingender Natur sind (früher h. M. vgl. Bohle-Stamscbräder, Anm. 1 zu § 17, wie auch Vorauflage dieses Werkes Anm. 1 zu dieser Bestimmung, a. A. bereits früher: Berges KTS 1955 6 und 1958 32), muß der Kommentierung im einzelnen vorbehalten bleiben (vgl. zur neueren Entwicklung, insbesondere für den Liquidationsvergleich — § 7 Abs. 4 — und für das Vergleichsverfahren von Personen — und Kapitalgesellschaften; Berges KTS 1975 77/78, Künne K T S 1975 178/189 und Uhlenbruck KTS 1975 166/174). b) Die vorstehend zusammengefaßten Eröffnungserfordernisse sind nicht gleichwertig. Das Gesetz scheidet sie selbst zwar nicht dem Ausdruck, wohl aber dem Sinn und den Wirkungen nach in allgemeine und besondere Erfordernisse. Die ersteren sind die in § 2 aufgestellten Erfordernisse der Vergleichsfähigkeit, des Vergleichsgrundes, der Zuständigkeit des Gerichts, der Legitimation zum Eröffnungsantrag sowie auch der Ordnungsmäßigkeit des Eröffnungsantrags, freilich abgesehen von den besonderen Erfordernissen betreffs des Inhalts und der Anlagen desselben nach §§ 3 bis 7. Die Unterscheidung hat ihren Ursprung darin, daß nach dem Grundgedanken des Gesetzes das Konkursabwendungsverfahren nur statthaben soll, wenn sonst der Konkurs eröffnet werden müßte, und daß es bei Scheitern des Vergleichsversuchs oder der amtlich überwachten Vergleichserfüllung unmittelbar in den Konkurs übergeleitet werden soll (Anschlußkonkurs: §§ 19 I, 101, 96 V 1, VI 1). So haben Vergleichsverfahren und Konkurs gemeinsame Voraussetzungen, das Vergleichsverfahren außerdem aber noch besondere Erfordernisse und Hindernisse, bei deren Fehlen oder Entgegenstehen das Vergleichsverfahren und nur dieses, nicht auch der Anschlußkonkurs abgelehnt werden muß (arg. § 19 I). Ebenso muß, wenn das Gericht den Mangel eines solchen besonderen Erfordernisses oder das Vorhandensein eines besonderen Ablehnungsgrundes übersehen hat, zwar das Vergleichsverfahren nach näherer Maßgabe des § 100 I Nr. 1 eingestellt, nicht aber notwendig auch die Eröffnung des Anschlußkonkurses abgelehnt werden. Ist freilich der Vergleichsvorschlag bereits angenommen, so bilden nur einzelne der vom Gesetz aufgeführten besonderen Ablehnungsgründe zugleich Gründe zum Versagen der Vergleichsbestätigung (§ 79). c) Die als allgemein bezeichneten Erfordernisse sind nach dem Aufbau des Gesetzes gemeinsame Voraussetzungen für das Vergleichsverfahren und den Anschlußkonkurs. Doch besteht keine völlige Gleichheit zwischen den Konkursvoraussetzungen und den allgemeinen Zulässigkeitserfordernissen des Vergleichsverfahrens. Die Zuständigkeit ist für beide Verfahren übereinstimmend normiert. Nur der Konkursgrund ist Vergleichsgrund. Zwar setzt die Vergleichsfähigkeit Konkursfähigkeit voraus, doch ist sie enger als diese gezogen (dazu unten Anm. 13 f). Danach kann beim Fehlen der Vergleichsfähigkeit ein Anschlußkonkursverfahren zulässig sein. d) Auch bei dem Vergleichsantrag sind allgemeine und besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen zu unterscheiden. Zu den letzteren gehören lediglich die Erfordernisse des Antragsinhalts und der Anlagen nach §§ 3 bis 7 mit § 17 Nr. 1. Abgesehen davon ist die prozessuale Ordnungsmäßigkeit des Antrags (Unbedingtheit und Unbefristetheit, Prozeßfähigkeit des antragenden Schuldners, Legitimation des für den Schuldner als 44

Der Eröffnungsantrag

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Antragsteller Auftretenden) allgemeines Zulässigkeitserfordernis. Dabei ist zu beachten, daß wenn auch über die Eröffnung des Anschlußkonkurses von Amts wegen zu entscheiden ist (§ 19 I), der Mangel eines allgemeinen Antragserfordernisses, wie z. B. die fehlende Prozeßfähigkeit, zur Unwirksamkeit des Vergleichsantrags führt (§ 115 in Verbindung mit 5 51 Z P O ) . Ein Anschlußkonkurs kann mithin nicht eröffnet werden. Ist jedoch das Vergleichsverfahren trotz eines allgemeinen Antragsmangels eröffnet und der von den Gläubigern angenommene Vergleich bestätigt worden (§ 78), so ist der Mangel geheilt (vgl. Böhle-Stamschräder, Anm. 6 zu § 78) und ein Anschlußkonkursverfahren möglich 78, 96, 102). Weg en eines besonderen Antragsmangels aber wäre das Vergleichsverfahren, sofern der Mangel nicht behebbar ist, vor der Annahme des Vergleichs einzustellen (§ 100 I, 1), nach der Annahme durch Versagung der Bestätigung (§ 79 Ziff. 1) mit den sich aus SS 80, 81 ergebenden Folgen abzuschließen.

A. Der Schuldner I. Begriffsbestimmung Verfahrensrechtlicher Begriff Schuldner oder, wie ihn das Gesetz gelegentlich zwecks Verdeutlichung auch 3 nennt, Vergleichsschuldner (S 60 II) ist ein verfahrensrechtlicher Begriff. Er bezeichnet denjenigen, in dessen Namen und Interesse der gerichtliche Vergleichsversuch unternommen wird. Die Tatsache, daß der Vergleichsschuldner zwecks Bereinigung seiner Schulden das Verfahren beantragt, macht den Begriff nicht zu einem solchen des materiellen Rechts. Das Gesetz meint mit dem Ausdruck die für die Zulässigkeit des gerichtlichen Vergleichsversuchs notwendige Eigenschaft des (materiell-rechtlichen) Schuldners, nämlich die Vergleichsfähigkeit: N u r wer vergleichsfähig ist, kann zuverlässigerweise die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens beantragen. Vergleichsfähigkeit Die Vergleichsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger der Schuldnerrolle im Vergleichs- 4 verfahren zu sein. Da das Vergleichsverfahren einerseits die Konkursabwendung bezweckt, andererseits bei Scheitern des Versuchs oder der amtlich überwachten Vergleichserfüllung zum Anschlußkonkurs führen soll, kann vergleichsfähig nur sein, wer konkursfähig ist: Wer nicht konkursfähig ist, ist auch nicht vergleichsfähig. Umgekehrt ist, wer konkursfähig, zwar regelmäßig, aber nicht in jedem Falle auch vergleichsfähig. Vielmehr kann ausnahmsweise trotz Konkursfähigkeit Vergleichsunfähigkeit bestehen (unten 13 ff). II. Die gesetzlichen Fälle Natürliche Personen Wie konkurs-, so sind auch vergleichsfähig einmal alle natürlichen Personen ( § 1 5 BGB), ohne Rücksicht auf Geschäftsfähigkeit, Geschlecht, Beruf und Staatsangehörigkeit. Auf Kaufleute ist das Vergleichsverfahren ebensowenig beschränkt wie der Konkurs (Sondervorschriften für'Vollkaufleute: S§ 5 II, 23, 98 III). Die Frage, ob ausländische Schuldner im Inlande ein Vergleichsverfahren beantragen können, hängt lediglich vom Vorhandensein eines inländischen Konkurs- und damit Vergleichsgerichtsstandes ab. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es dabei nicht an. Und das Fehlen eines inländischen Gerichtsstandes schließt nicht sowohl die Vergleichsfähigkeit als vielmehr die deutsche Gerichtsbarkeit aus (unten 41 ff). Entsprechendes gilt im Falle der Exterrito45

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

rialität, die lediglich eine personelle Befreiung von der inländischen Gerichtsgewalt, aber keine Vergleichsunfähigkeit bedeutet. Doch kann der Exterritoriale freiwillig auf die Rechte aus §§18, 19 GVG verzichten und sich der inländischen Gerichtsbarkeit unterwerfen. Eine solche Unterwerfung liegt freilich noch nicht in dem Betreiben eines Gewerbes im Inland (RGZ 103 278, Wieczorek, 2. Aufl. Rdn. C I b zu § 18 GVG), wohl aber in der Stellung eines Vergleichsantrages nach §§ 2 f. Die Unterwerfung erstreckt sich dann auch auf den Anschlußkonkurs nach §§ 19 I, 80 I, 96 V, 1, 101, da mit der Inanspruchnahme der Rechte aus dem Gesetz auch die sich aus dem Verfahren ergebenden Rechtsfolgen übernommen werden. Juristische Personen und rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts 6

Vergleichsfähig sind auch juristische Personen und rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, zu denen auch die handelsrechtlichen Kapitalgesellschaften sowie die eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften gehören (§§ 108, 111). Was die juristischen Personen und rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts betrifft, so sind sie, soweit der zuständige Gesetzgeber nichts anderes bestimmt, konkursfähig (Art. IV EGKonkNov. v. 17. Mai 1898 mit § 15 Nr. 3 E G Z P O ) . Vergleichsfähig aber sind sie nur, wenn sie sich trotz ihrer öffentlich-rechtlichen Organisation nach außen lediglich privatwirtschaftlich und in den Formen des Privatrechts betätigen: Vergleichsfähig sind auch wirtschaftliche Unternehmen eines ausländischen Staates, dem dieser die Stellung einer selbständigen juristischen Person verliehen hat. Dies, ohne daß hier etwa der Schutz des § 18 G V G an sich eingreifen würde ( B G H Z 18 1). Die Geschichte aller Zeiten kennt Staatsbankrotte. Doch ist der Staat im Gegensatz zum privaten Schuldner nicht konkursfähig. Dem Staatsbankrott folgt, sofern der betreffende Staat nicht durch politischen Untergang völlig entschwindet, regelmäßig eine Sanierung. Sie ist unvermeidlich, weil gesunde staatliche Finanzen die erste Voraussetzung für eine geordnete Entwicklung des ganzen sozialen und politischen Lebens sind. Hierin und in der Tatsache, daß es schlechthin undenkbar ist, alle staatlichen Einrichtungen zu versilbern, um den Erlös auf die Gläubiger zu verteilen, liegt der Grund für die Konkurs- und damit Vergleichsunfähigkeit des Staates (BVerfG N J W 1963 32). Bund und Länder, sowie die Gemeinden (vgl. § 116 D G O ) sind demnach nicht vergleichsfähig. Dennoch ist der Fiskus in seiner Eigenschaft als Noterbe (§ 1964 BGB) berechtigt, ein Nachlaßvergleichsverfahren gemäß § 113 zu beantragen, denn hier tritt der Staat, begrenzt auf eine bestimmte Vermögensmasse, als Privatperson auf. Vereine ohne Rechtsfähigkeit, Verbände mit ausländischem Sitz

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Der Verein ohne Rechtsfähigkeit wird, wie für den Passivprozeß und den Konkurs (§ 50 II ZPO, § 213 K O ) , so auch für das Vergleichsverfahren als selbständiges Rechtssubjekt, d. h. wie eine juristische Person behandelt (§ 108 I 1). Aus der Konkurs- und Vergleichsfähigkeit des nicht rechtsfähigen Vereins folgt auch diejenige der Verbände mit ausländischem Sitz, ohne Rücksicht darauf, ob sie im Ausland rechtsfähig sind und ob die Rechtsfähigkeit im Inland (z. B. durch Beschluß gem. Art. 10, 1 EGBGB) anerkannt ist (zustimmend Jaeger § 2 1 3 A. 20). Nur muß, damit ein Vergleichsverfahren eröffnet werden kann, ein inländisches Gericht zuständig sein. O H G , KG, Reederei, nichts BGB-Gesellschaft, Stille Gesellschaft

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Vergleichsfähig sind die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft (§ 109 in Verbindung mit § 209 I KO). Sie sind parteifähig. Das Verfahren beschränkt 46

Der Eröffnungsantrag

§2

sich auf das Gesellschaftsvermögen. Ein Vergleichsverfahren über das Privatvermögen der persönlich haftenden Gesellschafter ist daneben möglich (§ 110). Bei der G m b H & Co K G ist neben dem Vergleichsverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft, der G m b H & Co KG, ein Vergleichsverfahren über das Vermögen der Komplementär-GmbH zulässig (vgl. Uhlenbruck Die G m b H & Co KG in Krise, Konkurs und Vergleich, S. 413 ff). Nicht konkurs- und vergleichsfähig ist die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB). Für die vielfach gewünschte Zulassung eines Insolvenzverfahrens der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (vgl. Baur, J Z 1951 211) wird zu beachten sein, daß das Gesellschaftsvermögen der Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger vorbehalten bleiben muß, um zu verhindern, daß es zur Berichtigung von Vorrechtsforderungen aufgezehrt wird, die an sich die Gesellschaft nichts angehen (vgl. Kuhn KTS 1961 5 zu B G H Z 23 307). — Nicht vergleichsfähig ist die stille Gesellschaft, bei der es an einem Gesellschaftsvermögen überhaupt fehlt (§ 335 HGB) (vgl. Jaeger-WeberVorbem. 13 zu §§ 207, 208 K O und Mentzel-Kuhn, Vorbem C vor § 207 K O , kritisch dazu: Karsten Schmidt, KTS 1977, 2 ff und Künne, DB 1978 279). Nicht vergleichsfähig ist ferner ein von einer ungeteilten Erbengemeinschaft fortgeführtes Unternehmen (LG Osnabrück K T S 1962 126 mit Anm. Verfasser). Dem steht die Entscheidung B G H Z 17 299 nicht entgegen, denn wenn dort auch auf das ererbte Unternehmen das Recht der offenen Handelsgesellschaft entsprechend angewandt worden ist, so doch wie die Urteilsformel und die Urteilsgründe ausdrücklich ergeben, nur in bezug auf die zwischen den Miterben herrschenden Rechtsverhältnisse. Die Konkurs- und Vergleichsfähigkeit der Reederei (§ 489 HGB) ist lebhaft umstritten. Sie wird verneint von Jaeger-Lent Anm. 7 zu § 25 K O , da wegen des Fehlens einer körperschaftlichen Verfassung die Konkurs(Vergleichs-)fähigkeit nicht aus der des Vereins ohne Rechtsfähigkeit abgeleitet werden könne. Zu einer rechtsfähigen Personeneinheit aber habe sich die Reederei nicht entwickelt. Wenn die Reederei auch keine juristische Person ist, so hat sie sich doch nach innen einer Körperschaft sehr angenähert, denn ein Mitgliederwechsel ist frei gestattet. T o d oder Konkurs eines Mitreeders berühren den Bestand der Gesellschaft nicht (§ 505 HGB). Beim Ausscheiden eines Partenreeders kommt es nicht zu einer Auseinandersetzung wie beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personalgesellschaft vgl. B G H M D R 1969 556 = W M 1969 167). Nach außen hin bedient sich die Reederei im Verkehr einer Gesamtbezeichnung, unter der sie sich gewohnheitsrechtlich mehr und mehr auch als Personeneinheit durchgesetzt hat, die als solche rechtsfähig, handlungsfähig und parteifähig erscheint. (Gierke, Handels- und Schiffahrtsrecht, § 82, I). Es kommt hinzu, daß die Bestimmung des § 736 Z P O , die den Zugriff der gemeinsamen Privatgläubiger der Gesellschafter auf das Vermögen der bürgerlichen Gesellschaft gestattet, für die Partenreederei nicht gilt. Privatgläubiger, denen sämtliche Mitreeder gesamtschuldnerisch haften, können sich immer nur an die Schiffsparten, nicht aber an das Reedereivermögen halten. Dann aber muß die Reederei auch konkurs- und vergleichsfähig sein (zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 2). Nachlaß und Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft Wie für den Nachlaßkonkurs und den Konkurs über das Gesamtgut der fortgesetz- 9 ten Gütergemeinschaft (§§214 ff, 236 KO) hat das Gesetz auch für das Vergleichsverfahren über den Nachlaß und das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft Sondervorschriften aufgestellt (§§ 113, 114). Dabei wirken die Zulässigkeitsschranken des § 1 1 3 Nr. 3 mit §114 (Verwirken der Haftungsbeschränkung, Nachlaßteilung, 47

§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Beendigung der G ü t e r g e m e i n s c h a f t ) nicht Vergleichsunfähigkeit, s o n d e r n n u r einen Mangel d e r Vergleichseignung. D e r N a c h l a ß ist nicht d a z u bestimmt, d a u e r n d als solcher erhalten zu bleiben {VerfasserY^VS 1962 128 zu LG O s n a b r ü c k , K T S 1962 126).

III. Umfang des Vergleichsverfahrens Gesamt- und Sondervergleichsverfahren 10

D a s Vergleichsverfahren wird „über das V e r m ö g e n des Schuldners" e r ö f f n e t (vgl. §§ 3 II N r . 2, 17 N r . 4, 110 I 1). D a h e r besteht die Vergleichsfähigkeit n o t w e n d i g immer mit Bezug auf ein bestimmtes V e r m ö g e n . Regel ist Gesamtvergleichsverfahren in dem Sinne, daß der Schuldner n u r vergleichsfähig ist mit seinem gesamten V e r m ö gen. D a s gilt auch vom E i n z e l k a u f m a n n . Ein auf sein H a n d e l s v e r m ö g e n im G e g e n s a t z zum Privatvermögen beschränktes Vergleichsverfahren w ä r e ebensowenig zulässig wie ein solches über eine von m e h r e r e n Niederlassungen o d e r eines von m e h r e r e n selbständig betriebenen H a n d e l s u n t e r n e h m e n . Deshalb kann auch ein über das V e r m ö g e n einer angeblich o f f e n e n Handelsgesellschaft e r ö f f n e t e s V e r f a h r e n nicht auf den N a m e n des E i n z e l k a u f m a n n s f o r t g e s e t z t w e r d e n , dem das Firmenvermögen allein g e h ö r t ; es sei denn, daß das Gericht — bei Streitigkeit über die Z u g e h ö r i g k e i t des U n t e r n e h m e n s — das V e r f a h r e n n u r über den Firmeninhaber als solchen e r ö f f n e n wollte (vgl. JaegerWeber Anm. 4 zu § 74 K O ) . U m g e k e h r t betrifft bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g , auch w e n n sämtliche Aktien o d e r Geschäftsanteile in einer H a n d sind, das Vergleichsverfahren n u r das Gesellschaftsvermögen, allerdings das gesamte, nicht aber auch das Privatvermögen des Einmanngesellschafters eben weil die Gesellschaft t r o t z Z u s a m m e n f a s s u n g der Anteile in einer H a n d ihre Rechtspersönlichkeit behält, (vgl. z. B. B G H Z 26 33). — H a t der Schuldner keinen allgemeinen Inlandsgerichtsstand, so beschränkt sich das V e r f a h r e n z w a r auf das im Inland befindliche V e r m ö g e n , ist aber t r o t z d e m Gesamtvergleichsverfahren, einmal, weil es das gesamte Inlandsvermögen, nicht bloß das zu d e m inländischen Geschäfts- o d e r Gutsbetrieb g e h ö r e n d e , u m f a ß t , zum a n d e r e n , weil an ihm auch diejenigen Gläubiger beteiligt sind, deren F o r d e r u n g e n nicht im R a h m e n des inländischen G e w e r b e - o d e r Gutsbetriebes (§§ 1,2 in V e r b i n d u n g mit §§ 1, 237, 238 K O ) b e g r ü n d e t w u r d e n (LG Freiburg K T S 1964 189, Weber, K T S 1965 95 ff, kritisch hierzu Baumgärtel, A W D 1971 557 ff). D e r U m f a n g des Vergleichsverfahrens ist b e g r e n z t beim Sondervergleichsverfahren. Ein solches V e r f a h r e n setzt wie d e r S o n d e r k o n k u r s voraus, d a ß eine b e g r e n z t e V e r m ö gensmasse von Gesetzes wegen bestimmten persönlichen Gläubigern allein o d e r mindestens im voraus h a f t e t (Jaeger-Henckel R d n . 149 f zu § 1 K O ) . D a s E r f o r d e r n i s der g e s o n d e r t e n H a f t u n g ist erfüllt, w e n n eine bestimmte Klasse persönlicher Gläubiger n u r aus einer bestimmten Masse des S c h u l d n e r v e r m ö g e n s Befriedigung zu beanspruchen hat o d e r vor a n d e r e n Gläubigern z u m Zugriff auf diese Masse berechtigt ist. D e s halb ist im Falle des § 419 BGB ein Sondervergleichsverfahren über das ü b e r n o m m e n e V e r m ö g e n möglich. N i c h t aber wird ein Sondervergleichsverfahren d a d u r c h möglich, d a ß der Schuldner sein V e r m ö g e n in willkürlich verschiedene Massen s o n d e r t ( M e n t zel-Kuhn A n m . 8 zu § 1 K O ) . N i c h t g e n ü g t eine dingliche H a f t u n g mit einer bestimmten V e r m ö g e n s m a s s e , denn dingliches Gläubigerrecht w u r z e l t z w a r , namentlich in rechtsgeschäftlicher, vollstreckungsmäßiger o d e r gesetzlicher P f a n d h a f t u n g in der Belastung eines o d e r m e h r e r e r G e g e n s t ä n d e , b e g r ü n d e t j e d o c h kein Vergleichsgläubigerrecht, wie aus § 25 folgt. D e r Kreis d e r Vergleichsgläubiger entspricht g r u n d s ä t z lich dem Kreis der K o n k u r s g l ä u b i g e r nach M a ß g a b e des § 3 K O . 48

D e r Eröffnungsantrag

§ 2

Über das Gesamtgut der in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten ist gemäß §§ 2 II, 236 a K O ein Sondervergleichsverfahren zulässig, sofern beide Ehegatten dieses Gut gemeinschaftlich verwalten und beide zahlungsunfähig sind. Für das Verfahren gelten die besonderen Bestimmungen der §§ 114 a und 114 b. Ein solcher Vergleich begrenzt, wenn nichts anderes festgelegt ist, nach § 114 a Nr. 3 zugleich den U m f a n g der persönlichen H a f t u n g der Ehegatten. Treffen Sonderkonkurs (§ 236 a K O ) oder das Sondervergleichsverfahren über das von den beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut und das Vergleichsverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten zusammen, so gilt für die Gesamtgutsgläubiger in dem Vergleichsverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten der Ausfallsgrundsatz (§ 114 b I S. 1). Die Gesamtgutsgläubiger sind in dem letzteren Verfahren nur in H ö h e des Betrages beteiligt, für den sie in dem Vergleichsverfahren über das Gesamtgut keine Befriedigung erhalten. Über die Gewährung des Stimmrechts und für den Fall des Verzuges in der Vergleichserfüllung gelten die Bestimmungen der §§71 II, 97 sinngemäß. Rechtliche Unterschiede Die rechtlichen Unterschiede zwischen einem Gesamt- und Sondervergleichsver- 11 fahren ergeben sich aus der Beschränkung des letzteren Verfahrens auf ein Sondervermögen. Verfahrenskosten (§ 17 Nr. 6), Auskunftserteilung und Auskunftslast (§§ 40 I, 2, 45 I, 1, 69 II) und gerichtliche Verfügungsbeschränkungen (§§ 12, 58 f) beziehen sich beim Sondervergleichsverfahren nur auf das Sondervermögen. Dagegen brauchen persönliche Unwürdigkeitsgründe (z. B. § 17 Nr. 3 — 5) in keinem Verhältnis zum Sondervermögen zu stehen. Für das Vergleichsverfahren über einen Nachlaß kommt es hinsichtlich des Verhaltens des Schuldners bei den Fragen der Eröffnung, Fortsetzung, Vergleichsbestätigung und Einstellung des Verfahrens nach § 113 Nr. 5 auf das eines jeden von mehreren Miterben an. Soweit der Vergleich nichts anderes bestimmt, übernimmt der Vergleichsschuldner durch den Abschluß eines Sondervergleichs keine persönliche H a f t u n g hinsichtlich seines sonstigen Vermögens. Einheitliches Vergleichsverfahren mehrerer Schuldner Ein einheitliches Vergleichsverfahren mehrerer Schuldner kann nur über ein diesen 1 2 gemeinsames Sondervermögen eröffnet werden. Auch wenn mehrere offene Handelsgesellschaften von denselben Personen gebildet werden, ist das Vergleichsverfahren immer nur über das Vermögen der einzelnen Gesellschaft, nicht über die Handelsvermögen insgesamt zulässig. Ebenso ist, wie ein Konkursverfahren (vgl. dazu: O L G Oldenburg M D R 1955 175, Boennecke K T S 1955 173), so auch ein einheitliches Vergleichsverfahren über das gesamte Vermögen verschiedener Personen unzulässig. Wird dennoch ein Gemeinschaftsverfahren eröffnet, so liegt darin zwar ein fehlerhafter, aber kein nichtiger Staatsakt ebenso Jaeger-Henckel Rdn. 158 zu § 1 K O , (a. A. Bendix JW 1925 586). Doch müßte der Eröffnungsbeschluß als Eröffnung einer Mehrheit selbständiger Verfahren umgedeutet werden. Zur Umdeutung eines entsprechenden Vergleichsantrags vgl. LG Osnabrück KTS 1962 126. IV. Vergleichsunfähigkeit trotz Konkursfähigkeit Konkursabwendung durch Aufsichtsbehörde Das Vergleichsverfahren ist das beim Amtsgericht anhängig zu machende, in den 1 3 Formen der V g l O abzuwickelnde und in den Konkurs überleitbare Verfahren. Dementsprechend verstehen wir unter Vergleichsfähigkeit nur die Fähigkeit, Träger 49

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der Schuldnerrolle in einem so gestalteten Verfahren zu sein. In diesem Sinne sind nicht vergleichsfähig die der amtlichen Aufsicht unterliegenden privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen (§ 112). Es findet über sie zwar ein gerichtliches, wenn auch Besonderheiten aufweisendes Konkursverfahren statt (vgl. MentzelKuhn Anm. 10 zu § 173 KO). Die Konkursabwendung aber geschieht durch die Aufsichtsbehörde, nicht durch das Amtsgericht als Konkursgericht (§§ 88, 89, 112 I 2 VAG). Ausschluß des Konkursvergleichs 14

Zweck des Verfahrens ist Abschluß eines Zwangsvergleichs. Wer nicht einmal im Konkurse einen Zwangsvergleich abschließen kann, kann dies erst recht nicht Zwecks Konkursabwendung tun. Im Hinblick auf diesen Ausschluß des Konkursvergleichs sind trotz § 108 I vergleichsunfähig die sogenannten registrierten Gesellschaften des bayrischen Rechts (Näheres § 111 A. 1 d). Auch für die eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ergab sich vor Einführung des konkursbeendigenden Zwangsvergleichs (§ 115 e GenG; eingefügt durch G v. 20. Dezember 1933) die Zulässigkeit der Konkursabwendung erst aus dem § 91 V g l O 1927, während sie jetzt schon aus der allgemeinen Vorschrift unseres § 2 I 2 folgt. Juristische Personen und Anstalten des öffentlichen Rechts

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Juristische Personen und Anstalten des öffentlichen Rechts sind, soweit sich nicht aus ihrem Wesen oder aus Gesetzen das Gegenteil ergibt (vgl. Anm. 6), konkursfähig. Sie sind damit jedoch noch keineswegs in jedem Falle vergleichsfähig. Dort, wo der Konkurs zur Auflösung der Rechtsfähigkeit führt, bestehen keine Bedenken gegen die Vergleichsfähigkeit. Nun löst aber im Gegensatz zu den juristischen Personen und Stiftungen des bürgerlichen Rechts der Konkurs die Verbände und Anstalten des öffentlichen Rechts nicht generell, sondern nur kraft ausdrücklicher Einzelvorschrift auf (§§ 42 I, 86 gegen § 89 II BGB). Nicht aufgelöst werden Körperschaften und Anstalten, die Hoheitsfunktionen und Zwangsgewalt ausüben, weil ihre Tätigkeit im öffentlichen Interesse unentbehrlich ist. Hier kann ein Vergleichsverfahren nicht stattfinden, denn der Vergleichsverwalter — vom Gericht bestellt nach §§ 11, 20, 38 — kann nicht in Aufgaben eingreifen, die der vorgesetzten Verwaltungsbehörde als Aufsichtsperson zustehen. Der Grundsatz der Gewaltenteilung würde verletzt werden, mag auch der Schuldner selbst das Vergleichsverfahren beantragt haben. Dort aber, wo die juristischen Personen und Anstalten trotz ihrer öffentlich-rechtlichen Organisation nach außen hin in den Formen des Privatrechts auftreten und sich privatwirtschaftlich betätigen, ist ein Vergleichsverfahren zulässig. Vergleichsfähig sind mithin die unter Staatsaufsicht stehenden Kreditanstalten sowie die Spar- und Girokassen, mögen auch ihre Träger, z. B. die Gemeinden, selbst nicht konkurs- und vergleichsmäßig sein. Für den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen eines Kreditinstituts, das der Beaufsichtigung nach Maßgabe des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. 7. 1961 (BGBl. I S. 881) i. d. Fassung des Ges. vom 24. 3. 1976 (BGBl. I S. 725) unterliegt, ist die Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes über das Kreditwesen erforderlich (§ 112 Abs. 2). Öffentlich-rechtliche Versicherungsanstalten, bei denen die Versicherungsverhältnisse bürgerlich-rechtlich gestaltet sind (vgl. § 5 preuss. G. vom 11. Dezember 1934 — GS. 457), sind zwar konkursfähig, jedoch wegen der entsprechenden Anwendbarkeit des § 89 V A G nicht vergleichsfähig. Die Bestimmung des § 112 greift ein. 50

Der Eröffnungsantrag

§2

V. Folgen des Mangels der Vergleichsfähigkeit Eröffnung des Verfahrens D e r Mangel heilt nicht mit E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s . U n d z w a r auch d a n n nicht, 1 6 w e n n aus den Akten hervorgeht, d a ß d e r das V e r f a h r e n e r ö f f n e n d e Richter die V e r gleichsfähigkeit ausdrücklich g e p r ü f t hat. D e r E r ö f f n u n g s b e s c h l u ß ist z w a r , soweit er die Zulässigkeitserfordernisse, w e n n auch nur implicite bejaht, eine Entscheidung, aber nicht der materiellen R e c h t s k r a f t fähig. D o c h ist d e r E r ö f f n u n g s b e s c h l u ß bei f e h l e n d e r Vergleichsfähigkeit nicht etwa nichtig. Es liegt n u r ein f e h l e r h a f t e r Staatsakt vor. Die Rechtswirksamkeit dieses Staatsaktes k a n n nicht a u ß e r h a l b des Vergleichsverfahrens, etwa im P r o z e ß w e g e in Zweifel g e z o g e n w e r d e n , d a h i n g e h e n d , der Vergleichsverwalter sei zu U n r e c h t bestellt w o r d e n (vgl. R G Z 129 390, e r g a n g e n f ü r Konkursfall und B G H M D R 1959 743 = Z Z P 1973 256, e r g a n g e n f ü r den Zwangsverwaltungsfall). D a s Vergleichsverfahren ist wirksam e r ö f f n e t . Andererseits hat d e r E r ö f f n u n g s b e schluß keine Feststellungswirkung etwa d a h i n g e h e n d , die Vergleichsfähigkeit sei gegeben. D e r P r o z e ß r i c h t e r ist nicht gehindert, festzustellen, diese Fähigkeit sei zu U n r e c h t a n g e n o m m e n w o r d e n , es liege hierin eine z u m Schadensersatz verpflichtende V e r l e t z u n g der Amtspflicht (vgl. Jaeger-Weber A n m . 4, b zu § 74 K O ) .

Abhilfe Abhilfe ist nicht d u r c h A u f h e b u n g des Eröffnungsbeschlusses möglich. Dieser ist 1 7 auch bei dem schwerwiegenden Mangel der Vergleichsfähigkeit unabänderlich. D e r Beschluß aus § 20 k a n n nicht von Amts w e g e n wieder a u f g e g e b e n w e r d e n . Dies verbietet sich schon im H i n b l i c k auf zwischenzeitlich mögliche materiell-rechtliche W i r k u n gen, z. B. nach §§ 12, 13, 50 f, 54. A u c h d e r K o n k u r s r i c h t e r ist zu einer solchen M a ß n a h m e nicht b e f u g t ( M e n t z e l - K u h n A n m . 10 zu § 73 K O ) . W o h l aber bildet d e r Mangel der fehlenden Vergleichsfähigkeit einen v o n Amts w e g e n zu berücksichtigenden G r u n d z u r Einstellung des Vergleichsverfahrens nach § 100 und beim Z u s t a n d e k o m m e n des Vergleichs einen z w i n g e n d e n V e r s a g u n g s g r u n d nach § 79. In jedem d e r beiden Fälle ist zugleich ü b e r die E r ö f f n u n g des A n s c h l u ß k o n k u r s e s zu entscheiden. D a m i t wird dem Antragsteller f ü r die Frage der Vergleichsfähigkeit die sofortige Beschwerde (§§ 80, II, 2, 1 0 1 , 2 ) o f f e n g e h a l t e n . Mit der Bestätigung des Vergleichs w ü r d e nach § 78 auch der Mangel d e r Vergleichsfähigkeit geheilt w e r d e n .

Nachträglicher Wegfall der Vergleichsfähigkeit Beim nachträglichen Wegfall d e r Vergleichsfähigkeit, etwa im Falle d e r Ü b e r n a h m e 1 8 des S c h u l d n e r u n t e r n e h m e n s nach der E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s durch eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die als solche nicht vergleichsfähig ist, gilt das zu 17. A u s g e f ü h r t e entsprechend.

VI. Rechtstellung des Schuldners mit Bezug auf das Verfahren Mit Bezug auf das V e r f a h r e n t r e f f e n den Schuldner, w e n n er p r o z e ß u n f ä h i g ist, sei- 1 9 nen gesetzlichen V e r t r e t e r , teilweise sogar schon im E r ö f f n u n g s s t a d i u m und noch bei gerichtlicher Ü b e r w a c h u n g des Vergleichs, die vom Gesetz e r s c h ö p f e n d a u f g e z ä h l t e n Obliegenheiten ( § § 1 1 , II, 17 N r . 2, 7, 8; 40 I, 45, 56 f, 58 ff, 68 ff). U n e n t s c h u l d b a r e V e r s t ö ß e d a g e g e n h a t — aber nur soweit das Gesetz dies vorschreibt — A b l e h n u n g der E r ö f f n u n g (§§ 17, 19 I), Einstellung des V e r f a h r e n s (jedoch nicht m e h r nach V e r gleichsbestätigung: § 100 III) und in b e s c h r ä n k t e m U m f a n g e auch V e r s a g e n der Bestätigung des Vergleichs (§ 79 N r . 1, 2) u n t e r gleichzeitiger Entscheidung über die E r ö f f -

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§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

nung des Anschlußkonkurses zur Folge. Anders als im K o n k u r s verbleibt aber dem Schuldner die Verwaltung seines V e r m ö g e n s einschließlich der P r o z e ß f ü h r u n g sowie die V e r f ü g u n g über dasselbe. Er verliert auch seine Kaufmannseigenschaft nicht. Erst recht behalten, wenn der Schuldner eine juristische Person, ein Verein ohne Rechtsfähigkeit oder eine Personalgesellschaft ist, die vorhandenen O r g a n e ihre Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht (Sondervorschriften: §§109, N r . 1, 11 N r . 1). Vereine und Gesellschaften werden durch die E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s nicht aufgelöst. D e r Verwalter hat lediglich die Geschäfts- und Lebensführung des Schuldners zu überwachen. D u r c h § 57 I wird der Schuldner im Eingehen von Verbindlichkeiten nur dem Verwalter gegenüber nicht auch nach außen beschränkt. D e r Schuldner muß freilich dem Verwalter auf dessen Verlangen die Kassenführung überlassen (§ 57 II). D o c h erlangt der Verwalter damit nicht etwa die Dispositionsbefugnis über das Schuldnerunternehmen ( O L G N ü r n b e r g , K T S 1965 172, Hartlage-Laufenberg K T S 1977 224 ff). Auch der Erlaß eines gerichtlichen Veräußerungsverbots (§§ 58 ff) entzieht dem Vergleichsschuldner nicht die Vermögensverwaltung ( B G H Z 23 318 = K T S 1957 87— 90). Ein solches V e r b o t bindet den Schuldner nur an die gesetzlichen oder vom Gericht weiter angeordneten Schranken, deren Verletzung die Unwirksamkeit der V e r f ü g u n g den Vergleichsgläubigern gegenüber (§§62, 63 III, 103) zur Folge hat (vgl. BöhleStamschräder, Anm. 1 zu § 62). 20

Rechtsnachteile außerhalb des Verfahrens. Die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens an sich hat auf staatsbürgerlichem Gebiet keine rechtlichen Folgen. O b der Erlaß von Verpflichtungs- und Verfügungsbeschränkungen nach §§ 58 ff. Rechtsfolgen auf staatsbürgerlichem Gebiet nach sich zieht, ist umstritten. Auszugehen ist davon, daß die M a ß n a h m e n des Vergleichsgerichts sich nicht eindeutig gegen den Vergleichsschuldner zu wenden brauchen. Ist doch f ü r die A u f n a h m e eines „Verwalterdarlehns" im Vorverfahren der Erlaß einer A n o r d n u n g aus §§ 12, 57 f V g l O geradezu Voraussetzung f ü r die Privilegierung des Darlehns nach § 106 im Anschlußkonkurs ( B G H K T S 1960 138 = N J W 1960 1456). Dieses Darlehn aber soll gerade dazu dienen, einem insolvent gewordenen Schuldner neue Geldmittel zur Fortsetzung des Betriebes zuzuleiten. W e n n Personen, die zufolge einer gerichtlichen A n o r d n u n g in der V e r f ü g u n g über ihr V e r m ö g e n beschränkt sind, nicht zu dem Amt eines Schöffen, eines Geschworenen, eines ehrenamtlichen Handels-, Arbeits-, Finanz- oder Verwaltungsrichters berufen werden können (§§32 N r . 3, 84, 109 Abs. 3 G V G , § 2 1 Abs. 2 A r b G G , § 1 8 N r . 3 F G O ) , so ist doch davon auszugehen, daß die genannten M a ß n a h m e n des Vergleichsgerichts nicht dazu f ü h r e n , daß der Vergleichsschuldner die V e r f ü g u n g s m a c h t verliert. Sie bleibt vielmehr bei ihm ( B G H Z 23 318 = K T S 1957 87—90). Es handelt sich im Vergleichsverfahren lediglich um eine nur vorübergehende Einengung und nicht um eine „Beschränkung" der vermögensrechtlichen V e r f ü g u n g s m a c h t {Berges, K T S 1957 183). Das vergleichsrechtliche allgemeine Veräußerungsverbot ist nicht als eine „Vermögensbeschränkung" im Sinne der genannten Bestimmungen anzusehen. Folgen auf staatsbürgerlichem Gebiet treten damit nicht von Rechts wegen ein. (ebenso: Berges J R 1968 318 und Uhlenbruck K T S 1972 228, a. A. Böhle-Stamschräder, V o r b e m . vor § 4 6 V g l O und Künne K T S 1971 235/238). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob nicht etwa das Vormundschaftsgericht sich durch die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens oder den Erlaß eines Veräußerungsverbots veranlaßt sehen wird, gemäß §§ 1844, 1886, 1915 BGB eine Sicherheitsleistung zu verlangen oder den V o r m u n d oder Pfleger des Amtes zu entlassen.

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Der Eröffnungsantrag

§ 2

B. Vergleichsgrund I. Die gesetzliche Regelung Erfordernis der Konkursreife D a s Vergleichsverfahren hat z u m sachlichen Erfordernis die Konkursreife: V e r - 2 1 gleichsgründe sind n u r die K o n k u r s g r ü n d e , also Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t und Überschuld u n g (§§ 2 1 3 , 108 I 1). Es genügt w e d e r die eingetretene o d e r v o r a u s z u s e h e n d e Z a h lungsstockung, welche bei Beratung d e r V g l O 1927 vom vorläufigen Reichswirtschaftsrat und im Rechtsausschuß als Vergleichsgrund vorgeschlagen w o r d e n w a r , noch die ernste erste Zahlungsschwierigkeit. N u n k a n n aber eine v o r h a n d e n e Z a h lungsschwierigkeit, die an sich z u m V e r g l e i c h s a n t r a g nach § § 1 , 2 nicht berechtigt, in kritischen Fällen die Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t auslösen. D a m i t hat das Gericht die im V o r v e r f a h r e n vorgesehenen M a ß n a h m e n zu t r e f f e n , insbesondere also einen vorläufigen V e r w a l t e r zu bestellen (§ 11). D a d e r k o n k u r s a b w e n d e n d e Vergleich kein K o n k u r s e r satz ist, auch die E r f ü l l u n g eines Vergleichs bei f r ü h z e i t i g einsetzender Sanierung gesicherter erscheint, ist es erstrebenswert, den um die E r h a l t u n g seines g e f ä h r d e t e n Betriebes besorgten Schuldner nicht zu veranlassen, mit der Stellung des Vergleichsantrages zu w a r t e n , bis die ersten Zwangsvollstreckungen unmittelbar bevorstehen. D e r G e s e t z g e b e r ist hinsichtlich der V o r a u s s e t z u n g e n (Zahlungsunfähigkeit o d e r Ü b e r schuldung) davon ausgegangen, d a ß sich an das Vergleichsverfahren ( V o r v e r f a h r e n ) unmittelbar der K o n k u r s anschließen k a n n , mithin die K o n k u r s r e i f e gegeben sein muß. Die Begriffe Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t und Ü b e r s c h u l d u n g sind f ü r das gerichtliche V e r gleichsverfahren die gleichen wie f ü r die verschiedenen Bestimmungen des K o n k u r s rechts (vgl. B G H K T S 1975 3 7 / 3 9 = W M 1974 830).

Vergleichsgrund gleich Konkursgrund Auch im Einzelfall ist Vergleichsgrund gleich Konkursgrund. U n s e r § 2 I 3 verweist 2 2 auch bezüglich des V e r f a h r e n s g r u n d e s im Einzelfall auf die konkursrechtlichen V o r schriften, und z w a r die des deutschen Rechts, welche auch f ü r Ausländer als S c h u l d n e r gelten (Jaeger-Weber, A n m . 7 zu § 102 K O ) . Zahlungsunfähigkeit ist Vergleichsgrund bei allen natürlichen P e r s o n e n und den Personengesellschaften ( o f f e n e Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft). Beim G e s a m t g u t einer G ü t e r g e m e i n s c h a f t ist f ü r das Sondervergleichsverfahren ( § 1 1 4 a ) Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t beider E h e g a t t e n V e r g l e i c h s g r u n d (§ 236 a K O ) . Überschuldung ist Vergleichsgrund f ü r das Vergleichsverfahren über einen N a c h l a ß (§ 113) und das Vergleichsverfahren über das G e s a m t g u t einer fortgesetzten G ü t e r g e meinschaft (§ 114). Bei Kapitalgesellschaften, der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien und d e r Gesellschaft mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g , sonstigen juristischen P e r s o n e n und beim nicht rechtsfähigen Verein, d e r als solcher verklagt w e r d e n k a n n , ist neben

Zahlungsunfähigkeit auch die Überschuldung Vergleichsgrund (§§ 207, 209 Abs. 1, S. 2 K O , § 63 G m b H , § 213 K O ) . Gleiches gilt f ü r die o f f e n e Handelsgesellschaft o d e r die Kommanditgesellschaft, w e n n kein persönlich h a f t e n d e r Gesellschafter eine natürliche Person ist (§ 209 Abs. 1 S. 3 K O ) . Bei G e n o s s e n s c h a f t e n ist in jedem Falle Z a h l u n g s u n fähigkeit Vergleichsgrund (§ 98 Abs. 1 N r . 1 G e n G ) . Besteht keine N a c h s c h u ß p f l i c h t der Genossen (§ 6 Ziff. 3 G e n G ) , und bei aufgelösten G e n o s s e n s c h a f t e n ist daneben die Ü b e r s c h u l d u n g Vergleichsgrund (§ 98 Abs. 1 N r . 3 G e n G ) . — Bei einer G e n o s s e n schaft mit N a c h s c h u ß p f l i c h t ist Vergleichsgrund auch die Ü b e r s c h u l d u n g , w e n n diese ein Viertel des Gesamtbetrages der H a f t s u m m e n (§ 6 N r . 3 G e n G ) aller Genossen

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§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

übersteigt (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 GenG). 1974 92 f. —

vgl. Paulick M D R 1974, 89/92, Verfasser KTS

Beweislast 23

Den Vergleichsgrund muß, was für die Uberschuldung die §§ 5, 6 ergeben, der Schuldner belegen. Gestritten wird im Schrifttum darüber, ob der Schuldner den Vergleichsgrund bloß glaubhaft zu machen brauche (§ 294 Z P O ; so Mayer A. 7) oder beweisen müsse (so Kiesow A. 6; Bendix S. 8). Hierbei ist zu unterscheiden einmal zwischen der (prozessualen) Beweisführungslast und der Beweislast im materiellen Sinne, der sog. Feststellungslast {Rosenberg, Beweislast § 3 I IV), zum andern zwischen der Entscheidung über den Vergleichsantrag und der über die Eröffnung des Anschlußkonkurses. Mit Bezug auf die letztere, die von Amts wegen zu geschehen hat, obliegt dem Schuldner keine Beweisführungslast, sondern hat das Gericht die Ermittlungspflicht (§ 116, 1). Gelingt es aber dem Gericht nicht, den Verfahrensgrund festzustellen, so trifft den Schuldner mit der Ablehnung des Konkurses in Auswirkung der Feststellungslast auch die Ablehnung seines Vergleichsantrags (§19 I). Ergeben die Ermittlungen hingegen das Vorliegen des Vergleichsgrundes, so ist gleichwohl der Vergleichsantrag (bei gleichzeitiger Eröffnung des Anschlußkonkurses) abzulehnen, wenn der Schuldner die den Vergleichsgrund rechtfertigenden Angaben unterlassen oder trotz gerichtlicher Aufforderung nicht fristgemäß ergänzt oder substantiiert hat. Mit Bezug auf die Eröffnung des Vergleichsverfahrens trifft also den Schuldner sogar eine Beweisführungslast. Mit dieser Frage darf nicht die andere verwechselt werden, ob das Vergleichsverfahren auch zu eröffnen ist, wenn der Vergleichsgrund erst nach Ablehnung des Vergleichsantrags, aber vor Entscheidung des Landgerichts in dem vom Antragsteller eingeleiteten Beschwerdeverfahren eingetreten ist. Das ist deshalb zu bejahen, weil der Vergleichsgrund vorliegen muß in dem Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung über den Eröffnungsantrag (§§ 20, 21) — siehe auch Böhle-Stamschräder Anm. 4 a. E. zu § 2. — Mithin genügt es zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens, wenn der Schuldner bei Stellung des Vergleichsantrages zwar nur ernste Zahlungsschwierigkeiten hatte, die Zahlungsunfähigkeit aber erst als Folge des Antrags eintrat. Fällt der Vergleichsgrund, der zwar im Zeitpunkt des Einganges des Vergleichsantrags (§§ 1, 2) vorlag, später vor der Entscheidung über diesen Antrag weg, so ist für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens kein Raum mehr.

24

Das Fehlen des Vergleichsgrundes macht das eröffnete Verfahren nicht wirkungslos und kann, wie dies selbst bei Vergleichsunfähigkeit ausgeschlossen ist, auch nicht zu einer Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses führen. Andererseits heilt der Mangel auch nicht mit Eröffnung des Verfahrens. Er bildet vielmehr ebenso wie ein späterer Wegfall einen zwingenden Einstellungsgrund im Sinne des § 100 I. Fehlen wie Wegfall des Vergleichsgrundes rechtfertigen beim Zustandekommen des Vergleichs die Versagung der Bestätigung, jedoch, wie aus § 100 I Nr. 1 folgt, nicht aus § 79 Nr. 1, sondern aus § 79 Nr. 3 oder 4. Die Bestimmung des § 79 Nr. 1 wird durch die Einstellungsbestimmung des § 100 I 1 des Gesetzes eingeengt.

Fehlen des Vergleichsgrundes; späterer Wegfall

II. Die Merkmale der Vergleichsgründe Zahlungsunfähigkeit 25

Zahlungsunfähigkeit ist das auf einem nicht bloß vorübergehenden Mangel an Zahlungsmitteln beruhende Unvermögen des Schuldners, seine fälligen Geldschulden, 54

Der Eröffnungsantrag

§2

soweit die Gläubiger auf alsbaldiger Zahlung bestehen, in ihrer Allgemeinheit zu erfüllen (RGZ 50 39 und 100 65). Im Einzelfall kann eine Zahlungsunfähigkeit nur durch Vorlage einer vollständigen und geordneten Vermögensübersicht festgestellt werden (BGH KTS 1957 12 = W M 1957 68). Zahlungsunfähigkeit kann vorliegen, auch wenn der Schuldner nicht überschuldet ist. Doch kommt es darauf an, ob nicht aus der Verwertung eines Vermögensgegenstandes die sich nur als Zahlungsstockung vorübergehender Natur darstellende Zahlungsschwierigkeit des Schuldners wieder beheben läßt (BGH aaO). Durch die Bereitwilligkeit des Schuldners, einen Teil seiner Außenstände abzutreten, wird die eingetretene Zahlungsunfähigkeit nicht behoben, es sei denn, die Gläubiger erklären sich damit einverstanden und gewähren Stundung (KG KTS 1960 172). Der Schuldner kann trotz Überschuldung zahlungsfähig sein, wenn er weiterhin Kredit erhält oder mit ihm von dritter Seite zur Verfügung gestellten Mitteln seine Gläubiger befriedigt (RG KuT 1936 147). Zahlungsunfähigkeit und Eröffnung des Konkurses hängen nicht davon ab, daß mehrere Gläubiger vorhanden sind (Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 102 KO). Stellt der alleinige Gläubiger im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners den Konkursantrag, also nicht der Schuldner selbst, so bleibt die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses. Sie zu prüfen, wird besonderer Anlaß sein (Jaeger-Weber, Anm. 2 zu § 102 KO). Zum Abschluß eines Zwangsvergleichs im Konkurs aber gehören mit Rücksicht auf die Bestimmungen über die Abstimmung und Bindung der Minderheit (§§ 173 f KO) mindestens drei Gläubiger. Da das Vergleichsverfahren (im Gegensatz zum Konkurs) in jedem Falle den Abschluß eines Zwangsvergleichs zum Ziele hat (§§ 20, 66, 71, 74 f), ist die Eröffnung des Vergleichsverfahrens bei weniger als drei Gläubigern nicht möglich. Uberschuldung Uberschuldung ist das Überwiegen der Schulden über das (Aktiv-) Vermögen. Wie 2 6 die Zahlungsunfähigkeit keine Überschuldung, so erfordert auch die Überschuldung keine Zahlungsunfähigkeit. Meist werden freilich beide zusammentreffen. Und die Frage der Überschuldung kann auch in den Fällen, wo sie nicht Vergleichsgrund ist, für die Zulässigkeit des Verfahrens von entscheidender Bedeutung sein, namentlich für die Frage, ob der vom Vergleichsschuldner vorgelegte Vergleichsvorschlag (§§ 7, 8) der Vermögenslage des Schuldners entspricht (§18 Nr. 3). Die Überschuldung ist auf Grund eines Vermögensstatus zu prüfen, der losgelöst von allen Vorstellungen, die die Fertigstellung von handels- und steuerrechtlichen Jahresbilanzen mit sich bringen, unter Einsetzung der wirklichen Werte aufzustellen ist. Grundstücke, Gebäude, Einrichtungsgegenstände und Maschinen sind nicht mit den sich aus den Abschreibungen ergebenden Werten, sondern mit den Verkehrswerten zu berücksichtigen. Auf der Passivseite sind bei einer Kapitalgesellschaft das Grundkapital (Stammkapital) sowie die gesetzlichen und freien Rücklagen als unechte Passivposten nicht mit aufzunehmen (BGHZ 31 272). Einzelheiten zur Überschuldungsbilanz: Pribilla KTS 1958 1 f. - Für die Zusammenhänge zwischen einer Vergleichsbilanz, Handelsbilanz und der Buchhaltung des Schuldners siehe: Knorr, KTS 1956 17 f. Während die Handelsbilanz regelmäßig mit einer Gewinn- und Verlustrechnung verbunden ist, dies auch, wenn sie nicht ein ganzes, sondern nur ein Rumpfgeschäftsjahr umfaßt, steht die Vergleichsbilanz in der Regel ohne Gewinn- und Verlustrechnung und damit ohne Beziehung zu dem vorausgehenden Wirtschaftsabschnitt, insbesondere seit der letzten ordnungsgemäß erstellten Handelsbilanz. Die Vergleichsbilanz ist eine das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüberstellende Vermögensübersicht. Zur Technik einer 55

§2

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

dynamisch durchzuführenden Neubewertung siehe z . B . Goldbeck K T S 1962 154, 158 ff und Bauch BB 1974 613. — Von wesentlicher Bedeutung ist hierbei meist eine sachgemäße Schätzung der Warenbestände. Die auch vom vorläufigen Verwalter ( § 1 1 ) hier anzustellenden Ermittlungen (§ 17 Nr. 8, § 39) werden sich mit Rücksicht auf § 18 auch darauf mit zu erstrecken haben, ob etwa in bezug auf die dem Gesetz an sich nicht bekannte „Vergleichsmasse" Rechtshandlungen des Schuldners vorliegen, die einer Gläubigeranfechtung (§§ 2, 3, 7 AnfG) oder im Falle eines Konkurses der Anfechtung nach §§ 29 f K O unterliegen. Das Vergleichsgericht kann zur Ermittlung des Vermögensstatus nach § 116 einen Sachverständigen zuziehen. Will der vorläufige Vergleichsverwalter ( § 1 1 ) zur Schätzung der Warenbestände einen Sachverständigen zuziehen, so ist er im Hinblick auf einen möglichen Anschlußkonkurs (§§ 19 Abs. 1, 102) diesem gegenüber verpflichtet, zuvor die Zustimmung des Gerichts einzuholen (§ 43 Abs. 1, S. 2 und dazu B G H Z 23 69 = K T S 1957 77). - Einzelheiten Anm. 7 zu S 43. — Soweit es für das von einer Genossenschaft beantragte Vergleichsverfahren (§ 111) auf die Uberschuldung ankommt, sind, ohne daß dem die Bilanzvorschrift des § 33 e I GenG entgegensteht, auch rückständige Pflichteinzahlungen auf Geschäftsanteile zu aktivieren. Bei bestehenden Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht muß die Uberschuldung ein Viertel des Betrages der Haftsummen aller Genossen übersteigen (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 GenG). Bei den Sondervergleichsverfahren gemäß §§ 113, 114 (Nachlaß und Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft) entscheidet allein die Überschuldung des Sonderguts. Der Berechnung der Überschuldung ist regelmäßig der gegenwärtige Bestand und Wert des Gesamtnachlasses zugrunde zu legen. Nur wenn sich der abzuwendende Nachlaßkonkurs ausnahmsweise auf das im Inland befindliche Vermögen beschränken würde (dazu Anm. 42 zu § 2), wenn also der Erblasser bei seinem Tode nur eine gewerbliche Niederlassung oder ein selbstbewirtschaftetes Gut im Inland hatte (§ 238 K O ) , beschränkt sich die Bewertung auf diesen Teil des Nachlasses. — Bei der Feststellung der Überschuldung des Gesamtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) bleiben Forderungen der außerhalb des Verfahrens stehenden Gesamtgutsgläubiger außer Betracht (dazu § 236 S. 2 KO).

C. Vergleichsantrag I. Der Antragsakt Begriff, Bedeutung, Wirkungen 27

a) Das Vergleichsverfahren wird nur auf Antrag, nicht von Amts wegen eröffnet. Wir nennen den Antrag, da er Voraussetzung nicht nur der Eröffnung, sondern auch der Durchführung des Verfahrens ist (arg. § 99), Vergleichsantrag. Der Vergleichsantrag ist Verfahrensantrag und deshalb nicht mit dem Vergleichsvorschlag, den er gemäß § 3 I enthalten muß, zu verwechseln. Der schriftliche Vergleichsvorschlag ist die materielle Grundlage des Verfahrens und bildet im Vergleichstermin den Vertragsantrag, über den verhandelt und abgestimmt wird (§§ 66, 74). b) Der Vergleichsantrag kann, anders als der Konkursantrag, nur vom Schuldner, nicht auch von einem Gläubiger gestellt werden ( § 2 1 2). Die Gläubiger können lediglich durch Beantragung der Konkurseröffnung einen Druck auf den Schuldner zwecks Stellung eines Vergleichsantrags ausüben (siehe unten 31). Den Gläubigern hat der Gesetzgeber die Antragsbefugnis entgegen den in dieser Hinsicht zur Reform der 56

Der Eröffnungsantrag

§2

Geschäftsaufsicht mehrfach geäußerten Wünschen (vgl. z. B. Richtlinien der wirtschaftlichen Spitzenverbände zur Frage der Geschäftsaufsicht, J W 1925, 192) aus der Erwägung heraus versagt, daß der Schuldner allein ermessen könne, ob er noch in der Lage sei, den Konkurs zu vermeiden (Begr. I S. 15). Das braucht jedoch nicht so zu sein. Was aber entscheidend für den Ausschluß von Gläubigeranträgen spricht, ist die Tatsache, daß die tätige Mitwirkung des Schuldners im Regelfalle unentbehrlich ist, wenigstens nach der positiven Gestaltung unseres Gesetzes, das seinen Zweck in der Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners sucht und dieser die Verwaltungs- und Verfügungsmacht über sein Vermögen behält; auch wenn das Verfahren nach Vergleichsbestätigung fortgesetzt wird (§ 96 I, II). c) Darauf beruht es auch, daß das Vergleichsverfahren nicht eröffnet werden darf, wenn der Schuldner zuvor seinen Antrag wieder zurücknimmt (§ 15 II). H a t aber das Vergleichsgericht auf den Vergleichsantrag bereits entschieden, so ist zu unterscheiden: W a r die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt worden und gemäß § 1 9 1 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet worden, so wird diesem Verfahren mit der Zurücknahme des Vergleichsantrags nicht der Boden entzogen, da über die Konkurseröffnung von Amts wegen zu entscheiden war und im Zeitpunkt dieser Entscheidung ein abzulehnender Vergleichsantrag vorlag. W a r das Vergleichsverfahren gemäß § 20 eröffnet worden, so kann der Schuldner den Vergleichsantrag nur bis zur Beendigung der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag zurücknehmen (§ 99). Mit der Zurücknahme ist unter Einstellung des Vergleichsverfahrens gemäß § 101 über die Eröffnung des Anschlußkonkurses zu entscheiden. Nach Beendigung der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag (§ 74) ist dem Schuldner die Rücknahme des Vergleichsantrags verwehrt ($ 99 S. 2), da er dem mit seinem Willen zustande gekommenen Vergleich sich nicht mehr entziehen können soll. d) Der Antrag macht nur das gerichtliche Vorverfahren — Eröffnungsverfahren — anhängig. Das eigentliche Vergleichsverfahren beginnt erst mit dem Erlaß des Eröffnungsbeschlusses (§§ 20, 21). Aber bereits im Vorverfahren treffen den Vergleichsschuldner gewisse Verfahrenslasten, und zwar teils von Rechts wegen (§§ 11 II, 17 Nr. 2, 7), teils erst auf besondere richterliche Anordnung (§§ 12, 17 Nr. 9). Geschützt ist der Vergleichsschuldner im Vorverfahren ohne weiteres gegen einen Antrag auf Konkurseröffnung (§ 46), nicht aber gegen Einzelvollstreckungen. Auf diese und auch bereits auf drohende Einzelvollstreckungen kann das Vergleichsgericht nur auf Antrag des vorläufigen Verwalters ( S i l ) die einstweilige Einstellung für eine Zeit von längstens sechs Wochen anordnen (S 13), sofern der vollstreckende Gläubiger im Falle der Eröffnung des Verfahrens Vergleichsgläubiger wäre oder zu den im S 29 N r . 3 und 4 des Gesetzes bezeichneten Gläubigern gehören würde. Auch für die Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung gilt gemäß $124 die Bestimmung des $ 1 3 des Gesetzes. Der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens löst die Wirkungen der Rückschlagsperre aus (S 28). Dies auch dann, wenn nicht das Vergleichsverfahren, sondern das Anschlußkonkursverfahren eröffnet wird ( S S 19 1, 104). Kommt es zur Bestätigung des Vergleichs (S 78), so wirkt sich die Rückschlagsperre (S 28) dahin aus, daß Zwangsdeckungen ihre Wirksamkeit verlieren (S 87). Im Anschlußkonkurs bildet der Zeitpunkt des Vergleichsantrags den maßgebenden Stichtag für die besondere Konkursanfechtung (§ 107), soweit dabei auf den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens abgestellt wird. Dagegen ist der T a g der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (S§ 20, 21) maßgebend für die nach S 31 Nr. 2, §S 32, 33, S 55 Nr. 3 und S 183 II K O und nach $ 342 H G B zu berechnenden Fristen. Der Antrag auf Eröffnung eines Nach57

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

laßvergleichsverfahrens (§ 113) hat zur Folge, daß das Gläubigeraufgebot nicht mehr erlassen werden soll (§ 993 I Z P O ) und daß gemäß § 782 S. 2 Z P O die Vollstreckungswehrklage des Erben (§ 785 Z P O ) noch bis über die Fristen der §§ 2014, 2015 B G B hinaus erhoben werden kann. Die Antragstellung als Prozeßhandlung 28

a) D a der Antrag das gerichtliche Eröffnungverfahren einleitet, ist nicht nur die Beifügung von Zeitbestimmungen, sondern auch von aufschiebenden und auflösenden Bedingungen oder sonstigen Vorbehalten, etwa der Rücknahme für den Fall seiner Ablehnung, ausgeschlossen (so O L G Frankfurt, J W 1926 2114, Mentzel-Kuhn, Anm. 5 zu § 103 K O ) . Der nicht vorbehaltlos gestellte Antrag schließt aber nur die Eröffnung des Vergleichsverfahrens, nicht auch des Anschlußkonkurses aus: Die Vorschrift des § 19 I kann durch den dem Vergleichsantrag beigefügten Vorbehalt sinngemäß nicht beseitigt werden. Unschädlich, weil keine Unsicherheit in das Verfahren hineintragend, ist es, wenn der Schuldner gegenüber dem Konkursantrag des Gläubigers, den er für unzulässig hält, in erster Linie Abweisung desselben, für den Fall aber, daß das Gericht die Konkurseröffnungserfordernisse für gegeben ansehen sollte, die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens beantragt. Ein solcher Eventualantrag des Schuldners kann z. B. den Sinn haben, gegenüber bei einem nach Ansicht des Schuldners unzuständigen Gericht gestellten Konkursantrag in erster Linie das Bestreiten der Zuständigkeit geltend zu machen, weil der Schuldner wünscht, daß das gerichtliche Vergleichsverfahren bei dem nach seiner Ansicht anderweit zuständigen Gericht anhängig wird (Konkursantrag wird gestellt beim Gericht einer Zweigniederlassung mit selbständigem Geschäftsbetrieb, der Schuldner wünscht mit Recht die Zuständigkeit des Gerichtes der Hauptniederlassung und stellt daher beim unzuständigen Gericht den Vergleichsantrag nur eventualiter). Von einer Bedingung — aufschiebender oder auflösender Art — bei der Antragstellung ist die Sistierung des Vergleichsantrags zu unterscheiden. Hierzu kann Anlaß bestehen, wenn der Vergleichsschuldner während des Vorverfahrens außergerichtliche Verhandlungen mit seinen Gläubigern geführt hat, die kurz vor der Entscheidung über die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens (§ 20) vor einem erfolgreichen Abschluß stehen, der Schuldner sich jedoch noch nicht entschließen kann, den Vergleichsantrag gemäß § 15 des Gesetzes zurückzunehmen. Eine solche Sistierung des Vergleichsantrags ist zulässig, soweit mit dem Beschleunigunggrundsatz der Vergleichsordnung vereinbar, der bevorstehende erfolgreiche Abschluß von außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen glaubhaft gemacht wird und nicht etwa Umstände bekanntgeworden sind, aus denen zu schließen ist, der Schuldner wolle nur erreichen, daß die Entscheidung über die Eröffnung aus § 19 I verzögert wird (vgl. Böble-Stamschräder, Anm. 5 zu § 16 VglO). b) Der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens unterliegt, da das Amtsgericht zuständig ist, nicht dem Anwaltszwang (5 78 I Z P O ) . Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (§ 115 in Verbindung mit §§ 495 f Z P O ) . Die mündliche Anbringung des Vergleichsantrags wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß gemäß §§ 14, 111 N r . 3 des Gesetzes die amtliche Berufsvertretung bzw. der Prüfungsverband Antrag und Anlagen desselben übersandt erhalten, also mehrere Stücke erforderlich werden. Die Verzeichnisse der Gläubiger und Schuldner, die Ubersicht des Vermögensstandes samt den Bilanzen muß der Schuldner schriftlich einreichen (§ 4). Die mündliche Anbringung des Antrags kann sinngemäß nur für die rein prozessualen Erklärungen des Schuldners gelten. Über den Inhalt des Antrages und den seiner Anlagen vgl. die Erläuterungen zu §§ 3 bis 6 des Gesetzes. 58

Der Eröffnungsantrag

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Ein schriftlich eingereichter Antrag muß die Unterschrift des Schuldners in handschriftlicher, nicht bloß mechanischer Form tragen (vgl. Wieczorek, Rdn. A II, a, 3 zu § 129 ZPO). c) Gestellt ist der mündliche Antrag mit Abschluß des vom Antragsteller genehmigten und unterschriebenen Protokolls durch den Urkundsbeamten des Vergleichsgerichts, der schriftliche Antrag mit seiner Einreichung bei dem angegangenen Gericht. Die Einreichung ist vollzogen mit der Empfangnahme des Antrags durch den nach den Dienstvorschriften dazu befugten Beamten oder eine vorgesehene Briefannahmestelle. Wegen der Einzelheiten hierzu wird verwiesen auf die Darstellung bei Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, Anm. 4 zu § 233 Z P O unter „Gericht" und Wieczorek, Rdn. B II, c 2 und d, 3 zu § 233 Z P O und die dort genannte Rechtsprechung zum Abend- und Nachtbriefkasten und auch zur telegraphischen Übermittlung des Antrags. Sie ist mit Rücksicht auf die zum Antrag erforderlichen Anlagen kaum praktisch geworden, kann aber wegen der materiell-rechtlichen Wirkungen des Zeitpunkts der Antragstellung bedeutsam sein (zu diesen Wirkungen vgl. oben 27 d). In jedem Fall ist der Zeitpunkt des Einganges nach Tag und Stunde auf dem Antrag zu vermerken. Legitimation, Vertretung a) Der Schuldner kann den Antrag in Person nur stellen, wenn er prozeßfähig ist 29 (§§ 51, 52, 55 ZPO). Für einen prozeßunfähigen Schuldner muß der Antrag vom gesetzlichen Vertreter gestellt werden, dessen Legitimation das Gericht von Amts wegen zu prüfen hat (§ 56 ZPO). Der gesetzliche Vertreter bedarf, auch wenn er Vormund oder Pfleger ist, weder für den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens, noch für den Vergleichsvorschlag einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung (LG Halle, JW 1936 2761). Auch zum Konkursantrag bedürfte der gesetzliche Vertreter des Mündels, wie aus dem Gegenschluß aus §§ 1643, 1821 f BGB folgt, nicht der vormundschaftsgerichtlichen Erlaubnis (Jaeger-Weber, Anm. 4 zu § 103 KO). Dies gilt auch für einen Zwangsvergleichsvorschlag im Konkurs (§§ 173 f KO). auf diesen und auf den Vergleichsvorschlag im Vergleichsverfahren (§§ 7, 8) soll nicht der Schuldner (Gemeinschuldner bzw. Vergleichsschuldner) nachgeben: Die Gläubiger sollen nachgeben. Wird ein Gläubiger durch einen Vormund oder Pfleger vertreten, so ist für eine Zustimmung zum Zwangsvergleich im Konkurs und zum Vergleichsvorschlag im Vergleichsverfahren die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nach § 1822 Nr. 12 BGB erforderlich (Siegelmann, M D R 1966 470 mit weiteren Nachweisen). Führen mehrere Vormünder oder Pfleger die Vormundschaft oder Pflegschaft, so müssen sie gemeinsam den Antrag stellen. Bei Unstimmigkeiten entscheidet das Vormundschaftsgericht (§§ 1797, 1915 BGB). Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts wird erst mit der Rechtskraft wirksam (KGJ 26 18). Erst in diesem Zeitpunkt gilt daher, sofern das Vormundschaftsgericht die Zustimmung des einen Vormunds oder Pflegers zum Vergleichsantrag ersetzt, der Antrag als rechtswirksam gestellt. Ein Abwesenheitspfleger nach §1911 BGB für einen flüchtigen Schuldner kann nicht bestellt werden, wie aus § 17 Nr. 2 unseres Gesetzes folgt. Auch ein gewillkürter Vertreter des Schuldners kann den Vergleichsantrag stellen. Bis zur Entscheidung ist dem Gericht die privatschriftliche Vollmacht für diesen Antrag nachzuweisen (§115 in Verbindung mit §§ 78, 90, 157 ZPO), sofern nicht etwa als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt (§ 88 Abs. 2 ZPO). — siehe dazu Uhlenbruch M D R 1978 9. — Die Prokura (§ 49 HGB) ermächtigt ebensowenig wie die Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) zum Vergleichsantrag über das Vermögen des Prinzipals, weil ein solcher 59

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Antrag nicht zu den Rechtshandlungen gehört, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt (vgl. Mentzel-Kuhn, Anm. 7 zu § 103 KO). Beim Scheitern des Vergleichs gilt der Antrag aus § 2 als Konkursantrag. b) Bei offenen Handels- und Kommanditgesellschaften sowie Kommanditaktiengesellschaften muß zwar der Vergleichsvorschlag, nicht aber auch der Antrag von sämtlichen persönlich haftenden Gesellschaftern ausgehen (§ 109). Als Vergleichsschuldner sind — mit Beschränkung auf das gesellschaftlich gebundene Vermögen — ohne Rücksicht auf die Vertretungsmacht sämtliche persönlich haftenden Gesellschafter anzusehen. Antragsberechtigt aus § 2 ist im Gegensatz zu § 210 I K O nicht jeder persönlich haftende Gesellschafter, sondern nur ein im Zeitpunkt des § 21 des Gesetzes vertretungsberechtigter Gesellschafter. Besteht nach dem Gesellschaftsvertrag Gesamtvertretung (§§ 125 II, 161 II HGB), so muß auch der Vergleichsantrag gemeinsam gestellt werden. Die Mitwirkung eines Prokuristen (§ 125 III HGB) genügt nicht (vgl. oben zu a). Wird der Vergleichsantrag (§ 2) nicht von allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt, so ist zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens gemäß § 109 Nr. 1 des Gesetzes erforderlich, daß die Behinderung des oder der übrigen Gesellschafter glaubhaft gemacht wird (§ 294 Z P O ) . Uber die Behinderung (z. B. Auslandsreise) entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen das Vergleichsgericht. Die vorläufige Antragsberechtigung bezieht sich auch auf den Vergleichsvorschlag (§§ 7, 8). Doch muß die fehlende Zustimmung zum Vergleichsvorschlag bis zum Beginn der Abstimmung nachgeholt werden, wenn nicht das Vergleichsverfahren eingestellt (§ 100 I, Nr. 1) und über die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens entschieden werden soll (§ 101). Bedeutsam ist die Erleichterung für die Antragstellung aus § 109 Nr. 1 des Gesetzes für den Fall, daß ein Gläubiger einen Konkursantrag gestellt hat (§ 46). Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien (§§ 278 f AktG) gilt gleichfalls die Antragserleichterung aus § 109 Nr. 1 des Gesetzes. Antragsberechtigt sind die persönlich haftenden Gesellschafter (§ 283 AktG). Sie trifft auch die Antragspflicht aus § 92 AktG. c) Bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind die Vorstandsmitglieder bzw. die Geschäftsführer antragsberechtigt (§§ 78, 92 AktG, § 6 4 G m b H G ) , soweit nicht an ihre Stelle die Abwickler treten (§ 268 AktG, § 7 1 Abs. 2 G m b H G ) . Sie trifft auch die Antragspflicht, deren Verletzung strafrechtliche Folgen nach sich zieht (§ 401 AktG, § 84 G m b H G ) . — Für den rechtsfähigen Verein und die rechtsfähige Stiftung hat der Vorstand das Antragsrecht und im Falle der Überschuldung eine Antragspflicht, deren Verletzung zum Schadensersatz nach §§ 42 II, 86 BGB führen kann. Für die Liquidatoren gilt Entsprechendes (§§ 48 II, 53, 86 BGB). Beim nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 BGB) sind alle Vereinsmitglieder gemeinschaftlich antragsberechtigt (§ 709 I BGB), im Falle der Übertragung der Geschäftsführung auf einen Vorstand, die Mitglieder des Vorstandes (§710 BGB). d) Ist ein Wirtschaftsausschuß gebildet (§ 106 Abs. 1 BetrVG), so hat der Unternehmer diesen, wie aus § 106 Abs. 2, Abs. 3, Ziff. 1 BetrVG folgt, von der Absicht, einen Vergleichsantrag stellen zu wollen, zu unterrichten. Dabei ist die wirtschaftliche und finanzielle Lage, soweit nicht etwa dadurch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, darzustellen und auf die Auswirkungen hinsichtlich des Personalbestandes (Personalplanung) hinzuweisen (vgl. Fitting-Auffarth-Kaiser, Anm. 14 zu § 106 BetrVG). Der Wirtschaftsausschuß kann Bedenken und Anregungen vorbringen, wie auch Gegenvorstellungen unterbreiten. Als Informations- und Beratungsgremium hat er seinerseits die Pflicht, den Betriebsrat zu unterrichten (vgl. Fitting-Auffarth-Kaiser, Anm. 7 zu § 106 BetrVG). — Der Vergleichsantrag (§ 2) ist unab60

Der Eröffnungsantrag

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hängig von der Einhaltung der Bestimmungen des BetrVG wirksam. Das Vergleichsgericht ist auch rechtlich nicht in der Lage, auf die Beobachtungen der Rechte des Wirtschaftsausschusses hinzuwirken. Sein Aufsichtsrecht greift erst ein mit der Bestellung eines vorläufigen Verwalters (§11, 38, 41) und besteht nur diesem gegenüber, den seinerseits die Prüfung — und Überwachungspflicht (§§ 39, 40) trifft (vgl. auch BöhleStamschräder, Anm. 9 zu § 2 VglO). Hinsichtlich der Mitwirkung des Betriebsrates ist zu unterscheiden: Nicht mit jedem Vergleichsantrag (§ 2) ist eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG geplant. Erstrebt jedoch der Unternehmer mit dem Vergleichsantrag den späteren Abschluß eines Liquidationsvergleichs (§ 7 Abs. 4), so wird damit regelmäßig eine Betriebsänderung verbunden sein. Mag es sich dabei um die Stillegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen handeln, in jedem Falle ist die Planung mit dem Betriebsrat zu beraten (vgl. Uhlenbruck, KTS 1973 86 f). Der Vergleichsantrag selbst (§ 2) ist keine Maßnahme im Sinne des § 111 BetrVG (vgl. Bohle-Stamschräder, Anm. 9 zu § 2 VglO, Fitting-Auffarth-Kaiser, Anm. 26, a zu § 111 BetrVG). - Wie beim Wirtschaftsausschuß, so kann auch hier das Vergleichsgericht die Beteiligung des Betriebsrats zur Vorbereitung des Vergleichsverfahrens nicht erzwingen. Wohl besteht mit der Bestellung eines vorläufigen Verwalters (§§ 11, 38) diesem gegenüber die Aufsichtspflicht (§41) zur Erfüllung der ihm nach §§ 39, 40 zugewiesenen Pflichten in bezug auf die Herbeiführung eines Interessenausgleichs nach §§ 111, 112 BetrVG (Einzelheiten: unten Anm. 8, c zu § 11 VglO, Uhlenbruck, KTS 1973 86 ff, Heilmann S. 107, und Verfasserin der Festschrift „Einhundert Jahre Konkursordnung 1877 bis 1977", S. 301/304 zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts). — Antragsmängel hindern die Eröffnung des Vergleichsverfahrens. a) Fristsetzung (§ 10) ist bei jeder Art Antragsmangel möglich, gleichgültig also, ob 3 0 sie ein allgemeines oder ein besonderes Zulässigkeitserfordernis des Antrags (oben 2 d) betrifft. Besteht ein Antragsmangel noch zur Zeit der Entscheidung über den Vergleichsantrag, so ist die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens abzulehnen und zugleich von Amts wegen über die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens zu entscheiden (§ 19 I). Ein unwirksamer Vergleichsantrag, z. B. Unwirksamkeit durch fehlende Prozeßfähigkeit des Antragstellers (§ 115 in Verbindung mit § 51 Z P O ) , kann jedoch nicht zur Eröffnung des Anschlußkonkurses führen. b) Ist trotz Antragsmangels das Vergleichsverfahren eröffnet, so ist zu unterscheiden. Mängel des Antragsinhalts und der Anlagen zwingen, soweit nicht behebbar, zufolge § 100 I Nr. 1 zur Einstellung des Verfahrens, da sie dessen sachgemäße Durchführung verhindern. Dagegen heilen Mängel der allgemeinen Antragserfordernisse (Vorbehaltslosigkeit, Prozeßfähigkeit, Legitimation des Antragstellers) unerachtet des auch sie umfassenden Wortlauts des § 100 I Nr. 1 mit Eröffnung des Vergleichsverfahrens (vgl. Baumgärtel, A W D des BB 1971 564). Es würde jeder gesunden Verfahrensökonomie widersprechen, lediglich wegen eines solchen, allein die prozessuale O r d nungstätigkeit des Antragsaktes betreffenden Mangels das eröffnete Verfahren einzustellen. Dazu besteht um so weniger Grund, als nur der Mangel des Antragsaktes durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens unbeachtlich wird. Für das weitere Verfahren, namentlich für die Verhandlung im Vergleichstermin und für den Vergleichsabschluß behalten die Mängel der Prozeßfähigkeit des Schuldners oder seines Vertreters sowie der Legitimation des als Vertreter Auftretenden selbstverständlich ihre Bedeutung. N u r darf auch hier, wenn der gerichtlich festgestellte Mangel behebbar ist, das Gericht nicht sofort einstellen, sondern muß erforderlichenfalls den Vergleichstermin von Amts 61

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wegen verlegen oder vertagen (vgl. Böhle-Stamschräder, zustimmend).

Anm. 2 zu § 100, zum Teil

Eine Bestätigung des von den Vergleichsgläubigern angenommenen Vergleichs darf erst nach Behebung des feststehenden Mangels geschehen, doch bildet der T o d des Vergleichsschuldners nach der Vergleichsannahme kein Hindernis für die Bestätigung nach § 78, weil die zum Abschluß des Vergleichs erforderliche Willensübereinstimmung zwischen dem Vergleichsschuldner und der erforderlichen Mehrheit der Vergleichsgläubiger bereits bindend erklärt ist (vgl. zum Zwangsvergleich im Konkurs: Jaeger-Weber, Anm. 27 zu § 173 KO). Die im § 78 II vorgeschriebene Anhörung des Vergleichsschuldners steht dem nicht entgegen, denn diese Bestimmung soll dazu dienen, dem Schuldner vor der Entscheidung über die Verlgeichsbestätigung Gelegenheit zu geben, etwaige Bedenken gegen die Erteilung der Bestätigung im Hinblick auf mögliche Versagungsgründe zu zerstreuen. Für eine Unterbrechung des Verfahrens (so Lucas S. 181) ist hier kein Raum. Die Vergleichsbestätigung heilt im Verhältnis zwischen dem Vergleichsschuldner und den Vergleichsgläubigern alle Willens- und Verfahrensmängel des vorangegangenen Verfahrens. Unberührt bleibt jedoch die Anfechtung des Vergleichs nach Maßgabe des § 89 I des Gesetzes. Diese Anfechtung ist beschränkt auf den Fall der für das Zustandekommen des Vergleichs ursächlichen arglistigen Täuschung. Aus einem Willensmangel nach § 119 BGB kann der Vergleich nach der Bestätigung nicht mehr angefochten werden (RGZ 122 364). — Geheilt wird der Mangel der Vergleichsfähigkeit, so z. B. im Nachlaß Vergleichsverfahren der Mangel aus § 113 I Nr. 3 (dazu LG Osnabrück KTS 1962 126 mit Anm. Verfasser).

II. Verhältnis zwischen Vergleichsantrag und zuvor gestelltem Konkursantrag (Absatz 2) Gläubigerantrag 31

Nach § 46 bleibt die Entscheidung über den Konkursantrag eines Gläubigers, auch eines am Verfahren nicht beteiligten, von der Stellung des Vergleichsantrags bis zum Eintritt der Rechtskraft der den Vergleichsversuch abschließenden Entscheidung ausgesetzt. Die Aussetzung tritt kraft Gesetzes ein. Der Schuldner kann demnach einem Konkursantrag eines Gläubigers, zu dem er zu hören ist (§ 105 II KO), mit einem Vergleichsantrag begegnen. Er braucht auch nicht zu befürchten, daß das von ihm beantragte Vergleichsverfahren, sei es vor, sei es nach der Bestellung des vorläufigen Verwalters (§ 11) durch einen Konkursantrag eines Gläubigers gestört wird. Die Aussetzung des § 46 bedeutet, daß jede richterliche Tätigkeit, die auf eine sachliche Erledigung des Konkursantrags hinzielt, unterbleibt. H a t der Vergleichsantrag des Schuldners Erfolg, wird das Vergleichsverfahren eröffnet (§ 20), der Vergleich von den Gläubigern angenommen (§§ 74 f) und vom Gericht bestätigt (§ 78), so gilt der Antrag auf Konkurseröffnung, über den die Entscheidung gemäß § 46 ausgesetzt war, nach § 84 als nicht gestellt. Wird der Vergleichsantrag vor der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens zurückgenommen (§15 II), so endet die Konkurssperre. Wird die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt (§§ 17 f), wird die Bestätigung des Vergleichs versagt (§ 79) oder wird das Vergleichsverfahren nach §§ 99 f des Gesetzes eingestellt und darauf von Amts wegen gemäß §§ 19, 80, 101 des Gesetzes das Anschlußkonkursverfahren eröffnet, so erledigt sich damit der gestellte Konkursantrag. Lehnt jedoch das Gericht die Eröffnung des Anschlußkonkurses ab, z. B. mit Rücksicht auf das Fehlen einer den Kosten des Konkursverfahrens entsprechenden Konkursmasse 62

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(§ 107 K O ) , so bleibt noch über den Konkursantrag, der der Konkurssperre unterlag, zu entscheiden. Dem Gläubiger steht es z. B. frei, gemäß § 107 Abs. 2 K O durch Zahlung eines Massekostenvorschusses die Konkurseröffnung dennoch zu erwirken. Durch die Konkurssperre des § 46 des Gesetzes sind Sicherungsmaßnahmen nach § 106 K O nicht ausgeschlossen. Sind solche Maßnahmen erforderlich, so sind sie mit Rücksicht auf das beantragte und noch nicht abgeschlossene Vergleichsverfahren zugleich auf §§12, 58 f unseres Gesetzes zu stützen (Uhlenbruch KTS 1967 9 f — 21 - ) . Nach der Konkurseröffnung kann kein Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens mehr gestellt werden (§ 2 II). Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung steht außer Zweifel, daß mit dem Eintritt der Rechtskraft des Konkurseröffnungsbeschlusses ein Vergleichsantrag nicht mehr zulässig ist. Es könnte hier auch nicht mehr zu einem Anschlußkonkurs kommen, da bereits auf einen Gläubigerantrag rechtskräftig der Konkurs eröffnet wurde, jedes beantragte Vergleichsverfahren aber trägt in sich die Möglichkeit des nachfolgenden Anschlußkonkurses. Ist der auf einen Gläubigerantrag ergangene Konkurseröffnungsbeschluß jedoch noch nicht rechtskräftig, bleibt dem Schuldner noch die Anfechtung aus § 109 K O , so wird nicht etwa durch einen zugleich gestellten Vergleichsantrag nunmehr die Entscheidung des Beschwerdegerichts gemäß § 46 V g l O ausgesetzt. Der Schuldner kann seine Konkursbeschwerde auch nicht damit begründen, daß er nach Erlaß des Konkurseröffnungsbeschlusses den Vergleichsantrag gestellt habe. Wohl bleibt ihm unbelassen vorzutragen, der Konkurseröffnungsbeschluß sei aus anderen Gründen anfechtbar (vgl. faeger-Weber Rdn. 5 zu § 105 KO). Der Vergleichsantrag wird mit dem Erlaß des Konkurseröffnungsbeschlusses, d. h. mit dessen Übermittlung an die Außenwelt (Zeitpunkt, in welchem der Beschluß aufhört, ein Internum des Gerichts zu sein — O L G Köln K T S 1958 13, Mentzel-Kuhn, Anm. 2 zu § 108 K O — unzulässig, es sei denn, dieser Beschluß wird — gleich aus welchen Gründen — wieder aufgehoben. Es ist demnach die Entscheidung über den Vergleichsvertrag hier auszusetzen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Konkurseröffnung. Wie der Konkursantrag nur unzulässig wird, wenn das Vergleichsverfahren rechtskräftig in den Anschlußkonkurs übergeht (oder mit der Bestätigung des Vergleichs nach § 84 als nicht gestellt gilt), so wird der die Aussetzung der Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht herbeiführende Vergleichsantrag erst endgültig unzulässig mit der Rechtskraft der auf den Gläubigerantrag hin beschlossenen Konkurseröffnung. Deshalb muß — und darin besteht die Wechselwirkung der §§ 46 und 2 II unseres Gesetzes — die Entschließung über den erst nach Erlaß des Konkursbeschlusses gestellten Vergleichsantrag bis zum Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses ausgesetzt bleiben. Dies schließt nicht aus, daß das angerufene Vergleichsgericht — während die Konkursakten der Beschwerdeinstanz übermittelt werden — auf den Vergleichsantrag bereits dem Schuldner gemäß § 10 eine Frist zur Behebung von Antragsmängeln setzt. Schuldnerantrag a) Der Schuldner kann, solange auf den von ihm selbst gestellten Konkursantrag 3 2 hin der Konkurs noch nicht eröffnet ist, noch immer Eröffnung des Vergleichsverfahrens beantragen. Er ist also durch seinen Konkursantrag nicht gehindert, zum Vergleichsantrag überzugehen (Kiesow § 15 A. 30; Mayer §31 A. 1; Eisold A. 7). Darin liegt in der Regel — jedenfalls, wenn der Antrag nicht für eine Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft oder andere juristische Personen gestellt, der Schuldner eine natürliche Person ist — nicht etwa nur eine Sistierung, sondern eine Rücknahme des Konkursantrags. Doch bleibt der einmal gestellte Konkursantrag dennoch für die Gläubigeranfechtung im Anschlußkonkurs (§ 107) maßgebend. 63

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b) Ist der auf Antrag des Schuldners erlassene Konkurseröffnungsbeschluß bereits durch Verkündung, Zustellung oder öffentliche Bekanntmachung wirksam geworden, so hat es dabei sein Bewenden. Der Schuldner kann nicht in der Zeit zwischen Wirksamwerden und Eintritt der Rechtskraft einen Vergleichsantrag nachschieben: Die in dem vorbezeichneten Sinne wirksam gewordene Konkurseröffnung schließt eine Rücknahme des Konkursantrags, auch des vom Schuldner selbst gestellten, aus (vgl. statt aller Mentzel-Kuhn Anm. 3 zu § 103 K O mit weiteren Hinweisen). Der Schuldner kann auch nicht etwa den auf seinen Antrag ergangenen Konkurseröffnungsbeschluß mit der Begründung anfechten, daß er nunmehr den Vergleichsantrag gestellt habe, (siehe zu diesen Fragen Einzelheiten unten Anm. 6 zu § 46 und Anm. 2 zu § 84). III. Antragspflicht Anpassung an die die Konkursantragspflicht betreffenden Vorschriften 33

Die Vergleichsordnung sieht nur eine Antragsbefugnis, jedoch keine Antragspflicht, auch nicht für Kaufleute vor. Soweit eine solche Pflicht besteht, beruht sie auf anderen Gesetzen. Diese Antragspflicht, die vor der Vergleichsordnung von 1927 nur auf Konkursantrag ging, konnte von deren Inkrafttreten an auch durch Vergleichsantrag erfüllt werden (so schon Begr. I S. 15). Doch ergaben sich dabei Schwierigkeiten für die Organe der Handelsgesellschaften und der eingetragenen Genossenschaften, da deren strafrechtliche Verfolgung nach dem damaligen Rechtszustand davon abhing, ob der Pflicht, bei Eintritt der Konkursreife Konkurs anzumelden, genügt war. Die notwendige Anpassung der die Konkursantragspflicht betreffenden Vorschriften an das Vergleichsrecht hat das Gesetz über die Pflicht zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens vom 25. 3. 1930 (RGBl. I S. 93) gebracht. — Entwurf mit Bergründung: Reichstag IV 1928, Drucksache Nr. 1469 —. Das Gesetz hat einmal die Antragspflicht grundsätzlich zu einer Wahlpflicht umgestaltet, zum anderen wurde statt des bisherigen sofortigen Antrags ein solcher ohne schuldhaftes Zögern innerhalb einer Höchstfrist verlangt. Das Gesetz vom 25. 3. 1930 ist mit dem Inkrafttreten der Vergleichsordnung vom 26. 2. 1935 durch die Bestimmung der §§ 125 bis 128 der veränderten Paragraphenfolge und der Zulassung des Vergleichsverfahrens auch für Personenverbände im Abwicklungszustand der neuen Rechtslage angepaßt worden.

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Die Fälle der Antragspflicht sind nach Voraussetzungen und Wirkungen nicht einheitlich geregelt. a) Der Vorstand eines rechtsfähigen Vereins hat nach § 42 II BGB die Eröffnung des Konkurses oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens bei einer voraussichtlich nicht nur ganz vorübergehenden Überschuldung sofort zu beantragen. Bei der Frage, ob eine Uberschuldung des Vereins vorliegt, ist die Beitragspflicht der Vereinsmitglieder und die Pflicht, auf einen ordnunggemäß zustande gekommenen Beschluß der Mitgliederversammlung, eine Vereinsumlage zu bezahlen, mit zu berücksichtigen. Bei schuldhafter Verzögerung des Antrags haften die schuldigen Vorstandsmitglieder den Gläubigern des Vereins für den daraus entstehenden Schaden, und zwar als Gesamtschuldner. Die Haftung der Vorstandsmitglieder dem Verein gegenüber richtet sich nach dem Anstellungsverhältnis. Diese Haftung kann insbesondere praktisch werden, wenn die Vorstandsmitglieder es versäumt haben, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens zu stellen und durch diese Säumnis ein Konkurs unvermeidlich geworden ist. Die Antragspflicht trifft jedes einzelne Vorstandsmitglied des Vereins, auch wenn ihm im allgemeinen Rechtsverkehr keine Alleinvertretungsmacht 64

D e r Eröffnungsantrag

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zusteht (§ 208 Abs. 1 in V e r b i n d u n g mit § 213 K O und § 108 V g l O ) . D a s allein den A n t r a g stellende Vorstandsmitglied hat in diesem Falle den K o n k u r s g r u n d g l a u b h a f t zu machen (5 208 Abs. 2 K O und dazu L G T ü b i n g e n K T S 1961 158). Eine entsprechende Antragspflicht trifft die Liquidatoren eines rechtsfähigen Vereins (§ 48 BGB) und die Vorstandsmitglieder von Stiftungen (§ 86 BGB) wie Liquid a t o r e n der Stiftung ( § 8 8 BGB), wie auch die V o r s t ä n d e und Abwickler von k o n k u r s fähigen V e r b ä n d e n und Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 89 II BGB). Die Bestimm u n g e n über die Antragspflicht sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 II BGB. Sie schützen auch den Gläubiger, der erst nach dem Z e i t p u n k t der Ü b e r s c h u l d u n g Gläubiger g e w o r d e n ist ( B G H Z 29 100). b) Die Erben — nicht jedoch ein vorläufiger Erbe — sind g e m ä ß § 1980 I BGB den N a c h l a ß g l ä u b i g e r n g e g e n ü b e r verpflichtet, sobald sie von d e r Ü b e r s c h u l d u n g des Nachlasses Kenntnis erlangen, unverzüglich die E r ö f f n u n g des K o n k u r s e s o d e r , sofern ein solcher A n t r a g nach § 113 V g l O zulässig ist, die E r ö f f n u n g des gerichtlichen V e r gleichsverfahrens über den N a c h l a ß zu beantragen. D a s d e m . E r b e n zustehende W a h l recht ist nach pflichtgemäßem Ermessen auszuüben. Eine schuldhafte V e r z ö g e r u n g des K o n k u r s a n t r a g s liegt auch d a n n vor, w e n n d e r Erbe ein Vergleichsverfahren t r o t z e r k e n n b a r e r Aussichtslosigkeit desselben b e a n t r a g t o d e r sich damit begnügt, den A n t r a g aus § 2 V g l O zu stellen, das V e r f a h r e n aber sonst nachlässig betreibt (vgl. Jaeger-Weber, Anm. 21 zu §§ 217—220 K O ) . — D e r Kenntnis der Ü b e r s c h u l d u n g steht die auf Fahrlässigkeit b e r u h e n d e U n k e n n t n i s gleich (§ 1980 II BGB). Verletzt ein Erbe die Antragspflicht, so ist er den N a c h l a ß g l ä u b i g e r n f ü r den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. M e h r e r e E r b e n h a f t e n als Gesamtschuldner. Als fahrlässige U n k e n n t n i s des E r b e n gilt insbesondere, w e n n er es unterläßt, das A u f g e b o t der N a c h laßgläubiger zu b e a n t r a g e n , obwohl er G r u n d zu der A n n a h m e hat, daß ihm unbek a n n t e Nachlaßverbindlichkeiten v o r h a n d e n sind. Bei d e r Bemessung der Zulänglichkeit des Nachlasses bleiben die V e r p f l i c h t u n g e n aus Vermächtnissen und Auflagen außer Betracht (§ 1980 I, S. 2 BGB), weil w e g e n dieser Verbindlichkeiten die Bestimm u n g des § 1992 BGB eingreift. — Stellt ein Nachlaßverwalter die Ü b e r s c h u l d u n g des Nachlasses fest, so m u ß er, wie d e r Erbe, die E r ö f f n u n g des N a c h l a ß k o n k u r s e s o d e r des Vergleichsverfahrens b e a n t r a gen (§ 1985 II BGB). — Ein Nachlaßpfleger, dessen W i r k u n g s k r e i s in der Sicherung und V e r w a l t u n g des Nachlasses besteht (§ 1960 BGB), ist nicht schon im Interesse der N a c h l a ß g l ä u b i g e r z u r Stellung eines Vergleichs- bzw. K o n k u r s a n t r a g s verpflichtet (vgl. K G in K T S 1975 230). Bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§§ 1483 f BGB) trifft den überlebenden E h e g a t t e n eine entsprechende Antragspflicht, w e n n das G e s a m t g u t überschuldet ist (§ 1489 II BGB). Bei der Feststellung d e r Ü b e r s c h u l d u n g bleiben die F o r d e r u n g e n derjenigen Gesamtgutsgläubiger außer Betracht, die nach §§ 113, 114 des Gesetzes a u ß e r halb des V e r f a h r e n s stehen. c) D e r Vorstand einer Aktiengesellschaft hat nach § 92 II A k t G , w e n n die Gesellschaft z a h l u n g s u n f ä h i g wird, o h n e schuldhaftes Z ö g e r n , spätestens aber binnen drei W o c h e n nach Eintritt d e r Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t , die E r ö f f n u n g des K o n k u r s v e r f a h r e n s o d e r des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu b e a n t r a g e n . Eine entsprechende V e r pflichtung besteht, w e n n die Ü b e r s c h u l d u n g der Gesellschaft eingetreten ist, das V e r m ö g e n der Gesellschaft nicht m e h r die Schulden deckt. D e r V o r s t a n d k o m m t seiner Antragspflicht n u r d a n n nach, w e n n er das gerichtliche Vergleichsverfahren mit d e r Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreibt. H i e r z u g e h ö r t insbesondere, d a ß mit dem V e r g l e i c h s a n t r a g o d e r doch in angemessener Frist 65

§2

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

die Vergleichsanlagen (§§ 3 bis 6 des Gesetzes) eingereicht und ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechender Vergleichsvorschlag vorgelegt wird. Die Antragspflicht trifft auch diejenigen, die ohne gehörig zu Vorstandsmitgliedern bestellt worden zu sein, die Funktionen von Vorstandsmitgliedern tatsächlich ausüben (vgl. BGHSt. 21 101, Kuhn, W M 1969 236, Mentzel-Kuhn, Anm. 2 zu § 208 KO). — Durch eine Amtsniederlegung können sich die Vorstandsmitglieder ihrer Antragspflicht aus § 92 Abs. 2 AktG nicht entziehen (vgl. B G H N J W 1952 554). Den Aufsichtsrat trifft keine unmittelbare Antragspflicht. Doch hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen (§111 AktG) und das Recht wie die Pflicht, die Ernennung von Vorstandsmitgliedern zu widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 84 AktG), der anzunehmen ist, sobald eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung von Vorstandsmitgliedern ihm bekannt wird. Hierzu ist auch die Verletzung der Vorstandspflichten aus § 92 AktG zu rechnen, wozu bereits Anlaß zur Annahme besteht, wenn der Vorstand seinen Pflichten, die sich aus der Aufstellung von Bilanzen ergeben können, nicht nachkommt. Eine entsprechende Antragspflicht trifft die Abwickler (§ 268 II AktG). Sie unterliegen wie der Vorstand der Überwachung durch den Aufsichtsrat, dem hinsichtlich einer Abberufung von Abwicklern aus wichtigem Grunde das Antragsrecht aus § 265 II AktG zusteht. Bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§§ 278 f AktG) unterliegen die persönlich haftenden Gesellschafter wie auch die Abwickler der Antragspflicht (§§ 283, 290 AktG). Verletzt ein Vorstandsmitglied, ein Abwickler oder ein persönlich haftender Gesellschafter (bei der KGaA) die vorstehend erörterten Antragspflichten, so machen sie sich nach §§ 401, 408 AktG strafbar. Zur Strafbarkeit genügt die fahrlässige Pflichtverletzung. Die Bestimmungen sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 II BGB zugunsten der Gesellschaftsgläubiger (BGH, KTS 1962 169, Entscheidung, ergangen zur GmbH). d) Für die Antragspflicht der Geschäftsführer und Abwickler einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gilt im wesentlichen das gleiche (§§ 64, 71 II G m b H G ) wie bei der Aktiengesellschaft (vgl. die Darstellung von Kalter, K T S 1955 39 f, und die von Winkler, M D R 1958 887). Wie bei der Aktiengesellschaft die Vorstandsmitglieder'(§ 93 II AktG), so sind bei der Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g die Geschäftsführer bei Verletzung der Antragspflicht der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet, und zwar hier nach näherer Maßgabe des § 64 II G m b H G . Dieser Anspruch geht hier auf Ersatz von Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Uberschuldung geleistet werden. Die Gesellschaft braucht einen ihr entstandenen Schaden nicht zu beweisen {Schmidt in Hachenburg Anm. 10 zu § 64 G m b H G ) . Im (späteren) Konkurs ist dieser Anspruch der Konkursmasse zuzurechnen und vom Konkursverwalter geltend zu machen. Er mindert sich, falls ein Gegenwert in die Masse geflossen ist (RGZ 80 110). Die Bestimmung des § 64 I G m b H G will sicherstellen, daß das Gesellschaftsvermögen, das bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Uberschuldung der Gesellschaft zur Befriedigung ihrer Gläubiger zu verwenden ist, diesem Zweck nicht entzogen wird. Sie ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB, und zwar für die Gesellschaftsgläubiger und die Gesellschafter ( B G H Z 29 100 = KTS 1959 42 = N J W 1959 623). Die Antragspflicht aus §64 G m b H G besteht auch dann, wenn ein Gesellschaftsgläubiger bereits Konkursantrag gestellt hat (BGHSt. BB 1957 273). Der Schutzbereich des § 64 I G m b H G geht jedoch nicht so weit, daß andere dritte Personen vor allen Gefahren bewahrt werden sollen, die sich aus dem Fortbestehen einer konkursreifen Gesellschaft mit beschränkter H a f 66

Der Eröffnungsantrag

§2

tung ergeben. Wohl aber werden Neugläubiger geschützt, die nach dem Zeitpunkt, in dem die Geschäftsführer zur Konkurs- bzw. Vergleichsanmeldung verpflichtet waren, Gläubiger geworden sind. Doch ist für sie der Schutzbereich auf die Erhaltung des bei Eintritt der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorhandenen Gesellschaftsvermögens beschränkt. Das hat zur Folge, daß Neugläubiger nicht den vollen Schaden, sondern nur denjenigen Betrag verlangen können, der im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung als Konkursquote anfiele (BGH aaO). Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn die Geschäftsführer vom Vorhandensein des Konkursgrundes schuldhaft keine Kenntnis hatten (vgl. v. Lambsdorf-Gilles, N J W 1966 1551). — Ein wegen verspäteter Antragstellung aus § 64 G m b H G in Anspruch genommener Geschäftsführer kann sich nicht damit entlasten, er habe sich einem Beschluß der Gesellschafterversammlung gebeugt. Wenn er auch im allgemeinen dem Weisungsrecht der Gesellschafter unterliegt (vgl. B G H Z 31 258/278), so doch nicht, wenn damit ein gesetzwidriges Verhalten gefordert wird (vgl. B G H KTS 1974 229 = N J W 1974 1088). Wohl aber kann sich der Geschäftsführer auf den Gesellschafterbeschluß berufen, wenn die G m b H selbst aufgrund der allgemeinen Haftungsbestimmung des § 43 Abs. 2 G m b H G von ihm Ersatz begehrt (BGH aaO). — Für die Abwickler gilt § 71 II G m b H G . Das gerichtliche Vergleichsverfahren ist noch zulässig, wenn nach Auflösung der Gesellschaft mit der Verteilung des Vermögens noch nicht begonnen worden ist. Für die Strafbarkeit bei Verletzung der Antragspflicht gilt § 84 G m b H G . Den Aufsichtsrat (§ 52 G m b H G ) der Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g trifft keine Antragspflicht. Die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer obliegt von Gesetzes wegen (§ 46 Nr. 5 G m b H G ) den Gesellschaftern. Doch kann dies durch den Gesellschaftsvertrag einem anderen Organ, so z. B. dem Aufsichtsrat, übertragen werden (Schmidt in Hachenburg, Anm. 21 a zu § 46 G m b H G ) . Damit tritt der Aufsichtsrat in einen über die Bestimmung des § 46 Nr. 6 G m b H G (Uberwachungsbefugnis und -pflicht) hinausgehenden Pflichtenkreis den Gesellschaftern gegenüber ein. Den Gesellschaftsgläubigern gegenüber kann der Aufsichtsrat, wenn seine Mitglieder in entsprechender Weise sittenwidrig gehandelt haben, nach §§ 826, 840 BGB schadensersatzpflichtig sein. e) Die vorstehenden Konkurs-(Vergleichs-)Antragspflichten aus dem Gesellschaftsrecht, d. h. dem Recht der Kapitalgesellschaften werden ergänzt durch die in das zweite Buch des H G B eingefügten Bestimmungen der §§ 130 a, 130b HGB, wie des § 177 a HGB und durch den an § 210 KO angefügten dritten Absatz (vgl. zu diesen Gesetzesänderungen das Erste Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29. 7. 1976 - BGBl. I S. 2034 - ) . Nach § 130 a H G B ist, wenn eine offene Handelsgesellschaft, bei der kein Gesellschafter eine natürliche Person ist, zahlungsunfähig wird oder das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt, die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Antragspflichtig sind die organschaftlichen Vertreter (vgl. zu diesem Begriff: BTagsDruckS 7/5291 — Sachgebiet 453 — S. 23 f), der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter und die Liquidatoren (§§ 146 ff HGB). Der Antrag ist ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Uberschuldung der Gesellschaft zu stellen. Der Antrag gilt als nicht schuldhaft verzögert, wenn die Antragspflichtigen die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben ( § 1 3 0 a Abs. 1 HGB). Bei Verletzung dieser Pflichten und bei Leistung von Zahlungen nach Eintritt der Konkursreife entgegen dem Verbot aus § 130 a Abs. 2 H G B sind die organ67

§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

schaftlichen V e r t r e t e r d e r z u r V e r t r e t u n g der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter und die Liquidatoren nach n ä h e r e r M a ß g a b e des § 130 a Abs. 3 H G B z u m Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Entsprechendes gilt, w e n n die in den Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 des § 130 a H G B g e n a n n t e n organschaftlichen V e r treter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein Gesellschafter eine natürliche P e r son ist, o d e r sich die V e r b i n d u n g von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt (§ 130 a Abs. 4 H G B ) . Die anschließende V o r s c h r i f t des § 130 b H G B über die Strafbarkeit schuldhafter V e r s t ö ß e gegen die sich aus § 130 a Abs. 1 o d e r 4 H G B erhellt, d a ß es sich um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt (vgl. Uhlenbruck, Die G m b H & C o . K G in Krise, K o n k u r s und Vergleich, S. 143 ff). N a c h der in das Recht der Kommanditgesellschaft eingefügten V o r s c h r i f t des § 177 a H G B (Zahlungsunfähigkeit o d e r U b e r s c h u l d u n g d e r K G ) gelten die §§ 130 a und 130 b H G B auch f ü r die Gesellschaft, bei d e r ein Kommanditist eine natürliche P e r s o n ist. D e r E i n f ü g u n g der § § 1 3 0 a , 130 b, 177 a H G B in das Gesetz entsprechen die E r g ä n z u n g e n zu §§ 209, 210 K O . N a c h dem in den ersten Absatz des § 209 K O eingefügten dritten Satz findet das Konkursverfahren Uber das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft (außer im Falle d e r Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t ) auch im Falle der Überschuldung statt, wenn kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. H a n d e l t es sich um eine o f f e n e Handelsgesellschaft o d e r Kommanditgesellschaft solcher Art, so gelten nach dem neu in das Gesetz e i n g e f ü g t e n dritten Absatz des § 210 K O die V o r s c h r i f t e n des § 208 Abs. 2 K O und des § 210 Abs. 2 K O f ü r die o r g a n schaftlichen V e r t r e t e r und die Liquidatoren der z u r V e r t r e t u n g der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter sinngemäß. Diese V o r s c h r i f t e n über die (einstweilige) Zulassung eines K o n k u r s a n t r a g e s , der nicht von allen Vorstandsmitgliedern, allen persönlich h a f t e n d e n Gesellschaftern, allen Liquidatoren gestellt w o r d e n ist, und die Pflicht z u r A n h ö r u n g d e r übrigen Antragsberechtigten gelten nach § 210 Abs. 2, S. 2 K O gleichermaßen, w e n n die organschaftlichen V e r t r e t e r ihrerseits Gesellschaften d e r in § 209 Abs. 1 S. 3 K O bezeichneten Art sind o d e r sich die V e r b i n d u n g von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt (vgl. d a z u § 130 a Abs. 4 H G B ) . — Z u r möglichen weiteren Ausdehnung der Konkursantragspflicht auch auf reine Personengesellschaften (oder auch noch d a r ü b e r hinaus auf E i n z e l u n t e r n e h m e r ) ist auf die Darstellung von Karsten Schmidt in der Festschrift „ E i n h u n d e r t J a h r e K o n k u r s o r d n u n g 1877—1977", S. 2 4 7 / 2 6 3 f, zu verweisen. „Organschaftliche Vertreter" im Sinne der §§ 130 a, 130 b, 177 a H G B und des § 210 Abs. 3 K O sind letzten Endes diejenigen, die als natürliche P e r s o n e n f ü r die o f f e n e Handelsgesellschaft o d e r Kommanditgesellschaft der in d e r Bestimmung des § 209 Abs. 1, S. 3 K O g e n a n n t e n Art handeln. D a s sind bei den juristischen P e r s o n e n die vertretungsberechtigten O r g a n e , bei den Personengesellschaften die vertretungsberechtigten Gesellschafter (vgl. B T a g s D r u c k S 7 / 5 2 9 1 S. 23 ff zum l . W i K G ) . f) Bei eingetragenen Genossenschaften (vgl. z u m Genossenschaftsrecht nach der Novelle vom 9. 10. 1973 - BGBl. I S. 1451 - Paulick M D R 1974 89, Dietrich Schultz N J W 1974 161; Verfasser K T S 1974 92 —) gilt f ü r die Antragspflicht des Vorstandes (§§ 9 ff GenG) und die der Liquidatoren (§§ 83 ff G e n G ) die Bestimmung des § 99 G e n G . D a n a c h hat der V o r s t a n d , bei aufgelösten G e n o s s e n s c h a f t e n der Liquidator, im Falle der Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t o h n e schuldhaftes Z ö g e r n , spätestens j e d o c h drei W o c h e n nach Eintritt der Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t die E r ö f f n u n g des K o n k u r s v e r f a h r e n s o d e r die des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Die E r ö f f n u n g des 68

Der Eröffnungsantrag

§2

gerichtlichen Vergleichsverfahrens (§§ 2 ff VglO) ist vom Vorstand, wie auch von den Liquidatoren (vgl. dazu Lang-Weidmüller, Anm. 4 zu § 9 9 GenG), mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft zu betreiben. Die Antragspflicht besteht in gleicher Weise, wenn sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt oder aber bei pflichtgemäßem Ermessen anzunehmen ist, daß eine Uberschuldung besteht, die f ü r die betreffende Genossenschaft Konkursgrund nach § 98 Abs. 1 GenG ist. — Durch einen Beschluß der Generalversammlung kann der Vorstand von seiner Antragspflicht nicht befreit werden (RGZ 72 289). Die Mitglieder des Aufsichtsrates der Genossenschaft sind weder antragsberechtigt, noch trifft sie eine Antragspflicht. Doch haften sie, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht (§41 GenG) nicht nachkommen, z. B. bei Pflichtversäumnis von Mitgliedern des Vorstandes es unterlassen haben, diese vorläufig, bis zur Entscheidung der ohne Verzug zu berufenden Generalversammlung, von ihren Geschäften zu entheben und wegen der einstweiligen Fortführung derselben das Erforderliche zu veranlassen (§ 40 GenG). H a t die Amtsenthebung zur Folge, daß für die Genossenschaft Willenserklärungen nicht mehr rechtsverbindlich abgegeben werden können (§ 25 GenG), so hat eine Ergänzung des Vorstandes aus § 35 GenG, evtl. gemäß § 29 BGB, stattzufinden (RG J W 1936 2312).

Die Antragspflicht als Wahlpflicht Die Antragspflicht ist gesetzlich als Wahlpflicht gestaltet, derart, daß entweder Ver- 3 5 gleichsverfahren oder Konkurs beantragt werden muß. Dabei ist zweierlei hervorzuheben. a) Die Möglichkeit der Wahl besteht nur, falls das Vergleichsverfahren zulässig ist. Sie entfällt nicht nur bei Vergleichsunfähigkeit (so möglicherweise bei öffentlichen Körperschaften und Anstalten: oben 15; bei Nachlaß und bei Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft gemäß § 113 Nr. 3, § 114), sondern auch schon bei Unzulässigkeit des Vergleichsverfahrens nach Lage des Einzelfalls. Deshalb dürfen die Antragspflichtigen nur Konkurs, nicht Vergleichsverfahren beantragen, wenn ihnen ein zwingender Ablehnungsgrund (§§ 17, 18) bekannt war oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen. Dann schließt nur die fristgemäße Konkursanmeldung Schadensersatzpflicht und Strafbarkeit nach Maßgabe der oben erörterten Bestimmungen aus (KalterY^YS 1955 41). b) Die Wahl steht im pflichtgemäßen Ermessen des oder der Antragspflichtigen. Einen Anspruch darauf, daß zunächst das Vergleichsverfahren versucht werde, haben die Gläubiger nicht. Für eine einstweilige Verfügung, durch die ein Gläubiger dem Antragspflichtigen gebieten will, statt J e s beabsichtigten Konkursantrages den Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu stellen, fehlt jede Rechtsgrundlage, zumal die Gläubiger — auch abgesehen von der Antragspflicht — in keinem Falle erwirken können, daß ein Schuldner einen Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens stellt. Ein etwaiger Ersatzanspruch wegen Pflichtverletzung, weil trotz aussichtsreicher Möglichkeiten für ein Vergleichsverfahren ohne weiteres Konkurs beantragt wurde, steht daher nur dem Schuldner (d. h. dem rechtsfähigen Verein, der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Genossenschaft) zu 27 III, 86 BGB, §§ 93, 268, 283 AktG, § 43 I, II G m b H G , § 34 GenG). Für die Folgen eines unbedacht gestellten Konkursantrags bei möglichem Vergleichsverfahren haftet zwar der Nachlaßverwalter den Erben (§§ 1985, 1833 BGB), nicht aber der Nachlaßverwalter oder der Erbe den Nachlaßgläubigern, denn die Wahl des 69

§ 2

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

Konkurses kann nicht als schlechte Verwaltung im Sinne des § 1978 BGB angesehen werden. Ruhen der Antragspflicht 36

Die Antragspflicht ruht nicht etwa durch die Einleitung oder Fortsetzung eines außergerichtlichen Vergleichsversuchs oder sonstiger Sanierungsmaßnahmen. Wohl aber liegt in einem aussichtsreichen Bemühen um einen außergerichtlichen Vergleich kein schuldhafter Antragsverzug im Sinne des § 18 N r . 2 (Böhle-Stamschräder, Anm. 3 zu § 18 VglO). Die Antragspflicht ruht auch nicht etwa, wenn ein Gläubiger einen K o n k u r s a n t r a g gestellt hät oder mit dem Eintritt der Konkursreife stellt. Ein solcher Antrag kann wieder z u r ü c k g e n o m m e n werden oder aus rechtlichen G r ü n d e n der Ablehnung verfallen. Schließlich befreit eine unzureichende Masse den Antragspflichtigen z w a r von der Pflicht, ein Vergleichsverfahren zu beantragen (§ 17 N r . 6), nicht aber von der Antragspflicht überhaupt, mithin nicht von der Pflicht, in einem solchen Falle den K o n k u r s a n t r a g zu stellen. D a r ü b e r , ob eine den Kosten eines Konkursverfahrens entsprechende Masse vorhanden ist (§ 107 K O ) , hat nicht der Antragspflichtige, sondern das Konkursgericht zu befinden. W o h l aber kann die Antragspflicht ruhen, wenn im Falle der Zahlungseinstellung sämtliche Gläubiger sich damit einverstanden erklären, daß der Antrag auf E r ö f f n u n g des Konkurs- o d e r Vergleichsverfahrens zunächst nicht eingereicht werden soll. In einem solchen Einverständnis der Gläubigergesamtheit liegt die G e w ä h r u n g einer Stundung, womit der Konkursgrund zunächst entfallen ist. Kreditinstitute, die nicht Bausparkassen sind, welche nach §§ 5 ff des Gesetzes über das Kreditwesen der Beaufsichtigung durch das Bundesaufsichtsamt f ü r das Kreditwesen unterliegen, können gemäß § 112 Abs. 2 V g l O den Antrag auf E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens nur mit Zustimmung dieses Amtes stellen. Bedeutung der Antragsfrist

37

a) Die Frist zur Stellung des K o n k u r s - oder Vergleichsantrags beginnt mit dem Eintritt des Konkursgrundes, gleich, ob Zahlungsunfähigkeit oder Uberschuldung. Entscheiden sich die Antragspflichtigen (Mitglieder des Vorstandes bzw. Geschäftsführer, vertretungsberechtigte Gesellschafter, Liquidatoren) f ü r den Antrag auf E r ö f f n u n g des gerichtlichen Vergleichsverfahrens, so sind sie mit der Einreichung des Antrages ihrer Pflicht nachgekommen, sofern sie das Vergleichsverfahren „mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" (Fassung des § 92 II AktG) betreiben. — Diese Verpflichtung ist in den § 64 G m b H G , § 99 G e n G entsprechend niedergelegt. — Nicht erforderlich ist es zur W a h r u n g der Antragsfrist, innerhalb derselben sämtliche Vergleichsanlagen (§§ 3 bis 6) und die endgültige Fassung des Vergleichsvorschlags (§§ 7, 8) einzureichen. Auch die k r a f t Gesetzes Antragspflichtigen können bei einem entschuldbaren Mangel im Antrag damit rechnen, daß ihnen das Gericht eine Nachholfrist (§ 10) setzt, und zwar über die Antragsfrist hinaus (JJllmann J W 1930 1345). D e r Antragsfrist wird auch dann genügt, wenn das Gericht die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens ablehnt oder das e r ö f f n e t e Vergleichsverfahren scheitert, vorausgesetzt immer, daß das V e r f a h r e n sorgfältig und gewissenhaft vom Antragsteller betrieben w o r d e n ist. Die Verantwortlichkeit des Antragspflichtigen entfällt, wenn z w a r bei der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens ein vom ihm zu vertretender, aber vom Gericht übersehener Mangel vorlag, der jedoch später behoben worden ist (§ 100 I N r . 1).

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Der Eröffnungsantrag

§2

Bei einer Mehrheit von Antragspflichtigen entfällt die Pflicht des Einzelnen nicht etwa durch einen ihn überstimmenden Mehrheitsbeschluß, denn jedes Vorstandsmitglied ist für sich allein antragsberechtigt und verpflichtet, auch wenn ihm im allgemeinen Rechtsverkehr keine Alleinvertretungsmacht zusteht (§§ 208, 213 K O , §100 GenG). Entsprechendes gilt für die Geschäftsführer und Liquidatoren (§§ 43, 64, 71, 84 G m b H G , §§ 208, 213 K O , § 88 GenG). Soweit auf den von einem Antragspflichtigen gestellten Antrag Entscheidungen ergehen, die der sofortigen Beschwerde unterliegen, sind die übrigen Antragsberechtigten zur Einlegung des Rechtsmittels legitimiert (LG Tübingen, KTS 1961, 158). b) Eine schuldhafte Verzögerung des Vergleichsantrags ist zwingender Ablehnungsgrund (§ 18 Nr. 2). Die vom Gesetz gewährte Frist zur Erfüllung der Antragspflicht befreit nicht von den Pflichten, die die Vergleichsordnung selbst dem Vergleichsschuldner bei der Antragstellung auferlegt. Eine schuldhafte Verzögerung des Vergleichsantrags im Sinne des § 18 Nr. 2 kann daher auch dann vorliegen, wenn der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens noch innerhalb der Antragsfrist eingereicht worden ist. Scheidet der Antragspflichtige innerhalb der Antragsfrist in Kenntnis des Konkursgrundes aus, so kann er wegen schuldhafter Unterlassung haftbar sein, wenn sein Mitwirken notwendig ist, damit ein anderer Antragspflichtiger den Antrag fristgemäß stellt (BGH Str. 3, 53).

D. Vergleichsgericht I. Die Rechtspflegefunktion des Vergleichsgerichts Sachliche Zuständigkeit Vergleichsgericht ist das für die Konkurseröffnung zuständige Gericht (§ 2 Abs. 1 3 8 S. 1). Mit dieser Regelung, welche die Überleitung des Vergleichs-(eröffnungs-)verfahrens in den Anschlußkonkurs technisch erleichtert, ist sowohl die sachliche Zuständigkeit wie die örtliche und mit dieser zugleich der U m f a n g der inländischen Gerichtsbarkeit in Vergleichssachen (unten 41, 42) entsprechend den Vorschriften des Konkursrechts bestimmt. Sachlich zuständig ist das Amtsgericht (§ 71 Abs. 1 KO). Dem Richter ist das mit dem Eingang des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) beginnende Vergleichsantragsverfahren (Vorverfahren) bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag mit Einschluß dieser Entscheidung und der Ernennung des Vergleichsverwalters kraft Gesetzes vorbehalten (§ 19 Abs. 1 RpflG). Dann setzt die funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers ein, die auch gegeben ist, wenn nach eröffnetem Vergleichsverfahren von Amts wegen über die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens zu entscheiden ist (§19 Abs. 2 RpflG). Der Richter kann sich jedoch das Vergleichsverfahren und ein mögliches Anschlußkonkursverfahren im Sinne des Absatzes zwei ganz oder teilweise vorbehalten, wenn er dies für geboten erachtet. Eine Form für die Ausübung des Richtervorbehalts ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Doch ist im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Ausübung des Richtervorbehalts dieser aktenkundig zu machen (vgl. B G H Z 50 25 = KTS 1968 245). Hält der Richter den Vorbehalt nicht mehr für erforderlich, so kann er das Verfahren dann dem Rechtspfleger übertragen. Er ist jedoch nicht gehindert, auch danach das Verfahren wieder an sich zu ziehen („Evokationsrecht", vgl. dazu z. B. Eickmann, S. 31 Fußnote 48 mit weiteren Hinweisen), wenn und solange er dies für erforderlich hält (§ 19 Abs. 3 RpflG). — Die nicht anfechtbare Entscheidung des Rechtspflegers über die Gewährung des Stimmrechts (§ 71 VglO, § 11 Abs. 5 S. 2 RpflG) hat kraft der ausdrücklichen Vorschrift des § 19 Abs. 4 RpflG nicht die in § 97 71

§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

V g l O bezeichneten Rechtsfolgen (vgl. Böhle-Stamschräder, weiterem Hinweis). —

Anm. 4 zu § 71 V g l O mit

W e g e n der weiteren Einzelheiten ist auf die K o m m e n t i e r u n g zu § 19 R p f l G im A n h a n g dieses W e r k e s (Bd. II) zu verweisen. W i e bei K o n k u r s v e r f a h r e n (vgl. § 71 Abs. 3 K O ) , so ist auch bei Vergleichsverfahren eine Konzentration (vgl. § 2 Abs. 1, S. 1 V g l O ) bei einem Amtsgericht f ü r die Bezirke m e h r e r e r Amtsgerichte möglich. D a n a c h sind die Landesregierungen e r m ä c h tigt, d u r c h R e c h t s v e r o r d n u n g die K o n k u r s - und Vergleichssachen einem Amtsgericht f ü r die Bezirke m e h r e r e r Amtsgerichte zuzuweisen, sofern die Z u s a m m e n f a s s u n g f ü r eine sachdienliche F ö r d e r u n g und schnellere Erledigung d e r V e r f a h r e n erforderlich ist. Die Landesregierungen k ö n n e n die E r m ä c h t i g u n g auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. D e r Bezirk des Amtsgerichts im Sinne des G V G wird jedoch d u r c h eine solche R e c h t s v e r o r d n u n g nicht geändert. D a s Vergleichsgericht kann mithin ein Amtsgericht, das zu seinem nach § 71 Abs. 3 K O , § 2 Abs. 1, S. 1 V g l O erweiterten Z u s t ä n digkeitsbereich gehört, um Rechtshilfe ersuchen ( O L G N ü r n b e r g K T S 1958 156). D a s Rechtshilfeersuchen darf grundsätzlich nicht abgelehnt w e r d e n (§ 158 Abs. 1 G V G ) . Bei einer A b l e h n u n g n ach § 158 Abs. 2 G V G entscheidet nach § 159 Abs. 1 G V G das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das, ersuchte Gericht gehört. Unzulässig w ä r e z. B. ein Ersuchen an ein Amtsgericht aus dem Bezirk des Vergleichsgerichts auf A b n a h m e der eidesstattlichen A u s k u n f t s v e r s i c h e r u n g nach § 69 Abs. 2 V g l O . D e n n wie die vom Vergleichsschuldner verlangten A u s k ü n f t e im Vergleichstermin (§ 66 V g l O ) zu erteilen sind, so ist auch hier und dem Vergleichsgericht g e g e n ü b e r die A u s k u n f t s versicherung abzugeben (vgl. zu den G r e n z e n eines Rechtshilfeersuchens im K o n k u r s v e r f a h r e n : O L G K o b l e n z K T S 1977 55 = R p f l e g e r 1976 404). Auf das Verfahren des Vergleichsgerichts f i n d e n nach § 1 1 5 V g l O , soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, die V o r s c h r i f t e n der Z i v i l p r o z e ß o r d n u n g entsprechende A n w e n d u n g . D o c h g e h ö r t das Vergleichsverfahren wesensmäßig nicht z u r streitigen Gerichtsbarkeit (ebenso Böhle-Stamschräder, Anm. 1 zu § 115 V g l O ) . Begrifflich g e h ö r t das Vergleichsverfahren, das n u r auf A n t r a g des Schuldners e r ö f f n e t w e r den k a n n , um den K o n k u r s a b z u w e n d e n und in dessem Verlauf nur ein Vergleich bestätigt w e r d e n d a r f , der nicht dem gemeinsamen Interesse d e r Vergleichsgläubiger widerspricht (vgl. § 79 Ziff. 4 V g l O ) , zu den „Regelungsstreitigkeiten". Diese sind einem G r e n z b e r e i c h der freiwilligen Gerichtsbarkeit z u z u o r d n e n (vgl. z u m Begriff d e r Regelungsstreitigkeiten: Bötticher, Festschrift f ü r Lent (1963 89 f f ) , zu dem auch das K o n k u r s v e r f a h r e n , nicht nur das in ein solches V e r f a h r e n ü b e r g e h e n d e Vergleichsverf a h r e n g e h ö r t (vgl. Berges K T S 1960 3 und K T S 1964 56, sowie J R 1968 318, Lorenz K T S 1963 238). K o n k u r s und Vergleich k ö n n e n nicht etwa als ein „Gesamtvollstreckungsverfahren" und ein freiwilliges „ S c h u l d e n r e g e l u n g s v e r f a h r e n " gegenübergestellt w e r d e n . Sie k o m men sich vielmehr vielfach sehr nahe. Auch im K o n k u r s ist zu trennen zwischen den konkursgerichtlichen V e r f a h r e n und dem nicht im eigentlichen Sinne zu ihm g e h ö r e n den Abwicklungsvorgang, der S a m m l u n g , V e r w a l t u n g , V e r w e r t u n g der Masse und der Verteilung des Erlöses. Sie w e r d e n außerhalb des V e r f a h r e n s vollzogen, m ö g e n sie auch einer rechtsbetreuenden, im R a h m e n des K o n k u r s v e r f a h r e n s a u s z u ü b e n d e n staatlichen Aufsicht unterliegen. Ähnliches, w e n n auch weitaus lockerer gestaltet, ist im Schuldenbereinigungsvorgang des Vergleichsverfahrens zu sehen. K o n k u r s und V e r gleich k ö n n e n sich im Ergebnis sehr nahe k o m m e n : Ein Liquidationsvergleich im V e r gleichsverfahren ( § 7 IV) und ein solcher im K o n k u r s ( § 1 7 4 K O ) ähneln sich im Ergebnis. Ersterer k a n n als eine milde F o r m des K o n k u r s e s angesprochen w e r d e n . D a s 72

Der Eröffnungsantrag

§2

in der Regel vom Schuldner mit dem Vergleichsverfahren erstrebte Ziel, die F o r t f ü h rung seines Unternehmens, kann auch im Konkurs durch den Abschluß eines Stundungs- und Ratenzwangsvergleichs erreicht werden (§§ 184, 190, 192 K O ) . — Beide V e r f a h r e n — Konkursverfahren und Vergleichsverfahren — sind als Verfahren mit bestimmter Sonderprägung anzusehen, die weitgehend die Züge einer Selbstverwaltung tragen, innerhalb derer die Gläubigerversammlungen, der Gläubigerausschuß im K o n kurs und der Gläubigerbeirat im Vergleich als T r e u h ä n d e r f ü r alle Beteiligten tätig werden (Berges, K T S 1960 3, Uhlenbruch, K T S 1967 18). Verrichtungszuständigkeit Mit den Verrichtungen des Vergleichsgerichts sind die Amtsgerichte betraut, mithin 3 9 Einzelgerichte. Einzelne Vorschläge zur R e f o r m des Insolvenzrechts sehen vor, daß bestimmte Entscheidungen einem Kollegialgericht (ähnlich der K a m m e r f ü r Handelssachen) übertragen werden (Lent K T S 1959 73 f). — Im Falle der Beschwerde ist eine Zivilkammer des Landgerichts, zu dessen Bezirk das Amtsgericht gehört, dessen Entscheidung angefochten wird, zur Entscheidung berufen. Eine A n r u f u n g dieses Gerichts ist nach § 121 auf die in dem Gesetz besonders bestimmten Fälle beschränkt. Diese Beschränkung schließt aber nicht aus, daß das Landgericht angerufen werden kann, wenn das Amtsgericht nicht als Vergleichsgericht, sondern als Vollstreckungsgericht gehandelt und als solches in das Vergleichsverfahren eingegriffen hat. Gegen diese Entscheidungen ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde aus § 793 Z P O gegeben. — (Dazu Einzelheiten: Anm. 12 zu § 13). — II. Die örtliche Zuständigkeit Amtsgericht der gewerblichen Niederlassung, subsidiär: allgemeiner Gerichtsstand des Schuldners Zuständig ist nach der Regelvorschrift des § 71 I K O in erster Linie das Amtsgericht 4 0 der gewerblichen Niederlassung und bei Fehlen einer solchen, also nur subsidiär, des allgemeinen Gerichtsstands des Schuldners. D e r Schuldner kann mithin durch Sitzverlegung oder Änderung des Wohnsitzes — sofern diese nicht nur vorgetäuscht werden — auf die örtliche Zuständigkeit Einfluß nehmen. G r ü n d e hierfür können mannigfach sein, so etwa der W u n s c h , die Zuständigkeit eines mit Vergleichsverfahren häufig befaßten Amtsgerichts zu erwirken, um sicher zu sein, daß das V e r f a h r e n in den H ä n den einer Spezialabteilung mit eingearbeiteten und erfahrenen Kräften liegt. Die G r ü n d e der Sitzverlegung können aber auch mit der beabsichtigten Sanierung des Betriebes eng zusammenhängen, wenn z. B. damit eine Verbesserung der Rentabilität e r h o f f t oder eine bessere Verkehrslage geschaffen werden soll (Skrotzki, K T S 1960 71). Einer Vereinbarung aber ist die im § 71 K O verordnete Zuständigkeit entzogen, denn es handelt sich (wie auch bei der aus §§ 214, 238 II, S. 2 K O ) um eine ausschließliche Zuständigkeit (über Zuständigkeitsmängel vgl. unten 44). a) Gewerbliche Niederlassung ist nur die zum unmittelbaren und selbständigen Geschäftsabschluß ermächtigte Betriebsstelle, nicht die technische Betriebsstätte, aber auch nicht eine lediglich Vertragsabschlüsse vermittelnde Agentur, mag sie auch Generalagentur benannt werden (Jaeger-Weber, Anm. 3 zu § 7 1 K O ) . D e r Gesellschafter einer o f f e n e n Handelsgesellschaft (§§ 105 ff H G B ) hat am Sitz der Gesellschaft seine gewerbliche Niederlassung im Sinne des § 71 Abs. 1 K O , auch wenn er die Geschäftsf ü h r u n g vertraglich einem Mitgesellschafter überlassen hat und selbst im Betrieb der Gesellschaft niemals tätig gewesen ist (Beschluß des O L G Düsseldorf vom 2. N o v e m ber 1977 - 3 W 3 1 2 / 7 7 - , zur Veröffentlichung im H e f t 3 der K T S 1978 vorgese73

§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

hen). Niederlassung im Sinne des § 7 1 K O ist nur die Haupt-, nicht auch auch eine Zweigniederlassung. Die Hauptniederlassung befindet sich da, von wo aus die Geschäfte geleitet werden. H a t der Schuldner mehrere Hauptniederlassungen im Inlande und liegen diese in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte, so ist jedes derselben zuständig. D a s zuerst angerufene Gericht schließt dann die Zuständigkeit der anderen aus ( § 7 1 II K O ) . Es bleibt auch weiter zuständig, wenn der Vergleichsschuldner noch vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens die im Bezirk dieses Gerichts befindliche Hauptniederlassung in eine Zweigniederlassung umwandelt. Geht der Vergleichsantrag bei mehreren zuständigen Gerichten gleichzeitig ein, so ist das zuständige Amtsgericht gemäß § 115 des Gesetzes in Verbindung mit § 36 Z P O durch das höhere Gericht zu bestimmen ( O L G Karlsruhe, O L G 42 75). Die Eintragung einer Niederlassung in das Handelsregister (§§ 13, 29 H G B ) sowie die Anmeldung des Gewerbebetriebes sind weder erforderlich noch genügend, denn das Vergleichsgericht hat die Voraussetzungen seiner Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen. Doch ist zu beachten, daß bei einer Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Sitzverlegung nach § 45 AktG, § 54 G m b H G erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam wird. — Für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft (§ 110) ist nicht das für die Gesellschaft zuständige Gericht ohne weiteres zuständig, sondern nur dann, wenn der Gesellschaftssitz zugleich den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Daseins des Gesellschafters bildet ( K G K u T 1929 30, L G Berlin, K u T 1930 15, O L G Dresden, H R R 1937 Nr. 1121). b) H a t der Schuldner im Inland keine oder nur eine Zweigniederlassung, so ist zuständig das Amtsgericht, bei welchem er seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dieser wird bei natürlichen Personen in erster Linie durch den Wohnsitz ( § 1 3 Z P O ; §§ 7 ff B G B ; zur Wohnsitzbegründung als Voraussetzung für die Zuständigkeit des Konkursgerichts vgl. A G Köln K T S 1978 60), in zweiter Linie durch den Aufenthalt und in dritter Linie durch den letzten Wohnsitz (§ 16 Z P O ) , bei Personenvereinigungen durch den Sitz als den Ort, wo die Verwaltung geführt wird (§ 17 Z P O ) , bestimmt. c) Die Bestimmung des zuständigen Gerichts ( § 1 1 5 des Gesetzes in Verbindung mit § 36 Z P O ) geschieht in einem selbständigen Verfahren außerhalb des Vergleichsverfahrens ( R G Z 125 310 ein Fall der Bestimmung des zuständigen Zwangsversteigerungsgerichts). Der Beschluß wird — mündliche Verhandlung ist nach § 37 I Z P O nicht erforderlich — mit der Zustellung an den Antragsteller wirksam und ist nicht anfechtbar (§ 37 II Z P O ) . Der Fall des § 36 Nr. 3 Z P O ist für den Fall denkbar, daß mehrere Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft (sie selbst ist nach geltendem Recht nicht vergleichsfähig) das Vergleichsverfahren beantragen und wegen Fehlens einer gewerblichen Niederlassung ein Gerichtsstand für alle Gesellschafter zusammen (Einzelvergleichsverfahren) nicht besteht ( B G H N J W 1951 312). Es kann sich dabei nur um eine entsprechende Anwendung des § 36 Nr. 3 Z P O handeln, wenn es sich als notwendig erweist, die verschiedenen einzelnen Vergleichsverfahren bei einem Vergleichsgericht anhängig zu machen. Ein gemeinsames Vergleichsverfahren mehrerer Schuldner gibt es ebensowenig wie einen gemeinsamen Konkurs derselben ( O L G Oldenburg, M D R 1955 175). Gegenständlich beschränkte Zuständigkeit 41

H a t der Schuldner im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, aber eine Zweigniederlassung, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich diese befindet, zuständig. 74

Der Eröffnungsantrag

§2

H a t der Schuldner im Inlande weder eine Niederlassung noch einen allgemeinen Gerichtsstand, wohl aber ein selbstbewirtschaftetes Gut, so ist das Amtsgericht des Gutes Vergleichsgericht (vgl. § 238 II KO). In beiden Fällen besteht eine gegenständlich beschränkte Zuständigkeit. Der Konkurs umfaßt nur das im Inland befindliche Vermögen des Schuldners. Die Zuständigkeit des Gerichts der Zweigniederlassung ist auch dann gegeben, wenn ein Schuldner mit allgemeinem Gerichtsstand im Ausland zur Abwendung einer wirtschaftlichen Krise durch ein Vergleichsverfahren im Inland eine Zweigniederlassung errichtet. Dabei genügt es für die Zuständigkeit des Gerichts der Zweigniederlassung, wenn alle Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21) vorliegen (LG Freiburg, KTS 1964 189 ebenso Schrader-Uhlenbruck-Delhaes, Rdn. 818, kritisch Baumgärtel A W D des BB 1971 564). Uber die Bedeutung der Beschränkung des Vergleichsverfahrens auf das im Inland befindliche Vermögen des Schuldners siehe Weber; KTS 1965 95—140, Näheres dazu unten Bern. 62 a. Nachlaß und Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft Für das Vergleichsverfahren über einen Nachlaß und das Gesamtgut einer fortge- 4 2 setzten Gütergemeinschaft ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Verstorbene zur Zeit seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand (oben 40 b) hatte (§§ 214, 236 KO). Beim Fehlen eines solchen ist ein — auch hier wiederum auf das inländische Vermögen beschränktes — Vergleichsverfahren denkbar, wenn der Schuldner bei seinem Tode eine gewerbliche Niederlassung oder ein selbstbewirtschaftetes Gut im Inland hatte. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die H a f t u n g des Erben (bzw. der Erben) f ü r die Nachlaßverbindlichkeiten nach deutschem oder ausländischem Recht beurteilt, ob also deutsches Recht Erbstatut ist (vgl. Jaeger-Jahr, Anm. 442 ff zu §§ 237, 238 K O , abweichend Bley, K u T 1941 24 und die Vorauflagen). Mehrheit zuständiger Gerichte Bei Mehrheit zuständiger Gerichte (mehrere H a u p t - oder Zweigniederlassungen; 4 3 mehrfacher Wohnsitz: § 7 II BGB) hat der Schuldner die Wahl. Sie wird mit Eingang des Antrags bei dem angegangenen Gericht bindend (§ 71 II KO). Die Wahlbefugnis des Schuldners entfällt, wenn ihm ein Gläubiger mit dem Antrag auf Konkurseröffnung bei einem zuständigen Gericht zuvorkommt. Allerdings gilt die Bestimmung des § 46 über die Aussetzung der Entscheidung über den Konkursantrag auch dann, wenn Konkurs- und Vergleichsantrag bei verschiedenen Gerichten gestellt sind. N u n unterscheidet § 7 1 II K O nicht zwischen Konkursanträgen der Gläubiger und des Schuldners. Da nun aber der Vergleichsantrag kraft Gesetzes eine Entscheidung über die Eröffnung des Anschlußkonkurses auslösen kann, ist folglich das von dem Gläubiger angegangene Gericht notwendig auch als Vergleichsgericht festgelegt. Umgekehrt ist es zwar dem Gläubiger nicht verwehrt, nach dem Vergleichsantrag des Schuldners den Konkursantrag bei einem anderen der zuständigen Gerichte anzubringen, weil die Entscheidung über diesen Antrag gemäß § 46 ausgesetzt bleibt bis zur rechtskräftigen Erledigung des vom Schuldner beantragten Vergleichsverfahrens. Stellt aber der Gläubiger im Nachverfahren (§ 96) den Konkursantrag, so ist hier allein zuständig das Gericht, bei dem das Vergleichsverfahren anhängig ist, denn hier kann nur ein Anschlußkonkurs eröffnet werden (§§ 96 IV, 102 I). Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner während des schwebenden Vergleichsverfahrens seine Niederlassung oder seinen Wohnsitz verlegt hat. Die Entscheidung über den Konkursantrag bei noch schwebendem Vergleichsverfahren erfordert stets den Eingriff in dieses Verfah75

§ 2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

ren. Daraus folgt zwingend f ü r den Anschlußkonkurs die A b ä n d e r u n g der allgemeinen Zuständigkeitsnorm vom Regelkonkurs (Berges, K T S 1956 96, Jaeger-Weber; Anm. 9 zu § 71 K O , a. A. O L G Stuttgart, N J W 1955 1932, und A G Bad Pyrmont, K T S 1956 95). Gegen die abweichende Ansicht spricht, daß bei einer Entscheidung über die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkurses aus § 96 V (von Amts wegen) ein anderes Gericht als das Vergleichsgericht nicht tätig werden kann, daß es aber nicht möglich ist, die Entscheidung bei gleichzeitig gestelltem Gläubigerantrag zwei Gerichten zu übertragen.

III. Zuständigkeitsmängel Ablehnung des Vergleichsantrages oder Verweisung an das zuständige Gericht 44

Sachliche wie örtliche Zuständigkeit sind nach dem Gesetz (§§ 71, 214, 238 II K O ) ausschließlich — f ü r die Verrichtungszuständigkeit versteht sich das von selbst — und deshalb von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. § 4 0 II Z P O ) . D e r Zuständigkeitsmangel f ü h r t zur Ablehnung des Vergleichsantrags und gleichzeitiger Ablehnung des Anschlußkonkurses, wenn nicht der Schuldner, worauf das Gericht hinzuwirken hat (§ 139 I 1 Z P O ) , Verweisung an das zuständige Gericht beantragt. Die Zulässigkeit der Verweisung, die unanfechtbar und f ü r das im Verweisungsbeschluß bezeichnete Gericht bindend ist (entsprechend §§ 281, 495 Z P O ) , ist n u n m e h r allgemein anerkannt, sowohl f ü r den Konkurs ( R G Z 121 21, Jaeger/Weber, Anm. 13 zu § 7 1 K O , MentzelKuhn, Anm. 7 zu § 7 1 K O ) , als auch f ü r das Vergleichsverfahren ( R G Z 131 197 = K u T 1931 39, Kiesow, Anm. 11 zu § 2, Lucas S. 72, Böhle-Stamschräder, Anm. 6 zu § 2 V g l O ) . Die Verweisung wird nicht durch Mängel im Antrag (z. B. fehlende Anlagen (§§ 3 f) gehindert, da über diese Mängel das zuständige Gericht zu entscheiden hat (§ 16). D e r Antrag gilt f ü r die Rückschlagsperre bereits mit dem Eingang beim unzuständigen Gericht als gestellt ( R G Z 131 201). D e r Verweisungsbeschluß wird mit der V e r k ü n d u n g , sonst mit der Zustellung an den Schuldner f ü r das bezeichnete Gericht bindend, zuständigkeitsbegründend ( § 1 1 5 des Gesetzes in Verbindung mit § 276 II Z P O ) . Das Gericht, an welches verwiesen w o r d e n ist, kann trotz der Bindung aus § 281 Abs. 2 Z P O die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens aus anderen G r ü n d e n ablehnen, etwa weil es überhaupt an einer inländischen Gerichtsbarkeit fehlt (vgl. oben Bern. 41, 42). Die Berücksichtigung dieses Mangels kann dem Gericht, an das verwiesen worden ist, um so weniger versagt werden, als der Verweisungsbeschluß die Zuständigkeit nicht nur f ü r das Vergleichsverfahren, sondern auch f ü r den Anschlußkonkurs begründet.

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Mit der E r ö f f n u n g des Verfahrens (§ 20) ist ein Mangel der Zuständigkeit gemäß § 115 des Gesetzes in Verbindung mit § 512 a Z P O als geheilt anzusehen. Die Heilung tritt hier im Gegensatz zur E r ö f f n u n g des Konkurses durch ein unzuständiges Gericht (Anfechtbarkeit nach § 109 K O ) sofort ein, da der Beschluß über die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens unanfechtbar ist (§ 121). Mit der Heilung des Zuständigkeitsmangels durch den Beschluß aus § 20 wird auch f ü r den möglichen Anschlußkonkurs (§§ 80, 96, 99, 100, 101) die Zuständigkeit endgültig festgelegt, denn nur das f ü r das Vergleichsverfahren zuständige Gericht kann über die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkursverfahrens entscheiden. Das Vergleichsgericht könnte auch nicht etwa vor der Einstellung aus §§ 99, 100 einen Verweisungsbeschluß erlassen, es muß über diese vielmehr selbst entscheiden.

Heilung des Mangels mit Verfahrenseröffnung

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D e r Eröffnungsantrag

§2

E. Schuldnervermögen Keine Teilungsmasse W i e der K o n k u r s wird auch das Vergleichsverfahren über das V e r m ö g e n des 4 6 Schuldners e r ö f f n e t (oben 10). Anders als der K o n k u r s b e z w e c k t es aber keine Schuld e n a b w i c k l u n g durch Befriedigung der beteiligten Gläubiger aus einer diesen vorbehaltenen Teilungsmasse. Es gibt deshalb keine auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung festgelegte, der Konkursmasse entsprechende Teilungsmasse. Vielmehr bilden die bei E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s v o r h a n d e n e n G e g e n s t ä n d e zusammen mit dem Neuerwerb, auch w e n n dieser im Betrieb eines neu b e g o n n e n e n U n t e r n e h m e n s g e m a c h t w e r d e n sollte (so f ü r die Geschäftsaufsicht: Schlegelberger, G r u c h . 59 201; Ziegler, LZ 1915 420; Jaeger, G A S. 19), das V e r m ö g e n des Schuldners, über welches das Vergleichsverf a h r e n zu e r ö f f n e n ist. D a s gilt auch bei Vergleichsverfahren über ein S o n d e r v e r m ö g e n (oben 10), jedoch n u r f ü r den dem S o n d e r g u t zufallenden N e u e r w e r b . D a s S o n d e r v e r m ö g e n bei der fortgesetzten G ü t e r g e m e i n s c h a f t (§ 114) ergibt sich nach § 1489 II BGB aus dem Bestände des Gesamtguts z u r Zeit des Eintritts der fortgesetzten G ü t e r g e meinschaft. D a z u g e h ö r e n die S u r r o g a t e (§ 1473 BGB) und die etwa aus der V e r w a l tung des überlebenden Ehegatten den Gesamtgutsgläubigern nach § 1978 I und II BGB z u s t e h e n d e n Ansprüche, nicht aber der späterhin dem G e s a m t g u t zugeflossene N e u e r werb des überlebenden Ehegatten.

Folgerungen daraus Aus dem Fehlen einer „Vergleichsmasse" ergeben sich gewisse Folgerungen.

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a) D e r Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21) legt nur die Schuldenmasse (§§ 25, 28, 36 II, III, 52), d. h. den Kreis der am Vergleichsverfahren beteiligten Gläubiger fest, (zum Z e i t p u n k t der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g vgl. B G H Z 50 242 = K T S 1968 241 = N J W 1968 2106 und B G H K T S 1975 37 = W M 1974 830, letzteres E r k e n n t n i s z u m Begriff der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g im Sinne des Art. 43 Abs. 2 N r . 2 W G ) . Die w e d e r am Vergleichsverfahren beteiligten, noch von einem Vergleich b e t r o f f e n e n Gläubiger, denen w ä h r e n d des V e r f a h r e n s ein Zugriff im W e g e d e r Zwangsvollstreckung gestattet ist (arg. §§ 47 f), k ö n n e n in jeden Gegenstand des S c h u l d n e r v e r m ö g e n s vollstrecken. N e u g l ä u b i g e r k ö n n e n Befriedigung auch aus dem V e r m ö g e n s b e s t a n d e des Schuldners, wie er sich im Z e i t p u n k t des § 2 1 darstellte, suchen. Es bleibt dem Schuldner, da die Vollstreckungssperre aus § 47 nicht eingreift, die Möglichkeit, beim Vollstreckungsgericht um Vollstreckungsschutz n a c h z u s u c h e n (SS 813 a ff, 765 a Z P O , §§ 30 a ff Z V G ) . M a g im Vergleichsverfahren eine Teilungsmasse — wie im K o n k u r s : § § 1 , 117 K O — fehlen, so verlangt das Gesetz d e n n o c h die Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Schuldners. Bei der B e g r e n z u n g , d. h. beim Sondervergleichsverfahren, ist der Begriff des Vergleichsgläubigers in b e z u g auf das S o n d e r v e r m ö g e n abzustellen. Im Vergleichsverfahren über das V e r m ö g e n einer o f f e n e n Handelsgesellschaft o d e r K o m manditgesellschaft (§ 109) sind die Privatgläubiger eines Gesellschafters w e d e r beteiligte, noch nicht beteiligte Gläubiger. W o h l aber k ö n n e n Gesellschafter selbst Gläubiger sein, z w a r nicht hinsichtlich ihrer Gesellschafts- und Gewinnanteile, wohl aber aus G e s c h ä f t e n (z. B. K a u f , Miete, D a r l e h e n ) , die sie als Dritte mit der Gesellschaft geschlossen haben (vgl. Rdn. 20 zu § 109 V g l O ) . Laufen ein Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) und ein Vergleichsverfahren über das Eigenvermögen des Erben nebeneinander her, so stehen die N a c h l a ß g l ä u b i g e r , denen der Erbe nicht zugleich persönlich haftet, völlig außerhalb des Eigenverfahrens, sie g e h ö r e n hier w e d e r zu den beteiligten, 77

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

noch zu den nicht beteiligten Gläubigern, sondern sind sogenannte außenstehende Gläubiger. b) Der Schuldner behält auch nach Erlaß eines allgemeinen Veräußerungsverbots und bei gestatteter Kassenführung des Verwalters (§§ 57 II, 62, 64) die Verwaltung und Verfügungsbefugnis hinsichtlich seines Vermögens im ganzen (vgl. B G H Z 23 318 = KTS 1957 87), also anders als im Konkurse nicht bloß hinsichtlich des Neuerwerbs. Umgekehrt erstreckt sich die Überwachung durch den Verwalter auch auf den Neuerwerb. Ebenso schützt ein allgemeines Veräußerungsverbot ohne weiteres auch den Neuerwerb, und zwar selbst den erst nach Verbotserlaß erfolgenden (so jetzt ausdrücklich § 59, 2). Desgleichen kann das Vergleichsgericht auch die Verfügung über einen neu erworbenen oder erst erwerbenden Einzelgegenstand verbieten (§ 63). Wenn zum Vermögen des Schuldners, über welches das Vergleichsverfahren eröffnet wird, auch die nicht dem Zwangszugriff und dem Konkursbeschlag unterliegenden Gegenstände gehören, so trifft ein Veräußerungsverbot doch sinngemäß nur die beschlagfähigen Rechte des Schuldners. Dies jedoch unabhängig davon, ob sie bereits im Zeitpunkt des § 2 1 zum Vermögen des Schuldners gehörten (Böhle-Stamschräder, Anm. 1 b zu § 62 VglO). c) Der Umstand, daß das Vergleichsverfahren das Schuldnervermögen im ganzen, also in seinem wechselnden Bestände, umfaßt, macht es erklärlich, daß während eines bestehenden Vergleichsverfahrens kein zweites eröffnet werden kann. Ausgeschlossen ist freilich immer nur ein neues Verfahren über dasselbe Vermögen. Deshalb hindert das Bestehen eines Sondervergleichsverfahrens, z. B. über den Nachlaß, nicht die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens über ein anderes Sondergut, z. B. einen zweiten Nachlaß, oder über das sonstige Vermögen des Schuldners, in unserem Beispiel das Eigenvermögen des Erben. Ebenso kann, wenn zunächst über das Gesamtvermögen des Schuldners das Vergleichsverfahren eröffnet wurde, noch während Bestehens desselben ein Sondervergleichsverfahren über den Nachlaß eröffnet werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob das Sondergut dem Schuldner vor oder nach Eröffnung des Gesamtverfahrens angefallen ist. d) Das Verfahren bezweckt zwar Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners, insbesondere des bisher von ihm betriebenen Unternehmens, schließt aber eine Veräußerung desselben keineswegs aus. Diese braucht weder den Abschluß, noch die Bestätigung des Vergleichs zu hindern. Veräußert der Schuldner während des Verfahrens sein Handelsgeschäft mit der Firma, so fragt es sich, ob der Erwerber gemäß § 25 I H G B , § 419 BGB für die Schulden haftet. Bei einer Veräußerung des Geschäfts im ganzen durch den Konkursverwalter (§§ 117, 134 Nr. 1 KO) findet eine H a f t u n g nicht statt (vgl. RAG 19 179/180, BAG, KTS 1966 189, Jaeger-Henckel, Rdn. 16 zu § 1 KO), denn die Verwertung des Schuldnervermögens im Konkurs dient ja gerade der Gläubigerbefriedigung nach Maßgabe der Konkursordnung (Verfasser, Betrieb 1954, 343, mit weiteren Hinweisen, zustimmend: Böhle-Stamschräder, Anm. 3 zu § 1 KO). Eine Veräußerung des Geschäfts im ganzen während des Vergleichsverfahrens schließt aber mangels abweichender Vereinbarung und Bekanntmachung (§ 25 II HGB) die H a f t u n g des Erwerbers keineswegs aus, weil das Vergleichsverfahren die Befriedigung der Gläubiger nicht durch Masseverwertung, sondern durch •eine Fortführung des Unternehmens bezweckt, auch bei einem nach § 96 des Gesetzes fortgesetzten Vergleichsverfahren ist nicht die Gewähr dafür gegeben, daß der Veräußerungserlös den Gläubigern — nach Vorwegbefriedigung der vom Vergleich nicht betroffenen Gläubiger —, mithin den Vergleichsgläubigern anteilmäßig zugute kommt. Einen solchen Erfolg könnte selbst eine den Erlös betreffende Verfügungsbeschränkung nicht 78

Der Eröffnungsantrag

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gewährleisten, weil sie kein Gebot und kein Zwangsmittel zur Gläubigerbefriedigung enthält. Es kommt hinzu, daß eine aus § 25 I HGB, § 419 BGB eingetretene H a f t u n g des Erwerbers, wie aus § 82 II des Gesetzes folgt, nicht abbedungen werden kann. (Für die Vergleichsordnung von 1927 vgl. Cahn, Z H R 1929 317, Uhlenbruck, Abschreibungsgesellschaften, S. 89, Fußnote 99.) Anders liegt aber die Sache, wenn das Handelsgeschäft vom Schuldner oder einem dazu bestimmten Treuhänder in Ausführung eines Liquidationsvergleichs zwecks Befriedigung der beteiligten Gläubiger veräußert wird. Hier sind diese selbst einverstanden oder gelten wenigstens dafür (§ 82 I), da sie aus dem Erlöse befriedigt werden. Hier entfällt daher die H a f t u n g des Erwerbers, der deshalb in der Regel ja auch einen höheren Preis zahlen wird. Die Befreiung tritt solchenfalls auch gegenüber den nicht vom Vergleich betroffenen Gläubigern ein, da diese ihre Bedenken gegen den Liquidationsvergleich im Vergleichstermine geltend machen konnten (§ 66 II), und das Gericht den Vergleich zur Abstimmung nur zulassen darf, wenn er der Vermögenslage des Schuldners entspricht (§§ 18 Nr. 3, 100 I Nr. 1), was nur der Fall ist, wenn dabei die nicht betroffenen Gläubiger befriedigt oder hinreichend gesichert sind. Ein Liquidationsvergleich (§ 7 IV) des Vergleichsverfahrens kommt der Verwertung des Schuldnervermögens im Konkurs sehr nahe. Es bedarf nicht des § 419 BGB, um den Gläubigern das bisher haftende Vermögen auch weiterhin zu erhalten (vgl. Liebich, Treuhand und Treuhänder im Wirtschaftsrecht (1966) S. 169). Verfasser in der Festschrift „Einhundert Jahre Konkursordnung 1877 bis 1977", S. 317). Der Haftungsausschluß des Betriebsübernehmers für rückständige „Betriebssteuern" ist in der Bestimmung des § 75 Abs. 2 O A 1977 ausdrücklich auch auf eine Betriebsveräußerung im Rahmen eines Liquidationsvergleichs (§ 7 Abs. 4 VglO) ausgedehnt worden. Zur Frage der Anwendbarkeit des § 613 a BGB bei Betriebsveräußerungen in Ausführung eines bestätigten Liquidationsvergleichs (§§ 7 Abs. 4, 78 VglO) wird verwiesen auf Rdn. 10 zu § 3 VglO und Rdn. 17 zu § 7 VglO, sowie zur wirtschaftlichen Bedeutung des § 613 a BGB bei Betriebsveräußerungen im Konkurs auf die Darstellung von Volker Grub KTS 1978, 1 2 9 . Für den Sachverwalter (§91) ist ausdrücklich bestimmt (§ 92 V), daß bei einer Vermögensübertragung zur Vergleichserfüllung die H a f t u n g aus § 419 BGB ausgeschlossen wird. Gleiches muß — dem Wesen der Sache nach — für § 613 a BGB angenommen werden. — e) Bei Steuern, die für bestimmte Zeitabschnitte erhoben werden, wird der bei Eröffnung des Verfahrens laufende Steuerabschnitt ebensowenig beendet wie im Falle der Konkurseröffnung (RFH 44 162 = RStBl. 1939 669). Wohl aber wird die Verjährung von Steuerforderungen, die am Vergleichsverfahren teilnehmen — Steuervergleichsforderungen — von der Eröffnung des Vergleichsverfahrens bis zur Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung gehemmt (§ 55). Die Hemmung der Verjährung ist mithin beschränkt auf Steuerforderungen, deren steuerpflichtiger Tatbestand vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens verwirklicht ist und die nicht unter das Steuervorrecht des § 6 1 Nr. 2 K O fallen. Einzelheiten: Geist, Insolvenzen und Steuern (1964) Rdn. 209 bis 215. F. Eheliches Güterrecht Vorbemerkung Mit dem Ablauf des 31. März 1953 ist der bisher geltende gesetzliche Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes (§§ 1363 ff BGB a. F.), der dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 II GG entgegenstand, außer Kraft getreten. An seine Stelle 79

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

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trat nach herrschender Meinung als neuer gesetzlicher Güterstand die Gütertrennung ( B G H Z 10 279). Das Gleichberechtigungsgesetz vom 12. Juni 1957 (BGBl. I S. 609), das nach Art. 8 II, Nr. 4 am 1. Juli 1958 in Kraft getreten ist, hat als gesetzlichen Güterstand den Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestimmt (§ 1363 B G B ) . Das Vermögen des Mannes und das der Frau werden nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten, mag es vor oder nach der Eheschließung erworben sein. D e r Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, wird jedoch ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinslchaft endet. Uber den Ausgleich des Zugewinns bestimmen die §§ 1373 ff B G B Näheres. Wahlgüterstände sind nach dem Gleichberechtigungsgesetz die Gütertrennung als Güterstand grundsätzlicher Vermögenssonderung der Ehegatten (§ 1414 B G B ) und der Güterstand der Gütergemeinschaft mit dinglicher Vermögensteilhabe (§§ 1415 — 1518 B G B ) , ein Güterstand, der im wesentlichen der früheren „allgemeinen Gütergemeinschaft" entspricht (§§ 1 4 3 7 - 1 5 1 8 B G B a. F.). Mit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes sind zugleich die Konkursund Vergleichsordnung geändert worden. Die Vorschriften der §§ 2, 45, 218, 219 und 234 K O sind neu gefaßt und die §§ 2 3 6 a bis 236 c K O neu in die Konkursordnung eingefügt worden. Die Bestimmung des § 113 der Vergleichsordnung ist geändert (Wegfall der Nr. 8 und Ergänzung durch Absatz II), die der §§ 114 a und 114 b sind eingefügt worden. I. Gütertrennung (§ 1414 B G B ) Eintritt derselben 48

Gütertrennung tritt ein, wenn die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand der Zugewinnschaft von vornherein ausschließen, oder, nachdem sie bereits in ihm gelebt haben, aufheben, oder wenn sie den Zugewinnausgleich ausschließen und letztlich, wenn sie die Gütergemeinschaft aufheben (§ 1414 B G B ) . Dabei ist es nicht erforderlich, daß die Ehegatten, wenn sie den gesetzlichen Güterstand ausschließen oder ihn später aufheben, die Gütertrennung vereinbaren. Ebenso ist diese Vereinbarung nicht erforderlich, wenn sie den Ausgleich des Zugewinns ausschließen oder die Gütergemeinschaft aufheben. Gütertrennung tritt als gesetzliche Folge dieser Erklärungen ein. D e r Zugewinnausgleich kann von vornherein von den Ehegatten ausgeschlossen oder später aufgehoben oder durch rechtskräftigen Urteilsspruch beseitigt werden (§ 1388 B G B ) . D o c h steht es den Ehegatten frei, nachdem ein Urteil, durch das auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erkannt ist, rechtskräftig geworden ist (§ 1388 B G B ) , die Zugewinngemeinschaft neu zu vereinbaren. Dies kann jedoch nur durch Ehevertrag (§ 1410 B G B ) , nicht etwa durch Aussöhnung oder Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft geschehen. Eine bestehende Gütergemeinschaft kann durch Vereinbarung oder durch Urteil aufgehoben werden (§ 1449 I B G B ) . Mit der Rechtskraft des Urteils wird die Gütergemeinschaft kraft Gesetzes durch Gütertrennung abgelöst. Für die Auseinandersetzung über das Gesamtgut gelten in beiden Fällen die Bestimmungen der §§ 1471 ff B G B . D e r Anteil eines Ehegatten am Gesamtgut ist nach § 860 II Z P O pfändbar, gehört gemäß § 1 K O zur Konkursmasse und ist demgemäß im Vergleichsverfahren zu berücksichtigen. Wirkung des Vergleichsverfahrens

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Bei Gütertrennung bleiben die Gütermassen beider Ehegatten gesondert. Ein Vergleichsverfahren über das Vermögen des einen der in Gütertrennung lebenden Ehegat80

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ten greift nicht in das Vermögen des anderen Ehegatten ein. Da aber die vereinbarte Gütertrennung nicht ausschließt, daß die Ehegatten gemeinschaftlich Vermögensgegenstände erwerben, an denen sich Bruchteilsrechte bilden, wird dennoch auch bei Gütertrennung jeder Ehegatte durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen des anderen Ehegatten nicht unberührt gelassen. Die entsprechenden Bruchteilsrechte gehören mit zum Vermögen des Vergleichsschuldners. — Auf Grund der ehelichen Lebensgemeinschaft und ihren rechtlichen wie sozialen Auswirkungen in der Familiengemeinschaft haben beide Ehegatten unabhängig vom Eigentum Mitbesitz an dem gemeinsam benutzten Hausrat (BGHZ 12 380). Wenn im Rahmen einer Zwangsvollstreckung, soweit die Vermutung des § 1362 BGB reicht, dem Ehegatten, gegen den ein Titel nicht vorliegt, das Recht des Mitgewahrsamsinhabers aus § 809 Z P O genommen wird (LG Ansbach N J W 1955 228, Baur in Anm. zu LG Tübingen, JZ 1965 107 f, Jauemig, § 17, II, Wieczorek, Rdn. G, I ff zu § 739 Z P O ) , so gilt dies nicht für das Vergleichsverfahren, denn hierbei handelt es sich nicht um eine Zwangsvollstreckung, sondern um ein Verfahren aus dem Grenzgebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, um ein Verfahren, das weithin die Züge einer Selbstverwaltung trägt, die allerdings unter einer rechtsbetreuenden staatlichen Aufsicht steht (vgl. Berges, K T S 1960 3, Uhlenbruck, KTS 1967 18).

Stellung der Ehegatten Die Gütertrennung schließt nicht aus, daß gewisse Wirkungen, die jede Ehe auf 5 0 güterrechtlichem Gebiet auslöst, die vermögensrechtliche Selbständigkeit der Ehegatten beschränken. Aus der allgemeinen Bestimmung des § 1353 BGB, der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft und aus der Familienunterhaltspflicht (§ 1360 BGB) folgt, daß die Ehefrau nicht etwa auf Herausgabe des ihr gehörenden Hausrats, der der gemeinschaftlichen Haushaltsführung dient, klagen kann. Mithin kann auch der Vergleichsverwalter in dem Vergleichsverfahren über das Vermögen der Ehefrau bei Maßnahmen des Gerichts aus §§58 ff des Gesetzes sein Mitwirkungsrecht nicht f ü r diese Gegenstände in Anspruch nehmen. In einem Vergleichsverfahren über das Vermögen des Mannes ist die Ehefrau, da sie ihre Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch Führung des Haushalts erfüllt (§ 1360 S. 2, erster Halbsatz BGB), nicht ohne weiteres zur Erwerbstätigkeit verpflichtet. Soweit eine solche Verpflichtung besteht, wenn also die Arbeitskraft des Mannes und die Einkünfte sonstiger Art nicht ausreichen, die Verwertung des Vermögensstammes der Ehefrau zur Sicherstellung des Familienunterhalts, etwa einer Altersversorgung, nicht angebracht erscheint (§ 1360 S. 2, Halbsatz 2 BGB), steht es allein dem Ehemann zu, hieraus Unterhaltsrechte gegen die Ehefrau herzuleiten. Wohl aber sind Unterhaltsansprüche eines Ehegatten gegenüber dem anderen aus § 1360 BGB bei der dem Vergleichsschuldner durch § 56 des Gesetzes auferlegten Pflicht zur bescheidenen Lebensführung mit zu berücksichtigen. Soweit dem Vergleichsschuldner Unterhaltsansprüche aus § 1360 BGB zustehen, muß er seinen Vergleichsgläubigern gegenüber sich hinsichtlich der Inanspruchnahme der Einkünfte aus eigenem Vermögen entsprechend beschränken. Soweit die Ehegatten kraft einer zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung gemeinschaftliches Vermögen erworben haben, Miteigentümer nach Bruchteilen geworden sind, hängt das Schicksal solchen Miteigentums vom Bestand der Ehe ab. Dem Teilungsverlangen des einen Ehegatten können die sich aus der Lebensgemeinschaft ergebenden Pflichten entgegenstehen (BGHZ 37, 38). Im Konkurs gilt § 16 K O , wobei der Konkursverwalter im Auseinandersetzungsverfahren gemäß § 6 K O an die Stelle des 81

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Gemeinschuldners tritt. Im Vergleichsverfahren steht dem Verwalter die Befugnis nicht zu, wohl aber kann vom Schuldner zur Erfüllung des Vergleichs, ohne daß damit gegen eheliche Pflichten verstoßen wird, die Teilung begehrt werden.

II. Gütergemeinschaft (§§ 1415 bis 1518 BGB) Gütermassen 51

Durch die Gütergemeinschaft, die die Ehegatten durch Ehevertrag vereinbaren können (§ 1415 BGB), werden das Vermögen des Mannes und das der Frau gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten. Es tritt eine dingliche Gemeinschaft in Form des Gesamthandseigentums am Gesamtgut beider Ehegatten ein, ohne daß es hierzu der für die einzelnen Gegenstände vorgeschriebenen Ubertragungsakte bedürfte. Die Eintragung der Gesamtgutseigenschaft im Grundbuch (§ 33 G B O ) ist Grundbuchberichtigung (vgl. Meikel-Imhof-Riedel, Anm. 49 f zu § 33 GBO). Sie geschieht nicht von Amts wegen, ist vielmehr Sache der Ehegatten. Jeder Ehegatte kann von dem anderen verlangen, daß er zur Berichtigung des Grundbuchs mitwirke (§ 1416 III BGB). Entsprechendes gilt für die Berichtigung der Register bei Rechten an Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen (§ 98 II des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26. 2. 1959 — BGBl. I S. 57). Zum Gesamtgut gehört auch das Vermögen, das der Mann oder die Frau während der Ehe erwirbt (§ 1416 I, S. 2 BGB). Ausgeschlossen vom Gesamtgut ist das Sondergut (§ 1417 BGB), das jeder Ehegatte selbständig, jedoch für Rechnung des Gesamtguts verwaltet. Zum Sondergut gehören Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, wie z. B. Ansprüche aus § 1300 BGB, der Nießbrauch (§ 1059 BGB), persönliche Dienstbarkeiten nach § 1092 BGB. Zum Umfang des Sonderguts: Lutter, AcP 161 163 f. Ausgeschlossen vom Gesamtgut ist ferner das Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB), das jeder Ehegatte selbständig und für eigene Rechnung verwaltet. Das Gesamtgut wird, wenn der Ehevertrag hierüber keine Bestimmung enthält, von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet (§ 1421 BGB). Für die gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtguts gelten die Bestimmungen der §§ 1450 bis 1470 BGB. Bestimmen die Ehegatten im Ehevertrag, daß das Gesamtgut von dem Mann oder der Frau allein verwaltet wird, so gelten für die Rechtsbeziehungen der Ehegatten untereinander und die zu Dritten die Bestimmungen der §§ 1422 bis 1449 BGB. Gesamtgutsvergleich bei gemeinsamer Verwaltung

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Die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten beendet die Gütergemeinschaft nicht. Verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, so kann, wie aus § 2 II K O in Verbindung mit § 2 I S. 3 unseres Gesetzes folgt, über das Gesamtgut auch ein selbständiges Vergleichsverfahren eröffnet werden. Voraussetzung für die Eröffnung dieses Verfahrens ist nach § 236 a I K O in Verbindung mit § 2 I S. 3 unseres Gesetzes, daß beide Ehegatten zahlungsunfähig sind. Der Vergleichsantrag muß von beiden Ehegatten gestellt werden (§ 114 a Nr. 1). Dies entspricht dem Grundsatz des § 1450 BGB. Jeder Ehegatte kann, soweit die Stellung des Vergleichsantrags als zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich anzusehen ist, z. B. um einen zu erwartenden Konkursantrag abzuwehren (§ 46), von dem anderen Ehegatten die Mitwirkung bei der Antragstellung verlangen (§ 1451 BGB). Dies gilt auch in bezug auf die Beschaffung und Einreichung der Anlagen des Vergleichsantrags (§§ 4 f). Soweit es für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder 82

Der Eröffnungsantrag

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dessen Fortsetzung auf das Verhalten des Schuldners ankommt (§§ 17, 18, 56, 79, 99, 100), genügt es nach § 114 a Nr. 2, wenn ein die Ablehnung der Eröffnung, die Versagung der Bestätigung des Vergleichs oder die Einstellung des Verfahrens rechtfertigender Grund nur in der Person eines Ehegatten vorliegt. Der im Vergleichsverfahren über das Gesamtgut bestätigte Vergleich begrenzt nach § 114 a, soweit nichts anderes bestimmt ist, zugleich den Umfang der persönlichen H a f t u n g der Ehegatten. Diese Bestimmung entspricht der Begrenzung der persönlichen H a f t u n g der Gesellschafter durch den Vergleich im Vergleichsverfahren einer offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien nach § 109 Nr. 3 unseres Gesetzes. Entfallen die Vergleichsschranken (§§ 9, 88 I, 89 I), so haften beide Ehegatten wieder wie zuvor. Zusammentreffen desselben mit Vergleichsverfahren über sonstiges Vermögen Trifft ein Vergleichsverfahren oder ein Konkursverfahren über das von den Ehegat- 5 3 ten gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut mit einem Vergleichsverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten zusammen, so sind nach § 114 b I die Gesamtgutsgläubiger in dem Vergleichsverfahren über das sonstige Vermögen des Ehegatten nur in H ö h e des Betrages beteiligt, für den sie in dem Insolvenzverfahren über das Gesamtgut keine Befriedigung erhalten. Diese Regelung entspricht der für den Fall des Zusammentreffens des Konkursverfahrens über das gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut mit dem über das sonstige Vermögen eines Ehegatten, wie sie aus § 236 c K O folgt. Die Regelung entspricht weiter der des § 110 I unseres Gesetzes für den Fall des Zusammentreffens eines Vergleichsverfahrens über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien und eines Vergleichsverfahrens über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters. Die Stellung eines Gesamtgutsgläubigers im Vergleichsverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten entspricht der eines Gläubigers, der abgesonderte Befriedigung beanspruchen kann. Er ist Vergleichsgläubiger in voller H ö h e seiner persönlichen Forderung (vgl. dazu B G H Z 31 174 = KTS 1960 27 = M D R 1960 134, und Anm. Kuhn, M D R 1960 307, für §27), nimmt aber nur in H ö h e des Ausfalls- oder Verzichtsbetrages an der Abstimmung teil und nur dieser Betrag ist für die vergleichsmäßige Befriedigung maßgebend. Die Bestimmungen der §§ 71 II, 97 gelten sinngemäß. Zusammentreffen desselben mit Konkurs über sonstiges Vermögen Trifft ein Vergleichsverfahren über das von beiden Ehegatten gemeinschaftlich ver- 5 4 waltete Gesamtgut mit einem Konkursverfahren über das sonstige Vermögen eines Ehegatten zusammen, so steht nach § 114 b II f ü r die Befriedigung der Gesamtgutsgläubiger im Konkurs über das sonstige Vermögen des Ehegatten das Vergleichsverfahren über das Gesamtgut dem Konkursverfahren gleich. Die Bestimmung ergänzt die des § 236 c K O und entspricht der Regelung des § 110 II für das Zusammentreffen eines Vergleichsverfahrens über das Vermögen der genannten Personalgesellschaften mit einem Konkurs über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters dieser Gesellschaft (vgl. zu diesen Wechselwirkungen: Schmitz-Beuting KTS 1957 35 f). Kein Gesamtgutsvergleich bei Alleinverwaltung Haben die Ehegatten in dem Ehevertrag, durch den sie die Gütergemeinschaft ver- 5 5 einbaren, bestimmt, daß das Gesamtgut nicht gemeinschaftlich, sondern von einem 83

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Ehegatten allein verwaltet wird (§ 1421 BGB), so findet, ebenso wie in diesem Falle ein Sonderkonkurs nicht zulässig ist (§ 2 II K O in Verbindung mit §§ 236 a bis 236 c K O ) , ein Vergleichsverfahren über das Gesamtgut als Sondervergleichsverfahren (§§ 114 a und 114 b) nicht statt. In dem Vergleichsverfahren des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet, wird außer dem Vorbehaltsgut und, soweit pfändbar, dem Sondergut auch das Gesamtgut mit erfaßt. Dies ist für den Konkurs des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet, für die Konkursmasse in § 2 I K O ausdrücklich bestimmt. Es ist eine einheitliche Konkursmasse gegeben, aus der die Gesamtgutsgläubiger und die Vorbehaltsgläubiger wie Sondergutsgläubiger des Gemeinschuldners anteilmäßig zu befriedigen sind, und zwar unabhängig davon, ob der Gemeinschuldner persönlich oder nur ein bestimmtes Gut haftet. Da das Vergleichsverfahren keine „Vergleichsmasse" als Rechtsbegriff kennt, fehlt im Gesetz eine entsprechende ausdrückliche Regelung. Nun bestimmt sich aber die Vergleichsfähigkeit nach der Konkursfähigkeit und sie besteht wie diese immer in bezug auf ein bestimmtes Vermögen (vgl. dazu oben Bern. 10). Daraus folgt, daß das Vergleichsverfahren, welches während einer ehelichen Gütergemeinschaft eröffnet wird über das Vermögen des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet, dieses Gesamtgut mit umfaßt. Eine Auseinandersetzung wegen des Gesamtguts findet nicht statt. Dies ist für den Konkurs in S 2 I S. 2 K O ausdrücklich vorgeschrieben, folgt für das Vergleichsverfahren aus der Tatsache, daß in der Eröffnung (§ 20) kein Zwangsvollzug liegt. Das Vergleichsverfahren ergreift auch den Neuerwerb des Gesamtguts wie des Vorbehalts — und — soweit pfändbar — des Sonderguts des alleinverwaltenden Ehegatten.

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Vergleichsverfahren des das Gesamtgut allein verwaltenden Ehegatten a) Vergleichsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit des allein verwaltenden Ehegatten. Das Vergleichsverfahren ist zu eröffnen über das Vermögen des antragstellenden Ehegatten und das eheliche Gesamtgut. Der andere Ehegatte geht aber nicht wie im Konkurs des Anteils am Gesamtgut verlustig (Mentzel-Kuhn, Anm. 4 zu § 2 K O ) , seine Mitberechtigung am Gesamtgut läßt das Vergleichsverfahren nicht außer Betracht. Verfügungsbeschränkungen, denen der das Gesamtgut allein verwaltende Ehegatte unterliegt ( S S 1423, 1424, 1425, 1427 f BGB), bleiben auch im Vergleichsverfahren in Kraft. Der Umfang des Gesamtguts, das auch den Neuerwerb umfaßt, bestimmt sich nach S 1416 BGB. Nur die bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens ( S S 20, 21) bereits begründeten Verbindlichkeiten des Gesamtguts sind Vergleichsforderungen ( S 25), die später entstandenen sind nicht beteiligt und werden vom Vergleich nicht betroffen. b) Vergleichsschuldner Schuldner im verfahrensrechtlichen Sinne (oben Bern. 3) ist nur der antragstellende, das Gesamtgut allein verwaltende Ehegatte, nicht auch der andere Ehegatte, mag das Gesamtgut auch ausschließlich allein vom ihm stammen. Nach der Person des allein verwaltenden Ehegatten bestimmen sich auch die persönlichen Ablehnungsgründe, wie z. B. die aus S S 17 Nr. 3 bis 5, 100 I, Nr. 1 und 2 des Gesetzes. Soweit die Zulässigkeit des Vergleichsverfahrens von der Vermögenslage abhängt ( S 18 Nr. 3 und 4), beurteilt sich diese nach der Gesamtlage des Vermögens des antragstellenden, das Gesamtgut allein verwaltenden Ehegatten, also nach dessen Sonder- und Vorbehaltsgut und nach dem Gesamtgut. c) Vergleichsgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens — für den Konkursfall nicht bevorrechtigten — Vermögensanspruch gegen den Vergleichsschuldner (vgl. zu b) haben. Das kann auch der das Gesamtgut nicht verwaltende Ehegatte sein, so mit Ansprüchen, die diesem Ehegatten aus Rechtsgeschäften zustehen, die er als Träger seines Alleinvermögens mit dem ande84

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ren Ehegatten abgeschlossen hat, z . B . wegen eines aus dem Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB) gewährten Darlehns. Ferner mit Ersatzansprüchen wegen Verwendungen aus dem Vorbehaltsgut in das Gesamtgut (§§ 683, 812 BGB). Der das Gesamtgut nicht verwaltende Ehegatte hat den Anspruch auf Gleichbehandlung (§8 I). Bei der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag scheidet er jedoch mit seiner Forderung nach § 75 I aus, wenn er dem Vergleichsvorschlag zugestimmt hat. Den Vergleich mit den Gläubigern schließt zwar der Vergleichsschuldner, mithin der das Gesamtgut allein verwaltende Ehegatte, ab, doch bedarf er hierzu u. U. der Zustimmung des anderen Ehegatten. Dies z. B., wenn der Vergleichsvorschlag vorsieht, daß das Gesamtgut im ganzen auf einen Treuhänder übertragen wird (§ 1423 BGB), oder wenn eine Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93) bestellt werden soll (§ 1424 BGB). In diesen Fällen ist die Zustimmung des anderen Ehegatten spätestens bis zur Entscheidung über die Bestätigung des Vergleichs (§ 78) beizubringen. Hinsichtlich des Alleinvermögens, mithin des Sonderund Vorbehaltsguts, ist der andere Ehegatte Dritter. Dies gilt auch hinsichtlich der von ihm herrührenden Gesamtgutsverbindlichkeiten, für welche eine H a f t u n g auch als T r ä ger des Alleinvermögens besteht (§ 82 II). Vergleichsverfahren des Nichtverwaltenden Vergleichsverfahren über das Vermögen des nicht verwaltenden Ehegatten. Die 5 7 Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet, berührt nach § 2 I S. 2 K O das Gesamtgut nicht (vgl. Böhle-Stamschräder, Anm. 4 zu § 2 KO). Auch der Anteil an den einzelnen zum Gesamtgut gehörenden Gegenständen fällt nicht in die Konkursmasse, wie aus § 860 Z P O in Verbindung mit § 1 K O folgt. Zur Konkursmasse gehört mithin nur das Sondergut und das Vorbehaltsgut, soweit pfändbar. Allein auf dieses Vermögen erstreckt sich auch das Vergleichsverfahren des Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet. Dazu können Ansprüche gehören, die sich aus Rechtsgeschäften ergeben, welche der nicht verwaltende Ehegatte als Träger seines Alleinvermögens in bezug auf das Gesamtgut mit dem dieses verwaltenden Ehegatten abgeschlossen hat. Hinsichtlich der Angemessenheit des Vergleichsvorschlags (§18 Nr. 3, 4) kommt es nur auf das Alleinvermögen des nicht verwaltenden Ehegatten an. Soweit den Vergleichsgläubigern auch das Gesamtgut haftet, erleiden sie durch den Forderungserlaß keine Einbuße (§ 82 II). Sie können auch während des Vergleichsverfahrens auf Grund eines gegen den verwaltenden Ehegauen erwirkten Titels in das Gesamtgut vollstrecken (§ 740 Z P O , hierzu: Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts § 6, IV, 1), ohne daß §§ 47, 48 entgegenstehen. Diese Bestimmungen beziehen sich nur auf eine Vollstreckung in das Vergleichsvermögen.

III. Zugewinngemeinschaft

(SS 1363 bis 1390 BGB) Vergleichsverfahren Bei der Zugewinngemeinschaft, dem gesetzlichen Güterstand, bleiben die Vermögen 58 der Ehegatten getrennt. Dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, ist jedoch auszugleichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet ( S 1363 BGB). Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt ( S 1373 BGB). In dem Ausgleichsanspruch soll das wirtschaftliche Ergebnis des gemeinsamen Lebens und der gemeinsamen Arbeit beiden Ehegatten zugute kommen. 85

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Der Ehegatte, der während der Ehe zu seinem Vermögen keinen oder einen geringeren Zugewinn erzielt hatte, hat gegen den anderen Ehegatten einen schuldrechtlichen Anspruch, einen Ausgleichsanspruch, in Höhe der Hälfte des höheren Zugewinns des anderen Ehegatten. Die Bewertung des Anfangs- und Endvermögens regelt die Vorschrift des § 1376 BGB. Die Ausgleichsforderung entsteht erst mit der Beendigung des Güterstandes und ist von diesem Zeitpunkt ab vererblich und übertragbar. Vorher kann kein Ehegatte — auch nicht mit Zustimmung des anderen Ehegatten — sich verpflichten, über den Ausgleichsanspruch zu verfügen (§ 1378 III BGB). Auch nach Beendigung des Güterstandes kann die Ausgleichsforderung eines Ehegatten nur gepfändet werden, wenn sie durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist (§ 852 ZPO). Durch diese Einschränkung der Pfändbarkeit wird verhindert, daß der Ausgleichsanspruch ohne Willen des Berechtigten geltend gemacht werden kann. Zur Anerkennung genügt ein solches vertraglicher Natur, nicht erforderlich ist ein Anerkenntnis nach § 780 BGB. Da die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten die Zugewinngemeinschaft nicht beendet, gelangt keine Ausgleichsforderung zur Entstehung (vgl. faeger-Henckel, Rdn. 6 zu § 2 KO). Die Konkursmasse des in Konkurs geratenen Ehegatten einer Zugewinngemeinschaft umfaßt daher nur das ihm im Zeitpunkt des § 108 K O gehörende, der Zwangsvollstrekkung unterliegende Vermögen, mag es vor oder nach der Eheschließung erworben sein (§ 1 KO). Auch auf dieses Vermögen bezieht sich mithin das Vergleichsverfahren, wie aus § 2 I, S. 3 unseres Gesetzes folgt. Es handelt sich bei der Zugewinngemeinschaft in Wahrheit um eine Gütertrennung mit Zugewinnausgleich. Zum Abschluß eines Treuhandvergleichs, der die Übertragung seines Vermögens im ganzen auf einen Treuhänder vorsieht, bedarf der Ehegatte im Vergleichsverfahren der Zustimmung des anderen Ehegatten aus § 1365 BGB. Diese Zustimmung ist spätestens vor der Bestätigung eines solchen Vergleichs (§ 78) beizubringen. Im Gegensatz zum Konkurs (vgl. hierzu Berges, K T S 1958 65 f) erlischt im Vergleichsverfahren die Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkung aus § 1365 BGB nicht. Im Konkurse folgt das Erlöschen der Beschränkung aus der Befugnis des Konkursverwalters, die ihm durch §§ 6, 117, 134 Nr. 1 K O kraft Gesetzes zusteht und die auch die Anwendung des § 419 BGB bzw. § 25 H G B hier ausschließt (Laue, AcP 146 192, Verfasser, Betrieb 1954 343). Die Gütertrennung mit Zugewinnausgleich schließt nicht aus, daß die Ehegatten kraft einer zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung gemeinschaftliches Vermögen erwerben. Es entsteht als Miteigentum und zwar im Zweifel zu gleichen, sonst wohl auch nach Höhe des eigenen Beitrags zu bestimmenden Bruchteilen. Im Liegenschaftsrecht gilt das Grundbuch, Schiffs-, Schiffsbauregister und Register für Rechte an Luftfahrzeugen. Ist danach ein Ehegatte z. B. Alleineigentümer eines Grundstücks, so kann doch der andere intern, etwa kraft eines Auftrages, dieses für gemeinsame Rechnung zu erwerben, beteiligt sein. Die dann sich ergebenden schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche (BGH, FamRZ 1960, 58) sind auch im Vergleichsverfahren zu berücksichtigen. Sie gewähren entweder ein Vergleichsgläubigerrecht oder aber sie sind als Vermögensbestandteil des Vergleichsschuldners zu werten.

IV. Fortgesetzte Gütergemeinschaft (SS 1483 bis 1518 BGB) Eintritt derselben 59

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft tritt nicht mehr wie früher kraft Gesetzes ein, sondern nur dann, wenn dies im Ehevertrag vereinbart worden ist (§ 1483 I BGB). Die 86

Der Eröffnungsantrag

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E h e g a u e n können die Vereinbarung, d a ß die Gütergemeinschaft fortgesetzt werden soll, bei der Vereinbarung der Gütergemeinschaft, aber auch, wie aus § 1408 BGB folgt, späterhin treffen. Für den Ehevertrag gelten die Bestimmungen der §§ 1410, 1411 BGB. — Die fortgesetzte Gütergemeinschaft kann — abgesehen von dem Vorausgehen der Gütergemeinschaft — ferner eintreten, wenn die Eheleute vorher in Fahrnisgemeinschaft gelebt haben, die, sofern nicht anderes vereinbart w o r d e n ist, weiter besteht (Art. 8, I, 7 GleichberG). Auf die Fahrnisgemeinschaft sind die f ü r die Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften anzuwenden (§ 1549 BGB a. F.). H i e r w a r schon in § 1557 BGB a. F. vorgesehen, daß die fortgesetzte Gütergemeinschaft nur eintritt, wenn sie durch Ehevertrag vereinbart ist. Die Gütergemeinschaft kann nur mit gemeinschaftlichen Abkömmlingen der Ehegatten fortgesetzt werden. Sind neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen andere Abkömmlinge vorhanden, so bemißt sich ihr Erbrecht nach allgemeinen Vorschriften (§ 1483 II BGB). Das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht aus dem ehelichen Gesamtgut, soweit es nicht nach der eben genannten Vorschrift einem nicht anteilsberechtigten Abkömmling zufällt, und aus dem V e r m ö g e n , das der überlebende Ehegatte aus dem Nachlaß des verstorbenen Ehegatten oder nach dem Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft erwirbt (§ 1485 II BGB). Außer dem Gesamtgut sind drei weitere Vermögensmassen vorhanden: das Sonder- und Vorbehaltsgut des überlebenden Ehegatten (§§1417, 1418 BGB) und das V e r m ö g e n der Abkömmlinge. Gesamtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind die Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie Verbindlichkeiten des Verstorbenen, die Gesamtgutsverbindlichkeiten der ehelichen Gütergemeinschaft waren (§ 1488 BGB). D e r überlebende Ehegatte kann, soweit ihn die persönliche H a f t u n g f ü r Gesamtgutsverbindlichkeiten nur infolge des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft, seine H a f t u n g entsprechend den Vorschriften über die E r b e n h a f t u n g auf das Gesamtgut beschränken (§ 1489 II BGB). Diese H a f t u n g s b e schränkung kann auch durch ein Vergleichsverfahren über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft herbeigeführt werden (§ 114). Soweit eine Antragspflicht besteht (§ 1980 BGB), steht dem überlebenden Ehegatten ein Wahlrecht zu: Er kann dieser Pflicht durch einen Antrag auf E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens (§ 236 K O ) oder des dem Nachlaßvergleichsverfahren angepaßten Sondervergleichsverfahren nachkommen. Doch kann ihn in Ausübung dieses Wahlrechts eine Verantwortlichkeit aus § 1980 BGB treffen, wenn er trotz erkennbarer Aussichtslosigkeit die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens nach § 114 beantragt und dadurch der Konkurs schuldhaft verzögert wird.

Vergleichsverfahren über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft a) Vergleichsgrund ist wie bei dem Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) allein die 6 0 Überschuldung, nicht die Zahlungsunfähigkeit. Bei der Feststellung der Uberschuldung bleiben die Forderungen der Gläubiger außer Betracht, die außerhalb des Verfahrens stehen, also weder beteiligte, noch nichtbeteiligte Gläubiger sind, mithin die Eigengläubiger des Erben, Gläubiger, denen nur das Sonder- oder Vorbehaltsgut haftet. Antragsberechtigt sind neben dem überlebenden Ehegatten auch Gesamtgutsverwalter, die gleichermaßen eine Antragspflicht trifft (§ 1895 II BGB). Die anteilsberechtigten Abkömmlinge sind in ihrer Person nicht antragsberechtigt, doch sind sie — soweit tunlich — vor der Entscheidung über die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens zu hören (§ 114 S. 2). D e r Vergleichsantrag kann — im Gegensatz zum Konkursantrag (vgl. hierzu § 236 K O in Verbindung mit § 216 II K O und dazu Jaeger-Weber, Rdn. 13 zu § 236 K O , Mentiel-Kuhn, Anm. 8 zu § 236 K O ) — nicht mehr gestellt werden, wenn K7

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

§2

der überlebende Ehegatte bereits unbeschränkt haftet oder der Nachlaß verteilt ist (§ 113 I, Nr. 3 und dazu LG Osnabrück, KTS 1962 126 mit Anm. Verfasser). Vergleichsschuldner ist nur der überlebende Ehegatte, der den Antrag stellt. Es kommt mithin, was die Würdigkeitserfordernisse betrifft, auf die Abkömmlinge nicht an. Ablehnung der Eröffnung (§§ 17 Nr. 2, 3 in Verbindung mit §§ 16, 19), Versagung der Vergleichsbestätigung (§79) und Einstellung des Verfahrens (§§100, 101) hängen insoweit nur von einem in der Person des überlebenden Ehegatten liegenden Grund ab. b) Tritt die fortgesetzte Gütergemeinschaft während eines Vergleichsverfahrens der überlebenden Ehegatten ein, so fällt das Gesamtgut in das Vergleichsvermögen. Der überlebende Ehegatte hat die Stellung des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet (§ 1487 I BGB). Alle Verbindlichkeiten sind hinfort Gesamtgutsschulden, auch wenn sie es vorher nicht waren. Es liegt nicht etwa ein Fall des § 114 b vor, denn es handelt sich bei dem Vergleichsverfahren über das Gesamtgut nicht um ein solches über das von beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut. c) Tritt während des Vergleichsverfahrens über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) der Tod des überlebenden Ehegatten ein, so wird das Vergleichsverfahren unzulässig, denn die fortgesetzte Gütergemeinschaft endet damit (§ 1494 I BGB). Ist der Vergleich bereits zustande gekommen, so kann er nicht bestätigt werden (§79 Nr. 1). Im übrigen greift § 100 I Nr. 1 des Gesetzes ein. In einem möglichen Anschlußkonkurs (§§ 80, 101) sind die Abkömmlinge nicht als solche Schuldner, vielmehr Erben des verstorbenen Schuldners. G. Zwischenrecht I. Internationales Recht Schrifttum: Heß Konkurs und Vergleich im internat. PrivatR; GießDiss. 1934, Müller-Freienfels Auslandskonkurs und Inlandsfolgen, Festschrift f ü r Dölle Bd. II, S. 359 ff 1963; Nadelmann Internationaler Bankrott, KTS 1958 103, derselbe, Die amerikanische Konkursordnung und gleichzeitige Konkurse im In- und Auslande, Z Z P 76 212, ferner Ausländisches Vermögen unter dem Vorentwurf eines Konkursabkommens f ü r die EWG-Staaten, K T S 1971 65 ff; Houin Konkursprobleme des Gemeinsamen Marktes, K T S 1961 177 f; Böhle-Stamschräder Vor einem Konkursabkommen der EWG-Staaten, K T S 1964 65; Berges Kommt es zu einem EWG-Konkursabkommen?, K T S 1965 73 und Weber Zur Zulässigkeit eines Vergleichsverfahrens über das deutsche Vermögen eines ausländischen Schuldners, K T S 1965 95—140; Baumgärtel Die Grenzen der deutschen internationalen Konkurszuständigkeit im Falle des § 238 Abs. 1 K O in A W D des BB 1971 557 ff; Habscheid Auf dem Wege zu einem Europäischen Konkursrecht, Festschrift f ü r Heinz Paulick 1973 227 ff; Jürgen Dieter Thieme Inlandsvollstreckung und Auslandskonkurs — Zur Auslegung des § 237 K O in Rabeis Zeitschrift 1973 682 ff; Ulrich Huber Right of Stoppage in Transitu und deutsches Konkursrecht in der Festschrift für Friedrich Weber 1975 253 ff; Joachim Schmidt Französisches Recht f ü r Europa — Der „Konkursdurchgriff" im Vorentwurf eines EWG-Konkursabkommens, K T S 1976 11 ff; Hans Hanisch Auslandsvermögen des Schuldners im Inlands- Insolvenzverfahren in der Festschrift Einhundert Jahre Konkursordnung 1877—1977, Köln 1977 139 ff. Weiter ist auf folgende Beiträge zu verweisen, die in dem z. Zt. in Vorbereitung befindlichen H e f t IV der KTS 1978 demnächst veröffentlicht werden: Hanisch „Gegenseitigkeit, comitas und Gläubigergleichbehandlung im internationalen Insolvenzrecht", Hans-Jochem Lüer „Einzelvollstreckungen im Ausland bei inländischen Insolvenzverfahren".

Inlandsvergleichsverfahren mit dem ganzen Vermögen 61

a) H a t der Schuldner (Inländer oder Ausländer, juristische Personen oder vergleichsfähige Personenmehrheit inländischen oder ausländischen Rechts) im Inland 88

Der Eröffnungsantrag

§2

einen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 13—19 Z P O ) , so umfaßt das im Inland eröffnete Vergleichsverfahren das gesamte Schuldnervermögen, auch das im Ausland befindliche („Universalitätsprinzip") — § 1 K O —, ein Prinzip, auf dem auch die Vorschriften der S S 50, 56 K O beruhen (RGZ 54 193 und 153 205). Es ist nun allerdings von dem im Ausland geltenden Recht abhängig, ob und inwieweit das ausländische Vermögen zur Masse im Konkurs und zum für die Erfüllung des Vergleichs im Vergleichsverfahren zu verwertenden Schuldnervermögen herangezogen werden kann (RGZ 100 241; Nadelmann K T S 1958 103, Z Z P 1976 212). Der Konkursverwalter hat demgemäß auch das ausländische Vermögen des Gemeinschuldners in Verwaltung zu nehmen (SS 1 Abs. 1, 6, 117 KO). Kraft seiner Prozeßführungsbefugnis (vgl. Weber KTS 1955 102/106) kann er vor deutschen Gerichten Ansprüche geltend machen, die sich auf das im Ausland belegene Vermögen des Gemeinschuldners beziehen (vgl. BGH, K T S 1977 172 = N J W 1977 900). Die Durchsetzung des Urteilsspruchs hängt freilich vom ausländischen Recht ab (RGZ 100 242, Mentzel-Kuhn, Anm. 1 zu % 237 K O , Hanisch a a O S. 157 mit weit. Hinweisen). Das deutsche Recht selbst erkennt (S 237 I KO) die Universalitätswirkung eines im Ausland eröffneten Konkurses f ü r das deutsche Gebiet nicht an. Darüber hinaus bleibt nach deutschen Recht („Territorialitätsprinzip") trotz des im Ausland eröffneten Insolvenzverfahrens der Schuldner hinsichtlich seines im Inland befindlichen Vermögens verfügungs- und prozeßführungsbefugt (BGH, K T S 1960 74 = N J W 1960 774 = M D R 1960 578 mit Anm. Kuhn, ferner BGH, K T S 1962 173 = N J W 1962 1511 = M D R 1962 898, a. A. O L G München BayJMBl. 1956 56 und Hagemann, K T S 1960 161.

Diesem Rechtsstandpunkt des deutschen Rechtes tritt ein Urteil des Handelsgerichts Brüssel — 18. Kammer — (tribunal de Commerce de ßruxelles) vom 20. Juni 1975, veröffentlicht in französischer Sprache in Jurisprudence commerciale de Belgique 1976 — IV — 629//entgegen. Das Erkenntnis wird im H e f t IV der KTS 1978 in deutscher Sprache mit folgenden Leitsätzen veröffentlicht werden: „1. Das deutsche Recht folgt dem Prinzip der Universalität des Konkurses nur zum Vorteil deutscher Gläubiger, während die belgische Lehre und Rechtsprechung übereinstimmend die Begriffe der Einheit und der Universalität des Konkurses, wie sie im internen belgischen Recht herrschen, auf das Gebiet des internationalen Rechts erstrecken. 2. Weil diese Prinzipien der Einheit und der Universalität des Konkurses in Belgien zum ordre public gehören, liefe es diesem ordre public zuwider, wenn in Belgien dem Konkurseröffnungsbeschluß eines deutschen Gerichts irgendeine Wirkung beigemessen würde, während die deutsche Gesetzgebung das Prinzip der Universalität des Konkurses nur für solche Gemeinschuldner anerkennt, die ihren W o h n - oder Gesellschaftssitz in Deutschland haben." Zu diesem Erkenntnis nimmt Hanisch in dem zur Zeit in Vorbereitung befindlichen H e f t IV der KTS 1978 Stellung. Die vorstehend — kurz zusammengefaßten — Rechtsgrundsätze des „internationalen Konkursrechts" gelten auch für das gerichtliche Vergleichsverfahren (vgl. JaegerJahr, Rdn. 8 zu S S 237, 238 KO). Zu Unrecht wird dies bezweifelt in dem Urteil des O L G Köln vom 9. 3. 1978 - 18 U 193/77 (wird veröffentlicht in K T S IV/78). In beiden Insolvenzverfahren wehren die Vollstreckungsverbote ($14 K O , S 47 VglO) nur Sonderzugriffe auf das Inlandsvermögen ab (Jaeger-Lent, Rdn. 35 zu § 14 K O , bzw. Schneider II in KTS 1964 10). Auf die Verfügungsmacht kommt des dabei nicht an. — Im Zusammenhang mit den Vorschriften der SS 2 3 7 > 2 3 8 K O >st a u f die des § 1 7 Nr. 4 V g l O zu verweisen. Sie stellt im Hinblick auf den Ablehnungsgrund lediglich auf 89

§2

I. A b s c h n i t t : E r ö f f n u n g s a n t r a g , V e r g l e i c h s v o r s c h l a g

Inlands- Insolvenzverfahren ab. Ein etwa im Auslande innerhalb d e r Fünf-Jahres-Frist a n h ä n g i g gewesenes K o n k u r s - o d e r Vergleichsverfahren o d e r dessen rechtskräftige A b l e h n u n g steht d e r E r ö f f n u n g eines (neuen) Vergleichsverfahrens im Inlande nicht entgegen. — Dies wird jedoch d a n n nicht m e h r gelten, w e n n die W i r k u n g e n solcher V e r f a h r e n im Auslande auf Inlandsverfahren d u r c h Staatsverträge geregelt sein w e r den, wie es z. B. nach Art. 31 des E n t w u r f e s eines Staatsvertrages zwischen der R e p u blik Osterreich und d e r Bundesrepublik D e u t s c h l a n d auf d e m Gebiete des K o n k u r s und Vergleichsrechts vorgesehen ist (vgl. d a z u Ziff. 28 der B e m e r k u n g e n zu diesem E n t w u r f ) . D a g e g e n k a n n der A b l e h n u n g s g r u n d des § 17 N r . 3 des Gesetzes (Bankrott) bereits nach geltendem Recht einen solchen im Ausland b e g a n g e n e n b e t r e f f e n , denn das Gesetz e r f o r d e r t nicht die B e g e h u n g der T a t im Inland (Kössler K u T 1930 71 f ü r die alte V e r g l e i c h s o r d n u n g , d o r t § 22 N r . 3). D e r oben g e n a n n t e Entwurf beschränkt in seinem Artikel 30 den A n w e n d u n g s b e r e i c h aus rechtsstaatlichen E r w ä g u n g e n auf V e r u r t e i l u n g e n , die eine nach dem I n k r a f t t r e t e n des Staatsvertrages b e g a n g e n e T a t z u m Gegenstand haben ( B e m e r k u n g e n Ziff. 27). Möglicherweise ist ein Vergleichsverfahren im Inland nach § 18 N r . 3 des Gesetzes unzulässig, weil der Vergleichsvorschlag nicht d e r V e r m ö g e n s l a g e des Schuldners entspricht. D a s Gericht wird sich deshalb Gewißheit d a r ü b e r verschaffen müssen, ob und welches V e r m ö g e n im Ausland z u r V e r f ü g u n g steht bzw. ob im Ausland ein K o n k u r s o d e r Vergleichsverfahren (Schuldenregelungsverfahren) schwebt (§ 116 I)). D e r V e r gleichsschuldner hat von sich aus in seinem Vermögensverzeichnis auch sein ausländisches V e r m ö g e n anzugeben. Er unterliegt, soweit möglich, insoweit der Aufsicht (§§ 5 I, 39, 40 I, S. 2) und d e r A u s k u n f t s v e r p f l i c h t u n g (§ 69). — Vergleichsgrund und V e r gleichseignung sind nach dem G e s a m t v e r m ö g e n des Schuldners zu beurteilen (§§ 18 N r . 3, 4, 100 I N r . 1), ebenso die Frage der K o s t e n d e c k u n g (§ 17 N r . 6). Die U n z u l ä s sigkeit des Vergleichsverfahrens w e g e n eines unangemessenen A u f w a n d s (§§ 56, 100 I N r . 5) k a n n sich auch ergeben, w e n n dies mit Mitteln des ausländischen V e r m ö g e n s geschieht. Ein vom Vergleichsgericht erlassenes allgemeines V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t trifft mit dem Inlandsvermögen ebenso die im Ausland befindlichen V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e , wie denn auch in b e z u g auf diese spezielle V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n a n g e o r d n e t w e r d e n k ö n n e n , m ö g e n diese M a ß n a h m e n auch am Mangel ihrer D u r c h f ü h r b a r k e i t leiden (vgl. f ü r die entsprechenden Fragen im K o n k u r s r e c h t : Mentzel-Kuhn Anm. 1 zu § 237 K O ) . V e r s t ö ß t der Schuldner hiergegen, so ergibt sich ein z w i n g e n d e r Ablehnungs- b z w . Einstellungsgrund (§§ 17 N r . 9, 100 I N r . 3). Dies o h n e Rücksicht d a r a u f , ob die gerichtlichen M a ß n a h m e n nach dem lex loci a n e r k a n n t w e r d e n . W e n n der V e r walter vom Schuldner auch verlangen k a n n , d a ß dieser ihm insgesamt die K a s s e n f ü h r u n g überläßt (§ 57 II), so wird doch eine W e i g e r u n g des Schuldners, soweit es sich um das Auslandsvermögen handelt, nicht in jedem Falle als Ablehnungs- bzw. Einstellungsg r u n d (§§ 17 N r . 9, 100 I N r . 3) angesehen w e r d e n k ö n n e n , denn sie kann gerade hier, je nach den gegebenen U m s t ä n d e n , sehr wohl entschuldbar sein. b) Insofern gilt wie im K o n k u r s d e r G r u n d s a t z der Universalität (vgl. Jaeger-Jahr Rdn. 8 zu §§ 237, 238 K O ) . D e m entspricht es, d a ß die ausländischen Gläubiger, auch mit Bezug auf die im Ausland b e g r ü n d e t e n und sich nach ausländischem Recht beurteilenden F o r d e r u n g e n grundsätzlich in gleicher Weise beteiligt sind wie inländische (§ 37). Die Frage, ob ein ausländischer Gläubiger Vergleichsgläubiger ist o d e r nicht, beurteilt sich, soweit die Begriffsbestimmung des Beteiligtseins in Betracht k o m m t (§ 25 I), nach deutschem Recht ( R G , K u T 1931 133). D a g e g e n richten sich die Fragen, ob die F o r d e r u n g im Z e i t p u n k t der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g ( § 2 1 ) bereits b e g r ü n d e t w a r , ob dem Gläubiger ein P f a n d - o d e r V o r z u g s r e c h t zusteht, von dem nach deutschem Recht die Möglichkeit der abgesonderten Befriedigung im K o n k u r s abhängt (§§ 47 ff K O ) , 90

Der Eröffnungsantrag

§2

nach ausländischem Recht, wenn das zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner bestehende Rechtsverhältnis nach den Sätzen des internationalen Privatrechts einer ausländischen Rechtsordnung unterliegt. Eine Ausnahme besteht für das Konkursanfechtungsrecht. Maßgebend ist hier das Konkursrecht des Konkursstaates (vgl. O L G H a m m , N J W 1977 504 mit Anm. Oexmann zustimmend: Hanisch Kölner Festschrift 1977 139/151/163). Ist nach der lex rei sitae (für bewegliche Sachen: R G Z 100 31) z. B. ein durch bloßen Vertrag vereinbartes Pfandrecht als begründet anzusehen, so folgt daraus f ü r das Vergleichsverfahren noch nicht, daß der Gläubiger kein Vergleichsgläubiger nach § 27 des Gesetzes ist, denn das deutsche Recht kennt nur ein Fahrnis-Besitzpfand und nur aus diesem könnte ein Absonderungsrecht (§§ 47 ff KO) begründet sein (vgl. Berges KTS 1970 249/260). Steht fest daß der ausländische Gläubiger am Vergleichsverfahren beteiligt ist, so verbietet § 37 jede Art der Schlechterstellung gegenüber dem inländischen Gläubiger. Eine Besserstellung ist nur unter den Voraussetzungen des § 8 II, mithin nur mit Zustimmung der zurückgesetzten inländischen Gläubiger zulässig. Doch bezieht sich diese Bestimmung nur auf den Vergleichsvorschlag. Auch ein Abkommen, das der Schuldner mit dem ausländischen Gläubiger über dessen Bevorzugung schließt, verstößt gegen das Gesetz (§ 8 III). N u n kann aber nicht verhindert werden, daß der ausländische Gläubiger durch eine Vollstreckungshandlung in das ausländische Vermögen besondere Befriedigung erlangt, denn das Vollstreckungsverbot des § 47 kann dort nicht eingreifen (vgl. Schneider II, K T S 1964 10). N u r Inlandsbehörden kann das Inlandsgesetz die Ausübung der staatlichen Zwangsgewalt verbieten. Der Gläubiger kann hier seine ganze, noch nicht getilgte Forderung beitreiben. Ist die Inlandquote ausgeschüttet, so hängt die Zulässigkeit einer Beitreibung wegen des Restbetrages davon ab, ob und in welchem Umfange die Rechtsordnung des betreffenden ausländischen Staates die Wirksamkeit des deutschen bestätigten Vergleichs (§§ 78 ff) anerkennt. Erlangt der Gläubiger im Ausland vor Ausschüttung der Inlandquote durch Vollstreckung im Ausland Befriedigung, so ist diese auf die ihm in Inland zustehende Quote nur insoweit anzurechnen, als sie den nach dem Vergleichsvorschlag erlassenen Teil der ursprünglichen Schuld übersteigt (so für das Konkursverfahren: BayObLG, LZ 1908 Sp. 550 ff, für das Vergleichsverfahren in bezug auf das durch Einzelvollstreckung Erlangte, soweit die Anrechnungsfrage bewußt im Vergleich „ausgeklammert worden" ist: O L G Köln, Urteil vom 9. 3. 1978 — 18 U 193/77 —, zur Veröffentlichung in KTS 1978 mit zustimmender Anm. Kalter vorgesehen, so aus dem Schrifttum: f ü r das Konkursverfahren Jaeger-Weber, Anm. 22 zu § 193 K O , Mentzel-Kuhn Anm. 16 zu § 14 K O und Anm. 1 zu § 237 K O , für das Vergleichsverfahren: VogelsNölte Einl. V, 1, Berges KTS 1970, 249/260). Demgegenüber folgert Hanisch aaO S. 139/154 ff, aus § 362 BGB folge, daß der Gläubiger — gleich, wie die Leistung an ihn bewirkt worden sei — sich das im Ausland Erlangte auf die Ursprungsforderung anrechnen lassen müßte. Die Berechnung der „Inlandsdividende" von der verbleibenden Restforderung sieht jedoch Hanisch (S. 155) nicht als ausreichend an und gewährt einen Bereicherungsanspruch wegen Eingriffs in die Rechtssphäre der (Inlands-) Sollmasse in Widerspruch zum in § 117 Abs. 1 KO festgelegten Zuweisungsgehalt (Eingriffskondiktion) — S. 157/158. — Dem steht zur ersten Begründung entgegen, daß das Auslandsvermögen als besondere Vermögensmasse im Sinne des § 68 K O (§ 32 VglO) anzusehen ist (so auch Kalter in der Anm. zu O L G Köln (KTS 1978) unter Berufung auf Jaeger-Lent Anm. 4 zu § 68 KO). — Die zweite Begründung (Eingriff des Gläubigers in das Recht des Konkursverwalters aus § 117 Abs. 1 KO) könnte für das Vergleichsverfahren nicht gelten. Sie führt im übrigen dazu, daß der Konkursverwalter praktisch seiner Pflicht, sich um das Auslandsvermögen des Gemeinschuldners zu 91

§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

bemühen, weitgehend enthoben ist, da er die Vollstreckungsergebnisse von Gläubigern abwarten kann. Diese aber werden im Ausland nicht mehr vollstrecken, wenn sie wissen, daß sie das Erlangte herausgeben müßten. Damit aber ist im Ergebnis das Auslandsvermögen freigestellt von Zugriffen. — Verwehrt kann ein Zugriff in das Auslandsvermögen des Gemeinschuldners den Gläubigern nur dann sein, wenn vor ihnen der Konkursverwalter — gleich auf welchem Wege — zugegriffen hat. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die oben zum Schrifttum des internationalen Insolvenzrechts genannten neueren Beiträge von Hanisch und Hans-Jochem Liier, deren Veröffentlichung im zur Zeit in Vorbereitung befindlichen Heft IV der K T S 1978 vorgesehen ist. Beide Beiträge nehmen zum Urteil des O L G Köln vom 9. 3. 1977 - 18 U 193/77 - Stellung. Während Hanisch die Bedeutung der Wahrung des Prinzips der Gläubigergleichbehandlung besonders hervorhebt, wobei auf die bereits oben genannte Entscheidung des Tribunals de commerce de Bruxelles (wird in deutscher Sprache im Heft IV der K T S 1978 veröffentlicht) und auf das FinahankUrteil des United States Court of Appeals — Second Circuit — vom 30. 8. 1977 (Banque de Financement S. A. v. First National Bank of Boston 568 F. 2 d 911 f f — 1977 —) verwiesen wird, schließt sich Hans-Jochem Liier (der zweite Teil dieses Beitrags wird im Heft 1 der K T S 1979 veröffentlicht werden) der Ansicht von Jäger-Jahr, Anm. 231, 223 ff zu §§ 237, 238 K O an und lehnt gleichermaßen das O L G Köln (aaO) ab. Diese Rechtsgrundsätze gelten dann nicht, wenn durch Staatsvertrag anerkannt wird, daß die Eröffnung des Vergleichsverfahrens im Inland auch auf das Auslandsvermögen wirkt. — Dies ist für den Konkurs im Artikel 11 des Entwurfes eines Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiete des Konkurs- und Vergleichsrechts festgelegt. Der Konkursverwalter (Masseverwalter) ist danach berechtigt, auf Grund einer Ausfertigung des Konkurseröffnungsbeschlusses das in dem anderen Vertragsstaat befindliche Vermögen des Gemeinschuldners zu verwerten. Für das Vergleichsverfahren (Ausgleichsverfahren) gelten die konkursrechtlichen Bestimmungen des genannten Vertragsentwurfs nach näherer Maßgabe des Artikels 29 entsprechend. Danach ergreift z. B. ein im Inland erlassenes Veräußerungs- und Verfügungsverbot auch das im anderen Vertragsland befindliche Vermögen des Vergleichsschuldners (vgl. Bern. 26 des Vertragsentwurfes). Inlandsvergleichsverfahren über das inländische Vermögen 62

a) Zu einem auf das Inlandsvermögen beschränkten Vergleichsverfahren (oben 41) wird es praktisch nur kommen, wenn über den Schuldner im Ausland ein Konkursoder konkursabwendendes Schuldenregelungsverfahren (Vergleichsverfahren) eröffnet oder mangels Masse undurchführbar ist. Da ein solches Verfahren, gleich welcher Art, sich nicht auf die im Inland befindliche Zweigniederlassung oder das selbstbewirtschaftete Gut erstreckt, besteht für die Gläubiger Veranlassung, in das im Inland befindliche Vermögen, insbesondere auch in Forderungen gegen Schuldner des Gemeinschuldners (Vergleichsschuldners) mit Sitz in der Bundesrepublik zu vollstrecken. Eine solche Vollstreckung ist auch dann möglich, wenn das ausländische Recht sich Wirkung über das eigene Staatsgebiet hinaus beimißt, denn diese Erstreckung hätte nach § 237 I K O im Inland keine Bedeutung (vgl. R G Z 100 242/243 und 153 207, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 237 KO). Das deutsche Recht erkennt (Ausnahme gemäß dem Vorbehalt des § 237 II K O bei zwischenstaatlichen Regelungen) dem Auslandsverfahren nur territoriale Wirkung zu (oben 6 1 a ) . Den Vollstreckungen der Gläubiger in dieses Vermögen kann der Schuldner jedoch mit einem Antrage auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das inländische Vermögen (Vermögen innerhalb Deutschlands) begegnen. 92

Der Eröffnungsantrag

Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines solchen Vergleichsverfahrens richten sich nach § 238 K O in Verbindung mit § 2 I, S. 3 unseres Gesetzes (Weber KTS 1965 95 f kritisch dazu Baumgärtel A W D des BB 1971 557/559). Die Bestimmung des § 238 I K O begründet neben der des § 71, I K O eine deutsche auf das inländische Vermögen beschränkte Konkurszuständigkeit, wenn der ausländische Schuldner im Inland nur eine gewerbliche Niederlassung hat, die nicht als seine Hauptniederlassung anzusehen ist (vgl. Jaeger-Jahr Rdn. 76 zu §§ 237, 238 K O , BöhleStamschräder Anm. 1 zu § 237 KO). Die Bestimmung des § 238 II K O begründet für seinen Bereich — selbstbewirtschaftetes Gut — eine entsprechende Zuständigkeit. Für den Begriff der „gewerblichen Niederlassung" im Sinne des § 238 I K O ist, wie aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung folgt (vgl. dazu Weber KTS 1965 100—106), nicht von dem für § 2 1 I Z P O entwickelten Niederlassungsbegriff auszugehen. Die Merkmale der gewerblichen Niederlassung im Sinne des § 238 I K O sind vielmehr selbständig zu bestimmen. Es genügt für eine solche Niederlassung eine Betriebsstelle des ausländischen Schuldners, welcher im Rahmen des Gesamtunternehmens eine, wenn auch umgrenzte, gewerbliche Betätigung zugewiesen worden ist (vgl. Jaeger-Weber Rdn. 5 zu § 71 K O , Jaeger-Jahr Rdn. 76 zu §§ 237, 238 K O , Weber KTS 1965 95/107, abweichend: Baumgärtel A W D des BB 1971 557/559 und Mentzel-Kuhn Anm. 1 zu § 238 KO). Die Betriebsstelle muß für den ihr zugewiesenen Betätigungsbereich in sachlicher und personeller Hinsicht ausgestattet sein. Dazu genügt nicht etwa schon die Errichtung eines Postfachs zur Annahme von Sendungen aller Art. Es muß eine gewerbliche Betätigung begonnen haben. Wann dies der Fall sein wird, ist im wesentlichen Tatfrage. Nicht verlangt werden kann dazu, daß bereits Forderungen gegen inländische oder ausländische Schuldner entstanden sind, die auf die gewerbliche Betätigung der Niederlassung zurückzuführen sind. Eine solche Niederlassung kann auch dann noch rechtswirksam errichtet werden, wenn ein ausländisches Insolvenzverfahren, gleich welcher Art, bereits anhängig ist, denn nach § 237 I K O wird der ausländische Schuldner in seiner Handlungsfreiheit in bezug auf das inländische Vermögen nicht durch ein solches Verfahren beeinträchtigt (BGH, KTS 1960 74 = N J W 1960 774 = M D R 1960 578 mit Anm. Kuhn ferner BGH, KTS 1962 173 = N J W 1962 1511 = M D R 1962 898, a. A. O L G München BayJMBl. 1956 56 und Hagemann KTS 1960 161). So stellt sich denn auch die Errichtung einer Zweigniederlassung zur Eröffnung der Möglichkeit eines inländischen Vergleichsverfahrens als mit dem Gesetz vereinbar dar, wenn der ausländische Schuldner in eine wirtschaftliche Krise geraten ist (LG Freiburg, KTS 1964 189). Das Bestehen der Zweigniederlassung ist nach § 238 I K O in Verbindung mit § 2 I S. 1 und 2 unseres Gesetzes nicht nur maßgebend für die Zuständigkeit, sondern vor allem Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vergleichsverfahrens über das inländische Vermögen. Hinsichtlich des Zeitpunktes ist nicht auf den des Einganges des Vergleichsantrags, vielmehr darauf abzustellen, ob die Gesetzesvoraussetzung bei Erlaß der Entscheidung über die Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§20, 21) vorliegt. Wird die Zweigniederlassung bei Stellung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens gerade erst errichtet, so liegt zwar zunächst ein Mangel vor, der die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und die Zulässigkeit des beantragten Verfahrens betrifft, der jedoch sich nicht etwa als ein Mangel der Gerichtsbarkeit im Sinne des Fehlens der facultas jurisdictionis darstellt (Weber KTS 1965 95 f mit weiteren Hinweisen). Doch kann dieser Mangel ebenso wie andere Mängel eines Vergleichsantrags (z. B. fehlende Anlagen des Eröffnungsantrags aus § 4) bis zum Erlaß des Eröffnungsbeschlusses behoben werden (oben Bern. 2 d und 41, LG Freiburg, KTS 1964 189, 93

§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

abweichend: Baumgärtel A W D des B B 1971 5 5 7 / 5 5 9 f, der den Zeitpunkt der Gründung der Zweigniederlassung für maßgebend erachtet). D a s Vergleichsverfahren ist trotz seiner gegenständlichen Beschränkung kein Sonderverfahren (vgl. dazu oben 10), vielmehr Gesamtverfahren und umfaßt alle im Inland befindlichen Gegenstände, nicht nur diejenigen, die in den Bereich der die Zuständigkeit begründenden Niederlassung oder Gutswirtschaft fallen. D i e Frage, ob ein Vermögensgegenstand des Vergleichsschuldners sich im Inland befindet, wird bei Sachen und den in Inhaber- oder Orderpapieren verkörperten Rechten durch den Lageort der Sache oder des Papiers entschieden. Bei Forderungen des Vergleichsschuldners im übrigen entscheidet der Wohnsitz oder Sitz seines Schuldners (des Drittschuldners), soweit dort die Schuld zu erfüllen ist. Liegt der Erfüllungsort im Ausland, so gehört sie zum ausländischen, nicht vom Inlandvergleichsverfahren ergriffenen V e r m ö g e n des Schuldners ( O H G Köln, N J W 1949 502). H a f t e t für die Forderung eine Sicherheit, so ist maßgebend der Ort, wo die Sache sich befindet (§ 23 S. 2 Z P O und dazu Wieczorek Rdn. B, III a, 1/2 zu § 2 3 Z P O ) . b) O b der Schuldner zahlungsunfähig ist, beurteilt sich nach seiner Gesamtlage, da die Zahlungsunfähigkeit in keiner notwendigen Beziehung zum Inlandsvermögen steht. Ist aber im Ausland bereits Konkurs eröffnet, so bedarf es nach § 238 III K O zur E r ö f f n u n g des inländischen Konkurses und entsprechend des Vergleichsverfahrens (Kiesow Anm. 14 zu § 1 V e r g l O v. 1927) keines Nachweises der Zahlungsunfähigkeit. Gleiches gilt, wenn im Ausland ein den Konkurs abwendendes Verfahren anhängig ist. Für den Vergleichsgrund der Uberschuldung kommt es dagegen auf das Inlandvermögen des Schuldners an. Uberschuldung liegt vor, wenn die Forderungen der in- und ausländischen Gläubiger das Inlandvermögen übersteigen. Es ist danach ohne Bedeutung, ob die Gläubigerforderungen in Beziehung zu der die Zuständigkeit begründenden Niederlassung oder Gutswirtschaft (§ 238 I K O ) stehen. D e r Schuldenstand folgt, soweit nicht das Gericht gemäß § 116 weitere Ermittlungen hierzu einzuleiten hat, aus den Anlagen zum Vergleichsantrag (§§ 4, 6). Zu berücksichtigen sind die Forderungen aller Gläubiger, der Vergleichsgläubiger und der Nichtvergleichsgläubiger. Auch die Angemessenheit des Vergleichsvorschlags (§ 18 N r . 3, 4) ist nach dem Stande des inländischen Vermögens des Schuldners zu beurteilen. Eine Schädigung der Gläubiger tritt dadurch nicht ein, denn es steht ihnen offen, sich an das ausländische V e r m ö g e n des Vergleichsschuldners zu halten. Dies ohne durch den im Inland angenommenen und bestätigten Vergleich (§§ 78 f) in der Beitreibung ihres Ausfalls gehindert zu sein (vgl. oben Bern. 61, b). Die im Gesetz niedergelegten Verfahrenslasten treffen den Schuldner nur in bezug auf das inländische V e r m ö g e n , nicht darüber hinaus. Auf dieses V e r m ö g e n allein erstreckt sich die Aufsicht des vorläufigen Verwalters ( § § 1 1 , 38 ff), sowie die Möglichkeit der Kassenführung (§ 57 II). Veräußerungsverbote (§§ 58 f) können nur dieses V e r m ö g e n erfassen. Zustellungen an den Vergleichsschuldner geschehen auch ins Ausland durch A u f g a b e zur Post, sind jedoch dann mit der Bezeichnung „Einschreiben" zu versehen ( § 1 1 8 I, II). V o n der Pflicht zum persönlichen Erscheinen im Vergleichstermin (§ 68 I) ist auch der Vergleichsschuldner mit Wohnsitz im Ausland nur unter der Voraussetzung des § 68 II des Gesetzes befreit. c) Für „Spaltgesellschaften", für Gesellschaften, die im anderen Teil Deutschlands enteignet worden sind, jedoch außerhalb des Hoheitsgebietes der Enteignungsbehörde V e r m ö g e n besitzen, ergeben sich Besonderheiten aus der beschränkten Wirkung der Enteignungsmaßnahmen ( B G H Z 29 320 = N J W 1959 1126, Kuhn W M 1956 2). D a s enteignungsfrei gebliebene, etwa im Gebiet der Bundesrepublik gelegene V e r m ö g e n ist damit nicht herrenlos geworden. Es kann z. B. im Falle der Enteignung einer Aktienge94

Der Eröffnungsantrag

§2

sellschaft im anderen Teile Deutschlands durch das Registergericht des in der Bundesrepublik gelegenen Vermögens gemäß § 85 AktG ein Notvorstand bestellt werden, um ein Aufgebot unbekannter Gläubiger (§§ 1170 f BGB) hinsichtlich der westdeutschen Hypotheken zu erwirken (Verfasser Betrieb 1954 714). Uber die Bestimmung des § 238 II K O hinaus kann nach Artikel 3 des Gesetzes vom 26. 4. 1961 zum „Zweiten Abkommen vom 16. August 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über gewisse Angelegenheiten, die sich aus der Bereinigung Deutscher Dollarbonds ergeben" (BGBl. II S. 461) bei solchen „Spaltgesellschaften" hinsichtlich des in der Bundesrepublik gelegenen Vermögens ein Konkursverfahren auch dann stattfinden, wenn dies sich nicht als gewerbliche Niederlassung darstellt (zum Begriff der gewerblichen Niederlassung im Sinne des § 238 II K O siehe die Darstellung zu a dieser Anmerkung). Damit ist in solchen Fällen gemäß § 2 I S. 3 unseres Gesetzes auch ein Vergleichsverfahren über das Inlandvermögen zulässig {Schneider II KTS 1964 1 f). Erforderlich ist, da nur der Schuldner den Vergleichsantrag stellen kann, die Bestellung eines Notvorstandes gemäß § 29 BGB, einer Bestimmung, die auf rechtsfähige Vereine und Handelsgesellschaften anwendbar ist, soweit Sondervorschriften fehlen (RGZ, J W 1936 2312). Doch kann ein Notvorstand nicht etwa auf Antrag des Konkurs- oder Vergleichsgerichts bestellt werden, denn das Gericht ist nicht Beteiligter im Sinne des § 29 BGB (Enneccerus-Nipperdey § 109 I 1, Anm. 9, 10). Das Vergleichsverfahren hat wie ein Vergleichsverfahren über eine Zweigniederlassung (§ 238 II K O in Verbindung mit § 2 I, S. 2 und 3 unseres Gesetzes) nur beschränkte Wirkungen. Es bezieht sich nur auf das innerhalb der Bundesrepublik gelegene Vermögen der Vergleichsschuldnerin in ihrer Eigenschaft als „Spaltgesellschaft". N u r auf das Inlandsvermögen beziehen sich die Erfordernisse der §§ 3 ff des Gesetzes. N u r dieses Vermögen ist maßgebend f ü r etwaige Ablehnungsgründe aus §§17, 18 des Gesetzes. Es gilt das Territorialitätsprinzip (vgl. Schneider KTS 1964 11 f). Das Auslandsvergleichsverfahren Das ausländische Vergleichsverfahren hat keine Wirkung im Inland, und zwar auch 6 3 dann nicht, wenn es sich nach dem Rechte des Vergleichsgerichts auf das gesamte, also auch auf das im Inland befindliche Vermögen erstreckt (§ 237 I K O in Verbindung mit § § 1 , 2 unseres Gesetzes (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 1 und 2 zu § 237 KO). Ein im ausländischen Konkurs abgeschlossener Zwangsvergleich oder der im ausländischen konkursabwendenden Ausgleichsverfahren (Vergleichsverfahren) zustande kommende Vergleich hindert daher die in- und ausländischen Gläubiger nicht, ihre Rechte im Inland weiter zu verfolgen (vgl. für den Konkurs R G Z 52 155, Jaeger- Weber Anm. 22 zu § 193 KO). Nach dem Grundgedanken des § 237 I K O (Territorialitätsprinzip) ist die Wirksamkeit eines vor dem ausländischen Gericht abgeschlossenen Vergleichs selbst gegenüber solchen Gläubigern auf das Hoheitsgebiet des betreffenden Staates beschränkt, die diesem Staate angehören und dem Vergleich ausdrücklich zugestimmt haben (OLG Colmar, LZ 1908 Sp. 475). Der im ausländischen Verfahren abgeschlossene Vergleich gibt mithin dem Schuldner im Inland keinen Einwand gegen den die Vergleichsquote überschreitenden Klaganspruch oder Zwangszugriff ( O b G H Wien, JW 1931 2199). Im übrigen ist die Kondiktion einer über die Quote hinausgehenden Leistung ausgeschlossen, da für den erlassenen Teil der Forderung eine Naturalobligation zurückbleibt (RGZ 163 49), wie sie auch im kontinentaleuropäischen Ausland, dessen Rechtsordnungen durch das römische Recht bestimmt werden, anerkannt wird (vgl. Jahr bei Weber-Jaeger Fremde Rechte Anm. 23, 24 zu § 193 KO). — Ein Ver95

§2

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

gleichsverfahren im Ausland steht, wie aus § 17 N r . 4 V g l O folgt, an sich der E r ö f f nung eines solchen im Inlande nicht entgegen. Für den Vergleichsvorschlag (§§ 3, 7, 8 V g l O ) indessen ist der Vermögensstand des Schuldners im Ausland nicht ohne Bedeutung ( § 1 8 N r . 3 VglO). Praktisch wird daher zunächst der Ausgang und das Ergebnis des V e r f a h r e n s im Ausland abzuwarten sein. Ist das im Einzelfall nicht zu erreichen, so wird im Hinblick auf die getrennten Vermögensmassen § 32 V g l O anzuwenden sein (die Sonderfälle nach §§110, 113 Abs. 2 V g l O scheiden aus). — Z u r W i r k u n g der Befriedigung im Auslande auf die Vergleichsforderung im Inlande vgl. oben Rdn. 6 1 b mit weiteren Hinweisen. — Die vorstehend erörterten, sich aus § 237 I K O ergebenden Rechtsgrundsätze entfallen, soweit auf G r u n d des Vorbehalts des § 237 II K O zwischenstaatliche Regelungen getroffen w o r d e n sind. Solche Regelungen sind in dem oben (Bern. 61, a und b) genannten Entwurf eines Staatsvertrages zwischen der Republik Osterreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiete des Konkurs- und Vergleichsrechts vorgesehen (Art. 11, 12, 20, 29). II. Insolvenzverfahren im anderen Teile Deutschlands 64

Insolvenzverfahren im anderen Teile Deutschlands ( D D R ) erfassen nicht das in der Bundesrepublik oder in Westberlin befindliche V e r m ö g e n des Konkurs- oder Vergleichsschuldners. D e r andere Teil Deutschlands ist zwar nicht als Ausland im Sinne des § 237 I K O anzusehen ( B G H Z 4 62). D o c h ergibt sich aus der Rechtsverschiedenheit und aus den Schwierigkeiten, denen sich die Vergleichs- und Konkursverwalter in der Ausübung ihrer Pflichten jeweils im anderen Teile Deutschlands gegenübergestellt sehen, die Notwendigkeit, die Bestimmung des § 237 I K O entsprechend anzuwenden ( O L G F r a n k f u r t , M D R 1952 625, Jansen N J W 1953 1132). Für Westberlin gilt das Gesetz vom 31. 5 1950 (VOB1. S. 179), das den Wirkungsbereich von Konkursen, die von Gerichten außerhalb des Geltungsbereichs der in Westberlin a n z u w e n d e n d e n Gerichtsverfassung e r ö f f n e t w o r d e n sind, begrenzt (vgl. dazu K G , BB 1951 375). Es sind daher auf ein im anderen Teile Deutschlands eröffnetes Konkurs- oder Vergleichsverfahren hinsichtlich seiner W i r k u n g die oben (Bern. 61 und 63) erörterten Rechtsgrundsätze entsprechend a n w e n d b a r (vgl. weiter Jaeger-Jahr Rdn. 527 ff zu §§ 237, 238 K O , Böhle-Stamscbräder Einl. V zum Konkursrecht und Mentzel-Kuhn Anm. 16 zu § 237 K O ) . Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der Gesetzgebung beider Staaten: Die W ä h r u n g s - und Wirtschaftsgesetze gelten ausdrücklich oder als selbstverständlich stillschweigend nur f ü r das eigenstaatliche Wirtschaftsgebiet. Die Eigenstaatlichkeit der Bundesrepublik und ihre wirtschaftliche Eigenart gegenüber der D D R müssen dementsprechend in allen wirtschaftlich-finanziell begründeten interzonalen Rechtsfragen beachtet werden. Deshalb muß auch im Vergleichsverfahren als Inland im Sinne der §§ 3 N r . 2, 3; 17 N r . 4, 5 die Bundesrepublik gelten. Folgerungen daraus: Neben einem Konkurs- oder Vergleichsverfahren im anderen Teile Deutschlands kann ein „Westvergleichsverfahren" einhergehen (a. A. Vogels-Nölte Einl. V , 3). Frühere Insolvenzverfahren innerhalb der Fünfjahresfrist ( § 1 7 N r . 4, 5) sind nur dann Ablehnungs- oder Einstellungsgrund (§§ 19, 100 N r . 1) wenn diese bei einem Gericht der Bundesrepublik anhängig waren.

96

Inhalt des Eröffnungsantrags

§ 3

§3 Inhalt des Eröffnungsantrags (1) Der Antrag muß den Vergleichsvorschlag enthalten und ergeben, ob und wie die Erfüllung des Vergleichs sichergestellt werden soll. (2) In dem Antrag hat der Schuldner anzugeben: 1. ob und wann er innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tage des Antrags sich mit seinen Gläubigern außergerichtlich verglichen hat; 2. ob und wann innerhalb derselben Frist im Inlande ein Konkursverfahren oder ein Vergleichsverfahren über sein Vermögen rechtskräftig eröffnet oder die Eröffnung eines dieser Verfahren mangels Masse rechtskräftig abgelehnt worden ist; 3. ob, wann und mit welchem Ergebnis er innerhalb derselben Frist im Inlande in einem Zwangsvollstreckungsverfahren wegen einer Geldforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geladen worden ist; 4. wann und wo er geboren ist. (3) In den Fällen des Absatzes 2 Nrn. 2 und 3 ist das Gericht anzugeben, bei dem das Verfahren anhängig ist oder anhängig gewesen ist. (4) Die Richtigkeit der Angaben (Absätze 2, 3) hat der Schuldner an Eides Statt zu versichern oder durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Materialien: Begr. I S. 19 fg. (40, 43 ff = VorlRWirtschR). Ber. S. 3, 7 fg., 29, 47. Begr. II 5. 54 fg.; III S. 389. Akad. S. 144 Absatz 2, Nr. 3 der Vorschrift ist geändert durch Art. 2 § 7 Nr. 1 des Gesetzes vom 27. 6. 1970 (BGBl. I S . 911). Übersicht Rdn.

Rdn. I.

II.

I.

II.

A. D i e Vorschrift G r u n d g e d a n k e und A u s w i r k u n g E r ö f f n u n g s v e r f a h r e n und Vergleichsvorbereitung Vergleichshelfer und v o r l ä u f i g e V e r w a l t e r A u ß e r g e r i c h t l i c h e r Vergleichsversuch und gerichtliches V e r g l e i c h s v e r f a h r e n Inhalt des V e r g l e i c h s a n t r a g s im allgemeinen D e r A n t r a g und seine Anlagen A n g a b e n Uber die allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse Freigestellter Inhalt Stückzahl B. D e r Vergleichsvorschlag Vorbemerkung Arten und F o r m e n des Vergleichs Ratenvergleich u n d / o d e r Teilerlaßvergleich Treuhandvergleich Sanierungsvergleich E r f o r d e r n i s s e des V o r s c h l a g s

1 2

III.

3

4 5 6 7

I.

8

9 10 11

II.

Gesetzmäßigkeit Bestimmtheit R e c h t f e r t i g u n g des V o r s c h l a g s Vorschlagsänderung Sicherstellung der V e r g l e i c h s e r f ü l l u n g Vorbemerkung Begriff d e r Sicherstellung Sicherheiten aus dem S c h u l d n e r v e r m ö g e n E r f o r d e r n i s d e r Bestimmtheit Sicherungsmittel

12 13 14 15 16 17 18 19 20

C. Die Angaben nach Absatz 2 Die a n z u g e b e n d e n T a t s a c h e n A n g a b e n ü b e r den A b s c h l u ß eines a u ß e r gerichtlichen Vergleichs ( N r . 1) 21 A n g a b e n über S c h u l d e n a b w i c k l u n g s v e r f a h r e n ( N r . 2) 22 Angaben über eine L a d u n g z u r A b g a b e einer eidesstattlichen V e r s i c h e r u n g ( N r . 3) 23 Zeit und O r t der G e b u r t ( N r . 4) 24 Bescheinigungen N a c h w e i s d e r Richtigkeit 25 Unrichtige Angaben 26

97

§3

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

A. Die Vorschrift I. Grundgedanke und Auswirkung Eröffnungsverfahren und Vergleichsvorbereitung 1

Wie die frühere, so ist auch die geltende V g l O von dem Gedanken beherrscht, einen Mißbrauch des Vergleichsantrags zu einem Moratorium für vergleichsunwürdige Schuldner zu verhüten. Sie hat allerdings das frühere Anträgserfordernis des Einverständnisses der Gläubigermehrheit mit der Eröffnung des Verfahrens (a. § 16 I Nr. 4), als rechtspolitisch verfehlt (so schon zum Entwurf 1926 Bley Z Z P 52 118 ff), fallengelassen, im übrigen aber an dem Grundsatz festgehalten, daß der Antrag, der das Eröffnungsverfahren einleitet, von vornherein nach Inhalt und Anlagen (§§ 3 bis 7) vollständig und gesetzmäßig sein soll. Ein in dieser Hinsicht mangelhafter Antrag ist, wenn das Gericht keine Nachholfrist bewilligt (§ 10), alsbald unter gleichzeitiger Entscheidung über die Eröffnung des Anschlußkonkurses abzulehnen (§§17 Nr. 1, 19 I). Und eine Nachholungsfrist ist nur zu gewähren, wenn der Mangel entschuldbar ist. Deshalb soll auch nach dem Grundgedanken der geltenden V g l O das Eröffnungsverfahren (Vorverfahren) in erster Linie der Vorbereitung der gerichtlichen Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens (§§ 16, 20) dienen. Dem steht nicht entgegen, daß in aller Regel ein vorläufiger Verwalter bestellt wird (§11) und daß im Vorverfahren Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden können (§ 12). Diese, wie auch ein auf Antrag des vorläufigen Verwalters gewährter Vollstreckungsschutz (§ 13) wollen verhindern, daß sich die „Vergleichsmasse" bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens verflüchtigt. Die gerichtliche Praxis hat nun über diese Aufgaben des Verfahrens hinaus vor allem aus wirtschaftlichen Gründen nach zwei Richtungen hin weiteres für erforderlich gehalten: Bereits im Vorverfahren kann ein vorläufiger Gläubigerbeirat (§ 44) bestellt und damit sogleich nach Eingang des Vergleichsantrags eine Mitwirkung von Gläubigerkreisen erreicht werden (Künne KTS 1955 31; Stein N J W 1955 1388, Verfasser, KTS 1955 57, Gaul K T S 1955 182, Böhle-Stamschräder KTS 1959 47, Schönke-Baur § 73, II, 3, c, Uhlenbruck BB 1976 1198; a. A. Vogels-Nölte Anm? I, 1 a zu § 44 VglO). Bereits im Vorverfahren ist, unter der Voraussetzung, daß zuvor eine Anordnung aus §§12 S. 2, 57 des Gesetzes erging, die Aufnahme eines Verwalterdarlehns möglich (BGH, K T S 1960 138 = N J W 1960 1456), um die in eine Krise geratenen Unternehmen mit neuen flüssigen Mitteln zu versehen, die im Falle eines Anschlußkonkursverfahrens privilegiert sind (§ 106). — Nicht aber soll das Vorverfahren dazu dienen, um nach und nach alle Unterlagen f ü r den Vergleichsantrag zu beschaffen. Die Vergleichsvorbereitung ist vielmehr, wie unter der früheren Ordnung (vgl. Begr. I S. 14), Aufgabe des Vergleichsschuldners und nicht des Gerichts. Die Vergleichsvorbereitung hat nach der gesetzlichen Regel bereits vor der Einleitung des Eröffnungsverfahrens zu geschehen. — Zu diesen Fragen siehe auch Papke, „Das Bild des Vergleichsverwalters" in der Festschrift für Ernst Knorr, Düsseldorf 1968, erster Beitrag. Vergleichshelfer und vorläufiger Verwalter

2

Die der Vergleichsvorbereitung dienenden Antragserfordernisse sind, namentlich hinsichtlich der Anlagen (§§ 4 bis 6), nicht nur umfänglich, sondern auch tatsächlich und rechtlich schwierig. Der Schuldner kann sie in bedeutsameren Sachen meist gar nicht selbst erfüllen und ist deshalb wie früher — unerachtet des Wegfalls des Erfordernisses eines Einverständnisses der Gläubigermehrheit mit der Eröffnung des Verfahrens — auf einen Vergleichshelfer angewiesen. Dieser wird, anders als der vorläufige Verwalter, nicht gerichtlich bestellt, sondern handelt lediglich im privaten Auftrag 98

Inhalt des Eröffnungsantrags

§ 3

des Schuldners auf Grund des mit diesem abgeschlossenen, in aller Regel entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrags (§ 675 BGB). Er untersteht deshalb auch nicht der Aufsicht des Vergleichsgerichts (Levy KuT 1935 51). — Zum Yergütungsanspruch des Vergleichshelfers (Vergleichsberaters) im Vergleichsverfahren: Mainka KTS 1971 13, Herbert Schmidt KTS 1974 202, ferner unten Rdn. 3 b und 6 ff zu § 43 VglO. - In der Regel wird der Vergleichsschuldner zur Vorbereitung eines Vergleichsantrags seinen Steuerberater hinzuziehen. Dies liegt nahe, denn mit dem Antrag sind, wenn der Schuldner nach Handelsrecht verpflichtet ist, Bücher zu führen, Bilanzen vorzulegen (§ 5 11). Auch ist eine Ubersicht des Vermögensstandes beizufügen (§4 I, Nr. 1). Soweit aber der Steuerberater des Vergleichsschuldners Rechtsangelegenheiten betreibt, sich z. B. in Rundschreiben an die Gläubiger wendet, um einen außergerichtlichen Vergleich zu versuchen oder um gewisse Zustimmungen für ein gerichtliches Vergleichsverfahren, etwa eine vorläufige Stundung zu erwirken, liegt hierin ein Verstoß gegen Artikel I, § 1 RBerMG. Für diese insoweit ausgeübte Tätigkeit kann der Steuerberater des Vergleichsschuldners von diesem eine Vergütung nicht begehren, da das Vertragsverhältnis aus §134 BGB nichtig ist (OLG Karlsruhe OLGZ 1965 2). Die Vergütung für die Tätigkeit des Steuerberaters auf wirtschaftlichem Gebiet, also für die nicht verbotenen Leistungen kann aus ungerechtfertigter Bereicherung (§818 II BGB) begehrt werden. Sie ist in angemessener Höhe festzusetzen, wobei das Gericht zu schätzen hat, welcher Teil der Gesamttätigkeit des Vergleichshelfers auf wirtschaftlichem Gebiet lag (OLG Oldenburg, KTS 1967 57). Die vom Vergleichsschuldner selbst oder vom Vergleichshelfer gefertigten Anlagen zum Vergleichsantrag unterliegen der Prüfung durch den vorläufigen Verwalter (§§ I I , II, 39), wie des Vergleichsgerichts. Die erschöpfende und wertmäßig richtige Aufstellung der Aktiven und Passiven (§ 5, I, 1) ist eine der wichtigsten Grundlagen für den Vergleichsvorschlag, für die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens, wie überhaupt für ein dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger entsprechendes Vergleichsverfahren (§ 79 Nr. 4). Der vorläufige Verwalter hat daher die Vermögensübersicht des Vergleichsschuldners nicht etwa nur rechnerisch, sondern auch hinsichtlich der materiellen Wertrichtigkeit und Vollständigkeit nachzuprüfen. Daraus folgt, daß der Vergleichshelfer des Schuldners nicht zum vorläufigen Verwalter und auch nicht zum Vergleichsverwalter (§§ 11, 20) bestellt werden soll. Mag es auch nicht mehr, wie unter der Vergleichsordnurig von 1927 zur Aufgabe des Vergleichshelfers gehören, die Zustimmung der Gläubigermehrheit zur Eröffnung des Verfahrens herbeizuführen (§ 16 I Nr. 4 der damaligen Vergleichsordnung), so kann doch nicht übersehen werden, daß ein Vergleichshelfer kraft des ihm vom Schuldner erteilten Auftrages von diesem nicht unabhängig ist. Unabhängigkeit aber ist Voraussetzung für die Bestellung zum Vergleichsverwalter (§ 38). Auch ein Vergleichshelfer, der nicht als Vergleichsmacher angesehen werden muß, ist vom Vergleichsschuldner abhängig. Doch lassen sich Ausnahmen denken, so etwa, wenn sich vor der Antragstellung bereits ein gewisser Ausschuß der Gläubiger des Schuldners gebildet hat und dieser wie der Schuldner selbst einen Treuhänder bitten, die notwendigen Unterlagen für einen Vergleichsantrag zu beschaffen. Hier wird sich der Beauftragte als allen gegenüber verantwortlich fühlen und neutral handeln können, so daß seiner späteren Bestellung zum Vergleichsverwalter keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen. Auch mögen rein örtlich bedingte Gründe ausnahmsweise es rechtfertigen, den Vergleichshelfer zum Verwalter zu bestellen, so etwa, wenn am Ort kein anderer zur Verfügung steht und die Bestellung eines auswärtigen Verwalters untunlich ist. Hat der Verwalter für seine Tätigkeit als Vergleichshelfer vom Schuldner eine Vergütung erhalten, so ist dies nach § 10 III c der Vergütungsverordnung vom 25. 5. 1960 (BGBl. I S. 329) i. d. Fassung der Verord99

§3

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

nung vom 22. 12. 1967 (BGBl. I S. 1366), der Zweiten Verordnung zur Änderung der Vergütungsverordnung vom 19. 7. 1972 (BGBl. I S. 1260) und der Dritten Verordnung zur Änderung der Vergütungsverordnung vom 8. 12. 1977 (BGBl. I S. 2482), bei der Festsetzung der Vergütung für die Geschäftsführung als Vergleichsverwalter aus § 43 des Gesetzes zu berücksichtigen (Einzelheiten siehe unten Rdn. 3, b und 6 ff zu § 43 VglO). Wenn den vorläufigen Verwalter (§11) auch keine allgemeine Beratungspflicht den Beteiligten gegenüber trifft (BGH, 1966 281 = KTS 1966 46),so folgt doch aus seiner Aufsichtspflicht (§ 39), daß er einen Vergleichsschuldner, der die Antragsanlagen nicht vollständig eingereicht hat, mit Rat und Tat zu unterstützen hat. Daraus folgt freilich nicht, daß der vorläufige Verwalter selbst dem Schuldner den Status aufzustellen oder selbst aus den Büchern die Auszüge für die Vergleichsantragsanlagen zu fertigen hätte. Er kann hierzu Hilfskräfte heranziehen. Soweit er es für erforderlich hält, daß ein Sachverständiger die Bücher des Schuldners prüfen und die Warenbestände schätzen müsse, ist zuvor hierzu die Zustimmung des Vergleichsgerichts einzuholen, um für die Ansprüche des Sachverständigen auf Entschädigung seiner Tätigkeit die Rechtsstellung aus § 43 I S. 2 (Anschlußkonkurs: § 105) zu wahren ( B G H Z 23 69 = K T S 1957 77 = N J W 1957 753). 3

Außergerichtlicher Vergleichsversuch und gerichtliches Vergleichsverfahren Ein außergerichtlicher Vergleichsversuch des Schuldners kann an der Ablehnung einzelner Gläubiger oder ganzer Gläubigergruppen scheitern. Es kann daher f ü r den Schuldner ratsam sein, mit dem außergerichtlichen Vergleichsversuch sogleich auch ein gerichtliches Vergleichsverfahren weitgehend vorzubereiten. Ein Vorwurf, das gerichtliche Vergleichsverfahren nicht rechtzeitig beantragt zu haben (§18 Nr. 2), kann dann nicht erhoben werden, sofern sofort nach dem Scheitern des außergerichtlichen Vergleichsversuchs der Vergleichsantrag (§ 2) eingereicht wird. Die Führung aussichtsreicher außergerichtlicher Sanierungsverhandlungen kann eine Verzögerung beim Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens durchaus entschuldigen (zustimmend Böhle-Stamschräder, Anm. 3 zu § 18 VglO). Dem Schuldner steht aber auch der W e g frei, zugleich mit der Einleitung außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen den gerichtlichen Vergleichsantrag zu stellen (§ 2), die Vergleichsanlagen und einen Vergleichsvorschlag einzureichen (§§ 3 f), jedoch die Aussetzung der Entscheidung über die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen, um abwarten zu können, ob der außergerichtliche Sanierungsversuch die Zustimmung der Gläubiger finden wird. Eine solche Sistierung des Vergleichsantrags ist zulässig (vgl. oben Anm. 28 a zu § 2). Für die Entscheidung der Gläubiger, ob sie einem außergerichtlichen Vergleichsvorschlag des Schuldners zustimmen oder ihn ablehnen, sind meist folgende Gesichtspunkte nicht ohne Einfluß: Bei einem außergerichtlichen Vergleichsverfahren wird auf die rechtsbetreuende staatliche Aufsicht verzichtet, der Vergleichshelfer wird vom Schuldner beauftragt; es fehlt ein vom Gericht bestellter Vergleichsverwalter. Dem stehen gegenüber, daß die außergerichtliche Sanierung in der Regel schneller und mit geringerer Kostenlast durchgeführt werden kann, vor allem aber, daß eine Schädigung des geschäftlichen Rufs des Schuldners durch die für das gerichtliche Vergleichsverfahren vorgesehenen öffentlichen Bekanntmachungen (z. B. §§ 11, 22, 81, 95, 119) vermieden wird. Dies zu verhindern kann sehr wohl gerade im Interesse der Gläubiger des Schuldners liegen, denn sie wünschen sich ihn auch als Geschäftspartner f ü r die Zukunft. Verstößt der vom Schuldner zur Herbeiführung einer „außergerichtlichen Sanierung" mit dem „Treuhänder" abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag gegen Art. I 100

Inhalt des E r ö f f n u n g s a n t r a g s

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Abs. 1 R B e r G , da dieser es übernommen hat, mit den Gläubigern einen Stundungsvergleich abzuschließen, ist dieser Vertrag mithin nichtig (§ 134 B G B und dazu B G H Z 36 321; 37 258 und 48 12/19), so folgt daraus nicht, daß der mit den Gläubigern abgeschlossene Vergleich nichtig ist. Etwa dem Treuhänder übertragene Sicherheiten können von diesem im Hinblick auf seine Stellung eines „doppelseitigen Treuhänders" nur dann herausverlangt werden, wenn die Gläubiger befriedigt sind oder sich mit der H e r ausgabe einverstanden erklären (vgl. B G H , K T S 1971 270 = W M 1971 969) - Z u m Doppelseitigen Treuhandverhältnis im „außergerichtlichen Vergleichsverfahren" siehe Künne, S. 3 2 8 / 3 2 9 . Ein „außergerichtlicher Sanierungsvergleich", zu dessen Begründung ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich ist (§ 305 B G B ) , hat nicht die Wirkung, wie sie

beim gerichtlichen Vergleich nach dessen Bestätigung (§78 VglO) aus § 82 VglO sich

ergibt. H a t z. B. an einem „außergerichtlichen Liquidationsvergleich" (vgl. zu diesem Künne, B D 1968 1253, 1300) sich ein Gläubiger, dem Ansprüche aus einer Versorgungszusage des Schuldners zustehen, nicht beteiligt, so kann der Schuldner den geltend gemachten Pensionsansprüchen nicht den außergerichtlichen Vergleich entgegenhalten (vgl. B A G , K T S 1972 193). D a v o n zu unterscheiden ist das Recht des Arbeitgebers, unter Umständen auch bei einer vorbehaltslosen V e r s o r g u n g s z u s a g e die Leistung zu verweigern, wenn und solange bei ungekürzter Weiterzahlung der Bestand des Unternehmens gefährdet erscheint (vgl. B A G , K T S 1972 194 = B B 1972 319).

II. Inhalt des Vergleichsantrags im allgemeinen Der Antrag und seine Anlagen Die §§ 3 bis 6 bestimmen den notwendigen Inhalt des Vergleichsantrags. — Ü b e r 4 Bedeutung und Wirkungen des Antrags sowie die Antragstellung und die Legitimation d a z u : § 2 A. 27 ff; daselbst auch Näheres über bedingte Vergleichsanträge. — Dabei unterscheidet das G e s e t z Angaben, die in den Antrag selbst aufzunehmen sind (§ 3), sowie Angaben, die dem Antrag als Anlagen beizufügen sind (§ 4 I). Diese sind nur äußerlich getrennte Bestandteile des Vergleichsantrags. Die Trennung dient nur der Ordnung, der Übersichtlichkeit des Antrags. Weicht der Schuldner davon ab, so wird sein Antrag damit keineswegs unzulässig (Lucas S. 57 f). Im Rahmen seiner Vorschläge zur R e f o r m der Vergleichsordnung schlägt Künne, D B 1978 7 2 9 / 7 3 0 vor, die Vorschrift des § 3 V g l O in eine Sollvorschrift umzuwandeln und dem Schuldner aufzugeben, einen „Sanierungs- und Finanzierungsplan" vorzulegen, aus dem der Vergleichsvorschlag im Verlaufe des Vorverfahrens dann zu erarbeiten sei. Im Zeitpunkt der Antragstellung (§ 2 V g l O ) könne der Schuldner in der Regel noch nicht übersehen, welcher Vergleichsvorschlag angemessen und erfüllbar sei (vgl. dazu auch § 18 Ziffer 3 und 4 V g l O ) .

Angaben über die allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse a) Die §§ 3 bis 6 zählen nur die besonderen Inhaltserfordernisse des Vergleichsan- 5 trags auf. Über die Angaben, die der Antragsteller seinem Antrag zur Begründung der allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse (§ 2 2 d) beifügen muß, sagt das Gesetz nichts. Es bestimmt lediglich, daß der Schuldner einen Eröffnungsantrag zu stellen hat (§§ 2 I 1; 3 I). Aber gerade aus diesem Erfordernisse des Antrags und aus der das Verfahren beherrschenden T e n d e n z der Beschleunigung folgt ohne weiteres, daß der Schuldner die die Zulässigkeit des Antrags begründenden Tatsachen, soweit diese nicht bei Gericht offenkundig sind ( § 1 1 5 mit § 291 Z P O ) zugleich anzugeben hat. D a z u gehö101

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , V e r g l e i c h s v o r s c h l a g

ren: der Name des Schuldners, bei Vollkaufleuten (auch) die Firma, sein Beruf oder Geschäftszweig, sein Wohnsitz oder der Ort der gewerblichen Niederlassung (§ 2 Anm. 40), ferner der Familienstand und die Geburtsdaten (§ 3 II Nr. 4). Soll sich das Vergleichsverfahren auf ein Sondervermögen beschränken (§ 2 Anm. 10), so ist auch dieses anzugeben. Bei einem Vergleichsantrag einer offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, wie auch der Kommanditgesellschaft auf Aktien sind die Personalien der persönlich haftenden Gesellschafter, bei einem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über den Nachlaß neben den Personalien der Erben oder des Erbschaftskäufers auch diejenigen des Erblassers anzugeben. Bei einem Vergleichsantrag für das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist auch der Name des verstorbenen Ehegatten anzugeben. Bei einem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Gesamtgut der Gütergemeinschaft (§ 114 a) sind die Personalien beider Ehegatten mitzuteilen. Die Legitimation des gesetzlichen Vertreters des Schuldners oder seiner Organe ist durch Vorlage der entsprechenden öffentlichen Urkunden, wie der Bestallungsurkunde (S§ 1791, 1897, 1915 BGB), eines Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses (SS 2353, 2357, 2365, 2368 BGB), bzw. eines Auszuges aus dem Vereins-, Handels-, Genössenschafts- oder Güterrechtsregister nachzuweisen. Ist das Vergleichsgericht zugleich Vormundschafts-, Nachlaß- oder Registergericht, so genügt die Bezugnahme auf die entsprechenden Register und Akten. Die Vorlage der genannten Urkunden ist demnach insbesondere dann erforderlich, wenn gemäß SS 71 III K O , 2 I, S. 1 V g l O die Vergleichssachen bei einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zusammengezogen worden sind (vgl. § 2 Anm. 38). Bei einem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über eine eingetragene Genossenschaft (S 111) ist dei Prüfungsverband ( S i l II, Nr. 4 GenG) anzugeben. Schließlich hat der Schuldner mit dem Vergleichsäntrag auch den Vergleichsgrund mitzuteilen und näher dazulegen. Bei einer Uberschuldung genügen dazu die nach §§ 5, 6 des Gesetzes erforderlichen Ubersichten der Aktiven und Passiven. Die Zahlungsunfähigkeit ist jedoch in allen Einzelheiten der Erscheinungsform näher zu schildern. Hierzu können vorliegende Wechselproteste, Pfändungen, Kreditkündigungen der Banken usw. gehören. — Einzelheiten zum Vergleichsgrund vgl. oben S 2, Anm. 21 bis 26. b) Auch bei Fehlen dieser die allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse betreffenden Angaben und Nachweise hat das Gericht — entsprechend § 10 — dem Antragsteller, wenn der Mangel behebbar und entschuldbar ist, eine Nachholüngsfrist zu setzen. Zur Glaubhaftmachung genügt nach S 115 in Verbindung mit § 294 Z P O in der Regel die Vorlage von Versicherungen an Eides Statt. Doch ist zu bedenken, daß das Vergleichsgericht bei der Prüfung der allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse eines Vergleichsverfahrens, die von Ausnahmen abgesehen (hierzu oben § 2 Anm. 2 und 13), zugleich Konkursvoraussetzungen bilden, auch von Amts wegen ermitteln muß (§ 116), denn im Falle der Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens ist von Amts wegen zugleich über die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens zu entscheiden ( $ 1 9 I). Kommt der Schuldner seiner Pflicht aus § 3 des Gesetzes trotz einer ihm gemäß S 10 bewilligten Frist nicht nach, hat aber das Vergleichsgericht innerhalb dieses Zeitraums Fehlendes von Amts wegen ermittelt, so steht der Eröffnung des Vergleichsverfahrens die Bestimmung des 5 17 Nr. 1 entgegen, sofern den Antragsteller ein Verschulden trifft. Ein solches Verschulden ist nicht anzunehmen, wenn das Gericht in die Amtsermittlungen den Schuldner mit eingeschaltet hat, ihn z. B. zur Frage der Zahlungsunfähigkeit zu den einzelnen Erscheinungsformen (§ 2 Anm. 25) unter Erörterung von 102

Inhalt des Eröffnungsantrags

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Urkunden und deren Bedeutung persönlich gehört hat. Der Schuldner kann dann davon ausgehen, daß er — wenn auch in einem von Amts wegen bestimmten Termin — seiner Darlegungspflicht nachgekommen sei. Freigestellter Inhalt In erster Linie empfiehlt sich eine eingehende Darstellung der Ursachen des Vermö- 6 gensverfalls, des dabei vom Schuldner befolgten Verhaltens sowie einer Rechtfertigung des Vorschlags (unten 14); namentlich auch mit Bezug auf die Ablehnungsgründe nach §18, weil das Gericht insoweit Vergleichswürdigkeit und Vergleichseignung nach den konkreten Verhältnissen zu prüfen hat. Soweit die Ausführbarkeit des vorgeschlagenen Vergleichs von der Lösung schwebender Gegenseitigkeitsschuldverhältnisse abhängt, ist dem Schuldner zu raten, die Ermächtigung dazu bereits im Eröffnungsantrag nachzusuchen (vgl. § 50 II 2) oder wenigstens auf die Notwendigkeit derselben hinzuweisen, um so der Ablehnung des Verfahrens wegen Unangemessenheit des Vorschlags vorzubeugen. Empfehlenswert ist auch die Anzeige einer schon geschehenen oder beabsichtigten Aufenthaltsänderung, um eine Ablehnung des Vergleichsantrages aus §17 Nr. 2 zu verhüten (Samolewitz S. 29). Der Schuldner kann, mag das Gericht hierüber auch von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden haben, die Bestellung eines Gläubigerbeirats (§ 44) anregen. Er kann ferner anregen, Sicherungsmaßnahmen nach § 12 des Gesetzes zu treffen, dies um dadurch etwa widerstrebende Gläubiger für den Vergleichsvorschlag zu gewinnen, aber auch, um die Voraussetzung für die Aufnahme eines „Verwalterdarlehns" bereits im Vorverfahren zu schaffen ( B G H 2 32 268 - KTS 1960 138 mit Anm. Berges 139). Der Vergleichsschuldner bezeichnet zweckmäßig bereits in dem Vergleichsantrag die Teile der Akten, deren Geheimhaltung er für erforderlich hält (§ 120). Stückzahl Der Antrag und seine Anlagen sind in zwei Stücken, bei eingetragenen Genossen- 7 Schäften, bei denen neben der amtlichen Berufsvertretung (§ 14) auch der zuständige Prüfungsverband (§111 Nr. 3) zu hören ist, in drei Stücken einzureichen (§§ 4 III, 111 Nr. 2 S. 3). Näheres § 4 A. 2. — Erklärung des Antrags zur Niederschrift der Geschäftsstelle: § 2 A. 28 b. B. Der Vergleichsvorschlag Vorbemerkung Der Antrag muß „den Vergleichsvorschlag" (Absatz 1), d. h. einen Vorschlag 8 gesetzmäßigen und bestimmten Inhalts (unten 12 ff) enthalten. Ein solcher ist Wesenserfordernis des Antrags. Er kann dem Antrag auch als Anlage beigefügt werden (oben 4). Trotz Fehlens oder Mangelhaftigkeit des Vorschlags muß der Antrag, wenn der Mangel entschuldbar erscheint, vorläufig zugelassen werden. Diese Zulassung führt dazu, daß dem Schuldner und Antragsteller eine Nachholfrist zur Behebung des Mangels gesetzt wird (§§ 10, 17 Nr. 1). Der in dem Vergleichsantrage enthaltene oder ihm beigefügte Vergleichsvorschlag unterliegt der Prüfung durch den vorläufigen Verwalter (§§ 11, 39), die amtliche Berufsvertretung (§ 14) und das Vergleichsgericht (§ 18 Nr. 3 und 4). Nicht selten unterliegt er noch Änderungen und Ergänzungen, bevor über die Eröffnung des Vergleichsverfahrens entschieden und Vergleichstermin anberaumt wird (§ 20). Der zunächst mit dem Vergleichsantrag eingereichte Vergleichsvorschlag ist allerdings eine notwendige materielle Verfahrensgrundlage. In seiner endgültigen Fassung stellt er sich als der annahmefähige Vertragsantrag dar (vgl. zur rechtli103

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

chen Natur weiter: Rdn. 7 zu § 8 V g l O ) , über den der Vergleichsverwalter hinsichtlich seiner Angemessenheit und Erfüllbarkeit im Vergleichstermin zu berichten hat (§ 40 III) und über den in diesem Termin verhandelt und abgestimmt wird (§ 66). Doch kann der Vertragsantrag (ebenso zur rechtlichen N a t u r : Böhle-Stamschräder, Anm. 2 zu § 3 V g l O und Eickmann, S. 137, Fußnote 258) noch nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens geändert werden. Dies auch zuungunsten der Gläubiger (§ 76). Im Vergleichsverfahren der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien muß der Vergleichsvorschlag von allen persönlich haftenden Gesellschaftern gemacht werden (§ 109 Nr. 1), bei juristischen Personen von deren gesetzlichen Vertretern, beim nicht rechtsfähigen Verein, der wie eine juristische Person behandelt wird, von seinem Vorstand, und beim Nachlaßvergleichsverfahren von den zum Vergleichsantrag Berechtigten ( § 1 1 3 I Nr. 1). Gehört der Nachlaß zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, so muß der Vergleichsvorschlag bei gemeinschaftlicher Verwaltung des Gesamtguts von beiden Ehegatten ausgehen ( § 1 1 3 1, Nr. 1 unseres Gesetzes in Verbindung mit § 218 K O ) . I. Arten und Formen des Vergleichs 9

Ratenvergleich und/oder Teilerlaßvergleich a) Ratenvergleich ist mit festen Zahlungsterminen. Er kann reiner Stundungsvergleich sein, ohne daß mit ihm ein teilweiser Erlaß der Forderungen verbunden ist. Aber auch für den reinen Stundungsvergleich gilt die Bestimmung des § 83 II, wonach, wenn der Vergleich nichts anderes bestimmt, die Vergleichsforderung unverzinslich bleibt. Dies über die Vergleichsbestätigung hinaus. — Der Ratenvergleich kann auch Teilerlaßvergleich sein. Es ist aber nicht jeder Teilerlaßvergleich zugleich ein Ratenvergleich, denn der Schuldner kann den Vergleichsgläubigern auch anbieten, die Q u o t e sofort nach der Vergleichsbestätigung zu zahlen. In der Regel werden Stundung und Teilerlaß miteinander verbunden in der Form, daß die Vergleichsquote in terminmäßig festgelegten Raten ausgezahlt wird. D a s Vergleichsverfahren ist, soweit dies nicht etwa dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger widerspricht (vgl. § 79 Nr. 4), mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) sofort aufzuheben, wenn es die Vergleichsgläubiger im Vergleichstermin mit der zur Annahme des Vergleichs erforderlichen Mehrheit vor der Entscheidung über die Bestätigung beantragen (§ 90 I Nr. 1) oder wenn die Summe der vollstreckbaren Vergleichsforderungen ohne Berücksichtigung des im Vergleich vorgesehenen Erlasses den Betrag von zwanzigtausend D M nicht übersteigt (§ 90 I, Nr. 2). Darüber hinaus ist das Vergleichsverfahren mit der Bestätigung sogleich aufzuheben, wenn sich der Schuldner im Vergleich der Überwachung durch einen oder mehrere Sachwalter unterworfen hat (§91). Wird das Vergleichsverfahren nicht auf Grund dieser Bestimmungen mit der Bestätigung aufgehoben, so ist es nach näherer Maßgabe des § 96 fortzusetzen. Mit einem Ratenvergleich unter Teilerlaß der Vergleichsforderungen erstrebt der Vergleichsschuldner, sich sein Unternehmen zu erhalten, das Erliegen zu vermeiden. Der Vergleich soll erfüllt werden aus den laufenden Uberschüssen des fortzusetzenden Betriebes und aus sonst zur Verfügung stehenden Mitteln, nicht aber durch eine Versilberung des Schuldnervermögens und Verteilung des Erlöses. Dies ist vielmehr Sinn und Zweck eines Liquidationsvergleichs, wie er durch § 7 IV ausdrücklich anerkannt wird. b) Bei einem Liquidationsvergleich überläßt der Schuldner seinen Gläubigern sein Vermögen ganz oder teilweise zur Verwertung. Die Verteilung des Erlöses geschieht nach konkursrechtlichen Grundsätzen. V o r den Vergleichsgläubigern sind die Forderungen der vom Vergleich nicht betroffenen Gläubiger zu berücksichtigen, soweit 104

Inhalt des Eröffnungsantrags

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diese bis zur Vergleichsbestätigung begründet wurden. Ansprüche, die später entstanden sind — Neugläubigeransprüche — sind aus der Liquidationsmasse nur insoweit zu befriedigen, als sie durch die Vermögensverwertung entstanden sind. Diese Ansprüche, wie z. B. die aus der Sicherung und V e r w a h r u n g von Vermögensstücken entstandenen, auch etwaige Versteigerungskosten hätten im Konkurse die Stellung aus § 58 N r . 2, bzw. § 59 Abs. 2 N r . 1 K O und wären gemäß § 57 K O vorweg zu befriedigen. Nicht erforderlich ist, daß der Schuldner sein ganzes V e r m ö g e n zur Befriedigung überläßt, wie aus dem W o r t l a u t des § 7 IV folgt. Aus dem G r u n d s a t z der Bestimmtheit (§ 7 I, S. 1) folgt, daß bei teilweiser Vermögensüberlassung der Liquidationsvergleichsvorschlag näheres hierzu enthalten muß. D e r Schuldner kann z. B. nur sein Geschäftsvermögen den Gläubigern zur Befriedigung überlassen. Hinsichtlich des übrigen V e r m ö gens ist der Schuldner jedoch nur dann von jeder H a f t u n g freigestellt, wenn die Vergleichsgläubiger nach der Befriedigung der nicht beteiligten Gläubiger auf ihre Forderungen mindestens f ü n f u n d d r e i ß i g vom H u n d e r t erhalten haben. D e r Erlaß aus einem Liquidationsvergleich erstreckt sich nicht auf den hieran fehlenden Betrag. Als nicht genügend bestimmt ist das den Gläubigern zur Befriedigung zu überlassene Vermögen anzusehen, wenn der Schuldner seinen Gläubigern in erster Linie einen Stundungs- und Erlaßvergleichsvorschlag unterbreitet und hinzufügt, für den Fall der Nichterfüllung dieses Vergleichs werde sein Vermögen den Gläubigern zur Verwertung zur Verfügung gestellt. H i e r ist nicht gesagt, wann die Liquidation beginnen soll und welches V e r m ö gen ihr z u g r u n d e gelegt werden soll ( K ü n n e K T S 1958 72 f, Jaeger-Weber Rdn. 4 zu § 174 K O , Mentzel-Kuhn Anm. 1 zu § 174 K O , Verfasser K T S 1967 36, abweichend: Skrotzki K T S 1958 39 ff). — Die Zulässigkeit eines kombinierten Q u o t e n — und Liquidationsvergleichs will Uhlenbruck K T S 1973 169, M D R 1973 272 in der Weise erreichen, daß der Schuldner einen einheitlichen Vergleichsvorschlag f ü r beide Abwicklungsmodalitäten mit gleicher Vergleichsquote vorlegt, die sich nach § 7 Abs. 1 und 2 V g l O richtet und den U m f a n g des zu liquidierenden Vermögens näher festlegt (vgl. auch Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 7 VglO). Im Prinzip w a r bereits vor der ausdrücklichen A n e r k e n n u n g durch § 7 IV unbestritten, daß im Vergleichsverfahren ein Liquidationsvergleich statthaft w ä r e (Bley, V e r g l O von 1927, S. 215, Lucas S. 12, 46, 57). A n e r k a n n t w a r weiter, daß der Schuldner nicht sein gesamtes V e r m ö g e n zur Befriedigung seinen Gläubigern zu überlassen brauchte ( O L G München H R R 1936 N r . 904), daß ein solcher Vergleich Erlaßvergleich ist ( R G Z 146 142) und daß er stets mit einem Zahlungsaufschub verbunden ist (RG, K u T 1934 24). Eine Begrenzung des Zahlungsaufschubs, eine bestimmte Erfüllungszeit wie dies f ü r den Ratenvergleich aus § 7 II folgt, fehlt f ü r den Liquidationsvergleich im Gesetz. Die Richtlinien f ü r die Begutachtung gerichtlicher Vergleichsvorschläge weisen unter I X auf diesen Nachteil hin (vgl. Anhang) und empfehlen, bestimmte T e r m i n e f ü r Ratenzahlungen im Vergleichsvorschlag festzulegen (vgl. Verfasser K T S 1967, 36). Zu bemerken ist jedoch, daß der Schuldner bei einem Erfüllungsverzug mit dem Unterschiedsbetrag zur gesetzlichen Mindestquote gemäß § 9 III geschützt wird: Ein solcher V e r z u g f ü h r t nicht zur W i e d e r a u f l e b u n g der Forderungen nach § 9 I des Gesetzes. Z u r Entstehungsgeschichte der Gutachterrichtlinie I X und zum W e r t von Befristungen bei Liquidationsvergleich siehe Künne K T S 1971 243. — Im übrigen ist — auch zum Vergleichsgaranten beim Liquidationsvergleich — zu verweisen auf die Ausführungen zu § 7 IV unten und zwar Bemerkungen 10 bis 15. Treuhandvergleich a) Die Form des Treuhandvergleichs kann bei allen oben (Bern. 9) angegebenen 1 0 Vergleichsarten v o r k o m m e n . Dies in zweifacher Weise: Einmal als echte (dingliche) 105

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Treuhand, bei welcher dem Treuhänder die zum T r e u g u t gehörenden Vermögensgegenstände zur Verwertung für die Gläubiger übereignet, bzw. abgetreten werden. Zum anderen als unechte (uneigentliche) Treuhand, bei der das V e r m ö g e n auch dem Rechte nach dem Schuldner bleibt und der Treuhänder nur die Befugnis zur Verwaltung des Treuguts erhält und zufolge der Einwilligung des Schuldners (§ 185 I B G B ) zu V e r f ü gungen ermächtigt ist. Es ist nun jedoch zu unterscheiden zwischen dem Treuhandvergleich, den der Schuldner mit seinen am Verfahren beteiligten Gläubigern, den Vergleichsgläubigern abschließt, und dem Treuhandvertrag, der die Rechtsbeziehungen zwischen dem Schuldner und dem Treuhänder regelt. Auf die Gestaltung des Treuhandvertrages können die Vergleichsgläubiger zwar weitgehenden Einfluß haben, etwa durch Vorstellungen bei der amtlichen Berufsvertretung des Schuldners, die dies bei ihrer Stellungnahme aus § 14 des Gesetzes berücksichtigen wird, oder über den vom Gericht bestellten vorläufigen Gläubigerbeirat (§ 44), letztlich und entscheidend durch die Abstimmung über den vom Schuldner vorgelegten Vergleichsvorschlag (§ 74), Rechte aber kann der Treuhandvertrag den Vergleichsgläubigern nur über § 328 B G B gewähren ( R G Z 117 143). Dingliche Rechte können die Vergleichsgläubiger durch den Abschluß des Treuhandvertrages nicht erwerben, denn unsere Rechtsordnung kennt keinen dinglichen Rechtserwerb aus einem Vertrag zugunsten Dritter ( B G H , K T S 1967 158). D e r Treuhandvertag kann mit in den gerichtlichen Vergleich aufgenommen werden. Er gilt dann mit der Annahme des Vergleichsvorschlags als geschlossen, da er Teil des gerichtlichen Vergleichs ist. Diese Form ist bei der unechten Treuhand häufig. Der Vergleichsvorschlag kann aber auch lediglich nur das Versprechen des Schuldners enthalten, einen Treuhandvertrag abzuschließen. Wird diese Form gewählt, so muß sich das Vergleichsgericht vor der Bestätigung des von den Gläubigern angenommenen Vergleichs vergewissern, ob denn nun auch der Treuhandvertrag, wie versprochen, abgeschlossen worden ist. Denn anderenfalls kann nicht angenommen werden, daß der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger entspricht (§ 79 N r . 4). Seiner rechtlichen N a t u r nach ist der Treuhandvertrag — Entgeltlichkeit folgt aus der V e r g ü t u n g des Treuhänders als Vergleichsverwalter — als ein Dienstvertrag anzusehen, der eine Geschäftsbesorgung z u m Gegenstand hat (§ 657 B G B ) . Der Geschäftsbesorgungsvertrag erlischt, wenn es zum Anschlußkonkurs kommt (§ 102), gemäß § 2 3 K O . Für die echte Treuhand hat das Erlöschen die unabdingbare gesetzliche Konkursfolge, daß das Treugut, soweit es im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (§ 108 K O ) noch vorhanden ist, in die Konkursmasse fällt ( R G Z 145 256). — Im übrigen ist, wenn der Treuhandvertrag auf Geschäftsbesorgung zufolge der Konkurseröffnung erlischt (§ 23 K O ) und die Übertragung des Treugutes nicht unter der auflösenden Bedingung der E r ö f f n u n g des Konkurses geschehen ist, der Treuhänder verpflichtet, das T r e u g u t an den Treugeber (zur V e r f ü g u n g des Konkursverwalters, § § 6 , 117 K O ) zurückzuübertragen vgl. B G H , K T S 1962 166 = N J W 1962 1201. - Die Vergleichsgläubiger können mithin bei keiner Form eines Treuhandvergleichs im nachfolgenden Konkurs an dem T r e u g u t — bei unechter Treuhand blieb es auch dem Rechte nach Schuldnervermögen — ein Absonderungsrecht geltend machen. Auch wenn der Vergleichsschuldner durch den Treuhandvertrag sein gesamtes — oder nahezu sein gesamtes — V e r m ö g e n auf den Vergleichsverwalter als Treuhänder überträgt, so ist doch die H a f t u n g des Verwalters aus § 419 B G B ausgeschlossen. Dies ist für den Fall der Vermögensübertragung auf den Sachwalter in § 92 V des Gesetzes ausdrücklich bestimmt, muß aber sinngemäß auch für die auf den Vergleichsverwalter gelten. Die Vermögensübertragung geschieht ja gerade zur Befriedigung der Gläubi106

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ger, und zwar nicht in einem außergerichtlichen Vergleichsverfahren, sondern einem Verfahren, das unter einer rechtsbetreuenden staatlichen Aufsicht steht, mag es auch weithin Züge einer Selbstverwaltung tragen, sich also außerhalb obrigkeitlicher Maßnahmen vollziehen. Im Konkurs des Treuhänders gehört das Treugut, auch wenn es ihm formaljuristisch zu Eigentum übertragen worden ist, nicht zu seiner Konkursmasse, denn materiell und wirtschaftlich ist es weiterhin zum Vermögen des Treugebers zu rechnen (Mentzel-Kuhn Anm. 10 zu § 43 KO). Vollstrecken Gläubiger des Treuhänders in das Treugut, so überwiegt auch hier die wirtschaftliche Vermögenslage: Es ist die Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) gegeben, die Kraft seiner Stellung als Vergleichsverwalter hier der Vollstreckungsschuldner selbst erheben kann, denn er ist insoweit Dritter im Sinne des Gesetzes (vgl. zu diesen Fragen auch Liebich, Treuhand und Treuhänder im Wirtschaftsrecht, 1966, 172 f). Von der Treuhand zu unterscheiden ist die Sicherstellung der Vergleichserfüllung durch die Stellung eines Vergleichsbürgen oder die Bestellung eines dinglichen Rechtes, etwa einer Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93). Diese Sicherstellung kann sich auf den gesamten Vergleich oder auch nur eine Vergleichsquote beziehen (Näheres unten Bern. 20). b) Am häufigsten hat die Form des Treuhandvergleichs der Liquidationsvergleich. Wenn der Liquidationsvergleich in § 7 IV des Gesetzes auch ausdrücklich anerkannt wird, so fehlt doch eine spezielle Regelung für den treuhänderischen Liquidationsvergleich. Doch sind die Rahmenvorschriften der §§91 f anwendbar. Die Überwachung des Schuldners liegt, wenn das Vergleichsverfahren nicht nach § 96 fortgesetzt wird, in den H ä n d e n des Sachwalters (§91 I). Bei der Liquidationstreuhand ist der Treuhänder notwendig zugleich Sachwalter. Es empfiehlt sich, den Namen des Treuhänders (Sachwalters) bereits in dem schriftlichen Vergleichsvorschlag zu bezeichnen, denn die Person kann sowohl für die Annahme des Vergleichsvorschlags, wie auch für die gerichtliche Bestätigung (§ 78) entscheidend sein. Dies gilt auch für etwaige Ersatzmänner, anderenfalls das Gericht die Bestellung nach § 92 III vorzunehmen hat. Unzulässig ist eine schuldbefreiende Vermögensübertragung auf einen Treuhänder. Sie würde dem Sinn des § 7 IV widersprechen, der eine Weiterhaftung des Vergleichsschuldners in H ö h e des Unterschiedsbetrages zwischen der zur Auszahlung gelangenden Vergleichsquote und dem Mindestsatz von fünfunddreißig vom Hundert der Forderungsbeträge vorsieht (ebenso Jaeger-Weber Anm. 4 zu § 174 K O , a. A. Kütine KTS 1971 240, der entgegen der h. M. in dem Beitritt eines Gläubigers zu dem Liquidationsvergleich gemäß § 364 Abs. 1 BGB eine Schuldumwandlung sieht: Künne DB 1968 1253 ff). — Eine schuldbefreiende Vermögensübertragung auf den Treuhänder oder Abtretung an ihn kann nicht die schuldbefreiende Wirkung einer Leistung an Erfüllungs Statt haben. Es kann mithin durch eine solche Maßnahme für den späteren Konkurs des Vergleichsschuldners noch vorhandenes Treugut nicht der Konkursmasse vorenthalten werden. c) V o n der Liquidationstreuhand verschieden ist die Verwaltungstreuhand: Die Gläubiger sollen nicht aus der Substanz des Schuldnervermögens, sondern aus den Erträgnissen des Schuldnerunternehmens oder eines Sachinbegriffs des Schuldnervermögens (z. B. Mieterträgen der Schuldnergrundstücke) befriedigt werden. Dieses wird bis zur Vergleichserfüllung in echter oder unechter Treuhand (vgl. dazu oben Bern. 10 a) verwaltet ( R G Z 70 32 f ü r einen außergerichtlichen Vergleich). In der Regel ist der Vergleich auch hier Teilerlaßvergleich. Notwendig mit ihm verbunden ist eine Stundungswirkung. Es bleibt den Beteiligten überlassen, ob sie feste Raten mit 107

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I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

bestimmten Zahlungsterminen oder nur einen äußersten Zahlungstermin für die Gesamtquote vereinbaren wollen. Soll die Zeit der Ausschüttungen lediglich von den künftigen Erträgnissen abhängig gemacht werden, wobei der Bestimmtheitsgrundsatz des § 7 I, S. 1 des Gesetzes zu beachten ist, so wäre doch zulässigerweise hier die Bestimmung des § 7 II ausgeschaltet. Es liegt darin keine Gesetzesumgehung, da der Treuhänder eingeschaltet ist (zustimmend: KG, K T S 1973 184 = Rpfleger 1973 177 ff). O h n e Einschaltung eines Treuhänders wäre eine Vergleichsabrede dahingehend, daß die Vergleichsgläubiger aus den Erträgnissen des Schuldnervermögens befriedigt werden sollen, unzulässig, denn nur die Überwachung der Geschäftsführung des Schuldners gewährleistet nicht die notwendige Bestimmtheit des Vergleichsvorschlags (dazu unten Bern. 13). Sanierungsvergleich 11

Nicht selten finden zur Sanierung von Einzel- und Gesellschaftsfirmen Umwandlungen derselben in eine Gesellschaft unter Beteiligung der Gläubiger statt. Die dazu geeignete Rechtsform ist als sogenannte „Auffanggesellschaft" die der G m b H (Spengler KTS 1955 25). Der Grundgedanke ist der einer Umwandlung der Forderungen in Mitgliedschaftsrechte der Sanierungsgesellschaft. Ein bereits eröffnetes Konkursverfahren kann nicht in der Art zum Abschluß gebracht werden, daß bestimmte Gläubigergruppen unter Aufrechung mit ihren Forderungen solche Mitgliedschaftsrechte erwerben, da dies gegen die zwingenden Vorschriften des Gesetzes über die Verteilung (§§ 149 f KO) verstoßen würde (vgl. Mentzel-Kuhn, Anm. 2, e zu § 174 K O , Uhlenbruck Abschreibungsgesellschaften, S. 88 ff). Wird vor der Konkurseröffnung eine solche Auffanggesellschaft begründet, so setzen sich die Gründer mit der Übertragung, aber auch bereits mit der Verpachtung des Betriebsvermögens durch den späteren Gemeinschuldner einer Anfechtung aus §§ 29 ff K O im nachfolgenden Konkurs aus, denn die Gläubigerbenachteiligung kann in der Erschwerung der Zugriffsmöglichkeiten liegen, die sich dadurch für den Konkursverwalter, z . B . aus § 2 1 K O ergeben. Eine solche Anfechtungsmöglichkeit im nachfolgenden Konkurs kann nicht etwa durch Abschluß eines Zwangsvergleichs ausgeschlossen werden (§ 182 KO), denn das Anfechtungsrecht steht dem Konkursverwalter zu (§ 37 KO). Für die pflichtgemäße Ausübung dieses Rechts ist er allen Beteiligten gegenüber, mithin auch den Gläubigern, die sich an der Gründung der Auffanggesellschaft nicht beteiligt hatten, gemäß 5 82 K O verantwortlich. Im gerichtlichen Vergleichsverfahren dagegen unterliegt die Übernahme des Schuldnerbetriebes durch eine Auffanggesellschaft dieser Gefahr nicht, es müssen jedoch für einen solchen sogenannten Sanierungsvergleich die sich aus dem Gesetz ergebenden, nachfolgend zu erörternden Grundsätze beachtet werden: Da die im Gesetz vorgesehenen Mindestsätze bar geboten werden müssen (§ 7 III), kann die gesellschaftliche Beteiligung der Vergleichsgläubiger nicht durch Annahme eines Vergleichsvorschlags erzwungen werden (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 2, e zu § 174 KO). Wohl aber kann es den Vergleichsgläubigern freigestellt werden, statt der Barzahlung eine ihrem Anspruch entsprechende Beteiligung an der Auffanggesellschaft zu begehren, wie es denn auch zulässig ist, den Vergleichsgläubigern nach ihrer Wahl Befriedigung in Sachwerten zu bieten, sofern nur und zwar auch mit Rücksicht auf die Wiederauflebensklausel des § 9 der Bestimmtheitsgrundsatz des § 7 I, S. 1 des Gesetzes gewahrt worden ist. Stellt sich die in bar zu zahlende Vergleichsquote gegenüber der wahlweise zugelassenen Beteiligung an der Auffanggesellschaft nach der Überzeugung des Vergleichsgerichts als die geringere Leistung dar, so muß unter den Gläubigern, die im Vergleichstermin erklären, daß sie sich an der Auffanggesellschaft nicht beteiligen 108

Inhalt des Eröffnungsantrags

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können, eine Abstimmung gemäß § 8 II über ihre Zurücksetzung stattfinden. Soweit der Vergleichsvorschlag zur Erleichterung des Gründungsvorgangs die Befriedigung von Kleinforderungen in voller H ö h e vorsieht, muß unter den dadurch zurückgesetzten übrigen Vergleichsgläubigern die Abstimmung aus § 8 II stattfinden. Der Gründungsvorgang einer Auffanggesellschaft vollzieht sich außerhalb des Vergleichsverfahrens, was nicht ausschließt, daß das Gericht im Vergleichstermin als solches der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Gründungsvorgang beurkundet, dies unter W a h r u n g der dafür vorgeschriebenen Formen. Der Vergleichsvorschlag soll durch seine Bezugnahme auf die Einzelheiten zur Auffanggesellschaft verhindern, daß der erstrebte Sanierungsplan gestört wird. Zum Abschluß eines solchen Sanierungsvergleichs im gerichtlichen Vergleichsverfahren vgl. RG, K u T 1934 24 = Seuff. A. 88 Nr. 63. Der in der Regel notwendige Einschuß von Kapital kann hier nicht etwa in die Form eines „Verwalterdarlehens" gekleidet werden, denn es handelt sich nicht um Mittel, die dem Schuldner zur Fortführung „seines Geschäfts" (§ 106) zur Verfügung gestellt werden. Das Geschäft des Schuldners soll nicht von ihm, sondern von der Auffanggesellschaft fortgeführt werden. Hinsichtlich der Haftung nach § 419 BGB, § 25 H G B ist zu unterscheiden. Erwirbt die Auffanggesellschaft im Rahmen eines Zwangsvergleichs des Konkursverfahrens das Aktivvermögen im ganzen aus der Hand des Konkursverwalters (§§ 6, 117, 173 ff KO), so sind § 419 BGB, § 25 H G B nicht anwendbar, denn die Veräußerung findet ja gerade statt, um aus dem Erlös die Konkursgläubiger und vor diesen die Massegläubiger zu befriedigen. - Vgl. BAG, KTS 1966 189 = BB 1966 901, Mentzel-Kuhn Anm. 80 zu § 1 K O und Anm. 2, e zu § 174 K O , Böhle-Stamschröder Anm. 3 a. E. zu § 1 K O , Verfasser Betrieb 1953 526 und 1954 343. — Gleiches muß gelten, sofern die Auffanggesellschaft das Unternehmen als Ganzes im Rahmen eines Liquidationsvergleichs (§ 7 Abs. 4 VglO) vom Treuhänder-Vergleichsverwalter erwirbt, denn auch hier sollen die Vergleichsgläubiger und vor diesen die nicht beteiligten Gläubiger (§ 26 VglO) aus dem Liquidationserlös befriedigt werden (vgl. Verfasser Kölner Festschrift 1977 317 f). Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Gleichstellung der beiden Insolvenzarten in § 75 Abs. 2 A O 1977. — Liegt jedoch eine solche Gleichstellung nicht vor, handelt es sich um die Durchführung eines Verfahrens mit einem Vergleichsvorschlag nach § 7 Abs. 1, bzw. Abs. 2 VglO, so greifen § 419 BGB, § 25 H G B und § 613 a BGB Platz (vgl. Uhlenbruck Die G m b H u. Co K G in Krise, Konkurs und Vergleich S. 342/ 343. Zur wirtschaftlichen Bedeutung des §613 a BGB bei Betriebsveräußerungen im Konkurs siehe Volker Grub, KTS 1978, 129. — Einzelheiten Rdn. 17 zu § 7 VglO. —

II. Erfordernisse des Vorschlags Gesetzmäßigkeit a) Schon der in den Antrag aufgenommene Vorschlag muß den Inhaltserfordernis- 1 2 sen entsprechen, die das Gesetz für den Vergleich selbst aufstellt. Der Schuldner kann nur vorschlagen, was überhaupt Inhalt des Zwangsvergleichs und damit auch Gegenstand des Mehrheitszwangs sein kann (zu dessen Grenzen vgl. unten Bern. 9—12 und 20—21 zu § 8). Das Gesetz stellt ausdrücklich nur bestimmte Erfordernisse für den Vergleichsvorschlag auf, wie aus § 7 I—III folgt. Der Vorschlag muß bestimmt sein, gewisse Mindestsätze bieten, die auf die Erfüllungszeit abgestellt sind, und die Befriedigung muß in bar geboten werden. Hierbei handelt es sich um positive, nicht aber um begriffsnotwendige Inhaltserfordernisse des Vergleichsvorschlags. Darüber hinaus muß 109

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , V e r g l e i c h s v o r s c h l a g

der Vorschlag dem Gesetz entsprechen, er muß zur Abwendung des Konkurses dienen b) Das Gericht darf zwar Vorschläge zulassen, die eine auflösende Bedingung oder einen Endtermin für die Inhaltswirkungen des Vergleichs vorsehen (vgl. auch § 9), weil hierbei die Konkursabwendung, wenigstens fürs erste, erreicht wird, nicht aber Vorschläge, denen zufolge der Eintritt der Vergleichswirkung von einem der gerichtlichen Bestätigung nachfolgenden — gewissen oder ungewissen — Ereignis abhängig sein soll, denn hier bestünde trotz der Bestätigung (§ 78) die Ungewißheit fort. Unzulässig ist z. B. ein Vergleichsvorschlag, der den Vergleichsgläubigern Quotenerfüllung verspricht, wenn sie sich aus einer dem Vergleichsschuldner nach der Bestätigung anfallenden Erbschaft oder aus dem Ubererlös einer nach der Bestätigung stattfindenden Zwangsversteigerung ermöglichen läß. Soll das künftige Ereignis lediglich den Umfang der vergleichsmäßigen Leistungen des Schuldners bestimmen, so wäre der Vergleichsvorschlag mangels Bestimmtheit nicht zulässig. Der Schuldner kann nicht etwa seinen Vergleichsgläubigern fünfzig vom Hundert auf die festgestellten Forderungen bieten und für den Fall, daß die Verwertung eines oder mehrerer Gegenstände nicht den zu erwartenden Betrag erbringt, eine Quote von nur vierzig vom Hundert. Wohl kann er umgekehrt die zuletzt genannte Quote fest bieten und für den Differenzbetrag einen Besserungsschein (zu diesem vgl. Künne K T S 1968 201 bis 213 und unten Rdn. 24 bis 26 zu 5 82 VglO) geben, über dessen Einlösung z. B. der Gläubigerbeirat oder die amtliche Berufsvertretung des Schuldners oder der Vergleichsverwalter in Übereinstimmung mit diesen zu entscheiden hat. Hier ist die Wirksamkeit des Vergleichs nicht aufschiebend bedingt, der Vergleich ist auch bestimmt. Der Bestimmtheitsgrundsatz ist auch gewahrt und der Vorschlag kann nicht mangels Gesetzmäßigkeit beanstandet werden, wenn bei einem Ratenvergleich oder bei einem treuhänderischen Liquidationsvergleich die Erlaßwirkung von der aufschiebenden Bedingung der Vollerfüllung der vom Schuldner übernommenen Verpflichtungen abhängig gemacht wird (RG, Seuff. A. 88 Nr. 63). Ein solcher Vergleich ist hinsichtlich der in ihm enthaltenen Stundung der Forderungen endgültig. Hinsichtlich der Erlaßwirkung, die aufschiebend bedingt ist, hat er für die Vergleichsgläubiger den Vorteil, daß sie sich nicht erst auf die Wiederauflebensklausel des § 9 III zuberufen brauchen und daß sie nicht deren Schranken unterliegen. Zur kassatorischen Klausel dieser Art vgl.: Tidow K T S 1956 100 f, Jaeger-Weber Anm. 1 zu § 195 KO). Gesetzlich unzulässig ist ein Vergleichsvorschlag, der die völlige Befreiung des Vergleichsschuldners unter Übernahme der Vergleichsschulden durch einen Dritten, sei es auch zu einem die Mindestquote übersteigenden Betrag, vorsieht. Die Haftung des Dritten kann nur immer eine kumulative oder zusätzliche sein (§§ 7, 85 II). Dies gilt auch, wenn der Dritte im Vergleich das Handelsgeschäft des Schuldners mit den Passiven übernimmt. Der Vergleichsschuldner kann im Verfahren nicht aus den ihm durch das Gesetz auferlegten Pflichten entlassen werden. Zulässig ist eine ausdrückliche Abrede auf Vollerlaß der in § 83 II genannten Ansprüche, doch darf diese Abrede hinsichtlich eines Zinserlasses ab einem früheren Zeitpunkt als den des § 21 sich nur soweit erstrecken, daß sich hieraus keine Kürzung über die Mindestquote des § 7 hinaus ergibt. c) Eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger braucht der Vorschlag nicht vorzusehen (§ 8 II). Der Antragsteller braucht auch nicht nachzuweisen, daß voraussichtlich die zurückzusetzenden Gläubiger mit den gemäß § 8 II erforderlichen Mehrheiten ihrer Zurücksetzung zustimmen werden. Wohl aber muß verlangt werden, daß der Vergleichsvorschlag die Zurücksetzung klar zum Ausdruck bringt. Das Vergleichsge-

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Inhalt des Eröffnungsantrags

§ 3

rieht d a r f n i c h t zu e i n e r im V o r s c h l a g selbst v e r s t e c k t e n u n g l e i c h e n B e h a n d l u n g die H a n d bieten. S o l c h e Z w e i f e l k ö n n e n z. B. bei f o l g e n d e n F a s s u n g e n des V e r g l e i c h s v o r schlags a u f t r e t e n : a) „ V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r f o r d e r u n g e n , die d e n B e t r a g v o n 100,— D M ü b e r s t e i g e n , w e r d e n u m sechzig v o m H u n d e r t g e k ü r z t , im ü b r i g e n a b e r voll a u s g e z a h l t " — u n d b) „ V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r f o r d e r u n g e n , die nicht m e h r als 200,— D M b e t r a g e n , w e r d e n voll a u s g e z a h l t , die d a r ü b e r h i n a u s g e h e n d e n u m s e c h z i g v o m H u n d e r t g e k ü r z t " . — Bei d e r ersten F a s s u n g bleibt u n k l a r , o b j e d e V e r g l e i c h s f o r d e r u n g bis 100,— D M voll a u s g e z a h l t w i r d , also a u c h die sonst mit d e m M e h r b e t r a g n u r in H ö h e d e r V e r g l e i c h s q u o t e a u s z u z a h l e n d e n , o d e r n u r F o r d e r u n g e n , die d e n G r e n z b e t r a g nicht ü b e r s t e i g e n . Bei d e r z w e i t e n , w i e bei d e r e r s t e n F a s s u n g bleibt u n k l a r , o b F o r d e r u n g e n , die auf d e n G r e n z b e t r a g z u s a m m e n g e s t r i c h e n w e r d e n , diesen B e t r a g voll e r h a l t e n sollen (vgl. Verfasser D e r f e h l e r h a f t e V e r g l e i c h s v o r s c h l a g , F e s t s c h r i f t f ü r Emst Knorr 1968 3 3 / 3 9 ) . W i r d ein s o l c h e r V o r s c h l a g d e n n o c h z u g e l a s s e n u n d z u r A b s t i m m u n g gestellt (§§ 66, 74), so ist die B e s t ä t i g u n g m a n g e l s B e s t i m m t h e i t z u v e r s a g e n (§ 79 N r . 1 u n d 3). D a g e g e n w i r d die G e s e t z m ä ß i g k e i t eines die G l e i c h b e h a n d l u n g d e r V e r g l e i c h s g l ä u biger v o r s e h e n d e n V o r s c h l a g s nicht d a d u r c h b e r ü h r t , d a ß S o n d e r a b k o m m e n v o r l i e g e n , d u r c h die e i n z e l n e G l ä u b i g e r b e v o r z u g t w e r d e n . D a s V e r g l e i c h s g e r i c h t d a r f n i c h t e t w a , w e n n es h i e r v o n v o r d e r E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s K e n n t n i s e r h ä l t , diese a b l e h nen. D e n n die b e g ü n s t i g t e n G l ä u b i g e r bleiben V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r u n d w e r d e n v o m V e r g l e i c h b e t r o f f e n (§§ 8 III, 82 I). D a s V o r z u g s a b k o m m e n ist, s o w e i t es sich n i c h t e t w a u m ein reines V e r f ü g u n g s g e s c h ä f t h a n d e l t , n a c h § 8 III nichtig, w e n n es im H i n blick auf d e n V e r g l e i c h geschlossen w u r d e , d. h. w e n n sich die Beteiligten v o n d e r Absicht h a t t e n leiten lassen, d a ß das A b k o m m e n n e b e n d e m V e r g l e i c h gelten sollte ( B G H , K T S 1961 88 = M D R 1961 596 = L M N r . 2 Bl. 1 z u § 8 V g l O ) . W i r d das A b k o m m e n o f f e n g e l e g t u n d in d e n V e r g l e i c h s v o r s c h l a g a u f g e n o m m e n , so b e d a r f es d e r A b s t i m m u n g n a c h § 8 II des G e s e t z e s ( S k r o t z k i K T S 1958 105). W e i t e r e E i n z e l h e i ten siehe u n t e n R d n . 17 bis 50 z u § 8 V g l O . — Bestimmtheit a) D a d e r A n t r a g „ d e n " V o r s c h l a g e n t h a l t e n m u ß , k a n n d e r S c h u l d n e r n i c h t m e h - 1 3 r e r e V o r s c h l a g e alternativ z u r W a h l stellen (a. M . Krieg § 7 A. 4). E r k a n n d e s h a l b a u c h nicht einen R a t e n - u n d E r l a ß v e r g l e i c h f ü r d e n Fall seiner N i c h t e r f ü l l u n g mit e i n e m L i q u i d a t i o n s v e r g l e i c h k o p p e l n . E i n e r s o l c h e n K o p p e l u n g s t e h t im ü b r i g e n e n t g e g e n , d a ß es d e m L i q u i d a t i o n s v e r g l e i c h a n d e r B e s t i m m t h e i t ( § 7 I, S. 1) m a n g e l t , d a n i c h t f e s t s t e h t , w e l c h e s V e r m ö g e n u n d v o n w a n n ab es z u r V e r w e r t u n g z u r V e r f ü g u n g gestellt w ü r d e ( d a z u N ä h e r e s o b e n u n t e r 9 b). E i n e M e h r h e i t v o n V e r g l e i c h s v o r s c h l ä g e n ist im ü b r i g e n m ö g l i c h e r w e i s e g e m ä ß § 18 N r . 3 u n z u l ä s s i g , n ä m l i c h d a n n , w e n n ihr V e r h ä l t n i s z u e i n a n d e r so ist, d a ß n u r e i n e r d e r V e r m ö g e n s l a g e des S c h u l d n e r s e n t sprechen kann. b) Ein b e s t i m m t e r V e r g l e i c h s v o r s c h l a g ( § 7 I 1) m u ß inhaltlich klar, d . h . w i d e r s p r u c h s l o s u n d z w e i f e l s f r e i , sowie d e n U m s t ä n d e n n a c h e r s c h ö p f e n d sein. E r m u ß deshalb klarstellen, in w e l c h e r W e i s e , in w e l c h e r H ö h e o d e r mit w e l c h e n Mitteln u n d in w e l c h e r Z e i t die G l ä u b i g e r b e f r i e d i g t w e r d e n sollen; f e r n e r z u f o l g e A b s a t z 1, o b , wie u n d d u r c h w e n die E r f ü l l u n g des V e r g l e i c h s sichergestellt w e r d e n soll (vgl. K G , K T S 1973 184 = R p f l e g e r 1973 177 f f ) . Z u n ä c h s t m ü s s e n A r t u n d F o r m des V e r g l e i c h s o d e r die b e a b s i c h t i g t e K o m b i n a t i o n v o n s o l c h e n a n g e g e b e n w e r d e n ; z. B. T e i l e r l a ß mit R a t e n z a h l u n g unter außergerichtlicher Ü b e r w a c h u n g ; Liquidationsvergleich unter bloß e r a u ß e r g e r i c h t l i c h e r Ü b e r w a c h u n g o d e r mit e c h t e r o d e r u n e i g e n t l i c h e r T r e u h a n d .

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , V e r g l e i c h s v o r s c h l a g

Aufhebung des gerichtlichen Verfahrens alsbald mit Vergleichsbestätigung kann der Schuldner nur in der Weise vorschlagen, daß er eine vereinbarte Überwachung ( § 9 1 I) anbietet. Aufhebung gemäß § 90 dagegen kann — abgesehen von der wegen geringer Passivmassen, über die von Amts wegen zu entscheiden ist — nicht vom Schuldner, vielmehr nur von der zur Annahme des Vergleichs erforderlichen Mehrheit der Vergleichsgläubiger beantragt werden. c) Bei Stundungsvergleichen müssen die Zahlungstermine — diese am besten kalendermäßig — und bei Abschlagszahlungen auch die Raten festgelegt werden. Hierbei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vergleichsgericht nach dem Eingang des Vergleichsantrags und des Vergleichsvorschlags (§ 3) die amtliche Berufsvertretung des Schuldners zu hören hat (§ 14), den vorläufigen Verwalter (§ 11) hören wird, Amtsermittlungen anzustellen hat (§ 116), mithin über die Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 20) nicht sofort entscheiden wird und daß u. U. über die Bestätigung des von den Vergleichsgläubigern angenommenen Vergleichs erst in einem weiteren Termin (§§ 77, 78 III) entschieden werden wird. Zahlungstermine aber sind, wie aus § 7 II S. 1 folgt, ab der Bestätigung des Vergleichs zu berechnen. Bei der Festlegung der Zahlungstermine ist auch die büromäßige Belastung des Schuldnerbetriebes mit zu bedenken, so ist z. B. eine Auszahlung der Vergleichsquote in 24 gleichen Monatsraten bei einer Vielzahl von Vergleichsgläubigern in der Regel nicht ratsam. Hier bietet sich zur Kostenersparnis ein Vergleichsvorschlag mit Vorabbefriedigung von Kleinforderungen (§ 8 II) an, womit zugleich bei der Erfüllung des Vergleichs eine leichtere Übersicht ermöglicht wird (vgl. Verfasser Der fehlerhafte Vergleichsvorschlag, Festschrift für Ernst Knorr 1968 48). Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert, daß der Erlaß sich immer in einer Quote der Forderungen ausdrückt, die fest genannt wird. Unzulässig ist z. B. ein Vergleichsvorschlag, der vorsieht, daß die Vergleichsgläubiger vierzig vom Hundert auf ihre Forderungen, jedoch insgesamt nicht mehr als einhunderttausend D M erhalten sollen. Hier kann nicht festgestellt werden, was jeder Vergleichsgläubiger erhalten wird, denn aus dem vom Vergleichsschuldnereinzureichenden Gläubigerverzeichnis (§ 6) folgtdies nicht, da dieses Verzeichnis keineswegs ausschließt, daß darüber hinaus von den Gläubigern weitere Forderungen geltend gemacht werden, die der Vergleichsschuldner übersehen oder zu unrecht als nicht oder nicht mehr bestehend angesehen hatte. Auch im Vergleichstermin (§ 66) kann eine solche Feststellung nicht endgültig getroffen werden, denn das Bestehen oder Nichtbestehen einer Vergleichsforderung kann, wie aus § § 7 1 , 97 folgt, auch noch später festgestellt werden. Schließlich ist bei der Vergleichserfüllung selbst eine erst nach der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) geltend gemachte Vergleichsforderung zu berücksichtigen (§ 82 II). Für die Vergleichsgläubiger muß aus einem Vergleichsvorschlag unabhängig von unbekannt gebliebenen, streitigen, aufschiebend bedingten Forderungen oder Ausfallforderungen ersichtlich sein, was sie auf ihre Forderungen erhalten sollen. Das aber ist nur möglich, wenn der Erlaß durch eine Quote zum Ausdruck gebracht wird. Doch widerspricht es dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht, daß die einzelnen Zahlungen auf die Vergleichsquote variabel gehalten werden, indem z. B. der Gläubigerbeirat (§ 44) im Vergleichsvorschlag ermächtigt wird, je nach dem Stande der Vermögensverwertung zu bestimmen, daß die erste, zweite oder dritte Zahlung auf die Vergleichsquote erst zu einem späteren Zeitpunkt geschehen soll oder nur in geringerer Höhe stattfinden wird (zustimmend: LG Paderborn, Beschluß vom 5. 1. 1978 - 9 T 407, 4 1 0 / 7 7 - zur Veröffentlichung im Heft 3 der K T S 1978 vorgesehen). Hierin liegt kein bedingter Vergleich. Erforderlich ist aber immer, daß die Gesamtquote den Mindesterfordernissen des § 7 I und II entspricht, woraus sich auch 112

Inhalt d e s E r ö f f n u n g s a n t r a g s

§ 3

hinsichtlich der zeitlichen Aussetzung von Zahlungen Schranken ergeben. Nicht aber ist es zulässig, spätere V e r ä n d e r u n g e n in der Zahlungsweise allein vom Willen des V e r gleichsschuldners abhängig zu machen. Ein solcher Vorschlag wäre mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 7 I, S. 1 unvereinbar. Beim Liquidationsvergleich muß, da das gesetzliche Erfordernis der Mindestquote auch hier gilt, der Vorschlag noch die Erklärung enthalten, daß sich der Erlaß, falls die V e r w e r t u n g des Schuldnervermögens weniger ergeben sollte, nicht auf den an 35 vom H u n d e r t oder einer etwa vorgeschlagenen höheren Q u o t e fehlenden Betrag erstreckt (§ 7 IV). Erhalten die Vergleichsgläubiger weniger als die gesetzliche o d e r vereinbarte Mindestquote, so verbleibt ihnen in H ö h e des Differenzbetrages eine Vergleichsforderung ( B G H , K T S 1958 11 = N J W 1958 299). Rechtfertigung des Vorschlags Eine Rechtfertigung des Vergleichsvorschlags ist im Gesetz nicht ausdrücklich vor- 1 4 geschrieben. Sie ergibt sich in der Regel aus dem Vergleichsantrag und den mit diesem einzureichenden Anlagen, insbesondere aus der Vermögensübersicht, den Bilanzen und dem Gläubiger- und Schuldnerverzeichnis (§§ 4 I, 5 I, II und 6). N u r soweit diese zur Begründung des Vorschlages nicht ausreichen, muß der Schuldner eine Rechtfertigung beifügen. Dies, um die Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung (§ 14) möglichst innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist zu erhalten, vor allem aber mit Rücksicht auf die materielle P r ü f u n g s - und Ermittlungspflicht des Vergleichsgerichts hinsichtlich der Vergleichseignung, Vergleichswürdigkeit und der sich aus § 18 des Gesetzes u. U . ergebenden Ablehnungsgründe. Die Rechtfertigung des Vergleichsvorschlags geht am besten von einer Darlegung der G r ü n d e des Zusammenbruchs des schuldnerischen U n t e r n e h m e n s und dem Zeitpunkt des Eintritts der Krise aus (Zum Begriff und zum Eintritt der Krise vgl. Uhlenbruck Die G m b H & C o K G in Krise, Konkurs und Vergleich S. 29 ff). — D a z u gehören Angaben über Wechselproteste, begründete Z a h lungsklagen, P f ä n d u n g e n , K ü n d i g u n g von Bankkrediten, Verhalten der H a u s b a n k , Zahlungsstockungen und die Zahlungseinstellung. Dieser Darlegung hat die über die Angemessenheit des Vergleichsvorschlags und seine Durchführbarkeit zu folgen. Wird nicht ein Liquidationsvergleich (§ 7 IV) vorgelegt, so hat der Vergleichsschuldner sich weiter darüber zu erklären, in welcher Weise und in welchem U m f a n g das U n t e r n e h men f o r t g e f ü h r t werden soll (§ 18 N r . 4). Dahin gehören organisatorische Betriebsm a ß n a h m e n , Umstellung der P r o d u k t i o n , S p a r m a ß n a h m e n , Verhältnis von Anlageund U m l a u f v e r m ö g e n , Kundenkreis, Auftragsbestand, vorhandene Mittel zur F o r t f ü h rung des Geschäfts, insbesondere z u r Zahlung von Löhnen. Im Z u s a m m e n h a n g mit den zuletzt genannten Fragen ist die der A u f n a h m e eines „Verwalterdarlehens", möglicherweise bereits im V o r v e r f a h r e n (dazu B G H Z 32, 268 = K T S i960, 138 mit Anm. Berges) zu erörtern. Schließlich bleibt es dem Schuldner überlassen, mit dem V e r gleichsantrag und dem Vergleichsvorschlag Erklärungen und Unterlagen zur Sicherstellung der Vergleichserfüllung, z. B. Bestellung einer Grundschuld, einer Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93) oder Stellung eines Vergleichsgaranten einzureichen (Zur Sicherstellung der Vergleichserfüllung vgl. Kleemeyer Diss. Tübingen 1972, ferner Verfasser K T S 1970 116 ff). Für die Vergleichsbereitschaft der Gläubiger kann die Rechtfertigung des Vergleichsvorschlags sehr wohl bedeutsam sein, wie aus § 22 III des Gesetzes folgt. Angemessenheit und Erfüllbarkeit des Vergleichsvorschlags (§ 18 N r . 3 und 4) können nur beurteilt werden, wenn der Schuldner sich auch über die Befriedigung oder doch Sicherstellung der vom Vergleich nicht betroffenen Gläubiger erklärt. D a z u 113

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I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

gehört vor allem mit Rücksicht auf das Vorrecht aus § 61 Abs. 1 Nr. 2 K O (vgl. § 26 VglO) eine Offenlegung der steuerrechtlichen Verpflichtungen. Für die Fristberechnung bei den Vorrechtsforderungen ist der Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21) maßgebend. Hinsichtlich der Fälligkeit gilt eine vorhergehende Bewilligung einer Zahlungsfrist als Hinausschieben des Fälligkeitstermins (RGZ 140 309), eine nachträgliche Stundung ist ohne Einfluß auf die Berechung der Vorrechtsforderung, da auf den ersten Fälligkeitstermin abzustellen ist (BGHZ 19 163, MentzelKuhn Anm. 56 zu § 6 1 KO). Vorschlagsänderung 15

Daß der Antragsteller den Vorschlag vor Eröffnung des Vergleichsverfahrens ändern, und zwar verbessern oder verschlechtern kann, ist unbestritten. Die Änderung ist auch in dem vom Schuldner wegen Ablehnung des Antrags eingeleiteten Beschwerdeverfahren (§ 19 II) zulässig. Ändert der Schuldner vor der Eröffnung den Vergleichsvorschlag, so liegt darin keine Rücknahme des Vergleichsantrags nach § 15 II. Es bedarf mithin keiner Stellung eines neuen Antrags, vielmehr nur der schriftlichen oder protokollarischen Erklärung des neuen Vorschlags. Dieser muß den Erfordernissen des § 3 I des Gesetzes, u. U. denen des § 4 I Nr. 4 entsprechen und von den dazu legitimierten Personen (dazu oben unter Bern. 8) ausgehen. Ein Prokurist ist auch zu einer Änderung des vom Prinzipal eingereichten Vergleichsvorschlags nicht berechtigt, weil eine solche Erklärung nicht zu den Rechtshandlungen gehört, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt (§ 49 HGB). Die Änderung kann zum Scheitern des Vergleichsversuchs und damit zum Anschlußkonkurs führen. H a t sich die amtliche Berufsvertretung (§ 14), bei eingetragenen Genossenschaften auch der amtliche Prüfungsvorstand (§111 Nr. 3), noch nicht zu dem Vergleichsvorschlag geäußert, so muß ihnen der neue Vorschlag zugeleitet werden. Liegt eine Äußerung vor, so hängt es von der Änderung und von den Umständen ab, ob eine erneute Anhörung der genannten Stellen erforderlich ist. Die Änderung kann möglicherweise gerade auf Anregungen der Berufsvertretung oder des Prüfungsverbandes zurückzuführen sein (vgl. Veismann KTS 1968 40 ff). Daß der neue Vergleichsvorschlag die Gläubiger besserstellt, macht die erneute Anhörung nicht überflüssig, auch dann nicht, wenn sich die Verbesserung nur auf eine Sicherstellung oder eine Verstärkung der Sicherheit bezieht. Die amtliche Berufsvertretung soll sich, wie aus § 18 des Gesetzes folgt, wertend äußern, und zwar gerade auch in bezug auf die Angemessenheit und Erfüllbarkeit des Vorschlags, der der Eröffnungsentscheidung (§§ 19, 20) zugrunde liegt. Stellt der neue Vergleichsvorschlag die Gläubiger schlechter, so ist die erneute Anhörung der Berufsvertretung insbesondere mit Rücksicht auf § 18 Nr. 3 geboten. Der Umstand, daß durch die erneute Anhörung die Höchstzeitgrenze des § 14 S. 3 überschritten wird, rechtfertigt nicht etwa eine Ablehnung des Vergleichsantrags. Dies kann nur ausnahmsweise aus § 18 Nr. 2 geschehen, wenn der Vergleichsschuldner schuldhaft zunächst einen durchaus sachwidrigen Vergleichsvorschlag eingereicht hatte, von dem ihm bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt klar sein mußte, daß er nicht angemessen war. Doch kann einem geschäftsungewandten Vergleichsschuldner eine fahrlässige Verzögerung der Antragstellung (§ 2) nicht angelastet werden, wenn er in einer aus der Verfahrenslage erklärlichen Aufregung heraus den von ihm zunächst eingereichten Vergleichsvorschlag unrichtig gefaßt und in seiner Bedeutung nicht erkannt hatte. Wird der Vergleichsvorschlag nach der Eröffnung des Verfahrens geändert, so ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Änderung zugunsten oder zuungunsten der Gläubiger handelt. N u r die letztere Änderung ist im Gesetz ausdrücklich geregelt (§ 76). Sie 114

Inhalt des Eröffnungsantrags

§ 3

ist nur zulässig bis zum Beginn der Abstimmung. Zur mehrmaligen Änderung des Vergleichsvorschlags in demselben Vergleichstermin siehe Barbara Hartlage N J W 1977 866. Ein so geänderter Vergleichsvorschlag darf, sofern nicht alle Vergleichsgläubiger im Termin anwesend sind, nur zur Abstimmung gestellt werden, wenn er den Gläubigern durch das Vergleichsgericht vor dem Termin mitgeteilt ist. Doch bleiben Vergleichsgläubiger, die nicht im berichtigten Gläubigerverzeichnis (§§ 6, 67 III) aufgeführt oder dem Vergleichsgericht sonst bekannt geworden sind, außer Betracht. Dies hinsichtlich der Benachrichtigung auch dann, wenn sie ihre Forderungen zum Vergleichsverfahren so kurz vor dem Termin angemeldet haben, daß das Gericht sie von der Änderung des Vergleichsvorschlags nicht mehr rechtzeitig unterrichten konnte. Kann der zuungunsten der Vergleichsgläubiger geänderte Vergleichsvorschlag danach nicht zur Abstimmung gestellt werden, weil weder die Vergleichsgläubiger vollständig erschienen noch benachrichtigt sind, so kann der Vergleichstermin vertagt werden, wenn drei Vierteile der erschienenen Vergleichsgläubiger es beantragen und zu erwarten ist, daß der neue Termin zu einem Vergleich führen wird (§ 77 II).— Zugunsten der Vergleichsgläubiger kann der Schuldner den Vergleichsvorschlag gleichfalls zwar nur bis zum Beginn der Abstimmung ändern, doch bedarf es keiner weiteren Voraussetzungen f ü r die Abstimmung über den so geänderten Vorschlag. Etwa vorliegende schriftliche Zustimmungen zur ursprünglichen Fassung des Vergleichsvorschlags gelten, sofern nichts anderes aus den Erklärungen zu entnehmen ist, als Zustimmungen zum verbesserten Vorschlag (vgl. Barbara Hartlage N J W 1977 886, zum VergleichsVorschlag im Herstatt-Vergleichsverfahren siehe Künne KTS 1975 178/181). — Besteht Streit, ob die Änderung des Vergleichsvorschlags die Vergleichsgläubiger im Endergebnis günstiger oder ungünstiger stellt, so hat das Vergleichsgericht zu entscheiden (§ 76 Halbsatz 2). Eine Schlechterstellung der Vergleichsgläubiger liegt z. B. vor, wenn der Schuldner mit der veränderten Fassung des Vorschlags erstrebt, daß die vorgesehene Überwachung der Vergleichserfüllung entfallen soll. Wegen weiterer Einzelheiten ist auf die Kommentierung zu § 76 V g l O zu verweisen, insbesondere Rdn. 4 bis 16. Tritt der Tod des Vergleichsschuldners nach Eingang des Vergleichsantrags (§ 2) ein, so sind die Erben, die vom Vergleichsgericht zur Erklärung über den Erblasserantrag aufzufordern sind, zur Änderung des Vergleichsvorschlags in gleicher Weise befugt wie vor ihnen der Antragsteller. Nehmen sie den Vergleichsantrag nicht zurück (§15 II), so ist das Vergleichsverfahren als Nachlaßvergleichsverfahren (§113) zu eröffnen. III. Sicherstellung der Vergleichserfüllung Vorbemerkung Das Gesetz schreibt nicht vor, daß der Vergleich sichergestellt werde. Ist aber 16 Sicherstellung nicht beabsichtigt, so muß dies vom Antragsteller ausdrücklich erklärt werden (Begr. I S. 20; herrsch. Lehre); zwar nicht im Vorschlag selbst, wohl aber im Antrag. Bei einem Schweigen des Schuldners ist der Vergleichsantrag unvollständig, denn nach § 3 I muß der Antrag ergeben, „ob und wie die Erfüllung des Vergleichs sichergestellt werden soll". Ist Sicherstellung beabsichtigt, so muß das „Wie" als Teil des Vergleichs in den Vergleichsvorschlag aufgenommen werden. Das Gesetz ist hier ungenau, wenn nur verlangt wird, der Antrag müsse das „Wie" der Sicherstellung ergeben. Doch genügt es, wenn der Vergleichsvorschlag auf die Anlage (§ 4 Nr. 4) Bezug nimmt, in der die Sicherheiten genau zu bezeichnen sind, und wenn die Sicherheit in einer Bürgschaft besteht, die Bürgschaftserklärung bezeichnet ist. Auch wenn die 115

§ 3

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

schriftliche Garantenerklärung mit eingereicht wird, ist der Vergleichsschuldner von seiner Verpflichtung, sich zur Sicherstellung der Vergleichserfüllung zu erklären, nicht befreit. Es genügt, im Vergleichsvorschlag auf die Bürgschaftserklärung Bezug zu nehmen. Entsprechen Vergleichsantrag und Vergleichsvorschlag nicht den genannten gesetzlichen Erfordernissen, so ist eine Nachfrist zur Behebung des Mangels zu setzen (§ 10) und, wenn der Mangel nicht inzwischen behoben wurde, der Vergleichsantrag gemäß § 17 Nr. 1 abzulehnen und über die Eröffnung des Anschlußkonkurses zu entscheiden (§ 19). Begriff der Sicherstellung 17

Der Begriff der Sicherstellung wird durch die Bezugnahme auf die Vergleichserfüllung nicht eindeutig bestimmt. Die Vergleichserfüllung wird auch durch gerichtliche oder außergerichtliche Überwachung gesichert (§§ 91 I, 96 II). Und die außergerichtliche Überwachung muß der Schuldner auch in den Vorschlag aufnehmen (§91 I). Aber nicht, weil sie eine Sicherstellung im Sinne unseres Absatz 1 ist, sondern weil bei Schweigen des Schuldners das Verfahren, falls es nicht nach näherer Maßgabe des § 90 I mit Bestätigung des Vergleichs aufgehoben wird, von Rechts wegen zwecks Überwachung der Erfüllung fortdauert (§96 I). Sicherstellung im Sinne unseres Absatz 1 ist Gewährung zusätzlicher Rechte an die Vergleichsgläubiger, sei es an alle oder eine bestimmte Gruppe oder auch nur an einzelne Gläubiger. Diese Sicherheiten (so § 4 I Nr. 4) können dinglicher Art (unten 20) oder Forderungsrechte sein. O f t wird das dingliche Recht nicht unmittelbar den Gläubigern, sondern einem Treuhänder gewährt. Dann sind die Gläubiger selbst nicht dinglich, sondern nur schuldrechtlich gesichert, nämlich durch schuldrechtliche Ansprüche gegen den Treuhänder, da der Treuhandvertrag zwischen Treugeber und Treuhänder stets Vertrag zugunsten Dritter, eben der zu sichernden Gläubiger, ist. Durch einen Vertrag zugunsten Dritter kann der Dritte nicht unmittelbar selbst dingliche Rechte erwerben (BGH, KTS 1967 158). Anders verhält es sich bei einer „Vergleichsgläubigerhypothek", die nach § 93 I in der Weise bestellt werden kann, daß die Vergleichsgläubiger ohne nähere Angabe als Berechtigte bezeichnet werden (hierzu Moos Heidelberg, 1965, 20 f, Verfasser KTS 1956 20 f). Eine Hypothek nach § 93 kann jedoch nicht bestellt werden, wenn das Vergleichsverfahren nach § 96 fortgesetzt wird (BGH, KTS 1963 170 = VersR 1963 957 = W M 1963 916).

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Sicherheiten in Form dinglicher Rechte können vom Schuldner selbst, d. h. aus dem Schuldnervermögen geboten oder aber von Dritten gestellt werden. — Zur Sicherstellung der Vergleichserfüllung durch Dritte siehe Kleemeyer Diss. Tübingen 1972. — Werden sie aus dem Schuldnervermögen geboten, so ist es nicht erforderlich, daß sie auch den nichtbeteiligten Gläubigern gewährt werden sollen. Die Befriedigung oder Sicherstellung der Ansprüche der am Vergleichsverfahren nicht beteiligten Gläubiger ist zwar Sache des Vergleichsschuldners. Er hat sich hierüber im Vergleichsantrag zu erklären, denn das Vergleichsgericht muß bei der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens prüfen, ob der Vergleichsvorschlag der Vermögenslage des Schuldners entspricht (§ 18 Nr. 3) und ob die Fortführung des Unternehmens mit der Annahme und Bestätigung des Vergleichs möglich erscheint (§18 Nr. 4). Hierzu aber gehört die Befriedigung oder doch im Falle des Streits Sicherstellung der nicht beteiligten Gläubiger, mithin insbesondere der im Konkurse bevorrechtigten Gläubiger (§ 26) — Dies zu prüfen ist auch mit Aufgabe der amtlichen Berufsvertretung, wie Veismann KTS 1968

Sicherheiten aus dem Schuldnervermögen

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Inhalt des E r ö f f n u n g s a n t r a g s

§3

40/46 mit Recht hervorhebt. — Ist dies bei der Eröffnung (§ 20) übersehen worden, so stellt sich die Frage erneut bei der Bestätigung des Vergleichs (§ 78). Hier trifft den Vergleichsverwalter als Helfer des Vergleichsgerichts (§ 39) die Pflicht, in seinem Bericht über die Ursachen des Zusammenbruchs, die Angemessenheit des Vergleichsvorschlags und die Aussichten auf Erfüllung des Vergleichs (§ 44 III) mit dafür zu sorgen, daß nur angemessene, ehrliche und ausführbare Vergleiche bestätigt werden (BGH, K T S 1963 170 = VersR 1963 957 = W M 1963 916). Die Frage, ob dingliche Sicherheiten aus dem Schuldnervermögen auch den nicht beteiligten Gläubigern angeboten werden müssen (so Brass KuT 1930 106), stellt sich mithin nicht. Die nicht beteiligten Gläubiger können auch bei einem Liquidationsvergleich mit echter Treuhand sowie bei echter Verwaltungstreuhand nicht geschädigt werden, da aus dem Erlös oder aus den Erträgnissen des Treuguts in erster Linie die bis zur Vornahme der Treugutübertragung begründeten Forderungen der nicht beteiligten Gläubiger zu befriedigen sind. Mit der Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens oder eines dem Vergleichsverfahren nachfolgenden Konkurses, der sich nicht als ein solcher im Sinne der §§ 102 ff des Gesetzes darstellt, fällt das Treugut, wie aus § 23 K O folgt, ohne weiteres in die Konkursmasse (Mentzel-Kubn Anm. 11 zu § 43 KO). Dies gilt auch für eine zur Umgehung der sich aus § 1 1 1 5 BGB ergebenden Schwierigkeiten einer Sicherung durch Bestellung einer Hypothek für den Treuhänder eingetragenen Grundschuld (vgl. Moos aaO S. 13), denn hier steht den Vergleichsgläubigern kein eigenes dingliches Recht zu. Anders dagegen bei der Vergleichsgläubigerhypothek des § 93, denn bei dieser werden die Vergleichsgläubiger als Berechtigte im Grundbuch eingetragen (Palandt-Sachbearbeiter Anm. 3 zu § 1115 BGB, Verfasser Rpfleger 1956 275 und K T S 1970 116/119). Diese dingliche Sicherung aus § 93 des Gesetzes bleibt den Vergleichsgläubigern im Konkurs erhalten. Das ihnen zustehende Absonderungsrecht (§ 47 K O ) ist durch den als Vertreter der Gläubiger im Grundbuch eingetragenen Sachwalter auszuüben. Der Sachwalter ist auch berechtigt, die Rechte der Vergleichsgläubiger aus § 93 im Zwangsversteigerungsverfahren des belasteten Grundstücks wahrzunehmen. Ein auf diese Hypothek entfallender Erlös ist durch ihn zu empfangen und auf die Vergleichsgläubiger des berichtigten Gläubigerverzeichnisses (§§ 6, 67 I) dem Vergleichsvorschlag entsprechend zu verteilen. Nun endet zwar mit der Konkurseröffnung die Uberwachungsfunktion des Sachwalters aus § 92. Damit ist jedoch nicht sein Verfügungsrecht aus § 93 III erloschen, denn dieses Recht besteht unabhängig vom Geschäftsbesorgungsvertrag (ebenso Böhle-Stamschräder Anm. 1 und 2 zu § 93, Moos aaO S. 52 f). Die in der zweiten Auflage dieses Kommentars vom Begünder des Werkes vertretene abweichende Ansicht wird aus den in K T S 1956 20 ff niedergelegten Gründen nicht aufrechterhalten. Der sich aus dem Vergleichsvorschlag ergebende Anspruch der Vergleichsgläubiger auf Bestellung einer „Vergleichsgläubigerhypothek" (§ 93) kann bereits vor Annahme des Vergleichs durch Eintragung einer Vormerkung (§ 883 BGB) gesichert werden. Es handelt sich um die Sicherung eines künftigen Anspruchs, dessen Entstehung von der Annahme des Vergleichs und dessen Bestätigung (§ 78) abhängt. Die noch ausstehende gerichtliche Bestätigung steht der Eintragungsfähigkeit der Vormerkung nicht entgegen, wie dies auch sonst bei noch nicht erteilten behördlichen Genehmigungen nicht der Fall ist (RGZ 108 94). Nun kann zwar der Vergleichsschuldner sein Angebot zurücknehmen, indem er vor der Abstimmung seinen Vergleichsantrag zurücknimmt. Doch ist der Vergleichsschuldner hier in seiner Entschließung nicht völlig frei, denn die Zurücknahme des Vergleichsantrags (§ 99) hat die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens zur Folge (§ 101). Hieraus ergibt sich, daß eine hinreichende Bindung des Vergleichsschuldners an sein Angebot vorliegt, so daß der Eintragung einer Vormer117

§3

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

kung (§ 883 BGB) nichts entgegensteht (Moos a O S. 50, Verfasser KTS 1956 24, BöhleStamschräder Anm. 2 zu § 93, a. A. Palandt-Sachbearbeiter Anm. A. 3 d, aa zu § 883 BGB). Wird die dingliche Sicherung durch einen Dritten gestellt, z. B. auf dem Grundstück des Dritten eine Grundschuld auf den Namen eines Treuhänders eingetragen, so besteht diese Sicherheit, wenn nichts Abweichendes vereinbart worden ist, im Falle der Konkurseröffnung über das Vermögen des Vergleichsschuldners fort (vgl. zur Sicherungsabrede: Kleemeyer Diss. Tübingen 1972 66 ff). Der f ü r den Vergleichsschuldner eintretende Dritte nimmt es auf sich, daß die von ihm gestellte Sicherheit verwertet wird, wenn Vermögen und Arbeitskraft des Vergleichsschuldners nicht ausreichen, um den Vergleich zu erfüllen. Soll dies f ü r den Fall der Konkurseröffnung nicht gelten, so ist es zum Ausdruck zu bringen (BGH, K T S 1966 46 = W M 1966 281). Mit einer Einschränkung der letzteren Art aber würde die vom Dritten gestellte Sicherheit für die Vergleichsgläubiger an Wert entschieden verlieren. Dies wird ihnen spätestens im Vergleichstermin (§ 66) bekannt und nicht ohne Einfluß auf die Ausübung des Stimmrechts bleiben können.

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Erfordernis der Bestimmtheit Für die Vergleichssicherheiten ist nicht vorgeschrieben, daß sie in Höhe der gesetzlichen Mindestquote gewährt werden müssen. Die Sicherheit kann begrenzt werden, gleich in welcher Art sie bestellt werden soll. Wohl aber gilt das Erfordernis der Bestimmtheit auch für die Sicherstellung der Vergleichserfüllung. Die Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93) kann zwar für die Vergleichsgläubiger ohne nähere Angabe als Berechtigte eingetragen werden, doch muß sie, da es sich um eine echte Hypothek handelt, im Grundbuche mit einem Gesamtbetrage eingetragen werden. Dieser Betrag ist auf Grund des berichtigten Gläubigerverzeichnisses (§§ 6, 67 III) zu berechnen. Daraus können sich Nachteile für Vergleichsgläubiger ergeben, deren Forderungen vom Vergleichsschuldner nicht mit in das nach § 6 zu fertigende Gläubigerverzeichnis aufgenommen waren, die auch sonst dem Vergleichsgericht nicht bekannt geworden und von den Gläubigern selbst nicht rechtzeitig angemeldet worden sind. Wie im Zwangsvergleich des Konkurses Nachzügler Rechtsnachteile erleiden (vgl. JaegerWeber Anm. 4 und 6 zu § 174 KO), in denen kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung aus § 181 K O gesehen werden kann (Jaeger-Weber Anm. 17 zu § 181 KO), da die Benachteiligung in der selbst zu vertretenden verspäteten Geltendmachung der Ansprüche ihren Grund hat, so auch im Vergleichsverfahren: In der Nichtberücksichtigung unbekannt gebliebener, nicht rechtzeitig angemeldeter Vergleichsforderungen im Rahmen der Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93) liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Gläubigergleichbehandlung (§ 8), mag auch der bestätigte Vergleich den Nachzüglern gegenüber wirksam sein (§ 82) und zwar für und gegen sie, auch wenn sie am Verfahren nicht teilgenommen hatten (Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 93, Verfasser KTS 1956 24, Bongartz KTS 1977 80/81, abweichend: Moos a a O S. 95. Auch eine Vergleichsbürgschaft muß dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen. Sie kann sich auf die gesamte Erfüllung des Vergleichsvorschlags beziehen, aber auch beschränken, z. B. absolut auf eine bestimmte Höchstsumme oder aber auf die Auszahlung einer bestimmten Vergleichsrate der Gesamtvergleichsquote. Beim Liquidationsvergleich (§ 7 Abs. 4 VglO) kann sich der Bürge auch über den gesetzlichen Mindestquotensatz von 35 vom Hundert hinaus, z. B. bis zur Befriedigung der Vergleichsgläubiger mit 50 vom Hundert der Forderungen verpflichten. Grundlage f ü r die über die gesetzliche Mindestquote hinausgehende Bürgschaft ist die verbleibende „natürliche 118

Inhalt des Eröffnungsantrags

§3

Verbindlichkeit" (vgl. Rdn. 20 § 82 VglO). Veranlassung für eine solche Garantenerklärung ist in der Regel die in Aussicht genommene spätere Geschäftsübernahme durch den Vergleichsbürgen (vgl. den Fall BGH, KTS 1970 45 = LM Nr. 3 zu § 85 VglO, Verfasser KTS 1970 116/122). Der Bestimmtheitsgrundsatz ist gewahrt. Die absolute Haftungsbeschränkung bedeutet für den Vergleichsbürgen, daß er sicher ist vor Überraschungen, die sich ergeben können, wenn er für die Erfüllung des Vergleichs insgesamt oder die Erfüllung einer bestimmten Vergleichsrate der Gesamtquote sich verbürgen will. Der Garant kann hier nicht nach Erschöpfung der Haftungshöchstgrenze von unbekannten, d. h. nicht in das Gläubigerverzeichnis (§§ 6, 67 III) aufgenommenen, streitigen wie unstreitigen Vergleichsforderungen in Anspruch genommen werden. Es liegt in der Erklärung des Bürgen, z. B. für die vom Vergleichsschuldner versprochene Vergleichsquote von 35 vom Hundert bis zur H ö h e von 200 000,— D M einzustehen, kein Verstoß gegen das Gebot der Gläubigergleichbehandlung (§ 8). Die Erklärung des Vergleichsbürgen ist auch bestimmt, wenn auch der Beginn Zahlungsverpflichtung von der Nichterfüllung des Vergleichs durch den Schuldner abhängt (.Bohnenberg DRiZ 1950 284, Jaeger-Weber Anm. 2 zu § 181 KO). Entfallen streitige, im Gläubigerverzeichnis aufgenommene Vergleichsforderungen, so kommt dies dem Garanten nicht zugute. — H a t der Bürge erklärt, für die Erfüllung einer Vergleichsrate, z. B. der letzten Rate, einstehen zu wollen, so kann er sich nicht auf Verzug des Schuldners mit früheren Raten berufen (Künne K u T 1933 23). Absolute und relative Haftungsbeschränkung können miteinander verbunden werden, etwa in der Weise, daß der Vergleichsbürge für die Erfüllung der letzten Vergleichsrate, hier jedoch nur in einer H ö h e bis zu 50 000,— D M , einstehen will. Dieser Betrag kann unter dem Betrage liegen, der für die Auszahlung der letzten Vergleichsrate insgesamt erforderlich ist, er kann aber auch darüber hinausgehen. Ist das letztere der Fall, so können Vergleichsgläubiger, die bei vorhergehenden Ratenzahlungen nicht oder nicht vollständig berücksichtigt wurden, sich wegen dieses Ausfalls nicht etwa an den Bürgen halten. Wohl aber können Nachzügler (§ 82) in H ö h e der letzten auf ihre Gesamtforderung entfallenden Vergleichsrate den Bürgen in Anspruch nehmen, wenn er noch nicht bis zur Begrenzung seiner H a f t u n g gezahlt hat. — Zulässig ist auch eine rein zeitlich beschränkte Bürgschaft, eine sogenannte Zeitbürgschaft (vgl. zur zeitlichen Begrenzung der Garantenerklärung: BGH, KTS 1970 45 = LM Nr. 3 zu 5 85 VglO). Die Inanspruchnahme des Garanten ergibt sich dann aus der bis Ablauf dieser zeitlichen Begrenzung fällig gewordenen, aber nicht gezahlten, Vergleichsraten des Vergleichsvorschlags. Praktisch kann damit der Bürge seine H a f tung beschränken auf die erste oder die ersten Vergleichsraten. Dagegen würde eine Erklärung des Bürgen, „nur f ü r den Fall zu zahlen, daß der Vergleichsschuldner nicht vor Erfüllung des Vergleichs in Konkurs fällt", nicht bestimmt sein, denn hier bleibt ungewiß die H a f t u n g für die vor einer späteren Konkurseröffnung fällig gewordenen Vergleichsraten (Bohnenberg aaO S. 285). Im übrigen würde der Bürge nicht frei, wenn die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt würde (vgl. AG Bremerhaven KTS 1977 134). Sicherungsmittel Die Sicherungsmittel zur Sicherstellung des Vergleichs sind nicht beschränkt auf die 2 0 in der Bestimmung des § 232 BGB genannten Mittel der Sicherheitsleistung. Einige der Möglichkeiten, wie sie § 232 BGB nennt, wie z. B. die Verpfändung beweglicher Sachen, scheiden praktisch als Sicherheitsmittel für ein Vergleichsverfahren aus. Es müßte denn bei der Vielzahl der zu sichernden Gläubiger ein Pfandhalter mit der 119

§3

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

Besitzausübung, Pfandverwertung und Erlösverteilung betraut werden (§§ 1206, 1245, 1292 ff BGB). Eine weitaus größere Rolle spielt die Sicherungsübereignung (vgl. Serick Bd. III, § 36, II, 2, Kleemeyer Diss. Tübingen 1972 82/83), auch wohl Sicherungsabtretung an einen Treuhänder, und zwar soweit es sich um Fahrnis und Rechte handelt (z. B. Warenlager — dazu B G H Z 28, 16 —, Patentrechte). Bei Grundstücken scheidet die Sicherungsübereignung, d. h. eine Übereignung zu treuen Händen, aus, da mit Rücksicht auf die dann fällig werdende Grunderwerbsteuer (Boruttau-Klein-EglySigloch Tz. 3 und 67 zu § 1 GrEStG) eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung mit der Sicherstellung der Vergleichserfüllung verbunden wäre. Hier bietet sich die Eintragung einer Grundschuld (nicht etwa Hypothek) auf den Namen des Treuhänders an, da es bei der Bestellung einer Treuhändergrundschuld (vgl. Kleemeyer a a O S. 60 ff) keiner Angabe des Forderungsträgers bedarf (§ 1191 BGB und dazu LG Berlin, J W 1933 642). eine Verwaltungstreuhand kann auch durch Bestellung eines Nießbrauchs am Schuldnervermögen gesichert werden (RGZ 72 116, RG, K u T 1937 27). Bei einer persönlichen Verpflichtung eines Dritten ist neben der Bürgschaft (§ 767 BGB) auch die Sicherstellung der Vergleichserfüllung durch kumulative Schuldübernahme (§421 BGB) möglich. (Vgl. Kleemeyer a a O S. 47 ff). Dagegen scheidet eine privative Schuldübernahme (§S 414 f BGB) aus, denn durch Mehrheitszwang kann nicht erreicht werden, daß an die Stelle des Vergleichsschuldners, also unter dessen völliger oder teilweiser Entlastung ein Dritter tritt. Weder die Vergleichsordnung, noch die Konkursordnung sehen vor, daß im Wege des Mehrheitszwangs der Schuldner ausgeschaltet und durch einen Dritten ersetzt werden kann. Sehr davon zu unterscheiden ist der oben (Bern. 11) behandelte Sanierungsvergleich unter Übergang des Unternehmens an eine Auffanggesellschaft: Dort wird die Vergleichsquote in H ö h e der Mindestsätze durch den Vergleichsschuldner in bar ausgezahlt und den Gläubigern wahlweise Befriedigung durch Übernahme eines Gesellschaftsanteils an der Auffanggesellschaft geboten. — Die Bürgschaftserklärung kann, soweit sie nicht in einer dem Vergleichsantrag beigefügten schriftlichen Urkunde abgegeben worden ist ( S 4 Nr. 4), zu Protokoll im Vergleichstermin erklärt werden ( S S 66, 85 II). Durch die Übernahme der Bürgschaft wird der Bürge, wenn nicht etwa etwas anderes vereinbart worden ist, über das Vergleichsverfahren hinaus verpflichtet: Er wird, wenn der Anschlußkonkurs eröffnet wird, regelmäßig nicht frei (BGH, KTS 1957 157 = N J W 1957 1319). Er wird auch dann nicht frei, wenn die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt wird (vgl. AG Bremerhaven KTS 1977 134). Eine Vertretung des Vergleichsbürgen im Vergleichstermin ist nicht nach SS 79 BRAGebO zu vergüten. Maßgebend ist § 118 BRAGebO (Verfasser, Büro 1960, 49). Die Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93) und eine mögliche Vormerkung ( S 883 BGB) sind oben (Bern. 18) in großen Zügen behandelt worden. Einzelheiten müssen der Kommentierung der Sonderbestimmung des S 93 vorbehalten bleiben (vgl. auch Anm. 17 oben mit Hinweisen).

C. Die Angaben nach Absatz 2 I. Die anzugebenden Tatsachen Angaben über den Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs 21

a) Nach dem Wortlaut der Nr. 1 könnte bei NichtZustandekommen einer versuchten außergerichtlichen Einigung eidesstattlich versicherte Fehlangabe — kein außergerichtlicher Vergleich innerhalb der letzten fünf Jahre — genügend scheinen. Eine 120

Inhalt des Eröffnungsantrags

§3

solche Auslegung wäre jedenfalls vertretbar, wenn der Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem T a g e des Antrags einen Ablehnungs- und Einstellungsgrund bilden würde. Das ist jedoch anerkanntermaßen nicht der Fall (arg. § 17 N r . 4, 5; Begr. II 54). U n d eben deshalb ist gegen Böhle-Stamschröder A. 4 nicht nur der Abschluß, sondern auch das Scheitern eines außergerichtlichen Vergleichsversuchs anzugeben, insbesondere eines solchen unmittelbar vor dem E r ö f f n u n g s a n t r a g , der vielleicht erst durch das Fehlschlagen der außergerichtlichen Einigung ausgelöst wurde. Für diesen immerhin nicht seltenen Fall ist die Angabe des erfolglos gebliebenen Versuchs schon im Hinblick auf § 18 N r . 2 geboten. Das Fehlschlagen zeitlich zurückliegender außergerichtlicher Vergleichsversuche braucht nicht angegeben zu werden, wenn es z u m K o n k u r s o d e r Vergleichsverfahren g e f ü h r t hat (Nr. 2). Ist dies aber nicht der Fall gewesen, etwa weil der Schuldner trotz Scheiterns des Versuchs wider Erwarten Geld hat auftreiben können, so ist nach der ratio legis auch ein solcher fehlgeschlagener Versuch anzugeben. Ist doch die Kenntnis davon mindestens ebenso „wichtig f ü r das Gericht und die Gläubiger, um die Aussichten des Verfahrens zu beurteilen" (Begr. a a O ) , wie die Kenntnis einer gelungenen außergerichtlichen Sanierung. b) Anzugeben sind nur solche außergerichtliche Vergleiche und fehlgeschlagene Vergleichsversuche, die eine Beseitigung des damals vorliegenden Konkursgrundes, also der Zahlungsunfähigkeit oder, w o sie K o n k u r s g r u n d war, der Uberschuldung z u m Gegenstand hatten. Das meint der Ausdruck: „mit seinen Gläubigern". Dabei bleibt zu beachten, daß außergerichtliche Vergleiche keineswegs notwendig ein A b k o m m e n mit sämtlichen Gläubigern, die im Konkursfall gewöhnliche Konkursgläubiger wären, bezwecken und erfordern. Sie können auch und werden sogar meist unter Ausschaltung begünstigter Gläubiger und Gläubigergruppen vorgeschlagen und mit dieser Maßgabe auch von den Zustimmenden als f ü r sie verbindlich angenommen ( R G vom 11. O k t o b e r 1940, K T r . 1941 54: außergerichtlicher Liquidationsvergleich zu Lasten allein der Großgläubiger). U n g e n a u ist deshalb das von Vogels-Nölte A III 1 aufgestellte Erfordernis des Abschlusses wenigstens „mit einem wesentlichen Teil seiner Gläubiger". D e r Zweck der K o n k u r s a b w e n d u n g kann auch mit einer Minderheit der Gläubigerzahl versucht und erreicht werden. N u r insofern k o m m t dem Schuldner der Gesetzeswortlaut zugute, als Stillehalten oder Teilnachlaß seitens eines einzelnen Großgläubigers, auch wenn dadurch schon der K o n k u r s abgewendet wurde, keiner Angabe bedarf. Auch private A k k o r d e und fehlgeschlagene Versuche von solchen im Ausland sind anzugeben (Vogels-Nölte a a O ) , vorausgesetzt, daß sie auch mit Bezug auf das Inlandsvermögen des Schuldners Geltung haben sollten. Das ist bei außergerichtlichen und außerbehördlichen A k k o r d e n meist der Fall. Diese aber k o m m e n , wie ein Gegenschluß aus N r . 2 erweist, allein f ü r eine Angabe nach N r . 1 in Betracht. c) Anzugeben sind nur Abschlüsse o d e r Fehlschläge aus der Zeit innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem T a g e des Antrags. Dabei k o m m t es nicht auf den Beginn, sondern auf den Endzeitpunkt der Vergleichsverhandlungen an. Deshalb ist z. B. ein Abschluß auch dann anzugeben, w e n n der Beginn der Verhandlungen mehr als fünf Jahre zurückliegt. Nicht aber das Fehlschlagen eines noch während des Eröffnungsverfahrens fortgesetzten außergerichtlichen Vergleichsversuchs, denn die Zeit zwischen dem T a g e des Antrags und der Entscheidung über diesen fällt nicht in die Frist. T a g des Antrags ist der T a g der Antragstellung (§ 2 A. 28 c). Dies gilt auch bei schriftlichem Antrag. Nicht ist es hier der T a g der — richtigen — Datierung des Antrags. D a ß § 3 II vom T a g e des Antrags, nicht, wie die §§ 28, 87, 104, von Stellung des Antrags spricht, erklärt sich aus stilistischen G r ü n d e n , begründet also keinen sachlichen Unterschied 121

§3

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , V e r g l e i c h s v o r s c h l a g

(a. M. Kiesow A. 24). Der Eingang des Antrags bei einem unzuständigen Gericht bleibt im Fall der Verweisung für die Fristberechnung maßgebend (§ 2 A. 44). Die Frist wird — nach Maßgabe der §§ 187 I, 188 II BGB — vom Tage des Antrags zurückgerechnet. War z. B. der Antrag am 4. Januar 1978 gestellt, so reicht der fünfjährige Zeitraum bis einschließlich 4. Januar 1973 zurück. Der Antragstag wird also nicht eingerechnet (a. M. Kiesow aaO). Die Frist ist keine prozessuale; auch nicht in den Fällen der Nr. 2 und 3 (a. M. MayerA. 9). Sie verlängert sich daher nicht etwa gemäß § 222 II Z P O um einen Tag, wenn der dem Tag des Antrags vorausgehende Kalendertag ein Sonn- oder Feiertag war. Angabe über Schuldenabwicklungsverfahren (Nr. 2) 22

a) Auch hier ist bei Nichtzutreffen Fehlanzeige erforderlich. Die Eröffnung eines inländischen Vergleichsverfahrens muß, da sie unanfechtbar ist, stets angegeben werden. Dagegen braucht die Eröffnung eines Konkurses, da gegen diese dem Schuldner die sofortige Beschwerde zusteht (§ 109 K O ; § 19 II 1 VglO), nur angegeben zu werden, wenn der Eröffnungsbeschluß rechtskräftig geworden war. Wie das Verfahren geendet hat, ist gleichgültig. Die Ablehnung der Eröffnung eines Schuldenabwicklungsverfahrens ist nur anzugeben, wenn sie mangels Masse erfolgt war. Und zwar muß dieser Grund die rechtskräftige Entscheidung tragen. War die Entscheidung nur im ersten Rechtszuge auf Massemangel, vom Beschwerdegericht dagegen auf einen anderen Zulässigkeitsmangel gegründet, so ist der Schuldner nicht verpflichtet, in seinem Vergleichsantrag dieses gegen ihn anhängig gemachte Konkursverfahren oder dies von ihm beantragte Vergleichsverfahren anzugeben. Es liegt keine Abweisung mangels Masse (§ 107 K O ) vor, wenn das Beschwerdegericht den Konkursantrag aus Gründen des § 105 K O abgelehnt hat. Anzugeben ist ein rechtskräftiger Ablehnungsbeschluß aus § 107 K O auch dann, wenn der Schuldner den Konkursantrag selbst gestellt hatte, nach Rechtskraft des Beschlusses den Antrag jedoch wieder zurückgenommen hatte. Die Rücknahme des Konkursantrags ist wirkungslos (vgl. Beschluß des O L G Hamm vom 23. 8. 1977 - 15 W 216/77 - , zur Veröffentlichung im Heft 2 der K T S 1978 vorgesehen). Es liegt keine Ablehnung des Vergleichsantrags aus § 17 Nr. 6 vor, wenn der Schuldner seinen Antrag gemäß § 15 II in der Beschwerdeinstanz (§ 19 II) zurückgenommen hatte. — Bei einer Mehrheit von Verfahrensarten sind sämtliche Verfahren anzugeben, z. B. die Eröffnung des Vergleichsverfahrens und Uberleitung in den Anschlußkonkurs oder die Eröffnung des Vergleichsverfahrens mit einem nachfolgenden, auf dieselbe Zahlungsunfähigkeit zurückzuführenden jedoch technisch selbständigen Konkurs. b) Besonderes gilt bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommandit(aktien)gesellschaft. Hier bedarf es einer Angabe sowohl hinsichtlich der Vorgänge, welche die Gesellschaft selbst in bezug auf das Gesellschaftsvermögen, als auch derjenigen, welche die persönlich haftenden Gesellschafter in bezug auf ihr Privatvermögen betroffen haben (5 109 Nr. 2). Dagegen brauchen Vorfälle, die sich auf eine andere Handelsgesellschaft beziehen, der der persönlich haftende Gesellschafter angehört, nicht angegeben zu werden. Ebensowenig braucht ein das Vergleichsverfahren über sein Privatvermögen beantragender persönlich haftender Gesellschafter anzugeben, ob ein solches Verfahren hinsichtlich der Gesellschaft anhängig war. Es kommt hinsichtlich der Unwürdigkeitsgründe nur auf die Person und das Verhalten des das Eigenverfahren (§ 110) beantragenden Gesellschafters an. c) Anzugeben sind nur Verfahren, die in einem vom Tage des jetzigen Antrags ab zurückzurechnenden Zeitraums von fünf Jahren anhängig waren, wobei abzustellen ist 122

Inhalt des Eröffnungsantrags

§3

auf den Zeitpunkt der Eröffnung oder der Ablehnung mangels Masse. Hinsichtlich der Eröffnung ist dies bei Vergleichsverfahren der Tag des Erlasses des Eröffnungsbeschlusses (§21) (vgl. B G H Z 50 242 = K T S 1968 241 = N J W 1968 2106). Bei Konkursverfahren kommt es, wenn das Beschwerdegericht eröffnet hat, darauf an, ob die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit (§ 74 KO) getroffen worden ist. Ein Anschlußkonkurs ist in den Fällen der §§ 80, 96 VI, 101 erst mit der Rechtskraft der Entscheidung eröffnet. d) N u r die im Inland anhängig gewesenen Verfahren sind anzugeben. Die Pflicht bezieht sich mithin nur auf solche Verfahren, die im Bereich der Bundesrepublik und in West-Berlin anhängig waren (vgl. hierzu die Darstellung zum Zwischenrecht zu § 2 oben Bern. 64). Die Beschränkung auf Verfahren im Inland wird mit der Rechtsangleichung der Insolvenzverfahren im E W G - R a u m voraussichtlich entfallen (vgl. BöhleStamschräder KTS 1964, 65, Berges K T S 1965, 73). Auch im Entwurf eines Staatsvertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland wird anerkannt, daß Konkurs- und Vergleichsverfahren, die in dem anderen Vertragsstaat anhängig waren, nicht ohne Einfluß sind (Art. 31 des Entwurfes und dazu Ziffer 28 der Bemerkungen zum Entwurf).

Angabe über eine Ladung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung a) N u r Ladungen zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wegen einer Geld- 2 3 forderung gegenüber dem Gericht im Verfahren nach § 807 Z P O (vgl. dazu Egon Schneider M D R 1969 490), wie auch wegen solcher gegenüber einer Verwaltungsbehörde, z. B. der Finanzbehörde (vgl. §§ 249 ff, 284 A O 1977) sind anzugeben. — Nicht hierher gehört eine Ladung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 883 Abs. 2 Z P O , mag es sich dabei auch um einen bestimmten herauszugebenden Geldbetrag (Geldstückeschuld, echte Geldsortenschuld) handeln. — vgl. zum Unterschied: Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts § 13, I, 1. — b) Anzugeben sind nur Ladungen innerhalb der auch hier geltenden Fünfjahresfrist. Doch muß es sich dabei um berechtigte Ladungen gehandelt haben, mithin um solche, die dem § 807 Z P O entsprachen und geeignet waren, zum Erlaß des Haftbefehls (§ 901 Z P O ) zu führen. Anzugeben sind aber auch Ladungen, wenn der Schuldner auf sie nicht erschienen und mangels Antrags im Einzelfall die Anordnung der H a f t unterblieben ist. Obwohl ein solcher Ausgang des Verfahrens keinen Ablehnungsgrund bildet (§ 17 Nr. 5), hält das Gesetz die Kenntnis hiervon für wesentlich (Begr. II S. 55). Auch ein Antrag auf wiederholte Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (903 Z P O ) ist mitzuteilen, wenn er zur erneuten Vorladung des Schuldners geführt hat, mag dabei nur diese Ladung innerhalb der Fünfjahresfrist liegen. — Eine Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist ferner dann anzugeben, wenn diese von dem gesetzlichen Vertreter des Schuldners abgegeben werden sollte, sofern sie das Vermögen des Schuldners betraf. Hinsichtlich einer offenen Handels- oder Kommandit(aktien)gesellschaft gilt das oben zu 22 b Ausgeführte. Zu der Frage, ob die H a f t a n o r d n u n g aus §901 Z P O in jedem Falle einen Ablehnungsgrund nach § 17 Nr. 5 bildet, vgl. unten Anm. 13 c zu dieser Bestimmung und AG Bramsche, KTS 1968 126. Was die Fünfjahresfrist (oben 21 c) betrifft, so ist unsere Nr. 3 undeutlich gefaßt. Wie eine Vergleichung mit dem Wortlaut des § 17 Nr. 5 ergibt, kann es nicht darauf ankommen, ob der Zeitpunkt der Zustellung der Ladung (so Krieg § 17 A. 7), sondern ob der Termin, sei es auch nur zufolge Vertagung, in die Fünfjahresfrist gefallen ist. 123

§3

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

Zeit und Ort der Geburt (Nr. 4) 24

Zeit und Ort der Geburt (Nr. 4) sind anzugeben zwecks Herbeiziehung einer Strafliste (Strafregisterauszug), damit das Gericht insbesondere ersehen kann, ob der Schuldner wegen Bankrotts bestraft, also ein zwingender Ablehnungsgrund nach § 17 Nr. 3 gegeben ist (vgl. § 1 7 A. 11). Erforderlich sind nur die Geburtsangaben des Schuldners, nicht auch seines gesetzlichen Vertreters, bei offenen Handelsgesellschaften sowie Kommandit(aktien)gesellschaften diejenigen sämtlicher persönlich haftenden Gesellschafter (§ 109 Nr. 2), beim Nachlaßvergleichsverfahren diejenigen des Subjekts des Nachlasses; das ist nicht der Erblasser, sondern der oder die Erben (vgl. § 113 Nr. 5), und zwar während einer Vorerbschaft die Vorerben, sonst die Nacherben, wenn und soweit aber der Nachlaß veräußert ist, der Erbschaftskäufer oder der in die Erbengemeinschaft eingerückte Erwerber des Erbteils. Bei Eintritt des Todes des Schuldners vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens hat das Vergleichsgericht den oder die Erben (Testamentsvollstrecker) zur Erklärung aufzufordern. Da das Verfahren dann bei Aufrechterhaltung des Vergleichsantrags als Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) zu eröffnen ist, gilt das eben Ausgeführte. Bei einem Vergleichsverfahren nach § 109 sind die Daten aller persönlich haftenden Gesellschafter anzugeben, mag auch der Vergleichsantrag zunächst nur von einem persönlich haftenden Gesellschafter gestellt worden sein (dazu oben § 2 Bern. 29 b).

II. Bescheinigungen (Abs. 4) Nachweis der Richtigkeit 25

Der Nachweis der Richtigkeit, den das Gesetz für die nach Absatz 2 und 3 erforderlichen Angaben zwingend vorschreibt, kann einmal durch die — auch sonst zulässige (§ 294 I ZPO) — Versicherung an Eides Statt geführt werden. Sie muß vom Schuldner oder seinem gesetzlichen Vertreter stets persönlich abgegeben werden, auch wenn ein Bevollmächtigter den Antrag stellt und ein Vergleichshelfer bemüht werden mußte. Bei einer Schuldnermehrheit, z. B. bei einer Erbengemeinschaft (§ 113) und bei juristischen Personen müssen sämtliche Miterben, persönlich haftenden Gesellschafter und Vorstände die Versicherung, und zwar über alle nach Absatz II und III erforderlichen Angaben erklären, auch soweit sie den einzelnen Miterben oder persönlich haftenden Gesellschafter betreffen. — Der Nachweis durch öffentliche Urkunden (§§417, 418 ZPO) hat durch Vorlegung der Urkunden in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift (§ 435 Z P O ) zu geschehen. Im Einzelfall kann auch gemäß § 432 Z P O beantragt werden, das Vergleichsgericht möge die Behörde, in deren Händen sich die Urkunde befindet, um Mitteilung der Urkunde ersuchen. Doch gilt dies nicht für Urkunden, die der Vergleichsschuldner sich ohne Mitwirkung des Gerichts verschaffen kann. — Bei begründetem Verdacht der Unrichtigkeit hat das Vergleichsgericht amtliche Ermittlungen einzuleiten (§ 116). Unrichtige Angaben

26

Unrichtige Angaben und, soweit sie nicht fristgemäß ergänzt werden, auch unvollständige, bilden einen zwingenden Ablehnungs- und Einstellungsgrund (§17 Nr. 1 und A. 1; § 100 Nr. 1); möglicherweise auch einen Versagungsgrund (§ 79 Nr. 3, 4) oder einen Anfechtungsgrund (§ 89 I). Vorsätzlich falsche Versicherung an Eides Statt beseitigt nach rechtskräftiger Verurteilung des Antragstellers die Vergleichsschranken von Rechts wegen (§88 I). Die Verurteilung wegen Fälschung oder Verfälschung der zum Nachweis verwendeten Urkunden hat diese Folge nicht ( K i e s o w A. 20). 124

Anlagen des

§ 4

Eröffnungsantrags § 4

Anlagen des Eröffnungsantrags (1) Dem Antrag sind beizufügen: Eine Übersicht des Vermögensstandes des Schuldners (§ 5); je ein Verzeichnis der Gläubiger und der Schuldner unter Angabe der einzelnen Forderungen und Schulden (§ 6 ) ; 3. eine Erklärung des Schuldners darüber, a) ob innerhalb des letzten Jahres vor dem Tage des Antrags zwischen ihm und seinem Ehegatten vor oder während der Ehe oder einem sonstigen nahen Angehörigen (Absatz 2) eine Vermögensauseinandersetzung stattgefunden hat, sowie darüber, b) ob und welche Verfügungen über Vermögensgegenstände er innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Tage des Antrags zugunsten seines Ehegatten vor oder während der Ehe oder eines sonstigen nahen Angehörigen vorgenommen hat; Verfügungen, die ausschließlich gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke zum Gegenstand hatten, bleiben außer Betracht; 4. wenn für die Erfüllung des Vergleichs Sicherheit geleistet werden soll, die genaue Bezeichnung der Sicherheiten und, wenn die Sicherheit in einer Bürgschaft besteht, die Bürgschaftserklärung; 5. die Erklärung des Schuldners, daß er bereit sei, die im § 69 Abs. 2 vorgesehene eidesstattliche Versicherung abzugeben. 1. 2.

1. 2. 3. 4.

(2) Als nahe Angehörige sind anzusehen: der Ehegatte des Schuldners, die Verwandten auf- und absteigender Linie des Schuldners oder seines Ehegatten, die voll- und halbbürtigen Geschwister des Schuldners oder seines Ehegatten, die Ehegatten der unter Nrn. 2 und 3 bezeichneten Personen. (3) Der Antrag und seine Anlagen sind in zwei Stücken vorzulegen.

M a t e r i a l i e n : B e g r . I S . 2 0 ; B e r . S 8 f, 2 9 f f , 4 7 ; B e g r . II S . 3 9 , 4 4 , 5 3 , 5 5 ; I I I S . 3 8 9 . 5.

Akad.

144. D u r c h das G e s e t z v o m 27. 6. 1970 ( B G B l . I S. 9 1 1 ) w u r d e § 4 Abs. 1 N r . 5 V g l O

nicht

aus-

drücklich geändert. D i e Ä n d e r u n g ergibt sich j e d o c h aus d e m Z u s a m m e n h a n g mit Art. 2 § 7 N r . 3 des g e n a n n t e n G e s e t z e s , d. h. aus d e r U m w a n d l u n g des f r ü h e r e n A u s k u n f t s e i d e s des § 6 9 A b s . 2 VglO

in e i n e e i d e s s t a t t l i c h e V e r s i c h e r u n g

( V g l . a u c h Bohle-Stamschräder

Vorbemerkung

zu § 4

VglO). Übersicht Rdn. I.

N a h e Angehörige (Absatz 2)

Wesen der Anlagen S t ü c k z a h l , B e s c h e i n i g u n g der A n g a b e n

. .

B e h e b b a r k e i t von M ä n g e l n II.

Rdn.

Vorbemerkung

Aufstellung

der

Aktiven

Die Erklärungslast

2

Verfügungen (Nr. 3 b)

10

V e r m ö g e n s a u s e i n a n d e r s e t z u n g e n ( N r . 3 a)

11

3 und

Passiven

IV.

( N r . 1 u. 2 ) B e d e u t u n g des G l ä u b i g e r v e r z e i c h n i s s e s

. .

Verzeichnis der Schuldner Erklärung

9

Angabe der Sicherheiten ( N r . 4 ) Genaue Bezeichnung

Ü b e r s i c h t des V e r m ö g e n s s t a n d e s

III.

8

1

über Verfügungsgeschäfte

Schriftliche Bürgschaftserklärung

13

5

Erklärung sonstiger Garanten

14

6

V.

Bereitschaft

zur Abgabe

der

eidesstattli-

chen V e r s i c h e r u n g n a c h § 6 9 Abs. 2 V g l O

mit

nahen Angehörigen (Nr. 3) Z w e c k der V o r s c h r i f t

12

4

7

B e d e u t u n g der E r k l ä r u n g

15

Persönliche Abgabe

16

125

§4

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

I. Vorbemerkung Wesen der Anlagen 1

1. I h r e m W e s e n nach sind die A n l a g e n n u r ä u ß e r l i c h e , der Ü b e r s i c h t l i c h k e i t halber g e s o n d e r t e Bestandteile des V e r g l e i c h s a n t r a g s (§ 3 A. 4 ) und mit diesem z w i n g e n d e Zulässigkeitserfordernisse des V e r f a h r e n s (§§ 17 N r . 1, 100 I N r . 1). Inhaltlich b e t r e f fen sie Aufstellungen des Schuldners über seine Aktiven und Passiven ( N r . 1 und 2 mit § § 5 , 6) sowie E r k l ä r u n g e n des S c h u l d n e r s und etwaiger V e r g l e i c h s g a r a n t e n ( N r . 3 bis 5). D i e S c h u l d n e r e r k l ä r u n g e n k ö n n e n auch in den A n t r a g selbst a u f g e n o m m e n und wie dieser z u r N i e d e r s c h r i f t der Geschäftsstelle erklärt w e r d e n . S e i n e Aufstellungen hat der S c h u l d n e r auch bei mündlicher A n t r a g s t e l l u n g dem G e r i c h t „ v o r z u l e g e n " (§ 2 A. 2 8 b). W e g e n der G a r a n t e n e r k l ä r u n g siehe n o c h unten 13 a.

Stückzahl, Bescheinigung der Angaben 2

D e r A n t r a g samt A n l a g e n ist w e g e n des G e h ö r s der amtlichen B e r u f s v e r t r e t u n g mindestens in zwei S t ü c k e n v o r z u l e g e n (Absatz 3 ) ; bei e i n g e t r a g e n e n G e n o s s e n s c h a f ten w e g e n des P r ü f u n g s v e r b a n d s ( § 1 1 1 N r . 2 S . 3, N r . 3 S. 1) o d e r bei Z u g e h ö r i g k e i t des S c h u l d n e r s zu einem weiteren B e r u f s v e r b a n d in drei S t ü c k e n {Bohle-Stamschräder A . 6 ) . D a s gilt auch für N a c h t r ä g e und A b ä n d e r u n g e n des Antrags sowie der A n l a g e n . — F ü r den vorläufigen V e r w a l t e r ist t r o t z seiner P r ü f u n g s p f l i c h t (§§ 11, 3 9 ) kein S t ü c k v o r g e s e h e n . S o w e i t es fehlt, sind ihm A b l i c h t u n g e n z u z u l e i t e n , denn o h n e h i n r e i c h e n d e U n t e r r i c h t u n g k a n n die Pflicht zur P r ü f u n g nicht erfüllt w e r d e n . S o w e i t A b l i c h t u n g e n v o m G e r i c h t hergestellt w e r d e n , ist der V e r g l e i c h s s c h u l d n e r K o s t e n s c h u l d n e r ( § § 5 1 , 5 6 G K G ) . — V e r g l e i c h s g a r a n t e n b r a u c h e n ihre schriftliche E r k l ä r u n g (§ 4 N r . 4) nur in einem S t ü c k a b z u g e b e n . A u f sachliche R i c h t i g k e i t und inhaltliche V o l l s t ä n d i g k e i t der in die A n l a g e n a u f z u n e h m e n d e n S c h u l d n e r a n g a b e n sowie E c h t h e i t der D r i t t e r k l ä r u n g e n k o m m t es g e r a d e im V o r v e r f a h r e n entscheidend an, weil eine ins e i n z e l n e g e h e n d e materielle N a c h p r ü fung auch dem vorläufigen V e r w a l t e r aus zeitlichen G r ü n d e n in der R e g e l nicht m ö g lich sein wird. E n t s p r e c h e n d e s gilt f ü r die S t e l l u n g n a h m e der amtlichen B e r u f s v e r t r e tung (§ 1 4 ) , die in verhältnismäßig k u r z e r Z e i t e r w a r t e t wird, so daß sich die a n z u s t r e n g e n d e n E r m i t t l u n g e n nicht auf die sachliche R i c h t i g k e i t und inhaltliche V o l l s t ä n digkeit der S c h u l d n e r a n g a b e n in allen E i n z e l h e i t e n e r s t r e c k e n k ö n n e n . U n s t i m m i g k e i ten der S c h u l d n e r e r k l ä r u n g e n stellen sich in der R e g e l u n s c h w e r heraus, w e n n z u r B e w e r t u n g der Aktiven geschritten wird. Bei den A n g a b e n z u m S c h u l d e n s t a n d m u ß e r w a r t e t w e r d e n , daß jeweils G r ü n d e d a f ü r mitgeteilt w e r d e n , w a r u m einzelne F o r d e r u n g e n , gleich w e l c h e r A r t , nicht mit in das G l ä u b i g e r v e r z e i c h n i s a u f g e n o m m e n w o r den sind. N e b e n den vorläufigen V e r w a l t e r (§ 11) trifft auch das V e r g l e i c h s g e r i c h t eine eigene Ermittlungspflicht ( § 1 1 6 S . 2). S o w e i t das G e r i c h t hierbei v o m V e r g l e i c h s schuldner o d e r seinem gesetzlichen V e r t r e t e r eine V e r s i c h e r u n g an Eides Statt o d e r die Eidesleistung verlangt, k a n n sich dieses V e r l a n g e n i m m e r nur auf E i n z e l f r a g e n , nicht aber auf eine allgemeine V e r s i c h e r u n g mit dem Inhalt des erst im V e r g l e i c h s t e r m i n u. U . a b z u g e b e n d e n eidesstattlichen V e r s i c h e r u n g (§ 6 9 I I ) b e z i e h e n (zustimmend Vogels-Nölte § 3 I I I , 5). D a s V e r l a n g e n einer E r h ä r t u n g d e r A n g a b e n durch den S c h u l d n e r kann sich z. B . e r s t r e c k e n auf die G r ü n d e , aus d e n e n eine von einem G l ä u b i g e r auf die V e r ö f f e n t l i c h u n g g e m ä ß § 11 I geltend g e m a c h t e F o r d e r u n g bisher nicht a n g e g e b e n w o r d e n ist. 126

Anlagen des Eröffnungsantrags

§4

Behebbarkeit von Mängeln Bei der Schnelligkeit der Vorbereitung, dem Druck, unter dem der Schuldner steht, 3 dem umfangreichen Schreibwerk sowie den rechtlichen Schwierigkeiten, die manche Fragen bieten, muß das Vergleichsgericht bei Mängeln der Anlagen mit der Bewilligung einer Nachholungsfrist weitherzig sein und auch schwerer wiegende Verstöße im Zweifel als entschuldbar ansehen. Unrichtigkeiten in der rechtlichen Beurteilung der Angaben (z. B. Aufführen eines erkennbar Nichtbeteiligten unter den Vergleichsgläubigern oder umgekehrt) sowie abweichende Bewertung der Aktiven und Passiven bilden überhaupt keine Mängel im Sinne des § 10. Ist das Verfahren eröffnet, so darf es auch wegen unentschuldbarer Mängel nur eingestellt werden, nachdem dem Schuldner Gelegenheit zum Abstellen derselben gegeben war (§ 100 I Nr. 1). Eine Behebbarkeit des Mangels ist ausgeschlossen bei Fälschung von Unterlagen sowie bei einer auf T ä u schungsabsicht zurückzuführenden Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit derselben. Dabei genügt es, daß der Schuldner oder sein gesetzlicher Vertreter davon, z. B. durch den Vergleichshelfer (§ 3 A. 2) Kenntnis hatte; selbst veranlaßt braucht er den Mangel nicht zu haben. Eine eingehende und erschöpfende Aufstellung der Aktiven und Passiven ist das wichtigste Erfordernis eines gesunden Vergleichsverfahrens. Das Gesetz verlangt sie schon im Eröffnungsstadium. Der Grund dafür ist sachlich das Interesse der Gläubiger und technisch die Struktur des Verfahrens, dessen Zulässigkeit (z. B. Verfahrensgrund, Vergleichseigung) das Gericht ohne diese Unterlagen gar nicht prüfen könnte. Das Gesetz erfordert drei Verzeichnisse: ein Übersicht des Vermögensstandes, ein Verzeichnis der Gläubiger und ein solches der Schuldner. Kaufleute haben außerdem die Bilanzen wenigstens der drei letzten Geschäftsjahre einzureichen (§ 5 II). Über Gliederung und Inhalt der Verzeichnisse im einzelnen siehe die Erläuterungen zu §§ 5 und 6.

II. Aufstellung der Aktiven und Passiven (Nr. 1 u. 2) Übersicht des Vermögensstandes Die Übersicht des Vermögensstandes (Nr. 1) dient keineswegs nur der Feststellung 4 einer Überschuldung; die übrigens nicht lediglich als Vergleichsgrund bedeutsam ist. Vielmehr ermöglicht das Vermögensverzeichnis dadurch, daß in ihm die Aktiven und Passiven einzeln und unter Angabe des Wertes sowie ihrer Zweifelhaftigkeit und Uneinbringlichkeit anzuführen sind, vor allem die Feststellung der für den Vergleichsversuch wirklich verfügbaren Vermögensgegenstände und deren Liquidität. Aus den Arten der Schuldverbindlichkeiten und der Vergleichung mit den Bilanzen kann sich auch die Ursache des Vermögensverfalls ergeben (§ 18 Nr. 1). Da die Bewertung unter Einsatz der Tageswerte, wenn auch nicht notwendig der Verkaufswerte, der Einzelgegenstände erfolgen muß, zeigt die Vermögensübersicht schließlich, was die Gläubiger im Konkursfall erwarten können. Damit aber bietet sie für die Frage, ob Konkurs oder Vergleichsverfahren vorteilhafter ist, sowohl dem Gericht als auch den Gläubigern einen wichtigen Anhaltspunkt. Die Vergleichsbilanz (oft auch Vergleichsstatus genannt) ist zugleich „Zwischenbilanz" im Sinne des § 92 AktG und § 64 G m b H G . Sie hat nicht wie die Handelsbilanz, in Verbindung mit der Gewinn- und Verlustrechnung, den Zweck, das Ergebnis eines Wirtschaftsabschnitts zu ermitteln, sondern den Stand des Vermögens darzustellen (vgl. dazu Knorr KTS 1955 12 f und 20 f, sowie K T S 1956 17, mit dem Beispiel einer Vergleichsbilanz, KTS 1955 20 f, Baucbm 1974, 614). 127

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

§4

Bedeutung des Gläubigerverzeichnisses 5

D i e B e d e u t u n g des Gläubigerverzeichnisses für das E r ö f f n u n g s v e r f a h r e n ist z u n ä c h s t die einer vorläufigen Feststellung des S c h u l d e n b e s t a n d e s . E s erleichtert durch die z u s a m m e n f a s s e n d e A n g a b e auch der nicht beteiligten G l ä u b i g e r die P r ü f u n g der A n g e m e s s e n h e i t des V o r s c h l a g s und der D u r c h f ü h r b a r k e i t des V e r g l e i c h s ( § 1 8 N r . 3, 4). F ü r die F r a g e , o b der V o r s c h l a g der V e r m ö g e n s l a g e des Schuldners entspricht, kann die M ö g l i c h k e i t der G l ä u b i g e r a n f e c h t u n g von B e d e u t u n g sein. D e s h a l b ist auch a n z u g e b e n , o b ein G l ä u b i g e r n a h e r A n g e h ö r i g e r des S c h u l d n e r s o d e r seines gesetzlichen V e r t r e t e r s ist (§ 6 II 1). E b e n s o ist, um S o n d e r i n t e r e s s e n einzelner G l ä u b i g e r ausz u s c h a l t e n und unlautere V e r m ö g e n s v e r s c h i e b u n g e n zu ermitteln, ein A n g e s t e l l t e n - , G e s e l l s c h a f t s - o d e r Gemeinschaftsverhältnis zwischen G l ä u b i g e r und S c h u l d n e r o d e r dessen g e s e t z l i c h e m V e r t r e t e r a n z u g e b e n (§ 6 I I 2). A n H a n d des vornT^chuldner eing e r e i c h t e n und erforderlichenfalls berichtigten V e r z e i c h n i s s e s e r f o l g t auch die L a d u n g der G l ä u b i g e r z u m V e r g l e i c h s t e r m i n (§ 22 I I ) , und, w e n n es übersichtlich g e f ü h r t ist sowie R a u m für n o t w e n d i g w e r d e n d e E i n t r ä g e , z. B . A n m e l d u n g e n (§ 6 7 ) , bietet, die P r ü f u n g der F o r d e r u n g e n der V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r z w e c k s S t i m m r e c h t s sowie die E i n t r a g u n g der Prüfungsergebnisse (§ 71 I V ) und der S t i m m a b g a b e . Ist das v o m S c h u l d n e r e i n g e r e i c h t e V e r z e i c h n i s hierzu u n g e e i g n e t , so m u ß gerichtsseitig ein neues, und z w a r k o s t e n l o s , a n g e f e r t i g t werden. D i e s e s bildet für das w e i t e r e V e r f a h r e n das G l ä u b i g e r verzeichnis im S i n n e des G e s e t z e s und gilt als v o m S c h u l d n e r eingereicht, soweit nicht dieser etwaige A b w e i c h u n g e n b e a n s t a n d e t .

Verzeichnis der Schuldner 6

D a s Verzeichnis der S c h u l d n e r dient, da es zugleich die für die F o r d e r u n g e n v o r g e schriebenen E i n z e l a n g a b e n enthält, z u r E n t l a s t u n g des V e r m ö g e n s v e r z e i c h n i s s e s , das sich wie bei den Passivforderungen auf s u m m a r i s c h e A n g a b e n b e s c h r ä n k e n kann. D u r c h die A n g a b e , daß ein D r i t t s c h u l d n e r zu den nahen A n g e h ö r i g e n g e h ö r t o d e r z u m S c h u l d n e r o d e r dessen g e s e t z l i c h e m V e r t r e t e r in e i n e m Rechtsverhältnis der in § 6 II b e z e i c h n e t e n A r t steht, wird a u c h nach dieser Seite die E r m i t t l u n g a n f e c h t b a r e r G e s c h ä f t e erleichtert. Schließlich hat die Z u s a m m e n f a s s u n g der S c h u l d n e r des S c h u l d ners auch für die Zustellung von V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t e n (§§ 6 0 I I , 6 3 I 2 ) praktischen Wert.

III. Erklärung über Verfügungsgeschäfte mit nahen Angehörigen (Nr. 3) Zweck der Vorschrift 7

G e s c h ä f t e mit A n g e h ö r i g e n b e z w e c k e n , auch w e n n sie entgeltlich sind, e r f a h r u n g s g e m ä ß besonders häufig eine G l ä u b i g e r b e n a c h t e i l i g u n g . S i e k ö n n e n von dem S c h u l d n e r z u r V e r s c h l e c h t e r u n g des V e r g l e i c h s g e d i n g e s , insbesondere zu einer u n g e r e c h t f e r t i g t niedrigen V e r g l e i c h s q u o t e , j a s o g a r erst einmal z u r H e r b e i f ü h r u n g des V e r m ö g e n s v e r f a l l s m i ß b r a u c h t w e r d e n . D i e V e r s c h l e c h t e r u n g kann ihre U r s a c h e haben einmal in einer die G l ä u b i g e r benachteiligenden E r h ö h u n g der Passiven durch n o c h zu erfüllende V e r p f l i c h t u n g s g e s c h ä f t e o d e r in einer V e r m i n d e r u n g der Aktiven durch bereits v o l l z o g e n e V e r f ü g u n g e n und schließlich in einer S c h m ä l e r u n g der E r w e r b s a u s s i c h t e n und des K r e d i t s des S c h u l d n e r durch „ V e r m ö g e n s a u s e i n a n d e r s e t z u n g e n " . H i e r h e r sind zu r e c h n e n z. B . A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n über eine Beteiligung an einer G e s e l l s c h a f t des bürgerlichen R e c h t s , einer H a n d e l s g e s e l l s c h a f t ( O H G , K G , K G a A ) , einer G e m e i n s c h a f t nach B r u c h t e i l e n (§§ 7 4 1 ff B G B ) o d e r an e i n e m N a c h l a ß (§§ 2 0 4 2 ff B G B ) , und z w a r zwischen d e m V e r g l e i c h s s c h u l d n e r und einem n a h e n A n g e h ö r i g e n . N i c h t hierher g e h ö r t der E r b a u s g l e i c h n a c h § 1 9 3 4 d B G B , denn die 128

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§4

Gewährung dieses Ausgleichs ist nicht als eine „Vermögensauseinandersetzung" im Sinne des § 4 VglO anzusehen (vgl. Brüggemann FamRZ 1972 415 f). Im übrigen ist bei Vermögensauseinandersetzungen mit nahen Angehörigen eine Gläubigerbenachteiligung sehr naheliegend, aber auch eine Gläubigeranfechtung besonders aussichtsreich. Da die Vergleichsordnung keine der Konkursanfechtung (§§ 29 ff KO) entsprechende Anfechtung von Rechtshandlungen des Vergleichsschuldners in der Krisenzeit im gemeinschaftlichen Interesse der vom Vergleich betroffenen Gläubiger kennt, sind die Vergleichsgläubiger daran interessiert zu erfahren, ob und welche Geschäfte vorliegen, die im Konkurse durch Ausübung des Anfechtungsrechtes (§ 37 KO) zu einer Massevermehrung führen würden. Nur dann können die Vergleichsgläubiger beurteilen, ob sie etwa im Konkursfalle mit einer höheren Befriedigung zu rechnen haben würden. Deshalb verlangt das Gesetz auch bei Verbindlichkeiten des Schuldners, daß zum Forderungsinhaber angegeben wird, wenn er naher Angehöriger des Vergleichsschuldners oder seines gesetzlichen Vertreters ist und wenn er im Angestelltenverhältnis zu diesen steht (§ 6 II). Vermögensauseinandersetzungen ( § 4 1 Nr. 3 a) und Verfügungen über Vermögensgegenstände (§ 4 I, Nr. 3 b) zugunsten eines nahen Angehörigen sind in einer besonderen Anlage zum Vergleichsantrag mitzuteilen. Hinsichtlich der Verfügungen beschränkt sich die Mitteilungspflicht nicht etwa auf die Fälle des § 32 Nr. 2 K O (unentgeltliche Verfügungen zugunsten des Schuldnerehegatten). Die Mitteilungspflicht umfaßt entgeltliche, unentgeltliche und gemischte Verfügungen. Sofern die Angaben des Vergleichsschuldners unklar sind oder sonst der näheren Aufklärung bedürfen, hat das Gericht von Amts wegen zu ermitteln (§ 116), um sich für die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens über Vorliegen oder NichtVorliegen des Ablehnungsgrundes aus § 18 Nr. 1 Gewißheit zu verschaffen. Den Vergleichsgläubigern aber steht im Falle der Eröffnung des Verfahrens für ihre Entscheidung, ob sie für oder gegen den Vergleich stimmen wollen, das Recht der Akteneinsicht (§ 120) zu, worauf in der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses besonders hinzuweisen ist (§ 22). Für den Vergleichsschuldner kann es daher naheliegen, vor der Entscheidung des Gerichts aus §§ 19, 20, selbst wenn im Einzelfall ein Ablehnungsgrund aus § 18 Nr. 1 nicht vorliegt, zur Förderung der Vergleichsbereitschaft der Gläubiger, seine mit nahen Angehörigen oder dem Ehegatten geschlossenen Geschäfte oder die zu deren Gunsten getroffenen Verfügungen über Vermögensgegenstände wieder aufzuheben oder sie doch zu ändern. — In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil des B G H vom 13. 3. 1978 — VIII Z R 241/76 — zu verweisen. Danach können unentgeltliche Zuwendungen an den Ehegatten durch den Gemeinschuldner, die im Verhältnis der Ehegatten untereinander möglicherweise nicht als Schenkung anzusehen sind, gleichwohl der Anfechtung nach § 32 Nr. 2 K O unterliegen. Das Urteil des B G H wird im H e f t IV der KTS 1978 veröffentlicht werden.

Nahe Angehörige (Absatz 2) Der Kreis der nahen Angehörigen ist in § 4 II in gleicher Weise bestimmt wie in der 8 Bestimmung des § 31 Nr. 2 KO. Als nahe Angehörige sind anzusehen: a) Der Ehegatte des Vergleichsschuldners, gleich, ob das Geschäft vor oder während der Ehe vorgenommen wurde. Doch ist § 4 II nicht anwendbar, wenn die Ehe bei der Vermögensauseinandersetzung bzw. der begünstigenden Vermögensverfügung bereits rechtskräftig geschieden war. Auch eine anfechtbare oder nichtige Ehe gilt als Ehe, sofern sie nicht bereits rechtskräftig f ü r nichtig erklärt worden ist (§ 23 EheG).

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§4

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

b) Die Verwandten des Schuldners auf- und absteigender Linie (Eltern, Voreltern, Abkömmlinge) sowie seine voll- und halbbürtigen Geschwister. Die Verwandtschaft bestimmt sich hierbei ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Begründung, auf Staatsangehörigkeit und Wohnsitz der Beteiligten nach deutschem Recht (Art. 33 E G B G B ) . Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in grader Linie verwandt (§ 1589S. 1 BGB). Nach der Aufhebung des § 1589 Abs. 2 B G B durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die rechtliche Stellung des nichtehelichen Kindes vom 19. 8. 1969 (BGBl. I S. 1243) besteht Verwandtschaft auch zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater sowie deren Verwandten. N a c h Art. 12, § 1 N E h e l G gilt dies auch für die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Geborenen. Wird das nichteheliche Kind auf Antrag seines Vaters für ehelich erklärt (§ 1723 B G B ) , so erstrecken sich diese Wirkungen auch auf die Verwandten des Vaters (§ 1736 BGB). — Für die Verwandtschaft durch Adoption ist zu verweisen auf die Bestimmungen der §§ 1741, 1742, 1749, 1754 ff BGB. c) Des Schuldnerehegatten Verwandte auf- und absteigender Linie (Schwiegereltern, Stiefkinder) sowie voll- und halbbürtige Geschwister (Schwager, Schwägerin des Schuldners). D a das Gesetz von Verwandten des Ehegatten und nicht von Verschwägerten des Schuldners spricht, gehören hierher auch solche Verwandte des Ehegatten, die mit dem Schuldner nicht verwandt sind. Gleichwohl bilden die Fälle der Schwägerschaft hier die Regel. Für den Bereich des § 31 Nr. 2 K O ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß die das Angehörigenverhältnis vermittelnde Ehe zwischen dem Schuldner und seinem Gauen zur Zeit des Vertragsschlusses nicht mehr bestanden zu haben braucht (§ 1590 II BGB). Wohl aber muß bei Geschäften mit dem Ehegatten eines Verwandten des Ehepartners des Vergleichsschuldners die Ehe des Verwandten noch bei Vertragsschluß bestanden haben ( R G Z 63 96, Mentzel-Kuhn Anm. 22 zu § 31 KO). d) Bei Schuldnermehrheit, insbesondere bei einer offenen Handelsgesellschaft ist, von dem Grundgedanken der Vorschrift ausgehend, die Angehörigkeit des Vertragsgegners mit einem einzelnen Gesellschafter, auch wenn er nicht vertretungsberechtigt ist, als genügend anzusehen ( B G H Z 34 297, ergangen zu § 31 Nr. 2 K O ) . Bei einem Vergleichsantrag einer offenen Handelsgesellschaft (§ 109) sind Verfügungen der Gesellschaft zugunsten eines Gesellschafters oder Vermögensauseinandersetzungen mit einem solchen anzugeben. Entsprechendes gilt für die Mitteilungspflicht beim Vergleichsantrag einer Kommanditgesellschaft (vgl. Plander GmbH-Rdsch 1972 121 u. Uhlenbrock G m b H & C o K G in Krise, Konkurs und Vergleich S. 378). Bei einem Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) kommt es für die nach dem Erbfall abgeschlossenen Geschäfte auf die nahen Angehörigen des oder der Erben, für die früheren aber auf die Angehörigen des Erblassers an. e) Auch auf Geschäfte, die eine juristische Person mit ihrem alleinigen Gesellschafter und dessen nahen Angehörigen geschlossen hat, ist § 4 II entsprechend anzuwenden (.Lent K T S 1958 129 f, Abhandlung zu § 31 Nr. 2 K O ) . Für eine Familien-GmbH hat das O L G Nürnberg ( K T S 1960 40) die Bestimmung des § 31 Nr. 2 K O bei Verträgen zwischen der Gesellschaft auf der einen und einem Gesellschafter auf der anderen Seite aus dem Grundsatz des Treu und Glaubens entsprechend angewandt. Dem ist die Rechtsprechung des achten Senats des B G H gefolgt (vgl. B G H Z 58 20 = K T S 1972 171 = N J W 1972 495, bestätigt in B G H , K T S 1976 127 = M D R 1976 39 unter 2, b und c der Gründe). Die Vergleichsordnung enthält eine ausdrückliche Regelung (§ 108 II) für die G m b H im Hinblick darauf, daß die Gesellschafter wirtschaftlich die T r ä g e r des Gesellschaftsvermögens sind (Begr. II S. 87). Hier sollen nicht nur die jetzigen, sondern auch die innerhalb des letzten Jahres vor dem Vergleichsantrag ausgeschiede130

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nen Gesellschafter sowie die nahen Angehörigen dieser Personengruppen im Vergleichsverfahren als nahe Angehörige der Gesellschaft selbst behandelt werden. Aus dieser Sonderregelung ist jedoch nicht etwa zu schließen, daß die Fortentwicklung des Anfechtungsrechts durch die Rechtsprechung (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 24, 25 zu § 31 K O ) für die Bestimmung des § 4 II ohne Bedeutung sei. Im Gegenteil, die Bestimmung des § 108 II gibt nur einem Rechtsgedanken besonderen Ausdruck, der auch der Rechtsprechung zu § 31 Nr. 2 K O zugrunde liegt: Es ist darauf abzustellen, wer wirtschaftlich hinter einem Vergleichsantrag steht und wer den bestimmenden Einfluß innerhalb der Gesellschaft, für die das Vergleichsverfahren beantragt wird, ausübt. Der rechtspolitische Sinn des s 108 Abs. 2 V g l O in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 3 VglO, dem Vergleichsgericht und dem Vergleichsverwalter einen Uberblick zu den „besonders verdächtigen Rechtsgeschäften" zu verschaffen (Frage der Konkursanfechtung), gebietet jedoch zugleich einen Rückschluß auf die vom Gesetzgeber gewollten Grenzen einer „rechtsähnlichen Anwendung" des § 31 Nr. 2 K O (wie auch des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG) für das gesamte Insolvenzrecht überhaupt. Für Rechtsgeschäfte von Gesellschaftern einer G m b H untereinander, die in keinem besonderen nahen Verwandtschaftsverhältnis zueinander stehen, gelten mithin die entwickelten Rechtsgrundsätze nicht (BGH, K T S 1976 127/129, 130). Zu beachten ist aber, daß von den Gesellschaftsorganen vielfach nicht ohne weiteres erwartet werden kann, daß sie die Zusammenhänge im Rahmen des § 4 II übersehen. Ein Ablehnungsgrund aus § 17 Nr. 1 kann bei unvollständigen Mitteilungen über Vermögensauseinandersetzungen und Verfügungen über Vermögensgegenstände — abgesehen von der Pflicht aus § 108 II — nur dann angenommen werden, wenn das Vergleichsgericht (oder der vorläufige Verwalter, § 11) auf die Zusammenhänge zuvor hingewiesen hatten und der Mangel nicht innerhalb einer nach § 10 gesetzten Frist daraufhin beseitigt wurde. Die Erklärungslast a) Eine Erklärung über die in § 4 I, Nr. 3 genannten Geschäfte muß in jedem Falle 9 abgegeben werden. Auch dann, wenn solche Geschäfte fehlen. Es bedarf dann einer, am besten in den Vergleichsantrag selbst aufzunehmenden Verneinung. Zur Erklärung sind verpflichtet: der Vergleichsschuldner bzw. die für ihn zur Antragstellung legitimierten Personen. b) Die Erklärung beschränkt sich bei Vermögensauseinandersetzungen auf den Zeitraum des letzten Jahres, bei sonstigen Verfügungen auf die Zeit der letzten zwei Jahre vor dem Tage des Antrags. Für die Berechnung der Frist gilt das zu § 3 A. 21 c Ausgeführte. Die Frist wird auch hier vom Tage der Stellung, nicht der Datierung des Antrags, zurückgerechnet. Verfügungen (Nr. 3 b) Verfügungen, über die sich der Vergleichsschuldner nach § 4 II Nr. 3 b zu erklären 1 0 hat, sind Rechtshandlungen, die zu einem unmittelbaren Rechtserwerb der Personen geführt haben, zu denen das Angehörigenverhältnis besteht. Anzugeben sind nur Verfügungen, die der (spätere) Vergleichsschuldner selbst oder ein Dritter auf Grund der ihm zustehenden Vertretungsmacht oder mit Einwilligung des Vergleichsschuldners (seines gesetzlichen Vertreters) vorgenommen oder die dieser genehmigt hat (S§ 164, 183, 185 II BGB). Die Verfügungen müssen Vermögensgegenstände, und zwar solche des Schuldners, betroffen haben. Nicht hierher gehören mithin Verfügungen über Persönlichkeitsrechte, z. B. das Namensrecht, oder über eine noch nicht zum 131

§4

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Vermögensrecht gewordene Erfindung (vgl. B G H Z 16 172). Es muß sich um Verfügungen zugunsten des nahen Angehörigen handeln; der (spätere) Vergleichsschuldner muß der Gebende sein. O b das der Fall ist, entscheidet bei Auflösung oder Abänderung gegenseitiger Schuldverhältnisse letztlich der mit der Verfügung beabsichtigte wirtschaftliche Vorteil. O h n e Bedeutung ist, ob die Verfügung entgeltlich oder unentgeltlich ist. O h n e Bedeutung ist, ob die Verfügung in Erfüllung einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung geschehen ist. D e r Angehörige braucht nicht der Adressat der ihn begünstigenden Verfügung zu sein, wie aus §§ 875 I, S. 2, 1168 II, S. 1 B G B folgt. Auch ein nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft kann zur Mitteilung verpflichten, wie z. B. die Aufgabe des Eigentums von Fahrnis, damit sie sich der nahe Angehörige aneigne (§§ 959, 958 I B G B ) . Die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses (§§ 1942 ff, 2 1 8 0 B G B ) ist mitzuteilen, denn es steht nicht die Frage zur Entscheidung, ob sie, wie im Konkurs (§ 9 K O ) in das freie Belieben des Schuldners gestellt ist, vielmehr, ob durch diese Erklärung des Schuldners ein naher Angehöriger begünstigt worden ist. Nicht damit zu verwechseln ist die Frage, ob ein allgemeines Veräußerungsverbot das Ausschlagungsrecht des Vergleichsschuldners berühren kann (§ 62). Dies ist zu verneinen, denn im Vergleichsverfahren ist der Schuldner nicht schlechter gestellt. Es gilt wie im Konkurs auch hier das freie Belieben des Schuldners, in das durch ein Veräußerungsverbot nicht eingegriffen werden kann. Nicht angegeben zu werden brauchen Verfügungen, die ausschließlich gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke betrafen. Was gebräuchlich ist, richtet sich nach den V e r mögens- und Einkommensverhältnissen des Schuldners zur Zeit der Schenkung. In Zweifelsfällen empfiehlt sich wegen der Gefahr der Ablehnung des Antrags, die Gelegenheitsgeschenke zu nennen oder zu umschreiben mit dem Hinweis, daß das Maß des Gebräuchlichen nicht überschritten worden sei (zur Abgrenzung vgl. R G Z 124 59, ergangen zu § 32 K O ) . Dem Grundgedanken des Gesetzes entsprechend, ist auch die Erfüllung einer auf einer sittlichen Pflicht beruhenden unentgeltlichen Verfügung nicht mitzuteilen. Außer Betracht bleibt ferner die Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht, soweit diese sich in den Grenzen des nach der Vermögenslage des Schuldners Gebräuchlichen hält.

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Vermögensauseinandersetzungen (Nr. 3 a) Vermögensauseinandersetzungen (Nr. 3 a) bedeuten nach dem Sinne unserer V o r schrift nichts anderes als Verfügungen, nämlich Auflösungen oder einen Angehörigen begünstigende Änderungen von Gemeinschaftsverhältnissen, in denen der Schuldner mit einem Angehörigen steht, soweit die Auflösung oder Änderung auf dem rechtsgeschäftlichen Willen des Schuldners beruht. Denn das, was an dem Verhalten des Schuldners allein die Gläubiger benachteiligen und deshalb seine wirtschaftliche UnZuverlässigkeit erweisen sowie zur Anfechtung führen kann, ist doch z. B. nicht die Herausgabe von Einkünften des Kindesvermögens gemäß § 1649 B G B , wohl aber eine Verfügung, die in Auswirkung eines Ehevertrages zugunsten des Ehegatten vollzogen wird. Dagegen hängt die Aufhebung des bisherigen Güterstandes nicht vom rechtsgeschäftlichen Willen des Vergleichsschuldners ab, wenn sie aus einem der sich aus §§ 1447, 1448, 1469, 1495 B G B ergebenden gesetzlichen Gründe verlangt werden kann. W o h l aber ist anzugeben, wenn z. B. eine Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff B G B ) durch Ehevertrag (§ 1408 B G B ) aufgehoben worden ist. Auf dem Gebiete der handelsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisse braucht die Auflösung der Gemeinschaft nicht mitgeteilt zu werden, wenn sie auf Grund einer Klage des Mitgesellschafters (§§ 133, 140, 142, 161 II H B G ) eintritt. W o h l aber ist mitzuteilen die auf eine Vertragsabrede 132

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zurückzuführende Vermögensauseinandersetzung der Gesellschafter. Da nun aber der Vollzug einer Auseinandersetzung für sich allein anfechtbar sein kann, ist, soweit zufolge der Aufhebung einer Gemeinschaft eine Teilung bisher gemeinsamen Vermögens, also eine Vollziehung der Auseinandersetzung, wie z. B. in den Fällen der §§ 138, 142 H G B eine Abfindung (§ 738 BGB, §§ 105 II, 161 II HGB) des Schuldners oder seines nahen Angehörigen bereits erfolgt ist, so ist dies anzugeben, ohne daß es dabei auf den Rechtsgrund ankommt. Um keine Vermögensauseinandersetzung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 a VglO handelt es sich, wenn gemäß 5 1934 d BGB einem nichtehelichen Kind ein vorzeitiger Erbausgleich gewährt worden ist (vgl. Brüggemann FamRZ 1972 415 f). IV. Angaben über die Sicherheiten (Nr. 4) Genaue Bezeichnung Die genaue Bezeichnung der Sicherheiten, die bei beabsichtigter Sicherstellung der 12 Vergleichserfüllung (§ 3 I) geleistet werden sollen, erfordert § 4 I Nr. 4, um damit sicherzustellen, daß der Grundsatz der Bestimmtheit des Vergleichsvorschlags (§ 7 I S. 1) auch insoweit gewahrt wird. Hinsichtlich des Begriffs der Vergleichssicherheit ist zu verweisen auf die Darstellung in den Anm. 17 und 20 oben zu § 3 des Gesetzes. (Gesamtdarstellung: hinsichtlich der Sicherstellung durch Dritte: Kleemeyer Diss. Tübingen 1972, kurzer Überblick: Verfasser KTS 1970 116 f). Die Angaben über die Person des Garanten (Schuldner oder Drittschuldner) sowie die über die Rechtsform der Sicherstellung (Bürgschaft, Schuldübernahme, Treuhandübereignung, Bestellung von Grundpfandrechten), ferner die zum Umfang und zu den Modalitäten der H a f tung gehören nach § 3 I in den Vergleichsantrag, besser und genauer in den Vergleichsvorschlag (vgl. oben Anm. 18 und 19 zu § 3). In einer besonderen Anlage zum Vergleichsantrag sind nur die Gegenstände zu bezeichnen, mit welchen Sicherheit geleistet werden soll. Hier sind mithin zu nennen z. B. Warenlager (dazu B G H Z 28 16), Wertpapiere, Forderungen, Patente mit ihren Individualisierungsmerkmalen, die zugleich eine Bewertung ermöglichen. Bei Forderungen sind Grund, Betrag, Drittschuldner und Nebenrechte, bei solchen, die gesichert sind, weiter z. B. Beschreibung des belasteten Grundstücks sowie Art und H ö h e dem Range nach vorgehende Rechte mitzuteilen. Die Pflicht gegenständlicher Beschreibung entfällt, wenn nur eine persönliche H a f t u n g für die Erfüllung des Vergleichs übernommen wird. Hier bildet das Vermögen des Garanten in seinem jeweiligen Bestand das Zugriffsobjekt der Gläubiger. Zu einer näheren Bezeichnung ist hier der Vergleichsschuldner nicht verpflichtet. Wohl aber empfiehlt es sich, den Garanten seiner Persönlichkeit nach, seiner Stellung im Erwerbsleben nach und auch sonst näher zu bezeichnen, um den Gläubigern die Möglichkeit zu geben, sich ein Urteil über den Wert der angebotenen Sicherstellung zu bilden. Wert und Realisierbarkeit der Sicherstellungen aller Art können auch entscheidend sein für die Frage der Angemessenheit des Vergleichsvorschlags und der Durchführbarkeit des Vergleichs (§ 18 Nr. 3 und 4). Schriftliche Bürgschaftserklärung Besteht die Sicherheit für die Vergleichserfüllung in einer Bürgschaft, so ist die 1 3 schriftliche Bürgschaftserklärung beizufügen (§ 4 I, Nr. 4). Die schriftliche Form ist auch dann erforderlich, wenn ein Vollkaufmann bürgen will und hierfür an sich gemäß § 350 H G B Formfreiheit besteht. Mit diesem besonderen Erfordernis werden Vergleichsanträge unterbunden, hinter denen keine wirkliche Bereitschaft des vom Schuldner genannten Garanten zur Vergleichsbürgschaft steht. Zum anderen aber 133

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

erspart die schriftlich abgegebene Bürgschaftserklärung dem Garanten, im Vergleichstermin persönlich zu erscheinen oder sich in diesem Termin persönlich vertreten zu lassen (zur Vergütung des Bürgenvertreters aus § 1 1 8 B R A G e b O vgl. Verfasser Büro 1960, 49). Die Bürgschaftserklärung ist ein bindendes, unwiderrufliches Vertragsangebot (§ 145 BGB). Sie ist im Vergleichstermin mit dem Vergleichsvorschlag, zu dem sie gehört, zu verlesen (§ 66 I, S. 2). Dies geschieht durch den Vergleichsschuldner oder das Gericht, wobei sich der Schuldner im letzteren Falle nach der Verlesung darüber zu erklären hat, ob und inwieweit er den Vorschlag aufrechterhält (Vogels-Nölte Anm. II 1 b zu § 66). Der Garant braucht mithin eine gemäß § 4 I, Nr. 4 eingereichte schriftliche Bürgschaftserklärung im Vergleichstermin nicht selbst zu verlesen ( R G Z 143 104). Eine schriftlich abgegebene Bürgschaft ist auch dann den Vergleichsgläubigern gegenüber wirksam erklärt, wenn sie nicht im Vergleichstermin verlesen worden, aber ihnen mit dem Vergleichsvorschlag bekannt gegeben oder wenn auch dies nicht geschehen ist, vor dem Vergleichstermin mit Willen des Bürgen den Vergleichsgläubigern mitgeteilt worden war ( R G Z 146 300, Bohnenberg D R i Z 1950 284). Wie der Vergleichsvorschlag selbst, so ist auch die gemäß § 4 I Nr. 4 zu diesem Antrag beizubringende Bürgeschaftserklärung eine Prozeßhandlung. Sie richtet sich als Teil des (dem Bürgen bekannten) Vergleichsvorschlags an die Vergleichsgläubiger, kann von dem Vergleichsschuldner (oder dessen Prozeßbevollmächtigten) beim Gericht eingereicht werden. Doch bleibt es dem Bürgen überlassen, difes selbst zu tun oder die Bürgschaft zu Protokoll zu erklären. — Zur Frage des rechtlichen Charakters einer Vergleichsbürgschaftserklärung als privatrechtliche Willenserklärung und als Prozeßhandlung. Kleemeyer Diss. Tübingen 197210 ff, 25 ff, abweichend Baur J Z 1970 799. — Die schriftliche Erklärung muß von dem Garanten oder seinem Vertreter unterschrieben sein. Bei Beurkundung (§ 159 Z P O , § 115 V g l O ) ist die Unterschrift des Bürgen nicht erforderlich. Bei telegraphischer Übermittlung ist die Unterschrift unter dem Ankunftstelegramm nicht möglich, wohl aber unter dem Aufgabetelegramm ( R G Z 140 73). Ob dies geschehen ist, hat das Vergleichsgericht durch entsprechende telegraphische oder fernmündliche Rückfrage vor oder in dem Vergleichstermin (§ 66) noch vor der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag festzustellen. H a t ein Bevollmächtigter die Bürgschaftsurkunde unterzeichnet, so ist hierzu eine Vollmachtsurkunde des Bürgen einzureichen. Ein Prokurist ist zur Abgabe der Bürgschaftserklärung nicht ermächtigt, da eine solche Erklärung nicht zu den Geschäften gehört, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 I H G B ) , es sei denn, die Vergleichsbürgschaft wird von einer Bank übernommen. Für Personen, die unter elterlicher Gewalt, Vormundschaft oder Pflegschaft stehen, wird die Übernahme einer Vergleichsbürgschaft nur ganz ausnahmsweise, etwa in bezug auf ein Familienunternehmen (AG oder G m b H ) oder im Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113), in Betracht kommen. Erforderlich ist dann die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§§ 1643 I, 1822 Nr. 10, 1915 BGB). Diese Genehmigung und ihr Wirksamwerden muß spätestens im Vergleichstermin vor der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag (§§ 66, 74) vorliegen. • Die Vergleichsbürgschaft kann für die Erfüllung des Vergleichsvorschlags insgesamt oder auch nur für die Erfüllung einer der Vergleichsraten übernommen werden. Der Vergleichsbürge kann, um das Maß seiner Haftung zu beschränken, auch erklären, daß er nur bis zu einem gewissen Betrage für die Vergleichserfüllung einstehen wolle oder (und) sich nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt binde (Einzelheiten oben Anm. 19 zu § 3). Wesentlich ist, daß die Vergleichsbürgschaft dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 7 I, S. 1 entspricht. Das ist auch dann der Fall, wenn der Bürge den Beginn seiner Zahlungsverpflichtung von der Nichterfüllung des Vergleichs durch den 134

Anlagen des Eröffnungsantrags

§4

Schuldner abhängig macht, denn dessen Verpflichtungen ergeben sich aus dem Vergleichsvorschlag (Bohnenberg DRiZ 1950 284). Die Vergleichsbürgschaft beschränkt sich, wenn nichts anderes ausdrücklich erklärt wird, auf die Verpflichtung des Vergleichsschuldners zur Erfüllung des Vergleichs, d. h. zur Zahlung der Vergleichsquote. Sie bezieht sich nicht auf die im Falle des Verzuges eintretende Verpflichtung des Schuldners (§ 9), die Forderungen nunmehr wieder in ursprünglicher H ö h e zahlen zu müssen. Wohl aber muß der Bürge den Wegfall der Stundung gegen sich gelten lassen. Die Bürgschaftsverpflichtung bleibt, soweit nichts anderes vereinbart ist, bestehen, wenn als Folge der Nichterfüllung des Vergleichs das Anschlußkonkursverfahren eröffnet wird (BGH, K T S 1957 157 = N J W 1957, 1319). Dies gilt ebenso dann, wenn die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt wird (vgl. AG Bremerhaven K T S 1977 134). Die Bestimmung des § 4 1, Nr. 4 schließt nicht aus, daß eine Vergleichsbürgschaft später im Verlauf des Vorverfahrens (§11) oder auch nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens, möglicherweise erst in einem gemäß § 77 bestimmten erneuten Vergleichstermin übernommen wird (vgl. Einzelheiten hierzu unten Rdn. 29 zu § 66 VglO). Ist dies durch mündliche Erklärung zu Protokoll des Vergleichsgerichts geschehen oder hat der Bürge dem Vergleichsgericht eine schriftliche Erklärung eingereicht, so kann gemäß § 85 aus dem bestätigten Vergleich in Verbindung mit einem Auszug aus dem berichtigten Gläubigerverzeichnis (§§ 6, 67 III) auch gegen den Dritten, der sich neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage zur Erfüllung des Vergleichs verpflichtet hat, vollstreckt werden. Zur Vollstreckung gegen den Vergleichsbürgen ist wegen der Einzelheiten auf das unter den Rdn. 20 ff zu § 85 VglO Ausgeführte zu verweisen. Eine Anfechtung der Bürgschaftserklärung nach Maßgabe der §§ 119 ff BGB ist nur bis zur Bestätigung des Vergleichs (§ 78) möglich. Denn, wenn auch der gerichtliche Vergleich im Vergleichsverfahren wie der Zwangsvergleich im Konkurs (§§ 173 ff KO) seiner Natur nach im allgemeinen Vertragsgrundsätzen unterliegt (RGZ 127 375), so ist doch die durch die Vergleichsbestätigung herbeigeführte Umschaffung von Rechten und Pflichten der Beteiligten (§§ 82 f) so tiefgreifend, daß der neue Rechtszustand und das Vertrauen der Beteiligten darauf des sichernden Bestandes bedarf. Es erscheint daher angemessen, den Gläubigern das Risiko, ein Willensmangel könnte vorliegen, auf den Vergleichsgaranten abzuwälzen (BGH, K T S 1961 152 = M D R 1961 918, Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 78). Erklärung sonstiger Garanten Erklärung sonstiger Garanten. Auch, wenn die Vergleichserfüllung durch kumula- 14 tive Schuldübernahme sichergestellt werden soll (§421 BGB), ist es erforderlich, die Erklärung des Garanten mit dem Vergleichsantrag einzureichen ( § 4 1 Nr. 4). Entsprechendes muß gelten, wenn Erfüllung des Vergleichs dadurch sichergestellt werden soll, daß bestimmte Gläubigergruppen, insbesondere die Verwandten des Schuldners, bis zur vergleichsmäßigen Befriedigung der übrigen Vergleichsgläubiger zurücktreten wollen. Auch eine andere Form der Sicherstellung der Vergleichserfüllung, so etwa die Verpflichtung, eine Garantiezusage des Creditorenverbandes, beizubringen und bis dahin den Gläubigern gegenüber schon ebenso verpflichtet sein zu wollen, ist mit dem Vergleichsantrag vorzulegen. Mag eine solche Erklärung auch dem Wesen einer formellen Vergleichsgarantie nicht entsprechen, so muß der Erklärende, wenn seine Verpflichtung auch nicht Gegenstand, wohl aber mit seinem Wissen und Willen Voraussetzung des Vergleichsvorschlages des Schuldners war, sich materiellrechtlich so behan135

§5

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

dein lassen, als wäre er Vergleichsgarant im Sinne des § 85 II (BGH, KTS 1961 152 = M D R 1961 918). Freilich müssen die Gläubiger hier, wenn der Vergleich nicht erfüllt wird, um in das Vermögen des Erklärenden vollstrecken zu können, zunächst einen Vollstreckungstitel gegen ihn erwirken, denn für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung nach § 85 II fehlt es an den dort genannten formellen Voraussetzungen. V. Bereitschaft zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 69 Abs. 2 VglO Bedeutung der Erklärung 15

Die Erklärung, die auch in den Antrag selbst aufgenommen werden kann, also keine besondere Anlage zu bilden braucht {Mayer A. 18), hat nur die Bedeutung, dem Schuldner das Gewissen zu schärfen (Kiesow A. 32), um so eine gewisse Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen des Vergleichsantrags zu bieten (Salomon A. 6). Die eidesstattliche Versicherung selbst kann nicht im Vorverfahren, ist vielmehr erst nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens abzugeben, und zwar auf besondere Anordnung des Gerichts, die von Amts wegen oder auf Antrag des Vergleichsverwalters oder eines Vergleichsgläubigers getroffen werden kann (§ 69 Abs. 2 VglO). Sie wird nicht wie im Konkurs durch das f ü r das Konkursgericht zuständige Vollstreckungsgericht, sondern durch das Vergleichsgericht abgenommen. (Hinsichtlich der Reformbestrebungen, den §125 K O dem § 6 9 II VglO anzugleichen, vgl. Böhle-Stamschräder KTS 1959 72 und Jahr Z Z P 79 352, 384.) Persönliche Abgabe

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Die Bereitschaftserklärung muß vom Schuldner persönlich oder von seinem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden. Die Erklärung seitens eines den Vergleichsantrag stellenden gewillkürten Vertreters genügt nicht (Kiesow Anm. 1, Samolewitz Anm. 7, a. A. Mayer Anm. 18). Daß eine persönliche Bereitschaftserklärung vorliegen muß, folgt aus dem Zweck der Vorschrift. Denn gerade das Bewußtsein der Pflicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wird wesentlich zu einer sorgfältigen Vorbereitung beitragen (Weiss BB 1952 298). Dieses Bewußtsein aber kann mit Bestimmtheit nur dann geweckt werden, wenn der Vergleichsschuldner persönlich die Bereitschaft zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 69 Abs. 2 VglO erklärt. Bei Handelsgesellschaften und juristischen Personen trifft die zum Vergleichsantrag jeweils Berechtigten auch die Pflicht zur persönlichen Bereitschaftserklärung aus § 4 I Nr. 5 des Gesetzes.

§5 Vermögensübersicht. Bilanz (1) In der Übersicht des Vermögensstandes (§ 4 Abs. 1 Nr. 1) müssen sämtliche Vermögensgegenstände (Aktiven) und Verbindlichkeiten (Passiven) einzeln unter Angabe ihres Betrags oder Wertes angeführt und einander gegenübergestellt werden. Uneinbringliche oder zweifelhafte Aktiven sind als solche kenntlich zu machen. Bei Grundstücken und eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, die zu den Aktiven gehören, sind ihre Grundbuchblätter oder Registerblätter anzugeben. (2) Ist der Schuldner nach Handelsrecht verpflichtet, Bücher zu führen, so hat er die Bilanzen und nach Möglichkeit die Gewinn- und Verlustrechnungen vorzulegen; betreibt er sein Geschäft länger als drei Jahre, so genügt die Vorlage der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen über die letzten drei Jahre. 136

§5

V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t . Bilanz Materialien: Begr. I S. 20; II S. 56; III S. 389. Ubersicht Rdn. I.

II.

U b e r s i c h t des V e r m ö g e n s s t a n d e s Wesen Errichtung Das Vermögen Der Vermögensbegriff Angabe sämtlicher Vermögensgegenstände und V e r b i n d l i c h k e i t e n Persönlichkeitsrechte. Urheberund Erfinderrechte Angabe unübertragbarer und unpfändbarer Vermögensgegenstände

1 2

III.

3 4 IV. 5 6

V.

Treugut. Eigentumsvorbehalt Verbindlichkeiten D i e drei G r u n d s ä t z e Spezialisierung Gliederung der Einheiten Grundsatz der Inventarwahrheit. tung D i e V o r s c h r i f t des A b s a t z 2 Vorlegungslast Bilanzen Privatentnahmen

Rdn. 7 8 9 10 Bewer11 12 13 14

I. Übersicht des Vermögensstandes Wesen Ihrem Wesen nach ist die Vermögensübersicht das spezialisierte und mit Wertan- 1 gäbe zu versehende Inventar der zur Zeit der Antragstellung vorhandenen Aktiven und Passiven hinsichtlich desjenigen Vermögens, über welches das Vergleichsverfahren eröffnet werden soll. Aktiven und Passiven sind einander gegenüberzustellen, d. h. in der Darstellung voneinander zu trennen und in sich zu gliedern, gleichgültig, ob sie dabei räumlich nebeneinander (Aktiven links, Passiven rechts) oder nacheinander (die Passiven hinter den Aktiven) aufgeführt werden. Das Gesetz verlangt mit der Gegenüberstellung weder Angabe der Gesamtsumme der Aktiven und Passiven noch eine bilanzmäßige Saldierung. Dies deshalb nicht, weil auch unveräußerliche Vermögensrechte mit anzugeben sowie zu bewerten sind und deren objektiver Bewertung erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Es steht selbstverständlich dem Schuldner frei, dem Inventar durch Summierung und Ausgleich der Seiten die Bilanzform zu geben. Die Bezeichnung „Vergleichsbilanz" kennt das Gesetz selbst nicht, sie entstammt vielmehr dem Sprachgebrauch der Praxis (Knorr K T S 1955 12) und KTS 1956 17 ff). Errichtung Die Vermögensübersicht muß im Hinblick auf ihre Zwecke für das Vergleichsver- 2 fahren stets besonders aufgestellt werden, auch dann, wenn die gemäß § 5 II mit einzureichende Bilanz erst kürzlich errichtet worden ist, auch dann, wenn der Vergleichsschuldner nicht Kaufmann ist, auch dann, wenn das beantragte Verfahren nicht das gesamte Schuldnervermögen, sondern lediglich ein Sondergut umfassen soll. Nicht erforderlich ist, daß der Vergleichsschuldner oder die zur Antragstellung legitimierten Personen die Vermögensübersicht selbst aufstellen. Es kann ein Sachverständiger damit beauftragt oder doch mit zugezogen werden. Die Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben tatsächlicher Art trägt dann aber gleichwohl der Vergleichsschuldner. Dies auch dann, wenn der Sachverständige die Vermögensübersicht selbst unterzeichnet und die sachliche Richtigkeit bescheinigt. Etwaige Mängel der Vermögensübersicht, die sich bei ihrer näheren Prüfung ergeben, sind behebbar. Doch ist zu bemerken, daß abweichende Bewertungen der Aktiven und Passiven nicht als Mängel im Sinne des § 10 anzusehen sind. Stellt der Vergleichsschuldner die Vermögensübersicht vorsätzlich unrichtig auf oder veranlaßt er vorsätzlich eine unrichtige Aufstellung durch einen Sachverständigen, so ist nicht etwa eine Nachfrist aus § 10 zu setzen, vielmehr der Vergleichsantrag abzulehnen (§ 17 Nr. 1) und über die Eröffnung 137

§5

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

des Anschlußkonkursverfahrens (§19 1) zu entscheiden. Stellt sich erst nach der Eröffnung des Verfahrens heraus, daß dem Vergleichsschuldner der Vorwurf der vorsätzlich unrichtigen Aufstellung der Vermögensübersicht zu machen ist, so ist das Vergleichsverfahren einzustellen (§100 I Nr. 1) und zum Anschlußkonkurs aus § 101 zu entscheiden. Wird das vorsätzliche Verhalten des Gemeinschuldners nach der Annahme des Vergleichs durch die Vergleichsgläubiger (§ 74), jedoch vor der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) bekannt, so ist diese aus § 79 Nr. 3 zu versagen. Stellt sich erst nach der Bestätigung des Vergleichs heraus, daß z. B. der Vergleichsschuldner durch Verheimlichen von Vermögensgegenständen in seiner Vermögensübersicht die Vergleichsgläubiger arglistig getäuscht hat, so kann jeder vom Vergleich betroffene Gläubiger, der ohne sein Verschulden außerstande war, diese Täuschung im Vergleichsverfahren geltend zu machen, den Vergleich gemäß § 89 I anfechten. II. Vermögen Der Vermögensbegriff 3

Der Vermögensbegriff ist ein juristischer und ein wirtschaftlicher. Juristisch ist Vermögen einer Person die Gesamtheit der ihrer Rechtsmacht unterliegenden geldwertigen oder auf einen Geldwert zurückführbaren Güter. Diese nennt das Gesetz Vermögensgegenstände (Aktiven). Und das Vermögen im Rechtssinne umfaßt nur die Aktiven. Die Verbindlichkeiten (Passiven) sind nicht Teil, sondern Lasten des Vermögens. Sie müssen in der Vermögensübersicht mit angegeben werden, um den wirtschaftlichen Wert des Schuldnervermögens, in Geld ausgedrückt, ermitteln zu können. Das durch Abzug der Verbindlichkeiten gewonnene Reinvermögen bezeichnet den wirtschaftlichen Wert des Schuldnervermögens nicht als rechtliche Gesamtheit, sondern als abstrakte Geldgröße. Angabe sämtlicher Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten

4

Die Vorschrift verlangt (§ 5 I S. 1), daß sämtliche Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten angegeben werden. a) Der Umfang der hier erforderten Angaben hängt in erster Linie davon ab, ob das Vergleichsverfahren, wie regelmäßig, über das gesamte Vermögen oder über ein Sondergut zu eröffnen ist (vgl. § 2 Anm. 10 und 47 a). D a sich das Vergleichsverfahren des Einzelkaufmanns nicht auf das Handelsvermögen beschränkt (aaO), muß er auch sein Privatvermögen (Grundstück, Hauseinrichtung, Sparbücher, Wertpapiere) und seine privaten Verbindlichkeiten (Unterhaltsverpflichtungen, Verpflichtung auf Zahlung des Restkaufpreises für die zum Teil unter E V des Lieferanten erworbene Wohnungseinrichtung) angeben. Aufzuführen sind auch die im Ausland befindlichen Vermögensgegenstände, außer wenn sich das Vergleichsverfahren wegen Fehlens eines allgemeinen Gerichtsstandes im Inlande auf das Inlandsvermögen beschränkt (§ 238 K O , § 2 I, S. 3 VglO) - dazu oben Anm. 62 zu § 2 (vgl. Uhlenbruch GmbH & C o K G , Seite 367 Fußnote 76). Die Verbindlichkeiten dagegen sind auch dann sämtlich aufzuführen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie zu der die inländische Zuständigkeit begründenden gewerblichen Niederlassung oder Gutswirtschaft in Beziehung stehen (zum Vergleichsverfahren über die inländische Zweigniederlassung: LG Freiburg, K T S 1964 189). — Hinsichtlich des Einflusses des ehelichen Güterstandes der Gütertrennung (§1414 BGB), der Gütergemeinschaft (§§1415—1518 BGB) und der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363—1390 BGB) ist zu verweisen auf die Anmerkungen 48 bis 58 zu § 2 oben. Für die fortgesetze Gütergemeinschaft gilt das in den Anmerkungen 59 und 60 zu § 2 Ausgeführte. 138

V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t . Bilanz

§5

b) Zu den Vermögensgegenständen des Schuldners gehören auch seine Mitgliedschaftsrechte, soweit sie einen Vermögenswert darstellen, mithin Aktien (§§1,6, 11, 24 AktG), Geschäftsanteile (§ 14 GmbHG), Geschäftsguthaben (§§ 7 Nr. 1 , 7 a, 22, 22 a, 22 b, 23 GenG). Anteile an einer Investment-Gesellschaft, Anteile des Schuldners an dem Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder des Handelsrechts (§§ 718 ff BGB, §§ 105 II, 135, 161 II HGB, § 278 AktG). Auch das nur eine Schuldforderung bildende Guthaben des Schuldners als stiller Gesellschafter (§§ 335 ff HGB) ist zu den Vermögensgegenständen, die gemäß § 5 I S. 1 in die Vermögensübersicht aufzunehmen sind, zu rechnen. (Wegen der Forderungen im übrigen ist zu verweisen auf die Anmerkung 17 zu § 6 unten.) — Zu den Vermögensgegenständen gehört auch der Anteil an einem Nachlaß (Erbengemeinschaft: §§ 2032 ff BGB mit § 859 II ZPO). Auch Anwartschaftsrechte des Vergleichsschuldners stellen einen, und zwar u. U. recht erheblichen Vermögenswert dar. Hat der Schuldner z. B. unter Eigentumsvorbehalt (§ 455 BGB) gekauft, so gehört das sich auf die Kaufsache beziehende Anwartschaftsrecht als ein der Zwangsvollstreckung, wie auch dem Konkursbeschlag (BGH, NJW 1954 46) unterliegendes Recht mit zu seinen Vermögensgegenständen im Sinne des § 5 I, S. 1. Wegen der entsprechenden Frage im Konkursrecht, d. h. der Zugehörigkeit von Anwarten zur Konkursmasse (§ 1 KO) vgl. Jaeger-HenckelRdn. 129 und Mentzel-Kuhn Anm. 27, beide zu § 1 KO. — Die Anwartschaft auf Erwerb des Vollrechts kann verwertet werden. Sie wird übertragen nach den Regeln, die für die Übertragung der Sache selbst maßgebend sind (RGZ 140 229, B G H Z 28 16). Dies gilt auch dann, wenn der Vergleichsschuldner die Anwartschaft nicht unmittelbar vom Vorbehaltsverkäufer, sondern vom Käufer erworben hat. Sie kann weitergegeben werden. Es kann aber auch das Vollrecht durch Erfüllung des Kaufpreisanspruchs erworben werden, um das Vollrecht selbst zur Erfüllung von Vergleichsraten verwerten zu können. In einem solchen Falle erwirbt der Vergleichschuldner das Vollrecht unmittelbar vom Vorbehaltsverkäufer, ohne daß ein Durchgangserwerb stattfindet (BGHZ 20 88, Bauknecht NJW 1956 1179). Der Erwerb kann mithin nicht durch Gläubiger des Zwischenbesitzers der Anwartschaft gestört werden. — Zur Eigentumsanwartschaft des Vergleichsschuldners als Auflassungsempfänger und Vollstreckung in diese vgl. BGH, KTS 1968 110. Persönlichkeitsrechte, Urheber- und Erfinderrechte Den Gegensatz zu den Vermögensrechten bilden die Persönlichkeitsrechte, wie 5 z. B. das Namensrecht (§ 12 BGB) und das Urheberpersönlichkeitsrecht (BGHZ 13 334). Ob in dem kaufmännischen Namen des Vergleichsschuldners, seiner Firma (§§ 17 ff HGB) nur ein dem Namensrecht gleichzuachtendes Persönlichkeitsrecht liegt (so RGZ 58 166) oder ob nicht der in der Firma liegende Vermögenswert überwiegt, der im Konkurs im Interesse der Konkursgläubiger verwertet werden könnte (so Mentzel-Kuhn Anm. 80 zu § 1 KO), ist lebhaft umstritten (Nachweise z. B. bei Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 1 KO). Nach der Entscheidung B G H Z 32 103 (erster Senat) fällt der Firmenname jedenfalls dann nicht in die Konkursmasse, wenn der bürgerliche Name des Gemeinschuldners in der Firma enthalten ist, da der Familienname ein ausschließliches Persönlichkeitsrecht des Trägers darstellt. Kritisch zu dieser Entscheidung: Kuhn KTS 1961 1 f, Zunft N J W 1960, 1843, ferner Jaeger-Henckel Rdn. 15 zu § 1 K O mit zahlreichen weiteren Hinweisen. — Andere Rechte, wie z. B. die Urheberund Erfinderrechte, können sowohl persönlichkeitsrechtliche Befugnisse umfassen und sind insoweit Persönlichkeitsrechte, aber auch eine vermögensrechtliche Verwertung 139

§5

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

bezwecken und bilden insoweit Vermögensrechte, Immaterialgüterrechte. — Vgl. auch Verfasser Handbuch, 2. Aufl. § 67 IV, 2, sowie Leitfaden, 3. Aufl. S. 209. — a) Das Urheberrecht ist nach § 29 S. 2 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 9. 9. 1965 (BGBl. I S. 1273) grundsätzlich nicht übertragbar. Das geistige Werk soll trotz seiner Selbständigkeit die persönliche Beziehung zu seinem Schöpfer nicht verlieren. Nur im Erbfalle (§ 28 des Urheberrechtsgesetzes) ist in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder im Wege der Erbauseinandersetzung eine Übertragung möglich (§ 29 S. 1 des Urheberrechtsgesetzes). Den Schutz des Gesetzes genießen Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Urheber sind die Schöpfer von Werken, mithin nur natürliche, nicht juristische Personen. Die §§ 3, 4, 32 LUG und §§ 5, 6, 25 II K U G , die juristischen Personen ein Urheberrecht an den von ihnen herausgebrachten Werken zuerkannten, sind in das Urheberrechtsgesetz vom 9. 9. 1965 nicht übernommen worden (vgl. Fromm-Nordemann Urheberrecht 1966, 75). Für die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes (1. 1. 1966) juristischen Personen zuerkannten Urheberrechte gilt die Übergangsvorschrift des § 134 des Urheberrechtsgesetzes. Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes ( § 1 1 Urheberrechtsgesetz). Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Das Nutzungsrecht kann als ein einfaches oder ausschließliches Recht eingeräumt werden. Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluß aller anderen Personen einschließlich des Urhebers auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und einfache Nutzungsrechte einzuräumen ( § 3 1 Urheberrechtsgesetz). Zur Einräumung einfacher Nutzungsrechte bedarf der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes der Zustimmung des Urhebers, soweit nicht etwa das ausschließliche Nutzungsrecht nur zur Wahrnehmung der Belange des Urhebers eingeräumt worden ist (§ 35 Urheberrechtsgesetz). Das Nutzungsrecht kann grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Doch darf die Zustimmung nicht wider Treu und Glauben verweigert werden (§ 34 Urheberrechtsgesetz). — Eine Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das Urheberrecht ist nur mit Einwilligung des Urhebers und nur insoweit zulässig, als er Nutzungsrechte einräumen kann. Die Einwilligung ist auch erforderlich, wenn wegen einer Geldforderung in die dem Urheber gehörenden Originale seiner Werke vollstreckt werden soll. Nicht dagegen ist die Einwilligung erforderlich, wenn in ein Nutzungsrecht am Werk vollstreckt werden soll (§§ 113, 114 Urheberrechtsgesetz). — Für das Vergleichsverfahren kann diese Schranke der Vollstreckung nicht von Bedeutung sein, denn es kommt nicht darauf an, auf welche Werte die Vergleichsgläubiger im Zwangswege zugreifen können, sondern darauf, ob der vom Vergleichsschuldner vorgelegte Vergleichsvorschlag der „Vermögenslage des Schuldners" entspricht (§18 Nr. 3) und ob der Vorschlag erfüllbar erscheint ( § 1 8 Nr. 4). Dazu aber gehört neben den vorhandenen und erarbeitbaren Werten in erster Linie der gute Wille des Vergleichsschuldners, diese Werte auch im Interesse seiner Gläubiger zu nutzen. Deshalb muß der Vergleichsschuldner ein Urheberrecht jedenfalls dann angeben, wenn er es für reif hält und diese seine Ansicht durch Erscheinenlassen oder wirtschaftliche Verwertung anderer Art kundgetan hat. Nur die Entscheidung über diese Frage ist als reines Persönlichkeitsrecht auch im Vergleichsverfahren dem freien Ermessen des Schuldners überlassen. Zu urheberrechtlichen Fragen im Konkurs siehe Jaeger-Henckel Rdn. 19 bis 32 zu § 1 KO. — Gegen den Rechtsnachfolger des Urhebers (§ 30 Urheberrechtsgesetz) ist die Zwangsvollstreckung erheblich erleichtert (§§115, 116 Urheberrechtsgesetz). Hier bedarf es keiner Einwilligung zur Zwangsvollstreckung, wenn das Werk erschienen ist. 140

V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t . Bilanz

b) Patentfähige Erfindungen gehören nicht zur Konkursmasse (§ 1 KO), wenn sich der Erfinder bis zur Konkurseröffnung (§ 108 KO) noch nicht darüber entschieden hat, ob er die Erfindung wirtschaftlich verwerten soll oder nicht. Sobald aber der Erfinder seinen Entschluß auf wirtschaftliche Verwertung kundgetan hat, die Erfindung als Vermögenswert behandelt, wird sie beschlags- und konkursfähig (BGHZ 16 172 h. M. auch des Schrifttums, z. B. Mentzel-Kuhn Anm. 62 zu § 1 K O , also nicht schon dann, wenn die Erfindung verlautbart, z. B. schriftlich niedergelegt, die Verwertungsabsicht jedoch noch nicht kundgetan ist, so z. B. Busse Anm. 1 zu § 3 PatG). Die Anmeldung des Patents, die zugleich einen öffentlich-rechtlichen und übertragbaren Anspruch auf Erteilung des Patents begründet (§§ 4, 9 PatG), läßt aber für sich allein die Erfindung noch nicht ohne weiteres zu einem Vermögenswert werden, denn der Erfinder kann immer noch selbst bestimmen, ob er die Erfindung wirtschaftlich ausnutzen will. Die Anmeldung einer schon zum Vermögensrecht gewordenen Erfindung kann der Schuldner, über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, nach dem Zeitpunkt des § 108 K O nicht mehr zurückziehen ( § 7 K O , vgl. JaegerHenckel Rdn. 36 zu § 1 KO). — Im Vergleichsverfahren, das nur der Schuldner selbst beantragen kann, muß erwartet werden, daß ein einmal angemeldetes Patent auch wirtschaftlich genutzt wird, um den Vergleich zu erfüllen. Nur, wenn der Vergleichsschuldner sehr gewichtige Gründe hierfür anführen kann, daß er auch nach der Patentanmeldung sich noch nicht endgültig darüber schlüssig geworden sei, ob er die Erfindung wirtschaftlich nutzen wolle, muß ihm diese Entscheidung, solange sie ihm rechtlich freisteht, überlassen bleiben. Doch ist in jedem Falle nach der Patentanmeldung die Erfindung in der Vermögensübersicht ( § 5 I S . 1) anzugeben. Vor der Anmeldung besteht, wenn die Erfindung noch nicht wirtschaftlich genutzt wird, diese Pflicht nicht. Ist der Vergleichsschuldner nicht selbst Erfinder, vielmehr das Recht aus der Erfindung auf ihn kraft Rechtsnachfolge übergegangen, so ist wie im Falle der Rechtsnachfolge im Urheberrecht (siehe oben unter a) das Persönlichkeitsrecht nicht in gleicher Weise als geschützt anzusehen. Es besteht mithin die Verpflichtung, die schutzfähige Erfindung ohne Rücksicht darauf anzugeben, ob sie bereits wirtschaftlich genutzt wird. — Zur Geheimhaltung im Interesse der Fortführung des Unternehmens kann das Recht auf Akteneinsicht beschränkt werden (§ 120 II). Hierauf ist der Vergleichsschuldner in geeigneter Form bei seiner Anhörung oder sonst hinzuweisen (§ 139 I Z P O ) . Angabe unübertragbarer und unpfändbarer Vermögensgegenstände Die Vermögensgegenstände sind ohne Rücksicht auf ihre Pfändbarkeit aufzufüh- 6 ren. Auch unübertragbare und unpfändbare Vermögensrechte, namentlich Forderungsrechte sind mit anzugeben. Zwar soll die Vermögensübersicht für den möglichen Anschlußkonkurs (§ 19) zugleich einen Überblick über die etwaige Konkursmasse des Schuldners gewähren. Doch das ist nicht ihr Hauptzweck. In erster Linie dienen sämtliche mit dem Vergleichsantrag des Schuldners einzureichenden Unterlagen dazu, ein klares Bild über Angemessenheit und Ausführbarkeit des vorgeschlagenen Vergleichs zu ermöglichen. Dazu aber gehören auch solche Vermögensgegenstände, die zwar nicht übertragbar und nicht pfändbar sind, aus denen der Schuldner jedoch für sich und seine Familie Einkünfte erzielen kann. Anzugeben sind demnach z. B. Nießbrauchrechte. Der Nießbrauch ist nur als Stammrecht unübertragbar und damit konkursfrei (§ 1059 S. 1 BGB). Der Ausübung nach kann er überlassen und insoweit auch gepfändet werden (§ 1059 S. 2 BGB, § 857 III Z P O ) - vgl. dazu B G H , KTS 1974 170 = N J W 1974 796 = W M 1974 324 —. Auch die beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten (§5 1090 ff BGB) sind anzugeben. Ist z. B. dem Schuldner zum Betriebe einer Gastwirtschaft eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingeräumt, der Schuldner 141

§5

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

jedoch infolge einer schweren Erkrankung für einige Zeit nicht in der Lage, den Betrieb selbst aufrechtzuerhalten, so hängt die Erfüllbarkeit des Vergleichs mit davon ab, ob nach den getroffenen Vereinbarungen oder nach den Umständen die Ausübung der Dienstbarkeit (§ 1092 I S. 2 BGB) einem anderen überlassen werden kann (BGH, KTS 1962 170 = N J W 1962 1392 = W M 1962 746). — Ist der Vergleichsschuldner Vorerbe (§ 2100 BGB), so ist bei der Vermögensübersicht anzugeben, welche Gegenstände zur Erbschaft gehören. Hinsichtlich der Bewertung dieser Gegenstände sind, soweit keine Befreiung (§2136 BGB) vorliegt, die Beschränkungen aus §§2113—2115 BGB bedeutsam. Doch ist bei der Frage der Angemessenheit des vom Vorerben-Vergleichsschuldner vorgeschlagenen Vergleichs zu beachten, daß auch dem Konkursverwalter in einem Anschlußkonkurs die Veräußerung des Stammvermögens der Vorerbschaft insoweit untersagt ist, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde (§ 128 KO). Ebenso wie die Gegenstände anzugeben sind, die nicht zur Konkursmasse gehören, sind auch diejenigen aufzuführen, die nur dem Konkursbeschlag, nicht auch der Pfändung unterliegen. Deshalb müssen aufgeführt werden auch das Betriebsinventar des landwirtschaftlichen Gutes, der Apotheken und der Posthaltereien (§ 1 II K O gegen § 811 N r . 4 und 9 Z P O , § 20 PostG). Der Zweck der Unpfändbarkeit dieser Gegenstände ist mit einer Konkurseröffnung entfallen. Auch f ü r das Vergleichsverfahren bilden diese Vermögenswerte eine sehr wesentliche Grundlage. Wenn nach § 811 Nr. 9 Z P O die zum Betrieb einer Apotheke unentbehrlichen Geräte, Gefäße und Waren nicht gepfändet werden können, um die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen, so bilden diese Werte doch im Vergleichsverfahren einer Apotheke gerade den Aktivbestand. Gewöhnlicher Hausrat, der nach § 812 Z P O nicht gepfändet werden soll, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch die Verwertung kein ins Gewicht fallender Erlös erzielt werden wird, gehört nicht in die Konkursmasse (§ 1 IV K O ) und ist auch für ein Vergleichsverfahren ohne Bedeutung (vgl. zur Unpfändbarkeit aus § 812 Z P O : ArwedBlomeyer, Zivilprozeßrecht, Vollstreckungsverfahren § 44,1). Treugut. Eigentumsvorbehalt 7

Das dem Schuldner dem Rechte nach übertragene Treugut bildet jedenfalls kein selbständig anzuführendes und zu bewertendes Aktivum. Das ist selbstverständlich bei uneigennütziger Treuhand. Hier entfällt sinngemäß jede Angabe. Soweit aber die Gegenstände dem Schuldner zur Sicherheit einer Forderung desselben übertragen worden sind (eigennützige Treuhand), sind sie lediglich als Nebenrechte der Schuldnerforderung aufzuführen ( § 6 1 3). Umgekehrt sind die Gegenstände, die der Schuldner zur Sicherung einer oder mehrerer Gläubigerforderungen den Gläubigern selbst oder einem Treuhänder übereignet hat, als Aktiven aufzuführen (vgl. Serick Bd. III § 36, I, 2) und zu bewerten (ungenau Mayer A. 2, der nur den Herausgabeanspruch des Schuldners einsetzen will), außerdem aber bei Schätzung des Ausfalls der insoweit absonderungsberechtigten Gläubiger als Nebenrecht der Gläubigerforderung anzugeben und zu berücksichtigen ( § 6 1 6). H a t der Vergleichsschuldner Gegenstände unter Vorbehalt des Eigentums verkauft (§ 455 BGB), so gehören diese als nur aufschiebend bedingt übereignet noch zu seinem Vermögen. Anzugeben ist die noch ausstehende Kaufpreisforderung und dazu das Recht, die Rückgabe f ü r den Fall des Verzuges des Käufers verlangen zu können. H a t umgekehrt der Vergleichsschuldner unter Eigentumsvorbehalt des Verkäufers erworben, so gehört das Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Vollrechts als Vermögenswert 142

Vermögensübersicht. Bilanz

§5

mit in die Übersicht (vgl. dazu oben Anm. 4 b). D a s Recht des Gläubigers (Lieferanten) auf Rückgabe der Kaufsache für den Fall des Verzuges des Vergleichsschuldners gehört als Nebenrecht zur Forderung des Gläubigers. — Zum Eigentumsvorbehalt im Vergleichsverfahren siehe im übrigen das in den Rdn. 37 bis 45 zu § 36 V g l O Ausgeführte mit weiteren Hinweisen und einer Darstellung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Verbindlichkeiten Der Begriff der Verbindlichkeiten (§ 5 I, S. 1) deckt sich mit den in das Verzeichnis 8 der Gläubiger aufzunehmenden Forderungen ( § 6 I). Es gehören hierzu: Rückstände an Steuern und Abgaben, rückständige Löhne und Gehälter unter Angabe der Zeit, weiter: die Verbindlichkeiten aus dem Ankauf von Waren, aber auch aus deren Verkauf, ferner: Wechselverbindlichkeiten, Verbindlichkeiten gegenüber der Hausbank und solche aus anderer Kreditgewährung, Hypothekenschulden und andere dingliche Belastungen der Liegenschaften des Vergleichsschuldners. Bei Grundschulden ist deren Höhe, aber auch der Betrag, für den sie zur Kreditaufnahme ausgenutzt wurden, anzugeben. Soweit bei Hypotheken Eigentümerrechte entstanden sind (Eigentümerhypothek bzw. Eigentümergrundschuld), ist dies ersichtlich zu machen. Sind diese Eigentümerrechte jedoch gepfändet (dazu: Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts § 16, X , Gesamtdarstellung), so ist auch das anzugeben.

III. Für die Ausgestaltung der Vermögensübersicht ergeben sich nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes drei Grundsätze Spezialisierung Der Grundsatz der Spezialisierung. Sämtliche Vermögensgegenstände und Verbind- 9 lichkeiten müssen (§ 5 I S. 1) „einzeln" angeführt werden. a) D a s Erfordernis der Spezialität gilt auch für das gemäß § 4 I Nr. 2 des Gesetzes dem Vergleichsantrag beizufügende Verzeichnis der Gläubiger und Schuldner unter Angabe der „einzelnen Forderungen und Schulden". D a der Vergleichsschuldner bereits in dem Verzeichnis des § 6 I bei jeder Forderung und Verbindlichkeit außer dem Betrag und dem Schuldgrund die etwaigen Nebenrechte, insbesondere zur Sicherung übertragenes Eigentum, Eigentumsvorbehalte, Hypotheken, Grundschulden, Schiffshypotheken, Pfandrechte, Rückgriffsrechte usw., bei Passivforderungen außerdem die H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls, angeben muß, genügen in der Vermögensübersicht summarische Hinweise auf die unterschiedlichen Kategorien der Forderungen und Schulden unter Einsatz der jeweiligen Endbeträge. Die Vergleichsbilanz muß die Summe und die Art der Verbindlichkeiten zeigen und dabei den Teil der Verbindlichkeiten, der durch Rechte an einzelnen Vermögensgegenständen oder gesetzliche Vorrechte gesichert erscheint, und den Teil der Verbindlichkeiten, der ohne solche Rechte ist und nur vergleichsgemäße Behandlung zu erwarten hat, besonders ausweisen (Knorr K T S 1955 12). b) Verlangen Gläubiger Aussonderung von nicht dem Vergleichsschuldner gehörenden Gegenständen, so sind diese, sofern der Schuldner die Aussonderungsansprüche anerkennt, nicht unter die Aktiven aufzunehmen. Wenn und insoweit der Vergleichsschuldner die Aussonderungsansprüche bestreitet, ist der von diesen betroffene Gegenstand mit aufzuführen, jedoch das Aussonderungsbegehren kenntlich zu machen ( § 5 1 S. 2). — Während die Darstellung von Vermögen und Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz grundsätzlich ohne Unterscheidung zwischen freiem und belastetem Eigen143

§5

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

tum geschieht, muß die Vergleichsbilanz, soll sie ihrer Aufgabe gerecht werden, erkennen lassen, welche im Besitz des Schuldners befindlichen Gegenstände in irgendeiner Weise belastet oder anderweit in Anspruch genommen werden (Ktiorr K T S 1956 17). Dies ist notwendig, da die Darstellung der Gesamtvermögenssituation des Vergleichsschuldners die Haftungsverhältnisse erkennen lassen muß (Hodemacher K T S 1956 81). c) Einzeln aufzuführen sind in der Vermögensübersicht nicht die wirtschaftlichen, sondern die rechtlichen Einheiten, mithin die einzelnen subjektiven Rechte und Verbindlichkeiten vermögensrechtlicher Art nach ihrem Inhalt oder Gegenstand. Vertretbare Sachen (5 91 BGB) können zusammengefaßt werden. Zubehör (§§ 97, 98 BGB) ist nur dann gesondert aufzuführen, wenn die Zubehöreigenschaft bei Aufhebung der bisherigen wirtschaftlichen Zweckbestimmung der Hauptsache nicht fortbestehen würde. Bestehen am Zubehör neben den sich aus der Hypothekenverbandshaftung ergebenden Rechtsbeziehungen (§§ 1120 ff BGB) weitere Rechtsbeziehungen, hat z . B . der Vergleichsschuldner für seinen Hotelbetrieb Einrichtungsgegenstände unter Eigentumsvorbehalt des Verkäufers erworben und ist der Kaufpreis noch nicht oder nicht vollständig gezahlt worden, so muß dies besonders angegeben werden. Dem Vergleichsschuldner steht eine Anwartschaft auf Erwerb des Vollrechts zu, deren Wert nicht ohne Bedeutung für die Beurteilung der Angemessenheit und Erfüllbarkeit des Vergleichsvorschlags ist (§ 18 Nr. 3 u. 4, dazu Verfasser K T S 1965 189). Andererseits aber ist zu beachten, daß sich die Grundpfandrechte auch auf das Anwartschaftsrecht des Vergleichsschuldners auf Erwerb des Eigentums an den Zubehörstücken erstrecken (BGHZ 35 85 = M D R 1961, 680 mit Anm. Reinicke). d) Mit dem Grundstück oder grundstücksgleichen Rechte (§§11, 15 Erbbau V O z. B.) bilden eine Einheit die mit dem Eigentum daran verbundenen Rechte (§ 96 BGB). Zu nennen sind: das subjektivdingliche Recht aus einer Dienstbarkeit nach § 1018 BGB, das Vorkaufsrecht nach § 1094 II BGB, die Reallast nach § 1105 II BGB. Bei Wohnungs- oder Teileigentum (Sondereigentum) besteht eine rechtliche Einheit mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 II und III WEG). — Die Mitteilung der Grundbuch- und Registerblätter, wie sie in § 5 I S. 3 angeordnet ist, soll die Heranziehung der entsprechenden Akten erleichtern und für den Fall eines Veräußerungsverbots (§§ 12, 59 f) die Eintragung des Verbots in das Grundbuch, Schiffs- und Schiffsbauregister ( § 6 1 ) sowie das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (§ 98 LRG) beschleunigen. Gliederung der Einheiten 10

a) Um eine „Übersicht des Vermögensstandes" zu geben, muß die Vergleichsbilanz systematisch gegliedert sein. Bei einer erheblichen Zahl von Einzelposten kann es sich empfehlen, um die Übersichtlichkeit zu wahren, einzelne Abteilungen und Unterabteilungen zu bilden, sie in einer Anlage zur Bilanz näher darzustellen, in der Bilanz selbst aber nur die Gesamtbeträge der Anlagen anzugeben (vgl. Bauch BB 1974 613/614 ff). b) Die Aktiven sind, entsprechend dem Zweck der Übersicht, nach Anlage- und Umlaufvermögen zu gliedern. Es muß ersichtlich sein, welche Mittel für die erstrebte Weiterführung des Betriebes zur Verfügung stehen (Knorr K T S 1955 13). Es müssen deshalb auch uneinbringliche und zweifelhafte Vermögenswerte als solche gekennzeichnet werden. Dies unter Angabe des Grundes und des Umfangs der Uneinbringlichkeit und des Grundes hinsichtlich der zweifelhaften Vermögenswerte. Die Gründe können auf rechtlichem oder tatsächlichem Gebiet liegen. Völlig wertlose Forderungen brauchen nur im Schuldnerverzeichnis des § 6, nicht aber in der Vergleichsbilanz (§ 5) ausgewiesen zu werden. — Für die Aufgliederung des Anlage- und Umlaufvermögens 144

V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t . Bilanz

§5

k ö n n e n die Posten unter Z i f f e r II und III des § 151 Abs. I A k t G (Gliederung der J a h resbilanz auf der Aktivseite) A n h a l t s p u n k t e bilden. Diese G l i e d e r u n g gilt auch f ü r Z w i schenbilanzen im Sinne des § 92 A k t G . D i e Vergleichsbilanz k a n n als eine solche Zwischenbilanz angesehen w e r d e n ( K n o r r K T S 1956 17). In dem verfahrensrechtlichen Z e i t p u n k t , in welchem nach § 5 I die V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t aufzustellen ist, k a n n d e r Vergleichsschuldner o f t noch nicht sicher übersehen, ob er seinen Vergleichsgläubigern einen S t u n d u n g s - und Erlaß-Vergleichsvorschlag vorlegen k ö n n e n wird o d e r o b er genötigt sein wird, im R a h m e n des Vergleichsverfahrens z u r Liquidation zu schreiten (§ 7 IV). N u n ergeben sich aber je nach d e r Art des Vergleichsverfahrens aus rein wirtschaftlichen G r ü n d e n U n t e r s c h i e d e f ü r die B e w e r t u n g v o n Aktiven, insbesondere f ü r die Frage, o b der „Firmenwert" mit eingesetzt w e r d e n kann. D e r W e r t , d e r in den G e s c h ä f t s b e z i e h u n g e n , in einem eingearbeiteten S t a m m von Mitarbeitern, in der Betriebsorganisation, im K u n d e n k r e i s und in dem bisherigen guten N a m e n der Firma liegt, h a t in d e r Regel n u r Bedeutung, w e n n das U n t e r n e h m e n im R a h m e n des V e r gleichsverfahrens f o r t g e f ü h r t wird (Goldbeck K T S 1962 154 f). K o m m t es zu einem Liquidationsvergleich (§ 7 IV), so ist es meist nicht möglich, hieraus etwas f ü r die Gläubiger zu erzielen. In der Praxis stellt sich o f t erst in der Besprechung d e r wirtschaftlichen E n t w i c k l u n g und Lage des U n t e r n e h m e n s , wie sie mit der amtlichen Berufsvertretung (§ 14) g e f ü h r t wird o d e r in einem V o r t e r m i n des Vergleichsgerichts, möglicherweise auch erst in einer zulässigen Gläubigerversammlung, die außerhalb des Vergleichstermins (§ 66) vom Gericht v o r o d e r nach d e r E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s einb e r u f e n w o r d e n ist (§ 116), heraus, welche Art und F o r m f ü r den Vergleichsvorschlag (Beispiele: Verfasser K T S 1967 32) zu w ä h l e n ist. Dies hindert n u n aber den V e r gleichsschuldner nicht, den oben e r ö r t e r t e n „ F i r m e n w e r t " u n t e r den Aktiven a u f z u f ü h ren. Im betriebserhaltenden Vergleich sind die sich aus § 7 I—III des Gesetzes ersichtlichen Mindessätze zu bieten. Sie sind bestimmt und h ä n g e n in ihrer H ö h e mit von der E r f ü l l u n g z e i t ab. Bei einem Liquidationsvergleich aber wird — m a g er auch eine M i n destquote e r f o r d e r n — n u r verlangt, d a ß die V e r w e r t u n g des V e r m ö g e n s voraussichtlich z u r Befriedigung der Vergleichsgläubiger in H ö h e dieser Q u o t e f ü h r e n wird (§ 7 IV), wobei sich allerdings der Erlaß, falls die V e r w e r t u n g weniger ergeben sollte, nicht auf den D i f f e r e n z b e t r a g erstrecken darf. Aus der N a t u r d e r Sache folgt, d a ß hier W e r t e , die u n t e r d e r V o r a u s s e t z u n g d e r F o r t s e t z u n g des Betriebes in die V e r m ö g e n s übersicht a u f g e n o m m e n w a r e n , entfallen, es sei d e n n , es handelt sich z. B. um einen Liquidationsvergleich mit Ü b e r g a n g des Betriebes auf einen D r i t t e n (Auffanggesellschaft) — vgl. d a z u oben Anm. 11 zu § 3. c) Soweit die V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e , weil sie einem bestimmten U n t e r n e h m e n (z. B. H a n d e l s g e s c h ä f t , Verlag) o d e r einem a b g e g r e n z t e n Betrieb (Fabrik, S ä g e w e r k , Landgut) g e w i d m e t sind, als G a n z e s verwertet w e r d e n k ö n n e n und dies einen h ö h e r e n Erlös verspricht als die E i n z e l v e r ä u ß e r u n g , bestehen keine Bedenken gegen eine z u s a m m e n f a s s e n d e Darstellung der d a z u g e h ö r e n d e n G e g e n s t ä n d e , mit A u s n a h m e selbstverständlich d e r Bargeldes sowie d e r persönlichen F o r d e r u n g e n und Schuldverbindlichkeiten, die nach Lage der Sache vom E r w e r b e r sowieso nicht mit ü b e r n o m m e n zu w e r d e n pflegen (vgl. Anm. 47 d zu § 2). Bei einer solchen Z u s a m m e n f a s s u n g von einzelnen V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e n k o m m t auch der G e s c h ä f t s w e r t , der in einem Teilbetrieb des schuldnerischen U n t e r n e h m e n s liegen k a n n , mit z u r Geltung. — Z u beachten ist, d a ß ein besonders zu v e r w e r t e n d e r Teilbetrieb z w a r G e g e n s t a n d einer einheitlichen V e r p f l i c h t u n g sein k a n n , d a ß aber r e c h t s ü b e r t r a g e n d e V e r f ü g u n g e n n u r hinsichtlich d e r einzelnen d a z u g e h ö r e n d e n G e g e n s t ä n d e , und diese n u r nach den f ü r sie geltenden V o r s c h r i f t e n (§§ 398, 413, 873 ff, 925, 929 ff, 1030, 1085, 1204 ff, 1273 ff BGB) möglich sind (vgl. z. B. B H G , K T S 1968 91). 145

§5 11

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Grundsatz der Inventarwahrheit. Bewertung D e r Grundsatz der Inventarwahrheit betrifft auch die Bewertung. Dabei soll nicht verkannt werden, daß es im Einzelfall oft nicht leicht sein wird, richtige Werte einzusetzen. Zahlreiche Momente bestimmen den Wert eines Gegenstandes. Dies gilt besonders für Insolvenzverfahren. Im Konkurs sinkt der Wert vieler Gegenstände allein mit Rücksicht auf den betriebsauflösenden Charakter des Verfahrens. Die Abnehmer wissen, daß der Konkursverwalter aus § § 6 , 117 K O gezwungen ist, die Masse zu versilbern, es sei denn, es kommt zum Abschluß eines Zwangsvergleichs (§§ 173 ff K O ) , der dem Gemeinschuldner die Fortsetzung des Unternehmens gestattet. Ähnliche Einwirkungen, wenn auch nicht im gleichen Maße, hat der betriebsauflösende Liquidationsvergleich des § 7 IV im Vergleichsverfahren. D e r Preisverfall ist gegenüber dem K o n kurs im allgemeinen geringer, da im Vergleichsverfahren gemeinhin eine marktgerechtere Verwertung möglich ist (vgl. z. B. Berges Kölner Festschrift 1977 363 ff). D a s O d i u m des Konkurses entfällt, es ist allein aus Zeitgründen möglich, sich bei der Verwertung mehr der Nachfragesituation anzupassen (Goldbeck K T S 1962 154). Wird ein Stundungs- und Erlaßvergleich angestrebt, kann z. B. das vorhandene Warenlager im gewöhnlichen Geschäftsgang verwertet werden, so ist das nicht ohne Einfluß auf die Bewertung. D a mithin die Bewertung von Form und Art des Verfahrens abhängt, kann der Grundsatz der Inventarwahrheit in Bewertungsfragen auch nur gerade in bezug auf den angestrebten Vergleich Bedeutung haben. Die Inventarwahrheit ist gewahrt, wenn die Werte in der Vermögensübersicht des § 5 I so angegeben werden, wie sie sich je nach Art und Form des Verfahrens voraussichtlich nach allgemein anerkannten Erfahrungssätzen stellen werden. — D e r Grundsatz der Inventarwahrheit ist auch zu beachten bei der Festsetzung der Vergütungen des vorläufigen Verwalters und des Vergleichsverwalters nach §§ 11, 43 V g l O , wie Berges K T S 1964 56 in der berechtigten Kritik zu dem Beschluß des L G H a m b u r g , K T S 1964 53 hervorhebt. — a) Zu bewerten sind die Einzelgegenstände, bei vertretbaren Sachen sind gleichartige Mengen insgesamt zu bewerten. Gegenstände, die verkehrsmäßig eine Einheit bilden, wie etwa eine Büroeinrichtung, Zimmereinrichtung oder die leichten Gerätschaften eines landwirtschaftlichen Betriebes, können zusammen bewertet werden. Dabei kann im Einzelfall eine höhere Bewertung geboten erscheinen, wenn die Gegenstände insgesamt in ihrer Geschlossenheit schwerer zu beschaffen sind als einzelne Stücke nach und nach. Dies m a g anzunehmen sein bei einer einheitlichen Zimmereinrichtung, z. B. im Jugendstil. — Zubehörstücke sind nur dann besonders zu bewerten, wenn nicht damit zu rechnen ist, daß sie das Schicksal der Hauptsache teilen werden (vgl. Anm. 9 c oben). — Im allgemeinen ist davon auszugehen, daß Zubehör mit der Trennung von der Hauptsache im Werte sinken wird und daß die Trennung auch auf den Wert der Hauptsache nicht ohne Einfluß ist (Goldbeck K T S 1962 159). In der Vergleichsbilanz ist immer nur die Bewertung zum Zeitwert zulässig. Weder Unter- noch Uberbewertung sind erlaubt ( K n o r r K T S 1956 18). Die Bewertung soll mit dazu dienen, zu einem sicheren Urteil zu kommen, ob der von dem Vergleichsschuldner vorgelegte Vergleichsvorschlag seiner V e r m ö g e n s l a g e entspricht und durchführbar erscheint (§ 18 N r . 3 und 4). Hierzu aber kann, wenn nicht etwa ein Liquidationsvergleich (§ 7 IV) angestrebt wird, durchaus der „Firmenwert", der Wert, der in den Geschäftsbeziehungen, im eingearbeiteten Mitarbeiterstab, im Kundenkreis, in dem guten N a m e n des Unternehmens liegt, von nicht geringer Bedeutung sein (vgl. z. B. Berges K T S 1955 5 ff). O f t ist mit einer erfolgreichen Fortführung des Unternehmens nur zu rechnen, 146

V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t . Bilanz

§5

wenn hieraus Vorteile zur Vergleichserfüllung erwirtschaftet werden können (vgl. auch oben Anm. 10 zu § 5). b) Der Wert, sieht man von Forderungen, Verbindlichkeiten und unveräußerlichen Rechten zunächst ab, ist der Tageswert, in aller Regel der derzeitige Verkaufswert. Dieser Wert ist maßgebend, unabhängig davon, ob die Anschaffungs- oder Gestehungskosten höher oder niedriger waren. Die Wertansätze, z. B. aus §§ 153, 154 AktG, bleiben außer Betracht, denn es soll nicht der Gewinn oder Verlust eines Geschäftsjahres ermittelt werden, sondern der Stand des Vermögens, und zwar gerade im Hinblick auf seine Liquidität, festgestellt werden. Für das aus dem Betriebe ausscheidende Anlagevermögen gilt als leitender Wertansatz der Versilberungswert nach Abzug der Belastungen und Veräußerungskosten. Für diesen Wert ist die bisherige betriebssubjektive Nützlichkeit ohne Bedeutung. Eine entscheidende Rolle spielt die objektive Nachfragesituation am Markt. Veraltete Anlagen können damit bis auf den Schrottwert herabsinken. Selbst neuere Anlagen unterliegen erfahrungsgemäß einem erheblichen Wertabschlag (Goldbeck KTS 1962 159). Anders verhält es sich mit den Gegenständen des Anlagevermögens, die weiterhin als dauernd für den Geschäftsbetrieb bestimmt anzusehen sind. Hier ist zwar wie bei den aus dem Betriebe ausscheidenden Gegenständen des Anlagevermögens gleichfalls nicht vom sogenannten Bilanzwert auszugehen, wohl aber von dem Nützlichkeitswert der Gegenstände f ü r den Betrieb (vgl. dazu auch Uhlenbruck Die G m b H & Co KG in Krise, Konkurs und Vergleich, S. 332 f). Dieser Wert kann erheblich über dem Bilanzwert liegen, wenn davon auszugehen sein wird, daß die Gegenstände innerhalb des Zeitraums, der für die Vergleichserfüllung in Anspruch zu nehmen ist, nicht erneuert zu werden brauchen. Ist das nicht der Fall, so ist bei dem Wertansatz davon auszugehen, daß zwar ein gewisser, möglicherweise erst nach einer gewissen Zeit ins Gewicht fallender Versilberungswert vorliegt. Nicht berücksichtigt werden kann bei der Wertansetzung, daß der Vergleichsschuldner im Laufe des Vergleichsverfahrens oder, wenn dieses mit der Bestätigung aufgehoben wird (§§ 90, 91), im Laufe der zur Erfüllung des Vergleichsvorschlags benötigten Zeit eine Neuanschaffung von Gegenständen vornehmen muß, die zur Betriebseinrichtung gehören. Dies hat der Vergleichsschuldner gesondert vorzutragen, wenn die Fragen der Angemessenheit und Erfüllbarkeit des Vergleichs (§18 Nr. 3 und 4) erörtert werden. Gelegenheit zu einer solchen Erörterung besteht bei Verhandlungen, die in der Regel von der amtlichen Berufsvertretung des Schuldners geführt werden, bevor diese ihre Stellungnahme aus § 14 abgibt, und auch bei Anhörungen durch das Vergleichsgericht (§ 116). - Vgl. Veismann KTS 1968 40 f. — Nicht gesicherte Forderungen sind, abgesehen von der Frage, ob sie etwa durch Pfandrechte, Nießbrauch usw. belastet sind, nicht ohne weiteres mit ihrem Nennwert einzusetzen, vielmehr nach der Realisierbarkeit zu bewerten. Sie können für die Vergleichserfüllung ohne Interesse sein, wenn davon auszugehen ist, daß sie innerhalb der Zeit, in der der Vergleichsschuldner die Vergleichsraten zu zahlen hat, nicht mit Erfolg beigetrieben werden können. Stehen dem Vergleichsschuldner Pfandrechte an Forderungen zu, so sind die Pfandrechte nach Bestand und Wert der Forderungen und nach den Rangverhältnissen zu bewerten. c) Grundstücke sowie grundstücksgleiche Rechte sind mit den zu ihren Gunsten bestehenden subjektiv-dinglichen Rechten, gegebenenfalls auch mit dem Zubehör einheitlich zu bewerten (vgl. dazu oben Anm. 9 c). Als Grundlage für die Wertermittlung können die Einheitswerte, Brandversicherungswerte und bekannt gewordene Veräußerungswerte etwa gleichartiger Grundstücke Dritter dienen, die auch z. B. bedeutsam sind für die Festsetzung von Grundstückswerten durch die Gutachterausschüsse nach 147

§5

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§ 142 BBauGes. Weiter sind von Bedeutung: die Bodenbeschaffenheit, die Verkehrslage, die Bebaubarkeit (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan), etwaige Bauhindernisse oder Bauauflagen, die Frage des Anschlusses von Wasser, Strom und Gas, der Ertragswert und der Bauwert ( V e r f a s s e r M D R 1955 713 f — Gesamtdarstellung zur Festsetzung des Verkehrswertes von Grundstücken im Rahmen einer Zwangsversteigerung nach § 74 a V Z V G und dazu weiter: Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis 1977 Muster 23, Anm. 3 mit Hinweisen zu Rechtsprechung und Schrifttum). — Es steht im Vergleichsverfahren zu erörtern, ob ein Grundstück des Schuldners zu veräußern oder als Betriebsgrundstück für die Erfüllung des Vergleichs zu nutzen ist. In beiden Fällen sind die Belastungen abzusetzen, und zwar im Verkaufsfalle nach ihren Kapitalbeträgen, im Nutzungsfalle nach ihren, den Betrieb belastenden Zins- und Tilgungsbeträgen. Auch Dauernutzungsrechte und Dauerwohnrechte im Sinne des W E G haben, da veräußerlich und vererblich ( § § 3 1 , 33 I W E G ) , einen Verkaufswert. Entsprechendes gilt für Heimstätten. Zu beachten ist, daß der Verkaufswert durch das Heimfallrecht beeinträchtigt wird (§ 36 I, I V W E G , § 12 RheimstG). d) Rechte, die der Pfändung und (oder) dem Konkursbeschlag nicht unterliegen, sind, wenn sie auf Zahlung eines Geldkapitals gerichtet sind, mit dem einbringlichen Betrage, wenn sie aber wiederkehrende Einkünfte abwerfen, mit dem in Geld bestehenden oder zu schätzenden Jahresreinertrag, den sie dem Schuldner gewähren, zu bewerten. Eine Höherbewertung als der Jahresnutzwert wäre selbst beim Nießbrauch und den beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten, namentlich beim Wohnrecht (§ 1093 B G B ) , im Hinblick auf die §§ 1061, 1090 II B G B (Erlöschen mit dem T o d des Berechtigten) nicht ratsam. IV. Die Vorschrift des Absatz 2 Vorlegungslast 12

Die Vorlage der Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen, wie sie § 5 II vorschreibt, soll die Prüfung der Ablehnungsgründe aus § 18 erleichtern. Die Vorlagepflicht trifft nur solche Schuldner, die nach Handelsrecht buchführungspflichtig sind, nicht aber solche Schuldner, die lediglich nach Steuerrecht buchführungspflichtig sind. Buchführungspflichtig (kritisch zum W e r t der Buchführung für die Vermögensübersicht im Sinne des § 5 V g l O : Bauch B B 1974 614 f) nach § 38 H G B ist jeder Kaufmann (§§ 1—3 H G B ) , sofern es sich nicht um einen sogenannten Kleingewerbetreibenden im Sinne des § 4 H G B handelt. Zu den Vollkaufleuten gehören auch diejenigen juristischen Personen, denen das Gesetz, ohne Rücksicht darauf, ob sie überhaupt ein H a n delsgewerbe betreiben und ob der Betrieb über den eines Kleingewerbes hinausgeht, die Eigenschaft einer Handelsgesellschaft oder die Kaufmannseigenschaft beilegt (§ 6 H G B , § 13 G m b H G , §§ 3, 278 III A k t G , 17 G e n G ) . Bei offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sind nur die Bilanzen über das Gesellschaftsvermögen, auf welches sich hier das Vergleichsverfahren beschränkt, einzureichen. Die Bilanzen auch der persönlich haftenden Gesellschafter über deren Privatvermögen sind nicht mit einzurechen. Beantragt ein solcher Gesellschafter das Vergleichsverfahren über sein Privatvermögen, so folgt die Vorlagepflicht nicht bereits aus seiner Beteiligung an der Handelsgesellschaft. D e r Schuldner muß als solcher Vollkaufmann sein. Beantragt eine Vorgesellschaft zur Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eingetragene Genossenschaft (nach Satzungs- bzw. Statutenerrichtung) die Eröffnung des Vergleichsverfahrens, mithin eine Organisation, die einem Sonderrecht unterliegt, das sich aus den gesetzlich und gesellschaftsvertraglich gegebenen 148

V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t . Bilanz

§5

Gründungsvorschriften und aus dem Recht der rechtsfähigen Korporation, soweit dies nicht auf der Eintragung beruht, zusammensetzt ( B G H Z 21 242), so besteht die Pflicht zur Buchführung, mithin zur Vorlage der Bilanzen {Böhle-Stamschräder KTS 1957 20). Bilanzen Vorzulegen sind nach dem Gesetz nur die Bilanzen, nicht auch etwaige Bilanz- 1 3 erläuterungen (Geschäftsberichte: § 149 AktG, § 33 GenG), wohl aber, soweit möglich, die Gewinn- und Verlustrechnungen. Verpflichtet zur Gewinn- und Verlustrechnung sind die Aktiengesellschaften, die Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g und die Handelsgesellschaften (§ 157 AktG, § 46 Nr. 1 G m b H G , §§ 120, 161 II HGB) und die eingetragenen Genossenschaften (§§ 19, 33 f GenG). Soweit doppelte Buchführung vorliegt, kann auch gefordert werden, daß eine Gewinn- und Verlustrechnung mit vorgelegt wird. Hinsichtlich des Verhältnisses der Vergleichsbilanz zur Buchführung vgl. Knorr K T S 1956 18 f, Bauch BB 1974 615/617). — Bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sind mit der Bilanz und der Erfolgsrechnung auch die Bestätigungsvermerke der Abschlußprüfer (§§ 162, 167, 278 AktG) vorzulegen. Wird ein Aktienbuch geführt (§§ 67, 68 AktG), so kann der Vergleichsschuldner verlangen, die Einsichtnahme durch Gläubiger gemäß § 120 II zu beschränken auf die vorlagepflichtigen Bilanzen. Die Vorlage beschränkt sich — ein wesentlicher Fortschritt des Gesetzes — nicht mehr nur auf die letzte Bilanz. Es genügt aber bei länger als dreijährigem Geschäftsbetrieb des Schuldners die Vorlage der Urkunden über die letzten drei Jahre, zurückgerechnet vom Ende des letzten, vor Stellung des Vergleichsantrags abgeschlossenen Geschäftsjahres. Bilanzen im Sinne unseres Absatz 2 sind einmal die für den Schluß des jeweiligen Geschäftsjahres aufgestellte Jahresrechnung (Erfolgsbilanz), ferner solche Zwischenbilanzen, deren Aufstellung, z. B. als Halbjahresbilanz, den Geschäftsgepflogenheiten des Schuldners entspricht; nicht aber bloße Gelegenheitszwischenbilanzen. Vorzulegen sind schließlich auch die auf Grund einer Rechtspflicht errichteten besonderen Bilanzen, wie eine Kommanditistenbilanz (§ 166 III HGB) oder die bei Ausscheiden eines Gesellschafters aufgestellte Abschichtungsbilanz (Vermögensbilanz: §118 H G B ; §§ 738, 740 BGB), da sie sehr wohl Schlüsse auf die Geschäftsgebarung des Schuldners zulassen. Betreibt der Schuldner sein Geschäft noch nicht länger als drei Jahre, so muß er auch die Eröffnungsbilanz mit einreichen. Eine kürzere Dauer des Geschäftsbetriebs schließt die Zulässigkeit des Vergleichsverfahrens keineswegs aus. V. Privatentnahmen Das Gesetz ordnet nicht ausdrücklich an, daß die Privatentnahmen des Vergleichs- 14 Schuldners gesondert aufzuführen sind. Die H ö h e dieser Entnahmen und die Art der Verwendung lassen aber sehr bedeutsame Rückschlüsse auf die Vergleichswürdigkeit des Schuldners zu. Bei übermäßig hohen Privatentnahmen des Vergleichsschuldners ergibt sich nicht selten der Ablehnungsgrund aus § 18 Nr. 1. Den Privatentnahmen sind gleichzuachten übersetzte Geschäftsführergehälter und Tantiemen. Mit Recht verlangen die Richtlinien für die Begutachtung gerichtlicher Vergleichsanträge (§14), wie sie in den Ländern Bayern, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein aufgestellt worden sind, eine Aufklärung zu diesen Fragen. Im Vergleichsverfahren unterliegt zwar der Vergleichsschuldner der Pflicht einer bescheidenen Lebensführung (§ 56). Es kommt aber auch auf die vor der Eröffnung des Verfahrens an. Nicht selten sind Privatentnahmen mit dazu benutzt, um aufwendige Wohngebäude für den Schuldner und seine Familie zu errichten. Gleich, ob diese 149

§ 6

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

Gebäude später mit Betriebsschulden belastet wurden oder nicht, sie bedeuten vielfach bereits wegen der hohen Unterhaltungskosten — also abgesehen vom Zinsendienst — eine nicht unbedeutende Belastung, die, wenn der Schuldner den Verkauf verweigert, zu einem Ablehnungsgrund aus § 18 Nr. 3 oder 4 führen kann. Wenn nicht aus § 5, so kann das Gericht doch aus § 116 die erörterten Fragen aufklären. — Zum Gutachten der amtlichen Berufsvertretung vgl. Veismann KTS 1968 40. —

§6 Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis (1) In die Verzeichnisse der Gläubiger und Schuldner (§ 4 Abs. 1 Nr. 2) sind alle Gläubiger und Schuldner aufzunehmen. Bei jeder Forderung und Verbindlichkeit sind der Betrag und der Schuldgrund anzugeben. Nebenrechte, insbesondere zur Sicherung übertragenes Eigentum, Eigentumsvorbehalte, Hypotheken, Grundschulden, Schiffshypotheken, Pfandrechte und Bürgschaften sowie Ansprüche aus zur Deckung erhaltenen oder begebenen Wechseln sind zu bezeichnen; bei Forderungen sind auch die vorhandenen Beweismittel anzuführen; bei Hypotheken und Grundschulden sind die Grundbuchblätter anzugeben, auf denen die belasteten Grundstücke eingetragen sind, bei Schiffshypotheken die Registerblätter, auf denen die belasteten Schiffe oder Schiffsbauwerke eingetragen sind. Ist die Forderung oder eine Schuld streitig, so ist dies anzugeben. Gläubiger, die nicht zu den Vergleichsgläubigern gehören, sind gesondert anzugeben. Kann der Gläubiger im Fall des Konkurses abgesonderte Befriedigung beanspruchen, so ist auch die Höhe des mutmaßlichen Ausfalls anzugeben. (2) Ist ein Gläubiger oder ein Schuldner naher Angehöriger (§ 4 Abs. 2) des Vergleichsschuldners oder seines gesetzlichen Vertreters, so ist dies anzugeben. Ebenso ist anzugeben, wenn ein Gläubiger oder ein Schuldner ein Angestellter des Vergleichsschuldners oder seines gesetzlichen Vertreters ist oder mit dem Schuldner oder seinem gesetzlichen Vertreter in einem Gesellschafts- oder anderen Gemeinschaftsverhältnisse steht; das Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis ist genau zu bezeichnen. (3) Bei allen Gläubigern und Schuldnern ist die Anschrift anzugeben. Wohnt ein Gläubiger im Auslande oder ist sein Wohnort unbekannt, ist jedoch dem Vergleichsschuldner ein im Inlande wohnender, zur Empfangnahme von Zustellungen befugter Vertreter bekannt, so ist auch dessen Anschrift anzugeben. Materialien: Begr. I S. 20. Ber. S. 9, 32, 47. Begr. II S. 56; III S. 389. Übersteht Rdn. I.

II.

III.

150

Allgemeines Die Verzeichnisse Ihre Errichtung Ihr Aufbau A u f z u n e h m e n d e G l ä u b i g e r und S c h u l d n e r A u f n a h m e aller G l ä u b i g e r Vergleichsgläubiger Nichtbeteiligter Gläubiger Wechselverpflichtungen des Schuldners z u r D e c k u n g eigener V e r b i n d l i c h k e i t e n . . Angabe der Schuldner Gliederung der Verzeichnisse Das Gläubigerverzeichnis

Das Schuldnerverzeichnis 1 2 3 4 5 6 7 8

9

IV.

Rdn. . 10

Personelle Angaben A n g a b e n des G l ä u b i g e r s ( S c h u l d n e r s ) . . . V e r h ä l t n i s eines n a h e n A n g e h ö r i g e n . . . . Angestelltenverhältnis Gesellschafts- und andere Gemeinschaftsverhältnisse Gegenständliche Angaben Schuldgrund und Leistungsgegenstand . . Bewertung von Passivforderungen Bewertung von Aktivforderungen Beweismittel, N e b e n r e c h t e , Bestrittenheit .

11 12 13 14

15 16 17 18

G l ä u b i g e r v e r z e i c h n i s und S c h u l d n e r v e r z e i c h n i s

§6

I. Allgemeines Die Verzeichnisse Das Gesetz spricht von Aufnahme der Gläubiger und der Schuldner in die Verzeich- 1 nisse (Abs. 1 S. 1). Es meint mit der Mehrzahl aber nicht sowohl eine Mehrheit von Anlagestücken als vielmehr eine Sonderung der Gläubiger und der Schuldner ( § 4 1 Nr. 2). Innerhalb der Verzeichnisse kann eine Untergliederung notwendig oder praktisch sein. Geboten ist sie im Gläubigerverzeichnis zwischen Vergleichsgläubigern und nichtbeteiligten Gläubigern (Abs. 1 S. 5), empfehlenswert bei Verfahren einer eingetragenen Genossenschaft hinsichtlich der Vergleichsgläubiger, die Mitglieder der Genossenschaft sind (§ 111 Nr. 2 S. 1, Nr. 5). Ihre Errichtung Der Vergleichsschuldner braucht das Verzeichnis nicht persönlich zu errichten. Er 2 trägt jedoch für Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben gleichwohl die Verantwortung (vgl. Anm. 2 zu § 5). Ihr Aufbau Das Verzeichnis ist nach § 4 I Nr. 2 dem Vergleichsantrag beizufügen. Es ist kein 3 reines Personalverzeichnis, sondern zugleich sachliches Bestandsverzeichnis. Was den Aufbau anbetrifft, so folgt aus § 4 I Nr. 2, daß bei jedem Gläubiger seine Forderungen und bei jedem Schuldner seine Verbindlichkeiten in unmittelbarer Folge anzugeben sind. Soweit das Gesetz im Hinblick auf die verfahrensrechtlichen Zwecke eine Untergliederung der Gläubiger bzw. Schuldner nach den Besonderheiten der Forderungen (Schulden) verlangt, ist der Aufbau auch bei jeder Untergliederung einzuhalten.

II. Aufzunehmende Gläubiger und Schuldner Aufnahme aller Gläubiger Die Aufnahme aller Gläubiger (Abs. 1 S. 1) bedeutet, das die Gläubiger nicht nur 4 mit ihren am Verfahren beteiligten, sondern auch mit den nichtbeteiligten Forderungen aufzuführen sind. Auch die voll oder teilweise bestrittenen Forderungen sind aufzuführen (Absatz 1 S. 4). D a s Verzeichnis ist mit sehr großer Sorgfalt anzulegen, denn es bildet mit den Berichtigungen (§ 67 III) das Gläubigerverzeichnis des Vergleichstermins, an Hand dessen die Forderungen erörtert werden (§ 70). Der Vergleichsschuldner hat sich im Vergleichstermin über die Forderungen zu erklären. Das Ergebnis der Erörterung einer jeden Vergleichsforderung ist im Gläubigerverzeichnis zu vermerken (§ 71 IV). Der in das Gläubigerverzeichnis eingetragene Vermerk, daß die Forderung weder vom Vergleichsschuldner noch vom Vergleichsverwalter bestritten ist, steht einem vollstreckbaren Urteil gleich: Aus dem bestätigten Vergleich in Verbindung mit einem Auszug aus dem berichtigten Gläubigerverzeichnis kann vollstreckt werden (§ 85 I). In der Praxis werden nur sehr selten Gläubigerverzeichnisse (§ 6) eingereicht, die so angelegt worden sind, daß sie den eben aufgeführten Zwecken genügen. Meist ergeben sich bereits mit dem Eingang der ersten Anmeldungen der Gläubigerforderungen, zu der das Gericht bei der Eröffnung des Verfahrens aufzurufen hat (§ 20), nicht unerhebliche Differenzen, mit der Folge, daß das Gericht sogleich von sich aus ein neues Verzeichnis anlegen muß, um die Übersicht im Vergleichstermin (§§ 71 — 77) wahren zu können. Grundlage dieses neu anzulegenden Verzeichnisses ist aber immer das vom Schuldner selbst aufzustellende und einzureichende Verzeichnis (§§ 4 I Nr. 2, 6 I—III). 151

§6

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Das vom Vergleichsschuldner einzureichende Verzeichnis muß mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, welche Gläubiger Vergleichsgläubiger und welche Nichtvergleichsgläubiger sind. Die letzteren nehmen an der Abstimmung im Vergleichstermin nicht teil. Dies aber hindert nicht, daß diese Gläubiger, an die die Aufforderung aus § 20 nicht ergeht, ihre Forderungen bei dem Vergleichsgericht anmelden. Die volle Kenntnis des Gesamtschuldenstandes ist bereits zur Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens erforderlich, denn ohne diese Kenntnis kann nicht darüber entschieden werden, ob der Vergleichsvorschlag der Vermögenslage des Schuldners entspricht (§ 18 Nr. 3) und ob der Vergleich erfüllbar erscheint, die Fortführung des Unternehmens zu erwarten ist (§ 18 Nr. 4). Vergleichsgläubiger 5

a) Über den Kreis derselben siehe die Erläuterungen zu den §§ 25, 36 II, III. Hierzu gehören, und zwar mit dem ganzen Forderungsbetrag und, unerachtet des § 83 II, auch mit den Vollstreckungskosten die der Rückschlagssperre unterfallenden Gläubiger (§ 28). Ihre Zwangssicherheiten sind mit anzuführen, aber als der Rückschlagssperre unterliegend zu kennzeichnen. Hinsichtlich der während der Rückschlagssperrfrist bereits erwirkten Zwangsbefriedigungen müssen im Schuldnerverzeichnis bedingte Rückgewährungsansprüche (§5 87, 104) eingesetzt werden. b) Auch absonderungsberechtigte Gläubiger, denen der Vergleichsschuldner persönlich haftet, sind aufzuführen. Mit dem Absonderungsrecht (§§ 47 ff K O ) wird an sich eine vom Konkursverfahren unabhängige Vorzugsdeckung aus einzelnen Gegenständen der Konkursmasse begehrt. Gläubiger, die diese Stellung im Konkurse innehaben, abgesonderte Befriedigung im Konkurs beanspruchen können, sind nach § 27 I V g l O insoweit Vergleichsgläubiger, als ihnen der Schuldner auch persönlich haftet und sie entweder auf abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind ( B G H , N J W 1956 1954 = M D R 1957 28, Kuhn M D R 1960 307). Damit ist an sich das Prinzip des § 64 K O in die Vergleichsordnung übernommen (vgl. Jauernig § 64, II). In das Gläubigerverzeichnis des § 6 ist nach Absatz 1 S. 6 der Bestimmung die Forderung des absonderungsberechtigten Gläubigers insgesamt, nicht etwa nur der Betrag des mutmaßlichen Ausfalls aufzunehmen. Dabei ist die H ö h e des mutmaßlich zu erwartenden Ausfalls besonders anzugeben. — Zum Absonderungsrecht an unbeweglichen Vermögen vgl. die Darstellung im Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts unter § 75, II und § 103, II —, an Sachen, Forderungen oder sonst übertragbaren Vermögensrechten daselbst § 75, III und 5 103, II). Bei Grundschulden (§ 1191 B G B ) ist zu unterscheiden: Fehlt eine persönliche Forderung, kann mithin eine Vergleichsforderung nach § 25 nicht vorliegen, so erscheint der Grundschuldgläubiger lediglich in der Vermögensübersicht als Inhaber eines dinglichen Rechts am Grundstück. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Vergleichsschuldner seinem Geldgeber eine Grundschuld eingeräumt, jedoch darauf noch keinen Kredit erhalten hat. War dagegen die Grundschuld zur Sicherung einer persönlichen Schuld bestellt worden, so ist der persönliche Gläubiger des Vergleichsschuldners mit der Grundschuld als Nebenrecht (§ 6 I S. 3) in das Gläubigerverzeichnis aufzunehmen und zugleich die H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls anzugeben. War vor dem Vergleichsantrag (§ 2) die Grundschuld ohne die persönliche Forderung oder diese ohne die Grundschuld abgetreten, so erscheint der Grundschuldgläubiger im Gläubigerverzeichnis überhaupt nicht. Wohl aber ist der (nicht mehr absonderungsberechtigte) persönliche Gläubiger in das Verzeichnis aufzunehmen, seine Forderung ist jedoch insoweit als streitig anzugeben, wie er vom Erwerber der Grundschuld Valuta erhalten hat. (vgl. Serick Bd. III, § 36,1, 2). 152

Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis

§6

c) Anzugeben sind auch, und zwar ziffernmäßig, die Beträge von bereits aufgelaufenen Zinsen. N u r die seit der E r ö f f n u n g des Verfahrens (§§ 20, 21) laufenden Zinsen können im Vergleichsverfahren nicht geltend gemacht werden (§ 29 Nr. 1). Dieser Ausschluß bezieht sich auf vertragliche und gesetzliche Zinsen, auch Verzugszinsen. D a der Zeitpunkt der E r ö f f n u n g des Verfahrens bei Stellung des Vergleichsantrags nicht feststeht, kann der Schuldner in das Gläubigerverzeichnis Zinsen nur in der Weise angeben, daß die bis zu einem bereits zurückliegenden Zeitpunkte aufgelaufenen Beträge der S u m m e nach, die übrigen dem Hundertsatz nach als laufende Zinsen genannt werden (vgl. Kalter K T S 1978 2). Die von der E r ö f f n u n g des Verfahrens ab laufenden Zinsen gelten, wenn der Vergleich nichts anderes bestimmt, mit der Bestätigung als erlassen (§ 83 II). — V o n der Verzinsung der Vergleichsforderungen ist die der Vorrechtsforderungen zu unterscheiden. Die Bedienung dieser Forderungen ist bei der Frage, ob der Vergleich erfüllbar ist, mit zu berücksichtigen ( B G H , N J W 1956 1594). — Zur Befriedigungsfolge von Zinsansprüchen im Vergleichsverfahren: Verfasser K T S 1966 158. Anzugeben sind ferner aufschiebend bedingte Forderungen (§ 158 I B G B ) . Sie nehmen am Vergleichsverfahren wie unbedingte teil ( § 3 1 ) . O b und in welcher H ö h e ein Stimmrecht zu gewähren ist, bestimmen in erster Linie die Beteiligten (§ 71 II), sonst das Vergleichsgericht durch Beschluß ( § 7 1 III). Bei der Vergleichserfüllung werden aufschiebend bedingte Forderungen erst nach Eintritt der Bedingungen berücksichtigt, womit auch die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung nach näherer Maßgabe des § 85 zuvor ausgeschlossen ist. Anzugeben sind als aufschiebend bedingte Forderungen auch Bürgschafts- und Avalverpflichtungen des Schuldners, und zwar mit kurzen Angaben über die Hauptschuld. Gleiches gilt von der Regreßpflicht, die den Vergleichsschuldner als Aussteller oder Indossanten eines gezogenen Wechsels oder eines Schecks treffen kann. Diese Forderungen dürfen nicht etwa deshalb außerhalb des Gläubigerverzeichnisses gelassen werden, weil dem Schuldner seinerseits ein Rückgriffsrecht gegen Hauptschuldner, Vormänner oder Wechselakzeptanten zusteht. Diese möglichen Rückgriffsrechte sind ihrerseits als bedingte Ansprüche in das Schuldnerverzeichnis einzusetzen. Ist der Vergleichsschuldner gesamthänderisch zu einer Leistung verpflichtet (§§ 421 ff B G B ) , so nimmt der Gläubiger gemäß § 32 mit dem vollen Betrage seiner Forderung am Vergleichsverfahren teil. Dieser Betrag ist in das Gläubigerverzeichnis aufzunehmen. Dies auch dann, und zwar von jedem der Schuldner, falls mehrere der Gesamthaftenden sich im Vergleichsverfahren befinden oder dessen E r ö f f n u n g beantragt haben. Es gilt der Grundsatz der Doppelberücksichtigung ( K u h n K T S 1957 68). Abzuziehen sind jedoch die dem Gläubiger seitens eines der Mithaftenden zugeflossenen Beträge. — Bei der Vergleichserfüllung bleibt jeweils zu prüfen, ob die auszuzahlende Q u o t e unter Berücksichtigung anderer Zahlungen den Forderungsbetrag nicht etwa übersteigt. Ist der Vergleichsschuldner nur Teilgesamtschuldner (Teilbürge), so ist nur der entsprechende Teilbetrag in das Gläubigerverzeichnis aufzunehmen. Ist dieser Betrag, für den er haftet (mithaftet), gezahlt worden, so ist dem Prinzip der Doppelberücksichtigung der Boden entzogen worden. Die Bestimmung des § 32 kommt danach nicht mehr zum Z u g e (vgl. B G H , N J W 1960 1295 = M D R 1960 649, bestätigt in den Gründen der Entscheidung B G H K T S 1969 2 3 3 / 2 3 4 = J R 1969 224 = N J W 1969 796, Kuhn K T S 1961 5 a. A. Künne K T S 1957 58, Dempewolf N J W 1961 1341, Rechtsprechung und Schrifttum zu § 68 K O , der entsprechenden Vorschrift für den Konkursfall). 153

§6

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Bürgen und Gesamtschuldner können ihre Rückgriffsforderungen (§§ 774, 426 B G B ) nur dann im Vergleichsverfahren geltend machen, wenn und insoweit der Hauptgläubiger am Vergleichsverfahren nicht teilnimmt (§ 33). Diese Vorschrift verhindert bei Teilnahme des Hauptgläubigers die Teilnahme von Forderungen, die mit Abschluß des Hauptvertrages bereits vor der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens als bedingte Ansprüche entstanden waren ( R G 2 160 151). Bei einer teilweisen Befriedigung vor der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens nehmen die Rückgriffsberechtigten nur wegen dieses Forderungsteils am Verfahren teil, der Hauptgläubiger dann wegen seiner Restforderung. Nichtbeteiligte Gläubiger 6

Für die Gläubiger, die nicht zu den Vergleichsgläubigern gehören (§ 26), deren Forderungen nach § 6 I S. 5 gesondert anzugeben sind, gelten einige Besonderheiten: a) D e r Kreis der am Vergleichsverfahren nicht beteiligten Forderungen ergibt sich einmal aus der Bestimmung des § 25 I, wonach nur vermögensrechtliche, d. h. auf Geld gerichtete oder in Geld umrechenbare Ansprüche (§ 34) am Vergleichsverfahren teilnehmen. Mithin scheiden Forderungen höchstpersönlicher Natur aus. Familienrechtliche Unterhaltsansprüche nehmen nur insoweit am Verfahren teil, als sie bereits vor der E r ö f f n u n g (§§ 20, 21) erwachsen sind (§§ 25 II, in Verbindung mit § 3 II K O ) . Zum anderen ergibt sich der Kreis der nicht beteiligten Forderungen aus § 26 I, der auf Bestimmungen der K O abstellt: Forderungen, die im Konkurse ein Vorrecht genießen, die in § 61 Abs. 1 Ziff. 1 bis 5 K O aufgeführten Ansprüche, in der Praxis vor allem die im letzten Jahre vor der E r ö f f n u n g fällig gewordenen Lohn- und Gehaltsansprüche sowie Steuerforderungen nehmen nicht teil. Hinsichtlich der Steuerforderungen kommt es auf den ersten Fälligkeitstermin an ( B G H Z 19 163). Steuerforderungen scheiden auch dann aus, wenn ein Gläubigerwechsel stattgefunden hat, z. B. ein Spediteur für das Speditionsgut eines Importeurs die Zollforderung verauslagt hat ( B G H , BB 1956 834). — Es scheiden ferner als Vergleichsgläubiger aus nach § 26 I Gläubiger, denen im K o n k u r s e ein Anspruch auf Aussonderung oder Ersatzaussonderung oder ein Verfolgungsrecht zusteht, ferner Gläubiger, deren Anspruch durch eine Vormerkung gesichert ist. Ansprüche auf Aussonderung bestimmen sich nach § 43 K O auf Grund eines dinglichen oder persönlichen, dem Dritten unabhängig vom Konkursverfahren zustehenden Rechts. Es handelt sich nicht um die Frage der Massezugehörigkeit im Sinne des § 1 K O , sondern um einen Widerspruch gegen die Massezugehörigkeit, der dem Widerspruch des § 7 7 1 Z P O bei der Einzelvollstreckung vergleichbar ist (vgl. Schönke-Baur § 60, I). Durch das Verfolgungsrecht im Konkurs (§ 44 K O ) wird der Kreis der Aussonderungsberechtigten erweitert. K r a f t des Verfolgungsrechts wird bei einem Distanzgeschäft die abgesendete, noch nicht vollständig bezahlte W a r e so behandelt, als sei der bei Versendung oder U b e r g a b e an den Frachtführer bereits eingetretene Eigentumsübergang nicht geschehen (§§ 447 III, 450 H G B , § 44 I K O ) . Für die Ersatzaussonderung gilt § 46 K O . Diese Bestimmung will keine neuen Ansprüche schaffen, vielmehr nur dem nach bürgerlichem Recht aus der Vereitelung von an sich gegebenen Aussonderungsrechten erwachsenen Erstattungsanspruch die Aussonderungskraft verleihen. D e r Ersatzaussonderungsanspruch setzt mithin voraus, daß die Veräußerung des an sich der Aussonderung unterliegenden Gegenstandes unberechtigt war ( B G H , N J W 1953 217). Vormerkungsgläubiger sind diejenigen, für die im Grundbuch des Vergleichsschuldners eine V o r m e r k u n g aus § 883 B G B eingetragen steht, gleich, ob diese kraft einer Bewilligung oder im W e g e der Zwangsvollstreckung eingetragen wurde. Beim Erwerb der V o r m e r k u n g im W e g e der Zwangsvollstreckung greift 154

Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis

§6

die Rückschlagssperrfrist des § 28 V g l O auch dann ein, wenn die zur Eintragung notwendigen Urkunden bereits vor Fristbeginn beim Grundbuchamt eingegangen waren, die Eintragung selbst jedoch erst innerhalb der Frist vorgenommen wurde (vgl. BayObLG M D R 1954 746 = N J W 1954 144, Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 2 8 VglO). Nichtvergleichsforderungen sind ferner die nach § 29 ausgeschlossenen Ansprüche (hinsichtlich der dort genannten Zinsansprüche vgl. oben Anm. 5 c). Die ausgeschlossenen Ansprüche können, soweit sie einklagbar sind, außerhalb des Vergleichsverfahrens verfolgt werden, unterliegen jedoch dem Vollstreckungsverbot des § 47, das auch auf einen Neuerwerb des Vergleichsschuldners einen Zugriff verschließt. Die unter Nr. 3 und 4 des § 29 genannten Ansprüche, mithin solche aus einer Freigebigkeit des Vergleichsschuldners und Geldstrafen unterliegen den Beschränkungen des § 48. Mit der Vergleichsbestätigung (§ 78) werden sie hinsichtlich der Auswirkungen der Sperrfrist des § 28 den Vergleichsgläubigern gleichbehandelt (§§ 87, 104). Wenn nach § 26 II die Gebühren und Auslagen des Gerichts sowie die Ansprüche des vorläufigen Verwalters auf Vergütung und Auslagenersatz (§§ 11, 43) nicht zu den Vergleichsforderungen gehören, auch soweit sie vor der Eröffnung (§§ 20, 21) entstanden sind, so soll damit nur sichergestellt werden, daß sie voll zur Hebung gelangen. Bedeutsam ist dies insbesondere für den Fall eines Verwalterwechsels (§ 43 V g l O in Verbindung mit § 11 II der Vergütungsverordnung vom 25. 5. 1960 — BGBl. I S. 329). In das Verzeichnis des § 6 können diese Ansprüche nicht mit aufgenommen werden. Sie sind zum Teil noch nicht mit dem Vergleichsantrag (§ 2) entstanden, zum Teil stehen sie der H ö h e nach noch nicht fest. Davon zu unterscheiden ist die sich für die Eröffnungsentscheidung aus § 17 Nr. 6 ergebende Frage der Kostendeckung überhaupt. Eine Zahlung des Vergleichskostenvorschusses durch Dritte ist nicht ausgeschlossen (OLG Hamburg, M D R 1967 1019 = KTS 1968 54). b) Aus dem Zweck des Gläubigerverzeichnisses ergibt sich eine sinngemäße Einschränkung: Das Verzeichnis soll nur die finanzielle Belastung des Schuldners, also die seines Vermögens, ausweisen. Deshalb sind nur Ansprüche auf Geldwerte — wenn auch nicht notwendig von vornherein auf Geld gehende — und aus dem Vermögen des Schuldners beitreibbare Leistungen anzugeben. Außer Betracht bleiben also einmal Ansprüche auf eine nicht ersetzbare, d. h. vom Schuldner persönlich zu bewirkende Handlung, wie theoretische oder praktische, wissenschaftliche, produktive oder reproduktive künstlerische Betätigung, sowie Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung (§ 888 Z P O ) — dazu Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts unter § 20 II, 1 —, ferner Ansprüche auf Unterlassung (§ 890 Z P O ) , und zwar auch, wenn es sich um geschäftliche Unterlassungspflichten handelt. Hinsichtlich der Aussonderungsansprüche gilt folgendes: Die der Aussonderung unterliegenden Gegenstände gehören, wenn der Vergleichsschuldner den Anspruch auf Aussonderung anerkennt, nicht in die Vermögensübersicht. Bestreitet der Vergleichsschuldner seine Herausgabepflicht, so ist der betreffende Gegenstand als ein zufolge des Herausgabeverlangens „zweifelhaftes" Aktivum in der Vermögensübersicht kenntlich zu machen ( § 5 I S. 2). Aufzuführen sind die Aussonderungsansprüche jedoch dann, wenn ein schuldrechtlicher Herausgabeanspruch geltend gemacht wird, wenn z. B. begehrt wird, eine vom Vergleichsschuldner nur gepachtete Maschine herauszugeben, dieser sich jedoch nicht mehr im Besitz der Maschine befindet. Es bleibt abzuwarten, welche Belastung sich hieraus für das Vergleichsverfahren ergeben wird. Der Anspruch ist zunächst zu nennen. Anzugeben ist der Anspruch des Kommittenten aus dem Ausrichtungsgeschäft des Kommissionärs (§ 392 HGB), ein durch Vormerkung 155

§6

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

g e s i c h e r t e r Anspruch (§ 8 8 3 B G B ) . Ist der durch V o r m e r k u n g gesicherte A n s p r u c h eine V e r g l e i c h s f o r d e r u n g , so ist bei dieser auf die V o r m e r k u n g zu verweisen ( § 6 1 S. 3). c ) A n s p r ü c h e aus beiderseits n o c h nicht (voll) erfüllten Gegenseitigkeitsschuldverhältnissen (§ 36 I), z u m B e g r i f f siehe die D a r s t e l l u n g R d n . 1 bis 16 zu § 3 6 V g l O ) , sind auch dann als nichtbeteiligt a u f z u f ü h r e n , w e n n der S c h u l d n e r zugleich mit dem V e r g l e i c h s a n t r a g die E r m ä c h t i g u n g z u m A b l e h n e n der (weiteren) E r f ü l l u n g (§ 5 0 I I 2) n a c h s u c h t . N i c h t etwa genügt solchenfalls die A n g a b e eines S c h ä t z u n g s b e t r a g s für einen bedingten S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h (§ 52 I) unter den V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n . D a b e i ist aber w i e d e r zu b e a c h t e n , d a ß nur die aus dem V e r m ö g e n des S c h u l d n e r s beitreibbaren und ihn finanziell belastenden Leistungen a u f z u f ü h r e n sind; deshalb bleiben hier a u ß e r B e t r a c h t V e r p f l i c h t u n g e n z u r G e w ä h r u n g von S a c h g e b r a u c h und S a c h o d e r R e c h t s n u t z u n g , die den S c h u l d n e r , z. B . als V e r m i e t e r , V e r p ä c h t e r , L i z e n z g e b e r t r e f f e n . D a s auf G e b r a u c h s - o d e r N u t z u n g s ü b e r l a s s u n g g e h e n d e Schuldverhältnis erscheint als solches w e d e r in G l ä u b i g e r v e r z e i c h n i s s e n o c h in der V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t . In der letzteren tritt es aber bei der B e w e r t u n g der davon b e t r o f f e n e n V e r m ö g e n s g e genstände in E r s c h e i n u n g . — Z u der F r a g e , inwieweit ein B a u h a n d w e r k e r mit seiner W e r k l o h n f o r d e r u n g V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r ist, w e n n er den B a u v e r t r a g zur Z e i t der v o m Besteller erwirkten E r ö f f n u n g des V e r g l e i c h s v e r f a h r e n s n o c h nicht vollständig erfüllt hat, vgl. B G H Z 6 7 2 4 2 = K T S 1 9 7 7 111 = N J W 1 9 7 7 50. — Ist j e d o c h die v o m G l ä u b i g e r geschuldete Leistung nur deshalb als nicht vollständig bewirkt a n z u s e h e n , weil diese m a n g e l h a f t ist, so sollen dem G l ä u b i g e r aus der M a n g e l h a f t i g k e i t der eigenen Leistung keine V o r t e i l e im V e r g l e i c h s v e r f a h r e n e r w a c h s e n . E r ist mit dem Anspruch auf die ihm t r o t z des M a n g e l s etwa zustehenden G e g e n l e i s t u n g V e r g l e i c h s gläubiger (§ 36 I I I ) .

Wechselverpflichtungen des Schuldners zur D e c k u n g eigener Verbindlichkeiten 7

H a t der S c h u l d n e r z u r D e c k u n g einer g e g e n ihn bestehenden F o r d e r u n g einen W e c h s e l begeben ( W e c h s e l a k z e p t , I n d o s s a m e n t , Ausstellung eines eigenen W e c h s e l s ) , so k o m m t es d a r a u f an, o b er die W e c h s e l v e r p f l i c h t u n g , was im Z w e i f e l a n z u n e h m e n ist, erfüllungshalber (§ 3 6 4 II B G B ) o d e r an Erfüllungs Statt e i n g e g a n g e n ist. I m letzteren Falle ist die alte S c h u l d mit der H i n g a b e des W e c h s e l s e r l o s c h e n (§ 3 6 4 I B G B ) und deshalb nur der A n s p r u c h aus dem W e c h s e l a n z u g e b e n , und z w a r als V e r g l e i c h s f o r d e rung, auch w e n n der ursprüngliche A n s p r u c h im Falle seines F o r t b e s t e h e n s eine nicht beteiligte F o r d e r u n g gewesen w ä r e (arg. § 3 6 I). W a r d a g e g e n der W e c h s e l nur erfüllungshalber b e g e b e n , so ist, wie sich aus A b s a t z 1 S. 3 ergibt, die W e c h s e l f o r d e r u n g neben der f o r t b e s t e h e n d e n und deshalb in das G l ä u b i g e r v e r z e i c h n i s a u f z u n e h m e n d e n A l t f o r d e r u n g als „ N e b e n r e c h t " derselben, d. h. im unmittelbaren Z u s a m m e n h a n g mit ihr (unter der gleichen N u m m e r ) und folglich auch in derselben Abteilung a n z u g e b e n . D i e s deshalb, weil der S c h u l d n e r nur einmal zu leisten hat, und die F r a g e , o b der G l ä u biger mit der W e c h s e l f o r d e r u n g am V e r f a h r e n beteiligt ist o d e r nicht, sich n a c h der A l t f o r d e r u n g richtet. E r f ä h r t der S c h u l d n e r , d a ß der W e c h s e l w e i t e r g e g e b e n w u r d e , so ist die W e c h s e l f o r d e r u n g des Indossatars an erster Stelle und die A l t f o r d e r u n g nur anhangsweise a n z u g e b e n . B e r i c h t i g u n g e n des Gläubigerverzeichnisses stellen sich hier meist erst im V e r l a u f e des V e r g l e i c h s v e r f a h r e n s als n o t w e n d i g heraus (zum W e c h s e l protest nach Zahlungseinstellung b z w . nach E r ö f f n u n g des V e r g l e i c h s v e r f a h r e n s siehe B G H , K T S 1975 37). -

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Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis

§6

Angabe der Schuldner a) Anzugeben sind die Gläubigerrechte des Vergleichsschuldners ohne Rücksicht 8 darauf, ob sie auf personenrechtlicher — auch mitgliedschaftsrechtlicher —, schuldrechtlicher, Sachen-, familien- oder erbrechtlicher Grundlage beruhen. Auch unübertragbare und unpfändbare Ansprüche sind anzugeben. Dies ist erforderlich, um ein klares Bild über die Angemessenheit und Erfüllbarkeit des Vergleichs ( § 1 8 Nr. 3 und 4) gewinnen zu können. Es kommt nicht etwa in der Hauptsache darauf an, aus den Anlagen zum Vergleichsantrag (§ 2), wie sie in den §§ 5 und 6 näher bestimmt worden sind, für den möglichen Anschlußkonkurs im Falle der Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 19) einen Uberblick zur etwaigen Konkursmasse zu gewinnen — vgl. dazu auch Anm. 6 zu § 5 —. b) Entsprechend dem Zweck auch des Schuldnerverzeichnisses, die Vermögenslage des Vergleichsschuldners auszuweisen, sind wieder nur solche Ansprüche aufzunehmen, die eine geldwerte und in das Vermögen des Schuldners zu bewirkende Leistung zum Gegenstand haben. Dazu gehören auch Ansprüche aus Verträgen auf Leistung an Dritte, falls der Vergleichsschuldner (Versprechensempfänger) durch die Leistung des Versprechensgebers an den Dritten eine eigene Verbindlichkeit diesem gegenüber tilgen will, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Zweckbestimmung, wie bei der Erfüllungsübernahme (§§ 329, 415 III BGB), auch mit dem Versprechensgeber vereinbart war, und ob lediglich der Versprechensempfänger die Leistung fordern kann oder auch der Dritte. — Außer Betracht bleiben auch hier Ansprüche auf nicht ersetzbare Handlungen sowie auf Unterlassung (vgl. oben Anm. 6 b). Gleiches gilt für schuldrechtliche Ansprüche auf Gewährung des Gebrauchs oder der Nutzung einer Sache oder eines Rechts, außer diese Ansprüche hätten einen selbständigen Vermögenswert, wie z. B. eine schuldrechtliche Lizenz. — Herausgabeansprüche sind aufzuführen und für den Fall des Bestreitens durch den Drittschuldner als zweifelhaftes Aktivum zu bezeichnen. c) Ist der schuldrechtliche Anspruch dinglich, insbesondere durch Pfandrecht oder Hypothek, gesichert, so ist die Sicherung anmerkungsweise bei der Forderung zu verzeichnen (Absatz 1 S. 3). Das gilt auch bei Sicherungsgrundschuld und Sicherungsübereignung. Dem Schuldner sicherungshalber übereignete Gegenstände werden nicht als zum Schuldnervermögen gehörende Aktiven in der Vermögensübersicht aufgeführt, sondern als Nebenrechte der Forderung (§ 5 A. 7). Steht dem Schuldner eine Grundschuld ohne eine zu sichernde Forderung zu, so ist die Grundschuld als solche im Schuldverzeichnis zu verlautbaren. Sind dem Schuldner Sachen unter Eigentumsvorbehalt verkauft worden (§ 455 BGB), so ist der — noch fortbestehende — Eigentumsverschaffungsanspruch als Hauptrecht, die zufolge der bedingten Ubereignung bestehende Anwartschaft als Nebenrecht (5 A. 7) anzugeben. Die Bestimmung des § 6 I S. 3 wird ergänzt durch die des § 98 II, III S. 1 LRG hinsichtlich etwaiger für den Vergleichsschuldner eingetragenen Registerpfandrechten an Luftfahrzeugen. d) Die Forderungen sind, auch wenn sie belastet, namentlich vom Schuldner verpfändet oder von seinen Gläubigern gepfändet worden sind, aufzuführen, und zwar unter Angabe der Belastung. Der Eintritt der Pfandreife (§§ 1282, 1228 II BGB) oder die Uberweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung (§§ 835 I, 836 I Z P O ) ändert daran nicht, wohl aber eine Überweisung an Zahlungs Statt (§ 835 II Z P O ) . W a r das Pfändungspfandrecht zugunsten eines Vergleichsgläubigers oder ausgeschlossenen Gläubigers erst während der Rückschlagsperrfrist des § 28 erworben, so ist das anzugeben. 157

§6

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

e) Auch für das Schuldverzeichnis gilt, daß bedingte Forderungen, namentlich bedingte Rückgriffsrechte des Schuldners (oben 5 c), anzugeben sind, dagegen bloß künftige Ansprüche, namentlich Zinsansprüche für die Zeit nach der Eröffnung, des Verfahrens (oben 6 c) außer Betracht bleiben. Zur Deckung einer Forderung erfüllungshalber erhaltene Wechsel sind als Nebenrechte der fortbestehenden Grundforderung anzugeben (Absatz 1 S. 3), und zwar auch bei Weitergabe des Wechsels, da diese dem Schuldner ein bedingtes Rückgriffsrecht offenhält. III. Gliederung der Verzeichnisse Das Gläubigerverzeichnis 9

a) Absatz 1 S. 5 schreibt gesonderte Angabe einerseits der Vergleichsgläubiger, andererseits der nichtbeteiligten Gläubiger vor. Grund der Trennung ist die Verwertbarkeit des Verzeichnisses für die Entscheidung darüber, ob der Vergleich angemessen und durchführbar erscheint (§ 18 Nr. 3 und 4), für Ladungen zum Vergleichstermin (§ 22 II), für die Erörterung der Forderungen (§ 70), für die Feststellung des Stimmrechts (§§71, 72), f ü r die Abstimmung über den Vergleichsvorschlag (§§ 73 ff), f ü r eine Abstimmung über die Vertagung des Vergleichstermins (§ 77) und für die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen nach näherer Maßgabe des § 85 des Gesetzes. b) Innerhalb der Vergleichsgläubiger ist eine Untergliederung empfehlenswert bei Genossenschaftsvergleich hinsichtlich der Vergleichsgläubiger, die Genossen sind, da diese dem Vorschlag gesondert mit den im § 74 festgesetzten Mehrheiten zustimmen müssen (§111 Nr. 5). Ebenso dürfte es sich bei Vergleichsverfahren über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters empfehlen, die beteiligten Gesellschaftsgläubiger gesondert aufzuführen, falls der Vergleichsversuch mit einem Vergleichsverfahren oder Konkurs über das Gesellschaftsvermögen zusammentrifft (§110 I). Eine Trennung zwischen vom Vergleichsschuldner anerkannten und bestrittenen Forderungen ist untunlich. Dies, da die Erklärungen des Schuldners im Verlaufe des Verfahrens erfahrungsgemäß noch geändert werden und da der Vergleichsverwalter eine eigene Erklärung zu den Vergleichsforderungen unabhängig von der des Schuldners abzugeben hat (§ 71 I S. 1 und 2). — auch ist es keineswegs tunlich, die Absonderungsberechtigten in einer besonderen Abteilung zusammenzufassen (a. A. Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 6 VglO). Sie sind Vergleichsgläubiger und zwar insoweit, als ihnen der Schuldner auch persönlich haftet und sie entweder auf abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind (BGH, N J W 1956 1954 = M D R 1957 28, Kuhn M D R 1960 307). An der Abstimmung (§§ 71 ff) nehmen sie nur in H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls teil, wenn der endgültige Ausfall noch nicht feststeht und kein Verzicht auf das Absonderungsrecht vorliegt. Uber die H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls entscheidet nach näherer Maßgabe des § 71 II das Gericht. Erscheint die persönliche Forderung des absonderungsberechtigten Gläubigers voll gesichert, so ist kein Stimmrecht zu gewähren (BGHZ 31 174 = KTS 1960 27 = M D R 1960 134). Im Verlaufe des Vergleichsverfahrens, d. h. ab Eingang des Vergleichsantrags (§ 2) bis zur Eröffnung des Verfahrens (§ 20) und darüber hinaus bis zum Vergleichstermin (§ 66) verbleibt es nun sehr selten bei der zuerst nicht nur vom Vergleichsschuldner allein vertretenen Ansicht über die Sicherung des Gläubigers. Es führt daher leicht zu Unklarheiten, wenn etwa unter der Annahme, die Sicherung sei wertlos die Forderung aus der — im Gesetz nicht vorgesehenen — besonderen Abteilung des Gläubigerverzeichnisses auszutragen wäre, später aber, wenn sich das Gegenteil als richtig erweist, wieder in diese Abteilung einzutragen wäre. Es liegt nahe, daß sich Fehler bei der Abstimmung einschleichen können. Es ist daher ratsam, die Forderungen der Absonderungsberech158

Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis

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tigten nicht von den übrigen Forderungen zu trennen (a. A. Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 6). Das Hauptverzeichnis kann so angelegt werden, daß auch wechselnde Beträge zum mutmaßlichen Ausfall eines Absonderungsberechtigten eintragbar sind, ohne daß dadurch bis zur Abstimmung die Ubersicht verlorengeht. Der Vorteil der Zusammenfassung aller möglicherweise zur Abstimmung Berechtigten in einem Verzeichnis liegt vor allem darin, daß Doppelzählungen vermieden werden. — Ebenso würde eine gesonderte Angabe der Wechselforderungen (so Wilmersdoerffer S. 55) nur verwirrend wirken, da ein und derselbe Gläubiger außer einer Wechselforderung noch andere Forderungen haben kann, da ferner dort, wo der Wechsel als Deckung einer Forderung begeben ist, der Zusammenhang mit der Altforderung nicht zerrissen werden darf (oben 7), und schließlich der Wechselgläubiger keineswegs stets Vergleichsgläubiger zu sein braucht. c) Für Teilschuldverschreibungen ist, und zwar bei Ausgabe verschiedener Anleihen für jede von ihnen, eine Unterabteilung anzulegen, die Raum bietet für etwaige Anmeldungen seitens der einzelnen Teilschuldverschreibungsgläubiger. Der Schuldner selbst braucht nur Gesamtzahl und Gesamtbetrag der (noch) umlaufenden Stücke unter Angabe ihrer Nummern aufzuführen sowie bei dinglicher Sicherung oder Sondervorrecht (§ 27 II) die H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls. Einer Namensangabe der Gläubiger bedarf es nicht. Ist ein zur Abstimmung befugter gemeinsamer Vertreter der Gläubiger (§§ 16, 18 SchuldverschG) nicht bestellt worden, müssen die Gläubiger ihre Forderungen einzeln anmelden, um an der Abstimmung teilnehmen zu können. d) Bei den nichtbeteiligten Gläubigern ist der Wohlordnung halber eine Untergliederung unumgänglich. Nicht nur sind die ausgeschlossenen und die minderberechtigten von den übrigen Nichtbeteiligten zu scheiden, sondern auch diese nach ihren verschiedenen Arten — Aussonderungsberechtigte, Gläubiger mit allgemeinem Vorrecht, Massegläubiger (§ 36 I) — unterzugliedern. e) Das Gläubigerverzeichnis ist f ü r die Einzelangaben horizontal in Spalten aufzuteilen. Unter jedem Eintrag, erst recht am Ende einer Untergliederung, ist Raum für Nachträge, insbesondere Anmeldungen, freizuhalten. Für die vom Schuldner vorzunehmenden Einträge kommen 9 Spalten in Frage. Soll das Verzeichnis zugleich für die Erörterung der Forderungen und die Abstimmungen verwendbar sein, so muß es noch Raum f ü r weitere drei bis vier Spalten vorsehen, deren Kennzeichnung dem Gericht überlassen bleiben kann. Die Einträge seitens des Schuldners sollen unter laufender Nummer erfolgen. Mit Nummern werden bezeichnet die Gläubiger (Absatz 1 S. 1). Die Forderungen jedes Gläubigers werden, soweit sie Vergleichsforderungen sind, sämtlich einzeln unter derselben Nummer (mit a, b, c usw.) aufgeführt. Bei den übrigen Forderungen gilt dies nur, soweit sie zur selben Untergliederung gehören (oben 3). Die einzelnen Spalten enthalten: Spalte 1: Spalte 2: Spalte 3: Spalte 4:

Spalte 5: Spalte 6: Spalte 7:

die laufende Nummer; Name und Anschrift der Gläubiger (unten 11); gesetzliche und gewillkürte Vertreter sowie Zustellungsbevollmächtigte (Absatz 3 S. 2); etwaige Angehörigkeits-, Angestellten-, Gesellschafts- oder sonstige Gemeinschaftsverhältnisse zum Schuldner oder dessen gesetzlichen Vertreter (Absatz 2; unten 12 ff); Betrag oder Geldwert der — einzelnen — Forderungen (unten 16); Schuldgrund und -gegenständ (unten 15); etwaige Nebenrechte (Absatz 1 S. 3; unten 18); 159

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Spalte 8: Spalte 9:

Höhe des mutmaßlichen Ausfalls eines absonderungs- oder sonderbevorrechtigten Gläubigers (Absatz 1 S. 6); (Un-)Streitigkeit der Forderung; vorhandene Beweismittel (Absatz 1 S.3,4).

Soll das Verzeichnis Bestand haben für das gesamte Vergleichsverfahren, muß hinreichender Raum gelassen werden, um das Ergebnis der Abstimmungen eintragen zu können. Die einzelnen Abstimmungen folgen aus §§ 74, 77 (erster Termin, u. U. Vertagung, zweiter Termin mit neuer Abstimmung) (vgl. auch Schräder- Uhlenbruck-Delhaes Rdn. 841/842). Das Schuldnerverzeichnis 10

a) Das Gesetz sieht hier keinerlei Gliederung vor. Sinngemäß sind jedoch die Vorschriften zum Gläubigerverzeichnis anzuwenden. Empfehlenswert ist zunächst die Trennung nach Geldforderungen und nicht auf Geld gehenden Ansprüchen, sodann eine solche der beiden Untergruppen nach unstreitigen, streitigen und uneinbringlichen Forderungen. Die Geldforderungen sollten schließlich auch nach der Fälligkeit untergeordnet werden, dies, soweit sie unstreitig sind und als einbringlich gelten. Bei dieser Einteilung läßt sich ein Bild über die zu erwartenden Eingänge gewinnen. b) Auch das Schuldnerverzeichnis ist für die Einträge horizontal zu gliedern. Das oben 9 e für das Gläubigerverzeichnis Ausgeführte gilt entsprechend. Die Spalte 9 enthält, wenn die Aufstellung nach unstreitigen, streitigen und uneinbringlichen Forderungen untergliedert wird, lediglich die Angabe der Beweismittel. Für etwaige gerichtliche Bemerkungen genügt eine Sonderspalte. IV. Personelle Angaben Angabe des Gläubigers (Schuldners)

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a) Angabe der Person ist Angabe des bürgerlichen Namens (möglichst auch des Vornamens), bei Einzelkaufleuten unter Zusatz der Firma, bei Handelsgesellschaften und Handelsvereinen lediglich der Firma. Bei allen Gläubigern, nicht bloß bei den beteiligten (Cahn S. 140), sowie bei allen Schuldnern ist die Anschrift des Wohn- bzw. des Aufenthaltsortes oder der gewerblichen Niederlassung anzugeben (Absatz 3 S. 1). Dies zur Ermöglichung von Zustellungen (§ 118). Bei den Gläubigern ist nach Maßgabe des Absatzes 3 S. 2 auch die dem Schuldner bekannte Anschrift eines im Inland vorhandenen Zustellungsbevollmächtigten anzugeben. Die Angabe hat eine verschiedene Bedeutung. Dem Gläubiger, dessen (inländischer oder ausländischer) Wohnort unbekannt ist, wird überhaupt nur zugestellt, wenn dem Gericht ein inländischer Zustellungsbevollmächtigter bekannt ist. Gläubigern dagegen, die im Ausland wohnen, muß auch ohne dies zugestellt werden. Die Zustellung kann aber zu Händen des inländischen Zustellungsbevollmächtigten geschehen. b) Bei Gläubiger- oder Schuldnermehrheit sind die Namen sämtlicher Mitgläubiger (z. B. sämtlicher Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) und Mitschuldner (z. B. Gesamtschuldner), bei Handelsgesellschaften aber nur die Firma (§§ 124, 161 II H G B ) anzugeben. Einer Mitangabe der dem Schuldner neben der Handelsgesellschaft persönlich haftenden Gesellschafter (§§ 128, 161 H G B ) bedarf es nicht. Werden sie aber angegeben, so hat dies anhangsweise an die Gesellschaftsschuld zu geschehen, wie es das Gesetz auch für die Bürgschaft zugunsten einer Forderung des Schuldners vorschreibt (Absatz 1 S. 3). Im Eigenverfahren eines persönlich haftenden 160

Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis

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Gesellschafters sind nach § 110 I S. 2 auch die Gesellschaftsgläubiger anzugeben. Sie sind im Eigenverfahren mit dem Betrage ihrer F o r d e r u n g beteiligt, f ü r den sie im Verfahren (Vergleich oder Konkurs) über das Gesellschaftsvermögen keine Befriedigung erhalten. Die ausstehende Kommanditeinlage eines Schuldners ist anzugeben ( § 1 7 1 H G B ) . Bei N a c h l a ß f o r d e r u n g e n und -Verbindlichkeiten genügt es, den zur Verwaltung des Gesamtnachlasses berufenen Testamentsvollstrecker (§§ 2205, 2209 BGB) anzugeben. Sind Gläubigerforderungen p f a n d - oder nießbrauchbelastet, so ist auch der P f a n d - oder Nießbrauchgläubiger anzugeben, da das Stimmrecht dann nur gemeinschaftlich ausgeübt werden kann (§ 72 II). Bei Wechseln und Schecks, die der V e r gleichsschuldner (weiter-)begeben hat, genügt es, wenn der jetzige legitimierte Inhaber unbekannt ist, den E m p f ä n g e r anzugeben (vgl. dazu oben Anm. 7, 8, e). Dasselbe gilt bei den an O r d e r gestellten kaufmännischen Verpflichtungsscheinen (§ 363 I H G B , § 784 BGB). — Bei einem Prätendentenstreit über eine Passivforderung darf der Vergleichsschuldner denjenigen Prätendenten als Gläubiger angeben, den er f ü r den Gläubiger hält. Meldet ein anderer die F o r d e r u n g an (§ 67 I), so ist das Gläubigerverzeichnis zu berichtigen (§ 67 III). D e r Vergleichsschuldner kann aber auch von vornherein unter Hinweis auf den Streit beide Prätendenten angeben. Verhältnis eines nahen Angehörigen Steht der Gläubiger oder Schuldner im Verhältnis eines nahen Angehörigen zum 1 2 Vergleichsschuldner oder auch nur eines gesetzlichen Vertreters desselben, so ist auch dies anzugeben (Absatz 2 S. 1). U b e r den Zweck der Vorschrift und den Kreis der nahen Angehörigen siehe § 4 A. 7 und 8 a bis d. Auch das f ü r den Fall einer Mehrheit von Vergleichsschuldnern in § 4 A. 8 e Ausgeführte gilt entsprechend. D a aber zufolge unserer Vorschrift auch ein Naheverhältnis zum gesetzlichen Vertreter des Vergleichsschuldners anzugeben ist, muß seine Angabe auch bei Schuldverhältnissen geschehen, die zwischen Gläubiger oder Schuldner und dem gesetzlichen Vertreter eines Gesellschafters, auch eines Kommanditisten bestehen. Im Nachlaßvergleichsverfahren kommt es bei den vor dem Erbfall begründeten Ansprüchen und Verbindlichkeiten auf das Verhältnis zum gesetzlichen Vertreter des Erblassers, bei den später begründeten aber auf das zum gesetzlichen Vertreter des Erben oder eines Miterben an (§ 113). Auf Nachlaßpfleger und Nachlaßverwalter erstreckt sich unsere Vorschrift ihrem Zweck nach nicht. W e g e n der Erstreckung der Angabe auf das Angehörigkeitsverhältnis zu einem gesetzlichen Vertreter des Vergleichsschuldners genügt bei juristischen Personen sowie Vereinen ohne Rechtsfähigkeit — im Gegensatz zu § 4 A. 8 f — schon die Beziehung zu einem Mitglied des Vorstands (im Rechtssinne), nicht aber auch z. B. eines Aufsichtsrats oder sonstigen verfassungsmäßigen Organs. Bei Vergleichsverfahren einer Kommanditaktiengesellschaft ist auch das Angehörigkeitsverhältnis zum gesetzlichen Vertreter eines persönlich haftenden Gesellschafters anzugeben (§ 109). D e m § 6 II 1 unterfällt auch ein Angehörigkeitsverhältnis zu Geschäftsführern der GmbH, die nicht Gesellschafter sind. In bezug auf nahe Angehörige von Gesellschaftern gilt, auch wenn letztere nicht zur Vertretung der G m b H befugt sind, der § 108 II 2 (vgl. zu den „nahen Angehörigen" bei einer G m b H das oben unter der Rdn. 8 zu e zu § 4 V g l O Ausgeführte und die dort mitgeteilte BGH-Rechtsprechung). Auf gesetzliche Vertreter der Gesellschafter bezieht sich 5 6 II 1 im Vergleichsverfahren der G m b H nicht. Angestelltenverhältnis Anzugeben ist ferner ein Angestelltenverhältnis des Gläubigers oder Schuldners 1 3 zum Vergleichsschuldner oder einem gesetzlichen Vertreter desselben (Absatz 2 S. 2). 161

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Zweck der Vorschrift ist (gegen Krieg A. 8) nicht, die Prüfung der Frage eines V o r rechts des Gläubigers oder einer Kündbarkeit des Rechtsverhältnisses zu ermöglichen. Das Gesetz will vielmehr der hier besonders naheliegenden Gefahr einer das gemeinschaftliche Interesse der Gläubiger schädigenden Aufnahme fingierter oder überhöhter Ansprüche und Verbindlichkeiten vorbeugen. Daraus folgt zunächst, daß die Angabe sich keineswegs auf Ansprüche und Verbindlichkeiten aus dem Ausstellungsverhältnis beschränkt, sondern für alle Ansprüche und Verbindlichkeiten von „Angestellten" gilt. Nach dem Zweck der Vorschrift ist der Ausdruck „Angestellter" zu eng. Es kann nicht darauf ankommen, ob der Gläubiger oder Schuldner im arbeitsrechtlichen Sinne zu den Angestellten oder Arbeitern gehört, und ob er im Erwerbsgeschäft, Wirtschaftsbetrieb oder Haushalt des Vergleichsschuldners oder des gesetzlichen Vertreters tätig ist. Entscheidend ist allein die soziale Abhängigkeit kraft Arbeits- oder Dienstverhältnisses vom Vergleichsschuldner oder dessen gesetzlichem Vertreter. So gesehen, deckt sich der Personenkreis, nicht aber auch der Kreis der Ansprüche, mit dem des § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O . Organe juristischer Personen und die an Stelle der ausgeschlossenen Gesellschafter einer Personalgesellschaft kraft Dienstvertrags mit der Geschäftsführung betrauten Geschäftsleiter gehören ebensowenig wie im Falle des § 6 1 Abs. 1 Nr. 1 K O (§ 26 V g l O ) zu den Angestellten ( R G Z 150 99 Staudinger-Mohnen Anm. 242 zu § 6 1 1 B G B ) . Für den Fall, daß das Angestelltenverhältnis zum gesetzlichen Vertreter des Vergleichsschuldners besteht, gilt das vorstehend zur Anm. 12 Ausgeführte entsprechend.

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Gesellschafts- und andere Gemeinschaftsverhältnisse Ein Gesellschafts- und Gemeinschaftsverhältnis ist nach Absatz 2 S. 2 unabhängig davon anzugeben, ob die Aktiv- oder Passivforderung auf einem Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis beruht. Diese Angaben sollen dem Vergleichsgericht es leichter ermöglichen, Sonderinteressen einzelner Gläubiger und und Gläubigergruppen zu erkennen und Interessengegensätze klarzustellen. Anzugeben sind insbesondere Gesellschaftsverhältnisse des bürgerlichen und des Handelsrechts (§ 705 B G B , § § 1 0 5 , 161 H G B ) , auch stille Gesellschaften (§ 335 H G B ) . Anzugeben sind auch partiarische Rechtsgeschäfte (partiarisches Darlehn oder Pachtverhältnis), die im Vermögensverzeichnis als solche nicht in Erscheinung treten, aber wegen der Gewinn- und Verlustmöglichkeiten für die Beurteilung der Erfüllbarkeit des Vergleichs (§ 18 Nr. 4) bedeutsam sein können. — Besteht das Gemeinschaftsverhältnis zum gesetzlichen Vertreter des Vergleichsschuldners, so gilt das oben zur Anm. 12 Ausgeführte entsprechend.

V. Gegenständliche Angaben Schuldgrund und Leistungsgegenstand 15

D a im Verzeichnis Forderungen und Schulden einzeln aufzuführen sind, müssen zwecks Individualisierung stets auch Schuldgrund und Leistungsgegenstand angegeben werden (Absatz 1 S. 2). Dazu ist nicht erforderlich, daß die rechtlichen Gesichtspunkte mitgeteilt werden, die für die Beurteilung der zur Begründung der Forderung vorgetragenen Tatsachen maßgebend sind ( R G Z 93 14, ergangen für die Anmeldung von Forderungen im Konkurs). Es genügt der Tatsachenvortrag, nur muß dieser so genau sein, daß er den Anspruch als einzelnen kennzeichnet. Die geschuldete Leistung muß, wenn sie nicht auf Geld geht, mit einem festen Geldbetrag bewertet werden. Dies gilt für Aktiv- und Passivforderungen gleicherweise.

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Gläubigerverzeichnis und Schuldnerverzeichnis

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Bewertung von Passivforderungen Was die Bewertung von Passivforderungen betrifft, so sind diese, wenn sie von 1 6 vornherein auf einen festen Geldbetrag in der f ü r das Gericht geltenden D M - W ä h r u n g lauten, mit ihrem N e n n b e t r a g anzusetzen. Vergleichsforderungen sind, wenn sie nicht auf Geld gehen oder der Geldbetrag unbestimmt oder ungewiß ist oder nicht in der f ü r das Gericht geltenden W ä h r u n g festgesetzt ist, in Deutscher Mark zu schätzen oder umzurechnen (vgl. zur entsprechenden Frage bei der Anmeldung von K o n k u r s f o r d e rungen: LG Mönchengladbach K T S 1976 67), wenn aber wiederholte H e b u n g e n von bestimmtem Betrag und bestimmter Zeitdauer in Frage stehen, durch Zusammenzählen der einzelnen H e b u n g e n unter A b z u g der Zwischenzinsen zu kapitalisieren. (Näheres §§ 34, 35). D a ß dies schon bei Aufstellung der Verzeichnisse durch den Schuldner zu geschehen hat, folgt zur Evidenz aus den § § 5 1 1 , 6 1 1 (Lucas S. 63; Vogels § 34 II; Krieg § 34 A. 5; Böhle-Stamschräder § 34 A. 5; a. M. Kiesow A. 10). Für nichtbeteiligte Forderungen (oben 6 a — c) gelten die §§ 34, 35 nicht. Gleichwohl sind auch sie, um eine nochmalige E i n z e l a u f f ü h r u n g in der Vermögensübersicht zu ersparen, in Geld umzurechnen oder zu schätzen, falls sie nicht von vornherein auf einen festen Geldbetrag gehen oder dieser nicht in der f ü r das Gericht geltenden D M - W ä h r u n g festgesetzt ist. Bei Sachverschaffungsansprüchen ist der W e r t der Sache, nicht der vereinbarte Preis einzusetzen. Bei Forderungen, deren Gläubiger abgesonderte Befriedigung verlangen können oder sonderbevorrechtigt sind (§ 27), ist außer dem N e n n b e t r a g die H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls anzugeben (Absatz 1 S. 6). Nebenansprüche, z. B. Zinsen, sind in genau bestimmbaren Geldbeträgen zu bezeichnen. D a der Zeitpunkt der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21) nicht feststeht, kann der Vergleichsschuldner eine Zinssumme nicht angeben. Es bleibt offen, von wann ab Zinsansprüche gemäß § 29 N r . 1 ausgeschlossen sind. Aber auch der Vergleichsgläubiger braucht bei seiner Forderungsanmeldung nach der E r ö f f n u n g des Verfahrens (§ 67 I) eine Zinssumme nicht anzugeben, sofern nur der Zinsbetrag aus der Anmeldung (z. B. 4% Zinsen ab 1. M ä r z 1968 bis zur E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens auf die K a u f s u m m e von 500,— D M ) bestimmbar ist (vgl. Kalter K T S 1978 1 ff. Gesamtdarstellung von Zinsansprüchen im Vergleichsverfahren). — Kosten, die den Vergleichsgläubigern durch ihre Teilnahme am V e r f a h r e n erwachsen, gehören nach § 29 N r . 2 zu den ausgeschlossenen Ansprüchen. Bewertung von Aktivforderungen Auch die Bewertung der Aktivforderungen hat, um die Vermögensübersicht von 1 7 Einzelangaben zu entlasten, schon im Schuldnerverzeichnis zu geschehen (Absatz 1 S. 2). Gehen sie auf einen festen Geldbetrag in der f ü r das Gericht geltenden D M - W ä h r u n g , so hat es mit Angabe des Nennbetrags sein Bewenden; außer bei Uneinbringlichkeit. Diese ist ebenso wie die Zweifelhaftigkeit kenntlich zu machen (§ 5 I 2) und der W e r t , erforderlichenfalls bis auf Null, herabzusetzen. Einfaches V e r schweigen wertloser Forderungen (so Weinberg-Manasse § 18 A. 7) widerspricht dem Gesetz (Samolewitz § 18 A. 7) und ist schon im Hinblick auf die Ablehnungsgründe nach § 18 ebensowenig zuzulassen wie die summarische Absetzung eines Gesamtbetrags (a. M. wieder Weinberg-Manasse a a O ) . Andererseits ist es nicht erforderlich, die vorhandene Bonität bei jeder Forderung ausdrücklich zu vermerken (so Cahn S. 154). Bedingung und Befristung sind, auch bei Unverzinslichkeit der Forderung, ohne Einfluß. Das folgt f ü r Geldforderungen aus § 5 I 1 („Angabe ihres Betrags") und muß deshalb auch f ü r sonstige Ansprüche gelten (a. M. Mayer % 18 A. 13). Bei Ansprüchen auf Sachverschaffung ist wieder der W e r t der Sache, nicht der vereinbarten Gegenleistung, 163

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insbesondere nicht der Preis zugrunde zu legen. Die §§ 30, 2; 34, 35 kommen als Ausgangspunkt der Bewertung nur in Frage, wenn gegen den Drittschuldner ein Konkursoder Vergleichsverfahren eröffnet wurde und die Forderung beteiligt ist (§ 3 K O ; § 25 VglO). Die gerichtliche Bestätigung eines Zwangsvergleichs § 193 K O ) ; § 82 I VglO), entbindet den Schuldner nicht von der Prüfung der Einbringlichkeit der Vergleichsquote. Herausgabeansprüche (oben 8 b) werden, da der Gegenstand selbst mit Wertangabe in der Vermögensübersicht aufzuführen ist, im Schuldnerverzeichnis nicht nochmals bewertet. Pfand- oder nießbrauchbelastete Forderungen des Vergleichsschuldners (oben 8 d) sind unter Berücksichtigung der wertmindernden Belastung zu bewerten.

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Beweismittel, Nebenrechte, Bestrittenheit Beweismittel (z. B. Vertragsurkunden, Schuldtitel) sind nur bei den Aktivforderungen, Nebenrechte und Bestrittenheit auch bei den Passivforderungen anzugeben (Absatz 1 S. 3, 4). Bei bestrittenen Forderungen und Schulden ist nicht nur die Tatsache des Bestreitens (so Wilmersdoerffer S. 53), sondern auch der Grund des Bestreitens summarisch (Weinberg-Manasse A. 2), dabei aber möglichst genau (Samolewitz A. 2: auch Aktenzeichen und Stand eines Rechtsstreits) anzugeben. Prätendentenstreit über Passivforderungen: oben I I b ) . Nebenrechte müssen auch angegeben werden, wenn davon die abgesonderte Befriedigung des Gläubigers abhängt, oder wenn es sich um die Deckung fortbestehender Altforderungen handelt (oben 7, 8 d) oder wenn sich an das Nebenrecht ein Rückgriffsrecht, sei es auch nur ein bedingtes, für oder gegen den Schuldner knüpft (oben 5 c, 8 e). Zu den Nebenrechten gehört auch die Anwartschaft auf Grund bedingter Ubereignung bei Kauf unter Eigentumsvorbehalt (oben 6 b, 8 c). Bei Hypotheken und Grundschulden ist das Grundbuch- oder Registerblatt anzugeben (Absatz 1 S. 3 Halbs. 2). Bei Sicherungsübertragungen an Gläubiger zwecks Nachprüfung der Rechtswirksamkeit Beilage der Vertragsurkunden zweckmäßig (Vogeh-Nölte II 3, Bohle-Stamschräder Anm. 5, je zu § 6 VglO, Serick Bd. III, § 36 I 2).

§7 Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestquote) (1) Der Vergleichsvorschlag muß bestimmt sein. Den Vergleichsgläubigern müssen mindestens fünfunddreißig vom Hundert ihrer Forderungen gewährt werden (Mindestsatz). (2) Der Mindestsatz erhöht sich auf vierzig vom Hundert, wenn der Schuldner eine Zahlungsfrist von mehr als einem Jahr von der Bestätigung des Vergleichs ab beansprucht. Eine Zahlungsfrist von mehr als achtzehn Monaten darf der Schuldner nur für den Betrag seines Angebots in Anspruch nehmen, der vierzig vom Hundert der Forderungen übersteigt. (3) Die Mindestsätze müssen bar geboten werden. (4) Ein Vergleichsvorschlag, in dem der Schuldner den Gläubigern sein Vermögen ganz oder teilweise zur Verwertung mit der Abrede überläßt, daß der nicht durch die Verwertung gedeckte Teil der Forderungen erlassen sein soll, ist nur zulässig, wenn die Verwertung des Vermögens den Vergleichsgläubigern voraussichtlich mindestens fünf164

Inhalt des Vergleichsvorschlags ( M i n d e s t q u o t e )

§ 7

unddreißig vom Hundert ihrer Forderungen gewähren wird und der Erlaß, falls die Verwertung weniger ergeben sollte, sich nicht auf den an fünfunddreißig vom Hundert der Forderungen fehlenden Betrag erstreckt. Materialien: Begr. I S. 19 ff, 41 (44, 46 = V o r l R W i r t s c h R ) . Ber. S. 4, 10 ff, 33, 47. Begr. II S. 3 7 / 3 8 , 40 f f , 44; III S. 389. A k a d . S. 144. Aus dem Schrifttum: Hans Richard Edel Die H ö h e d e r V e r g l e i c h s q u o t e im Ausgleich von S c h u l d n e r - und Gläubigerinteresse, Diss. K ö l n 1938, Künne D e r Liquidationsvergleich im gerichtlichen und außergerichtlichen V e r g l e i c h s v e r f a h r e n , Düsseldorf 1968, auch Betrieb 1968 1253 f f / 1 3 0 0 f f , derselbe K T S 1971 239 f f , Zirpins K T S 1976 282, G e f a h r e n des Liquidationsvergleich, Verfasser D e r f e h l e r h a f t e Vergleichsvorschlag, Festschrift f ü r Emst Knorr K ö l n 1968 33 f f , M u s t e r von V e r g l e i c h s v o r s c h l ä g e n : Schräder-Uhlenbruck-Delhaes Rd. 830 ff, Uhlenbruck G e f a h ren des gerichtlichen Liquidationsvergleichs, G m b H - R d s c h 1976 189 f f , derselbe: Die S o z i a l a n sprüche der A r b e i t n e h m e r beim t r e u h ä n d e r i s c h e n Liquidationsvergleich, BB 1974 628 ff. Übersicht Rdn. I.

II.

III.

Bedeutung der Vorschrift Bestimmtheit des V o r s c h l a g s Erfordernis der Mindestquote. Zulässigkeitsvoraussetzung Zwingendes Recht Vergleichsgläubiger Die Mindestsätze B e r e c h n u n g des jeweils m a ß g e b e n d e n Mindestsatzes D e r M i n d e s t s a t z v o n 35 v. H . ( A b s a t z 1 S. 2) E r h ö h t e r M i n d e s t s a t z ( A b s a t z 2) Sonderfälle B a r g e b o t d e r M i n d e s t s ä t z e ( A b s a t z 3) . . . D i e R e g e l u n g des L i q u i d a t i o n s v e r g l e i c h s Sein W e s e n

1 2 3 4

5 6 7 8 9

IV.

Rdn. T e i l e r l a ß v e r g l e i c h mit z i f f e r n m ä ß i g bestimmter Mindestquote 11 Voraussichtliche D e c k u n g der Mindestquote 12 F o r t h a f t u n g f ü r den Unterschiedsbetrag . 13 F o r t h a f t u n g bei streitigen u n d u n b e k a n n ten F o r d e r u n g e n 14 V e r g l e i c h s g a r a n t e n beim L i q u i d a t i o n s v e r gleich 15 B e r e i c h e r u n g s a n s p r ü c h e bei u n z u l ä s s i g e n Vorauszahlungen 16 V e r g l e i c h s v e r f a h r e n u n d das U n t e r n e h m e n ( d e r Betrieb) H a f t u n g bei B e t r i e b s ü b e r g a n g 17 A u f s t e l l u n g eines S o z i a l p l a n s 18

10

I. Bedeutung der Vorschrift Bestimmtheit des Vergleichsvorschlags Die Vergleichsordnung von 1927 sah im ersten Satz des § 15 vor, daß „der Antrag 1 auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens einen bestimmten Vergleichsvorschlag enthalten muß". — Dieser Satz ist in die entsprechende Bestimmung des § 3 I unseres Gesetzes ohne das Erfordernis der Bestimmtheit des Vergleichsvorschlags übernommen worden. Wohl ist aus der Bestimmung des § 15 Abs. 1 der Vergleichsverordnung in die des § 3 1 unseres Gesetzes mit übernommen worden, daß „der Antrag ergeben muß, ob und wie die Erfüllung des Vergleichs sichergestellt werden soll". Es war daher erforderlich, in den Erläuterungen zu § 3 bereits den Vergleichsvorschlag hinsichtlich des Erfordernisses der Gesetzmäßigkeit und der Bestimmtheit mit zu behandeln. Das ist geschehen oben zu § 3 unter Anmerkung 12 und 13. Dazu aber war zuvor eine Einführung in die Arten und Formen von Vergleichsvorschlägen (Anm 8 bis 11) erforderlich. Nicht vermeidbar war es im Zusammenhang mit den Grundsatzfragen, auch die Rechtfertigung des Vorschlags, der Vorschlagsänderung und die der Sicherstellung der Vergleichserfüllung (§ 3 I) bereits bei dieser Gesetzesbestimmung (Anm. 14 bis 20) sogleich darzustellen. — Die Erläuterungen zu § 7 beschränken sich daher auf die Vorschriften über die Mindestquoten. Aus dem Erfordernis der Mindestquote ergibt sich daß in dem Ver165

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§7

gleichsvorschlag nicht etwa eine bestimmte Gesamtsumme angeboten werden kann. Auch ist es nicht zulässig, eine durch eine Gesamtsumme begrenzte Vergleichsquote anzubieten. Die Vorschrift über den Mindestsatz (§ 7) ergänzt den G r u n d s a t z der Bestimmtheit des Vergleichsvorschlags (dazu oben bei § 3 Anm. 13). D e r Bestimmtheitsgrundsatz gilt auch f ü r die Vergleichssicherheiten, insbesondere f ü r die Vergleichsbürgschaft. W e g e n der Einzelheiten ist auf zu § 3 V g l O — Rdn. 19 — Ausgeführte zu verweisen. Erfordernis der Mindestquote Zulässigkeitsvoraussetzung 2

D a ß durch die V g l O 1927 eingeführte Erfordernis der Mindestquote hat der Gesetzgeber trotz der dagegen mehrfach geäußerten Bedenken (siehe namentlich Jaeger D J Z 1926 30; 1927 1317; Cahn Recht und H a n d e l 1926 398 ff; Salomon S. A\\ Bley Z Z P 52 120; vgl. auch Vetsch Das Krisenrecht der Zwangsvollstr., St. Gallen 1937 S. 66 mit Verw. in N . 173; vermittelnd der Vorschlag des Vorl. RWirtschR Begr. I S. 41, 46; Friedländer Festschrift des Creditoren-Vereins von 1870, Wien 1930 S. 95 ff) nicht nur beibehalten, sondern durch E r h ö h u n g der Mindestsätze noch verschärft. W e n n auch die E r h ö h u n g der Mindestsätze nicht so weit geht, wie in dem mit § 3 Abs. 1 N r . 3 österr. AusglO übereinstimmenden Entw. 1933 vorgeschlagen, so ist sie gegen Schumann BankA 1934 317 im Hinblick auf Krisenzeiten zu bedauern. Sie ist einer der G r ü n d e f ü r die Flucht der Schuldner in den außergerichtlichen Vergleich (vgl. Serick Bd. III, § 36 III 2 S. 379). Das mit der E r h ö h u n g erstrebte Ziel, den Schuldner im Gläubigerinteresse zu einem frühzeitigen Vergleichsantrag anzuhalten, hätte sich schon durch sinnvolle H a n d h a b u n g des § 18 N r . 2 erreichen lassen. Rechtsdogmatisch gilt das Erfordernis der Mindestquote im Gegensatz zu § 187 K O und dem gleichlautenden § 55 des früheren A u f s V O absolut und ohne Rücksicht auf den G r u n d des Minderergebnisses und deshalb unter Ausschaltung jedes richterlichen Ermessens: W e r seinen Gläubigern nicht wenigstens den gesetzlichen Mindestsatz bieten kann, und zwar in bar, ist ohne weiteres als wirtschaftlich nicht lebensfähig und damit als vergleichsunwürdig anzusehen. Deshalb hat das Erfordernis des Mindestsatzes die Bedeutung einer Zulässigkeitsvoraussetzung f ü r das V e r f a h r e n (§ 3 A. 12 a) und stellt in diesem Sinne einen „ H a u p t g r u n d s a t z des V e r f a h r e n s " (Ber. S. 47) dar. Ein gegen die V o r schriften über die Mindestquote verstoßender Vorschlag ist, wenn der Mangel nicht rechtzeitig behoben wird, Ablehnungs- und Einstellungsgrund (§§ 17 N r . 1, 100 I N r . 1). Eine Abstimmung darf das Gericht gar nicht vornehmen. Zu einer Versagung der Bestätigung des gegen die Vorschriften über die Mindestquote verstoßenden Vergleichs (§ 79 N r . 1) wird es deshalb praktisch kaum k o m m e n . Die Vorschrift des § 74 III betrifft nicht die Zulässigkeit des Vorschlags, sondern nur die zu dessen A n n a h m e erforderliche Summenmehrheit.

Zwingendes Recht 3

N a c h einhelliger Ansicht ist die Vorschrift des § 7, und zwar in allen ihren Absätzen, zwingendes Recht (z. B. Krieg A. 2, 5; Bohnenberg K T r . 1937 46; WameyerS. 19; Böhle-Stamschräder A 5; Vogels-Nölte IV, 3). Das aber bedeutet nur, daß insoweit der Mehrheitszwang versagt (§ 8 A. 9). Die Gläubigermehrheit kann der Minderheit nicht einen inhaltlich unzulässigen Vergleich aufzwingen. (KG, K T S 1973 184/187 = Rpfleger 1973 177). Selbst in dem praktisch wohl kaum v o r k o m m e n d e n Falle, daß sämtliche im Gläubigerverzeichnis stehenden Gläubiger mit einem geringeren als dem 166

Inhalt des Vergleichsvorschlags ( M i n d e s t q u o t e )

§7

Mindestsatz einverstanden sein sollten, dürfte das Gericht eine Abstimmung über den (nach Verfahrenseröffnung verschlechterten) Vorschlag nicht zulassen, da immer mit dem Vorhandensein unbekannt gebliebener Vergleichsgläubiger gerechnet werden muß. Die Bestätigung würde den Mangel des Mindestsatzes nicht heilen, da der Vergleich seinem Inhalt nach gegen das Gesetz verstieße. Davon zu unterscheiden ist ein vom einem Vergleichsgläubiger oder von einer Gruppe von Vergleichsgläubigern erklärter Verzicht auf volle Auszahlung der in dem Vergleichsvorschlag enthaltenen Mindestquote. Ein solcher Verzicht — er könnte theoretisch auch von sämtlichen im Gläubigerverzeichnis aufgeführten Vergleichsgläubigern erklärt werden — bindet nur die ihn aussprechenden Vergleichsgläubiger, nicht aber die auch sonst vom Vergleich betroffenen Vergleichsgläubiger (§82 1). — Bei einem Wegfall der Vergleichswirkung (§ 88) und bei einer Anfechtung des Vergleichs (§ 89) erstreckt sich die Wirkung dieser Bestimmungen regelmäßig auch auf den über den Erlaß aus dem Vergleichsvorschlag selbst und auf den zusätzlichen Mehrerlaß, es sei denn, die Verzichtserklärung ergäbe etwas anderes. Auch im Falle des Verzuges des Vergleichsschuldners (§ 9) würde sich die Wiederauflebensklausel mangels gegenteiliger Abrede mit auf den Mehrerlaß beziehen. Für die Zwangsvollstreckung aus dem bestätigten Vergleich gilt § 85, wobei es dem Vergleichsschuldner überlassen bliebe, hinsichtlich des freiwilligen Mehrerlasses Einwendungen nach § 86 geltend zu machen. Vergleichsgläubiger Vergleichsgläubiger, und zwar nicht nur für den Bereich des Absatzes 1 S. 2, son- 4 dem für den Gesamtbereich der Vorschriften des § 7, also z. B. auch für dessen Absatz 3, sind nicht nur die teilnahmeberechtigten, sondern auch die bloß vergleichsbetroffenen Gläubiger (§ 83 I). Ansprüche aus einer Freigebigkeit des Vergleichsschuldners, die im Vergleichsverfahren nicht geltend gemacht werden können (§ 29 Nr. 4), unterliegen kraft zwingenden Rechtes, um jede Bevorzugung auszuschließen, gleicherweise den Vergleichswirkungen. Die Vorschriften des § 7 gelten auch für die eine Vergleichsforderung bildenden Nebenansprüche (§ 367 I BGB). Dies hinsichtlich der Zinsen jedoch nur, soweit sie bis einschließlich dem Tage vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 20) zu berechnen sind (§ 29 Nr. 1) — vgl. Kalter KTS 1978 2. — Die von der Eröffnung des Verfahrens ab laufenden Zinsen der vom Vergleich betroffenen Forderungen sowie die Kosten, die den betroffenen Gläubigern durch die Teilnahme an dem Verfahren erwachsen sind (§ 29 Nr. 2) gelten, wenn der Vergleich nichts anderes bestimmt, als erlassen (§ 83 II). - Vgl. BGH, KTS 1969 50/52. II. Die Mindestsätze Berechnung des jeweils maßgebenden Mindestsatzes Die Berechnung des jeweils maßgebenden Mindestsatzes geschieht rein ziffernmäßig 5 nach dem gebotenen Prozentsatz der vergleichsbetroffenen Forderungen. Wird Zahlung der Quote in Raten vorgeschlagen, so kann dies zu einer Erhöhung der Mindestquote führen. Aber auch der erhöhte Mindestsatz ist rein ziffernmäßig zu berechnen. Die Raten sind, wenn nichts anderes bestimmt wird, unverzinslich (§ 83 II). Diese Unverzinslichkeit führt jedoch nicht etwa dazu, daß die erst später fällig werdenden Raten für die Berechnung des Mindestsatzes auf ihren Gegenwartswert zurückzuführen sind. Die Bestimmung des § 30 S. 2 bezieht sich auf Berechnung unverzinslicher Vergleichsforderungen und unverzinslicher Forderungen im Sinne des § 83 I, nicht aber auf die Zahlungsverpflichtung des Vergleichsschuldners aus dem Vergleichsvorschlag. Die Bestimmung des § 30 S. 2 kann hier auch nicht etwa entsprechend ange167

§7

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

w a n d t werden (Roesler K u T 1931 18, Kiesow D R i Z 1935 240). Aber auch die an sich zulässige Abrede, daß der Vergleichsschuldner bei vorzeitiger Erfüllung erst später fällig werdenden Raten einen Zwischenzins abziehen kann, hat keinen Einfluß auf die Berechnung des Mindestsatzes. D e r Mindestsatz muß vornherein und endgültig geboten werden. Es genügt nicht etwa, daß er erst durch Einfügung einer Besserungsklausel (vgl. zur Besserungsklausel: Künne K T S 1968 202 ff und Rdn. 23 ff zu § 82 V g l O , Muster: Verfasser K T S 1967 33, Veismann K T S 1968 40 ff) erreicht wird. Unzulässig ist z. B. ein Vergleichsvorschlag, 30 vom H u n d e r t sofort und innerhalb eines Jahres seit der Vergleichsbestätigung weiter 15 v. H . zahlen zu wollen, wenn eine Besserung der wirtschaftlichen Lage des Vergleichsschuldners eintreten sollte. Andererseits muß die Mindestquote auch erhalten bleiben, wenn der Vergleichsvorschlag vorsieht, daß z. B. bei Verlust eines zur Zeit schwebenden Rechtsstreits die Vergleichsquote sich um fünf vom H u n d e r t verringern soll. Der Mindestsatz von 35 v. H. (Absatz 1 S. 2) 6

Dieser Mindestsatz gilt: a) ausnahmslos bei Liquidationsvergleichen {Eckert K T r . 1937 50; Vogels-Nölte IV 1; Krieg A. 9; Warneyer A. 1; Böhle-Stamschräder A. 4). Für diesen ist es ausdrücklich bestimmt (Absatz 4), da feste Zahlungstermine und erst recht feste Raten das Ergebnis der V e r w e r t u n g ungünstig beeinflussen könnten. Sinngemäß muß der Mindestsatz von 35 v. H . auch bei Verwaltungstreuhand mit Teilerlaß gelten (ebenso K G , K T S 1973 184/189 = Rpfleger, 1973 177), aber nur, wenn sich die Ausschüttung lediglich nach den Erträgen richten soll, nicht jedoch, wenn, wie es oft der Fall ist, Raten mit bestimmten Zahlungsterminen oder wenigstens ein äußerster Zahlungstermin f ü r die Q u o t e vereinbart ist (vgl. § 3 A. 10c). b) Bei den übrigen Teilerlaßvergleichen nur, wenn die vorgeschlagene Q u o t e , sei es auf einmal oder in Raten, innerhalb eines Jahres seit der Vergleichsbestätigung zu zahlen ist (arg. Absatz 2 S. 1). D e r T a g der Bestätigung zählt bei der Fristberechnung nicht mit. Es gelten f ü r diese die §§ 187 I, 188 II, III BGB. Die Frist kann auch, da sie keine prozessuale ist, entgegen dem § 222 II Z P O an einem Sonntag oder allgemeinen Feiertag ablaufen. c) Bei einem Vergleichsvorschlag mit variablen Quoten (dazu § 3 Anm. 1 3 c ) , bei einem Vorschlag, z. B. 35 vom H u n d e r t und bei Freigabe eines zur Zeit beschlagnahmten Auslandsvermögens 45 vom H u n d e r t auf die Vergleichsforderungen zu zahlen, richtet sich der Mindestsatz nach der zuerst, also ohne Rücksicht auf den die Q u o t e später ändernden Umstand gebotenen Satz. Es ist mithin unzulässig, die zunächst gebotenen 35 v. H . erst nach Jahresfrist zahlen zu wollen. Erhöhter Mindestsatz (Absatz 2)

7

a) Mit Ausnahme des Liquidationsvergleichs und der Verwaltungstreuhand (oben 6 a) erhöht sich der Mindestsatz auf 40 v. H., wenn der Schuldner eine Zahlungsfrist von mehr als einem Jahre seit der Vergleichsbestätigung beansprucht (Absatz 2 S. 1). Und diese 40 v. H . genügen nur, wenn die beanspruchte Zahlungsfrist nicht mehr als 18 Monate beträgt (arg. Absatz 2 S. 2). Erforderlich ist also, daß der Vorschlag Zahlung der letzten Rate bis zum Ablauf von 18 Monaten seit Vergleichsbestätigung vorsieht. Ein Vergleichsvorschlag dahingehend, 50 v. H . in 24 gleichen Monatsraten, beginnend einer W o c h e nach der A n n a h m e des Vergleichs zahlen zu wollen, enthält folgende 168

Inhalt des Vergleichsvorschlags ( M i n d e s t q u o t e )

§7

Fehler: Innerhalb der Frist des § 7 Abs. 2 S. 2 werden keine 40 vom Hundert auf die vom Vergleich betroffenen Forderungen gezahlt. Da das Vergleichsgericht den Bestätigungsbeschluß (§ 78) sofort nach der Annahme des Vergleichs (§ 74) verkünden kann, ist bei der Fristberechnung in diesem Falle die Wochenfrist abzuziehen. Setzt das Vergleichsgericht nach der Annahme des Vergleichs einen besonderen Verkündungstermin für die Entscheidung über die Bestätigung an (§ 78 III) und wird hierbei mit Rücksicht auf noch schwebende Ermittlungen (§ 116) die nur als kraft einer Ordnungsvorschrift bestimmte Frist überschritten, so erhalten die Vergleichsgläubiger im Falle der Bestätigung des Vergleichs bereits die erste Vergleichsquote nicht wie im Vergleichsvorschlag vorgesehen (eine Woche nach Annahme des Vergleichs) ausgezahlt. — Über diese rein rechtlichen Fehler in der Fassung des Vergleichsvorschlags hinaus erscheint es in der Regel wenig sinnvoll, eine Vergleichsquote in 24 Raten auszahlen zu wollen (Buchhaltungsbelastungen beim Zahlenden und Empfänger, Uberweisungskosten). b) Eine längere Zahlungsfrist als 18 Monate seit der Vergleichsbestätigung darf der Schuldner nur beanspruchen, wenn er mehr als 40 vom Hundert bietet und nur für den über diesen Satz hinausgehenden Teil. Die Mindestquote erhöht sich in den beiden Fällen des § 7 II ohne Rücksicht darauf, ob die ganze Quote oder nur einzelne Raten oder auch nur die letzte fehlende Rate erst nach den Fristen (ein J a h r / 1 8 Monate) fällig werden sollen. Hinsichtlich des Restes gilt keine Fristgrenze. c) Vergleichsvorschläge mit einer Gesamtquote von über vierzig vom Hundert, jedoch unter Verletzung der Zeitgrenze des § 7 Abs. 2, S. 2 VglO sind in der Praxis nicht etwa sehr selten. Wird ein solcher Mangel übersehen und der Vergleich bestätigt (§ 78 VglO), so wird dadurch der Mangel nicht geheilt (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 78 VglO). Der Mangel führt jedoch nicht etwa dazu, daß der Vergleich als nichtig anzusehen wäre (§ 139 BGB). Denn diese Bestimmung wird — wie im Konkursverfahren beim Zwangsvergleich (vgl. Jaeger-Weber Anm. 5 zu § 194 K O ) — durch die Sondervorschriften des Bestätigungsverfahrens verdrängt. Nur die betreffende, gegen die Zeitgrenze des § 7 Abs. 2, S. 2 VglO verstoßende Bestimmung des Vergleichsvorschlags ist nichtig. Dies führt über § 242 BGB zu einem Ergänzungsanspruch der durch diese Regelung des Vergleichs betroffenen Gläubiger. Im Einzelfall kann der Anspruch auf Zahlung von Zinsen gehen, soweit die Zeitgrenze des § 7 Abs. 2 S. 2 VglO überschritten wurde (vgl. Verfasser Festschrift für Ernst Knorr 1968 36). Sonderfälle a) Für die H ö h e des Mindestsatzes sind die im Vergleich angegebenen Zahlungster- 8 mine auch dann maßgebend, wenn nach dem Vorschlag ein Sachwalter (§91 I) oder ein Gläubigerausschuß ermächtigt sein soll, dem Schuldner bei Eintritt von Zahlungsstockungen oder auch Zahlungsschwierigkeiten Nachfristen zu bewilligen. Darin liegt keine Umgehung des Erfordernisses der Mindestquote, (vgl. LG Paderborn, Beschluß vom 5. 1. 1978 - 9 T 407, 410/77 - zur Veröffentlichung im H e f t 3 der KTS 1978 vorgesehen) sondern lediglich ein auf das Ermessen des Sachwalters oder eines Gläubigerausschusses abstellendes Abdingen der Wiederauflebungsklausel (§ 9 und A. 8 a daselbst). Gesetzesumgehung wäre allerdings ein Vorschlag, in welchem der Schuldner sich selbst die Entscheidung über Nachfristen vorbehalten will. Dem Sachwalter sollte in dem Vergleichsvorschlag das Recht zur Nachfrist nur mit der Maßgabe eingeräumt werden, daß er zuvor den Gläubigerbeirat (§ 44), dessen Mitgliedern die Stellung aus § 91 I einzuräumen wäre, zu hören hat. Das Vergleichsgericht kann auf die Fassung des Vergleichsvorschlags durch einen Hinweis auf die Bestimmung des § 79 Nr. 4 Einfluß nehmen. Sachwalter und Gläubigerbeirat können, wenn ihnen zudem das Recht 169

§7

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

der Kürzung der Vergleichsquote eingeräumt sein sollte, den für die vorgeschlagene Zahlungsfrist maßgebenden Mindestsatz nicht unterschreiten. Eine etwaige Ermächtigung, bei nachträglicher Kürzung der Vergleichsquote unter den für die Zahlungsfrist vorgesehenen gesetzlichen Mindestsatz herunter zu gehen, würde den Vergleichsvorschlag unzulässig machen. b) Ein Gegenstück zur Wiederauflebungsklausel ist der Vorschlag eines Stundungsvergleichs, der für den Fall der rechtzeitigen Leistung einer, sei es im ganzen oder in Raten zu zahlenden Quote auch Teilerlaßwirkung haben soll (3 A. 12 b). Solchenfalls beträgt der mit Bezug auf den bedingten Teilerlaß einzuhaltende Mindestsatz nur dann 35 v. H., wenn die Quote, von deren rechtzeitigen Leistung der Teilerlaß abhängt, nicht später als ein Jahr nach Vergleichsbestätigung fällig sein soll. Ist der Eintritt des Teilerlasses an einen späteren Zahlungstermin geknüpft, so gilt für den bedingten Teilerlaß die erhöhte Mindestquote von 40 v. H . Und auch diese genügen nur, wenn sich nach dem Zahlungsgedinge die Erlaßwirkung bis zum Ablauf von 18 Monaten seit Vergleichsbestätigung entscheiden soll. Soll der Stichzeitpunkt später liegen, so muß die Quote mehr als 40 v. H. betragen und müssen überdies wenigstens 40 v. H. bis zum Ablauf von 18 Monaten zahlbar gewesen sein. c) Bei Vorschlag mit variablen Quoten (§ 3 A. 13 c) richtet sich der Mindestsatz nach dem zunächst, also ohne Rücksicht auf den die Quote ändernden künftigen Umstand Gebotenen. Der Schuldner, der zunächst 35 v. H., aber für den Fall der Freigabe beschlagnahmten Auslandsvermögen 40 oder 45 v. H. vorschlägt, kann nicht wegen dieser möglichen Erhöhung der Quote beanspruchen, auch die fest gebotenen 35 v. H . erst nach Jahresfrist bis zum Ablauf von 18 Monaten zu zahlen. Andererseits kann von ihm nicht um deswillen, weil die Freigabe auch zeitlich ungewiß ist, eine Erhöhung der Mindestquote auf 40 v. H. verlangt werden.

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Bargebot der Mindestsätze (Absatz 3) a) Das ausdrücklich normierte Erfordernis des Bargebots der Mindestquote gilt auch, wenn der Vergleichsvorschlag mehr als die Mindestquote vorsieht. Die Tragweite der Vorschrift ergibt sich aus ihrem Zweck. Sie soll verhindern, daß Vergleichsgläubiger ohne oder gar gegen ihren Willen in H ö h e des Betrages, der nach dem Gesetz mindestens geboten werden muß, durch Leistung an Erfüllungs Statt (Sachwerte, Abtretung von Forderungen, Übernahme einer Beteiligung) abgespeist werden. Insoweit ist ein Mehrheitszwang unzulässig. Wohl aber ist ein solcher Zwang zulässig für den Betrag, der den jeweiligen Mindestsatz übersteigt. Diese Grundsätze schließen aber nicht aus, daß den Vergleichsgläubigern der Mindestsatz alternativ nach der Wahl des Einzelnen in Geld oder in Werten geboten wird. Hier entfällt zufolge der Wahlmöglichkeit jeder Zwang. Ein Vergleichsvorschlag mit diesem Wahlrecht eines jeden einzelnen Vergleichsgläubigers kann angezeigt sein, wenn eine Auffanggesellschaft zur Sanierung des Betriebes eingeschaltet wird (Einzelheiten: oben Anm. 11 zu § 3). Aber auch sonst ist eine solche Fassung eines Vergleichsvorschlags für den Schuldner ratsam, wenn er sich nicht sicher ist, ob es ihm gelingen wird, ein vorhandenes Warenlager rechtzeitig und insgesamt zu verwerten. Der Vorschlag kann dann dahin gehen, daß z. B. die zweite Vergleichsrate nach Wahl des einzelnen Vergleichsgläubigers entweder in bar oder in Sachwerten, die aus der vom Vergleichsschuldner bei Gericht und beim Vergleichsverwalter niedergelegten Warenliste auch in ihrem Geldwert ersichtlich sind, ausgeschüttet wird. — Der Fixierung des — angemessenen Geldwertes bedarf es im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 9, 88, 89 I des Gesetzes (vgl. Verfasser KTS 1967 33). 170

Inhalt des Vergleichsvorschlags ( M i n d e s t q u o t e )

§7

b) Auch bei einem Liquidationsvergleich (§ 7 IV), in dem der Vergleichsschuldner den Gläubigern sein Vermögen ganz oder teilweise zur Verwertung überläßt, gilt der Grundsatz des Bargebots in H ö h e des gesetzlichen Mindestsatzes (a. A. Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 7) und noch darüber hinaus, denn die Gläubiger sollen aus dem Erlös der Liquidationsmasse, mithin durch Barzahlung befriedigt werden. Das Gebot der Barzahlung folgt insbesondere aus dem letzten Halbsatz des § 7 IV, der ausdrücklich vorsieht, daß der Schuldner in H ö h e des sog. Unterschiedsbetrages forthaftet. Die nicht abdingbare Forthaftung aber kann hinsichtlich der H ö h e nur festgestellt werden, wenn der Erlös aus der Verwertung der Liquidationsmasse in bar auszuschütten ist. Daß im Rahmen eines Vergleichs im Sinne des § 7 IV der Grundsatz des Bargebots über den gesetzlichen Mindestsatz von 35 vom Hundert hinaus gilt, folgt aus § 9 III S. 1, der, nachdem das Vermögen zugunsten der Gläubiger verwertet worden ist, die Folgen des Verzuges des Schuldners in der Auszahlung des Mindestsatzes „oder des vereinbarten höheren Satzes" regelt. III. Die Regelung des Liquidationsvergleichs Sein Wesen Seinem Wesen nach ist der Liquidationsvergleich eine Unterart des Teilerlaßverglei- 10 ches. Wie oben in der Rdn. 1 zu § 7 VglO ausgeführt worden ist, war es notwendig, bereits bei der Kommentierung des § 3 VglO die Hauptzüge des Vergleichs mit zu behandeln. Auszugehen ist von den Betrachtungen in der Rdn. 9 zu dieser Bestimmung unseres Gesetzes. a) Die vergleichsmäßige Befriedigung soll nach den Worten des Absatzes 4 mit der Maßgabe geschehen, daß der Schuldner „den Gläubigern sein Vermögen ganz oder teilweise zur Verwertung überläßt". Das ist rechtstechnisch ungenau. Einmal deshalb, weil der Liquidationsvergleich nicht notwendig mit echter oder uneigentlicher Treuhand (sog. Liquidationstreuhandvergleich) verbunden zu sein braucht, sondern auch ohne solche, aber dann freilich nur unter Forsetzung des Vergleichsverfahrens (§ 96) zulässig ist. Zum anderen wird das zur Verwertung bestimmte Vermögen, die sog. Liquidationsmasse, in keinem Falle den Gläubigern überlassen, auch nicht bei echter Treuhand. Der Treuhandvertrag, der zwischen dem Vergleichsschuldner und dem Treuhänder geschlossen wird und es diesem ermöglicht, das Vermögen des Schuldners zur Befriedigung der Gläubiger zu verwerten, gewährt den Gläubigern wohl Rechte über den § 328 BGB (RGZ 117 143 BGB, KTS 1966 98, Heilmann KTS 1976 261). Dingliche Rechte aber können die Gläubiger durch den Treuhandvertrag nicht erwerben, denn unsere Rechtsordnung kennt keinen dinglichen Rechtswerb aus einem Vertrag zugunsten Dritter (BGH, KTS 1967 158). Entscheidend ist vielmehr für den Liquidationsvergleich die Aussonderung der Liquidationsmasse aus dem sonstigen Vermögen des Vergleichsschuldners. Unter dem „sonstigen Vermögen" ist, wenn z. B. der Schuldner nur sein Geschäftsvermögen zur Verwertung zur Verfügung stellt, das Privatvermögen im übrigen, wenn das Vermögen überhaupt zur Verfügung gestellt wird, das im Falle des Konkurses nicht dessen Beschlag unterliegen würde. Wegen der Einzelheiten ist zu verweisen auf die Darstellung zu § 5 Anmerkungen 3 bis 7. — Die Aussonderung muß vor der Bestätigung des Vergleichs (§ 78 f) verwirklicht sein. Bei echter Treuhand ist die erforderliche Rechtsübertragung auf den Treuhänder nur der Vollzug einer vom Vergleichsschuldner im Vergleich zusätzlich übernommenen Verpflichtung. Der Treuhänder verwertet das Vermögen auf Grund des bezeichneten Vertrages, der als Geschäftsbesorgungsvertrag anzusehen ist (vgl. Anm. 10 zu § 3). 171

§7

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

b) Die Liquidationsmasse braucht nicht das gesamte Vermögen des Schuldners, insbesondere bei einem Einzelkaufmann weder das gesamte Geschäfts- noch das gesamte Privatvermögen zu umfassen („teilweise"). Es wird auch in aller Regel dem Schuldner, abgesehen von Gesellschaften, deren Auflösung vorgesehen wird, ein wirtschaftliches Minimum zur Fortsetzung seines Unternehmens (Emmerich Sanierung I S. 50) oder zur Fristung seiner bürgerlichen Existenz belassen. Will der Schuldner noch mehr behalten, so entscheidet sich die Frage, ob der Vorschlag dann noch auf einen Liquidationsvergleich geht, nicht nach dem größeren oder geringerem Wert des Vorbehaltenen, sondern nach der Gestaltung der Haftung. Aus der Liquidationsmasse sind nämlich nicht nur die vergleichsbetroffenen Gläubiger — anteilig — zu decken, sondern auch und vor ihnen diejenigen nichtbeteiligten Gläubiger, deren Forderungen bis zum Zeitpunkt der Vergleichsbestätigung begründet wurden (§ 3 A. 9 b) — zustimmend: O L G Frankfurt K T S 1976 246 —. Deshalb muß dort, wo nur eine beschränkte Anzahl von Gegenständen des Schuldnervermögens auf einen Treuhänder übertragen werden soll, erforderlichenfalls vom Vergleichsgericht rechtzeitig geklärt werden, ob der Schuldner mit seinem Vorschlag noch einen (treuhänderischen) Liquidationsvergleich oder einen gewöhnlichen Teilerlaßvergleich mit bloßer Sicherungstreuhand lediglich zugunsten der vergleichsbetroffenen Gläubiger bezweckt. Ein auf Deckung lediglich der Vergleichsgläubiger abzielender Liquidationsvergleich wäre inhaltlich unzulässig. Die bloße Sicherungstreuhand zugunsten lediglich der vergleichsbetroffenen Gläubiger aber ist kein Treuhandvergleich (§ 3 A. 10 a) (vgl. Verfasser „Der fehlerhafte Vergleichsvorschlag" in der Festschrift für Ernst Knorr Düsseldorf 1968 33). Teilerlaßvergleich mit ziffernmäßig bestimmter Mindestquote 11

Der Liquidationsvergleich ist von dem gewöhnlichen Teilerlaßvergleich mit ziffernmäßig fester, wenn auch vielleicht variabler Q u o t e zu unterscheiden. Er hat zwar mit diesem das Erfordernis der gesetzlichen Mindestquote gemein, die hier stets nur 35 vom Hundert beträgt (oben 6 a). Im Unterschied zum Vergleich mit ziffernmäßig bestimmtem Teilerlaß ist jedoch der Liquidationsvergleich stets Teilerlaßvergleich mit ziffernmäßig bestimmter Mindestquote: Auch der Liquidationsvergleich kann mehr als die gesetzliche Mindestquote bieten. Dann ist aber auch höhere Q u o t e lediglich Mindestquote. Das folgt aus dem Wesen der Sache, eben daraus, daß die vergleichsbetroffenen Gläubiger aus dem Erlös der Liquidationsmasse anteilig befriedigt werden sollen. Ergibt sich dabei mehr als die in Aussicht gestellte Q u o t e , so ist auch der Mehrbetrag auf die Vergleichsforderung zu verteilen: Erlassen sein soll nur „der nicht durch die Verwertung gedeckte Teil der Forderungen". Ergibt sich dagegen, wie meist, weniger, so beschränkt sich die Erlaßwirkung gleichwohl auf die verabredete Mindestquote; auch dann, wenn diese höher ist als die gesetzliche (vgl. § 9 III 2 „oder des vereinbarten höheren Satzes weiterhaftet"). Zwecks Ausschlusses von Zweifeln muß also der Vorschlag klar ergeben, daß die genannte Q u o t e nur Mindestquote ist und der Erlaß, falls die Verwertung weniger ergeben sollte, sich nicht auf den an 35 v. H . oder dem vorgeschlagenen höheren Satz fehlenden Betrag erstreckt. Für beides genügt die Klausel: „Sollte die Verwertung der Liquidationsmasse für die vergleichsbetroffenen Forderungen nicht wenigstens 35 v. H. (oder den vereinbarten höheren Mindestsatz) ergeben, so beschränkt sich der Erlaß auf den über diesen Satz hinausgehenden Teil der Forderungen" (ähnlich Bohnenberg K T r . 1937 47). Voraussichtliche Deckung der Mindestquote

12

Zulässigkeitserfordernis des Vorschlags ist voraussichtliche Deckung der Mindestquote aus der Liquidationsmasse. Die Gegenstände, die zu ihr gehören sollen, sind in 172

Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestquote)

§7

einer, Bestandteil des Vorschlags bildenden Anlage zwecks Identifizierung genau zu k e n n z e i c h n e n und einzeln zu bewerten. Als W e r t e k o m m e n hier n u r die V e r k a u f s w e r t e in Frage, und z w a r u n t e r Berücksichtigung der Realisierbarkeit (insbesondere bei zweifelhaften und bei uneinbringlichen Aktiven) sowie unter A b z u g bestehender Belastungen. D a s Vergleichsgericht m u ß aber nicht n u r den S c h ä t z u n g s w e r t d e r Liquidationsmasse feststellen o d e r n a c h p r ü f e n , s o n d e r n auch berücksichtigen, welche nichtbeteiligten Gläubiger, weil ihre F o r d e r u n g e n schon vor Vergleichsbestätigung b e g r ü n d e t w u r den, aus dem Liquidationserlös v o r a b und voll zu decken sind (vgl. Mainka K T S 1970 16). D e n n erst, was d a n a c h und nach A b z u g der zu s c h ä t z e n d e n Kosten der V e r w e r tung übrigbleibt, ist den vergleichsbetroffenen Gläubigern im Verhältnis ihrer F o r d e rungsbeträge zuzuteilen. Sieht der V o r s c h l a g eine ungleiche Behandlung (z. B. Vollbef r i e d i g u n g von Kleingläubigern) vor, so ist er n u r zulässig, w e n n er voraussichtlich auch den z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubigern wenigstens den gebotenen Mindestsatz g e w ä h r t , außer soweit sie sich als einzelne freiwillig, d. h. o h n e M e h r h e i t s z w a n g , mit einem geringeren Satz einverstanden erklärt hätten. Reicht der Vergleichsschuldner einen Vergleichsvorschlag ein, der einen h ö h e r e n Mindestsatz, z. B. einen solchen von 40 vom H u n d e r t vorsieht, so m u ß , w e n n die Ermittlungen ergeben, daß dieser Satz bei d e r V e r w e r t u n g d e r Liquidationsmasse voraussichtlich nicht zu erreichen ist, der V o r schlag g e ä n d e r t w e r d e n . Er ist unzulässig nach § 18 N r . 3. D a ß der Vergleichsschuldner an sich eine h ö h e r e Liquidationsquote in Aussicht stellen k a n n , wird durch § 7 IV nicht ausgeschlossen. Es erscheint vielmehr d u r c h a u s zulässig, eine h ö h e r e Q u o t e zu bieten, w e n n diese der Liquidationsmasse entspricht, denn mit Bezug auf den F o r d e rungsteil, f ü r den d e r Vergleichsschuldner nach § 7 IV letzter H a l b s a t z weiter haftet, ist die Wiederauflebensklausel z w i n g e n d ausgeschlossen (§ 9 III, IV) — vgl. auch Uhlenbruck G m b H - R d s c h . 1976 189. -

Forthaftung für den Unterschiedsbetrag Die Forthaftung für den Unterschiedsbetrag, d. h. den Betrag, um den die Ausschüt- 1 3 tung aus dem Liquidationserlös hinter d e m gesetzlichen o d e r vereinbarten h ö h e r e n Mindestsatz zurückbleibt, trifft den S c h u l d n e r von Rechts w e g e n (also auch, w e n n es nicht im Vergleich gesagt wäre) und u n a b d i n g b a r (oben 3) — vgl. B G H , K T S 1977 2 3 5 / 2 3 7 —. Dies gilt bei Personalgesellschaften und Kommanditgesellschaften auch f ü r die persönlich h a f t e n d e n Gesellschafter mit Bezug auf deren Privatvermögen, gleichviel, ob es z u f o l g e des Liquidationsvergleichs zu einer A u f l ö s u n g der Gesellschaft k o m m t o d e r nicht (§ 109) und dazu B G H , N J W 1958 299. — D e r gerichtlich bestätigte Liquidationsvergleich wird in seiner W i r k s a m k e i t nicht d a d u r c h b e r ü h r t , daß die V e r gleichsgläubiger aus dem ihnen überlassenen V e r m ö g e n weniger als 35 vom H u n d e r t (oder weniger als die zulässigerweise vereinbarte h ö h e r e Mindestquote) erhalten, eben weil ihnen noch in H ö h e des D i f f e r e n z b e t r a g e s eine V e r g l e i c h s f o r d e r u n g verbleibt ( B G H Z 26 126 = K T S 1958 11 = N J W 1958 299). Im Falle des § 109 richten sich die in H ö h e des D i f f e r e n z b e t r a g e s bestehenden V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n der Vergleichsgläubiger gegen die persönlich h a f t e n d e n Gesellschafter ( B G H a a O ) . — Zwischen den Gesellschaftern hat, w e n n nichts anderes vereinbart ist, eine Ausgleichung stattzufinden, w e n n der eine von ihnen ein aktives, der a n d e r e ein passives K a p i t a l k o n t o hat (§ 155 H G B ) . Diese Ausgleichspflicht besteht auch d a n n , w e n n die Vergleichsgläubiger noch nicht in H ö h e der M i n d e s t q u o t e befriedigt w o r d e n sind. W i r d einer der Gesellschafter später in H ö h e des D i f f e r e n z b e t r a g e s noch in Anspruch g e n o m m e n aus § 7 IV, so hat d a n n insoweit ein anteiliger Ausgleich stattzufinden ( B G H a a O ) . — Ist, wie beim Nachlaßvergleichsverfahren ( § 1 1 3 ) , die H a f t u n g des Vergleichsschuldners 173

§7

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

beschränkt, so folgt aus § 7 IV nicht, daß der oder die Erben im Falle des Nachlaßliquidationsvergleichs die persönliche Haftung für den Differenzbetrag zu übernehmen hätten. Denn ein Nachlaßpfleger (§ 1960 BGB), insbesondere ein zur Befriedigung der Nachlaßgläubiger bestellter Nachlaßverwalter (§§ 1975 ff BGB) sind nicht nur antragsberechtigt aus § 2 ( u . U . antragsverpflichtet gemäß §§ 1980, 1985 II BGB), sondern auch berufen, und zwar selbständig berufen, den Vergleichsvorschlag vorzulegen. Da sie von Amts wegen für die Liquidation zu sorgen haben, kann es ihnen auch nicht verwehrt sein, ohne persönliche Verpflichtungen der Erben einen Liquidationsvergleich vorzulegen. Bei einer Kapitalgesellschaft (§ 108) und bei einer eingetragenen Genossenschaft (§ 111) hat das Vergleichsgericht besonders sorgfältig zu prüfen, ob die gesetzliche oder vereinbarte höhere Mindestquote durch die Liquidationsmasse voraussichtlich gedeckt sein wird. Es bleibt den Vergleichsgläubigern hier, abgesehen von der Haftung des Komplementärs der Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 278 AktG), hinsichtlich des Differenzbetrages (§ 7 IV) nur übrig, sich an etwaiges nachträglich ermitteltes Gesellschafts- oder Genossenschaftsvermögen zu halten. Die Stellung eines Vergleichsbürgen (vgl. dazu oben § 3 Anm. 16, 19) ist daher hier von wesentlicher Bedeutung. Die Haftung des Vergleichsbürgen für den Unterschiedsbetrag dauert unabhängig davon fort, ob die Gesellschaft oder Genossenschaft im Register (Handels- bzw. Genossenschaftsregister) gelöscht wird (vgl. Uhlenbruck GmbH & Co K G in Krise, Konkurs und Vergleich, S. 368/369). Forthaftung bei streitigen und unbekannten Forderungen 14

a) Streitige und bezüglich des mutmaßlichen Ausfalls auch absonderungsberechtigte Forderungen werden bei der Erlöszuteilung nur nach Maßgabe des § 97 I, II berücksichtigt. Dabei gelten als bestritten auch solche Forderungen, die der Schuldner nicht in das Verzeichnis des § 6 aufgenommen hat, vom Gläubiger nicht angemeldet worden sind und deren Zahlung der Schuldner verweigert (Mezger in Anm. LM Nr. 3 zu § 9, Entscheidung des B G H vom 26. 4. 1960, VIII Z R 81/59 = K T S 1960 167 = B G H Z 32 218). Der Treuhänder muß, da die Vergleichsgläubiger anteilig aus der Liquidationsmasse zu befriedigen sind, für den Fall der endgültigen Feststellung des vollen Betrages das auf die Forderung Entfallende zurückhalten und bei Beendigung der Verwertung sicherstellen. Versäumt er dies, so kann er persönlich haftbar werden (RG SeuffA. 91 Nr. 45). Werden die zurückgehaltenen Beträge frei, sei es, daß der Gläubiger seine Anmeldung zurückgenommen, die Parteien sich geeinigt haben oder eine gerichtliche Entscheidung gegen den Gläubiger auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung ergangen ist, so sind die Beträge auf die übrigen Gläubiger zu verteilen. Diese können jedoch bereits vor dem Freiwerden solcher Beträge den Unterschiedsbetrag (§ 7 IV) vom Schuldner verlangen, wenn und soweit unter Annahme des Nichtbestehens der noch streitigen Forderungen die Mindestquote von 35 vom Hundert oder die vereinbarte höhere Mindestquote nicht erreicht sein würde. — Gläubiger streitiger Forderungen können vor deren endgültiger Feststellung auch Zahlung des Unterschiedsbetrages (§ 7 IV) nur auf der Basis des nach § 97 I, II vorläufig zu berücksichtigenden Betrages vom Schuldner verlangen. Liegt die endgültige Feststellung der streitigen Forderung unter dem vorläufigen Berücksichtigungsbetrag (§ 97 IV), so mindert sich der vom Gläubiger nach § 7 IV zu beanspruchende Unterschiedsbetrag. Solange die Erlösverteilung noch nicht beendet ist, muß der nach § 97 IV vorgeschriebene Ausgleich gegenüber der Liquidationsmasse, regelmäßig also gegenüber dem Treuhänder geschehen. Ist jedoch der Liquidationserlös bereits vollständig verteilt, so ist das dem 174

Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestquote)

§7

Gläubiger aus der Liquidationsmasse zuviel Ausgezahlte, soweit als möglich, auf den vom Schuldner zu leistenden Unterschiedsbetrag a n z u r e c h n e n . Bleibt hiernach noch ein Betrag o f f e n , so h a t der Gläubiger ihn an den Liquidator zu zahlen. Es hat eine Nachtragsverteilung stattzufinden, an der auch d e r z u r R ü c k z a h l u n g des zuviel erhaltenen Betrages verpflichtete Gläubiger beteiligt ist. Er k a n n mithin den Betrag, der ihm in der Nachtragsverteilung zufließen w ü r d e , sogleich absetzen. — Die N a c h t r a g s v e r teilung entfällt, w e n n sie sich nicht lohnt, d. h. z. B., w e n n die Kosten einer solchen Verteilung (Uberweisungskosten) k a u m etwas f ü r die Gläubiger frei lassen. N i c h t etwa darf mit Rücksicht hierauf eine V e r t e i l u n g nur an einige wenige Gläubiger v o r g e n o m men w e r d e n , da dies den Gleichheitsgrundsatz verletzen w ü r d e . Es gelten hier die zu § 166 K O entwickelten R e c h t s g r u n d s ä t z e entsprechend (vgl. LG O s n a b r ü c k K T S 1957 142, Parscb K T S 1956 148). b) U n b e k a n n t e , d. h. w e d e r aus dem Gläubigerverzeichnis ersichtliche noch dem T r e u h ä n d e r b e k a n n t g e w o r d e n e Vergleichsgläubiger verlieren, sobald der Liquidationserlös vollständig verteilt ist, den Anspruch auf Zuteilung. Sie w a r e n bei der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens a u f g e f o r d e r t w o r d e n , „ihre F o r d e r u n g e n alsbald a n z u m e l den" (§ 20 III N r . 4). Diese A u f f o r d e r u n g w a r mit dem E r ö f f n u n g s b e s c h l u ß b e k a n n t g e m a c h t w o r d e n (§ 22). Für einen Gläubiger, der daraufhin nicht angemeldet hat, ist der Anspruch auf Zuteilung aus dem Liquidationserlös als verwirkt a n z u s e h e n (ebenso: Künne K T S 1971 241, auch Bongartz K T S 1977 80 f). Die V e r w i r k u n g bezieht sich aber n u r auf diesen Zuteilungsanspruch, nicht etwa auf den Anspruch gegen den Schuldner auf den Unterschiedsbetrag (§ 7 IV, letzter Halbsatz). Vergleichsgläubiger, die ihrer Pflicht z u r F o r d e r u n g s a n m e l d u n g nicht n a c h g e k o m m e n sind und deren Ford e r u n g e n nicht im Gläubigerverzeichnis (§ 6) a u f g e f ü h r t w a r e n , auch sonst dem T r e u h ä n d e r nicht b e k a n n t g e w o r d e n sind, k ö n n e n mithin, w e n n statt der Mindestquote von 35 vom H u n d e r t n u r 25 vom H u n d e r t aus der V e r w e r t u n g der Liquidationsmasse erzielt w u r d e n , gleich den berücksichtigten Gläubigern die restlichen 10 vom H u n d e r t vom Vergleichsschuldner verlangen. Auf die volle M i n d e s t q u o t e w ü r d e ihnen der Schuldner n u r h a f t e n , w e n n er, was zu beweisen w ä r e , die F o r d e r u n g e n vorsätzlich, in der Absicht, die Gläubiger zu schädigen, nicht in das Verzeichnis des § 6 a u f g e n o m m e n hätte (§ 826 BGB). Ein mitwirkendes V e r s c h u l d e n der Gläubiger aus dem sie t r e f f e n den V o r w u r f der N i c h t a n m e l d u n g d e r F o r d e r u n g e n k o m m t aus § 254 BGB g e g e n ü b e r dem den Schuldner t r e f f e n d e n schwerwiegenden V o r w u r f aus § 826 BGB k a u m in Betracht. — H a t sich etwa der Vergleichsschuldner d u r c h N i c h t a n g a b e der Gläubigerf o r d e r u n g e n in der eidesstattlichen A u s k u n f t s v e r s i c h e r u n g des § 69 II einer vorsätzlichen Eidesverletzung schuldig g e m a c h t (§ 156 StGB), so entfallen mit der R e c h t s k r a f t des Strafurteils die Vergleichsschranken von Rechts w e g e n (§ 88 I). D a m i t k ö n n e n auch die Gläubiger, deren F o r d e r u n g e n nicht b e k a n n t w a r e n , V o l l z a h l u n g begehren. Trifft den Treuhänder bei der Erlösverteilung ein Verschulden, hat er fahrlässig F o r d e r u n g e n von Gläubigern, die nicht im Gläubigerverzeichnis a u f g e f ü h r t w o r d e n waren (§ 6), aber aus sonstigen, dem T r e u h ä n d e r zugängigen G e s c h ä f t s u n t e r l a g e n ersichtlich w a r e n , bei der Verteilung des Erlöses nicht mit berücksichtigt, so bleibt diesen Gläubigern der Anspruch gegen den T r e u h ä n d e r . Dessen H a f t u n g folgt, soweit er als Vergleichsverwalter gehandelt hat, aus § 42, im übrigen aus dem T r e u h a n d v e r t r a g , der zugleich ein V e r t r a g zugunsten D r i t t e r (§ 328 BGB) ist, aus dem die Vergleichsgläubiger eigene Rechte herleiten k ö n n e n ( R G Z 117 149, B G H Z 55 307 = K T S 1971 310 = N J W 1971 1702). — N i c h t aber k ö n n e n sich Vergleichsgläubiger, die ihrer Pflicht z u r A n m e l d u n g der F o r d e r u n g e n (§ 20) nicht n a c h g e k o m m e n sind und deren F o r d e r u n g e n w e d e r im Verzeichnis des § 6 standen, noch dem T r e u h ä n d e r sonst 175

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

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bekannt geworden waren, etwa aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung ( § 8 1 2 BGB) an die berücksichtigten Gläubiger wenden und von diesen H e r ausgabe dessen verlangen, was sie bei rechtzeitiger Anmeldung der säumigen Gläubiger nicht erhalten haben würden. Es handelt sich hier um eine durchaus vergleichsmäßige Erfüllung, soweit der T r e u h ä n d e r an die übrigen Gläubiger gezahlt hat. Die in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ( B G H Z 41 98 = K T S 1964 230 = M D R 1964 482 = N J W 1964 1320 = W M 1964 318) entwickelten Grundsätze (Fall des Nachlaßvergleichsverfahrens mit unterschiedlicher Auszahlung von Vergleichsraten und Anschlußkonkursverfahren) der Rückgewährpflicht von Gläubigern (dagegen: Berges K T S 1964 129, Kiinne Betrieb 1965 921 und Habscheid N J W 1971 1689) können hier nicht Platz greifen, da die vorgenommenen Auszahlungen vergleichsmäßig waren. Es liegt an den nicht berücksichtigten Gläubigern selbst, daß sie nicht berücksichtigt werden konnten. — Zu Fragen aus der Entscheidung B G H Z 41 98 vgl. weiter: unten Anm. 16 und zu § 8 die Anm. 23 und 28 b und 39 d, sowie Verfasser „Der fehlerhafte Vergleichsvorschlag" in der Festschrift f ü r Ernst Knorr Düsseldorf 1968 33 ff. —

Vergleichsgaranten beim Liquidationsvergleich 15

Vergleichsgaranten kommen in der Praxis auch beim Liquidationsvergleich vor und zwar nicht nur in Form einer Vergleichsbürgschaft, sondern auch in Form, daß dingliche Sicherungen durch Ü b e r t r a g u n g von T r e u g u t auf den Vergleichstreuhänder gestellt werden (LG H a n n o v e r , N J W 1952 978). Garantiert wird dabei regelmäßig der Unterschiedsbetrag, der sich ergibt, wenn der den Vergleichsgläubigern aus der Liquidationsmasse des Vergleichsschuldners zustehende Erlös hinter der gesetzlichen oder vereinbarten Mindestquote zurückbleibt. Das gilt auch, wenn im Liquidationsvergleichsvorschlag bestimmte Ratenfristen vorgesehen sind und zu diesen Terminen nicht die im Vergleich vorgesehene Vergleichsrate ausgezahlt werden kann. Entsprechendes gilt, wenn im Vergleichsvorschlag des § 7 IV, wie zwar im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, aber im Interesse der Gläubigergesamtheit eine bestimmte Abwicklungsdauer f ü r die Vermögensverwertung und Auszahlung des Erlöses insgesamt vorgesehen ist (vgl. dazu Verfasser K T S 1967 36) und bis zu diesem Zeitpunkt die Vergleichsquote nicht oder nur teilweise ausgeschüttet worden ist. (Zur Abwicklungsdauer eines Liquidationsvergleichs: H a n d b u c h des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts § 99 II mit weiteren Hinweisen.) D e r Vergleichsgarant kann sich aber auch, wenn der Vergleichsschuldner selbst nur f ü r die gesetzliche Mindestquote von 35 v. H . einstehen will, dafür verbürgen, daß die Vergleichsgläubiger eine höhere Quote aus dem Liquidationserlös erhalten werden. Grundlage f ü r die Ü b e r n a h m e dieser Bürgschaft ist die fortbestehende „natürliche Verbindlichkeit" des Erlaßbetrages (vgl. Einzelheiten dazu Rdn. 20 c zu § 82 VglO). Im Hinblick auf die Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes auch bei der Vergleichsbürgschaft bedarf es einer zeitlichen Festlegung, wann die G a r a n t e n h a f t u n g bei der D u r c h f ü h r u n g des Liquidationsvergleichs durch den T r e u händer (Sachwalter) eintreten soll. So kann sich z. B. der Vergleichsgarant dahingehend rechtswirksam verpflichten, seine Zahlungspflicht werde eintreten, wenn und insoweit die Vergleichsgläubiger nicht binnen fünf Jahren ab Vergleichsbestätigung 50 v. H . erhalten haben (vgl. B G H , K T S 1970 45 = LM N r . 3 zu § 85 VglO). - Ergänzend ist hier auf das Ürteil des B G H vom 11. 5. 1978 — V I I Z R 5 5 / 7 7 — zu verweisen, dessen Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung und im H e f t I der K T S 1979 vorgesehen ist. — Das Treugut, das der Vergleichsgarant zur Verfügung und auf den Vergleichstreuhänder übereignet hat, gehört zur Liquidationsmasse. D e m einzelnen Vergleichsgläubi176

Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestquote)

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ger ist der Zugriff auf dieses T r e u g u t verschlossen. D e r Vergleichstreuhänder darf und muß auf dieses T r e u g u t zurückgreifen, wenn und insoweit die Liquidationsmasse im übrigen nicht oder nicht rechtzeitig verwertet werden konnte, um den Vergleich zu erfüllen. Es darf nur versilbert werden, um daraus den sich ergebenden Unterschiedsbetrag decken zu können. Entsprechend darf und muß der Vergleichstreuhänder bei einer Vergleichsbürgschaft den Vergleichsbürgen in Anspruch nehmen. Wird der V e r gleich erfüllt, erhalten die Vergleichsgläubiger die gesetzliche oder vereinbarte Mindestquote aus der V e r w e r t u n g der Liquidationsmasse, so wird der Vergleichsgarant aus seiner H a f t u n g frei, sofern er nicht f ü r eine höhere Mindestquote die H a f t u n g übernommen hat (vgl. B G H , K T S 1970 45). Wird nach Beendigung der Liquidation das Konkursverfahren über das V e r m ö g e n des Vergleichsschuldners e r ö f f n e t , so haftet der Vergleichsgarant weiter auf den Unterschiedsbetrag. D e r Vergleichstreuhänder ist z u r Versilberung des vom Garanten zur V e r f ü g u n g gestellten T r e u g u t s weiterhin berechtigt und verpflichtet und zur Verteilung des Erlöses befugt. D e n k b a r , jedoch nicht von großem W e r t , ist auch eine Vergleichsbürgschaft, die eine H a f t u n g des Bürgen f ü r den Fall des Konkurses ausschließt ( B G H , K T S 1957 157 = N J W 1957 1319, entschieden f ü r den Fall der Bürgschaft in einem nach § 96 fortgesetzten Vergleichsverfahren). H a t sich der Vergleichsgarant, gleich in welcher Form, bereit erklärt, f ü r die pünktliche Zahlung von Vergleichsraten oder der Gesamtvergleichsquote einzustehen, beruht aber die Nichteinhaltung der Termine auf einer Pflichtwidrigkeit des Vergleichstreuhänders, f ü r die dieser haftet (§§ 42, 92 I S. 1), so rechtfertigt sich daraus nicht etwa eine Inanspruchnahme des Garanten (durch den dann neu bestellten Vergleichstreuhänder), denn dieser hat nur f ü r den Vergleichsschuldner, nicht aber f ü r den Vergleichstreuhänder gebürgt. Davon zu unterscheiden ist die Inanspruchnahme der Versicherungsgesellschaft, bei der der Vergleichstreuhänder f ü r Fälle seiner Inanspruchnahme aus §§ 42, 92 I S. 1 eine Versicherung abgeschlossen hat. (Zu den Kosten der H a f t p f l i c h t versicherung vgl. § 5 I S. 4 der V e r g ü t u n g s V O und UhlenbruckVe.rsR 1973 400 ff —.)

Bereicherungsansprüche bei unzulässigen Vorauszahlungen Die Veigleichsordnung kennt im Gegensatz zur K o n k u r s o r d n u n g keine bestimmte 1 6 Vergleichsmasse, etwa abgestellt auf den T a g der E r ö f f n u n g des Verfahrens. D e r V e r gleich soll die F o r t f ü h r u n g des U n t e r n e h m e n s ermöglichen (§ 18 N r . 4). Er wird erfüllt nicht nur aus den Erträgnissen der hierzu bereit stehenden Aktiven, sondern darüber hinaus aus der Arbeitskraft des Vergleichsschuldners, aus seinen Gewinnen, die er in seinem Betriebe künftig erzielt. Dies gilt f ü r den Stundungs- und Erlaßvergleich in allen seinen Arten und Formen gleicherweise, nicht aber f ü r den Liquidationsvergleich des § 7 IV, da der Vergleichsschuldner hier „sein V e r m ö g e n ganz oder teilweise" den Gläubigern zur V e r w e r t u n g überläßt. H a t der Vergleichstreuhänder den Erlös aus der Verwertung dieser Liquidationsmasse unzulässig verteilt, z. B. einzelne Gläubiger oder Gläubigergruppen voraus befriedigt, so sind diese Beträge im Falle des Konkurses zur Konkursmasse aus ungerechtfertigter Bereicherung z u r ü c k z u g e w ä h r e n (Jaeger K u T 1927 163 und ihm folgend Künne Betrieb 1965 922). Solche Bereicherungsansprüche ( § 8 1 2 BGB) sind aber nicht etwa gegeben — und das ist hier unter Vorbehalt eingehender Besprechung im Rahmen der Kommentierung zu § 8 einzufügen —, wenn Vergleichsgläubiger, ohne daß ein V o r z u g s a b k o m m e n im Sinne des § 8 einzufügen —, wenn Vergleichsgläubiger, ohne daß ein V o r z u g s a b k o m men im Sinne des § 8 vorliegt, Beträge erhalten haben, die an andere gleichberechtigte Vergleichsgläubiger nicht oder vor einer K o n k u r s e r ö f f n u n g nicht mehr ausgeschüttet worden sind, wie dies der B G H ( B G H Z 41 98 = K T S 1964 230 = M D R 1964 482 177

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I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

= N J W 1964 1320 = W M 1964 318) angenommen hat (dagegen: Berges K T S 1964 1 2 9 - 1 4 0 , Künne Betrieb 1965 921, HabscheidNJW 1971 1689). Der Ansicht des Bundesgerichtshofs steht entgegen, daß es in einem solchen Vergleichsverfahren jedem einzelnen Gläubiger überlassen bleibt, im Falle des Verzuges gegen den Schuldner gemäß § 9 vorzugehen. Die Stellung anderer Gläubiger wird durch ein solches Vorgehen nicht berührt, womit im Gesetz zum Ausdruck kommt, daß kein Zwang zur gleichmäßigen Befriedigung bei der Vergleichserfüllung besteht. Gleiches folgt aus der Bestimmung des § 97 IV, nach der dem Schuldner ein Rückforderungsrecht erst zusteht, wenn der Gläubiger mehr erhalten hat, „als die gesamte ihm nach dem Vergleich zustehende, wenn auch noch nicht fällige Forderung beträgt". V. Vergleichsverfahren und das Unternehmen (der Betrieb) Haftung bei Betriebsübergang 17

Für die Haftung aus Vermögensübernahme ( § 4 1 9 BGB), die des Erwerbers bei Firmenfortführung (§ 25 HGB) und den Eintritt in Rechte und Pflichten der im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ( § 6 1 3 a BGB) ist zu unterscheiden. a) Wird der Betrieb (das Unternehmen) des Vergleichsschuldners im Rahmen der Durchführung eines reinen Stundungsvergleichs oder eines Erlaß-(Quoten-)Vergleichs von einer Auffanggesellschaft übernommen oder entschließt sich der Vergleichsschuldner seine Einzelfirma durch Aufnahme eines Teilhabers in eine offene Handelsgesellschaft umzugestalten oder aber wird zur Finanzierung des Vergleichs nach § 7 Abs. 1, bzw. Abs. 2 VglO eine Sanierungsgesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft gegründet (vgl. zu den einzelnen Formen Uhlenbruch Die GmbH u. Co K G in Krise, Konkurs und Vergleich, S. 33, 126, 342 ff), so kann sich der Vergleichsschuldner dadurch seinen verfahrensrechtlichen Pflichten nicht entziehen. Die Gründung der Auffanggesellschaft, die Umwandlung der Einzelfirma in eine offene Handelsgesellschaft, wie die Gründung einer Kommanditgesellschaft vollziehen sich außerhalb des Vergleichsverfahrens. Der Vergleichsschuldner bleibt weiterhin verantwortlich für die Erfüllung des Vergleichs. Mit der Übernahme des Betriebes (des Unternehmens) des Vergleichsschuldners durch die „Auffanggesellschaft", mit der Fortsetzung des Betriebes (des Unternehmens) durch die offene Handelsgesellschaft, bzw. Kommanditgesellschaft tritt nach näherer Maßgabe des § 419 BGB die Haftung der übernehmenden Gesellschaft ein. Entsprechendes gilt für die Haftung aus dem Gesichtspunkt der Firmenfortführung durch die das Handelsgeschäft des Vergleichsschuldners erwerbende Gesellschaft nach § 25 HGB. Darüber hinaus tritt, wenn die Vergleichsschuldnerin als Kommanditgesellschaft eine Finanzierung des Stundungs- bzw. Erlaß-(Quoten-)Vergleichs dadurch zu erreichen versucht, daß ein Teil der Vergleichsgläubiger ihre Forderungen (nach Kürzung entsprechend dem Vergleichsvorschlag) der Kommanditgesellschaft als neues Kapital zuführt, nach §§ 173, 171, 172 H G B eine Haftung für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft ein (vgl. Einzelheiten Rdn. 22 zu § 109 VglO, ferner Uhlenbruck aaO S. 243). — Die den Betrieb (das Unternehmen) des Vergleichsschuldners übernehmende Gesellschaft tritt als rechtsgeschäftliche Erwerberin nach § 613 a Abs. 1 BGB in die zur Zeit des Ubergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Der Vergleichsschuldner haftet nach § 613 a Abs. 2 BGB neben dem neuen Inhaber für die Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit diese vor dem Zeitpunkt des Ubergangs entstanden sind und vor dem Ablauf eines Jahres nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Die Mithaft nach Absatz 2 unserer Bestimmung entfällt, wenn die Vergleichsschuldnerin eine juristische Person ist, die zufolge Verschmelzung oder 178

Inhalt des Vergleichsvorschlags (Mindestquote)

§7

Umwandlung erlischt (§613 a Abs. 3 BGB). — Die Rechtsfolgen des § 613 a BGB können nicht durch eine Vereinbarung zwischen den Parteien, d. h. zwischen dem Vergleichsschuldner und der übernehmenden Gesellschaft ausgeschlossen werden. Wohl ist es möglich, daß Arbeitnehmer gegenüber der erwerbenden Gesellschaft auf einzelne ihrer Ansprüche verzichten (vgl. BAG DB 1976 391 = N J W 1976 535 und erneut N J W 1977 1168, Schönke-Baur § 55 III 5 d). b) Anders verhält es sich beim Liquidationsvergleich des § 7 Abs. 4 VglO. Wird der Betrieb (das Unternehmen) des Vergleichsschuldners veräußert, um aus dem Veräußerungserlös die Gläubiger, d. h. die Vergleichsgläubiger und vor diesen die Vorrechtsgläubiger und die Neugläubiger, zu denen auch diejenigen gehören, deren Ansprüche durch die Liquidation und in deren Rahmen begründet werden (vgl. Einzelheiten zu den zu berücksichtigenden Gläubigern: Rdn. 27 bis 32 zu § 92 VglO), zu befriedigen, finden mithin konkursrechtliche Grundsätze Anwendung, so entfällt auch im Vergleichsverfahren die Anwendbarkeit der § 419 BGB, § 25 H G B (vgl. Verfasser Betr. 1954 343 mit der Begründung, die Vermögensübernahme, bzw. Firmenfortführung geschehe ja gerade, um aus dem dafür zu entrichtenden Erlös nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften daraus die Gläubiger befriedigen zu können, BAG M D R 1966 791 = N J W 1966 1984 mit der Begründung, die Haftungsbestimmung — Fall des § 25 H G B — sei als abbedungen anzusehen, vgl. weiter: Bohle-Stamschräder Anm. 6 zu § 7 VglO). Darüber hinaus kann aber bei einer Betriebsveräußerung im Rahmen eines Liquidationsvergleichsverfahrens auch die Vorschrift des § 613 a BGB keine Anwendung finden, denn anderenfalls würde in einer nicht geringen Zahl von Vergleichsverfahren eine Zerschlagung des Betriebes (des Unternehmens) oft kaum vermeidbar. Würde der Ubernehmer gezwungen, in alle Arbeitsverhältnisse, die zur Zeit der Übernahme bestehen, einzutreten, so wäre er damit auch genötigt, gerade diejenigen mit zu übernehmen, durch deren Fehlverhalten die Insolvenz beim Vergleichsschuldner eingetreten ist. Darüber hinaus wird der Ubernehmer eines insolvent gewordenen Betriebes (Unternehmens), wenn ein Liquidationsvergleich (§ 7 Abs. 4 VglO) angestrebt werden muß, in der Regel kaum bereit sein, in für ihn nicht übersichtliche Verpflichtungen einzutreten. Mit der Anwendung des § 6 1 3 a BGB im Liquidationsvergleichsverfahren (wie auch im Konkurs) wird letzten Endes die Erhaltung von Arbeitsplätzen recht erschwert. Mit dem Ausschluß des § 613 a BGB sind die betroffenen Arbeitnehmer nicht etwa schutzlos, den für ihre Forderungsansprüche gelten die Vorrechtsbestimmungen des § 6 1 Abs. 1 Nr. 1 K O auch im Vergleichsverfahren, wie aus § 2 6 V g l O folgt. Darüber hinaus gilt der Kündigungsschutz auch im Falle der Erteilung einer Ermächtigung aus § 51 V g l O (Einzelheiten: Rdn. 51 bis 61 zu § 26 V g l O und Rdn. 45 bis 50 zu § 51 VglO). So lehnt denn auch das konkursrechtliche Schrifttum aus guten Gründen die Anwendbarkeit des § 613 a BGB im Konkursverfahren ab, wenn der Konkursverwalter zur Erhaltung des Betriebes diesen im Ganzen veräußert (vgl. JaegerHenckel Rdn. 16 zu § 1 K O , Mentzel-Kuhn Anm. 80 zu § 1 K O , Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 1 K O und Anm. 6 zu § 7 VglO, Uhlenbmck KTS 1974 1 ff und KTS 1975 253 in der kritischen Anm. zur abweichenden Entscheidung des ArbG Rendsburg KTS 1975 251, Heilmann KTS 1975 280, Verfasser Kölner Festschrift 1977 317 f —, für die Anwendbarkeit des § 613 a BGB haben sich ausgesprochen: LArbG Schleswig-Holstein BB 1976 1369, ein Erkenntnis, durch das die Entscheidung des ArbG Rendsburg KTS 1975 251 bestätigt wurde, ferner aus dem Schrifttum Stebut Betr. 1975 2483, Derleder AuR 1976 129 und Hess DB 1976 1154. — Das BAG hat in dem Urteil vom 18. 8. 1976, N J W 1977 1168 die Frage der Anwendbarkeit des § 613 a BGB nicht entschieden, wohl 179

§7

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

aber einen V e r z i c h t der A r b e i t n e h m e r auf T e i l a n s p r ü c h e g e g e n ü b e r dem E r w e r b e r f ü r zulässig erachtet. — Z u r wirtschaftlichen B e d e u t u n g des § 613 a BGB bei Betriebsverä u ß e r u n g e n im K o n k u r s auf die Darstellung von Volker Grub K T S 1978 129 ff. — c) Z u r Frage der Bedeutung des § 6 1 3 a BGB f ü r die Insolvenzversicherung der betrieblichen Altersversorgung nach dem Gesetz vom 19. 12. 1974 (BGBl. I S. 3610 f) ist zu verweisen auf die Darstellung von Everbardt BB 1976 1611 und die von Paulsdorf K T S 1977 2 1 2 / 2 1 8 ff. - W e g e n der Einzelheiten siehe unten Rdn. 4 zu § 35 V g l O (Berechnung der Pensionsansprüche), Rdn. 4 zu § 38 V g l O (Mitteilungspflicht des Vergleichsschuldners und Ü b e r w a c h u n g s p f l i c h t des Vergleichsverwalters hierzu), sowie R d n . 54 zu § 51 V g l O (Pensionsansprüche im Vergleichsverfahren). —

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Aufstellung eines Sozialplans Im Gegensatz zum Konkursverwalter, dem das V e r w a l t u n g s - und V e r f ü g u n g s r e c h t zusteht (§ 6 K O ) und d e m g e m ä ß berechtigt und verpflichtet ist, einen Interessenausgleich anzustreben und einen Sozialplan mit dem Betriebsrat zu vereinbaren (§§ 111, 112 BetrVG) - vgl. d a z u z. B. BAG K T S 1975 122 = N J W 1975 182 = A P N r . 1 zu Anm. 26 a zu § 111 B e t r V G —, steht dem § 113 B e t r V G und Fitting-Auffarth-Kaiser Vergleichsverwalter ein solches Recht auch dann nicht zu, wenn Verfügungsbeschränkungen nach §§ 58 ff VglO erlassen worden sind. Diese f ü h r e n zu keinem U b e r g a n g der V e r w a l t u n g s - und V e r f ü g u n g s b e f u g n i s auf den Vergleichsverwalter (vgl. B G H Z 23 318 = K T S 1957 87, Berges K T S 1955 4), s o n d e r n n u r zu einem Mitspracherecht desselben. Gleiches gilt bei einem E r l a ß solcher M a ß n a h m e n im Vergleichsantragsverfahren (§ 12 V g l O ) . Eine beschränkte gesetzliche V e r t r e t u n g s m a c h t steht den V e r w a l t e r n des Vergleichsverfahren (§§ 11, 38 V g l O ) n u r im Falle der Ü b e r n a h m e d e r K a s s e n f ü h r u n g nach § 57 Abs. 2 V g l O zu (vgl. O L G N ü r n b e r g K T S 1965 172 und Hartlage-Laufenberg K T S 1977 224). — Mit dieser — k u r z umschriebenen — rechtlichen Stellung des Vergleichsverwalters, wie auch des vorläufigen V e r w a l t e r s ist es nicht recht vereinbar, w e n n in der Entscheid u n g des BAG vom 20. 11. 1970 — 1 A Z R 4 0 9 / 6 9 —, e r g a n g e n noch z u m B e t r V G a. F. a u s g e f ü h r t wird, dieser habe sich w e g e n des sozialen S c h u t z c h a r a k t e r s der §§ 72 ff B e t r V G genau an die gesetzliche Regelung zu halten (vgl. BAG K T S 1971 278 = BB 1971 567). Anderenfalls, so f ü h r t der BAG weiter aus, w ü r d e n diese V o r s c h r i f t e n gerade d a n n keine Bedeutung h a b e n , w e n n die Belange der Belegschaft und ihrer A n g e h ö r i g e n von vornherein in einem besonders h o h e m M a ß e b e t r o f f e n w ä r e n . Die Ausführungen des BAG sind dahin umzudeuten, der Vergleichsverwalter habe kraft des ihm zustehenden Rechts der Prüfung und Überwachung dafür Sorge zu tragen, daß der Vergleichsschuldner sich wegen der ihm als Unternehmer auferlegten Pflichten aus §§ 111, 112 BetrVG genau an das Gesetz hält (§ 39 VglO). — N o c h weniger — dies sei hier e i n g e f ü g t — entspricht die Entscheidung des BAG vom 20. 8. 1974 — 1 A Z R 14/74 mitgeteilt in D B 1974 51 (vgl. dazu Uhlenbruck D B 1974 628) der rechtlichen Stellung des Vergleichsverwalters, soweit d o r t auf die A n e r k e n n u n g , bzw. G e n e h m i g u n g eines Sozialplans d u r c h den V e r w a l t e r abgestellt wird. E r k l ä r u n g e n nach § 64 V g l O k a m e n dabei nach dem Sachverhalt nicht in Betracht (vgl. Verfasser K ö l n e r Festschrift 1977 301—304). — Anders w ü r d e es sich verhalten, w e n n es sich um einen T r e u h a n d , o d e r V e r w a l t u n g s t r e u h a n d - V e r g l e i c h g e h a n d e l t hätte (vgl. z u r rechtlichen Stellung des T r e u h ä n d e r s z. B. R d n . 10 zu § 3 V g l O und R d n . 10 zu § 7 V g l O ) . Sind in dem Betriebe des Vergleichsschuldners in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte A r b e i t n e h m e r beschäftigt, so ist der Betriebsrat über etwa geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der 180

Inhalt des Vergleichsvorschlags ( M i n d e s t q u o t e )

Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Die geplanten Betriebsänderungen sind mit dem Betriebsrat zu beraten. Als Betriebsänderungen gelten eine Einschränkung, wie auch eine Stillegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen (vgl. dazu O L G H a m m Betr. 1973 2250), eine Verlegung des Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, ein Zusammenschluß mit anderen Betrieben, eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation, des Betriebszweckes oder der Betriebsanlagen, schließlich die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigverfahren (§111 BetrVG). Liegt eine dieser Voraussetzungen vor, soll eine dieser Betriebsänderungen im Rahmen des Vergleichsverfahrens erstrebt werden, so hat der Vergleichsschuldner in seiner Eigenschaft als Unternehmer in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat einen „Interessenausgleich" herbeizuführen (vgl. Uhlenbruck K T S 1973 81/83 ff). Mit einem Vergleichsvorschlag, der eine Stundung oder eine solche verbunden mit einer Herabsetzung der Forderungen der betroffenen Gläubiger vorsieht, ist in aller Regel nicht die Absicht verbunden, eine Betriebsänderung herbeizuführen. Es soll lediglich eine Finanzlücke geschlossen, das Unternehmen einer Sanierung zugeführt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Vergleichsschuldner glaubt, das erstrebenswerte Ziel nicht aus eigener Kraft erreichen zu können, mithin die finanzielle Hilfe Dritter in Anspruch nehmen will. Anders aber verhält es sich, wenn im Rahmen des QuotenErlaß-Vergleichs z. B. eine Einschränkung des Betriebes, etwa die Stillegung eines nicht mehr als rentabel angesehenen Nebenbetriebes unvermeidlich erscheint, um einen dem § 18 Nr. 3, Nr. 4 VglO entsprechenden Vergleichsvorschlag erfüllen zu können (vgl. Heilmann S. 107). Dann haben vorläufiger Verwalter (§ 11 VglO) und Vergleichsverwalter (§ 38 VglO) darauf zu achten, daß der Vergleichsschuldner seinen Verpflichtungen aus §§111, 112 BetrVG nachkommt (BAG, KTS 1971 278 = N J W 1971 774). Mit einem Liquidationsvergleich (§ 7 Abs. 4 VglO) ist regelmäßig eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG verbunden. Eine Betriebsänderung im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur dann anzunehmen, wenn die Liquidationsmasse nach und nach verwertet wird, um aus dem Gesamterlös die Vergleichsgläubiger und die nichtbeteiligten Gläubiger und vor diesen die Neugläubiger, deren Ansprüche durch die Liquidation und im Rahmen der Durchführung derselben entstanden sind, befriedigen zu können (vgl. Rdn. 27 bis 32 zu § 92 VglO), sondern auch dann, wenn der Betrieb des Vergleichsschuldners geschlossen auf den eines Dritten übertragen wird (vgl. Fitting-Auffarth-Kaiser Anm. 19 zu § 111 BetrVG). Eine einschneidendere Betriebsänderung als die der Durchführung eines Liquidationsvergleichs nach § 7 Abs. 4 VglO ist kaum denkbar (vgl. Uhlenbruck K T S 1973 86 u. BB 1974 628). a) Kommt es vor der Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens (§ 20 VglO), sei es bereits vor der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) oder während des Vorverfahrens (§ 11 VglO), zur Aufstellung eines Sozialplans, so ist hinsichtlich der Frage der rechtlichen Einordnung der von diesem Plan erfaßten Forderungen zu unterscheiden. Abfindungsansprüche für den Verlust des Arbeitsplatzes sind Vergleichsforderungen (§ 25 VglO), sie rechnen nicht zu den Lohnansprüchen (vgl. TeubnerRB 1975 984) und genießen in einem etwa nachfolgenden Konkurse kein Vorrecht, sind vielmehr als einfache Konkursforderungen (§61 Abs. 1 Nr. 6 KO) anzusehen (vgl. LArbG Düsseldorf KTS 1976 72, ArbG Gießen K T S 1974 245 u. ArbG Wiesbaden BB 1975 1069 = K T S 1976 75). — Anders verhält es sich bei den Ansprüchen auf Abgeltung von Urlaub und solche auf Abfindung für rückständige Lohnforderungen oder gar Lohnrückstände selbst. Diese unterliegen den Bestimmungen der § 5 9 Abs. 1 Nr. 3, § 6 1 181

§7

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Abs. 1 Nr. 1 K O . Sie können nicht gut ihre konkursrechtliche Stellung dadurch verlieren, daß sie in einem Sozialplan aufgenommen worden und hier u. U. mit nicht unter diese Bestimmungen fallenden Ansprüche zu einem einheitlichen Geldbetrag zusammengezogen worden sind (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 2 e zu 5 59 K O , Schlüter Die konkursrechtliche Behandlung der Sozialplanansprüche S. 57). Nicht aber kann im Sozialplan der rechtliche Charakter einer Forderung dahin festgelegt werden, diese genieße ein Vorrecht nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O . Diese Frage ergibt sich aus der abschließenden Regelung im Gesetz (vgl. Uhlenbruch K T S 1973 74). Ratsam aber ist es, im Sozialplan die einzelnen Ansprüche streng zu unterscheiden, wobei jedöch nicht so verfahren werden darf, daß anstelle der nicht bevorrechtigten Abfindungsansprüche (oder eines Teils derselben) sogenannte „Lohnausgleichsansprüche" festgelegt werden (vgl. Schils K T S 1976 267/271 ff in einer Darstellung zum Konkursverfahren mit weiteren Hinweisen). — Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, daß Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan sehr wohl Masseschulden sein können, jedoch nicht aus § 59 Abs. 1 Nr. 3 K O , sondern aus § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O (Ansprüche, welche aus Geschäften oder Handlungen des Konkursverwalters entstehen), nämlich dann, wenn der Konkursverwalter an der Planung oder Durchführung der Betriebsstillegung beteiligt gewesen ist (vgl. LArbG Niedersachsen KTS 1977 180). — Für einen im Vergleichsvorverfahren — Vergleichsantragsverfahren — (§11 VglO) aufgestellten Sozialplan sind Rechtsgedanken aus der vorstehend genannten Entscheidung des LArbG Niedersachsen (aaO) für den Fall eines Liquidationsvergleichs (§ 7 Abs. 4 VglO) zwar nicht ohne Bedeutung, im Hinblick auf die weitaus andere Stellung des vorläufigen Verwalters und dessen nur beschränkter Mitwirkungsmöglichkeit jedoch nur bedingt zu übernehmen. Denn grundsätzlich ist daran festzuhalten, daß durch Handlungen eines Vergleichsverwalters, wie vorläufigen Verwalters im nachfolgenden Konkurs keine Masseschulden erwachsen (vgl. B G H Z 23 318 = KTS 1957 87). Wird jedoch nach Vereinbarung eines Sozialplans zwischen dem Vergleichsschuldner und dem Betriebsrat im Vorverfahren (§ 11 VglO, § 111, 112 BetrVG) zur Durchführung des nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens von den beteiligten Gläubigern angenommenen und bestätigten Liquidationsvergleichs (§5 7 Abs. 4, 78 VglO) das gesamte Vermögen des Vergleichsschuldners und mit diesem der zur Erfüllung des Sozialplans bereit gestellte Betrag auf einen Treuhänder übertragen, so kommt — wirtschaftlich betrachtet — die Verwertung des Vergleichsschuldnervermögens dem Konkurs gleich. Dies rechtfertigt es, mag auch das Recht der Vergleichsordnung keine der Konkursmasse entsprechende „Teilungsmasse" kennen und der Begriff der „Massegläubiger" und „Masseansprüche" ihm fremd sein, die sich aus dem während des Vergleichsantragsverfahrens aufgestellten Sozialplans ergebenden mit der Übertragung des Schuldnervermögens auf den Treuhänder sichergestellten Abfindungsanspriiche im „Treuhandliquidationsvergleichsverfahren" als „Massegläubigeransprüche" anzusehen (vgl. ArbG Arnsberg BB 1973 1306 = DB 1973 1902 = KTS 1974 53, kritisch zu diesem Urteil: Uhlenbruck DB 1974 628 und Böhle-Stamschräder Anm. 3, b zu § 26 VglO). b) Kommt es erst nach der Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens (§ 20 VglO) zur Betriebsstillegung und zur Vereinbarung eines Sozialplans (§§111, 112 BetrVG), so sind die entspringenden Forderungen der Arbeitnehmer keine Vergleichsforderungen (§ 25 VglO), vielmehr am Vergleich nicht beteiligt (vgl. Heilmann S. 108, abweichend: Böhle-Stamschräder Anm. 3 b zu § 26 VglO, der im Anschluß an Bötticher BB 1975 977 und der ihm folgenden Entscheidung des LArbG Düsseldorf EZA Nr. 1 zu § 59 K O mit Anm. Uhlenbruck annimmt, die Ansprüche seien ebenso zu behandeln wie die vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens entstandenen Sozialplanforderungen und Nachteilsausgleichsansprüche). — 182

Inhalt des Vergleichsvorschlags ( M i n d e s t q u o t e )

§7

Wurde weder im Vergleichsantragsverfahren (§11 VglO), noch nach der Verfahrenseröffnung (§ 20 VglO) ein Sozialplan aufgestellt, da erfolgversprechende Verhandlungen zur Fortsetzung des Betriebes durch ein anderes Unternehmen unter Übernahme der gesamten Belegschaft schwebten, dann jedoch nach Scheitern dieser Bemühungen das Anschlußkonkursverfahren eröffnet (§ 102 VglO), so sind neben den Verwaltungs- und Verfügungsbefugnissen (§ 6 KO) zugleich auch die Rechte und Pflichten, die sich aus der Arbeitgeberstellung des Gemeinschuldners ergeben auf den Konkursverwalter übergegangen. Unterläßt es der Konkursverwalter bei einer geplanten Betriebsstillegung oder anderweitigen Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG, seinen betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten nachzukommen, so beruhen die sich daraus ergebenden gesetzlichen Ansprüche der Arbeitnehmer aus § 113 BetrVG nach dem Urteil des BAG vom 17. 9. 1974 — 1 AZR 16/74 — auf „Handlungen" des Konkursverwalters im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO (BAG BB 1974 1483 = DB 1974 2207 = KTS 1975 122 = N J W 1975 182). — Zwar entscheiden über die „Fortführung oder Schließung des Geschäftes des Gemeinschuldners" nach näherer Maßgabe der §§ 129 Abs. 2, 130 Abs. 2, 132 Abs. 1 K O die Selbstverwaltungsorgane des Konkurses, d. h. der Gläubigerausschuß, bzw. die Gläubigerversammlung. Hierdurch wird jedoch der Kreis der Pflichten, die dem Konkursverwalter aus §§ 111 ff BetrVG obliegen, nicht berührt (vgl. z. B. Heilmann S. 94, Schlüter Die konkursrechtliche Behandlung der Sozialplanansprüche S. 95 ff). Das oben genannte Urteil des BAG vom 17. 9. 1974 (mitgeteilt auch in W M 1975 431 = AP Nr. 1 zu § 113 BetrVG), aus dem zu folgern ist, daß auch in der positiven Mitwirkung des Konkursverwalters bei der Aufstellung eines Sozialplans eine „Handlung" im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO liegt, ist im Schrifttum (vgl. Bötticher BB 1975 977, Henckel Anm. EzA Nr. 1 zu § 113 BetrVG, Böhle-Stamschräder Anm. 3 b zu § 26 VglO), aber auch in der Rechtsprechung (vgl. LArbG Düsseldorf EzA Nr. 1 zu § 59 mit Anm. Ublenbruck) auf Widerspruch gestoßen. Der Annahme, es handele sich um Masseansprüche, stehe einmal entgegen, daß die vom Sozialplan erfaßten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis an sich erwüchsen, bereits bedingt vorhanden seien, nur noch näher konkretisiert würden. Zum anderen sei es nicht Aufgabe des Konkursverwalters, einseitig die Masse zu belasten, ohne daß dieser etwas zufließe oder doch zufließen solle (vgl. Jaeger-Henckel Rdn. 16 zu § 1 K O , Böhle-Stamschräder Anm. 3 b zu § 26 VglO, je mit weiteren Hinweisen). In einer Grundlagenforschung, insbesondere zur Entstehung des BetrVG 1972, das im Zusammenhang mit Interessenausgleich und Sozialplan den insolventen Unternehmer unerwähnt läßt, meldet Berges Festschrift für Friedrich Weber 1975 57 ff erhebliche Zweifel an, ob ein Sozialplan trotz Insolvenz aufzustellen sei. Bei der Niederlegung dieser Zeilen liegt eine Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zu den in den Vorlagebeschlüssen vom 25. 5./20. 7. 1977 (5 AZR 743/75, 5 AZR 96/76 und 5 AZR 94/77) noch nicht vor. Die erste dort gestellte Frage lautet: „Gilt die Regelung des § 112 BetrVG über den Sozialplan, soweit darin Abfindungen als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorgesehen sind, auch im Konkurs des Arbeitgebers?" — Die Zusatzfrage lautet: „Falls diese Frage verneint wird: Sind dennoch zustande gekommene Sozialpläne wirksam?" — Weitere in den Vorlagebeschlüssen gestellte Fragen sind für den Fall gestellt worden, daß Sozialpläne auch im Konkurs des Arbeitgebers Abfindungen vorsehen können, die den Verlust des Arbeitsplatzes auszugleichen bestimmt sind. Sie lauten: „Sind derartige Abfindungsansprüche, die nach Konkurseröffnung in einem zwischen dem Konkursverwalter und dem Betriebsrat gemäß §112 BetrVG zustande gekommenen Sozialplan begründet 183

§8

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

worden sind, dann Masseschulden nach § 59 Abs. 1 K O , wenn der Konkursverwalter den Betrieb im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG stillgelegt hat?" Die erste Zusatzfrage lautet: „Falls diese Frage bejaht wird: Sind die Abfindungsansprüche auch dann Masseschulden nach § 59 Abs. 1 K O , wenn bereits der Gemeinschuldner den Betrieb stillgelegt hatte, der Sozialplan jedoch erst nach Konkurseröffnung zustande gekommen ist?" — Die zweite Zusatzfrage lautet: „Falls diese Fragen verneint werden: Sind die Abfindungsansprüche bevorrechtigte Konkursanforderungen nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO?" (vgl. KTS 1978 37). — Es liegt auf der H a n d , daß die Beantwortung dieser Fragen durch den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts auch für das Vergleichsverfahren von entsprechender, nicht zu unterschätzender Bedeutung sein wird. Nach einer Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.7. 1978 will der Große Senat seine Entscheidung am 11. Oktober 1978 verkünden. Es kann daher an dieser Stelle lediglich verwiesen werden auf die Kommentierung des § 26 VglO, die mit einer späteren Lieferung erscheinen wird. — c) Soweit im Vergleichsantragsverfahren (§ 11 VglO) oder nach der Eröffnung des Verfahrens (§ 20 VglO) ein Sozialplan aufgestellt wird (vgl. dazu oben unter dieser Rdn. vor a), sind wie im Konkursverfahren (vgl. dazu ArbG Heilbronn BB 1975 329, Heilmann S. 108, Uhlenbruck KTS 1973 94, Schils KTS 1976 267/279, abweichend: Richardi S. 87 ff), die Belange der übrigen Gläubiger angemessen zu berücksichtigen. Wird ein Sozialplan bereits im Vorverfahren (§11 VglO) aufgestellt, so hat sich die amtliche Berufsvertretung in ihrer gutachtlichen Stellungsnahme (§ 14 VglO) auch darüber zu äußern, ob bei den sich aus diesem Plan ersichtlichen Belastungen der Vergleichsvorschlag (§ 7 VglO) noch der Vermögenslage des Schuldners entspricht (vgl. 5 18 Ziff. 3 VglO, Einzelheiten dazu siehe Rdn. 3, b zu dieser Bestimmung). — Wird die Grenze der „wirtschaftlichen Vertretbarkeit" bei der Aufstellung des Sozialplans durch die Einigungsstelle (zur Bestellung derselben vgl. ArbG Düsseldorf BB 1976 792) verletzt (§114 Abs. 4 BetrVG), so hat der Vergleichsverwalter im Rahmen seiner Pflichten aus §§ 38 ff VglO den Vergleichsschuldner darauf hinzuweisen, daß eine Entscheidung des Arbeitsgerichts erforderlich sein wird. Dieses kann den Spruch der Einigungsstelle jedenfalls grundsätzlich nur aufheben, jedoch keine Sachentscheidung treffen. Die Einigungsstelle muß dann erneut angerufen werden (vgl. Gerhard Müller Festschrift für Carl Hans Barz 1974 S. 489/496 Fußnote 29, vgl. auch Schils K T S 1976 267/280 ff).

§8 Gleichbehandlung der Gläubiger (1) Der Vergleich muß von allen von ihm betroffenen Gläubigern gleiche Rechte gewähren. (2) Eine ungleiche Behandlung der Gläubiger ist nur zulässig, wenn 1. die Mehrheit der zurückgesetzten, im Vergleichstermin anwesenden stimmberechtigten Vergleichsgläubiger zustimmt; hierbei werden die schriftlich zustimmenden wie anwesende behandelt; und die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger mindestens drei 2. Vierteile der Forderungen der zurückgesetzten stimmberechtigten Gläubiger beträgt. Die Vorschriften des § 75 finden entsprechende Anwendung. 184

Gleichbehandlung der Gläubiger

§ 8

(3) Jedes andere Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Gläubigern, durch welches diese bevorzugt werden, ist nichtig. M a t e r i a l i e n : B e g r . I S . 1 7 ; Ber. S . 7, 4 7 . B e g r . II S . 5 6 ; III S . 3 8 9 .

Schrifttum: Walter zum

Krusch

Zivilprozeß,

D a s W e s e n d e s V e r g l e i c h s z u r A b w e n d u n g d e s K o n k u r s e s , H e f t 16 d e r Beitr. 1 9 3 3 ; Kurt

Cossel

Erlaubte und unerlaubte Gläubigerbegünstigung

g l e i c h s v e r f a h r e n , G r e i f s w D i s s . 1 9 3 4 ; Siegfried

Hentsch

Besonderheiten des

Zwangsvergleichs gegenüber dem konkursbeendenden,

LeipzDiss.

1 9 3 4 ; Berges

des G l e i c h b e h a n d l u n g s g r u n d s a t z e s im Vergleichsverfahren, K T S 1964

Ver-

Tragweite

Zur

1 2 9 f ; Künne

Kein

z u r g l e i c h m ä ß i g e n B e h a n d l u n g b e i d e r V e r g l e i c h s e r f ü l l u n g , B e t r i e b 1 9 6 5 9 2 1 , Verfasser l e r h a f t e V e r g l e i c h s v o r s c h l a g " in d e r F e s t s c h r i f t f ü r E r n s t K n o r r , D ü s s e l d o r f Wittmann

im

Konkursabwendenden

1968,

Zwang

„ D e r fehSternebeck-

Z a h l u n g e n a u s d e m „ F e u e r w e h r f o n d s " als u n z u l ä s s i g e S o n d e r a b k o m m e n im S i n n e d e r

V e r g l e i c h s o r d n u n g ? , N J W 1 9 7 4 1 8 8 9 , Eberhard

Schwark

F e u e r w e h r f o n d s und gerichtliches V e r -

gleichsverfahren, N J W 1974 1892. Übersicht Rdn. Begriff und Fälle der ungleichen Behandlung

Rdn.

II.

III.

IV.

A . D e r Zwangsvergleich im allgemeinen R e c h t s n a t u r des Vergleichs S a c h - und Streitstand V e r t r a g s n a t u r des Z w a n g s v e r g i e i c h s . . . . B e d e u t u n g der Bestätigung H e i l u n g auch materieller Mängel z u f o l g e Ausschluß des K l a g e w e g e s Vergleich im Sinne des § 779 B G B V e r t r a g auch in seiner Aktualisierung . . . D e r Zwangsvergleich als V e r t r a g in p r o zessualer F o r m In formeller Hinsicht G e l t u n g der V o r schriften über P r o z e ß h a n d l u n g e n In materieller Hinsicht G e l t u n g der allgemeinen S ä t z e des bürgerlichen Rechts über Willenserklärungen und R e c h t s g e s c h ä f t . . G r e n z e n des M e h r h e i t s z w a n g s E i n s c h r ä n k u n g des G r u n d s a t z e s der V e r tragsfreiheit V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n gleich Geldschuld e n ; Leistung an E r f ü l l u n g s Statt Völlige Schuldbefreiung, Haftungsbeschränkung SonstigeSchranken Steuerfragen S a n i e r u n g s g e w i n n bei E i n k o m m e n s - und Körperschaftssteuer Gewerbesteuer Schenkungssteuer S p ä t e r e Z a h l u n g e n auf den Erlaßbetrag . .

1 2 3 4 5 6

7

8

9 IV. 10 11 12

13 14 15 16

B . D e r G r u n d s a t z der Gleichheit Seine B e d e u t u n g Wesen der Gleichheit Geltungsbereich des G r u n d s a t z e s

I,

C . Ungleiche Behandlung der G l ä u b i g e r G r u n d und G r e n z e n des M e h r h e i t s z w a n g s P r ü f u n g s p f l i c h t des Gerichts G r e n z e n des M e h r h e i t s z w a n g s

III.

20 21

Die ausschließlich auf dem Vergleichsin22 halt b e r u h e n d e Ungleichheit Ungleichheiten aus der besonderen R e c h t s l a g e der einzelnen vergleichsbetroffenen F o r d e r u n g e n ; Bestandswirkungen — A n s p r ü c h e auf ersetzbare H a n d l u n g . . Vergleichssicherheiten Zweifelsfälle Zurücktreten von G l ä u b i g e r n Kreis der b e v o r z u g t e n G l ä u b i g e r Art der B e v o r z u g u n g . U n b e k a n n t e G l ä u b i 27 ger B e v o r z u g u n g bei H e r a b s e t z e n des F o r d e rungsbetrags 28 F o r d e r u n g s t e i l u n g nach Eintritt der K o n kursreife 29 Absonderungsberechtigte Gläubiger . . . . 30 V e r f a h r e n s r e c h t l i c h e A u s w i r k u n g e n des ungleichen V o r s c h l a g s V e r f a h r e n s r e c h t l i c h e Stellung der V o r zugsgläubiger 31 Z u s t i m m u n g der z u r ü c k g e s e t z t e n G l ä u b i ger 32 D . Verbotene Sonderbegünstigungen A b k o m m e n im Sinne des A b s a t z e s 3 G e g e n s a t z zu A b s a t z 2 V e r b o t nur der B e v o r z u g u n g Der Allgemeinausdruck. Abkommen . . . V e r p f l i c h t u n g s - und V e r f ü g u n g s g e s c h ä f t e Verfahrensakte B e z i e h u n g z u m Zwangsvergleich Zeitpunkt der A b k o m m e n D i e Parteien des A b k o m m e n s D i e Nichtigkeit Nichtigkeit nur der S o n d e r a b k o m m e n . . Nichtigkeit nur f ü r den Fall der V e r gleichsbestätigung

33 34 35 36 37 38 39 40 41 42

185

§8

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag Rdn. Nichtigkeit auch vergleichsstörender Abkommen 43 Wesen der Nichtigkeit 44 G e g e n s t ä n d l i c h e T r a g w e i t e d e r N i c h t i g k e i t 45 Nichtigkeit auch schuldtilgender Leistungen 46

III.

Rdn. Stellung des s o n d e r b e g ü n s t i g t e n G l ä u b i gers Beteiligtbleiben a m V e r f a h r e n 47 Stimmrecht? 48 Zurückhaltungsrecht 49 UnStatthaftigkeit der A u f r e c h n u n g . . . . 50 B e f r i e d i g u n g im A u s l a n d 51

A. Der Zwangsvergleich im allgemeinen I. Rechtsnatur des Vergleichs Sach- und Streitstand 1

R e c h t s p r e c h u n g , überwiegend auch Rechtslehre haben dem Zwangsvergleich im K o n k u r s und in d e r Geschäftsaufsicht den C h a r a k t e r eines gerichtlich genehmigten, in prozessualen F o r m e n abgeschlossenen bürgerlich-rechtlichen V e r t r a g s z u e r k a n n t ( R G Z 77, 404 und 127, 375, Jaeger- Weber A n m . 5 ff zu § 173 K O , Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 3 V g l O und Anm. 1 zu § 173 K O , Berges K T S 1961 166, K T S 1970 249, 253 ff, Jauernig § 58 V I I I 2, Schönke-Baur % 68 I 2, Serick Bd. III, § 36 I 2, PagenstecherGrimm § 50, Eickmann I 16, 4). W a s den Beweis f ü r die Vertragsnatur erschwert, sind die Besonderheiten des Zwangsvergleichs. Einmal, daß er in prozessualen F o r m e n abgeschlossen wird. Z u m a n d e r n , d a ß zu seinem Z u s t a n d e k o m m e n schon eine qualifizierte Mehrheit g e n ü g t , die sowohl nach K o p f s t i m m e n als nach der F o r d e r u n g s s u m m e sogar die M i n d e r h e i t der v o r h a n d e n e n Gläubiger und F o r d e r u n g s b e t r ä g e sein k a n n , da immer nur die stimmberechtigten die Bemessungsgrundlage bilden (§ 74 I). U n d schließlich, d a ß seine W i r k samkeit stets von der gerichtlichen Bestätigung a b h ä n g t (§ 78 I). D a r a u s erklären sich die V e r s u c h e , die gerichtliche Bestätigung als das Wesentliche a n z u s e h e n und sie von der Willenseinigung der Beteiligten loszulösen. D a s hat m a n im einzelnen in verschiedener Weise versucht. A m schärfsten ist die Loslösung ausgeprägt in der auf A. S. Schultze f ü r den Konkursvergleich b e g r ü n d e t e n Urteilstheorie ( K o n k u r s R S. 114 ff; Z H R 25 350 ff). Sie ist — auch f ü r den k o n k u r s a b w e n d e n d e n Zwangsvergleich — in der österreichischen Praxis und und Lehre herrschend g e w o r d e n (so O G H W i e n , J W 1932 2335 mit ablehn. Anm. Kößler, Pollak bei Bartsch-Pollak A. 4 vor § 1 A u s g l O mit weiteren Rspr.; Bartsch G r u n d r i ß des Ausgl.- und K o n k R S. 12) und n u n m e h r auch in die italienische D o k t r i n e i n g e d r u n g e n (Aurelio C a n d i a n , II processo di c o n c o r d a t o preventivo, P a d u a 1937 281 gegen die Praxis: z. B. C o r t e di assozione v. 28. Juli 1934 in T e m i Emiliana, 1935 I 270). D a n a c h ist der Zwangsvergleich ü b e r h a u p t kein V e r gleichsvertrag, s o n d e r n eine auf die Willenserklärung der Beteiligten als einheitlichen V e r t r a g s a n t r a g e r g e h e n d e „gerichtliche Entscheidung in Beschlußform, die u n a b h ä n gig davon wirkt, ob sie, wie geschehen, hätte ergeben sollen o d e r d ü r f e n " (Pollak a a O ) . Es ist dabei schließlich gleichgültig, ob man in dem Bestätigungsbeschluß, wie es die strenge Urteilstheorie tut, eine richterliche Feststellung sieht (so bes. Eccius P r e u ß P r i vatR^ I S. 817) o d e r lediglich einen Gestaltungsakt (so die sog. Ersetzungstheorie von Petschek Zentralbl. f. d. jur. Praxis 1934 446 f; 1936 549 f). D a s Entscheidende ist ja nicht, wie man den Bestätigungsakt prozessual klassifiziert, s o n d e r n daß m a n nach der einen wie nach der a n d e r e n Klassifikation die V e r g l e i c h s w i r k u n g lediglich an den Bestätigungsbeschluß h ä n g t und d e m z u f o l g e Vergleichsvorschlag und Z u s t i m m u n g z u m bloßen V e r f a h r e n s a n t r a g absinken. D a dies w e d e r dem W e s e n der Sache gerecht wird noch auch n u r dem Gesetzeswortlaut entspricht, wollen m a n c h e den Zwangsvergleich als ein aus V e r t r a g und Staatsakt zusammengesetztes Gebilde ansehen (so z. B. 186

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

Kisch G r u n d R des deutschen KonkursR §§ 54, 66; Lucas S. 147 f; für das österr. Recht Lehmann Komm. z. AuglO S. 15 f). Damit ist jedoch die Zerreißung des Zwangsvergleichs nicht aufgehoben, denn die Bestätigung wäre nicht Bestandteil des Vergleichsvertrags, sondern außerhalb desselben stehender und ihm gegenüber höherwertiger Staatsakt (vgl. dazu auch die kritische Stellungnahme von Mentzel-Kuhn Anm. 1 c zu §173 KO). Zu Ende gedacht, mündet auch diese Lehre wieder in die Urteilstheorie ein, wie mit voller Deutlichkeit die Monographie von Krusch zeigt. Dieser sieht — insoweit nur folgerichtig — den „Abschlußakt" nicht als Vertrag in prozessualer Form, sondern lediglich als Prozeßhandlung mit privatrechtlichem Inhalt an und führt die durch den Vergleich bewirkte Gestaltung der Gläubigerrechte allein auf den auch seiner Ansicht nach der materiellen Rechtskraft fähigen Bestätigungsbeschluß zurück, mit Bezug auf den der Abschlußakt nur Indiz für das Vorliegen des Gestaltungsgrundes sei (aaO S. 114 ff; 125 ff, 134 ff). Gegenüber diesen Konstruktionen ist an der richtig verstandenen Vertragstheorie festzuhalten.

Vertragsnatur des Zwangsvergleichs Unrichtig ist es zunächst, die Vertragsnatur des Zwangsvergleichs deshalb zu leug- 2 nen, weil ein Vertrag, wenn auf der einen oder anderen Seite eine Vielheit von Partnern steht, Einverständnis aller, nicht bloß einer Mehrheit von ihnen erfordere. Nun trifft es freilich zu, daß beim Zwangsvergleich lediglich ein Vertrag zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern, nicht eine der Zahl der Gläubiger entsprechende Vielheit von Verträgen geschlossen wird (a. M. Lohr Z Z P 16 391, 407, 413; gegen ihn m. R. Krusch S. 97 ff). Es ist aber durchaus eine Frage der positiven Regelung, ob zur Einbeziehung einer Vielheit als Partner in das Vertragsverhältnis eine Willenserklärung aller erforderlich ist. Das gilt nur, falls das Gesetz nichts anderes bestimmt. Die abweichende Regelung bedeutet allerdings f ü r die Widerstrebenden einen Rechtszwang. In das Vertragsverhältnis wird die dem Vergleich nicht zustimmende Minderheit kraft Gesetzes zwangsweise einbezogen (Serick Bd. III § 36 I 2). Daher der Name Zwangsvergleich, den übrigens die VglO durchgängig vermeidet, indem sie immer nur vom Vergleich spricht. Dieses Zwangselement des gerichtlichen Vergleichs bedeutet keineswegs die Fiktion eines Vertrags (a. M. Krusch S. 100 ff, 144; Fiktion des vollständigen Vertragsabschlusses — dagegen m. R. Petschek Zentralbl. 1934 445). Es wird vielmehr wirklich ein solcher abgeschlossen. Es ist aber andererseits auch nicht so, daß dem Schuldner bei Vergleichsabschluß die Gläubiger als eine rechtlich einheitlicher Willensbildung fähige Gemeinschaft gegenüberstünden, derart, daß die Mehrheit mittels der Abstimmung einen einheitlichen Willensentschluß der Gläubiger bilde, der als erklärter Gemeinschaftswille die Annahme des Vorschlags bewirke (richtig Kohler Lehrb. des KonkursR S. 452 ff, 589; a. M. Jaeger Lehrb. S. 191 Nr. 2; Kiesow A. 3 vor § 5; Emmerich Sanierung I S. 56; Manigk aaO S. 88; Kößler J W 1932 2335 Nr. 2 und wohl auch Lucas Recht und Handel 1927 598 f): Die Vergleichsgläubiger bilden zwar eine, zudem gesetzlich geregelte Interessengemeinschaft (so die Vorstehenden; dazu noch WürdingerTheorie der schlichten Interessengemeinschaften Beiheft 1 der Z H R 1934 S. 63 ff). Diese aber ist keine (im Rechtssinne) willensfähige Gemeinschaft (siehe zu dieser Frage auch Berges KTS 1961 166 und KTS 1970 249/253 ff, der davon ausgeht, daß die Vergleichsgläubiger eine Rechtsgemeinschaft bilden. Doch fehlt es dazu an einer entsprechenden Organisation. Es liegt wohl eine Interessengemeinschaft vor). Der Wille der Mehrheit ist — auch rechtlich — nichts anderes als die Summe der Individualwillen der einzelnen Gläubiger, die als einzelne und nur als solche durch ihre Zustimmung die Annahme erklären (so auch Krusch S. 97 ff, der aber S. 101 die Fiktion „eines aus 187

§8

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

einem Mehrheitsbeschluß folgenden Gesamtwillens" zur Bindung der Minderheit für unumgänglich hält). Folgerungen daraus: § 74. Wie die Dinge in Wirklichkeit liegen, wird sofort klar, wenn wir Vertrag im Sinne von rechtsgeschäftlichem Akt und Vertrag als durch Willenseinigung zustande gekommenes Rechtsverhältnis unterscheiden. Abgeschlossen zu werden braucht der Vergleich nur mit den gesetzlich erforderlichen Mehrheiten; in das Vertragsverhältnis einbezogen sind aber kraft Gesetzes — darin und insoweit besteht der Zwang — und ohne daß es dazu noch der Fiktion eines Gesamtwillens bedürfte, auch die nicht am Abschluß beteiligte Minderheit sowie die in § 83 bezeichneten Forderungen. So ist auch der den Ausgangspunkt unserer Streitfrage bildende § 173 K O zu lesen, wonach „auf Vorschlag des Gemeinschuldners zwischen diesem und den nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern ein Zwangsvergleich geschlossen werden kann": Abgeschlossen wird ein Vergleich (nicht Zwangsvergleich) mit der gesetzlich erforderlichen Mehrheit; der abgeschlossene Vergleich wirkt aber kraft Gesetzes (als Zwangsvergleich) auch gegenüber den übrigen Gläubigern, die auf diese Weise ebenfalls Partner des auf dem Vertragsabschluß der Mehrheit ruhenden Vertragsverhältnisses werden (zustimmend: Jaeger-Weber Anm. 11 zu § 173 KO). Demgegenüber können nicht, wie Bötticher Z Z P 86 373/387 ff vorschlägt, Grundsätze des Vertragshilfeverfahrens herangezogen werden, denn das Konkurs- bzw. Vergleichsgericht ist nicht in der Lage, den Inhalt des Zwangsvergleichs zu verändern. Die Rechtsfigur des Zwangsvergleichs darf auch nicht mit dem sog. oktroyierten Vertrag (Zwangsmiete, Zwangspacht, Zwangstarif) verglichen werden, denn dort fehlt es, anders als beim Zwangsvergleich, an einer Willenseinigung überhaupt, da, wenn überhaupt nur eine Seite das Rechtsverhältnis mit dem angeordneten Inhalt will. — Der Zwangsvergleich ist auch in bezug auf die Minderheit nicht etwa ein Vertrag zugunsten Dritter, (noch weniger zu Lasten Dritter), da auch Gläubiger, die nicht zugestimmt haben, Partner des Vergleichsverhältnisses sind, was sich insbesondere darin zeigt, daß auch sie den Vergleich anfechten können, und zwar selbst dann, wenn sie als Freigebigkeitsgläubiger lediglich vom Vergleich betroffen werden (§ 89). Daß auch den zustimmenden Gläubigern gegenüber der Vergleich erst mit seiner Bestätigung wirksam wird, ist kein Einwand gegen seine Vertragsnatur. Es soll nicht verkannt werden, daß die „Vertragstheorie" nicht unerhebliche Schwierigkeiten zu überwinden hat, um den Zwangsvergleich als Ganzes rechtlich zu würdigen. Wird von einer einheitlichen Betrachtung abgesehen (vgl. die Darstellung bei Mentzel-Kuhn ab 8. Aufl. Anm. 1, b bis e zu § 173 KO), so wäre für sich der Zwangsvergleich seinem Inhalte, seinem verfahrensrechtlichen Zustandekommen und der nur beschränkten Geltendmachung von Willensmängeln (§ 196 K O , § 89 VglO) nach zu betrachten. Damit lebt nicht die „Theorie des zusammengesetzten Aktes" wieder auf (vgl. Kiscb § 54 III), denn gerade die Trennung wird betont (vgl. Mentzel-Kuhn aaO).

Bedeutung der Bestätigung 3

Die Vertragsnatur des Zwangsvergleichs berührt es auch nicht, daß dieser gegenüber sämtlich betroffenen Gläubigern erst mit der gerichtlichen Bestätigung wirksam wird. Allerdings ist die Bestätigung ein rechtsgestaltender, nicht ein bloß deklaratorischer Akt. Zweck der Bestätigung ist es, die Gläubiger, besonders die überstimmten Gläubiger gegen Übervorteilung zu schützen. Dies kommt besonders in der Bestimmung des § 79 Nr. 4 zum Ausdruck, wonach die Bestätigung zu versagen ist, „wenn der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger widerspricht". 188

Gleichbehandlung der G l ä u b i g e r

§8

Die Entschließung der m a ß g e b e n d e n M e h r h e i t der Vergleichsgläubiger über die A n n a h m e des Vergleichs (§ 74) wird in ihrer t r e u h ä n d e r i s c h e n W i r k u n g als Willensäuß e r u n g sämtlicher Gläubiger (Berges K T S 1960 3) n u r a n e r k a n n t , w e n n sie dem Leitziel, d e m uneingeschränkten „gemeinsamen Interesse" aller Gläubiger dient (Berges K T S 1955 51). Die Bestätigung bildet mithin einen Akt staatlicher Fürsorge. D a ß die Bestätigung nicht etwa eine „ E r s a t z f u n k t i o n " hinsichtlich der fehlenden Z u s t i m m u n g der Minderheiten haben k a n n , folgt allein daraus, d a ß der Vergleich auch f ü r die z u s t i m m e n d e n Gläubiger erst mit der Bestätigung wirkt (§§ 78, 82). Überdies bedarf es zum Verständnis der Rechtsfigur des Zwangsvergleichs einer E r s a t z f u n k t i o n der Bestätigung ebensowenig, wie die Fiktion eines Gesamtwillens (oben zu 2). Die Bestätigung ist d a h e r rechtsgestaltend n u r in derselben Weise, wie es sonst, namentlich im V o r m u n d s c h a f t s r e c h t , behördliche Z u s t i m m u n g s e r k l ä r u n g e n zu privaten Rechtsgeschäften sind (Jaeger-Weber A n m . 10 zu § 173 K O ) . D a ß die Bestätigung nichts anderes als behördliche V e r t r a g s g e n e h m i g u n g ist, folgt auch, worauf J a e g e r - W e b e r a a O , mit Recht hinweisen, weiterhin daraus, d a ß das Gericht den Inhalt des Vergleichs nicht zu bestimmen hat, ihn nicht ändern k a n n , s o n d e r n n u r den Vergleich im G a n z e n bestätigen k a n n , wie bestätigen muß, w e n n die Willenseinigung zwischen dem Vergleichsschuldner und der Gläubigermehrheit feststeht (§§ 74 f) und ein gesetzlicher V e r s a g u n g s g r u n d (§ 79) nicht vorliegt. Schließlich m a c h t n u r die V e r t r a g s n a t u r des V e r gleichs die A n f e c h t u n g durch rechtsgeschäftliche Willenserklärung (§ 89 I) und die Zulässigkeit eines auflösend bedingten Vergleichs (sog. kassatorische Klausel) verständlich (Jaeger- Weber Anm. 1 zu § 195 K O , TidowKTS 1956 103). Heilung auch materieller Mängel zufolge Ausschluß des Klageweges N a c h Ansicht von Lucas Anm. I zu § 67 der V e r g l e i c h s o r d n u n g von 1927 S. 147 f, 4 soll die Bestätigung um deswillen nicht Bestandteil des Vergleichsvertrags, s o n d e r n außerhalb desselben stehender und ihm g e g e n ü b e r h ö h e r w e r t i g e r Staatsakt sein, weil die Vergleichswirkungen mit Bestätigung eintreten, w e n n d e r Vergleich, etwa wegen P r o z e ß u n f ä h i g k e i t des Schuldners o d e r mangels der erforderlichen Mehrheiten, nicht z u s t a n d e g e k o m m e n w a r . Es ist Lucas z u z u g e b e n , d a ß sich derartiges bei der von der h e r r s c h e n d e n Lehre als Parallele h e r a n g e z o g e n e n vormundschaftsgerichtlichen G e n e h migung regelmäßig nicht findet. Aber diese Heilung auch der materiellen Mängel tritt z w a r mit d e r Bestätigung ein, b e r u h t j e d o c h nicht, wenigstens nicht unmittelbar, auf dem Bestätigungsbeschluß. Dies schon deshalb nicht, weil der Bestätigungsbeschluß d e r — materiellen — R e c h t s k r a f t e r m a n g e l t (vgl. statt aller R G 122 363 mit V e r w . ; a. M. die A n h ä n g e r der Urteilstheorie, z. B. Eccius P r e u ß PrivatR I S. 817; Oetker Z H R 66 196, und jetzt wieder Krusch S. 147 ff). Die Sache liegt vielmehr so, daß wir deshalb, weil bei Konkursvergleich d e r Bestätigungsbeschluß n u r mit sofortiger Beschwerde, bei k o n k u r s a b w e n d e n d e m Vergleich ü b e r h a u p t nicht a n f e c h t b a r ist, folgern, daß auch eine Klage, wie sie sonst bei materiellen E i n w e n d u n g e n die Regel bildet, nach dem Sinn des Gesetzes ausgeschlossen sein soll. So ist es nicht eine besondere, dem Gestaltungsurteil entsprechende W i r k u n g s k r a f t des Bestätigungsbeschlusses, sondern der auf Z w e c k m ä ßigkeitserwägungen b e r u h e n d e Ausschluß des Klagweges, der die H e i l u n g der Mängel des Vergleichsabschlusses h e r b e i f ü h r t . W e n n es f ü r die Richtigkeit dieser Schlußfolger u n g noch eines positivrechtlichen Beweises b e d ü r f e n sollte, so ist dieser auf G r u n d des § 89 I mit § 88 leicht zu erbringen. D e r § 89 beschränkt nicht nur, was unstreitig ist, die A n f e c h t b a r k e i t des bestätigten Vergleichs auf den Fall der ursächlichen arglistigen T ä u s c h u n g , s o n d e r n a u ß e r d e m , wie ein Gegenschluß aus § 88 ergibt, auch die A n f e c h t u n g s w i r k u n g auf den jeweils a n f e c h t e n d e n Gläubiger. U n d das gilt selbst d a n n , w e n n o h n e die Z u s t i m m u n g des A n f e c h t e n d e n der Vergleich nicht zustande g e k o m m e n 189

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§8

wäre. Trotz Anfechtung eines solchen Gläubigers bedarf es noch einer Anfechtung durch die übrigen, wenn auch sie der Vergleichsschranken ledig sein wollen, und ist anderseits den nicht anfechtungsberechtigten Gläubigern die Berufung auf Nichtigkeit des Vergleichs versagt. Das aber folgt aus den angezogenen Vorschriften, nicht aus der angeblichen besonderen Gestaltungskraft des Bestätigungsbeschlusses. Vergleich im Sinne des § 779 BGB 5

Wie der Prozeß vergleich (zu dessen Doppelcharakter vgl. B G H Z 41 310 = N J W 1964 1524), ist auch der Zwangsvergleich, materiellrechtlich typisiert, ein Vergleich im Sinne des § 779 I BGB (Jaeger Lehrbuch, § 3 1 1 1 , Jaeger- Weber Anm. 16 zu § 173 K O , Mentzel-Kuhn Anm. 4 zu § 173 K O , Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 173 K O und Anm. 2 zu § 3 VglO, wie Anm. 6 zu § 78 VglO, Vogels-Nölte Anm. II zu § 3). Das wird klar, wenn man sich vor Augen hält, daß er ein Vertragsverhältnis des Schuldners mit der Gesamtheit seiner im Konkursfall nicht bevorrechtigten persönlichen Gläubiger darstellt. Hierbei handelt es sich nun freilich nicht um die Beilegung eines Streites über die einzelnen Forderungen — solche Streitigkeiten können nur unabhängig vom Konkursabwendungsverfahren durch einen zwischen dem Schuldner und dem einzelnen Gläubiger abzuschließenden Vergleich nach § 779 I BGB beseitigt werden —, sondern darum, wie die Ansprüche dieser Gläubiger, deren Verwirklichung zufolge des Vermögensverfalls des Schuldners unsicher geworden ist, in ihrer Gesamtheit befriedigt und gegebenenfalls sichergestellt werden sollen. Das dem Vergleich wesentliche beiderseitige Nachgeben besteht auf Seiten der Gläubiger in Bewilligung von Stundung oder (und) Forderungsnachlaß, die dem Schuldner die Vermeidung des Konkurses ermöglichen sollen (vgl. Wellmann in der Festschrift für Emst Knorr 1968 13, 15 ff). Was aber das Nachgeben des Schuldners betrifft, so liegt ein solches auch dann vor, wenn er den Gläubigern keine Sicherheiten stellt. Es besteht jedoch nicht etwa darin, daß er davon absieht, in Konkurs zu gehen — der Konkurs wird ja bei Scheitern des Vergleichsversuchs von Amts wegen eröffnet (§§ 19 I, 80 I, 101, 96 V, VI) —, aber auch nicht darin, daß der Schuldner die bereits geschuldete Leistung in den Grenzen des Vergleichs „kumulativ" neu verspricht (was nicht geschieht), sondern darin, daß er verspricht, seine Gläubiger wie im Konkurs, nämlich gemeinsam und (grundsätzlich) gleichmäßig zu befriedigen (Berges K T S 1964 130). Daß schließlich der Zwangsvergleich bei Grundlagenirrtum nicht unwirksam ist, erklärt sich aus der insoweit bestehenden Sonderregelung (KG K u T 1933 30, Jaeger-WeberAnm. 3 zu § 196 KO). Vertrag auch in seiner Aktualisierung

6

Der Zwangsvergleich ist privatrechtlich Vertrag, nicht nur, wie Krusch S. 124, 142 behauptet, in bezug auf Inhalt und Wirkungen, sondern auch in seiner Aktualisierung. Er wird keineswegs deshalb, weil nicht bloß die Bestätigung, sondern schon der Vorschlag und die Annahme sich in prozessualen Formen vollziehen, zu einem lediglich öffentlich-rechtlichen Akt (den Krusch wegen seiner privatrechtlichen Wirkungen als „öffentlich-rechtlichen Akt im formellen Sinne" bezeichnet). Krusch hätte recht, wenn die Willenseinigung, die doch auch er als vorliegend anerkennt, als solche eine Rechtsform wäre; das ist sie ebensowenig wie der Rechtssatz. Wie dieser trotz Erlasses in Form einer Verordnung Rechtssatz bleibt, so bleibt auch die Willenseinigung mit privatrechtlichem Inhalt und privatrechtlichen Wirkungen trotz ihrer prozessualen Form Bestandteil eines bürgerlich-rechtlichen Vertrags; daran ändert selbst der Umstand nichts, daß auch für die Zustimmenden die Vertragswirkungen erst mit der gerichtlichen Bestätigung eintreten (oben 2 a, f). 190

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

II. Der Zwangsvergleich als Vertrag in prozessualer Form In formeller Hinsicht Geltung der Vorschriften über Prozeßhandlungen Wenn auch das Vergleichsverfahren nicht der streitigen Gerichtsbarkeit zuzuord- 7 nen ist, vielmehr begrifflich der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört (siehe dazu oben Anm. 38 zu § 2), so ergibt sich doch in formeller Hinsicht, wie aus § 115 folgt (hierzu Künne Betrieb 1965 921), f ü r die Willenserklärungen der Beteiligten die Geltung der Vorschriften über Prozeßhandlungen. Hierzu ist folgendes hervorzuheben: a) Der dem Eröffnungsantrag (§ 2 VglO) beizufügende schriftliche Vergleichsvorschlag (§ 3 Abs. 1 VglO) ist eine notwendige Verfahrensgrundlage. Er unterliegt zunächst einmal der Begutachtung der amtlichen Berufsvertretung (§14 VglO) insbesondere im Hinblick darauf, ob er der Vermögenslage des Schuldners entspricht (§18 Ziffer 3 VglO). Zur gleichen Frage hat sich der vorläufige Verwalter (§11 VglO) zu erklären und dem Gericht zu berichten (§ 40 VglO). — vgl. hierzu Veismann KTS 1968 45, Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 11 V g l O und Anm. 2 zu § 14 VglO). Keineswegs selten wird der mit dem Eröffnungantrag eingereichte Vergleichsvorschlag im Verlaufe des Vorverfahrens geändert. Grenzen für das Recht des Schuldners zu einer Vorschlagsänderung können sich allerdings aus der Aufnahme eines „Verwalterdarlehens" (§ 106 VglO) ergeben. Denn eine Privilegierung eines solchen mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters aufgenommenen Darlehens, wobei vorausgesetzt wird, daß diesem zuvor gemäß § 12 V g l O die in § 57 V g l O genannten Befugnisse eingeräumt worden sind (vgl. B G H Z 32 268 = K T S 1960 138 mit Anm. Berges), entfällt nach der Rechtsprechung des B G H (vgl. B G H Z 59 356 = K T S 1973 124 = N J W 1973 mit Anm. Verfasser N J W 1973 190), wenn dem Vergleichsverfahren kein Anschlußkonkursverfahren (§ 102 VglO), sondern ein technisch selbständiger Konkurs folgt, mag dieser auch auf dieselbe Zahlungsunfähigkeit zurückzuführen sein. Nach der Aufnahme eines „Verwalterdarlehens" ist mithin der Vergleichsschuldner nicht in der Lage, einen Vergleichsvorschlag, der eine Fortsetzung nach § 96 VglO vorsieht, in einen solchen zu ändern, der zur Aufhebung des Vergleichsverfahrens mit der Bestätigung des Vergleichs (§78 VglO) führt (§§91 ff VglO). Der Vergleichsschuldner würde sich mit einer solchen Änderung des Vergleichsvorschlags der Gefahr aussetzen, daß der Darlehensgeber die sofortige Rückzahlung begehrt (§ 609 BGB), da die Geschäftsgrundlage für die Gewährung des Darlehens, nämlich die Privilegierung aus §106 V g l O durch eine Maßnahme des Vergleichsschuldners entfallen ist. Soweit Beträge noch nicht ausgezahlt sein sollten, hat der vorläufige Verwalter (§ 11 VglO) seine Zustimmung zur Darlehensaufnahme sofort zu widerrufen, wofür ihn eine Verantwortlichkeit aus § 42 VglO dem Darlehensgeber gegenüber trifft. Mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21 VglO) geht den aus dem Gläubigerverzeichnis (§ 6 VglO) ersichtlichen Vergleichsgläubigern der Vergleichsvorschlag zu (§ 22 VglO). Damit liegt diesen gegenüber ein Vertragsangebot vor (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB), zu dem diese nach Maßgabe des § 73 V g l O auch schriftlich ihre Zustimmung erteilen können (ebenso Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 3 V g l O und Eickmann S. 137, Fußnote 258). — Die abweichende Ansicht der Vorauflage wird aufgegeben (vgl. auch oben Rdn. 8 zu § 3 VglO). — b) Sofern der Vergleichsschuldner nicht selbst, sondern durch einen Bevollmächtigten den Vergleichsvorschlag einreicht, sich möglicherweise auch im Vergleichstermin (§66VglO) vertreten läßt (§68 Abs.2 VglO), gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung (§115 VglO). Der Mangel der Vollmacht ist von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht ein Rechtsanwalt für den Vergleichsschuldner auftritt (§88 Z P O ) , 191

§8

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

vgl. Uhlenbruck M D R 1978 9). — Im Vergleichsverfahren über das V e r m ö g e n einer o f f e n e n Handelsgesellschaft, K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t und Kommanditgesellschaft auf Aktien m u ß an sich der Vergleichsvorschlag v o n allen persönlich h a f t e n d e n Gesellschaftern g e m a c h t w e r d e n . D o c h g e n ü g t es f ü r die E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s (§ 20 V g l O ) , w e n n n u r einer der persönlich h a f t e n d e n Gesellschafter den Vergleichsvorschlag unterbreitet hat, sofern g l a u b h a f t g e m a c h t wird, d a ß die übrigen Gesellschafter d a r a n d u r c h wichtige G r ü n d e (z. B. Auslandsreise, E r k r a n k u n g ) verhindert w a r e n . Dabei wird vorausgesetzt, daß d e r Vergleichsantrag (§ 2 V g l O ) von so vielen persönlich h a f t e n d e n Gesellschaftern gestellt w o r d e n ist, wie z u r P r o z e ß v e r t r e t u n g e r f o r d e r lich ist. Die fehlenden Z u s t i m m u n g e n müssen spätestens im Vergleichstermin (§ 66 V g l O ) vor dem Beginn der A b s t i m m u n g über den Vergleichsvorschlag nachgereicht w e r d e n (vgl. Einzelheiten Rdn. 7 ff zu § 109 V g l O ) . Tritt der T o d oder der Verlust der Geschäftsfähigkeit des Vergleichsschuldners im Vergleichstermin ein (z. B. Schlaganfall als Folge der E r r e g u n g , die eine solche V e r h a n d l u n g mit sich bringen kann), so m u ß das G e r i c h t den T e r m i n von Amts w e g e n vertagen ( § 1 1 5 V g l O , § 227 Z P O ) . Dies gilt auch d a n n , w e n n der Vergleichsschuldner im T e r m i n nicht anwesend ist (§ 68 Abs. 2 V g l O ) und ein Ereignis der geschilderten A r t vor Schluß der Abstimmung b e k a n n t wird. Im Falle des T o d e s steht es den E r b e n frei, das V e r f a h r e n , n u n m e h r als ein solches nach § 113 V g l O weiter zu betreiben (vgl. Einzelheiten, Rdn. 23 zu § 66 V g l O und Rdn. 69 zu § 113 V g l O ) . T r i t t der T o d des V e r gleichsschuldners erst nach Schluß der Abstimmung ein, so sind die Erben v o r d e r Bestätigung (§ 78 V g l O ) zu hören. Ein G r u n d z u r V e r s a g u n g der Bestätigung kann sich allein daraus ergeben, daß n u n m e h r nicht m e h r mit den E i n k ü n f t e n , die sich aus der Arbeitskraft des Vergleichsschuldners ergeben hätten, zu rechnen ist (§ 79 N r . 4 V g l O ) . N i c h t etwa ist es A u f g a b e des Vergleichsverwalters, das schuldnerische U n t e r n e h m e n f o r t z u f ü h r e n , dies auch d a n n nicht, w e n n V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n ergangen sein sollten (§§ 59 ff V g l O ) . B e a u f t r a g e n die E r b e n den Vergleichsverwalter mit d e r G e s c h ä f t s f o r t f ü h r u n g , so handelt der V e r w a l t e r außerhalb der ihm durch das Gesetz zugewiesenen A u f g a b e n (§§ 38, 39, 40 V g l O ) . Er bedarf einer besonderen Vollmacht (vgl. B G H , K T S 1961 134 = M D R 1961 574). c) Die vom Vergleichsschuldner eingereichte schriftliche Bürgschaftserklärung (§ 4 I N r . 4) — (Zur Sicherstellung der Vergleichserfüllung vgl. oben Anm. 16 bis 20 zu § 4) — ist f ü r den Bürgen auch d a n n vor d e m Vergleichstermin bereits bindend, w e n n sie mit seinem Willen den Vergleichsgläubigern mitgeteilt w o r d e n ist. D a s Vorlesen im T e r m i n k a n n in einem solchen Falle mithin unschädlich unterbleiben ( R G Z 146 300). Eine A n f e c h t u n g der B ü r g s c h a f t s e r k l ä r u n g nach M a ß g a b e der §§ 119 f BGB ist n u r bis z u r Vergleichsbestätigung zulässig (zustimmend Böble-Stamscbräder Anm. 6 zu § 78 V g l O ) . Gleiches gilt, w e n n jemand den Vergleichsgläubigern g e g e n ü b e r eine V e r pflichtung z u r E r f ü l l u n g des Vergleichs ü b e r n i m m t und diese E r k l ä r u n g mit Wissen und W o l l e n des E r k l ä r e n d e n z w a r nicht ausdrücklich G e g e n s t a n d , wohl aber V o r a u s s e t z u n g des Vergleichsvorschlags des Schuldners g e w o r d e n ist ( B G H , K T S 1961 152 = M D R 1961 918). d) W i e bei dem Prozeßvergleich (zu dessen D o p p e l c h a r a k t e r vgl. B G H Z 41 310 = B G H , N J W 1964 1524) und einem im V o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n vor dem Vollstrekkungsrichter abgeschlossenen Vergleich ( R G Z 165 163), so ersetzt auch bei dem Zwangsvergleich dessen gerichtliche B e u r k u n d u n g die f ü r eine seinem Inhalte nach g e m ä ß dem materiellen Recht ( z . B . nach § § 3 1 1 , 313 BGB) vorgeschriebene F o r m (Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 173 K O ) - § 127 a BGB - . 192

G l e i c h b e h a n d l u n g der G l ä u b i g e r

§8

In materieller Hinsicht Geltung der allgemeinen Sätze des bürgerlichen Rechts über Willenserklärung und Rechtsgeschäft T r o t z seiner prozessualen F o r m ist d e r Zwangsvergleich kein sogenanntes „ P r o z e ß - 8 geschäft". W e n n Schiedermair V e r e i n b a r u n g e n im Zivilprozeß, B o n n e r rechtswissenschaftliche A b h a n d l u n g e n H e f t 33 186 f den Zwangsvergleich als gemischten (prozessual-privatrechtlichen) V e r t r a g bezeichnet, so ist damit wenig g e w o n n e n . Soweit er a n n i m m t , d a ß er das V e r f a h r e n b e e n d e , ist das f ü r den K o n k u r s an die Entscheidung des Gerichts aus § 190 K O g e b u n d e n und f ü r das Vergleichsverfahren nicht z u t r e f f e n d , wie sich aus § 96 ergibt. Entscheidend ist allein, d a ß der Zwangsvergleich, was Schiedermair zugibt, auch f ü r die positivrechtliche B e h a n d l u n g ein privatrechtlicher V e r t r a g bleibt. Aus der V e r t r a g s n a t u r aber folgt, soweit die V g l O nicht Gegenteiliges ergibt, in materieller Hinsicht die Geltung der allgemeinen Sätze des bürgerlichen Rechts über Willenserklärung und Rechtsgeschäft: a) D a s ist, w o r a u f bereits oben u n t e r 7 a hingewiesen w o r d e n ist, bedeutsam f ü r den Vergleichsvorschlag, die Stimmabgabe d e r Vergleichsgläubiger und die E r k l ä r u n g z u r Vergleichsbürgschaft. Dies namentlich f ü r Fragen des W i r k s a m w e r d e n s , der Bindung und bei dem V o r s c h l a g auch d e r Abänderlichkeit. Ein geheimer V o r b e h a l t eines z u s t i m m e n d e n Gläubigers ist g e m ä ß § 116 S. 1 BGB unbeachtlich ( R G Z 77 105). Ein V o r b e h a l t in Kenntnis des Vergleichsschuldners (§ 116 S. 2 BGB) w ä r e bereits als verbotene S o n d e r b e g ü n s t i g u n g o h n e W i r k u n g (§ 8 III). V o r der V e r k ü n d u n g des Beschlusses über die Bestätigung des Vergleichs steht jedem Gläubiger die Möglichkeit o f f e n , die eigene Z u s t i m m u n g s e r k l ä r u n g wegen Irrtums, arglistiger T ä u s c h u n g o d e r widerrechtlicher D r o h u n g (§§ 119, 123 BGB) a n z u f e c h t e n . N a c h der V e r k ü n d u n g des Bestätigungsbeschlusses ist die A n f e c h t u n g wegen I r r t u m s ausgeschlossen, eine solche wegen arglistiger T ä u s c h u n g nur in den G r e n z e n des § 89 I vorgesehen. Auch der V e r gleichsgarant kann seine E r k l ä r u n g e n nach der Bestätigung des Vergleichs nicht mehr wegen eines Willensmangels anfechten. Die Beteiligten müssen ( H a h n Materialien Bd. IV 337) auf G r u n d des bestätigten Vergleichs ihre V o r k e h r u n g e n mit Gewißheit t r e f f e n k ö n n e n , eine U n g e w i ß h e i t w ü r d e , wie die Materialien weiter hervorheben, die M a ß n a h m e n aller lähmen ( A u s f ü h r u n g e n zu §§ 195 bis 197 des E n t w u r f e s z u r K O ) . — Für die Folgen der Bestätigung des Vergleichs nach § 78 V g l O gilt Entsprechendes ( B G H , K T S 1961 152 = M D R 1961 918). — Einzelheiten zu diesen Fragen müssen den E r l ä u t e r u n g e n der §§ 66, 73 ff, 76 ff vorbehalten bleiben. b) Aus der G e l t u n g der allgemeinen Sätze des bürgerlichen Rechts über Willenserklärungen folgt weiter, d a ß die f ü r einen Gläubiger a b z u g e b e n d e Zustimmungserklär u n g des V o r m u n d s (Pflegers) die Bestimmung des § 1822 N r . 12 (§ 1915) BGB und auf die des Konkursverwalters f ü r eine von ihm geltend zu m a c h e n d e Vergleichsforder u n g ( § § 6 , 117 K O ) die Bestimmung des § 1 3 3 N r . 2 K O a n z u w e n d e n ist. Für den Vergleichsvorschlag des gesetzlichen V e r t r e t e r s des Schuldners ist die v o r m u n d s c h a f t s gerichtliche G e n e h m i n g u n g nicht erforderlich (vgl. d a z u oben A n m . 29 a zu § 2). c) Für die Auslegung des Vergleichs gelten die Bestimmungen der §§ 133, 157, 242 BGB. Die Auslegung steht nicht n u r dem T a t r i c h t e r und dem Vollstreckungsrichter (LG A l t o n a K u T 1937 165), s o n d e r n auch dem Revisionsgericht zu, wie sich aus seiner alle Vergleichsgläubiger bindenden W i r k u n g ergibt (Jaeger-Weber A n m . 14 zu § 173 K O ) . W i e sonstige V e r t r a g s u r k u n d e n , so b e g r ü n d e t auch die Vergleichsniederschrift die V e r m u t u n g der e r s c h ö p f e n d e n und endgültigen Regelung ( R G Z 77 405 und 92 189). Es handelt sich dabei um die A n w e n d u n g eines die Beweiswürdigung erleichternden E r f a h r u n g s s a t z e s , nicht etwa um eine gesetzliche V e r m u t u n g . — T r o t z der V e r t r a g s n a t u r des Vergleichs kann § 139 B G B nicht a n g e w a n d t w e r d e n , da dem die Sond e r r e g e l u n g des § 89 entgegensteht (zustimmend Jaeger-Weber Anm. 5 zu § 195 K O ) . 193

§8

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

— Vgl. dazu auch Verfasser „Der fehlerhafte Vergleichsvorschlag" in der Festschrift f ü r Ernst Knorr, Düsseldorf 1968 45. — III. Grenzen des Mehrheitszwangs Einschränkung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit 9

10

N a c h Begr. I S. 19 soll der Vergleichsvorschlag und damit der Vergleich jeden Inhalt haben können, der mit dem Begriff des Vergleichs im Sinne des § 779 BGB vereinbar ist. Das gilt in voller Allgemeinheit nur, soweit der Vergleich dem Schuldner Pflichten und Schranken auferlegt; denn diese können immer nur mit Willen des Schuldners begründet werden. Anders ist es mit den die Vergleichsgläubiger treffenden Nachteilen. Diese treten auch gegenüber denjenigen ein, die dem Verfahren ferngeblieben sind oder gegen den Vergleich gestimmt haben (§ 82 I). D e r Mehrheitszwang bedarf als Eingriff in die Rechtssphäre der Gläubiger der gesetzlichen Grundlage. D a r a u s ergibt sich eine Einschränkung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit. Dieser gilt nur, soweit das Gesetz den Mehrheitszwang zuläßt. Einschränkungen bestehen zunächst hinsichtlich des Gegenstandes der Leistungspflicht des Schuldners. U n d was den Z w a n g zum Nachgeben betrifft, so mutet das Gesetz den Gläubigern lediglich Stundung, Teilerlaß von höchstens 65 v. H . und in gewissen G r e n z e n eine H a f t u n g s b e schränkung zu. Beschränkungen, die der gesetzlichen Grundlage ermangeln, sind unerachtet der Vergleichsbestätigung jedenfalls nicht allgemeinverbindlich (ebenso K G , K T S 1973 184/187 = Rpfleger 1973 177). O b sie wenigstens die zustimmenden Gläubiger binden, hängt von den U m s t ä n d e n ab (unten 12). Auch wenn sie das nicht tun, bleibt aber der Vergleich im übrigen gültig und wirksam. Vergleichsforderungen gleich Geldschulden; Leistung an Erfüllungs Statt Die Vergleichsforderungen bilden Geldschulden, und zwar zum Festbetrag in inländischer W ä h r u n g . Das ist eine notwendige Folge des Gleichheitsgrundsatzes (unten 17 ff) und bezüglich der Mindestsätze ausdrücklich ausgesprochen ( § 7 III). Darauf beruhen Forderungsumrechnung und -Umwandlungen gem. §§ 34, 35. D e m g e m ä ß kann die Gläubigermehrheit die vergleichsbetroffenen Forderungen, und zwar auch die bisherigen Sachverschaffungsansprüche, nicht aus Geldansprüchen in W a r e n f o r d e r u n gen (z. B. auf Leistung von Roggen oder Kohle) umgestalten. Forderungen, die nicht von vornherein auf einen Festbetrag inländischer W ä h r u n g lauten, können ihren ursprünglichen Inhalt nur durch Befreiung vom Zwangsvergleich nach Maßgabe unseres Absatzes 2 behalten. Besonderes gilt f ü r die vergleichsmäßige Leistung an Erfüllungs Statt (z. B. die Abfindung der Gläubiger mit Aktien des Schuldunternehmens). D a die Mindestsätze bar geboten werden müssen (§ 7 III), ist ein Mehrheitszwang insoweit nur bezüglich des den jeweiligen Mindestsatz (35 oder 40 vom H u n d e r t ) übersteigenden Betrages zulässig. — Im Konkursverfahren dagegen braucht der Zwangsvergleichsvorschlag (§ 174 K O ) nicht auf Zahlung im baren Gelde zu gehen (Jaeger- Weber Anm. 3 zu § 174 K O mit weiteren Hinweisen). D e r jeweilige gesetzliche Mindestsatz (5 7 I, II, IV) bildet die Grenze f ü r den Mehrheitszwang, ein Satz, der als Barzahlung geboten werden muß. D e m steht nicht entgegen, daß der Vergleichsschuldner seinen Gläubigern eine Sachleistung zur Wahl stellt. Soweit das geschieht, bedarf es im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 9, 88, 89 I einer Fixierung des Geldwertes der Sachleistung in der Vergleichsniederschrift (vgl. oben Anm. 11 zu § 3 und Verfasser K T S 1967 33). Barzahlung gilt auch als G r u n d s a t z f ü r den Liquidationsvergleich des § 7 IV, denn die Gläubiger sollen aus dem Erlös der Vermögensverwertung mindestens 35 vom H u n d e r t ihrer 194

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

Ansprüche erhalten. V o n einem treuhänderischen Liquidationsvergleich in der Form des § 7 IV unterscheidet sich die sog. Vermögensabtretung in der Form, daß sie schuldbefreiende W i r k u n g haben und das T r e u g u t f ü r den Fall eines späteren Konkurses aus dem Schuldnervermögen ausscheiden, andererseits aber f ü r die Gläubiger das alleinige H a f t u n g s o b j e k t bilden soll. Ein solcher Vergleichsvorschlag ist mit der auch f ü r den Liquidationsvergleich grundsätzlich maßgebenden Pflicht der Barzahlung und dem Grundsatz der W e i t e r h a f t u n g des Vergleichsschuldners in H ö h e des sog. Unterschiedsbetrages (§ 7 IV letzter Halbsatz) unvereinbar. Im späteren K o n k u r s des Vergleichsschuldners fällt vielmehr das noch vorhandene T r e u g u t samt Surrogation in die K o n kursmasse (Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 43 K O ) .

Völlige Schuldbefreiung, Haftungsbeschränkung Völlige Schuldbefreiung kann der Zwangsvergleich nur hinsichtlich der in § 83 II 11 bezeichneten Ansprüche, also namentlich der vom Verfahrensbeginn an laufenden Zinsen herbeiführen. D e r Erlaß bezieht sich nur auf die vom Vergleich betroffenen Forderungen. Bei absonderungsberechtigten Gläubigern wird die Bestimmung des § 83 II erst bedeutsam, wenn und insoweit die Sicherheit nicht ausreicht ( B G H , K T S 1957 7 = M D R 1957 28 = N J W 1956 1594). Erst wenn die Sicherheiten — und zwar außerhalb des Vergleichsverfahrens — verwertet sind, wenn der Ausfall feststeht, nimmt der absonderungsberechtigte Gläubiger mit vollen Rechten und Pflichten am Vergleichsverfahren teil. W ä h r e n d im Konkurs die laufenden Zinsen einer K o n k u r s f o r d e r u n g , also auch der Ausfallsordnung eines absonderungsberechtigten Gläubigers (§ 63 K O ) aus dem konkursfreien Vermögen des Gemeinschuldners und nach der Konkursbeendigung aus dem freiwerdenden V e r m ö g e n beigetrieben werden können (AG O s n a brück K T S 1965 182), gelten diese Zinsen im Vergleichsverfahren als erlassen, wenn der Vergleich nichts anderes bestimmt (§ 83 II). D o c h darf der absonderungsberechtigte Gläubiger den Erlös aus den Sicherheiten zunächst auf die Kosten und Zinsen verrechnen (§ 367 I BGB), ein Grundsatz, der auch im Vergleichsverfahren gilt ( B G H , K T S 1957 = M D R 1957 28 = N J W 1956 1694). D e r Gläubiger kann damit seinen Verlust aus ^ ¡>3 11 bei Verwertung der Sicherheiten im letzten Zeitabschnitt des Vergleichsverfahrens u. U. ganz vermeiden. Im übrigen bedeutet der Zinsverzicht des § 83 II nicht etwa, daß eine bisher verzinsliche Forderung in eine n u n m e h r unverzinsliche Forderung umgewandelt wird (vgl. auch Kalter K T S 1978 1 bis 9 — Die Schuldzinsen von Vergleichsschuldner und Gemeinschuldner —). D e r Erlaß des § 83 II bezieht sich auch auf die Kosten, die den betroffenen Gläubigern durch ihre Teilnahme am V e r f a h r e n erwachsen sind. Diese Ansprüche sind wie im Konkurs (§ 63 Nr. 2 K O ) so auch im Vergleichsverfahren (ebenso wie die laufenden Zinsen — § 29 Nr. 1) ausgeschlossen. Sie können nicht geltend gemacht werden (§ 29 Nr. 2). Dieser Ausschluß bezieht sich nicht nur auf die seit der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§§20, 21) entstandenen Kosten, sondern auch auf die Kosten der Teilnahme am Eröffnungsverfahren (§§ 11 f), so z. B. auf die Kosten der Teilnahme an einer vor der E r ö f f n u n g vom Vergleichsgericht anberaumten Gläubigerversammlung (§116). Ebenso gelten nach § 83 II die Kosten als erlassen, die den vom Vergleich betroffenen Gläubigern durch eine nach § 87 wirkunglos gewordene Vollstreckungsmaßnahme erwachsen sind, wobei es gleichgültig ist, ob diese Kosten vor, während oder erst nach der Rückschlagsperrfrist (§ 28) erwachsen sind. Im übrigen ist eine völlige Schuldbefreiung ausgeschlossen, und zwar auch bezüglich der bis zur E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21) aufgelaufenen Zinsen. 195

§8

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Sie unterliegen den W i r k u n g e n des Vergleichs in gleicher Weise wie die von ihm b e t r o f f e n e K a p i t a l f o r d e r u n g , k ö n n e n mithin nicht ü b e r 65 vom H u n d e r t (im Falle des § 7 II nicht über 60 vom H u n d e r t ) hinaus g e k ü r z t w e r d e n . Ausgeschlossen ist auch eine befreiende S c h u l d ü b e r n a h m e ( § § 4 1 4 f BGB). W e n n ein D r i t t e r im Vergleich die Schulden in H ö h e der M i n d e s t q u o t e (35 vom H u n d e r t , bzw. 40 vom H u n d e r t ) o d e r eines diese übersteigenden Satzes übernimmt, so k a n n seine H a f t u n g immer n u r eine kumulative o d e r zusätzliche sein, wie aus §§ 7, 85 II folgt. D a s gilt auch d a n n , w e n n d e r Dritte im Vergleich das H a n d e l s g e s c h ä f t des Schuldners mit Aktiven und Passiven übernimmt. Soweit eine S c h u l d ü b e r n a h m e g a n z o d e r teilweise den Schuldbetrag betrifft, der dem Vergleichsschuldner d u r c h den V e r gleich erlassen wird, besteht die M i t h a f t u n g f ü r eine sog. u n v o l l k o m m e n e Verbindlichkeit des Schuldners. H i e r gilt § 82 II S. 1 entsprechend. Haftungsbeschränkung tritt bei Zwangsvergleich über einen N a c h l a ß o d e r das G e s a m t g u t einer f o r t g e s e t z t e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t von Rechts w e g e n ein, soweit nicht Erben o d e r überlebender Ehegatte persönliche V e r p f l i c h t u n g e n ü b e r n e h m e n (§ 113, § 114). D a g e g e n k a n n eine bereits g e g e n ü b e r einzelnen Gläubigern eingetretene unbeschränkte H a f t u n g nicht durch Mehrheitsbeschluß a b b e d u n g e n w e r d e n . Ebensowenig das Fortbestehen der in § 82 II 1 bezeichneten N e b e n r e c h t e (§ 82). N u r bei t r e u h ä n d e rischem Liquidationsvergleich ist eine vertragliche H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g möglich. Sie entspricht hier regelmäßig auch der Parteiabsicht (§ 157 BGB), kann aber die Ausfallh a f t u n g des Schuldners f ü r den am Mindestsatz fehlenden D e c k u n g s b e t r a g (§ 7 IV) nicht beseitigen. Unzulässigkeit der sog. V e r m ö g e n s a b t r e t u n g : oben 10. Sonstige Schranken 12

D a das Gesetz den Gläubigern n u r S t u n d u n g , F o r d e r u n g s n a c h l a ß und zu einem geringen Teil auch H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g z u m u t e t , müssen auch sonstige Schranken, selbst w e n n sie d e m g e g e n ü b e r wirtschaftlich ein W e n i g e r darstellen, dem Mehrheitsz w a n g verschlossen sein. So k a n n d e r Vergleich nicht entgegen § 109 N r . 3 durch Mehrheitsbeschluß die H a f t u n g der o f f e n e n Handelsgesellschafter auf weniger als die Vergleichsquote herabsetzen ( R G Z 150 173 f). D e r Vergleich kann nicht den Gläubigern streitiggebliebener o d e r w e r d e n d e r F o r d e r u n g e n eine Schiedsgerichtsklausel a u f z w i n g e n , nicht absonderungsberechtigten Gläubigern durch Mehrheitsbeschluß einen a n d e r e n H a f t u n g s g e g e n s t a n d zuweisen, nicht in die dem V o r b e h a l t s v e r k ä u f e r aus Eigentumsvorbehalt z u s t e h e n d e n Rechte eingreifen ( B G H , N J W 1956 1594), nicht die R e c h t e der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Vergleichsschuldners aus § 82 II S. 1 v e r k ü r z e n , nicht f ü r sämtliche vergleichsbetroffenen Gläubiger Schuldverpflichtungen o d e r ein Gesellschaftsverhältnis (§§ 705 ff BGB) b e g r ü n d e n ( R G Z 70 32), nicht verbotswidrige V e r f ü g u n g e n (§ 62) f ü r wirksam erklären. Selbst gegenüber einem z u s t i m m e n d e n Gläubiger wirken solche Eingriffe n u r , w e n n sich aus der Vergleichsniederschrift o d e r deren Anlagen ergibt, d a ß sie damit o h n e Rücksicht darauf einverstanden w a r e n , ob auch die a n d e r e n Vergleichsgläubiger davon b e t r o f f e n w ü r d e n , so z. B., w e n n der Vergleichsvorschlag (unzulässigerweise) vorsieht, daß die absonderungsberechtigten Gläubiger, wobei diese namentlich a u f g e f ü h r t w e r d e n , auf ihre A b s o n d e r u n g s r e c h t verzichten sollen. Erscheint es f ü r die z u s t i m m e n d e n Gläubiger nicht völlig klar, welche beschränkte W i r k u n g ihre Z u s t i m m u n g hat, so ist es ratsam, daß das Vergleichsgericht in einem in die Sitzungsniederschrift a u f z u n e h m e n d e n H i n weis an die im Vergleichstermin a n w e s e n d e n und vertretenen Gläubiger diese d a r ü b e r belehrt, d a ß insoweit kein M e h r h e i t s z w a n g zulässig ist. Bleibt der z u s t i m m e n d e Gläubiger d a r a u f h i n bei seiner E r k l ä r u n g so m u ß er diese gegen sich gelten lassen — 196

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

IV. Steuerfragen Sanierungsgewinn bei Einkommens- und Körperschaftssteuer a) Bei Teilerlaßvergleich weist die Bilanz des Schuldners für den Steuerabschnitt, in 1 3 welchem der Vergleich bestätigt wurde, möglicherweise auch für spätere Abschnitte, einen entsprechenden Buchungsgewinn aus. Doch ist dieser Gewinn kein echter, sondern eben nur ein buchmäßiger. — Bilanztechnisch ist der „Sanierungsgewinn" des Schuldners aus dem Schuldnenachlaß in Wirklichkeit ein noch unrealisierter Gewinn. Das was er gewinnt, ist zunächst kein Vermögenszuwachs — es werden vielmehr nur die Gläubigerforderungen nach Maßgabe der Leitungsfähigkeit des Schuldners und seines Unternehmens auf ihren wahren Wert herabgesetzt; gewähren doch die Gläubiger im ehrlichen Vergleich den Forderungsnachlaß nur, weil sie bei konkursmäßiger Befriedigung schlechter fahren würden. So wird durch den Vergleich lediglich das faktische Wertverhältnis zwischen den Aktiven und den Passiven des Schuldners juristisch fixiert. Auch wenn dabei der Schuldner mehr entlastet werden sollte, als zu seiner wirtschaftlichen Erhaltung unbedingt notwendig ist, so hat er mit dem Schuldennachlaß auch insoweit keinen effektiven Vermögenszuwachs, sondern nur die Chance eines solchen für die Zukunft erzielt (vgl. Brigitte Keuk Stbjhrb. 1973/1974 S. 349/353 ff). Was besteuert werden kann, ist allein der auf der Basis des durch den Vergleich bereinigten Vermögensstandes späterhin ausweisbare Zuwachs des Betriebsvermögens. Die Abbuchung des Schuldennachlasses hat darum auch nicht die Bedeutung, einen Sanierungsgewinn aus dem Vergleichsgeschäft als Vermögenszuwachs auszuweisen, sondern nur den Zweck, eine neue Grundlage für die spätere Feststellung der Vermehrung oder Verminderung des Betriebsvermögens zu schaffen (vgl. Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977 Verlag Dr. Otto Schmidt KG Köln, § 7 I 2 a). So besehen, verstößt die Besteuerung des Schuldennachlasses als eines angeblichen Sanierungsgewinns nicht nur gegen einen, auch dem Steuerrecht zugrunde liegenden, Fundamentalsatz der kaufmännischen Ertragsermittlung, der es verbietet, eine bloße Chance vor ihrer Realisierung als Gewinn zu verzeichnen, sondern auch gegen den Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Steuerrecht. Es kann auch nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber die Institution des konkursabwendenden Vergleichs geschaffen hat, um eine geradezu vergleichshindernde Einnahmequelle für den Steuerfiskus zu schaffen, denn notgedrungen müßte diese Steuerverpflichtung des Vergleichsschuldners zu einer Kürzung der Vergleichsquote führen, wie aus § 18 Nr. 3 und 4 folgt (so schon Bley StuW 1928 1125, zustimmend: Brigitte Keuk Stbjhrb. 1973/ 1974 S. 358). Schließlich würden wirtschaftlich schwache Vergleichsschuldner mit niedrigen Vergleichsquoten, mithin entsprechend hohen „Sanierungsgewinnen" steuerrechtlich stärker belastet werden, wodurch gerade bei ihnen, die leichter vom Anschlußkonkurs bedroht sind, die Forderung des Steuerfiskus maßgebend f ü r die Entscheidung des Vergleichsgerichts aus § 19 I sein kann. Denn immer muß der den Vergleichsgläubigern gebotene Vergleich der Vermögenslage des Vergleichsschuldners entsprechen, mithin seine Aktiven und Passiven insgesamt berücksichtigen, und auch unter Beachtung der Gesamtverpflichtungen erfüllbar erscheinen. b) Nach § 11 Nr. 4 KStG a. F. sind Vermögensvermehrungen, die dadurch entstehen, daß Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen. Hierzu stellt der Große Senat des BFH im Beschluß vom 15. 7. 1968 (BFH Bd. 93 75 = BB 1968 1107) fest, daß die Abziehbarkeit von Sanierungsgewinnen bei der Ermittlung des Einkommens sachlich eine Steuerbefreiung enthält, die nicht anders behandelt werden könne als die Steuerbefreiung der Schachtelgewinne. Die Steuerbefreiung sei unabhängig davon zu gewähren, ob 197

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§8

der Steuerpflichtige im Jahr des Sanierungsgewinns steuerlich abziehbare Verluste h a u e oder nicht. H i n z u komme, daß ein sanierungsbedürftiges U n t e r n e h m e n mit Verlusten besonders auf die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns angewiesen sei (vgl. zu diesem Beschluß des Großen Senats des B f H Offerhaus BB 1968 1113, Rosenau K T S 1972 130/154 und Bauch BB 1974 613/618). Die oben unter a) dargelegten G r ü n d e f ü r die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns, wie diese bereits in den Vorauflagen dieses W e r k s entwickelt w u r d e n , finden mithin in den mitgeteilten Beschluß des B f H ihren Niederschlag. Hinsichtlich der Einkommenssteuer gelten nach dem Urteil des B f H vom 27. 9. 1968 ( B f H E 94 186 = BB 1969 125) diese G r u n d s ä t z e entsprechend (vgl. KnobbeKeuk aaO). Zu verweisen ist n u n m e h r auf § 8 KStG 1977 und § 3 N r . 66 EStG 1977. — Maßgebend ist, daß „Schulden ganz oder teilweise erlassen werden". Damit besteht eine gemeinsame gesetzliche Grundlage f ü r die Steuerfreiheit des „Sanierungsgewinns" sowohl bei Personenunternehmungen, als auch bei Kapitalgesellschaften. Voraussetzungen f ü r die Steuerfreiheit sind die objektive Sanierungsbedürftigkeit des U n t e r n e h mens, die Sanierungsabsicht der Gläubiger und der sog. „Sanierungserfolg", d. h. der Forderungsnachlaß muß geeignet sein, das U n t e r n e h m e n vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (vgl. Geist Insolvenzen und Steuern, 2. Aufl. 1973 159 ff, Knobbe-Keuk a a O ) . Gewerbesteuer 14

Auch bei der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag bleibt der Sanierungsgewinn außer Betracht, denn bei der Ermittlung des Gewerbeertrages ist gemäß § 7 G e w S t G von dem nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnden Gewinn aus dem Gewerbebetrieb auszugehen. Auf das z u r V o r z i f f e r (13) Ausgeführte kann daher verwiesen werden. Schenkungssteuer

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Schenkungssteuer nach dem Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz vom 17. 4. 1974 (— BStBl. I S. 216) wird mit dem völligen oder teilweisen Erlaß von Forderungen f ü r Sanierungszwecke nicht fällig, da nicht von einer Bereicherung des Schuldners auf Kosten seiner Gläubiger gesprochen werden kann (vgl. R F H , RStBl. 1942 803). — Auch eine Z w e c k z u w e n d u n g (§ 1 Abs. 1 N r . 3, § 8 ErbSt.) liegt nicht vor, denn in dem Nachgeben des einzelnen Gläubigers liegt nicht etwa zugleich eine Auflage im Sinne dieser Bestimmungen (vgl. auch Bauch BB 1974 618). Spätere Zahlungen auf den Erlaßbetrag

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In H ö h e des erlassenen Teils der F o r d e r u n g bleibt eine „natürliche Verbindlichkeit" (vgl. Rdn. 7, 15 und 16 zu § 82 V g l O ) . Mit einem „Besserungsschein" (vgl. zu diesem Rdn. 23, 24 a, 24 b, 25 ff zu § 82 VglO) verpflichtet sich der Vergleichsschuldner, gewisse Nachzahlungen zu leisten, d. h. einen Teil etwaiger späterer Gewinne auf den Kürzungsbetrag zu entrichten (vgl. Gesamtdarstellung: Künne K T S 1968 201 ff). Leistet der Vergleichsschuldner diese Zahlungen, so sind sie nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. In H ö h e der N a c h z a h l u n g wird der „Sanierungsgewinn" wirtschaftlich rückgängig gemacht. Beide V o r g ä n g e gehören zusammen (vgl. Knobbe-Keuk Bilanzund Unternehmenssteuerrecht 1977 Verlag D r . O t t o Schmidt K G Köln, § 7 2 a S. 144, 145). 198

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

B. Der Grundsatz der Gleichheit (Absatz 1) Seine Bedeutung Für Befriedigung und Sicherstellung der Gläubiger, die vom Vergleich betroffen 1 7 werden, stellt das Gesetz den Grundsatz der Gleichheit auf. Das bedeutet nun aber nicht, daß Vergleichsvorschläge, die eine ungleiche Behandlung der Gläubiger vorsehen, unzulässig wären. Die Vergleichsordnung läßt vielmehr im Gegensatz zu § 181 K O eine ungleiche Behandlung der Gläubiger schon bei Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der zurückgesetzten Gläubiger ausdrücklich zu (§ 8 II). D e r Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger hat daher nur die Bedeutung, daß das Vergleichsgericht bei vorgeschlagener Ungleichheit die Zustimmung der qualifizierten Mehrheit der zurückgesetzten Gläubiger feststellen muß. Sind die erforderlichen Mehrheiten der zurückgesetzten Gläubiger nicht erreicht, so ist der Vergleich nicht zustande gekommen. Das Vergleichsgericht muß daraufhin das V e r f a h r e n unter gleichzeitiger Entscheidung über die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkursverfahrens einstellen (§§ 100 I Nr. 8, 101). Die Einstellung unterbleibt, wenn der Vergleichstermin auf einen vom Vergleichsschuldner gestellten begründeten A n t r a g (d. h. wenn nur eine der zur Annahme des Vergleichs erforderlichen Mehrheiten § 74) gemäß § 77 I zu vertagen ist. Gleiches gilt, wenn der Vergleichstermin nach Ablehnung des Vergleichsvorschlags (§ 100 I N r . 8) auf Antrag einer Dreiviertelmehrheit der erschienenen Vergleichsgläubiger (berechnet nach Köpfen) gemäß § 77 II vertagt wird. Schließlich kann der V e r gleichsschuldner, wenn die Zustimmung der zurückgesetzten Gläubiger zu der ungleichen Behandlung zweifelhaft erscheint, die G e f a h r einer Entscheidung über die Einstellung des Vergleichsverfahrens aus § 100 I N r . 8 dadurch abwenden, daß er vor dem Beginn der Abstimmung noch einen zulässigen Eventualvorschlag unter Wegfall der ungleichen Behandlung der Gläubiger einreicht. Ein solcher Eventualvorschlag muß der Vermögenslage des Schuldners entsprechen (§ 18 N r . 3) und den Erfordernissen des § 7 genügen. Wesen der Gleichheit Das Wesen der Gleichheit bedeutet nicht einheitliche Bestimmung der Gläubiger- 1 8 rechte. Es k o m m t bei ihr nicht auf die inhaltliche Gleichheit, sondern auf die (objektiv betrachtet) wirtschaftliche Gleichwertigkeit an. Eben deshalb bedeutet durchaus nicht jede Sonderbehandlung einzelner Gläubiger auch eine Bevorzugung desselben. Unsere Bestimmung verlangt wie § 181 S. 1 K O eine sachliche Gleichbehandlung der Gläubiger. Es liegt, wie R G Z 136 288 mit Bezug auf eine in den Vergleichsvorschlag aufgen o m m e n e Sonderbehandlung von Gläubigern feststellt (S. 292 f), nicht im Sinne der V g l O , „durch die A n f o r d e r u n g starrer Gleichmäßigkeit das Z u s t a n d e k o m m e n eines Vergleichs zu erschweren". — So kann z. B. eine sachliche Gleichbehandlung der Gläubiger vorliegen, wenn f ü r Forderungen verschiedener H ö h e verschiedene Sätze ausbedungen werden, aber durch eine längere oder kürzere Bemessung der Zahlungsfristen ein voller Ausgleich erzielt wird (Jaeger-Weber Anm 2, Mentzel-Kuhn Anm. 3, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 181 K O , auch Anm. 1 zu § 8 V g l O ) . Die Frage der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit ist entscheidend f ü r die A n w e n d u n g des § 8 II und daher, soweit Anlaß zu der A n n a h m e vorhanden ist, diese Gleichwertigkeit könnte nicht gewahrt sein, im Vergleichstermin vor der Abstimmung zu erörtern. Nicht immer beantwortet sich die Frage so einfach wie in dem Falle, w o einem Gläubiger f ü r eine längere Stundung eine im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern erhöhte Sicherheit gewährt wird. Das Vergleichsgericht hat von Amts wegen zu prüfen. Die Beweislast d a f ü r , daß trotz einer Sonderbehandlung eines oder mehrerer Gläubiger eine wirt-

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§ 8

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

schaftliche Gleichwertigkeit besteht, trifft den Vergleichsschuldner. K a n n er das Gericht hiervon nicht überzeugen, so ist nach § 8 II abzustimmen. H a t das Vergleichsgericht die Ungleichheit verkannt, dies jedoch nach der Abstimmung bemerkt, so ist die Vergleichsbestätigung aus § 79 N r . 3 zu versagen. Ist der Mangel auch bei der Entscheidung über die Bestätigung des Vergleichs übersehen, so tritt mit der Verkündung des Beschlusses aus § 78 die Heilung des Verfahrensmangels ein. — Zur Heilung vgl. Verfasser „ D e r fehlerhafte Vergleichsvorschlag" in der Festschrift für Ernst Knorr, Düsseldorf 1968 39 f.

Geltungsbereich des Grundsatzes 19

a) D e r Gleichheitsgrundsatz gilt nicht nur für die am Vergleichsverfahren beteiligten, sondern auch für die vom Vergleich betroffenen Gläubiger, mithin auch zugunsten der Gläubiger von Freigebigkeitsforderungen (§§ 29 Nr. 4, 83 I). Eine Zurücksetzung dieser Gläubiger kann der Vergleichsschuldner nicht vorschlagen, da die Zustimmung gemäß § 8 II nicht erteilt werden könnte. Es fehlt an dem Stimmrecht. D a s Vergleichsgericht darf über einen solchen Vergleichsvorschlag daher nicht abstimmen lassen (Verletzung des § 8 I). Der Gleichheitsgrundsatz gilt jedoch nicht im Verhältnis zu dritten Mithaftenden. Die Rechte gegen diese bleiben, auch wenn sie nur einem oder einzelnen Gläubigern zustehen oder zugute kommen, in der Regel unberührt ( R G Z 150 172). Zudem folgt wie im Konkurs aus § 6 8 K O , so im Vergleichsverfahren aus § 32 unseres Gesetzes, daß es nicht nur statthaft, sondern geboten ist, im Vergleich eines von mehreren auf das G a n z e haftenden Schuldnern solchen Gläubigern, die sich noch an die übrigen Mithaftenden halten können, die unverkürzten Vergleichsrechte zuzustehen. — Zu der dem § 68 K O entsprechenden Vorschrift des § 32 unseres Gesetzes vgl. B G H , N J W 1960 1295 = M D R 1960 649. Davon zu unterscheiden aber ist z. B. die Bestellung von Bürgschaften gerade im Hinblick auf den Vergleich. Ein solches Abkommen ist, wenn sich die Beteiligten von der Absicht haben leiten lassen, daß es neben dem Vergleich gelten solle, nach § 8 III nichtig ( B G H , K T S 1961 88 = M D R 1961 596 = L M N r . 2 Bl. 1 zu § 8 V g l O ) , sofern der Vergleich zustande kommt ( B G H Z 6 232 = B G H , N J W 1952 1009). Bestätigt aber der Bürge lediglich seine bereits bestehende Verpflichtung, so liegt keine Gläubigerbevorzugung vor ( B G H , W M 1957 876). b) Der Gleichheitsgrundsatz gilt nicht nur für die Stammforderungen, sondern auch für die bereits verfallenen oder gem. § 30 als fällig geltenden Nebenansprüche, insbesondere Zinsen und Kosten. Deren Zurücksetzung gegenüber den Kapitalansprüchen ist deshalb nur nach Maßgabe des Absatzes 2 zulässig und darf, da der verfallene Nebenanspruch gegenüber der vergleichsbetroffenen Kapitalforderung selbständig geworden ist, nicht zu einer K ü r z u n g unter den Mindestsatz des § 7 führen. D a v o n zu unterscheiden sind die ab der Verfahrenseröffnung laufenden Zinsen der vom Vergleich betroffenen Forderungen und die Kosten, die den betroffenen Gläubigern durch die Teilnahme am Verfahren erwachsen (§ 29 N r . 1 und 2). Sie gelten, wenn der Vergleich nichts anderes bestimmt, nach § 83 II als erlassen (vgl. KalterKTS 1978 3). c) D e r Grundsatz gilt auch mit B e z u g auf absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger, und zwar nicht nur, wenn sie zusätzliche Sicherheiten erhalten sollen, sondern schon dann, wenn sie gegen Verzicht auf die bisherigen Sicherheiten, der vielleicht zur Durchführung des Vergleichs und zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebs des Schuldners notwendig ist, anderweit sichergestellt werden sollen (Wolff§ 73 A. 2). D o c h wird es im letzteren Fall vielfach an der, die Anwendung des Absatzes 2 rechtfertigenden 200

G l e i c h b e h a n d l u n g der G l ä u b i g e r

§8

wirtschaftlichen Ungleichheit fehlen (wie ja auch ein Austausch völlig gleichwertiger Pfänder nicht der Gläubigeranfechtung unterliegt (RG, K u T 1933 42). d) Der Grundsatz gilt ferner f ü r unverzinsliche und an sich später als im Vergleichsvorschlag für die einzelnen Quoten fällig werdende Forderungen. Nicht etwa werden diese Forderungen, wie Bergmann DJZ 1929 478 meint, bei Stundungsvergleichen ohne gleichzeitigen Kapitalnachlaß stets begünstigt, weil sie im Unterschied zu den sonstigen Gläubigern keinen Nachteil erlitten, da sie nur verfahrensrechtlich als fällig zu gelten hätten. Die betagten unverzinslichen Forderungen gelten nach § 30 S. 1 als fällig und sind nur mit dem Betrage beteiligt, der nach Abzug des Zwischenzinses verbleibt (§ 30 S. 2). Das Festhalten an den ursprünglichen (ungünstigeren) Fälligkeitsterminen würde mithin bei diesen Forderungen im Gegenteil eine Zurücksetzung bedeuten. Zuzugeben ist, daß die frühere Befriedigung langfristiger Forderungen in der Regel eine Belastung für den Vergleichsschuldner und eine Erschwerung des Vergleichs bilden kann. Das aber ist eine Folge des Grundsatzes der vergleichsmäßigen Schuldenbereinigung durch Einbeziehung auch der betagten Ansprüche, ein Grundsatz, der auch im Konkurse gilt, wie aus § 65 K O folgt. e) Der Grundsatz gilt schließlich auch für den Besserungsschein, d. h. für die vollständige oder teilweise Nachzahlung der vergleichsweise erlassenen Forderungsbeträge bei einer Besserung der Vermögenslage des Vergleichsschuldners. Ein unterschiedliches Nachzahlungsversprechen — und dem ist ein unterschiedliches Versprechen auf Wegfall der Stundung gleichzuachten — bei gebesserter Vermögenslage des Schuldners unterliegt der Abstimmung nach § 8 II. Dazu im Grundsatz: Dahlü&nkA. 25, 391. Gesamtdarstellung zum Besserungsschein: siehe Künne KTS 1968 201 bis 213. —

C. Ungleiche Behandlung der Gläubiger (Absatz 2) I. Grund und Grenzen des Mehrheitszwangs Prüfungspflicht des Gerichts Die Zulassung einer Zurücksetzung von Gläubigern auf Grund eines Mehrheits- 2 0 Zwanges (§ 8 II) und nicht wie im Konkurse nur mit ausdrücklicher Einwilligung der zurückgesetzten Gläubiger (§ 181 S. 2 KO) hat seinen Grund einmal in einer sozialen Erwägung. Das Gesetz will die Begünstigung von Kleingläubigern, die vielfach selbst wirtschaftlich schwach sind, erleichtern, wodurch zugleich auch das Zustandekommen des Vergleichs erleichtert wird. So fielen z. B. im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D. Herstatt KGaA Köln, von rd. 39 000 Guthabengläubigern rd. 30 000 unter den sogenannten „Feuerwehrfonds", d. h. die nicht mehr als 20 000,— D M zu fordern hatten (vgl. Künne KTS 1975 178 f und Assmann BB 1976 580). Zur Fassung eines Vergleichsvorschlags mit Vorabbefriedigung von Kleinforderungen vgl. Verfasser KTS 1967 33. Andererseits wird der Vergleichsschuldner nicht selten einzelne oder bestimmte Gruppen von Gläubigern bevorzugen wollen, ohne deren ferneren Kredit der Betrieb auch bei einem Zustandekommen des Vergleichs nicht recht weitergeführt werden kann. Das Vergleichsgericht kann hier zwar anregen, ein sog. „Verwalterdarlehn" aufzunehmen (vgl. B G H Z 32 268 = BB 1960 77 = KTS 1960 138 = N J W 1960 1456). Ein solches „Verwalterdarlehn" (Stellung im Anschlußkonkurs: § 106) ist als typisches Überbrückungsdarlehn anzusehen (vgl. Berges KTS 1959 150), wird vielfach entscheidend sein für die Aufrechterhaltung des Unternehmens, namentlich im Vorverfahren (Bezahlung von Löhnen), kann jedoch nicht mehr im Nachverfahren (§ 96) aufgenommen werden. Soweit der fernere Kredit einzelner oder bestimmter Gruppen von Gläubigern auch für die Zeit nach der Vergleichsbestäti201

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§8

g u n g erforderlich ist, kann d a h e r B e v o r z u g u n g dieser Gläubiger auch im Interesse der z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubiger liegen, soweit sie b e f ü r c h t e n müssen, im Falle des Anschlußkollkurses nur eine geringere Q u o t e zu erhalten. Die ungleiche Behandlung der Gläubiger bedarf nicht, wie dies noch im Entwurf einer V e r g l e i c h s o r d n u n g von 1926 in § 3 II N r . 2 vorgesehen und nach § 34 I 2 A u f s V O vorgeschrieben w a r , der förmlichen Zulassung d u r c h das Vergleichsgericht. D a m i t aber ist noch nicht die Frage entschieden, o b nicht etwa das Vergleichsgericht im Hinblick auf die Z u r ü c k s e t z u n g von Gläubigern im Einzelfall die Bestätigung des Vergleichs aus § 79 N r . 4 zu versagen hat, w e n n d e r Vergleich „dem gemeinsamen Interesse d e r Vergleichsgläubiger widerspricht". H i e r a u f aber ist bei der Ausübung der gerichtlichen Prüfungspflicht bereits v o r der A b s t i m m u n g über den Vergleichsvorschlag hinzuweisen. Die V e r l e t z u n g des Leitziels eines jeden Vergleichsverfahrens, dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger zu dienen (Berges K T S 1955 51), liegt nun freilich nicht schon in d e r Z u r ü c k s e t z u n g als solcher. D a s Gesetz hat sie aus den e r ö r t e r t e n G r ü n d e n g e r a d e ausdrücklich zugelassen, wohl aber bilden auch die z u r ü c k gesetzten Gläubiger die G e s a m t m e h r h e i t mit, auf deren gemeinsames Interesse in § 79 N r . 4 abgestellt wird. Diese Bestimmung ist verletzt, w e n n die Z u r ü c k s e t z u n g z. B. d u r c h die wirtschaftliche Lage des Vergleichsschuldners nicht geboten ist o d e r w e n n die z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubiger im K o n k u r s e besser und nicht später befriedigt w e r d e n würden. Grenzen des Mehrheitszwangs 21

Die oben (Rdn. 9 bis 11) aufgezeigten G r e n z e n des Mehrheitszwangs gelten auch hinsichtlich der ungleichen Behandlung. Eine völlige S c h u l d b e f r e i u n g über die Bestimm u n g des § 83 II hinaus o d e r ein V e r z i c h t auf die N e b e n r e c h t e (§ 82 II S. 1) ist durch Mehrheitsbeschluß nicht erzwingbar. Ebensowenig k ö n n t e n z. B. N a c h l a ß g l ä u b i g e r d u r c h Mehrheitsbeschluß die V e r w i r k u n g der H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g in einem N a c h laßvergleichsverfahren (§ 113) wieder a u f h e b e n . Eine Z u r ü c k s e t z u n g der Gläubiger, die den Vergleich ablehnen o d e r dem V e r f a h ren fernbleiben, z u g u n s t e n lediglich der z u s t i m m e n d e n , d e r u n b e k a n n t e n Gläubiger z u g u n s t e n lediglich der b e k a n n t e n , d e r streitigen F o r d e r u n g e n zugunsten lediglich der unbestrittenen, ist schon wegen des hier gar nicht erfüllbaren Z u s t i m m u n g s e r f o r d e r n i s ses nach Absatz 2 ausgeschlossen. Die M e h r h e i t d e r am V e r f a h r e n sich beteiligten Gläubiger ist nicht in der Lage, die ¿ich an die gerichtliche Bestätigung des Vergleichs (5 78) k n ü p f e n d e gesetzliche Folge aus § 82 I, w o n a c h der Vergleich wirksam ist auch f ü r und gegen die Gläubiger, die am V e r f a h r e n nicht teilgenommen haben, a u ß e r K r a f t zu setzen. II. Begriffe und Fälle der ungleichen Behandlung Die ausschließlich auf dem Vergleichsinhalt beruhende Ungleichheit

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Einer Z u s t i m m u n g der M e h r h e i t der z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubiger gem. Absatz 2 bedarf n u r die ausschließlich auf dem Vergleichsinhalt beruhende Ungleichheit. W i e der Gleichheitsgrundsatz bei seiner Fassung (gleiche R e c h t e „ g e w ä h r e n " ) u n z w e i f e l h a f t auf den Inhalt des Vergleichs abstellt, wobei es aber nicht auf die inhaltliche Gleichartigkeit, s o n d e r n auf die wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Rechte a n k o m m t (oben 18), so besteht auch eine, v o m Gleichheitsgrundsatz abweichende ungleiche B e h a n d l u n g nur bei der, sich aus d e m Vergleichsinhalt e r g e b e n d e n (wertmäßigen) D i f f e r e n z i e r u n g der Rechte. U n d selbst eine sachlich verschiedene Behandlung bedeutet keine Ungleichheit im Sinne unseres Absatzes 2, w e n n sie auf e r g ä n z e n d e m Rechtssatz 202

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

beruht und damit mittelbarer Vergleichsinhalt ist, wie der völlige Wegfall der in § 83 II bezeichneten Nebenansprüche und die Berücksichtigung absonderungsberechtigter Gläubiger bei der Vergleichserfüllung nur mit dem mutmaßlichen Ausfall (§ 27 I 2). Die W i r k u n g des § 83 II tritt f ü r alle vom Vergleich betroffenen Forderungen gleicherweise ein, ohne daß es in der H a n d des Vergleichsschuldners liegt, ob dem einzelnen Gläubiger durch seine Teilnahme am V e r f a h r e n besondere Kosten (z. B. durch Beauftragung eines Rechtsanwalts) entstehen, die zu den ausgeschlossenen Ansprüchen (§ 29 Nr. 2) gehören. Über die H ö h e der bei der Vergleichserfüllung zu berücksichtigenden Forderung des absonderungsberechtigten Gläubigers (§ 27 I S. 2) hat auf entsprechenden Antrag das Vergleichsgericht gemäß § 97 I zu entscheiden (vgl. B G H Z 31 174 = K T S 1960 27 = M D R 1960 134 mit Anm. Kuhn M D R 1960 307). Soweit das ergänzende Recht nachgiebig ist (im Falle des § 83 II schlechthin, im Falle des § 27 I S. 2 nur zugunsten des Schuldners), unterfallen auch abweichende Vergleichsabreden nur insoweit dem § 8 II, als diese nicht generell gelten sollen. Ungleichheiten aus der besonderen Rechtslage der einzelnen vergleichsbetroffenen Forderungen; Bestandswirkungen — Ansprüche aus ersetzbarer Handlung — Ungleichheiten, die sich nicht aus dem Vergleichsgedinge, sondern aus der besonde- 2 3 ren Rechtslage der einzelnen vergleichsbetroffenen Forderungen ergeben, bedeuten keine ungleiche Behandlung im Sinne des Absatzes 2. Das gilt vor allem von den Bestandswirkungen, die sich an den Vergleich ohne Rücksicht auf dessen Inhalt knüpfen und deshalb von den Inhaltswirkungen zu unterscheiden sind. Die Bestandswirkungen ergeben sich f ü r die Beteiligten k r a f t Gesetzes aus der Tatsache der Vergleichsbestätigung ohne Rücksicht auf Inhalt und späteres Schicksal des Vergleichs. Dahin sind zu rechnen die Fälligkeitswirkung (§ 30), die Forderungsumwandlung oder -Umrechnung (§ 34), die Titulierung gemäß § 85 und der Wegfall der Zwangsdeckungen zufolge des § 87. Diese Bestandswirkungen kommen nicht f ü r alle vom Vergleich betroffenen Forderungen in Betracht. Gläubiger aber, f ü r die sie eintreten, werden dadurch weder bevorzugt, noch benachteiligt. Nicht der Eintritt dieser W i r k u n g e n , sondern das Abbedingen dieser W i r k u n g e n bedarf der Zustimmung der einzelnen oder der nach § 8 II qualifizierten Mehrheit der zurückgesetzten Gläubiger. Geht der Anspruch auf eine H a n d l u n g , die auch ein Dritter vornehmen kann (§ 887 Z P O , so muß es jedoch dem Vergleichsschuldner gestattet sein, diese selbst vorzunehmen, ohne daß darin eine Bevorzugung liegt, sofern nur die G e l d a u f w e r t u n g des Schuldners geringer ist als die dem Gläubiger gebührende Vergleichsquote. Vorsorglich ist in einem solchen Falle die A u f n a h m e der Sonderbehandlung des Gläubigers in den Vergleichsvorschlag zu empfehlen. Auch sonstige Unterschiede, wie sie sich aus der Rechtslage der einzelnen Forderungen von selbst ergeben, bedeuten keine ungleiche Behandlung. So hat nicht etwa das Gesetz damit eine Ungleichheit geschaffen, daß es die Verzugsfolgen in der Erfüllung des Vergleichs bei bestrittenen Forderungen nach näherer Maßgabe des § 97 ausschaltet. Z u r A n w e n d u n g dieser Bestimmung, wenn der Vergleichsschuldner die bestrittene Forderung eines Vergleichsgläubigers, zu der keine vom Richter getroffene Stimmrechtsentscheidung (§ 71) ergangen ist, bei Fälligkeit nicht erfüllt (§ 9 I) siehe die Entscheidung B G H Z 32 218 = B G H , K T S 1960 167 = BB 1960 680 = N J W 1960 1454 und dazu die Anm. Mezger LM N r . 3 zu § 9 V g l O . Im Zeitpunkt der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag steht nicht fest, ob einmal infolge zeitlich nicht gleichgemäßiger Vergleichserfüllung bei dem einen Vergleichsgläubiger ein V e r z u g , bei dem anderen ein solcher nicht eintreten wird und ob der Vergleichsgläubiger die sich aus § 9 203

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§8

anbietende Möglichkeit zum Wiederaufleben der vollen Forderung nutzen wird oder nicht. D a s Gesetz kennt keinen Zwang zur gleichmäßigen Befriedigung bei der Vergleichserfüllung ( K ü n n e Der Betrieb 1965 921). Ein solcher Grundsatz wäre auch in einem Vergleichsverfahren mit Hunderten von Vergleichsforderungen praktisch undurchführbar, da es rein aus Zeitgründen ausgeschlossen ist, hier die Q u o t e n jeweils am gleichen T a g e auszuschütten. Mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) endet das Verbot des § 8 III der Sonderbegünstigung (Berges K T S 1964 129 f, Habscheid N J W 1971 1689). Mithin kann in der zur Zeit der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag nicht voraussehbaren, aber möglichen späteren unterschiedlichen Vergleichserfüllung keine unterschiedliche Vergleichszusage im Sinne des § 8 liegen. Vergleichssicherheiten 24

Bei der Vergleichsbürgschaft bedeutet die relative Begrenzung der Bürgenhaftung (z. B. 30 v. H . der Vergleichsquote) keine Ungleichheit (Jaeger-Weber Anm. 2 zu § 181 K O ) . Aber auch eine absölute Begrenzung der Haftung des Vergleichsbürgen, etwa dahingehend, bis zur H ö h e von 50 000,— D M haften zu wollen, ist statthaft (vgl. oben Anm. 19 zu § 3 und Anm. 12 zu § 4, ebenso Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 8 V g l O ) . Ebensowenig liegt eine ungleiche Behandlung im Sinne des § 8 darin, daß nur die Gläubiger, deren Forderungen als unbestritten vermerkt sind, gemäß § 85 II gegen den Garanten vollstrecken können. N a c h dem Vergleichsinhalt ist jedem betroffenen Gläubiger die Zugriffsmöglichkeit gegeben. Daß streitige, unbekannte, nicht rechtzeitig gegen den Bürgen geltend gemachte Forderungen bei einer Erschöpfung der H a f tungssumme leer ausgehen, ist nicht eine Folge des Vergleichsinhalts (Berges K T S 1964 129, 132). Es kann eine Folge aus der zur Zeit der Vergleichsabwicklung nicht geklärten Rechtslage über den Bestand der Forderung sein. Es kann aber sehr wohl auch eine Folge der eigenen Säumnis des Vergleichsgläubigers sein, der entweder nicht die notwendigen Unterlagen zum Bestände seiner Forderung vorgelegt hatte, so daß sie vom Vergleichsschuldner und (oder) vom Vergleichsverwalter bestritten wurde und dies im Gläubigerverzeichnis zu vermerken war ( § 8 5 I) oder aber von der Möglichkeit, gegen den Garanten zu vollstrecken (§ 85 II), nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht hat. Die Bestimmung des § 8 gebietet nicht, daß der Vergleichsbürge sich zu verpflichten habe, die Vergleichsgläubiger anteilmäßig zu befriedigen oder daß sich dies mangels einer gegenteiligen Abrede von selbst ergebe (so zu Unrecht L G Krefeld — Uerdingen J W 1934 2575 mit ablehnender Anm. Kiesow). Praktisch wäre eine solche Haftung des Bürgen in Großverfahren undurchführbar, da die Vergleichserfüllung für den Bürger nicht übersehbar ist und er gezwungen wäre, für sämtliche bestrittenen Forderungen Beträge einzubehalten. In Vergleichsverfahren mit geringer Gläubigerzahl mag dem Bürgen zu empfehlen sein, sich ausdrücklich die Einrede der Vorausklage vorzubehalten. Auch in der Stellung mehrerer gleichguter Bürgen, die je für die Erfüllung eines bestimmten Forderungskreises einstehen, liegt keine ungleiche Behandlung der Gläubiger. In einer solchen Sicherstellung der Vergleichserfüllung kann für die Vergleichsgläubiger ein nicht unerheblicher Vorteil liegen, insbesondere, wenn in Großverfahren kein Bürge für die Erfüllung des Vergleichs insgesamt gestellt werden kann, da dies die Finanzkraft des einzelnen übersteigen würde. Nicht übersehen aber kann das Vergleichsgericht, ob die mehreren Bürgen im Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme noch als gleich gut zu bezeichnen sein werden. Diese mögliche Verschiedenheit beruht jedoch nicht auf dem Vergleichsinhalt. Es ist mithin nicht erforderlich, die einzelnen Forderungskreise getrennt abstimmen zu lassen, um einer Verletzung des § 8 vorzubeugen. 204

G l e i c h b e h a n d l u n g der G l ä u b i g e r

§8

Zweifelsfälle Sieht der Vorschlag vor, daß die Gläubiger, soweit ihre Forderungen einen 2 5 bestimmten Betrag, z. B. 100 D M übersteigen, gekürzt, im übrigen aber voll ausgezahlt werden sollen, so muß der Vergleich klarstellen, ob der Vorteil der Vollbezahlung nur den Gläubigern, die nicht mehr als 100 D M zu beanspruchen haben, oder mit Bezug auf die ersten 100 D M jedem Gläubiger ohne Rücksicht auf die H ö h e seiner Gesamtforderung auch zugute kommen soll. Ungleiche Behandlung wäre nur die erste, nicht auch die zweite Alternative, denn bei dieser kommt der Vorteil jedem Vergleichsgläubiger zugute. Daß er sich auch hier verschieden auswirkt, weil auch hier nur die Kleingläubiger nicht vom Teilerlaß betroffen werden, ist kein Einwand, denn diese Verschiedenheit ist Folge nicht des Vergleichsinhalts, sondern allein des Forderungsbetrags. — Freistellung eines Absonderungsgläubigers von den Vergleichswirkungen ist stets ungleiche Behandlung, also auch wenn sie sich auf den Betrag beschränken soll, für den ein Ausfall nicht zu befürchten ist. Denn von einem gerichtlich bestätigten Vergleich wird die persönliche Forderung des absonderungsberechtigten Gläubigers auch dann betroffen, wenn er sie wegen der ihm vom Schuldner gestellten Sicherheiten als voll gesichert angesehen hat (BGHZ 31 174 = BGH, K T S 1960 27 = M D R 1960 134 und dazu Anm. Kuhn M D R 1960 307). Der Absonderungsberechtigte hat es ebensowenig wie jeder andere Vergleichsgläubiger in der H a n d , frei zu bestimmen, ob und inwieweit er vom Verfahren betroffen werden will. Wohl steht es im frei, auf die abgesonderte Befriedigung zu verzichten (§ 27 I S. 1), womit zwangsläufig die volle Forderung nur noch in H ö h e der Vergleichsquote begehrt werden kann. Bei Abnahmebindungen des Schuldners im Vergleich ist zu unterscheiden. Verpflichtet sich der Schuldner, seine geschäftlichen Einkäufe in Zukunft nur bei Vergleichsgläubigern zu machen, so besteht Ungleichheit nur, wenn die Bindung individuell bestimmten Gläubigern gegenüber, nicht jedoch, wenn sie generell übernommen werden soll. Daß auch im letzteren Fall die Bindung nicht gegenüber allen Vergleichsgläubigern praktisch werden kann, ist keine auf dem Vergleichsinhalt beruhende Ungleichheit. Grenze und Tragweite solcher Bindungen, die wirtschaftlich einen guten Sinn haben können, bestimmen sich nach §§ 157, 242 BGB. Da die Abrede auf ein Unterlassen geht, löst ein Verzug dagegen das Wiederaufleben der Vergleichsforderungen in voller H ö h e nach § 9 nicht aus (vgl. dazu Rdn. 11 zu § 9 unten). — Wird einem Gläubiger oder einer Gruppe von Gläubigern gegen Verzicht auf das Recht der Barzahlung (§ 7 III) in H ö h e der zu erwartenden Vergleichsquote im voraus die Einziehungsbefugnis von Außenständen des Vergleichsschuldners erteilt, so liegt hierin eine Bevorzugung gegenüber den sonstigen Vergleichsgläubigern, denn ihnen wird eine solche Sicherung nicht gewährt und im Falle des Vergleichs nach § 7 IV die Liquidationsmasse um den Betrag der abgetretenen Forderungen gemindert. Zurücktreten von Gläubigern Mitunter sieht der Vorschlag ein Zurücktreten von Gläubigern mit ihren Forderun- 2 6 gen hinter die übrigen Gläubiger vor. a) Derartiges pflegt meist freiwillig zugestanden zu werden, namentlich von Verwandten oder Freunden des Schuldners. Die Frage, ob insoweit, namentlich wenn vielen kleineren einige wenige große Gläubiger gegenüberstehen, auch Mehrheitszwang zulässig ist, war nach dem früheren Recht allgemein zu bejahen (ß/cv § 5 N. III 6 mit Verw.). Für das geltende Recht ist (entgegen Vogels II 3) zu unterscheiden. Ausgeschlossen ist Mehrheitszwang, wenn mit der „Rücktrittsklausel" gemeint ist, daß die zurückgetretenen Gläubiger nicht schon nach Ablauf des (letzten) Zahlungstermins, 205

§8

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

s o n d e r n erst nach tatsächlicher, freiwilliger o d e r e r z w u n g e n e r Leistung der Q u o t e n an sämtliche v o r g e h e n d e n Gläubiger z u m Z u g e k o m m e n sollen. Insoweit w ü r d e dem M e h r h e i t s z w a n g im Ergebnis der § 7 II 2 entgegenstehen. Deshalb m u ß zunächst, und z w a r auch bei freiwilligem Z u r ü c k t r e t e n , der V o r s c h l a g klar ergeben, was gemeint ist. D a ß die z u r ü c k t r e t e n d e n Gläubiger sich n u r die Q u o t e n , nicht auch w i e d e r a u f l e b e n d e Erlaßbeträge v o r g e h e n zu lassen b r a u c h e n , ist unstreitig (Schumann K T r . 1931 50; Kiesow A. 5). Aber auch w e n n die z u r ü c k z u s e t z e n d e n Gläubiger schon nach dem letzten Zahlungstermin z u m Z u g e k o m m e n sollen, ist M e h r h e i t s z w a n g nicht schlechthin zulässig. Liegt d e r f ü r sie v o r z u s c h l a g e n d e Zahlungstermin später als ein J a h r nach der Vergleichsbestätigung, so m u ß der Schuldner mindestens 40 v. H . bieten (§ 7 II 1). Einer über 18 M o n a t e hinausgeschobenen Zahlungsfrist w ü r d e zwingend der § 7 II 2 entgegenstehen. Falls im Vergleich nichts anderes vereinbart ist, entfällt die „ R ü c k trittsklausel", gleichviel, welchen Inhalt sie hat, w e n n vor vollständiger Vergleichserfüllung K o n k u r s e r ö f f n e t wird (§ 9 II, I V ; so auch Bohnenberg K T r . 1940 64), so daß f ü r die F o r d e r u n g e n der Z u r ü c k t r e t e n d e n im K o n k u r s nicht der § 65 II K O gilt. b) V o m Konkursfall abgesehen, k ö n n e n die z u r ü c k g e t r e t e n e n Gläubiger ihre Q u o t e materiell-rechtlich n u r verlangen, w e n n der S c h u l d n e r die v o r g e h e n d e n Gläubiger vergleichsmäßig befriedigt hat o d e r d a z u wenigstens imstande war. W a r dies der Fall und hat d e r Schuldner nicht auf schriftliche, dem § 9 I Halbs. 2 entsprechende M a h n u n g geleistet, so entfällt auch zugunsten des M a h n e n d e n der Teilerlaß seiner F o r d e r u n g . W a r die F o r d e r u n g als w e d e r vom V e r w a l t e r noch vom Schuldner bestritten vermerkt, so kann der Gläubiger nach M a ß g a b e des § 85 III die Vollstreckungsklausel schon dann verlangen, w e n n die vergleichsmäßigen Z a h l u n g s t e r m i n e verstrichen sind. Es ist d a n n Sache des Schuldners, mittels Klage nach § 768 Z P O e i n z u w e n d e n , daß er nicht imstande gewesen sei, bisher die Vergleichsquoten in ihrer Gesamtheit auszuschütten. Solange er den Beweis nicht g e f ü h r t hat, m u ß er, falls nicht das Vollstreckungsgericht die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt hat (§ 769 Z P O ) , den Z w a n g s z u g r i f f dulden. c) G e g e n vorzeitige Z w a n g s z u g r i f f e z u r ü c k t r e t e n d e r Gläubiger, m ö g e n sie nun gem. § 85 o d e r aus einem sonstigen Schuldtitel geschehen, hat der Schuldner die Rechtsbehelfe der §§ 732, 768 Z P O . D a g e g e n k ö n n e n die v o r g e h e n d e n Gläubiger solchen Z u g r i f f e n nicht w e h r e n . Die Drittwiderspruchsklage ( § 7 7 1 Z P O ) n ü t z t ihnen nichts. Für die deshalb von Schumann a a O vorgeschlagene Feststellungsklage w ü r d e es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlen, da das zugunsten eines Gläubigers e r g a n g e n e Feststellungsurteil die Zulässigkeit der V o l l s t r e c k u n g nicht b e r ü h r e n w ü r d e (arg. § 767 I Z P O ) . Kiesow a a O und Levy A. 3 wollen deshalb mit einer Unterlassungsklage und gegebenenfalls mit einem S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h helfen. Einmal wird aber auch damit die Vollstreckung nicht ausgeschlossen (so auch Kiesow a a O ) , z u m a n d e r n w ä r e erforderlich, daß eine V e r p f l i c h t u n g d e r z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubiger gegenüber den b e v o r z u g t e n auf Unterlassung bestünde. Kiesow n i m m t auch einen V e r t r a g z u g u n sten der V o r z u g s g l ä u b i g e r (§§ 328, 335 BGB) an. D a s ist hinsichtlich der überstimmten unter den z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubigern schon deshalb ausgeschlossen, weil ihnen der Zwangsvergleich keine Schuldnerverpflichtungen a u f b ü r d e n kann. Aber auch bei denen, die ihrer Z u r ü c k s e t z u n g zugestimmt haben, fehlt nach Lage der Sache jeder Verpflichtungswille gegenüber den b e v o r z u g t e n Gläubigern. Deshalb h a f t e n auch sie den V o r z u g s g l ä u b i g e r n nicht auf Schadensersatz (zustimmend Vogels a a O ) . Solchen k ö n n t e wegen der vorzeitigen V o l l s t r e c k u n g höchstens der Schuldner verlangen und auch dieser nur nach M a ß g a b e der §§ 823, 826 BGB ( z u s t i m m e n d : Böhle-Stamschräder Anm. 9 zu § 85 V g l O ) . 206

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

III. Kreis der bevorzugten Gläubiger Art der Bevorzugung. — Unbekannte Gläubiger Die Art der Bevorzugung bestimmt sich nach dem Vergleichsinhalt und damit nach 2 7 der Lage des Einzelfalls. Die Bevorzugung kann einmal als individuelle oder generelle gemeint, zum andern subjektiv oder objektiv bestimmt sein. Die Gegensatzpaare bedeuten Verschiedenes und können sich kreuzen. Individuell ist die Bevorzugs eines oder einzelner bestimmter Einzelgläubiger. Auch sie ist meist als objektive gemeint, weil sie nicht nur den in der Gläubigerliste angegebenen Gläubiger samt dessen Rechtsnachfolgern, wie z. B. seinen Pfändungsgläubigern und Erben, sondern auch etwaigen Forderungsprätendenten z u k o m m t . D o c h können bei Bevorzugung eines bestimmten Einzelgläubigers die Umstände ergeben, daß nur der als Gläubiger namentlich bezeichnete samt seinen Rechtsnachfolgern, nicht aber auch ein Forderungsprätendent die Vorzugsstellung haben soll. Generelle Bevorzugung ist objektiv, wenn sie lediglich von Art oder H ö h e der einzelnen F o r d e r u n g abhängt (z. B. ältere, nicht bevorrechtigte Lidlohnansprüche), dagegen subjektiv, wenn sie sich (zugleich) nach den Verhältnissen des Gläubigers bestimmt. Im letzteren Sinne ist die Bevorzugung von Kleingläubigern zu verstehen, die nicht jeder kleinen F o r d e r u n g als solcher zugute kommen soll, sondern nur den Gläubigern, die insgesamt nicht mehr als den Kleinbetrag beanspruchen können oder wollen. Generelle Bevorzugungen, mögen sie objektiv oder subjektiv bestimmt sein, kommen auch unbekannten Gläubigern zu, auf welche die Voraussetzungen derselben zutreffen. Aber auch nur solchen. Für das f r ü h e r e Recht hatte die herrschende Lehre im Hinblick auf die Fassung des a. § 5 II, die in Wirklichkeit ein bloßes Redaktionsversehen war, die Meinung vertreten, daß unbekannten Gläubigern stets, also auch bei Fehlen der Voraussetzungen, die „Meistbegünstigung" vorbehalten werden müsse (dagegen Bley § 5 N . III 5 a, § 63 N . II 3 a). D u r c h die berichtigende Fassung unseres Absatzes 2, der ausdrücklich nur auf die Mehrheiten der stimmberechtigten Zurückgesetzten abstellt, ist jener praktisch widersinnigen Ansicht der Boden entzogen. Bevorzugung bei Herabsetzung des Forderungsbetrags a) Stuft der Vorschlag die Q u o t e n nach der H ö h e der Forderungen ab, so entschei- 2 8 det f ü r die Einstufung des Gläubigers, w e n n dieser mehrere vergleichsbetroffene Forderungen hat, deren Gesamtbetrag, nicht die H ö h e des Einzelanspruchs (oben 27). Zwecks hinreichender Bestimmtheit muß der Vorschlag den Hinweis enthalten, daß die höhere Q u o t e auch denjenigen Gläubigern z u k o m m e n soll, die ihre Forderung, bei Forderungsmehrheit deren Gesamtbetrag, entsprechend ermäßigen (vgl. O b e n Anm. 12 c zu § 3 und Verfasser K T S 1967 33). — Für die Gläubiger, die ihre Forderung herabsetzen, um an der bevorzugten Behandlung teilzunehmen, z. B. ihre F o r d e r u n g von 120,— D M auf 100,— D M ermäßigen, um diesen Betrag ohne K ü r z u n g gemäß dem Vergleichsvorschlag zu empfangen, gilt folgendes: D a die Abstimmung aus § 8 II der allgemeinen Abstimmung über den Vergleichsvorschlag zeitlich vorangeht, muß der Gläubiger sich bis zum Beginn dieser Abstimmung dem Vergleichsgericht gegenüber darüber erklären, daß er seine F o r d e r u n g ermäßigen will (Bohle-Stamschnider Anm. 3 zu § 8 V g l O ) . Er nimmt damit an der Abstimmung aus 5 8 II nicht teil, denn er gehört mit dieser seiner mündlichen oder bereits zuvor schriftlich abgegebenen Erklärung nicht zu den zurückgesetzten Gläubigern (ebenso Schräder-Uhlenbruck-Delhaes Rdn. 933). Nicht etwa kann ein solcher Gläubiger sich seine Erklärung bis zum Beginn der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag überhaupt vorbehalten, denn dann w ü r d e die Berechnungsgrundlage über die Abstimmung aus § 8 II unsicher wer207

§8

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

d e n : E r k l ä r t der Gläubiger später, er wolle seine F o r d e r u n g nicht ermäßigen, so g e h ö r t er zu den z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubigern und hätte im R a h m e n des § 8 II mit abstimmen k ö n n e n . Er ist z w a r nicht g e z w u n g e n , f ü r o d e r gegen die ungleiche B e h a n d l u n g zu stimmen, seine S t i m m e n t h a l t u n g aber w ü r d e als G e g e n s t i m m e zu werten sein. Erklärt sich ein solcher Gläubiger nach der A b s t i m m u n g aus § 8 II, er wolle seine F o r d e r u n g auf den Betrag e r m ä ß i g e n , der nach dem Vergleichsvorschlag V o r a u s s e t z u n g f ü r die T e i l n a h m e an der Begünstigung ist, so w a r die A b s t i m m u n g aus § 8 II unrichtig d u r c h g e f ü h r t w o r d e n , gleich, ob dieser Gläubiger f ü r o d e r gegen die ungleiche Behandlung gestimmt o d e r sich d e r Stimme enthalten hat. D e r Gläubiger g e h ö r t e nicht zu den z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubigern. D a s Abstimmungsergebnis w ü r d e nach § 8 II Z i f f e r 1 und 2 unrichtig w e r d e n . — Dies gilt namentlich auch f ü r Teilschuldverschreibungsgläubiger, die keineswegs als solche von d e r B e v o r z u g u n g ausgeschlossen sind, aber w e n n die Papiere auf den I n h a b e r lauten o d e r lediglich mit Blankoindossament versehen sind, die Stücke nach Serie und N u m m e r bezeichnen müssen. W o l l t e m a n den Gläubigern, die sich die B e v o r z u g u n g nicht vorbehalten h a b e n , diese noch nachträglich ermöglichen, so k ö n n t e n sich die übrigen Beteiligten kein Bild von den möglichen A u s w i r k u n gen der Klausel m a c h e n , vor allem aber w ü r d e die B e r e c h n u n g s g r u n d l a g e erschüttert und das Abstimmungsergebnis, von dem die Bestätigung des Vergleichs a b h ä n g t , nachträglich unrichtig w e r d e n k ö n n e n , was § 71 II 2 bezüglich der Stimmrechtsbewilligung ausdrücklich ausschließt (LG III Berlin, K u T 1931 160). Auch soweit einem solchen Gläubiger bei d e r Abstimmung ü b e r die Zulässigkeit der ungleichen Behandlung (§ 8 II) ein Stimmrecht nach § 71 II nicht g e w ä h r t w u r d e , ist es ihm verwehrt, nach dieser A b s t i m m u n g zu erklären, er wolle seine F o r d e r u n g ermäßigen, u m an der Bevorzug u n g teilzunehmen. Mit seiner E r k l ä r u n g im R a h m e n der A b s t i m m u n g aus § 8 II, die nach dem Bestreiten ( § 7 1 I) z u r Stimmrechtsentscheidung f ü h r t e , hat sich der Gläubiger g e b u n d e n . b) H a t sich ein Gläubiger nicht ü b e r die H e r a b s e t z u n g seiner F o r d e r u n g erklärt o d e r sich seine E r k l ä r u n g — unzulässigerweise — bis z u m Beginn der A b s t i m m u n g vorbehalten, so k a n n er nur die auf seinen vollen F o r d e r u n g s b e t r a g entfallende geringere Q u o t e verlangen (ebenso: Böhle-Stamschräder Anm. 2 a zu § 8 V g l O ) . N i c h t etwa k a n n er immer noch zwischen d e r h ö h e r e n Q u o t e auf die zu k ü r z e n d e und d e r geringeren Q u o t e auf die volle F o r d e r u n g w ä h l e n , denn die vom Gläubiger bis z u m Beginn der A b s t i m m u n g a b z u g e b e n d e E r k l ä r u n g w a r bedingungsfeindlich (vgl. Delhaes K T S 1955 48). Sie v e r t r u g keinen ausdrücklichen V o r b e h a l t , ein geheimer aber w ä r e o h n e W i r k u n g (§ 116 BGB). Eine völlig a n d e r e und von d e r hier e r ö r t e r t e n Frage sehr w o h l zu unterscheidende ist die, ob es d e m Gläubiger gestattet ist, nach d e r Vergleichsbestätigung mit dem Vergleichsschuldner sich dahin zu einigen, daß ihm z u r Abgeltung aller A n s p r ü c h e der Barbetrag auf die ermäßigte F o r d e r u n g ausgezahlt w e r d e . Eine solche A b r e d e verstößt nicht gegen das V e r b o t des § 8 III, wie aus W o r t l a u t und Sinn dieser Bestimmung folgt (Berges K T S 1964 130, Böhle-Stamschräder A n m . 7 zu § 8 V g l O , Jaeger- Weber Anm. 9 zu § 181 K O , f e r n e r grundsätzlich z u r Befriedigung bei der V e r gleichserfüllung: Künne D e r Betrieb 1965 921). — Die von Brass ( K u T 1931 165) a u f g e w o r f e n e Frage, ob ein Gläubiger, der im Hinblick auf die H ö h e seiner F o r d e r u n g bei Z u g r u n d e l e g u n g d e r geringeren Q u o t e einen g r ö ß e r e n Betrag (wenn auch später) als bei A n s p r u c h s k ü r z u n g , und h ö h e r e Q u o t e erhalten w ü r d e , zu den b e v o r z u g t e n Gläubigern g e h ö r t , ist nicht richtig gestellt. V o r a u s s e t z u n g f ü r die B e v o r z u g u n g ist die H e r a b s e t z u n g der F o r d e r u n g auf den Betrag, f ü r den diese nach d e m Vergleichsvorschlag einsetzt. N u r diese und die auf diesen Betrag ermäßigten F o r d e r u n g e n w e r d e n q u o t e n mäßig besser gestellt. D e m steht nicht entgegen, daß ein Gläubiger, der seine F o r d e 208

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

rung nicht ermäßigt, die geringere Q u o t e erhält, sich im Einzelfall besser steht. Er wird aber wie jeder andere Gläubiger, der am V e r f a h r e n teilnimmt, behandelt. Für das Vergleichsgericht ist es — namentlich in G r o ß v e r f a h r e n — auch in der Praxis nicht möglich, f ü r jeden Gläubiger dieser G r e n z b e t r ä g e auszurechnen, wann sie sich besser stehen werden. (Beispiel: Sieht der Vergleichsvorschlag vor, daß Forderungen bis z u m Betrage von 100,— D M und die auf diesen Betrag ermäßigten Forderungen vier W o c h e n nach der Vergleichsbestätigung voll ausgezahlt werden, die übrigen Forderungen aber zu einer Gesamtquote von 50 vom H u n d e r t in einzelnen Raten, die innerhalb von zwei Jahren nach der Vergleichsbestätigung fällig werden, so liegt es f ü r einen Gläubiger mit einer Forderung von insgesamt 220,— D M je nach dem zur Zeit maßgeblichen Zinssatz auf der G r e n z e , ob er bei Ermäßigung seiner Forderung mit 100,— D M Barzahlung oder mit 110,— D M Vergleichsquote insgesamt besser abschneiden wird. Bevorzugt im Sinne des § 8 II ist er nur, wenn er seine F o r d e r u n g auf den Betrag von 100,— D M ermäßigt). c) W ä h r e n d die Gläubiger, die ihre F o r d e r u n g auf den Betrag herabsetzen, der Voraussetzung f ü r die Bevorzugung ist, an der Abstimmung über die Zurücksetzung der übrigen Gläubiger nach § 8 II nicht teilnehmen, stimmen sie im übrigen über den Vergleich im ganzen mit dem ungekürzten Forderungsbetrage ab (zustimmend BöhleStamschräder Anm. 2 a zu § 8 VglO). Zu beachten ist aber, daß Vergleichsgläubiger, deren Kapitalforderungen nach dem Vergleichsvorschlag nicht beeinträchtigt werden, die sofort befriedigt werden, kein Stimmrecht haben (§ 72 I). O h n e Bedeutung ist dabei, ob diese Gläubiger wegen ihrer N e b e n f o r d e r u n g (Zinsen und Kosten) eine Einbuße erleiden. Diese Forderungen gelten, wenn der Vergleichsvorschlag nichts anderes vorsieht, als erlassen (§ 83 II). — Kalter K T S 1978 3 —. Eine Beeinträchtigung dieser Forderungen liegt vor, wenn der Vergleichsvorschlag auch f ü r sie eine Stundung vorsieht. Anderseits ist mit der sofortigen Zahlung nicht eine solche unmittelbar nach Bestätigung des Vergleichs (§ 78) gemeint, die in Großverfahren technisch kaum d u r c h f ü h r b a r ist. Es genügt eine Zahlung binnen angemessener Frist danach. Beim Liquidationsvergleich (§ 7 IV) scheidet der Stimmrechtsentzug nach § 72 I aus, da dieser, wie aus der zuvor notwendigen V e r w e r t u n g folgt, praktisch mit einer Stundung verbunden ist, es sei denn, der Betrag zur Auszahlung der „Kleinforderungen" steht bereits bar dem T r e u h ä n d e r zur V e r f ü g u n g . Forderungsteilung nach Eintritt der Konkursreife Bei Forderungen, die zwar zur Zeit der Abstimmung unter verschiedene Gläubiger 2 9 geteilt sind, aber bis z u m Eintritt der Konkursreife eine einzige F o r d e r u n g gebildet hatten, muß — falls nicht die Teilung eine verbotene Sonderbegünstigung und deshalb nach Absatz 3 nichtig ist — entsprechend dem § 72 II der Gesamtbetrag auch f ü r die Frage der Einstufung unter die begünstigten Forderungen maßgebend sein (so auch Vogels-Nölte § 72 A. I 4). Dies gilt auch bei m e h r f a c h e r Staffelung. Sieht der Vorschlag eine Besserstellung bei Herabsetzen der Forderung vor, so können die mehreren Gläubiger sich nur gemeinschaftlich erklären. Die H e r a b s e t z u n g trifft jeden anteilig im Verhältnis des Nennwerts seiner Forderung z u m Gesamtbetrag. Absonderungsberechtigte Gläubiger Absonderungsberechtigte Gläubiger sind mit ihren persönlichen Forderungen nur 3 0 dann begünstigt, wenn diese im g a n z e n , also mit Einschluß des durch das noch unrealisierte Absonderungsrecht gedeckten Teils innerhalb der f ü r die Begünstigung festgesetzten G r e n z e liegen. Es entscheidet also f ü r die Bevorzugung keineswegs nur der 209

§8

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

B e t r a g des m u t m a ß l i c h e n o d e r später e r w a c h s e n d e n Ausfalls, denn der a b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g t e G l ä u b i g e r hat, w e n n die g a n z e , bei V e r g l e i c h s b e s t ä t i g u n g n o c h ausstehende F o r d e r u n g den für die B e g ü n s t i g u n g festgesetzten H ö c h s t b e t r a g übersteigt, eben m e h r zu erhalten als dieser a u s m a c h t , und es ist für die F r a g e der B e v o r z u g u n g gleichgültig, d a ß der G l ä u b i g e r z u n ä c h s t a b g e s o n d e r t und nur für den Ausfall v e r gleichsmäßig zu befriedigen ist. W i e der Z w a n g s v e r g l e i c h im K o n k u r s ein A b s o n d e r u n g s r e c h t nicht b e r ü h r t (§ 193 K O ) , so läßt auch im V e r g l e i c h s v e r f a h r e n der bestätigte V e r g l e i c h (§ 7 8 ) dem a b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g t e n G l ä u b i g e r seine B e f r i e d i g u n g s r e c h t e . — Z u r B e f r i e d i g u n g s f o l g e v o n Z i n s a n s p r ü c h e n eines a b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g t e n G l ä u b i g e r s im Liquidationsvergleich siehe Verfasser K T S 1966 1 5 8 / 1 6 0 . — Eine B e v o r z u g u n g k a n n der a b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g t e G l ä u b i g e r dann e r r e i c h e n , wenn er v o r B e g i n n der A b s t i m m u n g über den V e r g l e i c h s v o r s c h l a g einen T e i l seiner F o r d e r u n g unter V e r z i c h t auf das A b s o n d e r u n g s r e c h t a n m e l d e t und mit diesem B e t r a g e , soweit e r f o r d e r l i c h , zugleich die H e r a b s e t z u n g auf den im V e r g l e i c h s v o r s c h l a g g e n a n n t e n G r e n z b e t r a g erklärt. — S t e h t der Ausfall mit e i n e m T e i l der F o r d e r u n g o d e r insgesamt fest, so e r g e b e n sich für nicht g e s i c h e r t e F o r d e r u n g im R a h m e n des § 8 I I keinerlei Besonderheiten.

IV. Verfahrensrechtliche Auswirkungen des ungleichen Vorschlags Verfahrensrechtliche Stellung der Vorzugsgläubiger 31

a) D i e v o r g e s c h l a g e n e B e v o r z u g u n g ä n d e r t an der Vergleichsgläubigereigenschaft selbst dann nichts, w e n n der V o r z u g s g l ä u b i g e r v o n den V e r g l e i c h s n a c h t e i l e n völlig freigestellt sein soll. N u r entfällt bei G l ä u b i g e r n , deren K a p i t a l s f o r d e r u n g e n nach dem V o r s c h l a g nicht b e e i n t r ä c h t i g t w e r d e n , das S t i m m r e c h t (§ 7 2 I). E r ö r t e r t w e r d e n müssen a b e r auch deren F o r d e r u n g e n ; einmal im H i n b l i c k auf die V o l l s t r e c k b a r k e i t (§ 8 5 ) , die auch den alsbald voll zu befriedigenden G l ä u b i g e r n zugute k o m m t ( J a e g e r K T r . 1 9 3 5 9 2 ) , und die B e h a n d l u n g bestrittener F o r d e r u n g e n bei der V e r g l e i c h s e r f ü l l u n g (§ 9 7 ) , sodann auch w e g e n der M ö g l i c h k e i t eines v o n der B e v o r z u g u n g absehenden Eventualvorschlags. Passiv beteiligt, also z. B . der V o l l s t r e c k u n g s s p e r r e und den k o n k u r s e n t s p r e c h e n d e n A u f r e c h n u n g s s c h r a n k e n u n t e r w o r f e n sind sämtliche V o r z u g s g l ä u biger. D o c h b r a u c h t ein alsbald voll zu b e f r i e d i g e n d e r G l ä u b i g e r das w ä h r e n d der R ü c k s c h l a g s s p e r r f r i s t zu seiner B e f r i e d i g u n g E r l a n g t e nicht e t w a nach § 87 z u r ü c k z u g e w ä h r e n . S e i n e Z w a n g s s i c h e r u n g e n aber entfallen, es sei d e n n , der V e r g l e i c h s v o r schlag sieht das F o r t b e s t e h e n vor. b) A b s t i m m e n k ö n n e n die V o r z u g s g l ä u b i g e r , soweit ihnen ein S t i m m r e c h t z u k o m m t , in j e d e m Fall über den V o r s c h l a g im g a n z e n ; über Z u r ü c k s e t z u n g e n d a g e gen nur, falls auch sie davon nach dem V o r s c h l a g b e t r o f f e n w e r d e n , was bei m e h r f a c h a b g e s t u f t e r U n g l e i c h h e i t sehr w o h l m ö g l i c h ist. S o w e i t h i e r n a c h die S t i m m e des V o r zugsgläubigers zu b e r ü c k s i c h t i g e n ist, zählt sie z u m vollen B e t r a g des z u e r k a n n t e n S t i m m r e c h t s . D a s gilt auch für den Fall der B e v o r z u g u n g bei H e r a b s e t z e n des F o r d e rungsbetrags ( o b e n 28 a. E.).

c) Vollbefriedigung von Gläubigergruppen, vor allem von Kleingläubigern vor der A b s t i m m u n g , sollte im H i n b l i c k auf § 7 2 I v e r m i e d e n werden. D i e V o r s c h r i f t gilt sinng e m ä ß auch bei v o r a u s g e n o m m e n e r B e f r i e d i g u n g , und diese entbindet den S c h u l d n e r nicht v o n der A u f n a h m e in den V o r s c h l a g und v o n der Z u s t i m m u n g o d e r G e n e h m i g u n g der z u r ü c k g e s e t z t e n G l ä u b i g e r nach M a ß g a b e des A b s a t z e s 2. Bei S c h e i t e r n des V e r g l e i c h s unterliegt die V o r a u s z a h l u n g der D e c k u n g s a n f e c h t u n g (§ 107 V g l O , § 3 0 K O ) . Sind aber die K l e i n g l ä u b i g e r mit Mitteln eines auch im V e r g l e i c h s v o r v e r f a h r e n 210

Gleichbehandlung der Gläubiger

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zulässigen „Verwalterdarlehns" (vgl. B G H Z 32 268 = BGH, KTS 1960 138 = BB 1960 77 = N J W 1960 1456, Berges KTS 1959 150 mit weiteren Hinweisen) befriedigt, wie dies nach der Bestimmung des § 106 VglO ist, sofern nur der vorläufige Verwalter (§ 11 VglO) gemäß § 12 VglO mit den Befugnissen aus § 57 VglO ausgestattet ist, so scheidet die Deckungsanfechtung aus (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 8 zu § 59 K O und Anm. 11 zu § 30 KO, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 106 VglO). Auch eine — unpraktische — Vorausnahme von Teilzahlungen an Vorzugsgläubiger muß, wenn sie nicht dem Verbot des § 8 III unterfallen soll, zur Abstimmung gestellt werden. Die teilbefriedigten Gläubiger haben nur ein Stimmrecht mit dem Rest ihrer Forderung. Nur nach diesem Betrage kann die Vergleichquote berechnet werden. Zustimmung der zurückgesetzten Gläubiger Die Zustimmungen zur Zurücksetzung können mündlich oder schriftlich, auch pri- 3 2 vatschriftlich geschehen. Schriftliche Erklärungen müssen bis zum Schluß der Abstimmung eingehen (§ 73 I), mündliche im Vergleichstermin erklärt werden {Böhle-Stamschräder hnm. 3 zu § 8 VglO). Der Schuldnerehegatte und seine Rechtsnachfolger bleiben auch bei der Berechnung der Mehrheiten der zurückgesetzten Gläubiger außer Betracht, wenn sie der ungleichen Behandlung zustimmen (§ 8 II S. 2 in Verbindung mit § 75). Auch bei der Abstimmung über die Zurücksetzung gilt die Stimmrechtsvorschrift des § 72 II. — Berechnungsgrundlage für die Abstimmung aus § 8 II bildet das berichtigte Gläubigerverzeichnis (§ 74 II), doch scheiden die bevorzugten Gläubiger bei der Abstimmung hier aus.

D. Verbotene Sonderbegünstigungen I. Abkommen im Sinne des Absatzes 3 Gegensatz zu Absatz 2 Die Verbote der Sonderbegünstigung im Zwangsvergleich des Konkursverfahrens 3 3 (§181 S. 3 KO) und im Vergleichsverfahren (§ 8 Abs. 3) stimmen in ihrem Wortlaut nicht völlig überein. Während nach § 181 S. 3 K O von der Nichtigkeit nur Abkommen betroffen werden, welche einzelne Gläubiger bevorzugen sollen, die Begünstigung den am Sonderabkommen Beteiligten mithin bewußt gewesen sein muß, ja, daß sie die Begünstigung gewollt haben müssen, genügt der Tatbestand der rein objektiven Begünstigung für die Bestimmung des § 8 III unseres Gesetzes. Für die Reform des Insolvenzrechts ist die Anpassung der konkursrechtlichen Bestimmung an die des Vergleichsrechts zu empfehlen, da im Einzelfall subjektive Momente nicht selten schwer nachweisbar sind ( T i d o w KTS 1955 101). „Andere Abkommen" im Sinne des § 8 III sind Abkommen im Gegensatz zu Absatz II der Bestimmung. Gleich diesen betreffen die Bevorzugungen, freilich sehr selten von ganzen Gläubigergruppen, sondern meist nur von einzelnen, d. h. individuell bestimmten Gläubigern. Es handelt sich bei den verbotenen Sonderbegünstigungen des § 8 III um Abkommen, die abseits stehen von der „ungleichen Behandlung" von Gläubigern, wie sie eine Gläubigermehrheit nach § 8 II ausdrücklich zulassen kann. Die verbotenen Sonderbegünstigungen des § 8 III werden nicht in den Vergleichsvorschlag aufgenommen, wohl aber haben sie eine Beziehung zum Vergleichsverfahren (BöhleStamschräder Anm. 4 zu § 8 VglO). Die Sonderabkommen des § 8 III sollen neben dem Vergleich gelten (RGZ 136 288, BGH, KTS 1961 88 = MDR 1961 596 = LM Nr. 2 Bl. 1 zu § 8 VglO). Das Vergleichsgericht kann über die nach § 8 III verbotenen Son211

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

derbegünstigungen — vorausgesetzt, sie werden dem Gericht bekannt — nicht abstimmen lassen, da nur über den Vergleichsvorschlag, nicht über Dinge außerhalb desselben abgestimmt wird (§ 74, § 8 II). W o h l aber wird das Bekanntwerden von verbotenen Sonderbegünstigungen, sofern diese aufrecht erhalten werden, zur Versagung der Bestätigung des Vergleichs führen (§ 79 N r . 3 und 4). H a t das Vergleichsgericht dagegen eine in den Vergleichsvorschlag a u f g e n o m m e n e Begünstigung nicht als eine solche erkannt (vgl. hierzu oben Anm. 22, 23, 24, 25 zu § 8), die ungleiche Behandlung nicht nach § 8 II zur Abstimmung gestellt oder war eine der nach § 8 II Ziffer 1 und 2 erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht w o r d e n , so wird dieser Verfahrensmangel durch die Bestätigung des von den Gläubigern im übrigen angenommenen Vergleichs geheilt (§ 78 V g l O , dazu Bohle-Stamschräder Anm. 6 zu dieser Bestimmung, auch Künne K T S 1975 178/183). Nicht etwa tritt hier, wie Lucas S. 39 f meint, Nichtigkeit ein. D e r Gegensatz deckt sich sachlich mit dem allerdings sprachlich gebräuchlichen von heimlicher und o f f e n e r Begünstigung. Heimliche Sonderbegünstigungen bilden freilich die Regel. Verbotswidrig bleibt eine Sonderbegünstigung aber auch, wenn alle stimmberechtigten Gläubiger darum wissen, mögen sie sie nun f ü r unschädlich gehalten oder bewußt in Kauf genommen haben (Jaeger K T r . 1935 81). Verbotswidrig im Sinne des § 8 Abs. 3 V g l O ist auch eine Sonderbegünstigung in Form einer Sicherheitsleistung zugunsten der H a u s b a n k der Tochtergesellschaft, zu der die Muttergesellschaft sich der Bank gegenüber mit Eintritt der Krise verpflichtet hatte (vgl. Obermüller D B 1976 904). — Entsprechendes gilt f ü r eine Sonderbegünstigung, die der Schuldner auf Intervention eines gewerblichen Wirtschaftsverbandes im Hinblick auf allgemeine Interessen des Gewerbezweiges zugestanden hat (vgl. Künne Gläubigerschutz 1938 37 ff; Brauereiwirtschaftsverband). Selbst dadurch wird die Sonderbegünstigung noch nicht zu einer erlaubten, daß sie in Erfüllung der Auflage einer Behörde oder einer öffentlich-rechtlichen Organisation bewilligt wird (RG v. 6. Juli 1943 Z A k D R 1944 29 mit Anm. Bley: f r ü h e r Reichsnährstand). Auch solche schutzwürdigen Gruppeninteressen lassen sich nur durch A u f n a h m e der Vorzugsbehandlung in den Zwangsvergleichsvorschlag schützen. Die Annahme des Vergleichsrichters von der Erlaubtheit eines ihm bekannt gewesenen Sonderabkommens ist f ü r das letztlich zuständige erkennende Gericht unerachtet der Bestätigung des (das S o n d e r a b k o m m e n nicht enthaltenden) Vergleichs unverbindlich. Verbot nur der Bevorzugung 34

Verboten ist nur die Bevorzugung, nicht auch die Schlechterstellung, wie z. B. längere Stundung seitens eines Gläubigers. Bevorzugung ist jede Besserstellung gegenüber den vergleichsbetroffenen Gläubigern so z. B. die Zusage einer höheren Q u o t e , sei es selbst nur in Gestalt eines sog. Besserungsscheins, aber auch schon das Versprechen der Zahlung vor Ablauf der im Vergleich bewilligten Frist. Sieht der Vergleich eine unterschiedliche Behandlung einzelner Gläubiger oder Gläubigergruppen vor, so bildet schon die Abrede, daß der Gläubiger von der seine F o r d e r u n g an und f ü r sich treffenden Zurücksetzung befreit sein soll, eine Bevorzugung. D e r Umstand, daß der Gläubiger f ü r den ihm gewährten Vorteil auf der anderen Seite eine Schlechterstellung zugesteht, z. B. f ü r eine gegenüber dem Vergleich erhöhte Sicherung eine längere Stundung zusagt, vielleicht sogar hinter alle Gläubiger zurücktritt, oder f ü r eine höhere Q u o t e auf ein Absonderungsrecht verzichtet, schließt die A n w e n d u n g des § 8 III nicht aus (RG, LZ 1930 N r . 30 und R G , K u T 1937 27 = SeufA Bd. 91, N r . 56). Die Bevorzugung kann auch darin liegen, daß der Vergleichsgläubiger sich bereit erklärt, mit der Geltendmachung seines Anspruchs zurückzutreten, während der Vergleichsschuldner 212

Gleichbehandlung der Gläubiger

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die in die Sperrfrist des § 28 fallende Zwangsvollstreckung des Gläubigers verschweigt, diesem Gelegenheit gibt, sich entgegen der Bestimmung des § 87 zu befriedigen (Skrotzki K T S 1958 105). Eine Bevorzugung kann auch darin liegen, daß der Vergleichsbürge eines Liquidationsvergleichs (§ 7 Abs. 4 V g l O ) , der das Geschäft gegen Zahlung eines in die Liquidationsmasse fließenden Festpreises ü b e r n o m m e n hatte, einem Großlieferanten zum Ausgleich des im Vergleichsverfahren erlittenen Verlustes, durch die dieser selbst in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten drohte, eine Finanzierungshilfe in der Weise gewährte, daß er auf die in Aussicht genommenen ferneren Lieferungen Vorauszahlungen leistete (vgl. LG H a m b u r g K T S 1970 315). Die A u f d e c k u n g dieser Bevorzugung, die dem Geschäftsvorgänger (und Vergleichsschuldner) unbekannt blieb, f ü h r t e zur Vergleichsanfechtung durch einen anderen Vergleichsgläubiger nach § 89 V g l O . Dies mit Erfolg, da weder an dem V o r z u g s a b k o m m e n des § 8 Abs. 3 V g l O , noch an einer zur Anfechtung des Vergleichs nach § 89 V g l O berechtigenden arglistigen T ä u s c h u n g der Schuldner selbst beteiligt zu sein braucht (LG H a m b u r g a a O kritisch zu diesem der h. M. — vgl. z. B. Mentzel-Kuhn Anm. 4 zu § 196 K O — entsprechenden Erkenntnis: Berges K T S 1970 249). Bei seinen Vorschlägen „zur R e f o r m der Vergleichsordnung" schlägt Künne D B 1978 7 2 9 / 7 3 0 vor, der Gesetzgeber sollte den Kreis der Personen bei Abkommen nach § 8 Abs. 3 V g l O beschränken auf den Schuldner selbst und seine nahen Angehörigen.

Der Allgemeinausdruck Abkommen Mit dem Ausdruck „Abkommen", wie ihn § 8 III gebraucht, sind nicht nur Verträge 3 5 im rechtstechnischen Sinne zu verstehen. Das Gesetz will die Sonderbegünstigungen im größtmöglichen U m f a n g erfassen. Auch ein einseitiger Akt, namentlich ein Gestaltungsakt, aber auch eine Ermächtigung kann genügen (vgl. Obermüller DB 1976 9 0 1 / 902), um damit einem Gläubiger Gelegenheit zu geben, durch einen weiteren einseitigen Willensakt eine Bevorzugung, insbesondere eine Befriedigung zu erreichen, womit sich die einzelnen rechtlichen Momente als ein A b k o m m e n darstellen. Ein Vorzugsabkommen kann z. B. darin liegen, daß der Vergleichsschuldner nach Eintritt der Krise seiner H a u s b a n k eine Verrechnungsmöglichkeit aufrecht erhält, so daß diese sich laufend aus den bei ihr eingehenden Kundengeldern befriedigen kann, sofern nur dieses „Abkommen" neben dem Vergleich gelten sollte (vgl. O L G Karlsruhe K T S 1972 111). Die Begünstigung durch den Schuldner liegt in einem Unterlassen: zur Gläubigergleichbehandlung w a r entweder die Anlegung eines anderen Kontos bei der H a u s b a n k oder die Unterrichtung seiner K u n d e n , nicht mehr auf das bisherige G i r o k o n t o zu zahlen, erforderlich (vgl. Bley K u T 1935 178). Das Vergleichsverfahren kennt keine Anfechtung derartiger Verrechnungen. K o m m t es jedoch zum Konkursverfahren, so hat die Bank, die dem Vergleichsschuldner (und späteren Gemeinschuldner) überwiesene Beträge auf seinem G i r o k o n t o gutschreibt, diese auf Anfechtung des Konkursverwalters (§ 30 N r . 1 K O ) zur Konkursmasse zu entrichten und zwar auch die Beträge, bei deren Gutschrift ihr bekannt war, daß der (spätere) Vergleichsschuldner die Zahlungen eingestellt hatte ( B G H Z 58 108 = K T S 1972 182 = N J W 1972 633). Als ein unzulässiges S o n d e r a b k o m m e n im Sinne des § 8 Abs. 3 V g l O waren auch die Zahlungen aus dem „Feuerwehrfonds" im Vergleichsverfahren über das V e r m ö g e n des Bankhauses I. D. Herstatt K G a A , Köln an die Guthabengläubiger anzusehen, die nicht mehr als 20 000,— D M zu f o r d e r n hatten (vgl. Sternebeck-Wittmann N J W 1974 213

§8

I.Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

1889, ebenso Künne K T S 1975 178/184, abweichend: Schwark N J W 1974 1892). Die Streitfrage ist mit der V e r z a h n u n g der Bankenaufsicht und der verbandseigenen Einlagesicherung, d. h. der A n e r k e n n u n g des Fonds (vgl. §§ 46 ff K W G i. d. Fassung vom 3. 5. 1976 - BGBl. I S. 1121 - ) erledigt, siehe Assmann BB 1976 579/581 und Jauernig § 58 II. -

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Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte a) U n t e r den ersteren sind besonders häufig das Versprechen eines Wechselakzepts f ü r den Betrag des Forderungsnachlasses und die Erteilung eines Besserungsscheines. Es finden sich aber auch Bevorzugungsgeschäfte, die die vergleichsbetroffene Forderung selbst nicht berühren, wie der Verkauf von W a r e n an den Vergleichsgläubiger unter Preis, der, wenn er im Hinblick auf den Vergleich abgeschlossen wird, eine der Nichtigkeit verfallende U m g e h u n g des Verbots bildet (Bendix S. 28; Weinberg-Manasse A. 2). Sonderbegünstigung ist auch die S c h a f f u n g eines neuen Schuldgrundes, da der Schuldner damit Einwendungen verlieren soll; auch ein Einzelvergleich über die Forderung, wenn er nicht den Zweck hat, die Ungewißheit über ihren Bestand zu beseitigen, sondern den Gläubiger durch E r h ö h u n g des Forderungsbetrages vor den Nachteilen des Teilerlasses zu schützen. Das V e r b o t trifft das V o r z u g s a b k o m m e n im g a n z e n : Nichtig ist das Verpflichtungsgeschäft auch dann, wenn es das Vollzugsgeschäft zu einem selbst verbotswidrigen Geschäft enthält, wie die H i n g a b e des dem Gläubiger verbotswidrig versprochenen Wechselakzepts. D o c h kann der Akzeptant bei gutgläubigem Erwerb sich nicht auf die Nichtigkeit des Akzepts berufen (Art. 16 W G , d a z u : Baumbach-Hefermehl Anm. 3). b) U n t e r den Verfügungen ist in erster Linie die vergleichswidrige Befriedigung des Gläubigers zu nennen, sei es durch den Vergleichsschuldner selbst oder durch einen Dritten, der dem Gläubiger dazu nicht wirksam verpflichtet ist. — Davon zu unterscheiden aber ist eine Leistung durch den dazu neben dem Vergleichsschuldner haftenden Dritten (§§ 32, 33): In einem solchen Falle gilt § 8 Abs. 3 V g l O nicht. Eine bereits bestehende, nicht erst im Hinblick auf das in Aussicht stehende Vergleichsverfahren gewährte Sicherheit wird nicht beeinflußt (vgl. O L G Koblenz D B 1975 1791 = W M 1975 1141/1143). — Ist eine „Abkaufsverpflichtung, z. B. von der Muttergesellschaft der (späteren) Vergleichsschuldnerin vor Eintritt der Krise eingegangen, so bedeutet die A n n a h m e des Forderungskaufsangebots durch das Kreditinstitut eine „Verwert u n g " einer solchen Sicherungsform (vgl. Obermüller DB 1976 901/902). Was von der Erfüllung gilt, ist auch maßgebend für die Erfüllungssurrogate, wie z. B. f ü r die vergleichswidrige Abfindung mit W a r e n statt des geschuldeten Geldes. — V o n sonstigen Verfügungsgeschäften k o m m e n namentlich dingliche Sicherstellung, wie die Begründung neuer oder Erweiterung alter bestehender Absonderungsrechte, auch in Form der Sicherungsübereignung oder Sicherungsabtretung in Betracht. Diese sind auch dann nichtig, wenn der Gläubiger auf die Sicherung einen schuldrechtlichen Anspruch hat, falls dieser (wie es die Regel ist) im Vergleichsverfahren nicht durchgreift (ebenso Serick Bd. III § 36 II 2 S. 370). Ist der Anspruch auf G e w ä h r u n g einer dinglichen Sicherung, z. B. auf Eintragung einer Grundschuld auf einem Grundstück des Vergleichsschuldners durch eine V o r m e r k u n g gesichert (§ 24 K O in V e r b i n d u n g mit § 26 Abs. 1 V g l O ) , so unterfällt sie auch nicht dem V e r b o t des § 8 Abs. 3 V g l O . Es genügt hierzu, daß die V o r m e r k u n g bindend bewilligt und die Eintragung beim G r u n d b u c h a m t beantragt worden w a r ( B G H Z 28, 182, Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 2 4 K O , Serick Bd. III § 36 II 2 S. 371). Dagegen scheidet eine V o r m e r k u n g , die der Gläubiger innerhalb der Sperrfrist des § 28 durch eine Vollstreckungsmaßnahme 214

Gleichbehandlung der Gläubiger

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erlangt hat, aus: Eine daraufhin bestellte dingliche Sicherung unterfällt der Verbotsvorschrift (§ 8 Abs. 3 VglO). Verfahrensakte Hinsichtlich der Verfahrensakte ist zu unterscheiden. Solche der freiwilligen 3 7 Gerichtsbarkeit, die eine Änderung der materiellen Rechtslage herbeizuführen bestimmt sind, bilden, wenn sie selbst keine materielle Verfügung einschließen, doch zusammen mit der Vollzugshandlung des Begünstigten ein Abkommen im Sinne des § 8 III, wie z. B. die Bewilligung einer Vormerkung (§ 883 BGB) nach Eintritt der Krise. Im Rahmen eines Rechtsstreits kann ein Verbotsabkommen in einem Prozeßvergleich geschlossen werden, denn ein solcher Vergleich enthält neben der Prozeßhandlung auch materiell-rechtliche Erklärungen nach § 779 B G B — Zum Doppelcharakter des Prozeßvergleichs vgl. B G H , Z Z P 77 406 Erkenntnis in Ergänzung zu B G H Z 28 171 und B G H , Z Z P 85 96. — Auch ein vertragsmäßiger Rechtsmittelverzicht kann ein verbotswidriges Abkommen im Sinne des § 8 Abs. 3 V g l O enthalten, so z. B. wenn der Vergleichsschuldner damit nicht mehr in der Lage ist, für ihn günstiges Material in der zweiten Tatsacheninstanz vorzutragen. Nicht aber kann mit Bezug auf § 8 Abs. 3 V g l O ein gemäß einer Vereinbarung der Prozeßparteien gegen den Vergleichsschuldner ergangenes Versäumnis- oder Anerkennungsurteil für nichtig angesehen werden. In der Vereinbarung, ein Schiedsgericht solle entscheiden (§ 1025 Z P O ) , um möglichst schnell und in nur einer Instanz eine Entscheidung strittiger Fragen zu ermöglichen, liegt an sich kein Vorzugsabkommen, denn, mag auch das Verfahren vor dem Schiedsgericht für den Gläubiger vorteilhafter sein, so ist doch das Schiedsgericht an bestimmte Verfahrensgrundsätze gebunden (§§ 1034 ff Z P O ) . In der absichtlichen Nichtaufnahme eines Gläubigers, der während der Frist des § 28 vollstreckt hat, in dem Verzeichnis des § 6 liegt keine unwirksame Bevorzugung. Wohl aber ist dies der Fall, wenn die Folgen der Vergleichsbestätigung aus § 87 im voraus abbedungen werden. Beziehung zum Zwangsvergleich Das Abkommen muß im Hinblick auf den Vergleich geschlossen sein, es muß in 3 8 Beziehung zu ihm stehen (vgl. B G H , K T S 1969 50, Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 8 V g l O , Serick Bd. III § 36 II 2). Die Beteiligten müssen sich von der Absicht haben leiten lassen, daß das Sonderabkommen neben dem Vergleich gelten solle ( R G Z 136 288, B G H Z 6 232 = N J W 1952 1009 = L M Nr. 1 zu § 8 V g l O und B G H , K T S 1961 88 = L M Nr. 2 Bl. 1 zu § 8 V g l O = M D R 1961 596, O L G Karlsruhe, K T S 1972 111/ 113). D a z u ist nicht erforderlich, daß bei Abschluß des Sonderabkommens bereits der Vergleichsvorschlag (§§ 3, 7, 8) vorliegt. Es braucht auch noch nicht einmal ein Vergleichsantrag (§ 2) vorzuliegen. Es genügt, wenn das Abkommen geschlossen wird mit Rücksicht auf das Vergleichsverfahren, das von dem (späteren) Vergleichsschuldner beantragt werden soll, um in diesem künftigen Verfahren neben dem Vergleich, der allen von ihm betroffenen Gläubigern gleiche Rechte gewähren muß (§8 I), dem Vertragspartner des (späteren) Vergleichsschuldners eine Bevorzugung einzuräumen. Wird das Abkommen, wenn auch am gleichen T a g e , so doch nach der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2) geschlossen und hat der Gläubiger von diesem Antrag Kenntnis, so spricht eine Vermutung dafür, daß beide Vertragsparteien mit einem späteren Vergleich gerechnet haben ( B G H , K T S 1961 88 = L M Nr. 2 zu § 8 VglO). Im Gegensatz zu § 181 S. 3 K O ist das Bewußtsein der Beteiligten von der Bevorzugung nicht erforderlich. Es genügt für die Anwendung des § 8 III, daß das Abkommen, 215

§8

I.Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

objektiv betrachtet, den Gläubiger bevorzugt (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 8 zu § 181 K O , Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 8 VglO). Nicht erforderlich ist mithin, daß die Beteiligten in dem Abkommen keine Bevorzugung erblickt haben, sofern sie nur tatsächlich vorliegt. Unerheblich ist es, ob das Abkommen nach der Absicht der Beteiligten den Vergleich fördern sollte, und ob es ihn tatsächlich gefördert hat. — Das Motiv der Begünstigung ist für die Frage, ob das Abkommen nichtig ist, ohne Bedeutung (so auch Stemebeck-Wittmann N J W 1974 1889/1891). Deshalb hängt die Nichtigkeit des Abkommens auch nicht etwa davon ab, ob die Zustimmung des bevorzugten Gläubigers für das Zustandekommen des Vergleichs ausschlaggebend war. Die Nichtigkeit tritt vielmehr auch dann ein, wenn der Begünstigte sich an der Abstimmung über den Vergleich nicht beteiligt oder gegen den Vergleich gestimmt hat, denn das Verbot soll die Vergleichsgläubiger gegen jede Benachteiligung schützen unabhängig davon, wie sich der Begünstigte sonst zum Vergleichsverfahren stellt.

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Zeitpunkt des Abkommens Der Zeitpunkt des Abkommens, ob er nur innerhalb des Vergleichsverfahrens, d. h. nach der Stellung des Vergleichsantrags, oder schon zuvor oder auch noch nach der Beendigung des Verfahrens liegen kann, ist aus dem Wortlaut des § 8 III allein nicht zu bestimmen. Für die insoweit übereinstimmende Bestimmung des § 181 S. 3 K O gilt entsprechendes. a) Für die Vorschrift des § 181 S. 3 K O hat das RG die Nichtigkeit bereits dann bejaht, wenn zur Zeit des Abkommens ein konkreter Zwangsvergleichsvorschlag noch nicht vorlag, aber erwogen wurde, daß ein solcher möglicherweise eingereicht würde (RG 78 183 und RG, J W 1931 2117). Dies mit Recht. Ist doch der vom Gesetz bezweckte Schutz der Gläubigerschaft gegen die mögliche Benachteiligung durch Vorzugsabkommen von dem Augenblick an sicher geboten, wo der Schuldner einen gerichtlichen Zwangsvergleich in Erwägung zieht. Das kann aber bereits schon vor der Konkurseröffnung (§ 108 KO) der Fall sein. Das Gesetz rechnet ausdrücklich mit einer solchen Möglichkeit, denn der Wahltermin (§§ 80, 87 I, 110 I, 131, 132 II KO) kann mit dem Prüfungstermin (§§ 110 I, 138, 141 K O ) und mit dem Termin zur Abstimmung über den Zwangsvergleich (§ 179 KO) verbunden werden (§110 II KO). Der Gesetzgeber geht mithin selbst davon aus, daß bereits im Zeitpunkt des § 108 K O ein Zwangsvergleich vorgelegt werden kann. Ist das der Fall, so kann ein Begünstigungsvertrag bereits dann der Nichtigkeit verfallen (§181 S. 3 K O ) , wenn er schon vor der Konkurseröffnung geschlossen wurde (Jaeger- Weber Anm. 7 zu §181 K O , ebenso unter Hinweis auf die für das Vergleichsverfahren ergangene Entscheidung BGH, KTS 1969 50: Mentzel-Kuhn Anm. 5 zu § 181 KO). b) Für die Vorschrift des § 8 Abs. 3 VglO kann der Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21) nicht von einer irgendwie ausschlaggebenden Bedeutung sein, denn diese Entscheidung des Gerichts setzt voraus, daß der Vergleichsvorschlag (§§ 3, 7, 8) bereits auf seine Angemessenheit und Erfüllbarkeit (§ 18 Nr. 3 und 4) und auf die gesetzlichen Mindesterfordernisse hin geprüft worden ist und daß die Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung erbeten worden ist (§ 14). Der Vergleichsschuldner hat auch nicht selten bereits vor seinem Vergleichsantrag (§ 2) versucht, außergerichtlich eine Sanierung zu erreichen. Scheitert ein solcher Versuch an dem Widerstand nur eines Gläubigers, so ist der Schuldner leicht versucht, mit diesem Gläubiger ein besonderes Abkommen zu treffen. Es ist nicht einzusehen, warum ein solches zuvor geschlossenes Abkommen nicht der Bestimmung des § 8 III unterfallen soll, wenn es darauf dennoch zu einem Vergleichsantrag des Schuldners (§ 2) und zur 216

G l e i c h b e h a n d l u n g der G l ä u b i g e r

§8

Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 21) kommt (zustimmend Vogels-Nölte A III 2 zu § 8 VglO). Es genügt für ein vor der Stellung des Vergleichsantrags geschlossenes Vorzugsabkommen für die Nichtigkeit aus § 8 III, wenn es neben dem möglicherweise zu schließenden Zwangsvergleich gelten soll (RG, J W 1936 3190, BGH, KTS 1969 50). Das zeitliche Verhältnis zwischen Abkommen und Eröffnungsantrag (§ 2) fällt nur für die Beweisfrage ins Gewicht. Wird das Vorzugsabkommen nach der Stellung des Eröffnungsantrages geschlossen, so besteht, wenn auch dem Gläubiger bekannt war, daß der Schuldner die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens beantragt hat, eine Vermutung dafür, daß die Vertragsparteien mit dem späteren Vergleich gerechnet haben (BGH, KTS 1961 90 = M D R 1961 596 = LM Nr. 2 zu § 8 VglO, Serick Bd. III, § 36 II 2). Kenntnis von dem Eingang des Vergleichsantrag (§ 2) erlangt der Vertragspartner des dem Verbot (§ 8 III) unterfallenden Abkommens durch die öffentliche Bekanntmachung des Vergleichsgerichts, die nach § 11 sofort zu veranlassen ist, soweit nicht etwa die Voraussetzungen aus § 15 I vorliegen. c) Bei Erfüllungsgeschäften und dinglichen Sicherungen, die vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens vorgenommen wurden, verneinen Lucas A, III e zu § 5 a VglO, S. 44 und Vogels-Nölte Anm. II zu § 8 V g l O die Nichtigkeit. — Die Frage ist nicht entschieden in BGH, KTS 1961 89 = LM Nr. 2 zu § 8 VglO. - Wäre diese Ansicht richtig für § 181 S. 3 K O gleicherweise wie für § 8 Abs. 3 VglO, so könnte zwar im Konkurse gegen die offensichtlich doch nicht zu billigenden Ergebnisse mit der Anfechtung (§§ 29 ff KO) geholfen werden. Im Vergleichsverfahren aber besteht eine solche Möglichkeit nicht. Und gerade im Vergleichsverfahren werden Sonderabkommen in der Regel vor der Eröffnung des Verfahrens (§§20, 21) geschlossen, sobald den Gläubigern bekannt wird, daß der Schuldner einen Vergleichsantrag gestellt (§ 2), mithin auch einen Vergleichsvorschlag (§§ 3, 7, 8) eingereicht hat oder noch vor der Eröffnungsentscheidung einreichen muß. Schon gar nicht gebilligt werden kann (so Eisold A 3 zu § 5 a VglO), daß sogar die Absicht des Vergleichsschuldners, sich durch Deckung die Gegenstimmen zu ersparen, an dem Ergebnis (d. h. der Nichtanwendung der Schutzvorschrift) nichts ändern könne. Die hier, wie in den Vorauflagen, abgelehnte Gegenmeinung kann nicht damit begründet werden, daß über die Beteiligung von Gläubigern der Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung entscheide, wie aus § 25 unseres Gesetzes folge. Dies ist ja gerade zu beweisen, denn hat die Leistung keine Erfüllungswirkung, ist die Forderung nicht erloschen und der Beteiligte Vergleichsgläubiger. Der Schutzzweck der Vorschrift des § 8 III ist bei Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäften der gleiche (ebenso Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 8 VglO und Serick Bd. III, § 36 II 2). Die Gegenmeinung eröffnet ein weites Feld für im Ergebnis nicht zu billigende Bevorzugungen in der Zeit zwischen dem Eingang des Vergleichsantrags (§ 2) und dem Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21). (Zur „Abkaufsverpflichtung" vgl. Obermüller DB 1976 901/903, dazu oben unter Rdn. 36 c zu § 8 VglO). d) Vorzugsabkommen, die nach Zustandekommen des Vergleichs, sei es auch während des Nachverfahrens getroffen werden, unterfallen dem Verbot regelmäßig nicht, denn hier fehlt meist die erforderliche Beziehung zwischen Abkommen und Vergleich (RG, KTr. 1939 6; Kiesow A 8; Vogels-Nölte A II 2). Eine Ausnahme, die übrigens im Streitfall beweisen muß, wer sich auf Nichtigkeit beruft, gilt bei Verbotsumgehung. So z. B. wenn die Parteien vor dem Vergleich zwecks Ausschlusses der Nichtigkeit vereinbart hatten, das Abkommen erst später abzuschließen oder erst später eine Urkunde darüber zu errichten. Im letzteren Fall ändert die spätere Gewährung zusätzlicher, nicht vorher abgesprochener Sicherungen nichts an der Nichtigkeit der früher bereits 217

§8

I.Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

bewilligten. Waren diese das Wesentliche, so ergreift die Nichtigkeit gemäß § 139 B G B auch die zusätzlichen Sicherungen ( R G , K u T 1936 9 = J W 1936 191). — Entsprechend gilt, wenn die nach der Bestätigung des Vergleichs gewährte Sonderbegünstigung zwar nicht zuvor ausdrücklich fest vereinbart, jedoch fest in Aussicht gestellt worden war ( B G H , K T S 1972 97 = N J W 1972 496 und dazu Kuhn W M 1976 241). Nach der Vergleichsbestätigung werden Bevorzugungen einzelner Gläubiger von dem Sonderbegünstigungsverbot des § 8 III nicht mehr erfaßt (Serick Bd. III § 36 II 2 S. 372). Soweit nicht etwa die Überwachungsvorschriften (§§ 91, 92, 94, 96) eingreifen, ist der Vergleichsschuldner nach der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) wieder frei gestellt. Er kann mit einem jeden Vergleichsgläubiger über die Erfüllung der auf ihn entfallenden Vergleichsquote frei verhandeln, später oder früher erfüllen, auch in anderer Art erfüllen, auch Umwandlung in ein Darlehn vereinbaren, um z. B. Mittel frei zu haben, Gläubiger, denen gegenüber er in Verzug zu geraten droht (§ 9), befriedigen zu können (Berges K T S 1964 129 f Künne Der Betrieb 1965 921). Die Parteien des Abkommens 40

a) Abkommen mit einzelnen Gläubigern können auch solche mit einer Gruppe von Gläubigern sein (siehe den Fall R G in Z A k D R 1944 29). Mit dem Ausdruck einzeln soll nur die Nichtaufnahme in den Zwangsvergleich, also die Sonderbegünstigung, bezeichnet werden. Gläubiger im Sinne des Absatzes 3 kann jeder kraft Gesetzes vom Zwangsvergleich betroffene Gläubiger sein, also nicht bloß ein Vergleichsgläubiger, sondern auch ein vergleichsbetroffener Freigebigkeitsgläubiger (§ 83 A 4) sowie ein Gläubiger mit Bezug auf die in § 83 II bezeichneten Nebenansprüche. Zu beachten ist, daß absonderungs- und sonderbevorrechtigte Gläubiger mit Bezug auf den vollen, nicht nur den ausfallenden Betrag ihrer Forderungen von Rechts wegen vergleichsbetroffen sind ( § 2 7 A 9 ff, 17). Darauf beruht es auch, daß die Bevorzugung eines Absonderungsgläubigers nicht um deswillen ausgeschlossen ist, weil dieser im Zusammenhang damit auf sein Absonderungsrecht verzichtet (vgl. oben Anm. 34 zu § 8). b) Der Gläubiger kann bevorzugt werden seitens des Schuldners oder anderer Personen. Die Verbotswidrigkeit ist also nicht darauf beschränkt, daß der Schuldner selbst, sei es in Person oder durch einen Vertreter handelt. Zustimmungen des Vergleichsverwalters zu verbotswidrigen Geschäften des Schuldners (§ 57) heilen den Mangel nicht. Zu verbotswidrigen Zahlungen des kasseführenden Vergleichsverwalters (§ 57 II) fehlt diesem die gesetzliche Vertretungsmacht. Die Kassenführung bezieht sich nur auf den laufenden Geschäftsbetrieb des Schuldners; sie soll unwirtschaftliche Bargeschäfte des Schuldners unmöglich machen ( O L G Nürnberg, K T S 1965 172). — Als „andere Personen" des § 8 III kommen meist nahe Angehörige des Schuldners oder Freunde in Betracht. Doch ist es nicht notwendig, daß sie als Beauftragte des Schuldners oder für seine Rechnung gehandelt haben. Sie können sich auch ohne Wissen des Vergleichsschuldners verpflichten. So etwa der Vergleichsgarant (vgl. zu diesem Rdn. 24 bis 36 zu § 66 V g l O ) , der einem Gläubiger eine Finanzierungshilfe gewährt (vgl. den Fall des L G Hamburg K T S 1970 315, Einzelheiten dazu oben Rdn. 34 zu § 8 VglO). II. Die Nichtigkeit Nichtigkeit nur der Sonderabkommen

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Die Nichtigkeit trifft nur die Sonderabkommen, nicht auch den Zwangsvergleich. Möglicherweise, aber keineswegs notwendig, bildet das Vorzugsabkommen einen 218

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

Grund zum Versagen der Bestätigung und zur Anfechtung des bestätigten Vergleichs (§§ 79 Nr. 3 und 4, 89 I). Die Bestätigung des Vergleichs gemäß § 79 Nr. 3 versagen kann das Vergleichsgericht nur, wenn das Sonderabkommen zum Vergleichsabschluß führte, dieses ursächlich für das Zustandekommen des Vergleichs gewesen ist (zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 79, Kiesow Anm. 6 zu § 68 a VglO). Die Bestätigung des Vergleichs kann ferner aus § 79 Nr. 4 versagt werden, wenn sich aus dem Sonderabkommen ergibt, daß der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger widerspricht, so z. B. wenn dem Begünstigten große Teile des Vermögens des Vergleichsschuldners zufließen sollen. Nicht aber kann, wie Jaeger K u T 1935 81 meint, die Bestätigung des Vergleichs aus § 79 Nr. 1 versagt werden, weil für den Inhalt und den Abschluß des Vergleichs gegebenen Vorschriften verletzt seien. Dem kann nicht gefolgt werden, weil das Sonderabkommen weder Gegenstand des Vergleichsvorschlages ist, denn es soll ja gerade neben dem Vergleich eine Begünstigung herbeiführen, noch das Verfahren des Vergleichsgerichts betrifft. Dieses kann nur über den Vergleichsvorschlag, nicht aber über das außerhalb dieses Vorschlags getroffene Sonderabkommen abstimmen lassen (§§66, 71 bis 76). — Eine Anfechtung des Vergleichs nach § 89 mit Rücksicht auf das Sonderabkommen ist keineswegs beschränkt auf den Fall, daß die Stimme des Begünstigten ausschlaggebend für die Annahme des Vergleichs war (§ 74), vielmehr auch dann möglich, wenn anzunehmen ist, daß die zurückgesetzten Gläubiger bei Kenntnis der Begünstigung gegen den Vergleich gestimmt hätten (RG, K u T 1937 43, Mentzel-Kuhn Anm. 5 zu § 196 KO). Nichtigkeit nur für den Fall der Vergleichsbestätigung Die Nichtigkeit besteht nur für den Fall der Vergleichsbestätigung, also nicht, wenn 4 2 der in Erwägung gezogene Vergleichsversuch unterbleibt oder der unternommene, sei es wegen Ablehnung des Vorschlags oder Versagens der Bestätigung scheitert. Diese, ursprünglich wohl auch vom RG (28 99) vertretene Ansicht Jaegers hat zunehmend Anhänger gefunden {Jaeger§ 181 A 4, Lehrb. S. 226 Nr. 3, KTr. 1935 83; Kiesow A 9 u. J W 1932 2541 zu Nr. 21: Levy A 4; Vogels-Nölte III 4; Warneyer S. 21, anders dann aber die spätere Rechtsprechung des Reichsgerichts: RG 30 22 und 78 183). Diese Rechtsprechung ist in B G H Z 6 232 = N J W 1952 1009 ausdrücklich aufgegeben worden. Für die Beschränkung der Nichtigkeit des Vorzugsabkommens nur auf den Fall der Vergleichsbestätigung (§78) sprechen mehrfache Gründe: An einer Bevorzugung gegenüber dem Vergleich fehlt es, wenn es nicht zum Vergleich kommt. Sonderabkommen sind auch nur verboten, soweit sie eine Bevorzugung darstellen. Diese aber bezieht sich auf das Versprechen des Vergleichsschuldners zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger, das aber nur mit der Vergleichsbestätigung wirksam wird. Der Zweck des Verbots aus § 8 III liegt nicht, wie das R G (aaO) angenommen hatte, darin, unlautere Einflüsse von dem Vergleichsabschluß fernzuhalten, sondern darin, die am Vergleichsverfahren beteiligten Gläubiger in ihrem Anspruch auf gleichmäßige Behandlung zu schützen, wie sich insbesondere aus dem Zusammenhang des § 8 III mit den Bestimmungen der Vorabsätze ergibt. Entsprechendes muß aus der Stellung des § 181 S. 3 K O zu den Anordnungen der S. 1 und 2 des § 181 K O gefolgert werden. Die in diesem Sinne in B G H Z 6 232 = B G H , N J W 1952 1009 (IV. Senat) entschiedene Frage ist in der mehrfach oben erwähnten Entscheidung BGH, KTS 1961 88 = M D R 1961 596 (VIII. Senat) offen gelassen (Ziffer 2, Absatz 2 der Gründe zum zweiten Leitsatz der Entscheidung). Das Schrifttum hat inzwischen weiter sich zu der auch in den Vorauflagen dieses Kommentars vertretenen Ansicht bekannt (Jaeger-Weber Anm. 8, Mentzel-Kuhn Anm. 6, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 181 K O , derselbe Anm. 4 zu § 8 VglO, Berges KTS 1964 129, Schönke-Baur § 7 3 II 3). 219

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§8

Nicht ohne Bedeutung aber dürfte auch eine rechtspsychologische Erwägung sein: Vorzugsabkommen aus Anlaß eines Vergleichsversuchs geschehen regelmäßig nicht sowohl um des Gläubigers willen, den man auch ohne solche Abreden von den Vergleichsnachteilen verschonen kann, da eine Nachzahlung, soweit sie nicht eine Verbotsumgehung darstellt, durchaus statthaft ist (oben 39 d), als vielmehr im Interesse des Vergleichsabschlusses und damit des Schuldners selbst. Von solchen Bevorzugungen werden daher die Schuldner, namentlich aber die für ihn eintretenden Dritten um so eher abstehen, wenn sie mit Gültigkeit derselben bei Unterbleiben oder Fehlschlägen des Vergleichsversuchs rechnen müssen. Wären sie, wie es die Gegenmeinung will, auch in diesen Fällen wegen Nichtigkeit des Abkommens geschützt, so würde dies für sie wegen Fehlens jedes Risikos umgekehrt gerade einen Anreiz zu solchen Vorzugsabkommen bilden, also das Gegenteil des vom Gesetz erstrebten Erfolges bewirken. Dem kann man auch nicht entgegenhalten, daß das Unterbleiben oder Fehlschlagen des Vergleichsversuchs meist zum Konkurs führen wird. Daß auch hier kein Grund zum Schutz der Dritten besteht, die im Interesse des Schuldners mit dessen Gläubigern Vorzugsabkommen getroffen haben, dürfte außer Zweifel sein: Die Gültigkeit dieser Abkommen kann ja die Masse nur entlasten, kommt also der Konkursgläubigerschaft zugute. Und was die Abkommen des Schuldners selbst betrifft, so sind Versprechen einer das Vergleichsgedinge übersteigenden Leistung jetzt bedeutungslos, da auch die übrigen Gläubiger keinen Vergleichsschranken unterliegen. Hinsichtlich der Dekkungsgeschäfte aber bietet die zufolge § 107 erweiterte Anfechtbarkeit genügend Spielraum, die Benachteiligung der übrigen Gläubiger auszugleichen. Der Beweis wird bei der besonderen Konkursanfechtung kaum schwieriger zu führen sein als bei behaupteter Nichtigkeit des Vorzugsabkommens. Insbesondere wird bei Abkommen, die vor Eröffnung eines Vergleichsverfahrens getroffen wurden, der Konkursverwalter auch bei Zugrundelegung der herrschenden Meinung nur allzu oft zugleich hilfsweise anfechten müssen. Allerdings bildet der Anfechtungsanspruch, wenn der Anfechtungsgegner selbst in Konkurs fällt, nur eine Konkursforderung. Aber dies kann für unsere Frage um so weniger den Ausschlag geben, als sie in den Hauptfällen, nämlich der Geldzahlung (auf welcher der selbst finanziell schwache Gläubiger meist bestanden haben wird), auch bei Annahme der Nichtigkeit der Leistung in aller Regel nur eine persönliche Forderung übrigbleiben und deshalb zufolge der Aufrechenbarkeit (unten 50) der Konkursmasse praktisch doch nichts zufließen würde.

Nichtigkeit auch vergleichsstörender Abkommen 43

Nichtig sind auch vergleichsstörende Abkommen. Auch hier richtet sich die Tragweite der Nichtigkeit nach dem Nichtigkeitsgrund. Strafbarkeit der Abrede ist zur Nichtigkeit keineswegs erforderlich. Verboten ist vielmehr schon jede Bindung der Stimme. Und diese Bindung braucht keine rechtliche, sondern kann auch eine bloß wirtschaftliche sein. Deshalb müssen entsprechend § 134 B G B auch Umgehungen des Verbots schlechthin nichtig sein; z. B. wenn das Vorzugsabkommen einverständlich nur gelten soll bei Scheitern des Vergleichsversuchs. So brauchen jedoch die Dinge nicht immer zu liegen, insbesondere nicht in dem praktisch häufigsten Fall des Aufkaufs von Vergleichsforderungen durch einen Vergleichsstörer nach Eintritt der Krise zu einem über der voraussichtlichen Q u o t e liegenden Entgelt. Meist nimmt hier der abtretende Gläubiger — freilich zu Unrecht — an, daß der Abkäufer in die Vergleichsgläubigerstellung einrücke. Demgemäß scheidet, auch wenn dem Gläubiger der mit dem Erwerb erstrebte Zweck der Vergleichsstörung bekannt gewesen war, der § 134 B G B aus. Wohl aber gilt dann nach Wortlaut und Sinn unser Absatz 3, für dessen 220

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

A n w e n d b a r k e i t es ja nicht auf das Motiv der Begünstigung a n k o m m t (oben 38). Solchenfalls ist das vergleichsstörende A b k o m m e n z w a r f ü r das Vergleichsverfahren und den Fall der Vergleichsbestätigung nichtig, wird aber wirksam, sobald das N i c h t z u s t a n d e k o m m e n des Vergleichs endgültig feststeht. D a s ist kein Schönheitsfehler, sondern E r f o r d e r n i s der materiellen Gerechtigkeit: D e r Vergleichsstörer darf sich in Fällen, w o d e r § 134 BGB ausgeschlossen ist, nicht auch bei Scheitern des Vergleichsversuchs, also bei Eintritt des von ihm erstrebten Erfolgs, auf Nichtigkeit des A b k o m m e n s b e r u f e n k ö n n e n ; es w ä r e höchst unbillig, das G e s c h ä f t f ü r ihn völlig risikolos ausgehen zu lassen. Die G e f a h r , daß er sich bei der Abstimmung als Vergleichsgläubiger eind r ä n g e , besteht praktisch nicht. A b t r e t u n g e n nach Eintritt der Krise lassen sich meist schon an H a n d des Gläubigerverzeichnisses a u f d e c k e n (§ 70) und d ü r f t e n überdies, wenn sie z u g u n s t e n v o n Vergleichsstörern geschehen sind, auch vom Schuldner z u r Kenntnis des Vergleichsgerichts g e b r a c h t w e r d e n . O b w o h l also der Z e d e n t weiterhin als Vergleichsgläubiger anzusehen ist, m u ß die Nichtigkeit auf den Fall der Vergleichsbestätigung beschränkt w e r d e n . M a n wird hier e i n w e n d e n , daß der Z e d e n t dann sicher gegen den V o r s c h l a g stimmen w e r d e . D a s hilft ihm nichts. D e n n das Vergleichsgericht m u ß den Z e d e n t e n bei Berechnung d e r Mehrheiten außer Betracht lassen, w e n n dieser nicht dem V o r s c h l a g zugestimmt h a t (unten 48). D a r i n liegt auch ein Vorteil f ü r den Schuldner. Vielleicht stimmt der Z e d e n t wegen dieser S t i m m r e c h t s k ü r z u n g , um seine Anständigkeit zu beweisen, gerade f ü r den Vorschlag. Wesen der Nichtigkeit D a die Nichtigkeit aus § 8 Abs. 3 V g l O nur f ü r den Fall der Vergleichsbestätigung 4 4 besteht, sind die V o r z u g s a b k o m m e n z u n ä c h s t nur schwebend unwirksam (ebenso Sternebeck-Wittmann N J W 1974 1891). Dies auch deshalb, weil die Z u s t i m m u n g der z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubiger noch immer nachgeholt w e r d e n k a n n , w e n n der V e r gleichsschuldner das V o r z u g s a b k o m m e n z u m G e g e n s t a n d des Vergleichs selbst m a c h t (§ 8 II). Dies ist jedoch n u r bis z u m Schluß der A b s t i m m u n g über den Vergleichsvorschlag möglich ( O L G Celle, K u T 1929 172, Lucas A n m . III c zu § 5 a V g l O ) . Im Bestätigungsverfahren (§§ 78, 79) kann eine Z u s t i m m u n g der z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubiger aus § 8 II nicht mehr erteilt w e r d e n . Endgültig nichtig w e r d e n V o r z u g s a b k o m m e n erst mit der Bestätigung des a n g e n o m m e n e n Vergleichs. K o m m t es dagegen nicht zum V e r gleich, gleich aus welchem G r u n d e (Ablehnung des Vergleichs d u r c h die Gläubiger oder V e r s a g u n g d e r Bestätigung des a n g e n o m m e n e n Vergleichs), so greift § 8 III nicht ein. D a s S o n d e r a b k o m m e n ist mithin rechtswirksam und z w a r r ü c k w i r k e n d (abweichend: Jaeger K u T 1935 82). Die Nichtigkeit ist absolut. Sie besteht nicht n u r zugunsten der z u r ü c k g e s e t z t e n Gläubiger, sondern wirkt f ü r und gegen j e d e r m a n n ( M e n t z e l - K u h n Anm. 10 zu § 181 K O ) . A u c h der V e r t r a g s g e g n e r des Gläubigers k a n n sich deshalb auf sie b e r u f e n . Ebenso aber auch ein Dritter, wie z. B. der E i g e n t ü m e r der Sache, die der Schuldner oder der sonstige V e r t r a g s g e g n e r des Gläubigers diesem unberechtigterweise v e r p f ä n det o d e r z u r Sicherung übereignet hat, da mangels Gültigkeit des Geschäfts ein g u t gläubiger E r w e r b des Gläubigers ausgeschlossen ist. Selbst der Gläubiger kann in die Lage k o m m e n , die Nichtigkeit geltend zu m a c h e n ; z. B. g e g e n ü b e r dem Vergleichsschuldner, der seinerseits S c h u l d b e f r e i u n g zufolge einer im A b k o m m e n vereinbarten S c h u l d ü b e r n a h m e eingewendet hat. D a s mit Vergleichsbestätigung endgültige nichtige A b k o m m e n wird nicht d a d u r c h wirksam, daß der Vergleich a n g e f o c h t e n wird o d e r die Vergleichsschranken g e m ä ß §§ 9 II, 88 I allgemein entfallen o d e r es wegen U n a u s f ü h r b a r k e i t des Vergleichs z u m K o n k u r s k o m m t ( O L G Celle a a O ; Kiesow A 9; Krieg A 9). 221

§ 8

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I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Gegenständliche Tragweite der Nichtigkeit Die gegenständliche Tragweite der Nichtigkeit ergreift einmal alle dem Gläubiger im Sonderabkommen gegebenen Schuldversprechen, mögen sie zwecks früherer oder weitergehender Befriedigung, zwecks Schuldverstärkung oder als gegenüber dem Vergleich günstigerer Kaufpreis für seine Forderung geschehen sein. Bei Versprechensabkommen des Schuldners behält der Begünstigte hinsichtlich des erlassenen Forderungsteils nur wie die übrigen Gläubiger einen sog. unklagbaren Anspruch (§ 82 A. 16), wegen des darüber hinaus zugesagten Betrags aber erwirbt er gar nichts und bleibt im übrigen einer im Vergleich getroffenen Stundung unterworfen. War der Begünstiger eine andere Person, so steht dem Gläubiger gegen ihn keinerlei Anspruch zu. Wechselakzept: oben 36 a. Im Ausland getroffene Versprechensabkommen geben trotz Verbindlichkeit nach ausländischem Recht dem Versprechenden bei seiner Inanspruchnahme im Inland ein Leistungsverweigerungsrecht. D a das Verbot auch Verfügungsgeschäfte betrifft (oben 36 b), sind diese ebenfalls nichtig. D a s ist unstreitig bei dinglichen Sicherungen. Der gewollte Erfolg tritt nicht ein, gleichviel ob das Geschäft mit dem Schuldner oder einer anderen Person geschlossen wurde. Der Gläubiger wird nicht Pfandgläubiger und nicht Sicherungseigner. Auch Grundpfandrechte, mögen sie nun als Grundschulden oder als Hypotheken bestellt werden, erwirbt der Gläubiger nicht. Bei Hypothekenbestellung entsteht nicht einmal eine Eigentümergrundschuld. Das Grundbuch ist unrichtig (§ 894 BGB). Zur Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs (§§ 892 I S. 1, 893 B G B ) kann ein Widerspruch eingetragen werden (§ 899 BGB). Ist das Sonderabkommen Bestandteil eines anderen Geschäfts, so gilt § 1 3 9 BGB. — Nicht aber ergreift die Nichtigkeit den Zwangsvergleich, d. h. den zwischen dem Vergleichsschuldner und seinen Gläubigern mit der Bestätigung wirksam zustandegekommenen Vergleich (entsprechend: Jaeger-Weber Anm. 12 zu § 181 K O ) .

Nichtigkeit auch schuldtilgender Leistungen 46

N a c h Sinn und Zweck des § 8 III sind auch schuldtilgende Leistungen nichtig. D a s ist oben (Anm. 39 c) insbesondere für die Erfüllungsgeschäfte, wie sie in der Zeit zwischen dem Vergleichsantrag (§ 2) und der Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 21) vorgenommen werden, bereits dargelegt. Fraglich ist jedoch, ob und inwieweit die Bestimmung des § 817 S. 2 B G B der Rückforderung von Leistungen des Vergleichsschuldners oder dritter Personen entgegensteht. Nach dieser Vorschrift ist eine Rückforderung (§ 817 S. 1 BGB) trotz des Gesetzes- oder Sittenverstoßes des Empfängers ausgeschlossen, wenn dem Leistenden ebenfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Nun ergibt sich aber aus der Nichtigkeit auch des Erfüllungsgeschäftes, daß der Empfänger nicht Eigentümer, nicht Inhaber eines dinglichen Rechts geworden ist, so daß der Leistende z. B. das Herausgabeverlangen aus § 985 B G B stellen kann, ohne daß dem dinglichen Rückforderungsanspruch die Bestimmung des § 817 S. 2 B G B entgegensteht ( R G , J W 1931 2117, B G H , N J W 1951 643). Der Gläubiger hat durch die Erfüllung des verbotswidrigen Geschäfts nur den Besitz oder eine formale Grundbuchstellung erworben, während dem Vergleichsschuldner (oder dem Dritten) der dingliche Anspruch auf Sachherausgabe oder Grundbuchberichtigung verbleiben ist, sofern nicht etwa fernere Umstände (z. B. gutgläubiger Erwerb) eine Änderung der dinglichen Rechtslage herbeigeführt haben. Mit dieser Einengung der Bestimmung des § 817 S. 2 B G B ist jedoch noch nicht die für § 8 III (wie für § 181 S. 3 K O ) sehr bedeutsame Frage entschieden, ob bei Bargeschäften die Rückforderung durch § 817 S. 2 B G B ausgeschlossen ist. 222

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

Die Rechtsprechung (RG 72 46, Erkenntnis zu § 181 K O , RG, J W 1936 3190, Erkenntnis zu § 3 4 AufsVO) und ihr folgend Böhle-Stamschräder Anm. 4; MentzelKubn Anm. 11 zu § 181 K O , nehmen an, daß hier § 817 S. 2 BGB durchgreift. Dem dinglichen Anspruch des Leistenden steht bei Bargeschäften der Rechtsverlust zufolge Vermischung oder Vermengung (§ 948 BGB) entgegen. N u n ist es aber nicht zu billigen, daß infolge der verbotswidrigen Bargeschäfte, die in der Zeit zwischen der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2) und der Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 21) entgegen dem Verbot des § 8 III geschlossen werden, der zu Unrecht zuvor befriedigte Gläubiger nichts zurückzugewähren hätte, auch nicht am Vergleichsverfahren beteiligt wäre, vom Vergleich mithin auch durch die Bestätigung nicht betroffen wäre. Damit aber würde die Bestimmung des § 8 III (und ebenso die des § 181 S. 3 KO) weitgehend entwertet. Mit Jaeger K u T 1935, 83, und Anm. 8 zu § 181 K O (6./7. Aufl.) ist daher anzunehmen, daß hier die Bestimmung des § 817 S. 2 BGB durch die des § 8 III verdrängt wird. Zahlungen auf Grund eines verbotenen Sonderabkommens sind nichtig, soweit sie die Vergleichsquote übersteigen und daher zurückzugewähren. — Das, wie unstreitbar erscheint, unbillige Ergebnis der Gegenmeinung kann auch nicht etwa dadurch vermieden werden, daß zur Anwendung des § 817 S. 2 BGB verlangt wird, der Leistende müsse bewußt dem Verbotsgesetz zuwider gehandelt haben (RG 151 73). Das würde nur wenige Fälle treffen, auch kann nicht angenommen werden, daß das Verbot aus § 8 III (§181 S. 3 KO) wie ein Strafgesetz in das allgemeine Bewußtsein eingegangen ist. Mit Recht ist daher Weber (Anm. 14 zu § 181 K O , 8. Aufl.) der Ansicht Jaegers (aaO) gefolgt. Dem hat sich Scbwark N J W 1974 1892/1894 angeschlossen. Für den Fall des Anschlußkonkurses nach bestätigtem Vergleich (§§ 96, 102) hat der Konkursverwalter gemäß §§6, 117 K O den Anspruch auf Rückgewähr von Leistungen des früheren Vergleichsschuldners aus einem verbotswidrigen Abkommen (§ 8 III) geltend zu machen. Seinem Begehren kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( B G H Z 19 338, B G H , KTS 1962 53 = N J W 1962 483) die Bestimmung des § 817 S. 2 BGB nicht entgegengehalten werden, da dem Bereicherten der verwerfliche Erwerb nicht auf Kosten der Konkursgläubiger verbleiben dürfe (kritisch zu dieser Rechtsprechung: Kuhn K T S 1963 71, Linke K T S 1966 193 f). Nach der oben (Vorabsatz) entwickelten Ansicht ist jedoch die Bestimmung des § 817 S. 2 BGB bereits durch die Sondervorschrift des § 8 III (§181 S. 3 KO), welch letztere hier jedoch nicht eingreifen kann, ausgeschaltet. III. Stellung des sonderbegünstigten Gläubigers Beteiligtbleiben am Verfahren Aus der zunächst jedenfalls schwebenden Unwirksamkeit des Sonderabkommens 4 7 folgt zwangsläufig das Beteiligtbleiben des begünstigten Gläubigers am Verfahren. Daran ändert selbst eine Volleistung nichts. Leistungen auf die Vergleichsforderung haben keine Erfüllungswirkung; Leistungen (von Entgelt) für die Vergleichsforderung keine Abtretungswirkung. Der Forderungskäufer rückt nicht anstatt des Begünstigten in die Vergleichsgläubigerstellung ein, da dem § 8 III entgegensteht. Der Begünstigte bleibt auch dann Vergleichsgläubiger, wenn dem Vertragspartner wegen einer inzwischen wirksam gewordenen Änderung der dinglichen Rechtslage, kein dinglicher Anspruch, sondern nur noch ein Bereicherungsanspruch zusteht, denn einem solchen Anspruch kann § 8 1 7 S. 2 BGB nicht entgegengehalten werden (siehe dazu oben Anm. 46). Auch ersatzloser Wegfall des dinglichen Herausgabeanspruchs, z. B. durch den vom bevorzugten Gläubiger nicht zu vertretenden Untergang oder Verlust der 223

§ 8

I.Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

geleisteten Sache (§§ 989, 990 B G B ) oder des an seine Stelle getretenen schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs (§818 III BGB) ändert nichts daran, daß die Vergleichsforderung des bevorzugten Gläubigers fortbesteht und den Vergleichswirkungen unterliegt. Im übrigen dürfte ein solcher Wegfall des Rückgewähr- oder Ersatzanspruchs selten sein, da der Gläubiger bei Empfang der Leistung in aller Regel um die Bevorzugung weiß und er nach Lage der Sache von dem Fehlen der Besitzberechtigung (§ 990 B G B ) und dem Mangel des rechtlichen Grundes ( § 8 1 9 BGB) Kenntnis hat. Stimmrecht? 48

Die Frage des Stimmrechts des begünstigten Gläubigers hat der Gesetzgeber nicht besonders geregelt. Wird dem Vergleichsgericht die Begünstigung vor Schluß der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag bekannt, so kann, wenn der Vergleichsschuldner die Begünstigung zum Gegenstand seines Vergleichs macht, sie also nicht mehr neben dem Vergleich gelten soll, noch die Zustimmung der zurückgesetzten Gläubiger eingeholt werden (§ 8 II). Wird dem Vergleichsgericht das Sonderabkommen erst im Bestätigungsverfahren bekannt, so kann, sofern der Vergleichsschuldner nicht Maßnahmen zur Beseitigung der Begünstigungsabrede getroffen hat, die Bestätigung des Vergleichs aus § 7 9 Nr. 3 und 4 versagt werden (vgl. oben Anm. 41). Das Schweigen des Gesetzgebers läßt nun nicht ohne weiteres den Schluß zu, der Verstoß gegen das Verbot des § 8 III solle sich in der Nichtigkeit des Abkommens erschöpfen. Doch wird ohne weitere Maßnahmen das Stimmrecht des Begünstigten nicht berührt. Es bedarf hierzu immer einer Verfügung des Vergleichsgerichts, die bis zum Beginn der Abstimmung ergehen muß (§ 71). Sie kann auch von Amts wegen getroffen werden (§ 116): Forderungen von begünstigten Gläubigern müssen mit erörtert und geprüft werden. Dem Vergleichsverwalter, dessen Bestreiten allein zur Stimmrechtsentscheidung führt, wird schon mit Rücksicht auf die Titulierung (§§ 71 IV S. 1, 85) zu einer solchen Erklärung sich veranlaßt sehen. Das Vergleichsgericht kann den Vergleichsverwalter auf diese Rechtslage, insbesondere auf die Streitfragen zum Rückgewähranspruch (vgl. oben Anm. 46) hinweisen (§ 41), jedoch ohne ihm damit eine Anweisung zu erteilen. — Führt dieser Weg nicht zu einer Stimmrechtsentscheidung nach § 71, so bleibt dem Vergleichsgericht für ein Einschreiten von Amts wegen (§ 116) noch folgende rechtliche Erwägung: Die Rechtslage gestaltet sich verschieden, je nachdem, ob das Sonderabkommen Vergleichsförderung oder Vergleichsstörung bezweckt. Bei vergleichsstörender Abtretung würde der — Vergleichsgläubiger bleibende — Zedent immer sein Interesse, der Sonderbegünstigung teilhaftig zu werden oder den bereits gezahlten Kaufpreis behalten zu können, sachlichen Erwägungen voranstellen, also um der nur bei Scheitern des Vergleichs gültigen Bevorzugung willen gegen den Vorschlag stimmen, auch wenn dieser dem gemeinsamen Interesse der Gläubiger entspricht. Darin liegt eine rechtswidrige Verletzung, und zwar eine doppelte, des Gleichheitsgrundsatzes. Besserstellung könnte der Begünstigte rechtsmäßig nur über den Weg des § 8 II erlangen. Er will sie aber durch Sonderabkommen erreichen, und dies wieder kann er nur, wenn es unter seiner Mitwirkung gelingt, den Vorschlag zum Scheitern zu bringen, was zur Folge hätte, daß die übrigen Gläubiger nicht einmal vergleichsmäßige Befriedigung, sondern höchstens konkursmäßige und damit geringere und spätere als bei Vergleich erlangen könnten. Das kann nicht rechtens sein. Vielmehr muß das Vergleichsgericht bei Kenntnis der Sachlage verfügen, daß der Vergleichsstörer bei Berechnung der Mehrheiten, genauer sowohl bei Feststellung der Kopfzahl der stimmberechtigten Gläubiger wie auch bei Ermittlung der Gesamtsumme der stimmberechtigten Forderungen, außer Betracht bleibt, falls er gegen den Vorschlag stimmt oder sich (gleichviel ob er im Ter224

Gleichbehandlung der Gläubiger

§8

min anwesend ist oder nicht) der Stimme enthält. Einfacher ausgedrückt: Er ist stimmberechtigt nur, wenn er für den Vorschlag stimmt. Dies kann er immer und soll er bei Sachgemäßheit des Vorschlags anständigerweise auch tun. H a t das Vergleichsgericht den Begünstigten als ablehnend mitgezählt, so ist dies, falls für das Nichtzustandekommen des Vergleichs ursächlich, ein Beschwerdegrund gegenüber der Einstellung des Verfahrens. Bezweckt das V o r z u g s a b k o m m e n das Zustandebringen des Vergleichs, so muß das Vergleichsgericht dem Begünstigten das Stimmrecht schlechthin entziehen. Gerade weil das Abkommen bekannt geworden ist, kann auch hier ein dem Gemeininteresse der übrigen Gläubiger widerstreitendes Sonderinteresse des Begünstigten am Scheitern des Vergleichs bestehen. Insoweit schützt die Aberkennung des Stimmrechts die Gläubigerschaft wie den Schuldner gegen unsachliche Vergleichsstörungen. Andererseits bedürfen die übrigen Gläubiger aber auch des Schutzes gegen unsachliche Vergleichsförderung des Begünstigten. Insoweit entspricht die Aberkennung des Stimmrechts schon dem Grundgedanken des § 79 Nr. 3, unlautere Einflüsse auf das Zustandekommen des Vergleichs auszuschalten. Der völlige Entzug des Stimmrechts bei vergleichsfördernden Abkommen verschlechtert freilich auch die Lage für den Schuldner. Aber das hat seinen guten Grund, weil hier das Abkommen, anders als bei einem solchen des Vergleichsstörers, auch im Interesse des Schuldners getroffen war. Zurückbehaltungsrecht Steht dem Schuldner bei Unwirksamkeit seiner Leistung ein dinglicher Anspruch 4 9 zu, so hat der Gläubiger wegen seiner fälligen Vergleichsraten, freilich nur derjenigen, die auf die begünstigten, nicht auf sonstige Forderungen entfallen, ein Zurückbehaltungsrecht. Die Voraussetzungen des § 273 B G B , der auch gegenüber dinglichen Ansprüchen gilt, sind gegeben. Ein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht (§§ 369 ff H G B ) erwächst dem Gläubiger nicht, da ein solches entgegen dem Sinn unseres Absatzes 3 dem Gläubiger ein von den Vergleichsschranken unberührtes Recht auf Befriedigung, und zwar auch wegen seiner sonstigen Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften, gewähren würde. Sollte der Schuldner, was freilich nach Lage der Sache kaum vorkommen dürfte, schon während des Vergleichsverfahrens klagen wollen, so könnte er lediglich unter der Voraussetzung des § 259 Z P O auf künftige Leistung klagen, da in diesem Stadium sein Anspruch nur ein durch die Vergleichsbestätigung gesetzlich bedingter ist. Zulässigkeit einer einstweiligen V e r f ü g u n g : §§ 935 f mit § 916 II Z P O . Gegenüber dem Konkursverwalter, der in dem nach Vergleichsbestätigung ausgebrochenen Konkurse den dinglichen Anspruch geltend macht, würde dem Gläubiger ein Zurückbehaltungsrecht nur wegen Verwendungen auf den Leistungsgegenstand zustehen (§ 49 Nr. 3 K O mit §§ 994 ff, 1000 ff B G B ) . UnStatthaftigkeit der Aufrechnung Steht dem Schuldner, wie es in der Regel sein dürfte, eine Geldforderung zu, so ist 5 0 jedenfalls vor Vergleichsbestätigung eine Aufrechnung unstatthaft. Dies folgt, wenn der Rückgewähranspruch in Geld (als zunächst gesetzlich bedingter) erst während des Verfahrens entsteht, unmittelbar aus § 54, 1 mit K O 5 55 Nr. 1. Für den schon vorher (gesetzlich bedingt) erwachsenen muß zum Schutz gegen U m g e h u n g unseres Absatzes 3, der sonst T ü r und T o r geöffnet wäre, sinngemäß das gleiche gelten. N a c h Vergleichsbestätigung ist dem Gläubiger, solange die Vergleichsschranken entgegenstehen, die Aufrechnung nur mit den fälligen Vergleichsraten, aber auch mit solchen von anderen als der bevorzugten Forderung, also z. B. auch von Freigebigkeitsforderungen (5 83 I), verstattet. § 54, 2 hindert eine so beschränkte Aufrechnung keineswegs (§ 54 A 225

§9

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

14). Erlassene Forderungsteile kann der Gläubiger erst nach Wegfall der Vergleichsschranken (§§ 9, 88 I) aufrechnen. Im Falle des § 9 ist ihm jedoch die A u f r e c h n u n g mit den erlassenen Beträgen versagt, w e n n der Schuldner seinerseits vorher gegen die Vergleichsquoten voll aufgerechnet hat oder voll aufrechnen k o n n t e (§ 389 BGB). Bei Treuhandvergleichen wird die A u f r e c h n u n g nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Bereicherungsanspruch zum T r e u g u t gehört, denn die Bestellung eines T r e u h ä n d e r s soll die Gläubiger gegen eine UnZuverlässigkeit des Schuldners schützen, nicht aber die Rechtsstellung der vom Vergleich betroffenen Gläubiger beeinträchtigen. Dies aber wäre der Fall, wenn ihnen die A u f r e c h n u n g , die ihnen dem Schuldner gegenüber zusteht, dem T r e u h ä n d e r gegenüber versagt wäre. Befriedigung im Ausland 51

Auszugehen ist davon, daß Vergleichsgläubiger, die im Ausland eine Befriedigung erlangt haben, diese sich im Inland auf die ihnen zustehende Vergleichsquote nur insoweit anrechnen zu lassen brauchen, als der beigetriebene Betrag den vergleichsmäßig erlassenen Teil der ursprünglichen Schuld übersteigt (vgl. R G Z 54 193 und das Urteil des O L G Köln vom 9. 3. 1978 — 18 U 193/77, das mit zustimmender Anm. von Kalter im H e f t IV der K T S 1978 veröffentlicht werden wird, aus dem Schrifttum: Berges K T S 1970 260). Gegenüber dieser bisher h. M. werden von Hanisch und Hans-Jochem Liier, z. T . im Anschluß an Jaeger-Jahr Rdn. 192 ff zu §§ 237, 238 K O Einwendungen erhoben, die gleichfalls im H e f t IV der K T S 1978 veröffentlicht werden (Näheres dazu oben Rdn. 61 ff zu § 2 VglO). — Ist dem Vergleichsgläubiger das im Ausland Erlangte durch eine Sonderbegünstigung zugeflossen, so ist zu unterscheiden: Erlaubt das ausländische Recht eine Sonderbegünstigung, so ist eine dahin getroffene Abrede grundsätzlich wirksam. Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 V g l O steht dem nicht entgegen (ebenso Jaeger-Weber Anm. 18 zu § 181 K O f ü r das konkursrechtliche V e r b o t aus § 181 S. 3 K O ) . — Verbietet das ausländische Recht Sonderbegünstigungen, so gelten f ü r die Rückerstattung deren G r u n d s ä t z e (vgl. Jaeger-Weber Anm. 19 zu § 181 K O mit Hinweisen). — Die z. T . abweichende Ansicht der V o r a u f l a g e wird auf die von Berges K T S 1970 260 f geltend gemachten Bedenken aufgegeben. Wird eine Vergleichsforderung in das Ausland abgetreten, um dem Zessionar eine nach deutschem Recht unzulässige Absonderung zu ermöglichen (d. h. im Falle des § 5 0 K O ) , so geschieht ein Ausgleich über § 8 1 6 I BGB: D e r Zedent ist dem V e r gleichsschuldner gegenüber um den Betrag des Entgelts ungerechtfertigt bereichert. Er kann gegen den Bereicherungsanspruch des Schuldners mit fälligen Vergleichsraten aufrechnen, muß aber das über die Vergleichsquote H i n a u s g e h e n d e zurückgewähren. Hinweis: Z u m „internationalen Konkursrecht", w o z u auch das Vergleichsverfahren gehört (vgl. Jaeger-Jahr Anm. 8 zu §§ 237, 238 K O ) , siehe im übrigen Rdn. 61 bis 64 zu § 2 VglO. -

§9 Wiederauflebensklausel (1) Werden in dem Vergleich die Forderungen gestundet oder teilweise erlassen, so wird die Stundung oder der Erlaß für den Gläubiger hinfällig, gegenüber dem der Schuldner mit der Erfüllung des Vergleichs in Verzug gerät; Verzug mit der Vergleichserfüllung ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens einwöchigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht bezahlt hat. 226

Wiederauflebensklausel

§ 9

(2) Wird vor vollständiger Erfüllung des Vergleichs über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so ist die Stundung oder der Erlaß allen Gläubigern gegenüber hinfällig. (3) Wenn der Schuldner im Falle des § 7 Abs. 4, nachdem das Vermögen zugunsten der Gläubiger verwertet ist, mit der Entrichtung des Betrages in Verzug gerät, für den er wegen Nichterreichung des Mindestsatzes oder des vereinbarten höheren Satzes weiterhaftet, so finden auf diesen Verzug die Vorschriften des vorstehenden Absatzes 1 keine Anwendung. Wird im Falle des § 7 Abs. 4 nach Verwertung des Vermögens zugunsten der Gläubiger, aber vor Entrichtung des Betrages, für den der Schuldner wegen Nichterreichung des Mindestsatzes oder des vereinbarten höheren Satzes weiterhaftet, über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so finden die Vorschriften des vorstehenden Absatzes 2 keine Anwendung. (4) Die Vorschriften der vorstehenden Absätze 1 bis 3 gelten nur insoweit, als im Vergleich nichts anderes vereinbart ist, jedoch mit der Maßgabe, daß die Anwendung des Absatzes 1 Halbsatz 2 sowie des Absatzes 3 im Vergleich nicht zum Nachteil des Schuldners ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. Materialien: Begr. I S. 17 ff Ber. S. 4, 7, 29, 47, Begr. II S. 48; III S. 3 8 9 / 9 0 ; Akad. S. 144. Übersicht Rdn. I.

II.

III.

I.

A. D i e Wiederauflebensklausel Rechtsnatur der Vorschriften Ergänzendes Recht Eingreifen zwingenden Rechts Geltungsbereich E r l a ß v e r g l e i c h und r e i n e r S t u n d u n g s v e r gleich Sanierungsvergleich, Verwaltungstreuhand Liquidationsvergleich Abweichende Abreden A b d i n g e n d e r Klausel Auflösend bedingter Vergleich V o r b e h a l t n a c h t r ä g l i c h e r Ä n d e r u n g des Vergleichsinhalts

II. 1 2

3 4 5 6 7

III.

Rdn. mit d e r V e r g l e i c h s e r f ü l l u n g 11 Kreis d e r G l ä u b i g e r Personeller Geltungsbereich der V o r schrift 12 G l ä u b i g e r mit m e h r e r e n F o r d e r u n g e n . . . 13 Bestrittene, teilweise g e d e c k t e o d e r n i c h t im G l ä u b i g e r v e r z e i c h n i s e n t h a l t e n e F o r d e rungen 14 R e c h t s f o l g e n des V e r z u g s Allgemeines H i n f ä l l i g w e r d e n des Erlasses Hinfälligwerden der S t u n d u n g Vergleichssicherheiten

13 16 17 18

8

B. Wegfall der Vergleichsschranken zufolge Verzugs (Absatz 1)

C . Wegfall der Vergleichsschranken zufolge Konkurses V o r a u s s e t z u n g des A b s a t z e s 2

Voraussetzungen Verzug des S c h u l d n e r s

Kreis d e r G l ä u b i g e r Rechtsfolgen Vergleichssicherheiten

9 10

19 20 21 . 22

A. Die Wiederauflebensklausel I. Rechtsnatur der Vorschriften Ergänzendes Recht Nach dem alten § 7 galt die Wiederauflebensklausel nur „im Zweifel". Deshalb 1 bezeichnete man sie gemeinhin als Auslegungsregel (z. B. Kiesow A 1; Bendix S. 29; Emmerich Sanierung I S. 125; Goldschmidt Gruch. 72, 290; RG vom 4. Dezember 1937 156, 250). WilmersdoerfferS. 36 sowie Weinherg-Manasse A 1 sahen sie zu Unrecht (vgl. Rosenberg Beweislast S. 240) sogar als gesetzliche Vermutung an. „Im Zweifel" bedeutete aber nur soviel wie mangels abweichender Abrede (RG, K u T 1936 90 = SeuffA. 90, Nr. 93). Dem trägt die jetzige Fassung des Gesetzes Rechnung: Nach § 9 Abs. 4 227

§9

I.Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

V g l O gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3, d. h. die des Schuldverzuges und seine Rechtsfolgen, nur, „insoweit, als im Vergleich nichts anderes vereinbart ist". — Die Vorschriften sind also — wie übrigens schon früher — ergänzendes Recht und daneben auch ein Auslegungsbehelf. Das Wesen des ergänzenden Rechtssatzes ist, daß er ohne Willen der Parteien, nur nicht gegen den erklärten Willen gilt. S o werden Stundung und Erlaß aus dem Vergleich hinfällig, wenn die Voraussetzungen der Absätze I bis III vorliegen, auch wenn die Beteiligten bei der Verhandlung über den Vergleichsvorschlag und dessen Fassung an die Frage des Wiederauflebens nach § 9 des Gesetzes nicht gedacht haben. Die Beteiligten können, soweit eine Abweichung zum Nachteil des Schuldners nicht durch Absatz IV ausgeschlossen ist (dazu B G H , K T S 1956 94 = L M Nr. 1 zu § 9 V g l O ) , die Folgen des Verzuges und des Konkurses abweichend regeln. Doch muß sich dies aus dem Vergleich selbst und zwar mit hinreichender Deutlichkeit ergeben ( R G , K u T 1938 57 = R G Z 156 250). Läßt der Wortlaut des Vergleichs insoweit mehrfache Auslegungen zu, so gelten im Zweifel die gesetzlichen Vorschriften. Sie sind mithin hier Auslegungsregeln. Eingreifen zwingenden Rechts 2

Zwingendes Recht aber greift nach § 9 IV nach zwei Richtungen und jeweils in verschiedenem Umfange ein: Einmal können die Voraussetzungen, unter denen Verzug mit der Vergleichserfüllung anzunehmen ist, nicht zum Nachteil des Schuldners erleichtert, wohl aber zum Nachteil der Gläubiger erschwert werden. Der Vergleichsvorschlag kann nicht mit rechtlicher Wirkung vorsehen, daß die schriftliche Mahnung des § 9 I nicht erforderlich sei oder daß die Nachfrist entfalle oder verkürzt werde. Wohl kann die Nachfrist verlängert werden. Zum anderen wird durch § 9 III, IV zwingend und schlechthin unabdingbar im Falle des Liquidationsvergleichs (§ 7 IV) die Wiederauflebensklausel ausgeschlossen, wenn der Schuldner mit der Nachzahlung des Unterschiedsbetrages in Verzug gerät (zum Begriff „Unterschiedsbetrag" siehe oben Rdn. 13 zu § 7 VglO). Gleiches gilt, wenn nach Verwertung der Liquidationsmasse, aber vor der Entrichtung des Unterschiedsbetrages das Konkursverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird. Eine Vergleichsbestätigung (§ 78) heilt einen solchen Mangel nicht, wohl aber ist mit ihr der Vergleich im übrigen wirksam.

II. Geltungsbereich Erlaßvergleich und reiner Stundungsvergleich 3

Im Gegensatz zum früheren Recht gilt die Wiederauflebensklausel schon kraft ergänzenden Rechtssatzes nicht nur für den Erlaßvergleich mit und ohne Ratenzahlung, sondern auch für den — freilich seltenen — reinen Stundungsvergleich (Absatz 1 Halbs. 1: „gestundet oder teilweise erlassen"); bei diesem selbst dann, wenn damit entgegen § 83 II kein Erlaß der für die Zeit von der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen und der sonstigen daselbst aufgeführten Ansprüche verbunden sein sollte. Die Einbeziehung auch der lediglich gestundeten Forderungen hat den Vorteil, daß diese, selbst wenn ihre Zinsbarkeit gemäß § 83 II als abbedungen zu gelten hatte, im Konkurs (Absatz 2) niemals um den Zwischenzins zu kürzen sind. Denn zufolge der auch hier geltenden Wiederauflebensklausel ist § 65 II K O ohne weiteres unanwendbar. Die Geltung der Wiederauflebensklausel von Rechts wegen wird beim Stundungsvergleich auch noch in anderer Hinsicht bedeutsam, nämlich wenn dieser für den Fall der rechtzeitigen Leistung einer, sei es im ganzen oder in Raten zu zahlenden Q u o t e auch Teilerlaßwirkung haben soll (§ 3 A 12 b). Die — aufschiebend bedingte — Teilerlaßwirkung kann freilich bei Unterbleiben rechtzeitiger Teilleistung schon kraft Vergleichsin228

Wiederauflebensklausel

§9

halts nicht eintreten. D a aber auch f ü r einen so gestaltenden Vergleich mangels gegenteiliger Abrede die Wiederauflebensklausel gilt, kann die Bedingung nur ausfallen, wenn mit Bezug auf die Raten- oder Q u o t e n z a h l u n g die Voraussetzungen des Verzugseintritts im Sinne des Absatzes 1 Halbs. 2 gegeben sind. D a h e r kann der Schuldner gegenüber den Gläubigern, die ihn nicht unter E i n r ä u m u n g einer mindestens einwöchigen Nachfrist gemahnt haben, auch noch durch Leistung nach Ablauf der im Vergleich gesetzten Zahlungstermine die Erlaßwirkung erreichen. Sanierungsvergleich; Verwaltungstreuhand Die Wiederauflebensklausel des § 9 greift auch ein bei einem Sanierungsvergleich 4 (dazu Anm. 11 zu § 3), sowie Teilerlaß- oder reinem Stundungsvergleich mit Verwaltungstreuhand (Anm. 10 zu § 3). Bei letzterer beschränkt sich allerdings die Anwendung des § 9 I auf einen V e r z u g des Vergleichsschuldners mit der Erfüllung der ihm obliegenden Hilfspflichten, von denen die D u r c h f ü h r u n g der Treuhandverwaltung abhängt (vgl. unten zu 11 b). Ein V e r z u g des T r e u h ä n d e r s allein fällt dem Vergleichsschuldners nicht zur Last (vgl. unten zu 10). — Die Bestimmung des § 9 II dagegen gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchem G r u n d e der Vergleich nicht voll erfüllt wurde. Liquidationsvergleich Bei Liquidationsvergleichen ist zu unterscheiden: a) Sie enthalten stets einen Erlaß und daneben eine, wenn auch nicht terminmäßig 5 festgelegte Stundung. Damit kann die Wiederauflebensklausel gemäß § 9 I, II eingreifen ( R G Z 143 147), wie auch im treuhänderischen Liquidationsvergleich (RG, K u T 1936 92). D o c h gelten bei echter, wie bei uneigentlicher T r e u h a n d entsprechende Einschränkungen wie bei der Verwaltungstreuhand (oben Anm. 4). Auch hier ist deshalb § 9 I nur anwendbar, wenn der Vergleichsschuldner ihn selbst treffende Hilfspflichten, wie z. B. die unverzügliche Ü b e r t r a g u n g des T r e u g u t s auf den T r e u h ä n d e r , schuldhaft verletzt (Böhle-Stamschräder Anm. 4, Vogels-Nölte Anm. II 5 zu § 9 VglO). Ein Verzug des Treuhänders fällt dem Vergleichsschuldner nicht zur Last und zwar auch dann nicht, wenn in dem Vergleich Zahlungsfristen ausbedungen sind (ebenso Uhlenbruck G m b H R d s c h . 1976 189/191). — Hinsichtlich der A n w e n d u n g des § 9 II k o m m t es beim Liquidationsvergleich darauf an, ob der K o n k u r s auch darauf z u r ü c k z u f ü h r e n ist, daß Forderungen, die bereits vor der Vergleichsbestätigung (§ 78) begründet waren, zur Zahlungseinstellung bzw. Uberschuldung führten. Ist das der Fall, dann gehören die bei der K o n k u r s e r ö f f n u n g (§ 108 K O ) noch vorhandenen Gegenstände der Liquidationsmasse sowie der noch nicht verteilte Liquidationserlös in die Konkursmasse. Sind dagegen Altgläubiger, die im Konkurse zum Zuge kommen können, bei der K o n k u r s e r ö f f n u n g nicht mehr vorhanden, so ist der Liquidationsvergleich unerachtet des Konkurses weiter auszuführen und f ü r die A n w e n d u n g des § 9 II kein Raum (zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 9 VglO). b) Mit Bezug auf den Unterschiedsbetrag (zu diesem Begriff siehe oben Rdn. 13 zu § 7 V g l O ) , f ü r welchen der Schuldner weiter haftet, wenn die V e r w e r t u n g den vergleichsbetroffenen Forderungen weniger als die gesetzliche oder höhere vereinbarte Mindestquote erbracht hat, ist die Anwendbarkeit sowohl des Absatzes 1 als auch des Absatzes 2 zwingend ausgeschlossen (Absätze 3, 4). W e d e r bei V e r z u g des Schuldners mit Leistung des Unterschiedsbetrags noch bei E r ö f f n u n g des Konkurses über sein V e r m ö g e n vor Vollerfüllung des Unterschiedsbetrags entfällt der im Liquidationsvergleich zugestandene Teilhöchstnachlaß. Es kann also kein Gläubiger den über den gesetzlichen oder vereinbarten höheren Mindestsatz hinausgehenden Betrag wegen 229

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I . A b s c h n i t t : E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

V e r z u g s mit dem Unterschiedsbetrag o d e r w e g e n K o n k u r s e r ö f f n u n g verlangen. D a Absatz 1 in seinem g a n z e n U m f a n g e ausgeschlossen ist (Absatz 3 S. 1), ist der Eintritt des V e r z u g s hinsichtlich des Unterschiedsbetrags auch nicht von Rechts w e g e n an die erschwerten V o r a u s s e t z u n g e n des Absatzes 1 Halbs. 2 g e k n ü p f t (vgl. A G Düsseldorf, K T S 1974 119 mit Anm. Verfasser). Dessen A n w e n d b a r k e i t auf den Unterschiedsbetrag w ü r d e eine ausdrückliche Abrede im Vergleich e r f o r d e r n , der freilich Absatz 4 nicht entgegenstünde. Einer g e n a u e r e n A b g r e n z u n g bedarf der A n w e n d u n g s b e r e i c h des Absatzes 3 S. 2. Ausnahmslos gilt die V o r s c h r i f t , w e n n der Liquidationserlös bereits vor K o n k u r s b e g i n n (§ 108 K O ) voll an die Gläubiger ausgeschüttet w o r d e n war. Ist dagegen bei K o n k u r s b e g i n n z w a r die V e r w e r t u n g beendigt, d e r Liquidationserlös aber noch nicht vollständig ausgekehrt, so k o m m t es wieder darauf an, ob der noch v o r h a n dene Erlösbetrag z u r K o n k u r s m a s s e g e h ö r t o d e r nicht. Siehe d a r ü b e r das vorstehend zu a) A u s g e f ü h r t e . Fällt er in die Masse, so sind bei K o n k u r s e r ö f f n u n g die Gläubiger noch nicht vergleichsmäßig voll befriedigt und m u ß daher f ü r sie der Absatz 2, nicht der Absatz 3 S. 2 gelten. c) Z u r R e f o r m der V e r g l e i c h s o r d n u n g ist z u m Liquidationsvergleich auf die von Künne D B 1978 731 vorgeschlagene N e u f a s s u n g des Absatzes 3 des § 9 V g l O zu verweisen.

III. Abweichende Abreden Abdingen der Klausel 6

Möglich ist Abdingen der Wiederauflebensklausel durch Abrede im Vergleich. Ein solcher Ausschluß b r a u c h t (gegen Krieg) nicht mit ausdrücklichen W o r t e n zu geschehen. Es g e n ü g t , d a ß sich T a t s a c h e und U m f a n g des Ausschlusses aus dem Sinnzusamm e n h a n g des Vergleichs, nicht j e d o c h aus U m s t ä n d e n o d e r Abreden außerhalb des Vergleichs ergeben (oben 1). So h a t z. B. der V e r z u g des Schuldners den Wegfall des Erlasses d a n n nicht z u r Folge, w e n n in der V e r g l e i c h s u r k u n d e bestimmt ist, daß bei V e r z u g mit einer R a t e der g a n z e Rest der Q u o t e fällig w e r d e n (LG I Berlin, W u R Sp. 287 N r . 96 und Uhlenbruck G m b H R d s c h . 1976 189/191), o d e r das im Vergleich n ä h e r bestimmte V e r m ö g e n d u r c h einen T r e u h ä n d e r liquidiert w e r d e n soll (vgl. O L G H a m b u r g , K u T 1932 164). I m m e r m u ß aber d e r Schuldner den Abdingungswillen unzweideutig, und damit f ü r die Gläubiger klar e r k e n n b a r erklären. W e n d u n g e n wie unwiderruflicher o d e r endgültiger V e r z i c h t g e n ü g e n dazu nicht (Puschmann K T r . 1931, 17; zust. Kiesow A. 1; Levy A. 2; Vogels-NölteV; Wameyer I X ) , weil darin auch der bloße Ausschluß einer Besserungsklausel g e f u n d e n w e r d e n k ö n n t e und deshalb insoweit § 9 in seiner Eigenschaft als Auslegungsvorschrift praktisch wird. — Z u r Besserungsklausel siehe Künne K T S 1968 201 bis 213 und unten R d n . 23 bis 28 zu § 82 V g l O und in b e z u g auf die R e f o r m der V e r g l e i c h s o r d n u n g D B 1978 731. — Ist die Wiederauflebensklausel ausgeschlossen, so k ö n n e n die Vergleichsgläubiger im Falle der N i c h t e r f ü l l u n g des Vergleichs nicht auf seine A u f h e b u n g klagen (§ 89 II). Sie haben auch nicht das Recht z u m Rücktritt w e g e n V e r z u g e s , denn § 326 BGB ist d u r c h § 89 II ausgeschlossen. D e n Gläubigern bleibt allein die V o l l s t r e c k u n g aus dem Vergleich nach § 85 unseres Gesetzes.

Auflösend bedingter Vergleich 7

Einem an sich zulässigen auflösend bedingten Vergleich — die auflösende Beding u n g hindert das alsbaldige W i r k s a m w e r d e n des bestätigten Vergleichs nicht — steht die Bestimmung des § 89 II nicht entgegen, w o h l aber mit Bezug auf den nach § 7 I V 230

Wiederauflebensklausel

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geschuldeten Unterschiedsbetrag die zwingenden Vorschriften des § 9 III. Ein Verzug des Vergleichsschuldners mit dem Unterschiedsbetrag und Konkurs vor dessen voller Zahlung können mithin nicht als auflösende Bedingung für den Liquidationsvergleich gesetzt werden. — Tritt, soweit ein auflösend bedingter Vergleich zulässig ist, die gesetzte auflösende Bedingung ein, so verlieren auch Vergleichsbürgschaften damit von selbst ihre Wirksamkeit, während sie sonst, wenn sich aus der Bürgschaftsverpflichtung nichts anderes ergibt, im Falle der Wiederauflebensklausel in ihrem Bestände nicht berührt wird (BGH, K T S 1957 157 = N J W 1957 1319 und auch grundsätzlich BGH, KTS 1963 1 7 0 - 1 7 3 = W M 1963 916 = VersR 1963 957). Der auflösend bedingte Vergleich ist demnach wegen des Wegfalls der Vergleichssicherungen für die Vergleichsgläubiger unvorteilhaft. Für sie ist nicht der Wegfall, sondern die Erweiterung der Garantenhaftung auf den Wiederaufgelebten Betrag erstrebenswert. Dazu aber bedarf es wiederum einer besonderen Abrede (vgl. unten Rdn. 18 b). Vorbehalt nachträglicher Änderung des Vergleichsinhalts a) Der Vergleich kann auch den nachträglichen Ausschluß des Wegfalls von Stun- 8 dung und Teilerlaß vorsehen, namentlich eine Verlängerung der Zahlungsfristen durch einen nach Maßgabe des Vergleichs eingesetzten Gläubigerausschuß (ebenso: LG Paderborn, Beschluß vom 8. 1. 1978 — 9 T 407/410/77 —, zur Veröffentlichung im Heft III der KTS 1978 vorgesehen, Schumann K T r . 1931 50; zustimmend Kiesow A. 15). Dem Schuldner selbst kann eine solche Änderung nicht vorbehalten werden. Und auch dem Sachverwalter (§91 II) sollte die Verlängerung der Zahlungsfristen nicht ohne Gehör von Vertretern der Gläubiger ermöglicht werden (vgl. § 79 Nr. 4). Der Vorbehalt hat auf die H ö h e der gesetzlichen Mindestquote keinen Einfluß; diese bestimmt sich vielmehr allein nach den im Vergleich selbst festgesetzten Zahlungsterminen. Der Gläubigerbeirat kann innerhalb der ihm kraft des bestätigten Vergleichs (§ 78 VglO) erteilten Ermächtigung jedoch nur Anordnungen treffen, durch die der Vergleich nicht etwa nachträglich zu einem unzulässigen wird. Wohl kann der Gläubigerbeirat ermächtigt werden, einzelne Vergleichsraten herabzusetzen oder Zahlungen zeitlich auszusetzen, immer aber müssen diese Anordnungen — insgesamt gesehen — mit den aus § 7 V g l O ersichtlichen Zeitgrenzen vereinbar sein. — Zulässige Anordnungen des Gläubigerbeirats heben auch einen etwa bereits eingetretenen Verzug des Schuldners wieder auf (vgl. LG Paderborn aaO). — Entstandene Mahnkosten werden dadurch jedoch nicht berührt. — b) Auch die Befugnis zum Kürzen der Quoten kann dem Gläubigerbeirat im Vergleich zugestanden werden. Den nach den ursprünglichen Zahlungsfristen zu berechnenden Mindestsatz kann aber auch der Gläubigerbeirat nicht unterschreiten (Rdn. 8 a zu § 7 VglO). Das gibt zugleich die Lösung der Frage an die H a n d , ob dem Ausschuß im Vergleich die Befugnis vorbehalten werden kann, bei Verzug des Schuldners, sei es auch nur gegenüber einzelnen Gläubigern, mit der Vergleichserfüllung eine Liquidation zu beschließen. Das ist gewiß statthaft bei Vergleichen mit Sicherungstreuhand (vgl. § 3 A. 10 a; für diesen Fall auch O L G Hamburg, K u T 1932 164). Hier gewährleistet die Liquidation lediglich die sich nicht von Rechts wegen verstehende paritätische Befriedigung der vergleichsbetroffenen Gläubiger aus den Vergleichssicherheiten (siehe noch unten 18 e, f, 22). Der Vergleich wird damit nicht zum Liquidationsvergleich, sondern bleibt Vergleich mit fester Quote, die auch hier nicht unter den nach den ursprünglichen Zahlungsfristen maßgebenden Mindestsatz herabgesetzt werden kann. Ausgeschlossen ist dagegen der Vorbehalt der Umwandlung eines Teilerlaßvergleichs mit fester Quote in einen das Schuldnervermögen ganz oder teilweise ergrei231

I . A b s c h n i t t : E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

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fenden Liquidationsvergleich. Eine solche Abrede wäre ein ungenügend bestimmter Vergleich, da offen bleibt, wann die Liquidation beginnt und welches V e r m ö g e n ihr z u g r u n d e gelegt werden soll, womit § 7 I S. 1 des Gesetzes verletzt ist (ebenso JaegerWeber Anm. 4, Mentzel-Kuhn Anm. 1 a zu § 174 K O , Künne K T S 1958 72 ff, VogelsNölte Anm. II 2 zu § 3 V g l O , a. A. Skrotzki K T S 1958 39, Goldmann K T S 1962 98, Uhlenbruck K T S 1973, 169 und M D R 1973, 272). Es liegt darin auch eine unzulässige U m g e h u n g eines zweiten Vergleichsverfahrens (so schon f ü r das frühere Recht: Schumann K u T 1932 121 und Klien N J W 1932 1003). D e n n einmal würde ein solches gekoppeltes Vergleichsverfahren möglicherweise zu einer Unterschreitung der nach § 7 II S. 1 zu berechnenden gesetzlichen Mindestquote führen. Diese ist dort 40 vom H u n dert, im Falle des § 7 IV jedoch nur 35 vom H u n d e r t . V o r allem aber ließe sich im Zeitpunkt der Vergleichsbestätigung (§ 78) nicht berechnen, ob die gesetzlichen Mindestquoten geboten werden und ob die V e r w e r t u n g des Vermögens im Falle des Ubergangs zum Vergleich nach § 7 IV voraussichtlich mindestens 35 vom H u n d e r t auf die Vergleichsforderungen erbringen wird. Dies, da die nicht beteiligten Gläubiger aus dem Liquidationserlös vorab befriedigt werden müssen. — D a z u weiter: Böhle-Stamscbräder Anm. 1 zu § 7 V g l O , Verfasser K T S 1967 36. -

B. Wegfall der Vergleichsschranken zufolge Verzugs (Absatz 1) I. Voraussetzungen (Halbs. 2) Verzug 9

a) In V e r z u g k o m m e n kann der Schuldner immer nur mit einer fälligen Verbindlichkeit. D e r Eintritt der Fälligkeit ergibt sich jeweils aus dem Vergleich. Mitunter leistet der Schuldner einzelnen Gläubigern vorzeitig, d. h. vor den im Vergleich festgelegten Zahlungsterminen. Das ist in der Regel keine verbotswidrige Sonderbegünstigung (.Berges K T S 1964 129 f, Künne D e r Betrieb 1965 921, dazu auch oben Anm. 39 d zu § 8). Es kann nicht, wie es O L G Karlsruhe, H R R 1936 N r . 1140 meint, angenommen werden, daß der Vergleichsschuldner, wenn der Vergleich vorzeitige Zahlung von Raten an die Gläubiger vorsieht, in einem solchen Falle nicht berechtigt sei, nur an einen Teil der Gläubiger vorzeitig zu leisten. So allgemein läßt sich die Frage nicht beantworten. Es ist zu unterscheiden: Ist in dem Vergleich bei vorzeitiger Zahlung Abzug von Zwischenzinsen gestattet (vgl. § 7 A. 5), so f ü h r t die vorzeitige Leistung an einzelne Gläubiger nicht auch Fälligkeit gegenüber den übrigen herbei, da diese sich bei späterer, d. h. terminsmäßiger, Leistung keinen Zinsabzug gefallen zu lassen brauchen. Fehlt dagegen eine Abrede über den Abzug von Zwischenzinsen, so bewirkt die vorzeitige Berücksichtigung eines oder einzelner Gläubiger Eintritt der Fälligkeit auch gegenüber den übrigen. b) V e r z u g bei der Vergleichserfüllung aber ist nach § 9 I Halbsatz 2 immer erst a n z u n e h m e n , wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Vergleichsgläubiger bei Einräumung einer mindestens einwöchigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen M a h n u n g nicht bezahlt hat ( O L G F r a n k f u r t , K T S 1974 176). Dies gilt auch dann, wenn die Fälligkeit der Vergleichsforderung im Vergleich kalendermäßig bestimmt ist. Dies gilt auch dann, wenn bereits in dem Vergleich bestimmt wird, daß der V e r z u g des Schuldners eintritt, wenn er nicht innerhalb einer W o c h e nach kalendermäßig festgelegten Fälligkeitsterminen die Vergleichsraten zahlt. Die Mahnung des Vergleichsgläubigers kann nicht als bereits im voraus geschehen vereinbart werden, da die Bestimmung des § 9 I gemäß § 9 IV insoweit unabdingbar ist. Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen des Verzuges in der Vergleichserfül232

Wiederauflebensklausel

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iung bedarf der Schuldner eines besonderen nicht b e s c h r ä n k b a r e n Schutzes ( B G H , K T S 1956 94 = N J W 1956 1200 = LM N r . 1 zu § 9 ) . - Eine M a h n u n g m u ß bestimmt sein. Sie m u ß unbedingt sein in dem Sinne, daß der Vergleichsschuldner nicht im unklaren d a r ü b e r bleiben darf, d a ß der Gläubiger die Leistung ernstlich verlangt ( O L G H a m b u r g M D R 1978 577, Erkenntnis z u m Begriff der M a h n u n g ) . c) Die M a h n u n g m u ß schriftlich geschehen. Privatschriftlichkeit (§ 126 BGB) genügt. Bei titulierten F o r d e r u n g e n empfiehlt sich im Hinblick auf § 85 III Zustellung durch V e r m i t t l u n g eines Gerichtsvollziehers (§ 132 I BGB) o d e r mittels eingeschriebenen Briefs (Kirchow D R i Z 1935 240). Stets m u ß im Mahnschreiben eine N a c h f r i s t gesetzt sein. Erst deren fruchtloser Ablauf setzt den Schuldner in V e r z u g . Die im Halbs. 2 vorgeschriebene Wochenfrist ist nur die unabdingbare Mindestrespektfrist. Sieht der Vergleich eine längere Respektfrist vor, so ist diese maßgebend (Absatz 4). Beginn und Ablauf der Frist: §§ 187 I, 188 II, 193 BGB. Ein Mahnschreiben mit Einr ä u m u n g einer k ü r z e r e n Frist setzt nicht von selbst die gesetzliche Mindestfrist o d e r die vergleichsmäßige längere Respektfrist in Lauf ( B G H , K T S 1956 94 = N J W 1956 1200 = LM N r . 1 zu § 9 V g l O , Böhle-Stamschräder A n m . 1 zu § 9 V g l O , a. A. O L G M ü n chen O L G E 1966 1, Vogels-Nölte A n m . II 3 zu § 9 V g l O ) . Es m ü ß t e sonst entgegen dem klaren W o r t l a u t des § 9 I auch ein Mahnschreiben o h n e jede Fristsetzung die Frist des Gesetzes d e n n o c h in Lauf setzen. Für den vergleichsmäßigen V e r z u g schafft die Bestimmung des § 9 I klare, dem S c h u l d n e r o h n e weiteres verständliche übersichtliche Rechtsverhältnisse. Sie ergeben sich allein aus dem klaren W o r t l a u t des Gesetzes. Sie dienen seinem Schutze mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen des Verzuges. Es k a n n d a h e r auch ein Mahnschreiben nicht d u r c h einen Zahlungsbefehl o d e r eine Klage ersetzt w e r d e n , denn beide enthalten nicht die im Gesetz vorgesehene Fristsetz u n g ( B G H a a O , Bongartz K T S 1977 8 0 / 8 4 f). Ist die F o r d e r u n g des Vergleichsgläubigers g e p f ä n d e t o d e r v e r p f ä n d e t , so kann er d e n n o c h , es sei denn es liegt eine P f ä n d u n g und U b e r w e i s u n g an Z a h l u n g s Statt vor (§ 835 I, II Z P O ) , unter Beachtung der Rechte des Pfandgläubigers die vergleichsmäßige Leistung a n m a h n e n . — I m m e r m u ß die M a h n u n g dem Vergleichsschuldner z u g e h e n , nicht dem Vergleichsverwalter. Eine M a h n u n g des Verwalters g e n ü g t auch d a n n nicht, w e n n ihm die K a s s e n f ü h r u n g zusteht (§ 57 II). Diese bezieht sich n u r auf die laufenden G e s c h ä f t e , nicht aber auch auf die Vergleichserfüllung ( O L G N ü r n b e r g , K T S 1965 172). Von dem vergleichsmäßigen Erfüllungsverzug (§ 9 I) ist der Schuldnerverzug des § 284 B G B zu unterscheiden. Als Folge des vergleichsmäßigen V e r z u g e s tritt das W i e d e r a u f l e b e n d e r alten F o r d e r u n g ein. S t u n d u n g und Erlaß des Vergleichs w e r d e n hinfällig. Für die Frage, ob n u n m e h r der Gläubiger V e r z u g s z i n s e n , h ö h e r e vertragliche Zinsen und Ersatz eines weiteren V e r m ö g e n s s c h a d e n s verlangen kann (§§ 286 I, 288 BGB und § 352 I H G B ) , ist der bürgerlich-rechtliche Begriff des V e r z u g e s maßgebend ( B G H , K T S 1956 94 = N J W 1956 1200, Böhle-Stamschräder Anm. 2 a zu § 9 V g l O ) . Die bürgerlich-rechtlichen Folgen des V e r z u g e s treten n u n g e m ä ß § 284 II S. 1 BGB möglicherweise bereits mit dem Z e i t p u n k t ein, in dem der Vergleichsschuldner fällige Vergleichsraten nicht zahlte. Befand sich der Vergleichsschuldner in einem entschuldbaren Rechts- o d e r T a t s a c h e n i r r t u m , so k ö n n e n diese den V e r z u g nach b ü r g e r lich-rechtlichen V o r s c h r i f t e n insoweit ausschließen ( R G Z 146 133 bis 144, bestätigt in B G H , K T S 1956 94 = N J W 1956 1200). d) Die Vergleichszahlungen des Schuldners sind als Geldschulden g e m ä ß § 270 BGB dem Gläubiger an dessen W o h n s i t z zu übermitteln. Leistungs- und E r f ü l l u n g s o r t dagegen ist nach § 269 BGB der W o h n s i t z des Vergleichsschuldners. Es genügt mithin, daß der Schuldner das Geld rechtzeitig absendet o d e r überweist. D a ß der Gläubiger es 233

§9

I.Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

erst nach Ablauf der Nachfrist erhält oder es ihm erst nach Ablauf dieser Frist gutgeschrieben wird, begründet demnach keinen Verzug (zustimmend Vogels-Nölte Anm. II 3 zu § 9 VglO, a. a. Levy K u T 1932 149). Das gilt auch bei rechtzeitiger Absendung eines erfüllungshalber gegebenen Schecks, wobei im einzelnen folgendes gilt: Die Geldübermittlung ist beim Barscheck erst durch Auszahlung, beim Verrechnungsscheck erst durch Gutschrift beendet. Die Erfüllung tritt nur ein, wenn und soweit der Scheck honoriert wird (RGZ 78 137, BGH, KTS 1963 179 = M D R 1963 923 = LM Nr. 4 zu § 9 VglO). Doch ist der Gläubiger nicht gezwungen, eine Scheckzahlung anzunehmen, es sei denn, sie ist vereinbart oder als vereinbart anzusehen. Letzteres kann der Fall sein, wenn der Gläubiger widerspruchslos mehrfach Scheckzahlungen auf Vergleichsraten angenommen hatte. Doch genügt es, wenn der Gläubiger sich mit der Zahlungsweise des Vergleichsschuldners nicht einverstanden erklärt, daß er einmal eine nicht ordnungsgemäße Zahlung beanstandet. Es kann nicht zu seinen Ungunsten ausgelegt werden, wenn er nicht jeden Fehler des Vergleichsschuldners rügt (Pohle M D R 1964 501 zu BGH, M D R 1963 923). In dem Verlangen des Gläubigers auf Zahlung in Geld liegt grundsätzlich nicht etwa ein Rechtsmißbrauch, insbesondere dann nicht, wenn der Vergleichsschuldner bisherige Vergleichsraten nicht fristgemäß erfüllt hatte. Nimmt der Gläubiger einen gedeckten Scheck an, so muß er sich so stellen lassen, als hätte er Bargeld erhalten. Dies gilt auch dann, wenn ihm vom Vergleichsschuldner ein solcher Scheck am letzten Tage der zur Vergleichserfüllung gemäß § 9 I gesetzten Nachfrist zugesandt wird (OLG Nürnberg, KTS 1967 247). H a t der Vergleichsschuldner irrtümlich die angemahnte Vergleichsrate nicht in voller H ö h e gezahlt, einen der Gesamtsumme gegenüber als geringfügig anzusehenden Betrag bei der Zahlungsberechnung übersehen, so kann mit Rücksicht auf dieses entschuldbare Versehen das zwar nach der formalen Rechtslage gegebene Wiederaufleben aus § 9 I nicht angenommen werden, denn auch diese Vorschrift unterliegt in ihrer Anwendung den Grundsätzen von Treu und Glauben (OLG Nürnberg aaO). — Siehe zu diesen Fragen auch Böble-Stamschräder Anm. 1 Abs. 1 a. E. zu § 9 VglO. — W a r eine von vornherein auf Zahlung in Geld gehende Forderung als Bringschuld (Leistung am Wohnsitz des Gläubigers) vereinbart, so bewendet es dabei auch nach der Vergleichsbestätigung (§ 78). Bei Bringschulden wird ein Verzug nur ausgeschaltet, wenn auch der Leistungserfolg bereits vor Ablauf der Nachfrist eingetreten ist. Dies gilt auch dann, wenn der Vergleich bestimmt, daß f ü r die vergleichsmäßigen Geldleistungen die Grundsätze der Bringschuld gelten sollen. Bei Wertpapierschulden bedarf es zur Mahnung keiner Vorlage des Papiers, wohl aber der Aufforderung an den Schuldner, dem Gläubiger einen vor Ablauf der Nachfrist liegenden Termin zur Empfangnahme des Geldes gegen Teilquittung auf dem Papier oder Aushändigung desselben zu bestimmen. Der Gläubiger erspart sich durch solche Aufforderung ein Anstehen beim Schuldner zur Unzeit und nimmt diesem zugleich den Einwand des unverschuldeten Rechtsirrtums, der nach R G Z 146 144 = RG, J W 1935 1490 = K u T 1936 90 den Verzug ausschließen würde. Verzug des Vergleichsschuldners tritt auch dann ein, wenn eine Wechselforderung im Gläubigerverzeichnis steht (§§ 6, 67 Abs. 3 VglO), der Wechsel jedoch nicht vorgelegt wurde (vgl. B G H W M 1961 892). Zum Verzug bei streitigen Forderungen, bei solchen, die aus dem Gläubigerverzeichnis nicht ersichtlich sind, und bei Ausfallforderungen siehe unten Anm. 14. 10

Verzug des Schuldners Nur ein Verzug des Vergleichsschuldners löst die Wiederauflebensklausel aus. Ein Verzug des vorbehaltslos haftenden Vergleichsbürgen führt nicht zum Wegfall von 234

Wiederauflebensklausel

§9

Stundung und Erlaß, ebensowenig der Verzug des Treuhänders. Dieser ist nicht Erfüllungsgehilfe des Vergleichsschuldners (OLG Dresden K u T 1930 147, O L G Zweibrükken DJZ 1935 Sp. 833, O L G München, H R R 1936 904, Künne KTS 1971 242, Uhlenbruch GmbHRdsch. 1976 189, 191). Doch kann den Vergleichsschuldner, wenn er nicht gegen einen Treuhänder, der pflichtwidrig die Vergleichserfüllung unterläßt oder verzögert, einschreitet, eine Ersatzpflicht aus schuldhafter Verletzung der ihm obliegenden Pflichten treffen (dazu unten Anm. 11 b). Soweit der Vergleichsschuldner sich zur Erfüllung des Vergleichs der Hilfe anderer Personen bedient, hat er für deren Verschulden und demzufolge auch für den Leistungsverzug nach § 278 BGB einzugestehen. Das ist nun jedoch nicht etwa anzunehmen, wenn der Vergleichsverwalter gemäß § 57 II die Kassenführung übernommen hat und über den ihm hier gesetzten Rahmen hinaus auch die Vergleichsraten ausschüttet, dabei aber einen Verzug in der Vergleichserfüllung herbeiführt. Die Kassenführung aus § 57 II bezieht sich nur auf den laufenden Geschäftsbetrieb, nicht aber auf die Vergleichserfüllung (OLG Nürnberg KTS 1965 172). Der Vergleichsschuldner hat nicht dafür einzustehen, wenn der Vergleichsverwalter, der im Falle des § 57 II als gesetzlicher Vertreter tätig wird, über den Rahmen dieser Vertretungsmacht hinaus handelt. Es bleibt ihm eine Anregung beim Vergleichsgericht, aus §41 einzuschreiten. Wohl aber hat der Vergleichsschuldner, der nach § 270 I BGB die Ubersendungsgefahr trägt, für ein Verschulden des von ihm mit der Auszahlung der Vergleichsraten beauftragten Kreditinstituts gemäß § 278 BGB einzustehen. Er ist im Falle unpünktlicher Ausführung von Uberweisungsaufträgen durch das Kreditinstitut, sofern die Voraussetzungen im übrigen vorliegen, auch dem Wegfall von Stundung und Erlaß aus § 9 I ausgesetzt. Verzug mit der Vergleichserfüllung Vorliegen muß schließlich ein Verzug mit der Vergleichserfüllung a) Der Verzug muß Verbindlichkeiten des Schuldners betreffen, die sich unmittel- 11 bar oder wenigstens mittelbar aus dem Vergleichsinhalt ergeben. Dazu gehören nicht nur die Hauptverpflichtungen auf rechtzeitige Zahlung der Vergleichsquoten und -raten, sondern auch alle sich aus Inhalt und Zweck des Vergleichs für den Schuldner ergebenden Hilfs- und Nebenpflichten, die der Sicherung und damit zugleich der Erfüllung des Vergleichs zu dienen bestimmt sind. So z. B. die im Vergleich zugesagte Sicherstellung aufschiebend bedingter Vergleichsforderungen. Dazu gehört auch die Verpflichtung des Vergleichsschuldners, dem Treuhänder (Vergleichsverwalter) die Außenstände aufzugeben (LG Osnabrück 1976 189/191, Bongartz KTS 1977 88). b) Hilfs- und Nebenpflichten des Vergleichsschuldners finden sich vor allem bei echter wie uneigentlicher Liquidationstreuhand und Verwaltungstreuhand, für deren Regelung insbesondere § 92 gilt. Hier ist das Wiederaufleben (§ 9 I) auch gerechtfertigt, wenn der Schuldner die Übertragung des Treuguts oder die Erteilung der Ermächtigung an den Treuhänder schuldhaft unterläßt oder verzögert oder gar die Verwertung des Treuguts vergleichswidrig stört (zustimmend Vogels-Nölte Anm. II 5, Bohle-Stamschräder Anm. 4 zu § 9 VglO, Uhlenbruch GmbHRdsch. 1976 189/191, Bongartz K T S 1977 88). Gleiches gilt, wenn der Vergleichsschuldner Schädigungen der Vergleichsgläubiger durch den Treuhänder wissentlich und willentlich geschehen läßt (RG, SeuffA 88 Nr. 63). Auch dann greift die Wiederauflebensklausel ein, wenn der Vergleichsschuldner es schuldhaft unterläßt, nach Wegfall des bisherigen Treuhänders die Bestellung eines neuen Treuhänders bei dem dafür zuständigen Gericht zu beantragen (§ 92 III Bongartz K T S 1977 88). Es handelt sich hier um eine dem § 9 I unterfal235

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

§9

lende schuldhafte Säumnis des Vergleichsschuldners. Seine Pflicht zum Handeln ergibt sich aus dem Inhalt und Zweck des Vergleichs, den er selbst vorgeschlagen und zu dessen Erfüllung er mit verpflichtet ist, soweit dies aus dem Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder folgt. c) O b bei diesen Hilfs- und Nebenpflichten eine Mahnung erforderlich ist, hängt von der Art der Verbindlichkeit ab. Bei Geldverpflichtungen des Vergleichsschuldners, wie z. B. bei einer im Vergleich zugesagten Sicherstellung aufschiebend bedingter Vergleichsforderungen, ist die Mahnung im Sinne des § 9 I notwendig. Ebenso wird Verzug mit Erteilung der Vollmacht oder Begründung der Treuhandschaft eine dieser Vorschrift entsprechende Mahnung erfordern, um Wegfall von Stundung und Erlaß herbeizuführen (vgl. Bongartz a a O ) . D a g e g e n sind in den sonstigen Fällen der oben zu b) aufgeführten Art die Verpflichtungen des Schuldners spontan, d. h. ohne Mahnung, zu erfüllen ( L G Osnabrück K T S 1973 7 5 / 7 6 ) ; schon deshalb, weil die Gläubiger von der Notwendigkeit eines Eingreifens des Schuldners gar keine Kenntnis zu haben brauchen und meist auch nicht früher haben als der Schuldner. J e nachdem, ob Mahnung erforderlich ist oder nicht, bestimmt sich der Kreis der Gläubiger, zu deren Gunsten die Wiederauflebensklausel praktisch wird, verschieden. Bei V e r z u g ohne Mahnung wirkt die Wiederauflebensklausel zugunsten aller noch nicht vergleichsmäßig vollbefriedigten Gläubiger. Wird zufolge des Wiederauflebens der Konkurs unvermeidlich, so entfällt, da solchenfalls das T r e u g u t zur Konkursmasse gehört (5 92 und oben Anm. 5 a), der Liquidationsvergleich als Ganzes, und zwar mit Bezug auf alle Gläubiger, die nicht bereits, wie vielleicht bevorzugt zu berücksichtigende Kleingläubiger, vorher vergleichsmäßig voll befriedigt waren (ebenso: Ublenbruck G m b H R d s c h . 1976 189/191). Denkbar ist immerhin, daß das Wiederaufleben wegen Verzugs, wenn es nur einem mahnenden Gläubiger zugute kommt, nicht zum Schuldnerkonkurs führt. In einem solchen Fall würde der treuhänderische Liquidationsvergleich unberührt bleiben; auch der mahnende Gläubiger wäre aus dem Liquidationserlös weiterhin nur anteilig zu befriedigen, könnte aber von dem Schuldner aus dessen sonstigem V e r m ö g e n , insbesondere etwaigem Neuerwerb, alsbaldige Vollbefriedigung verlangen. D o c h müßte er sich den Betrag des inzwischen vom Schuldner Erlangten dem Treuhänder gegenüber anrechnen lassen und umgekehrt. d) D a s Wiederaufleben gemäß § 9 I tritt auch dann ein, wenn der Vergleichsschuldner gerichtlichen Anordnungen aus §§ 58 ff zuwiderhandelt, gleich, ob es sich dabei um Verstöße gegen die nach § 94 I fortdauernden gerichtlichen Anordnungen oder um solche gegen die auf Antrag des Treuhänders neu erlassenen Verfügungsbeschränkungen nach § 58 f handelt. Eine Veräußerung von Gegenständen durch den Vergleichsschuldner selbst entgegen einem solchen Verbot z. B. ist einer Weigerung, T r e u g u t auf den Treuhänder zu übereignen oder ihm die zur Durchführung des Vergleichs erforderliche Ermächtigung zu erteilen, gleichzuachten. — II. Kreis der Gläubiger Personeller Geltungsbereich der Vorschrift 12

a) Für die Anwendung des § 9 I ist nicht erforderlich, daß der V e r z u g des Schuldners in der Vergleichserfüllung gegenüber sämtlichen vergleichsbetroffenen Gläubigern eingetreten ist ( R G , K u T 1936 90). Liegen die Voraussetzungen des Verzuges gegenüber einem bestimmten oder einer bestimmten Gruppe von Gläubigern vor, so fallen Stundung und Erlaß nur diesem oder der Gruppe gegenüber weg. Hier zeigt sich, daß nach der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) der Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergleichsverfahren sein Ende findet: Ein Gläubiger, der die Rechtsmöglichkeit aus 236

Wiederauflebensklausel

§9

§ 9 1 nutzt, erlangte volle Befriedigung, wenn er rechtzeitig zugreift, so daß er mit Erfolg auf Grund eines bereits vorhandenen Titels oder eines neu erst anzustrebenden Titels vollstrecken kann. Gegenüber einem Gläubiger, der nicht nach § 9 I vorgegangen ist, wirkt die Wiederauflebensklausel nicht. Zu diesen Fragen vgl. Berges K T S 1964 129 f und Künne D e r Betrieb 1965 921. — Bei einem Verstoß des Vergleichsschuldners gegen Hilfs- und Nebenpflichten (dazu oben Anm. 11 b, c, d) braucht sich das Wiederaufleben dagegen keineswegs auf einen oder einzelne Gläubiger zu beschränken, tritt vielmehr, wie oben erörtert, gegenüber allen vergleichsbetroffenen Gläubigern ein. b) Wirkt die Wiederauflebensklausel allgemein (siehe oben), so können sich auch die vergleichsbetroffenen Freigebigkeitsgläubiger ( § 8 3 I), wie die Gläubiger, die freiwillig sich am Vergleichsverfahren beteiligt haben, auf die Rechtsfolgen des § 9 I berufen. Gläubiger mit mehreren Forderungen Gläubiger mit mehreren Forderungen können sich bei Zahlungsverzug des Schuld- 1 3 ners bezüglich ihrer sämtlichen vergleichsbetroffenen Ansprüche auf die V e r w i r k u n g berufen. Das gilt nicht nur, wenn Zahlung der Q u o t e oder Rate überhaupt unterbleibt, sondern schon dann, wenn der Schuldner weniger als ihm nach dem Vergleich obliegt, zahlt. § 366 BGB ist hier nicht anwendbar. D e n n mehrere Forderungen desselben Gläubigers werden, soweit vom Vergleich betroffen, durch diesen gleichmäßig herabgesetzt. Eine Vergleichsrate ist anteilig auf die einzelnen Forderungen zu verrechnen ( O L G H a m b u r g , LZ 1909 Sp. 707, zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 9 VglO). D e r Vergleichsschuldner kann mithin nicht einwenden, seine Teilleistung habe zum mindesten die eine oder andere Forderung desselben Gläubigers vergleichsmäßig gedeckt. Das ist nicht ohne praktische Bedeutung: Besitzt der Gläubiger nur über eine Forderung bereits einen Titel, ist es mithin dem Vergleichsschuldner verwehrt, seine Teilleistung gerade auf die titutlierte Forderung zu verrechnen. — Anders verhält es sich mit der A n w e n d u n g des § 367 I BGB, wenn neben dem Kapital Zinsen und Kosten vergleichsbetroffen sind. Doch ist hierbei der Erlaß aus § 83 II zu beachten. — Sind nicht sämtliche Forderungen desselben Gläubigers in das Gläubigerverzeichnis (§§ 6, 66, 67 III 70, 71) eingetragen, so sind zwar grundsätzlich die Ratenzahlungen des V e r gleichsschuldners auf sämtliche Forderungen zu verrechnen. Zu beachten ist aber, daß die nicht in das Gläubigerverzeichnis a u f g e n o m m e n e n Forderungen des Gläubigers den bestrittenen Forderungen gleichzustellen sind. Die vom Vergleichsschuldner unterlassene Angabe aus § 6 bedeutet ein Bestreiten der Forderung ( B G H Z 32 218 = B G H , K T S 1960 167 = N J W 1960 1454 = LM N r . 3 zu § 9 V g l O mit Anm. Mezger). — Z u r Rechtslage bei bestrittenen (nicht in das Gläubigerverzeichnis eingetragenen) Forderungen vgl. unten: Anm. 14. — Die Frage des Bestreitens tritt zurück, wenn der Vergleichsschuldner bei mehreren Forderungen desselben Gläubigers erkennbar damit einverstanden war, daß seine bisherigen Ratenzahlungen auch mit auf die nicht in das Gläubigerverzeichnis a u f g e n o m m e n e Forderung zu verrechnen waren ( B G H , W M 1958 1051). Bestrittene, teilweise gedeckte oder nicht im Gläubigerverzeichnis enthaltene Forderungen Bei bestrittenen sowie bei teilweise gedeckten oder nicht im Gläubigerverzeichnis 1 4 enthaltenen Forderungen ist zu unterscheiden: a) Ist eine richterliche Stimmrechtsentscheidung (§ 71 II, III) oder mangels solchen ein vorläufiger Feststellungsbescheid des Vergleichsgerichts aus § 97 I ergangen, so 237

§9

I . A b s c h n i t t : E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

k ö n n e n nach § 97 II den Schuldner die f ü r den Fall des V e r z u g e s in der E r f ü l l u n g des Vergleichs vorgesehenen Rechtsfolgen des § 9 I dann nicht treffen, w e n n er bei d e r E r f ü l l u n g des Vergleichs die bestrittene o d e r teilweise gedeckte F o r d e r u n g bis z u r endgültigen Feststellung der F o r d e r u n g o d e r des Ausfalls nach Maßgabe der richterlichen Stimmrechtsentscheidung oder des vorläufigen Feststellungsbescheides berücksichtigt. Die Stimmrechtsentscheidung ergeht, w e n n eine V e r g l e i c h s f o r d e r u n g bestritten wird und d e r Vergleichsschuldner, Vergleichsverwalter und der im Vergleichstermin (§ 66) erschienene Vergleichsgläubiger sich über die G e w ä h r u n g eines Stimmrechts nicht einigen ( § 7 1 II S. 1). Die bis z u m Schluß der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag a b ä n d e r b a r e Stimmrechtsentscheidung beschränkt sich nach § 71 II S. 3 auf das Stimmrecht und die im § 97 des Gesetzes bezeichneten Rechtsfolgen. Nur richterliche Stimmrechtsentscheidungen haben g e m ä ß § 71 Abs. 2 S. 3 V g l O die in der Bestimmung des § 97 V g l O bezeichneten Rechtsfolgen. Eine Entscheidung des Rechtspflegers über das Stimmrecht hat nach der ausdrücklichen V o r s c h r i f t des § 19 Abs. 4 R p f l G diese Rechtsfolgen nicht (vgl. Böhle-Stamschräder A n m . 4 zu § 71 V g l O , Verfasser K T S 1970 191 und R d n . 1 zu § 97 V g l O ) . Liegt eine solche Stimmrechtsentscheidung nicht vor, haben sich z. B. die Beteiligten ü b e r das Stimmrecht geeinigt ( V o g e l s - N ö l t e A n m . II 2 b zu § 97, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 9 7 V g l O ) , so hat das Vergleichsgericht auf A n t r a g des Vergleichsschuldners o d e r des Vergleichsgläubigers die mutmaßliche H ö h e der bestrittenen F o r d e r u n g festzustellen (§ 97 I). U n t e r den gleichen V o r a u s s e t z u n g e n ergeht eine Entscheidung des Vergleichsgerichts z u r mutmaßlichen H ö h e des Ausfalls. F o r d e r u n g e n , denen jedes Stimmrecht a b e r k a n n t w o r d e n ist o d e r hinsichtlich deren der vorläufige Feststellungsbescheid negativ ausgefallen ist, b r a u c h t der Schuldner bis z u r endgültigen Feststellung bei der Vergleichserfüllung nicht zu berücksichtigen. N a c h der endgültigen Feststellung der H ö h e d e r bestrittenen F o r d e r u n g e n o d e r des Ausfalls ist das Fehlende n a c h z u zahlen, V e r z u g in der E r f ü l l u n g hier aber erst a n z u n e h m e n , w e n n der Schuldner den Fehlbetrag t r o t z einer vom Gläubiger unter E i n r ä u m u n g einer mindestens zweiwöchigen N a c h f r i s t an ihn gerichteten M a h n u n g nicht bezahlt hat (§ 97 III). Die N a c h f r i s t ist hier weiter gesetzt, weil der Vergleichsschuldner in der E r f ü l l u n g des Vergleichs bisher durch die Stimmrechts- o d e r Feststellungsentscheidung des Vergleichsgerichts gegen V e r z u g geschützt w a r und ihm Zeit gelassen w e r d e n m u ß , n u n m e h r weitere Mittel z u r E r f ü l l u n g bereit zu stellen. — D o c h ist zu beachten, daß die Bestimmung des § 97 nicht eingreifen k a n n , w e n n der Vergleichsschuldner o d e r der Vergleichsverwalter eine Ford e r u n g lediglich bestritten hatten, weil diese von m e h r e r e n Gläubigern geltend g e m a c h t w u r d e und z u m Ausschluß der T i t u l i e r u n g (§ 85) das Bestreiten g e g e n ü b e r jedem d e r Gläubiger zu erklären w a r . Bei einem Prätendentenstreit hat der Vergleichsschuldner, w e n n nicht die F o r d e r u n g auch nach G r u n d und Betrag bestritten ist, den zuzuteilenden Betrag g e m ä ß § 372 S. 2 BGB zu hinterlegen. Geschieht das nicht, so setzt sich der Vergleichsschuldner in diesem Falle den V e r z u g s f o l g e n des § 9 I aus, sofern der endgültig berechtigte Gläubiger unter S e t z u n g einer einwöchigen N a c h f r i s t schriftlich g e m a h n t hatte. b) Berücksichtigt der Vergleichsschuldner entgegen der richterlichen Stimmrechtsentscheidung (§ 71 Abs. 1, 2 V g l O ) o d e r entgegen der Feststellungsentscheidung (§ 97 Abs. 1 V g l O ) — gleich, ob vom Richter o d e r vom Rechtspfleger g e t r o f f e n — einen Gläubiger nicht o d e r n u r in geringerem U m f a n g e , so riskiert er den Wegfall der V e r gleichsvorteile aus § 9 I des Gesetzes. c) Fehlt es an einer richterlichen Stimmrechtsentscheidung (§ 71 II, III) und ruft der Vergleichsschuldner nicht das Vergleichsgericht um eine Entscheidung zur Feststel238

Wiederauflebensklausel

§9

lung der mutmaßlichen H ö h e der bestrittenen Forderung oder des Ausfalls an, versäumt also der Vergleichsschuldner, sich d u r c h einen A n t r a g aus § 97 I zu schützen, so f r a g t sich, ob d e r Vergleichsgläubiger, der in gleicher Weise wie der Vergleichsschuldner aus § 97 I antragsberechtigt ist, z u v o r die Feststellungsentscheidung erwirken m u ß , w e n n er das W i e d e r a u f l e b e n seiner F o r d e r u n g aus § 9 I anstrebt. Die A n t w o r t h ä n g t von der E i n o r d n u n g der V o r s c h r i f t des § 97 II in das V e r z u g s r e c h t der Vergleichsordn u n g ab. N u n will die in § 97 II v o r g e s e h e n e Regelung, wie oben zu a) dieser A n m e r k u n g erörtert, den Schuldner, der eine F o r d e r u n g bestreitet, w e n n er die Entscheidung des Vergleichsgerichts einholt, des Wagnisses entheben, das er sonst mit seinem Bestreiten eingeht, w e n n das P r o z e ß g e r i c h t seine Ansicht nicht teilt. D e r Vergleichsschuldner ist mithin d u r c h § 97 II geschützt und z w a r w e i t g e h e n d e r geschützt, als ihn die R e c h t s p r e c h u n g in der A n e r k e n n u n g eines den V e r z u g ausschließenden entschuldbaren Rechts- o d e r T a t s a c h e n i r r t u m s schützen kann ( R G Z 146 133, bestätigt in B G H , K T S 1956 94 = N J W 1956 1200). Sieht man darin den Sinn des § 97 II, so ist a n z u n e h m e n , d a ß der V e r z u g des Vergleichsschuldners in der Bestimmung des § 9 I abschließend geregelt ist. Mithin ist der Vergleichsgläubiger, dessen F o r d e r u n g bestritten w u r d e , nicht gehalten, eine E n t s c h e i d u n g des Vergleichsgerichts aus § 97 II herbeiz u f ü h r e n , um den V e r z u g des Schuldners in der Vergleichserfüllung auslösen zu k ö n nen (§ 9 Abs. 1 V g l O , d a z u Bongartz K T S 1977 84). D e r Gläubiger kann den W e g f a l l von Erlaß und S t u n d u n g h e r b e i f ü h r e n , o h n e z u n ä c h s t eine Feststellungsentscheidung zu erwirken. Er kann n e b e n h e r f ü r die T i t u l i e r u n g seiner wiederaufgelebten A n s p r ü c h e sorgen, um d a n n vollstrecken zu k ö n n e n ( B G H Z 32 218 = B G H , K T S 1960 167 = N J W 1960 1454 = LM N r . 3 zu § 9 V g l O mit A n m . Mezger, d a z u f e r n e r : Kuhn W M 1960 967, Böhle-Stamschräder Anm. 1 Abs. 2 zu § 9 V g l O , mit E i n s c h r ä n k u n g e n f e r n e r Bongartz K T S 1977 8 0 / 8 4 ff). d) Nimmt der Vergleichsschuldner eine Forderung nicht in das Gläubigerverzeichnis (§ 6) auf, meldet der Vergleichsgläubiger die Forderung entgegen der Aufforderung aus § 20 III auch nicht an, so k o m m t es zu keiner Berichtigung des Gläubigerverzeichnisses nach § 67 III und auch, w e n n d e r Gläubiger am Vergleichstermin (§ 66) nicht teilnimmt, zu keiner Stimmrechtsentscheidung nach § 7 1 II, III. D e n n o c h ist aus d e r N i c h t a b g a b e des Vergleichsschuldners zu folgern, d a ß die F o r d e r u n g zu den bestrittenen F o r d e r u n g e n zu r e c h n e n ist. Dies ist sicher, w e n n d e r Vergleichsschuldner die F o r d e r u n g b e w u ß t nicht in dem Verzeichnis des § 6 a u f g e f ü h r t hat. D a dies aber keiner ausdrücklichen E r k l ä r u n g des Vergleichsschuldners b e d a r f , ist auch eine von ihm versehentlich nicht mit a u f g e f ü h r t e F o r d e r u n g als bestritten anzusehen. N u n m u ß aber der Vergleichsschuldner sowohl bei ausdrücklich von ihm bestrittenen F o r d e r u n g e n , wie auch bei solchen, die er durch N i c h t a u f n a h m e in das Gläubigerverzeichnis bestreitet, gleicherweise damit rechnen, d a ß der Vergleichsgläubiger die F o r d e r u n g noch geltend m a c h e n , mit seinen Ansprüchen noch hervortreten wird. Es besteht kein innerer G r u n d , d e m Vergleichsschuldner im letzteren Falle eine andere Rechtsstellung zuzubilligen. — Bei einer nicht im Gläubigerverzeichnis a u f g e f ü h r t e n F o r d e r u n g , f ü r die keine richterliche Stimmrechtsentscheidung e r g a n g e n ist, besteht allerdings nur dann ein Anlaß, die Entscheidung des Vergleichsgerichts aus § 97 I h e r b e i z u f ü h r e n , w e n n d e r Vergleichsgläubiger sie geltend macht. D a s aber kann geschehen, indem sogleich g e m ä ß § 9 I mit der M a h n u n g die N a c h f r i s t von einer W o c h e gesetzt wird. Innerhalb dieser k u r z e n Frist aber wird der Vergleichsschuldner, o h n e d a ß der Vergleichsgläubiger die G e l t e n d m a c h u n g der F o r d e r u n g z u v o r a n g e k ü n d i g t hat, eine Entscheidung des Vergleichsgerichts aus § 97 I nicht m e h r h e r b e i f ü h r e n k ö n n e n . N u n besteht aber kein Anlaß, einem Vergleichsgläubiger, d e r d e r A u f f o r d e r u n g z u r F o r d e r u n g s a n m e l d u n g (§ 20 III N r . 4) nicht n a c h g e k o m m e n ist und dessen F o r d e r u n g infolge der N i c h t a u f 239

§9

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

f ü h r u n g im Gläubigerverzeichnis als bestritten gilt, eine andere Rechtsstellung zuzubilligen, wie sie ein Gläubiger einnimmt, dessen F o r d e r u n g nach A u f n a h m e in das V e r zeichnis des § 6 ausdrücklich bestritten w u r d e (§ 71 I, ebenso Bongartz K T S 1977 8 0 / 87). Auch dem ersteren Gläubiger g e g e n ü b e r m u ß der Vergleichsschuldner noch den Schutz des § 97 II erreichen k ö n n e n . Es muß daher genügen, wenn ein Vergleichsschuldner auf die sofortige, nicht zuvor angekündigte Mahnung des Vergleichsgläubigers innerhalb der einwöchigen Frist des § 9 I die Entscheidung des Vergleichsgerichts aus § 97 I nachsucht. D e r Schutz des § 97 II aber wird entfallen müssen, w e n n es der Vergleichsschuldner versäumt, n u n m e h r innerhalb d e r ihm gesetzten einwöchigen Frist des § 9 I nach d e r Zustellung o d e r V e r k ü n d u n g d e r Feststellungsentscheidung des V e r gleichsgerichts dieser entsprechend den m a h n e n d e n Vergleichsgläubiger bei der V e r gleichserfüllung zu berücksichtigen (dazu B G H Z 32 218 = B G H , K T S 1960 167 = N J W 1960 1454 = LM N r . 3 zu § 9 V g l O mit A n m . Mezger). Letztlich sind beide — Vergleichsgläubiger und Vergleichsschuldner — verfahrensrechtlich gesehen — d a r a n beteiligt, d a ß V o r s c h r i f t e n der §§ 9 und 97 des Gesetzes hier nicht unmittelbar, n u r ihrem Sinne nach a n g e w a n d t w e r d e n k ö n n e n , denn beide haben gesetzlichen A u f f o r d e r u n g e n nicht e n t s p r o c h e n : D e r Vergleichsschuldner w a r in der Lage, die F o r d e r u n g in das Verzeichnis des § 6 a u f z u n e h m e n mit dem V e r m e r k des Bestreitens. D e r V e r gleichsgläubiger aber ist der A u f f o r d e r u n g aus § 20 III N r . 4 nicht n a c h g e k o m m e n . K ü n d i g t jedoch d e r Vergleichsgläubiger v o r der M a h n u n g aus § 9 I an, daß er die nicht im Gläubigerverzeichnis a u f g e f ü h r t e F o r d e r u n g geltend machen w e r d e , so trifft den Vergleichsschuldner die Pflicht, n u n m e h r sogleich — spätestens aber innerhalb der Frist von einer W o c h e — g e r e c h n e t ab Z u g a n g der V o r a n k ü n d i g u n g s e r k l ä r u n g des Vergleichsgläubigers —, um eine Entscheidung des Vergleichsgerichts aus § 97 I nachzusuchen (a. A. Bongartz K T S 1977 8 0 / 8 7 , der der A n k ü n d i g u n g s e r k l ä r u n g des G l ä u bigers keine Bedeutung beimißt). Geschieht das nicht, so ist die damit versäumte Frist bei der dem Vergleichsschuldner nach Z u g a n g d e r schriftlichen M a h n u n g aus § 9 I noch verbleibenden Frist mit zu berücksichtigen. — Bohle-Stamschräder (Anm. 1 a. E. zu § 9 V g l O ) meint, der Vergleichsschuldner müsse in diesem Falle ( N i c h t a u f n a h m e der V e r g l e i c h s f o r d e r u n g in das Gläubigerverzeichnis) nach dem Erlaß der Entscheid u n g des Vergleichsgerichts aus § 97 I unverzüglich leisten. D e m kann nicht z u g e stimmt w e r d e n , da dem Vergleichsschuldner erst mit Z u g a n g (mit der V e r k ü n d u n g ) der Feststellungsentscheidung b e k a n n t wird, in welcher H ö h e er z u r V e r m e i d u n g der V e r z u g s f o l g e n aus § 9 I z u r Z a h l u n g verpflichtet ist. E r g e h t — wie im N o r m a l f a l l — z u v o r die Entscheidung aus § 97 I, so ist das auch d e r Fall. D e n n dem Vergleichsschuldner, dem eine schriftliche M a h n u n g des Vergleichsgläubigers aus § 9 I z u g e h t , ist, w e n n im Falle des Bestreitens eine Feststellungsentscheidung aus § 97 I e r g a n g e n ist, b e k a n n t , in welcher H ö h e er sich g e m ä ß § 97 II auf den ihm g e w ä h r t e n gesetzlichen Schutz verlassen kann und in welcher H ö h e er z u r V e r m e i d u n g der V e r z u g s f o l gen zahlen m u ß (wie hier Bongartz K T S 1977 8 0 / 8 7 ) . Für die e r g ä n z e n d e Gesetzesauslegung m u ß m. E. das Prinzip der Gläubiger- und Schuldnergleichbehandlung m a ß g e bend sein. e) Ist eine V e r g l e i c h s f o r d e r u n g teilweise bestritten oder nur zu einem Teil in das Gläubigerverzeichnis aufgenommen, so gilt jeweils f ü r den bestrittenen Teil o d e r als bestritten geltenden Teil das zu den V o r z i f f e r n (Anm. 14 zu c und d) A u s g e f ü h r t e entsprechend. Dies gilt auch dann, w e n n von m e h r e r e n F o r d e r u n g e n desselben Gläubigers einige bestritten sind o d e r als bestritten zu gelten haben. Für eine Entscheidung aus 5 97 I aber besteht d a n n kein Anlaß m e h r , w e n n sich der Vergleichsschuldner bei bisherigen R a t e n z a h l u n g e n auf die Vergleichsquote e r k e n n b a r damit einverstanden erklärt 240

§9

Wiederauflebensklausel

hatte, daß diese auf alle Forderungen des Vergleichsgläubigers zu verrechnen waren (vgl. Anm. 13 oben). Hinweis: Rdn. 3. -

Zum

vergleichsmäßigen

Erfüllungsverzug

siehe weiter

§97

VglO,

III. Rechtsfolgen des Verzugs Allgemeines a) D e r besondere Verzugsbegriff des § 9 I gilt nur für das Wiederaufleben der For- 1 5 derung. Stundung und Erlaß sollen nicht bereits dann wegfallen, wenn der Vergleichsschuldner nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften in V e r z u g geraten ist. O b also Verzugszinsen, höhere vertragliche Zinsen und Ersatz eines weiteren Verzugsschadens geltend gemacht werden können, richtet sich nach den Vorschriften der §§ 286 I 288 B G B § 352 I H G B . Hier ist der bürgerlich-rechtliche Begriff des Verzuges maßgebend ( B G H , K T S 1956 94 = N J W 1956 1200, Böhle-Stamschräder Anm. 2 a zu % 9 V g l O ) . b) Als Folgen des Verzuges gemäß § 9 I werden Stundung und Erlaß des Vergleichs hinfällig und zwar nur für den Vergleichsgläubiger, gegenüber dem der Vergleichsschuldner mit der Erfüllung des Vergleichs in V e r z u g geraten ist. Nicht aber kann aus dem V e r z u g e die Vergleichsaufhebung begehrt werden. Die Bestandswirkungen des Vergleichs bleiben unberührt (§ 89 II). Es leben auch nicht etwa die unwirksam gewordenen Zwangssicherungen (§ 87) infolge des V e r z u g e s wieder auf. Die Bestimmung des § 87 schafft mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) einen endgültigen Zustand. Unberührt bleibt auch eine im Laufe des Vergleichsverfahrens eingetretene Unterbrechung der Verjährung (§ 55). N u r die durch den Stundungsvergleich bewirkte H e m mung der Verjährung endet mit dem Wegfall der Stundung aus § 9 I. Daß im Vergleichsverfahren einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft (Kommanditgesellschaft auf Aktien) der Wegfall von Stundung und Erlaß die H a f t u n g der persönlich haftenden Gesellschafter wieder um den auflebenden Betrag erweitert, ist eine Folge der Bestimmungen der §§ 128, 161 II H G B , § 278 AktG. Bei Liquidationsvergleichen liegt der Forderungsnachlaß in der, sei es ausdrücklich vereinbarten oder aus den Umständen zu folgernden, Beschränkung der H a f t u n g des Schuldners auf das T r e u g u t ; jedenfalls soweit diese die gesetzliche oder vereinbarte höhere Mindestquote deckt. Diese Haftungsbeschränkung muß als Inhaltswirkung des Vergleichs sinngemäß mit dem Eingreifen der Wiederauflebensklausel entfallen. Greift sie, sei es zugunsten aller oder auch nur eines Vergleichsgläubigers ein (oben 11 b, c), so beruht ein späterer Konkurs des Schuldners mit auf Altschulden. Damit gehört folgeweise das Treugut zur Konkursmasse. c) Vergleichssicherheiten persönlicher oder dinglicher Art bleiben den Gläubigern als Vorteile aus dem Vergleich trotz Wegfall von Stundung und Erlaß erhalten, wenn nichts Abweichendes festgelegt worden ist. Enthält die Bürgschaftserklärung keine Bestimmung über die Begrenzung der H a f t u n g des Bürgen, so haftet dieser weiter. Dies jedoch im Zweifel nur auf den vergleichsmäßigen, nicht auf den wiederauflebenden Betrag ( B G H , K T S 1957 157 = N J W 1957 1319 und grundsätzlich auch B G H , K T S 1963 170—173 = W M 1963 916 = V e r s R 1963 957). Auch eine Grundschuld, die ein Dritter zur Sicherung der Erfüllung des Vergleichs bestellt hat, wird nicht frei, wenn die Gläubiger sie, wie bei der Bürgschaft, so hier, auch nur in H ö h e des vergleichsmäßigen Betrages in Anspruch nehmen können (grundsätzlich: B G H , K T S 1966 46 = W M 1966 281). 241

§9

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Zur Reform der Vergleichsordnung schlägt Künne DB 1978 730 f vor, den Absatz 1 des § 9 VglO dahin zu ergänzen, daß etwaige Bürgen von der Mahnung zu unterrichten sind und daß ihnen bei Inanspruchnahme eine Schonfrist einzuräumen ist. Hinfälligwerden des Erlasses 16

a) Es lebt, auch wenn der Schuldner nur mit einer Rate in Verzug kommt und frühere Raten termingemäß gezahlt hatte, der ganze erlassene Betrag wieder auf, nicht nur ein dem Rückstand entsprechender Teil: es müßte denn das letztere im Vergleich bestimmt sein (Lucas S. 47; Süß Z H R 91 458; Krieg A. 3). Das gilt auch, wenn der Schuldner mit einer Zahlung auf den gemäß § 97 II vorläufig maßgebenden Berücksichtigungsbetrag einer streitigen Forderung oder des mutmaßlichen Ausfalls in Verzug geraten ist. Nicht beschränkt sich hier der Wegfall des Erlasses auf diesen Berücksichtigungsbetrag. Die Richtigkeit unserer Ansicht ergibt klar der Wortlaut des § 97 III 1: N u r wenn der Schuldner bis zur endgültigen Feststellung die Forderung „in dem aus der Entscheidung des Vergleichsgerichts sich ergebenden geringerem Ausmaße bei der Erfüllung des Vergleichs berücksichtigt ist", ist ihm nachgelassen, ohne Wegfall von Stundung und Erlaß die fehlende Vergleichsleistung nach endgültiger Feststellung der Forderungshöhe und Setzung einer erneuten, verlängerten Schonfrist nachzubringen. Ist er nicht nach § 97 II verfahren, so kann er sich nicht auf die Vorteile des § 97 III berufen und haftet vom Eintritt des Verzugs an auch für Verzugszinsen und weiteren Verzugsschaden hinsichtlich des Fehlenden. Bei Verzug mit Zahlungen auf den vorläufig zu berücksichtigenden Betrag des mutmaßlichen Ausfalls gilt unerachtet der Wiederauflebungsklausel der Ausfallgrundsatz (§27) weiter (BGH, KTS 1956 94 = N J W 1956 1200 = LM Nr. 1 zu § 9 VglO). b) Wie bei den Hauptforderungen, so leben auch bei den Nebenansprüchen die erlassenen Beträge wieder auf. Dies gilt auch für die Beträge, die nach § 83 II als erlassen gelten. Hierzu gehören die für die Zeit ab der Eröffnung des Vergleichsverfahrens laufenden Zinsen (§ 29 Nr. 1) — siehe auch Kalter KTS 1978 5. — c) Sind nach dem Vergleich Gläubiger mit ihren Forderungen hinter die übrigen Vergleichsgläubiger zurückgetreten, so bewirkt der Wegfall von Stundung und Erlaß nicht etwa, daß sich die zurücktretenden Gläubiger auch die wiederauflebenden Beträge vorgehen lassen müssen. Die Vergleichsgläubiger können aus § 9 I nicht mehr erreichen gegenüber anderen Gläubigern, als ihnen vor dem Vergleichsverfahren rechtlich zugestanden hatte (Einzelheiten: oben Anm. 26 zu § 8). Da Rechtsfolge des § 9 das Wiederaufleben des erlassenen Forderungsbetrags ist, so kann sie nur durch einen neuen Schuldtilgungsgrund wieder beseitigt werden. Dazu ist nicht nur der auch stillschweigend mögliche Erlaßvertrag (§ 397 BGB) geeignet. Vielmehr kann die Rechtsfolge auch durch Verwirkung entfallen. So wenn der Gläubiger die Nachforderung des wieder erwachsenen Betrags unter Umständen unterläßt, die nach Treu und Glauben eine spätere Geltendmachung nicht mehr rechtfertigen, etwa weil er sich auch weiterhin vorbehaltlos mit Vergleichsraten zufrieden gegeben hat (vgl. O L G Dresden, Recht 1932 Nr. 815). Hinfälligwerden der Stundung

17

a) Die Stundung entfällt nicht nur bei reinen, sondern auch bei den mit einem Teilerlaß verbundenen Stundungsvergleichen. Der Wortlaut des Gesetzes (Stundung „oder" Erlaß) ergibt dies freilich nicht eindeutig. Doch darf weder daraus noch aus dem Schweigen der Begr. II S. 48 geschlossen werden, daß bei Teilerlaßvergleich der 242

Wiederauflebensklausel

§9

V e r z u g nur zum Wegfall des Erlasses, nicht auch der Stundung, führe, wie dies f ü r den früheren, auf den Teilerlaßvergleich beschränkten § 7 Lucas J W 1931 2118 Anm. 25, unter Berufung auf den Gesetzeswortlaut behauptet hatte. Dagegen spricht schon die Tatsache, daß mit E r ö f f n u n g des Konkurses über das V e r m ö g e n des Schuldners auch bei Teilerlaßvergleich die Stundung entfällt, und zwar selbst dann, wenn bis zur E r ö f f nung die vereinbarten Raten fristgemäß gezahlt und weitere noch nicht fällig geworden waren (Absatz 2, w o gleichfalls von Stundung „oder" Erlaß die Rede ist). Es ist kein G r u n d ersichtlich, w a r u m es bei V e r z u g des Schuldners mit der Erfüllung eines Teilerlaßvergleichs anders sein sollte. D e r Wegfall auch der Stundung beruht hier darauf, daß diese ihren Sinn verliert, wenn die Forderung, die der Schuldner schon seinerzeit nicht voll zahlen konnte, wieder zur vollen H ö h e auflebt. Unsere Ansicht f ü h r t auch (entgegen dem f r ü h e r von Lucas erhobenen Einwand) nicht zu dem ungerechtfertigten Ergebnis, daß bei einem Vergleich mit unverzinslichen Raten im nachfolgenden K o n kurs der Abzug von Zwischenzinsen zufolge § 65 II K O statthaft wäre, wenn es sich um einen reinen Stundungsvergleich handele, nicht dagegen, wenn ein Erlaß- und Stundungsvergleich vorliege. Findet doch eine solche K ü r z u n g um Zwischenzinsen weder in dem einen noch in dem anderen Falle statt, da auch der Erlaß künftiger Zinsen (§ 83 II) mit Eingreifen der Wiederauflebensklausel entfällt (oben 3). b) Der Wegfall der Stundung kann für den Gläubiger den Eintritt der Aufrechenbarkeit herbeiführen, und zwar auch mit dem bisher erlassenen Forderungsteil. Die A u f r e c h n u n g mit der vollen F o r d e r u n g ist auch gegenüber einem Rückgewähranspruch zulässig, der dem Schuldner wegen einer gemäß § 8 III, §§ 47 ff oder 87 unwirksamen D e c k u n g zusteht (vgl. Rdn. 50 zu § 8). D o c h ist A u f r e c h n u n g auch mit dem erlassenen Forderungsteil immer nur zulässig, wenn die Aufrechnungslage, die die Tilgung der vollen Q u o t e oder des ganzen an dieser noch fehlenden Restbetrags ermöglicht, erst eintritt, nachdem der Schuldner in V e r z u g g e k o m m e n war. Konnte der Schuldner sich schon vorher wegen der vollen Q u o t e oder des an dieser noch fehlenden ganzen Restbetrags durch A u f r e c h n u n g befriedigen, so war im Hinblick auf § 389 BGB, der den Zeitpunkt der Tilgung auf den Eintritt der Aufrechnungslage zurückbezieht, ein Verzug und damit ein Wiederaufleben ausgeschlossen. Vergleichssicherheiten a) Z u m Fortbestehen der persönlichen und dinglichen Vergleichssicherungen, 1 8 soweit sich aus den Erklärungen und Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt, ist zu verweisen auf das oben zu 15 c Ausgeführte. Das Fortbestehen ist auch dann anzunehmen, wenn der Vergleichsgarant selbst Vergleichsgläubiger war und seine eigene Vergleichsforderung gemäß § 9 I wieder auflebt. — Für U m f a n g und Modalitäten der G a r a n t e n h a f t u n g gilt bei Eingreifen der Wiederauflebensklausel folgendes: b) H a f t e t der G a r a n t , z. B. bei Schuldmitübernahme, mit dem Vergleichsschuldner gesamtschuldnerisch (§§ 421 ff BGB), so folgt schon aus § 425 BGB, daß der V e r z u g des Vergleichsschuldners die G a r a n t e n h a f t u n g nach Zeit und U m f a n g unberührt läßt. Auch ein Vergleichsbürge (§ 765 BGB) haftet nicht f ü r den erlassenen Forderungsbetrag, es müßte denn der Vergleich eindeutig das Gegenteil bestimmen (Lucas § 75 Anm. VIII, Jaeger Lehrbuch S. 234, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 9 VglO). Die H a f tung des Bürgen bezieht sich auf die vergleichsmäßige Erfüllung des Schuldversprechens. D a f ü r hat der Bürge es ü b e r n o m m e n , ganz oder teilweise einzustehen. Das gilt auch bei Beschränkung der Bürgenhaftung auf einen ziffernmäßigen Höchstbetrag (Künne K u T 1932 122, Jaeger-Weber Anm. 6 zu § 194 K O ) . Auch in einem solchen Falle kann der Bürge die Leistung verweigern, falls der Gläubiger nach Verzugseintritt 243

§9

I . A b s c h n i t t : E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

die Vergleichsquote z u m vollen Betrage vom Schuldner erhalten o d e r beigetrieben hat. W o h l aber h a f t e t der Bürge g e m ä ß § 767 I S. 2 BGB f ü r die vom Vergleichsschuldner w e g e n N i c h t z a h l u n g d e r garantierten R a t e o d e r Q u o t e zu leistenden V e r z u g s z i n s e n und etwaigen w e i t e r g e h e n d e n Schadensersatz. — Auf die im Vergleich zugesagte S t u n d u n g der garantierten R a t e n o d e r der Q u o t e kann sich der Bürge nicht b e r u f e n , denn er hat es ja gerade ü b e r n o m m e n , f ü r die vergleichsgemäße, d. h. pünktliche E r f ü l lung einzustehen. Entfällt die S t u n d u n g aus § 9 I, so hat der Bürge, gleich dem Schuldner, n u n m e h r s o f o r t zu leisten. Anderes gilt jedoch, w e n n der Bürge erst ab einem gewissen Z e i t p u n k t die H a f t u n g f ü r die Vergleichserfüllung, z. B. f ü r die beiden letzten R a t e n , ü b e r n o m m e n hat, und dieser Z e i t p u n k t noch nicht eingetreten ist, der Vergleichsschuldner aber v o r h e r g e h e n d e Raten nicht gezahlt hatte: D e r Bürge m u ß hier zahlen insgesamt mit Eintritt des in d e r Bürgschaft g e n a n n t e n Zeitpunkts. Ist aber ein solcher nicht g e n a n n t , n u r die H a f t u n g f ü r die drei letzten Raten ü b e r n o m m e n , so m u ß er bereits mit dem Wegfall der S t u n d u n g (§ 9 I) insgesamt f ü r die drei letzten Raten einstehen (vgl. z u r B ü r g e n h a f t u n g auch Bohnenberg D R i Z 1950 178 f). Hinweis: Einzelheiten z u r Vergleichsbürgschaft müssen der Darstellung über den Ablauf des Vergleichstermins vorbehalten bleiben. Zu verweisen ist auf die R d n . 24 bis Rdn. 32 zu § 66 V g L O . c) D e r G a r a n t kann selbst in V e r z u g k o m m e n . D a z u bedarf es aber auch bei k a l e n d e r m ä ß i g bestimmten Z a h l u n g s t e r m i n e n einer M a h n u n g , selbst w e n n der G a r a n t S c h u l d m i t ü b e r n e h m e r o d e r selbstschuldnerischer Bürge (§ 85 II) ist. Für den G a r a n t e n gilt freilich § 9 I Halbs. 2 nicht. Gleichwohl k a n n ihm g e g e n ü b e r die kalendermäßige Bestimmtheit nicht V e r z u g o h n e M a h n u n g (§ 284 II 1 BGB) auslösen; denn kalendermäßig bestimmt ist im Vergleich n u r die Leistung des Vergleichsschuldners; der Anspruch gegen den G a r a n t e n ist stets sog. verhaltener, d. h. erst durch V e r l a n g e n des Gläubigers vollfällig w e r d e n d e r Anspruch. Auch bei eigenem V e r z u g h a f t e t der G a r a n t nicht auf den erlassenen Forderungsteil (vgl. Baur Fälle und Lösungen S. 115). — d) Die Zwangsvollstreckung gegen den Vergleichsbürgen, der o h n e V o r b e h a l t d e r Einrede der V o r a u s k l a g e seine V e r p f l i c h t u n g ü b e r n o m m e n hat (§ 85 II), geschieht wie die gegen den Vergleichsschuldner selbst aus dem bestätigten Vergleich in V e r b i n d u n g mit einem A u s z u g aus dem berichtigten Gläubigerverzeichnis (§ 85 I). Die Einrede der V o r a u s k l a g e hat der Vergleichsbürge entgegen § 771 BGB nur, w e n n er sich dieselbe ausdrücklich vorbehalten hat. Ist das geschehen, so ist ein V o r g e h e n gegen den V e r gleichsbürgen nach § 8 5 nicht möglich ( B G H , K T S 1957 157 = LM N r . 1 zu § 85 V g l O , Klemmer K T S 1960 73). Dies auch d a n n nicht, w e n n gegen den Vergleichsschuldner fruchtlos vollstreckt und die Einrede der V o r a u s k l a g e g e m ä ß § 773 BGB erloschen ist. Die Einrede der V o r a u s k l a g e ist vorbehalten, w e n n der Vergleichsbürge n u r f ü r den „Ausfall" einstehen will, weil darin die E r k l ä r u n g liegt, nur dann und n u r insoweit f ü r die Vergleichserfüllung einzustehen, als die Vergleichsgläubiger vom H a u p t s c h u l d n e r , dem Vergleichsschuldner ü b e r h a u p t nicht befriedigt w e r d e n (LG III Berlin K u T 1932 46). H a t jedoch der G a r a n t sich verpflichtet d a f ü r einzustehen, daß die Vergleichsgläubiger innerhalb einer bestimmten Frist aus der V e r w e r t u n g des Geschäftsvermögens des Schuldners die Vergleichsquote erhalten w e r d e n , so k a n n bei u n z u r e i c h e n d e r Liquidationsmasse nach Ablauf der Schonfrist gegen den G a r a n t e n aus § 85 Abs. 2 V g l O vollstreckt werden ( B G H , K T S 1970 45 = LM N r . 3 zu § 85 V g l O ) . Hinweis: Siehe weiter Rdn. 20 bis Rdn. 24 zu § 85 V g l O . — e) D e n in B e g r e n z u n g auf eine feste H ö c h s t s u m m e , also rechnerisch beschränkt h a f t e n d e n Vergleichsbürgen kann der einzelne Gläubiger so lange in Anspruch nehmen, bis der H a f t u n g s h ö c h s t b e t r a g e r s c h ö p f t ist, und z w a r , falls nicht der Vergleich 244

Wiederauflebensklausel

ausdrücklich Gleichbehandlung der Gläubiger durch den Garanten vorschreibt, ohne Rücksicht auf noch ungedeckte Gläubiger (dazu oben Anm. 19 zu § 3 und Anm. 24 zu § 8). Die E r s c h ö p f u n g der H a f t s u m m e muß der Vergleichsgarant im Klagewege geltend machen (§ 768 Z P O ) . — Wird über das V e r m ö g e n des Vergleichsgaranten das Vergleichs- oder Konkursverfahren e r ö f f n e t , so kommt der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der aus der Bürgschaft Berechtigten gemäß § 8 I V g l O bzw. § 6 1 N r . 6 K O z u m Zuge. — Ist die Gleichbehandlung der Gläubiger durch den Garanten vorgesehen, eine Bürgschaftsart, die höhere V e r a n t w o r t u n g und in Großverfahren nicht unbeträchtliche M ü h e aufbürdet, so muß der G a r a n t von vornherein alle Bezugsberechtigten anteilmäßig berücksichtigen. Mit Rücksicht auf diese nicht selten kaum zumutbare Belastung ist im Zweifel die Verpflichtung zur gleichmäßigen Befriedigung der aus der Bürgschaft Berechtigten nicht übernommen. — Gläubiger, die vor der Erschöpfung der H a f t s u m m e den Bürgen in Anspruch nehmen, sind von diesem mit dem Zahlungsbegehren, auch mit einem außergerichtlichen Begehren (Künne K u T 1934 68) zu berücksichtigen und z w a r die streitigen Forderungen nach Maßgabe des § 97 II. N u r die Zahlung oder Zwangsbefriedigung, nicht aber bereits die M a h n u n g berechtigt den Bürgen, die Einrede der E r s c h ö p f u n g zu erheben. W o h l tritt mit der M a h n u n g V e r z u g des Bürgen ein (Bohnenberg D R i Z 1950 285). f) Das f ü r die Vergleichsbürgschaft Gesagte gilt entsprechend f ü r die von Garanten gestellten dinglichen Sicherheiten, namentlich f ü r die einem T r e u h ä n d e r bestellten. Auch die dinglichen Sicherheiten haften unerachtet des Schuldverzugs nur f ü r die Vergleichsquoten, freilich unter Wegfall der vergleichsmäßigen Stundung. D e r T r e u h ä n der kann die Sicherheiten im Interesse der nicht vergleichsmäßig befriedigten Gläubiger verwerten ( O L G Breslau K u T 1941 92). Besteht die Sicherheit in einer Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93), so ist der Sachwalter befugt und verpflichtet, das Recht auf abgesonderte Befriedigung der Vergleichsgläubiger im Anschlußkonkurs geltend zu machen {Verfasser K T S 1956 24) und im Verteilungsverfahren einer Zwangsversteigerung 105 ff Z V G ) den auf die Vergleichsgläubigerhypothek entfallenden Erlös zu empfangen (Verfasser Rpfleger 1956 274 f, Moos Vergleichsgläubigerhypothek, Heidelberg 1965 87). g) Ist der Vergleichsschuldner bei einem Liquidationsvergleich seiner Verpflichtung, sein V e r m ö g e n (Geschäftsvermögen) auf den T r e u h ä n d e r zu übertragen, nicht nachgekommen, liegt V e r z u g in der Erfüllung von Hilfs- und Nebenpflichten vor, der dem Schuldner anzurechnen ist (§ 9 Abs 1 V g l O und dazu z. B. Uhlenbruck G m b H R d s c h . 1976 191), so kann in das T r e u g u t vollstreckt werden, ohne daß der T r e u h ä n d e r dem gemäß § 771 Z P O widersprechen könnte (vgl. O L G F r a n k f u r t J W 1933 1141, BöhleStamschräder Anm. 6 zu § 9 V g l O , abweichend: LG H a n n o v e r BB 1952 359 mit kritischer Anm. Gascard). —

C. Wegfall der Vergleichsschranken zufolge Konkurses Voraussetzung des Absatzes 2 Voraussetzung des Absatzes 2 ist lediglich die Tatsache der E r ö f f n u n g des K o n k u r - 1 9 ses über das V e r m ö g e n des Vergleichsschuldners vor (unanfechtbarer) Vollzahlung der Vergleichsquote. Die Vorschrift greift deshalb auch ein, wenn der Schuldner die bisherigen Raten terminmäßig gezahlt hatte und weitere bis z u m Konkursbeginn nicht verfallen waren. Bezweckt sie doch, die sonst unvermeidliche doppelte K ü r z u n g der vom Vergleich wie vom K o n k u r s betroffenen Forderungen zu verhüten. Eben deshalb ist es auch gleichgültig, in welchem U m f a n g e die Vergleichserfüllung bei K o n k u r s e r ö f f n u n g 245

§ 9

I. Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

n o c h a u s s t e h t , u n d auf w e l c h e m G r u n d e die N i c h t e r f ü l l u n g b e r u h t . Mit r e c h t s k r ä f t i g e r A u f h e b u n g des K o n k u r s e r ö f f n u n g s b e s c h l u s s e s (vgl. § 109 K O ) entfällt r ü c k w i r k e n d a u c h die A n w e n d b a r k e i t u n s e r e s A b s a t z e s 2. Kreis der Gläubiger 20

a) Z u m Kreis d e r G l ä u b i g e r , d e n e n die W i e d e r a u f l e b e n s k l a u s e l z u g u t e k o m m t , b r a u c h e n selbst bei völlig v e r g l e i c h s m ä ß i g e m V o r g e h e n des S c h u l d n e r s d u r c h a u s nicht sämtliche v e r g l e i c h s b e t r o f f e n e n G l ä u b i g e r z u g e h ö r e n ; so z. B. d a n n nicht, w e n n d e r S c h u l d n e r gewisse G l ä u b i g e r , e t w a K l e i n g l ä u b i g e r , v o r d e n ü b r i g e n b e f r i e d i g e n m u ß t e (Böble-Stamschräder A n m . 3 z u § 9 V g l O ) . E i n e solche V o r z u g s b e f r i e d i g u n g unterliegt, w e n n sie d e m V e r g l e i c h e n t s p r e c h e n d u n d o r d n u n g s m ä ß i g e r f o l g t e , nicht d e r Absichtsa n f e c h t u n g n a c h § 31 N r . 1 K O . W o h l a b e r k ö n n e n a u c h v e r g l e i c h s m ä ß i g e Q u o t e n z a h l u n g e n n a c h § 30 N r . 1 Fall 2, o r d n u n g s w i d r i g e n a c h § 30 N r . 2 K O der besonderen Konkursanfechtung unterliegen. D i e s gilt selbst d a n n , w e n n z u f o l g e d e r V o l l z a h l u n g d e r Q u o t e n s ä m t l i c h e r v e r g l e i c h s b e t r o f f e n e n F o r d e r u n g e n d e r K o n k u r s seinen G r u n d ausschließlich in N e u s c h u l d e n h a t . D e r K o n k u r s v e r w a l t e r m u ß a b e r , b e v o r er die Z a h l u n g d e r vollen Q u o t e n o d e r S c h l u ß r a t e n a n f i c h t , i m m e r b e a c h t e n , d a ß g e m ä ß § 39 K O im U m f a n g e d e r R ü c k g e w ä h r des E m p f a n g e n e n die v e r g l e i c h s b e t r o f f e n e n F o r d e r u n g e n Wiederaufleben u n d d e s h a l b d e r F o r d e r u n g s n a c h l a ß e n t f ä l l t ( K i e s o w A. 4; Eisold A. 3). Freilich k a n n hier, w o die F o r d e r u n g n u r im U m f a n g d e r R ü c k g e w ä h r des E r l a n g t e n w i e d e r a u f l e b t , n a c h d e m Z w e c k g e d a n k e n des § 39 K O a u c h d e r E r l a ß sinng e m ä ß n u r im U m f a n g e des W i e d e r a u f l e b e n s d e r F o r d e r u n g hinfällig w e r d e n . b) F ü r die G l ä u b i g e r mit m e h r e r e n F o r d e r u n g e n gilt das o b e n 13 B e m e r k t e e n t s p r e chend. c) Bei b e s t r i t t e n e n F o r d e r u n g e n u n d bei teilweise g e d e c k t e n verliert § 97 II f ü r die Z u k u n f t seine B e d e u t u n g . A u c h f ü r sie gelten h i n f o r t die §§ 12, 139 ff K O u n d f ü r F o r d e r u n g e n mit A b s o n d e r u n g s r e c h t d e r A u s f a l l g r u n d s a t z in d e r s t r e n g e n F o r m des § 64 K O . S o w e i t v o r K o n k u r s auf die F o r d e r u n g z u w e n i g z u g e t e i l t w a r (§ 97 III), e r h ö h t sich im K o n k u r s e i n f a c h ihr B e r ü c k s i c h t i g u n g s b e t r a g . S o w e i t d e r G l ä u b i g e r zuviel e r h a l t e n h a t t e , k a n n er z u f o l g e § 97 I V a u c h f ü r d e n K o n k u r s das zuviel E m p f a n g e n e in erster Linie a n r e c h n e n , u n d z w a r selbst auf d e n w i e d e r a u f l e b e n d e n B e t r a g — e b e n weil die W i e d e r a u f l e b e n s k l a u s e l n i c h t d e n V e r g l e i c h als s o l c h e n beseitigt ( u n t e n 2 1 a ) . N u r d e r d a n a c h n i c h t a n r e c h e n b a r e Z u v i e l e m p f a n g ist z u r M a s s e z u e r s t a t t e n . d) D a s W i e d e r a u f l e b e n aus § 9 II b e z i e h t sich a u c h auf die n a c h § 83 II als erlassen g e l t e n d e n A n s p r ü c h e ( l a u f e n d e Z i n s e n u n d K o s t e n , die d e m b e t r o f f e n e n G l ä u b i g e r d u r c h die T e i l n a h m e a m V e r g l e i c h e r w a c h s e n s i n d ; vgl. Kalter K T S 1978 5). A b e r a u c h f ü r F r e i g e b i g k e i t s f o r d e r u n g e n u n d die i h n e n a n h a f t e n d e n N e b e n a n s p r ü c h e gilt die W i e d e r a u f l e b e n s k l a u s e l des § 9 II. D i e s e A n s p r ü c h e k o m m e n z w a r im K o n k u r s e selbst n i c h t z u m Z u g e (§ 63 N r . 4 K O ) , sie k ö n n e n a b e r wie alle in § 63 K O g e n a n n t e n F o r d e r u n g e n a u ß e r h a l b des K o n k u r s v e r f a h r e n s geltend g e m a c h t w e r d e n ( O L G H a m b u r g M D R 1959 221, O L G B a m b e r g M D R 1965 306, O L G D ü s s e l d o r f K T S 1969 108). E i n e Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g in das k o n k u r s f r e i e V e r m ö g e n ist zulässig ( A G O s n a b r ü c k K T S 1965 182 mit A n m . Verfasser). Rechtsfolgen

21

a) D i e R e c h t s f o l g e n des A b s a t z e s 2 w e r d e n n u r p r a k t i s c h , soweit nicht bereits eine V e r w i r k u n g z u f o l g e V e r z u g s e i n g e t r e t e n w a r o d e r falls diese, n a m e n t l i c h hinsichtlich d e r V e r g l e i c h s s i c h e r h e i t e n ( u n t e n 22), nicht so w e i t r e i c h t w i e die V e r w i r k u n g z u f o l g e 246

Wiederauflebensklausel

§9

Konkurses. Verwirkungsfolge ist auch hier nur Hinfälligwerden von Erlaß und Stundung, nicht des Vergleichs als solchen, also nicht auch der Bestandswirkungen des V e r gleichs. Es bleibt mithin für Gläubiger, die innerhalb der Sperrfrist (§ 28) vollstreckt oder eine Befriedigung erlangt haben, die mit der Vergleichsbestätigung (§ 78) eingetretene Wirkung aus § 87 bestehen. Die Bestimmung des § 87 schafft einen endgültigen Zustand, auf den der spätere Konkurs keinen Einfluß hat (Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 87 V g l O ) . — W o h l aber wird als Folge von Vorschriften außerhalb der V e r gleichsordnung mit dem Wegfall des Erlasses aus § 9 II gegenüber der offenen H a n delsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter um den wiederauflebenden Betrag erweitert (vgl. oben Anm. 15 b). b) D e r im Konkurs vom (früheren) Vergleichsgläubiger geltend zu machende Forderungsbetrag (§ 3 K O ) berechnet sich so, daß von dem — ungekürzten — Forderungsbetrag zur Zeit der Vergleichsbestätigung auszugehen ist. V o n diesem Betrage sind die zwischenzeitlichen Zahlungen abzusetzen. W a r danach dem einzelnen Gläubiger gegenüber der Vergleich im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (§ 108 K O ) voll erfüllt, so kommt diesem Gläubiger gegenüber die Bestimmung des § 9 II nicht zum Zuge. Geltend gemacht werden können im Konkurse auch die wiederauflebenden Zinsansprüche, die nach § 83 II als erlassen galten, und die dem Gläubiger durch seine Teilnahme am Vergleichsverfahren erwachsenen Kosten. Für die Zinsen ab Konkurseröffnung und die Teilnahmekosten im Konkurs gelten die Bestimmungen des § 63 Nr. 1 und 2 K O . c) W i e zufolge Verzugs entfällt eine Stundung nicht nur bei reinem Stundungs-, sondern auch bei Erlaßvergleich. Dies ergibt sich auch hier schon daraus, daß die Stundung mit Wiederaufleben des erlassenen Forderungsteils ihren Sinn verliert (oben 17 a), nicht erst als Rechtsfolge aus § 65 I K O . Eine Kürzung der Forderungen um den Zwischenzins (§ 65 II K O ) kommt in keinem Fall in Frage. Bezüglich der Forderungen, für die von der Vergleichsbestätigung an die Zinsen künftig als abbedungen gelten, ist dies bereits oben 3 nachgewiesen worden. Die Kürzung ist aber auch bei den von vornherein unverzinslichen Forderungen ausgeschlossen. Denn auch diese Forderungen sind vergleichsbetroffen. Auch für sie ist deshalb mit Vergleichsbestätigung Fälligkeit eingetreten und die vergleichsmäßige Stundung deshalb nachträgliche Stundung. Dadurch, daß die Stundung als Inhaltswirkung des Vergleichs mit dem Teilerlaß entfällt, wird aber die Bestandswirkung der mit Vergleichsbestätigung eingetretenen Fälligkeit nicht berührt. d) Zufolge Wegfalls der Stundung kann der Gläubiger, und zwar auch mit dem bisher erlassenen Betrag seiner Forderung, gegenüber der Konkursmasse aufrechnen. Die Aufrechnung in diesem Umfange ist auch gegen einen zur Konkursmasse gehörenden Rückgewähranspruch zulässig, der dem Schuldner wegen einer gemäß § 8 III, §§ 47 ff oder § 87 unwirksamen Deckung des Gläubigers erwachsen war (§ 8 A. 50). D o c h ist in allen Fällen eine Aufrechnung mit dem erlassenen Forderungsteil zufolge § 389 B G B stets dann ausgeschlossen, wenn der Gläubiger, bevor der Schuldner in Verzug oder in Konkurs gefallen war, sich wegen der vollen Quote oder des an dieser noch fehlenden ganzen Restbetrags durch Aufrechnung hätte befriedigen können (oben 1 7 b ) . Vergleichssicherheiten Hinsichtlich der Vergleichssicherheiten ist davon auszugehen, daß sie — wenn 2 2 Erklärungen und Umstände nichts anderes ergeben — nicht etwa entfallen sollen, wenn das Konkursverfahren über das Vermögen des Vergleichsschuldners eröffnet 247

§ 1 0

I.Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

wird. Sie werden ja gerade verlangt für den Fall, daß der Vergleichsschuldner den von ihm angebotenen Vergleich nicht erfüllt (Kleemeyer Diss. Tübingen 1972 84 f 94 ff). Es besteht daher grundsätzlich eine Bürgschaftsverpflichtung fort, wenn es zum Konkurse kommt. Doch bezieht sich die Verpflichtung des Bürgen nur auf die vergleichsmäßige Erfüllung, mithin auf die Zahlung der Vergleichsquote, nicht auf Zahlung der wiederauflebenden Forderung (BGH, KTS 1957 157 = N J W 1957 1319 und grundsätzlich auch BGH, KTS 1963 173 = W M 1963 916 = VersR 1963 957). Dies gilt auch dann, wenn die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Konkursmasse abgelehnt wird (AG Bremerhaven KTS 1977 134). — Es wird auch eine Grundschuld, die ein Dritter als Sicherheit gestellt hat, mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Vergleichsschuldners nicht frei (BGH, KTS 1966 46 = W M 1966 281). - H a t der Vergleichsschuldner eine Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93) bestellt, so gewährt diese im späteren Konkurs den Vergleichsgläubigern weiterhin dingliche Sicherung. Dies ist bei der Kommentierung des § 93 näher darzulegen (vgl. Rdn. 1 bis 3 zu § 93 VglO, Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 93 VglO, Mentzel-Kuhn Anm. 16 zu § 47 KO).

§ 10 Nachholungsfrist Unterläßt es der Schuldner, dem Antrag die im § 4 Abs. 1 genannten Anlagen beizufügen oder genügen der Antrag und die Anlagen nicht den Vorschriften der §§ 3 bis 7, so kann das Gericht, falls der Mangel entschuldbar ist, dem Schuldner eine Frist zur Nachholung bewilligen. Die Frist soll zwei Wochen nicht überschreiten. Betrifft das Vergleichsverfahren ein Unternehmen von erheblichem Umfang oder liegen andere besondere Gründe vor, so darf sie länger, jedoch nicht mit mehr als vier Wochen bemessen werden. M a t e r i a l i e n : B e g r . I S. 2 0 ; B e r . S. 9 , 3 2 . B e g r . I I S. 5 6 ; III S. 3 9 0 . Übersicht Rdn. I.

II.

Voraussetzungen Antragsmänge! Behebbarkeit Entschuldbarkeit Bewilligungsverfahren V o n Amts wegen Keine Beweislastregelung Zwischenverfügung

1 2 3 4 5 6

III.

G e w ä h r u n g des rechtlichen G e h ö r s Die N a c h h o l u n g s f r i s t Keine A u s s c h l u ß f r i s t D a u e r d e r Frist Verlängerung, Verkürzung Beginn des Fristlaufs Rechtsbehelfe

. . . .

Rdn. 7 8 9 10 U 12

I. Voraussetzungen Antragsmängel N u r Antragsmängel, auch mehrere zugleich, können die Fristbewilligung rechtfertigen. Die Mängel können nach Satz 1 darin bestehen, daß entweder der Antrag bzw. die beigefügten Anlagen inhaltlich nicht den Vorschriften der §§ 3 bis 7 genügen oder Anlagen der in § 4 bezeichneten Art überhaupt fehlen. Man wird dazu aber auch das Fehlen allgemeiner Antragserfordernisse (§2 A. 2 d) rechnen müssen, wie z. B. das Fehlen einer schriftlichen Vollmacht, eines Nachweises der gesetzlichen Vertretungsmacht (ebenso Böhle-Stamschräder, Anm. 1 zu § 10 VglO). — Zu bemerken ist hier, daß die Zustimmung eines persönlich haftenden Gesellschafters zum Vergleichsvor248

Nachholungsfrist

schlag gemäß § 109 Ziff. 1 auch noch später, nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens, spätestens jedoch bis zum Beginn der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag erklärt werden kann. Tritt der T o d des Vergleichsschuldners im Antragsverfahren vor der Entscheidung aus §§ 16, 19, 20 ein, so ist den Erben Gelegenheit zu geben, den Vergleichsantrag des Erblassers aufzunehmen, zu ergänzen, zu ändern und Antragsmängel zu beheben. Das Verfahren kann dann als Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) eröffnet werden. H a t das Vergleichsgericht in einem solchen Falle das Verfahren ohne Kenntnis des Todes des Antragstellers eröffnet, so ist es von Rechts wegen ein Nachlaßvergleichsverfahren mit der Wirkung der Haftungsbeschränkung ( § 1 1 3 Nr. 4). Behebbarkeit Der Mangel muß behebbar sein. Eine Fristsetzung entfällt, wenn feststeht, daß das 2 Vermögen des Vergleichsschuldners nicht ausreicht, um die gesetzliche Mindesquote aufbringen zu können (§§ 7, 18 Nr. 3). Ebenso muß die Fristsetzung uterbleiben, wenn der Antrag aus anderen nicht behebbaren Gründen abgewiesen werden muß (§ 15 I). — Eine Verweisung an das zuständige Gericht (vgl. Anm. 44 zu § 2) darf nicht davon abhängig gemacht werden, daß andere, nicht sich auf die Zuständigkeit beziehende Mängel zuvor beseitigt werden. Soweit ein Verweisungsantrag nicht gestellt worden ist, ist dieser vom Vergleichsgericht anzuregen ( R G Z 121 21). Entschuldbarkeit Der Mangel muß entschuldbar sein. Eine schuldhafte Verzögerung des Antrags 3 führt zur Ablehnung des Vergleichsantrags aus § 18 Nr. 2 des Gesetzes. Doch liegt eine solche Verzögerung nicht ohne weiteres in der Einreichung eines unfertigen, nicht vollständigen Vergleichsantrags. Der Schuldner kann u. U. sehr plötzlich in die Lage versetzt werden, sich darüber schlüssig zu werden, ob er den Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu stellen hat, so z. B. wenn ihm durch die Zahlungsunfähigkeit eines seiner Abnehmer, deren Eintritt nicht zu erwarten war, überraschend flüssige Mittel zur Begleichung eigener Verbindlichkeiten fehlen. — Auch ein von dritter Seite gestellter Konkursantrag, mit dem nicht zu rechnen war, kann den Schuldner u. U. veranlassen, zunächst einen nicht vollständigen Vergleichsantrag einzureichen, um die Aussetzung der Entscheidung über den Konkursantrag zu erreichen (§ 46). Eine sehr wohl entschuldbare Verzögerung in der Antragstellung (§§ 2 ff) kann darin liegen, daß der Schuldner aussichtsreiche außergerichtliche Vergleichsverhandlungen führte, die nicht zu dem an sich möglichen und von ihm erwarteten Erfolg führten. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, daß die Rechtsprechung das Bemühen des Schuldners, durch außergerichtliche Sanierung zu einer Schuldenregelung zu gelangen, insofern ausdrücklich anerkannt hat, als Bezahlung oder Sicherstellung eines Honorars zur Durchführung einer solchen Aufgabe der Konkursanfechtung nach § 30 Nr. 1 halbs. 1 K O entzogen sind, wenn das Honorar als angemessen anzusehen ist und die gewünschte Arbeit nicht erkennbar von vornherein aussichtlos erscheint (vgl. B G H Z 28 344, ferner Kuhn W M 1959 101/102). - Schließlich bilden die nicht selten mit dem Eintritt einer Insolvenz verbundenen seelischen Depressionen (geschäftliche und familiäre Verhältnisse) einen Entschuldigungsgrund. Würde das verneint werden, so wäre ein Schuldner, den die Insolvenz weiter nicht berührt, der sich keinerlei Gedanken über die Gründe und Vermeidbarkeit macht, besser gestellt. Das Gesetz aber soll gerade den schützen, der sich der Schwere der Verantwortung und der Folgen der Insolvenz für die im Unternehmen Beschäftigten und seine Familie bewußt geworden ist. — W o allerdings dem Schuldner grobes Verschulden zuzurechnen ist, besteht kein Anlaß, nicht sofort aus § 18 Nr. 2 zu entscheiden. 249

§ 10

I.Abschnitt: Eröffnungsantrag, Vergleichsvorschlag

II. Bewilligungsverfahren Prüfung v o n A m t s w e g e n 4

D a s G e r i c h t h a t die F r a g e ( a u ß e r bei F r i s t v e r l ä n g e r u n g : u n t e n 10) v o n A m t s w e g e n z u p r ü f e n . D o c h w i r d d e r S c h u l d n e r , falls er v o m M a n g e l w e i ß , g u t d a r a n t u n , bei Stell u n g des A n t r a g s u m Fristbewilligung n a c h z u s u c h e n , m ö g l i c h s t u n t e r G l a u b h a f t m a c h u n g des E n t s c h u l d i g u n g s g r u n d e s . D e n n E r m i t t l u n g e n ü b e r die E n t s c h u l d b a r k e i t , die das V e r f a h r e n v e r z ö g e r n k ö n n t e n , b r a u c h t d a s G e r i c h t nicht a n z u s t e l l e n . Stets m u ß das G e r i c h t , w e n n dies alsbald, z. B. mittels t e l e p h o n i s c h e r R ü c k f r a g e , m ö g l i c h ist, d e n Schuldner ohne Fristsetzung zur Antragsergänzung auffordern. Keine Beweislastregelung

5

D a s G e r i c h t e n t s c h e i d e t in f r e i e r W ü r d i g u n g aller U m s t ä n d e . D i e Bewilligung steht a b e r , w e n n ihre V o r a u s s e t z u n g e n g e g e b e n , nicht im E r m e s s e n , s o n d e r n ist A m t s p f l i c h t des G e r i c h t s . Es m u ß sie bewilligen, w e n n U m s t ä n d e , die auf s c h u l d h a f t e V e r z ö g e r u n g schließen lassen, nicht ersichtlich sind. D i e F a s s u n g d e r V o r s c h r i f t ( „ k a n n " , „falls e n t s c h u l d b a r " ) b e d e u t e t keine Beweislastregelung, s o n d e r n n u r , d a ß das G e r i c h t k e i n e z e i t r a u b e n d e n E r m i t t l u n g e n a n z u s t e l l e n b r a u c h t ( o b e n 4) u n d d a ß bei V o r l i e g e n eines sonstigen A b l e h n u n g s g r u n d e s die Fristbewilligung u n t e r b l e i b e n m u ß (oben 2). Zwischenverfügung

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D i e Fristbewilligung g e s c h i e h t d u r c h Zwischenverfügung u n t e r A n g a b e d e r zu b e h e b e n d e n M ä n g e l u n d d e r F r i s t d a u e r . F r i s t b e g i n n : u n t e n 11. W e r d e n die g e r ü g t e n M ä n gel f r i s t g e m ä ß beseitigt, so darf d e r R i c h t e r w e g e n a n d e r e r A n t r a g s m ä n g e l die E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s nicht o h n e e r n e u t e F r i s t s e t z u n g a b l e h n e n . D e r S c h u l d n e r m u ß sich d a r a u f verlassen k ö n n e n , d a ß d e r A n t r a g , a b g e s e h e n v o n d e n g e r ü g t e n M ä n g e l n , in O r d n u n g ist. A b l e h n u n g des V e r g l e i c h s a n t r a g s v o r Fristablauf darf z w a r aus a n d e ren G r ü n d e n g e s c h e h e n , d a n n a b e r m u ß d e m S c h u l d n e r eine n e u e N a c h f r i s t g e s e t z t w e r d e n , es sei d e n n , die a n d e r e n G r ü n d e sind nicht b e h e b b a r . Gewährung des rechtlichen G e h ö r s

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A u c h bei seinen M a ß n a h m e n aus § 10 V g l O h a t das G e r i c h t das r e c h t l i c h e G e h ö r zu g e w ä h r e n (Art. 103 Abs. 1 G G ) u n d das r i c h t e r l i c h e F r a g e r e c h t (§ 139 Z P O ) a u s z u ü b e n . — S o w e i t die v o m V e r g l e i c h s c h u l d n e r e i n g e r e i c h t e n A n l a g e n z u m V e r g l e i c h s a n t r a g u n z u r e i c h e n d sind, h a t das G e r i c h t d a r a u f h i n z u w e i s e n , w e l c h e A n l a g e n f e h l e n , w e l c h e z u e r g ä n z e n sind. D a f ü r k a n n das „ M e r k b l a t t f ü r gerichtliche V e r g l e i c h s a n t r ä g e " eine gewisse V e r f a h r e n s h i l f e sein. — H a t d e r V e r g l e i c h s s c h u l d n e r die v o m G e r i c h t b e z e i c h n e t e n A n t r a g s m ä n g e l beseitigt, so d a r f das G e r i c h t seine E n t s c h e i d u n g ü b e r die A b w e i s u n g des V e r g l e i c h s a n t r a g s nicht auf i n z w i s c h e n festgestellte a n d e r e M ä n g e l s t ü t z e n . D e r V e r g l e i c h s s c h u l d n e r ist h i e r z u v o r d e r E n t s c h e i d u n g z u h ö r e n . S o w e i t diese neu festgestellten M ä n g e l b e h e b b a r e r s c h e i n e n , ist eine w e i t e r e N a c h h o l u n g s f r i s t zu s e t z e n .

III. Nachholungsfrist Keine Ausschlußfrist 8

D i e Frist ist keine Ausschlußfrist, s o n d e r n eine r i c h t e r l i c h e Frist. Es sind mithin die n a c h Ablauf d e r Frist, j e d o c h v o r d e r E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n V e r g l e i c h s a n t r a g n a c h g e reichten E r k l ä r u n g e n u n d A n l a g e n (§ 4) mit z u b e r ü c k s i c h t i g e n (a. A. L G S t u t t g a r t 250

Nachholungsfrist N J W 1953 1231). Wohl aber tritt mit dem Erlaß der Entscheidung eine Ausschlußwirkung ein. Dauer der Frist Die Dauer der Frist ist f ü r die Regel auf 2 Wochen begrenzt, aber auf vier Wochen 9 erstreckbar. Auch diese Frist reicht f ü r Großverfahren nicht aus, um alle nach §§ 2 ff für einen Vergleichsantrag erforderlichen Unterlagen, Erklärungen und Anlagen (Verzeichnisse) zu beschaffen. — Vergleichsverfahren stehen zwar unter dem Grundsatz der Beschleunigung, doch darf dieser Grundsatz nicht zu einem undurchführbaren Prinzip erhoben werden. Wird — das ist in der Praxis sehr häufig der Fall — dem Schuldner eine weitergehende Frist gewährt, so ist nicht etwa das darauf eröffnete Vergleichsverfahren als ein unzulässiges Verfahren anzusehen. Im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D. Herstatt KGaA i. L., Köln lagen zwischen der Antragstellung und der Eröffnung des Vergleichsverfahrens nahezu vier Monate (vgl. dazu Berges KTS 1975 75/90 ff insbesondere zur Frage des Anwachsens der Zinsverschuldung, da §§ 29, 83 Abs. 2 VglO für diese Zeitspanne ausscheiden). Dieses Vergleichsverfahren „sprengte alle Normen der Vergleichsordnung" (so wörtlich Künne KTS 1975 179). Dies gilt neben der Fristregelung des § 10 VglO auch f ü r die des § 14 VglO, der Frist zur Abgabe der gutachtlichen Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung (vgl. Rdn. 8 zu § 14 VglO). — Verlängerung, Verkürzung Eine Verlängerung der Frist ist nicht etwa nur bei einer entschuldbaren Nichteinhal- 10 tung der zunächst gesetzten Frist zulässig, sondern von vornherein. Dies gilt besonders für Großverfahren, bei denen sogleich zu übersehen ist, daß die erste (Zweiwochenfrist) und die zweite (Vierwochenfrist) des 5 10 nicht ausreichen werden. Gerichtliche Maßnahmen müssen den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechen, wenn sie nicht als weltfremd angesehen werden sollen. Einem solchen Vorwurf aber sollte sich ein Vergleichsgericht, von dem erwartet wird, daß es wirtschaftliche Tatbestände richtig zu würdigen versteht, nicht aussetzen. — Dem stimmt grundsätzlich zu der Beschluß des AG Köln vom 3. 9. 1974 — 171 V N 12/74 —, nicht veröffentlicht, ergangen im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D. Herstatt KGaA i. L. — Bedenken äußert Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 10 VglO. — Eine Verkürzung der Frist ist unzulässig. Die Vergleichsgläubiger sind aus § 224 Abs. 2 Z P O nicht antragsberechtigt (vgl. dazu weiter unten Rdn. 12 zu § 10 VglO). Beginn des Fristenlaufes Der Fristablauf beginnt mit der Zustellung (§ 118), die mit der Aufgabe zur Post als 11 bewirkt anzusehen ist (§ 175 Z P O ) . Wird die Fristbewilligung verkündet (§ 329 I Z P O ) , so beginnt der Fristablauf mit diesem Zeitpunkt. — Für die Berechnung der Frist gilt § 222 Z P O in Verbindung mit §§ 187 I, 188 BGB. Rechtsbehelfe Die Entscheidung des Vergleichsgerichts über die Gewährung einer Frist (oder wei- 12 teren Frist) aus § 10 V g l O ist als solche nicht anfechtbar (vgl. § 121 Abs. 1 VglO). Wohl kann die Entscheidung über die Eröffnung des Konkursverfahrens, bzw. die über die Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens (sofortige Beschwerde nach § 19 251

§10

I. Abschnitt: E r ö f f n u n g s a n t r a g , Vergleichsvorschlag

Abs. 2 V g l O ) mit der Begründung angefochten werden, vor der Abweisung des Vergleichsantrags hätte eine Nachholungsfrist gewährt werden müssen, bzw. die gewährte Nachfrist sei zu kurz gewesen (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 10 V g l O ) . Bewilligt das Vergleichsgericht eine Nachholungsfrist, die über die im § 10 V g l O gesetzte zeitliche Grenze hinausgeht, so steht Gläubigern, auch wenn diese einen Antrag auf E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens gestellt haben, über den die Entscheidung nach § 46 V g l O ausgesetzt ist, ein Rechtsbehelf hiergegen nicht zu, wie aus § 121 Abs. 1 V g l O folgt (vgl. Münzet D R i Z 1935 246). — Entsprechendes gilt für die Ablehnung eines von Gläubigern vorsorglich gestellten Antrages, nach Ablauf der gewährten Frist aus § 10 V g l O keine weitere Frist zu gewähren, vielmehr eine Entscheidung gemäß § 16 V g l O zu treffen (vgl. zur Entscheidung über einen solchen „Zwischenant r a g " den Beschluß des A G Köln vom 3. 9. 1974 - 171 V N 12/74).

252

ZWEITER ABSCHNITT Eröffnung des Verfahrens

§11 Bestellung eines vorläufigen Verwalters (1) D a s Gericht hat sofort nach d e m Eingang des Antrags einen vorläufigen Verwalter zu bestellen und den Eingang des Antrags sowie den N a m e n des vorläufigen Verwalters öffentlich bekanntzumachen. (2) Für den vorläufigen Verwalter gelten sinngemäß die Vorschriften über den Vergleichsverwalter (§§ 38 bis 43). Materialien: Begr. II S. 39, 44, 56 f; III S. 390. Schrifttum Papke „Das Bild des Vergleichsverwalters" in der Festschrift für Ernst Knorr. 1968, Alexander Völker Die Stellung des Vergleichsverwalters und die Rechtsnatur seines Amtes, Diss. Tübingen 1972.Übersiebt Rdn. I.

II.

Das gerichtliche V o r v e r f a h r e n Gesetzliche Gestaltung Beginn Zweck Richterliche S o f o r t m a ß n a h m e n V o r l ä u f i g e P r ü f u n g des A n t r a g s Bestellung eines v o r l ä u f i g e n V e r w a l t e r s

1 2 3 4 4

III.

Rdn. u n d B e k a n n t m a c h u n g des V o r v e r f a h r e n s . 5 Zusätzliche Maßnahmen 6 Der vorläufige Verwalter Sein A m t 7 Seine A u f g a b e n 8 Seine V e r g ü t u n g 9

I. D a s gerichtliche Vorverfahren Gesetzliche Gestaltung Ein V o r v e r f a h r e n k a n n t e a u c h die f r ü h e r e V g l O . Es w a r a b e r ein bloßes E r ö f f - 1 n u n g s v e r f a h r e n , weil es auf die B e r e i n i g u n g e n t s c h u l d b a r e r A n t r a g s m ä n g e l u n d die Entscheidung über den Vergleichsantrag nach G e h ö r der amtlichen Berufsvertretung b e s c h r ä n k t w a r . Im ü b r i g e n h a t t e d e r V e r g l e i c h s a n t r a g n u r die F o l g e , die K o n k u r s e r ö f f n u n g auf G l ä u b i g e r a n t r a g a u s z u s c h l i e ß e n u n d d e n S t i c h t a g f ü r die B e r e c h n u n g d e r R ü c k s c h l a g s s p e r r f r i s t f e s t z u l e g e n . D i e s e b e i d e n F o l g e n h a t er n o c h h e u t e (§§ 46, 28, 87, 104, 124). D a r ü b e r h i n a u s a b e r löst d e r V e r g l e i c h s a n t r a g b e s t i m m t e im G e s e t z vorgesehene und von Rechtsprechung und Schrifttum weiterentwickelte M a ß n a h m e n des V e r g l e i c h s g e r i c h t s aus. D a s G e s e t z sieht v o r , d a ß s o f o r t n a c h E i n g a n g des V e r g l e i c h s a n t r a g s ein v o r l ä u f i g e r V e r w a l t e r z u bestellen ist (§ 11 I), es sei d e n n , d a ß d e r E r ö f f n u n g des V e r g l e i c h s v e r f a h r e n s e i n e r d e r in d e n § § 1 7 , 18 b e z e i c h n e t e n G r ü n d e e n t g e g e n s t e h t u n d die Beseitigung dieses G r u n d e s nicht m ö g l i c h o d e r mit S i c h e r h e i t 253

§11

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

nicht zu erwarten ist (§ 15 I). Das Gesetz sieht weiter vor, daß die amtliche Berufsvertretung über den Eröffnungsantrag zu hören ist (§ 14) und daß das Gericht Maßnahmen zur Sicherung des Schuldnervermögens treffen kann (§ 12). Auf Antrag des vorläufigen Verwalters, nicht des Vergleichsschuldners, kann das Vergleichsgericht anhängige oder anhängig werdende Zwangsvollstreckungen einstweilen einstellen, wenn der vollstreckende Gläubiger — den Fall der Eröffnung des Verfahrens unterstellt — Vergleichsgläubiger wäre oder zu den im § 29 Nr. 3 und Nr. 4 bezeichneten Gläubigern gehören würde (§ 13). — Darüber hinaus hat nun das gerichtliche Vorverfahren (Vergleichsantragsverfahren) durch Rechtsprechung und Schrifttum eine weitergehende Ausgestaltung erfahren: a) Sogleich nach dem Eingang des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) kann, sofern dieser nicht etwa aussichtslos erscheint (§ 15 Abs. 1 VglO) ein vorläufiger Gläubigerbeirat bestellt werden (vgl. Künne KTS 1955 31 unter Mitteilung des Beschlusses des AG Stuttgart vom 14. 8. 1954 - V N 27/54 - , derselbe KTS 1975 189, Stein N J W 1955 1388, Berges KTS 1959 150 und K T S 1960 139, Uhlenbruck BB 1976 1198, Obermüller Festschrift für Philipp Möhring 1975 101 ff, Bohle-Stamschräder Anm. 6 zu § 11 VglO). b) Wird der vorläufige Verwalter gemäß § 12 VglO mit den sich aus § 57 VglO ergebenden Befugnissen ausgestattet, so ist bereits im Vorverfahren die Aufnahme eines „Verwalterdarlehens" im Sinne des § 106 V g l O möglich (BGHZ 32 268 = KTS 1960 138 mit Anm. Berges = LM Nr. 2 zu § 106 VglO mit Anm. Rietschel, Böhle-Stamschräder Anm. 2 b zu § 12 VglO). Die Aufnahme eines „Verwalterdarlehens" im Sinne des § 106 VglO ist allerdings nur solange möglich, als der Vergleichsschuldner einen Vergleichsvorschlag vorlegt, der eine Fortsetzung des Verfahrens (§ 96 VglO) mit der Vergleichsbestätigung vorsieht. Mit der Änderung des Vergleichsvorschlags dahingehend, daß das Vergleichsverfahren zugleich mit der Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO) aufgehoben wird (§§ 91, 92 VglO), entfällt nach dem Urteil des B G H vom 26. 10. 1972 - III ZR 143/70 - die Privilegierung, da die Bestimmung des § 106 V g l O in einem nachfolgenden technisch selbständigen Konkurs nicht entsprechend anwendbar sei (vgl. B G H Z 59 356 = KTS 1973 124 = N J W 1973 51 mit Anm. Verfasser N J W 1973 190). Zur Kritik an dieser Rechtsprechung siehe: Bongartz DB 1975 871 und Verfasser Kölner Festschrift 1977 305). c) Werden im Vorverfahren Verfügungsbeschränkungen erlassen (§§ 12, 59 bis 65 VglO), um durch die Erweiterung der Befugnisse des vorläufigen Verwalters das etwa verloren gegangene Vertrauen der Gläubiger wieder zu gewinnen, so kommt es zu einer „gemeinsamen (kollektiven) Unternehmensleitung" (vgl. Berges KTS 1956 114, Papke Festschrift f ü r Ernst Knorr 1968 8). Der kritischen Stellungnahme von Künne K T S 1971 235 zu dieser Gestaltung des Verfahrens, dem „Vergleichsverfahren Kölner Prägung" ist Uhlenbruck KTS 1972 220 entgegengetreten. Wie die „Eröffnung des sogenannten Vorverfahrens" durch Bestellung eines vorläufigen Verwalters (§11 VglO) nicht als „Eröffnung des Verfahrens" im Sinne des § 36 VglO angesehen werden kann (vgl. B G H Z 50 242 = KTS 1968 241), so fällt auch die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen mit der Bestellung des vorläufigen Verwalters (§§11, 12 VglO) nicht unter den Begriff „Eröffnung des Vergleichsverfahrens" in Art. 43 Abs. 2 Nr. 2 W G . Hier wie dort ist darunter nur der Beschluß aus § 20 VglO zu verstehen (vgl. BGH, W M 1974 830 = KTS 1975 37). — Wenn auch die rechtliche Stellung des vorläufigen Verwalters (§ 11 VglO) durch den Erlaß von Sicherungsmaßnahmen nach § 12 V g l O erheblich gestärkt wird, so ver254

Bestellung eines vorläufigen V e r w a l t e r s

SU

bleibt doch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis grundsätzlich beim Vergleichsschuldner ( B G H Z 23 318 = K T S 1957 87, Berges K T S 1955 4). N u r in dem beschränkten Rahmen des § 57 Abs. 2 V g l O (Übernahme der Kassenführung) handelt der Verwalter als gesetzlicher Vertreter des Vergleichsschuldners (vgl. O L G N ü r n b e r g K T S 1965 172). d) Vielfach verlagert sich der Schwerpunkt des „Vergleichsantragsverfahrens" auf die Ermittlungen und Verhandlungen, die von der amtlichen Berufsvertretung des Schuldners geführt werden, um die Stellungnahme gemäß § 14 abgeben zu können. H i e r zeigt sich der Vorteil der Bestellung eines Gläubigerbeirats bereits im V o r v e r f a h ren, denn seine Mitglieder sind den Bestimmungen der §§ 44, 45 unterworfen. Sie sind im Gegensatz zu den wohl sonst von der amtlichen Berufsvertretung zugezogenen Gläubigern allen Beteiligten f ü r die Erfüllung ihrer Pflichten verantwortlich. Im Verlaufe der Verhandlungen, die die amtliche Berufsvertretung des Schuldners führt, werden in der Regel die endgültigen Fassungen der Vergleichsvorschläge und Besserungsscheine festgelegt und auch geprüft, ob den Vorschriften des § 18 N r . 3 und N r . 4 G e n ü g e geschehen ist. W e n n in dem vorläufigen Gläubigerbeirat alle Gruppen von Gläubigern vertreten sind (über die Zusammensetzung vgl. Verfasser K T S 1955 57), dann läßt sich auch bereits in etwa übersehen, ob es zu einem Abschluß des Vergleichs kommen wird. D e m Vergleichsgericht steht es frei, an den Verhandlungen der Berufsvertretung zur Vorbereitung der Stellungnahme aus § 14 teilzunehmen (§ 116), doch ist dies im allgemeinen nicht ratsam, da das Gericht über die vorzubereitende Stellungnahme im Rahmen der Eröffnungsentscheidung (§§ 16, 19, 20) mitentscheiden muß. (Zur betonten A u s f o r m u n g des Vergleichsantragsverfahrens vgl. auch Berges K T S 1960 139 und Veismann K T S 1968 40, sowie Künne, DB 1978 729). e) Weitere Aufgaben erwachsen dem vorläufigen Verwalter (§ 11 V g l O ) , wenn und soweit Betriebsveränderungen im Sinne des § 111 BetrVG geplant werden (zum Vergleichsantrag mit Betriebsveränderung siehe z. B. Heilmann S. 106 ff). Zu bemerken ist, daß die Rechtsprechung des BAG dem Verwalter Pflichten auferlegt, die an sich über den ihm gestellten Aufgabenkreis aus §§11, 38 ff V g l O hinausgehen (vgl. BAG BB 1971 567 = K T S 1971 278 und Beschluß vom 20. 8. 1974 - 1 A Z R 14/74 - , mitgeteilt in D B 1974 51 und dazu Verfasser Kölner Festschrift 1977 303 ff). — Einzelheiten siehe die Darstellung z u m Liquidationsvergleich, Rdn. 18 zu § 7 V g l O . — Beginn (des gerichtlichen Vorverfahrens) Das „Vorverfahren" — Vergleichsantragsverfahren — beginnt ohne einen besonde- 2 ren Gerichtsbeschluß mit dem Eingang des Vergleichsantrags (§ 2). Ist der Antrag unvollständig, so ist unter Hinweis auf die Mängel nach § 10 zu verfahren. — BöhleStamschräder Anm. 1 zu § 11 V g l O . — Zweck (des gerichtlichen Vorverfahrens) N a c h der Idee des Gesetzes sollte das V o r v e r f a h r e n nur den Z w e c k haben, die Ent- 3 Scheidung des Vergleichsgerichts über den Vergleichsantrag vorzubereiten. D o c h hat sich alsbald, worauf bereits Bohnenberg K u T 1935 147 hingewiesen hat, aus Gründen, die in der Struktur des Gesetzes selbst liegen, ein Zweckwandel mehr und mehr ergeben: D e r Vergleichsantrag setzt Konkursreife voraus ( § 2 1 3 ) . Seine Erfordernisse aber sind so umfänglich und tatsächlich wie rechtlich schwierig, daß bei der Kürze der verfügbaren Zeit kaum je ein von vornherein vollständiger und mangelfreier Antrag 255

§ 11

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

gestellt werden dürfte, selbst wenn, wie meist, ein privater Vergleichshelfer mitgewirkt hat. H a t gar ein Gläubiger Konkurs beantragt, so muß der Schuldner schon wegen der Gefahr der Konkurseröffnung (§ 2 II und A. 31 daselbst) zunächst einmal ohne Rücksicht darauf, wie weit seine Vorbereitungen gediehen sind, Eröffnung des Vergleichsverfahrens beantragen. S o verlagert sich die Vergleichsvorbereitung mehr oder minder in die Zeit des Vorverfahrens (vgl. Uhlenbruck K T S 1972 225). Hinzu kommt, daß in dieser, nicht selten verhältnismäßig langen Zeitspanne vielfach die Voraussetzungen für die Fortführung des Betriebes (Einstellung anhängiger oder drohender Zwangsvollstreckungen, Zuführung neuer Geldmittel durch Aufnahme eines Verwalterdarlehns — §§ 13, 106) geschaffen werden müssen. D a s Vorverfahren hat insgesamt nach und nach an Bedeutung gewonnen. II. Richterliche Sofortmaßnahmen Vorläufige Prüfung des Antrags 4

a) Das mit dem Eingang des Vergleichsantrags beginnende Vorverfahren liegt in der H a n d des Vergleichsrichters (§ 19 Abs. 1 RpflG). Ihm obliegt es auch, die Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung ( § 1 4 V g l O ) herbeizuführen. — Die hier abweichende gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 1 Nr. 1 RpflG von 1957 entsprach nicht der Zusammenarbeit mit der Berufsvertretung. Werden doch in der Regel im Verlaufe der von der Berufsvertretung vor der Erstattung des Gutachtens mit Sachverständigen und mit dem vorläufigen Gläubigerbeirat (oder sonst mit Gläubigergruppen) geführten Verhandlungen die Grundlagen für das Vergleichsverfahren, meist auch für die endgültige Fassung des Vergleichsvorschlags erarbeitet (vgl. Veismann K T S 1968 40). b) Vergleichsanträge sind Eilsachen. Ihre Behandlung duldet keinen Aufschub. Der Richter hat sich sofort nach Eingang mit dem Antrag zu befassen und alsbald entsprechend zu verfügen. Was aber zu verfügen ist, insbesondere ob die in unserem Absatz 1 vorgesehenen Sofortmaßnahmen zu treffen sind, hängt von einer vorläufigen Prüfung des Antrags ab. Eine solche setzt das Gesetz selbst voraus (§ 15 I). D a nun aber das Vorverfahren bereits durch den Antrag eingeleitet ist (oben 2), bedeutet diese Prüfung nicht ein dem Vorverfahren vorgeschaltetes Vorprüfungsverfahren, in welchem der Richter selbst oder durch die für das Verwalteramt zunächst nur in Aussicht genommene Person als Sachverständigen erst einmal Ermittlungen anzustellen hätte (Vogels J W 1936 4; Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 11 VglO). Es kommt vielmehr lediglich darauf an, rechtlich oder tatsächlich unbehebbare Ablehnungsgründe, die sich aus dem Antrag ohne weiteres ergeben oder dem Richter schon amtlich bekannt sind, zu berücksichtigen. Nur wenn das eine oder andere der Fall ist, sollen die in unserem Absatz 1 gebotenen Sofortmaßnahmen unterbleiben. Die Vorschrift des § 15 I bezieht sich sinngemäß auch auf die allgemeinen Zulässigkeitshindernisse, insbesondere auf den Mangel der örtlichen Zuständigkeit, die ja stets an erster Stelle zu prüfen ist ( § 1 6 A. 4). Ist der Richter von der Unzuständigkeit überzeugt, so hat er, ohne erst einen vorläufigen Verwalter zu bestellen und den Eingang des Antrags bekanntzumachen, entweder sofort die Eröffnung des Vergleichsverfahrens wie auch notwendig des Anschlußkonkurses abzulehnen oder vom Schuldner, der vielleicht noch an der Gerichtsstelle anwesend oder leicht zu erreichen ist, einen Verweisungsantrag beizuziehen (§ 2 A. 44). Bei den sonstigen Ablehnungsgründen muß sich der Richter entscheiden, ob er sofort ablehnen oder, um ganz sicher zu gehen, noch weitere Eröffnungshindernisse ermitteln will. Unterbleibt die alsbaldige Ablehnung, so muß der Richter die gebotenen Sofortmaßnahmen verfügen. Es darf kein der Erhaltung des Schuldnervermögens abträgliches Vakuum eintreten. 256

Bestellung eines vorläufigen V e r w a l t e r s

§11

Bestellung eines vorläufigen Verwalters und Bekanntmachung des Vorverfahrens Zwangsläufige, auch bei Kleinverfahren und bei anerkannter Vertrauenswürdigkeit 5 des Schuldners nicht im richterlichen Ermessen stehende Sofortmaßnahmen sind Bestellung eines vorläufigen Verwalters und Bekanntmachung des Vorverfahrens (Absatz 1). Die gemäß § 119 zu bewirkende rein deklatorische öffentliche Bekanntmachung hat den Eingang, d. h. die Tatsache, nicht den Inhalt des Vergleichsantrags (§ 3 I) sowie den Namen des vorläufigen Verwalters kundzugeben, kann also erst herausgehen, sobald der vorläufige Verwalter das ihm angetragene Amt angenommen hat; denn erst dann ist er im Rechtssinne bestellt. Eine gesetzliche Pflicht zur Übernahme des Amtes besteht ebensowenig wie bei dem Amt des Vergleichsverwalters, der mit der Eröffnung des Verfahrens zu bestellen ist (§§ 20, 38). Auch für die Auswahl des vorläufigen Verwalters gelten die gleichen Grundsätze wie beim Vergleichsverwalter (§ 10 Abs. 2 VglO, dazu Böhle-Stammschräder Anm. 3 zu dieser Bestimmung). Da in der Regel der vorläufige Verwalter auch zum Vergleichsverwalter ernannt wird, ist die Auswahl nicht selten von entscheidender Bedeutung für das Vergleichsverfahren überhaupt. Es soll eine „geschäftskundige, von Gläubigern und dem Schuldner unabhängige Person" bestellt werden (§§ 11 II 38). Mit Geschäftskunde wird nicht verlangt, daß der Verwalter einer bestimmten Berufsgruppe, etwa der gleichen des Vergleichsschuldners, angehören muß, mag dies im Einzelfall auch sehr erwünscht sein (z. B. erfahrener Textilkaufmann im Liquidationsvergleich eines Fachgeschäftes mit großem Stofflager). Es wird mit der Geschäftskunde des Verwalters (vgl. dazu auch Künne DB 1978 729/ 730) an sich nur verlangt, daß er über ausreichende betriebswirtschaftliche, kaufmännische und auch rechtliche Kenntnisse verfügt (vgl. Baade KTS 1959 40, derselbe hier auch zu dem System der „Berufsverwalter" beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg). Wer dem Vergleichsschuldner bei der Vorbereitung seines Vergleichsantrags (§§ 2 f) behilflich war, ist in der Regel nicht dazu berufen, das Amt eines vorläufigen Verwalters oder Vergleichsverwalters zu übernehmen. Einmal ist nicht sicher, ob die Unabhängigkeit gewährleistet ist (§ 38), zum anderen können die Vergleichsgläubiger leicht geltend machen, ihr Vertrauen in die unparteiliche, auch ihre Interessen wahrende Tätigkeit des Verwalters sei durch dessen Tätigkeit als „Vergleichshelfer" des Schuldners beeinträchtigt. N u r in besonderen Ausnahmefällen, wenn am Ort keine andere geeignete Persönlichkeit vorhanden, der Wohnsitz anderer Anwärter aber zu weit entfernt liegt, kann auch ein Vergleichshelfer zum vorläufigen Verwalter und Vergleichsverwalter bestellt werden (Vogels-Nölte Anm. 9 zu § 38). Doch muß dann sichergestellt werden, daß die Unabhängigkeit des Verwalters nicht durch wirtschaftliche oder rechtliche Bindungen beeinflußt wird (Baade aaO, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 38). — Handelt es sich um ein Vergleichsverfahren eines größeren Unternehmens, so kann es sehr sachdienlich sein, zwei vorläufige Verwalter zu bestellen. Das Gesetz sieht dies zwar nicht ausdrücklich, auch nicht für den Fall des § 79 K O , vor, die Berechtigung zur Bestellung mehrerer Verwalter aber kann aus der Bestimmung des § 92 I S. 2 entnommen werden. Bestellt das Vergleichsgericht mehrere Verwalter, so ist es in der Regel erforderlich, die Aufgabengebiete derselben gegeneinander nach Sachgebieten oder örtlichen Bereichen abzugrenzen (Bohnenberg N J W 1955 129, Künne KTS 1955 31).Eine Bestallung erhält der vorläufige Verwalter nicht. Sein Ausweis ist die Ausfertigung (§ 118) des ihn bestellenden Gerichtsbeschlusses aus § 11 des Gesetzes. 257

§11

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

Zusätzliche Maßnahmen 6

a) Mit den Anordnungen aus § 11 I kann das Vergleichsgericht auch zusätzliche Maßnahmen verbinden. Dazu gehören insbesondere Sicherungsmaßnahmen nach § 12, falls solche von vornherein im Interesse der Beteiligten erforderlich erscheinen. Diese Maßnahmen sind nicht immer als gegen den Vergleichsschuldner gerichtet anzusehen. Denn die Erweiterung der Befugnisse des vorläufigen Verwalters gemäß § 12 S. 2 dient einmal dazu, eine „gemeinsame Unternehmensleitung" durch Vergleichsschuldner und Verwalter herbeizuführen (§§ 57 f) und damit das Vertrauen in die Geschäftsführung wiederzugewinnen (Berges KTS 1955 4 f). Gegen diese Gestaltung des Verfahrens („Vergleichsverfahren Kölner Prägung") trägt Künne KTS 1971 235 bis 238 rechtliche Bedenken vor, die sich insbesondere aus der allgemeinen Stellung des Vergleichsverwalters, wie des vorläufigen Verwalters (§§ 11, 38 ff VglO) ergeben (dazu B G H , KTS 1966 46), aber auch daraus ergeben können, daß die öffentliche Bekanntmachung (§ 60 Abs. 2 VglO) vielfach von der Fachpresse übernommen wird. Demgegenüber weist Uhlenbruck KTS 1972 220 bis 229) darauf hin, daß die Fortentwicklung des Rechts gerade zum Eröffnungsverfahren sich als notwendig erwiesen habe, wie allgemein anerkannt sei, und daß ein Vergleichsverfahren „Kölner Prägung" für den Schuldner selbst, wie für die Gläubiger nicht unerhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen könnte. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die sehr anschauliche Darstellung, die Ernst Knorr (KTS 1970 69 bis 71) über die vor allem in Großverfahren vom vorläufigen Verwalter zu übernehmenden Aufgaben gegeben hat (siehe die z. T. wörtliche Mitteilung dieser Darstellung in der Kölner Festschrift 1977 303). — Die Grenzen der Rechte und Pflichten, die sich für den vorläufigen Verwalter bei Anordnungen nach §§ 12, 57 ff V g l O ergeben, wie auch seine prozessuale Stellung zeigt zutreffend die Entscheidung des O L G Düsseldorf KTS 1972 197 auf. b) Zum anderen ist eine Anordnung aus § 12 VglO, durch die die sich aus § 5 7 VglO ergebenden Befugnisse auf den vorläufigen Verwalter übertragen werden, Voraussetzung für die Aufnahme eines „Verwalterdarlehens" im Sinne des § 106 VglO (vgl. B G H Z 32 268 = KTS 1960 138 mit Anm. Berges). — Weitere Hinweise: Oben Rdn. 1 b zu unserer Bestimmung. — c) Mit der Bestellung eines vorläufigen Gläubigerbeirats (vgl. oben Rdn. 1 a mit weiteren Hinweisen) kann sogleich die Berufung einer Versammlung der Teilschuldverschreibungsgläubiger zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters verbunden werden (§ 18 Abs. 3 des Ges. betr. die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. 12. 1899/14. 5. 1914 - V O vom 24. 9. 1932). d) In seinen Vorschlägen zur Reform der Vergleichsordnung hat Künne DB 1978 730 f vorgesehen, die Bestimmung des § 11 V g l O durch Anfügung eines dritten Absatzes dahin zu ergänzen, daß das Gericht, wenn der Umfang des Unternehmens dies gebietet oder der vorläufige Verwalter oder ein Gläubiger dies beantragen, einen vorläufigen Gäubigerbeirat bestellen könne, dem auch Nicht-Vergleichsgläubiger angehören können. III. Der vorläufige Verwalter (Absatz 2) Sein Amt

7

a) Der vorläufige Verwalter wird für die Dauer des Vorverfahrens bestellt, was nicht ausschließt, daß ihn das Gericht auch bei Eröffnung des Verfahrens zum Vergleichsverwalter ernennt. Einer ausdrücklichen Ernennung (§ 20 I) aber bedarf es auch bei Personenidentität. Endet doch zufolge § 19 IV das Amt des vorläufigen Verwalters 258

B e s t e l l u n g eines v o r l ä u f i g e n V e r w a l t e r s

§11

von Rechts wegen mit Beginn des Vergleichsverfahrens oder des statt seiner eröffneten Anschlußkonkurses (§20 A. 3, § 1 9 A. 5) und im Falle der Ablehnung beider mit Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses. Die Zustellung an den Verwalter (§ 19 V) hat nur nachrichtliche Bedeutung. Dagegen bedarf es bei Rücknahme des Vergleichsantrags vor Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder des Anschlußkurses (§15 II und A. 3 daselbst) eines gerichtlichen Ausspruchs der Amtsbeendigung. b) Der vorläufige Verwalter hat (wie der Vergleichsverwalter) eine amtsähnliche Stellung innerhalb des auf einer staatlich kontrollierten Selbstverwaltung beruhenden Verfahrens (vgl. Papke Festschrift f ü r Ernst Knorr 1968 6 f, Alexander Völker Diss. Tübingen 1972 132 ff). Dem steht nicht entgegen, daß der vorläufige Verwalter mit der Übernahme der Kassenführung (§§ 12, 57 II) bei der Entgegennahme von Geld und Leistungen als gesetzlicher Vertreter des Vergleichsschuldners handelt. Diese gesetzliche Vertretungsmacht ist vom Willen des Vergleichsschuldners unabhängig. Sie ist begrenzt, umfaßt z. B. nicht die Befugnis zum Schulderlaß, zu Aufrechnungen oder zu Leistungen an Erfüllungs Statt und erfüllungshalber (Bohle-Stamscbräder Anm. 3 zu § 57 VglO). Sie bezieht sich auf den laufenden Geschäftsbetrieb, nicht auf die Erfüllung des Vergleichs (OLG Nürnberg K T S 1965 172). — Handlungen des vorläufigen Verwalters begründen — wie auch solche des Vergleichsverwalters (§38 VglO) — im nachfolgenden Konkursverfahren keine Masseschuld im Sinne des § 59 Abs. 1 Ziff. 1 KO (vgl. B G H Z 32 318 = KTS 1957 87 = W M 1957 397). Nun ist aber der vorläufige Verwalter, insbesondere beim Erlaß von Verfügungsbeschränkungen (§§ 12, 58 ff VglO) nicht selten gehalten, „masseerhaltende Maßnahmen" zu treffen (z. B. Hausschädenbeseitigung, wobei der damit beauftragten Firma gegenüber die Erklärung abgegeben wird, man könne sich „auf die Person des vom Gericht bestellten Verwalters verlassen"). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Vergleichsschuldner selbst zufolge der mit einem solchen Verfahren verbundenen Aufregungen vorübergehend praktisch ausscheidet und der vorläufige Verwalter für diese Zeit „ganz natürlich zum wirtschaftlichen Träger der Unternehmensleitung" geworden ist (Knorr KTS 1970 69). Im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Verwalters auch „Neugläubigern" gegenüber aus § 42 VglO, wie diese sich aus einem solchen — (anerkennswerten) — Verhalten desselben ergibt (vgl. B G H Z 67 223 = KTS 1977 106), erscheint es angebracht und der Sach- und Rechtslage zu entsprechen, dem Verwalter im nachfolgenden Konkursverfahren ein „Einbehaltungsrecht" einzuräumen (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 13 zu § 2 3 K O , Verfasser Kölner Festschrift 1977 301/307 ff). Kraft dieses Rechtes ist der vorläufige Verwalter in der Lage, im Konkursfalle aus Teilen des Schuldnervermögens die durch seine Maßnahmen entstandenen Verbindlichkeiten erfüllen zu können. — Das „Einbehaltungsrecht" (vgl. Mentzel-Kuhn aaO) kann ferner von praktischer Bedeutung werden, wenn während des Vorverfahrens (§ 11 VglO) zur Aufrechterhaltung des Betriebes Rohware zur Weiterverarbeitung bestellt und im Hinblick auf gewisse Erklärungen des Verwalters auch ohne Vorauszahlung geliefert wurde oder wenn es sich als notwendig erweist, Sachverständige zuzuziehen, deren Honoraransprüche nicht im Wege des § 43 Abs. 1 S. 2 VglO gesichert werden können (vgl. hierzu B G H Z 23 69 = KTS 1957 77 = N J W 1957 753), da deren Tätigkeit außerhalb des dort genannten Rahmens liegt (praktischer Fall aus einem Großverfahren). — c) Der vorläufige Verwalter untersteht wie der Vergleichsverwalter der Aufsicht des Gerichts (§41), kann von diesem aus wichtigem Grunde auch entlassen werden, ist jedoch zuvor zu hören. Da gegen die Entlassungsentscheidung kein Rechtsmittel gegeben ist, der Verwalterwechsel öffentlich bekannt zu machen ist (§§ 11, 22), kann es für 259

§11

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

den vorläufigen Verwalter angezeigt sein, von sich aus einen Entlassungsantrag zu stellen. Entspricht das Gericht diesem Antrag, so kann der zu veröffentlichte Beschluß so gefaßt werden, daß die sonstigen beruflichen Interessen des Verwalters durch die Bekanntgabe nicht geschädigt werden. Von sich aus kann der vorläufige Verwalter sein Amt nicht einseitig aufgeben. Für die Erfüllung seiner Pflichten ist der vorläufige Verwalter allen Beteiligten gegenüber verantwortlich (§§ 11 II 42). Der Begriff des Beteiligten im Sinne des § 42 ist gleichermaßen wie der im Sinne des § 82 K O (Haftung des Konkursverwalters) nicht etwa dahin zu verstehen, daß zu den Beteiligten nur die am Vergleichsverfahren (Konkursverfahren) irgendwie Beteiligten zu zählen sind. Der Begriff wird vielmehr von den materiellrechtlich den Verwalter treffenden Pflichten her bestimmt. So gehören zu den Beteiligten im Sinne des § 82 K O z. B. auch die Ausund Absonderungsberechtigten ( R G 2 144 179, BGH, BB 1958 718) und die Massegläubiger (RGZ 142 184, KTS 1973 251 = VersR 1973 521). - Weitere Beispiele: Karsten Schmidt KTS 1976 191/199 ff, Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 82 KO. — Demgegenüber ist der Beteiligtenbegriff im Sinne des § 154 Z V G , einer Bestimmung, der die des § 82 K O nachgebildet worden ist (vgl. Verfasser Festschrift „Recht im Werden" 1965 164 ff), im Hinblick auf die umstrittene Bedeutung des § 9 Z V G nicht im gleichen Maße wie bei der Tochtervorschrift weit ausgelegt worden (vgl. die Übersicht im Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts, 2. Aufl. § 54 II S. 592/ 593). — Für die Vorschrift des § 42 V g l O (die jüngste der Haftungsvorschriften mit der des § 92 VglO zugleich) ist der „Kreis der Beteiligten" von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht allgemein bestimmt worden (vgl. B G H Z 35 32 = KTS 1961 136 und B G H Z 67 223 = KTS 1977 106). Ein innerer Grund, zu allen diesen Haftungsbestimmungen nicht zu einer einheitlichen weiten Auslegung des „Beteiligtenbegriffs" zu kommen, ist nicht ersichtlich. Zur Reform der Vergleichsordnung ist hinsichtlich der Verjährung der Haftungsansprüche aus § 42 VglO eine zeitliche Begrenzung auf fünf Jahre dringend wünschenswert (vgl. Ublenbruck BB 1976 1198 und Künne DB 1978 730). Seine Aufgaben 8

a) Gesetzlich sind dem vorläufigen Verwalter weniger Zuständigkeiten übertragen worden als dem Vergleichsverwalter. Von Rechts wegen, d. h. ohne zusätzliche gerichtliche Anordnung, sollen ihm nur die Funktionen aus §§ 39, 40 zustehen, also die P r ü f u n g der wirtschaftlichen Lage des Schuldners, die Überwachung seiner Geschäftsund Lebensführung, die Rechte zu Nachschau sowie Büchereinsicht und auf Auskunft mit der korrespondierenden Anzeigepflicht bei gebotenem Einschreiten des Gerichts. Diese Prüfung erstreckt sich nicht nur auf den gegenwärtigen Vermögensstand, sondern darüber hinaus auf die Ursachen der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung, mithin auf die Gründe der an sich gegebenen Konkursreife. Der vorläufige Verwalter ist hier Helfer des Vergleichsgerichts (BGH, KTS 1963 170 = VersR 1963 957), das nur vergleichswürdigen und vergleichsgeeigneten Schuldnern, deren Vermögensstand und Arbeitskraft die Erfüllung des Vergleichs erwarten läßt, den W e g des den Konkurs vermeidenden Vergleichsverfahrens offen zu halten hat, wie aus dem Sinn der Vorschriften der §§17, 18 folgt. — Einzelheiten dazu bei der Kommentierung dieser Bestimmungen unten. — Der vorläufige Verwalter hat ferner durch entsprechende Anträge aus § 12 und § 13 dazu beizutragen, daß das Schuldnervermögen gegen eine den Gläubigern nachteilige Veränderung, sei es durch den Vergleichsschuldner selbst, sei es gegen Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger geschützt wird (— Einzelheiten in der Kommentierung zu §§ 12, 13). Sicherungsmaßnahmen aus § 12 brauchen 260

B e s t e l l u n g eines v o r l ä u f i g e n V e r w a l t e r s

§11

sich nicht in jedem Falle gegen den Vergleichsschuldner zu richten. Sie, d. h. die Erweiterung der Aufgaben des vorläufigen Verwalters nach § 57 sind einmal Voraussetzung für die Aufnahme eines „Verwalterdarlehns" (§ 106) — B G H Z 32 268 = K T S 1960 138 = N J W 1960 1456 = BB 1960 LM Nr. 2 zu § 106 zum anderen kommt es durch das „Mitzeichnungsrecht" des vorläufigen Verwalters zu einer gemeinsamen Unternehmensleitung, die vielfach geeignet ist, verloren gegangenes Vertrauen der Gläubigerschaft wieder zu gewinnen (Berges K T S 1955 4 und K T S 1956 113, sowie K T S 1957 183 ff, Uhlenbruck K T S 1972 220, kritisch dazu: Künne K T S 1971 235 und D B 1978, 730). b) Unerachtet der normativ beschränkten Zuständigkeit des vorläufigen Verwalters ergibt sich aus dem oben 3 aufgewiesenen Zweckwandel und aus der „sinngemäßen" Anwendbarkeit des § 39 eine Erweiterung seines sachlichen Aufgabenbereichs. Zu seiner Prüfungspflicht gehört, richtig verstanden, auch die Unterstützung des Schuldners bei Beschaffung, Ergänzung und Berichtigung fehlender oder mangelhafter Teile und Anlagen des Vergleichsantrags, insbesondere bei Aufstellung der Vermögensübersicht sowie des Gläubiger- und des Schuldnerverzeichnisses. (Näheres § 3 A. 2) Gleichviel, ob der Verwalter dabei den Schuldner nur mit Rat unterstützt oder die Vervollständigung des Antrags selbst in die Hand nimmt, muß er sich immer bewußt bleiben, daß er auch insoweit kraft öffentlichen Amtes, also nicht als privater Vergleichshelfer des Schuldners, sondern als persönlich verantwortlicher Gehilfe des Gerichts zu handeln hat. Übernimmt er die Aufstellung des Status selbst, so muß die damit verbundene Mehrarbeit, namentlich bei Gelingen des Vergleichsversuchs, in der H ö h e der Vergütung ihren angemessenen Ausdruck finden, was immer noch billiger ist als der Aufwand für einen privaten Vergleichshelfer. Ob ihm außerdem Auslagen für beigezogene Hilfskräfte zu erstatten sind, hängt von U m f a n g und Schwierigkeit der Arbeit ab. Aufstellung des Status ist zwar mehr als Prüfung der Bücher und Schätzung der Warenbestände. Gleichwohl empfiehlt sich, vorsorglich die vorherige Zustimmung des Vergleichsrichters (§ 43 I 2) einzuholen ( B G H Z 23 69 = K T S 1957 77 = N J W 1957 753). c) Bei einer in Aussicht genommenen Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG hat der vorläufige Verwalter nicht zuletzt wegen des sozialen Schutzcharakters der Vorschriften des BetrVG im Rahmen seiner Pflichten aus §§ 39, 40 V g l O darauf hinzuwirken, daß das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats beachtet wird (vgl. BAG BB 1971 567 = K T S 1971 278). Dieses Mitwirkungsrecht ergibt sich in erster Linie in einem Liquidationsvergleichsverfahren (§ 7 Abs. 4 V g l O ) in Bezug auf einen Sozialplan (vgl. Uhlenbruck K T S 1973 86, derselbe D B 1974 628). — Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das zur Rdn. 18 zu § 7 V g l O verwiesen. — Seine Vergütung a) Der vorläufige Verwalter hat Anspruch auf — gerichtlich festzusetzende — 9 Vergütung und auf Erstattung angemessener Barauslagen (§§ 11 II 43 in Verbindung mit der Vergütungsverordnung, z. Z. vom 25. 5. 1960 — BGBl. I S. 329, in der Fassung der Verordnung vom 22. 12. 1967 — BGBl. I S. 1366 und der Zweiten und Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters, des Vergleichsverwalters, der Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Mitglieder des Gläubigerbeirats vom 19. 7. 1972 - BGBl. I. S. 1260 — / 8. 12. 1977 BGBl. I. S. 2482 —). Bei der Festsetzung der Vergütung ist vom Aktivvermögen auszugehen ( § 8 1 der V O ) . Soweit Anlaß für die Annahme besteht, die Angaben des Vergleichsschuldners zu den Aktiven würden nicht den wahren Werten entsprechen, sind diese gemäß § 116 zu ermitteln (vgl. hierzu Berges K T S 1964 56 in der berechtigten 261

§11

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

Kritik zu LG Hamburg KTS 1964 53 = M D R 1964 426, hier ohne hinreichende Zahlenangaben veröffentlicht). — Die Vergütung für den vorläufigen Verwalter ist auch dann festzusetzen, wenn dieser im Anschlußkonkurs zum Konkursverwalter bestellt wird (ebenso LG Hamburg M D R 1964 53, AG München, KTS 1965 54, Robrecht KTS 1966 160 anders LG Münster KTS 1966 188 = M D R 1967 56). Der Entscheidung des LG Münster ist entgegenzuhalten, daß die Aufgabenkreise der Verwalter im Vergleichsantragsverfahren und Anschlußkonkursverfahren recht unterschiedlich sind und daß auch aus § 105 VglO, der die Stellung der Vergütungsansprüche des Verwalters nach §§11, 43 im Anschlußkonkurs ausdrücklich regelt, die Anspruchsberechtigung folgt. Jedenfalls kann, wie das LG Tübingen KTS 1976 67 mit Recht betont, aus der Bestimmung des § 11 Abs. 2 der Vergütungs-VO nicht entnommen werden, daß der bisherige vorläufige Verwalter, der nach der Eröffnung des Anschlußkonkurses zum Konkursverwalter bestellt worden ist, keine besondere Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Verwalter erhalten soll. — Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung (§§ 10, 11 Abs. 2 VergütungsVO) sind die vom Verwalter übernommene Verantwortung und die ihn treffende Belastung (vgl. dazu AG Dortmund K T S 1970 68 mit Anm. Knorr KTS 1970 69—71), der Umfang seiner Tätigkeit (vgl. LG Rottweil KTS 1975 327) die Schwierigkeit seiner Tätigkeit (vgl. AG Otterndorf KTS 1976 71) entsprechend zu berücksichtigen, so daß nicht selten eine Überschreitung des Regelsatzes angemessen erscheint. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere zur Frage der Angemessenheit der Vergütung des Vergleichsverwalters auf die Darstellung von Robrecht und Kossmann KTS 1968 65 bis 80 mit zahlreichen Beispielen. Gesamtdarstellungen: Herbert Schmidt KTS 1970 147 bis 162, derselbe KTS 1973 43, ferner KTS 1974 197. — Zur H ö h e der Mehrwertsteuerfestsetzung: Uhlenbruck KTS 1973 172. Dazu tritt ergänzend die V O vom 8. 12. 1977 (BGBl. I. S. 2482). b) Sind zwei Vergleichsverwalter bestellt worden (vgl. dazu oben Rdn. 5 a. E. zu § 11 VglO) so sollen diese, wenn auch die VergütungsVO nicht auf die Vergütungsregelung mehrerer Konkursverwalter verweist, wie aus Sinn und Zweck der VergütungsVO und seiner Entstehungsgeschichte zu entnehmen sei, nach der Entscheidung des LG Schweinfurt KTS 1975 247 „nicht eine Gebühr verlangen können, die die Gebühr für einen einzigen übersteigt." Diese Entscheidung schließt nicht aus, den Regelsatz entsprechend zu überschreiten. Kommt es zu mehrfachen Vergleichsantragsverfahren, wird z. B. der erste Vergleichsantrag (§2) gemäß § 15 II zurückgenommen, um einen drohenden Anschlußkonkurs zu vermeiden, und führt der zweite Vergleichsantrag zur außergerichtlichen Regelung, so ist die Vergütung des vorläufigen Verwalters für jedes der beiden Verfahren getrennt festzusetzen. Aus § 43 folgt, daß die Vergütung für die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters im zweiten Vorverfahren höher festzusetzen sein wird, denn dieses Verfahren führte zu einem Erfolg (vgl. Verfasser Büro 1960 47). — c) Die Vergütung deckt nach § 11 II auch die Auslagen des vorläufigen Verwalters für die Prüfung der Bücher. N u r wenn das Vergleichsgericht seine Zustimmung für die Zuziehung eines Buchsachverständigen erteilt hat, sind die dadurch entstandenen Unkosten gemäß § 43 I S. 2 als Auslagen besonders zu erstatten. Dem Sachverständigen gegenüber ist der vorläufige Verwalter dafür verantwortlich, daß er zuvor einen Antrag auf Erteilung der Zustimmung beim Vergleichsgericht gestellt und begründet hat ( B G H Z 23 69 = KTS 1957 77 = N J W 1957 753). Die übrigen Auslagen des Verwalters sind getrennt festzusetzen (§ 11 Abs. 1 und 2, § 12 Abs. 1 VergütungsVO). 262

Sicherungsmaßnahmen

§12

Mit Rücksicht auf die Mehrwertsteuer ist die VergütungsVO durch die dritte Verordnung zur Änderung der VergütungsVO vom 8. 12. 1977 (BGBl. I. S. 2482) mit Wirkung vom 1.1. 1978 dahin geändert worden, daß bei einer Belastung des Verwalters mit dem Steuersatz von zwölf vom Hundert ein Ausgleich in H ö h e von sechs vom hundert seiner sonstigen Vergütung festzusetzen ist. — Hierzu ist ergänzend auf den bei Uhlenbruch K T S 1973 172 mitgeteilten Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen vom 23. 10. 1972 (BStBl. 1972 Teil I S. 547) hinzuweisen. - Der Erlaß hat seine Bedeutung auch nach Änderung des Steuersatzes behalten. — Vereinbarungen des vorläufigen Verwalters mit dem Vergleichsschuldner oder mit Dritten über seine Vergütungsansprüche und den Auslagenersatz sind, wie aus dem Zweckgedanken des § 4 3 folgt, nichtig (Böhle-Stamschräder KTS 1960 112), wie in Absatz IV der Bestimmung ausdrücklich angeordnet. — d) Die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters ist wegen ihres Amtscharakters keine der behördlichen Erlaubnis bedürfende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (§ 3 Nr. 6 Rechtsberat. MißbrG vom 13. 12. 1936 - RGBl. I S. 1478, geändert durch Ges. vom 28. 4. 1961 (BGBl. I. S. 481), vom 24. 5. 1968 (BGBl. I. S. 503), vom 2. 3. 1974 (BGBl. I. S. 469) und vom 24. 6. 1975 (BGBl. I. S. 1509) - Bereitet der Steuerberater des Vergleichsschuldners das Vergleichsverfahren vor, führt er dazu außergerichtliche Verhandlungen, die Rechtsfragen betreffen, so kann dieser Vergütung nur für den Teil seiner Tätigkeit begehren, der auf wirtschaftlichem Gebiete lag, da im übrigen § 1 des RechtsberatMißbrG eingreift (OLG Oldenburg K T S 1967 57).

Das Gericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners bis zur Entscheidung über den Antrag zu verhüten. Es kann insbesondere dem Schuldner Verfügungsbeschränkungen auferlegen und anordnen, daß die im § 57 bezeichneten Beschränkungen des Schuldners eintreten und daß dem vorläufigen Verwalter die dort vorgesehenen Befugnisse des Vergleichsverwalters zustehen. Für die Verfügungsbeschränkungen gelten sinngemäß die Vorschriften der §§ 59 bis 65. Materialien: Begr. II S. 39, 41, 57; III S. 390. Übersicht

Rdn. I.

II.

III.

Sicherungsmaßnahmen A b g r e n z u n g in n e g a t i v e r H i n s i c h t Positiver Z w e c k und möglicher Inhalt der Maßnahmen Sanktion Die A n o r d n u n g von Amts wegen bei A u s s i c h t s l o s i g k e i t des V e r f a h r e n s Zeitgrenzen Wegfall und Aufhebung der Maßnahmen . B e s c h r ä n k u n g e n aus 5 57 V g l O

2 3 4 5 6 7

Rdn. 8 9

IV.

g a n z o d e r teilweise B e s c h r ä n k u n g a u s § 57 II V g l O Aufhebung der A n o r d n u n g , Wegfall von Rechts wegen Verfügungsbeschränkungen n u r V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t e im S i n n e des

5 59 VglO Verbot der Befriedigung von Vergleichsgläubigern A u f h e b u n g , W e g f a l l u n d latentes F o r t b e s t e h e n des V e r b o t s

10

12 12 13

263

§12

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

I. Sicherungsmaßnahmen Abgrenzung in negativer Hinsicht 1

2

Die Vorschrift sieht „Sicherungsmaßnahmen" schon w ä h r e n d des Vorverfahrens vor. N a c h dem Zweck des Satz 1 sind dies alle, aber auch nur die M a ß n a h m e n , die erforderlich erscheinen, um eine den Gläubigern nachteilige V e r ä n d e r u n g in der V e r mögenslage des Schuldners in diesem Stadium zu verhüten. D e r Satz bedarf zunächst der Abgrenzung in negativer Hinsicht. D e r Vergleichsversuch e r f o r d e r t tätige Mitwirkung des Schuldners auch schon im V o r v e r f a h r e n . Deshalb können keine schärferen M a ß n a h m e n als im eigentlichen Vergleichsverfahren angeordnet werden und sind im Satz 2 Veräußerungsverbote und die Beschränkungen nach § 57 nicht nur beispielsweise, sondern zugleich als die stärksten Mittel hervorgehoben. W a s darüber hinausgeht, wie die im K o n k u r s e r ö f f n u n g s v e r f a h r e n zulässigen Zwangsmittel aus § 106 K O , sind nur zulässig, wenn ein K o n k u r s a n t r a g gestellt w o r d e n ist. Sie werden nicht durch das Konkursverbot des § 4 6 ausgeschlossen (Uhlenbruck K T S 1967 21, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 46 VglO). T r e f f e n beide V e r f a h r e n hier zusammen, so sind die vom Gericht a n z u o r d n e n d e n Sicherungsmaßnahmen sowohl auf § 12 V g l O als auch auf § 106 K O zu stützen. Auch die aus § 106 K O zu treffenden M a ß n a h m e n können der kontinuierlichen W e i t e r f ü h r u n g des schuldnerischen Unternehmens dienen ( V e r f a s ser Betrieb 1954 343, K T S 1963 21, zustimmend Böble-Stamschräder Anm. 1, JaegerWeber Anm. 12, Mentzel-Kuhn Anm. 6 zu § 106 K O ) .

Positiver Zweck und möglicher Inhalt der Maßnahmen Die M a ß n a h m e n sollen der Erhaltung des Schuldnerunternehmens und dem Schutz der Gläubiger dienen. Eine nachteilige V e r ä n d e r u n g der Vermögenslage des Vergleichsschuldners bis zur Entscheidung über die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens soll verhütet werden. Sie müssen nicht immer im Mißtrauen gegen den Schuldner ihren G r u n d haben, denn ohne Erweiterung des Aufgabenbereichs des vorläufigen Verwalters (§§ 12, 57) ist es nicht möglich, ein „Verwalterdarlehn" im Sinne des § 106 a u f z u nehmen ( B G H Z 32 268 = K T S 1960 138). Die Mittel, die dadurch dem U n t e r n e h m e n zufließen, sollen ja gerade zur F o r t f ü h r u n g des Geschäfts, insbesondere z u r Zahlung von Löhnen oder ähnlichen Forderungen und darüber hinaus zur Befriedigung von Kleingläubigern dienen. Mittelbar werden auch hier die Gläubiger geschützt, wenn man davon ausgeht, daß mit der Sicherung der F o r t f ü h r u n g des Unternehmens die Erfüllung des vom Schuldner vorgelegten Vergleichsvorschlags gewährleistet erscheint und damit ein immerhin möglicher Anschlußkonkurs, der f ü r die Gläubiger im allgemeinen eine geringere Befriedigung verspricht, vermieden wird. Geschützt werden durch die M a ß n a h m e n des Vergleichsgerichts aus § 12 nicht nur die Vergleichsgläubiger, sondern auch die Gläubiger, die an den Vergleichsverfahren nicht teilnehmen, jedoch nur Befriedigung finden k ö n n e n , wenn ein Vermögensstand erhalten bleibt, der es dem Schuldner ermöglicht, zu zahlen oder in den mit Erfolg vollstreckt werden kann. Mit dem Erlaß von A n o r d n u n g e n nach §§ 12, 58 ff V g l O entfällt jedoch nicht etwa (so LG Düsseldorf N J W 1975 1367 mit kritischer Anm. Baer-Henney) schlechthin der Arrestgrund (§ 917 Abs. 1 Z P O ) . Einer solchen allgemeinen Annahme steht entgegen, daß der Vergleichsschuldner den A n t r a g aus § 2 V g l O bis zur E r ö f f n u n g des V e r f a h rens jederzeit z u r ü c k n e h m e n kann ( § 1 5 Abs. 2 V g l O ) . Mit Recht trägt auch Gerhardt Kölner Festschrift 1977 111/118 Bedenken gegen die genannte Entscheidung vor. 264

Sicherungsmaßnahmen

§12

Sanktion H a n d e l t der Vergleichsschuldner den nach § 12 erlassenen A n o r d n u n g e n des Ver- 3 gleichsgerichts zuwider und ist sein Verhalten nicht entschuldbar, so ist die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens abzulehen (§ 17 N r . 9). Entschuldbar kann eine Zuwiderhandlung des Vergleichsschuldners z. B. sein, wenn er eine eilbedürftige M a ß n a h m e getroffen hat und nach den Umständen des Falles damit rechnen konnte, der vorläufige Verwalter w ü r d e diese gemäß § 64 genehmigen. — V o r der Entscheidung ist der Vergleichsschuldner zu hören.

II. Die Anordnung Anordnung von Amts wegen Das Vergleichsgericht hat nach seinem pflichtgemäßem Ermessen nur eine einzelne 4 M a ß n a h m e , auch verschiedene M a ß n a h m e n gleichzeitig oder nacheinander zu treffen. Ein „Antrag" des vorläufigen Verwalters oder solche von Vergleichsgläubigern sind nicht Voraussetzung f ü r die gerichtlichen A n o r d n u n g e n , sie sind nur als Anregungen anzusehen (Kiesow K u T 1935 113). Soweit solche Anregungen bei Gericht eingehen und ihnen nicht gefolgt wird, bedarf es zwar keines ausdrücklichen ablehnenden Bescheides, doch ist eine Unterrichtung in jedem Falle ratsam, denn das Vergleichsgericht ist in der Regel auf die Mitarbeit der Beteiligten nicht nur im Antragsverfahren angewiesen. — A n o r d n u n g e n des Gerichts aus § 12, z. B. ein allgemeines V e r ä u ß e rungsverbot werden mit der Zustellung an den Vergleichsschuldner, sonst mit der V e r k ü n d u n g diesem gegenüber, im übrigen mit der öffentlichen Bekanntmachung, die mit Ablauf des zweiten Tages nach der Ausgabe des die Veröffentlichung enthaltendes Blattes als bewirkt gilt, wirksam (§ 119). Eine A n f e c h t u n g findet nicht statt (§ 121 I), doch kann das Gericht seinen Beschluß jederzeit ändern oder aufheben. Die Bestellung eines vorläufigen Verwalters (§ 11 V g l O ) und die A n o r d n u n g von Sicherungsmaßnahmen nach § 12 V g l O fallen nicht unter den Begriff der „ E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens" im Sinne des Art. 43 Abs. 2, N r . 2 W G (vgl. B G H , K T S 1975 37). Bei Aussichtslosigkeit des Verfahrens Erscheint der Vergleichsantrag aussichtlos, steht der E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s 5 einer der in den §§17, 18 bezeichneten G r ü n d e entgegen, ist die Beseitigung dieses Grundes nicht möglich oder mit Sicherheit nicht zu erwarten, so sollen nach § 15 I Sicherungsmaßnahmen unterbleiben. Sind jedoch noch Ermittlungen zur Vorbereitung der Entscheidung über den E r ö f f n u n g s a n t r a g erforderlich, so behält z. B. ein V e r ä u ß e rungsverbot seinen guten Sinn, es sei denn, die Ermittlungen erstrecken sich darauf, ob überhaupt ein K o n k u r s g r u n d als Voraussetzung f ü r die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens vorliegt. Zeitgrenzen A n o r d n u n g e n aus § 12 sind zulässig ab Eingang des Vergleichsantrags (§ 2) bis zur 6 Entscheidung über diesen. D o c h sind Sicherungsmaßnahmen erst mit der Rechtskraft dieser Entscheidung ausgeschlossen. H a t das Gericht z. B. mit dem Vergleichsantrag die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkurses abgelehnt, so sind bis z u m Ablauf der Beschwerdefrist 19 II 1, 121 II) oder bis zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde (dazu § 121 III) noch immer Sicherungsmaßnahmen aus § 12 möglich. 265

§12

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s

Wegfall und Aufhebung der Maßnahmen 7

Die Maßnahmen aus § 12 sind aufzuheben, wenn sie entbehrlich geworden sind (§ 65), ebenso, wenn der Vergleichsschuldner den Eröffnungsantrag (§ 2) zurücknimmt (15 II), bevor über ihn entschieden worden ist. Die Maßnahmen treten außer Kraft, wenn der Beschluß über die Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens und des Anschlußkonkursverfahrens Rechtskraft erlangt (§ 19 III). — Vgl. im übrigen Anm. 10 unten und für Veräußerungsverbote die Besonderheiten, wie sie in der Anm. 13 erörtert werden. III. Beschränkungen aus § 57 VglO Ganz oder teilweise

8

Dem Gericht steht es frei, dem vorläufigen Verwalter die in § 57 vorgesehenen Befugnisse ganz oder nur teilweise zu gewähren, z. B. unter Ausschluß der Kassenführung o d e r / u n d der Einspruchsbefugnis, so daß allein das Erfordernis der Zustimmung zu außergewöhnlichen Verbindlichkeiten vorbehalten bleibt. Zulässig ist auch die Freistellung von Einspruch und Zustimmung bei Verbindlichkeiten, die einen bestimmten Betrag nicht übersteigen. Möglich sind aber immer nur Erleichterungen, nicht über den 5 57 hinausgehende Erschwerungen: Insbesondere kann das Gericht (gegen Schumann Bank A. 34 313) den vorläufigen Verwalter nicht zur Geschäftsleitung ermächtigen, denn diese Befugnis gewährt auch der § 57 nicht. Wohl aber folgt aus dem Mitwirkungsrecht des vorläufigen Verwalters im Rahmen des § 57, daß es zu einer gemeinsamen Unternehmensleitung kommt (Berges KTS 1955 4 und K T S 1956 113 und KTS 1957 183, kritisch hierzu Künne K T S 1971 235 ff, die Gestaltung des Vergleichsverfahrens — als ein solches „Kölner Prägung" verteidigend: Uhlenbruck KTS 1972 220/ 225). — Siehe einzelne Hinweise oben unter Rdn. 6 a zu § 11 VglO. — Mit dem Erlaß der Beschränkungen aus § 57 bereits im Vorverfahren soll der Vergleichsschuldner Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetriebe gehören, nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters eingehen. Wenn dieser Einspruch erhebt, soll der Vergleichsschuldner auch keine betriebsüblichen Verbindlichkeiten eingehen. O b nun im Einzelfall die Zustimmungsbefugnis des vorläufigen Verwalters oder sein Einspruchsrecht gegeben ist, folgt aus Art und Umfang des einzelnen Rechtsgeschäfts gemessen an dem U m f a n g und an der Bedeutung des Geschäftsbetriebes. — Ein eigenes Verfügungsrecht des vorläufigen Verwalters folgt aus seiner Zustimmungsbefugnis nicht (BGHZ 23 318 = KTS 1957 87). — Beschränkung aus § 57 Abs. 2 VglO

9

Soll die Beschränkung aus § 57 Abs. 2 VglO eintreten, so darf die Anordnung nur dahin lauten, daß der Schuldner dem vorläufigen Verwalter die Übernahme der Kassenführung zu gestatten habe. Eine Anordnung, daß der vorläufige Verwalter die Kassenführung zu übernehmen habe, wäre eine Maßnahme zugleich gegen den Verwalter und ein unzulässiger Eingriff in seinen Aufgabenbereich. Denn darüber, ob und in welchem Umfange der Verwalter von der ihm durch die Anordnung gewährten rechtlichen Möglichkeit der Kassenführung Gebrauch macht, entscheidet sein pflichtgemäßes Ermessen. Das Gericht kann insoweit nur zufolge seiner Aufsichtsgewalt (§41) einschreiten, also nicht wegen Verletzung seiner Anordnung, sondern nur bei pflichtwidriger Unterlassung der nach den Umständen erforderlichen Übernahme. Auch der vorläufige Verwalter bedarf zur Kassenführung keiner Vollmacht des Schuldners, sondern handelt insoweit als dessen gesetzlicher Vertreter. 266

Sicherungsmaßnahmen

§12

Die Befugnis zur Kassenführung bezieht sich jedoch nur auf den laufenden Geschäftsbetrieb des Schuldners (OLG Nürnberg K T S 1965 172), nicht etwa auf einen Schuldenerlaß, gibt kein Recht zur Aufrechnung oder zu Leistungen an Erfüllungs Statt und Erfüllungshalber. Zahlt ein Drittschuldner bereits vor der Anordnung des Gerichts an den vorläufigen Verwalter in der irrigen Annahme, dieser sei empfangsberechtigt, so wird er nur befreit, wenn der Vergleichsschuldner genehmigt oder wenn der vorläufige Verwalter den Betrag an den Schuldner abführt (Kiesow K u T 1935 113). Einzelheiten der Verpflichtungen, die den Vergleichsverwalter mit der Übernahme der Kassenführung treffenden Pflichten werden zu § 57 VglO, Rdz. 38 ff dargestellt. Sie gelten entsprechend, wenn der vorläufige Verwalter die Kassenführung übernommen hat. Siehe hierzu auch Hartlage-Laufenberg KTS 1977 224 ff. — Aufhebung der Anordnung, Wegfall von Rechts wegen Die Aufhebung der Anordnung — durch unanfechtbaren Beschluß — ist geboten 10 bei Entbehrlichkeit der Maßnahme (art. § 65 I) sowie bei Rücknahme des Vergleichsantrags vor Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder des Anschlußkonkurses (§15 II). Mit Eröffnung des Vergleichsverfahrens gelten die Schranken des § 57 nunmehr von Rechts wegen (§ 24). Lehnt das Gericht sowohl die Eröffnung des Vergleichsverfahrens als auch des Anschlußkonkurses ab, so bewirkt der Eintritt der Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses den Wegfall der Anordnung von Rechts wegen (§ 19 III 1). Da die Maßnahme erst mit Rechtskraft des Beschlusses entfällt, muß, auch wenn das Gericht den Anschlußkonkurs eröffnet hat, bis zum Eintritt der Rechtskraft des Konkursbeschlusses ein wenn auch nur latentes Fortbestehen der Maßnahme angenommen werden. Das wird bedeutsam, wenn das Beschwerdegericht den Konkursbeschluß aufhebt und, ohne das Vergleichsverfahren zu eröffnen, die Sache an das Vergleichsgericht zurückverweist. Dann lebt die nur latent gewesene Sicherungsmaßnahme von selbst wieder auf, wie auch neue Maßnahmen angeordnet werden können (§ 19). Den endgültigen Wegfall der Maßnahme hat somit erst die rechtskräftige Eröffnung des Anschlußkonkurses zur Folge.

IV. Verfügungsbeschränkungen Nur Veräußerungsverbote im Sinne des § 59 VglO Als solche können nur allgemeine oder besondere Veräußerungsverbote im Sinne 11 des § 59 angeordnet werden. Das Gericht kann auch dem Veräußerungsverbot keine anderen Wirkungen geben als in den §§ 59 ff vorgeschrieben. Diese gelten sinngemäß (Satz 3), sind also durch richterliche Anordnung nicht abänderbar. Das Gericht kann deshalb auch bei begründeten Verdacht, daß der Vergleichsantrag (§ 2) nur zur Verschleppung eines nicht vermeidbaren Konkurses gestellt worden ist, dem vorläufigen Verwalter nicht mittels einer Verfügungsbeschränkung aus der Vergleichsordnung die Geschäftsleitung übertragen, um ihm eine der Stellung eines Konkursverwalters ähnliche Rechtsstellung einzuräumen. Wohl aber kann das Konkursgericht, sofern ein Konkursantrag vorliegt, sogleich gemäß § 106 K O eine Sequestration anordnen, um eine kontinuierliche Geschäftsfortführung bis zur Eröffnung über den Konkursantrag zu sichern. Die Sequestration wird regelmäßig mit einem Veräußerungsverbot verbunden (OLG Köln KTS 1971 51, Verfasser Betrieb 1954 343, KTS 1963 21). Maßnahmen aus § 106 K O werden nicht durch § 46 ausgeschlossen (Uhlenbruch KTS 1967 21). 267

§12

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

Verbot der Befriedigung von Vergleichsgläubigern 12

Das Vergleichsgericht kann auch ausdrücklich gemäß § 12 S. 1 dem Vergleichsschuldner untersagen, entgegen dem Vergleichsvorschlag Vergleichsgläubiger vorab oder mit Sonderbegünstigung (§ 8 III) zu befriedigen. H a n d e l t der Vergleichsschuldner einem solchen V e r b o t zuwider, so setzt er sich der G e f a h r aus, daß die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens nach § 1 7 N r . 9 abgelehnt und über die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkursverfahrens entschieden wird (§ 19 I). Aufhebung, Wegfall und latentes Fortbestehen des Verbots

13

Veräußerungsverbote sind aufzuheben, wenn sie entbehrlich geworden sind (§ 65), ferner wenn der Schuldner den Vergleichsantrag (§ 2) vor der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens oder des Anschlußkonkursverfahrens wieder zurücknimmt ( § 1 5 II). Die A u f h e b u n g wirkt nur f ü r die Z u k u n f t . Die vor der A u f h e b u n g verbotswidrig vorgenommenen V e r f ü g u n g e n bleiben den Vergleichsgläubigern gegenüber unwirksam (§ 62). Mit der R ü c k n a h m e des Vergleichsantrags (§ 15 II) endet das Vergleichsvorverfahren kraft Gesetzes, zugleich aber hat auch hier das Gericht aus § 12 erlassene Veräußerungsverbote ausdrücklich wieder aufzuheben. — Wird w e d e r das Vergleichsverfahren, noch der Anschlußkonkurs eröffnet, so entfällt das Veräußerungsverbot mit dem Eintritt der Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses (§ 19 III S. 1) von Rechts wegen. Wird das Anschlußkonkursverfahren zwar eröffnet, jedoch im Beschwerdewege (§ 109 II) wieder aufgehoben, so sind die vom (vorübergehenden) Gemeinschuldner vorgenommen V e r f ü g u n g e n nicht nach §§ 6, 7 K O , wohl aber gemäß §§ 62 I, 63 III S. 1, 103 unwirksam. Mit der A u f h e b u n g des Konkurseröffnungsbeschlusses fallen zwar alle privat- und öffentlich-rechtlichen Folgen dieses Beschlusses rückwirkend weg. U n b e r ü h r t aber bleiben Verwaltungshandlungen und Rechtsgeschäfte, die von und gegen den Konkursverwalter vorgenommen w o r d e n sind ( B G H Z 30 175, Kuhn K T S 1957 6). Dies gilt ohne Rücksicht auf die zeitliche Reihenfolge (h. M., abweichend: Baur Festschrift f ü r Friedrich W e b e r 1975 49 unter Hinweis auf §§ 116 S. 2, 191 K O ; der Hinweis schlägt jedoch, wie Mentzel-Kuhn Anm. 8 zu § 109 K O mit Recht hervorhebt, nicht durch). Die vom Vergleichsrichter (vgl. zu dessen funktioneller Zuständigkeit § 19 Abs. 1 RpflG) aus § 12 V g l O erlassenen Verfügungsbeschränken gelten mit der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§ 20 V g l O ) als solche im Sinne der §§58 bis 65 V g l O , wie aus § 24 V g l O folgt. — Hat sich der Vergleichsrichter das Verfahren nicht vorbehalten ( § 1 9 Abs. 3 S. 1 RpflG) oder nach einem Vorbehalt auf den Rechtspfleger übertragen (§ 19 Abs. 3 S. 2 RpflG) oder aber ist nach vorübergehender Bearbeitung des V e r f a h rens durch den Vergleichsrichter der Rechtspfleger wieder funktionell zuständig ( § 1 9 Abs. 3 S. 3 RpflG), so ist nicht etwa der Rechtspfleger an die vom Richter nach § 12 V g l O (oder später nach §§ 58 ff V g l O ) g e t r o f f e n e n Entscheidungen gebunden. Der Rechtspfleger entscheidet vielmehr über eine Aufhebung der Anordnungen selbständig, wie § 9 S. 2 R p f l G zu entnehmen ist (vgl. Mohrbutter-Drischler N J W 1971 361, 362, zustimmend: Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 12 V g l O ) . D e r vorläufige Verwalter kann zwar nicht selbst (Unterschied zu § 113 II K O ) um die Eintragung des Veräußerungsverbots ersuchen, wohl aber ist er berechtigt und verpflichtet (§§ 11 II 42), beim Vergleichsgericht einen Antrag auf Erlaß eines Eintragungsersuchens zu stellen ( § 6 1 II, III). — D e r gute Glaube bei einem rechtsgeschäftlichen Erwerb nach Erlaß eines Veräußerungsverbots wird im Liegenschaftsrecht (§§ 892, 893 BGB, §§ 16, 17 SchiffsRG, § 98 III S. 2 LRG), nicht aber im Fahrnisrecht geschützt. 268

§13

Einstweilige Einstellung von V o l l s t r e c k u n g s m a ß n a h m e n

§13 Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen (1) Auf Antrag des vorläufigen Verwalters kann das Vergleichsgericht anordnen, daß eine Zwangsvollstreckung, die gegen den Schuldner bei Eingang des Eröffnungsantrags anhängig ist oder später anhängig wird, bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag, längstens jedoch auf die Dauer von sechs Wochen einstweilen eingestellt werde. Die Anordnung soll nur getroffen werden, wenn dies für das Ergebnis der Veräußerung von Vorteil oder zur Vermeidung eines den Gläubigern drohenden Nachteils unerläßlich ist. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn der vollstreckende Gläubiger im Falle der Eröffnung des Verfahrens Vergleichsgläubiger wäre oder zu den im § 29 Nrn. 3 und 4 bezeichneten Gläubigern gehören würde. (2) Der Antrag ist abzulehnen, wenn er so spät gestellt wird, daß das Gericht seine Voraussetzungen nicht mehr prüfen kann. Materialien: B e g r . II S. 56 ff, Begr. I I I S. 3 9 0 , A k B e r . S. 144. Übersicht I.

Rdn. V o r l ä u f i g e r V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z im V o r -

Rdn. IV.

verfahren

d u r c h den V e r g l e i c h s r i c h t e r n u r bei V o r -

Gewährung durch Richterakt

1

liegen eines S a c h g r u n d e s

Positivrechtliche Gestaltung

2

A n o r d n u n g s b e s c h l u ß . A u f n a h m e der Befristungsklausel

11

3

Wirksamwerden der A n o r d n u n g

12

T r a g w e i t e des v o r l ä u f i g e n V o l l s t r e c k u n g s schutzes II.

V.

Zulässigkeitserfordernisse

10

Rechtsfolgen der A n o r d n u n g

A n t r a g des v o r l ä u f i g e n V e r w a l t e r s

4

D i e einstweilige E i n s t e l l u n g

R e c h t z e i t i g k e i t des A n t r a g s

5

S t e l l u n g des G l ä u b i g e r s .

Vergleichsgläubiger oder

6

VI.

7

gegen den S c h u l d n e r und in das S c h u l d nervermögen

VII. 8

noch nicht begonnene Zwangsvollstreckungen

14

Folgen anordnungswidriger Vollstreckungen

Einstellbare Zwangsvollstreckungen Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g und V o l l s t r e c k u n g s maßnahmen

13

Gläubigeranfech-

tung

ausgeschlossene

Gläubiger III.

Die Anordnung

9

Prozessuale Folgen

15

Materielle Folgen

16

"Wegfall d e r A n o r d n u n g e n Z e i t p u n k t des W e g f a l l s

17

F o l g e n des W e g f a l l s

18

V I I I . R e f o r m der V e r g l e i c h s o r d n u n g Vollstreckungsverbot

19

I. Vorläufiger Vollstreckungsschutz im Vorverfahren Gewährung durch Richterakt Vollstreckungssperre von Rechts wegen (§§ 47, 48 I) tritt erst mit Eröffnung, nicht 1 schon mit Beantragung des Verfahrens ein: Der Schuldner soll sich nicht durch den allein von seinem Willen abhängenden Vergleichsantrag ein Moratorium verschaffen können. Eine ganz andere Frage ist jedoch die der Gewährung eines vorläufigen Vollstreckungsschutzes durch Richterakt. Die V g l O 1927 sah einen solchen nicht vor. Jedoch besteht für ihn, unerachtet des Instituts der Rückschlagsperre, ein unabweisbares Bedürfnis. Die Rückschlagsperre verhindert zunächst nur, daß Gläubiger, die in der Zeit der Krise, genauer in der Zeit zwischen dem 29. Tage vor Eingang des Vergleichsantrags und der Eröffnung des Verfahrens, durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung oder Befriedigung erlangt haben, ihre Stellung in und zu dem Verfahren verändern oder verbessern können. Die in die Rückschlagsperrfrist fallenden Zwangsvollstreckungen sind aber, selbst wenn der Zwangserwerb erst nach Eingang des Ver269

§13

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

gleichsantrags, also während des Eröffnungsstadiums eintritt, gleichwohl zulässig; die Eröffnung des Verfahrens macht nicht die geschehenen Maßnahmen rückwirkend unzulässig, sondern führt nur zur einstweiligen Einstellung der noch nicht beendigten Vollstreckungen kraft Gesetzes (§ 48 I). Ihre materielle Wirksamkeit aber verlieren die der Rückschlagsperre unterfallenden Zwangssicherungen und Zwangsbefriedigungen erst und nur mit Vergleichsbestätigung oder Eröffnung des Anschlußkonkurses (§§ 87, 104). Auf Antrag des Verwalters kann das Vergleichsgericht nach näherer Maßgabe des § 48 II diese Unwirksamkeitsfolge schon vorher herbeiführen; aber nicht schon im Eröffnungsstadium, wo doch der Schuldner die möglichst unbeschränkte Verfügung über sein Vermögen am nötigsten hat. Dazu kommt ein wesentlicher Unterschied in den Unwirksamkeitsfolgen. Während bei Zwangssicherungen der Erwerb selbst materiell unwirksam wird, verliert er bei Zwangsbefriedigung lediglich seinen Rechtsgrund, so daß hier der Erwerber, der vielleicht selbst schlecht steht, daß Erlangte nur schuldrechtlich, und zwar nach Bereicherungsgrundsätzen, zurückgewähren muß. Dabei beschränkt sich die Rückgewähr meist auf den Erlös aus einer Zwangsverwertung. Dann hat das Versagen eines vorläufigen Vollstreckungsschutzes im Eröffnungsverfahren den weiteren Nachteil, daß entgegen dem Sinn der Konkursabwendung Schuldnervermögen unter Wert verschleudert wurde (so schon zur Kritik des Entwurfs 1926 Bley Z Z P 52, 121). Hier greift nun unsere Vorschrift ein. Sie will verhindern, daß einzelne Gläubiger sich noch nach der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2) Sondervorteile verschaffen und die übrigen Gläubiger durch Verschleuderung von Schuldnervermögen geschädigt werden {Vogels J W 1936 4, Renger Betrieb 1951 520).

Positivrechtliche Gestaltung 2

Im Gegensatz zu den Sicherungsmaßnahmen des § 12 kann das Vergleichsgericht den Vollstreckungsschutz aus § 13 nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag verfügen. Antragsberechtigt ist nur der vorläufige Verwalter, nicht der Vergleichsschuldner. Doch kann dieser den Schutz des § 765 a Z P O auch während eines Vergleichsverfahrens in Anspruch nehmen (Lorenz M D R 1962 702), muß sich jedoch mit diesem Begehren an das Vollstreckungsgericht, nicht an das Vergleichsgericht wenden. Der Antrag des vorläufigen Verwalters aus § 13 muß rechtzeitig gestellt werden. Er ist abzulehnen, wenn er so spät gestellt wird, daß das Vergleichsgericht seine Voraussetzungen nicht mehr prüfen kann (Absatz II). Die Anordnung des Vergleichsgerichts kann immer nur auf einstweilige Einstellung, nicht also auf Aufhebung von Zwangsvollstreckungen lauten. Die Einstellung ist nur möglich bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag (§ 2), längstens jedoch auf die Dauer von sechs Wochen (kritisch hierzu: Vogels JW 1936 5). Die Annahme des Gesetzgebers, innerhalb einer Frist von sechs Wochen werde über die Verfahrenseröffnung entschieden werden können (vgl. dazu auch die Fristen aus §§ 10 und 14 VglO), trifft für Großverfahren nicht zu. Im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D. Herstatt KGaA i. L., Köln lagen zwischen dem Eingang des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) und der Eröffnung des Verfahrens (5 20 VglO) nahezu vier Monate (vgl. Berges KTS 1975 75/90 ff, Künne KTS 1975 179). — Die Frist des § 13 VglO für einstweilige Einstellungen kann auch schon bei weniger umfangreichen Verfahren sich als nicht ausreichend erweisen (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 13 VglO). Hinweis: siehe unten Rdn. 7 und 13. — Es bleibt der W e g über § 765 a Z P O , der jedoch nicht immer gangbar erscheint. 270

Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen

§

13

Tragweite des vorläufigen Vollstreckungsschutzes Damit ist jedoch die Frage nach der möglichen Tragweite des vorläufigen Vollstrek- 3 kungsschutzes noch nicht erschöpft. Schon aus der Überschrift „Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen" ergibt sich freilich, daß eine generelle Anordnung des Inhalts, daß das Vollstreckungsverbot des § 47 schon im Eröffnungsstadium gelten solle, ausgeschlossen ist. Eine solche Anordnung läßt sich auch nicht daraus rechtfertigen, daß auch nach dem Eingang des Vergleichsantrags anhängig werdende Zwangsvollstreckungen eingestellt werden können. Denn bei seiner Entscheidung aus § 13 hat das Vergleichsgericht jeweils zu prüfen, ob die Anordnung zur Vermeidung eines der Gläubigerschaft insgesamt drohenden Nachteils unerläßlich ist — (die erste Alternative aus § 13 I S. 2 hat bei dieser Betrachtung naturgemäß auszuscheiden, denn mangels Pfändung, zu der es ja erst gar nicht kommen soll, kann über das Ergebnis einer Veräußerung nichts gesagt werden) —, während das Vollstreckungsverbot des § 47 hierauf überhaupt nicht abstellt. Das Vergleichsgericht kann mithin nicht durch eine generelle Anordnung die Wirkung des Vollstreckungsverbots aus § 47 zeitlich vorverlegen. — Dagegen kann das Vergleichsgericht — vorausgesetzt, es liegt ein entsprechender Antrag des vorläufigen Verwalters vor — auch die vorsorgliche Einstellung noch nicht begonnenener Zwangsvollstreckungen nach § 13 anordnen und so den Erwerb auch von Zwangssicherungen inhibieren. Eine solche Anordnung richtet sich nicht gegen alle Vergleichsgläubiger, sondern nur gegen die in dem Antrag des vorläufigen Verwalters genannten Vergleichsgläubiger, von denen Vollstreckungen drohen. Diese werden dem vorläufigen Verwalter aus dem Gläubigerverzeichnis ( § 6 I S . 3) oder durch Befragen des Vergleichsschuldners, der zur Auskunft verpflichtet ist (§ 40 I S. 2), bekannt. Die vorsorgliche Einstellung einer Zwangsvollstreckung gemäß § 13 führt im Gegensatz zu § 47 nur zur Aussetzung des Vollzuges, nicht zur Zurückweisung eines gleichwohl gestellten Antrags. Dies ist bedeutsam z. B. für die Priorität des Antrags im Liegenschaftsrecht gegenüber Vollstreckungsanträgen anderer Gläubiger.

II. Zulässigkeitserfordernisse Antrag des vorläufigen Verwalters Der vorläufige Verwalter ist, sofern die Voraussetzungen des Schutzes aus § 13 4 vorliegen, nicht etwa nur antragsberechtigt, ihn trifft gegenüber der Gesamtgläubigerschaft und gegenüber dem Vergleichsschuldner auch eine Antragspflicht, für deren Erfüllung er nach §§11 II 42 diesen haftet (Büchert WirtschPrüfer 1951 329, BohleStamscbräder Anm. 2 zu § 13 VglO). Geht ein Antrag des Vergleichsschuldners selbst ein, so ist der vorläufige Verwalter vor der Ablehnung dieses Antrags zu hören. Stimmt der vorläufige Verwalter dem Antrag des Schuldners zu, so liegt darin ein eigener Antrag des vorläufigen Verwalters. Wird diesem stattgegeben, so ist der des Schuldners gegenstandslos. Wird der Antrag des vorläufigen Verwalters aus § 13 abgelehnt, so ist auch der des Schuldners zu bescheiden. Rechtzeitigkeit des Antrags Der Antrag des vorläufigen Verwalters muß rechtzeitig gestellt werden, wenn er 5 nicht aus § 13 II abgelehnt werden soll. Das Vergleichsgericht muß prüfen können, ob die Voraussetzungen zur einstweiligen Einstellung einer Zwangsvollstreckung vorliegen (Vogels-Nölte Anm. I 2 zu § 13 VglO). Hierzu gehört: 1. Vollstreckt ein Vergleichsgläubiger oder ein Gläubiger, der im Falle der Eröffnung des Verfahrens zu den im § 29 Nr. 3 und Nr. 4 bezeichneten Gläubigern gehören würde? — 2. Ist zu erwar271

§ 13

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

ten, daß bei einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung der gepfändete Gegenstand im Ergebnis vorteilhafter verwertet werden kann? Ist eine sofortige Verwertung (z. B. verderbliche W a r e ist gepfändet) nicht etwa dringend geboten? Kann der Pfandgegenstand ohne erhebliche Belastung (Kosten!) weiter gelagert werden? — Im Einzelfall kann es sehr wohl erforderlich sein, zu diesen Fragen, insbesondere zur Vergleichsgläubigerstellung den vollstreckenden Gläubiger zu hören. Eine verspätete Antragstellung ( § 1 3 II) braucht nicht auf eine verzögerliche Bearbeitung der Vollstrekkungsfragen durch den vorläufigen Verwalter zurückzuführen sein, denn nicht selten findet dieser sogleich nach seiner Bestellung (§11) Nachrichten über nahe bevorstehende Versteigerungstermine (§816 Z P O , §§ 36, 43 ZVG) vor. Handelt es sich dabei um eine Viehlzahl von gegen den Vergleichsschuldner anhängiger Vollstreckungen, so daß die Voraussetzungen zur Ablehnung des Vergleichsantrags (§2) aus § 18 Nr. 2 vorliegen, so fehlt für einen Antrag des vorläufigen Verwalters gemäß § 13 des Rechtsschutzinteresse wegen Aussichtslosigkeit des Vergleichsantrags nach § 15 I des Gesetzes. Die Bestimmung des § 13 hat nicht den Zweck, die künftige Konkursmasse zu sichern. Vergleichsgläubiger oder ausgeschlossene Gläubiger 6

Rechtsordnungszweck unserer Vorschrift ist allein eine Ergänzung des Instituts der Rückschlagsperre im Interesse des Vergleichsversuchs (oben 1). Deshalb sind Anordnungen auf Grund des § 13 nur gegen solche Vollstreckungsgläubiger zulässig, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens Vergleichsgläubiger oder ausgeschlossene Gläubiger wären (Absatz 1 S. 3). Auch diese Frage ist Vorfrage, bei deren Verneinung der Antrag ohne sachliche Prüfung abzulehnen ist. Die Frage ist dahin zu formulieren, ob und inwieweit der Gläubiger, gegen den sich der Antrag richtet, im Falle der Eröffnung des Verfahrens von der Rückschlagsperre betroffen ist. N u r wenn und auch nur soweit, als er von dieser betroffen wird, ist die einstweilige Einstellung zulässig. Gläubiger, die vor dem 29. Tage vor der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2) durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine Sicherung erlangt haben, sind (Umkehrschluß aus § 28) insoweit nicht Vergleichsgläubiger. Auch gegenüber ausgeschlossenen Gläubigern gilt § 13 nur, wenn ihre Zwangsdeckung unter die Rückschlagsperre fallen würde (LG Oldenburg KTS 1970 236).

III. Einstellbare Zwangsvollstreckungen Zwangsvollstreckung und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen 7

Wie bei der Rückschlagsperre (§ 28), so kann auch hier Zwangsvollstreckung jede Art des Zwangsvollzugs der persönlichen H a f t u n g sein; auch der Vollzug von Arresten und einstweiligen Verfügungen (§ 124) sowie der Verwaltungszwang. Gleichgültig ist die Art des Vollstreckungstitels, wenn er nur ein solcher wegen der persönlichen Forderung ist. Auf Zwangsvollstreckungen wegen Geldforderungen ist unsere Vorschrift nicht beschränkt, denn Vergleichsforderungen brauchen nicht von vornherein auf Geld zu gehen (§ 25). Zu den Vollstreckungsmaßnahmen, die von der einstweiligen Einstellung aus § 13 betroffen werden können, gehören nicht nur, wenn auch vorwiegend, Zwangsvollstreckungen wegen Geldforderungen, sondern auch Verfahren auf Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek (§§ 866 f, 932 Z P O ) , Verfahren nach §§ 883 f Z P O , auch solche der Sicherung eines Verschaffungsanspruchs eines Vergleichsgläubigers durch Zwangsvormerkung (§§ 941 f Z P O ) oder Anordnung eines Veräußerungsverbots (§§ 935, 938 Z P O ) . 272

Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen

§ 13

Liegt ein Arrestbefehl vor und droht die Vollziehung des Arrestes (§ 928 Z P O ) , so hängt es von einem Antrag des vorläufigen Verwalters und der Anordnung des Vergleichsgerichts aus § 13 VglO ab, inwieweit es zur Einstellung der Zwangsvollstrekkung (vgl. § 124 VglO) kommt. Nicht etwa entfällt mit Anordnungen aus §§ 12, 58 ff VglO ohne weiteres der Arrestgrund (vgl. Rdn. 2 zu LG Düsseldorf N J W 1975 1367). H a t der (spätere) Vergleichsschuldner ein Grundstück ersteigert, jedoch das Bargebot im Verteilungstermin (§§ 105 ff ZVG) nicht entrichtet, so daß die Forderungen gegen den Ersteher übertragen wurden (§118 ZVG) und Sicherungshypotheken (§ 128 ZVG) einzutragen sind, so kann der vorläufige Verwalter (§ 11 VglO) nicht etwa mit einem Antrag aus § 13 V g l O die Ausführung des Ersuchens des Zwangsversteigerungsgerichts (§§ 130, 130 a ZVG) verhindern. Bei diesem handelt es sich zwar um eine Zwangsmaßnahme gegen den Ersteher, nicht jedoch um eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme (vgl. Fischer N J W 1956 1095, Drischler RpflJB 1962 322). Bei dem Verfahren auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO handelt es sich zwar um eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, nicht aber um eine solche im Sinne des § 13 VglO. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 807 Z P O steht an sich der Erhaltung des Schuldnervermögens nicht entgegen (ebenso Lorenz M D R 1962 702, abweichend wohl noch Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 1 3 VglO). — Wohl kann der Vergleichsschuldner selbst — soweit noch zulässig — Widerspruch einlegen (§ 900 Abs. 5 Z P O ) und einen Schutzantrag aus § 765 a Z P O beim Vollstreckungsgericht stellen, wobei jedoch kein zweiter Verfahrensgang außerhalb des Widerspruchsverfahrens gegeben ist (vgl. O L G H a m m N J W 1968 2247). — Auf Zwangszugriffe im Ausland kann sich weder der Antrag des vorläufigen Verwalters, noch eine Anordnung des Vergleichsgerichts aus § 13 V g l O erstrecken. Auch die Vollstreckungssperre der §§ 47, 48 V g l O gilt nur f ü r das Inland, wie denn entsprechend im Konkursverfahren § 14 K O in- und ausländische Gläubiger nicht hindert, sich aus einem im Ausland befindlichen Vermögensgegenstand des Gemeinschuldners zu befriedigen, soweit es das ausländische Recht nicht untersagt (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 16 zu § 14 KO). Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner und in das Schuldnervermögen Einstellbar sind nur Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner, nicht gegen 8 Dritte, die neben oder mit dem Schuldner haften; deshalb in dem, eine offene Handelsoder Kommandit-(aktien-)gesellschaft betreffenden Eröffnungsverfahren nur Vollstreckungen gegen die Gesellschaft selbst, nicht auch solche gegen die persönlich haftenden Gesellschafter. H a t auch ein Gesellschafter mit Bezug auf sein Privatvermögen Vergleichsantrag gestellt, so bedarf es in diesem Eröffnungsverfahren einer eigenen Anordnung. Noch nicht begonnene Zwangsvollstreckungen Bereits begonnene Zwangsvollstreckungen werden durch eine Anordnung aus § 13 9 nur getroffen, solange und soweit diese noch nicht beendet sind. Für die Beendigung kommt es dabei nicht etwa darauf an, ob die Vollstreckung im ganzen beendet ist, sondern darauf an, ob und welche einzelnenen Vollstreckungsmaßnahmen beendet sind. Bei einer Liegenschaftsvollstreckung (§§15, 16, 162 f, 171 a f ZVG) wird durch eine Einstellung aus § 13 die Abhaltung des Zwangsversteigerungstermins (§§ 66 f ZVG) ausgeschlossen, während eine Einstellung aus § 13 nach Schluß der Bietungsstunde (§ 73 II ZVG) zur Versagung des Zuschlags führt (§§ 33, 83 Ziff. 6, 96 ZVG). Ergeht die Einstellungsanordnung aus § 13 erst nach der Verkündung des Zuschlagsbeschlus273

§13

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

ses, so kann darauf eine Beschwerde nicht gestützt werden (§ 100 I ZVG), da darin der Vortrag neuer Tatsachen liegt, was bei der Zuschlagsbeschwerde unzulässig ist ( B G H Z 44 138 = M D R 1965 899 = N J W 1965 2107 = Rpfleger 1965 302, Mohrbutter-Leyerseder N J W 1958 370, O L G H a m m KTS 1977 50 mit Anm. Schriftleitung S. 55 auch zur abweichenden Rechtsprechung des KG N J W 1957 1240). — Auch wenn noch keine Vollstreckungshandlung eines Vollstreckungsorgans vorliegt, jedoch eine solche Handlung droht (unmittelbar bevorsteht), kann auf entsprechenden Antrag des vorläufigen Verwalters eine Anordnung aus § 13 BglO getroffen werden. Beendet ist die Einzelvollstreckung, wenn nach Verwertung des betreffenden Gegenstandes der Gläubiger Befriedigung — oder wenigstens teilweise Befriedigung — erlangt hat, wenn die einzelne Vollstreckungsmaßnahme gemäß gerichtlicher Anordnung aufgehoben wird, beim Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nach besonderer Vorschrift auch zufolge eines Verzichtes auf die hierdurch erworbenen Rechte (§ 843 Z P O , zum Wirksamwerden des Verzichtes: R G Z 139 172/175). — IV. Die Anordnung 10

Anordnung durch den Vergleichsrichter nur beim Vorliegen eines Sachgrundes Aus den beiden ersten Sätzen des § 1 3 1 („kann anordnen" und „die Anordnung soll nur ergehen") ist nicht zu folgern, daß die Anwendung der Bestimmung in das freie Belieben des Vergleichsgerichts gestellt wird. Die Formulierung will nur Raum lassen für die Ausübung eines pflichtgemäßen Ermessens, sie will weiter einem Mißbrauch der Anträge zur Gewinnung eines Moratoriums vorbeugen. Die erste Alternative, d. h. die Einstellung soll „für das Ergebnis der Veräußerung von Vorteil" sein, ist z. B. im allgemeinen anzunehmen, wenn es sich um die Verwertung nach voraufgegangener Sachpfändung handelt. Möglicherweise trifft dies auch dann zu, wenn ein Antrag des vollstreckenden Gläubigers auf Zwangsüberweisung (§ 825 Z P O ) vorliegt. Für die Liegenschaftsvollstreckung ist davon auszugehen, daß es im allgemeinen zu einer für die Gesamtgläubigerschaft günstigeren Nutzung des Schuldnervermögens kommen wird, wenn eine drohende Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 Z P O ) verhindert wird, um den Rang für eine Vergleichsgläubigerhypothek (§ 93 VglO) offenzuhalten. Die zweite Alternative kann z. B. bei begonnener Zwangsvollstreckung als vorliegend angenommen werden, um die Aushändigung des Versteigerungserlöses an einen selbst in wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Gläubiger zu verhindern, so daß der Anspruch aus § 87 I als nicht realisierbar anzusehen ist. Soweit eine größere Anzahl von Vollstreckungen droht, ist vor einer Einstellungsanordnung jeweils zu prüfen, ob nicht etwa der Vergleichsantrag (§ 2) aussichtslos erscheint (§§15 1 1 8 Nr. 2), so daß für eine Einstellung nach § 13 kein Raum bleiben würde. Anordnungsbeschluß, Aufnahme der Befristungsklausel

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a) Der Inhalt der Anordnung kann nach der Sachlage verschieden lauten. Stehen Zwangsmaßnahmen des oder der titulierten Gläubiger noch aus, so wird, wenn ihnen gegenüber einstweilige Einstellung geboten ist, meist generell die Zwangsvollstreckung aus dem oder den bestimmt zu bezeichnenden Schuldtiteln, im Falle des § 895 Z P O aus dem in der anzugebenden Streitsache zugunsten des Gläubigers ergehenden Vollstrekkungstitel einstweilen einzustellen sein. Bei schon begonnenen Zwangsmaßnahmen genügt es, das oder die speziell anzugebenden Vollstreckungsverfahren einstweilen einzustellen, außer wenn die Gefahr besteht, daß der Gläubiger aus dem Titel anderweit vollstreckt und auch gegenüber solchen künftigen Zugriffsakten die beantragte einstweilige Einstellung unumgänglich erscheint. H a t der Gläubiger, etwa weil zuerst 274

Einstweilige Einstellung von V o l l s t r e c k u n g s m a ß n a h m e n

§ 13

nur ein Teilurteil ergangen war, einen Teil der Zwangssicherung schon vor Beginn der Rückschlagsperrfrist erlangt, so ist die einstweilige Einstellung entsprechend zu beschränken (vgl. oben 6). b) Nach dem Wortlaut von Satz 1 kann die einstweilige Einstellung nur „bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag, längstens jedoch auf die Dauer von sechs Wochen" geschehen. Damit ist die Aufnahme der Befristungsklausel in den Anordnungsbeschluß vorgeschrieben. Die Frist ist eine gesetzliche, keine richterliche Frist. Sie kann mithin nicht etwa gemäß § 224 II Z P O verlängert werden. Fehlt sie im Beschluß, so gilt sie dennoch, worauf bereits Begr. II S. 58 hinweist. Ergeht innerhalb der Sechswochenfrist eine Entscheidung über den Eröffnungsantrag, so wird die Frist gegenstandslos. Ist bis zum Ablauf keine Entscheidung über den Eröffnungsantrag ergangen, so endet die einstweilige Einstellung aus § 13, ohne daß sie etwa neu angeordnet werden könnte. Für die Fristberechnung gilt § 222 I, II Z P O in Verbindung mit § 187 I BGB. Ist mit einer Entscheidung über die Eröffnung des Vergleichsverfahrens innerhalb der Einstellungsfrist des § 13 nicht zu rechnen oder ist diese Frist bereits abgelaufen, ohne, daß über den Vergleichsantrag (§ 2) entschieden worden ist, so bleibt dem Vergleichsschuldner (nicht dem vorläufigen Verwalter) der Weg, sich mit einem Antrag aus § 765 a Z P O an das Vollstreckungsgericht zu wenden. — Zur Kritik an der — namentlich f ü r Vergleichsverfahren größerer Unternehmen — zu kurz bemessenen Frist des § 13, vgl. auch Lorenz M D R 1962 703, Böhle-Stamschräder Einl. III b vor § 1 VglO). — Siehe auch oben Einleitung unter II 3. — Wirksamwerden der Anordnung Die Anordnungen des Vergleichsgerichts aus § 13 werden, wenn sie nicht — in der 1 2 Praxis selten — nach mündlicher Verhandlung verkündet werden (§ 329 I Z P O ) , mit der Zustellung nach Maßgabe des § 118 an den vorläufigen Verwalter als Antragsteller und an den jeweils betroffenen Gläubiger wirksam. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 775 Nr. 2 Z P O ist an den vorläufigen Verwalter eine Ausfertigung zuzustellen. Soweit Vollstreckungsverfahren bereits anhängig sind, ist zudem eine amtliche Mitteilung an die einzelnen Vollsteckungsorgane ratsam. — Anordnungen des Vergleichsgerichts aus § 13, die sich auf Zwangsvollstreckungen von Nichtvergleichsgläubigern erstrecken, sind nicht etwa wirkungslos. Die Frage, ob der vollstreckende Gläubiger die Zwangssicherung innerhalb oder bereits vor der Sperrfrist des § 28 erlangt hat, kann nicht der Beurteilung der Vollstreckungsorgane überlassen bleiben. Ein Einstellungsbeschluß aus § 13 ist auch dann wirksam ergangen, wenn der Gläubiger seine Zwangssicherung bereits vor Beginn des Laufs der Rückschlagsperrfrist erlangt hat (LG Hamburg H a n s R G Z 1936 B 86 = DJ 1936 1697 mit zustimmender Anm. Vogels K u T 1936 135). Eine solche Entscheidung ist mit der Vollstreckungsbeschwerde (§ 793 Z P O ) anfechtbar, denn das Vergleichsgericht hat hier seine gesetzliche Kompetenz nicht beachtet und in Wahrheit als Vollstreckungsgericht gehandelt. Die Bestimmung des § 121 I steht mithin der sofortigen Beschwerde hier nicht entgegen (LG Oldenburg KTS 1970 236, Künne KTS 1955 78 und M D R 1957 725, Lorenz M D R 1962 703, Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 13 VglO, a. A. Vogels-Nölte Anm. II 2 zu § 13 V g l O und LG Darmstadt M D R 1957 492, ferner für die entsprechende Frage aus § 48 II des Gesetzes O L G H a m m , K T S 1967 246). Die Gegenmeinung beruft sich in erster Linie darauf, daß der Gesetzgeber mit Rücksicht mit auf das Grundprinzip der Beschleunigung des Vergleichsverfahrens Rechtsmittel weitgehend ausgeschlossen und die Rechtsmittelfrist verkürzt habe. Dem könne nicht entgegengewirkt werden. Es könne nicht anerkannt werden, daß Nach275

§13

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

teile, die durch unanfechtbare fehlerhafte Entscheidungen enstehen könnten, so schwerwiegend seien, daß sie trotz der Bedeutung, die das Prinzip der Beschleunigung für das Vergleichsverfahren besitze, nicht in K a u f genommen werden könnten (so z. B. O L G H a m m K T S 1967 246). D e m ist entgegenzuhalten, daß das Vergleichsverfahren in seinem sonstigen Ablauf durch die Zulassung eines Rechtsmittels in Nebenfragen, zu denen die aus § 13 zu rechnen sind, nicht gehemmt oder gestört zu werden braucht. Dies auch nicht etwa aktenmäßig, da Sonderakten insoweit angelegt und der Rechtsmittelinstanz zugeleitet werden können. Bedeutsamer erscheint aber, daß klare Grenzen über die Zulassung eines Rechtsmittels auf diese Weise nicht gezogen werden können: Es kann nicht angenommen werden, daß z. B. die sofortige Beschwerde auch dann ausgeschlossen sein soll, wenn das Vergleichsgericht zwar nicht ausdrücklich, wohl aber dem Sinne nach seine Entscheidung auch auf die Bestimmung des § 765 a Z P O stützt. Zu einer Entscheidung aus dieser Bestimmung, der „Generalklausel" des Vollstreckungsschutzes, ist das Vergleichsgericht nicht befugt. Die Zulässigkeit des hier an sich unbestreitbar gegebenen Rechtsmittels (§ 793 Z P O ) kann nun aber nicht davon abhängen, ob ein hierzu berufenes Gericht entschieden hat. V. Rechtsfolgen der Anordnung Die einstweilige Einstellung 13

In der einstweiligen Einstellung liegt eine Anweisung an die Vollstreckungsorgane, daß für ihre D a u e r Vollstreckungsmaßnahmen unterbleiben. Die Anordnung ist Entscheidung im Sinne des § 775 Nr. 2 Z P O . Soweit es sich um eine Einstellung aus § 13 handelt, die sich auf eine Liegenschaftsvollstreckung bezieht, bedarf es noch des Ausführungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts selbst. Dies folgt z. B. aus der Belehrungspflicht dieses Gerichts nach § 3 1 III Z V G . — Ein Überweisungsbeschluß ist, soweit es sich nicht um eine Überweisung im Sinne des § 835 II Z P O handelt, in seiner Wirkung gehemmt mit der Folge, daß die Bestimmung des § 1281 B G B gilt. D o c h ist mit Rücksicht auf § 836 II Z P O ein besonderer Einstellungsbeschluß zum Überweisungsbeschluß erforderlich. Stellung des Gläubigers. Gläubigeranfechtung

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D e r Gläubiger wird durch den Einstellungsbeschluß aus der Bestimmung des § 13 nicht gehindert, Rechtsakte vorzunehmen, die selbst keine Vollstreckungsmaßnahmen darstellen. Er ist nicht gehindert, nach der Vollziehung eines Arrestbefehls oder einer einstweiligen V e r f ü g u n g die zur Erhaltung der Wirksamkeit des Vollzuges erforderliche Zustellungen zu bewirken (§§ 929 III, 936 Z P O ) . Nicht aber kann die Wirksamkeit einer Vorpfändung (§ 845 Z P O ) durch eine gerichtliche Pfändung innerhalb der hier maßgeblichen Dreiwochenfrist aufrechterhalten werden, denn die Pfändung widerstreitet der Einstellungsanordnung aus § 13 des Gesetzes. (Vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 22 zu § 49 K O ) . Die V o r p f ä n d u n g verliert ihre Wirkung, wenn das Vergleichsverfahren innerhalb der Einstellungsfrist des § 13 eröffnet wird (§§ 20, 21), da nunmehr das Vollstreckungsverbot aus § 4 7 eingreift. Läuft die Einstellungsfrist aus § 13 ab, ohne daß über die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens entschieden ist, so kann der Gläubiger zwar noch die Forderungspfändung ausbringen, doch wird diese mit Rücksicht auf die Sperrfrist (§ 28) mit der Bestätigung des Vergleichs unwirksam (§§ 78, 87). Damit verliert auch die V o r p f ä n d u n g ihre Wirkung ( R G Z 151 265). Mit einer einstweiligen Einstellung aus § 13 V g l O werden Anfechtungsprozesse unzulässig, da sie die Einzelvollstreckung zu ergänzen bestimmt sind (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. V I 6 zu § 1 A n f G zur Einstellung nach § 47 V g l O . 276

Einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen

§

VI. Bei der Frage nach den Folgen anordnungswidriger Vollstreckungen ist zunächst zwischen prozessualen und materiellen Folgen der Zwangsmaßnahme zu unterscheiden Prozessuale Folgen Prozessual wird die Zwangsvollstreckung mit dem Wirksamwerden einer Einstel- 1 5 lungsanordnung aus § 13 unzulässig. Der Zeitpunkt, in welchem die Anordnung in einer Ausfertigung den Vollstreckungsorganenen vorgelegt wird (§ 775 Nr. 2 ZPO), betrifft nur die Maßgeblichkeit der Anordnung für den Geschäftsgang des einzelnen Vollstreckungsorgans. Handelt das Vollstreckungsorgan der Anordnung zuwider, so ist der einzelne Vollstreckungsakt nicht etwa nichtig, wohl aber mit der Erinnerung anfechtbar (§ 766 Z P O vgl. z. B. Arwed Blomeyer Vollstreckungsverfahren 1975, § 24 III). — Neue Vollstreckungsanträge können unerachtet einer Einstellungsanordnung aus § 13 noch gestellt, dürfen jedoch nicht ausgeführt werden. Der Antrag bleibt weiter anhängig. (Bohle-Stamscbräder Anm. 3 zu § 13 VglO). Dies gilt auch, wenn im Rechtsmittelzug eine entgegen der Einstellungsanordnung nach § 13 vorgenommene Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wird. Mit dem Ablauf der Einstellungsfrist des § 13 wird sie wieder zulässig, es sei denn, daß nunmehr die Bestimmung des § 47 eingreift.

Materielle Folgen Was die materiellen Folgen unzulässiger Zwangsvollstreckungen betrifft, so ist zu 16 unterscheiden, ob zugunsten des Gläubigers schon vor Wirksamwerden der Anordnung eine materielle Vollstreckungswirkung eingetreten war oder nicht. War dies noch nicht der Fall, so erzeugt die unzulässige Zwangsvollstreckung selbst dann keinerlei materielle Wirkungen, wenn der Vollstreckungsantrag schon vor der Anordnung gestellt war: Der Gläubiger erwirbt kein Pfändungspfandrecht (vgl. Mentzel-Kuhn zur entsprechenden konkursrechtlichen Frage: Anm. 21 zu § 14 K O mit weiteren Hinweisen, siehe auch unten Rdn. 29 zu §§ 47, 48 VglO) und noch weniger tritt bei Forderungspfändung die gleichzeitig ausgesprochene Uberweisung ein. Schutz des Drittschuldners: § 836 II ZPO. Eine Zwangshypothek kommt trotzt ihres Eintrags weder für den Gläubiger noch als Eigentümergrundschuld für den Schuldner zum Entstehen. Auch die Fiktionswirkung des 5 895 Z P O kann, wenn die Anordnung noch vor Verkündung des Urteils wirksam geworden war, nicht mehr eintreten. Wegnahme gepfändeten Geldes wirkt nicht schuldtilgend; das Geld ist vom Gerichtsvollzieher auch nicht zu hinterlegen, sondern dem Schuldner auszuhändigen. Was der Gläubiger durch die anordnungswidrige Zwangsmaßnahme als Befriedigung erlangt hat, hat er von vornherein rechtsgrundlos erlangt (§816 B G B : Erwerb durch Zwangsverfügung des dazu nicht Berechtigten); der Erwerb wird nicht erst später nach Maßgabe der §§ 87, 104 rechtsgrundlos. Deshalb ist das zur Befriedigung Erlangte dem Schuldner alsbald zurückzugewähren. Anderes gilt, wenn der Gläubiger bereits vor der Anordnung aus § 1 3 eine — der Rückschlagsperre des § 28 unterliegende — materielle Rechtsposition, z. B. ein Pfändungspfandrecht erwirkt hatte. Diese Rechtsposition, bleibt von der späteren Einstellungsanordnung unberührt. Das vor der Anordnung aus § 13 gepfändete Bargeld oder der Versteigerungserlös sind nicht etwa dem Schuldner auszuhändigen, sondern zu hinterlegen. Erst der Ausgang des Vergleichsversuchs (§ 2) entscheidet darüber, für wen der hinterlegte Betrag frei wird. Wird der Erlös entgegen einer Anordnung aus § 13 ausgehändigt, so ist der Erwerb des Gläubigers nicht etwa rechtsgrundlos, er unterliegt jedoch mit der Vergleichsbestätigung oder der Eröffnung des Anschlußkonkurses (§§ 78, 79, 80) der in den Bestimmungen der §§ 87, 104 angeordneten Rückgewährpflicht. 277

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

VII. Wegfall der Anordnungen Der Zeitpunkt des Wegfalls 17

a) Der Wegfall kann schon vor der Entscheidung über den Eröffnungsantrag eintreten; einmal von Rechts wegen, wenn inzwischen die Sechswochenfrist verstrichen ist (oben I I b ) ; zum andern durch vergleichsrichterlichen Aufhebungsbeschluß, der bei Rücknahme des Vergleichsantrags vor Verfahrenseröffnung ergehen muß (§ 15 II). b) V o n diesen Fällen abgesehen, entfällt die Anordnung — und zwar von Rechts wegen — mit Beendigung des Eröffnungsverfahrens. D a s Gesetz sagt dies freilich nicht unmittelbar, sondern begrenzt lediglich die Dauer der einstweiligen Einstellung „bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag". Diese Begrenzung ist jedoch nur dann sachlich genau, wenn die Entscheidung auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder unter Ablehnung des Vergleichsantrags auf Eröffnung des Anschlußkonkurses lautet. Ersterenfalls ist mit der Eröffnungsstunde ( § 2 1 A. 3) das Vergleichsverfahren unanfechtbar eröffnet und gelten nunmehr in unmittelbarem Anschluß an die Anordnungen die Vorschriften über die gesetzliche Vollstreckungssperre (§§ 47, 48), denenzufolge kein Bedürfnis mehr für die Fortdauer der Anordnungen besteht. Der Beschluß über die Eröffnung des Anschlußkonkurses ist zwar anfechtbar ( § 1 9 II), doch gelten hier vom Eröffnungszeitpunkt an (§ 108 K O ) gegenüber den Vergleichsgläubigern, die ja Konkursgläubiger sind, der § 14 K O und gegenüber den ausgeschlossenen Gläubigern der § 63 K O , so daß für die Fortdauer von Anordnungen aus § 13 V g l O kein Raum mehr ist. H a t der Gläubiger in Gegenstände vollstreckt, die mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses nicht zur Konkursmasse (§ 1 K O ) gehören, so greift die Rückschlagsperre hier nicht ein, denn die Sperrwirkungen des § 104 können sich sinngemäß nur auf konkursbefangene Gegenstände erstrecken. Wird sowohl die Eröffnung des Vergleichsverfahrens als auch die des Anschlußkonkurses abgelehnt, so könnte zwar aus dem Wortlaut des § 13 I S. 1 geschlossen werden, daß die Anordnungen alsbald und nicht erst mit der Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses entfallen (so Bohle-Stamschräder Anm. 7 zu § 19 V g l O ) . Das ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt, da es auf sofortige Beschwerde sehr wohl noch zu einer Eröffnung eines der Verfahren kommen kann und auch für die Zwischenzeit ein Schutzbedürfnis besteht. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf § 19 IV, der auf die Rechtskraft abstellt, soweit es sich um das Amt des vorläufigen Verwalters handelt. Die Gegenmeinung muß zugeben, daß in der Zwischenzeit weder nach unserem Gesetz noch nach Vorschriften der K O ein Vollstreckungsschutz besteht. Schließlich kann auch aus § 19 III, der die Fortdauer von Anordnungen nur aus § 12, nicht aus § 13 vorsieht, geschlossen werden, daß die Einstellungsanordnungen aus § 13 dessen Frist durch eine Beschwerde nach § 19 II nicht unterbrochen wird, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Vergleichsantrag (§ 2) weiterlaufen. Die Folgen des Wegfalls

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a) Beruht dieser auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder des Anschlußkonkurses, so bringt er wegen der sich unmittelbar anschließenden Vergleichs- oder konkursrechtlichen Vollstreckungssperre (oben 17 b) den betroffenen Gläubigern keinen V o r teil. N u r können die auch im Konkurs ausgeschlossenen Gläubiger auf das konkursfreie Vermögen des Schuldners greifen. Auch die entgegen dem § 13 vorgenommenen Vollstreckungsakte konvaleszieren nicht. Eine Ausnahme gilt nur im Falle des Anschlußkonkurses bei früherem Zugriff auf nicht zur Konkursmasse gehörende Gegenstände: (dazu oben Anm. 17 b). 278

Anhörung der Berufsvertretung

b) In allen übrigen Fällen des Wegfalls sowie mit Aufhebung zufolge Rücknahme des Vergleichsantrags (§ 15 II) kann der betroffen gewesene Gläubiger nunmehr ungehindert von der Anorndung (weiter) vollstrecken; dies insbesondere auch nach Ablauf der Sechswochenfrist während des Eröffnungsverfahrens. Was aber die materiellen Rechtswirkungen der früheren, anordnungswidrigen Zwangsvollstreckungen betrifft, so ist auf Grund der Ausführungen oben 16 zu unterscheiden. W a r die Rechtswirkung trotz der einstweiligen Einstellung eingetreten, so hat es dabei sein Bewenden; und zwar selbst dann, wenn die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden war (oben 16 a E). Hatte die anordnungswidrige Zwangsmaßnahme keine materielle Rechtswirkung, so tritt diese nunmehr mit Wegfall der Anordnung von Rechts wegen — freilich nur für die Zukunft nicht rückwirkend — ein. Die Konvaleszenz beruht darauf, daß die Anordnung nur die Zulässigkeit der (ferneren) Vollstreckung, nicht auch die formale Gültigkeit ihrer Akte betraf. Eben deshalb kann auch die anordnungswidrig gewesene Vollstreckung nach Wegfall der Anordnung nicht mehr für unzulässig erklärt werden. Dagegen hat es bei einem vor Wegfall der Anordnung rechtskräftig gewordenen Ausspruch der Unzulässigkeit sein Bewenden. VIII. Reform der Vergleichsordnung Vollstreckungsverbot Bereits in der Einleitung zur zweiten Auflage des Werkes hatte Künne (S. 6) vorge- 19 schlagen, das Vollstreckungsverbot des § 47 V g l O schon mit dem Eingang des Vergleichsantrags in Kraft treten zu lassen. Damit werde vermieden, daß Vollstreckungen bis zur Eröffnung des Verfahrens zunächst zugelassen werden, um sie dann nach § 13 VglO auf entsprechenden Antrag des vorläufigen Verwalters einzustellen und schließlich mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78 VglO) unwirksam werden zu lassen (vgl. dazu Künne erneut in DB 1978 731). Um der Gefahr vorzubeugen, daß Schuldner Vergleichsanträge stellen, nur um damit Vollstreckungsschutz zu erreichen, ist dann die Fassung des „Vollstreckungsverbots" in der Neufassung des § 47 VglO dahin eingeschränkt worden, daß das Verbot erst mit der Veröffentlichung (Bekanntmachung) des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§2, 11 VglO) eingreifen soll. Damit ergibt sich aus § 15 Abs. 1 VglO eine gewisse Schranke gegenüber mißbräuchlichen Anträgen (vgl. DB 1978 732). —

§ 14 Anhörung der Berufsvertretung Vor der Entscheidung über den Eröffnungsantrag hat das Gericht unbeschadet seiner Verpflichtung nach § 116, wenn der Schuldner Handels- oder Gewerbetreibender oder Landwirt (Bauer) ist, die zuständige amtliche Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks (Gewerbes) oder der Landwirtschaft zu hören. Die Vertretung hat sich über den Antrag unverzüglich, spätestens jedoch vor Ablauf einer Woche, zu äußern. Das Gericht kann die Frist auf Antrag der Vertretung um eine weitere Woche verlängern. M a t e r i a l i e n : Begr. I S. 20 f; Ber. S. 32, 47. Begr. II S. 58; III S. 390.

279

§ 14

II. A b s c h n i t t : E r ö f f n u n g d e s V e r f a h r e n s

Schrifttum D a s G u t a c h t e n d e r a m t l i c h e n B e r u f s v e r t r e t u n g g e m ä ß § 14 V e r g l e i c h s o r d n u n g , Josef mann K T S 1968 40.

Veis-

Übersicht Rdn. I.

Die A n h ö r u n g Die amtlichen B e r u f s v e r t r e t u n g e n Zuständigkeit im Einzelfall Die A n h ö r u n g s p f l i c h t u n d ihre A u s n a h men Grundlose Unterlassung Z w e c k u n d Z e i t p u n k t der A n h ö r u n g . . .

1 2 3 4 5

II.

G e h ö r bei V o r s c h l a g s ä n d e r u n g Die Ä u ß e r u n g Ö f f e n t l i c h e Last Frist z u r Ä u ß e r u n g Inhalt d e r Ä u ß e r u n g Bedeutung der Äußerung

Rdn. 6 7 8 9 10

I. Die Anhörung Die amtlichen Berufsvertretungen 1

a) Amtliche, d. h. auf staatlicher A n o r d n u n g beruhende Berufsverbände im Sinne unserer Vorschrift sind nur solche wirtschaftlicher Art, nämlich der Industrie und des Handels, des H a n d w e r k s (Gewerbes) und der Landwirtschaft; aber ohne Rücksicht darauf, ob sie Körperschaften des öffentlichen Rechts oder privatrechtliche Gebilde sind und wieweit sie Selbstverwaltung haben oder weisungsgebunden sind. Das sind, wenn der Schuldner ein H a n d w e r k o d e r ein handwerksähnliches Gewerbe betreibt, die H a n d w e r k s k a m m e r n , betreibt er ein sonstiges Gewerbe, die Industrie- und Handelskammern und wenn er Landwirtschaft betreibt, die landesrechtlich eingerichteten Landwirtschaftskammern. Für die H a n d w e r k s k a m m e r n ist die H a n d w e r k s o r d n u n g in der Fassung vom 28. 12. 1965 (BGBl. I 1966 1) / 12.4. 1976 (BGBl. I 965), f ü r die Industrie — und H a n d e l s k a m m e r n das Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechte der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r n vom 1 8 . 1 2 . 1 9 5 6 (BGBl. I. S. 920), geändert durch Art. 22 des Ges. vom 1 3 . 7 . 1 9 6 1 (BGBl. I. S. 981) und § 1 0 3 des Ges. vom 14. 8. 1969 (BGBl. I. S. 1112) maßgebend. b) G e h ö r t der Vergleichsschuldner einem freien Beruf an, so ist die A n h ö r u n g der entsprechenden amtlichen Berufsvertretung in § 14 zwar nicht vorgeschrieben, dennoch kann es aber sehr wohl geboten sein, z. B. die Anwaltskammer, die Ärztekammer, die Architektenkammer oder die Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtenkammern gemäß § 116 zu hören. — Apotheken sind immer Gewerbebetriebe und gehören damit zur Industrie- und H a n d e l s k a m m e r , aber auch zu den landesrechtlich eingerichteten A p o t h e k e r k a m m e r n (§ 3 III S. 3 I H K - G e s e t z , dazu Veismann K T S 1968 40). — V o n der A n h ö r u n g der amtlichen Berufsvertretung ist die A n h ö r u n g anderer Stellen zu unterscheiden, wie sie bei eingetragenen Genossenschaften vorgeschrieben ist (§111, N r . 3). D o c h ist neben dem Prüfungsverband einer Genossenschaft (vgl. Lang- Weidmüller 30. Aufl. 1974 Anh. 3 S. 521 N r . 7) die Anhörung der amtlichen Berufsvertretung nach § 14 erforderlich. Für landwirtschaftliche Genossenschaften einschließlich Kreditgenossenschaften sind trotz der Rechtsform und des gewerblichen Charakters die Industrie- und H a n d e l s k a m m e r n gemäß § 2 IV des I H K - G e s e t z e s nicht zuständig (Veismann K T S 1968 41). Zuständigkeit im Einzelfall

2

Die Zuständigkeit im Einzelfall richtet sich sachlich nach der Art des Betriebs und örtlich nach der Verbandszugehörigkeit des Schuldners. Industrie- und H a n d e l s k a m mern sind zuständig auch bei Minderkaufleuten, eingetragenen Scheinkaufleuten und 280

Anhörung der Berufsvertretung

auch bei Gesellschaften und Verbänden, denen das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand Kaufmannseigenschaft beilegt. Bei mehrfacher Kammerzugehörigkeit, so insbesondere bei Handwerksbetrieben mit Handwerkshandel oder bei handwerklichen Unternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, hat das Vergleichsgericht beide Kammern von dem Eingang des Vergleichsantrags (§ 2) zu unterrichten und beiden den Antrag mit Anlagen abschriftlich zuzuleiten. Dies bedeutet aber nicht, daß sich auch beide Kammern gemäß § 14 S. 2 dem Gericht gegenüber zu äußern haben. Es genügt — und ist in der Praxis üblich —, wenn nur eine der Kammern, die die Federführung mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit des Vergleichsschuldners übernommen hat, das schriftliche Gutachten abgibt. Die andere Kammer wird formlos intern beteiligt (vgl. Veismann KTS 1968 41). Im Vergleichsverfahren über einen Nachlaß (§ 113) oder das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) ist die Berufsstellung des Erblassers oder des überlebenden Ehegatten maßgebend (Vogels-Nölte Anm. I 4 zu § 14 VglO). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach der des Vergleichsgerichts. Die Anhörungspflicht und ihre Ausnahmen a) Die Anhörung ist, soweit nicht § 15 I eingreift, zwingend vorgeschrieben. Das 3 Gutachten eines Sachverständigen, auch eines amtlich bestellten, kann sie nicht ersetzen aber neben ihr geboten sein (§ 116, auf den S. 1 ausdrücklich verweist). Das Gesetz will die besondere Sachkunde der Berufsvertretungen für das Verfahren nutzbar machen und zugleich eine möglichst einheitliche Sachbehandlung hinsichtlich der wirtschaftlichen Fragen gewährleisten. Zwingend ist deshalb die Anhörung auch, wenn der Schuldner vor der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2) in einem außergerichtlichen Vergleich seine amtliche Berufsvertretung um eine vermittelnde Tätigkeit zur Herbeiführung einer frei vereinbarten Sanierung gebeten hatte. Liegt bereits eine gutachtliche Stellungnahme der Berufsvertretung z. B. aus Anlaß eines außergerichtlichen Sanierungsversuchs vor, so ist das Gericht dennoch gehalten, gemäß § 14 zu verfahren. Die gutachtliche Äußerung ist „über den Antrag", d. h. über den Vergleichsantrag abzugeben. Im Einzelfall wird eine Ergänzung zu dem bereits vorliegenden Gutachten genügen können. b) Die Anhörung ist aber nur geboten, wenn der Eröffnung des Verfahrens keine nicht behebbaren Ablehnungsgründe entgegenstehen. Zu diesen gehören jedoch trotz der engen Fassung des § 15 I nicht nur die in den §§17, 18 angeführten Ablehnungsgründe, sondern auch das Fehlen solcher Erfordernisse, die vor den in den §§17, 18 bezeichneten Zulassungshindernissen zu prüfen sind (z. B. Fehlen der Zuständigkeit, der Vergleichsfähigkeit oder des Vergleichsgrundes). Die Gründe nach § 17, 18 mußten nur besonders hervorgehoben werden, weil bezüglich ihrer der § 15 I eine sinngemäße Einschränkung macht. Wegen Entgegenstehens eines solchen Ablehnungsgrundes darf nämlich die Anhörung nur unterbleiben, wenn die Beseitigung dieses Grundes nicht möglich oder mit Sicherheit nicht zu erwarten ist (zustimmend Veismann KTS 1968 42). Ist das vom Vergleichsschuldner angerufene Gericht nicht zuständig, so unterbleibt die Anhörung gemäß § 14. Der Vergleichsantrag ist dann, wenn nicht ein (anzuregender) Verweisungsantrag gestellt wird (RGZ 121 21 und 131, 200 und Anm. 40 zu § 2), ohne weitere Prüfung abzulehnen, sonst an das zuständige Gericht zu verweisen. c) Ist der Vergleichsantrag (§ 2) unvollständig, so ist dennoch, bevor der Vergleichsschuldner innerhalb der ihm gesetzten Nachholungsfrist (§ 10) Fehlendes nachgereicht hat, die amtliche Berufsvertretung von dem Eingang des Antrages sofort zu 281

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

unterrichten. Die Ermittlungen des Gerichts und der zuständigen amtlichen Berufsvertretung können zur Beschleunigung des Verfahrens zeitlich zugleich aufgenommen werden, wobei die der amtlichen Berufsvertretung des Schuldners sich auf andere Fragen erstrecken, als sie das Gericht gemäß § 116 zu klären hat (vgl. auch hier Veismann K T S 1968 45 und Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 14 VglO). — Grundlose Unterlassung 4

Grundlose Unterlassung des Gehörs kann die Berufsvertretung nur im Dienstaufsichtswege rügen. Die Verfahrensbeschwerde steht ihr unstreitig nicht zu (§ 121 I). W a r das Vergleichsverfahren ohne Anhörung der Berufsvertretung eröffnet worden, so rechtfertigt dies nicht etwa die Einstellung des Verfahrens nach § 100 I Nr. 1, vielmehr ist die Anhörung bis zum Vergleichstermin nachzuholen, damit sie in diesem Termin gemäß § 66 I S. 2 ihrem Inhalte nach bekanntgemacht werden kann. W a r ohne Anhörung der amtlichen Berufsvertretung der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt und das Anschlußkonkursverfahren eröffnet (§ 19 I), so kann der Schuldner seine sofortige Beschwerde gegen die letztgenannte Entscheidung (§§ 19 II 121) auf die Unterlassung des Vergleichsgerichts stützen, wenn dies zur Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens geführt hat. Das Beschwerdegericht hat dann die Äußerung der Berufsvertretung herbeizuführen, um zur Sache entscheiden zu können. Zweck und Zeitpunkt der Anhörung

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Zweck der Anhörung ist Unterstützung des Gerichts bei Prüfung der wirtschaftlichen Seite des Eröffnungsantrags, namentlich hinsichtlich der wirtschaftlichen W ü r digkeit des Schuldners sowie der Angemessenheit und Durchführbarkeit des vorgeschlagenen Vergleichs. Dieser Aufgabe kann die Berufsvertretung nur gerecht werden, wenn ihr das Gericht die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zugänglich macht. Dazu gehören nicht nur der Antrag, seine Anlagen und etwaige Ergänzungen beider, die deshalb der Schuldner in zwei Stücken vorzulegen hat (§ 4 III), sondern auch alle für diese Prüfung wichtig erscheinenden Ermittlungsergebnisse, woraus zugleich das Recht der Organe und Beamten der Berufsvertretung auf unbeschränkte Akteneinsicht zu folgern ist (Mayer A. 3). Zur Beurteilung der Angemessenheit und Durchführbarkeit des vom Schuldner vorgeschlagenen Vergleichs gehört auch die Unterrichtung darüber, ob etwa im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG bereits Verhandlungen über die Aufstellung eines „Sozialplans" aufgenommen worden sind und zu welchem Ergebnis diese bislang geführt haben. Wegen der Einzelheiten hierzu ist auf das zur Rdn. 18 zu § 7 V g l O Ausgeführte zu verweisen. Für die Gutachtertätigkeit der Industrie- und Handelskammern im Rahmen des § 14 V g l O ist im übrigen Bezug zu nehmen auf die im Anhang des Buches (Bd. II) mitgeteilten „Richtlinien" (vgl. auch Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 14 VglO). Gehör bei Vorschlagsänderung

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Ändert der Vergleichsschuldner den Vergleichsvorschlag, etwa, um damit die in einer ablehnenden Stellungnahme gegen den bisherigen Vorschlag geäußerten Bedenken auszuräumen, die sich auf § 18 N r . 3 und Nr. 4 stützten, so steht die erneute Anhörung der Berufsvertretung im pflichtgemäßen Ermessen des Vergleichsgerichts. Entscheidend sind hier die Umstände des Einzelfalls. Ändert der Vergleichsschuldner den Vergleichsvorschlag im Vergleichstermin (§ 76), so ist der in der Regel anwesende Sachbearbeiter der amtlichen Berufsvertretung um eine Äußerung zu bitten. Die 282

Anhörung der Berufsvertretung

Einholung einer neuen gutachtlichen Stellungnahme im Sinne des § 14 ist nur möglich, wenn es zu einer Vertagung des Vergleichstermins kommt. II. Die Äußerung Öffentliche Last Eine objektive, rechtzeitige und den Umständen nach erschöpfende Äußerung ist, 7 verwaltungsrechtlich gesehen, eine öffentliche Last der Berufsvertretung und damit intern zugleich eine Amtspflicht der Organträger derselben. Ihre Verletzung kann im Aufsichtswege gerügt werden. Eine Schadenshaftung der Berufsvertretung gegenüber dem Schuldner oder den Gläubigern wegen schuldhafter Unterlassung oder Unrichtigkeit der Äußerung ist zwar nach § 839 BGB, Art. 34 G G denkbar, wird jedoch meist entfallen, da es im allgemeinen schwerfallen wird, schlüssig einen Schaden zu begründen, der druch die Pflichtverletzung der Berufsvertretung und nicht etwa durch das Fehlverhalten des Vergleichsschuldners oder der Gläubiger verursacht ist (zustimmend: Veismann KTS 1968 43). Die Äußerung erfordert eine Prüfung der Verhältnisse des Schuldners im Hinblick auf dessen wirtschaftliche und persönliche Vergleichswürdigkeit (§ 18 Nr. 1 und Nr. 2), sowie die Angemessenheit, Sicherung und Durchführbarkeit des vorgeschlagenen Vergleichs (§18 Nr. 3 und Nr. 4, § 4 1 Nr. 4). N u r einem vergleichsfähigen Schuldner soll der W e g des gerichtlichen Vergleichsverfahrens eröffnet werden ( R i n k lin S. 102 f). Darüber hinaus wird die amtliche Berufsvertretung sogleich nach Eintritt in die sachgemäße Prüfung über die Ursachen der Insolvenz und das bisherige Verhalten des Vergleichsschuldners sich darüber schlüssig werden müssen, ob nicht etwa dem Vergleichsgericht der Erlaß von Verfügungsbeschränkungen (§ 12) zu empfehlen ist. Ergeben die Ermittlungen der Berufsvertretung, daß Bedenken gegen die Person des vorläufigen Verwalters (§11) bestehen, daß dieser, wie dem Gericht bisher nicht bekanntgeworden, bereits als „Vergleichshelfer" des Schuldners tätig war, so sind diese Bedenken dem Gericht sogleich mitzuteilen. H a t das Gericht noch keinen vorläufigen Gläubigerbeirat bestellt (vgl. dazu oben Anm. 1 zu § 11), erscheint jedoch diese Bestellung ratsam, so hat die amtliche Berufsvertretung sie bei Gericht anzuregen. Hierbei kann sogleich Einfluß auf die Zusammensetzung des vorläufigen Gläubigerbeirats, der den Bestimmungen der §§ 44, 45 unterliegt, genommen werden. Sind in dem Gläubigerbeirat sämtliche Gläubigergruppen vertreten, so wird die Berufsvertretung sich über die Zuziehung der Mitglieder dieses Beirats für Ermitllungs- und Prüfungsaufgaben auch bereits ein Bild über die Erfolgsaussichten des Vergleichs machen können (Veismann K T S 1968 44 f). Bei Betrieben mit größerer Belegschaft ist deren Vertretung im Gläubigerbeirat wünschenswert (Verfasser KTS 1955 57, Gaul KTS 1955 182, Uhlenbruck BB 1976 1198/1200) und eine Zusammenarbeit mit der amtlichen Berufsvertretung zu empfehlen. Jede Unsicherheit in der Belegschaft über die Z u k u n f t des Unternehmens kann den wirtschaftlichen Erfolg von durch den Eintritt der Insolvenz bedingten Maßnahmen beeinträchtigen und ist daher letzten Endes mit von Einfluß auf die Erfüllung des Vergleichs. — Vgl. hierzu auch Brill Arbeit und Recht 1967 335 ff. Die amtliche Berufsvertretung wird durch Zusammenarbeit mit einem so gebildeten Gläubigerbeirat und mit dem vorläufigen Verwalter sich leichter ein Bild über die wirtschaftliche Lage des schuldnerischen Unternehmens verschaffen können. Darüber hinaus werden verantwortungsbewußte, fachkundige, unabhängige und erfahrene ehrenamtliche Mitarbeiter der amtlichen Berufsvertretung von dieser zu hören sein, bevor der Referent das schriftliche Gutachten zur Weitergabe an das Vergleichsgericht 283

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

niederlegt. Soweit bei den amtlichen Berufsvertretungen ständige „Insolvenzausschüsse" nicht bestehen, können sie f ü r den Einzelfall gebildet werden (vgl. Berges K T S 1955 53, Veismann K T S 1968 44). — Eine V e r g ü t u n g und Auslagenerstattung f ü r die Ä u ß e r u n g gemäß § 14 sieht das Gesetz nicht vor. Die Berufsvertretungen werden insoweit nicht als Sachverständige im prozessualen Sinne, sondern in Erfüllung einer besonderen amtlichen Aufgabe und zugleich im Interesse des von ihnen vertretenen Berufsstandes tätig. (Böble-Stamschräder Anm. 2 zu § 14 V g l O ) . Im Vergleichsverfahren über das V e r m ö g e n des Bankhauses I. D. Herstatt K G a A i. L., Köln ist die gutachtliche Stellungnahme der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r Köln aus § 14 V g l O in deren „Mitteilungen" N r . 22 vom 15. 11. 1974, S. 693 ff abgedruckt w o r d e n . Dies ist im Gesetz nicht vorgesehen, auch sonst nicht üblich, jedoch geschehen im Hinblick auf das weltweite Interesse an dieser Bankeninsolvenz. Die der Meinungsbildung zugrundeliegenden umfangreichen Unterlagen sind aus den genannten „Mitteilungen" zu ersehen. — Die Frist zur Äußerung 8

Die im Gesetz (§ 14) vorgesehenen Fristen sind zu kurz. Sie sind keine Ausschlußfristen. Ihr — unvermeidliches — Uberschreiten ist verfahrensrechtlich unschädlich (zustimmend: Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 1 4 V g l O ) . Durchschnittlich wird zur Abgabe einer begründeten gutachtlichen Stellungnahme eine Zeit von drei bis vier W o c h e n benötigt. Sie von vornherein zu gewähren, entspricht z w a r nicht dem W o r t laut des Gesetzes, vermeidet aber einen in der Sache entbehrlichen Schriftverkehr und erleichtert damit die Zusammenarbeit mit der amtlichen Berufsvertretung. D e r im Gesetz vorgesehene Verlängerungsantrag erübrigt sich damit und ist als gestellt anzusehen. Zwar muß das Vergleichsgericht, wie aus § 16 folgt, nach fruchtlosem Ablauf der in § 14 vorgesehenen Fristen über den E r ö f f n u n g s a n t r a g entscheiden, doch setzt dies voraus, daß Spruchreife vorliegt. Ist das der Fall, glaubt das Vergleichsgericht auf G r u n d des Ergebnisses der eigenen Ermittlungen (§ 116) ohne eine gutachtliche Äußerung der amtlichen Berufsvertretung entscheiden zu können (zu diesen Weiss BB 1952 298), da diese innerhalb der Fristen des 5 14 nicht eingegangen ist, so ist das Gutachten dennoch mit zu berücksichtigen, wenn es vor der Entscheidung eingeht {Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 14 VglO). In dem Vergleichsverfahren über das V e r m ö g e n des Bankhauses I. D . Herstatt K G a A i. L., Köln lagen zwischen dem Vergleichsantrag vom 27. 6. 1974 und der E r ö f f nung des Vergleichsverfahrens ( § 2 0 V g l O ) fast vier Monate (vgl. Berges K T S 1975 88 ff, und Künne K T S 1975 180). D e r gutachtlichen Stellungnahme der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r vom 24. 10. 1974 („Mitteilungen" der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r vom 15. 11. 1974 — N r . 22, S. 693 ff) lag ein Vergleichsvorschlag vom 18. 10. 1974 zugrunde. Diese Stellungnahme w u r d e ergänzt durch eine weitere vom 3. 12. 1974, zu einem abgeänderten Vergleichsvorschlag vom 19. 11. 1974, die sich — wie die erste gutachtliche Äußerung — wiederum mit einer Reihe rechtlicher Fragen des Vergleichsverfahrens zu befassen hatte. Mit Böhle-Stamschräder Krim. 3 zu § 14 V g l O , ist eine gesetzliche Änderung des § 14 V g l O vorzuschlagen, die weitgehend sein muß, um auch „ G r o ß v e r f a h r e n " zu entsprechen. — Siehe f e r n e r : Künne D B 1978 729 (Vorschläge zur R e f o r m der Vergleichsordnung). Inhalt der Äußerung

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W a s den Inhalt der Äußerung anlangt, so hat sich diese nach dem Zweck der A n h ö rung auf alles zu erstrecken, was annehmbar f ü r die Entscheidung über den E r ö f f 284

Anhörung der Berufsvertretung

nungsantrag von Bedeutung ist (ausführlich Samolewitz Mitt. der Industrie- und H a n delskammer Berlin 1927 655). Die Berufsvertretung hat deshalb in erster Linie anzugeben, ob und welche Tatsachen ihr bekannt sind, die der Eröffnung des Verfahrens entgegenstehen. In der Angabe von Tatsachen erschöpft sich die Außerungspflicht jedoch nicht (Berges KTS 1975 89, Künne K T S 1975 178/180). Die Berufsvertretung muß vielmehr, wie sich aus den Eingangsworten des § 18 ergibt, auch wertend Stellung nehmen zur Frage der Gründe des Vermögensverfalls, einer schuldhaften Antragsverzögerung, der Angemessenheit, Sicherstellung und Durchführbarkeit des vorgeschlagenen Vergleichs, dabei auch die Persönlichkeit des Schuldners und, soweit sie dazu imstande ist, auch Lage und Aussichten des Wirtschaftszweigs, dem das Schuldnerunternehmen angehört, würdigen. Soweit nicht ein Liquidationsvergleich (§ 7 IV) angestrebt wird, liegt der Schwerpunkt der gutachtlichen Stellungnahme, sofern nur sonst die Voraussetzungen für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens vorliegen, in der Beurteilung der Angemessenheit und vor allem Erfüllbarkeit des Vergleichsvorschlags. Hier ist mit zu berücksichtigen, daß wegen der Fortführung des Unternehmens Anlage- und Umlaufvermögen meist voll gebunden sind, daß mit der Erfüllung nicht selten eine nicht geringe Anspannung der Liquidität verbunden ist, und daß die Erfüllung des Vergleichs oft nur gesichert ist, wenn die künftig zu erwartenden Gewinne auch eintreten. Ein bestimmter Zahlungsplan sollte daher dem Vergleichsvorschlag, wie auch der Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung zugrunde gelegt werden (Knorr K T S 1955 81). — Zum Zahlungsplan im Vergleichsverfahren siehe auch Uhlenbruck G m b H u. Co KG, S. 70 ff und 362 ff. Die Stellungnahme der Berufsvertretung hat sich ferner darauf zu erstrecken, ob die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen erforderlich erscheint (§ 58) und ob und in welcher Weise die Vergleichserfüllung zu überwachen sein wird (§§ 90 II, 91, 96). Ferner ist Stellung zu nehmen zu der Frage, ob und in welcher Form der Vergleichsschuldner einen Besserungsschein geben sollte (Veismann K T S 1968 46 f). Gelangt die amtliche Berufsvertretung auf Grund der durchgeführten Ermittlungen und Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß der Schuldner seinen Vermögensverfall durch Unredlichkeit hergeführt und den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens schuldhaft verzögert hat, daß mithin Ablehnungsgründe nach § 18 Nr. 1 und 2 VglO vorliegen, so kann sich im Einzelfall dennoch ergeben, daß mit einer solchen Feststellung allein das Gutachten aus § 14 VglO nicht abgeschlossen werden kann. Ohne der Entscheidung des Vergleichsgerichts über den rechtlichen Charakter der Vorschriften der §§17, 18 VglO vorzugreifen, wird im Eizelfall auch eine Erklärung darüber erwünscht sein, ob etwa dennoch eine Empfehlung dahin auszusprechen ist, das Vergleichsverfahren zu eröffnen. So hat denn im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D. Herstatt KGaA i. L., Köln die Industrie- und Handelskammer trotz Vorliegen der genannten Ablehnungsgründe im Hinblick auf die Gläubigerinteressen sich für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens ausgesprochen (vgl. z. B. Künne K T S 1975 178/180 ff). Der Wortlaut der Empfehlung ist den „Mitteilungen" Nr. 22 vom 15. 11. 1974 S. 693 ff, Sonderdruck Seite 3, 4 zu entnehmen. Bedeutung der Äußerung Die Bedeutung der Äußerung ist nur eine informatorische; sie bindet das Gericht 10 auch insoweit nicht, als die Berufsvertretung sich, namentlich in wirtschaftlichen Fragen, gutachtlich äußert. Nur wird, worauf Kiesow A. 12 mit Recht hinweist, das Gericht bei Ablehnung des Vergleichsantrags entgegen dem Gutachten der Berufsvertretung sich mit dessen Gründen im Hinblick auf die Beschwerdebefugnis des Schuld285

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

ners auseinandersetzen müssen. Der Vergleichsschuldner ist in jedem Falle, auch wenn das Gericht sich hier in Übereinstimmung mit der Ansicht der amtlichen Berufsvertretung befindet, vor der Ablehnenden Entscheidung zu hören (LG Aschaffenburg M D R 1958 698). Die gutachtliche Äußerung aus § 14 wird Bestandteil der Gerichtsakten und steht nach Maßgabe des § 120 zur Einsichtnahme offen (Robrecht KTS 1971 143). Hierauf ist in der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses und in der Ladung der Gläubiger hinzuweisen (§ 22 III).

§ 15 Verfahren bei Aussichtslosigkeit oder bei Rücknahme des Vergleichsantrags (1) Die in §§11 bis 14 vorgesehenen Maßnahmen sollen unterbleiben, wenn der Eröffnung des Vergleichsverfahrens einer der in den §§17, 18 bezeichneten Gründe entgegensteht und die Beseitigung dieses Grundes nicht möglich oder mit Sicherheit nicht zu erwarten ist. (2) Nimmt der Schuldner den Vergleichsantrag vor der Eröffnung des Verfahrens zurück, so hebt das Gericht die auf Grund der §§11 bis 13 getroffenen Maßnahmen auf. Die Rücknahme des Antrags und die Beendigung des Amts des vorläufigen Verwalters sind öffentlich bekanntzumachen, es sei denn, daß das Gericht auf Grund des vorstehenden Absatzes 1 von der im § 11 Abs. 1 vorgesehenen öffentlichen Bekanntmachung abgesehen hat. Materialien: Begr. III S. 390. Übersicht Rdn. I.

V e r f a h r e n bei Aussichtslosigkeit Sinn des A b s a t z 1 G r ü n d e z u r A b l e h n u n g von v o r n h e r e i n . .

Rdn. II.

1 2

R ü c k n a h m e des V e r g l e i c h s a n t r a g s (Absatz 2) Bedeutung der Rücknahme

3

R ü c k n a h m e v o r E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s Aufhebungsakte

4 5

I. Verfahren bei Aussichtslosigkeit Sinn des Absatzes 1 1

Der Sinn des Absatzes 1, der systematisch an den Anfang des 2. Abschnitts gehört hätte, ist die Festlegung einer alsbaldigen Prüfungspflicht des Gerichts bei Eingang des Antrags, ob nicht dieser schon auf Grund der eingereichten Unterlagen (und etwaiger, bei der Antragstellung geschehener Befragung des Schuldners), also von vornherein abzulehnen sei. Ist dies der Fall, so sollen die sonst bis zur Entscheidung gebotenen oder möglichen Maßnahmen zwecks Kosten- und Zeitersparnis unterbleiben, damit der dann meist unumgängliche Anschlußkonkurs nicht verzögert wird. „Sollen" bedeutet, daß das Vergleichsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat. Mit der alsbaldigen Entscheidung über den Eröffnungsantrag entfallen: die Bestellung des vorläufigen Verwalters, die Bekanntmachung über den Eingang des Vergleichsantrags (§§ 2, 11), die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 12), die Anhörung der amtlichen Berufsvertretung (§ 14) und die Bestellung eines vorläufigen Gläubigerbeirats (§§ 11, 44). Alle diese Maßnahmen unterbleiben auch dann, wenn das Gericht auf entsprechenden (anzuregenden) Antrag des Schuldners wegen Unzuständigkeit verweist (RGZ 121 21 und 131 200 vgl. Anm. 40 zu § 2). — Die Vorschrift kann aber auch noch 286

Verfahren bei Aussichtslosigkeit oder bei Rücknahme

§ 15

dann praktisch werden, wenn das Gericht einen Teil der Maßnahmen, z. B. die Bestellung des vorläufigen Verwalters, ergriffen und den Eingang des Vergleichsantrags bekanntgemacht hat, nunmehr aber sogleich aus den im Gesetz genannten Gründen ablehnen will. Gründe zur Ablehnung von vornherein Gründe zur Ablehnung des Antrags von vornherein können auch andere als die aus 2 §§ 17, 18 sein, wie z. B. Mangel der Vergleichsfähigkeit (§ 2 A. 4, 16 ff). N u r bei denen der §§17, 18 wird freilich die Beschränkung praktisch, daß ihre Beseitigung entweder nicht möglich (z. B. §§ 17 Nr. 3 bis 5, 18 N r . 2) oder mit Sicherheit nicht zu erwarten sein darf (z. B. §§ 5 II, 17 Nr. 8: Fehlende Kontinuität der Bilanzen). Ist aber die Möglichkeit der Beseitigung der Mängel nicht ausgeschlossen, vielmehr nur zweifelhaft, so scheidet § 15 Abs. 1 V g l O aus {Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 15 VglO). Gleiches gilt, wenn es möglich erscheint, daß trotz gewisser Mängel aus §§ 17, 18 VglO im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschriften (vgl. dazu unten Rdn. 1, je zu § 17 und § 18 VglO) und die Art des Vergleichsverfahrens eine Verfahrenseröffnung nicht ausgeschlossen erscheint (vgl. Berges K T S 1975 86 ff, Uhlenbruck K T S 1975 170 ff und Künne K T S 1975 180/181/189). II. Rücknahme des Vergleichsantrags (Absatz 2) Bedeutung der Rücknahme Die Bedeutung der Rücknahme gem. Absatz 2 erschöpft sich nicht in einer bloßen 3 Sistierung der Entscheidung (über die Zulässigkeit einer solchen siehe § 16 A. 5). Die gem. Absatz 2 erklärte Rücknahme beendigt vielmehr das anhängige Eröffnungsverfahren, und zwar von Rechts wegen, so daß eine Entscheidung über den Vergleichsantrag und damit auch über die Eröffnung des Anschlußkonkurses ausgeschlossen ist. Als verfahrensbeendigende Prozeßhandlung muß die Rücknahme unbedingt und unbefristet sein. Sie kann nur von dem Vergleichsschuldner selbst, nicht etwa von seinem Prokuristen erklärt werden, da sie nicht zu den Rechtshandlungen gehört, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 HGB). H a t nur ein Vorstandsmitglied eines rechtsfähigen Vereins den Vergleichsantrag gestellt (§ 108), so ist zur Rücknahme des Antrags auch nur dieses Vorstandsmitglied befugt (LG Tübingen K T S 1961 158). — In dem „Antrag" des Vergleichsschuldners auf Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens, eine prozessuale Erklärung, die nur eine Anregung ist, da das Gericht von Amts wegen zu entscheiden hat (§ 19 I), kann ein Verzicht auf die Befugnis aus § 15 II gesehen werden (vgl. Verfasser in Anm. zu LG Osnabrück K T S 1968 62). Rücknahme vor Eröffnung des Verfahrens Verfahrensbeendigende Wirkung hat nur die „vor Eröffnung des Verfahrens" bei 4 Gericht eingehende Rücknahme. (Vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 3 zu § 103 KO.) Für eine nach Verfahrenseröffnung eingehende Rücknahmeerklärung gilt § 99. Sie ist nur bis zur Beendigung der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag zulässig, führt zur Einstellung des Vergleichsverfahrens und zur Entscheidung über die Eröffnung des Anschlußkonkurses nach § 101. Unter der „Eröffnung des Verfahrens" im Sinne des § 15 II ist nicht nur die des Vergleichsverfahrens, sondern auch die des Anschlußkonkurses bei Ablehnung des Vergleichsantrags (§19 I) zu verstehen (zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 15 VglO). Die Rücknahme des Vergleichsantrags wegen Gelingens einer außergerichtlichen Sanierung ist freilich der Hauptfall. Doch ist auch die Eröffnung des Anschlußkonkurses nur vermeidbar, wenn die Rücknahmeer287

§ 16

II. A b s c h n i t t : E r ö f f n u n g d e s V e r f a h r e n s

klärung vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Konkurseröffnungsbeschlusses (§ 108 K O ) bei Gericht eingeht. Wirksam wird dieser Beschluß in dem Augenblick, in dem er aufhört, eine nur innere Angelegenheit des Konkursgerichts zu sein (OLG Köln, K T S 1958 15). Nimmt der Vergleichsschuldner seinen Antrag später, aber noch vor der Zustellung des Konkurseröffnungsbeschlusses zurück, so kann die an sich zulässige sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluß (§ 19 II) nicht mehr mit einer Verletzung des § 15 II begründet werden. Wird die Eröffnung des Anschlußkonkurses abgelehnt, so kann der Vergleichsantrag auch noch in der Beschwerdeinstanz gemäß § 15 II zurückgenommen werden, und zwar durch Rücknahme der Beschwerde gegen den Konkursablehnungsbeschluß des Vergleichsgerichts. Nach Eintritt der Rechtskraft des die Konkurseröffnung ablehnenden Beschlusses ist eine Rücknahme des Vergleichsantrags wirkungslos (OLG H a m m K T S 1978 106, Erkenntnis zur entsprechenden Frage im Konkursrecht). Mit der Rücknahme des Vergleichsantrags endet das Konkursverbot aus § 46, wenn damit die Entscheidung über den Anschlußkonkurs entfällt. Aufhebungsakte 5

Bei rechtzeitiger Rücknahme des Vergleichsantrags hat das Gericht den vorläufigen Verwalter zu entpflichten, sowie seine Vergütung und die ihm zu erstattenden Auslagen festzusetzen (§§ 11 II, 43). Die Rücknahme des Vergleichsantrags und die Beendigung des Amtes des vorläufigen Verwalters sind öffentlich bekanntzumachen, wenn dies beim Eingang des Vergleichsantrags und der Verwalterbestellung nach § 1 1 1 geschehen war. Etwa ergangene Verfügungsbeschränkungen sind aufzuheben (65).

§ 16 Entscheidung über die Eröffnung Nach Abschluß der erforderlichen Ermittlungen, insbesondere nach Eingang der Äußerung der amtlichen Berufsvertretung oder nach Ablauf der im § 14 bezeichneten Fristen, entscheidet das Gericht, ob das Vergleichsverfahren zu eröffnen ist. M a t e r i a l i e n : B e g r . I S. 2 1 . B e r . S. 10, 3 2 , 4 7 . B e g r . I I S. 5 8 , I I I S. 3 9 0 . Übersicht Rdn. M o d i f i k a t i o n der richterlichen E n t s c h e i d u n g s pflicht 1 P r ü f u n g d e r Vergleichswürdigkeit u n d V e r gleichseignung 2

1

Die E n t s c h e i d u n g R a n g f o l g e der G r ü n d e Zulässigkeit einer Sistierung des A n t r a g s

Rdn. 3 4 5

Modifikation der richterlichen Entscheidungspflicht Die Vorschrift verpflichtet das Gericht, sobald als möglich zu entscheiden. Sie will der auch sonst vorgeschriebenen Beschleunigung (§§ 10, 13 I S. 2, 15 I, 121 II) dienen. Die Vorschrift kann jedoch das Gericht nicht etwa zwingen, unmittelbar nach Ablauf der — wie allgemein anerkannt — zu kurzen Fristen des § 14 sogleich zu entscheiden, wenn die Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung des Schuldners nicht eingegangen ist. Das Gericht ist nur dann zur alsbaldigen Entscheidung verpflichtet, wenn Spruchreife eingetreten ist. Das Ausbleiben des Gutachtens aus § 14 kann Veranlassung geben, den Kreis der eigenen Ermittlungen (§ 116) zu erweitern. — Liegt die Äußerung 288

Entscheidung über die E r ö f f n u n g

der amtlichen Berufsvertretung vor und sind auch die Ermittlungen des Gerichts selbst abgeschlossen, so besteht auch dann noch keine Pflicht zur unverzüglichen Entscheidung, wenn entweder noch eine ergänzende Äußerung, z. B. zu einer inzwischen eingegangenen Neufassung des Vergleichsvorschlags einzuholen ist, oder wenn dem Vergleichsschuldner noch das rechtliche Gehör, etwa zu einer ablehnenden Stellungnahme seiner Berufsvertretung zu gewähren ist ( L G Aschaffenburg M D R 1958 698). Prüfung der Vergleichswürdigkeit und der Vergleichseignung Bei der Prüfung der Vergleichswürdigkeit und der Vergleichseignung lassen ein- 2 zelne der Ablehnungsgründe aus §§17, 18 V g l O freien Raum für eine richterliche Beweiswürdigung. D a die Aufzählung in den genannten Bestimmungen als erschöpfend gedacht ist, darf das Gericht darüber hinaus von sich aus andere Gründe seiner Entscheidung zur Frage der Vergleichswürdigkeit und Vergleichseignung nicht zu Grunde legen. — Inwieweit die Ablehnungsgründe aus §§17, 18 V g l O zwingenden Charakters sind, wird unten in den Rdn. 1 zu diesen Vorschriften zu erörtern sein. Die Entscheidung Die — stets in Beschlußform ergehende — Entscheidung kann auf Eröffnung des 3 Vergleichsverfahrens (§ 20) oder auf Ausspruch der Unzuständigkeit und Verweisung an das zuständige Gericht (§ 2 Anm. 44) oder auf Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens lauten. Im letzteren Falle ist zugleich von Amts wegen über die Eröffnung des Anschlußkonkurses zu entscheiden ( § 1 9 I), gleichviel, aus welchem Grunde die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt wird. Deshalb ist nicht etwa nur die Eröffnung des Anschlußkonkurses, sondern, wenn dieses nicht möglich ist z. B. mangels Masse, § 107 K O ) , auch die Ablehnung der Konkurseröffnung auszusprechen. Hiervon kann schon deshalb nicht abgesehen werden, weil der Vergleichsschuldner die Eröffnung des abgelehnten Vergleichsverfahrens nach § 19 II S. 2 nur durch Anfechtung des Konkursentscheids erreichen kann. Die sachliche und zeitliche Verbindung der Ablehnung des Vergleichsantrags und der Entscheidung über die Eröffnung des Anschlußkonkurses hat den Zweck, ein Zwischenstadium zu vermeiden, welches den Eintritt der besonderen Wirkungen ( z . B . §§ 103, 104) des Anschlußkonkurses, mag dieser nur vom Vergleichsrichter oder erst vom Beschwerdegericht eröffnet werden (siehe noch § 19 A. 2), ausschließen könnte. Aus diesem Rechtsordnungszweck folgt aber, daß die Ablehnung des Vergleichsantrags, wenn das Gericht entgegen § 19 I nicht zugleich über die Eröffnung des Anschlußkonkurses entschieden haben sollte, erst mit der nachgebrachten Konkursentscheidung wirksam werden kann. Denn mit der Anfechtung des Konkursbeschlusses, die das Gesetz zuläßt, ficht der Schuldner mittelbar auch die Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens an ( L G Oldenburg J Z 1952 48). Nicht aber kann in einem solchen Falle die Ablehnung des Vergleichsantrags selbständig angefochten werden mit der Begründung, daß die Konkursentscheidung zu Unrecht unterblieben sei (so Mayer Anm. 10). N u r die mittelbare Anfechtung der den Schuldner beschwerenden Entscheidung zum Vergleichsantrag ist nach § 19 II zulässig. Rangfolge der Gründe Aus der Notwendigkeit gleichzeitiger Entscheidung über die Eröffnung des 4 Anschlußkonkurses (§ 19 1) ergibt sich eine sinnvolle Rangfolge der Gründe, aus denen die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abzulehnen ist. Prozeßökonomisch müssen die Gründe, die eine Ablehnung beider Verfahren rechtfertigen, denen vorgehen, die lediglich die Eröffnung des Vergleichsverfahrens ausschließen. Ablehnungsgrund ist in 289

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s

erster Linie die Unzuständigkeit des Gerichts, weil nur das zuständige Gericht über die Zulässigkeit beider V e r f a h r e n im übrigen entscheiden darf. Das zuständige Gericht hat zunächst die K o n k u r s - und damit Vergleichsunfähigkeit des Schuldners und, wenn diese gegeben ist, das Fehlen eines K o n k u r s - und damit Vergleichsgrundes zu berücksichtigen, da sie zur Ablehnung beider V e r f a h r e n führen. Erst bei Z u t r e f f e n des Vergleichsgrundes sind die Ablehnungsgründe, die lediglich die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens ausschließen, zu berücksichtigen. D a z u gehören nicht nur die Ablehnungsgründe der §§ 17, 18, sondern z. B. auch der Mangel der Prozeßfähigkeit und der ordnungsmäßigen V e r t r e t u n g (§ 2 A. 2 d); dies, weil die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkurses keines Antrags bedarf. Die G r ü n d e haben, abgesehen von § 17 N r . 6, gleichen Rang. Ein Kostenvorschuß k o m m t erst in Betracht, wenn feststeht, daß keiner der sonstigen Ablehnungsgründe durchgreift.

5

Zulässigkeit einer Sistierung des Antrags Zweifelhaft ist die Frage der Zulässigkeit einer Sistierung des Antrags seitens des Schuldners. Sie folgt freilich nicht schon daraus, daß der Schuldner seinen Vergleichsantrag vor der Entscheidung über die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkurses z u r ü c k n e h men kann (insoweit zutreffend Schumann K T r . 1930 191 zu I). D e n n die Sistierung schiebt die Entscheidung über den Vergleichsantrag nur auf, schließt daher im Gegensatz zur R ü c k n a h m e des Antrags die Entscheidung über die E r ö f f n u n g des Anschlußkonkurses nicht aus. W e g e n dieses Unterschieds und aus dem das V e r f a h r e n beherrschenden G r u n d s a t z der Beschleunigung (§§ 10, 20 II) will Schumann a a O , und wohl auch Kiesow § 15 A. 2, die Zulässigkeit der Sistierung „ganz allgemein" verneinen. Das geht zu weit. Eine Sistierung muß schon wegen der Kosten des gerichtlichen V e r f a h rens und der mit diesem f ü r den Schuldner verbundenen wirtschaftlichen Beschränkungen möglich sein, solange ein nebenherlaufender außergerichtlicher Vergleichsversuch, zu dessen Schutz der Schuldner gerade den Antrag bei Gericht gestellt hat (§ 3 A. 3), noch nicht erledigt ist ( so auch Emmerich Sanierung I S. 53). Voraussetzung dazu ist freilich, daß der Schuldner die Ernstlichkeit und die Erfolgsaussicht der außergerichtlichen Sanierung glaubhaft machen kann (§ 115 in V e r b i n d u n g mit § 294 Z P O ) . — Liegt ein K o n k u r s a n t r a g vor, über den nach § 46 ja zunächst nicht entschieden werden darf, so ist zu prüfen, ob im Falle der Sistierung, falls nicht bereits A n o r d n u n g e n aus §§ 12, 57 f im Vergleichsantragsverfahren ergangen sind, M a ß n a h m e n aus § 106 K O zu treffen sind. Diese können auch neben denen aus der Vergleichsordnung getroffen werden (Uhlenbruck K T S 1967 21). Die Sistierung des Vergleichsantrags ist von einem bedingt gestellten Antrag (hierzu § 2 Anm. 28) zu unterscheiden. Lehnt das Vergleichsgericht die Sistierung ab, so muß es über den Vergleichsantrag entscheiden — vgl. auch BähleStamSchräder Anm. 5 zu § 16 V g l O —. Den vorstehenden Darlegungen entsprechend schlägt Künne D B 1978 731 vor, bei der R e f o r m der Vergleichsordnung die Vorschrift des § 16 V g l O durch A n f ü g u n g eines zweiten Absatzes dahin zu ergänzen, daß bei hinreichender G l a u b h a f t m a c h u n g aussichtsreicher Verhandlungen über einen außergerichtlichen Vergleich die Entscheid u n g um eine angemessene Frist ausgesetzt werden könne. Eine einmalige W i e d e r h o lung der Aussetzung soll zulässig sein (DB 1978 731).

290

§17

Ablehnungsgründe

1. 2. 3.

4.

5.

6.

7.

8. 9.

Die Eröffnung ist abzulehnen, wenn den Erfordernissen der §§ 3 bis 7 nicht genügt ist und der Mangel auch nicht innerhalb einer nach § 10 gesetzten Frist beseitigt wird; wenn der Schuldner flüchtig ist oder sich verborgen hält oder auf eine an ihn ergehende Ladung des Gerichts (§ 116) ohne genügende Entschuldigung ausbleibt; wenn gegen den Schuldner wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 bis 3, § 283 a des Strafgesetzbuches eine gerichtliche Untersuchung oder ein wiederaufgenommenes Verfahren anhängig oder der Schuldner wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt ist; wenn innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tage des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens im Inlande ein Konkursverfahren oder ein Vergleichsverfahren über das Vermögen des Schuldners rechtskräftig eröffnet oder mangels Masse rechtskräftig abgelehnt worden ist; wenn der Schuldner innerhalb derselben Frist im Inlande in einem Zwangsvollstreckungsverfahren wegen einer Geldforderung die eidesstattliche Versicherung abgegeben oder ohne Grund verweigert hat; wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die voraussichtlich entstehenden gerichtlichen Kosten des Verfahrens einschließlich der einem Verwalter (§§ 11, 20) zu gewährenden Vergütung zu decken; die Ablehnung unterbleibt, wenn ein zur Deckung dieser Kosten ausreichender Geldbetrag bei Stellung des Antrags vorgeschossen oder sonst hinreichend sichergestellt wird; wenn der Schuldner dem vorläufigen Verwalter die Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere oder ohne genügenden Grund eine Auskunft oder eine Aufklärung verweigert; wenn die geschäftlichen Aufzeichnungen des Schuldners so mangelhaft sind, daß sie einen hinreichenden Uberblick über seine Vermögenslage nicht ermöglichen; wenn der Schuldner einer nach § 12 erlassenen Anordnung des Gerichts zuwiderhandelt und sein Verhalten nicht entschuldbar ist. M a t e r i a l i e n : Begr. I S. 21 f (S. 4 1 , 4 5 f =

VorlRWirtschR).

Ber. S. 3, 10 ff, 3 3 , 4 7 . Begr.

II

S. 58 ff, 7 9 ; I I I S. 3 9 0 . A k a d . S. 1 4 4 f. D i e F a s s u n g d e r N r . 5 ist g e ä n d e r t d u r c h A r t . 2 , § 7 N r . 2 d e s G e s e t z e s Rechtspflegergesetzes,

des B e u r k u n d u n g s g e s e t z e s

und zur U m w a n d l u n g des

zur Änderung

des

Offenbarungseides

in e i n e e i d e s s t a t t l i c h e V e r s i c h e r u n g v o m 2 7 . 6 . 1 9 7 0 ( B G B l . I . S . 9 1 1 ) . — D i e F a s s u n g d e r N r . 3 i s t g e ä n d e r t d u r c h Art. 7 N r . 2 des Ersten G e s e t z e s z u r B e k ä m p f u n g der W i r t s c h a f t s k r i m i n a l i t ä t 2 9 . 7. 1 9 7 6 ( B G B l . I. S . 2 0 3 4 ) .

vom

-

Übersicht Rdn. I. A l l g e m e i n e s

Rdn. Flüchtigsein, Sichverborgenhalten

7

Ablehnungsgründe

Unentschuldbares Ausbleiben

8

Geschlossener Kreis. Enumerationsmethode

Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit .

Die allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse

2 3

Rechtsfolge III. Die Ablehnungsgründe der N r . 2 Schutzzweck

. .

4 5 6

Schuldnermehrheit, gesetzliche Vertreter

9 10 11

D i e drei A b l e h n u n g s f ä l l e

II. D i e A b l e h n u n g s g r ü n d e der N r . 1 Alle A n t r a g s m ä n g e l

IV. Bankrott (Nr. 3) Die Straftatbestände

. .

.

12

V . F r ü h e r e r V e r m ö g e n s v e r f a l l ( N r . 4 und 5 ) Die maßgebenden Tatbestände

13

Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit .

14

291

§17

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

V I . M a n g e l n d e K o s t e n d e c k u n g ( N r . 6) 15 Kosten 16 Zweifache Prüfung 17 Deckungsfrage Zwischenverfügung 18 19 Ersatzdeckung V I I . D i e A b l e h n u n g s g r ü n d e der N r . 7 Die Tatbestände 20 Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit . 21

V I I I . Unübersichtlichkeit der V e r m ö g e n s l a g e ( N r . 8) Mangel der V e r g l e i c h s e i g n u n g Ihr T a t b e s t a n d A u f z e i c h n u n g gesetzlicher und gewillkürter Vertreter sowie Angestellter I X . Z u w i d e r h a n d l u n g gegen gerichtliche Anordnungen Die Tatbestände Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit .

22 23 24

25 26

I. Allgemeines Ablehnungsgründe 1

In den Vorauflagen dieses Werkes war davon ausgegangen, daß aus dem Wortlaut der §§ 17 und 18 V g l O („Die E r ö f f n u n g ist abzulehnen", bzw. „ D i e E r ö f f n u n g ist ferner abzulehnen") auf den zwingenden Charakter der Vorschriften zu schließen sei (vgl. zu § 18 V g l O Rdn. 2). D o c h war bereits hervorgehoben worden, daß ein Mißtrauen gegen den Vergleichsschuldner, wie es in einzelnen Bestimmungen des § 17 V g l O zum Ausdruck kommt, jedenfalls dann nicht mehr am Platze sei, wenn es mit dem Erlaß eines Veräußerungsverbots bereits im Vorverfahren (§§ 12, 58 ff V g l O ) zu einer verbesserten Betriebsführung durch das „Mitzeichnungsrecht" des vorläufigen Verwalters kommt (vgl. dazu Berges K T S 1955 6 und 1958 32). In ihren Grundgedanken treffen, wie Ublenbruck K T S 1975 166/177 mit Recht betont, die Vorschriften der §§ 17, 18 V g l O auf den Sonderfall eines treuhänderischen Liquidationsvergleichs (§ 7 Abs. 4 V g l O ) nicht zu. Gleich, ob es sich um einen Einzelkaufmann, einen Personengesellschaft oder um eine Kapitalgesellschaft handelt, der Vergleichsschuldner selbst wird weitgehend ausgeschaltet, so daß das Gläubigerinteresse an einer Vermeidung des wertevernichtenden Anschlußkonkurses hier V o r r a n g gewinnen muß. Dies muß insbesondere dann gelten, wenn der Gesellschafter, in dessen Person ein Ablehnungsgrund z. B. aus § 17 V g l O liegt, auch an einer Mitwirkung der dem Vergleichsschuldner im treuhänderischen Liquidationsvergleich verbleibenden Aufgaben (d. h. Erfüllung von Hilfs- und Nebenpflichten) ausgeschlossen wird. Im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D . Herstatt K G a A i. L., Köln hat die Industrie- und Handelskammer Köln in ihrer gutachtlichen Stellungnahme aus § 14 V g l O (vgl. „Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer zu K ö l n " vom 15. 11. 1974, S. 693 ff) davon ausgehen müssen, daß Ablehnungsgründe aus § 18 Ziff. 1 und 2 V g l O vorliegen, dennoch aber sich für eine E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens einmal im gesamtwirtschaftlichen Interesse, zum anderen im Interesse der Gläubiger ausgesprochen, da auch für die Gläubiger eine Abwicklung im Vergleichswege vorteilhafter sei als der Konkurs. Eine Würdigung dieser Stellungnahme hat Berges, der sich bereits in K T S 1955 6 und 1958 32 gegen den zwingenden Charakter der Vorschriften der § § 1 7 , 18 V g l O ausgesprochen hatte, mit in seine umfassende Darstellung „Vermögens- und Schuldenabwicklung im Zeichen struktureller K o n z e n tration" — K T S 1975 7 7 / 8 9 ff — aufgenommen. Abschließend ist hierzu auf die Darstellung des „Herstatt-Vergleichs" von Künne K T S 1975 178 —191 zu verweisen, der besonders die Folgen der E r ö f f n u n g dieses Großverfahrens trotz Herbeiführung des Vermögensverfalls durch Leichtsinn und Unredlichkeit und trotz schuldhafter Verfahrensverzögerung (§ 18 Ziff. 1 und 2 V g l O ) auf andere Verfahren hervorhebt ( K T S 1975 181, 189). 292

Ablehnungsgründe

§17

Die noch in der V o r a u f l a g e vertretene Ansicht, die Ablehnungsgründe aus §§ 17 und 18 V g l O seien zwingender N a t u r wird aus den vorstehend erörterten G r ü n d e n nicht mehr aufrechterhalten. — Es wird weitgehend mit darauf abzustellen sein, ob und inwieweit das Vergleichsverfahren zu T r e n n u n g von Betrieb und den f ü r die Leitung desselben bisher verantwortlichen Personen f ü h r t , deren G e s c h ä f t s f ü h r u n g zur Insolvenz führte, sofern sich aus dieser einer der Ablehnungsgründe ergab. Z u r Ä n d e r u n g der §§17, 18 V g l O siehe auch Wessel BB 1976 770 und Künne 1978 730 f.

DB

Geschlossener Kreis. Enumerationsmethode Die Ablehnungsgründe bilden in einem zweifachen Sinn einen geschlossenen Kreis: 2 D e r Richter kann keine weiteren Ablehnungsgründe schaffen (h. L.), und das Gesetz selbst folgt streng der Enumerationsmethode. Schon die V g l O 1927 hat trotz ihres gesamtwirtschaftlichen Ausgangspunkts nur den wirtschaftlich würdigen Schuldner zum Vergleichsverfahren zugelassen (Begr. I S. 15; Ber. S. 11), den Begriff der wirtschaftlichen Würdigkeit im Interesse gleichmäßiger Rechtsanwendung kasuistisch umgrenzt. Dies mag mit Rücksicht auf den Ausschluß einer weiteren Beschwerde ( § 1 2 1 III) geschehen sein. Mit der im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung erstrebenswerten Zulassung einer weiteren Beschwerde im Vergleichsverfahren w ü r d e auch einer der G r ü n d e f ü r die A n o r d n u n g so sehr genau festgelegter, f ü r den Eintritt der Insolvenz keineswegs immer maßgeblichen Ablehnungsgründe entfallen. Für das Nachlaßvergleichsverfahren und das V e r f a h r e n über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft enthalten die Bestimmungen der §§113 N r . 3, 114 S. 1 zusätzliche Ablehnungsgründe. Diese betreffen wie die des § 18 N r . 1 und N r . 2 den Mangel der Vergleichseignung. Beispiel f ü r § 113 N r . 3 zur Frage der Vergleichsfähigkeit eines von einer ungeteilten Erbengemeinschaft f o r t g e f ü h r t e n U n t e r n e h m e n s : LG O s n a b r ü c k K T S 1962 126 mit Anm. Verfasser. Die allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse W e n n nun auch die Ablehnungsgründe der §§ 17, 18, 113 N r . 3, 114 einen gesetz- 3 lieh geschlossenen Kreis bilden, so sind sie doch, wie schon oben § 2 A. 2 entwickelt, nicht die einzigen, sondern nur die besonderen Ablehnungsgründe des Vergleichsverfahrens. W i r nennen sie besonders z u m Unterschied von den Mängeln mit Bezug auf die allgemeinen Zulässigkeitserfordernisse, d. h. in bezug auf Zuständigkeit, Vergleichsfähigkeit, Vergleichsgrund, Legitimation z u m Antrag und Ordnungsmäßigkeit des Antrags mit Ausnahme der Inhaltserfordernisse nach §§ 3 bis 7 (siehe § 2 A. 2 b, d). D e r praktische W e r t dieser auch dem Gesetz z u g r u n d e liegenden Unterscheidung von allgemeinen und besonderen Ablehnungsgründen zeigt sich nicht nur in ihrer T r a g weite f ü r die Entscheidungsgrundlage und damit auch in ihrem Rangverhältnis (§ 2 A. 2 c, § 16 A. 4), sondern auch in der Bedeutung, die dem Fehlen eines allgemeinen Eröffnungserfordernisses einerseits, dem Vorhandensein eines besonderen Ablehnungsgrundes andererseits nach E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens noch zukommt. II. Die Ablehnungsgründe der Nr. 1 Alle Antragsmängel Die Vorschrift ist gleich dem § 10 (siehe A. 1 daselbst) auf alle Antragsmängel zu 4 erstrecken, also auch auf die an sich von den besonderen zu unterscheidenden allgemeinen (vgl. § 2 A. 2 d). Dies deshalb, weil das Vergleichsverfahren nur e r ö f f n e t wer293

§17

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s

den darf, wenn der Antrag neben den besonderen Erfordernissen der §§ 3 bis 7 auch den allgemeinen prozessualen Ordnungserfordernissen entspricht. Unter „Mangel" ist nicht nur das Fehlen gesetzlicher Erfordernisse, sondern auch — so jedenfalls bei den besonderen Erfordernissen (§§ 3 bis 7) — jede dem Schuldner zuzurechnende sachliche Unrichtigkeit der Angaben sowie das schuldhafte Verschweigen gebotener Tatsachenangaben zu verstehen. Bei behebbaren Mängeln bedarf es, falls der Mangel dem Gericht nicht unentschuldbar erscheint (§10 A. 5), zunächst der Bewilligung einer Nachholungsfrist, deren Versagung oder zu kurze Bemessung einen Beschwerdegrund bildet (§ 19 II). Wird der Mangel vor Erlaß der Entscheidung beseitigt, so entfällt der Ablehnungsgrund, und zwar selbst dann, wenn die im Gesetz festgelegte und die darüber hinaus bewilligte Nachholfrist (zu dieser oben § 10 Anm. 3 und 4) bereits verstrichen war (Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 17 VglO). Rechtsfolge 5

Die Rechtsfolge eines nicht behebbaren oder nicht rechtzeitig behobenen Antragsmangels ist, wie vorstehend gezeigt, ohne Rücksicht darauf, ob ein besonderer oder ein allgemeiner Mangel vorliegt, Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens, womit zugleich von Amts wegen über die Eröffnung des Anschlußkonkurses zu entscheiden ist (§ 19 I). Die Unterscheidung in allgemeine und besondere Antragsmängel wird praktisch, wenn unerachtet eines Mangels das Vergleichsverfahren eröffnet worden ist. Denn ursprünglicher Mangel z. B. der Prozeßfähigkeit des Schuldners oder seines gesetzlichen Vertreters sowie der Mangel der örtlichen Zuständigkeit rechtfertigen nicht die Einstellung des Verfahrens nach § 100 I Nr. 1 des Gesetzes (vgl. dazu auch § 2 Anm. 30 b). III. Die Ablehnungsgründe der Nr. 2 Schutzzweck

6

Der Schutzzweck der Vorschrift findet seine Erklärung nicht erst in dem Verdacht unlauterer Machenschaften des sich dem Gericht entziehenden Schuldners (so Bendix S. 62), sondern schon in der gesetzlichen Gestaltung des Vergleichsverfahrens, das auf der freiwilligen und tätigen Mitwirkung des Schuldners aufgebaut ist, ohne welche es praktisch entweder überhaupt nicht oder nicht mit der gebotenen Beschleunigung durchführbar wäre. Deshalb statuiert unsere Vorschrift nicht nur Ablehnungsgründe, sondern zugleich als notwendigen Anknüpfungspunkt derselben Verfahrenslasten des Schuldners, nämlich eine Aufenthalts- und eine Erscheinenslast. Der Verstoß gegen diese Lasten ist es, der die Ablehnung begründet. Und zwar ohne Rücksicht auf das Motiv des Schuldners. Schließlich ist auch nur der Schuldner des von ihm selbst beantragten Vergleichsverfahrens als würdig anzusehen, der die mit diesem Verfahren verbundenen prozessualen Lasten übernimmt. Flüchtigsein, Sichverborgenhalten

7

Gegen die Aufenthaltslast verstößt der Schuldner, a) wenn er flüchtig ist, d. h. sich willentlich und ohne Rechtfertigungsgrund von seinem Wohnorte oder Wohnsitze entfernt oder fern hält. Dies muß geschehen in der Absicht, sich seiner Verantwortung dem Gericht oder seinen Gläubigern gegenüber zu entziehen. Der Vergleichsschuldner unterliegt nicht etwa wie der Gemeinschuldner einer Aufenthaltsbeschränkung (§101 I K O ) , dem ein Wohnortwechsel nur mit Erlaubnis des Konkursgerichts gestattet ist. 294

Ablehnungsgründe

§17

b) Wenn er sich verborgen hält, d. h. willentlich dem Gericht seinen Aufenthalt zu verheimlichen sucht. Dies ist nun aber z. B. nicht etwa bereits dann anzunehmen, wenn dem Vergleichsschuldner ein Schriftstück nicht zugestellt werden kann. Der Vergleichsschuldner kann überraschend u. U. in das Ausland abberufen worden sein, um dort Verhandlungen zu führen, die möglicherweise des Vergleichsverfahren zu fördern sehr geeignet sind. H a t er es unterlassen, hiervon etwa das Gericht oder den vorläufigen Verwalter zu unterrichten, so folgt daraus noch nicht, daß er sich „verborgen" halten will. c) Fraglich ist, wann die vorbezeichneten Tatbestände vorliegen müssen, um einen Ablehnungsgrund zu bilden. Kiesow und Cabn Bern, zu § 22 VglO von 1927 verlangen, daß der Schuldner noch bei Erlaß der Entscheidung flüchtig sein oder sich verborgen halten muß, und zwar Cabn mit der Begründung, daß es in unserer Nr. 2 eigentlich wie in §175 Nr. 1 K O „solange" und nicht „wenn" heißen müßte. Dem zurückgekehrten Gemeinschuldner kann nicht mehr entgegengehalten werden, daß er flüchtig war (Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 175 KO). Für das Vergleichsverfahren kann aus § 101 I Nr. 1 geschlossen werden, daß die Ablehnungsgründe entfallen, wenn „das Fehlende noch ergänzt werden kann", was anzunehmen ist, wenn der flüchtig gewesene Vergleichsschuldner oder ein Vergleichsschuldner, der sich verborgen gehalten hatte, vor Ablehnung seines Vergleichsantrags dem Gericht sich stellt und den aus seinem bisherigen Verhalten ergebenden Ablehnungsgrund damit wieder beseitigt. Dies gilt jedoch nicht, wenn der flüchtige Vergleichsschuldner in einem Strafverfahren festgenommen wird (AG Schweinfurt K T S 1956 142, Erkenntnis zu § 175 Nr. 1 KO). Unentschuldbares Ausbleiben Ablehnung wegen unentschuldbaren Ausbleibens setzt förmliche Ladung voraus; 8 mündliche Mitteilung des Termins (vgl. § 497 II Z P O ) genügt nicht. Die Zustellung kann — muß aber nicht — durch Aufgabe zur Post geschehen (§ 118). Die Unbestellbarkeit der Sendung hindert zwar nicht, daß die Zustellung mit Aufgabe zur Post als bewirkt gilt (§ 175 I 2 Z P O ) , macht aber das Ausbleiben, soweit es nicht den Schluß auf Flucht oder Sichverborgenhalten des Schuldners rechtfertigt (oben 7), ohne weiteres entschuldbar {Kiesow A. 4 hält nicht einmal Ausbleiben für gegeben). Dagegen entschuldigt die Nichtkenntnis des Zugangs oder des Inhalts der Ladungsschrift nicht ohne weiteres, da der Schuldner f ü r Erlangung rechtzeitiger Kenntnis Sorge tragen muß (so zutreffend Kiesow aaO). Die Entschuldigung kann schriftlich oder mündlich, in beiden Formen auch durch dritte Personen (nicht notwendig Bevollmächtigte) erfolgen. Überdies bedarf es durchaus nicht stets einer Entschuldigungshandlung. H a t der Richter bereits amtliche Kenntnis von entschuldigenden Tatsachen, so muß er sie auch beachten; er ist nur nicht verpflichtet, solche erst zu ermitteln. Durch Entsendung eines Bevollmächtigten zum Termin genügt der Schuldner seiner Erscheinungslast nicht, wenn und soweit es dem Gericht gerade auf seine Person als Auskunftsmittel ankommt. Die Entschuldigung braucht nicht vor dem Termin, muß aber noch vor der Entscheidung erfolgen. Erscheinen des Schuldners nach dem Termin entschuldigt allein noch nicht. Dem richterlichen Ermessen unterliegt nicht die Ablehnung, wohl aber die Frage der genügenden Entschuldigung. Unter Nr. 2 fällt jedoch nur das Ausbleiben. Grundlose Verweigerung der Auskunft seitens des erschienenen Schuldners ist Ablehnungsgrund nach Nr. 7 (unten 20 c). Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit Handelt für den Schuldner ein gesetzlicher Vertreter, so obliegen diesem auch die 9 Verfahrenslasten. Ist der Schuldner eine natürliche Person, so kann ihm jedoch ein 295

§17

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s

Verstoß seitens des gesetzlichen Vertreters nicht zur Last fallen (ebenso: Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 17 VglO). Das Vergleichsgericht hat hier nicht die Eröffnung abzulehnen, sondern die Amtsenthebung des Vormundes oder Pflegers (§§ 1886, 1915 BGB) und die Bestellung eines Pflegers gemäß § 1667 I BGB anzuregen, wenn durch das einen Ablehnungsgrund bildende Verhalten der Inhaber der elterlichen Gewalt das Vermögen des Kindes gefährdet wird. Dagegen geht das Verhalten der Organe von juristischen Personen und Vereinen ohne Rechtsfähigkeit (5 108) zu Lasten des Vergleichsschuldners, sofern die Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung in Beziehung zum Vergleichsverfahren und hier insbesondere zum Vermögen des Vergleichsschuldners steht (vgl. zum Konkurs: Jaeger-Weber Anm. 4 zu § 175 KO). Bei Schuldnermehrheit: § 109 ( - O H G , KG und KG aA - ) , § 1 1 3 (Nachlaß) kommt es darauf an, ob ein persönlich haftender Gesellschafter bzw. ein Miterbe flüchtig ist, sich verborgen hält oder auf eine an ihn ergehende Ladung des Gerichts (§ 116) ohne genügende Entschuldigung ausbleibt. Tritt der T o d des Vergleichsschuldners während des Vergleichsantragsverfahrens ein, so ist der Vergleichsantrag (§ 2) als Antrag auf Eröffnung des Nachlaßvergleichsverfahrens anzusehen. Damit gelten, wenn der Vergleichsantrag von den Erben (Nachlaßpfleger, Nachlaßverwalter, verwaltender Testamentvollstrecker), die zur Erklärung aufzufordern sind (§ 10), weiter verfolgt wird, die Grundsätze dieses Verfahrens.

IV. Bankrott (Nr. 3) Die Straftatbestände 10

Die Straftatbestände, an welche das Gesetz die Ablehnung knüpft, sind nur die nach § 283 Abs. 1 bis 3, § 283 a StGB des am 1. 9. 1976 in Kraft getretenen neuen Konkursstrafrechts (§§ 283 bis 283 d StGB). Für eine Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens kommen mithin nach § 17 Nr. 3 V g l O nur in Betracht aus der Vorschrift des § 283 StGB, wenn der Schuldner bei Uberschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit 1.) Bestandteile seines Vermögens, die an sich zur Konkursmasse (§ 1 KO) gehören würden, beiseite geschafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar gemacht hat, 2.) in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht hat oder schuldig wird, 3.) Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgegeben hat. Für die Begriffe Uberschuldung und Zahlungsunfähigkeit (einleitender Satz des § 283 StGB) ist auf das in Rdn. 25 und 26 zu § 2 VglO Ausgeführte zu verweisen. Hinsichtlich des Begriffs der wirtschaftlichen Krise, d. h. der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist davon auszugehen, daß es nicht ausreicht, wenn der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit möglich ist. Er muß vielmehr nach wirtschaftlichen Erfahrungswissen wahrscheinlich sein. Die Feststellung einer ganz bestimmten konkreten Gefahr, wie sie das O L G Karlsruhe im Beschluß vom 3. 1. 1977 — 2 Ws 264/76 — (inhaltlich mitgeteilt von Tiedemann N J W 1977 781) für notwendig erachtet, ist nicht erforderlich, denn auch eine branchenmäßig beschränkte allgemeine Wirtschaftsentwicklung kann dazu führen, daß bestimmten Betrieben die Gefahr des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit 296

Ablehnungsgründe

§17

droht, wenn es an hinreichenden Reserven für die Liquidität fehlt (vgl. zu diesen Fragen weiter: Ellen ScblüchterMDR 1978 265/268 f)- — Ein schwerer Fall des Bankrotts im Sinne des § 283 Abs. 1 bis 3 StGB liegt vor, wenn der Schuldner aus Gewinnsucht gehandelt hat oder wissentlich viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer ihm anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche N o t gebracht hat (§ 283 a StGB). O h n e Bedeutung für den Ablehnungsgrund aus § 17 Nr. 3 VglO ist, ob der Schuldner als Täter, Anstifter oder Gehilfe in bezug auf die genannten Bestimmungen in Betracht kommt. Die drei Ablehnungsfälle a) Der Ablehnungsgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen Bankrotts nach 11 § 283 Abs. 1 bis 3, § 283 a StGB erfordert nicht, daß die Strafe verbüßt ist. Durch eine etwaige Begnadigung, einen Straferlaß nach rechtskräftiger Verurteilung entfällt der Ablehnungsgrund nicht. Wohl aber entfällt dieser, wenn der Schuldner im Wiederaufnahmeverfahren rechtskräftig freigesprochen worden ist. Gleiches gilt bei vollständiger Tilgung der Verurteilung im Strafregister (Böble-Stamschräder Anm. 4 zu § 17 VglO).— b) Eine gerichtliche Untersuchung ist nicht schon anhängig, wenn ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Wohl aber liegt der Ablehnungsgrund aus § 17 Nr. 3 VglO vor, wenn auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine richterliche Untersuchungshandlung vorgenommen wird (§ 162 StPO) oder wenn das Hauptverfahren eröffnet wird (§§ 199 ff StPO). Der Ablehnungsgrund entfällt, wenn der Schuldner außer Verfolgung gesetzt oder die Eröffnung des Hauptverfahrens durch einen nicht mehr anfechtbaren Beschluß abgelehnt worden ist. c) Zur Anhängigkeit eines wiederaufgenommenen Verfahrens — in Betracht kommt nur ein solches zuungunsten des Vergleichsschuldners — (§ 362 StPO) — genügt nicht bereits die Zulassung. Erforderlich ist die Anordnung dieses Verfahrens. Schuldnermehrheit. Gesetzliche Vertreter Bei offenen Handelsgesellschaften sowie bei Kommanditgesellschaften und bei der 1 2 Erbengemeinschaft genügt das Vorhandensein des Ablehnungsgrundes in der Person eines persönlich haftenden Gesellschafters und eines Miterben, und zwar auch dann, wenn die Bankrotthandlung nicht das Sondergut betrifft, über welches das Vergleichsverfahren beantragt ist. Dies folgt aus §§ 109 Nr. 2, 113 I Nr. 5. Im Vergleichsverfahren der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) dagegen hat die Stellung des Vergleichsschuldners allein der überlebende Ehegatte (vgl. § 2 Anm. 60). — Die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g und die eingetragene Genossenschaft handeln durch ihre Organe, die sie selbst bestimmen. Handeln diese vergleichsunwürdig, so muß der Gesellschaft (Genossenschaft) selbst den Ablehnungsgrund aus § 17 Nr. 3 VglO gegen sich gelten lassen (vgl. Uhlenbruck G m b H u. Co K G S. 324, Böble-Stamschräder Anm. 4 zu § 17 VglO). Ein etwaiger Wechsel vor dem Vergleichsantrag (§ 2 VglO) kann nur entlasten, wenn die Vermögensverschleierung noch nicht eingetreten ist (vgl. Jaeger-Weber Anm. 10 zu § 175 KO). V. Früherer Vermögensverfall (Nrn. 4 und 5) Die maßgebenden Tatbestände a) In der Vergleichsordnung von 1927 waren die entsprechenden Vorschriften (d. h. 13 § 23 Ziff. 2 und 3) nur „Kannvorschriften" (vgl. dazu Lucas S. 73 f). Nicht jedes Insol297

§17

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

venzverfahren und Offenbarungseidsverfahren der letzten fünf Jahre vor der Stellung des Vergleichsantrags sollte einen Ablehnungsgrund bilden. Doch war es mit Rücksicht auf den auch damals das Vergleichsverfahren beherrschenden Grundsatz der Beschleunigung nicht immer möglich, die Gründe für eines dieser zurückliegenden Verfahren aufzuklären, ob sie in der Person des Schuldners oder in den früheren wirtschaftlichen Verhältnissen lagen. Demgegenüber stellen die Bestimmungen des § 17 Nr. 4 und Nr. 5 nicht darauf ab, ob der Vergleichsschuldner seinen zurückliegenden Vermögensverfall, der zu einem Insolvenzverfahren oder Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung führte, durch Mißwirtschaft verschuldet hatte. b) Die Bestimmung des § 17 Nr. 4 entspricht im Wortlaut der des § 3 II Nr. 2. Es kann damit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darstellung in der Anm. 22 zu § 3 verwiesen werden. — Beide Bestimmungen beziehen sich nur auf Verfahren im Inland. Diese Beschränkung wird mit der Rechtsangleichung im EWG-Raum entfallen, wie dies auch bereits vorgesehen ist in Art. 31 des Entwurfes eines Vertrages zwischen der Republik Osterreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiete des Konkurs- und Vergleichsrechts (vgl. dazu Ziffer 28 der allgemeinen Bemerkungen zu diesem Entwurf, die ausdrücklich auf § 17 Nr. 4 V g l O verweisen). Entscheidungen der Beschwerdegerichte können der Eröffnung des Vergleichsverfahrens aus § 17 Nr. 4 auch dann entgegenstehen, wenn sie vor der Fünfjahresfrist erlassen, jedoch erst innerhalb dieser Frist rechtskräftig geworden sind (5 74 S. 1 KO), es sei denn, das Beschwerdegericht ordnet die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung an (§ 74 S. 2 KO). Diese Anordnung kann jedoch nur gleichzeitig mit der Beschwerdeentscheidung ergehen. (Vgl. Mentzel-Kubn Anm. 2 zu § 74 KO.) c) Ablehnungsgrund nach § 17 Nr. 5 VglO ist nur die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach Maßgabe des § 807 Z P O in Verbindung mit §§ 899 ff Z P O wegen einer Geldforderung oder die grundlose Verweigerung der Abgabe dieser Versicherung. Die Anordnung der H a f t (§901 Z P O ) ist nicht Voraussetzung für den Ablehnungsgrund. Es genügt die grundlose Weigerung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Ist vor Stellung des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) ein Widerspruch des Schuldners verworfen worden, (§ 900 Abs. 5 Z P O ) , so kann der Schuldner in der Beschwerdeinstanz (§ 793 Z P O ) noch den Schutz des § 765 a Z P O begehren, sofern er sich hierauf auch im Termin zur Abgabe der Versicherung berufen hat (OLG H a m m M D R 1965 494 = N J W 1965 1339). - Aus einer Anordnung der H a f t (§901 Z P O ) kann nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, der Schuldner habe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigert, wie sich aus seinem Nichterscheinen im Termin (§§ 807, 900 Z P O ) ergebe. Der Schuldner kann für sein Fernbleiben gute Gründe gehabt haben, so die Zahlung der Schuldsumme oder die Erklärung des Gläubigers, er wolle den Antrag aus § 900 Abs. 1 Z P O zurücknehmen (vgl. AG Bramsche KTS 1968 126). — Der Ablehnungsgrund liegt auch dann nicht vor, wenn nach § 900 Abs. 4 Z P O verfahren worden ist. Mit der Löschung im Schuldnerverzeichnis § 9 1 5 Abs. 2 Z P O ) wird die Frist aus § 1 7 Nr. 5 VglO nicht berührt (so grundsätzlich O L G Köln BB 1969 923 = M D R 1969 673, auch Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 17 VglO, a. A. Berges BB 1953 1042). Ist das Verfahren nach §§ 807, 900 ff Z P O entgegen § 14 K O durchgeführt worden, so steht es der Eröffnung des Vergleichsverfahrens an sich nicht entgegen (vgl. MentzelKubn Anm. 17 zu § 14 KO). 298

Ablehnungsgründe

§ 17

Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit a) Bei N r . 4 darf es sich nur um ein früheres Schuldenabwicklungsverfahren des 1 4 Schuldners selbst, nicht seines gesetzlichen Vertreters handeln. Bei juristischen Personen und Vereinen ohne Rechtsfähigkeit schließt eine inzwischen erfolgte U m w a n d l u n g (z. B. A G in G m b H ; K A G in A G : §§ 362 £. A k t G ; Eintragung in das Vereinsregister: § 21 BGB) die Ablehnung nicht aus (vgl. auch Uhlenbruch G m b H u. C o K G , S. 325). Gleiches muß gelten, wenn der oder die Schuldner ihre Geschäfte unter Ausnutzung der Rechtsform der juristischen Person (z. B. Einmanngesellschaft; Familienaktiengesellschaft: oben 12) betreiben, aber auch wenn der Schuldner zufolge des f r ü h e r e n Konkursabwendungsverfahrens mit seinen Gläubigern eine sog. Sanierungsgesellschaft (§ 3 A. 11) gebildet hat (Uhlenbruck a a O ) . Bei der o f f e n e n Handelsgesellschaft und der Kommandit-(aktien-)gesellschaft ist die Ablehnung möglich, sowohl wenn das f r ü h e r e Schuldentilgungsverfahren das Sondervermögen als auch wenn es das Eigenvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters betraf. Dagegen bildet das Schuldentilgungsverfahren einer anderen Handelsgesellschaft, der der Gesellschafter außerdem noch angehört, keinen Ablehnungsgrund. U n d ebensowenig hindert ein das Sondervermögen betreffendes Schuldentilgungsverfahren die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens über das Eigenvermögen der persönlich haftenden Gesellschafter (§§ 109, 110). Entsprechendes gilt nach § 113 N r . 5 bei der Miterbengemeinschaft. b) In den Fällen des § 17 N r . 5 V g l O rechtfertigt auch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (wie die grundlose Verweigerung derselben) seitens des gesetzlichen Vertreters des Schuldners die Ablehnung des Vergleichsantrags, sofern diese sich auf das V e r m ö g e n des Schuldners, nicht auf das des gesetzlichen Vertreters bezog (Kiesow § 88 A. 10). Bei Schuldnermehrheit, Verbandspersonen und Nachlaßvergleichsverfahren gilt das zu a) Ausgeführte entsprechend. Z u r Änderungsbedürftigkeit des § 17 N r . 5 V g l O : Goldmann K T S 1962 98. —

VI. Mangelnde Kostendeckung (Nr. 6) Kosten Zu den Kosten, die gedeckt sein müssen, gehören die Gerichtsgebühren nach §§ 35, 1 5 36 G K G in V e r b i n d u n g mit § 11 G K G und dem Kostenverzeichnis 1400 ff und die mutmaßlichen Auslagen, wie sie entstehen durch die verschiedenen öffentlichen Bekanntmachungen (§ 119). Es gehören ferner dazu die V e r g ü t u n g und die dem Vergleichsverwalter zu erstattenden Auslagen (§ 43) sowie, wenn das Gericht die Bestellung eines Gläubigerbeirats (möglicherweise auch die eines vorläufigen Gläubigerbeirats — dazu Anm. 1 zu § 11) f ü r erforderlich hält, auch der Anspruch der Mitglieder dieses Beirats aus § 45 II (zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 7 zu § 17 V g l O ) . Zweifache Prüfung Die Bestimmung des § 17 N r . 6 ist zwar dem entsprechenden Ablehnungsgrund aus 1 6 § 107 K O angeglichen (Begr. II S. 59). D o c h hat das Vergleichsgericht nicht etwa nur an den Fall des Anschlußkonkurses und die Stellung der Kosten in diesem V e r f a h r e n (§ 105), sondern auch neben dem Fall der Vergleichsbestätigung (§ 78) an die Fälle der Versagung der Bestätigung und die Einstellung des Verfahrens (ohne Vergleichsbestätigung) zu denken. Für jeden möglichen Verlauf des V e r f a h r e n s müssen die Kosten gedeckt sein. 299

§17

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

Deckungsfrage 17

Deckungsgrundlage bildet das Aktivvermögen des Schuldners, wobei jedoch die einer abgesonderten Befriedigung unterliegenden Gegenstände nur mit ihrem mutmaßlichen Mehrwert anzusetzen sind. Wohl sind die von der Rückschlagsperre des § 28 betroffenen Gegenstände mit der Vergleichsbestätigung bzw. mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses gemäß §§ 87, 104 im weiteren Verlauf des Verfahrens dem Schuldnervermögen zuzurechnen, doch sind Kostenansprüche bereits zuvor fällig. Diese Gegenstände (oder die an ihre Stelle getretenen Bereicherungsansprüche) sind daher nur sehr zurückhaltend bei der Kalkulation, die das Vergleichsgericht anstellen muß, zu berücksichtigen. Der Ablehnungsgrund der mangelnden Kostendeckung ist in dem Beschluß anzugeben, da er für einen Zeitraum von fünf Jahren einen neuen Vergleichsantrag (§ 2) nach § 17 Nr. 4 unzulässig macht. Zwischenverfügung

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Die Feststellung der mangelnden Kostendeckung beruht auf freier, stets subjektive Momente enthaltener Schätzung. D a r u m darf das Gericht nicht sofort ablehnen, sondern muß zunächst entsprechend § 10 mittels Zwischenverfügung dem Schuldner anheimgeben, innerhalb einer bestimmten Frist für eine Ersatzdeckung zu sorgen, deren Art und H ö h e gleichzeitig näher zu bezeichnen ist (Kiesow A. 15; Mayer A. 19). Die Entscheidung des Gerichts über Notwendigkeit, Zeit, H ö h e und Art der Ersatzdeckung unterliegt nicht der Anfechtung (§ 121); wohl aber kann die bei Ablehnung der Eröffnung gemäß § 19 II zulässige sofortige Beschwerde auch darauf gestützt werden, daß eine Ersatzdeckung nicht oder nicht in der geforderten H ö h e oder unter Bewilligung einer längeren Frist hätte verlangt werden dürfen. Ergeht die Ablehnungsentscheidung ohne Zwischenverfügung, ohne, daß zuvor der Schuldner gehört worden ist, so kann die sofortige Beschwerde nach Maßgabe des § 19 II, die sich immer nur mittelbar gegen den die Eröffnung des Vergleichsverfahrens ablehnenden Beschluß richten kann, auch mit der Begründung eingelegt werden, daß der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt worden ist. Ersatzdeckung

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Die Ersatzdeckung besteht entweder im Vorschießen oder in sonstiger hinreichender Sicherstellung des dem Gericht zur Kostendeckung ausreichend erscheinenden Geldbetrags. Die Art und Weise der Deckung bestimmt das Gericht, das sich zwar in seiner Verfügung auf das Verlangen eines Vorschusses beschränken kann, eine statt dessen vom Schuldner oder einem Dritten (dazu O L G Hamburg M D R 1967 1019 = K T S 1968 54) angebotene sonstige Sicherstellung aber nur zurückweisen darf, wenn es sie für nicht hinreichend oder nicht sicher hält. Sicherstellung ist namentlich die Hinterlegung des notwendigen Geldbetrages oder nach § 234 I, III B G B zur Sicherheitsleistung geeigneter Wertpapiere (§108 I S. 2 Z P O ) . Das Vergleichsgericht kann aber auch die Stellung eines geeigneten Bürgen zulassen (§ 239 BGB). — Bühle-Stamschräder Anm. 7 zu § 17 V g l O . VII. Die Ablehnungsgründe der Nr. 7 Die Tatbestände betreffend

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a) dem Schuldner zurechenbare Verstöße gegen Verfahrenslasten, die ihm kraft Gesetzes im Eröffnungsstadium obliegen. Sie können ein Indiz für persönliche Vertrauensunwürdigkeit des Schuldners bilden, sind aber als solche keine, auf den Einzel300

Ablehnungsgründe

§17

fall abstellende Unwürdigkeitsgründe. Was die Ablehnung rechtfertigt ist, daß der Verstoß den Verfahrenszweck gefährden kann. Daß er ihn tatsächlich gefährdet, ist nicht erforderlich. b) Die Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere (§ 40) muß der Schuldner dem vorläufigen Verwalter ohne Einschränkung gewähren, und zwar alsbald zu der vom Verwalter bestimmten Zeit, also auf dessen Verlangen auch außerhalb der üblichen Geschäftsstunden. Vorlage zu einem späteren Termin, etwa weil der zur Zeit verhinderte Schuldner zwecks Aufklärung persönlich anwesend sein will oder soll, genügt nur bei Einverständnis des Verwalters, den dann auch keine Anzeigepflicht (§§ 11 II, 40 II 1) trifft. Der Weigerung des Schuldners steht gleich die seiner Angestellten und sonstiger Dritter, die mit Bezug auf die Urkunden seine Besitzdiener sind (§ 855 BGB), wenn der Schuldner die nach den Umständen gebotene oder vom Verwalter rechtzeitig verlangte Weisung an die Genannten unterlassen oder gar verweigert hat. c) Verweigern einer Auskunft oder Aufklärung seitens des Schuldners, nicht auch eines Angestellten, führt zur Ablehnung nur, wenn es ohne genügenden Grund geschehen ist. Die Weigerung eines Angestellten ist dem Schuldner nur zuzurechnen, wenn er diese veranlaßt hat oder sie mit seinem Einverständnis geschieht. Regelmäßig liegt darin auch eine mittelbare Weigerung des Schuldners selbst. Eine begründete Weigerung, z. B. über Betriebsgeheimnisse Auskunft zu erteilen, fällt nicht unter die Bestimmung des § 17 Nr. 7. Der Vergleichsschuldner wird hier zur Auskunft nur dann als verpflichtet anzusehen sein, wenn hinreichende Maßnahmen dafür getroffen werden, daß die Fortführung seines Unternehmens keinen Schaden erleidet (zustimmend: Robrecht KTS 1971 143). Gegenüber den Gläubigern ist der Vergleichsschuldner durch die Beschränkung des Rechts auf Akteneinsicht geschützt (§ 120 II). — Die Bestimmung des § 17 Nr. 7 bezieht sich auch, ihrem Sinn entsprechend, auf eine Auskunftsverweigerung dem Vergleichsgericht gegenüber (§ 116 S. 2). Auf die Anzeige des vorläufigen Verwalters (§§ 11 II, 40 II S. 1) hat das Gericht den Schuldner vor der Entscheidung aus § 17 Nr. 7 zu hören. Gründe der Auskunftsverweigerung sind vom Vergleichsgericht und im Falle der sofortigen Beschwerde nach Maßgabe des § 19 II vom Beschwerdegericht zu würdigen. d) Da die zivilprozessuale Wahrheitspflicht auch den Schuldner im Vergleichs(eröffnungs-)verfahren trifft (§ 115 mit Z P O § 138 I), muß der Verweigerung der Auskunft und Aufklärung sinngemäß auch das erwiesene Verschweigen von Tatsachen bei der erteilten Auskunft und erst recht die bewußt unrichtige Auskunft gleichstehen. Doch ist auch und gerade hier der Schuldner zuvor zu hören. Verweigern einer Aufklärung ist in aller Regel auch die Verweigerung des Zutritts und der Nachschau ($ 40 1 1). Gesetzliche Vertreter. Schuldnermehrheit Bei Weigerung gesetzlicher Vertreter sowie der Organe von juristischen Personen 21 und nicht rechtsfähigen Vereinen gilt das oben 9 Ausgeführte. Schuldnermehrheit und Schuldnerwechsel bei offenen Handels- und Kommandit-(aktien-)gesellschaften: § 109 und dazu oben Anm. 12 und 14. Im Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) treffen alle Erben, im Vergleichsverfahren über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) nur den überlebenden Ehegatten die in § 17 Nr. 7 genannten Pflichten. Tritt der Tod des Schuldners im Vergleichsantragsverfahren ein, so hat das Vergleichsgericht die ihm bekannten Erben (Nachlaßpfleger, Nachlaßverwalter, verwaltenden Testamentsvollstrecker) zur Erklärung über den Vergleichsvorschlag (§ 2) aufzufordern (§ 10). Wünschen diese die Eröffnung des Verfahrens, so trifft sie entsprechend 301

§17

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

§ 113 die Verpflichtung wie in einem von vornherein beantragten Nachlaßvergleichsverfahren. VIII. Unübersichtlichkeit der Vermögenslage (Nr. 8) Mangel der Vergleichseignung 22

Die Vorschrift betrifft nicht Ordnungsmäßigkeit und Vollständigkeit der V e r m ö gensübersicht (§ 5 I). Fehlt es daran, so ist der Ablehnungsgrund der N r . 1 gegeben. Die geschäftlichen Aufzeichnungen im Sinne unserer N r . 8 sollen vielmehr die P r ü fungsunterlage f ü r die Vermögensübersicht und erforderlichenfalls auch f ü r die einzureichenden Bilanzen bilden. Aus diesem G r u n d e ist der vorliegende Ablehnungsgrund auch kein Spezialfall des § 18 N r . 1 und deshalb die Ablehnung unabhängig davon, ob die mangelhaften geschäftlichen Aufzeichnungen eine Mitursache des Vermögensverfalls gewesen sind und erst recht, ob sie dem Vergleichsschuldner f ü r seine Person als Verschulden zugerechnet werden können. Die Vorschrift erklärt sich vielmehr daraus, daß ohne hinreichende geschäftliche Aufzeichnungen die Ermittlung, ob der Schuldner zuviel oder zuwenig bietet und die Erhaltung des f o r t z u f ü h r e n d e n U n t e r n e h m e n s durch den Vergleich überhaupt zu erwarten ist (§ 18 N r . 3, 4), nicht mit der gebotenen Beschleunigung getroffen werden kann. Deshalb hat der Gesetzgeber auch die V o r schrift aus einem Versagungsgrund f ü r die Vergleichsbestätigung (so § 79 N r . 5 Entw. 1933) z u m Ablehnungsgrund erhoben. Zufolge dieses Ineinandergreifens bildet unsere N r . 8 nicht einen Fall der Vergleichsunwürdigkeit, sondern betrifft gleich den N r n . 3 und 4 des § 18 den Mangel an Vergleichseignung. Tatbestand der Vorschrift

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a) W e r sich geschäftlich betätigt, sei es auch als N i c h t k a u f m a n n , muß, wenn er einen gerichtlichen Vergleichsversuch unternimmt, geschäftliche Aufzeichnungen vorweisen können, die f ü r ihren Bereich einen hinreichenden Uberblick über die V e r m ö genslage ermöglichen. Unerheblich ist, ob zu solchen Aufzeichnungen eine Rechtspflicht besteht. Es genügt, daß sie nach den Gepflogenheiten des ordentlichen Geschäftsverkehrs geboten sind (v. Batocki N J W 1955 658). Schon deshalb kann sich unsere Vorschrift nicht auf die Führung von Handelsbüchern und erst recht nicht (so auch Kiesow D R i Z 1935 241; Böhle-Stamschräder h. 9) auf Vollkaufleute beschränken. Übrigens ist in zunehmendem Maße auch f ü r diejenigen, die nicht kraft Handelsrechts zur Führung von Büchern verpflichtet sind, steuerrechtlich eine Pflicht zu geschäftlichen Aufzeichnungen oder zur Führung von Büchern begründet worden (z. B. §§ 141 ff A O 1977). Auch diese Aufzeichnungen können f ü r einen hinreichenden Uberblick zur Vermögenslage bedeutsam sein, sei es nun unmittelbar oder wegen des Steuersolls. — Bei größeren Betrieben, insbesondere der Industrie und des H a n d w e r k s , können nicht nur Mängel der Geschäfts- oder Finanz-, sondern auch solche der Betriebsbuchführung, vor allem solche der Lohn- und Lagerbuchhaltung, einen Ablehnungsgrund bilden, vorausgesetzt, daß sie f ü r einen hinreichenden Uberblick über die Vermögenslage bedeutsam sind (unten c). b) Mangelhaftigkeit ist in erster Linie das Fehlen einer im einzelnen gebotenen Art von Aufzeichnungen (Böhle-Stamschräder a a O ) . Sodann Mängel in den vorhandenen Aufzeichnungen. U n d diese können bestehen in fehlender O r d n u n g (Übersichtlichkeit, Kontinuität), inhaltlicher Unvollständigkeit oder sachlicher Unrichtigkeit mit Ausnahme bloßer Schreib- und Rechenfehler. D e r Mangel muß die Übersicht derart erschweren, daß auch ein sachkundiger Betrachter eine Klärung nur mit Mühe und mit einem über das bei solchen P r ü f u n g e n übliche M a ß hinausgehenden Zeitaufwand 302

Ablehnungsgründe

§ 17

gewinnen könnte. Unter diesem Gesichtspunkt beurteilt sich auch die Möglichkeit der Beseitigung von Mängeln, die der Verwalter oder das Gericht festgestellt haben. Dem Schuldner ist vor der Ablehnung Gelegenheit zu geben, unterbliebene Aufzeichnungen nachzutragen, die nur in bestimmten Zeitabschnitten gemacht zu werden pflegen, oder die wegen der Dringlichkeit des Antrags entschuldbar hinausgeschoben wurden, nicht jedoch nachträgliche Ergänzungen oder Frisuren vorzunehmen, etwa die fehlende Bilanzkontinuität durch Verändern des Rechenwerks herzustellen. c) Aufzeichnungen, die, wenn auch geschäftlich, so doch für den Uberblick über die Vermögenslage bedeutungslos sind, wie möglicherweise kalkulatorische Aufstellungen und Abrechnungen, können zwar bei Mangelhaftigkeit einen Ablehnungsgrund nach § 18 Nr. 1 oder 2 bilden, nicht aber nach unserer Nr. 8. Aufzeichnungen gesetzlicher und gewillkürter Vertreter sowie Angestellter Als Mangel der Vergleichseignung, nicht der Vergleichswürdigkeit, ist die Unüber- 2 4 sichtlichkeit der Vermögenslage Ablehnungsgrund ohne Rücksicht auf eine persönliche Verantwortlichkeit des Schuldners (oben 22) und deshalb auch bei mangelhaften Aufzeichnungen gesetzlicher oder gewillkürter Vertreter sowie Angestellter und Organträger. Desgleichen gehen mangelhafte Aufzeichnungen des Erblassers zu Lasten der Nachlaßvergleichsschuldner, mag der T o d vor oder nach Eingang des Vergleichsverfahrens (§ 113) eingetreten sein. W a r der Tod nach dem Vergleichsantrag eingetreten, so hat das Vergleichsgericht gemäß § 10 die ihm bekannten Erben (Nachlaßpfleger, Nachlaßverwalter, verwaltende Testamentsvollstrecker) zur Erklärung darüber aufzufordern, ob sie das vom Erblasser beantragte Vergleichsverfahren als ein solches nach § 113 fortzuführen wünschen.

IX. Zuwiderhandeln gegen richterliche Anordnungen (Nr. 9) Die Tatbestände a) Ablehnungsgrund bilden hier Verstöße gegen Verfahrenslasten, und zwar gegen 2 5 diejenigen, die dem Schuldner nicht schon kraft Gesetzes obliegen, sondern ihm erst vom Richter auferlegt sind. Denn nur was für den Schuldner zugleich eine Verfahrenslast begründet, kann nach § 12 angeordnet werden (§ 12 A. 2). b) Die Anordnungen können Gebote wie Verbote enthalten. So insbesondere das Verbot der Befriedigung von Gläubigern, die vom Vergleichsverfahren, wenn es schon eröffnet wäre, betroffen würden (§ 12 A. 12). Ferner gerichtliche Veräußerungsverbote (§§12, 3; 59). Anordnungen, daß die im § 5 7 bezeichneten Beschränkungen des Schuldners eintreten u n d / o d e r daß dem vorläufigen Verwalter die dort vorgesehenen Befugnisse zustehen (§ 12, 2), haben sowohl Verbots- wie Gebotswirkung. Hierbei bleibt aber zu beachten, daß im Falle des § 57 I 2 (Eingehen von Verbindlichkeiten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs) der Schuldner sich nicht vorher um das Einverständnis des vorläufigen Verwalters zu bemühen braucht, es vielmehr Sache des letzteren ist, von sich aus den Schuldner zu informieren, gegen welche Abschlüsse er sich Einspruch vorbehalte. Dies gehört zur notwendigen Konkretisierung der Verfahrenslast, ohne die ein zur Ablehnung führender Verstoß gar nicht denkbar ist (§ 57). Ebenso kann ein Verstoß des Schuldners gegen Hilfslasten in bezug auf die Kassenführung des vorläufigen Verwalters nur dann in Frage kommen, wenn der Verwalter den Schuldner auf Erfüllung der Hilfslast besonders hingewiesen hat (§ 57). Zulässig ist schließlich auch ein richterliches Gebot der bescheidenen Lebensführung, um dieser Verfahrenslast die ihr im Eröffnungsstadium fehlende rechtliche Sanktion zu geben (siehe § 56). 303

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s

c) Einen Ablehnungsgrund bildet die Zuwiderhandlung des Schuldners nur, wenn „sein Verhalten nicht entschuldbar ist". Schon nach der Fassung der Vorschrift ist die Nichtentschuldbarkeit Tatbestandserfordernis und hat daher sachlich die Bedeutung der Unentschuldbarkeit. Daraus erbibt sich f ü r die Frage der Beweislast: Die Nichtentschuldbarkeit muß für den Richter positiv feststehen; nicht etwa ist die Entschuldbarkeit eine zur (objektiven) Beweislast des Schuldners stehende Einwendungstatsache. Daher haben im Zweifelsfall Ablehnung wie Einstellung (§ 100 I Nr. 1) zu unterbleiben und sind wirtschaftlich vernünftige Verfügungen und Verpflichtungsgeschäfte trotz Fehlens der Zustimmung des vorläufigen Verwalters regelmäßig entschuldbar. Dies insbesondere dann, wenn der Schuldner glaubte, eine eilbedürftige Maßnahme sofort treffen zu müssen und annehmen konnte, der Verwalter werde gemäß § 64 seine Zustimmung erteilen. 26

Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit Wegen der Verfahrensverstöße von gesetzlichen Vertretern und bei Schuldnermehrheit kann auf das oben zu 9 Ausgeführte verwiesen werden (siehe auch Uhlenbmck G m b H u. Co KG S. 377). Besonderheiten gelten bei Verstoß gegen das Gebot bescheidener Lebensführung: Sind Vorstand oder Geschäftsführer wirtschaftlich als Schuldner anzusehen (Hauptaktionär oder Einmanngesellschaft), so trifft sie persönlich das Gebot des § 56. Gleiches gilt f ü r Mitglieder von Familiengesellschaften.

Die Eröffnung ist ferner abzulehnen, wenn sich aus dem Antrag des Schuldners, den ihm beigefügten Urkunden und Erklärungen, den Ermittlungen des Gerichts oder dem Gutachten der amtlichen Berufsvertretung ergibt, 1. daß der Schuldner seinen Vermögensverfall durch Unredlichkeit, Preisschleuderei oder Leichtsinn herbeigeführt hat oder 2. daß er den Antrag auf Erhöhung des Vergleichsverfahrens nach der Auffassung des ordentlichen Geschäftsverkehrs schuldhaft verzögert hat oder 3. daß der Vergleichsvorschlag der Vermögenslage des Schuldners nicht entspricht, sei es, daß der Schuldner zu wenig oder zu viel bietet, oder 4. daß im Falle der Fortführung des Unternehmens seine Erhaltung durch den Vergleich offenbar nicht zu erwarten ist. Materialien: siehe § 17. Übersicht Rdn.

II.

III.

304

Allgemeines Individuelle A b l e h n u n g s g r ü n d e . I h r e Arten G r u n d s a t z d e r freien Beweiswürdigung . . S c h u l d h a f t e r V e r m ö g e n s v e r f a l l ( N r . 1) Das s c h u l d h a f t e V e r h a l t e n Ursächlicher Zusammenhang Gesetzlicher V e r t r e t e r , S c h u l d n e r m e h r h e i t S c h u l d h a f t e V e r z ö g e r u n g des V e r f a h r e n s ( N r . 2) Der Tatbestand .

IV. 1 2 3 4 5

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V.

Rdn. D e r A b l e h n u n g s g r u n d der N r . 3 Verhältnis zu a n d e r e n A b l e h n u n g s g r ü n d e n 7 8 G r u n d g e d a n k e n d e r Regelung . . 9 U n a n g e m e s s e n h e i t des V o r s c h l a g s Gesetzliche V e r t r e t e r , S c h u l d n e r m e h r h e i t . 10 D e r A b l e h n u n g s g r u n d der N r . 4 11 G r u n d g e d a n k e der V o r s c h r i f t 12 Der Tatbestand Geltungsbereich, insbesondere bei Liquidationsvergleichen 13

Weitere Ablehnungsgründe

I. Allgemeines Individuelle Ablehnungsgründe. Ihre Arten Die Ablehnungsgründe des § 18, welche die Überschrift farblos als „weitere" 1 bezeichnet, sind individuelle Ablehnungsgründe, weil sie eine richterliche Würdigung einerseits des wirtschaftlichen Verhaltens des Schuldners, andererseits seiner wirtschaftlichen Lage erfordern. Aus diesen unterschiedlichen Gegenständen der Bewertung ergeben sich zugleich ihre Arten. Nr. 1 und 2 betreffen den Mangel der subjektiven Vertrauenswürdigkeit wegen schuldhafter Herbeiführung des Vermögensverfalls oder schuldhaften Verzögerns des Verfahrens. Nr. 3 und 4 dagegen den Mangel der objektiven Vergleichseignung, bezogen auf die Basis des vorgeschlagenen Vergleichs. Gerade hier bei den individuellen Ablehnungsgründen ist die Unterscheidung von Vergleichswürdigkeit und Vergleichseigung rechtlich bedeutsam. Vergleichseignung im vorbezeichneten Sinne kann auch einem nach seinem wirtschaftlichen Verhalten vergleichswürdigen Schuldner fehlen (Paulsen KTr. 1936 33). Ein solcher kann aber die Ablehnung durch eine Vorschlagsänderung vermeiden, über die er deshalb, falls sie nicht den Umständen nach ausgeschlossen ist (z. B. weil er selbst mit der Mindestquote zuviel geboten hat), vorher entsprechend § 17 Nr. 1 in Verbindung mit § 10 vom Gericht zu hören ist, wie denn überhaupt vor einer ablehnenden Entscheidung aus § 18 das rechtliche Gehör, insbesondere auch zur Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung (§ 14) zu gewähren ist (LG Aschaffenburg, M D R 1958 698, Rinklin S. 102 f, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 18 VglO).

Grundsatz der freien Beweiswürdigung Der Vergleichsrichter, in dessen Hand die Bearbeitung des Vorverfahrens liegt 2 (§ 19 Abs. 1 RpflG), bestimmt nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 116 S. 1 VglO), ob und in welchem Umfange Ermittlungen durchzuführen sind. N u r sehr selten werden die eine Ablehnung rechtfertigenden Tatsachen sich so offenkundig aus dem Vergleichsantrag (§ 2 VglO) und dessen Anlagen (§§ 4 ff VglO) ergeben, daß von Ermittlungen und auch von der Anhörung der amtlichen Berufsvertretung (§ 14 VglO) abgesehen werden kann. Es empfiehlt sich dann, mit dem Schuldner (bei Genossenschaften unter Zuziehung des Prüfungsverbandes, § 111 Nr. 3 VglO) die der Eröffnung des Verfahrens entgegenstehenden Momente sogleich mündlich zu erörtern. Nach Durchführung eigener Ermittlungen, den zusätzlichen Erklärungen des Schuldners (vgl. § 10 VglO) und dem Eingang der gutachtlichen Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung (§14 VglO) hat das Gericht unter freier Beweiswürdigung (§115 VglO, § 286 Abs. 1 Z P O ) darüber zu entscheiden, ob einer der Ablehnungsgründe des § 18 VglO vorliegt. — In der Regel geht die Prüfung etwaiger Ablehnungsgründe aus § 17 VglO, die — soweit möglich — sogleich nach Eingang des Vergleichsantrags beginnt, abschließend zeitlich nebenher. Wegen der Einzelheiten ist hierzu auf die vorstehende Kommentierung dieser Vorschrift zu verweisen (Rdn. 1 bis 26 dortselbst). — Die noch in der Vorauflage (vgl. Rdn. 1 zu § 17 V g l O und Rdn. 2 zu § 18 VglO) vertretene Ansicht, die AblehnungsgrUnde beider Bestimmungen seien im Hinblick auf den Wortlaut („Die Eröffnung ist abzulehnen" — „Die Eröffnung ist ferner abzulehnen") zwingend, wird aufgegeben. Die Gründe hierfür sind oben Rdn. 1 zu § 17 VglO dargelegt worden. Ergänzungen dazu werden nachfolgend eingefügt werden. Hinweise: Gegen den zwingenden Charakter der Vorschriften: Berges KTS 1955 6 und 1958 32, sowie 1975 77, 89 ff, Künne KTS 1975 181/189, weiter mit Einschrän305

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens kungen: Uhlenbruck KTS 1975 166/174, für den zwingenden Charakter: Böhle-Stamschräder Anm. 1 je zu § 17 VglO und zu § 18 VglO. — Für die Änderungsbedürftigkeit der Vorschriften: WesselBB 1976 770. — II. Schuldhafter Vermögensverfall (Nr. 1) Schuldhaftes Verhalten 3 a) Unredlichkeit setzt Vorsatz voraus, braucht aber nicht gerade auf Schädigung der Gläubiger gerichtet zu sein; vielmehr genügt die vom Schuldner erkannte, aber bewußt in Kauf genommene Möglichkeit, daß seine Gläubiger geschädigt werden (Jaeger-Weber Anm. 12 zu §187 K O , LG Bielefeld M D R 1956 46). Unredlichkeit des Schuldners kann sich in Handlungen, aber auch in Unterlassungen äußern. Sie können zugleich eine Gläubigeranfechtung (§5 2 f AnfG) bzw. Konkursanfechtung (§§ 29 f KO) begünden, aber auch strafbare Handlungen, wie z. B. einen Bankrott (§§ 283 ff StGB) bilden. Unredlich im Sinne des § 18 Nr. 1 VglO können im Einzelfall z. B. Devisenterminsgeschäfte sein, deren Verluste nicht vorschriftsgemäß den zuständigen Stellen gemeldet, vielmehr durch bestimmte „Manipulationen" verdeckt wurden (vgl. dazu die gutachtliche Stellungnahme (§14 VglO) der Industrie- und Handelskammer zu Köln vom 24. 10. 1974 im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D. Herstatt KG a. A. i. L., Köln, veröffentlicht in den „Mitteilungen" vom 15. 11. 1974, S. 693 ff) — vgl. dazu Künne KTS 1975 180). — b) Der Tatbestand der Preisschleuderei ist neu in das Gesetz eingefügt worden. Die entsprechende Bestimmung des § 22 Ziff. 4 der V g l O von 1927 nennt nur Unredlichkeit und Leichtsinn als Ablehnungsgründe. Preisschleuderei ist mithin gegenüber diesen Begriffen abzugrenzen (Heidland K T S 1968 81 f). W a r der Vermögensverfall, wie hierbei vorausgesetzt, schon vor der Preisschleuderei eingetreten, so bedeutet diese zugleich eine schuldhafte Verzögerung des Antrags (Nr. 2), mit der außerdem der Ablehnungsgrund unserer Nr. 1 konkurriert. Wird doch der Vermögensverfall durch die Veräußerung unter Preis vergrößert. Und das genügt zur Annahme einer — allein erforderlichen Mitverursachung (unten 4). Davon abgesehen, betrifft Preisschleuderei im Sinne unserer Nr. 1 nicht nur Waren, die erst nach Eintritt der Krise auf Kredit entnommen wurden, sondern auch solche, die schon vorher im Schuldnervermögen vorhanden waren, gleichgültig übrigens, ob sie auf Kredit angeschafft oder vom Schuldner selbst, sei es aus kreditierten oder nicht kreditierten Materialien produziert wurden. Überdies ist Preisschleuderei hier nicht nur auf die Entgelte für Kauf und Werklieferung beschränkt, sondern auch bei Werkverträgen, die Kapitalaufwand f ü r Arbeitskräfte erfordern, möglich. Aber nicht jede Veräußerung oder Leistung unter Wert ist Preisschleuderei, sondern immer nur eine solche, die „den Anforderungen ordnungsmäßiger Wirtschaft" widerspricht (so auch Danielcik-Küch A. 12 und § 283 Abs. 3 StGB). — W e r Saisonware oder Ladenhüter unter der üblichen Handelsspanne oder sogar unter dem Selbstkostenpreis abstößt, insbesondere bei zugelassenen Ausverkäufen, um das Lager zu räumen und sich vor weiterem Wertverlust zu schützen, schleudert nicht. Ebenso kann das Auftauchen neuer Erfindungen auf dem Markt eine Veräußerung unter dem Einstandspreis rechtfertigen. Anders ist es mit Verlustverkäufen und sonstigen unzureichenden Entgelten zu dem Zweck, um „in das Geschäft zu kommen" oder um den gesunkenen Umsatz zu steigern. Unter diesem Gesichtspunkt dürfte sogar eine langdauernde und überteuerte Reklame, deren Kosten nicht auf den Preis umgelegt werden konnten, wenn die Firma konkurrenzfähig bleiben wollte, Preisschleuderei indizieren. Dagegen können gelegentliche Verlustgeschäfte, in der Absicht, 306

W e i t e r e Ablehnungsgründe

einen bisherigen Kunden nicht zu verlieren oder einen Stamm von Fach- oder Spezialarbeitern bei der Firma zu halten, wirtschaftlich sehr wohl gerechtfertigt sein; so namentlich wenn zur Zeit des Abschlusses an einen Vermögensverfall noch nicht zu denken war. Doch kommt hier alles auf die Umstände des Einzelfalls an. Wirtschaftlich schwache Unternehmen müssen, wenn sie sich nicht dem Vorwurf des Leichtsinns aussetzen wollen, vorsichtiger verfahren als zur Zeit des Geschäftsabschlusses noch gesunde Unternehmen. Die Waren, mit denen Preisschleuderei betrieben wurde, brauchen nicht im Volleigentum des Schuldners gestanden haben. Preisschleuderei ist auch mit Waren, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert sind, möglich (BGH, KTS 1956 59 = N J W 1956 719). Zusammenfassend läßt sich mit Heidland (KTS 1968 81 f) sagen, Preisschleuderei im Sinne unserer Bestimmung liegt vor, wenn der Schuldner Waren oder Leistungen erheblich unter Einkaufs- bzw. Gestehungspreis und, falls dieser niedriger liegt, unter Marktpreis veräußert, ohne hierzu auf Grund seiner wirtschaftlichen Gesamtsituation zur Vermeidung größerer Verluste veranlaßt zu sein (Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 18 VglO). c) Unter Leichtsinn ist ein besonders starkes Maß von Unbekümmertheit und mangelndem Verantwortungsgefühl in der Geschäftsführung und Vermögensverwaltung zu verstehen (vgl. Heidland KTS 1968 81 f). Von einem leichtsinnigen Verhalten des Schuldners sind geschäftliche Fehldispositionen zu unterscheiden (LG München, BB 1955 331). Zu berücksichtigen sind stets die Umstände des Einzelfalls. Betreibt der Schuldner Geschäfte mit spekulativem Einschlag, so kann ihm der Vorwurf des Leichtsinns nicht sehr schnell gemacht werden, wenn seine Maßnahmen zunächst zu Verlusten geführt hatten, die er hoffte, mit Änderung der Konjunktur mehr als ausgleichen zu können. — In der Hingabe von Gefälligkeitsakzepten ist nicht immer und in jedem Falle Leichtsinn zu sehen (LG Würzburg, K u T 1929 109). Leichtsinn, der sehr wohl geeignet ist, einen geschäftlichen Vermögensverfall herbeizuführen, liegt nicht selten darin, daß der Schuldner dem Betriebe in unverantwortlicher Weise flüssige Mittel entzieht, um vorerst private Bedürfnisse zu befriedigen. Dahin gehört vor allem die Errichtung von aufwendigen Wohnhäusern zu Lasten des Betriebes. Uberhaupt ist hier der übermäßige Privataufwand zu rechnen (Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 18 vglO), soweit er nur möglich ist, wenn dem Betriebe dadurch Schaden zugefügt wird. Nicht das private Leben an sich wird dem Schuldner zum Vorwurf gemacht, sondern die in der Entnahme zu hoher Mittel für den Eigenbedarf liegende geschäftliche Maßnahme (Vogels-Nölte Anm. B I zu § 18, Baur]Z 1951 210). Soweit im Einzelfall ein Handeln des Schuldners nicht als unredlich im Sinne des § 18 Nr. 1 V g l O anzusehen sein sollte, kann es dennoch als leichtsinnig zu bezeichnen sein, so z. B. wenn durch unverantwortliche Devisenterminsgeschäfte bereits eingetretene Verluste mit weiteren Spekulationsgeschäften dieser Art wieder wettgemacht werden sollten (vgl. „Mitteilungen" der I. u. H.-Kammer zu Köln vom 15.11.1974, S. 693 ff — siehe oben unter Rdn. 3 a —). Ursächlicher Zusammenhang Zwischen dem zu beanstandenden Verhalten des Schuldners und dem Vermögens- 4 verfall, der zum Vergleichsantrag geführt hat, muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (seit jeher unbestritten). Dabei genügt es, daß das zu beanstandende Verhalten des Schuldners für den Vermögensverfall mit bestimmend war (Salomon A. 5 a; Wilmersdoerffer S. 61; Samolewitz A. 7). Der Vermögensverfall äußert sich in der das Vergleichsverfahren notwendig machenden Zahlungsunfähigkeit und Uberschuldung, ist aber mit deren Eintritt keineswegs identisch; denn entscheidend ist nicht nur die 307

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens T a t s a c h e , sondern auch der U m f a n g des Verfalls. Es k o m m t nicht bloß darauf an, daß der Schuldner seine Gläubiger nicht rechtzeitig und voll befriedigen k a n n , sondern auch d a r a u f , d a ß er dies n u r in d e r vorgeschlagenen Weise tun kann. In dem V e r gleichsvorschlag, seine Angemessenheit unterstellt, d r ü c k t sich der U m f a n g des V e r mögensverfalls aus. U n d es ist deshalb zu f r a g e n , o b dieses Ergebnis d u r c h Unredlichkeit o d e r Leichtsinn des Schuldners h e r b e i g e f ü h r t w u r d e . Auf diese Weise gewinnt unsere V o r s c h r i f t ihre sinnvolle Ü b e r e i n s t i m m u n g mit § 187 K O , dem sie ja nachgebildet ist (Begr. S. 21). Es kann die Ursächlichkeit nicht etwa deshalb verneint w e r d e n (so zu U n r e c h t LG W ü r z b u r g , K u T 1929 109), weil d e r Schuldner, als er leichtsinnig handelte, sich bereits in einer verzweifelten Lage b e f a n d , sofern er n u r d a d u r c h die Aussichten f ü r seine Gläubiger noch m e h r verschlechterte. D o c h bildet die Bestimmung des § 18 N r . 1 keinen „Beweis des ersten Anscheins". Dies insbesondere nicht bei schuldh a f t e m H a n d e l n o d e r Unterlassen, das zeitlich länger zurückliegt, aber sehr w o h l mit ursächlich gewesen sein kann {Böhle-Stamschräder A n m . 2 zu § 18 V g l O ) . D e n U r s a c h e n z u s a m m e n h a n g mit zu klären, ist mit eine d e r A u f g a b e n , um die die amtliche Berufsvertretung des Schuldners g e m ä ß § 14 gebeten wird (vgl. Veismann K T S 1968 40). Schließlich wird das Gericht auch durch den vorläufigen V e r w a l t e r (§ 11 II) u n t e r richtet w e r d e n . Dieser hat sich darauf vorzubereiten, daß er in seiner späteren Eigenschaft als Vergleichsverwalter (§ 20) im Vergleichstermin „über die U r s a c h e n des Z u s a m m e n b r u c h s des Schuldners" zu berichten hat (§ 40 III S. 1). Gesetzliche Vertreter. Schuldnermehrheit 5

Bei juristischen Personen und Vereinen ohne Rechtsfähigkeit k o m m t n u r eine entsprechende A n w e n d u n g des § 18 N r . 1 in Betracht. Diese ist aber bereits zu bejahen, w e n n das Minderergebnis auf das V e r h a l t e n auch n u r eines einzelnen Mitglieds des O r g a n s z u r ü c k z u f ü h r e n ist {Mentzel-Kuhn A n m . 1 zu § 187 K O ) . Ein Wechsel in der Person k a n n nur d a n n v o n d e r A n w e n d u n g des § 18 N r . 1 befreien, w e n n dieser v o r Eintritt des Vermögensverfalls v o r g e n o m m e n w o r d e n ist. Wollte m a n einen späteren Wechsel g e n ü g e n lassen, so w ü r d e damit dem Vergleichsgericht a u f g e g e b e n , zu p r ü f e n , ob G a r a n t i e n gegen weiteres unredliches o d e r leichtsinniges V e r h a l t e n o d e r Preisschleuderei v o r h a n d e n sind. D a s aber ist nicht A u f g a b e des Vergleichsgerichts und kann es in d e r z u r V e r f ü g u n g stehenden verhältnismäßig k u r zen Zeit eines Vergleichsantragsverfahrens nicht sein. Ergreifen juristische P e r s o n e n und V e r e i n e o h n e Rechtsfähigkeit erst nach Eintritt d e r Krise M a ß n a h m e n , so folgt aus diesem Mangel an O r g a n i s a t i o n d e r V o r w u r f einer Vergleichsunwürdigkeit. — Auch bei der O H G , KG, K G a A g e n ü g t schuldhaftes V e r h a l t e n auch n u r eines persönlich h a f t e n d e n Gesellschafters (§ 109 N r . 2). D u r c h freiwilliges o d e r e r z w u n g e n e s Ausscheiden nach Eintritt d e r Krise wird die Gesellschaft nicht entlastet. Eine davon sehr wohl zu unterscheidende Frage ist die, ob trotz des Vorliegens des Ablehnungsgrundes aus § 18 Nr. 1 VglO das Vergleichsverfahren dennoch eröffnet werden kann, w e n n d u r c h entsprechende M a ß n a h m e n , z. B. Erlaß eines V e r ä u ß e r u n g s verbots bereits im V o r v e r f a h r e n (§§ 12, 58 ff V g l O ) mit F o r t w i r k u n g über die E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s hinaus (§ 24 V g l O ) z u f o l g e des Mitwirkungsrechts des V e r w a l ters hinreichend V o r s o r g e gegen eine W i e d e r h o l u n g eines vergleichswidrigen V e r h a l tens d e r Geschäftsleitung g e t r o f f e n w o r d e n ist (vgl. d a z u Berges K T S 1975 82 ff, Uhlenbruck K T S 1975 1 6 6 / 1 7 5 ff — f ü r den Fall der Ausschaltung der belasteten V o r standsmitglieder usw., f e r n e r Künne K T S 1975 178/181, weitgehender). — Mit der A b l e h n u n g eines z w i n g e n d e n C h a r a k t e r s der V o r s c h r i f t e n der § § 1 7 , 18 V g l O (vgl. oben Rdn. 1 zu § 17 V g l O ) ist im überwiegenden Interesse der Gläubiger hier mithin 308

W e i t e r e Ablehnungsgründe

der W e g zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens frei — vgl. Berges K T S 1975 86 ff. Die für den Zwangsvergleich im Konkursverfahren einer eingetragenen Genossenschaft geltende Vorschrift des § 115 e Nr. 3 GenG kann im Vergleichsverfahren nicht die Vorschrift des § 18 Nr. 1 VglO ausschalten, da eine Nachschußpflicht der Genossen hier nicht realisierbar ist (ebenso Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 18 VglO, abweichend: LG Wuppertal J W 1938 2908. -

III. Schuldhafte Verzögerung des Verfahrens (Nr. 2) Der Tatbestand a) Der Ablehnungsgrund soll der Gefahr vorbeugen, daß der Schuldner in der 6 vagen H o f f n u n g auf eine glückliche Wendung völlig abwirtschaftet. Diese Gefahr ist bei verzögertem Antrag immer gegeben. Im Gegensatz zur Nr. 1 hängt deshalb hier die Ablehnung nicht davon ab, daß tatsächlich ein — weiterer — Vermögensverfall eingetreten und dessen Zunahme durch die schuldhafte Verzögerung verursacht ist. So bietet die Vorschrift im Hinblick auf die Beweisschwierigkeiten, die sich in den Fällen der Nr. 1 bei der Frage einer nur mitwirkenden Verursachung des Vermögensverfalls ergeben (oben 4), eine vereinfachte Handhabe. b) Mit Recht läßt wegen der immer gegebenen Gefahr weiteren Vermögensverfalls das Gesetz nicht mehr nur die böswillige, sondern jede „nach der Auffassung des ordentlichen Geschäftsverkehrs" schuldhafte Verzögerung genügen. Dabei ist unter Geschäftsverkehr nicht etwa nur der kaufmännische zu verstehen, vielmehr gilt die Vorschrift auch für Schuldner, die nicht Kaufleute, ja nicht einmal Geschäftsleute sind, und deshalb auch bei Antrag auf Eröffnung eines Nachlaßvergleichsverfahrens (§ 113). Die Tatsache, daß der Schuldner mehr als die Mindestquote bietet und auch bieten kann, schließt den Vorwurf schuldhafter Verzögerung noch keineswegs aus. c) Nach dem Wortlaut des Gesetzes muß die Verzögerung den Eröffnungsantrag betreffen. Das ist zu eng. Was das Gesetz hindern will, ist die Verzögerung der Eröffnung des Verfahrens. Deshalb schließt zwar ein ernsthafter und nicht offenbar aussichtsloser Versuch außergerichtlicher Sanierung — auch bei deren Scheitern — den Vorwurf schuldhafter Verzögerung aus (vgl. Künne Außergerichtliche Vergleichsordnung 1968). Keineswegs aber kann der Vergleichsschuldner das Fehlen von Unterlagen zum Vergleichsantrag (§§ 3 f) mit seinem außergerichtlichen Vergleichsversuch entschuldigen, denn auch für ein solches Vorhaben waren entsprechende Unterlagen erforderlich (zu einem außergerichtlichen Vergleich siehe: O L G Köln, KTS 1960 173). Zu der Frage, ob eine Verzögerung in der Antragstellung vorliegt, hat sich auch die amtliche Berufsvertretung des Schuldners in der gemäß § 14 erbetenen gutachtlichen Stellungnahme zu äußern (vgl. Veismann KTS 1968 40). Nach der gutachtlichen Stellungnahme (§ 14 VglO) der Industrie- und Handelskammer zu Köln vom 24. 10. 1974 im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Bankhauses I. D. Herstatt KG a. A. i. L., Köln, veröffentlicht in den „Mitteilungen" vom 15. 11. 1974, S. 693 ff, war die Stellung des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) — wie im einzelnen dargelegt — zwar schuldhaft verzögert worden. Dennoch hat sich das Gutachten für eine Eröffnung des Vergleichsverfahrens ausgesprochen. Dies nicht nur im gesamtwirtschaftlichen Interesse, sondern auch weil aller Voraussicht nach der Vergleich für die Gläubiger günstiger sei als der Konkurs. Dem ist das Amtsgericht mit Recht gefolgt (vgl. z. B. Künne KTS 1975 178/180 ff). 309

§18

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

d) A b l e h n u n g s g r u n d aus § 18 N r . 2 ist f e r n e r die nicht rechtzeitige E r f ü l l u n g einer gesetzlichen Antragspflicht. Z u r Antragspflicht ist zu verweisen auf die A n m e r k u n g e n 33, 34, 35, z u m R u h e n der Antragspflicht auf die A n m e r k u n g 36, z u r B e d e u t u n g der Antragspflicht, den Beginn der Antragsfrist und die V e r z ö g e r u n g auf die A n m e r k u n g 37, sämtlich zu § 2 des Gesetzes. Die d o r t eingehend e r ö r t e r t e n gesetzlichen Bestimm u n g e n sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 II BGB. Sie schützen auch Gläubiger, die diese Eigenschaft erst nach dem Z e i t p u n k t des Eintritts der Antragspflicht e r w o r ben haben ( B G H Z 29 100). Eine N a c h h o l u n g des Antrags mit d e r B e g r ü n d u n g , d a ß dem säumigen O r g a n t r ä g e r alsbald die V e r t r e t u n g s m a c h t e n t z o g e n w o r d e n sei, k a n n die A b l e h n u n g des Vergleichsantrags aus § 18 N r . 2 nicht hindern. — Für den E r b e n folgt die Antragspflicht den N a c h l a ß g l ä u b i g e r n g e g e n ü b e r aus § 1980 BGB, f ü r den überlebenden Ehegatten bei d e r f o r t g e s e t z t e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t (§§ 1483 f BGB) aus § 1489 II BGB.

IV. D e r Ablehnungsgrund der Nr. 3 Verhältnis zu anderen Ablehnungsgründen 7

a) Die P r ü f u n g d e r Vergleichseigung setzt voraus, d a ß der Vergleichsgrund gegeben ist, da sonst schon wegen dessen Fehlen der A n t r a g abzulehnen ist (§ 16 A. 4; Mayer A. 13). Auch sind nur gesetzmäßige und inhaltlich g e n ü g e n d bestimmte V o r schläge (§ 3 A. 12 ff) auf ihre Angemessenheit zu p r ü f e n . Gesetzwidrigkeit und Inhaltsmängel sind A b l e h n u n g s g r ü n d e nach § 17 N r . 1. Dies gilt auch bei Unverträglichkeit von H a u p t - und Eventualvorschlag (§ 66). W i r d der z u n ä c h s t unterbreitete V o r s c h l a g v o r der Entscheidung g e ä n d e r t , so m u ß das G e r i c h t z u n ä c h s t p r ü f e n , ob nicht der S c h u l d n e r d u r c h den sachwidrigen P r i m ä r a n t r a g das V e r f a h r e n schuldhaft v e r z ö g e r t hat ( N r . 2 mit § 3 A. 15). V o n dieser V o r f r a g e h ä n g t es auch ab, ob der Richter seinerseits bei U n a n g e m e s s e n h e i t des Vorschlags d e m S c h u l d n e r eine V o r s c h l a g s ä n d e r u n g anheimstellen und d a z u eine N a c h f r i s t bewilligen soll. b) Bei einem A n t r a g auf E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens über einen N a c h l a ß o d e r das G e s a m t g u t der f o r t g e s e t z t e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t (§§ 113, 114) m u ß das V e r gleichsgericht v o r d e r Frage der Angemessnheit des Vergleichsvorschlags p r ü f e n , ob nicht etwa ein genereller Mangel d e r Vergleichseignung — U n b e s c h r ä n k b a r k e i t der H a f t u n g , N a c h l a ß t e i l u n g , Beendigung der f o r t g e s e t z t e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t — vorliegt (vgl. L G O s n a b r ü c k , K T S 1962 126 mit Anm. Verfasser). Grundgedanken der Regelung

8

a) D e r V o r s c h l a g soll der V e r m ö g e n s l a g e des Schuldners entsprechen. D e r S c h u l d n e r darf einerseits nicht an d e m Vergleich verdienen, also nicht auf Kosten seiner Gläubiger einen echten Sanierungsgewinn m a c h e n . Andererseits soll ihm der V e r gleich — freilich unter Einhalten des Mindestsatzes (§ 7) — die E r h a l t u n g seines U n t e r n e h m e n s ermöglichen, falls er dieses f o r t z u f ü h r e n beabsichtigt, was selbst bei einem Liquidationsvergleich der Fall sein k a n n . Deshalb ist der in N r . 4 positiv anerk a n n t e R e c h t s o r d n u n g s z w e c k der „ E r h a l t u n g " des U n t e r n e h m e n s „durch den V e r gleich" auch bei d e r Auslegung unserer V o r s c h r i f t zu berücksichtigen (Rinklin, „Die vergleichsfähige und die k o n k u r s r e i f e U n t e r n e h m u n g " , S. 82 f, Goldmann K T S 1962 95, Veismann K T S 1968 40). b) W a s nun die Bemessungsgrundlage betrifft, so k a n n m a n nicht einfach auf das kalkulatorische Wertverhältnis der G e s a m t s u m m e der V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n zu dem — um den Betrag der nichtbeteiligten F o r d e r u n g e n g e m i n d e r t e n — Restwert der Akti310

Weitere Ablehnungsgründe

ven ausgehen. Eine solche rein kalkulatorische Bewertung muß freilich trotz des Unsicherheitsfaktors, der im Hinblick auf zweifelhafte Aktiven und streitige Passivforderungen selbst bei größtmöglicher Zuverlässigkeit der Schätzung unvermeidbar ist, den Ausgangspunkt und einen notwendigen Vergleichsmaßstab bilden. Schlechthin maßgebend aber kann sie nur für den Liquidationsvergleich sein. Von diesem abgesehen, ist dagegen der Begriff Vermögenslage keineswegs identisch mit dem des Vermögens im statischen Sinne; eben weil der Zwangsvergleich, außer dem Liquidationsvergleich, keine Befriedigung der Gläubiger durch Versilberung des Schuldnervermögens bezweckt. Ein Vergleichsvorschlag bei Fortführung des Unternehmens muß auf einem spezifizierten Finanz- und Zahlungsplan aufbauen (Knorr KTS 1955 81, Veismann KTS 1968 40). Wenn ein solcher Zahlungsplan auch im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, so folgt doch aus einer Prüfung des Vergleichsvorschlages sowohl nach § 18 Nr. 3 (Berücksichtigung der Vermögenslage), wie nach § 18 Nr. 4 (Erhaltung des Unternehmens durch Vergleichserfüllung), daß er an sich unentbehrlich ist. Wird der Vergleich nicht durch Versilberung des Schuldnervermögens erfüllt, soll das Unternehmen fortgeführt, der Konkurs dadurch vermieden werden, so ist davon auszugehen, daß regelmäßig Anlage- und Umlaufvermögen des Schuldners zumeist voll gebunden sind. Der Vergleich muß mithin aus den verfügbaren Gewinnen und verdienten Abschreibungen erfüllt werden. Bei der Frage, welche Gewinne das Schuldnerunternehmen zu erwarten hat, ist auszugehen von den bisherigen Gewinn- und Verlustrechnungen. Doch ist die Zahlungsweise der Kunden zu berücksichtigen, denn eine Diskontierung der Außenstände ist wegen des Vergleichsverfahrens erschwert (Veismann aaO). — Daß für den Vergleichsschuldner durch die Befreiung von der Zinspflicht (§ 83 II) eine gewisse Erleichterung eintritt, ist regelmäßig — es sei denn, es handelt sich um ein Großverfahren (vgl. Berges KTS 1975 77/90) — nicht von großer Bedeutung. Denn dem steht die finanzielle Anspannung, die in dem Zwang liegt, nunmehr binnen bestimmter Fristen sämtliche nicht gesicherten Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen, gegenüber. c) Es kann mithin — und dies ist praktisch häufig der Fall — eine geringere als die rein kalkulatorisch errechnete Quote angemessen sein, wenn dies zur Erhaltung des Unternehmens erforderlich erscheint. Doch ist es dabei keineswegs erforderlich, daß dem Vergleichsschuldner das gesamte Anlagevermögen belastungsfrei verbleibt, wenn der Vergleich durchgeführt ist. Im Gegenteil, regelmäßig wird von dem Schuldner zu erwarten sein, daß er mit den Gläubigern, die Kredit gegen Sicherungen gegeben haben, dahin verhandelt, daß sie mit Rücksicht auf diese zunächst in der Erfüllung ihrer Ansprüche zeitlich zurücktreten, um vorerst die Vergleichsraten zahlen zu können. Schließlich ist bei allen Überlegungen das uneingeschränkte Leitziel eines jeden Vergleichsverfahrens, wie es in der Bestimmung des § 79 Nr. 4 zum Ausdruck gekommen ist, von ausschlaggebender Bedeutung (Goldmann KTS 1962 95). Unangemessenheit des Vorschlags a) Zuviel kann nicht nur eine zu hohe Quote, sondern auch der volle Betrag (reiner 9 Stundungsvergleich) und die Kürze der Zahlungstermine sein. Möglich, und sogar sehr häufig ist dies auch, wenn der Vorschlag die Mindestquote nicht übersteigt. Dabei ist aber, wie schon vorstehend ausgeführt, nicht nur der jetzige Vermögensstand, sondern auch die durch den Vergleich erst zu schaffende Vermögenslage zu berücksichtigen, so namentlich Teilnachlaß sowie Wegfall der Zinspflicht (5 83 II), vgl. dazu Kalter KTS 1978 3, für den Fall der Vergleichsbestätigung ernstlich zugesicherte Zuschüsse von 311

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s

Verwandten oder gegebene Kreditzusagen und erst recht der vorgeschlagene Beitritt von Vergleichsgaranten (zustimmend: Böhle-Stamschräder Anm. 4, Vogels-Nölte Anm. IV zu § 18 VglO). Ein Zuvielbieten kann auch in der Hergabe eines offensichtlich nicht erfüllbaren Besserungsscheins liegen (vgl. Künne KTS 1968 201 bis 213, Gesamtdarstellung zum Besserungsschein). b) Die Gefahr, daß der Schuldner zuviel bietet und die Gläubiger seine Werte und Aussichten überschätzen, liegt im allgemeinen viel näher als ein zu geringes Gebot. Nirgends ist größere Vorsicht am Platze als bei der Bewertung der künftigen Wirtschaftslage sowie der Zukunftsaussichten eines Wirtschaftszweigs und eines Einzelunternehmens. Das gilt in gleicher Weise von der Bewertung des vorhandenen Vermögens. Der Vergleichsschuldner selbst ist nicht selten kaum in der Lage, ohne fremden Rat einen Vergleichsvorschlag vorzulegen, der den wirtschaftlichen Realitäten und Möglichkeiten entspricht. In der Praxis wird denn auch der zur Abstimmung gelangende endgültige Vergleichsvorschlag im Verlaufe des Vergleichsantragsverfahrens, meist im Rahmen der Verhandlungen, die die amtliche Berufsvertretung des Schuldners für die Stellungnahme aus § 14 führt, erst erarbeitet (vgl. Veismann KTS 1968 40). — Eine Teilnahme des Richters an den von der amtlichen Berufsvertretung geführten Verhandlungen ist im allgemeinen nicht ratsam. Es könnte dadurch seine Entscheidungsfreiheit u. U. beeinflußt werden (so mit Recht Künne DB 1978 730). Gesetzliche Vertreter, Schuldnermehrheit 10

Bei der Frage der Angemessenheit des Vorschlags kommt nur die Vermögenslage des Schuldners, nicht auch die seines gesetzlichen Vertreters oder Organs (z. B. des Komplementärs einer Kommanditaktiengesellschaft) in Betracht; bei Sondervergleichsverfahren nur die Lage des Sondervermögens. Bei der O H G , KG, KGaA ist jeweils ausschließlich die Vermögenslage der Gesellschaft selbst, nicht die der Gesellschafter zu berücksichtigen, denn diese haften gemäß 128, 161 II H G B , § 278 AktG nur den Gläubigern, nicht auch der Gesellschaft selbst, also nur im Außenverhältnis. Im Vergleichsverfahren der eingetragenen Genossenschaft (§ 111) hat die H a f t u n g der Genossen außer Betracht zu bleiben, da diese erst im Konkurs zu verwirklichen wäre, den das Vergleichsverfahren vermeiden will. Im Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) ist auf den Nachlaß, im Vergleichsverfahren über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) auf das Gesamtgut abzustellen.

V. Der Ablehnungsgrund der Nr. 4 Grundgedanke der Vorschrift 11

Das Gesetz will dem Schuldner ermöglichen, sich durch Vergleich seine wirtschaftliche Existenz zu erhalten (oben 9 a). Deshalb soll sich, wenn der Schuldner mit dem Vergleich diesen Zweck verfolgt, die Angemessenheit des Vorschlags nicht danach bestimmen, was die Gläubiger bei Versilberung des Schuldnervermögens erhalten könnten, sondern danach, was der Schuldner bei Fortführung seines Unternehmens oder Betriebs leisten kann (oben 9 c). Das ist der Sinn der Unzulässigkeit des Zuvielangebots. Es geht nun aber praktisch nicht an, dem Richter bei jeder Gefahr des Angebots für den Bestand des Unternehmens die Ablehnung des Vergleichsantrags aufzugeben. Würde doch damit der Wagnischarakter jedes Vergleichsversuchs verkannt und gerade das erreicht, was das Gesetz verhindern will, nämlich den Schuldner sicher in den Konkurs zu treiben. Die notwendige Reaktion wäre die Tendenz zur Mindestquote, womit 312

W e i t e r e Ablehnungsgründe

wieder die Gläubiger nicht zufrieden sein würden und auch von deren Seite die Gefahr bestünde, daß der Schuldner in den Konkurs getrieben wird. Deshalb muß nach dem ungeschriebenen Grundatz der Verhältnismäßigkeit der rechtlichen Mittel der Richter zunächst eine Änderung des Vorschlags durch Kürzung der gebotenen Quote und durch Verlängerung der Zahlungsfristen herbeizuführen suchen oder wenigstens darauf hinwirken, daß in den Vergleich ein Vorbehalt nachträglicher Inhaltsänderung (§ 9 A. 8) eingebaut wird. Dies kann z. B. in der Weise geschehen, daß der Gläubigerbeirat im Vergleichsvorschlag ermächtigt wird, einzelne Raten des Vergleichs zeitlich auszusetzen (vgl. LG Paderborn, Beschluß vom 5. 1. 1978 — 9 T 407/410 / 77 mit Anm. der Schriftleitung, inzwischen veröffentlicht in K T S 1978 189). Findet sich der Schuldner dazu nicht bereit oder hat er von vornherein nur die Mindestquote unter Ausnutzung der höchstmöglichen Zahlungsfristen geboten, so darf der Richter wegen Zuvielgebots nur ablehnen, wenn die Voraussetzungen der Nr. 4 gegeben sind. Die Vorschrift konkretisiert und beschränkt zugleich den Ablehnungsgrund der Nr. 3, was bei der Unsicherheit der Beurteilung der Verhältnisse auch rechtspolitisch unter dem Gesichtspunkt der Gläubigerautonomie gerechtfertigt ist und die Rechtspflege gegen Vorwürfe der Beteiligten salviert. Der Tatbestand Der Tatbestand der Vorschrift soll dem Richter eine sichere Maxime für die Ableh- 1 2 nung wegen Zuvielgebots an die H a n d geben. Damit der Richter sicher gehen kann, soll die Ablehnung aus diesem Grunde auf den Fall beschränkt sein, daß die Erhaltung des Unternehmens durch den Vergleich „offenbar nicht zu erwarten ist". Die Gründe, die eine Erhaltung des Unternehmens durch den Vergleich nicht erwarten lassen, müssen wie Eckert KTr. 1937 49, zutreffend ausführt, klar zu Tage liegen und eine andere Beurteilung vernünftigerweise ausschließen. Solange selbst bei sorgfältiger Prüfung Zweifel bestehen, ist Ablehnung wegen Zuvielbietens ausgeschlossen (anders wohl Paulsen KTr. 1936 35). Gerade bei dieser Frage müssen amtliche Berufsvertretung, vorläufiger Verwalter und Richter zusammenwirken. Ihre Beantwortung setzt, worauf Paulsen a a O mit Recht hinweist, eine klare Einsicht in die Ursachen des Zusammenbruchs sowie in die personellen und organisatorischen Verhältnisse des Unternehmens oder Betriebs voraus, zugleich aber auch einen Blick für wirtschaftliche Realitäten und Möglichkeiten. Mehr als allgemeine Ausführungen kann ein Beispiel zeigen, worauf es ankommt. In einem praktisch gewordenen Falle war der Eigentümer einer Lokalbrauerei, trotzdem er sein letztes Kapital zu einer Teilmodernisierung — zu einer vollen hatte es nicht mehr gelangt — seines Betriebs aufgewendet hatte, in der von ihm bisher belieferten Provinzstadt samt zugehörigem Landbezirk durch eine am Ort betriebene Großbrauerei und durch zwei Mittelbrauereien der Provinzialhauptstadt, die in sämtlichen Gaststätten gut eingeführt waren und fast alle kleineren Gastwirte in ihre Abhängigkeit gebracht hatten, außer Konkurrenz gesetzt worden. Statt den Betrieb aufzugeben, bot er einen Stundungs- und Teilerlaß an. Hier hätte der Richter vor der Entscheidung über den Antrag den Schuldner zu einem Liquidationsvergleich umstimmen und, wenn er sich dazu nicht bereitfand, die Eröffnung ablehnen müssen. Die Chance für einen Liquidationsvergleich war besonders günstig, weil die eine Mittelbrauerei den größten Teil der Brauereianlagen übernehmen wollte. Bei dieser Sachlage konnte der abgeschlossene Teilerlaßvergleich den Konkurs niemals verhindern. In ihm aber fielen die Gläubiger fast völlig aus, weil die zur Übernahme des größten Teils der Brauereianlagen bereit gewesene Mittelbrauerei inzwischen selbst gebaut hatte. Der Fall lag, was die Erhaltungs- und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens betraf, so hoff313

§ 18

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

nungslos, daß der Richter sogar hätte ablehnen müssen, wenn die Vergleichserfüllung, etwa durch Vergleichsgaranten, vor dem endgültigen Zusammenbruch gesichert gewesen wäre; denn auch dann wäre das Unternehmen nicht zu halten gewesen. Daraus folgt zugleich, daß es nicht allein darauf ankommt, ob — rein kalkulatorisch berechnet — die gebotene Vergleichsquote durch das vorhandene Schuldnervermögen gedeckt ist (insoweit zutreffend Paulsen a a O ; Wameyer S. 37). Bei der Fassung von Vergleichsvorschlägen ist gerade mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 18 Nr. 4 auch darauf Bedacht zu nehmen, daß die Erfüllung des Vergleichs nicht in einer zu kurzen Frist versprochen wird. Verteilt auf eine längere Frist ist die finanzielle Anspannung meist leichter für den Betrieb. Schließlich ist zu bedenken, welche Investitionen während der Vergleichszeit dringend notwendig und nicht bis in die Zeit nach der Vergleichserfüllung hinausgeschoben werden können (Veismann KTS 1968 40). Auch ein Besserungsschein ist für den Schuldner in der Regel sicherer einzulösen, wenn ihm hierzu hinreichende Zeit gewährt wird und die Verpflichtung daraus erst beginnt, wenn nach der Vergleichserfüllung im übrigen die mit ihren an sich fälligen Ansprüchen zeitlich zurückgetretenen absonderungsberechtigten und bevorrechtigten Gläubiger nunmehr zuvor befriedigt werden und ein gewisser Nachholbedarf gedeckt worden ist (zu diesen Fragen und zur Konkursvermeidung weiter: Goldmann KTS 1962 96, zum Besserungsschein: Veismann KTS 1968 40, Künne KTS 1 9 6 8 201 ff). Geltungsbereich, insbesondere bei Liquidationsvergleichen 13

a) Der Ausdruck Unternehmen ist nicht auf kaufmännische oder wenigstens kaufmännisch betriebene Unternehmungen zu beschränken, sondern umfaßt jeden mit Kapitalaufwand und sachlichen Mitteln arbeitenden Wirtschaftsbetrieb, also z. B. auch einen solchen der Land- oder Forstwirtschaft, des Garten- oder Weinbaus, nicht aber die freiberufliche, im wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Schuldners beruhende Tätigkeit z. B. des Maklers, des Arztes, Anwalts oder Schriftstellers. Nur wird bei diesen ein Vergleichsantrag kaum kommen. Bedeutsam wird aber die Unterscheidung bei Anträgen auf Vergleichsverfahren über einen Nachlaß oder das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft. Gehört hier zu dem Sondervermögen kein Betrieb, der durch den Vergleich erhalten werden soll, so entfällt die Anwendbarkeit unserer Nr. 4 und muß der Richter die Frage des Zuvielgebots auf Grund der kalkulatorischen Bewertung des Sondervermögens (oben 9 a) entscheiden. b) Streitig ist die Anwendbarkeit unserer Vorschrift insbesondere bei Liquidationsvergleichen. Sie ist allgemein zu verneinen (so auch Vogels-Nölte IV; Eckert aaO, Schumann BankA Bd. 34, 312). Wenn bei einem Vergleich im Sinne des § 7 IV die Angemessenheit zu prüfen ist, dann nicht im Hinblick auf die Fortführung des Unternehmens, etwa weil der Schuldner die Firma nicht mit übertragen will, sondern in der Richtung, ob nicht etwa der Schuldner zuviel von seinem Vermögen zurückhalten will, die von ihm angestrebte nur teilweise Verwertung den Gläubigern zuzumuten ist (vgl. auch Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 18 VglO). — Auch hier gilt das aus der Bestimmung des § 79 Nr. 4 zu entnehmende Leitziel eines jeden Vergleichsverfahrens. c) Zum Sozialplan im Vergleichsverfahren ist auf das zur Rdn. 18 zu § 7 VglO Ausgeführte zu verweisen, dort unter c) die Grenzen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit der in einem Sozialplan geregelten Ansprüche. —

314

Entscheidung über die Konkurseröffnung

§ 19

§ 19 Entscheidung über die Konkurseröffnung (1) Wird die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt, so ist zugleich von Amts wegen über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. (2) Gegen die Entscheidung, durch die das Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Konkursverfahrens abgelehnt wird, steht dem Schuldner binnen einer Woche die sofortige Beschwerde zu (§ 121). Der Schuldner kann dabei auch geltend machen, daß die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zu Unrecht abgelehnt worden sei. (3) Wird der Konkurs nicht eröffnet, so tritt eine nach § 12 getroffene Anordnung mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird, außer Kraft. Ist eine Verfügungsbeschränkung angeordnet worden, so gilt § 65 Abs. 2 sinngemäß. (4) Das Amt des vorläufigen Verwalters als solchen endigt mit Erlaß des Beschlusses, durch den das Vergleichs- oder das Konkursverfahren eröffnet wird, oder mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird. (5) Der Beschluß, durch den das Vergleichs- oder das Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird, sowie die im Beschwerderechtszug ergehenden Entscheidungen sind auch dem vorläufigen Verwalter zuzustellen. Der Beschluß, durch den die Eröffnung des Vergleichs- und des Konkursverfahrens abgelehnt wird, ist nach Rechtskraft in derselben Weise öffentlich bekanntzumachen, wie die im § 11 Abs. 1 vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt ist. Materialien: Begr. I S. 2 2 , 34. Ber. S. 12 ff Begr. II S. 60 ff; III S. 390. Übersicht Rdn.

Rdn. I.

G e b o t d e r D o p p e l e n t s c h e i d u n g ( A b s a t z 1) Ausnahmslose Geltung Konkursentscheidung

II.

1 von

Amts

7

G e l t u n g des § 121 I I , I I I

8

R i c h t u n g und B e g r ü n d u n g d e r

wegen;

a u c h in d e r B e s c h w e r d e i n s t a n z

2

Beschwerde

„zugleich"

3

E n t s c h e i d u n g e n des B e s c h w e r d e g e r i c h t s

Angabe der G r ü n d e

4

IV.

5

Ablehnung beider Verfahren

6

das B e s c h w e r d e g e r i c h t

. . . .

II 12

E r ö f f n u n g des V e r g l e i c h s v e r f a h r e n s d u r c h

A b l e h n u n g des A n s c h l u ß k o n k u r s e s (Absatz 3)

9 10

Bekanntgabe (Absatz 5) E r ö f f n u n g des A n s c h l u ß k o n k u r s e s

Die Konkursentscheidung Konkurseröffnung (Absatz 4)

III.

Beschwerderecht

13

Die sofortige Beschwerde (Absatz 2)

I. Gebot der Doppelentscheidung (Absatz 1) Ausnahmslose Geltung Die Vorschrift gewährleistet die Überleitung des Vorverfahrens in den Anschluß- 1 konkurs. Sie gilt ausnahmslos; gleichviel aus welchem Grunde die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt wird. Deshalb ist nicht nur die gebotene Eröffnung des Anschlußkonkurses anzusprechen, sondern auch eine Ablehnung der Konkurseröffnung. Auf diese Weise kann der ehrliche Schuldner, der die Aussichtslosigkeit seines Vergleichsversuchs einsieht, noch immer im Beschwerdeweg (Absatz 2 S. 1) die Eröffnung des Anschlußkonkurses zu erreichen suchen. Und selbst wenn er mit seiner Beschwerde gegen die Konkursablehnung lediglich Eröffnung des Vergleichsverfah315

§ 19

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

rens erstrebt (Absatz 2 S. 2), kann es bei Zurückweisung der Beschwerde noch immer zum Anschlußkonkurs kommen (unten 2). — Aus der Notwendigkeit gleichzeitiger Entscheidung über den Anschlußkonkurs ergibt sich eine Rangfolge der Ablehnungsgründe: § 16 A. 4. Konkursentscheidung von Amts wegen; auch in der Beschwerdeinstanz 2

Die Konkursentscheidung geschieht von Amts wegen. Dies gilt auch für die Beschwerdeinstanz. Das Beschwerdegericht kann die Eröffnung des Anschlußkonkurses selbst dann aussprechen, wenn der Schuldner mit seiner Beschwerde (§19 II) nicht die Eröffnung des abgelehnten Anschlußkonkurses, sondern lediglich mittelbar die Eröffnung des Vergleichsverfahrens erreichen will. Zum Anschlußkonkurs entfällt das Antragserfordernis, weil der Vergleichsantrag (§ 2) als bedingter Konkursantrag anzusehen ist. Dies war in der dem § 19 I entsprechenden Bestimmung des § 24 der Vergleichsordnung von 1927 ausdrücklich ausgesprochen (dazu Lucas Seite 79), gilt aber auch für unser Gesetz (Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 102 VglO, Verfasser KTS 1968 62).

„Zugleich" 3

Beide Entscheidungen müssen zugleich, d. h. nicht nur gleichzeitig, sondern in einem Beschluß- und Urkundsakt ergehen (vgl. Abs. 3, 4). Deshalb ist der Vergleichsrichter ohne Rücksicht auf die sonstige Geschäftsverteilung auch für die Entscheidung über den Anschlußkonkurs zuständig. Die Entscheidungen sind auch dann zugleich zu erlassen, wenn die Ablehnung des Vergleichsverfahrens eher spruchreif wird als die Konkursentscheidung. Solange die Ermittlungen hinsichtlich des Anschlußkonkurses (§ 75 K O ) noch nicht abgeschlossen sind, darf das Gericht auch nicht die Ablehnung des Vergleichsverfahrens aussprechen. Sollte dies gleichwohl geschehen, so würde der Lauf der Beschwerdefrist doch erst mit Zustellung oder Verkündung der Konkursentscheidung beginnen (str.; siehe § 16 A. 3). Angabe der Gründe

4

Der Beschluß des Vergleichsgerichts bedarf der Begründung, wenn dies auch im Gesetz nicht ausdrücklich vorgeschrieben worden ist. Gründe sind sowohl für die Ablehnung des Vergleichsverfahrens wie für die Konkursablehnung erforderlich. Anderenfalls ist das Beschwerdegericht nicht in der Lage, die Entscheidungen des Vergleichsgerichts sachgemäß würdigen zu können. Einen Anspruch auf Begründung hat auch der durch die Entscheidung des Vergleichsgerichts beschwerte Vergleichsschuldner. Hinsichtlich der Rangfolge der Gründe ist auf die Anm. 4 bei § 16 zu verweisen. II. Die Konkursentscheidung insbesondere Konkurseröffnung Absatz 4

5

Konkurseröffnung. Der Eröffnungsbeschluß soll den Konkurs als Anschlußkonkurs bezeichnen (§ 102 I). Der Konkurseröffnungsbeschluß wird, anders als in den Fällen der §§ 80 III 101, bereits mit der gemäß § 108 I K O anzugebenden Eröffnungsstunde wirksam, wie aus § 19 IV folgt (dazu RG, J W 1931 2162 und Lucas S. 80). Der Vergleichsschuldner kann daher nicht etwa dem Konkurseröffnungsbeschluß dadurch die Rechtsgrundlage entziehen, daß er nach dem Eröffnungszeitpunkt, aber vor der Zustellung, den Vergleichsantrag gemäß § 15 II zurücknimmt. Das ist bereits dann nicht mehr möglich, wenn der Konkurseröffnungsbeschluß aufgehört hat, eine rein 316

E n t s c h e i d u n g ü b e r die K o n k u r s e r ö f f n u n g

innere Angelegenheit des Gerichts zu sein (OLG Köln, KTS 1958, 13), mithin bereits dann, wenn dieser Beschluß von der Geschäftsstelle zur Mitteilung an die Empfänger in Ausgang gegeben wird (RGZ 156 390 und 160, 309). Mit dem nach § 108 I K O bestimmten Eröffnungszeitpunkt, der mit eben genannten Zeitpunkt meist übereinstimmt, beginnt die Funktion des gemäß § 110 I K O ernannten Konkursverwalters und endet zugleich das Amt des vorläufigen Verwalters ( § 1 9 IV). Mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses kommt eine Gebühr nach Kostenverzeichnis 1410 nicht in Betracht. — Die Gebühr für die Durchführung des Konkursverfahrens Kostenverzeichnis 1420 ermäßigt sich gemäß Kostenverzeichnis 1425 um die Gebühr nach Kostenverzeichnis 1401. Die Gebühren und Auslagen des vorläufigen Verwalters (§§ 11 II 43) — dazu oben Anm. 7 c zu § 11 — gehören zu den Massekosten (§ 105). Entsprechendes gilt für die Ansprüche der Mitglieder des etwa gebildeten vorläufigen Gläubigerbeirats aus § 45 II (vgl. dazu Anm. I, § 11). Mit der Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens ist für Anordnungen aus § 106 K O kein Raum mehr. Vor diesem Zeitpunkt konnten sie auf Grund eines nach § 46 ausgesetzten Gläubigerantrages ergehen (Uhlenbruck KTS 1967 21 mit weiteren Hinweisen). Etwa nach § 13 ergangene einstweilige Vollstreckungseinstellungen werden durch das gesetzliche Vollstreckungsverbot des § 14 K O abgelöst. Wohl aber können ausgeschlossene Gläubiger (§ 63 KO) in das konkursfreie Vermögen vollstrecken (AG Osnabrück, KTS 1965 182, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 63 K O , Kalter KTS 1978 6). Eine im Vergleichsantragsverfahren ergangene Verfügungsbeschränkung (§§ 12, 57, 59—65) gilt gemäß § 103 als zugunsten der Konkursgläubiger angeordnet. Diese Fiktion enthält eine Erweiterung und eine Beschränkung der im Vergleichsverfahren ergangenen Anordnungen. Erweitert wird der Kreis der geschützten Personen, denn die Konkursgläubiger waren nicht sämtlich auch Vergleichsgläubiger, wie aus §§ 25, 26 folgt. — Beschränkt aber ist die gegenständliche Wirksamkeit der genannten Anordnungen, denn diese kann sich nur auf das konkursbefangene Vermögen des früheren Vergleichsschuldners und nunmehrigen Gemeinschuldners beziehen (§§1, 2, 6, 117 KO), nicht aber auf konkursfreies Vermögen. Der Umfang der Konkursmasse wird durch § 103 nicht erweitert. Dies würde dem Stichtagsprinzip des Konkursrechts widersprechen (Jaeger-Weber Anm. 15 zu § 106 K O , Böhle-Stamschröder Anm. 1 zu § 103 VglO, abweichend LG Verden M D R 1965 585 und M D R 1966 62, Entscheidungen, die gegen das Stichtagsprinzip aus §§ 1 und 3 K O verstoßen. — Ablehnung des Anschlußkonkurses, Absatz 3 Der Beschluß muß den Grund der Ablehnung angeben. Möglich ist auch eine 6 Ablehnung mangels einer die Kosten eines Konkursverfahrens deckenden Masse (§ 107 KO). Dies ist, soweit es sich um das Vergleichsverfahren einer eingetragenen Genossenschaft handelt, auch möglich, wenn es sich um eine Genossenschaft handelt, bei der die Genossen keine Nachschüsse zu leisten haben (§ 6 Ziffer 3 GenG) — dazu Paulick M D R 1974 89, Schultz N J W 1974 161. — Soweit die Genossen zu Nachschüssen verpflichtet sind, greift § 105 GenG ein (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 7 zu § 107 K O mit weiteren Hinweisen). Die rechtskräftige Abweisung aus § 107 K O bildet für die nächsten fünf Jahre einen Ablehnungsgrund aus § 17 Nr. 4 VglO. — Wird die Eröffnung des Anschlußkonkurses abgelehnt, so endet das Vergleichsverfahren, über das zugleich zu entscheiden war (5 19 I), erst mit der Rechtskraft des ablehnenden Beschlusses. Daraus erklärt sich die Fortdauer des Amtes des vorläufigen Verwalters bis zu diesem Zeitpunkt (§ 19 IV). Bis dahin behält der vorläufige Verwal317

§ 19

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

ter seine gesetzlichen und ihm durch das Vergleichsgericht übertragenen Funktionen (§§ 11, 38 — 43 und 12, 57, 59—65). D a f ü r spricht z. B. auch die Fortdauer der gemäß § 12 getroffenen Anordnungen bis zur Rechtskraft (§ 19 III). Hinsichtlich der Fortdauer der aus § 13 ergangenen Anordnungen in diesem Falle wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anm. 17 b zu § 13 verwiesen. III. Die sofortige Beschwerde (Absatz 2) Beschwerderecht 7

Ein Beschwerderecht hat nur der Schuldner, nicht der vorläufige Verwalter, nicht die Gläubiger, selbst dann nicht, wenn sie einen Konkursantrag gestellt haben (§ 46). Mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses (§ 102) würde ein solcher Gläubigerantrag gegenstandslos. Wird die Eröffnung des Anschlußkonkurses abgelehnt, so endet die Konkurssperre und über den Gläubigerantrag ist noch zu entscheiden. Eine Eröffnung eines Konkursverfahrens ist sehr wohl entgegen der Ablehnung des Anschlußkonkurses möglich, so z. B., wenn sich der Gläubiger entschließt, gemäß § 107 II K O einen Massekostenvorschuß zu zahlen. Bei juristischen Personen und Vereinen ohne Rechtsfähigkeit sind die zur Antragstellung (§ 2) berechtigten Organe auch beschwerdeberechtigt. H a t nur ein Mitglied des Vorstandes eines rechtsfähigen Vereins den Vergleichsantrag gestellt, so ist beschwerdeberechtigt, soweit die Beschwerde an sich zulässig ist, auch das Vorstandsmitglied, das dem Antrag entgegengetreten war (LG Tübingen, KTS 1961 158). — Miterben steht die Beschwerde nur gemeinsam zu, wie aus § 113 Nr. 1 S. 3 folgt. Geltung des § 121 Abs. 2 und 3 VglO

8

Die mit Rücksicht auf den Grundsatz der Beschleunigung des Vergleichsverfahrens aus der Vergleichsordnung von 1927 (dort: § 14) übernommene Beschränkung der Beschwerde, Abkürzung der Beschwerdefrist und der Ausschluß einer weiteren Beschwerde (§ 121) gelten auch für die das Vergleichsverfahren abschließende Entscheidung über die Eröffnung des Anschlußkonkurses (ebenso Lucas Seite 53, BöhleStamschräder Anm. 2 zu § 19, Anm. 1 zu § 121 VglO, a. A. Weil ZZp 53, 263 f). Für den Ausschluß der weiteren Beschwerde (§ 121 III [§ 14 II S. 4 der Vergleichsordnung von 1927]) auch K G in J W 1931, 2162. Es wird auch nicht etwa mit der Rücknahme des Vergleichsantrags die weitere Beschwerde gegen den Beschluß über die Eröffnung des Anschlußkonkurses zulässig. Erfordert das Vergleichsgericht zur Eröffnung des Anschlußkonkurses gemäß § 19 I in Verbindung mit § 107 K O einen Kostenvorschuß, so kann diese Anordnung nicht etwa selbständig gemäß § 72 K O angefochten werden, sondern nur durch eine Beschwerde nach § 19 II gegen die Ablehnung der Eröffnung des Anschlußkonkurses. Hierbei kann einmal geltend gemacht werden, die Konkursmasse sei nicht unzulänglich im Sinne des § 107 K O , zum anderen aber auch, daß der Vorschuß inzwischen entrichtet worden ist (vgl. O L G H a m m , KTS 1966 51, Erkenntnis betr. ein normales Konkursverfahren). Richtung und Begründung der Beschwerde

9

Beschwerdefähig ist immer nur die Konkursentscheidung (S. 1). Der Schuldner braucht freilich seinen Angriff nicht auf die Konkursentscheidung als solche zu beschränken, also sich nicht bei der Ablehnung des Vergleichsverfahrens zu beruhigen, sondern kann mit der Beschwerde auch dessen Eröffnung erwirken (LG Oldenburg, JZ 1952 48, Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 19 VglO). Aber auch dann ist die Beschwerde 318

Entscheidung über die Konkurseröffnung

§ 19

gegen die Konkursentscheidung zu richten (S. 2). Und dies nicht nur, wenn Anschlußkonkurs eröffnet, sondern (gegen Heinze S. 28) auch, wenn seine Eröffnung abgelehnt ist. S. 2 ermöglicht auch dem Beschwerdegericht die Eröffnung des Anschlußkonkurses von Amts wegen (oben 2), falls nicht der Schuldner inzwischen seine Beschwerde und damit auch den Vergleichsantrag (§ 15 II) zurückgenommen hat. Das Verbot der reformatio in peius gilt also nicht. Schon deshalb ist es (gegen Heinze S. 30) ausgeschlossen, daß die Ablehnung des Vergleichsverfahrens und die des Anschlußkonkurses zu verschiedenen Zeitpunkten rechtskräftig werden könnten (siehe auch § 16 A. 3). Darum aber muß es dem Beschwerdeführer auch verstattet sein, die zunächst nur gegen die Konkursentscheidung als solche gerichtete Beschwerde bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts auf die Ablehnung des Vergleichsverfahrens zu erstrecken. — Richtet sich die Beschwerde gegen die Ablehnung des Vergleichsverfahrens, so kann der Schuldner auch neue Beweismittel (z. B. gegenüber den Ablehnungsgründen des § 18) vorbringen, ja sogar den Vorschlag ändern (§ 3 A. 15). Nachträgliche Beseitigung verschuldeter Pflichtverstöße (§ 17 Nr. 2, 7 bis 9) macht die Beschwerde nicht zur begründeten (Heinze S. 33). Nachbringen fehlender Antragserfordernisse (§ 17 Nr. 1) stützt die Beschwerde nur, wenn trotz Entschuldbarkeit des Mangels eine Frist nicht gesetzt oder die bewilligte zu kurz bemessen war (§10 A. 7) oder der Mangel dem Schuldner nicht zur Last gelegt werden kann (so § 17 Nr. 6). Soweit die Ablehnung von einer Beweiswürdigung abhängig war, können auch Verstöße gegen die Beweisgrundsätze gerügt werden.

Entscheidungen des Beschwerdegerichts Hält das Beschwerdegericht das Vergleichsverfahren oder den Anschlußkonkurs f ü r 1 0 geboten, so wird es zwecks Beschleunigung die Eröffnung selbst verfügen, sich hierbei aber auf die Angabe der Eröffnungstunde (§ 21 I; K O § 108 I) beschränken, dagegen die übrigen Anordnungen dem Amtsgericht überlassen (§20 I; K O § 110), dessen Geschäftsstelle auch die öffentliche Bekanntmachung bewirken muß (LG Würzburg, K u T 1929 109). Wohl aber muß das Beschwerdegericht, soweit sie nicht verkündet worden ist, die Zustellung seiner Entscheidung selbst bewirken, denn die durch das Vergleichsgericht wäre unwirksam (RGZ 125 310, Entscheidung im Rahmen des § 2 ZVG). — Hebt das Beschwerdegericht die Konkurseröffnung, wie sie vom Vergleichsgericht angeordnet war, auf, so entfallen zwar die unmittelbaren Konkursfolgen. Nicht aber werden dadurch Verwalterhandlungen und Rechtsgeschäfte, die von und gegen den Konkursverwalter vorgenommen worden sind, berührt. Sie bleiben wirksam ( B G H Z 30 175, Jaeger-Weber Anm. 4 zu § 109 KO). Eine vom Vermieter dem (vorübergehenden) Konkursverwalter gegenüber ausgesprochene Kündigung bleibt wirksam, selbst wenn das Vergleichsverfahren eröffnet wird (a. A. O L G München, J W 1931 2156). Haben der (vorübergehende) Konkursverwalter und der Vergleichsschuldner kollidierende rechtsgeschäftliche Verfügungen getroffen, so geht die des Verwalters und zwar ohne Rücksicht auf die zeitliche Reihenfolge vor, denn dieser war mit Rücksicht auf die Eröffnung des Anschlußkonkurses zur sofortigen Amtstätigkeit gezwungen (§117 KO) und der Verkehr muß sich auf die Verfügungsgewalt (§ 6 KO) im Vertrauen auf staatliche Anordnung verlassen können {Jaeger-Weber Anm. 4, Mentzel-Kubn Anm. 9, je zu § 109 K O , Böhle-Stamscbräder, Anm. 3 zu § 19 VglO). — Hinsichtlich des Fortwirkens von Sicherungsmaßnahmen (§ 12) ist auf die Anm. 10 und 13 dort, zur einstweiligen Einstellung von Zwangsvollstreckungen (§ 13) ist auf die Anm. 17 b dort zu verweisen. 319

§20

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

IV. Bekanntgabe (Absatz 5) Eröffnung des Anschlußkonkurses: 11

Alsbaldige Zustellung an Gemeinschuldner, dessen bekannte Gläubiger und Schuldner (§§111 III 77 KO) und den vorläufigen Vergleichsverwalter (S. 1). Öffentliche Bekanntmachung der Beschlußformel usw. gemäß § 111 I, II KO. Gleichzeitig ist auch der Name des Konkursverwalters ( § 8 1 1 KO) bekanntzumachen. Ablehnung beider Verfahren:

12

Zustellung (§ 118) an Schuldner und vorläufigen Verwalter, dem auch die entsprechenden Beschwerdebeschlüsse zuzustellen sind (S. 1). Nach Eintritt der Rechtskraft öffentliche Bekanntmachung; aber nur, wenn der Eingang des Antrags gemäß § 1 1 1 bekanntgemacht war (S. 2; Vogels II 2).

13

Zustellung des Beschlusses durch dieses selbst, der weiteren Anordnungen, die dem Vergleichsgericht zu überlassen sind (§ 20 und zwar Ernennung des Vergleichsverwalters, Vergleichstermin, Anmeldungsaufforderung an die Gläubiger), durch dieses. Für die öffentliche Bekanntmachung gilt § 22. Sie ist vom Vergleichsgericht zu bewirken (LG Würzburg, K u T 1929, 109).

Eröffnung des Vergleichsverfahrens durch das Beschwerdegericht:

(1) Wird das Vergleichsverfahren eröffnet, so ernennt das Gericht einen Vergleichsverwalter und bestimmt einen Termin zur Verhandlung über den Vergleichsvorschlag (Vergleichstermin). (2) Der Vergleichstermin ist nicht über einen Monat hinaus anzuberaumen. (3) Der Eröffnungsbeschluß hat zu enthalten: 1. Namen (Firma), Vornamen, Beschäftigung oder Geschäftszweig, Wohnung oder gewerbliche Niederlassung des Schuldners; 2. Namen und Anschrift des Vergleichsverwalters; 3. Ort und Zeit des Vergleichstermins; 4.

die Aufforderung an die Gläubiger, ihre Forderungen alsbald anzumelden. Materialien: Begr. I S. 22; II S. 61; III S. 390. Übersicht Rdn

I.

II.

320

E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s Eröffnungsbeschluß . . . Sein W e s e n D i e V o r s c h r i f t des A b s a t z 1 Zuständigkeit Vergleichsverwaker . . . . Vergleichstermin

Rdn. III. 2 IV. 3 4 5

Die Zeitgrenze f ü r den Vergleichstermin Die Monatsfrist V e r l e g u n g des T e r m i n s I n h a l t des E r ö f f n u n g s b e s c h l u s s e s Wesentlicher Inhalt Zweckmäßige Angaben

6 7 8 9

Inhalt des Eröffnungsbeschlusses

§20

I. Eröffnung des Verfahrens Eröffnungsbeschluß Das Vergleichsverfahren selbst wird im unmittelbaren Anschluß an das „Vergleichs- 1 antragsverfahren", auch „Vergleichsvorverfahren" genannt, erst anhängig durch den Eröffnungsbeschluß des Vergleichsgerichts. Dieser Beschluß hat einen gesetzlichen Mindestinhalt. Er wird an sich wirksam in dem Augenblick, in dem er aufhört, eine innere Angelegenheit des Gerichts zu sein (OLG Köln, KTS 1958 13, LArbG BadenWürttemberg BB 1977 1704, Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 108 KO). Das ist der Fall, wenn der Beschluß zur Mitteilung an die Empfänger von der Geschäftsstelle ausgegeben wird. Bis zu diesem Augenblick kann das Vergleichsgericht den bereits unterzeichneten Beschluß noch ändern, auch aufheben. Danach nicht mehr. Von dem Wirksamwerden des Beschlusses ist der Beginn des Verfahrens zu unterscheiden, wie er durch § 21 festgelegt ist. Der Eröffnungsbeschluß ist unanfechtbar (§ 121 I) und bedarf keiner Begründung. Er ist gemäß § 22 sofort öffentlich bekanntzumachen. Die Eröffnung nach §§ 16, 20 VglO ist auch maßgebend für die Bestimmungen der §§ 26, 36 VglO und nicht etwa die Bestellung eines vorläufigen Vergleichsverwalters nach § 11 VglO ( B G H Z 50 292 = BB 1968 840 = K T S 1968 241 = N J W 1968 2106). Auch unter den Begriff „Eröffnung des Vergleichsverfahrens" in Art. 43 Abs. 2 Nr. 2 W G fallen nicht die vorläufigen Maßnahmen nach §§11, 12 VglO, sondern der Eröffnungsbeschluß des § 20 V g l O (BGH, K T S 1975 37 = M D R 1974 999 = W M 1974 830). Sein Wesen Seinem Wesen nach ist der Eröffnungsbeschluß nicht nur Gestaltungsakt und ver- 2 fahrensleitende Anordnung, sondern zugleich Entscheidung. Einer materiellen Rechtskraft ist der Beschluß ebensowenig fähig wie der Konkurseröffnungsbeschluß (vgl. ]aeger- Weber Anm. 4 zu § 74 KO). Da das Vergleichsverfahren durch rechtsgestaltenden Staatsakt eröffnet wird, kann seine Rechtswirksamkeit nicht etwa im Klagewege bemängelt werden ( R G Z 129 390 und R G in J W 1933 1123). Fehlte ein Konkursgrund, so kann dies zur Einstellung des Verfahrens nach § 100 Nr. 1 führen. Diese Möglichkeit entfällt, wenn inzwischen ein Konkursgrund eingetreten oder der von den Gläubigern angenommene Vergleich bestätigt worden ist (§ 78). Der Eröffnungsbeschluß hat keine feststellende Wirkung hinsichtlich der Frage, ob er zu Recht erlassen ist. Die in ihm enthaltene Bejahung des Konkursgrundes bindet den Prozeßrichter nicht, so z. B. wenn dieser über einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Antragspflicht (vgl. hierzu Anm. 33 bis 37 zu § 2) zu entscheiden hat. II. Die Vorschrift des Absatz 1 Zuständigkeit Nach § 19 Abs. 1 RpflG ist das Vergleichantragsverfahren (Vorverfahren) bis zur 3 Entscheidung über den Eröffnungsantrag unter Einschluß dieser Entscheidung, also der nach §§ 16, 20 VglO), und der Ernennung des Vergleichsverwalters (§ 38 VglO) dem Richter vorbehalten. a) Behält sich der Richter nicht das mit dem Eröffnungsbeschluß beginnende eigentliche „Vergleichsverfahren" vor (§ 19 Abs. 3 VglO), so ist nunmehr — und zwar auch für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach § 69 Abs. 2 V g l O — der Rechtspfleger zuständig. Die Bestimmung des § 19 RpflG hat zu keiner Änderung der Vergleichsordnung geführt, insbesondere ist der Inhaltszwang des § 20 V g l O nicht 321

§20

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

aufgehoben worden. Der Eröffnungsbeschluß muß mithin auch „Ort und Zeit des Vergleichstermins" ergeben. Doch wird der Vergleichsrichter den Termin (§ 66 VglO) nur im Einvernehmen mit dem Rechtspfleger bestimmen oder aber jenem die Einrückung des Termins überlassen (vgl. Schräder-Uhlenbruck-Delhaes Rdn. 814, abweichend hier: Amold-Meyer/Stolte Anm. 2 zu § 19 RpflG). b) Für die Ausübung des Vorbehalts nach § 19 Abs. 3 RpflG ist eine bestimmte Form im Gesetz nicht vorgeschrieben. Im Hinblick auf die sich aus der Ausübung des Vorbehalts ergebenden Rechtsfolgen (z. B. Rechtsmittel nunmehr unmittelbar sofortige Beschwerde ohne vorgeschaltete befristete Erinnerung) ist jedoch der Vorbehalt aktenkundig zu machen (vgl. B G H Z 50 25 = K T S 1968 245 = N J W 1968 1675, ein Erkenntnis zwar noch ergangen zur Einzelübertragung nach dem RpflG von 1957, jedoch im Grunde weiter zutreffend). c) Der Vorbehalt ist auszuüben, wenn und insoweit der Vergleichsrichter dies für erforderlich hält. Zu entscheiden ist nach pflichtgemäßem Ermessen. Notwendig kann die Ausübung des Vorbehalts z. B. sein im Hinblick auf die Bedeutung des Vergleichsverfahrens als ein Großverfahren. Aber auch aus zu erwartenden rechtlichen Schwierigkeiten kann es der Richter für erforderlich halten, von seinem Recht aus § 19 Abs. 3 RpflG Gebrauch zu machen, sei es, daß er den Vorbehalt allgemein ausspricht oder in bezug auf bestimmte zu treffende Sonderentscheidungen, wie etwa die Erteilung von Ermächtigungen nach § 50 VglO (vgl. dazu Habscheid N J W 1971 1689 und Rdn. 45 ff zu § 50 VglO). d) Der Vergleichsrichter kann sich in Großverfahren auch darauf beschränken, allein die Wahrnehmung des Vergleichstermins (§ 66 VglO) sich vorzubehalten (§19 Abs. 3 S. 1 VglO), da zu erwarten steht, daß Stimmrechtsentscheidungen zu treffen sind (§71 Abs. 2 VglO), die bei der H ö h e der Forderungen von weittragender Bedeutung sein können und darüber hinaus dabei nicht einfach liegende Rechtsfragen zu beurteilen sein werden. Nicht aber darf dieser Vorbehalt ausgeübt werden, um im Hinblick auf die Beschränkung der Rechtsfolgen von Stimmrechtsentscheidungen des Rechtspflegers (vgl. § 19 Abs. 4 RpflG) einer möglichen späteren Anrufung des Gerichts aus § 97 Abs. 1 VglO von vornherein entgegenzuwirken. e) Liegen die Umstände, die Grundlage für die Ausübung des Vorbehalts nach § 19 Abs. 3 S. 1 RpflG waren, nicht mehr vor, so kann der Richter das Verfahren dem Rechtspfleger übertragen (§ 19 Abs. 3 S. 2 RpflG). Doch kann der Richter — auch auf entsprechende Anregung hin — die Ubertragungsanordnung wieder aufheben und das Verfahren wieder an sich ziehen, wenn und solange er dies für erforderlich hält (§ 19 Abs. 3 S. 3 RpflG). Anlaß dazu ein Vergleichsverfahren wieder an sich zu ziehen, kann sein, daß zu erwarten steht, beim nach § 96 V g l O fortgesetzten Vergleichsverfahren werde alsbald von Amts wegen über die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens zu entscheiden sein, wenn zugleich Gläubigeranträge aus §§ 103, 105 K O zu bescheiden sind. Mit dieser Maßnahme des Vergleichsrichters wird vermieden, daß die Entscheidung über die Eröffnung des Konkurses in zwei Händen liegt. Denn an sich hat der Rechtspfleger die Entscheidung aus §§96, 102 V g l O zu treffen, während der Richter für die Entscheidung auf Gläubigeranträge (§§ 103, 105 KO) funktionell zuständig ist (vgl. Mohrbutter-Drischler N J W 1971 362, Mentzel-Kuhn Anm. 5 zu § 102 KO). Vergleichsverwalter Schrifttum 4

Horst Papke „Das Bild des Vergleichsverwalters" in der Festschrift f ü r Ernst Knorr 1968, 1 ff, Alexander Völker „Die Stellung des Vergleichsverwalters und die Rechtsnatur seines Amtes" Diss. Tübingen 1972, Künne DB 1978 730. —

322

Inhalt des Eröffnungsbeschlusses

§20

Ein Vergleichsverwalter ist mit der Eröffnung des Verfahrens in jedem Falle zu ernennen. In der Regel wird der vorläufige Verwalter (§11) zum Vergleichsverwalter ernannt. Diese Bestellung ist eine endgültige, denn anders als im Konkurs (§§ 78, 80 KO) sieht die Vergleichsordnung ein Wahlrecht der Gläubiger (zu diesem vgl. Berges KTS 1960 3 f) nicht vor. Die Ernennung mehrerer Vergleichsverwalter ist, wenn auch die Vergleichsordnung keine dem § 79 K O entsprechende Vorschrift kennt, zulässig (.Bohnenberg N J W 1955 129, Künne KTS 1955 31). Für diese Zulässigkeit spricht, daß nach § 92 I mehrere Sachwalter bestellt werden können. Werden mehrere Vergleichsverwalter ernannt, so ist es in der Regel erforderlich, die Aufgaben der einzelnen Verwalter gegeneinander abzugrenzen. Das kann nach örtlichen Bereichen oder nach Sachgebieten geschehen (zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 20 VglO). Der Vergleichsverwalter erhält (im Gegensatz zu § 81 II S. 1 KO) keine besondere Bestallung. Er weist sich durch eine Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses aus. Hinsichtlich der Auswahl wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das oben Rdn. 5 zu § 11 VglO Ausgeführte verwiesen. Das Amt des Vergleichsverwalters beginnt mit der Übernahme. Zu dieser besteht keine rechtliche Verpflichtung, auch nicht eine solche des vorläufigen Verwalters. Ist das Amt angenommen, so kann es nicht mehr selbständig niedergelegt werden. Wohl kann der Vergleichsverwalter beantragen, ihn seines Amtes zu entlassen (§41 II). Der Vergleichsverwalter hat die ihm durch das Gesetz zugewiesenen Rechte und Pflichten ( S S 39, 40, 57, 66, 68, 71). Er untersteht der Aufsicht des Vergleichsgerichts (§ 41), ist für die Erfüllung seiner Pflichten allen Beteiligten verantwortlich (S 42) und hat Anspruch auf Vergütung und Ersatz seiner Auslagen (S 43). Einzelheiten sind der Kommentierung zu diesen und weiteren Bestimmungen vorzubehalten. Der Vergleichsverwalter hat im Gegensatz zum Konkursverwalter (siehe S 6 KO) keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Dies auch dann nicht, wenn Verfügungsbeschränkungen nach SS 58 ff angeordnet worden sind. Ihm steht innerhalb des auf staatlich kontrollierter Selbstverwaltung beruhenden Verfahrens eine amtsähnliche Stellung zu (Böhle-Stamschräder KTS 1959 47, Lorenz M D R 1962 704). Der Vergleichsverwalter ist, wie auch der vorläufige Verwalter, nicht Vertreter der Gläubiger (BGH, W M 1966 281 = KTS 1966 46, hier gekürzt). Wenn der Verwalter in einzelnen Funktionen, so z. B. mit Übernahme der Kassenführung (S§ 12, 57 II) als gesetzlicher Vertreter des Vergleichsschuldners handelt (OLG Nürnberg, KTS 1965 172), so steht dies seiner amtsähnlichen Stellung im übrigen nicht entgegen. Der Hauptaufgabenbereich des Verwalters liegt in seiner Prüfungs- und Überwachungstätigkeit (BGH, KTS 1957 87). Den Vergleichsverwalter trifft keine allgemeine Belehrungspflicht, weder dem Vergleichsschuldner gegenüber, noch den Gläubigern gegenüber (BGH, KTS 1963 170/ 172 = DB 1963 1320 = BB 1963 996 = VersR 1963 957). Er ist „Helfer des Vergleichsrichters" (Vergleichsrechtspflegers) und hat insbesondere dafür zu sorgen, daß „nur angemessene, ehrliche und ausführbare Vergleiche bestätigt werden" (BGH aaO). Mag der Vergleichsverwalter für die Erfüllung seiner Rechte und Pflichten, die sich insbesondere aus §§ 11, 38 bis 43 V g l O ergeben, allen Beteiligten (zu diesem Begriff: B G H Z 67 223 = KTS 1977 106) z. B. auch einem Sicherungsgeber (vgl. R G Z 74 258/ 262) verantwortlich sein (§ 42 VglO), so obliegt ihm doch nicht kraft Gesetzes eine Beratungspflicht (vgl. B G H BB 1966 229 = KTS 1966 46/47). — Diese rechtliche Umgrenzung der Stellung des Vergleichsverwalters aber schließt nicht aus, daß er in der täglichen Praxis vor allem bei Großbetrieben darüber hinaus eine Verantwortung übernimmt, die weit darüber hinausgeht, wie das sehr anschaulich 323

§20

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

von Ernst Knorr K T S 1970 69 bis 71, geschildert worden ist. Soweit dabei der Vergleichsverwalter im Interesse der Fortführung des Unternehmens Lieferanten gegenüber gewisse Erklärungen abgibt, aus denen diese entnehmen können, der Verwalter werde bei einer Lieferung von Waren auf Kredit für die Bezahlung mit Sorge tragen, ist das nicht ohne Gefahr für den Verwalter (vgl. Ernst Knorr aaO). Um den Vergleichsverwalter (gleiches gilt für den vorläufigen Verwalter, § 11 VglO) im Rahmen des Möglichen Schutz zu gewähren, ist ihm im Falle des Konkurses (Anschlußkonkurses) ein „Einbehaltungsrecht" einzuräumen, um Gläubiger von Neulieferungen, die bis zur Beendigung des Verwalteramtes nicht mehr befriedigt werden konnten, kraft dieses Rechtes aus der Verwertung von noch freien Vermögensgegenständen zur Vermeidung einer Haftung nach § 42 VglO noch befriedigen zu können (vgl. MentzelKuhn Rdn. 13 zu § 23 KO, Verfasser Kölner Festschrift 1977 S. 302 ff). Vergleichstermin 5

Der Vergleichstermin (§ 66) ist im Vergleichsverfahren der einzige zwingend vorgeschriebene Termin. Das Konkursverfahren kennt demgegenüber den Termin der ersten Gläubigerversammlung (§§110 I 80, 87 II 129, 131, 132, 134, 135, 137 K O ) , den Prüfungstermin (§§ 141 ff K O ) und den Schlußtermin (§ 162 K O ) und, wenn ein Zwangsvergleich zugelassen wird, den Vergleichstermin (§ 179 KO). Eine Verbindung von Terminen im Konkurs ist nach näherer Maßgabe der §§110 II, 180 K O zulässig. In dem mit der Eröffnung eines Vergleichsverfahrens gemäß § 20 I, II zu bestimmenden „Vergleichstermin" (§ 66) kann eine den Erfordernissen dieses Verfahrens entsprechende Verbindung von Prüfungs- und Abstimmungstermin gesehen werden. Er ist aber darüber hinaus auch Gläubigerversammlung, zu der auch die nicht beteiligten Gläubiger erscheinen können und auf ihren Antrag zu hören sind. — Das Vergleichsgericht kann — und zwar auch gleichzeitig mit der Eröffnung des Verfahrens — gemäß § 116 S. 2 eine vorgängige Gläubigerversammlung berufen. Sie dient in erster Linie der Aufklärung über die geschäftlichen Verhältnisse und die Aussichten einer Vergleichserfüllung (§ 18 Nr. 4), wird mithin vorwiegend im Vergleichsantragsverfahren (§§ 11 f) bedeutsam sein. — Die Gläubigerversammlungen stehen nicht unter dem Gebot der Öffentlichkeit, denn es wird nicht vor einem „erkennenden" Gericht im Sinne des § 169 G V G verhandelt. Der Zutritt kann Nichtbeteiligten (z. B. Pressevertreter, Familienangehörigen des Vergleichsschuldners, Gläubigerschutzverbänden) nach Maßgabe des § 175 II G V G gestattet werden. Gläubiger, die Nichtvergleichsgläubiger sind, haben bereits nach § 66 II das Recht des Erscheinens und Anspruch auf Gehör. Der Vergleichsschuldner und der Vergleichsverwalter müssen zu dem Vergleichstermin erscheinen (§ 68 I). Der Schuldner kann sich vertreten lassen, wenn er glaubhaft macht, daß ihn wichtige Gründe am Erscheinen verhindern (§ 68 II). Der Verwalter kann seine Aufgaben nur persönlich ausüben. Ohne seine Anwesenheit kann der Vergleichstermin nicht stattfinden. Bei Abwesenheit des Verwalters ist der Termin von Amts wegen zu vertagen (§ 115 in Verbindung mit § 227 ZPO). III. Die Zeitgrenze für den Vergleichstermin (Absatz 2) Die Monatsfrist

6

Die Monatsfrist, die nur die Höchstgrenze bilden soll, rechnet erst von der voraussichtlichen Bewirkung der öffentlichen Bekanntmachung ( § 1 1 9 II 2) an, die Frist ist nach § 222 Z P O (§§ 187 f BGB) zu berechnen. — Nun ist zwar § 20 II eine Mußvorschrift, doch macht ein Verstoß die Terminsanberaumung nicht etwa unwirksam. Es liegt in einem Verstoß gegen § 20 II auch nicht etwa ein Einstellungs- oder Versa324

Inhalt des Eröffnungsbeschlusses

§20

gungsgrund, denn keine der Bestimmungen der §§ 100 I, 79 sieht das vor. D e r Verstoß kann auch keine Amtshaftung begründen, wenn er auch Amtspflichtverletzung ist. Aber auch eine solche kann nicht vorliegen, wenn die Verhältnisse dazu zwingen, den Termin über einen Monat hinaus anzuberaumen. Dies ist in der Praxis nicht selten unvermeidbar, denn nicht immer steht dem Vergleichsgericht innerhalb der Frist des § 20 II ein geeigneter R a u m für den Vergleichstermin zur V e r f ü g u n g (vgl. den Bericht von Künne K T S 1975 178, 180). Gewiß ist das Gericht hier nicht auf Verhandlungsräume angewiesen, welche die Justizverwaltung zur V e r f ü g u n g stellen kann. Termine werden zwar an Gerichtsstelle abgehalten ( § 2 1 9 Z P O ) , allein das Gericht trifft auch die Pflicht dafür zu sorgen, daß den Vergleichsgläubigern (§ 25) und auch den nicht beteiligten Gläubigern (§ 66 II) eine Teilnahme möglich ist. In Großverfahren wird dies nicht selten nur dann möglich sein, wenn ein größerer Saal angemietet oder anderweit (Fabrikhalle des Schuldnerunternehmens, Stadthalle usw.) zur V e r f ü g u n g steht. T r i f f t das Gericht hier nicht die erforderlichen Maßnahmen, so besteht die Gefahr, daß bei einem Massenandrang von Gläubigern nicht ordnungsgemäß über den Vergleichsvorschlag abgestimmt werden kann (§§ 74 f). Die hieraus für das Schuldnerunternehmen möglicherweise entstehenden Folgen sind meist weit schwerwiegender als die einer unvermeidlichen Überschreitung der Frist des § 20 II. — Für die durch die Anmietung eines geeigneten Verhandlungsraumes, Beheizung, Beleuchtung, Lautsprecheranlage entstehenden Aufwandskosten kann ein Vorschuß gemäß § 68 G K G angefordert werden. In seinen Vorschlägen zur Reform der Vergleichsordnung hat Künne D B 1978 730 f eine N e u f a s s u n g des § 20 V g l O erarbeitet, die es erlaubt, bei der Terminsbestimmung den wirtschaftlichen Gegebenheiten zu entsprechen. Verlegung des Termins D a s Gericht kann aus erheblichen Gründen, auf Antrag oder von Amts wegen den 7 Vergleichstermin durch einen mit Gründen zu versehenden Beschluß verlegen (§ 115; Z P O § 227). In die ursprüngliche Monatsfrist braucht der verlegte Termin nicht zu fallen, denn der Vergleichstermin kann auch später noch von Amts wegen, nicht nur unter den Voraussetzungen des § 77 vertagt werden (a. A. Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 20 V g l O , der jedoch auch zugeben muß, daß sich die Frist des § 20 II bei größeren Unternehmungen und schwierigen Vergleichsverhandlungen wiederholt als zu kurz erwiesen hat). D e r neue Termin ist öffentlich bekanntzumachen (§ 20 III Nr. 3 in Verbindung mit § 22 I). D e r Verlegungsbeschluß ist mit Gründen den in § 22 II Bezeichneten mit der Ladung zuzustellen. IV. Inhalt des Eröffnungsbeschlusses Wesentlicher Inhalt Angabe des Gerichts sowie des T a g s und der Stunde der E r ö f f n u n g ; die E r ö f f - 8 nungsanordnung, die dahin zu lauten hat, daß das Vergleichsverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird (§§ 3 II Nr. 2; 17 N r . 4). Beschränkt sich das Verfahren auf ein Sondervermögen, so ist dieses als solches zu bezeichnen (Eheliches Güterrecht: § 2 A. 50 ff). D e r Schuldner ist dabei nicht nur mit V o r - und Zunamen, sondern auch mit Anschrift sowie Beschäftigung oder Geschäftszweig anzugeben (Nr. 1). Beim Einzelkaufmann ist sowohl der bürgerliche N a m e als auch die Firma anzugeben. Beim Nachlaß genügt Angabe des Erblassers, beim Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) die beider Ehegatten. Unrichtige N a m e n s a n g a b e bei Identität des Schuldners ist unschädlich, aber von Amts wegen zu berichtigen (§ 115; 325

§ 21

II. Abschnitt: Eröffnung des Verfahrens

ZPO § 319). Bei Verwechslungsgefahr bedarf es alsbaldiger Bekanntgabe des Berichtigungsbeschlusses (entspr. § 22 I) und der Zustellung an die bekannten Gläubiger (§ 118). Name und Anschrift — sinngemäß auch Beruf — VergleichsverwalteiA (Nr. 2). Ort und Zeit des Vergleichstermins (Nr. 3). Dazu gehört die genaue Bezeichnung des Sitzungsraumes (zu diesem Einzelheiten oben Anm. 6). Die Aufforderung an die Gläubiger zur alsbaldigen (nicht aber etwa befristeten) Anmeldung. Die einlaufenden Anmeldungen dienen der Berichtigung des Gläubigerverzeichnisses (§§ 6, 67 III). Zweckmäßig sind die Gläubiger aufzufordern, ihre Ansprüche in der Form und Art anzumelden, wie dies § 67 I und II vorsieht. Das dort genannte zweite Stück der Anmeldung ist für den Vergleichsverwalter bestimmt.

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Zweckmäßige Angaben Ein weiterer möglicher Inhalt des Eröffnungsbeschlusses kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben: so wegen der Einberufung einer vorhergehenden Gläubigerversammlung (§ 116 S. 2), mit Rücksicht auf die Bestellung eines Gläubigerbeirats (§ 44) und wegen eines Veräußerungsverbots, sei es, daß ein früher erlassenes aufgehoben (§ 24) oder ein neues erlassen wird (§ 58 II). Schließlich kann es aus besonderen Gründen ratsam sein, die nicht beteiligten Gläubiger auf ihre Rechte aus § 66 II hinzuweisen.

§21 Zeitpunkt der Eröffnung (1) In dem Beschlüsse, durch den das Vergleichsverfahren eröffnet wird, ist die Stunde der Eröffnung anzugeben. (2) Ist dies versäumt worden, so gilt als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages, an dem der Beschluß erlassen worden ist. Materialien: Begr. I S. 22; II S. 61 ff; III S. 390. Übersicht Zweck der Vorschrift Eröffnungsstunde

1

Rdn. 1 2

Maßgeblicher E r ö f f n u n g s z e i t p u n k t

Rdn. 3

Zweck der Vorschrift Zweck der Vorschrift ist, den Beginn des (eigentlichen) Vergleichsverfahrens genau, allgemeingültig und von vornherein für jedermann ersichtlich festzulegen. Der Beginn des eröffneten Verfahrens ist maßgebend für die Frage des Beteiligtseins (§§ 25 I, 36, 50 f) als Gläubiger und bei gegenseitigen Verträgen, für den Eintritt der gesetzlichen Vollstreckungssperre (§§ 47, 48 II), für die Hemmung der Verjährung von Ansprüchen der beteiligten Gläubiger (§ 55), für die Anwendbarkeit der Aufrechnungsvorschriften (§ 54), schließlich im Anschlußkonkurs für die Erstreckung gewisser Fristen (§ 107 II).

Eröffnungsstunde 2 Unter „Eröffnung des Verfahrens" ist — wie auch im Konkursverfahren — der Zeitpunkt der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses durch den Richter zu verste326

Bekanntgabe des Eröffnungsbeschlusses

§ 22

hen ( B G H Z 50 242 = KTS 1968 241/243 = BB 1968 890 = N J W 1968 2106, Erkenntnis bestätigt durch die weitere Entscheidung B G H , KTS 1975 37). — Wirksam aber wird dieser Beschluß erst in dem Augenblick, in welchem er aufhört, ein innerer Vorgang des Gerichts zu sein, mithin dann, wenn er von der Geschäftsstelle in den Ausgang gegeben wird (OLG Köln, K T S 1958 13 mit weiteren Hinweisen). Der Beginn des Vergleichsverfahrens datiert aber von der in den Beschluß aufzunehmenden Eröffnungsstunde ab (§21 I). Bis zum Wirksamwerden kann der Beschluß noch geändert werden, mithin auch hinsichtlich der in ihm angegebenen Eröffnungsstunde. Ist der Beschluß wirksam geworden, so kann ein etwaiger Fehler in der Zeitangabe nur noch durch einen Beschluß gemäß § 3 1 9 Z P O berichtigt werden. Ein Rechtsmittel bei unrichtiger Zeitangabe im Eröffnungsbeschluß (§21 I) und gegen einen etwaigen Berichtigungsbeschluß ist nicht gegeben, wie aus § 121 I folgt. Wird das Vergleichsverfahren durch das Beschwerdegericht eröffnet (§ 19 II, dazu siehe oben Anm. 10 zu § 19), so hat dieses die Stunde der Eröffnung in seiner Entscheidung anzugeben. Maßgeblicher Eröffnungszeitpunkt Maßgeblicher Eröffnungszeitpunkt ist der im Beschluß angegebene. Dies auf die 3 vollendete Viertelstunde (Jaeger-Weber Anm. 1 zu § 108 KO). Fehlt die Angabe des Eröffnungszeitpunktes im Beschluß, so gilt die unwiderlegbare Rechtsvermutung des § 21 II, mithin die Mittagsstunde (12 Uhr). Dieser Zeitpunkt ist auch maßgebend, wenn das Beschwerdegericht ohne Zeitangabe das Vergleichsverfahren eröffnet hat (§ 19 II). Nicht etwa kann das Vergleichsgericht, dem weitere Anordnungen, wie die Ernennung des Vergleichsverwalters, die Bestimmung des Vergleichstermins und die Aufforderung an die Gläubiger zur Forderungsanmeldung überlassen worden sind (zur Bekanntmachung vgl. LG Würzburg, K u T 1929, 109), die Eröffnungsstunde einfügen, wie denn überhaupt eine nachträgliche Beifügung der Zeitangabe schlechthin unzulässig ist.

(1) Die Geschäftsstelle hat den Eröffnungsbeschluß sofort öffentlich bekanntzumachen. (2) Der Schuldner, die aus dem Gläubigerverzeichnis ersichtlichen Vergleichsgläubiger sowie der Vergleichsverwalter sind unter Mitteilung des Eröffnungsbeschlusses und des Vergleichsvorschlags zu dem Vergleichstermin durch besondere Zustellung zu laden. (3) In der öffentlichen Bekanntmachung und in der Ladung der Gläubiger ist darauf hinzuweisen, daß der Eröffnungsantrag mit seinen Anlagen und das Ergebnis der etwaigen Ermittlungen bei dem Gericht eingesehen werden kann. Materialien: Begr. I S. 22. Ber. S. 33, 47. Begr. II S. 61; III S. 390.

Übersicht Rdn. Öffentliche Bekanntmachung L a d u n g z u m Vergleichstermin

Hinweis nach Absatz 3

Rdn. 3

2 327

§23

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

Öffentliche Bekanntmachung 1

Die öffentliche Bekanntmachung ist sofort, d. h. alsbald nach Ubergabe des unterschriebenen Beschlusses, vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu veranlassen, und zwar (abgesehen von weiteren Bekanntmachungen: § 119 III Hs. 2) ohne richterliche Anordnung. Die Einrückung kann auszugsweise geschehen (§ 119 II 1, III Halbs. 1), muß aber jedenfalls die im § 20 III aufgeführten Angaben sowie den Hinweis auf die Befugnis zur Einsichtnahme in den Eröffnungsantrag sowie Anlagen und die Ermittlungsergebnisse (Absatz 3) enthalten. Die Akteneinsicht kann Gläubigern gegenüber beschränkt werden, soweit es sich um Aktenstücke handelt, deren Kenntnis für sie ohne Bedeutung ist oder deren Geheimhaltung nach Angabe des Vergleichsschuldners für die Fortführung seines Unternehmens erforderlich ist (§ 120 II). Ladung zum Vergleichstermin

2

Die Ladung zum Vergleichstermin (Absatz 2) hat unter Beifügung einer zwar nicht der Ausfertigung oder Beglaubigung bedürfenden (§118 A. 3), aber vollständigen Abschrift des Eröffnungsbeschlusses und des Vergleichsvorschlags zu geschehen; bei Ladungen der Gläubiger ist außerdem auf die Befugnis zur Einsichtnahme in die nach Absatz 3 aufzuführenden Aktenteile hinzuweisen. Zu laden ist auch der Vergleichsverwalter. Ist er mit dem vorläufigen Verwalter nicht identisch, so ist diesem außerdem der Eröffnungsbeschluß zuzustellen (§ 19 V 1). Die Ladung hat durch Zustellung, nicht durch bloß formlose Mitteilung zu geschehen, kann aber durch mündliche Bekanntgabe des Termins an Gerichtsstelle unter gleichzeitiger Aushändigung der Abschriften ersetzt werden (§ 115 in Verbindung mit § 497 II Z P O ) . Ist ein Gläubigerbeirat bestellt (§ 44), dem auch Nichtvergleichsgläubiger angehören können, so sind seine Mitglieder besonders zu laden. Entsprechendes gilt für Vergleichsgaranten. Die Ladung der nicht beteiligten Gläubiger ist zwar nicht vorgeschrieben, ihre Benachrichtigung jedoch allein mit Rücksicht auf ihre Rechte aus § 66 II ratsam. — In Vergleichsverfahren mit einer größeren Anzahl von Gläubigern kann es zur Erleichterung des Schriftverkehrs wünschenswert sein, zugleich mit den vom Vergleichsgericht zuzustellenden Schriftstücken weitere Schreiben (z. B. ein Rundschreiben des Vergleichsverwalters), auch ein übersichtlich angelegtes Formular für Zustimmung oder Ablehnung zum Vergleichsvorschlag den Gläubigern zuzuleiten. Hiergeben bestehen dann keine Bedenken, wenn der unterschiedliche Charakter der Schriftstücke für die Empfänger klar ersichtlich ist. Hinweis nach Absatz 3

3

Der Hinweis nach Absatz 3 hat rechtspsychologische Gründe. Auch für die Einsicht in die bezeichneten Aktenteile gilt ausschließlich § 120. Die Versendung dieser Aktenteile, vor allem an das Beschwerdegericht, ist durch Absatz 3 nicht gehindert.

§23 Vermerk im Handelsregister (1) Die Geschäftsstelle teilt, wenn der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist, eine Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses der für die Führung des Handesregisters zuständigen Behörde mit. 32«

Vermerk im Handelsregister

§ 23

(2) Die Registerbehörde trägt die Eröffnung des Vergleichsverfahrens von Amts wegen in das Handelsregister ein. Eine öffentliche Bekanntmachung der Eintragung findet nicht statt. Die Vorschriften des § 15 des Handelsgesetzbuchs bleiben außer Anwendung. Materialien: Begr. II S. 62; III S. 390. Übersicht Rdn. I.

II.

Mitteilung des E r ö f f n u n g s b e s c h l u s s e s an die z u s t ä n d i g e R e g i s t e r b e h ö r d e d u r c h die G e s c h ä f t s s t e l l e Registereintrag

I 2

T a t s a c h e und S t u n d e d e r E r ö f f n u n g . . . . E i n t r a g ist nicht F i r m e n b e s t a n d t e i l U n a n w e n d b a r k e i t des § 15 H G B L ö s c h u n g des E i n t r a g s

Rdn. 3 4 5 6

I. Mitteilung des Eröffnungsbeschlusses An die zuständige Registerbehörde An die gemäß Abs. 1, §§ 108 1 2 , 111 Nr. 4 zuständige Registerbehörde, d. h. zum 1 Handels-, Vereins- oder Genossenschaftsregister, bei dem der Schuldner als Einzelkaufmann oder Handelsgesellschaft, als Verein oder Genossenschaft eingetragen ist. Mitteilung an Vollstreckungsgericht, Gerichtsvollzieher und Grundbuchamt ist nicht vorgeschrieben, aber wegen der Vollstreckungssperre zu empfehlen. Durch die Geschäftsstelle Durch die Geschäftsstelle, und zwar entspr. § 22 I alsbald und ohne richterliche 2 Weisung. Mitteilung ist die nicht an förmliche Zustellung gebundene amtliche Anzeige. Mitzuteilen ist eine Ausfertigung, d. h. eine als solche zu bezeichnende, vom Urkundsbeamten zu unterschreibende und mit dem Gerichtssiegel zu versehende wortgetreue Reinschrift des Eröffnungsbeschlusses (vgl. §§317 III, 329 II, 299 I Z P O ) . Als Eintragsgrundlage ist die Mitteilung auch erforderlich, wenn Vergleichsgericht und Registergericht zusammenfallen.

II. Registereintrag Tatsache und Stunde der Eröffnung Einzutragen sind nur die Tatsache und die Stunde der Eröffnung. Einträge erfolgen 3 von Amts wegen, zum Handelsregister auch bei etwaigen Zweigniederlassungen (arg. § 13 a III S. 1 HGB). — Bei einem Nachlaßvergleichsverfahren (§ 113) geschieht die Eintragung nur, wenn das Geschäft zum Nachlaß gehört. Eine öffentliche Bekanntmachung der Eintragung unterbleibt, da der Eröffnungsbeschluß bekanntgemacht worden ist (§ 22). — Bei einem eingetragenen Verein ist die Eröffnung des Vergleichsverfahrens in das Vereinsregister, bei einer eingetragenen Genossenschaft in das Genossenschaftsregister einzutragen (§§ 108 I S. 2, 111 Nr. 4). Der Eintrag ist nicht Firmenbestandteil Die Eintragung des Vermerks in das Handelsregister führt, nicht wie in der Ver- 4 gleichsordnung von 1927 (dort § 37 I) vorgesehen, dazu, daß der Vergleichsschuldner seiner Firma den Zusatz: „Im Vergleichsverfahren" zusetzen muß. Diese Vorschrift ist in unser Gesetz nicht übernommen worden. Wird das Geschäft des Vergleichsschuldners mit der Firma veräußert, so ist der Vergleichsvermerk bei dem neuen Firmeninhaber nicht mit einzutragen (dazu auch Anm. 6 unten). 329

§24

II. Abschnitt: E r ö f f n u n g des Verfahrens

Unanwendbarkeit des § 15 HGB 5

Daß § 15 H G B nicht anwendbar ist, hat keine Bedeutung für ein im Vergleichsverfahren etwa ergangenes Veräußerungsverbot, wohl aber für ein Sonderabkommen im Sinne des § 8 III. Der bevorzugte Gläubiger kann sich auf die Nichteintragung des Vermerks nicht berufen. Löschung des Eintrags

6

Löschung des Eintrags nach (rechtskräftiger) Beendigung des Verfahrens, bei vereinbarter Überwachung erst nach deren Ende (§ 98 III 3 und A. 6 c daselbst). Bei Anschlußkonkurs genügt dazu die Mitteilung des rechtskräftigen Konkursbeschlusses (§ 112). Die Beendigung des Verfahrens ohne Anschlußkonkurs ist entsprechend §23 mitzuteilen und einzutragen. Der Eintrag lautet entweder auf Aufhebung des Verfahrens (so §§ 90, 96 IV, VII 2, 98 III 1) oder einfach dessen Beendigung (entgegen der insoweit verunglückten Fassung von §§81 I, 101 2). — Bei Veräußerung des Handelsgeschäfts mit Firma unterbleibt zur Eintragung des neuen Firmeninhabers die Eintragung des Vermerks, im übrigen ist sie zu löschen (OLG München, KuT 1940, 61).

Eine gemäß § 12 angeordnete Verfügungsbeschränkung gilt von der Eröffnung des Verfahrens an als Verfügungsbeschränkung im Sinne der §§ 58 bis 65. Materialien: Begr. II S. 62; III S. 390. Übersicht Sinn der Fiktion Geltungsbereich

Rdn. 1 2

Fortgeltung kraft Gesetzes . . . Aufhebung oder Einschränkung

Rdn. . 3 4

Sinn der Fiktion 1

Der Anlaß, aus dem das Gericht im Vorverfahren eine Verfügungsbeschränkung angeordnet hat, wird durch die Verfahrenseröffnung als solche nicht beseitigt. Deshalb bleiben die gemäß § 12 angeordneten Verfügungsbeschränkungen nicht von Rechts wegen auf die Dauer des Vorverfahrens beschränkt, sondern mangels gerichtlicher Aufhebung oder Einschränkung weiterhin in Kraft. Das ist der Sinn der gesetzlichen Fiktion. Geltungsbereich

2

Der Geltungsbereich der Vorschrift beschränkt sich auf die Fälle der Eröffnung des Vergleichsverfahrens. Wird dessen Eröffnung abgelehnt und auch nicht Konkurs eröffnet, so treten, aber erst mit Rechtskraft des Beschlusses, die Verfügungsbeschränkungen außer Kraft (§ 19 III). Wird nicht das Vergleichsverfahren, sondern der Anschlußkonkurs eröffnet, so bleiben zwar verbotswidrige Verfügungen aus der Zeit des Vorverfahrens auch für den Konkursbereich unwirksam (§ 103). Das Verbot selbst aber verliert im Konkurs seine Kraft (vgl. dazu unten Rdn. 7 zu § 58 VglO). Es greifen nunmehr §§ 6, 7 K O ein. Wird das Anschlußkonkursverfahren eröffnet, im Beschwer330

Fortdauer einer Verfügungsbeschränkung

§24

dewege jedoch wieder aufgehoben und das Vergleichsverfahren eröffnet, so sind etwaige, vom vorübergehenden Gemeinschuldner vorgenommene Verfügungen zwar nicht nach §§ 6, 7 K O unwirksam, wohl aber gelten §§ 62 I, 63 III S. 1 unseres Gesetzes.

Fortgeltung kraft Gesetzes Die im Vergleichsantragsverfahren erlassenen Verfügungsbeschränkungen gelten 3 kraft Gesetzes fort. Es bedarf mithin bei der Eröffnung des Vergleichsverfahrens keiner besonderen Anordnung über das Fortbestehen. Dennoch ist es empfehlenswert, mit der Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses (§ 22 I, II) einen Hinweis auf die Fortdauer eines erlassenen allgemeinen Veräußerungsverbotes oder eines Sondergebots bekanntzumachen. Ein solcher Hinweis kann einen Erwerb nach §§ 62 III, IV S. 1, 63 III S. 2 und 3 u. U. ausschalten. Beim Drittschuldner wird gemäß § 62 IV S. 2 mit der Bekanntmachung die Kenntnis von dem Veräußerungsverbot vermutet.

Aufhebung oder Einschränkung Bei der Eröffnung des Vergleichsverfahrens hat das Gericht von Amts wegen zu 4 prüfen, ob nicht etwa die gemäß § 12 angeordneten Verfügungsbeschränkungen aufzuheben oder einzuschränken sind. Soweit die getroffenen Maßnahmen ihren Grund in einem gegen den Vergleichsschuldner bestehenden Mißtrauen hatten, werden sie aufzuheben sein, wenn sich im Verlaufe des Vergleichsantragsverfahrens nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichts (§ 116), der Stellungnahme der amtlichen Berufsvertretung (§ 14) und dem Bericht des vorläufigen Verwalters (§§ 11, 39, 40) ergeben hat, daß dieser Grund ausgeräumt ist. H a t aber das Gericht die Anordnungen aus § 12 getroffen, um durch die Erweiterung der Befugnisse des vorläufigen Verwalters und die sich daraus ergebende „gemeinsame Unternehmensleitung" das Vertrauen der Gläubiger wiederzugewinnen (vgl. dazu Berges K T S 1955 2 f, 1956 113, 1957 183), so kann es sehr wohl angezeigt sein, die Befugnisse des Vergleichsverwalters (§§ 20, 38) nunmehr mit der Eröffnung demgegenüber nicht einzuschränken, vielmehr zunächst den Verlauf des Vergleichstermins (§ 66) abzuwarten. — Wird dagegen eine Aufhebung angeordnet, so ist dies mit dem Eröffnungsbeschluß öffentlich bekanntzumachen (SS 22, 65 II). Nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens entscheidet, wenn der Vergleichsrichter sich das Vergleichsverfahren nicht nach § 19 Abs. 3 S. 1 RpflG vorbehalten hat, der Rechtspfleger über die Aufhebung oder Einschränkung der Anordnungen (§ 65 VglO) und zwar selbständig, wie aus S 9 S. 2 RpflG folgt {Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu S 12 VglO, Mohrbutter-Drischler N J W 1971 361/362). -

331

DRITTER ABSCHNITT Vergleichsgläubiger

§25 Grundsatz (1) An dem Vergleichsverfahren sind, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, alle persönlichen Gläubiger des Schuldners beteiligt, die einen zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen ihn haben (Vergleichsgläubiger). (2) Unterhaltsberechtigte sind nur insoweit Vergleichsgläubiger, als sie ihren Anspruch im Konkurs geltend machen können. Übersicht Rdn. I.

II.

III.

IV.

A. Allgemeines Die G l ä u b i g e r g r u p p e n Vergleichsgläubiger Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r A u ß e n s t e h e n d e G l ä u b i g e r im S o n d e r v e r gleichsverfahren Arten d e r nichtbeteiligten G l ä u b i g e r . . . . D e r Kreis d e r Vergleichsgläubiger Maßgeblichkeit des E r ö f f n u n g s z e i t p u n k t e s Endgültigkeit der Vergleichsgläubigereigenschaft Gesetzliche E r w e i t e r u n g des Kreises . . . . A u s s c h l u ß freiwilliger T e i l n a h m e Kein Beitritt nichtbeteiligter G l ä u b i g e r zum V e r g l e i c h s v e r f a h r e n Materielle Unterstellung nichtbeteiligter G l ä u b i g e r unter den Zwangsvergleich . . . Streit um das Beteiligtsein Zuständigkeit, Abs. 1 Beweislastregel . . . Keine b i n d e n d e W i r k u n g der gerichtlichen Entscheidung

B. Abgrenzung der Vergleichsgläubiger von den Nichtbeteiligten I. Begriff d e r Vergleichsgläubiger Inhalt des Begriffs U m f a n g des Begriffs Vergleichsfähigkeit d e r V e r m ö g e n s ansprüche Z u s t i m m u n g des vorläufigen V e r w a l t e r s hier nicht von B e d e u t u n g II. Persönliche G l ä u b i g e r Schuld u n d H a f t u n g P e r s ö n l i c h e H a f t u n g — dingliche H a f t u n g

1 2 3 4 5 6 7

8 9 10 11

12 13 14 15 16 17

Rdn. B e s c h r ä n k t e persönliche H a f t u n g ; f u n k tionelle b e s c h r ä n k t e H a f t u n g 18 Rechnerisch b e s c h r ä n k t e H a f t u n g 19 Gegenständlich b e s c h r ä n k t e H a f t u n g . . . 20 Grundverhältnis 21 Mitgliedschaftsrechte 22 Die stille Gesellschaft 23 III. V e r m ö g e n s a n s p r ü c h e Wesen der Vermögensansprüche 24 Fixierung in Geld 25 E r z w i n g b a r k e i t der F o r d e r u n g ; v e r j ä h r t e Forderungen 26 A n s p r ü c h e auf ersetzbare H a n d l u n g e n . . 27 A n s p r ü c h e auf nicht ersetzbare H a n d lungen 28 Unterlassungsansprüche; Schadenersatzansprüche 29 Gestaltungsrechte 30 IV. Begründetsein des A n s p r u c h s z u r Zeit d e r Verfahrenseröffnung E r f o r d e r n i s s e des Begründetseins; a u f schiebend bedingte A n s p r ü c h e , Lastschriftverfahren 31 Potentielle H a f t u n g 32 Primäransprüche 33 V e r t r a g l i c h e und gesetzliche S e k u n d ä r verpflichtungen 34 E r s t a t t u n g s a n s p r ü c h e f ü r A u f w e n d u n g e n . 35 A n s p r ü c h e auf w i e d e r k e h r e n d e Leistungen 36 V. A n s p r u c h b e d i n g e n d e Rechtshandlungen des S c h u l d n e r s a) Potestativbedingung b) A n e r k e n n u n g des K o n t o k o r r e n t s a l d o s c) G e n e h m i g u n g des S c h u l d n e r s 37

333

§25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Rdn. Verletzung nichtbeteiligter Primäransprüche nach V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g . . . 38 Ansprüche aus unerlaubter H a n d l u n g und Gefährdungshaftung 39 Wertersatz bei uneigentlichem Nießbrauch 40 VI. Besonders gelagerte Fälle Wechselblankett 41 Zessionar einer verbrieften Scheinforder u n g ; simulierte Wechselzeichnung . . . . 42 Abfindungsansprüche arbeitsrechtlicher Natur 43 VII. Rückgriffsansprüche Wechselrechtliche Gewährpflichten . . . . 44 R ü c k g r i f f s a n s p r ü c h e eines sonstigen ausgleichsberechtigten Mitschuldners und eines Bürgen 45 VIII. V e r t r ä g e über die Vergleichsforderung während des Verfahrens Gläubigerwechsel, Gläubigergemeinschaft 46 Schuldübernahme 47 Vergleich, S a l d o a n e r k e n n u n g 48

I.

II.

Rdn. C . Anwendbarkeit konkursrechtlicher Vorschriften Familienrechtliche Unterhaltsansprüche Rechtsgeschäftliche Unterhaltsansprüche . 49 Unmittelbar auf Gesetz beruhende Unterhaltsansprüche 50 Kapitalabfindung 51 Nebenanspruche Entsprechende Anwendbarkeit des § 62 K O 52 Zivilprozessuale Kostenansprüche a) die Ansprüche der Staatskasse b) Erstattungsansprüche von Partei zu Partei c) Gebührenansprüche des Prozeßbevollmächtigten des Schuldners . . . 53 Kosten eines Strafverfahrens 54

A . Allgemeines I. D i e G l ä u b i g e r g r u p p e n Vergleichsgläubiger 1

D a s G e s e t z unterscheidet: a m V e r f a h r e n beteiligte und nicht beteiligte G l ä u b i g e r . Es nennt die ersteren Vergleichsgläubiger (Absatz 1). D i e V g l O 1927 kannte den Ausd r u c k nicht, sondern sprach von G l ä u b i g e r n , „die an dem Vergleichsverfahren beteiligt und von dem V e r g l e i c h e b e t r o f f e n w e r d e n " (a. § 2 , 1 ) . D i e s e U m s c h r e i b u n g w a r gewählt, weil gewisse Arten von G l ä u b i g e r n , obwohl sie im Vergleichsverfahren nicht mitwirken dürfen, also nicht aktiv beteiligt sind, nach näherer M a ß g a b e des § 83 ( = a. § 74) dem Zwangsvergleich unterliegen. Soweit es z u m Ausschluß von Mißverständnissen erforderlich ist, sollen diese G l ä u b i g e r — im G e g e n s a t z z u den aktiv beteiligten — als lediglich b e t r o f f e n e Gläubiger bezeichnet werden. D i e U n t e r s c h e i d u n g findet ihr Kriterium im materiellen Recht, und z w a r in den M e r k m a l e n und U m s t ä n d e n der F o r d e r u n g e n . D i e G l ä u b i g e r k a t e g o r i e n selbst aber sind verfahrensrechtliche, nicht materiell-rechtliche Begriffe. A u c h „Vergleichsgläubig e r " ist ein verfahrensrechlicher B e g r i f f : V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r ist nicht nur der Inhaber einer F o r d e r u n g mit bestimmten M e r k m a l e n , einer sog. V e r g l e i c h s f o r d e r u n g , sondern auch, w e r eine f r e m d e F o r d e r u n g dieser Art, sei es kraft beschränkten Rechtes daran o d e r auf G r u n d einer E r m ä c h t i g u n g d a z u , im eigenen N a m e n geltend m a c h e n kann (Bley, J W 1941 390 zu II 1). D e r verfahrensrechtliche C h a r a k t e r des B e g r i f f s wird nicht dadurch alteriert, daß der F o r t g a n g (wenn auch nicht das Schicksal) des V e r f a h rens u n a b h ä n g i g ist von der tatsächlichen T e i l n a h m e des einzelnen Vergleichsgläubigers am V e r f a h r e n , daß insbesondere der bestätigte Vergleich auch f ü r und g e g e n diejenigen Vergleichsgläubiger wirkt, die am V e r f a h r e n nicht teilgenommen haben (§ 82 I). In dieser V o r s c h r i f t wird der A u s d r u c k V e r g l e i c h s w i r k u n g zugleich synonym f ü r V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n gebraucht: D i e V e r g l e i c h s w i r k u n g trifft unmittelbar die V e r gleichsforderungen, gleichviel ob die F o r d e r u n g s i n h a b e r o d e r die an ihrer Statt z u r G e l t e n d m a c h u n g der F o r d e r u n g Berechtigten am V e r f a h r e n teilgenommen und mit abgestimmt haben o d e r überhaupt abstimmen konnten. 334

Grundsatz

§25

Nichtbeteiligte Gläubiger Auch der Begriff der nichtbeteiligten Gläubiger ist verfahrensrechtlich. Er bezeich- 2 net keineswegs eine bloße Negation der Vergleichsgläubigereigenschaft. Vielmehr gelten gewisse Schranken und Befugnisse der Vergleichsgläubiger auch für die nichtbeteiligten. So können auch diese dem Schuldner nicht durch Konkursantrag den gerichtlichen Vergleichsversuch verlegen (§ 46). Andererseits haben auch sie ein Recht zur Akteneinsicht (§ 120) und auf richterliches Gehör (§§ 66 II, 116). Ihre Forderungen hat der Schuldner im Gläubigerverzeichnis mit aufzuführen (§§4 I Nr. 2; 6 I 1); das Gericht hat sie, soweit nicht § 83 II eingreift, bei P r ü f u n g der Frage, ob der Vorschlag der Vermögenslage des Schuldners entspricht, insbesondere der Vergleich überhaupt ausführbar ist (§§ 18 Nr. 3, 100 Abs. 1 Nr. 1, 79 Nr. 4), mit zu berücksichtigen (vgl. Veismann KTS 1968 46 f). Aus diesem Grunde konnte das Gesetz auch davon absehen, dem Schuldner eine Sicherstellung der nichtbeteiligten Gläubiger aufzuerlegen, was, wenn überhaupt möglich, ein dem Vergleichszweck zuwiderlaufendes Festlegen von Mitteln bedeutet hätte. Auch streitige und betagte Forderungen der Nichtbeteiligten bedürfen keiner Sicherstellung. Der bestätigte Vergleich läßt, von den in § 83 bezeichneten Ansprüchen abgesehen, die nicht beteiligten Ansprüche unberührt, deshalb entbindet die Eröffnung des Vergleichsverfahrens den Schuldner auch nicht von seiner Verpflichtung, fällige Ansprüche der Nichtbeteiligten alsbald zu erfüllen, wie auch diesen der Zwangszugriff verstattet bleibt (arg. §§ 13 Abs. 1 S. 3, 47 f). Doch gelten hinsichtlich der ausgeschlossenen Forderungen (§ 29) Ausnahmen nach beiden Richtungen hin (dazu unten Rdn. 4). Außenstehende Gläubiger im Sondervergleichsverfahren Die Unterscheidung von beteiligten und nichtbeteiligten Gläubigern ist auf das 3 Regelverfahren, d. h. das Gesamtvergleichsverfahren (§ 2 A. 10), zugeschnitten. Im Sondervergleichsverfahren bilden eine besondere Gruppe die außenstehenden Gläubiger; so im Vergleichsverfahren einer Personalhandelsgesellschaft die Privatgläubiger der Teilhaber (§ 109) — diese können während des Vergleichsverfahrens das Auseinandersetzungsguthaben des Mitgesellschafters pfänden (§§ 135, 161 Abs. 2 HGB) —, so ferner im Vergleichsverfahren über den Nachlaß oder das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft die Eigengläubiger des Erben oder des überlebenden Ehegatten (§§ 113, 114) — diese können einen Erbenkonkurs (§ 234 KO) beantragen; auf den Nachlaß können sie nur dann greifen, wenn ihr Anspruch zugleich eine Nachlaßverbindlichkeit begründet und §113 Abs. 1 Nr. 6 eingreift (Einzelheiten: §113 Rdn. 29 und 36, § 114 Rdn. 17). — Die außenstehenden Gläubiger dürfen keineswegs mit den am Sonderverfahren nichtbeteiligten Gläubigern identifiziert werden. Praktisch zeigt sich der Gegensatz darin, daß die oben in der Anm. 2 bezeichneten Verfahrensvorschriften, die auch für die nichtbeteiligten Gläubiger gelten, auf die außenstehenden Gläubiger nicht anwendbar sind. Arten der nichtbeteiligten Gläubiger Regel ist, daß — vorbehaltlich des oben zu 2 Aufgeführten — die nichtbeteiligten 4 Gläubiger weder an den Nachteilen noch an den Vorteilen teilhaben, die das Vergleichsverfahren und der Zwangsvergleich verfahrensrechtlich wie materiell-rechtlich für die Vergleichsgläubiger mit sich bringen. Das Gesetz macht aber davon in verschiedener Hinsicht Ausnahmen: a) So kann hinsichtlich der nach § 29 Nr. 3 und 4 ausgeschlossenen Geldstrafen und Ansprüchen aus einer Freigebigkeit des Vergleichsschuldners vorläufiger Vollstrek335

§ 25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

kungsschutz nach § 13 Abs. 1 S. 3 angeordnet werden. Anhängige Vollstreckungsmaßnahmen gelten kraft Gesetzes eingestellt und können auf Antrag des Vergleichsverwalters aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 und 2). Die Vorschriften über die Rückschlagssperre (§§ 87, 104) greifen ein. Hinsichtlich aller nach § 29 ausgeschlossenen Ansprüche, also auch wegen der laufenden Zinsen und Teilnahmekosten, gilt das Vollstreckungsverbot des § 47. Die Sonderbestimmungen über die Aufrechnung greifen ein (§ 54). Alle ausgeschlossenen Ansprüche werden auch, von den Geldstrafen abgesehen, nach näherer Maßgabe des § 83 von dem Vergleich betroffen. Soweit dies der Fall ist, ist auch ein zu ihren Gunsten getroffenes Vorzugsabkommen gemäß § 8 Abs. 3 nichtig. b) Besonderheiten gelten im Vergleichsverfahren über den Nachlaß und das Gesamtgut der fortgesetzten ehelichen Gütergemeinschaft f ü r die in § 226 II, IV K O bezeichneten, sog. minderberechtigten Forderungen. Sie können während der Dauer des Vergleichsverfahrens in den Nachlaß bzw. das Gesamtgut keine Zwangsvollstrekkung vornehmen, insbesondere keine Arreste und einstweilige Verfügungen vollziehen (§§113 Abs. 1 Nr. 7, 114)

II. Der Kreis der Vergleichsgläubiger Maßgeblichkeit des Eröffnungszeitpunktes 5

Vergleichsgläubiger können immer nur persönliche Gläubiger sein, und zwar nur solche, die einen Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Wer nun aber von diesen Gläubigern in einem konkreten Verfahren Vergleichsgläubiger ist, das bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens, nicht nach dem Zeitpunkt des Vergleichsantrags. Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 stellt ausdrücklich auf den Eröffnungszeitpunkt, mithin auf den sich aus § 2 1 ergebenden Zeitpunkt ab (dazu siehe B G H Z 50 242 KTS 1968 241 = N J W 1968 2106 und BGH, KTS 1975 37 = W M 1974 830). Zu diesem Zeitpunkt muß der Anspruch begründet sein. Wegen der Einzelheiten zum Begründetsein des Anspruchs ist auf die Anmerkungen 31 ff unten zu verweisen. Gläubiger, deren Vermögensansprüche zur Zeit der Eröffnungsstunde (§21) noch nicht begründet sind, gehören zu den nicht beteiligten Gläubigern. Sie werden als Neugläubiger bezeichnet. Wenn die Neugläubiger auch nicht am Vergleichsverfahren beteiligt sind, so folgt daraus nicht etwa, daß ihnen gegenüber keine sich aus dem Verfahren ergebenden Pflichten zu erfüllen wären. So darf nicht etwa die Erfüllung eines Vergleichs auf Kosten der von ihm nicht betroffenen neuen Gläubiger geschehen (BGHZ 35 32 KTS 1961 136 = M D R 1961 582 = N J W 1961 1352). - Einzelheiten zur Verantwortlichkeit des Vergleichsverwalters und Sachwalters Neugläubigern gegenüber sind zu § 42 (Anm. 8) und zu § 92 (Anm. 30) dargestellt. Dagegen sind persönliche Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnungsstunde bereits begründeten (damit nicht notwendig auch schon entstandenen) Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, nach der Regel des Abs. 1 Vergleichsgläubiger, „soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt". Die Fassung des Abs. 1 („alle persönlichen Gläubiger") bedeutet keine Rechtsvermutung (unten 10). Die Vorschrift ist vielmehr nur Regelform, die überall dann gilt, wenn die VglO nicht ausdrücklich (bes. §§ 26, 36 I gegen II, III) und auch nicht durch entsprechende Anwendung solcher Ausnahmenormen das Gegenteil ergibt. Man bezeichnet die Gläubiger mit schon zur Zeit der Eröffnungsstunde begründeten Vermögensansprüchen, mögen sie nach der Regel des Abs. 1 Vergleichsgläubiger oder zufolge Ausnahmenorm nichtbeteiligte Gläubiger sein, als Altgläubiger. 336

Grundsatz

Endgültigkeit der Vergleichsgläubigereigenschaft Vergleichsgläubiger wird man von Rechts wegen, auch wenn man sich vom V e r f a h - 6 ren fernhält. D a r ü b e r hinaus bewirkt der E r ö f f n u n g s z e i t p u n k t die endgültige Festlegung der Vergleichsgläubigereigenschaft: W e r gemäß Abs. 1 Vergleichsgläubiger ist, bleibt es auch, um vom Vergleich, falls dieser nichts anderes bestimmt, betroffen zu werden. Das Entscheidende ist dabei nicht die Erhaltung der Rechtszuständigkeit, sondern des Charakters der Forderung als Vergleichsforderung (Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 25 VglO). Eine Rechtsnachfolge in den Ansprüchen ist damit keineswegs ausgeschlossen. D o c h hat der Rechtsnachfolger, ebenso wie auch ein Indossatar, wieder nur die Stellung eines Vergleichsgläubigers (unten 46). Die Festlegung der Vergleichsgläubigereigenschaft äußert sich darin, daß Zwangszugriffe der Vergleichsgläubiger von der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g bis zur Vergleichsbestätigung ohne weiteres u n z u lässig und ohne Rücksicht auf den Ausgang des Vergleichsversuchs materiell wirkungslos sind (§§ 47, 29, 96 Abs. 3). Ebenso sind, freilich nur f ü r den Fall der Vergleichsbestätigung (§ 78), die durch den Vergleichsinhalt nicht gedeckten V o r z u g s a b k o m m e n zugunsten einzelner Vergleichsgläubiger nichtig (§ 8 Abs. 3). H a t der verbotswidrig Begünstigte die Leistung empfangen, so bleibt er dennoch am V e r f a h r e n beteiligt (dazu Anm. 47 bei § 8). Dagegen verliert ein Vergleichsgläubiger, soweit er durch gesetzlich zulässige abgesonderte Befriedigung oder durch A u f r e c h n u n g w ä h r e n d des V e r f a h r e n s gedeckt wird, mit der Forderung, soweit die D e c k u n g reicht, seine verfahrensrechtliche Stellung. Das Gesetz läßt diese Befriedigung zu (§§ 27 Abs. 1 S. 1, 54 S. 2). Solange aber Gläubiger, die im Konkurse abgesonderte Befriedigung beanspruchen können, denen der Schuldner auch persönlich haftet, nicht auf abgesonderte Befriedigung verzichtet haben oder nicht bei ihr ausgefallen sind, bleiben sie Vergleichsgläubiger ( B G H , N J W 1956 1594 = M D R 1957 28, Kuhn M D R 1960 307 und Jauemig § 64, II). Verzicht oder Befriedigung ändern hier, wie bei der A u f r e c h n u n g , die verfahrensrechtliche Stellung des Gläubigers nur f ü r die Z u k u n f t . Die verfahrensrechtliche Gläubigerstellung erlischt ferner, wenn der Schuldner selbst eine Vergleichsforderung während des Vergleichsverfahrens rechtsgültig, z. B. durch Erbgang, erwirbt. Schließlich kann auch aus sonstigen gesetzlichen G r ü n d e n , z. B. weil ein dazu verpflichteter Dritter die Schuld tilgt, der Bestand der Vergleichsgläubiger sich in Verfahrens- und materiellrechtlicher Hinsicht vermindern, nämlich wenn der Dritte kein Rückgriffsrecht gegen den Schuldner hat; so wenn er die Mitverpflichtung, z. B. Bürgschaft, mit dem Willen übernommen hatte, dem nachmaligen Vergleichsschuldner eine unentgeltliche Z u w e n dung zu machen. — Hinweis: zur Zwangsdeckung von Vergleichsgläubigern im Auslande Rdn. 61 ff zu § 2 VglO. Gesetzliche Erweiterung des Kreises In Abweichung von Abs. 1 hat die V g l O eine gesetzliche Erweiterung des Kreises 7 der Vergleichsgläubiger in deren Gesamtinteresse und damit zur Förderung des Vergleichsversuchs nach drei Richtungen vorgesehen. a) Gläubiger, die eine Zwangsdeckung während der Rückschlagssperrfrist erlangt haben, bleiben ohne Rücksicht darauf am V e r f a h r e n beteiligt (§ 28). Bei Zwangssicherungen bedeutet dies den Ausschluß abgesonderter Befriedigung, da die Vollstreckung im Eröffnungsstadium eingestellt werden kann, mit V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g sogar von Rechts wegen eingestellt ist, und die Sicherung mit Vergleichsbestätigung oder E r ö f f nung des Anschlußkonkurses unwirksam wird, soweit nicht schon vorher das Vergleichsgericht die endgültige A u f h e b u n g der Vollstreckungsmaßnahme angeordnet 337

§25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

hatte (§§ 13, 48, 87, 104). D a s Stimmrecht eines d e r Rückschlagssperre unterliegenden Gläubigers kann nicht etwa w e g e n d e r Sicherung auf den Betrag des mutmaßlichen Ausfalls beschränkt w e r d e n . Ein solcher Gläubiger bleibt sogar d a n n voll beteiligt, wenn er im Z w a n g s w e g e bereits Befriedigung erhalten hatte. Mit der Vergleichsbestätig u n g (§ 78) o d e r dem A n s c h l u ß k o n k u r s (5 102) entfällt die Befriedigungswirkung. D e r Gläubiger hat das Erlangte als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben (§§ 87, 1C4). Seine F o r d e r u n g lebt damit wieder auf, um so den W i r k u n g e n des Vergleichs und des Anschlußkonkurses u n t e r w o r f e n zu w e r d e n . b) Vergleichsgläubiger ist auch, w e r vom Schuldner o d e r einem Dritten eine ihn b e v o r z u g e n d e rechtsgeschäftliche Deckung während der Krise vor der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g erhalten hat. D e n n nichtig nach § 8 Abs. 3 ist auch ein V o r z u g s a b k o m m e n , das im Hinblick auf den Vergleich geschlossen wird, w e n n sich die Beteiligten von d e r Absicht haben leiten lassen, daß das A b k o m m e n neben dem Vergleich gelten solle ( B G H , K T S 1961 88 = M D R 1961 596 = LM N r . 2 zu § 8 V g l O ) . Entsprechend ist auch das D e c k u n g s g e s c h ä f t nichtig, w e n n es z u r Vergleichsbestätigung (§ 78) k o m m t . D e r b e v o r z u g t e Gläubiger bleibt am Vergleichsverfahren beteiligt (vgl. § 8 Anm. 47). c) Mit A n s p r ü c h e n , die auf einem z u r Zeit d e r V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g noch von keiner Seite (voll) erfüllten Gegenseitigkeitsschuldverhältnis b e r u h e n , ist der Gläubiger nach d e r Regel des § 36 I meist nicht beteiligt. D a g e g e n ist sein Schadensersatzanspruch zufolge einer Erfüllungsablehnung oder Kündigung des Schuldners k r a f t z w i n g e n d e n Rechts V e r g l e i c h s f o r d e r u n g (§§ 52 f). Dieser, dem A n m e l d e z w a n g unterliegende Schadensersatzanspruch kann k o n k r e t o d e r abstrakt b e r e c h n e t w e r d e n . Er wird wie jede andere V e r g l e i c h s f o r d e r u n g g e p r ü f t (§ 70), erhält ein Stimmrecht (§ 71). D e r Vergleich wirkt f ü r und gegen ihn auch bei N i c h t t e i l n a h m e (§ 82 Abs. 1). III. Ausschluß freiwilliger Teilnahme Kein Beitritt nicht beteiligter Gläubiger zum Vergleichsverfahren 8

D e r Kreis der Vergleichsgläubiger ist gesetzlich festgelegt. Es gibt deshalb, was freilich streitig ist, keinen Beitritt nichtbeteiligter Gläubiger zum Vergleichsverfahren (Kiesow A n m . 115 und J W 1935 765, Jaeger Lehrbuch S. 223, R G Z 129 232 = R G , K u T 1930 136 und R G , K u T 1933 24, R A G , K u T 1934 160 = J W 1935 314, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu ^ 25 V g l O , a. A. Samolewitz Anm. 3, Mayer Anm. 46, Levy K u T 1933 23, Klien J W 1933 1105, Rieger BB 1953 786). N u n erschließt z w a r , wie im K o n kurse (§ 64 K O ) , das Gesetz den absonderungsberechtigten Gläubigern die Möglichkeit, d u r c h V e r z i c h t auf abgesonderte Befriedigung seiner F o r d e r u n g die V o l l b e r ü c k sichtigung im Vergleichsverfahren zu verschaffen (§ 27 Abs. 1 S. 1). H i e r a u s aber kann die Zulässigkeit eines Beitritts z u m Vergleichsverfahren schon deshalb nicht hergeleitet w e r d e n , weil die Absonderungsberechtigten mit ihrer persönlichen F o r d e r u n g , w e n n auch im Stimmrecht auf den mutmaßlichen und in d e r Vergleichsquote letzlich auf den wirklichen Ausfall beschränkt ( B G H Z 31 174 = B G H , K T S 1960 27 = M D R 1960 134), so doch von vornherein und u n a b d i n g b a r z u m vollen Betrage Vergleichsgläubiger sind ( K u h n M D R 1960 307, Jauernig § 64, II). D e r Gegenansicht steht das Bedenken entgegen, d a ß ein Absonderungsberechtigter, dem der Vergleichsschuldner n u r dinglich haftet, d u r c h seinen V e r z i c h t nicht Vergleichsgläubiger w e r d e n k a n n , da eine persönliche F o r d e r u n g fehlt. Auch Sondervorrechtsgläubiger, f ü r die der G r u n d s a t z der A u s f a l l h a f t u n g entsprechend gilt (§ 27 Abs. 2), sind im vollen U m f a n g Vergleichsgläubiger (vgl. Bley Z Z P 61 160 f). Z u r Vergleichsgläubigereigenschaft bei P f ä n d u n g einer K a u f p r e i s f o r d e r u n g innerhalb d e r Rückschlagssperre siehe LG Stuttgart K T S 1977 2 6 9 / 2 7 0 . 338

Grundsatz

§25

N u n kann zwar im Konkurs auf ein Vorrecht (z. B. aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O ) verzichtet werden. Dies braucht nicht ausdrücklich zu geschehen, da es genügt, wenn das Vorrecht nicht gemäß § 139 K O geltend gemacht wird und demzufolge unbeachtet bleibt. Doch handelt es sich hierbei um einen Verzicht, eine gesetzliche Eigenschaft der Forderung im Konkurse nicht geltend zu machen. Das Vergleichsverfahren hat aber für diesen Vorgang keine Parallele (vgl. Jaeger Lehrbuch S. 233). Die Art der Forderung ist es, die sie kraft Gesetzes von den Vergleichsansprüchen ausschließt. Aus diesem Grunde kann auch ein vor dem Verfahren erklärter Verzicht auf das Vorrecht dem Verzichtenden nicht die Vergleichsgläubigerstellung verschaffen. — Auch ein zufolge Eigentumsvorbehalts nicht beteiligter Gläubiger (§ 36) kann sich — entgegen O L G Breslau, K u T 1941 46 — nicht etwa „durch Verzicht auf sein Eigentum vor der Vergleichsbestätigung" diese verfahrensrechtliche Stellung verschaffen. Die Bestimmungen des § 36 Abs. 1 stellt auf den Eröffnungszeitpunkt (§ 21) ab. Der „Verzicht" aber wirkt nicht zurück. Es kann auch nicht — so Klien J W 1933 1105 — der Einwand erhoben werden, es sei mit dem Gesetz unvereinbar, die freiwillige Teilnahme am Vergleichsverfahren auszuschließen, dies sei insbesondere mit dem Sinn und Zweck des Verfahrens unvereinbar. D a ß auch ein Teilerlaß eines nichtbeteiligten Gläubigers vergleichsfördernd wirken kann, ja nicht selten unumgänglich ist, bedarf keines Nachweises, hat aber mit der Frage, ob ein solcher Verzicht dem Gläubiger die verfahrensrechtliche Stellung eines Beteiligten und damit das Stimmrecht geben kann, nichts zu tun. Die Zulassung an sich Nichtbeteiligter würde im Einzelfall dazu führen können, daß die Vergleichsgläubiger einer, vom Gesetz doch sicher nicht gewollten Majorisierung ausgesetzt werden (so RAG, K u T 1934 160). Die Bestimmung des § 2 5 Abs. 1 ist schließlich zwingenden Rechts (Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 25 VglO), um einen Beitritt von nicht beteiligten Gläubigern durch Gewährung von Sondervorteilen, wie dies für den Vergleichsschuldner bei der Ungewißheit über den Ausgang der Abstimmung aus § 74 nahe liegt, auszuschließen.

Materielle Unterstellung nichtbeteiligter Gläubiger unter den Zwangsvergleich Von der Verschaffung der verfahrensrechtlichen Stellung für einen nichtbeteiligten 9 Gläubiger, wie sie vorstehend (Anm. 8) erörtert und aus mehrfachen Gründen abgelehnt wurde, ist die materielle Unterstellung nichtbeteiligter unter den Vergleich zu unterscheiden. Sie ist möglich. Doch genügt dazu nicht die bloße Zustimmung zum Vergleichsvorschlag (OLG Köln, Recht 1931 Nr. 578). Es bedarf vielmehr eines Vertrages. Es genügt zum Abschluß eines solchen Vertrages nicht etwa, daß der Gläubiger, der abgesonderte Befriedigung verlangen kann, seine Gesamtforderung anmeldet und zur Anerkennung bringt (LG Kiel, M D R 1957 552 und O L G München, M D R 1969 841). Es handelt sich um eine vertragliche Änderung eines zwischen dem Vergleichsschuldner und dem Gläubiger früher geschlossenen Vertrages entsprechend dem Inhalt des angestrebten Vergleichs (Böhle-Stamscbräder Anm. 1 zu § 25 VglO). Die Erklärungen können im Vergleichstermin (§ 66) zu B. in der Niederschrift fixiert werden, auch zuvor ausgetauscht oder niedergelegt werden. Der so geschlossene Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit regelmäßig der Bestätigung des Gesamtvergleichs nach § 78, ohne daß dies besonders hervorzuheben wäre, denn nach dem zu unterstellenden Wüllen der Vertragsparteien soll der Teilerlaß (die Stundung) nur dann eintreten, wenn auch die Vergleichsgläubiger einen entsprechenden Nachlaß erklären oder gegen sich gelten lassen müssen. 339

§ 25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Soweit nichts Abweichendes vereinbart worden ist, gilt mit der materiellen Unterstellung des nichtbeteiligten Gläubigers unter den Vergleich auch der Zinserlaß ( § 8 3 Abs. 2) einerseits und die Wiederauflebensklausel (§ 9) andererseits (5 157 BGB). Einen integrierenden Bestandteil des bestätigten Vergleichs (§ 78) bildet aber der Vertrag mit dem nichtbeteiligten Gläubiger selbst dann nicht, wenn dieser in die Sitzungsniederschrift des Vergleichstermins (§ 6) aufgenommen wurde. Doch muß sinngemäß die mängelheilende Kraft des Bestätigungsbeschlusses (vgl. dazu 5 78 Rdn. 15) und damit die Einschränkung der Anfechtbarkeit des Vergleichs (§ 89 Abs. 1) auch zu Lasten des nichtbeteiligten Gläubigers eintreten, falls der Inhalt des Vergleichs in das Abkommen mit dem Schuldner ausdrücklich oder dem Sinne nach einbezogen worden ist. Abkommen und Vergleich bilden dann eine wirtschaftliche Einheit und insofern auch rechtlich ein Ganzes, das unter einheitlichen Bedingungen stehen muß, wenn nicht die Sanierung gefährdet werden soll (so R G Z 152 70 in bezug auf einen im Entschuldungsverfahren bestätigten Entschuldungsplan mit freiwilligen Forderungsnachlässen. — Zur Rechtsähnlichkeit von bestätigtem Entschuldungsplan und Vergleich vgl. R G Z 153 89). Das Ergebnis rechtfertigt sich auch aus der Überlegung, daß diejenigen nichtbeteiligten Gläubiger, die sich im Vergleichstermin dem Vergleichsvorschlag freiwillig angeschlossen, möglicherweise dem Schuldner darüber hinaus noch weitere Erleichterungen gewährt haben, wenn auch nicht in der Rechtsform, so doch der Sache nach Vergleichsgaranten sind. — Vollstreckbar wird die Forderung des Nichtbeteiligten z. B. durch eine Erklärung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Die Bestimmungen der §§ 82 Abs. 2, 85 greifen nicht ein, da die Vergleichsgläubigerstellung fehlt. Soweit nicht das Gesetz, wie z. B. § 93 Abs. 1, entgegensteht, kann auch der nichtbeteiligte Gläubiger an den Vergleichssicherheiten Anteil haben. Doch haften die Vergleichsgaranten ihm gegenüber nur, wenn sie sich auch ihm gegenüber verpflichtet haben. Die entsprechende Erklärung des Bürgen bedarf, außer wenn dieser Vollkaufmann ist, der Schriftform (§ 766 Abs. 1 BGB, §§ 350 f HGB). Die Sitzungsniederschrift (§ 66) genügt nur, wenn sich aus ihr die Erstreckung der Haftung des Bürgen auch auf die Verpflichtungen des Vergleichsschuldners gegenüber nichtbeteiligten Gläubigern eindeutig hervorgeht. Bei einem treuhänderischen Liquidationsvergleich ist der nichtbeteiligte Gläubiger ohnehin sichergestellt, da aus dem Liquidationserlös die Forderungen der Vergleichsgläubiger erst nach den übrigen zu decken sind (vgl. § 7 Rdn. 10 b). IV. Streit um das Beteiligtsein Zuständigkeit, Absatz 1 Beweislastregel 10 Die Zuständigkeit ist nicht einheitlich geregelt. Das Vergleichsgericht entscheidet — abgesehen von der in § 97 Abs. 1 VglO vorgesehenen Ausnahme — über die Beteiligung eines Gläubigers nur während des Verfahrens und nur, soweit davon die Behandlung des Gläubigers unmittelbar im Vergleichsverfahren selbst abhängt. Die Ansicht (so Lichtigfeld J W 1928 95), in allen Fällen sei das Vergleichsgericht zur Entscheidung über die Teilnahme eines Gläubigers berufen, findet im Gesetz keine Stütze. Auch die Zuständigkeitserweiterung aus § 97 Abs. 1 VglO betrifft nur die vorläufige verfahrensrechtliche Behandlung des Gläubigers bei der Vergleichserfüllung (vgl. Bongartz K T S 1977 80). Bei bestrittenen Forderungen, zu denen eine Entscheidung des Vergleichsrichters nicht ergangen ist (§ 71 Abs. 2 VglO), — eine vom Rechtspfleger getroffene Stimmrechtsentscheidung steht nach § 19 Abs. 4 RpflG nicht entgegen — kann der Vergleichsschuldner, wie auch der betreffende Vergleichsgläubiger beantragen, die mutmaßliche Höhe der betr. Forderung festzustellen. Die Folgen des Verzuges (§ 9 Abs. 1 VglO) können den Vergleichsschuldner dann nicht treffen, wenn er diese bei 340

Grundsatz

§25

der Erfüllung des Vergleichs in einem dem Feststellungsentscheid des Vergleichsgerichts aus § 97 Abs. 1 VglO entsprechendem Ausmaße berücksichtigt (§ 97 Abs. 2 VglO). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob diese Feststellungsentscheidung vom Vergleichsrichter, der sich das Vergleichsverfahren als solches oder das Feststellungsverfahren vorbehalten hat (vgl. § 19 Abs. 3 RpflG), oder vom Vergleichsrechtspfleger getroffen worden ist (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 2 a zu § 97 VglO). Die vom letzteren getroffene Entscheidung ist mit der befristeten Erinnerung (§ 11 Abs. 1 S. 2 RpflG) anfechtbar (vgl. Arnold-Meyer/Stolte, 3. Aufl. 1978, Anm. 6 zu § 19 RpflG). Das Feststellungsverfahren nach § 97 VglO ist auch dann möglich, wenn eine nicht im Gläubigerverzeichnis des § 6 VglO aufgeführte Forderung erst nachträglich, d. h. nach dem Vergleichstermin (§ 66 VglO) vom Gläubiger geltend gemacht wird, sie also auch keine Aufnahme im berichtigten Gläubigerverzeichnis des § 67 Abs. 3 VglO gefunden hatte. Die Wohltat der Fiktion des § 97 Abs. 2 VglO kann dem Vergleichsschuldner nicht dadurch entzogen werden, daß der Gläubiger der Aufforderung des Vergleichsgerichts im Eröffnungsbeschluß (§ 20 Abs. 3 Nr. 4 VglO) nicht nachgekommen ist. Solche Forderungen stehen im Hinblick auf den Verzug und die Verzugsfolgen des § 9 Abs. 1 V g l O bestrittenen Forderungen gleich (vgl. B G H Z 32, 218 = KTS 1960 167 = LM Nr. 3 zu § 9 VglO mit Anm. Mezger, Kuhn W M 1960 967 und Bongartz KTS 1977 80). Dem Vergleichsschuldner steht es danach frei, wenn der Gläubiger die Forderung nachträglich geltend macht, innerhalb der Nachfrist des § 9 Abs. 1 VglO das Vergleichsgericht mit einem Antrag aus § 97 Abs. 1 VglO anzurufen (vgl. BöhleStamschräder Anm. 1 zu § 9 VglO). Insoweit entscheidet das Vergleichsgericht, wenn auch nur vorläufig, d. h. vorbehaltlich der endgültigen Feststellung durch das Prozeßgericht über die H ö h e der btr. Forderung. Im Vollstreckungsverfahren dagegen entscheiden, abgesehen von § 48 Abs. 2 unseres Gesetzes, die Vollstreckungsorgane über die Frage der Beteiligung des Gläubigers am Vergleichsverfahren. So ist, wenn geltend gemacht wird, daß eine in der Sperrfrist des § 28 vorgenommene Pfändung von beweglichen Sachen des Vergleichsschuldners infolge der Eröffnung des Anschlußkonkurses unwirksam geworden sei (§§ 102, 104), der Rechtsbehelf der Erinnerung (§766 Z P O ) gegeben (BGH, KTS 1960 14 = M D R 1960 222 = N J W 1960 435). Das Unwirksamwerden der Sicherung mit der Vergleichsbestätigung, § 87 VglO, bzw. mit der Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens, §§ 102, 104 VglO führt zwar zum Wegfall des Pfändungspfandrechts, nicht aber ohne weiteres zur Beseitigung der öffentlich-rechtlichen Verstrickung, auf der das staatliche Verwertungsrecht beruht. Hierüber hat im Streitfall auf Erinnerung (§ 766 Z P O ) das Vollstreckungsgericht zu entscheiden (vgl. O L G Celle KTS 1962 112 = M D R 1962 141). — Die materiell-rechtliche Frage, ob und in welcher Weise der bestätigte Vergleich dem einzelnen Gläubiger gegenüber wirkt, ist im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden. Soweit es sich dabei um die endgültige H ö h e einer bestrittenen Forderung oder des Ausfalls (§ 27) handelt, enthält unser Gesetz, für den Fall, daß der Vergleichschuldner einen Fehlbetrag nachzuzahlen hat, nur die Nachfristbestimmung (§ 97 Abs. 3 S. 2). Danach ist Verzug in der Erfüllung des Vergleichs mit den Folgen aus 9 Abs. 1 erst anzunehmen, wenn der Vergleichsschuldner den Fehlbetrag trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens einwöchigen Nachfrist an ihn gerichteten Mahnung nicht bezahlt hat (vgl. § 9 Rdn. 14). O b aber der Vergleichsschuldner innerhalb der ihm gesetzten Nachfrist rechtzeitig gezahlt hat, z. B. wenn der Gläubiger einen ihm zugesandten gedeckten Scheck am letzten Tage der Nachfrist angenommen 341

§25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

hatte, darüber hat nicht das Vergleichsgericht, sondern das Prozeßgericht zu entscheiden ( O L G N ü r n b e r g , K T S 1967 247 = M D R 1968 148). N u r in bezug auf die verfahrensrechtliche Behandlung des Anspruchs hat das Vergleichsgericht die Frage des Beteiligtseins zu entscheiden (ebenso LG Osnabrück, K T S 1975 246). Es kann dabei nicht ohne eigene P r ü f u n g , z. B. bei Bestreiten des vom Gläubiger geltend gemachten Konkursvorrechts (§ 26 Abs. 1) den Gläubiger als beteiligt behandeln. Eine Aussetzung der Entscheidung des Vergleichsgerichts bis zu einer solchen des Prozeßgerichts über das Konkursvorrecht ist im Gesetz nicht vorgesehen. Eine solche Aussetzung wäre auch nicht möglich, wenn im Vergleichstermin über die G e w ä h r u n g des Stimmrechts zu entscheiden ist (§ 71 Abs. 2 V g l O ) , diese Entscheidung aber von der Einordnung der Gläubigerforderung nach § 25 V g l O oder nach § 26 Abs. 1 V g l O abhängt. Keine bindende Wirkung der gerichtlichen Entscheidung 11

V o n den Besonderheiten abgesehen, die hinsichtlich der Z u e r k e n n u n g des Stimmrechts gelten (§ 71 Anm. 35), haben die Entscheidungen des Vergleichsrichters keine bindende Wirkung. Sie binden nicht einmal diesen selbst (siehe z . B . § 7 1 Rdn. 36), geschweige denn andere Behörden, wie die Vollstreckungsorgane, Verwaltungsbehörden und das Prozeßgericht {Jaeger Lehrbuch S. 223, 224). U m g e k e h r t sind aber auch das Vergleichsgericht und das Beschwerdegericht bei der P r ü f u n g der verfahrensrechtlichen Beteiligung eines Gläubigers nicht an die Entscheidungen anderer Behörden gebunden. Ja, selbst die Entscheidung des Prozeßrichters gemäß § 49 über die Kostenlast bindet das Vergleichsgericht nicht in der Frage des Beteiligtseins, denn diese Frage war nur eine V o r f r a g e f ü r das Prozeßgericht, nicht aber Gegenstand der Rechtskraft.

B. Abgrenzung der Vergleichsgläubiger von den Nichtbeteiligten I. Begriff der Vergleichsgläubiger Inhalt des Begriffs 12

Der Begriff „Vergleichsgläubiger" nach § 25 Abs. 1 deckt sich im wesentlichen mit dem Begriff der Konkursgläubiger im Sinne der § § 3 , 6 1 Abs. 1 N r . 6 K O , also mit dem der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger. Dies wird bestätigt durch die Bestimmung des § 26 Abs. 1 (vgl. Begr. III S. 390). D e r Inhalt des Begriffs kann daher im Anschluß an Jaeger Lehrbuch § 39, Ziff. 3 dahin bestimmt w e r d e n : Vergleichsgläubiger sind, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, alle persönlichen Gläubiger, die einen erzwingbaren, bei E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s begründeten und aus dem V e r m ö g e n des Vergleichsschuldners zu erfüllenden auf Geldzahlung gerichteten oder in Geld umwandelbaren Anspruch haben (Bohle-Stammschräder Anm. 2 zu § 25 V g l O , Haegele S. 221, Jauernig, § 64 II, Vogels-Nölte Anm. I 1 ff zu § 25 V g l O ) . — Der Begriff der Konkursgläubiger, wie er sich aus § 3 Abs. 1 K O ergibt, ist ohne daß diese Umschreibung umformuliert w u r d e , durch die N e u f a s s u n g des § 59 Abs. 1 N r . 3 K O in der Fassung des Gesetzes über das Konkursausfallgeld vom 17. 7. 1974 (BGBl. I. S. 1481) insoweit nicht mehr zutreffend, als die dort genannten Ansprüche Masseansprüche sind. Zu Konkursforderungen werden diese Ansprüche erst mit dem Übergang auf die Bundesanstalt für Arbeit (vgl. § 59 Abs. 2 K O , § 141 m A F G , womit sie denn auch der Anmeldepflicht (§§ 138 ff K O ) und dem Prüfungsverfahren (§§ 141 ff K O ) unterliegen (vgl. Jaeger-Henckel Rdn. 8 zu § 3 K O und Mentzel-Kuhn Anm. 15 zu § 5 9 K O ) . 342

Grundsatz

Umfang des Begriffs Auch der Umfang des Begriffs der Vergleichsgläubiger findet seine notwendige 1 3 Ergänzung aus dem Konkursrecht. Die Vergleichsordnung verweist zwar nur in einzelnen Vorschriften (§§26 Abs. 1, 27 Abs. 1 S. 1, Abs. 2) auf die Konkursordnung. Darüber hinaus aber ist auf die Konkursordnung zurückzugreifen. Ist doch der Kreis der nichtbeteiligten Gläubiger in den §§ 26, 36 Abs. 1 nicht erschöpfend umschrieben. Die Vergleichsordnung erwähnt die Massegläubigerrechte nicht und hätte dies rechtstechnisch auch kaum befriedigend lösen können, da das Vergleichsverfahren keine „Vergleichsmasse" kennt und sich der Begriff nur auf gewisse Altschulden beziehen kann. Gleichwohl ist der Begriff im Vergleichsrecht nicht völlig zu entbehren (vgl. z. B. ArbG Arnsberg, KTS 1974 53, Einzelheiten unten Anm. 53). Sinngemäß anzuwenden ist die konkursrechtliche Bestimmung über die Behandlung der bis zur Eröffnung des Verfahrens aufgelaufenen Zinsen, der dem Gläubiger bis dahin erwachsenen Kosten und der Vertragsstrafen (§ 62 KO). — vgl. unten Rdn. 52. Vergleichsfähigkeit der Vermögensansprüche Vergleichsgläubiger können auch die Gläubiger solcher Ansprüche sein, die nach 1 4 sonstigen Vorschriften entweder gar nicht oder nur unter gewissen Voraussetzungen vergleichbar, insbesondere erlaßbar sind. Wenn auch der Zwangsvergleich im gewissen Sinne ein Vergleichsvertrag ist (§ 8 Anm. 2), so folgt doch aus unserem Absatz 1 die Vergleichsfähigkeit der Vermögensansprüche „aller" persönlichen Gläubiger des Schuldners. Für die Ansprüche aus der Gründerhaftung sowie die Ersatzansprüche gegen die Organe der Kapitalgesellschaften ist dies ausdrücklich bestimmt: §§ 9 II, 43 III 2, 64 II 2 G m b H G ; §§ 46, 48, 93, 116, 278 Abs. 3, 283 AktG. Gleiches muß aber z. B. trotz Fehlens eines entsprechenden Vorbehalts in § 66 AktG, § 19 G m b H G , § 22 GenG auch für die vom Schuldner zum Vermögen der Kapitalgesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft geschuldeten Einlagen gelten. Dies in der Weise, daß die Gesellschaft und die Genossenschaft nicht bloß vom Vergleich betroffen werden, sondern diesem auch selbst zustimmen können. Desgleichen sind auch öffentlich-rechtliche Ansprüche aus Hoheitsverhältnissen, soweit sie nicht entsprechend § 61 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 K O bevorrechtigt sind, zufolge § 25 Abs. 1 dem Vergleichsverfahren unterstellt. Ferner unterstehen dem Vergleichsverfahren ältere tariflich unabdingbare Lohnansprüche, gleichviel, ob das Arbeitsverhältnis bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens noch fortbesteht oder bereits beendet ist. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zum Vergleichsvorschlag enthält keinen „Verzicht auf tariflich entstehende Rechte". Zustimmung des vorläufigen Verwalters hier nicht von Bedeutung Ein der Bestimmung des § 25 Abs. 1 unterfallender Vermögensanspruch bleibt auch 1 5 dann Vergleichsforderung, wenn der Vergleichsschuldner die erst während des Vorverfahrens (§§ 11 f) begründete Verbindlichkeit mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters eingegangen ist. Handlungen des vorläufigen Verwalters begründen im nachfolgenden Konkurs keine Masseschuld im Sinne des § 59 Abs. 1 Ziff. 1 K O (BGHZ 23 307). Dies gilt auch dann, wenn dieser gemäß § 12 mit den Befugnissen aus § 57 betraut gewesen ist (Jaeger-Henckel Rdn. 31 zu § 3 KO). Eine Ausnahme besteht lediglich für ein im Vorverfahren mit Zustimmung des Verwalters aufgenommenes „Verwaltungsdarlehn" (§ 106) - vgl. hierzu: B G H Z 32 268 = KTS 1960 138 = BB 1960 77 = N J W 1960 1456, Jaeger-Henckel aaO. — Den vorläufigen Verwalter trifft daher, wenn er die 343

III. A b s c h n i t t : V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

Kassenführung (§ 57 Abs. 2) übernommen hat, will er sich nicht Ersatzansprüchen gemäß § 42 aussetzen, die Verpflichtung, den Erlös aus dem Verkauf von EV-Waren auf ein Sonderkonto — getrennt von dem Konto der „freien Vergleichsmasse" — zu nehmen (vgl. L G Köln, K T S 1967 251 und A G Löhningen, K T S 1968 63 mit Anm. Schriftleitung). - Siehe auch B G H Z 67, 223 = K T S 1977 106. II. Persönliche Gläubiger Schuld und Haftung 16

N u r persönliche Gläubiger, und zwar nur solche, die einen Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, können Vergleichsgläubiger sein. Das Wesen des Vermögensanspruchs ist seine Beziehung auf das Vermögen des Schuldners als Befriedigungsobjekt bei Unterbleiben freiwilliger Leistung (unten 24). Diese — übrigens materiellrechtliche — Beziehung einer Schuld auf das Vermögen des Schuldners als Befriedigungsobjekt heißt Haftung. Solche „ H a f t u n g mit" (nämlich dem Vermögen) kommt auch vor, wenn der Schuld kein Anspruch auf Leistung gegenübersteht. Und auch dort, wo sie sich aus eine Schuldverpflichtung gründet, wie eben bei den Vermögensansprüchen, sind „ H a f t u n g mit" und Schuldverpflichtung (Verbindlichkeit) auseinanderzuhalten. In der Gesetzes- und Rechtssprache werden freilich die Ausdrücke Schuldverbindlichkeit und Haftung oft gleichgesetzt. Dann bedeutet Haftung aber dasselbe wie Verpflichtetsein zu einer Leistung („Haftung für"), nicht „ H a f t u n g mit". Die Haftung ist entweder eine solche mit dem Vermögen, sei es mit dem ganzen oder mit einem haftungsrechtlich abgegrenzten Sondergut (z. B. Nachlaß, Konkursmasse): sog. persönliche Haftung. Oder es wird für eine Schuld gehaftet speziell — möglicherweise sogar allein — mit einem von vornherein individuell bestimmten Gegenstand oder einem Inbegriff von solchen (z. B. §§ 1120 ff B G B ) : sog. sächliche oder, weil meist auf dinglichem Recht beruhend, dingliche Haftung. Persönliche Haftung — dingliche Haftung

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Persönliche Haftung steht im Gegensatz zur dinglichen Haftung. Bei beiden Arten wird freilich nur mit Vermögensgegenständen gehaftet. Bei der persönlichen Haftung ist aber die Beziehung des Gläubigers zu den Haftungsobjekten — daher ihr N a m e — eine lediglich durch die Person des Schuldners vermittelte. Deshalb bilden hier, von der Gläubigeranfechtung abgesehen, nur solche Gegenstände Haftungsobjekt, die im Zeitpunkt des jeweiligen Zwangszugriffs (noch) zu dem der Haftung unterliegenden Vermögen des Schuldners gehören, gleichgültig ob sie schon zur Zeit der Begründung der Verbindlichkeit dazu gehörten oder erst später dazu gekommen sind. Und der einzelne Gläubiger hat dabei nicht von vornherein eine Vorzugsstellung vor anderen, kann vielmehr eine solche nur und erst durch den Zwangszugriff erwerben. Im Unterschied dazu gewährt die dingliche Haftung dem Gläubiger an einem von vornherein individuell bestimmten Gegenstand oder einem Inbegriff von solchen eine Vorzugsstellung vor anderen Gläubigern, soweit diese nicht einen besseren Rang (z. B. ein vorgehendes Pfandrecht an dem Gegenstand) haben. Sie kann auch von einer persönlichen Verpflichtung des Inhabers des Haftungsgegenstandes unabhängig sein (z. B. Grundschuld, dingliche Haftung für fremde Verbindlichkeit) und dauert, soweit nicht Vorschriften des Verkehrsschutzes eingreifen (z. B. §§ 936, 982, 1138 BGB), auch bei Einzelrechtsnachfolge in den Haftungsgegenstand fort. Sie gibt, vorbehaltlich der §§28, 48, 87, 104, ein gegenüber dem Vergleichsverfahren und dem Zwangsvergleich durchgreifendes Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den Haftungsgegenständen (§ 27). Dies auch, soweit dingliche Haftung ausnahmsweise an einem Sondervermögen 344

Grundsatz

zugunsten einer Vielheit konkurrierender Gläubiger, wie z. B. der Schiffsgläubiger ( § S 754 ff H G B , BinnenschiffahrtsG § S 102 ff), besteht. Ein Sondervergleichsverfahren ( S 2 Anm. 10) ist hier, eben wegen der dinglichen Haftung, nicht möglich. Beschränkte persönliche Haftung; funktionell beschränkte Haftung Die persönliche H a f t u n g ist regelmäßig unbeschränkt: Der Schuldner haftet unter- 1 8 schiedslos mit seinem ganzen (gegenwärtigen wie künftigen) Vermögen. Ausnahmsweise haftet der Schuldner nur beschränkt. Die beschränkte persönliche Haftung kann rechnerisch, gegenständlich oder funktionell beschränkt sein. Bei rechnerisch beschränkter ist in Wahrheit die Verbindlichkeit des Schuldners beschränkt, die H a f tung aber, da sie alles Vermögen des Schuldners umfaßt, unbeschränkt. Echte Beschränkung der persönlichen H a f t u n g liegt dagegen bei der gegenständlich beschränkten vor (Haftung cum, nicht pro viribus). Beide Arten wirken sich in verschiedenen Richtungen auch im Vergleichsverfahren aus (vgl. unten Anm. 19). Funktionell beschränkte Haftung besteht z. B. bei den Personalhandelsgesellschaften, wo das Gesellschaftsvermögen nur für die Geschäftsschulden ( S S 124 Abs. 2, 161 HGB), nicht für die Privatschulden der persönlich haftenden Gesellschafter haftet. Die funktionell beschränkte H a f t u n g ist keine gegenständlich beschränkte, da der Schuldner dem funktionell beschränkten Gläubiger im übrigen mit seinem ganzen Vermögen haftet, von dem eben nur eine bestimmte Sondermasse ausgenommen ist. Rechnerisch beschränkte Haftung Die rechnerisch beschränkte Haftung beeinflußt die Vergleichsgläubigerstellung in 19 zwei Fällen: a) bei der Haftung der Kommanditisten. Dieser haftet gemäß §171 I H G B für die Gesellschaftsschulden mit seinem ganzen Vermögen, aber nur in H ö h e seiner rückständigen Einlage. Ausnahme § 176 HGB. Während aber im Konkurs des Kommanditisten, falls nicht auch die Kommanditgesellschaft selbst im Konkurs steht (dann $171 II HGB), jeder Gesellschaftsgläubiger seine Forderungen anmelden kann und nur die mehreren Gesellschaftsforderungen, soweit sie zusammen die H ö h e des Einlagerückstandes übersteigen, verhältnismäßig gekürzt werden (Jaeger-Henckel Rdn. 15 zu $ 3 KO), kann im Vergleichsverfahren des Kommanditisten lediglich die Gesellschaft, auch wenn sie selbst nicht im Konkurs ist, unter Ausschluß der Gesellschaftsgläubiger Vergleichsgläubigerstellung haben. Die Gesellschaftsgläubiger bleiben zwar während des Verfahrens in den Grenzen des S 54 zur Aufrechnung befugt. Die Verfahrensbefugnisse aber, namentlich das Stimmrecht und die Widerspruchsbefugnis, stehen allein der Gesellschaft zu. Kommt es zu einem bestätigten Vergleich, so hat der Kommanditist, auch wenn der Betrag der Hafteinlage anerkannt ist ( S 85 Abs. 1), noch immer freie Wahl, an wen er die Vergleichsquote auszahlen will. Er kann an die Gesellschaft leisten (§171 Abs. 1 Halbs. 2 HGB) oder nach seiner Wahl an die einzelnen Gesellschaftsgläubiger (Einzelheiten: Anm. 13 zu S 110). b) bei mehrfacher Gläubigeranfechtung ein und derselben Rechtshandlung gegenüber dem Vergleichsschuldner (als Anfechtungsgegner), wenn die Forderungen der mehreren Anfechtungsgläubiger gegen den Urschuldner den Wert des anfechtbar Erlangten übersteigen. Die Anfechtungsansprüche sind, soweit sie nicht bereits auf Wertersatz gehen, gemäß S 34 in Geld zu schätzen. Vor der Zuerkennung von Stimmrechten ist zunächst festzustellen, ob überhaupt und zu welchem Betrag insgesamt die sonstigen Beteiligten, und bei Widerspruch eines von ihnen, das Gericht eine Rückge345

§25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

währpflicht des Schuldners annimmt. Wird eine solche überhaupt verneint, so kann ein Stimmrecht für keinen der Anfechtungsgläubiger in Betracht kommen. Wird sie bejaht, dann werden unter Zugrundelegung jenes angenommenen Betrags die Ansprüche derjenigen Anfechtungsgläubiger, die für ihre Person als stimmberechtigt erachtet werden, für die Abstimmung verhältnismäßig gekürzt. In der Stimmabgabe sind die Gläubiger unabhängig voneinander. Jedes einzelne Rückgewährschuldverhältnis ist selbständig (Böhle-Stamscbräder Anm. V 1 zu § 7 AnfG). Doch kann ein Stimmrecht nur einem Gläubiger zuerkannt werden, der seinen Anfechtungsanspruch inzwischen durch Klage geltend gemacht hat (§ 9 AnfG). Die Forderungsanmeldung (5 67) ersetzt die Leistungs- oder Duldungsklage nicht. Ein Schuldtitel braucht zur Gewährung eines Stimmrechts nicht vorzuliegen. Soweit ein Anfechtungsgläubiger eine den Wirkungen der Rückschlagsperre des § 28 nicht unterliegende Deckung, sei es Befriedigung oder Sicherung, erlangt hat, verdrängt er die übrigen Anfechtungsgläubiger (vgl. B G H , K T S 1959 45 = M D R 1959 279 = N J W 1959 673). V o m letzteren Fall abgesehen hat es der Schuldner bei der Vergleichserfüllung noch immer in der Hand, welchen der mehreren Anfechtungsgläubiger er nach Vergleichsabschluß befriedigen will, denn der Anfechtungsgegner hat volle Rückgewähr nur einmal zu leisten (Böhle-Stamscbräder Anm. V 4 zu 5 7 AnfG). Insgesamt braucht der Vergleichsschuldner nicht mehr als die Vergleichsquote für den Wert des anfechtbar Erlangten insgesamt zu leisten. Doch wird dabei vorausgesetzt, daß der Vergleichsgläubiger, an den er leistet, auch wirklich anfechtungsberechtigt war (vgl. Verfasser Handbuch § 79 V I 3). — Für den Fall der Konkurseröffnung über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners wird das Anfechtungs-(Rückgewähr-)Recht zum Bestandteil der Konkursmasse und vom Konkursverwalter ausgeübt (§ 36 K O ) . Den Einfluß der Konkurseröffnung auf von Einzelgläubigern zuvor angestrengte Anfechtungsprozesse regelt § 13 AnfG. Zu beachten ist jedoch, daß das Anfechtungsrecht von Einzelgläubigern, deren Ansprüche im Konkurs Aus- oder Absonderungskraft haben, durch $ 13 Abs. 3 A n f G nicht erfaßt wird (vgl. Mentzel-Kubn Anm. 11 zu § 47 K O ) . Gegenständlich beschränkte Haftung 20

Die gegenständlich beschränkte Haftung kann vergleichsrechtlich

verschiedene

Gestaltungen ergeben. a) In gewissen Fällen kann sie zu einem Sondervergleichsverfahren führen (§ 2 Anm. 10); so namentlich nach den § § 1 1 3 , 114, wo ein solches auch noch nach Eröffnung eines Gesamtvergleichsverfahrens über das Vermögen des Erben oder des in fortgesetzte Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten zulässig ist, soweit nicht etwa dem Schuldner der Antrag auf ein solches Verfahren zufolge des § 113 Abs. 1 Ziff. 3 verschlossen ist (vgl. L G Osnabrück, K T S 1962 126 mit Anm. Verfasser). b) D o r t aber, wo, wie z. B. in Fällen der § § 4 1 9 , 1480, 1504 B G B , ein Sondervergleichsverfahren ausgeschlossen ist, weil es an der rechtlichen Möglichkeit fehlt, die Vermögensmasse dem Zugriff derjenigen Gläubiger zu entziehen, denen der Schuldner persönlich unbeschränkt haftet, bleibt kein anderer Ausweg als der einer verschieden zu bemessenden Vergleichsquote für die beiden Gläubigerkategorien. Soweit in solchen Fällen der Schuldner im bestätigten Vergleich gegenüber denjenigen Vergleichsgläubigern, denen er gegenständlich beschränkt haftet, keine unbeschränkte Haftung übernimmt, kann er, und zwar auch nach Wegfall der Vergleichsschranken (§§ 9, 88, 89 I), noch immer die Haftungsbeschränkung geltend machen (§§ 786, 781 Z P O ) . c) Besonderes gilt im Vergleichsverfahren des Vermögens- oder Erbschaftsnießbrauchers. Hier steht den Altgläubigern des Bestellers (§ 1086 B G B ) trotz des Nieß-

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Grundsatz

§25

brauchs der Sonderzugriff auf die Nießbrauchsgegenstände gemäß §§ 737 ff, 794 II Z P O zu. Sie vollstrecken hierbei, ohne daß es einer Gläubigeranfechtung bedürfte, als Gläubiger des Bestellers, nicht des Nießbrauchers. Deshalb sind sie auch nicht V e r gleichsgläubiger und weder den Rückschlagsperrwirkungen noch dem Vollstreckungsverbot unterworfen. Grundverhältnis Das Grundverhältnis, auf dem der Anspruch beruht, braucht keineswegs ein schuld- 21 rechtliches, sondern kann auch ein Sachen-, familien-, erb- oder mitgliedschaftsrechtliches sein. Immer aber muß der Anspruch selbst schuldrechtlicher Art sein. Deshalb bilden zwar die schuldrechtlichen Ansprüche aus Sachenrechten, z. B. wegen unterlassenen Fruchtbezugs und Unmöglichkeit der H e r a u s g a b e (§§ 987 ff BGB) sowie der Anspruch auf Beseitigung einer vom Schuldner vor V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g bewirkten Beeinträchtigung im Sinne der §§ 1004, 1027, 1065 BGB eine Konkurs- und damit eine Vergleichsforderung ( M e n t z e l - K u h n Anm. 8, 10, Jaeger-Henckel Rdn. 16, je zu § 3 K O ) . Dagegen gewähren die dinglichen Ansprüche, z. B. auf Herausgabe (§ 985 BGB) oder auf Befriedigung aus dem G r u n d s t ü c k (§§ 1113, 1191, 1199 BGB) vorbehaltlich der Vorschriften über die Rückschlagsperre (§§ 28, 87, 104) und den vorläufigen Vollstreckungsschutz (§ 13) ein vom Vergleichsverfahren unberührtes Recht auf Aussonderung oder abgesonderte Befriedigung. Aussonderungskraft können auch schuldrechtliche Ansprüche haben, wenn sie auf H e r a u s g a b e (z. B. §§ 556, 581 Abs. 2, 604 Abs. 1 BGB), nicht auf V e r s c h a f f u n g gehen ( M e n t z e l - K u h n Anm. 61 zu § 43 K O ) . Mitgliedschaftsrechte W ä h r e n d schuldrechtliche Ansprüche, die auf der Mitgliedschaft zu einem Perso- 2 2 nenverband beruhen, wie z. B. der Anspruch des Aktionärs auf die ordnungsmäßig ausgeworfene, aber noch nicht erhobene Dividende (§§ 58 ff AktG), Vergleichsforderungen sind, gilt dies nicht f ü r die Mitgliedschaftsrechte an sich. D e r Aktionär kann seine Einlage nicht herausverlangen (§ 57 Abs. 1 AktG). Bei den Handelsgesellschaften stellen die Geschäftsanteile der Teilhaber nicht Forderungen an die Gesellschaft, sondern die H a u p t u n t e r l a g e des Kredits der Firma dar (Jaeger Lehrbuch S. 52 f, Jaeger-Henckel Rdn. 18 zu § 3 K O ) . — Einzelheiten müssen der Kommentierung der §§ 108 ff vorbehalten bleiben. Die stille Gesellschaft Die stille Gesellschaft ist nicht vergleichsfähig (§ 2 Anm. 8). Ein Vergleichsverfah- 2 3 ren kann nur über das V e r m ö g e n des Geschäftsinhabers oder des stillen Teilhabers e r ö f f n e t werden. Ein Konkurs des Geschäftsinhabers oder des Stillen würde die Gesellschaft auflösen (§ 728 BGB). Die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens über das V e r m ö gen eines der beiden Gesellschafter f ü h r t zu einer solchen W i r k u n g nicht ( R G Z 147 340 = K u T 1935 126 = J W 1935 2362 mit Anm. Vogels), da es an einer den § 728 BGB, § 3 4 1 H G B entsprechenden Regelung fehlt ( B G H Z 51 350 = K T S 1969 241 = N J W 1969 1211). — W e n n auch der Gesellschaftsvertrag kein gegenseitiger Vertrag in dem Sinne ist, daß die Vertragspartner gegenseitig Leistungen austauschen, so doch in dem Sinne, daß die Gesellschafterpflichten in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Die Leistung eines jeden Gesellschafters wird geschuldet, weil auch die des anderen geschuldet wird {Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 36 VglO). Das aber genügt f ü r die A n w e n d u n g des § 36 V g l O . Jeder Gesellschafter kann nach vorheriger Ermächti347

§25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

gung durch das Vergleichsgericht (§ 50 VglO) die Erfüllung oder weitere Erfüllung des Gesellschaftsvertrages ablehnen und den Partner auf den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 52 VglO) verweisen ( B G H Z 51 350 = KTS 1969 241 = N J W 1969 1211). Dem folgt in der Abhandlung „Insolvenzrecht der stillen Gesellschaft", KTS 1977 1 bis 22 und 65 bis 80, auch Karsten Schmidt in bezug auf das Recht des stillen Gesellschafters, soweit dieser noch zu geldwerten Beitragsleistungen (etwa zu Dienstleistungen) verpflichtet ist (KTS 1977 75), lehnt das Recht jedoch für den im Vergleichsverfahren befindlichen Unternehmensträger ab (KTS 1977 75 bis 80). Die h. M. folgt der Rechtsprechung des B G H (vgl. z . B . Kuhn W M 1971 1038/1051, Uhlenbruch: G m b H u. Co KG, S. 374, Schilling GrossKomm. Rdn. 17 zu § 341 HGB). Zu unterscheiden ist zwischen dem Mitgliedschaftsrecht der beiden Gesellschafter, d. h. des Stillen und des Geschäftsinhabers (Unternehmensträgers) und den sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden einzelnen Rechten und Pflichten. Aus den Mitgliedschaftsrechten als solchen folgt keine Vergleichsforderung (vgl. entsprechend zum Konkursrecht: Jaeger-Henckel Rdn. 18 zu § 3 K O , zum Vergleichsrecht oben Rdn. 22 zu § 25 VglO). a) Im Vergleichsverfahren über das Vermögen des stillen Gesellschafters ist der Geschäftsinhaber (Unternehmensträger) zufolge § 36 VglO kein Vergleichsgläubiger. Er wird jedoch wegen seiner Ansprüche auf Leistung der Einlage (§ 335 HGB) und auf Deckung des Verlustanteils bereits abgewickelter oder im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung (§ 21 VglO) schwebender Geschäfte (§ 337 Abs. 2 HGB), wie weiter wegen seiner Ansprüche auf geldwerte Beitragsleistungen des Stillen (z. B. Dienstleistungen) auf den Schadensersatzanspruch nach § 52 V g l O verwiesen, wenn der Vergleichsschuldner nach vorheriger Ermächtigung des Vergleichsgerichts die Erfüllung ablehnt (§ 50 VglO). Ermächtigung und Erfüllungsablehnung beziehen sich nur auf noch ausstehende Leistungen des stillen Gesellschafters. Nicht aber folgt daraus ein Recht auf Rückforderung etwa bereits geleisteter Geschäftseinlage. Der Bestand des Gesellschaftsverhältnisses an sich wird nicht berührt, wie denn in der Ablehnung noch keine Kündigung nach § 339 H G B liegt (vgl. Scblegelberger-Gessler Anm. 14 zu § 339 HGB, Schilling Großkomm., Rdn. 17 und 20 zu § 341 HGB, Karsten-Schmidt KTS 1977 72/ 75). Eine fristlose Kündigung — die Eröffnung des Vergleichsverfahrens an sich gibt ein solches Recht nicht — kann zu Schadensersatzansprüchen führen, die wie die Ansprüche nach § 52 VglO eine Vergleichsforderung bilden, da sie auf den Vermögensverfall des Schuldners zurückzuführen sind, mag auch die Kündigungserklärung erst nach dem Zeitpunkt des § 21 V g l O ausgesprochen sein (vgl. B G H Z 51 350 = KTS 1969 241/243). b) Im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Geschäftsinhabers (Unternehmensträgers) ist entsprechend der stille Gesellschafter kein Vergleichsgläubiger (§ 36 VglO). Mit der Erfüllungsablehnung (§ 50 VglO) erwächst dem Stillen ein Schadensersatzanspruch mit der sich aus § 52 Abs. 1 S. 2 VglO ergebenden Stellung. Der stille Gesellschafter hat noch Anteil an dem Ertrag der zur Zeit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens schwebenden, nicht aber erst der später begonnenen Geschäfte (vgl. R G Z 120 410; B G H , W M 1960 13). Mit dem Fortbestehen der stillen Gesellschaft nimmt jeder der Gesellschafter, mithin auch der Stille an der Besserung der Vermögenslage, wie sie sich mit der Erfüllung des bestätigten Vergleichs (§ 78 VglO) ergibt, teil (BGHZ 51 350 = KTS 1969 241, 242). 348

Grundsatz

Die in der 3. Aufl. dieses Kommentars vertretene zum Teil abweichende Rechtsauffassung wird nicht aufrechterhalten. III. Nur Vermögensansprüche können die Vergleichsgläubigerstellung begründen Wesen der Vermögensansprüche Das Wesen der Vermögensansprüche ergibt sich aus der Haftung. Von persönlicher 2 4 „Haftung mit" zu sprechen, hat nur dort Sinn, wo Schuldnervermögen das Befriedigungsobjekt bei Unterbleiben der freiwilligen Leistung des Schuldners ist (oben 16). Die „ H a f t u n g mit" ist freilich keineswegs auf Geldansprüche beschränkt. Vielmehr kann der Anspruch auch auf Leistung von Sachen oder anderen Vermögenswerten gehen. N u r müssen es Leistungen sein, deren Erfolg zwangsweise aus oder mit dem Vermögen des Schuldners bewirkt werden kann. Wer wie der Mieter, Verwahrer, Entleiher einen Gegenstand herauszugeben hat, der nicht zu seinem Vermögen gehört, haftet für diesen Herausgabeanspruch nicht mit seinem Vermögen; eine „Haftung mit" kann insoweit nur hinsichtlich des etwaigen Ersatzanspruchs in Betracht kommen (vgl. unten Anm. 28, 29). Deshalb bilden persönliche wie dingliche Ansprüche auf Herausgabe eines nicht zum Schuldnervermögen gehörenden Gegenstandes keine Vergleichsforderung. Wohl aber sind Vergleichsforderungen die Ansprüche auf Begründung oder Übertragung von Rechten am Schuldnervermögen. Sie lassen sich in einen Geldanspruch umwandeln. Der Vermögensanspruch kann demnach bestimmt werden als Anspruch auf einen aus dem Vermögen des Schuldners beitreibbaren Leistungserfolg. Fixierung in Geld Das Vergleichsverfahren bezweckt, anders als der Konkurs, keine Zwangsbefriedi- 2 5 gung, untersteht aber wie der Konkurs dem Grundsatz der — freilich mit Mehrheitsbeschluß abdingbaren — Gleichbehandlung der Gläubiger (§ 8). Das erfordert auch hier eine Fixierung der Ansprüche in Geld, genauer in deutscher Währung. Deshalb müssen sie, soweit sie nicht von vornherein darauf gehen, auf einen festen Geldbetrag in Deutscher Mark umgestellt (§§ 34, 35), vgl. dazu für das Konkursverfahren hinsichtlich der Umrechnung: LG Mönchengladbach, K T S 1976 67, und, soweit sie betagt sind, als fällig behandelt werden (§ 30). Forderungen unter auflösender Bedingung nehmen nach § 31 am Vergleichsverfahren wie unbedingte teil (Einzelheiten: Erläuterungen zu diesen Bestimmungen). Erzwingbarkeit der Forderung; verjährte Forderungen Die Beteiligung am Vergleichsverfahren setzt die Erzwingbarkeit der Forderung im 2 6 Wege des staatlichen Rechtsschutzes voraus. Die Forderung muß klagbar und mittels Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Vergleichsschuldners verfolgbar sein. Die sog. unvollkommenen Verbindlichkeiten, wie der Anspruch des Ehemäklers (§ 656 BGB), die Ansprüche aus Spiel, Wette oder Differenzgeschäft (§§ 762—764 BGB) und der Anspruch aus unverbindlichen Börsentermingeschäften (§§ 53 ff BörsenG) sind als unklagbare Forderungen keine Vergleichsforderungen. Gleiches gilt für die Ansprüche aus Wechseln, Schuldanerkenntnissen oder anderen Schuldverhältnissen, die zur Erfüllung solcher unklagbaren Verbindlichkeiten eingegangen sind (§§ 656 Abs. 2, 762 Abs. 2 BGB, § 59 BörsenG). — vgl. Jaeger-Henckel Rdn. 9, Mentzel-Kuhn Anm. 25, je zu § 3 KO. Ein verjährter Anspruch dagegen ist an sich klagbar. Er kann — wie im Konkurs — so auch im Vergleichsverfahren angemeldet werden. Soweit kein rechtskräftiges Urteil 349

§25

III. A b s c h n i t t : V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

vorliegt, das dem Schuldner verwehrt, die Einrede der V e r j ä h r u n g zu erheben, hängt es vom Vergleichsschuldner ab, ob er diese Einrede erheben und die F o r d e r u n g im Vergleichstermin bestreiten will (§ 71 Abs. 1 S. 1 VglO). D e n Vergleichsverwalter trifft die Pflicht, bei begründeter Verjährungseinrede des Vergleichsschuldners auch dann die F o r d e r u n g zu bestreiten, wenn dies vom Vergleichsschuldner selbst oder seinem Vertreter (vgl. § 68 Abs. 2 V g l O ) übersehen werden sollte (siehe auch Rdn. 17 zu § 71 VglO). V o m Zeitpunkt der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens ab (§ 21) ist die Verjährung der Ansprüche der Vergleichsgläubiger gehemmt (§ 55). D e r Zeitraum vom Beginn bis zur Beendigung der H e m m u n g ist nach § 205 BGB in die Verjährungsfrist nicht einzurechnen. H i e r genügt, ohne die Beendigung der V e r j ä h r u n g s h e m m u n g zu erörtern (dazu vgl. § 55), darauf hinzuweisen, daß das Vergleichsgericht bei seiner Stimmrechtsentscheidung f ü r den Fall des Bestreitens einer verjährten Vergleichsforderung die V e r j ä h r u n g s h e m m u n g zu berücksichtigen hat (§ 71 Abs. 2). Hinsichtlich der V e r j ä h r u n g von Steuerforderungen gelten §§ 228 ff A O 1977 (§ 232 A O 1977). V e r j ä h r t e Steuerforderungen sind mithin keine Vergleichsforderungen {Bohle-Stamschräder Anm. 3 zu § 25 V g l O ) .

27

Ansprüche auf ersetzbare Handlungen Ansprüche auf ersetzbare Handlungen, d. h. auf solche, die ein Dritter ebensogut wie der Schuldner vornehmen kann, wie z. B. der Abbruch eines Gebäudes, die Instandsetzung einer H e i z u n g o d e r eines Fahrstuhls sind nach Maßgabe des § 887 Z P O zu vollstrecken (vgl. dazu Egon Schneider M D R 1975 279). Auch diese Ansprüche sind Vermögensansprüche, weil bei ihnen der Vollstrekkungszwang sich auf das V e r m ö g e n des Schuldners richtet. Vergleichsforderungen sind sie schon, wenn der Anspruch bei der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§21) bereits begründet war. Nicht ist dazu erforderlich, daß vor diesem Zeitpunkt die Vollstreckbarkeit des Anspruchs eingetreten und dem Gläubiger die Ermächtigung zur Ersatzvornahme erteilt worden war. G e m ä ß § 34 sind sie in Geld auf den Betrag umzurechnen, den eine Ersatzvornahme verursacht. D a der ermächtigende Beschluß des Gerichts aus § 887 Z P O den Schuldner an der Erfüllung nicht hindert (vgl. R G Z 104 15), kann im Einzelfall die V o r n a h m e der H a n d l u n g f ü r den Vergleichsschuldner immer noch vorteilhafter sein als die Zahlung der Vergleichsquote auf den Umrechnungsbetrag (ebenso f ü r die konkursrechtliche Frage der Erfüllung durch den Konkursverwalter: Jaeger-Henckel Rdn. 22 zu § 3 K O ) . Im Vergleichsverfahren des U n t e r n e h m e r s ist hinsichtlich des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges die Vollstreckungsmöglichkeit aus § 887 Z P O nicht etwa durch den dem Gläubiger aus § 87 c Abs. 4 H G B zustehenden Anspruch ausgeschlossen ( O L G H a m m , N J W 1965 1387). Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges ist mithin ein nach § 34 u m z u r e c h n e n d e r Vermögensanspruch. — Der Anspruch auf Befreiung von einer Schuld (§ 257 BGB) — vgl. Rimmelspacher J R 1976 89 — geht primär nicht auf eine G e l d f o r d e r u n g , sondern auf ein ersetzbares T u n , dessen Erfolg durch Zwangsersatzvornahme (§ 887 Z P O ) erwirkt wird ( R G Z 150 80; B G H Z 25 1/7). Er ist nicht nach §§ 803 ff Z P O zu vollstrecken (vgl. K G , M D R 1970 1018/1019, Jaeger-Henckel Rdn. 23 zu § 3 K O ) . — W i r d dieser Anspruch an den betreffenden Gläubiger abgetreten, so verwandelt er sich in einen Zahlungsanspruch ( B G H Z 12 136). Dieser ist, sofern der vorliegende Titel dazu bestimmt genug ist, nach §§ 803 ff Z P O vollstreckbar (vgl. O L G H a m m , Rpfleger 1963 248). 350

Grundsatz

§ 25

Hinweise: Zu Fragen der A u f r e c h n u n g siehe Rdn. 10 zu § 54 V g l O . — Z u r Befreiung des Vergleichsschuldners auch gegenüber vertraglichen Freistellungsansprüchen eines Bürgen oder eines Sicherungszedenten mit der Zahlung der Vergleichsquote an den Gläubiger siehe B G H Z 55 117 = K T S 1971 201/204. — Einzelheiten Rdn. 1 und 3 zu § 33 V g l O . Ansprüche auf nicht ersetzbare Handlungen Keine Vergleichsforderungen bilden Ansprüche auf nicht ersetzbare, nicht vertret- 2 8 bare Handlungen. Bei diesen, ausschließlich vom Willen des Schuldners selbst abhängigen H a n d l u n g e n beschließt das Prozeßgericht erster Instanz auf Antrag des Gläubigers die Z w a n g s m a ß n a h m e n (§ 888 Abs. 1 Z P O ) , die den Schuldner zu der H a n d l u n g anhalten sollen. Keine Vergleichsforderungen sind mithin z. B. die Ansprüche auf Rechnungslegung (vgl. dazu O L G Neustadt, M D R 1965 298 N J W 1965 257), auf Ausstellung eines Zeugnisses (vgl. dazu f ü r den G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r : H. Mohrbutter BB 1967 1354). Ansprüche dieser Art lassen sich nicht in einen Geldanspruch umwandeln. D e r Z w a n g richtet sich gegen die Person des Schuldners (Jaeger-Henckel Rdn. 24 zu § 3 K O ) . Ist eine Geldstrafe angedroht und festgesetzt, so fällt sie nicht dem Gläubiger, sondern dem Staate zu (vgl. O L G Köln, J Z 1967 762 zur Frage des Rückforderungsrechts des vom Schuldner zur Abwendung der Vollstreckung gezahlten Zwangsgeldes. D a z u Anm. Baur]Z 1967 763). V o n den Ansprüchen auf nicht ersetzbare, nicht vertretbare H a n d l u n g e n sind diejenigen auf Abgabe einer Willenserklärung zu unterscheiden. H i e r wird das Ziel der Vollstreckung ohne Z w a n g gegen die Person oder das V e r m ö g e n des Schuldners durch eine gesetzliche Fiktion erreicht (§ 894 Z P O ) . H ä n g t die Willenserklärung von einer Gegenleistung ab, ist z. B. eine Auflassungserklärung nur gegen Zahlung des Kaufpreises abzugeben, so gilt diese erst als abgegeben, wenn von dem rechtskräftigen Titel eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt wird, was nur geschehen kann, wenn u r k u n d lich feststeht, daß der Schuldner wegen der Gegenleistung befriedigt ist oder sich im Annahmeverzuge befindet (§§ 894 Abs. 1 S. 2, 726 Abs. 2 Z P O ) . Ist das im Zeitpunkt der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g der Fall, greifen §§ 36, 50 ein. — Z u r Vollstreckung von Ansprüchen auf Abgabe einer Willenserklärung siehe z. B. die Darstellung bei Arwed Blomeyer Vollstreckungsverfahren 1975, § 90 I bis VI. Unterlassungsansprüche; Schadensersatzansprüche wegen Zuwiderhandlung Auch Ansprüche auf Unterlassung sind keine Vergleichsforderungen, ebenso 2 9 keine K o n k u r s f o r d e r u n g e n (vgl. Jaeger-Henckel Rdn. 27 zu § 3 K O ) . Sie können, selbst wenn sie vermögensrechtlichen C h a r a k t e r haben, nur durch Zwangseinwirkung auf die Person des Pflichtigen (§ 890 Z P O ) , nicht durch Beitreibung aus dessen V e r m ö g e n verwirklicht werden. H i e r u n t e r fallen z. B. die Ansprüche auf Unterlassung von Einwirkungen auf ein N a c h b a r g r u n d s t ü c k (§ 906 BGB), auf Unterlassung des N a m e n s - , Firmen- oder Warenzeichenmißbrauchs (§§ 12 BGB, 37 Abs. 2 H G B , 24, 25 W Z G ) . Eine Dauerverpflichtung, z. B. die des Vergleichsschuldners auf Beheizung von Mieträumen, hat zwar mit dem Unterlassen gemeinsam, daß eine geschehene Verletzung nicht wieder beseitigt werden kann, eine nachträgliche Erfüllung unmöglich ist. Deshalb nun aber die Bestimmung des § 890 Z P O hier entsprechend anzuwenden (so O L G H a m m , JMB1. N R W 1962 196) erscheint bedenklich, da es Sache des Gläubigers ist, f ü r eine den Leistungserfolg der geschuldeten positiven H a n d l u n g garantierenden Ersatzvornahme (§ 887 Z P O ) zu sorgen (vgl. Jauernig § 27 II, Arwed Blomeyer § 91 II). 351

§ 25

III. A b s c h n i t t : V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

W o h l aber k a n n aus den S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e n w e g e n Z u w i d e r h a n d l u n g gegen das G e b o t auf Unterlassung eine V e r g l e i c h s f o r d e r u n g erwachsen. V o r a u s s e t z u n g d a f ü r ist, daß die Z u w i d e r h a n d l u n g e n vor dem aus § 21 V g l O ersichtlichen Z e i t p u n k t lagen. E r s a t z a n s p r ü c h e w e g e n späterer V e r s t ö ß e sind dagegen am Vergleichsverfahren nicht beteiligt (vgl. unten R d n . 38). — Z u den entsprechenden Fragen im K o n k u r s r e c h t siehe Jaeger-Henckel R d n . 27, Mentzel-Kuhn A n m . 20, je zu § 3 K O . — Gestaltungsrechte 30

Gestaltungsrechte bilden als Rechte, eine Ä n d e r u n g der Rechtslage zu bewirken o d e r zu erwirken, keine Ansprüche und deshalb w e d e r K o n k u r s f o r d e r u n g e n (JaegerHenckel Rdn. 21 zu § 3 K O ) . noch V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n . D a ß sie vom V e r f a h r e n u n b e r ü h r t bleiben, w e n n sie auf einem bei V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g noch von keiner Seite voll erfüllten Gegenseitigkeitsschuldverhältnis b e r u h e n , bedarf keiner weiteren Begründung. § 36 II 2 ist positive Sondervorschrift. Soweit des Gesetz nichts Gegenteiliges ergibt, bleibt die Gestaltungsbefugnis aber auch d a n n vom Vergleichsverfahren unber ü h r t , w e n n sie auf einem einseitig verpflichtenden o d e r einem unvollkommen zweiseitigen o d e r einem bei V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g vom Gläubiger bereits voll erfüllten gegenseitigen Schuldverhältnisse beruht. So kann der Gläubiger, auch wenn er seinerseits schon vor dem V e r f a h r e n geleistet hatte, noch immer, sei es das Erfüllungsgeschäft o d e r / u n d das G r u n d g e s c h ä f t , anfechten (Rechtsfolgen: § 3 6 Rdn. 51). So wird eine Aktiengesellschaft durch die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens über das V e r m ö g e n eines G r ü n d e r s o d e r Aktienzeichners nicht an d e r V e r l u s t e r k l ä r u n g (§ 64 A k t G ) gehindert (§ 36 Anm. 16). E i n s c h r ä n k u n g e n ergeben sich aber hinsichtlich der A u f r e c h nungsbefugnis (§ 54) sowie bezüglich des Rücktritts von dem seitens des Gläubigers bereits vor dem V e r f a h r e n voll — o d e r bei Teilbarkeit der Leistungen teilweise — erfüllten gegenseitigen V e r t r a g (§ 36 Anm. 50, 52). Z u r ü c k b e h a l t ü n g s r e c h t e von V e r gleichsgläubigern: § 26 Anm. 33, s. auch § 36 Anm. 55. Einer K ü n d i g u n g zwecks Fälligwerdens des Anspruchs bedarf es im Hinblick auf § 30 nicht; sie wird aber dem Gläubiger auch nicht durch die V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g verschlossen und kann sogar praktisch sein f ü r den Fall, daß das V e r f a h r e n w e d e r mit einem Vergleich abschließt noch in den A n s c h l u ß k o n k u r s ausläuft. Auch der Schuldner verliert mangels a b w e i c h e n d e r V o r s c h r i f t nicht etwaige Gestaltungsbefugnisse ( z . B . nach § § 1 1 9 ff, 123 BGB). W i d e r r u f eines Darlehensversprechens: § 36 Rdn. 9.

IV. Begründetsein des Anspruchs zur Zeit der Verfahrenseröffnung Erfordernisse des Begründetseins; aufschiebend bedingte Ansprüche, auch Lastschriftverfahren Die eindeutige Bestimmung hinsichtlich des Begründetseins des Anspruchs zur Zeit der Verfahrenseröffnung ( § 2 1 ) ist in gleicher Weise v o r z u n e h m e n , wie dies im K o n kursrecht nach dem Stichtagsprinzip der §§ 1 und 2 K O geschieht. Begründet im Sinne dieser Bestimmungen ist ein A n s p r u c h , w e n n schon vor dem sich aus § 108 K O ergebenden Z e i t p u n k t das Schuldverhältnis besteht, m a g sich daraus die F o r d e r u n g auch erst später ergeben. D e r T a t b e s t a n d , aus dem d e r Anspruch fließt, muß vor der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§ 108 K O bzw. § 21 V g l O ) verwirklicht sein Bley Z Z P 62 120, JaegerHenckel Rdn. 30 ff zu § 3 K O , Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 25 V g l O , Uhlenbruch D B 1974 629). Begründet im Sinne des § 3 Abs. 1 K O (wie des § 25 Abs. 1 V g l O ) ist ein Anspruch bereits, w e n n bei der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§ 108 K O , bzw. § 21 V g l O ) 352

Grundsatz

§25

bloß der „Schuldrechtsorganismus", der die Grundlage des Anspruchs bildet, gegeben ist, während die sich daraus ergebende Forderung noch nicht entstanden zu sein braucht (BFH, KTS 1971 111/115, Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 3 KO). - Als vor der Verfahrenseröffnung gelegt, ist auch der RückZahlungsanspruch bei einer gewährten Investitionszulage (§§ 13 Investitionszulagengesetz) anzusehen (vgl. BFH, KTS 1978 104, Erkenntnis ergangen zur entsprechenden Frage aus § 3 KO). Die Anm. der Schriftleitung, KTS 1978 106 verweist auf Rdn. 86 zu dieser Bestimmung bei JaegerHenckel der sich gegen die Rechtsauffassung der früheren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26. 3. 1971 — VI R 285/69 —) ausgesprochen hat. Dem ist der BFH im neueren Urteil vom 14. 10. 1977 - III R 111/75 - gefolgt (KTS 1978 105 f). Liegt der für die Entstehung des Anspruchs erforderliche Tatbestand im vollen Umfange erst nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens, so ist keine Vergleichsforderung gegeben. Liegt dieser Tatbestand zum Teil vor, zum Teil nach diesem Zeitpunkt, so ist auf die rechtliche Grundlage abzustellen. War diese bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens bereits vorhanden, so ist die daraus im Einzelfall fließende Forderung eine Vergleichsforderung, mag auch ein weiteres Ereignis, wie z. B. der Garantiefall oder der Versicherungsfall erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten sein (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 3 KO). Andererseits kann die Tätigkeit des Gläubigers, auf die sein Anspruch zurückzuführen ist, bereits vor der Verfahrenseröffnung (§21) beendet gewesen sein, der Anspruch aber erst nach diesem Zeitpunkt entstehen und damit als Vergleichsforderung ausscheiden, wie z. B. der Vergütungsanspruch des bis zur Verfahrenseröffnung tätig gewesenen Vormundes (§ 1836 Abs. 1 S. 2 BGB), wenn der Beschluß des Vormundschaftsgerichts, der den Anspruch auf Vergütung erzeugt, erst nach dem Zeitpunkt des § 21 erging (vgl. BGH, Rpfleger 1954 507). — Zum Zeitpunkt der Festsetzung dieser Vergütung: KG, N J W 1957 1441, zum Anspruch selbst: R G Z 149 172. Ein Makler ist mit seiner Provisionsforderung (§ 652 BGB) nur dann an dem Vergleichsverfahren seines Auftraggebers beteiligt nach § 25 VglO, wenn er das Ergebnis seiner Nachweis- und Vermittlungstätigkeit dem Auftraggeber noch vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 2L, 21 VglO) mitgeteilt hat. Wenn auch die Rechtsgrundlage für den Provisionsanspruch durch die vor dem Eröffnungszeitpunkt (§ 21 VglO) liegende Tätigkeit gelegt wurde, auch mit dem Abschluß des Maklervertrages eine „rechtlich geschützte Anwartschaft" auf den Vergütungsanspruch entstanden war, so wird doch dieser Anspruch damit noch nicht verdient (vgl. B G H LM Nr. 15 zu § 652 BGB). Die vor dem Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens liegende Tätigkeit des Maklers reicht danach nicht aus, um den Provisionsanspruch schon als begründet im Sinne des § 2 5 Abs. 1 V g l O anzusehen ( B G H Z 63 74 = KTS 1975 109 = Rpfleger 1975 84 und dazu Kuhn W M 1976 241). Für aufschiebend bedingte Ansprüche fehlt in der Vergleichsordnung eine dem § 67 K O entsprechende Bestimmung. Auch f ü r diese gilt § 25 Abs. 1 VglO, — siehe BöhleStamschräder Anm. 3 zu dieser Bestimmung. Sie sind Vergleichsforderungen nicht nur in Fällen rechtsgeschäftlicher, sondern auch sog. gesetzlicher Bedingung (vgl. RG, J W 1937, 539). Ob und in welcher H ö h e diesen Ansprüchen ein Stimmrecht zu gewähren ist, bestimmen nach § 71 Abs. 2 die Beteiligten, notfalls das Vergleichsgericht (§71 Abs. 3). Bei der Vergleichserfüllung werden sie erst nach Eintritt der Bedingung durch Zahlung berücksichtigt. Der Vergleich kann vorsehen, daß die Ansprüche sicherzustellen sind. Leistet der Schuldner die Sicherheit nicht freiwillig, so kann der Gläubiger darauf klagen. Die vollstreckbare Ausfertigung (§ 85) auf Zahlung der Vergleichsquote 353

§25

III. A b s c h n i t t : V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

kann der Gläubiger nur durch urkundlichen Nachweis des Eintritts der Bedingung erhalten (§§726 Abs. 1, 730, 731 Z P O ) . Aufschiebend bedingt z. B. ist auch im Falle des Lastschriftverfahrens der Anspruch aus der Gutschrift durch die Einlösung der Lastschrift seitens der Bank des Zahlungspflichtigen. Da die Forderung als bedingte bereits mit der Gutschrift entstanden ist, handelt es sich auch dann um eine Vergleichsforderung (§ 25 VglO), wenn diese erst nach der Verfahrenseröffnung (§21 VglO) Deckung erhält (vgl. Fallscheer-Schlegel „Das Lastschriftverfahren", Köln 1977 S. 38 f, Jaeger-HenckelRdn. 43 zu § 3 KO). — Hinweis: Siehe auch Skrotzki, KTS 1974 136 ff. Lastschriftverfahren bei Insolvenz. — Potentielle Haftung 32

Die Begriffsbestimmung muß vom Wesen des Vermögensanspruchs ausgehen. Dieses ist „Haftung mit" (oben 24 mit 16). Der Konkurs aber, an dem die Lehre vom Begründetsein entwickelt worden ist, bedeutet Haftungsverwirklichung. Und deshalb stellt § 3 I K O die Konkursteilnahme darauf ab, daß zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens eine Vermögenshaftung des Schuldners insoweit bereits besteht oder gleichzeitig entsteht. Dabei wird aber nicht verlangt, daß sich in diesem Zeitpunkt die H a f t u n g bereits in einem konkreten Anspruch aktualisiert habe. Vielmehr genügt schon eine nur potentielle Haftung. Mindestens eine solche muß aber andererseits bestehen, wenn ein zu dieser Zeit noch nicht entstandener Anspruch schon begründet sein soll. Auch für die potentielle H a f t u n g ist erstes Erfordernis des Begründetseins, daß das Schuldverhältnis im Sinne des Schuldorganismus bereits vor der Verfahrenseröffnung (§21) besteht. An einem solchen und deshalb auch an potentieller H a f t u n g fehlt es deshalb bei Pflichten zum Unterlassen des Eingriffs in fremdes Rechtsgut (oben Rdn. 29). Ebenso fehlt es an einem Schuldrechtsorganismus und damit an potentieller „Haftung mit" bei der durch die §§ 989 ff. BGB statuierten H a f t u n g wegen Eigentumsverletzung, solange eine solche unterblieben ist (vgl. unten Anm. 38). Dagegen kann sehr wohl aus einem schon bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis eine potentielle H a f t u n g gegeben sein, so z. B. bei einem auf §§ 302, 600, 717 Abs. 2, 945 Z P O sich gründenden Schadensersatzanspruch wegen einer vor der Verfahrenseröffnung geschehenen Zwangsvollstreckung, wenn der Vollstreckungstitel erst nach dem sich aus § 2 1 ergebenden Zeitpunkt aufgehoben wird (Kiesow J W 1935 983, Bley Z Z P 62 344, Jaeger-Weber Anm. 4 zu § 193 KO). Primäransprüche

33

Schon begründet sind in erster Linie die Primäransprüche, d. h. die Ansprüche, um derentwillen die Parteien vor dem Verfahren kontrahiert haben oder die als primäre aus einem gesetzlichen Schuldverhältnisse vor dem Verfahren erwachsen sind oder erwachsen können. Auch mit Bezug auf solche Ansprüche ist potentielle H a f t u n g möglich. So ist potentiell der gemäß § 818 II BGB wegen nachträglichen Außerstandeseins des Schuldners zur Herausgabe in Natur auf Wertersatz gehende Bereicherungsanspruch; der Anspruch auf Wertersatz ist Vergleichsforderung, auch wenn Rückgewähr in N a t u r erst während des Verfahrens unmöglich wird. Die Richtigkeit unseres Kriteriums zeigt sich besonders bei der Schadensversicherung und dem selbständigen Garantievertrag. H a t der Versicherungsnehmer die Prämie bereits vor dem Verfahren voll bezahlt, so ist der Ersatzanspruch auch dann Konkursforderung und bei Zulässigkeit eines Vergleichsverfahrens (vgl. die Beschränkung aus §112) Vergleichsforderung, 354

Grundsatz

§25

wenn der Versicherungsfall erst nach der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g eintritt. Ebenso k o m m t es bei einem vor dem V e r f a h r e n abgeschlossenen Garantievertrag nicht darauf an, ob der Ausfall, f ü r den der Schuldner einzustehen hat, bereits vor dem Verfahren eingetreten ist, ja überhaupt vorher eintreten konnte. Potentielle H a f t u n g besteht auch schon dann, wenn der Schuldner sich vor dem V e r f a h r e n f ü r eine aufschiebend bedingte oder künftige Forderung verbürgt hat. Auch bei der Ausfallbürgschaft haftet der Bürge mit dem Vertragsabschluß potentiell ( R G Z 152, 322). D e r Gläubiger kann die Ausfallsforderung im Vergleichsverfahren des Bürgen als aufschiebend bedingte Forderung anmelden und ist f ü r den Ausfall beweispflichtig. Vertragliche und gesetzliche Sekundärverpflichtungen Potentielle H a f t u n g besteht auch mit Bezug auf vertragliche und gesetzliche Sekun- 3 4 därverpflichtungen. V o n diesen bleiben freilich solche wegen V e r z ö g e r u n g , Nichtoder Schlechterfüllung, deren Umstände erst nach E r ö f f n u n g des Verfahrens eintreten, außer Betracht, da sie, wenn der Primäranspruch Vergleichsforderung ist, im Vergleichsverfahren zu den ausgeschlossenen Ansprüchen gehören und mit Bestätigung des Vergleichs als erlassen gelten müssen. Dahin gehören z. B. die Verzugszinsen (§§ 29, 83 Abs. 2) — Einzelheiten: Rdn. 8 f zu § 29. — Wohl aber kann die potentielle H a f t u n g auch f ü r das Vergleichsverfahren praktisch werden im Hinblick auf vertragliche oder gesetzliche Sekundärpflichten aus G e w ä h r s c h a f t : D e r Anspruch des Käufers auf Teilrückgewähr des vor dem V e r f a h r e n gezahlten Kaufpreises ist Vergleichsforderung, auch wenn sich der Mangel, f ü r den G e w ä h r zu leisten ist, erst nach der E r ö f f nung des V e r f a h r e n s zeigt. Erstattungsansprüche für Aufwendungen Die Erstattungsansprüche für Aufwendungen die ein Mieter, Entleiher, V e r w a h r e r 3 5 erst nach dem sich aus § 21 ergebenden Zeitpunkt gemacht hat (§§ 547, 601 Abs. 2, 693 BGB), sind keine Vergleichsforderungen. Im Konkurse sind die aus erst nach dem Zeitpunkt des § 108 K O sich ergebenden Ersatzansprüche aus V e r w e n d u n g e n z. B. des Mieters im Konkurs des Vermieters ( § 2 1 K O ) Masseansprüche im Sinne des § 5 9 Abs. 1 N r . 2 K O , die der Konkursverwalter zu berücksichtigen hat. So ist denn im Konkurse auch der durch eine Geschäftsbesorgung erlangte Ersatzanspruch (§ 762 S. 2 BGB), wenn er nach der K o n k u r s e r ö f f n u n g entstanden ist, Masseforderung (§§ 27, 59 Abs. 1 N r . 2 K O ) , wenn er vor dem Erlöschen des Geschäftsbesorgungsverhältnisses entstanden ist, K o n k u r s f o r d e r u n g (vgl. Mentzel-Kubn Anm. 1 und 2 zu § 27 K O ) . — Anderes aber gilt, wie unten zu 45 näher ausgeführt, bei Rückgriffsansprüchen unter Mitverpflichteten: H a t im Vergleichsverfahren einer O H G ein Gesellschafter mit Rücksicht auf seine persönliche H a f t u n g , wie sie aus § 128 S. 1 H G B folgt, einen V e r gleichsgläubiger nach der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens befriedigt, so kann er seinen Ersatzanspruch aus § 1 1 0 H G B auch nur als Vergleichsforderung geltend machen. Es wird hier eine F o r d e r u n g gegen die andere ausgewechselt, ohne daß der Vergleichsschuldner, d. h. die O H G , dadurch mehr belastet wird (vgl. f ü r den Fall der Auswechselung von K o n k u r s f o r d e r u n g e n : B G H , K T S 1962 166 = N J W 1962, 1201 = W M , 1962, 603, Verfasser N J W 1968 1125 f). Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen Erhebliche Schwierigkeit bereiten die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, 3 6 die nach E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s als Zinsen, Versicherungsprämien, Rentenzieler, 355

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

D i e n s t v e r g ü t u n g e n und Mitgliedsbeiträge verfallen. Die Streitfrage wird f ü r den K o n kurs regelmäßig dahin formuliert, o b sie erst k ü n f t i g entstehen o d e r bereits mit dem Schuldrechtsorganismus, auf dem sie letztlich b e r u h e n , w e n n auch z u n ä c h s t nur bedingt b e g r ü n d e t sind. Für die w ä h r e n d des K o n k u r s v e r f a h r e n s bzw. des Vergleichsv e r f a h r e n s laufenden Kapitalzinsen t r e f f e n § 63 N r . 1 K O , SS 29 N r . 1, 83 Abs. 2 V g l O eine ausdrückliche Regelung. Sie sind im K o n k u r s v e r f a h r e n wie im Vergleichsverfahren ausgeschlossen und gelten im letzteren, w e n n der Vergleich nichts anderes bestimmt, mit d e r Bestätigung (§ 78) als erlassen. Dieser Erlaß ist insbesondere bei G r o ß v e r f a h r e n von nicht unerheblicher Bedeutung f ü r die Frage, auf welchen Zeitr a u m sich das V o r v e r f a h r e n (§§ 11 ff V g l O ) erstrecken darf (vgl. Berges K T S 1975 7 7 / 90). F ü r die F o r d e r u n g e n aus einem Leibgedinge und aus einem Leibrentenvertrag (§§ 759 ff BGB, Art. 96 E G B G B ) ist die bedingte Begründetheit zu bejahen, weil sie Ausfluß eines einheitlichen Stammrechtes sind Jaeger-Henckel R d n . 103, Mentzel-Kuhn A n m . 28 zu § 3 K O ) . Sie sind V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n . Gleiches gilt f ü r das einem A r b e i t n e h m e r versprochene R u h e g e l d , bei dem es sich um eine auf G r u n d des Arbeitsverhältnisses gegebene entgeltliche Leistung des Arbeitgebers handelt (BAG, K T S 1967 237 f, 242, Heilmann S. 109). — W a r der Pensionsfall im Z e i t p u n k t der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§ 21 V g l O ) bereits eingetreten, so ist zu unterscheiden: Die rückständigen Beträge genießen das V o r r e c h t aus § 61 Abs. 1 N r . 1 K O (vgl. BAG, K T S 1970 222 = N J W 1970 964). Die f ü r die Zeit nach der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g entfallenden A n s p r ü c h e unterliegen den §§ 34, 35 S. 2 V g l O . — V e r g l e i c h s f o r d e r u n g sind die R e n t e n a n s p r ü c h e nach M a ß g a b e des § 843 BGB, sofern die unerlaubte H a n d l u n g v o r der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens begangen ist ( R G Z 151 279 f). D a g e g e n sind nicht V e r g l e i c h s f o r d e r u n g e n die auf die Zeit nach der E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s zu errechn e n d e n Miet- und Pachtzinsen, D i e n s t v e r g ü t u n g e n und L i z e n z g e b ü h r e n , wie unten zu § 51 (dort Anm. 5) n ä h e r a u s z u f ü h r e n ist, selbst d a n n , w e n n das Grundverhältnis mit gerichtlicher E r m ä c h t i g u n g g e k ü n d i g t wird, da es hierdurch erst mit Ablauf der K ü n d i gungszeit endet (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 25 V g l O ) . Sind die R u h e g e h a l t s a n s p r ü c h e f r ü h e r e r Angestellter und deren Hinterbliebenen, die in N a c h w i r k u n g des beendeten Arbeitsverhältnisses Entgelt f ü r f r ü h e r e Arbeitsleistungen in deren Gesamtheit sind (BAG 8 42) f ü r eine bestimmte Zeit zugesagt, so sind sie zu kapitalisieren (§ 35 S. 1) sonst auf einen G e s a m t b e t r a g zu schätzen (§ 35 S. 2 in V e r b i n d u n g mit § 34). Ist ein in monatlichen R a t e n zu z a h l e n d e r Pensionsanspruch mit einer kapitalisierten Vergleichsquote a b g e f u n d e n w o r d e n , so kann der Berechtigte einen etwaigen Bürgen f ü r den im Vergleich ausgefallenen Rest in monatlichen Raten in A n s p r u c h n e h m e n ( B G H , K T S 1978 98 = M D R 1978 222). Ein Ruhegehaltsverhältnis ist, w e n n d e r V e r t r a g nichts anderes bestimmt, nach Sinn und Z w e c k f ü r die Lebensdauer des Berechtigten bestimmt und d a h e r nicht vorzeitig auflösbar ( B G H , BB 1968 129). Eine Einstellung betrieblicher R u h e g e l d e r ist n u r u n t e r g a n z besonderen V o r a u s s e t z u n g e n (nachhaltige V e r s c h l e c h t e r u n g der wirtschaftlichen Lage des Betriebes, U n z u m u t b a r k e i t d e r Z a h l u n g , D r o s s e l u n g a n d e r e r Ausgaben und A u f w e n d u n g e n , soweit betrieblich vertretbar) möglich. Ein solcher W i d e r r u f aus wirtschaftlichen G r ü n den ist immer n u r in der mildesten F o r m zulässig, die z u r „ R e t t u n g des U n t e r n e h m e n s " unerlässig erscheint. In der Regel m u ß eine v o r ü b e r g e h e n d e K ü r z u n g o d e r Aussetzung der Leistungen g e n ü g e n , w e n n nicht sogar eine S t u n d u n g ausreicht (BAG, K T S 1978 37). — Siehe hierzu weiter Rdn. 54 zu § 51 V g l O . —

356

Grundsatz

§25

V. Anspruchbedingte Rechtshandlungen des Schuldners Potestativbedingung — Anerkennung des Kontokorrentsaldos — Genehmigung des Schuldners Rechtshandlungen, die der Schuldner nach Eröffnung des Verfahrens vornimmt, 3 7 um einen schon vorher, wenn auch nur bedingt begründeten Anspruch zur Entstehung zu bringen, ändern an dessen Charakter als Vergleichsforderung nichts. Hervorzuheben sind folgende Fälle: a) Tritt eine auf das Verhalten des Schuldners abgestellte Potestativbedingung erst nach Verfahrenseröffnung ein, so ist im Konkurs des Schuldners der Gläubiger nicht beteiligt, denn der Gemeinschuldner kann, wie aus § 7 K O folgt, weder eine Rechtshandlung vornehmen, die mit Wirkung gegenüber den Konkursgläubigern die Konkursmasse schmälert, noch eine solche, die die Schulden vermehrt (Mentzel-Kuhn Anm. 12, Jaeger-Henckel Rdn. 37, je zu § 3 KO). Im Vergleichsverfahren aber ist der Schuldner selbst nach dem Erlaß eines allgemeinen Veräußerungsverbots (§ 62) nicht am Erfüllen einer Potestativbedingung gehindert. Der Gläubiger einer aufschiebend bedingten Forderung ist im Vergleichsverfahren auch dann beteiligt, wenn der Eintritt der Bedingung ausschließlich vom Willen des Vergleichsschuldners abhängt und erst nach der Verfahrenseröffnung geschieht (Bley in Judicium 1932 79, Keidel J W 1933 1697). b) Ein nicht schon wegen des Eintritts der Krise gekündigtes Kontokorrentverhältnis wird mit Eröffnung des Verfahrens von Rechts wegen beendet (§ 36 VglO und dazu B G H , KTS 1977 235 = M D R 1977 644, Canaris Großkomm. Rdn. 113 ff zu § 355 H G B , Kritisch dazu Zwicker KTS 1978 76/81). Dann geschieht die Anerkennung des Kontokorrentsaldos erst während des Verfahrens. Das ändert jedoch trotz der der Anerkennung allgemein zugestandenen novatorischen Wirkung nichts daran, daß der Aktivsaldo des Gläubigers schon vor dem Verfahren begründet und deshalb, soweit nicht ausnahmsweise unter den eingestellten Posten Vorrechtsforderungen enthalten sind (vgl. R G 2 162 244), Vergleichsforderung ist. Forderungsgrund ist das Kontokorrentverhältnis als solches (Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 67 VglO). Der Saldo ergibt sich aus der Verrechnung der vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens eingestellten und als solche vorher begründeten Forderungsposten. Die in laufender Rechnung eingestellten Posten und ihr Rechtsgrund sind nicht anzumelden. Wird die Rechtsgültigkeit einzelner Rechnungsposten bestritten (§71), so kann dies zu einer Berichtigung des Saldos führen, nicht aber zu einer Änderung des Anmeldungsgrundes. Die Eigenschaft der Saldoforderung als Vergleichsforderung wird nicht dadurch berührt, ob die Verrechnung sich erst durch die Anerkennung oder von Rechts wegen vollzieht (abweichend: Beitzke in der Festschrift für J. von Gierke 1950 11 und Grigat N J W 1952 812); — für das Konkursverfahren: Jaeger-Henckel Rdn. 45 und 47, MentzelKuhn Anm. 4, je zu § 3 K O und zur Frage der sicherungsrechtlichen Vorausabtretung der Saldoschlußforderung im Konkurs Sericks, BB 1978 873 ff. — c) Der Zeitpunkt der Begründetheit vor dem Verfahren wird bedeutsam auch bei Genehmigung des Schuldners nach Eröffnung hinsichtlich der Gläubigerrechte aus Verträgen, die ein Dritter vor dem Verfahren ohne Vertretungsmacht für den Schuldner abgeschlossen hat. Sie werden durch die Genehmigung nicht etwa zu Neuschulden, wie sie ja — von Forderungen aus gegenseitigen, beiderseits noch nicht voll erfüllten Verträgen abgesehen — auch im Konkurs durch Genehmigung des Verwalters nicht zu Masseschulden werden (Kiesow J W 1937 1375 und 2025, Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 59 K O , abweichend Reinhold J W 1937 1375 und 2024). Die Tatsache, daß die Forderung bereits vor dem Verfahren begründet war, folgt aus § 177 Abs. 1 BGB in 357

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Verbindung mit der rückwirkenden Kraft der Genehmigung (§ 184 Abs. 1 BGB). — Betrifft die Genehmigung einen gegenseitigen Vertrag, so ist dieser kein Neuschuldverhältnis, vielmehr wegen der bereits vor dem Verfahren entstandenen potentiellen H a f tung ein solches im Sinne des 5 36, so z. B. wenn Angestellte des Vergleichsschuldners vor dem Verfahren Teilleistungen aus einem solchen ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Vertrag abgenommen hatten in der Annahme, daß es sich um rechtswirksam bestellte Ware handele. Verletzung nichtbeteiligter Primäransprüche nach Verfahrenseröffnung 38

Bei schuldhafter Verletzung nichtbeteiligter Primäransprüche nach Verfahrenseröffnung ist der Ersatzanspruch ebensowenig Vergleichsforderung wie der Primäranspruch. So z. B., wenn der Schuldner für Beschädigung oder Verlust einer fremden Sache, die während des Verfahrens eintreten, einzustehen hat, oder seine Schadenshaftung auf der Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungspflicht oder auf Nichterbringen (einschließlich des Verzugs und der Schlechterfüllung) einer nicht ersetzbaren Leistung während des Verfahrens beruht. Die Nichtbeteiligung folgt hier keineswegs wie im Konkurs aus § 7 K O aus einer Verfügungsbeschränkung des Schuldners, die das Vergleichsverfahren nicht kennt (hier abgesehen von den Folgen eines etwaigen allgemeinen Veräußerungsverbots aus §§ 59 ff, das nicht zum Ubergang der Verfügungsbefugnis auf den Vergleichsverwalter führt), sondern aus folgenden Gesichtspunkten: Die Primäransprüche sind (vgl. oben Rdn. 24, 28 f) als solche nicht beteiligt. Mithin können es auch die Ersatzansprüche nicht sein, wenn der den Schadensersatz begründenden Umstand erst nach der Verfahrenseröffnung eintritt (vgl. dazu den Unterschied der H a f t u n g wegen der Sekundäransprüche wie zur Rdn. 34 oben erörtert). Ansprüche aus unerlaubter Handlung und Gefährdungshaftung

39

W a r dagegen der schadensbegründende Umstand, z. B. arglistiges Verschweigen eines Fehlers der verliehenen Sache durch den Schuldner (§ 600 BGB), bereits vor dem Verfahren eingetreten, so ist der Ersatzanspruch trotz nichtbeteiligten Primäranspruchs Vergleichsforderung, mag auch der Schaden selbst erst nach Verfahrenseröffnung entstehen. Es gilt also insoweit das gleiche wie für Ansprüche aus unerlaubter Handlung und Gefährdungshaftung. Auch da bilden, wenn der Haftungsgrund vor dem Verfahren liegt, die Ansprüche wegen der erst nach Verfahrenseröffnung eingetretenen sowie aller noch zu erwartenden, vielleicht im einzelnen noch nicht abzusehenden Schäden zusammen mit den etwa schon vor dem Verfahren entstandenen eine einheitliche, gemäß § 69 K O , § 34 V g l O zu schätzende Konkurs- bzw. Vergleichsforderung (Jaeger- Weber Anm. 4, Mentzel-Kuhn Anm. 1, je zu § 193 K O , Jaeger-Henckel Rdn. 106 zu § 3 KO). Die Schätzung geschieht abgestellt auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21), auch wenn sie erst danach vorgenommen wird. Doch sind inzwischen gewonnene Erkenntnisse zu beachten (vgl. Grundsätze aus R G Z 170, 280). — Sind die Handlungsmomente vor der Eröffnung des Verfahrens begonnen, danach dann aber fortgesetzt worden, so ist der Betrag, der sich aus dem nach der Verfahrenseröffnung erwachsenen Schaden ergibt, unbeteiligt. Wenn auch bei der Schätzung für das Vergleichsverfahren von der Vorschrift des § 34 V g l O auszugehen ist, so wird doch damit die Heranziehung des § 287 Z P O (Schadensermittlung) nicht ausgeschlossen. Dies gilt z. B. insbesondere für die Schätzung in bezug auf welchen Zeitraum ab Eröffnung des Vergleichsverfahrens etwa entgangener Gewinn gefordert werden kann (§ 252 BGB). So etwa, wenn einem Kreditin358

Grundsatz

stitut durch unerlaubte Handlung des (späteren) Vergleichsschuldners Kapital entzogen worden ist, mit welchem dieses fernerhin gewinnbringend hätte arbeiten können (Schätzung nach § 287 Z P O und dazu: BGH, M D R 1974 567 = N J W 1974 895). Wertersatz für uneigentlichen Nießbrauch Der Anspruch auf Wertersatz bei uneigentlichem Nießbrauch (§ 1067 BGB) ist wie 4 0 der Anspruch auf Rückgewähr eines Darlehens Konkurs- und Vergleichsforderung, und zwar auch dann, wenn Verbrauch oder Veräußerung erst nach Verfahrenseröffnung erfolgen, denn die — potentielle — H a f t u n g für den Wertersatz knüpft hier unmittelbar an die Bestellung des Nießbrauchs an, deren Zeitpunkt auch für die Wertbemessung maßgebend ist. Sind die überlassenen Gegenstände vor dem Verfahren noch nicht verbraucht oder veräußert, so ist der Rückgewährungsanspruch gemäß § 34 in Geld zu schätzen, Mentzel-Kuhn Anm. 54 zu § 1 KO). H a t der durch die Vermögenslage des Nießbrauchers gefährdete Besteller vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens eine Sicherheitsleistung erwirkt (§§ 1067 Abs. 2, 233 BGB), so steht ihm vorbehaltlich der Rückschlagssperrwirkung (§§ 28, 48, 87, 104) gemäß § 4 9 Nr. 2 K O ein Absonderungsrecht zu (§ 26 Abs. 1). — VI. Besonders gelagerte Fälle Wechselblankett Eine im Sinne unseres Absatz 1 schon begründete Forderung ist auch der bedingte 41 Anspruch aus einem Wechselblankett, namentlich einem Blankoakzept, das der Schuldner mit der Ermächtigung zum Vervollständigen begeben hat. Die Wechselforderung ist Konkurs- und Vergleichsforderung auch dann, wenn die Urkunde erst nach Verfahrenseröffnung vervollständigt wird (h. M. Jaeger-Henckel Rdn. 39 zu § 3 KO). Die Wechselforderung entsteht zwar erst mit der Ausfüllung, zuvor aber ist das Ausfüllungsrecht als Vermögensrecht gegeben, das nach § 857 Z P O gepfändet werden kann (zur Ausfüllungsermächtigung vgl. Möller W M , 1965 94 f, zur Pfändung vgl. Schmalz N J W 1964 141, Arwed Blomeyer Vollstreckungsverfahren, § 43 I, 2). Das Ausfüllungsrecht begründet zugleich eine potentielle H a f t u n g des Blankettausstellers. H a t der erste Nehmer den Wechsel abredewidrig ausgefüllt, eine höhere Summe eingesetzt und den Wechsel weitergegeben, so wirkt der Einwand der abredewidrigen Ausfüllung gegenüber dem Erwerber nur, wenn dieser den Wechsel bösgläubig oder grob fahrlässig erworben hat (Art. 10 W G , dazu B G H Z 54 1 = M D R 1970 745). Geschützt wird auch der Erwerber eines Blanketts, der es selbst gutgläubig ausgefüllt hat, sofern der gute Glaube noch bei der Ausfüllung vorhanden war (RGZ 129 338). Erfährt der Dritterwerber, daß sein Vormann bei einer Teilausfüllung des Blanketts abredewidrig gehandelt hat, so steht dies entgegen R G Z 129, 336/338 der Ausfüllung nicht entgegen (BGHZ 54 1 = M D R 1970 745), da das Ausfüllungsrecht grundsätzlich unwiderruflich ist (BGH, W M 1969 1232). H a t der Blankettzeichner seine Unterschrift nur auf Grund einer Gefälligkeitsabrede erteilt, so daß der Blankettnehmer im Verhältnis zum Geber zur Einlösung verpflichtet ist, so erlischt die Ermächtigung im Zweifel, wenn der Nehmer zahlungsunfähig wird (BGHZ 54 1 = M D R 1970 745). Zessionar einer verbrieften Scheinforderung; simulierte Wechselzeichnung Der redliche Zessionar einer verbrieften Scheinforderung genießt nach Maßgabe 4 2 des § 405 BGB gegenüber dem Einwand der Simulation Verkehrsschutz. Dieser greift 359

§25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

auch im K o n k u r s sowie im Vergleichsverfahren des Scheinschuldners durch. U n d z w a r auch d a n n , w e n n d e r Scheingläubiger die A b t r e t u n g (unter V o r l e g e n der U r k u n d e ) erst nach der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g v o r n i m m t ( R G Z 87 420). Dies gilt im K o n k u r s freilich nur, w e n n der (spätere) G e m e i n s c h u l d n e r die U r k u n d e bereits vor der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§ 108 K O ) vollzogen und dem Scheingläubiger ausgehändigt hat (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 31 zu § 3 K O ) . D e r V e r k e h r s s c h u t z des § 405 BGB deckt den Nichtigkeitsgrund der Simulation (§ 117 BGB), läßt auch § 7 K O z u r ü c k t r e t e n , deckt aber nicht den Nichtigkeitsgrund z. B. des W u c h e r s (§ 138 BGB), nicht die U n a n m e l d barkeit d e r F o r d e r u n g nach § 63 N r . 4 K O , noch die A n f e c h t b a r k e i t der Z u w e n d u n g nach § § 3 1 , 37 K O (vgl. Jaeger-Henckel Rdn. 63 zu § 3 K O ) . Die V e r g l e i c h s o r d n u n g k e n n t eine dem § 7 K O entsprechende V o r s c h r i f t nicht. D e r Zessionar k a n n mithin im Vergleichsverfahren die Stellung eines Vergleichsgläubigers selbst dann noch gewinnen, w e n n der Vergleichsschuldner die U r k u n d e erst nach der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g , jedoch mit einem D a t u m versehen hat, das v o r dem sich aus § 21 ergebenden Z e i t p u n k t liegt. D e r redliche E r w e r b e r soll nach § 405 BGB „allgemein so behandelt w e r d e n , wie w e n n die E r k l ä r u n g vom Schuldner ernstlich abgegeben w o r d e n , ein Schuldverhältnis also schon in dem aus der U r k u n d e ersichtlichen Z e i t p u n k t e entstanden w ä r e " ( R G Z 87, 420). Bei simulierter Wechselzeichnung findet ein dem § 405 BGB entsprechender Schutz des wechselmäßig legitimierten redlichen N a c h m a n n s statt. Art. 17 W G erweitert den Schutz dahin, daß dem legitimierten N a c h m a n n der E i n w a n d der Simulation n u r dann entgegen gehalten w e r d e n k a n n , w e n n er bei dem E r w e r b e des Papiers „bewußt z u m Nachteil des Schuldners gehandelt hat" (vgl. Baumbach-Hefermehl Anm. 6, G zu Art. 17 W G ) .

Abfindungsansprüche arbeitsrechtlicher Natur 43

Z u Betriebsänderungen im R a h m e n eines Vergleichsverfahrens k o m m t es bei reinen S t u n d u n g s - und Erlaßvergleichen selten, bei einem Liquidationsvergleich (§ 7 Abs. 4 V g l O ) häufiger. Z u den hieraus sich f ü r den Vergleichsschuldner, aber auch f ü r den Vergleichsverwalter nach §§ 111 ff BetrVG ergebenden Pflichten zur Mitwirkung bei der Aufstellung eines Sozialplans (vgl. Urteil des BAG vom 20. 11. 1970 — 1 A Z R 4 0 9 / 6 9 —, BB 1971 567 = K T S 1971 278 und Erkenntnis vom 20. 8. 1974 — 1 A Z R 1 4 / 7 4 —, D B 1974 51) ist auf das in R d n . 18 zu § 7 V g l O A u s g e f ü h r t e zu verweisen. Bei der N i e d e r l e g u n g dieser Zeilen liegt eine Entscheidung des G r o ß e n Senats des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen d e r rechtlichen E i n o r d n u n g der sich aus einem Sozialplan ergebenden A n s p r ü c h e im Insolvenzrecht auf die Vorlagebeschlüsse des BAG vom 25. 5. 1977 - 5 A Z R 9 6 / 7 6 / 7 4 3 / 7 5 - und vom 20. 7. 1977 - 5 A Z R 9 4 / 7 7 - , K T S 1978 37 f — noch nicht vor. W e g e n der Einzelheiten ist auf Rdn. 89 zu § 26 V g l O zu verweisen. — Die Entscheidung des G r o ß e n Senats des BAG ist f ü r den 11. 10. 1978 a n g e k ü n d i g t w o r d e n . Sie kann mithin erst bei der mächsten Lieferung dieser N e u auflage Berücksichtigung finden. Dies ist f ü r die Rdn. 89 zu § 26 V g l O vorgesehen. D o c h auch außerhalb von Sozialplänen k ö n n e n sich arbeitsrechtliche A b f i n d u n g s ansprüche ergeben, die f ü r Vergleichsverfahren nicht o h n e Bedeutung sind. Die Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung nach §§ 7 ff KSchG n e h m e n , soweit sie vor d e r V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g entstanden sind, am Vergleichsverfahren teil. Sie bilden keine L i d l o h n f o r d e r u n g (vgl. O L G H a m m D B 1960 1218), sind vielmehr eine Entschädigung f ü r den Verlust der Stellung (vgl. R A G A r b R S 9, 421, Wichmann § 12 II 1 B, Heilmann S. 63). 360

Grundsatz

§25

Für die Frage, ob der Anspruch auf die Abfindung schon vor Eröffnung des Vergleichsverfahrens begründet ist, ist maßgebend der Zeitpunkt, den das Arbeitsgericht für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festzusetzen hat, nämlich der Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte (§ 7 II KündSchG). Prozessual ist erforderlich, daß die Partei, die die Auflösung des Arbeitsverhältnisses begehrt, einen ausdrücklichen Antrag auf Auflösung stellt, da anderenfalls nur über den Antrag des Arbeitnehmers entschieden wird, die Unwirksamkeit der Kündigung festzustellen. Die Auflösung wird nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 —3 KündSchG ausgesprochen, also bei Unzumutbarkeit des Weiterarbeitens oder bei begründeter Ablehnung der Weiterbeschäftigung. Es liegt mithin keine in das Verhalten des Schuldners gestellte Potestativbedingung vor (vgl. oben Rdn. 37). Für Ermessensentscheidungen hinsichtlich der Feststellung des Auflösungszeitpunkts ist kein Raum (Bobrowski-Gaul Das Arbeitsrecht im Betrieb 1965 565). Keine Vergleichsforderung, sondern unbeteiligte Forderung ist hiernach der Anspruch auf die festgesetzte Abfindung nur dann, wenn für das Ende des Arbeitsverhältnisses ein nach Verfahrenseröffnung liegender Zeitpunkt festgestellt wird (ebenso: Heilmann S. 113, abweichend: Wichmann §12 11 1 B, der auf die Rechtskraft des Urteils abstellt). Berechnungsgrundlage für die Höhe der Abfindung ist der Monatsverdienst des Arbeitnehmers, wobei, wenn nichts anderes bestimmt ist, Akkordlöhne im Durchschnitt zu berechnen sind. Die Festsetzung einer Abfindung ist jedoch nur bis zum Betrage in Höhe von zwölf Monatsverdiensten zulässig (§ 8 KündSchG). Unabhängig von dieser Abfindung ist bei einer Ruhegehaltsanwartschaft ein Ausgleich für den Verlust der Altersversorgung zu entrichten, wenn die Kündigung vom Arbeitnehmer nicht zu vertreten ist {Benner BB 1967 465). VII. Rückgriffsansprüche Wechselrechtliche Gewährpflichten Wechselrechtliche Gewährpflichten, die den Schuldner als Aussteller, Indossanten, 4 4 Annehmer oder Wechselbürgen treffen, sind Konkurs- und Vergleichsforderungen, falls der die wechselmäßige Verpflichtung des Schuldners begründende Tatbestand der Ausstellung, Indossierung, Annahme oder Wechselverbürgung vor dem Verfahren liegt. Ebenso verhält es sich mit Gewährpflichten des Schuldners als Ausstellers oder Indossanten eines Schecks. Besonderheiten gelten dagegen für solche Wechselverpflichtungen, die der Schuldner mit Bezug auf Ansprüche aus den bei Verfahrenseröffnung noch von keiner Seite voll erfüllten gegenseitigen Verträgen erfüllungshalber übernommen hatte: Hier greift, der Wechsel wird im Zweifel erfüllungshalber, nicht an Erfüllungs Statt gegeben und genommen (§ 364 Abs. 2 BGB), die Bestimmung des s 36 ein (vgl. dazu Anm. 23 daselbst). - Siehe BGHZ 67 242 = KTS 1977 111/112. Der Inhaber eines Wechsels kann nach Art. 43 W G bereits vor Verfall Rückgriff nehmen, wenn über das Vermögen des Bezogenen oder über das Vermögen des Ausstellers eines Wechsels, dessen Vorlegung zur Annahme untersagt ist (Art. 22 Abs. 2 WG), das Vergleichsverfahren eröffnet worden ist. Unter den Begriff „Eröffnung des Vergleichsverfahrens" in Art. 43 Abs. 2 Nr. 2 W G fallen nicht etwa bereits die vorläufigen Maßnahmen wie die Bestellung des vorläufigen Verwalters und die Anordnungen aus § 12 VglO (BGH, KTS 1975 37 = MDR 1974 999). Es genügt zur Ausübung des Rückgriffsrechts, wenn eine Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses (§ 20) oder ein Stück des Amtsblattes mit der öffentlichen Bekanntmachung dieses Beschlusses vorgelegt wird (Art. 44 WG). Ist über das Vermögen des Annehmers das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet, so kann der Wechselinhaber diesem Verfahren auch bei 361

§25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Nichtfälligkeit der Wechselschuld fernbleiben und einen vorhandenen Garanten auf sofortige Zahlung in Anspruch nehmen (Art. 47 WG). Etwaige Protestkosten bilden, auch wenn der Protest erst nach der Eröffnung aufgenommen worden ist, im Vergleichsverfahren des Annehmers mit dem Hauptanspruch eine Vergleichsforderung (Art. 48 Abs. 1 Nr. 3 WG), denn der Akzeptant haftet bereits vor der Eröffnung des Verfahrens bedingt auf Wechselunkostenersatz. Vergleichsgläubiger ist nicht nur der im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung rückgriffsberechtigte Wechselinhaber, sondern auch ein späterer Wechselnehmer sowie ein den Wechsel später einlösender Vormann. Der Nachmann erwirbt durch das auch während des Verfahrens zulässige Indossament alle bereits begründeten Wechselrechte (Art. 14 Abs. 1 WG). — siehe hierzu insbesondere Jaeger-Henckel Rdn. 58 zu § 3 KO. — Der Vormann erlangt mit der Wiedereinlösung nicht ein neues Wechselrecht, sondern die ursprüngliche Stellung im Wechselverband (Baumbacb-Hefermebl Anm. 2 C zu Art. 14 WG).

Rückgriffsansprüche eines sonstigen ausgleichsberechtigten Mitschuldners und eines Bürgen 45

Vor dem Verfahren begründet sind auch Rückgriffsansprüche eines sonstigen ausgleichsberechtigten Mitschuldners und eines Bürgen des Vergleichsschuldners, sofern auch das den Rückgriff begründende Innenrechtsverhältnis (zum Vergleichsschuldner) schon bei Verfahrenseröffnung besteht. „Auch" das Innenrechtsverhältnis muß zu dieser Zeit bestehen, denn vorausgesetzt ist, daß schon vor dem Verfahren Mitschuldner (Bürge) und Vergleichsschuldner dem Gläubiger gemeinsam, wenn auch vielleicht zunächst nur potentiell haften. Haften beide hierbei als Gesamtschuldner, so begründet schon das (echte) Gesamtschuldverhältnis von vornherein unter ihnen eine Rechtsgemeinschaft und damit mangels einer entgegenstehenden Bestimmung eine Ausgleichspflicht (§426 Abs. 1 BGB). Diese Pflicht entsteht als selbständige Verpflichtung von vornherein mit der Entstehung der Gesamtschuld, nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers (RGZ 160 151). Eine Abrede zwischen dem Gläubiger und einem der Gesamtschuldner vermag sie nicht zu beseitigen (BGHZ 11 170). Neben dem innenrechtlichen Ausgleichsanspruch kann dem Rückgriffsberechtigten auch die Hauptforderung zustehen, die nach Maßgabe der §§ 426 Abs. 2, 774 BGB kraft Gesetzes auf ihn übergeht. Die praktische Bedeutung dieses Rechts liegt nicht selten darin, daß der zahlende Gesamtschuldner bei seinem Rückgriff auch auf die Sicherheiten und Vorrechte greifen kann, die zugunsten der Forderung des Gläubigers bestanden haben (BGH, M D R 1963 741 = N J W 1963 1873 = KTS 1964 39). Insoweit kann für den Rückgriffsberechtigten die Geltendmachung des Hauptanspruchs vorteilhafter sein, weil eine im Konkurs bevorrechtigte Forderung den Folgen des Vergleichsverfahrens nicht unterworfen ist (§ 26 Abs. 1), bzw. ein Absonderungsrecht geltend gemacht werden kann (§ 27). — Andererseits umfaßt der Ausgleichsanspruch z. B. auch die Kosten und die Provision und geht daher inhaltlich weiter. Der dem Hauptgläubiger noch ganz oder teilweise haftende Vergleichsschuldner hat jedoch nur einmal zu leisten: Gesamtschuldner und Bürgen können ihre Ausgleichsforderung aus §§ 426, 774 BGB nur dann im Vergleichsverfahren geltend machen, wenn der Gläubiger mit seiner Forderung am Vergleichsverfahren nicht teilnimmt (§ 33). Diese Vorschrift will verhindern, daß die mit dem Abschluß des Haftungsvertrages bereits vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens bedingt entstandenen Ansprüche nach § 25 unseres Gesetzes noch neben der Forderung des Gläubigers zu berücksichtigen wären (RGZ 160 151). — 362

Grundsatz

§25

Einzelheiten: Vollzahlung des Rückgriffsberechtigten, Teilzahlung des Rückgriffsberechtigten vor und nach der Verfahrenseröffnung werden unter Auswertung von B G H Z 27 54, 39 320, 55 117; weiterer Rechtsprechung und des Schrifttums in den Rdn. 8 ff zu § 32 V g l O und Rdn. 1 ff zu § 33 V g l O erörtert werden. — vgl. auch Jaeger-Henckel Rdn. 5 9 - 6 1 zu § 3 KO. -

VIII. Verträge über die Vergleichsforderung während des Verfahrens verbessern die Stellung des Gläubigers nicht Gläubigerwechsel, Gläubigergemeinschaft Die Forderung bleibt Vergleichsforderung, auch wenn nach Verfahrenseröffnung 4 6 ein Gläubigerwechsel und eine Gläubigergemeinschaft, sei es zufolge Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge, kraft Gesetzes oder kraft Rechtsgeschäfts, eintreten (JaegerHenckel Rdn. 51 zu § 3 KO). Ist eine Rechtsnachfolge unstreitig, so bedarf es, sofern die Forderung im Gläubigerverzeichnis ausgewiesen ist (§§ 6, 67), keiner Neuanmeldung. Der Rechtsnachfolger braucht zum Empfang der Vergleichsquote nur die Urkunden (z. B. den Wechsel) vorzulegen, zu deren Vorlage auch der Rechtsvorgänger verpflichtet war. — Ist die Rechtsnachfolge, nicht aber die Forderung an sich bestritten, so hat der Vergleichsverwalter die Forderung nur mit der Maßgabe anzuerkennen, daß sie nur einmal und nur demjenigen in H ö h e der Vergleichsquote auszuzahlen ist, der im Rechtsstreit über die Inhaberschaft obsiegt (§71). — Bei einer Gesamtrechtsnachfolge kann das Stimmrecht nur gemeinschaftlich ausgeübt werden (§§ 72 Abs. 2, 74). — Eine Aufrechnung ist nach § 54 ausgeschlossen, wenn die Aufrechnungslage erst durch die Rechtsnachfolge geschaffen wurde (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 9 zu § 55 KO). Eine Rechtsnachfolge erst nach der Vergleichsbestätigung (§ 78) hindert nicht den Eintritt der Vergleichswirkungen (§ 82) auch gegenüber dem Rechtsnachfolger. — Hinsichtlich der Rechtsnachfolge in vollstreckbare Forderungen (§ 85) gelten für die Erteilung der Vollstreckungsklausel die Bestimmungen der §§ 727, 732 Z P O . Die Anfechtungsbeschränkungen aus § 121 greifen nicht ein, da die Entscheidungen zu § 85 in einem nicht in der Vergleichsordnung geregelten Nebenverfahren ergehen (OLG Hamburg, M D R 1958 853, LG Duisburg, K T S 1964 187). — Erwirbt der Vergleichsschuldner selbst die Forderung, z. B. durch Erbfolge, so erlischt damit auch die Vergleichsgläubigerstellung in verfahrensrechtlicher Hinsicht (vgl. oben Anm. 6). Schuldübernahme Die Forderung bleibt Vergleichsforderung auch bei einer (nicht im Zwangsvergleich 4 7 selbst vorgesehenen) Schuldübernahme. Befreiende Schuldübernahme ist gleich dem Schuldbeitritt als ein gegen den Vergleich verstoßendes Vorzugsabkommen nichtig (§ 8 Abs. 3). Der Vergleichsschuldner wird für den Fall, daß es zur Vergleichsbestätigung kommt, nicht von seiner Schuld befreit; der Gläubiger bleibt demgemäß am Verfahren beteiligt und wird, falls es zu einem bestätigten Vergleich kommt, von diesem betroffen (vgl. § 8 Anm. 36, 45 f). Vorzugsabkommen im Sinne des § 8 Abs. 3 ist auch die Schaffung eines neuen Schuldgrundes nach Eintritt der Krise, also der Abschluß eines verpflichtenden Leistungsgeschäftes, wie Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis nach §§ 780 ff BGB, Hingabe eines Wechsels erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 2 BGB) oder die Vereinbarung eines Verrechnungsdarlehens (§ 607 Abs. 2 BGB). Der Gläubi363

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

ger bleibt, und zwar mit seiner ursprünglichen, zufolge der Unwirksamkeit des Vorzugsabkommens nicht getilgten Forderung, Vergleichsgläubiger. Zum Konkursrecht: Wird eine Schuld mit befreiender Wirkung von einem anderen übernommen, so kann ein etwa gegebenes Vorrecht im Konkurs des Übernehmers nicht geltend gemacht werden (vgl. B G H Z 34 298).

Vergleich, Saldoanerkennung 48

Ein hinsichtlich der beteiligten Forderung gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossener Vergleich (§ 779 BGB) ist dann, aber auch nur dann nichtig, wenn er eine Bevorzugung des Gläubigers enthält, so etwa den Verzicht des Schuldners auf die unstreitig gegebene Einrede der Verjährung. Anders verhält es sich mit dem, einen wirklichen Streit bereinigenden Vergleich, der formell bloße vertragliche Feststellung ist. Ihm steht, auch soweit seine Wirkung über die, mit der bisherigen Rechtslage übereinstimmende Feststellung hinausgeht, die Bestimmung des § 8 Abs. 3 nicht entgegen. Die Forderung bleibt daher in ihrer vergleichsmäßigen Feststellung am Verfahren beteiligt (OLG Karlsruhe, Z Z P 56, 368, Richter K u T 1927 182). Vorausgesetzt ist dabei immer, daß der streitige Anspruch seiner N a t u r nach eine Vergleichsforderung (§ 25) bildet. Ist er das nicht, sondern z. B. eine Vorrechtsforderung, so bleibt er unerachtet des geschlossenen Vergleichs (§ 779 BGB), mag dieser vor oder nach dem sich aus § 21 ergebenden Zeitpunkt abgeschlossen sein, vom Vergleichsverfahren unberührt. Das Vorrecht ist eine der Forderung selbst innewohnende Kraft. Es ist kein Recht, das neben die Forderung tritt, vielmehr eine Eigenschaft der Forderung (BGHZ 34 298, Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 61 KO).

C. Anwendbarkeit konkursrechtlicher Vorschriften I. Familienrechtliche Unterhaltsansprüche Rechtsgeschäftliche Unterhaltsansprüche 49

Wegen der Beteiligung familienrechtlicher Unterhaltsansprüche verweist unser Absatz 2 auf die in § 3 Abs. 2 K O aufgestellten Sonderregeln. Diese gelten aber nur für die gesetzlichen Unterhaltsansprüche, nicht für rechtsgeschäftliche (Jaeger-Henckel Rdn. 118 zu § 3 KO). Erstere sind solche, bei denen die Unterhaltspflicht unmittelbar auf dem Gesetz beruht, mag auch Art und Umfang der Leistungen von den Parteien vertraglich festgelegt sein (Mentzel-Kuhn Anm. 43 zu § 3 KO). Rechtsgeschäftliche Unterhaltsansprüche sind nur solche, die auf selbständigen, von den Voraussetzungen der gesetzlichen Unterhaltspflicht unabhängigen Verträgen oder letztwilligen Verfügungen beruhen. Solche, von der gesetzlichen Unterhaltspflicht völlig losgelösten Unterhaltsansprüche sind, wenn auch zur Zeit der Verfahrenseröffnung (§21) nur betagt oder bedingt begründet, Vergleichsforderungen, soweit nicht etwa die Bestimmung des 5 29 Nr. 4 eingreift. Ansprüche, die aus einer Freigebigkeit des Vergleichsschuldners erwachsen sind, bilden vom Vergleichsverfahren ausgeschlossene Forderungen und zwar auch im Nachlaßvergleichsverfahren (§113 Abs. 1 Nr. 7). Im Vergleichsverfahren über das Eigenvermögen des mit Vermächtnissen und Auflagen seitens des Erblassers Beschwerten handelt es sich dagegen nicht um eine Freigebigkeit des Vergleichsschuldners, so daß § 29 Nr. 4 hier ebenso wenig eingreifen kann wie die Bestimmung des § 63 Nr. 4 K O im Konkurs über das Eigenvermögen des Erben. 364

Grundsatz

Unmittelbar auf dem Gesetz beruhende Unterhaltsansprüche Unsere Vorschrift (§ 25 Abs. 2 VglO) verweist hinsichtlich der Vergleichsgläubiger- 5 0 eigenschaft der kraft Gesetzes Unterhaltsberechtigten auf das Konkursrecht, mithin auf § 3 Abs. 2 KO. Es kommen in Betracht die familienerbrechtlichen Unterhaltsansprüche des Ehegatten (und früheren Ehegatten) nach §§ 1360 ff BGB, §§ 1569 ff BGB, der Verwandten in gerader Linie nach §§ 1601 bis 1615 BGB, des nichtehelichen Kindes nach §§ 1615 a bis 1615 i BGB, die Ersatzansprüche der nichtehelichen Mutter nach Maßgabe der §§ 1615 k bis 1615 o BGB. — Diese Ansprüche sind, wie aus der Verweisung auf § 3 Abs. 2 K O folgt, nur insoweit Vergleichsforderungem, als sie vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens entstanden und fällig geworden sind (Böhle-StamSchräder Anm. 6 zu § 25 VglO). Dies gilt auch dann, wenn die Periode, auf die sich der fällige Anspruch bezieht, bei der Eröffnung des Vergleichsverfahrens noch nicht abgelaufen ist (Jaeger-Henckel Rdn. 110 zu § 3 KO). Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens sind keine Vergleichsforderungen, es sei denn, daß der Vergleichsschuldner als Erbe des zum Unterhalt Verpflichteten haftet. Von dieser Ausnahme abgesehen, besteht ein öffentliches Interesse an der Fortdauer des familienrechtlichen Unterstützungsverhältnisses, das im Vergleichsverfahren wie auch im Konkurs nicht in Form einer Abschlußforderung (dazu Anmerkung 36 oben) abgewickelt werden soll. Rechtlich zu begründen ist diese Regelung mit dem Hinweis, daß die Unterhaltsansprüche nicht wiederkehrende Hebungen eines dauernden Schuldverhältnisses sind, daß sie vielmehr aus dem zugrunde liegenden Familienverhältnis stets aufs neue entstehen. Die Haftung des Vergleichsschuldners als Erbe des zum Unterhalt Verpflichteten aber beruht nicht in familienrechtlichen Beziehungen zum Gläubiger, sondern auf Grund der Erbfolge (Mentzel-Kuhn Anm. 42 zu § 3 KO). Doch kommt die Haftung des Vergleichsschuldners nur in Betracht, soweit die Ansprüche durch den Tod des Verpflichteten nicht erloschen sind. Danach bleiben die Ansprüche nach § 1615 Abs. 1 BGB (Ausnahme vom Erlöschen), § 1586 b BGB (Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten), § 1615 n BGB (Tod des Vaters des nichtehelichen Kindes). Diese Ansprüche können auch für die Zukunft geltend gemacht werden (Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 25 VglO, Jaeger-Henckel Rdn. 117 zu § 3 KO). Soweit sie nicht auf eine bestimmte Zeitdauer zu zahlen sind und § 35 VglO eingreift, findet eine Schätzung des Gesamtbetrages nach § 34 VglO statt.

Kapitalabfindung Eine von den Parteien vereinbarte Kapitalabfindung unterliegt nicht den Beschrän- 51 kungen des 5 3 Abs. 2 K O (§ 25 Abs. 2 VglO). Doch unterliegt sie im Konkurse der Rdn. 111 zu § 3 KO). Im VerAnfechtung nach §§ 29 ff K O (vgl. (Jaeger-Henckel gleichsverfahren, das eine Anfechung von Rechtshandlungen wie im Konkurs nicht kennt, wird in der Regel Veranlassung bestehen, bei der Prüfung der Vergleichswürdigkeit des Vergleichsschuldners (§§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 14, 18 Nr. 1 und 3, 79 Nr. 4) die Umstände, die zu einer Kapitalabfindung führten, näher aufzuklären. Die nach der Verfahrenseröffnung fällig werdenden Ansprüche sind, von der Kapitalabfindung abgesehen, im Vergleichsverfahren des ursprünglichen Schuldners keine Vergleichsforderungen. Sie sind nicht etwa ausgeschlossen (§ 29), sondern im vollen Sinne unbeteiligte Forderungen. 365

§ 25

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

II. Nebenansprüche Entsprechende Anwendung des § 62 KO 52

Über eine entsprechende Anwendbarkeit des § 62 KO, wonach die dem Gläubiger vor Verfahrensbeginn erwachsenen Kosten, die Vertragsstrafen und die bis zur Eröffnung des Verfahrens aufgelaufenen Zinsen den Rang der Hauptverbindlichkeit haben, schweigt das Gesetz. Da aber die Vergleichsordnung sich nicht nur bei der Umschreibung des Begriffs der Vergleichsforderung (§ 25) an die entsprechende Bestimmung der Konkursordnung (§ 3 KO) anlehnt, sondern darüber hinaus auch zahlreiche weitere Vorschriften der Vergleichsordnung, so die über die rechtliche Behandlung betagter, bedingter und nicht bezifferter Forderungen der Konkursordnung nachgebildet sind, kann darauf geschlossen werden daß auch die Rechtssätze des § 62 K O für das Vergleichsverfahren entsprechend anwendbar sind (ebenso: Kalter KTS 1978, 1, a. A., Kiesow J W 1935, 985). Doch ist § 62 K O nur sinngemäß anzuwenden: Sieht z. B. der Vergleichsvorschlag vor, daß Forderungen bis zum Betrage von 300,— D M voll befriedigt werden sollen (§ 8 Abs. 2), so gehören dazu auch Kapitalbeträge, die nur wegen der bis zur Verfahrenseröffnung aufgelaufenen Zinsen bzw. wegen der Kosten der Rechtsverfolgung die Grenze von 300,— D M überstiegen. Im übrigen gilt die Gleichstellung der Nebenansprüche verfahrensrechtlich wie materiellrechtlich. Es können mithin nicht etwa die bis zur Verfahrenseröffnung (§ 21) aufgelaufenen Zinsen völlig gestrichen werden. Auch für sie gilt die Mindestquote des § 7 (zustimmend Vogels S. 379).

Zivilprozessuale Kostenansprüche 53

Die Frage, wie zivilprozessuale Kostenansprüche vergleichsrechtlich zu behandeln sind, ist über die vorstehend ausgeführte Besonderheit hinaus grundsätzlich zu klären. Auch sie steht in Zusammenhang mit der Anwendbarkeit konkursrechtlicher Vorschriften. Aus der Art, wie die Vergleichsordnung Inhalt und Umfang des Begriffs der Vergleichsgläubiger bestimmt hat (vgl. oben Rdn. 12 und 13), ist zu schließen, daß der Kostengläubiger im Vergleichsverfahren keine schlechtere Stellung einnehmen soll, als er sie bei Eröffnung des Konkursverfahrens einnehmen würde. a) Der Gerichtskostenanspruch ist Vergleichsforderung, wenn und soweit er vor der Eröffnung des Verfahrens entstanden ist. Gebühren, die auf eine vor und nach dem Eröffnungszeitpunkt (§ 21) entfallende Gerichtstätigkeit einheitlich abdecken, wie z. B. die Gebühr für Prozeßverfahren (Kostverz. Nr. 1005 ff), sind Vergleichsforderung. Hinsichtlich der Fälligkeit gelten §§ 63 ff GKG. Der Kostenanspruch wird durch die Zahlung der Vergleichsquote einheitlich abgegolten, nicht etwa lebt ein ausgefallener Forderungsteil wieder auf, wenn der Rechtsstreit nach der Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO) fortgesetzt wird (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 193 KO). Wohl aber bleiben Gebühren, die erst nach dem Zeitpunkt des § 21 V g l O entstehen, außerhalb des Vergleichs. b) Der Kostenerstattungsanspruch von Partei zu Partei bildet keine Vergleichsforderung, wenn der Hauptanspruch zu den ausgeschlossenen Forderungen (§ 29) gehört, gleich, wann der Kostenerstattungsanspruch entstanden ist (vgl. Jaeger-Henckel Rdn. 91 zu § 3 KO). Der Anspruch beruht zwar auf einem anderen Rechtsgrund, teilt jedoch das Schicksal der Hauptforderung. Doch ist dieser Grundsatz nicht anwendbar auf den Kostenerstattungsanspruch, der in einem Rechtsstreit über Aus- oder Ersatzaussonderungsansprüche vor der Verfahrenseröffnung (§21) entstanden ist. Ein solcher Anspruch ist Vergleichsforderung. Im übrigen ist der Kostenerstattungsanspruch Ver366

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§26

gleichsforderung, wenn der maßgebliche Prozeßbeginn vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens liegt (RGZ 145 15, Mentzel-Kuhn Anm. 32 zu § 3 KO). Bereits die. Klagerhebung schafft ein Schuldverhältnis zwischen den Parteien. Im Hinblick darauf ist von vornherein eine potentielle H a f t u n g (vgl. oben Rdn. 32) anzunehmen. Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens hindert einen Vergleichsgläubiger nicht, gegen den Vergleichsschuldner Klage auf Leistung zu erheben. Doch fallen dem klagenden Gläubiger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Schuldner den Anspruch sofort anerkennt (§ 49 S. 1). Dies gilt dann nicht, wenn dem Gläubiger bei der Klagerhebung die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht bekannt war oder wenn er ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Erlangung des Urteils hatte (§ 49 S. 2), so z. B. wenn der Schuldner den Leistungsanspruch des Gläubigers bestreitet oder für den Vergleichstermin (§ 66) sein Bestreiten in Aussicht gestellt hatte (§71). Die Vorschrift des § 4 9 bezieht sich nur auf Leistungsklagen (OLG Köln, M D R 1957 369 = 2 2 P 70, 260). Geht ein Mahnverfahren voraus, so ist auf den Zeitpunkt des Eintritts in das Streitverfahren abzustellen (Wieczorek Anm. A I a zu § 93 Z P O ) . Soweit die Bestimmung des § 49 nicht eingreift, ist der Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers aus einem nach der Verfahrenseröffnung (§21) neu angestrengten oder fortgesetzten Rechtsstreits, wie er im Konkurs Masseschuld ist nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 5 zu § 59 KO), im Vergleichsverfahren, das keine Vergleichsmasse kennt, eine nicht beteiligte Forderung (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 5 g zu § 25 VglO). Zu den nichtbeteiligten Ansprüchen gehören kraft ausdrücklicher Bestimmung (§ 26 Abs. 2) auch die bereits vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21) entstandenen Gebühren und Schreibauslagen des Gerichts (§§ 51, 64 G K G in Verbindung mit Kostverz. 1400 ff), sowie die Ansprüche des vorläufigen Verwalters (§ 11 VglO) auf Vergütung für seine Geschäftsführung und Auslagenersatz (§ 43 VglO) — Einzelheiten Rdn. 83 und 84 zu § 26 VglO. Kosten eines Strafverfahrens Kosten eines Strafverfahrens gehören im Konkurs wie im Vergleichsverfahren nicht 5 4 zu den nach § 63 Nr. 3 K O , § 29 Nr. 3 VglO ausgeschlossenen Forderungen. Diese Bestimmungen beziehen sich nur auf kriminelle, Disziplinar- und andere Strafen, nicht aber auf Vertragsstrafen und die Kosten einer Strafverfolgung und des Strafvollzuges (OLG Stuttgart J W 1939 765). Sie sind keine Nebenfolgen der Strafe, auch keine Sanktionen für begangenes Unrecht, wie sich z. B. aus § 467 Abs. 2 StPO ergibt (vgl. auch Jaeger-Henckel Rdn. 92 zu § 3 KO). —

§26 Nichtbeteiligte Gläubiger (1) Gläubiger, denen im Konkurse ein Anspruch auf Aussonderung oder Ersatzaussonderung oder ein Verfolgungsrecht zusteht, ferner Gläubiger, deren Forderungen im Konkurs ein Vorrecht genießen und Gläubiger, deren Anspruch durch eine Vormerkung gesichert ist, sind nicht Vergleichsgläubiger. (2) Ebenso gehören die Gebühren und Auslagen des Gerichts sowie Ansprüche des vorläufigen Verwalters nicht zu den Vergleichsforderungen, auch soweit sie vor der 367

§ 2 6

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Eröffnung entstanden sind. Zu den Vergleichsforderungen gehören ferner nicht die Ansprüche, die im Konkurs Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 der Konkursordnung sind. Materialien: Begr. II S. 47 f, 63; III S. 390. Der zweite Satz des § 26 Abs. 2 V g l O ist durch Art. 2, 5 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Konkursausfallgeld vom 19.7. 1974 (BGBl. I S. 1481) in das Gesetz eingefügt worden. — Dazu BTagsDruckS Nr. 7/1750, S. 17, Sachgebiet 810. -

Ubersicht Rdn. A. Allgemeines I. A b g r e n z u n g d e r nichtbeteiligten G l ä u b i g e r Gegensätze Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r im Sinne des 5 26 Die f o l g e n d e D a r s t e l l u n g II. Gesetzlicher Kreis d e r nichtbeteiligten Gläubiger Ausschluß der Parteidisposition Freistellung eines Vergleichsgläubigers von den Folgen des Zwangsvergleichs III. Zwischenstaatliches Recht Maßgeblichkeit des deutschen Rechts f ü r Begriff und A b g r e n z u n g d e r nichtbeteiligten R e c h t e Tatbestandsvoraussetzungen B. Aussonderungsberechtigte I. Die A u s s o n d e r u n g im V e r g l e i c h s v e r f a h r e n Brauchbarkeit und Bestimmtheit des Begriffs im Vergleichsrecht G e l t e n d m a c h u n g der A u s s o n d e r u n g . . . . II. G e g e n s t a n d und K l a g e g r ü n d e Gegenstand der Aussonderung Eigentumsvorbehalt III. A u s s o n d e r u n g auf G r u n d von V e r s c h a f fungsansprüchen Durch Verfügungsausschluß gesicherte Rechte §§ 392, II, 407 H G B E r s t r e c k u n g e n n u r k r a f t Gesetzes A u s s o n d e r u n g z u g u n s t e n des E r f i n d e r s und seiner R e c h t s n a c h f o l g e r IV. A u s s o n d e r u n g s a n s p r u c h des T r e u g e b e r s Zulässigkeit und G r e n z e n Rechtliche B e g r ü n d u n g V . A n d e r k o n t e n und A n d e r d e p o t s Zweck A u s s o n d e r u n g des A n d e r k o n t o g u t h a b e n s und d e r auf A n d e r d e p o t gegebenen W e r t e VI. Verfolgungsrecht V e r f o l g u n g s r e c h t auch im Vergleichsverf a h r e n und bei konkursabwendendem Zwangsvergleich Wirksamwerden des Rückgewähranspruchs Ü b e r g a n g von Besitz u n d Eigentum an

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Rdn. einem Teil d e r W a r e schon v o r V e r f a h rensbeginn 22 VII. Ersatzaussonderung Zulässigkeit 23 Rechtslage n a c h E m p f a n g d e r Gegenleistung d u r c h den S c h u l d n e r 24 V I I I . B e s c h r ä n k u n g e n des S c h u l d n e r e h e g a t t e n Die Mitberechtigung am ehelichen Gesamtgut 25 Die V o r s c h r i f t des § 45 K O 26 Die Verteilung der W o h n u n g s e i n r i c h t u n g und des H a u s r a t s 27 C. Absonderungsberechtigte I. Wesen u n d G e l t e n d m a c h u n g d e r A b s o n d e rung R e c h t auf Vorzugsbefriedigung kraft dinglicher H a f t u n g '. V o l l z u g d e r a b g e s o n d e r t e n Befriedigung . II. D e r Kreis der A b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g t e n G e l t u n g der §§ 47 bis 49 K O Besonderheiten Die älteren Miet- und P a c h t z i n s r ü c k s t ä n d e Zurückbehaltüngsrechte III. A b s o n d e r u n g s r e c h t e aus Privatversicherungsverhältnissen Schadensversicherung für fremde Rechnung Haftpflichtversicherung IV. R e c h t s ü b e r t r a g u n g z u r Sicherheit SicherungsUbereignung und S i c h e r u n g s a b tretung S i c h e r u n g s ü b e r e i g n u n g in d e r F o r m des Besitzkonstituts. — Erfordernisse der Sicherungsabtretung Frage d e r A n w e n d b a r k e i t der P f a n d rechtsvorschriften Z w a n g s z u g r i f f e von Gläubigern des T r e u gebers V . §§ 50 bis 52 K O U n a n w e n d b a r k e i t des 5 50 K O A n w e n d b a r k e i t d e r §§ 51, 52 K O VI. Ersatzabsonderung § 46 K O a u c h bei Vereitelung von A b s o n derungsrechten Vereitelung des Absonderungsrechts d u r c h u n b e f u g t e , aber w i r k s a m e V e r f ü -

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Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§ 2 6

Rdn. gung des S c h u l d n e r s V I I . E r w e r b s z e i t p u n k t und U n w i r k s a m k e i t von Absonderungsrechten w ä h r e n d des eigentlichen V e r g l e i c h s v e r fahrens

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n a c h Vergleichsbestätigung

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persönliche

Haftung

des

G l ä u b i g e r , die w e d e r Vergleichsgläubiger n o c h ausgeschlossene G l ä u b i g e r sind . . . Vergleichsgläubiger o d e r ausgeschlossene Gläubiger

Vorrechte

und

67

68 69

F r a g e der F o r t w i r k u n g gesetzlicher o d e r behördlicher Veräußerungsverbote . . . . Die w ä h r e n d des V e r f a h r e n s v o r g e n o m menen verbotswidrigen V e r f ü g u n g e n . . . Verbotswidrige Verfügungen vor dem

47 48

Verfahren Rechtsgeschäftliche Veräußerungsverbote

Sondervor-

70 71 72 73

III. Vormerkungen

Im K o n k u r s und im V e r g l e i c h s v e r f a h r e n . Die Bedeutung des Unterschieds im V e r gleichsverfahren

49 50

II. Rechtstellung der G l ä u b i g e r mit allgemeinem V o r r e c h t Unbeteiligtsein V o n R e c h t s wegen Streit ums V o r r e c h t I I I . Die wegen K o n k u r s r e c h t Nichtbeteiligten Die Maßgeblichkeit der k o n k u r s r e c h t l i chen V o r s c h r i f t e n

51 52 53

55 56

(§ 61

76 77 78

. . . .

IV. Dingliche Vorkaufsrechte V o r m e r k u n g s w i r k u n g nur Dritten gegenüber

79 80

F. „Massegläubiger" I. Allgemeines

57

D e r Begriff „Massegläubigerrechte"

81 =

nichtbeteiligte

Forderungen II. „ M a s s e k o s t e n "

W i r t s c h a f t l i c h e Abhängigkeit T a t s a c h e des Sicherverdingens

59 60

Karenzentschädigung, dung

61

82

N u r die im A b s a t z 2 bezeichneten K o s t e n . F ü r weitere A n s p r ü c h e keine Stellung aus § 2 6 Abs. 2 V g l O herzuleiten

Arbeitnehmererfin-

Ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e Steuerhaftung . . . . Steuern für einen bestimmten Zeitabschnitt Lastenausgleichsabgaben im V e r g l e i c h s verfahren

N u r eingetragene V o r m e r k u n g e n Aussonderungsanspruch Vormerkungswidrige Verfügungen

58 Abs. 1 N r . 1

V . D a s V o r r e c h t für öffentliche Abgaben nach § 61 Abs. 1 N r . 2 K O N u r Steuern und steuerliche Geldleistungen

74 75

54

Zeitschranke Inhaltsänderung des Anspruchs

Unbeteiligtsein der durch V o r m e r k u n g gesicherten A n s p r ü c h e V o r a u s s e t z u n g des Nichtbeteiligtsein . . .

W i r k u n g im V e r g l e i c h s v e r f a h r e n

Ausländische G l ä u b i g e r Gläubigerwechsel IV. Das Lidlohnvorrecht KO)

66

Sechste Vorrechtsklasse

I. Begriff und U n t e r s c h i e d e V o r m e r k u n g , dingliches V o r k a u f s r e c h t . . Relative V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t e II. Relative V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t e im b e s o n deren

D . Vorrechtsgläubiger I. Allgemeine rechte

V o r r e c h t e nach § 61 Abs. 1 N r . 3 bis 5 K O

E . Verfügungsausschlußrechte 44

vor E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s V I I I . Gleichzeitige Schuldners

Rdn.

43

II.

63 64 65

V I . Sonstige V o r r e c h t e

84

„Masseschulden" Allgemeines

62

83

85

F ü r das Vergleichsverfahren nicht in B e t r a c h t k o m m e n d e Bestimmungen . . . . A n w e n d b a r k e i t des § 59 Abs. 1 N r . 1 K O . Erweiterung des Kreises der Masseschulden über § 5 9 K O hinaus E i n o r d n u n g der A b f i n d u n g s a n s p r ü c h e aus Sozialplänen und der A n s p r ü c h e auf Nachteilsausgleich

86 87 88

89

A. Allgemeines I. Abgrenzung der nichtbeteiligten Gläubiger Gegensätze Die nichtbeteiligten Gläubiger stehen im Gegensatz einmal zu den Vergleichsgläu- 1 bigern (§ 25), zum andern, nämlich bei Sondervergleichsverfahren, auch zu den außenstehenden Gläubigern ( § 2 5 Anm. 3). Sie sind aber auch von den ausgeschlossenen Gläubigern (§ 29) zu unterscheiden. Diese nehmen freilich eine Mittelstellung zwischen den Nichtbeteiligten und den Vergleichsgläubigern ein, insofern sie gleich jenen nicht aktiv am Verfahren beteiligt sind, andererseits aber den verfahrensrechtlichen Schran-

369

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

ken der Vergleichsgläubiger unterliegen und teilweise auch vom Zwangsvergleich betroffen werden (§§ 13 Abs. 1, 3, 47, 48, 54, 83, 87, 104). Das Konkursverbot (§ 46) trifft auch die nichtbeteiligten Gläubiger. Nichtbeteiligte Gläubiger im Sinne des § 26 YglO 2

Nichtbeteiligt sind in erster Linie die sog. Neugläubiger, also diejenigen, deren Ansprüche bei Verfahrenseröffnung noch nicht begründet waren. Das ergibt sich schon aus § 25 Abs. 1. Demzufolge können nichtbeteiligte Gläubiger im Sinne des § 26 nur Altgläubiger sein. Und auch in dieser Beschränkung gibt § 26 keine vollständige Aufzählung der Gruppen der Nichtbeteiligten. Er führt nur die Gruppen auf, für welche die V g l O keine Sondervorschriften trifft. Dem soll auch unsere Erläuterung folgen. Es bleiben deshalb hier beiseite die Gläubiger aus den bei Verfahrensbeginn noch von keiner Seite (voll) erfüllten Gegenseitigkeitsschuldverhältnissen (§§ 36, 50 ff) sowie die gegenüber der Regel teils erweiterte, teils beschränkte Aufrechnungsbefugnis (§ 54) und erst recht die ausgeschlossenen Gläubiger sowie die minderberechtigten (§§ 113 Nr. 7, 114). Die folgende Darstellung

3

Die folgende Darstellung soll neben den Aussonderungsberechtigten auch die Absonderungsberechtigten umfassen. Absonderungsberechtigte sind nicht Vergleichsgläubiger, wenn der Vergleichsschuldner ihnen nur dinglich haftet (§ 25). H a f t e t ihnen der Vergleichsschuldner auch persönlich, so sind sie nach § 27 Abs. 1 S. 1 insoweit Vergleichsgläubiger, als sie entweder auf abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind. Damit ist das Prinzip des § 64 K O in die Vergleichsordnung übernommen (BGH, N J W 1956 1594 = M D R 1957 28 mit Anm. Pöble, ferner Kuhn M D R 1960 307, Jauemig § 64 II). Da nun aber das Vergleichsverfahren anders als das Konkursverfahren nicht die Versilberung des Schuldnervermögens erfordert, bestimmt § 27 Abs. 1 S. 2, daß die absonderungsberechtigten Gläubiger, solange der Ausfall nicht feststeht, bei der Vergleichserfüllung, falls nicht im Vergleich eine günstigere Regelung vereinbart wird, mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen sind (dies durch Zahlung, nicht wie im Falle des § 168 Nr. 3 K O durch Hinterlegung). — Von den Vorrechtsgläubigern werden hier nur die mit allgemeinem Vorrecht, dagegen die Sondervorrechtsgläubiger in § 27 behandelt. — Da das Vergleichsverfahren keine der Konkursmasse entsprechende Teilungsmasse kennt und nicht notwendig zu einem Vergleich führt, muß die Lehre von der Vormerkung zu einer, diese mit umfassenden Darstellung der Verfügungsausschlußrechte erweitert werden (unten 68 ff). Die Bestimmung des § 26 Abs. 2 S. 1 erkennt ausdrücklich an, daß die Gebühren und Auslagen des Gerichts (§§ 57 ff, 91 ff GKG) und die Ansprüche des vorläufigen Verwalters (§11 Abs. 2, 43), auch soweit diese vor der Eröffnung des Verfahrens (§ 21) entstanden sind, nicht zu den Vergleichsforderungen gehören. Sie sind den Massekosten des Konkurses gleichzusetzen (für die Vergleichsordnung von 1927 vgl. Bley § 2 und dort Anm. 43 ff). Zufolge Art. 2, § 1 des Gesetzes über das Konkursausfallgeld vom 17. 7. 1974 (BGBl. I S. 1481) sind mit der Neufassung des § 59 K O die Rückstände an Lohnforderungen f ü r die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens (beim Nachlaßkonkurs „vor dem Ableben des Gemeinschuldners", wobei das Ableben des Erblassers gemeint ist, da der Erbe Gemeinschuldner ist — vgl. Mentzel-Kuhn, Anm. 6 zu § 2 1 4 K O —) in Masseschulden umgewandelt worden. Durch § 2 des Art. 2 des Gesetzes über das Konkursausfallgeld ist mit der Anfügung des zweiten Satzes an § 26 370

Nichtbeteiligte Gläubiger

§26

Abs. 2 V g l O klargestellt worden, daß die in § 59 Abs. 1 Nr. 3 K O bezeichneten Ansprüche der Arbeitnehmer nicht zu den Vergleichsforderungen gehören (vgl. Hornung Rpfleger 1975 289). II. Gesetzlicher Kreis der nichtbeteiligten Gläubiger Ausschluß der Parteidisposition W e r im Sinne des Gesetzes Vergleichsgläubiger ist, kann nicht durch Abrede mit 4 dem Schuldner noch durch dessen Verzicht auf einen Rechtsbehelf die Stellung eines Nichtbeteiligten erlangen (ebenso B G H 2 67 242 = K T S 1977 111, auch LAG H a m m DB 1974 52). So läßt sich z. B. auf die bloße Abrede, daß ein Gegenstand im Fall des Konkurses und damit auch des Vergleichsverfahrens auszusondern sei, kein Aussonderungsrecht gründen (RGZ 142, 375). Ebenso bleibt ein Vergleichsgläubiger den Wirkungen des Vergleichsverfahrens und des bestätigten Vergleichs (§ 78) auch dann unterworfen, wenn seinem, entgegen dem Vollstreckungsverbot (§ 48) geschehenen Zwangszugriff aus irgendeinem Grunde nicht widersprochen wurde. Auch eine vertragliche Abrede, der Anspruch des Gläubigers solle unter ein für diesen günstigeres ausländisches Konkurs- oder Ausgleichsrecht unterstellt werden, kann an der nach unserem Recht gegebenen Rechtsstellung nichts ändern, da das insoweit allein maßgebende innerstaatliche Schuldenabwicklungsrecht unabdingbar ist (vgl. Rdn. 6). Freistellung eines Vergleichsgläubigers von den Folgen des Zwangsvergleichs Wie sich ein nichtbeteiligter Gläubiger materiell dem Zwangsvergleich unterstellen 5 kann (§ 25 Anm. 9), so ist umgekehrt auch die Freistellung eines Vergleichsgläubigers von den Folgen des Zwangsvergleichs möglich, und zwar sowohl von dessen Inhaltswie von dessen Bestandswirkungen. Aber dazu bedarf es eines Mehrheitsbeschlusses der zurückgesetzten Gläubiger, d. h. aller übrigen Vergleichsgläubiger nach näherer Maßgabe des § 8 Abs. 2. Auch bleibt ein solcher Gläubiger, da seine Bevorzugung erst mit der Verbleichsbestätigung (§ 78) wirksam wird, bis dahin Vergleichsgläubiger. Dies ist in § 72 Abs. 1 ausdrücklich anerkannt: Das Stimmrecht eines solchen Gläubigers fällt weg, er ist jedoch als Vergleichsgläubiger weiter beteiligt, wird in der Bestimmung auch als solcher bezeichnet. Eine Abrede mit dem Schuldner außerhalb des Vergleichs genügt zur Freistellung nicht (RG, ZAkdR 1944, 29). Ebensowenig kann ein absonderungsberechtigter Vergleichsgläubiger hinsichtlich desjenigen Teils seiner Vergleichsforderung, der durch abgesonderte Befriedigung schätzungsweise realisierbar erscheint, mit der Maßgabe auf die Teilnahme am Vergleichsverfahren verzichten, daß er wegen dieses Betrages nicht nur auf den Gegenstand des Absonderungsrechtes, sondern unerachtet des Teilerlasses durch den bestätigten Vergleich auch auf das sonstige Vermögen des Schuldners greifen könnte. — Einzelheiten dazu § 27 Rdn. 13. III. Zwischenstaatliches Recht Maßgeblichkeit des deutschen Rechts für Begriff und Abgrenzung der nichtbeteiligten Rechte • Nichtbeteiligter Gläubiger ist, ebenso wie Vergleichsgläubiger (§ 25 Anm. 1) ein 6 verfahrensrechtlicher Begriff. Daraus ergibt sich f ü r die Frage, ob und inwieweit ein Gläubiger zu den nichtbeteiligten gehört, die unabdingbare Maßgeblichkeit des deutschen Rechts, und zwar im Rahmen unseres Absatz 1 des deutschen Konkursrechts; ohne Rücksicht darauf, wo der Vermögensgegenstand sich befindet, ob der Gläubiger Inländer oder Ausländer ist und ob das zugrunde liegende Rechtsverhältnis deutschem 371

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

oder fremdem Recht untersteht. In voller Allgemeinheit gilt dies freilich nur für den Begriff und die Abgrenzung der nichtbeteiligten Rechte. So gewährt ein im Ausland durch bloßen Vertrag begründetes Fahrnispfand im inländischen Vergleichsverfahren kein Recht auf abgesonderte Befriedigung, da das deutsche Recht rechtsgeschäftliche Fahrnispfandrechte nur als Besitzpfand anerkennt. Tatbestandsvoraussetzungen 7

Dagegen ist bei den Tatbestandsvoraussetzungen zu unterscheiden. Bestimmen sich, wie bei der Aussonderung nach § 43 K O , diese Voraussetzungen „nach den außerhalb des Konkursverfahrens geltenden Gesetzen", so ist die Frage der Nichtzugehörigkeit eines Gegenstands zum Schuldnervermögen nach dem Recht zu beurteilen, dem der Gegenstand unterliegt, bei Sachen (§ 90 BGB) also nach dem Recht der belegenen Sache (lex rei sitae). Nach diesem Recht beurteilen sich auch Pfand- und Beschlagsrechte an Sachen sowie die Pfandrechte an Hypotheken (RGZ 149, 93). Nicht aber entscheidet die lex rei sitae über die der Hypothek zugrunde liegende Forderung, die ihrem eigenen Recht folgt (BGH, N J W 1951 400). — Soweit das deutsche Konkursrecht die Voraussetzungen des Nichtbeteiligtseins selbst regelt, sei es unmittelbar oder auch mittelbar, nämlich durch Verweisung auf deutsches Recht, ist auch die Frage, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall zutreffen, ausschließlich nach deutschem Recht zu entscheiden. Darauf beruht es, daß im inländischen Schuldenabwicklungsverfahren ein Gläubiger das Verfolgungsrecht (droit de suite/right of stoppage in transitu) auch in bezug auf die im Ausland befindliche W a r e nur geltend machen kann, wenn die Voraussetzungen des § 44 K O erfüllt sind (vgl. dazu Huber in der Festschrift für Friedrich Weber, „Right of Stoppage in Transitu und deutsches Konkursrecht", 253/261 f). — Ebenso kann, vom Fall des § 49 Abs. 1 Nr. 3 K O abgesehen, ein Gläubiger wegen eines schuldrechtlichen Zurückbehaltungsrechts auch aus dem im Ausland befindlichen Vermögensgegenständen abgesonderte Befriedigung nur dann verlangen, wenn ihm ein Zurückbehaltungsrecht „nach dem Handelsgesetzbuch" (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 KO), d. h. nach deutschem Handelsrecht zusteht. Hieran fehlt es z. B. bei Urkunden, die wie Sparkassenbücher, Hypotheken- und Grundschuldbriefe, nicht selbständige Träger des verbrieften Rechtes sind (RGZ 149 93, Mentzel-Kuhn Anm. 28 zu § 49 KO). — Doch gelten diese Beschränkungen nur in den Regelfällen, wo das inländische Vergleichsverfahren die im Ausland befindlichen Vermögensgegenstände mit umfaßt, nicht aber bei einem auf das Inlandsvermögen beschränkten Verfahren (vgl. dazu § 2, Rdn.62). — Konkursvorrechte, und zwar die allgemeinen wie die besonderen, können auch ausländischen Gläubigern zugute kommen (§ 37). Doch sind Auslandsstaaten und Auslandsverbänden, soweit nicht etwa Staatsverträge eingreifen, die Vorrechte nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 und 3 K O verschlossen (OLG Karlsruhe J W 1929 2362, O L G Düsseldorf DRiZ 1933 Nr. 393). Der Entwurf eines Vertrages zwischen der Republik Osterreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiete des Konkurs- und Vergleichsrechts sieht dazu in Art. 23 vor, daß sich das Vorrecht einer Forderung nach dem Rechte bestimmt, dem die Forderung ohne Rücksicht auf das Konkursverfahren unterliegt. In welchem Range Steuern, Zölle, Gebühren, Beiträge zur Sozialversicherung und andere öffentlich-rechtliche Ansprüche im Konkursverfahren zu berücksichtigen sind, soll sich nach der genannten Bestimmung dieses Vertragsentwurfs nach dem Rechte des Vertragsstaates richten, auf dessen Recht sie beruhen (vgl. dazu Bern. 20 zu diesem Vertragsentwurf).

372

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§26

B. Aussonderungsberechtigte I. Die Aussonderung im Vergleichsverfahren Brauchbarkeit und Bestimmtheit des Begriffs im Vergleichsrecht Im Konkursrecht, aus dem der Begriff stammt, bedeutet Aussonderung Drittwider- 8 spruch gegen die vom Verwalter behauptete Massezugehörigkeit eines bestimmten Gegenstands, also gegen die Inanspruchnahme desselben für die Konkursmasse (Mentzel-Kuhn Anm. 1 zu § 43 K O , Jauernig § 45 I, Schönke-Baur§ 60 I). — Der Widerspruch gegen die Massezugehörigkeit ist vergleichbar mit dem Widerspruch des §771 Z P O bei der Einzelvollstreckung. N u n ist das Vergleichsverfahren kein Zwangsverfahren, auch wird der in ihm abgeschlossene Vergleich die Verwertung „massefremder" Gegenstände vielfach weder bezwecken, noch notwendig machen. Doch ändert dies nichts an der Brauchbarkeit des Begriffs der Aussonderung im Vergleichsrecht. Nur ist hier nicht entscheidend, daß die Aussonderung während des Vergleichsverfahrens vorgenommen wird, sondern die Tatsache, daß Ansprüche, die im Konkursfall Aussonderungskraft haben würden, den Wirkungen des bestätigten Vergleichs (§ 78) nicht unterliegen. Ferner ist für die Frage der Angemessenheit des Vergleichsvorschlags und seine Durchführbarkeit (§18 Nr. 3 und 4) zu beachten, daß Gegenstände, die im Konkurs ausgesondert werden müßten, außer Betracht bleiben (vgl. hierzu Veismann KTS 1968 40 ff). Geltendmachung der Aussonderung Die Geltendmachung der Aussonderung kann, während, wie nach dem Verfahren, 9 gerichtlich und außergerichtlich, angriffs- und verteidigungsweise geschehen. Eine Klage kann je nach den Umständen des Einzelfalls auf Feststellung (§ 256 Z P O ) , Leistung, unter den Voraussetzungen der §§ 257 ff Z P O auch auf künftige Leistung, und wenn der Schuldner ein Eingriffsrecht beansprucht, auf Unterlassung gehen (vgl. unten Anm. 10). Vollstreckt ein Gläubiger des Vergleichsschuldners in Gegenstände, die einem Aussonderungsrecht unterliegen, so bleibt den Berechtigten die Drittwiderspruchsklage (§ 771 Z P O ) . Gegen den Vergleichsschuldner selbst kann eine einstweilige Verfügung (§§ 935 ff Z P O ) als vorläufiger Schutz, aber auch die Geltendmachung des Vorlegungsanspruchs nach § 809 BGB in Betracht kommen, womit die Aussonderungsklage vorbereitet werden kann. II. Gegenstand und Klagegründe Gegenstand der Aussonderung Gegenstand der Aussonderung kann jedes Vermögensrecht sein; und zwar nicht nur 10 absolute, sondern hinsichtlich der Rechtszuständigkeit und einer Belastung auch relative Rechte, insbesondere Forderungsrechte (z. B. Prätendentenstreit zwischen Kläger und Schuldner um eine Forderung). Doch kann sich die Aussonderung immer nur auf individuell bestimmte Gegenstände, nicht aber auf eine Geldsumme als solche beziehen (BGHZ 58 257 = KTS 1972 250, vgl. auch Kuhn W M 1976 237). - Wie Vollrechte, so können auch beschränkte Rechte (Belastungen) ausgesondert werden, deren Bestehen, sei es überhaupt oder zugunsten des Gläubigers, der Schuldner bestreitet. Deshalb begehrt Aussonderung auch, wer Anerkennung seines Absonderungsrechts beansprucht. So z. B. wenn der Konkursverwalter eine Hypothek als ein Eigentümergrundpfandrecht zur Masse beansprucht, während der Gläubiger die Nichtzugehörigkeit des Pfandrechts zu dieser geltend macht (Mentzel-Kuhn Anm. 58 zu § 43 KO). Aussonderungsgegenstand kann auch die Lastenfreiheit einer Sache sein, z. B. bei 373

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Abwehr eines vom Schuldner beanspruchten Eingriffsrechts mittels Unterlassungsklage, z. B. aus § 1004 (Jaeger-Lent Anm. 23 zu § 43 KO). Aussonderungsgegenstand im Sinne des § 43 K O kann auch der Besitz sein, so stellt sich der Anspruch auf Wiedereinräumung des vom Vergleichsschuldner fehlerhaft erlangten Besitzes (§ 861 BGB) als ein Aussonderungsanspruch dar. Der Mangel des Rechts zum Besitz gegenüber dem Gläubiger kann sich auch aus der zwischen den Parteien bestehenden schuldrechtlichen Beziehungen ergeben. Doch begründen schuldrechtliche Ansprüche Aussonderungsansprüche nur, wenn sie auf Herausgabe, nicht aber wenn sie auf Verschaffung gehen. Mit einem solchen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch wird geltend gemacht, daß der Gegenstand nicht dem Vergleichsschuldner gehört. So besteht z. B. ein Aussonderungsanspruch, wenn der Vergleichsschuldner sich eine Maschine geliehen oder sie gepachtet hatte mit der Abrede, sie nach Gebrauch zurückzugeben. Dabei wird nicht etwa vorausgesetzt, daß der auf Grund eines schuldrechtlichen Anspruchs herausverlangte Gegenstand dem Gläubiger gehört (Mentzel-Kuhn Anm. 61 zu § 43 KO). Nicht aber ist ein Aussonderungsrecht gegeben, wenn z. B. der Vergleichsschuldner sich verpflichtet hatte, eine bestimmte Maschine zu liefern. Dies selbst dann nicht, wenn gemäß § 281 BGB die Herausgabe des als Ersatz für die zu liefernde Maschine Erlangten verlangt wird (RGZ 94 22). Um einen Verschaffungsanspruch, der kein Aussonderungsrecht gewährt, handelt es sich auch, wenn zufolge eines Fehlers des beurkundenden Notars der Erwerb eines dinglichen Rechtes mit Wirkung gegenüber den Konkursgläubigern nach § 878 BGB, § 15 S. 2 K O scheiterte, da kein Eintragungsantrag vor der Eröffnung des Konkursverfahrens (§ 108 KO) beim Grundbuchamt eingegangen war (vgl. O L G Köln, KTS 1968 245/250). Eigentumsvorbehalt 11

Eine Aussonderungskraft kann sich auch aus einem Eigentumsvorbehalt (§455 BGB) ergeben. Die einzelnen Rechtsmöglichkeiten sind — getrennt für das Vergleichsverfahren des Vorbehaltskäufers und das des Vorbehaltsverkäufers — mit Rücksicht auf die Bestimmungen der §§ 36, 50, 52, 53 hier nicht näher zu erörtern, um Wiederholungen in der Kommentierung zu vermeiden. Zur Behandlung des Eigentumsvorbehalts im Konkurs (einfacher EV, verlängerter EV mit „Verarbeitungsklausel", verlängerte EV mit „Vorausabtretungsklausel", erweiterter EV — „Kontokorrentvorbehalt" —, erweiterter EV — Konzernvorbehalt", weitergeleiteter EV) darf verwiesen werden auf die Übersichten bei Mentzel-Kuhn Anm. 28 bis 44, Böble-Stamschräder Anm. 3, je zu § 43 K O , Jauernig § 45 I 1, Schönke-Baur § 60 II 1, sowie im Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts, 2. Aufl. § 74 III 1 bis 5. Für das Vergleichsverfahren ist auch im Hinblick auf die sich aus der Anwartschaft des Käufers auf Erwerb des Vollrechts ergebenden Fragen hier zu verweisen auf die Darstellung zu § 36 und dort in den Anmerkungen 37 bis 45, ferner auf die zu § 50, Anmerkung 15. — Zum Zusammentreffen von Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung siehe die Hinweise in der Rdn. 36 zu § 26 V g l O Gesamtdarstellung zum E V Rdn. 37 bis 45 zu § 36 VglO. — III. Aussonderung auf Grund von Verschaffungsansprüchen gestattet das Gesetz nur ausnahmsweise. Hierher gehören Durch Verfügungsausschluß gesicherte Rechte

12

Aussonderungskraft hat stets ein durch Vormerkung gesicherter Anspruch (unten 74 ff) ; ausnahmsweise auch ein durch obrigkeitliches Veräußerungsverbot geschützter 374

Nichtbeteiligte Gläubiger

§26

Anspruch, nämlich wenn das Verbot schon vor Beginn der Rückschlagssperrfrist wirksam geworden und die verbotswidrige Verfügung noch vor Verfahrenseröffnung geschehen war (unten 45).

§§ 392 Abs. 2, 407 H G B Der Anspruch des Kommittenten gegen den Ein- oder Verkaufskommissionär auf 1 3 Abtretung der Forderungen desselben aus dem Ausrichtungsgeschäft. Nach § 392 II H G B gelten die Forderungen aus dem Ausführungsgeschäft des Kommissionärs zwischen dem Kommittenten einerseits und dem Kommissionär und dessen Gläubigern andererseits bereits als Forderungen des Kommittenten, und zwar nicht nur bei Zwangszugriffen der Gläubiger des Kommissionärs, sondern auch bei einer Sicherungsabtretung durch diesen an seine Gläubiger ( R G 2 148 190). Demgemäß kann der Kommittent wie im Konkurs, so auch im Vergleichsverfahren über das Vermögen des Kommissionärs die noch ausstehende Forderung auf den Kaufpreis, auf die zu liefernde W a r e oder auf Gewährleistung wegen Sach- und Rechtsmängel aussondern. Im Konkurse des Verkaufskommissionärs geht die Aussonderung auf Abtretung der Forderung. Mit der Abtretung gehen die Nebenrechte über (§ 401 BGB). Die zum Beweise dienenden Urkunden sind auszuliefern (§§ 402, 952 BGB). H a t der Kommissionär die Forderung vor der Konkurseröffnung (§ 108 KO) eingezogen, so bleibt dem Kommittenten nur eine Konkursforderung (RGZ 94, 308). Wird die Forderung nach der Konkurseröffnung zur Masse eingezogen, so hat der Kommittent in Fällen der Unterscheidbarkeit des Erlöses (hierzu vgl. Meyer-Giesow KTS 1967 29) gemäß § 46 S. 2 K O das Recht der Ersatzaussonderung, sonst einen Masseschuldanspruch nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 oder 4 K O (vgl. Jaeger-Lent Anm. 48, 51, Mentzel-Kuhn Anm. 23 zu § 43 KO). In Konkurse des Einkaufskommissionärs unterliegt der Aussonderung der bei Konkurseröffnung noch ausstehende Anspruch des Kommissionärs gegen den Dritten auf Ubergabe der Ware und Eigentumsverschaffung. W a r dagegen vor Konkurseröffnung die W a r e dem Kommissionär bereits geliefert, so hat der Kommittent nur schuldrechtliche Ansprüche auf Verschaffung, die sich als Konkursforderungen darstellen. Bei Lieferung nach Konkurseröffnung zur Masse steht dem Kommittenten des Recht der Ersatzaussonderung zu (§ 46 S. 2 KO). — Die Bestimmung des § 392 Abs. 3 H B G gilt auch f ü r das Speditionsgeschäft (§ 407 Abs. 2 HGB), so daß der Versender im Vergleichsverfahren des Spediteurs dessen Forderungen gegen den Frachtführer aussondern kann (RGZ 92 11).

Erstreckungen nur kraft Gesetzes Erstreckungen sind nur kraft Gesetzes zulässig. Die §§ 392, 407 H G B haben Son- 14 derrechtsnatur. Der Gedanke, sie zu einem allgemeinen Grundsatz des bürgerlichen Rechts zu erheben, wurde bei Beratung des BGB zwar eingehend erwogen, aber abgelehnt (Prot. z. Entw. e. BGB II 360 ff). Eben darum hat der Gesetzgeber später für Sonderfälle, wo es nötig schien, die Aussonderung ausdrücklich vorgeschrieben, so zugunsten des Versicherten bei Versicherung f ü r fremde Rechnung (§§ 75 I, 77 W G ; §§ 886 I 1, 888 HGB) und zugunsten der Aktiengesellschaft hinsichtlich der Forderungen des Vorstands aus Gutschriften (§ 54 Abs. 3 S. 2 AktG). Eine entsprechende Anwendung des § 392 Abs. 2 H G B auf Geschäftsbesorgungsverhältnisse des bürgerlichen Rechts erscheint danach ausgeschlossen (RGZ 84, 216, Bohle-Stamschräder Anm. 12, Mentzel-Kuhn Anm. 22 zu § 43 KO). 375

§ 26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Aussonderung zugunsten des Erfinders und seiner Rechtsnachfolger 15

Der Erfinder und seine Rechtsnachfolger können vom unberechtigten Patentsucher Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des Patents und vom unberechtigten Patentinhaber Übertragung des Patents verlangen (§§ 5, 9 PatG). Entsprechendes gilt für den Erfinder eines Gebrauchsmusters und seine Rechtsnachfolger (§§ 5 IV, 13 GebrMG). Die Ansprüche gewähren im Konkurs und im Vergleichsverfahren des unberechtigten Patent- (Gebrauchsmuster-)suchers oder -inhabers Aussonderungskraft (Mentzel-Kuhn Anm. 56 zu § 43 K O , MentzelKuT 1937 17).

IV. Aussonderungsanspruch des Treugebers Zulässigkeit und Grenzen 16

Nichtbeteiligt ist auch der Treugeber am Vergleichsverfahren des Treuhänders. Das Treugut ist zwar formaljuristisch, nicht aber materiell und wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers ausgeschieden. Dem Treugeber steht eine Aussonderungsbefugnis zu, die als gewohnheitsrechtlich anerkannt gelten kann (BGHZ 11 41, BHG, N J W 1959 1224 = W M 1959 686, Assfalg „Die Behandlung von Treugut im Konkurse des Treuhänders" 1960 123 und 162, Liebich „Treuhand und Treuhänder im Wirtschaftsrecht" 1966 178 f). H a t der Vergleichsschuldner das Treugut unter Mißbrauch seiner formalen Rechtsstellung weiterveräußert, so hat der Treugeber gegen den Dritterwerber kein Aussonderungsrecht, da sein dingliches Recht verloren ist (RGZ 94 307). Ihm steht nur noch ein schuldrechtlicher Anspruch zu, der nur als eine Vergleichsforderung geltend gemacht werden kann. — Bei der uneigentlichen, dem Fiduziar nur eine Verfügungsmacht einräumenden Treuhand (§ 185 Abs. 1 BGB) ist das Aussonderungsrecht des Treugebers aus § 43 K O an sich gegeben. H a t aber der Treuhänder von seiner Berechtigung gegenüber einem Dritten Gebrauch gemacht, so steht dem Treugeber im Vergleichsverfahren des Dritten ein Aussonderungsrecht nicht zu (Kuhn W M Teil IV, 1964 610 unter Hinweis auf BGH, W M 1964 318). - Der Vergleichsschuldner kann, solange die gesicherte Forderung noch nicht abgedeckt ist, die Aussonderung aus § 986 BGB verweigern (zu Fragen des Vollstreckungsrechts siehe Arwed Blomeyer § 36 III, zu solchen des Konkursrechts, insbesondere zum gerichtlichen Treuhandvergleich und dem Rückfall des Treuguts in die Konkursmasse: Mentzel-Kuhn Anm. 10 und 11 zu § 4 3 KO). Rechtliche Begründung

17

Die rechtliche Begründung des Aussonderungsanspruchs des Treugebers bei uneigennütziger Treuhand hat — in großen Zügen mitgeteilt — etwa folgende Entwicklung durchgemacht: Die Übereignung des Treuguts sei im Verhältnis vom Treugeber und Treuhänder als relativ unwirksam anzusehen (so Martin Wolff Sachenrecht § 88 V und in der zweiten Auflage seines Kommentars auch Jaeger Anm. 18 zu § 4 3 KO). Einer solchen Annahme steht § 137 BGB entgegen. Auch der Versuch über eine Mehrheitszuständigkeit des Eigentums (vgl. dazu Nachweise bei Emmerich Sanierung I S. 167, Nr. 4) das Aussonderungsrecht zu begründen, scheitert und zwar an der nicht zulässigen Aufteilung des Eigentums, da das BGB nur ein qualitativ einheitliches Eigentum und Gläubigerrecht kennt, das voll auf den Treuhänder übergeht. Auch mittels der Lehre von der Unzulässigkeit der Rechtsausübung, aus der sich im Einzelfall die Inhaltsbestimmung des treuhänderisch übertragenen Rechts ergeben soll, kann das Aussonderungsrecht entgegen Siebert DRecht 1935 57 nicht begründet werden, denn diese Beschränkung des Treuhänders folgt aus seiner rein schuldrechtlichen, lediglich 376

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§26

innerrechtlichen Bindung. Die Aussonderung geschieht vielmehr allein — außer bei Sicherungsübereignung — auf Grund eines entgegen dem formellen Recht entstandenen Gewohnheitsrechts, nach welchem für die Vermögenszugehörigkeit im Sinne des § 1 K O und damit für das Aussonderungsrecht der wirtschaftliche Begriff maßgebend ist (BGH, N J W 1959 1224 = W M 1959 686/687, O L G Köln M D R 1965 1001, Mentzel-Kuhn Anm. 10, Böhle-Stamschräder Anm. 9, je zu § 4 3 K O , Scbönke-Baur § 6 0 II 3). Für die Sicherungsübereignung ist davon auszugehen, daß dem Sicherungsnehmer gegen Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern des Sicherungsgebers aus seinem „die Veräußerung" durch Dritte „hindernden" Rechts ein Widerspruchsrecht (9 771 Z P O ) zusteht (RGZ 124 73; B G H Z 12 232). - Dem Sicherungsgeber steht bei Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern des Sicherungsnehmers das Widerspruchsrecht aus §771 Z P O solange zu, als das Sicherungsgut nach dem Sicherungsvertrag nicht verwertet werden darf. Entfällt aber im Verhältnis zwischen dem Sicherungsgeber und -nehmer diese Beschränkung, so ist auch ein Verbot von Zugriffen durch Gläubiger des Sicherungsnehmers nicht mehr zu rechtfertigen (BGH, M D R 1978 926 = KTS 1979 95). — V. Anderkonten und Anderdepots Zweck Grundlegende Pflicht eines jeden Verwahrers ist es, fremde Gelder getrennt von 1 8 seinen eigenen Mitteln zu halten, und zwar entweder in bar oder auf einem Sonderkonto jederzeit greifbar (BGHZ 17 140). Bei der Verwahrung von Bargeld besteht die Gefahr, daß sich die dingliche Rechtslage gegen den Willen des Treugebers ändert, wenn eigenes und fremdes Geld vom Treuhänder miteinander untrennbar vermischt werden (§ 948 BGB). Ein Aussonderungsanspruch geht damit verloren. Gleiches gilt, wenn das Geld vom Sonderkonto auf das allgemeine Konto des Treuhänders gelangt und die treuhänderisch gebundene Guthabenforderung mit privaten Guthabenforderungen des Treuhänders verschmolzen wird. Um sich gegen diese Rechtsfolgen zu schützen, muß der Treugeber verlangen, daß ein separates Konto für das Treuhandguthaben eingerichtet wird. Für Rechtsanwälte und Notare, Wirtschaftsprüfer und andere im Treuhandwesen tätige Berufsgruppen besteht seit dem Herbst 1931 die Möglichkeit, bei der bankmäßigen Verwahrung und Verwaltung fremder Gelder und Wertpapiere sich eines „Anderkontos" zu bedienen. Zu den im Treuhandwesen tätigen Berufsgruppen gehören nach den Geschäftsbedingungen für Anderkonten in der Fassung der Anlage 1 zur Mitteilung der Deutschen Bundesbank Nr. 2002/63 vom 25. 1. 1963 (BAnz. Nr. 21 vom 31. 1. 1963) außer den Wirtschaftsprüfern ferner Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer, Buchprüfungsgesellschaften, Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften sowie Steuerbevollmächtige. Der Inhalt der Geschäftsbedingungen f ü r „Anderkonten" stimmt weitgehend überein mit den für Treuhandkonten allgemein entwickelten Regeln. Doch wird unterschieden zwischen den Anderkonten für Rechtsanwälte (vgl. Canaris Rdn. 147 zu §357 HGB), für Notare (vgl. Canaris Rdn. 148 aaO) und für die Angehörigen der öffentlich bestellten wirtschaftsprüfenden und wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (vgl. Canaris Rdn. 149 aaO). Mit der Anlage der im Fremdinteresse aufgegebenen Gelder und sonstigen Werte auf einem Anderkonto bzw. Anderdepot wird bezweckt, dem Auftraggeber des 377

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Geschäftsträgers die Verfügung über das Konto bzw. Depot zu entziehen, insbesondere, auch den Gläubigern des Auftraggebers die Pfändung des Guthabens unmöglich zu machen (RG, K u T 1940 59). Ferner aber muß, da der Geschäftsträger allein verfügungsberechtigt ist, auch Gewähr f ü r eine Scheidung von dessen eigener Vermögenssphäre, insbesondere durch Ausschluß der Aufrechungsbefugnis sowie von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten der Bank gegenüber dem Geschäftsträger, gegeben sein. Texte: Canaris a a O und BB 1963 67/160, DB 1963 196. Außergerichtliche Vergleichsordnung, S. 134 ff, 145/146. —

Siehe dazu auch Künne

Aussonderung des Anderkontoguthabens und der auf Anderdepot gegebenen Werte 19

Die Aussonderung des Anderkontenguthabens und der auf Anderdepot gegebenen Werte beruht auf Treuhandgrundsätzen. Durch die Begründung der Konten und Depots als Anderkonten und Anderdepots hat der Geschäftsträger selbst die Guthaben und Werte aus seinem eigenen und freien Zwecken dienenden Vermögen ausgesondert. Dies nicht im Sinne einer Übertragung auf den Kunden, wohl aber im Sinne einer rechtlichen Vermögenssonderung, die offenkundig gemacht worden ist. Es ist nicht notwendig, daß der Geschäftsträger selbst das Geld auf ein Anderkonto einzahlt, es kann auch von einem Dritten eingezahlt werden. Voraussetzung ist nur, daß das Anderkonto offenkundig zu dem Zweck bestimmt ist, fremde Gelder zu verwalten (BGH, BB 1959 573). Pfänden Gläubiger des Treuhänders das Konto, so hat der Treugeber die Drittwiderspruchsklage (§ 771 Z P O ) . Gläubiger des Treugebers aber können nicht das Konto, wohl aber einen Herausgabeanspruch des Treugebers gegen den Treuhänder pfänden (Liebich Treuhand und Treuhänder, 1966 176). Wird das Konkursverfahren über das Vermögen des Kontoinhabers eröffnet, so gibt nach den Geschäftsbedingungen für Anderkonten die Bank dem Konkursverwalter Kenntnis vom Vorhandensein des Anderkontos. Alleinverfügungen des Kontoinhabers und des Konkursverwalters über Anderkonten sind nicht zugelassen (Nr. 14 der Geschäftsbedingungen der Deutschen Bundesbank vom 25. 1. 1963 — 2002/63 — in BAnz-Nr. 21 vom 31. 1. 1963). — Zum Aussonderungsanspruch vgl. auch Mentzel-Kuhn Anm. 13, Bohle-Stamschräder Anm. 9 zu § 43 K O . — Im Konkurs einer Bank sind Wertpapiere, die diese im Ausland für einen Depotkunden angeschafft und darüber Gutschrift in Wertpapierrechnung auf das Depotkonto des Kunden erteilt hat, auszusondern. Wenn auch Treuhandeigentum nicht vom Treugeber erworben wurde, so ist doch für diesen beim Wertpapiererwerb das Treuhandverhältnis offengelegt worden (BGH W M 1959 686/687). — Siehe dazu auch Heinsius-Hom-Than Rdn. 44 zu § 22 DepotG. — VI. Verfolgungsrecht Verfolgungsrecht auch im Vergleichsverfahren und beim konkursabwendenden Zwangsvergleich

20

Der Kreis der Aussonderungsberechtigten wird erweitert durch das sogenannte Verfolgungsrecht (droit de suite / right of stoppage in transitu), kraft dessen, wenn bei einem Distanzgeschäft die abgesendete noch nicht vollständig bezahlte Ware sich zur Zeit der Konkurseröffnung (§ 108 KO) noch auf dem Transport befindet, der bei der Versendung oder der Übergabe an den Frachtführer etwa bereits eingetretene Eigentumsübergang als nicht geschehen behandelt wird (§ 44 Abs. 1 KO). Bedeutsam ist dieses Verfolgungsrecht namentlich bei Übereignung von Waren mittels Wertpapiers (§§ 524, 450, 647 HGB) oder von Wertpapieren mittels Absendung eines Stückever378

Nichtbeteiligte Gläubiger

§26

zeichnisses (§§ 18 ff, 26, 31 DepotG) sowie dort, wo der Transportunternehmer ausnahmsweise Gehilfe des Adressaten ist. H a t der Verkäufer Ware unter Aushändigung eines vom Frachtführer im Binnenschiffsverkehr ausgestellten Ladescheins übereignet (§ 450 HGB), so kann er bei Konkurseröffnung die W a r e ohne Rückgabe des Scheins dem Frachtführer gegenüber nicht anhalten (§ 447 Abs. 3 HGB) — dazu R G Z 98 338, dazu Huber in der Festschrift für Friedrich Weber, 253/264 f —, wohl aber kann er aussondern, wenn die Ware bei Konkurseröffnung (§108 KO) noch nicht am Ablieferungsort angekommen und noch nicht in den Gewahrsam der Gemeinschuldners oder einer für ihn empfangsberechtigten Person gelangt war (§ 44 Abs. 1 KO). Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 erkennt das Verfolgungsrecht auch im Vergleichsverfahren an. Dies kommt in den Worten, daß Gläubiger, „denen im Konkurs ein Verfolgungsrecht zusteht", „nicht Vergleichsgläubiger" sind, zum Ausdruck. Nicht etwa soll damit gesagt sein, daß Verkäufer und Einkaufskommissionär im Vergleichsverfahren des Käufers oder Kommittenten mit dem Anspruch auf den Kaufpreis, der Einkaufskommissionär außerdem mit dem Anspruch auf Provision und Auslagenersatz um deswillen nichtbeteiligte Gläubiger wären, weil und soweit ihnen in einem statt des Vergleichsverfahrens eröffneten Konkurs ein Verfolgungsrecht zustehen würde. Was unser Absatz 1 dem Verkäufer und dem Einkaufskommissionär unter den gleichen Voraussetzungen wie im Konkurs gewähren will, ist vielmehr das Verfolgungsrecht selbst. Die Genannten sollen gerade mit Bezug auf den durch seine Ausübung ausgelösten Rückgewähranspruch nicht beteiligt sein am Vergleichsverfahren. Übt der Absender, gleichviel aus welchem Grunde, das Verfolgungsrecht nicht aus, dann richtet sich die Stellung des Kaufpreis-, Provisions- und Auslagenersatzanspruchs nach den allgemeinen Vorschriften. So ist der Absender, wenn er vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 21) die Übergabe der Ware und die Eigentumsverschaffung (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB) durch Aushändigen eines Warenpapiers bewirkt hatte, ohne Ausübung des Verfolgungsrechts Vergleichsgläubiger. Übt der Absender das im Augenblick der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21) entstehende Rückforderungsrecht aus (§44 K O in Verbindung mit § 26 Abs. 1 VglO), so hat er eine nicht beteiligte Forderung, denn der zwar nur schuldrechtliche Anspruch auf Rückübertragung des Besitzes und des Eigentums ist mit Aussonderungskraft ausgestattet (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 10 und 11, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 44 K O , Huber Festschrift für Friedrich Weber, 261). Anzahlungen und Vorschüsse, die der Vergleichsschuldner bereits geleistet hatte, muß der das Verfolgungsrecht ausübende Absender aus dem Gesichtspunkte des §812 Abs. 1 S. 2 BGB zurückerstatten. Die dem Absender erwachsenen Auslagen, namentlich f ü r Hin- und Rücksendung, mindern seine Bereicherungshaftung (§818 BGB).

Wirksamwerden des Rückgewähransprucks Im Konkurse hat der Konkursverwalter, wie aus § 44 Abs. 2 K O , der auf § 17 K O 21 verweist, folgt, daß Recht, in den Vertrag einzutreten, vorausgesetzt, dieser ist beiderseits noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllt. Das Verfolgungsrecht des Absenders steht mithin unter der auflösenden gesetzlichen Voraussetzung, daß der Konkursverwalter nicht die Erfüllung des Vertrages verlangen darf und verlangt (Jaeger-Lent Anm. 23 zu § 4 4 K O , Huber a a O S. 261). Im Gegensatz dazu entscheidet im Vergleichsverfahren über das Aushalten des Vertrages nicht allein der freie Wille des Vergleichsschuldners. Dieser bleibt vielmehr endgültig an den Vertrag gebunden, wenn ihn das Gericht nicht nach § 50 zur Ablehnung ermächtigt und von der Ablehnungsermächtigung nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht wird. Der aufgezeigte Unterschied schließt zwar das Verfolgungsrecht hier nicht aus, beeinflußt aber das Wirksamwerden 379

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

des Rückgewährverlangens. Im Konkurse wird dieses, wenn es vor der Stellungnahme des Konkursverwalters aus § 44 Abs. 2 K O über das Aushalten des Vertrages erklärt wird, zwar sofort wirksam, verliert aber seine Wirksamkeit, falls der Verwalter Erfüllung verlangen darf und verlangt, worauf er die Gegenleistung oder deren noch ausstehenden Rest voll aus der Masse zu leisten hat (§ 59 Abs. 1 N r . 2 K O ) . Das (wirksame) Erfüllungsverlangen des Verwalters ist mithin f ü r den Rückgewähranspruch des Absenders eine rechtsvernichtende Tatschache, prozessual eine rechtsvernichtende Einrede. Im Vergleichsverfahren bleibt der Verfolgungsberechtigte nach § 26 von den Vergleichsfolgen unberührt (Jaeger-Lent Anm. 32 zu § 44 K O ) , wird jedoch, wenn das Gericht die Ablehnungsermächtigung erteilt und der Vergleichsschuldner von diesem Recht nach § 50 rechtzeitig Gebrauch macht, mit einem etwaigen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gemäß § 52 vom Vergleiche betroffen. Ubergang von Besitz und Eigentum an einem Teil der Ware schon vor Verfahrensbeginn 22

D e r U m s t a n d , daß ein Teil der Ware schon vor dem Verfahren in Besitz und Eigentum des Schuldners übergegangen (aber noch nicht von ihm oder f ü r ihn am Bestimmungsort in Gewahrsam genommen w o r d e n ) war, schließt das Verfolgungsrecht keineswegs aus. Die Schranke des § 36 Abs. 2 S. 2 steht seiner Ausübung nicht entgegen. Diese Vorschrift trifft zwar an sich auch gesetzliche Rücktrittsrechte (Böhle-Stamschräder Anm. 9 zu § 36 VglO). Ein solches gesetzliches Rücktrittsrecht ist auch das Verfolgungsrecht aus § 44 K O (vgl. Jaeger-Lent Anm. 6 und 8), doch zwingt die sich aus § 26 Abs. 1 ergebende konkursmäßige Privilegierung notwendig zu einer Ausnahme: D a im K o n k u r s der Verwalter den Absender nicht an dem von diesem schon vor der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§ 108 K O ) voll erfüllten V e r t r a g festhalten kann ( M e n t z e l - K u h n Anm. 17 zu § 44 K O ) , kann dem Absender auch im Vergleichsverfahren des Schuldners der Rücktritt nicht von dem schon bei V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g voll erfüllten V e r t r a g oder dem gemäß § 36 Abs. 2 S. 1 verselbständigten Vertragsteil verschlossen sein. VII. Ersatzaussonderung Zulässigkeit

23

Auch die Gläubiger, denen zufolge § 46 K O im Konkurs ein Anspruch auf Ersatzaussonderung zusteht, sind mit diesem im Vergleichsverfahren nicht beteiligt (§ 26 Abs. 1). — Z u m G r u n d s a t z : R G , K u T 1938 23. — D e r Aussonderungsberechtigte kann, w e n n der Schuldner vor oder nach der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§21) Gegenstände veräußert, die, sei es auf G r u n d dinglichen oder schuldrechtlichen Anspruchs, hätten ausgesondert werden können, entsprechend § 46 S. 1 K O Abtretung des Anspruchs auf die Gegenleistung verlangen. Die Bestimmung des § 46 K O will keine neuen Ansprüche schaffen, vielmehr nur dem nach bürgerlichen Recht aus der Vereitelung von an sich gegebenen Aussonderungsrechten (§§ 43 ff K O ) erwachsenen Erstattungsanspruch Aussonderungskraft verleihen. D e r Ersatzaussonderungsanspruch setzt also voraus, daß die V e r ä u ß e r u n g des an sich der Aussonderung unterliegenden Gegenstandes dem Aussonderungsberechtigten gegenüber unrechtmäßig w a r ( R G Z 115 262 und 138 89, B G H , N J W 1953 217). Ersatzaussonderungsansprüche bestehen mithin nicht bei einer V e r ä u ß e r u n g von W a r e n , die an den (späteren) Gemeinschuldner unter einfachem Eigentumsvorbehalt zur Weiterveräußerung im „ordnungsmäßigen" oder „normalen" Geschäftsgang geliefert w o r d e n sind, und bei objektiver Betrachtung dem entsprochen w o r d e n ist bei V o r n a h m e des Verkaufsgeschäfts ( B G H Z 68 199 = K T S 1977 240 = Rpfleger 1977 917). 380

Nichtbeteiligte Gläubiger

§26

Nicht Voraussetzung für die Entstehung des Ersatzaussonderungsanspruchs ist die Wirksamkeit der Veräußerung, denn der gesetzgeberische Grund der Vorschrift des § 46 K O , daß durch eine rechtswidrige Veräußerung eines fremden Gegenstandes das Aussonderungsrecht nicht vernichtet werden soll, besteht auch dann, wenn die Veräußerung unwirksam ist (Mentzel-Kuhn Anm. 9 zu § 46 KO, Serick Bd. I, § 13 II 4). Richtig ist, daß der Berechtigte bei einer unwirksamen Veräußerung vom Erwerber die Herausgabe des veräußerten Gegenstandes bzw. Wertersatz fordern kann. Nur wenn er damit Erfolg hat, fällt der Ersatzaussonderungsanspruch weg (vgl. Bohle-Stamschräder Anm. 6 zu § 46 KO). Immer aber ist Voraussetzung, daß sich der Ersatzaussonderungsanspruch auf einen individuell bestimmten Gegenstand bezieht, dessen Aussonderung der Berechtigte gemäß § 43 K O hätte verlangen können ( B G H 2 58 257 = K T S 1972 250). Eine dem Berechtigten gegenüber unberechtigte Veräußerung kann auch eine Zwangsmaßnahme, wie eine Zwangsversteigerung oder Enteignung sein (RGZ 94 25). Kein Ersatzaussonderungsanspruch entsteht, wenn dem (späteren) Vergleichsschuldner die Weiterveräußerung gestattet war und solange die Gestattung als fortbestehend anzunehmen ist. Gibt aber z. B. der Schuldner als Vorbehaltskäufer von unter E V des Verkäufers erworbene Ware diese weiter, nachdem er die Zahlungen eingestellt hat, oder veräußert er zu Schleuderpreisen (vgl. zum Begriff der Preisschleuderei: Heiland K T S 1968 81), um eine bevorstehende Zahlungseinstellung hinauszuschieben, so ist die Veräußerung unberechtigt und löst, wenn die Voraussetzungen im übrigen vorliegen, einen Ersatzaussonderungsanspruch aus (vgl. B G H Z 27 306: unberechtigte Weiterveräußerung, wenn diese nur gestattet ist gegen Abtretung des aus dem Weiterverkauf entstehenden Anspruchs, diese aber unterbleibt). Eine „Veräußerung" im Sinne des § 46 KO liegt auch dann vor, wenn ein Bauhandwerker auf Grund eines Werkvertrages unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sachen als wesentliche Bestandteile in ein fremdes Grundstück einbaut (§§ 93, 946 BGB). Die in dem Einbau liegende Veräußerung ist als unberechtigt anzusehen, wenn „das Material ohne Abtretung der Ansprüche gegen den Bauherrn weitergegeben wurde" ( B G H Z 30 176 = K T S 1959 168 = N J W 1959 1681, Graf Lambsdorff Rdn. 542/543). Ist für den Ersatzaussonderungsanspruch die Gegenleistung für von einem Bauhandwerker eingebautes Fremdmaterial zu ermitteln, so ist die das Material umfassende Werklohnforderung in dem Verhältnis des Materialwerts zum Wert der Arbeitsleistung in sinngemäßer Anwendung des § 471 BGB aufzuteilen (BGH aaO und ergänzend Heidland K T S 1960 19 und Klusak K T S 1965 212). Ein Zessionar, der die Schuldner vom im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts abgetretenen Forderungen nicht ermitteln kann, weil der Zedent entgegen vertraglicher Verpflichtungen es unterlassen hat, hierüber Aufzeichnungen zu führen, hat gegen den Zedenten einen Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung. Er ist jedoch nicht etwa berechtigt, beliebige Kundenforderungen des Zedenten als „abgetretene Forderungen" in Anspruch zu nehmen und dem Zedenten die Beweislast dafür zuzuschieben, daß diese von ihm in Anspruch genommenen Forderungen nicht vom verlängerten Eigentumsvorbehalt erfaßt worden seien. Eine „Beweislastumkehr" kann aus der Unterlassung nicht hergeleitet werden (vgl. zu einer solchen: R G Z 105 255, 259, B G H Z 6 224, 227 und BGH, N J W 1976 1315 = W M 1976 694, 696). Dies gilt auch, wenn über das Vermögen des Zedenten das Vergleichsverfahren eröffnet worden ist und der Zessionar deshalb mit seiner Schadensersatzforderung auf die Vergleichsquote angewiesen ist (vgl. B G H , M D R 1978 839 = N J W 1978 1632). Geht dagegen bei dem (späteren) Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung noch nicht bezahlte Eigentumsvorbehaltsware durch ein Schadensfeuer unter, so steht dem 381

III. Abschnitt: V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

V e r k ä u f e r (Lieferanten) kein Recht auf Ersatzaussonderung an der Brandentschädigung zu, die dem Schuldner vor der E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens auf Grund eines Feuerversicherungsvertrages zugeflossen ist. Es handelt sich um keine „Gegenleistung" im Sinne des § 46 K O , sondern um einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, über den gemäß § 76 W G verfügt w o r d e n ist (vgl. O L G Celle K T S 1975 303). Rechtslage nach Empfang der Gegenleistung durch den Schuldner 24

Verschieden gestaltet sich die Rechtslage nach Empfang der Gegenleistung durch den Schuldner. W a r diese schon vor V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g , sei es auch nach Zahlungseinstellung, vom Schuldner eingezogen w o r d e n , so ist der Gläubiger selbst dann Vergleichsgläubiger, wenn die Gegenleistung noch unterscheidbar im Schuldnervermögen vorhanden ist. Voraussetzung f ü r die Ersatzaussonderung (§ 46 K O ) ist, daß die Gegenleistung zur Zeit der K o n k u r s e r ö f f n u n g (§ 108 K O ) , E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§ 21 VglO) noch ausstand ( B G H Z 27 306), wobei es sich um die Gegenleistung, d. h. das Entgelt f ü r den Gegenstand der vereitelten Aussonderung handeln muß ( B G H Z 30 184). Die Selbständigkeit der G e g e n f o r d e r u n g entfällt, wenn der (spätere) Gemeinschuldner ein sogenanntes „Staffelkontokorrent" vereinbart hatte und die G e g e n f o r d e r u n g hier eingestellt w u r d e ( B G H Z 50 279). Sie geht als Einzelforderung — ohne Vereinbarung eines solchen Kontokorrents — in jedem Falle auch dann unter, wenn d e r Rechnungsabschluß vorgenommen wird (§ 355 Abs. 2 'HGB) undvmit der A n e r k e n n u n g des Saldos nur ein etwaiger Anspruch hieraus verbleibt, mithin' eine vom f r ü h e r e n Schuldgrund völlig losgelöste F o r d e r u n g ( B G H Z 58 240 = K T S 1972 250/252) - vgl. dazu Kuhn W M 1977 237 - . H a t der Schuldner dagegen die Gegenleistung erst nach der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g (§21) eingezogen, so ist zu unterscheiden: Ist die Gegenleistung im Schuldnervermögen noch unterscheidbar und damit „aussonderungsfähig" ( R G Z 141 94) vorhanden, so kann sie der Gläubiger nach § 46 S. 2 K O in Verbindung mit § 26 Abs. 1 V g l O ersatzweise aussondern. Ist aber der Leistungsgegenstand untergangen oder nicht mehr unterscheidbar vorhanden (z. B. Geld zufolge Vermischung — § 948 BGB —), so bleibt der Gläubiger mit einem Erstattungsanspruch, der im Konkurse eine Masseforderung wäre (§ 59 Abs. 1 N r . 1 und 4 K O ) - dazu B G H Z 10 377 = N J W 1953 1825 —, vom Vergleichsverfahren unberührt. H a t der Schuldner nach der Verfahrense r ö f f n u n g (§21) nicht gegen Barzahlung, sondern gegen Uberweisung des Kaufpreises auf ein bestimmtes K o n t o veräußert, so hängt der Ersatzaussonderungsanspruch nach § 46 S. 2 K O davon ab, ob im Einzelfall noch eine Unterscheidbarkeit besteht (vgl. dazu Mayer-Giesow K T S 1967 29 f). —

VIII. Beschränkungen des Schuldnerehegatten Die Mitberechtigung am ehelichen Gesamtgut 25

Leben die Ehegatten in Gütergemeinschaft und verwalten sie das Gesamtgut gemeinschaftlich, so ist bei Zahlungsunfähigkeit beider Ehegatten über das Gesamtgut ein selbständiges Vergleichsverfahren zulässig (§ 2 Abs. 1 V g l O , § 236 a K O , §§ 114 a, 114 b VglO). Wird das Gesamtgut von einem Ehegatten allein verwaltet und über das V e r m ö g e n dieses Ehegatten das Vergleichsverfahren eröffnet, so erfaßt dieses V e r f a h ren sowohl das Gesamtgut wie das Vorbehaltsgut des Vergleichsschuldners. Eine Auseinandersetzung wegen des Gesamtguts zwischen den Ehegatten findet nicht statt (§ 2 Abs. 1 V g l O , § 2 Abs. 1 S. 1 K O ) . Die E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens über das V e r m ö g e n des nicht verwaltenden Ehegatten berührt das Gesamtgut nicht (§ 2 Abs. 1 382

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§26

VglO, § 2 Abs. 1 S. 2 KO). — Zum Güterrecht siehe im übrigen § 2 und dort Anm. 48 ff. Die frühere Vorschrift des § 45 KO Die Vorschrift des § 45 KO, die dem Ehegatten des Gemeinschuldners an während 2 6 der Ehe erworbenen Gegenständen ein Recht auf Aussonderung nur gewährt, wenn er beweist, daß sie nicht mit Mitteln des Gemeinschuldners erworben sind, ist durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1968 — 1 BvR 394/67 — für nichtig erklärt worden (BB 1968 930 = KTS 1968 224 = N J W 1968 1771). Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Urteil von H. Müller ist in KTS 1969 146 ff veröffentlicht worden. — Die Verteilung der Wohnungseinrichtung und des Hausrats Die Verteilung der Wohnungseinrichtung und des Hausrats nach geschiedener, auf- 2 7 gelöster oder für nichtig erklärter Ehe aus Grund der § § 1 , 8 ff, 25 der 6. D V O z. EheG vom 21. Oktober 1944 (BGBl. I. S. 256), mehrfach geändert, zuletzt durch das 1. EheRG vom 14. 6. 1976 — BGBl. I. S. 1421 — und das Ges. zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren vom 3. 12. 1976 — BGBl. I. S. 3281 — gibt dem durch die richterliche Regelung begünstigten Ehegatten im Vergleichsverfahren des Betroffenen stets ein Aussonderungsrecht, gleichviel wie die Eigentumsverhältnisse an den zugeteilten Gegenständen früher lagen, und ob der Verteilungsbeschluß vor oder erst nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens ergangen und in Rechtskraft erwachsen ist. Denn dieser ist rechtsgestaltender Ermessensakt (§ 2 der Verordnung). C. Absonderungsberechtigte I. Wesen und Geltendmachung der Absonderung Recht auf Vorzugsbefriedigung kraft dinglicher Haftung Recht auf abgesonderte Befriedigung bedeutet im Konkurs Recht auf Vorzugsbe- 2 8 friedigung aus bestimmten Massegegenständen, und zwar kraft dinglicher Haftung. Während mit dem Aussonderungsrecht geltend gemacht wird, ein Gegenstand gehöre nicht zur Konkursmasse, handelt es sich bei der Absonderung um ein Recht, aus bestimmten Gegenständen vor den Konkursgläubigern befriedigt zu werden (§§ 47 ff KO). Ergibt sich bei der Verwertung des mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstandes über die Forderung des Absonderungsberechtigten hinaus ein Uberschuß, so fließt dieser in die Konkursmasse (BGH, N J W 1959 2251 = KTS 1959 192 = M D R 1960 47 mit Anm. Kuhn M D R 1960 221). Wie die abgesonderte Befriedigung „unabhängig vom Konkursverfahren" geschieht (§ 4 Abs. 2 KO), so kann der Absonderungsberechtigte auch im Vergleichsverfahren die dingliche H a f t u n g trotz Eröffnung des Verfahrens und unerachtet des bestätigten Vergleichs (§§ 78, 82 Abs. 1) realisieren. Während im Konkurs das Recht zur abgesonderten Befriedigung, wie aus § 15 S. 1 K O folgt, grundsätzlich bereits vor Konkurseröffnung begründet sein muß, nach diesem Zeitpunkt eine Begründung nur unter den in § 15 S. 2 K O genannten Voraussetzungen (Verkehrsschutz des guten Glaubens) oder auf einer vor Konkurseröffnung eingetragenen Vormerkung (§ 24 KO) oder auf Grund einer Vormerkung, deren Eintragungsbewilligung und Eintragungsantrag vor Konkurseröffnung vorlagen (BGHZ 28 182) oder schließlich auf Grund einer Zwangsvollstreckung oder eines Arrestvollzuges eines Massegläubigers in Massegegenstände möglich ist, ist im Vergleichsverfahren der Erwerb von Absonderungsrechten durch die Verfahrenseröffnung ganz allgemein nicht 383

§ 26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

gehindert. Auch ein Vergleichsgläubiger kann nach dem sich aus § 21 ergebenden Zeitpunkt noch ein Absonderungsrecht erwerben. Doch ist zu beachten, daß bei einem Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung die Bestimmungen der §§ 47, 48, 124 VglO eingreifen und daß bei einem solchen Erwerb innerhalb der Rückschlagssperrfrist des § 28 V g l O das Absonderungsrecht mit der Bestätigung des Vergleichs (§§ 78, 87 VglO), bzw. mit der Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens (§ 104 VglO) entfällt, soweit es nicht bereits vorher zufolge einer Anordnung aus § 48 Abs. 2 VglO entfallen ist. Einzelheiten unten Rdn. 44 ff zu § 26 VglO. — Vollzug der abgesonderten Befriedigung 29

Der Vollzug der abgesonderten Befriedigung geschieht wie im Konkurs unabhängig vom Verfahren und ohne Rücksicht auf einen Zwangsvergleich (siehe noch unten 47, 48). Die dem Konkursverwalter nach den §§ 126 ff K O zustehenden Verwertungsbefugnisse hat der Vergleichsschuldner ebensowenig wie ein Sachwalter-Treuhänder; es gelten vielmehr insoweit lediglich die gewöhnlichen Vorschriften. Deshalb finden auch auf die Zwangsversteigerung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten, registrierten Schiffen und Schiffsbauwerken wie von in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugen (§ 171 a ZVG) nicht die Sondervorschriften der §§ 173, 174 ZVG Anwendung. Dem Vergleichsverwalter ist auch bei Erlaß von Verfügungsbeschränkungen (§§ 58 ff) das Antragsrecht des Konkursverwalters aus § 172 ZVG, § 126 K O nicht gegeben. — Vorbehaltlich der Vorschriften über die Rückschlagssperre (§§ 28, 48, 87) gelten im Vergleichsverfahren f ü r die Absonderungsberechtigten keine Schranken. Auch Vergleichsgläubiger können in ihrer Eigenschaft als Absonderungsberechtigte im Hinblick auf die durch eine anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners verschlechterte Lage ihres Rechts auf abgesonderte Befriedigung noch während des Vergleichsverfahrens die Gläubigeranfechtung (§ 1 ff AnfG) betreiben (Einzelheiten: §48 Rdn. 9). —Hier sei eingefügt, daß einem Vergleichsgläubiger und Gläubigern im Sinne des § 29 während des Vergleichsverfahrens, wenn ihnen ein Absonderungsrecht nicht"¿zur Seite steht, die Anfechtung nach §§ 1 ff AnfG sonst verschlossen ist, da Erhebung und Fortsetzung von Anfechtungsprozessen die Einzelvollstreckung zu ergänzen bestimmt sind, die nach der Eröffnung des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren abschließt, nach § 47 unzulässig ist (RGZ 139 50 und Böhle-Stamschräder Anm. VI, 6 zu § 1 AnfG). — Der Buchhandelskommissionär, dem, obwohl er im Auftrag und Namen sowie für Rechnung des Verlegers handelt, entsprechend dem § 397 H G B das gesetzliche Pfandrecht des Kommissionärs am Auslieferungsgut für alle seine Forderungen aus laufender Rechnung in Buchhandelsgeschäften zuzuerkennen ist (Bappert Rechtsfragen des Buchhandels, Abhandlungen und Gutachten aus dem Buchhandelswesen, Urheberund WettbewerbsR 1951 S. 65 ff), kann sein Absonderungsrecht im Vergleichsverfahren des Verlegers nur mit dessen Zustimmung durch Weiterveräußerung, sonst nur durch Makulierung ausüben; dazu noch Bappert JZ 1952 218. II. Der Kreis der Absonderungsberechtigten Geltung der § 47 bis § 49 KO

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Der Kreis der Absonderungsrechte wird durch das Gesetz begrenzt (§ 4 Abs. 1 KO). Die abgesonderte Befriedigung aus unbeweglichem Vermögen behandelt das Gesetz in § 47 K O , die aus beweglichem Vermögen in §§ 48, 49 KO. Dem Gemein384

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schaftsgenossen ( § 1 6 K O ) ist wegen seiner auf dem Gemeinschaftsverhältnis begründeten Forderungen ein besonderes Absonderungsrecht am Anteil des Gemeinschuldners eingeräumt ( § 5 1 K O ) . Für den N a c h l a ß k o n k u r s folgen Beschränkungen des Absonderungsrechts aus § 2 2 1 K O . Im Seehandelsrecht gewährt § 888 H G B ein Absonderungsrecht f ü r Ansprüche des Versicherungsnehmers. Schließlich folgen Absonderungsrechte aus §§ 77, 157 W G . — D e r Kreis der Absonderungsrechte kann nicht durch Parteivereinbarung in der Weise erweitert werden, daß der (spätere) Gemeinschuldner mit dem Gläubiger vereinbart, ein bestimmtes Recht solle zur Absonderung berechtigen. Auch der Konkursverwalter ist rechtlich nicht in der Lage, mit W i r k u n g gegen die Konkursmasse durch „Anerkennung" eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Absonderungsrechts ein solches Recht zu schaffen ( B G H , K T S 1968 9 1 / 9 9 = W M 1968 242). W o h l können der (spätere) Gemeinschuldner und die Gläubiger ein Recht begründen, aus dem nach dem Gesetz ein Absonderungsrecht hergeleitet werden kann ( R G Z 137 109). Dieser Kreis der Absonderungsberechtigten ist auch f ü r das Vergleichsverfahren maßgebend. W e n n im übrigen wegen der Einzelheiten auf das konkursrechtliche Schrifttum verwiesen werden muß, sind f ü r das Vergleichsverfahren einige wenige Besonderheiten hervorzuheben: Besonderheiten Die in § 10 I Nr. 1 bis 3 ZVG genannten Gläubiger, die als solche, d. h. ohne durch 31 ein neben ihren Forderungen bestehendes P f a n d - oder W e r t r e c h t gedeckt zu sein, absonderungsberechtigt sind, können auch als Vergleichsgläubiger unerachtet des Verfahrens und eines Zwangsvergleichs abgesonderte Befriedigung aus dem Grundstück betreiben. Sie unterliegen insoweit auch nicht der Rückschlagsperre des § 28. Das V o r recht der Rangklasse drei des § 10 Abs. 1 Z V G genießt bei einem mit H y p o t h e k e n g e winnabgabe belasteten Grundstück den übrigen öffentlichen Lasten, die untereinander gleichen Rang haben, im Range folgend nach näherer Maßgabe der §§112 Abs. 1, 113 und 116 LAG auch die öffentliche Last der H G A , die auch, wenn ein Grundbuchvermerk eingetragen ist (§ 111 a LAG), keinen G r u n d b u c h r a n g , sondern nur einen dem G r u n d b u c h r a n g privater Lasten vergleichbaren Befriedigungsrang hat (Einzelheiten: Zeller Anm. 206 ff zu § 1 Z V G ) . — Das Vollstreckungsverbot (§ 47), die Einstellungsbestimmung des § 48 und ein nach §§ 58 ff ergangenes Veräußerungsverbot berührt diese Ansprüche und das Recht, aus ihnen die Versteigerung (oder Verwaltung nach §§ 146 ff Z V G ) zu betreiben, nicht (vgl. Steiner-Riedel Anm. 6 zu § 23 Z V G , VogelsNölte Anm. I 3 zu § 47 VglO). — Z u r Liegenschaftsbeschlagnahme auf das Betreiben eines persönlichen Gläubigers vgl. unten Rdn. 70 a. Die älteren Miet- und Pachtzinsrückstände Die sich f ü r ältere Miet- und Pachtzinsrückstände aus der Bestimmung des § 49 3 2 Abs. 1 N r . 2 K O ergebenden Schranken — diese gelten nicht, wenn die Konkursmasse nicht beeinträchtigt wird ( B G H , K T S 1959 192 = N J W 1959 2251 = M D R 1960 47 mit Anm. Kuhn in M D R 1960 221) — sind auch im Vergleichsverfahren maßgebend (Einzelheiten: unten § 5 1 Rdn. 34 c). Bei der V e r p a c h t u n g landwirtschaftlicher Grundstücke besteht die zeitliche Beschränkung des Pfandrechts, soweit es f ü r Pachtzins geltend gemacht wird, nicht (§ 4,?. Abs, 1 N r . 2 letzter Halbsatz K O , § 585 BGB). — Ein aus vorzeitiger Kündigung geltend gemachter Schadensersatzanspruch (§ 52 Abs. 1) begründet kraft ausdrücklicher Vorschrift ( § 5 2 Abs. 2) kein Pfandrecht. — Das Vermieterpfandrecht erstreckt sich auch auf das Anwartschaftsrecht des Mieters auf Erwerb des Eigentums an eingebrachten Sachen, die unter Eigentumsvorbehalt 385

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

erworben sind. Dieses Pfandrecht wird mit der Befriedigung des Vorbehaltsverkäufers auch dann zum Pfandrecht an der Sache, wenn der Verkäufer, mit Mitteln befriedigt wird, die ein Dritter zur V e r f ü g u n g stellt und z w a r auch dann, wenn die Sache dem Dritten zuvor zur Sicherheit übereignet w a r ( B G H , BB 1965 765 = N J W 1965 1475). Entsprechendes gilt f ü r das Inventarpfandrecht (§ 2 PachtkreditG) hinsichtlich der Eigentumsanwartschaften des Pächters an Inventarstücken, an denen der V e r k ä u f e r sich das Eigentum vorbehalten hat ( B G H , K T S 1971 95).

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Zurückbehaltüngsrechte Zurückbehaltüngsrechte gewähren auch im Vergleichsverfahren ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nur in den G r e n z e n des § 49 Abs. 1 N r . 3 und 4 K O , mithin nur wegen nützlicher V e r w e n d u n g in den gesetzlichen G r e n z e n (z. B. §§ 292 Abs. 2, 538 Abs. 2, 670, 994 ff BGB) und beim kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht (§§ 369—372 H G B ) . Das handelsrechtliche Zurückbehaltungsrecht setzt voraus, daß ein K a u f m a n n gegen einen anderen K a u f m a n n eine fällige Forderung aus einem zwischen ihnen geschlossenen Handelsgeschäft hat (§ 369 Abs. 1 S. 1 H G B ) . Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines K a u f m a n n s , die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören (§ 343 Abs. 1 H G B ) . Das Zurückbehaltungsrecht ist nach § 369 Abs. 1 S. 2 H G B auch begründet, wenn das Eigentum an dem Gegenstand von dem Schuldner auf den Gläubiger übergegangen, aber auf den Schuldner zurückzuübertragen ist. Wird das beiderseitige Handelsgeschäft, auf G r u n d dessen das Zurückbehaltungsrecht entstanden ist, wegen arglistiger T ä u s c h u n g angefochten (§§ 123, 142 BGB), so kann gegenüber dem Herausgabeverlangen des Konkursverwalters, das auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützt ist, das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden ( B G H , K T S 1957 10). Im Konkurse kann das Zurückbehaltungsrecht aus § 369 H G B auch wegen nicht fälliger Forderungen ausgeübt werden (§ 370 Abs. 1 N r . 1 H G B ) . Dies gilt nach dieser Bestimmung auch dann, wenn der Schuldner „seine Zahlungen eingestellt hat". Mithin ist, soweit das Vergleichsverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit (für diese ist die Zahlungseinstellung wichtigste Erscheinungsform) e r ö f f n e t worden ist, auch hier das Zurückbehaltungsrecht wegen noch nicht fälliger Forderungen gegeben. Über die Bestimmungen des § 49 Abs. 1 N r . 3 und 4 K O hinaus ist im Konkurse einem Zurückbehaltungsrecht die Wirksamkeit versagt, so insbesondere f ü r einem vertraglich begründeten Zurückbehaltungsrecht ( B G H , K T S 1965 155 = W M 1965 408). D e r Konkursverwalter hat daher die Pflicht, Sachen in Ansehung derer eine schuldrechtlich wirksame Zurückbehaltungsbefugnis begründet, durch K o n k u r s e r ö f f n u n g aber hinfällig geworden ist, zur Verwaltung und V e r w e r t u n g an sich zu ziehen (§§ 6, 117 K O ) . Das Vergleichsverfahren kennt keine Vergleichsmasse und bezweckt auch keine Zwangsbefriedigung der Vergleichsgläubiger. W e n n auch der Erfolg, insbesondere die Vergleichserfüllung, weitgehend davon abhängt, daß der Vergleichsschuldner in seinen wirtschaftlichen Dispositionen nicht gehindert wird, so kann er sie doch immer nur im R a h m e n der gesetzlichen und von ihm eingegangenen, nicht nach §§ 50 ff lösbaren vertraglichen Schranken treffen. Dies gilt auch f ü r das Leistungsverweigerungsrecht des Gläubigers (§ 273 Abs. 1 BGB). D o c h ist dieses Recht im Vergleichsverfahren beschränkt nach Maßgabe des Vergleichs, bleibt also nur in bezug auf die fällige Vergleichsquote bestehen (vgl. dazu Kiesow Anm. 20 zu § 4 der Vergleichso r d n u n g von 1927, Mayerhnm. 114 zu § 2 derselben. 386

Nichtbeteiligte Gläubiger

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III. Absonderungsrechte aus Privatversicherungsverhältnissen Schadensversicherung für fremde Rechnung Bei der Schadensversicherung für fremde Rechnung ist die dem Versicherungsneh- 3 4 mer wegen seiner Ansprüche gegenüber dem Versicherten in Ansehung der versicherten Sache eingeräumte Befugnis, den Versicherungsschein zurückzubehalten, verstärkt zu einem Recht auf Vorzugsbefriedigung aus der Versicherungsforderung und nach deren Einziehung aus der Versicherungssumme (§ 888 S. 2 H G B ; § 77 S. 2 W G ) . Dieses, eine selbständige Einziehungsbefugnis gewährende Recht auf Vorzugsbefriedigung besteht innerhalb wie außerhalb des Konkurses und hat in diesem die N a t u r eines Absonderungsrechts Mentzel-Kuhn Anm. 29 zu § 49 K O ) . Es steht dem Versicherungsnehmer deshalb auch im Vergleichsverfahren des Versicherten zu (Kiesow § 2 Anm. 54, Mayer § 2 Anm. 112, Vogels-Nölte Anm. A. II, 8 zu § 27). Haftpflichtversicherung Bei der Haftpflichtversicherung hat der geschädigte Dritte gemäß § 157 W G im 3 5 Konkurse des Versicherungsnehmers ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers an den Versicherer. Dieses dem Haftpflichtgläubiger im Konkurse des haftpflichtigen Schuldners an dessen Versicherungsforderungen eingeräumte Recht „auf abgesonderte Befriedigung" steht einem Absonderungsrecht gleich, das auf einem gesetzlichen Pfandrecht beruht (§ 49 Abs. 1 N r . 2 K O ) . D e r Haftpflichtgläubiger ist danach in entsprechender Anwendung des § 1282 BGB berechtigt, den Entschädigungsanspruch des Versicherungsnehmers unmittelbar gegen den Versicherer geltend zu machen ( R G Z 135 297, B G H , K T S 1955 139). Im Konkurse kann er seine Forderung, wie jeder Absonderungsberechtigte, zur Konkursmasse anmelden ( § 6 4 K O ) . Eine Feststellung der Forderung zur Konkurstabelle wirkt wie ein rechtskräftiges Urteil (§§ 145 Abs. 2, 164 Abs. 2 K O ) . Diese Feststellung ist auch gegenüber dem Versicherer maßgebend ( R G Z 167, 246). Eine etwaige R e n t e n f o r d e r u n g (§ 843 BGB) wandelt sich im Konkurse in eine Kapitalf o r d e r u n g um (§ 70 K O ) , die auch der Versicherer gegen sich gelten lassen muß ( R G Z 93 212). D a die Bestimmung des § 26 Abs. 1 unseres Gesetzes auf den Konkurs abstellt, ist das Absonderungsrecht des Haftpflichtgläubigers auch im Vergleichsverfahren anzuerkennen. Soweit eine R e n t e n f o r d e r u n g als Vergleichsforderung, diese mit Absonderungsrecht, geltend gemacht wird (§ 843 BGB), tritt an die Stelle des § 70 K O im Falle des Konkurses die Bestimmung des § 35 unseres Gesetzes. Wird vor der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§21) die Versicherungssumme an den Versicherungsnehmer voll ausgezahlt, so ist ein Absonderungsrecht des H a f t pflichtgläubigers nicht gegeben. Tritt der Versicherungsfall erst nach der Verfahrense r ö f f n u n g ein, so ist die Forderung des Vergleichsschuldners gegen den Versicherer als bereits vor diesem Zeitpunkt bedingt belastet mit dem Absonderungsrecht anzusehen (vgl. zum K o n k u r s : Mentzel-Kuhn Anm. 33 zu § 49 K O ) . IV. Rechtsübertragung zur Sicherheit Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung (stille Zession) begründen zwi- 3 6 sehen den Parteien ein Treuhandverhältnis mit Bezug auf das übertragene Recht, demzufolge der Sicherungsnehmer in der V e r f ü g u n g über dieses, wenn auch nur schuldrechtlich beschränkt ist. Ist der Sicherungszweck erledigt, die gesicherte Forderung abgedeckt, so ist der Sicherungsnehmer, wie auch sein Konkursverwalter zur Rückge387

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

währ des Sicherungsmiuels verpflichtet (RGZ 148 206). Es tritt eine entsprechende Rechtslage ein wie nach der Tilgung einer pfandgesicherten Forderung (§ 1223 Abs. 2 BGB). Steht die Erfüllung der gesicherten Verbindlichkeit noch aus, so kann der Sicherungsnehmer nicht etwa nebeneinander Vollzahlung der persönlichen Schuld und H e r ausgabe der Sicherungsgegenstände verlangen, die im unmittelbaren Besitz des Sicherungsgebers geblieben waren (§ 930 BGB). Der Sicherungsübertragung kommt trotz ihres über den Zweck der Abrede hinausgehenden Rechtserfolges nur eine abgeschwächte Rechtswirkung zu : Sie gewährt dem Sicherungsnehmer im Konkurs wie im Vergleichsverfahren nur ein Wertrecht auf abgesonderte Befriedigung (RGZ 118 209 und 124 75, BGH, N J W 1959 939). Der Sicherungsnehmer und Gläubiger kann den Wert des übereigneten Gegenstandes nur insoweit beanspruchen, als er seine Forderung nicht übersteigt. Im übrigen gebührt der Wert dem Sicherungsgeber, und wenn er im Konkurs ist, seiner Konkursmasse ( B G H Z 7 111, B G H W M 1965 84). Entsprechend dieser Rechtsprechung und Lehre (vgl. z. B. Gustav Boehtner „Grundlagen der Bürgerlichen Rechtsordnung", zweites Buch, zweite Abt. S. 141 ff) bestimmt für das Vergleichsverfahren § 27 Abs. 2 unseres Gesetzes ausdrücklich, daß der Sicherungsnehmer im Schuldenabwicklungsverfahren des Sicherungsgebers nur ein Absonderungsrecht hat und daß er als Vergleichsgläubiger dem Ausfallgrundsatz unterliegt. Der Sicherungsübereignung als eines der Sicherungsmittel der Geldgläubiger steht der Eigentumsvorbehalt als eines der wichtigsten Sicherungsmittel der Warengläubiger gegenüber. Auch der Eigentumsvorbehalt kann die Funktion eines die Vorzugsbefriedigung gewährleistenden Wertrechtes erfüllen, sichert aber nur Gläubiger aus beiderseits noch nicht oder nicht voll erfüllten gegenseitigen Verträgen und ist deshalb bei der Kommentierung des § 36 unseres Gesetzes darzustellen (vgl. dort Rdn. 37 bis 45). — Besondere Fragen ergeben sich, wenn die Kreditsicherungen beider Gläubiger zusammentreffen, so z. B. wenn ein Kaufmann künftige Kundenforderungen global seiner Hausbank, sie später auf Grund verlängerten Eigentumsvorbehalts seinen Lieferanten zur Sicherheit abtritt (BGHZ 26 185 und B G H Z 30 149 = KTS 1959 167 = J Z 1959 600 und B G H Z 32 361 = K T S 1960 156 = M D R 1960 755). In solchen Fällen ist dem Warenkreditgläubiger nicht etwa deshalb das bessere Recht zuzugestehen, weil die ihm abgetretenen Forderungen den Gegenwert f ü r die von ihm unter Eigentumsvorbehalt gelieferte und dann weiterveräußerte Ware bildet. Dies kann, wie in den beiden letztgenannten Urteilen des B G H dargelegt, nicht etwa aus dem Grundsatz der Surrogation hergeleitet werden. Doch ist die Globalabtretung an die Bank als gegen das Gesetz und die guten Sitten verstoßend unwirksam, wenn damit der Schuldner gezwungen wird, in der Folgezeit beim Einkauf unter verlängerten Eigentumsvorbehalt seine Lieferanten zu täuschen, d. h. ihnen zu verheimlichen, daß die entstehenden Kaufpreisforderungen bereits zur Sicherung des Geldkreditgebers an diesen abgetreten sind (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB) — vgl. dazu z. B. Graf Lambsdorff Eigentumsvorbehalt Rdn. 398 Fn. 233, derselbe in BB 1978 636 in der zutreffenden Anm. zu O L G München BB 1978 635. — Die Unwirksamkeit einer Globalzession ist grundsätzlich auch dann anzunehmen, wenn die Bank ihren Kunden verpflichtet, den Kredit in erster Linie zur Bezahlung der Vorbehaltsgläubiger zu verwenden (BGH, BB 1968 563 = J Z 1968 527 mit Anm. Esser = KTS 1969 44). Anders verhält es sich jedoch, wenn es sich um die Finanzierung eines bestimmten einzelnen Geschäfts handelt (BGH, KTS 1960 88 = N J W 1960 1003). — Die — hier nur kurz angedeuteten — Grundsätze gelten auch dann, wenn der Empfänger der Globalzession nicht eine Bank, sondern ein Warenlieferant ist (BGH, BB 1974 526 = N J W 1974 942). Sichert sich ein Warenlieferant außer mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt zusätzlich noch durch eine Glo388

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

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balabtretung, so kann dadurch der Schuldner in eine den Anschauungen des Verkehrs zuwiderlaufende Abhängigkeit zu seinem Vorbehaltslieferanten geraten, womit Nichtigkeit wegen Gläubigergefährdung (§138 Abs. 1 BGB) anzunehmen ist (BGH, KTS 1977 237 = N J W 1977 2261 im Anschluß an SerickrBB 1974 845 ff). Entsprechendes gilt, wenn Globalzession und Sicherungsübereignung zusammentreffen (BGH, KTS 1967 156 = BB 1967 187, Mentzel-Kubn Anm. 19 zu § 43 KO). Einzelheiten bleiben zur Vermeidung von Wiederholungen der Kommentierung zu § 36 V g l O vorbehalten (Rdn. 37 ff). Sicherungsübereignung in der Form des Besitzkonstituts — Erfordernisse der Sicherungsabtretung Die Sicherungsübereignung geschieht meist, jedenfalls soweit sie das wirtschaftlich 3 7 nicht tragbare Faustpfand (§ 1205 BGB) ersetzen soll, in der Form des Besitzkonstituts (§ 930 BGB). Zur Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist nach der Rechtsprechung zwar erforderlich, daß ein konkretes Besitzmittelverhältnis gewählt wird (BGH, W M 1958 70), nicht aber erforderlich ist, daß es sich dabei um einer der in § 868 BGB genannten Vertragstypen handeln muß ( W o l f f - R a i s e r Sachenrecht, § 280 II 3). Schon ein rechtlich nicht gekennzeichnetes Rechtsverhältnis kommissionsähnlicher oder auftragsähnlicher Art zwischen den Parteien, auf Grund dessen der Schuldner gegenüber dem Gläubiger zum zeitigen Besitz der Gegenstände berechtigt und verpflichtet ist, reicht aus {Mezger KTS 1962 131). Das neuere Schrifttum geht weiter und nimmt darüber hinaus an, in der Sicherungsvereinbarung selbst könne der Abschluß eines Besitzmittlungsverhältnisses gesehen werden (vgl. Rötelmann N J W 1958 1124, Mormann W M 1964 898, Rothoeft „Zur Bedeutung und Tragweite des Prinzips der Publizität im Vollstreckungsrecht", Tübingen 1966 17, Reich N J W 1971 758, gegen diese Weiterentwicklung: O L G Celle, M D R 1966 760). Die das Absonderungsrecht begründende Sicherungsübereignung setzt wie jede Ubereignung eine wirksame Einigung voraus, die sich ihrer Natur nach nur auf bestimmte Gegenstände beziehen kann (BGHZ 28 16). An dem Erfordernis der Bestimmtheit fehlt es, wenn außerhalb der Parteiabreden liegende Umstände zur Klarstellung herangezogen werden müssen. Solche Umstände müssen bei der Prüfung, ob die übereigneten Gegenstände hinreichend bestimmt sind, völlig ausscheiden (BGH, N J W 1958 945 = LM, BGB § 929 [8], BGH, = W M 1962 740). Andererseits kann ein wirksam abgeschlossener Vertrag nicht durch außerhalb desselben liegende Umstände nachträglich unklar werden. Ein Sicherungsübereignungsvertrag bleibt gültig, wenn nachträglich das Sicherungsgut vom fremden Gut nicht getrennt gehalten wird oder sonst ein Durcheinander entsteht (BGH aaO). Es handelt sich bei der Durchführung des wirksam geschlossenen Vertrages dann nur um eine Beweisfrage. — Bei einem Warenlager mit wechselndem Bestände (— siehe dazu auch Mentzel-Kuhn Anm. 18 zu § 43 K O —) muß sich die Bestimmtheit sowohl f ü r den gegenwärtigen, wie für den zukünftigen Bestand aus dem Vertrage selbst ergeben. Eine Ubereignung nur mengen- oder wertmäßig bezeichneter Teile einer Sachgesamtheit ist nicht möglich. Dagegen liegt Bestimmtheit vor, wenn die Sicherungsübereignung sich auf alle Waren beziehen soll, die entweder im Eigentum des Sicherungsgebers stehen oder an denen noch ein Eigentumsvorbehalt des Verkäufers besteht, sofern nur vereinbar wird, daß entweder das Eigentum oder die Anwartschaft auf Erwerb des Eigentums auf den Sicherungsnehmer übergehen soll (BGHZ 28 16 unter Aufgabe der Rechtsprechung in B G H Z 21 52). Hier ist einzufügen, daß in der an sich unwirksamen Sicherungsübereignung einer unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache die Sicherungsübertragung der Anwart389

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

schaft liegen kann ( B G H , K T S 1959 153, B G H Z 35 85 = B G H , N J W 1961 1350). vgl. weiter: Serick Bd. IV, Teil I, § 45, III, 2 mit weiteren Hinweisen. —

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Eine Sicherungsabtretung kann sich bei genügender Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit auch auf künftige Forderungen erstrecken ( B G H Z 26 185). Zweifelsfrei bestimmt ist eine Forderung, wenn sie im Zeitpunkte ihres Entstehens mit Hilfe des Vertrages (oder auch außervertraglicher Umstände) nach der Person des Sicherungsgebers (des Gläubigers), des Schuldners, ihres Rechtsgrundes und ihres U m f a n g e s eindeutig zu ermitteln ist (Serick Bd. IV, Teil I, § 47 II 2 a). Hieran fehlt es, wenn nur ein summenmässiger Anteil künftiger Forderungen abgetreten worden ist ( R G Z 98 200), oder dann, wenn sich die H ö h e der Abtretung aus der zu sichernden Forderung und zwar aus dem jeweiligen Schuldsaldo bei der Bank ergeben soll ( B G H , K T S 1966 22 = M D R 1966 47). — An der Bestimmtheit (oder doch Bestimmbarkeit) fehlt es, wenn künftige Forderungen zugunsten eines noch nicht bestimmten Konzernunternehmens zur Sicherheit abgetreten werden ( O L G Karlsruhe, K T S 1975 319). — Unwirksam ist auch eine Forderungsabtretung, die nur für den Fall der Zahlungseinstellung oder eines Insolvenzantrags gelten soll ( R G Z 92 105 und 138 89, sowie 142 139). — Bei mehrfacher Vorausabtretung künftiger Forderungen gilt der Grundsatz der Priorität ( B G H Z 30 149). Zwar werde, wird zur Begründung ausgeführt, die Abtretung erst mit der Entstehung der Forderung wirksam. Doch vollziehe sich der Rechtsübergang mit der Entstehung der Forderung ohne weiteres gemäß der schon vorher beendeten rechtsgeschäftlichen V e r f ü g u n g . Wegen weiterer Einzelheiten zur B G H Rechtsprechung ist auf Serick Bd. IV, Teil I, § 49 I 1 a, zum Schrifttum dortselbst unter I 1 b zu verweisen.- — Siehe auch die Darstellung von Marotzke K T S 1979 40 ff zur Vorausabtretung in bezug auf die Anfechtbarkeit nach §§ 30, 31 K O . — Sicherungsübereignungsverträge können im Einzelfall sittenwidrig sein. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Zusammenbruch des Schuldners nur hinausgeschoben werden soll und sich der Gläubiger eines an sich konkursreifen Unternehmens vor den übrigen Gläubigern befriedigen will ( B G H , K T S 1958 109). Die Bestellung weiterer Sicherheiten für bereits früher eingeräumte Kredite ist sittenwidrig, wenn der Kreditgeber durch die Sicherheiten insgesamt das Unternehmen wirtschaftlich völlig von sich abhängig macht und sich das Verlangen auf die weiteren Sicherheiten als sittenwidrige Ausnutzung der wirtschaftlichen Machtstellung des Kreditgebers darstellt ( B G H , N J W 1955 1272). D a s Vergleichsverfahren kennt zwar nicht wie der Konkurs (§§ 29 ff K O ) die Konkursanfechtung, die der Vermehrung der Masse dienen soll, dennoch ist es einmal für den Ablehnungsgrund aus § 18 Nr. 1 und 2, wie auch für die Ausübung des Stimmrechts seitens der Vergleichsgläubiger ( § § 7 1 , 74) nicht ohne Bedeutung, ob und welche etwa anfechtbaren Rechtshandlungen der (spätere) Vergleichsschuldner in der Krisenzeit vor der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2) vorgenommen hat. Hier kann von Bedeutung sein, daß sich z. B. die H a u s b a n k des (späteren) Vergleichsschuldners für den Fall des Konkursverfahens über das Vermögen ihres Kunden der Gefahr der Anfechtung nach § 30 N r . 2 K O aussetzt, wenn sie erst in der Krisenzeit eine Sicherheit sich geben läßt, m a g sie auch nach den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken" Anspruch auf Sicherheit haben ( B G H Z 33 393, B G H , K T S 1963 177 = W M 1963 748). Gewährt der (spätere) Vergleichsschuldner innerhalb der Krisenzeit für fällige Forderungen eine nicht geschuldete Sicherheit in der H o f f n u n g , von dem Gläubiger daraufhin weitere Geldmittel zu erhalten, so schließt nur die volle Überzeugung des Schuldners, daß er in absehbarer Zeit seine Gläubiger werde gänzlich befriedigen können, die Begünstigungsabsicht (§ 30 Nr. 2 K O ) aus ( B G H , K T S 1962 55 = W M 1961 1371 und B G H , K T S 1963 177 = M D R 390

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

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1963 480 = W M 1963 748). Die H o f f n u n g , ein Insolvenzverfahren werde sich vermeiden lassen, reicht nicht aus ( B G H , K T S 1977 243). Frage der Anwendbarkeit der Pfandrechtsvorschriften Die Verwertung des Sicherungsguts bestimmt sich nach der zwischen dem Siehe- 3 8 rungsgeber und Sicherungsnehmer getroffenen Ubereinkunft. Die V e r w e r t u n g geschieht zur Befriedigung des Gläubigers. Diese begrenzt daher seine Befugnisse: D e r Gläubiger darf nicht mehr Gegenstände verwerten, als seine Befriedigung verlangt, wie denn auch dem Pfandgläubiger ein übermäßiger Verkauf verwehrt ist (§ 1230 S. 2 BGB). Bei einem Forderungsübergang gehen z w a r nach § 401 BGB mit der Forderung die H y p o t h e k e n , Schiffshypotheken, Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen (§ 98 Abs. 1 L R G ) , Pfandrechte, die f ü r sie bestehen, und Rechte aus einer f ü r sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über. Nicht aber gilt dies f ü r selbständige Sicherungsrechte, wie die Sicherungsgrundschulden (vgl. R G Z 135 272), Sicherungsübereignungen und Sicherungszessionen. Diese gehen weder bei einer Forderungsabtretung, noch bei einer Übertragung einer F o r d e r u n g kraft Gesetzes (§§ 412, 774, 1225 BGB) ohne weiteres auf den neuen Gläubiger über (vgl. Serick Bd. III, § 38 I 2). D o c h liegt es nahe, bei der Rechtsähnlichkeit der selbständigen Sicherungsrechte mit den akzessorischen Pfandrechten, wie auch mit Rücksicht auf die Gleichheit des Zwecks dem neuen Gläubiger einen Anspruch gegen den Altgläubiger auf Übertragung der Sicherheiten zuzubilligen ( R G Z 89 193 und 91 277 und R G , J W 1941 2609), es sei denn, daß dem eine Abrede mit dem Sicherungsgeber entgegensteht. Aus dem mit einer Sicherungsübereignung und einer Sicherungszession verbundenen Treuhandverhältnis zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer aber kann sich — sei es ausdrücklich oder aus den Umständen — ergeben, daß es dem ersteren nicht gleich ist, wer nach formellem Recht in der Lage ist, über das Sicherungsgut (Gegenstände bzw. Forderungen) verfügen zu können. Die Frage läßt sich im Einzelfall auch mit aus den zwischen den Vertragspartnern im übrigen bestehenden rechtlichen wie wirtschaftlichen Beziehungen beantworten (vgl. zu diesen Fragen: Dempewolf N J W 1958 979, Zunft N J W 1958 1219 und Pfeiffer N J W 1958 1859, ferner Scholz N J W 1962 2228, Serick Bd. III, § 38 II 2). Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers berührt die Verwertungsbefugnis des Sicherungsnehmers nicht (vgl. z. B. Werner K T S 1969 215/217). Ihm steht ein Absonderungsrecht zu (siehe oben Rdn. 36). Er ist kraft Rechtsgeschäfts befugt, sich ohne gerichtliches V e r f a h r e n aus dem Sicherungsgut zu tfefriedigenj so daß die Bestimmung des § 127 Abs. 2 K O anwendbar ist. Diese Bestimmung ist die Regel, die des § 127 Abs. 1 K O dagegen die Ausnahme ( M e n t z e l - K u h n Anm. 1 zu § 127 K O , O L G Schleswig, K T S 1967 244). Das Verwertungsrecht des Gläubigers ist unabhängig davon gegeben, ob sich der dem Absonderungsrecht unterliegende Gegenstand in seinem unmittelbaren Besitz befindet oder ob eine Sicherungsübereignung' mit Besitzvorbehalt des Schuldners (§ 930 BGB) vorliegt, mit der K o n k u r s e r ö f f n u n g also der Konkursverwalter den unmittelbaren Besitz ausübt (§§ 108, 6, 117 K O ) . D e r Konkursverwalter darf dem Sicherungsnehmer das Selbstverwertungsrecht nicht vorenthalten. Es findet nicht etwa die Bestimmung des § 127 Abs. 1 K O in diesem Falle unmittelbare Anwendung. D e r verwertungsberechtigte Sicherungsnehmer kann vielmehr vom Konkursverwalter die H e r a u s g a b e zum Zwecke der abgesonderten Befriedigung verlangen und erzwingen (Jaeger-Weber Anm. 8, Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 127 K O , Selb N J W 1962, 1952, Serick K T S 1970 90). D o c h hat der Sicherungseigner, wenn er das Sicherungsgut einstweilen in der Konkursmasse beläßt und 391

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

der Konkursverwalter kraft seines Rechts aus §§6, 117 K O Nutzungen aus dem Sicherungsgut zieht, keinen Anspruch auf diese (OLG Karlsruhe, KTS 1962 116). Befindet sich das Sicherungsgut zur Zeit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Sicherungsgebers im Besitz eines Dritten, so ist die dem Sicherungsnehmer nach § 127 Abs. 2 K O zu setzende Frist so zu bemessen, daß ihm die Ausübung seines Verwertungsrechts ermöglicht wird, nicht etwa ist ohne weiteres in diesem Falle die Bestimmung des § 127 Abs. 1 K O anzuwenden (Jaeger-Weber Anm. 8, a. A. Lent, NJW 1934 2744). Voraussetzung für die Fristsetzung aus § 127 Abs. 2 K O ist lediglich, daß der Gläubiger ein Recht auf Selbstverwertung geltend macht, nicht aber, daß ein solches Recht besteht (OLG Köln, KTS 1968 116). — Gegenüber den Konkursverwalter kann der Gläubiger seinen Selbstverwertungsanspruch durch einstweilige Verfügung sichern (KG in JZ 1956 123). Ergibt die Selbstverwertung des Gläubigers einen Uberschuß, so gebührt dieser der Konkursmasse (BGH, NJW 1959 2251 = KTS 1959 192 = M D R 1960 47). Zum Einziehungsrecht des Gläubigers bei abgetretenen Kundenforderungen vgl. BGH, KTS 1961 186 = M D R 1962 48 und dazu hinsichtlich der Umsatzsteuer: BFH, NJW 1957 1535 mit Anm. Böhle-Stamschräder. — Während bei der Verwertung des Sicherungsgutes durch den Konkursverwalter nach Maßgabe des § 127 Abs. 1 K O die Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer) als eine steuerliche Folge der Verwertung von der Konkursmasse zu tragen ist (vgl. LG Hambrug, KTS 1975 243), liegen in der Herausgabe des Sicherungsgutes an den Gläubiger und in der Verwertung durch diesen nach der Rechtsprechung des BFH zwei umsatzsteuerpflichtige Vorgänge: In der Herausgabe liege eine „Lieferung" (vgl. BFH 90, 247 und 106 383). Dem ist entgegenzuhalten, daß mit der Herausgabe an sich der Masse kein Engelt zufließt. — Wegen weiterer Einzelheiten ist auf den Beitrag „Umsatzsteuer" und Konkurs von Knobbe-Keuk in der Kölner Festschrift 1977 219/234 ff zu verweisen. Zu den vorstehend erörterten Fragen ist bei etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern des Sicherungsnehmers hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 771 Z P O auf die Entscheidung BGH, MDR 1978 926 = KTS 1979 95 zu verweisen. Danach steht dem Sicherungsgeber ein Widerspruchsrecht nur bis zu dem Zeitpunkt zu, von dem ab der Sicherungseigentümer die Sache verwerten darf. Im Vergleichsverfahren gelten die vorstehend erörterten Grundsätze entsprechend. Unterschiede ergeben sich aus der fehlenden Verwertungsbefugnis des Vergleichsverwalters, wie sie f ü r den Konkursverwalter aus § § 6 , 117, 127 K O folgt. Der Sicherungsnehmer kann mithin im Vergleichsverfahren das ihm zustehende Absonderungsrecht geltend machen wie jedes andere Absonderungsrecht im Schuldenabwicklungsverfahren auch geltend gemacht wird (vgl. Rdn. 28, 29).

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Zwangszugriffe von Gläubigern des Treugebers Bei einem Zwangszugriff von Gläubigern in das Treugut ist zwischen den einzelnen Treuhandverhältnissen zu unterscheiden. Ja nach der Art des Treuhandverhältnisses ergibt sich, ob der Treugeber noch als Inhaber des Vollrechts anzusehen ist und somit dem T r e u h ä n d e r eine Berufung auf das ihm übertragene Recht zu verwehren ist oder nicht (vgl. Gustav Boehmer Grundlagen, II. Buch S. 159 f, Liebich Treuhand und Treuhänder im Wirtschaftsrecht, 1966 S. 172 ff). Bei uneigennütziger Treuhand, z. B. bei der Übertragung von Forderungen nur zu Inkassozwecken, kann der Treugeber die Widerspruchsklage (§ 771 ZPO) erheben, wenn Gläubiger des Treuhänders in das Treugut vollstrecken. Das formale Recht tritt zurück. Der Treugeber wird so angesehen, als habe er nicht nur einen obligatorischen Anspruch gegen den Treuhänder. Wie hier das Widerspruchsrecht (§ 771 ZPO), so 392

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wird im Konkurs des Treuhänders ein Aussonderungsrecht (§ 43 KO) gewährt (RGZ 153 369); vgl. oben Rdn. 16. Das Widerspruchsrecht entfällt jedoch dann, wenn die Pfändung dem treuhänderischen Zweck nicht zuwiderläuft (BGH, M D R 1969 659 = N J W 1959 1223). — Der Treuhänder kann der.Zwangsvollstreckung seiner eigenen Gläubiger nicht widersprechen, da er nicht Dritter im Sinne des § 771 Z P O ist. Wohl aber trifft ihn nach dem Treuhandvertrag die Pflicht, den Berechtigten unverzüglich zu benachrichtigen, damit dieser seinerseits die Vollstreckung fremder Gläubiger in das Treugut verhindern kann. Doch kann der Treuhänder in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter, Sachwalter (§91), Testamentsvollstrecker nach §771 Z P O vorgehen, wenn Gläubiger im Widerspruch zu den Rechten anderer pfänden. Im gerichtlichen Vergleichsverfahren entfällt dieses Recht, wenn die gwährte Stundung und der Erlaß gemäß der Wiederaiiflebensklausel des § 9 hinfällig geworden sind (BGHZ 11 37). Doch gilt dies wiederum dann nicht, wenn gegenüber der Wiederauflebensklausel des § 9 der Einwand des Rechtsmißbrauchs erhoben werden kann (BGH, KTS 1963 179 = LM Nr. 4 zu § 9 VglO). Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Gläubiger einen ihm am letzten Tage der Nachfrist des § 9 Abs. 1 zugesandten gedeckten Verrechnungsscheck annimmt (OLG Nürnberg, KTS 1967 247 = M D R 1968 148). Bei eingennütziger Treuhand ist lebhaft umstritten, ob der Treuhänder (Sicherungsnehmer), wenn ein Gläubiger des Treugebers in das Treugut (Sicherungsgut) vollstreckt, nach §771 Z P O widersprechen oder nur vorzugsweise Befriedigung nach § 805 Z P O begehren kann (die Klage aus § 771 Z P O gewähren: R G Z 124 73, B G H Z 12 232, Bötticber M D R 1950 705, Jauemig § 13 IV 1 a, Serick Bd. III, § 34 I 2 a, dagegen gewähren nur vorzugsweise Befriedigung nach § 805 Z P O : Westermann Sachenrecht, § 43 VI 1, H. Lange N J W 1952 569, letzterer beschränkt auf den Fall der übermäßigen Sicherung). Für die Anwendung des § 805 Z P O spricht, daß der Sicherungseigentümer auch im Konkurs kein Aussonderungsrecht (§ 43 KO), sondern nur ein Absonderungsrecht (§§ 48 f KO) hat (vgl. Rdn. 36). Doch ist bei der Einzelvollstrekkung im Gegensatz zum Konkursfall dem Sicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht nicht abzusprechen, denn es würde ihm sonst eine Verwertungsart aufgedrängt, die mit derri Sinn und Zweck einer Sicherungsübereignung nicht recht vereinbar wäre. (Mentzel-Kuhn Anm. 16 zu § 43 K O , Arwed Blomeyer Vollstreckungsverfahren § 36 III 2). Im Gegensatz zum Konkurs fehlt hier die Ausschöpfungstendenz. Der Vorrang gebührt hier der Betriebserhaltungsfunktion einer Sicherungsübereignung. Denn, um den Betrieb zu erhalten, wird der Kredit gewährt. Die Störung Dritter muß daher abgewehrt werden können (vgl. dazu vor allem Gustav Boehmer Grundlagen, Bd. II 2 S. 161 f). Es steht dem Gläubiger des Treugebers frei, den Rückübertragungsanspruch zu pfänden (BGHZ 11 37, Arwed Blomeyer § 36 III 1). — Eine zwischen beiden Meinungen vermittelnde Ansicht geht dahin, dem Sicherungsnehmer das Widerspruchsrecht aus § 771 Z P O zu gewähren, wenn andere Gläubiger sich aus dem beim Schuldner verbliebenen Vermögen voll befriedigen könnten. Gegen einen Gläubiger, dem das sonstige Vermögen des Schuldners keine volle Befriedigungsmöglichkeit bietet, sei dagegen nur die Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 Z P O ) gegeben (vgl. Paulus Z Z P 64 169). Für diese Ansicht spricht, daß die Rechtsannäherung an die im Konkurs nur vorgenommen wird, wenn anderes pfändbares Vermögen nicht vorhanden ist, der Gläubiger mithin, wenn dem Sicherungsnehmer das Recht aus § 771 Z P O zusteht, um dieses auszuschalten, gezwungen wäre, die Konkurseröffnung (§§ 103 fs KO) zu beantragen. Gegen die vermittelnde Ansicht spricht jedoch, daß die rechtliche Einordnung nicht etwa von dritten, für den Sicherungsnehmer nicht beeinflußbaren, Umständen abhängig gemacht werden darf. 393

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III. A b s c h n i t t : V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

Bei doppelseitiger Treuhand, z. B. bei Übertragung des Schuldnervermögens auf einen Treuhänder mit der Auflage, hieraus die Gläubiger in einem außergerichtlichen Liquidationsvergleich anteilmäßig zu befriedigen, kann der Treuhänder der Einzelvollstreckung eines Gläubigers, der dem Liquidationsvergleich nicht zugestimmt hat, nicht nach § 771 Z P O widersprechen. Würde hier dem Treuhänder ein solches Recht zugesprochen, so könnte praktisch im außergerichtlichen Vergleich über den Mehrheitszwang sowohl des Zwangsvergleichs im Konkurs, wie des Liquidationsvergleichs im Sinne des § 7 Abs. 4 unseres Gesetzes die Zustimmung erzwungen werden. Einen solchen Teilnahme- bzw. Zustimmungszwang aber kennt unsere Rechtsordnung für den außergerichtlichen Vergleich nicht (vgl. O L G Celle, H R R 31 Nr. 865, O L G Köln, J W 1932 758, LG Osnabrück, KTS 1967 190, im Ergebnis zustimmend: Serick Bd. III, § 34 II 3 und § 36 III). V. §§ 50 bis 52 KO Unanwendbarkeit des § 50 KO 40

Die Bestimmung des § 50 KO ist im Vergleichsverfahren unanwendbar. Sie begründet kein Absonderungsrecht, sondern eine Ersatzpflicht. Die von der Konkursordnung gezogenen Grenzen des Absonderungsrechts können dadurch umgangen werden, daß ein Konkursgläubiger seine Forderung einem im Ausland wohnenden Inhaber von Massegegenständen abtritt, um diesem ein nach den Gesetzen des Auslandes wirksames Absonderungsrecht zu verschaffen. Geschieht eine solche Forderungsabtretung nach der Konkurseröffnung oder in Kenntnis des Konkursantrages oder der Zahlungseinstellung, so ist der Konkursgläubiger der Masse gegenüber schadensersatzpflichtig, wenn nunmehr der Zessionar von dem ihm nach ausländischen Recht zustehenden Absonderungsrecht Gebrauch macht. Die Ersatzpflicht aus § 50 K O besteht mithin nicht, wenn der im Ausland wohnende Inhaber trotz des Erwerbs des Absonderungsrechts (maßgebend ist die lex rei sitae) den Gegenstand zur Konkursmasse abliefert. Da das Vergleichsverfahren keine "Vergleichsmasse" kennt, müßte schon der Schuldner selbst berechtigt sein, den Ersatzanspruch zu erheben, wollte man die Bestimmung des § 50 K O im Vergleichsverfahren entsprechend anwenden. Es bedarf einer solchen entsprechenden Anwendung jedoch nicht, da in der Abtretung nach Verfahrensbeginn (§21) oder unter den Anzeichen des gerichtlichen Vergleichsversuchs ein Sonderabkommen im Sinne des § 8 Abs. 3 liegt. Ein solches, für den Fall der Vergleichsbestätigung (§ 78) in seinem ganzen Umfange nach nichtiges Abkommen braucht nicht von dem Vergleichsschuldner selbst, es kann auch von anderen Personen mit einzelnen Gläubigern geschlossen worden sein. Die Nichtigkeit aus § 8 Abs. 3 erfaßt auch die Forderungsabtretung. Dies hat zur Folge, daß der Zedent weiter Vergleichsgläubiger ist. Er hat den Gegenwert für die Abtretung aus § 816 Abs. 1 BGB an den Vergleichsschuldner abzuführen, soweit dieser seinen Anspruch auf Herausgabe seines Vermögenswertes gegenüber ausländischer Rechtsauffassung nicht durchzusetzen vermag. Anwendbarkeit der §§ 51, 52 KO

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Entsprechend anwendbar ist die Bestimmung des § 51 KO, nach welcher, wer mit dem Gemeinschuldner in einer Gesellschaft, Gemeinschaft oder einem Miteigentumsverhältnis sich befunden hat, im Konkurse wegen seiner Forderungen aus dem Gemeinschaftsverhältnis abgesonderte Befriedigung aus dem bei der Teilung oder Auseinandersetzung ermittelten, zur Masse fließenden Anteile des Gemeinschuldners verlangen kann. Für die Anwendung des § 51 K O im Konkurs — und im Vergleichsverfahren entsprechend — ist Voraussetzung, daß die Gesellschaft eigenes Vermögen hat, 394

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daß also eine gesamthänderische Vermögensgemeinschaft zwischen den Gesellschaftern besteht. Ist ein Gesellschaftsvermögen dagegen nicht vorhanden, so beschränken sich die Ansprüche der Gesellschafter auf rein schuldrechtliche Ansprüche, die nicht bevorrechtigt sind. Die Bestimmung des § 51 K O ist mithin nicht anwendbar bei der stillen Gesellschaft (§§ 335 ff HGB), da hier das vorhandene Vermögen ausschließlich einem einzigen Gesellschafter gehört (BGH, BB 1955 331 = KTS 1956 45). — Doch ist für die entsprechende Anwendung des § 51 K O im Vergleichsverfahren zu beachten, daß die Eröffnung dieses Verfahrens im Gegensatz zum Konkurs weder die Auflösung der Gemeinschaftsverhältnisse von Rechts wegen zur Folge hat, noch die Beteiligten zur Auflösung zwingt. Kommt es nicht zur Auflösung, so erwächst den Beteiligten auch kein Absonderungsrecht. Nicht erforderlich ist andererseits, daß das die Auflösung herbeiführende Ereignis, z. B. die Kündigung, vor der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) eintritt. Es genügt der Eintritt noch während des gerichtlichen Nachverfahrens. — Zur Anwendbarkeit des § 82 Abs. 2 S. 1 vgl. unten Rdn. 46. Die Bestimmung des § 52 K O ist ohne Bedeutung, wie aus Art. III KRG 45 folgt.

VI. Ersatzabsonderung § 46 KO auch bei Vereitelung von Absonderungsrechten Das Recht der Ersatzabsonderung ist in der Konkursordnung nicht ausdrücklich 4 2 geregelt. Die Bestimmung des § 46 K O bezieht sich nach ihrem Wortlaut nur auf die Ersatzaussonderung. N u n wird aber, wenn der Konkursverwalter ein Absonderungsrecht bestreitet, der Kampf um das Bestehen dieses Rechtes als Aussonderungsstreit geführt. Von dem Bestand des Rechtes hängt in der Folge des Absonderungsrecht ab (vgl. Jaeger-Lent Anm. 12 zu § 4 3 KO). Ist die Frage, ob ein Pfandrecht an einem Gegenstand der Konkursmasse besteht, eine Frage, die die Minderung der Masse um dieses Befriedigungsrecht betrifft, ist insoweit dem Absonderungsrecht Aussonderungskraft zuzuerkennen, so muß bei einer Vereitelung dieses Rechtes auch ein Anspruch auf Aussonderung des vom Schuldner Erlangten gegenben sein (Mentzel-Kuhn Anm. 4 zu § 46 KO). Wird im Konkurse ein mit einem Pfandrecht belasteter Massegegenstand veräußert (§§ 6, 117 KO) und ist der Erwerber gutgläubig, so erlischt das Pfandrecht (§ 936 BGB). Die noch ausstehende Gegenleistung gebührt in H ö h e seiner gesichterten Forderung dem Absonderungsberechtigten. Ist die Gegenleistung zur Masse eingezogen, gilt entsprechendes, wenn diese sich noch unterscheidbar in dieser befindet (RGZ 141 92; vgl. oben Anm. 24). Entsprechendes gilt für die Ersatzabsonderung im Vergleichsverfahren (a. A. Kiesow § 2 der Vergleichsordnung von 1927, Anm. 56). Vereitelung des Absonderungsrechts durch unbefugte, aber wirksame Verfügung des Schuldners Die Ersatzabsonderung setzt voraus, daß vor oder nach Eröffnung des Vergleichs- 4 3 Verfahrens durch eine unbefugte Verfügung des Vergleichsschuldners das Absonderungsrecht vernichtet wird, untergeht (vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen zur Ersatzaussonderung oben Rdn. 23). — Ist dies vor der Verfahrenseröffnung eingetreten, so kann der Gläubiger Abtretung des Anspruchs, der dem Schuldner gegen den Dritten zusteht, verlangen. Hatte der Schuldner diesen inzwischen (nach Verfahrenseröffnung) eingezogen, so ist dem Gläubiger nach Eintritt der Pfandreife., soweit zur Befriedigung erforderlich, der Geldbetrag zu übereignen. Ist Vermengung eingetreten (§ 948 BGB), so ändert sich für den Vergleichsschuldner im Endergebnis dadurch nichts, denn dem Gläubiger würde im Konkursfalle ein Masseanspruch nach § 59 395

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Abs. 1 N r . 1 oder 4 K O zustehen, er ist mithin am Vergleichsverfahren nicht beteiligt und voll zu befriedigen. — Ist das Absonderungsrecht erst nach der Verfahrenseröffnung (§21) vernichtet (untergegangen), so ist der Gläubiger mit seinem Ausgleichsoder Schadensersatzanspruch (§§ 816 Abs. 1, 823 BGB) Neugläubiger und als solcher den Verfahrensfolgen nicht unterworfen. VII. Erwerbszeitpunkt und Unwirksamkeit von Absonderungsrechten Zeitpunkt während des eigentlichen Vergleichsverfahrens 44

Während des eigentlichen Vergleichsverfahrens, d. h. von der Eröffnung des Verfahrens an bis zur Bestätigung des Zwangsvergleichs oder bis zum Ende des ohne Vergleich ausgehenden Verfahrens, können Absonderungsrechte a) zugunsten von beteiligten und von ausgeschlossenen Gläubigern weder im Wege der Zwangsvollstreckung (§§ 47, 124) noch, soweit nicht der Vergleich ein anderes bestimmt, rechtsgeschäftlich (§ 8 III) begründet werden, (vgl. Serick Bd. III, § 36 II 2). Dabei besteht aber der Unterschied, daß Zwangsdeckungen in jedem Falle, also ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens, nichtig bleiben, während rechtsgeschäftliche Deckungen, nur für den Fall der Vergleichsbestätigung nichtig sind. Näheres in der Erläuterungen zu den einzelnen Vorschriften. b) Ein unmittelbar auf Gesetz beruhender Erwerb von Absonderung begründenden Pfand- und Vorzugsrechten wird den Vergleichsgläubigern zufolge der Verfahrenseröffnung keineswegs verschlossen: Ein Gläubiger, der ohnedies Vergleichsgläubiger ist, verliert mit Bezug auf die persönliche Forderung diese Eigenschaft nicht durch ein Absonderungsrecht; er bleibt deshalb, soweit die persönliche H a f t u n g des Schuldners in Betracht kommt, auch bei dem erst während des Verfahrens kraft Gesetzes eintretenden Erwerb eines Absonderungsrechts Vergleichsgläubiger. So besteht z. B. das gesetzliche Vermieterpfandrecht nicht nur zugunsten der auf die Zeit nach Verfahrensbeginn zu errechnenden, also unbeteiligten Zinsansprüche, sondern auch zugunsten der lediglich Vergleichsforderungen bildenden Zinsrückstände sowohl an den vor wie an den erst nach Verfahrensbeginn eingebrachten Sachen des Mieters. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Einbringen während des Verfahrens im Einverständnis mit dem Vermieter geschehen ist, um diesen zu begünstigen; denn auch ein gesetzlicher Erwerb muß gemäß § 8 III nichtig sein, wenn er die Folge eines verbotswidrigen Sonderabkommens ist. c) Zugunsten von nichtbeteiligten Gläubigern — außer den ausgeschlossenen — ist auch ein rechtsgeschäftlicher und ein vollstreckungsrechtlicher Erwerb von Absonderungsrechten noch während des eigentlichen Vergleichsverfahrens möglich, es sei denn, daß inzwischen gemäß §§ 58 ff ein den Absonderungsgegenstand treffendes gerichtliches Veräußerungsverbot erlassen wurde. Ein solches Verbot hindert nicht, daß Gläubiger, denen ein Aussonderungs- oder Absonderungsrecht rechtswirksam zusteht, ihre Rechte auf Aussonderung bzw. abgesonderte Befriedigung gelten machen. Zeitpunkt vor der Eröffnung des Verfahrens

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Auch soweit vor der Verfahrenseröffnung (§21) Vergleichsgläubiger und die gemäß § 29 Nr. 3 und 4 ausgeschlossenen Gläubiger Absonderungsrechte erworben haben, unterliegen sie gewissen Beschränkungen. a) H a t der Erwerb durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme innerhalb der Rückschlagsperrfrist des § 28 stattgefunden, so ist er während des Verfahrens nicht realisierbar (§§48 Abs. 1 124). Er entfällt mit der Bestätigung des Vergleichs (§§78, 396

Nichtbeteiligte Gläubiger

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87) bzw. mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses (§ 104) ohne weiteres, falls er nicht bereits zuvor während des Verfahrens durch eine Anordnung des Vergleichsgerichts aus § 48 Abs. 2, § 124 entfallen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Absonderungsrecht durch eine Zwangsdeckung im Ausland erworben ist, da hier das Territorialitätsprinzip maßgebend ist (vgl. § 2 Rdn. 28). — Für das Nachlaßvergleichsverfahren und das Vergleichsverfahren der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§§ 113, 114) ergeben sich weitere Einschränkungen hinsichtlich des Erwerbs von Absonderungsrechten durch Zwangsvollstreckung (Arrestvollziehung) aus der Bestimmung des §221 K O (wegen der Einzelheiten muß hier auf die Anmerkungen 44 zu § 113 und 18 zu § 114 verwiesen werden). Unberührt von diesen Schranken bleiben aber sinngemäß diejenigen Gläubiger, die auch ohne eigenen Zwangszugriff absonderungsberechtigt sind. Zu ihnen gehören die in § 10 I Nr. 1 bis 3 Z V G genannten Gläubiger auch insoweit, als ihre Ansprüche kein Konkursvorrecht genießen, sondern Vergleichsforderungen bilden. Die Rückschlagsperrwirkung entfällt aber nur bei dem Zugriff auf das haftende Grundstück. b) H a t der Erwerb des Absonderungsrechts nicht durch eine Zwangsvollstreckung, vielmehr durch ein vor dem Vergleichsverfahren mit dem (späteren) Vergleichsschuldner getroffenes Sicherungsabkommen stattgefunden, so kann darin ein dem Verbot des § 8 Abs. 3 unterliegendes Abkommen liegen (vgl. dazu § 8 Rdn. 39). Zeitpunkt nach der Vergleichsbestätigung Nach der Vergleichsbestätigung, gleich ob das Verfahren sogleich mit der Bestäti- 4 6 gung aufgehoben (§§ 78, 90 ff) oder fortgesetzt wird (§ 96), können auch die vom Vergleich betroffenen Gläubiger Absonderungsrechte nicht nur kraft Gesetzes, sondern auch durch Rechtsgeschäft oder Zwangszugriff (§ 96 Abs. 3) erwerben. Der rechtsgeschäftliche Erwerb kann allerdings dem Verbot der Sonderbegünstigung (§ 8 Abs. 3) unterfallen, wenn die Parteien vereinbart hatten, das Abkommen erst nach der Vergleichsbestätigung zu schließen und auch dann erst die Urkunde darüber errichteten, während der Vorvertrag zeitlich vor der Bestätigung (§78) geschlossen wurde; vgl. dazu B G H , KTS 1972 97/100 = N J W 1972 496, Serick Bd. III, § 36 II 2 und auch § 8 Anm. 39. — Wird einem vom Vergleich betroffenen Gläubiger nach der Vergleichsbestätigung eine Sicherung (Absonderungsrecht) gewährt, so gilt hier nicht etwa die Bestimmung des § 82 Abs. 2 S. 1. Die dingliche H a f t u n g für den erlassenen Forderungsteil hängt notwendig davon ab, daß bis zum Zeitpunkt des § 78 das Absonderungsrecht bereits begründet war. — Liegt ein über die Bestätigung des Vergleichs hinauswirkendes gerichtliches Veräußerungsverbot vor (§§ 58 ff), so steht dieses, wenn es den Gegenstand des Absonderungsrechts trifft, auch einem Erwerb einer Zwangsdekkung entgegen. Dies auch dann, wenn ein nicht beteiligter Gläubiger vollstreckt (§ 62 und dort Rdn. 7 ff).

VIII. Gleichzeitige persönliche Haftung des Schuldners Gläubiger, die weder Vergleichsgläubiger, noch ausgeschlossene Gläubiger sind Der absonderungsberechtigte Gläubiger bleibt vom Verfahren und von einem 4 7 Zwangsvergleich völlig unberührt, wenn ihm der Schuldner nicht persönlich, d. h. nicht auch mit seinem sonstigen Vermögen haftet, sei es, weil die Haftung, wie bei einer Grundschuld (§§ 1191 ff BGB), reine Sachhaftung ist, oder weil das Absonderungsrecht lediglich für die Schuld eines Dritten bestellt worden ist. — Gläubiger, die weder Vergleichsgläubiger (§ 25), noch ausgeschlossene Gläubiger (§ 29) sind, werden auch 397

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

dann, wenn den Vergleichsschuldner gleichzeitig die persönliche H a f t u n g trifft, von dem bestätigten Vergleich nicht berührt. Sie können während des Vergleichsverfahrens Befriedigung suchen und zwar auch aus den ihnen nicht dringlich haftenden Gegenständen des Schuldnervermögens. Vergleichsgläubiger oder ausgeschlossene Gläubiger 48

Ist dagegen ein Gläubiger, von dem Recht auf abgesonderte Befriedigung abgesehehen, hinsichtlich seiner persönlichen Forderung Vergleichsgläubiger oder ausgeschlossener Gläubiger, so bleibt er dies trotz seines Absonderungsrechts. Er kann allerdings, soweit nicht die §§ 48, 124 entgegenstehen, ohne Rücksicht auf das Verfahren sein Absonderungsrecht verwirklichen, und ein Vergleich schmälert es auch nicht bezüglich des Umfangs der H a f t u n g für die Forderung (§ 82 Abs. 2 S. 1). Mit Bezug auf seine persönliche Forderung aber bleibt er, und zwar zum ganzen Betrag derselben, Vergleichsgläubiger (zustimmend: Kuhn M D R 1960 307, Böhle-Stamscbräder Anm. 3 zu § 27 VglO, Jauernig § 64 II, abweichend: Schönke-Baur § 73 II 3 a). An der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag, wie auch über eine Vertagung des Vergleichstermins (§§ 71, 74, 77) aber nimmt der absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger, wenn er nicht auf das Absonderungsrecht verzichtet, nur in H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls teil (§§ 27 Abs. 1, 71 Abs. 3). Der absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger hat mithin kein Stimmrecht, wenn er wegen seiner persönlichen Forderung voll gesichert ist (BGHZ 31 174, Böhle-Stamscbräder Anm. 5, b zu § 7 1 VglO). Die Vergleichsquote kann der absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger nur auf den tatsächlichen oder mutmaßlichen Ausfall seiner persönlichen Forderung fordern, nachdem dieser gemäß § 97 Abs. 1 durch das Vergleichsgericht festgestellt worden ist ( B G H Z 31 174, Ballhaus Rdn. 82 zu § 607 BGB im Großkommentar). Der festgestellte Betrag ist zu zahlen, nicht wie im Konkurs (§§ 168 Nr. 3, 169 KO) zu hinterlegen. Die Feststellung des Vergleichsgerichts (§ 97 Abs. 1) ist nur eine vorläufige. Ergibt die endgültige Feststellung (gerichtliche, behördliche oder kraft Parteivereinbarung), daß der Vergleichsschuldner zu wenig gezahlt hat, so ist zur Vermeidung der Verzugsfolgen (§ 9 Abs. 1) das Fehlende auf entsprechende Mahnung binnen zwei Wochen nachzuzahlen (§ 97 Abs. 3 S. 2). H a t der Vergleichsschuldner zuviel gezahlt, so kann er den Mehrbetrag zurückfordern, soweit dieser Betrag den Gesamtbetrag dessen, was der Vergleichsgläubiger bei der Vergleichserfüllung noch zu erwarten hat, übersteigt (§ 97 Abs. 4). — Einzelheiten zum Recht des absonderungsberechtigten Vergleichsgläubigers müssen der Darstellung zu § 27 (vgl. dort Rdn. 8 ff) vorbehalten bleiben. —

D. Vorrechtsgläubiger I. Allgemeine Vorrechte und Sondervorrechte Im Konkurs und im Vergleichsverfahren 49

Die Unterscheidung geht auf das Konkursrecht zurück. Im Konkurs ergreifen die allgemeinen Vorrechte (§61 Abs. 1 Nr. 1 — 5 K O und als sechste Klasse derselben: § 80 VAG) unterschiedslos die ganze Teilungsmasse, aus deren Gesamterlös die Vorrechtsgläubiger, und zwar jeweils die der vorhergehenden Klasse vor den nachgehenden, und sämtliche vor den gewöhnlichen Konkursgläubigern (§§ 3, 61 Abs. 1 Nr. 6 KO) befriedigt werden. Im Gegensatz dazu gewähren die Sondervorrechte — daher ihr Name — Vorzugsbefriedigung nur aus einer Sondermasse, wie z. B. den Pfandbriefgläubigern der Hypothekenbanken nur aus dem Erlös der in das Deckungsregister eingetragen Hypotheken, Wertpapieren und Geldern, die dem Treuhänder zur Deckung der 398

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§ 26

Hypothekenpfandbriefe in Verwahrung gegeben sind (§ 35 HypBankG). Entsprechendes gilt f ü r das Vorrecht der Schuldverschreibungsgläubiger (§§ 41 ff HypBankG). Die Organisation dieser Gläubiger regelt das Gesetz betr. die gemeinsamen Rechte der Bestizer von Schuldverschreibungen vom 4. 12. 1899/14. 5. 1914 (VO vom 24.9. 1932). Eine ähnliche Regelung gilt im Konkurs einer Schiffspfandbriefanstalt (§ 36 des Gesetzes vom 8. 4. 1943 - RGBl. I 241) i. d. F. des Ges. vom 8. 5. 1963 (BGBl. I S. 302). Im Konkurs über das Vermögen eines der in den §§1, 17, 18 DepG bezeichneten Verwahrer, Pfandgläubiger und Kommissionäre folgt nach näherer Maßgabe des § 32 DepG ein Vorrecht f ü r die Kommittenten, Hinterleger und Verpfänden Die bevorrechtigten Forderungen werden vor den Forderungen der anderen Konkursgläubiger aus einer Sondermasse beglichen, die aus den in der Konkursmasse vorhandenen Wertpapieren derselben Art und aus Ansprüchen auf Lieferung solcher Wertpapiere gebildet wird. Das Konkursgericht hat die Befugnis, den bevorrechtigten Gläubigern zur Wahrnehmung der ihnen zustehenden Rechte einen gemeinsamen Pfleger, den Depotpfleger, zu bestellen (§32 Abs. 5 DepG). — dazu: Heinsius-Hom-Than Rdn. 62 zu § 32 DepotG. —

Die Bedeutung des Unterschiedes im Vergleichsverfahen Die Bedeutung des Unterschieds zwischen dem allgemeinen Vorrecht und dem 5 0 Sondervorrecht besteht im Konkurs darin, daß die besonderen Vorrechte allen anderen Vorrechten vorgehen, soweit die Sondermasse zu ihrer Befriedigung ausreicht. Soweit die Sondervorrechtsgläubiger hier ausfallen oder auf ihr Vorrecht hier verzichten, erhalten sie Konkursdividende aus der allgemeinen Masse und zwar als gewöhnliche Konkursgläubiger. Auch in der Vergleichsordnung wird, wie aus § 27 Abs. 2 folgt, zwischen Gläubigern mit allgemeinem Vorrecht und Sondervorrechtsgläubigern unterschieden. (Heinsius-Hom-Than Drz. 68 zu § 32 DepotG). Nur hat dieser Unterschied hier eine andere Bedeutung als im Konkurs. Da das Vergleichsverfahren keine Zwangsbefriedigung bezweckt und deshalb auch keine der Konkursmasse entsprechende Teilungsmasse kennt, bestimmt unser Abs. 1 in Übereinstimmung mit §§ 173, 193, 1 K O : „Gläubiger, deren Forderungen im Konkurs ein Vorrecht genießen, sind nicht Vergleichsgläubiger." Gemeint ist damit, daß sie im vollen Sinne nicht beteiligt sind, also mit ihrer Forderung weder vom Verfahren noch von einem Vergleich betroffen werden sollen. Solche Nichtvergleichsgläubiger können aber nur die Gläubiger mit allgemeinem Konkursvorrecht sein. Dagegen sind die Sondervorrechtsgläubiger, und zwar mit dem Gesamtbetrag ihrer Forderungen Vergleichsgläubiger. Der Ausfallgrundsatz bedeutet bei den Sondervorrechtsgläubigern ebenso wenig wie bei den absonderungsberechtigten Vergleichsgläubigern, daß nur der ungedeckte Forderungsteil Vergleichsforderung wäre, sondern hat auch hier lediglich die Folge, daß sich das Stimmrecht der Sondervorrechtsgläubiger auf den Betrag ihres mutmaßlichen Ausfalls beschränkt und ihnen vergleichsmäßige Befriedigung nur für den Betrag ihres Verzichts auf Befriedigung aus der Sondermasse oder ihres Ausfalls bei dieser zusteht (§ 27 Abs. 1 S. 2). Rechtstechnisch wird diese Gestaltung dadurch möglich, daß zufolge des § 26 Abs. 1 (Konkursvorrecht) den Sondervorrechtsgläubigern der Zugriff auf Gegenstände der Sondermasse unerachtet des Vergleichsverfahrens und eines bestätigten Vergleichs (§ 78) zusteht (vgl. dazu noch § 34 a HypBankG). Insofern, aber auch nur insofern, unterliegen sie nicht den die Vergleichsgläubiger treffenden Schranken. — Wegen der Einzelheiten ist zu verweisen auf die Darstellung zu § 27 unseres Gesetzes (siehe die Rdn. 17 ff daselbst). — Im folgenden werden (hier zu § 26) nur die allgemeinen Vorrechte behandelt. 399

§ 26

III. A b s c h n i t t : V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

II. Rechtstellung der Gläubiger mit allgemeinem Vorrecht Unbeteiligtsein 51

Die Vorrechtsforderungen sind samt den im § 62 K O aufgeführten Nebenansprüchen am Vergleichsverfahren schlechthin unbeteiligt. Darum entfallen die Vorschriften über die Rückschlagsperre (5 28) und das Vollstreckungsverbot (§ 47) nicht nur bei der Realisierung eines neben dem Vorrecht bestehenden Absonderungsrechts (vgl. Rdn. 47), sondern auch bei der Verwirklichung der persönlichen Haftung. Es gelten auch nicht die Sondervorschriften über die Aufrechnung (§ 54). Schlechthin unbeteiligt ist der Gläubiger aber nur, soweit er für seine Forderung ein allgemeines Konkursvorrecht genießt. Dieses kann sich auf einen Teilbetrag der Forderung, bei mehreren Forderungen auf einzelne von ihnen beschränken mit der Folge, daß er im übrigen Vergleichsgläubiger oder ausgeschlossener Gläubiger ist. Wird vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21) eine Abschlagszahlung auf eine Vorrechtsforderung geleistet, so gilt für die Anrechnung die Bestimmung des § 366 BGB. Doch können die Parteien mit Rücksicht auf das Verbot der Sonderbegünstigung (§ 8 Abs. 3) nicht vereinbaren, daß eine vor der Eröffnung des Verfahrens geschehene Zahlung auf eine an sich beteiligte Forderung anzurechnen sei. Eine solche Vereinbarung wäre mit der Vergleichsbestätigung (§ 78) nichtig. — Zum Verbot der Sonderbegünstigung vgl. § 8 und dort Rdn. 39, 44 ff.

Von Rechts wegen 52

Die Bestimmungen über das allgemeine Konkursvorrecht sind zwingender Natur. Durch private Vereinbarungen kann ein Vorrecht nicht geschaffen werden, auch an der Rangfolge der Vorrechte nichts geändert werden (Uhlenbruch DB 1974 629). Das Konkursvorrecht ist nicht etwa ein neben der Forderung stehendes, wenn auch von ihr abhängendes Recht, wie es z. B. aus der Pfandhaftung erwachsen kann, sondern eine Eigenschaft der Forderung selbst ( B G H Z 13 77 und 34 298), eine der Forderung innewohnende Kraft (Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu § 61 KO). Während im Konkurs ein beanspruchtes Vorrecht anzumelden ist (§ 138 K O ) , auch nachträglich beansprucht werden kann (§ 142 Abs. 1 KO), der P r ü f u n g und Feststellung unterliegt (§§ 139, 145, 146 KO), bedarf es im Vergleichsverfahren der besonderen Anmeldung des Vorrechts nicht. Dies auch dann nicht, wenn der Vergleichsschuldner es entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 1 S. 5 unterlassen hat, die Vorrechtsforderung „gesondert anzugeben". Die irrtümliche Behandlung des Bevorrechtigten als Vergleichsgläubiger ändert an der Rechtslage nichts: Das Vorrecht bleibt unberührt. Nimmt der Vorrechtsgläubiger an der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag teil (§§71, 74), so kann daraus nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß er auf sein Vorrecht verzichten wolle. Ein solcher Verzicht ist sehr wohl möglich, so z. B., um einen Liquidationsvergleich zu ermöglichen, führt jedoch nicht dazu, daß der Vorrechtsgläubiger die verfahrensrechtliche Stellung eines Vergleichsgläubigers damit einnimmt, wohl unterstellen sie sich mit dem Verzicht den Wirkungen des bestätigten Vergleichs. Die gesetzliche Erweiterung der Vorrechte nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 K O um das sechste Vorrecht aus § 80 VAG (vgl. hierzu Böhle-Stamschräder. Anm. 9 zu § 61 KO) ist, wie aus § 112 VglO folgt, für das Vergleichsverfahren praktisch nur von geringer Bedeutung (vgl. Rdn. 67 unten). Bedeutsamer ist die Rechtsfortbildung, wie sie das BAG in dem Beschluß des Großen Senats vom 13. 12. 1978 - GS 1/77 - für die Einordnung der Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan (§§ 111, 112 BetrVG) und der Ansprüche auf Nachteilsausgleich (§113 Abs. 3 in Verbindung mit § 1 1 3 Abs. 1 400

Nichtbeteiligte Gläubiger

§26

BetrVG) mit der Zubilligung eines Ranges vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O vorgenommen hat (vgl. Rdn. 89). - Siehe BAG, K T S , Heft III 1979 mit Anm. Henckel. Streit um das Vorrecht Ein Streit um das Vorrecht kann endgültig nur im Prozeßwege ausgetragen werden. 53 Die Entscheidung des Vergleichsgerichts über die Gewährung des Stimmrechts (§71 VglO) hat nur verfahrensrechtlichen Charakter. — Für das Vergleichsverfahren, das keine „Vergleichsmaße" im rechtlichen Sinne kennt, wie auch keinen Feststellungsstreit im Sinne des § 146 K O , etwa als einen solchen zum berichtigten Gläubigerverzeichnis (§§ 6, 67 Abs. 3 VglO), ist der zum Konkursverfahren früher bedeutsame Streit über die Zuständigkeit (vgl. abschließende Erkenntnisse: BSG, K T S 1971 108, B G H Z 55 224 u. B G H Z 60 64) ohne Bedeutung. Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21 VglO) unterbricht weder einen anhängigen Rechtstreit, noch führt sie zum Streit unter den Vergleichsgläubigern über die Art und das Vorrecht der Beteiligung des einzelnen Gläubigers, noch berührt sie die Stellung der nicht beteiligten Gläubiger (vgl. oben Rdn. 4 und 5). So fehlt denn auch für die Klage eines Vergleichsgläubigers gegen einen anderen auf Feststellung gewisser Verpflichtungen das rechtliche Interesse (LG Hamburg, M D R 1978 410). III. Die wegen Konkursvorrechts Nichtbeteiligten Die Maßgeblichkeit der konkursrechtlichen Vorschriften Da die konkursrechtlichen Vorschriften maßgebend sind, ist eine erschöpfende Auf- 54 Zählung der allgemeinen Vorrechte (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 — 5 K O , § 80 VAG) nicht erforderlich (§ 26 Abs. 1 unseres Gesetzes). Die Vorschrift bedeutet, daß Nichtvergleichsgläubiger ist, wer in einem statt des Vergleichsverfahrens eröffneten Konkurse bevorrechtigter Gläubiger wäre. Nicht dagegen ist mit der Verweisung auf die konkursrechtlichen Vorschriften zum allgemeinen Vorrecht gesagt, daß im Vergleichsverfahren für die Nichtvergleichsgläubiger auch die Rangfolge der Vorrechte maßgebend ist. Dies folgt einmal daraus, daß die Vorrechtsgläubiger keine Vergleichsgläubiger sind, zum anderen daraus, daß das Vergleichsverfahren keine Zwangsbefriedigung bezweckt. Dennoch ist auf die Bestimmungen der § 61 Abs. 1 Nr. 1 — 5 K O und § 80 VAG im einzelnen zurückzugreifen im Hinblick auf die Zeitgrenze des Vorrechts, wie auch im Hinblick darauf, daß für die Verteilung des Erlöses bei einem Liquidationsvergleich (§ 7 Abs. 4, §§ 91 ff VglO) konkursrechtliche Grundsätze maßgebend sind (BGH WM 1978 954 = K T S 1979 81). - Einzelheiten unter Rdn. 30, 36 b zu §92 VglO und Rdn. 11 b zu § 102 VglO. Die Zeitschranke In den Fällen, wo die Vorrechte an eine feste Zeitschranke gebunden sind (§61 5 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KO), ist für die Fristberechnung im Vergleichsverfahren der sich aus §21 ergebende Zeitpunkt maßgebend. Auf den Zeitpunkt des Vergleichsantrags (§ 2) kommt es selbst dann nicht an, wenn sich die Eröffnung des Vergleichsverfahrens über die Fristen der §§ 10, 14 hinaus verzögert hatte (RAG, K u T 1933 153). Der danach Nichtbeteiligte ist damit nicht notwendig auch in einem Anschlußkonkurs (§§ 102 f) Vorrechtsgläubiger. Denn für dieses Verfahren ist der sich aus § 108 K O ergebende Zeitpunkt für Vorrechtsfristen maßgebend (zustimmend Mentzel-Kuhn Anm. 76 zu § 61 KO). Eine Erstreckung der Vorrechtsfristen auf den Anschlußkonkurs ist in § 107 nicht vorgesehen. Die wegen eines allgemeinen Konkursvorrechts am Vergleichsverfahren nicht beteiligten Gläubiger müssen mithin damit rechnen, daß bei einem 401

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger gescheiterten Vergleich ihr Vorrecht im Anschlußkonkursverfahren ganz oder teilweise verloren gehen kann (vgl. BAG, BB 1967 459 = Betrieb 1967 303 = N J W 1967 1055). Ausländische Gläubiger 56

Auch ausländische Gläubiger können vorrechtsfähig sein (vgl. oben Rdn. 7). Wenn der ausländische Gläubiger auch dem inländischen gleichsteht (§ 37), so erstrecken sich die Vorrechte der Klasse 2 und 3 des § 61 K O doch sinngemäß nicht auf Auslandsstaaten und Auslandsverbände, es sei denn, diese sind durch Staatsverträge den betreffenden Inlandsgläubigern gleichgestellt (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 51 a zu § 61 KO). Inhaltsänderung des Anspruchs

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Bei einer Inhaltsänderung des Anspruchs ist hinsichtlich des Vorrechts davon auszugehen, daß dieses eine Eigenschaft der Forderung selbst, eine ihr innewohnende Kraft ist ( B G H Z 13 77 und 34 298). Wird eine Vorrechtsforderung in eine laufende Rechnung aufgenommen (§ 355 HGB), so kann es für die Saldoforderung (§ 356 HGB) beansprucht werden und zwar bis zu der H ö h e , zu der sie sich mit der eingestellten Vorrechtsforderung deckt (RGZ 162 244). Die Urschuld ist hier nicht oder nicht schlechthin verschwunden. Dies gilt auch f ü r ein Schuldanerkenntnis des (späteren) Vergleichsschuldners im Sinne des §781 BGB. Die Stellung der Vorrechtsforderung sollte dadurch nicht geschwächt, vielmehr gestärkt werden. Das Vorrecht geht verloren, wenn die Forderung umgewandelt wird, so z. B. wenn der Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft sich damit einverstanden erklärt hat, daß seine Gehaltsforderung nur zum Teil ausgezahlt, zum anderen Teil aber dem finanziell schwachen Betriebe zunächst belassen und als Darlehn angesehen werden solle (BAG, BB 1967 459 = KTS 1967 229). Wird eine Schuld, für die ein Vorrecht besteht, mit befreiender Wirkung von einem anderen übernommen, so kann, wie aus § 418 Abs. 2 BGB folgt, das Vorrecht im Konkurse des Übernehmers nicht geltend gemacht werden, aber auch gleicherweise nicht im Konkurse des Bürgen ( B G H Z 34 298). Für das Vergleichsverfahren gilt nichts anderes. Gläubigerwechsel

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Ein Gläubigerwechsel, mag dieser sich nun als Sonder- oder Gesamtrechtsnachfolge auf Grund Rechtsgeschäfts, Gesetzes (§§401 Abs. 2, 412 BGB) oder Richterspruchs (§ 835 Z P O ) vor oder nach der Eröffnung des Verfahrens vollziehen, läßt das Vorrecht mit übergehen. Dies gilt, wie sich aus dem Charakter des Vorrechts ergibt (Rdn. 52, 57), auch im Falle der Übertragung von Forderungen mit dem Vorrecht aus § 61 Abs. 1 Nr. 2 K O , so z. B. wenn ein Bürge die bevorrechtigte Zollforderung für den Schuldner zahlt (RGZ 135 25). Die öffentlich-rechtlichen Befugnisse gehen jedoch nicht mit auf den neuen Gläubiger über (RGZ 143 91, B G H Z 39 319). — Der neue Gläubiger kann deshalb den kraft Gesetzes erworbenen Anspruch nicht im Verwaltungszwangsverfahren, sondern nur im ordentlichen Rechtswege durchsetzen. Hinweis: Siehe dazu unten Rdn. 62. — IV. Das Lidlohnvorrecht (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 KO) Wirtschaftliche Abhängigkeit

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a) Jedes Dienst- und Arbeitsverhältnis, nicht nur ein solches auf Geschäftsbesorgung, bewirkt eine rechtliche Unterordnung in dem Sinne, daß der Inhalt der Dienst402

Nichtbeteiligte Gläubiger

§26

pflicht nicht von vornherein erschöpfend in Anspruchsform festgelegt ist, sondern erst durch „Weisungen" (vgl. §§ 665, 675 BGB) konkretisiert wird. Insofern liegt in jedem Dienstverhältnis eine persönliche Abhängigkeit des Pflichtigen. Das Vorrecht erfordert dazu noch wirtschaftliche Abhängigkeit („verdungen"), und zwar eine solche, daß der Dienstpflichtige nicht nur soziologisch, sondern von der Rechtsordnung selbst, insbesondere unserem Arbeits- und Sozialrecht, als wirtschaftlich abhängiger Arbeitnehmer eingestuft ist (RGZ 120 300 und 150 101). Diese Voraussetzungen können auch bei einem mit laufenden Buchführungsarbeiten beauftragten, im übrigen frei beruflichen Steuerhelfer gegeben sein (BGH, N J W 1955 1147 = K T S 1956 77). Nicht aber liegen sie vor bei nur buchhalterischer Nebentätigkeit (BAG, KTS 1967 52), ebenso nicht bei einem mit der außergerichtlichen Sanierung betrauten Treuhänder (RGZ 130 338). Wohl aber ist das Vorrecht aus § 61 Nr. 1 K O gegeben für die Lohn-, Urlaubs- und Feiertagsgeldansprüche der den Heimarbeitern gleichgestellten Zwischenmeister (§ 1 Abs. 2 d HeimarbG) selbst wenn diese in eigener Betriebsstätte tätig werden (BAG, KTS 1961 78). Ein Lidlohnvorrecht kann auch den „hausangehörigen Kindern" (§ 1619 BGB) zustehen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine Vergütung für die Dienstleistungen zu entrichten ist. Eine Vereinbarung dazu braucht nicht notwendig ausdrücklich geschlossen worden zu sein (BGH, K T S 1973 254 = FamRZ 1973 298, Erkenntnis, ergangen zur entsprechenden Frage aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG). b) Ein soziales Abhängigkeitsverhältnis fehlt bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft und in der Regel auch bei den Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. (RGZ 150 99, B G H Z 41 288, O L G Frankfurt, KTS 1970 230). Das gilt auch für stellvertretende Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, sofern ihnen mit nach innen unabhäniger Stellung die ständige Vertretung in bestimmten Angelegenheiten übertragen worden ist (RG, J W 1930 1403). — Bei Geschäftsführern einer G m b H ist zu unterscheiden: Sofern sie nicht zugleich Gesellschafter, nur Angestellte sind, bestimmten Weisungen in ihrer Geschäftsführung unterliegen, kann es im Einzelfall unbillig sein, ihnen das Vorrecht aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O zu verweigern {Kalter KTS 1974 143, auch Mentzel-Kuhn Anm. 28 zu § 61 KO). — Dagegen sind Vorstandsmitglieder einer eingetragenen Genossenschaft entsprechend denen einer Aktiengesellschaft nicht nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O bevorrechtigt (RAG 12 245). Durch Abberufung, insbesondere sofern diese zeitlich kurz vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, kann an der bestehenden Rechtslage nichts geändert werden. Bevorrechtigt sind dagegen die Betriebsratskosten (§ 39 BetrVG), sofern es sich um Forderungen aus der Geschäftsführung (vgl. dazu Fitting-Auffarth-Kaiser Anm. 5 ff zu § 40 BetrVG) handelt — § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO. — Zu diesen gehören auch die Kosten eines Rechtsanwalts, den der Betriebsrat zur Wahrnehmung seiner Interessen bei einem vom Vorstand unter Zustimmung des Aufsichtsrats angestrebten Liquidationsvergleich zugezogen hatte (BAG 17 84). Ansprüche „wie sie sich aus §§111 bis 113 BetrVG ergeben können" (Ansprüche aus einem Sozialplan auf Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes und Ansprüche auf Nachteilsausgleich), haben nach dem Beschluß des Großen Senats des BAG vom 13. 12. 1978— GS 1/77 — den Rang noch vor dem Vorrecht aus § 6 1 Abs. 1 Nr. 1 KO. — Einzelheiten unter Rdn. 89. — c) Ein Handelsvertreter, der nach § 84 Abs. 2 H G B als Angestellter gilt, hat das Vorrecht aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O , da das soziale Abhängigkeitsverhältnis gegeben ist. Handelsvertreter, die selbständige Gewerbetreibende mit eigenem Unternehmerrisiko 403

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

sind, haben, sofern sie dem in § 92 a H G B genannten Personenkreis angehören, ein Vorrecht aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O für rückständige Vergütung einschließlich Provision aus dem letzten Jahre vor der Eröffnung des Konkursverfahrens (oder dem Ableben des Gemeinschuldners), wenn ihnen während der letzten sechs Monate ihres Vertragsverhältnisses (bei kürzerer Vertragsdauer während dieser im Durchschnitt) nicht mehr als eintausend Deutsche Mark an Vergütung zugestanden haben oder noch zustehen (VO vom 20. 10. 1967 - RGBl. I S. 998). Maßgebend für die Gewährung dieses Vorrechts war die rechtliche Bindung an das Unternehmen, für das der Handelsvertreter tätig wurde und die wirtschaftliche Abhängigkeit von diesem (BGH, KTS 1956 77 = N J W 1955 1147). — Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (§ 89 b HGB) und Provisionsforderungen in allen anderen Fällen sind nicht bevorrechtigt. Der Ausgleichsanspruch erfährt die gleiche Behandlung wie die Abfindung nach § 7 KündSchG (vgl. dazu § 25 Rdn. 43). d) Zu den bevorrechtigten Ansprüchen im Sinne des § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O gehört neben dem Lohn, dem Gehalt und anderen Dienstbezügen auch der Urlaubsabgeltungsanspruch (§§ 611, 615 BGB, § 7 BUrlG), sofern er vor der Konkurseröffnung entstanden ist. Die Geltendmachung dieses Anspruchs kann Rechtsmißbräuchlich sein, wenn der Arbeitnehmer den Konkursverwalter im unklaren läßt, so daß eine Kündigungsfrist nicht für Urlaubszwecke ausgenutzt werden konnte (LAG Düsseldorf, KTS 1967 166). Ein erst nach der Konkurseröffnung entstehender Urlaubsabgeltungsanspruch ist Masseschuld (LAG Baden-Württemberg, BB 1967 458). Gratifikationen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, gehören zu den Dienstbezügen, die bevorrechtigt sind, so z. B. Gratifikationen, die mehrfach vorbehaltslos gewährt worden sind (BAG 2 264 und 4 13). Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 K O ist eine Gratifikation, die während des andauernden Arbeitsverhältnisses nach der Konkurseröffnung fällig wird (LAG H a m m DB 1966 1812). — Im übrigen sind mit der Neufassung der §§ 59, 61 KO die in § 6 1 Abs. 1 Nr. 1 zu a bis d K O genannten Ansprüche wegen der Rückstände aus den letzten sechs Monaten vor der Eröffnung des Verfahrens oder dem Ableben des Erblassers (dessen Ableben ist gemeint und nicht das des Gemeinschuldners) Masseschulden (vgl. dazu BAG, Urteil vom 4. 6. 1977 — 5 A Z R 663/75 — Masseschuld wegen nicht gewährten Urlaubs - N J W 1978 182). — Dies gilt auch für Weihnachtsgratifikationen. Liegt deren Fälligkeitszeitpunkt nach der Konkurseröffnung (§ 108 K O ) , so sind sie nach Auffassung des BAG, KTS 1967 54 im Konkurs über das Vermögen des Arbeitgebers „jedenfalls dann Masseschulden nach § 59 N r . 2 — zweite Möglichkeit — K O , wenn ihr Betrag die Grenze von 100,— D M nicht übersteigt". Gegen diese Auffassung bestehen Bedenken, denn die Vorwegbefriedigung der Massegläubiger (§§ 57—60 KO) geschieht unabhängig davon, ob und in welcher H ö h e Vorrechtsgläubiger zum Zuge kommen werden, auf die der BAG bei der Begrenzung der Masseschuld auf den Betrag von 100,— D M meint, Rücksicht nehmen zu müssen. Entweder entsteht der Weihnachtsgratifikationsanspruch erst im Zeitpunkt, in dem die Gratifikation zu zahlen ist und es ist unbedeutend, wann diese verdient ist oder der Anspruch ist aufzuteilen in Zeitabschnitte, die vor und nach der Konkurseröffnung liegen. Folgt man der zweiten Ansicht, wofür vieles spricht so ist zu trennen zwischen dem vor dem Zeitpunkt des § 108 K O entstandenen Vorrechtsanspruch aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O und dem Anspruch mit der Stellung aus § 59 Nr. 2 K O . Einen dritten Weg läßt das System der K O nicht zu (vgl. Verfasser KTS 1967 57). Bei dem Anspruch auf Gewinnbeteiligung kommt es für die Fristen des § 59 Abs. 1 Ziffer 3 und des § 61 Abs. 1 Ziffer 1 K O (Vorrecht der Klasse 1 oder Masseschuld) nach der Entscheidung des LAG Bremen vom 8. 12. 1977 — 3 Sa 94/77 — 404

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§26

allein auf den Zeitraum an, auf die sich die Gewinnbeteiligung bezieht, in welchem diese „erarbeitet" worden ist (das Erkenntnis ist veröffentlicht in KTS 1978 176). — Für Pensionsansprüche, die als Dienstbezüge an sich bevorrechtigt sind, besteht das Vorrecht nur für die im letzten Jahre vor Konkurseröffnung entstandenen Rückstände (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 36 zu § 61 KO). — Zur bisherigen Fassung des § 61 Nr. 1 KO ist hinsichtlich der Begründung zum Vorrechtsanspruch für Pensionsrückstände zu verweisen auf die Entscheidung des BAG, KTS 1970 222 = JZ 1970 419 = AP Nr. 6 zu §61 KO mit Anm. Weber. — Zur Pensionsanwartschaft siehe BAG, KTS 1973 133 = AP Nr. 9 zu § 61 KO mit Anm. Weber. — Hinweise: Zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung siehe § 35 VglO, Rdn. 4, zu Einzelheiten von Pensionsansprüchen § 51 VglO Rdn. 54. — Zu den Ansprüchen gegen den Bürgen im Falle der Kapitalisierung von Pensionsansprüchen nach §§ 34, 35 VglO siehe oben Rdn. 36 zu § 25 VglO. — e) Mit Wirkung vom 1. 7. 1977 ist zu § 61 Abs. 1 Nr. 1 das Vorrecht „der Träger der Sozialversicherung und der Bundesantalt für Arbeit auf Beiträge einschließlich Säumniszuschläge und auf Umlagen" wegen der Rückstände für das letzte Jahr unter einem neuen Absatz (e) eingefügt worden (Gesetz vom 23. 12. 1976 — BGBl. I S. 3845 —). Zugleich ist entsprechend die Vorschrift des § 59 Abs. 1 Nr. 3 ergänzt worden. Aus dieser Ergänzung des Gesetzes folgt jedoch nicht etwa, daß auf Rückstände von Sozialversicherungsbeiträgen aus den letzten sechs Monaten vor der Konkurseröffnung für Zeiten danach Säumniszuschläge als Masseansprüche geltend gemacht werden können (vgl. LSG Niederschen, KTS 1979 104). In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. 2. 1978 — 12 RK 38/76 — zum Vorrecht der Winterbauumlage zu verweisen. Das noch zu § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO a. F. ergangene Erkenntnis ist in KTS 1978 245 veröffentlicht worden. — Siehe dazu auch den Beitrag von Hermann Tausend HR 1978 718. — f) Eine weitere Unterteilung der Rückstände für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Verfahrens (oder dem Ableben des Erblassers), wie diese in § 59 Abs. 1 Nr. 3 zu a bis e KO aufgeführt worden sind, durch das Eingreifen der Bestimmungen zum Konkursausfallgeld (§§141 a ff AFG) findet im Vergleichsverfahren nicht statt. Hier ist bei Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers kein Konkursausfallgeld zu zahlen (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 15 zu § 59 KO). — Tatsache des Sichverdingens Aus der Tatsache des Sichverdingens resultiert in der Regel der Dienstvertrag als 60 Gundlage des Vorrechts im Sinne des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO. Ist aber der Dienstvertrag nichtig, besteht kein Lohnanspruch, wohl aber ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, da der Arbeitgeber einen Betrag gespart hat, den er für die geleistete Arbeit als Tariflohn oder als angemessenes Entgelt hätte aufbringen müssen. Dieser Anspruch aus Gesetz aber ist nicht bevorrechtigt im Sinne des §61 Abs. 1 Nr. 1 KO (LAG Düsseldorf-Köln, BB 1952 260). Beruht aber die Nichtigkeit des Dienstvertrages auf einer Verletzung sozialer Schützvorschriften, so kann dies nicht dazu führen, daß dem Artbeitnehmer dadurch ein Vorrecht verloren geht (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 46 zu § 61 KO). Karenzentschädigung — Arbeitnehmererfindung Das Vorrecht des Anspruchs auf Entschädigung aus einer Wettbewerbsabrede folgt 61 aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 zu b KO und zwar mit der Beschränkung auf das letzte Jahr vor 405

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

der K o n k u r s e r ö f f n u n g (bzw. dem Ableben des Erblassers). Auch hier gilt f ü r die Ansprüche aus den letzten sechs Monaten der Masseschuldcharakter (§ 59 Abs. 1 N r . 3 zu b K O ) . Die f ü r Arbeitnehmererfindungen gezahlten Vergütungen sind, auch wenn diese in laufenden Beträgen entrichtet werden, keine Dienstbezüge im Sinne des § 6 1 Abs. 1 N r . 1 K O (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 4 h zu § 61 K O ) . D o c h ist durch § 27 Abs. 2 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 25. 7. 1957 (BGBl. I S. 756) ein K o n kursvorrecht eigener Art geschaffen. Die V e r g ü t u n g f ü r die unbeschränkte Inanspruchnahme einer Diensterfindung, f ü r das Benutzungsrecht oder f ü r die V e r w e r t u n g eines technischen Verbesserungsvorschlags hat im K o n k u r s des Arbeitgebers den Rang nach den Ansprüchen im Sinne des § 61 N r . 1 K O , jedoch vor allen übrigen Konkursforderungen. V. Das Vorrecht für öffentliche Abgaben nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO 62

Nur Steuern und steuerliche Geldleistungen Vorrechtsfähig sind nur Steuern und steuerliche Geldleistungen, nicht auch Gebühren und Beiträge. D o c h ist maßgebend nicht die Bezeichnung als Steur sondern die rechtliche N a t u r der Forderung. — Steuergläubiger können der Bund, die Länder, Gemeinden, Amts-, Kreis- und Landesverbände (früher Provinzialverbände) sein, nicht aber Auslandsstaaten. Das Steuervorrecht stellt sich wie alle Vorrechte (vgl. oben Rdn. 57) als eine Eigenschaft der Forderung selbst, eine ihr innewohnende K r a f t dar ( B G H Z 34 298). Geht die bevorrechtigte Steuerforderung auf einen Dritten über, so folgt das Vorrecht dem Anspruch ( R G Z 135 25). Mit dem Gläubigerwechsel verliert jedoch das Vorrecht den öffentlich-rechtlichen Charakter, soweit der neue Gläubiger nicht T r ä g e r hoheitlicher Rechte ist ( B G H Z 39 319). In der H a n d des neuen Gläubigers ist dann die Forderung nur eine privatrechtliche Geldforderung ( B G H , N J W 1973 1077), was bedeutsam ist f ü r § 146 Abs. 5 K O , nicht aber f ü r den Ü b e r g a n g des V o r rechts an sich z. B. aus §§ 401 Abs. 2, 412 BGB. Legt ein Spediteur f ü r seinen A u f t r a g geber die Einfuhrumsatzsteuer durch Ü b e r n a h m e auf sein „Aufschubkonto" vor, so wird diese Forderung zufolge Ü b e r g a n g des Konkursvorrechts im Konkurse vom Zwangsvergleich nicht berührt (vgl. O L G Düsseldorf, M D R 1978 853). a) Steuern sind nach § 3 Abs. 1, S. 1 A O 1977 einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung f ü r eine besondere Leistung darstellen. Entscheidend ist, daß die Steuerforderung nicht das Entgelt f ü r einen bestimmten Vorteil ist ( R G Z 131 137, B G H Z 10 314). Zu den Steuern gehören die Zölle (§ 3 Abs. 1 S. 2 A O 1977) sowie bestimmte andere öffentlich-rechtliche Abgaben, die nicht Entgeltcharakter tragen. Weiter gehört dazu der Anspruch der Bundesmonopolverwaltung f ü r Branntwein auf Zahlung des Branntweinkaufgeldes (Einzelheiten: Hübschmann-Hepp-SpitalerVoibem. § 325 A b g O a. F., Anm. 13 b). Eine steuerliche Geldleistung, keine G e b ü h r bildet auch der Anspruch auf Bezahlung der zur Steuerentrichtung entnommenen Steuerzeichen ( R G Z 114 372) — Tabaksteuerzeichen (Banderolen) und Wechselsteuermarken —. Zu den Abgaben mit Entgeltcharakter, die das Steuervorrecht aus § 61 Abs. 1 N r . 2 K O nicht genießen, gehören z. B. die Baupolizeigebühren der Gemeinden und Gemeindeverbände, Kanalisationsgebühren ( R G Z 83 210), die Anliegerbeiträge ( R G Z 131139) und die A u f w e n d u n g e n f ü r die Lieferung von Elektrizität, Gas und Wasser. b) Steuersäumniszuschläge (§ 240 A O 1977), ein Mittel, um den Steuerpflichtigen zu Zahlung zu veranlassen, nehmen an dem V o r r e c h t aus § 61 Abs. 1 N r . 2 K O nicht teil, da sie nicht als steuerliche Abgaben betrachtet werden können, auch keine Zinsen zu einer Kapitalforderung sind (vgl. O L G München K T S 1971 52 und im Anschluß 406

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

daran B G H , W M 1974 162, vgl. auch Sfi'erNJW 1969 783, Mentzel-Kuhn § 6 1 KO). -

§ 26

Anm. 54 zu

— Die zu den Steuersäumniszuschlägen abweichende Ansicht der Voraufl. wird aufgegeben. — Öffentlich-rechtliche Steuerhaftung Das Steuervorrecht greift im Konkurs wie im Vergleichsverfahren auch gegenüber 6 3 denjenigen durch, die neben dem Steuerpflichtigen oder an dessen Stelle mit ihrem Vermögen für die Steuer aufzukommen haben (§§ 69 ff A O 1977). Die Jahresfrist des § 6 1 Abs. 1 Nr. 2 K O beurteilt sich dabei für jedes Verfahren gesondert. Für die Fälle aber, wo die persönliche Steuerhaftung eine Sekundärverpflichtung wegen Nichterfüllung einer steuerlichen Handlungspflicht bildet, ist die Steuerhaftung nur dann schon vor dem Verfahren begründet, wenn der Verstoß gegen die Handlungspflicht, z. B. die Steuer aus dem verwalteten Vermögen abzuführen, bereits vor dem Eröffnungszeitpunkt (§21) geschehen war. Ein Verstoß erst danach bildet notwendig Haftungsgrundlage für eine nicht beteiligte Forderung (§ 25, vgl. dort Rdn. 28 und 38). Hieraus folgt für Lohnsteuerforderungen das Vorrecht für solche Beträge, die der (spätere) Vergleichsschuldner als haftender Arbeitgeber innerhalb der Jahresfrist zu begleichen hatte. Steht die Lohnforderung bei Verfahrensbeginn noch aus, so ist der Anspruch auf Entrichtung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber eine nicht beteiligte Forderung. Im Konkurs folgt daraus aber nicht, daß der Konkursverwalter bei der Zahlung vorkonkurslicher Lohnrückstände zur Zahlung der entsprechenden Lohnsteuer mit Sondervorrang vor allen Masseansprüchen und Vorrechtsklassen verpflichtet wäre, wie der BFH, KTS 1958 136 = BFH 38 18 annimmt. Dem steht entgegen, daß Lohnsteuer nur gezahlt werden kann aus Mitteln, die zur Befriedigung von Forderungen mit Vorrecht aus § 6 1 Abs. 1 Nr. 1 K O zur Verfügung stehen. Mit der Zahlung nur einer Quote hierauf wird auch nur entsprechende Lohnsteuer fällig (Schaade KTS 1957 81). Zum anderen steht der Auffassung des BFH (aaO), die Lohnsteuer sei mit Sondervorrang zu zahlen, die Bestimmung des § 60 K O entgegen (vgl. die Ausführungen bei MentzelKuhn Anm. 49 zu § 61 K O und Berges K T S 1958 137). Neuere Erkenntnisse des BFH erkennen denn auch ausdrücklich an, daß Steuerforderungen nach der Eröffnung des Verfahrens gemäß den Regeln des Insolvenzrechts geltend zu machen sind (vgl. BFHE 114 164 = BstBl. 1975 II 208 und BFHE 115 307 = BStBl. 1975 II 590). Steuern für einen bestimmten Zeitabschnitt Bei Steuern, die für einen bestimmten Zeitabschnitt erhoben werden und entstehen, 6 4 wird der laufende Steuerabschnitt durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht unterbrochen. Der Gesamtbetrag des laufenden Abschnitts ist nichtbeteiligte Forderung. H a t der (spätere) Vergleichsschuldner vor der Eröffnung des Verfahrens (§21) zu hohe Vorauszahlungen geleistet, so ist der Erstattungsbetrag ihm und für den Fall, daß der Vergleichsverwalter die Kassenführung nach § 57 Abs. 2 übernommen hat (vgl. dazu O L G Nürnberg, KTS 1965 172), diesem auszuzahlen. Da der Erstattungsanspruch nicht vor der endgültigen Steuerschuld entsteht (RFH 23 70), ist es dem Steuerfiskus gemäß § 54 in Verbindung mit § 55 Nr. 1 K O verwehrt, mit älteren unbevorrechtigten Steueransprüchen aufzurechnen (vgl. Hamburger K u T 1934 20, VerwG Düsseldorf, KTS 1977 185 mit Anm. Schriftleitung). — Die Jahresfrist des § 61 Abs. 1 Nr. 2 K O berechnet sich ab Eröffnung des Verfahrens (§21), wobei es auf die erste Fälligkeit im steuerrechtlichen Sinne ankommt 407

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

( B G H , N J W 1952 1256, Berges K T S 1961 162). Ist von diesem Zeitpunkt ab ein J a h r verstrichen, ein Insolvenzverfahren nicht e r ö f f n e t , so besteht kein V o r r e c h t ( R G Z 116 374 und 126 252). Die Steuerbehörde kann nicht durch Verlagerung der Fälligkeit des V o r r e c h t erweitern. Fehlt es an einem gesetzlichen Fälligkeitstermin, so ist der im Steuerbescheid festgesetzte Zahlungstermin maßgebend. Stundung und Zahlungsaufschub sind, w e n n diese nach Eintritt der ersten Fälligkeit ergangen sind, selbst dann ohne Einfluß auf die Jahresfrist, wenn ihnen rückwirkende K r a f t beigelegt w o r d e n ist (h. M. z. B. Mentzel-Kuhn Anm. 57 zu § 61 K O ) . W e r d e n solche M a ß n a h m e n bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit getroffen, so beginnt die Jahresfrist erst mit dem sich aus der' Bewilligung ergebenden Fälligkeitstermin zu laufen ( R G Z 140 309). Nicht etwa liegt in einer über ein J a h r hinausgehenden S t u n d u n g ein Verzicht auf das Vorrecht (so Heiter K u T 1935 119). D e n n , wenn auch auf das V o r r e c h t verzichtet werden kann, so ist doch eher a n z u n e h m e n , die Steuerbehörde wolle sich mit der Stundungsgewährung im übrigen keiner Rechte begeben. Steuerrechtliche Fragen im Insolvenzverfahren sind nicht etwa nur aus steuerrechtlichen Gesichtspunkten zu betrachten, vielmehr aus dem gesamten Rechtsbereich, mithin auch nach dem Konkurs — und Vergleichsrecht. Dies wird ausdrücklich anerkannt in dem Urteil des B F H vom 14. 2. 1978 - VIII R 2 8 / 7 3 (veröffentlicht in K T S 1978 241, 244). — Bei einer solchen Betrachtungsweise erscheint es z. B. unzulässig, durch gezielte Steuerstundungen die Schranken des Steuervorrechts aus § 61 Abs. 1 N r . 2 K O unterlaufen zu wollen. —

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Lastenausgleichsabgaben im Vergleichsverfahren Von den Lastenausgleichsabgaben, der Hypothekengewinnabgabe — H G A —, der Vermögensabgabe — V A — und der Kreditgewinnabgabe — K G A — sind hier nur die V A und K G A näher dazustellen. Die H G A r u h t als eine an sich einheitliche öffentliche Last auf dem G r u n d s t ü c k (§§111, l i l a bis 1 1 1 c LAG), die auf ein bis zum 31. 12. 1965 zu stellen gewesenes Ersuchen im G r u n d b u c h einzutragen w a r (vgl. dazu Seid! D N o t Z 1964 67 f). Im Zwangsversteigerungsverfahren, unterliegt der fällige Teil der H G A dem § 10 Abs. 1 N r . 3 Z V G , jedoch mit dem sich aus § 112 LAG ergebenden Rang. Hinsichtlich des noch nicht fälligen Teils der H G A gilt § 113 LAG. Die V A ist f ü r die Vierteljahresbeträge, die nach § 65 K O als fällig gelten, in H ö h e ihres Zeitwertes K o n k u r s f o r d e r u n g (§§ 63, 77 LAG). Im Vergleichsverfahren gilt § 30 unseres Gesetzes. Das sich aus § 61 N r . 2 K O f ü r die V A als Abgabeschuld ergebende V o r r e c h t wird ausgedehnt auf die in den beiden letzten Jahren vor der Verfahrenserö f f n u n g fällig gewordenen Vierteljahresbeträge und hinsichtlich der erst durch die V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g fällig gewordenen Vierteljahresbeträge beschränkt auf die Summe von zehn weiteren Vierteljahresbeträgen (§ 63 Abs. 2 LAG). Diese Beträge sind in abstrakter Weise zu berechnen (BFH, BStBl. 1967 III 193), woraus folgt, daß das V o r r e c h t auch dann besteht wenn der Steuerschuldner zuvor bereits eine Teilablösung in H ö h e von zehn Vierteljahresbeträgen v o r g e n o m m e n hatte (Buchwald N J W 1952 1362, Susat M D R 1953 144, Bauch BB 1974 616). Die K G A ist f ü r die nach § 65 K O als fällig geltenden Beträge zum N e n n b e t r a g e K o n k u r s f o r d e r u n g ( § 1 8 0 Abs. 1 LAG). Im Vergleichsverfahren gilt auch hier § 3 0 unseres Gesetzes. Das sich aus § 61 I Nr. 2 K O ergebende Vorrecht dieser Abgabeschuld ist ausgedehnt auf die in den letzten beiden Jahren vor der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g fällig gewordenen Vierteljahresbeträge und hinsichtlich des erst d u r c h die-Verfahrenseröffnung fällig gewordenen Teils beschränkt auf den Betrag von zehn vom H u n d e r t der Schuld nach ihrem Bestände vom 21. Juni 1948 (§ 180 Abs. 2 LAG) — d a z u : Kühne408

Nichtbeteiligte Gläubiger

§26

Wolff Anm. 3 zu § 180 LAG. — Die unterschiedliche Behandlung der beiden Abgabeschulden erklärt sich daraus, daß die V A an sich eine aus dem Kapitalwert berechnete Rentenschuld ist, während sich die K G A als einre ratenweise zu tilgende Kapitalschuld darstellt. — Die Fälligkeit beider Abgabeschulden, der V A und der K G A konnte früher u. U. die Durchführung des Vergleichs sehr erschweren. Demgegenüber ermöglicht die Bestimmung des § 3 der 22 D V O - LA vom 19. 7. 1958 (BGBl. I S. 526) unter bestimmten Voraussetzungen ^ u s Billigkeitsgründen, die WiederVerrentung der V A in die auch der vorm Vergleichsverfahren nicht betroffene Teil der V A einbezogen werden kann (BdF - Erlaß vom 22. 8. 1958 — BStBl. I S. 546). -

VI. Die sonstigen Vorrechte Das Vorrecht nach § 61 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 K O Ein dem Steuervorrecht folgendes Vorrecht genießen nach § 6 1 Abs. 1 Nr. 3 K O 6 6 die Forderungen der Kirchen (Landeskirchenverbände und örtliche Kirchengemeinden), der Schulen (öffentliche Schulen und Privatschulen, die als Ersatz für öffentliche Schulen genehmigt sind), der öffentlichen Verbände (z. B. Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer) und der dem Kontrahierungszwang unterliegenden öffentlichen Feuerversicherungsanstalten wegen der nach Gesetz oder Statut zu entrichtenden Abgaben und Leistungen, soweit diese im letzten Jahr vor dem sich aus § 108 K O ( § 2 1 unseres Gesetzes) ergebenden Zeitpunkt zu entrichten waren. — Zu den im Konkurs nach § 61 Abs. 1 Nr. 3 K O bevorrechtigten Ansprüchen gehören im Hinblick auf den öffentlicht-rechtlichen Charakter der Anstalten auch die Rundfunkgebührenforderungen (vgl. AG Stuttgart, Urteil vom 2 1 . 6 . 1978 — 17 C. 3 1 4 1 / 7 8 , — zur Veröffentlichung in K T S 1979, Heft III vorgesehen). Nicht unter dieses Vorrecht fällt der Rückforderungsanspruch für ein sogenanntes „Schlechtwettergalddarlehen ( O L G Bremen, K T S 1969 101, O L G Celle, K T S 1969 103). Das gilt selbst dann, wenn mit der Kündigung des Darlehens der öffentlichrechtliche Bewilligungsbescheid aufgehoben worden ist ( B G H Z 52 155 = K T S 1970 196). Es folgt in § 61 Abs. 1 Nr. 4 K O das Vorrecht für Forderungen der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker (in ihrer Eigenschaft als Inhaber oder Pächter einer Apotheke, nicht als solche einer Drogerie), Hebammen und Krankenpfleger (und Krankenanstalten) in taxmäßiger Höhe aus dem letzten Jahre vor der Verfahrenseröffnung. Soweit eine Taxe fehlt, ist der angemessene Forderungsbetrag bevorrechtigt (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 7 zu § 6 1 K O ) . — Bevorrechtigte Personen nach § 61 Abs. 1 Nr. 5 K O sind die Kinder, Mündel und Pflegebefohlenen des Gemeinschuldners. Den Kindern stehen gleich nach §§ 1719, 1736, 1757 B G B die legitimierten Kinder, und die Adoptivkinder, sowei nach § 1591 B G B die Kinder aus nichtigen oder geschiedenen Ehen, soweit die gesetzliche Vermögensverwaltung einem Elternteil zusteht. Das Vorrecht genießen nur Forderungen in Ansehung des gesetzlich der Verwaltung des Gemeinschuldners unterworfenen Vermögens. Wenn seit der Beendigung der Vermögensverwaltung mehr als zwei Jahre verstrichen sind, ist Voraussetzung für das Fortbestehen des Vorrechts, daß die Forderung bis zur Verfahrenseröffnung (§ 108 K O , § 21 V g l O ) gerichtlich geltend gemacht und weiter verfolgt worden ist. Für das Letztere genügt die Forderungsanmeldung gemäß der Aufforderung im Eröffnungsbeschluß (§ 20 Abs. 3 Nr. 4 VglO).

409

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Sechste Vorrechtsklasse 67

Eine weitere, sechste Vorrechtsklasse ist durch die Bestimmung des § 80 V A G eingefügt worden. Danach sind im Konkurs des Versicherers die Forderungen der Versicherten auf Ersatz eines bei der Verfahrenseröffnung (§ 108 K O ) bereits eingetretenen Schadens und ferner die auf Rückgewähr unverbrauchter Prämien vor den übrigen (nicht bevorrechtigten) Konkursgläubigern zu befriedigen. Innerhalb dieses Vorrechts gehen die Schadensersatzforderungen dem Anspruch .auf Rückgewähr von Prämien vor. Für unser Gesetz hat dieses Vorrecht, wie aus § 112 V g l O folgt, nur beschränkte Bedeutung, nämlich nur für aufsichtsfreie Schadensversicherungen ( R G Z 147 69 und 149 257, zustimmend: Mentzel-Kuhn Anm. 77 zu § 61 K O ) . E. Verfügungsausschlußrechte I. Begriff und Unterschiede Vormerkung, dingliches Vorkaufsrecht

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Verfügungsausschlußrechte begründen zwar keine dingliche Belastung fremden Rechts, wohl aber eine dinglich wirkende Verfügungsbeschränkung des Rechtsinhabers zum Schutze bestimmter Personen. Die Beschränkung kann geschehen durch-Vormerkung, dingliches Vorkaufsrecht oder sog. relatives Veräußerungsverbot. Unser Abs. 1 erwähnt nur die Vormerkungsgläubiger: Die Vormerkung und entsprechend einer solchen wirkende dingliche Vorkaufsrechte geben dem Gläubiger mit Bezug auf den durch sie gesicherten Anspruch die Stellung eines Nichtbeteiligten. Dabei ist zu bermerken, daß die Vorschriften der § 24 K O und § 50 Abs. 4 V g l O im Hinblick auf die Entscheidung des B G H vom 29. 10. 1976 - V Z R 4 / 7 5 - ( B G H , K T S 1977 116 = N J W 1977 146) durch Art. 6 und 7 des Gesetzes vom 22. 6. 1977 (BGBl. I S. 998) geändert worden sind. Danach kann die Erfüllung des durch eine Vormerkung gesicherten Anspruchs vom Konkursverwalter auch dann begehrt werden, wenn der (spätere) Gemeinschuldner dem Gläubiger gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind. Die Ergänzung des § 24 K O durch Art. 6 des Ges. vom 22. 6. 1977 (BGBl. I S. 998) stellt im Wege einer authentischen Interpretation klar, daß die Bestimmung des § 24 K O auch schon früher in dem durch die Ergänzung verdeutlichten Sinn zu verstehen war ( B G H , N J W 1978 1437 = W M 1978 881 = K T S 1979 69, Erkenntnis unter Hinweis besonders auf die Entstehungsgeschichte: BTagsDruckS. 8/359 vom 6. 5. 1977, S. 12 ff). — Zu der Frage, ob z. B. eine Auflassungsvormerkung durch die Anfügung des Satzes 2 zu § 24 K O „konkurssicherer" geworden ist, vgl. FehlBB 1977 1228). Die Ergänzung des § 50 Abs. 4 V g l O , der die Ablehnungsbeufnis des Absatzes 1 dieser Bestimmung für den Fall der Sicherung des Gläubigeranspruchs durch eine Vormerkung ausschließt, durch Beifügung auch hier eines zweiten Satzes (wie zu $ 24 K O ) wird bei der Kommentierung des § 50 V g l O näher zu erörtern sein (vgl. auch BöhleStamschräder Anm. 7 zu § 50 V g l O ) . Siehe Rdn. 13 zu 50 V g l O . Relative Veräußerungsverbote

69

Relative Veräußerungsverbote, und zwar auch gesetzliche und behördliche (§§ 135, 136 BGB), haben nur negative Verfügungsausschlußwirkung. Gleichwohl sind sie hier mit zu behandeln. Bezwecken solche Veräußerungsverbote freilich den Schutz eines nichtbeteiligten Gläubigers, so bleiben sie von der Eröffnung des Verfahrens und einem Zwangsvergleich unberührt. Anders ist jedoch mit der Frage der Fortwirkung des Verbotsschutzes, wenn derjenige, der zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens durch ein sol410

Nichtbeteiligte Gläubiger

§ 26

ches Veräußerungsverbot geschützt ist, zu den Vergleichsgläubigern oder den ausgeschlossenen Gläubigern zählt. Dagegen gehören nicht in diesen Zusammenhang die für den Liegenschaftsverkehr von der Praxis im Wege der einstweiligen Verfügung zugelassenen Erwerbsverbote; sie sichern nicht bloß einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr der bindenden Auflassung ( § 8 1 2 1 1 BGB), sondern das noch vorhandene. Eigentum des Antragstellers (RGZ 120 118, Rosenberg § 214 II 4). II. Relative Veräußerungsverbote im besonderen Frage der Fortwirkung gesetzlicher oder behördlicher Veräußerungsverbote Für die Frage der Fortwirkung gesetzlicher oder behördlicher Veräußerungsverbote 7 0 (§§ 135, 136 BGB) zugunsten eines Vergleichsgläubigers oder ausgeschlossenen Gläubigers kann den Ausgangspunkt wieder nur die konkursrechtliche Regelung bilden. Nach § 13 K O ist zu unterscheiden: a) Die Beschlagnahme eines Grundstücks zur Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung, die eines im Schriffsregister eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerkes zur Zwangsversteigerung und die eines in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugs zur Zwangsversteigerung, die zum Schutz des das betreffende Verfahren betreibenden Gläubigers die Kraft eines relativen Veräußerungsverbots hat (§§ 23, 146, 162, 171 a TNG), bleibt im Konkurs wirksam (§ 13 Halbsatz 2 KO). Ebenso wird die Beschlagnahmewirkung der Liegenschaftsvollstreckung durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht berührt. Bedeutung hat die Fortwirkung der Beschlagnahme, sofern sie vor Konkurseröffnung (§ 108 KO) wirksam geworden ist (§§ 22, 27, 151 TNG), nur soweit sie zugunsten eines persönlichen Gläubigers des (späteren) Gemeinschuldners ausgesprochen worden ist, denn ein solcher Gläubiger erwirbt mit dem Eintritt der Beschlagnahmewirkung ein Absonderungsrecht. Gläubiger, die zugleich dingliche Gläubiger sind, und die Gläubiger im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZVG können auf Grund des ihnen bereits zustehenden Absonderungsrechts auch nach der Konkurseröffnung die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Gemeinschuldners betreiben (vgl. Einzelheiten: Jaeger- Weber Anm. 6 bis 13 zu § 126 KO, Verfasser KTS 1956 107 — Konkurs und Zwangsverwaltung —, KTS 1958 81 — Konkurs und Zwangsversteigerung —). — Im Vergleichsverfahren können persönliche Gläubiger, Vergleichsgläubiger, die bei der Verfahrenseröffnung (§ 21) noch nicht die Immobiliarbeschlagnahme erwirkt haben, nicht vollstrecken, wie aus § 47 unseres Gesetzes folgt. Ist die Beschlagnahme zuvor eingetreten, der Zuschlag aber noch nicht erteilt, so greift die gesetzliche Einstellung aus § 48 Abs. 1 VglO ein, wenn der betreibende Gläubiger der Rückschlagsperre (§ 28) unterliegt. Ist das der Fall, so hat das Zwangsversteigerungsgericht den Versteigerungstermin (§ 66 ZVG) aufzuheben und die entsprechende Ausführungsanordnung zur gesetzlichen Einstellung mit Hinweisen aus §§ 28, 31 ZVG zuzustellen. b) Von diesen erörterten Ausnahmen des Liegenschaftsrechts abgesehen, wird gesetzlichen Veräußerungsverboten, die nur den Schutz bestimmter Personen bezwekken (§ 135 BGB), und den von Gerichten und anderen Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Veräußerungsverboten (§ 136 BGB) im gemeinschaftlichen Interesse der Konkursgläubiger, mithin zugunsten der Konkursmasse die Wirksamkeit abgesprochen (§13 Halbsatz 1 KO). Der Konkursverwalter kann, unberührt durch derartige Verbote, über die betroffenen Gegenstände frei zugunsten der Masse verfügen (§ 6 KO) und sie verwerten (§117 KO). Die Vergleichsordnung kennt eine dem §13 Halbsatz 1 K O entsprechende Vorschrift nicht. Der Vergleichsschuldner bleibt den vor der Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 21) wirksam erlassenen Veräußerungs411

§ 26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

verboten unterworfen. Dies auch dann, wenn der geschützte Gläubiger Vergleichsgläubiger ist oder zu den ausgeschlossenen Gläubigern gehört. Während des Vergleichsverfahrens dürfen gerichtliche oder behördliche Veräußerungsverbote zugunsten eines einzelnen Vergleichsgläubigers nicht erlassen werden, wie aus §§ 58 f VglO folgt. Sind sie dennoch ergangen, so sind sie wirkungslos (§§ 47, 124). Die während des Verfahrens vorgenommenen verbotswidrigen Verfügungen 71

Schützt ein vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens wirksam gewordenes Verbot einen Vergleichsgläubiger oder einen ausgeschlossenen Gläubiger, so kann gegen den während des Verfahrens hiergegen zuwiderhandelnden Vergleichsschuldner kein Zwang z. B. nach §§ 890, 936 Z P O ausgeübt werden, soweit dieser eine Vergleichsforderung oder nach § 29 ausgeschlossene Forderung betrifft (§ 47). Davon unabhängig aber sind die während des Vergleichsverfahrens vorgenommenen verbotswidrigen Verfügungen, vorbehaltlich des Schutzes des redlichen rechtsgeschäftlichen Verkehrs (§§ 135 Abs. 2, 136 BGB), relativ unwirksam. Dies auch dann, wenn die ein relatives Veräußerungsverbot enthaltene einstweilige Verfügung (§§ 935 f, 938 Abs. 2 Z P O ) oder sonstige behördliche Anordnung erst während der Rückschlagsperrfrist (§ 28) wirksam geworden war. Da der Vollzug eines solchen Verbots bereits mit der Zustellung der Verfügung geschehen ist, kann die einstweilige Einstellung, obwohl sie kraft Gesetzes eintritt (§ 48 Abs. 1), nicht etwa die Wirkungslosigkeit des Verbots an sich, sondern nur den Vollstreckungsausschluß herbeiführen. Unter „Zwangsvollstreckungen" im Sinne des § 48 Abs. 1 ist der einzelne Vollstreckungszugriff zu verstehen (zustimmend: Böhle-Stamscbräder Anm. 3 zu § 4 8 VglO). Die Verfügungsbeschränkung selbst entfällt erst mit der Vergleichsbestätigung (§ 87) oder der wirksamen Eröffnung des Anschlußkonkurses (§ 104), es sei denn, daß das Vergleichsgericht zuvor auf Antrag des Vergleichsverwalters einen Aufhebungsbeschluß gemäß § 48 Abs. 2 erlassen hatte. a) Diese Fortwirkung des Verbots wird bedeutsam nicht nur in dem Ausnahmefall, daß die Forderung des Vergleichsgläubigers gem. § 8 II von den Vergleichsfolgen unberührt bleibt, also weiterhin auf Naturalleistung geht (in Beschränkung darauf Kiesow § 2 A. 60), sondern möglicherweise auch bei Ausgang des Verfahrens ohne Zwangsvergleich. W a r freilich das Verbot erst innerhalb der Rückschlagsperrfrist zugestellt und damit wirksam geworden, so entfällt zufolge der §§ 104, 124 mit dem Verbot auch die Möglichkeit für den der Sperrwirkung unterliegenden Gläubiger, die Unwirksamkeit der zwischenzeitlichen Verfügungen geltend zu machen. W a r dagegen das Verbot schon vor der Rückschlagsperrfrist zugestellt worden, so bleiben die während des Vergleichsverfahrens geschehenen verbotswidrigen Verfügungen trotz Eröffnung des Anschlußkonkurses unwirksam: Die vor Konkursbeginn vorgenommenen Verfügungen trifft der § 13 K O nicht. Denn wären diese dem Verbotsgeschützten gegenüber wirksam, so hätte, von einer erfolgreichen Gläubigeranfechtung abgesehen, nur der Dritterwerber, nicht die Konkursmasse den Vorteil, da ja dann der Verbotsgeschützte auf anteilige, also die übrigen Gläubiger schmälernde Befriedigung aus der Masse angewiesen wäre (vgl. Jaeger-Lent § 13 K O , Anm. 14 und 15). b) Anders aber verhält es sich, wenn das Vergleichsverfahren unter Bestätigung eines von den Gläubigern angenommenen Vergleichs (§ 78) endigt. Das Verbot entfällt für die Zukunft. Dies auch dann, wenn es nicht gemäß §§ 28, 87, 124 der Rückschlagsperrwirkung unterliegt. Das Verbot kann späteren Verfügungen des Schuldners nicht mehr entgegenstehen, weil der verbotsgeschützte Individualanspruch des Gläubigers sich mit der Vergleichsbestätigung, falls nicht etwa gemäß § 8 Abs. 2 verfahren worden 412

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§26

ist, endgültig in eine Geldforderung umgewandelt hat (§ 82). Der Gläubiger hat nur noch den Anspruch auf die Vergleichsquote, den für die Erfüllung des Vergleichs bestellten Sicherungen und den ihm gemäß § 82 Abs. 2 verbliebenen Rechten. Er kann sich nicht mehr auf die Unwirksamkeit der vom Schuldner während des Vergleichsverfahrens vorgenommenen Verfügungen berufen. Aus §§ 25 Abs. 1, 26 Abs. 1 VglO kann nicht gefolgert werden, daß ein vor der Eröffnung des Verfahrens erlassenes Veräußerungsverbot mit dem Verfahrensbeginn seine Kraft verliert. Wohl aber folgt aus diesen Vorschriften, daß immer nur ein Vergleichsgläubiger, wie ein lediglich vom Vergleich betroffener Gläubiger (§ 83), den Verbotsschutz verlieren und während des Verfahrens in der Geltendmachung beschränkt sein können. Solange ein Veräußerungsverbot besteht, bleibt dem geschützten Gläubiger (§§ 135, 136 BGB) bei Zugriffen Dritter in den betroffenen Gegenstand die beschränkte Widerspruchsklage aus § 772 Z P O , so z. B. wenn Nichtvergleichsgläubiger vollstrecken. Verbotswidrige Verfügungen vor dem Verfahren War das Verbot bereits vor Beginn der Rückschlagsperrfrist des § 28 wirksam 7 2 geworden (zum Wirksamwerden innerhalb dieser Frist vgl. Rdn.71 oben), so kann der geschützte Gläubiger, unberührt vom Vergleichsverfahren und einem bestätigten Vergleich (§ 78), gegenüber verbotswidrigen Verfügungen seine Rechte geltend machen. Im Konkurs oder Vergleichsverfahren eines unredlichen Dritterw.erbers ist er aussonderungsberechtigt (vgl. dazu Jaeger-Lent Anm. 15 zu § 13 KO). Rechtsgeschäftliche Veräußerungsverbote Ein vertragliches, rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot hat keine dingliche Wir- 7 3 kung, begründet nur eine schuldrechtliche Verpflichtung, über den betreffenden Gegenstand nicht zu verfügen (es sei denn, es handelt sich um eine Vereinbarung im Sinne des § 1136 BGB). Die schuldrechtliche Verpflichtungskraft (§ 137 BGB) kann, wenn der (spätere) Vergleichsschuldner ihr vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens zuwiderhandelt, einen Schadensersatzanspruch auslösen, der ebenso wie eine Vertragsstrafe Vergleichsforderung ist, weil vor Verfahrensbeginn begründet (§ 25). Liegt die Zuwiderhandlung zeitlich nach der Verfahrenseröffnung, so ist, da der verletzte Unterlassungsanspruch selbst keine Vergleichsforderung ist, auch der Ersatzanspruch keine solche (vgl. § 25 Rdn. 38). Soll das rechtsgeschäftliche Verbot eine Vergleichsforderung sichern, so entfällt es mit der Vergleichsbestätigung, da § 82 Abs. 2 hier nicht eingreift. Dies gilt dann nicht, wenn der Vergleich einen Vorbehalt enthält und gemäß § 8 Abs. 2 verfahren worden ist. III. Vormerkungen Unbeteiligtsein der durch Vormerkung gesicherten Ansprüche Die Bestimmung des § 26 Abs. 1 VglO erklärt im Anschluß an die des § 24 K O 7 4 einen Gläubiger, dessen Anspruch durch Vormerkung gesichert ist, für nicht beteiligt. Vormerkungsgläubiger ($ 883 Abs. 1 BGB, §§ 10 Abs. 1, 77 SchiffsG, 10 Abs. 1 LRG) sind Gläubiger, deren schuldrechtlicher Anspruch auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück, eingetragenem Schiff oder Schiffsbauwerk oder an einem in der Luftfahrzeugrolle eingetragem Luftfahrzeug des Vergleichsschuldners durch Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch, Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Luftfahrzeugregister gesichert ist. Vormerkungsgläubiger sind nach den oben genannten Bestimmungen weiter Gläubiger, deren schuldrechtlicher Anspruch auf Ein413

§ 26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

r ä u m u n g oder A u f h e b u n g eines Rechts an einem f ü r den Vergleichsgläubiger im G r u n d b u c h oder den genannten Registern eingetragenen Rechts oder auf Ä n d e r u n g des Inhalts oder Ranges eines solchen Rechts durch Eintragung einer V o r m e r k u n g daselbst gesichert ist (vgl. B G H , K T S 1967, 50 = N J W 1967 1370).

Voraussetzung des Nichtbeteiligtsein 75

Voraussetzung für das Nichtbeteiligtsein des Gläubigers ist, daß es sich um einen rechtsgültig begründeten vormerkungsfähigen Anspruch handelt. D e r Rechtsgrund ist unerheblich. D e r zu sichernde Anspruch kann z. B. auf letztwilliger V e r f ü g u n g (etwa einem Vermächtnis, § 2 1 7 4 BGB), auf Gesetz oder V e r t r a g beruhen. D e r künftige Anspruch ist vormerkungsfähig, w e n n es sich f ü r die Gestaltung des Rechts nicht lediglich um eine mehr oder minder aussichtsreiche tatsächliche Möglichkeit handelt, sondern eine feste, die Gestaltung des Anspruchs bestimmende Grundlage vorhanden ist ( B G H Z 12 115). Das ist z. B. der Fall, wenn ein rechtsverbindliches Angebot vorliegt, so daß die Entstehung des Anspruchs nur noch von dem Willen des demnächst Berechtigten abhängt. Soweit die Vormerkungsposition in der Krisenzeit kurz vor dem vom (späteren) Vergleichsschuldner gestellten Antrag auf E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§ 2) erworben wurde, kann hierin ein dem § 8 Abs. 3 unterfallendes V o r z u g s a b kommen liegen, so z. B. eine in dieser Zeit bewilligte P f a n d v o r m e r k u n g (vgl. dazu § 8 Rdn. 39 b). D e r W i r k u n g der V o r m e r k u n g steht nicht entgegen, wenn der (spätere) Gemeinschüldner dem Gläubiger gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind (§ 24 S. 2 K O , eingefügt durch Art. 6 des Gesetzes vom 22. 6. 1977 — BGBl. I S. 998 —). Mit dieser E r g ä n z u n g des § 24 K O wird die Ausschaltung der V o r m e r k u n g s w i r k u n g über den W e g des § 17 K O verhindert (dazu: B G H , K T S 1977 116 = N J W 1977 146 und aus dem kritischen Schriftt u m : Schmidt BB 1976 164, Lichtenberger N J W 1977 519, Götte N J W 1977 524, Hasemeyer N J W 1977 737, Jacobs D B 1977 757 und Fehl BB 1977 1228). - Die E r g ä n z u n g des § 24 K O durch Art. 6 des Gesetzes vom 22. 6. 1977 (BGBl. I S. 998) stellt sich nach dem Urteil des B G H vom 21. 4. 1978 — V Z R 7 7 / 7 7 — als eine authentische Interpretation des § 24 K O dar. Somit ist diese Bestimmung auch schon f r ü h e r in dem durch die E r g ä n z u n g verdeutlichten Sinn zu verstehen gewesen ( B G H , N J W 1978 1437 = W M 1978 881 = K T S 1979 69). Eine V e r f a h r e n s v o r m e r k u n g ( § 1 8 Abs. 2 G B O , § 2 8 Abs. 2 SchiffsRegO, § 8 6 LRG), die von Amts wegen zugunsten eines beanstandeten und noch nicht erledigten Eintragungsantrags einzutragen ist, w e n n eine andere, dasselbe Recht betreffende Eint r a g u n g beantragt wird, fällt nicht unter die V o r m e r k u n g des § 26 Abs. 1 V g l O . Sie dient nicht der Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs ( M e n t z e l - K u h n Anm. 3 zu § 24 K O ) . Nur eingetragene Vormerkungen

76

Die V o r m e r k u n g kann auf G r u n d einer Bewilligung des (späteren) Vergleichsschuldners, aber auch im W e g e der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung eingetragen sein (§§ 883, 885 BGB, § 10 Abs. 1 SchiffsG, §§ 10, 11 LRG). Beruht die Eintragung der Vormerkung auf einer Bewilligung des (späteren) Vergleichsschuldners, so ist auf den Eröffnungszeitpunkt ( § 2 1 ) abzustellen. H a n d e l t es sich um eine V o r m e r kung, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung eingetragen w u r d e , so ist auf den Beginn der Rückschlagsperrfrist (§§ 28, 124) abzustellen. H a n d e l t 414

Nichtbeteiligte Gläubiger

§ 26

es sich um eine Eintragung kraft Bewilligung, so genügt es, wenn der Berechtigte den Eintragungsantrag beim Grundbuchamt (Registergericht) vor dem Eröffnungszeitpunkt gestellt hatte, da die Bestimmung des § 878 BGB auf die bewilligte Vormerkung entsprechend anzuwenden ist ( B G H Z 28 182, Entscheidung ergangen zur dem § 2 6 Abs. 1 V g l O entsprechenden Bestimmungen des § 24 KO). Dem steht es gleich, wenn die Bewilligung des (späteren) Vergleichsschuldners gemäß § 984 Z P O als abgegeben gilt und das rechtskräftige Urteil mit dem Antrag des Berechtigten vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens beim Grundbuchamt (Registerbehörde) eingegangen ist. Die Bewilligungserklärung zur Eintragung der Vormerkung ist mit dem im richterlichen Akt festgelegten Inhalt als abgegeben anzusehen (5 894 Abs. 1 Z P O ) . Dies mit allen Rechtsfolgen, die sich aus der Abgabe der Erklärung durch den Schuldner selbst ergeben würden {Arwed Blomeyer Vollstreckungsverfahren 5 90 III 1 b und IV 2). Auch die Eintragung der Vormerkung nach § 895 Z P O ist keine Zwangsvollstrekkung. Sie geschieht auf Antrag des Gläubigers, der hierzu dem Grundbuchamt (der Registerbehörde) eine Ausfertigung des vorläufig vollstreckbaren Urteils vorlegen muß {Arwed, Blomeyer aaO § 90 III 3). Geschieht aber die Eintragung einer Vormerkung im Wege der Zwangsvollstrekkung oder Arrestvollziehung, so kommt es, wie aus § 28 folgt, allein auf die Eintragung selbst an, nicht auf den Zeitpunkt des Eingangs der Eintragungsunterlagen beim Grundbuchamt (bzw. der Registerbehörde) — vgl. dazu: BayObLG, N J W 1955 144, zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu 28 VglO. Aussonderungsanspruch Die Vormerkung hat im Konkurs zur Folge, daß der Gläubiger volle Befriedigung 7 7 des gesicherten Anspruchs verlangen kann (§ 24 K O ) . Die Vormerkung setzt sich wie ein eingetragenes Recht durch. Im Vergleichsverfahren ist der Gläubiger des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs insoweit nicht Vergleichsgläubiger (§ 26 Abs. 1 VglO). Handelt es sich um eine Auflassungsvormerkung, so geht die Wirkung im Konkurs dahin, daß der Konkursverwalter alle Handlungen vorzunehmen hat, die zur Herbeiführung der Eigentumsübertragung erforderlich sind, soweit auch der Vormerkungsberechtigte seinen Verpflichtungen, z. B. Zahlung des noch ausstehenden Restkaufpreises, nachkommt. Hier kann von einem (regelwidrigen) Aussonderungsrecht gesprochen werden (vgl. Jaeger-Lent Anm. 14 zu § 24 KO). Handelt es sich um eine Pfand-, Rang- oder Löschungsvormerkung, so entsteht mit der Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs ein Absonderungsrecht, so daß der Vormerkung letztlich Absonderungskraft innewohnt. Damit aber der Gläubiger, sei es nun überhaupt oder zu einem besseren Rang abgesonderte Befriedigung verlangen kann, bedarf es immer erst der Verschaffung des entsprechenden Absonderungsrechtes. Mit diesem Anspruch ist der Vormerkungsberechtigte nicht Vergleichsgläubiger. Wohl aber kann der Vormerkungsberechtigte mit einem Geldanspruch, um deswillen die Vormerkung eingetragen wurde, Vergleichsgläubiger sein. Er unterliegt mit diesem Geldanspruch, wie jeder absonderungsberechtigte Gläubiger, dem Ausfallgrundsatz (vgl. hierzu die Rdn. 1,2, 8 — 16 zu § 27). Daß der Anspruch auf Einräumung einer Pfandvormerkung vom Vergleich (§ 78) unberührt bleibt, ist in § 82 Abs. 2 ausdrücklich vermerkt. Vormerkungswidrige Verfügungen Vormerkungswidrige Verfügungen des Schuldners, auch Zwangsverfügungen, sind, 7 8 soweit sie den vorgemerkten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen, dem geschützten 415

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Gläubiger g e g e n ü b e r unwirksam (§ 883 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 2 LRG). Im Zwangsversteigerungsverfahren ist die A u f l a s s u n g s v o r m e r k u n g wie ein aufschiebend bedingtes Recht nach § 48 Z V G zu behandeln. G e h t sie d e m Recht des betreibenden Gläubigers vor, so ist sie in das geringste G e b o t (§§ 44 ff Z V G ) als bestehen bleibend a u f z u n e h men. Sie äußert ihre gewöhnliche W i r k u n g (z. B. aus 5 883 BGB) auch g e g e n ü b e r den Folgen des Zuschlagsbeschlusses (§§ 89 ff Z V G ) . D e r Auflassungsvormerkungsberechtigte k a n n seine Rechte z. B. aus §§ 883, 888 BGB gegen den Ersteher geltend m a c h e n ( B G H Z 46 124 = B G H , BB 1966 1325 = N J W 1967 566 = R p f l e g e r 1967 9). W e g e n weiterer Einzelheiten z u r A u f l a s s u n g s v o r m e r k u n g in der Zwangsversteigerung darf auf die Darstellung der Anm. 1 und 2 z u m Muster 43 und der A n m . 1 ff z u m Muster 44 der 6. Aufl. des Buches „Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis" 1977 verwiesen w e r d e n . Z u r Löschungsvormerkung in der Zwangsversteigerung ist auf die N e u f a s s u n g des § 1179 BGB, die E i n f ü g u n g der §§ 1 1 7 9 a und 1 1 7 9 b BGB, wie auch auf die E r g ä n z u n g e n des Z V G d u r c h das Gesetz vom 22. 6. 1977 (BGBl. I S. 998) zu verweisen. Einzelheiten: Kissel NJVP 1977 1760 ff, Verfasser in K T S 1978 17 bis 24). -

IV. Dingliche Vorkaufsrechte Vormerkungswirkung nur Dritten gegenüber 79

Die W i r k u n g einer V o r m e r k u n g h a t D r i t t e n g e g e n ü b e r nach der Bestimmung des 5 1098 Abs. 2 BGB das dingliche Vorkaufsrecht. Entsprechendes gilt nach § 31 Abs. 4 der E r b b a u V O f ü r das V o r r e c h t des Erbbauberechtigten auf E r n e u e r u n g des E r b b a u rechts. — N a c h § 11 des Reichsheimstättengesetzes i. d. F. vom 3. 8. 1953 / 10. 3. 1975 (BGBl. I S. 720, b z w . 685) steht d e m Ausgeber d e r H e i m s t ä t t e ein gesetzliches V o r k a u f s r e c h t zu, das in einer Zwangsversteigerung gegenüber dem Vollstreckungsgericht binnen zwei W o c h e n ab Zustellung des Meistgebots an den Ausgeber von diesem ausgeübt w e r d e n k a n n . Für einen V e r z i c h t auf das V o r k a u f s r e c h t besteht F o r m z w a n g ( O L G Braunschweig N J W 1963 1503, Dassler-Schiffhauer-Gerhardt, Anm. 10 zu § 8 1 Z V G , abweichend: O L G Celle N J W 1962 1869). Auf das allgemeine V o r k a u f s r e c h t der Geimeinden nach § 24 Bundesbaugesetz i. d. F. v o m 18. 8. 1976 (BGBl. I S. 2256) und das besondere V o r k a u f s r e c h t „zur Sicher u n g von städtebaulichen Erhaltungszielen (§ 24 a BBauGes.) wie auch auf das „besondere V o r k a u f s r e c h t " des § 25 BBauGes. finden die V o r s c h r i f t e n der §§ 504, 505 Abs. 2, 506 bis 509 und § 512 BGB A n w e n d u n g . D a m i t scheiden diese V o r k a u f s r e c h t e f ü r eine echte Vollstreckungsversteigerung aus und haben n u r Bedeutung f ü r V e r f a h r e n nach §§ 172 ff Z V G . - vgl. Zeller Anm. 21 zu § 81 Z V G . Ein n u r f ü r einen Fall bestelltes in das geringste G e b o t a u f z u n e h m e n d e s dingliches V o r k a u f s r e c h t wird, da n u r d e r Besteller verpflichtet ist, mit dem Zuschlag gegenstandslos (§§ 1098, 512 BGB). Ein f ü r m e h r e r e Fälle bestelltes dingliches V o r k a u f s r e c h t verpflichtet — sofern es in das geringste G e b o t a u f g e n o m m e n wird (§ 44 Z V G — den Ersteher, kann aber nicht in d e r V e r s t e i g e r u n g ausgeübt w e r d e n . Erlischt ein solches V o r k a u f s r e c h t (§ 91 Z V G ) , so ist W e r t e r s a t z zu leisten (§ 92 Z V G ) — Anhaltspunkte d a z u : B G H , K T S 1972 170 und B G H , K T S 1973 69. Wirkung im Vergleichsverfahren

80

Soweit d a n a c h das dingliche V o r k a u f s r e c h t reicht, wirkt es auch im Vergleichsverf a h r e n des Verpflichteten, o h n e Rücksicht d a r a u f , ob die V e r ä u ß e r u n g an den Dritten und die A u s ü b u n g des V o r k a u f s vor o d e r nach E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s erfolgt sind. H a t d e r Dritte inzwischen das E i g e n t u m e r w o r b e n , so k a n n der V o r k a u f s b e r e c h t i g t e 416

Nichtbeteiligte Gläubiger

§ 26

von ihm entsprechend § 888 I BGB Zustimmung zu seiner Eintragung verlangen, und zwar auch, wenn der Dritte im Konkurs oder im Vergleichsverfahren steht (oben 78).

F. „Massegläubiger" I. Allgemeines Der Begriff Der Begriff der Massegläubiger und der Massenansprüche, wie ihn die Konkurs- 81 Ordnung kennt, kann für das Recht der Vergleichsordnung nicht übernommen werden, da diese keine der Konkursmasse entsprechende Teilungsmasse kennt (RG, Z A k D R 1944 29, ArbG Arnsberg, KTS 1974 53/54). Nun gibt es aber unter den am Vergleichsverfahren nicht beteiligten Gläubigern solche, deren Forderungen auf Vorgängen zugunsten des künftigen Vergleichsverfahrens beruhen. Dahin gehören z. B. die Ansprüche des Darlehnsgebers aus einem Darlehn, das dieser im Vorverfahren (§§ 11 ff) zur Verfügung gestellt hatte, nachdem das Gericht dem vorläufigen Verwalter die dem Vergleichsverwalter in § 57 eingeräumten Befugnisse gemäß § 12 übertragen hatte. Die Ansprüche aus einem solchen im Vorverfahren aufgenommenen „Verwalterdarlehn" sind im Sinne des § 106 V g l O privilegiert (BGHZ 32 168 = KTS 1960 138 = N J W 1960 1456), sie gehören im Anschlußkonkurs zu den Masseschulden im Sinne des § 59 Nr. 1 K O . Sie sind aber auch nach der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) im Vergleichsverfahren, wenn nicht vor den Raten der Gesamtvergleichsquote auszuzahlen, so doch sicherzustellen. Im Nachverfahren (§ 96) kann ein solches Darlehn kraft ausdrücklicher Vorschrift (§106 Halbs. 2) nicht mehr aufgenommen werden, denn mit der Bestätigung des Vergleichs fehlt es an einem inneren Grunde zur Erleichterung der Kreditbeschaffung für den im Vergleichsverfahren stehenden Betrieb (vgl. Berges KTS 1959 150). Zu den Ansprüchen, die vor der Verfahrenseröffnung (§21) entstanden sind, dennoch nicht als Vergleichsforderungen gelten, gehören nach § 26 Abs. 2 V g l O auch die Gebühren und Auslagen des Gerichts, die Ansprüche des vorläufigen Verwalters und der Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerbeirats (§§ 11, 43, 44, 45). — N u r für diese Sonderart nichtbeteiligte Altgläubiger können gewisse Rechtssätze aus dem Konkursrecht in das Recht der Vergleichsordnung übernommen werden. Es handelt sich um Altgläubiger, deren Forderungen auf Gegenleistungen beruhen, die dem Vergleichsverfahren dienen sollten, sich zugunsten der Vergleichsgläubiger ausgewirkt haben oder doch auswirken sollten. „Massegläubigerrechte", — nichtbeteiligte Forderungen Die hier genannten Sonderarten von Forderungen nicht beteiligter Altgläubiger sind 8 2 zwar nicht im technischen Sinne der Konkursordnung Massegläubigerrechte, doch sind sie im Vergleichsverfahren wie diese zu behandeln. Der Bestimmung des § 60 K O ( Rangfolge der Massegläubigerrechte) kann jedoch für das Vergleichsverfahren nichts entnommen werden, da dieses kein Zwangsvollzug ist. Dies auch dann nicht, wenn es zu einem treuhänderischen Liquidationsvergleich kommt (zu den vom Treuhänder zu berücksichtigen Gläubigern vgl. Einzelheiten: Anmerkungen 27 ff zu §92 VglO). — Nach der bereits genannten Entscheidung des ArbG Arnsberg, KTS 1974 53/54 gehören hierher auch diejenigen Abfindungsansprüche, die sich aus einem Sozialplan ergeben, der im Vergleichsantragsverfahren (§§ 11 ff VglO) eines Treuhandliquidationsvergleichsverfahrens unter Mitwirkung des gemäß § 12 V g l O mit den Befugnissen des § 57 VglO ausgestatteten vorläufigen Verwalters aufgestellt wurde (kritisch zu diesem Urteil Uhlenbruck DB 1974 628 und Bohle-Stamschräder Anm. 3 zu § 26 VglO). 417

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Gegenüber der Kritik an dieser Entscheidung ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 20. 11. 1970 — 1 AZR 409/69 - K T S 1971 278 = N J W 1971 774 und Entscheidung vom 20. 8. 1974 - 1 AZR 14/74 — mitgeteilt in D B 1974 628) dem Vergleichsverwalter bei einer Betriebsstillegung Pflichten obliegen, die weitgehend denen des Konkursverwalters aus §§ 11 ff BetrVG entsprechen (vgl. Verfasser Kölner Festschrift 1977 303 f). In bezug auf den Konkursverwalter aber hat der gleiche Senat des BAG im Urteil vom 17. 9. 1974 (BB 1974 1483 = K T S 1975 122 = N J W 1975 182) bereits in der Ausübung der diesem in § 129 Abs. 2 K O eingeräumten Befugnis, den Betrieb zu schließen, eine Handlung im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O gesehen. — Damit lag bis zum Erlaß des Beschlusses des Großen Senats des BAG vom 13. 12.1978 — GS 1/77 — das Erkenntnis des ArbG Arnsberg (BB 1973 1306 = D B 1973 1902 = K T S 1974 53) ganz auf der Linie der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (zum Beschluß des Großen Senats des BAG vom 13. 12. 1978 siehe unter Rdn. 89). - BAG, K T S 1979, Heft III mit Anm. Henckel. — II. „Massekosten" Nur die in § 26 Abs. 2 VglO bezeichneten Kosten 83

Als „Massekosten", nicht im technischen Sinne der Konkursordnung, wohl aber im Sinne der Ausführungen oben zur Anmerkung 81 sind nur die Gebühren und Auslagen des § 26 Abs. 2 VglO zu verstehen mit Einbeziehung der Ansprüche der Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerbeirats aus § 45 unseres Gesetzes (zur Zulässigkeit der Bestellung eines Gläubigerbeirats im Vergleichsantragsverfahren vgl. Rdn. 1 zu § 11). Nicht zu den hier als Kosten der an sich nach dem Gesetz der Eröffnung des Verfahrens (§§20, 21) entstehenden Ansprüche, so z . B . die des Vergleichsverwalters nach § 43 bis zur Bestätigung des Vergleichs (§ 78) und im nach § 96 fortgesetzten Verfahren. Diese, erst später begründeten Ansprüche bilden, wie aus § 25 Abs. 1 folgt, Neuschulden. Mit der Bezeichnung der nach § 26 Abs. 2 am Vergleichsverfahren nicht teilnehmenden Forderungen als solche einer Sonderart von Altforderungen ist jedoch nicht etwa gesagt, daß die Bestimmungen des § 58 Nr. 1 und 2 K O auf diese entsprechend anwendbar sind.

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Nicht zu den Ansprüchen im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 1 VglO gehören etwaige Kostenansprüche der Staatskasse aus anderen Verfahren (vgl. Rdn. 53 zu § 25 oben). Nicht hierher gehören ferner die Ansprüche des „Vergleichshelfers" auf Vergütung und Auslagenersatz. Diese Ansprüche werden vom Vergleich betroffen (LG Hildesheim, M D R 1961 697, Vogels-Nölte Anm. V zu § 26 VglO).

Für weitere Ansprüche keine Stellung aus § 26 Abs. 2 Satz 1 VglO herzuleiten

Der durch Art. 2 § 2 Nr. 1 des Gesetzes über Konkursausfallgeld vom 19. 7. 1974 (BGBl. I S. 1481) dem Absatz 2 des § 26 VglO angefügte Satz 2 stellt klar, daß auch die in § 59 Abs. 1 Nr. 3 K O bezeichneten Ansprüche der Arbeitnehmer, wie der diesen gleichgestellten Personen nicht zu den Vergleichsforderungen rechnen (vgl. Hornung, Rpfleger 1975 289). III. „Masseschulden" Allgemeines 85

Masseschulden im klassischen Sinne sind einmal die „Ansprüche, welche aus Geschäften oder Handlungen des Konkursverwalters entstehen" (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 K O ) , zum anderen die „Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung zur 418

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

Konkursmasse verlangt wird oder f ü r die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens erfolgen muß" (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 K O ) und weiter die „Ansprüche aus einer rechtlosen Bereicherung der Masse" (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 KO). Die neu in das Gesetz eingefügte Nr. 3 des Absatzes 1 des § 59 K O (die bisherige Nr. 3 wurde Nr. 4) verleiht den bevorrechtigten Konkursforderungen des § 61 Abs. 1 Nr. 1 zu a bis e K O wegen der Rückstände für die letzten sechs Monate „vor der Eröffnung des Verfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners" (gemeint ist das Ableben nicht des Gemeinschuldners, sondern des Erblassers) den Rang von Masseschulden (vgl. dazu das Gesetz vom 17. 7. 1974 — BGBl. I S. 1481 — und das Gesetz vom 23. 12. 1976 - BGBl. I S. 3845 - ) . Die Bestimmungen der § 59 Abs. 1 Nr. 3 zu a bis e K O und § 61 Abs. 1 Nr. 1 zu a bis e K O stimmen hinsichtlich der privilegierten Ansprüche selbst wörtlich überein. Die unterschiedliche rechtliche Einordnung (Masseschuld oder bevorrechtigte Konkursforderung) hängt allein davon ab, ob es sich um Rückstände aus den letzten sechs Monaten oder um solche aus den zeitlich davor liegenden Monaten des letzten Jahres vor der Eröffnung des Verfahrens oder dem Ableben des Erblassers handelt. — Damit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf das zum „Lidlohnvorrecht" unter IV, Rdn. 59 a bis f und Rdn. 60, 61 oben zu unserer Bestimmung — § 26 VglO — Ausgeführte verwiesen werden. Für das Vergleichsverfahren nicht in Betracht kommende Bestimmungen a) Für Ansprüche aus zweiseitigen, zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 8 6 21 VglO) nicht oder nicht vollständig erfüllten Verträgen, deren Erfüllung verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens zu geschehen hat, gelten die Bestimmungen der §§ 36, 50, 51, 52 VglO. Die Vorschrift des § 59 Abs. 1 Nr. 2 K O scheidet für das Vergleichsverfahren aus. b) Die Bestimmung des § 59 Abs. 1 Nr. 4 K O (Ansprüche aus einer rechtlosen Bereicherung der Masse) hat für das Vergleichsverfahren keine Bedeutung. Die vor der Eröffnung (§21) begründeten Bereicherungsansprüche sind Vergleichsforderungen, die danach begründeten Neuforderungen, wie aus § 25 VglO folgt. Anwendbarkeit des § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO a) Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß Handlungen des vorläufigen Verwalters 8 7 (§11 VglO) — gleiches gilt für solche des Vergleichsverwalters (§38 VglO) — im nachfolgenden Konkurs keine Masseschulden begründen, daß also die Bestimmung des § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O damit nicht Platz greift ( B G H Z 23 318 = KTS 1957 87). — H a t nun aber der vorläufige Verwalter (oder der Vergleichsverwalter) zur sachgerechten Erfüllung seiner Aufgaben Maßnahmen ergiffen, die der Sicherung oder Erhaltung der „künftigen Konkursmasse" dienen (das Vergleichsverfahren selbst kennt den Begriff der Vergleichsmasse nicht, wohl aber den des Liquidationsvermögens im Falle des Verfahrens nach § 7 Abs. 4 VglO), und sind durch diese Handlungen des Verwalters Ansprüche erwachsen, so erscheint es unbillig, diese als bloße Konkursforderungen zu behandeln (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 13 zu § 2 3 KO). Hinsichtlich solcher Ansprüche (z. B. Dienstleistungen Dritter aus Reparaturen, Beschaffung von Unterlagen zur Klärung von Rechtsverhältnissen, notwendige Gutachten, Bewachung von Fabrikanlagen usw.) ist daher dem Vergleichsverwalter ein „Einbehaltungsrecht" einzuräumen, um aus der Verwertung von dazu erforderlichen Teilen des Schuldnervermögens die Gläubiger dieser Ansprüche befriedigen zu können (vgl. Mentzel-Kuhn aaO). — 419

§26

III. Abschnitt: V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

b) Kraft ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (§ 106 VglO) gehören die Ansprüche aus einem „Verwalterdarlehen" zu den Masseschulden im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO. Dies gilt auch f ü r Ansprüche aus einem im Vergleichsantragsverfahren (Vorverfahren) mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters (§11 VglO) aufgenommenes Darlehen, sofern der Verwalter gemäß § 12 V g l O mit den Befugnissen aus § 57 VglO ausgestattet worden war (BGHZ 32 268 = K T S 1960 138 mit Anm. Berges). Die Rechtsprechung des B G H (MDR 1973 123 = n N J W 1973 51) erkennt dies nur für ein Anschlußkonkursverfahren (§5 102 ff VglO), nicht aber f ü r ein nachfolgendes technisch selbständiges auf die gleiche Zahlungsunfähigkeit zurückzuführendes Konkursverfahren an. Diese Auslegung des § 106 VglO erscheint zu eng, denn bei seiner Zustimmung zur Aufnahme des „Verwalterdarlehens" im Vorverfahren kann der Verwalter nicht übersehen, ob etwa der vorliegende Vergleichsvorschlag, der eine Fortsetzung des Verfahrens nach § 96 V g l O vorsieht, in einen solchen mit vereinbarter Überwachung (§§91, 92 VglO) geändert werden wird, was aus gutem Grunde, z. B. zur Bestellung einer Hypothek nach § 93 V g l O geschehen kann (vgl. Verfasser N J W 1973 190, Bongartz DB 1975 871). - Einzelheiten siehe Rdn. 2 ff zu § 106 VglO. c) Nicht zu den Masseschulden im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O gehört der Rückforderungsanspruch einer dem (künftigen) Vergleichsschuldner gewährten Investitionszulage, wenn die Dreijahresfrist nicht eingehalten wird (§ 3 Abs. 5 InvZulG), denn der Rechtsgrund für die Entstehung dieses Anspruchs ist bereits vor der Verfahrenseröffnung gelegt. Wenn die Investitionszulage gewährt wird unter der Voraussetzung, daß sie bei Nichteinhaltung der Dreijahresfrist, z. B. zufolge einer Verwertung im Rahmen eines Liquidationsvergleichs (§ 7 Abs. 4 VglO), zurückzuzahlen ist, so ist dieser Anspruch bereits bei der Gewährung bedingt begründet, mithin eine Vergleichsforderung (BFH, KTS 1978 104 unter Aufgabe der bisher abweichenden Rechtsprechung BFH, BStBl. II, 1971 582 = DB 1971 1896, beides Erkenntnisse zur entsprechenden konkursrechtlichen Frage, — siehe dazu Jaeger-Henckel Rdn. 86 zu § 3 K O , dem der BFH in der Sache gefolgt ist. — d) Soweit hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs eines Gläubigers aus einem nach der Verfahrenseröffnung (§§ 20, 21 VglO) neu angestrengten oder fortgesetzten Rechtsstreits die Bestimmung des § 49 V g l O nicht eingreift, handelt es sich um eine am Vergleichsverfahren nicht beteiligte Forderung. Sie wäre im Konkursverfahren Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O (Mentzel-Kuhn Anm. 5 zu § 59 KO). — Einzelheiten oben Rdn. 53 b zu § 25 VglO. Erweiterung des Kreises der Masseschulden über § 59 KO hinaus 88

Zu bemerken ist, daß für das Vergleichsverfahren über einen Nachlaß (§ 113) und über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 114) durch die Bezugnahme auf die Bestimmungen der §§ 224, 226 K O (vgl. dazu Böhle-Stamschräder Anm. 11 zu § 113 V g l O und Anm. 2 zu § 114 VglO) der Kreis der nicht am Verfahren beteiligten Verbindlichkeiten erweitert wird. Hier wird gewissermaßen die Erweiterung des Kreises der Masseschulden über die im § 59 K O bezeichneten Verbindlichkeiten hinaus — einleitender Satz des § 224 K O — durch die Bezugnahme (§113 Abs. 1 Nr. 4 VglO) in das Vergleichsverfahren übernommen (vgl. Vogels-Nölte Anm. IV 2 zu § 113 VglO). Einordnung der Abfindungsansprüche aus Sozialplänen und der Ansprüche auf Nachteilsausgleich

89

Der Vergleichsschuldner hat in seiner Eigenschaft als Unternehmer eines Betriebes mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern bei einer geplanten 420

Nichtbeteiligte G l ä u b i g e r

§26

Betriebsänderung, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der- Belegschaft zur Folge haben kann, den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Er hat die geplanten Betriebsänderungen (eine Einschränkung und Stillegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Teilen, eine Verlegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, einen Zusammenschluß mit anderen Betrieben, grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszweckes oder der Betriebsanlagen, die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren) mit dem Betriebsrat zu beraten (§111 BetrVG). Ein Interessenausgleich über die Betriebsänderung, ein „Sozialplan" ist aufzustellen. Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines solchen Planes (§ 112 BetrVG). — Dem vorläufigen Verwalter (§11 VglO), wie dem Vergleichsverwalter (§ 38 VglO) obliegt es, den Vergleichsschuldner auf die ihm hiernach treffenden Pflichten hinzuweisen und im Rahmen seiner Überwachungsaufgaben (§§ 39, 40 VglO) auf die Beachtung und Einhaltung dieser Pflichten zu dringen (BAG, KTS 1971 278 = N J W 1971 774, Fitting-Auffarth-Kaiser Anm. 26 a zu § 111 BetrVG, Uhlenbruck DB 1974 628, Heilmann S. 106 ff). Von praktischer Bedeutung ist die Aufstellung eines Sozialplans im Vergleichsverfahren vor allem bei einem Liquidationsvergleich im Sinne des § 7 Abs. 4 VglO. — — Zur Einführung siehe weiter Rdn. 18 zu § 7 VglO. — Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Vorschriften darüber, ob die Festsetzung von Abfindungsansprüchen in Sozialplänen auch im Falle eines Insolvenzverfahrens Platz greift und welcher Rang solchen Ansprüchen zuzuordnen ist. Dies hat zu unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum geführt. So lehnt z. B. Berges Festschrift f ü r Friedrich Weber 1975 57 ff die Anwendbarkeit der §§ 111 ff BetrVG im Insolvenzverfahren grundsätzlich ab, während die bisher überwiegende Rechtsprechung (vgl. z. B. BAG, DB 1974 2207, LAG Hamm, DB 1974 51 und 1964) und ein Teil des Schrifttums (vgl. z. B. Heinze DB 1974 1814, Mentzel-Kuhn Anm. 2 zu 5 59 KO) sich für die Anwendbarkeit aussprechen, wobei hinsichtlich der Rangfragen (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 K O oder § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O einerseits, § 61 Abs. 1 Nr. 6 K O andererseits) unterschiedliche Auffassungen bestehen (vgl. dazu etwa: Urteil des LAG Düsseldorf EzA § 59 K O Nr. 11 mit eingehender Anm. Uhlenbruck ferner Bötticher BB 1975 977, leuner JZ 1976 1, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 26 VglO). — Folgende Grundsätze für die rechtliche Einordnung von aus einem Sozialplan sich ergebende Ansprüche sind aus §§ 25, 26 VglO herzuleiten: a) Bei einer Betriebsstillegung bereits vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§20, 21 VglO) verlieren Lohn- und Gehaltsforderungen nicht ihren sich aus § 5 9 Abs. 1 Nr. 3 K O , bzw. aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O ergebenden Rang durch Aufnahme in den Sozialplan. Dies hat auch dann zu gelten, wenn diese Ansprüche mit anderen, nicht unter diese Bestimmungen fallenden Ansprüche zu einer einheitlichen Gesamtgeldsumme zusammengefaßt werden. Hierher gehören z. B. Abfindungsansprüche für den Verlust des Arbeitsplatzes (§112 BetrVG), nicht aber Lohnausgleichsansprüche bei geringeren Arbeitsverdienst, erhöhten Fahrtkosten, Bewerbungs- und Umschulungskosten usw. (Fitting-Auffahrth-Kaiser Anm. 16, 17 zu §113 BetrVG, Mentzel-Kuhn Anm. 2 f zu § 59 K O , Teuhner BB 1975 984). Dieser Auffassung ist hinsichtlich der rechtlichen Einordnung des Abfindungsanspruchs (§§111, 113 BetrVG) das LArbG Düsseldorf gefolgt (KTS 1976 72 und EzA § 59 K O Nr. 1, Erkenntnisse zur entsprechenden Frage im Konkursverfahren). Abfindungsansprüche bei einer Betriebsstillegung vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21 VglO) sind mithin Ver421

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

gleichsforderungen im Sinne ds § 25 V g l O (siehe auch Böhle-Stamschräder § 26 V g l O ) .

Anm. 3 zu

b) D e m entspricht auch die A u f f a s s u n g des L A r b G Niedersachsen ( K T S 1977 180), das Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan nur dann als Masseschulden nach § 59 Abs. 1 N r . 1 K O ansieht, wenn der Konkursverwalter an der Planung oder Durchführung des Betriebsstillegung beteiligt gewesen ist. — Für das Vergleichsverfahren kann eine unmittelbare Mitwirkung des Vergleichsverwalters an einer Betriebsstillegung nur in dem beschränkten Rahmen seiner Einwirkungsmöglichkeiten aus §§ 39, 40 V g l O in Betracht kommen. Ein eigenes V e r f ü g u n g s - und Verwaltungsrecht des Verwalters besteht auch dann nicht, wenn Anordnungen aus §§ 58 ff V g l O getroffen worden sind ( B G H Z 23 318 = K T S 1957 87). Wohl kann sich aus einem Treuhand-Liquidationsvergleich (§ 7 Abs. 4 V g l O ) eine Stellung für den Vergleichsverwalter ergeben, die sich auch in Bezug auf eine Betriebsstillegung der Stellung eines Konkursverwalters annähert. Besonders für diesen Fall ist dem Verwalter die Pflicht auferlegt, die Bestimmungen über die Aufstellung eines Sozialplans zu beachten ( B A G , K T S 1971 278 = N J W 1971 774, auch A r b G Arnsberg, K T S 1974 53). c) Eine weitgehende Klärung der auch für das Vergleichsverfahren umstrittenen Fragen wird sich mit der zu erwartenden Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts auf die für den Konkursfall ergangenen Vorlageerkenntnisse des fünften Senats des B A G vom 25. 5. 1977 (5 A Z R 9 6 / 7 6 / 5 A Z R 7 4 3 / 7 5 ) und vom 20. 7. 1977 (5 A Z R 9 4 / 7 7 —) ergeben. D a n a c h sind dem Großen Senat folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt worden ( K T S 1978 37): 1. Gilt die Regelung des § 112 B e t r V G über den Sozialplan, soweit darin Abfindungen als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorgesehen sind, auch im Konkurs des Arbeitgebers? — diese Frage wird z. B. verneint von Berges, Festschrift für Friedrich Weber 1975 57 ff, bejaht von der h. M. — 2. Falls die erste Frage bejaht werden sollte, ist weiter darüber zu entscheiden, ob derartige Abfindungsansprüche, die nach der Konkurseröffnung in einem zwischen dem Konkursverwalter und dem Betriebsrat gemäß § 112 BetrVG zustande gekommenen Sozialplan begründet worden sind, dann Masseschulden nach § 59 Abs. 1 K O sind, wenn der Konkursverwalter den Betrieb im Sinne des § 111 S. 2 N r . 1 B e t r V G stillgelegt hat. — Falls diese Frage bejaht werden sollte, ist ferner darüber zu entscheiden, ob die Abfindungsansprüche auch dann Masseschulden nach § 59 Abs. 1 K O sind, wenn bereits der (spätere) Gemeinschuldner den Betrieb stillgelegt hatte, der Sozialplan jedoch erst nach der K o n k u r s e r ö f f n u n g zustande gekommen ist. 3. Sollten die unter Ziffer 2 gestellten Fragen verneint werden, so wird um eine Entscheidung darüber ersucht, ob die Abfindungsansprüche bevorrechtigte Konkursforderungen nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O sind. Mit dem Bekanntwerden der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts wird auf die sich hieraus auch für das Vergleichsverfahren ergebenden Folgen hinzuweisen sein. Im übrigen ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf das oben in der Rdn. 18 zu § 7 V g l O Ausgeführte zu verweisen. d) Die in den Vorlageerkenntnissen (vgl. K T S 1978 37) aufgeworfenen Fragen (vgl. oben zu c.) sind in der Entscheidung des Großen Senats des B A G vom 13. 12. 1978 — G S 1 / 7 7 —, deren Veröffentlichung u . a . in der Amtlichen Sammlung, wie auch in K T S 1979 H e f t III mit Anm. Henckel vorgesehen ist, wie folgt beantwortet worden: 422

Nichtbeteiligte Gläubiger

1. Die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes über Interessenausgleich, Sozialplan und Nachteilsausgleich bei Betriebsänderungen (§§ 111 bis 113 BetrVG) gelten auch im Konkurs des Unternehmers. 2. Unabhängig davon, ob die Betriebsänderung vor oder nach der Konkurseröffnung stattgefunden hat, wie auch unabhängig davon, ob der Sozialplan vor oder nach der Konkurseröffnung zustande gekommen ist, sind Ansprüche aus einem solchen auf Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes bevorrechtigte Konkursforderungen im Sinne des § 61 K O und zwar mit dem Rang vor Nr. 1 des Absatzes 1 dieser Bestimmung. 3. Diese rechtliche Einordnung gilt auch für Ansprüche auf Nachteilsausgleich nach § 1 1 3 Abs. 3 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 BetrVG. e) Der Leitsatz zu 1., mit welchem die Ansicht von Berges, Festschrift für Friedrich Weber 1975 57 ff, 59, 73 (vgl. oben Rdn. 18 b zu § 7 VglO) abgelehnt wird, stellt auch für das Vergleichsverfahren klar, daß bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG ein Sozialplan aufzustellen ist, mag auch die Herbeiführung des Interessenausgleichs hier — vom treuhänderischen Liquidationsvergleich des § 7 Abs. 4 VglO abgesehen — Sache des Vergleichsschuldners und nicht des Vergleichsverwalters sein (Einzelheiten Rdn. 18 zu § 7 VglO). Wenn der Große Senat (vgl. II, 6 e der Gründe) ausführt, im Hinblick auf das im Konkursfall bestehende Spannungsverhältnis zwischen den vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmern und en übrigen Konkursgläubigern sei ein Sozialplan, der allein die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigt, rechtsfehlerhaft, da das Grundprinzip der Konkursordnung verletzt würde, so ist dem zuzustimmen, verlangt doch § 112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG ausdrücklich die „wirtschaftliche Vertretbarkeit". — Für das Vergleichsverfahren kann auch hier auf das oben Rdn. 18 Ausgeführte verwiesen werden (vgl. dort zu c.). Ein Sozialplan im Vergleichsverfahren muß nicht nur die Ansprüche der übrigen Gläubiger und die sich aus § 7 VglO ergebenden Mindestsätze für den Vergleichsvorschlag beachten, sondern auch der Vermögenslage des Vergleichsschuldners entsprechen. Anderenfalls wird das Verfahren an § 18 Nr. 3 bzw. Nr. 4 VglO, § 79 Nr. 4 VglO scheitern. Die oben zu Ziffer 2 zusammengefaßten Leitsätze aus dem Beschluß des Großen Senats vom 13. 12. 1978 — GS 1/77 — entsprechen dem Ergebnis einer als notwendig erachteten Rechtsfortbildung zur Schließung einer Gesetzeslücke, die sich bei der Frage der Einordnung der Abfindungsansprüche für den Verlust des Arbeitsplatzes aus einem Sozialplan in das Rangsystem der Konkursordnung ergeben hat. Nach der Auffassung des Großen Senats des BAG hat das BetrVG 1972 Ansprüche geschaffen, die sich weder unter die Bestimmung des § 59 K O einerseits, noch unter die des § 61 Abs. 1 Nr. 6 K O andererseits einordnen lassen. Im Gegensatz zur Entscheidung des Ersten Senats des BAG vom 17. 9. 1974 (BB 1974 1483 = K T S 1975 122 = N J W 1975 182), bei der der Wortlaut des § 59 Abs. 1 Nr. 1 K O im Vordergrund der Argumentation steht, glaubt der Große Senat den Abfindungsansprüchen bei nachkonkurslichen Sozialplänen aus verschiedenen Gründen einen Masseschuldcharakter nicht zubilligen zu können. Der Wortlaut sei im Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck der Norm zu betrachten. Zu dem so allgemeinen Begriff wie den der „Geschäfte und Handlungen" des Konkursverwalters könne der Sozialplanabschluß nicht gerechnet werden. Die Zuerkennung eines Masseschuldcharakters führe zudem, wie unter II, B, 2 c der Gründe näher ausgeführt wird, unvermeidlich zu unausgewogenen Ergebnissen. — Die Vorschrift des § 59 Abs. 1 Nr. 2 K O 423

§26

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

scheide aus, da diese nur Ansprüche betreffe, die nach der Konkurseröffnung als Gegenleistung f ü r erbrachte Dienste entstünden. — Schließlich aber würde die Aufnahme der Abfindungsansprüche in die beste Rangklasse der Masseschulden (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 KO) dahin führen, daß die Zahl der wegen Fehlens einer ausreichenden Masse nicht eröffneten oder später wieder eingestellten Konkursverfahren (§§ 107, 204 KO) zunehmen würde. Dies wäre ein erheblicher Nachteil nicht nur für alle übrigen Konkursgläubiger, sondern auch für die Arbeitnehmer, die nur in einem geordneten Konkursverfahren die Befriedigung der Abfindungsansprüche erwarten könnten. Nun lassen sich Abfindungsansprüche aus einem vom Konkursverwalter abgeschlossenen Sozialplan nicht als Leistungen für den Vorrechtszeitraum nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO bzw. nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO konkretisieren, denn ihr Zweck ist es nicht, den Lebensunterhalt gerade für diese Zeiträume sicherzustellen (vgl. zum Vergleichsverfahren oben Rdn. 18, b zu § 7 VglO). — Die Ansprüche aber in die Reihe aller „übrigen Konkursforderungen" nach § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO einzureihen, ihnen den letzten Platz in der Rangordnung der Konkursordnung zuzuweisen und sie damit bei der in der Regel geringen Deckungsquote dieser Forderungen praktisch wertlos zu machen, erscheint angesichts ihrer sozialen Bedeutung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art 20, Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) nach Auffassung des Großen Senats, der zu folgen ist, nicht vereinbar. Damit aber, so stellt der Große Senat fest, besteht für die konkursrechtliche Einordnung der sich aus §§ 111 bis 113 BetrVG ergebenden neuen Ansprüche eine Gesetzeslücke, die durch Rechtsfortbildung zu schließen sei (vgl. BVerfGE 34 262, 287 f, BAG 22 125). Die Rangvorschriften der Konkursordnung seien hinter der arbeitsrechtlichen Gesetzgebung zurückgeblieben. Es bliebe allein möglich, die Abfindungsansprüche in den Katalog der bevorrechtigten Konkursforderungen nach § 61 Abs. 1 K O aufzunehmen und ihnen dabei der Rang vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 K O zuzubilligen. Der Große Senat sieht es als unvermeidbar an, noch nicht erfüllte Abfindungsansprüche auch dann in die neu geschaffene Rangstelle aufzunehmen, wenn sie sich aus einem noch von dem (späteren) Gemeinschuldner und dem Betriebsrat festgelegten Sozialplan ergeben oder vor Konkurseröffnung gemäß § 113 Abs. 3 in Verbindung mit §113 Abs. 1 BetrVG begründet worden sind. Gleiches wird angenommen, wenn nach ordnungsgemäßer Durchführung einer Betriebsänderung vor Konkurseröffnung ein Sozialplan erst nach diesem Zeitpunkt zustande gekommen oder durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist. Diese rechtliche Einordnung wird von dem Großen Senat mit dem Hinweis darauf vorgenommen, daß das Prinzip, wie es sich aus § 3 K O an sich ergibt, bereits mit der Einfügung des § 59 Abs. 1 Nr. 3 K O durchbrochen worden ist. Nach dem Leitsatz 3 der Entscheidung des Großen Senats werden Ansprüche auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 BetrVG in gleicher Weise eingeordnet wie die Abfindungsansprüche, mag es auch näher gelegen haben, wegen Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten des Konkursverwalters, dem Ersten Senat des BAG folgend (vgl. Urteil vom 17. 9. 1974, KTS 1975 122 = N J W 1975 182) eine pflichtwidrige Unterlassung und damit eine „Handlung" des Verwalters (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 KO) anzunehmen. Maßgebend für die Einordnung aber war (vgl. unter IV A 3 der Gründe des Beschlusses), daß die Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan einerseits und die Ansprüche nach § 113 Abs. 3 in Verbindung mit §113 Abs. 1 BetrVG nicht beziehungslos nebeneinander bestehen. Mit der vom Großen Senat vorgenommenen Rechtsfortbildung lassen sich alle Ansprüche, wie sie durch die Bestimmungen der §§ 111 bis 113 BetrVG neu geschaffen 424

Absonderungsberechtigte Gläubiger

§27

worden sind, leichter in das Rangsystem der Konkursordnung einfügen, als dies bisher rechtlich möglich war. Dies gilt auch für das Vergleichsverfahren und zwar einmal für den Fall der Aufstellung eines Sozialplans vor der Verfahrenseröffnung (vgl. oben Rdn. 18, a zu § 7 VglO) zum anderen für den Fall der Betriebsstillegung und Aufstellung eines Sozialplans erst nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (vgl. Rdn. 18, b zu § 7 VglO). Wenn für das Regelvergleichsverfahren mit einem Erlaß — und Stundungsvergleichs (§ 7 Abs. 1 bis 3 VglO) die Aufstellung eines Sozialplans in der Regel nicht in Betracht kommt, da die Fortführung des Unternehmens angestrebt wird (vgl. § 18 Nr. 4 VglO) und dabei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG meist nicht geplant werden, verhält es sich anders bei einem Liquidationsvergleich im Sinne des § 7 Abs. 4 VglO. Hier sind mit der Aufstellung eines Sozialplans (vgl. Uhlenbmck KTS 1973 86 und BB 1974 628) bei der Erlösverteilung die sich aus der Entscheidung des Großen Senats ergebenden Rangzuweisungen zu beachten, denn für die Erlösverteilung sind konkursrechtliche Grundsätze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch für den Treuhandliquidationsvergleich (vgl. BGH, KTS 1979 81 = W M 1978 954). Eine Mitwirkung des Vergleichsgerichts bei angemessenen Vorauszahlungen auf diesich aus einem Sozialplan ergebenden Ansprüche, wie sie der Große Senat in erweiternder Anwendung des § 170 K O angenommen hat (vgl. IV, B 4 9 der Entscheidungsgründe und zu dieser Frage auch Mentzel-Kubn, Anm. 5 zu § 170 KO), kommt für das Vergleichsverfahren nicht in Betracht. Die Vergleichsordnung kennt kein den Bestimmungen der §§ 149 ff K O entsprechendes besonderes Verteilungsverfahren (vgl. für den Treuhandliquidationsvergleich Rdn. 29 bis 38 zu § 92 VglO). Einwirkungsmöglichkeiten für das Vergleichsgericht ergeben sich gegenüber dem Vergleichsverwalter aus § 41 VglO, gegenüber dem Sachwalter aus § 92 VglO. —

(1) Gläubiger, die im Konkurse abgesonderte Befriedigung beanspruchen können, sind unbeschadet der Vorschrift des § 71 Abs. 3 insoweit Vergleichsgläubiger, als ihnen der Schuldner auch persönlich haftet und sie auf die abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind. Solange der Ausfall nicht feststeht, sind sie bei der Vergleichserfüllung, falls nicht im Vergleich eine für den Schuldner günstigere Regelung vereinbart wird, mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen. (2) Die Bestimmungen für Absonderungsberechtigte gelten auch für Gläubiger, denen zur Sicherung eines Anspruchs eine Sache oder ein Recht übertragen worden ist, sowie für diejenigen, auf deren Befriedigung im Konkurs die Vorschriften für Absonderungsberechtigte entsprechende Anwendung finden. Materialien: Begr. II S. 48, 63; III S. 390. Übersicht Rdn. A. Inhalt d e r Vorschrift Grundsatz der Ausfallhaftung . Die A b s o n d e r u n g s r e c h t e . . . . Die S o n d e r v o r r e c h t e B. A b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g t e gläubiger

Vergleichs-

I. 2

3

Rdn. Geltungsbereich d e r V o r s c h r i f t Vergleichsgläubiger und vom Vergleich 4 b e t r o f f e n e Freigebigkeitsgläubiger Zugehörigkeit des Gegenstands des A b s o n d e r u n g s r e c h t s z u m V e r m ö g e n des Vergleichsschuldners 5 Die d u r c h dingliche R e c h t e Dritter vermit-

425

§27

II.

III.

IV.

I.

II.

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger Rdn. telten S i c h e r u n g e n am S c h u l d n e r v e r m ö g e n 6 Zeitlage der Z u g e h ö r i g k e i t des A b s o n d e rungsgegenstands zum Schuldnervermögen 7 Rechtsstellung d e r G l ä u b i g e r Vergleichsgläubiger mit dem G e s a m t b e t r a g der F o r d e r u n g e n 8 Stimmrecht, Berücksichtigung bei der V e r gleichserfüllung 9 Freistellung von V e r g l e i c h s w i r k u n g e n f ü r Absonderungsgläubiger? 10 Wegfall des A b s o n d e r u n g s r e c h t s Verhältnis z u m A u s f a l l g r u n d s a t z 11 Abgesonderte Befriedigung 12 V e r z i c h t auf a b g e s o n d e r t e Befriedigung . . 13 Berücksichtigung des mutmaßlichen Ausfalls bei V e r g l e i c h s e r f ü l l u n g B e d e u t u n g der V o r s c h r i f t des 5 27 I 2 . . . 14 A n s p r u c h auf Q u o t e n a u s z a h l u n g , m u t maßlicher Ausfall 15 Maßgeblichkeit des tatsächlichen Ausfalls nach zwischenzeitlichem V o l l z u g der a b g e s o n d e r t e n Befriedigung 16 C. Vergleichsgläubiger mit Sondervorrecht Allgemeines Begriffsbestimmung, entsprechende A n w e n d u n g des A u s f a l l g r u n d s a t z e s . . . . Besonderheit ihrer Stellung g e g e n ü b e r Absonderungsberechtigten Die G r u p p e n d e r S o n d e r v o r r e c h t e Schuldverschreibungsgläubiger . . . . . .

17 18 19

III.

IV.

V.

VI.

Rdn. S o n d e r v o r r e c h t e nach § 32 D e p o t G . . . . 20 Sondervorrechte der Stückekontogläubiger Personenkreis 21 V o l l e r f ü l l u n g als V o r a u s s e t z u n g des V o r rechts 22 A n w e n d u n g der §§ 36, 50, 52 f V g l O bei Fehlen des S o n d e r v o r r e c h t s 23 S o n d e r v o r r e c h t bei rechtswidriger V e r f ü g u n g des V e r w a h r e r s Sondervorrechtsgläubiger nach § 32 I Nr. 2 DepotG 24 rechtswidrige V e r f ü g u n g des V e r w a h r e r s als V o r a u s s e t z u n g des V o r r e c h t s 25 V o r r e c h t entfällt, w e n n bessere Rechtsstellung aus allgemeinen V o r s c h r i f t e n gegeben 26 S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h wegen (Mit-) Eigentumsverletzung 27 Ausschluß des V o r r e c h t s bei verspäteter Nachzahlung 28 Die Befriedigung aus den S o n d e r m a s s e n T r a g w e i t e des V o r r a n g s d e r S o n d e r v o r rechtsgläubiger 29 Dauer der Vorzugshaftung 30 Realisierung der V o r z u g s h a f t u n g 31 a) G r u n d s a t z d e r V e r l u s t g e m e i n s c h a f t b) Rechtsbehelfe Das Ausgleichsverfahren nach § 33 DepotG D a s k o n k u r s r e c h t l i c h e Ausgleichsverfahren 32 Auch im Falle eines V e r g l e i c h s v e r f a h r e n s . 33

A. Inhalt der Vorschrift Grundsatz der Ausfallhaftung 1

Mit dieser Vorschrift wird das Prinzip des § 64 KO, der konkursrechtliche Grundsatz der Ausfallhaftung in die Vergleichsordnung übernommen. Doch ist dabei dem Umstand Rechnung getragen worden, daß das Vergleichsverfahren — abgesehen von einem Liquidationsvergleich im Sinne des § 7 Abs. 4 — nicht die Versilberung des Schuldnervermögens erfordert. Daher ist der Grundsatz dahin abgeschwächt, daß die absonderungsberechtigten und sonderbevorrechtigten Vergleichsgläubiger nicht erst mit dem wirklich erlittenen, sondern schon mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen sind (Abs. 1 S. 2). Es bedarf also, falls der Vergleich nicht eine „für den Schuldner günstigere Regelung" vorsieht, d. h. das Gegenteil bestimmt, nicht erst der Realisierung des Absonderungs- oder Sondervorrechts, um bei der Vergleichserfüllung berücksichtigt zu werden (vgl. Kuhn M D R 1960 307). Die Absonderungsrechte

2

Die Absonderungsrechte haben an sich ihre gesetzliche Anerkennung für das Vergleichsverfahren bereits durch die Bestimmung des § 26 gefunden. Die Absonderungsberechtigten sind dann nicht Vergleichsgläubiger, wenn der Vergleichsschuldner nur dinglich, nicht aber persönlich haftet. Das Absonderungsrecht hat Aussonderungskraft, da es auf vorzugsweise Befriedigung aus dem haftenden Gegenstand gerichtet ist (vgl. § 26 Rdn. 3 und 28, zustimmend: Kuhn M D R 1960 307, Serick Bd. III, § 36 II 1). Mit 426

Absonderungsberechtigte Gläubiger

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Rücksicht hierauf sind die Absonderungsrechte bereits in den Anmerkungen 29 ff zu § 26 V g l O zu behandeln gewesen: Der Vollzug der abgesonderten Befriedigung, der Kreis der Absonderungsberechtigten, die Gläubiger aus der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 2 V G , Miet- und Pachtzinsrückstände, Zurückbehaltüngsrechte, Absonderungsrechte aus Privatversicherungsverhältnissen, Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung, Rechte am Treugut, weiter: die Bestimmungen der §§ 50 und 51 K O im Vergleichsverfahren und die Ersatzabsonderung. — Zu diesen Fragen siehe daher die Kommentierung in den Rdn. 29 bis 48 zu § 26 VglO. — Die Sondervorrechte Die Sondervorrechte, die im Gegensatz zu den allgemeinen Vorrechten (§61 Abs. 1 3 Nr. 1 bis 5 K O und § 80 VAG) Vorzugsbefriedigung nicht aus der gesamten Teilungsmasse, sondern Vorzugsbefriedigung nur aus einer Sondermasse gewähren, wie z. B. den Pfandbriefgläubigern der Hypothekenbanken nur aus dem Erlös der im Dekkungsregister eingetragenen Hypotheken, Wertpapieren und Geldern, sind keine Absonderungsrechte. Doch gründet sich das f ü r das Vergleichsverfahren anerkannte Recht der Vorzugsbefriedigung aus Gegenständen der Deckungsmasse bereits auf die Bestimmung des § 26 VglO. Die Sondervorrechtsgläubiger gehen im Konkurs bei Befriedigung aus der Sondermasse allen anderen Konkursgläubigern, auch denen mit allgemeinem Vorrecht, vor. Soweit aber die Sondermasse nicht ausreicht, sind die Sondervorrechtsgläubiger, wie in der Anmerkung 50 zu § 26 VglO näher dargelegt, Vergleichsgläubiger. Aus diesem Grunde und mit Rücksicht auf die rechtlichen Besonderheiten, welche die Befriedigung aus der Sondermasse im Vergleichsverfahren bietet, sind die verschiedenen Arten der Sondervorrechtsgläubiger und die Modalitäten ihrer Befriedigung hier, bei der Bestimmung des § 27 VglO, im Zusammenhang darzustellen — vgl. dazu die Rdn. 17 ff —. B. Absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger I. Geltungsbereich der Vorschrift Vergleichsgläubiger und vom Vergleich betroffene Freigebigkeitsgläubiger Dem Grundsatz der Ausfallhaftung unterliegen nur absonderungsberechtigte Ver- 4 gleichsgläubiger und vom Vergleich betroffene Freigebigkeitsgläubiger (§§ 25, 27, 83 Abs. 1). Ein Absonderungsberechtigter, der zugleich persönlicher Gläubiger des Vergleichsschuldners ist und dessen Anspruch weder bevorrechtigt (§ 26), noch nach § 29 Nr. 1 bis 3 ausgeschlossen ist, ist ungehindert durch das Absonderungsrecht wegen seiner persönlichen Forderung Vergleichsgläubiger. Dies mit dem gesamten Betrage (vgl. BGH, N J W 1956 1594; BGH, M D R 1960 134 = N J W 1960 289, Kuhn M D R 1960 307, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 27 VglO, Serick Bd. III, § 36 II 1 b, Jauemig § 64 II, Bongartz KTS 1977 83, abweichend: Baumann § 16 I 3 c und Schönke-Baur § 73 II 3 a). Besteht das Absonderungsrecht nur f ü r einen Teilbetrag der Vergleichsforderung — ein Fall, der nicht mit dem Fall zu verwechseln ist, daß eine im ganzen gesicherte Forderung durch abgesonderte Befriedigung nicht voll gedeckt werden kann —, so muß für die Zwecke des § 27 Abs. 1 V g l O der gesicherte Forderungsteil als eine besondere Forderung behandelt werden (vgl. Bley K u T 1939 35). Besteht das Absonderungsrecht für eine Forderung, die zu einem Teilbetrag Vergleichsforderung ist, zu einem anderen aber nicht, z. B. wegen eines Vorrechts nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 K O , $ 26 VglO, so gilt der Ausfallgrundsatz nur hinsichtlich des Teils, der Vergleichsforderung 427

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ist. Es ist einem solchen Gläubiger nicht verwehrt, zunächst lediglich wegen des beteiligten Forderungsbetrages abgesonderte Befriedigung zu suchen, um bei einem Ausfall später mit dem bevorrechtigten Forderungsteil vom Vergleich nicht betroffen zu werden.

Zugehörigkeit des Gegenstandes des Absonderungsrechts zum Vermögen des Vergleichsschuldners 5

D e r Ausfallgrundsatz gilt nur bei Zugehörigkeit des Gegenstands des Absonderungsrechts zum Vermögen des Vergleichsschuldners. a) Vermögen des Vergleichsschuldners ist nur das Vermögen, über welches das Vergleichsverfahren eröffnet worden ist, denn nur in bezug auf dieses kann der Gläubiger Vergleichsgläubiger sein und die Stellung eines Absonderungsberechtigten einnehmen. Die Bestimmung des § 27 Abs. 1 greift daher nicht ein im Vergleichsverfahren einer Personalgesellschaft, wenn zur Sicherung der Vergleichsforderung eines Gesellschaftsgläubigers ein Recht auf dem Privatgrundstück eines persönlich haftenden Gesellschafters eingetragen ist ( R G Z 91 13 und R G , K u T 1939 23). b) Zugehörigkeit des Absonderungsgegenstandes zum Vermögen des Vergleichsschuldners liegt nicht bei wirtschaftlichem Eigentum, sondern nur bei Rechtszuständigkeit desselben vor. An einer solchen fehlt es z. B. im Vergleichsverfahren einer G m b H selbst dann, wenn das Grundstück des Einmanngesellschafters, auf dem die Gesellschaftsschuld gesichert ist, auf G r u n d einer schuldrechtlichen Verpflichtung an die Gesellschaft aufgelassen, diese aber im Zeitpunkt des § 21 V g l O noch nicht als Eigentümerin eingetragen war ( R G Z 156 271 = RG, K u T 1938 40 = J W 1938 534). Zum späteren Eigentumserwerb vgl. unten Rdn. 7. — Der Sicherungsübertragung eines Vollrechts kommt trotz ihres über den Zweck der Abrede hinausgehenden Rechtserfolges nur eine abgeschwächte Rechtswirkung zu, denn sie gewährt dem Sicherüngsnehrher nur ein Wertrecht auf abgesonderte Befriedigung ( R G Z 118 209 und 124, 75, B G H , N J W 1959-939). Er kann den W e r t des übereigneten Gegenstandes nur insoweit beanspruchen, als dies zur Deckung der Forderung erforderlich ist. Im übrigen gebührt der W e r t dem Sicherungsgeber ( B G H Z 7 111). D e m entspricht die Bestimmung des § 27 Abs. 2 V g l O - vgl. Serick K T S 1970 89, 97/98 und Mentzel-Kuhn Anm. 15 zu § 43 K O . Zu den absonderungsberechtigten Gläubigern gehören auch diejenigen, die W a r e unter Eigentumsvorbehalt mit der Abrede geliefert haben, daß das Eigentum bis zur Bezahlung sämtlicher, auch künftiger Forderungen aus der Geschäftsverbindung vorbehalten bleibt (Kontokorrentvorbehalt). Ein solcher Verkäufer hat kein Aussonderungs-, sondern nur ein Absonderungsrecht ( B G H , BB 1971 285 = K T S 1971 213 = J Z 1971 506 dazu Gravenhorst J Z 1971 494 —, ferner Kuhn W M 1976 241/242). — H a t der (spätere) Vergleichsgläubiger an vom Schuldner veräußerten oder weggegebenen Gegenständen im Wege der Gläubigeranfechtung (§§ 1 ff AnfG) eine Zwangsdekkung erlangt, so ist diese zwar nicht im Sinne der §§ 28, 87, 104 V g l O als aus dem Vermögen des (späteren) Vergleichsschuldners erlangt anzusehen (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 28 VglO), doch muß sich der Gläubiger im Hinblick auf die Bestimmung des § 7 Abs. 1 A n f G als Ausfallgläubiger behandeln lassen. Dies auch dann, wenn er die Sicherung vor dem Beginn der Rückschlagssperrfrist erlangt hatte (vgl. auch Rdn. 33 zu §28). c) Gehört der f ü r eine Vergleichsforderung haftende Gegenstand nicht dem Schuldner allein, sondern in Gemeinschaft mit einem Dritten, so ist zu unterscheiden. Bei 428

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Bruchteilsgemeinschaft, z. B. Miteigentum an einem Grundstück wird, wenn nicht der Schuldner lediglich seinen Bruchteil, sondern die Miteigentümer das ganze Grundstück hypothekarisch belastet haben, der Ausfallgrundsatz nur anteilmäßig anwendbar; d. h. die Summe, die für Stimmrecht und Vergleichsquote maßgebend ist, wird nur entsprechend dem auf den Bruchteil des Vergleichsschuldners anzurechnenden Teil des Erlöses verkürzt (Jaeger-Lent Anm. 3 a zu § 64 KO). Gehört der verhaftete Gegenstand zum Gesamtgut und wird dieses von einem Ehegatten allein verwaltet, so findet § 27 Abs. 1 Anwendung, wenn über das Vermögen dieses Ehegatten das Vergleichsverfahren eröffnet worden ist. Gleiches gilt, wenn der verhaftete Gegenstand zum gemeinschaftlich verwalteten Gesamtgut gehört und es sich um ein Vergleichsverfahren nach § 114 a VglO handelt (vgl. § 2 und dort Rdn. 56 und 52). Nicht aber gilt % 17 Abs. 1, wenn der das Gesamtgut nicht verwaltende Ehegatte sich im Vergleichsverfahren befindet, der verhaftete Gegenstand aber zum Gesamtgut gehört (vgl. § 2 Rdn. 57). Die durch dingliche Rechte Dritter vermittelten Sicherungen am Schuldnervermögen Näherer Betrachtung bedürfen die durch dingliche Rechte Dritter vermittelten 6 Sicherungen am Schuldnervermögen. Hierher gehören vor allem die Fälle der Zwischenschaltung eines (uneigennützigen) Treuhänders. Das Treugut gehört zur Konkursmasse des Treugebers (vgl. Jaeger-Henckel Rdn. 54, Mentzel-Kuhn Anm. 89 zu § 1 KO, Liebich Treuhand und Treuhänder im Wirtschaftsrecht 1966 178 f). Wird ein dem Treuhänder übertragenes Grundstück zugunsten von Gläubigern des Sicherungsgebers belastet, so unterliegen diese Gläubiger als Vergleichsgläubiger dem Ausfallgrundsatz (OLG Hamm, JW 1935 551). Wird aber lediglich das Grundstück zum Schutze der zu sichernden Gläubiger auf den Treuhänder übertragen, so erwerben diese im Konkurs des Sicherungsgebers damit noch kein Absonderungsrecht (RG, KuT 1937 118). Dies gilt auch für den Fall des Vergleichsverfahrens, da die Bestimmungen der §§ 26 und 27 Abs. 1 VglO auf die Rechtslage im Konkurs abstellen. Ein Treuhänder darf daher nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens das Treugut zugunsten der Vergleichsgläubiger nicht mehr verwerten. Mit der Vergleichsbestätigung (§ 78) entfällt das Treuhandverhältnis insoweit. — Wird jedoch die Sicherung aus dem Vermögen des (späteren) Vergleichsschuldners in der Weise bestellt, daß ein hypothekarisch gesicherter Gläubiger seine Hypothekenforderung gegen den Schuldner anderen Gläubigern verpfändet oder sicherungshalber an diese abtritt, so sind diese absonderungsberechtigt (OLG Kiel, J W 1935 721). Hier ist der Ausfallgrundsatz, wenn auch die Sicherheit nur mittelbar bestellt worden ist, anzuwenden. Zeitlage der Zugehörigkeit des Absonderungsgegenstandes zum Schuldnervermögen Hinsichtlich des Zeitpunkts der Zugehörigkeit des Absonderungsgegenstandes zum 7 Schuldnervermögen ist im Konkurs auf den der Eröffnung des Verfahrens (5 108 KO) abzustellen, denn dieser Zeitpunkt ist für den Umfang und die Zugehörigkeit zur Konkursmasse nach § 1 K O maßgebend (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 7 zu § 64 KO). Auch für das Vergleichsverfahren ist, wie aus § 27 Abs. 1 VglO folgt, von der Rechtslage im Konkurs auszugehen, jedoch zu beachten, daß das Schuldnervermögen, über welches das Vergleichsverfahren eröffnet wird, sich nicht auf das im Zeitpunkt des § 21 VglO vorhandene Vermögen beschränkt. — Hat der (spätere) Vergleichsschuldner den pfandbelasteten Gegenstand bereits vor der Eröffnung des Verfahrens veräußert, so entfällt mit dem Erwerb des Eigentums durch den Käufer der Ausfallgrundsatz aus § 27 Abs. 1 VglO (im Konkursfalle aus § 64 KO). Eine Veräußerung nach der Eröff429

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nung des Vergleichsverfahrens kann — ebensowenig wie im Konkurs die Freigabe des Absonderungsgegenstandes durch den Konkursverwalter — an der Maßgeblichkeit des Ausfallgrundsatzes etwas ändern (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 64 KO). Der Ausfallgrundsatz gilt auch dann, wenn der Vergleichsgläubiger ein Absonderungsrecht erst während des Verfahrens kraft Gesetzes erwirbt, so z. B. wenn der Vergleichsschuldner, der mit Mietzinsverpflichtungen (§ 535 BGB) im Zeitpunkt des § 21 VglO im Rückstand war, weitere Vermieterpfandrecht (§ 559 BGB) unterliegende Sachen einbringt. Geschieht dies jedoch im Einverständnis mit dem Vergleichsgläubiger, um diesen durch die Erweiterung seiner Rechte aus § 559 BGB von den Vergleichsfolgen (§ 82 Abs. 1) ganz oder teilweise zu bewahren, so greift die Bestimmung des § 8 Abs. 3 ein (vgl. hierzu Rdn. 33, 36 b zu § 8). Unanwendbar ist der Ausfallgrundsatz, wenn der Absonderungsgegenstand nach der Konkurseröffnung dem Gemeinschuldner als Neuerwerb zufällt, denn er gehört nicht zur Konkursmasse (§ 1 KO). Fällt der Absonderungsgegenstand nach der Konkurseröffnung in die Konkursmasse, liegt ein Erwerb durch den Konkursverwalter vor, bestand mithin im Zeitpunkt des § 108 K O dingliche H a f t u n g des Dritten, aber persönliche des Gemeinschuldners, so daß damit die Bestimmung des 5 68 K O , wenn auch nur entsprechend (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 8 zu § 64 KO) zum Zuge kam, so behält es hierbei auch sein Bewenden (vgl. Jaeger-Lent Anm. 3 zu § 64 K O und Anm. 2 a zu § 68 KO). Wegen des vollen Betrages, den die Konkursdividende nicht deckt, kann sich daher der Konkursgläubiger an sein Pfand halten. — Für das Vergleichsverfahren tritt an die Stelle des § 64 K O die Bestimmung des § 32 unseres Gesetzes. Ein Erwerb des Pfandgegenstandes nach der Eröffnung des Verfahrens (§21) ändert nichts daran, daß der ursprüngliche Berücksichtigungsbetrag aus § 3 2 V g l O weiterhin maßgebend bleibt (vgl. Kuhn KTS 1957 69, Jaeger-Lent Anm. 3 a. E. zu § 64 K O , Böhle-Stamschräder Anm. 3 § 32 VglO).

II. Rechtsstellung der Gläubiger Vergleichsgläubiger mit dem Gesamtbetrag der Forderung 8

Die in § 27 Abs. 1 V g l O bezeichneten Gläubiger sind ebenso wie die Sondervorrechtsgläubiger (vgl. Anm. 1 und 3 oben) mit dem Gesamtbetrage ihrer Forderungen Vergleichsgläubiger. Nicht etwa ist die Vergleichsgläubigereigenschaft auf den Ausfallbetrag beschränkt. Die Bestimmung des § 27 Abs. 1 S. 2 VglO sagt nur, daß die absonderungsberechtigten Gläubiger, solange iht Ausfall nicht feststeht, bei der Vergleichserfüllung, falls nicht im Vergleich eine für den Schuldner günstigere Regelung vereinbart wird, mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen sind. Nicht etwa steht es dem absonderungsberechtigten Gläubiger frei, mit dem durch das Absonderungsrecht gedeckten Forderungsteil in das gesamte Schuldnervermögen zu vollstrecken. Auch die voll gesicherte Forderung des absonderungsberechtigten Gläubigers wird grundsätzlich vom Vergleich betroffen (BGHZ 31, 174 = K T S 1960 27 = N J W 1960, 289, LG Stuttgart, KTS 1977 269/270, Bongartz K T S 1977 83, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 27 VglO, abweichend: Baumann § 16 I 3 c und Schönke-Baur § 73 II 3 a). Befriedigung kann der absonderungsberechtigte Gläubiger — abgesehen von der auf seine Ausfallforderung entfallenden Vergleichsquote — nur durch Verwertung des pfandverhafteten Gegenstandes suchen. Doch ist es im Gegesatz zum Konkurs nicht erforderlich, um mit der Ausfallforderung an der Ausschüttung der Konkursdividende (§§ 149 ff, 159, 161 KO) voll teilnehmen zu können, rechtzeitig den Nachweis des Ausfalls zu führen (§§ 64, 96, 153, 168 Nr. 3 KO). Das Vergleichsverfahren erfordert — sieht man vom Liquidationsvergleich des § 7 Abs. 4 ab — nicht die Versilberung des schuldnerischen Betriebsvermögens (vgl. Kuhn M D R 1960 307). Der Vergleich soll ja 430

Absonderungsberechtigte Gläubiger

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im Regelfall gerade dazu dienen, die Fortsetzung des schuldnerischen Unternehmens sicherzustellen (§18 Nr. 4). Zur Finanzierung der Vergleichserfüllung stehen, da Anlage- und Umlaufvermögen bei der Fortführung des Unternehmens zumeist voll gebunden sind, regelmäßig nur die aus der Kasse verfügbaren Gewinne, verdiente Abschreibungen und eingebrachte Außenstände bereit (vgl. dazu Veismann K T S 1968 40). Es liegt daher für den Vergleichsschuldner nahe, mit absonderungsberechtigten Gläubigern, die ihre Forderungen hinreichend gesichert glauben, ein Stillehaltenabkommen zu treffen, dahingehend, daß während der Zeit der Vergleichserfüllung nur Zins- und Tilgungsbeträge gezahlt werden, nicht aber das Absonderungsrecht realisiert werden solle. An einem solchen Abkommen können auch die absonderungsberechtigten Gläubiger sehr wohl interessiert sein, um sich einen sanierten Betrieb als Geschäftspartner zu sichern. Für diese wirtschaftlichen Möglichkeiten bietet unser Gesetz, wie nachfolgend zu erörtern sein wird, hinreichend Raum. Stimmrecht, Berücksichtigung bei der Vergleichserfüllung Ohne die Höhe des Ausfalls nachweisen zu müssen, kann der absonderungsberech- 9 tigte Gläubiger in Höhe des mutmaßlichen Ausfalls einer Vergleichsforderung an der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag (§§66, 71, 73, 74) teilnehmen. Ist der absonderungsberechtigte Gläubiger wegen seiner persönlichen Forderung voll gesichert, so hat er kein Stimmrecht ( B G H Z 31 174). Ist ein Ausfall anzunehmen und wird ein bestimmter Betrag als Ausfallforderung geltend gemacht, so hat der Gläubiger, wenn dieser Betrag nicht an sich und nicht als Ausfallforderung bestritten wird, ein Stimmrecht in dieser Höhe. Wird die Forderung an sich oder in ihrer Eigenschaft als Ausfallforderung bestritten, dies vom Vergleichsschuldner, Vergleichsverwalter oder einem anderen Vergleichsgläubiger, so hat, wenn die Beteiligten sich über die Gewährung des Stimmrechts oder dessen Höhe nicht einigen, das Vergleichsgericht nach näherer Maßgabe des § 71 Abs. 2, 3 zum Stimmrecht zu entscheiden. Diese Entscheidung ist nicht beschwerdefähig (§121 VglO). Sie kann, wenn sie vom Rechtspfleger getroffen worden ist, auch nicht mit der Erinnerung angefochten werden (§ 11 Abs. 5 S. 2 RpflG). Hat der Vergleichsrichter zum Stimmrecht entschieden (§ 19 Abs. 2, 3 RpflG, § 71 Abs. 2, 3 VglO), so können den Vergleichsschuldner die für den Fall des Verzuges in der Erfüllung des Vergleichs in § 9 Abs. 1 VglO vorgesehenen Rechtsfolgen, dann nicht treffen, wenn er bis zur endgültigen Feststellung des Ausfalls die Vergleichsforderung des absonderungsberechtigten Gläubigers bei der Vergleichserfüllung in Höhe des festgesetzten Stimmrechts berücksichtigt (§ 97 Abs. 2 VglO). Eine Stimmrechtsentscheidung des Vergleichsrechtspflegers hat gemäß ausdrücklicher Vorschrift ( § 1 9 Abs. 4 RpflG) nicht die in § 97 VglO bezeichneten Rechtsfolgen. Wohl aber ist der Rechtspfleger befugt, auf entsprechenden Antrag — gleich ob er über das Stimmrecht entschieden hat oder nicht — eine Feststellungsentscheidung aus § 97 VglO treffen, die ihrerseits mit der Erinnerung nach § 11 Abs. 1 S. 2 RpflG anfechtbar ist (vgl. BöbleStamschräder Anm. 2 zu § 97 VglO mit weiteren Hinweisen). Da das Vergleichsgericht auch noch nach der Aufhebung des Verfahrens um den Erlaß einer Feststellungsentscheidung angegangen werden kann (§ 97 Abs. 1 VglO), können die Parteien des oben zur Rdn. 8 genannten Stillhalteabkommens eine Entscheidung des Vergleichsgerichts — sei es durch den Vergleichsrichter oder Vergleichsrechtpfleger, § 19 RpflG —, auch dann noch herbeiführen, wenn der Vergleich im übrigen erfüllt worden ist, das Stillhalteabkommen abgelaufen und nunmehr Streit über die Höhe der noch zu berücksichtigenden Ausfallforderung entstanden ist. Nach 431

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Erlaß der Feststellungsentscheidung hat dann der Schuldner, will er die Folgen des Verzuges aus § 9 Abs. 1 hinsichtlich der Ausfallforderung vermeiden, binnen der dort vorgesehenen Wochenfrist zu erfüllen (vgl. B G H Z 32 218 = KTS 1960 167 = N J W 1960 1454 = LM Nr. 3 zu § 9 V g l O mit Anm. Mezger ferner Anm. 14 d zu § 9 oben und Verfasser: „Der fehlerhafte Vergleichsvorschlag" in der Festschrift für Ernst Knorr, Düsseldorf 1968). Damit ergibt sich, daß im Vergleichsverfahren für den absonderungsberechtigten Gläubiger kein Zwang besteht, zur Gewährung eines Stimmrechts im Verfahren selbst oder zur Berücksichtigung bei der Vergleichserfüllung sein Recht auf abgesonderte Befriedigung zu realisieren (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 27 VglO, Bongartz K T S 1977 80/83). Dies selbst dann nicht, wenn seine Vergleichsforderung gemäß einem Stillehalteabkommen erst später, nach der Erfüllung des Vergleichs im übrigen zum Zuge kommen soll. Die Grenzen eines solchen Stillehalteabkommens aber ergeben sich aus § 8 Abs. 3. Das vor der Vergleichsbestätigung geschlossene Abkommen darf den absonderungsberechtigten Vergleichsgläubiger nicht bevorzugen (vgl. dazu Anm. 33—46 zu § 8). Nach Abschluß des Vergleichs entfällt das Verbot (vgl. Berges KTS 1964 129). Wohl aber gilt das Verbot aus § 8 Abs. 3 auch dann, wenn der Abschluß des Abkommens vor der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) vereinbart, dies jedoch erst nach diesem Zeitpunkt geschieht (vgl. dazu Anm. 39 d zu § 8). Trotz seiner hinsichtlich des Stimmrechts und der vergleichsmäßigen Befriedigung beschränkten Aktivbeteiligung kann der absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger die Forderungen anderer Gläubiger mit Bezug auf das Stimmrecht auch dann wirksam bestreiten, wenn ihm selbst wegen voraussichtlicher Volldeckung seines Anspruchs kein Stimmrecht zuerkannt worden ist (§ 71 Abs. 1, 2). Er kann den Erlaß von Verfügungsbeschränkungen gegen den Schuldner beantragen (§ 58 Abs. 1), Auskunft vom Schuldner begehren (§ 69 Abs. 1) und den Antrag auf Abnahme der Versicherung nach § 69 Abs. 2 stellen. Schließlich kann der absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger, da er vom Vergleich betroffen ist (§ 82 Abs. 1), diesen sofern die Voraussetzungen des § 89 Abs. 1 im übrigen vorliegen, anfechten, womit auch die Schranke des § 27 Abs. 1 entfällt. Die Passivbeteiligung des absonderungsberechtigten Vergleichsgläubigers ist nicht beschränkt: Er kann zwar sein Absonderungsrecht verfolgen, unterliegt aber im übrigen wegen seiner persönlichen Forderung bereits im Vorverfahren der Bestimmung des § 13 und mit der Eröffnung (§§ 20, 21) dem Vollstreckungsverbot (§ 47). Auch greifen die Vorschriften über die Rückschlagsperre (§§ 28, 87, 104) ein. Die persönliche Forderung des absonderungsberechtigten Gläubigers wird wie die eines jeden Vergleichsgläubigers gemäß § 82 Abs. 1 vom Vergleich betroffen (vgl. B G H Z 31, 174). — Zum Verzicht auf das Absonderungsrecht vgl. unten Rdn. 13. —

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Freistellung von Vergleichswirkungen für Absonderungsgläubiger Eine Freistellung des absonderungsberechtigten Gläubigers von den Vergleichswirkungen kann sich nur darauf beziehen, daß die Stundungs- und Erlaßwirkungen des Vergleichs nicht für die Ausfallforderung gelten sollen. Eine solche Freistellung bedarf der Zustimmung der dadurch zurückgesetzten übrigen Vergleichsgläubiger mit den in § 8 Abs. 2 vorgeschriebenen Mehrheiten. Sie führt aber nicht dazu und kann nicht dazu führen, an der Vergleichsgläubigereigenschaft etwas zu ändern, denn die Vorschriften über die Beteiligung am Vergleichsverfahren sind zwingenden Rechts (vgl. Anm. 1, 5, 6, 7, 8 zu § 25, Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 25 V g l O und Anm. 6 zu § 27 VglO). 432

Absonderungsberechtigte G l ä u b i g e r

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III. Wegfall des Absonderungsrechts Verhältnis zum Ausfallgrundsatz Mit dem Vollzug der abgesonderten Befriedigung wird der Ausfallgrundsatz ver- 11 wirklicht (vgl. dazu Anm. 12). Fällt das Absonderungsrecht weg, etwa durch Verzicht (vgl. dazu Anm. 13), so erledigt sich damit auch der Ausfallgrundsatz. Das Absonderungsrecht kann auch durch ersatzlosen Wegfall des Deckungsgegenstandes, z. B. mit dem zufälligen Untergang der unversicherten Pfandsache gegenstandslos werden. Eine Veräußerung des Absonderungsgegenstandes und Weggabe nach der Verfahrenseröffnung (§ 21) ändert jedoch an der Maßgeblichkeit des Ausfallgrundsatzes nichts (vgl. oben Rdn. 7). Beim Kontokorrenteigentumsvorbehalt besteht ein Absonderungsrecht des Verkäufers auch an solchen Waren, die der Käufer bereits voll bezahlt hat (BGH, KTS 1971 213 = N J W 1971 799). Mit dem Ausgleich des Saldos erlischt der Eigentumsvorbehalt (BGH, BB 1978 18 = KTS 1978, 165 = M W 1978 1422, kritisch zu dieser Entscheidung: Serick, BB 1978 1477 ff). Der Eigentumsvorbehalt lebt dann auch durch das spätere Entstehen weiterer Forderungen zwischen den Beteiligten nicht wieder auf (BGHZ 42 53/58). Wegen weiterer Einzelheiten ist hier auf die Darstellung zur Rdn. 44 zu § 36 VglO zu verweisen. Abgesonderte Befriedigung a) Vollzogen wird die abgesonderte Befriedigung unabhängig vom Vergleichsver- 1 2 fahren (vgl. Anm. 29 zu § 26). Der absonderungsberechtigte Gläubiger kann Zinsen, auch solche, die für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens (§ 21) erwachsen, aus dem Erlös des Absonderungsgegenstandes für den vollen Forderungsbetrag verlangen. Dies beruht auf dem aus der Konkursordnung (§ 48 KO) übernommenen Anrechnungsgrundsatz des § 367 Abs. 1 BGB (vgl. B G H , KTS 1957 7 = M D R 1957 28 mit Anm. Pohle). Danach gelangen zunächst die Kosten, dann die Zinsen und zuletzt der Hauptanspruch zum Zuge (Ballhaus Rdn. 82 zu § 607 BGB im Großkommentar). Die Zinserlaßvorschrift des § 83 Abs. 2 gewinnt erst Bedeutung, wenn die Ausfallforderung feststeht, d. h. wenn die auch für die Zinsen haftenden Sicherheiten verwertet worden sind (vgl. Verfasser KTS 1966 158, Kalter KTS 1978 1, 4). Unterliegt der Sicherungsgegenstand der Liegenschaftsvollstreckung (Grundstück, grundstücksgleiches Recht, eingetragenes Schiff, Schiffsbauwerk, Luftfahrzeug — §§15, 16, 162, 171 a TNG), so folgt der Befriedigungsrang für den Fall der Zwangsversteigerung aus den Bestimmungen der §§ 10 Abs. 1 Ziffer 4 bis 8, 8, 11, 12, 13 ZVG. Für die Berechnung der laufenden und rückständigen Beträge ist allein der Zeitpunkt der Beschlagnahme in der Liegenschaftsvollstreckung (§§ 20, 22, 165 Abs. 1, 171c Abs. 2 ZVG), nicht aber der Eröffnungszeitpunkt aus §§ 20, 21 unseres Gesetzes maßgebend. Wegen der Einzelheiten, insbesondere für die Befriedigungsfolge von Zinsansprüchen im Liquidationsvergleich, ist zu verweisen auf die Darstellung in KTS 1966 158 ff. — Unterliegt der Sicherungsgegenstand nicht der Liegenschaftsvollstreckung, so gelangen nach den Vorschriften der §§ 1210 Abs. 2, 1228, 367 Abs. 1 BGB zunächst die dem Gläubiger zu ersetzenden Rechtsverfolgungskosten und die Kosten des Pfandverkaufs, dann die seit dem letzten Verfalltermine bis zur Pfandverwertung aufgelaufenen und die noch nicht verjährten Zinsrückstände und schließlich der Hauptanspruch zum Zuge. b) Der Ausfall steht erst fest nach abgesonderter Befriedigung aus allen mithaftenden Gegenständen, mithin soweit Liegenschaftsrecht gilt, aus allen der Hypotheken433

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Verbandshaftung unterliegenden Gegenständen (vgl. hierzu: Kalter K T S 1962 142 f). Z u m Zubehörerlös: Mentzel-Kuhn Anm. 8 zu § 4 K O . — Ist bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks, Schiffs, Schiffsbauwerks, Luftfahrzeugs der Zuschlag (§§ 79 ff Z V G ) einem absonderungsberechtigten Gläubiger auf ein Gebot erteilt, das einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte hinter sieben Zehnteilen des nach § 74 a Z V G festgesetzten Wertes zurückbleibt, so gilt der Ersteher nach § 114 a Z V G auch insoweit als befriedigt, als sein Anspruch durch das abgegebene Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in H ö h e der Sieben-Zehntel-Grenze gedeckt sein würde. D e r absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger muß sich den an sieben Zehnteln des Wertes aus § 74 a Z V G fehlenden Betrag des Steigpreises auf seinen Ausfall anrechnen lassen. Ein Streit über die H ö h e der so fingierten Befriedigung ist durch das Prozeßgericht zu entscheiden. Dieses ist nach der h. M. (vgl. z. B. Zeller, Anm. 4 zu § 114 a Z V G ) an die Wertfestsetzung des Vollstreckungsgerichts gebunden. — Soweit etwaige innerhalb der 7/io-tel Grenze des Grundstückswerts liegende Zwischenrechte bei der Versteigerung ausgefallen sind, nimmt der Bundesgerichtshof ( B G H Z 50 52 = Rpfleger 1968 218) an, daß sie bei der A n r e c h n u n g mit zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf die weitgehende Ablehnung dieser Entscheidung des B G H durch das Schrifttum (vgl. dazu den Hinweis in der Begründung, BTagsDruckS. 7 / 3 8 3 8 — Sachgebiet 310 — vom 1. 7. 1975) sieht die in Aussicht stehende Novelle zum Z V G vor, daß im Falle des § 114 a Z V G etwaige dem Anspruch des Erstehers vorgehende oder gleichstehende Rechte, die erlöschen, nicht zu berücksichtigen sind (vgl. Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, 6. Aufl. 1977, Muster 101, Anm. 3). — Zu verweisen ist weiter auf die BTagsDruckS. 8/2152, Sachgebiet 3104 vom 29. 9. 1978 mit dem Bericht des Rechtsausschusses. Als Befriedigung des absonderungsberechtigten Vergleichsgläubigers aus der Zwangsversteigerung gilt auch nach § 91 Abs. 3 S. 2 Z V G die Vereinbarung über das Bestehenbleiben des Rechts, dies auch f ü r den Bereich des § 27 Abs. 1 S. 1 unseres Gesetzes (RG, K u T 1938 40, zu § 91 Z V G vgl. ferner Drischler N J W 1966 766). c) Mit dem Ausfallbetrage unterliegt der Vergleichsgläubiger nicht mehr den Beschränkungen des § 27 Abs. 1 S. 1 unseres Gesetzes. Steht der Ausfall bereits im Vergleichstermin (§ 66) fest, so erstreckt sich zwar die E r ö r t e r u n g der Forderung (§ 70) auf den gesamten Forderungsbetrag, nicht aber die Stimmrechtsentscheidung. Für diese ist n u n m e h r nicht § 7 1 Abs. 3, sondern allein § 7 1 Abs. 2 maßgebend. Im Falle eines Bestreitens beschränkt sich der V e r m e r k nach § 71 Abs. 4 lediglich auf den feststehenden Ausfallbetrag. — Steht der Ausfall im Vergleichstermin noch nicht fest, so gelten § 71 Abs. 3 und § 97 Abs. 1 (vgl. dazu oben Rdn. 9 mit eingehender Darstellung).

Verzicht auf abgesonderte Befriedigung 13

a) Hinsichtlich des Verzichts auf abgesonderte Befriedigung ist zu unterscheiden zwischen einem Verzicht auf das Absonderungsrecht Uberhaupt, d. h. der Aufgabe dieses Rechtes und dem Verzicht auf einzelne Zugriffsgegenstände und schließlich einem Teilverzicht in einer Weise, daß nur f ü r einen Teilbetrag der Vergleichsforderung auf das Absonderungsrecht verzichtet wird mit der Folge, daß nur f ü r diesen Betrag, nicht aber auch f ü r den Restbetrag der Ausfallgrundsatz seine Geltung verliert (vgl. dazu Jaeger Lehrbuch, § 17 V 4). Ein Verzicht auf abgesonderte Befriedigung nur in bezug auf einzelne Zugriffsgegenstände, w e n n deren mehrere unterschiedslos f ü r die Forderung haften, wie z. B. bei einer Sicherungsübereignung von Sachgesamtheiten (zur Übereignung eines Warenlagers vgl. B G H Z 28 16) kann dies, wenn nicht die freigege434

Absonderungsberechtigte Gläubiger

§27

benen Gegenstände für eine Verwertung ohne Bedeutung sind, dazu führen, daß sich der Ausfallbetrag erhöht. Nicht aber ist ein Verzicht auf das Recht zur abgesonderten Befriedigung in der Weise zulässig, daß der Vergleichsgläubiger sich zunächst für seine gesamte Forderung die Vergleichsquote zahlen läßt, um dann wegen der Restforderung von seinem Absonderungsrecht Gebrauch zu machen Damit würde ihm eine höhere Befriedigung zuteil, als er sie erhalten hätte, wenn er zunächst zur abgesonderten Befriedigung geschritten wäre und sodann für den Ausfall die Quote erhalten würde (vgl. f ü r den Konkursfall hierzu R G Z 156 277). Eine solche Art der Geltendmachung des Absonderungsrechts — gewissermaßen unter Verzicht auf das Recht für die Zeitdauer des Verfahrens — ist durch die Bestimmung des § 27 Abs. 1 S. 2, die zugunsten des Schuldners zwingend ist, ausgeschlossen. b) Der Verzicht auf das Absonderungsrecht ist an sich Rechtsgeschäft. Sieht man in einem solchen Verzicht des absonderungsberechtigten Gläubigers die endgültige und vorbehaltlose Aufgabe des den Absonderungsanspruch begründenden Rechts, so muß, soweit das Gesetz eine Form vorsieht, diese gewahrt werden. Gründet sich das Recht auf abgesonderte Befriedigung auf eine Hypothek, so würden die Bestimmungen der §§ 1168, 1175, 1178, 1183, 875 BGB zum Zuge kommen. Für eine Grundschuld würde die Bestimmung des § 1192 BGB, f ü r eine Rentenschuld die des § 1199 BGB maßgebend sein. Für das Pfandrecht an einer beweglichen Sache würden §§ 1253, 1255, 1257 BGB, für das Pfandrecht an Rechten §§ 1278, 1293 BGB gelten. Nun stellen aber weder die Konkursordnung, noch die Vergleichsordnung eigene Formvorschriften für den Verzicht des absonderungsberechtigten Gläubigers von diesem seinem Rechte auf abgesonderte Befriedigung Gebrauch machen zu wollen, auf. Abgesehen von dem Konkursverwalter und dem Vergleichsschuldner wird den an den Insolvenzverfahren Beteiligten, den übrigen Gläubigern in der Regel auch nicht bekannt, ob und in welcher Form ein absonderungsberechtigter Gläubiger auf das seinem Absonderungsanspruch zugrunde liegende Recht verzichtet hat. Sie halten sich und müssen sich halten an die von dem Absonderungsberechtigten im Insolvenzverfahren abgegebenen Erklärungen oder sein verfahrensrechtliches Verhalten in bezug auf das Recht zur abgesonderten Befriedigung. Es fragt sich daher, wie ein solches Verhalten rechtlich zu werten ist (vgl. zum Verzicht auf das Absonderungsrecht im Konkurs: Mentzel-Kubn Anm. 12 und 13, Jaeger-Lent Anm. 14—16, Bohle-Stamschräder Anm. 5 zu § 6 4 KO). Dies vorausgesandt, ist daher das Verhalten des Absonderungsberechtigten bei der Anmeldung seiner Forderung (§§ 20 Abs. 3 Nr. 4, 67), bei der Abstimmung im Vergleichstermin (§§ 66, 71 ff) und beim Empfang von Zahlungen auf Grund des bestätigten Vergleichs (§ 78) hinsichtlich eines möglicherweise in dem besonderen Verhalten oder Gesamtverhalten liegenden Verzichts, der Aufgabe eines Rechts oder Verwirkung rechtlich zu würdigen. c) In der vorbehaltlosen Anmeldung der gesamten Forderung ist in aller Regel kein Verzicht des Vergleichsgläubigers auf sein Absonderungsrecht zu sehen (LG Kiel, M D R 1957 552, ebenso LG München, M D R 1969 841). Zwar hat der Vergleichsschuldner im mit dem Vergleichsantrag (§ 2) einzureichenden Gläubigerverzeichnis die bestehenden oder doch beanspruchten Deckungsrechte zu nennen und auch die H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls anzugeben (§ 6 Abs. 1). Doch sind diese Mitteilungen des Vergleichsschuldners dem absonderungsberechtigten Vergleichsgläubiger zumeist unbekannt. Mag auch das Gericht mit der Eröffnung des Verfahrens (§ 20) in der öffentlichen Bekanntmachung und in der Ladung zum Vergleichstermin darauf hingewiesen haben, daß der Eröffnungsantrag mit seinen Anlagen bei dem Gericht eingesehen werden könne (§ 22), so geschieht das in der Praxis doch nur sehr selten. Es 435

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

besteht kein Zwang dazu. Einem seine Forderung anmeldenden Gläubiger (§ 67) kann nicht sogleich entgegengehalten werden, daß die Anmeldung nicht der Mitteilung des Vergleichsschuldners im Gläubigerverzeichnis des § 6 Abs. 1 entspräche. Hierzu kommt es erst bei der Erörterung der Forderungen im Vergleichstermin (§ 70). Die vorbehaltslose Anmeldung der gesamten Vergleichsforderung kann darauf zurückzuführen sein, daß der absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger sich seines Absonderungsrechts nicht bewußt war, daß er es übersehen hatte oder daß er glaubte, dieses Recht könne noch später geltend gemacht werden, da die Aufforderung im Eröffnungsbeschluß nur dahin geht, alsbald Forderungen anzumelden (§ 20 Abs. 3 Nr. 4), nicht aber auch dahin, die Sicherheiten zu nennen (zur Bedeutung einer vorbehaltlosen Anmeldung im Konkurs vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 13, Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 64 KO). In der vorbehaltslosen Beteiligung des absonderungsberechtigten Vergleichsgläubigers mit seiner gesamten Forderung an der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag (§§ 67, 71 ff) kann nicht in jedem Falle ein Verzicht auf das Absonderungsrecht gesehen werden. Auf einen solchen Verzicht kann nur aus den Umständen des Einzelfalls geschlossen werden (vgl. Levy K u T 1934 153). Ein Verzichtswille des Gläubigers auf sein Absonderungsrecht ist z. B. anzunehmen, wenn der Vergleichsschuldner dieses Recht bei der Erörterung im Vergleichstermin (§ 70) bestritten hatte, der Gläubiger daraufhin nichts zum Bestehen des Rechts vortrug und sich mit dem Vergleichsschuldner wie Vergleichsverwalter über eine Gewährung des Stimmrechts in voller H ö h e der Forderung einigte (§ 71 Abs. 2,3). Gleiches ist anzunehmen, wenn der Vergleichsgläubiger sein Absonderungsrecht bewußt verschwiegen hatte, um mit der Gesamtforderung an der Abstimmung aus § 74 teilnehmen zu können. Hier traf den Gläubiger bei der Feststellung von Forderung und Stimmrecht in voller H ö h e eine Erklärungspflicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn zuvor im Vergleichstermin (§ 66) bei den Forderungen anderer absonderungsberechtigter Vergleichsgläubiger Fragen zur H ö h e des Ausfalls und des Stimmrechts erörtert worden sind (vgl. hierzu auch Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 27 VglO). In der vorbehaltslosen Annahme von Zahlungen auf die Gesamtforderung, sei es einer oder mehrere Vergleichsraten, um so mehr der Vergleichsquote insgesamt ist ein Verzicht auf das Absonderungsrecht zu sehen, wenn der Vergleichsgläubiger seine gesamte Forderung ohne jeden Vorbehalt zuvor geltend gemacht hatte, d. h. diese angemeldet und mit ihr abgestimmt hatte (§§ 67, 71, 74 ff). Hier ist aus dem Gesamtverhalten des Vergleichsgläubigers in aller Regel auf einen Verzichtswillen zu schließen. Doch ist der Nachweis eines solchen Verzichtswillens nicht erforderlich. Es genügt, wenn aus dem unzweideutigen Verhalten des Vergleichsgläubigers nach Treu und Glauben ein Verzicht auf das Absonderungsrecht entnommen werden kann. Das ist bei dem geschilderten Gesamtverhalten des Vergleichsgläubigers anzunehmen (vgl. O L G Hamburg, M D R 1966 935, Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 27 VglO). Auf einen Verzicht oder eine Aufgabe des Absonderungsrechts ist aber auch dann zu schließen, wenn der Vergleichsgläubiger zwar dieses sein Recht geltend machte, das Vergleichsgericht jedoch auf ein Bestreiten das Bestehen eines Absonderungsrechts verneint und demgemäß das Stimmrecht und den Ausfall auf den vollen Forderungsbetrag festsetzte, der Vergleichsgläubiger es darauf unterließ, beim Empfang der auf den vollen Forderungsbetrag berechneten Vergleichsquote einen Vorbehalt in bezug auf sein nicht anerkanntes Absonderungsrecht zu machen. Hier bestand eine Pflicht zur Erklärung und der Vergleichsgläubiger muß sein Schweigen gegen sich gelten lassen — vgl. zu diesen Fragen ferner: O L G München, N J W 1959 1542 und KG in J R 1961 142, Serick 436

Absonderungsberechtigte Gläubiger

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Bd. III, § 36, II, 14, Fußnote 44. — Die Bestimmung des § 82 Abs. 2, nach welcher der Vergleich (unbeschadet der Vorschrift des § 87) die Sicherungsrechte unberührt läßt, steht den gefundenen Ergebnissen nicht entgegen, denn diese beruhen nicht auf dem Vergleich, sondern auf dem eigenen Verhalten des absonderungsberechtigten Vergleichsgläubigers. Liegt ein Verzicht (Aufgabe des Rechts, Verwirkung) vor, so ist der Vergleichsgläubiger mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78) dem Vergleichsschuldner gegenüber verpflichtet, die zur Freigabe des Haftungsgegenstandes etwa noch erforderlichen formellen Erklärungen und Schritte (vgl. dazu oben zu b dieser Anmerkung) noch vorzunehmen, soweit dies nicht mit dem Verzicht selbst geschehen ist. Die Bedeutung der Vorschrift des § 27 Abs. 1 S. 2 VglO Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 S. 2 ist zugunsten des Vergleichsschuldners zwingend. 14 Der Vergleich kann nicht vorsehen, daß der absonderungsberechtigte Vergleichsgläubiger bis zum Nachweis des Ausfalls mit seiner gesamten Forderung zu berücksichtigen sei. Die Bestätigung eines solchen Vergleichs (§ 78) würde die Unwirksamkeit der Klausel nicht heilen. Zum Nachteil des Gläubigers dagegen ist die Vorschrift abänderlich: Der Vergleich kann z. B. vorsehen, daß die auf den mutmaßlichen Ausfall entfallende Vergleichsquote nicht an den Gläubiger auszuzahlen, sondern bis zur endgültigen Feststellung des Ausfalls zu hinterlegen ist (vgl. Böble-Stamschräder Anm. 6 zu § 27 VglO). Anspruch auf Quotenzahlung; mutmaßlicher Ausfall Soweit der Vergleich keine solche, den Absonderungsberechtigten nachteilige 1 5 Bestimmung enthält, haben diese einen Anspruch auf Berücksichtigung, und zwar auf Auszahlung der Quote, nicht auf bloße Hinterlegung. Deshalb kann die Quote auf den mutmaßlichen Ausfall gemäß § 85 auch beitreibbar sein (a. A. Vogels-Nölte, Anm. IV 3 d). Zur Erteilung der Vollstreckungsklausel ist der Nachweis des mutmaßlichen Ausfalls durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde zu führen (§ 726 Abs. 1 ZPO). Der Nachweis ergibt sich aus dem Gläubigerverzeichnis, (vgl. § 67 Abs. 3 VglO), sofern der Vergleichsrichter über das Stimmrecht entschieden hat (§19 Abs. 2, 3 RpflG, §§ 71 Abs. 2, 3, 97, 27 Abs. 1 VglO). Ist eine solche richterliche Entscheidung nicht getroffen worden oder hat der Vergleichsrechtpfleger zum Stimmrecht entschieden (§ 19 RpflG), eine Entscheidung, mit welcher die in § 97 V g l O bezeichneten Rechtsfolgen nicht verbunden sind (§19 Abs. 4 RpflG), so kann auf entsprechenden Antrag gemäß § 97 VglO zur H ö h e des mutmaßlichen Ausfalls entschieden werden, gleich ob vom Vergleichsrichter oder Vergleichsrechtpfleger (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 27 VglO). — Die Rechtspflegerentscheidung aus § 97 Abs. 1 VglO ist mit Erinnerung (§11 Abs. 1 S. 2 RpflG) angreifbar. — Wie auch immer verfahren worden ist, die entsprechenden gerichtlichen Anordnungen genügen zum Nachweis des mutmaßlichen Ausfalls. Gegen Erteilung bzw. Versagung der Vollstreckungsklausel aus § 85 stehen dem jeweils Betroffenen die Rechtsbehelfe der §§ 732, 768 Z P O zu. Die Anfechtungsbeschränkungen aus § 121 unseres Gesetzes greifen hier nicht ein, da die Entscheidungen aus § 85 in einem nicht in der Vergleichsordnung geregelten Nebenverfahren ergehen (vgl. O L G Hamburg, M D R 1958 853, LG Duisburg, KTS 1964 187). Wegen weiterer Einzelheiten ist auf die Rdn. 15, b zu § 85 VglO zu verweisen — Siehe auch: BöhleStamschräder Anm. 5 zu § 27 VglO und Anm. 2 zu § 85 VglO. — 437

§27

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Maßgeblichkeit des tatsächlichen Ausfalls nach zwischenzeitlichem Vollzug der abgesonderten Befriedigung 16

Der endgültige Ausfall ist die Forderung, die als tatsächlicher Rest nach Durchführung des Zugriffs auf den Sicherungsgegenstand verbleibt ( B G H Z 31 174 = K T S 1960 27 = N J W 1960 289). Dieser Betrag kann höher oder niedriger sein als der mutmaßliche Ausfall, der bei der Vergleichserfüllung gemäß § 97 Abs. 1 und 2 zur Vermeidung der in § 9 Abs. 1 vorgesehenen Rechtsfolgen zu berücksichtigen war. Stellt sich der endgültig festgestellte Ausfall als höher heraus, so hat der Schuldner, der bis dahin die Forderung im geringeren Ausmaße bei der Erfüllung des Vergleichs berücksichtigt hat, das Fehlende nachzuzahlen. Verzug in der Vergleichserfüllung (§ 9 Abs. 1) ist jedoch erst anzunehmen, wenn der Schuldner den Fehlbetrag trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens zweiwöchigen Nachfrist an ihn gerichteten Mahnung nicht bezahlt hat (§ 97 Abs. 3 S. 2). Die Nachfrist ist hier weiter gesetzt als die des § 9 Abs. 1 letzter Halbsatz, um dem Vergleichsschuldner die erforderliche Zeit zur Bereitstellung weiterer Mittel für die Vergleichserfüllung zu gewähren. — Stellt sich der endgültig festgestellte Ausfall als niedriger heraus, hat der Schuldner zuviel gezahlt, so kann er nach § 97 Abs. 4 den Mehrbetrag nur insoweit zurückfordern, als der Gläubiger durch die vom Schuldner geleisteten Zahlungen mehr erhalten hat als die gesamte ihm nach dem Vergleich zustehende, wenn auch noch nicht fällige Forderung beträgt. Eine Erstattung von Zwischenzinsen kann daher nicht verlangt werden. C. Vergleichsgläubiger mit Sondervorrecht I. Allgemeines Begriffsbestimmung, entsprechende Anwendung des Ausfallgrundsatzes

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Sondervorrechte sind solche, die sich auf einen Teil des vom Verfahren erfaßten Vermögens beschränken, auf die sogenannte Sonder-(deckungs)masse. Sie unterscheiden sich von den Absonderungsrechten dadurch, daß sie persönlicher Natur sind und nicht außerhalb, sondern innerhalb des Konkursverfahrens geltend gemacht werden müssen. Im Vergleichsverfahren können die Sondervorrechtsgläubiger Vorzugsbefriedigung verlangen, diese auch zwangsweise verwirklichen, ohne den Vorschriften über die Rückschlagsperre (§§ 28, 48, 87, 104) unterworfen zu sein. Es gilt der Ausfallsgrundsatz hier mit der gleichen Abschwächung wie gegenüber den Absonderungsgläubigern ( § 2 7 Abs. 1). Als Vergleichsgläubiger stimmen die Sondervorrechtsgläubiger, auch die Schuldverschreibungsgläubiger (vgl. dazu Rdn. 19, gemeinsam mit den sonstigen Gläubigern im Vergleichstermin (§ 66) über den Vergleichsvorschlag ab (§§ 71 ff). Versammlungen auch der sonderbevorrechtigten Teilschuldverschreibungsgläubiger nach dem Gesetz vom 4. 12. 18-99 (RGBl. S. 691), geändert durch Ges. vom 14. 5. 1914 (RGBl. S. 221), durch Verordnung vom 24. 9. 1932 (RGBl. I S. 447) und durch Ges. vom 20. 7. 1933 (RGBl. I S. 523) können nur Vorbereitungen, besonders die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters beschließen. Ein Verzicht auf das Sondervorrecht ist möglich, er kann jedoch nur den zusätzlichen Anspruch auf Befriedigung aus der Sondermasse betreffen und muß (§ 397 Abs. 1 BGB) durch Vertrag geschehen. Die Vergleichsforderung selbst wird durch einen solchen Verzicht nur insofern berührt, als der Ausfallgrundsatz nunmehr entfällt.

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Nicht so sehr die vergleichsrechtliche Stellung, vielmehr Fragen der Tragweite und Realisierung der Sondervorrechte können bedeutsam für unser Verfahren sein. Es

Besonderheit ihrer Stellung gegenüber Absonderungsberechtigten

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Absonderungsberechtigte Gläubiger

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bedarf daher eines Hinweises auf die verschiedenen Sondervorrechte, ohne daß damit eine erschöpfende Aufzählung der gesetzlichen Fälle gegeben werden soll. Sondervorrechte der Versicherten (§§ 77, 79 VAG) sind ohne Bedeutung, da die Unternehmen der Lebens-, Kranken- und Unfallversicherung, wie aus § 112 folgt, nicht vergleichsfähig sind. II. Die Gruppen der Sondervorrechte Schuldverschreibungsgläubiger Die erste Gruppe umfaßt die der Schuldverschreibungsgläubiger. Gemeinsam ist 19 ihnen, daß die Forderungen von vornherein auf Geld gehen und die Voraussetzungen der Vorrechte im großen und ganzen die gleichen sind. Den Urfall bildet das Sondervorrecht der Pfandbriefgläubiger von Hypothekenbanken hinsichtlich der in das Hypothekenregister der Bank eingetragenen Hypotheken und Wertpapiere sowie des dem Treuhänder zur Pfandbriefdeckung anvertrauten Geldes (§35 Abs. 1, S. 1 des Hypothekenbankgesetzes i. d. F. vom 5. 2. 1963 — BGBl. I S. 81 —). Ihm nachgebildet ist das Vorrecht der Schiffspfandbriefgläubiger nach § 36 des Schiffsbankgesetzes i. d. F. vom 8. 5. 1963 (BGBl. I S. 312). Hinzutreten die Kommunalschuldverschreibungen oder Kommunalobligationen, die durch Kommunaldarlehen von mindestens gleicher Höhe und mindestens gleichen Zinssatz oder ersatzweise durch sonstige zugelassene Werte gedeckt sind (§§41, 6. Hypothekenbankgesetz, § § 8 , 2 des Gesetzes über Pfandbriefe und verwandte Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten i. d. F. vom 8. 5. 1963 — I. S. 312 —). Zu nennen ist weiter das Vorrecht der Schuldverschreibungsgläubiger der Landwirtschaftlichen Rentenbank — Kreditanstalt (§ 15 des Ges. vom 11.5. 1949 — WiGBl. S. 77, §§ 10, 11 des Ges. zur Abwicklung der landw. Entschuldung vom 25. 3. 1952 — BGBl. I S. 203), sowie der Industrie Kreditbank Aktiengesellschaft (§ 1 des Ges. vom 15.7. 1951 — BGBl. I S. 447 —). Hinzutritt das Sondervorrecht auf Grund landesrechtlicher Vorschriften (§ 17 EG der K O in der Fassung des § 43 HypBanG) der Schuldverschreibungen, die von anderen Kreditinstituten als Hypothekenbanken (§§ 1, 2 Abs. 1 HypBankG) ausgegeben sind (vgl. dazu Hofmann Anm. 3 bis 6 zu § 43 HyBanG). Die Deckungsmasse gehört zur Konkursmasse (§ 1 KO), doch ist sie ein besonderer Bestandteil und als solcher auch gesondert zu behandeln. Im Vergleichsverfahren gehören zur Sondermasse nur die bereits im Zeitpunkt der Eröffnung (§21) zum Vergleichsvermögen gehörenden Werte. Soweit für Pfandbriefgläubiger bzw. Schuldverschreibungsgläubiger eine gesonderte Deckungsmasse zu bilden ist, gehen die Gläubiger mit gleichem Rang unter sich bei Befriedigung aus der für sie bestimmten Dekkungsmässe den anderen Gläubigern vor (vgl. z. B. § 35 HypBankG und § 6 Abs. 2 PfandbriefG und dazu Hofmann Anm. 12 und 13 zu § 35 HypBankG). Sondervorrecht nach § 32 DepotG Die zweite, für das Vergleichsverfahren bedeutsame Gruppe betrifft die Sondervor- 2 0 rechte nach § 32 DeptG. Diese Vorrechte setzen voraus, daß es sich um ein Vergleichsverfahren über das Vermögen der in den §§ 1, 17, 18 DepotG bezeichneten Verwahrer, Pfandgläubiger und Kommissionäre handelt. Die Vorrechte gehen allen anderen Vergleichsgläubigern vor und bestehen in dem Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Sondermasse, die nach dem Gesetz in bestimmter Weise gebildet wird. Die Sondervorrechte decken, wie näher darzustellen ist (vgl. Rdn. 21 f), die Ansprüche auf 439

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Lieferung von Wertpapieren, und zwar einmal als Primäransprüche auf Grund vereinbarter, aber noch nicht erfüllter Lieferpflicht, zum anderen als Sekundäransprüche auf Ersatz wegen rechtswidriger Verfügung des Verwahrers, Pfandgläubigers oder Kommissionärs, wie ihrer Leute. — Gesondert behandelt werden muß die Möglichkeit des Ausgleichsverfahrens und damit das Sondervorrecht nach § 33 DepotG im Falle eines Vergleichsverfahrens eines Verwahrers, dem eine Verpfändungsermächtigung (§12 DepotG) erteilt worden ist (vgl. Rdn. 32 ff). Die Sondermasse, aus welcher die oben bezeichneten Forderungen Vorzugsbefriedigüng genießen, wird nach § 32 Abs. 3 DepotG „gebildet aus den in der Masse vorhandenen Wertpapieren derselben Art und aus den Ansprüchen auf Lieferung solcher Wertpapiere". Es sind daher im Vergleichsverfahren so viele Sondermassen zu bilden, als Arten von Wertpapieren gefordert werden, ohne daß bei der Vorzugsbefriedigung aus den einzelnen Deckungsmassen zwischen den Primär- und Sekundäransprüchen zu unterscheiden wäre. In der Masse vorhanden bedeutet für unser Verfahren dem Rechte nach zum Vergleichsvermögen gehörend. Wenn das Depotgesetz auch allein auf den Konkursfall abstellt, so muß für den Vergleichsfall doch § 32 DepotG entsprechend zum Zuge kommen (vgl. Opitz Anm. 19, Heinsius-Horn-Than Anm. 68 zu § 3 2 DepotG). Bei der Eröffnung des Verfahrens muß das Eigentum, bei Wertpapiersammelbeständen der Eigentumsanteil und der Lieferungsanspruch des Schuldners begründet gewesen sein. Die Bevorrechtigten können in die Sondermasse vollstrecken, ohne durch das Vollstreckungsverbot des § 47 unseres Gesetzes gehindert zu sein. Ein nach Vollbefriedigung der beteiligten Vorrechtsgläubiger etwa verbleibender Überschuß wird f ü r die übrigen Vergleichsgläubiger frei, fließt nicht etwa einer anderen Sondermasse zu (vgl. zum Konkurs: Mentzel-Kuhn Anm. 21 zu § 61 KO). III. Sondervorrecht der Stückekontogläubiger Personenkreis 21

Hinsichtlich des Personenkreises folgt aus § 32 Abs. 1 DepotG das Vorrecht des Einkaufskommittenten im Vergleichsverfahren des Kommissionärs. Das Vorrecht hat der Kommittent auch bei einem Auftrag zum Umtausch von Wertpapieren und zur Geltendmachung eines Bezugsrechts (§ 26 DepotG). Darüber hinaus besteht das Vorrecht auch im Vergleichsverfahren eines Eigenhändlers, bei dem jemand Wertpapiere gekauft oder erworben hat, sowie im Verfahren eines Kommissionärs, der den Auftrag zum Einkauf oder Umtausch von Papieren im Wege des Selbsteintritts ausgeführt hat (§ 32 Abs. 2 DepotG). Das Wesen des Selbsteintritts bei der Kommision zum Einkauf von Wertpapieren (vgl. dazu § 31 DepotG) besteht darin, daß der Kommissionär mangels anderer Weisung des Kommittenten die Kommission solcher Wertpapiere, deren Börsen- und Marktpreis amtlich festgestellt wird, dadurch ausführen kann, daß er die Wertpapiere, die er einkaufen soll, selbst als Verkäufer liefert (§ 400 Abs. 1 HBG). Das Vorrecht für den Primäranspruch kommt nur dann in Betracht, wenn der Kommittent — gleichviel aus welchem Grunde — bis zur Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 21) noch kein Eigentum an den Wertpapieren erworben hat, auch nicht in der Form des Miteigentums an einem Sammelbestand (§§ 24 Abs. 1, 26 S. 3, 31 DepotG). Ist der Kommittent durch Ubersendung des Stückverzeichnisses (§18 Abs. 3 DepotG), durch Besitzkonstitut oder durch Übertragung von Miteigentum an einem Sammelbestand (§ 24 DepotG) Eigentümer geworden, so kann er nach § 32 Abs. 1 Nr. 2, 3 DepotG sonderbevorrechtigt sein, wenn er sein Eigentum (Miteigentum) durch eine rechtswidrige Verfügung des Schuldners oder seiner Leute wieder verloren hat. Zu den Leuten im Sinne der eben genannten Bestimmung gehören nicht nur die strafrechtlich 440

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verantwortlichen Vertreter des Verwahrers (§ 39 DepotG), sondern alle Angestellten, wie überhaupt alle Personen, deren sich der Verwahrer usw. zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen bedient (§ 278 BGB). Dabei brauchen die Angestellten nicht mit der Verwahrung usw. selbst befaßt zu sein, es genügt, wenn sie im Rahmen des Bankgewerbes, zu dem das Verwahrungs-, Pfand- oder Kommissionsgeschäft gehört, beschäftigt sind (vgl. Opitz Anm. 8, Heinsius-Horn-Tban Anm. 24 zu § 32 DepotG). Vollerfüllung als Voraussetzung des Vorrechts Voraussetzung des Sondervorrechts ist, daß der Kommittent bei der Eröffnung des 2 2 Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21) seine Verpflichtungen aus dem Geschäft, auf Grund dessen er das Vorrecht beansprucht, dem Kommissionär gegenüber vollständig erfüllt hat. Der Vollerfüllung bei Verfahrensbeginn steht es gleich, wenn der Gläubiger zu dieser Zeit wenigstens neunzig vom Hundert des auf diesen Zeitpunkt umzurechnenden Wertes seiner Wertpapierlieferungsansprüche — nicht seiner Verbindlichkeiten aus dem Geschäft über diese Papiere — erfüllt hat und die Restsumme seiner gesamten Verbindlichkeiten aus diesem Geschäft, also z. B. auch Provision, Aufwendungsersatz, „binnen einer Woche nach Aufforderung des Konkursverwalters" (§ 32 Abs. 1 Ziff. 3 DepotG), an dessen Stelle im Vergleichsverfahren der Vergleichsschuldner oder ein von diesem bestellter Treuhänder tritt, nachleistet, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Betrag bereits fällig ist. Die rechtzeitige Nachzahlung steht einer Vollerfüllung vor Verfahrensbeginn gleich und führt deshalb zum Ausschluß des an sich gegebenen § 36 VglO (vgl. dazu Bley KuT 1937, 134). Soweit die Bestimmung des § 32 Abs. 1 Ziff. 3 DepotG platz greift, geht diese als Spezialbestimmung wie im Konkurs der des § 17 K O , so im Vergleich der dieser entsprechenden allgemeinen Bestimmung unseres Gesetzes vor (vgl. zum Konkurs: Mentzel-Kuhn Anm. 18 zu § 61 KO). Anwendung der §§ 36, 50, 52 f VglO bei Fehlen des Sondervorrechts Beim Fehlen des Sondervorrechts, sei es, daß der Gläubiger nicht rechtzeitig nach- 2 3 zahlt oder der bis zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21) erfüllte Teilbetrag weniger als neunzig vom Hundert des Wertes seines Wertpapierlieferanspruchs ausmacht, gelten die Bestimmungen der §§ 36, 50, 52 f VglO. Die gerichtliche Ermächtigung zum Ablehnen der Erfüllung kann der Vergleichsschuldner bereits vor der Aufforderung zum Nachzahlen beantragen, er kann sie auch bereits vorher erhalten, ablehnen aber kann er erst nach ergebnislosen Ablauf der mit der Aufforderung aus § 32 Abs. 1 Ziff. 3 DepotG gestzten Frist. Ein etwa entstehender Schadensersatzanspruch des Gläubigers aus $ 52 Abs. 1 VglO ist nichtbevorrechtigte Vergleichsforderung. IV. Sondervorrecht bei rechtswidriger Verfügung des Verwahrers Sondervorrechtsgläubiger nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 DepotG Das Sondervorrecht des § 32 Abs. 1 Ziff. 2 DepotG der Hinterleger, Verpfänder 24 und Kommittenten, deren Eigentum oder Miteigentum an Wertpapieren durch eine rechtswidrige Verfügung des Verwahrers, Pfandgläubigers oder Kommissionärs oder ihrer Leute (§ 278 BGB) verletzt worden ist, rechtfertigt sich aus dem Gedanken des Vertrauensschutzes. Wer einem Kaufmann im Betriebe von dessen Handelsgewerbe Wertpapiere unverschlossen zur Verwahrung anvertraut, ist in seinem Eigentum besonders gefährdet, wenn der Verwahrer in Vermögensverfall gerät. Deshalb sieht das Depotgesetz als Grundform der Verwahrung die Sonderverwahrung an, wobei der 441

§27

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Hinterleger Eigentümer der verwahrten Stücke bleibt oder bei Sammelverwahrung Miteigentum am Sammelbestand erwirbt (§§ 2 ff, 5 ff DepotG). Verwahrer in diesem Sinne sind Kaufleute mit Einschluß der Minderkaufleute sowie öffentliche oder dem öffentlichen Verkehr gewidmete Sparkassen. Besteht eine Kette von Verwahrungsgeschäften, z. B. Zentralbankier (Drittverwahrer) — Lokalbankier (Zwischenverwahrer) — Depotkunde —, so wirkt sich das Vorrecht nur im Verhältnis der Nachbarglieder der Kette aus (vgl. Opitz Anm. 4 zu § 32 DepotG). Die Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers treffen auch den Pfandgläubiger, dem im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen als Pfand anvertraut werden (§17 DepotG). Gleiches gilt nach § 29 DepotG für die Verwahrung durch den Kommissionär, wie für den Eigenhändler (§ 31 DepotG). Verwahrung ist auch Tauschverwahrung (§§ 10, 11 DepotG). Als Nebenpflichten trifft die depotrechtlichen Verwahrungspflichten auch den Verkaufskommissionär (vgl. Ä/e^KuT 1937 135). — Unanwendbar dagegen ist das Depotgesetz bei der uneigentlichen Verwahrung und dem Wertpapierdarlehn (§5 15, 16 DepotG), da der Eigentümer sich hierbei der Papiere selbst, und zwar sofort entäußert. Rechtswidrige Verfügung des Verwahrers als Voraussetzung des Vorrechts 25

Das Vorrecht aus § 32 Abs. 1 Ziff. DepotG besteht nur bei Verletzung des Eigentums (Miteigentums) durch eine rechtswidrige Verfügung des Verwahrers oder seiner Leute. Rechtswidrig ist jede Verfügung, zu der der Verwahrer nicht kraft Gesetzes oder aus gültiger Ermächtigung befugt war. Für die Ermächtigung gilt § 13 Abs. 1 DepotG, soweit nicht die Befreiung von Formvorschriften aus § 16 DepotG eingreift. Den Verfügungen stehen tatsächliche Handlungen gleich, wie z. B. die Vernichtung oder der Verlust von Urkunden, falls dadurch das Eigentum praktisch unrealisierbar wird, z. B. ein Aufgebot ausgeschlossen ist {Heinsius-Horn-Than Anm. 23 zu § 32 DepotG).Die Verletzung des Eigentums kann auch in einer rechtswidrigen Belastung liegen. Das Vorrecht entfällt, wenn bessere Rechtsstellung aus allgemeinen Vorschriften gegeben ist

26

Der Vorrechtsschutz ist gegenstandslos, wenn nach allgemeinen Vorschriften eine bessere Rechtsstellung des Gläubigers gegeben ist, wie z. B. ein Ersatzaussonderungsanspruch oder ein am Vergleichsverfahren nicht beteiligter Rückgewähranspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (vgl. dazu § 26, Rdn. 23, 24). Das Vorrecht bleibt außer Betracht, wenn die Verfügung erst nach der Verfahrenseröffnung vorgenommen worden ist. Gleiches gilt, wenn sie zwar vorher geschehen ist, die Gegenleistung des Dritten jedoch noch aussteht oder erst nach der Verfahrenseröffnung vom Vergleichsschuldner eingezogen worden ist. Wohl aber ist der Gläubiger bevorrechtigt, wenn der Verwahrer die Gegenleistung bereits vor dem Verfahrensbeginn eingezogen hatte oder ein Anspruch auf Gegenleistung nicht erwachsen ist. An der Gegenleistung fehlt es nicht etwa nur bei unentgeltlicher Verfügung, vielmehr auch z. B. bei einer Verpfändung oder einer rein tatsächlichen Einwirkung auf das Papier. — Der dem verletzten Eigentümer zustehende Anspruch auf den Übererlös aus der Pfandverwertung (§ 1247 S. 2 BGB) mindert die Vorrechtsforderung. Schadensersatz wegen Eigentums-(Miteigentums-)verletzung

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Bevorrechtigt nach § 32 Abs. 1 Ziff. 2 DepotG ist der sekundäre Schadensersatzanspruch wegen Eigentums (Miteigentums-)verletzung. Der Anspruch ist nur insoweit 442

Absonderungsberechtigte Gläubiger

§27

bevorrechtigt, als er auf Ersatz von Papieren derselben Art oder eines entsprechenden Geldbetrages geht (§ 32 Abs. 3 S. 2 DepotG). Ein etwaiger Anspruch auf Ersatz weitergehenden Schadens bleibt unbevorrechtigt (vgl. Bley K u T 1937 136). Voraussetzung für den Ersatzanspruch aus § 32 Abs. 1 Ziff. 2 DepotG ist auch hier, daß der Geschädigte seinerseits bei der Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 21) voll erfüllt hat, dies hinsichtlich seiner „Verpflichtungen aus dem Geschäft über diese Papiere". Zur Vollerfüllung genügt nicht, daß der Geschädigte bei einem gegenseitigen Vertrage nur den Anteil gezahlt hat, der auf die von der rechtswidrigen Verfügung betroffenen Papiere entfällt. — Auch der verletzte Eigentümer kann sich das Vorrecht aus § 32 Abs. 1 Ziff. 2 DepotG noch nachträglich verschaffen, wenn der beim Verfahrensbeginn noch nicht erfüllte Teil seiner Verpflichtungen aus dem Geschäft über diese Papiere nicht mehr als zehn vom Hundert seines Papierlieferungsanspruchs beträgt und wenn er seine Restverpflichtungen ohne Rücksicht auf deren Fälligkeit unaufgefordert oder binnen einer Woche nach Aufforderung durch den Schuldner voll erfüllt (§ 32 Abs. 1 Ziff. 3 DepotG). Papierlieferungsanspruch ist hier der Papierersatzanspruch, dessen Wert sich nach dem Kurs- oder Marktwert bei Verfahrensbeginn bemißt. Ausschluß des Vorrechts bei verspäteter Nachzahlung Hat der Gläubiger nicht rechtzeitig nachgezahlt oder fehlt es an der Voraussetzung 2 8 für das Recht zur Nachzahlung, so ist das Vorrecht des Papierersatzanspruchs nicht gegeben. Dies auch dann, wenn die vom Gläubiger vor dem Verfahren erbrachte Teilleistung den Wert der zu ersetzenden Papiere überstiegen hat. V. Die Befriedigung aus den Sondermassen Tragweite des Vorrangs der Sondervorrechtsgläubiger Hinsichtlich der Tragweite des Vorrangs der Sondervorrechtsgläubiger (dazu auch 2 9 Hopt DB 1975 397) besagt § 32 Abs. 3 S. 1 DepotG lediglich, daß die Befriedigung vor allen anderen Konkursgläubigern zu geschehen hat. Darüber hinaus aber müssen auch die allgemeinen Massegläubiger (§§ 57 ff KO) gegenüber den Bevorrechtigten zurücktreten, da die Gegenstände der vorzugsweisen Befriedigung eine Sondermasse bilden. Nur die auf der Sondermasse lastenden Kosten ihrer Verwaltung und Verteilung sind im Konkurse vorab zu decken und berechtigten auch zur Vollstreckung in die Sondermasse (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 14 zu § 58 KO). Dies ist z. B. für die Kosten der Versammlung der Pfandbriefgläubiger, die nach den Vorschriften des Gesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen berufen wird, in § 35 Abs. 4 HypBanG ausdrücklich bestimmt. Das Recht auf vorzugsweise Befriedigung versagt, soweit an dem Gegenstand dieses Befriedigungsrechts Absonderungsrechte bestehen (§§ 48, 49 KO). Auch Aufrechnungsansprüche, die gegenüber einzelnen der vorzugsweisen Befriedigung dienenden Gegenständen geltend gemacht werden können (§ 54 KO), gehen im Konkurse vor. — Für das Vergleichsverfahren gilt Entsprechendes. Zu beachten ist jedoch, daß die Bestimmungen der Rückschlagssperre dem endgültigen Erwerb eines Absonderungsrechts durch Zwangszugriff entgegenstehen können ( S S 28, 87, 104 VglO). - Vgl. dazu Bley K u T 1937 138. Dauer der Vorzugshaftung Hinsichtlich der Dauer der Vorzugshaftung gilt folgendes: Auch nach der Ver- 3 0 gleichsbestätigung ( S 78 VglO) besteht diese, bis die Sondervorrechtsgläubiger aus den für sie bestimmten Sondermassen, soweit möglich, befriedigt sind. Wird vor der Aus443

§27

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

schüttung der Sondermassen das Anschlußkonkursverfahren (§ 102 VglO) eröffnet, so sind hinfort die konkursrechtlichen Vorschriften f ü r die Vorzugsbefriedigung unmittelbar anzuwenden. Der Umfang der Sondermassen richtet sich nach der Rechtslage zur Zeit der Konkurseröffnung. Da der Vergleichsantrag als ein bedingter Konkursantrag gilt, ist für die Frage der Vollerfüllung durch den Gläubiger (§ 32 Abs. 1 Ziff. 3 DepotG) auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21), nicht auf den sich aus § 108 K O ergebenden Zeitpunkt abzustellen. Es würde dem Sinn und Zweck des Vorrechts widersprechen, wenn ein Vergleichsgläubiger, dem dieses Recht nicht zusteht, sich dieses Recht f ü r den Anschlußkonkurs (§ 102 VglO) durch eine Nachzahlung (§ 32 Abs. 1 Ziff. 3 DepotG) nunmehr nachträglich sichern könnte (vgl. Heinsius-Horn-Than Anm. 69 und Opitz Anm. 19 zu § 32 DepotG).

31

Realisierung der Vorzugshaftung a) Bei der Realisierung der Vorzugshaftung gilt auch im Vergleichsverfahren, wie bei der konkursrechtlichen Vorzugsbefriedigung, für die Sonderbevorrechtigten untereinander und damit für den U m f a n g ihrer Vorrechte der Grundsatz der Verlustgemeinschaft. Die Sonderbevorrechtigten haben bei der Vorzugsbefriedigung gleichen Rang. Der Vergleichsschuldner — im Falle des § 7 Abs. 4 VglO dessen Treuhänder — hat entsprechend der Bestimmung des § 32 Abs. 3 DepotG Sondermassen zu bilden und daraus die Vorrechtsgläubiger anteilmäßig zu befriedigen. Die Schuldverschreibungsgläubiger haben, wie bereits außerhalb des Verfahrens, nur eine Geldforderung, — die Depotgläubiger sind, soweit möglich, durch Zuteilung von Stücken gleicher Art, im übrigen durch anteilige Verteilung der um die Verwertungskosten geminderten Erlöse zu befriedigen. Eine ungleiche Behandlung der Gläubiger würde gegen die Bestimmung des § 8 Abs. 3 VglO verstoßen, da die Bevorzugung des einzelnen im Verhältnis zu den übrigen Vorrechtsgläubigern sich zugleich als eine verbotene Sonderbegünstigung einer Vergleichsforderung auswirken würde. Der Vorrechtsgläubiger ist wie der absonderungsberechtigte Gläubiger nicht etwa nur mit dem Betrag seines Ausfalls Vergleichsgläubiger (vgl. dazu oben Rdn. 8). Im Verhältnis zu den allgemeinen Vergleichsgläubigern ohne Sonderstellung ist die anteilige Befriedigung in Papieren nach § 32 Abs. 3 S. 2 DepotG keine verbotene Sonderbegünstigung, vielmehr gesetzlich geboten. Dies auch bei endgültiger Umwandlung des Anspruchs in eine Geldforderung nach § 34 VglO, da es sich um eine gesetzliche Leistung an Erfüllungs Statt handelt. Ein Wegfall der Vergleichsschranken aus §§ 9 Abs. 1, 89 Abs. 1 VglO, der dem einzelnen Vorrechtsgläubiger zugute kommt, führt nicht zur Veränderung bei der vorzugsweisen Befriedigung, hat mithin nur Bedeutung hinsichtlich des Ausfalls bei dieser. b) Gegen Zugriffe Dritter auf die Sondermassen hat der Vergleichsschuldner die Rechtsbehelfe der Erinnerung und der sofortigen Beschwerde (§§ 766, 793 Z P O ) . Diese genügen, soweit die Sondermassen registermäßig festliegen. Mit Hilfe der Register und der Treuhänder der jeweiligen Deckungsmassen läßt sich leicht feststellen, inwieweit unberechtigt in das Recht der Sonderbefriedigung eingegriffen wird. Dagegen läßt sich bei Zugriffen auf die depotrechtlichen Sondermassen mit den erwähnten Rechtsbehelfen allein die Gleichbehandlung der Vorrechtsgläubiger technisch nicht gewährleisten (vgl. Bley Z Z P 61 161). Es bedarf hier aus Gründen der Rechtsklarheit einer Ausscheidung und Sicherung der Sondermassen. Dies geschieht praktisch am besten durch alsbaldige Übertragung auf einen Treuhänder. Möglich ist — entsprechend § 32 Abs. 5 S. 1 DepotG — die Bestellung eines Sonderpflegers der Vorrechtsgläubiger und die Übertragung der Sondermassen auf diesen. Der Treuhänder, der nicht etwa gemäß §419 BGB als Vermögensübernehmer haftet, ist wie der 444

Absonderungsberechtigte G l ä u b i g e r

§27

Vergleichsschuldner selbst den Sonderbevorrechtigten nur zur verhältnismäßigen Zuteilung von Papieren und Geld verpflichtet. Vollstreckt ein Sondervorrechtsgläubiger auf G r u n d eines zuvor erlangten Titels, so steht § 47 V g l O nicht entgegen, wohl aber ist die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 Z P O ) gegeben, soweit das Begehren des Gläubigers über die ihm gemäß § 32 Abs. 3 S. 2 D e p o t G in N a t u r zuzuteilenden Stücke hinausgeht (ebenso Heinsius-Hom-Tban Anm. 70 zu § 32 D e p o t G ) . VI. Das Ausgleichsverfahren nach § 33 DepotG Das konkursrechtliche Ausgleichsverfahren Das konkursrechtliche Ausgleichsverfahren hat seinen G r u n d darin, daß der Bank- 3 2 Verwahrer, der den Hinterlegern von Wertpapieren Kredit einräumt, f ü r dessen Gesamtbetrag seinerseits bei einem Zentralbankier Rückkredit in der Weise aufnehmen kann, daß er zur Sicherung des gesamten Rückkredits die Wertpapiere und Sammelbestandanteile jedes einzelnen Hinterlegers verpfändet (§ 12 Abs. 2 DepotG). D a der Zentralbankier bestimmen kann, welche Papiere und Sammelbestandteile er verwerten will, befinden sich die Hinterleger gewissermaßen in einer Gefahrengemeinschaft. Sie sind z u m Ausgleich der sich bei der V e r w e r t u n g ergebenden Ungleichheiten zu einer engeren Verlustgemeinschaft zusammengefaßt. Im Konkurs des Verwahrers sind sie aus der gemäß § 33 Abs. 2 D e p o t G zu bildenden Sondermasse anteilig zu befriedigen (vgl. z u r Verteilung auch Hopt D B 1975 1061/1066 ff). Zu diesem „Ausgleichsverfahren" k o m m t es immer nur dann, wenn der Zentralbankier die ihm verpfändeten W e r t e ganz oder teilweise zu seiner Befriedigung verwertet hat. In die Sondermasse sind aufz u n e h m e n : 1. die vom Pfandgläubiger nicht zu seiner Befriedigung verwerteten W e r t papiere und Sammelbestandteile, 2. der Erlös aus der V e r w e r t u n g , soweit er nicht zu seiner Befriedigung dem Pfandgläubiger gebührt, 3. die Forderungen gegen einen am Ausgleichsverfahren beteiligten Hinterleger aus dem ihm eingeräumten Kredit, sowie Leistungen zur Abwendung einer d r o h e n d e n Pfandverwertung. — Bei der D u r c h f ü h rung des Ausgleichsverfahrens ist jeder an diesem V e r f a h r e n Beteiligte nach § 33 Abs. 4 D e p o t G berechtigt und verpflichtet, die von ihm dem V e r w a h r e r anvertrauten und in der Sondermasse vorhandenen Wertpapiere o d e r Sammelbestandanteile zu einem bestimmten Schätzungswert zu übernehmen. Nicht aber steht einem solchen Hinterleger das Recht auf Aussonderung o d e r Ersatzaussonderung zu, er ist nur zusammen mit den übrigen Hinterlegern sonderbevorrechtigt. Ein nach Befriedigung aller am Ausgleichsverfahren beteiligten Hinterleger verbleibender Betrag der Sondermasse ist an die Konkursmasse des Verwahrers a b z u f ü h r e n (vgl. Jaeger-Lent Anm. 6, Mentzel-Kuhn Anm. 23, je zu § 61 K O ) . Auch im Falle eines Vergleichsverfahrens Im Vergleichsverfahren besteht, solange der V e r w a h r e r zahlungsfähig ist, f ü r ein 3 3 Ausgleichsverfahren keine Veranlassung. Jeder Hinterleger kann gegen Begleichung seiner Schuld vom V e r w a h r e r die Aushändigung der verpfändeten Papiere bzw. Schadloshaltung verlangen. Er ist auch in der Lage, diese Ansprüche durchzusetzen, ohne durch § 47 V g l O daran gehindert zu sein. Erst wenn der Zwischenverpfänder seine Zahlungen einstellt, entsteht die Gefahrengemeinschaft der Pfandschuldner, deren Wertpapiere über P f a n d d e p o t weiterverpfändet sind. Tritt dieser Fall ein, so w ü r d e der Pfandschuldner des Zwischenverpfänders im Vergleich ohne den Schutz des § 33 D e p o t G G e f a h r laufen, gewöhnlicher Vergleichsgläubiger zu werden, sobald der D r i t t p f a n d n e h m e r die Wertpapiere verwertet. Nicht etwa käme hier die Bestimmung des § 26 V g l O zum Zuge, da weder ein Aussonderungsrecht, noch Ersatzaussonde445

§ 2 8

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

rungsrecht, noch allgemeines Vorrecht gegeben ist. Es würde gegen Sinn und Zweck der Vorschrift des § 33 DepotG verstoßen, wenn diese nur für den Konkursfall, nicht aber bei der auch im Vergleichsverfahren entstehenden Gefahrengemeinschaft der Hinterleger anwendbar sein sollte (Heinsius-Horn-Than Anm. 28 zu § 33 DepotG). An die Stelle des Eröffnungszeitpunkts des Konkurses (§ 108 KO) tritt der des Vergleichsverfahrens (§21 VglO). Dieser Zeitpunkt bleibt auch maßgebend, wenn es zum Anschlußkonkurs (§ 102 VglO) kommt. — Für die Realisierung der Vorzugshaftung gilt das oben zur Anm. 31 Ausgeführte. Die Bestellung eines Treuhänders empfiehlt sich insbesondere im Hinblick auf § 33 Abs. 2 Nr. 2, 3, Abs. 4, S. 2 und 3 DepotG. Die Verteilung kann erst nach Abrechnung mit dem Rückkreditgeber geschehen, mithin praktisch erst nach der Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO) — vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 7 zu § 27 VglO. —

§28 Sperrfrist (1) Gläubiger, die durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine Sicherung erlangt haben, bleiben Vergleichsgläubiger, wenn sie diese Sicherung später als am dreißigsten Tag vor der Stellung des Eröffnungsantrags erworben haben. Dies gilt entsprechend auch für Gläubiger, die durch Zwangsvollstreckung befriedigt worden sind. (2) Bei der Berechnung der Frist wird der Tag der Stellung des Antrags nicht mitgezählt. Materialien: Begr. I S. 17; III S. 48, 64; III S. 390. Übersicht Rdn. A. Das Institut der Rückschlagssperre I. Gestaltung Z w e c k des Instituts Gestaltung des Instituts Freiwillig g e w ä h r t e D e c k u n g e n Nachlaßvergleichsverfahren II. Die W i r k u n g e n d e r R ü c k s c h l a g s s p e r r e V e r f a h r e n s r e c h t l i c h e u n d materiellrechtliche W i r k u n g e n W i r k u n g e n im E r ö f f n u n g s v e r f a h r e n . . . . W i r k u n g e n im V e r g l e i c h s v e r f a h r e n . . . . W i r k u n g e n bei Bestätigung des Vergleichs W i r k u n g e n im A n s c h l u ß k o n k u r s Bestehenbleiben d e r Z w a n g s d e c k u n g e n ; Erlösverteilung Gläubigeranfechtung

B. Von der Rückschlagssperre betroffene Gläubiger I. Vergleichsgläubiger E r w e r b der Z w a n g s d e c k u n g w ä h r e n d d e r Rückschlagssperrfrist Gegenständliche Beschränkung Rechtslage im Z e i t p u n k t d e r E r ö f f n u n g . . A n s p r ü c h e aus gegenseitigen Schuldverhältnissen

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1 2 3 4

5 6 7 8 9 10 11

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Rdn. V o l l s t r e c k u n g gegen V e r m ö g e n s - o d e r . Erbschaftsnießbraucher 16 II. Ausgeschlossene G l ä u b i g e r Geltungsbereich der R ü c k s c h l a g s s p e r r e . . 17 Wirkungen der Rückschlagssperre . . . . 18 III. Zwischenstaatliches Recht Auf das I n l a n d s v e r m ö g e n b e s c h r ä n k t e s Vergleichsverfahren . . : . . . . ' 19 Auf das A u s l a n d s v e r m ö g e n erstrecktes Vergleichsverfahren 20

C. Die Rückschlagssperrfirst Rechtsnatur Beginn der Frist Beendigung d e r Frist Maßgeblichkeit des V e r g l e i c h s a n t r a g s

D . Der Rückschlagssperre unterliegende Deckungen I. Erwerb durch Zwangsvollstreckung Zwangsvollstreckung Zwangserwerb II. Zwangssicherung und Zwangsbefriedigung Unterscheidungsmerkmal

21 22 23 24

25 26

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§28

III.

IV.

Rdn. Zwangssicherungen 28 Zwangsbefriedigungen 29 Zwang zur Abgabe einer Willenserklärung 30 Erwerb aus dem Vermögen des Schuldners Keine Sperre bei Zugriff auf Vermögen mithaftender Dritter; Sperre bei Sondervermögen 31 Sperre, wenn Deckungserwerb nach Gutglaubensvorschriften Dritten gegenüber wirksam ist? 32 Im Wege der Gläubigeranfechtung erlangte Zwangsdeckung 33 Leistungen zur Abwendung von Vollstrekkungsakten Die Streitfrage 34 N u r der Erwerb aus Zwangsvollstreckungen 35

Rdn. E. Erwerb während der Rückschlagssperrfrist I. Allgemeines Sperrwirkung auch bei Unkenntnis des Gläubigers 36 Maßgeblichkeit des Erwerbszeitpunktes . . 37 II. Einzelfragen Sicherung durch Vormerkung 38 Fiktionswirkung des 5 894 Z P O vor Beginn der Sperrfrist 39 Weiterer Erwerb durch Fiktionswirkung nach Ablauf der Sperrfrist 40 Vollzogener Arrestbefehl 41 Arrestpfandrecht innerhalb der Sperrfrist . 42 Pfändungsankündigung (§ 845 I Z P O ) . . 43

A. Das Institut der Rückschlagssperre I. Gestaltung Zweck des Instituts Das Institut der Rückschlagssperre bezweckt einmal, daß diejenigen Gläubiger, die 1 später als am 30. Tage vor der Stellung des Vergleichsantrags durch Zwangsvollstrekkung eine Sicherung oder Befriedigung erlangt haben, wenn sie ohne diese Vergleichsgläubiger sind, sowohl im auf den Antrag eröffneten Vergleichsverfahren als auch im Anschlußkonkurs dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung unterworfen bleiben. Zum anderen bezweckt das Institut, wie sich aus §§ 47 f, 87, 104 VglO ergibt, daß die vom Vergleichsverfahren ausgeschlossenen Gläubiger daran gehindert werden, sich durch eine Zwangsdeckung nach dem bezeichneten Zeitpunkt mit Bezug auf das Vergleichsverfahren und den Anschlußkonkurs günstiger stellen als die Vergleichsgläubiger. Gestaltung des Instituts Die Gestaltung des Instituts steht unter dem Gedanken, einen nur mittelbaren Voll- 2 streckungsschutz zu gewähren. Zwar ist mit dem Eingang des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) ein Vollstreckungsverbot denkbar. Insoweit hilft das Gesetz mit dem Schutz aus § 13, der jedoch nur auf Antrag des vorläufigen Verwalters (§11 VglO) gewährt werden kann. Doch kam es entscheidend darauf an, Zwangsdeckungen, die bereits vor dem Eingang des Vergleichsantrags erlangt wurden, zu erfassen und den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch gegenüber in der Krisenzeit erlangten Sicherungen oder Befriedigungen durchzusetzen. Eine Anfechtung nach Art der Konkursanfechtung (§§ 29 ff KO) wäre mit dem das Vergleichsverfahren beherrschenden Grundsatz der Beschleunigung (vgl. §§ 10, 14, 121 VglO) unvereinbar gewesen und hätte den Rahmen des Verfahrens gesprengt (so mit Recht Kiesow Anm. 1 zu § 3 V g l O von 1927). Das Gesetz versagt deshalb dem während der Krisis erlangten Zwangserwerb der vorbezeichneten Gläubiger, ohne daß es einer Anfechtung bedürfte, im auf den gestellten Vergleichsantrag eröffneten Vergleichsverfahren und im Anschlußkonkurs die Anerkennung. Dies geschieht, indem die bezeichneten Gläubiger trotz ursprünglicher Zulässigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen den Verfahrensfolgen unterworfen werden: Der von der Rückschlagssperrfrist betroffene Gläubiger nimmt ohne Rück447

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger sieht auf die erlangte Sicherung oder Befriedigung mit der vollen H ö h e seiner Vergleichsforderung am Verfahren teil. Er ist voll stimmberechtigt (§ 71 V g l O ) und wird wegen seiner ganzen Forderung vom Vergleich betroffen. Mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78 V g l O ) , bzw. mit der E r ö f f n u n g des Anschlußkonkursverfahrens (§§ 102 ff V g l O ) wird die Sicherung unwirksam und das zur Befriedigung Erlangte ist nach Maßgabe der 812 ff BGB herauszugeben (§§ 87, 104 VglO). Die Vollstreckungsorgane haben, ohne daß es einer Mitwirkung der Gläubiger, zu deren Gunsten die M a ß n a h men getroffen wurden, bedarf, die Vollstreckungsmaßnahmen von Amts wegen a u f z u heben ( B G H , K T S 1960 14 = M D R 1960, 222 = N J W 1960 435). D e m steht nicht entgegen, daß der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger zuvor die A u f h e b u n g anzukündigen hat (vgl. § 89 Abs. 5 der G V G A ) . — Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 28 V g l O . — Mit der A u f h e b u n g einer Liegenschaftsvollstreckung ist das G r u n d b u c h a m t (Registergericht) um Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks (§§ 34, 162, 171 a Z V G ) , bzw. des Zwangsverwaltungsvermerks ( § 1 6 1 Abs. 4 Z V G ) zu ersuchen. — Das Institut der Rückschlagssperrfrist vermeidet Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Eintritts der Krise, indem unser Absatz 1 des § 28 V g l O einen Anfangsstichpunkt festlegt, von dem aus der Beginn der Sperrfrist zu berechnen ist, wobei gemäß § 28 Abs. 2 V g l O der T a g der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2 V g l O ) nicht mitzählt. D a dieser Zeitpunkt, wie auch der Zeitpunkt der in Frage stehenden Vollstreckungsmaßnahme ebenso leicht wie eindeutig feststellbar ist, schließt das Gesetz hinsichtlich der Zeitfrage jeden Streit über den Kreis der Gläubiger, die von der Rückschlagssperre betroffen werden, aus (vgl. Weber K T S 1965 134).

3

Freiwillig gewährte Deckungen Freiwillig gewährte Deckungen, d. h. solche, die nicht durch Zwangsvollstreckung erlangt sind, werden von der Rückschlagssperrfrist des § 28 V g l O nicht erfaßt ( B G H Z 55 307 = K T S 1971 2 1 0 / 2 1 1 = N J W 1971 1702). Dies auch dann nicht, wenn sie nach dem Beginn einer Zwangsvollstreckung gewährt werden (Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 28 VglO). D o c h kann hier im Einzelfall die Bestimmung des § 8 Abs. 3 V g l O eingreifen, so wenn die D e c k u n g gewährt wird, um den betreffenden Gläubiger im Hinblick auf den Vergleich zu bevorzugen (vgl. Einzelheiten: Rdn. 39, 40, 41, 42 zu § 8 VglO). Ist ein solches D e c k u n g s a b k o m m e n nichtig, so fragt es sich weiter, ob und inwieweit die Bestimmung des § 817 S. 2 BGB der R ü c k f o r d e r u n g von Leistungen des Vergleichschuldners (oder dritter Personen) entgegensteht. Dies ist nicht der Fall, wenn mit Jaeger K u T 1935 83 und Jaeger-Weber (Anm. 14 zu § 181 K O ) davon auszugehen ist, daß die Bestimmung des § 817 S. 2 BGB durch die des § 8 Abs. 3 V g l O verdrängt wird (Einzelheiten: Rdn. 46 zu § 8 V g l O ) . — Ein gewisser Schutz f ü r die Gläubiger folgt aus der Verpflichtung des Vergleichsschuldners, anfechtbare Deckungsgeschäfte bereits bei der Stellung des Vergleichsantrags mitzuteilen (§ 4 Abs. 1 N r . 3 V g l O ) , sie im übrigen auf Verlangen des Vergleichsverwalters näher zu bezeichnen (§§ 11, 40 V g l O ) und nach näherer Maßgabe des § 6 9 V g l O anzugeben. Die Vergleichsgläubiger werden, soweit nicht die D e c k u n g e n zurückgewährt werden, sich darüber schlüssig werden müssen, ob sie nicht in einem Anschlußkonkurs aus der hier möglichen Anfechtung nach §§ 29 ff K O (zur Erstreckung der Fristen vgl. § 107 VglO) mit einer besseren Befriedigung zu rechnen haben. Hieraus folgt nicht selten, daß die zur A n n a h m e des Vergleichsvorschlags erforderlichen Mehrheiten (§ 74 V g l O ) nicht erreicht werden. Schließlich aber hat das Vergleichsgericht, wenn anzunehmen ist, daß im Anschlußkonkurs unter Berücksichtigung der dort vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeiten eine höhere Dividende zu erwarten ist, dies bei seiner Entscheidung über die Bestätigung eines von den Vergleichsgläubigern angenommenen Vergleichs zu berück448

Sperrfrist

§28

sichtigen, denn nach § 79 Ziff. 4 VglO ist die Bestätigung zu versagen, wenn der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger widerspricht (zu diesem vgl. Berges KTS 1955 51). Nachlaßvergleichsverfahren Im Nachlaßvergleichsverfahren und im Vergleichsverfahren einer fortgesetzten 4 Gütergemeinschaft (§§113, 114 VglO) besteht ein umfassenderer Schutz gegen Zwangsdeckungen, da hier Maßnahmen der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung (vgl. § 124 VglO), die nach dem Eintritt der Erbfolge oder der Fortsetzung der Gütergemeinschaft vorgenommen wurden und bei der Eröffnung des Verfahrens noch fortbestehen, kein Absonderungsrecht gewähren und Zwangsvormerkungen unwirksam sind (§221 KO, § 2 7 VglO). Für Gläubiger, die zuvor eine die abgesonderte Befriedigung begründende Rechtsstellung erlangt haben, gilt, soweit die Voraussetzungen im übrigen gegeben sind, die Beschränkung aus unserer Vorschrift, der des § 28 VglO (Einzelheiten: Rdn. 44 ff zu § 113 VglO und Rdn. 19 zu § 114 VglO). II. Die Wirkungen der Rückschlagsperre Verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Wirkungen Hinsichtlich der Wirkungen der Rückschlagssperre gibt die Bestimmung des § 28 5 VglO keine erschöpfende Regelung. Doch müssen diese Wirkungen, solche verfahrensrechtlicher und materiellrechtlicher Art, bereits hier zum Verständnis des Instituts aufgezeichnet werden. Wirkungen im Eröffnungsverfahren Verfahrensrechtliche Wirkungen äußert die Rückschlagssperre bereits im Eröff- 6 nungsstadium. Die der Sperrwirkung unterfallenden Gläubiger sind trotz erlangter Sicherung oder Befriedigung im Gläubigerverzeichnisse mit ihren vollen Forderungsbeträgen als beteiligte oder ausgeschlossene Gläubiger anzuführen. Dabei sind ihre etwaigen Absonderungsrechte als der Rückschlagssperre unterliegend zu kennzeichnen. Ebenso ist der für den Fall der Vergleichsbestätigung dem Schuldner gegen den befriedigten Gläubiger erwachsende Rückgewähranspruch (§ 87) mit in das Schuldnerverzeichnis und damit als Aktivum in die Vermögensübersicht aufzunehmen (vgl. Rdn. 5 a zu § 6 VglO). Das Vergleichsgericht hat bei der Prüfung des Vergleichsgrundes und der Angemessenheit des Vergleichsvorschlags (§ 18 Nr. 3 und 4 VglO) die Gläubiger als beteiligt, die Sicherungen als unwirksam und das zur Befriedigung Erlangte oder zur Sicherung Gewährte als Aktivwert zu behandeln. Die Tatbe&andsfassung des § 28 VglO mit den eindeutigen und unschwer feststellbaren Anknüpfungsmomenten für die Berechnung der Sperrfrist erleichtert diese Prüfungen (vgl. Weber KTS 1965 136). Wirkungen im Vergleichsverfahren Im Vergleichsverfahren äußert die Rückschlagssperre weitergehende Wirkungen. 7 Die materielle Gültigkeit der Zwangsdeckungen wird freilich durch die Eröffnung des Verfahrens noch nicht berührt: Die Deckungen bleiben lediglich verfahrensrechtlich außer Betracht. In dieser Beziehung sind die Wirkungen zunächst die gleichen wie vorstehend für die Zeit vor der Verfahrenseröffnung (§§ 20, 21 VglO) zur Anm. 6 ausgeführt wurde: Ein Gläubiger, der ohne die Deckung beteiligt wäre, bleibt beteiligt, ist mithin zum Vergleichstermin zu laden (§ 22 Abs. 2 VglO) und mit seiner Forderung in 449

§28

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

die Stimmrechtserörterungen und die Abstimmungen einzubeziehen (§§ 70 ff VglO). — Doch hat das Festhalten der von der Rückschlagssperre Betroffenen in ihrer Stellung als beteiligte oder ausgeschlossene Gläubiger auch materiellrechtliche Wirkungen: Die Gläubiger unterliegen während des Vergleichsverfahrens der Vollstreckungssperre (§§47, 48 Abs. 1, 124 VglO) und der die Aufrechnungsbefugnis teils erleichternden, teils beschränkenden Sondervorschrift des § 54 VglO. Eine Aufrechnung gegen den erst mit der Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO) entstehenden Bereicherungsanspruch des Schuldners (§ 87 VglO, §§ 812 ff BGB) ist während des Verfahrens ausgeschlossen (vgl. dazu Anm. 40 zu § 87 VglO). Die Aufrechnungslage kann erst nach der Vergleichsbestätigung entstehen. Auch dann ist die Aufrechnung nur zulässig, soweit nicht etwa die Vergleichsschranken entgegenstehen (KG in KuT 1930 30 und KG in JW 1931 2163 = KuT 1931 44). — Ferner kann das Vergleichsgericht, soweit nicht etwa die Zwangsvollstreckung vor der Vergleichseröffnung (§21 VglO) beendet war, nach näherer Maßgabe der §§ 48 Abs. 2, 124 VglO die endgültige Einstellung sowie die Aufhebung der während der Rückschlagssperrfrist vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen anordnen, womit Sicherungen unwirksam werden und ohne Rücksicht auf den Ausgang des Vergleichsversuchs unwirksam bleiben. — Endlich werden, wie abschließend zu bemerken ist, die beteiligt gebliebenen Gläubiger und von den ausgeschlossenen Gläubigern diejenigen, deren Forderungen auf einer Freigebigkeit des Vergleichsschuldners beruhen, vom Vergleich betroffen (§§ 28 Abs. 1, 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 VglO).

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Wirkungen bei Bestätigung des Vergleichs Mit der Bestätigung des Vergleichs werden Zwangssicherungen, soweit nicht bereits vorher ihre Aufhebung gemäß §§ 48 Abs. 2, 124 VglO angeordnet worden war, nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 87 Abs. 1 VglO unwirksam. Dies wird bereits in der Grundsatzbestimmung über die Wirkungen des bestätigten Vergleichs hinsichtlich dieser Sicherungen ausdrücklich vermerkt (§ 82 Abs. 2 S. 1 VglO). Das zur Befriedigung Erlangte ist nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) zurückzugewähren (Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 28 VglO) mit der Folge, daß die durch die Zwangsbefriedigung erloschende Forderung des Gläubigers im Umfange der von ihm zurückzugewährenden Bereicherung wieder auflebt (RGZ 131 202 = RG, KuT 1931 39 = JW 1931 2115). - Näheres: Rdn. 34 ff zu § 87 VglO.

Wirkungen itn Anschlußkonkurs Im Anschlußkonkurs, der dem Scheitern des Vergleichsversuchs folgt, werden die Sicherungen mit dem Zeitpunkt des § 108 K O unwirksam (OLG München, KTS 1957 47). Das zur Befriedigung Erlangte ist rückforderbar (§ 104 VglO). Wird der Anschlußkonkurs unter Ablehnung des Vergleichsantrags eröffnet (§19 VglO), so ist Vergleichsgläubiger im Sinne des § 28 VglO jeder Gläubiger, der es ohne die Zwangsdeckung wäre, wenn das Gericht im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (§ 108 KO) das Vergleichsverfahren eröffnet hätte (Ber. S. 37). Wird der Anschlußkonkurs auf ein gemäß § 96 VglO fortgesetztes Vergleichsverfahren eröffnet, so waren mit der Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO) bereits die Unwirksamkeitsfolgen aus § 87 VglO eingetreten, so daß § 104 VglO hier nicht zum Zuge kommt (Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 104 VglO). Die Rechtsfolgen der Vergleichsbestätigung bleiben auch in einem dem Vergleichsverfahren folgenden selbständigen Konkurs bestehen (vgl. dazu Rdn. 30 zu § 104 VglO). 450

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Bestehenbleiben der Zwangsdeckung; Erlösverteilung Kommt es weder zu einem bestätigten Vergleich, noch zum Anschlußkonkurs, so 10 bleiben die Zwangsdeckungen wirksam, soweit nicht etwa das Vergleichsgericht gemäß §§ 48 Abs. 2, 124 VglO die Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen angeordnet hatte. Im Hinblick auf diese Möglichkeit der fortdauernden Wirksamkeit ist, wenn die Zwangsvollstreckung in den zugunsten eines betroffenen Gläubigers beschlagnahmten Gegenstand auch von einem nicht beteiligten Gläubiger betrieben wird, bei einer Erlösverteilung während des Vergleichsverfahrens auf das Recht des der Rückschlagssperre unterliegenden Gläubigers Rücksicht zu nehmen: Der auf diesen entfallende Erlös ist nicht auszuzahlen, sondern mit der Maßgabe zu hinterlegen (§§ 48 Abs. 1, 124 VglO), daß er bei Vergleichsbestätigung oder rechtskräftiger Eröffnung des Anschlußkonkurses dem Schuldner bzw. Konkursverwalter, anderenfalls dem Gläubiger auszuantworten ist. An den nicht beteiligten Gläubiger ist der auf ihn entfallende Erlösanteil auszuzahlen, soweit nicht etwa das Vollstreckungsgericht aus allgemeinen Vorschriften (z. B. § 765 a Z P O ) anderweite Anordnungen getroffen hat. — In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn ein Erlös nach der Eröffnung des Anschlußkonkurses, aber vor Eintritt der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses (vgl. § 19 VglO) zu verteilen ist. Gläubigeranfechtung Eine Gläubigeranfechtung nach §§3, 3 a AnfG wird durch die Vorschrift des 11 § 28 VglO nicht ausgeschlossen. Doch kann der Anfechtungsanspruch nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§ 20, 21 VglO) nur von einem der Vollstreckungssperre nicht unterliegenden Gläubiger (§ 47 VglO) verfolgt werden (vgl. RGZ 139, 50). Der Umstand, daß der Anfechtungsgegner der Rückschlagssperre unterliegt, bildet für sich allein keinen Anfechtungsgrund. Kommt es zum Anschlußkonkurs, so wird ein anhängiger Anfechtungsprozeß unterbrochen (§13 Abs. 2 Satz 1 AnfG). Das Anfechtungs(Rückgewähr-)recht wird zum Bestandteil der Konkursmasse und vom Konkursverwalter ausgeübt (§ 36 KO). Dies gilt nicht für Anfechtungsrechte von Einzelgläubigern, die nicht Konkursgläubiger sind, denn ihre Rechte werden durch die Konkurseröffnung nicht berührt (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. I 2 zu § 13 AnfG). B. Von der Rückschlagsperre betroffene Gläubiger I. Vergleichsgläubiger (Absatz 1) Erwerb der Zwangsdeckung während der Rückschlagssperrfrist Von der Rückschlagssperre wird nur ein Gläubiger betroffen, der die Zwangsdek- 1 2 kung während der Sperrfrist erworben hat und ohne diese Vergleichsgläubiger ist oder wäre. Wer schon ohne den Zwangszugriff nichtbeteiligter Gläubiger ist oder zwar Vergleichsgläubiger ist, die Zwangsdeckung jedoch bereits vor Beginn der Rückschlagssperrfrist erlangt hat, bleibt von allen Rückschlagswirkungen frei. Zu den nichtbeteiligten Gläubigern gehören insbesondere die Aussonderungs- und Ersatzaussonderungsberechtigten und Gläubiger mit allgemeinem Konkursvorrecht (vgl. Rdn. 50, 51 zu § 26 VglO). — Zu den Sondervorrechtsgläubigern vgl. unten Rdn. 13. — Absonderungsberechtigte Gläubiger und Vormerkungsgläubiger werden nur dann nicht betroffen, wenn sie ihre Rechtsstellung entweder überhaupt nicht durch Zwangsvollstrekkung'oder zwär durch eine solche, aber vor dem Beginn der Rückschlagssperrfrist erlangt haben. Im Falle der Vorpfändung (§ 845 ZPO) kann eine nach dem Beginn der Rückschlagssperrfrist ausgebrachte Forderungspfändung nicht die in § 845 Abs. 2 Z P O 451

§ 28

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

vorgesehene Wirkung für eine vor dem Beginn der Sperrfrist geschehene Pfändungsankündigung auslösen. Die Zwangssicherung ist hier als nach dem Beginn der Sperrfrist erlangt anzusehen (RGZ 151 265, Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 28 VglO). — Vgl. dazu auch Rdn. 14 zu § 13 VglO. — Die Forderung des Gläubigers kann nach dem Beginn der Rückschlagssperrfrist entstanden sein, die Vergleichsordnung knüpft für den Begriff des Neugläubigers an die Eröffnung des Verfahrens (§§ 20, 21), nicht aber , an den Beginn der Rückschlagssperrfrist an. Gegenständliche Beschränkung 13

Eine gegenständliche Beschränkung der Sperrwirkung tritt ein, wenn ein Gläubiger wegen eines Teilbetrages vor, wegen eines anderen Forderungsteils aber nach Beginn der Frist aus § 28 V g l O pfändet. N u r bezüglich der bei der ersten Pfändung erlangten Deckung wird ein solcher Gläubiger nicht von der Sperrwirkung betroffen. — Sondervorrechtsgläubiger (vgl. Rdn. 17 ff zu § 27 VglO) sind bei Zwangszugriffen während der Rückschlagssperrfrist nur insoweit nicht betroffen, als sie Deckung aus den dem Söndei$r&rrecht unterliegenden Gegenständen erlangt haben (vgl. Lucas Anm. III, 3 zu § £ : äer V g l O von 1927). — Ein Absonderungsberechtigter, dem der Vergleichsschuldner zugleich persönlich haftet, ist mit seiner persönlichen Forderung, wenn diese eine Vergleichsforderung bildet, auch im Sinne des § 28 Abs. 1 V g l O Vergleichsgläubiger. Zwangsdeckungen eines solchen Gläubigers wegen seiner persönlichen Forderung werden nur dann von der Rückschlagssperre nicht betroffen, wenn der absonderungsberechtigte Gläubiger die Zwangsdeckung bereits vor der Sperrfrist erlangt hatte. Dabei kommt es z. B. für eine während der Sperrfrist erlangte Arresthypothek allein auf die Eintragung an, mag auch der Antrag auf Eintragung bereits vor dem Beginn der Sperrfrist beim Grundbuchamt eingegangen sein (BayObLG, M D R 1954 746 = N J W 1955 144, Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 28 VglO).

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Entscheidend ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens und, wenn der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt wird, die Lage im Zeitpunkt der Eröffnung des Anschlußkonkurses (für letzteres: § 19 VglO, § 108 KO). Daß von der Rechtslage in den genannten Zeitpunkten auszugehen ist, ergibt sich daraus, daß das Gesetz (§ 28 Abs. 1 VglO) ausdrücklich auf die Vergleichsgläubigereigenschaft abstellt. Diese aber folgt aus § 25 Abs. 1 VglO, wonach Vergleichsgläubiger alle persönlichen Gläubiger des Schuldners sind, die einen „zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens" begründeten Vermögensanspruch gegen ihn haben (vgl. Rdn. 5, 12 ff zu § 25 VglO). Kommt es erst bei Einstellung des Vergleichsverfahrens oder bei Versagung der Bestätigung des Vergleichs zum Anschlußkonkurs (§§ 101, 80 VglO), so bleibt es dabei, daß die Sperrwirkung des § 104 V g l O nur diejenigen Gläubiger trifft, die der Rückschlagsperre im vorausgegangenen Vergleichsverfahren unterlagen, denn auch die Bestimmung des § 104 Abs. 1 VglO stellt auf die Vergleichsgläubigereigenschaft ab. Bei Eröffnung des Anschlußkonkurses unter Ablehnung des Vergleichantrags (§ 19 VglO) sind im Sinne des § 104 VglO Vergleichsgläubiger alle diejenigen, die ohne die Zwangsdeckung beteiligt wären, wenn im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (§ 108 KO) das Vergleichsverfahren eröffnet worden wäre (Ber. S. 37). — Voraussetzung für die Freiheit von der Rückschlagssperre ist mithin, daß der Befreiungsgrund, z. B. ein Vorrecht (vgl. Rdn. 50, 51 zu § 2 6 VglO), noch im Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21 VglO), im Falle der Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens im Zeitpuiikt der Anschlußkon-

Rechtslage im Zeitpunkt der Eröffnung

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Sperrfrist

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kurseröffnung (§ 19 VglO, § 108 K O ) , besteht (a. A. v. Normann J W 1928 1126, für die h. M. z. B. Cahn J W 1929 1632 f)Ansprüche aus gegenseitigen Schuldverhältnissen Bei Ansprüchen aus gegenseitigen Schuldverhältnissen, namentlich gegenseitigen 15 Verträgen, ist zu unterscheiden. Hatte der Gläubiger seinerseits voll oder bei Teilbarkeit der Leistungen (§ 36 Abs. 2 VglO) teilweise erfüllt, ehe er für die Vorleistung Zwangsdeckung erhielt, so wird er von der Rückschlagssperre betroffen, wenn er die Deckung während der Sperrfrist, nicht aber, wenn er sie vor Beginn erlangt hatte. Hatte jedoch der Gläubiger, welcher während der Rückschlagssperrfrist eine Zwangsdeckung erlangte, seinerseits bis zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21 VglO) nicht (voll) geleistet, so ist er von der Rückschlagssperre frei, denn infolge der beiderseitigen Nichterfüllung fehlt es an der Vergleichsgläubigereigenschaft (§ 36 VglO). Dies gilt nicht nur für den Fall, daß der Gläubiger nur eine Sicherung, keine Befriedigung erlangt hatte (so LG Greifswald, K u T 1931 62 Entscheidung ergangen für die entsprechende Bestimmung des § 3 der VglO von 1927), sondern auch wenn die Ansprüche des Gläubigers durch die Zwangsvollstreckung voll oder bei Teilbarkeit der gegenseitigen Leistungen teilweise getilgt wurden. O h n e die Zwangsvollstreckung wäre der Gläubiger nicht beteiligt gewesen. Hierauf aber ist abzustellen (vgl. Bley Anm. II, 1 d zu § 3 der VglO von 1927, R G Z 146 134, KiesowJVt 1935 765). Kommt es gemäß § 50 V g l O zur Vertragsabwicklung, so gilt nichts anderes, da diese die Gegenseitigkeitslage nicht rückwirkend beseitigt (vgl. Anm. 30 zu § 50 VglO). Vollstreckung gegen Vermögens- oder Erbschaftsnießbraucher Zur Vollstreckung gegen Vermögens- oder Erbschaftsnießbraucher ist zu verweisen 1 6 auf die Anm. 20 c zu § 25 VglO. II. Ausgeschlossene Gläubiger Geltungsbereich der Rückschlagssperre Der Geltungsbereich der Rückschlagssperre bedarf einer näheren Abgrenzung. Im 1 7 Gegensatz zu der dem § 28 VglO entsprechenden Vorschrift des § 3 der Vergleichsordnung von 1927 sind die ausgeschlossenen Gläubiger nicht mehr besonders aufgeführt worden. Dies erschien im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 47 f, 54, 87, 104 VglO entbehrlich (Begr. II S. 63, 64). Dort sind die nach § 29 Nr. 3 und 4 VglO ausgeschlossenen Ansprüche (Geldstrafen und Ansprüche aus einer Freigebigkeit des Vergleichsschuldners) den Vergleichsforderungen gleichgestellt. Darüber hinaus aber muß sich die Rückschlagssperre auch auf die arrestatorische Sicherung künftig verfallener Zinsen beziehen. Diese würden sonst besser gestellt als der Hauptanspruch der Vergleichsforderung einschließlich der bis zur Eröffnung des Verfahrens (§21 VglO) aufgelaufenen Zinsen. Zu Unrecht ist daher in den Bestimmungen der §§ 87, 104 V g l O die Bezugnahme auf § 29 Nr. 1 VglO unterblieben (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 28 VglO und Kalter KTS 1978 3). Es ist davon auszugehen, daß verhindert werden soll, daß die ausgeschlossenen Gläubiger sich infolge der sperrwidrigen Zwangsdeckungen sowohl im Falle der Bestätigung eines Vergleichs (§78), als auch im Falle eines Anschlußkonkurses (§§ 102 ff VglO) günstiger stehen als die Vergleichsgläubiger. Die genannten ausgeschlossenen Gläubiger (§ 29 Nr. 1, 3 und 4 VglO) und auch die minderberechtigten Gläubiger im Nachlaßvergleichsverfahren und dem Vergleichsverfahren einer fortgesetzten Güter453

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

gemeinschaft (S§113, 114 VglO) sollen während der Rückschlagssperrfrist ihre Rechtsstellung nicht gegenüber der der Vergleichsgläubiger verbessern können: Diese Gläubigergruppen können daher ein Absonderungsrecht während der Rückschlagssperrfrist nicht durch Zwangsvollstreckung wegen einer persönlichen Forderung erweitern (Kalter KTS 1978 3). Wohl aber ist ein Zwangszugriff auf einen bereits dinglich haftenden Gegenstand von der Sperrwirkung frei, wenn er wegen eines dinglichen Anspruchs geschieht (vgl. oben Anm. 13). — Freiwillige Deckungen der gemäß § 83 VglO vom bestätigten Vergleich betroffenen Ansprüche können im Einzelfall dem Verbot aus § 8 Abs. 3 VglO unterliegen (vgl. daselbst Rdn. 41). Wirkungen der Rückschlagssperre 18

Die Wirkungen der Rückschlagssperre sind zweifacher Art. Einmal verhindert die Sperre, daß ausgeschlossene Gläubiger sich den Nächteilen entziehen können, die sie ohne die sperrwidrige Zwangsdeckung treffen würden (§§ 47, 48 VglO, § 63 KO). Zum anderen sind es solche Wirkungen, die gerade die während der Rückschlagssperrfrist eingeleiteten Zwangsvollstreckungen und dadurch erlangten Zwangsdeckungen treffen oder wenigstens treffen können (§§ 48, 87, 104 VglO). III. Zwischenstaatliches Recht Auf das Inlandsvermögen beschränktes Vergleichsverfahren

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Bei einem auf das Inlandsvermögen beschränkten Vergleichsverfahren trifft die Rückschlagssperre auch ausländische Gläubiger, denn diese stehen inländischen Gläubigern gleich (§ 37 VglO). H a t aber ein inländischer oder ausländischer Gläubiger in Gegenstände des ausländischen Vermögens des Schuldners vollstreckt, so entfällt die Rückschlagssperre sowohl in verfahrensrechtlicher wie materiellrechtlicher Hinsicht wegen des hier geltenden Territorialitätsprinzips (vgl. Rdn. 62 zu § 2 VglO). Die Frage, ob ein Vermögensgegenstand des Vergleichsschuldners sich im In- oder Ausland befindet, wird bei Sachen und den in Inhaber- oder Orderpapieren verkörperten Rechten durch den Lageort der Sache öder des Papiers, bei Forderungen.des Vergleichsschuldners durch den W o h n o r t oder Sitz des Drittschuldners entschieden. Liegt der Erfüllungsort im Ausland, so gehört sie zum ausländischen, nicht vom Inlandsvergleichsverfahren ergriffenen Vermögen des Schuldners ( O H G Köln, N J W 1949 502). Auf das Auslandsvermögen erstrecktes Vergleichsverfahren

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Bei einem Inlandsvergleichsverfahren mit dem ganzen Vermögen, das das gesamte Schuldnervermögen, auch das im Ausland befindliche, umfaßt („Universalitätsprinzip") — vgl. Rdn. 61 zu § 2 VglO —, hängt es von dem im Ausland geltenden Recht ab, ob und inwieweit das ausländische Vermögen des Schuldners f ü r die Erfüllung des Vergleichs herangezogen werden kann (RGZ 100, 241, Nadelmann KTS 1958 103, Z Z P 76, 212). Die Frage, ob ein Gläubiger — inländischer, wie ausländischer — Vergleichsgläubiger ist, beurteilt sich nach deutschem Recht (RG, K u T 1931 133). Doch entscheidet über die Frage, ob einem Gläubiger an im Ausland befindlichen Vermögensgegenständen ein Pfandrecht zusteht, nach den Sätzen des internationalen Privatrechts die ausländische Rechtsordnung. Wie im Konkurs die Bestimmung des § 14 K O einen Zwangszugriff im Auslande nicht hindert, so greift im Vergleichsverfahren die Bestimmung des § 47 VglO nicht ein, da sie nur für das Inland gilt (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 16 zu § 14 KO). — Kritisch in bezug auf die enge Auslegung des § 14 K O jedoch Liier in der umfassenden Abhandlung „Einzelzwangsvollstreckung im Ausland bei 454

Sperrfrist

§28

inländischen Insolvenzverfahren"., KTS 1978 200, 202, 206, 214 und KTS 1979 17, 20. C. Die Rückschlagssperrfrist Rechtsnatur Ihrer Rechtsnatur nach ist die Sperrfrist des § 28 VglO keine prozeßrechtliche Aus- 21 schlußfrist, sondern eine materiellrechtliche Frist. Es handelt sich bei der Frist, die mit der Verfahrenseröffnung (§21 VglO) endet und mit dem 29. Tag vor der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) beginnt, um eine Zeitspanne, die verstrichen sein muß, damit die durch Zwangsvollstreckungen und Zwangssicherungen erlangte Rechtsstellung bestehen bleibt. Die Sperrfrist ist ein „zeitliches Tatbestandsmoment für das Unwirksamwerden oder Unwirksamsein einer Rechtshandlung" (so RGZ 131, 201). Jedes durch einen Vollstreckungszugriff oder einen Arrestvollzug erlangte Pfändungspfandrecht ist dreißig Tage lang von den Wirkungen der Rückschlagssperre bedroht, wenn der Vollstreckungsschuldner innerhalb dieses Zeitraums einen Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens stellt (§ 2 VglO) und auf diesen — wenn auch zunächst mangelhaften oder beim unzuständigen Gericht angebrachten — Antrag das Vergleichsverfahren (§ 20 VglO) oder bei dessen Ablehnung (§ 19 VglO) das Anschlußkonkursverfahren (§§ 102 ff VglO) eröffnet wird (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 28 VglO). Erst wenn die Zeit von dreißig Tagen abgelaufen ist, ohne daß ein Vergleichsantrag gestellt wurde, der zur Eröffnung eines der genannten Verfahren führte, erlangt der Vollstreckungsgläubiger eine durch § 28 VglO nicht mehr bedrohte Stellung aus dem Pfändungspfandrecht (vgl. Weber KTS 1965 124 f). Einen Vorschlag aus den Jahren 1927/1931, dem österreichischen Vorbild entsprechend, die Sperrfrist auf 60 Tage zu erstrecken (vgl. dazu Gerhardt, Kölner Festschrift 1977 111, 132), hat Künne DB 1978 729, 732 wieder aufgenommen. Beginn der Frist Der Beginn der Frist ist nach § 28 Abs. 2 VglO der Beginn des neunundzwanzigsten 2 2 Tages vor dem Tage, an welchem der Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens bei dem Vergleichsgericht eingeht (vgl. dazu Rdn. 28 zu § 2 VglO). Für die Berechnung der Frist gelten die Bestimmungen des BGB, wobei für § 193 BGB das Gesetz vom 10. 8. 1965 (BGBl. I S. 753) zu beachten ist. Wurde der Vergleichsantrag bei einem unzuständigen Gericht gestellt, führte er jedoch zufolge einer Verweisung gemäß § 115 VglO, § 276 Z P O (vgl. dazu Rdn. 44 zu § 2 VglO) zu einer Eröffnung des Verfahrens (Vergleichs- bzw. Anschlußkonkursverfahren) durch das zuständige Gericht, so ist für die Berechnung der Sperrfrist der Eingang des Vergleichsantrags beim zunächst angerufenen unzuständigen Gericht maßgebend (RGZ 131, 202, Böhle-Stamschräder Anmerkung 4, Vogels-Nölte Anm. II, 3 zu § 28 VglO). Für die Beendigung der Frist gilt folgendes:

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a) Wird auf den Vergleichsantrag das Vergleichsverfahren eröffnet (§ 20 VglO), so endet die Frist mit dem Erlaß des Eröffnungsbeschlusses (Rdn. 3 zu § 21 VglO). Wird die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt und das Anschlußkonkursverfahren eröffnet, dieser Beschluß jedoch vom Schuldner mit der sofortigen Beschwerde, die sich mittelbar auch gegen die Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens richtet (vgl. Anm. 9 zu § 19 VglO) angefochten, so dauert die Frist bis zur Eröffnung des Verfahrens durch das Beschwerdegericht fort. Mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21 VglO) setzt die unmittelbare Vollstreckungssperre aus §§ 47, 48 Abs. 1, 455

§28

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

124 VglO ein. Zugleich entfaltet die Rückschlagssperre, welche für die gleichen Gläubigerkategorien gilt, ihre oben zur Rdn. 7 dargestellten Wirkungen. Doch verlieren die Zwangsdeckungen ihre materiellrechtliche Wirksamkeit erst und nur bei Vergleichsbestätigung oder rechtskräftiger Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens (§§ 87, 104 VglO). Endigt das beantragte Vergleichsverfahren weder mit einer Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO), noch mit rechtskräftiger Eröffnung des Anschlußkonkurses, so bleiben die Deckungen bestehen, es sei denn, daß das Vergleichsgericht aus §§ 48 Abs. 2, 124 VglO die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aufgehoben hat (Bohle-Stamschräder Anm. 6 a. E. zu § 28 VglO). b) Wird der Vergleichsantrag abgelehnt und der Anschlußkonkurs eröffnet (§ 19 VglO), so endigt die Frist mit dem Eröffnungszeitpunkt dieses Verfahrens (§ 108 KO). Dies gilt auch dann, wenn erst das Beschwerdegericht die Eröffnung ausspricht (Rdn. 10 zu § 19 VglO). Die Rückschlagssperre äußert ihre Wirkungen nach § 104 VglO. Im übrigen wird sie mit der Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens durch die Erwerbsschranken der §§14, 15 K O abgelöst. c) Wird der Vergleichsantrag abgelehnt und auch das Anschlußkonkursverfahren nicht eröffnet oder wird der Vergleichsantrag vor der Entscheidung über die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zurückgenommen (§15 Abs. 2 VglO), so entfällt die zunächst eingetretene Rückschlagssperre. Dies im ersteren Falle mit der gerichtlichen Entscheidung aus § 19 VglO, im zweiten Falle von Rechts wegen mit dem Eingang der Rücknahmeerklärung aus § 15 Abs. 2 VglO beim Vergleichsgericht (vgl. Rdn. 3 und 4 zu § 15 VglO).

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Maßgeblichkeit des Vergleichsantrags Der Vergleichsantrag ist maßgeblich nur dann, wenn er zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder des Anschlußkonkurses geführt hat. Ohne Bedeutung ist, ob der Antrag vollständig oder zunächst mangelhaft war und ob er zunächst bei einem unzuständigen Gericht gestelllt worden war. Schließlich ist der Vergleichsantrag für die Berechnung der Frist aus § 28 V g l O auch dann maßgeblich, wenn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vergleichsverfahrens erst nachträglich, d. h. nach der Antragstellung, sich ergeben haben (vgl. WeberKTS 1965 127 ff, 130 ff). — Die Bestimmung des § 28 VglO stellt schlicht auf die Stellung des Vergleichsantrags ab, verlangt nicht, daß dieser nach Form und Inhalt den in § 3 V g l O zwingend vorgeschriebenen Anforderungen entspricht und die nach §§ 4 ff V g l O zwingend vorgeschriebenen Anlagen beigefügt sind (Bohle-Stamschräder Anm. 4 zu § 28 VglO, Kiesow Anm. 13 zu § 3 der VglO von 1927). Vergleichsanträge sind in der Praxis verhältnismäßig sehr selten von vornherein vollständig gestellt. Regelmäßig muß das Vergleichsgericht auf Mängel hinweisen und eine Nachfrist aus § 10 V g l O setzen, falls die Voraussetzungen dazu vorliegen (vgl. Rdn. 2 und 3 zu § 10 VglO). Nicht etwa wird darauf abgestellt, in welchem Zeitpunkt Mängel des Vergleichsantrags als behoben anzusehen sind. Dies würde weder dem Wortlaut, noch dem Sinn des § 28 V g l O entsprechen, der für die Berechnung der Rückschlagssperrfrist auf eindeutige und leicht feststellbare Anknüpfungsmomente abstellt (Weber KTS 1965 136). — Der Vergleichsantrag ist für die Berechnung der Frist des § 28 V g l O auch dann maßgeblich, wenn er zunächst bei einem örtlich unzuständigen Gericht gestellt, jedoch auf einen — notfalls anzuregenden — Verweisungsantrag (§115 VglO, § 276 Z P O ) zur Verfahrenseröffnung durch das zuständige Gericht führte (RGZ 131, 202). — Schließlich ist der Vergleichsantrag für die Fristberechnung auch dann maßgeblich, wenn im Zeitpunkt des Eingangs beim Vergleichsgericht (vgl. dazu Rdn. 28 zu § 2 VglO) ein Vergleichsverfahren noch nicht statthaft war 456

Sperrfrist

(Weber KTS 1965 132 f). Dem steht nicht entgegen, daß in einem solchen Falle, z. B. bei einem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über eine im Inland errichtete Zweigniederlassung (§ 2 VglO, §§ 237, 238 KO) dem Vergleichsgericht keinerlei Sachprüfung möglich ist, bis die Zuständigkeitsvoraussetzungen eingetreten sind (vgl. LG Freiburg, KTS 1964 S. 189), was noch im Zeitpunkt der Entscheidung im Beschwerdeverfahren geschehen kann (vgl. Rdn. 41, 62 zu § 2 VglO, abweichend hier: Baumgärtel A W D des BB 1971 564 ff, der verlangt, die Zweigniederlassung müsse bei der Antragstellung bereits gegründet sein). Wird das Vergleichsverfahren eröffnet, so beruht diese Entscheidung immer noch auf dem ursprünglich unzulässigen Vergleichsantrag, von dessen Eingang bei Gericht sich der Beginn des Sperrzeitraums aus § 28 VglO berechnet. Der Vergleichsantrag als solcher (vgl. Rdn. 28 zu § 2 VglO) unterliegt innerhalb des Verfahrens nicht den Bestimmungen der §§ 116 ff BGB über die Anfechtbarkeit und Nichtigkeit (Klemmer KTS 1957 114). — Ob aber ein nur zum Schein gestellter Vergleichsantrag das materielle Tatbestandsmerkmal im Sinne der Bestimmungen über die Rückschlagssperre auslösen kann, ist umstritten (siehe Böhle-Stamscbräder Anm. 2 Abs. 1 zu § 104 VglO). — In der Vorauflage dieses Werkes war dazu (vgl. Anm. 24 zu §28 V g l O und Anm. 4 zu § 104 VglO) ausgeführt worden, ein Antrag, der in der sicheren Erwartung gestellt werde, daß er abgelehnt werden müsse und daß zufolge der Wirkungen des § 104 VglO im Anschlußkonkursverfahren (§§ 19, 102 VglO) die (künftige) Konkursmasse (§ 1 KO) um die innerhalb der letzten 29 Tage vor der Antragstellung durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen belasteten Gegenstände ergänzt werden würde, sei als ein nicht ernstlich gemeinter Vergleichsantrag (Scheinantrag) hierzu nicht Rechtsgrundlage. Uber einen unmittelbar gestellten Konkursantrag kann der Schuldner selbst eine solche Ergänzung der Konkursmasse nicht erreichen; durch das dem Konkursverwalter zustehende Anfechtungsrecht (§§ 29 ff KO)kann dies möglicherweise nur beschränkt erreicht werden. — Diese, auch im Handbuch — § 124 II — vertretene Auffassung kann gegenüber den von der Kritik vorgetragenen Bedenken (vgl. insbesondere Kuhn J R 1973 39 und O L G Düsseldorf KTS 1976 242 = M D R 1976 675) nicht mehr aufrecht erhalten werden. Zuzugeben ist, daß mit der Frage nach dem Motiv des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) eine gewisse Rechtsunsicherheit in die Regelung aus §§ 28, 104 V g l O hineingetragen wird. Weiter wird auch bei einem Vergleichsantrag, der zur Aussetzung der Entscheidung über einen vorliegenden Konkursantrag führt (§ 46 VglO), nicht danach gefragt, welcher Zweck mit dem Antrag aus § 2 V g l O verfolgt wird. Schließlich kann es sich um ein ernstliches Bestreben des Schuldners handeln, die sich in der Zeitnähe seines Zusammenbruchs von einem Gläubiger erlangten Sicherungen diesem wieder zu entwinden, um sie der Gläubigergesamtheit zuteil werden zu lassen (Kuhn aaO). Eine Ergänzung des § 28 VglO dahin, daß die Sperrfrist „auch bei sachlich aussichtslosen oder nur zum Schein gestellten Vergleichsanträgen" gilt (Vorschlag von Künne DB 1978 729, 732) erscheint mithin nicht erforderlich. O f f e n bleibt der Weg, gegenüber einem Vergleichsantrag in bezug auf die sich aus § 104 V g l O ergebenden Rechtsfolgen die Einrede der Arglist zu erheben, soweit der Schuldner die frei werdenden Gegenstände nicht seinen Gläubigern zur Verfügung stellen, diese vielmehr — soweit er dazu in der Lage sein wird — f ü r sich verwerten will (OLG Düsseldorf, KTS 1976 242 = M D R 1976 675). D. Der Rückschlagsperre unterliegende Deckungen sind alle während der Sperrfrist durch Zwangsvollstreckung erworbene Sicherungen oder Befriedigungen, mittels deren ein Gläubiger sich ohne die im Gesetz vorgese457

§28

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

hene Sperre den für ihn als Vergleichsgläubiger oder als ausgeschlossenen Gläubiger ergebenden Schranken und Nachteilen ganz oder teilweise entziehen könnte. I. Erwerb durch Zwangsvollstreckung Zwangsvollstreckung 25

Zwangsvollstreckung im Sinne des § 28 VglO ist jeder auf Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers hinzielende Akt, der in einem an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Verfahren unter Androhung oder Anwendung von Zwangsmittel gegen den Schuldner vorgenommen wird. Auch der Vollzug eines Arrestes und einer einstweiligen Verfügung gilt als Zwangsvollstreckung (§ 124 VglO). Doch trifft die Rückschlagssperre nicht nur den Erwerb in den Formen der zivilprozessualen Zwangsvollstreckung einschließlich der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Gegenständen des unbeweglichen Vermögens (Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten, eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und registrierten Luftfahrzeugen), sondern auch den Erwerb im Wege der verwaltungsrechtlichen Zwangsbeitreibung und Sicherungsvollziehung (z. B. §§ 249 ff A O 1977). — Ohne Bedeutung ist die Art des Vollstreckungstitels. Auch Vollstreckungen auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs oder einer vollstreckbaren Ukunde unterfallen dem § 28 VglO. Zwangserwerb

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Der der Rückschlagssperre unterliegende Zwangserwerb kann in einer Sicherung (S 28 Abs. 1 S. 1 VglO) oder in einer Befriedigung (§ 28 Abs. 1 S. 2 VglO) bestehen. Beide unterscheiden sich einmal hinsichtlich der Frage, ob sie von der Sperre betroffen werden, zum anderen hinsichtlich der materiellrechtlichen Wirkungen der Sperre. Zum letzteren: Die Sicherung wird mit der Bestätigung des Vergleichs bzw. mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses unwirksam, während das zur Befriedigung Erlangte nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) herauszugeben ist 87, 104 VglO). Was das Betroffensein betrifft, so kommt es dort, wo der Zwangsbefriedigung eine Zwangssicherung vorausgeht, mithin namentlich bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, darauf an, ob auch diese in die Rückschlagssperrfrist fällt. Liegt die Zwangssicherung vor dem Beginn der Frist, so ist das Weiterbestehen der Sicherung während der Frist und nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21 VglO) nur die Realisierung des Absonderungsrechts eines bereits ohne die Zwangsbefriedigung von der Sperre nicht betroffenen Gläubigers (vgl. Lucas Anmerkung III, 3 b zu § 3 der VglO von 1927 und Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 28 VglO). II. Zwangssicherung und Zwangsbefriedigung Unterscheidungsmerkmal

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Für die Unterscheidung, ob der Zwangserwerb bereits zu einer Befriedigung oder nur zu einer Sicherung des Gläubigers geführt hat, ist nicht der wirtschaftliche Effekt des Erwerbes, sondern Art und Inhalt des Vollstreckungstitels maßgebend. Ist der Schuldner zur Bestellung einer Hypothek verurteilt, so tritt mit der erwirkten Eintragung (§§ 894, 896, 897 Abs. 2 Z P O , §§ 1117, 1154 BGB) die Befriedigung des Gläubigers ein. Ist der Schuldner dagegen zur Zahlung einer Geldsumme verurteilt und erwirkt der Gläubiger die Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek (§§ 866 ff, 932 ZPO), so liegt hierin nur eine Zwangssicherung. Bei einem dem Gläubiger gemäß 458

Sperrfrist

§ 28

§ 887 Abs. 2 Z P O zuerkannten Kostenvorschuß, der die Kosten der Ersatzvornahme einer vertretbaren Handlung (vgl. dazu Wieczorek Anm. E II, zu § 887 ZPO) decken soll, liegt in der Beitreibung dieses Kostenvorschusses nach §§ 794 Ziff. 3, 805 ff Z P O nur eine Sicherung für die Zwangsersatzvornahme nach § 887 Abs. 1 Z P O , während hinsichtlich des Titels aus § 887 Abs. 2 Z P O Befriedigung eintritt. Zwangssicherungen Zwangssicherungen im Sinne der Rückschlagssperre bilden namentlich die Pfän- 2 8 dungspfandrechte an beweglichen Sachen, Forderungen und sonstigen Vermögensrechten (§§ 804, 829 ff, 757 f, 886 ZPO), auch Arrestpfandrechte an Gegenständen des beweglichen Vermögens sowie an registrierten Schiffen und an Schiffsbauwerken (§§ 930 ff ZPO), wie an der in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugen (§ 99 Abs. 2 LRG). Hinzu treten die bereits erwähnten (vgl. Rdn. 27) Zwangs- und Arresthypotheken (§§ 886 ff, 932 ZPO). Zu nennen ist ferner die Zwangssicherung, die sich im Liegenschaftsvollstreckungsrecht, der Zwangsversteigerung und Zwangsverwakung mit dem Eintritt der Beschlagnahme (5§ 20 ff, 146, 148, 162, 165, 171a, 171c ZVG) ergibt. Schließlich bilden Sicherungen die im Wege einer Zwangsvollstreckung im Grundbuch, Schiffs-Schiffsbauregister und Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragenen Zwangsvormerkungen (§§ 941 ff, ZPO, § 99 Abs. 1 LRG). Gleiches gilt für Eintragung der gemäß § 895 Z P O als bewilligt anzusehenden Vormerkungen. — Nicht aber bilden Zwangssicherungen im Sinne des § 28 VglO die auf Grund von Schuldtiteln gegen die Richtigkeit des Grundbuchs oder der vorbezeichneten Register eingetragenen Widersprüche, weil sie lediglich eine zugunsten des Gläubigers bereits bestehende dingliche Rechtslage schützen sollen. Auch die durch einstweilige Verfügung ausgesprochenen Erwerbsverbote scheiden hier aus, weil sie noch vorhandenes Grundeigentum des Antragstellers sichern sollen (vgl. dazu Rdn. 69 zu § 26 VglO). In der Überweisung einer gepfändeten Forderung zur Einziehung (§§ 835 Abs. 1, 886 ZPO) liegt lediglich eine Sicherung. Sie beendet die Zwangsvollstreckung nicht. Anders die Überweisung an Zahlungs statt (§ 835 Abs. 2 ZPO). Sie hat die Wirkung einer Abtretung. Die Forderung geht auf den Gläubiger über. Soweit sie besteht, gilt der Gläubiger wegen seines Anspruchs an den Schuldner als befriedigt. — Die Eintragung einer Sicherungshypothek im Verteilungsverfahren der Liegenschaftsvollstrekkung (§128 ZVG), wie sie nach der Übertragung von Forderungen (§118 ZVG) geschieht, ist eine Zwangsmaßnahme gegen den Ersteher, der nach näherer Maßgabe der §§ 133 ZVG der Zwangswiederversteigerung unterliegt (vgl. hierzu Dassler-Schiffbauer-Gerhardt Anm. 2 und 8 zu § 128 ZVG). Zwangsbefriedigungen Zwangsbefriedigungen im Sinne der Rückschlagssperre sind diejenigen Vollstrek- 2 9 kungsmaßnahmen, die den im Vollstreckungstitel bezeichneten Anspruch befriedigen und in diesem Sinne einen Erwerb des Gläubigers darstellen. Bei der Zwangsvollstrekkung in das bewegliche Vermögen gilt nach § 819 Z P O die Empfangnahme des Versteigerungserlöses durch den Gerichtsvollzieher als Zahlung seitens des Schuldners, sofern diesem nicht nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. Kraft des Grundsatzes der Surrogation unterliegt mit der Zahlung an den Gerichtsvollzieher der Erlös an der Stelle der gepfändeten Sache nunmehr der Verstrickung. Das Pfändungspfandrecht des Gläubigers setzt sich, soweit der Erlös dem Gläubiger gebührt, an dem Erlös fort. Erst mit der Auszahlung des Erlöses 459

§28

III. Abschnitt: V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r

an den Gläubiger erwirbt dieser Eigentum an dem Gelde und die Vollstreckung ist beendet (vgl. Verfasser Handbuch § 15 VII mit weiteren Hinweisen). In der Liegenschaftsvollstreckung vollzieht sich der Eigentumserwerb an dem Gelde infolge der Planausführung (§§105, 115, 117 ZVG) kraft staatlichen Hoheitsaktes (RGZ 156 395). Im Falle einer während der Rückschlagssperrfrist vorgenommenen Pfändung oder Beschlagnahme im Liegenschaftsvollstreckungsverfahren ist der Erlös nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens bzw. des Anschlußkonkurses nicht dem Gläubiger auszuantworten, sondern, wie aus § 48 Abs. 1 VglO, § 14 K O folgt, zu hinterlegen. — Bei der Herausgabevollstreckung (§§ 883 ff Z P O ) ist bereits die Übergabe der weggenommenen Sache an den Gläubiger eine der Rückschlagssperre unterfallende Befriedigung unabhängig vom Eigentumserwerb des Gläubigers (vgl. Kiesow Anm. 21 zu § 3 VglO von 1927). — Zwangsbefriedigung liegt auch in einer aus § 825 Z P O angeordneten Zwangsüberweisung. Doch genügt zum Eigentumsübergang der hoheitsrechtliche Ausspruch des Vollstreckungsgerichts allein nicht. Es muß ein nach außen erkennbarer Übertragungsakt hinzutreten. Bis zur Besitzübertragung ist die Zwangsvollstreckung auch bei Rechtskraft des Beschlusses aus § 825 Z P O noch nicht beendet (RGZ 126 23, Verfasser Handbuch § 15 I X mit weiteren Hinweisen). Zwang zur Abgabe einer Willenserklärung 30

Die Abgabe einer Willenserklärung wird zufolge der Bestimmung des § 894 Z P O durch eine gesetzliche Fiktion ersetzt. Die Willenserklärung, zu deren Abgabe der Schuldner verurteilt ist, gilt als abgegeben, sobald das Urteil oder der Beschluß Rechtskraft erlangt haben (§§ 894 Abs. 1 S. 1, 1042, 1042 a Abs. 1 ZPO). Hängt die Willenserklärung von einer Gegenleistung ab, ist z. B. eine Auflassung nur gegen Zahlung des Kaufpreises zu erklären, so gilt die Willenserklärung erst als abgegeben, wenn von dem rechtskräftigen Titel eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt worden ist. Diese aber wird nur erteilt, wenn urkundlich feststeht, daß der Schuldner wegen der Gegenleistung befriedigt ist oder sich im Annahmeverzug befindet (§§ 894 Abs. 1 S. 2, 726 ZPO). Soll die Willenserklärung einer Eintragung im Grundbuch, Schiffs-Schiffsbauregister, Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen dienen, so gilt mit dem Erlaß eines vorläufig vollstreckbaren Urteils eine Vormerkung als bewilligt (§ 895 ZPO, § 99 Abs. 1 LRG). Im Falle des § 894 Z P O handelt es sich um eine Zwangsbefriedigung, im Falle des § 895 Z P O , § 99 Abs. 1 LRG um eine Zwangssicherung, die der Rückschlagssperre unterliegen, wenn der Eintritt der gesetzlichen Fiktionswirkung in die Sperrfrist fällt. Die Vollstreckungswirkungen werden durch den richterlichen Akt, der in dem Urteil auf die Klage, eine Willenserklärung abzugeben bzw. in der Vollstreckbarkeitserklärung eines auf eine entsprechende Schiedsgerichtsklage ergangenen Schiedsspruchs (§§ 1039, 1042 a Abs. 1 S. 1 Z P O ) ergeht, ausgelöst (Verfasser Handbuch § 21 I—IV). Dies gilt für § 28 VglO auch dann, wenn die Fiktionswirkung den Rechtserwerb noch nicht herbeigeführt hat, weil z. B. nach der Auflassungserklärung noch die Eintragung im Grundbuch erforderlich ist oder die Vormerkung noch im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen einzutragen ist ( § 1 0 LRG) (zustimmend: grundsätzlich Kiesow Anm. 21 zu § 3 der VglO von 1927). Der Gläubiger ist nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht durch § 47 VglO gehindert, die volle Erwerbswirkung herbeizuführen. Dennoch bleibt er als Vergleichsgläubiger den Sperrwirkungen der §§ 87, 104 VglO unterworfen. III. Erwerb aus dem Vermögen des Schuldners Keine Sperre bei Zugriff auf Vermögen mithaftender Dritter; Sperre bei Sondervermögen 460

Sperrfrist

§28

Die Rückschlagssperre trifft nur den Zugriff auf Vermögen des Schuldners, nicht 31 eines mithaftenden Dritten, und nur den Zugriff auf solche Gegenstände des Schuldners, die zu dem Vermögen gehören oder gehört haben, über welches das Verfahren eröffnet wird. Diese Beschränkung der Rückschlagssperre ist namentlich bei Sondervergleichsverfahren und Sonderanschlußkonkurs (vgl. Anm. 10 zu § 2 VglO) zu beachten. Dies gilt insbesondere für ein Vergleichsverfahren nach § 114 a VglO. Sperre, wenn Deckungserwerb nach Gutglaubensvorschriften Dritten gegenüber wirksam ist? Gehört der Gegenstand der Zwangsvollstreckung nicht dem Vergleichsschuldner, 3 2 sondern einem Dritten, ist aber der Erwerb des Gegenstandes oder einer Sicherung an demselben seitens des Gläubigers dem Dritten gegenüber wirksam, so ist zu unterscheiden: Der in der Anmerkung 30 geschilderte Erwerb, welcher sich nach §§ 894, 895 Z P O vollzieht, ist ein rechtsgeschäftlicher Erwerb, denn der richterliche Akt ersetzt eine Willenserklärung. Auf diesen Erwerb sind daher auch die Vorschriften über den Erwerb kraft guten Glaubens anzuwenden (§ 898 Z P O ) . Maßgebend ist hierbei der gute Glaube des Gläubigers im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs. Auf ein Wissen des Gerichtsvollziehers kommt es im Falle des § 897 Z P O nicht an, da dieser nicht als Vertreter des Gläubigers handelt (RGZ 90 193). Nun ist in der Bestimmung des § 898 Z P O nur der sich nach §§ 894, 897 Z P O vollziehende Erwerb, nicht aber die im Falle des § 895 Z P O als bewilligt geltende Vormerkung genannt. Doch besteht kein innerer Grund, diese anders zu behandeln. Die zur Zeit der Einfügung der §§ 895, 898 Z P O noch maßgebliche Auffassung, eine Vormerkung könne nicht gutgläubig erworben werden, erklärt diese Lücke im Gesetz, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift nunmehr zu schließen ist (vgl. Reinicke N J W 1964 2373—2379). Da in den genannten Fällen, in denen der Dritte den Erwerb des Gläubigers als rechtsbegründet gegen sich gelten lassen muß, den Schuldner die Bereicherungshaftung trifft, hat der Gläubiger Befriedigung oder Sicherung auf Kosten des Schuldners erhalten und unterliegt mithin der Rückschlagssperrfrist. Mit der Vergleichsbestätigung ist daher das Eigentum dem Schuldner und in dessen Anschlußkonkurs dem Konkursverwalter auszuantworten. Eine gemäß § 895 Z P O eingetragene Vormerkung wird gemäß §§ 87, 104 V g l O unwirksam, womit zugleich die Bereicherungshaftung des Schuldners dem Eigentümer gegenüber erlischt. Kann bei der Geldvollstreckung (§§ 803 ff, 817 ff Z P O ) ein an der Pfandsache und am Erlös Drittberechtigter die Klage aus $ 771 Z P O nicht mehr erheben, da die Zwangsvollstreckung durch Auszahlung des Erlöses beendet ist (Verfasser Handbuch § 15 VII), steht diesem die Bereicherungsklage aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu, da dem Gläubiger der Erlös nur gebührte, soweit ein Pfändungspfandrecht wirksam entstanden war (RGZ 156 399 O L G Celle, M D R 1959 930 LG Lübeck, M D R 1962 477, AG Büdingen, N J W 1965 1381), so hat kein Erwerb aus dem Vermögen des Vergleichsschuldners stattgefunden und die Rückschlagssperre des § 28 VglO greift nicht ein. Im Wege der Gläubigeranfechtung erlangte Zwangsdeckung Eine im Wege der Gläubigeranfechtung (§§ 2, 3, 3 a AnfG) während der Rück- 3 3 schlagssperrfrist erlangte Zwangsdeckung, die zwar aus Gegenständen erwirkt ist, die der Schuldner aus seinem Vermögen veräußert, weggegeben oder aufgegeben hat und nach § 7 Abs. 1 AnfG als noch zu demselben gehörig anzusehen sind, ist gleichwohl kein Zwangserwerb im Sinne der §§ 28, 87, 104 VglO (im Ergebnis zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 28 VglO). Dies, da ein Unwirksamwerden der Siche461

§28

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

rung oder eine Erstattung der Befriedigung, die der Gläubiger von dem Anfechtungsgegner erlangt hat, dem Schuldner nicht zugute k o m m e n kann, da dieser selbst sich nicht dem Anfechtungsgegner gegenüber auf die Unwirksamkeit der nur zugunsten seiner Gläubiger anfechtbaren Rechtshandlung berufen kann (§§1, 2 A n f G ) . D e r Erwerb des Gläubigers beim Anfechtungsgegner fällt mithin nicht in die Rückschlagssperre. D o c h muß sich der Gläubiger — im Hinblick auf § 7 Abs. 1 A n f G — in entsprechender A n w e n d u n g des § 27 Abs. 1 V g l O in V e r b i n d u n g mit § 64 K O als Ausfallgläubiger behandeln lassen. — Im Anschlußkonkurs (§§ 102 ff V g l O ) unterliegt der Erwerb des Gläubigers aus der Anfechtung selbst der Konkursanfechtung, wie aus § 13 Abs. 3 A n f G folgt. Beweispflichtig f ü r das Vorliegen der Voraussetzungen aus § 30 N r . 1 K O ist der Konkursverwalter (Böhle-Stamschräder Anm. VII, 2 zu § 13 AnfG). IV. Leistungen zur Abwendung von Vollstreckungsakten Die Streitfrage 34

Die Streitfrage, ob vollstreckungsabwendende Leistungen der Rückschlagssperre unterfallen, ist von dem Begründer dieses W e r k e s in der zweiten Auflage (1955) besonders in Bezug auf die zur Vergleichsordnung von 1927 ergangene Rechtsprechung eingehend dargelegt w o r d e n . Auf diese Darstellung kann verwiesen werden. Die Bestimm u n g des § 28 V g l O läßt nur „die durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme" erlangte Sicherung der Rückschlagssperre unterliegen und schreibt entsprechendes vor „für Gläubiger, die durch Zwangsvollstreckung befriedigt w o r d e n sind". Zahlt der Schuldner freiwillig an den Gerichtsovllzieher, um eine d r o h e n d e Zwangsvollstreckung abzuwenden, so liegt darin kein Akt der Zwangsvollstreckung. Die Bestimmung des § 28 V g l O findet nur A n w e n d u n g auf solche Sicherungen oder Befriedigungen, die durch echte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt worden sind, nicht aber auf sogenannte Vollstreckungsvereinbarungen, die zur Abwendung einer drohenden oder bereits eingeleiteten Zwangsvollstreckung dienen ( B G H Z 55 307 = K T S 1971 210 W M 1971 378). So scheidet § 28 V g l O aus, w e n n der Gerichtsvollzieher die dem Vollstreckungstitel entsprechenden Leistungen des Schuldners entgegennimmt und quittiert (§ 754 Z P O ) . Er ist hier, da er H a n d l u n g e n vornimmt, die der Gläubiger selbst vornehmen könnte, Vertreter des Gläubigers (vgl. Wieczorek Anm. A II a zu § 753 Z P O ) . Angesichts der klaren, eindeutigen Gesetzesfassung (vgl. oben) ist eine entsprechende A n w e n d u n g bei Leistungen des Schuldners zur A b w e n d u n g der Zwangsvollstreckung nicht möglich (ebneso: Böhle-Stamschräder Anm. 5 zu § 28 V g l O , eingehend: Gerhardt, Kölner Festschrift 1977 111, 132, abweichend: Krieg Anm. 8). W o h l aber erscheint insoweit eine R e f o r m angezeigt.

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Zu dem Erwerb aus Zwangsvollstreckungen ist auch ein solcher zu rechnen, der sich aus Vollziehung eines Arrestes (§§916 ff Z P O ) oder einer einstweiligen V e r f ü gung (§ 935 Z P O ) ergibt (§ 124 VglO). Er unterliegt der Rückschlagssperre ( O L G München J W 1935 809, Böhle-Stamschräder Anm. 4, Vogels-Nölte Anm. 2 zu § 28 V g l O ) . Bei einer Arresthypothek entscheidet der Zeitpunkt der Eintragung im G r u n d buche, mag auch der Antrag auf Eintragung vor dem Beginn der Sperrfrist beim G r u n d b u c h a m t eingegangen sein (BayObLG, M D R 1954 746 = N J W 1955 144). Eine Bestätigung des vor der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens ( § 2 1 V g l O ) vollzogenen Arrestes wird durch die V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g nicht ausgeschlossen ( B G H , K T S 1962 51 = M D R 1962 400). D e r Arrestgrund entfällt auch nicht, wenn Verfügungsbeschränkungen nach §§ 58 ff V g l O erlassen w o r d e n sind {Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 2 8 V g l O , abweichend: LG Düsseldorf N J W 1975 1367 mit kritischer Anm. von

Nur der Erwerb aus Zwangsvollstreckungen

462

Sperrfrist

§28

Baer-Henney). Z u m Fortbestehen des Arrestgrundes f e r n e r : Gerhardt, Kölner Festschrift 1977 111, 117 f mit eingehender Stellungnahme z u r Entscheidung des L G D ü s seldorf a a O .

E. Erwerb während der Rückschlagssperrfrist I. Allgemeines Sperrwirkung auch bei Unkenntnis des Gläubigers Die S p e r r w i r k u n g tritt u n a b h ä n g i g davon ein, o b d e r Gläubiger von einem V e r - 3 6 gleichsversuch o d e r der Absicht des Schuldners, einen Vergleichsantrag zu stellen, Kenntnis hatte. Ein Schutz des guten Glaubens ist ausgeschlossen. Die Rückschlagssperrfrist trifft auch R e c h t s n a c h f o l g e r des Gläubigers, so die Erben, den Zessionar und den P f a n d g l ä u b i g e r d e r gesicherten G l ä u b i g e r f o r d e r u n g .

Maßgeblichkeit des Erwerbszeitpunkts Maßgeblich f ü r das, was in die Rückschlagssperrfrist fällt, ist d e r Erwerbszeitpunkt. 3 7 N i c h t etwa k a n n g a n z allgemein auf den Z e i t p u n k t d e r Vollstreckungshandlung abgestellt w e r d e n . Es k o m m t vielmehr darauf an, w a n n die Sicherung erlangt w o r d e n bzw. w a n n der Gläubiger als befriedigt a n z u s e h e n ist, wie aus dem W o r t l a u t des § 28 Abs. 1 V g l O folgt. Ein den Gläubiger sicherndes P f ä n d u n g s p f a n d r e c h t bei der F o r d e r u n g s p f ä n d u n g entsteht nicht bereits mit dem Erlaß des Pfändungsbeschlusses, s o n d e r n erst mit dessen Zustellung an den D r i t t s c h u l d n e r (§ 829 Abs. 2 S. 1 Abs. 3 Z P O ) . Dies gilt auch d a n n , w e n n der Gläubiger selbst D r i t t s c h u l d n e r ist ( R G , J W 1938 2400). Liegt der Z e i t p u n k t d e r Zustellung erst nach der E r ö f f n u n g des Vergleichs-, bzw. Anschlußk o n k u r s v e r f a h r e n s ( § 2 1 V g l O , § 1 0 8 K O ) , so hindern die Bestimmungen der § 4 7 V g l O , b z w . § 14 K O die E n t s t e h u n g eines Absonderungsrechts (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 2 und 21 zu § 14 K O ) . — W a r d e r P f ä n d u n g s b e s c h l u ß auf E r i n n e r u n g a u f g e h o ben w o r d e n , o h n e daß das Rechtsmittelgericht die V o l l z i e h u n g seiner Entscheidung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist (§§ 793, 577 Abs. 2 Z P O ) o d e r bis z u r anderweiten A n o r d n u n g ausgesetzt hatte, so erlangt der Gläubiger, w e n n das O b e r g e r i c h t den amtsgerichtlichen P f ä n d u n g s b e s c h l u ß wiederherstellt, ein P f a n d r e c h t erst mit erneuter P f ä n d u n g , denn die A u f h e b u n g einer V o l l s t r e c k u n g s m a ß n a h m e wird regelmäßig s o f o r t wirksam ( B G H , K T S 1977 40). Z u r N o t w e n d i g k e i t der erneuten P f ä n d u n g : O L G H a m m , R p f l e g e r 1957 283, O L G Celle R p f l e g e r 1962 282 mit Anm. Berner. Für die Bestimmungen der §§ 28, 87, 104 V g l O ist d a n n auf den Z e i t p u n k t des erneuten P f ä n dungsbeschlusses abzustellen. Ist eine g e m ä ß §§ 804 ff Z P O ausgebrachte P f ä n d u n g m a n g e l h a f t , z. B. weil der Titel nicht zugestellt w a r (§ 750 P O ) , so k a n n dieser Mangel nach der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (§ 21 V g l O ) b z w . des Anschlußkonkurses (§ 19 V g l O , § 108 K O ) nicht m e h r wirksam geheilt w e r d e n , da § 47 V g l O b z w . § 14 K O entgegenstehen ( K G in J W 1934 3146). — D e m K o n k u r s v e r w a l t e r steht gegen u n w i r k s a m e Vollstreckungen die E r i n n e r u n g (§ 766 Z P O ) zu (vgl. B G H , K T S 1960 16 = N J W 1960 435). -

II. Einzelfragen Sicherung durch Vormerkung Eine Sicherung d u r c h V o r m e r k u n g entsteht erst mit der E i n t r a g u n g im G r u n d b u c h , 3 8 Schiffsregister, Schiffsbauregister o d e r Register f ü r P f a n d r e c h t e an L u f t f a h r z e u g e n (§§ 895, 941 ff Z P O , § 10 L R G ) ; vgl. d a z u oben A n m . 30. - D e r Gläubiger unterliegt den W i r k u n g e n der §§ 28, 87, 104 V g l O auch d a n n , w e n n der A n t r a g auf E i n t r a g u n g 463

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

der Vormerkung bereits vor Beginn der Sperrfrist bei Grundbuchamt, Registergericht eingegangen war, dem Antrage jedoch erst innerhalb der Frist entsprochen worden ist (BayObLG, M D R 1954 746 = N J W 1955 144, entschieden für die Arresthypothek). Wird die Vormerkung erst nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 21 VglO) eingetragen, so wird, da es sich um eine verbotswidrige Vollstreckung handelt (§ 47 VglO) kein Pfandrecht begründet. Nach der Eröffnung des Anschlußkonkurses (§ 19 VglO, § 108 KO) steht der Eintragung der Vormerkung das Verbot aus § 14 Abs. 2 K O entgegen. Fiktionswirkung des § 894 ZPO vor Beginn der Sperrfrist 39

War die gesetzliche Fiktionswirkung des § 894 ZPO bereits vor Beginn der Sperrfrist eingetreten, bedarf es aber zur Vollendung des Erwerbs noch eines weiteren Aktes, so bei Fahrnis der Besitzverschaffung (§ 897 Abs. 1 Z P O ) , bei unbeweglichen Vermögen, z. B. der Entgegennahme der Auflassungserklärung durch den Gläubiger (KG, J W 1936 678) und der Eintragung im Grundbuch, so kommt es darauf an, ob diese weiteren Akte im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt sind oder nicht. Bei Fahrnis muß die Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher vor dem Beginn der Sperrfrist durchgeführt worden sein. Ist das geschehen, so ist es ohne Bedeutung, ob die Aushändigung an den Gläubiger vor oder erst nach diesem Zeitpunkt lag. — Die gesetzliche Fiktion des § 894 Z P O geht nicht weiter als die entsprechende wirkliche Erklärung des Schuldners. Die zur Herbeiführung von Eintragungen im Grundbuche erforderlichen Erklärungen des Gläubigers selbst, wie auch die dazu u. U. erforderliche Vorlage von Genehmigungen (etwa eine solche nach § § 1 , 2 GrdstVG) sind keine Akte der Zwangsvollstreckung. — Das Ziel der Vollstreckung ist hier bereits durch die gesetzliche Fiktion aus § 894 Z P O erreicht. —

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Tritt ein wieterer Erwerb kraft der gesetzlichen Fiktionswirkung erst nach Ablauf der Rückschlagssperrfrist ein, so ist zu unterscheiden: Ist die weitere Erwerbshandlung kein Vollstreckungsakt, so kann sie noch nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens vorgenommen werden, ohne daß dem die Bestimmung des § 48 Abs. 1 V g l O entgegensteht (vgl. Lucas S. 99 Nr. 1). Wird ein auf Abgabe einer Willenserklärung lautendes Urteil (§ 894 Z P O ) erst nach Ablauf der Rückschlagssperrfrist rechtskräftig, so kann die Fiktionswirkung, die eine Zwangsvollstreckung ersetzt, zwar nicht gehindert werden, da sie auf Gesetz beruht. Wohl aber greift, mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 21 VglO) das Verbot aus § 47 V g l O ein, während mit der Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens (§ 19 VglO, § 108 KO) die Bestimmung des § 14 K O Platz greift (Jaeger-Lent Anmerkung 19 zu § 14 KO).

Weiterer Erwerb durch Fiktionswirkung nach Ablauf der Sperrfirst

Vollzogener Arrestbefehl 41

Ist ein Arrestbefehl vor Beginn der Rückschlagssperrfrist vollzogen worden, so bleibt der Gläubiger absonderungsberechtigt, auch wenn die zur Erhaltung der Wirksamkeit der Vollziehung nach § 929 Abs. 3 Z P O binnen der dort vorgesehenen Frist notwendige Zustellung in die Rückschlagssperrfrist des § 28 VglO fällt. Die Vollziehung eines Arrestes geschieht nach den Normen über die Zwangsvollstreckung (§ 928 Z P O ) . Sie ist bereits vor der Zustellung des Arrestbefehls und vor der Zustellung der in §§ 750 Abs. 2, 751 Abs. 2 Z P O genannten Urkunden zulässig und läßt nach näherer Maßgabe der §§ 930 Abs. 1, 931 Abs. 2 und 2 Z P O das sogenannte Arrestpfandrecht 464

Sperrfrist

entstehen. Der Vollzug tritt bei zunächst fehlender Zustellung auflösend bedingt ein, wenn nicht der Gläubiger binnen einer Woche seit der Vollziehung und vor Ablauf eines Monats seit der Verkündung des Arrestes oder seiner Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zustellt (§ 929 Abs. 3 ZPO). Diese Zustellung dient nur der Aufrechterhaltung des bereits — wenn auch auflösend bedingt — erworbenen Absonderungsrechts (vgl. Arwed Blomeyer% 96 I 3). — Zwischen dem Ablauf der Wochen- und Monatsfrist kann die V ollziehung des Arrestes wiederholt werden (RGZ 151 156). Liegt diese Vollziehung oder die vorangegangene Vollziehung vor dem Beginn der Sperrfrist, so greifen §§ 28, 87, 104 VglO nicht ein, wenn die nachgeholte Zustellung (§ 929 Abs. 3 Z P O ) in die Rückschlagssperrfrist fällt. — Eine Bestätigung des rechtzeitig vollzogenen Arrestes wird weder durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens, noch die des Anschlußkonkursverfahrens ausgeschlossen (BGH, K T S 1962 51/52, Erkenntnis zum Konkursverfahren). — — War der Arrest erst während der Rückschlagssperrfrist vollzogen, so wird die Zustellung aus § 929 Abs. 3 Z P O weder durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 21 VglO) noch die des Anschlußkonkurses (§ 19 VglO, § 108 K O ) ausgeschlossen, da weder § 47 VglO, noch § 14 K O Platz greifen, wohl aber unterliegt der Gläubiger hier den Wirkungen der Rückschlagssperrfrist (vgl. auch Bohle-Stamschräder Anm. 4 zu § 28 VglO). Arrestpfandrecht innerhalb der Sperrfrist Geht ein Arrestpfandrecht zufolge der Erwirkung eines vollstreckungsreifen Titels 4 2 über den gesicherten Anspruch mit seinem bisherigen Range und unter Ausschluß der Arrestabwendung (§ 923 Z P O ) mit Wirkung ex nunc in ein Pfändungspfandrecht über (RGZ 121, 351), so bleibt der Gläubiger, wenn er das Arrestpfandrecht während der Rückschlagssperrfrist erworben hat, weiterhin den Wirkungen der §§ 28, 87, 104 VglO unterworfen. Mit der Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO) oder der Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens ( § 1 9 VglO, § 108 K O ) verliert der Gläubiger auch seine inzwischen zum Vollstreckungspfandrecht erstarkte Sicherung. Der Erwirkung des Vollstreckungstitels steht die Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§§20, 21 VglO) nicht entgegen, wie aus § 49 VglO folgt. Zur Erhebung der Klage aber kann der Gläubiger gezwungen sein, wenn eine Anordnung des Arrestgerichts aus § 926 Z P O vorliegt, will er sich nicht der Gefahr einer Aufhebung des Arrestbefehls aussetzen. Hieraus folgt, daß hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits die Bestimmung des § 49 S. 2 VglO — zweite Möglichkeit — eingreift. — Pfändungsankündigung nach § 845 Abs. 1 ZPO Eine Pfändungsankündigung nach § 845 Abs. 1 ZPO, an sich eine private Nachricht, 4 3 wirkt von der Zustellung an den Drittschuldner ab wie eine Arrestpfändung (§ 930 ZPO), sofern die Pfändung der Forderung binnen drei Wochen nachfolgt (§ 845 Abs. 2 ZPO). Mit der Vorpfändung entsteht ein auflösend bedingtes Pfandrecht, ein Arrestpfandrecht. Der rechtzeitig nachfolgende gerichtliche Pfändungsbeschluß (§ 829 ZPO) wirkt rechtsbestätigend (RGZ 83, 334). Die Frage der Zulässigkeit einer Pfändung nach § 829 Z P O aber richtet sich nach der Zeit der Zustellung an den Drittschuldner, nicht nach der Zeit der Vorpfändung. Ist daher zwischen der Zustellung der Pfändungsankündigung und des gerichtlichen Pfändungsbeschlusses das Vergleichsverfahren (S§ 20, 21 VglO) oder das Anschlußkonkursverfahren (S 19 VglO, § 108 K O ) eröffnet worden, so ist die letztere Zustellung, ein Vollstreckungsakt, unzulässig, wie 465

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

aus § 47 VglO, § 14 K O folgt. Die Vorpfändung wird damit hinfällig (Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 14 K O , Wieczorek Anm. B IV, b 1 zu § 845 Z P O ) . Dies gilt auch dann, wenn der Gerichtsvollzieher — entsprechend der neueren Praxis — von sich aus die Maßnahmen nach § 845 Abs. 1 Z V G durchgeführt hat (vgl. LG Hamburg, M D R 1973 234 = N J W 1973 200 und LG Köln, M D R 1974 1025, entgegen O L G Frankfurt, D G V 2 1972 25 = Rpfleger 1972 33, das die Aufgaben des Gerichtsvollziehers bei einer Vorpfändung auf den Zustellungsbereich beschränkt wissen will, wie auch ArwedBlomeyer § 55 V 4). Liegt die Vorpfändung vor, die Forderungspfändung aber nach Beginn der Rückschlagssperrfrist des § 28 VglO, so ist die Zwangssicherung als nach dem Beginn der Sperrfrist erlangt anzusehen (RGZ 151 265 RG, J W 1936 2314 = DJ 1936 1167 mit Anm. Vogels ferner OlG Düsseldorf, KTS 1960 190). Die Pfändungsankündigung und die gerichtliche Pfändung sind gleichwertige Erfordernisse des Pfandrechtserwerbs (vgl. auch Böhle-Stamschräder Anm. 4 zu § 28 VglO).

§29 Ausgeschlossene Ansprüche Im Vergleichsverfahren können nicht geltend gemacht werden: die seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen; die Kosten, die den einzelnen Gläubigern durch ihre Teilnahmen an dem Verfahren erwachsen; 3. Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; 4. Ansprüche aus einer Freigebigkeit des Schuldners. 1. 2.

Materialien: Begr. I S. 16. Ber. S. 28, 46 f, Begr. II S. 63 f, III S. 390. Hinweis: § 29 Nr. 3 VglO ist geändert durch Art. 101 Nr. 1 des EGStGB vom 2. 3. 1974 (BGBl. I S. 469). Übersicht Rdn.

Rdn. I.

Rechtsstellung Wesen Behandlung . .

Schuldners Sinngemäß ausgeschlossene Ansprüche III.

D i e a u s g e s c h l o s s e n e n A n s p r ü c h e im einzelnen D i e seit E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s l a u f e n den Zinsen Kosten der Teilnahme am V e r f a h r e n . . . Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder usw A n s p r ü c h e aus einer Freigebigkeit des

466

3 4 5

. .

A n s p r ü c h e aus S c h u l d n e r v e r z u g w ä h r e n d des V e r g l e i c h s v e r f a h r e n s Sach- und Streitgegenstand Abgesonderte Befriedigung S i n n g e m ä ß e r W e g f a l l d e r w ä h r e n d des Vergleichsverfahrens ausgelösten Verzugsfolgen Anschlußkonkurs Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung von Sachverschaffungsansprüchen . .

6 7

8 9

10 11 12

Ausgeschlossene Ansprüche

§29

I. Rechtsstellung Wesen der ausgeschlossenen Ansprüche Ihrem Wesen nach bilden die ausgeschlossenen Ansprüche eine Sonderart der 1 — persönlichen — Vermögensansprüche, für die der Vergleichsschuldner mit dem vom Vergleichsverfahren betroffenen Vermögen an sich haftet. Die bezeichneten Ansprüche stehen im Gegensatz sowohl zu den Vergleichsforderungen als auch zu den nichtbeteiligten Vermögensansprüchen. Für den Begriff des ausgeschlossenen Anspruchs ist es gleichgültig, ob die Forderung bei der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21 VglO) schon im Sinne des § 25 V g l O begründet war oder nicht: Ausgeschlossene Ansprüche können Altschulden, d. h. an sich Vergleichsforderungen, aber auch Neuschulden darstellen. Neuschulden bilden können nicht nur die Kosten der Teilnahme am Verfahren (§ 29 Nr. 2 VglO), sondern auch Geldstrafen- und Freigebigkeitsansprüche. Davon unabhängig ist die Frage, ob es mit dem Sinn des Vergleichsverfahrens vereinbar ist, während desselben Schenkungsversprechen zu machen. In Sondervergleichsverfahren dürfen die ausgeschlossenen Gläubiger nicht mit den außenstehenden Gläubigern verwechselt werden. Zu den außenstehenden Gläubigern sind z. B. im Vergleichsverfahren einer Personalhandelsgesellschaft die Privatgläubiger der Teilhaber, im Nachlaßvergleichsverfahren (§113 VglO) die Eigengläubiger des Erben zu rechnen. Rechtliche Behandlung der ausgeschlossenen Ansprüche In der rechtlichen Behandlung nehmen die ausgeschlossenen Gläubiger eine Mittel- 2 Stellung ein zwischen den Vergleichsgläubigern und den im vollen Sinne Nichtbeteiligten. Gleich den Letzteren sind ihre Ansprüche, soweit sie bereits begründet sind, im Gläubigerverzeichnis mit aufzuführen (§ 6 Abs. 1 S. 5 VglO). Sie können auch im Vergleichstermin erscheinen und Gehör verlangen (§ 66 Abs. 2 VglO). Doch haben sie ebensowenig wie die Nichtbeteiligten Stimmrecht. Ihre Forderungen werden deshalb nicht geprüft (§ 70 VglO) und bleiben bei der Berechnung der Mehrheiten (§§ 74, 77 VglO) außer Betracht. Den Vergleichsgläubigern stehen sie insofern gleich, als die für diese vorgesehenen Erleichterungen und Beschränkungen hinsichtlich der Aufrechenbarkeit (§ 54 VglO) auch ihnen gegenüber gelten. Den Vergleichsversuch können sie durch Vollstreckungen nach der Eröffnung des Verfahrens nicht stören, da das Vollstreckungsverbot des § 47 V g l O eingreift. Vollstreckungen im Vergleichsantragsverfahren unterliegen, soweit es sich um die nach § 29 Nr. 3 und 4 VglO ausgeschlossenen Gläubiger handelt, einer auf Antrag des vorläufigen Verwalters (§11 VglO) gemäß § 13 VglO angeordneten Einstellung. Bei Zwangsdeckungen in der Zeit der Krise greift für die nach § 29 Nr. 1, 3 und 4 V g l O ausgeschlossenen Gläubiger die Rückschlagssperrfrist des § 2 8 VglO mit ihren Folgen aus §§ 87, 104 V g l O ein (vgl. dazu Rdn. 17 zu § 28 VglO mit weiteren Hinweisen). II. Die ausgeschlossenen Ansprüche im einzelnen Die seit Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen Die seit Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen (Nr. 1), und zwar einschließlich 3 der auf die Zeit nach der Vergleichsbestätigung entfallenden (vgl. § 83 Abs. 2 VglO), sind ausgeschlossen, sofern es sich um Zinsen von Kapitalansprüchen handelt, die selbstbeteiligte oder ausgeschlossene Forderungen sind (Bohle-Stamschräder Anm. 2 zu § 29 VglO). Für absonderungsberechtigte Gläubiger, die nach § 27 Abs. 1 S. 1 VglO 467

§29

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

insoweit Vergleichsgläubiger sind, als ihnen der Schuldner auch persönlich haftet und sie entweder auf abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind (BGHZ 31 174), wird, sofern die Sicherheiten für alle Forderungen haften, das Absonderungsrecht sich also auch auf die Zinsen der jeweils bestehenden Forderung erstreckt, die Bestimmung des § 29 Nr. 1 VglO erst bedeutsam, wenn die Sicherheiten verwertet sind (BGH N J W 1956 1594 = KTS 1957 7 = M D R 1957 28 mit Anm. Pohle). Hinsichtlich der Befriedigungsfolge von Zinsansprüchen, insbesondere für den Fall der Zwangsversteigerung, ist wegen der Einzelheiten auf die Darstellung des Verfassers in KTS 1966 158 ff zu verweisen. Die Vorschrift des § 29 Nr. 1 VglO trifft die gesetzlichen wie die vertraglichen Zinsen. Auch die sogenannten Provisionen, falls sie nicht etwa eine Vergütung für eine Mühewaltung darstellen, fallen unter die Bestimmung, so die Verwaltungskostenzuschläge, die als Zinserweiterungen anzusehen sind (vgl. dazu Obermüller BB 1954 521). — Ein Kontokorrentverhältnis (§ 355 HGB) endet wegen der verschiedenartigen Behandlung von Alt- und Neuforderungen mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (S§ 20, 21 VglO, dazu BGH, KTS 1977 235/237, Kalter KTS 1978 2). Für die Zinsen vom Schlußsaldo gilt die Bestimmung des S 29 Nr. 1 VglO (vgl. für den Konkursfall Mentzel-Kuhn Anm. 3 zu S 63 KO). — Hat ein Bürge die Zinsen seit der Verfahrenseröffnung bezahlt, so ist auch die insoweit auf ihn übergegangene Forderung ( S 774 BGB) vom Ausschluß betroffen. Anderes gilt, wenn der Bürge auf Grund eines zwischen ihm und dem Vergleichsschuldner bestehenden Rechtsverhältnisses, etwa als Geschäftsbesorger einen ihm zustehenden Anspruch auf Aufwanderstattung (SS 670, 675 BGB) geltend macht. Dieser Anspruch ist Vergleichsforderung (vgl. Rdn. 45 zu s 25 VglO). Kosten der Teilnahme am Verfahren 4

Zu den dem einzelnen Gläubiger durch die Teilnahme am Vergleichsverfahren erwachsenen Kosten, die nach S 29 Nr. 2 VglO ausgeschlossen sind, gehören z. B. die Anwaltskosten für die Vertretung im Verfahren. Dazu gehören auch Anmeldungskosten in einem gemäß S 19 Abs. 2 S. 2 VglO wieder aufgehobenem Anschlußkonkurs (vgl. Bohnenberg KuT 1938 62). Die Teilnahmekosten gelten, soweit der Vergleich nichts anderes vorsieht, mit der Vergleichsbestätigung als erlassen (S 83 Abs. 2 VglO). Von den den einzelnen Vergleichsgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsenen Kosten sind die Ansprüche zu trennen, die durch Schuldnerverzug entstanden sind. Diese hat der Gläubiger substantiert darzulegen und streitigenfalls zu beweisen (vgl. AG Köln, KTS 1976 250). Nicht hierher gehört der Anspruch des Vergleichsbürgen auf Erstattung der Vergütung des Bürgenvertreters für die Vertretung im Vergleichstermin ( S S 66, 85 Abs. 2 VglO, S 118 BRAGebO, vgl. Verfasser Büro 1960 49), denn dieser Erstattungsanspruch ist eine nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens begründete Neuforderung. Die Bestimmung des S 29 Nr. 2 VglO bezieht sich nur auf die dem einzelnen Gläubiger — Vergleichsgläubiger, wie ausgeschlossenen Gläubiger—, nicht aber dem Vergleichsbürgen erwachsenen Teilnahmekosten. Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungs- und Zwangsgelder sowie Nebenfolgen, die zur Geldzahlung verpflichten

5

Geldstrafen würden, könnten sie im Vergleichsverfahren geltend gemacht werden, im Falle des Scheiterns des Vergleichsversuchs im Anschlußkonkurs die Anschlußkonkursgläubiger härter treffen als den Gemeinschuldner. Sie sind mithin mit Recht hier 468

Ausgeschlossene A n s p r ü c h e

(§ 29 N r . 3 V g l O ) wie im Konkurse (§ 63 N r . 3 K O ) ausgeschlossen. Als Geldstrafen sind nur die eigentlichen kriminellen Strafen, auch Disziplinarstrafen, nicht aber Vertragsstrafen (§§ 339 ff BGB) anzusehen. — Hinsichtlich der Geldbußen ist auf §§ 17 ff O W i G zu verweisen. — Zu den Zwangsgeldern gehören nicht die Steuersäumniszuschläge (BFH N J W 1974 719/720). - „ N e b e n f o l g e n " sind z. B. die A b f ü h r u n g des Mehrerlöses (§ 8 W i S t G , die Einziehung des Wertersatzes (§ 25 O W i G ) . — Ansprüche aus einer Freigebigkeit des Schuldners Ansprüche aus einer Freigebigkeit des Schuldners sind ausgeschlossen (§ 29 N r . 4 6 V g l O ) ohne Rücksicht darauf, ob diese nach der Stellung des Vergleichsantrags (§ 2 VglO) oder bereits zuvor begründet w u r d e n . Insbesondere fallen hierunter Forderungen auf Erfüllung eines Schenkungsversprechens (§518 BGB). Freigebig kann auch eine abstrakte Schuldverpflichtung, insbesondere auch ein schenkungsweise gegebenes Wechselakzept sein ( R G Z 71 291), es sei denn, es ist in die H a n d eines redlichen Indossatars gelangt (vgl. Baumbach-Hefermehl Anm. 6, M zu Art. 17 W G ) . Eine Freigebigkeit liegt nicht vor, wenn der Schuldner in A n e r k e n n u n g gesetzlicher Pflichten ein Unterhaltsversprechen gegeben hat. Die Bestimmung des § 29 N r . 4 V g l O greift auch nicht ein, wenn der Vergleichsschuldner als Bürge des Schenkers in Anspruch genommen wird (vgl. Jaeger-Lent A n m e r k u n g 11 zu § 63 K O ) . Bei den vom Erblasser des Schuldners begründeten unentgeltlichen Zuwendungen ist zu unterscheiden: Im Vergleichsverfahren über das Eigenvermögen oder über das den Nachlaß mit umfassende Gesamtvermögen des Erben bilden die vom Erblasser unter Lebenden begründeten Freigebigkeitsverbindlichkeiten ausgeschlossene Ansprüche, da sie der Erbe kraft der Gesamtrechtsnachfolge als Freigebigkeiten schuldet, mithin § 29 N r . 4 V g l O Platz greift. — H a t aber der Erblasser den Schuldner mit Vermächtnissen und Auflagen beschwert, so bilden die daraus sich ergebenden Ansprüche im Nachlaßvergleichsverfahren eine Sonderart der ausgeschlossenen Ansprüche, nämlich die sogenannten minderberechtigten Forderungen ( § 1 1 3 V g l O , §§ 226 Abs. 2 Ziff. 5 227 K O ) . Sinngemäß ausgeschlossene Ansprüche Sinngemäß schließlich sind ausgeschlossen die Kostenerstattungsansprüche aus der 7 der Rückschlagsperre des § 28 V g l O unterliegenden Vollstreckungsmaßnahmen. Sie gelten soweit der Vergleich nichts anderes bestimmt, mit der Vergleichsbestätigung als erlassen (§ 83 Abs. 2 VglO). — Hinsichtlich verjährter Ansprüche wird verwiesen auf die Darstellung in der Rdn. 26 zu § 25 V g l O . Die Bestimmung des § 29 V g l O gilt sinngemäß auch f ü r Forderungen, auf deren Beitreibung der Gläubiger verzichtet hat, denn die Beteiligung am Vergleichsverfahren setzt voraus, daß die Forderung erzwingbar ist (siehe Rdn. 26 zu § 25 VglO). — Ebenso: Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 29 V g l O . — III. Ansprüche aus Schuldnerverzug während des Vergleichsverfahrens Sach- und Streitgegenstand Nicht zu erörtern sind hier die Fragen, welche mit dem Schuldnerverzug in der 8 Erfüllung des bestätigten Vergleichs zusammenhängen. Insoweit ist auf die Bestimmungen der §§ 9, 97 V g l O zu verweisen. Die Fragen sind behandelt bei der K o m m e n tierung des § 9 V g l O (Wegfall der Vergleichsschranken zufolge Verzuges) in den Rdn. 9 bis 18. Sie werden fernerhin zu behandeln sein bei der Kommentierung des § 9 7 V g l O (dort Rdn. 2, 3, 10 ff, 14 ff, 21 ff) und bei der des § 7 1 V g l O (dort 469

§29

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Anm. 29 ff). — Zu erörtern ist hier vielmehr die Frage des Schuldnerverzuges bis zur Vergleichsbestätigung, ob ein vor der E r ö f f n u n g eingetretener V e r z u g gegenüber den Vergleichsgläubigern und den ausgeschlossenen Gläubigern f ü r die Z u k u n f t , d. h. ab der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens (SS 20, 21 V g l O ) entfällt, so daß weitere Ansprüche wegen des Verzuges nicht mehr entstehen können, und die weitere Frage, ob der Schuldner bis zur Bestätigung des Vergleichs noch in V e r z u g geraten kann. Diese Fragen lassen sich, soweit es um Verzugszinsen geht, nicht aus § 29 N r . 1 V g l O , sondern nur aus dem Zweck und der Funktion des Vergleichsverfahrens beantworten {Kalter K T S 1978 2). — Für den K o n k u r s gilt § 12 K O , der jedem von ihm betroffenen Gläubiger einen Erfüllungsaufschub auferlegt und den Eintritt des Verzuges ausschließt (vgl. faeger Lehrbuch § 10 II 1, Jaeger-Lent Anm. 2 zu § 63 K O ) . — Aus der rechtlichen N a t u r des Vergleichsverfahrens, das kein Zwangsbefriedigungsverfahren ist, folgt, daß nicht bereits die E r ö f f n u n g den Eintritt und die Fortwirkung eines Verzuges ausschließen kann, das V e r f a h r e n an sich hat keine Stundungswirkung (Lucas, S. 109). Wie Verzugszinsen können auch Verzögerungsschäden während des Vergleichsverfahrens erwachsen (RG, K u T 1927 102). D o c h sind diese Ansprüche aus Verzug, die erst nach der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens erwachsen können, nicht Vergleichsforderungen, vielmehr ausgeschlossene Forderungen. — Z u r wirtschaftlichen Bedeutung von Verzugsersatzansprüchen im Vergleichsverfahren siehe in bezug auf die Zinsverschu|dung im Herstau-Vergleich die Darstellung von Berges in BB 1978, Beilage 5 z u m H e f t 15/1978, S. 10, Fußnote 48. —

9

Abgesonderte Befriedigung Für das Recht auf abgesonderte Befriedigung, d. h. bei bereits vorliegendem oder etwas später eintretendem V e r z u g des Vergleichsschuldners folgt aus der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens kein Hindernis. Vergleichsgläubiger und ausgeschlossene Gläubiger können auch wegen ihrer aus V e r z u g begründeten Ansprüche Befriedigung suchen, soweit die dingliche H a f t u n g reicht (vgl. §§ 1115 Abs. 1, 1118, 1192 BGB und ferner §§ 1210 Abs. 1 S. 1, 1273 Abs. 2 S. BGB). Zinsen können — auch f ü r die Zeit nach der E r ö f f n u n g des Vergleichsverfahrens — aus der vollen jeweils bestehenden F o r d e r u n g berechnet werden. D e r Erlös aus der V e r w e r t u n g der Sicherheiten ist nach § 367 Abs. 1 BGB zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und schließlich auf die Kapitalforderung zu verrechnen ( B G H , N J W 1956 1294, Ballhaus Rdn. 82 zu § 6 0 7 BGB im G r o ß k o m m e n t a r ) . Z u r Befriedigungsfolge im möglichen Zwangsversteigerungsverfahren bei älteren Zinsrückständen vgl. Verfasser K T S 1966 158 ff. —

Sinngemäßer Wegfall der während des Vergleichsverfahrens ausgelösten Verzugsfolgen 10

Mit der Bestätigung des Vergleichs entfallen, soweit der Vergleich nichts anderes vorsieht, die f ü r die Zeit von der E r ö f f n u n g des Verfahrens laufenden Zinsen der vom Vergleich betroffenen Gläubiger ( § 8 3 Abs. 2 V g l O ) . D a z u gehören auch etwaige V e r zugszinsen (vgl. Rdn. 8). K o m m t der Vergleichsschuldner nach der Vergleichsbestätigung mit der Erfüllung des Vergleichs in V e r z u g , so gelten f ü r das Wiederaufleben der Vergleichsforderung die Sonderbestimiiiungen der §§ 9 und 97 V g l O . Stundung und Erlaß, wie sie der Vergleich gewährt, sollen nicht bereits dann, wegfallen, wenn der Vergleichsschuldner nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften in V e r z u g geraten ist (vgl. Rdn. 9, 15 zu § 9 V g l O mit weiteren Hinweisen). Für den Eintritt sonstiger Verzugsfolgen aber ist auch bei der Vergleichserfüllung der allgemeine Verzugsbegriff des 470

Ausgeschlossene Ansprüche

§ 29

bürgerlichen Rechts maßgebend (BGH, K T S 1956 94 = N J W 1956 1200 = LM Nr. 1 zu § 9 VglO). Diese Voraussetzungen des Verzuges sind mithin maßgebend für den Anspruch auf Verzugszinsen und Verzugsschadensersatz des Gläubigers. Der Anspruch bezieht sich, solange der erlassene Forderungsteil nicht gemäß § 9 VglO wieder aufgelebt ist, nur auf die Vergleichsforderung in der durch den bestätigten Vergleich festgelegtem Umfange. Mit dem Wiederaufleben aber tritt dann auf Grund Verzuges nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der Verzugszins- und Verzugsschadensersatzanspruch in bezug auf die gesamte Vergleichsforderung ein (vgl. BöhleStamschräder Anm. 2 a zu § 9 VglO, Bongartz KTS 1977 80/84). — vgl. auch oben Rdn. 15 a zu § 9 VglO. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78 VglO) gemäß § 83 Abs. 2 VglO — soweit der Vergleich nichts anderes vorsieht — auch etwaige während des Verfahrens entstandenen Verzugsersatzansprüche entfallen. Sie sind (vgl. Rdn. 8) ausgeschlossene Ansprüche nach § 29 VglO. Das Gesetz erwähnt in der Bestimmung des § 83 Abs. 2 VglO nur Zinsen, wozu auch Verzugszinsen zu rechnen sind, nicht aber erwähnt das Gestz Verzugsersatzansprüche (§§ 288 Abs. 2, 289 S. 2 BGB). Dje Zinsen sind, wie die Kosten, die den betroffenen Gläubigern dürch ihre Teilnahme am Vergleichsverfahren erwachsen sind, welche gleichfalls nach § 83 Abs. 2 VglO mit der Bestätigung des Vergleichs als erlassen gelten, als regelmäßig verhältnismäßig unbedeutende Nebenforderungen anzusehen (vgl. Lucas S. 166). Dies kann von den weiteren Verzugsersatzansprüchen, die der Gläubiger näher darlegen und beweisen muß, nicht immer gesagt werden (zustimmend: AG Köln, KTS 1976 250, auch zur Frage der Abgrenzung der Teilnahmekosten von den Ansprüchen aus Schuldnerverzug). Es kann daher nicht ohne weiteres angenommen werden, daß auch sie mit der Bestätigung des Vergleichs gemäß § 83 Abs. 2 VglO entfallen (vgl. Kiesow J W 1935 765). — Ein bereits vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§ 21 VglO) begründeter Verzugsersatzanspruch nimmt als Vergleichsforderung am Verfahren teil, soweit auch der Hauptanspruch Vergleichsforderung ist (vgl. Rdn. 5 zu § 25 VglO). Anschlußkonkurs Geht das Vergleichsverfahren in den Anschlußkonkurs über, so ist zu unterschei- 11 den: Bei einem solchen nach bestätigtem Vergleich entfallen nach § 9 Abs. 2 VglO Stundung und Erlaß des Vergleichs, gleich, in welchem Umfange die Vergleichserfüllung bei der Konkurseröffnung (§ 108 K O ) noch aussteht. Das Wiederaufleben bezieht sich auch auf die nach § 83 Abs. 2 VglO als erlassen geltenden Zinsen (vgl. Rdn. 20 zu § 9 VglO). — Bei einem Anschlußkonkurs nach Versagung der Bestätigung des Vergleichs '(§ 80 VglO) oder nach einer Einstellung des vergleichslos^ebliebenen Verfahrens (§§99, 100 VglO) bleibt der Zins- und Verzugsiinsansprucfc' bestehen, soweit diese Ansprüche nicht etwa außergerichtlich erlassen sind.(zum Zinserlaß in einem außergerichtlichen Vergleichsverfahren vgl. Künne 1968 430 f). — Ein etwaiger Verzugsersatzanspruch ist — gleich, ob es sich um einen Anschlußkonkurs nach Vergleichsbestätigung oder um einen solchen nach Scheitern des Vergleichsversuchs handelt — Konkursforderung und zwar in der H ö h e , wie er im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (§ 108 K O ) besteht. — Für die während des Anschlußkonkurses laufenden Zinsansprüche gilt § 63 Nr. 1 KO. Schadensersatz wegen Nichterfüllung von Sachverschaffungsansprüchen Ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung von Sachverschaffungsansprü- 1 2 chen der Vergleichsgläubiger ist Vergleichsforderung, soweit er vor der Eröffnung des 471

§30

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Verfahrens (§§ 20, 21 VglO) begründet ist. Für ein späteres Entstehen ist davon auszugehen, daß der Sachverschaffungsanspruch gemäß § 34 VglO am Vergleichsverfahren mit einem Schätzungsbetrage — abgestellt auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens — beteiligt ist. Die Vorschrift des § 34 VglO entspricht der des § 69 K O , die auch für den Anschlußkonkurs maßgebend ist (zu § 69 K O vgl. Müller N J W 1968 225 und Verfasser N J W 1968 1125). Die inhaltliche Umwandlung des Anspruchs tritt im Vergleichsverfahren endgültig erst mit der Bestätigung des Vergleichs ein (Böhle-StamSchräder Anm. 5 zu § 34 VglO). Kommt es nicht zur Vergleichsbestätigung, so bleibt der Anspruch materiell-rechtlich Sachverschaffungsanspruch. Folgt ein Anschlußkonkurs ohne Forderungsumwandlung, so ist ein während des Vergleichsverfahrens entstandener Schadensersatzanspruch Konkursforderung (§§ 3, 108 KO). Solange das Vergleichsverfahren läuft, ist ein solcher nach der Eröffnung dieses Verfahrens (§§ 20, 21 VglO) begründeter Anspruch an diesem Verfahren nicht beteiligt (vgl. zur Umwandlungswirkung im Konkurs Jaeger- Weber Anm. 10 zu § 164 KO). —

§30 Betagte Forderungen Betagte Forderungen gelten als fällig. Sind sie unverzinslich, so sind sie nur mit dem Betrag beteiligt, der mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Verfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrage der Forderung gleichkommt. Materialien: Begr. II S. 64; III S. 390. Übersicht Rdn. Die gesetzliche R e g e l u n g Geltungsbereich Satz 1 Satz 2

Rdn.

II. 1 2 3

Die Tragweite der V o r s c h r i f t D i e Fälligkeitsgeltung Absonderungsrechte Mithaftende Dritte

6

I. Die gesetzliche Regelung Geltungsbereich 1

Der Geltungsbereich der Vorschrift, die inhaltlich mit der entsprechenden Vorschrift des § 65 K O übereinstimmt, ist teils enger, teils weiter als im Konkurs. Während die Bestimmung des § 65 K O auch f ü r Konkursforderungen mit allgemeinem Vorrecht (§ 61 Nr. 1 - 5 K O , § 80 VAG) gilt (vgl. für Steuerforderungen: BFH, KTS 1975 300, Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 65 KO), bleiben Vorrechtsgläubiger im Vergleichsverfahren als Nichtbeteiligte außer Betracht (§ 26 Abs. 1 VglO). Andererseits aber gilt die Vorschrift des § 30 VglO nicht nur für Vergleichsgläubiger, sondern auch für die gemäß § 83 Abs. 1 V g l O vom Vergleich betroffenen Freigebigkeitsgläubiger. — Doch gilt die Fälligkeitsbestimmung des § 30 VglO nicht etwa nur für vergleichsbetroffene Forderungen, vielmehr auch für solche, die von den Vergleichsnachteilen verschont werden sollen, denen nach § 72 Abs. 1 VglO ein Stimmrecht nicht zusteht und zu deren Bevorzugung die zurückgesetzten Gläubiger mit den aus § 8 Abs. 2 VglO ersichtlichen Mehrheiten zustimmen müssen, wenn der Vergleich nicht als abgelehnt gelten soll (vgl. Rdn. 31c zu § 8 VglO). 472

Betagte Forderungen

§ 30

Satz 1 der Bestimmung Zufolge Satz 1 des § 30 VglO wird die Fälligkeit vorverlegt. Die Vorschrift trifft den 2 ursprünglichen Fälligkeitsaufschub wie nachträgliche Stundungen, dies gleich, ob sie auf Gesetz, Rechtsgeschäft, richterliche oder behördliche Anordung beruhen. Die Bestimmung dient der beschleunigten Durchführung des Verfahrens. Sie vermeidet, daß die auf Forderungen, wie sie in der Anm. 1 näher bezeichnet wurden, bestimmte Beträge bei der Vergleichserfüllung zurückbehalten werden müssen. — Ist eine Kündigung durch Vertrag ausgeschlossen, so verliert dieser Ausschluß der Kündigung für den Bereich des § 30 VglO seine Kraft (Jaeger-Lent Anm. 2 zu § 65 KO). — Betagt im Sinnne des Satzes 1 unserer Vorschrift sind auch Forderungen, bei denen zwar der Zeitpunkt, nicht aber der Eintritt der Fälligkeit ungewiß ist, so Teilschuldverschreibungen, deren Fälligkeit von einer Auslosung abhängt (Mentzel-Kuhn Anm. 6 zu § 65 KO). — Von den Lastenausgleichsabgaben werden die Vermögensabgabe und die Kreditgewinnabgabe (§§ 63, 77, 180 LAG) durch § 30 VglO betroffen (vgl. Einzelheiten zu den LAG-Abgaben: Rdn. 65 zu §26 VglO). - Nicht unter § 3 0 VglO dagegen fallen Ansprüche, bei denen zwar der Zeitpunkt der Entstehung bestimmt ist, diese selbst aber in der-Zukunft liegt, wie z . B . bei einem Vermächtnis unter Bestimmung eines den Anfäll hinausschiebenden Anfangstermins (§§ 2177, 2179 BGB). Sie sind im Einklang mit der Bestimmung des § 163 BGB gleich Forderungen zu behandeln, bei denen ungewiß ist, ob der Verfallstag eintreten wird (vgl. zu diesen Forderungen Rdn. 31 zu § 25 VglO). Der Wert ist nach § 34 VglO zu schätzen (Böhle-Stamschräder Rdn. 6 zu § 30 VglO). Satz 2 der Bestimmung Zufolge Satz 2 des § 30 VglO werden betagte Forderungen, wenn sie unverzinslich sind, in Abweichung von § 272 BGB um den Zwischenzins gekürzt. Dies ist der Unterschied zwischen dem Nennbetrag des erst später fällig werdenden Anspruchs und seinem Gegenwartswert. Der Berechnung ist die „Hoffmannsche Methode" zugrunde zu legen (siehe z. B. BFH, KTS 1975 300, Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 65 K O ) : Bei einem Zinssatz von vier v. H . (§ 246 BGB), im Handelsrecht auch fünf v. H . (§ 352 HGB), die auch f ü r die Forderungen ausländischen Rechts gelten, errechnet sich der gesuchte Gegenwartswert (unter Annahme eines Zinssatzes von 4 v. H.) wie folgt: + x

4 •t •x , t - t t — r r r = n oder c 1 : : • 365

36 500 • n 36 500 + 4 • t

wobei „n" der Nennbetrag, „t" die Zahl der Tage vom Verfahrensbeginn (§21 VglO) bis zur Fälligkeit und „x" der gesuchte Gegenwartswert bedeutet. Ist der Fälligkeitstermin unbestimmt, so ist diese Berechnung unmöglich, mithin der Gegenwartswert der unverzinslichen Forderung nach § 34 VglO zu schätzen (vgl. R G Z 68, 342, Erkenntnis, ergangen zur entsprechenden Vorschrift des § 69 KO). II. Die Tragweite der Vorschrift Die Fälligkeitsgeltung Die Fälligkeitsgeltung beschränkt sich zunächst auf das Vergleichsverfahren. Dem 4 Gläubiger betagter Ansprüche wird die unbeschränkte Teilnahme ermöglicht. Er kann an den Abstimmungen teilnehmen. Es steht ihm frei, soweit die Voraussetzungen im übrigen vorliegen, sich durch Aufrechnung (§ 54 V g l O in Verbindung mit § 54 Abs. 2 KO) den Verfahrensfolgen zu entziehen. Dagegen gilt die betagte Forderung für die Rechtsverfolgung außerhalb des Vergleichsverfahrens nicht bereits zufolge der Eröff473

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger nung desselben als fällig. D e r Gläubiger einer betagten Forderung kann nicht schon deshalb, weil das Vergleichsverfahren gegen den Schuldner e r ö f f n e t wurde, auf sofortige Leistung klagen. Wie im K o n k u r s e Voraussetzung f ü r die W i r k u n g des § 65 Abs. 1 K O f ü r die Zeit nach der Beendigung des Konkursverfahrens ist, daß die Urteilskraft äußernde W i r k u n g des Tabelleneintrags nach §§ 145 Abs. 2, 164 Abs. 2 K O vorliegt (vgl. dazu Jaeger-Weber Anm. 10 zu § 164 K O ) , so ist im Vergleichsverfahren hierzu die Vergleichsbestätigung Voraussetzung. K o m m t es zur Vergleichsbestätigung (§ 78 V g l O ) , so ist die Fälligkeit endgültig, vorausgesetzt, daß nicht etwa die Vergleichswirkungen nach §§ 9, 88, 89 Abs. 1 V g l O entfallen. K o m m t es vorher zum Anschlußkonkurs (§S 19, 99, 100, 102 V g l O ) , so greift § 65 K O Platz {Bohle-Stamschräder Anm. 3 zu § 30 VglO). Für die Berechnung des Zwischenzinses ist dann der sich aus § 108 K O ergebende Zeitpunkt maßgebend.

Absonderungsrechte 5

Für Absonderungsrechte ist davon auszugehen, daß die Bestimmung des § 30 V g l O nur Vergleichsforderungen erfaßt. N u n erfaßt die entsprechende Vorschrift des § 65 K O auch nur K o n k u r s f o r d e r u n g e n und zwar einfache K o n k u r s f o r d e r u n g e n (§§ 3, 61 N r . 6 K O ) und solche mit allgemeinem V o r r e c h t (§ 61 N r . 1 - 5 K O , § 80 V A G ) vgl. Rdn. 1 oben. D e r Bundesgerichtshof ( B G H Z 31 337, zustimmend Böhle-Stamschräder Anm. 3 zu § 65 K O , kritisch zur Begründung: Serick Bd. III § 35,1, 3 c, im Ergebnis ebenso Jaeger-Lent Anm. 4 zu § 65 K O ) , meint jedoch, die Bestimmung des § 65^KO gelte beim Zusammentreffen von persönlicher Schuld und dinglicher H a f t u n g auch f ü r das Absonderungsrecht, da sonst ein absonderungsberechtigter Gläubiger, wenn die vereinbarte Fälligkeit erst nach Konkursbeendigung eintritt, einen Ausfall gemäß, der Bestimmung des § 153 Abs. 1 K O nicht nachweisen könne. Dieser — abweichend von R G Z 86, 247 ergangenen — Entscheidung des B G H ist entgegenzuhalten, daß die Bestimmung des § 65 K O nur f ü r die konkursmäßige Rechtsverfolgung gilt (vgl. Böhle-Stamschräder hier Anm. 1, und Jaeger-Lent hier Anm. 4 zu § 65 K O ) . Sie gilt nicht f ü r ein Zwangsversteigerungsverfahren (vgl. Jaeckel-Güthe Anm. 11, zu § 174 Z V G ) . Weiter aber ist der Entscheidung entgegenzuhalten, daß die Vorverlegung der Fälligkeit aus § 65 K O der Masse erhebliche Nachteile bringen kann (vgl. dazu Mentzel-Kuhn Anm. 5 zu § 65 K O und Kuhn M D R 1960 490, ferner Werner K T S 1969 215/219). Im Vergleichsverfahren muß die dem § 6 5 K O entsprechende Bestimmung des § 30 V g l O f ü r Absonderungsrechte ausscheiden, da das V e r f a h r e n kein Zwangsbefriedigungsverfahren ist und bei der gebotenen K ü r z e des Verfahrens die Ausfallsermittlung in der Regel nicht erreicht werden kann, auch vom Gesetz, wie aus § 27 Abs. 1 S. 2 V g l O folgt (vgl. auch § 97 Abs. 1 V g l O ) bis zur Beendigung des Verfahrens nicht verlangt wird (vgl. Rdn. 14 bis 16 zu § 27 V g l O , Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 30 VglO).

Mithaftende Dritte 6

Mithaftenden Dritten gegenüber greift die Vorschrift des § 30 V g l O nicht ein. Sie gilt nur im Verhältnis vom Vergleichsgläubiger z u m Vergleichsschuldner, sowie hinsichtlich der vom Vergleich betroffenen Freigebigkeitsgläubiger (§ 83 Abs. 1 VglO). V o n der vorzeitigen Fälligkeit der bezeichneten Forderungen werden Bürgen und Mitschuldner nicht belastet (vgl. auch § 767 Abs. 1 BGB). D o c h kann der Bürge aus der vorzeitigen Fälligkeit auch keinen Vorteil herleiten, er hat mithin kein Recht auf vorzeitige Zahlung.

474

Bedingte Forderungen

§ 31

§31 Bedingte Forderungen Forderungen unter auflösender Bedingung nehmen am Verfahren wie unbedingte teil. Materialien: Begr. I S. 17; I S. 48, 64; I S. 390. Übersicht Rdn. I.

II.

Auflösend bedingte Forderungen W ä h r e n d des S c h w e b e n s d e r B e d i n g u n g Bedingungseintritt Aufschiebend bedingte Forderungen

.

1 2

Rdn. Vergleichsforderung 3 Verfahrensrechtliche Besonderheiten . . . 4 Im V e r g l e i c h v e r e i n b a r t e S i c h e r s t e l l u n g . . 5

I. Auflösend bedingte Forderungen Während des Schwebens der Bedingung Auflösend bedingte Ansprüche sind an sich begründete Ansprüche, die beim Eintritt 1 der Bedingung aufhören zu bestehen (§ 158 Abs. 2 BGB). Im Konkurs werden solche Forderungen wie unbedingte geltend gemacht (§ 66 KO). Tritt die Bedingung während des Konkursverfahrens ein, so kann der Konkursverwalter im Prüfungsverfahren (§§ 141 ff K O ) die Forderung bestreiten, nach deren Feststellung (§ 144 KO) die Vollstreckungsgegenklage erheben (§ 767 Z P O ) und etwa geleistete Zahlungen (§§ 149 ff KO) zurückverlangen (§ 159 BGB). Für die vergleichsmäßige Behandlung von auflösend bedingten Forderungen gilt unsere der Bestimmung des § 66 K O entsprechende Vorschrift. Dagegen fehlt in der Vergleichsordnung eine dem § 67 K O entsprechende Vorschrift über die Behandlung aufschiebend bedingter Forderungen. Während des Schwebens der Bedingung werden Forderungen unter auflösender Bedingung nach § 31 VglO im Vergleichsverfahren wie unbedingte Ansprüche behandelt. Die Gläubiger, vorausgesetzt, es sind Vergleichsgläubiger (§ 25 VglO), nehmen an den Abstimmungen teil. Im übrigen gelten für sie die Bestimmungen über die Aufrechnung (§ 54 VglO) und die Vergleichswirkungen (§§ 82 f, 87 VglO), soweit dort vorgesehen auch für auflösend bedingte Forderungen ausgeschlossener Gläubiger. Ein Vermerk über die Bedingtheit im Gläubigerverzeichnis (§§ 6, 67 Abs. 3 VglO) steht der Vollstreckbarkeit des Anspruchs (§85 VglO) nicht entgegen. Die Bestimmung des § 97 VglO gilt auch beim Bestreiten oder bei einer Teildeckung auflösend bedingter Forderungen. Die Auszahlung der Vergleichsquote kann nicht etwa durch Mehrheitsbeschluß davon abhängig gemacht werden, daß der etwaige Anspruch des Vergleichsschuldners auf Rückgewähr (vgl. Rdn. 2 unten) sicherzustellen ist. Wohl aber können die Vergleichsgläubiger sich von sich aus zur Sicherheitsleistung dem Schuldner und beifp Liquidationsvergleich (§ 7 Abs. 4 VglO) dem Treuhänder gegenüber verpflichten, wie .'denn auch ein Anspruch auf Sicherheit, der nach Maßgabe des Ejnzelschuldverhältnisses besteht, auch f ü r den Fall des Vergleichsverfahrens und der Vergleichserfüllung weiterhin besteht. Bedingungseintritt Tritt die Bedingung während des Vergleichsverfahrens ein, so ist, wenn dies noch 2 vor der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag geschieht, der Vergleichsverwalter verpflichtet, die Forderung zu bestreiten (§71 VglO), auch soweit die Forderung bereits vom Schuldner selbst oder von einem Vergleichsgläubiger bestritten wird 475

§31

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

(Bohle-Stamschräder K T S 1959 47). Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht durch den Verwalter kann zur Haftung aus § 42 V g l O führen (vgl. Mark N J W 1960 1238). — Tritt die Bedingung erst nach der Vergleichsbestätigung (§ 78 V g l O ) ein, so steht dem Vergleichsschuldner, soweit die Forderung als unbestritten im Gläubigerverzeichnis vermerkt ist, die Vollstreckungsgegenklage zu (§ 85 Abs. 1 V g l O , § 767 Z P O ) . — — Tritt die Bedingung erst nach Zahlung der Vergleichsquote ein, so kann der Vergleichsschuldner das Geleistete als ungerechtfertigte Bereicherung zurückfordern (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Schuldner ist dabei nicht etwa dem Einwand aus § 814 B G B (Kenntnis der Bedingtheit) ausgesetzt, da er, will er die möglichen Folgen aus § 9 Abs. 1 V g l O vermeiden, zur Erfüllung des Vergleichs verpflichtet war. Andererseits schließt § 31 V g l O eine verstärkte Haftung des Empfängers aus § 820 Abs. 1 S. 2 B G B nicht aus. II. Aufschiebend bedingte Forderungen sind nach § 158 Abs. 1 B G B solche, die von einer durch Rechtsgeschäft gesetzten Bedingung abhängen. Im Konkurs werden diese und darüber hinaus, die einer gesetzlichen Bedingung unterliegenden (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 1 zu § 67 K O ) zwar im Prüfungsverfahren festgestellt, jedoch erst mit Eintritt der Bedingung ausgezahlt, vorher sichergestellt (§§ 141 ff, 154, 168 Nr. 2 K O ) . Fällt die Bedingung aus, so wird der zurückgehaltene Betrag frei und steht für die Schlußverteilung bzw. eine Nachtragsverteilung (§§ 169, 166 K O ) zur Verfügung. Im Vergleichsverfahren dagegen ist — die Bezugnahme des § 2 S. 2 der Vergleichsordnung von 1927 ist in die des Jahres 1935 nicht übernommen — eine Sicherstellung der Vergleichsraten gesetzlich nicht vorgeschrieben. Vergleichsforderung 3

Als Vergleichsforderungen sind aufschiebend bedingte Forderungen ausdrücklich genannt in der Bestimmung des § 7 1 Abs. 3 V g l O (vgl. Rdn. 31 zu § 2 5 VglO). — Keine Vergleichsforderungen sind die gesetzlich bedingten Kostenerstattungsansprüche (vgl. Anm. 53b zu § 2 5 V g l O ) . Besonderheiten gelten für die aufschiebend bedingten Rückgriffsansprüche von Mitschuldnern und Bürgen (vgl. dazu die Erl. zu § 33 V g l O ) . Verfahrensrechtliche Besonderheiten

4

Aus der Bedingtheit der Forderungen ergeben sich einige verfahrensrechtliche Besonderheiten: Im Gläubigerverzeichnis (§§ 6, 67 Abs. 3 V g l O ) sind die aufschiebend bedingten Forderungen als solche zu bezeichnen. Sie werden als aufschiebend bedingt erörtert (§ 70 V g l O ) und für die Festsetzung des Stimmrechts wie bestrittene Forderungen behandelt (§ 71 Abs. 2 und 3 VglO). Bei der Vergleichserfüllung werden sie erst nach Eintritt der Bedingung durch Zahlung berücksichtigt. Der Vergleich kann vorsehen, daß die Ansprüche sicherzustellen sind. Bei titulierter Forderung kann eine vollstreckbare Ausfertigung des Auszuges aus dem Gläubigerverzeichnis nur nach urkundlichem Nachweis des Eintritts der Bedingung erteilt werden ( § 8 5 Abs. 1 V g l O in Verbindung mit §§ 726 Abs. 1, 730, 731 Z P O ) . Im Vergleich vereinbarte Sicherstellung

5

Im Vergleich kann eine Sicherstellung der bedingten Ansprüche vereinbart werden. Die Sicherstellung kann durch Hinterlegung der fälligen Vergleichsraten, aber auch in 476

H a f t u n g von Gesamtschuldnern

§ 32

anderer Weise geschehen (§ 232 BGB), so durch Hinterlegung von Wertpapieren entsprechend § 108 Z P O . K o m m t der Vergleichsschuldner mit der Bestellung der im V e r gleich vorgesehenen Sicherheiten in V e r z u g (§ 9 Abs. 1 VglO) so verwirkt er in bezug auf den betreffenden Gläubiger die Vergleichsvorteile.

§32 Haftung von Gesamtschuldnern Ein Gläubiger, dem mehrere Personen für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, ist bis zu seiner vollen Befriedigung an dem Vergleichsverfahren gegen jeden Schuldner mit dem ganzen Betrag beteiligt, den er zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens zu fordern hatte. Materialien: Begr. II S. 64; III S. 390.

Übersicht Rdn. I.

Geltungsbereich der Vorschrift N u r f ü r V e r g l e i c h s g l ä u b i g e r o d e r vergleichsbetroffene Gläubiger Bloße S a c h m i t h a f t u n g eines D r i t t e n . . . . Fälle d e r M i t v e r p f l i c h t u n g Zusammentreffen von Gesellschafts- und E i g e n v e r f a h r e n sowie v o n N a c h l a ß - u n d Erbenvergleichsverfahren H a f t u n g mehrerer Schuldner nebeneinander Bürgenhaftung

1 2 3

4 5 6

Rdn. Kommanditistenhaftung 7 Der Berücksichtigungsbetrag 8 Vollbefriedigung 9 Teilzahlungen der Mithaftenden nach Verfahrenseröffnung 10 Teilleistungen nicht mithaftender Dritter nach Verfahrensbeginn 11 G l ä u b i g e r , die z u g l e i c h a b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g t sind 12 G e s a m t h a f t u n g auf einen T e i l b e t r a g . . . . 13 Zahlenbeispiele 14

I. Geltungsbereich der Vorschrift Nur für Vergleichsgläubiger oder vergleichsbetroffene Gläubiger Die Vorschrift regelt den Fall, daß mehrere Schuldner f ü r dieselbe Leistung neben- 1 einander auf das G a n z e haften und mindestens einer von ihnen im Vergleichsverfahren steht. Sie gestattet, wie die entsprechende Vorschrift f ü r den Konkurs (§ 68 K O ) , einem Gläubiger, dem mehrere Personen als echte (§§421 ff BGB) oder unechte Gesamtschuldner haften, bis zu seiner vollen Befriedigung in jedem V e r f a h r e n den Betrag geltend zu machen, den er zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens ( § 2 1 VglO bzw. § 108 KO) zu fordern hatte (Mentzel-Kuhn Anm. 1 zu § 68 K O ) . Stehen mehrere der Gesamthaftenden im Vergleichsverfahren, so ist der Gläubiger in jedem dieser Verfahren bis zur Vollbefriedigung mit dem Betrage beteiligt, den er jeweils im E r ö f f nungszeitpunkt gegen den betreffenden Vergleichsschuldner zu fordern hatte. Es gilt der G r u n d s a t z der Doppelberücksichtigung (vgl. Kuhn K T S 1957 68 f). — Voraussetzung f ü r die A n w e n d u n g des § 32 V g l O ist, daß der Gläubiger Vergleichsgläubiger oder ein vom Vergleich betroffener Gläubiger (§ 83 Abs. 1 VglO) ist. Ist auch über das V e r m ö g e n eines Mithaftenden das Vergleichsverfahren eröffnet, so findet in diesem gegen den Mithaftenden eröffneten V e r f a h r e n unsere Vorschrift nur dann Anwendung, wenn der Gläubiger auch hier die Stellung eines Vergleichsgläubigers oder eines vom Vergleich betroffenen Gläubigers hat. 477

§32

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

Bloße Sachmithaftung eines Dritten 2

Die Vorschrift gilt auch bei bloßer Sachmithaftung eines Dritten. Wie § 68 KO, so e r f o r d e r t auch § 32 V g l O nur, daß „mehrere Personen f ü r dieselbe Leistung auf das G a n z e haften", nicht auch, daß sie sämtlich mit ihrem V e r m ö g e n haften. Sie gilt mithin auch bei funktionell beschränkter H a f t u n g (vgl. dazu Rdn. 18 zu § 25 V g l O ) des Mithaftenden. Es ist kein innerer G r u n d vorhanden, sie nicht auch entsprechend anzuwenden, wenn ein Dritter f ü r die Schuld des Verglei'chsschuldners nur dinglich mithaftet, denn es ist nicht ersichtlich, w a r u m persönliche Mithaftung und Sachmithaftung im Vergleichsverfahren verschiedenartig behandelt werden sollten ( R G Z 156, 271 und B G H , K T S 1 9 6 0 140 = N J W 1960 S. 1295, weiter B G H , K T S 1969 233 = J Z 1969 224 = N J W 1969 796, Serick Bd. III, § 36 II, 1, c).

3

Zu den Fällen der Mitverpflichtung gehören entgegen der Uberschrift, die unserer Bestimmung vorangestellt worden ist, keineswegs ausschließlich die Fälle der Gesamtschuld (§ 421 BGB). Auch das unechte Gesamtschuldverhältnis gehört hierher, denn mit ihm ist das Erfordernis der H a f t u n g „für dieselbe Leistung" (§ 32 erster Halbsatz V g l O ) ebenso erfüllt. Zu nennen sind Schuldmitübernahme, H a f t u n g aus Ü b e r n a h m e eines Vermögens (§ 419 BGB) oder eines Handelsgeschäfts (§ 25 H G B ) . Soweit mehrere, da sie eine unteilbare Leistung schulden, gemäß § 431 BGB als Gesamtschuldner haften, der Gläubiger im Vergleichsverfahren des einen von ihnen gemäß § 34 V g l O einen Schätzungsbetrag geltend macht, tritt die U m w a n d l u n g endgültig erst mit der Bestätigung des Vergleichs (§ 78 V g l O ) ein. Wie im Konkurs (§ 69 K O ) beschränkt sich die W i r k u n g der U m w a n d l u n g auf den Kreis der den insolvenzrechtlichen Bestimmungen unterworfenen Personen (vgl. Jaeger-Weber Anm. 10, Mentzel-Kuhn Anm. 1 zu § 164 K O , Verfasser N J W 1968 1125).

Fälle der Mitverpflichtung

Zusammentreffen von Gesellschafts- und Eigenverfahren, sowie von Nachlaß- und Erbenvergleichsverfahren 4

Treffen Gesellschafts- und Eigenvergleichsverfahren ( § 1 1 0 Abs. 1 V g l O ) sowie Nachlaß- und Erbenvergleichsverfahren ( § 1 1 3 V g l O , § 234 K O ) zusammen oder handelt es sich um ein Zusammentreffen von V e r f a h r e n nach §§ 114, 114b V g l O , so greift als Ausnahme von dem Grundsatz der Doppelberücksichtigung das Prinzip der Ausfallhaftung Platz (§ 27 VglO). D o c h bezieht sich diese Ausnahme vom Grundsatz der Doppelberücksichtigung nur auf die persönliche, nicht auch auf die dingliche Mithaftung. — Vgl. zu den absonderungsberechtigten Gläubigern Rdn. 12. Haftung mehrerer Schuldner nebeneinander

5

Erforderlich f ü r die A n w e n d u n g des § 32 V g l O ist, daß die mehreren Schuldner nebeneinander haften. Eine H a f t u n g nacheinander genügt nicht. Dies ist zwar im Gegensatz zu § 68 K O in unserer V o r s c h r i f t nicht ausdrücklich bestimmt, folgt jedoch einmal aus der einen Bestandteil des Gesetzes bildenden Paragraphenüberschrift, zum anderen aus der Entwicklungsgeschichte des Rechts, denn § 32 V g l O will die in der Vergleichsordnung von 1927 (dort § 2 S. 2) ausgesprochene Verweisung auf § 68 K O ersetzen (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 32 V g l O ) . Eine Aufeinanderfolge der H a f t u n g liegt z. B. vor, wenn auf eine K a u f p r e i s f o r d e r u n g zahlungshalber ein Kundenwechsel gegeben wird. D e r Gläubiger muß zufolge der H e r e i n n a h m e des Wechsels zunächst aus diesem seine Befriedigung suchen, muß das, was er auf den Wechsel 478

Haftung von Gesamtschuldnern

§32

erhalten hat, dem Kaufpreisschuldner gutbringen und kann die Kaufpreisforderung erst dann verfolgen, wenn er entweder auf die Wechselforderung verzichtet oder dartut, inwieweit diese uneinbringlich ist (RGZ 153, 179 = RG, J W 1937 1649 = K u T 1937 41, B G H Z 67 242 = KTS 1977 111). Damit scheidet die Bestimmung des § 32 VglO aus, wie dies für den Konkursfall auch f ü r § 68 K O gilt (vgl. Böhle-Stamschräder Anm. 2 zu § 32 VglO, Baumbach-Hefermehl Einl. zum W G , VI, 3, F). — Anders aber verhält es sich, wenn der Gläubiger aus dem Wechsel die mehreren Wechselschuldner aus Art. 47 WG in Anspruch nimmt. Sie sind kraft Wechselrechts Gesamtschuldner. Befindet sich einer von ihnen im Vergleichsverfahren, der andere im Konkurs, so kann der Wechselgläubiger überall voll anmelden. Der einzelne der Schuldner wird nur frei, wenn der Gläubiger überall voll befriedigt ist — § 32 VglO, § 68 K O (vgl. BaumbachHefermehl Anm. 3 zu Art. 47 WG). Bürgenhaftung Bei der Bürgenhaftung ist die Rechtslage im Hinblick auf unsere Bestimmung unter- 6 schiedlich: Kann der Gläubiger den Bürgen nicht neben dem Hauptschuldner, sondern nur nach diesem (§ 771 BGB) in Anspruch nehmen, so scheidet § 32 VglO aus. Der Gläubiger kann im Vergleichsverfahren des Bürgen dann nur eine durch den Ausfall beim Hauptschuldner aufschiebend bedingte Forderung geltend machen. Dagegen greift § 32 V g l O ein, wenn es sich bei der Bürgschaft um ein Handelsgeschäft eines Vollkaufmanns handelt (§ 349 HGB), ferner wenn die Einrede der Vorausklage gemäß § 773 BGB ausgeschlossen ist, so wenn es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt (BGH, KTS 1969 233/234 = N J W 1969 796) oder wenn über das Vermögen des Hauptschuldners das Konkursverfahren eröffnet worden ist. — Mehrere Mitbürgen haften als Gesamtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft getrennt übernommen haben (§ 769 BGB). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn jeder von ihnen nur f ü r einen bestimmten Teil der Hauptschuld sich verbürgt hat. — Zur Anwendung des § 32 VglO bei einer Gesamthaftung nur auf einen Teilbetrag — Teilgesamtschuldner, Teilbürge — vgl. unten Rdn. 13.

Kommanditistenhaftung Ein ausgeschiedener Kommanditist haftet den Altgläubigern der in Konkurs gegan- 7 genen Gesellschaft neben dieser unmittelbar und persönlich, soweit ihm seine Einlage zurückgewährt worden ist (§§ 159, 172 Abs. 4, 171 Abs. 2 HGB). Es steht den Altgläubigern frei, ob sie sich zu ihrer Befriedigung an die Gesellschaft oder an die ausgeschiedenen Komanditisten halten wollen. Diese haften nicht etwa subsidiär. Ihnen steht nicht die Einrede der Vorausklage, wie dem Bürgen aus §§ 771, 772 BGB zu. Es handelt sich um eine H a f t u n g der ausgeschiedenen Kommanditisten neben der der Gesellschaft (BGHZ 39 320 = KTS 1964 39 = J R 1964 99 mit Anm. v. Schilling, Uhlenbmck G m b H u. Co KG, S. 238/397). Wird über das Vermögen eines oder aller haftenden Kommanditisten das Vergleichsverfahren eröffnet, so ist hier unsere Bestimmung (§ 32 VglO) anwendbar, während im Konkurse der Gesellschaft in dieser Hinsicht die des § 68 K O gilt (vgl. Mentzel-Kuhn Anm. 7 zu § 68 KO). Wird im Vergleichsverfahren eines ausgeschiedenen Kommanditisten nach Eröffnung des Gesellschaftskonkurses (§108 KO) eine Vergleichsquote zugunsten der Altgläubiger ausgeschüttet, können Erstattungsansprüche im Konkurse der Gesellschaft nur geltend gemacht werden, soweit Altgläubiger voll befriedigt sind, im übrigen greift § 68 K O ein ( B G H Z 27 58, bestätigt in B G H Z 39 320). 479

§ 32

III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

II. Behandlung der Gläubiger 8

Der Berücksichtigungsbetrag Der Berücksichtigungsbetrag ergibt sich aus der H ö h e der Vergleichsforderung, wie sie zur Zeit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (§21 VglO) begründet war. Was der Gläubiger vor diesem Zeitpunkt von einem Mitschuldner erhalten oder beigetrieben hat, mindert seinen Anspruch auch in bezug auf das Vergleichsverfahren. Von Leistungen des (späteren) Vergleichsschuldners selbst vor dem Eröffnungszeitpunkt gilt dies nur, wenn sie weder gemäß § 8 Abs. 3 V g l O nichtig sind (dazu Rdn. 36 b und 40 b zu § 8 VglO), noch gemäß § 28 VglO als der Rückschlagssperre unterliegend unberücksichtigt zu bleiben haben. Der Zahlung stehen die Erfüllungssurrogate gleich. • Besonderheiten gelten bei der Aufrechnung. Bei ihr entscheidet nicht der Zeitpunkt, zu dem sie vollzogen wird, sondern der, auf den sie zurückwirft (§ 389 BGB). Bestand die Aufrechnungslage bereits vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens, so mindert die Aufrechnung den zu berücksichtigenden Betrag selbst dann, wenn sie erst nach der Verfahrenseröffnung vollzogen wurde (vgl. Jaeger K u T 1930 34, Jaeger-Lent Anm. 5, Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 68 KO). Mit dem Forderungsbetrage, wie er zur Zeit der Verfahrenseröffnung sich herausstellt, ist der Vergleichsgläubiger nach § 32 VglO „bis zu seiner vollen Befriedigung an dem Vergleichsverfahren gegen jeden Schuldner beteiligt". Dieser Betrag ist für die Erörterung im Vergleichstermin (§ 70 VglO), für die Abstimmungen (§§ 71 ff, 74, 77 VglO) und für die Vergleichserfüllung, auch für die Behandlung im Falle des Bestreitens (§ 97 VglO) maßgebend (vgl. Böhle-Stamschrä¿er Anm. 3 zu § 32 VglO). Daraus folgt, daß ein Bürge, der nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners Beträge an den Gläubiger zahlt, sich trotz des Forderungsübergangs gefallen lassen muß, daß der Gläubiger allein die Forderung im Vergleichsverfahren vertritt, sich zum Vergleichsvorschlag zustimmend oder ablehnend erklärt und die Vergleichsquote bis zur H ö h e seiner vollen Befriedigung in Empfang nimmt (vgl. Kiesow K u T 1937 140). — Ging dem Vergleichsverfahren ein solches eines anderen Mitschuldners voraus, endete dies mit einem bestätigten Stundungs- und Erlaßvergleich (§§ 7, 78, 90 VglO), so hat der vorausgegangene Teilerlaß, solange der Gläubiger keine Zahlung erhalten hat, keinen Einfluß auf die H ö h e der im nachfolgenden Vergleichsverfahren des weiteren Mitschuldners zu berücksichtigenden Vergleichsforderung, wie aus § 82 Abs. 2 VglO folgt. Der Zwangserlaß allein mindert die H a f t u n g der Mitschuldner und der Bürgen nicht. N u r die gezahlte und zwar vor der Eröffnung des späteren Vergleichsverfahrens gezahlte Dividende verkürzt den in diesem Verfahren zu berücksichtigenden Forderungsbetrag (vgl. für entsprechende Fragen zum Konkurs: Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 68 KO).

Vollbefriedigung 9

Mehr als Vollbefriedigung kann der Gläubiger auch bei Gesamthaftung nicht verlangen. Er hört mithin auf, am Vergleichsverfahren beteiligt zu sein, wenn der Berücksichtigungsbetrag (vgl. Anm. 8) nach dem Verfahrensbeginn, gleich ob vor oder nach der Vergleichsbestätigung (§ 78 VglO), von dem oder den mithaftenden Dritten voll getilgt oder beigetrieben wird (Jaeger-Henckel Rdn. 59 zu § 3 KO). Doch haben verbotswidrige, eine Sonderbegünstigung im Sinne des § 8 Abs. 3 VglO darstellende Zahlungen von Dritten, soweit sie vor Abschluß des Vergleichs für Rechnung oder im Interesse des Vergleichsschuldners erbracht sind, diese Wirkung nicht (vgl. dazu Rdn. 39 und 46 ff zu § 8 VglO). 480

H a f t u n g von Gesamtschuldnern

§32

Teilzahlungen der Mithaftenden nach Verfahrenseröffnung Teilzahlungen der Mithaftenden nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens ver- 10 mindern den auf den Zeitpunkt des § 2 1 V g l O festgelegten Berücksichtigungsbetrag nicht. Solange noch ein die Gesamthaftung gewährender Teilbetrag offen bleibt, wird der Gläubiger bei der Stimmrechtsprüfung (§§ 70, 71 VglO) und den Mehrheitsberechnungen (§§ 74 ff VglO) mit dem zur Zeit des Verfahrensbeginns sich ergebenden Betrag berücksichtigt (Bohle-Stamschräder Anm. 3 zu § 32 VglO). Nach diesem Betrage ist bei einem Erlaßvergleich auch die Vergleichsquote zu berechnen, dies ohne Rücksicht darauf, welche Teilzahlungen Mithaftende erst nach der Vergleichsbestätigung leisteten (RG, JW 1940 989, B G H , K T S 1969 233/234 = N J W 1969 796). Ist aber die so berechnete Vergleichsquote oder Vergleichsrate höher als der noch geschuldete Forderungsbetrag, so kann der Gläubiger Zahlung nur bis zum Restbetrag verlangen. — — Wie die Bestimmung des § 68 K O als eine Schutzvorschrift zugunsten des (ursprünglichen) Gläubigers anzusehen ist (vgl. dazu B G H Z 39 320 = N J W 1963 1873 = K T S 1963 39 = J R 1964, 99 mit Anm. v. Schilling), so auch die des § 32 VglO. Der Gläubiger kann auf diesen Schutz verzichten. Wie ein Verzicht, so ist auch eine Verwirkung des Schutzes möglich, so z. B. wenn eine Bank als Gläubigerin Teilzahlungen von Mithaftenden des Vergleichsschuldners auf das für diesen nach der Vergleichsbestätigung neben dem bisherigen Konto eingerichteten „Quotenkonto" verbucht und von diesen Buchungen jeweils dem Vergleichsschuldner Mitteilung gibt (RG JW 1940 989). — In einem nachfolgenden Konkurs — gleichviel ob es sich um einen Anschlußkonkurs (§§ 102 ff VglO) oder um ein selbständiges Konkursverfahren handelt — sind die den Restbetrag nicht erschöpfenden zwischenzeitlichen Teilzahlungen der Mithaftenden anzurechnen, da der Berücksichtigungsbetrag für § 68 K O sich nach dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung (§ 108 K O ) richtet (Mentzel-Kuhn Anm. 11 zu § 68 KO). Teilzahlungen nicht mithaftender Dritter nach Verfahrensbeginn Teilzahlungen nicht mithaftender Dritter, die diese nach Verfahrensbeginn leisten, 11 sind, soweit sie nicht etwa als verbotswidrige Sonderbegünstigungen (§ 8 Abs. 3 VglO) von einer schuldtilgenden Wirkung ausgeschlossen bleiben (vgl. dazu Rdn. 39 c und 40b zu § 8 VglO), anzurechnen. Die Anrechnung geschieht auf die Vergleichsquote und bei Mehrleistung auf den eine natürliche Verbindlichkeit darstellenden erlassenen Forderungsteil, nicht aber etwa auf den Berücksichtigungsbetrag, denn hier hat § 32 VglO auszuscheiden. Handelt es sich aber bei den Teilleistungen von nicht mithaftenden Dritten um solche, die für Rechnung und im Interesse eines Mithaftenden bewirkt werden, so greift § 32 VglO ein. Die Gleichstellung solcher Teilleistungen Dritter mit denen von Mithaftenden erscheint erforderlich, um einen Ausschluß unserer Schutzvorschrift zum Nachteil des Gläubigers zu verhindern. Gläubiger, die zugleich absonderungsberechtigt sind Für absonderungsberechtigte Gläubiger gilt neben unserer Bestimmung (§ 32 VglO) 1 2 die des § 27 VglO. Das Stimmrecht des absonderungsberechtigten Gläubigers bemißt sich zwar nach dem Berücksichtigungsbetrag des § 32 VglO — dazu oben Rdn. 8 —, doch ist der tatsächliche oder mutmaßliche Deckungsbetrag aus dem Absonderungsrecht abzusetzen (vgl. zu diesem Betrage Rdn. 14 bis 16 zu § 27 VglO). Dieser Abzug ist jedoch nur in dem Vergleichsverfahren vorzunehmen, in welchem der absonde481

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III. Abschnitt: Vergleichsgläubiger

rungsberechtigte Gläubiger sein Absonderungsrecht verfolgt (RGZ 74 231, MentzelKuhn Anm. 12 zu § 68 KO). Die Vergleichsquote kann der Gläubiger, wenn er nicht auf sein Absonderungsrecht verzichtet (vgl. dazu Rdn. 13 zu § 27 VglO), nur für den um die tatsächliche oder mutmaßliche Deckung geminderten ursprünglichen Betrag verlangen. Dabei ist zu beachten, daß die Bestimmung des § 32 VglO nur für die Berücksichtigung der Forderung bei der Verfahrensteilnahme und der Vergleichserfüllung, nicht aber bei der abgesonderten Befriedigung als solcher gilt. Abzusetzen sind daher auch Beträge, die aus der Zeit nach der Verfahrenseröffnung sich aus der Verwertung des Absonderungsrechts ergeben haben. — Wird auch gegen einen Mithaftenden ein Vergleichsverfahren eröffnet, so gilt § 27 VglO hier nur, wenn dem Gläubiger auch hier ein Absonderungsrecht zusteht. Ist das nicht der Fall, so bewendet es in diesem Vergleichsverfahren bei § 32 VglO, auch wenn der Gläubiger nach der Eröffnung des zweiten Vergleichsverfahrens gegenüber dem Schuldner des ersten Verfahrens durch Realisierung des Absonderungsrechts teilweise befriedigt wurde (vgl. Jaeger-Lent für die entsprechende konkursrechtliche Frage in Anm. 6 zu § 68 KO). Gesamthaftung auf einen Teilbetrag 13

Die Frage, ob die vorstehend entwickelten Grundsätze auch bei einer Gesamthaftung auf einen Teilbetrag — Teilgesamtschuldner, Teilbürge — gelten, ist lebhaft umstritten. Künne KTS 1957, 59, derselbe in der „Außergerichtlichen Vergleichsordnung", Ausgabe 1968, 271 und ihm folgend OLG FKarlsruhe, MDR 1958 S. 345, sowie Dempewolf NJW 1961, 1341 nehmen an, daß die Bestimmungen der § 32 VglO und § 68 K O auch bei einer Gesamthaftung auf einen Teilbetrag derselben Leistung gelten. Dies ergebe sich u. a. daraus, daß beide Bestimmungen nicht wie die des § 421 BGB davon ausgingen, daß mehrere Personen in der Weise eine Leistung schulden, von denen jede „die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet" ist, sondern nur davon, daß „mehrere Personen für dieselbe Leistung auf das Ganze haften". Die Erfüllung einer Teilhaftung während des Verfahrens könne den Berichtigungsbetrag nicht ändern. Der Konkursverwalter müsse zudem von unverhältnismäßig umfangreichen Uberwachungsarbeiten verschont bleiben, die ihn, wenn man der Gegenmeinung folge, belasten würden. Demgegenüber nehmen der Bundesgerichtshof (BGH, KTS 1960 140 = NJW 1960 1295 und erneut BGH, KTS 1969 233 = JZ 1969 224) sowie das wohl überwiegende Schrifttum (Jaeger Lehrbuch § 11, V, Jaeger-Lent Anm. 3, Mentzel-Kuhn Anm. 1 und 5, Böhle-Stamschräder Anm. 6 zu § 68 KO, derselbe, Anm. 7 zu § 32 VglO, vor allem Kuhn KTS 1957 68 und KTS 1961, 5) an, daß bei einer Gesamthaftung nur für einen Teil der Vergleichsforderung bzw. für einen Teil der Konkursforderung, die Bestimmung des § 32 VglO bzw. die des § 68 KO, nur auf den Forderungsteil anzuwenden sei, für den Gesamthaft besteht, nicht aber darüber hianus. Erfüllt mithin z. B. der Teilbürge seine Verpflichtung voll, so kann die Vergleichsforderung nur noch in Höhe des Beti'n«