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German Pages 837 [840] Year 1991
Vortisch/Bemm Binnenschiffahrtsrecht
Sammlung Guttentag
Vortisch/Bemm
Binnenschiffahrtsrecht Kommentar
4., völlig neu bearbeitete Auflage von
Dr. Wilfrid Bemm
Richter am Oberlandesgericht Köln
w DE
1991 Walter de Gruyter • Berlin • New York
@ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt Die Deutsche Bibliothek -
CIP-Einheitsaufnahme
Vortisch, O t t o : Binnenschiffahrtsrecht : Kommentar / Vortisch ; Bemm. - 4., völlig neu bearb. Aufl. / von Wilfrid Bemm. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1991 (Sammlung Guttentag) Bis 3. Aufl. u. d. T. : Vortisch, Otto: Binnenschiffahrts- und Flössereirecht ISBN 3-11-007592-X N E : Bemm, Wilfrid: © Copyright 1991 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Buch- und Offsetdruckerei Wagner GmbH, D-8860 Nördlingen Buchbindearbeiten: Lüderitz & Bauer GmbH, D-1000 Berlin 61
Vorwort Die 3. Auflage ist unter dem Titel Vortisch/Zschucke, Binnenschiffahrts- und Flößereirecht 1964 erschienen. Seither sind 27 Jahre verflossen. In dieser Zeit ist die Entwicklung der Schiffahrt weitergegangen. Die Schleppschiffahrt gehört der Vergangenheit an. An ihre Stelle ist die Schubschiffahrt getreten. Auch die F l ö ßerei wird nicht mehr betrieben. Das Flößereirecht ist deshalb in die Neuauflage nicht mehr aufgenommen worden. Mehrere Gesetzesänderungen und zahlreiche Entscheidungen der mit Schiffahrtssachen befaßten Gerichte harrten der Auswertung. Es erschien daher an der Zeit, das Wagnis einer Neuauflage einzugehen. Bei der Bearbeitung galt es, bewährte Erläuterungen fortzuschreiben. Verzichtet wurde auf das Zitat solcher Entscheidungen aus dem vorigen Jahrhundert, die heute nur noch mit großen Schwierigkeiten ermittelt werden können. Soweit der Inhalt dieser Entscheidungen für die Schiffahrtspraxis Bedeutung hat, sind die tragenden Erwägungen der Entscheidungen in die Erläuterungen eingegangen. Mit dieser Auflage wird die Hoffnung verbunden, der Binnenschiffahrt und ihren Problemen dienen zu können. Für die freundliche Überlassung von Rechtsprechungsnachweisen habe ich den Rechtsanwälten und Notaren D r . Kiwitz und Hahn in Duisburg zu danken. Köln, im August 1991
Wilfrid Bemm
V
Inhaltsverzeichnis Vorwort Abkürzungsverzeichnis
V XIV
Gesetz, betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) Gesetzestext
1
Kommentar Einleitung 1. Entstehungsgeschichte des Gesetzes 2. Inhalt des Gesetzes 3. Das Schiff als Rechtsbegriff 4. Das Binnenschiffahrtsgesetz und das Internationale Privatrecht 5. Beurteilung des Gesetzes
35 41 44 45 45
Erster Abschnitt. Schiffseigner § 1 Schiffseigner, Schiff, Binnengewässer § 2 Ausrüster § 3 Haftung des Schiffseigners für Dienstverschulden der Schiffsbesatzung . . . § 4 Beschränkte Haftung mit Schiff und Fracht § 4a Ansprüche aus der Tötung oder Verletzung von Reisenden § 5 Haftung des Schiffseigners für Dienstforderungen der Schiffsbesatzung . . . § 6 Heimatort des Schiffs
46 52 57 71 80 84 87
Zweiter Abschnitt. Schiffer § 7 Sorgfalt und Haftung des Schiffers § 8 Dienstobliegenheiten des Schiffers § 9 Maßnahmen des Schiffers bei seiner Behinderung § 10 Sorgfaltspflicht des Schiffers über Schiff und Ladung § 11 Dienstobliegenheiten des Schiffers bei der Verklarung § 12 Das Verklarungsverfahren § 13 Das Beweisaufnahmeverfahren § 14 Kosten der Verklarung § 15 Gesetzliche Vertretungsmacht des Schiffers § 16 Sonstige Vertretungsmacht des Schiffers § 17 Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht des Schiffers § 18 Beschränkung der Befugnisse im Innenverhältnis § 19 Haftung aus den Geschäften mit gesetzlicher Vertretungsmacht § 20 Dienstverhältnis des Schiffers
92 100 110 113 118 122 125 128 129 134 136 138 139 143
VII
Inhaltsverzeichnis Dritter Abschnitt. Schiffsmannschaft 5 21 Begriff der Schiffsmannschaft § 22 Dienstantritt der Schiffsmannschaft § 23 Dienstpflichten des Schiffsmanns § 24 Lohnzahlungszeiten § 25 Dienstbeendigung Vierter Abschnitt. Frachtgeschäft § 26 Anwendung handelsgesetzlicher Vorschriften § 27 Ladeort und Ladeplatz § 28 Anzeige der Ladebereitschaft § 29 Die Ladezeit § 30 Liegegeld für Überschreitung der Ladezeit § 31 Die Überliegezeit § 32 {aufgehoben) § 33 Die Wartezeit § 34 Ansprüche bei vollständigem Unterlassen der Beladung § 35 Ansprüche bei teilweisem Unterlassen der Beladung § 36 Kündigung des Absenders vor Antritt der Reise § 37 Wiederausladung nach Antritt der Reise § 38 Teilverfrachtung und Stückgüterverfrachtung § 39 Stückgüterverfrachtung unter 10 Tonnen § 40 Der Ladeplatz bei Teil- und Stückgüterverfrachtung § 41 Die Beladung des Schiffes § 42 Zeit für die Beladungsarbeiten und Antritt der Reise § 43 Die Beförderung von Ersatzgütern § 44 Die Beförderung in einem Ersatzschiff § 45 Die Verantwortlichkeit des Absenders für die Bezeichnung der Frachtgüter und für Beschaffung der Begleitpapiere § 46 Ablieferungsort und Löschplatz § 47 Anzeige der Löschbereitschaft § 48 Die Löschzeit § 49 Liegegeld für Überschreitung der Löschzeit § 50 Die Überliegezeit nach einer Löschzeit § 51 Die Wartezeit § 52 Ablieferungshindernisse und Selbstentlöschung § 53 Löschung bei Teil- und Stückgüterverfrachtung 5 54 Löschung bei Stückgüterverfrachtung unter 10 Tonnen § 55 Der Löschplatz bei Teil- und Stückgüterverfrachtung § 56 Die Löschung der Frachtgüter § 57 Umladung in Leichterschiffe § 58 Haftung des Frachtführers für Verlust und Beschädigung § 59 Einschränkung der Haftung für bestimmte Güter § 60 Freigrenze und Vermischung loser Güter § 61 Das Erlöschen der Ansprüche aus einer Beschädigung oder Minderung . . . § 62 Das Erlöschen der sonstigen Ansprüche aus dem Frachtvertrag § 63 Die Berechnung der Fracht
VIII
145 147 149 152 155
159 168 175 180 186 189 192 192 196 201 204 209 212 218 222 224 230 235 238 243 248 255 260 265 270 272 276 282 286 290 292 296 300 315 320 323 332 335
Inhaltsverzeichnis § § § § § § § § § § § § §
64 65 66 67 68 69 70 71 72 73
Distanzfracht für verlorengegangene Güter Fracht für natürlichen Gewichtsverlust Die Verteilung der Schiffahrtsunkosten D a s Pfandrecht, insbesondere bei Frankoablieferung Dauernde Verhinderung des Reiseantritts durch Zufall Dauernde Verhinderung der Reisefortsetzung durch Zufall Sorge für die Ladung bei Verlust oder Beschädigung des Schiffes Zeitweilige Verhinderung der Reise Ladeschein, Meldeadresse H a f t u n g des Frachtführers aus dem Ladeschein für den U m f a n g der Frachtgüter 74 H a f t u n g des Frachtführers aus dem Ladeschein für die Bezeichnung der Güter 75 Der U m f a n g der H a f t u n g aus der Schrift des Ladescheins 76 Übernahme von Gütern mit erkennbaren Mängeln
339 342 344 348 355 361 365 369 374 389 394 399 401
Fünfter Abschnitt. B e f ö r d e r u n g v o n Reisenden u n d ihrem G e p ä c k § 77 Die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck
406
Sechster Abschnitt. Haverei § 78 Große und besondere Haverei § 79 Schuldhafte Herbeiführung der Gefahr § 80 Die Beitragspflicht bei späterer besonderer Haverei § 81 Die Vergütungsberechtigung bei nachfolgender besonderer Haverei . . . . § 82 U m f a n g der großen Haverei in einzelnen Fällen § 83 Aufenthalt im Zwischenort § 84 Die Kosten der Auseinandersetzung § 85 Die Berechnung der Vergütungen und Beiträge § 86 Der Ort der Schadensverteilung § 87 Die Dispache, der Dispacheur § 88 Aufmachung der Dispache durch die sonstigen Beteiligten § 89 D a s Schiffsgläubigerrecht und Pfandrecht der Vergütungsberechtigten . . . § 90 Die persönliche Beitragspflicht des Empfängers § 91 Die Auslieferung oder Hinterlegung beitragspflichtiger Güter
411 421 425 428 430 444 446 448 470 473 480 483 487 491
Siebenter Abschnitt. Z u s a m m e n s t o ß v o n Schiffen, B e r g u n g u n d Hilfeleistung § 92 Schiffszusammenstoß § 92a Ausschluß des Schadensersatzanspruchs § 92b Die Schiffseignerhaftung für Verschulden der Schiffsbesatzung § 92c Gemeinsames Verschulden der Besatzung beteiligter Schiffe § 92d Verschulden der Lotsen § 92e Haftung im Schleppverband § 92f Haftung der Personen der Schiffsbesatzung und des Lotsen § 93 Bergung und Hilfeleistung § 94 Die Festsetzung des Berge- und Hilfslohnes § 95 Die Verteilung des Berge- und Hilfslohnes § 96 Der Ausschluß des Berge- und Hilfslohnes
495 500 504 516 520 523 524 525 534 539 542
IX
Inhaltsverzeichnis § 97 § 98 § 99 §100 §101
Die Sicherung des Berge- und Hilfslohnes Das Erlöschen des Pfandrechts nach Auslieferung der G ü t e r Die Haftung des Schiffers und Schiffseigners nach Auslieferung Die Haftung des Empfängers nach Auslieferung Die Anwendbarkeit seerechtlicher Vorschriften
546 550 552 554 558
Achter Abschnitt. Schiffsgläubiger § 1 0 2 D i e Forderungen mit Schiffsgläubigerrecht § 103 Das Pfandrecht an Schiff und Z u b e h ö r
560 570
§ 104 Das Pfandrecht an der Fracht § 1 0 5 Das Pfandrecht für H a u p t - u n d Nebenforderungen
576 579
§ 106 §107 §108 §109 § 110 § 111 § 112 § 113 §114 § 115 § 116
581 583 584 585 589 592 593 598 600 606 609
D i e Rangfolge der Schiffsgläubiger aus verschiedenen Fahrten Die Rangfolge der Schiffsgläubiger aus derselben Fahrt D i e Rangfolge der Forderungen der öffentlichen Anstalten Das Rangverhältnis des Schiffsgläubigerrechts zu anderen Pflichtrechten . . Die Ausschließung von Schiffsgläubigern durch Aufgebot Das Schiffsgläubigerrecht bei Veräußerung einer Schiffspart Die Dauer des Pfandrechts an der Fracht Die Haftung des Schiffseigners bei Einziehung des Kaufgeldes Die Haftung des Schiffseigners bei Gefährdung des Schiffsvermögens . . . . Das Schiffsgläubigerrecht an Ersatzforderungen Die Rangordnung der auf den Ladungsgütern haftenden Pfandrechte . . . .
N e u n t e r Abschnitt. Verjährung § 1 1 7 Verjährung
612
§ 118 Ersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen und Ausgleichsansprüche
624
Schiffsregister (früher §§ 1 1 9 - 1 2 9 B S c h G , jetzt Schiffsregisterordnung) 1. D i e gesetzliche Grundlage der Schiffsregister
628
2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
D i e Bedeutung des Binnenschiffsregisters D i e Schiffsregisterbehörden D i e örtliche Zuständigkeit der Registergerichte Die Öffentlichkeit des Schiffsregisters Anmeldepflicht und Eintragungszwang Eintragungsfähigkeit D i e meldepflichtigen Personen D e r Inhalt der Anmeldung
629 630 631 632 632 635 636 638
Die Die Die Die Die
641 642 644 647 647
10. 11. 12. 13. 14.
Glaubhaftmachung der Angaben Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister Anmeldung von Veränderungen Verhängung von Zwangsgeld Schiffsurkunden
15. Schiffsbauregister
648
16. D e r öffentliche Glaube des Schiffsregisters
648
X
Inhaltsverzeichnis Zehnter Abschnitt. Schlußbestimmungen § 130 Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes § 131 Die Ausnahmen für den Orts-, Trajekt-und Fährverkehr §132 (aufgehoben) § 1 3 3 Die höhere Verwaltungsbehörde
650 652 655
Anhang I. Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Binnenschiffsverkehrsgesetz) Einleitung Entstehungsgeschichte und Inhalt des Gesetzes
659
Erster § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 8 § 9 § 10
660 663 664 666 666 667 668 669 670
Abschnitt. Verteilung von Fracht- und Schleppgut Genehmigungspflicht für Verteilungsvereinbarungen Genehmigungsbescheid Notstandsregelung Notstandsvoraussetzungen Werkverkehr Behördliche Zuständigkeit Anhörung der Verbände Beirat Mitwirkung des Beirats bei Notstandsregelungen
Zweiter Abschnitt. Schifferbetriebsverbände § 11 Errichtung der Schifferbetriebsverbände § 12 Zweck der Schifferbetriebsverbände § 13 Mitgliedschaft § 14 Ausnahmen und freiwillige Mitgliedschaft § 15 Satzung und Verwaltung § 16 Vorsitz, Haushalt § 17 Mitgliedsbeiträge § 18 Aufgaben der Schifferbetriebsverbände § 19 Beschwerdeverfahren § 20 Auflösung
670 671 673 675 676 677 677 678 679 679
Dritter Abschnitt. Frachtenbildung § 21 Festentgelte § 22 Frachtenausschüsse § 23 Einschränkungen der Zuständigkeit § 24 Aufsicht § 25 Zusammensetzung der Frachtenausschüsse § 26 Geschäftsordnung § 27 Frachtenkommissionen, Ausschüsse § 27a Beratung und Abstimmung § 27b Erweiterter Frachtenausschuß § 27c Marktgerechtigkeit der Tarife
680 684 684 685 685 686 687 688 688 689
XI
Inhaltsverzeichnis § § § § § § § §
28 Genehmigung der Beschlüsse 29 Erlaß, Aufhebung der Beschlüsse 30 Festsetzung durch den Bundesminister für Verkehr 31 Unabdingbarkeit der festgesetzten Entgelte 31a Frachtenprüfungsanordnungen 31b Erzwingung von Verwaltungsmaßnahmen 31c Angaben von Verkehrsleistungen 31 d Kosten
689 690 691 691 694 695 695 696
Vierter Abschnitt. Frachtenausgleich § 32 Frachtenausgleich, Ausgleichsgabe § 32a Frachtenausgleich § 32b Reinvestitionsverbot
697 697 700
Fünfter Abschnitt. Ausgleich widerstreitender Verkehrsinteressen u n d Mitwirk u n g der L ä n d e r § 33 Abstimmungen der Leistungen und Entgelte § 34 Ausschuß der Ländervertreter § 35 Mitwirkung der Länder
701 702 702
Sechster Abschnitt. D u r c h f ü h r u n g bestimmter Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft § 35a Überwachung der Pflichten § 35b Rechte und Befugnisse § 35c Erteilung von Auskünften
702 703 703
Siebenter Abschnitt. Bußgeldvorschriften § 36 Ordnungswidrigkeit § 37 Ordnungswidrigkeiten § 37a Ordnungswidrigkeiten § 38 (weggefallen) § 39 Ordnungsstrafverfahren Achter Abschnitt. U b e r g a n g s - u n d S c h l u ß b e s t i m m u n g e n § 40 Fortbestehende Schifferbetriebsverbände § 41 Fortbestehende Frachtenausschüsse § 42 Auslandsverkehr § 42a Gesetzesumgehungen § 43 Ausnahme für Beförderung mit Seeschiffen § 44 Berlin-Klausel § 45 Inkrafttreten, Außerkraftsetzung bisheriger Vorschriften
II. III. IV. XII
Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe
704 704 706 706
707 708 708 710 711 711 712
713 734 740
Inhaltsverzeichnis
V.
Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen VI. Verordnung über die Ladezeit und die Löschzeit sowie das Liegegeld in der Binnenschiffahrt VII. Verordnung zur vorübergehenden Änderung einiger Vorschriften des Frachtrechts der Binnenschiffahrt VIII. Gesetz zur Aufhebung einiger Verordnungen und Bestimmungen des Binnenschiffahrtsrechts IX. Schiffsregisterordnung X. Verordnung zur Durchführung der Schiffsregisterordnung . . . Sachwortverzeichnis
748 654 755 756 757 777 795
XIII
Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O . Abs. a. F. AG Baumgärtel Baumbach-Duden-Hopt Begr.
Bemm Bemm-Kortendick BFH BfV BGB BGBl. BGH BGHZ BMV BN BRAGebO BSchG
BSchSO BSchUO BSchVG BStBl. DBSchPolVO
anderer Ansicht am angeführten Orte Absatz alte Fassung Amtsgericht Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 3, 1987 H G B , 28. Aufl. 1989 Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Drucksache des Reichstags, 9. Legislaturperiode, III. Session 1894/ 95, N r . 81), und Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei (Drucksache des Reichstags, 9. Legislaturperiode, III. Session 1894/95, Nr. 82), sowie Begründung zu dem Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuche (Drucksache des Reichstags, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895/97, Nr. 682) RGRK, 12. Aufl. Anhang zu § 630 BGB Kommentar zur Rheinschiffahrtpolizeiverordnung, 2. Auflage Bundesfinanzhof Bundesminister für Verkehr Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt für die Bundesrepublik Deutschland Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Bundesminister für Verkehr Binnenschiffahrtsnachrichten Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 (Reichsgesetzblatt S. 868) Binnenschiffahrtsstraßenordnung Binnenschiffs-Untersuchungsordnung Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Binnenschiffsverkehrsgesetz) Bundesteuerblatt Deutsche Binnenschiffahrtspolizeiverordnung vom 12. April 1939 (Reichsgesetzbl. II Nr. 19 Seite 655)
XV
Abkürzungsverzeichnis DJ DJZ DR DVO Elbebedingungen FGG FlaggRG
F1G Förtsch
GewO GG Gutachten GVB1. Handelsgebräuche Hansa HansGZ HGB HK JFG JR JW JZ KG KGBl. KGJ KO KommBer.
KostO Landgraf LG Materialien Mittelstein 1
XVI
Deutsche Justiz, herausgeg. v o m Reichsjustizministerium Deutsche Juristenzeitung Deutsche Rechtszeitschrift Durchführungsverordnung Verfrachtungsbedingungen der Elbereedereien Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) vom 8. Februar 1951 ( B G B l . I S. 79, II S. 6) Flößereigesetz Die Reichsgesetze betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt und der Flößerei, erläutert von R. Förtsch, 2. Auflage. Leipzig 1900 Gewerbeordnung Grundgesetz Gutachtensammlung, herausgegeben von dem Vorstand der Schifferbörse in Duisburg-Ruhrort Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin Handelsgebräuche in der ostdeutschen Binnenschiffahrt, Berlin 1924 Hansa, Zentralorgan für Schiffahrt, Schiffbau, Hafen Hanseatische Gerichtszeitung Handelsgesetzbuch Handelskammer Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Juristische Rundschau Juristische Wochenschrift Juristenzeitung (früher Deutsche Rechtszeitschrift und Süddeutsche Juristenzeitung) Kammergericht, Berlin Blätter für Rechtspflege im Bezirke des Kammergerichts Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts Konkursordnung Bericht der I X . Kommission über den Gesetzentwurf, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt (Drucksache des Reichstags, 9. Legislaturperiode, III. Session 1894/95, N r . 253) Verordnung über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Kostenordnung) Kommentar zum Binnenschiffahrtsgesetz, herausgegeben von J . Landgraf Landgericht Materialien zum Binnenschiffahrtsgesetz Deutsches Binnenschiffahrtsrecht, von Dr. Max Mittelstein, 2. Auflage, Leipzig 1903
Abkürzungsverzeichnis Mittelstein 2 NJW OLG O L G R s p r . (in O L G ) OWiG Prüßmann-Rabe R RAO RG RGBl. RGSt. RGZ RMB1. RV R V B Nachr. RVkBl. RZB1. Sbv. Schaps-Abraham SchiRegO SchiRegV
SeuffA Sten.Ber. StGB StrandO TVG Ulrich
UWG VerkR VerwV Vkbl. VO V O mit §
VRS WG Warn
Das Recht der Binnenschiffahrt, von D r . Max Mittelstein, Leipzig 1918 N e u e Juristische Wochenschrift Oberlandesgericht Mugdan und Falkmann, Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Seehandelsrecht, 2. Aufl., 1983 D a s Recht Reichsabgabeordnung Reichsgericht Reichsgesetzblatt (seit 1922: I = Teil I, II = Teil II) Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Reichsministerialblatt Reichsverfassung Nachrichtenblatt, herausgegeben von der Reichsverkehrsgruppe Binnenschiffahrt Reichsverkehrsblatt Reichszentralblatt Schifferbetriebsverbände Seerecht, herausgegeben von Abraham, 4. Auflage Verordnung über das Schiffsregister vom 26. Mai 1951 (Bundesgesetzblatt I S. 355), (Schiffsregisterordnung) Einrichtung und Führung des Schiffsregisters und Schiffsbauregisters vom 23. Dezember 1940 (Schiffsregisterverfügung in D J 1941 (S. 42) Seufferts Archiv Stenographische Berichte des Deutschen Reichstages Strafgesetzbuch Strandungsordnung Tarifvertragsgesetz v o m 9. 4. 1949 (WiGBl. S. 55) Große Haverei, herausgegeben von R . U l r i c h ; 3. Auflage herausgegeben von P. Brüders und G . Hochgräber, Berlin 1927 Gesetz über den unlauteren Wettbewerb Verkehrsrechtliche Rundschau Verwaltungsvorschriften Verkehrsblatt, Amtsblatt des Bundesministers für Verkehr Verordnung Verordnung über die gebietliche Zuständigkeit der Frachtenausschüsse in der Binnenschiffahrt vom 2 2 . 6 . 1954 ( B G B l . II. S. 635) Verkehrsrechtliche Sammlung Versicherungsvertragsgesetz Warneyers Jahrbuch der Entscheidungen
XVII
Abkürzungsverzeichnis WiGBl. WSD WStG ZfB ZPO ZVG
XVIII
Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wasser- und Schiffahrtsdirektion Wirtschaftsstrafgesetz Zeitschrift für Binnenschiffahrt, herausgegeben vom Zentralverein für Deutsche Binnenschiffahrt Zivilprozeßordnung Zwangsversteigerungsgesetz
Gesetzestext
Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz - BinSchG) Vom 15. Juni 1895 (RGBl. S.301) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 369, 868) (BGBl. III 4103-1) zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. 7. 1986 (BGBl. I S. 1120)
Erster Abschnitt
Schiffseigner
§l Schiffseigner im Sinne dieses Gesetzes ist der Eigentümer eines zur Schiffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern bestimmten und hierzu von ihm verwendeten Schiffes. §2 (1) Wer ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Binnenschiffahrt verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffer anvertraut, wird Dritten gegenüber als Schiffseigner im Sinne dieses Gesetzes angesehen. (2) D e r Eigentümer kann denjenigen, welcher aus der Verwendung des Schiffes einen Anspruch als Schiffsgläubiger (§§ 102 bis 115) herleitet, an der Durchführung des Anspruchs nicht hindern, sofern er nicht beweist, daß die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war.
§3 (1) Der Schiffseigner ist für den Schaden verantwortlich, den eine Person der Schiffsbesatzung oder ein an Bord tätiger Lotse einem Dritten in Ausführung von Dienstverrichtungen schuldhaft zufügt. (2) Zur Schiffsbesatzung gehören der Schiffer, die Schiffsmannschaft ( § 2 1 ) und alle übrigen auf dem Schiffe angestellten Personen.
1
Gesetzestext §4 (1) Der Schiffseigner haftet nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht: 1. wenn der Anspruch auf ein Rechtsgeschäft gegründet wird, welches der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat; 2. wenn der Anspruch auf die Nichterfüllung oder auf die unvollständige oder mangelhafte Erfüllung eines von dem Schiffseigner abgeschlossenen Vertrages gegründet wird, insofern die Ausführung des Vertrages zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört, ohne Unterschied, ob die Nichterfüllung oder die unvollständige oder mangelhafte Erfüllung von einer Person der Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht; 3. wenn der Anspruch auf das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung gegründet wird. (2) Durch die vorstehenden Bestimmungen wird die persönliche Haftung des Schiffseigners im Falle eigenen Verschuldens desselben nicht berührt. Der Schiffseigner haftet jedoch, auch wenn er selbst das Schiff führt, für einen durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstandenen Schaden ausschließlich mit Schiff und Fracht, es sei denn, daß ihm eine bösliche Handlungsweise zur Last fällt. (3) Sind mehrere Schiffe in einem Schleppverband vereinigt, so erstreckt sich die Haftung nur auf dasjenige Schiff, welches den Schaden verursacht hat, und auf die Fracht dieses Schiffes. Der Fracht steht bei Schleppschiffen der Schlepplohn gleich. § 4a '(1) Für Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der Tötung oder Verletzung von Reisenden, die auf dem Schiff befördert werden, haftet der Schiffseigner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht. Die Haftung ist auf einen Betrag von 150000 Deutsche Mark multipliziert mit der Zahl der Reisenden, die das Schiff nach dem Schiffszeugnis befördern darf, höchstens jedoch auf einen Betrag von 30 Millionen Deutsche Mark beschränkt. Ubersteigen die Entschädigungen, die mehreren Reisenden auf Grund desselben Ereignisses zu leisten sind, insgesamt den in Satz 2 bezeichneten Höchstbetrag, so verringern sich die einzelnen Entschädigungen in dem Verhältnis, in dem der Gesamtbetrag zu dem Höchstbetrag steht. Die Beschränkung der Haftung gilt nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die von dem Schiffseigner selbst in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen wurde, daß ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. (2) Werden Ansprüche der in Absatz 1 bezeichneten Art gegen 1. den Charterer oder 2. eine Person der Schiffsbesatzung oder einen an Bord tätigen Lotsen, sofern diese Person den Schaden in Ausführung von Dienstverrichtungen verursacht hat, geltend gemacht, so kann der Schuldner sich auf die Haftungsbeschränkung nach Absatz 1 Satz 2 und 3 berufen; für Ansprüche gegen einen an Bord tätigen Lotsen gilt §487c Abs. 2
1 § 4a, eingefügt durch das Zweite Seerechtsänderungsgesetz vom 25. 7. 1986 (BGBl. I S. 1120), bleibt gemäß Artikel 11 Abs. 1 Satz 2 des genannten Gesetzes außer Betracht in den Fällen, in denen das Ereignis, aus dem die Ansprüche entstanden sind, für die die Haftung beschränkt werden kann, vor dem 1. 9.1987 eingetreten ist. 2
Binnenschiffahrtsgesetz des Handelsgesetzbuchs entsprechend. Der in Absatz 1 Satz 2 bestimmte Höchstbetrag gilt für die Gesamtheit der Ansprüche, die aus demselben Ereignis gegen den Schiffseigner und die in Satz 1 genannten Personen entstanden sind. Jedoch kann ein Schuldner sich auf die Haftungsbeschränkung nicht berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die von ihm selbst in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen wurde, daß ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. §5 Für die den Personen der Schiffsbesatzung aus dem Dienstverhältnisse zustehenden Forderungen haftet der Schiffseigner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht. §6 (1) Das Gericht des Ortes, von dem aus die Schiffahrt mit dem Schiffe betrieben wird (Heimatort), ist, vorbehaltlich des § 3 Abs. 1 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen vom 27. September 1952 (BGBl. I S. 641), für alle gegen den Schiffseigner als solchen zu erhebenden Klagen zuständig ohne Unterschied, ob er persönlich oder nur mit Schiff und Fracht haftet. (2) Unter mehreren hiernach in Betracht kommenden Orten gilt als Heimatort der Ort, wo die Geschäftsniederlassung, bei mehreren Niederlassungen die Hauptniederlassung und in Ermangelung einer Geschäftsniederlassung der Wohnsitz des Schiffseigners sich befindet. (3) Ist ein Heimatort nicht festzustellen, so gilt als solcher der Ort, wo der Schiffseigner zur Gewerbesteuer oder Einkommensteuer veranlagt wird.
Zweiter Abschnitt
Schiffer §7
(1) Der Führer des Schiffes (Schiffer) ist verpflichtet, bei allen Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Verträge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers anzuwenden. (2) Er haftet für jeden durch die Vernachlässigung dieser Sorgfalt entstandenen Schaden nicht nur dem Schiffseigner, sondern auch den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger), den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung, es sei denn, daß er auf Anweisung des Schiffseigners gehandelt hat. Auch in dem letzteren Falle bleibt der Schiffer verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Schiffseigner die nach Lage des Falles erforderliche Aufklärung zu erteilen, oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt. (3) Durch die Erteilung der Anweisung wird der Schiffseigner persönlich verpflichtet, wenn er bei der Erteilung von dem Sachverhältnisse unterrichtet war.
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Gesetzestext
§8 (1) Der Schiffer hat vor Antritt der Reise darauf zu sehen, daß das Schiff in fahrtüchtigem Zustande, gehörig eingerichtet und ausgerüstet, sowie hinreichend bemannt ist, und daß die Schiffspapiere und Ladungsverzeichnisse an Bord sind. (2) Er hat für die Tüchtigkeit der Gerätschaften zum Laden und Löschen, für die gehörige Stauung der Ladung, sowie dafür zu sorgen, daß das Schiff nicht schwerer beladen wird, als die Tragfähigkeit desselben und die jeweiligen Wasserstandsverhältnisse es gestatten. (3) Wenn der Schiffer im Auslande die daselbst geltenden Vorschriften, insbesondere die Polizei-, Steuer- und Zollgesetze nicht beachtet, so hat er den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (4) Für die Fahrtüchtigkeit des Schiffes bei Antritt der Reise haftet den in § 7 A b s . 2 bezeichneten Personen auch der Schiffseigner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht. §9 (1) Wenn der Schiffer durch Krankheit oder andere Ursachen verhindert ist, das Schiff zu führen, so darf er den Antritt oder die Fortsetzung der Reise nicht ungebührlich verzögern; er muß vielmehr, wenn Zeit und Umstände es gestatten, die Anordnung des Schiffseigners einholen und für die Zwischenzeit die geeigneten Vorkehrungen treffen, im entgegengesetzten Falle aber einen anderen Schiffer einsetzen. (2) Für diesen Stellvertreter ist er nur insofern verantwortlich, als ihm bei der Wahl desselben ein Verschulden zur Last fällt. § 10 (1) Der Schiffer ist verpflichtet, von Beschädigungen des Schiffes oder der Ladung, von eingegangenen Geschäften sowie von der Einsetzung eines anderen Schiffers (§ 9) den Schiffseigner in Kenntnis zu setzen. Er hat in allen erheblichen Fällen, namentlich wenn er die Reise einzustellen oder zu ändern sich genötigt findet, die Erteilung von Verhaltensmaßregeln bei dem Schiffseigner nachzusuchen, sofern es die Umstände gestatten. (2) Im Interesse der Ladungsbeteiligten hat der Schiffer während der Reise für das Beste der Ladung nach Möglichkeit Sorge zu tragen. (3) Werden zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes besondere Maßregeln erforderlich, so hat er, wenn tunlich, die Anweisung der Ladungsbeteiligten einzuholen, sonst nach bestem Ermessen das Erforderliche selbst zu veranlassen und dafür zu sorgen, daß die Ladungsbeteiligten von dem Vorfall und den dadurch veranlaßten Maßregeln schleunigst in Kenntnis gesetzt werden. S » (1) Wird das Schiff oder die Ladung von einem Unfall betroffen, so ist der Schiffer berechtigt und auf Verlangen des Schiffseigners oder eines Ladungsbeteiligten verpflichtet, vor dem Amtsgerichte des Ortes, an welchem die Reise endet, und, wenn das Schiff vorher an einem anderen Orte längere Zeit liegen bleiben muß, vor dem Amtsgerichte dieses Ortes eine Beweisaufnahme über den tatsächlichen Hergang sowie über den U m f a n g des eingetretenen Schadens und über die zur Abwendung oder Verringerung desselben angewendeten Mittel zu beantragen. Er hat sich selbst zum Zeugnisse zu erbieten und die zur Feststellung des Sachverhältnisses sonst dienlichen Beweismittel zu bezeichnen.
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Binnenschiffahrtsgesetz (2) Ist eine Beweisaufnahme vor dem in Absatz 1 bezeichneten Gerichte nicht verlangt worden, so ist der Schiffer berechtigt und auf Verlangen des Schiffseigners oder eines Ladungsbevollmächtigten verpflichtet, eine Beweisaufnahme vor dem für Binnenschifffahrtssachen zuständigen Amtsgericht zu beantragen, in dessen Bezirk der Unfall sich ereignet hat. §12 Zur Aufnahme des Beweises bestimmt das Gericht einen tunlichst nahen Termin, zu welchem der Schiffer und die sonst bezeichneten Zeugen zu laden sind. Dem Schiffseigner und den Ladungsbeteiligten ist von dem Termine Mitteilung zu machen, soweit es ohne unverhältnismäßige Verzögerung des Verfahrens geschehen kann. Die Mitteilung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. §13 (1) Die Aufnahme des Beweises erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung. (2) Soweit hiernach nicht die Beeidigung des Schiffers ausgeschlossen ist, beschließt über dieselbe das Gericht nach freiem Ermessen. (3) Die an Schiff und Ladung Beteiligten, sowie die etwa sonst durch den Unfall Betroffenen sind berechtigt, in Person oder durch Vertreter der Verhandlung beizuwohnen. Sie können eine Ausdehnung der Beweisaufnahme auf weitere Beweismittel beantragen. (4) Das Gericht ist befugt, eine Ausdehnung der Beweisaufnahme auch von Amts wegen anzuordnen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich erscheint. § 14 (1) (aufgehoben) (2) Ist das Verfahren auf Verlangen eines Ladungsbeteiligten beantragt, so hat dieser die entstandenen Kosten zu erstatten, soweit er nicht Anspruch auf Ersatz des durch den Unfall ihm entstandenen Schadens hat. Die Verpflichtung des Schiffseigners, dem Schiffer die verauslagten Kosten zu erstatten, wird hierdurch nicht berührt. (3) In Fällen der großen Haverei findet die Vorschrift des § 84 Anwendung. §15 (1) Befindet sich das Schiff weder am Heimatort, noch an einem Orte, an welchem der Schiffseigner eine Geschäftsniederlassung hat, so ist der Schiffer Dritten gegenüber kraft seiner Anstellung befugt, die Frachtforderungen einzuziehen, sowie für den Schiffseigner alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche die Ausführung der Reise erforderlich macht. (2) Zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Veräußerung oder Verpfändung des Schiffes und zum Abschlüsse von Frachtverträgen ist der Schiffer nur auf Grund einer ihn hierzu ermächtigenden Vollmacht des Schiffseigners berechtigt. § 16 (1) Rechtsgeschäfte, welche der Schiffer eingeht, während das Schiff sich an einem der in § 1 5 Abs. 1 bezeichneten Orte befindet, sind für den Schiffseigner nur dann verbindlich, wenn der Schiffer auf Grund einer Vollmacht gehandelt hat, oder wenn ein anderer besonderer Verpflichtungsgrund vorhanden ist. 5
Gesetzestext (2) Zur Ausstellung von Ladescheinen ist der Schiffer ohne Unterschied des Ortes befugt. §17 Der Schiffseigner, welcher die gesetzlichen Befugnisse des Schiffers beschränkt hat, kann einem Dritten die Nichteinhaltung dieser Beschränkungen nur dann entgegensetzen, wenn er beweist, daß sie dem Dritten bekannt waren. § 18 Dem Schiffseigner gegenüber sind für den Umfang der Befugnisse des Schiffers die Bestimmungen der § § 1 5 und 16 ebenfalls maßgebend, soweit nicht der Schiffseigner diese Befugnisse beschränkt hat. § 19 (1) Durch ein Rechtsgeschäft, welches der Schiffer in seiner Eigenschaft als Führer des Schiffes, sei es mit, sei es ohne Bezeichnung des Schiffseigners innerhalb seiner gesetzlichen Befugnisse geschlossen hat, wird der Schiffseigner dem Dritten gegenüber berechtigt und die Haftung des Schiffseigners mit Schiff und Fracht (§ 4 Nr. 1) begründet. (2) Der Schiffer selbst wird dem Dritten durch das Rechtsgeschäft nicht verpflichtet, es sei denn, daß er dessen Erfüllung gewährleistet oder seine Befugnisse überschritten hat. § 20 (1) Der Schiffer untersteht, soweit nicht in diesem Gesetz ein anderes bestimmt ist, den Vorschriften, welche für die in § 133 c der Gewerbeordnung bezeichneten Personen gelten. (2) und (3) (aufgehoben) (4) Hat der Schiffer eine Reise angetreten, so ist er verpflichtet, bis zur Beendigung der Reise und zur Entlöschung des Schiffes im Dienste zu bleiben, es sei denn, daß ein den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorhanden ist. (5) Wird das Dienstverhältnis vor der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte während der Reise aufgehoben, so hat der Schiffer Anspruch auf die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Schiffer sich einer Handlung schuldig gemacht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu rechtfertigen. (6) Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Schiffer zwar jederzeit seines Dienstes enthoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die Zeit bis zum Ende der vertragsmäßigen Dauer des Dienstverhältnisses oder bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist.
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Binnenschiffahrtsgesetz Dritter Abschnitt
Schiffsmannschaft §21 (1) Zur Schiffsmannschaft gehören mit Ausnahme des Schiffers die zum Schiffahrtsdienste auf dem Schiffe angestellten Personen der Schiffsbesatzung, insbesondere die Steuerleute, Bootsleute, Matrosen, Schiffsknechte, Schiffsjungen, Maschinisten und Heizer. (2) Die Schiffsmannschaft untersteht der Gewerbeordnung. § 22 Die Verpflichtung des Schiffmannes zum Dienstantritt beginnt, wenn nichts anderes verabredet ist, mit dem Abschlüsse des Dienstvertrages. Tritt der Schiffsmann den Dienst nicht binnen vierundzwanzig Stunden an, so braucht er nicht mehr angenommen zu werden. Der Anspruch des Schiffseigners auf Schadensersatz wird hierdurch nicht berührt. §23 (1) Der Schiffsmann ist verpflichtet, in Ansehung des Schiffsdienstes den Anordnungen des Schiffers Folge zu leisten und jederzeit alle für Schiff und Ladung ihm übertragenen Arbeiten zu verrichten. (2) Er darf das Schiff ohne Erlaubnis des Schiffers nicht verlassen. (3) Verunglückt das Schiff, so hat der Schiffsmann für Rettung der Personen und ihres Gepäcks sowie für Sicherstellung der Schiffsteile, der Gerätschaften und der Ladung den Anordnungen des Schiffers gemäß nach besten Kräften zu sorgen. §24 Wenn über die Zeit der Lohnzahlung nichts anderes vereinbart ist, so kann der Schiffsmann am Schlüsse jeder zweiten Woche die Auszahlung des verdienten Lohnes verlangen. §25
(1) (aufgehoben) (2) Nach Antritt der Reise ist der Schiffsmann verpflichtet, bis zur Beendigung der Reise und zur Entlöschung des Schiffes im Dienste zu bleiben, es sei denn, daß ein den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorhanden ist. (3) Wird das Dienstverhältnis vor der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte während der Reise aufgehoben, so hat der Schiffsmann Anspruch auf die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Schiffsmann sich einer Handlung schuldig gemacht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu rechtfertigen. (4) Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Schiffsmann zwar jederzeit seines Dienstes enthoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die Zeit bis zum Ende der vertragsmäßigen Dauer des Dienstverhältnisses oder bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist.
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Gesetzestext Vierter A b s c h n i t t
Frachtgeschäft § 26
Auf das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern finden die Vorschriften der §§ 425 bis 427, 430 bis 436, 439 bis 443, 445 bis 451 des Handelsgesetzbuchs Anwendung. §27 (1) Ist das Schiff im ganzen verfrachtet, so hat der Frachtführer dasselbe zur Einnahme der Ladung an den von dem Absender ihm angewiesenen Platz hinzulegen. (2) Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung der erteilten Anweisung nicht gestatten, so kann der Frachtführer, falls der Absender auf die Aufforderung nicht unverzüglich einen geeigneten Ladeplatz bezeichnet, an einem der ortsüblichen Ladeplätze anlegen. Er hat bei der Wahl des Ladeplatzes das Interesse des Absenders tunlichst zu berücksichtigen. (3) Die Verladung an verschiedenen Ladeplätzen des Abgangsortes vorzunehmen, ist der Frachtführer nur verpflichtet, wenn dies besonders vereinbart ist. Er hat in diesem Falle Anspruch auf Ersatz der entstehenden Mehrkosten. Die Dauer der Ladezeit wird durch die übernommene Verpflichtung nicht berührt. §28 (1) Sobald der Frachtführer zur Einnahme der Ladung bereit ist, hat er dies dem Absender anzuzeigen. (2) Die Anzeige hat an einem Werktage vor dem Schlüsse der ortsüblichen Geschäftsstunden zu erfolgen. Eine spätere oder an einem Sonntage oder allgemeinen Feiertage erfolgte Anzeige gilt als am nächsten Werktage erfolgt. (3) Weigert sich der Absender, den Zeitpunkt des Empfanges der Anzeige zu bescheinigen, so ist der Frachtführer befugt, auf Kosten des Absenders eine öffentliche Urkunde darüber errichten zu lassen. § 29 (1) Mit dem auf die Anzeige der Ladebereitschaft folgenden Tag beginnt die Ladezeit; ist Verzicht auf die vorherige Anzeige der Ladebereitschaft vereinbart, so beginnt die Ladezeit, wenn das ladebereite Schiff vorgelegt ist. (2)1 Die Ladezeit beträgt bei Ladungen bis zu 30 000 Kilogramm zwei Tage, bis zu 50 000 Kilogramm drei Tage, bis zu 100000 Kilogramm vier Tage 1 Gemäß § 1 der Verordnung über die Ladezeit und die Löschzeit sowie das Liegegeld in der Binnenschiffahrt vom 9 . 1 1 . 1 9 4 0 (RGBl. II S. 257; B G B l . III 4103-2) kann die gesetzlich oder durch Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde bestimmte Lade- und Löschzeit durch Vereinbarung nicht verlängert werden. 8
Binnenschiffahrtsgesetz und so fort in Stufen von 50 000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500 000 Kilogramm; von da ab steigt die Ladezeit für je 100 000 Kilogramm um je einen Tag. Bei Ladungen über 1 000 000 Kilogramm beträgt die Ladezeit achtzehn Tage. (3) Bei der Berechnung kommen auch diejenigen Tage in Ansatz, an welchen der Absender, wenngleich ohne sein Verschulden, an der Lieferung der Ladung verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen die Sonntage und allgemeinen Feiertage sowie die Tage, an welchen durch zufällige Umstände, insbesondere durch Hochwasser oder Eisgefahr, die Verladung nicht nur der bedungenen, sondern jeder Art von Gütern auf das Schiff verhindert ist. (4)2 Die Vorschriften in Absatz 2 finden nur insoweit Anwendung, als nicht durch Vereinbarung oder Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde ein anderes bestimmt ist. (5) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Benehmen mit den beteiligten Ländern zur Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten in den Häfen sowie unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines beschleunigten Verkehrsablaufs und des jeweiligen technischen Fortschritts für den Ladetag einen kürzeren Zeitraum als den Kalendertag sowie den Beginn und das Ende dieses Ladetages festzusetzen. §30 (1) Wenn der Absender die Ladung nicht so zeitig liefert, daß die Beladung innerhalb der Ladezeit vollendet werden kann, so gebührt dem Frachtführer ein Liegegeld. (2) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung unter Berücksichtigung des jeweiligen technischen Fortschritts beim Güterumschlag und der Erfordernisse eines beschleunigten Verkehrsablaufs zu bestimmen, ob und inwieweit für die über die Ladezeit hinausgehende, tatsächlich in Anspruch genommene Zeit das Liegegeld anteilig zu gewähren ist. §31 (1) Die Bestimmung des § 30 gilt auch dann, wenn bedungen ist, daß der Frachtführer nach Ablauf der Ladezeit noch länger auf die Ladung warten soll (Uberliegezeit). (2) Die Überliegezeit beginnt mit dem Ablaufe der Ladezeit. Auf die Dauer und die Berechnung der Uberliegezeit finden die Bestimmungen über die Ladezeit (§ 29 Abs. 2 bis 4) mit der Maßgabe Anwendung, daß die Uberliegezeit in Ermangelung einer besonderen Vereinbarung höchstens eine Woche beträgt. §32 (aufgehoben) §33 (1) Nach Ablauf der Ladezeit oder der etwa vereinbarten Überliegezeit ist der Frachtführer nicht verpflichtet, noch länger auf die Lieferung der Ladung zu warten. Er muß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten, 2 Gemäß § 1 der Verordnung über die Ladezeit und die Löschzeit sowie das Liegegeld in der Binnenschiffahrt vom 9. 11. 1940 (RGBl. II S. 257; BGBl. III 4103-2) kann die gesetzlich oder durch Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde bestimmte Lade- und Löschzeit durch Vereinbarung nicht verlängert werden. 9
Gesetzestext bei Ladungen bis zu 10 000 Kilogramm spätestens einen Werktag, bei Ladungen bis zu 50 000 Kilogramm spätestens zwei Werktage, bei Ladungen über 50 000 Kilogramm spätestens drei Werktage vor Ablauf der Ladezeit oder der Uberliegezeit dem Absender erklären. Ist dies nicht geschehen, so läuft die Wartezeit nicht eher ab, als bis die Erklärung nachgeholt ist und seit dem Tage, an dem sie erfolgt ist, die vorstehend bezeichneten Fristen verstrichen sind. Auf die Erklärung finden die Bestimmungen in § 28 A b s . 2 und 3 entsprechende Anwendung. (2) Wartezeit läuft in keinem Falle ab, bevor eine der Ladezeit gleichkommende Frist seit dem Tage an, an welchem das Schiff den Ladeplatz erreicht hat, verstrichen ist. §34 H a t der Absender bis zum Ablauf der Wartezeit (§ 33) keine Ladung geliefert, so ist der Frachtführer an den Vertrag nicht länger gebunden und befugt, von dem Absender ein Drittel der bedungenen Fracht als Entschädigung zu verlangen. Hierdurch wird ein bereits begründeter Anspruch auf Liegegeld (§§ 30 und 31) nicht berührt. §35 (1) Hat der Absender bis zum Ablaufe der Wartezeit die Ladung nur teilweise geliefert, so ist der Frachtführer befugt, sofern der Absender nicht von dem Vertrage zurücktritt (§ 36), die Reise mit der unvollständigen Ladung anzutreten. Auf Verlangen des Absenders muß er die Reise jederzeit auch ohne die volle Ladung antreten. (2) In diesen Fällen gebührt dem Frachtführer nicht allein die Fracht für die volle Ladung und das etwaige Liegegeld, sondern er ist auch berechtigt, soweit ihm durch die Unvollständigkeit der Ladung die Sicherheit für die volle Fracht entgeht, die Bestellung einer anderweitigen Sicherheit zu fordern. Außerdem sind ihm die Mehrkosten, welche infolge der Unvollständigkeit der Ladung ihm etwa erwachsen, zu erstatten. § 36 (1) Vor Antritt der Reise kann der Absender von dem Vertrage unter der Verpflichtung zurücktreten, den Frachtführer nach Maßgabe des § 34 zu entschädigen. (2) Macht der Absender von diesem Rechte Gebrauch, nachdem Ladung geliefert ist, so muß er auch die Kosten der Verladung und Wiederausladung tragen. (3) Der Frachtführer ist verpflichtet, den Aufenthalt, welchen die Wiederausladung verursacht, sich gefallen zu lassen, selbst wenn dadurch die Ladezeit und eine etwa bedungene Überliegezeit überschritten wird, wogegen ihm Liegegeld für die Zeit nach Ablauf der Ladezeit und außerdem Ersatz des durch die Überschreitung der Lade- und Überliegezeit entstandenen Schadens gebührt, soweit der letztere den Betrag des Liegegeldes übersteigt. (4) Der Frachtführer ist, wenn der Absender nach erklärtem Rücktritt die Wiederausladung über die Wartezeit hinaus verzögert, berechtigt, die Güter selbst auszuladen und dieselben in einem öffentlichen Lagerhaus oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen. §37 (1) N a c h d e m die Reise angetreten ist, kann der Absender die Wiederausladung der Güter vor Ankunft derselben am Ablieferungsorte nur gegen Berichtigung der vollen Fracht sowie aller sonstigen Forderungen des Frachtführers und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- und Hilfskosten, welche auf den Gütern haften, fordern.
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Binnenschiffahrtsgesetz (2) Im Falle der Wiederausladung hat der Absender nicht nur die hierdurch entstandenen Mehrkosten, sondern auch den Schaden zu ersetzen, welcher aus dem durch die Wiederausladung verursachten Aufenthalt dem Frachtführer entsteht. §38 Ist nicht das Schiff im ganzen, sondern ein verhältnismäßiger Teil oder ein bestimmt bezeichneter Raum desselben verfrachtet oder hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von 10000 Kilogramm oder mehr zum Gegenstande, so kommen die Vorschriften der §§ 28 bis 37 mit folgenden Abweichungen zur Anwendung: 1. die Ladezeit beträgt für den einzelnen Absender bei einer von ihm zu liefernden Ladung bis zu 50 000 Kilogramm einen Tag, bis zu 100000 Kilogramm zwei Tage und so fort in Stufen von 50 000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500 000 Kilogramm; von da ab steigt die Ladezeit für je 100 000 Kilogramm um je einen Tag; bei Ladungen über 1 000000 Kilogramm beträgt die Ladezeit sechzehn Tage. Eine Verpflichtung zur Entrichtung von Liegegeld (§ 30) tritt jedoch in keinem Falle vor Ablauf von drei Tagen seit dem Zeitpunkt ein, mit welchem die Ladezeit einem der Absender gegenüber zuerst zu laufen begonnen hat; der Frachtführer ist indes nicht berechtigt, von mehreren Absendern gleichzeitig für denselben Tag das Liegegeld mehrfach zu beanspruchen; 2. der Frachtführer erhält in den Fällen des § 34 und des § 36 Abs. 1 als Entschädigung nicht bloß ein Drittel, sondern die Hälfte der Fracht, es sei denn, daß sämtliche Absender keine Ladung liefern oder zurücktreten; 3. der Absender kann in den Fällen der §§ 36 und 37 die Wiederausladung nicht verlangen, wenn dieselben eine Verzögerung der Reise zur Folge haben oder eine Umladung oder Umstauung nötig machen würde, es sei denn, daß zugleich die Genehmigung aller übrigen Absender beigebracht und auch das Schiff durch die Wiederausladung nicht gefährdet wird. Außerdem ist der Absender verpflichtet, die Mehrkosten und den Schaden zu ersetzen, welche durch die Wiederausladung entstehen. § 39 (1) Hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von weniger als 10 000 Kilogramm zum Gegenstande, so muß der Absender auf die Aufforderung des Frachtführers ohne Verzug die Lieferung bewirken. (2) Erfolgt die Lieferung nicht unverzüglich, so ist der Frachtführer nicht verpflichtet, auf die Lieferung der Güter zu warten, und kann, wenn er ohne dieselben die Reise antritt, die Hälfte der bedungenen Fracht als Entschädigung beanspruchen. (3) Der Frachtführer, welcher den bezeichneten Anspruch auf die Fracht gegen den säumigen Absender geltend machen will, ist bei Verlust des Anspruchs verpflichtet, dies dem Absender vor Antritt der Reise kundzugeben. Auf diese Erklärung findet die Vorschrift in § 28 Abs. 3 Anwendung. (4) Das Rücktrittsrecht des Absenders, sowie das Recht desselben, die Wiederausladung der Güter zu verlangen, bestimmt sich nach den Vorschriften des § 38.
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Gesetzestext
§40 In den Fällen der §§ 38 und 39 hat der Frachtführer an einem der ortsüblichen Ladeplätze anzulegen. Ist durch Vereinbarung dem Absender das Recht zur Anweisung des Ladeplatzes eingeräumt, so finden die Bestimmungen des § 27 Abs. 2 und 3 entsprechende Anwendung. §41 In Ermangelung einer besonderen Vereinbarung hat der Absender gepackte Güter auf das Schiff, lose Güter in das Schiff zu liefern, der Frachtführer dagegen die weitere Verladung der Güter zu bewirken. §42 (1) Der Frachtführer hat die ihm hinsichtlich der Beladung obliegenden Arbeiten mit tunlichster Beschleunigung auszuführen. Zur Übernahme der Güter an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen ist er nicht verpflichtet, es sei denn, daß ein Notfall vorliegt. (2) Ist über die Zeit, binnen welcher der Frachtführer den Transport bewirken soll, im Frachtvertrage nichts bedungen, so ist die Reise binnen einer den Umständen des Falles angemessenen Frist anzutreten. §43 Der Frachtführer muß statt der vertragsmäßigen andere von demselben Absender nach dem Ablieferungsorte ihm angebotene Güter annehmen, wenn dadurch seine Lage nicht verschlechtert wird. §44 (1) Ist die Beförderung mittels eines bestimmten Schiffes bedungen, so darf der Frachtführer die Güter nicht in ein anderes Schiff verladen oder umladen. Im Falle einer Zuwiderhandlung haftet er für jeden Schaden, in Ansehung dessen er nicht beweist, daß derselbe auch dann entstanden und dem Absender zur Last gefallen sein würde, wenn die Güter nicht in das andere Schiff verladen worden wären. (2) Ist die Beförderung mittels eines bestimmten Schiffes nicht bedungen, so darf der Frachtführer in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung bereits verladene G ü ter nicht ohne Erlaubnis des Absenders in ein anderes Schiff umladen, widrigenfalls er für allen infolge der Umladung entstehenden Schaden haftet. (3) Auf die Umladung in ein anderes Schiff, welche in Fällen der N o t oder wegen niedrigen Wasserstandes erforderlich wird, sowie auf die übliche Umladung in Leichterschiffe an Hafenplätzen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. § 45 (1) Der Absender, welcher unrichtige Angaben über die verladenen Güter macht oder Güter zur Verladung bringt, deren Ausfuhr oder deren Einfuhr in den Ablieferungsort verboten ist, oder welcher bei der Verladung die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die Polizei-, Steuer- oder Zollgesetze übertritt, wird, sofern ihm dabei ein Verschulden zur Last fällt, nicht bloß dem Frachtführer, sondern auch den übrigen Ladungsbeteiligten, den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung für den durch seine Handlungsweise veranlaßten Schaden verantwortlich.
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Binnenschiffahrtsgesetz (2) Dadurch, daß er mit Genehmigung des Frachtführers gehandelt hat, wird seine Verantwortlichkeit den übrigen Personen gegenüber nicht ausgeschlossen. (3) Er kann aus der Einziehung der Güter keinen Grund herleiten, die Zahlung der Fracht zu verweigern. (4) Gefährden die Güter das Schiff oder die übrige Ladung, so ist der Frachtführer befugt, dieselben an das Land zu setzen oder in dringenden Fällen über Bord zu werfen. § 46 (1) Ist das Schiff im ganzen verfrachtet, so hat der Frachtführer nach der Ankunft am Ablieferungsorte das Schiff zur Löschung der Ladung an den ihm von dem Empfänger angewiesenen Platz hinzulegen. (2) Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung der erteilten Anweisung nicht gestatten, so kann der Frachtführer, falls der Empfänger auf die Aufforderung nicht unverzüglich einen geeigneten Löschplatz bezeichnet, an einem der dort ortsüblichen Löschplätze anlegen. Er hat bei der Wahl des Löschplatzes das Interesse des Empfängers tunlichst zu berücksichtigen. (3) Die Ablieferung an verschiedenen Orten des Löschplatzes vorzunehmen, ist der Frachtführer nur verpflichtet, wenn dies besonders vereinbart ist. Er hat in diesem Falle Anspruch auf Ersatz der entstehenden Mehrkosten. Die Dauer der Löschzeit wird durch die übernommene Verpflichtung nicht berührt. §47 (1) Sobald der Frachtführer zum Löschen bereit ist, hat er dies dem Empfänger anzuzeigen. (2) Die Anzeige hat an einem Werktage vor dem Schlüsse der ortsüblichen Geschäftsstunden zu erfolgen. 1 Eine später oder an einem Sonntage oder allgemeinen Feiertage erfolgte Anzeige gilt als am nächsten Werktage erfolgt. (3) Weigert sich der Empfänger, den Zeitpunkt des Empfanges der Anzeige zu bescheinigen, so ist der Frachtführer befugt, eine öffentliche Urkunde darüber auf Kosten des anderen Teiles errichten zu lassen. (4) Wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist, so muß die Anzeige der Löschbereitschaft durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise erfolgen. § 48 (1) Mit dem auf die Anzeige der Löschbereitschaft folgenden Tag beginnt die Löschzeit; ist Verzicht auf die vorherige Anzeige der Löschbereitschaft vereinbart, so beginnt die Löschzeit, wenn das löschbereite Schiff vorgelegt ist. (2) Die Dauer der Löschzeit bestimmt sich nach der auf die Ladezeit bezüglichen Vorschrift in § 29 Abs. 2. (3) Bei der Berechnung kommen auch diejenigen Tage in Ansatz, an welchen der Empfänger, wenngleich ohne sein Verschulden, die Ladung abzunehmen verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen die Sonntage und allgemeinen Feiertage, sowie die Tage, an welchem 1 Vgl. §§ 6, 1 und 5 der V O zur vorübergehenden Änderung einiger Vorschriften des Frachtrechts in der Binnenschiffahrt.
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Gesetzestext durch zufällige Umstände, insbesondere durch Hochwasser oder Eisgefahr die Löschung nicht nur der verladenen, sondern jeder Art von Gütern verhindert ist. 1 (4) 2 Die Vorschrift in Absatz 2 findet nur insoweit Anwendung, als nicht durch Vereinbarung oder Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde ein anderes bestimmt ist. (5) § 29 A b s . 5 gilt entsprechend für die Bestimmung des Löschtages. §49 (1) Wenn der Empfänger die Ladung nicht bis zum Ablaufe der Löschzeit abnimmt, so gebührt dem Frachtführer ein Liegegeld. § 30 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Außer dem Liegegelde kann der Frachtführer auch den Ersatz eines höheren Schadens verlangen, welcher ihm durch die Überschreitung der Löschzeit erwächst. § 50 (1) Die Bestimmungen des § 49 Abs. 1 gelten auch dann, wenn bedungen ist, daß der Frachtführer nach Ablauf der Löschzeit noch weiter auf die Abnahme der Ladung warten soll (Uberliegezeit). Der Ersatz eines das Liegegeld überschreitenden Schadens kann in diesem Falle nur wegen Überschreitung der Überliegezeit verlangt werden. (2) Die Überliegezeit beginnt mit dem Ablaufe der Löschzeit. Auf die Dauer und die Berechnung derselben finden die Bestimmungen in § 29 Abs. 2 und § 48 Abs. 3 und 4 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Überliegezeit in Ermangelung einer besonderen Vereinbarung höchstens eine Woche beträgt. §51 (1) N a c h Ablauf der Löschzeit oder der etwa vereinbarten Überliegezeit ist der Frachtführer nicht verpflichtet, auf die Löschung noch länger zu warten. Er muß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten, bei Ladungen bis zu 10 000 Kilogramm spätestens einen Werktag, bei Ladungen bis zu 50 000 Kilogramm spätestens zwei Werktage, bei Ladungen über 50 000 Kilogramm spätestens drei Werktage vor Ablauf der Löschzeit oder der Überliegezeit dem Empfänger erklären. Ist dies nicht geschehen, so läuft die Wartezeit nicht eher ab, als bis die Erklärung nachgeholt ist und seit dem Tage, an dem sie erfolgt ist, die vorstehend bezeichneten Fristen verstrichen sind. Auf die Erklärung finden die Bestimmungen in § 47 A b s . 2 und 3 entsprechende Anwendung. (2) Die Wartezeit läuft in keinem Fall ab, bevor eine der Löschzeit gleichkommende Frist seit dem Tage, an welchem das Schiff den Löschplatz erreicht hat, verstrichen ist. 1 Vgl. §§ 6, 1 und 5 der V O zur vorübergehenden Änderung einiger Vorschriften des Frachtrechts in der Binnenschiffahrt. 2 Gemäß § 1 der Verordnung über die Ladezeit und die Löschzeit sowie das Liegegeld in der Binnenschiffahrt vom 9 . 1 1 . 1 9 4 0 ( R G B l . II S. 257; B G B l . III 4103-2) kann die gesetzlich oder durch Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde bestimmte Lade- und Löschzeit durch Vereinbarung nicht verlängert werden. 14
Binnenschiffahrtsgesetz §52 (1) Nach Ablauf der Wartezeit ist der Frachtführer berechtigt, die Löschung selbst vorzunehmen und die Güter in einem öffentlichen Lagerhause oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen. (2) Ist der Empfänger des Gutes nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme oder ergibt sich ein sonstiges Ablieferungshindernis, so hat der Frachtführer den Absender unverzüglich hiervon in Kenntnis zu setzen und dessen Anweisung einzuholen. Ist dies den Umständen nach nicht tunlich oder ist der Absender mit der Erteilung der Anweisung säumig oder die Anweisung nicht ausführbar, so kann der Frachtführer nach der Bestimmung in Absatz 1 verfahren, auch wenn die Wartezeit noch nicht abgelaufen ist. Er kann, falls das Gut dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzug ist, das Gut auch gemäß § 373 Abs. 2 bis 4 des Handelsgesetzbuchs verkaufen lassen. (3) Von der Hinterlegung und dem Verkaufe des Gutes hat der Frachtführer den Absender und den Empfänger unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Ist der Empfänger nicht zu ermitteln, so hat die Benachrichtigung von der Hinterlegung durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zu erfolgen; im übrigen dürfen die Benachrichtigungen unterbleiben, soweit sie untunlich sind. §53 (1) Die §§ 47 bis 52 kommen auch dann zur Anwendung, wenn ein verhältnismäßiger Teil oder ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffes verfrachtet ist oder der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von 10 000 Kilogramm oder mehr zum Gegenstande hat. (2) Die Löschzeit beträgt für den einzelnen Empfänger bei einer von ihm abzunehmenden Ladung bis zu 50 000 Kilogramm einen Tag, bis zu 100 000 Kilogramm zwei Tage und so fort in Stufen von 50 000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500000 Kilogramm; von da ab steigt die Löschzeit für je 100 000 Kilogramm um je einen Tag; bei Ladungen über 1 0 0 0 0 0 0 Kilogramm beträgt die Löschzeit sechzehn Tage. Eine Verpflichtung zur Entrichtung von Liegegeld oder zum Schadensersatze (§ 49) tritt jedoch in keinem Falle vor Ablauf von drei Tagen seit dem Zeitpunkte ein, mit welchem die Löschzeit einem der Empfänger gegenüber zuerst zu laufen begonnen hat. Der Frachtführer ist indes nicht berechtigt, von mehreren Empfängern gleichzeitig für denselben Tag das Liegegeld mehrfach zu beanspruchen. §54 (1) Hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von weniger als 10000 Kilogramm zum Gegenstande, so muß der Empfänger auf die Aufforderung des Frachtführers ohne Verzug die Abnahme bewirken. (2) Hinsichtlich der Aufforderung findet § 47 Abs. 4 und hinsichtlich der Hinterlegung des Gutes § 52 entsprechende Anwendung. (3) Für die Tage, um welche durch die Säumnis des Empfängers oder durch das Hinterlegungsverfahren die Frist, binnen welcher das Schiff würde entlöscht worden sein, überschritten ist, hat der Frachtführer Anspruch auf Liegegeld unbeschadet des Rechts, einen höheren Schaden geltend zu machen. 15
Gesetzestext §55 In den Fällen der §§ 53 und 54 hat der Frachtführer an einem der ortsüblichen Löschplätze anzulegen. Ist durch Vereinbarung dem Empfänger das Recht zur Anweisung des Löschplatzes eingeräumt, so finden die Bestimmungen in § 46 Abs. 2 und 3 Anwendung. §56 (1) Sofern nicht durch Vereinbarung ein anderes bestimmt ist, hat der Empfänger gepackte Güter auf dem Schiffe, lose Güter in dem Schiffe abzunehmen und die weitere Entladung zu bewirken. (2) Die Bestimmungen des § 42 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung. §57 (1) Wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder teilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, so hat der Frachtführer dem Leichterschiffer eine Abschrift des Frachtbriefes oder Ladescheines sowie eine Bescheinigung über die Ladung, die der Leichterschiffer übernommen hat, zu behändigen. (2) Die Dauer der Löschzeit wird dadurch, daß die Ladung ganz oder teilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, nicht verändert, vielmehr teilen sich Hauptschiff und Leichterfahrzeug in dieselbe nach dem Verhältnisse der in dem Hauptschiffe verbliebenen und der in das Leichterfahrzeug überschlagenen Ladung. Ergeben sich bei der Berechnung Bruchteile, so wird bis einhalb nach unten, über einhalb nach oben abgerundet. Hat ein Leichterschiff Ladung von verschiedenen Hauptschiffen übernommen, so berechnet sich die Löschfrist selbständig für jede einzelne Ladung nach Maßgabe vorstehender Grundsätze. (3) Der Empfänger hat nach der Reihenfolge der Anzeigen der Löschbereitschaft die Löschung vorzunehmen, ist aber nicht verpflichtet, Hauptschiff und Leichterschiff gleichzeitig zu löschen. (4) Das von dem Empfänger bei Überschreitung der Löschzeit zu zahlende Liegegeld berechnet sich nach der Tragfähigkeit desjenigen Schiffes, bei dem die Löschzeit überschritten ist. §58 (1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, welcher seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes entstanden ist, sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeigeführt ist, welche durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. (2) Die Haftung des Frachtführers ist insbesondere ausgeschlossen, wenn der Verlust oder die Beschädigung aus einem mangelnden Zustande des Schiffes nebst Zubehör oder der Lade- oder Löschgerätschaften entstanden ist, welcher trotz der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht zu entdecken war. (3) Für den Verlust oder die Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunstgegenständen, Geld- und Wertpapieren haftet der Frachtführer nur, wenn ihm die Beschaffenheit oder der Wert des Gutes bei der Übergabe zur Beförderung angegeben worden ist.
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Binnenschiffahrtsgesetz § 59 (1) D e r Frachtführer haftet nicht: 1. in Ansehung der Güter, welche nach Vereinbarung mit dem Absender auf Deck verladen oder in Schiffen ohne Verdeck befördert werden, für den Schaden, welcher aus der mit dieser Beförderungsweise verbundenen Gefahr entstanden ist; 2. in Ansehung der Güter, welche, obgleich ihre N a t u r eine Verpackung zum Schutze gegen Verlust oder Beschädigung auf dem Transport erfordert, nach Inhalt des Frachtbriefes oder Ladescheines unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung aufgegeben sind, für den Schaden, welcher aus der mit dem Mangel oder der mangelhaften Verpackung verbundenen Gefahr entstanden ist; 3. in Ansehung der Güter, deren Verladung und Ausladung von dem Absender besorgt wird, für den Schaden, welcher aus der mit dem Verladen und Ausladen oder mit einer mangelhaften Verladung verbundenen Gefahr entstanden ist; 4. in Ansehung der Güter, welche vermöge ihrer eigentümlichen natürlichen Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, Verlust oder Beschädigung, namentlich Bruch, Rost, inneren Verderb, außergewöhnliche Leckage, Austrocknung und Verstreuung zu erleiden, für den Schaden, welcher aus dieser Gefahr entstanden ist; 5. in Ansehung lebender Tiere, für den Schaden, welcher aus der mit der Beförderung dieser Tiere für dieselben verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist. (2) Ist ein Schaden eingetreten, welcher nach den Umständen des Falles aus einer der bezeichneten Gefahren entstehen konnte, so wird bis zum Beweise des Gegenteils vermutet, daß der Schaden aus der betreffenden Gefahr entstanden ist. (3) Eine Befreiung von der Haftpflicht kann auf Grund der vorstehenden Bestimmungen nicht geltend gemacht werden, wenn nachgewiesen wird, daß der Schaden durch Verschulden des Frachtführers oder seiner Leute entstanden ist. § 60 (1) Die Zentralbehörden der Bundesstaaten und bei den die Gebiete mehrere Bundesstaaten berührenden Wasserstraßen der Bundesrat sind befugt, für gewisse Güter zu bestimmen, daß für ein Mindergewicht oder ein Mindermaß, das einhalb vom Hundert nicht übersteigt, der Frachtführer nicht verantwortlich sein soll, es sei denn, daß ihm nachweisbar ein Verschulden zur Last fällt. (2) Sind lose geladene Güter von gleichartiger Beschaffenheit für verschiedene Empfänger an Bord, ohne daß die einzelnen Partien durch dichte Wände getrennt lagern, so ist das Mindergewicht oder Mindermaß und ebenso ein etwaiges Ubergewicht oder Ubermaß unter die einzelnen Empfänger nach dem Verhältnisse der für sie bestimmten Mengen zu verteilen. § 61 (1) N a c h der Annahme des Gutes durch den Empfangsberechtigten können wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich erkennbar ist, Ansprüche nur geltend gemacht werden, wenn vor der Annahme der Zustand des Gutes durch amtlich bestellte Sachverständige festgestellt ist. 17
Gesetzestext (2) Wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich nicht erkennbar ist, kann der Frachtführer auch nach der Annahme des Gutes in Anspruch genommen werden, wenn der Mangel in der Zeit zwischen der Übernahme des Gutes durch den Frachtführer und der Ablieferung entstanden ist und die Feststellung des Mangels durch amtlich bestellte Sachverständige unverzüglich nach der Entdeckung und spätestens binnen einer Woche nach der Annahme beantragt wird. Ist dem Frachtführer der Mangel unverzüglich nach der Entdeckung und binnen der bezeichneten Frist angezeigt, so genügt es, wenn die Feststellung unverzüglich nach dem Zeitpunkte beantragt wird, bis zu welchem der Eingang einer Antwort des Frachtführers unter regelmäßigen Umständen erwartet werden darf. (3) Die Kosten einer von dem Empfangsberechtigten beantragten Feststellung sind von dem Frachtführer zu tragen, wenn ein Verlust oder eine Beschädigung ermittelt wird, für welche derselbe Ersatz leisten muß. (4) Der Frachtführer kann sich auf die Vorschriften der Absätze 1 und 2 nicht berufen, wenn er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. § 62 (1) Der Frachtführer haftet für den durch verspätete Ablieferung des Gutes entstandenen Schaden, es sei denn, daß die Verspätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. (2) Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haftenden Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so kann der Anspruch nicht geltend gemacht werden, es sei denn, daß der Frachtführer die Verspätung durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. (3) Die Vorschrift in Absatz 2 findet auch auf andere Ansprüche gegen den Frachtführer aus dem Frachtvertrag Anwendung, soweit die Ansprüche nicht den Vorschriften des § 61 unterliegen. § 63 Wenn die Fracht nach Maß, Gewicht oder Menge der Güter bedungen ist, so ist die Angabe in dem Frachtbriefe oder Ladescheine über Maß, Gewicht oder Menge für die Berechnung der Fracht entscheidend. In Ermangelung einer solchen Angabe ist anzunehmen, daß Maß, Gewicht oder Menge der abgelieferten und nicht der übernommenen Güter für die Höhe der Fracht entscheiden soll. §64 (1) Für Güter, welche durch einen Unfall verlorengegangen sind, ist die Fracht nach dem Verhältnisse des zur Zeit des Unfalls bereits zurückgelegten Teiles der Reise zur ganzen Reise zu entrichten (Distanzfracht). (2) Bei Berechnung der Distanzfracht kommt in Anschlag nicht allein das Verhältnis der bereits zurückgelegten Entfernung, sondern auch das Verhältnis des Aufwandes an Kosten, Zeit und Mühen, welche durchschnittlich mit dem vollendeten und dem nicht vollendeten Teile der Reise verbunden sind.
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§65 Für Güter, welche infolge ihrer natürlichen Beschaffenheit zu Grunde gegangen oder an Gewicht vermindert sind, ist die volle Fracht zu bezahlen. Das gleiche gilt in Ansehung von Tieren, welche unterwegs gestorben sind. §66 (1) In Ermangelung einer besonderen Vereinbarung fallen die Unkosten der Schiffahrt, insbesondere die Hafen-, Schleusen-, Kanal- und Brückengelder, die Lotsengebühren sowie die im regelmäßigen Verlaufe der Reise aufgewendeten Kosten für Schlepplohn und Ableichterung dem Frachtführer zur Last; dagegen gehören die Ufer-, Kran- und Wiegegelder, im gleichen die Kosten einer auf Verlangen der Ladungsbeteiligten vorgenommenen Auseisung sowie die besonderen Kosten, welche durch die auf Verlangen der Ladungsbeteiligten bewirkte Übernahme oder Ablieferung der Güter bei Eis, Sturm, Hochwasser, zur Nachtzeit oder an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen entstehen, zu denjenigen Auslagen und Aufwendungen, deren Ersatz der Frachtführer verlangen kann. (2) Die Fälle der großen Haverei werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt. § 67 Enthält der Frachtbrief oder Ladeschein die Bestimmung, daß der Frachtführer franko abzuliefern hat, so steht dies im Zweifel der Geltendmachung des Pfandrechts des Frachtführers (§ 440 des Handelsgesetzbuchs) wegen der Zollgelder sowie wegen der sonstigen Auslagen und der Liegegelder für die Zeit nach dem Antritt der Reise nicht entgegen. § 68 (1) Wird der Antritt der Reise durch Zufall dauernd verhindert, so tritt der Frachtvertrag außer Kraft, ohne daß der eine Teil zur Entschädigung des anderen verpflichtet ist. (2) Als dauernde Verhinderung ist es inbesondere anzusehen: 1. wenn das Schiff, mit welchem die Beförderung zu erfolgen hatte, verlorengeht, oder derart beschädigt wird, daß die Reise nicht ohne eine umfassende Ausbesserung des Schiffes angetreten werden kann; als Ausbesserung dieser Art gilt namentlich eine solche, welche die vollständige Löschung der Ladung notwendig macht; 2. wenn die zu befördernden Güter verlorengehen, vorausgesetzt, daß sie nicht bloß nach Art und Gattung, sondern speziell im Frachtvertrage bezeichnet oder bereits verladen oder doch von dem Frachtführer übernommen waren. § 69 Wird nach dem Antritt der Reise die Fortsetzung derselben durch Zufall dauernd verhindert, so finden die Bestimmungen des § 68 mit der Maßgabe Anwendung, daß für den zurückgelegten Teil der Reise Distanzfracht (§ 64 Abs. 2) zu entrichten ist. §70 Im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes ist trotz der Auflösung des Frachtvertrages der Schiffer verpflichtet, bei Abwesenheit der Beteiligten für das Beste der Ladung zu sorgen. Er ist im Falle der Dringlichkeit berechtigt und verpflichtet, auch ohne vorherige Anfrage, je nachdem es den Umständen entspricht, entweder die Ladung für
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Gesetzestext Rechnung der Beteiligten mittels eines anderen Schiffes nach dem Ablieferungsorte befördern zu lassen oder die Auflagerung derselben zu bewirken. Von den getroffenen Maßregeln sind die Beteiligten unverzüglich in Kenntnis zu setzen. §71 (1) Wird der Antritt oder die Fortsetzung der Reise ohne Verschulden des Absenders zeitweilig verhindert, so braucht der Absender die Aufhebung des Hindernisses nicht abzuwarten, er kann vielmehr vom Vertrage zurücktreten. (2) In diesem Falle sind dem Frachtführer die Kosten der Vorbereitung der Reise, die Kosten der Wiederausladung und für den zurückgelegten Teil der Reise Distanzfracht (§ 64 Abs. 2) zu vergüten. (3) Muß der Frachtführer überwintern, so findet ein Rücktritt des Absenders nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen nicht statt. In diesem Falle ist der Absender zur Zurücknahme der Güter nur nach den Bestimmungen der §§ 36 bis 39 berechtigt. §72 (1) Auf Verlangen des Absenders ist demselben von dem Frachtführer nach Verladung der Güter ein Ladeschein auszustellen, durch welchen der Frachtführer sich zur Auslieferung der Güter an den legitimierten Besitzer des Scheines verpflichtet. Das Verlangen ist vor Beginn der Verladung der Güter zu stellen. (2) Der Ladeschein hat außer den in § 445 des Handelsgesetzbuchs aufgeführten Angaben auch die Bezeichnung des Schiffes zu enthalten, in welches die Güter verladen sind. (3) Wird der Ladeschein an die Order einer Person ausgestellt, welche am Ablieferungsorte weder ihren Wohnsitz noch eine Niederlassung hat, so kann der Frachtführer die Bezeichnung einer Meldeadresse verlangen, bei welcher ihm nach der Ankunft am Ablieferungsorte die Person des Ladescheinbesitzers bekanntzugeben ist. Die Meldeadresse ist auf dem Ladeschein zu vermerken. §73 (1) Der Frachtführer haftet für die Richtigkeit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung der Zahl, des Maßes oder des Gewichtes der verladenen Güter, es sei denn, daß durch den Zusatz: „Zahl, Maß, Gewicht unbekannt" oder durch einen gleichbedeutenden Vermerk ersichtlich gemacht ist, daß die Güter dem Frachtführer nicht zugezählt, zugemessen oder zugewogen sind. (2) Erklärt sich der Absender bereit, die Zuzählung, Zumessung oder Zuwiegung der Güter auf seine Kosten vornehmen zu lassen, so ist der Frachtführer nicht berechtigt, einen Zusatz der in Absatz 1 bezeichneten Art in den Ladeschein aufzunehmen. (3) Die Bestimmungen des § 60 bleiben unberührt. § 74 (1) Der Frachtführer haftet für die Richtigkeit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung der Güter, sofern er nicht beweist, daß die Unrichtigkeit der Bezeichnung bei Anwendung der Sorgfalt eines gewöhnlichen Frachtführers zu erkennen war. (2) Sind dem Frachtführer die Güter in Verpackung oder in geschlossenen Gefäßen übergeben und ist dies aus dem Ladescheine zu ersehen, so trifft den Frachtführer keine Verantwortlichkeit für die richtige Bezeichnung des Inhalts, es sei denn, daß ihm eine bösliche Handlungsweise nachgewiesen wird.
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§75 In den Fällen des § 73 Abs. 1 und des § 74 beschränkt sich die Haftung des Frachtführers auf den Ersatz des Minderwerts, welcher aus der Nichtübereinstimmung der Güter mit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung sich ergibt. Fällt dem Frachtführer eine bösliche Handlungsweise zur Last, so hat er den vollen Schaden zu ersetzen. § 76 Ubernimmt der Frachtführer Güter, deren Beschädigung, schlechte Beschaffenheit oder mangelhafte Verpackung bei der Verladung äußerlich erkennbar ist, so hat er den Mangel im Ladescheine zu vermerken, widrigenfalls er dem Empfänger für den aus dem Mangel sich ergebenden Minderwert der Güter verantwortlich ist.
Fünfter Abschnitt
Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck § 77' (1) Auf die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern ist § 664 A b s . 1 Satz 1, Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden. § 4a bleibt unberührt. (2) D e r Beförderer hat wegen des Beförderungsentgelts ein Pfandrecht an dem Gepäck des Reisenden, solange das Gepäck zurückbehalten oder hinterlegt ist. Die Wirkungen und die Geltendmachung des Pfandrechts bestimmen sich im übrigen nach den für das Pfandrecht des Frachtführers an Frachtgütern geltenden Vorschriften.
1 Fassung gemäß Zweites Seerechtsänderungsgesetz vom 25. 7. 1986 ( B G B l . I S. 1120); in Kraft ab 31. 7. 1986. Ist der Vertrag vor diesem Tage abgeschlossen worden, gilt gemäß Artikel 11 A b s . 2 des genannten Gesetzes § 77 a. F. § 77 a. F. lautet: „(1) Für Verlust oder Beschädigung von Reisegepäck haftet der Schiffseigner, sofern das Gepäck von dem Schiffer oder einer dazu bestellten Person übernommen ist, in gleicher Weise wie der Frachtführer für Frachtgüter. (2) Er hat wegen des Frachtgeldes ein Pfandrecht an dem Gepäck, solange dasselbe zurückbehalten oder hinterlegt ist. Die Wirkungen und die Geltendmachung des Pfandrechts bestimmen sich im übrigen nach den für das Pfandrecht des Frachtführers an den Frachtgütern geltenden Vorschriften."
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Gesetzestext Sechster Abschnitt
Haverei
§ 78 (1) Große Haverei sind alle Schäden, welche einem Schiffe oder der Ladung desselben oder beiden zum Zweck der Errettung beider aus einer gemeinsamen Gefahr von dem Schiffer oder auf dessen Geheiß vorsätzlich zugefügt werden, sowie auch die durch solche Maßregeln ferner verursachten Schäden einschließlich des Verlustes der Fracht für aufgeopferte Güter, desgleichen die Kosten, welche zu dem bezeichneten Zweck von dem Schiffer oder nach seiner Anweisung von einem der Ladungsbeteiligten aufgewendet werden. (2) Die große Haverei wird von Schiff und Ladung gemeinschaftlich getragen; die Havereiverteilung tritt jedoch nur ein, wenn sowohl das Schiff als auch die Ladung, und zwar jeder dieser Gegenstände entweder ganz oder teilweise wirklich gerettet worden sind. (3) Alle nicht zur großen Haverei gehörigen, durch einen Unfall verursachten Schäden und Kosten (besondere Haverei) werden von den Eigentümern des Schiffes und der Ladung, von jedem für sich allein, getragen. §79 (1) Die Anwendung der Bestimmungen über große Haverei wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Gefahr infolge des Verschuldens eines Dritten oder auch eines Beteiligten herbeigeführt ist. (2) Der Beteiligte, welchem ein solches Verschulden zur Last fällt, kann jedoch wegen der ihm etwa entstandenen Schäden keine Vergütung fordern und ist den Beitragspflichtigen für den Verlust verantwortlich, welchen sie dadurch erleiden, daß der Schaden als große Haverei zur Verteilung kommt. (3) Ist die Gefahr durch eine Person der Schiffsbesatzung verschuldet, so trägt die Folgen dieses Verschuldens auch der Schiffseigner nach Maßgabe der §§ 3 und 4. § 80 Die Verpflichtung, von einem geretteten Gegenstande beizutragen, wird dadurch, daß derselbe später von besonderer Haverei betroffen wird, nur dann vollständig aufgehoben, wenn der Gegenstand ganz verlorengeht. §81 (1) Der Anspruch auf Vergütung einer zur großen Haverei gehörenden Beschädigung wird durch eine besondere Haverei, welche den beschädigten Gegenstand später trifft, sei es, daß er von neuem beschädigt wird oder ganz verlorengeht, nur insoweit aufgehoben, als bewiesen wird, daß der spätere Unfall mit dem früheren nicht allein in keinem Zusammenhang steht, sondern daß er auch den früheren Schaden nach sich gezogen haben würde, wenn dieser nicht bereits entstanden gewesen wäre. (2) Sind jedoch vor Eintritt des späteren Unfalls zur Wiederherstellung des beschädigten Gegenstandes bereits Aufwendungen gemacht, so bleibt rücksichtlich dieser der Anspruch auf Vergütung bestehen.
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Binnenschiffahrtsgesetz § 82 In bezug auf den Umfang der großen Haverei gelten, sofern die allgemeinen Voraussetzungen derselben vorhanden sind, die folgenden Bestimmungen: 1. Wenn Waren, Schiffsteile oder Schiffsgerätschaften über Bord geworfen, Taue oder Segel weggeschnitten, Masten, Anker, Ankertaue oder Ankerketten gekappt worden sind, so gehören zur großen Haverei sowohl diese Schäden selbst als die durch solche Maßregeln an Schiff oder Ladung ferner verursachten Schäden. 2. Wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder teilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, so gehört zur großen Haverei sowohl der Leichterlohn als der Schaden, welcher bei dem Uberladen in das Leichterfahrzeug oder bei dem Rückladen in das Schiff der Ladung oder dem Schiffe zugefügt worden ist, sowie der Schaden, welcher die Ladung auf dem Leichterfahrzeuge betroffen hat. Muß die Erleichterung im regelmäßigen Verlaufe der Reise erfolgen, so liegt große Haverei nicht vor. 3. Wenn das Schiff absichtlich festgefahren ist, um das Sinken desselben abzuwenden, oder wenn das Schiff absichtlich zum Sinken gebracht ist, um eine Zerstörung desselben und der Ladung durch Feuer zu verhüten, so gehören zur großen Haverei sowohl die durch die Maßregel entstandenen Schäden als auch die Kosten und Schäden der Abbringung oder Hebung. Wird das Schiff nicht abgebracht oder gehoben oder wird es nach der Abbringung oder Hebung als reparaturunfähig befunden, so findet eine Havereiverteilung nicht statt. Ist das Schiff gesunken, ohne daß dies zur Rettung von Schiff und Ladung vorsätzlich herbeigeführt war, so gehören zwar nicht die durch den Unfall veranlaßten Schäden, wohl aber die zur gemeinsamen Hebung von Schiff und Ladung verwendeten Kosten sowie die zu diesem Zweck dem Schiffe oder der Ladung absichtlich zugefügten Schäden zur großen Haverei. 4. Wenn zur Abwendung einer durch Eisgang oder durch andere Umstände verursachten Gefahr, zu deren Beseitigung die ordnungsmäßige Bemannung des Schiffes nicht ausreicht, Hilfsmannschaften oder Schleppdampfer angenommen werden, so gehören die hierdurch entstehenden Kosten und Schäden zur großen Haverei. Erfolgt die Annahme von Schleppdampfern oder Hilfsmannschaften im regelmäßigen Verlaufe der Reise, so liegt große Haverei nicht vor. 5. Wenn das Schiff wegen Eintritts des Winterfrostes gezwungen ist, einen Zwischenhafen aufzusuchen, so gehören zur großen Haverei die Kosten des Ein- und Auslaufes, die Schlepplöhne, die Hafengebühren, die für die Bewachung des beladenen Schiffes erforderlich gewordenen Kosten und, wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder teilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, der Leichterlohn sowie der durch die Leichterung entstandene Schaden gemäß der Bestimmung unter Nummer 2.
§ 83 Wird außer dem Falle des § 82 Nr. 5 das Schiff genötigt, die Reise zu unterbrechen und an einem Zwischenorte liegen zu bleiben, so gehören die durch den Aufenthalt an diesem Orte entstehenden Kosten und Schäden nicht zur großen Haverei.
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Gesetzestext
§84 Wenn durch die Auseinandersetzung unter den Beteiligten Kosten entstehen, so gehören auch diese Kosten zur großen Haverei. Dies gilt insbesondere von den Kosten für die Ermittlung der Schäden und für die Aufstellung der Rechnung über die große Haverei (Dispache). § 85 (1) In bezug auf den Umfang und die Berechnung der für die große Haverei zu beanspruchenden Vergütungen und der für dieselbe zu leistenden Beiträge finden die auf die Seeschiffahrt bezüglichen Bestimmungen der §§ 709 bis 720, 722 bis 724 des Handelsgesetzbuchs entsprechende Anwendung. Güter, welche sich zur Zeit des Havereifalles in einem Leichterfahrzeug befunden haben (Handelsgesetzbuch § 718), sind jedoch nur unter der Voraussetzung beitragspflichtig, daß sie sich mit dem Schiffe in Gefahr befunden haben. Auch findet bei der Ermittlung des von der Ladung zu leistenden Beitrags (Handelsgesetzbuch § 719) ein Abzug des Zolles für gerettete Güter nur insoweit statt, als der Zoll noch nicht entrichtet ist. (2) Bei der Schadensberechnung bleiben die Beschädigungen und Verluste außer Ansatz, welche betreffen: 1. diejenigen Güter, über die weder ein Frachtbrief oder Ladeschein ausgestellt ist, noch das Manifest oder Ladebuch Auskunft gibt; 2. die Kostbarkeiten, Gelder und Wertpapiere, welche dem Frachtführer nicht bezeichnet sind. (3) Die Ausnahme unter Nummer 1 gilt nicht für den Hafenverkehr. §86 Die Verteilung der Schäden erfolgt an dem Orte, wo die Reise endet. § 87 (1) Die Dispache ist von dem Schiffer unverzüglich aufzustellen. (2) Derselbe ist berechtigt und auf Verlangen eines Beteiligten verpflichtet, die Aufstellung einem Sachverständigen (Dispacheur) zu übertragen. In Ermangelung eines für Havereifälle bei der Binnen- oder Seeschiffahrt ein für allemal bestellten Dispacheurs hat auf Antrag das Amtsgericht eine geeignete Person als Dispacheur besonders zu bestellen. (3) Jeder Beteiligte ist verpflichtet, die zur Aufstellung der Dispache erforderlichen Urkunden, soweit er sie zu seiner Verfügung hat, insbesondere Frachtbriefe, Ladescheine und Fakturen, dem Schiffer oder Dispacheur mitzuteilen. § 88 Wird die Aufstellung der Dispache verzögert, so ist jeder Beteiligte, unbeschadet seines Anspruchs auf Ersatz des durch die Verzögerung entstandenen Schadens, befugt, die Aufstellung der Dispache durch einen Dispacheur selbst zu veranlassen und zu betreiben. §89 (1) Die Vergütungsberechtigten haben wegen der von dem Schiffe zu entrichtenden Beiträge die Rechte von Schiffsgläubigern (§§ 102 bis 115). (2) Auch in Ansehung der beitragspflichtigen Güter steht den Vergütungsberechtigten
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Binnenschiffahrtsgesetz an den einzelnen Gütern wegen des von diesen zu entrichtenden Beitrages ein Pfandrecht zu. Das Pfandrecht kann jedoch nach der Auslieferung der Güter nicht zum Nachteile des dritten Erwerbers, welcher den Besitz in gutem Glauben erlangt hat, geltend gemacht werden. (3) Das an den beitragspflichtigen Gütern den Vergütungsberechtigten zustehende Pfandrecht wird für sämtliche Berechtigten durch den Frachtführer ausgeübt. Die Geltendmachung des Pfandrechts durch den Frachtführer erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften, die für das Pfandrecht des Frachtführers wegen der Fracht und der Auslagen gelten. §90 (1) Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrags wird durch den Havereifall nicht begründet. (2) Der Empfänger beitragspflichter Güter wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon ein Beitrag zu entrichten sei, für den letzteren insoweit persönlich verpflichtet, als der Beitrag, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätte geleistet werden können. § 91 (1) Der Schiffer darf Güter, auf welchen Havereibeiträge haften, vor deren Berichtigung oder Sicherstellung nicht ausliefern, widrigenfalls er für die Beiträge insoweit verantwortlich wird, als diese, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätten geleistet werden können. (2) Gegen Hinterlegung des beanspruchten Beitrags bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle hat die Auslieferung der Güter zu erfolgen. (3) Wird diese Hinterlegung verzögert, so ist der Schiffer berechtigt, die Güter in einem öffentlichen Lagerhaus oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen.
Siebenter A b s c h n i t t
Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung § 92 (1) Die Schadensersatzpflicht beim Zusammenstoß von Binnenschiffen bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 92a bis 92f. (2) Fügt ein Schiff durch Ausführung oder Unterlassung eines Manövers oder durch Nichtbeobachtung einer Verordnung einem anderen Schiff oder den an Bord der Schiffe befindlichen Personen oder Sachen einen Schaden zu, ohne daß ein Zusammenstoß stattfindet, so finden die Vorschriften der §§ 92a bis 92f entsprechende Anwendung. (3) Als Schiffe im Sinne dieser Vorschriften sind auch Kleinfahrzeuge anzusehen. Den Schiffen stehen bewegliche Teile von Schiffsbrücken gleich.
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Gesetzestext § 92a Im Falle eines Zusammenstoßes von Schiffen besteht kein Anspruch auf Ersatz des Schadens, der den Schiffen oder den an Bord befindlichen Personen oder Sachen durch Zufall oder höhere Gewalt zugefügt worden ist oder dessen Ursachen ungewiß sind. § 92b Ist der Schaden durch Verschulden der Besatzung eines der Schiffe herbeigeführt, so ist der Eigner dieses Schiffes zum Ersatz des Schadens verpflichtet. §92c (1) Ist der Schaden durch gemeinsames Verschulden der Besatzungen der beteiligten Schiffe herbeigeführt, so sind die Eigner dieser Schiffe zum Ersatz des Schadens, der den Schiffen oder den an Bord befindlichen Sachen zugefügt wird, nach dem Verhältnis der Schwere des auf jeder Seite obwaltenden Verschuldens verpflichtet. Kann nach den U m ständen ein solches Verhältnis nicht festgesetzt werden oder erscheint das auf jeder Seite obwaltende Verschulden als gleich schwer, so sind die Schiffseigner zu gleichen Teilen ersatzpflichtig. (2) Für den Schaden, der durch die Tötung oder die Verletzung des Körpers oder der Gesundheit einer an Bord befindlichen Person entstanden ist, haften die Schiffseigner, wenn der Schaden durch gemeinsames Verschulden herbeigeführt ist, dem Verletzten als Gesamtschuldner. Im Verhältnis der Schiffseigner zueinander gelten auch für einen solchen Schaden die Vorschriften des Absatzes 1. § 92d Bei der Anwendung der §§ 92b, 92c steht das Verschulden eines an Bord tätigen Lotsen dem Verschulden eines Mitglieds der Schiffsbesatzung gleich. § 92e Die §§ 92 bis 92d gelten auch, wenn die beteiligten Schiffe zu demselben Schleppverband gehören. § 92f (1) Die §§ 92 bis 92e gelten auch für die Haftung der Personen der Schiffsbesatzung und der Lotsen. (2) Die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Schiffseigners, der Besatzungsmitglieder und der Lotsen und über ihre Haftung aus Verträgen bleiben unberührt. §93 (1) Wird ein in Gefahr befindliches, von der Schiffsbesatzung verlassenes Schiff, oder wird aus einem solchen, vom Untergang unmittelbar bedrohten Schiff die Ladung ganz oder teilweise geborgen, so hat der Berger Anspruch auf Bergelohn. (2) Wird außer den bezeichneten Fällen ein Schiff oder dessen Ladung aus einer Schifffahrtsgefahr durch die Hilfe dritter Personen gerettet, so haben diese Anspruch auf Hilfslohn. (3) Der Besatzung des Schiffes steht ein Anspruch auf Berge- oder Hilfslohn nicht zu.
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§94 (1) In Emangelung einer Vereinbarung wird die H ö h e des Berge- oder Hilfslohns unter Berücksichtigung der Umstände des Falles durch das Gericht nach billigem Ermessen festgesetzt. (2) D e r Berge- und Hilfslohn umfaßt zugleich die Vergütung für die Aufwendungen, welche zum Zwecke des Bergens und Rettens geschehen sind. (3) Nicht darin enthalten sind die Kosten und Gebühren der Behörden, die Kosten für die Aufbewahrung, Erhaltung, Abschätzung und Veräußerung der geborgenen oder geretteten Gegenstände sowie die auf diesen ruhenden Zölle und sonstigen Abgaben. (4) Bei der Bestimmung des Betrages des Berge- oder Hilfslohnes kommen insbesondere in Anschlag: der bewiesene Eifer, die verwendete Zeit, die geleisteten Dienste, die geschehenen Aufwendungen, die Zahl der tätig gewesenen Personen, die Gefahr, welcher dieselben ihre Person, ihre Fahrzeuge oder ihre Geräte ausgesetzt haben, sowie die Gefahr, welche den geborgenen oder geretteten Gegenständen gedroht hat, und der nach A b z u g der Kosten (Absatz 3) verbliebene Wert derselben. § 95 (1) Haben sich mehrere Personen an der Bergung oder Hilfeleistung beteiligt, so wird der Berge- oder Hilfslohn unter dieselben nach Maßgabe der persönlichen und sachlichen Leistungen der einzelnen verteilt. (2) Zur entsprechenden Teilnahme sind auch diejenigen berechtigt, welche sich in derselben Gefahr der Rettung von Menschen unterzogen haben. (3) Wird ein Schiff oder dessen Ladung von einem anderen Schiff geborgen oder gerettet, so hat der Schiffseigner des letzteren einen angemessenen Teil des Berge- oder Hilfslohnes zu beanspruchen. §96 Auf Berge- und Hilfslohn hat keinen Anspruch: 1. wer seine Dienste aufgedrungen, insbesondere wer ohne Erlaubnis des anwesenden Schiffers das Schiff betreten hat; 2. wer von den geborgenen Gegenständen dem Schiffer, dem Eigentümer oder der zuständigen Behörde nicht sofort Anzeige gemacht hat. §97 (1) Wegen der Bergungs- und Hilfskosten, einschließlich des Berge- und Hilfslohns, stehen dem Gläubiger im Fall der Rettung des Schiffes die Rechte der Schiffsgläubiger (§§ 102 bis 115) und im Fall der Rettung von Gütern ein Pfandrecht an diesen zu. Geborgene Gegenstände können bis zur Sicherheitsleistung zurückbehalten werden. (2) Die Pfandklage kann hinsichtlich des Schiffes und der Fracht und, solange die Ladungsgüter noch nicht ausgeliefert sind, auch hinsichtlich dieser gegen den Schiffer gerichtetet werden. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die Bergung oder Hilfeleistung stattgefunden hat.
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Gesetzestext § 98 N a c h Auslieferung der Güter kann das Pfandrecht nicht zum Nachteil eines dritten Erwerbers geltend gemacht werden, welcher den Besitz der geborgenen oder geretteten Güter in gutem Glauben erlangt hat. § 99 (1) D e r Schiffer darf die Güter vor Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers nicht ausliefern, widrigenfalls er dem Gläubiger insoweit verantwortlich wird, als dieser, wenn die Auslieferung nicht bewirkt wäre, aus den Gütern hätte befriedigt werden können. (2) H a t der Schiffseigner die Auslieferung der Güter angeordnet, so finden die Vorschriften in § 7 Abs. 2 und 3 Anwendung. § 100 (1) Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung der Bergungs- und Hilfskosten wird durch die Bergung oder Rettung nicht begründet. (2) D e r Empfänger von Gütern wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme bekannt ist, daß davon Bergungs- oder Hilfskosten zu berichtigen sind, für diese Kosten insoweit persönlich verpflichtet, als sie, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätten berichtigt werden können. (3) Sind noch andere Gegenstände gemeinschaftlich mit den ausgelieferten Gütern geborgen oder gerettet, so geht die persönliche Haftung des Empfängers nicht über den Betrag hinaus, welcher bei Verteilung der Kosten über sämtliche Gegenstände auf die ausgelieferten Güter fällt. § 101 Für die der See zunächst gelegenen Binnengewässer können durch Verordnung der Landesregierungen hinsichtlich des Verfahrens bei der Bergung und Hilfeleistung und hinsichtlich der zuständigen Behörden, sowie hinsichtlich der Behandlung der geborgenen Gegenstände und der Festsetzung der Bergungs- und Hilfskosten die für die Seeschiffahrt geltenden Vorschriften für anwendbar erklärt werden.
Achter Abschnitt
Schiffsgläubiger § 102 Die nachstehenden Forderungen gewähren die Rechte eines Schiffsgläubigers: 1. die öffentlichen Schiffs- und Schiffahrtsabgaben, insbesondere die Brücken-, Schleusen-, Kanal- und Hafengelder; 2. die aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung, Gehaltsund Lohnforderungen für die Vergangenheit, jedoch höchstens für den Zeitraum von 28
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sechs Monaten, gerechnet von der im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgenden Beschlagnahme des Schiffes ab; die Lotsengelder sowie die Bergungs- und Hilfskosten einschließlich des Berge- und Hilfslohnes; die Beiträge des Schiffes zur großen Haverei; die Forderungen aus Geschäften, welche der Schiffer außerhalb der in § 15 bezeichneten Orte zur Abwendung einer dringenden Gefahr von Schiff oder Ladung geschlossen hat, auch wenn der Schiffer Eigentümer oder Miteigentümer des Schiffes ist; 'Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der Tötung oder Verletzung von Reisenden (§ 4a Abs. 1) sowie Ansprüche wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungsgüter und des im § 77 bezeichneten Gepäcks; die nicht unter eine der vorigen Nummern fallenden Forderungen aus Rechtsgeschäften, welche der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse (§§ 15 und 16) und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat, sowie die nicht unter eine der vorigen Nummern fallenden Forderungen wegen Nichterfüllung oder wegen unvollständiger oder mangelhafter Erfüllung eines von dem Schiffseigner geschlossenen Vertrages, insofern dessen Ausführung zu den Dienstobliegenheiten des Schiffes gehört hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 2); die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (§§ 3 und 4 Abs. 1 Nr. 3), auch wenn dieselbe Eigentümer oder Miteigentümer des Schiffes ist; die Forderungen der Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung gegen den Schiffseigner. § 103
(1) Die Schiffsgläubiger haben an dem Schiff nebst Zubehör ein Pfandrecht. (2) Das Pfandrecht ist gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgbar. (3) Die Befriedigung aus dem Pfände erfolgt auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung. § 104 (1) Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger erstreckt sich außerdem auf die Bruttofracht derjenigen Frachtfahrt, aus welcher ihre Forderung entstanden ist. (2) Für die in § 102 unter Nummer 2 aufgeführten Forderungen der Schiffsbesatzung besteht ein Pfandrecht an der Fracht der sämtlichen Frachtfahrten, welche unter den Dienstvertrag fallen, aus dem die Forderungen entstanden sind. (3) Als Frachtfahrt gilt jede Reise, welche entweder auf Grund eines neuen Frachtvertrages oder nach vollständiger Löschung der Ladung angetreten wird. (4) Der Fracht steht im Sinne dieses Abschnitts das für die Beförderung von Personen zu entrichtende Fahrgeld und bei Schleppschiffen der Schlepplohn gleich. 1 Fassung gemäß Zweitem Seerechtsänderungsgesetz vom 25. 7. 1986 (BGBl. I S. 1120). In den Fällen, in denen das Ereignis, aus dem die Ansprüche entstanden sind, für die die Haftung beschränkt werden kann, vor dem 1. 9.1987 eingetreten ist, gilt gemäß Artikel 11 Abs. 1 Satz 2 des genannten Gesetzes § 102 Nr. 4 a. F. § 102 Nr. 4 a. F. lautet: „4. die Forderung wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungsgüter und des in § 77 bezeichneten Reisegepäcks". 29
Gesetzestext § 105 Das einem Schiffsgläubiger zustehende Pfandrecht gilt in gleichem Maße für Kapital, Zinsen und Kosten. § 106 (1) Von den in § 102 unter Nummer 1 bis 5 aufgeführten Forderungen gehen die eine spätere Frachtfahrt betreffenden denjenigen vor, welche eine frühere Frachtfahrt betreffen. Zu den die letzte Frachtfahrt betreffenden Forderungen werden auch diejenigen gerechnet, welche nach Beendigung dieser Frachtfahrt entstanden sind. (2) Für die in § 102 unter Nummer 2 aufgeführten Forderungen der Schiffsbesatzung bestimmt sich das Vorzugsrecht nach der letzten Frachtfahrt, welche unter den Dienstvertrag fällt, aus dem die Forderungen entstanden sind. § 107 (1) Die Rangordnung der Forderungen, welche dieselbe Frachtfahrt betreffen oder als dieselbe Frachtfahrt betreffend anzusehen sind (§ 106), bestimmt sich durch die N u m mernfolge, in welcher die Forderungen in § 102 aufgeführt sind. (2) Von den unter Nummer 1, 2, 4 und 5 bezeichneten Forderungen haben die unter derselben Nummer aufgeführten den gleichen Rang ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer Entstehung. (3) Von den unter Nummer 3 bezeichneten Forderungen geht die später entstandene der früher entstandenen vor; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt. Forderungen, welche aus Anlaß eines und desselben Notfalls entstanden sind, gelten als gleichzeitig entstanden. § 108 Die in § 102 unter Nummer 6 bezeichneten Forderungen stehen allen übrigen Forderungen von Schiffsgläubigern, ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer Entstehung, nach. § 109 (1) Das Pfandrecht des Schiffsgläubigers hat den Vorrang der von sonstigen Pfandrechten an Schiff oder Fracht, für die in § 102 unter Nummer 4 bis 6 aufgeführten Forderungen jedoch hinsichtlich des Schiffes nur insoweit, als jene Pfandrechte nicht früher entstanden sind. (2) Solange hiernach die sonstigen Pfandrechte an dem Schiff der Forderung eines Schiffsgläubigers vorgehen, haben sie zugleich den Vorrang vor den dieser Forderung nachstehenden Forderungen anderer Schiffsgläubiger. (3) Erleidet ein Schiffsgläubiger, welchem der Schiffseigner nur mit Schiff und Fracht haftet, dadurch einen Ausfall an seiner Forderung, daß seinem Pfandrecht an dem Schiffe das Pfandrecht eines Gläubigers vorgeht, der nicht Schiffsgläubiger ist, so wird der Schiffseigner in H ö h e dieses Ausfalles persönlich verpflichtet. § 110 Wird außer dem Falle der Zwangsversteigerung das Schiff veräußert, so ist der Erwerber berechtigt, die Ausschließung der unbekannten Schiffsgläubiger mit ihren Pfandrechten im Wege des Aufgebotsverfahrens zu beantragen. 30
Binnenschiffahrtsgesetz § 111 Die Vorschrift des § 110 findet keine Anwendung, wenn nur der Anteil eines Miteigentümers des Schiffes den Gegenstand der Veräußerung bildet. § 112 (1) D a s Pfandrecht der Schiffsgläubiger an der Fracht ist so lange wirksam, als die Fracht noch aussteht oder die Frachtgelder in den Händen des Schiffers sind. Dies gilt auch im Falle einer Abtretung der Frachtforderung. (2) Insoweit der Schiffseigner die Fracht eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, welchen dadurch das Pfand ganz oder zum Teil entgeht, persönlich, und zwar einem jeden in H ö h e desjenigen Betrages, welcher für denselben bei Verteilung des eingezogenen Betrages nach der gesetzlichen Rangordnung sich ergibt. (3) Dieselbe persönliche Haftung des Schiffseigners tritt ein in Ansehung der am Abladungsorte zur Abladungszeit üblichen Fracht für Güter, welche für seine Rechnung abgeladen sind. (4) H a t der Schiffseigner die Fracht zur Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger, welchen ein Pfandrecht an derselben zustand, verwendet, so ist er den Gläubigern, welchen der Vorzug gebührt hätte, nur insoweit verantwortlich, als erwiesen wird, daß er dieselben wissentlich verkürzt hat. § 113 Insoweit bei der Zwangsversteigerung oder bei einer sonstigen Veräußerung des Schiffes der Schiffseigner das Kaufgeld eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, deren Pfandrechte infolge der Zwangsversteigerung oder infolge eines nach § 110 eingeleiteten Aufgebotsverfahrens erloschen sind, persönlich in gleicher Weise, wie im Falle der Einziehung der Fracht. § 114 (1) Sendet der Schiffseigner, nachdem er von der Forderung eines Schiffsgläubigers, für welche er nur mit Schiff und Fracht haftet, Kenntnis erhalten hat, das Schiff zu einer neuen Reise aus, ohne daß dies zugleich im Interesse des Gläubigers geboten war, so wird er für die Forderung in H ö h e desjenigen Betrages auch persönlich verpflichtet, welcher für den Gläubiger sich ergeben haben würde, falls der Wert, den das Schiff bei Antritt der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach der gesetzlichen Rangordnung verteilt worden wäre. (2) Bis zum Beweise des Gegenteils wird angenommen, daß der Gläubiger bei dieser Verteilung seine vollständige Befriedigung erlangt haben würde. § 115 (1) Die Vergütung für Aufopferung oder Beschädigung in Fällen der großen Haverei tritt für die Schiffsgläubiger anstelle des Gegenstandes, für den die Vergütung bestimmt ist. (2) Dasselbe gilt von der Entschädigung, die wegen des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes oder wegen der durch Verlust oder Beschädigung von Gütern herbeigeführten Entziehung der Fracht dem Schiffseigner von demjenigen gezahlt werden muß, welcher den Schaden durch eine rechtswidrige Handlung verursacht hat. (3) Hat der Schiffseigner die Vergütung oder Entschädigung eingezogen, so haftet er in H ö h e des eingezogenen Betrages den Schiffsgläubigern persönlich in gleicher Weise wie den Gläubigern einer Reise im Falle der Einziehung der Fracht (§ 112). 31
Gesetzestex: § 116 (1) Die wegen der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- und Hilfskosten auf den Ladungsgütern haftenden Pfandrechte gehen den in § 443 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten Pfandrechten vor. Unter den ersten Pfandrechten hat das später entstandene vor dem früher entstandenen den Vorzug; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt; Forderungen, welche aus Anlaß desselben Notfalles entstanden sind, gelten als gleichzeitig entstanden. (2) In den Fällen der großen Haverei und des Verlustes oder der Beschädigung durch rechtswidrige Handlungen finden die Vorschriften des § 115 entsprechende Anwendung.
Neunter Abschnitt
Verjährung § 117
(1) Mit dem Ablaufe eines Jahres verjähren: 1. die öffentlichen Schiffs- und Schiffahrtsabgaben, insbesondere die Brücken-, Schleusen-, Kanal- und Hafengelder; 2. die aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung; 3. die Lotsengelder; 4. die Bergungs- und Hilfskosten einschließlich des Berge- und Hilfslohnes; 5. die Beiträge zur großen Haverei; 6. die Forderungen aus Geschäften, welche der Schiffer kraft seiner gesetzlichen Befugnisse (§§ 15 und 16) und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat; 7. die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung oder eines Lotsen (§§ 3, 4 N r . 3, § 7), soweit ihre Verjährung sich nicht nach § 118 bestimmt. (2) Die Verjährung beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Forderung fällig geworden ist.
§ 118 (1) Ersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen (§§ 92 bis 92 f.) verjähren mit Ablauf von zwei Jahren seit dem Ereignis. (2) Ausgleichsansprüche unter mehreren für einen Schaden aus einem Zusammenstoß als Gesamtschuldner haftenden Schiffseignern verjähren mit dem Ablauf eines Jahres. Die Verjährung beginnt mit dem Tage der Zahlung, auf G r u n d deren die Ausgleichung verlangt wird, oder, wenn vorher eine gerichtliche Entscheidung über die H ö h e der gesamtschuldnerischen H a f t u n g rechtskräftig geworden ist, mit dem Tage der Rechtskraft der Entscheidung. Die Verjährung von Ansprüchen, die einem Gesamtschuldner wegen des Ausfalls, den er bei der Ausgleichung durch die Zahlungsunfähigkeit eines anderen Gesamtschuldners erleidet, gegen die übrigen Gesamtschuldner zustehen, beginnt jedoch nicht vor dem Tage, an dem der Berechtigte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit erlangt. 32
Binnenschiffahrtsgesetz §§ 119 bis 129 (aufgehoben)
Zehnter Abschnitt
Schlußbestimmungen § 130 In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Bundesgerichtshof zugewiesen. § 131 (1) Bei Schiffen, welche nur zu Fahrten innerhalb desselben Ortes bestimmt sind, finden auf das Rechtsverhältnis des Schiffers sowie auf die Beförderung von Gütern die Bestimmungen in § 8 Abs. 4, §§ 15 bis 19, 27 bis 57 und § 72 Abs. 1 keine Anwendung. (2) Durch die Landesregierungen kann bestimmt werden, daß Fahrten zwischen benachbarten Orten der Fahrt innerhalb desselben Ortes im Sinne des ersten Absatzes gleichstehen. (3) Auf Schiffahrtsbetriebe, welche im Anschlüsse an den Eisenbahnverkehr geführt werden und der staatlichen Eisenbahnaufsichtsbehörde unterstellt sind, finden die vorhergehenden Bestimmungen dieses Gesetzes mit Ausnahme der §§ 92 bis 92f., 118, keine Anwendung. (4) Das gleiche gilt bezüglich des Betriebes von Fähranstalten, soweit nicht der Betrieb mittels frei schwimmender Schiffe stattfindet. § 132 (aufgehoben) § 133 Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung „höhere Verwaltungsbehörde" im Sinne dieses Gesetzes zu verstehen sind, wird durch die Zentralbehörde des Bundesstaates bekanntgemacht.
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Kommentar
Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz - BSchG) Vom 15. Juni 1895 (RGBl. S. 301) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 (RGBl. 1898 S. 868) (BGBl. III 4103-1) zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. 7. 1986 (BGBl. I S. 1120)
Einleitung 1. Entstehungsgeschichte des Gesetzes Bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts wurden die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vorwiegend nach fuhrmannsrechtlichen Normen behandelt 1 . Mit dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794 begann dann eine andere Entwicklung: in § 1933 II 8 wurden die seerechtlichen Normen über Haverei und Seeschäden auch für anwendbar auf die Binnenschiffahrt erklärt. Durch Kabinetts-Ordres vom 23. September 1835 2 und 14. Juli 1841 3 wurden dann einige weitere Sonderbestimmungen des Binnenschiffahrtsrechts geregelt, ohne daß jedoch damit eine Gesamtregelung erreicht worden wäre. Bei den Beratungen über die Schaffung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches in den Jahren 1856-1861 wurde dann wiederholt in Aussicht genommen, auch die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt zusammenfassend und einheitlich für ganz Deutschland neu zu ordnen. Allerdings enthielt der diesen Beratungen zunächst zugrunde liegende preußische Entwurf solche Bestimmungen nicht, vielmehr war in dessen Art. 306 im Gegenteil wieder vorgesehen, den Binnenschiffahrttreibenden wie den Landfrachtführer zu behandeln: „Frachtführer ist derjenige, welcher gewerbsmäßig den Transport von Gütern zu Lande oder auf Flüssen und Binnengewässern
1 Münter, Frachtfahrerrecht Hannover 1798. 2 Preuß. Gesetzsamml. S. 222. 3 Preuß. Gesetzsamml. S. 232.
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Einl.
Einleitung
ausführt". In der Begründung wurde dazu ausgeführt, daß „es bedenklich erscheinen muß, überhaupt einen Unterschied zwischen Fuhrleuten und Stromschiffern bezüglich der Frachtgeschäfte zu machen; es liegt kein entscheidender innerer G r u n d vor, in Ansehung dieser Geschäfte den Fuhrmann anderen Rechtsregeln zu unterwerfen als den Stromschiffer. Beide stehen sich in dieser Beziehung rechtlich völlig gleich. Der Entwurf hat daher im Anschluß an die neueren Handelsgesetzbücher 4 jene Unterscheidung aufgegeben." In der 57. Sitzung der Nürnberger Konferenz zur Beratung des Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs am 1. Mai 1857 wurde dann aber, „was die Binnenschiffahrtangeht, einstweilen v o r b e h a l t e n . . . , in einem besonderen Abschnitt des Seerechts zu verordnen, daß und welche Bestimmungen des Seerechts auch auf die Flußschiffahrt Anwendung zu finden hätten" 5 . In der letzten Sitzung der Hamburger Seerechtskonferenz, in der die zweite Lesung des Seerechtsentwurfs zu Ende geführt wurde, am 22. August 1860, stellte man mit Bezug auf diesen Vorbehalt den Antrag, „es möge dieser Gegenstand in Erwägung gezogen werden". Es wurde jedoch bemerkt: „Auf den von den H e r r n Antragsteller berührten Gegenstand könne füglich erst eingegangen werden, wenn der Titel 5 des Vierten Buches (Vom Frachtgeschäft) in dritter Lesung definitiv festgestellt sei, weil sich früher nicht ermessen lasse, ob und welche Bestimmungen rücksichtlich des Transports auf Flüssen und Binnengewässern in das Gesetz noch aufzunehmen seien. Es könne um so weniger dieser Gegenstand jetzt beraten werden, als die Abgeordneten mehrerer Staaten nicht anwesend seien, für welche der Transport auf den Flüssen und Binnengewässern und die Regelung der hierauf sich beziehenden Rechtsverhältnisse die größte Bedeutung habe. Es werde sich deshalb empfehlen, die Beratung des von dem H e r r n Antragsteller angeregten Gegenstandes bis zur dritten Lesung der vier ersten Bücher zu vertagen. Diesem letzterwähnten Vorschlage trat die Versammlung nach kurzer Beratung bei, ohne daß es einer Abstimmung bedurfte." 6 Bei der dritten Lesung wurde dann am 11. Februar 1861 der erneute Antrag gestellt: „Es wolle die Frage: ,ob und welche Bestimmungen des Seerechts auf die Flußschiffahrt Anwendung zu finden haben', nach Abschluß der dritten Lesung der vier ersten Bücher in Erwägung gezogen und hierüber in einem besonderen Abschnitte als Anhang zum Fünften Buche des Entwurfs eines A D H G B s . Bestimmung getroffen w e r d e n . . . Damit jedoch dieser Antrag nicht an formellen Hindernissen, namentlich nicht an dem Mangel einer bis jetzt noch fehlenden formulierten Vorlage scheitere, welche für den Fall der Bejahung der Vorfrage als vorläufige Grundlage der Beratungen erscheinen könne, hat Antragsteller nachstehenden Entwurf auf G r u n d des holländischen H G B s . Art. 748-763 hier beigefügt, und bringt denselben vorläufig
4 Vgl. französisches H G B Art. 107. 5 Prot. I S. 515/516. 6 Prot. VIII S. 4490. 36
1. Entstehungsgeschichte des Gesetzes
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und bis ein anderer eingebracht sein wird, als Grundlage für die sachliche Behandlung des angeregten Gegenstandes in Vorschlag." 7 Gegen diesen Antrag „wurde aber eingewendet: Schon bei der ursprünglichen Feststellung des preußischen Entwurfs hätten sich mehrere Stimmen dafür erhoben, daß Vorschriften im Sinne der Anlage in das H G B aufgenommen werden müßten und nicht fehlen dürften, wenn es nicht eine wesentliche Lücke enthalten sollte. Bei dem Versuche, die entsprechenden Normen zu entwerfen, habe es sich als sehr schwierig herausgestellt, auch nur für die Flußschiffahrt Preußens gemeinschaftliche Bestimmungen über die in der Anlage berührten Fragen aufzustellen; es erscheine dies also um so weniger für ganz Deutschland tunlich. Der Grund hiervon liege in der großen Verschiedenheit der faktischen Verhältnisse, welche dabei nicht unberücksichtigt gelassen werden könnten. Deshalb enthalte der preußische Entwurf nichts über die hier angeregte Rechtsmaterie. Auch andere Gesetzgebungen enthielten darüber nichts, mit Ausnahme der holländischen; allein dabei dürfe man nicht außer Augen lassen, daß die Frage für Holland bei der Beschaffenheit des Landes und dem vielfachen Ineinandergreifen der Fluß- und Seeschiffahrt einesteils eine viel größere praktische Bedeutung habe, als für Deutschland, und andernteils dort viel leichter erledigt werden könne. Von dem Antrag in der Anlage gelte auch in erhöhtem Maße dasjenige, daß es der Versammlung jetzt an dem Beirate technischer Mitglieder fehle und daß die betreffenden Bestimmungen gleich den anderen Bestimmungen des H G B s einer wiederholten Durchsicht in mehreren Lesungen bedürfen würden. Dazu komme noch, daß in Wirklichkeit die in dem Antrage in der Anlage besprochenen Fragen keineswegs eine ganz hervorragende praktische Bedeutung hätten, sondern nur die Regulierung einiger weniger Verhältnisse in Frage stehen, die man in keinem Fall ohne die vorsichtigste Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse würde vornehmen können, und daß man dabei sich jedenfalls dennoch gezwungen sehen würde, in den meisten Fällen wieder dem Ortsgebrauche seine Geltung vor den im H G B aufzustellenden Bestimmungen vorzubehalten. Es scheine deshalb zweckmäßiger, von Aufnahme solcher Bestimmungen in das H G B gänzlich Abstand zu nehmen. Bei der Abstimmung wurde der in der Anlage gestellte Antrag mit allen gegen eine Stimme abgelehnt." 8 Der erwähnte Entwurf, der die Uberschrift „Von den Schiffen, welche Fluß- und Binnengewässer befahren" trug, handelte in 26 Paragraphen von dem Schiffseigentümer, dem Schiffer, dem Frachtgeschäft, der Haverei und der Bergung und Hilfeleistung. Es wurden Vorschriften über das Binnenschiffahrtsrecht in das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch nicht aufgenommen, vielmehr wurden bestimmte Normen des fünften Titels des Vierten Buches, der das Frachtgeschäft (zu Lande) behandelte, für anwendbar auf den „gewerblichen Transport von Gütern auf Flüssen und Binnengewässern"
7 Prot. I X S. 5128 ff., Entwurf: Prot. I X S. 5129-5134. 8 Prot. I X S. 5126 ff.
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Einl.
Einleitung
erklärt (Art. 390-431). Damit wurde den besonderen Verhältnissen der Binnenschiffahrt in keiner Weise Rechnung getragen, insbesondere fehlte es an Vorschriften über die Lade- und Löschzeit und über die Folgen ihrer Überschreitung. Auch die Befugnis des Absenders zum Rücktritt vom Frachtvertrag, die Haftung des Frachtführers für Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes, die Rechtsverhältnisse bei Ausstellung von Ladescheinen fanden dabei keine für die Binnenschiffahrt ausreichende Regelung. Ferner waren über die außer dem Frachtgeschäft in Betracht kommenden Rechtsverhältnisse, wie sie für die Seeschiffahrt im Fünften Buche des A D H G B geschaffen wurden, für die Binnenschiffahrt gesetzliche Vorschriften überhaupt nicht vorhanden. Dies galt namentlich von der Stellung des Schiffseigners, des Schiffers und der Schiffsmannschaft, von dem Ersatz der Opfer, die zur Abwendung einer dem Schiff und der Ladung gemeinsamen Gefahr gebracht werden, von der Haftung beim Zusammenstoß von Schiffen, vom gesetzlichen Pfandrecht der Schiffsgläubiger und ähnlichen wichtigen Fragen. Die Rechtsprechung suchte diese Lücke durch entsprechende Anwendung der seerechtlichen Bestimmungen auszufüllen, doch wurde der Zustand der Rechtsunsicherheit dadurch nur noch fühlbarer. Damit war zwar, weil die Bundesgesetzgebung auf die rechtliche Regelung der Binnenschiffahrt verzichtet hatte, der Weg für eine gesetzliche Regelung durch die Landesgesetzgebung frei. In diesem Sinne sprach beispielsweise der Preußische Landtag in seinen beiden Häusern die unerfüllt gebliebene Erwartung aus, die Staatsregierung möge dem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen, durch den die Rechtsverhältnisse der Stromschiffahrt reguliert werden. 9 Es wurden aber lediglich die Vorschriften des A D H G B über den Zusammenstoß von Seeschiffen in einzelnen Staaten auf die Flußschiffahrt ausgedehnt 10 ebenso in Hannover (§ 39), Bremen (§ 46), Mecklenburg-Schwerin (§ 73), Oldenburg (Art. 33), SchleswigHolstein (§ 78). Nunmehr verstärkten die beteiligten Wirtschaftskreise die Versuche, diese Lücke zu schließen. Sie wendeten sich vom Ende der 1860er Jahre an immer erneut an den 1861 gegründeten Deutschen Handelstag, die freie Vereinigung der deutschen Handelskammern. Dieser beschloß 1868 auf seiner vierten Tagung die Einsetzung eines Ausschusses, der den Auftrag erhielt, die Ergänzung der Lücke im Handelsrecht vorzubereiten. Als Grundlage für seine Beratungen wählte der Ausschuß den von dem damaligen Richter am Kommerz- und Admiralitäts-Kollegium in Königsberg Singelmann ausgearbeiteten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Fluß- und Binnenschiffahrt (Königsberg 1869); das Ergebnis der Beratungen wurde in einem gleichnamigen Entwurf (Berlin 1869) zusammengefaßt, fand aber nur geringe Beachtung. Die vom Bundesrat im Jahre 1874 berufene Kommission von fünf angesehenen Juristen, die gutachtliche Vorschläge über Plan und Methode eines Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbu-
9 Verhandlungen über den Entwurf eines A D H G B S. 641 und 699. 10 Hamburg, EinführG zum A D H G B § 54.
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1. Entstehungsgeschichte des Gesetzes
Einl.
ches machen sollte - sie bestand aus L. Goldschmidt, damals Rat am Reichsoberhandelsgericht, Dr. v. Kübel, Direktor des Obertribunals von Württemberg, Dr. v. Schelling, Präsident des Appellationsgerichts in Halberstadt, v. Neumayr, Präsident des Obersten Gerichtshofes in Bayern, und v. Weber, Präsident des Sächsischen Oberapellationsgerichts - , schlug u. a. auch vor, daß der Entwurf eines neuen Handelsgesetzbuches Bestimmungen über das Recht der Binnenschiffahrt enthalten solle. Am 22. Juni 1874 billigte der Bundesrat diesen Vorschlag. Hierauf beschloß am 10. Juli 1880 der in Mannheim tagende Delegiertenkongreß rheinischer Handelskammern, zur Vorbereitung der zu erwartenden gesetzlichen Regelung eine Kommission zu wählen, die alsbald mit den Schiffahrtsbeteiligten Fühlung aufnehmen sollte. Auf Grund der von diesem Ausschuß veranstalteten Umfrage bei west- und süddeutschen Handelskammern und anderen Verbänden arbeitete sodann der Syndikus der Handelskammer Mannheim, Dr. Landgraf, einen mit Motiven versehenen Entwurf eines Binnenschiffahrtsgesetzes mit besonderer Beziehung auf den Rhein aus11. Noch bevor der Landgrafsche Entwurf vollständig erschienen war, veröffentlichte auch Dr.], Rießer einen mit Bemerkungen versehenen Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Verhältnisse der Fluß- und Binnenschiffahrt 12 . Der Central-Verein für Hebung der deutschen Fluß- und Kanalschiffahrt berief eine Konferenz von Vertretern der Schiffahrt- und Handeltreibenden aus den östlichen Stromgebieten mit der Aufgabe, eine Betriebsordnung aufzustellen, die, ähnlich wie die Eisenbahnbetriebsreglemente, den Frachtverträgen zugrunde gelegt werden sollte, um auf diesem Wege bis zum Erlaß eines Binnenschiffahrtsgesetzes eine möglichst einheitliche Grundlage für die rechtliche Behandlung des Gütertransports auf Binnengewässern zu schaffen. Der Ausschuß entwarf auch eine Binnenschiffahrts-Ordnung für die Elbe, Oder, Weichsel und die Wasserstraßen ihrer Stromgebiete (Berlin 1891). Fortgesetzte Klagen aus den beteiligten Kreisen sowie eine Umfrage bei den am Binnenschiffahrtsverkehr hauptsächlich beteiligten Handelskammern veranlaßten dann schließlich die Reichsregierung, den im Jahre 1874 eingenommenen Standpunkt aufzugeben und die gesetzliche Regelung der Verhältnisse der Binnenschiffahrt schon vor der allgemeinen Neuregelung des bürgerlichen Rechts vorzunehmen. Es wurden deshalb im Jahre 1893 im Reichsjustizamt Grundzüge eines Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, als Vorentwurf eines solchen Gesetzes aufgestellt. Diese wurden dann einem Ausschuß zur Begutachtung vorgelegt, der vom 16. bis 22. März 1893 unter dem Vorsitz des Unterstaatssekretärs Hanauer tagte. Dem Ausschuß gehörten zahlreiche führende Männer der Binnenschiffahrt, als Berichterstatter des Reichsjustizamtes der Geheime Regierungsrat Dr. Hoffmann an. Dem Wun-
11 Mannheim, Teil I 1887, Teil II 1892. 12 Zeitschrift für Handelsrecht Bd. X X X V [Beilage].
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sehe des Ausschusses, auch die Flößerei bei der in Aussicht genommenen Gesetzgebung mit zu berücksichtigen, wurde durch Ausarbeitung eines neuen amtlichen „Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt und Flößerei" auf Grund der Ergebnisse der Ausschußberatungen alsbald Rechnung getragen; am 1. Juli 1893 wurde dieser neue amtliche Entwurf im Deutschen Binnenanzeiger Nr. 180 veröffentlicht. „Gutachterliche Äußerungen zum Binnenschiffahrts-Gesetzentwurf" aus dem Kreise der Mitglieder des Centrai-Vereins für Hebung der deutschen Fluß- und Kanalschiffahrt (Berlin 1894) führten dann zu einer nochmaligen Überarbeitung des amtlichen Entwurfs, der nunmehr, am 18. Dezember 1893, vom Reichskanzler dem Bundesrat vorgelegt wurde. Der Bundesrat nahm an dem Entwurf insofern eine Änderung vor, als er den Rechtsstoff in zwei Gesetzentwürfe teilte, in einen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, und einen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei. So wurde der Entwurf dann am 13. Dezember 1894 mit einer eingehenden Begründung dem Reichstag vorgelegt13. Am 25. und 26. Januar 1895 fand im Reichstag die erste Lesung statt14. Die Entwürfe wurden in der allgemeinen Aussprache eingehend erörtert und dann einem besonderen (neunten) Ausschuß überwiesen, der zu seinem Vorsitzenden den Abgeordneten Bassermann wählte. Als Beauftragte des Bundesrats nahmen an den Verhandlungen die Geheimen Oberregierungsräte Caspar und Dr. Hoffmann teil. Der Ausschuß schlug eine Reihe von Änderungen vor, die vor allem der Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Lage der Kleinschiffahrt (Privatschiffahrt, Partikulierschiffahrt) ihre Entstehung verdankten. Hierzu gehörte der Vorschlag, den Schiffseigner, auch wenn er selbst das Schiff führt, von der regelmäßigen unbeschränkten persönlichen Verantwortlichkeit für eigenes Verschulden insofern auszunehmen, als für einen durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstandenen Schaden nur beschränkte Haftung mit Schiff und Fracht eintreten solle, wenn ihm nicht eine bösliche Handlungsweise zur Last fällt; diesem Vorschlag entspricht § 4 Abs. 2 Satz 2 BSchG. Auch der Vorschlag, den Entlastungsbeweis für die Haftung des Frachtführers dadurch zu erleichtern, daß er nicht höhere Gewalt, sondern nur Umstände zu beweisen habe, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden können, wurde in § 58 Abs. 1 BSchG verwirklicht. Auch die Aufgabe des seerechtlichen Grundsatzes, daß für Güter, die durch Unfall verlorengegangen sind, Fracht nicht zu bezahlen sei, wurde im § 64 BSchG verwirklicht. Nachdem der Ausschuß über seine Beratungen schriftlich berichtet hatte15, nahm der Reichstag am 29. April 1895
13 Durcksachen des Reichstages, 9. Legislaturperiode III. Session 1894/95 N r . 81 und 82. 14 Stenographische Berichte über die 23. und 24. Sitzung der 9. Legislaturperiode III. Session 1 8 9 4 / 9 5 S. 527 und 547. 15 Drucksachen des Reichstags, 9. Legislaturperiode III. Session 1894/95 N r . 253.
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2. Inhalt des Gesetzes
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die beiden Gesetzentwürfe in zweiter Lesung an 16 . A m 4. Mai 1895 folgte die dritte Lesung 1 7 , bei der der Reichstag noch zwei weitere Änderungen vornahm: in §§ 38 und 53 BSchG wurde neu bestimmt, daß der Frachtführer nicht berechtigt ist, von mehreren Absendern bzw. Empfängern gleichzeitig für denselben Tag das Liegegeld mehrfach zu beanspruchen. Nachdem die beiden Gesetzentwürfe dann auch die Zustimmung des Bundesrats gefunden hatten, erfolgte die Verkündung im Reichsgesetzblatt N r . 23 18 . A m 1. Januar 1896 traten beide Gesetze in Kraft. Inzwischen waren die Gesetzgebungsarbeiten zur Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechts abgeschlossen; sie bedingten eine Reihe von Änderungen des Handelsgesetzbuches und der handelsrechtlichen Nebengesetze. Das Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch wurde am 10. Mai 1897 im Reichsgesetzblatt 19 verkündet. A m 20. Mai 1898 erging dann im Reichsgesetzblatt 2 0 die Bekanntmachung des Reichskanzlers, die den neuen Text des nunmehr nur noch 133 Paragraphen umfassenden Gesetzes enthält 21 . Von den ursprünglichen 142 Paragraphen des Gesetzes sind neun (§§ 72, 110, 131-137) gestrichen worden, wogegen ein neuer (§ 61 a; jetzt 62) hinzugekommen ist; in der neuen Fassung ist außerdem der Schlußparagraph 142 weggelassen. N u r 98 Paragraphen blieben unverändert, und auch von diesen hat ein großer Teil seine Bezifferung geändert (§§ 62-71, jetzt 63-72, §§ 111-130, jetzt 110-129, §§ 138-141, jetzt 130-133). Die neue Fassung trat gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch am 1. J a nuar 1900 in Kraft. Das Gesetz wurde seitdem wiederholt geändert.
2. Inhalt des Gesetzes Die Grenzen, innerhalb deren das Gesetz die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt regelt, decken sich im allgemeinen mit denen des Fünften Buches des Handelsgesetzbuches (§§ 474 ff. H G B ) , doch ist das Versicherungsrecht gänzlich weggeblieben und die Personenbeförderung nur in wenigen Punkten von dem Gesetz berührt worden. Als dem Seehandel eigentümlich hat ferner die Reederei in dem Gesetz keine Aufnahme gefunden, wie auch die seerechtlichen Vorschriften über Schiffsparten nicht in das Binnenschiffahrtsrecht übernommen worden sind. Im engen Anschluß an das Seerecht hat dagegen das Gesetz die Verhältnisse des Schiffahrtsunternehmers, des Schiffseigners, wie es 16 Stenographischer Bericht über die 79. Sitzung der 9. Legislaturperiode III. Session 1894/95 S. 1947-1974. 17 Stenographischer Bericht über die 84. Sitzung der 9. Legislaturperiode III. Session 1894/95 S. 2068-2079. 18 S. 301 ff., 341 ff. 19 S. 437. 20 S. 369. 21 Reichsgesetzbl. S. 868.
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ihn nennt, gestaltet. Dieser haftet wie der Reeder für den durch Verschulden der Schiffsbesatzung in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen dem Dritten verursachten Schaden, gleich der des Reeders aber ist sowohl diese Haftung als auch die Haftung des Schiffseigners aus Rechtsgeschäften des Schiffers und für Erfüllung seiner vom Schiffer auszuführenden Verträge der Regel nach keine persönliche, sondern auf die Befriedigung aus Schiff und Fracht, die seerechtliche „fortune de mer", beschränkt. Der Begriff des Schiffseigners weicht allerdings von dem des Reeders insofern ab, als er nicht eine auf Erwerb durch die Schiffahrt gerichtete Verwendung des Schiffes erfordert, sondern das Eigentum an einem zur Schiffahrt auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern bestimmten und hierzu verwendeten Schiffe genügt; andererseits gilt aber, wie nach Seerecht, auch der Ausrüster als Schiffseigner und kann deshalb auch die Haftung des ihm nicht gehörigen Schiffs zugunsten der Schiffsgläubiger begründen. Seerechtlich ist weiter auch die Stellung des Schiffers gestaltet, der, gleich dem Seeschiffer, in ein Pflichtverhältnis gegenüber den Ladungsbeteiligten tritt und auch, freilich in beschränkterem Maße als der Seeschiffer, zur Vertretung des Schiffseigners bei dem Abschluß von Rechtsgeschäften befugt, aber nicht, wie der Seeschiffer, in Vertretung der Ladungsinteressenten über die Ladung verfügen kann. Bei Regelung der besonderen Obliegenheiten des Schiffers sind zwar ebenfalls die entsprechenden Bestimmungen des Seerechts vorbildlich gewesen, aber die nur für den Seeverkehr passenden selbstverständlich ausgelassen. An Stelle der Verklarung ist auch eine Art der Beweisaufnahme vorgesehen, die im Binnenschifffahrtsrecht den Namen „Beweisaufnahme" führt, aber im Verkehr ebenfalls als „Verklarung" bezeichnet wird. Das Dienstverhältnis des Binnenschiffers dagegen ist selbständig im Anschluß an die Gewerbeordnung und völlig abweichend vom Seerecht geregelt. Das Dienstverhältnis der Schiffsbesatzung, unter die außer dem Schiffer die zum Schiffahrtsdienst angestellten Personen fallen, wurde ebenfalls der Gewerbeordnung unterstellt und nur teilweise im Anschluß an die Seemannsordnung gestaltet; diese Regelungen sind nach der Neuordnung des Arbeitsrechts, nur noch von geringer Bedeutung. Das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern auf Binnengewässern ist dagegen grundsätzlich in Anlehnung an das Vierte Buch des Handelsgesetzbuches geregelt, und zwar mit Rücksicht auf die bisherige Regelung des Binnenschifffahrtsfrachtgeschäfts im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch. Es sind aber eine Reihe von Bestimmungen durch besondere Vorschriften ersetzt, teilweise auch im Anschluß an das Seerecht nach mehrfacher Richtung hin ergänzt worden, so vor allem die Vorschriften über die Beladung, Ladeplatz, Ladezeit, Liegegelder, Folgen der Nichtlieferung der Ladung, Rücktrittsrecht des Absenders usw., und ebenso die Vorschriften über Löschung, also über Löschplatz, Löschzeit, Liegegeld, Folgen der Nichtabnahme. Die Haftungsbestimmungen sind teilweise in enger Anlehnung an das Seerecht geregelt worden, während der die Haftung des Frachtführers mildernde § 59 dem Eisenbahnrecht entnommen ist. Hervorzuheben ist weiter die in § 61 ausgesprochene Annahme des seerecht42
2. Inhalt des Gesetzes
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liehen Grundsatzes, daß durch Abnahme des Gutes seitens des Empfangsberechtigten auch ohne gleichzeitige Bezahlung der Fracht die Geltendmachung der hauptsächlichen Ersatzansprüche abgeschnitten wird, sowie die Einschränkung der Haftung des Frachtführers, und ferner die Gewährung von Distanzfracht für den Fall, daß Güter durch Unfall verlorengegangen sind, während nach seerechtlichen Grundsätzen für solche Güter überhaupt keine Fracht zu zahlen ist. Von besonderer Wichtigkeit sind die §§ 72-76 über den Ladeschein, in denen dieser zu einem dem seerechtlichen Konossement gleichen umsatzfähigen, die Verfügung über das Gut gewährenden Papier ausgestaltet worden ist. Das Frachtgeschäft zur Beförderung von Reisenden ist dagegen, abweichend vom Seerecht, nur in einem einzigen Paragraphen (77) berührt. In Anlehnung an das Seerecht, aber mit nicht unwesentlichen Änderungen, ist die große Haverei geregelt, vor allem sind im Binnenschiffahrtsrecht lediglich Schiff und Ladung beitragspflichtig. Vollständig auf die Binnenschiffahrt sind die seerechtlichen Grundsätze über den Zusammenstoß von Schiffen übertragen. Die Vorschriften über Bergung und Hilfeleistung wurden ebenfalls nach dem seerechtlichen Vorbild gestaltet, ebenso auch die Vorschriften über das Schiffsgläubigerrecht (§§ 102-116). Dagegen weichen die Vorschriften über die Verjährung der Forderungen von Schiffsgläubigern und einiger mit dem gesetzlichen Pfandrecht an den Gütern versehenen Forderungen (§§ 117, 118) in vieler Beziehung von den entsprechenden seerechtlichen Vorschriften ab. Die Vorschriften über das Schiffsregister (§§ 119 bis 129), die nach der Begründung zum Entwurf des Binnenschiffahrtsgesetzes „für die Beteiligten ein zuverlässiges und allgemein zugängliches Mittel zur Auskunft über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der einzelnen Schiffe schaffen" sollten, wurden aufgehoben nach Art. I Ziffer 4, einer Verordnung zur Durchführung des Gesetzes für Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 21. Dezember 1940 22 , die nach § 83 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 erlassen worden ist. Ferner wurde das Schiffsregister weiter ausgestaltet durch das Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 23 , die unter anderem für den Eigentumserwerb und die Verpfändung der im Binnenschiffsregister eingetragenen „registrierten" Schiffe eine besondere Regelung einführte. Der zehnte Abschnitt des Binnenschiffahrtsgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 15. Juni 1895, der von der „Verpfändung und Zwangsvollstreckung" handelte, ist seit dem 1. Januar 1900 fortgefallen. Es gelten die §§ 1204—1257 B G B nur noch für die Verpfändung eines im Schiffsregister nicht eingetragenen Binnenschiffes, während für die registrierten Schiffe die Vorschriften des Gesetzes über Rechte an einge-
22 RGBl. I S. 1609. 23 RGBl. I S. 1499.
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tragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 194024 anzuwenden sind. Die Zwangsvollstreckung in registrierte Schiffe erfolgt nach § 864 ZPO, §§ 162 ff. ZVG wie bei Grundstücken durch gerichtliche Zwangsversteigerung und für die nicht registrierten Schiffe nach den §§ 803 ff. Z P O durch Pfändung wie bei beweglichen Sachen. Die Schlußbestimmungen enthalten neben der Vorschrift über die Revisionsinstanz in Binnenschiffahrtsstreitigkeiten letzter Instanz vor allem die Ausnahmebestimmung, daß das Binnenschiffahrtsgesetz „auf Schiffahrtsbetriebe, welche im Anschlüsse an den Eisenbahnverkehr geführt werden und der staatlichen Eisenbahnaufsichtsbehörde unterstellt sind", keine Anwendung findet, weil - wie die Begründung sagt - „die enge Verbindung solcher Betriebe mit der Eisenbahn, an welche sie sich anschließen, zur Folge hat, daß auch hinsichtlich der durch die Transporte auf den betreffenden Strecken begründeten Rechtsverhältnisse im wesentlichen die für die Eisenbahnen geltenden Bestimmungen zur Anwendung kommen müssen", und weiter die Ausnahmevorschrift für Fähranstalten, es sei denn, daß der Betrieb mittels frei schwimmender Schiffe stattfindet, und ferner die Ermächtigung, Bestimmungen über den Befähigungsnachweis der Schiffer und Maschinisten für Binnenschiffe zu treffen.
3. Das Schiff als Rechtsbegriff a) Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken wird das Eigentum an einem im Binnenschiffsregister eingetragenen Binnenschiff durch Einigung und Eintragung des Eigentumsübergangs im Register erworben. Es bedarf keiner „Auflassung". Die Einigung ist nicht formbedürftig und auch nicht frist- oder bedingungsfeindlich. Die Einigung muß dem Schiffsregister nach den §§ 30, 37 SchRegO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. b) Nicht im Binnenschiffsregister eingetragene Binnenschiffe werden wie eine bewegliche Sache behandelt. Das Eigentum an diesen Schiffen wird durch formlose Einigung und Übergang nach §§ 929 ff. BGB erworben. Das gilt auch für einen nicht eingetragenen Schiffsneubau. c) Hinsichtlich der Zwangsvollstreckung und der Eintragung einer Hypothek werden eingetragene Binnenschiffe wie ein Grundstück behandelt. Nichteingetragene Binnenschiffe können nach den §§ 1204—1257 BGB verpfändet werden. Es ist auch eine Sicherungsübereignung möglich. Die Zwangsvollstreckung erfolgt insoweit nach den §§ 803 ff. Z P O . d) Hinsichtlich seiner Bestandteile ist bei einem Schiff zwischen wesentlichen Bestandteilen und dem Zubehör zu unterscheiden. Wesentliche Bestandteile können nach § 93 BGB nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Alle übrigen, den wirtschaftlichen Zwecken des Schiffes dienenden beweglichen Sachen sind
24 RGBl. I S. 1499.
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5. Die Beurteilung des Gesetzes
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Zubehör. Das Schiffsgläubigerrecht aus den §§ 102, 103 erstreckt sich auch auf das Zubehör. Bei der Verpfändung eines Schiffes erstreckt sich das Pfandrecht nur auf das dem Schiffseigentümer gehörige Zubehör.
4. Das Binnenschiffahrtsgesetz und das Internationale Privatrecht Bei Frachtverträgen mit Auslandsberührung kann die Frage des anzuwendenden Rechts bedeutsam sein. Ein Vertrag unterliegt nach Art. 27 Abs. 1 E G B G B dem Recht, das die Parteien gewählt haben. Die Rechtswahl muß ausdrücklich sein oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles ergeben. Die Parteien können die Rechtswahl für den ganzen Vertrag oder nur für einen Teil treffen. Auch eine nachträgliche Änderung der Rechtswahl ist zulässig. Mangels einer Rechtswahl unterliegt der Vertrag nach Art. 28 Abs. 1 E G B G B dem Recht, mit dem er die engste Verbindung hat. Bei Beförderungsverträgen wird nach Art. 28 Abs. 4 E G B G B vermutet, daß er mit dem Staat die engste Verbindung aufweist, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet. Für die Rechtsanwendung ist es unerheblich, ob der Frachtführer die Beförderung selbst vornimmt oder ob er sich eines Unterfrachtführers bedient. Unter Art. 28 Abs. 4 E G B G B fallen auch Charterverträge für eine einzige Reise und andere Verträge, die in der Hauptsache der Güterbeförderung dienen. Die Vermutung des Art. 28 Abs. 4 E G B G B gilt nach Art. 28 Abs. 5 E G B G B nicht, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, daß der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist. Für die Personenbeförderung gelten die Vorschriften des Art. 28 Abs. 1, 2, 5 E G B G B , Art. 28 Abs. 4 E G B G B ist unanwendbar.
5. Die Beurteilung des Gesetzes Das geltende Binnenschiffahrtsrecht hat sich weder für das Landfrachtrecht noch für das Seerecht entschieden, sondern aus beiden Rechtsgebieten Vorschriften und Rechtsbegriffe übernommen, soweit diese für die Binnenschiffahrt praktisch als verwendbar befunden wurden. Trotz dieser verschiedenartigen Rechtsquellen hat sich das Binnenschiffahrtsgesetz in den mehr als neun Jahrzehnten seines Bestehens bewährt. Das ergibt sich aus den Erfahrungen der Schiffahrtpraxis sowie der Rechtsprechung und zeigt sich äußerlich darin, daß außer der notwendigen Anpassung an das kurz nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Geltung gelangende bürgerliche Recht nur wenige, nicht grundlegende Änderungen erforderlich geworden sind. Infolge der das Binnenschiffahrtsrecht weitgehend beherrschenden Vertragsfreiheit war eine Anpassung an die wechselnden wirtschaftlichen Verhältnisse und Veränderungen der Technik des Schiffahrtsbe45
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triebes auf diese Weise möglich. Die wirtschaftliche Entwicklung scheint zu einer weiteren Angleichung des See- und Binnenschiffahrtsrechtes zu führen. Binnenschiffe befahren in gemischter Reise die Seewasserstraßen, während Seeschiffe auch auf den Binnenwasserstraßen verkehren; der Umschlag aus Seeschiffen in Binnenschiffe hat zugenommen. Es müßte daher auch in rechtlicher Beziehung eine weitere Angleichung beider Rechtsgebiete hergestellt werden. Eine solche wesentliche Änderung des Binnenschiffahrtsrechts könnte dann notwendig werden, wenn das Seerecht eine Änderung erfahren sollte, insbesondere auf Grund der internationalen Bestrebungen zur weiteren Vereinheitlichung des See- und Binnenschiffahrtsrechts. Wann und in welchem Umfange dies geschehen wird, hängt von der Entwicklung des europäischen Binnenschiffahrtsverkehrs ab.
Erster Abschnitt Schiffseigner
§1 . Schiffseigner im Sinne dieses Gesetzes ist der Eigentümer eines zur Schifffahrt auf FlUssen oder sonstigen Binnengewässern bestimmten und hierzu von ihm verwendeten Schiffes. Übersicht 1. 2. 3. 4.
Allgemeines D e r Begriff Schiffseigner Persönliche A n f o r d e r u n g e n D e r Schiffsbegriff
. . . .
Rdn. 1 2 3—5 6-12
5. Das E n d e der Schiffseigenschaft 6. Das Binnenschiff 7. Die Beweislast
Rdn. 13-14 15-20 21
1. A l l g e m e i n e s 1
Das Binnenschiffahrtsgesetz kennt abweichend vom Seerecht nicht den Begriff „Reeder" (§ 484 H G B ) oder den Begriff „Reederei" (§ 489 H G B ) . Zwar wird auch in der Binnenschiffahrt der Begriff „Reederei" benutzt, dieser Begriff steht hier aber für den Begriff „Schiffahrtsunternehmen". Die Rechtsstellung des Schiffseigners ist der des Reeders angenähert. Wesentliche Unterschiede ergeben sich nicht nur durch die Verwendung des Schiffes zur Binnenschiffahrt oder zur Seeschiffahrt, sondern auch durch die verschiedenen Haftungssysteme. Das Binnenschiffahrtsgesetz hält an der beschränkt dinglichen H a f t u n g des Schiffseigners mit Schiff und Fracht fest. Im Seerecht ist die H a f t u n g des Reeders unbeschränkt aber beschränkbar. Die Haftungsbeschrän46
Begriffsbestimmung
§1
kung ist nach den §§ 486, 487 H G B durch die Eröffnung eines gerichtlichen Verteilungsverfahrens möglich (§ 487a H G B ) . Die Haftungsbeschränkung tritt nach Einzahlung der Haftungssumme ein, wenn daraufhin das Verteilungsverfahren eröffnet wird. Für die Frage, ob der Eigentümer eines Schiffes, das sowohl f ü r den Einsatz auf Binnengewässer als auch auf hoher See bestimmt ist und regelmäßig so verwendet wird, haftungsrechtlich nach den seerechtlichen Vorschriften oder nach den Bestimmungen des Binnenschiffahrtsgesetzes zu behandeln 1 ist, ist ausschlaggebend die Verwendung des Schiffs im maßgeblichen Zeitpunkt. Es kommt auf den Charakter der jeweiligen Reise an. Wenn eine Reise noch nicht angetreten war oder die Reise schon beendet ist, k o m m t es haftungsrechtlich auf den Einsatz- oder Liegeort an 2 .
2. Der Begriff Schiffseigner Schiffseigner im Sinne des § 1 ist nur der Eigentümer eines Schiffes, der das 2 zur Binnenschiffahrt bestimmte Schiff zu diesem Zweck verwendet. Der Schiffseigentümer braucht nicht notwendig auch der Verwender des Schiffes zu sein. Möglich ist auch die Verwendung eines fremden Schiffes zur Binnenschiffahrt. Diesen Fall regelt § 2. Wer ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Binnenschiffahrt verwendet, und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffsführer anvertraut, wird Dritten gegenüber als Schiffseigner im Sinne des § 1 angesehen. Dieser Dritte wird „Ausrüster" genannt. Das Gesetz unterscheidet in zahlreichen Vorschriften streng zwischen dem Schiffseigner (§§ 1-3-12, 14-20, 22, 25, 77, 92-92f., 95, 99, 102, 109, 112-115) und dem Eigentümer eines Schiffes (§§ 2, 78, 96, 102, 110, 111, §§ 10 Abs. 2, 12 N r . 6, 18 Abs. 1 SchRO).
3. Persönliche Anforderungen a) Das Gesetz stellt an die Person des Schiffseigners keine besonderen Anfor- 3 derungen. Alle natürlichen und juristischen Personen, sei es des Privatsrechts, sei es des öffentlichen Rechts, können Schiffseigner sein, wie die §§ 10, 18 SchRO zeigen. Es kommt nur auf die Rechtsfähigkeit im Sinne des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts an. Der Geschäftsfähigkeit kommt keine Bedeutung zu. Mehrere Miteigentümer eines Schiffes sind sämtlich Schiffseigner. Nach § 12 N r . 6 SchRO sind bei mehreren Eigentümern die Eigentümer der einzelnen Anteile bei der Anmeldung eines Binnenschiffs zur Eintragung im Schiffsregister anzugeben. b) Ein Schiffseigner ist nicht allein aufgrund dieser Tatsache Kaufmann im 4 Sinne des H G B . Die Kaufmannseigenschaft wird begründet durch die Ausübung 1 Vgl. BGH VersR 1978, 712 = LM § 484 HGB Nr. 1. 2 BGH VersR 1978, 712 = LM § 484 HGB Nr. 1; BGHZ 76,201 = NJW 1980, 1747. 47
§1
1. Abschnitt. Schiffseigner
eines Grundhandelsgewerbes im Sinne des § 1 H G B . Nach § 1 Nr. 6 H G B ist Kaufmann, wer die Geschäfte der Frachtführer oder der zur Beförderung von Personen auf Binnengewässer bestimmten Anstalten oder die Geschäfte des Schleppschiffahrtsunternehmers betreibt. Kaufleute sind danach die großen Schiffahrtsunternehmen, die meist die Bezeichnung „Reederei" führen, was gewohnheitsrechtlich statthaft ist. 3 Soweit das Gewerbe eines Schiffahrtsunternehmens nicht über ein Kleingewerbe hinausgeht, ist der Schiffseigner Minderkaufmann im Sinne des § 4 Abs. 1 H G B . Hierhin gehören die meisten Partikuliere. 5
c) Für eine Klage ist grundsätzlich der Schiffseigner oder Ausrüster im Zeitpunkt der Klageerhebung legitimiert. Die Veräußerung des Schiffes nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit eines Anspruchs hat auf die Passivlegitimation keinen Einfluß (§ 265 Abs. 2 ZPO).
4. Der Schiffsbegriff 6
a) Das Gesetz regelt den Schiffsbegriff nicht. Die Rechtsprechung 4 hat den Schiffsbegriff durch die sog. Hohlkörperdefinition näher bestimmt 5 . Danach ist unter einem Schiff ein schwimmfähiges, mit einem Hohlkörper versehenes Fahrzeug von nicht ganz unbedeutender Größe zu verstehen, dessen Zweckbestimmung es mit sich bringt, auf oder unter Wasser fortbewegt zu werden und dabei Personen und Sachen zu tragen.
7
b) Auf die äußerliche Gestaltung des Fahrzeugs kommt es nicht an. Das Fahrzeug braucht weder Bug noch Heck noch Steuervorrichtung zu haben. Es genügt jeder schwimmfähige Hohlkörper, der zur Binnenschiffahrt bestimmt ist. Schiffe sind auch Schwimmkräne 6 , schwimmende Getreideheber, Schuten, Prähme, Bagger, Schwimmrammen und Werkstattschiffe. Keine Schiffe sind schwimmende Anlagen, die in der Regel nicht zur Fortbewegung bestimmt sind, wie Badeanstalten, Docks, Landebrücken, Steiger und Bootshäuser. Im weiteren Sinne fallen unter den Begriff „schwimmende Anlagen" auch Fischkästen, Wohnschiffe und schwimmende Läden; denn auch diesen Schwimmkörpern ist gemeinsam, an einer bestimmten Stelle des Stromes außerhalb des Fahrwassers zu liegen. Sie nehmen am Schiffsverkehr nicht teil7.
8
c) Ein Schiff muß einen Hohlkörper haben. Eine schwimmfähige Plattform ist ebensowenig ein Schiff, wie miteinander verbundene schwimmfähige Gegenstände. Auch ein Floß ist kein Schiff im Rechtssinne. 3 Vgl. dazu ZfB 1958, 374. 4 Vgl. dazu B G H N J W 1952, 1135 = LM § 4 BSchG/3. 5 Vgl. dazu Schaps-Abrahahm, SHR I S.225; Prüßmann-Rabe, Lindeman, Seemannsgesetz, Einf. Rdn. 9; Bemm-Kortendick, verordnung 1983, § 1.01 Rdn. 3. 6 B G H N J W 1952, 1135 = LM § 4 BSchG/3. 7 O L G Köln Urt. vom 8. 1.1965 - 3 U 171/64 - . 48
SHR Einf. I, a; BemmRheinschiffahrtspolizei-
Begriffsbestimmung
§1
d) D e r schwimmfähige H o h l k ö r p e r muß von nicht unbedeutender G r ö ß e 9 sein 8 . N a c h e n , Gondeln, Ruder-, Paddel- und Sportsegelboote haben regelmäßig nur eine unbedeutende G r ö ß e und sind daher keine Schiffe 9 . Größere M o t o r - und Segelboote sind als Schiffe anzusehen, wenn sie ihrer Größe nach den Grenzbereich zwischen „ S c h i f f " und „ B o o t " erreichen 1 0 . Maßgebend sind die Beurteilungskriterien des Einzelfalles. Ein Jollenkreuzer von 20 q m Segelfläche ist z. B . als Schiff im Sinne des Gesetzes eingestuft worden 1 1 . e) D e r schwimmfähige H o h l k ö r p e r muß seiner N a t u r nach dazu bestimmt 1 0 sein, auf oder unter Wasser fortbewegt zu werden. Amphibienautos oder Flugboote sind nicht zur Fortbewegung auf dem Wasser bestimmt und sind daher keine Schiffe. Unterseeboote sind hingegen wegen ihres Verwendungszweckes Schiffe. f) Wesentlich ist die Bestimmung des H o h l k ö r p e r s zur Beförderung von Per- 1 1 sonen und/oder Sachen. Ein S c h i f f s b a u w e r k ist noch kein Schiff, weil es noch nicht die Zweckbestimmung zur Beförderung von Personen oder Sachen hat. Dasselbe gilt auch für den S c h i f f s k ö r p e r nach dem Stapellauf. Erst mit der Fertigstellung und der Ü b e r p r ü f u n g des Schiffsgefäßes durch die Schiffsuntersuchungskommission erhält das Schiffsgefäß die Zweckbestimmung zur Personenund/oder Güterbeförderung und damit die rechtliche Qualifikation als Schiff. g ) D i e E i n t r a g u n g des Schiffes in das Schiffsregister hat auf die Schiffseigen- 1 2 Schaft keinen Einfluß.
5. Das Ende der Schiffseigenschaft Ein schwimmfähiger H o h l k ö r p e r verliert seine Schiffseigenschaft, wenn seine 1 3 Verwendung zur Schiffahrt beendet wird. Wird ein Schiff nur noch als Lagerschiff in einem H a f e n verwendet und soll es dort auf Dauer verbleiben, nimmt es nicht mehr am Schiffsverkehr teil und verliert damit seine Schiffseigenschaft. A u c h wenn ein Schiff als ein Auflager für eine B r ü c k e verwendet wird und sich daher nicht mehr fortbewegen kann, endet die Schiffseigenschaft. O h n e Einfluß auf die Schiffseigenschaft ist die Entfernung von Zubehör des Schiffes, z. B . durch den A u s b a u der Maschine, wenn das Schiffsgefäß als solches weiterhin zur Schiffahrt verwendet werden soll. Wird ein Schiff außer Dienst gestellt, liegt auf der Fahrt z u m Abwrackplatz mit eigener Besatzung die Schiffseigenschaft noch vor. Liegt das Schiff ohne 8 B G H Z 3, 34 = NJW 1952, 64; B G H NJW 1952, 1135 = LM § 4 BSchG Nr. 3; B G H NJW 1972, 538 = VersR 1972, 246. 9 B G H ZfB 1961, 359. 10 B G H Z 57, 309 = NJW 1972, 538 = VersR 1972, 246; B G H VersR 1974, 470 = ZfB 1974, 138. 11 B G H s. Fn. 10. 49
§1
1. Abschnitt. Schiffseigner
Besatzung am Abwrackplatz zur Verschrottung vor, ist die Schiffseigenschaft entfallen. Werden z u m Abwracken bestimmte Schiffsgefäße auf einem A b w r a c k platz durch Wind oder durch Sogwirkung in den K u r s der durchgehenden Schiffahrt bewegt und k o m m t es so zu einem Schadensfall, findet das Binnenschiffahrtgesetz keine Anwendung. D i e H a f t u n g bestimmt sich in derartigen Fällen nach den allgemeinen Haftungsvorschriften des B G B . 14
Eine besondere Stellung nimmt das W r a c k ein. Sinkt ein Schiff, wird hierdurch die Schiffseigenschaft nicht berührt, wenn das Schiff zur Schiffahrt weiter verwendet werden kann. Ein reparaturunfähiges Schiff, ein Wrack, ist jedoch nicht mehr als Schiff anzusehen 1 2 . Dasselbe gilt, wenn nach einem Unfall nur ein nicht wiederherstellbarer Teil des Schiffes übrigbleibt.
6. Das Binnenschiff 15
a) D e r Schiffseigner muß Eigentümer eines zur Schiffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern bestimmten und hierzu verwendeten Schiffes sein. Der Eigentümer muß das Schiff zur Fortbewegung auf einem Binnengewässer bestimmen. E s ist aber ohne Bedeutung, ob das Schiff zur Unfallzeit eine Sees c h i f f a h r t s s t r a ß e oder ein B i n n e n g e w ä s s e r befahren hat 1 3 . Auf den T r a j e k t v e r k e h r sind die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes nicht anwendbar (§ 131 A b s . 3), so daß es auf die Schiffseigenschaft der zu diesen Zwecken benutzten Schiffsgefäße nicht ankommt. E s ist unerheblich, zu welchen Zwecken der Schiffseigner das Schiff verwendet. D a s Schiff kann zu gewerblichen Zwecken oder in sonstiger Weise genutzt werden 1 4 . Deshalb gehören zu den Binnenschiffen auch größere S p o r t - u n d V e r g n ü g u n g s f a h r z e u g e 1 5 . Soweit die Fahrzeuge nicht gewerblich genutzt werden, was bei Sportfahrzeugen der Fall ist, gilt im Falle eines Schiffsunfalles nicht die Haftungsbeschränkung des § 4 , sondern die unbeschränkte H a f t u n g aus §§823 ff. B G B . D e n n die Haftungsbeschränkung ist aus sozialen Gründen nur für die gewerbliche Schiffahrt bestimmt worden 1 6 . A u c h F a h r z e u g e des B u n d e s u n d der L ä n d e r , die zur Verwendung auf Binnengewässern bestimmt sind, wie die Fahrzeuge der Wasserschutzpolizei, F e u erlöschboote, die Fahrzeuge der Wasserstraßenverwaltung und des Zolls, sind Binnenschiffe und unterliegen den Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes. E s besteht lediglich die Besonderheit, daß diese Fahrzeuge dem dinglichen Zu-
12 RGZ 95, 228. 13 Vgl. zu dem Unfall eines Seeschiffes auf einer Binnenwasserstraße B G H Z 25, 244 = NJW 1957, 1717. 14 RGZ 51, 334; B G H NJW 1952, 1135; B G H Z 3, 34. 15 B G H ZfB 1960, 104. 16 B G H Z 35, 150 = NJW 1961, 1526; B G H VersR 1972, 457 = LM Nr. 14 zu §677 BGB; NJW 1974, 1654 = LM Nr. 12 zu §4 BSchG = ZfB 1974, 426. 50
Begriffsbestimmung
§1
griff im Wege der Zwangsvollstreckung entzogen sind 17 . Derartige Fahrzeuge brauchen nach § 10 A b s . 3 S c h R O nicht zur Eintragung in das Schiffsregister angemeldet zu werden. b) Ein Binnenschiff ist eine aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzte 1 6 Sache. H i n z u k o m m t noch das Zubehör. Alle zur Herstellung des Schiffes eingefügten Sachen wie Planken, Platten, Spanten, Schrauben, die Steuereinrichtung, die Radaranlage und die Schiffsmotoren sind wesentliche Bestandteile, auch wenn sie nur angeschraubt oder angenietet sind. Wesentliche Bestandteile eines Schiffes können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein (§ 93 B G B ) . D a ß Schiffsmotoren wesentliche Bestandteile der Schiffe sind, hat schon das R G 1 8 angenommen. D e r B G H 1 9 hat zu dieser Frage ausgeführt, daß die Rechte an einem eingetragenen Schiff weitgehend dem Immobiliarrecht angeglichen worden sind. Hieraus hat der B G H gefolgert, daß eingetragene Schiffe grundsätzlich wie unbewegliche S a c h e n behandelt würden. E s liege deshalb nahe, § 94 B G B anzuwenden. Zweifelhaft sei, o b bei einem Schiffsmotor eine feste Verbindung mit dem Schiff bestehe. Jedenfalls aber gehört eine eingefügte Sache zu den wesentlichen Bestandteilen nach § 94 A b s . 2 B G B . Zur Herstellung eines M o t o r schiffs müsse ein Schiffsmotor eingefügt werden. Im Gegensatz zu § 9 3 B G B müsse bei der Auslegung des § 94 A b s . 2 B G B von dem G e b ä u d e (Schiff) als G a n z e m , so, wie sich das G e b ä u d e (Schiff) in seiner Sonderart und seinem Sonderzweck darstelle, ausgegangen werden. Ein Schiff ohne einen Schiffsmotor sei kein Motorschiff. D e r M o t o r diene „ z u r Herstellung" des Motorschiffes. D a es bei der Vorschrift des § 9 4 A b s . 2 B G B auf die Festigkeit der Verbindung nicht ankomme, sei auch die Voraussetzung des Einfügens erfüllt. Daran ändert nichts, daß der Schiffsmotor serienmäßig hergestellt sei und gegen einen anderen ausgewechselt werden könne. c) Alle übrigen den Zwecken des Schiffsbetriebes dienenden Sachen wie A n - 1 7 ker, Trossen, Beiboote, Ketten und Drähte sind Zubehör im Sinne des § 97 B G B . Rechtlich gehören diese Sachen z u m S c h i f f s v e r m ö g e n . D i e dem persönlichen Gebrauch der Schiffsbesatzung dienenden Einrichtungen der Wohnungen sind nicht als Zubehör anzusehen. Sie werden als Mobiliar bei einer V e r p f ä n d u n g des Schiffes meistens besonders aufgeführt. D a s Eigentum von Zubehör und Mobiliar kann verschieden sein. N a c h § 3 1 4 B G B erstreckt sich die Verpflichtung zur Veräußerung oder Belastung des Schiffes im Zweifel auch auf das Zubehör. S c h i f f s g l ä u b i g e r r e c h t e erstrecken sich nach den § § 1 0 2 , 103 A b s . 1 auf das gesamte Zubehör.
17 RGZ 151, 277. 18 RGZ 152, 91 19 NJW 1958, 357 51
§1,2
1. Abschnitt. Schiffseigner
D i e Verpfändung eines eingetragenen Schiffes ergreift nach § 3 1 S c h R G nur das Zubehör, das im Eigentum des Schiffseigentümers steht. 18
d) D a s Schiffsgefäß muß geeignet sein, auf Binnengewässern zu fahren. Dabei k o m m t es nicht darauf an, o b das Schiff über eigene Antriebskraft verfügt oder nicht. A u c h geschleppte Fahrzeuge sind Schiffe. In der Binnenschiffahrt wird unterschieden zwischen Fahrzeugen mit Maschinenantrieb, Schleppverbänden, Schubverbänden, gekuppelten Fahrzeugen, schwimmendem Gerät, Fähren und Kleinfahrzeugen. N a c h dem Verwendungszweck werden die Fahrzeuge mit eigener Antriebskraft unterschieden in Personenboote, Motorgüterschiffe und Motortankschiffe. Schubverbände bestehen aus dem Schubboot und den vorgespannten Schubleichtern.
19
e) Für die Q u a l i f i k a t i o n eines Schiffes als Binnenschiff ist weder die Bauart des Fahrzeugs noch die Eintragung im Schiffsregister von Bedeutung. E s k o m m t entscheidend darauf an, in welcher Weise das Schiff regelmäßig verwendet wird ohne Rücksicht darauf, o b es sich bei der Reise u m Seefahrt oder Binnenfahrt handelt 2 0 .
20
f) N i c h t das Binnenschiffahrtsrecht sondern Seerecht ist anzuwenden, wenn ein Seeschiff im Verlauf einer Reise auch ein Binnengewässer befährt 2 1 .
21
Die Beweislast über die Eigenschaft einer Person als Schiffseigner richtet sich nach den allgemeinen prozessualen Beweisregeln. Wer aus dieser Eigenschaft Rechte für sich herleiten will, muß die Eigenschaft beweisen. D e r Beweis erstreckt sich auf alle Voraussetzungen, die die Schiffseignerstellung begründen. Die Rechtsstellung als Eigentümer eines Schiffes wird durch die E i n t r a g u n g einer Person in das Schiffsregister begründet. § 15 S c h R G begründet eine widerlegbare Vermutung für das Eigentum. Diese Vermutung wird widerlegt, wenn die v o m eingetragenen Berechtigten behaupteten Erwerbsgründe widerlegt werden 2 2 . D u r c h Vorlage eines beglaubigten Auszuges aus dem Schiffsregister oder durch Beziehung des Registers kann das Eigentum an einem Schiff bewiesen werden.
7. Die Beweislast
§2 (1) Wer ein i h m nicht gehöriges Schiff z u r B i n n e n s c h i f f a h r t v e r w e n d e t u n d es entweder selbst f ü h r t oder die F ü h r u n g einem Schiffer a n v e r t r a u t , wird D r i t t e n g e g e n ü b e r als Schiffseigner i m Sinne dieses Gesetzes a n g e s e h e n . (2) D e r E i g e n t ü m e r k a n n denjenigen, welcher a u s der V e r w e n d u n g des 20 RGZ 102, 45. 21 RGZ 44, 140; 102, 45; B G H Z 25, 244 = NJW 1957, 1717 = LM Nr. 2 zu §510 HGB. 22 B G H VersR 1957, 16. 52
§2
Eigentümervermutung
Schiffes einen Anspruch als Schiffsgläubiger (§§ 102 bis 115) herleitet, an der Durchführung des Anspruchs nicht hindern, sofern er nicht beweist, daß die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war. Ubersiebt 1. Allgemeines 2. Der Begriff des Ausrüsters 3. Die Begründung des Ausrüstungs4
Der Ausrüster und Dritte
Rdn. 1 2 3-7 8-12
Rdn. 5. Einwendungen des Eigentümers gegen Ansprüche Dritter 6. Das Verhältnis zwischen Eigentü7
13 14-15 16
1. Allgemeines § 2 entspricht der seerechtlichen Vorschrift des §510 H G B . 1 Im Binnenschiffahrtsrecht treten wie im Seerecht Verwender von Schiffen auf, die nicht Eigentümer des verwendeten Fahrzeugs sind, das Schiff aber aufgrund interner Absprachen gleich einem Eigentümer gewerblich nutzen. Für den Bereich der Binnenschiffahrt wird deshalb nach § 2 Abs. 1 unter bestimmten Voraussetzungen derjenige als Schiffseigner angesehen, der ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Binnenschiffahrt verwendet. Gleiches gilt im Seerecht.
2. Der Begriff des Ausrüsters Das Gesetz gibt eine Legaldefinition für die Personen, die als Ausrüster im 2 Sinne des Gesetzes angesehen werden. Ausrüster ist danach jede Person, die ein ihr nicht gehöriges Schiff zur Binnenschiffahrt verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffsführer anvertraut. Ausrüster eines Schiffes können auch mehrere Personen sein, wenn sie nebeneinander jeder für sich die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllen. Ihre internen Rechtsbeziehungen richten sich nach den §§705 ff. BGB. Auch der Miteigentümer eines Schiffes kann Ausrüster sein. 1
3. Die Begründung des Ausrüsterverhältnisses a) Das Ausrüsterverhältnis ist ein auf tatsächlichen Umständen beruhendes 3 Verhältnis, dessen Entstehung keine mit dem Eigentümer getroffenen bestimmten Abmachungen voraussetzt. Notwendig ist lediglich, daß der Ausrüster ein fremdes Schiff entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffsführer anvertraut. Der Ausrüster muß also im eigenen N a m e n das Schiff als selbständiger Unternehmer nutzen. 1 BGHZ 33, 234 = LM Nr. 6 zu §4 BSchG; BGHZ 62, 320 = NJW 1974, 1332 = LM Nr. 3 zu §2 BSchG mit Anm. Bauer).
53
§2
1. Abschnitt. Schiffseigner
Wird das Schiff einem Schiffsführer anvertraut, ist der Schiffsverwender nur dann Ausrüster, wenn der Schiffsführer in seinen Diensten steht, also von ihm abhängig ist und seinem Direktionsrecht unterliegt 2 . 4
b) D e r Rechtsgrund der Verwendung des Schiffes ist unerheblich. D i e Verwendung kann aus dinglichem oder obligatorischem Recht (Nießbrauch, Miete, Leihe oder Treuhandverhältnis) oder aufgrund Besitzes erfolgen. E s k o m m t nicht darauf an, o b der Besitz gutgläubig erworben worden ist oder nicht. A u c h der durch Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug erlangte tatsächliche Besitz begründet ein Ausrüsterverhältnis, wenn die tatsächlichen Verhältnisse, die das G e s e t z beschreibt, vorliegen, weil das G e s e t z nur auf die tatsächlichen und räumlichen Beziehungen des Verwenders z u m Schiff abstellt.
5
c) E s ist nicht erforderlich, daß der A u s r ü s t e r mit dem Schiff einen G e w e r b e betrieb ausübt. D e r Verwender muß lediglich das Schiff wie ein selbständiger Unternehmer benutzen. A u c h die Verwendung eines Schiffes zu anderen Zwekken als zu einem Gewerbebetrieb reicht aus. Der Schiffsverwender hat nur dann die Eigenschaft eines Ausrüsters, wenn ihm das Recht zur Führung des Schiffes, sei es in eigener Person oder durch einen von ihm beauftragten Schiffsführer tatsächlich z u k o m m t und er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, also faktisch an die Stelle des Schiffseigners tritt, dessen Schiffsführungsbefugnis also ausschließt 3 .
6
D e r Mieter eines Schiffes erlangt nur dann die Stellung eines Ausrüsters, wenn er selbst den Schiffsführer, auch den bisherigen Schiffsführer oder den sein Schiff selbst führenden Eigentümer bestellt, also mit ihm einen Dienstvertrag abschließt 4 . A u c h ohne ein solches Dienstverhältnis kann ein A u s r ü s t e r v e r h ä l t n i s entstehen, wenn der Schiffsführer in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Verwender steht, insbesondere wenn dem Verwender die Überwachung und Erhaltung des Schiffes obliegt und er die Entlassung des Schiffsführers bestimmen kann. Ein Ausrüsterverhältnis ist auch bei einer M i e t c h a r t e r anzunehmen, wenn der Schiffsführer v o m Schiffseigentümer angestellt ist, der Mieter aber kraft seines Dispositionsrechts wie ein Ausrüster im Verkehr auftritt. D e r Sache nach handelt es sich u m ein S c h e i n a u s r ü s t e r v e r h ä l t n i s . D e r Verkehrsschutz läßt es geboten erscheinen, auch diese F o r m der Schiffsverwendung unter § 2 einzuordnen. In aller Regel wird durch das Führen der R e e d e r e i f l a g g e das Charterverhältnis
2 RGZ48, 89; 56, 360; 78, 307; 98, 186, 103, 280, B G H Z 22, 197 = NJW 1957, 828 = LM Nr. 3 zu §485 H G B 3 B G H Z 22, 197 = NJW 1957, 828 = LM Nr. 3 zu §485 H G B . 4 R G Z 2 5 , 113. 54
Eigentümervermutung
§2
zum Ausdruck gebracht. Darin liegt weiter, daß sich der Verwender als Ausrüster im Rechtssinne behandeln lassen will. Die Überlassung eines Schiffes, sei es aufgrund eines Mietvertrages, sei es aus einem anderen Rechtsgrunde, unter gleichzeitiger Überlassung der Schiffsbesatzung, ohne daß diese aus dem Dienstverhältnis des bisherigen Dienstberechtigten ausscheidet, kann allein kein Ausrüsterverhältnis begründen, wenn nach außen kein weiterer Rechtsschein begründet wird. Der Schiffsführer muß vom Verwender allein abhängig sein. Hierfür spricht die im Gesetz angeführte Gleichstellung der Schiffsführung durch den Verwender mit der Schiffsführung durch einen Schiffsführer, dem diese anvertraut ist. Wenn der Verwender das Schiff selbst führt, steht der Annahme eines Ausrüsterverhältnisses nicht entgegen, daß die sonstige Schiffsbesatzung in einem Dienstverhältnis zu dem Schiffseigentümer steht. Ein Ausrüsterverhältnis ist zu verneinen, wenn ein Dritter aufgrund eines 7 Frachtvertrages ein Schiff nebst Besatzung zur Beförderung von Frachtgütern annimmt. Denn dem Verwender wird in einem solchen Fall nicht das Schiff zur selbständigen Nutzung und auch nicht ohne den Schiffsführer überlassen.
4. Der Ausrüster und Dritte a) Der Ausrüster wird für die Dauer des Ausrüsterverhältnisses Dritten ge- 8 genüber als Schiffseigner angesehen und hat dessen Rechte und Pflichten. In dieser Zeit ist er Dritten gegenüber wie ein Schiffseigner verantwortlich und haftet nach den §§3-7, 15-20, 25, 77, 92-92f., 99, 103, 109, 112, 114, 115 und ebenso im Rahmen des § 904 Satz 2 BGB für Schäden aus Notstandsmaßnahmen 5 . Den Ausrüster trifft die adjektizische Haftung nach den §§ 3, 4 für Verschulden der Schiffsbesatzung in gleichem Umfange, wie sie einen Schiffseigner träfe, d. h. er haftet mit dem fremden Schiff und mit der Fracht. Soweit eine persönliche Haftung in Frage steht (§§7 Abs. 3, 8 Abs. 4, 114), haftet der Ausrüster unmittelbar mit seinem Vermögen 6 . b) Solange ein Ausrüsterverhältnis besteht, ist der Schiffseigentümer nicht als 9 Schiffseigner anzusehen, weil er sein Schiff nicht zur Binnenschiffahrt verwendet. Mit der Beendigung des Ausrüsterverhältnisses und der weiteren Verwendung des Schiffes im eigenen Interesse erwirbt der Eigentümer aufgrund dieser tatsächlichen Umstände die Schiffseignerstellung zurück. c) Für die Zeit des Ausrüsterverhältnisses ist der Ausrüster für alle gegen einen 1 0 Schiffseigner zu richtenden Klagen passivlegitimiert. Das Ausrüsterverhältnis muß im Zeitpunkte der Klageerhebung (Zustellung der Klageschrift) noch beste-
5 BGHZ 6, 102 = NJW 1952, 1132 = LM Nr. 4 zu §4 BSchG. 6 BGHZ 6, 102 = NJW 1952, 1132 = LM Nr. 4 zu §4 BSchG.
55
§2
1. Abschnitt. Schiffseigner
hen. Ein späterer Wegfall dieser Eigenschaft nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist auf einen Rechtsstreit ohne Einfluß 7 . 11
d) Auch während des Ausrüsterverhältnisses können Schiffsgläubigerrechte wie bei der Verwendung des Schiffes durch einen Schiffseigner entstehen. Auch den Schiffsgläubigern des § 102 gegenüber ist der Ausrüster allein verpflichtet. Ebenso trifft die Haftung aus § 9 0 4 B G B nur den Ausrüster 8 . Das Gesetz bestimmt in § 2 Abs. 2, daß der Eigentümer Dritte, die aus der Verwendung des Schiffes ein Schiffsgläubigerrecht erworben haben (§§ 102-115), an der Durchsetzung ihrer Ansprüche nicht hindern kann, es sei denn, die im Gesetz bestimmten Ausnahmen 9 lägen vor.
12
e) D e r Ausrüster kann den während des Ausrüsterverhältnisses auf das Schiff entfallenden Berge- oder Hilfslohn, der nach § 9 5 Abs. 3 dem Schiffseigner zusteht, für sich verlangen, weil er in dieser Zeit als Schiffseigner behandelt wird.
5. Einwendungen des Eigentümers gegen Ansprüche Dritter 13
Nach § 2 Abs. 2 braucht der Eigentümer eines Schiffes Ansprüche Dritter aus der Verwendung des Schiffes nicht hinzunehmen, wenn die Verwendung des Schiffes ihm gegenüber widerrechtlich und der Gläubiger nicht im guten Glauben war. Wenn sich die Klage des Schiffsgläubigers gegen den Ausrüster richtet, bleibt dem Schiffseigentümer nur die Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung in das Schiff im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 Z P O abzuwehren. Wird aber die Pfandklage nach Beendigung des Ausrüsterverhältnisses gegen ihn selbst gerichtet, kann er einwenden, daß die Verwendung des Schiffes widerrechtlich war und der Schiffsgläubiger nicht im guten Glauben gehandelt hat. Eine widerrechtliche Verwendung des Schiffes liegt vor, wenn der Verwender dem Eigentümer gegenüber kein Recht zur Verwendung des Schiffes hatte. Eine vertragswidrige Verwendung reicht zu einer solchen Annahme nicht aus 10 . Hinsichtlich des guten Glaubens gelten die allgemeinen Grundsätze des § 932 Abs. 2 B G B . Schiffsgläubigerrechte aus der Kollision von Binnenschiffen entstehen in der Regel unabhängig vom guten Glauben der Beteiligten. Den mangelnden guten Glauben eines Zedenten kann der Schiffseigentümer auch einem Zessionar entgegenhalten ( § 4 0 4 B G B ) .
7 8 9 10 56
RGZ 78, 307. Vgl. oben Rdn. 8. Vgl. unten Rdn. 13. Prüßmann-Rabe, SHR §510 Anm. G 2a.
§3
Haftung des Schiffseigners
6. Das Verhältnis zwischen Eigentümer und Ausrüster a) Der Ausrüster ist grundsätzlich weder Eigentümer des Schiffes noch dessen 1 4 Rechtsnachfolger. Aufgrund seiner gesetzlichen Stellung ist der Ausrüster nicht berechtigt, über das Schiff wie ein Eigentümer zu verfügen. Er darf also das Schiff weder veräußern, noch verpfänden, noch in sonstiger Weise über das Schiff verfügen. Etwaige Verfügungen wären die eines Nichtberechtigten (§§932, 933, 936, 1207, 1208, 1260, 1262 B G B ) . Seine Befugnisse richten sich nach den internen Absprachen mit dem Schiffseigentümer. Das Innenverhältnis kann Leihe, Auftrag oder Geschäftsführung ohne Auftrag sein. Soweit keine ausdrückliche Abreden bestehen, sind auf das Innenverhältnis die mietrechtlichen Vorschriften der §§ 535 ff. B G B anzuwenden. Soweit das Binnenschiffahrtsgesetz von dem Schiffseigentümer spricht und nicht der Schiffseigner genannt ist, ist nicht der Ausrüster gemeint. Er kann daher auch keine Anmeldungen zum Schiffsregister vornehmen (§§3 Abs. 3, 10 Abs. 2 SchRegO). b) Die Begründung eines Ausrüsterverhältnisses hat keine Auswirkungen auf 1 5 das öffentliche Recht. Anordnungen und Auflagen öffentlich-rechtlicher Art treffen grundsätzlich den Schiffseigentümer. Wer etwaige öffentlich-rechtliche Kosten oder Gebühren zu tragen hat, richtet sich einerseits nach den dem Ausrüsterverhältnis zugrunde liegenen Abreden oder den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Auflagen der Wasserschutzpolizei oder der Schiffsuntersuchungskommission gelten auch für den Ausrüster.
7. Die Beweislast Wird der Ausrüster aus der Verwendung des Schiffes in Anspruch genommen, 1 6 hat der Kläger alle Umstände zu beweisen, die die Ausrüstereigenschaft begründen. Der Beklagte kann einwenden, daß er im Zeitpunkte der Klageerhebung nicht mehr Ausrüster war. Den Fortbestand der Ausrüstereigenschaft auch im Zeitpunkte der Klageerhebung hat dann der Kläger zu beweisen. Wird der Ausrüster aus der Verwendung des Schiffes in Anspruch genommen, kann der Eigentümer im Wege der Drittwiderspruchsklage ebenso wie bei einer eigenen unmittelbaren Inanspruchnahme die Einwendungen aus § 2 Abs. 2 erheben. Er hat dann nach der gesetzlichen Beweislastverteilung zu beweisen, daß die Verwendung des Schiffes ihm gegenüber widerrechtlich und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war.
§3 (1) D e r Schiffseigner ist f ü r den Schaden verantwortlich, den eine Person der Schiffsbesatzung oder ein an B o r d tätiger Lotse einem Dritten in A u s f ü h r u n g von Dienstverrichtungen schuldhaft z u f ü g t . 57
§ 3
1. Abschnitt. Schiffseigner
(2) Zur Schiffsbesatzung gehören der Schiffer, die Schiffsmannschaft (§21) und alle übrigen auf dem Schiffe angestellten Personen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Schiffseignerhaftung 3. Das Verhältnis der Schiffseignerhaftung zu anderen Haftungsbestimmungen 4. Die unmittelbare persönliche H a f tung des Schiffseigners 5. Die Schiffsbesatzung
Rdn. 1 2—4
5-8 9-10 11-16
Rdn. 6. Das Verschulden in Ausführung von Dienstverrichtungen 7. Der geschädigte Dritte 8. Der Haftungsumfang 9. Haftungsbeschränkungen und Freizeichnungen 10. Die Beweislast
17-25 26 27-31 32-34 35-36
1. A l l g e m e i n e s 1
2
§ 3 Abs. 1 stimmt mit der seerechtlichen Vorschrift des § 485 Satz 1 H G B überein. Zwischen der Haftung des Schiffseigners für ein Dienstverschulden der Schiffsbesatzung im Binnenschiffahrtsrecht und der Reederhaftung für ein Verschulden der Besatzung eines Seeschiffs besteht seit dem SRÄG 1972 ein grundlegender Unterschied. Das Binnenschiffahrtsrecht hält an der adjektizischen Haftung des Schiffseigners im Schiff und Fracht für das Verschulden der Besatzungsmitglieder fest. Im Seerecht gilt nunmehr eine unmittelbare persönliche, aber beschränkbare Haftung des Reeders durch Einzahlung der Haftungssumme und die Eröffnung eines gerichtlichen Verteilungsverfahrens nach den Vorschriften der seerechtlichen Verteilungsordnung.1 2. D i e S c h i f f s e i g n e r h a f t u n g Durch § 3 wird keine unmittelbare Deliktshaftung des Schiffseigners bestimmt. Der Zweck der Vorschrift besteht vielmehr darin, eine Haftung des Schiffseigners zu begründen, wenn eine Person der Schiffsbesatzung in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen einem Dritten schuldhaft einen Schaden zufügt 2 . Die Haftung setzt nicht nur ein Verschulden, sondern auch einen Anspruch gegen ein Besatzungsmitglied voraus 3 . Nur nachgewiesenes schuldhaftes Verhalten eines Besatzungsmitglieds führt zur Haftung nach § 3 4 . Ist die Klage gegen das Besat-
1 Zur Frage der Gefährdungshaftung der Betreiber von Binnenschiffen vgl. B G H LM Nr. 16 zu §3 BSchG. 2 B G H Z 2 6 , 157; B G H VersR 1959, 608. 3 B G H Z 26, 152; B g H ZfB 1974, 423. 4 O L G Karlsruhe ZfB 1976, 295; dort auch zur Haftung für Verschmutzung eines Hafenwassers durch Ol und Ölreste. 58
Haftung des Schiffseigners
§3
Zungsmitglied rechtskräftig abgewiesen worden, entfällt die Haftung des Eigners. 5 Umgekehrt begründet die rechtskräftig festgestellte Eignerhaftung keine Rechtskraft im Verhältnis zu einem schuldigen Besatzungsmitglied. Die Haftung des Schiffseigners ist zusätzlicher Natur und tritt zu der Haftung des Besatzungsmitglieds hinzu, so daß beide dem Geschädigten als Gesamtschuldner haften 6 . Der Schiffseigner haftet auch dann nach § 3 Abs. 1, wenn lediglich das schuld- 3 hafte Verhalten der Besatzung innerhalb der Zeit liegt, in der er das Schiff zur Schiffahrt auf Binnengewässern verwendet hat, hingegen der Schaden des Dritten erst dann eingetreten ist, als das Schiff einem anderen gehört hat7. Dem Schiffseigner und dem Schiffsführer kann eine konstruktiv fehlerhafte, von einer Fachfirma gelieferte und eingebaute Ruderanlage nicht zum Vorwurf gemacht werden 8 . Der Schwerpunkt des § 3 liegt in der Haftung für den Schaden außerhalb der Vertragsverbindlichkeiten. § 3 beschränkt sich nicht auf unerlaubte Handlungen. Die Haftung erstreckt sich vielmehr auf alle schuldhaften Verletzungen von Dienstobliegenheiten der Schiffsbesatzung, die sich nicht nur auf die Erfüllung von Vertragspflichten des Schiffseigners beziehen müssen. Bei Schwarzfahrten eines im Dienst befindlichen Schiffsmannes ist der Schiffseigner ebenfalls für den Schaden verantwortlich, der dem Eigner eines anderen Schiffes durch einen von dem Schiffsmann verschuldeten Zusammenstoß mit diesem Schiff entstanden ist9. Leistet der Schiffseigner Schadenersatz, hat er zwar einen schuldrechtlichen 4 Ausgleichsanspruch gegen das schuldige Besatzungsmitglied, diesem Anspruch kann aber ganz oder teilweise ein arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch des schuldigen Besatzungsmitglieds aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der gefahrgeneigten Arbeit entgegenstehen. 3. Das Verhältnis der Schiffseignerhaftung zu anderen Haftungsbestimmungen a) Im Falle einer positiven Vertragsverletzung haftet der Schiffseigner einem 5 Geschädigten für das Verschulden eines Besatzungsmitglieds nach den §§278, 276 BGB. Die Besatzungsmitglieder sind im vertraglichen Rahmen Erfüllungsgehilfen. Die vertragliche Haftung des Schiffseigners für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen bleibt neben der Haftung aus § 3 bestehen. Die Vertragshaf-
5 Zur Rechtskraftwirkung des die Klage gegen den Schiffsführer abweisenden Urteils hinsichtlich der Haftung des Schiffseigners, vgl. B G H LM Urt. 1 zu § 72 BSchG. 6 B G H Z 6, 102; 26, 152; B G H ZfB 1959, 415. 7 B G H LM N r . 17 zu §§3, 4, 102, 103, 104, 112 BSchG = ZfB 1983, 287. 8 B G H LM Nr. 9 zu §§8, 58, 79 BSchG. 9 B G H Z 50, 238 = LM Nr. 7 zu § 3 BSchG = VersR 1968, 938.
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§3
1. Abschnitt. Schiffseigner
t u n g geht in ihrem Umfang über die Haftung mit Schiff und Fracht aus § 3 hinaus. Auch ist der Begriff „Erfüllungsgehilfe" weitergehend als der der „Schiffsbesatzung". Zu den Erfüllungsgehilfen gehören alle in § 3 Abs. 2 genannten Personen (Schiffsführer, Schiffsmannschaft sowie sonstige auf dem Schiff angestellte Personen). Weiter gehören dazu alle an Land angestellten Personen, wie Büro- und Lagerpersonal. Nicht zu den Erfüllungsgehilfen gehört die Besatzung eines Schleppschiffs. Auch die Besatzung eines Seeschiffs, die Ladung aus oder in ein Binnenschiff umschlägt, ist nicht Erfüllungsgehilfe des Schiffseigners. Ebensowenig ist die Besatzung eines Schiffes, das an einen Dritten unter Überlassung der Besatzung vermietet wird, diesem Dritten gegenüber Erfüllungsgehilfe des Schiffseigners 10 . 6
b) Neben § 3 kann auch eine Haftung des Bundes und der Länder aus § 839 B G B i. V. m. Art. 34 G G für das Verschulden eines B e a m t e n stehen. Sind Dritte an einem Schadensfall beteiligt, ist die Haftung aus den §§ 839 B G B , Art. 34 G G , § 3 ausgeschlossen, wenn ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten besteht (§ 839 Abs. 1 Satz 2 B G B ) .
7
c) Aus dem schadensursächlichen Verhalten der Schiffsbesatzung kann sich auch eine Haftung des Schiffseigners aus §831 B G B ergeben, wenn der Schiffseigner die Schiffsbesatzung zu einer Verrichtung bestellt hat, und diese in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich einen Schaden zufügt. Diese Haftung kann neben § 3 bestehen. Denn es ist kein Grund ersichtlich, die in ihren Voraussetzungen abweichende Haftung aus §831 durch § 3 als ausgeschlossen zu betrachten. Dem Geschädigten muß es freistehen, in geeigneten Fällen entweder die durch §§3, 4, 102 vermittelte bevorzugte dingliche Sicherung zu beanspruchen, dafür aber die Last des Nachweises des Verschuldens des Besatzungsmitglieds auf sich zu nehmen, oder die unbeschränkt persönliche Haftung aus § 831 B G B zu verfolgen, dafür aber sich des dort gestatteten Entlastungsbeweises auszusetzen". Nach §831 Abs. 1 Satz 2 B G B kann sich der Schiffseigner entlasten, indem er beweist, daß er die Schiffsbesatzung mit der erforderlichen Sorgfalt ausgewählt und sie beaufsichtigt hat.
8
Was den Haftungsumfang nach den §§847 ff. B G B angeht, besteht kein U n terschied zu § 3 . Es wird aber ein Anspruch gegen den Schiffseigner aus §831 B G B dann vor allem in Frage kommen, wenn für Ansprüche aus den §§ 3, 4 aus besonderen Umständen ein Interesse an einer unmittelbaren persönlichen Haftung besteht, was regelmäßig dann vorliegen wird, wenn die Schäden den Wert des schuldigen Schiffes übersteigen.
10 R G Z 82, 427. 11 R G Z 149, 6; 151, 296.
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Haftung des Schiffseigners
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4. Die unmittelbare persönliche Haftung des Schiffseigners Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 wird durch § 3 die persönliche H a f t u n g des Schiffseig- 9 ners im Falle eigenen Verschuldens nicht berührt. Neben der Haftung des Schiffseigners aus den § § 3 , 4 kann eine Haftung aus positiver Vertragsverletzung oder eine deliktische Haftung aus den §§ 823 ff. B G B geltend gemacht werden 12 . So besteht neben § 3 auch die Haftung aus den §§ 26, 58 ff., wenn und soweit der Schiffseigner gleichzeitig auch der Frachtführer ist. Ist der Schiffseigner auch gleichzeitig der verantwortliche Schiffsführer, haftet er in dieser Eigenschaft auch den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger) nach § 7 Abs. 2, den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung bei allen Dienstverrichtungen für jeden durch die Vernachlässigung der Sorgfalt entstandenen Schaden. Allerdings haftet der Schiffseigner bei Arbeitsunfällen, die zu Personenschäden führen, Besatzungsmitgliedern nur bei Vorsatz, weil bei Arbeitsunfällen die Berufsunfallversicherung eintreten muß (§ 636 RVO). Ferner haftet der Schiffseigner nach § 7 Abs. 2 persönlich, wenn der von ihm bestellte Schiffsführer auf seine Anweisungen Dienstverrichtungen vorgenommen hat und der Schiffseigner bei der Erteilung der Anweisung von dem Sachverhältnis unterrichtet war. Unberührt bleibt durch §3 auch die Haftung aus den §§26, 58, 73, 74 sowie 1 0 aus §431 H G B , soweit der Schiffseigner Frachtführer ist. Schon durch die Ausübung eines Gewerbebetriebes entsteht für Personen, die gewerbsmäßig Güter befördern, aus der Fürsorgepflicht die Haftung für das ihrer Obhut anvertraute Eigentum 13 . Allerdings kann bei außergewöhnlichen Verhältnissen trotz Nichtbeachtung polizeilicher Vorschriften eine Haftung entfallen 14 .
5. Die Schiffsbesatzung a) Die Haftung des Eigners beruht darauf, daß eine Person der Schiffsbesat- 1 1 zung einem Dritten schuldhaft einen Schaden zufügt und dem Dritten gegen dieses Besatzungsmitglied ein Schadensersatzanspruch zusteht. Zur Schiffsbesatzung gehören nach §3 Abs. 2 der Schiffsführer, die Schiffsmannschaft und alle übrigen auf dem Schiff angestellten Personen mit Ausnahme des Zwangslotsen. Es handelt sich also um Personen, die Schiffsdienste an Bord leisten. Die Aufzählung im Gesetz ist nur beispielhaft, was durch den Hinweis auf die übrigen an Bord angestellten Personen in § 3 Abs. 2 zum Ausdruck gekommen ist 15 .
12 13 14 15
RGZ 102, 42; 151, 296; 161, 210. BGHZ 9, 301. BGHZ 1, 99. RGZ 13, 117; 20, 86. 61
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Unter der Schiffsmannschaft ( § 2 1 ) sind nur Personen zu verstehen, die als Arbeitnehmer kraft eines auf eine gewisse Dauer angelegten unmittelbaren Arbeitsverhältnisses in einen arbeitsteiligen O r g a n i s m u s des Schiffsbetriebes und der Bordgemeinschaft eingegliedert sind 1 6 .
13
b) Zur Schiffsbesatzung gehört auch der Vertragslotse kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung, aber nicht der Z w a n g s l o t s e . D a s G e s e t z nimmt den Zwangslotsen aus, weil er kraft obrigkeitlicher Bestimmung dem Schiffseigner aufgezwungen wird. Für Verschulden eines Zwangslotsen haftet dieser selbst. Eine Staatshaftung kann nach den § 839 B G B , Art. 34 G G bestehen, wenn die Verkehrssicherungspflicht auf der betreffenden Wasserstraße öffentlich-rechtlich geordnet ist, w o z u auch die Lotsenpflicht gehören muß 17 . Selbstverständlich hat der Schiffsführer einzugreifen, wenn der Zwangslotse offensichtlich unsachgemäß handelt oder unfähig ist. Greift der Schiffsführer in solchen Fällen nicht ein, haftet der Schiffsführer nach § 823 B G B als Gesamtschuldner neben dem Zwangslotsen. Für das Verschulden des Schiffsführers muß der Schiffseigner nach den §§ 3, 4 einstehen. Der Vertragslotse gehört zur Schiffsbesatzung, nicht aber zur Schiffsmannschaft. E r ist nautischer Berater des Schiffsführers. D e r Schiffsführer kann dem Lotsen die Schiffsführung überlassen, wenn er z. B . für die zu durchfahrende Strecke kein Patent hat. In welchem U m f a n g e der Schiffsführer im übrigen dem Lotsen die Schiffsführung überlassen darf, ist eine Frage des Einzelfalles und obliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen. Stets aber hat der Schiffsführer den Lotsen zu überwachen und alle erforderlichen Maßnahmen zur Schiffssicherheit und zur Beachtung der schiffahrtspolizeilichen Vorschriften vorzunehmen. Erforderlichenfalls muß der Schiffsführer eingreifen. Grundsätzlich wird der Verantwortungsbereich eines Schiffsführers durch die Annahme eines Lotsen nicht eingeschränkt. Begeht der Schiffsführer aber einen Fehler, weil ihn der L o t s e falsch berät und es pflichtwidrig unterlassen hat, ihn auf eine schwierige Stelle hinzuweisen und die in diesem Zusammenhang zu treffenden Maßnahmen zu empfehlen, so ist das Verhalten entschuldigt, sofern er die fehlerhafte H a n d lungsweise des Lotsen nicht erkennen konnte 1 8 .
14
Für schuldhafte verfehlte S c h i f f s f ü h r u n g des Lotsen haftet der Schiffseigner, weil der Vertragslotse zur Schiffsbesatzung gehört 1 9 . Für das nautische Verschulden eines Vertragslotsen, der bei einem von zwei aneinandergemeerten Schiffen die Ruderführung übernommen hat, ist der Eigner dieses Schiffes dem anderen Schiffseigner gegenüber jedenfalls bis zur Hälfte des entstandenen Schadens ver-
16 17 18 19 62
B G H Z 3, 34. RGZ 105, 99; B G H VRS 1961, 194. B G H NJW 1973, 1327 = VersR 1973, 814. RGZ 126, 87.
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antwortlich. Das gilt auch dann, wenn der Lotse von beiden Schiffsführern gemeinsam beauftragt war 2 0 . c) Es ist nicht erforderlich, daß ein Besatzungsmitglied ständig Schiffsdienste 1 5 leistet 21 . Es genügt, wenn das Besatzungsmitglied vorübergehende Schiffsdienste leistet. So leistet ein Lotse in der Gebirgsstrecke des Rheins auch nur in diesem Teil des Reviers Schiffsdienste. Auch wenn schiffahrtskundige Personen als selbständige Gewerbetreibende Schiffsdienste leisten, können sie Besatzungsmitglied sein, wenn sie aufgrund eines unmittelbaren Dienstverhältnisses in den arbeitsteiligen Organismus des Schiffsbetriebes und der Bordgemeinschaft eingegliedert werden. Eine solche Eingliederung ist anzunehmen, wenn das betreffende Besatzungsmitglied bei seiner Tätigkeit die Weisungen der verantwortlichen Personen der Schiffsbesatzung zu befolgen hat. Es ist auch unerheblich, ob die vorübergehend beschäftigten Personen auf dem Schiff oder an Land tätig sind. Wesentlich ist nur die Leistung v o n Schiffsdiensten, z. B. die Tätigkeit beim Laden oder Löschen eines Schiffes oder beim Festmachen. Nicht zur Schiffsbesatzung gehören die auf Personenbooten tätigen Stewards und Musiker, die zur persönlichen Bedienung und Unterhaltung der Fahrgäste bestimmt sind. Gehören bei einem Schubverband das schiebende Fahrzeug und die Leichter 1 6 demselben Eigentümer, so haftet dieser für ein nautisches Verschulden des Schiffsführers des schiebenden Fahrzeugs auch mit den Leichtern 22 . Der Eigner eines Schubleichters haftet hingegen nicht für Schäden Dritter aus dem nautischen Verschulden der Besatzung des Schubbootes, dessen Eigner nicht er, sondern ein anderer ist 23 . Soweit Dritte nicht vom Schiffseigner oder vom Schiffsführer, sondern vom Absender oder Empfänger angestellt worden sind, gehören sie nicht zur Schiffs-
20 B G H VersR 1967, 469. Zum Entgelt des Lotsen vgl. B N 1981, S. 597 f. und A G Mannheim Z f B 1983, 290. 21 R G Z 13, 117. 22 B G H Z 70, 127 = N J W 1978, 886 = L M N r . 10 §§3, 4 BSchG. 23 B G H Z 88, 309 = N J W 1984, 238 = L M N r . 18 zu §§3, 4 BSchG. Zum Schadensersatzanspruch des Werkunternehmers bei Beschädigung einer im Bau befindlichen Uferwand durch Verschulden der Besatzung eines Schiffes vgl. B G H N J W 1984, 2569 = L M N r . 19 zu § 3 B S c h G . Zur Haftung des Eigners eines Schiffes gegenüber dem Eigentümer eines längsseits gekuppelten zweiten Schiffes, dessen Schiffsführer aus Gefälligkeit den Schiffsführer des ersten Schiffes am Ruder dieses Fahrzeugs vorübergehend abgelöst und dort durch die Unterlassung gebotener Schallzeichen die Beschädigung des zweiten Schiffes infolge eines Schiffszusammenstoßes mitverschuldet hat, vgl. B G H VersR 1979, 570. Zur Haftung von Schiffseigner und Schiffsführer für die Grundberührung eines in zu dichtem Abstand passierenden anderen Schiffes in einem engen Hafen vgl. O L G H a m b u r g VersR 1979, 666.
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§3
1. Abschnitt. Schiffseigner
besatzung. D i e Stauervize eines selbständigen Stauereiunternehmens gehören nicht zur Schiffsbesatzung 2 4 .
6. Das Verschulden in Erfüllung von Dienstverrichtungen 17
a) D i e H a f t u n g des Schiffseigners setzt ein schadensursächliches Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (§ 3 A b s . 2) voraus. D a s Verschulden umfaßt Vorsatz und Fahrlässigkeit. D e r Anwendungsbereich des § 3 erstreckt sich auf alle Ansprüche aus Vertrag, unerlaubter Handlung und sonstigen Haftungsgründen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden. D a s schuldhafte Verhalten kann sich sowohl auf die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes ( § § 7 f f . ) , des B G B ( § § 8 2 3 , 826, 904 B G B ) , auf G e s c h ä f t s f ü h r u n g o h n e A u f t r a g oder auf sonstige Vorschriften (z. B . das W H G ) beziehen.
18
D e r Fahrlässigkeitsbegriff entspricht dem der allgemeinen Vorschriften (§ 276 B G B ) . Fahrlässig handelt, wer die verkehrsübliche Sorgfalt außer acht läßt. D e r Maßstab ist also ein objektiver. E s ist die Sorgfalt einzuhalten, die ein besonnener und gewissenhafter Angehöriger der in Betracht k o m m e n d e n Verkehrskreise anwendet ( B G H VersR 1968 3 9 5 ; B G H N J W 1972, 150; B G H L M N r . 2 zu § 2 7 6 B G B ) . I m Bereich der Binnenschiffahrt k o m m t es daher auf die Sorgfalt eines ordentlichen F r a c h t f ü h r e r s , Schiffseigners oder Schiffsführers an. Ü b u n gen in der Schiffahrt räumen den Vorwurf einer Fahrlässigkeit nicht aus, wenn die Ü b u n g tatsächlich eine Unsitte oder einen Mißbrauch darstellt 2 5 . Gesetzesverstöße sind unter keinen U m s t ä n d e n durch Ü b u n g der Schiffahrt gerechtfertigtGrundsätzlich hat ein Schiffsführer alle V o r s i c h t s m a ß n a h m e n zu treffen, die die allgemeine Sorgfalt und die berufliche Ü b u n g gebieten. D i e Anforderungen an Vorsichtsmaßnahmen werden gesteigert, je größer die Gefahr ist, der begegnet werden soll 2 6 .
19
D i e Fahrlässigkeit kann ihrem Inhalt nach bewußt oder unbewußt sein. B e w u ß t e Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Schädiger die Möglichkeit eines Schadenseintritts vorausgesehen hat. H ä t t e der Schädiger den Schadenseintritt erkennen oder voraussehen müssen, liegt unbewußte Fahrlässigkeit vor. Fahrlässig handelt der Schädiger in beiden Fällen dann, wenn er bei pflichtgemäß e m und zumutbarem Verhalten den Schaden vermieden hätte. Hingegen ist Fahrlässigkeit zu verneinen, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Schadens so gering zu veranschlagen war, daß auch ein besonders sorgfältiges Besatzungsmitglied sich in der konkreten Situation nicht anders verhalten hätte. In allen Fällen ist eine H a f t u n g für Fahrlässigkeit nur bei objektiver Pflichtwidrigkeit anzunehmen. 24 BGH NJW 1958, 220. 25 BGH VersR 1971, 1881. 26 RGZ 147, 356; BGH VRS 1954, 287; 1961, 437. 64
Haftung des Schiffseigners
§3
b) D a s rechts- oder pflichtwidrige Verhalten kann in einem Tun oder Unter- 2 0 lassen bestehen, wenn eine Pflicht z u m Handeln besteht. Auch Verkehrsvorschriften aller Art sind einzuhalten. Ein Verstoß gegen derartige Vorschriften stellt grundsätzlich ein Verschulden dar 27 . N i e m a n d kann sich darauf berufen, daß Verstöße gegen Verkehrsvorschriften stillschweigend geduldet werden. J e der Schiffsführer hat eine selbständige Verantwortung und muß den Erfordernissen des Verkehrs und der zur Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs getroffenen Vorschriften gerecht werden. D i e Schiffsbesatzung hat sich bei der Einhaltung der ihr obliegenden Sorgfalt an der allgemeinen Ü b u n g der beteiligten Verkehrskreise und den sich daraus ergebenden Anforderungen zu orientieren. So muß in einem belebten Hafen ein beladenes Schiff ständig bewacht werden 2 8 . Ein leeres Schiff bedarf jedoch keiner Bewachung, wenn es an einem sicheren Platz in einem H a f e n stilliegt, w o keine besonderen Gefahren vermutet werden können. A u c h die Mißachtung von Anweisungen der Ladungsbeteiligten sowie die Verletzung der O b h u t s - u n d F ü r s o r g e p f l i c h t kann als Verschulden angesehen werden, wenn hierauf Ladungsschäden beruhen. c) D a s Verschulden der Besatzungsmitglieder kann sich auf die Verletzung 2 1 von Dienstobliegenheiten beziehen, die an sich nicht die Erfüllung der Vertragspflichten des Schiffseigners betreffen ( z . B . § § 9 1 , 99). Hierunter fallen alle auf n a u t i s c h e m Verschulden beruhenden Unfälle, z . B . Schiffskollisionen ( § 9 2 b ) , Fernschädigungen (§ 92 A b s . 2, 92 b) oder die Anfahrung von Brücken, Schleusen oder Anlagen aller Art (§§ 823, 826 B G B ) . Darüberhinaus besteht nach § 823 B G B die Pflicht zur allgemeinen Verkehrssicherung, die sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt. Wer eine Gefahrenlage schafft, hat alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Sicherung Dritter vorzunehmen, um Schäden aller Art auszuschließen. D i e V e r k e h r s s i c h e r u n g s p f l i c h t kann auch zu den Erfüllungspflichten gehören, z. B. die L a d u n g s f ü r s o r g e und die Pflicht zur g e h ö rigen B e m a n n u n g u n d A u s r ü s t u n g des Schiffes. Z u den Dienstobliegenheiten der Besatzung eines Personenbootes gehört es, die Einrichtungen des Schiffes ständig zu überwachen und alle Maßnahmen zu treffen, die zur sicheren Personenbeförderung geboten sind 2 9 . Bei Schwarzfahrten eines im Dienst befindlichen Schiffsmanns ist der Schiffseigner für den Schaden verantwortlich, der dem Eigner eines anderen Schiffes entstanden ist 3 0 . d) D i e H a f t u n g des Schiffseigners nach § 3 setzt die konkrete Feststellung des 2 2 Verschuldens eines Besatzungsmitglieds voraus. Beruht das schadensursächliche
27 28 29 30
RGZ 67, 50. O L G Hamburg, ZfB 1938, 269. R G Z 126, 329. B G H Z 50, 238 = LM Nr. 7 zu §3 BSchG. 65
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1. Abschnitt. Schiffseigner
Verhalten des Besatzungsmitglieds nicht auf einem Verschulden, entfällt die H a f tung. D a s trifft auch in den Fällen der §§ 827, 828 B G B zu. Ist die Klage gegen das Besatzungsmitglied rechtskräftig abgewiesen worden, entfällt auch die H a f t u n g des Schiffseigners. 23
e) D i e H a f t u n g des Schiffseigners erstreckt sich nicht auf schadensursächliches Verhalten der Schiffsbesatzung außerhalb der Schiffsdienste oder bei Gelegenheit von Dienstverrichtungen 3 1 . Benutzen Besatzungsmitglieder einen am U f e r stillliegenden Kahn, u m zu ihrem Schiff zu gelangen, sind die hierdurch an dem Kahn entstandenen Schäden nicht dem Verantwortungsbereich des Schiffseigners zuzurechnen. A u c h wenn ein Schiffsmann heimlich die Steuereinrichtung betätigt und dadurch einem anderen Schiff Schaden zufügt, ist dafür der Schiffseigner nicht verantwortlich. Schießt ein Besatzungsmitglied auf andere Schiffe oder wird in drohender Absicht ein Gewehr auf einen anderen Schiffsführer angelegt und entsteht dadurch Schaden, braucht der Schiffseigner für diese außerhalb des Schiffsbetriebes liegenden unerlaubten Handlungen nicht einzustehen. Zu den D i e n s t v e r r i c h t u n g e n und zum Arbeitsgebiet der Schiffsbesatzung gehören nur die mit der Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt unmittelbar zusammenhängenden Tätigkeiten wie An- und Ablegen, Staken, Steuern, Verladen, Beladen, Entlöschen, Reinigen des Schiffes, Kontrolle der Beleuchtung, Ü b e r w a c h u n g aller technischen Anlagen, A b g a b e der vorgeschriebenen akustischen Zeichen, die vorgeschriebenen Meldungen über Sprechfunk bei der Radarschiffahrt, sowie die Beachtung aller gesetzlichen Verpflichtungen (§§ 7, 91, 99).
24
E s ist nicht erforderlich, daß das Besatzungsmitglied zu einer Tätigkeit besonders bestellt ist. Ausreichend ist die Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsgebietes der Binnenschiffahrt. Die Tätigkeit muß mit der Benutzung des Schiffes z u m Erwerb durch die Binnenschiffahrt in einer unmittelbaren Beziehung stehen. Hierhin kann auch die Schwarzfahrt gehören 3 2 .
25
f) Eine H a f t u n g für schadensursächliches Verhalten Dritter kann in entsprechender A n w e n d u n g der §§ 3, 4, 92-92 f., 114 möglich sein, wenn die Gleichheit der Interessenlage es erfordert, dem Geschädigten Rechtsschutz zu gewähren. Führt ein Schiffsführer ein Schiff aus Gefälligkeit und fügt er hierbei einem Dritten einen Schaden zu, haftet hierfür der Schiffseigner in entsprechender A n w e n d u n g der §§ 3, 4, 14 3 3 . So kann bei Arbeiten, die typische S c h i f f s g e f a h r e n abwenden sollen, eine Ersatzpflicht bei schuldhaftem Verhalten angenommen werden, z. B. wenn beladene Schiffe nicht durch Angehörige der eigenen Schiffsbesatzung, sondern durch Arbeitnehmer eines selbständigen Gewerbebetriebes bewacht werden und hierdurch schuldhaft Schäden herbeigeführt werden 3 4 .
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RGZ 13, 118. RGZ 111, 37; O L G Köln Urt. vom 8. 11. 1959 - 3 U 51/57-, B G H Z 57, 309 = NJW 1972, 538 = LM Nr. 1 zu § 1 BSchG. RGZ 111, 37; 126, 35; B G H Z 3, 34.
Haftung des Schiffseigners
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Eine entsprechende Anwendung der §§ 3, 4 ist auch im Falle von Notstandsm a ß n a h m e n nach § 904 B G B geboten 3 5 . Mußte die unbeschädigt gebliebene Ladung eines bei einer Kollision beschädigten Schiffes zum Weitertransport übergeschlagen werden, so steht den Ladungseigentümern wegen der ihnen hierdurch entstandenen Kosten kein Schadensersatzsanspruch gegen den Schiffsführer oder den Eigner des anderen Fahrzeugs zu, das den Unfall verschuldet hat 3 6 .
7. Der geschädigte Dritte Geschädigter kann nur ein Dritter sein, also nicht das schuldige Besatzungs- 2 6 mitglied oder der Schiffseigner selbst 37 . Der geschädigte Dritte braucht sich nicht auf dem Schiff befunden zu haben. Dritte können auch Mitglieder der eigenen Schiffsbesatzung sein. Insoweit greift aber die Haftungsbeschränkung nach § 636 R V O ein. Geschädigter kann auch ein Fahrgast (§ 4 a) oder ein Ladungsbeteiligter (§ 7 Abs. 2) sein. Bei dem Schaden kann es sich um Personen-, Sach- und Vermögensschaden handeln. In den Fällen des § 847 B G B kann auch der Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt werden. 3 8
8. Der Umfang der Haftung a) D e r Umfang der Schiffseignerhaftung ist in § 4 geregelt. N a c h § 4 Abs. 1 2 7 N r . 3 haftet der Schiffseigner aus einem Verschulden der Schiffsbesatzung nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht. D e r Anspruch des Geschädigten ist mit einem Schiffsgläubigerrecht nach § 102 N r . 5 Abs. 2 ausgestattet. Sendet der Schiffseigner in Kenntnis der Forderung eines Schiffsgläubigers sein Schiff zu einer neuen Reise aus, wird seine Haftung nach § 114 zu einer beschränkt persönlichen H a f t u n g 3 9 . b) Neben dem Schiffseigner haften schuldige Besatzungsmitglieder bei Sach- 2 8 Schäden nach den § § 8 2 3 , 249 B G B , 7 f f . als Gesamtschuldner nach § 8 3 0 B G B . Mehrere Schiffseigner haften jedoch nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur nach Maßgabe der jeweils geringsten Quote 4 0 .
35 36 37 38
B G H Z 6, 103. B G H L M N r . 14 zu § § 3 , 4, 78 BSchG. R G Z 45, 55. Zur Drittschadensliquidation bei einem Versendungskauf, wenn die Sache während eines Binnenschiffstransports beschädigt wird und der Käufer als Ladungsempfänger seinen Schaden gegen den Schiffsführer nach § 7 und gegen den Schiffseigner nach den § § 3 , 4, 114 selbst geltend macht, vgl. B G H VersR 1979, 906. 39 Vgl. dazu Rdn. 3 ff zu § 114. 40 B G H VersR 1959, 6 0 8 ; B G H L M N r . 13 zu § 92 BSchG. Vgl. dazu unten § 92 c, Rdn. 4, 6.
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1. Abschnitt. Schiffseigner
Bei P e r s o n e n s c h ä d e n haften mehrere Schiffseigner als Gesamtschuldner neben dem schuldigen Besatzungsmitglied ( § 9 2 c A b s . 2). 4 1 29
Das Besatzungsmitglied hat aus gefahrgeneigter Arbeit einen a r b e i t s r e c h t l i c h e n F r e i s t e l l u n g s a n s p r u c h gegen den Schiffseigner als Arbeitgeber, wenn die schädigende Handlung nicht auf Vorsatz beruht. D e r arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch steht einem Schiffsführer auch dann zu, wenn er vermögenslos ist und sich deshalb der geschädigte D r i t t e nicht aus seinem Vermögen befriedigen kann. Dieser Anspruch entfällt auch nicht deshalb, weil der Schiffseigner eine H a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g abgeschlossen hat. D e r Freistellungsanspruch umfaßt auch die P r o z e ß k o s t e n des Schiffsführers aus einem Streit mit dem D r i t t e n 4 2 . D i e Beschränkung der H a f t u n g und ein etwaiger arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch berühren nicht die unbeschränkte H a f t u n g des Schiffsführers gegenüber einem D r i t t e n , dessen Schiff durch einen von diesem Schiffsführer verschuldeten Z u s a m m e n s t o ß beschädigt worden ist 4 3 .
30
H a t sich der Frachtführer in Verlade- und Transportbedingungen von nautischem Verschulden freigezeichnet, sind die Besatzungsmitglieder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt eines V e r t r a g e s m i t S c h u t z w i r k u n g z u g u n s t e n D r i t t e r in die Freizeichnung einbezogen.
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c) D e r Schiffseigner kann Geschädigten ein m i t w i r k e n d e s Verschulden nach § 2 5 4 B G B entgegenhalten, das zur Minderung oder A u f h e b u n g der Haftung führen kann 4 4 . I m Falle von Kollisionen oder Fernschädigungen stellt § 92 c gegenüber § 2 5 4 B G B eine Sonderregel dar. Maßgebend ist der Grad des Verschuldens, nicht der Mitverursachung. I m R a h m e n des § 92 c m u ß jedes Verschulden berücksichtigt werden. 4 5 D e r Schiffseigner m u ß sich auch ein Verschulden der eigenen Schiffsbesatzung entweder im R a h m e n des § 92 c oder nach § 2 5 4 B G B schadensmindernd entgegenhalten lassen; denn nach § 3 haftet der Schiffseigner o h n e die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises für den Schaden. D i e gleiche H a f t u n g tritt ein, wenn ihm der Schaden von einem anderen oder der eigenen Schiffsbesatzung zugefügt wird 4 6 .
41 42 43 44 45 46 68
Vgl. dazu unten § 9 2 c Rdn. 11. BGHZ 66, 1 = NJW 1976, 1402 = LM Nr. 13 zu § 4 BSchG. BGHZ 41, 203 = NJW 1964, 1272 = LM Nr. 8 zu §§4, 92 BSchG. BGH LM Nr. 1 zu RhSchPVO 1954. Vgl. wegen der Einzelheiten § 9 2 c Anm. 3 a, b. RGZ 55, 316; 85, 372.
Haftung des Schiffseigners
§3
9. Haftungsbeschränkungen und Freizeichnungen § 3 ist nicht zwingenden Rechts. D u r c h allgemeine Geschäftsbedingungen 3 2 kann die H a f t u n g des Schiffseigners beschränkt werden. Möglich ist auch im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben im redlichen Verkehr (§242 B G B ) eine allgemeine Freizeichnung von einer H a f t u n g . In Verlade- und Transportbedingungen sowie in Konnossementsbedingungen wird vielfach ein allgemeiner A u s s c h l u ß von jeder H a f t u n g des Frachtführers vereinbart. Soweit nicht die Freizeichnung sogenannte Kardinalpflichten des Frachtführers betrifft ( § 9 A b s . 2 N r . 1 A G B G ) , z. B . die Freizeichnung von der Fahr- und Ladetüchtigkeit eines Schiffes, sind derartige Freizeichnungen, auch von nautischem Verschulden, zulässig. A l l g e m e i n e G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n jeder Art unterliegen der Inhaltskontrolle durch die Gerichte im Rahmen der Vorschriften des A G B - G e s e t z e s . D i e Freizeichnung darf nicht unter A u s n u t z u n g einer M o n o p o l s t e l l u n g erfolgen. Unzulässig sind z. B. Freizeichnungen von grundlegenden Mängeln der eigenen betrieblichen Organisation 4 7 , von der Einhaltung der Pflicht, die Frachtgüter nur an den legitimierten Inhaber des Konnossements oder des Ladescheins auszuliefern 4 8 . D e r Frachtführer kann in allgemeinen Geschäftsbedingungen den in § 6 7 3 3 A b s . 1 Satz 1 W G vorgesehenen U b e r g a n g der gegen ihn wegen Beschädigung der Güter gerichteten Schadensersatzansprüche auf den (Transport-)Versicherer nicht wirksam ausschließen 4 9 . D e r Frachtführer kann in seinen allgemeinen G e schäftsbedingungen auch nicht wirksam bestimmen, daß Ansprüche des E m p fängers aus einer beschädigten L a d u n g nur mit seinem Einverständnis auf den Versicherer übertragen werden können 5 0 . D i e H a f t u n g für Fahr- und Ladetätigkeit kann nicht wirksam ausgeschlossen werden 5 1 . D a s gilt auch für den Fall leichten Verschuldens der Schiffsbesat52
zung . Hingegen kann sich der Frachtführer von der H a f t u n g für Ladungsschäden, die nicht auf einer anfänglichen Fahr- oder Ladeuntüchtigkeit beruhen, auch insoweit wirksam freizeichnen, als die Schäden durch ein grob fahrlässiges Verhalten verursacht worden sind 5 3 . D i e Klausel in K o n n o s s e m e n t s b e d i n g u n g e n eines Frachtführers, daß der A n -
47 48 49 50 51
B G H NJW 1973, 2154. B G H VersR 1974, 590. B G H Z 65, 364 = NJW 1976, 672 = LM Nr. 8 zu §§7, 8 BSchG. B G H Z 82, 162 = NJW 1981, 992 = LM Nr. 10 zu §§7, 8, 58 BSchG. B G H Z 49, 356 = NJW 1968, 1567 = LM Nr. 2 zu §8 BSchG und LM Nr. 3 zu §8 BSchG. 52 B G H LM Nr. 2 zu §§26, 58 BSchG. 53 B G H NJW 1973, 2107 = LM Nr. 3 zu §§26, 58 BSchG. 69
§3
1. Abschnitt. Schiffseigner
Spruch wegen Verlustes oder Beschädigung der Güter erlischt, sofern er nicht innerhalb von drei Monaten geltend gemacht wird, ist unwirksam. Unwirksam ist auch eine Bedingung, welche die Haftung des Frachtführers für Schäden aus einer anfänglichen Fahr- oder Ladeuntüchtigkeit auf einen bestimmten Betrag begrenzt 54 . 34
Ist die Freizeichnung wirksam vereinbart, hat die Freizeichnung den Charakter eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten des Unterfrachtführers und der Besatzungsmitglieder. Ein in Belgien wohnender Schiffseigner, der sein Schiff an eine holländische Firma für einen nach Deutschland durchzuführenden Transport vermietet hat, kann sich bei einem Unfall des Schiffes in deutschen Gewässern nicht ohne nähere Darlegungen auf die Freizeichnungsklausel der Verlade- und Transportbedingungen für außerhalb der Niederlande begangene unerlaubte Handlungen berufen 55 . Die Bestimmung des Schubabkommens 1970 schließen den Anspruch eines Leichtereigners auf Ersatz der Kosten für die Bergung seines durch Verschulden der Besatzung des Schubbootes gesunkenen Fahrzeugs nicht aus 56 .
10. D i e Beweislast 35 a) Grundsätzlich hat der Geschädigte im Rechtsstreit das konkrete schadensursächliche Verschulden eines Besatzungsmitglieds im Falle des Bestreitens zu beweisen. Der Kläger hat alle anspruchsbegründenden, der Beklagte hat alle anspruchsvernichtenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen. Dem Schädiger obliegt die Beweislast für ein Mitverschulden des Geschädigten, jedoch muß der Geschädigte unter Umständen den Anschein eines Mitverschuldens widerlegen57. Dem Beweisführer können die Regeln des Anscheinsbeweises zu Hilfe kommen. Wenn ein bestimmter unstreitiger oder bewiesener Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung in typischer Weise einen bestimmten Schaden zur Folge hat (Anknüpfungstatbestand), spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Handelnden. Der Geschädigte muß den für einen typischen Geschehensablauf sprechenden Sachverhalt oder einen typischen Erfolg, der auf eine bestimmte Schadensursache hinweist, beweisen und darlegen, weshalb der typische Geschehensablauf oder ein Ereignis ernstlich als Schadensursache in Betracht zu ziehen ist58. Der Schädiger kann den Anscheinsbeweis erschüttern, indem er die Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs behauptet und beweist. 54 55 56 57 58
70
B G H Z 71, 167 = NJW 1978, 1314 = LM Nr. 6 zu §58 BSchG. B G H VersR 1967, 798. O L G Köln ZfB 1989, 183. B G H N J W 1979, 2142. B G H NJW 1976, 2032.
Haftungsbegrenzung
§4
Der Beweis des ersten Anscheins macht einen Gegenbeweis erforderlich 59 . Erfahrungssätze können als Beweisanzeichen vom Gericht berücksichtigt werden 60 . b) Ausnahmsweise kann der Verdacht eines Verschuldens eines Besatzungs- 3 6 mitglieds ausreichen, wenn nach der Sachlage der Schluß gerechtfertigt ist, daß das Schadensereignis offensichtlich auf dem Verschulden irgendeines Besatzungsmitglieds beruht, dieses Besatzungsmitglied aber nicht konkret feststellbar ist. Es genügt dann der Nachweis, daß irgendein Mitglied der Schiffsbesatzung der Schuldige sein muß.
§4 (1) Der Schiffseigner haftet nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht: 1. wenn der Anspruch auf ein Rechtsgeschäft gegründet wird, welches der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat; 2. wenn der Anspruch auf die Nichterfüllung oder auf die unvollständige oder mangelhafte Erfüllung eines von dem Schiffseigner abgeschlossenen Vertrages gegründet wird, insofern die A u s f ü h r u n g des Vertrages zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört, ohne Unterschied, ob die Nichterfüllung oder die unvollständige oder mangelhafte Erfüllung von einer Person der Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht; 3. wenn der Anspruch auf das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung gegründet wird. (2) D u r c h die vorstehenden Bestimmungen wird die persönliche H a f t u n g des Schiffseigners im Falle eigenen Verschuldens desselben nicht berührt. Der Schiffseigner haftet jedoch, auch wenn er selbst das Schiff führt, f ü r einen durch fehlerhafte F ü h r u n g des Schiffes entstandenen Schaden ausschließlich mit Schiff und Fracht, es sei denn, daß ihm eine bösliche Handlungsweise zur Last fällt. (3) Sind mehrere Schiffe in einem Schleppverband vereinigt, so erstreckt sich die H a f t u n g nur auf dasjenige Schiff, welches den Schaden verursacht hat, und auf die Fracht dieses Schiffes. Der Fracht steht bei Schleppschiffen der Schlepplohn gleich.
59 BGH NJW 1972, 1131. 60 BGH NJW 1961, 777. 71
§4
1. Abschnitt. Schiffseigner Übersicht
1. Allgemeines 2. Der Zweck der beschränkten Haftung 3. Die persönliche und die beschränkte Haftung des Schiffseigners 4. Der Haftungsumfang 5. Die beschränkte Haftung aus Rechtsgeschäften des Schiffsführers 6. Die beschränkte Haftung aus Verträgen des Schiffseigners
Rdn. 1 2 3-6 7-9 10-12
Rdn. 7. Die beschränkte Haftung für Verschulden der Schiffsbesatzung . . . 8. Die beschränkte Haftung für Bergungs- und Hilfskosten 9. Die beschränkte Haftung für Havereibeiträge 10. Die beschränkte Haftung für eigenes nautisches Verschulden 11. Die Beweislast
16-18
18 19 20-26
27-31
13-15
1. Allgemeines 1
§ 4 ist dem § 486 H G B a. F. nachgebildet. Im Seerecht gilt nunmehr eine unbeschränkte, aber durch Einzahlung der Haftungssumme und die Eröffnung des Verteilungsverfahrens beschränkbare Haftung des Reeders (Summenhaftung). Die Haftung des Reeders beruht auf dem Grundsatz, daß derjenige, der in seinem Interesse ein anderen Gefahr bringendes Gewerbe mit Hilfe von ihm angestellten Personen betreibt, auch für den von diesen in seinem Dienst handelnden Personen schuldhaft verursachten Schaden wenigstens mit Schiff und Fracht einstehen muß 1 . Den in § 4 Abs. geregelten Haftungsfragen der Schleppschiffahrt kommt heute keine Bedeutung mehr zu.
2. Der Zweck der beschränkten Haftung 2
Auch nach dem Binnenschiffahrtsgesetz ist die unbeschränkte persönliche Haftung des Schiffseigners die Regel. Der Zweck des § 4 besteht darin, in den in dieser Vorschrift genannten Fällen die Haftung des Schiffseigners auf das seinem Betriebe dienende Schiff zu beschränken. Die beschränkte Haftung ist also die Ausnahme. Ergänzt wird diese beschränkte Haftung durch die Vorschriften über das Pfandrecht der Schiffsgläubiger, über deren Rangordnung und über die Zwangsvollstreckung in Binnenschiffe.
3. Die persönliche und die beschränkte Haftung des Schiffseigners 3
a) Nach § 4 Abs. 2 wird die persönliche Haftung des Schiffseigners für eigenes Verschulden von der Regelung in §4 Abs. 1 nicht berührt. Für eigenes Verschulden haftet der Schiffseigner wie jeder andere Schuldner unbeschränkt persönlich. So haftet der Schiffseigner eines neuen Schiffes unbeschränkt persönlich, wenn er durch unzulängliche Vorbereitung und Durchführung der ersten Reise
1 RGZ 45, 50.
72
Haftungsbegrenzung
§4
zu einem Unfall fahrlässig beiträgt, der durch fehlerhafte Bedienung der Maschinenanlage und der Ankervorrichtungen herbeigeführt wird 2 . b) § 4 enthält eine besondere Qualifikation der H a f t u n g des Schiffseigners in 4 F o r m einer Ausnahme von den sonstigen H a f t u n g s n o r m e n . Diese Vorschrift gilt auch für den Ausrüster. Weitere Haftungsbeschränkungen zugunsten des Schiffseigners finden sich in den § § 9 0 , 100. Voraussetzung der Haftungsbeschränkung nach § 4 ist es, daß das Schiff zur Schiffahrt auf Binnengewässern bestimmt ist und hierzu vom Schiffseigner auch verwendet worden ist (§ 1). D i e b e s c h r ä n k t e H a f t u n g nach § 4 beseitigt nicht die nach anderen Vorschriften eintretende persönliche H a f t u n g des Schiffseigners. So haftet der Schiffseigner nach § 4 A b s . 2 für eigenes Verschulden, nach § 4 a auf Schadensersatz bei der Verletzung oder T ö t u n g eines Reisenden, nach § 5 für die Forderungen der Schiffsbesatzung aus dem Dienstverhältnis, nach § 7 A b s . 3 für Anweisung, nach § 8 A b s . 4 für die Fahrtüchtigkeit des Schiffes, nach § 1 4 für die Kosten des Verklarungsverfahrens, nach § 79 für die Herbeiführung der Gefahr einer großen Haverei und nach § 1 0 9 A b s . 3 für den Ausfall eines Schiffsgläubigers, sowie allgemein für Prozeßzinsen. Darüberhinaus bestimmt das G e s e t z in den Fällen der §§ 109, 1 1 2 - 1 1 5 neben der beschränkten dinglichen H a f t u n g mit Schiff und Fracht auch eine beschränkt persönliche Haftung. Beide Ansprüche stehen nebeneinander und k ö n n e n auch gesondert geltend gemacht werden. Sie haben ein getrenntes Schicksal, insbesondere was die V e r j ä h r u n g angeht 3 . Diese Trennung hat erhebliche Bedeutung. D i e beschränkt-persönliche Haftung ergreift zwar das gesamte Vermögen des Schiffseigners, mit der beschränkten dinglichen H a f t u n g ist aber ein Schiffsgläubigerrecht an Schiff und Fracht verbunden, das einfachen Gläubigern im R a n g e vorgeht. Insbesondere im Insolvenzfall ist daher die beschränkt-dingliche H a f t u n g von hoher Bedeutung. Aufgrund der beschränkt-dinglichen H a f t u n g kann der Gläubiger seine B e - 5 friedigung nur aus Schiff und Fracht suchen und nicht aus dem sonstigen Vermögen des Schiffseigners; denn eine persönliche Verpflichtung, die Schiffsschuld zu bezahlen, tritt nur in den Ausnahmefällen der §§ 1 1 2 - 1 1 5 ein. Will ein Gläubiger eine solche beschränkt-persönliche H a f t u n g geltend machen, müssen die Voraussetzungen dieser persönlichen H a f t u n g vorgetragen werden. Ist ein Schiff bei einem Z u s a m m e n s t o ß mit einem anderen Fahrzeug schädigt worden, so kann der Schiffseigner mit dem Anspruch auf Ersatz Beschädigung des Schiffskaskos nicht gegen die Schadensersatzforderung Eigentümers des anderen Fahrzeugs aufrechnen, wenn und soweit diesem
beder des ein
2 O L G Köln Urt. vom 15. 5. 1964 - 3 U 67/64 3 RGZ 151, 271. 73
§4
1. Abschnitt. Schiffseigner
S c h i f f s g l ä u b i g e r r e c h t an dem Anspruch des Schiffseigners gegen ihn zusteht 4 . 6
c) Prozessual muß die Haftungsbeschränkung des § 4 im Verfahren über den G r u n d des Klageanspruchs festgestellt werden. D a s Gericht muß die beschränktdingliche H a f t u n g von A m t s wegen berücksichtigen und im Urteilstenor zum A u s d r u c k bringen 5 .
4. Der H a f t u n g s u m f a n g 7
a) Gegenstand der beschränkt-dinglichen H a f t u n g ist das S c h i f f s v e r m ö g e n , d. h. das Schiff und die Fracht. E s k o m m t nur das Schiffsvermögen in Betracht, das mit der Durchführung der betreffenden Reise in einem Zusammenhang steht; demnach nur das im Einzelfall verwendete Schiff nebst dem Zubehör und die Fracht, die aus der Reise herrührt, bei der die Forderung zur Entstehung gelangt. E s muß sich um ein Schiff im Sinne von § 1 handeln. Unerheblich ist, ob das Schiff im Schiffsregister eingetragen ist oder nicht. F r a c h t f o r d e r u n g im Sinne des § 4 ist die Bruttofracht. D i e Reise, die ein Schiff im Rahmen eines Frachtvertrages leer z u m Ladeort durchführt, gehört bereits zur Frachtfahrt im Sinne des § 104 A b s . 3 B S c h G 6 . Zur dinglichen und beschränkt persönlichen H a f t u n g des Schiffseigners/ Schiffsführers, dessen Fahrzeug nach einem von ihm selbstverschuldeten Unfall wegen R e p a r a t u r u n w i i r d i g k e i t abgewrackt worden ist, hat der B G H Stellung genommen 7 . b) D i e beschränkt-dingliche H a f t u n g kann sich nur auf das verwendete Schiff beziehen. E s k o m m t also nur ein Schiff des Schiffseigners in Frage, selbst wenn der Schiffseigner ein Schiffahrtsunternehmen mit mehreren Schiffen unterhält. Denn es handelt sich u m eine dingliche H a f t u n g (Sachhaftung) mit dem Schiff, durch dessen Verwendung zur Schiffahrt die Forderung entstanden ist.
8
D e m Schiffseigner selbst kann kein Anspruch aus der beschränkt-dinglichen H a f t u n g gegen sein eigenes Schiff zustehen, weil das Schiffsvermögen ein Teil seines Gesamtvermögens darstellt und begrifflich ein Anspruch in das eigene Vermögen ausgeschlossen ist 8 . D a s Schiffsvermögen stellt keinen selbständigen Vermögensbegriff dar, sondern ist nur eine Zusammenfassung bestimmter Vermögensgegenstände (Schiff, Zubehör und Fracht).
9
c) Z u m Schiff gehört das Z u b e h ö r . D a s folgt aus § 9 7 B G B und 103 A b s . 1, wonach bei der H a f t u n g mit dem Schiff auch das Zubehör haftet. Als Zubehör sind alle den wirtschaftlichen Zwecken des Schiffes dienenden 4 5 6 7 8 74
B G H Z 94, 242 = LM Nr. 21 zu §§4, 113, 115 BSchG. RGZ 67, 355. B G H ZfB 1983, 287. Vgl. B G H Z 94, 242 = LM Nr. 21 zu §§4, 113, 115 BSchG. RGZ 45, 50.
Haftungsbegrenzung
§4
Sachen anzusehen. Wer Eigentümer des Zubehörs ist, ist ohne Bedeutung, weil nach § 3 das verwendete Schiff mit Zubehör ohne eine Einschränkung wie nach §1265 B G B haftet und sich auch das Pfandrecht nach §103 auf das Zubehör erstreckt.
5. Die beschränkte Haftung aus Rechtsgeschäften des Schiffsführers a) Nach § 4 Abs. 1 haftet der Schiffseigner nur mit Schiff und Fracht, wenn ein 1 0 Anspruch auf ein Rechtsgeschäft gestützt wird, das ein Schiffsführer kraft seiner gesetzlichen Befugnisse und nicht aufgrund einer Vollmacht geschlossen hat. Der Schiffsführer ist nach § 15, wenn sich das Schiff weder an seinem Heimatort noch an einem O r t befindet, an dem der Schiffseigner eine Niederlassung hat, aufgrund einer gesetzlichen Vertretungsmacht Dritten gegenüber kraft seiner Anstellung als Schiffsführer befugt, die Frachtforderung einzuziehen sowie für den Schiffseigner alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die die Ausführung der Reise erforderlich machen. Durch derartige Geschäfte kraft gesetzlicher Vertretungsmacht soll der Schiffseigner Dritten gegenüber berechtigt werden. Andererseits soll er den Dritten beschränkt-dinglich haften (§19 Abs. 1). Die beschränkt-dingliche Haftung des Schiffseigners beruht auf der Erwägung, daß der Schiffseigner einerseits an dem Geschäft nicht unmittelbar beteiligt war, er aber andererseits für die ihn im Regelfalle begünstigenden Geschäfte wenigstens mit dem Schiffsvermögen haften soll, da die von dem Schiffsführer abgeschlossenen Geschäfte zur Abwicklung des Betriebes notwendig waren. Der Schiffsführer selbst wird durch den Abschluß von Geschäften kraft seiner 1 1 gesetzlichen Vertretungsmacht den Dritten nicht verpflichtet (§ 19 Abs. 2), es sei denn, daß er eine persönliche Verpflichtung (Erfüllungsübernahme, Garantieversprechen oder eine Bürgschaft) eingegangen ist oder seine Befugnisse überschritten hat. Nach den §§ 15, 19 darf der Schiffsführer seine gesetzliche Vertretungsmacht nicht auf Dritte übertragen. Er darf aber im Einzelfalle Dritte innerhalb seiner gesetzlichen Vertretungsmacht zu seiner Vertretung bevollmächtigten. Der Dritte muß als Bevollmächtigter des Schiffsführers, nicht des Schiffseigners auftreten. N u r die als Vertreter des Schiffsführers abgeschlossenen Geschäfte begründen die Haftung des Schiffseigners nach § 4 Abs. 1 N r . 1. Tritt der Dritte als Bevollmächtigter des Schiffseigners auf, ist er Vertreter ohne Vertretungsmacht und ist dem Geschäftsgegner nach dessen Wahl selbst zur Erfüllung oder zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet. Genehmigt der Schiffseigner das Rechtsgeschäft, wird der Schiffseigner unmittelbar und unbeschränkt persönlich verpflichtet. Die Forderung des Gläubigers aus Geschäften mit dem Schiffsführer im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht gegen den Schiffseigner ist nach §102 N r . 5 mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattet. 75
§4 12
1. Abschnitt. Schiffseigner
b) H a t der Schiffsführer das Rechtsgeschäft als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Schiffseigners innerhalb einer ihm zugestandenen Vertretungsmacht abgeschlossen, ist §4 Abs. 1 N r . 1 unanwendbar. In derartigen Fällen haftet der Schiffseigner nach §164 B G B unbeschränkt persönlich. Es genügt jede Art der Vollmacht, um die beschränkt-dingliche Haftung auszuschließen; denn die beschränkt-dingliche Haftung tritt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nur ein, wenn der Schiffsführer „nicht mit Bezug auf eine Vollmacht" das Geschäft abgeschlossen hat. Handelt der Schiffsführer erkennbar als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Schiffseigners und aufgrund einer vorliegenden Vollmacht, findet § 4 Abs. 1 N r . 1 auch dann keine Anwendung, wenn das abgeschlossene Geschäft auch innerhalb seiner gesetzlichen Befugnisse gelegen hat.
6. Die beschränkte Haftung aus Verträgen des Schiffseigners 13
a) Grundsätzlich haftet der Schiffseigner unbeschränkt für Rechtsgeschäfte, die er entweder selbst abgeschlossen hat oder durch rechtsgeschäftliche Vertreter, zu denen auch der Schiffsführer gehören kann, für sich abschließen läßt. Ausnahmsweise haftet der Schiffseigner nach § 4 Abs. 1 N r . 2 nur beschränktdinglich, wenn es sich um einen Anspruch aus Nichterfüllung oder aus unvollständiger Erfüllung eines Vertrages handelt, sofern dessen Ausführung zu den Dienstobliegenheiten des Schiffsführers gehört. Diese Ansprüche müssen sich also auf Vorkommnisse stützen, die im Dienstbereich des Schiffsführers vorgekommen sind. Hauptsächlich wird das für die Haftung des Schiffseigners bei der Ausführung von Fracht-, Lager-, Miet- und Personenbeförderungsverträgen von Bedeutung sein.
14
b) N a c h dem ausdrücklichen Wortlaut des §4 Abs. 1 N r . 2 kommt es im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 N r . 3 nicht darauf an, ob die Nichterfüllung oder die unvollständige oder mangelhafte Erfüllung von einer Person der Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht. Es ist lediglich erforderlich, daß die Ausführung des Vertrages im Einzelfalle ihrem Gegenstand nach oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften zu den Dienstobliegenheiten des Schiffsführers gehört. Demnach gilt die beschränkt-dingliche Haftung auch bei Ansprüchen aus dem Frachtvert r a g (§§ 58, 62), wenn der Schiffseigner zugleich auch der Frachtführer ist und die Haftung sich auf seine Eigenschaft als Frachtführer stützt 9 . Durch § 58 wird die Haftung aus § 4 Abs. 1 N r . 2 nicht erweitert. Der Schiffseigner haftet aber unbeschränkt persönlich, wenn ihm ein eigenes Verschulden zur Last fällt (§ 4 Abs. 2 Satz 1).
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c) Eine unbeschränkte Haftung des Schiffseigners tritt außer bei eigenem Verschulden (§4 Abs. 2 Satz 1) dann ein, wenn ihm selbst ein Verschulden bei der Auswahl seiner Erfüllungsgehilfen unterläuft, da hierin eine positive Vertragsverletzung liegen kann. 9 R G Z 60, 377.
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Haftungsbegrenzung
§4
Eine unbeschränkte H a f t u n g entsteht auch für Schäden, die darauf beruhen, daß der Schiffseigner den Schiffsführer von einen Teil seiner gesetzlichen Dienstobliegenheit befreit und diese einer nicht zur Schiffsbesatzung gehörenden Person überträgt oder wenn er sich mit einer Pflichtwidrigkeit des Schiffsführers einverstanden erklärt 1 0 . Genehmigt der Schiffseigner Rechtsgeschäfte des Schiffsführers, die dieser in Überschreitung seiner Vertretungsmacht abgeschlossen hat, haftet der Schiffseigner dafür unbeschränkt persönlich (§ 184 A b s . 1 B G B ) .
7. Die beschränkte Haftung für Verschulden der Schiffsbesatzung N a c h § 4 A b s . 1 N r . 3 haftet der Schiffseigner für ein Verschulden der Schiffs- 1 6 besatzung adjektizisch nur mit Schiff und Fracht. Diese adjektizische H a f t u n g beschränkt sich nicht nur auf ein Verschulden der Schiffsbesatzung in A u s f ü h rung ihrer Dienstverrichtungen, weil § 4 A b s . 1 N r . 3 nicht mit § 3 A b s . 1 wortgleich ist und diese Vorschrift auch nicht ausdrücklich bezogen ist. Vielmehr soll jeder Anspruch, gleichviel aus welchem Rechtsgrunde, die beschränkt-dingliche H a f t u n g des Schiffseigners wegen eines Verschuldens der Schiffsbesatzung auslösen. E s k o m m t daher nicht darauf an, ob der A n s p r u c h auf Vertrag (Frachtvertrag), auf Delikt (§§ 823, 826 B G B ) auf die §§ 92-92 f. oder auf die §§ 7 ff. oder 79 A b s . 3 gestützt wird. Voraussetzung der H a f t u n g ist, daß der Schiffseigner aufgrund des Binnenschiffahrtsgesetzes für fremdes Verschulden in Anspruch genommen wird. E s muß sich um ein konkretes, bewiesenes Verschulden eines Besatzungsmitgliedes handeln. Ist die Klage gegen das Besatzungsmitglied bereits abgewiesen worden, entfällt die H a f t u n g des Schiffseigners. D i e Beschränkung der H a f t u n g des Schiffseigners und ein etwaiger arbeits- 1 7 rechtlicher F r e i s t e l l u n g s a n s p r u c h des Schiffsführers gegen den Schiffseigner berühren nicht die unbeschränkte H a f t u n g des Schiffsführers gegenüber einem Dritten, dessen Schiff infolge eines vom Schiffsführer verschuldeten Zusammenstoßes beschädigt worden ist. D e r Freistellungsanspruch ist weder abtretbar noch pfändbar. D i e Freistellung erfolgt nur in H ö h e des pfändbaren Vermögens des Schiffsführers. D e n n der Gläubiger soll durch den Freistellungsanspruch die Haftungsbeschränkung nicht sprengen können 1 1 .
8. Die beschränkte Haftung für Bergungs- und Hilfskosten D e n Schiffseigner trifft keine persönliche Verpflichtung, Bergungs- und Hilfs- 1 8 kosten zu entrichten (§§93, 100). D e r Anspruch der Berger und Helfer beschränkt sich im Falle der Rettung des Schiffes auf die Rechte eines Schiffsgläubigers (§§97, 102 ff.) und im Falle der Rettung von Gütern auf ein Pfandrecht an den geretteten Gütern (§97). 10 RGZ 91, 386. 11 B G H Z 41, 203 = NJW 1964, 1272. 77
§4
1. Abschnitt. Schiffseigner
9. Die beschränkte Haftung bei Havereibeiträgen 19
D e n Schiffseigner trifft im Falle der g r o ß e n H a v e r e i (§ 78) keine persönliche Verpflichtung zur E n t r i c h t u n g der Beiträge zur großen Haverei ( § 9 0 A b s . 1). Das gilt für alle an der Haverei beteiligten V e r g ü t u n g s b e r e c h t i g t e n (§ 89) einschließlich des Schiffseigners. Aus einem Havereifall entsteht nur eine beschränkt dingliche H a f t u n g des Schiffseigners zur E n t r i c h t u n g der Beiträge. D i e Vergütungsberechtigten haben wegen der v o m Schiff zu entrichtenden Beiträge die R e c h t e eines Schiffsgläubigers.
10. Die beschränkte Haftung für eigenes nautisches Verschulden 20
a) A b w e i c h e n d von dem allgemeinen Grundsatz, daß der Schiffseigner für eigenes Verschulden unbeschränkt persönlich haftet (vgl. o b e n A n m . 3) hat das G e s e t z in § 4 A b s . 2 Satz 2 bestimmt, daß der Schiffseigner, der sein Schiff selbst führt, für den durch eine fehlerhafte Schiffsführung entstandenen Schaden nur mit Schiff und Fracht haften soll, es sei denn, daß ihm bösliche H a n d l u n g s w e i s e zur Last fällt. D e r sein Schiff selbst führende Schiffseigner haftet für einen eigenen nautischen Fehler auch dann nur mit Schiff und Fracht, wenn ihm für die zu befahrende Strecke das Patent fehlt und er deshalb vorübergehend die F ü h r u n g des Schiffes einem L o t s e n übertragen hat 1 2 . B e i der beschränkt dinglichen H a f t u n g des § 4 Abs. 2 Satz 2 handelt es sich um ein Privileg des Schiffseigners/Schiffsführers aus sozialen G r ü n d e n als Ausnahme. D e r Z w e c k dieser Ausnahme besteht darin, einen Schiffsführer, der sein eigenes Schiff führt, für nautisches Verschulden bei der Führung des Schiffes nicht strenger haften zu lassen als den Schiffseigner, der sein Schiff einem Dritten als Schiffsführer anvertraut 1 3 .
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D e r A u s r ü s t e r steht dem Schiffseigner gleich. F ü h r t er das Schiff selbst, haftet er bei nautischem Verschulden auch nur beschränkt dinglich. Wenn der Schiffseigner/Schiffsführer nur Miteigentümer oder als Miterbe G e samthänder ist, greift die Ausnahmevorschrift des § 4 A b s . 2 Satz 2 nicht ein 1 4 . Diese Personen haften unbeschränkt persönlich. D e r Miteigentümer eines Binnenschiffs kann aber wie ein Nichteigentümer Ausrüster dieses Schiffes sein. Alsdann steht ihm, wenn er das Fahrzeug selbst führt, die Haftungsbeschränkung des § 4 A b s . 2 Satz 1 zu 1 5 .
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b) D i e Haftungsbeschränkung des Schiffseigners/Schiffsführers bezieht sich nur auf die durch die Schiffsführung entstandenen Schäden. D e r Schaden m u ß auf M a ß n a h m e n beruhen, die bei oder während der Verwendung des Schiffes zur 12 13 14 15 78
BGH VersR 1980, 1067 LM Nr. 18 zu §4 BSchG. RGZ 68, 181. RGZ 68, 180, BGHZ 33, 234 = NJW 1961, 122. BGHZ 62, 320 = NJW 1974, 1332 = LM Nr. 3 zu § 2 BSchG mit Anm. Bauer.
Haftungsbegrenzung
§4
Schiffahrt getroffen worden sind. Diese Maßnahmen können vom Schiffseigner/ Schiffsführer selbst oder auf seine Weisungen hin durch die Schiffsbesatzung vorgenommen worden sein16. Es muß sich um Maßnahmen handeln, die in den nautischen Verantwortungsbereich eines Schiffsführers fallen. Hierzu gehören alle nautischen Manöver. c) Unter die Haftungsbeschränkung des Schiffseigners/Schiffsführers fällt 2 3 nicht ein Verschulden außerhalb der Schiffsführung. So sind Anweisungen des Schiffseigners außerhalb der Schiffsführung oder etwaige Unterlassungen nicht von der persönlichen Haftung durch §4 Abs. 2 Satz 2 ausgenommen17. Auch wenn der Schiffseigner ein ihm nicht gehöriges Schiff führt, findet auf sein nautisches Verschulden § 4 Abs. 2 Satz 2 keine Anwendung. d) §4 Abs. 2 schließt bei nautischem Verschulden als Sondervorschrift eine 2 4 Haftung des Schiffseigners/Schiffsführers aus § 823 B G B nach Grund und Höhe aus. Die Kosten eines Vorprozesses stehen in einem adäquaten Ursachenzusammenhang mit dem Unfallgeschehen18. Die Beschränkung der Haftung gilt nicht für Prozeßzinsen gemäß §§ 246, 292 B G B in Höhe von 4% 1 9 . e) Die Haftungsbeschränkung des § 4 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht für Sportboote. 2 5 Der soziale Aspekt des Gesetzes trifft auf Sportbootfahrer nicht zu. Sportbootfahrer haften für nautisches Verschulden unbeschränkt persönlich20. f) Eine Haftungsbeschränkung entfällt bei böslicher Handlungsweise des 2 6 Schiffseigners/Schiffsführers. Die bösliche Handlungsweise ist ein Unterfall des § 826 B G B . Hier wie dort und in den Fällen der §§ 74, 75 ist unter böslicher Handlungsweise ein vorsätzlich sittenwidriges Verhalten zu verstehen, durch das einem Dritten ein Schaden zugefügt wird. Die Handlung muß vorsätzlich, zumindest bedingt vorsätzlich erfolgen. Fahrlässigkeit, selbst bewußte Fahrlässigkeit, reicht nicht aus. 11. D i e Beweislast Der Geschädigte hat im Rahmen des § 4 die volle Beweislast aller anspruchsbe- 2 7 gründenden Tatsachen. a) Im Falle einer unbeschränkten persönlichen Inanspruchnahme hat der 2 8 Gläubiger das Verschulden des Schiffseigners zu beweisen. Liegt ein Fall der Haftungsbeschränkung vor, ist das von Amts wegen zu berücksichtigen. 16 17 18 19 20
RGZ 72, 174 ; 82, 147. RGZ 68, 180. BGH Urt. vom 15. 2. 1962 - II ZR 87/60 -. RGZ 153, 171; BGH Urt. vom 6. 7. 1961 - II ZR 69/60 -. BGHZ 35, 150 = NJW 1961, 1526; BGH NJW 1974, 1654 = ZfB 1974, 426 = LM Nr. 12 zu §4 BSchG. 79
§ 4a
1. Abschnitt. Schiffseigner
29
b) Behauptet der Gläubiger eine bösliche Handlungsweise des Schiffseigners/ Schiffsführers trifft dafür den Gläubiger die Beweislast.
30
c) Wird der Anspruch des Geschädigten auf §618 B G B gestützt, trifft wegen des Schutzcharakters der Norm die Beweislast den Schiffseigner. Der Schiffseigner kann sich durch den Nachweis entlasten, daß sein Verhalten nicht schadensursächlich war oder daß er nicht schuldhaft gehandelt hat 21 . In derartigen Fällen ist aber zu beachten, daß eine Haftung des Schiffseigners als Arbeitgeber nur bei Vorsatz eintritt, weil durch §636 R V O die Haftung ausgeschlossen ist.
31
d) Schadensersatzansprüche aus Anlaß der Mitnahme fremder Schubleichter durch ein Schubboot unterliegen an sich den allgemeinen Regeln. Haben aber die Beteiligten das sog. Schubabkommen 22 gezeichnet, sind die dort vereinbarten Beweisregeln zu beachten. Nach § 1 dieses Schubabkommens hat der Eigner des Leichters zu beweisen, daß sein Anspruch einen Schaden betrifft, der bei Übernahme der Obhut durch das Schubboot noch nicht vorhanden war23. Der Schubbooteigner hat dann zu beweisen, daß der während der Zugehörigkeit zum Schubverband an dem Leichter entstandene Schaden weder auf seinem Verschulden noch auf dem der Schubbootbesatzung beruht. Der Eigner des Schubbootes haftet für Schäden, die an den Fahrzeugen des Schubverbandes während der Zugehörigkeit zum Schubverband durch mangelnde Fahrtüchtigkeit und unzureichende Ausrüstung des Schubbootes entstehen. Dem Leichtereigner obliegt nach § 2 der Beweis dafür, daß eine angebliche Fahruntüchtigkeit oder eine unzureichende Ausrüstung nicht auf seinem Verschulden beruht. Für Schäden außerhalb der Streckenfahrt haftet der Schubbooteigner für Schäden an den in seine Obhut gegebenen Leichter nach § 3 des Schubbootabkommens, wenn er sich nicht entlastet. Für Schäden, die an einem Leichter entstanden sind, nachdem sich das Schubboot entfernt hatte, trägt der Leichtereigner die Behauptungs- und Beweislast für schadensursächliches Verschulden der Schubbootbesatzung (§ 3 Schubabkommen), jedoch muß der Schubbooteigner die ordnungsgemäße Ablegung des Leichters beweisen.
§4a (1) Für Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der Tötung oder Verletzung von Reisenden, die auf dem Schiff befördert werden, haftet der Schiffseigner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht. Die Haftung ist auf einen Betrag von 150 000 Deutsche Mark multipliziert mit der Zahl der Reisenden, die das Schiff nach dem Schiffszeugnis befördern darf, höchstens jedoch auf 21 RGZ 138, 37; B G H Z 27, 79; Baumgärtel/Korioth, § 4 BSchG Rdn. 3. 22 Abgedruckt bei Bemm/Kortendick RhSchPVO 1970. 23 O L G Köln ZfB 1983, 150.
80
Summenmäßige Haftungsbeschränkung bei Personenschäden
§ 4 8
einen Betrag von 30 Millionen Deutsche Mark beschränkt. Übersteigen die Entschädigungen, die mehreren Reisenden auf Grund desselben Ereignisses zu leisten sind, insgesamt den in Satz 2 bezeichneten Höchstbetrag, so verringern sich die einzelnen Entschädigungen in dem Verhältnis, in dem der Gesamtbetrag zu dem Höchstbetrag steht. Die Beschränkung der Haftung gilt nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die von dem Schiffseigner selbst in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen wurde, daß ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. (2) Werden Ansprüche der in Absatz 1 bezeichneten Art gegen 1. den Charterer oder 2. eine Person der Schiffsbesatzung oder einen an Bord tätigen Lotsen, sofern diese Person den Schaden in Ausführung von Dienstverrichtungen verursacht hat, geltend gemacht, so kann der Schuldner sich auf die Haftungsbeschränkung nach Absatz 1 Satz 2 und 3 berufen; für Ansprüche gegen einen an Bord tätigen Lotsen gilt § 4 8 7 c Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend. Der in Absatz 1 Satz 2 bestimmte Höchstbetrag gilt für die Gesamtheit der Ansprüche, die aus demselben Ereignis gegen den Schiffseigner und die in Satz 1 genannten Personen entstanden sind. Jedoch kann ein Schuldner sich auf die Haftungsbeschränkung nicht berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die von ihm selbst in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen wurde, daß ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Haftung des Schiffseigners bei der Personenbeförderung 3. Die Haftungsbeschränkung . . . . 4. Die unbeschränkte Haftung . . . .
Rdn. 1-2 3 4 5
Rdn. 5. Die Haftung des Charterers, der Personen der Schiffsbesatzung und des Lotsen 6. Besondere Vereinbarungen 7. Die Beweislast
6-8 9 10
1. Allgemeines Durch das Zweite Seerechtsänderungsgesetz vom 25.7.1986 1 ist in Überein- 1 Stimmung mit dem Internationalen Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen vom 19. 11.1976 2 die Haftung des Beförderers und des ausführenden Beförderers von Reisenden und ihres Gepäcks sowohl in der
1 B G B l . I S. 1120. 2 B G B l . 1986 II S. 786. 81
§ 4a
1. Abschnitt. Schiffseigner
Seeschiffahrt als auch in der Binnenschiffahrt neu geregelt worden. Die gesetzliche Grundlage der Haftung ist heute für beide Teilgebiete in § 664 H G B enthalten, dem eine Anlage beigefügt worden ist. Nach § 77 Abs. 1 n. F. ist § 664 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 entsprechend anwendbar. Diese Bezugnahme umfaßt auch die Anlage zu §664 H G B . Damit ist die Haftung für beide Rechtsgebiete weitgehend harmonisiert, wenn auch die Haftungshöchstbeträge anders sind. Reisende werden nunmehr auch in der Binnenschiffahrt in Katastrophenfällen besser abgesichert, da früher der Schiffseigner lediglich mit Schiff und Fracht für Schäden im Falle des Todes oder der Körperverletzung des Reisenden haftete, so daß Geschädigte leer ausgehen konnten, wenn der Schiffswert nach einem Unfall nicht ausreichte, alle Unfallschäden abzudecken. Nach dem Wortlaut des § 4 a haftet nunmehr der Schiffseigner nicht mehr nur mit Schiff und Fracht beschränkt dinglich, sondern summenmäßig beschränkt unmittelbar persönlich. Die Einführung einer Gefährdungshaftung hat der Gesetzgeber vermieden. 2
Hinsichtlich der Haftung für Gepäck des Reisenden weicht das Recht der Binnenschiffahrt vom Seerecht ab. Es bleibt weiterhin bei einer beschränkt dinglichen Haftung des Schiffseigners nach §4. Haftungsgrundlage ist auch für Gepäck § 664 H G B und die Vorschriften der Anlage zu dieser Bestimmung. Wegen der Einzelheiten vgl. § 77.
2. Die Haftung des Schiffseigners bei der Personenbeförderung 3
Der Schiffseigner kann nach Art. 1 der Anlage zu § 664 H G B entweder Beförderer oder ausführender Beförderer sein, je nachdem, ob er der Vertragspartner des Beförderungsvertrages mit dem Reisenden ist, oder ob er nur den Beförderungsvertrag ausführt. Zum Begriff „Beförderer" vgl. § 77. Ist der Schiffseigner Beförderer, haftet er nach den Art. 2, 3 der Anlage für die gesamte Beförderung, auch wenn er die Beförderung selbst entweder nicht oder nicht vollständig ausführt. Der ausführende Beförderer (zum Begriff vgl. § 77) haftet - und zwar insoweit als Gesamtschuldner mit dem Beförderer dem Reisenden - soweit er die Beförderung des Reisenden ausführt. Der Beförderer haftet nach Art. 2 der Anlage für den Schaden, der durch den Tod oder die Körperverletzung eines Reisenden entsteht, wenn das den Schaden verursachende Ereignis während der Beförderung eingetreten ist und auf einem Verschulden des Beförderers oder seiner in Ausübung ihrer Verrichtungen handelnden Bediensteten oder Beauftragten beruht.
3. Die Haftungsbeschränkung 4
In Abweichung von Art. 5 der Anlage zu § 664 H G B regelt § 4 a die Haftungsbeschränkung selbständig. Danach trifft die Haftung den Schiffseigner persönlich. Die Haftung ist auf einen Betrag von 150000,- DM multipliziert mit der Zahl der Reisenden, die das Schiff nach dem Schiffszeugnis (Schiffsattest) beför82
Summenmäßige Haftungsbeschränkung bei Personenschäden
§ 4a
dem darf, höchstens jedoch auf einen Betrag von 30 Millionen D M beschränkt. Ubersteigen die Entschädigungen, die an mehrere Reisende aufgrund desselben Ereignisses zu leisten sind, insgesamt den Betrag von 30 Millionen D M , so verringert sich die einzelne Entschädigung in dem Verhältnis, in dem der Gesamtbetrag aller Schäden zu dem Höchstbetrag steht. Es sind daher alle Schadensforderungen zu addieren. Für jede Forderung ist eine Q u o t e im Verhältnis zu allen Schäden zu bilden. Aufgrund dieser Q u o t e ist jeder Geschädigte am Haftungshöchstbetrag beteiligt.
4. Die unbeschränkte Haftung Wenn der Schaden auf eine Handlung oder ein Unterlassen zurückzuführen 5 ist, die von dem Schiffseigner in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, begangen worden ist, gilt die Beschränkung der Haftung nach § 4 a Abs. 1 Satz 2 nicht. Der Schiffseigner haftet in einem solchen Fall unbeschränkt persönlich. Es handelt sich um einen Unterfall der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 B G B , der bei Vorsatz und bedingtem Vorsatz zu vollem Schadensersatz verpflichtet. In einem solchen Fall besteht kein Bedürfnis für eine Haftungsbeschränkung. Ein Bedürfnis für eine Haftungsbeschränkung ist auch in dem Fall zu verneinen, in dem der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Schiffseigners zurückzuführen ist, die er leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Der Sache nach handelt es sich um bewußte Fahrlässigkeit. Der Schiffseigner vertraut fahrlässig darauf, daß der Schaden nicht eintritt. Die bewußte Fahrlässigkeit unterscheidet sich von dem bedingten Vorsatz dadurch, daß der Handelnde den schädigenden Erfolg nicht billigend in Kauf nimmt.
5. Die Haftung des Charterers, der Personen der Schiffsbesatzung und des Lotsen a) Entsprechend der Regelung in Art. 8 der Anlage können ein Charterer so- 6 wie die Personen der Schiffsbesatzung und ein an Bord tätiger Lotse ihre Haftung entsprechend der des Schiffseigners nach § 4 a Abs. 1 beschränken. Personen der Schiffsbesatzung und der Lotse müssen aber beweisen, daß der Schaden in Ausführungen von Dienstverrichtungen herbeigeführt worden ist. b) Der Haftungshöchstbetrag gilt für die Gesamtheit aller Ansprüche des Rei- 7 senden gegen den Schiffseigner, den Charterer, Personen der Schiffsbesatzung und den Lotsen einheitlich. Durch die Beteiligung mehrerer Schäden erhöht sich der Haftungshöchstbetrag nicht.
83
§5 8
1. Abschnitt. Schiffseigner
c) Auch der Charterer, die Personen der Schiffsbesatzung und der Lotse können sich bei Vorsatz oder bewußter Fahrlässigkeit ebensowenig wie der Schiffseigner auf eine Haftungsbeschränkung berufen 3 .
6. Besondere Vereinbarungen 9
Nach Art. 7 der Anlage zu § 664 H G B können Beförderer und Reisende höhere Haftungshöchstbeträge über den Rahmen des § 4 a hinaus vereinbaren. Eine derartige Vereinbarung muß ausdrücklich und schriftlich geschehen. Die Unterschrift muß gemäß §§ 126, 127 B G B von beiden Beteiligten auf derselben Urkunde erfolgen. Nach § 127 Satz 2 B G B genügt jedoch ein Briefwechsel. Ist die Schriftform eingehalten worden, ist ein späterer Verlust der Urkunde unschädlieh. Alle Vereinbarungen vor dem Eintritt des Ereignisses, das den Tod oder die Körperverletzung des Reisenden verursacht hat, durch die die Haftung des Beförderers über das Gesetz hinaus beschränkt oder die Beweislast geändert wird, sind nichtig. Von der Nichtigkeit einer solchen Vereinbarung wird aber der Beförderungsvertrag im übrigen nicht berührt.
7. Die Beweislast 10
Nach Art. 2 der Anlage trägt der Reisende die Beweislast dafür, daß das den Schaden verursachende Ereignis während der Beförderung eingetreten ist. J e nach den Umständen kann ihm der Beweis des ersten Anscheins helfen. Ferner hat der Reisende die Höhe seines Schadens zu beweisen.
§5 Für die den Personen der Schiffsbesatzung aus dem Dienstverhältnis zustehenden Forderungen haftet der Schiffseigner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Zweck des § 5 3. Dienstforderungen der Schiffsbesatzung
3 Vgl. oben Rdn. 5. 84
Rdn. 1-2 3 4-5
Rdn. 4. Die Haftung des Schiffseigners für Dienstforderungen 5. Die gerichtliche Zuständigkeit . . . 6. Die Beweislast
6-7 8 9
Haftung für Forderungen der Schiffsbesatzung
§5
1. Allgemeines § 5 stellt gegenüber den sonstigen Haftungsvorschriften eine Ausnahme dar. 1 Es stellt keine Besonderheit dar, daß der Schiffseigner für eine Forderung unbeschränkt persönlich mit seinem ganzen Vermögen einzustehen hat; dies ist vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen die Regel. An keiner sonstigen Stelle des Gesetzes gibt es aber eine Haftung mit einem dem § 5 vergleichbaren Umfange. N u r für die Forderungen der Schiffsbesatzung aus dem Dienstverhältnis haftet der Schiffseigner zusätzlich auch noch mit Schiff und Fracht. Auch wenn das Schiffsvermögen (Schiff nebst Zubehör und die Fracht) an sich ein Teil des Gesamtvermögens des Schiffseigners darstellt, bedeutet die Ausstattung der Forderungen aus dem Dienstverhältnis mit einem Schiffsgläubigerrecht eine zusätzliche Sicherheit, weil damit der Vorrang vor anderen Forderungen bei der Zwangsvollstreckung in diesen Teil des Vermögens, der zur Schiffahrt verwendet worden ist oder der von der Schiffsbesatzung miterarbeitet worden ist, bestimmt wird. Bei der Konkurrenz mit anderen Gläubigern, insbesondere im Insolvenzfall, kann die dingliche Haftung zu einer Befriedigung der Forderungen der Schiffsbesatzung führen. Im Seerecht fehlt eine § 5 entsprechende Vorschrift. Dort folgt die unmittel- 2 bare persönliche Haftung des Reeders für H e u e r f o r d e r u n g e n aus dem Heuerverhältnis. N u r die Heuerforderung als solche (§30 SeemG) ist mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattet (§ 754 Abs. 1 N r . 1 H G B ) . Dieses Schiffsgläubigerrecht bezieht sich nur auf das Schiff nebst Zubehör, nicht aber auf die Fracht. Insoweit besteht im Seerecht ein erheblicher Unterschied zum Binnenschiffahrtsrecht. Im Binnenschiffahrtsrecht besteht ein Schiffsgläubigerrecht für Forderungen aus den Dienstverträgen der Schiffsbesatzung mit Begrenzung für die Vergangenheit (§ 102 N r . 2). Das Schiffsgläubigerrecht erstreckt sich nach § 104 Abs. 2 auf die Bruttofracht der Reisen, die unter den Dienstvertrag fallen.
2. Der Zweck des § 5 Der Zweck des § 5 besteht darin, Dienstforderungen aus sozialen Gründen zu 3 privilegieren. Hierzu werden diese Forderungen mit einer besonderen Sicherung, einem Schiffsgläubigerrecht, ausgestattet. Diese Privilegierung bezweckt den Schutz der Arbeitnehmer. Das Schiffsgläubigerrecht der Schiffsbesatzung geht über das der in § 102 genannten sonstigen Schiffsgläubiger hinaus. Nach § 104 Abs. 1 erstreckt sich das Schiffsgläubigerrecht in allen sonstigen Fällen auf die Bruttofracht aus der Frachtreise, aus welcher die Forderung entstanden ist. Abweichend dazu bestimmt § 104 Abs. 2 für die in § 102 N r . 2 aufgeführten Forderungen der Schiffsbesatzung ein Pfandrecht an der Fracht aus sämtlichen Frachtfahrten, welche unter den Dienstvertrag fallen. Auch in der R a n g f o l g e der Schiffsgläubigerrechte werden die Dienstforderungen bevorzugt.
85
§5
1. Abschnitt. Schiffseigner
3. Dienstforderungen der Schiffsbesatzung 4
a) Dienstforderungen der Schiffsbesatzung (§ 3 A b s . 2) sind Forderungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Schiffsbesatzung stehen. H i e r z u gehören die Gehalts- und Lohnansprüche einschließlich aller Zulagen sowie Uberstundenvergütungen, Schmutzzulagen, Weihnachtsund Urlaubsgeld sowie außertarifliche Zulagen. A u f den G r u n d der rechtlichen Verpflichtung des Schiffseigners k o m m t es nicht an. D i e Ansprüche k ö n n e n auf einem Arbeits- oder Tarifvertrag beruhen oder sich aus dem G e s e t z ergeben. So fallen unter den Begriff Dienstforderungen auch die A n s p r ü c h e der Schiffsbesatzung auf Bezahlung der K o s t e n der R ü c k r e i s e nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem O r t , an dem das Dienstverhältnis angetreten worden ist ( § § 2 0 A b s . 5, 2 5 A b s . 3). A u c h der Anspruch eines Besatzungsmitglieds auf R ü c k z a h l u n g einer gestellten S i c h e r h e i t , wie sie früher vorkam, stellt eine Forderung aus dem Dienstverhältnis dar. F r ü h e r wurden auch die vom Schiffsführer bewilligten Anteile am G e w i n n der Reise als Dienstforderungen verstanden. Derartige Abreden über die Beteiligung am G e w i n n der Frachtreise als Arbeitsentgelt k o m m e n heute nicht m e h r vor. Wenn eine solche Gewinnbeteiligung vereinbart würde, m ü ß t e sie unter den Begriff „ D i e n s t f o r d e r u n g " fallen.
5
b ) Dienstforderungen im Sinne des § 5 sind auch der a r b e i t s r e c h t l i c h e F r e i s t e l l u n g s a n s p r u c h eines Besatzungsmitglieds aus gefahrgeneigter Arbeit. D e r a r tige Ansprüche sind mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattet 1 . Wird der Schaden durch das Schiffsgläubigerrecht nicht gedeckt, m u ß der Schiffseigner als Arbeitgeber persönlich für die Schuld einstehen, auch wenn hierdurch die Haftungsbeschränkung für Verschulden der Schiffsbesatzung nach § 4 durchbrochen wird 2 . U n t e r den Begriff „ D i e n s t f o r d e r u n g e n " fallen nicht Ersatzansprüche eines Besatzungsmitglieds wegen K ö r p e r v e r l e t z u n g e n , die ihm ein anderes Besatzungsmitglied aus Anlaß einer betrieblichen Tätigkeit beigebracht hat. Insoweit besteht nach § 6 3 7 R V O ein Haftungsausschluß. Hinsichtlich S a c h s c h ä d e n trifft den Schiffseigner nur eine beschränkt dingliche Haftung nach § 4 A b s . 1 N r . 3.
4. Die Haftung des Schiffseigners für Dienstforderungen 6
a) D i e unmittelbare persönliche H a f t u n g des Schiffseigners ergibt sich aus dem Arbeitsverhältnis. Diese H a f t u n g besteht unabhängig von § 5 ; denn durch § 5 sollte nur klargestellt werden, daß der Schiffseigner für Dienstforderungen stets mit Schiff und Fracht sowie persönlich haftet.
7
b ) Aus § 5 folgt, daß der Schiffseigner auch dann für Ansprüche aus dem
1 B G H VersR 1976, 485. 2 Diese Frage hat der B G H (VersR 1976, 483) in Abweichung vom B G H Z 41, 203 = VersR 1964, 502 offen gelassen. 86
§6
Gerichtsstand
Arbeitsverhältnis haftet, wenn das Mitglied der Schiffsbesatzung v o m Schiffsführer im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht (§15) auf der Reise angenommen worden ist. D e n n nach § 15 ist der Schiffsführer berechtigt, Besatzungsmitglieder einzustellen, wenn das zur A u s f ü h r u n g der Reise notwendig ist. Diese H a f t u n g des Schiffseigners auch für die durch den Schiffsführer im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht begründeten Arbeitsverhältnisse ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, das von Forderungen aus dem Dienstverhältnis spricht, ohne die H a f t u n g auf Forderungen aus dem v o m Schiffseigner selbst begründeten Dienstverhältnisse zu beschränken. Wäre der Schiffsführer nicht im Rahmen des § 1 5 berechtigt, Besatzungsmitglieder anzunehmen, würde der Schiffseigner nach § 4 A b s . 1 N r . 3 nur mit Schiff und Fracht haften. Eine solche Einschränkung wäre mit sozialen Erwägungen unvereinbar. Diese Folgerung sollte durch die in § 5 hervorgehobene persönliche Verantwortlichkeit des Schiffseigners neben seiner H a f t u n g mit Schiff und Fracht ausgeschlossen werden.
5. Die gerichtliche Zuständigkeit Bei Streit über Forderungen aus einem Dienst- und Anstellungsverhältnis der 8 Binnenschiffahrt sind die Arbeitsgerichte nach § 2 A b s . 1 N r . 3 lit. a A r b G G ausschließlich zur Entscheidung zuständig. A u c h die Geltendmachung von Schiffsgläubigerrechten für Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis werden von dieser Zuständigkeit umfaßt. Bei der P f a n d k l a g e hat das Arbeitsgericht auszusprechen, daß der Eigner sowohl für eine bestimmte und zu beziffernde Forderung unbeschränkt persönlich haftet als auch bei Vermeidung der Zwangsvollstreckung in ein bestimmtes Schiff und in bestimmte Bruttofrachtforderungen aus näher zu bezeichnenden Reisen, welche unter das Dienstverhältnis des Besatzungsmitglieds fallen.
6. Die Beweislast Im Arbeitsgerichtsprozeß trägt der Kläger den Beweis für die Begründung des 9 Arbeitsverhältnisses in der Binnenschiffahrt. L o h n - u n d G e h a l t s f o r d e r u n g e n nebst Zulagen ergeben sich aus dem Rahmentarifvertrag für die Binnenschiffahrt. Bei sonstigen Forderungen hat der Kläger seinen Anspruch nach G r u n d und H ö h e zu beweisen. D e r Schiffseigner hat als Arbeitgeber die Erfüllung geschuldeter Forderungen nachzuweisen.
§6 (1) D a s G e r i c h t des O r t e s , v o n d e m a u s die S c h i f f a h r t m i t d e m Schiffe betrieben wird ( H e i m a t o r t ) , ist, vorbehaltlich des § 3 A b s . 1 des Gesetzes ü b e r das gerichtliche Verfahren in B i n n e n s c h i f f a h r t s - u n d R h e i n s c h i f f a h r t s s a c h e n 87
§6
1. A b s c h n i t t . Schiffseigner
vom 27. September 1952 (BGBl. I S. 641), für alle gegen den Schiffseigner als solchen zu erhebenden Klagen zuständig ohne Unterschied, ob er persönlich oder nur mit Schiff und Fracht haftet. (2) Unter mehreren hiernach in Betracht kommenden Orten gilt als Heimatort der Ort, wo die Geschäftsniederlassung, bei mehreren Niederlassungen die Hauptniederlassung und in Ermangelung einer Geschäftsniederlassung der Wohnsitz des Schiffseigners sich befindet. (3) Ist ein Heimatort nicht festzustellen, so gilt als solcher der Ort, wo der Schiffseigner zur Gewerbesteuer oder Einkommensteuer veranlagt wird. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Heimatort 3. Die Feststellung des Heimatortes . .
1 2 3-7
4. Die Bedeutung des Heimatortes . . 5. Der Gerichtsstand des Heimatortes 6. Die Beweislast
Rdn. 8-11 12-16 17
1. Allgemeines 1
§ 6 Abs. 1 hat eine Parallele in §480 Abs. 1 H G B . Dort gilt als Heimathafen eines Seeschiffs der Hafen, von welchem aus die Seefahrt mit dem Schiff betrieben wird, d. h. wo sich die gewerbliche Niederlassung des Reeders befindet 1 . Entsprechend heißt es einleitend in § 6 Abs. 1, daß Heimatort der Ort ist, von dem aus die Schiffahrt mit dem Schiff betrieben wird. Das Binnenschiffahrtsrecht stellt also nicht auf einen Heimathafen, sondern auf den Ort ab, von welchem aus die Schiffahrt tatsächlich betrieben wird. Der Heimatort begründet einen eigenen Gerichtsstand für alle aus der Verwendung des Schiffes gegen den Schiffseigner entstandenen Ansprüche. 2. D e r H e i m a t o r t eines Binnenschiffs
2
Heimatort eines Schiffes ist der Ort, wo sich die Geschäftsniederlassung, bei mehreren Niederlassungen sich die Hauptniederlassung und in Ermangelung einer Geschäftsniederlassung sich der Wohnsitz des Schiffseigners befindet (§ 6 Abs. 2). Ist ein Heimatort nicht festzustellen, gilt als Heimatort des Schiffes der Ort, wo der Schiffseigner zur Gewerbe- oder Einkommensteuer veranlagt wird. Maßgebend für die Bestimmung des Heimatortes sind die Umstände des Einzelfalles. Es kommt nicht darauf an, von welchem Ort die Schiffahrt mit dem Schiff betrieben werden soll, sondern von welchem Ort das tatsächlich geschieht. Es muß sich um eine tatsächliche Absicht des Schiffseigners im Einzelfalle handeln. Aus den Grundsätzen zur Ermittlung des Heimatortes (§6 Abs. 2) folgt, daß ein Binnenschiff nur einen Heimatort haben kann. 1 Prüßmann-Rabe, SHR, §480 Anm. A 1. 88
Gerichtsstand
§6
3. Die Feststellung des Heimatortes a) Die Feststellung des Heimatortes kann mit Schwierigkeiten verbunden sein. 3 Insbesondere bei Partikulieren, die keine Niederlassung oder Betriebsstätte unterhalten, sind Feststellungen manchmal schwierig. Hilfreich kann das Internationale Rheinschiffahrtsregister sein. Wenn Schiffe ihren Eigentümer gewechselt haben, können aber auch die dort verzeichneten Angaben nicht weiterhelfen. Zur Feststellung des Heimatortes stellt deshalb das Gesetz in § 6 Abs. 2 und 3 gesetzliche Vermutungen auf, wonach der Heimatort nach einer bestimmten Reihenfolge zu ermitteln ist. b) In erster Linie bestimmt das Gesetz den Ort als Heimatort, an dem sich die 4 Geschäftsniederlassung, bei mehreren Niederlassungen die Hauptniederlassung des Schiffseigners befindet. Das entspricht den allgemeinen Grundsätzen, wonach dann, wenn eine Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb eines Schuldners entstanden ist, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes tritt, wenn die Orte nicht übereinstimmen (§269 Abs. 2 B G B ) . Auch die Z P O kennt in §21 einen besonderen Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung, der mit den allgemeinen Gerichtsständen des Schuldners konkurriert. Hat das Schiffsunternehmen eine eigene Rechtspersönlichkeit oder wird das Unternehmen in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft ( O H G oder K G ) betrieben, wird nach § 17 Abs. 1 Z P O der Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung durch den Sitz des Unternehmens bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird. Bei mehreren Niederlassungen ist die Hauptniederlassung maßgebend, bei größeren Schiffahrtsunternehmen in der Regel der Ort, wo das Unternehmen im Handelsregister eingetragen ist. Wenn der Anschein einer selbständigen Niederlassung erweckt wird, kann nach §21 Z P O der Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung nach §21 Abs. 1 Z P O begründet sein 2 . c) Läßt sich eine Geschäftsniederlassung nicht feststellen, gilt der Ort des 5 Wohnsitzes des Schiffseigners als Heimatort. Nach § 7 Abs. 1 begründet eine Person an dem Ort ihren Wohnsitz, wo sie sich ständig niederläßt. Nach § 7 Abs. 2 B G B kann der Wohnsitz gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. Wohnsitz in diesem Sinne ist der räumliche Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse einer Person 3 . Eine Zustellung von Ladungen usw. im Rechtsstreit muß an sich am Wohnsitz des Zustellungsempfängers erfolgen. Nach der gerichtlichen Praxis genügt jedoch eine Zustellung an Bord des Schiffes durch die Wasserschutzpolizei 4 .
2 OLG Köln NJW 1953, 1834. 3 BGH LM Nr. 3 zu § 7 BGB. 4 OLG Köln ZfB 1953, 392. 89
§6
1. Abschnitt. Schiffseigner
6
d) Kann ein Heimatort nach den Regeln des § 6 Abs. 2 nicht festgestellt werden, gilt nach § 6 Abs. 3 der Ort als Heimatort, an dem der Schiffseigner zur Gewerbe- oder Einkommensteuer veranlagt wird. Diese Vermutung ist stets anwendbar, wenn der Schiffseigner auf seinem Schiff wohnt und von keinem Ort an Land die Schiffahrt betrieben wird. Bei der Vermutung nach § 6 Abs. 3 ist an den O r t der letzten Steuerveranlag u n g anzuknüpfen. In erster Linie kommt es auf die Gewerbesteuer an. Die Einkommensteuerveranlagung kommt nur als Anknüpfungstatbestand für die Vermutung des Gesetzes in Betracht, wenn ein steuerpflichtiges Gewerbe nicht betrieben oder eine Gewerbesteuer nicht erhoben wird.
7
e) Eine Beweiserleichterung besteht grundsätzlich dann, wenn ein Schiff im Schiffsregister eingetragen ist. Nach §§4 Abs. 1, 12 N r . 3 SchRegO ist der Heim a t o r t des Schiffes in das Schiffsregister einzutragen (§17 Abs. 1 SchRegO). Aus der Eintragung folgt die tatsächliche Vermutung dafür, daß der vermerkte Heimatort auch der richtige Heimatort des Schiffes ist 5 .
4. Die Bedeutung des Heimatortes 8
a) Bei der Anmeldung eines Binnenschiffs zum Schiffsregister hat der Schiffseigentümer nach §12 N r . 3 SchRegO den Heimatort anzugeben. N a c h § 1 7 Abs. 1 SchRegO ist die Veränderung des Heimatortes eine eintragungspflichtige Tatsache.
9
b) Für die Zwangsvollstreckung in ein im Schiffsregister eingetragenes Schiff ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich das Schiff bei Einleitung des Versteigerungsverfahrens befindet (§ 163 Abs. 1 Z V G ) . Nichteingetragene Schiffe stehen in Ansehung der Zwangsvollstreckung beweglichen Sachen gleich.
10
c) N a c h §942 Abs. 2 Z P O ist für eine einstweilige Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters das Amtsgericht des Heimatortes des Schiffes zuständig.
11
d) Nach § 16 sind Rechtsgeschäfte, die der Schiffsführer eingeht, solange sich das Schiff am Heimatort befindet, für den Schiffseigner nur verbindlich, wenn der Schiffsführer aufgrund einer Vollmacht gehandelt hat oder wenn ein anderer besonderer Verpflichtungsgrund bestanden hat. Die Vertretungsmacht ist hingegen nach § 15 erweitert, wenn sich das Schiff weder an seinem Heimatort noch an einem Ort befindet, an dem der Schiffseigner eine Geschäftsniederlassung hat.
5 RGZ 42, 71. 90
Gerichtsstand
§6
5. Der Gerichtsstand des Heimatortes a) N a c h § 6 A b s . 1 ist das G e r i c h t des H e i m a t o r t e s für alle gegen den Schiffs- 1 2 eigner als solchen zu erhebenden Klagen zuständig ohne Rücksicht darauf, ob er persönlich oder mit Schiff und Fracht haftet. E s handelt sich bei diesem G e richtsstand des Heimatortes um einen besonderen gesetzlichen Gerichtsstand, nicht u m einen ausschließlichen oder allgemeinen Gerichtsstand. D e r Gerichtsstand des Heimatortes steht neben dem allgemeinen G e r i c h t s s t a n d des Wohnsitzes ( § 1 3 Z P O ) , dem des Sitzes einer juristischen Person und der Personenhandelsgesellschaften ( § 1 7 Z P O ) und den besonderen G e r i c h t s s t ä n d e n der gewerblichen N i e d e r l a s s u n g (§21 Z P O ) und des Vermögens (§23 Z P O ) . Unter diesen Gerichtsständen hat ein Kläger die Wahl ( § 3 5 Z P O ) . b) D e r Gerichtsstand des Heimatortes gilt nicht bei Rechtsstreitigkeiten, die 1 3 Binnenschiffahrtssachen im Sinne des § 2 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen sind. D i e örtliche Z u s t ä n d i g k e i t in diesen Sachen ist durch § 3 dieses Gesetzes, die sachliche Z u s t ä n d i g k e i t ist durch § 1 des Gesetzes geregelt. c) D e r Aufenthalt eines Schiffes ist von Bedeutung für den besonderen G e - 1 4 r i c h t s s t a n d des V e r m ö g e n s (§23 Z P O ) , für die Klagen der Schiffsgläubiger und für die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts (§ 163 Z V G ) . d) D e r Gerichtsstand des Heimatortes muß im Zeitpunkt der Klageerhebung 1 5 bestehen, denn § 6 A b s . 1 ist dem § 13 Z P O nachgebildet. E s ist stets nur der gegenwärtige Heimatort maßgebend. Ein Wechsel des Heimatortes nach der Erhebung des Anspruchs muß bei der Prüfung der Zuständigkeit berücksichtigt werden. D e r Schiffseigner/Ausrüster kann jedoch im Gerichtsstand des letzten Heimatortes aus den früher gegen ihn erwachsenen Ansprüchen in Anspruch genommen werden, wenn er nicht mehr Schiffseigner ist, weil er z. B. sein Schiff veräußert hat. e) D e r G e r i c h t s s t a n d des H e i m a t o r t e s gilt nur für Ansprüche, die auf der 1 6 Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt beruhen. A u f welche Rechtsgrundlagen derartige Ansprüche gestützt werden, ist unerheblich. E s kann sich u m vertragliche, deliktische oder gesetzliche Ansprüche handeln. So ist auch für die P f a n d klage des Schiffsgläubigers gegen den Schiffseigner der Gerichtsstand des H e i matortes gegeben 6 . F ü r Klagen aus dem Eigentum oder aus einem rechtsgeschäftlich bestellten Pfandrecht ist der Gerichtsstand des Heimatortes hingegen nicht gegeben.
6 R G Z 78, 308. 91
§7
2. Abschnitt. Schiffer
6. Die Beweislast 17
Die den Gerichtsstand des Heimatortes begründenden Tatsachen hat der Kläger eines Rechtsstreits zu beweisen, weil sie vom Klageanspruch unabhängig sind7. Ergibt sich die Zuständigkeit unmittelbar aus den klagebegründenden Tatsachen, bedarf es keines weiteren Beweises 8 .
Zweiter Abschnitt
Schiffer
(1) Der Führer des Schiffes (Schiffer) ist verpflichtet, bei allen Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Verträge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers anzuwenden. (2) E r haftet für jeden durch die Vernachlässigung dieser Sorgfalt entstandenen Schaden nicht nur dem Schiffseigner, sondern auch den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger), den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung, es sei denn, daß er auf Anweisung des Schiffseigners gehandelt hat. Auch in dem letzteren Falle bleibt der Schiffer verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Schiffseigner die nach Lage des Falles erforderliche Aufklärung zu erteilen, oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt. (3) Durch die Erteilung der Anweisung wird der Schiffseigner persönlich verpflichtet, wenn er bei der Erteilung von dem Sachverhältnisse unterrichtet war. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Begriff des Schiffers 3. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Schiffsführers 4. Die Schiffsführerhaftung
1 2-7 8-9 10-16
Rdn. 5. 6. 7. 8.
Der Haftungsumfang Der Haftungsausschluß Die Haftung des Schiffseigners . . . Die Beweislast
17-18 19-22 23 24-25
1. Allgemeines 1
§ 7 entsprach der seerechtlichen Vorschrift des §511 H G B a. F. Durch das SRAG 1972 ist im H G B der altertümliche Begriff „Schiffer" durch den üblichen
7 R G Z 2 9 , 3 7 3 ; 4 9 , 72. 8 B G H N J W 1964, 498.
92
Sorgfaltspflicht und Haftung des Schiffers
§7
Begriff „ K a p i t ä n " ersetzt worden. Bisher hat das Binnenschiffahrtsgesetz den Begriff „ S c h i f f e r " beibehalten, der dem heute in der Praxis üblichen Begriff „ S c h i f f s f ü h r e r " entspricht. Die Schiffsführer von Schubbooten und großen Personenbooten werden auch in der Binnenschiffahrt häufig als Kapitäne bezeichnet, o b w o h l sie keine dem Kapitän der Seeschiffahrt vergleichbare Ausbildung haben. D e r Begriff Schiffer k o m m t im modernen Sprachgebrauch nur noch als eine allgemeine Bezeichnung für Angehörige der Binnenschiffahrt vor, ohne daß man damit eine besondere Einstufung oder Verantwortlichkeit des so Bezeichneten verbindet.
2. Der Begriff des Schiffers a) D a s G e s e t z benutzt den Begriff Schiffer für den verantwortlichen Führer 2 des Schiffes. D i e Praxis bezeichnet ihn allgemein nur noch als Schiffsführer. Schiffsführer ist also, w e m die Leitung und Befehlsgewalt auf einem Binnenschiff (§ 1) obliegt. E s k o m m t nicht darauf an, welche G r ö ß e das Fahrzeug hat. A u c h der Führer eines Sportbootes ist Schiffsführer im Sinne des Gesetzes, weil ihm die verantwortliche Leitung und die Befehlsgewalt zusteht. E s k o m m t ferner nicht darauf an, o b die vom Schiffseigner z u m Schiffsführer bestellte Person laufend mit der Führung des Schiffes betraut ist. Unerheblich ist auch die D a u e r der Reise 1 . Selbst zur D u r c h f ü h r u n g eines einzelnen nautischen Manövers wird man eine Bestellung zum Schiffsführer anzunehmen haben, weil die Bemannungsvorschriften die Besetzung des Schiffes auch für einzelne nautische Manöver mit einem Schiffsführer bei einer Schiffsbewegung voraussetzen. Wem lediglich die B e w a c h u n g eines stilliegenden Schiffes anvertraut ist, ist nicht Schiffsführer, weil er keine nautischen Manöver vorzunehmen hat. A u c h Manöver, die ausnahmsweise von Wachen in Notfällen ausgeführt werden, z. B . Ankermanöver, rechtfertigen keine andere Auffassung. O b ein Schiff seinen Heimathafen verläßt, ist für die Beurteilung der Schiffsführereigenschaft unerheblich. D a s ergibt sich aus § 131 A b s . 1, wonach einzelne Vorschriften, zu denen aber § 7 A b s . 1 nicht gehört, auf Schiffe, die nur zu Fahrten innerhalb desselben Ortes bestimmt sind, keine A n w e n d u n g finden 2 . Demnach sind auch die Führer der im O r t s - u n d H a f e n v e r k e h r eingesetzten Schiffe Schiffsführer im Sinne des Gesetzes. Auf derartige Schiffsführer finden aber nach § 1 3 1 A b s . 1 die Vorschriften über die gesetzliche Vertretungsmacht eines Schiffsführers (§§ 15-19) keine Anwendung. Ein solcher Schiffsführer darf insbesondere ohne besondere Ermächtigung keinen Ladeschein zeichnen 3 .
1 R G Z 48, 64. 2 R G Z 48, 68. 3 R G Z 60, 378. 93
§7
2. Abschnitt. Schiffer
3
b) Das Gesetz rechnet den Schiffsführer nach § 3 Abs. 2 zur Schiffsbesatzung. Er gehört aber nicht zur Schiffsmannschaft (§21).
4
c) In der Regel wird der Schiffsführer aufgrund eines Anstellungsvertrages vom Schiffseigner oder dem Ausrüster mit der Führung des Schiffes betraut. Es können mehrere Schiffsführer für ein Schiff bestellt werden, die einander in der Schiffsführung ablösen. Das Schiff kann aber jeweils nur unter der Leitung eines verantwortlichen Schiffsführers stehen. Es muß jederzeit urkundlich feststehen, wer der verantwortliche Schiffsführer des Schiffes ist. Im Continueverkehr der Schubschiffahrt sind regelmäßig mehrere Schiffsführer an Bord, die einander ablösen, um die ständige Fahrt durchführen zu können.
5
d) Auf deutschen Binnenwasserstraßen führen zahlreiche Schiffseigner ihre Fahrzeuge selbst. Derartige Personen werden als Partikuliere bezeichnet. Sie sind häufig Schiffseigner und Schiffsführer in einer Person. Auch auf diese Schiffseigner/Schiffsführer ist § 7 Abs. 1 anwendbar. Aus sozialen Gründen haften Schiffseigner/Schiffsführer für einen Schaden, der durch ihre fehlerhafte Führung des Schiffes entstanden ist - ausgenommen den Fall böslicher Handlungsweise - ausschließlich mit Schiff und Fracht (§ 4 Abs. 2 Satz 2).
6
e) Ausnahmsweise kann auch der Führer eines anderen Schiffes Schiffsführer sein. Sind Motorschiffe zu einem Koppelverband nebeneinander gemehrt, kommt es vor, daß der zum Führer des Koppelverbandes bestellte Schiffsführer sich durch den Schiffsführer des anderen Fahrzeugs in der Führung des Koppelverbandes ablösen läßt und dieser nunmehr am Ruder des führenden Schiffes steht. Dieser ist dann verantwortlicher Führer seines eigenen Fahrzeugs und darüberhinaus als Führer des Koppelverbandes auch Schiffsführer des führenden Fahrzeugs.
7
f) Der Schiffsführer braucht nicht ständig auf seinem Fahrzeug zu sein. Er kann die Befehlsgewalt auch von einem anderen Fahrzeug aus ausüben. Der Schiffsführer, der einen Anhang schleppt, wird nicht zugleich Schiffsführer seines Anhangs. Auch die Schubbootbesatzung wird nicht zur Besatzung des vorgespannten Schubleichters, wenn sie auch die O b h u t über die mitgenommenen Schubleichter ausübt und die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Verkehrs und alle nautischen Manöver auf dem Leichter vornimmt.
3. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Schiffsführers 8
Nach § 7 Abs. 1 ist der Schiffsführer verpflichtet, bei allen Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Verträge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers anzuwenden. Die gehörige Sorgfalt ist nicht nur in nautischer Hinsicht, sondern bei sämtlichen Maßnahmen und Handlungen zu beobachten. Das Gesetz hebt im Rahmen der sich auf alle Dienstobliegenheiten erstreckenden Sorgfaltspflicht die Erfüllung der von dem Schiffsführer auszuführenden Verträge lediglich besonders hervor.
94
Sorgfaltspflicht und Haftung des Schiffers
§7
D i e Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers erstreckt sich nicht nur auf die 9 von jedermann zu beobachtende Sorgfalt, sondern bezieht sich auf die Einhaltung der beruflichen Anforderungen und der Ü b u n g e n der Binnenschiffahrt sowie die Beachtung der z u m Schutz und zur Leichtigkeit des Verkehrs erlassenen Vorschriften und behördlichen Anordnungen. D a s Gesetz hat sich auf eine abstrakte Beschreibung der Sorgfaltspflicht beschränkt, weil die Anforderungen an die Sorgfalt von den Verhältnissen des geführten Schiffes, den besonderen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten der zu durchfahrenden Strecke sowie den jeweiligen Gesetzen, Verordnungen und schiffahrtspolizeilichen A n o r d nungen abhängen, die einem steten Wandel unterliegen. F ü r die Beurteilung der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers sind demnach die konkreten U m s t ä n d e des Einzelfalles maßgebend. Fährt ein Schiffsführer außerhalb der Fahrrinne, k o m m t es auf den Tiefgang des eigenen Fahrzeugs an. Ein erheblicher Sicherh e i t s f a k t o r ist zu berücksichtigen. Geröllfelder wird ein sorgfältiger Schiffsführer meiden. D e r Schiffsführer hat bei gefährlichen G ü t e r n den Ladevorgang mit erhöhter Sorgfalt zu überwachen und darauf zu achten, daß die Ladeeinrichtungen auf dem Schiff während der Beladung intakt sind und bleiben 4 . Zu den Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Schiffsführers an die Beladung eines Schiffes, wenn der Absender der Güter die Beladung des Schiffes vereinbarungsgemäß selbst durchführt, hat der B G H Stellung genommen und ausgeführt, der Schiffsführer habe eine Decksladung unter Berücksichtigung der Stabilität des Schiffes genau zu überprüfen 5 . D e r Schiffsführer hat im Rahmen seiner Tätigkeit auch ohne vertragliche Beziehungen das in seine O b h u t gelangte Eigentum Dritter sorgfältig zu behandeln 6 . Ein Schiff darf nicht so abgeladen sein, daß es die n a u t i s c h g e b o t e n e n M a ß n a h m e n nicht durchführen kann. Der Schiffsführer darf auch keine zu hohe D e c k s l a s t übernehmen 7 . Mit der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers ist es nicht vereinbar, wenn er nässeempfindliche C h e m i k a lien in einem R a u m befördert, dessen Schotten nicht völlig wasserdicht sind 8 . Die f a c h g e r e c h t e E n t l a d u n g eines Schiffes erfordert, daß bis zur letzten Phase des Entladungsvorgangs die in der Schiffsmitte befindliche L a d u n g ein geringes Ubergewicht gegenüber der L a d u n g in den anderen Schiffsräumen besitzt, damit sich die Elastizitätsveränderung, d. h. der Rückgang der Durchbiegung des Schiffes nach unten und der Ubergang zu der bei einem leeren Schiff vorhandenen leichten Aufbiegung nach oben ohne Gewalt vollziehen läßt. D i e L ö s c h u n g der Fracht muß deshalb von den Schiffsenden aus zur Schiffsmitte erfolgen. Ein Schiff darf nicht in die Lage gebracht werden, daß schon die Entnahme einer
4 5 6 7 8
OLG BGH BGH BGH BGH
Köln ZfB 1957, 238. ZfB 1983, 183. VersR 1960, 727; ZfB 1983, 183. VersR 1959, 985. VersR 1975, 823. 95
§7
2. Abschnitt. Schiffer
geringfügigen L a d u n g s m e n g e in der Schiffsmitte z u m Bruch des Schiffes führt 9 . E s finden sich nur in den §§ 8 - 1 2 Vorschriften über den Beginn und die D u r c h f ü h r u n g der Reise, in den § § 2 8 ff. Vorschriften über die Durchführung des Frachtgeschäfts. Hieraus folgt, daß die Tätigkeit des Schiffsführers überwiegend von seiner Sorgfalt als ordentlicher Schiffsführer nach Maßgabe der U m stände des Einzelfalles bestimmt ist.
4. Die Schiffsführerhaftung 10
a) D e r angestellte Schiffsführer haftet dem Schiffseigner für die schuldhafte Verletzung seiner Dienstobliegenheiten nach den Grundsätzen der positiven V e r t r a g s v e r l e t z u n g nach den §§ 242, 249 B G B auf Ersatz des darauf beruhenden Schadens. D a s gilt auch, wenn der Schiffseigner nach § 3 A b s . 1 aus einem Verschulden des Schiffsführers von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. N e b e n dem unmittelbaren Anspruch steht der Ausgleichsanspruch des gesamtschuldnerisch neben dem Schiffsführer haftenden Schiffseigners. D a der Schiffsführer aber bei der A u s f ü h r u n g seiner Dienstobliegenheiten gefahrgeneigte Arbeit leistet, kann nach den Grundsätzen des arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruchs ein Schadensersatzanspruch des Schiffseigners oder ein Ausgleichanspruch unter Gesamtschuldnern ganz oder teilweise entfallen 1 0 .
11
b) Wird ein Dritter durch die schuldhafte Verletzung der Dienstobliegenheiten des Schiffsführers verletzt oder geschädigt, kann der Dritte nach den §§ 823 ff. B G B , also aus unerlaubter H a n d l u n g unmittelbar vom Schiffsführer Schadensersatz verlangen. Diese H a f t u n g des Schiffsführers ist unbeschränkt persönlich, jedoch kann der Schiffsführer v o m Schiffseigner nach den Grundsätzen der gefahrgeneigten Arbeit ganz oder teilweise Freistellung von den A n s p r ü chen des Dritten verlangen, wenn ihn nicht der Vorwurf eines vorsätzlichen Verhaltens trifft 1 1 . Ist der Schaden bei der Erfüllung vertraglicher Dienstobliegenheiten entstanden, kann die H a f t u n g des Schiffsführers ausgeschlossen oder beschränkt sein, wenn sich der Frachtführer in Verlade- und Transportbedingungen ganz oder teilweise freigezeichnet hat; denn der Schiffsführer ist regelmäßig in den Schutz der F r e i z e i c h n u n g - insbesondere für nautisches Verschulden - einbezogen. In derartigen Geschäftsbedingungen liegt nach § 242 B G B ein V e r t r a g m i t S c h u t z w i r k u n g z u G u n s t e n D r i t t e r , auch wenn die Erstreckung der Freizeichnung auf den Schiffsführer in den Verlade- und Transportbedingungen nicht besonders z u m A u s d r u c k gekommen ist; denn der Frachtführer/Schiffseigner ist als Arbeit-
9 B G H Urt. vom 11. 10. 1965 - II ZR 258/63 - . 10 Vgl. dazu BAG VersR 1978, 819 = ZfB 1978, 434. 11 Vgl. oben Rdn. 10. 96
Sorgfaltspflicht und Haftung des Schiffers
§7
geber verpflichtet, seine Arbeitnehmer in den Schutz aller ihm günstigen Vertragsbedingungen einzubeziehen. Dieselbe Pflicht trifft den Frachtführer, der nicht zugleich Schiffseigner ist. A u c h er hat die Interessen der Schiffsbesatzung gleich einem Schiffseigner angemessen zu berücksichtigen. 1 2 D i e Regelung, daß die V e r j ä h r u n g von Ansprüchen gegen den Frachtführer wegen des Verlustes der Frachtgüter mit dem Ablauf des Tages beginnt, an welchem die Güter hätten abgeliefert werden müssen, ist nicht anzuwenden, soweit er in seiner Eigenschaft als Schiffseigner oder als Schiffsführer in Anspruch genommen wird 1 3 . c) N e b e n einem vertraglichen oder deliktischen Anspruch gewährt das Gesetz 1 2 nach § 7 A b s . 2 nicht nur dem Schiffseigner, sondern auch den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger), den beförderten Personen und den Personen der Schiffsbesatzung einen besonderen gesetzlichen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Schiffsführer ihnen bei der Verrichtung seiner Dienstobliegenheiten Schaden zufügt. Diese gesetzliche H a f t u n g beruht auf der Erwägung, daß diese in § 7 A b s . 2 genannten Personen in einer engen Beziehung z u m Schiff stehen und es deshalb gerechtfertigt erscheint, ihnen gleich einem vertraglichen Gläubiger einen Schadensersatzanspruch bei Verletzung der Dienstobliegenheiten zu gewähren. A u f der Reise hat der Schiffsführer sowohl die Interessen des Schiffseigners, Reisender, der Schiffsbesatzung als auch die der Ladungsbeteiligten ( A b sender und Empfänger) wahrzunehmen. D a m i t ist der Kreis der begünstigten Personen geschlossen. Eine Erweiterung des Kreises der Begünstigten ist ausgeschlossen, weil es sich u m eine Ausnahmevorschrift handelt 1 4 . Schuldhafte Verletzungen von Betreuungs- und Fürsorgepflichten sind Verlet- 1 3 zungen der Dienstobliegenheiten, aber auch stets unerlaubte Handlungen 1 5 , die zu einer unmittelbar persönlichen und unbeschränkten H a f t u n g des Schiffsführers führen. Für dieses Verschulden des Schiffsführers haftet der Schiffseigner adjektizisch neben dem Schiffsführer als Gesamtschuldner, aber nur mit Schiff und Fracht ( § 4 A b s . 2 Satz 2). d) D i e begünstigten Personen nach § 7 A b s . 2 haben eine besondere A n - 1 4 spruchsgrundlage. So hat der Schiffseigner neben dem Anspruch aus positiver Vertragsverletzung zugleich einen Anspruch aus § 7 A b s . 2. Von den L a d u n g s beteiligten sind im Rahmen des § 7 A b s . 2 nur der Absender und der Empfänger begünstigt, nicht aber sonstige Personen wie etwa der Ablader 1 6 . D i e dem A b -
12 Zur Ausdehnung von Freizeichnungsklauseln in einem französischen Recht unterliegenden „Connaissement", das für den Transport auf dem Rhein verwendet wird, auf das Personal des Frachtführers vgl. B G H VersR 1971, 412. 13 B G H LM Nr. 7 zu §§7, 26 BSchG. 14 R G Z 10, 18. 15 B G H Z 9, 301; B G H ZfB 1960, 342. 16 B G H ZfB 1960, 342. Zum Begriff, des Absenders, des Empfängers und des Abladers vgl. §26. 97
§7
2. Abschnitt. Schiffer
sender und dem Empfänger gegenüber obliegende Sorgfaltspflicht des Schiffsführers ist in den §§10 Abs. 2, 3, 11, 28 ff., 70, 91, 99 näher beschrieben. 15
Auf der Reise hat der Schiffsführer sowohl die Interessen des Frachtführers als die der Ladungsbeteiligten wahrzunehmen. Tritt zwischen den Interessen des Schiffseigners/Frachtführers und denen der Ladungsbeteiligten im Verlauf der Reise ein Widerstreit auf, hat der Schiffsführer nach Möglichkeit einen abwägenden Ausgleich vorzunehmen. Bei Gleichwertigkeit der Interessen haben die des Schiffseigners Vorrang.
16
Die Reise ist erst nach der Ankunft des Schiffes beendet, wenn die Ladung gelöscht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt trifft den Schiffsführer die B e t r e u u n g s -
und Fürsorgepflicht für die Ladung. 17
Schließlich nennt das Gesetz als Begünstigte die beförderten Personen und die Schiffsbesatzung (§3 Abs. 2). Zu den beförderten Personen gehören alle Personen, die nicht Mitglieder der Schiffsbesatzung sind und bereits als solche besonders als Begünstigte genannt sind. Zu diesem Personenkreis gehören sowohl zahlende Reisende als auch Gäste oder Personen, die an Bord Arbeiten auszuführen oder besondere Aufgaben wahrzunehmen haben wie z. B. Reedereiangestellte. Hierhin gehören auch Beamte, die sich im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit während der Fahrt an Bord aufhalten, auch wenn der Aufenthalt nur kurzfristig ist.
5. Der Haftungsumfang 18
a) Der Schiffsführer haftet im Rahmen des § 7 Abs. 2 auf Ersatz des vollen Schadens, der auf der schuldhaften Verletzung seiner Dienstobliegenheiten beruht, unbeschränkt, unmittelbar und persönlich nach den §§249 ff., 842-851 B G B . Eine Haftungsbeschränkung sieht das Gesetz nicht vor. Der Schiffsführer kann aber vom Schiffseigner - unbeschadet der Ansprüche Dritter - aus gefahrgeneigter Arbeit je nach den Umständen des Falles ganz oder zum Teil Freistellung von der Haftung gegenüber dem Dritten - einschließlich etwaiger Kosten verlangen.
19
b) An sich haftet auch der Schiffseigner/Schiffsführer für den auf der Vernachlässigung seiner Sorgfalt beruhenden Schaden den in § 7 Abs. 2 genannten Personen unbeschränkt persönlich. Für nautisches Verschulden haftet er jedoch nach § 4 Abs. 2 Satz 2 nur mit Schiff und Fracht, es sei denn, daß ihm bösliche Handlungsweise zur Last fällt.
6. Der Haftungsausschluß 20
Nach § 7 Abs. 2 ist abweichend vom Seerecht die Haftung des Schiffsführers ausgeschlossen, wenn er auf Anweisung des Schiffseigners gehandelt hat. Auch in diesem Falle bleibt der Schiffsführer verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Schiffseigner die nach Lage des Falles erforderliche Aufklärung zu erteilen, oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt (§ 7 Abs. 2 Satz 2). 98
Sorgfaltspflicht und H a f t u n g des Schiffers
§7
Unter A n w e i s u n g im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 ist jede an eine Person gerichtete Weisung des Schiffseigners zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung kraft seiner Autorität zu verstehen, weil der Schiffsführer an die Anweisungen seines Arbeitgebers gebunden ist. Allgemeine Anweisungen, wie sie in der Binnenschiffahrt üblich sind, kön- 2 1 nen nicht als Anweisungen im Sinne des § 7 Abs. 2 angesehen werden. Es fehlt die Kenntnis des Schiffseigners von der konkreten Situation, in der die allgemeine Dienstanweisung umgesetzt werden soll. J e nach der Situation können andere Maßnahmen, als in der Dienstanweisung vorgeschrieben, geboten sein. Entweder muß der Schiffsführer pflichtgemäß selbst entscheiden oder, wenn die Umstände dies zulassen, Weisungen einholen. Hat sich der Schiffsführer entsprechend der Anweisung verhalten, ist seine Haftung ausgeschlossen. Auf Anweisungen des Schiffseigners kann sich der Schiffsführer nach § 7 2 2 Abs. 2 Satz 2 aber nicht berufen, sondern bleibt voll verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Schiffseigner die nach Lage des Falles erforderliche Aufklär u n g zu erteilen oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt. Damit will das Gesetz blinden Gehorsam ausschließen. Der Schiffseigner kann nicht abstrakt jede Möglichkeit bedenken, die ein Handeln nach seinen Anweisungen verbietet und ein anderes Handeln notwendig macht. Andererseits muß der Schiffseigner durch Fragen Klarheit über die Situation herbeiführen, wenn er sich von der Situation, in der der Schiffsführer steht, kein Bild machen kann. Es kommt insoweit auf die Umstände des Einzelfalles an. Angesichts der heutigen Funk- und Sprechverbindungen können heute Schiffsführer mit ihren Schiffseignern ohne besondere Schwierigkeiten in Verbindung treten. Es kann eine volle Aufklärung des Schiffseigners erfolgen und dieser kann sofort klare Anweisungen an den Schiffsführer erteilen. S t r a f b a r e H a n d l u n g e n sind solche des Strafgesetzbuches. Hierhin gehören 2 3 aber auch Ordnungswidrigkeiten, insbesondere Verstöße gegen wasserschutzpolizeiliche Vorschriften. Handelt der Schiffsführer derartigen Vorschriften zuwider, kann er sich nicht auf Anweisungen des Schiffseigners zum Ausschluß seiner Haftung berufen.
7. Die H a f t u n g des Schiffseigners Erteilt der Schiffseigner dem Schiffsführer eine Anweisung und beruht auf 2 4 einer Handlung des Schiffsführers entsprechend der Weisung ein Schaden, haftet der Schiffseigner unmittelbar persönlich, wenn er bei der Erteilung der Weisung von dem Sachverhältnis unterrichtet war (§ 7 Abs. 3). Die Unterrichtung des Schiffsführers muß umfassend sein und dem Schiffseigner ermöglichen, die nach Lage der Sache richtige Anweisung zu erteilen. Die Haftung des Schiffseigners in solchen Fällen beruht auf der Erwägung, daß der Schiffsführer Anweisungen zu befolgen hat. 99
§8
2. Abschnitt. Schiffer
Eine allgemeine D i e n s t a n w e i s u n g kann als solche noch nicht zur H a f t u n g des Schiffseigners führen, weil ihm die Kenntnis der U m s t ä n d e des Falles fehlt, in der der Schiffsführer zu handeln hat. D e r Schiffsführer hat im R a h m e n der Dienstanweisungen entsprechend der jeweiligen konkreten Situation nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, bleibt aber voll verantwortlich, wenn er keine Anweisungen unter Darstellung der konkreten Situation einholt. 8. Die Beweislast 25
a) D e n Geschädigten trifft bei Inanspruchnahme des Schiffsführers die B e weislast dafür, daß der Schiffsführer bei seinen Dienstverrichtungen die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers vernachlässigt hat. D e r Geschädigte m u ß auch beweisen, daß er zu dem Kreis der in § 7 A b s . 2 genannten Personen gehört. Wird dieser Beweis geführt, ist es Sache des Schiffsführers, sich in entsprechender Anwendung des § 2 8 2 B G B zu entlasten 1 7 . D e r Schiffsführer kann seine H a f t u n g durch den N a c h w e i s ausschließen, daß er auf eine Anweisung des Schiffseigners gehandelt und er den Schiffseigner von dem Sachverhältnis unterrichtet hat.
26
b) D e r Geschädigte hat bei Inanspruchnahme des Schiffseigners nach § 7 A b s . 3 die Anweisung des Schiffseigners an den Schiffsführer und die U n t e r r i c h tung des Schiffseigners über das SachVerhältnis zu beweisen.
§8 (1) D e r Schiffer h a t v o r A n t r i t t der Reise d a r a u f z u sehen, daß das Schiff in f a h r t ü c h t i g e m Z u s t a n d e , g e h ö r i g eingerichtet und ausgerüstet, sowie hinreichend b e m a n n t ist, u n d d a ß die Schiffspapiere u n d Ladungsverzeichnisse an B o r d sind. (2) E r h a t für die Tüchtigkeit der G e r ä t s c h a f t e n z u m L a d e n und L ö s c h e n , für die gehörige S t a u u n g der L a d u n g , sowie dafür z u sorgen, d a ß das Schiff n i c h t s c h w e r e r beladen wird, als die Tragfähigkeit desselben und die jeweiligen Wasserstandsverhältnisse es g e s t a t t e n . (3) W e n n der Schiffer im Auslande die daselbst geltenden Vorschriften, insbesondere die Polizei-, S t e u e r - u n d Zollgesetze n i c h t beachtet, so h a t er den d a r a u s entstehenden Schaden z u ersetzen. (4) F ü r die F a h r t ü c h t i g k e i t des Schiffes bei A n t r i t t der Reise h a f t e t den in § 7 Abs. 2 bezeichneten Personen a u c h der Schiffseigner persönlich, n i c h t n u r m i t Schiff u n d F r a c h t .
17 O L G Hamburg VersR 1972, 658. 100
§8
Besondere Pflichten des Schiffers
1. Allgemeines 2. Die Erfüllung der Dienstobliegenheiten 3. Die Fahrtüchtigkeit eines Schiffes . 4. Die gehörige Einrichtung und Ausrüstung eines Schiffes 5. Die Ladetüchtigkeit eines Schiffes . 6. Die Bemannung
Übersicht Rdn. 1-2 7. Die Schiffspapiere 8. Die Beladung des Schiffes 3—4 9. Zollvorschriften 5-8 10. Die Haftung des Schiffsführers für die Fahr- und Ladetüchtigkeit seines 9 Schiffes 10 11. Die Beweislast 11-12
Rdn. 13 14-18 19
20 21-22
1. Allgemeines a ) § 8 entspricht inhaltlich den seerechtlichen Vorschriften der § § 5 1 3 - 5 1 5 1 H G B . Eine vollständige Aufzählung der Dienstobliegenheiten des Schiffsführers fehlt im Gesetz. E s handelt sich bei § 8 um einen Anwendungsfall des in § 7 enthaltenen Grundsatzes der S o r g f a l t eines ordentlichen S c h i f f s f ü h r e r s . Hieraus folgt, daß der Schiffsführer im Falle einer schuldhaften Verletzung der in § 8 aufgeführten Dienstobliegenheiten den in § 7 A b s . 2 genannten Personen, also dem Schiffseigner, den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger), den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung haftet. D i e H a f t u n g aus § 8 ist auf den Kreis dieser Personen beschränkt. Als Ausnahmevorschrift ist § 7 A b s . 2 nicht auf andere Personen anwendbar 1 . b) Weitere Dienstobliegenheiten des Schiffsführers ergeben sich aus den 2 §§28 ff. für die Tätigkeit bei der A u s f ü h r u n g des Frachtgeschäfts, den §§ 70, 91, 99 sowie vor allem aus den Vorschriften des öffentlichen Rechts. Für die Beachtung der schiffahrtspolizeilichen Vorschriften sind die Schiffsführer verantwortlich.
2. Die E r f ü l l u n g der Dienstobliegenheiten N a c h § 8 A b s . 1 hat der Schiffsführer vor dem Antritt der Reise auf die Be- 3 schaffenheit, Ausrüstung und Bemannung des Schiffes „ z u sehen". N a c h § 8 A b s . 2 hat er für bestimmte Maßnahmen beim Einladen „ z u sorgen". D a s Gesetz verlangt aber nicht, daß er die für die Erfüllung dieser Dienstobliegenheiten erforderlichen Handlungen selbst vornehmen muß. D a m i t wäre auch ein Schiffsführer überfordert. E r hat nur im Rahmen seiner Schiffsleitung dafür zu sorgen, daß diese Dienstobliegenheiten durch die Schiffsmannschaft oder durch Dritte sorgfältig erfüllt werden, und er muß die A u s f ü h r u n g seiner Anordnungen ü b e r -
wachen.
Soweit der Schiffsführer nicht mit Bordmitteln in der Lage ist, die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten aus § 8 A b s . 1 und 2 zu treffen, muß er den Schiffseigner sofort benachrichtigen und ihn über den Sachverhalt vollständig und zutreffend informieren, um dessen Weisungen abzuwarten. H a t der Schiffsführer den Schiffseigner ausreichend unterrichtet und 1 R G Z 10, 18. 101
§8
2. Abschnitt. Schiffer
handelt er dann entsprechend den ihm erteilten Weisungen, haftet er nach §§ 8, 7 A b s . 2 Satz 1 den in § 7 A b s . 2 genannten Personen nicht, es sei denn, daß ihm eine strafbare H a n d l u n g zur Last fällt (§ 7 A b s . 2 Satz 2). 4
Allein durch die Unterrichtung des Schiffseigners kann sich ein Schiffsführer von der Erfüllung der in § 8 A b s . 1 und 2 genannten Dienstobliegenheiten nicht gegenüber den in § 7 A b s . 2 genannten Personen befreien, da er diesen Personenkreisen gegenüber eine gesetzliche Sorgfaltspflicht hat. Eine solche Befreiung tritt nach § 7 A b s . 2 Satz 1 erst ein, wenn der Schiffseigner den Schiffsführer anweist, sofortige Maßnahmen vorzunehmen oder zu unterlassen, z. B . die Reise mit einem beschädigten Schiff fortzusetzen. In einem solchen Fall haftet jedoch der Schiffseigner persönlich nach § 7 A b s . 3.
3. Die Fahrtüchtigkeit eines Schiffes 5
a) D e r Schiffsführer hat vor dem Antritt der Reise darauf zu achten, daß das Schiff fahrtüchtig ist. N a c h dem Sprachgebrauch versteht man unter einem f a h r t ü c h t i g e n Schiff ein Fahrzeug, das nach seiner Bauart, Beschaffenheit und seinen Einrichtungen ohne Gefahren zur Schiffahrt verwendet werden kann. D i e besondere Hervorhebung der Einrichtung, Ausrüstung und Bemannung eines Schiffes in § 8 A b s . 1 und die Tüchtigkeit der Gerätschaften zum Laden und Löschen in § 8 A b s . 2 zeigen, daß der Begriff Fahrtüchtigkeit nach dem Binnenschiffahrtsgesetz inhaltlich anders zu verstehen ist. D i e in § 8 A b s . 1 und 2 genannten Dienstobliegenheiten gehören nicht z u m Begriff der Fahrtüchtigkeit. Fahrtüchtig ist daher ein Schiff im Sinne des § 8 A b s . 1, wenn es in der L a g e ist, die gewöhnlichen Gefahren der geplanten Reise zu bestehen 2 . Ist ein Schiff infolge einer falschen B e l a d u n g instabil, so ist es als fahruntüchtig anzusehen 3 . Eine anfängliche Fahr- oder Ladetüchtigkeit des Schiffes liegt nicht vor, wenn zu erwarten ist, daß der Mangel bei gehöriger Bedienung des Schiffes vor Konkretisierung der Gefahr entdeckt und beseitigt wird 4 . D e r Schiffsführer eines Schubverbandes ist verpflichtet, selbst zu prüfen oder durch die Schiffsbesatzung prüfen zu lassen, o b der von der Reederei der Schubleichter angegebene T i e f g a n g mit der tatsächlichen Eintauchung und den durch den Wasserstand gegebenen Tiefgangsmöglichkeiten übereinstimmt 5 . D i e Fahruntüchtigkeit kann absolut oder relativ sein.
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Eine a b s o l u t e F a h r u n t ü c h t i g k e i t liegt vor, wenn das Schiff nach seiner Bauart, Stabilität und nach Unfallschäden aller Art nicht zur Binnenschiffahrt verwendet werden kann, wobei es auf die Art der Beladung und die Dauer der Reise nicht ankommt. Ein Schiff muß eben zur Binnenschiffahrt geeignet sein. 2 3 4 5
RGZ BGH BGH OLG
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70, 96. LM Nr. 3 zu §8 BSchG. ZfB 1983, 389. Köln ZfB 1987, 23.
Besondere Pflichten des Schiffers
§8
Eine relative Fahruntüchtigkeit ist anzunehmen, wenn dem Schiff die Fähigkeit fehlt, die geplante Reise gefahrlos durchzuführen. 6 Die Fahrtüchtigkeit eines Fahrzeugs, dessen Durchlaßöffnungen in den Schotten nicht dicht verschlossen werden können, ist zu verneinen 7 . Auch eine zu große Beladung oder eine zu hohe Deckslast des Schiffes können zur relativen Fahruntüchtigkeit führen. Die Haftung des Schiffseigners und des Schiffsführers für die Fahr- und Ladetüchtigkeit kann nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden. Das gilt sowohl für die Haftung nach dem Binnenschiffahrtsgesetz als auch nach dem B G B 8 . b) Das Gesetz verlangt vom Schiffsführer, daß er sein Schiff vor dem Antritt 7 der Reise auf das Vorliegen der absoluten und relativen Fahrtüchtigkeit hin überprüft. Es handelt sich um eine Kardinalpflicht des Schiffsführers, da durch die Beachtung dieser Pflicht vermeidbare Risiken der geplanten Reise ausgeschlossen werden. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob das Schiff dicht ist. Alle Erkenntnisquellen hat der Schiffsführer oder die mit der Überprüfung beauftragten Besatzungsmitglieder auszuschöpfen. Bevor ein Schiff beladen wird, ist die Dichte des Schiffskörpers zu prüfen, weil nur dann feststellbar ist, wo sich ein etwaiges Leck befindet. Auch nach der Beladung ist das Schiff auf Dichte hin zu überprüfen, weil der Druck der Ladung auf den Schiffsboden einwirken kann. Die Uberprüfung der Fahrtüchtigkeit hat sich auch auf das Zubehör zu erstrecken 9 . Man wird jedoch nicht verlangen können, daß der Schiffsführer vor dem Antritt der Reise auch seine Radaranlage zwecks Überprüfung in Tätigkeit setzt, da das Schiff auch ohne Radar, wenn auch nicht bei unsichtigem Wetter, fahren kann. c) Unter einer Reise im Sinne des § 8 Abs. 1 ist jede Schiffsbewegung zu verste- 8 hen, die nach Beendigung der vorhergehenden Reise zu einem neuen selbständigen Zweck angetreten wird 1 0 . Das Schiff muß vor dem Antritt der neuen Reise seinen früheren Auftrag erfüllt oder die Ladung gelöscht haben. d) Für die Fahrtüchtigkeit des Schiffes bei Antritt der Reise haftet auch der Schiffseigner den in § 7 Abs. 2 genannten Personen nach § 8 Abs. 4 persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht. Der Schiffseigner haftet weiter nach § 8 Abs. 4 auch für die Ladetüchtigkeit des Schiffes.
6 Zur anfänglichen Fahruntüchtigkeit eines Schiffes, das für einen Teil der beabsichtigten Reise im Hinblick auf die vorgehaltene Wassertiefe zu stark abgeladen ist, vgl. B G H VersR 1980, 65; L M N r . 5 zu § 8 . 7 Vgl. B G H VersR 1966, 871. 8 B G H Z 49, 356 = N J W 1968, 1567 = L M N r . 2 zu § 8 BSchG. 9 R G Z 25, 106. 10 B G H N J W 1952, 66.
103
§8
2. Abschnitt. Schiffer
4. Die gehörige Einrichtung und Ausrüstung des Schiffes 9
N a c h § 8 A b s . 1 hat der Schiffsführer vor dem Antritt der Reise auf die gehörige Einrichtung und Ausrüstung des Schiffes „ z u sehen". Die durch Gesetz oder Verordnung bestimmten Anforderungen an das Schiff und seine Gerätschaften müssen voll erfüllt sein. D e r Schiffsführer hat darauf zu achten, daß das Schiff zur Verwendung in der Schiffahrt allgemein geeignet ist und sich alle für den Schiffsbetrieb erforderlichen Gerätschaften an B o r d befinden. Insbesondere hat der Schiffsführer für den zur Durchführung der Reise erforderlichen Treibstoff zu sorgen.
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A u s den Anforderungen an ein Schiff zur A u s f ü h r u n g der geplanten Reise folgt die Pflicht, nicht nur ein fahrtüchtiges, sondern auch ein ladetüchtiges Schiff vorzulegen. A u c h insoweit handelt es sich um eine Kardinalpflicht der Schiffahrt. D a s Schiff muß dicht und auch im übrigen geeignet sein, die zu ladenden Güter sicher zu befördern und in gutem Zustande an den E m p f ä n g e r abzuliefern. D a s Schiff muß sich insbesondere in einem derart gereinigten Zustand befinden, daß eine empfindliche L a d u n g weder durch Reste einer früheren L a d u n g verunreinigt noch in anderer Weise beeinträchtigt wird. 1 1 . E s muß beim Antritt der Reise feststehen, daß die L a d u n g während der Reise nicht durch Witterungseinflüsse beeinträchtigt werden kann. D i e L a d u n g muß ausreichend geschützt werden können. D a s L u k e n d a c h des Schiffes muß bei einer empfindlichen L a d u n g dicht sein 1 2 . N o t w e n d i g ist auch, daß die L a d u n g - falls notwendig - belüftet werden kann. Werden schwere G ü t e r geladen, müssen Vorkehrungen und Sicherungen geschaffen werden, damit die Güter nicht während der Reise ins Rutschen geraten und Schiff und L a d u n g gefährden. Fehlen Erfahrungen über die Verladung von einzelnen Schwergütern, wird die Zuziehung von Sachverständigen geboten sein, wenn nicht die Verladung von Fachfirmen durchgeführt wird. Von einem Schiffsführer dürfen keine Fachkenntnisse verlangt werden, die über die eines Sachverständigen hinausgehen.
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a) D e r Schiffsführer hat vor dem Antritt der Reise darauf zu sehen, daß das Schiff hinreichend bemannt ist. D a s Schiff muß mit den im Schiffsattest aufgeführten Besatzungsmitgliedern bemannt sein. Gegen diese Dienstobliegenheit wird in der Binnenschiffahrt oft verstoßen. A u c h Personalmangel stellt keinen
5. Die Ladetüchtigkeit eines Schiffes
6. Die Bemannung
11 Zu der Frage, inwieweit der Schiffsführer die Ladungsuntüchtigkeit seines Fahrzeugs zu vertreten hat, wenn die Ladungsseite die Laderäume durch ein SpezialUnternehmen überprüft und zur Beladung freigegeben hat, vgl. B G H Z 82, 162 = NJW 1981, 992 = LM Nr. 10 zu §§7, 8, 58 BSchG. 12 B G H LM Nr. 6 zu §8 BSchG. 104
Besondere Pflichten des Schiffers
§8
Entschuldigungsgrund für die Nichtbeachtung der B e m a n n u n g s v o r s c h r i f t e n dar. Fehlt vor dem Antritt der Reise eine gehörige Bemannung oder sind ungeeignete Personen an B o r d geschickt worden, muß der Schiffsführer den Schiffseigner auf die ungenügende Bemannung hinweisen, damit der Schiffseigner für Abhilfe sorgt. In der Regel ist der Schiffsführer nicht in der Lage, von B o r d aus selbst für Abhilfe zu sorgen, da er keinen Zugang z u m Arbeitsmarkt hat. Allerdings kann der Schiffseigner den Schiffsführer beauftragen, selbst für eine gehörige Bemannung z u sorgen. Ist das Schiff trotz entsprechender Hinweise des Schiffsführers durch den Schiffseigner nicht gehörig bemannt worden, so ist der Schiffsführer berechtigt, den Antritt der Reise zu verweigern. D a er durch den Antritt eine Reise ohne gehörige Bemannung entsprechend dem Schiffsattest gegen die Bemannungsvorschriften verstößt, muß er die Reise unterlassen. N e ben einem B u ß g e l d muß der Schiffsführer im Falle einer Reise ohne gehörige Bemannung Schadensersatzansprüche der in § 7 A b s . 2 genannten Personen sowie Dritter nach §§ 823 ff. B G B besorgen. b) D i e Einstellung und Entlassung der Schiffsmannschaft ist Sache des Schiffs- 1 2 eigners. D e r Schiffsführer ist zur Annahme und Entlassung der Schiffsmannschaft, wenn ihm dazu nicht ein besonderer Auftrag erteilt worden ist, nur im Rahmen des § 15 A b s . 1 berechtigt.
7. Die Schiffspapiere D e r Schiffsführer hat nach § 8 A b s . 1 darauf zu sehen, daß die Schiffspapiere 1 3 und Ladungsverzeichnisse an B o r d sind. D a s Binnenschiffahrtsgesetz sagt nicht, welche Papiere dazu gehören. Mehrere andere Vorschriften treffen dazu Bestimmungen. So muß nach § 6 0 S c h R e g O der Schiffsbrief, nach den §§ 12 Ziff. 5, 13 S c h R e g O der Eichschein, das Ölkontrollbuch, bei Güterschiffen die F r a c h t p a piere (Ladungspapiere) wie der F r a c h t v e r t r a g (Schiffsbefrachtungsschein, Schlußschein, Ladeschein), das L a d u n g s v e r z e i c h n i s (Manifest) und die v o m A b sender beizubringenden Zollpapiere an B o r d sein. In öffentlich-rechtlichen Vorschriften ist die Mitführung weiterer U r k u n d e n sowie die Mitführung eines A b d r u c k s bestimmter Verordnungen vorgeschrieben. D a z u gehören auch das S c h i f f s f ü h r e r - und das R a d a r p a t e n t sowie der A b n a h m e s c h e i n der Schiffsuntersuchungskommission. N a c h den Versicherungsbedingungen muß ferner ein K l a s s i f i k a t i o n s a t t e s t an B o r d sein, das für die gerichtliche Praxis keine Bedeutung hat. Ein fehlendes R h e i n a t t e s t des Schiffes begründet nicht den Anscheinsbeweis für eine Fahruntüchtigkeit des Schiffes 1 3 .
13 B G H VersR 1965, 778. 105
§8
2. Abschnitt. Schiffer
8. Die Beladung des Schiffes 14
a) Nach § 8 Abs. 2 hat der Schiffsführer für die „Tüchtigkeit der Gerätschaften zum Laden und Löschen" zu sorgen. Es handelt sich hierbei um Dienstobliegenheiten, die der Vorbereitung der Beladung eines Motorgüterschiffes dienen. Üblicherweise haben moderne Motorgüterschiffe keine eigenen Verladungseinrichtungen, da die Lade- und Löschstellen mit modernen Hebezeugen oder Kränen so ausgestattet sind, daß Binnenschiffe schnell beladen oder leergestellt werden können. Maschinenleistungen haben die Handarbeit weitgehend verdrängt. Selbst in Laderäumen wird Gerät eingesetzt. Anders verhält es sich mit Motortankschiffen. Die Schiffsführer derartiger Fahrzeuge müssen - auch nach Werftaufenthalten - entsprechend den Checklisten ihre bordeigenen Systeme genau überprüfen. Bei Motortankschiffen kann eine Ladeuntüchtigkeit auch auf einer fehlerhaften Bedienung von Ventilen beruhen. Hierdurch können Ladungsteile vermischt werden 14 . Verletzt ein Schiffsführer schuldhaft seine Uberprüfungspflichten, ist er den in § 7 Abs. 2 genannten Personen wegen Verletzung seiner Dienstobliegenheiten schadenersatzpflichtig. Im Falle eines Uberläufers hat er die Kosten einer Beseitigung der Wasserverunreinigung nach §§ 823 ff. BGB zu ersetzen und ist weiter auch nach § 326 StGB strafbar.
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b) Das Gesetz schreibt ferner vor, daß der Schriftführer für die „gehörige Stauung der L a d u n g " zu sorgen hat. Stauung ist die ordnungsgemäße Unterbringung und Verteilung der Frachtgüter in den Laderäumen des Schiffes, so daß weder das Schiff noch die geladenen Güter gefährdet werden. Die Stauung muß so bewirkt werden, daß unter Berücksichtigung aller Umstände und nach aller Voraussicht eine Gefahr für die Frachtgüter durch die Art der Beladung ausgeschlossen ist. Der Schiffsführer hat auf eine gleichmäßige Beladung des Schiffes zu achten, weil bei einer ungleichmäßigen Beladung das Schiff brechen kann. Welche Maßnahmen im einzelnen zu treffen sind, ist eine Frage des Einzelfalles. Der Schiffsführer hat nicht die Verpflichtung, eine bestimmte Art des Ladens oder Löschens vorzuschreiben 15 . In aller Regel erfolgt die Beladung und Entladung der Schiffe durch Fachfirmen, die über das entsprechende Gerät verfügen. Das enthebt aber den Schiffsführer nicht von der Pflicht, den Belade- und Löschvorgang sorgfältig und ständig zu beobachten und einzuschreiten, wenn die Lade- oder Löscharbeiten fehlerhaft sind. Der Schiffsführer bleibt für die Sicherheit seines Schiffes und für die übernommenen Frachtgüter bis zur Auslieferung verantwortlich. Ein Schiffsführer braucht aber nicht damit zu rechnen, daß die von einem Umschlagunternehmen als Fachfirma vorgenommene Art der Verladung Gefahren für das Schiff mit sich bringt, wenn nicht 14 O L G Köln VersR 1978, 321. 15 O L G Köln Z f B i960, 376.
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Besondere Pflichten des Schiffers
§8
einmal Sachverständige die Gefahr kennen und darauf erst durch den Unfall des Schiffes aufmerksam werden. In der Praxis hat sich gezeigt, daß gewisse E r z s o r ten und gestapelte Plastiksäcke, wie sie bei der Salzverschiffung verwandt werden, verrutschen können. A u c h sind verpackte Kabeltrommeln nicht stets so stabil, daß mehrere aufeinander gestapelte Kabeltrommeln gefahrlos transportiert werden können. A u s der Praxis ergeben sich folgende Maßnahmen: D i e Frachtgüter müssen festliegen, dürfen aber nicht zusammengepreßt sein. S c h w e r e G ü t e r sind unten im Schiff auf der Strau zu laden, nicht auf zerbrechlichen Gütern. Auch bei der Verladung von Containern ist darauf zu achten, daß nicht durch hohe Gewichte in der oberen L a g e eine nachteilige Beeinflussung der Schiffsstabilität herbeigeführt wird. E m p f i n d l i c h e G ü t e r sind besonders zu laden und dürfen nicht mit Gütern in Verbindung k o m m e n , die Gerüche oder Ausdünstungen verbreiten. Vor der Beladung eines Schiffes mit Gütern, die nicht verunreinigt werden dürfen, muß der Laderaum besonders gereinigt werden. Bei Mehl und Getreide ist die Möglichkeit von Verunreinigungen durch Reste früherer Ladungen und durch Gerüche auszuschließen. Stets hat der Schiffsführer darauf zu achten, daß die L a d u n g so gesichert ist, 1 6 daß sie sich nicht verschiebt und die Stabilität des Schiffes gefährdet. Coils müssen besonders gesichert werden, weil das Schiff einer Kentergefahr ausgesetzt wird, wenn die L a d u n g verrutscht. Bei C o n t a i n e r s c h i f f e n ist auf die Veränderung des Schwerpunktes des Schiffes zu achten. Schwere Container gehören nach unten. Eine zu hohe D e c k s l a s t ist zu vermeiden, wenn hierdurch keine ausreichende Sicht mehr durch den Schiffsführer besteht. Ladungsteile in Paletten müssen gegen Bewegungen gesichert werden. Wenn Ladungsteile gegen Wasser, das sich unter der Strau befindet, geschützt werden muß, kann sich die Notwendigkeit von Unterlagen (Garnieren) ergeben. Der Schiffsführer ist wie der Frachtführer nicht verpflichtet, über die U b e r prüfung der Verladung auf Betriebssicherheit hinaus auch die B e f ö r d e r u n g s s i cherheit des Gutes (die Ladungssicherung) zu überprüfen. J e d o c h trifft ihn die allgemeine Rechtspflicht, auf eine ordnungsgemäße, das G u t vor Schaden bewahrende Verladung hinzuwirken, wenn er erkennt, daß das G u t nicht beförderungssicher verladen ist, oder wenn die Gefahr eines Schadenseintritts nach den Umständen für ihn ohne weiteres ersichtlich ist 1 6 . c) D e r Schiffsführer hat im Rahmen seiner Dienstobliegenheiten nach § 8 1 7 A b s . 2 dafür zu sorgen, daß das Schiff nicht überladen wird. Maßgebend für das Fassungsvermögen eines Schiffes ist der Eichschein. Daraus kann der Schiffsführer die Tragfähigkeit feststellen. Bei Fahrtantritt muß der Schiffsführer an beiden Schiffsseiten anhand der E i c h m a r k e n überprüfen, wie das Schiff vorn und achtern im Wasser liegt. Ein Schiff darf nicht so hart abgeladen werden, daß es auf
16 B G H ZfB 1989, 18. Dort auch zur Frage der Gewichtung von Fahr- und Verladefehlern. 107
§8
2. Abschnitt. Schiffer
der vorgesehenen Reise nicht genügend Wasser unter dem Kiel findet. Es muß stets ein Wasserpolster von mehr als 30 cm unter dem Kiel vorhanden sein, weil das Schiff durch seine eigene Geschwindigkeit sich absenkt und ihm durch Sog und Druck anderer Schiffe das Wasser unter dem Kiel weggenommen werden kann. Jeder Schiffsführer muß laufend die Wasserstandsnachrichten verfolgen und dementsprechend die Beladung seines Fahrzeugs einrichten. Die Wasserstandsverhältnisse und ihre Tendenzen sowie die jeweilige Jahreszeit können für einen Schiffsführer Anlaß sein, die Abladung des Schiffes zu beschränken17. Insoweit dürfen aber die Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden, da sich die Wasserstandsverhältnisse schnell ändern können. Der Schiffsführer braucht nicht mit besonders ungünstigen Verhältnissen zu rechnen, muß sich aber stets erkundigen, ob die zu befahrenden Strecken genügend Wasser aufweisen und eisfrei sind. Wenn es sich um wenig befahrene Wasserstraßen handelt oder wenn dem Schiffsführer die Wasserstraße überhaupt unbekannt, dem Absender hingegen bekannt ist, muß man den Absender als verpflichtet ansehen, den Schiffsführer zu unterrichten. 18
Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch Anordnung einer zu tiefen Abladung scheidet aus, wenn schon beim Abschluß des Frachtvertrages mit einer Umladung oder Aufleichterung an bestimmten Zwischenorten gerechnet wird (§§49 Abs. 3, 66). Bei Massengütern kommt die Klausel vor, daß nach Wasserstand abgeladen wird. Wird nach dem Frachtvertrag eine größere Ladung eingeladen, als nach dem augenblicklichen Wasserstand befördert werden kann, ist anzunehmen, daß der Schiffsführer mit dem Antritt der Reise auf Kosten des Absenders bis zum Steigen des Wassers abwarten soll.
9. Die Zollvorschriften 19
Bei Fahrten im grenzüberschreitenden Verkehr wird vom Schiffsführer ebenso wie bei Fahrten auf den deutschen Wasserstraßen die Kenntnis der jeweils geltenden Vorschriften, insbesondere der Verkehrsvorschriften, Polizei-, Zoll- und Steuervorschriften verlangt. Diese hat der Schiffsführer zu beachten, weil sonst das Schiff und die Ladung der Gefahr einer Beschlagnahme oder vorläufigen Sicherstellung, die häufig zum Verlust von Ladungsteilen führt, ausgesetzt ist.
10. Die Haftung des Schiffseigners für die Fahr- und Ladetüchtigkeit seines Schiffes 20
Für Mängel der Fahrtüchtigkeit seines Schiffes bei Antritt der Reise haftet der Schiffseigner nach § 8 Abs. 4 neben dem Schiffsführer den in § 7 Abs. 2 genannten Personen als Gesamtschuldner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht, d. h. 17 RGZ 38, 5.
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Besondere Pflichten des Schiffers
§8
der Geschädigte erwirbt neben der persönlichen, unmittelbaren und unbeschränkten Haftung auch noch ein Schiffsgläubigerrecht. Die unbeschränkt persönliche Haftung des Schiffseigners für die Ladeuntüchtigkeit des Schiffes bei Antritt der Reise nach § 8 Abs. 4 setzt voraus, daß der Schiffsführer diesen Mangel verschuldet hat. Ein Fehler der übrigen Besatzung begründet eine Haftung des Schiffseigners nur dann, wenn der Schiffsführer diesen Mangel mit zu vertreten hat 18 . Daß ausnahmsweise der Geschädigte auch noch ein Schiffsgläubigerrecht erwirbt, also sein Anspruch mit einem Vorzugsrecht ausgestattet ist, folgt aus dem Wortlaut des Gesetzes. Zwar haftet der Schiffseigner mit seinem ganzen Vermögen, einschließlich von Schiff und Fracht, der Wert des Schiffsgläubigerrechts liegt gegenüber dem allgemeinen Zugriff auf das gesamte Vermögen des Schiffseigners in der Vorzugsstellung im Vergleich zu geringer eingestuften Schiffsgläubigern und insbesondere in dem Vorrang vor den im Schiffsregister eingetragenen Schiffshypotheken. Der Schiffseigner haftet nach § 8 Abs. 4 auch persönlich für die Ladeuntüchtigkeit des Schiffes. Zur Fahruntüchtigkeit bei Antritt der Reise gehört die Ladeuntüchtigkeit". Eine Haftung des Schiffseigners besteht auch dann, wenn er das Schiff nach dem Beginn der Reise, aber noch in Abwicklung des Vertrages gestellt hat, damit darin die Frachtgüter umgeschlagen und für längere Zeit an einem bestimmten Ort bleiben können 20 .
11. D i e B e w e i s l a s t a) Dem Geschädigten obliegt die Beweislast dafür, daß der Schiffsführer nach 2 1 objektiven Gesichtspunkten seine Dienstverpflichtungen verletzt hat und hierauf der Schaden beruht. Es ist dann Sache des Schiffsführers, sich zu entlasten, weil der erste Anschein für ein Verschulden des Schiffsführers spricht, wenn ihm objektiv eine Dienstpflichtverletzung zur Last fällt. Dem Geschädigten kann für den Beweis einer Fahruntüchtigkeit der Beweis des ersten Anscheins zur Hilfe kommen, wenn z. B. ein Schiff ohne einen äußeren Anlaß plötzlich sinkt 21 . Bei zu tiefer Abladung spricht der Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Schiffsführers, weil er wissen muß, ob sein Schiff für die zu durchfahrende Strecke zu tief abgeladen ist 22 . Auch bei der Verunreinigung einer L a d u n g spricht der Anscheinsbeweis für das Verschulden des Schiffsführers.
18 19 20 21 22
BGH LM Nr. 8 zu §§8, 58 BSchG = ZfB 1984, 142. BGHZ 49, 356; 71, 171. RG VRS 1937, 58. BGHZ 67, 384 = LM Nr. 5 zu §58 BSchG. BGH VersR 1980, 65; ZfB 1980, 20. 109
2. Abschnitt. Schiffer
§9 22
b) Wird der Schiffseigner aus den §§ 7, 8 A b s . 4 in Anspruch genommen, haben die Geschädigten die anfängliche Fahr- und Ladeuntüchtigkeit und das Verschulden des Schiffsführers zu beweisen 2 3 . D e r Schiffseigner kann den gegen die verschuldete Ladeuntüchtigkeit und für ein Verschulden des Schiffsführers sprechenden Anscheinsbeweis durch den Nachweis entkräften, daß den Schiffsführer kein Verschulden trifft.
§9 (1) Wenn der Schiffer d u r c h K r a n k h e i t oder a n d e r e U r s a c h e n v e r h i n d e r t ist, das Schiff z u f ü h r e n , so d a r f er den A n t r i t t oder die F o r t s e t z u n g der Reise nicht u n g e b ü h r l i c h v e r z ö g e r n ; er m u ß vielmehr, w e n n Zeit u n d U m s t ä n d e es g e s t a t t e n , die A n o r d n u n g des Schiffseigners einholen u n d f ü r die Zwischenzeit die geeigneten V o r k e h r u n g e n treffen, i m e n t g e g e n g e s e t z t e n Falle aber einen a n d e r e n Schiffer einsetzen. (2) F ü r diesen Stellvertreter ist er n u r i n s o f e r n v e r a n t w o r t l i c h , als i h m bei der Wahl desselben ein Verschulden z u r L a s t fällt. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Dienstantritt des Schiffsführers 3. Vorkehrungen bei Behinderungen des Schiffsführers
Rdn. 1 2 3
4. Der Ersatzschiffsführer 5. Die Haftung bei Verletzung Dienstobliegenheiten 6. Die Beweislast
Rdn. 4-5 der 6-8 9
1. A l l g e m e i n e s 1
§ 9 stimmt inhaltlich weitgehend mit § 5 1 6 H G B überein. Für den Schiffsführer gelten die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts. D i e Vorschriften des Seearbeitsrechts sind unanwendbar. Der Arbeitsvertrag des Schiffsführers mit seinem Arbeitsgeber, das ist in der Regel der Schiffseigner, ist auf die Leistung von Schiffsdiensten gerichtet. 1 Bei größeren Schiffahrtsunternehmen bestimmt der Arbeitgeber - soweit ein Betriebsrat gewählt ist, mit dessen Einverständnis - den jeweiligen Einsatz des Schiffsführers innerhalb der Flotte des Schiffahrtsunternehmens. Bei Fahrten in der C o n t i n u e f a h r t werden Besatzungsmitglieder nach einem festen Plan ständig ausgewechselt, u m den Fahrbetrieb aufrechtzuerhalten.
23 R G Z 125, 422; B G H VersR 1983, 1029 = LM Nr. 8 zu §8 BSchG = ZfB 1984, 142. 1 Wegen der Einzelheiten vgl. RGRK-ßemm, Anh. II zu §630 BGB. 110
Besondere Pflichten des Schiffers
§9
2. D e r D i e n s t a n t r i t t des S c h i f f s f ü h r e r s Nach dem Arbeitsrecht ist der Schiffsführer verpflichtet, seine Dienste zu der 2 im Arbeitsvertrag bestimmten Zeit anzutreten. Er hat sich dann ständig für Schiffsdienste innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit bereitzuhalten. Im Arbeitsvertrag können Schiffsdienste auf einem bestimmten Schiff vereinbart sein, so daß der Schiffsführer das Schiff an dem ihm bezeichneten Liegeort ohne weiteres erreichen und seinen Dienst dort antreten kann. Möglich ist aber auch, daß er allgemein zur Leistung von Schiffsdiensten innerhalb der Flotte des Schiffahrtsunternehmens angenommen worden ist. Ihm ist dann rechtzeitig vom Arbeitgeber anzugeben, wann und auf welchem Fahrzeug er Dienste zu leisten hat und wo er an Bord gehen kann. Der Schiffsführer hat sich an die Anweisungen seines Arbeitgebers zu halten. Werden keine Weisungen über bestimmte Schiffsdienste erteilt, hat der Schiffsführer seine Dienste in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers zur Verfügung zu halten. Es kann aber auch vereinbart werden, daß sich der Schiffsführer zu Hause auf Abruf bereithält. Wenn der Schiffsführer nach einer Weisung des Arbeitgebers von seinem Wohnort aus zum Schiff anreisen und das Schiff auf ihn warten muß, liegt in der Wartezeit keine ungebührliche Verzögerung der Reise. Bei der Frage, wie sich der Dienstantritt gestaltet, handelt es sich um Fragen, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts zu beurteilen sind. Die sich als Dienstobliegenheiten aus §9 ergebenden Verpflichtungen des Schiffsführers stehen unter dem Gebot, den Antritt oder die Fortsetzung der Reise des Schiffes nicht ungebührlich zu verzögern. 3. V o r k e h r u n g e n bei B e h i n d e r u n g e n des S c h i f f s f ü h r e r s Nach § 9 Abs. 1 darf der Schiffsführer den Antritt oder die Fortsetzung der 3 Reise nicht ungebührlich verzögern, wenn er durch Krankheit oder durch andere Ursachen verhindert ist, das Schiff zu führen. Das Gesetz enthält damit den Grundsatz, daß die persönliche Behinderung des Schiffsführers niemals zu einer ungebührlichen Verzögerung der Reise führen darf. Bei Motorschiffen ist regelmäßig nur ein Schiffsführer an Bord. Fällt er durch Krankheit oder aus anderen Gründen aus, kann die Fahrt unter einer Schiffsführung durch die Schiffsmannschaft nicht fortgesetzt werden, da nur ein Patentinhaber das Schiff führen darf. Bleibt das Schiff liegen, entsteht ein beträchtlicher Nutzungsverlust und aus dem Frachtvertrag können Schadensersatzansprüche erwachsen. Der Schiffsführer hat dem entgegenzuwirken und bei Behinderungen, die nicht sofort behebbar oder nur von kurzer Dauer sind, sofortige Vorkehrungen zu treffen. Er muß, soweit Zeit und Umstände dies gestatten, die Anordnungen des Schiffseigners einholen. Über Funk- oder Sprechverbindungen ist in der Praxis der Schiffseigner immer erreichbar und kann sofort seine Weisungen erteilen. Bis zum Eingang der Weisung hat der Schiffsführer jedoch selbst die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um den sofortigen Antritt oder die Fortsetzung der Reise zu ermögli111
§9
2. Abschnitt. Schiffer
chen. Er hat für die Sicherheit des Schiffes und der Ladung zu sorgen. Ein Schiffsführer darf eine Anweisung des Schiffseigners zum Antritt oder zur Fortsetzung der Fahrt nicht befolgen und darf die Fahrt einstellen, wenn er infolge Krankheit nicht mehr fahrtauglich ist und bei Fortsetzung der Fahrt der Schiffsverkehr gefährdet wäre. Kommt es bei weisungsgemäßer Fortsetzung der Reise durch einen fahruntauglichen Schiffsführer zu einem Unfall, haften Schiffsführer und Schiffseigner dem Geschädigten als Gesamtschuldner nach den §§ 823 ff. BGB. Auch bei Unfällen muß der Schiffsführer den Schiffseigner sofort in Kenntnis setzen und dessen Weisungen abwarten.
4. Der Ersatzschiffsführer 4
a) Nach § 9 Abs. 1 hat der Schiffsführer, wenn die Einholung einer Anordnung des Schiffseigners untunlich ist, im Falle seiner Behinderung einen Ersatzschiffsführer einzusetzen. Von einer solchen Maßnahme muß der Schiffsführer den Schiffseigner in Kenntnis setzen (§ 10 Abs. 1). In der Praxis kommt die Einsetzung eines solchen Ersatzschiffsführers nicht vor, weil der Schiffseigner durch die modernen Nachrichtenverbindungen sofort in Kenntnis gesetzt werden kann und selbst einen anderen Schiffsführer an Bord beordern kann. Soweit in § 9 Abs. 2 der Ersatzschiffsführer als „Stellvertreter" bezeichnet ist, handelt es sich um keine Stellvertretung im Sinne des BGB, sondern um einen kraft gesetzlicher Befugnisse bestellten Ersatzschiffsführer, der die Rechte und Pflichten zur Schiffsleitung nur so lange ausüben darf, bis er vom Schiffseigner abberufen wird (§ 20 Abs. 6).
5
b) Das Gesetz regelt nicht den Fall, daß ein Schiffsführer plötzlich durch Krankheit, Unfall oder Tod handlungsunfähig wird. Die Mitglieder der Schiffsmannschaft können in einem solchen Falle nicht anstelle des Schiffsführers einen Ersatzschiffsführer bestellen. Wer in einem solchen Falle tatsächlich die Schiffsführung übernimmt, ist nicht der vom Schiffseigner eingesetzte Schiffsführer im Sinne des §7, sondern handelt als Geschäftsführer ohne Auftrag nach den §§677ff. BGB. Ein etwaiges Verschulden dieses Geschäftsführers hat der Schiffseigner nur zu vertreten, wenn der Geschäftsführer zur Schiffsmannschaft gehört.
5. Die Haftung für Verletzung der Dienstobliegenheiten 6
a) Bei den Dienstobliegenheiten nach § 9 hat der Schiffsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers anzuwenden; denn diese Sorgfaltspflicht hat der Schiffsführer bei allen Dienstverrichtungen zu beobachten (§7 Abs. 1). Bei schuldhafter Verletzung seiner Dienstobliegenheit aus § 9 haftet der Schiffsführer den in § 7 Abs. 2 genannten Personen unmittelbar persönlich, hat aber u. U. einen arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch gegen den Schiffseigner.
7
b) Der Schiffsführer hat für ein Verschulden des Ersatzschiffsführers nicht 112
Unterrichtung des Schiffseigners — Sorge für die Ladung
§10
einzustehen, wenn ihn bei der Auswahl kein Verschulden trifft. Der Schiffsführer muß sich bei der Auswahl des Ersatzschiffsführers Zeugnisse über die bisherigen Beschäftigungsverhältnisse vorlegen lassen und davon überzeugen, daß der Ersatzschiffsführer ein Schiffsführerpatent für die zu durchfahrende Strecke besitzt und auch im übrigen über die notwendige persönliche Befähigung verfügt. Vorsicht ist gegenüber Personen geboten, die längere Zeit keine Schiffsdienste geleistet haben. Im Falle eines Auswahlverschuldens ist der Schiffsführer den in § 7 Abs. 2 genannten Personen zum Ersatz des auf dem Auswahlverschulden beruhenden Schadens verantwortlich und zwar als Gesamtschuldner mit dem Ersatzschiffsführer, der ihnen nach den §§ 823 ff. B G B haftet. c) Für den Arbeitslohn des Ersatzschiffsführers hat der Schiffseigner persön- 8 lieh einzustehen, nicht nur mit Schiff und Fracht (§ 5). Fügt der Ersatzschiffsführer schuldhaft einem Dritten einen Schaden zu, hat dafür der Schiffseigner nach § 4 Abs. 1 N r . 3 einzustehen; denn auch der Ersatzschiffsführer ist eine Person der Schiffsbesatzung.
6. Die Beweislast Wird der Schiffsführer von den in § 7 Abs. 2 genannten Personen auf Scha- 9 densersatz in Anspruch genommen, weil er den Antritt der Reise oder deren Fortsetzung ungebührlich verzögert haben soll, muß der Geschädigte alle U m stände, die den Vorwurf einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung begründen, beweisen. D e m Schiffsführer obliegt es dann, sich zu entlasten. Für ein Auswahlverschulden des Schiffsführers (§ 9 Abs. 2) ist jeder Geschädigte beweispflichtig.
§10 (1) D e r Schiffer ist verpflichtet, von Beschädigungen des Schiffes oder der L a d u n g , v o n eingegangenen Geschäften sowie von der Einsetzung eines anderen Schiffers (§ 9) den Schiffseigner in Kenntnis zu setzen. Er hat in allen erheblichen Fällen, namentlich wenn er die Reise einzustellen oder zu ändern sich genötigt findet, die Erteilung von Verhaltungsmaßregeln bei dem Schiffseigner nachzusuchen, sofern es die U m s t ä n d e gestatten. (2) I m Interesse der Ladungsbeteiligten hat der Schiffer während der Reise f ü r das Beste der L a d u n g nach Möglichkeit S o r g e zu tragen. (3) Werden zur A b w e n d u n g oder Verringerung eines Verlustes besondere Maßregeln erforderlich, so hat er, wenn tunlich, die Anweisung der L a d u n g s beteiligten einzuholen, sonst nach bestem Ermessen das Erforderliche selbst zu veranlassen und d a f ü r zu sorgen, daß die Ladungsbeteiligten von dem Vorfall u n d den d a d u r c h veranlaßten Maßregeln schleunigst in Kenntnis gesetzt werden. 113
§10
2. Abschnitt. Schiffer Übersicht Rdn. 1-2
1. Allgemeines 2. D i e Benachrichtigungspflicht 3. D i e
Einholung
des Schiffseigners
von .
4. D i e Ladungsfürsorge
. . .
3-5
Anweisungen
Rdn. 5. D i e
Einholung
von
Anweisungen
der Ladungsbeteiligten
12-13
6. D a s Verhalten des Schiffsführers im 6-8 9-11
Falle eines Interessenwiderstreits . . 7. D i e Beweislast
14 15
1. Allgemeines 1
Die in § 10 Abs. 1 enthaltene Benachrichtigungspflicht des Schiffsführers entspricht im wesentlichen der seerechtlichen Vorschrift des § 534 Abs. 2 H G B . Der Schiffsführer hat den Schiffseigner über alle wesentlichen Vorgänge innerhalb seines Aufgabenbereichs ohne besondere Aufforderung in Kenntnis zu setzen, damit der Schiffseigner seine Dispositionen treffen kann. Ferner enthält § 1 0 Abs. 2 eine § 5 3 5 Abs. 1 H G B entsprechende Regelung über die L a d u n g s f ü r sorge des Schiffsführers. § 10 Abs. 3 entspricht § 5 3 5 Abs. 2 H G B über Maßnahmen zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes.
2
Es handelt sich bei den in § 10 beschriebenen Dienstobliegenheiten des Schiffsführers um gesetzliche Rechte und Pflichten des Schiffsführers. Die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind deshalb unanwendbar. Soweit der Schiffsführer Maßnahmen trifft, handelt er nicht als gesetzlicher Vertreter der Ladungsbeteiligten. E r darf auch keine weitergehenden Maßnahmen vornehmen, als sie im Interesse der Ladungsfürsorge und zur Sicherung der Ladung notwendig sind. Aus § 10 läßt sich auch keine Befugnis entnehmen, die Ladungsbeteiligten vor Gericht zu vertreten.
2. Die Benachrichtigungspflicht 3
a) Nach § 1 0 Abs. 1 ist der Schiffsführer verpflichtet, den Schiffseigner von Beschädigungen des Schiffes und der Ladung, von eingegangenen Geschäften sowie von der Einsetzung eines Ersatzschiffsführers (§ 9) in Kenntnis zu setzen. Die Benachrichtigungspflicht bezieht sich auf alle von dem Schiffsführer abgeschlossenen Geschäfte, sei es, daß die Geschäfte aufgrund einer gesetzlichen Vertretungsmacht (§ 15), sei es aufgrund einer Vollmacht oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossen worden sind. D e r Schiffseigner soll nach dem Zweck der Vorschrift fortlaufend und zutreffend über alle mit dem Schiff zusammenhängenden Angelegenheiten unterrichtet sein. In der Binnenschiffahrt sind größere Geschäfte des Schiffsführers die Ausnahme. An der Tagesordnung sind aber kleinere Geschäfte wie die Ersatzbeschaffung von Zubehör, die Ergänzung der Treibstoffvorräte und insbesondere die Annahme von Vorspann- oder Turnbooten nach einer Festfahrung. Insbesondere im letzten Falle muß ein Schiffsführer tunlich sofort den Schiffseigner verständigen und dessen Entschließungen abwarten. Bei allen Unfällen ist der
114
Unterrichtung des Schiffseigners - Sorge für die Ladung
§10
Schiffsführer verpflichtet, sofort den Schiffseigner zu verständigen. Eine solche Benachrichtigung ist aus Gründen des V e r s i c h e r u n g s s c h u t z e s dringend erforderlich, weil der Schiffseigner als Versicherungsnehmer dem Versicherer gegenüber verpflichtet ist, jeden Unfall, der das Schiff und/oder die L a d u n g betroffen hat, sofort dem Versicherer anzuzeigen, auch wenn dadurch ein Entschädigungsanspruch für ihn nicht begründet wird, sofern der Unfall für die von dem Versicherer zu tragende Gefahr von Erheblichkeit ist (§ 146 W G ) . Im Regelfall wird der Kaskoversicherer sofort seine Experten an die Unfallstelle beordern und die erforderlichen Maßnahmen an O r t und Stelle veranlassen. b) In der Binnenschiffahrt werden vielfach fortlaufende tagebuchartige A u f - 4 Zeichnungen durch den Schiffsführer gemacht. Vorschriften über die Führung eines Tagebuchs enthält aber das G e s e t z nicht. Wegen seiner vielgestaltigen sonstigen Aufgaben wäre ein Schiffsführer auch überfordert, wollte man ihm auch die Pflicht zur Führung eines Tagebuchs auferlegen. c) N a c h D u r c h f ü h r u n g der Reise ist der Schiffsführer auf Verlangen des 5 Schiffseigners zur A u s k u n f t u n d R e c h n u n g s l e g u n g nach den §§ 666, 675 B G B verpflichtet.
3. Die Einholung von Anweisungen des Schiffseigners a) D e r Schiffsführer ist nach § 10 A b s . 1 Satz 2 verpflichtet, in allen erhebli- 6 chen Fällen, wenn es die U m s t ä n d e gestatten, Verhaltungsmaßregeln einzuholen. D a s G e s e t z enthält eine beispielhafte Aufzählung und nennt die E i n s t e l l u n g oder Ä n d e r u n g der Reise. Man muß von dem Schiffsführer auch verlangen, daß er vorausschauend Anweisungen des Schiffseigners einholt, wenn sich besondere U m s t ä n d e abzeichnen, die die Durchführung der geplanten Reise beeinflussen.
Änderungen des Wasserstandes, Witterungseinflüsse und Sperrungen der
S c h i f f a h r t auf einzelnen Strecken lassen es angezeigt erscheinen, Entschließungen des Schiffseigners rechtzeitig herbeizuführen, u m Schaden von dem Schiff und an der L a d u n g zu vermeiden. Üblich ist auch, daß der Schiffseigner fortlaufend über den S t a n d o r t des Schiffes Kenntnis hat, um auch von sich aus disponieren zu können. b) D i e moderne Fernmeldetechnik gestattet es einem Schiffsführer in aller 7 Regel, den Schiffseigner ständig zu erreichen, wodurch so gut wie immer Anweisungen des Schiffseigners in den Fällen der großen Haverei möglich sind. Im Falle einer plötzlich auftretenden S c h i f f s g e f a h r - ausnahmsweise auch in sonstigen Fällen - kann das aber anders sein. Deshalb ist in § 10 A b s . 1 Satz 2 besonders erwähnt, daß die Einholung von Verhaltungsmaßregeln erfolgen soll, sofern es die U m s t ä n d e gestatten. In derartigen Fällen hat der Schiffsführer nach § 7 A b s . 2 die Pflicht, alle erforderlichen Maßnahmen nach eigenem Ermessen unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers zu treffen. c) D i e Pflicht zur Einholung von Anweisungen des Schiffseigners besteht 8 nicht nur vor oder nach Antritt der Reise, sondern solange dem Schiffsführer die 115
§10
2. Abschnitt. Schiffer
Schiffsführung anvertraut ist. Auch bei einem stilliegenden Schiff muß der Schiffseigner fortlaufend über alle erheblichen Vorkommnisse unterrichtet werden. Im übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften der §§675 ff B G B .
4. Die Ladungsfürsorge 9
a) Im Interesse der Ladungsbeteiligten hat der Schiffsführer während der Reise für das Beste der Ladung nach Möglichkeit Sorge zu tragen (§10 Abs. 2). Diese Dienstobliegenheit besteht nur gegenüber den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger), gegenüber dem Schiffseigner aber aufgrund der §§ 7 Abs. 1, 8 und allgemein aus dem Dienstverhältnis. Das Gesetz hebt in §10 Abs. 2 die dem Schiffsführer gegenüber der Ladung bestehenden Dienstpflichten hervor, weil die Ladungsfürsorge in der gewerblichen Schiffahrt eine Kardinalpflicht darstellt.
10
b) Das Gesetz spricht von einer Ladungsfürsorge während der gesamten Reise. Vernünftigerweise muß die Ladungsfürsorge als eine umfassende Pflicht verstanden werden, die mit der Übernahme der Frachtgüter beginnt und erst mit der vollständigen Löschung der Ladung endet. Solange sich die Frachtgüter in der Obhut des Schiffsführers befinden, hat er die optimalen Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung der Frachtgüter zu treffen.
11
c) Welche Maßnahmen zur pflichtgemäßen Ladungsfürsorge zu treffen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und kann daher vom Gesetz nicht abstrakt vorgeschrieben werden. Generell hat der Schiffsführer seinen Obhuts- und Fürsorgepflichten durch Überwachung des Schiffes, durch Bewachung des beladenen Schiffes und durch eine sachgemäße Behandlung der Frachtgüter bis zur Ablieferung der Frachtgüter an den Empfänger zu genügen. Die Ladungsfürsorge gebietet es, entsprechend der jeweiligen Witterung die Frachtgüter vor Nässe und Wärme zu schützen und gehörig zu belüften. Notwendig ist eine ständige Ladungskontrolle bei gepackten Gütern oder Gütern, die Hitze, Ausdünstungen oder Gasgemische entwickeln können.
12
Der Schiffsführer hat Anweisungen der Ladungsbeteiligten einzuholen, wenn zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes an den Frachtgütern besondere Maßnahmen erforderlich sind und die Einholung einer Anweisung tunlich ist (§ 10 Abs. 3). Das Gesetz legt dem Schiffsführer die Verpflichtung auf, nicht nur den Schiffseigner, sondern darüberhinaus auch die Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger) zu verständigen und ihre Anweisungen einzuholen. Der Schiffsführer muß in den angegebenen Fällen den Ladungsbeteiligten von dem Vorfall als solchem und den bisher getroffenen Maßnahmen ohne schuldhaftes Zögern Nachricht geben. Durch die Nachricht soll den Ladungsbeteiligten die Möglichkeit eingeräumt werden, in eigenem Interesse handelnd einzugreifen und die aus
5. Die Einholung von Anweisungen der Ladungsbeteiligten
116
Unterrichtung des Schiffseigners - Sorge für die Ladung
§10
ihrer Sicht erforderlichen Maßnahmen anzuordnen. Wegen der Beschaffenheit der Frachtgüter, die eine besondere Behandlung notwendig macht, kann durch zweckentsprechende Anordnungen der Ladungsbeteiligten ein Schaden abgewendet oder verringert werden. Erhält der Schiffsführer auf seine Nachricht hin keine Anweisung, hat der 1 3 Schiffsführer nach bestem Ermessen das Erforderliche zu veranlassen (§10 Abs. 3). Hierüber hat er die Ladungsbeteiligten ebenfalls zu informieren. Auch in einem solchen Falle schreibt das Gesetz dem Schiffsführer keine bestimmten Maßnahmen vor. Vielmehr sind die erforderlichen Maßnahmen nach bestem Ermessen im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers, also nach der beruflichen Übung und den in der Schiffahrt üblichen Gepflogenheiten zu treffen, wobei an die Kenntnisse des Schiffsführers keine höheren Anforderungen gestellt werden können, als sie von einem sorgfältigen Schiffsführer üblicherweise erwartet werden können. Uber ein besonderes Fachwissen, wie es von Sachverständigen erwartet wird, braucht ein Schiffsführer nicht zu verfügen. Der Schiffsführer ist je nach den Umständen des Einzelfalles berechtigt, die Ladung ganz oder teilweise zu löschen, zeitweilig einzulagern, eine Leichterung des Schiffes oder eine U m l a d u n g in ein anderes Schiff zu veranlassen oder in Fällen eines Maschinenschadens auch Schlepphilfe in Anspruch zu nehmen. Maßnahmen dieser Art kommen dann vor, wenn das Schiff durch den Zustand der Güter in Gefahr gerät. Die Ladung kann z. B. explosive Gase entwickeln, wie es bei Rapsschrotexpeller immer wieder vorkommt. Der Schiffsführer ist ohne besondere Vollmacht oder Anweisung nicht berechtigt, die Ladung zu verpfänden oder zu verkaufen.
6. Das Verhalten des Schiffsführers im Falle eines Interessenwiderstreits Im Falle einer Gefahr für das Schiff und die Ladung kann bei der Umsetzung 1 4 von Anweisungen des Schiffseigners und anderslautender Anweisungen der Ladungsbeteiligten ein Interessenwiderstreit zwischen dem Schiffseigner und den Ladungsbeteiligten entstehen. In einem solchen Falle hat der Schiffsführer die widerstreitenden Interessen abzuwägen und im Zweifel denen des Schiffseigners den Vorzug zu geben, da er zu dem Schiffseigner in einem Arbeitsverhältnis steht und der Schiffseigner in erster Linie für die Sicherheit des Schiffes zu sorgen 1 und er auch nach den §§4 N r . 3, 58 für den Verlust und die Beschädigung der Frachtgüter einzustehen hat.
1 R G Z 14, 40.
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§11
2. Abschnitt. Schiffer
7. Die Beweislast 15
Der Geschädigte hat die schuldhafte Verletzung der Dienstobliegenheiten des Schiffsführers zu beweisen. Insbesondere hat er zu beweisen, daß der Schiffsführer erforderliche Maßnahmen aller Art nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers getroffen hat.
§11
(1) Wird das Schiff oder die Ladung von einem Unfall betroffen, so ist der Schiffer berechtigt und auf Verlangen des Schiffseigners oder eines Ladungsbeteiligten verpflichtet, vor dem Amtsgerichte des Ortes, an welchem die Reise endet, und, wenn das Schiff vorher an einem anderen Orte längere Zeit liegen bleiben muß, vor dem Amtsgerichte dieses Ortes eine Beweisaufnahme über den tatsächlichen Hergang sowie über den Umfang des eingetretenen Schadens und über die zur Abwendung oder Verringerung desselben angewendeten Mittel zu beantragen. Er hat sich selbst zum Zeugnisse zu erbieten und die zur Feststellung des Sachverhältnisses sonst dienlichen Beweismittel zu bezeichnen. (2) Ist eine Beweisaufnahme vor dem in Absatz 1 bezeichneten Gerichte nicht verlangt worden, so ist der Schiffer berechtigt und auf Verlangen des Schiffseigners oder eines Ladungsbevollmächtigten verpflichtet, eine Beweisaufnahme vor dem für Binnenschiffahrtssachen zuständigen Amtsgericht zu beantragen, in dessen Bezirk der Unfall sich ereignet hat. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Zweck und die Bedeutung des Verklarungsverfahrens 3. Die Voraussetzungen eines Verklarungsverfahrens
2-3
4. Die Antragstellung 5. Die gerichtliche Zuständigkeit . 6. Die Beweislast
Rdn. 9-10 11-12 13-14
4-8
1. Allgemeines 1
Der Gesetzgeber hat das Verklarungsverfahren in seiner heutigen Gestaltung durch § 25 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen vom 27. 9.1952 1 in das Binnenschiffahrtsgesetz eingefügt. In der Binnenschiffahrt hat sich das Verklarungsverfahren bewährt. Durch das S R Ä G 1972 hat der Gesetzgeber für die Seeschiffahrt ein gleichartiges Verfahren durch eine Änderung der §§522 ff H G B eingeführt. Wohl infolge des
1 B G B l . I S. 641.
118
Gerichtliche Beweisaufnahme bei Unfällen
§11
Traditionsbewußtseins in der Seeschiffahrt hat sich dort das Verklarungsverfahren bisher nicht durchgesetzt 2 . In der Binnenschiffahrt folgt jedem schweren Unfall regelmäßig ein Verklarungsverfahren. Dieses Verfahren ist als eine gerichtliche Beweisaufnahme gestaltet.
2. Der Zweck und die Bedeutung des Verklarungsverfahrens Das Verklarungsverfahren bezweckt eine alsbaldige Sicherung der Beweis- 2 mittel nach einem Unfall, den das Schiff betroffen hat. Auf dem Wasser hinterläßt ein Unfall keine Spuren. Schäden an den beteiligten Schiffen müssen alsbald ausgebessert werden, um eine Ausweitung des Schadens durch Nutzungsausfall zu vermeiden. Die Erinnerung von Zeugen verblaßt mit der Zeit und ihre Aussagen werden immer unzuverlässiger. Alle diese Umstände nötigen einen Geschädigten, nach einem Unfall die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchsetzung seiner Ansprüche zu schaffen und zu vermeiden, daß die Beweismittel zerstreut werden. Durch das Ergebnis eines Verklarungsverfahrens kann ein Geschädigter einen Uberblick darüber gewinnen, ob er von seinem Gegner Schadensersatz verlangen kann. J e nach dem Ausgang eines Verklarungsverfahrens einigen sich auch vielfach die Parteien und lassen es erst gar nicht zu einem kostspieligen Rechtsstreit kommen, weil man sich die Chancen ausrechnen kann. K o m m t es zu keiner Einigung, kann ein Beteiligter vorab die Entschließung, einen Rechtsstreit zu führen, auf der Grundlage einer vorliegenden Beweisaufnahme treffen; denn die Schiffahrtsgerichte stützen ebenfalls später ihre Erkenntnisse auf das Ergebnis des Verklarungsverfahrens. N u r in Ausnahmefällen werden später im Rechtsstreit die im Verklarungsver- 3 fahren vernommenen Zeugen erneut vor dem Prozeßgericht gehört, wenn auch das Prozeßgericht nicht gehindert ist, alle Zeugen selbst zu hören, um sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen. Werden die Akten des Verklarungsverfahrens in Binnenschiffahrtssachen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung im Rechtsstreit gemacht, so können die Zeugenaussagen des Verklarungsverfahrens im Rechtsstreit von den Parteien ebenso benutzt werden, wie wenn diese Beweise in einem vorausgegangenen Beweiserhebungsverfahren erhoben worden wären. Die erneute Vernehmung der Zeugen im Rechtsstreit ist eine wiederholte, die nach §398 Z P O im Ermessen des Gerichts steht. 3 Schließlich ist das Verklarungsverfahren auch für die Versicherer und im Strafverfahren von Bedeutung.
2 Vgl. dazu Prüßmann-Rabe, 3 B G H Z f B 1965, 22.
S H R §522 A n m . A .
119
§11
2. Abschnitt. Schiffer
3. D i e V o r a u s s e t z u n g e n eines V e r k l a r u n g s v e r f a h r e n s 4
a) Das Schiff und/oder die Ladung müssen von einem Unfall betroffen sein. Unfall in diesem Sinne ist jedes von dem normalen Verlauf der Reise abweichende Ereignis, durch das dem Schiff oder der Ladung ein Nachteil entstehen kann. Es braucht durch das Ereignis kein unmittelbarer Schaden an dem Schiff oder an der Ladung entstanden sein. Es genügt jeder Nachteil, der durch die Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt entstanden oder möglich ist. Bei einer Schiffskollision sind alle Schiffe betroffen, auch wenn dem einen oder anderen Schiff kein unmittelbarer Schaden entstanden ist. Mögliche Ersatzansprüche Dritter, z. B. durch eine Fernschädigung stellen ebenfalls einen Nachteil in diesem Sinne dar. Einem Unfall stehen Nachteile gleich, die einen Fall der großen Haverei darstellen, z. B. wenn wegen Eisgefahr ein Nothafen angelaufen werden muß (§§ 78, 82 Nr. 5).
5
b) Es ist ohne Bedeutung, ob sich der Unfall vor, bei oder nach der Reise ereignet hat. Wird ein stilliegendes Schiff in einem Hafen angefahren, kann die Einleitung eines Verklarungsverfahrens ebenso beantragt werden wie nach einem Unfall, der im Verlauf der Reise erfolgt ist. Ein Unfall der Frachtgüter kann nur dann zur Grundlage eines Verklarungsverfahrens gemacht werden, wenn die Frachtgüter durch die Übergabe an den Schiffsführer als L a d u n g anzusehen sind. Nach der Ablieferung der Frachtgüter an den Empfänger kann ein Verfahren beantragt werden wegen Schäden, die auf der Frachtreise entstanden sein sollen.
6
c) Das Verfahren ist ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 146 ff F G G ) . Zur Einleitung des Verklarungsverfahrens bedarf es eines Antrags des Schiffsführers. Nur der Schiffsführer - auch ein Schiffseigner/Schiffsführer - ist antragsberechtigt (§11 Abs. 1). Der Schiffseigner, die Ladungsberechtigten, die Verlader und die Versicherer haben aus eigenem Recht keine Antragsbefugnis. Der Schiffsführer ist auf Verlangen des Schiffseigners oder eines Ladungsbeteiligten berechtigt und verpflichtet, die Eröffnung eines Verklarungsverfahrens zu beantragen. Wenn ein Ladungsbeteiligter von dem Recht keinen Gebrauch macht, kann er sich nicht darauf berufen, daß der Schiffsführer die Verklarung unterlassen hat. 4 Schiffseigner und Ladungsbeteiligte können den Schiffsführer nicht zwingen, eine Verklarung zu beantragen. Diese Personen können aber ein selbständiges Beweisverfahren nach den §§485 ff Z P O anstrengen.
7
Bei dem Antrag auf Eröffnung eines Verklarungsverfahrens handelt es sich um
4 B G H VersR 1960, 844.
120
Gerichtliche Beweisaufnahme bei Unfällen
§11
eine Dienstobliegenheit des Schiffsführers. Das folgt aus dem Zusammenhang des § 11 mit § 7. Unterläßt der Schiffsführer einen Antrag auf Eröffnung eines Verklarungsverfahrens, obwohl entweder der Schiffseigner oder ein Ladungsbeteiligter ein entsprechendes Verlangen an den Schiffsführer gerichtet hat, ist der Schiffsführer diesen Personen zum Ersatz des darauf beruhenden Schadens verantwortlich. Die Weigerung, einen Verklarungsantrag zu stellen, stellt eine erhebliche Dienstpflichtverletzung dar, die den Schiffseigner als Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis des Schiffsführers fristlos aus wichtigem Grunde zu kündigen. d) Nach einem Unfall hat der Schiffsführer dem Schiffseigner und den La- 8 dungsbeteiligten nach §10 Nachricht vom Unfall und Schäden an Schiff und Ladung zu geben. Hieraus folgt üblicherweise die Weisung, einen Verklarungsantrag zu stellen, nachdem der Schiffseigner - auch wegen der Kosten - den Versicherer in die Überlegungen einbezogen hat. In der Praxis tritt nur formal der Schiffsführer als Antragsteller auf. Schon wegen der erheblichen Kosten eines Verklarungsverfahrens ist tatsächlich der Schiffseigner der Betreiber und Herr des Verfahrens, der den Schiffsführer bestimmt, einem bestimmten schifffahrtskundigen Rechtsanwalt Prozeßvollmacht zu erteilen. Der Schiffseigner nimmt dann im Verfahren der Sache nach die Stellung des Antragstellers ein, der selbst nur noch zur Sache vernommen wird.
4. Die Antragstellung a) Das Gesetz sieht expressis verbis keine besondere Form des Antrages vor. 9 Nach den §§11 i.V.m. §§ 11, 12, 13 F G G ist jedoch der Antrag schriftlich oder zu Protokoll des Amtsgerichts zu stellen. Der Antragsteller kann sich anwaltlich vertreten lassen, was die Regel ist. Der Antrag muß den Namen und die Anschrift des Schiffsführers, eine Schilderung des tatsächlichen Hergangs des Unfalls unter Anführung der Beweismittel, Angaben über den Umfang des etwa eingetretenen Schadens und über die zur Abwendung oder Verringerung des Schadens angewendeten Mittel enthalten. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 hat der Schiffsführer ferner sich selbst zum Zeugnis zu erbieten und die zur Feststellung des Sachverhältnisses sonst dienlichen Beweismittel zu bezeichnen. b) Der Antrag kann vom Antragsteller jederzeit formlos zurückgenommen 1 0 werden. In einem späteren Rechtsstreit kann dem Schiffsführer in einem solchen Falle Beweisvereitelung vorgeworfen werden. Das Prozeßgericht kann aus einem solchen Verhalten in freier Beweiswürdigung Schlüsse ziehen.
121
§12
2 . A b s c h n i t t . Schiffer
5. Die gerichtliche Zuständigkeit 11
a) N a c h § 11 ist das Amtsgericht zur Durchführung des Verklarungsverfahrens ohne Rücksicht auf die H ö h e des Gegenstandswertes ausschließlich zuständig.
12
b) § 1 1 regelt auch die örtliche Zuständigkeit. In erster Linie ist das Amtsgericht des Ortes, an dem die Reise endet, örtlich zuständig. Es ist unerheblich, ob an diesem O r t die Reise bestimmungsgemäß oder vorzeitig, z. B. gerade wegen des Unfalls, endet. Denn der Sache nach ist das Verklarungsverfahren ein Eilverfahren und Verzögerungen sollen tunlichst vermieden werden. Ausnahmsweise soll das Gericht des Ortes in Betracht kommen, an dem das Schiff längere Zeit liegenbleiben muß, z. B. wegen Behinderung der Schiffahrt durch die Witterung oder den Wasserstand. Wenn ein Verklarungsverfahren nicht vor dem in § 11 Abs. 1 bezeichneten Amtsgericht beantragt worden ist, ist örtlich zuständig auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Unfall ereignet hat. In der Praxis wird überwiegend dieses Gericht angegangen.
6. Die Beweislast 13
a) D e r Antragsteller braucht die Voraussetzungen eines Verklarungsverfahrens nicht glaubhaft zu machen. Er muß die Voraussetzungen lediglich darlegen. Stellt sich später heraus, daß die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Verklarungsverfahrens nicht vorliegen, muß der Verklarungsantrag als unzulässig verworfen werden. Ein schon eingeleitetes Verfahren ist zugleich zu schließen.
14
b) Verlangt der Schiffseigner oder ein Ladungsbeteiligter vom Schiffsführer Schadensersatz, weil der Schiffsführer einen Verklarungsantrag trotz eines entsprechenden Verlangens der Berechtigten nicht gestellt hat, muß der Ersatzberechtigte seinen Anspruch nach Grund und H ö h e beweisen. §12 Z u r A u f n a h m e des Beweises bestimmt das Gericht einen tunlichst nahen Termin, zu welchem der Schiffer und die sonst bezeichneten Zeugen zu laden sind. D e m Schiffseigner und den Ladungsbeteiligten ist von dem Termine Mitteilung zu machen, soweit es ohne unverhältnismäßige Verzögerung des Verfahrens geschehen kann. Die Mitteilung kann durch öffentliche Bekanntm a c h u n g erfolgen. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die Eröffnung des Verklarungsverfahrens
122
1 2-5
Rdn. 3. Die Mitwirkung Dritter am Verfahren 4. Die Partei Vertreter 5. Das Verfahren vor Gericht
6-7 8
9
Beweisaufnahmetermin
§12
1. Allgemeines Das Verklarungsverfahren ist auf die Sicherung der Beweise über die Ursa- 1 chen eines Unfalls gerichtet, den das Schiff und/oder die Ladung betroffen hat. Demzufolge bedarf es keines besonderen Beweisbeschlusses, vielmehr gibt der Eröffnungsbeschluß bereits an, über welchen Unfallhergang mit welchen Beweismitteln eine Beweisaufnahme erfolgen soll. Da es sich um ein Verfahren nach den Grundsätzen der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, herrscht die Inquisitionsmaxime, d. h. das Gericht kann nach seinem Ermessen die Beweisaufnahme auch auf andere Beweismittel erstrecken, die die Parteien nicht benannt haben. Es kann von sich aus Sachverständige hinzuziehen und Gegenstände zur Beweissicherung beschlagnahmen, damit sie begutachtet werden können.
2. Die Eröffnung des Verklarungsverfahrens a) Das Gericht prüft zunächst seine örtliche und sachliche Zuständigkeit. 2 Sodann ist zu beurteilen, ob der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens den Voraussetzungen des § 11 entspricht. Sind die Erfordernisse des § 11 erfüllt, ordnet das Gericht eine Beweisaufnahme zur Klärung der Unfallursachen an. In dem Beschluß ist ein tunlichst naher Termin zu bestimmen. In der Praxis wird vielfach so verfahren, daß der zuständige Schiffahrtsrichter für Antragsteller, d. h. für die bevollmächtigten schiffahrtskundigen Rechtsanwälte jederzeit fernmündlich - auch nachts - erreichbar ist und auf eine fernmündliche Aufforderung sich notfalls unter Mitwirkung der Wasserschutzpolizei an Bord des Havaristen begibt, wo nunmehr in Gegenwart der Beteiligten und nach einem Antrag zu Protokoll des Gerichts der Eröffnungsbeschluß verkündet und sofort durch Vernehmung der anwesenden Zeugen ausgeführt wird. Den Beteiligten wird dann aufgegeben, binnen einer bestimmten Frist nach entsprechender rechtzeitiger Ankündigung weitere Zeugen, insbesondere die Mitglieder anderer Schiffsbesatzungen zur Vernehmung zu stellen. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden. Ist die als Ausschlußfrist zu kennzeichnende Frist fruchtlos verstrichen, sind die Beteiligten in diesem Verfahren mit der Vernehmung weiterer Zeugen ausgeschlossen. Das Gericht schließt dann das Verfahren durch förmlichen Beschluß, der den Parteien mitzuteilen ist. b) Gegen die Eröffnung des Verfahrens steht den Parteien kein Rechtsmittel 3 zu (§ 146 Abs. 3 F G G ) . Der Antragsteller kann seinen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens jederzeit zurücknehmen. Das Gericht kann nach der Eröffnung des Verfahrens auf Anregung oder von Amts wegen nach § 18 Abs. 1 F G G von der Durchführung des Verfahrens Abstand nehmen. Gegen eine ablehnende Verfügung steht sowohl dem Schiffsführer als Antragsteller (§ 148 Abs. 2, 20 Abs. 2 F G G ) als auch jedem, dessen Rechte durch die Verfügung beeinträchtigt werden (§ 20 Abs. 1 F G G ) , also dem Schiffseigner und den Ladungsbeteiligten das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde 123
§12
2. A b s c h n i t t . Schiffer
an das Schiffahrtsobergericht zu. Das Gericht ist nach § 13 Abs. 4 berechtigt, einen ungenügenden Antrag auf Erhebung von Beweisen zu ergänzen. Sind die Beteiligten zur Ergänzung des Antrages aufgefordert worden, sind sie aber untätig geblieben, kann das Gericht den Antrag zurückweisen. Wegen Verspätung kann das Gericht den Antrag auf Eröffnung des Verklarungsverfahrens nicht zurückweisen. 4
c) Wird die Eröffnung des Verfahrens, gleichviel aus welchem Grunde, abgelehnt, steht dem Schiffsführer das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu, die bei dem zuständigen Schiffahrtsobergericht binnen 2 Wochen nach Zustellung der angegriffenen Entscheidung einzulegen ist.
5
d) Die Durchführung der Beweisaufnahme erfolgt nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung (§ 13 Abs. 1). Es gelten aber nicht die Vorschriften über den Parteibetrieb und die Beschränkung des Beweisstoffes. Nach § 12 Satz 1 hat das Gericht den Schiffsführer und die benannten Zeugen zu laden. In der Praxis werden die Zeugen von den Beteiligten zum Termin gestellt. N u r bei Landzeugen oder Personen, die nicht bereit sind, freiwillig einer Aufforderung der Beteiligten zum Erscheinen nachzukommen, ist eine förmliche Ladung erforderlich.
3. Die Mitwirkung Dritter a m Verfahren 6
a) Nach § 13 sind die an Schiff und Ladung Beteiligten sowie etwaige sonst durch den Unfall Betroffene berechtigt, persönlich oder durch Vertreter der Verhandlung beizuwohnen. Diese Personen können auch eine Ausdehnung der Beweisaufnahme auf weitere Beweismittel beantragen (§13 Abs. 3).
7
b) Das Gesetz bestimmt in § 1 2 Satz 2, daß dem Schiffseigner und den Ladungsbeteiligten von dem Termin Mitteilung zu machen ist, soweit es ohne unverhältnismäßige Verzögerung des Verfahrens geschehen kann. Diese Mitteilung kann auch durch öffentliche B e k a n n t m a c h u n g erfolgen (§ 12 Satz 3). Aus der Fassung des Gesetzes könnte entnommen werden, daß die Benachrichtigung der vorgenannten Personen kein wesentliches Erfordernis darstellt, der G r u n d satz des rechtlichen G e h ö r s verlangt jedoch, daß diese Personen, die unmittelbar tatsächlich, wirtschaftlich und rechtlich am Verfahren interessiert sind und in deren Interesse das Verfahren durchgeführt wird, auch zu dem Verfahren zugezogen werden. In der Praxis ist das eine Selbstverständlichkeit, da das Verfahren tatsächlich von diesen Personen betrieben wird, der Schiffsführer als Antragsteller nur eine formale Position im Verfahren hat. In eiligen Fällen ist das Gericht nach § 12 Satz 2 befugt, den Schiffsführer und die benannten Zeugen sofort und ohne Benachrichtigung der übrigen Beteiligten zu vernehmen. Eine formelle Ladung der Zeugen unter Angabe des Beweisthemas ist nicht erforderlich. Eine solche Ladung würde dem Zweck des Verfahrens zuwiderlaufen, den Sachverhalt auf schnellstem Wege nach allen Richtungen hin aufzuklären. 124
§13
Durchführung der Beweisaufnahme
Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts wegen nach §13 Abs. 4 eine Augenscheinseinnahme und/oder die A n h ö r u n g v o n Sachverständigen anordnen.
4. Parteivertreter Der Schiffsführer und die sonstigen Beteiligten können sich durch Rechtsan- 8 walte oder andere Personen bei der Durchführung des Verklarungsverfahrens vertreten lassen (§ 13 Abs. 3). Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist erforderlich.
5. Das Verfahren vor Gericht Die Beweisaufnahme ist nicht öffentlich.
9
§13 (1) Die A u f n a h m e des Beweises erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung. (2) Soweit hiernach nicht die Beeidigung des Schiffers ausgeschlossen ist, beschließt über dieselbe das Gericht nach freiem Ermessen. (3) Die an Schiff und L a d u n g Beteiligten, sowie die etwa sonst durch den Unfall Betroffenen sind berechtigt, in Person oder durch Vertreter der Verhandlung beizuwohnen. Sie können eine A u s d e h n u n g der Beweisaufnahme auf weitere Beweismittel beantragen. (4) D a s Gericht ist befugt, eine A u s d e h n u n g der Beweisaufnahme auch von A m t s wegen anzuordnen, soweit dies zur A u f k l ä r u n g des Sachverhalts erforderlich erscheint. Übersicht Rdn. 1 Die Beweisaufnahme 2. Die Ausdehnung 3. Die Vernehmung des Schiffsführers
1 2-3 4
4. Die Vernehmung sonstiger Zeugen 5. Das Protokoll 6. Der Abschluß des Verfahrens . . . .
Rdn. 5 6 7
1. Die Beweisaufnahme Nach §13 erfolgt die Beweisaufnahme im Verklarungsverfahren nach den 1 Vorschriften der Zivilprozeßordnung. Die Beweismittel sind die der Z P O . Eine Parteivernehmung kennt das Verklarungsverfahren jedoch nicht, da der Schiffsführer als Antragsteller nach § 11 Abs. 1 selbst Zeuge ist. Üblicherweise pflegen Schiffahrtsrichter alle Zeugen im Verklarungsverfahren auch auswärts zu vernehmen, möglich ist aber auch ein Rechtshilfeersuchen an andere Amtsgerichte (§§362 Z P O , 2 F G G ) . 125
§13
2. Abschnitt. Schiffer
Für die Beweisaufnahme als solche besteht Parteibetrieb. Die Parteien haben für Zeugen und Sachverständige die erforderlichen Auslagenvorschüsse zu zahlen. 2. Die A u s d e h n u n g der Beweisaufnahme 2
a) Im Rahmen der das Verfahren beherrschenden Inquisitionsmaxime ist das Gericht nach § 13 Abs. 4 befugt, von Amts wegen die Beweisaufnahme auszudehnen, soweit das zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich erscheint. Der Sinn dieser Regelung liegt darin, daß die zunächst Beteiligten unter Umständen nicht alle möglichen Beweismittel richtig einschätzen konnten oder sich im Laufe des Verfahrens erst neue Beweismittel ergeben. Auch können nicht immer alle Beteiligten anwesend sein. Das Gericht kann sowohl weitere Zeugen laden als auch eine Augenscheinseinnahme vornehmen oder Sachverständige hören. Das Gericht ist nicht gehalten, vor weiterer Beweisanordnung den Parteien Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Ein anwesender Zeuge, der sich z. B. bei dem an Bord befindlichen Gericht meldet und angibt, zum Unfallhergang Beobachtungen gemacht zu haben, kann sofort vernommen werden, ohne daß die Beteiligten dem widersprechen könnten. Das Gericht braucht nicht abzuwarten, ob dem einen oder anderen Beteiligten der Zeuge gefällt oder zu besorgen ist, daß der Zeuge eine für den Beteiligten unbequeme Aussage machen könnte.
3
b) Nach §13 Abs. 3 können die an Schiff und Ladung Beteiligten und die sonst durch den Unfall Betroffenen der Verhandlung nicht nur persönlich oder durch ihre Vertreter beiwohnen, sie können auch Beweisanträge aller Art stellen, die die Beweisaufnahme ausdehnen. Zu den Beteiligten gehören der Schiffseigner, die Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger), die Eigentümer von Schiff und Ladung, Versicherer sowie Verletzte und unterhaltsberechtigte Hinterbliebene. Ihnen steht wie dem Antragsteller des Verfahrens auch das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die ihre Rechte beeinträchtigenden Entscheidungen des Gerichts zu (§ 20 FGG).
4
3. Die V e r n e h m u n g des S c h i f f s f ü h r e r s Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 hat der Schiffsführer sich selbst zum Zeugnis zu erbieten. Hierbei handelt es sich um eine zwingende Voraussetzung des Verklarungsverfahrens. Weigert sich der Schiffsführer, sein Zeugnis zu erbieten, ist der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens unzulässig. Aus der Pflicht, sich selbst als Zeuge zu erbieten, ergibt sich, daß der Schiffsführer nicht etwa als Partei, sondern als Zeuge zu vernehmen ist. Ihm steht es aber frei, über den Hergang des Unfalls nach den Grundsätzen der ZPO die Aussage zu verweigern, wenn er sich durch eine wahrheitsgemäße Aussage einem Vermögensnachteil oder der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen würde. 126
Durchführung der Beweisaufnahme
§13
Anders als im Seerecht, wo die Beeidigung des Kapitäns im Verklarungsverfahren ausdrücklich ausgeschlossen ist (§524 Abs. 2 Satz 2 H G B ) , beschließt das Gericht über die Beeidigung des Schiffsführers nach freiem Ermessen. Das Gericht wird hierbei insbesondere die Bedeutung der Aussage und die Umstände des Einzelfalles zu werten haben. Auch zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage kann eine Beeidigung erforderlich sein.
4. Die Vernehmung sonstiger Zeugen Für die Vernehmung sonstiger Zeugen gelten keine Besonderheiten. Zur Klar- 5 Stellung kann sich das Gericht von den Zeugen Skizzen zeichnen oder durch Schiffsmodelle die Situation erläutern lassen. Das Gericht kann nach den allgemeinen Grundsätzen der Z P O ihre Beeidigung anordnen.
5. Das Protokoll Über das Verfahren führt das Gericht ein Protokoll (§ 13 Abs. 1 i. V.m. §§ 160, 6 492 Z P O ) . In diesem Protokoll sind die Erschienenen und ihre Anträge festzuhalten. Ferner ist das Ergebnis der Beweisaufnahme zu beurkunden und festzuhalten, ob die Zeugen beeidet worden sind. Einer eigenen Stellungnahme hat sich das Gericht zu enthalten. Etwaige Beschlüsse des Gerichts zum Fortgang des Verfahrens sowie die Anordnung von weiteren Beweiserhebungen oder die Anordnung einer kommissarischen Vernehmung sind zu beurkunden. Das Protokoll kann auf Tonträger gesprochen und nach allgemeinen Grundsätzen übertragen werden. Von dem Protokoll hat das Gericht allen Beteiligten im Sinne des § 13 Abs. 3 eine einfache oder beglaubigte Abschrift zu erteilen. Die Einsichtnahme in die Verklarungsakten einschließlich aller in den Akten enthaltenen Protokolle ist jedem zu gewähren, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht (§ 34 F G G ) . Diese Personen können auch Abschriften aus den Akten erhalten, die auf Verlangen zu beglaubigen sind (§ 34 F G G ) .
6. Der Abschluß des Verfahrens Nach Erhebung aller Beweise beendet das Gericht das Verfahren durch einen 7 den Parteien mitzuteilenden Beschluß, der keiner Anfechtung unterliegt. Das Gericht kann das Verfahren jederzeit wieder eröffnen, wenn sich dazu ein berechtigter Anlaß ergibt. H a t das Gericht den Beteiligten eine Ausschlußfrist zur Beibringung von bisher nicht namentlich benannten Zeugen gesetzt und ist diese Frist verstrichen, ohne daß sie verlängert worden ist, braucht das Gericht das Verfahren nicht erneut zu eröffnen.
127
§14
2. Abschnitt. Schiffer
§14 (1) (aufgehoben) (2) Ist das Verfahren auf Verlangen eines Ladungsbeteiligten beantragt, so hat dieser die entstandenen Kosten zu erstatten, soweit er nicht Anspruch auf Ersatz des durch den Unfall ihm entstandenen Schadens hat. Die Verpflichtung des Schiffseigners, dem Schiffer die verauslagten Kosten zu erstatten, wird hierdurch nicht berührt. (3) In Fällen der großen Haverei findet die Vorschrift des §84 Anwendung. Übersicht 1. Die Gerichtskosten 2. Die Anwaltskosten . 3. Die Kostenerstattung
Rdn. 1 2 3-5
Rdn. 4. Die Kosten der Verklarung im Rahmen der großen Haverei
6
1. Die Gerichtskosten 1
Für die Gerichtskosten des Verklarungsverfahrens gelten die Vorschriften der Kostenordnung. Nach § 50 Abs. 2 K o s t O wird für das Verklarungsverfahren sowie die Durchführung der Beweisaufnahme das Doppelte der vollen Gebühr erhoben. Soll die Verklarung nachträglich ergänzt werden, wird zusätzlich eine volle Gebühr erhoben. Für alle Auslagen des Gerichts sowie die Zeugen- und Sachverständigengebühren ist der Schiffsführer als Antragsteller Kostenschuldner. Er ist gegenüber der Gerichtskasse auch Kostenschuldner, soweit es sich nicht etwa um Kosten handelt, die innerhalb des Verfahrens durch Anträge anderer Beteiligter verursacht werden 1 .
2. Die Anwaltskosten 2
Die Beteiligten können sich im Verklarungsverfahren durch Rechtsanwälte vertreten lassen (§13 Abs. 2, §§ 13, 29 F G G ) . Die Gebühren der Rechtsanwälte richten sich nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, insbesondere nach §118 B R A G O . Eine Festsetzung der Anwaltskosten erfolgt im Verklarungsverfahren nicht.
1 Begr. S. 51.
128
Rechtsgeschäfte des Schiffers außerhalb des Heimatortes
§15
3. Die Kostenerstattung a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 hat der Schiffsführer gegen den Schiffseigner einen 3 Anspruch auf Erstattung verauslagter Kosten, also auch der vorschußweise an das Gericht entrichteten Kosten. Von Ladungsbeteiligten, auf deren Verlangen die Verklarung beantragt worden ist, kann der Schiffsführer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 nur Erstattung der Kosten, nicht schon des Gerichtskostenvorschusses verlangen. Ein Beteiligter kann im Verklarungsverfahren keine Kostenfestsetzung verlangen. b) Für die Kosten des Verklarungsverfahrens haftet der Schiffseigner dem 4 Geschädigten jedenfalls dann nur mit Schiff und Fracht, wenn es nicht zum Schadensersatzprozeß kommt und er lediglich für ein Verschulden der Schiffsbesatzung in Anspruch genommen werden kann. 2 c) Die Kosten eines Verklarungsverfahrens einschließlich der Anwaltskosten 5 sind als Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nach § 91 ZPO von der unterliegenden Partei zu tragen. 3 Kommt es nicht zum Rechtsstreit, weil der Schaden außergerichtlich ausgeglichen wird, weigert sich aber der Schädiger, auch die Verklarungskosten zu tragen, können die Kosten des Verklarungsverfahrens als adäquate Folge des Unfalls unmittelbar gegen den Schädiger nach den §§ 823, 249 BGB geltend gemacht werden.
4. Die Kosten der Verklarung im Rahmen der großen Haverei Im Falle der großen Haverei gehören auch die Kosten der Verklarung zur 6 großen Haverei (§ 14 Abs. 2). Das Gesetz verweist ausdrücklich auf § 84. Demnach sind die Kosten des Verklarungsverfahrens als große Haverei zu vergüten und entsprechend der Gefahrengemeinschaft gemeinsam von Schiff und Ladung zu tragen. Die Vorschriften über die Verteilung der Kosten in Fällen der großen Haverei werden durch § 14 Abs. 1 nicht berührt.
§15 (1) Befindet sich das Schiff weder am Heimatort, noch an einem Orte, an welchem der Schiffseigner eine Geschäftsniederlassung hat, so ist der Schiffer Dritten gegenüber kraft seiner Anstellung befugt, die Frachtforderungen einzuziehen, sowie f ü r den Schiffseigner alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche die Ausführung der Reise erforderlich macht. (2) Zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Veräußerung oder Verpfändung des Schiffes und zum Abschlüsse von Frachtverträgen ist der 2 B G H Z 73, 105 = VersR. 1979, 320 = N J W 1979, 2560 = 214 Nr. 12 zu §§3, 4 BSchG. 3 O L G Köln ZfB 1959, 365.
129
§15
2. Abschnitt. Schiffer
Schiffer nur auf Grund einer ihn hierzu ermächtigenden Vollmacht des Schiffseigners berechtigt. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Zweck der gesetzlichen Vertretungsmacht 3. Der Beginn der Vertretungsmacht . 4. Das Ende der Vertretungsmacht . . 5. Der Inhalt der Vertretungsmacht . .
Rdn. 1 2 3 4-5 6-10
Rdn. 6. Die Übertragung der Vertretungsmacht 7. Die zeitliche Beschränkung der Vertretungsmacht 8. Die sachliche Beschränkung der Vertretungsmacht 9. Die Beweislast
16-17
1. Allgemeines 1
Im Interesse der Sicherheit und der Erleichterung des Rechtsverkehrs hat das Gesetz den Schiffsführer durch die §§15-19 mit einer gesetzlichen Vertretungsmacht ausgestattet, die dem Seerecht nachgebildet, gegenüber den §§ 527 ff H G B aber erheblich eingeschränkt ist. Diese Vertretungsmacht steht dem Schiffsführer (§ 7) kraft Gesetzes ohne Rücksicht auf die Größe des Schiffes zu. Eine Ausnahme besteht nach § 131 Abs. 1 für den Ortsverkehr. Auf Schiffe, die nur für Fahrten innerhalb desselben Ortes bestimmt sind, finden die §§15-19 keine Anwendung.
2. Der Zweck der gesetzlichen Vertretungsmacht 2
Zur Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten muß der Schiffsführer nicht nur tatsächliche Verrichtungen an Schiff und Ladung, sondern auch Geschäfte und Rechtshandlungen für den Schiffseigner vornehmen, die die Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt ohne weiteres mit sich bringen. O h n e eine gesetzliche Vertretungsmacht wären Geschäfte des Schiffsführers im Namen des Schiffseigners diesem gegenüber nur wirksam, wenn der Schiffsführer im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht gehandelt hätte. Nicht immer kann der Geschäftsgegner sofort die Vertretungsmacht überprüfen. Hier will das Gesetz helfen. Im Interesse der Rechtssicherheit sollen durch die gesetzliche Vertretungsmacht Ungewißheiten über die Tatsache einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht ausgeschlossen sein.
3. Der Beginn der Vertretungsmacht 3
Nach § 15 steht dem Schiffsführer die Vertretungsmacht kraft seiner Anstellung zu. Mit der Bestellung als Führer des Schiffes (§ 7) entsteht daher kraft Gesetzes die Befugnis des Schiffsführers, den Schiffseigner zu vertreten. Soweit das Gesetz von „Anstellung" spricht, ist nicht der Abschluß eines Arbeitsverhältnisses gemeint, sondern die Bestellung zur Schiffsführung in tatsächlicher Hinsicht. 130
Rechtsgeschäfte des Schiffers außerhalb des Heimatortes
§15
Wird v o m Schiffsführer ein E r s a t z s c h i f f s f ü h r e r bestellt, was § 9 unter den dort genannten Voraussetzungen ausdrücklich gestattet, liegt darin ein besonderer Fall der Bestellung zum Schiffsführer. D u r c h eine solche Bestellung z u m Ersatzschiffsführer erlangt dieser ebenfalls die gesetzliche Vertretungsmacht gleich einem Schiffsführer.
4. Das Ende der Vertretungsmacht a) D i e gesetzliche Vertretungsmacht des Schiffsführers endet, wenn ihm die 4 Schiffsführung entzogen wird, wenn er also aufhört, Schiffsführer zu sein; denn seine gesetzliche Vertretungsmacht beruht auf seiner Bestellung z u m Schiffsführer. Mit der Enthebung v o m Dienst, die nach § 20 A b s . 6 jederzeit erfolgen kann, endet auch die gesetzliche Vertretungsmacht. Wenn der Schiffseigner dem Schiffsführer zwar nicht die Schiffsführung, wohl aber die gesetzliche Vertretungsmacht entzieht (§ 17), gilt diese Beschränkung der Vertretungsmacht einem Dritten gegenüber nur, wenn der Schiffseigner beweist, daß die Beschränkung dem Dritten bekannt war. b) Mit dem Verlust eines Schiffes, z. B . im Falle des Untergangs, kann eine 5 Beendigung der gesetzlichen Vertretungsmacht eintreten, wenn keine weiteren Dienstobliegenheiten mehr wahrzunehmen sind. D e r Schiffsführer bleibt aber kraft seiner Anstellung zu allen Dienstobliegenheiten aus Anlaß des Unfalles weiter verpflichtet. Wenn die Aussicht auf die H e b u n g des Schiffes und einer Rettung der L a d u n g besteht, bleibt die Vertretungsmacht des Schiffsführers bestehen, soweit er im Rahmen seiner Fürsorgepflicht tätig wird 1 .
5. Der Inhalt der Vertretungsmacht N a c h § 15 A b s . 1 ist der Schiffsführer Dritten gegenüber kraft seiner Anstel- 6 lung befugt, die F r a c h t f o r d e r u n g e n einzuziehen sowie für den Schiffseigner alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die die A u s f ü h r u n g der Reise erforderlich macht. Zur A u s s t e l l u n g v o n L a d e s c h e i n e n ist der Schiffsführer nach § 16 A b s . 2 an jedem O r t befugt. D e r Schiffsführer ist nach § 15 A b s . 1 zur E i n z i e h u n g der F r a c h t einschließlich der Liegegelder ermächtigt, weil der Empfänger der Frachtgüter nicht wissen kann, o b der Schiffsführer gleichzeitig auch der Schiffseigner ist oder nicht 2 . N a c h § 26, § 435 H G B soll die Frachtzahlung Z u g um Z u g gegen Auslieferung der Frachtgüter erfolgen und der Frachtführer kann an den Frachtgütern wegen der Fracht nach § 440 H G B ein P f a n d r e c h t geltend machen. In der gewerblichen Schiffahrt stehen die Schiffahrtsunternehmen mit den Verladern häufig in einer laufenden Geschäftsverbindung und rechnen die Fracht nicht für einen einzelnen 1 RGZ 165, 166. 2 Begr. S. 51/52. 131
§15
2. Abschnitt. Schiffer
Transport, sondern in laufender Rechnung ab. In solchen Fällen ist der Schiffsführer nicht ermächtigt, die Fracht einzuziehen, was auch dem Empfänger bekannt ist. 7
Notwendige Geschäfte im Sinne des § 15 Abs. 1 sind dringende Reparaturarbeiten, Überprüfungen des Schiffsbodens oder der Schraube durch Taucher, Ergänzung der Treibstoffvorräte sowie der Abschluß von Bergungs- oder Hilfeleistungsverträgen. Zur Ausführung der Reise kann eine gerichtliche Vertretung des Schiffseigners erforderlich sein, wenn das Schiff auf der Fahrt durch eine einstweilige Verfügung oder einen Arrest aufgehalten wird oder wenn zur Geltendmachung eines Pfandrechts nach §440 Abs. 3 H G B oder aus einem anderen Rechtsgrunde eine einstweilige Verfügung erwirkt werden muß. Nach der Begr. S. 53 soll die Ermächtigung des Schiffsführers zu Anträgen nicht ausgeschlossen sein. Insbesondere gilt dies von Anträgen um Verfügungen des Gerichts wegen des Pfandverkaufs von Frachtgütern; überhaupt wird die Befugnis des Schiffsführers, den Ladungsbeteiligten gegenüber auf die Übernahme und Ablieferung der Güter bezüglich Rechtshandlungen vorzunehmen, nicht berührt. Diese Befugnis ergibt sich aus den Dienstobliegenheiten des Schiffsführers.
8
b) Die gesetzliche Vertretungsmacht ist zeitlich und sachlich auf objektiv unerläßliche notwendige Geschäfte beschränkt. Sie bezieht sich nicht auf schifffahrtsfremde Geschäfte. Zu einer weiterreichenden gesetzlichen Vertretungsmacht besteht auch aus Rechtsgründen kein Anlaß, weil der Schiffsführer alle etwaigen Geschäfte mit dem Schiffseigner absprechen kann. Zur Vermeidung von Gefährdungen der Interessen des Schiffseigners bedarf es zu schiffahrtsfremden Geschäften keiner gesetzlichen Vertretungsmacht. Die gesetzliche Vertretungsmacht gilt nur gegenüber Dritten, nicht aber gegenüber dem Schiffseigner. Für Geschäfte des Schiffsführers mit sich selbst gilt §181 B G B ohne Beschränkung.
9
c) Im Außenverhältnis zu Dritten gilt die gesetzliche Vertretungsmacht als unbeschränkt wirksam. Dritten gegenüber kann eine an sich mögliche Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht im Innenverhältnis zwischen Schiffseigner und Schiffsführer nur entgegengehalten werden, wenn der Schiffseigner beweist, daß die Beschränkung dem Dritten bekannt war (§ 17).
10
d) Im Innenverhältnis zwischen Schiffseigner und Schiffsführer ist eine Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht jederzeit möglich (§ 18).
6. Die Übertragung der Vertretungsmacht 11
Eine Übertragung der gesetzlichen Vertretungsmacht auf Dritte ist nach dem Gesetz nicht möglich; denn die gesetzliche Vertretungsmacht ist an die Bestellung zum Führer eines Schiffes gebunden. Der Schiffsführer kann sich aber im Einzelfalle bei dem Abschluß von Geschäften und Rechtshandlungen vertreten lassen. 132
Rechtsgeschäfte des Schiffers außerhalb des Heimatortes
§15
7. Die zeitliche Beschränkung der Vertretungsmacht a) N a c h § 15 Abs. 1 ist der Schiffsführer zur Vertretung des Schiffseigners nur 1 2 berechtigt, wenn sich das Schiff weder an seinem Heimatort (§ 6) noch am Ort der Geschäftsniederlassung des Schiffseigners befindet. Es ist unerheblich, ob der Schiffseigner an den in § 15 Abs. 1 genannten Orten tatsächlich anwesend ist; denn die Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht wird auf den Standort des Schiffes abgestellt. Der Schiffsführer hat bei Aufenthalt des Schiffes an den genannten Ort keine gesetzliche Vertretungsmacht, auch wenn er selbst sich außerhalb aufhält. Dagegen ist der Schiffsführer, wenn sich das Schiff an einem anderen Ort als dem Heimatort oder dem Sitz der Geschäftsniederlassung befindet, zur Vertretung des Schiffseigners auch dann berechtigt, wenn sich der Schiffseigner an diesem O r t oder auf dem Schiff befindet; denn der Schiffseigner kann einem Geschäft des Schiffsführers widersprechen und hierdurch die gesetzliche Vertretungsmacht - auch durch Erklärung gegenüber dem Dritten - ganz oder für den Einzelfall beschränken. b) Keine zeitliche Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht gilt für 1 3 die Ausstellung des Ladescheins. Nach § 16 Abs. 2 ist der Schiffsführer „ohne Unterschied des O r t e s " zur Ausstellung des Ladescheins befugt.
8. Die sachliche Beschränkung der Vertretungsmacht a) In § 15 Abs. 2 führt das Gesetz eine Reihe von Fällen an, die nicht mehr 1 4 unter die gesetzliche Vertretungsmacht fallen. Das Gesetz nennt die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Veräußerung und Verpfändung des Schiffes sowie den Abschluß von Frachtverträgen. Diese Aufzählung ist nur beispielhaft. So ist der Schiffsführer nicht berechtigt, Versicherungsverträge abzuschließen oder vom Schiffseigner geschlossene Frachtverträge abzuändern. In allen Fällen, in denen die gesetzliche Vertretungsmacht versagt, bedarf der Schiffsführer zur wirksamen Verpflichtung des Schiffseigners einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht (Vollmacht). In der Rheinschiffahrt ist es üblich, daß Frachtverträge bei Reisen, für die das Schiff nach seiner Beschaffenheit eingesetzt wird, vom Schiffsführer unterzeichnet werden. 3 b) Der Schiffsführer ist nicht ermächtigt, den Schiffseigner in einem Rechts- 1 5 streit vor Gericht zu vertreten. In der Binnenschiffahrt gibt es keine dem § 527 Abs. 2 H G B vergleichbare Bestimmung. Nach § 97 Abs. 2 ist der Schiffsführer passiv legitimiert für eine Pfandklage des Gläubigers, der Bergungs- und Hilfskosten geltend machen will.
3 Handelsbräuche in der Rheinschiffahrt S. 21.
133
§16
2. A b s c h n i t t . S c h i f f e r
9. D i e B e w e i s l a s t 16
a) Wer mit dem Schiffsführer ein Geschäft eingeht und hieraus den Schiffseigner in Anspruch nimmt, hat die Notwendigkeit des Geschäfts und den Standort des Schiffes außerhalb des Heimatortes und des Ortes der Geschäftsniederlassung des Schiffseigners zu beweisen. Selbstverständlich erstreckt sich die Beweislast auch auf das Geschäft als solches. Hält sich das Geschäft nicht im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht, hat der Geschäftsgegner nachzuweisen, daß der Schiffseigner dem Schiffsführer eine wirksame Vollmacht erteilt und der Schiffsführer sich innerhalb seiner Vertretungsmacht gehalten hat. Beruft sich der Geschäftsgegner auf eine D u l d u n g s - oder Anscheinsvollmacht, muß er beweisen, daß der Schiffseigner einen Rechtsschein begründet und er selbst im Vertrauen auf diesen Rechtsschein das Geschäft mit dem Schiffsführer abgeschlossen hat.
17
b) Wird der Schiffsführer persönlich aus einem Geschäft in Anspruch genommen, hat er darzulegen und im Bestreitenfalle zu beweisen, daß das Geschäft oder die Rechtshandlung zur Ausführung der Reise erforderlich war und sich das Schiff weder an seinem Heimatort noch an dem Ort befunden hat, an welchem der Schiffseigner seine Geschäftsniederlassung hat. Der Geschäftsgegner kann einwenden, daß die gesetzliche Vertretungsmacht des Schiffsführers vom Schiffseigner beschränkt worden ist, und er hiervon Kenntnis hatte.
§16 (1) Rechtsgeschäfte, welche der Schiffer eingeht, während das Schiff sich an einem der in § 15 Abs. 1 bezeichneten O r t e befindet, sind f ü r den Schiffseigner n u r dann verbindlich, wenn der Schiffer auf G r u n d einer Vollmacht gehandelt hat, oder wenn ein anderer besonderer Verpflichtungsgrund vorhanden ist. (2) Z u r Ausstellung von Ladescheinen ist der Schiffer ohne Unterschied des Ortes befugt. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht
Rdn. 1
3. Die Ausstellung des Ladescheins . . 4. Die Beweislast
Rdn. 3-5 6-7
2
1. A l l g e m e i n e s 1
§ 16 stellt die notwendige Ergänzung zu den §§ 15, 17-19 dar. Ein Schiffsfüh134
Verpflichtung des Schiffseigners
§16
rer handelt häufig aufgrund von Anweisungen des Schiffseigners, die ihm unmittelbar fernmündlich an Bord erteilt werden. Die Wirkungen aller auf Anweisung des Schiffseigners abgeschlossenen Geschäfte treffen allein den Schiffseigner. Uber alle bedeutsamen Geschäfte, die der Schiffsführer abschließt, hat er nach § 7 Abs. 1 den Schiffseigner zu informieren, weil ihm das in zumutbare Weise über Funksprechverbindungen oder über Funktelefon möglich ist.
2. Die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht Alle Geschäfte, die ein Schiffsführer abschließt, während sich das Schiff am 2 Heimatort oder am O r t der Geschäftsniederlassung des Schiffseigners befindet, sind für den Schiffseigner nur verbindlich, wenn der Schiffsführer aufgrund einer Vollmacht (§ 166 Abs. 2 B G B ) gehandelt hat (§§ 164 ff B G B ) . In der Binnenschiffahrt wird auch heute noch gelegentlich einem Schiffsführer Vollmacht zu gewissen Geschäften erteilt. So wird ihm Vollmacht zum Abschluß von Frachtverträgen oder sonstiger mit dem Schiffsbetrieb zusammenhängender Geschäfte, wie z. B. die Annahme und die Entlassung von Mitgliedern der Schiffsmannschaft übertragen. Als ein anderer besonderer Verpflichtungsgrund des Schiffseigners im Sinne des § 1 6 Abs. 1 kommt die Genehmigung eines ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts nach §184 B G B oder G e s c h ä f t s f ü h r u n g ohne A u f t r a g (§§677 ff B G B ) in Frage.
3. Die Ausstellung des Ladescheins Es handelt sich bei der Ausstellung des Ladescheins um eine zur Durchfüh- 3 rung der Reise notwendige Maßnahme und um die Erfüllung einer Verpflichtung des Frachtführers. Nach § 72 ist der Frachtführer auf Verlangen des Absenders zur Ausstellung des Ladescheins verpflichtet. Der Ladeschein muß nach §445 Abs. 2 H G B vom Frachtführer unterzeichnet sein. Abweichend bestimmt hierzu § 16 Abs. 2 die gesetzliche Zeichnungsbefugnis des Schiffsführers, der nicht Frachtführer sein muß und als angestellter Schiffsführer ohne eine diesbezügliche Vollmacht nicht einmal zum Abschluß von Frachtverträgen berechtigt ist (§15 Abs. 2). Die Befugnis zur Zeichnung des Ladescheins kann beschränkt werden. Die 4 Zeichnung eines Ladescheins ohne Vertretungsmacht kann aber vom Frachtführer nach den §§ 177 Abs. 2, 184 Abs. 1 B G B genehmigt werden. Diese Genehmigung kann ausdrücklich oder durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten erfolgen. Einer besonderen Genehmigung bedarf es nicht, wenn nach den Geschäftsgepflogenheiten die Genehmigung stets erteilt oder die Zeichnung stets als rechtsverbindlich anerkannt worden ist. Eine nachträgliche Genehmigung durch schlüssiges Verhalten kann in der 5 Annahme des Gutes aufgrund eines mangelhaft gezeichneten Ladescheins gesehen werden, wenn der Annehmende sich dessen bewußt war oder wenigstens 135
§17
2. Abschnitt. Schiffer
damit rechnete, daß der Ladeschein von jemandem gezeichnet war, der dazu keine Befugnis hatte 1 . Wenn die Annahme trotz Kenntnis des Mangels erfolgt ist, verstößt die Berufung auf die Mangelhaftigkeit des Ladescheins gegen Treu und Glauben (§ 242 B G B ) , ebenso wenn bei der Empfangnahme des Ladescheins Zweifel an der Gültigkeit aufgekommen waren und der Empfänger die Frachtgüter trotzdem angenommen hat 2 . Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Ladeschein nicht wie der Frachtbrief eine Urkunde über den Frachtvertrag darstellt, sondern nur das Versprechen enthält, die Frachtgüter nach deren Ankunft am Bestimmungsort an den berechtigten Inhaber des Ladescheins auszuliefern, nicht aber eine Verpflichtung zur Ausführung des Transports 3 .
4. Die Beweislast 6
a) Wird der Schiffseigner aus einem vom Schiffsführer aufgrund einer Vollmacht abgeschlossenen Geschäft in Anspruch genommen, hat der Geschäftsgegner im Bestreitensfalle Umfang und Wirksamkeit der Vollmacht sowie das Geschäft selbst zu beweisen.
7
b) Wird der Frachtführer aus einem Ladeschein in Anspruch genommen, obliegt ihm die Beweislast für alle Einwendungen. War der Ladeschein offensichtlich mangelhaft, hat der Empfänger die Güter aber abgenommen, begründet der Beweis des ersten Anscheins eine widerlegbare Vermutung dafür, daß der Empfänger den Ladeschein in der vorliegenden Form nachträglich genehmigt hat.
§17 Der Schiffseigner, welcher die gesetzlichen Befugnisse des Schiffers beschränkt hat, kann einem Dritten die Nichteinhaltung dieser Beschränkung nur dann entgegensetzen, wenn er beweist, daß sie dem Dritten bekannt waren. Übersicht Rdn.
Rdn. 1. Allgemeines 2. D i e
Wirkung
der der
Beschränkung
gesetzlichen
im Außenverhältnis 3. D i e Beweislast
1 RGZ 170, 233. 2 RGZ 170, 233. 3 Begr. S. 54. 136
Vertretungsmacht 2-3 4
Schutz des guten Glaubens
§17
1. Allgemeines Während § 18 die Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht im Innen- 1 Verhältnis regelt, verhält sich § 17 über die Wirkung einer Beschränkung in Bezug auf Dritte. Dritte können sich auf die gesetzliche Vertretungsmacht des Schiffsführers nach §§15 Abs. 1, 16 aus Gründen des Verkehrsschutzes verlassen, wenn ihnen nichts Gegenteiliges bekannt ist. Für das Außenverhältnis begründet das Gesetz die Vermutung, daß die gesetzliche Vertretungsmacht nicht eingeschränkt ist.
2. Die Wirkung der Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht im Außenverhältnis Wird der Schiffseigner aus einem Geschäft in Anspruch genommen, das der 2 Schiffsführer kraft seiner gesetzlichen Vertretungsmacht eingegangen ist, kann der Schiffseigner dem Dritten entgegenhalten, daß ihm die Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht bekannt war und deshalb das Geschäft den Schiffseigner nicht bindet. Der U m f a n g der B e s c h r ä n k u n g bis zum völligen Ausschluß der gesetzlichen Vertretungsmacht ergibt sich aus dem Innenverhältnis des Schiffseigners zum Schiffsführer und wird vom Gesetz in § 18 zugelassen 1 . Maßgeblicher Zeitpunkt für eine rechtserhebliche Kenntnis des Dritten von 3 der Beschränkung oder dem Ausschluß der gesetzlichen Vertretungsmacht des Schiffsführers ist der Abschluß des Geschäfts mit dem Schiffsführer. Es ist unerheblich, in welcher Weise der Dritte Kenntnis von der Beschränkung erlangt hat. Die Kenntnis kann durch den Schiffsführer, durch Rundschreiben, durch den Inhalt der Frachtpapiere oder durch die Verlade- und Transportbedingungen vermittelt werden. Häufig findet sich in Verfrachtungsbedingungen die Klausel, daß der Schiffsführer zur Einziehung der Fracht nicht berechtigt ist oder daß die Fracht nur an den Frachtführer selbst mit befreiender Wirkung gezahlt werden kann. Derartige Klauseln sind zu beachten. Der Dritte kann sich nicht darauf berufen, beschränkende Vermerke oder Klauseln nicht gelesen zu haben; denn der Kenntnis des Dritten muß eine auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis gleichgesetzt werden (§§122 Abs. 2, 169 B G B ) . Eine Erkundigungspflicht besteht aber für Dritte nicht. Unter Umständen kann die Einrede der Arglist begründet sein, wenn der Dritte mit dem Schiffsführer ein Geschäft abschließt, obwohl er weiß, daß dieses Geschäft den Absichten und Interessen des Schiffseigners zuwiderläuft 2 .
1 Vgl. §18 Rdn. 3. 2 RGZ 15, 206. 137
§18
2. A b s c h n i t t . Schiffer
3. Die Beweislast 4
Das Gesetz enthält eine Beweislastregel. Der Schiffseigner kann den gegen ihn gerichteten Anspruch des Dritten aus Geschäften, die der Schiffsführer im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht getätigt hat und für den der Schiffseigner nach § 4 Abs. 1 N r . 1 beschränkt dinglich mit Schiff und Fracht haftet, nur abwenden, wenn er beweist, daß dem Dritten die Beschränkung bekannt war oder die Kenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht (§§ 122 Abs. 2 169 BGB). Will der Schiffseigner die Einrede der allgemeinen Arglist erheben, trifft ihn auch dafür die Beweislast.
§18 Dem Schiffseigner gegenüber sind für den Umfang der Befugnisse des Schiffers die Bestimmungen der §§ 15 und 16 ebenfalls maßgebend, soweit nicht der Schiffseigner diese Befugnisse beschränkt hat. Übersicht 1. Allgemeines 2. Abweichende Regelungen 3. Der Inhalt von Beschränkungen
. .
Rdn. 1 2 3
Rdn. 4. Der Verstoß gegen eine Beschränkung 5. Die Beweislast
4 5
1. Allgemeines 1
§18 entspricht der seerechtlichen Vorschrift des §534 Abs. 1 H G B . Das Binnenschiffahrtsgesetz will klarstellen, daß die §§9, 15, 16 Abs. 2, die die gesetzliche Vertretungsmacht des Schiffsführers betreffen, auch für das Innenverhältnis zwischen dem Schiffsführer und dem Schiffseigner gelten. Diese Regelung ist jedoch nicht zwingenden Rechts, so daß der Schiffseigner für sein Innenverhältnis zum Schiffsführer abweichende Abmachungen treffen kann. N u r soweit eine vertragliche Regelung im Innenverhältnis oder eine einseitige Erklärung des Schiffseigners fehlt, finden auf das Innenverhältnis die §§9, 15, 16 Abs. 2 Anwendung.
2. Abweichende Regelungen 2
Die gesetzliche Befugnis des Schiffsführers kann der Schiffseigner mit Wirkung für das Innenverhältnis beschränken. Einem Dritten kann er eine solche Beschränkung nur entgegenhalten, wenn dieser die Beschränkung kennt (§17). Die Beschränkung erfolgt üblicherweise im Dienst- oder Arbeitsvertrag, im übrigen in sonstigen Abmachungen. Die Beschränkung braucht nicht schon beim Abschluß des Dienstvertrages zu erfolgen. Es kann auch später noch eine Beschränkung erfolgen. Es genügt eine einseitige Erklärung des Schiffseigners 138
Wirkung vom Schiffer abgeschlossener Rechtsgeschäfte
§19
gegenüber dem Schiffsführer. Eine vertragliche A b r e d e ist nicht erforderlich, k o m m t aber in der Praxis häufig vor.
3. Der Inhalt von Beschränkungen D i e Beschränkung kann ihrem Inhalt nach die Befugnisse des Schiffsführers 3 zeitlich, örtlich oder quantitativ und qualitativ beschränken. In aller Regel wird ein Schiffsführer verpflichtet, den Schiffseigner (das Schiffahrtsunternehmen) von allen notwendigen und kostenträchtigen Maßnahmen zu informieren und Weisungen einzuholen. D i e Einschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht kann so weitgehend sein, daß sie einen A u s s c h l u ß der V e r t r e t u n g s m a c h t darstellt. In dieser Weise sichern sich insbesondere große Schiffahrtsunternehmen, die sich die Entscheidung über alle Geschäfte vorbehalten wollen.
4. Der Verstoß gegen Beschränkungen Handelt ein Schiffsführer einer ihm auferlegten Beschränkung seiner gesetzli- 4 chen Vertretungsmacht zuwider, haftet er dem Schiffseigner sowohl wegen Verletzung seiner Dienstobliegenheiten nach § 7 A b s . 2 als auch nach den Regeln über die positive Vertragsverletzung ( § 2 4 2 B G B ) auf Ersatz des durch sein Fehlverhalten entstandenen Schadens.
5. Die Beweislast Verlangt der Schiffseigner v o m Schiffsführer Schadensersatz wegen einer Zu- 5 Widerhandlung gegen eine Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht im Innenverhältnis, trägt der Schiffseigner die Beweislast für die Beschränkung als solche und im übrigen für den Schadensersatzanspruch nach G r u n d und H ö h e .
§19 (1) D u r c h ein R e c h t s g e s c h ä f t , welches der Schiffer in seiner E i g e n s c h a f t als F ü h r e r des Schiffes, sei es mit, sei es o h n e B e z e i c h n u n g des Schiffseigners i n n e r h a l b seiner gesetzlichen B e f u g n i s s e geschlossen h a t , wird der Schiffseigner d e m D r i t t e n g e g e n ü b e r berechtigt u n d die H a f t u n g des Schiffseigners m i t Schiff u n d F r a c h t ( § 4 N r . 1) b e g r ü n d e t . (2) D e r Schiffer selbst wird d e m D r i t t e n d u r c h das R e c h t s g e s c h ä f t nicht verpflichtet, es sei denn, d a ß er dessen E r f ü l l u n g gewährleistet o d e r seine Befugnisse überschritten hat. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Haftung des Schiffseigners . .
Rdn. 1 2—4
3. Die Haftung des Schiffsführers . . 4. Die Beweislast
Rdn. 5-10 11
139
§19
2. A b s c h n i t t . Schiffer
1. Allgemeines 1
§19 entspricht weitgehend der seerechtlichen Vorschrift des §533 Abs. 1 H G B . Im Seerecht wird jedoch der Reeder durch ein Rechtsgeschäft des Kapitäns innerhalb seiner gesetzlichen Befugnisse unmittelbar persönlich berechtigt und verpflichtet, während im Binnenschiffahrtsrecht zwar der Schiffseigner berechtigt, jedoch nur eine Haftung mit Schiff und Fracht (§4 Abs. 1 N r . 1) begründet wird.
2. Die H a f t u n g des Schiffseigners 2
a) Soweit der Schiffsführer im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht (§§ 9, 15, 16 Abs. 2) tätig wird, ist er unmittelbarer Stellvertreter des Schiffseigners. Dasselbe gilt, wenn der Schiffsführer aufgrund einer besonderen Vollmacht des Schiffseigners gehandelt hat, jedoch wird in solchen Fällen eine unbeschränkt persönliche Haftung des Schiffseigners wie in sonstigen Fällen der rechtsgeschäftlichen Vertretung begründet. Der von dem Schiffsführer aufgrund der gesetzlichen Vertretungsmacht vertretene Schiffseigner (§§ 1, 2) wird Dritten gegenüber unmittelbar berechtigt und verpflichtet.
3
b) Den Schiffseigner trifft bei Geschäften, die der Schiffsführer innerhalb seiner gesetzlichen Vertretungsmacht vornimmt, nach den §§19 Abs. 1, 4 Abs. 1 N r . 1 nur eine Haftung mit Schiff und Fracht, also keine unmittelbare und unbeschränkt persönliche Haftung, obwohl er seinerseits aus dem Geschäft vollberechtigt wird. Eine unbeschränkte H a f t u n g des Schiffseigners kann sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergeben und die Haftungsbeschränkung durchbrechen. So besteht nach § 5 eine persönliche Haftung des Schiffseigners gegenüber der Schiffsbesatzung für die ihnen aus dem Dienstverhältnis zustehenden Forderungen auch dann, wenn der Schiffsführer die Schiffsmannschaft aufgrund seiner gesetzlichen Vertretungsmacht angenommen hat. Diese Durchbrechung der Haftungsbeschränkung ist auch aus sozialen Erwägungen geboten. Der Schiffseigner haftet ferner nach § 7 Abs. 3 unbeschränkt persönlich, wenn der Schiffsführer das Geschäft nach Unterrichtung des Schiffseigners und auf dessen Anweisung abgeschlossen hat. In derartigen Fällen steht das Geschäft einem Eigengeschäft des Schiffseigners gleich.
4
c) Selbstverständlich ist eine Haftung des Schiffseigners aus den vom Schiffsführer geschlossenen Geschäften nur gegeben, wenn sich der Schiffsführer im Rahmen seiner gesetzlichen Befugnisse gehalten hat und die Befugnisse auch weder ausgeschlossen noch beschränkt waren. Diese letzten Fälle werden aber durch die §§17, 18 besonders geregelt. Notwendig ist, daß der Schiffsführer in dieser Eigenschaft das Geschäft entweder selbst oder im Einzelfalle durch einen beauftragten Vertreter im Rahmen 140
Wirkung vom Schiffer abgeschlossener Rechtsgeschäfte
§19
seiner Vertretungsmacht vorgenommen hat. Er muß erkennbar in der Eigenschaft als Schiffsführer aufgetreten sein. Sein Vertreter muß offenlegen, daß er als Vertreter des Schiffsführers handelt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob sich aus den Umständen ergibt, daß sie in seinem Namen erfolgen soll (§164 Abs. 1 BGB). Als Umstände in diesem Sinne kommen auch die Art der vorzunehmenden Geschäfte in Frage. Es ist nicht erforderlich, daß der Schiffsführer den Namen des Schiffseigners erwähnt oder daß dem anderen Teil dieser sonst bekannt ist.
3. Die Haftung des Schiffsführers a) Wie jeder andere rechtsgeschäftliche Vertreter, der sich im Rahmen seiner 5 Vertretungsmacht bewegt, wird auch ein Schiffsführer aus Geschäften, die er im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht abgeschlossen hat, weder berechtigt noch verpflichtet (§19 Abs. 2); denn er handelt mit unmittelbarer Wirkung für und gegen den von ihm vertretenen Schiffseigner. b) Überschreitet der Schiffsführer seine gesetzliche Vertretungsmacht, hängt 6 die Wirksamkeit des Vertrages für und gegen den Schiffseigner von dessen Genehmigung ab (§ 177 Abs. 1 BGB). Der Dritte kann den Schiffseigner zur Genehmigung des Vertrages auffordern. Wird die Genehmigung erteilt, wird der Vertrag gegenüber dem Schiffseigner voll wirksam und der Schiffseigner persönlich und unbeschränkt verpflichtet, weil es sich um kein Geschäft im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht gehandelt hat. Bis zur Genehmigung kann der Dritte den Vertrag widerrufen (§ 178 BGB). Wird die Genehmigung verweigert, haftet der Schiffsführer selbst dem Dritten nach dessen Wahl auf Erfüllung oder Schadensersatz (§179 Abs. 1 BGB). Wenn der Schiffsführer ein nicht zur Ausführung der Reise erforderliches Geschäft z. B. durch den Ankauf von Inventar abschließt (§ 15 Abs. 1), haftet der Schiffsführer persönlich. Es wird aber an seiner Stelle eine unmittelbare persönliche Haftung des Schiffseigners begründet, wenn der Schiffseigner nach Kenntnis des Geschäftes die Weiterbenutzung des erworbenen Gegenstands duldet. c) Es besteht ein qualitativer Unterschied der Überschreitung der gesetzli- 7 chen Vertretungsmacht gegenüber den Fällen, in denen die gesetzliche Vertretungsmacht im Innerverhältnis beschränkt oder ausgeschlossen worden ist. Die Rechtsfolgen der Beschränkung oder des Ausschlusses der gesetzlichen Vertretungsmacht sind durch die §§17, 18 besonders geregelt. d) Der Schiffsführer ist einem Dritten gegenüber nach § 19 Abs. 2 persönlich 8 verpflichtet, wenn er die Erfüllung des Rechtsgeschäftes gewährleistet, sei es als Bürge, sei es durch ein Garantieversprechen oder eine Schuldübernahme. Ein Anerkenntnis ist keine Gewährleistung; denn in einem Anerkenntnis liegt nicht zugleich die Erklärung, für die Erfüllung der den Schiffseigner treffenden Verbindlichkeit persönlich einstehen zu wollen. 141
§19
2. Abschnitt. Schiffer
Eine besondere F o r m ist für eine Gewährleistung nach § 19 A b s . 2 nicht vorgeschrieben. Insoweit k o m m t es auf die allgemeinen Vorschriften des B G B an. D e n n es ist kein G r u n d ersichtlich, gesetzliche Schutz- und Warnfunktionen des F o r m z w a n g s z u m Nachteil eines Schiffsführers einzuschränken. F ü r die Erteilung einer B ü r g s c h a f t ist nach § 766 B G B Schriftform vorgeschrieben. Bei Schuldmitübernahme und Erfüllungsübernahme bedarf es hingegen ebensowenig wie bei einem Garantievertrag der Einhaltung der Schriftform. Ist unklar, welchen Inhalt eine mündliche Erklärung des Schiffsführers hatte, ist im Zweifel eine formnichtige Bürgschaft anzunehmen. 1 Aus einem G e w ä h r l e i s t u n g s v e r t r a g haftet der Schiffsführer als G e s a m t schuldner mit dem Schiffseigner ( § 4 2 7 B G B ) , dessen H a f t u n g sich aus dem wirksamen Vertrag ergibt. 9
e) Wenn der Schiffsführer seine gesetzliche Vertretungsmacht überschreitet, kann hierin auch die Verletzung seiner Dienstobliegenheiten gegenüber dem Schiffseigner, den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger), Reisenden und den Personen der Schiffsbesatzung liegen. Diesen Personenkreisen gegenüber hat der Schiffsführer die S o r g f a l t eines o r d e n t l i c h e n S c h i f f s f ü h r e r s bei der Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten zu beachten und haftet bei Pflichtverletzungen auf Schadensersatz (§ 7 A b s . 2). Soweit in dem A b s c h l u ß eines Geschäfts eine u n e r l a u b t e H a n d l u n g liegt, haftet der Schiffsführer jedem Geschädigten nach den §§ 823 ff B G B auf Schadensersatz.
10
f) D e m Schiffseigner gegenüber ergibt sich die H a f t u n g des Schiffsführers aus positiver V e r t r a g s v e r l e t z u n g , aus § 7 A b s . 2 und aus den § § 8 2 3 ff B G B .
4. Die Beweislast 11
I m Rechtsstreit m u ß der Vertragsgegner den Vertragsschluß und die Verweigerung der G e n e h m i g u n g des Rechtsgeschäfts durch den Schiffseigner beweisen. I m übrigen m u ß er seinen Klagenanspruch nach G r u n d und H ö h e beweisen. D e n Schiffsführer trifft keine Beweislast, weil sich die Vertretungsmacht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. D i e Frage der Überschreitung der Befugnisse unterliegt der tatrichterlichen Würdigung entsprechend den U m s t ä n d e n des E i n zelfalles. D e r Schiffsführer kann behaupten und beweisen, daß der Schiffseigner das Geschäft durch D u l d u n g der B e n u t z u n g der erworbenen Gegenstände genehmigt hat.
1 Palandt B G B , Einf. vor § 765 Anm. 3c. 142
Aufhebung des Dienstverhältnisses des Schiffers
§20
§20 (1) Der Schiffer untersteht, soweit nicht in diesem Gesetz ein anderes bestimmt ist, den Vorschriften, welche für die in § 133c der Gewerbeordnung bezeichneten Personen gelten. (2) und (3) (aufgehoben) (4) Hat der Schiffer eine Reise angetreten, so ist er verpflichtet, bis zur Beendigung der Reise und zur Entlöschung des Schiffes im Dienste zu bleiben, es sei denn, daß ein den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorhanden ist. (5) Wird das Dienstverhältnis vor der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte während der Reise aufgehoben, so hat der Schiffer Anspruch auf die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Schiffer sich einer Handlung schuldig gemacht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu rechtfertigen. (6) Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Schiffer zwar jederzeit seines Dienstes enthoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die Zeit bis zum Ende der vertragsmäßigen Dauer des Dienstverhältnisses oder bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist. Übersiebt
Rdn. 1. Allgemeines 2. D i e ordentliche K ü n d i g u n g
1 . . . .
2
3. D i e außerordentliche K ü n d i g u n g . .
3
4. D i e betriebliche M i t b e s t i m m u n g . .
4
Rdn. 5. D i e
Besonderheiten
der
Binnen-
Schiffahrt 6. Sonstige arbeitsrechtliche Fragen . .
5 6
1. Allgemeines Die frühere Einordnung des Personals der Binnenschiffahrt in die Gruppe der 1 gewerblich beschäftigten Personen hat heute keine Bedeutung mehr. Die entsprechenden Bestimmungen der Gewerbeordnung sind weggefallen. Die Kündigung von Schiffsführern in der Binnenschiffahrt richtet sich nach dem unmittelbaren Wortlaut des § 20. Da die Vorschriften der Gewerbeordnung, die § 20 für entsprechend anwendbar erklärt, weggefallen sind, ist im Gesetz eine Lücke entstanden. Diese wird durch die subsidiär geltenden Bestimmungen des B G B geschlossen. Es finden nunmehr die Bestimmungen des B G B über den Dienstvertrag Anwendung, soweit sich nicht aus § 20 Sonderregelungen für den Bereich der Tätigkeit eines Schiffsführers in der Binnenschiffahrt ergeben. Die ordentliche und die außerordentliche Kündigung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des B G B und denen des Kündigungsschutzgesetzes. Zu beachten sind selbstverständlich auch die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes und des Schwerbehindertengesetzes. 143
§20
2. Abschnitt. Schiffer
Das B G B bestimmt nicht, wann ein Arbeitnehmer Angestellter oder Arbeiter ist, knüpft aber an diese Einordnung der Tätigkeit unterschiedliche Rechtsfolgen an. D a nur das Angestelltenversicherungsgesetz 1 in § 3 aufführt, welche Berufsgruppen Angestellte sind, muß diese Eingruppierung auch für den Bereich des B G B angewendet werden. In § 3 Abs. 1 N r . 7 A V G sind ausdrücklich die Schiffsführer der Binnenschiffe genannt. Es unterliegt daher keinem Zweifel, die Schiffsführer von Binnenschiffen als Angestellte anzusehen und die für Angestellte maßgebenden Vorschriften des B G B auf sie anzuwenden. Zu den Angestellten müssen auch die 1. Maschinisten und Alleinmaschinisten gezählt werden, weil sie an Bord aufgrund ihrer technischen Ausbildung und ihrer Verantwortung für ihren Dienstbereich eine leitende u n d überwachende Stellung haben, die ihre Einordnung als Angestellte rechtfertigt. Auch der R a h m e n t a r i f v e r t r a g für die deutsche Binnenschiffahrt stuft diese Besatzungsmitglieder als Angestellte ein, wie ihre Gleichstellung mit den Kapitänen zeigt.
2. Die ordentliche Kündigung 2
Das Binnenschiffahrtsgesetz regelt abweichend von § 622 Abs. 1 B G B für Schiffsführer (Kapitäne) die ordentliche Kündigung dahin, daß die Beendigung des Angestelltenverhältnisses mit Ablauf jedes Monats nach sechs Wochen vorher erklärter Kündigung eintritt. Die Tarifvertragsparteien in der Binnenschiffahrt haben durch den Rahmentarifvertrag die K ü n d i g u n g s f r i s t e n abweichend vereinbart, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Nach §21 R T V beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist für Kapitäne, Schiffsführer, 1. Maschinisten und Alleinmaschinisten sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Bei langjährigen Beschäftigungsverhältnissen verlängert sich die Kündigungsfrist und zwar bei 5 Jahren auf 3 Monate, bei 8 Jahren auf 4 Monate, bei 10 Jahren auf 5 Monate und bei 12 Jahren auf 6 Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Bei mindestens 15 Jahren Beschäftigungsdauer und nach Vollendung des 50. Lebensjahres beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate zum Schluß des Kalenderjahres. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, während derer der Arbeitnehmer vor Vollendung des 25. Lebensjahres gearbeitet hat, nicht berücksichtigt.
3. Die außerordentliche Kündigung 3
Für die außerordentliche Kündigung eines Schiffsführers gelten gegenüber der Kündigung der übrigen Mitglieder der Schiffsbesatzung keine Besonderheiten. Das Vertragsverhältnis kann von jedem Vertragsteil nach § 626 B G B aus einem 1 Vom 28. 5.1924, R G B l . 563 zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. 7. 1978, B G B l . I S. 1089 B G B l . III 821 - 1
144
§21
Z u r Schiffsmannschaft gehörende Personen
wichtigen G r u n d ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund deren dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. 2
Dritter Abschnitt
Schiffsmannschaft §21 (1) Z u r Schiffsmannschaft gehören mit A u s n a h m e des Schiffers die z u m Schiffahrtsdienste auf dem Schiffe angestellten Personen der Schiffsbesatz u n g , insbesondere die Steuerleute, Bootsleute, Matrosen, Schiffsknechte, Schiffsjungen, Maschinisten und Heizer. (2) Die Schiffsmannschaft untersteht der G e w e r b e o r d n u n g . Übersicht Rdn. 1. Der Begriff Schiffsmannschaft . . . 2. Die arbeitsrechtliche Einordnung .
1 2
Rdn. 3. Die Bedeutung der Zugehörigkeit zur Schiffsmannschaft 4. Die erforderliche Schiffsbesatzung
3 4
1. Der Begriff Schiffsmannschaft Die Schiffsmannschaft umfaßt nach dem Gesetzeswortlaut alle Personen, die 1 zur Leistung von Schiffsdiensten angestellt sind. Es kommt nicht darauf an, ob die Anstellung für einen längeren Zeitraum oder nur vorübergehend vereinbart worden ist. So gehört ein Vertragslotse zur Schiffsbesatzung, auch wenn er nur kurze Zeit z. B. in der Gebirgsstrecke auf dem Mittelrhein sich an Bord aufhält. Würde für bestimmte Teile des Reviers die Annahme eines Zwangslotsen bestimmt, könnte hingegen von einer Anstellung zur Leistung von Schiffsdiensten keine Rede sein. Die Aufzählung des Gesetzes ist nicht abschließend. Auch künftige neue Berufsformen der Binnenschiffahrt können unter §21 fallen, wenn die Tätigkeit ihrem Inhalt nach auf Schiffsdienste gerichtet ist. Nicht zur Schiffsmannschaft gehören Personen, die eine dauernde oder vor-
2 Z u m wichtigen G r u n d vgl. § 2 5 R d n . 3. Z u r Beweislast vgl. § 2 5 R d n . 4
145
§21
3. A b s c h n i t t . S c h i f f s m a n n s c h a f t
übergehende Tätigkeit an Bord ausüben, aber keine Schiffsdienste leisten, mögen diese Personen sich persönlich auch als Mitglied der Schiffsbesatzung fühlen. So gehört z. B. der K o c h auf einem Schubboot trotz seiner sozialen Einbindung in die Schiffsbesatzung nicht zur Schiffsmannschaft im Sinne des Gesetzes. Zur Schiffsbesatzung gehören auch nicht auf Fahrgastschiffen die Köche, das Küchenpersonal, die Stewards, die Kellner, das Raumpflege- und das Verkaufspersonal. Selbstständige Gewerbetreibende, die an Bord ihren Geschäften nachgehen, gehören auch nicht hierhin. Familienangehörige oder G ä s t e an Bord rechnen nicht zur Schiffsmannschaft. Vielfach arbeiten jedoch Familienmitglieder ständig mit und werden als Mitglieder der Schiffsmannschaft geführt. Das ist üblich und zulässig. Die Familienmitglieder sind zwar nicht zu Schiffsdiensten angestellt, sie sind aber Arbeitnehmern gleichzustellen.
2. Die arbeitsrechtliche Einordnung 2
Die Schiffsmannschaft wurde früher einschließlich des Schiffsführers zu den gewerblichen Arbeitern gerechnet, weil auf sie die Vorschriften der Gewerbeordnung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschriften (§§ 20, 25) anzuwenden waren. Die bezogenen Vorschriften der Gewerbeordnung sind aber inzwischen aufgehoben worden. Es kommt heute nur noch entscheidend darauf an, ob das betreffende Mitglied der Schiffsbesatzung als Angestellter oder als Arbeiter anzusehen ist. Neben den §§20, 25 sind die Vorschriften des B G B über den Dienstvertrag und das Kündigungsschutzgesetz, sowie das Mutterschutzgesetz und das Schwerbehindertengesetz anzuwenden. 3 Der Vertragslotse übt zwar ein eigenes Gewerbe aus. Durch den Lotsvertrag verpflichtet er sich aber zur Leistung von Schiffsdiensten.
3. Die Bedeutung der Zugehörigkeit zur Schiffsmannschaft 3
Für Verschulden der Schiffsmannschaft hat der Schiffseigner oder Ausrüster im Rahmen des § 4 Abs. 1 N r . 3 einzustehen. Wegen ihrer Lohnforderungen hat die Schiffsbesatzung ein Schiffsgläubigerrecht nach § 102 N r . 2.
4. Die erforderliche Schiffsbesatzung 4
Im Schiffsattest ist für jedes Schiff die notwendige Besatzung näher bestimmt. Im F a h r t e n b u c h muß festgehalten werden, wer jeweils als Mitglied der Schiffsbesatzung an Bord ist, damit die ordnungsgemäße Schiffsbesetzung jederzeit überprüft und festgestellt werden kann. Sind im Schiffsattest besondere Qualifikationen vorgeschrieben, kann ein solches Besatzungsmitglied nicht durch ein einfaches Besatzungsmitglied ersetzt werden. Das Schiff ist unterbesetzt. Verstöße gegen die ordnungsgemäße Schiffsbesetzung werden als O r d n u n g s w i d r i g keiten geahndet. 3 Vgl. d a z u näher die A u s f ü h r u n g e n zu §§ 20 u n d 25.
146
§22
Dienstantritt des Schiffsmannes
§22 Die Verpflichtung des Schiffsmannes z u m Dienstantritt beginnt, wenn nichts anderes verabredet ist, mit dem Abschlüsse des Dienstvertrages. Tritt der Schiffsmann den Dienst nicht binnen vierundzwanzig Stunden an, so braucht er nicht mehr a n g e n o m m e n zu werden. D e r A n s p r u c h des Schiffseigners auf Schadensersatz wird hierdurch nicht berührt. Übersicht Rdn. 1. Der Abschluß des Dienstvertrages 2. Das Schifferdienstbuch 3. Der Zeitpunkt des Dienstantritts . .
1 2 3
Rdn. 4. Die Folgen verspäteten antritts 5. Die Beweislast
Dienst4 5
1. D e r A b s c h l u ß d e s D i e n s t v e r t r a g e s Weder das BSchG, noch die subsidiär anwendbaren Vorschriften des B G B , 1 noch die Normen des Rahmentarifvertrages für die deutsche Binnenschiffahrt sehen für den Abschluß eines Dienstvertrages in der Binnenschiffahrt die Schriftform vor. Die Binnenschiffahrt kennt keine dem Heuerschein der Seeschiffahrt vergleichbare Urkunde. Die Mitglieder der Schiffsbesatzungen werden von dem Schiffahrtsbetrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt, falls nicht ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wird. Der Dienstvertrag richtet sich mangels spezieller Individualvereinbarungen nach den Bestimmungen des B G B . Mit Vorrang sind die Bestimmungen des R a h m e n t a r i f v e r t r a g e s f ü r die deutsche Binnenschiffahrt anzuwenden, soweit die gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der Vertragsfreiheit abdingbar sind. Arbeitsverträge werden in der Binnenschiffahrt regelmäßig durch die Personalabteilungen der Schiffahrtsbetriebe abgeschlossen. Im Gegensatz zur Seeschiffahrt hat der Schiffsführer oder ein Kapitän abgesehen von dem Fall des § 15 keine gesetzliche Vollmacht, die Schiffsbesatzung selbst anzunehmen. Der Schiffahrtsbetrieb kann selbstverständlich dem Schiffsführer eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen, Dienstverträge mit neuen Besatzungsmitgliedern zu schließen (§ 164 B G B ) . Liegt eine solche Vollmacht vor, wird das Schiffahrtsunternehmen selbstverständlich unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Hingegen treten in der Person des Schiffsführers als Vertreter keine rechtsgeschäftlichen Wirkungen ein. Schließt der Schiffsführer ohne eine Vollmacht einen Dienstvertrag, handelt er als Vertreter ohne Vertretungsmacht im Sinne des § 179 B G B und wird selbst nach Wahl des Vertragsgegners entweder zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrages verweigert. Denkbar, in der täglichen Praxis aber wenig wahrscheinlich ist eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht des Schiffseigners, wonach der Schiffsführer zur Annahme eines Besatzungsmitglieds berechtigt ist. Denn ein
147
§22
3. Abschnitt. Schiffsmannschaft
Schiffsführer kann fernmündlich, sei es von Bord oder von der nächsten Telefonzelle an Land aus das Schiffahrtsunternehmen oder den Schiffseigner erreichen und den Personalbedarf mitteilen, so daß ein geeigneter Ersatzmann binnen Stunden mit einem reedereieigenen Fahrzeug zum Liegeort des Schiffes gebracht werden kann. Wegen der Möglichkeit, Weisungen einzuholen oder eine drohende oder bereits eingetretene Unterbesetzung des Schiffes zu melden, besteht für einen Schiffsführer in der täglichen Praxis kein eigener Handlungsbedarf. Nach Antritt der Reise hat der Schiffsführer nach § 15 Abs. 1 jedoch eine gesetzliche Vertretungsmacht, die Besatzung zu ergänzen.
2. Das Schifferdienstbuch 2
In der deutschen Binnenschiffahrt mußten Besatzungsmitglieder stets im Besitz eines Schifferdienstbuches sein. 1 Daran haben auch die Schiffs-Untersuchungsordnungen festgehalten. Für den Rhein haben alle Rheinuferstaaten und Belgien durch das revidierte 14. Kapitel der Rheinschiffahrtsuntersuchungso r d n u n g ein einheitliches Schifferdienstbuch eingeführt. Nach § 14.04 der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung muß jedes Mitglied der Besatzung ein auf seine Person ausgestelltes Schifferdienstbuch nach dem Muster der Anlage F II haben. Das Dienstbuch ist bei erstmaliger Dienstaufnahme an Bord dem Schiffsführer vorzulegen, der hierin alle Eintragungen vorzunehmen und es bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sicher zu verwahren hat. Auf Wunsch des Inhabers ist diesem das Dienstbuch jederzeit und unverzüglich auszuhändigen. Das Dienstbuch enthält einerseits allgemeine Angaben, wie die erworbenen Diplome, ärztliche Atteste und die Befähigung des Inhabers nach § 14.02, andererseits spezifische Angaben über die ausgeführten Reisen. Das Schifferdienstbuch ist innerhalb eines jeden Jahres ab Ausstellung einem Wasser- und Schifffahrtsamt zur Uberprüfung der Eintragungen vorzulegen und von dieser Behörde mit einem Sichtvermerk zu versehen. Durch das Patent oder das Dienstbuch kann jederzeit die Befähigung für eine Funktion an Bord nachgewiesen werden.
3. Der Zeitpunkt des Dienstantritts 3
Der Dienstantritt hat in Ermangelung einer anderen Abrede sofort mit dem Abschluß des Dienstvertrages zu erfolgen. Erfolgt dieser nicht innerhalb längstens 24 Stunden, die stundenweise vom Zeitpunkt des Abschlusses ab rechnen, so braucht der säumige Schiffsmann ohne Rücksicht auf den Grund der Verzögerung nicht mehr eingestellt zu werden. Diese von §616 B G B abweichende Bestimmung trägt den Besonderheiten der Schiffahrt Rechnung. Der Schiffseigner 1 Vgl. das Gesetz über Schifferdienstbücher vom 12. 2.1951 ( B G B l . II S. 3) zuletzt geändert durch Gesetz vom 2 1 . 4 . 1 9 8 6 ( B G B l . I S. 551) und die D V O vom 2 2 . 2 . 1 9 5 1 B G B l . II S. 26.
148
Pflichten des Schiffsmannes
§23
soll nicht der Gefahr ausgesetzt werden, auf einen säumigen Schiffsmann warten zu müssen. Die Abfahrt des Schiffes darf nicht durch Säumnis eines Schiffsmannes in Frage gestellt werden. Diese starre Regelung wird aber im Falle von Krankheit, Sterilisation oder Abbruchs der Schwangerschaft nach §616 Abs. 2 und 3 B G B durchbrochen, da in derartigen Fällen die soziale Sicherheit Vorrang vor den individuellen Interessen des Schiffseigners hat. Im Falle von Krankheit muß der Schiffsmann nach dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit eingestellt werden.
4. Die Folgen der Säumnis Hat der Schiffsmann seinen Dienst nicht rechtzeitig angetreten, muß er nicht 4 nur besorgen, zurückgewiesen zu werden, er schuldet darüberhinaus im Falle von Verschulden im Sinne des § 276 B G B Schadensersatz aus seinem Verzug. Die Geltendmachung des Verzugsschadens läßt das Gesetz im Falle der Zurückweisung der Schiffsdienste ausdrücklich unberührt. Als Schaden kann der N u t zungsverlust für die Verzögerung der Abfahrt, ein höherer Lohn für einen Ersatzmann und zusätzliche Anreisekosten in Frage kommen.
5. Die Beweislast Haben die Parteien keinen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen, gilt der 5 Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Wer demgegenüber behauptet, der Arbeitsvertrag sei für eine bestimmte Zeit geschlossen worden, trägt hierfür die Beweislast. Wer einen bestimmten Vertragsinhalt abweichend vom Gesetz und vom Rahmentarifvertrag behauptet, hat derartige Abreden zu beweisen. Patente und Befähigungen können nur durch öffentliche U r k u n d e n nachgewiesen werden (Patente und Dienstbücher). Steht Säumnis des Schiffsmannes in Rede, hat der Schiffahrtsbetrieb die uneingeschränkte Behauptungs- und Beweislast sowohl für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses als auch für den Zeitpunkt, in dem sich der Schiffsmann zum Dienstantritt gemeldet hat. Verlangt der Schiffseigner wegen Leistungsverzugs des Schiffsmannes Schadensersatz, hat er Verschulden zu beweisen. Gegen den Schiffsmann spricht aber der Beweis des ersten Anscheins, wenn er nicht darlegt und notfalls beweist, welche Gründe ihn am rechtzeitigen Dienstantritt gehindert haben. Liegt Krankheit vor, hat der Schiffsmann unverzüglich eine ärztliche Bescheinigung über seine Arbeitsunfähigkeit vorzulegen.
§23 (1) D e r Schiffsmann ist verpflichtet, in A n s e h u n g des Schiffsdienstes den A n o r d n u n g e n des Schiffers Folge zu leisten und jederzeit alle f ü r Schiff und L a d u n g ihm übertragenen Arbeiten zu verrichten. 149
§23
3. Abschnitt. S c h i f f s m a n n s c h a f t
(2) Er darf das Schiff ohne Erlaubnis des Schiffers nicht verlassen. (3) Verunglückt das Schiff, so hat der Schiffsmann für Rettung der Personen und ihres Gepäcks sowie für Sicherstellung der Schiffsteile, der Gerätschaften und der Ladung den Anordnungen des Schiffers gemäß nach besten Kräften zu sorgen. Übersicht Rdn. 1. Der Pflichtenkreis 2. Der betroffene Personenkreis . . . 3. Folgen der Pflichtverletzung . . . . 4. Pflichten in Unglücksfällen
1
2
1-3 4 5 6
5. Ansprüche der Schiffsbesatzung auf Berge- und Hilfslohn 6. Die Beweislast
Rdn.
7 8
1. D e r Pflichtenkreis Ebenso wie das Seemannsgesetz für den Bereich der Seeschiffahrt, regelt das Binnenschiffahrtsgesetz die Dienstverpflichtungen von Binnenschiffern. Die Schiffsbesatzung ist verpflichtet, den Anordnungen des Schiffsführers zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Arbeiten Folge zu leisten. Das Gesetz spricht von jederzeitigen Arbeiten für Schiff und Ladung. Dabei wird der Besonderheit der Schiffahrt Rechnung getragen. Infolge witterungsbedingter Einflüsse, aber auch durch Zufälle und Unfälle können Krisen- und Gefahrensituationen entstehen, die einen vollen Einsatz der Schiffsbesatzung zur Rettung von Schiff und Ladung verlangen. Auch bei Unwettern kann verlangt werden, daß Arbeiten an Deck ausgeführt werden, wenn dadurch größere Schäden vermieden werden können. Klemmt z. B. ein automatisches Lukendach, kann der Schiffsführer verlangen, daß auch bei Sturm und Regen das Lukendach gängig gemacht wird. Lebensgefährliche Arbeiten darf der Schiffsführer aber auch in Notfällen von der Schiffsbesatzung nicht verlangen. Menschliches Leben hat absoluten Vorrang vor Sachwerten. Arbeiten, die mit gewissen Gefahren verbunden sind, können in der Binnenschiffahrt aus der Sicht verlangt werden, daß völlig gefahrlose Arbeiten in der Schiffahrt selten sind. Je gefährlicher die auszuführenden Arbeiten einzuschätzen sind, um so höher ist die Verantwortung des Schiffsführers für die Gesundheit seiner Schiffsbesatzung. Er kann vermeidbaren Gefahren nur entgegenwirken, wenn er über alle Risiken hinreichend aufklärt, seine Schiffsbesatzung entsprechend schult und überwacht, sowie bei besonders gefährlichen Arbeiten zusätzlich Wahrschauposten aufstellt, die z. B. andere Schiffe auf die vorzunehmenden Arbeiten hinweisen, damit nicht durch Druck und Sog bei der Vorbeifahrt die arbeitende Schiffsbesatzung gefährdet wird. Auch im Hafen muß mit Druck und Sog anderer Schiffe gerechnet werden, durch die Besatzungsmitglieder, die außerbords Arbeiten verrichten, gefährdet werden könnten, selbst wenn sie auf der dem anderen Schiff abgewandten Seite des eigenen Schiffs arbeiten. 150
Pflichten des Schiffsmannes
§23
Die Schiffsbesatzung darf das Schiff ohne Erlaubnis des Schiffsführers nicht 3 verlassen. Die Präsenzpflicht kann aber nicht wie früher daraus entnommen werden, daß die Schiffsbesatzung rund um die Uhr und an allen Tagen der Woche arbeiten muß. Denn die Arbeitszeit der Binnenschiffer ist heute im Rahmentarifvertrag für die deutsche Binnenschiffahrt näher geregelt. Auch darf ein Schiffsführer die Fahrzeiten nicht überschreiten. Ein Binnenschiff muß stets unter der Aufsicht einer Wache stehen, die im Notfall eingreifen kann. Unter diesen Umständen muß es der Schiffsführer in der Hand haben, im Einzelfall zu bestimmen, wer nach dem Fahrtende das Schiff verlassen darf.
2. Der betroffene Personenkreis Es ist in § 23 vom Schiffsmann die Rede. Schiffsmann im Sinne dieser Vor- 4 schrift sind die in §21 genannten Personen der Schiffsmannschaft. Darunter können auch Frauen fallen, wenn sie Schiffsdienste leisten. Frauen als Schiffsführer oder Mitglieder der Schiffsbesatzung sind in der Binnenschiffahrt keine Seltenheit.
3. Die Folgen von Pflichtverletzungen Pflichtverletzungen stellen, wenn keine besonderen Umstände hinzutreten, 5 die einen Straftatbestand des Strafgesetzbuches erfüllen, keine Straftatbestände dar. Allenfalls kann eine Ordnungswidrigkeit nach den für den Rhein, die Mosel und die sonstigen Wasserstraßen erlassenen Schiffahrtspolizeiverordnungen vorliegen. Eine Pflichtverletzung kann arbeitsrechtliche Folgen haben, die wirtschaftliche und berufliche Nachteile bringen. O b eine Pflichtverletzung im Einzelfall eine fristlose K ü n d i g u n g des Schiffsmanns rechtfertigt, richtet sich nach den Umständen des Falles. Arbeitsverweigerungen wird ein Schiffsführer zunächst mit A b m a h n u n g unter Hinweis auf die Folgen einer fortgesetzten Vertragswidrigkeit entgegenzutreten haben, um durch diese Mahnung Schlimmeres zu verhüten. Denn beharrliche Arbeitsverweigerung ist stets ein Grund zur fristlosen Kündigung. O b ein Verlassen des Schiffes Kündigungsgrund ist, muß nach der Situation beurteilt werden. Liegt ein Schiff im Hafen still, wird das vorübergehende Verlassen kaum als so gravierend anzusehen sein, darin einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung zu sehen.
4. Pflichten in Unglücksfällen Ebenso wie ein Schiffsführer selbst nach § 1.16 BSSO, RhSchPVO, MSchPVO 6 in Fällen von Gefahr zur Rettung und Hilfeleistung verpflichtet ist, muß sich auch die Schiffsbesatzung entsprechend einsetzen, weil sie wie jeder andere Staatsbürger zur Hilfeleistung verpflichtet ist. Verunglückt das eigene Schiff, muß der Schiffsmann entsprechend den Anord151
§24
3. Abschnitt. Schiffsmannschaft
nungen des Schiffsführers nach besten Kräften sich zur Rettung von Menschen, Schiffen und der Ladung einsetzen.
5. Ansprüche der Schiffsbesatzung auf Berge- und Hilfelohn 7
Betrifft der Unfall das eigene Schiff, kann die Schiffsbesatzung für Arbeiten, die im Zusammenhang mit den Arbeiten zur Rettungs- oder Hilfeleistung des eigenen Schiffs stehen, nach § 93 Abs. 3 nichts verlangen. Anders verhält es sich selbstverständlich, wenn Dritten Hilfe geleistet wird. 1
6. Die Beweislast 8
Im Falle einer außerordentlichen Kündigung eines Schiffsmanns aus wichtigem Grund trägt der Arbeitgeber die volle Behauptungs- und Beweislast.
§24 Wenn über die Zeit der L o h n z a h l u n g nichts anderes vereinbart ist, so kann der Schiffsmann a m Schlüsse jeder zweiten Woche die A u s z a h l u n g des verdienten Lohnes verlangen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Das Tarifvertragsrecht 3. Die Gewerbeordnung
Rdn. 1 2 3
4. Das gesetzliche Pfandrecht 5. Die Anspruchsverjährung 6. Die Beweislast
Rdn. 4 5 6
1. Allgemeines 1
§24 stellt gegenüber §614 B G B eine Sonderregelung dar. Beiden Vorschriften ist jedoch gemeinsam, daß den Besatzungsmitgliedern von Binnenschiffen eine Vorleistungspflicht hinsichtlich ihrer Schiffsdienste obliegt. Hiervon geht auch der R a h m e n t a r i f v e r t r a g für die deutsche Binnenschiffahrt aus, der die L o h n zahlungszeit abweichend von § 24 regelt. N a c h dem Wortlaut der Vorschrift ist eine solche abweichende Regelung zulässig. Daß die Regelung der Lohnzahlung in § 5 R T V für Arbeitnehmer ungünstiger ist als die gesetzliche Regelung, schadet nicht, da von den Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes auch zum Nachteil der Arbeitnehmer abgewichen werden darf. Die heute geltende tarifliche Regelung der Entlohnung steht im Einklang mit der allgemeinen Rechtsentwicklung und wird nicht als nachteilig angesehen.
1 Vgl. dazu näher §93. 152
Lohnzahlung
§24
2. Das Tarifvertragsrecht § 5 R T V bestimmt, daß die Entlohnung der Mitglieder der Schiffsbesatzung 2 monatlich zu erfolgen hat. Der Rahmentarifvertrag regelt zwar die Einzelheiten der Abgeltung der geleisteten Borddienste, enthält aber keine allgemeinverbindlichen Regeln über Vorschüsse und Abschlagszahlungen. Mangels einer solchen tarifvertraglichen N o r m ist der Arbeitgeber zu Vorschüssen und Abschlagszahlungen nicht verpflichtet. Im Einzelfall bedarf es einer entsprechenden Individualvereinbarung. Aus einer solchen Vereinbarung folgt das Recht des Arbeitgebers, die Vorauszahlung bei der nächsten Lohnauszahlung in Abzug zu bringen. Einer ausdrücklichen Aufrechnungserklärung bedarf es nicht. Auch die nicht unbegründete Besorgnis, der Arbeitslohn könne bei Fälligkeit nicht ausbezahlt werden, rechtfertigt keine Arbeitsverweigerung; denn mangels Fälligkeit der Vergütung steht den Besatzungsmitgliedern kein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung zu (§273 B G B ) . Auch nach dem Rahmentarif für gewerbliche Arbeitnehmer und Meister sowie Auszubildende in den Werkstätten der Schiffahrts-, Hafenumschlags- und Lagereibetrieben hat die Entlohnung monatlich zu erfolgen.
3. Die Gewerbeordnung Die Gewerbeordnung enthält in den §§ 115-119a ergänzende Bestimmungen 3 für die Entlohnung von Arbeitnehmern, von denen, soweit das nach dem Gesetz zulässig ist, ohne Genehmigung der zuständigen Behörde nicht abgewichen werden darf. Den genannten Vorschriften kommt heute nur noch eine geringe praktische Bedeutung zu. So ist die Berechnung der Löhne in Deutscher Mark und die Barauszahlung eine Selbstverständlichkeit geworden. Anstelle der Barauszahlung ist die Uberweisung des Arbeitslohns getreten. Lohnauszahlungen in Gaststätten kommen in der Binnenschiffahrt nicht mehr vor. Auch Verstöße gegen das Kreditierungsverbot des § 115 Abs. 2 G e w O kommen nicht mehr vor. Die Regelung der Lohneinbehaltung zur Sicherung des Ersatzes eines aus einer widerrechtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses erwachsenden Schadens oder einer für einen solchen Fall verabredeten Vertragsstrafe nach § 119a G e w O hat in der Binnenschiffahrt keine praktische Bedeutung.
4. Das Pfandrecht Den Besatzungsmitgliedern steht wegen ihrer gesamten Lohn- und Gehalts- 4 forderungen einschließlich aller Zulagen für die Vergangenheit, jedoch höchstens für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet von der im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgenden Beschlagnahme des Schiffes ab, ein gesetzliches Pfandrecht in Form eines Schiffsgläubigerrechts nach §102 N r . 2 an dem Schiffsvermögen (Schiff nebst Zubehör und Fracht) zu. Das Schiffsgläubigerrecht ist bei seiner Entstehung vom Besitz des Schiffes unabhängig und gegen jeden Besitzer des Schiffes nach § 103 verfolgbar. Im Konkurs des Schiffseigners 153
§25
3. Abschnitt. Schiffsmannschaft
hat das Besatzungsmitglied nach den §§ 47, 49 K O ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Schiffsvermögen. Der Anspruch des Besatzungsmitglieds aus dem Schiffsgläubigerrecht, also der dingliche Anspruch, besteht neben dem Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis auf den Arbeitslohn gegen den Arbeitgeber, sei es gegen den Schiffseigner oder gegen den Ausrüster, die wegen dieser Forderung auch persönlich mit ihrem ganzen Vermögen haften. 5. Die V e r j ä h r u n g 5
Die Ansprüche der Besatzungsmitglieder unterliegen nach §117 Nr. 2 der einjährigen Verjährungsfrist. Diese Frist beginnt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 117 Abs. 2 mit dem Abschluß des Jahres, in dem die Forderung fällig geworden ist. Auf den Zeitpunkt der Entstehung der Forderung kommt es deshalb nicht an. 1 Der Rahmentarifvertrag für die deutsche Binnenschiffahrt verkürzt nach den §§22, 43 die gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Nach diesen Normen erlöschen die beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von 3 Monaten nach der Aushändigung der Gehalts-/Lohnabrechnung oder nach ihrer Fälligkeit, wenn sie nicht schriftlich geltend gemacht werden. 6. Die Beweislast
6
Im Rechtsstreit vor den Arbeitsgerichten wegen eines Arbeitslohns hat das Besatzungsmitglied den Abschluß eines Arbeitsvertrages zu beweisen. Ferner hat das Besatzungsmitglied alle Umstände zu beweisen, die seine Einstufung nach den Gehalts- und Lohntabellen, die Anlagen zum Rahmentarifvertrag sind, rechtfertigen. Die Höhe des Arbeitslohns läßt sich dann aus den Gehalts- und Lohntabellen ablesen, ohne daß ein weiterer Beweis zur Höhe erforderlich ist. Einen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung oder auf Überstunden hat das Besatzungsmitglied im Rechtsstreit vor den Arbeitsgerichten substantiiert darzulegen und zu beweisen. Er kann vom Arbeitgeber die Vorlage des Fahrtenbuchs des Schiffes zum Beweis seiner Behauptungen vor Gericht verlangen. Jeder Schiffsführer hat ein Fahrtenbuch zu führen, aus dem sich die Zusammensetzung der Schiffsbesatzung und die Fahrtzeiten ergeben.
1 Hamburg VersR 1970, 516; Köln ZfB 1972, 509; Hamburg VersR 1979, 816. 154
Aufhebung des Dienstverhältnisses des Schiffsmannes
§ 25
§25 (1) (aufgehoben) (2) Nach Antritt der Reise ist der Schiffsmann verpflichtet, bis zur Beendigung der Reise und zur Entlöschung des Schiffes im Dienste zu bleiben, es sei denn, daß ein den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorhanden ist. (3) Wird das Dienstverhältnis vor der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte während der Reise aufgehoben, so hat der Schiffsmann Anspruch auf die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Schiffsmann sich einer Handlung schuldig gemacht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu rechtfertigen. (4) Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Schiffsmann zwar jederzeit seines Dienstes enthoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die Zeit bis zum Ende der vertragsmäßigen Dauer des Dienstverhältnisses oder bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist. Übersiebt Rdn.
Rdn. 1. Allgemeines 2. Die ordentliche Kündigung . . . . 3. Die außerordentliche Kündigung . . 4. Die Beweislast 5. Besonderheiten der Binnenschifffahrt
1
2 3 4
6. 7. 8. 9.
Die Dienstenthebung Die betriebliche Mitbestimmung . . Die Kündigungserklärung Das Nachschieben von Kündigungsgründen 10. D i e U m d e u t u n g
6 7
9 10
1. Allgemeines Während §20 die beiderseitige Kündigung des Schiffsführers regelt, betrifft 1 § 25 die Kündigung der übrigen Mitglieder der Schiffsbesatzung. Besatzungsmitglieder gehören zu den gewerblichen Arbeitern. Die Vorschriften des BGB über den Dienstvertrag sind heute unmittelbar anzuwenden. 2. Die ordentliche K ü n d i g u n g Die ordentliche Kündigung der Besatzungsmitglieder richtet sich nach § 622 2 Abs. 2-5 BGB. Der Rahmentarifvertrag für die deutsche Binnenschiffahrt hat jedoch die Kündigungsfristen abweichend geregelt. So beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist für Kapitäne, 1. Maschinisten und Alleinmaschinisten nach §21 RTV sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Hinsichtlich der übrigen Besatzungsmitglieder ist die zweiwöchige Kündigungsfrist des §622 Abs. 2 BGB nicht verlängert worden. Für Schiffsjungen mit Berufsausbildungsvertrag gelten die Vorschriften über die Auflösung von Berufsausbildungsverträgen. Darüberhinaus gelten für alle Besatzungsmitglieder bei langjähriger Beschäfti155
§25
3. Abschnitt. Schiffsmannschaft
gungsdauer verlängerte Kündigungsfristen. Bei mindestens fünfjähriger Beschäftigungsdauer beträgt die Kündigungsfrist drei Monate und bei acht, zehn und zwölf Jahren erhöht sich die Frist jeweils um einen weiteren Monat zum Schluß des Kalendervierteljahres. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer bleiben Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr außer Betracht.
^
3. Die außerordentliche Kündigung Die außerordentliche Kündigung richtet sich nach § 6 2 6 BGB. Voraussetzung der Kündigung ist ein wichtiger Grund. Nach dem Wortlaut des Gesetzes müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Ein Verschulden ist aber bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Wichtige Gründe sind: Beharrliche Arbeitsverweigerung, Selbstbeurlaubung, schwere Tätlichkeiten an Bord, sonstige vorsätzliche Straftaten, Verwendung von unrichtigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Auch der Schiffsuntergang stellt einen wichtigen Grund dar. In minder schweren Fällen wird eine vorherige Abmahnung wegen einer gleichen Handlung erforderlich sein, so z. B. bei Verstößen gegen die Wachpflichten, bei Trunkenheit während der Arbeitszeit, bei Zuwiderhandlungen gegen das Rauchverbot auf Tankmotorschiffen, bei nachlässiger Arbeit. Wichtige Kündigungsgründe des Besatzungsmitglieds sind: Zahlungsverzug des Schiffseigners, ständige Überschreitung der Fahrzeit durch den Schiffsführer/Schiffseigner und damit der Arbeitszeit, Übernahme einer explosiven Ladung (Rapsschrotexpeller) durch ein Motorgüterschiff, Fahruntüchtigkeit des Schiffes, Straftaten des Arbeitgebers gegen das Besatzungsmitglied. Der Tod des Schiffseigners stellt für beide Seiten keinen wichtigen Grund dar.
4
4. Die Beweislast Im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht hat derjenige die Behauptungs- und Beweislast, der sich auf einen wichtigen Grund beruft. Wer sich gegenüber Tatsachen, die einen wichtigen Grund darstellen, auf einen Rechtfertigungsgrund beruft, hat diesen näher darzulegen. Der Arbeitgeber hat zu beweisen, daß ein Rechtfertigungsgrund des Arbeitnehmers nicht vorliegt. 1 Der Arbeitgeber trägt auch für seine eigenen Rechtfertigungsgründe die volle Beweislast. 1 B A G A P Nr. 3 zu § 1 K S c h G 1969.
156
Aufhebung des Dienstverhältnisses des Schiffsmannes
§25
5. Besonderheiten der Binnenschiffahrt Die früher bestehende Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung, wenn 5 der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch den Eintritt des Winters verhindert wird, ist entfallen. Nach dem Antritt der Reise ist der Schiffsmann verpflichtet, bis zur Beendig u n g der Reise und zur Entlöschung des Schiffs im Dienst zu bleiben. Das gilt jedoch nur im Falle einer ordentlichen Kündigung. Bei einer Kündigung aus wichtigem Grunde nach §626 B G B bleibt für eine Anwendung des Abs. 2 kein Raum; denn der die Kündigung rechtfertigende wichtige Grund wird stets ein solcher sein, der einen den sofortigen Austritt rechtfertigenden Grund darstellt. Wenn schon die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die eine oder andere Seite nicht mehr zumutbar ist, kann sicherlich auch nicht mehr verlangt werden, daß ein Besatzungsmitglied nach dem Antritt der Reise noch verpflichtet sein soll, bis zur vollständigen Löschung der Ladung des Schiffes im Dienst zu bleiben. Wird das Dienstverhältnis vor der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort während der Reise aufgehoben, kann der Schiffsmann die Kosten der Rückreise zu dem O r t seiner Annahme verlangen, es sei denn, der Schiffsmann hat sich einer Handlung schuldig gemacht, die seine sofortige Entlassung rechtfertigen würde. Es muß sich also um einen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes handeln.
6. Die Dienstenthebung Der Schiffseigner kann jederzeit - auch ohne rechtfertigenden Grund - die 6 Schiffsbesatzung ihres Dienstes entheben. Die Schiffsbesatzung hat in einem solchen Fall Anspruch auf den Arbeitslohn einschließlich aller Zulagen bis zum Ende der vertragsmäßigen Dauer des Arbeitsverhältnisses oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
7. Die betriebliche Mitbestimmung Ist in einem Schiffahrtsbetrieb entsprechend § 1 BetrVG ein Betriebsrat einge- 7 richtet worden, so ist der Betriebsrat nach § 102 BetrVG vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. H a t der Betriebsrat Bedenken gegen die ordentliche Kündigung, so müssen diese spätenstens innerhalb einer Woche dem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt werden. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, so gilt nach §102 Abs. 2 BetrVG die Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat Bedenken gegen eine außerordentliche Kündigung, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll vor der Stellungnahme das 157
§25
3. Abschnitt. Schiffsmannschaft
Besatzungsmitglied hören. Äußert sich der Betriebsrat nicht, gilt die Zustimmung als erfolgt. Die Widerspruchsgründe bei der ordentlichen Kündigung sind in § 102 Abs. 3 BetrVG gesetzlich bestimmt. Kündigt der Arbeitnehmer gegen den Widerspruch des Betriebsrates, so muß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit der Kündigung die Stellungnahme des Betriebsrates zuleiten. Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung form- und fristgerecht widersprochen und hat das Besatzungsmitglied nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, daß das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst ist, so muß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf entsprechendes Verlangen nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Arbeitsgericht den Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung befreien, wenn die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, die Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren Belastung des Arbeitgebers führen würde oder der Widerspruch des Betriebsrates offensichtlich unbegründet war. Im Falle einer außerordentlichen Kündigung hindert ein Widerspruch des Betriebsrates die Kündigung nicht. Der Arbeitnehmer kann keine Weiterbeschäftigung verlangen. Über die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung muß dann vor dem Arbeitsgericht gestritten werden. Ist in dem Schiffahrtsbetrieb kein Betriebsrat eingerichtet, kann der Arbeitgeber unmittelbar kündigen. Zu beachten sind in einschlägigen Fällen die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes und des Schwerbehindertengesetzes.
8. Die Kündigungserklärung 8
Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige und bedingungsfeindliche Willenserklärung. Die Erklärung ist an sich formfrei. Aus der Erklärung muß hervorgehen, ob es sich um eine ordentliche oder um eine außerordentliche Kündigung handelt. Nach § 626 Abs. 2 B G B kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muß dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern schriftlich mitteilen. Wird die K ü n d i g u n g s f r i s t nicht eingehalten, erlischt das Kündigungsrecht. Eine Kündigung ist auch dann nicht mehr möglich, wenn der Arbeitgeber auf das Kündigungsrecht verzichtet hat. 158
Anwendung von Vorschriften des Handelsgesetzbuchs
§ 2 6
9. Das Nachschieben von Kündigungsgründen Ergeben sich nach dem Ausspruch einer Kündigung weitere Kündigungs- 9 gründe im Sinne des § 626 B G B , so kann der Arbeitgeber diese Gründe nachreichen. Das ist dem Arbeitnehmer mitzuteilen. Ist in dem Schiffahrtsbetrieb ein Betriebsrat eingerichtet, muß dieser zu dem Kündigungsgrund vor Nachreichung gehört werden.
10. Umdeutung in ordentliche Kündigung Eine unwirksame außerordentliche Kündigung kann in eine ordentliche Kün- 1 0 digung nach den §§621, 622 B G B umgedeutet werden, wenn der Kündigungserklärung zu entnehmen ist, daß der Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in jedem Falle herbeiführen will. Unterliegt der Schiffahrtsbetrieb der betrieblichen Mitbestimmung, muß der Arbeitgeber bereits bei der Anhörung dem Betriebsrat mitteilen, daß er auch im Falle einer unwirksamen Kündigung in jedem Falle eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen will. Ist das nicht geschehen, ist eine Umdeutung der Kündigung in eine ordentliche Kündigung nicht möglich. In einem solchen Fall bleibt im Verfahren vor den Arbeitsgerichten nur ein A u f h e b u n g s v e r t r a g bei Zahlung eines Abfindungsbetrages.
Vierter Abschnitt
Frachtgeschäft §26
Auf das Frachtgeschäft zur B e f ö r d e r u n g von G ü t e r n auf FlUssen und sonstigen Binnengewässern finden die Vorschriften der §§425 bis 427, 430 bis 436, 439 bis 443, 445 bis 451 des Handelsgesetzbuchs A n w e n d u n g . Übersicht Rdn. 1. D e r Begriff des Frachtgeschäfts . . . 2. Binnenschiffahrtsgesetz und H a n delsgesetzbuch 3. Frachtführer und Schiffseigner . . . 4. Frachtführer und Absender 5. Frachtführer und Empfänger . . . . 6. D e r Abschluß des Frachtvertrages
1—4 5-6 7-10 11-12 13-14 15-16
7. Die Frachtpapiere 8. Der Inhalt des Frachtvertrages . . . 9. Die rechtliche N a t u r des Frachtverträges 10. Die Abdingbarkeit der gesetzlichen Vorschriften
Rdn. 17-18 19-21 22-24 25-29
159
§26
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
1. Der Begriff des Frachtgeschäfts 1
a) Unter einem Frachtgeschäft i. S. des Binnenschiffahrtsgesetzes ist ein Vertrag zu verstehen, durch den sich ein Kaufmann 1 im Rahmen des Betriebes seines Handelsgewerbes (§§343, 344 H G B ) die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern übernimmt.
2
b) Eine nicht gewerbsmäßige Beförderung z. B. durch Schiffe und Boote der Bundesschiffahrtsverwaltung, der Wasserschutzpolizei der Länder, der Bundeswehr oder durch Sportfahrzeuge aller Art stellt kein Frachtgeschäft im Sinne der §§ 26-76 BSchG dar. Auf derartige Verträge finden die Vorschriften des Werkvertrages oder Auftragsregeln nach den §§631 ff, 662 ff, 675 BGB Anwendung. 3 c) Das Frachtgeschäft beschränkt sich auf die Beförderung von G ü t e r n . Die Beförderung von Personen ist im Binnenschiffahrtsgesetz nicht zusammenfassend geregelt. Die Beförderung von F a h r g ä s t e n ist nur in einzelnen Vorschriften, z. B. in § § 4 a , 7 Abs. 2, 8 Abs. 4, 45 und 77 erwähnt. Güter im Sinne der § § 2 6 ff sind alle transportablen beweglichen Sachen. Selbst Schiffe können den Charakter eines zu befördernden Gutes haben, wenn sie Gegenstand der Beförderung sind und nicht selbst als Beförderungsmittel dienen. 2
4
d) Da das Frachtgeschäft die Beförderung von Gütern auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern betrifft, gehört das Seefrachtgeschäft und die Beförderung von Gütern zu Lande nicht hierher. Auf das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern auf See finden die §§ 556-663 HGB Anwendung. Das Landfrachtgeschäft ist in §§ 425—452 H G B geregelt. Für die Beförderung im internationalen Straßengüterverkehr ist das Übereinkommen für den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr ( C M R ) 3 maßgebend. Für den Orts-, Trajekt- u n d F ä h r v e r k e h r gelten nach § 131 Ausnahmeregeln. Auf die Beförderung von Gütern innerhalb desselben Ortes, z. B. im Orts- und Hafenverkehr finden die § § 2 7 - 5 2 , 72 Abs. 1 keine Anwendung.
2. Binnenschiffahrtsgesetz und Handelsgesetzbuch 5
a) Das Binnenschiffahrtsgesetz hat im Laufe der Jahrzehnte eine wechselnde Entwicklung erfahren. Nachdem das Frachtrecht der Binnenschiffahrt sich zunächst dem Landfrachtrecht angeschlossen hatte, ging das Landfrachtrecht eigene Wege. Andererseits sind Annäherungen an und vom Seerecht her festzustellen, wie auch sonstige Teile des Binnenschiffahrtsgesetzes durch die Angleichung des deutschen Rechts im Rahmen internationaler Ubereinkommen zu einer Harmonisierung des Haftungsrechts in der Güter- und Personenschiffahrt geführt haben. 1 Vgl. dazu §§ 1, 425, 452 HGB. 2 Vgl. schon RGZ 67, 10; RG LZ 1907, 825; RG J W 1908, Nr. 27 und Nr. 49. 3 Gesetz vom 9. 6. 1980, BGBl. II S. 721, 733.
160
Anwendung von Vorschriften des Handelsgesetzbuchs
§26
b) Die in §26 angeführten Bestimmungen des Landfrachtrechts finden un- 6 mittelbare Anwendung. Die nicht in §26 bezogenen Vorschriften des Landfrachtrechts sind durch Sonderregelungen ersetzt. Da die §§42, 52, 72 Abs. 1 nach § 131 auf den Orts- und Hafenverkehr keine Anwendung finden, bleiben die §§428 Abs. 1, 444 H G B für die Güterbeförderung in dieser Sparte in Geltung.
3. Frachtführer und Schiffseigner a) Im Rahmen der gesetzlichen Regelung des Frachtgeschäfts spricht das Ge- 7 setz nicht vom Schiffseigner, sondern nur vom Frachtführer, weil Schiffseigner und Frachtführer durchaus verschiedene Personen sein können. Frachtführer i. S. des Gesetzes ist derjenige, der es gewerbsmäßig übernimmt, die Beförderung von Gütern auf Binnengewässern auszuführen. 4 Dabei setzt das Gesetz nicht voraus, daß der Frachtführer die Beförderung der Güter mit eigenen Schiffen ausführt. Das Gesetz setzt nicht einmal voraus, daß der Frachtführer überhaupt Eigner eines Schiffes ist. Es können bei unklaren Abreden Zweifel daran entstehen, wer als Frachtführer vertragliche Bindungen eingegangen ist. In solchen Fällen ist darauf abzustellen, wer sich in dem mit dem Dritten, dem Absender, abgeschlossenen Vertrag im eigenen Namen verpflichtet, mittels eines Schiffs Güter auf Binnengewässern zu befördern 5 Sache des Frachtführers ist es, wie er seiner Beförderungspflicht entspricht. In Frage kommt die Beförderung mit eigenen, gecharterten oder fremden Schiffen. Der Frachtführer kann aber auch mit einem Dritten einen weiteren Frachtvertrag abschließen, der dann als Unterfrachtvertrag bezeichnet wird und in dem der Dritte als Unterfrachtführer gegenüber dem Hauptfrachtführer die Beförderung übernimmt. 6 Diese rechtliche Einordnung steht im Gegensatz zum Seefrachtrecht. Im Seerecht ist der Hauptfrachtvertrag ein Chartervertrag zwischen einem Reeder und einem Charterer, wobei es sich um eine Reise- oder Zeitcharter handeln kann. Der Chartervertrag kann sich auf das Schiff im Ganzen, einen Teil oder einen Raum beziehen. Als Verfrachter schließt der Charterer im eigenen Namen Unterfrachtverträge. 7 b) Führt der Frachtführer die Beförderung der Güter mit eigenen (als Schiffs- 8 eigner) oder gecharterten Schiffen (als Ausrüster) durch, tritt er dem Vertragsgegner in dieser Eigenschaft gegenüber. Seine Haftung richtet sich dann sowohl nach den §§58 ff BSchG und §430 H G B , als auch nach den §§3, 4 BSchG. 8 Im Rahmen des §4 BSchG ist die Haftung beschränkt dinglich. 4 5 6 7 8
Vgl. oben Rdn. 1. R G Z 20,342; 25, 112 = RG SeuffA 55 N r . 218. R G Z 25, 108, 112. Vgl. dazu Prüßmann-Rabe, §605 Rdn. 2. R G Z 60, 377.
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4. Abschnitt. Frachtgeschäft
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c) Erfolgt die Beförderung der Güter durch einen U n t e r f r a c h t f ü h r e r , bleibt der Hauptfrachtführer gegenüber dem Absender Frachtführer. Im Verhältnis zwischen Hauptfrachtführer und Unterfrachtführer ist der Hauptfrachtführer der Absender. Die Rechtsbeziehungen dieser Personen ergeben sich aus dem B e f r a c h t u n g s v e r t r a g und zwar sowohl bezüglich der Fracht als auch der Haftung. Dem eigentlichen Absender haftet der Unterfrachtführer nicht aus Vertrag, weil keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen begründet sind, es sei denn, es sei eine Beförderung aufgrund eines durchgehenden Frachtbriefs oder eines Ladescheins ausgeführt worden. Selbstverständlich können deliktische Ansprüche aus den §§ 823, 826 B G B geltend gemacht werden. Diese Ansprüche sind unabhängig von vertraglichen Beziehungen.
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Ist in Konnossentsbedingungen oder im Hauptfrachtvertrag eine Freizeichn u n g v o n nautischem Verschulden vereinbart worden, kann auch der Unterfrachtführer in den Schutz der Abrede nach den Regeln eines Vertrages mit S c h u t z w i r k u n g zu G u n s t e n Dritter einbezogen sein. Auch ohne besondere Abreden wird das im Regelfall aus der Interessenlage heraus anzunehmen sein. Eine Freizeichnung von der Verletzung sogenannter Kardinalpflichten widerspricht jedoch Treu und Glauben im redlichen Verkehr. Als Kardinalpflicht wird die Vorlage eines fahr- und ladetüchtigen Schiffs angesehen.
4. Frachtführer und Absender 11
a) Der Vertragsgegner des Frachtführers ist beim Frachtvertrag der Absender, der auch Befrachter genannt wird. Der Befrachter kann den Frachtvertrag über eigene und fremde Güter abschließen. Den Frachtvertrag kann er im eigenen Namen (als Versender) oder als Spediteur (im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung) schließen. Notwendig ist stets der Abschluß in eigenem Namen. Umgekehrt gilt der Vertragschließende nicht als Absender, wenn der Vertrag Umstände enthält, die auf einen Dritten hindeuten und zum Ausdruck bringen, daß der Vertragschließende für einen Dritten, als Vermittler oder auch für den Empfänger als Vertreter auftreten wollte.
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b) Zwischen dem Verlader oder dem Ablader (Personen, die im Auftrage des Absenders die Güter zum Schiff bringen) und dem Frachtführer bestehen keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen. Zum Schadensersatz können Verlader und Ablader dem Frachtführer und dem Schiffseigner sowie Personen der Schiffsbesatzung nur nach den Grundsätzen der unerlaubten Handlung (§§ 823 ff B G B ) verpflichtet sein. Verlader und Ablader können aber in den Schutzbereich des Frachtvertrages einbezogen sein. Die vertraglichen Sorgfalts- und Schutzpflichten, insbesondere die Beachtung vertraglicher Verkehrssicherungspflichten gelten auch ihnen gegenüber. 162
Anwendung von Vorschriften des Handelsgesetzbuchs
§26
5. Frachtführer und Empfänger Der Empfänger der Güter erwirbt durch den F r a c h t v e r t r a g , an dem er nicht 1 3 selbst unmittelbar beteiligt ist, in dem aber ein Vertrag zu Gunsten Dritter liegt, die in den §§ 434, 435 H G B bezeichneten Rechte mit dem Abschluß des Frachtvertrages bedingt und befristet, da sie grundsätzlich erst nach Ankunft der Frachtgüter am Bestimmungsort und unter bestimmten Voraussetzungen geltend gemacht werden können. Anders verhält es sich, wenn der Absender, wie das in der Binnenschiffahrt häufig vorkommt, zugleich auch der E m p f ä n g e r ist. In diesem Fall erwirbt der Empfänger bereits mit dem Vertragsschluß vertragliche Rechte. Ist über die zu befördernden Güter ein Ladeschein ausgestellt, ist grundsätzlich die als Empfänger in dem Ladeschein bezeichnete Person auch als Empfänger legitimiert. Ist kein Empfänger in dem Ladeschein genannt, kann auch der Absender zugleich als Empfänger angesehen werden. Zu seinen Gunsten entsteht ein Vertrag nach §328 Abs. 2 B G B . 9 Der Empfänger muß zur Entgegennahme der Güter im eigenen Namen, wenn auch nicht für eigene Rechnung, legitimiert sein. Er nimmt in dieser Eigenschaft die Güter entgegen. Aus dem Frachtvertrag entstehen zunächst keine Verpflichtungen des Emp- 1 4 fängers, da es keinen Vertrag zu Lasten Dritter gibt. Der Absender behält bis zur Ankunft der Güter am Bestimmungsort das stärkere Recht (§434 H G B ) . Die Verfügungsgewalt des Absenders über die Güter erlischt nach §433 Abs. 2 Satz 1 H G B mit der Ubergabe des Frachtbriefs und der Ladung. Erst durch die A n n a h m e des F r a c h t g u t e s und des Ladescheins wird der Empfänger nach Maßgabe dieser Urkunde zur Zahlung der Fracht und eventueller Nebenkosten kraft Gesetzes neben dem Absender als Schuldner verpflichtet. Der Empfänger tritt aber nicht in den Frachtvertrag ein und haftet also auch nicht kraft Vertrages. Die Verpflichtungen des Absenders gegenüber dem Frachtführer erlöschen erst durch die Erfüllung der Verbindlichkeit.
6. Der Abschluß des Frachtvertrages a) Wie vorstehend bereits erläutert, wird der Frachtvertrag zwischen dem 1 5 Frachtführer und dem Absender geschlossen. Auf beiden Seiten ist Stellvertretung möglich und zulässig. Der Schiffsführer wird regelmäßig kraft seiner gesetzlichen Vertretungsmacht oder in Vollmacht des Frachtführers beim Vertragsschluß tätig. Auch Vermittlungen von Frachtgeschäften durch Makler kommen vor, wobei gelegentlich ein Schlußschein ausgestellt wird. Ist darin weder ein Absender genannt, noch die Benennung des Absenders vorbehalten worden, ist der Vermittler als Absender anzusehen. 9 R G Z 75, 114; 87, 388.
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4. Abschnitt. Frachtgeschäft
b) Eine besondere Form ist für den Frachtvertrag gesetzlich nicht vorgesehen. Der Vertrag ist daher formfrei. Es fehlt eine dem Seerecht (§ 557 H G B ) vergleichbare Bestimmung. Üblich ist in der Binnenschiffahrt jedoch ein schriftlicher Vertrag, auch Schiffsbefrachtungsschein (Schlußschein) genannt, der von beiden Seiten unterzeichnet wird.
7. Die Frachtpapiere 17
a) Der Frachtführer kann von dem Absender nach § 26 i. V. mit § 426 Abs. 1 H G B die Ausstellung eines Frachtbriefs verlangen. Der Frachtbrief ist vom Absender dem Frachtführer zu übergeben. Der Frachtbrief stellt eine Beweisurkunde über den Inhalt des Frachtvertrages dar.
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b) Nach § 72 BSchG ist vom Frachtführer auf Verlangen des Absenders nach Verladung der Güter ein Ladeschein auszustellen und dem Absender auszuhändigen. Durch den Ladeschein verpflichtet sich der Frachtführer zur Aushändigung der Güter an den legitimierten Empfänger. Das Verlangen ist vor der Verladung zu stellen. Der Ladeschein ist für die Rechtsbeziehungen des Frachtführers zum Empfänger entscheidend. In der Binnenschiffahrt wird der Ladeschein „ K o n n o s s e m e n t " genannt. Ein Konnossement im seerechtlichen Sinne ist der Ladeschein jedoch nicht.
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a) Für das Zustandekommen des Frachtvertrages gelten die allgemeinen Regeln des B G B . Notwendig ist eine Einigung des Frachtführers und des Absenders über alle wesentlichen Bestandteile des Vertrages, die nach dem Willen der Vertragschließenden geregelt werden sollen. Hierher gehört nach der Natur des Vertrages eine Einigung über die Beförderung der Güter zu einem bestimmten oder bestimmbaren Ort (Abgangsort, Ladeort), über Ablieferungsort oder Bestimmungshafen (vgl. dazu §§ 27, 47) und die zu befördernden Güter, die genau bezeichnet sein können (z. B. Container mit einer bestimmten Nummer) oder nach Art und Menge bezeichnet sind (z. B. bestimmte Olsorten). Es kann aber auch die Auswahl der zu befördernden Güter dem Absender überlassen sein. Insoweit handelt es sich um eine Verfrachtung von „Gütern aller A r t " . Es besteht in der Binnenschiffahrt kein Handelsbrauch des Inhalts, daß die Fracht für eine Tankerladung vor der Löschung bezahlt werden muß. 1 0 Ist nach dem Frachtvertrag die Fracht erst am Schluß der Entladung vom Absender zu zahlen, ist eine solche Bedingung aber nicht in den Ladeschein aufgenommen worden, so ist der Frachtführer zwar nicht dem Inhaber des Ladescheins, wohl aber dem Absender gegenüber berechtigt, die Auslieferung des
8. Der Inhalt des Frachtvertrages
10 Gutachten des Vorstandes der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 13. 5. 1968 N r . 47.
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Gutes zu verweigern, wenn feststeht, daß der Absender am Schluß der Entladung die Fracht nicht zahlen wird. 1 1 b) Regelmäßig werden im Frachtvertrag weitere Einzelheiten geregelt. Nicht 2 0 erforderlich ist es, daß das vorzulegende Schiff bestimmt wird. Zur Beförderung nässeempfindlicher G ü t e r genügt die Vorlage eines Schiffes mit Planenabdekkung, sofern nicht bei Abschluß des Transportvertrages ausdrücklich die Vorlage eines Schiffes mit festem Lukendach verlangt und vereinbart worden ist. 1 2 Auch die Zeit des Antritts oder der Durchführung der Reise braucht nicht vermerkt zu sein. Ist die Beförderung durch ein bestimmtes Schiff bedungen, so darf der Frachtführer nach § 44 die Güter nicht in ein anderes Schiff verladen oder umladen. Im Falle der Zuwiderhandlung gegen die Vertragspflicht haftet der Frachtführer für den daraus folgenden Schaden. Ist über das Ziel der Reise im Frachtvertrag nichts gesagt, ist nach § 42 Abs. 2 die Reise binnen einer den Umständen des Falles angemessenen Frist anzutreten. Schließlich braucht auch die Fracht nicht im Vertrag bestimmt zu sein. Nach § 632 Abs. 1 B G B ist in Ermangelung einer Vereinbarung die übliche Fracht zu zahlen. Für den Verkehr zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen sind nach §21 BSchVG durch die Frachtenausschüsse der Binnenschiffahrt Festentgelte festgesetzt, die nach oben oder unten nicht über- oder unterschritten werden dürfen. Vereinbaren die Parteien ein abweichendes Entgelt, wird die Differenz zum festgesetzten Entgelt nach §31 B S c h V G dem Bund geschuldet. Das Nachforderungsrecht des §31 BSchVG gilt auch für Unterfrachtverträge. 1 3 Im grenzüberschreitenden Verkehr gelten die Festentgelte nicht. c) Der Frachtvertrag kann auf die Überlassung des gesamten Schiffsraums 2 1 (Gesamtverfrachtung), eines bestimmten Teils oder eines bestimmten Raumes (Teilverfrachtung) oder auf die Beförderung einzelner Güter (Stückgutverf r a c h t u n g ) gerichtet sein. Der Unterscheidung kommt im Rahmen der §§ 38, 39, 53 und 54 Bedeutung zu.
9. Die rechtliche N a t u r des Frachtvertrages a) Der Frachtvertrag ist seinem Inhalt nach auf die Beförderung von Gütern 2 2 gerichtet und hat daher die Natur eines Werkvertrages und eines Geschäftsbesorgungsvertrages. Die Verpflichtung des Frachtführers, die Güter zu befördern und an den Empfänger auszuliefern, ist der geschuldete Erfolg. Soweit das 11 B G H VersR 1968, 390; L M N r . 1 zu §§26, 72 BSchG. Besteht der Empfänger nicht auf der Auslieferung des Gutes, so kann der an sich löschbereite Frachtführer vom Absender (nicht vom Empfänger) nach Ablauf der Löschzeit Liegegeld verlangen ( B G H a. a. O . ) . 12 O L G Köln Z f B 1989, 227. 13 O L G Düsseldorf VersR 1966, 138.
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Binnenschiffahrtsgesetz keine Sonderregeln aufstellt, k o m m e n ergänzend die Vorschriften des B G B zur A n w e n d u n g . Daraus folgt, daß der Ablieferungsort ( B e s t i m m u n g s h a f e n ) den Erfüllungsort für den Frachtvertrag darstellt und zwar für alle Verpflichtungen aus dem Frachtvertrag und die gesetzlichen Verpflichtungen des Empfängers auf Zahlung der Fracht nebst N e b e n k o s t e n . Sofern der Frachtvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält, gelten für die E n t l ö s c h u n g des Schiffes und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen das am Ablieferungsort geltende R e c h t ( R e c h t des Erfüllungsortes) ohne R ü c k s i c h t darauf, welches R e c h t sonst den Frachtvertrag beherrscht. 1 4 23
b) E i n Frachtvertrag liegt auch vor, wenn ein unbemannter S c h w i m m k ö r p e r verschleppt wird (z. B . eine Schute). In solchen Fällen geht der S c h w i m m k ö r p e r in die O b h u t des Schiffsführers über. 1 5 D e r Schleppvertrag alter A r t war ein Werkvertrag. 1 6 D e m Schleppvertrag k o m m t heute aufgrund der geänderten Beförderungsformen keine Bedeutung m e h r zu.
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c) D i e ausschließliche E i n l a g e r u n g v o n G ü t e r n in ein Binnenschiff ist Verwahrung, nicht aber die Beförderung von G ü t e r n . E s fehlt an dem für einen Frachtvertrag wesentlichen Element, der Beförderung. Es handelt sich um einen Verwahrungs- oder Lagervertrag. 1 7 Möglich ist ein kombinierter Vertrag, wenn z. B . eine Beförderung von Gütern erfolgen soll, die anschließend zu lagern sind. Es handelt sich dann um einen Frachtvertrag mit der N e b e n p f l i c h t der Lagerung. Ein solcher Vertrag liegt vor, wenn eine Beförderung nach der Einlagerung vereinbart oder in Aussicht gen o m m e n wird oder wenn die Lagerung während oder nach dem A b s c h l u ß der Reise erforderlich wird. 1 8 D i e A b g r e n z u n g des Frachtvertrages v o m M i e t v e r t r a g m u ß nach den U m ständen des Einzelfalles beurteilt werden. Miete ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn dem Vertragsgegner des Frachtführers ohne das Vorliegen eines A u s rüsterverhältnisses i. S. des § 2 der Besitz oder die Verfügungsgewalt über ein Schiff eingeräumt wird. Dagegen liegt ein Frachtvertrag vor, wenn der gewerblich selbständige Frachtführer die Verfügungsgewalt über sein Schiff behält, sich aber verpflichtet, auf längere Zeit für den Dritten Frachtgüter zu laden und zu befördern. 1 9
14 BGHZ 6, 127; 7,221 vgl. dazu Einl. Anm. 4. 15 BGH VersR 1956, 367; 1957, 286. 16 Wegen der Einzelheiten des Schleppvertrages vgl. Bemm-Kortendick, Rdn. 15 ff. 17 O L G Hamburg OLGZ 36, 50. 18 RGZ 49, 93; RG JW 1893, 100 Nr. 23; 1895, 148 Nr. 14. 19 O L G Hamburg, VRS 1953, 117. 166
a . a . O . §1.02
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10. Die Abdingbarkeit der gesetzlichen Vorschriften a) Die Vorschriften über das Frachtgeschäft sind im wesentlichen dispositiver 2 5 Natur, d. h. sie können von den Parteien abbedungen werden. Hiernach kommt es maßgebend auf die Vereinbarungen der Parteien im Frachtvertrag sowie auf den Inhalt der Frachtpapiere an. Soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen sind, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Die Vertragsfreiheit, die grundsätzlich auch für das Frachtrecht gilt, findet ihre Schranke in den §§ 138, 276 Abs. 2, 242 BGB. So kann weder durch den Frachtvertrag noch durch den Inhalt des Ladescheins (Konnossementsbedingungen) die Haftung für die Verletzung sogenannter Kardinalpflichten ausgeschlossen werden. Der Frachtführer hat z. B. stets ein fahr- und ladetüchtiges Schiff vorzulegen. Auch eine Freizeichnung von nautischem Verschulden ist nicht möglich, wenn der Schaden darauf beruht, daß der Schiffsführer kein Patent für die zu durchfahrende Strecke oder kein Radarpatent bei der Fahrt mit Radar bei unsichtigem Wetter hat. Ein nicht gehörig bemanntes Schiff ist nicht fahrtauglich. 20 Der Frachtführer kann sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Haftung für Ladungsschäden, die nicht auf einer anfänglichen Fahr- oder Ladungsuntüchtigkeit beruhen, auch insoweit wirksam freizeichnen, als die Schäden durch ein grob fahrlässiges Verhalten der Schiffsbesatzung verursacht werden. 21 b) Die Fracht für den innerdeutschen Verkehr unterliegt nicht der Vereinba- 2 6 rung der Parteien. Das Entgelt für Verkehrsleistungen ist durch die Frachtenausschüsse nach §21 BSchVG festgelegt und darf weder über- noch unterschritten werden. Die nach §21 BSchVG festgelegten Entgelte der ermächtigten Frachtenausschüsse bedürfen der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr nach §28 BSchVG. Vereinbaren die Parteien ein abweichendes Entgelt, tritt an die Stelle der Vereinbarung das festgesetzte Entgelt. 22 Die genehmigten Beschlüsse der Frachtenausschüsse werden als Rechtsverordnungen im Verkehrsblatt, dem Amtsblatt des Bundesministers für Verkehr, bekanntgemacht. Die Einzelheiten der Beschlüsse können dem Frachten- und Tarifanzeiger der Binnenschiffahrt entnommen werden. Im grenzüberschreitenden Verkehr gelten die Festentgelte nicht. c) Ortliches Gewohnheitsrecht vermag den Gesetzesinhalt nicht zu beeinflus- 2 7 sen. Anders verhält es sich mit allgemeinem Gewohnheitsrecht. Handels- und Schiffahrtsbräuche sowie Ortsübungen, d. h. tatsächliche Übungen, werden durch das Binnenschiffahrtsgesetz nicht berührt. Das Gesetz verweist selbst in 20 Zum Ausschluß der Freizeichung bei anfänglicher Fahr- und Ladeuntüchtigkeit vgl. B G H 49, 356; 65, 364; 71, 1 7 1 ; 82, 162; B G H VersR. 1984, 580. 21 B G H N J W 1973, 2107. 22 B G H V R S 1961, 1999.
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§27
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den §§24, 27, 28, 40, 46 und 55 auf solche Übungen. Sie sind eine wichtige Quelle für die Erforschung des Parteiwillens und eine Ergänzung des Binnenschiffahrtsgesetzes. Derartige tatsächliche Übungen schließen als sogenannte „stillschweigende Vereinbarungen" die Anwendung nicht zwingender gesetzlicher Vorschriften aus. Das Handeln der Interessenten ist grundsätzlich an Hand solcher tatsächlicher Übungen auszulegen und zu ergänzen, selbst wenn den Parteien die Übung nicht bekannt war 23 , es sei denn, im Frachtvertrag wäre ein ausdrücklicher Vorbehalt über die Nichtanwendbarkeit von Übungen gemacht (§§ 157, 242 B G B , 346 H G B ) . 28 Handels- und Schiffahrtsbräuche können nur dann als verbindlich anerkannt werden, wenn sie sich durch langjährige Übung unter Billigung der beteiligten Schiffahrtskreise entwickelt haben. 24 Es reicht dazu nicht aus, daß bestimmte Geschäftsbedingungen oder Übungen von Handelskammern oder Verbänden zu Handelsbräuchen erklärt werden. Der Gutachterausschuß der Schifferbörse zu Duisburg-Ruhrort erstattet regelmäßig Gutachten zur Feststellung von Handelsbräuchen in der Binnenschifffahrt, die in einer Sammlung veröffentlicht werden. Diese Gutachten beschränken sich in der Regel auf die Darstellung des Inhalts eines Handelsbrauchs, ohne aber nachvollziehbar mitzuteilen, welche Tatsachen der gutachtlichen Feststellung zugrunde liegen. Aus forensischer Sicht mindert das den Wert der Feststellung bis hin zur Unbrauchbarkeit des Gutachtens. 29
d) Die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes werden ergänzt durch das Verordnungsrecht. Das Binnenschiffahrtsgesetz räumt in den §§27 Abs. 2, 29, Abs. 2 und 4, 31 Abs. 2, 33, 46 Abs. 2, 48 Abs. 2 und 4, 50 Abs. 2 und 53 die Möglichkeit von vorrangigem Verordnungsrecht ein. Eine weitere Rechtsquelle sind die Verordnungen der Internationalen Zentralkommission für den Rhein in Straßburg.
§27
(1) Ist das Schiff im ganzen verfrachtet, so hat der Frachtführer dasselbe zur Einnahme der L a d u n g an den von dem Absender ihm angewiesenen Platz hinzulegen. (2) Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung der erteilten Anweisung nicht gestatten, so kann der Frachtführer, falls der Absender auf die Aufforderung nicht unverzüglich einen geeigneten Ladeplatz bezeichnet, an einem der ortsüblichen 23 R G Z 95, 243. 24 O L G H a m b u r g J W 1932, 209 N r . 6.
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§27
Ladeplatz
Ladeplätze anlegen. E r hat bei der Wahl des Ladeplatzes das Interesse des Absenders tunlichst zu berücksichtigen. (3) Die Verladung an verschiedenen Ladeplätzen des A b g a n g s o r t e s vorzunehmen, ist der F r a c h t f ü h r e r n u r verpflichtet, wenn dies besonders vereinbart ist. E r hat in diesem Falle A n s p r u c h auf E r s a t z der entstehenden Mehrkosten. Die D a u e r der Ladezeit wird durch die ü b e r n o m m e n e Verpflichtung nicht berührt. Übersicht 1. Die Gesamtverfrachtung 2. Der Ladeort 3. Der Ladeplatz
Rdn. 1 2-4 5-8
Rdn. 4. Die Anweisung des Ladeplatzes durch den Absender 5. Die Haftung des Frachtführers und des Absenders
9-11 12-14
1. Die Gesamtverfrachtung § 27 regelt den Ladeort und den Ladeplatz, wenn eine Gesamtverfrachtung im 1 Frachtvertrag vereinbart ist. 1 Das Schiff muß bei der Gesamtverfrachtung nach dem Frachtvertrag mit allen seinen Räumen zur Beförderung der Frachtgüter angenommen worden sein. Unerheblich ist dann, ob nur einzelne Räume beladen werden und wie die Aufteilung der Güter in den Schiffsräumen erfolgt. Ferner steht es der Annahme einer Gesamtverfrachtung nicht entgegen, wenn die Verladung der Güter - auch durch mehrere Absender - in verschiedenen Häfen nach und nach erfolgt. Die Güter können auch für mehrere Empfänger bestimmt sein und an unterschiedlichen Löschplätzen abzuliefern sein.
2. Der Ladeort a) Ist ein Ladeort im Frachtvertrag genannt, so ist darunter die Ladestelle zu 2 verstehen, an der Schiffe üblicherweise ihren Ladeplatz einzunehmen haben. O b diese Stelle innerhalb oder außerhalb des Ortsbereiches liegt, ist ohne Bedeutung. Notwendig ist lediglich, daß ein verkehrsmäßiger Zusammenhang mit dem Ort gewahrt ist. Vielfach wird eine Meldestelle im Frachtvertrag genannt, wo der Schiffsführer nach dem Erreichen der Ortslage die Weisung erhalten kann, wo er das Schiff zur Beladung vorzulegen hat. In aller Regel enthält der Frachtvertrag nur einen Ladeort. Soll die Ladung an mehreren Orten an Bord genommen werden, muß darüber im Frachtvertrag eine klare Abrede getroffen werden; denn nach Abs. 3 ist der Frachtführer mangels einer besonderen Vereinbarung nicht verpflichtet, Güter an mehreren Ladeplätzen zu verladen. Der Absender ist nicht berechtigt, nachträglich einen von dem vereinbarten Ladeort abweichenden Abgangsort zu bestimmen. 1 Z u r A b g r e n z u n g v o n Gesamtverfrachtung, Teilverfrachtung und Stückgutverfrachtung vgl. § 2 6 R d n . 21.
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§27
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3
b) Es können im Frachtvertrag mehrere Ladeorte oder ein Hauptladeort und mehrere Zuladungsorte (Stationen) vorgesehen werden. Von dieser Möglichkeit wird dann Gebrauch gemacht, wenn die Verhältnisse für den Absender beim Vertragsschluß nicht übersehbar sind. Die Bestimmung mehrerer Ladeorte kann unterschiedliche Bedeutung haben. So kann sich der Absender die Auswahl eines einzigen unter mehreren anderen vorbehalten. 2 Es können aber auch mehrere Ladeorte nebeneinander bestimmt werden (z. B. Duisburg-Ruhrort und Walsum). Der Ladeort kann dem Absender zur Auswahl überlassen sein (z. B. Godorf u. o. (und/oder) Köln-Niehl). In allen Fällen müssen klare Abreden im Frachtvertrag über alle Vorbehalte getroffen werden. Etwaige Unklarheiten gehen zu Lasten des Absenders. 4 c) Behauptet der Absender die Vereinbarung eines Vorbehalts im Rahmen einer Nebenabrede, hat er die Beweislast für den Abschluß seiner solchen Vereinbarung zu tragen. Es empfiehlt sich daher, eine schriftliche Abrede zu treffen oder die Abrede mindestens schriftlich zu bestätigen.
3. Der Ladeplatz 5
a) Ladeplatz ist die Stelle am Abgangsort (Ladeort), die der Frachtführer zur Beladung des Schiffes aufzusuchen hat. Wird ein bestimmter Ladeplatz vereinbart, kann das Aufsuchen eines anderen Ladeplatzes nicht verlangt werden. Auch der Frachtführer ist an die im Frachtvertrag vereinbarte Anweisung gebunden. 3 Auch bei der Vereinbarung eines bestimmten Ladeplatzes darf der Frachtführer nach Treu und Glauben nicht damit rechnen, daß der Ladeplatz für die Einladung der Frachtgüter und für sein Schiff geeignet ist. 4 Der an einer privaten Verladestelle anlegende Schiffsführer darf darauf vertrauen, daß der Inhaber der Verladeanlage beim Betrieb der Verladeeinrichtung seine Verkehrssicherungspflicht erfüllt hat. 5 Weisen aber Befrachter oder Empfänger dem Schiffsführer einen privaten Liegeplatz zum Laden oder Löschen der Ladung an, so haften sie für Verschulden in der Auswahl des Liegeplatzes aus positiver Vertragsverletzung und aufgrund der Verkehrssicherungspflicht. Sie müssen dafür sorgen, daß der Platz nach Was-
2 Vgl. die Klausel: Duisburg-Ruhrort o/ (oder) Schwelgern. 3 K G in O L G 1, 247. 4 Zur Verkehrssicherungspflicht des Bauunternehmers für den Ladeplatz von Schiffen, die zur A b f u h r von Aushubmaterial bei einer Hafenverbreiterung eingesetzt werden, vgl. B G H L M Nr. 1 zu § 2 7 BSchG. 5 B G H ZfB 1968, 25.
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Ladeplatz
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sertiefe und sonstigen Einrichtungen die Sicherheit des Schiffes nicht gefährdet. 6 Der Frachtführer braucht aber nicht zu prüfen, ob die zur Beladung landseitig zur Verfügung stehenden Verladegeräte für sein Schiff eine Gefahr darstellen. Stürzt z. B. ein K r a n während der Verladearbeiten ein und wird dadurch das Schiff beschädigt, ist dem Frachtführer kein Vorwurf zu machen. Werden aber gefährliche Verladegeräte eingesetzt, z. B. Spinnen, um Schrott zu löschen, kann ein mitwirkendes Verschulden des Frachtführers angenommen werden, wenn die gefährlichen Ladegeräte Schäden am Schiff herbeiführen. Der Frachtführer muß schädlichen Einwirkungen auf das Schiff sofort entgegenwirken. Ein Frachtführer muß auch die Besonderheiten der Ladestelle berücksichtigen und prüfen, ob das Schiff für die vorgesehene Beladung ausreichend Wasser unter dem Kiel hat und nicht aufsetzt. Auch hat der Frachtführer zu prüfen, ob an der Kaimauer gefährliche Vorsprünge das Schiff gefährden können oder sonstige Gefahren aus der Natur der Ladestelle folgen. b) Enthält der Frachtvertrag keinen bestimmten Ladeplatz, so ist das Schiff an 6 dem vom Absender angewiesenen Platz vorzulegen, weil grundsätzlich der Absender den Ladeplatz auswählt. Nach den allgemeinen Konnossementsbedingungen hat regelmäßig der Frachtführer den Ladeplatz auszuwählen. Als Ladestellen kommen bestimmte Firmen, ein Speicher oder ein Seeschiff in einem Seehafen in Frage. c) Hat der Absender den Ladeplatz einmal bestimmt, ist sein Weisungsrecht 7 erloschen. Der Frachtführer ist nicht verpflichtet, mehrfach von einer Ladestelle zu verholen, um später wieder vorzulegen. Wird ein solches Verlangen vom Absender gestellt, kann der Frachtführer dafür ein angemessenes Entgelt verlangen. Die örtlichen Verhältnisse können einen anderen Ladeplatz als den vereinbarten Ladeplatz erforderlich machen. Zu denken ist an Hoch- oder Niedrigwasser, Eisgang, Anweisungen der Hafenbehörden oder der Wasserschutzpolizei. In solchen Fällen ist der Absender berechtigt und verpflichtet, unverzüglich einen anderen geeigneten Ladeplatz anzuweisen, ohne dafür ein besonderes Entgelt zahlen zu müssen, wenn nicht im Frachtvertrag eine anderweitige konkrete Abrede für einen solchen Fall getroffen worden ist. d) Die Verladung der Güter kann nach § 27 Abs. 3 an verschiedenen Ladeplät- 8 zen des Abgangsortes nur bei einer dahingehenden Vereinbarung verlangt werden. Für den Bereich der Duisburg-Ruhrorter Häfen besteht jedoch ein Handelsbrauch des Inhalts, daß ein Frachtführer innerhalb desselben Hafens auch einmal den Ladeplatz zu wechseln hat, wenn ein bestimmter Ladeplatz vereinbart war. 7 6 BGH ZfB 1969, 20. 7 Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort Nr. 77. 171
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4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Entspricht der Frachtführer einem Verlangen des Absenders, das Schiff an mehreren Ladeorten vorzulegen, hat er nach §27 Abs. 3 Anspruch auf E r s a t z der Mehrkosten. Darunter fallen auch H a f e n - u n d Schleusengebühren. Die Dauer der Ladezeit wird durch die Verpflichtung, an mehreren Ladeorten vorzulegen, nicht beeinträchtigt. Die Ladezeit läuft auch während des Verholens oder der Fahrt zu einem anderen Ladeort ununterbrochen weiter. Der Absender hat den Zeitverlust des Frachtführers auszugleichen.
4. Die Anweisung des Ladeplatzes durch den Absender 9
a) A u s § 27 Abs. 1 i. V. m. § 121 B G B folgt, daß der Absender dem Frachtführer unverzüglich nach Abschluß des Frachtvertrages den Ladeplatz anweisen muß. Unverzüglich heißt: ohne schuldhaftes Zögern. Die Anweisung muß unter allen Umständen so rechtzeitig erfolgen, daß der Frachtführer sein Schiff vor dem Beginn der Ladezeit (§29) an dem angewiesenen Platz vorlegen und die Vorbereitungen zur Beladung treffen kann. D a der Frachtführer nach § 28 seine Ladebereitschaft anzuzeigen hat, hat der Absender darauf unverzüglich durch eine Anweisung des Ladeplatzes zu reagieren, wenn der Ladeplatz zuvor nicht mitgeteilt werden konnte. Die Umstände des Falles und der Inhalt des Frachtvertrages können im Einzelfall zu Zweifeln Anlaß geben, ob die Anweisung rechtzeitig erfolgt ist. Insoweit sind die Umstände des Falles maßgebend. Für alle erheblichen Umstände trägt der Absender die Beweislast. Alle Zweifel gehen zu seinen Lasten, da die Anweisung des Ladeplatzes in seinen vertraglichen Pflichtenkreis und damit in seinen Verantwortungsbereich fällt. Haben mehrere Absender den Frachtvertrag über das Schiff im ganzen geschlossen, gibt aber jeder von ihnen eine Anweisung über einen unterschiedlichen Ladeplatz, so liegt keine wirksame Anweisung vor.
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b) N a c h § 27 Abs. 2 muß der Absender einen geeigneten Ladeplatz anweisen. Das Gesetz definiert, wann ein Ladeplatz nicht geeignet ist: „wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung der erteilten Anweisung nicht gestatten". Für den Frachtführer ist ein Ladeplatz auch dann ungeeignet, wenn er umständliche Aufwendungen oder Vorrichtungen für den Lade- oder Löschvorgang treffen muß. Der Ladeplatz muß unmittelbar am Ufer, an einer Hafenmauer oder einer dazu vorgesehenen Ladestelle liegen, sodaß der Lade- oder Löschvorgang mit bordeigenen oder landseitigen Geräten möglich ist. Kein geeigneter Ladeplatz ist anzunehmen, wenn das Schiff wegen zu geringer Wassertiefe nicht vorgelegt werden kann. Auch andere Behinderungen dürfen nicht durch die Beschaffenheit des Ladeplatzes bestehen. So wird kein geeigneter Ladeplatz anzunehmen sein, wenn ein Hafen an einem Kanal infolge Sperrung der Schleuse, durch ein Wrack oder durch Eisbildung nicht erreichbar ist. Vereist der Ladeplatz als solcher, wird hierdurch die Eignung nicht in Frage gestellt. Auch behördliche Verord172
Ladeplatz
§27
nungen können das Beladen eines Schiffes dauernd oder zeitweilig ausschließen. Sind bestimmte Güter zu entladen, muß am Ladeplatz die Entladung möglich sein. Ungeeignet ist der Ladeplatz, wenn infolge anderer Schiffe eine Beladung bei Beginn der Ladezeit nicht möglich ist. Ebenso liegt keine Eignung vor, wenn der Kai besetzt ist. Im Falle eines Streits über die Frage, ob der angewiesene Ladeplatz geeignet war, trägt der Absender die Behauptungs- und Beweislast, da die Eignung des Ladeplatzes in seinen Verantwortungsbereich fällt. c) H a t der Absender dem Frachtführer keinen oder keinen geeigneten Lade- 1 1 platz angewiesen, muß der Frachtführer den Absender auffordern, ihm unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, einen geeigneten Ladeplatz anzuweisen. Falls der Absender der Aufforderung des Frachtführers nicht unverzüglich nachkommt, kann der Frachtführer an einem ortsüblichen Ladeplatz anlegen (§ 27 Abs. 1 Satz 1). Die Wahl des Ladeplatzes steht jedoch nicht im Belieben des Frachtführers: Grundsätzlich ist er zwar frei, er hat aber nach § 2 7 Abs. 2 Satz 2 bei der Wahl des Ladeplatzes das Interesse des Absenders tunlichst zu berücksichtigen. Hierbei hat sich der Frachtführer an dem Grundsatz von Treu und Glauben im redlichen Verkehr zu orientieren. Daraus folgt: Er muß den Ladeplatz so wählen, daß der Absender die Möglichkeit hat, das Schiff in angemessener Zeit zu erreichen und die zu befördernden Güter zum Schiff zu bringen. Auch ist zu berücksichtigen, welche Güter befördert werden sollen und ob an Land geeignete Geräte zur Beladung des Schiffs mit der vereinbarten Ladung zur Verfügung stehen. Der Frachtführer ist aber nicht verpflichtet, einen geeigneten Ladeplatz auszusuchen. Es kann weitere Anweisungen des Absenders abwarten und mit dem Schiff an dem ungeeigneten Ladeplatz liegenbleiben. Treu und Glauben im redlichen Verkehr verpflichten aber den Frachtführer, die Interessen des Vertragsgegners angemessen zu berücksichtigen. Danach handelt ein Frachtführer vertragswidrig, wenn er ohne Schwierigkeiten einen geeigneten Ladeplatz erreichen kann, der den mutmaßlichen Interessen des Absenders entspricht, gleichwohl aber an dem ungeeigneten Ladeplatz liegenbleibt, um Liegegelder fordern zu können. Hinsichtlich der Frage, ob der Frachtführer vertragswidrig gehandelt hat, wenn er von sich aus keinen geeigneten Ladeplatz ausgewählt hat und an einem ungeeigneten Ladeplatz liegengeblieben ist, trägt der Absender die Behauptungsund Beweislast, da er verpflichtet war, dem Frachtführer einen geeigneten Ladeplatz anzuweisen.
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§27
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
5. Die Haftung des Frachtführers und des Absenders 12
a) D e r Frachtführer haftet dem Absender nach den Regeln der positiven V e r t r a g s v e r l e t z u n g (§§ 2 4 2 , 2 7 6 , 2 4 9 B G B ) für alle Schäden, die darauf beruhen, daß er schuldhaft einer ihm rechtzeitig erteilten ordnungsgemäßen A n w e i sung nicht rechtzeitig oder nicht gehörig entsprochen hat oder bei der Auswahl des Ladeplatzes nicht das Interesse des Absenders tunlichst berücksichtigt hat. Ferner haftet der Frachtführer auch, wenn er wider Treu und Glauben an einem ungeeigneten L a d e p l a t z liegenbleibt und durch Untätigkeit die Interessen des Absenders verletzt. Regelmäßig wird es sich um ein Verschulden des Schiffsführers nach § 7 handeln, für das der Frachtführer dem Absender nach § 2 7 8 B G B und insbesondere nach § 3 haftet. D i e H a f t u n g ist nach § 4 auf Schiff und Fracht beschränkt. D e r Schiffsführer haftet persönlich nach § 7 und zwar sowohl dem Frachtführer wegen Verletzung einer Dienstobliegenheit als auch den Ladungsinteressenten (Absender und Empfänger). D i e s e H a f t u n g des Schiffsführers ist unbeschränkt. § 4 findet nur bei nautischem Verschulden des Schiffsführers A n w e n dung. D e r Frachtführer ist nicht verpflichtet, über die Ü b e r p r ü f u n g der Verladung auf Betriebssicherheit hinaus auch die Beförderungssicherheit des Gutes (die L a d u n g s s i c h e r h e i t ) zu überprüfen. J e d o c h trifft ihn die allgemeine R e c h t s pflicht, auf eine ordnungsgemäße, das G u t vor Schaden bewahrenden Verladung hinzuwirken, wenn er z. B . bei der Uberprüfung der Betriebssicherheit des F a h r zeugs erkennt, daß das G u t nicht beförderungssicher verladen ist, oder wenn die G e f a h r eines Schadenseintritts nach den U m s t ä n d e n für ihn ohne weiteres ersichtlich ist. 8 D i e Behauptungs- und Beweislast liegt in vollem U m f a n g e bei dem G e s c h ä digten, dem aber der prima-facie-Beweis zur Hilfe k o m m e n kann.
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b) D e r Absender hat nicht nur ein A n w e i s u n g s r e c h t , sondern dem F r a c h t führer gegenüber eine Anweisungspflicht, damit der Frachtführer seinen vertraglichen Pflichten entsprechen kann. D e r A b s e n d e r ist verpflichtet, das zu verladende G u t darauf zu untersuchen, o b aus seiner Beschaffenheit Schäden für das Schiff entstehen k ö n n e n . E r hat dem Frachtführer hierüber Mitteilung zu m a c h e n . 9
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F ü r die Eignung des Ladeplatzes trägt der Absender keine umfassende Verantwortlichkeit; denn die Anweisung ist nicht mit der Garantie für die Verkehrssicherheit verbunden. N a c h dem G e s e t z geht lediglich das Anweisungsrecht verloren, wenn der Absender nicht rechtzeitig oder keinen geeigneten Ladeplatz anweist. D e r Frachtführer m u ß selbst für die Schiffssicherheit sorgen. Verzögert sich die Beladung des Schiffs, wird er durch Liegegeld entschädigt. Anders ver8 BGH ZfB 1989, 18. 9 BGH ZfB 1960, 278. 174
§28
Anzeige des Frachtführers über die Ladebereitschaft
hält es sich selbstverständlich, wenn dem Absender der Ladeplatz gehört, und er schuldhaft die ihm dort obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt. In solchen Fällen haftet er auf Schadensersatz. Sind dem Absender die besonderen Gefahren des Ladeplatzes bekannt, hat er den Frachtführer nach Treu und Glauben auf diese Gefahrenstellen hinzuweisen. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht verpflichtet im Schadensfalle zum Schadensersatz. Die Behauptungs- und Beweislast liegt beim Geschädigten. Der Beweis des ersten Anscheins kann gegen den Schädiger sprechen und zu einer Beweiserleichterung führen.
§28 (1) Sobald der Frachtführer zur Einnahme der Ladung bereit ist, hat er dies dem Absender anzuzeigen. (2) Die Anzeige hat an einem Werktage vor dem Schlüsse der ortsüblichen Geschäftsstunden zu erfolgen. Eine spätere oder an einem Sonntage oder allgemeinen Feiertage erfolgte Anzeige gilt als am nächsten Werktage erfolgt. (3) Weigert sich der Absender, den Zeitpunkt des Empfanges der Anzeige zu bescheinigen, so ist der Frachtführer befugt, auf Kosten des Absenders eine öffentliche Urkunde darüber errichten zu lassen. Übersicht 1. Der Begriff der Ladebereitschaft . . 2. Die Anzeige der Ladebereitschaft. .
Rdn. 1-5 6-11
3. Das Fehlen der Ladebereitschaft 4. Die Beweislast
. .
Rdn. 12-13 14
1. Der Begriff der Ladebereitschaft a) Der Frachtführer hat dem Absender anzuzeigen, wenn er ladebereit ist. 1 Hierzu gehört nicht nur die subjektive Bereitschaft, sondern in objektiver Hinsicht muß das Schiff ladebereit sein. Dazu gehört, daß es fahr- und ladetauglich ist. Das Schiff muß so beschaffen, ausgerüstet und bemannt sein, daß die Frachtgüter eingeladen werden können. Die Laderäume müssen frei und so gesäubert sein, daß den zu ladenden Gütern von daher keine Gefahr der Beschädigung oder Verunreinigung droht. 1 Besondere Anforderungen an die Prüfungspflicht können sich ergeben, wenn ein sorgfältiger Frachtführer nicht sicher sein kann, daß alle Verunreinigungsquellen nach den Feststellungen eines Sachverständigen restlos beseitigt sind2. Die Bemannung braucht im Zeitpunkte der Ladebereitschaft noch nicht der im Schiffsattest für die Fahrt bestimmten Mindestbemannung zu entsprechen. Es genügt, wenn eine für den Ladevorgang ausreichende Bemannung vorhanden ist, die die erforderlichen Anweisungen geben und die Beladung überwachen kann. 1 O L G Köln ZfB 1982, 360. 2 B G H ZfB 1990, 145.
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§28
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
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b) Für die Ladebereitschaft ist nicht erforderlich, daß der Frachtführer sofort mit der Beladung beginnen kann. Denn die Anzeige dient der Vorbereitung der Beladung und soll dem Absender ermöglichen, bis zum Beginn der Ladezeit die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Das Schiff braucht also zur Zeit der Anzeige noch nicht am Ladeplatz zu liegen. Häufig erfolgt auf die Meldung des Schiffsführers auch die Anweisung des Absenders, wo sich der Ladeplatz befindet. Ist der Ladeplatz noch nicht mitgeteilt, kann naturgemäß auch noch nicht von dort aus die Ladebereitschaft angezeigt werden. Vielmehr handelt es sich beiderseits um vorbereitende Abreden. Es genügt für die Feststellung der Ladebereitschaft, daß der Frachtführer bereit und in der Lage ist, bis zum Beginn der Ladezeit, also nach § 29 bis zu dem auf die Anzeige folgenden Werktag, das Schiff an dem angewiesenen Ladeplatz vorzulegen.
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c) Eine Anzeige der Ladebereitschaft ist bei Stückgütern unter 10 000 kg nicht erforderlich (§ 39). In derartigen Fällen ist der Frachtführer nur verpflichtet, den Absender aufzufordern, die Lieferung der Ladung zu bewirken.
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d) In der Praxis pflegen Schiffsführer ihre Ladebereitschaft schon auf der Fahrt zum Ladeplatz der ihnen genannten oder bekannten Meldestelle über Funk oder fernmündlich mitzuteilen. Eine solche Meldung hat rechtlich nicht die Wirkung der Anzeige im Sinne des §28 Abs. 1. Das Schiff muß tatsächlich am Ladeort eingetroffen sein. A m Ladeort muß der Schiffsführer auf Anweisung das Schiff an den Ladeplatz hinlegen können. Befindet sich das Schiff hingegen noch auf der Fahrt zum Ladeort, reicht eine Meldung selbst dann nicht, wenn das Schiff den Ladeplatz rechtzeitig vor dem Beginn der Ladezeit erreichen könnte. Für den Berlinverkehr besteht der Handels- und Schiffahrtsbrauch, daß der Schiffsführer die Ladebereitschaft anzeigen kann, sobald er an der Weichbildgrenze des Berliner Hafengebiets angekommen ist und sicher sein kann, den Ladeplatz mit Beginn des auf die Anzeige folgenden Werktages zu erreichen 2 *.
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e) Der Frachtführer hat die Ladebereitschaft mit dem im Frachtvertrag bezeichneten Schiff anzuzeigen. Er braucht kein anderes Schiff vorzulegen, selbst wenn sich das Schiff nachträglich als ungeeignet erweist, die Güter zu laden. Die Ladebereitschaft wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Frachtgüter aus einem in ihrer Beschaffenheit liegenden Grunde nicht eingeladen werden können, z. B. wenn die Frachtgüter zu lang oder zu hoch und breit sind, um in den Schiffsraum eingeladen zu werden.
2a KG OLG 2, 370. 176
Anzeige des Frachtführers über die Ladebereitschaft
§28
2. Die Anzeige der Ladebereitschaft a) Die Anzeige hat gegenüber dem Absender zu erfolgen. Es handelt sich um 6 eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die an keine besondere Form gebunden ist. Der Frachtführer kann vom Absender über den Empfang der Anzeige der Ladebereitschaft eine Bescheinigung verlangen, die in der Binnenschiffahrt üblicherweise auf den in der Hand des Frachtführers befindlichen Ladeschein (Konnossement) gesetzt wird. In dieser Bescheinigung wird die genaue Zeit angegeben, da diese nach §28 Abs. 2 von Bedeutung sein kann. Wenn sich der Absender weigert, den Zeitpunkt des Empfangs der Anzeige zu bescheinigen, so ist der Frachtführer nach §28 Abs. 3 befugt, auf Kosten des Absenders eine öffentliche Urkunde darüber errichten zu lassen. Derartige öffentliche Urkunden sind in der Schiffahrt aber nicht üblich. In der Regel erfolgt eine Bestätigung über Telex. b) Inhaltlich muß die Anzeige der Ladebereitschaft lediglich erkennen lassen, 7 daß der Frachtführer zur Übernahme der zu befördernden Güter bereit ist. Ein bestimmter Inhalt ist nicht vorgeschrieben. Es genügt die bloße Aufforderung, mit der Beladung zu beginnen. c) Wirksam wird die Anzeige mit dem Zugang. Es genügt nicht, wenn sich der 8 Absender irgendwie Kenntnis von der Ladebereitschaft verschafft, z. B. wenn er feststellt, daß das vereinbarte Schiff vorgelegt worden ist, da aus dem Vorliegen des Schiffes noch nicht geschlossen werden kann, ob die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Ladebereitschaft vorliegen. Ist im Frachtvertrag eine Meldeadresse genannt, muß der Frachtführer dort seine Ladebereitschaft anzeigen. Hierdurch soll der Schiffsverkehr erleichtert werden. Im Berlinverkehr bestand früher ein Handelsbrauch, sich bereits von der kaufmännischen Vermittlungsstelle aus fernmündlich lade- oder löschbereit zu melden, selbst wenn im Konnossement eine Meldeadresse genannt war. Dieser Handelsbrauch hatte aber nicht die Bedeutung, daß die Meldung des Frachtführers bei der kaufmännischen Vermittlungsstelle ordnungsgemäß im Sinne des § 28 war und daß diese Stelle die Meldung an den Absender weiterleitete. O b dieser Handelsbrauch noch der Übung entspricht oder weitergilt, ist nicht gesichert. d) Die Anzeige der Ladebereitschaft liegt im eigenen Interesse des Frachtfüh- 9 rers, damit die Ladezeit in Lauf gesetzt wird. Aufgrund des Frachtvertrages ist der Frachtführer zur Anzeige verpflichtet. Die Anzeige hat unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen. Ist im Frachtvertrag vereinbart, daß der Frachtführer das Schiff an einem bestimmten Tag ladebereit vorzulegen hat, muß er sich am Tage vorher melden 3 .
3 OLG Hamburg OLG 7, 389. 177
§28
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Die Klausel, sich nicht vor einem bestimmten Tag als angekommen zu melden, bedeutet, daß sich der Frachtführer einzurichten hat, nicht vor dem bestimmten Termin einzutreffen 4 . Ist im Frachtvertrag eine Beladung „in Reihenfolge" vereinbart, so kann sich der Frachtführer sofort ladebereit melden. Seine Ladezeit beginnt aber erst nach Ablauf der Ladezeit der für den Absender und am gleichen Ladeplatz vorgemeldeten anderen Frachtführer. Es beginnt aber auch in diesem Falle die Ladezeit mit dem auf die Meldung folgenden Werktag, wenn der Absender die Reihenfolge nicht einhält 5 . Enthält der Frachtvertrag die Verpflichtung, aus einem bestimmten Seeschiff zu laden, so beginnt die Ladezeit, falls nichts anderes vereinbart ist und keine für eine andere Beurteilung sprechenden Umstände vorliegen, erst mit der Ankunft dieses Seeschiffs 6 . 10
e) Die Anzeige hat nach § 28 Abs. 2 an einem Werktag vor dem Schluß der ortsüblichen Geschäftsstunden zu erfolgen. Nach § 1 Abs. 1 der V O zur vorübergehenden Änderung einiger Vorschriften der Binnenschiffahrt vom 17. 5.1943 7 , der durch das Gesetz zur Aufhebung einiger Verordnungen und Bestimmungen des Binnenschiffahrtsrechts vom 9. 8.1949 8 unberührt geblieben ist, ist die Ladebereitschaft an Werktagen bis 18.00 Uhr anzuzeigen. Endet die ortsübliche Geschäftszeit vor diesem Zeitpunkt, so hat der Frachtführer seine Absicht, die Anzeige nach dem Schluß der Geschäftszeit zu bewirken, dem Absender innerhalb der ortsüblichen Geschäftszeit im Wege einer Voranmeldung mitzuteilen 9 . Wird am Tage der Anzeige der Ladebereitschaft (Meldetag) geladen, so wird dieser Tag in die Ladezeit (§ 29) eingerechnet (§ 2 Satz 1 der V O v. 17. 5. 1943). Vereinbarungen, die von diesen Vorschriften abweichen, sind nach § 4 der V O unzulässig, soweit sie die Zeit für die Anzeige der Ladebereitschaft beschränken oder die Ladezeit verlängern. Insoweit findet § 28 Abs. 2 keine Anwendung. Eine nach 18.00 Uhr, an einem Sonntag oder an einem allgemeinen Feiertag erfolgte Anzeige, gilt für den nächsten Werktag. Als allgemeine Feiertage gelten nur die staatlich anerkannten allgemeinen Feiertage im Sinne des §193 BGB. Der Schluß der ortsüblichen Geschäftsstunden im Sinne des Gesetzes ist aus den anerkannten Übungen am Ladeort zu entnehmen. Maßgebend ist nicht irgendeine betriebliche Übung oder die Geschäftsstunden des Absenders, vielmehr kommt es nur auf die anerkannte Übung des Binnenschiffahrtsverkehrs des
4 5 6 7 8 9
OLG Hamburg SeuffA 57 Nr. 16. OLG Hamburg OLG 10, 352. OLG Hamburg HansGZ 1907, Nr. 117; OLGZ 20, 5. RGBl. I S. 311. WiGBl. Nr. 30 v. 25. 8. 1949 S. 249. Vgl. dazu OLG Köln ZfB 1977 S. 402.
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Anzeige des Frachtführers über die Ladebereitschaft
§28
Abgangsortes an. Im Streitfalle muß durch Gutachten der zuständigen Industrieund Handelskammer festgestellt werden, welche ortsüblichen Geschäftsstunden am Ladeort bestehen. f) Der Frachtführer ist dem Absender nur zur einmaligen Meldung der Lade- 1 1 bereitschaft verpflichtet. Er braucht dem Absender nicht mitzuteilen, wenn am Ladeplatz eine rechtzeitige Beladung nicht möglich ist, wenn z. B. die Ladestelle ungeeignet (§ 27 Abs. 2) oder besetzt ist. Es ist Sache des Absenders, für eine geeignete Ladestelle zu sorgen. Es ist auch keine weitere Aufforderung des Frachtführers nach Anzeige der Ladebereitschaft erforderlich. Anders verhält es sich, wenn die Beladung des Schiffes aus Gründen gehindert wird, die in der Person des Frachtführers oder seiner Erfüllungsgehilfen liegen. In derartigen Fällen ist nach Behebung des Hindernisses das Schiff erneut ladebereit zu melden.
3. Das Fehlen der Ladebereitschaft a) Eine Anzeige der Ladebereitschaft ist nur dann wirksam und setzt die Lade- 1 2 zeit am folgenden Werktag in Lauf (§ 29), wenn das Schiff tatsächlich ladebereit ist. Ist das Schiff fahr- und ladeuntüchtig oder ist das Schiff noch beladen, liegt keine Ladebereitschaft vor und die gleichwohl erklärte Anzeige der Ladebereitschaft bleibt rechtlich ohne Wirkung, d. h. die Ladezeit wird nicht in Lauf gesetzt. Umgekehrt haftet der Frachtführer im Falle eines Verschuldens dem Absender wegen positiver Vertragsverletzung auf Ersatz allen Schadens ohne die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung. In Frage kommen Kosten durch die Vorbereitung der Beladung des Schiffs sowie die Kosten für die anderweitige Einlagerung und Bewachung der Güter. Möglich sind auch Verzögerungsschäden. Ein Frachtführer kann von der Ladetüchtigkeit seines Schiffes ausgehen, wenn er die Maßnahmen getroffen hat, die ein mit der Prüfung der Ladetüchtigkeit betrautes Spezialunternehmen für notwendig und ausreichend angesehen hat 10 . b) War der Frachtführer im Zeitpunkte der Anzeige der Ladebereitschaft lade- 1 3 bereit, treten aber danach Umstände ein, die die Ladebereitschaft aufheben, so kommt es darauf an, in wessen Sphäre die Hinderungsgründe fallen. Alle U m stände, die in der Person des Frachtführers und des Schiffes liegen, gehen zu seinen Lasten und heben die Ladebereitschaft auf. Auf Verschulden kommt es dabei nicht an. Auch Krankheit oder persönliche Verhinderung des Frachtführers heben die Ladebereitschaft auf. Zu seinen Lasten gehen auch die allgemeinen Risiken der Schiffahrt wie Hoch- und Niedrigwasser, Eisgang oder Sperrung des Fahrwassers. Erst recht besteht keine Ladebereitschaft, wenn eine Beladung des Schiffs wegen des Zustandes der Laderäume oder wegen fehlender
10 B G H VersR 1982, 287; O L G H a m b u r g VersR 1989, 1284.
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§29
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Besatzung nicht möglich ist. Hat das Schiff ein Leck oder sollen empfindliche Güter in unsaubere Laderäume geladen werden, besteht objektiv keine Ladebereitschaft. Das Schiff kann zurückgewiesen werden. Das gilt auch dann, wenn ein Ladungsexperte das Schiff für ordnungsgemäß befunden hat, die Ladung zu übernehmen 1 1 . Hindernisse, die auf sonstigen Gründen beruhen, gehen zu Lasten des Absenders. In seine Sphäre gehören insbesondere Mängel der Ladestelle und der einzusetzenden Geräte.
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4. Die Beweislast Der Frachtführer trägt die Beweislast für die Anzeige der Ladebereitschaft und deren Zugang innerhalb der ortsüblichen Geschäftszeit. Der Zeitpunkt der Anzeige wird in aller Regel durch die schriftliche Bescheinigung der Anzeige auf dem Konnossement bewiesen. Unterbleibt diese Bescheinigung, muß der Beweis nach allgemeinen Grundsätzen geführt werden. Da häufig im Falle der Überschreitung der Ladezeit um den Zeitpunkt der Anzeige gestritten wird, führt Beweisfälligkeit zu Nachteilen des Frachtführers. Ist das Schiff nicht am Ladeort vorgelegt worden, muß im Falle des Bestreitens der Frachtführer die Ladebereitschaft beweisen. Ist die Ladebereitschaft ordnungsgemäß angezeigt worden und liegt das Schiff an der angezeigten Ladestelle, trägt der Absender die Beweislast für mangelnde Ladebereitschaft, weil er die Ladebereitschaft prüfen kann. Die Behauptungsund Beweislast des Absenders bezieht sich auf Hindernisse in der Person des Frachtführers und seiner Erfüllungsgehilfen, aller Mängel des Schiffes und die allgemeinen Gefahren der Schiffahrt, die eine Beladung des Schiffs ausschließen. Dazu gehören Umstände, die das Schiff als nicht fahr- und ladetauglich erscheinen lassen, ebenso wie die Wasserstände und sonstige allgemeine Behinderungen der Schiffahrt durch die Witterung und Verkehrshindernisse. Ist das Schiff nicht am Ladeort vorgelegt worden, hat aber der Absender mit der Beladung begonnen, hat der Absender seine Einwendungen zur mangelnden Ladebereitschaft zu beweisen, gleichgültig, wann die Ladebereitschaft gefehlt haben soll. In dem Beginn der Beladung liegt das Zugeständnis, daß das Schiff von ihm auf Ladebereitschaft geprüft werden konnte.
§29 (1) Mit dem auf die Anzeige der Ladebereitschaft folgenden Tag beginnt die Ladezeit; ist Verzicht auf die vorherige Anzeige der Ladebereitschaft vereinbart, so beginnt die Ladezeit, wenn das ladebereite Schiff vorgelegt ist. 11 B G H Z 82, 162, VersR 1982, 287.
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§29
Beginn und Dauer der Ladezeit
(2) Die Ladezeit beträgt bei Ladungen bis zu 30 000 Kilogramm zwei Tage, bis zu 50 000 Kilogramm drei Tage, bis zu 100000 Kilogramm vier Tage und so fort in Stufen von 50 000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500000 Kilogramm; von da ab steigt die Ladezeit für je 100000 Kilogramm u m je einen Tag. Bei Ladungen über 1000 000 Kilogramm beträgt die Ladezeit achtzehn Tage. (3) Bei der Berechnung kommen auch diejenigen Tage in Ansatz, an welchen der Absender, wenngleich ohne sein Verschulden, an der Lieferung der L a d u n g verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen die Sonntage und allgemeinen Feiertage sowie die Tage, an welchen durch zufällige Umstände, insbesondere durch Hochwasser oder Eisgefahr, die Verladung nicht nur der bedungenen, sondern jeder A r t von Gütern auf das Schiff verhindert ist. (4) Die Vorschriften in Absatz 2 finden nur insoweit Anwendung, als nicht durch Vereinbarung oder Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde ein anderes bestimmt ist. (5) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Benehmen mit den beteiligten Ländern zur Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten in den Häfen sowie unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines beschleunigten Verkehrsablaufs und des jeweiligen technischen Fortschritts f ü r den Ladetag einen kürzeren Zeitraum als den Kalendertag sowie den Beginn und das Ende dieses Ladetages festzusetzen. Übersicht 1. 2. 3. 4.
Allgemeines Die Bedeutung der Ladezeit . . Der Beginn der Ladezeit . . . . Die Dauer der Ladezeit
Rdn. 1 2 3 4
5. Die Berechnung der Ladezeit . . 6. Die Beweislast 7. Die Abdingbarkeit
Rdn. 5-9 10
1. Allgemeines Die gesetzliche Regelung des § 29 über die Ladezeit steht in einem unmittelba- 1 ren rechtlichen Zusammenhang mit der Anzeige der Ladebereitschaft, die in §28 geregelt ist. Mit dem auf die Anzeige der Ladebereitschaft folgenden Tag beginnt die Ladezeit (§29 Abs. 1). Die Einzelheiten der gesetzlichen Ladezeit sind durch die tatsächlichen Verhältnisse überholt worden. Durch moderne Verladeeinrichtungen und geänderte Verkehrsverhältnisse sind die Ladezeiten nach dem Gesetz viel zu lang bemessen. Containerschiffe oder Motortankschiffe können binnen Stunden beladen und entladen werden, da entsprechende technische Einrichtungen und geschultes Personal an den Lade- und Löschstellen zur Verfügung stehen. 181
§29
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Da §29 nachgiebiges Recht enthält, ist in der Praxis eine Anpassung an die Erfordernisse der Schiffahrt längst vollzogen worden. Diese Anpassung ist an sich nach Abs. 3 durch individuelle Regelungen in den Frachtverträgen oder durch Verfrachtungsbedingungen möglich. Von maßgebender Bedeutung sind aber die von den Frachtenausschüssen beschlossenen Ladezeiten. Nach §29 Abs. 3 finden die Ladezeiten des Abs. 2 nur insoweit Anwendung, als nicht durch Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde ein anderes bestimmt ist. Im Rahmen der von der höheren Verwaltungsbehörde festgesetzten Ladezeiten können die Frachtenausschüsse nach den §§21, 28, 29 BSchVG in ihren Beschlüssen über die Festsetzung von Entgelten für Verkehrsleistungen andere Ladezeiten zugrundelegen. Diese Ladezeiten sind im Zusammenhang mit der Frachtfestsetzung verbindlich und unabdingbar. Diese Festsetzungen haben Vorrang vor allen anderen behördlichen Anordnungen und den Vereinbarungen in Frachtverträgen oder Verfrachtungsbedingungen.
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2. D i e B e d e u t u n g der Ladezeit Die Ladezeit steht dem Absender zur Beladung des als ladebereit angezeigten Schiffes zur Verfügung. Regelmäßig kann für die Dauer der Ladezeit kein besonderes Entgelt in der Form eines Liegegeldes verlangt werden, es sei denn, darüber wäre aus besonderem Anlaß eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen worden; denn das Entgelt ist in der Fracht enthalten. Wie der Absender die Ladezeit nutzt, ist seine Sache. Er kann an einzelnen Tagen in größerem Umfange als an anderen Tagen laden. Ihm muß während der Ladezeit lediglich die unbeschränkte Möglichkeit zur Beladung des Schiffes eingeräumt sein. Soll an einzelnen Tagen in erheblichem Umfange geladen werden, kann der Absender nicht verlangen, daß wegen seiner verstärkten Bemühungen die Schiffsmannschaft verstärkt oder sonstige besondere Anstrengungen schiffsseitig gemacht werden. Hat der Frachtführer seinerseits nach dem Frachtvertrag die Beladung vorzunehmen, ist er nur zum Umschlag von Durchschnittsmengen verpflichtet. Von ihm nicht zu vertretende Verzögerungen braucht der Frachtführer aber nicht durch besondere Anstrengungen auszugleichen. Geschieht das freiwillig, kann dafür kein besonderes Entgelt verlangt werden.
3. D e r B e g i n n der Ladezeit Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung beginnt die Ladezeit unter den Voraussetzungen des §28 mit dem auf die Anzeige der Ladebereitschaft folgenden Werktag. Der Beginn der Ladezeit wird häufig in Frachtverträgen erheblich vorverlegt, was wegen der Abdingbarkeit der gesetzlichen Regelung möglich ist. So kann 182
Beginn und Dauer der Ladezeit
§29
im Frachtvertrag bestimmt sein, daß die Ladezeit schon mit dem Vorlegen des Schiffes am Ladeplatz oder mit dem Beginn der Beladung in Lauf gesetzt wird. 1 N a c h den auf dem Rhein geltenden V e r f r a c h t u n g s b e d i n g u n g e n ist ein Meld e t a g ausgeschlossen. D i e Ladezeit beginnt auf dem Rhein mit der Ladebereitschaft am Ladeplatz oder mit dem Beginn der Beladung des Schiffs. D i e Verpflichtung des Frachtführers, die L a d u n g aus einem bestimmten Seeschiff zu übernehmen, enthält die Vereinbarung, daß die Ladezeit erst mit dem Eintreffen des Seeschiffs in Lauf gesetzt wird. D i e N e n n u n g des Schiffsnamens genügt aber nicht zur Annahme einer solchen Vereinbarung. D i e Vereinbarung, daß eine B e l a d u n g in R e i h e n f o l g e zu erfolgen hat, ist als eine A b r e d e über einen späteren Beginn der Ladezeit anzusehen. A u f diese Vereinbarung kann sich aber der Absender nicht berufen, wenn er die Reihenfolge nicht einhält.
4. Die Dauer der Ladezeit D e r gesetzlichen Ladezeit k o m m t im Hinblick auf die von den Frachtaus- 4 schüssen beschlossenen Ladezeiten 2 nur noch eine untergeordnete Bedeutung zu. D e r Sinn der gesetzlichen Regelung liegt in der dem Absender eingeräumten Möglichkeit, die Beladung des Schiffs unter Berücksichtigung des L a d u n g s g e wichtes vorzunehmen. Maßgeblich soll nicht die Tragfähigkeit des vorgelegten Schiffes, sondern deren A u s n u t z u n g durch das Ladungsgewicht sein. Für die Feststellung der Ladezeit k o m m t es auf das tatsächlich eingeladene Gewicht auch dann an, wenn im Frachtvertrag eine geringere L a d u n g vorgesehen war. N a c h § 26 i. V. m. §§ 436, 446 H G B ist aber die Gewichtsangabe in den F r a c h t p a p i e r e n (Frachtvertrag und/oder Ladeschein) für die Bestimmung der Ladezeit maßgebend, wenn diese Urkunden eine bestimmte Gewichtsangabe enthalten. Circa-Angaben oder ein geschätztes G e w i c h t in Frachturkunden sind dann zugrunde zu legen, wenn bei der Beladung des Schiffes keine oder keine ordnungsgemäße Gewichtsermittlung erfolgt ist. Ist der U m f a n g der L a d u n g weder in den Frachturkunden angegeben noch bei der Beladung des Fahrzeugs festgestellt worden, muß das Gewicht der L a d u n g geschätzt werden. Grundlage der Schätzung kann ein Vergleich des an den Eichmarken abzulesenden Tiefgangs des Schiffes mit dem Eichschein sein. Für den Bereich der Bundesrepublik gelten die von den Frachtenausschüssen festgesetzten Ladezeiten.
1 Zur Berechnung der Ladezeit nach der Anzeige der Ladebereitschaft vgl. O L G Köln ZfB 1988, 19 mit Anm. Dütemeyer. 2 Vgl. oben Rdn. 1. 183
§29
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
5. Die Berechnung der Ladezeit 5
a) Nach §29 Abs. 3 wird die Ladezeit in fortlaufender Reihenfolge der Werktage berechnet. Der Samstag gilt als Werktag. Sonntage und allgemeine Feiertage werden nicht mitgezählt. Als allgemeine Feiertage gelten die im jeweiligen Bundesland anerkannten staatlichen Feiertage. Sonn- und Feiertage sind als volle Tage auf die Ladezeit anzurechnen, wenn ausnahmsweise aufgrund einer besonderen Vereinbarung zwischen dem Frachtführer und dem Absender Ladearbeiten ausgeführt werden. Dabei kommt es nicht auf den tatsächlichen Umfang an. Die ausgeführten Arbeiten müssen sich lediglich als Ladearbeiten darstellen. Die bloße Besichtigung des Schiffs stellt noch keine Ladearbeit in diesem Sinne dar.
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b) Die Ladezeit an Werktagen wird nach Kalendertagen berechnet. Der Kalendertag rechnet von Mitternacht bis Mitternacht. Es entspricht dem Schiffahrtsbrauch, daß der Frachtführer in Ermangelung besonderer Vereinbarungen nur während der ortsüblichen Arbeitszeit, die mit den ortsüblichen Geschäftsstunden des § 28 Abs. 2 übereinstimmt, sein Schiff zur Beladung bereithalten muß. Von ihm kann nicht verlangt werden, daß er Tag und Nacht zur Verfügung steht. Denn der Schiffsführer muß die Ladearbeiten überwachen. Auch muß die Schiffsbesatzung erforderlich werdende Manöver an der Ladestelle ausführen, was nicht jederzeit verlangt werden kann. Auch die Ladung muß kontrolliert werden. Der Absender kann auch von der Schiffsbesatzung nicht die Leistung von Überstunden zum Zwecke der Beladung des Schiffs verlangen, wenn nicht von vornherein im Frachtvertrag eine solche Vereinbarung getroffen ist. Auf den westdeutschen Wasserstraßen muß der Frachtführer auch zur N a c h t zeit ladebereit sein und bei der Beladung seines Fahrzeugs mitwirken. Wird zur Nachtzeit geladen, gilt jede Ladearbeit zur Nachtzeit ohne Rücksicht auf die tatsächliche Dauer gleich einem Ladetag.
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c) In die Ladezeit sind auch Tage einzurechnen, an denen die Schiffahrt geschlossen ist; denn die Sperrung der Schiffahrt bildet kein Hindernis für die Beladung des Schiffes. Auch während Hoch- oder Niedrigwasser oder Eisbildung können in Häfen Ladearbeiten durchgeführt werden, wenn das Schiff an der Ladestelle vorgelegt ist oder vorlegen kann. Es genügt, daß das Schiff ladebereit ist (vgl. oben §28 Rdn. 3). Wie der Absender die Beladung des Fahrzeugs vornimmt, ist dann seine Sache. Es ist auch ohne Einfluß, wenn die zu ladenden Güter infolge ungünstiger Witterung nicht eingeladen werden können. Ist aber infolge allgemeiner Umstände eine Beladung des Schiffes mit Gütern gleich welcher Art unmöglich, verlängert sich die Ladezeit entsprechend. Hierhin gehören Hochwasser und Vereisung der Wasserstraße. Auch ein allgemeiner Streik in der Schiffahrt verlängert die Ladezeit. Wird lediglich der Betrieb des Frachtführers bestreikt, geht das zu Lasten des Frachtführers. Umgekehrt muß eine Bestreikung der Verladestelle dem Risiko des Absenders zugerechnet werden, wenn die Beladung des Schiffs durch andere Arbeitskräfte möglich ist. 184
Beginn und Dauer der Ladezeit
§29
d) Wird die Ladezeit durch zufällige U m s t ä n d e stundenweise behindert, wird 8 unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nur die Zeit der Behinderung zu berücksichtigen sein; denn weder der einen noch der anderen Seite kann entweder die Anrechnung des vollen Ladetages oder die Außerachtlassung des Tages zugemutet werden. Allerdings wird bei Hindernissen, die nahezu den vollen Tag ausmachen oder eine A u f n a h m e der Verladearbeiten bei großen und sperrigen Gütern unzumutbar machen, der Tag nicht anzurechnen sein. E s entscheiden die U m s t ä n d e des Einzelfalles. Soweit ein Ausgleich der Einschränkung oder Behinderung durch e r h ö h t e A r b e i t s l e i s t u n g oder Überstunden erfolgt ist oder möglich und zumutbar war, kann sich der Interessent nicht auf eine Verlängerung der Lade- oder Löschzeit um eine entsprechende Zeit nach § 242 B G B berufen. D a n n ist die Überschreitung der Ladezeit nicht auf die zeitweilige Behinderung durch besondere U m stände, sondern auf das Verhalten der Ladungsbeteiligten zurückzuführen. E s kann die Ladebereitschaft des Frachtführers auch nur für einige Stunden oder Minuten fehlen, z. B . bei plötzlicher Erkrankung des Schiffsführers bis z u m Einsetzen eines Stellvertreters oder bei einer dringenden Geschäftsbesorgung. Eine ausdrückliche Bestimmung, daß dann, wie bei dem Liegegeldanspruch nach § 3 2 A b s . 3 dieser angebrochene Tag als voller Tag gerechnet wird, fehlt. Man kann auch aus dem Wortlaut des § 29 A b s . 3 Satz 2 nicht folgern, daß der ganze Tag bei der Berechnung der Ladezeit auch dann voll auszuscheiden habe, wenn nur für einen Teil des Tages oder für wenige Stunden das Hindernis oder das Fehlen der Ladebereitschaft bestand. Eine Auslegung des § 2 9 A b s . 3 Satz 2, die an Treu und Glauben im redlichen Verkehr ausgerichtet ist, muß dahin führen, Hindernisse, die nur einen Teil des Tages dauern, nicht als volle Tage, sondern nur für die Zeit der Behinderung zu bewerten, so daß lediglich eine H e m m u n g und entsprechende Verlängerung der Ladezeit in Betracht k o m m t . E s muß aber immer das Hindernis mit seiner vollen Auswirkung, also die volle Arbeitsstörung berücksichtigt werden. e) Eine U n t e r b r e c h u n g der L a d e z e i t mit der Wirkung, daß eine n e u e L a d e - 9 zeit beginnt, kann eintreten, wenn sich der Frachtführer infolge fehlender Ladebereitschaft wiederholt ladebereit melden muß, z. B . wenn das Schiff nach einem Unfall zunächst instand gesetzt werden muß. Ist aber der Mangel der Ladebereitschaft nicht vom Frachtführer zu vertreten, z. B . wenn der Ladeplatz nicht erreicht werden kann oder gewechselt werden muß, so braucht der Frachtführer nicht erneut die Ladebereitschaft anzuzeigen. In Fällen dieser Art wird die begonnene Ladezeit nicht unterbrochen, sondern läuft fort.
6. Die Beweislast D e r Absender trägt die Behauptungs- und Beweislast für eine Unterbrechung 1 0 oder eine Verlängerung der Ladezeit. Sollen einzelne Tage oder Stunden von der Ladezeit abgesetzt werden, hat der Absender im einzelnen darzulegen und zu 185
§30
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
beweisen, daß aus Gründen, die der Frachtführer zu vertreten hat, eine Verlängerung der Ladezeit erfolgt ist. Auch der Eintritt einer allgemeinen Behinderung der Schiffahrt, Güter gleich welcher Art zu laden, muß der Absender darlegen und beweisen. Alle Zweifel gehen zu seinen Lasten. Auch eine stundenweise Behinderung der Beladung des Schiffes, weil z. B. der Frachtführer verhindert war, muß der Absender im Falle des Bestreitens beweisen. Ferner muß der Absender Vereinbarungen jeder Art über die Ladezeit beweisen. Hingegen hat der Frachtführer zu beweisen, daß bereits am Meldetag mit der Beladung des Schiffes begonnen worden ist und dieser Tag mitzählt. 7. D i e A b d i n g b a r k e i t Die Berechnung der Ladezeit ist abdingbar, soweit keine Festsetzungen durch Beschlüsse der Frachtenausschüsse erfolgt sind. Durch Individualvereinbarung oder in Verfrachtungsbedingungen finden sich häufig Bestimmungen über die Berechnung der Ladezeit. O b diese Bedingungen oder Vereinbarungen wirksam sind, ist stets anhand der Beschlüsse der Frachtenausschüsse, die ihrerseits nicht abdingbar sind, zu prüfen. Es finden sich als Individualabreden bestimmte Ladezeiten ohne Rücksicht auf das Gewicht der Ladung. Möglich sind auch „laufende Ladezeiten", worunter die beteiligten Verkehrskreise eine Ladezeit unter Einschluß von Samstagen, Sonn- und Feiertagen verstehen.
§30 (1) Wenn der Absender die L a d u n g nicht so zeitig liefert, daß die Beladung innerhalb der Ladezeit vollendet werden kann, so gebührt dem Frachtführer ein Liegegeld. (2) Der Bundesminister f ü r Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung unter Berücksichtigung des jeweiligen technischen Fortschritts beim Güterumschlag und der Erfordernisse eines beschleunigten Verkehrsablaufs zu bestimmen, ob und inwieweit f ü r die über die Ladezeit hinausgehende, tatsächlich in Anspruch genommene Zeit das Liegegeld anteilig zu gewähren ist. Übersicht 1. Der Begriff des Liegegeldanspruchs 2. Der Umfang des Liegegeldanspruchs 3. Der Schuldner des Liegegeldanspruchs
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Rdn. 1-2 3-5 6
Rdn. 4. Das Erlöschen des Anspruchs auf Liegegeld 5. Die Beweislast
7 8
Liegegeld
§30
1. Der Begriff des Liegegeldanspruchs Das Liegegeld ist ein auf dem Frachtvertrag beruhendes gesetzliches Entgelt 1 für die besondere Inanspruchnahme eines Schiffes 1 . Aus § 29 folgt der Anspruch des Absenders, während der Ladezeit das Schiff beladen zu können. Das Entgelt für die Nutzung des Schiffs während der Ladezeit ist in der Fracht eingerechnet. Wird die Ladezeit überschritten, kann der Frachtführer dafür kraft Gesetzes eine besondere Vergütung, das Liegegeld, verlangen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Absender die zu verladenden Güter nicht rechtzeitig zur Ladestelle befördert, die Beladung nicht zügig erfolgt ist oder durch Zufall die Beladung nicht möglich war. Zur Lieferung der Ladung gehört auch die Abfertigung des Frachtführers. Die F r a c h t - und Begleitpapiere ( § 4 2 7 H G B ) sind dem Frachtführer auszuhändigen. Auf den westdeutschen Wasserstraßen sind die Fracht- und Begleitpapiere spätestens innerhalb von 24 Stunden nach der Beladung auszuhändigen. D e r Liegegeldanspruch setzt weder ein Verschulden des Absenders noch einen Schaden des Frachtführers voraus, sondern entsteht unter den Voraussetzungen des § 30 kraft Gesetzes. Es handelt sich weder um einen Schadensersatzanspruch mangels Nichterfüllung oder positiver Vertragsverletzung noch um einen Vertragsstrafenanspruch. D e r Frachtführer braucht nicht zu prüfen, aus welchen Gründen die Beladung unterblieben ist oder sich verzögert hat. Er hat keinen Anspruch auf Ladung. E r hat nur die Rechte aus den § § 3 0 , 33, 34 und 35. Er braucht nicht den Vertrag aufzulösen. E r kann weiter abwarten und Liegegeld fordern. Das Liegegeld gehört seiner Natur nach nicht zur Fracht, sondern stellt einen 2 besonderen, auf einer gesetzlichen Vorschrift beruhenden Anspruch dar, auf den sich das Schiffspfandrecht und die Haftung des Eigners nicht erstreckt. Fällig wird das Liegegeld täglich, nicht aber erst mit der Fracht, die regelmäßig der Empfänger zu zahlen hat. Die H ö h e der Liegegelder wird nach den § § 2 1 , 28, 29 B S c h V G durch die Beschlüsse der Frachtenausschüsse bestimmt. Denn die Frachtenausschüsse sind dazu berufen, die mit der Schiffsbeförderung unmittelbar zusammenhängenden Nebenleistungen festzusetzen. Zu diesen Nebenleistungen gehören die Liegegelder. Die Festsetzung ist unabdingbar.
2. Der Umfang des Liegegeldanspruchs a) Das Gesetz gewährt dem Frachtführer einen Anspruch auf Liegegeld, wenn 3 der Absender die Ladung nicht so zeitig geliefert hat, daß die Beladung innerhalb der Ladezeit vollendet werden kann. Das Liegegeld kann für jeden Tag der Überschreitung der Ladezeit verlangt werden. Dazu gehören auch Samstage, 1 BGHZ 1, 47. 187
§30
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Sonn- und Feiertage, gleichgültig, o b diese Tage als Fahrtage genutzt worden wären. J e d o c h werden Tage nicht eingerechnet, an denen die Schiffahrt wegen äußerer Hindernisse geschlossen ist; denn es wäre unbillig, den A b s e n d e r mit Liegegeld für Tage zu belasten, an denen die Schiffahrt allgemein ruht. 4
b) N e b e n dem Anspruch auf Liegegeld stehen dem Frachtführer keine weiteren Ansprüche aus dem Vertrag auf Schadensersatz zu. Es steht nämlich in seinem Belieben, entweder zu warten und Liegegeld zu fordern oder den F r a c h t vertrag aufzulösen. Anders verhält es sich bei einer Ü b e r s c h r e i t u n g der L ö s c h zeit. N a c h § 4 9 A b s . 2 kann in derartigen Fällen ein höherer Schaden geltend gemacht werden. Möglich bleibt ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung aus anderen tatsächlichen G r ü n d e n , die den Frachtführer hindern, die Reise anzutreten, wenn kein Zusammenhang mit der gesetzlichen Liegegeldregelung besteht. In der Praxis werden aber auch in solchen Fällen die Regeln über das Liegegeld auf den als Schaden zu erstattenden Nutzungsverlust angewendet 2 . Es erfolgt aber keine schematische A n w e n d u n g dieser Grundsätze. Ist der Ausfall des Geschädigten geringer als das von den Frachtenausschüssen festgesetzte Liegegeld, kann nur der geringere Betrag verlangt werden. Andererseits steht es dem Frachtführer offen, den konkreten N a c h w e i s für einen höheren Nutzungsausfall zu führen 3 .
5
c) Liegegeld kann nach § 3 0 Satz 2 nicht für Tage verlangt werden, an denen die Schiffahrt geschlossen ist. U n t e r Schließung der Schiffahrt ist die Einstellung der Schiffahrt auf der zu durchfahrenden Strecke wegen äußerer H i n d e r nisse zu verstehen. In der Regel wird das bei H o c h - und Niedrigwasser oder Eisgefahr anzunehmen sein. A u c h Unfallfolgen wie gefährliche Flüssigkeiten in der Wasserstraße, W r a c k s oder verlorene G ü t e r (Container) können die Einstellung der Schiffahrt verursachen. Wird aufgrund solcher Ursachen durch die zuständige Wasser- und Schiffahrtsdirektion eine Einstellung der Schiffahrt angeordnet, liegt eine Schließung der Schiffahrt vor. Sonstige behördliche A n o r d nungen o h n e äußere Hindernisse hindern das Entstehen von Liegegeldern nicht. O b eine Schließung der Schiffahrt anzunehmen ist, richtet sich auch danach, o b noch eine größere Strecke mit entsprechendem F r a c h t a u f k o m m e n verbleibt. Wenn z. B . nach einem Schleusenunfall nur n o c h eine kleinere Strecke auf einem Kanal befahrbar bleibt, m u ß das unberücksichtigt bleiben.
3. Der Schuldner des Liegegeldes 6
Schuldner des Liegegeldes ist der Absender. Mehrere Absender haften für das Liegegeld als Gesamtschuldner. D i e H a f t u n g des oder der Absender ergibt sich aus dem Frachtvertrag. Einen Anspruch gegen den E m p f ä n g e r wegen des Liege2 Vgl. dazu Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 15. 3. 1982. 3 Vgl. dazu Bemm/Kortendick, Einf. Rdn. 46 ff.
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Überliegezeit
§31
geldes hat der Frachtführer nach §26 i. V. m. §§436, 446 HGB, wenn der Empfänger das Gut sowie den Frachtbrief oder den Ladeschein (Konnossement), auf dem die Liegegelder vermerkt sein müssen, angenommen hat. Ist der Empfänger zugleich der Absender, ist er aufgrund des Frachtvertrages und nach § 30 ohne diese besonderen Voraussetzungen Schuldner des Liegegeldes.
4. Das Erlöschen der Ansprüche auf Liegegeld Der Frachtführer verliert seinen Anspruch auf Liegegeld gegen den Absender 7 nach § 26 i. V. m. § 442 HGB, wenn er die Frachtgüter ohne Bezahlung abliefert und sein Pfandrecht nicht binnen drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht. Hat der Frachtführer einen Anspruch auf Liegegeld gegen den Empfänger und schuldet auch der Empfänger, muß sich der Frachtführer auch an den Empfänger halten, da der Absender ein begründetes Interesse daran hat, daß die Frachtgüter nicht ohne Bezahlung der Liegegelder ausgeliefert werden.
5. Die Beweislast Für den Anspruch auf Liegegeld hat der Frachtführer zu beweisen, wann er 8 sich ladebereit gemeldet hat, woraus dann folgt, daß und an welchem Tage die Ladezeit begonnen hat. Einwendungen gegen die Ladebereitschaft hat der Absender zu beweisen. Ist sofort mit dem Laden begonnen worden, trägt dafür im Bestreitensfalle der Frachtführer die Beweislast. Das Ende der Ladezeit und den Zeitpunkt der Ubergabe der Frachtpapiere hat der Absender zu beweisen. Ist streitig, welche Tage als Ladezeit nicht in Betracht kommen oder aus tatsächlichen Gründen die Beladung des Fahrzeugs ganz oder stundenweise nicht erfolgen konnte, liegt die Beweislast beim Absender. Ist die Ladezeit durch äußere Umstände oder Verschulden des Frachtführers unterbrochen worden, trägt dafür ebenfalls der Absender die Beweislast.
§31 (1) Die Bestimmung des §30 gilt auch dann, wenn bedungen ist, daß der Frachtführer nach Ablauf der Ladezeit noch länger auf die Ladung warten soll (Überliegezeit). (2) Die Uberliegezeit beginnt mit dem Ablaufe der Ladezeit. Auf die Dauer und die Berechnung der Überliegezeit finden die Bestimmungen über die Ladezeit (§ 29 Abs. 2 bis 4) mit der Maßgabe Anwendung, daß die Überliegezeit in Ermangelung einer besonderen Vereinbarung höchstens eine Woche beträgt.
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§31
4. Abschnitt. Frachtgeschäft Übersicht Rdn.
1. Allgemeines 2. Die Uberliegezeitvereinbarung . 3. Der Beginn der Überliegezeit . .
1
2 3
4. Die Dauer der Überliegezeit . . . 5. Die Berechnung der Überliegezeit 6. Die Beweislast
Rdn. 4 5 6
1. Allgemeines 1
Im Frachtvertrag kann ausbedungen sein, daß der Frachtführer über die Ladezeit hinaus auf die Ladung zu warten hat. Diese Zeit nach der Lade- oder Löschzeit wird allgemein als Uberliegezeit bezeichnet. Ohne eine besondere Vereinbarung liegt keine Uberliegezeit in diesem Sinne vor. Inhaltlich handelt es sich bei der Vereinbarung einer Überliegezeit um eine vertragliche Verlängerung der Ladezeit. Der Unterschied zur Ladezeit besteht darin, daß das Entgelt für die Ladezeit bereits in der Fracht liegt, für die Uberliegezeit aber das Liegegeld bezahlt werden muß, was sich aus der Bezugnahme des §30 in §31 Abs. 1 ergibt. Erforderlich ist für die Annahme einer Uberliegezeit, daß Ladebereitschaft des Frachtführers besteht.
2. Die Überliegezeitvereinbarung 2
Die Vereinbarung bedarf keiner besonderen Form. Einen bestimmten Inhalt braucht die Vereinbarung nicht zu enthalten. In der Vereinbarung muß nur zum Ausdruck gebracht werden, daß der Frachtführer nach dem Ablauf der Ladezeit noch länger auf die Ladung warten soll. Eine bestimmte Uberliegezeit braucht nicht verabredet zu werden. Ist keine Zeit bestimmt, beträgt die Uberliegezeit nach §31 Abs. 2 höchstens eine Woche. Die Vereinbarung einer Uberliegezeit mit unbestimmter Dauer - nach dem Gesetz höchstens eine Woche - , kann in der Klausel des Frachtvertrages, daß der Absender für eine „Überschreitung oder Verzögerung der Ladezeit nicht verantwortlich ist", liegen. Ebenso ist die Klausel, daß eine „Garantie für die Einhaltung der gesetzlichen Beladungsdauer nicht übernommen werden kann" auszulegen.
3
Nach § 31 Abs. 2 beginnt die Überliegezeit mit dem Ablauf der Ladezeit. Die Überliegezeit schließt sich unmittelbar an die Ladezeit an. Eine besondere Mitteilung irgendwelcher Art ist nicht erforderlich. Notwendig ist lediglich, daß der Frachtführer weiterhin ladebereit ist. Besteht die Ladebereitschaft nicht mehr, finden die für die Ladebereitschaft entwickelten Grundsätze Anwendung. Ist die Schiffahrt geschlossen, kann auch kein Überliegegeld verlangt werden.
3. Der Beginn der Überliegezeit
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Überliegezeit
§31
4. Die Dauer der Überliegezeit Auf die Dauer und Berechnung der Uberliegezeit finden nach §31 Abs. 2 die 4 Vorschriften des § 29 Abs. 2—4 Anwendung. In erster Linie richtet sich die Dauer und Berechnung nach der Vereinbarung im Frachtvertrag. In zweiter Linie kommen Festsetzungen durch Beschlüsse der Frachtenausschüsse in Frage. Erst in letzter Linie ist nach § 29 Abs. 2 zu verfahren. Die Uberliegezeit beträgt mangels einer konkreten Vereinbarung höchstens eine Woche. Hiermit sind sieben Werktage gemeint. Insoweit zählen Samstage, Sonn- und Feiertage nicht mit. Eine längere Überliegezeit als höchstens eine Woche in obigem Sinne kann durch behördliche Anordnung nicht bestimmt werden. Die Vertragsparteien können aber miteinander eine längere Uberliegezeit vereinbaren.
5. Die Berechnung der ÜberHegezeit Wenn die Parteien im Frachtvertrag keine besondere Vereinbarung über die 5 Berechnung der Uberliegezeit getroffen haben, sind nach § 31 Abs. 2 die Bestimmungen des § 29 Abs. 3 über die Berechnung der Ladezeit anwendbar. Es werden dann weder Samstage noch Sonn- und Feiertage sowie Tage, an denen durch zufällige Umstände die Verladung jeder Art von Gütern unmöglich war, in die Uberliegezeit eingerechnet. Dagegen sind Tage einzubeziehen, an denen zwar die Schiffahrt geschlossen war, an denen aber Verladungsarbeiten möglich gewesen waren. Es gelten also dieselben Grundsätze wie bei der Berechnung der Ladezeit. Die Überliegezeit endet mit dem Ablauf des letzten Tages ohne weitere Anzeige oder Mitteilung. Sofern ausnahmsweise nach dem Ende der vereinbarten Überliegezeit die Ladearbeiten noch nicht beendet sind, richtet sich die weitere Berechnung nach § 30. Für die Überschreitung der Überliegezeit ist wie bei der Überschreitung der Ladezeit Liegegeld weiter zu entrichten.
6. Die Beweislast Für die Vereinbarung einer Überliegezeit und den gesamten Inhalt der Verein- 6 barung ist der Absender beweispflichtig. Der Absender hat auch zu beweisen, wann die Beladung beendet war, wenn nicht die Höchstdauer der Überliegezeit in Anspruch genommen worden ist.
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4. Abschnitt. Frachtgeschäft
§33 §32
(aufgehoben) Die Vorschrift ist durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiete der Binnenschiffahrt vom 21. April 1986 1 aufgehoben worden. §33 (1) N a c h Ablauf der Ladezeit oder der etwa vereinbarten Überliegezeit ist der Frachtführer nicht verpflichtet, noch länger auf die Lieferung der Ladung zu warten. E r m u ß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten, bei Ladungen bis zu 10 000 Kilogramm spätestens einen Werktag, bei Ladungen bis zu 50 000 Kilogramm spätestens zwei Werktage, bei Ladungen über 50 000 Kilogramm spätestens drei Werktage vor Ablauf der Ladezeit oder der Uberliegezeit dem Absender erklären. Ist dies nicht geschehen, so läuft die Wartezeit nicht eher ab, als bis die Erklärung nachgeholt ist und seit dem Tage, an dem sie erfolgt ist, die vorstehend bezeichneten Fristen verstrichen sind. Auf die Erklärung finden die Bestimmungen in § 28 Abs. 2 und 3 entsprechende Anwendung. (2) Die Wartezeit läuft in keinem Falle ab, bevor eine der Ladezeit gleichkommende Frist seit dem Tage an, an welchem das Schiff den Ladeplatz erreicht hat, verstrichen ist. Übersicht Rdn.
Rdn.
1. Allgemeines
1-2
3. D i e Wartezeit
2. D i e K ü n d i g u n g des Frachtvertrages
3-6
4. D i e Beweislast
7-10 11
1. Allgemeines 1
a) In der Schiffahrt tritt nicht selten der Fall ein, daß der Absender mit der Anlieferung der nach dem Frachtvertrag zu befördernden Güter Schwierigkeiten hat. Wenn der Hersteller nicht rechtzeitig liefert, kann der Beförderungsplan nicht mehr, wie beabsichtigt, eingehalten werden. Wie sich diese Schwierigkeiten auf den Frachtvertrag auswirken, ist durch § 33 näher geregelt, wenn die Beteiligten im Frachtvertrag keine besonderen Abmachungen getroffen haben. Grundsätzlich ist es so, daß der Frachtführer zunächst bis zum Ablauf der Ladezeit und einer etwa vereinbarten Uberliegezeit auf die Lieferung der Ladung durch den Absender warten muß. Das entspricht den Verpflichtungen auf Einhaltung der Ladezeit (§ 29) und der Überliegezeit (§ 32). Nach Ablauf der Lade- und vereinbarten Überliegezeit braucht der Frachtführer nicht länger auf die Beladung seines Fahrzeugs zu warten. In seiner freien Entscheidung liegt es aber, in Erwar-
1 BGBl. I S. 551. 192
Wartezeit
§33
tung der Ladung mit seinem Schiff länger liegenzubleiben. Entscheidet sich der Frachtführer für ein Warten auf die Ladung, weil ihm z. B. über Funk Hinweise auf eine alsbaldige Beladung seines Schiffes übermittelt worden sind, kann er für die Tage der Überschreitung der Ladezeit nach § 30 Liegegeld fordern. Will er hingegen nicht länger liegenbleiben, weil er z. B. weitere Frachtverträge zu erfüllen hat, kann er sich nach den §§ 33-35 bei Nichtlieferung der Güter von seinen Pflichten aus dem Frachtvertrag lösen. In diesem Fall bestimmen sich die weiteren Rechtsfolgen nach § 34. Hat der Absender die nach dem Frachtvertrag zu befördernden Güter nur teilweise angeliefert, darf der Frachtführer weiter auf die Vervollständigung der Ladung warten. Der Frachtführer darf aber auch bei unvollständiger Beladung mit der Teilladung die Reise antreten, sofern nicht der Absender den Frachtvertrag kündigt (§35). Dem Frachtführer steht in diesem Fall kein Kündigungsrecht zu. Er darf auch nicht die eingeladenen Frachtgüter von sich aus löschen. Auf Verlangen des Absenders ist der Frachtführer nach § 3 5 Abs. 1 Satz 2 verpflichtet, mit der Teilladung die Reise anzutreten. Da für den Absender eindeutig sein muß, wie der Frachtführer auf die Überschreitung der Warte- und Überliegezeit reagiert, bestimmt das Gesetz, daß der Frachtführer gegenüber dem Absender aktiv werden muß. Aus der Überschreitung der Lade- und Überliegezeit für sich kann nicht entnommen werden, wie der Frachtführer weiter verfahren will und von welchen Rechten er zum Nachteil des Absenders Gebrauch macht. Aus passivem Verhalten darf der Absender entnehmen, daß der Frachtführer weiter warten und Liegegeld fordern will. Das Gesetz macht dem Frachtführer hingegen nach § 33 zur Pflicht, seinen Willen, nicht länger zu warten, zu erklären. Der Absender soll hierdurch in die Lage versetzt werden, von seiner Seite aus Maßnahmen zu treffen, die zur Vermeidung übermäßiger Liegegelder und sonstiger Nachteile durch einen etwaigen Rücktritt des Frachtführers notwendig sind. Das Gesetz gewährt deshalb dem Frachtführer die Rechte aus den §§34, 35 nur unter der Voraussetzung einer rechtzeitigen Kündigung des Frachtvertrages nach §33. b) Bei der Wartefrist des § 33 handelt es sich um eine gesetzliche Frist. Diese 2 Schonfrist ist ihrer Natur nach keine Überliegezeit, sondern eine gesetzliche Kündigungsfrist, die den besonderen Erfordernissen der Schiffahrt angepaßt ist. Dem Absender soll nach der Erklärung des Frachtführers, er werde nicht länger warten, noch eine Nachfrist eingeräumt werden, um doch noch die Beladung des Schiffes bewirken zu können. Erfolgt eine Erklärung des Frachtführers, er werde nicht länger warten, so bringt er damit zum Ausdruck, daß er den Frachtvertrag als aufgelöst ansehen will. Diese Erklärung bindet auch den Frachtführer selbst. Mit dem Fristablauf ist der Frachtvertrag durch die Kündigungserklärung aufgelöst. Bis zum Ablauf der Frist muß der Frachtführer aber auf Ladung warten und darf nicht etwa sofort mit der Kündigungserklärung die Ladestelle verlassen. 193
§33
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Wird während der Wartezeit in letzter Minute die Ladung angeliefert, wird man in der einverständlichen Fortsetzung der Beladung des Schiffs die Fortsetzung des Vertrages unter gleichzeitiger Vereinbarung einer weiteren Uberliegezeit sehen müssen. Der Frachtvertrag setzt sich dann ohne weiteres fort und muß notfalls neu gekündigt werden. Der Frachtführer kann aber auch bei Anlieferung der Ladung in letzter Minute das Angebot auf Fortsetzung des Vertrages, was in dem Beginn der verspäteten Beladung liegt, ablehnen. In diesem Fall gilt nach Ablauf der Wartefrist §35. Der Frachtführer kann die Reise mit der Teilladung antreten, wenn nicht der Absender kündigt.
2. Die K ü n d i g u n g des Frachtvertrages 3
a) Die nach § 33 erforderliche Erklärung des Frachtführers, nicht länger auf die Lieferung der Ladung warten zu wollen, ist nach dem Gesetz auf die Auflös u n g des Frachtvertrages gerichtet. Eine solche Erklärung stellt eine Kündigung des Frachtvertrages dar, die an die Bedingung geknüpft ist, daß keine Ladung während der Wartezeit geliefert wird. Als Rücktritt kann die Erklärung nicht angesehen werden. Einen Rücktritt kann das Gesetz nicht im Auge haben; denn es sollen nicht rückwirkend die Wirkungen des Frachtvertrages einschließlich aller entstandenen Liege- und Uberliegegelder entfallen. Man muß hier die Kündigung als ein den Besonderheiten der Schiffahrt entsprechendes Gestaltungsrecht ansehen. Eine besondere Form ist für die Kündigung nicht vorgeschrieben. Die Kündigung kann daher mündlich, fernmündlich, schriftlich wie fernschriftlich erfolgen. Inhaltlich muß die Erklärung zum Ausdruck bringen, daß der Frachtführer von einem bestimmten Tag an nicht länger auf die Beladung seines Schiffes warten will. Es genügt die bloße Erklärung, daß von einem bestimmten Tag an „Schluß" ist. In der Schiffahrt wird üblicherweise von einer „ K ü n d i g u n g der L a d e z e i t " gesprochen.
4
b) Die Kündigung ist eine zugangsbedürftige, vom Frachtführer an den Absender zu richtende Willenserklärung. Für den Zugang der Willenserklärung gelten die allgemeinen Regeln des B G B . Der Absender muß die Möglichkeit der Kenntnisnahme erhalten. Die Erklärung muß in seinen Herrschaftsbereich gelangen. Denn der Absender soll durch die Erklärung in die Lage versetzt werden, noch während des Laufs der Wartefrist für die Beladung des Schiffs zu sorgen und sonstige Maßnahmen zu treffen. Der Absender hat auch als Schuldner des Liegegeldes ein unmittelbares Interesse an Klarheit darüber, ob der Frachtführer weiter auf die Ladung warten will und wie lange der Anspruch auf Liegegeld fortlaufend entsteht.
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c) Wann der Frachtführer die Kündigung aussprechen muß, ist nicht gesetz194
Wartezeit
§33
lieh geregelt. D i e Kündigung m u ß nicht an einem bestimmten Tag vor oder nach dem Ablauf der Lade- und Uberliegezeit erklärt werden. Vielmehr kann der Frachtführer jederzeit kündigen. D . h. der Frachtführer kann die Kündigung schon mit der Anzeige der Ladebereitschaft verbinden, sobald das Schiff den Ladeplatz erreicht hat. D i e Wartezeit kann unter diesen U m s t ä n d e n mit der Ladezeit zusammenfallen. Eine sofortige Kündigung bei Anzeige der Ladebereitschaft ist nur dann sinnvoll, wenn der Frachtführer Anschlußverträge auszuführen hat und nicht gegen Zahlung von Liegegeld warten kann, bis die Ladung geliefert ist. D i e Wartezeit kann sich über die Lade- und Uberliegezeit hinaus fortsetzen, wenn der Frachtführer die Kündigung erst nach Beendigung der Lade- und Uberliegezeit oder noch später erklärt. 1 d) D i e Kündigung m u ß nach § 3 3 A b s . 1 Satz 2, 2 8 A b s . 2 an einem W e r k t a g 6 vor dem Schluß der ortsüblichen Geschäftsstunden erfolgen. Hiernach kann die Kündigung nicht an Samstagen, S o n n - und allgemeinen Feiertagen erfolgen (vgl. dazu § 193 B G B ) . Erfolgt die Kündigung außerhalb der ortsüblichen Geschäftsstunden oder an Samstagen, S o n n - und Feiertagen, treten die Wirkungen der Erklärung erst an dem folgenden Werktag ein.
3. Die Wartezeit a) D i e Wartezeit beginnt grundsätzlich mit dem Zugang der Erklärung des 7 Frachtführers, nicht länger auf die Beladung des Schiffs warten zu wollen, beim Absender. D e r früheste Z e i t p u n k t des Beginns der Wartefrist ist der, wenn der Frachtführer mit der Anzeige der Ladebereitschaft, nachdem sein Schiff den Ladeplatz erreicht hat und die Ladebereitschaft angezeigt werden kann, die Erklärung abgegeben hat. Kann noch keine Ladebereitschaft erklärt werden (vgl. dazu § 2 8 ) , kann auch keine Kündigungserklärung rechtswirksam erfolgen. b) D i e D a u e r der W a r t e z e i t ist entsprechend der gesetzlichen Regelung der 8 Ladezeit nach dem Ladungsumfang abgestuft. Maßgeblich ist das in den F r a c h t papieren vermerkte G e w i c h t der Ladung. Enthalten die Frachtpapiere nur Schätzungen oder ungefähre A n g a b e n , müssen diese Angaben zugrunde gelegt werden, weil mangels einer tatsächlichen Beladung keine Überprüfung möglich ist. Fehlen jegliche A n g a b e n , muß es bei einer groben Schätzung sein Bewenden haben. c ) Bei der B e r e c h n u n g der Wartezeit sind Samstage, S o n n - und Feiertage aus- 9 zunehmen. Es müssen also dem Absender je nach dem U m f a n g der Ladung ein bis drei Tage als Wartezeit eingeräumt werden. O b der Absender an den Tagen der Wartezeit tatsächlich das Schiff beladen 1 K G J W 1933, 2466 Nr. 1. 195
§34
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
konnte oder durch irgendwelche Umstände wie H o c h - und Niedrigwasser, Eisgang oder eine Sperrung der Schiffahrt daran gehindert war, ist rechtlich ohne Bedeutung. Denn die Wartefrist ist keine Verlängerung der Ladezeit, sondern eine Kündigungsfrist. Das folgt aus § 34, wonach keine entsprechende Anwendung des § 2 9 Abs. 3 vorgesehen ist. Es besteht auch keine sachliche Notwendigkeit, § 2 9 Abs. 3 analog anzuwenden. 10
d) Die Wartezeit endet nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 34 Abs. 2 in keinem Falle vor dem Ablauf einer der vertraglichen oder gesetzlichen Ladezeit entsprechenden Frist nach der Vorlage des Schiffs an dem Ladeplatz. Der Sinn dieser Vorschrift liegt darin, die Wartefrist nicht mit der Ladezeit zu verknüpfen, wenn die Ladebereitschaft rechtlich zwar bejaht werden muß, tatsächlich aber z. B. aus Platzmangel an der Ladestelle eine Beladung des Schiffes ausgeschlossen ist. D e r Frachtführer muß daher gegen Liegegeld bis zum Ablauf der Wartefrist auf die Beladung seines Fahrzeugs warten.
4. Die Beweislast 11
D e r Frachtführer hat im Streitfall den Inhalt seiner Erklärung und deren Zugang zu beweisen. Aus den §§ 33 Abs. 1 Satz 4, 28 Abs. 3 folgt, daß der Frachtführer vom Absender eine Bescheinigung über die Kündigung verlangen kann, die üblicherweise auf das Konnossement gesetzt wird. Wird die Bescheinigung verweigert, sieht das Gesetz die Errichtung einer öffentlichen Urkunde vor. Eine solche Urkunde ist in der Schiffahrt unüblich. Hinsichtlich der Dauer der Wartezeit trägt der Absender die Beweislast. Die Grundlage der Berechnung kann durch Urkunden bewiesen werden. Ist das nicht möglich, muß aufgrund allgemeiner Umstände eine Schätzung des Ladungsgewichts erfolgen.
§34 H a t der Absender bis z u m Ablauf der Wartezeit (§ 33) keine L a d u n g geliefert, so ist der F r a c h t f ü h r e r an den Vertrag nicht länger gebunden und befugt, von dem Absender ein Drittel der bedungenen F r a c h t als Entschädigung zu verlangen. Hierdurch wird ein bereits begründeter Anspruch auf Liegegeld ( § § 3 0 und 31) nicht berührt. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Ansprüche des Frachtführers nach Auflösung des Frachtvertrages
196
Rdn. 1-4 5-11
Rdn. 3. Vereinbarungen über die Zahlung von Fehlfracht 4. Die Beweislast
12-13 14
Rücktrittsrecht des Frachtführers bei Überschreitung der Wartezeit
§34
1. Allgemeines a) § 34 regelt die Folgen der Erklärung des Frachtführers, nicht länger auf 1 Ladung warten zu wollen, wenn die Wartefrist des § 33 verstrichen ist 1 und keine Ladung geliefert worden ist. Aus welchen Gründen die Beladung des Schiffs unterblieben ist, ist ohne rechtliche Bedeutung. 2 Einer weiteren Erklärung nach dem Ablauf der Wartefrist des § 33 bedarf es nicht. Der Frachtführer kann nach dem Ablauf der Wartefrist davon ausgehen, daß der Frachtvertrag aufgehoben ist. Er braucht dann keine Ladung mehr anzunehmen. Erklärt der Absender von sich aus, keine Ladung anliefern zu wollen, kann daraus nach den weiteren Umständen des Einzelfalles auf eine Rücktrittserklär u n g des Absenders nach Maßgabe des § 36 zu schließen sein. b) Wenn auch der Frachtvertrag durch die Kündigungserklärung aufgehoben 2 ist, bleiben dem Frachtführer die bis dahin entstandenen Rechte erhalten und ihm erwachsen weiter die Rechte aus § 34. Hingegen kann er weder vom Vertrag zurücktreten noch Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung geltend machen. Seine Rechte sind durch die §§ 33, 34 abschließend geregelt. Seine Pflichten aus dem Frachtvertrag sind jedoch durch die Kündigung aufgehoben worden. c) Das Reichsgericht 3 hat mit Recht die Auffassung vertreten, auch ein Fracht- 3 vertrag, der sich über einen gewissen Zeitraum erstrecken und eine mehrere Schiffsreisen erfordernde Beförderung von Gütern bezwecken sollte, könne nach §34 vom Frachtführer durch Kündigung aufgehoben werden. Denn ein einheitlicher Frachtvertrag kann nur einheitlich beurteilt werden. Bei größeren Abschlüssen (für mehrere Ladungen und/oder für längere Zeit) wird man eine fortlaufende Stellung von Motorschiffen oder Schubleichtern in Ladebereitschaft nicht verlangen können, wenn der Absender für die ersten vorgelegten Schiffe keine Ladung liefert. Dem Frachtführer kann nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden, weitere Fahrzeuge ladebereit zu stellen, wenn schon die zunächst gestellten Fahrzeuge nicht angenommen worden sind. d) N i m m t der Frachtführer nach dem Ablauf der Wartezeit Ladung an, wird 4 man darin die Annahme eines entsprechenden Angebots des Absenders, den Frachtvertrag unter den vereinbarten Bedingungen durchzuführen, sehen müssen. In diesem Falle bleiben stillschweigend die bisher entstandenen Forderungen des Frachtführers auf Liegegeld und Uberliegegeld erhalten.
1 Hinsichtlich der Voraussetzungen dieser Erklärung vgl. § 33 Rdn. 1. 2 Zum Kündigungsrecht des Frachtführers und zur rechtlichen Bedeutung von Dispositionsmaßnahmen eines Verlademeisters bei der Schiffsbeladung vgl. O L G Köln ZfB 1988, 22. 3 R G Z 155, 180; R G ZfB 1942, 127.
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§34
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
2. Die Ansprüche des Frachtführers nach Auflösung des Frachtvertrages 5
a) Das Gesetz gewährt dem Frachtführer unter Ausschluß aller Schadensersatzansprüche im Falle der unterbliebenen Lieferung der Ladung einen Anspruch auf ein Drittel der bedungenen Fracht als Entschädigung. Dieser gesetzliche Entschädigungsanspruch wird Fehl-, Faut- und Reufracht genannt. Die Fehlfracht ist die Abstandszahlung des Absenders nach Auflösung des Frachtvertrages durch den Frachtführer 4 .
6
Zur Fehlfracht gehört nicht ein unzulässig vereinbartes Entgelt für Kleinwasserrisikoübernahme, wohl aber ein Umschlagsentgelt, wenn der Frachtführer den Umschlag von Bord eines Küstenmotorschiffs zum Bord eines Binnenschiffs übernommen hat 5 . Einigen sich die Frachtvertragsparteien wegen vertragswidriger Nichtlieferung der zu verladenden Güter über die Zahlung eines bestimmten Schadensausgleichbetrages durch den Verlader und nimmt der Verfrachter anstelle der nicht gelieferten andere Güter an, so läßt sich die Höhe der Zahlungsverpflichtung des Verladers, wenn keine anderweitige Vereinbarung getroffen worden ist, nicht als Fehlfracht, sondern nur nach den schadensrechtlichen Grundsätzen der Vorteilsausgleichung beurteilen 6 .
7
b) Der Anspruch des Frachtführers ist vom Verschulden des Absenders unabhängig. Unerheblich ist auch, ob der Frachtführer durch die unterbliebene Reise einen Schaden erleidet. Selbst wenn er keinen Schaden hat, weil er z. B. sofort mit erheblichem Gewinn eine andere Frachtreise ausführen kann, besteht ein Anspruch auf die Fehlfracht ohne jede Einschränkung; denn die Fehlfracht ist eine gesetzlich bestimmte Entschädigung des Frachtführers, die ausschließlich an die unterbliebene Lieferung der Ladung und eine wirksame Erklärung des Frachtführers nach § 33 anknüpft. Ein Vorteilsausgleich nach § 242 B G B findet nicht statt. Die Fehlfracht soll dem Frachtführer gerade mit Rücksicht auf ersparte Aufwendungen die Möglichkeit einer anderweitigen Nutzung seines Schiffes und eine auskömmliche Vergütung bieten 7 .
8
c) Die Fehlfracht wird nach der gesamten Fracht einschließlich aller Zulagen berechnet. Maßgeblich ist also alles das, was der Frachtführer für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten erhalten sollte 8 . Dazu gehören auch in die Fracht einbezogene Schleusen- und Zollgebühren 9 . Der Absender kann nicht verlan4 5 6 7 8 9
RGZ 169, 203; BGH VRS 1961, 199. BGH, LM Nr. 1 zu §34. BGH ZfB 1988, 98. OLG Hamm OLG 40, 232. RGZ 169, 203, BGH VersR 1961, 170. A. A. Gutachten des Vorstandes der Schifferbörse vom 13. 7. 1971, Nr. 45.
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Rücktrittsrecht des Frachtführers bei Überschreitung der Wartezeit
§34
gen, daß ihm von den U n k o s t e n des Frachtführers ersparte K o s t e n oder Teile davon gutgebracht werden. D e r Frachtführer darf bei der Berechnung der F e h l fracht eben die gesamte vereinbarte Fracht zugrunde legen. Das gilt auch bei der Berechnung von Fehlfracht für einen einheitlichen Frachtvertrag bei größeren Abschlüssen, z. B . für mehrere Reisen. Liegt kein einheitlicher Frachtvertrag vor, sondern handelt es sich um mehrere zusammengesetzte Reisen oder u m Reisen mit Rückladung, für die lediglich eine Gesamtfracht vereinbart war, so wird die Fehlfracht nicht von der Gesamtfracht, sondern von der Fracht für den noch nicht durchgeführten Teil der Reise berechnet. D i e Fracht für den ausgeführten Teil der Reise bleibt voll aufrechterhalten. d) D i e Fehlfracht wird fällig beim Ablauf der Wartefrist. D a s folgt aus dem 9 Wortlaut des § 34, w o n a c h der Frachtführer beim Ablauf der Wartefrist nicht länger an den Vertrag gebunden ist und Entschädigung verlangen kann. Mangels einer besonderen Zeitbestimmung heißt das, daß er einen sofortigen Anspruch auf Zahlung hat. O b die Beteiligten für die Zahlung der Fracht bestimmte Fristen vereinbart haben, ist unerheblich. D i e Fehlfracht wird kraft Gesetzes sofort nach dem Ablauf der Wartefrist fällig. D i e s e r Anspruch hat mit der D u r c h f ü h r u n g der beabsichtigten Reise nichts zu tun. e) D e r Anspruch auf Fehlfracht tritt selbständig neben die A n s p r ü c h e a u f 1 0 L i e g e - u n d U b e r l i e g e g e l d . D i e s e bleiben auch nach Auflösung des Vertrages aufgrund der Kündigung unberührt, wie § 34 Satz 2 ausdrücklich hervorhebt. Allerdings kann ein Anspruch auf Liegegeld nicht entstehen, wenn die Wartezeit mit dem Ablauf der Ladezeit endet, also wenn der Frachtführer bereits bei der A n z e i g e der L a d e b e r e i t s c h a f t nach Vorlage des Schiffes auch angezeigt hat, daß er nach dem Ablauf der Ladezeit nicht auf die Lieferung der Ladung warten will. Ein Anspruch auf Liegegeld kann nach dem Ablauf der Ladezeit nicht entstehen, weil er an seine Erklärung, nicht länger auf die Lieferung der Ladung warten zu wollen, gebunden ist 1 0 . Wird allerdings nach dem A b l a u f der W a r t e z e i t zwischen dem Frachtführer und dem Absender eine weitere Abrede über die Beladung des Schiffes und die D u r c h f ü h r u n g der Reise getroffen, hat der Frachtführer für die Zeit der Beladung des Fahrzeugs Anspruch auf Liegegeld, sofern die Beteiligten keine anderweitige A b r e d e treffen. f) Einen besonderen Fall regelt § 6 8 . Wird der Antritt der Reise durch Zufall 1 1 dauernd verhindert, tritt der Frachtvertrag außer Kraft, ohne daß der eine Teil zur Entschädigung des anderen verpflichtet ist. Als eine solche dauernde Verhinderung ist es einerseits anzusehen, wenn das Schiff verlorengeht oder so beschädigt wird, daß die Reise nicht ohne umfassende Ausbesserung des Schiffes angetreten werden kann und andererseits, wenn die zu befördernden G ü t e r verlorengehen, vorausgesetzt, daß sie nicht b l o ß nach A r t und Gattung, sondern speziell 10 KG IW 1933, 2466 Nr. 1.
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§34
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
im Frachtvertrag bezeichnet oder bereits verladen oder doch noch von dem Frachtführer übernommen waren. In einem solchen Fall besteht zwar kein Anspruch auf die Fracht, wohl aber auf Zahlung von Liegegeld und Auslagen, die beim Eintritt des Hindernisses bereits begründet waren. 1 1
3. Vereinbarungen über die Zahlung von Fehlfracht 12
a) §34 ist nachgiebigen Rechts. Die Beteiligten können im Frachtvertrag oder in den Verladebedingungen abweichende, auf ihre Verhältnisse abgestellte Bestimmungen treffen. Solche Abmachungen finden sich vielfach. So wird nicht selten vereinbart, daß dem Frachtführer die Fehlfracht schon nach Ablauf der Wartefrist zustehen soll, ohne daß es einer ausdrücklichen Kündigung des Frachtvertrages oder der Einhaltung einer Wartezeit bedarf. Auch die H ö h e der Fehlfracht wird besonders geregelt. Die H ö h e der Fehlfracht wird meist mit der Hälfte der bedungenen Fracht vereinbart. Es kommt auch vor, daß der Ersatz eines „erweislich höheren Schadens" neben der Fehlfracht vorbehalten wird.
13
b) Wenn die Verfrachtung von Gütern auf Abruf innerhalb einer vereinbarten Frist oder zu einer vereinbarten Zeit in Rede steht, finden sich in Frachtverträgen Abreden über einen Anspruch auf Fehlfracht, falls dem Frachtführer nicht oder nicht rechtzeitig innerhalb einer bestimmten Zeit Mitteilung von der Versandbereitschaft gemacht worden ist. Derartige Vereinbarungen sollen dem Frachtführer einen Anspruch auf Fehlfracht sichern. Ohne eine solche Vereinbarung würde dem Frachtführer nur ein Rücktrittsrecht oder ein Schadensersatzanspruch nach § 326 B G B zustehen, wenn es sich nicht um einen einheitlichen und festen Frachtvertrag handelt. U m den Anspruch des Frachtführers auf Fehlfracht in solchen Fällen zu begründen, genügt es, wenn die Parteien die entsprechende Anwendung der Regeln über die Fehlfracht vereinbaren.
4. Die Beweislast 14
Der Frachtführer trägt die Beweislast für die wirksame Anzeige der Ladebereitschaft und die Kündigung. Auch für die H ö h e der Fehlfracht ist der Frachtführer beweispflichtig. Durch die Vorlage des Frachtvertrages kann im Wege des Urkundenbeweises die Fehlfracht bewiesen werden. Finden sich im Vertrag nur Gewichtsangaben, kann auf der Grundlage der Beschlüsse der Frachtenausschüsse die Fehlfracht berechnet werden.
11 Vgl. dazu näher §68.
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§35
Teilweise Lieferung der Ladung bis zum Ablauf der Wartezeit
§35 (1) H a t der Absender bis z u m Ablaufe der Wartezeit die L a d u n g n u r teilweise geliefert, so ist der F r a c h t f ü h r e r befugt, sofern der Absender nicht von dem Vertrage zurücktritt (§36), die Reise mit der unvollständigen L a d u n g anzutreten. A u f Verlangen des Absenders m u ß er die Reise jederzeit auch ohne die volle L a d u n g antreten. (2) In diesen Fällen gebührt dem Frachtführer nicht allein die Fracht f ü r die volle L a d u n g u n d das etwaige Liegegeld, sondern er ist auch berechtigt, soweit ihm durch die Unvollständigkeit der L a d u n g die Sicherheit f ü r die volle F r a c h t entgeht, die Bestellung einer anderweitigen Sicherheit zu fordern. A u ß e r d e m sind ihm die Mehrkosten, welche infolge der Unvollständigkeit der L a d u n g ihm etwa erwachsen, zu erstatten.
Rdn.
Rdn. 1. Allgemeines 2. Die Vergütung des Frachtführers bei Beförderung einerTeilladung . . . .
1-3
3. Die Vereinbarungen der Praxis 4. D i e Beweislast
. . .
8 9
4—7
1. A l l g e m e i n e s a) § 35 stellt die notwendige Ergänzung des § 34 dar. Hat der Absender die 1 Ladung bis zum Ablauf der Wartefrist (§33) nur teilweise geliefert, ist der Frachtführer nach §35 Abs. 1 berechtigt und auf Verlangen des Absenders verpflichtet, die Reise mit der Teilladung anzutreten. Anders als bei vollständiger Unterlassung der Beladung des Fahrzeugs, steht dem Frachtführer bei nur teilweiser Beladung nicht das Kündigungsrecht entsprechend §34 zu; denn es besteht dazu kein Grund. Auch die Teilladung muß der Frachtführer entsprechend dem Frachtvertrag befördern. Der Frachtführer darf den Antritt der Reise nicht verweigern und die Frachtgüter ausladen. Er darf vielmehr seinerseits den Frachtvertrag wie vereinbart durchführen. Hieran kann der Absender ein wirtschaftliches Interesse haben. In sein Ermessen ist die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses gestellt. Der Absender kann aber, wenn die Beförderung der Teilladung für ihn ohne Interesse ist, nach den §§35 Abs. 1, 36 vom Vertrage zurücktreten und so die Beförderung der Teilladung verhindern. b) In § 35 Abs. 1 Satz 2 ist bestimmt, daß der Frachtführer auf Verlangen des 2 Absenders die Reise ohne die volle L a d u n g jederzeit antreten muß. Aus dem Wörtlaut des Gesetzes folgt, daß der Absender das Verlangen, die Reise mit der Teilladung anzutreten, auch schon vor dem Ablauf der Warte- oder einer vereinbarten Uberliegezeit stellen kann. Wenn der Absender übersehen kann, daß nur eine Teilladung geliefert wird, braucht er nicht zu warten, bis eine vereinbarte Uberliegezeit verstrichen ist, die ihn nur Liegegelder kosten würde. Es liegt auch mitunter in seinem Interesse, daß die Teilladung möglichst schnell den Empfän201
§35
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
ger erreicht. Allen wirtschaftlichen Dispositionen des Absenders soll durch sein Weisungsrecht genügt werden. 3 c) Denkbar ist schließlich der Fall, daß einerseits der Absender weder von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht, noch verlangt, mit der Teilladung die Reise anzutreten und andererseits auch der Frachtführer keinen Grund sieht, berechtigterweise mit der Teilladung die Reise anzutreten. In einem solchen Fall kann der Frachtführer auf die Vervollständigung der Ladung warten. Diesen Fall regelt § 35 nicht speziell. Aus dem Zusammenhang der Vorschriften über das Frachtgeschäft und den allgemeinen Normen des BGB wird man entnehmen müssen, daß der Frachtführer keine Ansprüche auf Liegegeld erwirbt, wenn er nach dem Ablauf der Wartefrist weiter liegenbleibt und auf Ladung wartet; denn er ist berechtigt, die Reise mit der Teilladung anzutreten. Anders liegt aber der Fall, wenn der Absender nach dem Ablauf der Wartefrist die Ladung vervollständigt. Darin liegt ein Angebot des Absenders auf Vervollständigung der Ladung gegen Zahlung von Uberliegegeld auch für die Wartezeit. Durch die Annahme der Ladung wird dieses Angebot konkludent angenommen, ohne daß es besonderer Abreden bedarf. Will der Absender einen Anspruch auf Uberliegegeld für die weitere Wartezeit und die neue Ladezeit ausschließen, bedarf es dazu ausdrücklicher Vereinbarungen. 2. D i e V e r g ü t u n g des Frachtführers bei Beförderung einer Teilladung 4 a) Die Ansprüche des Frachtführers bei der Beförderung einer unvollständigen Ladung sind in §35 Abs. 2 näher geregelt. Diese Vorschrift stellt klar, daß der Frachtführer sich nicht etwa nur mit einem Teil der bedungenen Fracht zufrieden geben muß, sondern sein Anspruch auf die volle Fracht gerichtet ist. Der Absender kann nicht wegen verringerter Aufwendungen des Frachtführers, z. B. für Treibstoff, die Fracht mindern. Die Grundsätze des Vorteilsausgleichs sind nicht anwendbar. 1 Insoweit unterscheiden sich die Ansprüche von einem solchen, der wie im Falle der Fehlfracht auf ein Drittel der Fracht beschränkt ist. Die Frachtansprüche des Frachtführers beziehen sich auf die für die volle Durchführung der Reise. Er braucht auch keine Abzüge hinzunehmen, wenn durch die unvollständige Ladung verringerte Schleusengebühren oder sonstige Schiffahrtsunkosten erspart werden. Soweit der Frachtführer wegen der unvollständigen Ladung eine weitere Teilladung für Dritte befördern kann, braucht er dafür keine Abzüge hinzunehmen oder sich diesen Vorteil anrechnen zu lassen; denn die volle Fracht ist bei der unvollständigen Ladung als Entgelt gesetzlich vorgeschrieben worden. Das Gesetz sieht keine Abzüge vor. Eine entsprechende Anwendung der §§324, 562, 615, 616, 649 BGB ist in §35 nicht vorgesehen und verbietet sich nach der ratio 1 R G Z 80; 153.
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Teilweise Lieferung der Ladung bis zum Ablauf der Wartezeit
§35
legis des § 3 5 . Das ergibt sich auch aus den weiteren Ansprüchen des Frachtführers nach § 3 5 : E r kann zusätzlich zur Fracht die Erstattung der aus der Unvollständigkeit der Ladung erwachsenden Mehrkosten verlangen. b) Neben der Fracht kann der Frachtführer nach dem Gesetzeswortlaut auch 5 die bisher entstandenen Liegegelder verlangen, die durch die Überschreitung der Lade- und der Uberliegezeit entstanden sind. c) Ausdrücklich erwähnt § 3 5 Abs. 2 Satz 1, daß der Frachtführer berechtigt 6 ist, vom Absender eine anderweitige Sicherheit zu fordern, wenn ihm durch die Unvollständigkeit der Ladung die Sicherheit für die volle Fracht entgeht. N a c h § 26 i. V. m. § 440 H G B hat der Frachtführer wegen aller durch den Frachtvertrag begründeten Ansprüche ein gesetzliches Pfandrecht an den Frachtgütern. Diese Sicherheit kann beeinträchtigt sein, wenn die Frachtgüter nicht vollständig geliefert werden, insbesondere wenn der Wert der Ladung die volle Fracht nicht mehr deckt. Bis zur Leistung der Sicherheit kann der Frachtführer den Antritt der Reise nach § 273 B G B verweigern. E r kann zur Sicherung seines Anspruchs gegen den Absender klagen oder einen Arrest ausbringen. Soweit hierdurch ein Aufenthalt des Schiffes entsteht, steht dem Frachtführer Schadensersatz nach Maßgabe der gesetzlichen Liegegelder zu. Mangelnde Sicherheit stellt keinen Rücktrittsgrund dar. Allerdings kann der Frachtführer den Frachtvertrag nach den § § 3 2 6 , 643 B G B kündigen. 2 D e r Vorschrift des § 3 5 Abs. 2 Satz 1 kommt in der heutigen Praxis keine Bedeutung zu, da der Wert der Frachtgüter in aller Regel die H ö h e der Fracht überschreitet. Kleine Frachtgüter kommen nur selten zum Versand auf den Wasserwegen. d) Schließlich billigt § 3 5 Abs. 2 Satz 2 dem Frachtführer die Erstattung der 7 M e h r k o s t e n zu, die ihm infolge der Unvollständigkeit der Ladung erwachsen. In der Praxis sind unmittelbare Mehrkosten kaum denkbar; denn infolge der sicheren Verstauung der Ladung entstehen auch durch besondere Ladungsfürsorge regelmäßig keine Kosten, die nicht auch bei vollständiger Ladung entstanden wären. Sind aber unmittelbare M e h r k o s t e n tatsächlich entstanden, was der Frachtführer im einzelnen beweisen muß, besteht ein Erstattungsanspruch. Zu den erstattungsfähigen Mehrkosten gehören auch mittelbare M e h r k o s t e n . Hierhin gehört der Fall, daß das Schiff bei einer großen Haverei infolge der unvollständigen Ladung in größerem Verhältnis beitragspflichtig ist als bei vollständiger Ladung. Was auf die vollständige Ladung als Beitrag zu Lasten des Schiffes entfallen wäre, kann der Frachtführer verlangen. Soweit aber andere Interessenten einen Mehrbetrag aufwenden müssen, besteht für sie über § 35 keine Verrechnungsmöglichkeit.
2 R G Z 15, 74.
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§36
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4. Abschnitt. Frachtgeschäft
3. V e r e i n b a r u n g e n der Praxis Da § 35 nicht zwingenden Rechts ist, wird häufig diese Vorschrift in Frachtverträgen oder in Verfrachtungsbedingungen abbedungen. So wird häufig dem Frachtführer auch bei Teilladungen ein Rücktrittsrecht zugestanden. Auch finden sich Abreden, daß die Rechte des Frachtführers bei Teilladungen nur von dem Ablauf der Ladezeit und einem Lieferverzug des Absenders abhängig gemacht werden. Mitunter wird vereinbart, daß dem Frachtführer entweder die Mitnahme der Güter Dritter untersagt und ihm auferlegt wird, anderweitige Einnahmen und/oder ersparte Schiffahrtsunkosten auf die Fracht vollständig anzurechnen. 4. D i e Beweislast Verlangt der Frachtführer Sicherheit oder Mehrkosten, hat er alle anspruchsbegründenden Behauptungen nach Grund und Höhe im einzelnen darzulegen und zu beweisen. Wer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung behauptet, um daraus Ansprüche oder Einwendungen herzuleiten, hat den Inhalt der Vereinbarung darzulegen und zu beweisen.
§36 (1) Vor Antritt der Reise kann der Absender von dem Vertrage unter der Verpflichtung zurücktreten, den Frachtführer nach Maßgabe des §34 zu entschädigen. (2) Macht der Absender von diesem Rechte Gebrauch, nachdem Ladung geliefert ist, so muß er auch die Kosten der Verladung und Wiederausladung tragen. (3) Der Frachtführer ist verpflichtet, den Aufenthalt, welchen die Wiederausladung verursacht, sich gefallen zu lassen, selbst wenn dadurch die Ladezeit und eine etwa bedungene Uberliegezeit überschritten wird, wogegen ihm Liegegeld für die Zeit nach Ablauf der Ladezeit und außerdem Ersatz des durch die Überschreitung der Lade- und Uberliegezeit entstandenen Schadens gebührt, soweit der letztere den Betrag des Liegegeldes übersteigt. (4) Der Frachtführer ist, wenn der Absender nach erklärtem Rücktritt die Wiederausladung über die Wartezeit hinaus verzögert, berechtigt, die Güter selbst auszuladen und dieselben in einem öffentlichen Lagerhaus oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Konkurrenzen 3. Die Voraussetzungen gungsrechts
204
Rdn. 1 2 des Kündi3-5
4. Die Ansprüche des Frachtführers . . 5. Die Beweislast
Rdn. 6-9 10
Rücktritt des Absenders
§36
1. Allgemeines Das K ü n d i g u n g s r e c h t des Absenders vor der Ausführung des Frachtvertra- 1 ges entspricht der Kündigung werkvertraglicher Ansprüche nach § 6 4 9 B G B . Das G e s e t z spricht in § 36 zwar von einem Rücktritt vom Vertrag, bezweckt ist aber allein die Vertragsbeendigung für die Zukunft. D e r Frachtführer soll für seine bisherige Tätigkeit aber auch für den Wegfall der bedungenen Beförderungsleistung eine angemessene Entschädigung erhalten. D a es nicht auf den Wortlaut, sondern auf den Gesetzeszweck a n k o m m t , ist § 36 als ein gesetzliches Kündigungsrecht des Absenders aufzufassen. E b e n s o wird die entsprechende seerechtliche Regelung des § 580 H G B im H i n b l i c k auf die Aufhebung des Vertrages für die Zukunft als Kündigung des Frachtvertrages angesehen. D i e Terminologie des Gesetzes wird als verfehlt angesehen 1 . Es ist unerheblich, o b das Schiff im ganzen, nur ein Teil oder nur ein bestimmter R a u m des Schiffes Vertragsgegenstand ist. Dasselbe gilt bei S t ü c k g ü t e r n , bei einem einheitlichen Frachtvertrag über einen gewissen Zeitraum oder größerer Ladungsmenge.
2. Konkurrenzen Sowie das Kündigungsrecht des Absenders aus § 3 6 gegeben ist, geht diese 2 Vorschrift als Sonderregelung anderweitigen Rechtsvorschriften, insbesondere dem werkvertraglichen Kündigungsrecht aus § 6 4 9 B G B vor. U n b e r ü h r t bleiben R e c h t e des Absenders aus den § § 3 2 5 , 326 B G B , ebenso wie die Vertragsbeendigung aus einer von keinem Teil zu vertretenden zeitweiligen oder dauernden U n m ö g l i c h k e i t . D a ß § 36 auch das R e c h t zur K ü n d i g u n g aus w i c h t i g e m G r u n d e ausschließt, wie das R G angenommen hat 2 , muß aus heutiger Sicht verneint werden, weil das Kündigungsrecht aus wichtigem G r u n d e aus dem übergeordneten Grundsatz von Treu und Glauben folgt, der bei allen Vertragsverhältnissen uneingeschränkt zu beachten ist. Das Kündigungsrecht aus wichtigem G r u n d e ist an besondere U m s t ä n d e geknüpft, die es dem A b s e n d e r unzumutbar machen, den Frachtvertrag fortzusetzen. Wenn derartige U m s t ä n d e vorliegen, ist es nicht einzusehen, daß der A b s e n d e r auf das Kündigungsrecht nach § 3 6 beschränkt und er verpflichtet sein soll, den Frachtführer auch noch nach M a ß g a b e des § 3 4 zu entschädigen. Es muß deshalb wie bei sonstigen Vertrags Verhältnissen auch beim Frachtvertrag der Binnenschiffahrt eine Kündigung aus wichtigem G r u n d e als zulässig erachtet werden. Wird die Kündigung auf beide G r ü n d e gestützt, hat die Kündigung aus wichtigem G r u n d e Vorrang, da die Wirkungen weitergehen. D e r Absender braucht nicht die in § 36 angeordnete Entschädigung zu zahlen. 1 Prüßmann-Rabe, § 580 Anm. B; RGZ 155, 180. 2 RG DR 1942, 1508 Nr. 11; RGZ 162, 203. 205
§36
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Der Absender ist zur K ü n d i g u n g des Frachtvertrages, ohne einen Anspruch auf Fehlfracht ausgesetzt zu sein, berechtigt, wenn ihm eine solche Zahlung nach den U m s t ä n d e n des Falles schlechterdings nicht zumutbar ist, also wenn in einem solchen Anspruch im Hinblick auf § 242 B G B eine unzulässige Rechtsausübung liegt. Ein derartiger Fall liegt vor, wenn der Frachtführer durch ein grobes, den Vertragszweck gefährdendes Verschulden die Kündigung veranlaßt hat und nunmehr mit der Forderung nach Fautfracht aus seinem Verhalten noch N u t z e n ziehen will 3 . Wird der Antritt der Reise infolge Verschuldens des einen oder anderen Teils dauernd unmöglich, entfällt das Kündigungsrecht aus § 36. Trifft den Absender oder seinen Erfüllungsgehilfen, für den er nach § 2 7 8 B G B einzustehen hat, ein solcher Vorwurf, kann der Frachtführer nach § 324 B G B die volle Fracht vom Absender verlangen. H a t es dagegen der Frachtführer vertreten, daß die Reise unmöglich wird, s o kann der Absender nach § 325 B G B entweder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder v o m Vertrag zurücktreten, ohne selbst eine Entschädigung zahlen zu müssen. Im Falle einer schuldhaften V e r z ö g e r u n g des A n t r i t t s der Reise hat der schuldige Teil den dadurch herbeigeführten Schaden aus dem Gesichtspunkte des Leistungsverzuges zu ersetzen. Liegen zufällige B e f ö r d e r u n g s h i n d e r n i s s e vor, die von keiner Partei zu vertreten sind, so findet bei dauernder Verhinderung § 68 und bei zeitweiliger Verhinderung der Reise § 71 Anwendung.
3. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts 3
a) D e r Absender muß im Zeitpunkte der K ü n d i g u n g v e r f ü g u n g s b e f u g t sein. Auf Verlangen des Frachtführers muß er seine Verfügungsbefugnis nachweisen. Ist ein Ladeschein (Konnossement) ausgestellt worden, so besteht die Verfügungsbefugnis nur, wenn der Absender im Besitz des Originalladescheins ist 4 und diesen dem Frachtführer zurückgibt (§§ 72 B S c h G , 447 A b s . 3, 448 H G B ) .
4
b) D i e Reise darf noch nicht angetreten sein. Maßgeblich ist ausschließlich der tatsächliche Antritt der Reise. D a s Schiff muß mit irgendwelcher L a d u n g den Ladeplatz verlassen haben, um diese L a d u n g zu dem Bestimmungsort zu befördern. Ein A n t r i t t der Reise in diesem Sinne liegt schon vor, wenn das Schiff in der Absicht des Reiseantritts vom Ladeplatz ablegt und sich auf Strom zur Übernachtung hinlegt, um Hafenliegegebühren zu sparen. Wenn der Frachtführer aufgrund eines einheitlichen Frachtvertrages an verschiedenen Ladeplätzen L a d u n g zu übernehmen hat, ist die Reise mit der A b fahrt v o m ersten Ladeort angetreten. Anders verhält es sich bei zusammengesetz3 B G H NJW 1990, 2255, 2257. 4 RGZ 44, 116. 206
Rücktritt des Absenders
§36
ten Reisen. Bei derartigen Reisen ist jeder Reiseabschnitt gesondert zu behandeln. Es steht dann dem Absender für jeden Reiseabschnitt und in jedem Ladehafen das Rücktrittsrecht zu. Er muß dann jedoch einen angemessenen Frachtanteil für den einzelnen Reiseabschnitt bezahlen. c) Das Gesetz schreibt weder einen bestimmten Inhalt noch eine Form für die 5 Kündigung vor. Notwendig ist lediglich die Erklärung, daß sich der Absender vom Vertrag lossagt. Wie er das zum Ausdruck bringt, schreibt das Gesetz nicht vor. Die Erklärung kann auch mündlich, fernmündlich oder in sonstiger Form erfolgen. Weigert sich der Absender, Ladung zu liefern unter Hinweis darauf, es liege kein rechtswirksamer Frachtvertrag vor, ist diese Weigerung als Kündigung des Frachtvertrages anzusehen. So hat das R G ein Schreiben des Absenders, daß „weitere Lieferungen und Transporte gestoppt werden", als Kündigung angesehen.5 Die Annahme einer Kündigung setzt notwendig eine Stellungnahme des Absenders zum Vertrag voraus. Die bloße Weigerung des Absenders, Ladung anzuliefern, stellt hingegen keine Kündigung dar, weil in einem solchen Falle der Frachtführer selbst von seinen Rechten nach den §§33, 34 Gebrauch machen kann. Er kann Fehlfracht verlangen oder weiter liegenbleiben. Nicht erforderlich ist, daß der Absender dem Frachtführer eine Nachfrist setzt und Fehlfracht anbietet.
4. Die Ansprüche des Frachtführers a) Kündigt der Absender den Frachtvertrag, steht dem Frachtführer eine Ent- 6 Schädigung zu. §36 verweist insoweit auf die nach §34 zu zahlende Entschädigung. Die Entschädigung beträgt lA der bedungenen Fracht. In der Schiffahrt wird dieser Anspruch als Fehlfracht bezeichnet. Es handelt sich ebenso wie bei der Fautfracht aus § 34 um eine von Verschulden und einem Schaden unabhängige gesetzliche Entschädigung. Voraussetzung ist lediglich die Kündigung durch den Absender. Eine Gegenleistung des Frachtführers, z. B. die Vorlage eines ladebereiten Schiffs oder ein vergebliches Warten auf die Anlieferung der Ladung ist nicht erforderlich. b) Die Fehlfracht beträgt XA der vereinbarten Fracht. Einen Abzug für er- 7 sparte Schiffahrtskosten braucht sich der Frachtführer nicht gefallen zu lassen. Es ist auch ohne Bedeutung, ob der Frachtführer sofort eine andere Ladung erhalten kann, da ihm die Entschädigung gerade mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines anderweitigen Einsatzes seines Schiffes und ersparter Unkosten aller Art eine auskömmliche Vergütung geben soll. 6 c) Auch im Falle der Kündigung kann der Frachtführer nach § 34 die für die 8 Zeit nach dem Ablauf der Ladezeit entstandenen Liegegelder verlangen. 5 R G Z 155, 180. 6 O L G Hamm O L G 40, 232.
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§36
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Waren im Zeitpunkte der Kündigung noch keine Güter geladen, endet die Ladezeit mit der Kündigung. Liegegelder können daher nur bis zum Zeitpunkt der Kündigung entstehen. Anders verhält es sich, wenn der Frachtführer aufgrund der Kündigung bereits geladene Frachtgüter ausladen muß. Für das Warten auf das Ausladen erhält der Frachtführer nach § 36 Abs. 3, weil er die Zeit der Wiederausladung hinnehmen muß, nicht nur Liegegeld (§ 32), sondern er kann auch Ersatz seines weitergehenden Schadens nach den §§242, 249, 252 BGB verlangen. Dieser Schaden kann darauf beruhen, daß er gehindert wird, einen anderen Frachtvertrag einzugehen oder andere Frachtverträge zu erfüllen. § 36 Abs. 4 gibt dem Frachtführer das Recht, die Güter selbst auszuladen und auf Kosten des Absenders in einem öffentlichen Lagerhaus oder in anderer Weise zu hinterlegen, wenn der Absender nach erklärter Kündigung die Freistellung des Schiffes über die Wartezeit hinaus verzögert. Auf die Kündigung hin kann der Frachtführer dem Absender erklären, daß für die Ausladung der Güter nur die Wartezeit des § 33 zur Verfügung steht. Nach fruchtlosem Ablauf der Wartezeit, vorausgesetzt das ist ordnungsgemäß angekündigt, kann der Frachtführer die Leerstellung des Schiffes auf Kosten des Absenders selbst besorgen, kann die Güter hinterlegen und sich wegen des ihm zustehenden Pfandrechts nach § 440 H G B aus den Frachtgütern befriedigen, ohne zuvor gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. 9
d) Kündigt der Absender, nachdem die Güter bereits in das Schiff geladen sind, hat der Absender nach dem ausdrücklichen Wortlaut des §36 Abs. 2, der mit §581 H G B übereinstimmt, sowohl die Kosten der Ladung der Güter als auch die der Wiederausladung zu tragen. Obwohl die Kosten der Einladung der Güter nicht bei der Berechnung der Fehlfracht berücksichtigt werden, sind die Ladekosten zu erstatten. Es ist auch im übrigen unerheblich, ob der Frachtführer die Kosten der Einladung nach dem Frachtvertrag zu tragen hatte. 7 Selbst wenn der Frachtführer zur kostenlosen Beladung seines Schiffes verpflichtet war, hat er im Falle der Kündigung Anspruch auf Ersatz seiner durch die Mitwirkung bei der Verladung entstandenen Kosten. Dazu gehört auch die Überwachung der Beladung des Schiffes durch das Schiffspersonal. 5. D i e Beweislast
10
Den Frachtführer trifft die Beweislast für eine Kündigung und seine Erklärung, sein Schiff stehe nicht über die Wartezeit des § 33 hinaus zur Verfügung. Für die Höhe der Fehlfracht ist der Frachtführer 8 ebenso wie für die Höhe der Kosten des Ein- und Ausladens der Güter beweispflichtig. Im Streitfalle können die üblichen Kosten durch Schiffahrtssachverständige ermittelt werden. 7 Vgl. dazu auch §41. 8 Vgl. dazu §34 Rdn. 14.
208
§37
Wederausladung nach Reiseantritt
Bestreitet im Falle einer Kündigung der Frachtführer die Verfügungsbefugnis des Absenders, so trifft hierfür den Absender die Beweislast. War ein Ladeschein ausgestellt, hat der Absender zu beweisen, daß er den Ladeschein dem Frachtführer zurückgegeben hat.
§37 (1) Nachdem die Reise angetreten ist, kann der Absender die Wiederausladung der Güter vor Ankunft derselben am Ablieferungsorte nur gegen Berichtigung der vollen Fracht sowie aller sonstigen Forderungen des Frachtführers und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- oder Hilfskosten, welche auf den Gütern haften, fordern. (2) Im Falle der Wiederausladung hat der Absender nicht nur die hierdurch entstandenen Mehrkosten, sondern auch den Schaden zu ersetzen, welcher aus dem durch die Wiederausladung verursachten Aufenthalt dem Frachtführer entsteht. Übersicht 1. Allgemeines 2. Das Anweisungsrecht des Absenders 3. Die Befolgung der Anweisung . . .
Rdn. 1 2-3 4
4. Die Ansprüche des Frachtführers . . 5. Beförderungshindernisse 6. Die Beweislast
Rdn. 5-7 8 9
1. Allgemeines Der Absender bleibt bis zur Ablieferung des Frachtgutes verfügungsberech- 1 tigt. Deshalb steht ihm nach § 26 i. V. m. § 433 Abs. 1 H G B das Recht zu, den Frachtführer anzuweisen, das Gut anzuhalten, zurückzugeben oder an einen anderen als den im Frachtbrief bezeichneten Empfänger auszuliefern. Der Frachtführer ist verpflichtet, dieser Anweisung zu entsprechen. 1 Diese Verpflichtung wird durch §37 näher bestimmt: Der Absender kann nach dem Antritt der Reise die Wiederausladung der Güter vor Ankunft am Bestimmungsort verlangen. Dieses Recht des Absenders kann ohne besondere Abrede nicht nur hinsichtlich eines Teils der Ladung geltend gemacht werden, sondern der Absender kann auch die Ausladung der gesamten Ladung verlangen. Eine Anweisung liegt nicht vor, wenn der Absender Weisungen erteilt, die der Durchführung der im Frachtvertrag getroffenen Absprachen dienen, also nicht von den ursprünglichen vertraglichen Weisungen abweichen. 2
1 RG JW 1897, 13 N r . 33. 2 B G H VRS 1953, 437.
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§37
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
2. Das Anweisungsrecht des Absenders 2
a) Das Anweisungsrecht des Absenders nach § 26 i. V. m. § 433 Abs. 1 H G B entsteht mit dem Antritt der Reise3. Das Schiff muß mit der Ladung den Ladeplatz zwecks Antritt der Reise verlassen haben. Der Absender muß weisungsbefugt sein und auf Verlangen des Frachtführers seine Verfügungsbefugnis nachweisen. Ist ein Ladeschein (Konnossement) ausgestellt worden, muß der Absender im Besitz des Originalladescheins sein4 und auf Verlangen des Frachtführers durch Vorlage des Ladescheins seine Verfügungsbefugnis nachweisen. Das Anweisungsrecht des Absenders erlischt, wenn der Frachtführer nach der Ankunft des Schiffes mit der Ladung am Bestimmungsort dem Empfänger den Frachtbrief aushändigt.
3
b) Das Gesetz schreibt für die Anweisung keine bestimmte Form vor. Die Anweisung kann daher mündlich, schriftlich, fernschriftlich oder in sonstiger Weise erfolgen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, eine schriftliche Bestätigung vorzunehmen, wenn die Anweisung mündlich oder fernmündlich erfolgt ist.
4
3. Die Befolgung der Anweisung Der Frachtführer hat die Anweisung des verfügungsbefugten Absenders zu befolgen. Er hat die Wiederausladung der Ladung dort vorzunehmen, wo sich das Schiff im Zeitpunkte der Anweisung befindet. Der Absender kann nicht verlangen, daß der Frachtführer die Reiserichtung ändert oder noch eine größere Strecke zurücklegt. Es besteht auch keine Verpflichtung des Frachtführers zur Rückfahrt an den Ladeort. Die Wiederausladung der Ladung steht unter der sich aus Treu und Glauben ergebenden Pflicht, die Interessen des Absenders zu beachten. Daraus folgt, daß der Frachtführer nicht beliebig und nach eigenem Gutdünken vorgehen darf. Er muß vielmehr eine für die Wiederausladung geeignete, in Reiserichtung liegende Ladestelle aufsuchen. Hierbei hat der Frachtführer auf die Art der geladenen Güter Rücksicht zu nehmen. Im Einzelfall kann es geboten sein, mit dem Absender Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam einen geeigneten Hafen zu bestimmen. Da heute fast alle Schiffe über eine Funksprechverbindung Schiff/Land verfügen, gebietet es die Sorgfaltspflicht, in Zweifelsfällen Absprachen zu treffen. In seltenen Fällen einer behördlichen Beschlagnahme, z. B. durch den Zoll, tritt an die Stelle des angewiesenen Ablieferungsortes der behördlich bestimmte Ablieferungsort, da die Ladungsbeteiligten eine wirksame behördliche Anordnung zu befolgen haben. 3 Vgl. dazu §36 Rdn. 4. 4 R G Z 44, 116.
210
Wiederausladung nach Reiseantritt
§37
4. Die Ansprüche des Frachtführers a) Wird die weitere Reise aufgrund der Anweisung des Absenders, die Güter 5 auszuladen, abgebrochen, billigt das Gesetz dem Frachtführer die volle Fracht ohne jeden Abzug zu. Ersparte Kosten aller Art, ebenso wie Einnahmen infolge einer sofort vereinbarten anderweitigen Frachtreise, braucht sich der Frachtführer nicht abziehen zu lassen. Die Fracht bestimmt sich nach dem Frachtvertrag, evtl. nach den Beschlüssen der Frachtausschüsse. Zu der Fracht rechnen auch alle Spesen und Auslagen. Ist eine B r u t t o f r a c h t vereinbart worden, braucht sich der Frachtführer nichts anrechnen zu lassen. Er hat Anspruch auf die volle Bruttofracht. Nicht anders verhält es sich bei einer Nettofracht (Anteilfracht). b) Im Falle einer Anweisung, die Güter auszuladen, hat der Frachtführer zu- 6 sätzlich zur vollen Fracht einen Anspruch auf alle übrigen F o r d e r u n g e n aus dem F r a c h t v e r t r a g . Hierzu gehören etwaige Liegegelder nach § 30, Schleusenund Zollgelder und sonstige Auslagen. Der Frachtführer ist berechtigt, eine Berichtigung oder Sicherstellung der auf die Ladung entfallenden Beiträge zur großen H a v a r e i (§91) sowie B e r g u n g s und Hilfskosten (§99) zu verlangen. Dieser Anspruch besteht jedoch nicht, wenn der Schaden von ihm selbst oder von Personen der Schiffsbesatzung verschuldet worden ist. c) Ferner kann der Frachtführer Ersatz der ihm durch die Wederausladung 7 entstandenen Mehrkosten geltend machen (§37 Abs. 2). Mehrkosten in diesem Sinne ist die Differenz zwischen den tatsächlichen Löschkosten und den Kosten, die entstanden wären, wäre das Gut am Bestimmungsort gelöscht worden. Hinzu kommt der Schaden, der durch den Aufenthalt infolge der Wiederausladung am Abladeort entsteht. Der gesamte Aufwand infolge der Wiederausladung der Güter geht zu Lasten des Absenders, z. B. Hafengebühren und ein über Liegegelder hinausgehender Schaden. Hierauf sind etwaige Vorteile des Frachtführers nicht anzurechnen. d) Der Frachtführer kann die Begleichung seiner Forderung Zug um Zug gegen die Ausladung der Güter verlangen. Denn nach § 26 i. V. m. § 440 H G B hat er wegen aller seiner Ansprüche ein gesetzliches Pfandrecht an den Frachtgütern.
5. Beförderungshindernisse Wird die Fortsetzung der Reise durch ein zufälliges Ereignis ohne ein Ver- 8 schulden der Beteiligten verhindert, sind die §§ 68-70 anwendbar. Bei schuldhafter Herbeiführung eines Reisehindernisses richten sich die Ansprüche nach dem B G B : Wird die Durchführung der Reise infolge eines Verschuldens des Absenders unmöglich, kann der Frachtführer nach § 324 B G B die volle Fracht verlangen. Beruht die Unmöglichkeit auf Verschulden des Frachtführers, kann der Ab211
§38
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
sender nach § 325 B G B nach seiner Wahl Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.
6. Die Beweislast 9
Der Frachtführer kann die Vorlage des Ladescheins zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Absenders und des Anweisungsrechts verlangen. Im Rechtsstreit trägt derjenige nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Beweislast für eine Anweisung zur Wiederausladung der Frachtgüter, der aus einer solchen Anweisung Rechte für sich herleitet. Die Höhe der Fracht ist den Frachturkunden zu entnehmen, evtl. sind die Beschlüsse der Frachtausschüsse zugrunde zu legen. Für zusätzliche Forderungen ist im Falle einer Anweisung zur Wiederausladung der Frachtführer beweispflichtig. Wird das Ausladen der Ladung während der Reise vereinbart, ist derjenige im Rechtsstreit beweispflichtig, der aus einer bestimmten Abrede Rechte für sich herleitet.
§38 Ist nicht das Schiff im ganzen, sondern ein verhältnismäßiger Teil oder ein bestimmt bezeichneter R a u m desselben verfrachtet oder hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von 10000 Kilogramm oder mehr z u m Gegenstande, so kommen die Vorschriften der §§28 bis 37 mit folgenden Abweichungen zur A n w e n d u n g : 1. die Ladezeit beträgt f ü r den einzelnen Absender bei einer von ihm zu liefernden L a d u n g bis zu 50 000 Kilogramm einen Tag, bis zu 100 000 Kilogramm zwei Tage und so fort in Stufen von 50 000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500 000 K i l o g r a m m ; von da ab steigt die Ladezeit für je 100000 Kilogramm u m je einen Tag; bei Ladungen über 1000 000 Kilogramm beträgt die Ladezeit sechzehn Tage. Eine Verpflichtung zur Entrichtung von Liegegeld (§ 30) tritt jedoch in keinem Falle vor Ablauf von drei Tagen seit dem Zeitpunkt ein, mit welchem die Ladezeit einem der Absender gegenüber zuerst zu laufen begonnen hat; der Frachtführer ist indes nicht berechtigt, von mehreren Absendern gleichzeitig f ü r denselben Tag das Liegegeld mehrfach zu beanspruchen; 2. der Frachtführer erhält in den Fällen des § 34 und des § 36 Abs. 1 als Entschädigung nicht bloß ein Drittel, sondern die Hälfte der Fracht, es sei denn, daß sämtliche Absender keine L a d u n g liefern oder zurücktreten; 3. der Absender kann in den Fällen der §§36 und 37 die Wiederausladung nicht verlangen, wenn dieselbe eine Verzögerung der Reise zur Folge haben oder eine U m l a d u n g oder U m s t a u u n g nötig machen würde, es sei 212
§38
S o n d e r v o r s c h r i f t e n bei T e i l v e r f r a c h t u n g
denn, daß zugleich die G e n e h m i g u n g aller übrigen Absender beigebracht und auch das Schiff durch die Wiederausladung nicht gefährdet wird. Außerdem ist der Absender verpflichtet, die Mehrkosten und den Schaden zu ersetzen, welche d u r c h die Wiederausladung entstehen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Begriff der Teilverfrachtung . . 3. Der Begriff der Stückgutverfrachtung 4. Die Gleichstellung von größerer
Rdn. 1-2 3 4
Rdn. Stückgüterverfrachtung und Teilverfrachtung 5. Die gemeinsame Regelung der Teilund Stückgüterverfrachtung . . . . 6. Die Beweislast
5 6-12 13
1. A l l g e m e i n e s Nach §38 Abs. 1 gelangen die für die G e s a m t v e r f r a c h t u n g maßgebenden 1 Vorschriften der §§28-37 auch bei einer Teil- und S t ü c k g ü t e r v e r f r a c h t u n g zur Anwendung, soweit nicht ausdrücklich abweichende Regeln bestimmt sind. A b weichungen sind bei der Ladezeit, dem Liegegeld, der Fehlfracht und bei der Wiederausladung bestimmt. Eine Teilverfrachtung kommt im Gegensatz zur Seeschiffahrt in der Binnenschiffahrt nur selten vor, da meist ein für den U m f a n g der Frachtgüter passendes Schiff im ganzen für die Beförderung ausgewählt wird. In der Binnenschiffahrt gibt es Schiffe jeder Größe, die den jeweiligen Anforderungen entsprechend in genügender Anzahl zur Verfügung stehen. Die Beförderung von Stückgütern, d. h. von einzelnen nach Zahl, Maß und Gewicht gekennzeichneten Frachtgütern, erfolgt in der Regel nicht im Wege der Gesamtverfrachtung, sondern entweder durch Annahme eines verhältnismäßigen bestimmten Teils des Schiffes oder ohne Hinweis auf den Schiffsraum. Auf den H a f e n - und O r t s v e r k e h r finden nach § 131 Abs. 1 die Vorschriften über den Teil- und Stückgutverkehr nach den §§38—40 keine Anwendung. Wegen der Einzelheiten vgl. §131. Für den Rheinstrom gilt weiterhin die Verordnung des Oberpräsidenten der 2 Rheinprovinz - Wasserstraßendirektion - in Koblenz vom 26. 5. 1944. Danach hat §38 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 1 folgende Fassung: 1. Die Ladezeit beträgt für den einzelnen Absender bei einer von ihm zu liefernden Ladung bis zu 100 t 12,5 t je Stunde bis zu 2001 2 Tage usw. für je 100 t einen Tag. Die Ladezeit kann evtl. verlängert werden. Im übrigen ist bestimmt: „Werden Teilladungen, sowohl an Massengut wie an Stückgut, geladen oder 213
§38
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
gelöscht, so steht für jede Teilladung der Anteil an der Lade- oder Löschzeit der gesamten Ladung zur Verfügung, der dem Verhältnis der gesamten Ladung zur Teilladung entspricht. In den Fristen wird die Zeit für diese Fälle nicht eingerechnet, die für die Fahrt von einem Platz zum anderen oder für das Verholen innerhalb eines Platzes benötigt wird. Dies gilt in gleicher Weise für die Teilladungen von Massen- und Stückgütern, die an verschiedenen Lade- oder Löschstellen eines H a f e n s oder in verschiedenen Häfen geladen oder gelöscht werden. In allen diesen Fällen steht der gesamten Ladung nur ein M e l d e t a g z u . "
2. Der Begriff der Teilverfrachtung 3
Eine T e i l v e r f r a c h t u n g liegt nach § 3 8 A b s . 1 vor, wenn nicht das Schiff im ganzen, sondern nur ein verhältnismäßiger bestimmter Teil des ganzen Schiffs oder ein bestimmt bezeichneter R a u m verfrachtet ist. Entscheidend ist, daß nach dem Inhalt des Frachtvertrages das Schiff nicht mit allen seinen R ä u m e n , sondern nur ein bestimmter Teil des Schiffes, also einzelne Laderäume, zur Beförderung der Frachtgüter angenommen werden. Schließen sich mehrere A b s e n d e r zusammen und chartern sie gemeinsam das ganze Schiff, liegt keine Teilverfrachtung vor. N i c h t anders liegt der Fall, wenn eine S p e d i t i o n s f i r m a im eigenen oder fremden N a m e n ein Schiff für die B e f ö r derung von G ü t e r n mehrerer Absender annimmt, es sei denn, die Speditionsfirma habe für jeden einzelnen Absender jeweils gesonderte Frachtverträge abgeschlossen.
3. Der Begriff der Stückgutverfrachtung 4
Ein Frachtvertrag über Stückgüter liegt vor, wenn weder das ganze Schiff zur Ausführung des Frachtvertrages zu verwenden ist n o c h ein verhältnismäßiger bestimmter Teil des Schiffes oder ein bestimmter R a u m verfrachtet ist. D i e M e n g e und/oder die Beschaffenheit der G ü t e r , insbesondere o b sie in loser Schüttung oder verpackt verladen werden, ist für den Begriff der Stückgüterverfrachtung unerheblich. A u c h größere Gütersendungen können unter den Begriff Stückgüterverfrachtung fallen.
4. Die Gleichstellung von größeren Stückgüterverfrachtungen und Teilverfrachtung 5
S t ü c k g ü t e r im G e w i c h t von 10 0 0 0 kg und mehr stellt das Gesetz der Teilverfrachtung gleich. F ü r diese beiden Gruppen gelten die §§ 28 bis 37 mit den in § 38 bestimmten Sonderregelungen. F ü r beide G r u p p e n gilt aber nicht die in § 3 9 bestimmte Pflicht zur unverzüglichen Lieferung der Ladung. Diese ist auf S t ü c k güter bis zu 10 000 kg G e w i c h t beschränkt. 214
Sondervorschriften bei Teilverfrachtung
§38
5. Die gemeinsame Regelung der Teil- und Stückgüterverfrachtung a) Nach § 38 N r . 1 hat der Frachtführer jedem Absender eine gesonderte Lade- 6 zeit zu gewähren. Das steht im Gegensatz zur Gesamtverfrachtung, wenn am Frachtvertrag mehrere Absender nebeneinander beteiligt sind. Diese Absender der Gesamtverfrachtung können nur über eine einheitliche Ladezeit verfügen. Bei der Teil- oder Stückgutverfrachtung stehen die Absender untereinander in keiner rechtlichen Beziehung, so daß es einer rechtlichen Grundlage für eine einheitliche Ladezeit ermangelt. Daraus folgt die Notwendigkeit, für jeden Absender die Dauer der Ladezeit an den Umfang der zu verladenden Güter zu knüpfen. Es bestehen also soviele Ladefristen, wie im Einzelfall Absender vorhanden sind. b) Die D a u e r der gesetzlichen Ladezeit ist gegenüber der Gesamtverfrach- 7 tung kürzer, weil der Frachtführer jedem Absender eine selbständige Ladezeit einzuräumen hat. Sie beträgt für den einzelnen Absender bei einer zu liefernden Ladung bis zu 501 einen Tag und steigt um je einen Tag für je 501 bis zu 5001. Ab 500 t steigt sie für je 100 t um je einen Tag mit einer Höchstgrenze von 16 Tagen bei Ladungen über 1000 t. Diese gesetzliche Regelung findet in der Praxis keine Anwendung mehr. In der Praxis sind die gesetzlichen Regeln durch Frachtverträge oder in Verfrachtungsbedingungen wirksam abbedungen. Soweit das nicht geschieht oder geschehen ist, kommen ergänzend Verordnungen der zuständigen höheren Verwaltungsbehörde auf der Grundlage des § 133 zum Zuge, durch die ebenfalls kürzere Ladeund Löschzeiten bestimmt sind. Die Ladezeit berechnet sich für den einzelnen Absender nach dem Gewicht seiner zu liefernden Teilladung oder der Stückgüter. Grundsätzlich kommt es bei geringerem Gewicht auf das tatsächlich eingeladene Gewicht an. Enthält der Frachtbrief ein bestimmtes Gewicht, ist dieses Gewicht maßgebend. Ungefähre oder auf S c h ä t z u n g beruhende Angaben sind dann zugrunde zu legen, wenn bei der Einladung keine Gewichtsermittlung erfolgt ist oder die Gewichtsermittlung nicht ordnungsgemäß ist. Bei höherem Gewicht entscheidet selbstverständlich das höhere Gewicht. Fehlt es an Angaben im Frachtbrief oder an einer Gewichtsermittlung bei der Einladung der Güter, muß das Gewicht der Ladung nach der Einsenkung des Schiffs anhand der Eichmarken und dem Eichschein bestimmt werden. c) Die Ladezeit wird in Lauf gesetzt, indem der Frachtführer jedem einzelnen 8 Absender gegenüber seine Ladebereitschaft erklärt. Der Frachtführer ist berechtigt, mehreren Absendern die Ladebereitschaft für denselben Tag zu erklären und an diesem Tage auch die Verladung der nach dem Vertrag zu liefernden Güter zu besorgen. Den Frachtführer trifft die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, daß die Verladung ordnungsgemäß erfolgen kann. Er kann eine bestimmte Reihenfolge unter mehreren Absendern festsetzen und die Absender davon verständigen. Dadurch 215
§38
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
kann er es vermeiden, daß bei einer Teilverfrachtung eine längere Ladezeit entsteht als bei einer Gesamtverfrachtung. Wird die Verladung der Güter durch die Güter oder Verladearbeiten anderer Absender verhindert, liegt keine Ladebereitschaft des Frachtführers vor und die Ladezeit wird für den behinderten Absender trotz der Bereitschaftsanzeige nicht in Lauf gesetzt. 9
d) Die vereinbarte Überliegezeit, also die Zeit, während der der Frachtführer nach dem Ablauf der Ladezeit noch länger auf Ladung warten soll, ist in § 3 8 nicht besonders erwähnt. Nach den § § 3 1 i. V. m. 29 Abs. 2 finden an sich auf die Dauer der Uberliegezeit die Bestimmungen über die Ladezeit Anwendung. Hier gelten aber nicht die Sätze des § 29 Abs. 2, sondern die des § 38 N r . 1, jedoch mit der Begrenzung aus § 3 1 auf längstens eine Woche. Auch bei der Teil- und Stückgüterverfrachtung ist die gesetzliche Regelung der Überliegezeit abdingbar. Das geschieht in aller Regel durch Verfrachtungsbedingungen. Auch hier greifen die Verordnungen der höheren Verwaltungsbehörde ein.
10
e) Aus der Überschreitung der Ladezeit durch mehrere Absender können sich Folgen ergeben, die nicht hingenommen werden können. So kann der Frachtführer, wenn er mehreren Absendern seine Ladebereitschaft angezeigt hat, mehrfache Liegegeldansprüche für denselben Tag haben. Das würde ihn unangemessen begünstigen. Das Gesetz bestimmt daher in § 38 Nr. 1, daß eine Verpflichtung zur Zahlung von Liegegeld (§ 30) in keinem Fall vor dem Ablauf von drei Tagen seit dem Zeitpunkt eintritt, indem die Ladezeit einem der Absender gegenüber in Lauf gesetzt worden ist. D e r Liegegeldanspruch beginnt daher frühestens am vierten Tage seit dem Beginn der Ladezeit. Wird die Ladezeit von mehreren Absendern überschritten, kann der Frachtführer für die in Betracht kommende Zeit diese nach den §§421 ff. B G B als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen.
11
f) Wenn einzelne Absender nach § 3 6 Abs. 1 vom Vertrag zurücktreten oder keine Ladung liefern (§ 34), steht dem Frachtführer nach § 38 Nr. 2 im Gegensatz zu der seerechtlichen Vorschrift des § 5 8 7 N r . 1 H G B ein Anspruch auf Fehlfracht in Höhe der Hälfte der vereinbarten oder festgesetzten Fracht zu. Dieser Vorschrift liegt die Erwägung zugrunde, daß der Frachtführer im Falle des Rücktritts oder der unterbliebenen Lieferung der Ladung einzelner Frachtgüter insofern ungünstiger als bei einer Gesamtverfrachtung gestellt ist, als er die Reise für die übrigen Absender ausführen muß, und es dahinsteht, ob er gerade für diese Reise noch rechtzeitig Ladung für den freigewordenen Raum findet. Auf die geschuldete Fehlfracht braucht sich der Frachtführer weder ersparte Schiffahrtskosten noch anderweitige Frachteinnahmen anrechnen zu lassen, weil es sich um einen gesetzlichen Anspruch handelt. Eine Abweichung von diesem Grundsatz besteht nur im Falle des § 3 8 N r . 2: Wenn sämtliche Absender keine Ladung liefern oder zurücktreten, ermäßigt sich die Fehlfracht auf V> der Fracht.
216
Sondervorschriften bei Teilverfrachtung
§38
In diesem Falle braucht der Frachtführer keine Reise anzutreten und kann sich um eine andere Fracht bemühen. g) § 3 8 N r . 3 schränkt das einem Absender nach den § § 3 6 , 37 eingeräumte 1 2 Recht, die Wiederausladung der F r a c h t g ü t e r vor oder nach dem Antritt der Reise verlangen zu können, im Falle einer Teil- oder Stückgutverfrachtung erheblich ein. D e r Absender kann die Wiederausladung nicht verlangen, wenn hierdurch eine Verzögerung der Reise eintritt oder eine Umladung oder Umstauung notwendig ist, es sei denn, der Absender bringt die Genehmigung aller übrigen Absender bei. Auch darf das Schiff nicht durch die Wiederausladung der Güter gefährdet werden. Die Genehmigung der übrigen Absender reicht also nicht, wenn die Wiederausladung der Güter das Schiff gefährden würde. Eine solche Gefährdung kann vor allem durch eine ungleichmäßige Beladung des Schiffes eintreten. D e r Gefährdung des Schiffes kommt keine Bedeutung zu, wenn sämtliche Absender die Wiederausladung ihrer Güter verlangen, da in diesem Falle keine Reise durchgeführt werden muß. In diesem Falle finden die § § 3 6 , 37 und nicht § 3 8 N r . 3 Anwendung, weil § 3 8 N r . 3 lediglich das Wiederausladungsverlangen einzelner Absender betrifft. Verlangt ein Absender die Wiederausladung seiner Güter, ist er unter allen Umständen verpflichtet, dem Frachtführer die hierdurch verursachten M e h r kosten u n d Schäden zu erstatten.
6. Die Beweislast Wer aus einer Teil- oder Stückgüterverfrachtung Rechte herleiten will, muß 1 3 beweisen, was Gegenstand des Frachtvertrages gewesen ist. In aller Regel reicht der I n h a l t eines Frachtbriefs zum Beweis aus. K o m m t es auf das Gewicht der Frachtgüter an, ist das im Frachtbrief angegebene Gewicht maßgebend. Ist das Gewicht tatsächlich höher, kann das wirkliche Gewicht von demjenigen, der daraus Ansprüche herleitet, mit den allgemeinen Beweismitteln bewiesen werden. Gelingt dieser Beweis nicht, bleibt es bei den Angaben im Frachtbrief. Ist im Frachtbrief kein Gewicht angegeben, kann unter Umständen anhand der Einsenkung des Schiffs und den Angaben im Eichschein das Gewicht durch Sachverständige geschätzt werden. Für die Anzeige der Ladebereitschaft ist der Frachtführer beweispflichtig. Ihn trifft auch die Beweislast für die Tatsache der Ladebereitschaft. Bestreitet ein Absender die Ladebereitschaft des Schiffs infolge der Verladung der Güter anderer Absender, trifft hierfür den behinderten Absender die Beweislast. Abweichende Regelungen in Verfrachtungs- und sonstigen Bedingungen hat derjenige zu beweisen, der sich auf solche Bedingungen beruft. Die Überschreitung der Ladezeit hat grundsätzlich der Frachtführer zu beweisen. Im Falle einer Wiederausladung der Güter muß der Absender die Genehmi217
§39
4. A b s c h n i t t . F r a c h t g e s c h ä f t
gung aller übrigen Absender beweisen, wenn durch die Wiederausladung des Frachtgutes die Reise verzögert wird. Eine Gefährdung des Schiffes im Falle einer Wiederausladung hat hingegen der Frachtführer zu beweisen. Kommt es darauf an, ob alle Absender die Wiederausladung wünschen, hat das im Streitfalle jeder Absender zu beweisen. Soll die Höhe der Fehlfracht im Falle des §38 Nr. 2 auf '/> beschränkt sein, muß der Absender beweisen, daß alle Absender vom Vertrag zurückgetreten sind oder Wiederausladung wünschten, so daß sich die Durchführung der Reise erübrigte.
§39 (1) Hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von weniger als 10 000 Kilogramm zum Gegenstande, so muß der Absender auf die Aufforderung des Frachtführers ohne Verzug die Lieferung bewirken. (2) Erfolgt die Lieferung nicht unverzüglich, so ist der Frachtführer nicht verpflichtet, auf die Lieferung der Güter zu warten, und kann, wenn er ohne dieselben die Reise antritt, die Hälfte der bedungenen Fracht als Entschädigung beanspruchen. (3) Der Frachtführer, welcher den bezeichneten Anspruch auf die Fracht gegen den säumigen Absender geltend machen will, ist bei Verlust des Anspruchs verpflichtet, dies dem Absender vor Antritt der Reise kundzugeben. Auf diese Erklärung findet die Vorschrift in § 28 Abs. 3 Anwendung. (4) Das Rücktritts recht des Absenders sowie das Recht desselben, die Wiederausladung der Güter zu verlangen, bestimmt sich nach den Vorschriften des §38.
1. Allgemeines 2. Die Lieferung der Stückgüter . . . . 3. Der Anspruch auf Fehlfracht . . . .
Rdn. 1 2-3 4—5
4. Der Rücktritt des Absenders . . . . 5. Das Recht auf Wiederausladung. . . 6. Die Beweislast
Rdn. 6 7 8
1. Allgemeines 1
Nach §38 wird die Beförderung von Stückgütern 1 im Gewicht von 10 t und mehr wie die Teilverfrachtung und in Angleichung an die Gesamtverfrachtung behandelt. Hingegen gelten für Stückgüter unter 10 t Gewicht nach § 39 Sondervorschriften. Die die Gesamtverfrachtung betreffenden §§28-37 finden daneben keine Anwendung. Anders als bei dem seerechtlichen Stückgutvertrag (§588
1 Z u m Begriff vgl. § 3 8 R d n . 4, 5.
218
Unverzügliche Lieferung bei Stückgüterverfrachtung
§39
H G B ) kommt dem Gewicht des zu befördernden Stückguts in der Binnenschifffahrt für die rechtliche Behandlung entscheidende Bedeutung zu. Auf den Orts- und Hafenverkehr sind nach §131 die Vorschriften des §39 nicht anwendbar. Insoweit kommt es auf örtliche Übungen und allgemeine Vorschriften an. 2. D i e L i e f e r u n g der S t ü c k g ü t e r a) Das Gesetz schreibt in § 39 Abs. 1 ausdrücklich vor, daß der Absender die 2 Stückgüter auf die Aufforderung des Frachtführers „ohne Verzug" zur Beförderung liefern muß. Gemeint ist hier nicht Verzug im Sinne eines Leistungsverzuges, sondern unverzügliches Handeln. Der Absender muß die Lieferung der Stückgüter ohne schuldhaftes Zögern bewirken. Die Aufforderung zur Lieferung der Stückgüter unterliegt keiner Form. Sie kann also mündlich, schriftlich oder fernschriftlich erfolgen. Ein bestimmter Inhalt der Erklärung ist weder vorgeschrieben noch notwendig. Die Erklärung muß lediglich eindeutig erkennbar machen, daß der Absender die Lieferung der Ladung an dem vertraglich vereinbarten oder ihm anzugebenden ortsüblichen Ladeplatz (§ 40) bewirken soll. Ausreichend ist die Erklärung, mit dem Abladen zu beginnen, wenn der Ladeplatz außer Zweifel steht. Adressat der Aufforderung ist der Absender oder dessen Vertreter. Bei der Aufforderung handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne des § 130 BGB, die mit dem Zugang bei dem Absender oder dessen Vertreter wirksam wird. Das Gesetz besagt nichts darüber, ob die Aufforderung an bestimmten Tagen oder zu bestimmten Tageszeiten ausgeschlossen ist. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß eine Aufforderung jederzeit möglich ist. Nach Treu und Glauben darf eine Aufforderung nicht zur Unzeit erfolgen. Daraus, daß die Erklärung des Frachtführers zugangsbedürftig ist, folgt, daß der Frachtführer für den Zugang sorgen muß. Wenn er außerhalb der ortsüblichen Geschäftsstunden den Zugang nicht bewirken kann, liegt keine wirksame Aufforderung vor, was zu seinen Lasten geht, zumal es beim Stückgutvertrag unter 10 t keine Ladezeit und keine Frist für die Lieferung der Güter gibt. Der Frachtführer braucht sich vor der Aufforderung nicht ladebereit zu melden. Notwendig ist aber, daß der Frachtführer im Zeitpunkt der Aufforderung nicht nur am Ladeort eingetroffen ist, sondern er muß auch bereits sein Schiff an dem ortsüblichen oder angewiesenen Ladeplatz vorgelegt haben; denn die unverzügliche Lieferung der Stückgüter ist nur möglich, wenn das Schiff bereits am Ladeplatz vorliegt. Die Vorlage am Ladeplatz gehört zur Ladebereitschaft des Frachtführers. Es genügt nicht, daß der Frachtführer fernmündlich bei der Anfahrt zum Ladeplatz den Absender zur Lieferung der Stückgüter auffordert. Das Schiff muß konkret vorliegen. Das Schiff muß in tatsächlicher Hinsicht ladebereit sein, so daß die Frachtgüter sofort eingeladen werden können. 219
§39
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Ist das Schiff nicht ladebereit, ist eine Aufforderung des Frachtführers, die Ladung zu liefern, wirkungslos. 3 b) Ist die Aufforderung des Frachtführers am Ende der ortsüblichen Geschäftszeit oder an einem Sonn- und Feiertag tatsächlich zugegangen, kann der Frachtführer nicht damit rechnen, daß eine Lieferung zur Nachtzeit oder an einem Sonn- und Feiertag erfolgt, wenn darüber keine ausdrückliche Abrede getroffen worden ist. Andererseits muß er in Rechnung stellen, daß der Absender liefert. Das Schiff muß also im Falle einer solchen Aufforderung ladebereit sein, anderenfalls die Aufforderung auch bezogen auf den nächsten Werktag unwirksam ist.
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3. D e r A n s p r u c h auf Fehlfracht a) Unterbleibt auf die zugegangene Aufforderung die unverzügliche Lieferung der Stückgüter, braucht der Frachtführer nicht auf die demnächstige alsbaldige Lieferung der Ladung zu warten. Er braucht auch nicht die Lieferung der Ladung anzumahnen. Er ist ohne jede weitere Frist oder Fristsetzung eine Lade- oder Wartezeit gibt es bei der Stückgutverfrachtung unter 10 t nicht - nicht länger an den Frachtvertrag gebunden (§ 34) und befugt, wenn er ohne die Güter die Reise antritt, nach §39 Abs. 2 die Hälfte der bedungenen Fracht als Fehlfracht zu verlangen. Der Anspruch auf Fehlfracht ist aber an eine besondere Voraussetzung geknüpft: Vor dem Antritt der Reise muß der Frachtführer, der von dem säumigen Absender Fehlfracht verlangen will, diesen Anspruch dem Absender nach § 39 Abs. 3 kundgeben. Auch bei einer Erklärung, Fehlfracht verlangen zu wollen, handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die zwar keiner besonderen Form bedarf, ihrem Inhalt nach aber eindeutig das Gewollte erkennen lassen muß. Eine solche empfangsbedürftige Willenserklärung ist Voraussetzung des Anspruchs auf Fehlfracht. Unterbleibt die Erklärung, verliert der Frachtführer nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 39 Abs. 3 seinen Anspruch. Ist die Erklärung versäumt, gibt es keine Möglichkeit, dies nachzuholen. Weigert sich der Absender, die Erklärung des Frachtführers anzunehmen, kann der Frachtführer über seine Erklärung eine öffentliche Urkunde aufnehmen lassen, wie die Bezugnahme des §28 Abs. 3 in §39 Abs. 3 besagt. Diese öffentliche Urkunde soll Beweisschwierigkeiten vorbeugen. Grundsätzlich gilt aber in einem solchen Falle der Grundsatz, daß auch ohne ausdrücklichen Protest die Erklärung nach Treu und Glauben als zugegangen anzusehen ist. Der Beweis muß dann eben mit den allgemeinen Beweismitteln erfolgen. b) Die Höhe der Fehlfracht ist in § 39 Abs. 2 bestimmt. Sie beträgt die Hälfte der bedungenen oder durch die Frachtenausschüsse festgesetzten Fracht. Der Frachtführer braucht sich auf die Fehlfracht keine ersparten Schiffahrtskosten oder anderweitige Frachteinnahmen anrechnen zu lassen, weil es sich um einen 220
Unverzügliche Lieferung bei Stückgüterverfrachtung
§39
gesetzlichen Ausgleichsanspruch handelt, der ihn angemessen für seinen Ausfall entschädigen soll.
4. Der Rücktritt des Absenders Ein Rücktritt des Absenders v o m S t ü c k g u t f r a c h t v e r t r a g ist auch bei Stück- 6 gütern unter 10t möglich. Nach § 39 Abs. 4 gilt § 39, der wiederum auf die §§36, 37 verweist. Der Absender kann also vor oder nach dem Antritt der Reise vom Vertrag zurücktreten. Grundsätzlich kommt es für die Zulässigkeit des Rücktritts nicht darauf an, ob schon Güter geliefert sind oder nicht. Ist noch keine Ladung geliefert, hat der Rücktritt des Absenders nur die Folgen des § 34, d. h. der Absender muß Vi der bedungenen Fracht als Entschädigung zahlen. D a es keine Ladezeit gibt, kann an sich auch kein Liegegeld entstehen, es sei denn, es wäre eine Wartezeit mit Liegegeld ausdrücklich vereinbart worden.
5. Das Recht auf Wiederausladung Wird der Rücktritt nach dem Laden der Güter oder nach dem Antritt der 7 Reise erklärt oder verlangt der Absender die Wiederausladung der Güter, ist § 39 Abs. 4 zu beachten, der auf § 38 verweist. Der Absender kann die Wiederausladung nicht verlangen, wenn das eine Verzögerung der Reise zur Folge hätte, es sei denn, alle übrigen Ladungsbeteiligten stimmten zu. Außerdem darf das Schiff nicht durch das Wiederausladen gefährdet werden. Eine solche Gefährdung scheidet aber aus, wenn überhaupt keine Reise durchgeführt wird, weil alle Absender Wiederausladung verlangen. Im Falle der Wiederausladung hat der Absender die Kosten der A u s l a d u n g und alle sonstigen Mehrkosten des Frachtführers zu ersetzen. Entsteht eine Verzögerung der Reise, muß der Absender hierfür nach den §§ 39 Abs. 4, 36 Abs. 3, 38 Schadensersatz leisten und auch Liegegeld entrichten. Im Falle der Wiederausladung vor dem Antritt der Reise kann der Frachtführer nach § 34 Vi der Fracht als Fehlfracht verlangen. N a c h dem Antritt der Reise hat der Frachtführer Anspruch auf die volle Fracht (§ 37). Er braucht die Wiederausladung erst nach Berichtigung der vollen Fracht sowie aller seiner sonstigen Forderungen und aller Forderungen aus Beiträgen zur großen Haverei und der Bergungs- und Hilfskosten zu bewirken.
6. Die Beweislast Der Frachtführer trägt bei einem Anspruch auf Fehlfracht die Beweislast für 8 den Zugang der Aufforderung auf Lieferung der Frachtgüter, für die Ladebereitschaft seines Schiffes und den Zugang der Erklärung, Fehlfracht zu verlangen. Er muß auch die H ö h e der vereinbarten Fracht im Bestreitensfalle nachweisen. Im Falle des Rücktritts vor Lieferung der Ladung oder vor dem Antritt der Reise muß der Frachtführer die H ö h e der Fehlfracht beweisen. 221
§40
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Nach dem Antritt der Reise steht das Rücktrittsrecht dem Anspruch auf Wiederausladung gleich. Der Frachtführer muß seinen Frachtanspruch beweisen. Weigert sich der Frachtführer, auszuladen, trifft ihn die Beweislast für eine Verzögerung der Reise. Hingegen hat der Absender die Beibringung des Einverständnisses aller übrigen Ladungsbeteiligten mit der Verzögerung zu beweisen. Den Frachtführer trifft die Beweislast, wenn er seine Weigerung zur Wiederausladung auf eine Gefährdung des Schiffs stützt. Andererseits hat der Absender die Behauptung zu beweisen, es sei keine Reise durchgeführt worden.
§40 In den Fällen der §§ 38 und 39 hat der Frachtführer an einem der ortsüblichen Ladeplätze anzulegen. Ist durch Vereinbarung dem Absender das Recht zur Anweisung des Ladeplatzes eingeräumt, so finden die Bestimmungen des § 27 Abs. 2 und 3 entsprechende Anwendung. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der ortsübliche Ladeplatz 3. Das Recht zur Anweisung des Ladeplatzes
Rdn. 1 2-3
Rdn. 4. Die Einladung Ladeplätzen 5. Die Beweislast
an
verschiedenen 6 7
4-5
1. Allgemeines § 40 regelt den Ladeplatz einheitlich für die Teilverfrachtung (§ 38) und für die beiden Arten der Stückgüterverfrachtung (§§38, 39) in Abweichung von der Gesamtverfrachtung, für die §27 gilt. Der Frachtführer hat in den Fällen der §§38, 39 das Schiff an einem ortsüblichen Ladeplatz anzulegen. Unter Ladeplatz ist die Stelle am Abgangsort zu verstehen, an der die Einladung der Frachtgüter erfolgen kann. 1
2. Der ortsübliche Ladeplatz a) Unter einem ortsüblichen Ladeplatz ist ein nach der Übung am Abgangsort zur Einladung von Frachtgütern geeigneter Ladeplatz zu verstehen. Geeignet ist der Ladeplatz, wenn dort unter Berücksichtigung der Wassertiefe und der sonstigen örtlichen Verhältnisse ohne besondere Vorrichtungen und Aufwendungen eine Beladung des Schiffes möglich ist. Der Ladeplatz muß die Beladung unmittelbar am Ufer oder der Anlegestelle des Schiffes mit den üblichen Ladegeräten und ohne örtliche Hindernisse ermöglichen. b) Unter mehreren ortsüblichen Ladeplätzen hat der Frachtführer die freie 1 Vgl. w e g e n der Einzelheiten § 2 7 Rdn. 5 - 8 .
222
Ladeplatz in den Fällen der §§ 38 und 39
§40
Auswahl. E r ist nicht verpflichtet, mehrere ortsübliche Ladeplätze am Ladeort aufzusuchen, selbst wenn der eine oder andere Ladeplatz für einen oder mehrere Absender genehmer oder geeigneter ist. Er braucht bei mehreren möglichen Ladeplätzen nur an einem Ladeplatz anzulegen. Die Absender sind an die Wahl des Frachtführers gebunden.
3. Das Recht zur Anweisung des Ladeplatzes a) D e r Absender hat nur dann das Recht, mit verbindlicher Wirkung den 4 Frachtführer zur Vorlage seines Schiffes an einem bestimmten Ladeplatz anzuweisen, wenn ihm dieses Recht durch eine Vereinbarung zugestanden worden ist. Die Anweisung hat unverzüglich nach dem Abschluß des Frachtvertrages zu erfolgen. In einem solchen Falle genügt der Frachtführer nicht seinen Verpflichtungen, wenn er sich über die Anweisung des Absenders hinwegsetzt oder willkürlich einen geeigneten ortsüblichen Ladeplatz aufsucht. Vielmehr muß der Frachtführer die Anweisung des Absenders befolgen. Mit der Anweisung ist das Recht des Absenders verbraucht. E r kann seine Anweisung weder ändern noch eine erneute Anweisung erteilen, es sei denn, der zunächst angewiesene Ladeplatz wäre objektiv ungeeignet. b) Auf das Recht des Absenders zur Anweisung des Ladeplatzes finden nach 5 § 4 0 Satz 2 die für die Gesamtverfrachtung maßgeblichen Vorschriften des § 2 7 Abs. 2 und 3 entsprechende Anwendung. Danach muß der Absender einen geeigneten Ladeplatz anweisen. Weist der Absender keinen oder keinen geeigneten Ladeplatz an, muß der Frachtführer den Absender auffordern, ihm einen solchen zu bezeichnen. Bezeichnet der Absender auf diese Aufforderung hin nicht unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, einen geeigneten Ladeplatz, darf der Frachtführer an einem ortsüblichen Ladeplatz vorlegen. E r hat aber bei der Wahl des Ladeplatzes das Interesse des Absenders tunlichst zu berücksichtigen (§ 27 Abs. 2). Bei Anweisung eines ungeeigneten Ladeplatzes braucht aber der Frachtführer nicht von sich aus tätig zu werden. E r kann statt einer Aufforderung, einen geeigneten Ladeplatz zu bezeichnen, am angewiesenen ungeeigneten Ladeplatz gegen Erstattung des ihm hierdurch entstehenden Schadens auf weitere Anweisung des Absenders warten.
4. Die Einladung an verschiedenen Ladeplätzen Eine Vorlage des Schiffs an verschiedenen Ladeplätzen braucht der Frachtfüh- 6 rer ohne eine diesbezügliche Vereinbarung nicht vorzunehmen. Besteht aber eine entsprechende Vereinbarung, ist der Frachtführer daran gebunden. Für jeden einzelnen Ladeplatz gelten dann die vorerwähnten Regeln. Soweit Mehrkosten durch die Annahme von Hafenschlepper, durch Hafengebühren oder durch Schleusengelder entstehen, hat der Frachtführer einen A n spruch auf Erstattung.
223
§41
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
5. Die Beweislast 7
Erfolgt die Vorlage des Schiffes an einem geeigneten ortsüblichen Ladeplatz, trägt der Frachtführer im Streitfalle für die die Eignung und Ortsüblichkeit begründenden Tatsachen die Beweislast. Ist streitig, ob dem Absender durch Vereinbarung das Anweisungsrecht zugestanden worden ist, welchen Umfang das Anweisungsrecht hat (z. B. das Recht auf Anweisung mehrerer Ladeplätze) oder ob rechtzeitig von dem Anweisungsrecht Gebrauch gemacht worden ist, trägt dafür der Absender die Beweislast. Ist kein Ladeplatz angewiesen worden oder ist der angewiesene Ladeplatz ungeeignet, muß der Frachtführer im Streitfalle beweisen, daß er einen ortsüblichen Ladeplatz aufgesucht und dabei die Interessen des Frachtführers tunlichst berücksichtigt hat. Dabei kommt es darauf an, ob der Frachtführer unter besonderer Berücksichtigung der berechtigten Belange des Absenders aus seiner Sicht den Ladeplatz für geeignet ansehen durfte. An diese E i n s c h ä t z u n g dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden, da der Absender durch sein Fehlverhalten den Frachtführer veranlaßt hat, nun seinerseits aktiv zu werden. Abzustellen ist auf Einschätzung eines objektiven und die Verhältnisse sorgfältig prüfenden und abwägenden Frachtführers.
§41
In Ermangelung einer besonderen Vereinbarung hat der Absender gepackte Güter auf das Schiff, lose Güter in das Schiff zu liefern, der Frachtführer dagegen die weitere Verladung der Güter zu bewirken. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die beiderseitigen Pflichten bei der Beladung eines Schiffes 3. Der Unterschied zwischen losen und gepackten Gütern 4. Die Einladung loser Güter 5. Die Einladung gepackter Güter . . .
Rdn. 1 2—4 5-7 8 9
Rdn. 6. Die Feststellung der geladenen G ü ter 7. Die Haftung für Schäden bei der Beladung 8. Vereinbarungen über die Beladung 9. Die Beweislast
10 11-12 13 14
1. Allgemeines 1
§ 41 findet sowohl auf die Abgrenzung der Aufgabenbereiche bei der G e s a m t v e r f r a c h t u n g (§§27-37) als auch auf die der Teil- und S t ü c k g ü t e r v e r f r a c h t u n g (§§38, 39) Anwendung. Es wird bestimmt, wem die Beladung des Schiffes mit den Frachtgütern obliegt und wer entsprechend die Kosten der Beladung zu tragen hat. Die gesetzliche Regelung betrifft nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Ab224
Bewirkung der Verladung der Güter
§41
sender und E m p f ä n g e r einerseits und dem Frachtführer andererseits. D i e Rechtsbeziehungen zwischen mehreren an der Beförderung der Frachtführer in ihrem Verhältnis zueinander ( H a u p t - u n d U n t e r f r a c h t f ü h r e r ) bleiben durch § 4 1 unberührt.
2. Die beiderseitigen Pflichten bei der Beladung eines Schiffes a) D e r Frachtführer hat ein f a h r - u n d l a d u n g s t ü c h t i g e s Schiff vorzulegen. 2 Der Frachtführer muß bei einer Gesamtverfrachtung das Schiff an den v o m Absender angewiesenen L a d e p l a t z hinlegen ( § 2 7 A b s . 1), seine Ladebereits c h a f t anzeigen (§ 28) und das Schiff für die Beladung bereithalten. D i e L a d e r ä u m e müssen freigemacht werden. 1 b) D i e Anlieferung der Frachtgüter an das Schiff ist nach dem G e s e t z A u f g a b e 3 des Absenders. E s handelt sich insoweit um eine v o r b e r e i t e n d e M a ß n a h m e . D i e hierdurch entstehenden K o s t e n gehen zu Lasten des Absenders. In diesen Rahmen fallen auch K o s t e n , die durch die Benutzung von Schuten, Prähmen und sonstigen Fahrzeugen fallen, die zur Anlieferung der Frachtgüter benutzt werden. c) N a c h § 4 1 fällt es in den Aufgabenbereich des Absenders, g e p a c k t e G ü t e r 4 a u f d a s Schiff u n d lose G ü t e r in d a s Schiff zu liefern. D i e weitere Verladung hat dann der Frachtführer zu bewirken. J e d e r Teil hat die Kosten für die ihm obliegende Tätigkeit selbst zu tragen. Damit weicht das Binnenschiffahrtsrecht von den seerechtlichen Regeln ab. Im Seerecht hat der Befrachter die Güter kostenfrei bis an das Schiff zu befördern, während die weitere Verladung durch den Verfrachter auf dessen Kosten zu erfolgen hat (§561 H G B ) .
3. Der Unterschied zwischen losen und gepackten Gütern a) D e m Unterschied k o m m t nur Bedeutung zu, wenn das Schiff mit einem 5 Verdeck ausgerüstet ist; denn nur bei D e c k s c h i f f e n ist im Gegensatz zu offenen Schiffen eine Lieferung der Güter auf das Schiff möglich. Bei Schiffen ohne Verdeck sind auch g e p a c k t e G ü t e r von dem Absender auf seine Kosten und Gefahr in das Schiff zu liefern. D a s gilt z. B. bei der Beladung eines Schiffes mit G o n t a i n e r n , die aufeinandergestapelt den Tennebaum überragen. Schiffe, die mit dem heute üblichen Lukendach ausgerüstet sind, sind als Schiffe mit Verdeck anzusehen, weil die Laderäume wasserdicht abgeschlossen sind. b) L o s e G ü t e r sind solche Güter, die ohne äußere Umhüllung wie Plastik- 6 oder Jutesäcke, Kisten oder Container und ohne besondere Verstauung in das Schiff geworfen oder geschüttet werden. Darunter fallen M a s s e n g ü t e r wie E r z , Steine, Kies, Sand, Getreide, Futtermittel, Kohlen und Schrott. Hierhin gehören 1 R G Z 115, 214. 225
§41
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
aber auch sämtliche flüssigen G ü t e r , die durch Motortankschiffe befördert werden. Im wesentlichen handelt es sich bei losen Gütern um R o h p r o d u k t e . Auch wenn der Absender lose Güter in das Schiff zu laden hat, hat der Frachtführer die Art der Schüttung zu überwachen. Er muß einschreiten, wenn durch die Art der Verladung eine G e f ä h r d u n g des Schiffes eintreten könnte. Stets muß die Stauung so erfolgen, daß die Ladung nicht verrutschen kann. 7
c) U n t e r gepackten G ü t e r n sind nicht nur solche Güter zu verstehen, die eine mehr oder weniger feste Umhüllung haben. Auf eine U m h ü l l u n g wird man nicht abstellen können; denn das Gesetz spricht nicht von „verpackten", sondern von „gepackten Gütern". Das Gesetz meint also Güter, die in das Schiff gepackt werden können, indem man sie aufstellt, stapelt oder besonders staut. Gepackte und vom Absender auf das Schiff gelieferte Güter muß der Frachtführer entsprechend ihrer Natur selbst in das Schiff einlagern. Wie z. B. Coils in dem Schiff zu stauen sind, bestimmt der Frachtführer. Er muß auch für Staufehler einstehen, wenn z. B. die geladenen Güter ins Rutschen kommen und das Schiff infolgedessen kentert. Auch die Tätigkeit eines U m s c h l a g u n t e r n e h m e n s entlastet den Schiffsführer nicht, wenn er den Staufehler bei pflichtgemäßer Kontrolle hätte feststellen können. Man kann aber von einem Schiffsführer nicht verlangen, daß er Möglichkeiten in Rechnung stellt, die Sachverständigen unbekannt sind.
4. Die Einladung loser Güter 8
Lose Güter hat der Absender in das Schiff zu liefern. Er muß diese Güter in das Schiff schütten, werfen oder durch Rohre in das Schiff liefern. Die zur Beladung des Schiffes notwendigen Gerätschaften und Arbeitskräfte hat der Absender zu stellen. Die durch diese Arbeiten anfallenden Kosten treffen ihn. In der Tankschiffahrt besteht bordseitig eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Zur Vermeidung von Produktaustritten und Uberläufern sind die Rohranschlüsse sowie die Tanks durch das Schiffspersonal laufend zu überwachen. Hierfür wird kein besonderes Entgelt bezahlt. Zu den Aufgaben des Absenders loser Güter gehört es, die Ladung so zu schütten oder zu werfen, daß für das Schiff keine Gefahr entstehen kann. Soweit die Ladung einer besonderen Sicherung bedarf, ist eine solche Sicherung anzubringen. Der Frachtführer kann eine solche Sicherung fordern oder diese selbst anbringen. Die hierdurch entstehenden Kosten gehen zu Lasten des Absenders.
5. Die Einladung gepackter Güter 9
Nach dem Gesetzeswortlaut braucht der Absender die Güter dem Frachtführer lediglich auf das Schiff, d. h. an Deck zu setzen, von wo aus alle weiteren Verladearbeiten durch den Frachtführer erfolgen. In der Rheinschiffahrt ist es jedoch Brauch, daß der Absender auch gepackte Güter in das Schiff liefert, also auch für den eigentlichen Beladungsvorgang verantwortlich zeichnet und die 226
Bewirkung der Verladung der Güter
§41
Verladekosten trägt. Nach dem Stand der Technik erfolgt die Verladung gepackter Güter regelmäßig durch Umschlagunternehmen, die mit entsprechendem Hebezeug ausgerüstet sind, während bordeigenes Ladegeschirr üblicherweise nicht zur Verfügung steht. Nässeempfindliche Güter werden an einigen Ladeplätzen in Hallen geladen. Auch wenn die Verladearbeiten durch den Absender oder in seinem Auftrage ausgeführt werden, hat der Frachtführer die Verladearbeiten laufend zu überwachen und für eine sichere Stauung Sorge zu tragen. Bedarf es eines einmaligen oder wiederholten Verholens des Schiffes, hat der Frachtführer die Schiffsbewegungen vorzunehmen, soweit das ohne Gefahr möglich und ihm zumutbar ist. Im Falle gefährlicher Manöver, z. B. bei Eisgang, oder wenn sich der Absender weigert, die durch die Schiffsbewegung entstehenden Kosten zu tragen, kann sich der Frachtführer weigern, sein Schiff zu bewegen. Der Absender kann nicht verlangen, daß sich der Frachtführer an Verladearbeiten beteiligt, zu denen er weder gesetzlich noch vertraglich verpflichtet ist. Seine Mitwirkung kann der Frachtführer, wenn er dazu freiwillig bereit ist, von der Zahlung einer angemessenen Vergütung nach den §§612, 683 B G B abhängig machen. 6. D i e F e s t s t e l l u n g der geladenen G ü t e r Mangels gegenteiliger Vereinbarungen braucht weder der Absender noch der 1 0 Frachtführer die Frachtgüter nach Maß, Zahl und Gewicht festzustellen. Eine Pflicht zur Nachprüfung der Angaben des Absenders hat der Frachtführer nicht; denn die Feststellung des Umfanges der Ladung gehört nicht zur Beladung. Der Frachtführer kann sich gegen die nachteiligen Folgen der Übernahme einer Ladung, deren Umfang ihm nicht vorgeführt worden ist, dadurch schützen, daß er die Aufnahme eines bestimmten Gewichts in den Frachtpapieren ablehnt oder entsprechend der Freizeichnungsklausel des § 73 Abs. 1 erklärt: „Zahl, Maß, Gewicht unbekannt." Selbstverständlich kann auch ein ähnlicher Vorbehalt gemacht werden. Den Tallymann, den Ladungskontrolleur der Seeschiffahrt, gibt es in der Binnenschiffahrt nicht. Wenn der Absender sichergehen will, muß er dem Frachtführer nach § 73 Abs. 2 auf seine Kosten die Ladung zuzählen, zumessen oder zuwiegen lassen. Ist das geschehen, darf der Frachtführer keine Freizeichnungsklausel in die Frachtpapiere aufnehmen. Geschieht das doch, entbehrt die Freizeichnung der Rechtswirkung. Aufgrund des Frachtvertrages ist der Absender ganz allgemein befugt, den Umfang der zu befördernden Frachtgüter festzustellen, weil der Umfang der Güter für die Höhe der Fracht und für die Rechtsbeziehungen zum Empfänger bedeutsam ist. Feststellungen jeder Art, die der Absender aus diesem Rechtsgrunde trifft, sind dem Frachtführer gegenüber jedoch nur dann bedeutsam, wenn er hiervon rechtzeitig unterrichtet worden ist und wenn die Zählung oder 227
§41
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Wiegung auf einer amtlich geeichten Waage und der Möglichkeit von Kontrollen in der Nähe des Schiffes vorgenommen worden ist. An der ordnungsgemäßen Feststellung des Umfangs der Ladung hat der Frachtführer mitzuwirken. Für die Erfüllung dieser Vertragspflicht kann der Frachtführer keine besondere Vergütung verlangen. 7. Die H a f t u n g für Schäden bei der Beladung a) Die Beladungsarbeiten gehören zu den Erfüllungspflichten des Absenders. Diese Arbeiten müssen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Allerdings hat der Frachtführer einzuschreiten, wenn er Mängel feststellt. Bei unsachgemäßen Arbeiten durch unqualifiziertes Personal kann er weitere Arbeiten verbieten. Er muß aber dann sofort den Absender benachrichtigen. Da die Beladungstätigkeit Erfüllung des Vertrages ist, haftet der Absender für eigenes Verschulden ebenso wie für das seiner Erfüllungsgehilfen (§278 BGB). Großgeräte, die der Be- und Entladung dienen, müssen überwacht werden. 2 Der Absender haftet auch dann, wenn durch unsachgemäße Arbeiten das Schiff beschädigt wird, z. B. wenn bei einer Schrottverladung eine Spinne die Schiffsstrau zerstört oder wenn Getreide beim Einladen durch Ubersprühen mit Fischöl denaturiert wird und hierdurch Schäden am Schiff entstehen.3 Zwischen dem Frachtführer und dem vom Absender mit der Beladung des Schiffes beauftragten Personen besteht grundsätzlich kein Vertrags Verhältnis. Der Schiffseigner wird jedoch in die Schutzwirkung des Umschlagvertrages einbezogen und erwirkt im Falle der Beschädigung des Schiffes durch die Beschäftigten des Umschlagunternehmens einen Anspruch aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter i. V. m. §278 BGBl.4. Das Umschlagunternehmen muß sich in derartigen Fällen entlasten.5 Wäre der Schaden, den Beschäftigte des Umschlagunternehmens schuldhaft herbeigeführt haben, auch bei sachgemäßer Beladung entstanden, entfällt ein Ersatzanspruch des Schiffseigners. Diese entlastenden Umstände hat der Umschlagunternehmer darzutun und notfalls zu beweisen.6 Neben vertraglichen Ansprüchen können auch deliktische Ansprüche geltend gemacht werden. 12 b) Soweit der Frachtführer seine Mitwirkungspflichten bei der Beladung verletzt hat, kann ihn ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verschulden oder ein seinen eigenen Schaden minderndes mitwirkendes Verschulden (§254 BGB) treffen. Im Rahmen seiner Pflichten, die Ladung zu stauen, haftet er umfassend. 11
2 Köln VersR 1968, 295. 3 Hamburg VersR 1972, 1114. 4 O L G Köln VersR 1967, 553 = ZfB 1967, 174; VersR 1968, 295; a.a.O. Einf. Rdn. 32. 5 Bemm-Kortendick, a.a.O. Einf. Rdn. 31. 6 B G H VersR 1980,.573.
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Bemm-Kortendick,
Bewirkung der Verladung der Güter
§41
Nach den §§ 276, 278 BGB haftet er für Verschulden seiner Schiffsbesatzung und beschränkt nach den §§ 3, 4 für Verschulden der Schiffsbesatzung in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen. Der Schiffsführer ist schließlich im Rahmen der §§ 7 ff. dem Absender und Empfänger der Güter verantwortlich. 8. Vereinbarungen über die Beladung In der Binnenschiffahrt werden häufig Vereinbarungen über die Anlieferung 1 3 und Verladung der zu befördernden Güter getroffen, weil die Verladung in aller Regel durch Umschlagunternehmen erfolgt. Nach den Allgemeinen Verladebedingungen hat der Absender regelmäßig lose und gepackte Güter in das Schiff zu liefern. Vielfach findet sich in Frachtverträgen die Klausel: „freies Ein- und Ausladen". Diese Klausel entbindet den Frachtführer von jeder Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Einladung der Güter. Wirkt die Schiffsbesatzung gleichwohl mit, kann sie ihre Tätigkeit jederzeit einstellen, ohne dafür Nachteile befürchten zu müssen. Die Klausel „frei Ankunftsschiff" regelt nur die Verteilung der Kosten zwischen Absender und Empfänger. Die Klausel besagt nichts über das Rechtsverhältnis zum Frachtführer. Die Klausel „frei an Bord" wiederholt nur die gesetzliche Regel des §41. Ebenso verhält es sich mit der Klausel „frei Schiff". Der Absender hat jeweils die Kosten der Beladung zu tragen. Anders ist die Klausel „ab Waggon" zu verstehen. In Abweichung von der gesetzlichen Regelung hat der Absender die Güter nicht auf oder in das Schiff, sondern nur an das Schiff zu liefern. Die Kosten der Ausladung der Waggons und der Beladung des Schiffes trägt der Frachtführer. Die Klausel „alle Kosten bzw. Extrakosten einbegriffen" bedeutet für eine bestimmte Frachtrate, daß diese alle Kosten der Schiffsbewegung abgilt, nicht aber sonstige Schiffahrtsabgaben.7 Die Klausel „für Stückzahl und Gewicht ist der Schiffer nicht verantwortlich" stellt den Frachtführer nicht von jeder Verantwortlichkeit frei. Der Absender kann den Nachweis führen, daß der Schaden auf einem Verschulden des Frachtführers oder seiner Erfüllungsgehilfen beruht. 9. Die Beweislast Wer eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung über die 14 Beladung eines Schiffes behauptet, trägt dafür die Beweislast. Wer aufgrund einer Verletzung vertraglicher Pflichten oder aus Delikt (z. B. Eigentumsverletzung) Schadensersatz fordert, trägt die Behauptungs- und Be7 Gutachten der Schifferbörse vom 30. 5. 1960 Nr. 15.
229
§42
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
weislast. Umgekehrt muß der Schädiger mitwirkendes Verschulden des Geschädigten behaupten und beweisen. Für den Umfang der Ladung ist der Absender beweispflichtig. 8
§42 (1) Der Frachtführer hat die ihm hinsichtlich der Beladung obliegenden Arbeiten mit tunlichster Beschleunigung auszuführen. Zur Übernahme der Güter an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen ist er nicht verpflichtet, es sei denn, daß ein Notfall vorliegt. (2) Ist über die Zeit, binnen welcher der Frachtführer den Transport bewirken soll, im Frachtvertrage nichts bedungen, so ist die Reise binnen einer den Umständen des Falles angemessenen Frist anzutreten. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die tunliche Beschleunigung . . . . 3. Die Durchführung der Verladearbeiten
1
1 2-4
4. Der Reiseantritt 5. Anderweitige Vereinbarungen 6. Die Beweislast
Rdn. 9-12 13 14
5-8
1. Allgemeines Im Seerecht wrd nach § 568 H G B die zeitliche Durchführung der Beladung entweder durch vertragliche Vereinbarungen oder örtliche Verordnungen des Abladungshafen und in Ermangelung derer durch den daselbst bestehenden Ortsgebrauch bestimmt. Besteht auch ein solcher Ortsgebrauch nicht, so gilt als Ladezeit eine den Umständen des Falles angemessene Frist. Demgegenüber ist das Binnenschiffahrtsrecht weniger differenziert. Die Verhältnisse sind überschaubar und unproblematisch. Das Gesetz kommt daher in §42 Abs. 1 Satz 1 mit der Bestimmung aus, daß der Frachtführer die ihm nach §41 obliegenden Arbeiten mit tunlichster Beschleunigung auszuführen hat. In aller Regel erfolgt die Beladung des Schiffs durch Umschlagunternehmer oder vom Absender mit eigenen Arbeitskräften. Auf den Fortgang dieser Arbeiten hat der Frachtführer keinen unmittelbaren Einfluß. Zur Beschleunigung der Arbeiten kann er daher in aller Regel wenig beitragen. Sein Pflichtenkreis ist daher entsprechend beschränkt. Soweit Mitwirkungspflichten des Frachtführers bestehen, greift §42 selbstverständlich ein. Durch § 42 soll der Frachtführer veranlaßt werden, die ihm obliegenden Arbeiten so bald wie möglich zu beenden. Das gilt für die gesamten Einladungsarbeiten.
8 Z u r Haftung bei Umschlagarbeiten vgl. oben Rdn. 11.
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Ausführung der Beladungsarbeiten - Reiseantritt
§42
2. Die tunliche Beschleunigung a) D e m Frachtführer wird nach § 4 1 A b s . 1 Satz 1 eine den U m s t ä n d e n des 2 Einzelfalles R e c h n u n g tragende beschleunigte Erledigung seiner Arbeiten vorgeschrieben. Das G e s e t z verlangt aber weder das höchstmögliche T e m p o n o c h eine außergewöhnliche Beschleunigung, sondern lediglich eine nach den jeweiligen U m s t ä n d e n g e h ö r i g e schnelle B e l a d u n g unter Vermeidung schuldhafter Verzögerungen. b) D i e tunliche Beschleunigung verlangt, daß das Schiff nach dem Schiffsattest 3 gehörig besetzt ist. Z u r Beschleunigung der Beladung kann der Absender vom Frachtführer keine Verstärkung der Schiffsbesatzung verlangen. D e r A b s e n d e r m u ß mit der durch das Schiffsattest vorgegebenen Besatzung auskommen. D i e vorhandene Schiffsbesatzung m u ß ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt geschickt und zügig ausführen. D a z u m u ß sie v o m Schiffsführer angehalten werden, der darüber hinaus verpflichtet ist, die gesamten Beladungsarbeiten laufend sorgfältig zu kontrollieren. E r m u ß darauf achten, daß so viel „geschafft wird, als die ordnungsgemäße Besatzung gehörig leisten k a n n " . 1 D e r Schiffsführer braucht selbst keine unmittelbaren Arbeiten an der Ladung vorzunehmen. E r darf seine Tätigkeit auf die K o n t r o l l e der V e r l a d e a r b e i t e n beschränken. c) D e r Frachtführer m u ß für die Beladungsarbeiten, soweit sie ihm vertraglich 4 oder kraft Gesetzes obliegen, die Schiffsmannschaft zur Verfügung stellen. F e h len Besatzungsmitglieder oder fallen Besatzungsmitglieder zeitweilig, z. B . durch Krankheit oder Behinderung aus, m u ß er für E r s a t z k r ä f t e sorgen. Ist das nicht möglich, m u ß er den Ladungsbeteiligten die durch ihr Einspringen mit eigenen Arbeitskräften entstandenen Aufwendungen nach Auftragsregeln erstatten.
3. Die Durchführung der Beladung a) F ü r die Beladung des Schiffes m u ß der Frachtführer in Ermangelung abwei- 5 chender Vereinbarungen nach allgemeinem S c h i f f a h r t s b r a u c h nur innerhalb der o r t s ü b l i c h e n A r b e i t s z e i t , d. h. in der Zeit von 6 . 0 0 bis 1 8 . 0 0 U h r zur Verfügung stehen. B e i m U m s c h l a g von Gütern in D u i s b u r g - R u h r o r t stellt die Schiffahrt den Schiffsraum z u m Laden und L ö s c h e n von 6 . 0 0 bis 2 0 . 0 0 U h r . Ein U m s c h l a g betrieb ist jedoch nicht verpflichtet, die Zeit auszunutzen. Wird auf Wunsch der Reederei das Laden und L ö s c h e n innerhalb der Lade- oder Löschzeit vorzeitig beendet und soll der Umschlagbetrieb deshalb Uberstunden machen, muß die Reederei die M e h r a u f w e n d u n g e n vergüten. 2 b ) Soweit der Frachtführer kraft Vertrages oder Gesetzes zur Beladung des 6 1 O L G Hamburg O L G Z 7, 161. 2 Gutachteii der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 24. 8. 1971, Handelsbräuche in der Rheinschiffahrt Nr. 34.
231
§42
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Schiffes verpflichtet ist, braucht er an den einzelnen Ladetagen nur Durchschnittsmengen einzuladen. Diese Durchschnittsmengen errechnen sich aus der Gesamtladezeit und dem Umfang der Ladung. Ist aus Gründen, die der Frachtführer zu vertreten hat, eine Verzögerung eingetreten, z. B. ein Unfall eines Besatzungsmitglieds, kann der Frachtführer durch verstärkten Einsatz, z. B. durch den Einsatz von Ersatzkräften an den folgenden Ladetagen, den Zeitverlust ausgleichen, wenn insgesamt eine Durchschnittsmenge der Ladung nicht unterschritten wird. Eine vom Frachtführer nicht zu vertretende Verzögerung braucht dieser nicht durch erhöhte Arbeitsleistungen einzuholen. 7 c) Entsprechend der für die Ladezeit geltenden Regelung des § 29 Abs. 3 bestimmt § 4 1 Abs. 1 Satz 2, daß der Frachtführer zur Übernahme der Güter an Sonn- und Feiertagen nicht verpflichtet ist, es sei denn, daß ein Notfall vorliegt. Zu den Tagen, an denen Güter nicht geladen werden müssen, wird man auch die heute allgemein arbeitsfreien Samstage rechnen müssen. Wann ein Notfall im Sinne des Gesetzes vorliegt, bestimmt sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles. Hierunter fallen nicht nur Hoch- und Niedrigwasser oder drohende Vereisung der Wasserstraßen, also Behinderungen der Schiffahrt, sondern auch erhebliche Nachteile aus der Natur oder Beschaffenheit der zu ladenden Güter, wie drohender Verderb von Waren infolge sommerlicher Temperaturen oder dringend notwendige Weiterverarbeitung zur Vermeidung nachteiliger chemischer Veränderungen des Gutes. Die besonderen Umstände müssen eine außergewöhnliche Beschleunigung der Beladung des Schiffes erfordern, damit das Gut innerhalb der vorgesehenen Fahrzeit den Empfänger erreicht. 8
d) Muß die Beladung eines Schiffes über die normale tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinaus durchgeführt werden, steht dem Frachtführer, dem Schiffseigner/Schiffsführer und der gesamten Schiffsbesatzung für ihre dabei stets notwendige Mitarbeit eine Uberstundenvergütung zu. Denn dem Frachtführer und der Schiffsbesatzung kann nicht zugemutet werden, die Mitarbeit bei der Beladung des Schiffs im Interesse des Absenders ohne besondere Vergütung über die normale Arbeitszeit hinaus durchzuführen. Der Frachtführer ist berechtigt, die Überstundenvergütung als Zuschlag zur Deckung der allgemeinen Geschäftsunkosten für alle Beteiligten zu erheben. Eine solche Überstundenvergütung kann auch bei vertraglich verkürzten Lade- und Löschzeiten verlangt werden. Die Höhe der Überstundenvergütung ist nach den Beschlüssen der Frachtenausschüsse und den für die Binnenschiffahrt geltenden Tarifverträgen zu ermitteln.
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Ausführung der Beladungsarbeiten - Reiseantritt
§42
4. Der Reiseantritt a) In §26 ist §428 Abs. 1 H G B nicht bezogen. Diese Vorschrift gilt daher 9 weder unmittelbar noch entsprechend für das Binnenschiffahrtsrecht. § 42 regelt die Zeit des Reiseantritts selbständig. Nach §42 Abs. 2 ist dann, wenn über die Zeit, binnen welcher der Transport zu bewirken ist, keine Vereinbarung getroffen ist, die Reise innerhalb einer den Umständen des Falles entsprechenden Frist anzutreten. Aus dem Wortlaut des § 42 folgt der dispositive Charakter der Vorschrift. Eine konkrete Vereinbarung geht der gesetzlichen Regelung vor. Dem Absender steht es aber nicht zu, beim Fehlen einer Vereinbarung durch eine einseitige Erklärung auf die Bestimmung der Reisezeit Einfluß zu nehmen. Nach der gesetzlichen Regelung kommt es für die Bestimmung der Zeit des Reiseantritts auf die Umstände des Einzelfalles an. b) Der Frachtführer darf den Antritt der Reise nicht schuldhaft verzögern. 10 War das Schiff im ganzen verfrachtet, hat der Frachtführer nach beendeter Beladung des Schiffes ohne Verzug die Reise anzutreten. Der Schiffsführer hat dafür zu sorgen, daß sein Schiff nicht überladen ist. Er darf daher bestimmen, wann die Beladung beendet ist. Ist im Frachtvertrag „volle L a d u n g " vereinbart, ist eine Verständigung zwischen dem Frachtführer und dem Absender erforderlich. Handelt es sich um die Beförderung von Stückgütern, darf der Frachtführer auf die Belange anderer Absender gebührend Rücksicht nehmen. Wird nur eine Teilladung angeliefert, steht es nach § 35 im freien Belieben des Frachtführers, ob er mit der unvollständigen Ladung die Reise antreten oder ob er noch weiter auf Ladung warten will. Eine schuldhafte Verzögerung der Reise kann nicht angenommen werden, wenn der Antritt der Reise durch H o c h - oder Niedrigwasser oder E i s g a n g behindert ist. Die Sicherheit von Menschen, Schiff und Ladung hat absoluten Vorrang vor Geschwindigkeit. Der Frachtführer hat im Rahmen nautischer Pflichten die jeweiligen Witterungs- und Wasserstandsverhältnisse sorgfältig zu beachten. c) N a c h § 62 Abs. 1 haftet der Frachtführer für den durch die verspätete Ab- 1 1 lieferung des Gutes entstandenen Schaden, der durch die Sorgfalt eines ordentlichen F r a c h t f ü h r e r s nicht abgewendet werden konnte. Der Frachtführer hat nach dem Fahrtantritt auch die weitere D u r c h f ü h r u n g der Reise ohne schuldhafte Verzögerung vorzunehmen. Die Sicherheit von Menschen, des Schiffes und der Ladung hat dabei Vorrang. Unnötige Aufenthalte sind unzulässig. Abweichungen von der direkten Fahrtroute zur Aufnahme weiterer Beiladung sind zulässig, wenn hierdurch die Durchführung der zunächst vereinbarten Reise nicht unzumutbar verzögert wird. Besteht die Gefahr, daß durch die Übernahme einer Beiladung das Schiff im Kanal festliegen könnte, darf eine solche Wasserstraße nicht aufgesucht werden. d) Der Frachtführer ist mangels besonderer Vereinbarungen nicht verpflichtet, 1 2 233
§42
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
über nicht verschuldete Aufenthalte Meldungen zu machen. Der Absender kann aber über Funktelefon den Standort des Schiffes jederzeit feststellen. e) N a c h §131 Abs. 1 findet §42 keine Anwendung auf Schiffe, die nur zu Fahrten innerhalb desselben Ortes bestimmt sind. Für diesen O r t s - u n d H a f e n verkehr gelten die allgemeinen Vorschriften des B G B (§§ 323, 645 B G B ) .
5. Anderweitige Vereinbarungen 13
§41 ist dispositiver Natur. In Frachtverträgen können daher individuelle Bestimmungen ausgehandelt werden. In Verfrachtungsbedingungen finden sich allgemeine Bestimmungen über die Beladung der Schiffe und den Reiseantritt. Derartige anderweitige Vereinbar u n g e n gehen der gesetzlichen Regelung vor. In Frachtverträgen wird häufig vereinbart, daß der Frachtführer gegen Erstattung von Uberstundengeldern zur Mitwirkung bei der Beladung des Schiffes auch an Sonn- und Feiertagen verpflichtet ist. In den Verfrachtungsbedingungen wird aber regelmäßig die Übernahme der Frachtgüter außerhalb der üblichen oder tariflichen Arbeitszeit - ausgenommen Notfälle - abgelehnt. Ebenso wird die Übernahme einer festen Lieferzeit oder einer bestimmten Zeit, innerhalb der die Reise anzutreten oder durchzuführen ist, abgelehnt, weil die Dauer der Reisezeit durch Witterungs- und Wasserstandsverhältnisse beeinflußt wird. Bei der Vereinbarung einer Ablieferungsfrist schließt der Vorbehalt „freie und ungehinderte Schiffahrt" Ansprüche von Verzögerungen durch Witterung und Wasserstand aus.
6. Die Beweislast 14
Wird Schadensersatz verlangt, weil der Frachtführer die Beladung nicht mit tunlicher Beschleunigung durchgeführt hat, muß der Geschädigte dartun und beweisen, daß der Frachtführer seine allgemeinen Sorgfaltspflichten verletzt hat, sei es, daß die Schiffsbesatzung unvollständig war, sei es, daß die Mitarbeit der Schiffsbesatzung ungenügend gewesen ist. Steht Schadensersatz wegen verspäteten Reiseantritts oder schuldhafter Verzögerung der Reise in Rede, trägt der Absender die Beweislast für die schuldhaften Verzögerungen. Sollten Güter wegen eines Notfalls an einem Sonn- oder Feiertag geladen werden und ist das abgelehnt worden, hat der Absender alle konkreten U m stände aufzuzeigen und zu beweisen, die die Überzeugung eines Notfalls vermitteln. Verlangt der Frachtführer wegen geleisteter Überstunden eine Vergütung, trägt er die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen und die Höhe der Vergütung. Angefangene Stunden sind dabei als volle Stunden abzurechnen. Alle von der gesetzlichen Regelung abweichenden Vereinbarungen hat ohne Rücksicht auf die Parteistellung derjenige zu beweisen, der sich auf eine solche Abrede beruft. 234
Annahme anderer als der vertragsmäßigen Güter
§43
§43 Der Frachtführer muß statt der vertragsmäßigen andere von demselben Absender nach dem Ablieferungsorte ihm angebotene Güter annehmen, wenn dadurch seine Lage nicht verschlechtert wird. Übersiebt 1. Allgemeines 2. Anderweitige Vereinbarungen 3. Die Auswahl von Ersatzgütern
Rdn. 1 2 3
Rdn. 4. Die Verschlechterung der Lage des Frachtführers 5. Der Verlust der Frachtgüter 6. Die Beweislast
4—6 7 8
1. Allgemeines Es ist in der heutigen Praxis der Binnenschiffahrt selten geworden, daß der 1 Absender Ersatzgüter anliefern muß, um seinen vertraglichen Pflichten zur Anlieferung der Frachtgüter nachzukommen. Ein erheblicher Teil des Frachtaufkommens wird im Werksverkehr mit einer eigenen Flotte abgewickelt. Ein weiterer Teil des Frachtaufkommens wird mittels Fahrzeugen befördert, die in Charter für größere Schiffahrtsunternehmen fahren und die Güter entsprechend den Dispositionen der Reedereien zu laden haben. Das sonstige Frachtaufkommen, insbesondere der Stückgutverkehr, unterliegt sorgfältig geplanten Dispositionen. Schon wegen der Konkurrenz von Schiene und Straße müssen Beförderungsleistungen genau vorgeplant und zügig abgewickelt werden. §43 ist aber nicht nur ein Relikt einer verflossenen Epoche, sondern kann durchaus im Einzelfall Bedeutung haben. Im Seerecht findet sich in § 562 Abs. 1 H G B eine gleichlautende Bestimmung. Die Pflicht zur Beförderung von Ersatzgütern besteht dort nicht, wenn die Güter im Vertrag nicht bloß nach Art oder Gattung, sondern speziell bezeichnet sind.
2. Anderweitige Vereinbarungen §43 hat dispositive Bedeutung und kommt so den besonderen Verhältnissen 2 der Binnenschiffahrt entgegen. In der Binnenschiffahrt wird in Verlade- und Transportbedingungen häufig eine Substitutionsbefugnis des Absenders festgeschrieben, wie man sie im Seerecht in Charterpartien findet. Dort wird die Substitutionsverpflichtung ausdrücklich festgestellt und abgegrenzt, was wegen der vom Empfänger zu zahlenden Fracht besonders bedeutsam ist. Andererseits kommen Verlade- und Transportbedingungen vor, in denen vereinbart ist, daß der Absender statt der vertragsmäßigen Güter andere Güter zu dem vereinbarten Ablieferungsort nur dann abliefern darf, wenn eine vorherige ausdrückliche Genehmigung des Frachtführers erfolgt ist. Wird eine solche Klausel vereinbart, besteht keine Pflicht des Frachtführers zum Transport von 235
§43
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Ersatzgütern ohne Genehmigung. Es ist im übrigen eine Frage der Auslegung des Frachtvertrages, ob der Frachtführer im Einzelfall nicht verpflichtet sein soll, Ersatzgüter anzunehmen. O b der Vertrag eine solche Bedeutung hat und die Beteiligten mit ihren Erklärungen eine solche Abrede verbinden wollten, muß aus den konkreten Umständen ermittelt werden. In der Regel reicht die Bezeichnung der Frachtgüter im Frachtvertrag nicht aus. Die Absicht der Beteiligten muß durch sonstige Umstände konkret hervorgetreten sein. Diese Umstände brauchen sich aber nicht im Frachtvertrag niedergeschlagen zu haben. Die Beteiligten können ihre Absicht auch in sonstiger Weise manifestiert haben.
3. Die Auswahl von Ersatzgütern 3
Ist keine gegenteilige Abrede getroffen worden, muß der Frachtführer Ersatzgüter zur Beförderung annehmen. In aller Regel werden im Frachtvertrag bestimmte Güter genannt. Statt ihrer können Ersatzgüter angeliefert werden. Bei M a s s e n g ü t e r n wird oft eine Ladungsmenge annäherungsweise festgelegt. Gerade bei Massengütern werden die jeweiligen Wasserstände berücksichtigt, wenn die Fahrzeuge voll abgeladen werden. Werden Ersatzgüter zur Beförderung angeliefert, muß der Absender entsprechend bei der Auswahl der Ersatzgüter und ihres Umfangs auf den Wasserstand Rücksicht nehmen. In allen Fällen muß der Absender bei der Auswahl der Ersatzgüter auf die Bauart und die Eignung des Schiffs Rücksicht nehmen, damit die Ladung ohne Risiken und besondere Schwierigkeiten befördert werden kann.
4. Die Verschlechterung der Lage des Frachtführers 4
Enthält der Frachtvertrag die Verpflichtung zur Beförderung bestimmter Frachtgüter oder Güter, die nur nach Art und Gattung bezeichnet sind, muß der Frachtführer nach dem Willen des Gesetzes statt der vertragsgemäßen andere Frachtgüter des Absenders zur Beförderung annehmen. Eine §562 Abs. 2 H G B entsprechende Vorschrift fehlt.
5
a) Voraussetzung für die Verpflichtung des Frachtführers zur Beförderung der Ersatzgüter ist die Identität des Lade- und Ablieferungsortes. Der Absender kann nicht verlangen, daß Ersatzgüter entweder an einem anderen Ladeort als zuvor vereinbart angenommen werden, noch kann die Beförderung zu einem ganz anderen Bestimmungsort verlangt werden. Auch mehrere Lade- und Löschorte brauchen nicht hingenommen zu werden. Die Löschstelle am Abliefer u n g s o r t braucht jedoch nicht übereinzustimmen, wenn hierdurch nicht besondere Interessen des Frachtführers berührt werden.
6
b) Ferner darf keine Verschlechterung der Lage des Frachtführers eintreten. Unter einer Verschlechterung der Lage des Frachtführers ist jede ungünstige Gestaltung der tatsächlichen und rechtlichen Lage des Frachtführers zu verstehen. Der Frachtführer braucht keine Nachteile durch den Austausch der Frachtgüter hinzunehmen; denn nach dem Gesetz kann ein Austausch nur von dem 236
Annahme anderer als der vertragsmäßigen Güter
§43
Frachtführer verlangt werden, wenn der Frachtführer kein Interesse haben kann, nur die ursprünglich in Aussicht genommenen Frachtgüter zu befördern, es also belanglos ist, ob die vertragsgemäßen oder andere Güter befördert werden. Eine Verschlechterung der Lage des Frachtführers kann durch die Beschaffenheit der Frachtgüter ausgelöst werden. Beispiele hierfür sind: Salz statt Getreide, Schrott statt Röhren, schmutzige Ladung statt reiner Ladung (Kies statt Zucker), Leichtgut statt Schwergut, gemischtes Gut statt einer einheitlichen Ladung, explosives Gut (Rapsschrotexpeller) statt Container. Ungünstig kann sich die Lage des Frachtführers auch durch verringerte Fracht gestalten. Ist keine Pauschalfracht vereinbart, kann durch ein geringeres Gewicht der Frachtgüter der Frachtführer benachteiligt werden. Das braucht er nicht hinzunehmen. Selbst wenn keine Frachtdifferenz auftritt, kann ein Nachteil zu besorgen sein, wenn die zur Beförderung angelieferten Frachtgüter in Ansehung seines gesetzlichen Pfandrechts (§ 26, § 440 H G B ) nur eine geringere Sicherheit bieten. Der Nachteil des Frachtführers kann auch in Schwierigkeiten bei der Beladung oder beim Löschen liegen. Sollen statt handlicher nunmehr sperrige Güter geladen werden, liegt der Nachteil auf der Hand. Die Ersatzgüter können aber auch besonderen Gefahren durch Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen unterliegen, so daß eine gesteigerte Ladungsfürsorge erforderlich ist. Auch eine derartige problematische Ladung braucht nicht anstelle von unproblematischen Gütern hingenommen zu werden.
5. Der Verlust der Frachtgüter Im Falle des Verlustes der Frachtgüter hat der Absender grundsätzlich die 7 Wahl, ob er den Frachtvertrag durch Anlieferung von Ersatzgütern erfüllen oder ob er sich auf die Regelung des § 68 N r . 2 berufen will. Nach § 68 N r . 2 tritt der Frachtvertrag außer Kraft, wenn die zu befördernden Güter durch Zufall verlorengehen, sofern sie nicht bloß nach Art und Gattung, sondern speziell im Frachtvertrag bezeichnet oder bereits verladen oder doch vom Frachtführer bereits übernommen waren.
6. Die Beweislast Der Frachtführer trägt für die Berechtigung seiner Weigerung aus vertragli- 8 eher Sicht, Ersatzgüter anstelle der vertragsmäßigen Güter zu befördern, z. B. im Falle einer Verschlechterung seiner Lage, die Beweislast, da das Gesetz von einer Verpflichtung des Frachtführers zur Beförderung von Ersatzgütern ausgeht. Die Beweislast erstreckt sich auch auf alle Vereinbarungen über den Ausschluß der Verpflichtung des Frachtführers sowie auf die Auslegung aller Vertragsbestimmungen. Den Absender trifft die Beweislast für alle sonstigen Voraussetzungen des §43. Danach muß der Absender die Identität des Lade- oder Löschplatzes sowie fehlende Erschwernisse des Frachtführers darlegen und beweisen. 237
§44
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
§44 (1) Ist die Beförderung mittels eines bestimmten Schiffes bedungen, so darf der Frachtführer die Güter nicht in ein anderes Schiff verladen oder umladen. Im Falle einer Zuwiderhandlung haftet er für jeden Schaden, in Ansehung dessen er nicht beweist, daß derselbe auch dann entstanden und dem Absender zur Last gefallen sein würde, wenn die Güter nicht in das andere Schiff verladen worden wären. (2) Ist die Beförderung mittels eines bestimmten Schiffes nicht bedungen, so darf der Frachtführer in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung bereits verladene Güter nicht ohne Erlaubnis des Absenders in ein anderes Schiff umladen, widrigenfalls er für allen infolge der Umladung entstehenden Schaden haftet. (3) Auf die Umladung in ein anderes Schiff, welche in Fällen der Not oder wegen niedrigen Wasserstandes erforderlich wird, sowie auf die übliche Umladung in Leichterschiffe an Hafenplätzen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Beförderung im Regelfall . . . . 3. Die Umladung aus einem vom Frachtführer ausgewählten Schiff . . 4. Die Beförderung mit einem bestimmten Schiff
1
Rdn. 1 2 3—4 5
Rdn. 5. Die Umladung aus einem bestimmten Schiff 6. Die zulässige Umladung aus einem besonderen Grund 7. Anderweitige Vereinbarungen . . . 8. Die Beweislast
6-7 8-9 10 11
1. Allgemeines Im Seerecht hat die Beförderung der Güter mit einem bestimmten Schiff aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen für den Absender besondere Bedeutung. Der Absender will wissen, mit welchem Schiff seine Güter befördert werden, weil die Eignung, das Alter, die Klasse und die Geschwindigkeit des Schiffs für seine Dispositionen wichtig sind. Auch spielt auf See eine Rolle, unter welcher Flagge die Güter befördert werden. Das gilt sowohl für den Raumfrachtvertrag als auch beim Stückgutverkehr außerhalb des Linienverkehrs. Im Binnenschiffahrtsverkehr ist es nicht die Regel, daß die Beförderung der Güter durch ein bestimmtes Schiff bedungen wird. Sowohl bei der Gesamtverfrachtung als auch bei der Stückgüterverfrachtung wird häufig das zur Beförderung vorzulegende Schiff im Frachtvertrag nicht näher bezeichnet.
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Umladung
§44
2. Die Beförderung im Regelfall H a b e n die Beteiligten im Frachtvertrag kein bestimmtes Schiff genannt, kann 2 der Frachtführer das Schiff frei bestimmen. Dabei hat er auf die Interessen des Absenders gehörig Rücksicht zu nehmen und eine sorgfältige Auswahl zu treffen. D a s Fahrzeug muß für den U m f a n g und die Beschaffenheit der Frachtgüter geeignet sein. Zur Beförderung nässeempfindlicher Güter genügt die Vorlage eines Schiffes mit Planenabdeckung, sofern nicht beim Abschluß des Frachtvertrages ausdrücklich die Vorlage eines Schiffes mit festem Lukendach vereinbart worden ist. 1 Selbstverständlich muß er ein fahr- und ladetüchtiges Schiff auswählen. Ist im Frachtvertrag das auszuwählende Schiff nur nach Gattung oder Art näher bestimmt (z. B . M o t o r g ü t e r s c h i f f , Schubleichter), ist der Frachtführer an diese Vereinbarung gebunden. Er haftet aus positiver Vertragsverletzung für alle Schäden, die auf der Benutzung eines anderen Schiffs beruhen. Ist die L a d u n g z. B. mit einem Schiff zu befördern, das mit einem wasserdichten Lukendach ausgerüstet ist, sind Schäden durch Regen oder Unwetter zu ersetzen, wenn das benutzte Schiff nur mit Persenningen abgedeckt werden kann.
3. Die U m l a d u n g aus einem v o m Frachtführer ausgewählten Schiff a) A u c h wenn der Frachtführer nach dem Frachtvertrag zunächst berechtigt 3 war, das Schiff frei auszuwählen, darf er nach Verladung der Frachtgüter gemäß § 44 A b s . 2 eine U m l a d u n g in ein anderes Schiff ohne Erlaubnis des Absenders nicht mehr vornehmen, es sei denn, es läge einer der in § 44 A b s . 3 genannten A u s n a h m e f ä l l e vor. 2 D a s Schuldverhältnis konzentriert sich auf das ausgewählte Schiff. Mit der Verladung der Frachtgüter ist die Wahl abgeschlossen. D e r A b sender braucht nicht die mit einer U m l a d u n g der Güter verbundenen Risiken hinzunehmen. A u c h sind sonstige Nachteile zu besorgen, wenn umgeladen wird. Allerdings können Rechte des Absenders gegen den Versicherer nicht gefährdet werden, wenn die Beförderung ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers geändert wird ( § 1 3 7 A b s . 2 W G ) . Im übrigen ist der Haftungsausschluß des Versicherers nach § 137 A b s . 1 W G zu beachten. N a c h dieser Vorschrift haftet der Versicherer nicht, wenn die versicherten Güter in anderer Art als mit dem im Versicherungsvertrag genannten Schiff befördert werden. § 1 3 7 W G gilt aber nicht, wenn im Versicherungsvertrag kein Schiff genannt ist oder der Versicherungsnehmer ein Wahlrecht zwischen mehreren Schiffen hat. 3 D a das G e s e t z den Ausschluß der U m l a d u n g an die Verladung anknüpft, wird man dem Frachtführer die Möglichkeit einräumen müssen, die weitere Verladung zu unterbrechen und für die noch nicht verladenen Güter ein anderes Schiff 1 O L G Köln ZfB 1989, 227. 2 Vgl. unten Rdn. 8 und 9. 3 Prölss-Martin, W G , §37 Anm. 1. 239
§44
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
zu bestimmen, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalles müßte ein besonderes Interesse des Absenders angenommen werden, daß die Ladung mit demselben Schiff befördert wird und einheitlich zu löschen ist. Insoweit besteht eine Parallele zu den Fällen, in denen die Ladung wegen Niedrigwasser auf zwei Fahrzeuge verteilt werden muß, weil das zu bestimmende Fahrzeug entgegen der Annahme beim Abschluß des Frachtvertrages nicht voll abgeladen werden kann. 4
b) H a t der Frachtführer die Güter ohne Erlaubnis des Absenders in ein anderes Schiff umgeladen, haftet er nach § 44 Abs. 2 dem Absender für den gesamten durch die Umladung entstehenden Schaden. Es handelt sich um einen gesetzlich geregelten Fall der positiven Vertragsverletzung.
4. Die Beförderung mit einem bestimmten Schiff 5
Der Frachtführer darf nach § 44 Abs. 1 Satz 1 die Güter weder in ein anderes Schiff verladen noch die Güter umladen, wenn im Frachtvertrag ein bestimmtes Schiff bezeichnet worden ist. Regelmäßig erfolgt die Bezeichnung des Binnenschiffs im Frachtvertrag durch Angabe des Schiffsnamens, der Tragfähigkeit und des Namens des Schiffsführers. Es stellt keine Entschuldigung dar, wenn der Frachtführer ein objektiv gleichoder höherwertigeres Schiff vorlegt, weil der Frachtführer nicht der Bestimmung im Frachtvertrag zuwiderhandeln und in die Dispositionen des Absenders eingreifen darf. Die Verwendung des bestimmten Schiffes ist Vertragsbestandteil. Mit der Möglichkeit, ein bestimmtes Schiff beladen zu können, kann der Frachtvertrag stehen und fallen. Geht das Schiff, mit dem die Reise zu erfolgen hat, verloren oder wird es so schwer beschädigt, daß die Reise nicht ohne eine umfassende Ausbesserung des Schiffes angetreten werden kann, tritt der Frachtvertrag nach § 68 N r . 1 außer Kraft.
5. Die Umladung aus einem bestimmten Schiff 6
a) Der Frachtführer hat unter keinen Umständen eine Umladebefugnis ohne Erlaubnis des Absenders, es sei denn, es läge ein Fall des § 44 Abs. 3 vor. 4 Das gilt auch im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes nach § 68 N r . 1. Erteilt der Absender die Erlaubnis und war im Versicherungsvertrag ein bestimmtes Schiff genannt, verliert er nach §137 Abs. 1 V G G den Versicherungsschutz.
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b) Der Frachtführer haftet nach § 44 Abs. 1 für jeden Schaden im Rahmen der §§ 249 ff. B G B , wenn er die Frachtgüter mit einem anderen als dem bedungenen Schiff befördert oder die Güter umlädt (§ 276 B G B ) . Die Haftung des Frachtführers ist eine unbeschränkt persönliche, so daß weder eine Beschränkung der Haftung nach § 4 noch nach den §§ 26, 58 i. V. m. § 440 H G B stattfindet. In der 4 Vgl. unten Rdn. 8 und 9.
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Umladung
§44
Regel wird Vorsatz oder bedingter Vorsatz vorliegen. A b e r auch fahrlässiges Handeln ist denkbar, wenn z. B . der Frachtführer irrtümlich das vorgelegte Schiff für das bestimmte Schiff hält. D e r Schaden des Absenders kann auch darin liegen, daß sich der E m p f ä n g e r weigert, die Frachtgüter aus einem anderen als dem vertragsmäßig bestimmten Schiff anzunehmen. M a n kann die W e i g e r u n g des E m p f ä n g e r s nicht als rechtsmißbräuchlich ansehen, weil er im Falle von Ansprüchen aus der Beschädigung der G ü t e r die Beweislast dafür trägt, daß der Frachtführer die G ü t e r in ordnungsgemäßem Zustand empfangen und die G ü t e r unvollständig oder beschädigt abgeliefert hat und welcher Schaden entstanden ist. A u f dieses Risiko braucht sich der E m p f ä n g e r nicht einzulassen, wenn die G ü t e r mit einem vertragswidrig benutzten Schiff befördert worden sind. E b e n s o soll der Fall liegen, wenn der Empfänger seine Weigerung darauf stützt, daß die Frachtgüter in dem E r s a t z s c h i f f nicht als versichert gelten, weil die Versicherung für die B e f ö r d e rung mit einem bestimmten Schiff abgeschlossen w a r . 5 N a c h § 137 A b s . 2 W G ist aber regelmäßig ein Versicherungsschutz gegeben, wenn ohne Kenntnis des Versicherungsnehmers die Beförderung mit einem anderen Schiff erfolgt, so daß die Meinung des Reichsgerichts als überholt angesehen werden m u ß . Ist aber im Einzelfall der Versicherungsschutz gefährdet, braucht sich der E m p f ä n g e r auf kein R i s i k o einzulassen und kann die A b n a h m e verweigern, o h n e R e c h t s n a c h teile befürchten zu müssen.
6. Die zulässige Umladung aus besonderem Grund a) In Fällen der N o t ist eine U m l a d u n g der Ladung ohne Erlaubnis des A b s e n - 8 ders nach § 44 A b s . 3 zulässig. N a c h § 137 A b s . 2 W G wird hierdurch auch nicht der Versicherungsschutz gefährdet. U n t e r N o t ist ein Ereignis zu verstehen, das die weitere D u r c h f ü h r u n g der geplanten oder angetretenen Reise nicht nur unwesentlich behindert. D e r N o t fall kann das Schiff, die Ladung oder beide betreffen. Hierhin gehören S c h i f f s unfälle, die z u m A b b r u c h der Reise zwingen oder Gefahren für die Ladung, z. B . die E n t w i c k l u n g explosiver Gase durch die Beschaffenheit der Ladung, die zur Entladung und Behandlung des Gutes nötigt. b) P l ö t z l i c h fallendes Wasser kann die U m l a d u n g erforderlich machen. D i e sen Fall erfaßt § 137 A b s . 2 W G nicht. Tritt ein solcher Fall ein, braucht die Erlaubnis des Absenders nicht eingeholt zu werden. A u f N i e d r i g w a s s e r kann sich der Frachtführer nicht berufen, wenn zur Zeit des Abschlusses des Frachtvertrages über ein bestimmtes Schiff das Niedrigwasser bereits bestand und eine Besserung des Wasserstandes nicht in Aussicht stand oder fallendes Wasser vorhersehbar war. D e n n jeder Frachtführer und jeder 5 RGZ 28, 15. 241
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§44
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Schiffsführer muß sich über die Wasserstände auf den von ihm zu befahrenden Wasserstraßen durch die täglichen Wasserstandsnachrichten informieren. Das Schiff muß so abgeladen werden, daß es unter Berücksichtigung der vorhersehbaren Wasserstände die Reise sicher durchführen kann, ohne leichtern zu müssen.
7. Anderweitige Vereinbarungen 10
§44 ist dispositiver Natur. Die Beteiligten des Frachtvertrages können im Rahmen der Vertragsfreiheit andere Regelungen vereinbaren. So findet sich in Verlade- und Transportbedingungen gelegentlich die Klausel, daß eine Umladung der Güter auch bei Beförderung mit einem bestimmten Schiff zulässig sein soll, ohne daß der Absender Schadensersatzansprüche auf den Fall einer Umladung stützen kann. Ebenso finden sich Klauseln, durch die dem Frachtführer die Befugnis eingeräumt wird, bereits verladene Güter aus einem vom Frachtführer ausgewählten Schiff ohne Erlaubnis des Absenders ganz oder teilweise in gleichwertige Schiffe umzuladen, wenn das der Schiffsbetrieb erfordert. Auch die U m ladung in Leichter-, Lager- und Windenschiffe wird gelegentlich vorbehalten. Es kommen auch allgemeine Umladeklauseln vor, die dem Frachtführer die Befugnis einräumen, die Güter jederzeit in ein anderes Schiff umzuladen. Ist die Umladung aufgrund einer Vereinbarung in Verlade- und Transportbedingungen zulässig, trägt der Frachtführer die im Falle einer Umladung entstehenden Kosten ebenso wie etwaige Überliegegelder. Verlangt der Absender die Umladung, trägt selbstverständlich er die Kosten. Wird im Frachtvertrag „ A b l a d u n g auf Wasserstand" vereinbart, darf der Absender das Schiff entsprechend dem Wasserstand zur Zeit der Beladung unter Berücksichtigung des erforderlichen Sicherheitsabstandes abladen. Der Sicherheitsabstand wird üblicherweise mit 30 cm angenommen. Bei fallendem Wasser sind entsprechende Zuschläge zu machen. Dabei orientiert sich die Schiffahrt an bestimmten Richtpegeln. Das damit verbundene Risiko, bei fallendem Wasser leichtern zu müssen, trägt in derartigen Fällen der Absender. Eine solche Klausel kann auch stillschweigend vereinbart werden, wenn nach der Übung der beteiligten Verkehrskreise auf bestimmten Strecken allgemein eine Umladung erfolgt und dies dem anderen Teil hätte bekannt sein müssen.
11
Verlangt der Absender Schadensersatz, weil die Ladung ohne seine Erlaubnis umgeladen worden ist, muß er das vertragswidrige Verhalten des Frachtführers darlegen und beweisen. Den Frachtführer trifft dann dafür die Beweislast, daß der Schaden auch entstanden und dem Absender zur Last gefallen wäre, wenn die Frachtgüter nicht in ein anderes Schiff verladen oder umgeladen worden wären. Zu bedenken ist jedoch, daß die pflichtwidrige Handlung des Frachtführers weder hinsichtlich des Schadens, der Kausalität noch der Schadenshöhe eine Beweislastumkehr zu seinem Nachteil rechtfertigt.
8. Die Beweislast
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Schadensersatzpflicht des Absenders für Gesetzesverstöße
§45
§45 (1) D e r Absender, welcher unrichtige A n g a b e n über die verladenen G ü t e r macht oder G ü t e r zur Verladung bringt, deren A u s f u h r oder deren E i n f u h r in den Ablieferungsort verboten ist, oder welcher bei der Verladung die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die Polizei-, Steuer- oder Zollgesetze übertritt, wird, sofern ihm dabei ein Verschulden zur L a s t fällt, nicht bloß dem Frachtführer, sondern auch den übrigen Ladungsbeteiligten, den beförderten Personen u n d der Schiffsbesatzung f ü r den durch seine H a n d l u n g s weise veranlaßten Schaden verantwortlich. (2) D a d u r c h , daß er mit G e n e h m i g u n g des Frachtführers gehandelt hat, wird seine Verantwortlichkeit den übrigen Personen gegenüber nicht ausgeschlossen. (3) E r k a n n aus der Einziehung der G ü t e r keinen G r u n d herleiten, die Z a h l u n g der Fracht zu verweigern. (4) Gefährden die G ü t e r das Schiff oder die übrige L a d u n g , so ist der F r a c h t f ü h r e r befugt, dieselben an das L a n d zu setzen oder in dringenden Fällen über B o r d zu werfen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Bezeichnung der Frachtgüter . . 3. Die Haftung des Absenders für die Bezeichnung der Frachtgüter . . . . 4. Die Gefahrenabwehr 5. Die Haftung des Absenders für die
Rdn. 1 2-4 5-8 9
Rdn. Beachtung der Zollvorschriften und die Begleitpapiere 6. Der Ausschluß der Haftung des Frachtführers 7. Die Beweislast
10-11 12 13-16
1. Allgemeines §45 Abs. 1 geht von dem sich aus §242 B G B ergebenden Grundsatz aus, daß 1 der Absender aus dem Frachtvertrag verpflichtet ist, den Frachtführer über alle für seine Entschließungen wichtigen oder bedeutsamen Tatsachen vollständig und umfassend aufzuklären. Der Frachtführer hat ein erhebliches Interesse daran, daß ihm die F r a c h t g ü t e r der Art, der Beschaffenheit und auch dem Umfang nach richtig bezeichnet werden. Dies ist nicht nur für die H ö h e der dem Frachtführer zustehenden Fracht (§ 63) sowie für seine Haftung (§§ 58, 73, 74), sondern vor allem für die Sicherheit seines Schiffes und für die ungefährdete Durchführung der Reise von Bedeutung. Verletzt der Absender schuldhaft seine Aufklärungspflichten, haftet er nach § 45 Abs. 1 nicht nur dem Frachtführer, sondern auch den übrigen Ladungsbeteiligten, den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung, für den dadurch verursachten Schaden. Es handelt sich der Systematik nach im Verhältnis zum Frachtführer um einen gesetzlich geregelten Fall der positiven Vertragsverletzung. Der Frachtvertrag hat kraft Gesetzes Schutzwirkung gegenüber den vorgenannten Personengruppen.
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§45
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
D i e gesetzliche Regelung des Binnenschiffahrtsrechts entspricht im wesentlichen der seerechtlichen Regelung der §§ 5 6 3 , 564 H G B . D o r t ist bestimmt, daß der A b s e n d e r für falsche A n g a b e n über die A r t und Beschaffenheit der G ü t e r nach Verschuldensgrundsätzen haftet, Befrachter und Ablader für ihre Angaben über M a ß , Zahl und G e w i c h t sowie über Merkzeichen dem Verfrachter nach Gewährleistungsgrundsätzen, den übrigen in § 5 1 2 A b s . 1 H G B bezeichneten Personen jedoch nur z u m Ausgleich des Schadens verpflichtet sind, der auf eigenem Verschulden beruht.
2. Die Bezeichnung der Frachtgüter 2
a) D e r Absender ist verpflichtet, den Frachtführer über alle bedeutungsvollen E i g e n s c h a f t e n der F r a c h t g ü t e r hinzuweisen. Es k o m m t auf die Pflichten eines sorgfältigen Absenders an. O b eine bedeutungsvolle Eigenschaft anzunehmen ist, ist aus objektiver Sicht zu beurteilen und zwar danach, wie ein sorgfältiger A b s e n d e r in der konkreten Situation die G ü t e r beurteilt und den Frachtführer aufgeklärt hätte. D a b e i dürfen die Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden. Was bei nachträglicher Beurteilung erstmals einem Sachverständigen als wesentlich erscheint, m u ß außer B e tracht bleiben. N u r bekannte U m s t ä n d e oder solche Eigenschaften, die ins Auge hätten springen oder sich hätten aufdrängen müssen, sind mitteilungspflichtig. Aus der Sicht des Absenders sind alle Eigenschaften als bedeutsam einzustufen, die geeignet sein k ö n n t e n , die Besatzung, das Schiff und andere Frachtgüter zu gefährden. Selbstverständlich muß der Absender auf eine etwaige Gefährlichkeit der G ü t e r hinweisen, insbesondere wenn diese im Verkehr selten v o r k o m men und diese Besonderheit dem Absender bekannt sein mußte 1 . D e r Absender kann nicht damit rechnen, daß dem Frachtführer oder der Schiffsbesatzung die Gefahren bekannt sind. Eine Sach- oder Warenkunde kann der A b s e n d e r vom Frachtführer nicht erwarten 2 .
3
F ü r den T r a n s p o r t gefährlicher G ü t e r gelten speziell die Vorschriften des A D N R , durch die im einzelnen geregelt wird, worauf der Frachtführer hinzuweisen ist. D e r Frachtführer ist an richtigen Angaben über die A r t und Beschaffenheit der G ü t e r schon deshalb interessiert, um die G ü t e r richtig stauen zu k ö n n e n . So müssen C o n t a i n e r möglichst so gestaut werden, daß der Schwerpunkt des Schiffes tief liegt. Schwere C o n t a i n e r müssen deshalb möglichst unmittelbar auf der Schiffsstrau abgestellt werden.
4
b) D i e B e z e i c h n u n g der A r t der F r a c h t g ü t e r hat nach der verkehrsüblichen gattungsmäßigen Bezeichnung zu erfolgen. Gefährliche G ü t e r sind entsprechend dem A D N R zu bezeichnen.
1 RGZ 20, 79; 93, 163. 2 RGZ 141, 315. 244
Schadensersatzpflicht des Absenders für Gesetzesverstöße
§45
3. D i e H a f t u n g des Absenders für die B e z e i c h n u n g der G ü t e r a) Macht der Absender schuldhaft unrichtige Angaben über die verladenen 5 Güter oder unterläßt er erforderliche Hinweise und Mitteilungen, haftet er dem Frachtführer für den dadurch verursachten Schaden. Schuldhaften unrichtigen Angaben stehen unterlassene Mitteilungen gleich, wenn der Absender die schädigenden oder gefährlichen Eigenschaften der Frachtgüter kennt 3 . Hat sich der Absender bei der Erfüllung seiner Vertragspflichten Dritter bedient, muß er sich das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen nach §278 BGB zurechnen lassen4. b) Die Ersatzpflicht des Absenders gegenüber dem Frachtführer entfällt, wenn der Frachtführer das vertragswidrige Verhalten des Absenders genehmigt hat (§ 45 Abs. 2). Ist die Verladung abgeschlossen und weist nunmehr der Absender auf bedeutsame Eigenschaften der Ladung hin, liegt es beim Frachtführer, die Ausladung der Güter zu verlangen. Schweigt er, und tritt er die Reise an, liegt darin die stillschweigende Genehmigung des Verhaltens des Absenders. Entgegen der in der Vorauflage vertretenen Ansicht braucht sich der Frachtführer eine Genehmigung des Schiffsführers nicht entgegenhalten zu lassen; denn die seerechtliche Vorschrift des §562 Abs. 2 HGB, die für diese Ansicht angeführt worden ist, besagt das nicht. Auch die Vertretungsbefugnis des Kapitäns nach § 527 H G B läßt eine Einflußnahme des Kapitäns auf Frachtverträge des Reeders/Verfrachters nicht zu. Im Falle einer Genehmigung des Frachtführers bleibt die Ersatzpflicht des Absenders gegenüber den übrigen Ladungsbeteiligten, den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung unberührt. c) Aus dem Gesetz läßt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß auch 6 den Ablader die in § 45 bestimmten Schutzpflichten treffen 5 . Da es sich bei § 45 um vertragliche Schutzpflichten handelt, der Ablader aber in keinem Vertragsverhältnis zum Frachtführer steht, sind vertragliche Pflichten auf den Ablader nicht anwendbar. Dem Ablader obliegen aber allgemeine Verkehrssicherungspflichten, wenn er Güter zur Verladung auf oder in das Schiff liefert, von denen er weiß, daß ihre Eigenschaften der Schiffsbesatzung, anderen Personen, dem Schiff oder anderen Gütern gefährlich werden können. Insoweit greift § 823 Abs. 1 und 2 BGB unmittelbar ein. d) Die Ersatzpflicht des Absenders gegenüber dem Frachtführer - nicht aber 7 gegenüber den sonstigen Interessenten - kann nach § 254 BGB dadurch eingeschränkt oder auch völlig beseitigt werden, daß der Frachtführer es unterläßt, die ihm möglichen Maßnahmen zur Beseitigung oder Verminderung des gefährlichen Zustandes der Frachtgüter zu treffen. In diesem Rahmen muß der Fracht3 RGZ 93, 193. 4 B G H Z 13, 11; B G H VRS 1960, 101. 5 Vgl. dazu R G Z 93, 163.
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4. Abschnitt. Frachtgeschäft
führer sich auch das mitwirkende Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen nach den §§ 278, 254 B G B anrechnen lassen. Insbesondere ein Schiffsführer muß einschreiten, wenn er erkennt, daß von der Ladung Gefahren für Menschen, Schiff und die sonstige Ladung ausgehen.
4. Die Gefahrenabwehr 8
Zum Ausschluß der von Frachtgütern ausgehenden Gefährdungen darf der Frachtführer die Güter ausladen und an Land setzen. In dringenden Fällen darf er die Güter über Bord werfen. Nach Möglichkeit sollte sich der Frachtführer mit dem Absender über die zu treffenden Maßnahmen in Verbindung setzen, damit der Absender für die Güter sorgen kann und eine sachgemäße Lagerung erfolgt. Die Güter über Bord zu werfen, sollte der Ausnahmefall bei Notlagen sein, weil es grundsätzlich untersagt ist, Gegenstände in die Wasserstraßen zu werfen. Hierdurch sind unkalkulierbare Gefahren für Dritte möglich. Erkennt der Frachtführer die von den Frachtgütern ausgehenden Gefährdungen, unternimmt aber gleichwohl nichts, verliert er seine Ersatzansprüche, wenn sich später das Risiko verwirklicht und er einen Schaden erleidet.
5. Die H a f t u n g des Absenders f ü r die B e a c h t u n g v o n Zollvorschriften und die Begleitpapiere 9
a) Nach § 45 Abs. 1 darf der Absender keine Güter zur Verladung bringen, deren Aus- oder Einfuhr am Ablieferungsort verboten ist. Bei der Verladung muß der Absender die Polizei-, Zoll-, Steuervorschriften beachten. Die Aufzählung des Gesetzes ist nur beispielhaft. Unter §45 fallen auch neben Sicher-
heitsvorschriften aller Art, die Außenhandelsbestimmungen, Ausfuhrbe-
schränkungen und insbesondere die EG-Vorschriften. Der Sinn des §45 liegt darin, den Frachtführer davor zu schützen, daß behördliche Maßnahmen die Weiterreise behindern oder ausschließen könnten. Ein hierauf beruhender Schaden muß der Absender dem Frachtführer erstatten. Eine Verantwortlichkeit des Absenders besteht auch gegenüber den sonstigen Interessenten im Sinne des §45 Abs. 1, wenn ihnen Schaden durch die Verletzung der Pflichten entsteht. Im Hinblick auf die Verkehrsbehinderungen einschränkende Vorschriften der E G dürften derartige Ersatzansprüche nicht mehr realistisch sein. 10
b) Der Absender muß dem Frachtführer die für die Beförderung erforderlichen Begleitpapiere vor dem Antritt der Reise aushändigen. Dem Frachtführer dürfen durch eine verzögerte Ubergabe der Begleitpapiere keine Nachteile entstehen. Im grenzüberschreitenden Verkehr können die Zollunterlagen dem Zollamt vorab übersandt werden, damit das Schiff mit den Frachtgütern, ohne anzuhalten, den Zoll passieren kann. Der Absender ist dem Frachtführer für allen Schaden verantwortlich, der aus der verspäteten Übergabe, dem Mangel, der Unzulänglichkeit oder der Unrich246
Schadensersatzpflicht des Absenders für Gesetzesverstöße
§45
tigkeit der Papiere entsteht. Entgegen der in der Vorauflage an dieser Stelle vertretenen Ansicht setzt die Haftung des Absenders Verschulden voraus.
6. Der Ausschluß der Haftung des Frachtführers Werden die Frachtgüter durch behördliche Maßnahmen im In- oder Ausland 11 eingezogen, weil der Absender Güter angeliefert hat, deren Ein- oder Ausfuhr am Ablieferungsort verboten ist oder durch deren Verladung gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen wurde, ist der Frachtführer von jeder Haftung für die Güter freigestellt. Kraft Gesetzes (§45 Abs. 3) behält in einem solchen Fall der Frachtführer seinen Anspruch auf die volle Fracht. Die Sanktion des Gesetzes richtet sich einseitig gegen den Absender, der primär für die Beachtung der Gesetze in Ansehung seiner Güter zu sorgen hat.
7. Die Beweislast a) Der Frachtführer hat die Behauptungs- und Beweislast für alle Umstände, 1 2 aus denen sich eine Mitteilungspflicht des Absenders über bedeutungsvolle Eigenschaften der Frachtgüter ergibt. Der Frachtführer hat auch das Verschulden des Absenders zu beweisen. Dabei kann ihm der Anscheinsbeweis zur Hilfe kommen. Eine Pflichtwidrigkeit liegt nicht vor, wenn der Absender seinerseits beweist, daß er seinen Vertragspflichten entsprochen und auf alle bedeutungsvollen Eigenschaften der Frachtgüter hingewiesen oder aber alle Schritte unternommen hat, um die Mitteilung an den Frachtführer gelangen zu lassen6. Auch den Zugang seiner Mitteilung hat der Absender zu beweisen. Der Frachtführer hat ferner die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den ihm entstandenen Schaden und den Schaden selbst zu beweisen. b) Verlangt der Frachtführer Schadensersatz wegen der Verladung von Gü- 1 3 tern, deren Ein- und Ausfuhr verboten ist oder deren Verladung gesetzlichen Vorschriften zuwider läuft, hat er alle haftungsbegründenden Tatsachen zu beweisen. Dabei kann ihm der Anscheinsbeweis zu Hilfe kommen, insbesondere bezüglich des Verschuldensnachweises. c) Behauptet der Absender, mit Genehmigung des Frachtführers gehandelt zu 1 4 haben, muß er das beweisen. Der Absender muß allgemein den für sein Verschulden sprechenden Anscheinsbeweis durch entsprechende Behauptungen erschüttern und sein Vorbringen beweisen. d) Steht in Rede, ob Güter Menschen, das Schiff oder die übrige Ladung 1 5 gefährdet haben, muß der Frachtführer im Streitfall die Eigenschaft der Güter und die Angemessenheit der von ihm zur Gefahrenabwehr getroffenen Maßnahmen behaupten und beweisen, wenn der Absender wegen Beschädigung oder 6 R G Z 93, 163.
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§46
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Vernichtung der Güter Schadensersatz fordert. Die Voraussetzungen des §45 Abs. 3 hat also der Frachtführer zu beweisen.
§46 (1) Ist das Schiff im ganzen verfrachtet, so hat der Frachtführer nach der Ankunft am Ablieferungsorte das Schiff zur Löschung der Ladung an den ihm von dem Empfänger angewiesenen Platz hinzulegen. (2) Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung der erteilten Anweisung nicht gestatten, so kann der Frachtführer, falls der Empfänger auf die Aufforderung nicht unverzüglich einen geeigneten Löschplatz bezeichnet, an einem der dort ortsüblichen Löschplätze anlegen. Er hat bei der Wahl des Löschplatzes das Interesse des Empfängers tunlichst zu berücksichtigen. (3) Die Ablieferung an verschiedenen Orten des Löschplatzes vorzunehmen, ist der Frachtführer nur verpflichtet, wenn dies besonders vereinbart ist. Er hat in diesem Falle Anspruch auf Ersatz der entstehenden Mehrkosten. Die Dauer der Löschzeit wird durch die übernommene Verpflichtung nicht berührt. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Anwendungsbereich der Vorschrift 3. Der Löschort 4. Die sonstige rechtliche Bedeutung des Ablieferungsortes 5. Die Anweisung des Löschplatzes . . 6. Die Anweisung des Löschplatzes durch den Empfänger
Rdn. 1-2 3 4-7 8 9
Rdn. 7. Mangelnde oder nicht gehörige AnWeisung des Löschplatzes 8. Die Haftung des Frachtführers . . . 9. Die Haftung des Absenders 10. Die Haftung des Empfängers . . . . 11. Die Beweislast
13 14 15 16 17-19
10-12
1. Allgemeines Die Vorschriften über das Löschen der Frachtgüter stehen in einem engen Zusammenhang mit den Vorschriften über die Verladung (§§27—45). Es besteht eine rechtliche Nähe beider Regelungen, so daß Grundsätze, die für die Verladung gelten, auch beim Löschen gleichermaßen zu beachten sind. Unter dem Begriff „Löschen" ist die Ausladung der beförderten Güter aus dem Schiff am Löschplatz zum Zwecke der Entgegennahme durch den berechtigten Empfänger zu verstehen. Nach den seerechtlichten Vorschriften der §§ 592, 593 H G B hat der Verfrachter, wenn nichts anderes vereinbart ist, die Löschung auf eigene Kosten vorzu248
Löschungsplatz
§46
nehmen. Der Empfänger der Frachtgüter ist berechtigt und verpflichtet, die Ladung längsseits des Seeschiffs zu empfangen, sei es auf einem Kai, in einem Leichter, einer Schute oder in einem Binnenschiff. Im Binnenschiffahrtsrecht hat mangels einer abweichenden Vereinbarung der Empfänger nach ordnungsgemäßer Anzeige die Ladung aus dem löschbereiten Schiff auf seine Kosten auszuladen. Die Schiffsbesatzung trifft lediglich eine Mitwirkungspflicht. 2. D e r A n w e n d u n g s b e r e i c h der V o r s c h r i f t Nach seinem Wortlaut gilt §46 nur im Falle der Gesamtverfrachtung des 3 Schiffes, wenn also das Schiff nach dem Frachtvertrag mit allen seinen Laderäumen verfrachtet ist (§ 27 Abs. 1). Für die Teilverfrachtung gelten die besonderen Vorschriften des § 53. Grundsätzlich finden aber auf beide Verfrachtungsarten die §§47-52 Anwendung. Welche Verfrachtungsart im Einzelfall gilt, ist dem Inhalt des Frachtvertrages zu entnehmen. Ist ein Ladeschein (§ 72) ausgestellt worden, so ist diese Urkunde nach §26 i. V. m. §446 Abs. 1 H G B für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger entscheidend. Wenn die Beteiligten Teilverfrachtung wollen, wird das im Ladeschein häufig durch den Vermerk „Teilladung" oder „Teilverfrachtung" zum Ausdruck gebracht. Für die Unterscheidung der Verfrachtungsarten ist nicht ausschlaggebend, ob ein oder mehrere Absender oder Empfänger vorhanden sind. Bei Massengütern wie Getreide, Sand, Erz oder Heizöl kommen auch bei einer Gesamtverfrachtung mehrere Empfänger vor. 3. D e r L ö s c h o r t a) Der Ablieferungsort (Löschort, Bestimmungshafen), zu dem die Fracht- 4 güter zu befördern sind, wird im Normalfall im Frachtvertrag vereinbart und in den Frachtbrief oder in den Ladeschein aufgenommen. Es kann aber auch die Auswahl des Ablieferungsortes dem Absender oder Empfänger überlassen bleiben, der dann sein Weisungsrecht erst nach dem Antritt der Reise ausübt. Die früher bestehende Möglichkeit, die Anweisung über eine Orderstation zu erteilen, ist heute ersetzt durch die Möglichkeit, das Schiff über Funktelefon während der Reise unmittelbar zu erreichen. Es kann aber auch vereinbart werden, daß der Schiffsführer seinerseits während der Reise Weisungen betreffend den Ablieferungsort zu erfragen hat. b) Im Frachtvertrag können mehrere Ablieferungsorte vereinbart sein. Eine 5 solche Vereinbarung kann die Bedeutung haben, daß mehrere Löschorte nebeneinander oder nur einer davon nach Wahl des Absenders gelten soll. So bedeutet die Klausel „Option", „oder" ebenso wie „o", daß der Empfänger die gesamte Ladung wahlweise an einem oder dem anderen dieser angegebenen Orte ausgeliefert verlangen kann. Teillöschungen an verschiedenen Orten können dagegen aufgrund dieser Klausel nicht verlangt werden. Soll der Empfänger die Abliefe249
§46
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
rung an jedem der mehreren Ablieferungsorte verlangen können, wird die Klausel „ N e u s s und/oder Düsseldorf" verwendet. Die Klausel „Ruhrort Parallelhafen, Option N e u s s " ist dahin auszulegen, daß nicht nur der Duisburg-Ruhrorter Parallelhafen und der Hafen Neuss, sondern auch dazwischen liegende Häfen bestimmt werden können. Soweit die Klauseln mehrdeutig oder unklar sind, gehen etwaige Zweifel über die Bedeutung mehrerer Ablieferungsorte zu Lasten des Empfängers. 6
c) Die Frachtreise ist erst beendet, wenn der Frachtführer am Ablieferungsort eingetroffen ist, um sein Schiff an den Löschplatz legen zu können. Nach dem Vorlegen am Löschplatz kann mit dem Löschen der Frachtgüter begonnen werden. Sucht der Frachtführer einen Zwischen- öder N o t h a f e n auf, ist die Frachtreise noch nicht beendet; denn es braucht dort keine Löschung der Güter zu erfolgen. Entschließen sich die Ladungsbeteiligten jedoch, die Frachtgüter schon dort und vor der Ankunft an dem vereinbarten Ablieferungsort zu löschen oder wird damit von ihnen begonnen, wird der Zwischen- oder Nothafen zum Ablieferungsort erhoben.
7
d) Die G r e n z e n des Ablieferungsortes bestimmen sich nach den örtlichen Gebräuchen und nach der Übung. Kommunale Abgrenzungen können, müssen aber nicht maßgebend sein. Entscheidend ist der Handels- und Schiffahrtsbrauch.
4. Die sonstige rechtliche Bedeutung des Ablieferungortes 8
Der vertraglich vereinbarte oder, sei es vom Absender, sei es vom Empfänger zu bestimmende Ablieferungsort ist, soweit keine abweichenden Abreden im Frachtvertrag getroffen sind, E r f ü l l u n g s o r t . Dort sind die gegenteiligen Pflichten von Frachtführer und Absender zu erfüllen. Für die Entlöschung ist das am Ablieferungsort geltende Recht maßgebend, soweit keine abweichenden Vereinbarungen der Beteiligten erfolgt sind. Die Rechtsanwendung ist unabhängig davon, welches Recht im übrigen den Frachtvertrag beherrscht 1 .
5. Die Anweisung des Löschplatzes 9
Löschplatz ist die Stelle am Ablieferungsort, an dem die Frachtgüter zu entlöschen sind. Der Löschplatz kann im F r a c h t v e r t r a g oder im Ladeschein bestimmt sein. Als Löschplätze kommen namentlich genannte, in Häfen ansässige Umschlagfirmen, Speicher, Lagerhäuser oder auch ein Seeschiff in Betracht. Für das Rechtsverhältnis des Frachtführers zum Empfänger ist nach §26 i. V. m. § 446 Abs. 1 H G B der Ladeschein entscheidend. Auf die Bestimmung des Löschplatzes im Frachtvertrag kann nur zurückgegriffen werden, wenn der Ladeschein auf den Frachtvertrag Bezug nimmt. Ist im Ladeschein kein Löschplatz 1 B G H Z 6, 127; 9, 221.
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Löschungsplatz
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genannt, kann allein aus der Anschrift des Empfängers im Ladeschein nicht entnommen werden, daß diese Anschrift zugleich der Löschplatz ist. Dagegen enthält der Vermerk „Duisburg-Ruhrort, Parallelhafen, Firma X Y " nicht nur die Angabe des Ablieferungsortes, sondern zugleich auch eine Bestimmung der Löschstelle. Ist ein Löschplatz im Ladeschein bestimmt, ist daran sowohl der Frachtführer als auch der Absender gebunden. Der Frachtführer darf bei Bestimmung eines Löschplatzes damit rechnen, daß der Löschplatz geeignet ist, d. h. daß die Wasserverhältnisse eine ungehinderte Zufahrt gestatten, er das Schiff risikolos vorlegen kann und die Entlöschung unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Frachtgüter keine besonderen Schwierigkeiten bereitet 2 .
6. Die Anweisung des Löschplatzes durch den Empfänger a) Ist weder im Frachtvertrag noch im Ladeschein ein Löschplatz vereinbart 1 0 worden, ist der Empfänger nach § 46 Abs. 1 berechtigt, dem Frachtführer einen Löschplatz anzuweisen. Die Auswahl des Löschplatzes ist dem Empfänger nach dem Gesetz überlassen, damit die Frachtgüter dort zur Entlöschung gelangen, wo es der Interessenlage des Empfängers entspricht. Mit der Anweisung ist das Bestimmungsrecht des Empfängers erloschen. E m p f ä n g e r ist nicht immer der, an den die Frachtgüter tatsächlich ausgeliefert werden, sondern nur derjenige, der nach § 26 i. V. m. §§ 426, 435, 445 ff. H G B berechtigt ist, vom Frachtführer die Auslieferung der Frachtgüter im eigenen Namen zu verlangen. Der empfangsberechtigte Empfänger kann für eigene oder fremde Rechnung handeln. Seine Rechtsbeziehungen zum Absender sind unerheblich. In der Binnenschiffahrt ist häufig der Absender zugleich auch Empfänger. Der Absender gilt nach § 26 i. V. m. § 445 Ziff. 4 H G B zugleich als Empfänger, wenn der Ladeschein an Order gestellt ist, ohne den Namen eines anderes Empfängers zu nennen. Besteht keine Identität zwischen Absender und Empfänger, kommt es für die Feststellung der Empfangsberechtigung auf den Inhalt der Frachtpapiere (Ladeschein, Frachtbrief, Frachtvertrag) an. Ist ein Ladeschein ausgestellt, so ist nach § 26 i. V. m. § 447 H G B derjenige zum Empfang berechtigt, an den das Gut abgeliefert werden soll. Ist der Ladeschein an Order ausgestellt, ist derjenige empfangsberechtigt, an den der Ladeschein durch Indossament übertragen ist. Es können aber auch die Rechte aus dem Ladeschein wirksam durch Abtretung und Ubergabe übertragen worden sein 3 . Stets muß der Empfänger den Originalladeschein auf Verlangen vorlegen und gegen Ablieferung der Güter herausgeben (§447 H G B ) . Der Frachtführer 2 O L G Hamburg O L G 32, 191. 3 RGZ 122, 221. 251
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ist berechtigt und verpflichtet, den sich durch Vorlage des Originalladescheins ausweisenden Empfänger als solchen zu behandeln, es sei denn, daß ihm U m stände bekannt sind, die gegen seine Rechtsstellung sprechen. Ist kein Ladeschein ausgestellt worden, kommt es auf den Inhalt eines ausgestellten Frachtbriefs an (§ 426 N r . 3 H G B ) . Ist der Empfänger im Frachtbrief nicht genannt, gilt der Absender zugleich auch als Empfänger. Fehlt es an Ladeschein und Frachtbrief, ist der Frachtvertrag maßgebend. D e r Absender bleibt zugleich auch Empfänger, bis ein Dritter als Empfangsberechtigter bezeichnet wird. D e r Absender kann seine Rechte an einen Dritten abtreten. Ist der Empfänger unbekannt oder nicht zu ermitteln, darf der Frachtführer einen angemessenen (ortsüblichen) Löschplatz aufsuchen, da die nach § 46 Abs. 2 für den Fall der rechtzeitigen Anweisung des Löschplatzes vorgeschriebene besondere Aufforderung unausführbar ist. In diesen Fällen muß aber der Frachtführer den Absender unverzüglich in Kenntnis setzen. Bei mehreren Empfängern ist es schiffahrtsüblich, einen bestimmten einheitlichen Löschplatz für alle Empfänger zu vereinbaren, oder es wird in den Ladepapieren eine Meldeadresse vermerkt, die dem Frachtführer die einzelnen Löschplätze für die verschiedenen Empfänger und die Reihenfolge anweist. Kommen bei einer Gesamtverfrachtung mehrere Empfänger in Frage, ohne daß Klarheit über die Löschplatze besteht, darf der Frachtführer an einem ortsüblichen Ladeplatz vorlegen. E r muß lediglich den Absender benachrichtigen. Hingegen ist es ihm unzumutbar, mit den verschiedenen Empfängern in Verbindung zu treten, um Weisungen einzuholen. Die Ablieferung an mehreren Löschplätzen braucht der Frachtführer nach § 46 Abs. 3 nur vorzunehmen, wenn das besonders vereinbart ist. D e r Frachtführer hat Anspruch auf Ersatz aller Mehrkosten. Die Löschzeit des § 4 8 wird durch das Vorlegen des Schiffes an mehreren Löschplätzen nicht unterbrochen. D e r Frachtführer ist auch nicht verpflichtet, mehrmals mit seinem Schiff an- und abzulegen oder zu verholen, nachdem er den angewiesenen Löschplatz eingenommen hat. 11
b) Die Anweisung des Löschplatzes muß nach § 46 i. V. m. § 121 B G B rechtzeitig, d. h. ohne schuldhaftes Zögern durch den Empfänger erfolgen. Die Anweisung muß so rechtzeitig erfolgen, daß der Frachtführer nach seiner Ankunft am Ablieferungsort das Schiff vor dem Beginn der Löschzeit (§ 48) an dem angewiesenen Platz vorlegen und die Vorbereitungen zur Entlöschung treffen kann.
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c) D e r anzuweisende Löschplatz muß geeignet sein. Das Schiff muß unter Berücksichtigung der Wasserstandsverhältnisse ohne Gefährdung der Schiffssicherheit vorlegen können. Die Entladung muß ohne besondere Schwierigkeiten möglich sein. Es liegt kein geeigneter Löschplatz vor, wenn das Schiff infolge zu geringer 252
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Wassertiefe oder auf Grund von Hindernissen entweder nicht oder nicht ordnungsgemäß hingelegt werden kann. Diesen Fällen steht eine Löschstelle gleich, an der das Schiff besonders starker Vereisung ausgesetzt ist. Die Sicherheit des Schiffes ist auch gefährdet, wenn die Einrichtungen am oder vor dem Löschplatz dessen ungehindertes Aufsuchen ohne Ableichterung nicht gestatten 4 . Auch die Rückfahrt muß ohne besondere Gefahren oder Behinderungen möglich sein. Der Löschplatz ist auch dann nicht geeignet, wenn er von anderen Schiffen besetzt ist. O b der Löschplatz geeignet ist, hat der Frachtführer unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers nach Ermessen zu bestimmen und notfalls die Befolgung der Anweisung des Empfängers zu verweigern.
7. Mangelnde oder nicht gehörige Anweisung des Löschplatzes Übt der Empfänger sein Anweisungsrecht nicht oder nicht gehörig aus, muß 1 3 der F r a c h t f ü h r e r den E m p f ä n g e r nach § 46 Abs. 2 auffordern, ihm unverzüglich einen geeigneten Löschplatz anzuweisen. Unterbleibt darauf eine Anweisung, ist der Frachtführer berechtigt, aber nicht verpflichtet, einen ortsüblichen Löschplatz aufzusuchen. Er kann aber auch weitere Anweisungen des Empfängers abwarten. Bei der Auswahl des ortsüblichen Löschplatzes hat der Frachtführer das Interesse des Empfängers tunlichst zu berücksichtigen.
8. Die Haftung des Frachtführers Mißachtet der Frachtführer schuldhaft die ihm erteilte Anweisung, an einem 1 4 geeigneten Löschplatz vorzulegen, ist er dem Absender zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. In aller Regel erleidet aber der Absender durch die Vertragswidrigkeit des Frachtführers keinen Schaden. Geschädigt wird der E m p f ä n g e r . Dieser kann unmittelbar vom Frachtführer Schadensersatz verlangen, weil der Frachtvertrag als echter Vertrag zu Gunsten Dritter (§328 Abs. 2 B G B ) anzusehen ist. Die Haftung des Frachtführers gegenüber dem Empfänger ergibt sich aber auch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Mit der Annahme des Ladescheins oder der Frachtgüter entsteht zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger ein unmittelbares Schuldverhältnis. Nach § 7 Abs. 2 haftet der Schiffsführer auch dem Empfänger für die Vernachlässigung seiner Pflichten.
9. Die Haftung des Absenders Eine Haftung des Absenders wird weder durch unterbliebene Anweisung des 1 5 Löschplatzes noch durch die Eigenschaften des Löschplatzes begründet. 4 RGZ 15, 157. 253
§46
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
10. Die Haftung des Empfängers 16
Grundsätzlich besteht keine H a f t u n g des E m p f ä n g e r s gegenüber dem F r a c h t f ü h r e r , wenn er es unterläßt, einen geeigneten Löschplatz anzuweisen; denn der Frachtführer kann an einem ortsüblichen Löschplatz vorlegen oder Weisungen abwarten. D e r E m p f ä n g e r haftet auch nicht für die Eignung des angewiesenen Löschplatzes. Es ist Sache des Frachtführers, aufgrund seiner S t r e c k e n - u n d Hafenkenntnisse zu entscheiden, o b eine Löschstelle zur Vorlage seines Schiffes in Frage k o m m t oder o b Gefahren für die Schiffssicherheit zu besorgen sind. In der Anweisung des Empfängers, einen bestimmten Löschplatz aufzusuchen, liegt keine Zusicherung, daß der Löschplatz für Schiff und Ladung volle Sicherheit bietet 5 . I m R a h m e n seiner eigenen Verkehrssicherungspflichten haftet der Empfänger aber dem Frachtführer nach § 823 A b s . 1 B G B für den Zustand einer seiner Verwaltung unterstehenden oder einer eigenen Löschstelle. A u f B e s o n d e r heiten einer solchen Löschstelle m u ß der E m p f ä n g e r gehörig hinweisen. F e r n e r ist der E m p f ä n g e r verpflichtet, ihm bekannte, dem Frachtführer aber nicht ohne weiteres erkennbare Mängel und Gefahrenstellen einer angewiesenen fremden Löschstelle mitzuteilen.
17
a) D e r E m p f ä n g e r m u ß seine Berechtigung z u m E m p f a n g der Frachtgüter durch den Besitz des Originalladescheins beweisen ( § 4 4 7 H G B ) . D e m Frachtführer ist der Originalladeschein auf Verlangen vorzulegen.
11. Die Beweislast
Fehlt ein Ladeschein, m u ß ein Frachtbrief z u m Beweis der E m p f ä n g e r e i g e n schaft vorgelegt werden. F e h l t auch ein Frachtbrief, m u ß der Frachtvertrag zur Vorlage k o m m e n . 18
b) Haftungsausschlüsse nach § 4 6 A b s . 2 hat der Frachtführer zu beweisen.
19
c) Wer Schadensersatz aufgrund der N i c h t b e f o l g u n g einer ordnungsgemäßen Anweisung eines geeigneten Ladeplatzes verlangt, hat den haftungsbegründenden Tatbestand und ein Verschulden des Frachtführers zu beweisen. Ist ein objektiv pflichtwidriges Verhalten des Frachtführers bewiesen, indiziert dieser Nachweis ein Verschulden. E s ist dann Sache des Frachtführers, darzutun und zu beweisen, daß U m s t ä n d e vorliegen, die die A n n a h m e eines Verschuldens ausräumen 6 . D i e b l o ß e Möglichkeite eines anderen Geschehensablaufs räumt den gegen den Frachtführer sprechenden Anscheinsbeweis nicht aus 7 . Will der Frachtführer aus der Verletzung einer Aufklärungspflicht vom E m p fänger Schadensersatz, ist er im vollen U m f a n g e behauptungs- und beweispflichtig5 RGZ 40, 300. 6 BGH NJW 1968, 1279. 7 BGH 2 M Nr. 20 a zu §286 (C) ZPO.
254
Anzeige der Löschbereitschaft
§47 §47
(1) S o b a l d der F r a c h t f ü h r e r z u m L ö s c h e n bereit ist, h a t er dies d e m E m p fänger anzuzeigen. (2) D i e A n z e i g e h a t a n einem Werktage v o r d e m Schlüsse der ortsüblichen G e s c h ä f t s s t u n d e n z u erfolgen. E i n e später oder a n einem S o n n t a g e oder allgemeinen F e i e r t a g e e r f o l g t e A n z e i g e gilt als a m n ä c h s t e n Werktage e r f o l g t . (3) Weigert sich der E m p f ä n g e r , den Z e i t p u n k t des E m p f a n g e s der A n z e i g e zu bescheinigen, so ist der F r a c h t f ü h r e r b e f u g t , eine öffentliche U r k u n d e d a r ü b e r auf K o s t e n des a n d e r e n Teiles errichten zu lassen. (4) Wenn der E m p f ä n g e r nicht z u ermitteln ist, so m u ß die A n z e i g e der L ö s c h b e r e i t s c h a f t d u r c h öffentliche B e k a n n t m a c h u n g in ortsüblicher Weise erfolgen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Löschbereitschaft 3. Die Anzeige der Löschbereitschaft
Rdn. 1-2 3-5
4. Das Fehlen der Löschbereitschaft. . 5. Die Beweislast
Rdn. 13-14 15
6-12
1. A l l g e m e i n e s § 47 A b s . 1 entspricht dem § 28, durch den die Anzeige der L a d e b e r e i t s c h a f t 1 geregelt ist. F ü r das Seerecht gilt die weitgehend gleichartige Vorschrift des § 594 H G B . D e r Frachtführer hat, sobald er z u m Löschen der L a d u n g bereit ist, dies dem E m p f ä n g e r anzuzeigen. D i e A n z e i g e der L ö s c h b e r e i t s c h a f t bezweckt, den E m p f ä n g e r von dem Eintreffen des Schiffes in Kenntnis zu setzen. S t ü c k g u t v e r t r ä g e von 10 t und mehr unterliegen nach § 5 3 den Vorschriften über die G e s a m t v e r f r a c h t u n g . A u c h hier ist die Anzeige der Löschbereitschaft durch § 47 vorgeschrieben. § 4 7 hat dispositiven Charakter. D i e Beteiligten können abweichende Bestim- 2 mungen im Frachtvertrag oder durch Verlade- u n d T r a n s p o r t b e d i n g u n g e n vereinbaren. 2. D i e L ö s c h b e r e i t s c h a f t a) D i e Löschbereitschaft setzt in subjektiver Hinsicht voraus, daß der Fracht- 3 führer z u m Löschen bereit ist. Objektiv löschbereit ist ein Schiff, wenn die Frachtgüter dem E m p f ä n g e r zur A b n a h m e angewiesen und zugänglich gemacht werden 1 . D e r Frachtführer muß bei Beginn der Löschzeit einen geeigneten angewiesenen oder einen ortsüblichen Löschplatz aufsuchen und dort zur Löschung der L a d u n g in der im Vertrag vereinbarten Art der L ö s c h u n g bereit sein 2 . D a s 1 R G Z 115, 216. 2 B G H Z 1, 47. 255
§47
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Schiff muß derart ausgerüstet und bemannt sein, daß mit der Herausgabe der Ladung begonnen werden kann. Umstände, die nach dem Eintreffen am Ablieferungsort das Schiff hindern, an dem angewiesenen oder ortsüblichen Löschplatz vorzulegen, gehen zu Lasten des Frachtführers. Derartige Umstände schließen die Löschbereitschaft aus. 4
b) Die Löschbereitschaft setzt nicht voraus, daß das Schiff bereits am Löschplatz vorgelegt worden ist. Das Schiff muß aber den Ablieferungsort bereits erreicht haben 3 . Erst dann kann der Empfänger die Vorbereitungen zum Löschen des Schiffes treffen. Der Frachtführer muß beim Erreichen des Ablieferungsortes bereit und in der Lage sein, den Löschplatz bis zum Beginn der Löschzeit einzunehmen. Der Frachtführer muß nur sein Schiff zum Löschen zur Verfügung stellen. Er muß dann alles seinerseits Erforderliche bewirken, um dem Empfänger die Entladung an dem angewiesenen Löschplatz zu ermöglichen. Alle Umstände, die nicht in der Person des Frachtführers und der Schiffsbesatzung liegen und nicht auf dem Schiff beruhen, beeinträchtigen die Löschbereitschaft nicht. Erweist sich der angewiesene Löschplatz als ungeeignet oder besetzt, geht das zu Lasten des Empfängers.
5
c) Im Rahmen der Gesamtverfrachtung wird bei Sendung zu verschiedenen Ablieferungsorten nur für die am ersten Ablieferungsort abnehmenden Empfänger ein Meldetag berechnet; denn die Löschzeit steht allen Empfängern nur einheitlich zu. Im Berlinverkehr besteht nach Schiffahrtsbrauch die Besonderheit, daß sich der Frachtführer schon nach seinem Eintreffen an der Weichbildgrenze der Stadt löschbereit melden kann, wenn er in der Lage ist, mit Beginn des folgenden Werktages an dem Löschplatz vorzulegen. 3. Die Anzeige der Löschbereitschaft
6
a) Die Anzeige der Löschbereitschaft ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Frachtführers. Die Erklärung muß dem Empfänger oder der im Ladeschein oder Frachtbrief vermerkten Meldestelle zugehen. Der Empfänger muß in der Lage sein, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Die Erklärung ist an keine Form gebunden. Sie kann schriftlich, fernschriftlich, mündlich oder fernmündlich erfolgen. Auch ein bestimmter Inhalt der Erklärung ist nicht vorgeschrieben. Der Frachtführer muß nur eindeutig und verständlich zum Ausdruck bringen, daß sein Schiff löschbereit ist. Üblich ist die Erklärung, daß das Schiff am Ablieferungsort angekommen ist und am folgenden Werktag mit dem Löschen der Frachtgüter begonnen werden kann. Die Meldung kann jedoch stark verkürzt sein. Es genügt, wenn sie für den Empfänger verständlich ist. 7 b) Es ist üblich, dem Frachtführer eine Empfangsbescheinigung über die 3 B G H Z 1, 47.
256
Anzeige der Löschbereitschaft
§47
Anzeige der Löschbereitschaft auf dem Ladeschein oder dem Frachtbrief zu erteilen. Eine solche Bescheinigung kann der Frachtführer nach § 368 B G B verlangen. Weigert sich der Empfänger, den Zeitpunkt des Empfangs der Anzeige zu bescheinigen, darf der Frachtführer nach §47 Abs. 3 darüber auf Kosten des Empfängers eine öffentliche U r k u n d e errichten lassen, wenn dieser später die Frachtgüter annimmt. Werden die Frachtgüter nicht angenommen, bleibt der Absender aufgrund des Frachtvertrages zur K o s t e n e r s t a t t u n g verpflichtet. Erst durch die Annahme der Frachtgüter durch den Empfänger geht seine Verpflichtung unter. c) Ist der E m p f ä n g e r der Frachtgüter nicht zu ermitteln, muß der Frachtfüh- 8 rer nach § 47 Abs. 4 die Anzeige durch öffentliche B e k a n n t m a c h u n g in ortsüblicher Weise abgeben. Die Anzeige kann in einer örtlichen Tageszeitung erfolgen. Aus § 47 Abs. 4 folgt die Verpflichtung des Frachtführers, selbst Ermittlungen über die Person und die Anschrift des Empfängers anzustellen. In erster Linie hilft in derartigen Fällen eine Rückfrage beim Absender, die ohne Schwierigkeiten fernmündlich erfolgen kann. Der Absender kann dann aus seinen Geschäftsunterlagen die erforderlichen Auskünfte geben. Führen diese Unterlagen nicht weiter, kann der Frachtführer durch Einsicht in Fernsprechbücher oder Branchenverzeichnisse Aufschlüsse erhalten. Notfalls muß er das Einwohnermeldeamt oder die Industrie- und Handelskammer um Auskunft bitten. Ist der Empfänger nicht zu ermitteln, muß der Frachtführer den Absender davon benachrichtigen und dessen Anweisung einholen (§ 52 Abs. 2). Vorsorglich kann sich der Frachtführer dabei gegenüber dem Absender löschbereit melden, da mangels Empfänger der Absender zugleich die Rechtsstellung eines E m p f ä n gers einnimmt. Unterläßt der Frachtführer die öffentliche Bekanntmachung der Löschbereitschaft bei Nichtermittlung des Empfängers, treffen ihn keine rechtlichen Sanktionen. Denn der Absender ist dem Frachtführer kraft Vertrages verpflichtet, den Empfänger mit ausreichender Bestimmtheit, also mit richtigem Namen und Adresse zu bezeichnen. Hat der Frachtführer dem Absender bereits mitgeteilt, daß der Empfänger nicht zu ermitteln ist, muß es zur Vermeidung von Kosten im Belieben des Absenders stehen, ob er eine öffentliche Bekanntmachung der Löschbereitschaft wünscht, wenn er selbst schon keine Aufschlüsse aus seinen Geschäftsunterlagen gewinnen kann. Muß dem Absender aber ein solches Weisungsrecht beigemessen werden, ist für eine Vertragswidrigkeit, die allein die Rechtsgrundlage für Ersatzansprüche des Absenders sein könnte, kein Raum. Mangels vertraglicher Beziehungen scheiden Ersatzansprüche des unbekannten Empfängers ohnehin aus. Erfolgt eine öffentliche B e k a n n t m a c h u n g , z. B. in einer Tageszeitung oder in sonstiger ortsüblicher Weise, gehen diese Kosten einschließlich aller Ermittlungskosten zu Lasten des Absenders, weil er verpflichtet war, den Empfänger 257
§47
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
genau zu bezeichnen. Diese Kostenverpflichtung geht auf den Empfänger über, wenn er ermittelt wird und die Frachtgüter annimmt, weil nunmehr zwischen ihm und dem Frachtführer ein gesetzliches Schuldverhältnis entsteht. 9
d) Haben die Parteien im Frachtvertrag eine Meldeadresse vereinbart oder eine solche in den Ladepapieren vermerkt, so ist die Anzeige der Löschbereitschaft an diese Meldeadresse zu richten. In Berlin genügt die Anzeige an die kaufmännische Meldestelle.
10
e) Voraussetzung der Anzeige ist das Vorliegen der Löschbereitschaft 4 . Mangels besonderer Abreden im Frachtvertrag hat sich der Frachtführer unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern nach dem Eintreffen des Schiffes am Ablieferungsort löschbereit zu melden. Im Frachtvertrag kann bestimmt sein, daß der Frachtführer nicht vor einem bestimmten Tag eintreffen oder sich löschbereit melden darf. Es kommen auch Vereinbarungen über das Löschen in Reihenfolge vor. Die Bedeutung derartiger Vereinbarungen hat infolge des gestiegenen Werkverkehrs mit eigenen Schiffen und durch den Schubverkehr abgenommen. Wird ein Verzicht auf die Anzeige der Löschbereitschaft vereinbart, darf der Frachtführer sofort den Löschplatz aufsuchen und mit dem Löschen beginnen. Es ist dann Sache des Empfängers, die Ankunft des Schiffes festzustellen. Darf der Frachtführer deii Löschplatz bestimmen, was heute nur noch ausnahmsweise vereinbart wird, muß er zuvor eine Ausladeorder erhalten haben.
11
f) Die Anzeige der Löschbereitschaft hat nach § 47 Abs. 2 an einem Werktag vor dem Schluß der ortsüblichen Geschäftsstunden zu erfolgen. Hiervon abweichend bestimmen die § § 1 , 5 der V O zur vorübergehenden Änderung einiger Vorschriften des Frachtrechts der Binnenschiffahrt vom 17. 5.1943 5 , daß bei Löschbereitschaft an Werktagen bis 18.00 Uhr angezeigt werden kann. Endet die ortsübliche Geschäftszeit vor diesem Zeitpunkt, so hat der Frachtführer seine Absicht, die Anzeige nach dem Schluß der Geschäftszeit zu bewirken, dem Empfänger innerhalb der ortsüblichen Geschäftzeit im Wege einer Vorausmeldung mitzuteilen 6 . Eine Anzeige an einem Sonn- oder Feiertag oder nach 18.00 Uhr gilt als am nächsten Werktag erfolgt.
12
g) Der Frachtführer ist nur zu einer einmaligen Anzeige der Löschbereitschaft verpflichtet. Sind die Frachtgüter an mehrere Empfänger auszuliefern, muß sich der Frachtführer bei allen Empfängern löschbereit melden. Eine solche Maßnahme entfällt, wenn eine einheitliche Meldestelle oder Meldeadresse vereinbart oder in den Frachtpapieren vermerkt ist7. Gegenüber mehreren Empfängern kann sich der Frachtführer sofort nach 4 Vgl. oben Rdn. 3. 5 RGBl. 1943 S. 311. 6 Vgl. dazu O L G Köln, ZfB 1977, 402; A G Duisburg-Ruhrort, ZfB 1983, 258 mit Anm. der Red. 7 Vgl. dazu §72 Abs. 2.
258
Anzeige der Löschbereitschaft
§47
seinem Eintreffen am Ablieferungsort gleichzeitig löschbereit melden. Von seiner Seite steht nichts im Wege, daß die Entlöschung von allen Empfängern sofort v o r g e n o m m e n wird. E s ist Sache der Empfänger, sich wegen der Reihenfolge der Entlöschung auseinanderzusetzen. A n eine derartige U b e r e i n k u n f t ist der Frachtführer gebunden. Wird dem Frachtführer keine entsprechende Ü b e r e i n kunft übermittelt, darf er die ihm günstigste A r t der Entlöschung wählen.
4. Das Fehlen der Löschbereitschaft a) D i e Löschbereitschaft 8 m u ß während der gesamten Dauer der Löschzeit 1 3 (§ 48) und einer etwa vereinbarten Uberliegezeit (§ 50) vorhanden sein. b) Meldet sich ein Frachtführer löschbereit, o b w o h l die subjektiven oder o b jektiven Voraussetzungen fehlen, wird durch die Anzeige die Löschzeit nicht in Lauf gesetzt. In einer derartigen Anzeige liegt eine z u m Schadensersatz v e r pflichtende Vertragswidrigkeit. D e r E m p f ä n g e r kann Ersatz nutzloser A u f w e n dungen zur Vorbereitung der Löschung verlangen, es sei denn, es handelt sich um S o w i e s o - K o s t e n . c) Wird die Löschbereitschaft nachträglich aufgehoben, k o m m t es darauf an, 1 4 in wessen Sphäre die Beeinträchtigung der Löschbereitschaft fällt. G e h t die B e einträchtigung vom Frachtführer, seiner Schiffsbesatzung oder v o m Schiff aus, schuldet er im Falle seines Verschuldens oder des seiner Erfüllungsgehilfen (§ 2 7 8 B G B ) dem E m p f ä n g e r Schadensersatz. Beeinträchtigungen, die der Empfänger zu vertreten hat, verpflichten ihn gegenüber dem Frachtführer zum Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung ( § 2 4 2 B G B ) .
5. Die Beweislast D e r Frachtführer hat die Anzeige der Löschbereitschaft und deren R e c h t z e i tigkeit innerhalb der üblichen Geschäftszeit zu beweisen. Bestreitet der E m p f ä n g e r die Löschbereitschaft, trägt er hierfür die Beweislast, ebenso wie der Absender im Bestreitensfalle die mangelnde Ladebereitschaft zu beweisen hat 9 . Eines Beweises der mangelnden Löschbereitschaft bedarf es nicht, wenn das Schiff nicht an dem angewiesenen Löschplatz vorgelegt worden ist und keiner der in § 46 A b s . 2 genannten G r ü n d e vorliegt, die der Frachtführer, wenn er sich darauf beruft, zu beweisen hat. Vereinbarungen, die von der gesetzlichen Regelung abweichen, hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. U n k l a r e Regelungen gehen zu seinen Lasten.
8 Vgl. oben Rdn. 3. 9 O L G Düsseldorf VRS 1951,Nr. 93. 259
15
§48
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
§48 (1) Mit dem auf die Anzeige der Löschbereitschaft folgenden Tag beginnt die Löschzeit; ist Verzicht auf die vorherige Anzeige der Löschbereitschaft vereinbart, so beginnt die Löschzeit, wenn das löschbereite Schiff vorgelegt ist. (2) Die Dauer der Löschzeit bestimmt sich nach der auf die Ladezeit bezüglichen Vorschrift in § 29 Abs. 2. (3) Bei der Berechnung kommen auch diejenigen Tage in Ansatz, an welchen der Empfänger, wenngleich ohne sein Verschulden, die Ladung abzunehmen verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen die Sonntage und allgemeinen Feiertage, sowie die Tage, an welchem durch zufällige Umstände, insbesondere durch Hochwasser oder Eisgefahr die Löschung nicht nur der verladenen, sondern jeder Art von Gütern verhindert ist. (4) Die Vorschrift in Absatz 2 findet nur insoweit Anwendung, als nicht durch Vereinbarung oder Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde ein anderes bestimmt ist. (5) §29 Abs. 5 gilt entsprechend für die Bestimmung des Löschtages. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die rechtliche Bedeutung der Löschzeit 3. Der Beginn der Löschzeit 4. Die Dauer der Löschzeit
1
2
Rdn. 1-2 3 4—5 6-7
5. Die Berechnung der Löschzeit . . . 6. Die Rechtsanwendung 7. Die Festsetzung des Löschtages . . . 8. Die Beweislast
Rdn. 8-12 13 14 15-16
1. Allgemeines Die Löschzeit ist im Binnenschiffahrtsrecht abweichend von den seerechtlichen Vorschriften der §§ 594, 595 H G B geregelt. Sie bestimmt sich nach der für die Ladezeit geltenden Vorschrift des §29 Abs. 2. Im Seerecht wird die Löschzeit entweder durch Vertrag oder durch örtliche Verordnungen geregelt. Entsprechend dem für die Ladezeit geltenden § 29 Abs. 5 kann nunmehr auch nach § 48 Abs. 5 der Bundesminister für Verkehr zur Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten der Häfen und unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines beschleunigten Verkehrsablaufs und des jeweiligen technischen Fortschritts für den Löschtag einen kürzeren Zeitraum als den Kalendertag sowie den Beginn und das Ende des Löschtages festsetzen. Eine solche Festsetzung kann nicht durch Vereinbarung geändert werden 1 .
1 § 1 der V O über die Ladezeit und die Löschzeit sowie das Liegegeld in der Binnenschifffahrt vom 9. 11. 1940 (RGBl. II S. 257). Z u r Fortgeltung dieser Verordnung vgl. O L G Köln ZfB 1978 S. 478.
260
Beginn und Dauer der Löschzeit
§48
2. Die rechtliche Bedeutung der Löschzeit Die Löschzeit ist der Zeitraum, in dem der Frachtführer dem Empfänger das 3 Schiff zur Entladung zur Verfügung stellen und bereit sein muß, selbst und durch seine Schiffsbesatzung die erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen. Das Gesetz geht als selbstverständlich davon aus, daß der Frachtführer für die Löschzeit keine besondere Vergütung verlangen kann. Das Entgelt liegt in der Fracht. Entsprechend bestimmt § 594 Abs. 5 H G B für das Seerecht, daß der Verfrachter für die Löschzeit mangels abweichender Vereinbarung ebenfalls keine Vergütung verlangen kann. Wie der Empfänger die Frachtgüter auslädt, ist seine Sache. Der Frachtführer hat keinen Anspruch darauf, daß der Empfänger die Löschzeit überhaupt oder gleichmäßig ausnutzt. Uberschreitet der Empfänger die Löschzeit, erwirbt der Frachtführer einen Anspruch auf Liegegeld nach § 49. Dort sind auch die weitergehenden Ansprüche des Frachtführers gegen den Empfänger geregelt. Hingegen macht sich der Frachtführer bei einer schuldhaften Verzögerung der Entladung schadensersatzpflichtig. Zum Zwecke der Entladung des Schiffes braucht der Frachtführer weder die Schiffsmannschaft zu verstärken, noch braucht er besondere Anstrengungen zu unternehmen, wenn der Empfänger nicht bei Beginn der Löschzeit sofort tätig wird, um die Frachtgüter auszuladen und auch später nicht gehörig arbeitet. Der Frachtführer braucht nur die Maßnahmen zu treffen, die der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers entsprechen (§ 7). Obliegt die Entladung nach dem Frachtvertrag dem Frachtführer, braucht er ebenfalls nur die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers einzuhalten. Für den Umfang seiner Arbeiten bedeutet das, daß an den einzelnen Löschtagen nur Durchschnittsmengen zu entladen sind. Ist an einzelnen Tagen diese Menge nicht erreicht worden, kann durch verstärkten Einsatz am folgenden Tage ein Ausgleich erreicht werden.
3. Der Beginn der Löschzeit a) Nach § 48 Abs. 1 beginnt die Löschzeit mit dem auf die Anzeige der 4 Löschbereitschaft folgenden Werktag. Da nach § 48 Abs. 4 abweichende Vereinbarungen möglich sind, können die Beteiligten vereinbaren, daß die Löschzeit sofort mit dem Anlegen des Schiffes am Löschplatz beginnen soll. Es kommen auch Vereinbarungen über einen späteren Beginn der Löschzeit vor. Soll in Reihenfolge gelöscht werden, bedeutet eine solche Vereinbarung, daß die Löschzeit erst in Lauf gesetzt werden soll, wenn das Schiff nach den für denselben Löschplatz gemeldeten anderen Schiffen unter Berücksichtigung der laufenden Einhaltung der Löschzeiten an der Reihe ist, entlöscht zu werden.
261
§48
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
D e r Meldetag gilt nach § 2 der V O v. 17. 5 . 1 9 4 3 2 als erster Tag der Löschzeit, falls im Einverständnis von Frachtführer und E m p f ä n g e r bereits an diesem Tage entladen wird, w o b e i es auf den U m f a n g der Entladung nicht a n k o m m t 3 . 5
b) D i e Löschzeit beginnt auch gegenüber mehreren Empfängern nach § 4 8 Abs. 1. mit dem auf die Anzeige folgenden Werktag. M i t der an alle Empfänger zu richtenden Anzeige wird die Löschzeit für sie anders als bei einer Teilverf r a c h t u n g (§ 53) einheitlich in Lauf gesetzt. Es ist ihre Sache, wie sie die für alle E m p f ä n g e r einheitlich geltenden Löschzeiten ausnutzen. Welche Vereinbarungen die E m p f ä n g e r unter sich treffen, berührt den Frachtführer nicht. Zu der Frage, wann eine G e s a m t - oder eine Teilverfrachtung vorliegt, vgl. §27.
4. Die Dauer der Löschzeit 6
a) D i e D a u e r der Löschzeit bestimmt sich nach § 4 8 A b s . 2 nach dem für die Ladezeit geltenden § 2 9 A b s . 2. D i e Löschzeit ist gewissermaßen das Spiegelbild der Ladezeit. In beiden Fällen können die Beteiligten kraft der gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmungen zur Ausgestaltung der Fristen treffen, sofern nicht die F r a c h t e n a u s s c h ü s s e unabdingbare Löschzeiten bestimmt haben. Diese sind in erster Linie maßgebend. In zweiter Linie k o m m t es auf die individuellen Vereinbarungen in den Frachtpapieren an. In Ermangelung solcher Regelungen k o m m t es auf behördliche Bestimmungen und erst in letzter Linie auf die gesetzliche Regelung in § 2 9 A b s . 2 an. H i e r d u r c h ist die gesetzliche Regelung praktisch ausgeschaltet.
7
b) D i e D a u e r der gesetzlichen L ö s c h z e i t - dasselbe gilt auch in den sonstigen Fällen - berechnet sich gemäß den §§ 48 A b s . 2, 29 A b s . 2 nach dem G e w i c h t der Ladung. N a c h § 2 6 i. V. m. § § 4 3 6 , 4 4 6 H G B ist für die Berechnung der L ö s c h zeit das in den Frachtpapieren angeführte G e w i c h t maßgebend. O b das bei der Auslieferung festgestellte G e w i c h t von den Angaben in den Frachtpapieren ( L a deschein, Frachtbrief) abweicht, ist unerheblich, wenn auch dieses G e w i c h t für die Berechnung der Fracht entscheidend ist. Ist in den Frachtpapieren ausnahmsweise kein G e w i c h t angegeben, ist das bei der Auslieferung festgestellte G e w i c h t für die B e r e c h n u n g der Löschzeit und die Feststellung einer etwaigen Uberliegezeit maßgebend, da andere objektive Anknüpfungstatsachen fehlen.
5. Die Berechnung der Löschzeit 8
a) N a c h § 48 A b s . 3 k o m m e n bei der Berechnung der Löschzeit nur die Werktage in ununterbrochener Reihenfolge in Betracht. Werden aber an einem S o n n und Feiertag tatsächlich Löscharbeiten ausgeführt, wird dieser Tag nach Schiff2 RGBl. I S. 311. 3 O L G Köln, ZfB 1977, 402. 262
Beginn und Dauer der Löschzeit
§48
fahrtsbrauch auf die Löschzeit angerechnet. Auf den Umfang der Löscharbeiten kommt es dabei nicht an. Die Arbeiten müssen sich aber als Löscharbeiten darstellen. Eine Besichtigung der Frachtgüter reicht zu einer solchen Annahme nicht aus, da Vorbereitungen zum Löschen einem Löschen nicht gleichstehen. Es muß schon ein Güterumschlag stattfinden oder mindestens konkrete Arbeiten an der Ladung vorgenommen werden. b) Die Löschzeit rechnet nach Kalendertagen, die jeweils von 0-24 Uhr dau- 9 ern. Nach Schiffahrtsbrauch braucht der Frachtführer jedoch mangels abweichender Vereinbarungen nur während der ortsüblichen Arbeitszeit von 6.00 bis 18.00 Uhr löschbereit zu sein. Der Bundesminister für Verkehr ist nach §48 Abs. 5 ermächtigt, durch Rechtsverordnung für den Ladetag einen kürzeren Zeitraum als den gesetzlichen Ladetag sowie den Beginn und das Ende des Ladetages festzusetzen. c) Das Gesetz bürdet weitgehend die während des Laufs der Löschzeit auftre- 1 0 tenden Risiken dem Empfänger auf. Alle zufälligen Ereignisse, die den Empfänger an der Ausnutzung der Löschzeit hindern, gehen zu seinen Lasten, auch wenn ihn kein Verschulden trifft. So gehen alle durch Umschlaggeräte oder Streiks der Hafenarbeiter herbeigeführten Verzögerungen zu Lasten des Empfängers. Auch Verzögerungen der Entladung wegen einer Besichtigung der Frachtgüter auf Mängel, wegen Zollformalitäten des Empfängers, eine gerichtliche Verklarung oder eine erschwerte Auslieferung der Frachtgüter für verschiedene Empfänger sowie alle persönlichen Gründe des Empfängers fallen in die Sphäre des oder der Empfänger. O b die Schiffahrt wegen Hoch- oder Niedrigwasser oder auch Eisgefahr geschlossen wird, ist grundsätzlich auf die Löschzeit ohne Einfluß. Zu Lasten des Frachtführers geht es aber, wenn seine Löschbereitschaft während des Laufs der Löschzeit entfällt. Das ist auch dann der Fall, wenn Hindernisse auftreten, die eine Löschung von Gütern jeder Art hindern. O b die im konkreten Falle geladenen Frachtgüter nicht entladen werden konnten, ist unerheblich, wenn sonstige Frachtgüter gelöscht werden konnten. Dabei ist auf die Verhältnisse an dem gesamten Löschplatz, nicht aber auf das zu entladende Schiff abzustellen. O b andere Fahrzeuge noch den Hafen erreichen können oder nicht, ist unerheblich. Es kommt auf die Entladungsmöglichkeiten a m Ablieferungsort an. Erschwerungen aller Art muß der Empfänger hinnehmen. Im Falle der H e m m u n g der Löschzeit bleiben die entsprechenden Tage außer 11 Ansatz. Treten nach dem Ablauf der Löschzeit Hindernisse auf, die eine Löschung von Gütern aller Art hindern, so wird dadurch ein Anspruch auf ein Liegegeld nicht begründet. d) Hat ein Hindernis nur auf einen Teil des Tages Auswirkung, so tritt nur für diese Zeit eine Hemmung und eine entsprechende Verlängerung der Löschzeit ein. Nach Schiffahrtsbrauch sind die Zeiträume nach Stunden zu bemessen. Ganz kurze Unterbrechungen sind unerheblich und müssen vom Empfänger 263
§48
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
hingenommen werden. Die Verlängerung der Löschzeit wird nach Treu und Glauben (§ 242 B G B ) unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bemessen sein, wenn ein kontinuierlicher Arbeitsablauf gestört worden ist. 12
e) Eine Unterbrechung der Löschzeit mit der Wirkung, daß die Löschzeit neu beginnt, tritt dann ein, wenn sich der Frachtführer wegen fehlender Löschbereitschaft mehrfach löschbereit melden muß.
6. Die Rechtsanwendung 13
Der seerechtliche Grundsatz, wonach die Rechtsanwendung des Löschens sich nach dem im Bestimmungshafen geltenden Recht bestimmt, sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben und auch die Frachtpapiere nichts über die Rechtsanwendung aussagen, findet auch im grenzüberschreitenden Verkehr der Binnenschiffahrt Anwendung 4 .
14
Der Bundesminister für Verkehr ist ermächtigt, die Löschzeit zur Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten in den Häfen sowie unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines beschleunigten Verkehrsablaufs und des jeweiligen technischen Fortschritts festzusetzen. Der Ladetag kann auf einen kürzeren Zeitraum als der Kalendertag bestimmt werden. Auch kann der Beginn und das Ende des Ladetages durch Rechtsverordnung festgesetzt werden. Damit soll die Leichtigkeit des Verkehrs unterstützt werden.
15
a) Der Frachtführer hat die Löschzeit zu beweisen. Grundsätzlich ergibt sich die Löschzeit aus dem in den Frachtpapieren vermerkten Ladungsgewicht. Fehlen Angaben, muß der Frachtführer das Ladungsgewicht in anderer Form beweisen. Behauptet der Empfänger, mit dem Frachtführer sei ein Löschtermin vereinbart worden, trifft ihn dafür die Beweislast 5 . Auch für Mehraufwendungen im Falle der Nichteinhaltung eines vereinbarten Löschtermins ist der Empfänger beweispflichtig 6 .
16
b) Nach der Fassung des § 48 Abs. 3 hat der Empfänger die Beweislast für eine Verlängerung der Löschzeit infolge von Umständen, die vorübergehend das Löschen von Gütern jeder Art an dem Löschplatz hinderten. Der Empfänger muß also nicht nur den Eintritt zufälliger Umstände ganz allgemein beweisen, sondern darüberhinaus den Beweis führen, daß und inwieweit Güter jeder Art nicht
7. Die Festsetzung des Löschtages
8. Die Beweislast
4 BGH N J W 1953, 1140; vgl. dazu auch Einf. Anm. 4. 5 O L G Köln ZfB 1984, 401. 6 O L G Köln ZfB 1984, 401.
264
Liegegeld bei Ü b e r s c h r e i t u n g der L ö s c h z e i t
§ 49
entladen werden konnten. Die Verhinderung der Entladung bezieht sich nicht nur auf das gerade in Frage kommende Schiff, sondern auf den Bereich des gesamten Ablieferungsortes. Ist auch nur eine Löschstelle im Hafenbereich in Betrieb geblieben, muß der Beweis als gescheitert angesehen werden. Wird die Löschzeit durch fehlende Löschbereitschaft des Frachtführers gehemmt, hat der Frachtführer zu beweisen, wann die Löschbereitschaft wieder eingetreten ist.
§49 (1) Wenn der Empfänger die Ladung nicht bis zum Ablaufe der Löschzeit abnimmt, so gebührt dem Frachtführer ein Liegegeld. §30 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Außer dem Liegegelde kann der Frachtführer auch den Ersatz eines höheren Schadens verlangen, welcher ihm durch die Überschreitung der Löschzeit erwächst. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Begriff des Liegegeldes 3. Der Anspruch auf Liegegeld . . . . 4. Der Schuldner des Liegegeldes . . .
Rdn. 1 2 3-5 6-8
5. Die Höhe des Liegegeldes 6. Liegegeld und Schadensersatz 7. Die Beweislast
. . .
Rdn. 9 10-11 12
1. Allgemeines §49 ist neu gefaßt worden. §32, auf den die frühere Fassung des §49 Bezug 1 nahm, ist aufgehoben worden. An die Stelle des gesetzlichen Liegegeldes ist die Ermächtigung des § 49 Abs. 1 Satz 2 getreten. Der Bundesminister für Verkehr kann durch Rechtsverordnung bestimmen, ob und inwieweit für die über die Ladezeit hinausgehende, tatsächlich in Anspruch genommene Zeit das Liegegeld anteilig zu gewähren ist.
2. D e r Begriff des Liegegeldes Liegegeld ist das vom Empfänger zu zahlende Entgelt für die Überschreitung 2 der Löschzeit. Der Frachtführer kann verlangen, daß ihm der Empfänger für die Überschreitung der Löschzeit ein Entgelt zahlt, weil er über die durch die Fracht abgegoltene Löschzeit das Schiff zur Entladung zur Verfügung stellen muß und in dieser Zeit das Schiff nicht anderweitig einsetzen kann. Das geschuldete Entgelt ist das Liegegeld im Sinne des Gesetzes.
265
§49
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
3. Der Anspruch auf Liegegeld 3
a) D e r Anspruch auf Liegegeld setzt voraus, daß der Frachtführer sich löschbereit gemeldet hat, während der Löschzeit Löschbereitschaft bestanden hat und keine zufälligen Ereignisse eingetreten sind, die der Entlöschung im Sinne des § 48 Abs. 3 allgemein entgegenstanden. Weiter ist für das Entstehen des Anspruchs notwendig, daß der E m p f ä n g e r die Ladung bis zum Ablauf der Löschzeit nicht abnimmt. Das Gesetz stellt also auf die Abnahme der Frachtgüter zum Zwecke der Erfüllung des Frachtvertrages ab. Liegegeld ist danach nicht nur zu entrichten, wenn die Löschung der Frachtgüter ganz oder teilweise unterbleibt, sondern bis zur A b n a h m e der Frachtgüter nach deren Entlöschung. Zur Abnahme gehört weder die Ausstellung einer Leerbescheinigung noch die Frachtzahlung, da nur auf die Hauptverpflichtung des Empfängers abgestellt wird.
4
b) Es handelt sich bei dem Anspruch auf das Liegegeld nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um ein auf dem Frachtvertrag beruhendes gesetzliches E n t g e l t für die besondere zeitliche Inanspruchnahme des Schiffs für die Zwecke der Ladung 1 . Es ist daher weder der Nachweis eines Verschuldens auf Seiten des Empfängers noch eines Schadens des Frachtführers erforderlich. Es kann daher gegenüber dem Anspruch auf Liegegeld nicht eingewandt werden, der Frachtführer habe schon während des Wartens auf die Entlöschung einen weiteren Frachtvertrag abgeschlossen und andere Frachtgüter geladen. Auch einen Vorteilsausgleich braucht sich der Frachtführer nicht anrechnen zu lassen, wenn der Vorteil nicht auf dem Zutun des Empfängers beruht. Auf den Liegegeldanspruch ist es auch ohne Einfluß, wenn der Frachtführer wegen drohender B e h i n d e r u n g der Schiffahrt zeitweilig keine andere Ladung hätte bekommen können. Auch der Einwand, die Entlöschung sei innerhalb der Löschzeit unmöglich gewesen, ist unerheblich. Die Fristüberschreitung und die Verzögerung aus U m ständen, die von keiner Partei zu vertreten sind, also auf Zufall beruhen, gehen zu Lasten des E m p f ä n g e r s .
5
c) Das Liegegeld bildet keinen Teil der Fracht, sondern stellt einen eigenen gesetzlichen Anspruch dar. In einer vorbehaltslosen Quittung über die Fracht steckt kein Verzicht auf Liegegeld, weil das Liegegeld kein Teil der Fracht ist. Das Liegegeld wird nicht mit der Fracht, sondern täglich fällig.
1 B G H Z 1, 47.
266
Liegegeld bei Überschreitung der Löschzeit
§49
4. Der Schuldner des Liegegeldes a) Der Liegegeldanspruch ist ein auf dem Frachtvertrag beruhender gesetzli- 6 eher Anspruch. Für die Erfüllung des Liegegeldanspruchs haftet der Absender dem Frachtführer nach § 26 i. V. m. §§ 435, 436, 447 H G B und zwar neben dem Empfänger 2 . Nach dem Frachtvertrag ist der Frachtführer, wenn keine abweichenden Vereinbarungen getroffen worden sind, verpflichtet, das Liegegeld für die Uberschreitung der Löschzeit vom Empfänger zu erheben, der das Entstehen dieses Anspruchs durch sein Verhalten veranlaßt hat. Der Absender hat ein unmittelbares wirtschaftliches und rechtliches Interesse daran, daß der Frachtführer die Frachtgüter nicht ohne Bezahlung des Liegegeldes ausliefert 3 . Zur Durchsetzung des Liegegeldanspruchs muß er das ihm nach § 26 i. V. m. § 440 H G B zustehende gesetzliche Pfandrecht an den Frachtgütern geltend machen. Nach §26 i. V. m. § 442 H G B verliert der Frachtführer, der die Frachtgüter ohne Bezahlung abliefert und das Pfandrecht nicht spätestens binnen drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht, sein Rückgriffsrecht gegen die Vormänner, darunter den Absender. Hingegen bleibt der Anspruch gegen den Empfänger auch in einem solche Falle unberührt. Der Rechtsverlust tritt dann nicht ein, wenn der Absender zugleich Empfänger ist, wenn also ein sonstiger Empfänger nicht vorhanden ist (dann tritt der Absender an die Stelle des Empfängers), nicht ordnungsgemäß angewiesen ist oder es überhaupt unklar ist, wer das Liegegeld schuldet. Mehrere Absender haften dem Frachtführer als Gesamtschuldner. b) Der Frachtführer erlangt gegen den Empfänger einen Anspruch auf Zah- 7 lung eines Liegegeldes wegen der Überschreitung der Löschzeit nach §26 i. V. m. §§ 435, 436, 446, 447 HGB, wenn der Empfänger den Ladeschein oder den Frachtbrief angenommen hat. Auch bei teilweiser Annahme der Frachtgüter entsteht gegen ihn der Liegegeldanspruch. Die internen Vertragsverhältnisse zwischen Absender und Empfänger beeinflussen den Liegegeldanspruch des Frachtführers gegen den Empfänger nicht. Dagegen hat der Frachtführer einen Anspruch auf Zahlung von Liegegeld aus der Überschreitung der Ladezeit nur, wenn dieser das Gut sowie den Ladeschein oder den Frachtbrief mit den in diesen Frachtpapieren ausdrücklich vorbehaltenen Liegegeldern angenommen hat 4 . c) Gegenüber mehreren Empfängern kann ein Liegegeldanspruch entstehen. 8 Die Löschzeit beginnt bei der Gesamtverfrachtung auch gegenüber mehreren Empfängern nach §48 Abs. 1 mit dem auf die Anzeige der Löschbereitschaft folgenden Werktag. Da die Löschzeit eine einheitliche Frist ist, begründet die Fristüberschreitung einen Anspruch gegen alle Empfänger. Wird die Löschzeit 2 RGZ 122, 221. 3 R G Z 122, 221. 4 R G Z 71, 344.
267
§49
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
von keinem E m p f ä n g e r eingehalten, haften sie sämtlich dem Frachtführer nach § 4 9 i. V . m . § § 4 2 1 , 4 2 6 B G B als G e s a m t s c h u l d n e r . D e r Frachtführer kann selbstverständlich für jeden Tag das Liegegeld nur einmal verlangen. Das folgt schon aus dem Wesen der Gesamtschuldnerschaft und ist in § 53 A b s . 2 Satz 2 für die Teil- u n d S t ü c k g ü t e r v e r f r a c h t u n g n o c h einmal ausdrücklich hervorgehoben. Wird die Löschzeit von einigen Empfängern eingehalten, von anderen E m p fängern hingegen nicht, ist fraglich, o b alle E m p f ä n g e r verhaftet bleiben. Das hat das O L G H a m b u r g in einer älteren Entscheidung 5 angenommen. D e m ist beizutreten; denn man kann die H a f t u n g nicht auf die E m p f ä n g e r beschränken, die das Schiff mit ihren Frachtgütern noch nach dem E n d e der Löschzeit in Anspruch genommen haben, wenn auch nur von ihnen die vergütungsfreie L ö s c h z e i t überschritten worden ist. D e n n der Frachtführer braucht bei mehreren Empfängern nicht nachzuprüfen, wer durch seine Säumnis die Überschreitung der Löschzeit verursacht hat. Es ist Aufgabe der Empfänger, die infolge der gemeinsamen Löschzeit in einem Gemeinschaftsverhältnis zueinander stehen, denjenigen intern für die Liegegeldkosten in Anspruch zu nehmen, der durch seine Säumnis die K o s t e n verursacht hat. I m Innenverhältnis ist mangels Vereinbarung die Löschzeit auf die einzelnen Empfänger nach dem U m f a n g der Frachtgüter zu verteilen. Entsprechend sind etwaige Liegegeldkosten umzulegen.
5. Die Höhe des Liegegeldes 9
D u r c h Rechtsverordnung des Bundesministers für Verkehr ist die H ö h e des Liegegeldes geregelt worden. Dabei ist den Besonderheiten der Schiffahrt R e c h nung getragen. D i e früher bestehende Ausnahme eines Liegegeldes für Tage, an denen die Schiffahrt geschlossen war, ist entfallen.
6. Liegegeld und Schadensersatz 10
a) D e r Frachtführer ist nach § 4 9 A b s . 2 berechtigt, außer dem Liegegeld auch E r s a t z eines h ö h e r e n Schadens zu verlangen, der ihm durch die Überschreitung der Löschzeit erwächst. H a b e n die Beteiligten eine Überliegezeit vereinbart (§ 50 Abs. 1 Satz 1), kann für diese Zeit kein Schadensersatzanspruch entstehen, da keine Vertragswidrigkeit anzunehmen ist. D e r Anspruch auf Schadensersatz beruht auf dem G e d a n k e n , daß der F r a c h t f ü h r e r bei der Ü b e r s c h r e i t u n g der L ö s c h z e i t weder v o m Vertrage zurücktreten noch mit seinem noch nicht entladenen Schiff abfahren darf, sondern allenfalls die Frachtgüter selbst löschen kann, wodurch ihm aber ein Zeitverlust entsteht. Dieser Schadensersatzanspruch setzt kein Verschulden des Empfängers voraus. 5 O L G Hamburg SeuffA 53 Nr. 243. 268
Liegegeld bei Überschreitung der Löschzeit
§49
D e r Frachtführer kann den Ersatz seines höheren Schadens als Z u s c h l a g z u m gesetzlichen Liegegeld verlangen 6 . E s k ö n n e n aber im R a h m e n der §§ 2 4 9 , 2 5 2 , 254 A b s . 2 B G B als höherer Schaden nur Nachteile von gleicher oder ähnlicher A r t erstattet verlangt werden, wie sie durch das gesetzliche Liegegeld gedeckt werden sollen 7 . A u f seinen Gesamtschaden muß sich der Frachtführer das Liegegeld nach § 4 9 A b s . 1 anrechnen lassen. Ein höherer Schaden kann dem Frachtführer vor allem dann entstehen, wenn die Frachtsätze inzwischen gesunken sind, z. B . wenn Niedrigwasserzuschläge entfallen oder wenn dem Frachtführer wegen Überschreitung der Löschzeit ein günstiges Frachtgeschäft entgangen ist. I m H i n b l i c k auf die Anpassung der Liegegeldsätze k o m m t ein weiterer Z u schlag durch Berechnung eines abstrakten Schadens nicht in Frage. N a c h § 2 5 4 B G B ist der Frachtführer verpflichtet, den Empfänger auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens hinzuweisen. Das gilt aber nicht für einen Schaden, der sich im üblichen R a h m e n hält. b) Tritt eine Behinderung des Frachtführers bei dem anderweitigen Einsatz 1 1 eines Schiffes aus anderen G r ü n d e n ein, handelt es sich nicht um einen Liegegeldanspruch. In einem solchen Fall kann ein Ersatzanspruch nur auf andere Haftungsvorschriften gestützt werden 8 . Deshalb hat ein Frachtführer auch keinen Anspruch auf Liegegeld aus den §§ 3 0 , 4 9 , wenn sein beladenes Schiff einen Aufenthalt an der Zollgrenze hat. 7. D i e B e w e i s l a s t D e r Frachtführer hat alle U m s t ä n d e , die für das Entstehen des Liegegeldan- 1 2 spruchs maßgebend sind, zu beweisen. Insbesondere m u ß er die Anzeige der Löschbereitschaft und den U m f a n g der Frachtgüter darlegen und beweisen. D e r E m p f ä n g e r kann behaupten und beweisen, es habe keine Löschbereitschaft bestanden, oder daß die Überschreitung der Löschzeit auf Verschulden des Frachtführers beruht. Zufällige U m s t ä n d e im Sinne des § 4 8 A b s . 3 hat der E m p f ä n g e r zu beweisen. Verlangt der Frachtführer Schadensersatz, braucht er ebenfalls nur das Entstehen des Liegegeldanspruchs zu beweisen. Darüberhinaus m u ß er seinen höheren Schaden substantiiert darlegen und beweisen. D e r Frachtführer kann seinen Schaden abstrakt berechnen und o h n e konkreten N a c h w e i s eines höheren Schaden einen Zuschlag von 5 0 % zu dem gesetzlichen Liegegeld fordern. D e r E m p fänger kann einwenden, ein nicht durch das Liegegeld abgegoltener Schaden sei nicht entstanden. D a f ü r obliegt dem Empfänger die Beweislast. Wird der A b s e n der in Anspruch g e n o m m e n , kann er geltend machen, daß der Frachtführer seine 6 BGHZ 2, 20. 7 BGHZ 2, 5. 8 BGHZ 1, 47.
269
§ 50
4. A b s c h n i t t . F r a c h t g e s c h ä f t
Rechte gegen ihn verloren hat. Für den Rechtsverlust hat der Absender zu beweisen, daß der Frachtführer die Güter ausgeliefert hat, ohne seine Rechte durch Geltendmachung seines Pfandrechts vor Gericht zu wahren.
§50 (1) Die Bestimmungen des §49 Abs. 1 gilt auch dann, wenn bedungen ist, daß der Frachtführer nach Ablauf der Löschzeit noch weiter auf die Abnahme der Ladung warten soll (Überliegezeit). Der Ersatz eines das Liegegeld überschreitenden Schadens kann in diesem Falle nur wegen Überschreitung der Überliegezeit verlangt werden. (2) Die Überliegezeit beginnt mit dem Ablaufe der Löschzeit. Auf die Dauer und die Berechnung derselben finden die Bestimmungen in § 29 Abs. 2 und § 48 Abs. 3 und 4 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Überliegezeit in Ermangelung einer besonderen Vereinbarung höchstens eine Woche beträgt. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Begriff Uberliegezeit 3. Die Bedeutung der Überliegezeit . 4. Inhalt und Form der Vereinbarung
Rdn. 1 2 3 4
5. Der Beginn der Überliegezeit . . . . 6. Die Dauer der Überliegezeit . . . . 7. Die Berechnung der Überliegezeit 8. Die Beweislast
Rdn. 5 6 7-8 9
1. Allgemeines 1
Nach den §§50, 51 braucht der Frachtführer über die Löschzeit des §48 hinaus auf die Abnahme der Ladung nur zu warten, wenn dies vereinbart ist. Diese Regelung entspricht der seerechtlichen Regelung des §594 Abs. 4 HGB. Für die gesamte Überliegezeit besteht ein Anspruch auf Liegegeld gegen den Empfänger nach der Abnahme. Vor der Abnahme der Frachtgüter ist allein der Absender Schuldner der Uberliegezeit.
2. Der Begriff Überliegezeit 2
Die Überliegezeit ist eine vereinbarte Verlängerung der Löschzeit, in der weiterhin Löschbereitschaft des Frachtführers (§ 47) bestehen muß. Die Uberliegezeit unterscheidet sich von der Löschzeit nur dadurch, daß für die Überliegezeit Liegegeld zu entrichten ist, was aus der Bezugnahme auf § 49 Abs. 1 folgt. Zwischen der Überliegezeit nach §50 und der des §31 besteht danach kein grundsätzlicher Unterschied. Denn auch die Überliegezeit bei einer Überschreitung der Ladezeit setzt eine entsprechende vertragliche Vereinbarung und Ladebereitschaft voraus und gibt dem Frachtführer Anspruch auf Liegegeld.
270
Überliegezeit
§50
3. Die Bedeutung der Überliegezeit Für die Dauer der Überliegezeit hat der Frachtführer nur Anspruch auf Liege- 3 geld (§49 Abs. 1). Aus dem argumento e contrario des §50 Abs. 1 Satz 2 folgt, daß der Ersatz eines das Liegegeld überschreitenden Schadens für die Dauer der Uberliegezeit nicht verlangt werden kann. Daran kann auch deshalb kein Zweifel bestehen, weil die Überliegezeit eine entsprechende Vereinbarung voraussetzt und in der Ausnutzung der zugestandenen Liegezeit keine Vertragswidrigkeit liegt. Der Empfänger hält sich im Rahmen der zugestandenen Befugnis, das Schiff zum Zwecke der Entladung zu nutzen.
4. Inhalt und Form der Vereinbarung Das Gesetz schreibt den Inhalt einer Überliegezeitvereinbarung und eine 4 Form nicht vor. Es muß nur eindeutig vereinbart werden, daß der Frachtführer nach dem Ablauf der Löschzeit weiter auf die Abnahme der Ladung warten soll. Eine Zeit braucht dafür nicht vereinbart zu werden. Ist eine der Dauer nach nicht fest bestimmte Überliegezeit vereinbart worden, beträgt die Überliegezeit nach §50 Abs. 2 längstens eine Woche. Die Vereinbarung bedarf keiner Form. Auch mündliche oder fernmündliche Abreden sind möglich.
5. Der Beginn der Überliegezeit Die Überliegezeit beginnt nach § 50 Abs. 1 Satz 1 mit dem Ablauf der Lösch- 5 zeit. Sofern eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden ist, schließt sich die Überliegezeit unmittelbar an die Löschzeit an, vorausgesetzt, die Löschbereitschaft des Frachtführers besteht fort.
6. Die Dauer der Überliegezeit § 50 ist dispositiven Rechts. Die Beteiligten können grundsätzlich die Dauer 6 der Überliegezeit frei bestimmen. Aus der Bezugnahme des § 50 Abs. 2 auf die §§ 29 Abs. 2, 48 Abs. 4 ergibt sich, daß mangels einer Vereinbarung in zweiter Linie die Dauer der Überliegezeit durch Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde und nur hilfsweise die gesetzliche Regelung gilt. Nach der gesetzlichen Regelung des § 50 Abs. 2 beträgt die Überliegezeit mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung höchstens eine Woche. Die Woche bedeutet hier sieben Werktage. Die Überliegezeit endet mit dem Ablauf des letzten Tages der vereinbarten oder gesetzlichen Frist. Soweit die Überliegezeit überschritten wird, ist §49 Abs. 1 und 2 anzuwenden. Danach hat der Frachtführer Anspruch auf Liegegeld und Ersatz des höheren Schadens.
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§51
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
7. Die Berechnung der Überliegezeit 7
a) N a c h § 50 Abs. 2 findet auf die Berechnung der Uberliegezeit § 48 Abs. 3 Anwendung. Liegegeld wird danach auch für die Tage geschuldet, wenn der Absender durch zufällige Ereignisse an der A b n a h m e der Ladung gehindert ist. Auch eine Schließung der Schiffahrt steht der Uberliegezeit nicht entgegen. Nicht in Ansatz kommen hingegen Sonn- und Feiertage, sowie solche Tage, an denen durch zufällige Umstände Güter jeder Art nicht gelöscht werden können.
8
b) Die Überliegezeit wird nach § § 5 0 Abs. 2, 48 Abs. 3 fortlaufend nach Werktagen in ununterbrochener Reihenfolge berechnet. Besteht ein Hindernis, Güter jeder Art zu löschen nur eine kurze Zeit oder fehlt die Löschbereitschaft des Frachtführers nur kurzzeitig, wäre es unbillig, den gesamten Tag von der Überliegezeit abzuziehen. Nach § 2 4 2 B G B ist es gerechtfertigt, in solchen Fällen der Hemmung eine entsprechende Verlängerung der Überliegezeit anzunehmen oder von dem Überliegegeld, wenn insgesamt die Frist nicht überschritten ist, einen Abzug nach Stunden vorzunehmen.
9
Die Vereinbarung einer Überliegezeit ist von den Ladungsbeteiligten zu beweisen. D e r Frachtführer hat alle den Anspruch auf Liegegeld begründenden Umstände zu beweisen. Dasselbe gilt für den Ersatz eines höheren Schadens. Der Empfänger muß dartun und beweisen, daß durch zufällige Ereignisse Güter jeder Art nicht gelöscht werden konnten und eine Hemmung der Überliegezeit eingetreten ist.
8. Die Beweislast
§51 (1) N a c h Ablauf der Löschzeit oder der etwa vereinbarten Überliegezeit ist der F r a c h t f ü h r e r nicht verpflichtet, auf die Löschung noch länger zu warten. E r m u ß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten, bei Ladungen bis zu 1 0 0 0 0 Kilogramm spätestens einen Werktag, bei Ladungen bis zu 50 000 Kilogramm spätestens zwei Werktage, bei L a d u n g e n über 50 000 Kilogramm spätestens drei Werktage v o r Ablauf der Löschzeit oder der Überliegezeit dem Empfänger erklären. Ist dies nicht geschehen, so läuft die Wartezeit nicht eher ab, als bis die Erklär u n g nachgeholt ist und seit dem Tage, an dem sie erfolgt ist, die vorstehend bezeichneten Fristen verstrichen sind. A u f die Erklärung finden die Bestimm u n g e n in § 47 Abs. 2 und 3 entsprechende Anwendung. 272
§51
Wartezeit
(2) Die Wartezeit läuft in keinem Falle ab, bevor eine der Löschzeit gleichkommende Frist seit dem Tage, an welchem das Schiff den Löschplatz erreicht hat, verstrichen ist.
Rdn.
Rdn. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines Der Begriff der Wartezeit Die Bedeutung der Wartezeit . . . . Die Erklärung des Frachtführers . .
1 2 3-4 5-7
5. Beginn und Dauer der Wartefrist . . 6. Anderweitige Vereinbarungen . . . 7. Die Beweislast
8-10 11 12
1. Allgemeines §51 regelt die Wartezeit nach Ablauf der Löschzeit entsprechend der Warte- 1 zeit nach dem Ablauf der Ladezeit (§ 33). Die jeweiligen Regelungen sind nahezu inhaltsgleich. Das Seerecht kennt keine vergleichbare Regelung. Wird die Löschzeit überschritten, gibt es weder eine Kündigung noch eine Wartezeit. Nach §601 Abs. 1 H G B kann der Verfrachter die Güter unter Benachrichtigung des Empfängers in einem öffentlichen Lagerhaus oder sonst in sicherer Weise hinterlegen. In gleicher Weise muß der Verfrachter nach § 601 Abs. 2 unter Benachrichtigung des Befrachters verfahren, wenn der Empfänger die Annahme der Frachtgüter verweigert oder sich über die Annahme auf die in § 594 H G B vorgeschriebene Anzeige hin nicht erklärt oder wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist. Hingegen gibt es im Binnenschiffahrtsrecht keine Verpflichtung des Frachtführers, selbst die Ladung zu löschen. § 5 2 schafft dazu nur unter den Voraussetzungen des § 51 eine Berechtigung, jedoch keine Verpflichtung des Frachtführers.
2. Der Begriff der Wartezeit Die Wartezeit ist eine gesetzlich bestimmte Kündigungsfrist, deren Ablauf 2 den Frachtvertrag beendet und den Frachtführer berechtigt, die Frachtgüter nach §52 selbst zu löschen.
3. Die Bedeutung der Wartefrist a) Der Frachtführer muß bis zum Ablauf der Löschzeit und einer etwa verein- 3 barten Überliegezeit in jedem Falle auf die Abnahme der Ladung durch den Empfänger warten, wie sich aus §§ 48, 50 ergibt. Nach dem Ablauf dieser Fristen ist er nach § 51 Abs. 1 nicht verpflichtet, noch länger auf die Löschung der Frachtgüter zu warten. Es steht nunmehr im Belieben des Frachtführers, ob er weiter auf die Löschung der Frachtgüter warten will. Wartet er, erwirbt er einen Anspruch auf Liegegeld und Ersatz eines etwaigen höheren Schadens nach § 49 Abs. 2. Will er nicht länger warten, muß er nach §51 Abs. 1 verfahren, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat, daß die Ladung nicht in seinem Schiff ver273
§51
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
bleibt, und er eine andere Frachtreise antreten will. Ohne eine E r k l ä r u n g des Frachtführers, nicht länger warten zu wollen, darf der Empfänger annehmen, daß der Frachtführer über die Löschzeit und eine etwaige Uberliegezeit hinaus warten will. Anders als im Seerecht, wo der Verfrachter sofort die Güter unter entsprechender Benachrichtigung ausladen darf, hat der Frachtführer in der Binnenschiffahrt keine Befugnis, ohne vorherige Benachrichtigung und Fristsetzung gegenüber dem Empfänger die Güter auszuladen. Diese abweichende gesetzliche Regelung beruht auf der Erwägung, daß der Empfänger von dem Willen des Frachtführers, nicht länger auf die Löschung zu warten, so zeitig Mitteilung erhalten muß, daß ihm eine angemessene Zeit zur Wahrnehmung seiner Interessen bleibt 1 . Er muß die Möglichkeit haben, Maßnahmen vorzubereiten, durch die übermäßige Liegegelder und sonstige Nachteile vermieden werden, wie sie auch durch die Selbstlöschung nach § 52 und die Hinterlegung der Frachtgüter entstehen können. 4
b) Die E r k l ä r u n g des F r a c h t f ü h r e r s , nicht länger auf die Löschung zu warten, stellt als K ü n d i g u n g s e r k l ä r u n g eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Die gesetzliche Wirkung tritt aufgrund des Zugangs bei dem Empfänger ein. Diese Erklärung bindet auch den Frachtführer selbst. Er ist nicht berechtigt, die Kündigungserklärung ohne Einverständnis des Empfängers zurückzunehmen. Nach Vornahme der K ü n d i g u n g muß der Frachtführer bis zum Ablauf der Wartefrist auf die Löschung des Fahrzeugs warten. Nach dem Fristablauf steht ihm kein Anspruch auf Liegegeld mehr zu 2 .
4. Die Erklärung des Frachtführers 5
a) Für die Kündigungserklärung ist nach §51 keine besondere Form vorgeschrieben. Die Erklärung kann schriftlich, fernschriftlich, mündlich oder fernmündlich erfolgen. Auch ein besonderer Inhalt ist nicht vorgeschrieben. Es muß nur klar und eindeutig erkennbar sein, daß der Frachtführer von einem bestimmten Tag an nicht mehr länger auf die Entlöschung warten will. Der Hinweis „Kündigung", „Rücktritt" oder „Selbstentlöschung" reicht aus.
6
b) D a es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, muß die Erklärung dem E m p f ä n g e r als Adressaten zugehen. Der Empfänger muß die Möglichkeit haben, von der Erklärung ohne besondere Schwierigkeiten Kenntnis zu nehmen. Sie muß in seinen Herrschaftsbereich gelangen. Anstelle des Empfängers genügt der Zugang bei seinem rechtsgeschäftlichen Vertreter, nicht aber gegenüber irgendeinem Angestellten, es sei denn, dieser sei zur Entgegennahme derartiger Erklärungen ausdrücklich bestellt. 1 Begr. S. 80. 2 K G J W 1933, 2466 N r . 1.
274
Wartezeit
§51
Sind m e h r e r e E m p f ä n g e r vorhanden, so m u ß die Kündigungserklärung allen Empfängern gegenüber abgegeben werden, auf deren Löscharbeiten der F r a c h t führer nicht länger warten und deren G ü t e r er selbst nach § 52 löschen will. Aus der B e z u g n a h m e auf § 4 7 Abs. 2 und 3 folgt, daß die Kündigungserklärung an einem Werktage vor dem Schluß der üblichen Geschäftsstunden erfolgen muß. E i n e spätere oder an einem S o n n - oder allgemeinen Feiertag erfolgte A n zeige gilt als am nächsten Werktag erfolgt. D a n a c h kann auch keine Erklärung an einem Samstag erfolgen. Eine solche Erklärung an einem Samstag oder Sonntag gilt danach erst am M o n t a g als erfolgt. Weigert sich der Empfänger, den Zeitpunkt des Empfangs der Anzeige zu bescheinigen, so ist der Frachtführer befugt, eine ö f f e n t l i c h e U r k u n d e (Protest) darüber auf Kosten des Empfängers errichten zu lassen. c) D e r Frachtführer kann die Kündigung jederzeit, sogar schon bei der A n - 7 zeige der L ö s c h b e r e i t s c h a f t (§ 47) erklären. E r m u ß dann aber bereits am L ö s c h platz liegen. Ist das nicht der Fall, läuft die W a r t e f r i s t nicht eher ab, als eine der L ö s c h z e i t gleichkommende Frist seit dem Tage der Vorlage des Schiffs am Löschplatz verstrichen ist (§ 52 A b s . 2). D i e Wartezeit kann mit der Löschzeit zusammenfallen. D a s ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Frachtführer rechtzeitig unter Einhaltung einer der Wartezeit gleichkommenden Löschzeit oder zusammen mit der Löschbereitschaft kündigt. Trifft das nicht zu, erstreckt sich die Wartezeit über die Löschzeit hinaus.
5. Beginn und Dauer der Wartefrist a) D i e Wartefrist beginnt aufgrund der Kündigungserklärung frühestens, 8 nachdem das Schiff den Löschplatz erreicht hat ( § 5 1 A b s . 2), weil das Gesetz bestimmt, daß die Wartefrist in keinem Falle abläuft, bevor eine der Löschzeit gleichkommende Frist seit dem Tage, an dem das Schiff den Löschplatz erreicht, verstrichen ist. D e r Sinn der Regelung besteht darin, dem E m p f ä n g e r die L ö schung der Ladung unter A u s n u t z u n g der L ö s c h f r i s t zu ermöglichen. b) D i e D a u e r der Wartefrist bestimmt sich nach dem L a d u n g s g e w i c h t . Diese 9 Regelung entspricht den § § 2 9 A b s . 2 , 4 8 A b s . 2. Maßgebend ist das im Ladeschein oder im F r a c h t b r i e f angegebene G e w i c h t . Ist in den Ladepapieren kein G e w i c h t angegeben, ist das tatsächliche G e w i c h t maßgebend. c) D i e Wartezeit wird wie die Lade- und Löschzeit nach Werktagen berechnet. S o n n - und Feiertage bleiben außer Ansatz. Anzurechnen sind auch Tage, an denen der Empfänger durch zufällige U m s t ä n d e an der A b n a h m e gehindert war. Tage, an denen die Entladung von G ü t e r n jeder A r t unmöglich ist, bleiben außer Ansatz. d) D i e W a r t e z e i t endet mit dem Ablauf der nach dem L a d u n g s u m f a n g zu 1 0 berechnenden Frist von 1 bis 3 Tagen. D a b e i ist die Vorlage am Löschplatz nach § 5 1 A b s . 2 zu beachten. D i e Wartezeit kann bei mehreren Empfängern verschieden verlaufen, da die
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§52
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Kündigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen kann und die Frachtgüter ein unterschiedliches Gewicht haben können. 6. A n d e r w e i t i g e V e r e i n b a r u n g e n 11
12
§51 ist dispositiver Natur. In Transport- und Verladebedingungen können abweichende Regelungen getroffen werden. Zulässig ist es, unter Verzicht auf eine Kündigung eine Wartezeit allgemein auszuschließen, so daß dem Empfänger nur die Löschzeit und eine etwa zugestandene Uberliegezeit bleibt. 7. D i e Beweislast Verlangt der Frachtführer für eine Wartezeit Liegegeld und Schadensersatz, hat er alle klagebegründenden Tatsachen zu beweisen. Wegen des Beginns der Wartezeit hat er den Zugang seiner Erklärung an den Empfänger, nicht länger auf das Löschen der Ladung warten zu wollen, zu beweisen3. Wendet der Empfänger die Beendigung des Vertrages durch Kündigung ein, trägt er hierfür die Beweislast. Er kann aber vom Frachtführer die Vorlage der Kündigungsbestätigung im Rechtsstreit verlangen. Liegt darüber keine Urkunde vor, kann der Empfänger die Kündigung mit allgemeinen Beweismitteln beweisen. Will der Frachtführer sein Schiff anderweitig nutzen und nach § 52 verfahren, trägt er für die Tatsache der Kündigung die volle Beweislast.
§52 (1) Nach Ablauf der Wartezeit ist der Frachtführer berechtigt, die Löschung selbst vorzunehmen und die Güter in einem öffentlichen Lagerhause oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen. (2) Ist der Empfänger des Gutes nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme oder ergibt sich ein sonstiges Ablieferungshindernis, so hat der Frachtführer den Absender unverzüglich hiervon in Kenntnis zu setzen und dessen Anweisung einzuholen. Ist dies den Umständen nach nicht tunlich oder ist der Absender mit der Erteilung der Anweisung säumig oder die Anweisung nicht ausführbar, so kann der Frachtführer nach der Bestimmung in Absatz 1 verfahren, auch wenn die Wartezeit noch nicht abgelaufen ist. Er kann, falls das Gut dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzug ist, das Gut auch gemäß § 373 Abs. 2 bis 4 des Handelsgesetzbuchs verkaufen lassen. (3) Von der Hinterlegung und dem Verkaufe des Gutes hat der Frachtführer den Absender und den Empfänger unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Ist der Emp3 B G H Z 70, 232.
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R e c h t e und Pflichten des Frachtführers nach Ablauf der Wartezeit
§ 52
fänger nicht zu ermitteln, so hat die Benachrichtigung von der Hinterlegung durch öffentliche B e k a n n t m a c h u n g in ortsüblicher Weise zu erfolgen; im übrigen dürfen die Benachrichtigungen unterbleiben, soweit sie untunlich sind. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Selbstentlöschung nach Ablauf der Wartezeit 3. Ablieferungshindernisse 4. Die Mitteilungspflicht des Frachtführers 5. Die Selbstentlöschung bei Ablieferungshindernissen 6. Die Durchführung der Selbstentlöschung
Rdn. 1 2 3—5 6-8
Rdn. 7. Die Feststellung des Zustandes der Frachtgüter 8. Die Verkaufsbefugnis des Frachtführers 9. Die Benachrichtigung durch den Frachtführer 10. Die Beweislast
13 14-15 16-17 18
9 10-12
1. A l l g e m e i n e s Bei der Abnahme der Ladung am Löschplatz und im Zuge der Entladung können sich Hindernisse ergeben. Einerseits kann der Fall des § 5 1 eintreten: D e r Empfänger nimmt die Ladung nicht innerhalb der Löschzeit, einer etwaigen Uberliegezeit und der Wartezeit ab. Andererseits können sonstige Ablieferungshindernisse (behördliche oder gerichtliche Beschlagnahmen) auftreten. In allen Fällen kann der F r a c h t f ü h r e r ein berechtigtes Interesse daran haben, nicht weiter auf die Beseitigung der Hindernisse und die Abnahme der Frachtgüter zu warten und sich davon zu befreien, um mit seinem Schiff eine andere Frachtreise anzutreten. Das Gesetz gibt ihm in diesen Fällen nach Maßgabe des § 5 2 ein Recht zur Selbstentlöschung der Frachtgüter. E r kann die Frachtgüter in einem öffentlichen Lagerhaus oder in anderer sicherer Weise hinterlegen. Wegen seiner Forderungen gegen den Absender kann er sich aufgrund des ihm zustehenden gesetzlichen Pfandrechts (§ 26 i. V. m. § 440 H G B ) durch Pfandverkauf (§ 1257 B G B ) befriedigen. D e r Frachtführer ist bei Ablieferungshindernissen - auch bei Anweisungen des Absenders - nicht verpflichtet, über den Frachtvertrag hinaus Leistungen zu erbringen, z. B. die Frachtgüter zum Abgangshafen zurückzubefördern oder sie zu einem anderen Bestimmungshafen zu bringen. 2. Die Selbstentlöschung n a c h Ablauf der Wartezeit § 52 Abs. 1 gestattet dem Frachtführer die Selbstentlöschung nach Ablauf der 2 Wartefrist des § 5 1 , wenn der Empfänger die Frachtgüter nicht innerhalb der Löschzeit (§ 48), einer etwa vereinbarten Uberliegezeit (§ 50) und der durch Kündigung in Lauf gesetzten Wartefrist abgenommen hat. D e r Frachtführer kann die Selbstentlöschung nach dem Ablauf der Wartefrist 277
§52
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
ohne weitere A n d r o h u n g vornehmen. E r ist dazu aber grundsätzlich nicht verpflichtet. D r o h t der Ladung Schaden, kann sich eine Pflicht zur Entlöschung ausnahmsweise aus T r e u u n d G l a u b e n (§ 242 B G B ) ergeben. Beläßt der F r a c h t führer die Ladung nach dem Ablauf der Wartefrist im Schiff, kann er kein Liegegeld mehr verlangen, weil er den Vertrag gekündigt hat.
3. Ablieferungshindernisse 3
a) D a s G e s e t z nennt als Ablieferungshindernis den Fall, daß der E m p f ä n g e r n i c h t z u e r m i t t e l n ist (§ 52 A b s . 2). D e r Absender hat zwar nach dem Frachtvertrag die Pflicht, den E m p f ä n g e r genau zu bezeichnen, der Absender braucht jedoch seinerseits keine weiteren Ermittlungen anzustellen. Es obliegt dem F r a c h t f ü h r e r , Ermittlungen nach dem Empfänger anzustellen 1 . Bleiben die E r mittlungen o h n e E r f o l g , hat der Frachtführer den Absender davon in Kenntnis zu setzen und dessen Anweisungen einzuholen (§ 52 A b s . 2 Satz 1). U n t e r diesen Voraussetzungen ist der Frachtführer an der Ablieferung der Frachtgüter verhindert.
4
b ) § 52 A b s . 2 führt als weiteres Ablieferungshindernis die W e i g e r u n g des Empfängers an, die Ladung abzunehmen. Dabei k o m m t es nicht darauf an, welche G r ü n d e den E m p f ä n g e r zu seiner Weigerung veranlassen. Es k ö n n e n allgemeine G r ü n d e oder auch die im Frachtvertrag vereinbarten Bedingungen sein. So kann sich der E m p f ä n g e r weigern, Fracht zu zahlen, nicht mit dem vom Frachtführer gewählten Löschplatz einverstanden sein 2 , oder vor vollständiger Löschung Sicherheit zu leisten. Schweigt der Empfänger auf die A n z e i g e der L ö s c h b e r e i t s c h a f t ( § 4 7 ) oder auf die K ü n d i g u n g des F r a c h t f ü h r e r s ( § 5 1 ) , k o m m t dem keine eigene Bedeutung zu. D a s Schweigen steht einer A n n a h m e verweigerung ebensowenig gleich wie eine Verzögerung der Entladung; denn der Empfänger braucht sich weder in dem einen noch in dem anderen Falle zu äußern. D e r Frachtführer hat es nach § 5 1 in der H a n d , nach Ablauf der Wartefrist die Selbstentlöschung vorzunehmen. E r kann aber auch den E m p f ä n g e r auffordern, mitzuteilen, o b sein Schweigen und die Verzögerung der E n t l ö schung als eine Weigerung der A b n a h m e anzusehen ist.
5
c) Als sonstige A b l i e f e r u n g s h i n d e r n i s s e nach § 52 A b s . 2 k o m m e n U m s t ä n d e in Betracht, die t r o t z vorliegender L ö s c h b e r e i t s c h a f t des Frachtführers der L ö schung und der Ablieferung der Frachtgüter Schwierigkeiten bereiten, die der Frachtführer nicht beseitigen kann oder braucht und deren Beseitigung er auch nicht abzuwarten braucht. Ein solches Hindernis kann bei behördlichen oder gerichtlichen B e s c h l a g n a h m e n auftreten. A u c h bei u m w e l t s c h ä d l i c h e r L a d u n g kann ein behördliches Verbot erfolgen. 1 Vgl. dazu §47 Rdn. 8. 2 RGZ 14, 5. 278
Rechte und Pflichten des Frachtführers nach Ablauf der Wartezeit
§52
4. Die Mitteilungspflicht des Frachtführers a) Entsprechend der allgemeinen frachtrechtlichen Regelung des §437 Abs. 1 6 H G B ist der Frachtführer in der Binnenschiffahrt verpflichtet, den Absender von Ablieferungshindernissen unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, in Kenntnis zu setzen und seine Anweisungen einzuholen. U m seinen Pflichten zu genügen, wird der Frachtführer im Regelfalle die Mitteilung mündlich oder fernmündlich bewirken, wenn Nachteile drohen. Sind Nachteile nicht zu besorgen, genügt auch eine schriftliche Mitteilung. Durch die unverzügliche Mitteilung soll der Absender in die Lage versetzt werden, geeignete Maßnahmen zu treffen. Er soll insbesondere der Entstehung von Liegegeld und sonstigen Nachteilen entgegenwirken können. b) Die Mitteilung ist an den Absender zu richten. Das gilt auch dann, wenn er 7 nicht mehr befugt ist, über die Frachtgüter zu verfügen. Er hat aus seiner Rechtsstellung stets ein Interesse daran, Ablieferungshindernisse zu beseitigen. Der Frachtführer kann nach § 52 Abs. 2 Satz 2 von einer Mitteilung absehen, wenn diese nicht tunlich ist. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn der Frachtführer wegen drohenden Verlustes oder Verderbs der Frachtgüter sofort Maßnahmen treffen muß oder wenn der Absender nicht oder nur schwer erreichbar ist. Verweigert der Empfänger die Annahme der Güter, so entfällt die Verpflichtung des Frachtführers, die Anweisung des Absenders einzuholen, wenn der Empfänger zugleich der Absender ist 3 . c) Verletzt der Frachtführer die ihm obliegende Mitteilungspflicht, haftet er 8 dem Absender aus positiver Vertragsverletzung (§242 B G B ) auf Ersatz des darauf beruhenden Schadens. Der Schaden kann darin bestehen, daß die Frachtgüter ihren Wert verloren haben oder wegen drohenden Verderbs unter Preis verkauft werden mußten. In einem solchen Fall kann auch der Liegegeldanspruch entfallen, wenn Liegegelder für Tage schuldhafter Verzögerung der Löschung verlangt werden. Das gilt aber nicht, wenn das Ablieferungshindernis auf schuldhaftem Verhalten des Absenders beruht, weil er z. B. die Anschrift des Empfängers nicht oder nicht vollständig angegeben hatte. Ferner kann sich der Empfänger nicht weigern, das Liegegeld für die gesamte Zeit zu zahlen, wenn er die Frachtgüter später doch angenommen hat, denn ihm gegenüber hat der Frachtführer lediglich die Pflicht, seine Löschbereitschaft anzuzeigen.
5. Die Selbstentlöschung bei Ablieferungshindernissen Grundsätzlich ist der Frachtführer zur Selbstentlöschung erst nach dem Ab- 9 lauf der Wartefrist des §51 berechtigt. Dieses Recht steht dem Frachtführer bei Ablieferungshindernissen schon vor dem Ablauf der Wartefrist nur in bestimm3 B G H Z f B 1963, 300.
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§52
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
ten Fällen zu: Die Mitteilung des Ablieferungshindernisses muß nicht tunlich sein 4 , der Absender muß mit der Erteilung einer Anweisung säumig sein oder diese muß nicht ausführbar sein. Im übrigen muß der Frachtführer den Absender von Ablieferungshindernissen in Kenntnis setzen und dessen Anweisung abwarten, weil der Absender Gelegenheit haben muß, geeignete Maßnahmen zu treffen. 5 Säumig ist der Absender, wenn er auf die Mitteilung nicht in gleicher Weise sofort antwortet. Die Anweisung des Absenders ist unausführbar, wenn der Anweisung tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. So ist die Anweisung, die Frachtgüter an einen Empfänger auszuliefern, der nicht im Besitz des Originalladescheins ist, nach § 26 i. V. m. §§ 447, 448 H G B unausführbar, wenn der Absender den Originalladeschein selbst nicht mehr besitzt. Dagegen muß man die Anweisung zur Hinterlegung zu Gunsten dessen, der im Besitz des Originalladescheins ist, als ausführbar ansehen.
6. Die Durchführung der Selbstentlöschung 10
a) Der Frachtführer hat unter den unter Rdn. 9 geschilderten Umständen die Befugnis, die Frachtgüter selbst zu löschen oder in sicherer Weise zu hinterlegen. Im Falle einer entsprechenden Anweisung des Absenders ist er verpflichtet, die Frachtgüter zu Gunsten des durch den Besitz des Originalladescheins oder überhaupt des tatsächlich Berechtigten zu hinterlegen.
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b) Nach der Löschung der Frachtgüter darf der Frachtführer nicht nach Belieben verfahren, sondern muß die Frachtgüter am Ablieferungsort in einem öffentlichen Lagerhaus oder in anderer sicherer Weise hinterlegen. Unter einer anderen sicheren Weise ist ein Lagerhalter, ein Spediteur oder eine sonstige geeignete Person zu verstehen. Besteht am Ablieferungsort keine derartige Möglichkeit, ist der Frachtführer berechtigt, die Frachtgüter auf Kosten des Absenders zum nächsten Hafen zu befördern, wo er seinen Pflichten genügen kann. Das gilt auch, wenn umweltschädliche Ladung an den Abgangsort zurückbefördert werden muß. Der Frachtführer ist hingegen nicht berechtigt, die Frachtgüter in eigene Verwahrung zu nehmen, sie irgendwo abzuladen, mit den Frachtgütern weiterzufahren oder die Frachtgüter an den Absender zurückzusenden. Der Frachtführer hinterlegt in aller Regel in eigenem Namen aber für Rechnung und Gefahr des Absenders oder des sonstigen Empfangsberechtigten. Die Hinterlegung in eigenem Namen hat den Zweck, das Pfandrecht zu erhalten.
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c) Nach § 66 gehen die Kosten der Selbstentlöschung, der Hinterlegung und einer etwaigen Weiterbeförderung der Frachtgüter zum Hinterlegungsort zu Lasten des Absenders. Nimmt der Empfänger die Frachtgüter später entgegen 4 Vgl. oben Rdn. 7. 5 Zu der Frage, wann eine Mitteilung nicht tunlich ist, vgl. oben Rdn. 7.
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Rechte und Pflichten des Frachtführers nach Ablauf der Wartezeit
§52
der ursprünglichen Weigerung an, haftet er auch für die vorgenannten Kosten. Wegen seiner Forderungen hat der Frachtführer ein gesetzliches Pfandrecht an den Frachtgütern (§26 i. V. m. §440 H G B ) .
7. Die Feststellung des Zustandes der Frachtgüter Nach §488 Abs. 1 Z P O kann der Frachtführer im Wege des selbständigen 1 3 Beweisverfahrens den Zustand der Frachtgüter gerichtlich feststellen lassen. Ein Verklarungsverfahren durch ein Schiffahrtsgericht ist insoweit nach § 11 nicht möglich, weil weder das Schiff noch die Ladung von einem Unfall betroffen worden ist. Zuständig für das selbständige Beweisverfahren ist das Gericht, in dessen Bezirk sich die Ladung befindet. Durch das Ergebnis des Beweisverfahrens schafft sich der Frachtführer die Grundlage für den von ihm im Regelfall zu beweisenden Zustand der Frachtgüter bei Beendigung der Frachtreise, den er zu vertreten hat. Verderben die hinterlegten Frachtgüter oder werden sie nachträglich beschädigt, hat das der Frachtführer nicht zu vertreten, weil er mit der berechtigten Hinterlegung den Frachtvertrag ordnungsgemäß erfüllt hat.
8. Die Verkaufsbefugnis des Frachtführers a) Der Frachtführer kann beim Vorliegen eines Ablieferungshindernisses den 1 4 Verkauf der Frachtgüter vornehmen, wenn die Frachtgüter dem Verderb ausgesetzt sind und G e f a h r im Verzuge ist (§ 52 Abs. 2 Satz 3). Der Frachtführer darf in diesem Falle ohne weitere Androhung und ohne Mitwirkung des Gerichts das gefährdete Frachtgut durch einen dazu ermächtigten Versteigerer öffentlich versteigern lassen. Haben die Frachtgüter einen Marktpreis, kann der Versteigerer die Frachtgüter freihändig verkaufen. Der E m p f ä n g e r und der F r a c h t f ü h r e r können mitbieten. Die Versteigerung oder der freihändige Verkauf erfolgen f ü r R e c h n u n g des Absenders oder des durch die Frachtpapiere ermächtigten Empfangsberechtigten. Dieser Person steht der Erlös nach A b z u g der Kosten zu. b) Der F r a c h t f ü h r e r hat wegen seiner gesamten Ansprüche aus dem Fracht- 1 5 vertrag ein gesetzliches Pfandrecht (§ 26 i. V. m. § 440 H G B ) . Er kann einen Teil der Frachtgüter wegen seiner Ansprüche einbehalten und sich daraus nach vorausgehender Androhung und dem Ablauf der Frist von einer Woche im Wege des öffentlichen Pfandverkaufs durch einen Gerichtsvollzieher befriedigen (§§ 1257, 1228 ff. B G B ) . Soweit der Frachtführer nach einer erfolgten Hinterlegung noch selbst über die Frachtgüter verfügen kann, kann er ebenso verfahren.
9. Die Benachrichtigung durch den Frachtführer a) Der F r a c h t f ü h r e r braucht von einer beabsichtigten Hinterlegung den Ab- 1 6 sender nicht zu benachrichtigen, weil sich diese Befugnis unmittelbar aus dem 281
§53
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Gesetz ergibt. Nach § 52 Abs. 3 hat der Frachtführer aber den Absender und den E m p f ä n g e r unverzüglich von einer durchgeführten Hinterlegung oder einem Verkauf der Frachtgüter zu benachrichtigen. Auch eine nachträgliche Benachrichtigung dieser Art darf unterbleiben, wenn sie untunlich ist. Ist der Empfänger nicht zu ermitteln, muß ihm die Benachrichtigung von der Hinterlegung durch öffentliche B e k a n n t m a c h u n g in ortsüblicher Weise zugestellt werden. 16
b) Die unterbliebene Benachrichtigung von Absender und Empfänger ist auf die Wirksamkeit der Hinterlegung oder des Verkaufs ohne Einfluß. Verletzt der Frachtführer seine Mitteilungspflichten, schuldet er Absender und Empfänger Ersatz des darauf beruhenden Schadens aus positiver Vertragsverletzung (§ 52 Abs. 3 Satz 1). Eine Vertragsverletzung liegt selbstverständlich nicht vor, wenn Absender und Empfänger nicht oder schwer erreichbar waren oder sofortige Maßnahmen zur Abwendung weiterer Schäden erforderlich waren.
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Der Frachtführer hat im Falle von Ablieferungshindernissen zu beweisen, daß er außerstande gewesen ist, den Empfänger zu ermitteln oder daß der Empfänger die Annahme der Frachtgüter verweigert hat. Ferner hat er zu beweisen, daß er hiervon den Absender in Kenntnis gesetzt hat und die Mitteilung dem Absender zugegangen ist. Hat der Absender auf eine Mitteilung des Frachtführers diesem Weisungen erteilt, muß er den Inhalt der Weisung und deren Z u g a n g nachweisen. Hingegen muß der Frachtführer, wenn er der Weisung nicht entsprochen hat, beweisen, daß die Weisung unausführbar war. Die Benachrichtigung von Absender und Empfänger bei Hinterlegung oder Verkauf der Frachtgüter hat der Frachtführer zu beweisen. Im Falle eines Schadens hat der Geschädigte die H ö h e des Schadens nachzuweisen. Gegenüber Ersatzansprüchen der Ladungsbeteiligten kann der Frachtführer einwenden, daß ihn kein Verschulden treffe, weil die Mitteilung nach den Umständen untunlich gewesen sei. Derartige Umstände hat der Frachtführer zu beweisen.
10. D i e B e w e i s l a s t
§53 (1) Die §§ 47 bis 52 k o m m e n auch dann zur A n w e n d u n g , wenn ein verhältnismäßiger Teil oder ein bestimmt bezeichneter R a u m des Schiffes verfrachtet ist oder der F r a c h t v e r t r a g Stückgüter im Gewichte von 10 000 K i l o g r a m m oder mehr z u m Gegenstande hat. (2) Die Löschzeit beträgt f ü r den einzelnen E m p f ä n g e r bei einer v o n ihm abzunehmenden L a d u n g bis zu 50 000 K i l o g r a m m einen Tag, bis zu 100000 K i l o g r a m m zwei Tage 282
Sondervorschriften bei Teilverfrachtung
§53
und so fort in Stufen von 50000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500000 Kilogramm; von da ab steigt die Löschzeit f ü r je 100 000 Kilogramm um je einen Tag; bei Ladungen über 1000 000 Kilogramm beträgt die Löschzeit sechzehn Tage. Eine Verpflichtung zur Entrichtung von Liegegeld oder z u m Schadensersatze (§49) tritt jedoch in keinem Falle vor Ablauf von drei Tagen seit dem Zeitpunkte ein, mit welchem die Löschzeit einem der Empfänger gegenüber zuerst zu laufen begonnen hat. Der Frachtführer ist indes nicht berechtigt, von mehreren Empfängern gleichzeitig für denselben Tag das Liegegeld mehrfach zu beanspruchen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Begriff der Teil- und Stückgüterverfrachtung
Rdn. 1
3. Die einzelnen Regelungen 4. Die Beweislast
Rdn. 6-10 11
2-5
1. Allgemeines Die Teil- und Stückgüterverfrachtung entspricht der seerechtlichen Rege- 1 lung des §587 Abs. 1 H G B . Teil- und Stückgüterverfrachtungen unterliegen im Binnenschiffahrtsrecht im einzelnen aber abweichenden Sonderregelungen.
2. Der Begriff der Teil- und Stückgüterverfrachtung a) Eine Teilverfrachtung liegt nach §53 Abs. 1 (ebenso §38 Abs. 1) vor, 2 wenn nicht das Schiff im ganzen, sondern ein verhältnismäßiger Teil oder ein bestimmt bezeichneter Raum verfrachtet wird; 1 Eine Stückgüterverfrachtung ist anzunehmen, wenn einzelne nach Zahl, Maß und Gewicht bezeichnete Frachtgüter befördert werden sollen. b) Die Annahme einer Teilverfrachtung ist gerechtfertigt, wenn das Schiff 3 nach dem Inhalt der Frachtpapiere nicht mit allen seinen verfügbaren Laderäumen angenommen ist, sondern nur ein bestimmter Teil des Schiffes zur Beförderung der Frachtgüter bestimmt wird. In den Frachtpapieren finden sich im Falle einer Teilverfrachtung Vermerke wie „Teilladung" oder „Partien". Die Teilverfrachtung ist in der Binnenschiffahrt bei festen Gütern relativ selten. In der Tankschiffahrt kommt Teilverfrachtung hingegen häufig vor. c) Die Beförderung von Stückgütern erfolgt in der Regel nicht im Wege der 4 Gesamtverfrachtung, sondern durch Annahme eines verhältnismäßigen Teils eines Schiffes oder auch ohne besonderen Hinweis auf den Schiffsraum. Deshalb 1 Vgl. dazu OLG Köln ZfB 1988, 20. 283
§53
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
ist für die Verfrachtung von Stückgütern im Gewicht von mehr als 10 000 kg die gleiche Regelung wie für die Teilverfrachtung vorgesehen. 5
d) Nach §131 Abs. 1 finden die § § 5 3 - 5 5 über die Teil- und Stückgüterverfrachtung auf den Hafen- und Ortsverkehr keine Anwendung.
3. Die einzelnen Regelungen 6
a) Nach § 53 finden die §§ 47-52, in denen die Gesamtverfrachtung geregelt ist, auf die Teilverfrachtung und die Verfrachtung von Stückgütern im Gewicht von mehr als 10 000 kg oder mehr grundsätzlich Anwendung, soweit keine abweichenden Bestimmungen getroffen sind. Es gelten daher auch für diese Verfrachtungsarten die Grundsätze über die Löschbereitschaft, die Löschzeit, das Uberliegegeld und die Wartezeit mit den nachfolgend beschriebenen Abweichungen. b) Während bei der Gesamtverfrachtung nur eine einheitliche Löschzeit in Betracht kommt, muß der Frachtführer nach § 53 ebenso wie bei der Ladezeit des § 3 8 jedem Empfänger eine besondere Löschzeit gewähren, weil er jedem Empfänger selbständig gegenübertritt. Die Löschzeit wird jedem Empfänger durch die ihm gegenüber erfolgte Anzeige der Löschbereitschaft (§ 48) in Lauf gesetzt. Die Dauer der Löschzeit im Rahmen des § 53 bestimmt sich für jeden der einzelnen Empfänger selbständig 2 . Maßgebend ist nach § 5 3 das Gewicht der „abzunehmenden Ladung". Für die Berechnung der Löschzeit kommt es auf das in den Frachtpapieren (Ladeschein oder Frachtbrief) vermerkte Gewicht in erster Linie an. Mangels Angaben in den Frachtpapieren ist das tatsächlich angelieferte Gewicht maßgebend. Notfalls muß eine Schätzung erfolgen. Einen Anhalt dafür bieten die Eintragungen des Schiffsführers, wie tief das Schiff abgeladen ist und der Vergleich mit dem Eichschein des Schiffes.
7
c) Die Dauer der gesetzlichen Löschzeit hat in der Praxis nur noch geringe Bedeutung, da in den Transport- und Verfrachtungsbedingungen häufig kürzere Löschzeiten festgesetzt sind oder die Löschzeit kürzer in den Frachtverträgen vereinbart wird. Die gesetzliche Regelung enthält gegenüber der Löschzeit für die Gesamtverfrachtung 3 eine kürzere Frist, weil der Frachtführer jedem Empfänger eine selbständige Löschzeit einzuräumen hat. Aufgrund der Vorschriften des § 48 Abs. 4 und 5 kann die höhere Verwaltungsbehörde und der Bundesminister für Verkehr durch Rechtsverordnung die Löschzeit begrenzen.
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d) Die Anzeige der Löschbereitschaft (§ 47) hat jedem Empfänger gegenüber zu erfolgen. Jedem Empfänger muß die Anzeige zugehen. Aus tatsächlichen 2 RGZ114,163. 3 Vgl. dazu §§48 Abs. 2, 29 Abs. 2. 284
Sondervorschriften bei Teilverfrachtung
§53
Gründen muß der Frachtführer darauf achten, daß eine Entlöschung durch den betreffenden Empfänger möglich und nicht durch die Frachtgüter anderer Empfänger ausgeschlossen ist. Mehrere Empfänger müssen untereinander vereinbaren, in welcher Reihenfolge die Entlöschung der Frachtgüter erfolgen soll. Die von ihnen vereinbarte Reihenfolge haben sie dem Frachtführer mitzuteilen 4 . Bei ihrer Vereinbarung müssen die Empfänger auf die Sicherheit des Schiffes Rücksicht nehmen. Das Schiff muß gleichmäßig entladen werden, damit es weder kentert noch auseinanderbricht. Bedenken müssen die Empfänger auch, daß der Frachtführer keine Verpflichtung bei der Verladung hatte, die einzelnen Partien getrennt zu halten. Er mußte lediglich für eine der Sicherheit entsprechende gleichmäßige Beladung sorgen und durfte seinen Schiffsraum nach wirtschaftlichen Gründen bestmöglich ausnutzen. e) Die Dauer der Uberliegezeit richtet sich grundsätzlich in erster Linie nach 8 den in den Verlade- und Transportbedingungen, bzw. im Frachtvertrag getroffenen Vereinbarungen, in zweiter Linie nach behördlichen Verordnungen und erst in letzter Linie nach § 53. Die Dauer der vereinbarten Überliegezeit (§ 50) richtet sich ebenso wie bei § 38 nach den verkürzten Sätzen des § 53 mit der Begrenzung auf höchstens eine Woche. f) Nach § 53 Abs. 2 kann der Frachtführer von mehreren Empfängern für 9 denselben Tag nicht mehrfach Liegegeld verlangen. Für denselben Tag haften jedoch mehrere Empfänger für den einfachen Betrag als Gesamtschuldner. Eine Einschränkung des Liegegeldanspruchs sieht § 53 Abs. 2 Satz 2 jedoch insofern vor, als eine Verpflichtung zur Zahlung von Liegegeld (§ 49 Abs. 1) oder Schadensersatz (§49 Abs. 2) in keinem Fall vor dem Ablauf von drei Tagen seit dem Zeitpunkte eintritt, mit dem die Löschzeit einem der Empfänger gegenüber zuerst zu laufen begonnen hat. Der Frachtführer kann daher frühestens vom vierten Tag nach dem Beginn der Löschzeit Liegegeld verlangen. O b die Empfänger die Löschzeit ausgenutzt haben, ist unerheblich; denn §53 Abs. 2 Satz 2 spricht nur von einer Verpflichtung des Empfängers.
4. Die Beweislast Der Frachtführer hat die Beweislast für seine Löschbereitschaft, die Anzeige 1 0 und die Fortdauer der Löschbereitschaft. Auch das für die Berechnung der Löschzeit maßgebliche Ladungsgewicht hat er nachzuweisen. Notfalls hat er Schätzungsgrundlagen beizubringen, wenn die Ladepapiere über das Ladungsgewicht keinen Aufschluß geben. Der Empfänger kann beweisen, daß Güter keiner Art entladen werden konnten und deshalb der Ablauf der Löschzeit gehemmt worden ist. 4 R G Z 1 1 4 , 163.
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§54
4. Abschnitt. Frachtgeschäft §54
(1) H a t der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von weniger als 10 000 Kilogramm zum Gegenstande, so m u ß der Empfänger auf die Aufforderung des Frachtführers ohne Verzug die Abnahme bewirken. (2) Hinsichtlich der Aufforderung findet § 47 Abs. 4 und hinsichtlich der Hinterlegung des Gutes § 52 entsprechende Anwendung. (3) F ü r die Tage, u m welche durch die Säumnis des Empfängers oder durch das Hinterlegungsverfahren die Frist, binnen welcher das Schiff würde entlöscht worden sein, überschritten ist, hat der Frachtführer Anspruch auf Liegegeld unbeschadet des Rechts, einen höheren Schaden geltend zu machen. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Begriff des Stückguts unter 10 t 3. Die Aufforderung zur Abnahme . .
1 2—4 5-9
Rdn. 4. 5. 6. 7.
Die Abnahme Selbstentlöschung und Hinterlegung Liegegeld und Schadensersatz . . . Die Beweislast
10-11 12-14 15-16 17
1. Allgemeines 1
Die Löschung von Stückgütern über 10000 kg wird gemäß § 5 3 nach den Vorschriften über die Teilverfrachtung geregelt. Nur die Verfrachtung von Stückgütern unter 10 000 kg wird durch § 3 9 hinsichtlich der Einladung und bei der Löschung durch § 54 besonders behandelt. Im Seerecht gibt es beim Stückgutverkehr nach § 604 H G B keine Wartezeit. Die Frachtgüter sind auf die Aufforderung des Kapitäns hin ohne Verzug in Empfang zu nehmen.
2. Der Begriff des Stückguts unter 10 t 2
a) Unter dem Begriff Stückgüter sind einzelne nach Maß, Gewicht und Menge besonders gekennzeichnete Frachtgüter zu verstehen. In der Regel erfolgt eine Verfrachtung ohne Hinweis auf den Frachtraum. Für die Feststellung, ob eine besondere Verfrachtungsart im Sinne des § 54 vorliegt, kommt es nach dem Wortlaut des Gesetzes darauf an, ob der Inhalt des Frachtvertrages oder des Frachtbriefs ergibt, daß Stückgüter im Gewicht unter 10 t befördert werden sollen.
3
b) Ist ein Ladeschein ausgestellt, dessen Inhalt für die Rechtsbeziehungen des Frachtführers zum Empfänger allein ausschlaggebend ist, liegt eine Stückgüterverfrachtung im Sinne des § 54 nur vor, wenn die Stückgüter mit einem Gewicht unter 10 t ausdrücklich ausgewiesen sind oder wenn im Ladeschein eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Frachtvertrag oder ein sonstiger Hinweis auf die eingeschränkte Stückgutverfrachtung des § 54 besteht. Denn nach § 446 Abs. 1 H G B sind alle nicht aus dem Ladeschein ersichtlichen Regelungen und Be286
Unverzügliche Abnahme bei Stückgüterverfrachtung
§54
schränkungen des Frachtvertrages dem Empfänger gegenüber unwirksam, es sei denn, der Ladeschein nimmt auf den Frachtvertrag und sonstige Hinweise Bezug. c) Für den Orts- und Hafenverkehr gilt § 54 nicht. Die Löschung von Stück- 4 gütern aus Schiffen, die nur zu Fahrten innerhalb desselben Ortes bestimmt sind, regelt sich aufgrund des §131 Abs. 1 nach den örtlichen Übungen und den allgemeinen Vorschriften.
3. Die A u f f o r d e r u n g z u r A b n a h m e a) Entsprechend der seerechtlichen Vorschrift des § 604 Abs. 1 HGB muß der 5 Empfänger nach § 54 Abs. 1 die Frachtgüter auf die Aufforderung des Frachtführers hin ohne Verzug abnehmen. An die Stelle der Anzeige der Löschbereitschaft tritt die Aufforderung zur Abnahme der Frachtgüter. Die Aufforderung zur Abnahme der Frachtgüter ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Frachtführers, die an keine Frist gebunden ist. Sie kann schriftlich, fernschriftlich, mündlich oder fernmündlich erfolgen. Ein Zugang der Willenserklärung liegt nur vor, wenn die Erklärung in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist. Die Erklärung gegenüber irgendwelchen Angestellten eines Schiffahrtsbetriebes reicht nicht aus, wenn diese Angestellten weder rechtsgeschäftliche Vertreter noch zur Entgegennahme der Erklärung als Vertreter oder Empfangsboten ausdrücklich bestellt sind. Eine von dritter Seite übermittelte Nachricht ersetzt die Aufforderung nicht, wenn die Nachricht nicht durch den Frachtführer veranlaßt worden ist; denn ebenso wie die allgemeine Kenntnis des Empfängers vom Eintreffen des Schiffes läßt diese Art der Nachricht nicht erkennen, ob der Frachtführer auch löschbereit ist. Das aber besagt gerade die Aufforderung des Frachtführers, die Abnahme zu bewirken. Ein besonderer Inhalt ist für die Aufforderung nicht vorgeschrieben. Die Erklärung muß lediglich eindeutig sein und erkennen lassen, daß die Abnahme der Frachtgüter durch den Frachtführer an dem ihm aufzugebenden ortsüblichen Ladeplatz herbeigeführt werden soll. b) Der Frachtführer muß im Zeitpunkte der Aufforderung nicht nur am Ab- 6 lieferungsort eingetroffen sein, sondern er muß auch bereits an einem ortsüblichen oder angewiesenen Löschplatz (§ 55) liegen. Die unverzügliche Abnahme der Güter setzt voraus, daß sich das Schiff am Löschplatz befindet. Zur Löschbereitschaft gehört daher bei Stückgütern unter 10 t die erfolgte Vorlage des Schiffes am Löschplatz. Selbstverständlich muß der Frachtführer in tatsächlicher Hinsicht zur Löschung der Frachtgüter in der Lage sein. Er muß sofort mit der Herausgabe der Stückgüter beginnen können. c) Wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist - der Frachtführer muß seiner- 7 287
§54
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
seits Ermittlungen anstellen, wenn die Anschrift des Empfängers fehlerhaft oder dieser unbekannt ist - muß die Aufforderung zur Abnahme der Stückgüter durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise erfolgen (§47 Abs. 4). Die daraus entstehenden Kosten sind allgemeine Vertragskosten und daher vom Absender zu tragen, es sei denn, der Empfänger nimmt später die Frachtgüter an. Dann muß der Empfänger diese Kosten als Teil der Löschkosten tragen. 8
d) Ist im Frachtvertrag vereinbart, daß sich der Empfänger um die Abnahme zu kümmern hat und der Frachtführer anderenfalls selbst entlöschen darf, liegt darin ein Verzicht auf die Aufforderung zur Abnahme. Der Frachtführer handelt nicht vertragswidrig, wenn er im Falle einer Untätigkeit des Empfängers entlöscht. Eine Erinnerung des Empfängers dürfte jedoch im Interesse weiterer ungestörter Geschäftsverbindungen zu empfehlen sein.
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e) Ist der Frachtführer nicht löschbereit oder können allgemein Güter keiner Art entlöscht werden, ist die Aufforderung zur Abnahme wirkungslos. Nach dem Eintritt der Löschbereitschaft muß die Aufforderung wiederholt werden.
4. Die Abnahme 10
a) Nach § 54 Abs. 1 muß der Empfänger die Stückgüter ohne Verzug abnehmen. Die Stückgüter müssen binnen einer angemessenen Zeit längsseits des Schiffes oder von einer vom Frachtführer bestimmten Löschstelle in Empfang genommen werden. Eine bestimmte Frist für die Abnahme schreibt das Gesetz nicht vor. Es kommt entscheidend auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf den Umfang der einzelnen Stückgutsendungen. Der Empfänger muß also nach Zugang der Aufforderung innerhalb der ortsüblichen Geschäftsstunden sofort mit den Vorbereitungsarbeiten für die Abnahme beginnen, also Hebezeuge und Fahrzeuge bereitstellen. Ist die Aufforderung am Ende der Geschäftszeit oder außerhalb dieser Zeit zugegangen, braucht der Empfänger Maßnahmen erst nach Beginn der folgenden Geschäftszeit zu treffen. Denn eine besondere Eile schreibt das Gesetz nicht vor. Es sind lediglich die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu beobachten.
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b) Der Empfänger kann nicht verlangen, daß ihm alle Frachtgüter gleichzeitig ausgeliefert werden, wenn die Stückgüter auf dem Schiff verteilt sind. Denn die Verteilung, aber auch die Löschung der Frachtgüter muß unter Berücksichtigung der Stabilität des Schiffes erfolgen.
5. Selbstentlöschung und Hinterlegung 12
a) Nach § 54 Abs. 2 findet auf eine Hinterlegung der Frachtgüter § 52 entsprechende Anwendung. Der Frachtführer ist deshalb auch bei der Beförderung von Frachtgütern unter 10 t im Falle eines Ablieferungshindernisses der in § 52 Abs. 2 288
Unverzügliche Abnahme bei Stückgüterverfrachtung
§54
bezeichneten Art 1 und nach einer entsprechenden Mitteilung befugt, die Selbstentlöschung und die Hinterlegung der Stückgüter in einem öffentlichen L a g e r haus oder in anderer sicherer Weise vorzunehmen. Im Falle einer nicht unverzüglich bewirkten Abnahme muß der Frachtführer dem Absender die Hinterlegung zuvor androhen. Eine vorherige Kündigung und eine dadurch ausgelöste Wartefrist bestimmt das Gesetz bei Stückgütern unter 10 t nicht. b) Die Kosten der Selbstentlöschung und einer Hinterlegung gehen zu Lasten 1 3 des Absenders. Der Empfänger haftet für diese Kosten, wenn er die Frachtgüter nachträglich annimmt. c) Ebenso wie im Falle des § 52 kann der F r a c h t f ü h r e r nach erfolgter Hinter- 1 4 legung aufgrund seines gesetzlichen Pfandrechts den Pfandverkauf der Stückgüter zur Befriedigung seiner Forderungen aus dem Frachtvertrag vornehmen (§ 26 i. V. m. § 444 H G B ) , wenn er die Hinterlegung im eigenen Namen vorgenommen hat. Im Falle eines Ablieferungshindernisses und eines Notfalls - drohender Verderb oder Gefahr im Verzuge - kann der Frachtführer den Verkauf der Stückgüter veranlassen. Von der erfolgten Hinterlegung und dem Verkauf der Stückgüter hat der Frachtführer den Absender und den Empfänger zu benachrichtigen, anderenfalls er den Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet ist.
6. Liegegeld und Schadensersatz a) Ein Liegegeld- oder Schadensersatzanspruch steht dem Frachtführer nur 1 5 zu, wenn und insoweit die für die Löschung der Frachtgüter allen Empfängern zustehende angemessene Frist durch Säumnis eines oder mehrerer Empfänger überschritten worden ist, weil jeder Empfänger die Abnahme seiner Frachtgüter unverzüglich zu bewirken hat. 2 Von der Gesamtfrist steht jedem Empfänger eine dem Umfang seiner Stückgüter entsprechende Löschzeit anteilig zu. b) Der Anspruch auf Liegegeld oder Schadensersatz setzt weder ein Verschul- 1 6 den noch einen Verzug des Empfängers voraus. Entscheidend ist allein die Tatsache der nicht unverzüglich erfolgten Abnahme der Stückgutsendung. Mehrere säumige Empfänger haften dem Frachtführer als Gesamtschuldner. Wer von mehreren Empfängern die Entlöschung innerhalb der angemessenen Zeit bewirkt, haftet nicht mit den säumigen Empfängern, weil keine einheitliche Rechtsbeziehung besteht.
1 Vgl. dazu § 5 2 Rdn. 9. 2 Zur Dauer der Gesamtfrist vgl. §54 Rdn. 10.
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§55
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
7. Die Beweislast 17
Der Frachtführer hat das Gewicht der Frachtgüter durch die Frachtpapiere, die für die Fristbestimmung maßgeblichen Umstände, seine Löschbereitschaft und den Zugang der Aufforderung zur Abnahme der Stückgüter zu beweisen. Im Falle der Selbstentlöschung und der Hinterlegung hat der Frachtführer die näheren Umstände und die Anzeige der getroffenen Maßnahmen zu beweisen. Im Falle des Schadensersatzes hat der Frachtführer die H ö h e seines Schadens unter A b z u g des Liegegeldes zu beweisen. Verlangen Absender und Empfänger Schadensersatz wegen einer unterbliebenen Mitteilung, obliegt ihnen der Nachweis ihrer Ansprüche einschließlich aller den Anspruch begründenden Tatsachen. D e m Frachtführer obliegt der Gegenbeweis, wenn er eine Mitteilung einwendet.
§55 In den Fällen der §§ 53 u n d 54 hat der F r a c h t f ü h r e r an einem der ortsüblichen Löschplätze anzulegen. Ist durch Vereinbarung dem E m p f ä n g e r das Recht zur Anweisung des Löschplatzes eingeräumt, so finden die Bestimm u n g e n in § 46 Abs. 2 und 3 A n w e n d u n g . Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Löschplatz 3. Der Löschplatz bei mehreren Empfängern
1 2-3 4—5
Rdn. 4. Die Anweisung eines ungeeigneten Löschplatzes 5. Abweichende Vereinbarungen . . . 6. Die Beweislast
6 7 8
1. Allgemeines 1
§55 regelt das Aufsuchen des Löschplatzes einheitlich für die Teilverfracht u n g (§53) und für die beiden Arten der S t ü c k g u t v e r f r a c h t u n g (§§53, 54). Damit entspricht die Vorschrift derjenigen für die Einnahme des Ladeplatzes bei der Teil- und bei der Stückgutverfrachtung (§ 40).
2. Der Löschplatz 2
a) Der Frachtführer hat an einem ortsüblichen Löschplatz anzulegen. Unter einem ortsüblichen Löschplatz ist ein nach der Ü b u n g am Ablieferungsort zur Löschung von Stückgütern geeigneter Platz zu verstehen. Unter mehreren geeigneten ortsüblichen Löschplätzen steht dem Frachtführer die Auswahl zu. Bei der Auswahl hat er die Interessen des Empfängers tunlichst zu berücksichtigen. Das folgt aus §242 B G B . In Ermangelung besonderer Vereinbarungen braucht der Frachtführer nur an 290
Löschplatz in den Fällen der §§ 53 und 54
§55
einem der ortsüblichen Löschplätze anzulegen. Das gilt auch dann, wenn mehrere Empfänger vorhanden sind. Meist wird in solchen Fällen eine besondere Regelung getroffen. Fehlt eine solche Vereinbarung, hat der Frachtführer die Auswahl so zu treffen, daß nach seinem Ermessen der gewählte Löschplatz den gemeinsamen Interessen aller Empfänger entspricht. b) Wenn dem Empfänger im F r a c h t v e r t r a g das Recht eingeräumt worden ist, 3 dem Frachtführer den Löschplatz anzuweisen, geht dieses Recht des Empfängers vor. In diesem Falle darf der Frachtführer nicht an einem ortsüblichen Löschplatz vorlegen. O b ein Anweisungsrecht des Empfängers besteht, ist dem Inhalt der Frachtpapiere zu entnehmen. Die Angabe der Anschrift des Empfängers im Ladeschein oder im Frachtbrief enthält keine Anweisung des Löschplatzes.
3. Der Löschplatz bei mehreren Empfängern a) Enthalten die Ladescheine für mehrere Empfänger verschiedene Lösch- 4 plätze oder ein mehrfaches Anweisungsrecht, muß der Frachtführer entsprechend der Anweisung die verschiedenen Löschplätze aufsuchen. Er hat dann aber nach §46 Abs. 3 Satz 2 Anspruch auf Ersatz der dadurch entstehenden
Mehrkosten.
Durch eine Verpflichtung, mehrere Löschplätze aufzusuchen, wird die Dauer der angemessenen Löschzeit nicht verlängert. Das folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §46 Abs. 3 Satz 3. b) Die Reihenfolge der Entlöschung an mehreren Löschplätzen bestimmt 5 der Frachtführer. Das folgt aus seiner Verpflichtung, im Interesse der Schiffssicherheit für die gleichmäßige Löschung der Ladung zu sorgen. Entsprechende Bestimmungen finden sich auch in den üblichen Transport- und Verladebeding u n g e n . Entsprechend seinen Entschließungen über die Reihenfolge hat er die Aufforderung zur Abnahme der Frachtgüter an die einzelnen Empfänger zu richten und die verschiedenen Löschplätze jeweils zuvor aufzusuchen.
4. Die Anweisung eines ungeeigneten Löschplatzes Weist der Empfänger dem Frachtführer einen objektiv ungeeigneten Lösch- 6 platz an, muß der Frachtführer den Empfänger in entsprechender Anwendung des §46 Abs. 2 auffordern, ihm unverzüglich einen geeigneten Löschplatz anzuweisen. Unterbleibt eine weitere Anweisung oder ist auch der anderweitig angewiesene Platz z. B. wegen zu geringer Wassertiefe ungeeignet, kann der Frachtführer nach §§ 55, 46 Abs. 2 an einem ortsüblichen Löschplatz anlegen.
5. Abweichende Vereinbarungen In Transport- und Verladebedingungen wird häufig bestimmt, daß der Fracht- 7 führer ohne weiteres, also ohne vorherige Aufforderung, nunmehr einen geeigneten Löschplatz anzuweisen, einen ortsüblichen Löschplatz anlaufen darf, wenn die Anweisung des Empfängers entweder nicht rechtzeitig erfolgt oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes (z. B. bei Eisgefahr) oder die 291
§56
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung der erteilten Anweisung nicht gestatten. Dasselbe wird für den Fall bestimmt, daß wegen Uberfüllung an dem angewiesenen Platz nicht vorgelegt werden kann. Bei der Auswahl des nunmehr auszuwählenden Löschplatzes muß der Frachtführer nach § 46 Abs. 2 Satz 2 das Interesse des Empfängers, soweit er es übersehen kann, berücksichtigen. D a diese Vorschrift aber nur eine Kann-Vorschrift ist, ist der Frachtführer zum Aufsuchen eines ortsüblichen Löschplatzes anstelle eines angewiesenen Löschplatzes nur berechtigt, nicht aber verpflichtet. Soweit dem Frachtführer Mehrkosten entstehen, hat diese der Absender, nach der Abnahme der Frachtgüter der Empfänger zu tragen.
6. Die Beweislast 8
Der Frachtführer trägt die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß der von ihm aufgesuchte Löschplatz nach der Übung am Ablieferungsort zur Löschung der abzunehmenden Frachtgüter geeignet ist. Im Falle eines Streits darüber, ob dem Empfänger das Recht zur Anweisung des Löschplatzes zukommt, hat derjenige die Beweislast, der daraus Rechte herleitet, weil das Aufsuchen des ortsüblichen Löschplatzes die gesetzliche Grundregel, eine davon abweichende Vereinbarung aber die Ausnahme darstellt. Daß er einen geeigneten Löschplatz angewiesen hat, hat der Empfänger zu beweisen, wenn er Ansprüche aus der Nichtbefolgung der Anweisung herleitet. Verlangt der Frachtführer Mehrkosten, weil der angewiesene Löschplatz angeblich ungeeignet war und eine Aufforderung zur Anweisung eines geeigneten Löschplatzes unterblieben ist, hat er zu beweisen, daß der Löschplatz ungeeignet war. Daß der später angewiesene Löschplatz geeignet war, hat wiederum der Empfänger zu beweisen.
§56 (1) Sofern nicht durch Vereinbarung ein anderes bestimmt ist, hat der E m p f ä n g e r gepackte G ü t e r auf dem Schiffe, lose G ü t e r in dem Schiffe abzunehmen und die weitere E n t l a d u n g zu bewirken. (2) Die B e s t i m m u n g e n des § 42 Abs. 1 finden entsprechende A n w e n d u n g .
Rdn. 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines Die L ö s c h u n g der Frachtgüter . . . Die Kostentragungspflicht Die Entlöschung loser Güter . . . . Die Entlöschung gepackter G ü t e r . .
292
1-2 3 4 5 6
Rdn. 6. D i e weiteren Pflichten des Frachtführers 7. D i e H a f t u n g aus der Entlöschung . . 8. Anderweitige Vereinbarungen über die Entlöschung 9. D i e Beweislast
7-8 9 10 11
Bewirkung der Entladung durch den Empfänger
§56
1. Allgemeines § 4 1 enthält die allgemeine Regelung über die Beladung eines Schiffes ohne 1 Rücksicht auf die Art der Verpackung. Entsprechend regelt § 56 allgemein die Löschung des Schiffes ohne Rücksicht auf die Art der Verfrachtung, gilt also bei der Gesamt-, Teil- und Stückgüterverfrachtung. D e r Frachtführer hat in allen Fällen sein Schiff an dem Löschplatz vorzulegen 2 und es dort löschbereit zu stellen. Ferner hat der Frachtführer bei der Entlöschung insofern mitzuwirken, als er dem Empfänger die Güter im Schiff zur A b n a h m e anzuweisen hat. E r hat dem E m p f ä n g e r die Frachtgüter auch zugänglich zu machen. Soweit erforderlich, muß er das Lukendach öffnen, damit die Güter aus dem Schiff entnommen werden können 1 . D e r Frachtführer muß das Schiff auch z u m Zwecke der Entlöschung verholen. J e d o c h braucht der Frachtführer nicht im Interesse des Umschlagunternehmens zu verholen oder mehrfach an- und abzulegen. Geschieht das aber, kann der Frachtführer die erforderlichen Aufwendungen vom E m p f ä n g e r verlangen. Im H a f e n - u n d O r t s v e r k e h r ist § 56 nicht anwendbar (§131 A b s . 1).
2. Die Löschung der Frachtgüter D e r E m p f ä n g e r hat nach § 5 6 die Verpflichtung, gepackte Güter a u f dem 3 Schiff und lose Güter in dem Schiff abzunehmen und die weitere Entladung zu bewirken. Hierdurch werden die A u f g a b e n des Frachtführers und die des E m p fängers definiert. Soweit die Aufgaben des Empfängers in Rede stehen, besteht die Entlöschung nicht in einer einseitigen, vom Willen und Handeln des Frachtführers unabhängigen Tätigkeit, sondern erfordert ein erhebliches Maß an Mitarbeit des F r a c h t f ü h r e r s und der S c h i f f s b e s a t z u n g . D a s Schiff und seine Einrichtungen müssen löschbereit gehalten werden. Die Schiffsbesatzung muß mit dem E m p f ä n g e r H a n d in H a n d arbeiten 2 . Insbesondere bei der Entlöschung von M o t o r t a n k s c h i f f e n muß die Besatzung mit dem landseitigen Löschpersonal zusammenarbeiten, Schlauchverbindungen herstellen und dann die Löschvorgänge laufend überwachen, damit kein Produkt überläuft. D i e Unmöglichkeit rechtzeitiger L ö s c h u n g liegt in der Risikosphäre des A b senders und des E m p f ä n g e r s , der das Löschen zu bewirken hat 3 .
3. Die Kostentragungspflicht Soweit die Aufgaben der Entlöschung dem einen oder anderen Beteiligten über- 4 tragen sind, sind ihm auch die K o s t e n der E n t l ö s c h u n g durch § 56 auferlegt. Diese Regelung weicht von der seerechtlichen Regelung des § 593 H G B ab, w o nach die Kosten der Ausladung aus dem Schiff v o m Verfrachter, alle übrigen K o sten der Ausladung der Frachtgüter aus dem Schiff v o m E m p f ä n g e r zu tragen sind. 1 RGZ115, 214. 2 Vgl. dazuRGZ 115,214. 3 B G H ZfB 1963, 301. 293
§56
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Für die Verteilung der Aufgaben zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger kommt es darauf an, ob es sich um gepackte oder um lose Güter handelt. Auf diese Unterscheidung kommt es allerdings nicht an, wenn es sich um ein offenes Schiff (ohne Verdeck) handelt, da bei einem solchen Schiff eine Abnahme auf dem Schiff nicht möglich ist, so daß also nicht nur die losen, sondern auch die gepackten Güter vom Empfänger im Schiff abgenommen werden müssen. So müssen z. B. Container, die in mehreren Lagen über den Tennebaum hinaus übereinandergestapelt sind, im Schiff abgenommen werden, da Containerschiffe kein Verdeck haben.
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4. D i e E n t l ö s c h u n g loser G ü t e r Unter den Begriff lose Güter fallen Frachtgüter, die ohne besondere Verstauung in den Schiffsraum geschüttet oder geworfen werden, z. B. Getreide, Kohlen, Kies, Salz, Erz und Schrott. Hierher gehören auch flüssige Stoffe aller Art. Derartige Güter hat der Empfänger in dem Schiff abzunehmen. Er muß also die losen Güter aus den Laderäumen des Schiffes herausnehmen und die Beförderung auf das Land bewirken. Es ist auch seine Aufgabe, die erforderlichen Gerätschaften und Vorrichtungen bereit zu halten, sowie die Kosten zu tragen, z. B. des Umschlagunternehmens, das Krananlagen, Spinnen oder sonstige Hebezeuge benutzen muß. Es ist auch Sache des Empfängers von Tankladungen, die zur Löschung des Schiffs notwendigen Pumpen zur Verfügung zu stellen. Hingegen ist eine etwa notwendige Aufheizung einer Schwerölladung schiffsseitig vorzunehmen. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Empfängers, das Schiff nach der Entlöschung zu säubern. Derartige Aufgaben gehören zu dem Pflichtenkreis der Schiffsbesatzung. Dasselbe gilt entsprechend für die Entgasung eines Motortankschiffs nach der Entlöschung. 5. D i e E n t l ö s c h u n g g e p a c k t e r G ü t e r Gepackte Güter sind Frachtgüter, die üblicherweise durch Aufstellung, Stapelung oder sonstige Verstauung im Schiff gelagert werden, gleichgültig, ob diese Güter mit oder ohne äußere Umhüllung versehen sind, wie Coils, Salz in Säcken, Zement, Bretter und Fässer. Derartige Güter braucht der Empfänger nur auf dem Schiff abzunehmen. Der Frachtführer hat die gepackten Güter aus den Laderäumen auf das Deck des Schiffes zu schaffen und dort zur Abnahme bereitzustellen4. Gegenwärtig werden auch gepackte Güter in der Regel nicht vom Empfänger auf dem Schiff, sondern in dem Schiff abgenommen, weil größere Frachtgüter nur mit Hilfe landseitiger Löschgeräte aus den Schiffen gehoben werden können und die Binnenschiffe über keine eigenen Ladebäume verfügen. Die Luken4 R G Z 5 2 , 400.
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Bewirkung der Entladung durch den Empfänger
§56
dächer können ohne Schwierigkeiten geöffnet und so der Laderaum mit den Frachtgütern zugänglich gemacht werden. Durch die arbeitsteiligen Hafenarbeiten ist die Entlöschung rationalisiert und vereinfacht. Durch diese kräfte- und kostensparenden Arbeiten sind die früheren Regeln über die Entlöschung weitgehend überholt.
6. D i e w e i t e r e n P f l i c h t e n des F r a c h t f ü h r e r s a) Nach den §§ 56 Abs. 2, 41 Abs. 1 hat der Frachtführer die ihm obliegenden 7 Arbeiten im Zusammenhang mit der Entlöschung des Schiffes mit tunlichster Beschleunigung auszuführen. Er muß eine gehörige Besatzung stellen, die in der Lage ist, die erforderlichen Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Der Frachtführer bleibt für die Schiffssicherheit verantwortlich. Er muß einschreiten, wenn bei der Entlöschung die Stabilität des Schiffes gefährdet wird. Bei dem Umschlag von Flüssigkeiten muß der Frachtführer selbst und durch seine Besatzung laufend die Löscharbeiten überwachen. Hingegen braucht der Frachtführer keine besonderen Anstrengungen zu unternehmen, wenn der Empfänger die Frachtgüter ungleichmäßig abnimmt oder die Löschzeit nicht nutzt. Hat der Frachtführer selbst die Löschung vorzunehmen, braucht er täglich nur Durchschnittsmengen zu entladen. Zur Mitarbeit ist der Frachtführer nur innerhalb der ortsüblichen Arbeitszeit von 6.00 bis 18.00 Uhr verpflichtet. An Sonn- und Feiertagen besteht eine Mitwirkungspflicht nur in Notfällen, z. B. bei drohendem Hoch- oder Niedrigwasser, Eisgefahr oder drohendem Verderb der Güter. Erfolgt die Mitwirkung länger als acht Stunden täglich oder über die ortsübliche Arbeitszeit hinaus, kann der Frachtführer eine Uberstundenvergütung verlangen. b) Die Feststellung des U m f a n g s der Frachtgüter gehört nicht zur Entlö- 8 schung. Der Frachtführer ist nicht verpflichtet, den Umfang der Ladung durch Zählen, Messen oder Wiegen zu ermitteln. Der Empfänger kann aber verlangen, daß auf seine Kosten das Gewicht der Ladung bei der Löschung festgestellt wird. Für den Frachtführer ist eine solche Feststellung, an der der Empfänger bei einem bestimmten Ladungsgewicht ein Interesse haben kann, nur dann verbindlich, wenn er vorher hiervon benachrichtigt worden ist, und die Verwiegung auf einer geeichten Waage unter seiner Kontrollmöglichkeit vorgenommen wird. Auch der Frachtführer kann seinerseits eine Feststellung des Ladungsgewichts verlangen, wenn sich danach seine Fracht berechnet (§63) oder das Ladungsgewicht für seine Haftung Bedeutung hat. Mangels abweichender Vereinbarungen trägt in solchen Fällen der Frachtführer die Kosten der Feststellungen.
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§57
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
7. Die Haftung aus der Entlöschung 9
D a mit der Annahme der Frachtgüter nach den § 26 i. V. m. §§ 435, 436 H G B vertragliche Beziehungen zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger entstehen, liegt in der Entlöschung des Schiffes eine Vertragserfüllung seitens des E m p f ä n g e r s . Fügt er bei der Entlöschung des Schiffes dem Frachtführer einen Schaden zu, z. B. wird bei Löscharbeiten mittels einer Spinne die Schiffsstrau beschädigt, haftet der Empfänger dem Frachtführer nach den §26 i. V. m. §§435, 436 H G B sowie nach § 5 6 i. V. m. §§242, 249, 278 B G B . Der E m p f ä n g e r haftet auch für die o r d n u n g s g e m ä ß e Beschaffenheit der Löschvorrichtungen, für deren Anwendung in der technisch richtigen Weise und für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen. Bricht eine Krananlage zusammen, weil die Anlage nicht ordnungsgemäß gebaut war oder die Schienen nicht sorgfältig gewartet worden waren und wird bei dem Unfall das Schiff beschädigt, haftet der Empfänger dem Frachtführer für den entstandenen Schaden aus Vertrag und Delikt.
8. Anderweitige Vereinbarungen über die Entlöschung 10
§56 ist dispositiven Rechts. Die Beteiligten können im Frachtvertrag oder in Transport- und Verladebedingungen abweichende Vereinbarungen treffen. Häufig finden sich in den Frachtpapieren abweichende Vereinbarungen. Ist „freies Ein- und Ausladen" bedungen, muß der Frachtführer zwar sein Schiff löschbereit halten und erforderlichenfalls verholen, weitere Mitwirkungsmaßnahmen braucht er aber nicht vorzunehmen. Die Klausel „frei S c h i f f " hat nur Bedeutung für die Kosten: Der Empfänger trägt alle Kosten der Entlöschung des Schiffs. Wenn der Frachtführer die Entlöschung übernommen hat, steht ihm die volle Fracht auch dann zu, wenn der Empfänger seinerseits die Entlöschung mittels Löschgeräten vornimmt.
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Wer aus der Art der Verpackupg der Güter Ansprüche für sich herleitet, hat die Umstände zu beweisen, die für die rechtliche Würdigung ausschlaggebend sind, wenn nicht die Bezeichnung der Frachtgüter in den Frachtpapieren sowie der Schiffstyp bereits hinreichende Schlüsse zulassen. Im Falle von Schadensersatzansprüchen bei Gelegenheit der Entlöschung hat der Geschädigte das schadensursächliche Verschulden und die H ö h e des Schadens zu beweisen.
9. Die Beweislast
§57 (1) Wenn zur Erleichterung des Schiffes die L a d u n g g a n z oder teilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, so hat der F r a c h t f ü h r e r dem 296
§57
Ü b e r l a d u n g auf Leichterfahrzeuge
Leichterschiffer eine Abschrift des Frachtbriefes oder Ladescheines sowie eine Bescheinigung über die L a d u n g , die der Leichterschiffer übernommen hat, zu behändigen. (2) Die Dauer der Löschzeit wird dadurch, daß die L a d u n g ganz oder teilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, nicht verändert, vielmehr teilen sich Hauptschiff und Leichterfahrzeug in dieselbe nach dem Verhältnisse der in dem Hauptschiffe verbliebenen und der in das Leichterfahrzeug überschlagenen Ladung. Ergeben sich bei der Berechnung Bruchteile, so wird bis einhalb nach unten, über einhalb nach oben abgerundet. H a t ein Leichterschiff L a d u n g von verschiedenen Hauptschiffen übernommen, so berechnet sich die Löschfrist selbständig für jede einzelne L a d u n g nach Maßgabe vorstehender Grundsätze. (3) Der Empfänger hat nach der Reihenfolge der Anzeigen der Löschbereitschaft die Löschung vorzunehmen, ist aber nicht verpflichtet, H a u p t schiff und Leichterschiff gleichzeitig zu löschen. (4) Das von dem Empfänger bei Überschreitung der Löschzeit zu zahlende Liegegeld berechnet sich nach der Tragfähigkeit desjenigen Schiffes, bei dem die Löschzeit überschritten ist. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Begriff Leichterung 3. Die Pflichten des Frachtführers . . . 4. Die Bedeutung der Leichterung . . . 5. Der Eintritt des Leichterschiffes in den Frachtvertrag
1 2 3 4
Rdn. 6. 7. 8. 9.
Die Aufteilung der Löschzeit . . . . Die Reihenfolge der Entlöschung . . Die Aufteilung des Liegegeldes . . . Die Beweislast
9-10 11 12 13
5-8
1. A l l g e m e i n e s §57 bestimmt nicht, unter welchen Umständen der Frachtführer zu einer 1 Leichterung des angenommenen Schiffes berechtigt oder verpflichtet ist. Zu einer solchen Regelung bestand an dieser Stelle keine Veranlassung, weil die Beförderung der L a d u n g in einem Ersatzschiff bereits umfassend durch § 44 geregelt ist. Aus §44 Abs. 3 folgt, daß eine Leichterung des Schiffs in Fällen der N o t oder wegen niedrigen Wasserstandes oder bei einem üblichen Umschlag der Ladung in Leichterschiffe an Hafenplätzen zulässig ist. Jedoch findet § 57 ebenso wie § 44 nach §131 Abs. 1 keine Anwendung auf die Umladung in Leichterfahrzeuge (Schuten) im Hafen- oder Ortsverkehr. Das Gesetz macht an dieser Stelle keinen Unterschied zwischen dem Umschlag der vollen Ladung und Teilen der Frachtgüter.
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§57
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
2. Der Begriff der Leichterung 2
Unter einer Leichterung versteht man die teilweise oder vollständige Umladung der Ladung aus einem Schiff in ein anderes Schiff im Verlauf der Reise. Eine Leichterung, auch Leichtern oder Ableichtern genannt, kommt in der Binnenschiffahrt häufig bei fallendem Wasser, bei Niedrigwasser oder zur Uberwindung von Untiefen vor. Auch nach Unfällen, insbesondere nach einem Festfahren des Schiffes kann eine Leichterung des Schiffes notwendig werden. Insbesondere nach Unfällen kann sich ergeben, daß die Ladung mit einem Ersatzschiff weiterbefördert werden muß, sei es, daß das zunächst eingesetzte Schiff repariert werden muß, sei es, daß zum Schutz der Ladung und/oder der Weiterbeförderung der Ladung ein Umschlag erfolgen muß.
3. Die Verpflichtung des Frachtführers 3
§57 ist dispositiven Rechts. Die Beteiligten können im Frachtvertrag oder in Transport- und Verladebedingungen Individualregelungen treffen. Es kann dort oder in den Frachtpapieren bestimmt sein, ob und unter welchen konkreten Umständen der Frachtführer eine Leichterung vorzunehmen hat.
4. Die Bedeutung der Leichterung 4
Die Leichterung eines Schiffs hat erhebliche Auswirkungen auf den Frachtvertrag und auf die Rechtsbeziehungen des Frachtführers zum Empfänger. Die Rechtslage erfährt schon dann eine erhebliche Änderung, wenn die Frachtgüter nicht in ein anderes Schiff des Frachtführers, sondern in ein Leichterschiff eines Dritten umgeladen werden müssen. Denn dann muß der Frachtführer entweder den Eintritt dieses Dritten in den Frachtvertrag veranlassen oder einen neuen Vertrag mit ihm abschließen. Diese Folgen regelt § 57 im Anschluß an § 44.
5. Der Eintritt des Leichterschiffes in den Frachtvertrag 5
a) Das Gesetz sieht in erster Linie den Eintritt des Leichterschiffes in den Frachtvertrag vor. Der Frachtführer soll keinen neuen selbständigen Frachtvertrag mit dem Leichterschiff abschließen, sondern soll ihm entsprechend der Regelung des § 26 i. V. m. § 432 HGB die Ausführung der Beförderung der abgeleichterten Frachtgüter übertragen, also den Eintritt des Leichterschiffes in den Frachtvertrag veranlassen. Das folgt aus der Bestimmung des §57 Abs. 1, wonach der Frachtführer dem Leichterschiffer eine Abschrift des Frachtbriefs oder des Ladescheins sowie eine Bescheinigung über die Ladung, die der Leichterschiffer übernommen hat, zu behändigen hat. Durch die Annahme des Frachtgutes und der genannten Urkunden erfolgt der Eintritt in den Frachtvertrag (§432 Abs. 2 HGB). Tritt der Leichterschiffer in den ursprünglichen Frachtvertrag ein, übernimmt er damit die selbständige Verpflichtung zur Ausführung des Frachtvertrages. Als Gesamtschuldner mit dem Frachtführer haftet er für die Ausführung des Frachtvertrages (§ 432 HGB). 298
Überladung auf Leichterfahrzeuge
§57
b) D i e A u s h ä n d i g u n g der U r k u n d e n dient einerseits dem Wirksamwerden 6 des Eintritts, andererseits soll sich der Leichterschiffer durch den Besitz der U r k u n d e n gegenüber dem E m p f ä n g e r legitimieren können. D i e Aushändigung einer Bescheinigung über die übernommene L a d u n g ist entbehrlich, wenn die ganze L a d u n g übernommen worden ist. D e n n in diesem Falle ergibt sich der L a d u n g s u m f a n g bereits aus den Frachtpapieren. c) D a § 5 7 abdingbar ist, können die Beteiligten vereinbaren, daß der Fracht- 7 führer im Falle einer Leichterung nicht verpflichtet ist, dem Leichterschifffer eine Abschrift des Frachtbriefs, des Ladescheins oder eine Bescheinigung über die abgeleichterte L a d u n g auszuhändigen. d) Soll kein Eintritt des Leichterschiffes in den Frachtvertrag erfolgen, wird 8 der Leichterschiffer im Rahmen eines U n t e r f r a c h t v e r t r a g e s selbständig tätig.
6. Die Aufteilung der Löschzeit a) D u r c h die U m l a d u n g der Frachtgüter oder durch Ableichterung eines Tei- 9 les der L a d u n g wird die Löschzeit nicht berührt. Vielmehr teilen sich nach § 5 7 A b s . 2 Satz 1 das Hauptschiff und das Leichterschiff in die D a u e r der L ö s c h z e i t nach dem Verhältnis der in dem Hauptschiff verbliebenen und der in das Leichterschiff übergeschlagenen Ladung. § 5 7 folgt damit dem G r u n d s a t z der G e s a m t v e r f r a c h t u n g nach § 4 8 A b s . 2, wonach die Dauer der Löschzeit nach dem Gewicht der L a d u n g berechnet wird. D a sich die Löschzeit nach Werktagen, also nach Kalendertagen, von Mitternacht zu Mitternacht in ununterbrochener Reihenfolge bestimmt, kann es v o r k o m m e n , daß sich bei der Aufteilung der Löschzeit auf H a u p t - und Leichterschiff nach dem Gewicht des Ladungsteils Bruchteile von Tagen ergeben. Hierzu bestimmt § 57 A b s . 2, daß Bruchteile bis Vi (also 12 Stunden) nach unten, über Vi (über 12 Stunden) nach oben abgerundet werden. Hiernach kann die Gesamtlöschzeit, wenn auch in geringem Ausmaß, kürzer oder länger werden. b) H a t ein Leichterschiff von verschiedenen Hauptschiffen Frachtgüter über- 1 0 nommen, mußten z. B. nach einer Kollision mehrere Schiffe geleichtert werden, so berechnet sich die Löschzeit nach obenstehenden Grundsätzen für jede L a dung ( § 5 7 A b s . 2 Satz 3). D a s G e s e t z behandelt also jede L a d u n g als selbstän-
dige Einheit.
7. Die Reihenfolge der Entlöschung D a es sich bei dem Hauptschiff und dem oder den Leichterschiffen u m ver- 1 1 schiedene Fahrzeuge handelt, können diese naturgemäß zu verschiedenen Zeiten am Ablieferungsort eintreffen. Eine unterschiedliche A n k u n f t ist auch möglich, wenn aus verschiedenen Schiffen geleichtert ist und das Leichterschiff mehrere Ladungen übernommen hat. In jedem Falle müssen sich die verschiedenen Schiffe selbständig löschbereit melden. N a c h der Reihenfolge dieser Anzeigen hat der Empfänger nach § 5 3 A b s . 3 die L ö s c h u n g vorzunehmen. 299
§58
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Es kann vorkommen, daß Hauptschiff und Leichterschiff gleichzeitig ihre Löschbereitschaft anzeigen. In diesem Falle braucht der Empfänger nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 57 Abs. 3 nicht beide Schiffe gleichzeitig zu löschen, ist aber dazu berechtigt. Will er nicht gleichzeitig löschen, steht ihm die Auswahl der Reihenfolge zu, es sei denn, in Transport- und Verladebedingungen wäre eine Bestimmung über die Reihenfolge getroffen. In einem solchen Falle muß sich der Empfänger an die Vereinbarungen halten. 8. Die A u f t e i l u n g v o n Liegegeld 12
Nach § 49 ist der Empfänger im Falle der Überschreitung der Löschzeit zur Zahlung von Liegegeld verpflichtet. Wem im Verhältnis zwischen Haupt- und Leichterschiff das Liegegeld zusteht, bestimmt sich nach der Aufteilung der Löschzeit zwischen beiden Fahrzeugen. Die Höhe des Liegegeldes bestimmt sich nach den §§ 49, 32 nach der Tragfähigkeit des verwendeten Schiffs. Ergänzend bestimmt § 57 Abs. 4, daß nicht die Tragfähigkeit des ursprünglich verwendeten, sondern diejenige des Schiffs maßgebend sein soll, bei dem die Löschzeit tatsächlich überschritten worden ist. Das kann also sowohl das Hauptschiff als auch das Leichterschiff sein. 9. Die Beweislast
13
Der Frachtführer hat im Streitfall zu beweisen, daß eine Leichterung des Schiffs aus den Gründen des § 44 Abs. 3 notwendig geworden ist. Er hat ferner die Umstände zu beweisen, aus denen sich der Eintritt des Leichterschiffs in den Frachtvertrag ergibt. Ihm obliegt es nachzuweisen, weshalb er dem Leichterschiff keine Urkunden aushändigen mußte. Wer aus der Reihenfolge der Entlöschung Rechte herleitet, muß den Zeitpunkt des Zugangs der Anzeige der Löschbereitschaft beim Empfänger beweisen. Im Streitfalle obliegt es dem jeweiligen Kläger, die Umstände für die Entstehung und die Aufteilung von Liegegeld zu beweisen.
§58 (1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, welcher seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes entstanden ist, sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeigeführt ist, welche durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. (2) Die Haftung des Frachtführers ist insbesondere ausgeschlossen, wenn der Verlust oder die Beschädigung aus einem mangelnden Zustande des Schiffes nebst Zubehör oder der Lade- oder Löschgerätschaften entstanden ist, welcher trotz der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht zu entdecken war. 300
Haftung des Frachtführers
§58
(3) Für den Verlust oder die Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunstgegenständen, Geld- und Wertpapieren haftet der Frachtführer nur, wenn ihm die Beschaffenheit oder der Wert des Gutes bei der Übergabe zur Beförderung angegeben worden ist.
1. Allgemeines 2. Die Haftung des Frachtführers . . . 3. Die Empfangnahme der Frachtgüter 4. Die Übergabe der Frachtgüter . . . 5. Die Ablieferung der Frachtgüter . . 6. Die Haftung für Verlust und Beschädigung der Frachtgüter
Rdn. 1 2 3 4 5
7. Der Ersatzberechtigte 8. Der Umfang der Ersatzleistung . . . 9. Die Freizeichnung 10. Die Beweislast
Rdn. 9 10-13 14-18 19-29
6-8
1. Allgemeines § 58 Abs. 1 ist im wesentlichen wortgleich mit § 606 Satz 2 H G B und regelt die 1 Haftung für kommerzielles Verschulden. Der Frachtführer haftet für den Schaden, der seit der Empfangnahme bis zur Abnahme durch Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes entstanden ist. Es handelt sich also nur um einen Haftungsfall aus der Empfangnahme der Frachtgüter (ex recepto), die damit zur Obhut überlassen wurden. 2. D i e H a f t u n g des F r a c h t f ü h r e r s Der Frachtführer haftet für die in seine Obhut übergebenen Frachtgüter nach 2 § 58 Abs. 1 ex recepto für Verlust und Beschädigung. Die sonstige Verantwortlichkeit des Frachtführers wird durch § 58 Abs. 1 nicht erfaßt. So fällt die Haftung für verzögerte Ablieferung, die keinen Einfluß auf den Zustand der Frachtgüter hatte, nicht unter §58 Abs. 1. Neben der Verantwortlichkeit aus §58 bleibt die Haftung des Frachtführers aus sonstigen Vorschriften unberührt. Insbesondere haftet der Frachtführer aus Vertrag und unerlaubter Handlung im Rahmen der Vorschriften des B G B aus eigenem Verschulden und dem seiner Erfüllungsgehilfen sowie für Verrichtungsgehilfen. Weiter haftet der Frachtführer nach §26 i. V. m. §431 H G B für das Verschulden seiner Leute bei der Beförderung der Frachtgüter sowie in seiner Eigenschaft als Schiffseigner nach §3 für das Verschulden seiner Schiffsbesatzung bei Ausführung ihrer Dienstverrichtungen. Daneben besteht die besondere Verantwortlichkeit des Frachtführers aus den Haftungsvorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes, wie nach § 62 für die verspätete Ablieferung der Frachtgüter, nach §§73 , 74 aus der Ladescheinzeichnung, nach §§27, 46 aus der vertragswidrigen Vorlage des Schiffes an einem Lade- und Löschplatz, nach §§41, 42, 56 aus einer schuldhaften Verzögerung der Beladung, Entlöschung oder des 301
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4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Antritts der Reise, nach § 44 aus der Vorlage eines vertragswidrigen Schiffs, nach §52 aus einer unberechtigten Selbstentlöschung und Hinterlegung der Frachtgüter.
3. Die Empfangnahme der Frachtgüter 3
Unter Empfangnahme der Frachtgüter ist die Übernahme der Frachtgüter zum Zwecke der Beförderung zu verstehen. Soll keine Beförderung erfolgen, begründet eine Annahme durch den Frachtführer keine Verantwortlichkeit nach §58 Abs. 1. Das folgt aus § 5 8 Abs. 3. Auch schon vor der Einladung der noch an Land liegenden Frachtgüter in das Schiff kann eine Empfangnahme anzunehmen sein, wenn der Frachtführer die Güter dort zur Beförderung bereits übernommen hat1. Es kann in solchen Fällen aber auch ein dem Frachtvertrag vorangehender Verwahrungsvertrag in Betracht kommen. Vor dem Abschluß eines Frachtvertrages wird eine Empfangnahme nur vorliegen, wenn der Frachtführer die ihm in das Schiff gelieferten Frachtgüter entgegennimmt. Regelmäßig werden die Frachtgüter dem Frachtführer nach dem Abschluß des Frachtvertrages auf oder in das Schiff geliefert und von ihm entgegengenommen. Werden Massengüter aufgrund einer Gesamtverfrachtung ausgeliefert, ist die Empfangnahme erst nach der Beendigung der Einladung anzunehmen. Stückgüter werden hingegen einzeln übernommen. Die Empfangnahme ist grundsätzlich mit der Abladung der Frachtgüter in das Schiff und der ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen erklärten Übernahme durch den Frachtführer beendet, also nicht erst mit dem Beginn der Frachtreise.
4. Die Übergabe der Frachtgüter 4
Die Übergabe der Frachtgüter zur Beförderung muß in einer einwandfreien und zuverlässigen Weise erfolgen. Werden die Frachtgüter dem Frachtführer zugezählt, zugemessen oder zugewogen, muß die Feststellung des Umfangs der Ladung nach vorheriger Benachrichtigung des Frachtführers sowie unter seiner Kontrolle oder Kontrollmöglichkeit in der Nähe seines Fahrzeugs erfolgen 2 . Eine für den Frachtführer verbindliche Gewichtsermittlung muß auf einer geeichten und zuverlässigen Waage vorgenommen werden. Der Frachtführer ist berechtigt, eine selbsttätige Waage zu überprüfen. Ihm muß auf Verlangen Gelegenheit gegeben werden, das Einspielen der Waage in unbelastetem Zustande ohne wesentliche Umstände zu beobachten 3 . Die Zuziehung des Frachtführers kann nicht als Anerkenntnis der Gewichtsermittlung gewertet werden. 1 R G Z 20, 65. 2 R G Z 101, 238. 3 Vgl. dazu das Maß- und Gewichtsgesetz vom 20. 5. 1936 (RGBl. I S. 459) und die dazu ergangene A V O .
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§58
5. Die Ablieferung der Frachtgüter Eine Ablieferung der Frachtgüter im Sinne des § 58 liegt nur vor, wenn der 5 Frachtführer den ihm zum Zwecke der Beförderung eingeräumten Besitz an den Frachtgütern nach Beendigung des Transports mit dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis des Empfängers aufgibt 4 . Hingegen liegt keine Ablieferung in der Verbringung der Frachtgüter an Land, in einer Umladung oder Ableichterung in ein anderes Schiff, es sei denn, daß es sich um eine vorzeitige Beendigung und nicht um eine Unterbrechung der Beförderung handelt. Die Ablieferung erfolgt regelmäßig am Ablieferungsort. Zum Begriff des Ablieferungsortes gehört es, daß das Gut aus der Verfügungsgewalt des Frachtführers in die des E m p f ä n g e r s gelangt. Im Regelfalle wird der Empfänger die Frachtgüter auf oder in dem Schiff abnehmen. Die Abnahme kann aber auch erst auf dem Lande erfolgen, wenn der Frachtführer die Entladungsarbeiten übernommen hat, wie bei der Umladung der Frachtgüter in Kraftfahrzeuge des Empfängers. Die Ablieferung liegt dann in einer Zusammenarbeit. Es kann je nach den Umständen ein ein- oder ein zweiseitiger Akt vorliegen. Soll z. B. Sand verklappt werden, liegt in der Verklappung ein einseitiger Akt. Ebenso verhält es sich bei der Übergabe der Güter an einen Dritten oder bei der Belassung der Güter im Schiff aufgrund eines L a g e r - oder Verwahrungsvertrages. Ein zweiseitiger Akt liegt bei einer Arbeitsteilung zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger bei der Löschung der Frachtgüter vor. Erfolgt vertragsgemäß eine Hinterlegung der Frachtgüter am Bestimmungsort oder nach behördlicher Anordnung, ist Ablieferung anzunehmen, sobald der Frachtführer dem Empfänger durch Ubergabe der Frachtpapiere oder in sonstiger Form die Möglichkeit gegeben hat, über die Frachtgüter zu verfügen. Die Selbstentlöschung und Hinterlegung der Frachtgüter nach §52 gilt als Ablieferung, da der Empfänger den Eintritt der Bedingungen wider Treu und Glauben verhindert, sofern diese Maßnahmen im Rahmen des §52 berechtigt waren und der Frachtführer den Empfänger von der Hinterlegung benachrichtigt hat. Keine Ablieferung liegt in der bloßen Ankunft des beladenen Schiffes am Ablieferungsort, der Erklärung der Löschbereitschaft, der Einnahme des Löschplatzes, der Ubergabe des Frachtbriefs, der Nachzählung und in anderen Maßnahmen, die bezwecken, den Empfänger in den Stand zu versetzen, über die Frachtgüter zu verfügen. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich lediglich um Handlungen, die die Ablieferung vorbereiten, nicht aber um die Ablieferung selbst 5 . Auch die Ablieferung der Frachtgüter beim Zoll vor der Ankunft am Ablieferungsort stellt keine Ablieferung dar.
4 R G Z 114, 313. 5 R G Z 108, 342.
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6. Die H a f t u n g für Verlust und Beschädigung der Frachtgüter 6
a) N a c h §58 Abs. 1 haftet der Frachtführer für den seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung entstandenen Verlust oder eine eingetretene Beschädigung der Frachtgüter. Nach dem Wortlaut des Gesetzes, der dem Sprachgebrauch und der Lebenswirklichkeit entspricht, sind Verlust und Beschädigung von Sachen verschiedene Dinge.
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b) Ein Verlust der Frachtgüter liegt vor, wenn der Frachtführer außerstande ist, dem Empfänger die Frachtgüter vollständig oder teilweise auszuliefern. Darunter fällt auch der Totalverlust. Wenn die Frachtgüter verbrannt, vernichtet, sich im Wasser aufgelöst haben oder in sonstiger Weise zugrunde gegangen sind, 6 ist ein Verlust anzunehmen. Es kann aber auch ein teilweiser Verlust (Minder u n g ) eintreten, wenn nur ein Teil der Frachtgüter ausgeliefert werden kann 7 . Es braucht nicht stets eine Vernichtung der Frachtgüter vorzuliegen. Ein Verlust im Sinne des § 58 liegt auch schon dann vor, wenn zwar die Frachtgüter körperlich noch existieren, der Frachtführer aber außerstande ist, sie an den Empfänger auszuliefern. Die Ursachen können verschiedener Art sein. Hat der Frachtführer die Frachtgüter an einen Dritten ausgeliefert, ist er zur Ablieferung außerstande. Die Frachtgüter können bei einem Schiffsunfall ins Wasser gefallen sein und werden nicht alsbald gefunden. Die Frachtgüter können mit oder ohne Zutun des Frachtführers und ohne Aussicht auf alsbaldige Wiedererlangung abhanden gekommen sein. Demnach ist ein Verlust auch anzunehmen, wenn die Frachtgüter ganz oder teilweise durch Handlungen des Frachtführers oder seiner Leute vernichtet oder beiseite geschafft wurden. Ein gänzliches A b h a n d e n k o m m e n der Frachtgüter und eine vollständige Unkenntnis über den Verbleib ist nicht erforderlich. Für den Frachtführer sind die Güter schon dann verloren, wenn er zur Ablieferung außerstande ist, ohne Unterschied, worin das seinen Grund hat. So steht auch die Beschlagnahme der Frachtgüter im Wege des Arrestes oder bei einer Pfändung durch den Gerichtsvollzieher einem Verlust gleich.
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c) Eine Beschädigung der Frachtgüter liegt vor, wenn eine qualitative oder quantitative Veränderung eintritt. Es genügt nicht eine bloße Wertminderung. Es muß schon eine stoffliche Einwirkung vorliegen, die eine äußere oder innere Verschlechterung der Frachtgüter verursacht. So können durch Feuchtigkeit, Gerüche, Bruch, Rost oder andere Einflüsse nachteilige Einwirkungen erfolgen. Es kommt nicht darauf an, in welchem Umfange die Ladung infolge der qualitativen oder quantitativen Veränderung im Wert vermindert worden ist, wie es auch im einzelnen nicht auf die Ursachen ankommt. Solange das Gut, wenn auch erheblich entwertet, noch vorhanden ist, liegt eine Beschädigung vor. Eine Beschädigung der Frachtgüter kann sich aber auch zu einem teilweisen oder gänzlichen Verlust steigern, so z. B. bei wasserempfindlichen Gütern oder im Falle 6 Vgl. R G Z 70, 175. 7 R G Z 60, 45; 66, 39.
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eines Schiffsbrandes. Stets wird ein Verlust anzunehmen sein, wenn nur noch wertlose stoffliche Bestandteile, Bruchstücke oder Scherben vorhanden sind.
7. Der Ersatzberechtigte a) Grundsätzlich ist der Absender aufgrund des Frachtvertrages berechtigt, 9 im Rahmen des § 58 Schadensersatz vom Frachtführer zu fordern, solange er das Verfügungsrecht über die Frachtgüter hat. Er verliert den Anspruch, wenn ein Ladeschein ausgestellt ist, nach § 26 i. V. m. §§ 446 ff. H G B mit der Ubergabe des Ladescheins an den Empfänger; falls kein Ladeschein ausgestellt ist, mit der Ankunft der Frachtgüter am Ablieferungsort (§ 435 H G B ) und allgemein mit der Abtretung der Rechte aus dem Frachtvertrag an einen Dritten oder mit der an den Frachtführer erteilten Ermächtigung (§434 H G B ) , die Güter an den Empfänger auszuliefern. Soweit der Empfänger oder ein Dritter nach diesen Regeln berechtigt ist, die Ansprüche aus dem Frachtvertrag geltend zu machen, ist der Absender seinerseits hierzu nicht mehr befugt. Das gleiche gilt, wenn die Frachtgüter bereits an den berechtigten Empfänger ausgeliefert sind (§§435, 436, 447 H G B ) . b) Nach § 26 i. V. m. §§ 426, 435, 445 ff. H G B ist der empfangsberechtigte Empfänger befugt, die Auslieferung der Frachtgüter von dem Frachtführer zu verlangen. Für diesen Anspruch ist es unerheblich, in welcher Beziehung der Empfänger zur Ladung steht. Er kann für eigene oder für fremde Rechnung handeln. Der Spediteur oder Ablader kann insoweit einen fremden Schaden geltend machen 8 . Macht der Ladungseigentümer aufgrund seines dinglichen Rechts Ansprüche gegen den Frachtführer aus dem Verlust oder der Beschädigung der Frachtgüter geltend, kann sich der Frachtführer auch ihm gegenüber zu seiner Entlastung auf den Frachtvertrag berufen, wenn der Eigentümer gleichzeitig auch Absender oder Empfänger ist oder wenn die an dem Frachtvertrag beteiligten Personen z. B. als Spediteur oder Ablader in seinem Auftrag ihre Rechtsstellung erhalten haben. Besteht keinerlei Rechtsband zu den an dem Frachtvertrag beteiligten Personen, können dem Eigentümer keine Einwendungen aus dem Frachtvertrag entgegengehalten werden, da Verträge zu Lasten Dritter dem deutschen Recht fremd sind.
8. Der Umfang der Ersatzleistung a) Der im Rahmen des § 58 zu ersetzende Schaden entspricht der Ersatzlei- 1 0 stung auf Grund des Frachtvertrages (§26 i. V. m. §430 H G B ) . Danach ist bei einem gänzlich oder teilweisen Verlust der Frachtgüter nur der gemeine Handelswert und in Ermangelung eines solchen gemeinen Handelswerts der gemeine Wert zu ersetzen, den ein Gut derselben Art und Beschaffenheit am Ort der Ablieferung zu dem Zeitpunkt hatte, an dem die Ablieferung zu bewirken 8 RGZ 1, 2; 62, 333; 75, 172.
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war ( § 4 3 0 A b s . 1 H G B ) . I m Falle eines vollständigen Verlustes des Frachtgutes ist der Wert zu ersetzen, den das G u t in dem Zeitpunkt gehabt hätte, in dem es bei regelmäßigem Verlauf der Reise angekommen wäre. D e r Ersatzberechtigte kann also nicht nach § 2 4 9 B G B vollen Schadensersatz verlangen. Es ist unerheblich, o b der tatsächliche Schaden des Ersatzberechtigten größer oder kleiner oder ein solcher überhaupt nicht vorhanden ist 9 . Von dem Wert des Gutes sind die ersparten Frachten, Kosten und Zölle abzuziehen ( § 4 3 0 A b s . 1 H G B ) . H a t das G u t weder einen H a n d e l s w e r t n o c h einen gemeinen W e r t , so entfällt eine Ersatzpflicht. 11
b) B e i einer Beschädigung der Frachtgüter ist nach § 4 3 0 Abs. 2 H G B der Unterschied zwischen dem Verkaufswert des Gutes in beschädigtem Zustand und dem gemeinen H a n d e l s w e r t oder sonstigen gemeinen Wert am O r t und zur Zeit der Ablieferung zu ersetzen. D e r Berechtigte kann ausnahmsweise den vollen Handelswert unter H e r a u s gabe der G ü t e r verlangen, wenn die G ü t e r derart beschädigt sind, daß sie auch nach Ausbesserung keinen Wert mehr für den Ersatzberechtigten haben. D e r F r a c h t f ü h r e r ist nach § § 8 1 2 , 818 B G B berechtigt, die H e r a u s g a b e der F r a c h t g ü t e r zu verlangen, wenn er für den Verlust oder das A b h a n d e n k o m m e n Ersatz geleistet hat und die Frachtgüter später wieder aufgefunden werden.
12
c) D e r Berechtigte kann Ersatz des vollen Schadens nach den § § 2 4 9 ff. B G B nach § § 5 8 , 2 6 i. V. m. § 4 3 0 A b s . 3 H G B v o m Frachtführer verlangen, wenn der Verlust oder die Beschädigung der Frachtgüter durch Vorsatz oder g r o b e F a h r lässigkeit des Frachtführers oder seiner Leute ( § 4 3 1 H G B ) herbeigeführt w o r den ist 1 0 . U n t e r grober Fahrlässigkeit ist eine schlechthin unverständliche Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfalt zu verstehen. A u c h subjektiv m u ß das H a n deln in besonderer Weise vorwerfbar sein 1 1 . E i n e einfache Fahrlässigkeit genügt zur A n n a h m e einer vollen Ersatzpflicht nicht.
13
d) Soweit ein Anspruch auf die N i c h t e r f ü l l u n g oder die unvollständige oder mangelhafte Erfüllung eines von einem Schiffseigner abgeschlossenen Vertrages gestützt wird, haftet der Schiffseigner im R a h m e n des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 nicht persönlich, sondern nur dinglich mit Schiff und Fracht, insofern die Ausführung des Vertrages zu den Dienstobliegenheiten des Schiffsführers gehörte und diesem oder der Schiffsbesatzung Verschulden zur Last fällt. Diese H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g gilt auch bei einer H a f t u n g aus dem Frachtvertrag nach § 58, wenn der Schiffseigner zugleich der Frachtführer ist und seine Verantwortlichkeit auf seine Eigenschaft als Frachtführer gestützt wird 1 2 .
9 10 11 12
RGZ 15, 89. RGZ 7, 129; 13, 37. BGHZ 10, 17, NJW 1972, 476. RGZ 60, 377.
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Soll der Schiffseigner persönlich in Anspruch g e n o m m e n werden, m u ß ihm eigenes Verschulden zur Last fallen, da in diesem Falle seine H a f t u n g u n b e schränkt ist (§ 4 A b s . 2 Satz 1). In einem solchen Falle bestimmt sich der U m f a n g seiner Verantwortlichkeit nach § § 5 8 , 26 i. V. m. § 4 3 0 H G B ) . D e r Frachtführer und Schiffseigner haftet hierbei unbeschränkt persönlich auch für ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen ( § 2 7 8 B G B ) , unter U m s t ä n d e n auch für Versehen bei der Auswahl seiner E r f ü l l u n g s g e h i l f e n , wenn er die Wahl selbst v o r n i m m t . Ferner kann eine unbeschränkte H a f t u n g möglich werden, wenn er ein vom Schiffsführer unter Überschreitung seiner gesetzlichen V e r t r e t u n g s m a c h t geschlossenes Geschäft genehmigt oder sich mit einer Pflichtwidrigkeit des Schiffsführers einverstanden erklärt.
9. Die Freizeichnung a) § 5 8 ist dispositiven Rechts. D i e Beteiligten k ö n n e n im R a h m e n des § 5 8 1 4 also die H a f t u n g einschränken. E i n e solche Freizeichnung ist einer Vertragspartei gegenüber nur wirksam, wenn sie Gegenstand des Vertrages geworden ist. Soweit die Freizeichnung nicht ausdrücklich in den F r a c h t v e r t r a g aufgenommen und in den F r a c h t p a p i e r e n erwähnt ist, ist jedenfalls eine B e z u g n a h m e beim Vertragsschluß notwendig. In der Praxis geschieht das durch ausdrücklichen Hinweis auf Verlade- u n d T r a n s p o r t b e d i n g u n g e n oder sonstige G e schäftsbedingungen, in denen die Freizeichnungsklausel enthalten ist. E s genügt, wenn bei Einleitung der Geschäftsbeziehung oder sonst vor dem A b s c h l u ß des Frachtvertrages auf solche Verfrachtungsbedingungen (Konnossementsbedingungen) hingewiesen wird, wie z. B . durch einen entsprechenden Hinweis auf Briefbogen, durch einmalige Ubersendung der Bedingungen im Verlauf von G e schäftsverbindungen oder durch Verweisung auf die allgemein veröffentlichten Verfrachtungsbedingungen. Z u r Wirksamkeit der Freizeichnung ist erforderlich, daß sich der Vertragsgegner den Verfrachtungsbedingungen unterwirft, was auch stillschweigend geschehen kann 1 3 . Hingegen ist es nicht erforderlich, daß der Vertragsgegner die Verfrachtungsbedingungen kennt oder daß sie ihm ausgehändigt werden. E r m u ß nur die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme haben, wobei es ausreicht, daß er die Geschäftsbedingungen anfordern kann. Bedingungen, mit denen der Vertragsgegner billigerweise nicht rechnen kann, sind unwirksam. U n w i r k s a m sind auch Verfrachtungsbedingungen, auf die einseitig erst im Ladeschein oder im Frachtbrief, einem Lieferschein oder einer Q u i t t u n g B e z u g genommen wird, die aber im Frachtvertrag n o c h nicht erwähnt worden waren. D i e Anführung im Ladeschein oder im Frachtbrief reicht dagegen aus, wenn die A n w e n d u n g der Geschäftsbedingungen im Frachtvertrag vereinbart oder sonst allgemein üblich ist. D i e B e z u g n a h m e m u ß eindeutig sein 1 4 .
13 BGHZ 3, 200; 9, 1. 14 BGHZ 29, 120; O L G Hamburg, VersR. 1976, 538. 307
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b) D e m E m p f ä n g e r gegenüber, der nicht gleichzeitig Absender ist, gelten Geschäftsbedingungen aller A r t nach § 26 i. V. m. § 4 4 6 A b s . 1 H G B nur, wenn im Ladeschein darauf verwiesen ist, sei es durch besondere, sei es durch allgemeine B e z u g n a h m e auf den Frachtvertrag. Soweit allgemeine Verfrachtungsbedingungen Dritten gegenüber wirksam sind, wird eine allgemein zugängliche Veröffentlichung regelmäßig durch A u s hang oder Drucklegung notwendig sein 1 5 .
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c) Allgemeine Geschäftsbedingungen tragen nicht den Charakter individueller Vertragsbedingungen, sondern sind abstrakt zur Regelung einer Vielzahl von Verträgen bestimmt. Aus dieser Sicht stellen sie eine vorgefertigte R e c h t s o r d nung dar. Sie sind an sich ähnlich einer gesetzlichen Regelung zu behandeln, unterliegen aber der Inhaltskontrolle entsprechend den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ( A G B - G e s e t z ) . Bei der Beurteilung und A u s l e g u n g von Geschäftsbedingungen, die der N a c h prüfung durch die G e r i c h t e und auch der freien Würdigung durch den Bundesgerichtshof unterliegen 1 6 , k o m m t es nicht auf die Interessen und Belange des Verwenders, sondern auf die Belange der Wirtschaftskreise an, denen die Vertragschließenden angehören. Ihre Interessen sind abzuwägen 1 7 . Geschäftsbedingungen müssen klar und unmißverständlich sein. Etwaige Zweifel und Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders ( § § 5 , 6 A G B Gesetz). Uberraschungsklauseln werden nicht Vertragsbestandteil ( § 3 A G B Gesetz). Freizeichnungsklauseln sind grundsätzlich eng auszulegen, da R e c h t e ausgeschlossen oder verkürzt werden.
17
d) In der Binnenschiffahrt wird von der F r e i z e i c h n u n g in erheblichem U m fange G e b r a u c h gemacht, um die weitgehende Haftung aus § 58 und die Schwierigkeit des dort vorgesehenen Entlastungsbeweises zu vermeiden. D i e Freizeichnung beschränkt sich meist auf bestimmte Ereignisse, auf nautisches Verschulden, auf den Transport bestimmter G ü t e r , auf Beweislastregelungen, auf Fristen und auf den Haftungsumfang. Es k o m m e n aber auch Klauseln vor, w o n a c h dem Frachtführer eigenes oder fremdes Verschulden nachzuweisen ist. A u c h soll die H a f t u n g für Unterfrachtführer ausgeschlossen oder beschränkt sein. Eine Freizeichnung des Frachtführers von der Verantwortlichkeit für eigenes Verschulden umfaßt nicht nur die vertragliche, sondern regelmäßig auch die nach § 3 begründete H a f t u n g des Frachtführers/Schiffsführers. D u r c h eine solche Freizeichnung wird aber die a u ß e r v e r t r a g l i c h e H a f t u n g des Frachtführers nach deliktischen Grundsätzen gegenüber den an dem Vertrag nicht beteiligten D r i t ten nicht berührt, es sei denn, daß es sich u m allgemein bekannte und veröffentlichte Verfrachtungsbedingungen handelt. 15 RGZ 13, 77; 103, 84; 109, 304. 16 BGH 1, 83; 5, 11. 17 RGZ 170, 24; BGHZ 7, 365. 308
Haftung des Frachtführers
§58
Soweit der Frachtführer sich selbst wirksam freizeichnet, kommt der Freizeichnung Schutzwirkung zu Gunsten der eigenen Schiffsbesatzung und des Unterfrachtführers zu, d. h. diese Personenkreise können sich ebenso auf wirksame Haftungsbeschränkungen aus dem Frachtvertrag berufen 18 . e) Freizeichnungen sind möglich, wenn der Frachtführer seine Haftung für besondere Beförderungsarten oder für nautisches Verschulden, für das Ein- und Ausladen sowie für bestimmte Ereignisse ausschließt. Es kommen auch umfassende Freizeichnungsklauseln vor. In den Tankschifftransportbedingungen des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt (TBB) findet sich in Nr. 15 Abs. 4 Buchst, a eine Freizeichnung des Frachtführers für Schäden, die aus Gefahren und Unfällen der See oder anderer schiffbarer Gewässer entstehen. Dazu gehören aber nicht die Kosten, die zwecks Errettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr aufgewendet werden (große Haverei) 1 9 . f) Die Vertragsfreiheit findet ihre Schranken durch die §§138, 242 B G B . 1 8 Vereinbarungen, die gegen die guten Sitten oder den Grundsatz von Treu und Glauben im redlichen Verkehr verstoßen, sind nichtig. Erfolgt eine Freizeichnung unter ungebührlicher Ausnutzung einer verkehrsbeherrschenden Marktstellung (Monopolstellung), ist eine Freizeichnung nichtig, wenn sie sich auf Schadensfälle bezieht, die auf dem Verschulden des Frachtführers und seiner leitenden Angestellten beruhen 20 . Grundsätzlich kann die Haftung für die anfängliche Fahr- und Ladetüchtigkeit eines Schiffes nicht durch Transport- und Verladebedingungen (Konnossementsbedingungen) ausgeschlossen oder beschränkt werden; denn insoweit handelt es sich um Kardinalpflichten des Frachtführers, die zum gesetzlichen Leitbild seiner Vertragspflichten gehören. Diese sind der Parteidisposition entzogen. Der Frachtführer kann sich auch nicht wirksam freizeichnen, wenn die anfängliche Fahr- und Ladeuntüchtigkeit lediglich auf leichtem Verschulden seiner Leute beruht 21 . Die Fahr- und Ladeuntüchtigkeit muß nicht von Anfang an dem Schiffskörper angehaftet haben. Sie kann auch nachträglich durch Verschulden der Schiffsbesatzung entstehen 22 . Sie muß aber bereits bei Antritt der Reise bestehen. Das ist jedoch nicht schon der Zeitpunkt, in dem das Schiff nach Erledigung der vorauf-
18 19 20 21
O L G Hamburg, VersR 1970, 1101. B G H Z f B 1989, 223. R G Z 102, 396; 103, 82; 106, 386; 107, 430; 143, 28. B G H VersR 1973, 1060. Zur anfänglichen Ladeuntüchtigkeit eines Schiffes, das mit einer nässeempfindlichen Ladung die Ooster-Schelde befahren sollte und dessen Laderäume lediglich mit einem sogen. Europa-Lukendach abgedeckt war, vgl. B G H VersR 1980, 253. Dort auch zum Verschulden des Schiffsführers und des Frachtführers in einem solchen Fall. 22 O L G Hamburg, VersR 1972, 365.
309
§58
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
gehenden Reise ablegt, um zum Ladeort zu fahren 23 . Antritt der Reise ist der Zeitpunkt, in dem das Schiff ablegt, um die Güter zum Bestimmungsort zu befördern. Das Schiff kann während der Beladung fahruntüchtig werden 24 . Die anfängliche Ladeuntüchtigkeit eines Motortankschiffs braucht ihre Ursache nicht notwendig in einem technischen Defekt der Schiffseinrichtungen zu haben, sondern kann auch auf einem Bedienungsfehler beruhen, der in mangelnder Schließung von Ventilen mit der Folge eines Vermischungsschadens bestehen kann 25 . Ein Transportunternehmen kann sich nicht durch AGB von seiner Haftung für den durch den Untergang einer Schute mit wertvoller Ladung entstandenen Schaden ganz oder teilweise freizeichnen, wenn der Untergang der Schute darauf beruht, daß der Unternehmer seiner Pflicht zur ständigen Bewachung der Schute nicht nachgekommen ist 26 . Die Freizeichnung eines Frachtführers für bestimmte Schadensursachen nach § 19 AGB erstreckt sich nicht auf Schäden, die allein auf dem schlechten Reinigungszustand der zur Beförderung im Hafenverkehr benutzten Schute beruhen27. Die Klausel in Konnossementsbedingungen eines Frachtführers, daß der Anspruch wegen Verlustes oder Beschädigung der Frachtgüter erlischt, sofern er nicht innerhalb von drei Monaten geltend gemacht wird, ist unwirksam 28 . Eine Verjährungsfrist von sechs Monaten hat der BGH für zulässig erachtet29. Unwirksam ist auch eine Klausel, wonach bei anfänglicher Fahr- und Ladeuntüchtigkeit eine Haftungsbeschränkung auf einen bestimmten Betrag gelten soll 30 . Eine Umkehr der in § 58 geregelten Beweislast zugunsten des Frachtführers ist unwirksam 31 . Insbesondere in der älteren Rechtsprechung finden sich noch Beispiele für eine weniger strenge Auffassung: So hat der BGH 32 in dem Verhalten des leitenden Angestellten eines Hafenfrachtschiffahrtsunternehmens, der es unterlassen hatte, eine nach einer Grundberührung nicht sofort entladene Schute ausreichend zu überwachen, eine leichte Fahrlässigkeit gesehen, die der Freizeichnung von der Haftung für Verschulden unterfallen soll. Das OLG Hamburg 33 hat eine Haf-
23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
OLG OLG OLG BGH OLG BGH BGH BGH OLG BGH OLG
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Hamburg, VersR 1978, 320. Hamburg VersR 1978, 320. Köln, VersR 1978, 321. VersR 1969, 511. Hamburg, VersR 1970, 1124. VersR 1978, 557; 1980, 40. VersR 1981, 229. VersR 1978, 557. Hamburg, VersR 1970, 1101. VersR 1967, 1066. Hamburg VersR 1970, 269 = MDR 1970, 56.
Haftung des Frachtführers
§58
tung für Schäden an einer Ladung aufgrund anfänglicher Fahr- und Ladetüchtigkeit abgelehnt, weil dem Frachtführer der mangelhafte Zustand des Schiffes unbekannt gewesen war. Das OLG Hamburg hat sich kurz danach 34 auf den strengeren Standpunkt der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestellt und ausgeführt, es stelle im Rahmen eines Frachtvertrages, insbesondere bei wertvollen Gütern eine Pflichtverletzung dar, wenn ein Schiff ohne zwingenden Grund ohne Beaufsichtigung und Bewachung längere Zeit im Hafen zurückgelassen werde und hat eine Freizeichnung nicht durchgreifen lassen.
10. Die Beweislast Wer gegen den Frachtführer Ansprüche geltend machen will, muß seine Ak- 1 9 tivlegitimation beweisen. Der Empfänger muß nachweisen, daß ihm der Ladeschein übergeben worden ist oder die sich für ihn aus dem Frachtvertrag ergebenden Verpflichtungen erfüllt sind. Will der Absender weiterhin Ansprüche geltend machen, muß er beweisen, daß der Empfänger zu erkennen gegeben hat, keine Ansprüche gegen den Frachtführer geltend zu machen 35 . Ferner hat der Kläger darzutun und zu beweisen, daß der Beklagte Frachtführer war. Im übrigen gilt folgendes: a) Nach §58 hat der Ersatzberechtigte, der einen Anspruch gegen den 2 0 Frachtführer geltend machen will, zu beweisen, daß der Frachtführer die Frachtgüter ordnungsgemäß, vollständig und in unbeschädigtem Zustande empfangen hat, 36 wenn die Frachtgüter unvollständig oder beschädigt abgeliefert worden sind. Ferner hat der Ersatzberechtigte den Schaden zu beweisen. 37 . Handelt es sich um einen teilweisen Verlust (Minderung) der Frachtgüter, hat der Ersatzberechtigte zu beweisen, welche Menge der Frachtführer empfangen und wieviel weniger er ausgeliefert hat. Behauptet der Frachtführer die einwandfreie Empfangnahme, muß der Ersatzberechtigte auch beweisen, daß eine ordnungsgemäße, den Abmachungen oder dem Schiffahrtsbrauch entsprechende Feststellung der Ladung bei der Ein- und Ausladung erfolgt ist. Hat der Frachtführer einen „reinen Ladeschein" mit einem bestimmten Umfang der übernommenen Frachtgüter gezeichnet, kann er sich nach § 73 nicht darauf berufen, weniger empfangen zu haben 38 . Bei einem vollständigen Verlust der Ladung hat der Frachtführer aufgrund seiner Obhutspflicht aufzuklären, in welcher Weise die Frachtgüter vernichtet, verloren oder abhanden gekommen sind. Im übrigen muß auch in einem solchen Fall der Ersatzberechtigte die vollständige Empfangnahme und den Verlust beweisen. 34 35 36 37 38
OLG Hamburg VersR 1970, 1101. BGH NJW 1974, 1614, 1616 = VersR 1974, 796. RGZ 141, 315; BGH VersR 1962, 660; OLG Düsseldorf VersR 1982, 47. Zu dem Umfang vgl. oben Rdn. 10. A. A. Baumgärtl-Korioth, a. a. O., §58 BinnSchG, Rdn. 7.
311
§58
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
In allen Fällen hat der Ersatzberechtigte bei einer Beschädigung die unversehrte Empfangnahme der Frachtgüter sowie die Beschädigung selbst zu beweisen. Ein Verschulden des Frachtführers und seiner Erfüllungsgehilfen braucht der Ersatzberechtigte weder zu behaupten noch zu beweisen. 21
b) Der Frachtführer kann sich von der Haftung nach § 58 durch den Nachweis befreien, daß der Verlust oder die Beschädigung der Frachtgüter durch Umstände herbeigeführt w o r d e n ist, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnte. Es gilt auch hier das Entlastungsprinzip des § 282 B G B . Es obliegt dem Frachtführer, die Umstände darzulegen, auf denen der Verlust oder die Beschädigung der Frachtgüter beruht und aus denen sich weiter ergibt, daß der Schaden durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abzuwenden war 3 9 . Hierhin gehört die Befolgung gesetzlicher Vorschriften und Verkehrsvorschriften, die Beachtung der Schiffahrtsbräuche, nautischer Grundsätze, gehörige Ladungsfürsorge sowie überhaupt die Beachtung und Durchführung aller Maßnahmen zur sicheren Vertragserfüllung. Der Frachtführer hat auf die Jahreszeiten, die Witterungs- und Wasserstandsverhältnisse und insbesondere auf die Umstände des Einzelfalles gehörige Rücksicht zu nehmen.
22
Im Rahmen der vertraglichen Pflichten m u ß ein zur Erfüllung des Frachtvertrages geeignetes Schiff, bei bestimmter Bezeichnung des Schiffs kein anderes Schiff ausgewählt werden. Das Schiff m u ß fahr- und ladungstüchtig sowie gehörig bemannt und ausgerüstet sein. Bei Beförderung empfindlicher Güter m u ß das Schiff den besonderen Anforderungen entsprechen. Es m u ß gehörig gereinigt und eingerichtet sein, die Ladung sicher zu befördern. Durch Reste früherer Ladungen, die sich unter der Schiffsstrau angesammelt haben, dürfen neue Ladungen nicht verunreinigt werden. Ferner m u ß der Frachtführer den Schiffsführer sorgfältig auswählen und anweisen. Allerdings liegen alle nautischen Entscheidungen im Verlauf der Reise im Verantwortungsbereich des Schiffsführers. Wird dem Frachtführer ein bestimmter Vorwurf gemacht, der eine schadensursächliche Pflichtverletzung enthält, m u ß der Frachtführer nur diesen Vorwurf entkräften. Wird ein Verschulden der Leute des Frachtführers behauptet, obliegt es ebenfalls dem Frachtführer, den Vorwurf zu entkräften. Es genügt der Beweis mangelnder Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden. Der Entlastungsbeweis ist erbracht, wenn feststeht, daß der Frachtführer und seine Leute alles getan haben, was sie nach den Umständen des Falles bewirken konnten. Es genügt, w e n n der Frachtführer die für den Schaden ursächlichen Umstände und die Unmöglichkeit nachweist, diese durch verkehrsübliche Sorgfalt abzuwenden. Dabei dürfen die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden. 39 RGZ 66, 39, 72, 106; BGHZ 67, 383 = LM Nr. 5 zu §58 BSchG mit Anm. Bauer = NJW 1977, 501; OLG Düsseldorf VersR 1982, 47. 312
Haftung des Frachtführers
§58
Stehen die Umstände des Schadens fest, muß der Frachtführer mangelndes Verschulden beweisen. Bleiben die Ursachen des Schadens ungeklärt, geht das zu Lasten des Fracht- 2 3 führers 40 . Zur Abwendung der Haftung reicht es aber aus, daß die vom Frachtführer dargelegten Umstände einen solchen Wahrscheinlichkeitsgrad haben, daß nach der Lebenserfahrung eine andere Erklärung für den Schaden vernünftigerweise außer Betracht gelassen werden kann. Allerdings wird man annehmen müssen, daß der Frachtführer nur dann entlastet ist, wenn ihn hinsichtlich aller in Betracht kommenden Ursachen kein Verschulden trifft. c) Das Gesetz führt in § 58 Abs. 2 Fälle an, die nicht dem Verantwortungsbe- 2 4 reich des Frachtführers zuzurechnen sind. Wenn die Ursache des Verlustes oder der Beschädigung auf einem Mangel des Schiffs, seines Zubehörs, seiner Lade- und Löschgerätschaften beruht, der trotz der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht zu entdecken war, soll keine Haftung bestehen. Das Gesetz vermeidet so die Einführung einer Gefährdungshaftung. Auch die anfängliche Fahr- und Ladeuntüchtigkeit führt nur bei Verschulden zum Schadensersatz, nicht aber, wenn bei gehöriger Sorgfalt dieser Mangel des Schiffs nicht zu entdecken war. 41 . Der Frachtführer kann sich also von der Haftung nach § 58 aus der Empfang- 2 5 nähme der Frachtgüter durch den Nachweis befreien, daß er und seine Leute die erforderliche Sorgfalt bei der Auswahl des Schiffes beobachtet, also ein geeignetes, fahr- und ladetüchtiges und gehörig bemanntes Schiff verwendet haben. Umgekehrt muß der Frachtführer nach §36 i. V. m. §431 H G B ein Verschulden seiner Leute, des Schiffseigners (§8 Abs. 4) und des Schiffsführers (§8 Abs. 1) vertreten. d) Für „kostbare Güter" haftet der Frachtführer entsprechend den Regeln 2 6 des allgemeinen Frachtrechts (§§ 429 Abs. 2, 607 HGB) nur, wenn ihm die Beschaffenheit oder der Wert der Güter bei der Ubergabe zur Beförderung angegeben worden ist (§ 58 Abs. 3). Das hat der Kläger im Rechtsstreit zu beweisen. Es ist also eine gehörige Deklaration erforderlich, damit der Frachtführer die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen treffen kann. Die Deklaration hat spätestens bei der Übergabe zu erfolgen. Meist wird die Deklaration in den Frachtpapieren vermerkt. Die Deklaration kann darin bestehen, daß dem Frachtführer die Güter der Beschaffenheit nach als Kostbarkeiten oder ihr Wert angegeben wird. Unter „kostbaren Gütern" sind Sachen zu verstehen, die äußerlich nicht erkennen lassen, daß im Verhältnis zu ihrem Gewicht und Umfang ihr Wert im 40 RGZ 66, 39, 72, 106; B G H Z 67, 383 = LM Nr. 5 zu §58 BSchG mit Anm. Bauer = N J W 1977, 501; O L G Düsseldorf VersR 1982, 47. 41 Vgl. dazu B G H VersR 1984, 580 = ZfB 1984, 261. Zum Ausschluß der Freizeichnung für anfängliche Fahr- und Ladeuntüchtigkeit vgl. B G H Z 49, 355; 65, 364; 71, 167; 82, 162; B G H VersR 1984, 580. 313
§58
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Vergleich zu anderen Waren das übliche M a ß erheblich übersteigt 4 2 . Darunter fallen Pelze, F o t o s , Skizzen, Pläne und U r k u n d e n . K u n s t g e g e n s t ä n d e im Sinne des Gesetzes sind Erzeugnisse der Kunst, des Kunstgewerbes und des Kunsthandwerks mit einem, wenn auch nur geringen Kunstwert. Wertpapiere im Sinne des § 58 A b s . 3 sind alle Urkunden, die ein Recht verkörpern oder verbriefen. D a z u gehören auch Beweis- und Legitimationsurkunden. Im Falle des Verlustes haftet der Frachtführer nach den vorstehenden G r u n d sätzen. E r kann auch hier nachweisen, daß der Schaden durch die gehörige Sorgfalt eines Frachtführers nicht abzuwenden war. D e r E r s a t z b e r e c h t i g t e muß den Wert der kostbaren Güter beweisen. Einseitige Wertangaben, etwa in den Frachtpapieren, befreien nicht vom Beweis des tatsächlichen Werts. 27
e) D e r Frachtführer kann sich im Schadensfalle auf ein mitwirkendes Verschulden des Absenders, des Empfängers oder deren Erfüllungsgehilfen im Rahmen des § 254 B G B schadensmindernd berufen. Wenn der Schaden darauf allein oder vorwiegend beruht, kann ein Anspruch ganz oder teilweise ausgeschlossen sein. Insbesondere kann ein mitwirkendes Verschulden anzunehmen sein, wenn der A b s e n d e r seinen Verpflichtungen aus § 4 5 zuwiderhandelt und unrichtige Angaben über die verladenen Güter gemacht hat. Ein mitwirkendes Verschulden kann nicht angenommen werden, wenn der Absender vor der Beladung des Schiffs eine Kontrolle des Laderaums durch ein Spezialunternehmen durchführen läßt, das das Schiff zur Beladung freigibt 4 3 .
28
f) Eine U m k e h r u n g der in § 58 geregelten Beweislast soll durch A G B nicht wirksam bestimmt werden können 4 4 . N a c h neuerer R s p r . kann die H a f t u n g aus § 58 aber weitgehend abbedungen werden 4 5 . In T r a n s p o r t - u n d Verladebeding u n g e n kann zwar eine F r e i z e i c h n u n g erfolgen, der Frachtführer bleibt aber für die Tatsache beweispflichtig, daß die Schäden nicht durch anfängliche Fahr- und Ladeuntüchtigkeit des Schiffes verursacht worden ist, der Schaden vielmehr auf Umständen beruht, für die er sich wirksam freizeichnen kann 4 6 .
29
g) D i e H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g nach § 430 A b s . 1 und 2 H G B entfällt, wenn der Ladungsbeteiligte beweist, daß der Schaden auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Frachtführers oder seiner Leute beruht. Hierfür kann nach der Sachlage ein Anscheinsbeweis sprechen 4 7 .
42 43 44 45 46 47
RGZ 111, 76. B G H Z 82, 162 = LM Nr. 10 zu §7 BSchG = NJW 1982, 992 = VersR 1982, 227. O L G Hamburg, VersR 1970, 1101. B G H Z 82, 162; B G H VersR 1984, 580. B G H VersR 1969, 511; 1984, 580. Vgl. dazu RGZ 102, 206.
314
Von der H a f t u n g des Frachtführers a u s g e n o m m e n e G ü t e r
§59
§59 (1) Der Frachtführer haftet nicht: 1. in Ansehung der Güter, welche nach Vereinbarung mit dem Absender auf Deck verladen oder in Schiffen ohne Verdeck befördert werden, für den Schaden, welcher aus der mit dieser Beförderungsweise verbundenen Gefahr entstanden ist; 2. in Ansehung der Güter, welche, obgleich ihre Natur eine Verpackung zum Schutze gegen Verlust oder Beschädigung auf dem Transport erfordert, nach Inhalt des Frachtbriefes oder Ladescheines unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung aufgegeben sind, für den Schaden, welcher aus der mit dem Mangel oder der mangelhaften Verpackung verbundenen Gefahr entstanden ist; 3. in Ansehung der Güter, deren Verladung und Ausladung von dem Absender besorgt wird, für den Schaden, welcher aus der mit dem Verladen und Ausladen oder mit einer mangelhaften Verladung verbundenen Gefahr entstanden ist; 4. in Ansehung der Güter, welche vermöge ihrer eigentümlichen natürlichen Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, Verlust oder Beschädigung, namentlich Bruch, Rost, inneren Verderb, außergewöhnliche Leckage, Austrocknung und Verstreuung zu erleiden, für den Schaden, welcher aus dieser Gefahr entstanden ist; 5. in Ansehung lebender Tiere, für den Schaden, welcher aus der mit der Beförderung dieser Tiere für dieselben verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist. (2) Ist ein Schaden eingetreten, welcher nach den Umständen des Falles aus einer der bezeichneten Gefahren entstehen konnte, so wird bis zum Beweise des Gegenteils vermutet, daß der Schaden aus der betreffenden Gefahr entstanden ist. (3) Eine Befreiung von der Haftpflicht kann auf Grund der vorstehenden Bestimmungen nicht geltend gemacht werden, wenn nachgewiesen wird, daß der Schaden durch Verschulden des Frachtführers oder seiner Leute entstanden ist. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Haftung bei der Beförderung in Schiffen ohne Verdeck 3. Die Haftung bei mangelhafter Verpackung 4. Die Haftung beim Ein- und Ausladen
Rdn. 1 2-5 6-7
Rdn. 5. Die Haftung aus der natürlichen Beschaffenheit der Güter 6. Die Haftung bei der Beförderung lebender Tiere 7. Die Beweislast
9 10
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§59
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
1. Allgemeines 1
§ 59 schränkt die gesetzliche H a f t u n g aus der E m p f a n g n a h m e nach § 58 A b s . 1 hinsichtlich bestimmter Frachtgüter durch eine Beweisvermutung zu Gunsten des Frachtführers ein, worin nach den Gesetzesmaterialien der Schwerpunkt der Vorschrift besteht 1 . D i e in Ziff. 1 - 5 bezeichneten G e f a h r e n sind eine Folge der Beschaffenheit der in R e d e stehenden Güter, ihrer Verladung oder ihrer Verpakkung. Eine Beweisvermutung entspricht daher der natürlichen Sachlage. Der Nachweis, daß der eingetretene Schaden in irgendeinem anderen U m s t a n d seine Ursache hat, ist billigerweise von demjenigen zu erwarten, der den Ersatzanspruch erhebt. § 59 ist dispositiver N a t u r . Vielfach finden sich in T r a n s p o r t - u n d Verladebed i n g u n g e n besondere Regelungen.
2. Die H a f t u n g bei der Beförderung in Schiffen ohne Verdeck 2
a) Im Frachtgeschäft der Binnenschiffahrt wird ein großer Teil der Frachtgüter, insbesondere die unter Witterungseinflüssen nicht leidenden M a s s e n g ü t e r wie Kohlen, E r z , Schrott, Kies und Sand in offenen Schiffen oder Schubleichtern befördert. Diese haben im Regelfall kein Verdeck oder Lukendach, d. h. keinen festen, wenn auch entfernbaren Abschluß des Schiffsgefäßes 2 . D i e in solchen offenen Fahrzeugen beförderten Frachtgüter sind den Witterungseinflüssen wie Regen, Schnee, Kälte und H i t z e ungeschützt ausgesetzt. Derartige Einflüsse werden nur unwesentlich durch behelfsmäßige A b d e c k u n g mit Planen und Persenningen gemindert. Werden solche Maßnahmen im Einzelfalle ergriffen, wird hierdurch das offene Schiff nicht zu einem Deckschiff. Wegen möglicher Witterungseinflüsse hat der Frachtführer stets nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers zu entscheiden, ob eine Beförderung der ihm anvertrauten Güter in einem offenen oder in einem gedeckten Schiff vorzunehmen ist. Er hat hierbei in erster Linie die erteilten Anweisungen und im übrigen die Beschaffenheit der Frachtgüter, die Witterungseinflüsse, die Jahreszeit sowie die Gebräuche und Ü b u n g e n der Schiffahrt zu berücksichtigen. O h n e besondere Anweisung oder Vereinbarung eines bestimmten Schiffes wird der Frachtführer ein offenes Schiff nur für die Beförderung solcher Frachtgüter auswählen, die unter den unmittelbaren Einflüssen der Witterung nach aller Erfahrung keinen Schaden erleiden können.
3
b) N a c h § 59 Ziff. 1 haftet der Frachtführer für Güter, die nach der Vereinbarung mit dem Absender auf D e c k verladen oder in Schiffen ohne D e c k befördert werden, nicht für den Schaden, der aus der mit dieser Beförderungsweise verbundenen Gefahr entstanden ist. Die H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g geht nach dem Gesetzeswortlaut von einer Ver1 Begr. S. 85. 2 R G Z 10, 106. 316
Von der Haftung des Frachtführers ausgenommene Güter
§59
einbarung der Beteiligten über die Beförderungsart aus. Es ist jedoch keine ausdrückliche Vereinbarung erforderlich. Es genügt auch eine durch schlüssige Handlungen oder stillschweigend zustande gekommene Abmachung, wie die Bezeichnung des Schiffs als offenes Fahrzeug in den Frachtpapieren und deren widerspruchslose Entgegennahme oder die Einladung durch den Absender selbst in Kenntnis, daß es sich um ein offenes Schiff handelt. Soll die Ladung in einen Schubleichter erfolgen, muß der Absender von einem offenen Fahrzeug ausgehen, da Schubleichter stets offen sind. Dieser Schiffstyp dient gerade der Beförderung von Massengütern in einer rationellen Betriebsform. Auch aus einem Ortsgebrauch kann eine stillschweigende Vereinbarung entnommen werden. Bei Ausstellung eines Ladescheins ist nach § 26 i.V.m. §446 Abs. 1 H G B nur dieser für den Umfang der Rechtsbeziehungen des Frachtführers zum Empfänger maßgebend, so daß etwaige mit dem Absender getroffene Abreden dem Empfänger nicht entgegen gehalten werden können, wenn sie sich nicht aus dem Ladeschein ergeben. Es genügt aber regelmäßig für die hier in Rede stehende Beförderungsart, daß das verwendete Fahrzeug als „offenes Fahrzeug" bezeichnet ist. c) Der Frachtführer haftet nicht für Schäden an vereinbarungsgemäß in einem 4 offenen Schiff oder auf Deck eines Deckschiffs beförderten Frachtgütern und den damit naturgemäß verbundenen Gefahren. Hierunter fallen unmittelbare Witterungseinflüsse ebenso wie ähnliche mit der Beförderungsweise verbundene Gefahren wie saurer Regen, Saharastaub, Funkenflug und auch leichtere Beraubungsmöglichkeiten. d) Auch für die in einem offenen Schiff oder auf Deck beförderten Güter hat 5 der Frachtführer selbstverständlich im übrigen die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers zu beachten. Er muß empfindliche Güter im Rahmen seiner Möglichkeiten mit Planen, Persenningen oder durch Schließen eines vorhandenen Lukendaches schützen. Behelfsmäßige Abdeckung empfindlicher Güter entspricht weder dem Stand der Technik noch der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Frachtführers. Wenn die Beförderung der Güter von vornherein mit einem Risiko belastet ist, muß die Beförderung mit einem offenen Schiff abgelehnt werden. Werden gefährliche Güter befördert, darf der Frachtführer nur die für Schiffe mit gefährlichen Gütern vorgesehenen Liegestellen benutzen.
3. Die Haftung bei mangelhafter Verpackung a) Der Absender ist verpflichtet, dem Frachtführer die Güter in einem beför- 6 derungsfähigen Zustand zu übergeben. Er hat in eigenem Interesse die Aufgabe, Frachtgüter, die ihrer Natur nach eine äußere Umhüllung, Abdeckung oder Verpackung zum Schutz gegen Verlust oder Beschädigung auf dem Transport erfordern, ordnungsgemäß verpackt anzuliefern. Der Frachtführer kann nur den äußerlich wahrnehmbaren Zustand der Frachtgüter in Rechnung stellen und 317
§59
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
seine Maßnahmen und Entschlüsse darauf abstellen. Auf die Verpackung als solche kann er keinen Einfluß nehmen. Er muß davon ausgehen, daß die vom Absender gewählte Verpackung des Frachtgutes ausreichend gegen die normalen Gefahren der Beförderung schützt und auch stabil genug ist. Der Absender darf dem Frachtführer nicht Paketschrott andienen, bei dem mit dem Austritt von Altöl während der Reise zu rechnen ist. D e m Frachtführer kann eine Untersuchung des Paketschrotts auf eine solche Gefahr nicht zugemutet werden 3 . Weist die Verpackung äußerlich erkennbare Mängel auf, muß der Frachtführer nach § 76 verfahren und im Ladeschein oder im Frachtbrief einen dahingehenden Freizeichnungsvermerk anbringen. Dazu muß er den Mangel bezeichnen. Ohne einen solchen Vermerk ist er für den sich aus dem Mangel ergebenden Minderwert der Frachtgüter dem Empfänger verantwortlich (§ 76). Ein sonstiger mündlicher oder schriftlicher Vorbehalt gegenüber dem Absender kann dem Empfänger nicht entgegengehalten werden. Ist der Absender zugleich auch der Empfänger, kann sich der Berechtigte nicht auf den fehlenden Freizeichnungsvermerk berufen, weil dem Absender alle Einwendungen aus dem Frachtvertrag entgegengehalten werden können. 7
b) Ist ein Freizeichnungsvermerk in die Ladepapiere aufgenommen worden, so haftet der Frachtführer nach § 59 Abs. 4 nicht für den Schaden, der auf dem Verpackungsmangel beruht.
4. Die H a f t u n g beim Ein- und Ausladen 8
Wie Frachtgüter ein- und auszuladen sind, ist in §§41, 56 geregelt. Soweit danach Absender oder Empfänger verpflichtet sind, sind Schäden ihrer Risikosphäre zuzuordnen. Der Frachtführer ist für Schäden aus ihrem Gefahrenkreis nicht verantwortlich. An diese Regelung schließt § 59 Ziff. 3 an. Der Frachtführer haftet nicht für Schaden, der aus einer mit dem Verladen oder Ausladen oder mit einer mangelhaften Verladung verbundenen Gefahr entstanden ist.
5. Die H a f t u n g aus der natürlichen Beschaffenheit der Güter 9
Der Frachtführer haftet nach § 59 Ziff. 4 nicht für Schäden bei Gütern, die aufgrund ihrer eigentümlichen natürlichen Beschaffenheit besonderen Gefahren ausgesetzt sind. Es kann sich um eine besondere natürliche Empfindlichkeit oder Verletzlichkeit handeln. Die Güter können bruchgefährdet, wasser- oder temperaturempfindlich sein. So besteht durch Temperaturschwankungen die Gefahr der Austrocknung und damit einer Verringerung des Ladegewichts. Nach langjährigem Schiffahrtsbrauch hat der Frachtführer eine auf natürlichem Schwund, Austrocknung oder Verstreuung beim Ein- oder Ausladen zurückzuführende Minderung nicht zu vertreten, weil der Umfang der eingeladenen Güter nicht mit der der ausgeladenen ganz gleich zu sein pflegt. Bei G ü t e r n in loser 3 O L G Köln, Z f B 1989, 227.
318
Von der Haftung des Frachtführers ausgenommene Güter
§59
Schüttung können sich auch geringe Mengen unter der Schiffsstrau ablagern. Dieser Brauch ist bedeutsam, weil es an Bestimmungen im Sinne des § 60 fehlt. Der Anwendung dieses Schiffahrtsbrauches steht nicht entgegen, wenn die Frachtpapiere den Vermerk enthalten, der Frachtführer habe für ein Gewichtsmanko zu haften, da sich dieser Vermerk nicht auf Minderungen bezieht, mit deren Eintritt nach der Natur der Sache zu rechnen ist. Bei nachweisbarem Verschulden des Frachtführers und seiner Leute bleibt jedoch die Haftung unberührt. In Transport- und Verladebedingungen wird häufig eine bestimmte Mindermenge als Freigrenze genannt. Eine allgemeine Freigrenze gibt es aber nicht.
6. Die Haftung bei der Beförderung lebender Tiere Nach § 59 Ziff. 6 haftet der Frachtführer bei der Beförderung lebender Tiere 1 0 nicht für den sich aus diesem Risiko ergebenden Schaden. Denn Tiere können infolge der Beförderung sterben oder verletzt werden. Dieses Risiko wird dem Frachtführer abgenommen, da die Beförderung von Tieren mit einem besonderen Risiko belastet ist. D e r Frachtführer hat aber eine besondere Ladungsfürsorge. Er muß die Tiere warten und insbesondere tränken. D a ß der Frachtraum nur beschränkt ist, liegt in der Natur der Sache und geht nicht zu Lasten des Frachtführers. Nach § 65 kann der Frachtführer die volle F r a c h t auch für Tiere verlangen, die auf der Reise verendet sind.
7. Die Beweislast § 5 9 enthält eine Beweisvermutung. Bis zum Beweis des Gegenteils wird 1 1 vermutet, daß der Schaden auf den in Ziff. 1 - 5 genannten Gefahren beruht. Der Ersatzberechtigte hat den Verlust oder die Beschädigung seiner Frachtgüter zu beweisen. Die Haftung des Frachtführers entfällt, wenn er beweist, daß der festgestellte Schaden aus einer der in Ziff. 1 - 5 bezeichneten Gefahren, denen die Güter im regelmäßigen Verlauf der Reise ausgesetzt waren, möglicherweise entstanden sein kann. Dazu hat er alle Umstände, Vereinbarungen usw. aufzuzeigen und zu beweisen. D e r Frachtführer genügt seiner Beweislast im Regelfalle, wenn er das Vorhandensein der Gefahr beweist, da der Anscheinsbeweis nach der Erfahrung des täglichen Lebens dafür spricht, daß der Schaden möglicherweise aus dieser Gefahr entstanden ist. Bis zum Beweis des Gegenteils, daß der Schaden auf anderen Ursachen beruht, die der Frachtführer zu vertreten hat, ist nach § 5 9 Abs. 2 zu vermuten, daß der Schaden tatsächlich aus dieser Gefahr entstanden ist. Insoweit handelt es sich um einen gesetzlich geregelten Fall der Widerlegung eines Anscheinsbeweises. Gelingt der Gegenbeweis nach § 59 Abs. 2, findet § 58 Anwendung. Danach ist der Frachtführer berechtigt, den Entlastungsbeweis dahin zu führen, daß der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeige319
§60
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
führt worden ist, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden k o n n t e n . D e r Frachtführer kann sich nach § 59 A b s . 3 nicht auf eine Beschränkung seiner H a f t u n g nach Ziff. 1 - 5 berufen, wenn der Ersatzberechtigte beweist, daß der Schaden auf dem Verschulden des Frachtführers oder dem seiner Leute beruht 4 D e r Frachtführer kann nach § 2 5 4 B G B ein mitwirkendes Verschulden des Absenders oder des Empfängers behaupten und beweisen. J e nach dem U m f a n g des Mitverschuldens kann ein Anspruch ganz oder teilweise entfallen.
§60 (1) Die Z e n t r a l b e h ö r d e n der B u n d e s s t a a t e n u n d bei den die Gebiete m e h r e r e r B u n d e s s t a a t e n b e r ü h r e n d e n W a s s e r s t r a ß e n der B u n d e s r a t sind befugt, für gewisse G ü t e r z u bestimmen, d a ß für ein M i n d e r g e w i c h t oder ein M i n d e r m a ß , das einhalb v o m H u n d e r t n i c h t übersteigt, der F r a c h t f ü h r e r n i c h t v e r a n t w o r t l i c h sein soll, es sei denn, d a ß i h m nachweisbar ein Verschulden z u r L a s t fällt. (2) Sind lose geladene G ü t e r v o n gleichartiger Beschaffenheit für verschiedene E m p f ä n g e r a n B o r d , o h n e d a ß die einzelnen P a r t i e n d u r c h dichte W ä n d e g e t r e n n t lagern, so ist das M i n d e r g e w i c h t oder M i n d e r m a ß u n d ebenso ein etwaiges Ü b e r g e w i c h t oder Ü b e r m a ß u n t e r die einzelnen E m p f ä n ger n a c h d e m Verhältnisse der f ü r sie b e s t i m m t e n M e n g e n zu verteilen. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Ausgleich bei der Vermischung loser Güter
1
Rdn. 3. Die Beweislast
6
2-5
1. A l l g e m e i n e s 1
§ 6 0 A b s . 1 enthält eine Ermächtigung, im Verordnungsweg F r e i g r e n z e n für ein M i n d e r g e w i c h t oder ein M i n d e r m a ß zu bestimmen, u m die H a f t u n g des Frachtführers aus § 5 8 A b s . 1 zu erleichtern, es sei denn, ihm wäre ein Verschulden nachgewiesen. A u f dieser Rechtsgrundlage sind bisher keine Rechtsverordnungen erlassen worden. In der Praxis hat sich dafür bisher auch keine N o t w e n digkeit ergeben. D e n n Vorschriften über Freigrenzen wären nicht zwingender N a t u r und könnten durch Individualvereinbarungen oder in Geschäftsbedingungen abbedungen werden. Derartige Vereinbarungen gingen ebenso wie Schifffahrtsbräuche etwaigen Verordnungen vor. In T r a n s p o r t - und Verladebedin-
4 RGZ 20, 118; 34, 42. 320
Festsetzung von Mindergewichten oder Mindermaßen
§60
g u n g e n haben auch die beteiligten Schiffahrtskreise im Laufe der Jahre ihre Interessen hinreichend geregelt. Ferner haben sich bereits früher praktisch brauchbare Schiffahrtsbräuche entwickelt, denen heute allerdings wegen der geänderten Verkehrsverhältnisse nur noch geringe Bedeutung zukommt. Im übrigen ist nach § 59 Abs. 4 bei nachgewiesenem Verschulden eine Haftungserleichterung des Frachtführers ohnehin ausgeschlossen.
2. Der Ausgleich bei der Vermischung loser G ü t e r a) In der Binnenschiffahrt kommt es immer noch gelegentlich vor, daß lose 2 Güter von gleichartiger Beschaffenheit ungetrennt in dem Laderaum eines Binnenschiffs verladen und dann an verschiedene Empfänger ausgeliefert werden müssen. Ist aber die Beschaffenheit der Güter chemisch unterschiedlich und sind die unterschiedlichen Frachtgüter in getrennten Räumen gelagert, muß der Frachtführer besondere Sorgfalt beobachten, daß die Güter dem richtigen Empfänger ausgeliefert werden, da Schaden entstehen kann, wenn die falschen Frachtgüter ausgeliefert und verwendet werden, ohne daß die chemische Zusammensetzung nochmals geprüft und das Material unbesehen für die Produktion benutzt wird. Für einen solchen Fehler und den Folgeschaden ist der Frachtführer voll verantwortlich.
b) Die Ablieferung von Frachtgütern gleichartiger Beschaffenheit (z. B. 3
Massengüter) ist problemlos, wenn die Anlieferung nach den Frachtpapieren an eine einzige von den verschiedenen Empfängern bestimmte Löschstelle und an alle Empfänger gemeinsam zu erfolgen hat. In diesem Falle haben die Empfänger unter sich die Verteilung der einheitlich abgelieferten Ladung nach Maßgabe der für sie bestimmten Partien vorzunehmen (vgl. § 752 B G B ) . Mit der internen Verteilung hat der Frachtführer nichts mehr zu tun. Seine Vertragspflichten sind mit der Ablieferung erfüllt. Dagegen muß der Frachtführer einen Ausgleich zwischen verschiedenen Empfängern veranlassen, wenn er nach den Frachtpapieren an jeden Empfänger eine Teilpartie auszuhändigen hat. Das ist auch dann der Fall, wenn die verschiedenen Teilpartien zunächst getrennt waren, dann sich aber auf der Reise - gleichviel aus welchen Gründen auch immer - vermischt haben. Ein etwaiges Mindermaß, ebenso wie ein etwaiges Ubergewicht oder U b e r m a ß soll unter diesen Umständen aus Billigkeitsgründen unter die einzelnen Empfänger nach dem Verhältnis der für sie bestimmten Mengen verteilt werden.
c) Voraussetzung eines Ausgleichs nach § 60 Abs. 2 ist, daß es sich um lose 4
Güter von gleichartiger Beschaffenheit handelt.
Frachtgüter sind lose Güter, wenn sie ohne besondere Verpackung und Verstauung in das Schiff geworfen oder geschüttet werden. Eine gleichartige Beschaffenheit liegt vor, wenn die chemischen oder sonstigen Eigenschaften der Güter von den beteiligten Verkehrskreisen als nicht voneinander abweichend betrachtet werden. 321
§60
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Ferner müssen die Frachtgüter für verschiedene Empfänger bestimmt sein. Die einzelnen Partien dürfen nicht im Schiff durch dichte Wände getrennt geladen sein. Eine verhältnismäßige Verteilung bereitet in der Praxis naturgemäß Schwierigkeiten, weil vor der Auslieferung in aller Regel noch nicht feststeht, ob ein U n t e r - oder Ubergewicht besteht. Aus dem Tiefgang eines Schiffes lassen sich erfahrungsgemäß keine hinreichend sicheren Schlüsse ziehen. Der Frachtführer muß unter diesen Umständen billigerweise als befugt erachtet werden, die Partien zunächst teilweise zu entlöschen, um überhaupt erst einmal Feststellungen darüber treffen zu können, ob überhaupt ein Manko oder ein Übergewicht besteht. Falls dies oder aber eine gemeinsame Ablieferung an alle Empfangsberechtigten nicht möglich oder auch nicht zumutbar ist, ist der Frachtführer berechtigt, die anteiligen Frachtgüter zu entlöschen, und er kann es dann den Empfängern überlassen, den Ausgleich untereinander nach den §§ 741, 752 B G B vorzunehmen. 5
d) Im Falle der Vermischung oder Vermengung von Gütern gleichartiger Beschaffenheit werden die an der Ladung beteiligten Absender nach den Vorschriften der §§ 948, 947 B G B Miteigentümer. Die Anteile bestimmen sich nach dem Wert der einzelnen Partien. Das Miteigentum geht durch die Übergabe des Ladescheins an den Empfänger nach § 2 6 i.V.m. § § 4 4 6 ff. H G B , sonst nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 929 ff. B G B über. Sind mehrere Empfänger Miteigentümer geworden, haben sie ein dingliches Anwartschaftsrecht erworben oder sind sie verfügungsbefugt, entsteht unter ihnen ein Gemeinschaftsverhältnis nach den §§ 741 ff. B G B . Jeder beteiligte Empfänger hat Anspruch auf Teilung oder auf Herausgabe der etwa bei der Teilung zuviel zugeteilten Mengen, hilfsweise auf Geldersatz. Der mit einer solchen Teilungsklage in Anspruch genommene Empfänger kann den Kläger nicht an den Frachtführer verweisen 1 . Soweit die Erfordernisse des § 60 Abs. 2 bestehen, kann auch der Frachtführer die Verteilung bei der Ablieferung unter die verschiedenen Empfänger vornehmen. Hierbei hat er die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers zu beobachten und haftet den Beteiligten für alle schuldhaften Fehler.
3. Die Beweislast 6
Ein Empfänger, der Ansprüche aus einem Minder- oder Übermaß oder sonstigen Gewichtsdifferenzen der Ladung, sei es gegen den Frachtführer, sei es gegen einen anderen Empfänger, auf Ausgleich geltend macht, hat alle Anspruchsvoraussetzungen aufzuzeigen und zu beweisen. Dem Frachtführer ist ein Verschulden nachzuweisen, wenn er einen unbilligen oder fehlerhaften Ausgleich im Rahmen des § 6 0 Abs. 2 vorgenommen haben 1 RGZ 4, 41. 322
I n a n s p r u c h n a h m e des Frachtführers nach der A n n a h m e des G u t e s
§ 61
soll. Unwesentliche Abweichungen können bei einem Ausgleich keinen Schuldvorwurf indizieren. Müssen größere Mengen verteilt werden, kann die Hinzuziehung von Experten im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers geboten sein und eine Unterlassung die Annahme eines Schuldvorwurfs rechtfertigen.
§61 (1) Nach der Annahme des Gutes durch den Empfangsberechtigten können wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich erkennbar ist, Ansprüche nur geltend gemacht werden, wenn vor der Annahme der Zustand des Gutes durch amtlich bestellte Sachverständige festgestellt ist. (2) Wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich nicht erkennbar ist, kann der Frachtführer auch nach der Annahme des Gutes in Anspruch genommen werden, wenn der Mangel in der Zeit zwischen der Übernahme des Gutes durch den Frachtführer und der Ablieferung entstanden ist und die Feststellung des Mangels durch amtlich bestellte Sachverständige unverzüglich nach der Entdeckung und spätestens binnen einer Woche nach der Annahme beantragt wird. Ist dem Frachtführer der Mangel unverzüglich nach der Entdeckung und binnen der bezeichneten Frist angezeigt, so genügt es, wenn die Feststellung unverzüglich nach dem Zeitpunkte beantragt wird, bis zu welchem der Eingang einer Antwort des Frachtführers unter regelmäßigen Umständen erwartet werden darf. (3) Die Kosten einer von dem Empfangsberechtigten beantragten Feststellung sind von dem Frachtführer zu tragen, wenn ein Verlust oder eine Beschädigung ermittelt wird, für welche derselbe Ersatz leisten muß. (4) Der Frachtführer kann sich auf die Vorschriften der Absätze 1 und 2 nicht berufen, wenn er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Grundlagen der Regelung . . . 3. Die Haftungseinschränkung und deren Rechtsfolgen 4. Die Annahme der Frachtgüter . . . 5. Die Beschädigung oder Minderung der Frachtgüter
Rdn. 1 2 3-7 8
Rdn. 6. 7. dige 8. Anderweitige Vereinbarungen 9. Die Beweislast
. . .
15-18 19-22 23
9-11
323
§61
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
1. Allgemeines 1
Die Rechtsfolgen einer A n n a h m e der Frachtgüter regelt die geltende Fassung des §61 noch nach der überkommenen Auffassung, wonach Schadensersatzansprüche wegen des Zustandes der Frachtgüter entweder schlechthin oder doch unter gewissen Voraussetzungen mit der Annahme durch den Empfänger ausgeschlossen sind. Dieser Grundsatz ist für das Seerecht aufgrund des Internationalen Ubereinkommens zur einheitlichen Feststellung von Regeln über Konnossemente, die sogen. H a a g e r Regeln, aufgegeben worden. Nach § 611 H G B tritt im Falle einer unterbliebenen Anzeige oder Feststellung eines Verlustes oder der Beschädigung anders als im Binnenschiffahrtsrecht kein vollständiger Rechtsverlust ein, sondern das Gesetz bestimmt nur noch eine Umkehr der Beweislast 1 . N u r die Versäumung der Jahresfrist des §612 H G B führt zum Erlöschen der Ansprüche. Als Ausnahmevorschrift duldet § 61 keine ausdehnende Auslegung 2 .
2. Die Grundlagen der Regelung 2
§ 61 beruht auf der Erwägung, den Frachtführer gegen die nachträgliche Erhebung von Ansprüchen zu schützen, deren Zurückweisung für ihn nach der Auslieferung des Gutes mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist 3 . Der Empfänger soll zu einer sofortigen Prüfung des Gutes und zur Geltendmachung seiner Ansprüche veranlaßt werden. Ferner soll durch die objektive und unparteiliche Feststellung eines amtlich bestellten Sachverständigen die Grundlage für die Rechtsverfolgung geschaffen werden. Deshalb wird dem Empfänger vorgeschrieben, zur Erhaltung seiner Ansprüche im Falle einer Beschädigung oder Minderung der Frachtgüter die Nachprüfung durch einen amtlich bestellten Sachverständigen bei der Annahme der Güter vornehmen zu lassen. Die Säumnis der Ladungsbeteiligten bei der rechtzeitigen Schadensfeststellung kann nicht zu einer beweismäßigen Schlechterstellung des Frachtführers führen 4 . Das Erlöschen der Ansprüche stellt § 61 auf die Annahme (Übernahme) der Frachtgüter ab, nicht aber auf den Zeitpunkt der Frachtzahlung. Das Gesetz unterscheidet zwischen erkennbaren und nicht erkennbaren Mängeln und knüpft daran jeweils andere Rechtsfolgen.
3. Die Haftungseinschränkung und deren Rechtsfolgen 3
a) Die weitgehende Haftung des § 58 aus der E m p f a n g n a h m e der Güter wird durch § 6 1 dahin eingeschränkt, daß Ansprüche aus einer Beschädigung oder Minderung - auch bei einem teilweisen Verlust - nur geltend gemacht werden können, wenn der Empfänger die Nachprüfung durch einen amtlich bestellten Sachverständigen veranlaßt hat. Ein Verstoß gegen §61 führt zum Erlöschen 1 2 3 4
Vgl. dazu B G H VersR 1958, 478. O L G Köln, Urt. vom 13. 2. 1976 - 3 U 91/75. Begr. S. 85, 86. B G H VersR 1985, 36.
324
Inanspruchnahme des Frachtführers nach der Annahme des Gutes
§61
aller Ansprüche. Eine so erloschene Forderung kann selbstverständlich nicht gegen andere Forderungen aufgerechnet werden. Das Erlöschen des Anspruchs ist nicht von Amts wegen im Rechtsstreit zu berücksichtigen, sondern muß vom Anspruchsgegner behauptet werden, weil §61 dispositiven Rechts ist und durch Vereinbarung oder Verzicht abgeändert oder ausgeschlossen werden kann 5 . Das folgt im übrigen auch aus dem Wortlaut des §61 Abs. 4. Ist der Schadensersatzanspruch trotz Erlöschens erfüllt worden, besteht ein Bereicherungsanspruch nach den §§812, 818 B G B (condictio indebiti). b) Die Haftungseinschränkung bezieht sich nur auf Forderungen aus einer 4 Beschädigung oder Minderung, also bei teilweisem Verlust (Minderung). Ersatzansprüche aus einem Totalverlust werden von § 61 nicht erfaßt. Das folgt schon aus dem Gedanken, daß bei Totalverlust begrifflich eine Annahme wie eine Besichtigung durch Sachverständige ausgeschlossen ist. c) Die Haftungsbeschränkung wegen Beschädigung oder Minderung bezieht 5 sich auch auf andere Haftungstatbestände als den Frachtvertrag. Auch deliktische Ansprüche nach § 823 B G B erlöschen 6 Ein Erlöschen der Ansprüche muß sich auch ein anderer Ersatzberechtigter als der Empfänger, z. B. der Absender, entgegenhalten lassen, weil es sich um eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Frachtführers handelt. Bewirkt der Empfänger das Erlöschen von Schadensersatzansprüchen, kann er sich hierdurch Regreßansprüchen aussetzen. d) Der Frachtführer kann sich auf eine Haftungsbeschränkung nicht berufen, 6 wenn der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt worden ist. Grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne ist ein schlechterdings unverständliches, gegen jede Sorgfalt verstoßendes Verhalten. Auch subjektiv muß das Handeln in besonderer Weise vorwerfbar sein. Der Frachtführer muß sich nach §26 i.V.m. §431 H G B das Verschulden seiner Leute und aller Erfüllungsgehilfen im gleichen Umfange wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Hierauf kann sich der Ersatzberechtigte auch gegenüber der Einwendung berufen, der Ersatzanspruch sei wegen eines unterbliebenen Feststellungsverfahrens erloschen 7 . e) Die in §61 vorgeschriebene N a c h p r ü f u n g durch einen amtlich bestellten 7 Sachverständigen ist die formale Voraussetzung für die spätere Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen Beschädigung oder Minderung der Fracht5 R G Z 1, 3; 46, 6. 6 R G Z 46, 7. Zu der Frage, ob das Erlöschen der Ansprüche gegen den Frachtführer nach § 61 Abs. 1 und 2 auch solche aus der Verletzung des Eigentums an den beförderten Gütern umfaßt, vgl. B G H , Z f B 1985, 105 = L M N r . 1 zu §61 BSchG. Das wird vom B G H angenommen. 7 R G Z 1, 37.
325
§61
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
güter 8 . Die Feststellungen des Sachverständigen binden die Parteien jedoch nicht. Das Gutachten unterliegt im Rechtsstreit der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das Gericht kann andere Sachverständigen zuziehen. Auch haben es die Parteien in der Hand, die Feststellungen des Sachverständigen durch andere Beweismittel zu erschüttern oder zu widerlegen.
4. Die Annahme der Frachtgüter 8
Annahme im Sinne des §61 ist die Übernahme der Ladung nach vertragsgemäß ausgeführter Beförderung, also die E r f ü l l u n g des Frachtvertrages. Regelmäßig wird in der tatsächlichen Übernahme der Frachtgüter auch die Annahme als Erfüllung zu sehen sein. Es ist aber nicht immer eine körperliche Übergabe der Frachtgüter für die Feststellung der Annahme erforderlich, vielmehr genügt eine Übernahme, die eine „Aneignung" des Ergebnisses des übernommenen und ausgeführten Transports enthält 9 . So liegt eine Annahme auch vor, wenn der Empfänger mit dem Frachtführer einen Verwahrungsvertrag über die Ladung abschließt. Dagegen liegt keine Annahme vor, wenn eine Weiterbeförderung vereinbart wird oder wenn aus dem am Ablieferungsort gesunkenen Fahrzeug ein Teil der Ladung vom Empfänger geborgen wird. Eine einseitige Beanstandung (Rüge) etwaiger Mängel oder eine Verwahrung gegen eine Billigung der Leistung schließt das Vorliegen einer Annahme nicht aus, wohl aber ein Vorbehalt, wonach die Frachtgüter nur „ f ü r Rechnung, wen es angeht, entgegengenommen sein sollen". Ein allgemeiner Vorbehalt reicht nicht aus. Ein einseitiger Vorbehalt genügt selbt dann nicht, wenn die Beschädigung oder Minderung an sich, nicht aber die Ursachen des Mangels unstreitig sind. Eine Annahme ist auch anzunehmen, wenn der Empfänger die Beschädigung oder Minderung sofort rügt und die Annahme zunächst verweigert, die Frachtgüter dann aber, wenn auch nur zur einstweiligen Aufbewahrung, auf Lager genommen hat.
5. Die Beschädigung oder Minderung der Frachtgüter 9
a) Beschädigung der Frachtgüter ist die stoffliche Veränderung sowie jede sonstige äußere oder innere Verschlechterung 10 . Eine stoffliche Veränderung ist anzunehmen bei der Aufnahme von Feuchtigkeit, einer Annahme von Gerüchen, bei Rost und bei Bruch. Es ist unerheblich, in welchem Umfange die Ladung im Wert vermindert worden ist und auf welchen Ursachen die Beschädigung beruht. Nicht schon jede Wertminderung ist gleichzeitig auch eine Beschädigung.
10
b) M i n d e r u n g ist jeder Teilverlust der Ladung, der sich nicht als Totalverlust 8 R G Z 101, 238; 104, 209. 9 R G Z 22, 146. 10 R G Z 60, 45.
326
Inanspruchnahme des Frachtführers nach der Annahme des Gutes
§61
darstellt. Es handelt sich nicht um einen Beschaffenheits-, sondern um einen Quantitätsmangel. Eine Minderung liegt daher vor, wenn nur ein Teil der zur Beförderung empfangenen Frachtgüter später ausgeliefert werden kann. Jede Fehlmenge oder jedes Manko der Ladung ist eine Minderung 11 . Für die Unterscheidung einer Minderung von einem Totalverlust kommt es im Einzelfall auf die Bezeichnung der Frachtgüter in den Frachtpapieren oder im Frachtvertrag an. Maßgeblich ist, ob nach dem Willen der Beteiligten ein einheitliches Gut oder eine Anzahl verfrachtet worden ist. Bei Massengütern handelt es sich stets um eine einheitliche Ladung, sodaß der Verlust von Teilmengen, d. h. jede Fehlmenge, als Minderung anzusehen ist. Das trifft auch bei gleichartigen Frachtgütern zu, wenn z. B. von der in Säcken gepackten Ladung Getreide oder Salz eine Anzahl Säcke fehlen oder eine andere Anzahl mit geringerem Gewicht ausgeliefert wird. Werden die Frachtgüter in den Frachtpapieren oder im Frachtvertrag nach einzelnen Stücken bezeichnet oder getrennt nach Marken, Namen oder durch besondere Kennzeichen und so zur Beförderung übernommen, wie es bei Stückgütern oder Containern regelmäßig geschieht, liegt kein einheitliches Gut, sondern nur eine äußerliche Zusammenfassung einzelner, aus solchen Stücken bestehender Güter vor, sodaß jeder Verlust eines solchen „Stückgutes" einen Totalverlust darstellt. c) Hat der Empfänger die Ladung angenommen und behauptet er dann, der 1 1 Frachtführer habe nicht die richtigen Frachtgüter ausgeliefert oder sie seien vertauscht worden, so hat der Empfänger nach §61 die rechtzeitige und gehörige sachverständige Nachprüfung zu verlangen. 6. D a s Feststellungsverfahren a) Die Einleitung und Durchführung des Feststellungsverfahrens ist Sache 1 2 des Empfängers. Der Frachtführer ist weder berechtigt noch verpflichtet, gegen ein solches Verfahren Einspruch zu erheben oder die Einleitung des Verfahrens zu fordern. Er braucht auch gegen eine Entlöschung, die die Befolgung des §61 ausschließt, keinen Widerspruch zu erheben, da der Empfänger die sich aus der unterbliebenen Feststellung ergebenden Nachteile zu tragen hat. Für den Zeitpunkt der Einleitung des Feststellungsverfahrens ist von Bedeutung, ob der Mangel bei der Annahme äußerlich erkennbar war oder nicht. b) Nach §61 Abs. 1 muß bei äußerlich erkennbaren Mängeln der Zustand 1 3 des Gutes vor der Annahme festgestellt werden. Eine äußere Erkennbarkeit des Mangels liegt vor, wenn er ohne besondere, bei der Annahme auch nicht übliche Maßnahme mit den Sinnen des Menschen wahrgenommen werden kann. Das Gesetz verlangt weder eine besondere Untersuchung noch eine spezielle Sachkunde. 11 RGZ 104, 209. 327
§61
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Eine solche äußerlich erkennbare Beschädigung der Frachtgüter ist anzunehmen, wenn Ballen naß sind, Getreide schimmlig ist oder dumpf riecht. Äußerliche Erkennbarkeit ist zu verneinen, wenn der Mangel erst durch eine nähere Untersuchung wie das Ziehen einer Probe oder das Offnen der Verpackung festzustellen ist. Die gleichen Grundsätze gelten auch für die Feststellung einer Minderung, insbesondere einer Fehlmenge. Eine Fehlmenge ist aber in der Regel äußerlich nicht zu erkennen, da allenfalls Schätzungen, aber keine genauen Erkenntnisse möglich sind. Das reicht für die Annahme einer äußerlichen Erkennbarkeit nicht aus. Auch bei Minderungen, die äußerlich erkennbar sind, ist eine Feststellung des Zustandes vorgeschrieben. Auch Wägen, Zählen und Messen bedarf einer besonderen Sachkunde. 14
c) Bei äußerlich nicht erkennbaren Mängeln kann das Feststellungsverfahren der Annahme nachfolgen. Das Verfahren muß unverzüglich nach der Entdeckung einer Beschädigung oder Minderung, also ohne schuldhaftes Zögern, spätestens binnen einer Woche nach der Annahme beantragt werden. Der Antrag muß binnen dieser Frist bei dem Sachverständigen oder der sonst in Betracht kommenden Stelle eingehen. Es genügt aber nach §61 Abs. 2 Satz 2, wenn der Empfänger dem Frachtführer den Mangel unverzüglich nach der Entdeckung und binnen der Wochenfrist nach der Annahme anzeigt. Er darf dann mit dem Antrag auf ein Feststellungsverfahren bis zu dem Zeitpunkt warten, bis zu dem der Eingang einer Antwort des Frachtführers unter regelmäßigen Umständen erwartet werden darf. Erhält der Empfänger innerhalb dieser Frist keine oder eine die Haftung oder Anerkennung ablehnende Antwort, muß er nunmehr unverzüglich die Feststellung veranlassen. Es ist nicht erforderlich, daß der Sachverständige von vornherein bei der Entladung für die ganze Zeit hinzugezogen wird. Es reicht aus, wenn das gesamte Entladungsergebnis vorliegt und dann Meinungsverschiedenheiten auftreten. Wenn der Empfänger sichergehen will, darf er nicht vor einer endgültigen Klärung mit dem Abrollen der Güter beginnen. Es ist unerheblich, ob der Empfänger eine U n t e r s u c h u n g der Frachtgüter vorgenommen hat und ob er den Mangel innerhalb der Frist von einer Woche nach der Abnahme entdecken konnte.
7. Die Feststellung durch Sachverständige 15
a) In §61 ist nicht näher bestimmt, wer zur Einleitung des Feststellungsverfahrens berechtigt ist, bzw. wer das Verfahren veranlassen muß. Wegen der Interessenlage kommt naturgemäß der E m p f ä n g e r in Frage. Davon geht auch §61 Abs. 3 aus. Der Empfänger ist - auch zur Vermeidung eines Regresses dem Absender gegenüber, sei es als Käufer, sei es als Spediteur - zur Einleitung eines 328
Inanspruchnahme des Frachtführers nach der Annahme des Gutes
§61
Feststellungsverfahrens verpflichtet, um ein Erlöschen der gegen den Frachtführer gerichteten Ansprüche zu vermeiden. §61 steht aber auch dem Antrag der sonstigen Interessenten, wie des Absenders, des Frachtführers, des Schiffseigners und des Schiffsführers nicht entgegen. Auch diese Personen können eine Feststellung beantragen. Der Schiffsführer, der nicht zugleich Frachtführer ist, soll sich nicht als Erfüllungsgehilfe des Frachtführers auf § 61 berufen können 1 2 . Eine solche Verkürzung der Rechte des Schiffsführers dürfte aus der ratio legis nicht zu begründen sein. b) Die Feststellung hat durch einen amtlich bestellten Sachverständigen zu 1 6 erfolgen. Auch wenn das Gesetz den Plural benutzt, dürfte für die gleichzeitige Heranziehung mehrerer Sachverständiger kein vernünftiger Grund bestehen, zumal sich durch mehrere Sachverständige die Kosten nachhaltig erhöhen. Es muß sich um eine amtlich bestellte unparteiliche, also um eine nicht für die sonstigen Interessen des Empfangsberechtigten tätig werdende sachkundige Person handeln, die in der Lage ist, den Zustand der Frachtgüter zu prüfen und eine objektive Grundlage für die Austragung späterer Streitigkeiten zu schaffen. Der Sachverständige muß von der gesetzlich zuständigen Stelle, das ist die Industrie- und Handelskammer, amtlich bestellt sein. Es genügt nicht ein für die Verwiegung mit Dezimalwaagen bestellter Sachverständiger, auch kein vereidigter Wäger. Auch die Verwiegung durch Zollbeamte oder Angestellte der Bundesbahn ist keine Feststellung im Sinne des §61. Ist kein amtlich bestellter Sachverständiger vorhanden oder nicht erreichbar, was kaum vorkommen dürfte, da im „ W E S K A " zahlreiche amtlich bestellte Sachverständige aufgeführt sind, die an jedem Ort der Bundesrepublik tätig werden können, kann die Bestellung des Sachverständigen durch das zuständige Amtsgericht nach § 164 F G G erfolgen. Es ist unerheblich, wenn kein Sachverständiger an dem Ablieferungsort ein Büro unterhält. Haben die Interessenten die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens nach den §§ 485 ff. Z P O beantragt, steht dieses gerichtliche Verfahren dem Feststellungsverfahren nach §61 gleich und erhält die Ansprüche des Empfängers. c) Der Sachverständige hat den Zustand der Güter festzustellen 13 . 17 Der Sachverständige muß den Zustand der Güter persönlich besichtigen, um eine objektive und verläßliche Grundlage für eine weitere Klärung zu schaffen. Es genügt nicht, wenn der Sachverständige lediglich Angaben eines Beteiligten übernimmt. Er muß bei äußerlich nicht erkennbaren Mängeln die Vorgänge bei der Auslieferung, die Wiegevorrichtungen sowie die Beschaffenheit der Güter näher überprüfen. Der Umfang der Feststellungen richtet sich nach den Umstän-
12 Vgl. dazu O L G Köln, Urt. vom 13. 2 . 1 9 7 6 - 3 U 91/75 - . 13 Vgl. dazu O L G Köln, Urt. vom 13. 2. 1976 - 3 U 91/75 - .
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§61
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
den des Einzelfalles, insbesondere danach, ob die Frachtgüter noch vollständig und unversehrt vorhanden sind. Die Nachprüfung ist auch dann nicht überflüssig, wenn sie schwer ausführbar ist; denn eine Nachprüfung wird fast immer möglich sein. Außerdem werden Schwierigkeiten in aller Regel vom Empfänger durch die Art der Abnahme bewirkt und sind daher von ihm zu vertreten. Der Empfänger kann sich also nicht darauf berufen, wenn er durch die Art der Entlöschung nachträglich sichere Feststellungen des Sachverständigen ausschließt, weil es seine Sache ist, die Beweissicherung vor der Entlöschung vorzunehmen. Notfalls muß mit der Löschung gewartet werden. Das muß der Frachtführer hinnehmen. Der Frachtführer muß eine Besichtigung dulden. Er braucht dazu aber keine besonderen Vorkehrungen zu treffen, z. B. eine vorläufige Löschung der Frachtgüter vorzunehmen. Der Frachtführer muß aber vom Empfänger rechtzeitig unterrichtet werden, daß eine ihm gegenüber wirksame Feststellung getroffen werden soll; denn eine Ermittlung des Umfangs der Frachtgüter oder eine Besichtigung kann auch zu anderen Zwecken erfolgen 14 . Der Sachverständige hat den Frachtführer zur Teilnahme an der Besichtigung zu laden, wobei der Sachverständige den Grund der Besichtigung anzugeben hat. 18
d) Aufgrund des Auftrags ist der Antragsteller Schuldner der Sachverständigenkosten. Der Empfangsberechtigte kann aber nach § 61 Abs. 3 die Kosten einer von ihm beantragten Feststellung vom Frachtführer erstattet verlangen, wenn ein Verlust oder eine Beschädigung ermittelt wird, für die der Frachtführer haftet. Maßgeblich ist für die Kostentragungspflicht des Frachtführers nicht die Ansicht des Sachverständigen über die Ursachen des Verlustes oder einer Beschädigung, sondern ein etwaiges Anerkenntnis oder eine gerichtliche Entscheidung über die Ersatzpflicht des Frachtführers. §61 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden auf den Anspruch eines Frachtführers auf Erstattung der Feststellungskosten gegen einen sonstigen Interessenten (Absender und Empfänger), wenn er berechtigt war, die Einleitung eines Feststellungsverfahrens zu beantragen, um eine behauptete Ersatzpflicht aus einer angeblichen Beschädigung oder Minderung der Ladung auf diese Weise zu widerlegen, weil z. B. der Empfänger die Fracht einbehalten oder mit einem angeblichen Ersatzanspruch aufgerechnet hat. Von diesen Ausnahmefällen abgesehen, hat derjenige endgültig die Kosten zu tragen, der in seinem Interesse den Antrag gestellt hat. 8. A n d e r w e i t i g e V e r e i n b a r u n g e n
19
a) §61 ist dispositiven Rechts. In der Praxis sind zahlreiche Individualvereinbarungen oder Regelungen in Verlade- und Transportbedingungen anzutreffen. Mitunter wird die Feststellung durch Sachverständige abbedungen. Eine solche Abrede ist dem Empfänger gegenüber, der nicht zugleich Absender ist, 14 R G Z 101, 238; 104, 209. 330
Inanspruchnahme des Frachtführers nach der Annahme des Gutes
§61
nur wirksam, wenn in den Frachtpapieren diese Abrede vermerkt oder ausdrücklich auf den Frachtvertrag Bezug genommen worden ist. Das bloße Einverständnis mit einer Verwiegung der Ladung auf einer automatischen Waage oder eine Entlöschung durch einen vereidigten Wäger stellt keinen Verzicht auf die Feststellung durch einen Sachverständigen dar 15 . b) Die Beteiligten können auch nachträglich auf das Feststellungsverfahren 2 0 verzichten. An einen angeblichen Verzicht durch schlüssige Handlungen sind strenge Anforderungen zu stellen. Es genügt weder die Anwesenheit des Frachtführers bei einer Verwiegung noch ein Einverständnis mit der vom Empfänger veranlaßten Art der Abnahme der Frachtgüter, wie die Duldung der Verwiegung auf einer automatischen Waage ohne die Hinzuziehung eines Sachverständigen oder seine Mitwirkung dabei und die sofortige Fortschaffung und Vermischung der Frachtgüter mit anderen gleichartigen Gütern, da der Empfänger den Frachtführer durch eine solche Abnahme nicht einseitig in seinen Rechten beschränken kann. Der Frachtführer ist weder berechtigt noch verpflichtet, gegen eine solche Art der Abnahme der Frachtgüter Einspruch zu erheben oder den Empfänger auf die Einhaltung des Feststellungsverfahrens hinzuweisen. Auch die Unterzeichnung einer Ablieferungsbescheinigung, die eine Beschädigung oder Minderung enthält, kann nicht als ein Verzicht auf eine Feststellung nach §61 gelten. Der Frachtführer muß nicht nur den gerügten Mangel als vorhanden, sondern auch seine Ersatzpflicht anerkannt haben. Hiergegen kann sich der Empfänger schützen, wenn er vom Frachtführer die Zustimmung erhält, von einer Nachprüfung abzusehen. Es gibt keinen Schiffahrtsbrauch, der einen Verzicht auf ein Feststellungsver- 2 1 fahren im Falle der Benutzung bestimmter Umschlagvorrichtungen vorsieht. Ausnahmsweise kann nach Handelsbrauch im Einzelfall ein beeideter Wäger als Sachverständiger genügen, wenn die bloße Verwiegung, ein Zählen oder ein Messen ausreichend ist, um eine verläßliche Grundlage im Falle späterer Rechtsstreitigkeiten zu schaffen. Dieser Sinn wird aber dort nicht erfüllt, w o ein derartig enger Zusammenhang zwischen der Beschaffenheit des Gutes und seiner Minderung bestehen kann, daß eine bloße Verwiegung keine genügende Grundlage bildet. Dieser Zusammenhang ist bei losem Getreide gegeben, weil die Beschaffenheit des Getreides einen Rückschluß darauf zuläßt, in wie hohem Maße die eingetretene Gewichtsminderung auf Schwund zurückzuführen ist. c) In den Transport- und Verladebedingungen der Binnenschiffahrt wird 2 2 mitunter vereinbart, daß durch die Annahme des Gutes seitens des Empfangsberechtigten jede Verantwortlichkeit der Reederei erlischt. Bei Verlust jeglicher Ansprüche wird eine sofortige schriftliche Benachrichtigung sowie eine Feststellung durch gerichtlich ernannte Sachverständige spätestens innerhalb von 24 Stunden nach der Annahme vorgeschrieben. Ein solcher Rechtsverlust dürfte 15 R G Z 104, 212.
331
§62
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
mit § 242 BGB unvereinbar sein, weil die Fristen unangemessen verkürzt werden. Schließlich kommt in der Binnenschiffahrt ein genereller Verzicht auf §61 vor.
9. Die Beweislast 23
Der Frachtführer trägt die Behauptungs- und Beweislast für alle Umstände, aus denen sich ein Erlöschen der gegen ihn gerichteten Ansprüche ergibt. Der Empfänger kann beweisen, daß § 61 abbedungen ist oder der Frachtführer den Mangel und seine Ersatzpflicht anerkannt hat. Gegenüber der Behauptung des Frachtführers, Ersatzansprüche seien erloschen, kann der Empfänger einwenden und beweisen, daß der Schaden auf Vorsatz oder grobem Verschulden des Frachtführers (§61 Abs. 4) oder seiner Erfüllungsgehilfen (§278 BGB) beruht. 16 §62 (1) Der Frachtführer haftet für den durch verspätete Ablieferung des Gutes entstandenen Schaden, es sei denn, daß die Verspätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. (2) Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haftenden Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so kann der Anspruch nicht geltend gemacht werden, es sei denn, daß der Frachtführer die Verspätung durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. (3) Die Vorschrift in Absatz 2 findet auch auf andere Ansprüche gegen den Frachtführer aus dem Frachtvertrag Anwendung, soweit die Ansprüche nicht den Vorschriften des § 61 unterliegen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Ansprüche bei verspäteter Ablieferung 3. Der Rechtsverlust
Rdn. 1 2 3-5
Rdn. 4. Sonstige Ansprüche aus dem Frachtvertrag 5. Anderweitige Vereinbarungen . . . 6. Die Beweislast
6 7 8-9
1. Allgemeines 1
Entsprechend der seerechtlichen Haftung für Verspätungsschäden (§606 HGB) haftet auch der Frachtführer für verspätete Ablieferung der Frachtgüter.
16 Zur Beweislast im Rahmen des § 61 Abs. 4 vgl. B G H ZfB 1985, 105 = LM N r . 1 zu § 61 BSchG.
332
Haftung des Frachtführers für verspätete Ablieferung
§62
Im Binnenschiffahrtsrecht gibt es keine Beförderungsfristen, weil die Beförderungsdauer durch die Wasserstände, die Witterung und die Jahreszeiten beeinflußt wird. Das Gesetz bestimmt, daß der Frachtführer, soweit im Frachtvertrag nichts anderes vereinbart ist, die Reise binnen einer den Umständen nach angemessenen Zeit antreten muß (§42 Abs. 2). Die Frachtreise hat er dann ohne schuldhaftes Zögern durchzuführen (§242 BGB).
2. Die Ansprüche bei verspäteter Ablieferung Nach § 62 Abs. 1 haftet der Frachtführer für den durch eine verspätete Ablie- 2 ferung des Frachtgutes entstandenen Schaden in vollem Umfange. Der Schaden kann darin bestehen, daß die Frachtgüter infolge der zu langen Reisedauer an Marktwert verloren haben, daß der Ersatzberechtigte seinerseits eine Lieferfrist nicht erfüllen konnte und deshalb Schadensersatz leisten mußte, oder daß der Empfänger wegen der Verspätung die Annahme verweigert hat und die Frachtgüter nur mit Verlust verwertet werden konnten. Für einen Mangel (Verlust oder Beschädigung) haftet der Frachtführer an sich nach §58 i.V.m. § 430 H G B nur in Höhe des gemeinen Werts. Er haftet aber im Rahmen des § 62 Abs. 1 auf Ersatz des gesamten Schadens, wenn der Nachweis erbracht wird, daß der Schaden gerade durch die verspätete Ablieferung verursacht worden ist. Der Frachtführer wird von der Haftung aus § 62 Abs. 1 entlastet, wenn die Verspätung der Ablieferung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. Der Frachtführer kann geltend machen, daß die längere Reisedauer auf den von ihm nicht zu vertretenden Witterungs- und Wasserstandsverhältnissen, auf behördlichen Anordnungen, auf Sperrungen der Schiffahrt oder auf Schiffsunfälle zurückzuführen ist. Im Rahmen des § 254 B G B kann sich der Frachtführer auch darauf berufen, daß ihn der Absender auf die Möglichkeit eines besonders hohen Schadens im Falle verspäteter Ablieferung hätte hinweisen müssen, z. B. wenn wegen übernommener Lieferfristen eine besondere Beschleunigung erforderlich gewesen war.
3. Der Rechtsverlust a) Das Gesetz bezweckt, daß aus einem beiderseits erfüllten Geschäft keine 3 Ansprüche mehr hergeleitet werden können. Anders als das Erlöschen der Ansprüche aus §61 erlöschen Schadensersatzansprüche aus einer verspäteten Ablieferung nicht allein durch die Annahme als Erfüllung des in der Hauptsache ausgeführten Frachtvertrages 1 . §62 Abs. 2 macht das Erlöschen von Ansprüchen wegen verspäteter Ablieferung der Frachtgüter zusätzlich von der Bezahlung der Fracht und der sonst auf dem Gut 1 Vgl. §61 Rdn. 8.
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§62
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
haftenden Forderung abhängig. Es genügt also allein weder die Annahme des Gutes noch die Zahlung der Fracht. Beide Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Unerheblich ist ferner, wer die Erfüllung vorgenommen hat. Demnach erlöschen die Ansprüche auch, wenn nach erfolgter Annahme der Frachtgüter durch den Empfänger bei Frankosendungen (§ 67) die Zahlung der Fracht durch den Absender erfolgt. Ist ausnahmsweise keine Fracht zu zahlen, tritt das Erlöschen der Ansprüche schon mit der Annahme ein. 4
b) Neben der Fracht (§ 63) müssen sämtliche auf dem Gut haftenden Forderungen bezahlt sein. Bei diesen sonstigen F o r d e r u n g e n handelt es sich um alle Ansprüche aus dem Frachtvertrag, die von dem gesetzlichen Pfandrecht (§440 H G B ) umfaßt werden. Diese Forderungen müssen vollständig erfüllt sein. Teilweise Erfüllung reicht nicht aus 2 . Ein Vorbehalt bei einer Zahlung ist wirkungslos. Der Erfüllung steht Verzicht, Aufrechnung und Hingabe an Erfüllungsstatt gleich. Ein Schuldversprechen oder die Hingabe eines Wechsels genügt nicht 3 .
5
c) Mit der Annahme und der Zahlung der Fracht sowie aller sonstigen auf dem Gut haftenden Forderungen erlöschen ohne weiteres alle Ansprüche aus einer Verspätung. Diese Einwendung muß der Frachtführer aber im Rechtsstreit dem Ersatzberechtigten entgegenhalten, weil § 62 dispositiven Rechts ist und die Beteiligten im Frachtvertrag eine abweichende Regelung treffen konnten. Ein Erlöschen der Ersatzansprüche tritt nicht ein, wenn der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers oder seiner Leute herbeigeführt worden ist (§62 Abs. 2). Auch ein solcher Sachverhalt kann den Frachtführer daran hindern, sich im Rechtsstreit auf einen Rechtsverlust zu berufen.
4. Sonstige Ansprüche aus dem Frachtvertrag 6
Nach § 6 2 Abs. 2 erlöschen bei Annahme und Zahlung der Fracht neben den Ansprüchen aus einer verspäteten Ablieferung alle sonstigen Ansprüche aus dem Frachtvertrag, weil aus einem beiderseits erfüllten Frachtvertrag keine weiteren Ansprüche mehr hergeleitet werden sollen, soweit sie nicht unter §61 fallen. Es muß sich aber stets um Ansprüche handeln, die ihren Rechtsgrund im F r a c h t v e r t r a g haben, wie z. B. aus einer verzögerten Abnahme der Güter, aus einer nicht rechtzeitigen und nicht vertragsgemäßen Vorlage des Schiffs. Nicht hierher gehören anderweitige Ansprüche, wie der Anspruch auf Erstattung zuviel gezahlter Fracht, aus anderen Verträgen (Lager- und Verwahrungsverträgen) sowie überhaupt aus Delikt und ungerechtfertigter Bereicherung.
2 R G Z 25, 33. 3 R G Z 25, 33.
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Nach Maß, Gewicht oder Menge bedungene Fracht
§63
5. Anderweitige Vereinbarungen Da § 62 dispositiven Rechts ist, haben es die beteiligten Verkehrskreise in der 7 Hand, durch Individualvereinbarungen oder in AGB besondere Bestimmungen zu treffen. So wird häufig vereinbart, daß eine Haftung nicht besteht, wenn keine festen Lieferfristen in dem Frachtvertrag bestimmt worden sind. Manchmal wird auch eine Haftung für Verspätungsschäden, insbesondere bei der Versäumung bestimmter Lieferfristen grundsätzlich ausgeschlossen, was als zulässig erachtet werden muß, da eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ohnehin besteht.
6. Die Beweislast a) Der Ersatzberechtigte hat die Verspätung, also die Überschreitung der aus 8 den gesamten Umständen zu entnehmenden angemessenen Frist zu beweisen. Es reicht der Beweis aus, daß Schiffe ähnlicher Bauart unter normalen Umständen die Reise in einer bestimmten Zeit bewältigen 4 . Der Ersatzberechtigte hat auch die Höhe des Schadens zu beweisen. Wegen der sich aus §26 i.V.m. §430 H G B ergebenden Haftungsbeschränkung auf den gemeinen Handelswert oder den gemeinen Wert ist der Nachweis erforderlich, daß der Schaden gerade durch die verspätete Ablieferung verursacht worden ist. Der Frachtführer kann sich durch den Nachweis entlasten, daß die Verspätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. Auch die Umstände, die für ein mitwirkendes Verschulden des Ersatzberechtigten nach § 254 BGB sprechen, muß der Frachtführer darlegen und beweisen. b) Macht der Frachtführer ein Erlöschen der Ersatzansprüche nach §62 9 Abs. 2 geltend, muß er die Annahme der Frachtgüter durch den Empfänger als Erfüllung des in der Hauptsache ausgeführten Frachtvertrages (nicht bloß die rein tatsächliche Abnahme) und die Zahlung der Fracht sowie der sonstigen auf dem Gut haftenden Forderungen beweisen. Demgegenüber kann der Ersatzberechtigte nachweisen, daß der Schaden auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Frachtführers oder seiner Erfüllungsgehilfen beruht.
§63 Wenn die Fracht nach Maß, Gewicht oder Menge der Güter bedungen ist, so ist die Angabe in dem Frachtbriefe oder Ladescheine über Maß, Gewicht oder Menge für die Berechnung der Fracht entscheidend. In Ermangelung 4 Baumgärtel-Koriath,
a. a. O . , §62 BinnSchG, Rdn. 1. 335
§63
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
einer solchen Angabe ist anzunehmen, daß Maß, Gewicht oder Menge der abgelieferten und nicht der übernommenen Güter für die Höhe der Fracht entscheiden soll. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Arten der Frachtberechnung . . 3. Die Berechnung der Fracht nach dem Ladungsumfang
1
2
Rdn. 1 2
Rdn. 4. Vereinbarungen über die Berechnung der Fracht 5. Die Beweislast
7 8
3-6
1. Allgemeines Unter Fracht ist die vertragsmäßige Vergütung für die Beförderungsleistung zu verstehen, die nach § 26 i. V.m. §§ 435, 447 HGB dem Frachtführer geschuldet wird. Im Binnenverkehr dürfen die von den Frachtausschüssen der Binnenschifffahrt bestimmten Sätze ( § 2 1 BSchVG) weder über- noch unterschritten werden. Werden in einem Vertrag für Beförderungsleistungen abweichende Beträge geschuldet, berührt das zwar den Frachtvertrag als solchen nicht, nach § 3 1 BSchVG wird aber nur das festgesetzte Entgelt geschuldet. Anders verhält es sich im grenzüberschreitenden Verkehr. Hier können die Beteiligten die Fracht frei aushandeln. Unter diesen Umständen kommt einer Frachtvereinbarung im Binnenverkehr keine Bedeutung zu. 2. Die A r t e n der F r a c h t b e r e c h n u n g Die Höhe der Fracht kann als Betrag vereinbart werden (Pauschalfracht), auf Zeit unter Zugrundelegung eines Tagessatzes (Tagesfracht) oder für einen bestimmten Mindestzeitraum, z . B . durch die Klausel: „10 Tage fest oder garantiert". Im letzten Fall muß für den vereinbarten Mindestzeitraum die vereinbarte Tagesfracht auch dann bezahlt werden, wenn das Schiff nur kürzere Zeit genutzt wird oder wenn die Schiffahrt geschlossen wird 1 . Fehlt es an einer ausdrücklichen Frachtvereinbarung, ist davon auszugehen, daß der Frachtvertrag den Charakter eines Werkvertrages hat. Nach § 643 Abs. 1 und 2 BGB gilt dann die Entrichtung der am O r t der Einladung üblichen Fracht als stillschweigend vereinbart. In den meisten Frachtverträgen der deutschen Binnenschiffahrt wird auf die durch die Frachtenausschüsse festgesetzten Frachten oder Frachttarife des Frachtführers Bezug genommen. Steht beim Abschluß des Frachtvertrages noch nicht fest, in welchem Umfange Ladung angeliefert wird, kann die Fracht nach Maß, Gewicht oder Menge ent1 Vgl. Handelsbräuche der Rheinschiffahrt N r . 25.
336
Nach Maß, Gewicht oder Menge bedungene Fracht
§63
sprechend einem festen Einheitssatz (nach Raummetern, Kilogramm oder Kubikmeter) vereinbart werden. Für diese Fälle gibt § 63 die Auslegungsregel, in welcher Weise die für die Errechnung der Fracht zugrunde zu legende Menge ermittelt werden soll.
3. Die Berechnung der Fracht nach dem L a d u n g s u m f a n g a) Haben die Parteien eine Berechnung der Fracht nach dem Ladungsumfang 3 vereinbart, sind nach §63 Satz 1 die Angaben im Frachtbrief oder im Ladeschein über Maß, Gewicht oder Menge für die Berechnung der Fracht entscheidend. Bei einem Ladeschein folgt die Verbindlichkeit der konkreten Angaben für das Rechtsverhältnis des Frachtführers zum Empfänger aus §26 i.V.m. §446 Abs. 1 H G B . § 63 Abs. 1 setzt die Angaben im Frachtbrief der Wirksamkeit des Ladescheins gleich. Das entspricht §26 i.V.m. §426 Abs. 3 H G B , wonach der Absender dem Frachtführer für die Richtigkeit und Vollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben haftet. Zu berücksichtigen ist, daß im Frachtgeschäft meistens ein Ladeschein oder ein Frachtbrief ausgestellt wird, den die Beteiligten ihren Rechtsbeziehungen zugrunde legen können. Sollten für die Verfrachtung beide Frachtpapiere gezeichnet sein, was mitunter vorkommt, so kommt es für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger auf den Inhalt des Ladescheins (§446 Abs. 1 H G B ) , für das Rechtsverhältnis zwischen dem Frachtführer und dem Absender dagegen auf den Frachtbrief (§ 446 Abs. 2 H G B ) an. Das gilt auch, wenn der Absender zugleich der Empfänger ist. Der Empfänger wird durch die Annahme des Frachtgutes und des Ladescheins bzw. des Frachtbriefs verpflichtet, nach Maßgabe der Frachtpapiere Zahlung zu leisten. Er wird Schuldner aller Ansprüche des Frachtführers. Die A n g a b e n in den Frachtpapieren sind entscheidend. Es kommt nicht darauf an, welche Menge der Frachtführer tatsächlich eingeladen oder ausgeladen hat. Es sind bestimmte Mengenangaben und einschränkende Vermerke zu berücksichtigen, wie „nicht geprüft" oder „unter Protest" und andere mehr. Derartige Einschränkungen führen dazu, daß die Mengenangaben der Frachtberechnung nicht zugrunde gelegt werden können. Den Angaben in den Frachtpapieren fehlt in diesen Fällen die notwendige Bestimmtheit. Nach Schiffahrtsbrauch wird bei einer Ladungsübernahme mit der Angabe einer Zirkaklausel ein Mehr oder Weniger von 5 % , nach dem Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort 2 von nur 2,5% verstanden. Die F r a c h t ist dann mindestens für diese Frachtmenge abzüglich 5% zu zahlen. Nach Schiffahrtsbrauch sind Zirkaangaben dann für die Frachtberechnung maßgebend, wenn der Empfänger eine ordnungsgemäße Ermittlung des U m fangs der abgelieferten Frachtgüter in der Nähe des Fahrzeugs unter vorheriger 2 Vgl. Handelsbräuche der Rheinschiffahrt N r . 40.
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§63
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Benachrichtigung des Frachtführers und einer Kontrollmöglichkeit durch den Frachtführer unterläßt. Das gleiche gilt, wenn die Fracht nach dem ausgelieferten Gewicht bezahlt werden soll und der Empfänger eine Verwiegung entweder überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß vornimmt. Der Frachtführer hat mangels besonderer Vereinbarungen keine Pflicht zum Verwiegen, da ihm die Frachtgüter anzuliefern sind und er sich, insbesondere wenn Frachtpapiere ausgestellt sind, auf die Angaben des Absenders über das Gewicht verlassen darf. 4
b) Soweit in den Frachtpapieren keine Angaben enthalten sind oder die Angaben nicht zugrundegelegt werden können, sind nach der ergänzenden Auslegungsregel das § 63 Satz 2 Maß, Gewicht oder Menge der abgelieferten, nicht aber der übernommenen Frachtgüter für die Höhe der Fracht entscheidend. Es kommt darauf an, welcher Ladungsumfang bei der Auslieferung ermittelt worden ist. Erfolgt eine solche Ermittlung entweder überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß, so kann sich der Frachtführer auf die etwaige bei der Einladung ermittelte Frachtmenge berufen. Er kann aber auch eine Schätzung nach dem bei der Auslieferung abgelesenen Pegelstand seines Schiffes verlangen 3 .
5
c) Wird bei der Ablieferung ein größerer Umfang der Frachtgüter ordnungsgemäß ermittelt, als sich aus den Frachtpapieren ergibt und ist dieses Ubergewicht (Mehrgewicht) nicht auf andere Umstände zurückzuführen, hat der Frachtführer nach den §§631, 632, 242 B G B einen Frachtanspruch nach Maßgabe der vereinbarten oder üblichen Sätze. Es handelt sich um einen Frachtanspruch für eine auftragsgemäß vorgenommene Leistung, auch wenn diese über den vereinbarten Umfang hinausgeht.
6
d) Nach § 26 i. V. m. §§ 435 ff. H G B ist die Fracht Zug um Zug gegen Ablieferung der Frachtgüter zu zahlen. Die Ablieferung ist unter Berücksichtigung von §242 B G B zu beurteilen. Bei einem einheitlichen Frachtvertrag tritt die Fälligkeit der Fracht schon mit dem Beginn der E n t l ö s c h u n g ein. Der Frachtführer ist aber bei der Auslieferung der Frachtgüter nicht vorleistungspflichtig. Eine sukzessive Auslieferung gegen Teilzahlung kann keine Partei verlangen, sofern das nicht vereinbart ist. Möglich ist eine Teilauslieferung und Zurückbehaltung des Restes, der wertmäßig der Forderung des Frachtführers entspricht. Der Empfänger kann aber seinerseits nicht Teilauslieferung unter Zurückweisung des Restes verlangen.
4. Vereinbarungen über die Berechnung der Fracht 7
In den Transport- u n d Verladebedingungen finden sich gelegentlich Vereinbarungen über eine anderweitige Frachtberechnung. Es wird das in den Frachtpapieren angegebene Gewicht, das Maß oder die Stückzahl, und zwar mit Min3 Vgl. Handelsbräuche der Rheinschiffahrt N r . 42.
338
§64
Distanzfracht
destgrenzen bezeichnet. Auch wird Fracht für ein Mehrgewicht ausdrücklich ausbedungen. Im Falle eines Streits über das Gewicht soll der Frachtführer berechtigt sein, die Verwiegung auf Kosten des Empfängers durchführen zu lassen. Sind mehrere Stationen als Ablieferungsort vereinbart, ohne daß die Mengen der dorthin zu befördernden Frachtgüter auf diese Stationen verteilt sind, so wird dem Frachtführer die volle Fracht bis zur weitestgelegenen Station zugestanden. 5. D i e B e w e i s l a s t Soweit für die Berechnung der Fracht die Angaben in den Frachtpapieren 8 entscheidend sind, ist den Beteiligten ein Gegenbeweis versagt. Es kommt nicht darauf an, welche Mengen der Frachtführer eingeladen oder ausgeliefert hat. Eine Ausnahme wird zu machen sein, wenn die Versagung eines Gegenbeweises zu einem rechtlich unerträglichen Ergebnis führen würde, wie im Falle eines Betruges, an dem auch der Empfänger beteiligt war. In solchen Fällen dürfte ein Gegenbeweis nach §242 B G B zuzulassen sein. Falls der Frachtführer die Fracht nicht vom Empfänger, sondern vom Absender anzufordern hat (Francosendung), so steht es beiden Beteiligten frei, den Nachweis zu führen, daß nach dem Frachtvertrag die Angaben im Ladeschein oder im Frachtbrief über den Umfang der Frachtgüter nicht richtig, oder mehr oder weniger eingeladen und befördert worden ist. Im übrigen ist der Frachtführer für die Umstände, die die H ö h e der Fracht bestimmen, beweispflichtig, soweit nicht die Angaben in den Frachtpapieren vollen Beweis liefern.
§64 (1) F ü r G ü t e r , welche durch einen Unfall verlorengegangen sind, ist die Fracht nach dem Verhältnisse des zur Zeit des Unfalls bereits zurückgelegten Teiles der Reise zur ganzen Reise zu entrichten (Distanzfracht). (2) Bei Berechnung der Distanzfracht k o m m t in Anschlag nicht allein das Verhältnis der bereits zurückgelegten E n t f e r n u n g , sondern auch das Verhältnis des Aufwandes an Kosten, Zeit und Mühen, welche durchschnittlich mit dem vollendeten und dem nicht vollendeten Teile der Reise verbunden sind. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf die Distanzfracht
Rdn. 1-2 3-6
Rdn. 3. Die Berechnung der Distanzfracht 4. Abweichende Vereinbarungen . . 5. Die Beweislast
7 8 9-12
339
§64
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
1. Allgemeines 1
a) Abweichend von der seerechtlichen Vorschrift des § 6 3 3 H G B hat der G ü t e r v e r l u s t n a c h dem R e i s e a n t r i t t nicht die gesetzliche Folge, daß der Frachtvertrag endet und der Anspruch auf die Fracht entfällt, vielmehr will das Gesetz dem Frachtführer einen gewissen Ausgleich für seine Aufwendungen schaffen. Aus heutiger Sicht sprechen auch soziale Gründe für eine Fortgeltung des § 64. Die Regelung des § 64 ist nicht anzuwenden, wenn die Fracht in einem bestimmten festen Betrag, in einer Pauschalfracht oder nach Tagen als Tagesf r a c h t vereinbart ist. In diesen Fällen muß es bei den werkvertraglichen Grundsätzen des B G B bleiben, wonach der Unternehmer keinen Vergütungsanspruch geltend machen kann, wenn das Werk vor der Ubergabe durch Zufall untergeht.
2
b) Die D i s t a n z f r a c h t ist ihrer Natur nach echte Fracht und unterliegt als solche den allgemeinen Regeln 1 , d. h. das Pfandrecht der Schiffsgläubiger erstreckt sich nach § 104 auch auf den Anspruch des Frachtführers auf die Distanzfracht. Wegen seines Anspruchs auf die Distanzfracht hat der Frachtführer ein gesetzliches Pfandrecht nach den § 26 B S c h G , 440 H G B , soweit er noch Frachtgüter des Absenders aus der Frachtreise in Besitz hat.
2. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Distanzfracht 3
Der Frachtführer hat einen Anspruch auf ein Entgelt, wenn die Frachtgüter nach der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch einen Unfall verlorengehen (Distanzfracht). Trifft den Frachtführer am Verlust der Frachtgüter ein Verschulden, entfällt ein Anspruch des Frachtführers. Haben die Ladungsbeteiligten den Verlust der Frachtgüter zu vertreten, bleibt der Anspruch auf die volle Fracht bestehen (§ 324 B G B ) .
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a) D i e Frachtgüter dürfen nicht mehr vorhanden sein. Die Frachtgüter müssen aufgehört haben, zu existieren, was man annehmen kann, wenn sie sich durch Vermischung mit Wasser aufgelöst haben oder verbrannt sind. Unverwertbare Reste sind unerheblich. Ein Verlust dieser Art liegt auch vor, wenn die Frachtgüter durch physische Veränderung entwertet oder ihrem Eigentümer ohne Aussicht auf Bergung entzogen sind, wenn z. B . Frachtgüter bei einem Unfall über Bord gegangen sind und nicht aufgefunden werden können. Eine Beschädigung der Frachtgüter steht einem Verlust gleich, wenn nur noch wertlose oder unbedeutende Bruchstücke vorhanden sind. Werden Frachtgüter auf dem Transport radioaktiv verseucht und müssen sie deshalb einer Sonderdeponie zugeführt werden, sind die Frachtgüter objektiv unverwertbar und wertlos geworden. Auch wenn die Frachtgüter rein tatsächlich noch bestehen, müssen sie als verlorengegangen eingeordnet werden. 1 Ebenso: Prüßmann-Rabe, 340
SHR, §630 Anm. B2.
Distanzfracht
§64
b) Unter einem Unfall ist ein zufälliges Ereignis zu verstehen, was weder von 5 dem Frachtführer noch von den sonstigen Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger) oder ihren Erfüllungsgehilfen verschuldet worden ist. Das Ereignis braucht nicht unerwartet einzutreten. Es reicht vielmehr jedes die Frachtgüter treffende nicht verschuldete Ereignis aus. Hierher gehört auch der Fall der großen Haverei (§ 78) ebenso wie die Vernichtung der Frachtgüter auf behördliche Anordnung. Dem steht eine Entsorgung in Fällen der Verseuchung gleich. c) Der Verlust muß zwischen der Empfangnahme und vor der Ablieferung 6 erfolgen. Der Unfall braucht sich nicht während der Frachtreise zu ereignen. Das Ereignis kann also auch schon unmittelbar nach der Beladung des Schiffs im Hafen eintreten. Soweit die Frachtgüter erst am Ablieferungsort nach vollendeter Frachtreise verlorengehen, steht dem Frachtführer die volle Fracht zu, weil eine verhältnismäßige Aufteilung der Reise nicht mehr in Betracht kommt.
3. Die Berechnung der Distanzfracht Die H ö h e der D i s t a n z f r a c h t ist nach billigem Ermessen unter Berücksichti- 7 gung des Verhältnisses der bis zum Unfallort zurückgelegten Entfernung zur Länge der gesamten Reise und des Verhältnisses der Aufwendungen des Frachtführers für beide Reiseabschnitte zu bestimmen. Für die Bestimmung ist die Entfernung zwischen dem Ladeort und dem Unfallort sowie weiter bis zum Ablieferungsort festzustellen. Außerdem sind die Aufwendungen des Frachtführers nach § 64 Abs. 2 zu ermitteln. Nach dem Gesetz sollen Kosten, Zeit und Mühe, die durchschnittlich mit dem vollendeten oder nicht vollendeten Teil der Reise verbunden sind, mitberücksichtigt werden. Darunter fallen die K o s t e n bei der Ein- und Auslieferung, Schleusengebühren, Leichterkosten sowie Lotsengelder. Unerheblich ist, wer die Fracht zu zahlen hat und ob die Fracht, hätte die Reise aus zwei Teilreisen bestanden, abweichend berechnet worden wäre. Auf die Distanzfracht sind Vorschüsse zu verrechnen. Ist bereits zuviel bezahlt, besteht ein Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung.
4. Abweichende Vereinbarungen §64 ist dispositiver Natur. In den A G B der Schiffahrtsunternehmen wird 8 häufig ausbedungen, daß die volle Fracht auch dann zu entrichten ist, wenn die Frachtgüter infolge eines vom Frachtführer nicht zu vertretenden Unfalles verlorengehen. Es kommen auch Vereinbarungen vor, durch die dem Frachtführer für den Aufwand, seine Mühen und die Kosten eine bestimmte Q u o t e der Fracht im Falle des Verlustes der Güter zustehen soll.
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§65
4. A b s c h n i t t . F r a c h t g e s c h ä f t
5. D i e Beweislast a) Der Frachtführer hat zu beweisen, daß die Frachtgüter durch einen Unfall verlorengegangen sind, also durch ein zufälliges Ereignis. Ferner hat er alle für die Ermittlung und Feststellung der Distanzfracht maßgebenden Umstände wie den Unfallort, die Länge der Reiseabschnitte sowie die einzelnen Berechnungsfaktoren zu beweisen. Im Rechtsstreit wird die Festsetzung unter Zuziehung von Dispacheuren zu erfolgen haben, da die Bewertung der Leistungen des Frachtführers besondere Sachkunde voraussetzt. 10 b) Ist die Fracht nach Maß, Gewicht und Menge der abgelieferten Güter bedungen, muß der Frachtführer beweisen, was er eingeladen hatte und in welchem Umfang die Frachtgüter durch den Unfall verlorengegangen sind. 11 c) Der Anspruch des Frachtführers entfällt, wenn die Ladungsbeteiligten beweisen, daß den Frachtführer oder seine Erfüllungsgehilfen ein Verschulden an dem Unfall trifft. 12 d) Will der Frachtführer die volle Fracht, weil der Verlust der Frachtgüter von den sonstigen Ladungsbeteiligten zu vertreten ist, hat er die für eine solche Annahme maßgeblichen Umstände zu beweisen. 9
§65 Für Güter, welche infolge ihrer natürlichen Beschaffenheit zu Grunde gegangen oder an Gewicht vermindert sind, ist die volle Fracht zu bezahlen. Das gleiche gilt in Ansehung von Tieren, welche unterwegs gestorben sind. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die natürliche Beschaffenheit und der Gewichtsverlust 3. Unterwegs gestorbene Tiere . . . .
1 2 3
Rdn. 4. Die Fracht 5. Anderweitige Vereinbarungen 6. Die Beweislast
. . .
4 5 6
1. Allgemeines §65 entspricht der seerechtlichen Vorschrift des §618 HGB. Während der Frachtführer nach §64 für einen durch einen Unfall verursachten Verlust der Frachtgüter nur die Distanzfracht nach § 64 erhält, kann er für einen Verlust der Frachtgüter, der auf ihrer natürlichen Beschaffenheit beruht, die volle Fracht verlangen; denn die innere Beschaffenheit der Frachtgüter und die darauf beruhenden Gefahren sind der Sphäre des Absenders bzw. der des Empfängers zuzuordnen. Das Binnenschiffahrtsgesetz stellt allein auf den Verlust der Frachtgüter im 342
Volle Fracht für durch natürliche Beschaffenheit verlorene Güter
§65
Rechtssinne ab. Hierfür gelten dieselben Grundsätze wie bei der Distanzfracht 1 . Die Ablieferung von auf der Reise völlig verdorbenen Gütern steht dem Verlust gleich. Dieser Verlust muß zwischen der Empfangnahme und der Ablieferung erfolgt sein. Verluste im Falle der großen Haverei fallen nicht unter § 65.
2. Die natürliche Beschaffenheit und der Gewichtsverlust Das Gesetz beläßt dem Frachtführer beim Verlust von Frachtgütern infolge 2 ihrer natürlichen Beschaffenheit und einer auf demselben Umstand beruhenden Gewichtsverminderung den vollen Frachtanspruch. Voraussetzung dafür ist, daß die natürliche Beschaffenheit die alleinige unmittelbare Ursache des vollständigen oder teilweisen Verlustes ist. Es kann die innere Beschaffenheit der Frachtgüter zum inneren Verderb, zum Schwund und zur gewöhnlichen Leckage führen, ohne daß andere Ursachen mitgewirkt haben. Beruht der Verlust auf mangelnder Ladungsfürsorge, z. B. mangelhafter Belüftung der Laderäume, unzulässiger Kühlung, fehlerhafter Stauung empfindlicher Güter, ist § 65 unanwendbar. In solchen Fällen verliert der Frachtführer seinen Anspruch auf die Fracht. Andererseits gehören hierher die Fälle, in denen brennbare Güter durch Selbstentzündung oder Explosion vernichtet werden.
3. Unterwegs gestorbene Tiere Sterben beförderte Tiere unterwegs eines natürlichen Todes, behält der 3 Frachtführer nach § 65 Satz 2 ebenfalls seinen Anspruch auf die volle Fracht. Denn auch der Tod eines lebend zur Beförderung übernommenen Tieres stellt einen auf natürliche Umstände zurückzuführenden Verlust dar. Diesem Fall steht gleich, wenn ein krankes Tier, dessen Tod vor dem Ende der Reise zu erwarten wäre oder das andere Tiere infizieren könnte, getötet wird. Unter § 65 fällt nicht der Fall, daß ein Tier durch einen Unfall getötet oder durch Verschulden des Frachtführers oder seiner Erfüllungsgehilfen so verletzt wird, daß es zur Abkürzung seiner Todesqualen getötet werden muß. In diesen Fällen verliert der Frachtführer seinen Anspruch auf die Fracht für das getötete Tier.
4. Die Fracht Es ist für die Anwendung des § 6 5 ohne Bedeutung, ob die Fracht in einer 4 festen Summe (Pauschalfracht), als Tagesfracht oder nach dem Umfang der beförderten Frachtgüter vereinbart war. Bestimmt sich die Fracht vereinbarungsgemäß nach dem abgelieferten Gewicht (§ 63 Satz 2) und wird eine ordnungsgemäße Ermittlung des Gewichts vorgenommen, so ist diese für die Berechnung der Fracht maßgebend. In diesem Fall kann der Frachtführer keine weitere 1 Vgl. dazu § 64 Rdn. 4.
343
§66
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Fracht mit der Begründung verlangen, unterwegs sei infolge der natürlichen Beschaffenheit der Frachtgüter eine Minderung eingetreten. In allen anderen Fällen braucht sich der Frachtführer nicht mit einer Fracht entsprechend dem nachträglich ermittelten Gewicht abzufinden. Er braucht sich auch keine Einsparungen, z. B. Schleusengelder und Hafengelder anrechnen zu lassen.
5. Anderweitige Vereinbarungen 5
Die Transport- und Verladebedingungen von Schiffahrtsunternehmen enthalten in aller Regel Bestimmungen, die § 65 entsprechen und schließen gleichzeitig die Verantwortlichkeit des Frachtführers für Risiken infolge der natürlichen Beschaffenheit der Frachtgüter aus.
6
Verlangt der Frachtführer entsprechend den Voraussetzungen des §65 die volle Fracht, muß er beweisen, daß der vollständige oder teilweise Gewichtsverlust der Frachtgüter eine natürliche Folge der Beschaffenheit der Frachtgüter ist. Handelt es sich um Güter, denen eine natürliche Empfindlichkeit oder leichte Verletzlichkeit eigentümlich ist, spricht in aller Regel der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Verlust auf dieser Ursache beruht 2 . Den Ladungsbeteiligten steht der Nachweis offen, daß andere Ursachen, z. B. ein Schiffsunfall oder Verschulden des Frachtführers und seiner Erfüllungsgehilfen den Verlust herbeigeführt haben. Versterben Tiere auf der Reise aus natürlichen Gründen, muß der Frachtführer diese Tatsachen als Voraussetzung seines Frachtanspruchs beweisen. Auch insoweit steht den Ladungsbeteiligten der Gegenbeweis nach vorstehenden Grundsätzen offen.
6. Die Beweislast
§66 (1) In Ermangelung einer besonderen Vereinbarung fallen die Unkosten der Schiffahrt, insbesondere die Hafen-, Schleusen-, Kanal- und Brückengelder, die Lotsengebühren sowie die im regelmäßigen Verlaufe der Reise aufgewendeten Kosten f ü r Schlepplohn und Ableichterung dem Frachtführer zur L a s t ; dagegen gehören die Ufer-, K r a n - und Wiegegelder, imgleichen die Kosten einer auf Verlangen der Ladungsbeteiligten vorgenommenen Auseisung sowie die besonderen Kosten, welche durch die auf Verlangen der Ladungsbeteiligten bewirkte Übernahme oder Ablieferung der Güter bei Eis, Sturm, Hochwasser, zur Nachtzeit oder an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen entstehen, zu denjenigen Auslagen und Aufwendungen, deren Ersatz der Frachtführer verlangen kann. 2 Vgl. dazu R G Z 15, 149.
344
§ 66
Kostentragung
(2) Die Fälle der großen Haverei werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die eigentlichen Schiffahrtsunkosten 3. Besondere Aufwendungen im Interesseder Ladung
Rdn. 1 2-9
4. Die Kosten der großen Haverei . . . 5. Anderweitige Vereinbarungen . . . 6. Die Beweislast
Rdn. 13 14 15
10-12
1. Allgemeines Abweichend vom Seerecht, das im Rahmen des §621 H G B dem Verfrachter die gewöhnlichen und ungewöhnlichen Kosten der Schiffahrt aufbürdet, verteilt §66 die Schiffahrtsunkosten auf Frachtführer und Ladungsbeteiligte. Die bei der Ausführung der Beförderung regelmäßig entstehenden eigentlichen Schifffahrtsunkosten hat der Frachtführer zu tragen, während ihm besondere Aufwendungen, die nur im Interesse der Ladung notwendig sind oder auf Verlangen der Ladungsbeteiligten entstehen, zu erstatten sind 1 . Die Verpflichtung des Frachtführers zur Tragung der eigentlichen Schiffahrtsunkosten ist eine notwendige Folge der Übernahme des Transports bis zum Bestimmungsort. Durch die Fracht werden diese Kosten mangels einer abweichenden Vereinbarung abgegolten. Von § 66 werden auch ungewöhnliche Schiffahrtsunkosten umfaßt, die früher dem Bereich der „kleinen Haverei" zuzuordnen und als solche umlegefähig waren. In der Seeschiffahrt hat der Verfrachter diese Kosten nach § 621 H G B zu tragen. 2. D i e eigentlichen S c h i f f a h r t s u n k o s t e n a) Hafengelder werden von öffentlichen und privaten Häfen für die Benut- 2 zung der Hafeneinrichtungen entsprechend festen Tarifen erhoben. Unter Hafengeldern sind nur die öffentlichen Hafenabgaben, nicht aber die Kosten für die Inanspruchnahme der Ufereinrichtungen (Bollwerke) und Kaigebühren zu verstehen. Bei der Benutzung von Seehäfen durch Binnenschiffe können auch Festmachekosten, Tonnengelder und Leuchtfeuergelder als Hafengelder entstehen. Soweit in Häfen einheitliche Gebühren für die Hafen- und Uferbenutzung erhoben werden, muß in Ermangelung von besonderen Vereinbarungen eine Verteilung vorgenommen werden. Wegen der Schwierigkeiten der Aufteilung und der geringfügigen Differenzen bei einer anderweitigen Quotierung sollten derartige Kosten zwischen dem Frachtführer und den Ladungsbeteiligten halbiert werden. 1 Vgl. dazu B G H Z 2, 20; 8, 55.
345
§66 3
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
b) D i e Schleusengelder sind für das Durchfahren und die Benutzung der Schleusen auf den deutschen Wasserstraßen zu entrichten. Schleusengelder werden nach veröffentlichten Tarifen erhoben. Diese Schiffahrtsunkosten entstehen durch die Beförderung der Ladung und sind deshalb vom Frachtführer zu tragen. Sogen. Hebegelder sind Schleusengeldern gleichgestellt, auch wenn keine Schleusung erfolgt.
4
c) Kanalgelder werden für die Benutzung der deutschen Kanäle nach veröffentlichten Tarifen erhoben. Soweit die Kanalgelder die Uferbenutzung einschließen, ist wie bei Hafengeldern eine Aufteilung geboten. Auch Kanalgelder gehören zu den Beförderungskosten, die der Frachtführer zu tragen hat. Das frühere Schleppmonopol auf den deutschen Kanälen und im Berlinverkehr besteht nicht mehr.
5
d) Brückengelder werden auf den deutschen Wasserstraßen nicht erhoben. Soweit ausnahmsweise derartige Kosten im Ausland oder auf privaten Gewässern anfallen sollten, handelt es sich um Kosten, die im gewöhnlichen Verlauf der Reise entstehen und daher vom Frachtführer zu tragen sind.
6
e) L o t s e n g e b ü h r e n , die durch die Hinzuziehung einer für die zu durchfahrende Strecke sachkundige Person als nautischer Berater entstehen, fallen dem Frachtführer zur Last. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein Zwangslotse vorgeschrieben ist oder ob der Lotse freiwillig angenommen wird. Auf den deutschen Wasserstraßen gibt es keine Zwangslotsen.
7
f) Schleppgelder gehören regelmäßig zu den vom Frachtführer zu tragenden Schiffahrtskosten. Wird auf der Gebirgsstrecke des Rheinstroms ein Vorspannboot angenommen, dient die Schlepphilfe der Beförderung. Ist die Schlepphilfe durch außergewöhnliche Ereignisse wie Schiffsunfälle (§ 78), H o c h - oder Niedrigwasser oder Eisgefahr (§ 93) erforderlich geworden, handelt es sich nicht um eigentliche Schiffahrtsunkosten. Diese Kosten sind dann dem jeweiligen Risikobereich zuzuordnen 2 .
8
g) Leichterkosten, die im regelmäßigen Verlauf einer Reise aufgewendet werden, um einen Teil der Frachtgüter in ein anderes Schiff umzuladen, fallen dem Frachtführer zur Last. Ist auf einer Wasserstraße wegen der zu geringen Wasserführung stets eine Leichterung des Fahrzeugs ohne Rücksicht auf die Jahreszeit und Witterung erforderlich, ist also unter normalen Umständen keine volle Abladung für die Dauer der Reise möglich, geht die Ableichterung eines Teils der Ladung zu Lasten des Frachtführers. Wird die A b l e i c h t e r u n g d u r c h besondere Ereignisse wie H o c h - und Niedrigwasser erforderlich, kann der Frachtführer nicht als verpflichtet angesehen
2 Vgl. § 6 6 Rdn. 8.
346
Kostentragung
§66
werden, eine solch ungewöhnliche Ableichterung auf seine Kosten vorzunehmen. Das kann ihm billigerweise nicht zugemutet werden. Er kann den Eintritt normaler Wasserverhältnisse abwarten. Leichtert er aber, ohne dazu verpflichtet und ohne dazu durch die Umstände gezwungen zu sein, kann er die Leichterkosten nicht von den Ladungsbeteiligten verlangen. Eine Verpflichtung zur Leichterung besteht nur bei entsprechenden vertraglichen Abmachungen oder wenn die Ladungsbeteiligten das verlangen. In derartigen Fällen hat der Frachtführer Anspruch auf die im Interesse der Ladung entstandenen Leichterkosten. Im Verhältnis zwischen Haupt- und Unterfrachtführer fallen nach Schifffahrtsbrauch die Ableichterkosten dem Hauptfrachtführer zur Last, wenn die Beteiligten keine abweichende Vereinbarung getroffen haben. h) Auch sonstige Kosten der Schiffahrt, die im regelmäßigen Verlauf der 9 Reise entstehen, gehen zu Lasten des Frachtführers. Darunter fallen Verkehrsabgaben aller Art. Die Aufzählung des Gesetzes ist nicht abschließend. Es kommt ausschließlich darauf an, ob diese Kosten im Zusammenhang mit der normalen Beförderung stehen oder ob die Kosten im Interesse der Ladung aufgewendet werden müssen.
3. Besondere Aufwendungen im Interesse der Ladung a) Alle bei der Einladung und Entlöschung der Frachtgüter entstehenden 1 0 Kosten wie Ufer-, Kran- und Wiegegelder werden im Interesse der Ladung aufgewendet und gehen zu Lasten der Ladungsbeteiligten. § 66 entspricht den Bestimmungen der §§41, 56, wonach Frachtgüter auf das Schiff zu liefern und auf dem Schiff abzunehmen sind. Ufer- und Wiegegelder sind dem Frachtführer auch dann zu erstatten, wenn er die Beladung und Entlöschung selbst übernommen hat. Dagegen hat er Krangelder selbst zu tragen, wenn er in einem solchen Fall statt des bordeigenen Geschirrs fremde Einrichtungen benutzt. b) Besondere Leistungen auf ausdrückliches Verlangen haben die Ladungs- 11 beteiligten zu erstatten, soweit es sich um Leistungen handelt, die über den Frachtvertrag hinausgehen. Hierunter fallen die in §66 genannten besonderen Leistungen wie die Auseisung des Schiffes, die Übernahme und die Ablieferung der Güter bei Eis, Sturm, Hochwasser, zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen. Hierher gehören auch sonstige besonders verlangte Leistungen wie die Ableichterung oder Annahme eines Schleppers unter außergewöhnlichen Umständen. c) Alle sonstigen im Interesse der Ladung entstehenden Kosten gehen zu 1 2 Lasten der Ladungsbeteiligten. § 66 enthält keine abschließende Aufzählung. Im Interesse der Frachtgüter werden insbesondere aufgewandt: Zollkosten, statistische Gebühren, sowie alle durch die Fracht nicht abgegoltenen Mehrkosten. Dazu gehören auch die Kosten aus einer besonderen Behandlung der Frachtgüter wie Umstechen, Umschütten, Umlagern, Belüftung wegen Brand- und Explosionsgefahr. 347
§67
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
4. Die Kosten der großen Haverei 13
Entsprechend § 621 H G B bestimmt auch § 66 Abs. 2 zur Klarstellung, daß die Fälle der großen Haverei unberührt bleiben. Die zur Abwendung einer gemeinsamen Gefahr für Schiff und Ladung vom Frachtführer aufgewendeten Kosten sind in havarie-grosse gemeinsam von Schiff und Ladung zu tragen (§ 78 Abs. 2).
5. Anderweitige Vereinbarungen 14
§ 66 ist dispositiver Natur. In Transport- und Verladebedingungen pflegen die Schiffahrtsunternehmen häufig eine dem Frachtführer günstige Kostenverteilung durchzusetzen. Vielfach werden die von den Ladungsbeteiligten zu tragenden Kosten genau bestimmt. Wird im Frachtvertrag die Klausel „frei Zoll" vereinbart, bedeutet das, daß die Schleusen- und Zollgebühren stets von den Ladungsbeteiligten zu tragen sind. Häufig wird bestimmt, daß außergewöhnliche Kosten, insbesondere Kosten durch behördliche Eingriffe von den Ladungsbeteiligten zu tragen sind. D a ß Ufergelder zu Lasten der Ladungsbeteiligten gehen, wird häufig durch die Klausel „frei auf Wagen", „frei aufs Land" oder „Lieferung franko inkl. Kosten" zum Ausdruck gebracht.
6. Die Beweislast 15
Der Frachtführer hat nach allgemeinen Regeln den Nachweis zu erbringen, daß die behaupteten Aufwendungen im Interesse der Ladung erfolgt sind und er deshalb die Erstattung von den Ladungsbeteiligten verlangen kann. Insbesondere bei außergewöhnlichen Kosten hat er die Umstände im einzelnen zu beweisen. Gegebenenfalls hat er auch zu beweisen, daß besondere Leistungen von den Ladungsbeteiligten ausdrücklich verlangt worden sind. Abweichende Vereinbarungen hat stets derjenige zu beweisen, der aus einer solchen Vereinbarung Rechte für sich herleitet.
§67 E n t h ä l t der Frachtbrief oder Ladeschein die Bestimmung, daß der F r a c h t führer franko abzuliefern hat, so steht dies im Zweifel der Geltendmachung des Pfandrechts des Frachtführers (§ 440 des Handelsgesetzbuchs) wegen der Zollgelder sowie wegen der sonstigen Auslagen und der Liegegelder für die Zeit nach dem A n t r i t t der Reise nicht entgegen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Das Pfandrecht des Frachtführers . .
348
Rdn. 1-2 3-4
3. Der Umfang des Pfandrechts . . . . 4. Die Dauer des Pfandrechts
Rdn. 5-7 8-9
Pfandrecht des Frachtführers wegen seiner Auslagen 5. D e r Inhalt des Pfandrechts 6. Die Realisierung des Pfandrechts . . 7. D a s Pfandrecht mehrerer Frachtführer
10-11 12 13-15
8. 9. 10. 11.
D i e Rangfolge mehrerer Pfandrechte Die Frankoablieferung Anderweitige Vereinbarungen . . . D i e Beweislast
§67 16 17-19 20-21 22-23
1. Allgemeines Das Seerecht kennt keine §67 vergleichbare Bestimmung. Nach §614 Abs. 2 1 H G B ist der Verfrachter grundsätzlich nur zur Auslieferung der Frachtgüter Zug um Zug gegen Erfüllung der sich aus §614 Abs. 1 H G B ergebenden Ansprüche verpflichtet. Auf eine Sicherheitsleistung braucht er sich nicht verweisen zu lassen. N u r im Falle eines Streits über seine Forderung ist er nach Hinterlegung der streitigen Summe zur Auslieferung der Frachtgüter verpflichtet und kann nach Ablieferung der Güter den hinterlegten Betrag erheben, nachdem er selbst angemessene Sicherheit geleistet hat (§624 H G B ) . Im Binnenschiffahrtsrecht hat der Frachtführer nach §26 i.V.m. §§435, 436 2 H G B die Frachtgüter gegen Erfüllung der sich aus dem Frachtvertrag ergebenden Verpflichtungen Z u g u m Z u g (§ 320 B G B ) auszuliefern. Wenn nichts anderes vereinbart ist, besteht keine Vorleistungspflicht des Frachtführers. Er braucht sich nicht mit einer Hinterlegung der Gegenforderung abzufinden. In welcher Weise die beiderseitigen Erfüllungshandlungen bewirkt werden, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben (§§242, 320 Abs. 2 B G B ) . Bei besonders gekennzeichneten Frachtgütern (Stückgüter) wird die Ablieferung gegen Frachtzahlung kaum Schwierigkeiten machen. Bei M a s s e n g ü t e r n wird der Frachtführer, wenn der Empfänger grundsätzlich zur Zahlung der Fracht bereit ist, zunächst einmal mit der Auslieferung beginnen. Er kann Abschlagszahlungen bis zur Höhe der Fracht für die jeweils ausgeladenen Güter verlangen und schließlich einen seine Ansprüche deckenden Teil der Frachtgüter einbehalten. Neben dem Zurückbehaltungsrecht aus §320 B G B gibt §26 i.V.m. §440 H G B dem Frachtführer hinsichtlich seiner Ansprüche aus dem Frachtvertrag ein gesetzliches Pfandrecht an den Frachtgütern. Dieses Pfandrecht gibt ihm die Möglichkeit, einen seine Ansprüche deckenden Teil der Ladung einzubehalten und sich daraus im Wege der öffentlichen Pfandversteigerung (§§ 1257, 1228 ff. B G B ) zu befriedigen. Von einer besonderen Regelung des gesetzlichen Pfandrechts des Frachtführers hat das Binnenschiffahrtsgesetz Abstand genommen. § 67 verweist auf § 440 H G B . Ferner finden nach §26 die §§440-443 H G B Anwendung.
2. Das Pfandrecht des Frachtführers a) Das Pfandrecht des Frachtführers entsteht nach § 440 Abs. 2 H G B mit der 3 Ubergabe der Fracht an den Frachtführer zum Zwecke der Beförderung (§58 Abs. 3) aufgrund eines Frachtvertrages, also mit der E m p f a n g n a h m e der Frachtgüter im Sinne des §58. Wie und wo die Empfangnahme und Ablieferung der 349
§67
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Frachtgüter erfolgt, bestimmen die §§41, 56. Wenn die Empfangnahme bereits vor der Einladung erfolgt 1 ist, kann das gesetzliche Pfandrecht schon vor der Beladung des Schiffes entstehen. Das Pfandrecht steht dem Frachtführer zu. Nach §26 i.V.m. §425 H G B ist Frachtführer derjenige, der nach dem Frachtvertrag die Beförderung der Frachtgüter übernommen hat. Bei Ausstellung eines Ladescheins kommt gegenüber dem Empfänger als Frachtführer nur in Betracht, wer den Ladeschein in eigenem Namen gezeichnet hat. Bei Unterzeichnung des Ladescheins durch einen Bevollmächtigten wird der Bevollmächtigte berechtigt und verpflichtet (§446 Abs. 1 H G B ) . 4
b) Das gesetzliche Pfandrecht entsteht mit der Entgegennahme der Frachtgüter an sich nur dann, wenn der Absender auch der Eigentümer der Frachtgüter ist. Nach §366 H G B wird aber der gute Glauben des Frachtführers an die Verfügungsbefugnis des Absenders geschützt, selbst wenn der Frachtführer weiß, daß der Absender nicht der Eigentümer ist. Es ist unerheblich, ob der Absender als Kaufmann gilt und ob er im Betrieb seines Handelsgewerbes gehandelt hat. Unter diesen Umständen ist die Rechtsstellung des Absenders unerheblich. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der Spediteur oder der Ablader bei der Übergabe der Frachtgüter in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung gehandelt haben. Das gesetzliche Pfandrecht an beförderten Gütern steht nur dem Frachtführer wegen seiner Frachtforderung, nicht aber dem Vermieter eines Binnenschiffs wegen seiner Mietforderung zu 2 .
3. Der Umfang des Pfandrechts 5
a) Das Pfandrecht ergreift die gesamten, aufgrund des Frachtvertrages zur Beförderung übergebenen Frachtgüter.
6
b) Nach §440 Abs. 1 steht dem Frachtführer das Pfandrecht wegen aller durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen zu. Hierher gehört die Fracht (§ 63), die Fehlfracht (§§ 34, 36, 38, 39), die Fracht für ein abgeliefertes Übergewicht (§63), Liegegelder sowie die Schiffahrtsunkosten im Sinne des §66. Auch eine Nachnahme, die der Frachtführer verauslagt hat, begründet das Pfandrecht. c) Es ist für die Entstehung des Pfandrechts ohne Bedeutung, wann die Forderung des Frachtführers fällig geworden ist, weil das Pfandrecht mit dem Abschluß des Frachtvertrages und der Empfangnahme der Frachtgüter kraft Gesetzes entsteht. Der Frachtführer kann daher in Zweifelsfällen, wenn er begründete Bedenken gegen die Zuverlässigkeit und die Zahlungsfähigkeit des Empfängers hat oder bei einer Weigerung, die Fracht zu zahlen oder Sicherheit zu leisten, das 1 Vgl. dazu §58 Rdn. 3. 2 B G H Z f B 1985, 337.
350
Pfandrecht des Frachtführers wegen seiner Auslagen
§67
Pfandrecht auch geltend machen, wenn vereinbart ist, daß die Fracht „nach ordnungsgemäßer Ablieferung" zu zahlen ist. d) Bei Ausstellung eines Ladescheins beschränkt sich das Pfandrecht auf die 7 Forderungen, die aus diesem Wertpapier begründet werden können. Denn der Ladeschein ist für die gesamten Rechtsbeziehungen des Frachtführers zum Empfänger entscheidend (§ 446 H G B ) . Forderungen, die erst nach der Aushändigung des Ladescheins entstehen, wie z. B. Liegegelder am Ablieferungsort, brauchen naturgemäß nicht in den Ladeschein aufgenommen zu sein, da das begrifflich nicht möglich ist. Der Frachtführer hat alle bis zur Aushändigung des von ihm ausgestellten Ladescheins entstandenen Forderungen zur Erhaltung seines Pfandrechts gegenüber dem Empfänger im Ladeschein im einzelnen zu vermerken. Eine allgemeine Bezugnahme auf den Frachtvertrag genügt nur für die ohne weiteres aus dem Vertrag ersichtlichen Forderungen, also z. B. nicht für die bei der Beladung des Schiffs entstandenen Liegegelder. Eine entsprechende Anwendung auf den Frachtvertrag ist nicht gerechtfertigt. Vielmehr bestimmt sich dann der Umfang des Pfandrechts allein durch den Frachtvertrag. Enthält der Ladeschein einen Hinweis auf eine Frachtzahlung, hat der Frachtführer die Frachtgüter frachtfrei auszuliefern. Ebenso liegt der Fall, wenn der Frachtbrief den Vermerk „Fracht bezahlt" trägt. Das gleiche gilt bei der Aufnahme einer Frankoklausel, da die Güter dann Franko, also frei von Fracht abzuliefern sind. In einer solchen Klausel liegt auch die weitere Vereinbarung, daß der Frachtführer gegenüber dem Empfänger kein gesetzliches Pfandrecht wegen der nicht aus dem Ladeschein ersichtlichen Forderungen geltend machen werde.
4. Die Dauer des Pfandrechts a) Das Pfandrecht besteht nach §440 Abs. 2 H G B , solange der Frachtführer 8 das Gut in Besitz hat oder selbst darüber aufgrund eines Ladescheins oder Lagerscheins verfügen kann. Es genügt jede F o r m des mittelbaren Besitzes. b) Nach § 440 Abs. 3 H G B besteht das Pfandrecht auch noch nach der Ablie- 9 ferung der Frachtgüter an den Empfänger zum Schutz des Frachtführers mit der Einschränkung fort, daß der Frachtführer das gesetzliche Pfandrecht binnen 3 Tagen gerichtlich geltend machen muß. Unter der Ablieferung in diesem Sinne ist die Aufgabe des Gewahrsams an den Frachtgütern nach Beendigung der Beförderung mit dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis des Empfängers, also die Besitzübertragung, zu verstehen. Die gerichtlichen Maßnahmen (einstweilige Verfügung mit dem Ziel einer Sequestrierung der Frachtgüter, einstweilige Verfügung mit dem Ziel eines Verbotes, die Frachtgüter wegzuschaffen oder zu verwerten oder eine Herausgabe351
§67
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
klage) müssen binnen 3 Tagen nach der Ablieferung, also spätestens am dritten Werktag danach ( § § 1 8 7 , 193 B G B ) eingeleitet werden.
5. Der Inhalt des Pfandrechts 10
a) N a c h § 1 2 5 7 B G B finden die Vorschriften über ein rechtsgeschäftlich bestelltes Pfandrecht ( § § 1 2 0 4 ff. B G B ) auf ein gesetzliches P f a n d r e c h t A n w e n dung. Aus § 1 2 0 4 B G B folgt das R e c h t des Frachtführers, zur D e c k u n g seiner gesamten Forderungen aus dem Frachtvertrag Befriedigung aus den Frachtgütern zu suchen. N a c h Treu und Glauben (§ 2 4 2 B G B ) ist er aber nicht berechtigt, die gesamten Frachtgüter einzubehalten, wenn schon ein Teil zur D e c k u n g seiner Forderungen genügt. E r braucht insoweit aber keine Ermittlungen anzustellen. E r macht sich nur schadensersatzpflichtig, wenn der U m f a n g der Einbehaltung offenbar ungerechtfertigt war, und er dies ohne weiteres erkennen konnte.
11
b) D a s gesetzliche P f a n d r e c h t steht regelmäßig neben dem Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t aus § 2 7 3 B G B und § 3 6 9 H G B . Diese R e c h t e k ö n n e n nebeneinander geltend gemacht werden 3 .
12
D i e D u r c h s e t z u n g des gesetzlichen Pfandrechts des Frachtführers erfolgt nach den § § 1 2 5 7 , 1 2 2 8 - 1 2 4 1 , 1245, 1246 B G B . D i e Befriedigung des Frachtführers aus den seinem Pfandrecht unterliegenden Frachtgütern erfolgt durch den außergerichtlichen Verkauf der Frachtgüter im Wege der öffentlichen Versteigerung. D i e für die Veräußerung erforderliche Pfandreife ist eingetreten, sobald die Fracht ganz oder teilweise fällig geworden ist (§ 1228 A b s . 2 B G B ) . D e r F r a c h t führer m u ß dem E m p f ä n g e r nach § 4 4 0 A b s . 4 H G B den Pfandverkauf androhen. D i e A n d r o h u n g ist an den A b s e n d e r zu richten, wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist oder wenn dieser die A n n a h m e der Frachtgüter verweigert. D i e A n d r o h u n g kann bereits bei der Geltendmachung des Pfandrechts erfolgen. Ist die A n d r o h u n g untunlich, kann sie unterbleiben. D e r Pfandverkauf darf nicht vor dem Ablauf einer W o c h e nach der A n d r o h u n g erfolgen (§ 368 H G B ) . Ist die A n d r o h u n g untunlich, wird diese Frist vom Beginn der Verkaufsberechtigung an gerechnet. Zuständig für die öffentliche Versteigerung ist der örtlich zuständige Gerichtsvollzieher. H a b e n die G ü t e r einen B ö r s e n - oder Marktpreis, kann der Pfandverkauf freihändig durch einen zu derartigen Verkäufen ermächtigten Versteigerer erfolgen. Pfandschuldner und Gläubiger k ö n n e n unter Zustimmung sonstiger Beteiligter eine abweichende Verkaufsart vereinbaren. Auch das A m t s gericht, in dessen B e z i r k die Pfandstücke aufbewahrt werden, kann auf Antrag der Beteiligten eine andere A r t des Pfandverkaufs anordnen (§ 1246 B G B , 166 FGG).
6. Die Realisierung des Pfandrechts
3 RG J W 1934, 2971 Nr. 3. 352
Pfandrecht des Frachtführers wegen seiner Auslagen
§67
7. Das Pfandrecht mehrerer Frachtführer a) N a c h § 440 H G B haben alle an der Beförderung der Frachtgüter aufeinan- 1 3 der folgend beteiligten Frachtführer wegen ihrer Forderungen ein gesetzliches Pfandrecht. Das Pfandrecht der Vormänner besteht so lange, wie das Pfandrecht des letzten Frachtführers besteht ( § 4 4 1 Abs. 1 Satz 2 H G B ) . Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein einheitlicher Frachtbrief, mehrere Frachtbriefe oder keine Ladepapiere ausgestellt sind. Unter den Voraussetzungen des § 4 4 0 Abs. 3 H G B überdauert das Pfandrecht den Zeitpunkt der Ablieferung der Frachtgüter. b) Soweit der Frachtführer seine Vormänner wegen ihrer Forderungen befrie- 1 4 digt, gehen deren Ansprüche nebst dem dafür begründeten Pfandrecht auf ihn kraft Gesetzes über ( § 4 4 1 Abs. 2 und 3 H G B ) . c) Falls nicht im Frachtbrief eine abweichende Bestimmung getroffen worden 1 5 ist, ist der letzte Frachtführer berechtigt und verpflichtet, auch die gesamten Ansprüche seiner Vormänner sowie die auf der Ladung ruhenden Nachnahmen einzuziehen und dabei auch das Pfandrecht der Vormänner geltend zu machen. Verletzt der letzte Frachtführer seine Pflicht zur Geltendmachung der A n sprüche der Vormänner einschließlich der Pfandrechte, ist er den Vormännern gegenüber verantwortlich ( § 4 4 2 Satz 1 H G B ) . Er geht des Rückgriffs gegen seine Vormänner verlustig (§ 442 Satz 2 H G B ) , soweit sich diese aufgrund ihres Pfandrechts aus den Frachtgütern hätten befriedigen können. Auch die Ansprüche gegen den Absender gehen verloren 4 . Hingegen bleiben die Ansprüche des Frachtführers gegen den Empfänger in diesem Falle erhalten (§ 442 Satz 2 H G B ) . Nur das gesetzliche Pfandrecht ist durch die Ablieferung erloschen.
8. Die Rangfolge mehrerer Pfandrechte Die Rangfolge der Pfandrechte mehrerer Frachtführer bestimmt sich nicht 1 6 nach den §§ 1257, 1209 B G B , sondern nach der Sonderregelung der §§ 102, 116 i.V.m. § 4 4 3 H G B . Danach ergibt sich folgende Rangfolge: Zunächst kommen die Beiträge zur großen Haverei und etwaige Bergungs- und Hilfskosten, die den in § 443 H G B bezeichneten Pfandrechten vorgehen. Dann folgen die Pfandrechte des Kommissionärs ( § 3 9 7 H G B ) , des Spediteurs ( § 4 1 0 H G B ) und der der F r a c h t f ü h r e r (§ 440 H G B ) , die durch die Beförderung der Frachtgüter entstanden sind, wobei das später entstandene Pfandrecht vorgeht ( § 4 4 3 Abs. 1 H G B ) . Erst hiernach kommen die übrigen mit einem gesetzlichen Pfandrecht ausgestatteten Forderungen zum Zuge, wobei nach den Regeln des bürgerlichen Rechts das ältere dem jüngeren Pfandrecht vorgeht (§§ 1257, 1209 B G B ) .
4 RGZ 122, 221. 353
§67
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
9. Die Frankoablieferung 17
a) Verpflichtet sich der Frachtführer, die Ladung „franko" oder „frei von Fracht" an den Empfänger abzuliefern, liegt darin die Abrede, daß er kein Pfandrecht wegen der Fracht gegen den Empfänger geltend machen werde.
18
b) Ist „franco Fracht gegen Lieferschein" vereinbart, ist der Absender erst zur Zahlung der Fracht verpflichtet, wenn ihm der Frachtführer durch Vorlage eines vom Empfänger unterzeichneten Lieferscheins nachweist, daß eine ordnungsgemäße Ablieferung erfolgt ist. Der Frachtführer ist berechtigt, vom Empfänger einen ordnungsgemäßen „reinen" Ablieferungsschein zu verlangen. Auf die Erteilung des reinen Ablieferungsscheins besteht ein klagbarer Anspruch des Frachtführers gegen den Empfänger, wenn er seine vertraglichen Pflichten gehörig erfüllt hat. Der Lieferschein ist der Beleg über die ordnungsgemäße Ablieferung der Ladung. Der Frachtführer kann den Lieferschein sofort bei Ablieferung verlangen. Er braucht sich nicht vertrösten zu lassen, der Lieferschein werde nachgereicht oder dem Absender übersandt, da sich auftretende Unstimmigkeiten nur sofort, später aber nicht oder nur unter Schwierigkeiten aufklären lassen.
19
c) Ist in den Frachtpapieren Frankolieferung vereinbart, steht diese Abrede nach dem ausdrücklichen Wortlaut des §67 der Geltendmachung eines Pfandrechts gegen den Empfänger wegen Zollgeldern und sonstigen Auslagen für die Zeit nach dem Antritt der Reise nicht entgegen, wenn die Beteiligten keine abweichende Abrede getroffen haben.
20
a) In Transport- und Verladebedingungen werden häufig weitgehende Rechte des Frachtführers bestimmt. So wird ausbedungen, daß dem Frachtführer wegen aller fälligen und nicht fälligen Ansprüche, die ihm aus laufender Rechnung oder aus sonstigen Gründen gegen den Absender zustehen, ein Pfandrecht und ein Zurückbehaltungsrecht an den zur Beförderung übergebenen Frachtgütern zustehen soll. Nicht unüblich ist auch die Bestimmung, daß der Frachtführer berechtigt ist, die Pfandstücke bei Verzug des Schuldners ohne gerichtliches Verfahren verkaufen zu lassen.
21
b) Im Falle von Frankolieferungen behalten sich Frachtführer in den Frachtverträgen gelegentlich vor, Ladepapiere mit dem Vermerk „franco gegen Lieferschein" zurückzuweisen. Gelegentlich wird bei der Vereinbarung von Frankolieferungen bestimmt, daß sich der Frachtführer auch an den Empfänger halten kann, wenn nicht die bei der Einladung der Frachtgüter am Ladeort fällig gewordene Fracht im voraus bezahlt ist. Es finden sich auch Bestimmungen, wonach die vereinbarte Frankolieferung der Geltendmachung eines Pfandrechts wegen der Fracht und der vor dem Antritt der Reise entstandenen Auslagen und Nebenkosten nicht entgegenstehen soll.
10. Anderweitige Abreden
354
D a u e r n d e Verhinderung des Reiseantritts durch Zufall
§ 68
11. Die Beweislast a) Steht die Abrede einer Franko-Klausel in Rede, hat der im Rechtsstreit die Beweislast für die Vereinbarung einer solchen Klausel, der daraus Rechte herlei- 2 2 tet. In der Regel ist dieser Beweis durch Vorlage der Frachtpapiere zu führen. Kann aus den Frachtpapieren die Klausel unmittelbar nicht entnommen werden, kann auch mit allgemeinen Beweismitteln die Vereinbarung einer Franko-Klausel bewiesen werden. Dem Empfänger kann eine solche Klausel aber nur entgegengehalten werden, wenn sie aus den Frachtpapieren ersichtlich ist. b) Ist „franko Fracht gegen Lieferschein" bedungen und nimmt der Frachtführer den Absender ohne Vorlage eines reinen Lieferscheins auf Zahlung der 2 3 Fracht in Anspruch, muß er entweder beweisen, daß er die Ladung ordnungsgemäß ausgeliefert oder für einen Mangel der abgelieferten Frachtgüter nicht einzustehen hat. Dabei ist es gleichgültig, ob ein Lieferschein Mängel aufzeigt oder die Zeichnung eines Lieferscheins überhaupt verweigert worden ist.
§68 (1) Wird der Antritt der Reise durch Zufall dauernd verhindert, so tritt der Frachtvertrag außer Kraft, ohne daß der eine Teil zur Entschädigung des anderen verpflichtet ist. (2) Als dauernde Verhinderung ist es insbesondere anzusehen: 1. wenn das Schiff, mit welchem die Beförderung zu erfolgen hatte, verlorengeht oder derart beschädigt wird, daß die Reise nicht ohne eine umfassende Ausbesserung des Schiffes angetreten werden kann; als Ausbesserung dieser Art gilt namentlich eine solche, welche die vollständige Löschung der Ladung notwendig macht; 2. wenn die zu befördernden Güter verlorengehen, vorausgesetzt, daß sie nicht bloß nach Art und Gattung, sondern speziell im Frachtvertrage bezeichnet oder bereits verladen oder doch von dem Frachtführer übernommen waren. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die dauernde zufällige Verhinderung des Reiseantritts 3. Der Verlust oder die Beschädigung des Schiffes 4. Der Verlust der Frachtgüter 5. Der Einfluß von zufälligen Beförde-
Rdn. 1-4 5-7 8-10 11-13
Rdn. rungshindernissen auf den Frachtvertrag 6. Die Rechtsfolgen bei schuldhaft verursachten Beförderungshindernissen 7. Anderweitige Vereinbarungen . . . 8. Die Beweislast
14-15 16-17 18 19
355
§68
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
1. Allgemeines 1
a) Die Durchführung des Frachtvertrages kann durch Hindernisse beeinträchtigt werden. Diese Beförderungshindernisse können vor oder nach dem Antritt der Frachtreise entstehen und die Erfüllung des Frachtvertrages zeitweilig oder dauernd unmöglich machen. Die Beförderungshindernisse können zufälliger Art sein, sie können aber auch sowohl vom Frachtführer als auch vom Absender verschuldet sein.
2
b) Im Seerecht findet sich in den §§ 628-641 eine zusammenfassende Regelung der Wirkungen zufälliger Ereignisse. Dort unterscheidet das Gesetz nach der Art des Vertrages, nach dem Zeitpunkt des Eintritts des zufälligen Ereignisses und nach den Rechtsfolgen (Vertragsauflösung kraft Gesetzes oder Kündigungsrecht beider Parteien). Das Gesetz bestimmt dort auch näher, ob und in welchem Umfange eine Entschädigung zu zahlen ist. Das Binnenschiffahrtsgesetz enthält abweichend vom Seerecht keine zusammenfassende Regelung. Es werden nur einige Fälle von Beförderungshindernissen, die von keinem der Beteiligten zu vertreten sind, in den §§ 68-71 behandelt, und zwar in § 68 die dauernde zufällige Verhinderung des Reiseantritts, in § 69 die dauernde zufällige Verhinderung der Reisefortsetzung, in §70 die Fürsorge für die L a d u n g bei einem Verlust des Schiffes und schließlich in § 71 die zeitweilige Verhinderung des Antritts oder der Fortsetzung der Reise. Diese Vorschriften unterscheiden nicht hinsichtlich der verschiedenen Verfrachtungsarten. Es kommt also nicht darauf an, ob eine Gesamt-, Teil- oder Stückgutverfrachtung den Gegenstand des Frachtvertrages bildet.
3
c) Die Vorschriften des B G B finden ergänzend Anwendung. Hat ein Beteiligter das Beförderungshindernis zu vertreten, so richten sich die Rechtsfolgen nach den allgemeinen Vorschriften 1 .
4
d) § 68 regelt die Vertragsauflösung kraft Gesetzes bei einer dauernden zufälligen Verhinderung des Reiseantritts. Diese Vorschrift entspricht weitgehend § 628 H G B , jedoch fehlt eine abschließende kasuistische Aufzählung der rechtserheblichen Ereignisse 2 . Die in § 68 genannten Fälle haben nur beispielhaften Charakter.
2. Die dauernde zufällige Verhinderung des Reiseantritts 5
a) Ein Beförderungshindernis in Form der dauernden zufälligen Verhinderung des Reiseantritts kann in jedem zufälligen Ereignis liegen, das das Schiff und/oder die Ladung trifft, wenn der Antritt der Reise hierdurch dauernd verhindert wird. Ein Ereignis beruht auf Zufall, wenn daran keinen der Beteiligten (Frachtführer oder Absender) ein Verschulden trifft. Das Ereignis braucht nicht unerwartet 1 Vgl. dazu §68 Rdn. 16. 2 B G H L M §66 BSchG/1 = M D R 1963, 743.
356
Dauernde Verhinderung des Reiseantritts durch Zufall
§68
einzutreten und m u ß auch nicht auf höherer Gewalt beruhen. A u c h behördliche A n o r d n u n g e n und staatliche Eingriffe aller Art, die das Schiff oder die Ladung betreffen, können ein zufälliges Ereignis sein. Die Beschlagnahme des Schiffes im Wege eines Arrestes (§ 931 Z P O ) oder im Wege der Zwangsversteigerung (§§ 162 ff. Z V G ) sind keine zufälligen Ereignisse, sondern vom Schuldner zu vertreten. b) Eine Verhinderung des Reiseantritts liegt vor, wenn der Frachtführer 6 außerstande gesetzt wird, den Frachtvertrag durch Beladung des Schiffs und den anschließenden Reiseantritt zu erfüllen. Das Ereignis muß vor dem tatsächlichen Reiseantritt eintreten. Das Schiff darf nicht mit der vertragsgemäßen Ladung den Ladeort zur Beförderung der Frachtgüter zum Ablieferungsort verlassen haben. c) Die Verhinderung des Reiseantritts muß dauernd sein. Es genügt zur An- 7 nähme einer dauernden Verhinderung, daß nach den Umständen des Falles der erkennbare Zweck der Reise durch das Hindernis unerreichbar geworden ist 3 . Nicht notwendig muß auch die Möglichkeit der Reise für alle Zeiten ausgeschlossen sein. In der Regel muß der Antritt der Reise mit den im Frachtvertrag oder durch die Einladung der Frachtgüter ausgewählten bestimmten Schiffen für nicht voraussehbare Zeit unmöglich geworden sein. Ein dauerndes Hindernis ist dagegen nicht anzunehmen, wenn nur das in Aussicht genommene Schiff oder Frachtgut, das weder im Frachtvertrag als solches noch durch eine Beladung ausgewählt ist, von einem solchen dauernden Hindernis betroffen ist. Auch ein Streik im Unternehmen des Absenders oder seines Auftraggebers ist deshalb grundsätzlich unerheblich. Eine zeitweilige Verhinderung, wie sie durch Hoch- oder Niedrigwasser oder auch durch Vereisung der Binnengewässer oder Eisgang entstehen kann, reicht nicht aus, den Frachtvertrag in Frage zu stellen. Die Fälle zeitweiliger Verhinderung des Reiseantritts sind in § 71 selbständig geregelt. Auch ein längerer Aufenthalt zur Behebung des Hindernisses stellt keine dauernde Verhinderung dar, wie § 71 zeigt. Nach dieser Vorschrift liegt im Falle des Uberwinterns eine zeitweilige Verhinderung vor. Ebenso wird man nur eine zeitweilige Verhinderung annehmen können, wenn ein Schiff infolge seiner Ladung oder ungewöhnlicher Wasserstandsverhältnisse auf einer zuvor unternommenen Frachtreise unterwegs liegenbleibt und nicht zur Ausführung der vereinbarten neuen Frachtreise vorgelegt werden kann.
3. Der Verlust oder die Beschädigung des Schiffes a) N a c h dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut ist als dauernde Verhinderung 8 anzusehen, wenn das Schiff, mit dem nach dem Frachtvertrag die Beförderung erfolgen soll, ohne Verschulden eines Beteiligten verlorengeht. Die Beförderung mit dem verlorengegangenen Schiff muß durch den Vertrag eindeutig vereinbart 3 B G H Z f B 1960, 52.
357
§68
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
worden sein. Das ist anzunehmen, wenn das Schiff nach Namen und Registernummer im Frachtvertrag bezeichnet ist. Es muß aber ausreichen, wenn sich die Abreden der Parteien auf ein bestimmtes Schiff konzentriert haben und kein Zweifel aufkommen kann, welches Schiff zur Erfüllung des Frachtvertrages vorgelegt werden sollte, z. B. wenn der Frachtführer nach dem Wissen der Beteiligten überhaupt nur über ein Schiff verfügt. Mindestens muß der Absender mit der Einladung der Frachtgüter begonnen haben. Es genügt nicht, daß das Schiff erst in Aussicht genommen war. Hatte der Frachtführer die Ladung vertragswidrig in ein anderes als das vereinbarte Schiff geladen, findet § 68 keine Anwendung. 9
b) Ein Schiffsverlust ist anzunehmen, wenn das Schiff vollständig vernichtet ist. Ein solcher Fall liegt regelmäßig vor, wenn das Schiff verbrannt, durch einen Unfall zertrümmert oder gesunken ist und danach nicht sofort wieder gehoben werden kann.
10
c) Dem Verlust des Schiffes stellt § 68 Abs. 2 N r . 1 den Fall gleich, daß im Falle einer Beschädigung des Schiffes die Reise nicht ohne eine umfassende Reparatur des Schiffes angetreten werden kann. Anders als im Seerecht ( § § 6 2 8 N r . 1, 479 H G B ) ist es nicht erforderlich, daß das Schiff reparaturunfähig oder reparaturunwürdig geworden ist. Nach dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 N r . 1 genügt schon eine Ausbesserung, die die vollständige Löschung der Ladung erforderlich macht. D e r Frachtführer soll im Falle einer Beschädigung des Schiffes die freie Verfügung über das Schiff erhalten und nicht genötigt sein, das Schiff dort reparieren zu lassen, wo es sich gerade befindet.
4. Der Verlust der F r a c h t g ü t e r 11
a) Als weiteren Fall der dauernden Verhinderung nennt das Gesetz in § 68 Abs. 2 N r . 2 den Fall, daß die zu befördernden Frachtgüter verlorengehen. Hierunter fällt jeder vollständige zufällige Verlust der Güter, z. B. der Verlust von Stückgütern auf See, die durch ein Binnenschiff weiterbefördert werden sollen. § 68 Abs. 2 N r . 2 setzt voraus, daß die Güter speziell im Frachtvertrag bezeichnet, bereits verladen oder vom Frachtführer übernommen worden sind. Es genügt weder, daß die Güter nach Art, Gattung oder Beschaffenheit in den Frachtpapieren bezeichnet oder als solche vom Absender ausgesondert oder bis zum Ladeplatz befördert worden sind, hinzukommen muß auch die E m p f a n g n a h m e
der Frachtgüter durch den Frachtführer. Die dauernde Transportunfähigkeit der Frachtgüter steht dem vollständigen Verlust nicht gleich. Sind Frachtgüter radioaktiv verseucht worden, wird eine Entsorgung erforderlich, die zur Vernichtung der Frachtgüter führt. Einen solchen Fall wird man dem Verlust der Frachtgüter gleichzustellen haben. Es genügt zur Annahme eines Verlustes nicht, daß die vom Absender in Aussicht genommenen Frachtgüter untergehen; denn der Absender ist in der Lage, Güter gleicher Art und Beschaffenheit oder andere Ersatzgüter ( § 4 3 ) zu verfrachten. 358
Dauernde Verhinderung des Reiseantritts durch Zufall
§68
b) Der teilweise Verlust der zu befördernden Frachtgüter steht dem Fall des 1 2 vollständigen Verlustes nicht gleich. Das Seerecht regelt diesen Fall in §636 H G B abweichend vom Binnenschiffahrtsrecht. Diese Vorschrift kann auch nicht analog angewendet werden. Aus dem Zusammenhang der Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes ist zu entnehmen, daß auch § 323 Abs. 1 B G B unanwendbar ist. Es liegt keine Unmöglichkeit im Sinne dieser Vorschrift vor. Der Frachtführer braucht in diesem Fall keine Minderung der Fracht hinnehmen. Der Absender ist nach § 43 berechtigt, andere, die Lage des Frachtführers nicht erschwerende Frachtgüter zu liefern oder gegen Zahlung der Fehlfracht nach §§ 36, 34 vom Frachtvertrag zurückzutreten. Tritt der Absender nicht zurück, ist der Frachtführer nach § 35 berechtigt, die Reise mit der unvollständigen Ladung anzutreten. Dem Frachtführer steht, wenn der Absender weder Ersatzgüter anliefert noch zurücktritt, die volle Fracht zu. c) Werden die Frachtgüter beschädigt, ist das im Rahmen des §68 ohne Ein- 1 3 fluß auf den Frachtvertrag, weil eine Beschädigung der Frachtgüter keine objektive Unmöglichkeit der Fracht hervorruft 4 . Das gilt auch dann, wenn die Frachtgüter transportunfähig geworden sind und nicht ausgebessert werden können. In diesem Fall stehen dem Absender nur die Rechte aus den §§34-36, 43 zu. Der Fall der Beschädigung liegt in der Risikosphäre des Absenders. Es wäre unbillig, mit diesem Beförderungsrisiko den Frachtführer zu belasten.
5. Der Einfluß von zufälligen Beförderungshindernissen auf den Frachtvertrag a) Wird der Antritt der Reise durch Zufall dauernd verhindert, tritt der 1 4 Frachtvertrag kraft Gesetzes außer Kraft. Der Frachtvertrag wird nicht etwa rückwirkend außer Kraft gesetzt und wird auch nicht nichtig. Der Frachtvertrag wird vielmehr ex nunc beendet. Ist der Frachtvertrag aufgrund eines dauernden Beförderungshindernisses außer Kraft getreten, lebt er selbst dann nicht wieder auf, wenn das Beförderungshindernis wider Erwarten bald beseitigt werden kann. Das Gesetz bestimmt, daß im Falle der Vertragsbeendigung keine Partei zur Entschädigung des anderen Teils verpflichtet ist. Der Frachtführer kann also weder die bedungene Fracht, noch Fehlfracht, noch eine Distanzfracht, noch eine sonstige Entschädigung verlangen. Hat der Frachtführer einen Frachtvorschuß erhalten, ist er dem Absender zur Rückzahlung verpflichtet (§§323 Abs. 3, 812, 818 B G B ) . Ansprüche, die der Frachtführer bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens des Frachtvertrages bereits erworben hat, z. B. Liegegelder oder Auslagen, bleiben unberührt und können vom Frachtführer geltend gemacht werden. b) Waren beim Eintritt des zufälligen Beförderungshindernisses
bereits 1 5
4 R G Z 14, 40.
359
§68
4. A b s c h n i t t . F r a c h t g e s c h ä f t
Frachtgüter in das Schiff eingeladen, so muß naturgemäß eine Entladung des Schiffes erfolgen. Wer die Wiederausladung vorzunehmen und die Kosten dafür zu tragen hat, sagt §68 nicht. Die seerechtliche Regelung des §639 H G B ist weder unmittelbar noch analog anwendbar. Eine vertragliche Regelung oder die aus den §§41, 56 ersichtliche Lösung versagt, weil der Frachtvertrag beim Eintritt eines zufälligen Beförderungshindernisses außer Kraft tritt. Weiter ist auch §36 Abs. 2 unanwendbar. Schließlich kann auch eine Zuordnung der Pflichtenkreise nicht von einer Verknüpfung des Ereignisses mit einer Person oder Sache abhängig gemacht werden. Die Lösung der Frage kann nur unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung entnommen werden. Wenn das Gesetz das Außerkrafttreten des Frachtvertrages bestimmt, beschränken sich die Pflichten des Frachtführers. Er bleibt lediglich verpflichtet, Frachtgüter an Bord seines Schiffes dem Absender zur Herausgabe zur Verfügung zu stellen. Dabei ist es unerheblich, wer die Einladung der Frachtgüter besorgt hat und wer am Bestimmungsort bei Erfüllung des Vertrages zur Entlöschung des Schiffes verpflichtet gewesen wäre. Der Frachtführer ist aber nach § 52 zur Wiederausladung der Frachtgüter im Falle des § 68 berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, soweit das nicht zur Anwendung eines Schadens nach § 254 Abs. 2 B G B erforderlich ist. Zu weiteren Leistungen ist der Frachtführer nicht verpflichtet. Der Absender trägt die Kosten der Wiederausladung, auch wenn der Frachtführer im Rahmen des §52 tätig wird. Die Kosten der Ladungsfürsorge fallen unter dem Gesichtspunkte der Nachwirkung des Vertrages dem Absender zur Last.
6. Die Rechtsfolgen bei schuldhaft verursachten Beförderungshindernissen 16
a) Hat der Absender das Beförderungshindernis schuldhaft herbeigeführt, richten sich die Rechtsfolgen nach §324 B G B . Der Absender bleibt dem Frachtführer zur Zahlung der vollen Fracht verpflichtet. Nach den §§ 34, 36 beschränkt sich der Anspruch des Frachtführers auf die Fehlfracht, wenn der Absender keine Frachtgüter anliefert. Bis zum Antritt der Reise steht dem Absender das Recht zu, den Rücktritt vom Frachtvertrag nach § 36 zu erklären. Der Frachtführer hat dann nur Anspruch auf Fehlfracht nach den §§34, 36.
17
b) Hat der Frachtführer den Eintritt des Beförderungshindernisses zu vertreten, sei es infolge eigenen Verschuldens oder das seiner Erfüllungsgehilfen, für das er nach §278 B G B einzustehen hat, wenn z. B. der Schiffsführer einen Unfall verschuldet, durch den das Schiff zerstört wird, kann der Absender entweder nach § 325 B G B Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.
360
Verhinderung der Fortsetzung der Reise durch Zufall
§69
7. Anderweitige Vereinbarungen §68 ist dispositiver Natur. Die Beteiligten können durch Individualverein- 1 8 b a r u n g e n oder in Transport- und Verladebedingungen abweichende Bestimmungen treffen. Häufig wird bestimmt, daß der Frachtführer im Falle eines zufälligen dauernden Beförderungshindernisses berechtigt sein soll, die Beförderung der Frachtgüter mit einem gleichwertigen Schiff durchzuführen. Es kommen auch Bestimmungen vor, wonach dem Frachtführer für seine Mühen im Zusammenhang mit der Wiederausladung der Frachtgüter ein bestimmter Teil der Fracht zugestanden wird.
8. Die Beweislast Wer sich auf ein dauerndes zufälliges Beförderungshindernis im Sinne des § 68 1 9 beruft, muß die Voraussetzungen dieser Vorschrift unabhängig von der jeweiligen Parteirolle im Rechtsstreit beweisen. Zum Zufall gehört mangelndes Verschulden. Es genügt in aller Regel der Nachweis, daß man die gehörige Sorgfalt beobachtet hat 5 . Der Beweislast ist nicht genügt, wenn offen bleibt, ob man das dauernde Beförderungshindernis zu vertreten hat 6 . Verlangt der Frachtführer vom Absender Fehlfracht wegen Nichtlieferung der Frachtgüter und wendet der Absender den Verlust der zu befördernden Güter ein, so daß der Anspruch auf die Fehlfracht entfalle, muß der Absender alle Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 N r . 2 beweisen. Umgekehrt kann der Frachtführer, dem vom Absender nach § 43 Ersatzgüter angeboten werden, dem Absender entgegenhalten, daß die im Frachtvertrag bestimmt bezeichneten oder bereits eingeladenen Frachtgüter verlorengegangen seien. Denn dann ist das Recht des Absenders aus §43 erloschen (vgl. oben). In diesem Falle liegt die Beweislast beim Frachtführer.
§69 Wird nach dem Antritt der Reise die F o r t s e t z u n g derselben durch Zufall dauernd verhindert, so finden die B e s t i m m u n g e n des § 68 mit der Maßgabe A n w e n d u n g , daß f ü r den zurückgelegten Teil der Reise Distanzfracht (§ 64 Abs. 2) zu entrichten ist. Übersicht
1. Allgemeines
....
2. Der Antritt der Reise
Rdn. 1-2 3
Rdn. 3. Die dauernde Verhinderung der Reisefortsetzung
4
5 R G Z 74, 342. 6 B G H N J W 1952, 1170.
361
§69 4. Der zufällige teilweise Verlust der beförderten Frachtgüter 5. Die Beschädigung der Frachtgüter . 6. Die Rechtsfolgen der dauernden Verhinderung der Reisefortsetzung infolge Zufalls
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
5 6
7. Die Rechtsfolgen bei verschuldeten Beförderungshindernissen 8. Vertragliche Vereinbarungen . . . . 9. D i e Beweislast
8-9 10 11
7
1. Allgemeines 1
a) Die Regelung des § 69 entspricht der seerechtlichen Bestimmung des § 630 H G B , wenn die Fortsetzung der Reise nach deren Antritt durch Zufall dauernd verhindert wird. §69 verweist für diesen Fall auf §68, d. h. der F r a c h t v e r t r a g tritt außer K r a f t , was § 630 H G B für das Seerecht ausdrücklich wiederholt. In Übereinstimmung mit dem Seerecht bestimmt § 68 weiter, daß für den zurückgelegten Teil der Reise die D i s t a n z f r a c h t (§ 64 Abs. 2) zu entrichten ist.
2
b) Ebenso wie bei der Verhinderung der Reise durch Zufall darf die weitere dauernde Verhinderung der Fortsetzung der Reise nicht auf einem vom Frachtführer oder vom Absender zu vertretenden Beförderungshindernis beruhen 1 . Das Beförderungshindernis braucht nicht unerwartet einzutreten. Die Fortsetzung der Reise muß aber dauernd unmöglich sein. Das zufällige Hindernis kann sowohl das Schiff und/oder die Ladung betreffen. Stellt sich später wider alle Annahmen heraus, daß die Fortsetzung der Reise möglich wird, tritt der Frachtvertrag nicht wieder in Kraft. Allgemein gelten die Grundsätze wie im Falle des §68.
2. Der Antritt der Reise 3
Das Beförderungshindernis muß nach § 69 nach dem Antritt der Reise eingetreten sein. Unter Antritt der Reise ist der Beginn der Frachtreise zu verstehen. Das Schiff muß mit irgendwelcher vertragsgemäßen Ladung den Ladeplatz zwecks Vornahme der Frachtreise verlassen haben. Zur Annahme eines Reiseantritts genügt es nicht, daß das Schiff mit einer Teilladung innerhalb eines Hafens zu einer anderen Ladestelle verholt, um dort eine weitere Teilladung zu übernehmen.
3. Die dauernde Verhinderung der Reisefortsetzung 4
Das Ereignis muß nach dem Antritt der Reise deren Fortsetzung dauernd verhindern. Daraus folgt, daß das Ereignis vor dem Eintreffen des Schiffes am Ablieferungsort, also vor der Beendigung der Reise eingetreten sein muß. Das Ereignis kann noch bei der Hafeneinfahrt eintreten. Gerät aber das Schiff z. B. bei Entlöschen der Ladung in Brand, ist § 69 unanwendbar, da die Reise beendet war, als das Ergebnis eintrat. 1 Vgl. dazu O L G Köln, Z f B 1989, 225.
362
Verhinderung der Fortsetzung der Reise durch Zufall
§69
Eine dauernde Verhinderung der Fortsetzung der Reise liegt nicht vor, wenn ein Schiff infolge einer durch Zufall eingetretenen Beschädigung seine Reise nicht mit eigener Kraft z u m Bestimmungsort fortsetzen, sich dahin aber schleppen lassen kann 2 . Anders ist die Sachlage zu beurteilen, wenn es sich u m eine in kurzer Zeit zurückzulegende Reise handelt und die D a u e r des Hindernisses dazu außer Verhältnis steht, so daß den Ladungsinteressenten ein Zuwarten nicht zuzumuten ist 3 .
4. Der zufällige teilweise Verlust der beförderten Frachtgüter D e r zufällige teilweise Verlust der beförderten Frachtgüter steht dem vollstän- 5 digen Verlust nicht gleich. § 6 9 ist in einem solchen Falle nicht anwendbar. D e r Frachtführer behält vielmehr in solchen Fällen seinen Anspruch auf die volle Fracht. Soweit der teilweise Verlust auf der natürlichen Beschaffenheit der Frachtgüter beruht oder bei Tieren, die unterwegs gestorben sind, ergibt sich das auch ausdrücklich aus § 6 5 .
5. Die Beschädigung der Frachtgüter I m Falle einer Beschädigung der Frachtgüter liegt keine den Frachtvertrag 6 berührende U n m ö g l i c h k e i t vor 4 . D i e Fortsetzung der Beförderung bleibt m ö g lich. § 6 9 ist deshalb unanwendbar. D a s gilt auch dann, wenn die Beschädigung so erheblich ist, daß die Frachtgüter transportunfähig werden. D a s gilt erst recht, wenn die Frachtgüter durch eine Fortsetzung der Reise nur gefährdet werden, z. B . wenn eine Kohlenladung naß geworden ist oder einer Kartoffelladung G e fahr durch F r o s t droht. Selbst wenn der Frachtführer zur B e h e b u n g von Gefahren für die Ladung die Reise abbricht oder auf Anweisung des Absenders beschädigte G ü t e r vor dem Erreichen des Ablieferungsortes anderweitig löscht, findet § 69 keine Anwendung. In jedem Falle hat der Frachtführer nach § 37 Anspruch auf die volle Fracht.
6. Die Rechtsfolgen der dauernden Verhinderung der Reisefortsetzung infolge Zufalls Tritt im Verlauf der Reise bis zu deren Beendigung eine dauernde Verhinde- 7 rung der Reisefortsetzung durch ein dauerndes Reisehindernis infolge Zufalls auf, so tritt der Frachtvertrag nach § 6 8 , auf den § 6 9 ausdrücklich verweist, mit Wirkung ex nunc außer Kraft. Alle bis dahin erwachsenen Ansprüche auf Ersatz von Auslagen oder auf Liegegeld bleiben bestehen. Anders als in den in § 68 genannten Fällen des Schiffsverlustes oder des Verlustes der zu befördernden G ü t e r vor dem Antritt der Reise steht dem F r a c h t 2 B G H ZfB 1963, 299. 3 B G H VersR 1960, 80; O L G Köln ZfB 1988, 21. 4 RGZ 14, 40.
363
§69
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
führer nach dem Reiseantritt eine Entschädigung für den bereits zurückgelegten Teil der Reise, die sogen. D i s t a n z f r a c h t zu. Diese auch im Seerecht nach § 6 3 0 H G B geltende Regelung weicht von den allgemeinen Grundsätzen des Werkvertragsrechts aus Billigkeitsgründen ab, da mit der Schiffahrt für beide Beteiligten ein besonderes R i s i k o verbunden ist, und der Frachtführer bis zum Eintritt des Ereignisses im Regelfalle bereits beträchtliche Aufwendungen machen m u ß . N a c h dem für die B e r e c h n u n g der Distanzfracht maßgeblichen § 6 4 A b s . 2 ist nicht allein das Verhältnis der bereits zurückgelegten Entfernung zu der G e s a m t länge der Reise zu berücksichtigen, sondern auch das Verhältnis des Aufwandes an K o s t e n , Zeit und M ü h e n , die durchschnittlich mit dem vollendeten und dem nicht vollendeten Teil der Reise verbunden sind. Eine etwa erforderliche vorzeitige Ausladung geht voll zu Lasten der L a dungsbeteiligten.
7. Die Rechtsfolgen bei verschuldeten Beförderungshindernissen 8
a) H a t der Absender das dauernde Beförderungshindernis schuldhaft herbeigeführt, oder hat er ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen nach § 2 7 8 B G B zu vertreten, so ist nicht § 6 9 , sondern § 324 B G B anzuwenden. D e r Frachtführer behält seinen Anspruch auf die volle Fracht. D e r A b s e n d e r kann aber nach § 37 die Wiederausladung der Frachtgüter verlangen, m u ß dann aber die volle Fracht und die M e h r k o s t e n des Frachtführers zahlen und den Schaden erstatten, der dem Frachtführer aus dem durch die Wiederausladung verursachten Aufenthalt entsteht.
9
b) H a t der Frachtführer das dauernde Beförderungshindernis schuldhaft herbeigeführt, so kann der A b s e n d e r von ihm nach § 325 B G B Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder v o m Frachtvertrag zurücktreten 5 .
8. Vertragliche Vereinbarungen 10
§ 6 9 ist dispositiver N a t u r . D i e Beteiligten k ö n n e n durch Individualabreden oder durch Transport- und Verladebedingungen abweichende Bestimmungen treffen. N a c h dem O b e r r h e i n k o n n o s s e m e n t ist an Stelle von Distanzfracht stets die volle Fracht zu zahlen, wodurch Streit über die Berechnung der Distanzfracht vermieden wird. Es k o m m e n auch Vereinbarungen vor, die dem Frachtführer für seine Aufwendungen, M ü h e n und Kosten einen bestimmten Teil der Fracht zugestehen.
5 Vgl. dazu O L G Köln, ZfB 1989, 225. 364
§70
Verlust oder Beschädigung des Schiffes
9. D i e B e w e i s l a s t Wer aus einer dauernden Verhinderung der Fortsetzung der Reise infolge 11 Zufalls Ansprüche herleitet, muß im Rechtsstreit ohne Rücksicht auf seine Parteistellung die Voraussetzungen des § 69 dartun und beweisen. Dabei kann ihm der Anscheinsbeweis zur Hilfe kommen.
§70 Im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes ist trotz der Auflösung des Frachtvertrages der Schiffer verpflichtet, bei Abwesenheit der Beteiligten f ü r das Beste der L a d u n g zu sorgen. Er ist im Falle der Dringlichkeit berechtigt und verpflichtet, auch ohne vorherige Anfrage, je nachdem es den Umständen entspricht, entweder die L a d u n g für Rechnung der Beteiligten mittels eines anderen Schiffes nach dem Ablieferungsorte befördern zu lassen oder die Auflagerung derselben zu bewirken. Von den getroffenen Maßregeln sind die Beteiligten unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die zur Ladungsfürsorge notwendigen Maßnahmen 3. Die Kosten der Ladungsfürsorge . .
Rdn. 1-2 3-5 6
Rdn. 4. Die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung 5. Anderweitige Vereinbarungen . . . 6. Die Beweislast
7-9 10 11-12
1. A l l g e m e i n e s a) §70 entspricht der seerechtlichen Vorschrift des §632 H G B . Beiden Vor- 1 Schriften ist gemeinsam, daß das Gesetz dem Schiffsführer bzw. dem Kapitän eine besondere Ladungsfürsorge im Falle des Verlustes oder einer schweren Beschädigung des Schiffes auferlegt, auch wenn der Frachtvertrag kraft Gesetzes beendet worden ist. An sich sind die Dienstverrichtungen des Schiffsführers in der Binnenschiffahrt näher in den §§7, 10 ausgestaltet. Dort sind aber lediglich die Dienstobliegenheiten bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Verträge geregelt, während § 70 die vertraglichen Nachwirkungen in den Sonderfällen des Schiffsverlustes oder der schweren Beschädigung des Schiffs betrifft. Wegen der Besonderheiten der Schiffahrt ist es erforderlich, dem Schiffsführer wegen seiner Nähe zu den Frachtgütern Maßnahmen zur Sicherung abzuverlangen, weil die sonstigen Beteiligten nicht sofort Kenntnis von dem schadensbringenden Ereignis haben und deshalb nicht sogleich handelnd tätig werden können. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob der Gesetzgeber wegen des Zusammenhangs der Pflichten den Problemkreis des §70 im Anschluß an die §§7, 10 hätte regeln können oder müssen, was an sich möglich und durchaus vertretbar 365
§70
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
gewesen wäre. Wenn sich der Gesetzgeber anders entschieden hat, kann aber an der Zweckmäßigkeit der Einordnung der Regelung, wie sie vorliegt, kein vernünftiger Zweifel aufkommen; denn jedenfalls besteht ein Zusammenhang mit den Rechtsfolgen einer Vertragsbeendigung aufgrund der § § 6 8 , 69, die eben besondere Pflichten des Schiffsführers entstehen läßt. Zudem hat das Seerecht gleichartige Pflichten des Kapitäns ebenfalls in den Zusammenhang der Auflösung des Frachtvertrages durch den Eintritt zufälliger Ereignisse gestellt, in denen die Grundlage der Pflichten des Kapitäns liegen. 2
b) Das Gesetz legt nach seinem Wortlaut dem Frachtführer keine dem § 7 0 vergleichbaren Pflichten auf. Das kann aber nicht dahin verstanden werden, daß den Frachtführer keine weiteren Pflichten zur Ladungsfürsorge in derartigen Fällen treffen. Aus der Nachwirkung des Frachtvertrages ergeben sich für den Frachtführer nach § 2 4 2 B G B ganz selbstverständlich nämliche Pflichten.
2. Die zur Ladungsfürsorge notwendigen Maßnahmen 3
a) Zu den Kardinalpflichten des Schiffsführers gehört es, nach § § 1 0 , 7 Abs. 2 im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes den Ladungsbeteiligten, dem Absender und dem Empfänger sowie dem Schiffseigner sofort Mitteilung zu machen und ihre Anweisungen einzuholen. Nach § 70 Satz 2 ist der Schiffsführer aber „im Falle der D r i n g l i c h k e i t " berechtigt und verpflichtet, auch ohne vorherige Anfrage, also selbständig, Entschlüsse zu fassen. In der Dringlichkeit liegt die Rechtfertigung für selbständige Maßnahmen. Eine Dringlichkeit wird im Falle eines Verderbs oder einer Wertm i n d e r u n g der Frachtgüter anzunehmen sein. Wenn ein sofortiger Handlungsbedarf besteht, braucht der Schiffsführer keine speziellen Anweisungen abzuwarten. Während der Reise hat der Schiffsführer nach § 1 0 Abs. 2 für das Beste der Ladung nach Möglichkeit Sorge zu tragen. Diese Pflicht endet beim Eintritt eines dauernden zufälligen Beförderungshindernisses, auch wenn an sich der Frachtvertrag endet, bei Abwesenheit der Ladungsbeteiligten nicht, weil diese nicht ihre Interessen zum Besten der Ladung vertreten können. N u r der Schiffsführer ist in der gegebenen Situation in der Lage, die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung und zum Schutz der Ladung zu treffen. Sind die Ladungsbeteiligten, Absender oder Empfänger, anwesend, endet die Pflicht zur Ladungsfürsorge zugleich mit dem Ende des Frachtvertrages, weil die Ladungsbeteiligten ihre Interessen selbst vertreten können.
4
b) Welche Maßnahmen angezeigt sind, ist eine Frage des Einzelfalles. Grundsätzlich müssen jedoch alle Maßnahmen von der Sorgfaltspflicht des Schiffsführers bestimmt sein und werden daran später auch gemessen. Von allen Maßnahmen, die er getroffen hat, muß der Schiffsführer die Ladungsbeteiligten nach § 70 Satz 3 unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 B G B ) in Kenntnis 366
Verlust oder Beschädigung des Schiffes
§70
setzen. Handelt der Frachtführer anstelle des Schiffsführers, oder gibt er bestimmte Anweisungen, wie der Schiffsführer verfahren soll, hat der Frachtführer seinerseits die Ladungsbeteiligten unverzüglich zu unterrichten. c) Das Gesetz bestimmt, daß der Schiffsführer im Falle der Dringlichkeit je 5 nach den Umständen die Ladung mit einem anderen Schiff zum Ablieferungsort befördern oder sie auflagern lassen darf. Die vom Gesetz genannte „Auflagerung" ist keine Hinterlegung der Frachtgüter, wie sie nach §§ 36, 52 vorgesehen ist, sondern stellt lediglich eine Aufbewahrung dar. Der Schiffsführer kann die Frachtgüter auf sein eigenes Lager nehmen oder sie einem Lagerhalter anvertrauen. Welche Maßnahmen geboten sind, hat der Frachtführer nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. Er ist nicht berechtigt, die Frachtgüter ganz oder teilweise zu verpfänden oder zu veräußern, um die Mittel für die Weiterbeförderung der Restladung zu beschaffen. Insoweit unterscheidet sich das Binnenschiffahrtsrecht vom Seerecht (§632 Abs. 1 HGB). Der Schiffsführer kann, ebenso wie der Frachtführer, die Ladung hinterlegen, wenn sich die Ladungsbeteiligten trotz Benachrichtigung nicht darum kümmern 1 .
3. Die Kosten der Ladungsfürsorge Nach § 70 erfolgen die Maßnahmen des Schiffsführers im Rahmen der La- 6 dungsfürsorge für Rechnung der Beteiligten, deren Interessen er wahrgenommen hat. Nach § 7 0 i.V.m. §§683, 670 B G B kann er Ersatz seiner Auslagen vom Absender oder Empfänger verlangen. Der Schiffsführer hat für seine Tätigkeit einen Vergütungsanspruch. Bei einem angestellten Schiffsführer steht der Anspruch dem Schiffseigner zu. Regelmäßig wird dem Schiffsführer persönlich aber ein Vergütungsanspruch gegen die Beteiligten zustehen, wenn sein Dienstverhältnis zu dem Schiffseigner beendet ist, und er außerhalb seines Dienstverhältnisses für die Ladungsbeteiligten tätig geworden ist. Dem Schiffsführer/Schiffseigner stehen die erwähnten Ansprüche unmittelbar zu. Wegen seiner Auslagen und evtl. wegen seiner Vergütung hat der Schiffsführer nach §273 B G B ein Zurückbehaltungsrecht an den Frachtgütern. An den Frachtgütern besteht aber wegen derartiger Forderungen kein gesetzliches Pfandrecht, weil diese Ansprüche erst nach Beendigung des Frachtvertrages entstehen können.
1 R G Z 38, 146.
367
§70
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
4 . D i e R e c h t s f o l g e n einer P f l i c h t v e r l e t z u n g 7
Die Haftung des Schiffsführers im Falle einer Pflichtverletzung wird durch § 7 bestimmt. Verletzt der Schiffsführer seine Dienstobliegenheiten, haftet er den Ladungsbeteiligten, dem Absender und dem Empfänger sowie dem Schiffseigner, auf vollen Schadensersatz nach den §§276, 249 B G B . Eine Beschränkung dieser Haftung sieht das Gesetz nicht vor.
8
Hat der Schiffsführer auf Anweisung des Schiffseigners gehandelt, ist seine Haftung ausgeschlossen. Für die getroffenen Maßnahmen trifft ihn keine Verantwortung. Die Anweisung kann auch in einer allgemeinen Dienstanweisung des Schiffseigners enthalten sein. Der Schiffsführer bleibt jedoch nach § 7 Abs. 2 Satz 2 verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Schiffseigner die nach Lage des Falles erforderliche Aufklärung zu geben oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt. Außer im Falle einer strafbaren Handlung hat der Schiffsführer aber gegen den Schiffseigner arbeitsrechtlich einen Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber den Ladungsbeteiligten. Durch die Erteilung einer Anweisung an den Schiffsführer wird der Schiffseigner nach § 7 Abs. 3 persönlich verpflichtet, wenn er bei der Erteilung der Anweisung von dem Sachverhältnis unterrichtet war. Es besteht in derartigen Fällen eine unbeschränkte Haftung des Schiffseigners, es sei denn, er hätte das Schiff selbst geführt und dabei schuldhaft gehandelt.
9
Hat der Frachtführer selbst Maßnahmen veranlaßt, sich also nicht auf Anweisungen beschränkt, haftet er unmittelbar und unbeschränkt nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (§§242, 249 B G B ) . 5. Anderweitige Vereinbarungen
10
§ 70 ist dispositiven Rechts. Die Beteiligten können im Frachtvertrag oder in allgemeinen Verlade- und Transportbedingungen Einzelheiten einer Ladungsfürsorge im Falle eines dauernden zufälligen Reisehindernisses bestimmen. Möglich sind auch Abreden über die notfalls zu treffenden Maßnahmen und die Vergütung des Frachtführers für seine Mühen. Zulässig sind auch Freizeichnungen von der Haftung für die Ladungsfürsorge.
11
Im Rechtsstreit haben Absender und Empfänger bei Ansprüchen gegen den Schiffsführer zur Begründung eines Anscheinsbeweises für Verschulden darzulegen, daß der Schiffsführer nach der Sachlage seine Sorgfaltspflicht verletzt hat und die Schadensursachen seinem Dienstbereich zuzuordnen sind. Der Schiffsführer hat sich dann zu entlasten und den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern oder auszuräumen 2 .
6. D i e Beweislast
2 Vgl. dazu OLG Hamburg, VersR 1972, 658; Baumgärtel-Korioth, Rdn. 2. 368
a. a. O. § 7 BinnSchG,
§71
Zeitweilige Verhinderung der Reise
Der Schiffsführer kann auch den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis 1 2 durch den Nachweis ausräumen, daß er auf Anweisung des Schiffseigners oder eines Ladungsbeteiligten gehandelt hat. Hiergegen kann der Geschädigte einwenden und beweisen, daß der Schiffsführer die gebotene Sachaufklärung unterlassen hat. Im Falle deliktischer Ansprüche trägt der jeweilige Kläger die Beweislast nach allgemeinen Gesichtspunkten für alle klagebegründenden Tatsachen. Der Schiffseigner kann, wenn der Schiffsführer auf seine Anweisungen gehandelt hat, seine Haftung nur abwenden, wenn er beweist, daß er bei der Erteilung der Anweisung von dem Sachverhältnis nicht unterrichtet war 3 .
§71 (1) Wird der Antritt oder die F o r t s e t z u n g der Reise ohne Verschulden des Absenders zeitweilig verhindert, so braucht der Absender die A u f h e b u n g des Hindernisses nicht abzuwarten, er kann vielmehr v o m Vertrage zurücktreten. (2) In diesem Falle sind dem F r a c h t f ü h r e r die Kosten der Vorbereitung der Reise, die Kosten der Wiederausladung und f ü r den zurückgelegten Teil der Reise D i s t a n z f r a c h t (§ 64 Abs. 2) zu vergüten. (3) M u ß der F r a c h t f ü h r e r überwintern, so findet ein Rücktritt des Absenders nach Maßgabe der vorstehenden B e s t i m m u n g e n nicht statt. In diesem Falle ist der Absender zur Z u r ü c k n a h m e der G ü t e r n u r nach den Bestimm u n g e n der §§36 bis 39 berechtigt.
Übersiebt 1. Allgemeines 2. D i e zeitweilige Verhinderung der Reise 3. D i e Rechtsfolgen der zeitweiligen Verhinderung der Reise
Rdn. 1-3 4-6 7-13
Rdn. 4. Der Begriff der Überwinterung . . . 5. Die Rechtsfolgen im Falle der Ü b e r winterung 6. Anderweitige Vereinbarungen . . . 7. Die Beweislast
14-15 16-18 19 20
1. A l l g e m e i n e s a) Während nach den §§ 68, 69 die dauernde Verhinderung des Antritts und/ 1 oder der Fortsetzung der Reise zur Auflösung des Frachtvertrages mit Wirkung ex nunc führt, räumt § 71 dem Absender bei zeitweiliger Verhinderung des Antritts oder der Fortsetzung der Reise ein K ü n d i g u n g s r e c h t ein, wenn ihn
3 Ebens o Baumgärtel-Korioth,
a . a . O . , § 7 B i n n S c h G , Rdn. 4.
369
§71
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
daran kein Verschulden oder Mitverschulden trifft. Diese Vorschrift steht in Ubereinstimmung mit der für das Landfrachtrecht geltenden Regelung des § 4 2 8 Abs. 2 H G B . 2
Im Seerecht gelten nach § 6 3 7 H G B andere Grundsätze. Abgesehen von den Fällen der §§ 629 bis 636 H G B hat ein Aufenthalt, den die Reise vor oder nach ihrem Antritt durch Naturereignisse oder einen anderen Zufall erleidet, auf die Rechte und Pflichten der Parteien keinen Einfluß, es sei denn, daß der erkennbare Zweck des Vertrages durch einen solchen Aufenthalt vereitelt wird. Der Befrachter ist jedoch befugt, während eines längeren Aufenthalts die Güter auszuladen. Er muß aber Sicherheit für die Wiedereinladung leisten und jeden Schaden durch die Ausladung der Frachtgüter erstatten. Im Falle der unterbliebenen Wiedereinladung muß er die volle Fracht zahlen, es sei denn, es liege eine Verfügung von hoher Hand vor.
3
b) Die unterschiedliche Behandlung der zeitweiligen Verhinderung der Reise zu dauernden Hindernissen liegt in der Erwägung, daß mit der Beseitigung eines zeitweiligen Beförderungshindernisses gerechnet werden kann, so daß es dem Absender überlassen bleiben kann, ob er abwarten oder sich vom Frachtvertrag lösen will. Es handelt sich danach um eine zugunsten des Absenders gegenüber den §§ 36, 37 getroffene Ausnahmebestimmung, die als solche restriktiv zu interpretieren ist. c) Dem Frachtführer steht im Falle einer zeitweiligen Verhinderung der Reise kein Kündigungsrecht zu.
2. Die zeitweilige Verhinderung der Reise 4
a) Unter einem Hindernis im Sinne des § 71 ist jede Beeinträchtigung des Antritts oder der Fortsetzung der Reise zu verstehen. Die Art des Hindernisses ist unerheblich. Es muß sich nicht um ein Naturereignis handeln. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob das Hindernis außergewöhnlich oder unvorhersehbar war. Das U n v e r m ö g e n des Absenders oder Empfängers, die Frachtgüter nach dem Abschluß der vereinbarten Frachtreise abzunehmen, bildet kein Hindernis im Sinne des § 7 1 , mit der Übernahme der Ladung zu beginnen und die Fahrt anzutreten. Hindernisse, die erst nach Abschluß der Frachtreise die Ablieferung der Frachtgüter am Bestimmungsort verhindern, fallen nicht unter § 71. Das Hindernis muß vor dem Abschluß der Frachtreise eingetreten sein.
5
b) Die Reise muß zeitweilig verhindert sein. Das Hindernis muß das Schiff und/oder die Ladung betreffen und vorübergehend den Antritt oder die Fortsetzung der Reise verhindern. Die Verhinderung darf aber einerseits nicht nur von geringfügiger Dauer sein, andererseits darf das Hindernis nicht dauernd die Erfüllung des erkennbaren Zwecks der Reise unerreichbar machen. 370
Zeitweilige Verhinderung der Reise
§71
Als zeitweilige Hindernisse kommen in der Binnenschiffahrt vor allem Hochund Niedrigwasser und sonstige extreme Witterungsverhältnisse wie Eisgefahr und Frost in Frage. Auch behördliche Anordnungen oder Streiks stellen nur zeitweilige Hindernisse dar. Im übrigen kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an 1 . c) Eine zeitweilige Verhinderung im Sinne des § 71 liegt nicht vor, wenn die 6 Verhinderung auf einem Verschulden oder Mitverschulden des Absenders beruht.
3. Die Rechtsfolgen der zeitweiligen Verhinderung der Reise a) Der Absender braucht nach § 71 Abs. 1 beim Auftreten eines zeitweiligen 7 Hindernisses dessen Aufhebung nicht abzuwarten. Er kann in diesem Falle, ohne zuvor eine weitere Nachfrist zu setzen, durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung „vom Vertrag zurücktreten". Dieses Rücktrittsrecht ist nach seiner rechtlichen Natur eine K ü n d i g u n g mit einer den Frachtvertrag für die Zukunft auflösenden Wirkung. Die Kündigungserklärung ist an keine Form gebunden. Sie kann schriftlich, fernschriftlich, mündlich und fernmündlich erfolgen. b) Zur Geltendmachung der Rechte aus § 71 Abs. 1 ist bei Zeichnung eines 8 Ladescheins nur der berechtigte Inhaber legitimiert 2 . Hat der Absender den Originalladeschein an den Empfänger gegeben, ist der verfügungsberechtigte Empfänger berechtigt, zu kündigen. c) Die K ü n d i g u n g braucht nicht sofort beim Eintritt des Hindernisses erklärt 9 zu werden, das Hindernis muß aber noch andauern. Nach Behebung des Hindernisses erlischt das Kündigungsrecht. Die Beurteilung hat sich an der objektiven Sachlage auszurichten. Eine verspätete Kündigung ist wirkungslos. Auf die subjektiven Vorstellungen des Absenders oder eines verfügungsbefugten Dritten kommt es nicht an. Wenn der Absender oder der verfügungsbefugte Empfänger entweder überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig während der Dauer des Hindernisses kündigten, bleibt der Anspruch des Frachtführers auf die volle Fracht unberührt. d) Der Absender oder der verfügungsbefugte Empfänger kann nur den gan- 1 0 zen Frachtvertrag kündigen. Läßt der Berechtigte vor dem Abschluß der Reise einen Teil der Frachtgüter ausladen und muß der Frachtführer mit dem Rest der Ladung die Reise fortsetzen, ist nicht §71, sondern vielmehr §37 mit der Folge anwendbar, daß der Empfänger die volle Fracht zu zahlen hat. e) Wird von dem Kündigungsrecht nach §71 Abs. 1 Gebrauch gemacht, hat 1 1 der Frachtführer nach § 71 Abs. 2 Anspruch auf die Kosten der Vorbereitung der 1 Zur zeitweiligen Verhinderung vgl. auch B G H Z f B 1960, 52. 2 R G Z 44, 116.
371
§71
4. A b s c h n i t t . F r a c h t g e s c h ä f t
Reise wie Reinigung und Bereitstellung des Schiffes, die Kosten aus Anlaß der Einladung der Frachtgüter, Schleusengelder sowie insbesondere die Kosten der Wiederausladung. Hingegen kann der Frachtführer anders als in den Fällen des §37 Abs. 2 keinen Schadensersatz für den durch die Wiederausladung entstandenen Aufenthalt des Schiffes verlangen. Der Frachtführer hat für den im Zeitpunkt der Kündigung zurückgelegten Teil der Reise nach § 71 Abs. 2 Anspruch auf Distanzfracht. Für die Berechnung der Distanzfracht sind die in § 64 Abs. 2 genannten Kriterien maßgebend 3 . Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Frachtführer die Kosten der Vorbereitung der Reise und der Wiederausladung gesondert erstattet verlangen kann. 12
f) H a t der Frachtführer das zeitweilige Hindernis verschuldet, steht dem Absender oder dem verfügungsbefugten Empfänger das Kündigungsrecht aus § 71 Abs. 1 zu. Des weiteren schuldet der Frachtführer Schadensersatz aus den §§284, 249 B G B . Wegen der sich aus dem Vertrag ergebenden Dringlichkeit bedarf es keiner Mahnung. Der Frachtführer hat auch in einem solchen Falle Anspruch auf die Distanzfracht. O b dem Frachtführer sonstige Ansprüche zukommen, hängt von dem Schaden des Absenders ab. Im Regelfalle wird ein anderer Frachtführer für die weitere Beförderung die in § 71 Abs. 2 ebenfalls genannten Kosten fordern, so daß für Ansprüche des vertragsuntreuen Frachtführers kein Raum bleibt. Die Kosten der Wiederausladung gehen ebenfalls zu seinen Lasten, weil diese Kosten auf seinem schuldhaften Verhalten beruhen.
13
g) Hat der Absender das zeitweilige Beförderungshindernis verschuldet oder mitverschuldet, entfallen die Rechte aus § 71 Abs. 1. Er hat die volle Fracht zu zahlen und schuldet dem Frachtführer aufgrund des Frachtvertrages Ersatz des Schadens aus positiver Vertragsverletzung nach den §§242, 249 B G B , der durch die Verzögerung der Reise entstanden ist.
4. Der Begriff der Überwinterung 14
a) Die Binnenschiffahrt wird zur Winterzeit alljährlich mehr oder weniger durch die Witterung beeinträchtigt. Ein solches nicht unerwartetes Hindernis muß der Absender wie sonstige unverschuldete Gefahren der Schiffahrt hinnehmen. Unter U b e r w i n t e r u n g ist die durch Frost und dessen Folgen (Vereisung der Wasserstraßen und Eisgang) verursachte vorübergehende tatsächliche Einstellung der Schiffahrt zu verstehen, die den Frachtführer veranlaßt, den abgeschlossenen Frachtvertrag nicht sofort auszuführen, sondern an sicherer Stelle die freie und unbehinderte Fortsetzung der Reise abzuwarten. 3 Vgl. § 6 4 R d n . 7.
372
Zeitweilige Verhinderung der R e i s e
§71
b) Es kommt jede Überwinterung in Betracht, die nach dem Abschluß des 1 5 Frachtvertrages erforderlich wird. Es können mehrere kurzfristige Eisperioden nacheinander zur wiederholten Einstellung der Schiffahrt führen. Unerheblich ist, ob die Uberwinterung vor oder nach dem Antritt der Reise mit und ohne Ladung notwendig wird. Das Gesetz sieht keine Einschränkung irgendwelcher Art vor.
5. Die Rechtsfolgen im Falle einer Überwinterung a) Im Falle der Überwinterung ist der Absender zur Kündigung des Fracht- 1 6 Vertrages nicht befugt. b) Nach §71 Abs. 3 Satz 2 kann der Absender im Falle der Notwendigkeit 1 7 einer Überwinterung nach den allgemeinen Vorschriften der §§36-39 kündigen. Nach §§71 Abs. 3, 36 kann er vor dem Antritt der Reise mit der Maßgabe kündigen, daß er dem Frachtführer neben den entstandenen Kosten eine Fehlfracht in Höhe eines Drittels der vereinbarten oder der festgesetzten Fracht zahlen muß. Kündigt der Absender nach dem Antritt der Reise, schuldet er die volle Fracht. Der Absender kann nach den gleichen Vorschriften zwar die Wiederausladung der Frachtgüter verlangen, schuldet dann aber die Kosten der Wiederausladung, etwaige Liegegelder und den Ersatz eines möglicherweise entstandenen höheren Schadens. c) Hat der Frachtführer die Notwendigkeit der Überwinterung durch Verzö- 1 8 gerung seiner Beförderungsleistung verschuldet, kann der Absender kündigen und schuldet nur die Distanzfracht. Der Absender ist nicht gehindert, aus Verzug einen höheren Schaden gegen den Frachtführer geltend zu machen.
6. Anderweitige Vereinbarungen In Verlade- und Transportbedingungen behalten sich Frachtführer häufig 1 9 vor, bei besonderen Vorkommnissen die Beförderung ganz oder teilweise einzustellen und den Frachtvertrag aufzuheben. Für den Fall der Kündigung durch den Absender wird ein bestimmter Teil der Fracht bedungen, der sich auf die volle Fracht erhöht, wenn die Wiederausladung nach angetretener Reise später als vierzehn Tage nach dem Eintritt des Hindernisses verlangt wird.
7. Die Beweislast Der Absender oder der legitimierte Empfänger tragen die Beweislast für die 2 0 Voraussetzungen der Kündigung nach §71 Abs. 1. Der Berechtigte muß das zeitweilige Beförderungshindernis, mangelndes eigenes Verschulden und den Zugang seiner Kündigung beweisen. Lag die zeitweilige Verhinderung außerhalb der Sphäre und des Einflußbereichs des Absenders, ist zugleich der Nachweis mangelnden Verschuldens geführt. Dem Absender kann je nach Lage des Einzelfalles der Beweis des Anscheins 373
§72
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
zur Hilfe kommen. Diesen Anscheinsbeweis kann der Frachtführer erschüttern oder widerlegen, indem er Umstände aufzeigt und beweist, die für ein Verschulden des Absenders sprechen. Soweit sich der Absender auf Verschulden des Frachtführers bei der Durchführung der Reise beruft, z. B. macht er ein verschuldetes zeitweiliges Beförderungshindernis oder eine Verzögerung der Reise mit der Folge der Notwendigkeit einer Uberwinterung des beladenen Schiffes geltend, so muß er sein Vorbringen beweisen.
§72 (1) A u f Verlangen des Absenders ist demselben von dem Frachtführer nach Verladung der G ü t e r ein Ladeschein auszustellen, durch welchen der F r a c h t f ü h r e r sich zur Auslieferung der G ü t e r an den legitimierten Besitzer des Scheines verpflichtet. Das Verlangen ist vor Beginn der Verladung der G ü t e r zu stellen. (2) D e r Ladeschein h a t außer den in § 445 des Handelsgesetzbuchs aufgeführten Angaben auch die Bezeichnung des Schiffes zu enthalten, in welches die G ü t e r verladen sind. (3) Wird der Ladeschein an die Order einer Person ausgestellt, welche am Ablieferungsorte weder ihren Wohnsitz noch eine Niederlassung hat, so kann der F r a c h t f ü h r e r die Bezeichnung einer Meldeadresse verlangen, bei welcher ihm nach der A n k u n f t am Ablieferungsorte die Person des Ladescheinbesitzers bekanntzugeben ist. Die Meldeadresse ist auf dem Ladeschein zu vermerken. Übersiebt Rdn. 1. Allgemeines 2. D i e Frachtpapiere 3. D i e Ausstellung des Ladescheins
. .
4. D e r Inhalt des Ladescheins
8. D e r durchgehende Ladeschein
4-7
9. D i e R e c h t s b e z i e h u n g e n der Beteilig-
8-12
ten
32-33 34-36
10. D i e B e d e u t u n g der Meldeadresse . .
37-39
11. B e s o n d e r e Vereinbarungen
40—43
18-23
12. E i n w e n d u n g e n
24-27
13.
6. D i e rechtliche B e d e u t u n g des L a d e 7. D i e E m p f a n g s b e r e c h t i g u n g
. . .
13-17
5. D i e B e d e u t u n g der näheren A n g a b e n im Ladeschein
Rdn.
1-3
schein
gegen
den
Lade44 45-46
28-31
1. A l l g e m e i n e s 1
a) Im Seerecht kann jeder Beteiligte des Frachtvertrages, wenn das Schiff im ganzen oder zu einem verhältnismäßigen Teil verfrachtet wird (Raumfrachtvertrag), als Nebenpflicht die Errichtung einer schriftlichen Urkunde über den Vertrag, die Chartepartie, verlangen ( § 5 5 7 H G B ) . Dieses Recht entsteht aber 374
Ladeschein
§72
erst nach dem Abschluß des Frachtvertrages. Der Chartepartie geht als vorläufige Beweisurkunde in der Regel ein „fixing letter" voraus, der die wesentlichen Bedingungen des Frachtvertrages in Stichwörtern enthält. Der Inhalt der Chartepartie ist gesetzlich nicht bestimmt. In der Praxis werden in der Regel Formulare auf der Grundlage der Gencon-Charter 1922 (Deutgencon) oder von Baltime (Deutzeit) sowie die des Verbandes deutscher Küstenschiffer (Deutküst 1967) benutzt. Ist jedoch über die zu befördernden Güter ein Konnossement ausgestellt worden, gelten die zwingenden Regeln des §662 H G B . Eine dem §557 H G B vergleichbare Bestimmung kennt das Binnenschiffahrts- 2 recht nicht. In der Binnenschiffahrt wird häufig ein Schiffsbefrachtungsschein (Schlußschein) von den Beteiligten gezeichnet. Nach §26 i.V.m. §426 Abs. 1 H G B kann der Frachtführer vom Absender die Ausstellung eines Frachtbriefs verlangen. Hingegen kann der Absender vor dem Beginn der Verladung der Frachtgüter die Ausstellung eines Ladescheins verlangen. Beide Urkunden können nebeneinander bestehen. b) § 72 findet nach § 131 Abs. 1 auf den O r t s - und Hafenverkehr keine An- 3 Wendung.
2. Die Frachtpapiere a) Der Frachtbrief stellt eine vom Absender auf Verlangen des Frachtführers 4 ausgestellte Beweisurkunde über den Inhalt des Frachtvertrages dar. Es handelt sich um eine einseitige Erklärung des Absenders. Durch die vorbehaltslose Annahme der Urkunde seitens des Frachtführers wird der Frachtbrief zur Vertragsurkunde. Nach §426 Abs. 2 N r . 9 H G B genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Unterschrift. In der Praxis erfolgt manchmal eine Gegenzeichnung durch den Frachtführer. Der Frachtführer kann auch Vorbehalte machen. Der Frachtführer kann vom Absender verlangen, daß der Frachtbrief den in § 426 H G B angegebenen Inhalt hat. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben haftet der Absender dem Frachtführer ohne Verschulden 1 . b) Der Ladeschein, auch Konnossement genannt, ist eine vom Frachtführer 5 auf Verlangen des Absenders nach dem Verladen der Frachtgüter ausgestellte und unterschriebene Urkunde, durch die sich der Frachtführer verpflichtet, die beförderten Frachtgüter an den legitimierten Besitzer des Ladescheins auszuliefern 2 . Eine Faksimileunterschrift oder ein Stempelaufdruck reicht nicht aus. Der Ladeschein hat den in §445 H G B bestimmten Inhalt zu haben. Was der 6 Ladeschein im übrigen unter allen Umständen enthalten muß, um als solcher zu 1 RGZ 96, 279; BGHZ 72, 181. 2 BGH LM §446 HGB Nr. 1. 375
§72
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
gelten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab 3 . Nach §72 Abs. 2 muß im Ladeschein die Bezeichnung des Schiffes enthalten sein. Der Inhalt und die Bedeutung des Ladescheins richten sich gemäß § 26 weitgehend nach den Vorschriften des H G B s über das Landfrachtrecht, §§ 445—450 H G B , nicht des Seerechts, §642 ff. H G B . Soll das Beförderungsgut nach dem Inhalt der Urkunde „ g e g e n Lieferschein", also nicht an den legitimierten Besitzer des Scheins ausgeliefert werden, stellt die Urkunde keinen Ladeschein, sondern lediglich einen E m p f a n g s schein (Verladungsorder) und eine Beweisurkunde über den Inhalt des Frachtvertrages dar 4 . 7
Der Frachtführer hat dem Absender das Original des Ladescheins auszuhändigen. In der Hand des Frachtführers bleibt lediglich ein Duplikat.
3. Die Ausstellung des Ladescheins 8
a) Der Ladeschein wird vom Frachtführer auf Verlangen des Absenders nach dem Verladen der G ü t e r ausgestellt und unterzeichnet. Das Verlangen muß jedoch vor dem Beginn der Verladung gestellt werden (§ 72 Abs. 1 Satz 2). Einem späteren Verlangen des Absenders braucht der Frachtführer nicht nachzukommen. Das Verlangen des Absenders ist an keine F o r m gebunden, kann also schriftlich, fernschriftlich, mündlich oder fernmündlich erfolgen. Der Frachtvertrag kann aber von vornherein die Ausstellung eines Ladescheins vorsehen. Aber auch dann, wenn zunächst keine Vereinbarung über die Ausstellung eines Ladescheins getroffen worden ist, kann auch noch später vor dem Beginn der Verladung der Frachtgüter die Ausstellung eines Ladescheins vom Absender verlangt werden. Der Frachtführer kann seinerseits vom Absender nicht die Annahme eines Ladescheins verlangen, wenn weder im Frachtvertrag die Ausstellung eines Ladescheins vereinbart war, noch der Absender später einen Ladeschein verlangt hat. Fehlt die Unterschrift, liegt kein wirksamer Ladeschein vor. Ein vor der Verladung ausgestellter Ladeschein ist wirksam. Die Ausstellung eines Ladescheins vor dem Beginn der Verladung kann vertraglich vereinbart werden 5 . In einem solchen Fall spricht man von einem Ubernahmeladeschein, der dingliche Bedeutung wie das seerechtliche Ubernahmekonnossement nach §642 Abs. 5 H G B hat.
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b) Der Absender kann den Ladeschein nur in einfacher Ausfertigung verlangen. §642 Abs. 1 H G B , wonach im Seerecht die Ausfertigung mehrerer Konnossements-Exemplare verlangt werden kann, ist im Binnenschiffahrtsrecht weder 3 R G Z 1 0 6 , 339. 4 B G H L M N r . 5 zu § 3 BinnSchG. 5 R G Z 1 0 6 , 337.
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unmittelbar noch analog anwendbar. In der Binnenschiffahrt ist es aber üblich, daß mehrere Duplikate ausgestellt werden, von denen eines der Frachtführer für seine Zwecke behält. Werden mehrere Ausfertigungen hergestellt, die jeweils für sich einen O r i g i nalladeschein darstellen, ist der Frachtführer berechtigt, dem legitimierten Besitzer auch nur eines Exemplars der Ladescheine die Güter mit schuldbefreiender Wirkung auszuliefern. Insoweit sind die §§ 642, 645 H G B und § 242 B G B entsprechend anzuwenden. c) Sind die Frachtgüter nach dem Frachtvertrag von vornherein für verschie- 1 0 dene E m p f ä n g e r bestimmt, kann der Absender nach § 2 4 2 B G B mehrere Ladescheine über die verschiedenen „ T e i l p a r t i e n " verlangen, wenn der Frachtführer hierdurch nicht ungewöhnlich belastet wird. d) Grundsätzlich hat der F r a c h t f ü h r e r selbst den Ladeschein auszustellen. 1 1 Stellvertretung ist aber möglich. Liegt eine wirksame Vertretungsmacht zur A u s stellung des Ladescheins vor, gilt der Vertretende als Frachtführer. Ist der Ladeschein durch einen Vertreter o h n e V e r t r e t u n g s m a c h t ausgestellt worden, ist eine Genehmigung nach den §§ 177 A b s . 2, 184 A b s . 1 B G B m ö glich 6 . Die G e nehmigung kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Eine derartige konkludente H a n d l u n g ist in der Entgegennahme der Frachtgüter aufgrund des Ladescheins in Kenntnis der fehlerhaften Zeichnung zu sehen 7 . Eine gesetzliche V e r t r e t u n g s m a c h t des Schiffsführers, für den Frachtführer einen Ladeschein auszustellen, ergibt sich aus § 1 6 A b s . 2. Er handelt dabei in Vertretung des Schiffseigners, der selbst auch Frachtführer ist. Soweit Partikuliere für größere Schiffahrtsunternehmen Güter befördern, stellen diese Reedereien entweder den Ladeschein im eigenen N a m e n aus oder zeichnen den Ladeschein aufgrund einer ihnen von dem Partikulier erteilten Vollmacht. Ist der Partikulier U n t e r f r a c h t f ü h r e r , verlangen die Schiffahrtsunternehmen häufig seine Mitzeichnung. e) D e r Frachtführer hat das O r i g i n a l des Ladescheins dem Absender aus- 1 2 zuhändigen. D u r c h die wirksame Begebung des Ladescheins wird zu Gunsten des legitimierten Empfangsberechtigten ein Vertrag begründet 8 . Fehlt es an einem B e g e b u n g s v e r t r a g oder ist der Begebungsvertrag unwirksam, werden keine Rechte aus dem Ladeschein begründet. D i e Ü b e r g a b e zur Aufbewahrung des Ladescheins enthält noch keine Rechte aus dem Papier begründenden Begebungsvertrag. Ein als Ladeschein bezeichnetes Frachtpapier, dessen Original beim Frachtführer verbleibt, hat mangels einer Begebung keine Drittwirkung und dient nicht der Begründung von Rechten des Empfängers. Man bezeichnet eine solche U r k u n d e als „ F a h r k o n n o s s e m e n t " . Dieses Fahrkonnos 6 RGZ 170, 233. 7 R G Z f B 1943, 19. 8 RGZ 87, 388. 377
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sement stellt lediglich eine Beweisurkunde im Verhältnis eines Reeders zum Partikulier dar. Nach § 445 Abs. 3 H G B kann der Frachtführer vom Absender eine von diesem unterschriebene Abschrift des Ladescheins verlangen. Es handelt sich der Sache nach um eine vom Absender beglaubigte Abschrift. Durch diese Abschrift soll dem Frachtführer die Kontrolle über den Inhalt des weitergegebenen Ladescheins ermöglicht werden. In aller Regel werden zwei Abschriften ausgestellt, von denen beide Beteiligten je ein Exemplar behalten.
4. Der Inhalt des Ladescheins 13
a) Der Ladeschein hat nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 72 Abs. 1 die Verpflichtung des Frachtführers zu enthalten, die Frachtgüter an den legitimierten Besitzer des Ladescheins, den sogen. Empfangsberechtigten herauszugeben. Der Ladeschein soll ferner die in §445 H G B näher beschriebenen Angaben enthalten. D a z u gehören: - der O r t und der Tag der Ausstellung, - der N a m e und der Wohnort des Frachtführers, - der N a m e des Absenders, - der N a m e des Empfängers oder desjenigen, an dessen Order abgeliefert werden soll, - der O r t der Ablieferung, - die Bezeichnung des Gutes nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen, - die Bestimmung über die Fracht, die dem Gut anhaftenden Nachnahmen sowie ein Vermerk über eine etwaige Vorauszahlung. Nach § 72 Abs. 2 soll der Ladeschein auch die Bezeichnung des Schiffes enthalten. Ferner kann der Frachtführer nach § 72 Abs. 3, wenn der Ladeschein an die Order einer Person ausgestellt ist, die am Ablieferungsort weder ihren Wohnsitz noch eine Niederlassung hat, die Bezeichnung einer Meldeadresse verlangen, bei der ihm nach der Ankunft am Ablieferungsort die Person des Ladescheinbesitzers bekanntzugeben ist. Diese Meldeadresse ist dann auf dem Ladeschein zu vermerken. Schließlich muß der Ladeschein nach §445 Abs. 2 H G B v o m F r a c h t f ü h r e r unterschrieben sein.
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b) Der Frachtführer ist berechtigt und auf Verlangen des Absenders mangels anderweitiger Abreden auch verpflichtet, die vorgenannten Angaben in den Ladeschein aufzunehmen, weil diese den regelmäßigen Inhalt eines Ladescheins darstellen. Absender und Frachtführer können beide verlangen, daß der Inhalt des Ladescheins dem des Frachtvertrages entspricht.
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c) Der notwendige Inhalt des Ladescheins bezieht sich einerseits auf den Empfang der Frachtgüter und die Verpflichtung des Frachtführers, diese an den legitimierten Besitzer des Ladescheins herauszugeben sowie auf die Unterschrift 378
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und andererseits auf die konkreten U m s t ä n d e des Einzelfalles 9 . D e r Ladeschein braucht keine ausdrücklichen Erklärungen über den E m p f a n g der Frachtgüter und die Verpflichtung zur Auslieferung zu enthalten, es genügt, wenn sich diese Erklärungen aus der U r k u n d e entnehmen lassen 1 0 . Wesentlich kann für einen Erwerber insbesondere der N a m e des Absenders sein, wenn der Ladeschein nur an O r d e r gestellt ist; denn unter diesen U m s t ä n den gilt der Absender nach § 445 Ziff. 4 H G B zugleich auch als Empfänger. d) F ü r die Qualifizierung einer U r k u n d e als Ladeschein ist deren Inhalt allein 1 6 entscheidend. In der Binnenschiffahrt werden Ladescheine auch K o n n o s s e m e n t e genannt. Diese Bezeichnung ist unschädlich. D a s gilt auch, wenn der Ladeschein irrtümlich mit „ F r a c h t b r i e f " überschrieben worden ist. Auch das Fehlen der oben unter a) genannten Angaben stehen der Qualifikation einer U r k u n d e als Ladeschein nicht entgegen. Diese Angaben entsprechen nur einem Soll-Erfordernis. e) A u f Mängel des Ladescheins kann sich der Empfänger der Frachtgüter 1 7 nicht berufen, wenn er trotz Kenntnis der fehlerhaften Zeichnung die Auslieferung der Frachtgüter aufgrund des Ladescheins verlangt 1 1 .
5. Die Bedeutung der näheren Angaben im Ladeschein D i e über den notwendigen Inhalt des Ladescheins hinausgehenden Angaben 1 8 haben den Zweck, den Empfänger über die Einzelheiten der Verfrachtung zu informieren. A u s dem T a g und dem O r t der A u s s t e l l u n g soll der Empfänger ersehen können, wann der Absender die Güter verfrachtet und der Frachtführer sie übernommen hat. Werden insoweit schuldhaft unrichtige Angaben gemacht, macht sich der Frachtführer aus positiver Vertragsverletzung ersatzpflichtig 1 2 . D u r c h den N a m e n u n d den W o h n o r t des F r a c h t f ü h r e r s soll dessen Identität 1 9 für den Empfänger festgelegt werden. E s ist üblich, im Ladeschein auch den N a m e n des Schiffsführers zu nennen. D e r N a m e des A b s e n d e r s hat vor allem Bedeutung für den Empfänger. Wichtig ist der N a m e des Absenders, wenn der Ladeschein an O r d e r gestellt ist, da der Absender in diesem Falle zugleich als Empfänger gilt. N a c h § 445 Ziff. 4 H G B soll der N a m e des E m p f a n g s b e r e c h t i g t e n angegeben werden, an den oder an dessen O r d e r das G u t abgeliefert werden soll. Ist der Empfangsberechtigte namentlich genannt, stellt der Ladeschein ein N a m e n s p a pier, einen Rektaladeschein dar. Lautet der Ladeschein nur an die O r d e r , ist die U r k u n d e ein O r d e r p a p i e r , ein Orderladeschein. D e r Ladeschein kann an die 9 10 11 12
Vgl. dazu RGZ 106, 337. RGZ 106, 339; B G H LM §446 H G B Nr. 1. RGZ 153, 61; 170, 233. RGZ 5, 81. 379
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Order des mit Namen genannten Empfängers oder allgemein an dessen Order gestellt sein. Zulässig ist es auch, den Ladeschein auf den Inhaber, also ohne nähere Bezeichnung eines Empfängers, auszustellen. In diesem Falle bestimmt sich die Empfangsberechtigung nach dem Besitz des Ladescheins. 20
Der O r t der Ablieferung soll den Umfang der Beförderungsleistung für den Empfänger festlegen. Möglich ist es, mehrere Ablieferungsorte (Stationen) zu bestimmen, sei es wahlweise, sei es nebeneinander. Der Ablieferungsort kann vorbehalten oder ein Orderhafen sein, was durch den Vermerk: „zu melden" oder „Order in . . . " festgelegt wird. In diesem Falle muß der Frachtführer den Ablieferungsort erfragen. Fehlt überhaupt jeglicher Hinweis auf den Ablieferungsort, muß der Frachtführer mangels anderweitiger Vereinbarungen die Frachtgüter an den vom Absender oder Empfänger auszuwählenden Bestimmungshafen befördern.
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Die Bezeichnung der Güter nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen dient zur Festlegung, welche Güter übernommen und ausgeliefert worden sind, zur Festlegung des Haftungsumfangs (§§ 73-76) und für die Fracht (§ 63).
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Die Angaben über Fracht, Nachnahmen und Vorschüsse sind für das Rechtsverhältnis des Frachtführers zum Empfänger von Bedeutung, weil für ihr Rechtsverhältnis der Inhalt des Ladescheins nach § 446 Abs. 1 H G B wesentlich ist, soweit es sich um die bis zur Ausstellung des Ladescheins entstandenen Ansprüche handelt. Hierher gehören auch etwaige Liegegelder für die Uberschreitung der Ladezeit 13 .
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Durch die Bezeichnung des Schiffes, in das die Güter verladen sind, sollen die Frachtgüter noch näher kenntlich gemacht werden. Werden die Güter im Verlauf der Reise umgeladen, wird hierdurch selbstverständlich der Auslieferungsanspruch des Inhabers des Ladescheins nicht berührt.
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a) Nach §26 i.V.m. §446 Abs. 1 H G B bestimmt der Ladeschein den Umfang der Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger. Die in dem Ladeschein abgegebenen Erklärungen werden auch zu Gunsten desjenigen abgegeben, der mit dem Erwerb des Ladescheins die Rechte daraus erwirbt. Durch die Begebung des Ladescheins entsteht ein Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 B G B . Der legitimierte Empfänger kann die Auslieferung der Güter verlangen. Im Falle unrichtiger Angaben im Ladeschein haftet der Frachtführer dem Empfänger. Der Frachtführer hat ihm gegenüber eine Gewährleistungspflicht 1 4 . Die nicht in den Ladeschein aufgenommenen Bestimmungen des Frachtvertra-
6. Die rechtliche Bedeutung des Ladescheins
13 R G Z 44, 28. 14 R G Z 74, 194.
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ges können dem Empfänger nicht entgegengehalten werden, sie sind ihm gegenüber vielmehr unwirksam, sofern nicht der Ladeschein ausdrücklich auf den Frachtvertrag Bezug nimmt 1 5 . Es genügt nicht, wenn dem Empfänger beim Erwerb des Ladescheins auch der Frachtvertrag vorgelegt worden ist oder ob er von dessen Inhalt auf andere Weise Kenntnis erlangt hat. Von der allgemeinen Bezugnahme auf einen Frachtvertrag im Ladeschein werden nicht die am Abgangsort entstandenen Liegegelder aus einer Überschreitung der Ladezeit oder ein Anspruch auf Fehlfracht wegen unvollständiger Ladung erfaßt. Die Klausel, daß die „ F r a c h t lt. F r a c h t v e r t r a g " zu zahlen sei, besagt nichts über Abmachungen des Frachtvertrages, insbesondere nichts über eine Löschzeit, die Uberliegezeit und über Liegegeld. Besteht zwischen den Bestimmungen des Ladescheins und den in bezug genommenen Abmachungen des Frachtvertrages ein Widerspruch, so gehen die im Ladeschein enthaltenen ausdrücklichen Bestimmungen vor 1 6 . b) Der Ladeschein bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Frachtführer 2 5 und dem Empfänger nicht nur in Ansehung der Fracht und der sonstigen Forderungen, sondern ausschließlich und in allen Beziehungen, insbesondere auch für den Inhalt und den Umfang der Auslieferung der Frachtgüter, für den Ablieferungsort und für die Feststellung der Person der Beteiligten 17 . Mit der Ausstellung und der Begebung des Ladescheins übernimmt der Frachtführer gegenüber dem Empfänger keine selbständige, vom Frachtvertrag unabhängige Verpflichtung, sondern seine Verpflichtung beruht auf dem F r a c h t v e r t r a g und ist nicht abstrakt zu beurteilen. Lediglich zum Schutz des Verkehrs ist nach §446 Abs. 1 H G B vorgesehen, daß sich der Inhalt des Rechtsverhältnisses nach dem Ladeschein bestimmt 1 8 . Der Empfänger, der das Gut aufgrund des Ladescheins angenommen hat, wird Schuldner aller Ansprüche des Frachtführers, die sich aus dem Ladeschein ergeben. Er kann dem Frachtführer auch nur entgegenhalten, was im Ladeschein vermerkt ist. Der Empfänger kann dem Frachtführer bei Ansprüchen auf Liegegeld und Schadensersatz nicht entgegenhalten, er habe das Gut „frei Ausladestelle seines Unternehmens" gekauft, wenn der Ladeschein über Liegegeld und Schadensersatz nichts besagt. Umgekehrt verzichtet der Frachtführer durch die vorbehaltslose Zeichnung eines Ladescheins auf sein Pfandrecht wegen Forderungen aller Art, die vor der Begebung des Ladescheins entstanden sind, gegenüber dem Empfänger. Sind dem Empfänger alle Rechte aus dem Frachtvertrag abgetreten worden, kann der Empfänger mit solchen Gegenforderungen aus dem
15 16 17 18
RGZ 64, 75. RG JW 1938, 1452 Nr. 11. RGZ 15, 107; 34, 78. RGZ 34, 79; 74, 194. 381
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Frachtvertrag, die aus dem Ladeschein nicht ersichtlich sind, nicht aufrechnen. Der Empfänger kann auch sonstige Einwendungen aus der Person des Absenders nicht erheben, es sei denn, daß er selbst auch Absender ist. 26
c) Ansprüche, die erst nach der Begebung des Ladescheins entstanden sind, können naturgemäß nicht im Ladeschein vermerkt sein. Hierhin gehören alle Auslagen auf der Reise, Liegegelder für die Überschreitung der Löschzeit am Ablieferungsort, Bergungs- und Hilfeleistungskosten und Havariebeiträge. Diese durch ein gesetzliches Pfandrecht an den Frachtgütern gesicherten Ansprüche kann der Frachtführer dem Empfänger gegenüber geltend machen, wenn sie aus dem Ladeschein nicht ersichtlich sind. Ein Gleiches gilt für Schadensersatzansprüche, die durch das Verhalten des Empfängers entstanden sind.
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d) Der Ladeschein verkörpert sachenrechtlich das Frachtgut. Nach §26 i.V.m. §450 HGB hat die Ubergabe des Ladescheins an den legitimierten Besitzer, wenn das Gut von dem Frachtführer übernommen ist, für den Erwerb von Rechten an dem Gut dieselben Wirkungen wie eine körperliche Ubergabe. Der Ladeschein stellt das Gut soweit dar, als der Erwerber mit dem Besitz des ordnungsgemäß begebenen Ladescheins den mittelbaren Besitz der darin vermerkten Frachtgüter erlangt, da der Frachtführer den unmittelbaren Besitz für ihn ausübt 19 . Diese dingliche Wirkung des Ladescheins macht die Urkunde zum Traditionspapier. Das Traditionspapier dient allgemein durch seine Verkörperung der Verfügbarkeit über die Frachtgüter. In welchem Umfang der Empfänger dingliche Rechte wie Eigentum oder Pfandrecht an den Frachtgütern erwirbt, entscheidet sich nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber des Ladescheins, also nach den Rechtsbeziehungen und Absprachen bei der Weiterbegebung des Papiers20. Der gute Glaube wird beim Erwerb des Ladescheins wie bei der Ubergabe der Rechtsgüter geschützt (§§932, 936, 1007, 1207 BGB). Erforderlich ist aber, daß der Frachtführer zur Zeit der Ubergabe des Ladescheins den Besitz an den Frachtgütern hat, da selbstverständlich der legitimierte Besitzer des Ladescheins den mittelbaren Besitz an den Frachtgütern verliert, wenn der Frachtführer keinen unmittelbaren Besitz mehr hat, sei es, daß der Frachtführer den unmittelbaren Besitz aufgegeben oder in anderer Weise verloren hat. Hat der Frachtführer seinerseits noch keinen unmittelbaren Besitz an den Frachtgütern erlangt, kann er keinen mittelbaren Besitz vermitteln. Auch ein mittelbarer Besitz nach den §§ 868, 930 BGB genügt nicht. Denn unter „Übernahme" im Sinne des § 450 H G B ist die Empfangnahme der Frachtgüter durch den Frachtführer zum Zwecke der Beförderung zu verstehen. Der Frachtführer soll in der Lage sein, den Empfangsberechtigten den mittelbaren Besitz zu vermitteln. Ist der Ladeschein vor der Übernahme der Güter begeben worden, 19 RGZ 32, 30. 20 RGZ 12, 83.
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treten die vorbeschriebenen Wirkungen erst mit der späteren Übernahme der Ladung ein. Weitere ausdrückliche Willenserklärungen oder sonstige Rechtshandlungen sind dagegen nicht mehr erforderlich.
7. Die Empfangsberechtigung a) Der Frachtführer ist nach § 2 6 i.V.m. § 4 4 8 H G B zur Ablieferung der 2 8 Frachtgüter nur gegen Rückgabe des Ladescheins verpflichtet. Zum Empfang des Gutes ist nach § 2 6 i.V.m. § 4 4 7 H G B nur derjenige legitimiert, an den das Gut nach dem Ladeschein abgeliefert werden soll oder auf den der Ladeschein, wenn er an Order lautet, durch Indossament übertragen ist. Bei einem auf den Inhaber ausgestellten Ladeschein (Namenspapier, Rektapapier) ergibt sich die Empfangsberechtigung unmittelbar aus der Urkunde selbst. Ist der Ladeschein an Order ausgestellt, muß dieser an die Order des Inhabers gestellt sein oder auf ein auf ihn lautendes Indossament oder Blankoindossament 2 1 . Möglich ist auch, einen an Order lautenden Ladeschein durch formlose Abtretung nach § 398 B G B und Ubergabe zu übertragen. Der dingliche Rechtserwerb vollzieht sich dann nicht nach § 450 H G B , sondern durch Abtretung des dinglichen Herausgabeanspruchs nach §931 B G B , verbunden mit der Übergabe des nicht oder fehlerhaft indossierten Ladescheins. Das Indossament kann also durch Abtretung ersetzt werden. b) Der Empfangsberechtigte muß im Besitz des Originalladescheins sein und 2 9 sich durch dessen Vorlage ausweisen. Er hat dem Frachtführer die Einsichtnahme in den Ladeschein zu gestatten. Regelmäßig pflegen Frachtführer ihre Einsichtnahme auf dem Ladeschein zu vermerken, um etwaige Nachteile aus einer danach erfolgten rechtswidrigen Weitergabe der Urkunde zu vermeiden. Auch während der Entlöschung des Schiffes muß der Empfänger im Besitz des Ladescheins bleiben und dem Frachtführer den fortdauernden Besitz an der Urkunde auf Verlangen nachweisen. Der Frachtführer kann verlangen, daß der Ladeschein während der Entlöschung hinterlegt wird. Das folgt aus der Verpflichtung des Frachtführers, nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Ladescheins die Ablieferung der Güter vorzunehmen. Nach der Ablieferung kann der Frachtführer eine Ablieferungsbestätigung auf dem Ladeschein verlangen. Im Falle des Verlustes des Ladescheins muß der Empfänger dem Frachtführer den Verlust durch Vorlage eines Ausschlußurteils nachweisen. Bei einem auf den Namen eines bestimmten Empfängers ausgestellten N a menspapier wird im Falle des Verlustes der Urkunde die Einwilligung des Absenders mit der Auslieferung an den Empfänger genügen, da der Frachtführer gegen eine weitere Abtretung der Ansprüche aus einem solchen Ladeschein durch § 4 0 7 B G B geschützt ist. 21 RGZ 4, 145. 383
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c) D e r Frachtführer darf gemäß § 4 4 7 A b s . 3 H G B n a c h B e g e b u n g des L a d e scheins eine Anweisung des Absenders nur befolgen, wenn ihm der Ladeschein zurückgegeben wird. Verletzt er diese Verpflichtung, ist er dem rechtmäßigen Besitzer des Ladescheins z u m vollen Schadensersatz nach § 2 4 9 B G B verpflichtet ( § 4 4 7 A b s . 3 H G B ) . D a n e b e n schuldet er in einem solchen Fall dem legitimierten Besitzer des Ladescheins auch Schadensersatz nach § 5 8 i.V.m. § 4 3 0 A b s . 3 H G B , wenn erwiesen ist, daß der Verlust der Frachtgüter auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht.
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d) N a c h § 4 4 7 A b s . 2 H G B kann der E m p f a n g s b e r e c h t i g t e schon vor der A n k u n f t des Gutes den Frachtführer anweisen, das G u t anzuhalten, zurückzugeben oder an einen anderen als den bezeichneten Empfänger auszuliefern. Voraussetzung dieses Weisungsrechts ist der B e s i t z des O r i g i n a l l a d e s c h e i n s und ein entsprechender N a c h w e i s gegenüber dem Frachtführer 2 2 . Etwaige M e h r k o s t e n infolge einer Anweisung hat der Empfangsberechtigte dem Frachtführer zu erstatten. D a s gilt auch dann, wenn er den Ladeschein später an einen Dritten indossiert. Diese M e h r k o s t e n können nicht von dem später legitimierten E m p fangsberechtigten verlangt werden.
8. D e r durchgehende Ladeschein 32
a) In der Binnenschiffahrt ist es nicht selten der Fall, daß ein Frachtführer die Frachtgüter zur Ausführung einer ü b e r n o m m e n e n Beförderungsleistung einem anderen Frachtführer übergibt, der dann auch nach M a ß g a b e des Ladescheins die Ablieferung an dem Empfangsberechtigten bewirkt. D e r ausführende Frachtführer tritt nach § 4 3 2 A b s . 2 H G B dadurch, daß er das G u t mit dem ursprünglichen Frachtbrief annimmt, in den Frachtvertrag ein und übernimmt die selbständige Verpflichtung, die Beförderung nach dem Inhalt des Ladescheins auszuführen. Voraussetzung einer solchen Beförderungsleistung ist ein „ d u r c h g e h e n d e r L a d e s c h e i n " . D e r nachfolgende Frachtführer m u ß die Frachtgüter in Kenntnis eines ausgestellten Ladescheins auf der Basis dieser U r k u n d e zur Beförderung übernehmen, o h n e selbst einen Frachtvertrag mit selbständigem Inhalt abzuschließen. E s m u ß also ein U n t e r f r a c h t v e r h ä l t n i s begründet werden. In einem solchen Fall wird der U n t e r f r a c h t f ü h r e r nach Maßgabe des v o m H a u p t f r a c h t f ü h r e r ausgestellten Ladescheins sowohl gegenüber dem Hauptfrachtführer als auch gegenüber dem Empfangsberechtigten berechtigt und verpflichtet. G e g e n über dem Empfangsberechtigten haften H a u p t - und Unterfrachtführer für alle Pflichtwidrigkeiten als Gesamtschuldner 2 3 .
22 RGZ 119, 215. 23 Zu der Frage, ob ein Ladeschein des Hauptfrachtführers, in dessen A G B ein Haftungsausschluß enthalten ist, für das Rechtsverhältnis zwischen erstem und zweitem Unterfrachtführer von Bedeutung ist, vgl. O L G Köln, ZfB 1989, 225. 384
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Für die A u s f ü h r u n g der B e f ö r d e r u n g bis zur Ablieferung haftet der Frachtführer nach § 2 6 i.V.m. § 4 3 2 A b s . 1 H G B . Beide aufeinanderfolgenden Frachtführer haben nach den § § 4 4 0 , 441 H G B ein gesetzliches P f a n d r e c h t an den Frachtgütern, solange das Pfandrecht des letzten Frachtführers besteht. Erfolgt die Übernahme der Beförderung aufgrund eines „durchgehenden Ladescheins", so hat die Auslieferung nach § 4 4 6 A b s . 1 H G B entsprechend seinem Inhalt zu erfolgen. D e r nachfolgende Frachtführer wird nach dem Inhalt des Ladescheins berechtigt und verpflichtet. D e r Empfangsberechtigte kann die Auslieferung nur entsprechend dem Inhalt des Ladescheins verlangen. b) D e r vom Empfangsberechtigten auf Schadensersatz in Anspruch genom- 3 3 mene H a u p t - oder U n t e r f r a c h t f ü h r e r kann den schuldigen Frachtführer nach § 4 3 2 A b s . 3 H G B in R e g r e ß nehmen. D a s gilt auch bei einer H a f t u n g aus einem durchgehenden Ladeschein, obwohl in § 449 H G B nur § 432 A b s . 1 H G B bezogen ist. D e n n ein Regreß ist auch in einem solchen Falle eine Selbstverständlichkeit. Z u d e m folgt der Ausgleich auch aus dem allgemeinen Prinzip der A u s gleichspflicht unter Gesamtschuldnern nach § 4 2 6 B G B . Ist ein „schuldiger" Frachtführer nicht zu ermitteln, haftet derjenige, auf dessen Beförderungsstrecke der Schaden entstanden ist. Kann das auch nicht festgestellt werden, so haben sämtliche an dem durchgehenden Ladeschein beteiligten Frachtführer den Schaden nach dem Verhältnis ihres Anteils an der Fracht gemeinsam zu tragen (§ 432 A b s . 3 Satz 2 H G B ) .
9. Das Rechtsverhältnis zwischen Frachtführer und Absender a) A u c h wenn für die Beförderung des Gutes ein Ladeschein ausgestellt ist, 3 4 bleiben im Verhältnis zwischen dem Frachtführer und dem Absender nach § 26 i.V.m. § 4 4 6 A b s . 2 H G B die B e s t i m m u n g e n des F r a c h t v e r t r a g e s maßgebend. Auch wenn der Ladeschein abweichende Bedingungen enthält, kann sich darauf weder der Frachtführer noch der Absender in ihrem Verhältnis zueinander berufen. So ist es auch für ihr Verhältnis bedeutungslos, wenn abweichend von dem Frachtvertrag ein Dritter als Absender oder E m p f ä n g e r in dem Ladeschein bezeichnet ist. Der Ladeschein hat eben nur Bedeutung für den Inhalt der Rechtsbeziehungen des Frachtführers zum Empfänger. Ladeschein und Frachtvertrag sind getrennte Rechtsverhältnisse 2 4 . b) Selbstverständlich hat der Ladeschein in dem Falle auch Bedeutung für die 3 5 Rechtsbeziehungen des Frachtführers zum Absender, wenn, wie das häufig in der Binnenschiffahrt zutrifft, der A b s e n d e r zugleich auch der E m p f ä n g e r ist. In diesem Sonderfall stehen die Rechtsbeziehungen aus dem Frachtvertrag neben denen aus dem Ladeschein 2 5 . Diesem Fall steht gleich, wenn der Absender zwar 24 B G H Z 73, 7. 25 Vgl. dazu RGZ 20, 68; 46, 5. 385
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nicht mit dem Empfänger identisch ist, wenn der Empfänger aber lediglich für den Absender, insbesondere auf dessen Rechnung (z. B . als Spediteur) handelt 26 . 36
c) Die Ausstellung eines Ladescheins mit einem vom Frachtvertrag abweichenden Inhalt kann darauf hindeuten, daß dem Ladeschein die Bedeutung einer Änderung des Frachtvertrages zukommt. Maßgebend für eine solche Annahme sind grundsätzlich die Umstände des Einzelfalles. Aus den Umständen kann sich ein Wille der Beteiligten ergeben, den Frachtvertrag nachträglich zu ergänzen oder zu berichtigen. Der Ausstellung des Ladescheins mit abweichendem Inhalt und der widerspruchslosen Hinnahme durch den Absender kann die Bedeutung einer Abänderung des Frachtvertrages durch schlüssiges Verhalten zukommen. Bloße abweichende Bestimmungen des Ladescheins ändern aber den Frachtvertrag als solchen in keinem Falle.
37
a) Nach § 72 Abs. 3 kann der Frachtführer die Bezeichnung einer Meldeadresse verlangen, wenn der Ladeschein an die Order einer Person gestellt ist, die am Ablieferungsort weder ihren Wohnsitz noch eine Niederlassung hat, wo ihm nach der Ankunft der Frachtgüter die Person des Ladescheinbesitzers bekanntzugeben ist. Die Meldeadresse ist kein wesentliches Erfordernis des Ladescheins. Durch die Meldeadresse soll dem Frachtführer die Ermittlung des Empfängers und die Anzeige der Löschbereitschaft (§47) erleichtert werden; denn aus einem Orderladeschein braucht sich nicht die Person des berechtigten Empfängers zu ergeben. Ohne die Meldeadresse müßte der Frachtführer nach § 4 7 Abs. 4 verfahren und seine Löschbereitschaft öffentlich bekanntgeben. Dem beugt § 72 Abs. 3 vor, indem dem Frachtführer die Möglichkeit eröffnet wird, bei der Meldeadresse die erforderlichen Anweisungen und die Anschrift des berechtigten Empfängers, der im Besitz des Ladescheins ist, zu erhalten.
38
b) Der Frachtführer ist berechtigt, eine Meldeadresse auf den Ladeschein zu setzen. Dazu besteht jedoch keine Verpflichtung. Der Frachtführer ist aber verpflichtet, eine von ihm selbst auf den Ladeschein vermerkte Meldeadresse auch zu beachten. Darauf darf der berechtigte Empfänger vertrauen.
39
c) In der Binnenschiffahrt werden üblicherweise auch Meldeadressen vermerkt, wenn ein Fall des § 72 Abs. 3 nicht vorliegt. Der Sinn einer solchen Meldeadresse liegt darin, die Anzeige der Löschbereitschaft nach § 5 der Verordnung vom 17. Mai 1943 ( R G B l . I S. 311) innerhalb der ortsüblichen Geschäftszeit als Vorausanmeldung mitteilen zu können. Es können auch mehrere Empfänger in Frage kommen. Es braucht auch ein Empfänger nicht im Ladeschein genannt zu sein, sei es, weil der Empfänger zur
10. Die Bedeutung einer Meldeadresse
26 R G Z 57, 6 4 ; 46, 5.
386
Ladeschein
§72
Zeit der Ausstellung des Ladescheins noch nicht bekannt war, sei es, daß das Frachtgut noch keinen bestimmten Käufer hatte. In allen Fällen soll dem Frachtführer die Ermittlung des oder der Empfänger erleichtert werden.
11. Besondere Vereinbarungen a) Vielfach wird in Frachtverträgen ausbedungen, daß der Frachtführer die 4 0 von ihm entworfenen Ladescheinformulare verwenden darf. Diese Formulare enthalten vom Gesetz abweichende Bedingungen. Manchmal wird in Frachtverträgen auch auf veröffentlichte Verfrachtungsbedingungen verwiesen. Möglich ist auch, daß der Absender, der selbst Spediteur ist, eigene Ladescheinformulare entwickelt hat, die der Frachtführer dann nur auszufüllen und zu unterschreiben hat. Auch in derartigen Fällen kann aber nur verlangt werden, daß der Inhalt des Ladescheins dem Frachtvertrag und den sonstigen Abmachungen entspricht. b) Auf dem Rhein ist es üblich, daß der Frachtführer den Ladeschein vom 4 1 Absender gegenzeichnen läßt. Durch seine Unterschrift erkennt dann der Absender dessen Inhalt einschließlich etwaiger vermerkter Verfrachtungsbedingungen an. c) In ihren Verfrachtungsbedingungen behalten sich Frachtführer vielfach 4 2 vor, daß ihnen eine Meldeadresse auch dann zu bezeichnen ist, wenn ein Ladeschein mit einer genauen Bezeichnung des Empfängers, also kein Orderladeschein, ausgestellt ist27. Es finden sich in Transport- und Verfrachtungsbedingungen manchmal auch Bestimmungen, wonach in den Fällen des § 72 Abs. 3 stets die Bezeichnung einer Meldeadresse als erforderlich angesehen wird. d) Eine wirksame Vereinbarung von Verfrachtungsbedingungen liegt nicht 4 3 vor, wenn Bedingungen verschiedenen Inhalts nebeneinander angewendet werden sollen 28 . Für unterschiedliche Rechtsverhältnisse können aber in einem zu benutzenden Ladescheinformular verschiedene Regeln aufgestellt werden 29 .
12. Einwendungen gegen den Ladeschein Der Frachtführer kann dem berechtigten Empfänger Einwendungen entgegen- 4 4 halten, - die die Wirksamkeit des Begebungsvertrages betreffen, - die die Gültigkeit seiner Erklärungen in dem Ladeschein betreffen, - die sich unmittelbar aus dem Inhalt des Ladescheins ergeben, - die Kosten und Aufwendungen betreffen, die nach der Begebung des Ladescheins entstanden sind, 27 Zum Sinn einer solchen Meldeadresse vgl. § 7 2 Rdn. 39. 28 B G H Z 18, 98. 29 B G H L M N r . 5 zu §3 BinnSchG.
387
§72 -
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
die unmittelbar gegenüber dem berechtigten E m p f ä n g e r bestehen, die aus dem Frachtvertrag folgen, wenn die Bedingungen des Frachtvertrages in dem Ladeschein ausdrücklich bezogen sind, w o b e i eine allgemeine B e z u g nahme als ausreichend anzusehen ist 3 0 .
Unerheblich sind Einreden und Einwendungen aus der Person des Absenders und aus einem Frachtvertrag, der nicht im Ladeschein bezogen ist.
13. Die Beweislast 45
Regelmäßig sind alle gegenseitigen R e c h t e und Pflichten durch Vorlage des Ladescheins zu beweisen, da der Ladeschein über den U m f a n g der beiderseitigen R e c h t e und Pflichten entscheidet. Bei einem auf den N a m e n des Empfängers ausgestellten Ladeschein ist die Empfangsberechtigung des im Ladeschein vermerkten Empfängers, der sich auch im Besitz des Ladescheins befindet, nach § 4 4 7 A b s . 1 H G B gegeben. Bei einem an O r d e r gestellten Ladeschein ist die Empfangsberechtigung durch Indossament zu beweisen. Das auf einem nicht an O r d e r gestellten Ladeschein angebrachte Indossament hat nicht die Wirkungen der § § 4 4 7 A b s . 1, 363 A b s . 2 H G B . Aus einem solchen Indossament in Verbindung mit dem Besitz des Ladescheins kann aber auf eine Abtretung geschlossen werden. Ist ein an O r d e r gestellter Ladeschein ohne Indossament lediglich formlos abgetreten und der Ladeschein übergeben worden, m u ß die Abtretung durch den Empfänger nachgewiesen werden. D i e A b t r e t u n g ist als erwiesen anzusehen, wenn sich eine F i r m a im Besitz des Ladescheins befindet, mit der Entlöschung begonnen oder Liegegeld bezahlt hat.
46
Ist der Ladeschein einem früheren Inhaber abhanden gekommen, ist der jetzige Inhaber formell legitimiert, aber dem Berechtigten zur Herausgabe des Ladescheins verpflichtet. Weil er bösgläubig erworben hat, kann ihm der Mangel seiner Berechtigung auch von dem aus dem Ladeschein verpflichteten Frachtführer entgegengehalten werden. F ü r diese U m s t ä n d e trägt der Frachtführer die Beweislast. Ist der Ladeschein in Verlust geraten oder sonst abhanden gekommen, muß der legitimierte E m p f ä n g e r den Verlust des Ladescheins dem Frachtführer beweisen. D i e s e r N a c h w e i s kann regelmäßig nur durch Vorlage eines vom E m p fänger erwirkten gerichtlichen Ausschlußurteils erfolgen (§§ 365 A b s . 2 Satz 1 H G B , 7 9 9 B G B , 1003 ff. Z P O ) .
30 B G H Z 64, 75. 388
H a f t u n g des F r a c h t f ü h r e r s f ü r richtige Z a h l - , M a ß - und G e w i c h t s a n g a b e
§73
§73 (1) Der F r a c h t f ü h r e r haftet für die Richtigkeit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung der Zahl, des Maßes oder des Gewichtes der verladenen Güter, es sei denn, daß durch den Z u s a t z : „Zahl, Maß, Gewicht u n b e k a n n t " oder durch einen gleichbedeutenden Vermerk ersichtlich gemacht ist, daß die Güter dem F r a c h t f ü h r e r nicht zugezählt, zugemessen oder zugewogen sind. (2) Erklärt sich der Absender bereit, die Zuzählung, Zumessung oder Z u wiegung der G ü t e r auf seine Kosten v o r n e h m e n zu lassen, so ist der F r a c h t führer nicht berechtigt, einen Zusatz der in Absatz 1 bezeichneten A r t in den Ladeschein aufzunehmen. (3) Die Bestimmungen des § 60 bleiben unberührt. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines
1
Rdn. 4. Freizeichnungsvermerke
2. Die Haftung aus dem Ladeschein . .
2-6
5. Besondere Vereinbarungen
3. Die Bezeichnung der Frachtmenge
7-8
6. Die Beweislast
9-10 11 12-16
1. Allgemeines a) Grundsätzlich haftet der Frachtführer aus dem F r a c h t v e r t r a g und insbe- 1 sondere nach § 58 für den Schaden, der seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch Verlust oder Beschädigung der Frachtgüter entstanden ist, sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeigeführt worden ist, welche auch durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht ausgeschlossen werden konnten 1 . Neben dieser H a f t u n g ex recepto tritt bei der Beförderung der Frachtgüter aufgrund eines vom Frachtführer ausgestellten Ladescheins nach den §§ 73 bis 76 gegenüber dem Empfänger die Haftung aus der Schrift des Ladescheins, die H a f t u n g ex scriptura. b) Wie oben zu § 72 ausgeführt worden ist, können Ansprüche zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger, der selbst nicht zugleich auch Absender ist, nur nach Maßgabe des Inhalts des Ladescheins begründet werden 2 . Ist der Frachtvertrag in dem Ladeschein bezogen, sind auch die dort getroffenen Abmachungen für die gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger maßgebend.
2. Die Haftung aus dem Ladeschein a) Mit der Ausstellung und Begebung des Ladescheins übernimmt der Fracht- 2 führer die Gewähr für die Richtigkeit der darin vermerkten Angaben. Entspre1 Vgl. dazu auch die H a f t u n g s a u s s c h l ü s s e nach § 58 A b s . 2 und 3. 2 R G Z 139, 2 6 3 .
389
§73
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
chend der seerechtlichen Regelung in § 656 H G B trifft den Frachtführer auch im Binnenschiffahrtsrecht eine zwar ebenfalls auf dem Frachtvertrag beruhende, von dem Frachtvertrag aber unabhängige selbständige Haftung gegenüber dem Empfänger aus der Schrift des Ladescheins 3 . Nach der amtlichen Begründung 4 sollte „wenigstens in den wichtigsten Beziehungen Sicherheit dafür geschaffen werden, daß die Güter, so wie der Ladeschein sie bezeichnet, auch tatsächlich verladen worden sind, damit der Ladeschein seinen Zweck, als Dispositionspapier den Umsatz der Güter zu vermitteln, erfüllen kann." Der Empfänger soll darauf vertrauen können, daß er die Frachtgüter erhält, die im Ladeschein bezeichnet sind 5 . 3
b) Eine Einschränkung der Haftung aus der Schrift des Ladescheins ergibt sich aus § 61, wenn bei äußerlich erkennbaren Mängeln nach der Annahme der Güter durch den Empfänger keine Feststellung des Zustandes der Frachtgüter durch einen amtlich bestellten Sachverständigen erfolgt ist. Dasselbe gilt bei äußerlich nicht erkennbaren Mängeln, wenn nicht unverzüglich nach der Entdeckung der Mängel, spätestens binnen einer Woche nach der Annahme, eine Feststellung durch einen amtlich bestellten Sachverständigen erfolgt ist oder eine Anzeige nach § 61 Abs. 2 vorgenommen ist. Unterbleiben derartige Feststellungen bzw. die Anzeige, erlöschen alle Ansprüche aus der Beschädigung oder Minderung. Das Erlöschen der Ansprüche kann der Frachtführer sowohl dem Absender als auch dem Empfänger entgegenhalten, da §61 allgemein von dem Erlöschen der Ansprüche handelt, ohne Rücksicht darauf, auf welchen Haftungs vorschriften die Ansprüche aus der Beschädigung oder Minderung beruhen 6 .
4
c) Der Frachtführer kann sich auch dem Absender und dem Empfänger gegenüber auf § 60 berufen, da nach § 73 Abs. 3 diese Vorschrift unberührt bleibt. Schließlich kann sich der Frachtführer auch gegenüber dem Empfänger auf die Einschränkung seiner Haftung für bestimmte Güter nach § 59 Ziff. 1-5 berufen.
5
d) Eine H a f t u n g ex scriptura besteht nicht, wenn der Empfänger die Unrichtigkeit des Ladescheins kennt oder sich ungerechtfertigt bereichern würde 7 . Kennenmüssen steht der positiven Kenntnis nicht gleich. Hat der Empfänger vom Absender eine bestimmte Menge gekauft, weist aber der Ladeschein irrtümlich eine erheblich größere Menge aus, kann der Frachtführer dem Empfänger bei Aufdeckung des Irrtums die Unrichtigkeit des Ladescheins entgegenhalten, da der Empfänger ungerechtfertigt bereichert würde, wenn er mehr erhalten würde, als ihm aufgrund der internen Rechtsbeziehungen zusteht.
3 4 5 6 7
R G Z 4 , 91; 46, 5. Begr. S. 99. R G Z 4 6 , 6. R G Z 46, 78. R G Z 20, 68.
390
Haftung des Frachtführers für richtige Zahl-, Maß- und Gewichtsangabe
§73
e) Ist der Empfänger zugleich auch der Absender oder dessen Vertreter, kann 6 der Frachtführer dem Empfänger gegenüber einwenden, daß er die Frachtgüter nur in dem Umfange und in der Beschaffenheit ausgeliefert verlangen kann, wie er sie dem Frachtführer überlassen hat 8 . Die Ausstellung des Ladescheins kann also die Rechtsstellung der Beteiligten nicht günstiger gestalten, wenn kein Vertrauensschutz eingreift. Bei der Beförderung von Gütern innerhalb eines Konzerns treten derartige Zweifelsfragen gelegentlich auf. 3. Die B e z e i c h n u n g der Frachtmenge a) Nach §26 i.V.m. §445 Nr. 6 H G B kann der Absender verlangen, daß die 7 Bezeichnung des Gutes nach seiner Menge im Ladeschein vermerkt wird. An einer solchen Bezeichnung hat der Absender wegen seiner Dispositionen über die Güter mittels des Ladescheins ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse. Der Frachtführer braucht einen solchen Vermerk nicht aufzunehmen, wenn sich nicht der Absender bereiterklärt, nach § 73 Abs. 2 zu verfahren. Der Absender muß sich bereiterklären, auf seine Kosten dem Frachtführer die Güter zuzählen, zumessen oder zuwiegen zu lassen. Die Feststellung der Frachtgüter muß ordnungsgemäß, d. h. durch amtlich bestellte Sachverständige unter einer Kontrollmöglichkeit des Frachtführers in der Nähe seines Schiffes vorgenommen werden 9 . Eine Gewichtsermittlung muß auf einer amtlich geeichten und richtig arbeitenden Waage vorgenommen werden. N u r das Ergebnis einer ordnungsgemäßen Feststellung muß der Frachtführer vorbehaltlos in den Ladeschein aufnehmen. Findet keine oder keine ordnungsgemäße Feststellung des Umfangs der Frachtgüter bei der Einladung statt, ist der Frachtführer nicht verpflichtet, einen reinen, d. h. vorbehaltlosen Ladeschein zu zeichnen. b) Nach §73 Abs. 1 haftet der Frachtführer wie im Seerecht (§655 HGB) für 8 die Richtigkeit der im Ladeschein enthaltenen Bezeichnungen der Zahl, des Maßes und des Gewichtes der verladenen Frachtgüter. Es handelt sich um eine Haftung aus der Schrift des Ladescheins für den vorbehaltlos vermerkten Umfang der Frachtgüter, den der gutgläubige berechtigte Besitzer des Ladescheins nur aus der Urkunde entnehmen kann und worauf er vertrauen darf. Es muß aber eine bestimmte Angabe im Ladeschein vermerkt sein. Der Vermerk kann sich auf die Zahl, das Maß oder das Gewicht der verladenen Güter beziehen. Die Angaben müssen eindeutig sein. Mehrdeutige und unklare Angaben lösen ausgenommen den Fall der Arglist - keine Haftung ex scriptura aus.
8 RGZ 20, 67. 9 Vgl. dazu RGZ 101, 238; 104, 209.
391
§73
4. A b s c h n i t t . F r a c h t g e s c h ä f t
4. Freizeichnungsvermerke 9
a) Erfolgt seitens des Absenders entweder überhaupt keine oder keine ordnungsgemäße Feststellung des Umfangs der Frachtgüter, kann sich der Frachtführer gegen eine Haftung ex scriptura nach § 73 Abs. 1 durch einen Freizeichn u n g s v e r m e r k schützen. Er ist berechtigt, in einem solchen Fall auf dem Ladeschein den Zusatz anzubringen „Zahl, Maß, Gewicht unbekannt". Der Vermerk kann auch einen „gleichbedeutenden Inhalt" haben, wie § 73 Abs. 1 ausdrücklich hervorhebt. Notwendig ist nur, daß der Inhalt des Vermerks hinreichend verdeutlicht, was gemeint ist, d. h. dem Frachtführer sind die Güter nicht oder nicht ordnungsgemäß zugezählt, zugemessen oder zugewogen worden.
10
b) O b einem Vermerk die Bedeutung einer Freizeichnung beizulegen ist, ist den besonderen Umständen des Einzelfalles und einem etwaigen Handelsbrauch zu entnehmen. Ein Vorbehalt wurde in den Vermerken „Gewicht und Qualität unbekannt", „nicht verwogen", „unverwogen", „unverwogen übernommen", „ohne Haftung für Gewicht und/oder Stückzahl" gesehen. Anerkannt als Freizeichnungsvermerke wurden auch Klauseln wie „lt. Eisenbahnfrachtbrief" und „nach Eisenbahngewicht" ebenso wie „lt. Eisenbahnfrachtbrief ungezählt übernommen". Auch bei sämtlichen sonstigen Vermerken, die einen Bezug auf ein Bahngewicht enthalten, wird man annehmen müssen, daß sich der Frachtführer freizeichnen will, weil ihm gegenüber keine Zuwiegung erfolgt ist, es sei denn, daß der Frachtführer trotzdem eine Haftung übernehmen wollte. Ebenso sind die Zusätze „lt. Eichschein" oder „laut Pegelstand" als Freizeichnungsklauseln auszulegen, da der Frachtführer durch den Hinweis auf den Tiefgang seines Schiffes oder den Pegelstand auf die Unsicherheit der Feststellung hinweisen und sich dadurch gegen eine Haftung schützen will. Auch die Bezeichnung des Umfangs der Frachtgüter mit einem Zirkagewicht (ca., zirka, ungefähr) stellt keine bestimmte Gewichtsangabe dar. Ein solcher Vermerk besagt vielmehr, daß das Gewicht eben nicht genau stimmt. Aus den Umständen des Einzelfalles kann sich ergeben, daß trotz des Hinweises auf einen Eichschein, den Pegelstand oder ein Zirkagewicht eine bestimmte Angabe im Ladeschein gewollt war, für die der Frachtführer einstehen wollte.
5. Besondere Vereinbarungen 11
Durch Transport- und Verladebedingungen, die im Ladeschein bezogen werden, werden häufig Freizeichnungsklauseln vereinbart, die auch die Haftung aus der Schrift des Ladescheins ausschließen oder beschränken. Derartige Klauseln sind nur im Rahmen der §§ 138, 242, 276 Abs. 2 B G B zulässig. In keinem Fall darf eine Klausel eine Freizeichnung von den Kardinalpflichten des Frachtführers enthalten. Es können nicht gleichzeitig wichtige Vertragspflichten übernommen und jede Haftung dafür ausgeschlossen werden. Insbesondere kann keine Freizeichnung von der Fahr- und Ladetüchtigkeit des Schiffes vereinbart 392
Haftung des Frachtführers für richtige Zahl-, Maß- und Gewichtsangabe
§ 73
werden. Es können auch nicht die gesetzlichen Merkmale des Frachtvertrages völlig abbedungen werden, z. B. die Pflicht zur Beförderung und Auslieferung der Güter nach Maßgabe der Bestimmungen des Frachtvertrages. Weiter kann sich der Frachtführer nicht auf eine Freizeichnung von der Haftung für schuldhaft unrichtige Gewichtsangaben im Ladeschein berufen. Denn es ist mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im redlichen Verkehr unvereinbar, einerseits ein bestimmtes Gewicht zu verbriefen und sich gleichzeitig freizuzeichnen 10 . Soll die Freizeichnung auch gegenüber dem Empfänger wirken, muß im Ladeschein deutlich zum Ausdruck kommen, daß sich die Freizeichnung auch auf das Empfangsbekenntnis beziehen soll 11 . Nicht selten wird ausbedungen, daß der Frachtführer nur dann für die im Ladeschein enthaltenen Bezeichnungen des Maßes oder des Gewichtes der verladenen Güter haftet, wenn ihm die Güter zugemessen oder zugewogen sind. Es kommen auch Verfrachtungsbedingungen vor, wonach Feststellungen, die nicht sofort bei der Ausladung und an der Ausladestelle stattfinden, später für den Frachtführer unverbindlich sein sollen. 6. Die Beweislast a) Für die Haftung ex scriptura kommt es auf den Inhalt des Ladescheins an. 1 2 Der Ladeschein dient zum Beweis der gegenseitigen Rechte und Pflichten. Aus der Schrift des Ladescheins haftet der Frachtführer auch für nicht von ihm übernommene Güter, wenn er den Ladeschein unrichtig ausgestellt und keinen Freizeichnungsvermerk aufgenommen hat. Aus einem vorbehaltlos gezeichneten Ladeschein kann der gutgläubige Empfänger so viele Güter verlangen, als darin nach dem Empfangsbekenntnis vermerkt sind. Der Empfänger braucht also in Ansehung seines Anspruchs nicht zu beweisen, daß der im Ladeschein ausgewiesene Umfang der Frachtgüter tatsächlich eingeladen worden ist. Es genügt der Hinweis auf den reinen Ladeschein und der Nachweis der ordnungsgemäßen Gewichtsermittlung bei der Ablieferung. Demgegenüber kann der Frachtführer beweisen, daß er für den Verlust oder die Minderung der Frachtgüter nach den §§58, 59, 61 oder aus sonstigen Gründen nicht haftet. Hingegen kann er nicht geltend machen, Frachtgüter geringeren Umfangs empfangen zu haben. b) Ist der Ladeschein mit einem Freizeichnungsvermerk versehen, also nicht 1 3 rein gezeichnet, kann der Empfänger aus dem Ladeschein ersehen, daß der Frachtführer den darin angegebenen Umfang der Frachtgüter nicht gegen sich gelten lassen will. Damit entfällt seine Haftung für den im Ladeschein angegebenen Ladungsumfang. In einem solchen Falle muß der Empfänger nach den Grundsätzen der Haftung ex recepto (§58) beweisen, daß der von ihm be10 B G H N J W 1961, 823. 11 R G Z 139, 263.
393
§74
4. Abschnitt.
Frachtgeschäft
hauptete Verlust seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung entstanden ist. E r muß also beweisen, was der Frachtführer empfangen und was er abgeliefert hat. Dasselbe gilt, wenn der Ladeschein keine Angaben über den Ladungsumfang enthält. D e m Frachtführer obliegt es dann, den ihm nach § 58 möglichen Entlastungsbeweis zu führen. Soll der Frachtführer im Ladeschein schuldhaft unrichtige Erklärungen abgegeben haben, für die er jedem später legitimierten Inhaber des Ladescheins aus dem Begebungsvertrag nach den § § 3 2 8 , 242, 249, 278 B G B haften soll, hat der Geschädigte die Beweislast für die angebliche Unrichtigkeit. 14
c) Wendet der Frachtführer gegenüber der Haftung aus der Schrift ein, daß der Empfänger die Unrichtigkeit gekannt hat oder sich bereichern würde, wenn der Frachtführer an der Schrift festhalten würde, muß der Frachtführer sein Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht im Falle des Bestreitens beweisen.
15
d) Wendet der Frachtführer ein, Absender und Empfänger seien personengleich oder es bestehe ein Vertretungsverhältnis, und er habe die Güter so ausgeliefert, wie er sie vom Absender übernommen habe, muß der Frachtführer diese seine Haftung ausschließenden Umstände beweisen.
16
e) Beruft sich der Frachtführer auf eine Freizeichnung entsprechend seinen Transport- und Verfrachtungsbedingungen, muß der Wortlaut seiner Bedingungen eindeutig sein. Unklarheiten oder Mehrdeutigkeiten gehen zu seinen Lasten. O b Transport- und Verladebedingungen einer Inhaltskontrolle standhalten, haben die Gerichte von Amts wegen zu prüfen.
§74 (1) Der F r a c h t f ü h r e r haftet für die Richtigkeit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung der Güter, sofern er nicht beweist, daß die Unrichtigkeit der Bezeichnung bei Anwendung der Sorgfalt eines gewöhnlichen F r a c h t f ü h rers zu erkennen war. (2) Sind dem F r a c h t f ü h r e r die G ü t e r in Verpackung oder in geschlossenen Gefäßen übergeben und ist dies aus dem Ladescheine zu ersehen, so trifft den F r a c h t f ü h r e r keine Verantwortlichkeit für die richtige Bezeichnung des Inhalts, es sei denn, daß ihm eine bösliche Handlungsweise nachgewiesen wird. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines
Rdn.
1
5. D i e bösliche Handlungsweise. . .
2. Die Bezeichnung der Frachtgüter . . 3. D e r Entlastungsbeweis
2 3-4
6. Besondere Vereinbarungen . . . . 7. Die Beweislast
4. Verpackte Güter
5-6
394
7 8 9-12
Haftung des Frachtführers für richtige Güterbezeichnung
§74
1. Allgemeines Das Binnenschiffahrtsrecht geht in Übereinstimmung mit dem Seehandels- 1 recht von dem Grundsatz aus, daß der Frachtführer für die Richtigkeit der im L a d e s c h e i n b z w . K o n n o s s e m e n t aufgenommenen Angaben einzustehen hat. Anders als im Seerecht, in dem nach §§ 6 5 6 , 662 H G B eine zwingende Haftung des Verfrachters aus der Verpflichtung des Konnossements besteht - das K o n nossement begründet jedoch lediglich eine widerlegbare Beweisvermutung - , gilt im Binnenschiffahrtsrecht nach den §§ 7 3 - 7 6 eine H a f t u n g ex s c r i p t u r a , der mangels einer dem § 662 H G B vergleichbaren Regelung kein zwingender C h a rakter z u k o m m t . D i e H a f t u n g ex scriptura unterliegt im R a h m e n der Vertragsfreiheit der Disposition der Beteiligten, d. h. sie ist Freizeichnungsvermerken zugänglich. F e r n e r kann der Frachtführer in der Binnenschiffahrt nach § 74 A b s . 1 den Entlastungsbeweis dahin führen, daß die unrichtige Bezeichnung der Frachtgüter auch bei A n w e n d u n g der Sorgfalt eines gewöhnlichen Frachtführers nicht zu erkennen gewesen sei. D a n e b e n kann der Frachtführer selbstverständlich auch die Entlastungsmöglichkeiten aus den § § 5 8 - 6 1 gegenüber dem E m p fänger geltend machen.
2. Die Bezeichnung der Frachtgüter N a c h § 4 4 5 N r . 6 H G B i.V.m. § 2 6 hat der Frachtführer auf Verlangen des 2 Absenders in dem Ladeschein Angaben über die Bezeichnung der verladenen G ü t e r nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen aufzunehmen 1 . Wie die Bezeichnung zu erfolgen hat, ist eine Frage des Einzelfalles. I m Regelfalle wird der Frachtführer die Angaben des Absenders übernehmen, wenn keine Bedenken bestehen. E r k e n n t der Frachtführer die Unrichtigkeit der Angaben des A b senders, ist er nicht verpflichtet, die Angaben in den Ladeschein zu übernehmen. Zur Vermeidung einer H a f t u n g m u ß er sich weigern, im Ladeschein unrichtige Angaben niederzulegen. § 7 4 A b s . 1 begründet nach seiner Entstehungsgeschichte 2 nur eine Haftung des Frachtführers für die Bezeichnung nach G a t t u n g , A r t und Beschaffenheit 3 . Anders als im Seerecht sind M e r k z e i c h e n haftungsrechtlich nur dann bedeutsam, wenn damit eine Beschaffenheitsangabe verbunden ist, was regelmäßig nicht zutrifft. Merkzeichen k o m m e n auch in der Binnenschiffahrt nur selten vor.
1 Zur Bezeichnung „gut und trocken" vgl. KG J W 1932, 2449 Nr. 2. 2 Vgl. Begr. S. 90. 3 KG, a. a. O . ; Mittelstem, 1 I zu § 74 Rdn. 2. 395
§74
4. A b s c h n i t t . F r a c h t g e s c h ä f t
3. Der Entlastungsbeweis 3
Dem Frachtführer steht gegenüber der S c r i p t u r h a f t u n g in mehrfacher Hinsicht der Entlastungsbeweis offen: a) N a c h dem ausdrücklichen Wortlaut des § 74 Abs. 1 kann sich der Frachtführer von der Haftung wegen Unrichtigkeiten der Bezeichnung der Frachtgüter im Ladeschein durch den Nachweis entlasten, die Unrichtigkeit der Bezeichnung sei auch bei Anwendung der Sorgfalt eines gewöhnlichen Frachtführers nicht zu erkennen gewesen. Ein gewöhnlicher Frachtführer im Sinne des Gesetzes ist ein über keine besonderen Qualifikationen verfügender einfacher Frachtführer, der auch über keine kaufmännischen Sach- und Warenkenntnisse verfügt 4 . An die Sorgfalt eines gewöhnlichen Frachtführers, Unrichtigkeiten zu erkennen, dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Der Frachtführer darf sich auf die Angaben des Absenders verlassen, wenn kein Grund zum Mißtrauen besteht. Insbesondere braucht der Frachtführer ohne konkrete Anhaltspunkte keine Untersuchung der Frachtgüter nach Gattung, Art und Beschaffenheit vorzunehmen. Denn das Gesetz hat aus sozialen Gründen die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten gegenüber dem Seerecht geringer bemessen. Partikuliere ohne besondere kaufmännische Ausbildung und ohne spezifische Warenkenntnisse würden im Wettbewerb benachteiligt, wollte man die an ihre Sorgfalt zu stellenden Anforderungen an seerechtlichen Grundsätzen messen. Daher soll die Haftung nur eintreten, wenn ein einfacher Frachtführer ohne besondere kaufmännische Sach- und Warenkenntnisse die Unrichtigkeit erkennen konnte.
4
b) D e m Frachtführer steht weiter der Entlastungsbeweis nach allen Alternativen des §58 offen. Weiter kann er auch von den Entlastungsmöglichkeiten nach den §§59-61 Gebrauch machen.
4. Verpackte Güter 5
a) Die Haftung des Frachtführers für die Richtigkeit der Bezeichnung der Frachtgüter im Ladeschein ist bei verpackten G ü t e r n oder bei G ü t e r n in geschlossenen Gefäßen nach § 74 Abs. 2 ausgeschlossen, wenn dem Frachtführer keine bösliche Handlungsweise zur Last fällt. Dieser Vorschrift kommt heute große Bedeutung im Roll-on-Roll-off und Containerverkehr zu, weil regelmäßig der Frachtführer den Inhalt der beförderten Anhänge oder Container nicht kennt und üblicherweise auch nicht überprüfen kann. Der Haftungsausschluß des § 74 Abs. 2 setzt voraus, daß dem Frachtführer die Güter nach dem Inhalt des Ladescheins in Verpackung oder in geschlossenen Gefäßen zur Beförderung übergeben worden sind. Für den Empfänger muß die 4 R G Z 141, 315.
396
Haftung des Frachtführers für richtige Güterbezeichnung
§74
Beförderung in Verpackung oder in geschlossenen Gefäßen aus dem Ladeschein eindeutig ersichtlich sein, damit er aus der Art der Verpackung die mangelnde Uberprüfung der Frachtgüter durch den Frachtführer und den Ausschluß der Haftung des Frachtführers unmittelbar aus dem Ladeschein folgern kann. Ist das nicht der Fall, greift der Haftungsausschluß nicht durch. Verpackte Güter in obigem Sinne sind Güter, die nicht ohne Schwierigkeiten äußerlich geprüft werden können, wie z. B. Güter in Jute- oder Plastiksäcken, Konserven oder Kabeltrommeln in Kisten und Flüssigkeiten aller Art in Fässern. Hierher gehören auch Güter auf Paletten. b) Im Seerecht verbleibt es auch bei verpackten Gütern oder Gütern, die in 6 verschlossenen Gefäßen übergeben worden sind, an sich bei der strengen Haftung. Dort gestattet aber § 656 Abs. 2 N r . 2 H G B dem Verfrachter den Freizeichnungsvermerk „Inhalt unbekannt" oder einen Vermerk gleichbedeutenden Inhalts zur Abwendung einer Haftung. Auch in der Binnenschiffahrt sind in Anlehnung an das Seerecht derartige Vermerke zulässig und durchaus üblich, um sich vor einer H a f t u n g ex scriptura zu schützen. Ein solcher Freizeichnungsvermerk ist insbesondere dann dringend geboten, wenn aus dem Ladeschein nicht oder nicht sicher hervorgeht, daß es sich um Güter im Sinne des § 74 Abs. 2 handelt. N u r durch einen Vermerk der bezeichneten Art im Ladeschein kann der Frachtführer deutlich machen, daß er für die Richtigkeit der Angaben im Ladeschein nicht einstehen will. Es kommt in der Praxis auch vor, daß im Frachtbrief der Bezeichnung der Frachtgüter der Zusatz „ a n g e b l i c h " hinzugefügt wird. Auch können Proben gezogen und diese versiegelt sein, was dann im Ladeschein vermerkt sein kann. Auch in diesen Vermerken des Ladescheins ist ein Freizeichnungsvermerk hinsichtlich der Richtigkeit der Angaben im Ladeschein zu sehen.
5. D i e b ö s l i c h e H a n d l u n g s w e i s e Auf einen Ausschluß seiner Verantwortlichkeit bei unrichtiger Bezeichnung 7 des Inhalts der in § 74 Abs. 2 genannten Güter kann sich der Frachtführer bei böslicher Handlungsweise nicht berufen. Unter böslicher Handlungsweise ist ein vorsätzlich sittenwidriges Verhalten zu verstehen, das für einen Irrtum des Empfängers über den Gegenstand der Frachtgüter ursächlich ist und zu einem Vermögensschaden führt. Es handelt sich der Sache nach um einen Unterfall des § 826 B G B . Ebenso wie dort begründet grobe Fahrlässigkeit noch keinen Ausschluß der Haftung. Bedingter Vorsatz reicht jedoch aus. Ist bösliche Handlungsweise festzustellen, haftet der Frachtführer entsprechend § 826 B G B nach § 75 Satz 2 auf den vollen Schaden.
397
§74
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
6. Besondere Vereinbarungen 8
Der Frachtführer kann sich in Transport- und Verladebedingungen von einer Haftung aus § 74 von den vermerkten Angaben freizeichnen, was üblicherweise geschieht. Dem Empfänger gegenüber ist diese Freizeichnung aber nur wirksam, wenn im Ladeschein auf den Frachtvertrag und die zugrunde liegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen ist, was durch eine Bezugnahme geschehen kann. In Ladescheinen pflegen sich Frachtführer von ihrer Haftung nach § 74 für die auf Verlangen des Absenders aufgenommenen Angaben über die Bezeichnung der Güter nach Gattung, Art und Beschaffenheit durch Zusätze wie „Beschaffenheit oder Qualität unbekannt" (Unbekanntklausel) freizuzeichnen. Zu derartigen Vermerken besteht Anlaß, wenn aus dem Ladeschein als solchem die Verpackungsart nicht eindeutig hervorgeht oder wenn der Frachtführer begründete Bedenken hat, daß die Angaben des Absenders unrichtig oder unzuverlässig sind. Eine Freizeichnung kann auch durch den Hinweis im Ladeschein erfolgen, es sei eine Probe entnommen und versiegelt worden.
7. Die Beweislast 9
a) Der Frachtführer hat im Rahmen des § 74 Abs. 1 die volle Beweislast dafür, daß im Rahmen seiner Sorgfalt als einfacher Frachtführer ohne besondere Sach- und Warenkunde die Unrichtigkeit der Bezeichnung der Frachtgüter nicht zu erkennen war. Hat der Frachtführer kundige Angestellte mit der Verladung der Frachtgüter betraut, muß er beweisen, daß auch unter Berücksichtigung ihrer Kenntnisse die Unrichtigkeit nicht zu erkennen war. Der Empfänger kann demgegenüber beweisen, daß sich die Güter bei der Übernahme durch den Frachtführer in einem schadensfreien Zustande befunden haben und der Frachtführer nach § 58 ex recepto hafte 5 . Im Rahmen des §58 kann sich der Frachtführer nach allgemeinen Gesichtspunkten von der Haftung aus dieser Vorschrift entlasten.
10
b) Bei verpackten Gütern kann der Empfänger Ansprüche nach § 58 aus der Haftung ex recepto geltend machen. Er muß beweisen, daß die Verpackung zur Zeit der Übernahme unbeschädigt gewesen ist 6 .
11
c) Wirft der Empfänger dem Frachtführer bei verpackten Gütern oder solchen in verschlossenen Gefäßen bösliche Handlungsweise vor, hat der Empfänger alle Umstände darzutun und zu beweisen, die seinen Vorwurf rechtfertigen.
12
d) Macht der Empfänger einen Schaden geltend, der über die Veränderung des im Ladescheins bezeichneten Zustandes hinausgeht, trägt er die Beweislast dafür, 5 Vgl. dazu RGZ 141, 315; B G H VersR 1962, 660; O L G Hamburg 1970, 1126. 6 RGZ 141, 316; B G H VersR 1962, 660; O L G Hamburg VersR 1970, 1125.
398
§75
Haftungsumfang bei Nichtübereinstimmung
daß die Güter zur Zeit der Übernahme durch den Frachtführer diesen Schaden noch nicht hatten7.
§75 In den Fällen des § 73 Abs. 1 und des § 74 beschränkt sich die Haftung des Frachtführers auf den Ersatz des Minderwerts, welcher aus der Nichtübereinstimmung der Güter mit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung sich ergibt. Fällt dem Frachtführer eine bösliche Handlungsweise zur Last, so hat er den vollen Schaden zu ersetzen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der Umfang der Haftung ex scriptura
Rdn. 1
3. Bösliche Handlungsweise 4. Die Beweislast
Rdn. 5 6-7
2-4
1. Allgemeines Zwischen den seerechtlichen Grundsätzen der Haftung für die Richtigkeit der 1 Angaben in einem Konnossement und der Haftung aus der Schrift des Ladescheins bestehen grundsätzliche Unterschiede. Die Haftung für die Richtigkeit der Angaben in einem Konnossement geht nach §656 H G B ohne Beschränkungsmöglichkeit auf Ersatz des vollen Schadens. Allerdings begründet das Konnossement nur eine widerlegbare Beweisvermutung für die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben. Demgegenüber läßt das Binnenschiffahrtsgesetz eine Entlastung für die Angaben im Ladeschein nach Maßgabe der §§73, 74 zu. Im übrigen unterscheidet das Binnenschiffahrtsgesetz hinsichtlich der Haftungsfolgen deutlich zwischen der Haftung aus der Empfangnahme der Frachtgüter aufgrund des Frachtvertrages nach den §§ 26, 58 i. V. m. § 430 H G B (Haftung ex recepto) und der Haftung aus der Schrift des Ladescheins. Bei der Haftung ex recepto ist die Ersatzpflicht des Frachtführers im Falle des teilweisen oder völligen Verlustes oder der Beschädigung der Frachtgüter auf den gemeinen Handelswert beschränkt. Bei der Haftung ex scriptura (§§ 73, 74) ist die Ersatzpflicht grundsätzlich auf Ersatz des vollen Schadens gerichtet, im Interesse der Erleichterung des Verkehrs findet sich jedoch in § 75 eine Haftungsbeschränkung. 2. D e r U m f a n g der H a f t u n g ex s c r i p t u r a a) Die Haftung aus der Schrift des Ladescheins ist nach § 75 auf den Ersatz des 2 Minderwerts beschränkt, wenn sich eine mangelnde Ubereinstimmung der 7 R G Z 141, 315; B G H VersR 1962, 660.
399
§75
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Frachtgüter mit der im Ladeschein enthaltenen Bezeichnung ergibt. Die mangelnde Übereinstimmung muß in der Bezeichnung der Güter nach Zahl, Maß und Gewicht ( § 7 3 Abs. 1) oder nach Gattung, A r t und Beschaffenheit (§74) liegen. Die Haftungsbeschränkung knüpft also an objektive Umstände an. Denkbar ist, daß sich in der Praxis infolge des technischen Fortschritts weitere objektive Merkmale zur Konkretisierung der Frachtgüter insbesondere auf elektronischer Grundlage ergeben. Da die Aufzählung des Gesetzes - wenn auch klar umrissen - beispielhaft zu verstehen ist, wird man auch neue Konkretisierungsund Individualisierungsmerkmale im Rahmen der Haftungsbeschränkung des § 75 zulassen müssen. 3
b) Die Haftung ist in den Fällen der § 73 Abs. 1 und § 74 auf den Ersatz des Minderwerts beschränkt, den die Frachtgüter im Zeitpunkte der Ablieferung gegenüber dem gemeinen Handelswert (§ 430 H G B ) hatten, wie er bei richtiger Bezeichnung der Frachtgüter im Ladeschein tatsächlich bestanden haben würde. § 2 4 9 B G B ist ausgeschlossen 1 . Das gilt auch im Falle einer Fahrlässigkeit des Frachtführers und seiner Erfüllungsgehilfen. Muß ein Schaden festgestellt werden, ist von dem gemeinen Handelswert, den die Frachtgüter nach den Angaben im Ladeschein hätten, auszugehen. Von diesem gemeinen Handelswert ist der Verkehrswert der abgelieferten Frachtgüter abzuziehen. Die sich so ergebende Differenz stellt als Minderwert den Schaden des Empfängers dar. Ergeben sich für den Empfänger Ersparnisse an Zöllen und sonstigen Kosten, mindern diese Ersparnisse nach § 4 3 0 Abs. 1 H G B den Schaden des Empfängers.
4
c) Hat der Empfänger ein von den Angaben im Ladeschein völlig abweichendes Gut, ein aliud, erhalten und angenommen, z. B. Rapsschrot statt Getreide, so errechnet sich der Minderwert aus dem Unterschied der beiden Marktpreise. Es ist unerheblich, ob der tatsächliche Schaden größer oder kleiner ist 2 . Ist der Wert der angelieferten Frachtgüter höher als der im Ladeschein bezeichneten Frachtgüter, bestehen keine Ausgleichs- oder Bereicherungsansprüche des Frachtführers gegen den Empfänger, da aus der Sicht des Empfängers keine Leistung des Frachtführers vorliegt. Der Ausgleich muß sich innerhalb des internen Verhältnisses des Empfängers zu demjenigen vollziehen, von dem er seine Rechte ableitet.
5
Wie in § 74 Abs. 2 verschärft das Gesetz in Fällen böslicher Handlungsweise die Haftung auf den Ersatz des vollen Schadens des Frachtführers. Es handelt sich wie dort um einen Unterfall der Haftung aus § 826 B G B . Wer durch vorsätzlich sittenwidriges Verhalten einem Dritten Schaden zufügt, muß dem Ge-
3. Bösliche Handlungsweise
1 BGH NJW 1980, 2021. 2 RGZ 15, 89. 400
Mängelangabe im Ladeschein
§76
schädigten den durch seine Handlungsweise verursachten Schaden voll erstatten. Die Handlung muß vorsätzlich, zumindest bedingt vorsätzlich, erfolgen. Zum Vorsatz gehört nicht das Bewußtsein der Sittenwidrigkeit 3 , wohl aber die Kenntnis der Tatumstände, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen. N o t wendig ist aber das Bewußtsein, daß das Verhalten einen schädlichen Erfolg haben wird. Die gesamten Schadensfolgen müssen vom Vorsatz umfaßt sein 4 . Im Falle bedingten Vorsatzes muß der Frachtführer einen möglichen Schaden in sein Bewußtsein aufgenommen und den möglichen Erfolg billigend in Kauf genommen haben 5 . Die Sittenwidrigkeit folgt aus dem Gesamtcharakter des Verhaltens, wobei Zweck und Beweggründe das Verhalten prägen. Eine Sittenwidrigkeit fehlt, wenn der Frachtführer sein Verhalten als gerechtfertigt annehmen durfte 6 . Grobe Fahrlässigkeit reicht zur Annahme einer böslichen Handlungsweise nicht aus. 4. D i e B e w e i s l a s t a) Im Falle einer mangelnden Ubereinstimmung der abgelieferten Frachtgüter 6 mit der Schrift des Ladescheins muß der gemeine Wert der durch den Ladeschein verbrieften Frachtgüter festgestellt werden, wenn darüber Streit besteht. Ferner muß der Verkehrswert der abgelieferten Frachtgüter ermittelt werden. Derartige Feststellungen müssen durch Sachverständige erfolgen. Durch die Schrift des Ladescheins ist der Besitzer des Ladescheins des besonderen Nachweises eines ihm persönlich entstandenen Schadens enthoben. b) Verlangt der Empfänger vom Frachtführer Ersatz seines vollen Schadens 7 (§ 249 B G B ) wegen böslicher Handlungsweise, trägt er die volle Beweislast für alle objektiven und subjektiven Elemente der Norm 7 .
§76 Übernimmt der Frachtführer Güter, deren Beschädigung, schlechte Beschaffenheit oder mangelhafte Verpackung bei der Verladung äußerlich erkennbar ist, so hat er den Mangel im Ladescheine zu vermerken, widrigenfalls er dem Empfänger für den aus dem Mangel sich ergebenden Minderwert der Güter verantwortlich ist.
3 4 5 6 7
BGH WM 1962, 579. BGH NJW 1963, 150. BGH WPM 1977, 59; NJW 1987, 1758. Vgl. dazu auch RGZ 123, 271; 155, 238. Vgl. dazu schon RGZ 21, 22, 37. 401
§76
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
Rdn. 1. Allgemeines 2. Die Beschädigung der Frachtgüter 3. Die schlechte Beschaffenheit der Frachtgüter 4. Die mangelhafte Verpackung der Frachtgüter 5. Die äußerliche Erkennbarkeit der Mängel 6. Die Anforderungen an die Sorgfalt des Frachtführers
1-2 3 4 5 6
Rdn. 7. Die Pflichten des Frachtführers bei Wahrnehmung von Mängeln . . . . 8. Die Verantwortlichkeit des Frachtführers bei erkennbaren Mängeln . . 9. Der Anspruchsberechtigte 10. Besondere Vereinbarungen 11. Die Beweislast
8 9 10 11 12-14
7
1. Allgemeines 1
Eine dem § 76 vergleichbare Regelung kennt das Seerecht nicht mehr. Im Seerecht haftet der Verfrachter nach §608 Abs. 1 Nr. 5 H G B nicht für Schäden, die aus Handlungen oder Unterlassungen des Abladers oder Eigentümers des Gutes, seiner Agenten oder Vertreter entstehen. Allerdings tritt nach §608 Abs. 3 H G B eine Haftungsbefreiung nicht ein, wenn der Eintritt der Gefahr auf Umständen beruht, die der Verfrachter zu vertreten hat.
2
Im Binnenschiffahrtsrecht ist der Frachtführer über die Pflichten aus den §§ 73, 74 hinaus gehalten, bei der Übernahme der Güter erkennbare Mängel wie Beschädigungen, schlechte Beschaffenheit oder mangelhafte Verpackung im Ladeschein zu vermerken, anderenfalls er dem Empfänger für den sich aus dem Mangel ergebenden Minderwert der Frachtgüter verantwortlich ist. Hierdurch erweitert das Gesetz die Haftung ex scriptura. Ist der Ladeschein rein gezeichnet, kann der berechtigte Besitzer des Ladescheins auf die Abwesenheit der in § 76 bezeichneten Mängel vertrauen1. Waren bei der Übernahme der Frachtgüter äußerlich erkennbare Mängel gleichwohl vorhanden, haftet der Frachtführer dem Empfänger im Rahmen des § 76 für den Minderwert der Frachtgüter.
2. Die Beschädigung der Frachtgüter 3
Unter Beschädigung im Sinne des § 76 ist jede qualitative, stoffliche Verminderung der Frachtgüter wie die Aufnahme von Feuchtigkeit, Gerüche, Bruch, Rost, Radioaktivität oder eine sonstige äußere oder innere Verschlechterung zu verstehen 2 . Eine bloße Wertminderung ohne stoffliche Veränderung stellt keine Beschädigung dar.
1 R G Z 4, 88. 2 R G Z 60, 45.
402
Mängelangabe im Ladeschein
§76
3. Die schlechte Beschaffenheit der Frachtgüter Schlechte Beschaffenheit ist anzunehmen, wenn die Frachtgüter irgendeinen 4 äußerlich erkennbaren, den Wert mindernden Zustand aufweisen, der nicht mehr als Beschädigung einzustufen ist. Hierdurch soll der Begriff „Beschädigung" über die qualitative Verminderung hinaus auf andere denkbare, dem Frachtgut sachlich anhaftende Einschränkungen erweitert werden. Hierhin gehören Frachtgüter, die äußerlich sichtbar durch lange Lagerung gelitten haben (z. B. vergilbte Stoffe, vergilbte Papierballen) oder zuvor mit einem Schiff befördert worden sind, das in eine Havarie verwickelt worden ist.
4. Die mangelhafte Verpackung der Frachtgüter Unter schlechter Verpackung ist die schlechte Beschaffenheit der äußeren Um- 5 hüllung verpackter Frachtgüter zu verstehen. Ist die Verpackung mangelhaft, besteht ein unmittelbarer Verdacht dafür, daß auch die Frachtgüter selbst sich nicht in einem ordnungsgemäßen Zustande befinden. Einer schlechten Verpakkung steht eine zwar unbeschädigte, aber nach dem äußeren Erscheinungsbild unzulängliche Verpackung gleich; denn die Verpackung dient dazu, das Gut gegen die Zufälle der Beförderung zu schützen und ist damit mittelbar auch für den Wert des Frachtgutes von Bedeutung 3 .
5. Die äußere Erkennbarkeit der Mängel Ein Mangel ist äußerlich erkennbar, wenn er ohne besondere Untersuchung 6 und ohne besondere Sach- oder Warenkenntnisse ohne weiteres wahrnehmbar ist. Ohne weiteres sind äußerlich Nässe- und Feuchtigkeitseinwirkungen feststellbar. Ein Frachtführer kann erkennen, ob ein Ballen naß ist oder Getreide schimmlig ist und dumpf riecht. Wenn allerdings ein vereidigter Sachverständiger eine Warenprobe zieht und die Probe versiegelt, wie das bei einzelnen Warensorten häufig geschieht, kann sich ein Frachtführer darauf verlassen, daß das Frachtgut keine erkennbaren Mängel aufweist 4 . Ein Frachtführer braucht nicht klüger zu sein als ein Sachverständiger. Wenn schon ein Sachverständiger keinen Grund zur Beanstandung findet, kann man vom Frachtführer keine weitergehenden Erkenntnisse verlangen. Es kann weiter vom Frachtführer nicht verlangt werden, daß er geringfügige Feuchtigkeit oder Farbveränderungen von Gütern sowie geringe Undichtigkeit von Fässern wahrnimmt oder solche Wahrnehmungen zutreffend bewertet.
3 R G Z 139, 267. 4 Vgl. dazu K G JW 1932, 2449 Nr. 2.
403
§76
4. Abschnitt. Frachtgeschäft
6. Die Anforderungen an die Sorgfalt des Frachtführers 7
g
D e n Frachtführer trifft keine Pflicht, die Frachtgüter bei der Ü b e r n a h m e auf ihren ordnungsgemäßen Zustand und den der Verpackung hin zu überprüfen, da ihm dazu regelmäßig die K o m p e t e n z fehlt. M a n denke etwa an Kabelrollen in T r a n s p o r t b e h ä l t e r n oder Coils. O b die Verpackung ausreichend ist, kann nur ein F a c h m a n n beurteilen. Von dem Frachtführer wird keine besondere Warenkunde verlangt, die es ihm erlauben könnte, aus äußeren Wahrnehmungen zutreffende Schlüsse zu ziehen, wenn die Verpackung äußerlich unversehrt erscheint.
7. Die Pflichten des Frachtführers bei Wahrnehmung von Mängeln Wenn der Frachtführer einen äußerlich erkennbaren Mangel an den Frachtgütern bei der Ü b e r n a h m e feststellt, m u ß er den Mangel im Ladeschein vermerken. D e r Frachtführer hat im Ladeschein seine Wahrnehmungen näher festzuhalten, sodaß der berechtigte Besitzer des Ladescheins aus der U r k u n d e ersehen kann, welche Mängel der Frachtführer bei der Ü b e r n a h m e festgestellt hat. E s genügt daher nicht der abstrakte Hinweis, die G ü t e r seien mangelhaft. A u c h eine „ U n bekanntklausel" gleichviel welcher A r t ersetzt nicht die K o n k r e t i s i e r u n g der Mängel im Ladeschein und stellt keine Freizeichnung des Frachtführers von der H a f t u n g für äußerlich erkennbare Mängel dar 5 . Ausreichend sind Vermerke wie „eine Kiste Konserven stark beschädigt", „ein Ballen Baumwolle weist F a r b spritzer auf", „die Partie Drahtrollen ist stark verrostet" oder „ G e t r e i d e schimmlig, riecht d u m p f " .
g
8. Die Verantwortlichkeit des Frachtführers bei erkennbaren Mängeln H a t der Frachtführer erkennbare Mängel der Frachtgüter wahrgenommen, hat er aber den Mangel bei Zeichnung des Ladescheins nicht vermerkt, haftet er dem Empfänger zwar nicht unbeschränkt nach § 2 4 9 B G B , jedoch nach § 76 auf den M i n d e r w e r t der Frachtgüter. Wie bei § 75 besteht der Minderwert in der D i f f e renz zwischen dem gemeinen Handelswert des Gutes entsprechend den Beschaffenheitsangaben im Ladeschein und dem Verkehrswert der abgelieferten G ü t e r abzüglich Ersparnissen des Empfängers bei Zöllen und K o s t e n . I m Falle einer böslichen Handlungsweise, die regelmäßig eine vorsätzlichsittenwidrige Schädigung darstellt, sind die §§ 826 B G B , 75 B S c h G entsprechend anwendbar, da der Frachtführer in derartigen Fällen keinen Schutz verdient und für eine Haftungsbegrenzung kein G r u n d besteht. Z u r böslichen Handlungsweise näher § 75. 5 RGZ 24, 91.
404
Mängelangabe im Ladeschein
§76
9. Der Anspruchsberechtigte Die Ersatzansprüche aus § 76 stehen dem Empfänger zu, d. h. dem legitimier- 1 0 ten Besitzer des Ladescheins. Der Empfänger braucht nicht unmittelbarer Rechtsnachfolger des Absenders zu sein. Auch der Empfänger, der sein Recht auf ein Blankoindossament stützt, ist berechtigter Besitzer. Ihm haftet der Frachtführer aus der Schrift des Ladescheins. Der Empfänger braucht sich nur einen Vermerk über äußerlich erkennbare Mängel auf dem Ladeschein entgegenhalten zu lassen. Es berührt seine Rechte nicht, wenn zwischen dem Absender und dem Frachtführer Abreden über das Unterbleiben eines entsprechenden Vermerkes getroffen worden sind, es sei denn, diese Absprache wäre dem Empfänger beim Erwerb des Ladescheins mitgeteilt worden oder in sonstiger Form bekannt gewesen. In derartigen Fällen greift §242 B G B ein.
10. Besondere Vereinbarungen § 76 ist dispositiver Natur. Die Beteiligten können abweichende Bestimmun- 11 gen vereinbaren. In Verlade- und Transportbedingungen kann eine umfassende Freizeichnung vereinbart werden. Dem legitimierten Besitzer des Ladescheins kann eine solche Freizeichnung von der Haftung für äußerlich erkennbare Mängel in Verlade- und Transportbedingungen sowie im Frachtvertrag nur entgegengehalten werden, wenn die Freizeichnung aus dem Ladeschein klar ersichtlich ist. Dazu reicht die Bezugnahme im Ladeschein auf den Frachtvertrag oder auf Verlade- und Transportbedingungen aus. Häufig finden sich in Verlade- und Transportbedingungen Bestimmungen, wonach der Frachtführer für nachgewiesene äußerlich erkennbare Mängel, insbesondere Mängel der Verpackung, auch dann nicht einstehen will, wenn der Ladeschein rein gezeichnet ist.
11. Die Beweislast Verlangt der Empfänger aufgrund eines rein gezeichneten Ladescheins Ersatz 1 2 wegen Mängel der Frachtgüter aus der Haftung ex recepto, obliegt ihm der Nachweis, daß die Güter zur Zeit der Übernahme durch den Frachtführer die behaupteten Mängel nicht hatten6. Behauptet er weiter, daß die Mängel bereits bei der Übernahme äußerlich erkennbar gewesen sind, hat der Empfänger auch diese Tatsache zu beweisen7. Dieser Nachweis erübrigt sich, wenn sich der Frachtführer darauf beruft, die Mängel seien erst auf der Reise entstanden; denn dann steht fest, daß die Güter in ordnungsgemäßem Zustande übernommen worden sind. Der Frachtführer muß in einem solchen Fall nach §58 Abs. 1
6 R G Z 141, 315. 7 K G JW 1932, 24449 Nr. 2. 405
§ 77
5. Abschnitt. Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck
nachweisen, daß der Schaden auf der Reise durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht hatte abgewendet werden können 8 . 13
Bösliches Verhalten des Frachtführers mit der Folge einer unbeschränkten Haftung hat der Empfänger in subjektiver wie objektiver Hinsicht zu beweisen.
14
Beruft sich der Frachtführer gegenüber Ansprüchen des Empfängers auf eine Freizeichnung in seinen Verlade- und Transportbedingungen, was sich aus dem Inhalt des Ladescheins ergeben muß, kann der Empfänger einwenden, der Schaden sei durch Vorsatz des Frachtführers oder seiner Erfüllungsgehilfen (§278 B G B ) herbeigeführt worden. Erbringt der Empfänger diesen ihm obliegenden Beweis, versagt die Freizeichnung und der Frachtführer haftet unbeschränkt im Rahmen des §249 B G B . Hatte der Frachtführer einen äußerlich erkennbaren Mangel im Ladeschein näher bezeichnet und vermerkt, kann der Frachtführer keinen Anspruch aus § 76 geltend machen. Es genügt der Hinweis auf den Ladeschein.
§77 (1) Auf die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern ist §664 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden. § 4 a bleibt unberührt. (2) Der Beförderer hat wegen des Beförderungsentgelts ein Pfandrecht an dem Gepäck des Reisenden, solange das Gepäck zurückbehalten oder hinterlegt ist. Die Wirkungen und die Geltendmachung des Pfandrechts bestimmen sich im übrigen nach den f ü r das Pfandrecht des Frachtführers an Frachtgütern geltenden Vorschriften. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Haftung des Beförderers und des auführenden Beförderers 3. Die gesamtschuldnerische Haftung 4. Das zuständige Gericht 5. Das Pfandrecht des Beförderers im Reisegepäck
Rdn. 1-2 3-10 11-12 14
Rdn. 6. Das Zurückbehaltungsrecht des Beförderers 7. Besondere Vereinbarungen 8. Die Beweislast
18 19-21 22-23
15-17
1. A l l g e m e i n e s 1
Die Beförderung von Reisenden ist sowohl für den Bereich der Seeschiffahrt als auch für die Binnenschiffahrt durch das Zweite Seerechtsänderungsgesetz
8 Vgl. näher § 5 8 .
406
Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck
§77
vom 25. 7. 19861 neu geregelt worden. Grundlage der Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck ist nunmehr die Neufassung des § 664 H G B nebst Anlage, der nach § 77 n. F. auch für die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern in seinem Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 entsprechend anzuwenden ist. Ergänzt werden diese Vorschriften durch den neu eingefügten § 4 a, wonach der Schiffseigner persönlich in dem dort angegebenen Rahmen im Falle der Tötung oder Verletzung von Reisenden haftet. Diese Haftung wird zu einer unbeschränkten, wenn der Schaden auf Handlungen oder Unterlassungen zurückzuführen ist, die in Schädigungsabsicht erfolgten oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen wurden, daß ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Dasselbe gilt bei Ansprüchen gegen den Charterer und Personen der Schiffsbesatzung oder der an Bord tätigen Lotsen. § 77 Abs. 2, durch den dem Beförderer wegen seines Beförderungsentgelts ein 2 gesetzliches Pfandrecht gewährt wird, hat in der Praxis keine Bedeutung, da der Beförderer von den Reisenden das Beförderungsentgelt vor dem Antritt der Reise zu erheben pflegt. Wer nicht zahlt, bleibt zurück.
2. Die H a f t u n g des Beförderers u n d des ausführenden Beförderers a) Nach § 77 Abs. 1 i. V. m. § 664 H G B haftet vorbehaltlich des § 664 Abs. 2 3 H G B der Beförderer und der ausführende Beförderer für Schäden, die bei der Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern durch den Tod oder die Körperverletzung eines Reisenden oder den Verlust oder die Beschädigung von Gepäck entstehen nach Maßgabe der Anlage zu § 664 H G B , die entsprechend auf die Reisenden in der Binnenschifffahrt anzuwenden ist. Andere Anspruchsgrundlagen sind daneben gemäß Art. 11 der Anlage ausgeschlossen. b) Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 Ziff. la bedeutet „Beförderer" eine 4 Person, durch oder für die ein Beförderungsvertrag geschlossen worden ist, gleichgültig, ob die Beförderung tatsächlich von ihr oder von einem ausführenden Beförderer durchgeführt wird. Ist die Beförderung ganz oder teilweise einem ausführenden Beförderer übertragen worden, bleibt der Beförderer im Rahmen der Anlage zu § 664 H G B haftbar 2 . c) „Ausführender Beförderer" bedeutet nach der Begriffsbestimmung in 5 Art. 1 Ziff. l b der Anlage eine andere Person als den Beförderer, gleichgültig, ob es sich um den Schiffseigentümer, den Charterer, den Reeder oder den Ausrüster des Schiffes handelt, welcher die Beförderung ganz oder teilweise durchgeführt hat. Der ausführende Beförderer unterliegt hinsichtlich des von ihm durch1 B G B l . I S. 1120. 2 Art. 3 Abs. 1 der Anlage.
407
§77
5. Abschnitt. Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck
geführten Teils der Beförderung den Bestimmungen der Anlage zu § 664 H G B und zwar sowohl hinsichtlich der Haftung als auch der Haftungsbeschränkung. 6
d) Reisende im Sinne der Anlage sind nach der Begriffsbestimmung des Art. 1 Ziff. 4 der Anlage Personen, die aufgrund eines Beförderungsvertrages auf einem Schiff befördert werden oder die mit Zustimmung des Beförderers ein Fahrzeug oder lebende Tiere begleiten, die Gegenstand eines Vertrages über die Beförderung von Gütern sind, für den die Anlage nicht gilt.
7
e) „ G e p ä c k " sind alle Gegenstände, die der Beförderer aufgrund eines Beförderungsvertrages befördert. Ausgenommen hiervon sind Gegenstände oder Fahrzeuge, die aufgrund eines Chartervertrages oder Konnossements oder eines anderen Vertrages befördert werden sowie lebende Tiere. Was der Reisende in persönlicher O b h u t behält und mit sich führt, z. B. seine Uhr, seinen Stock, fällt nicht unter den Begriff Gepäck. Insoweit gelten die allgemeinen Bestimmungen des B G B .
8
f) Der Beförderer haftet für den Schaden, der durch den Tod oder die K ö r p e r verletzung eines Reisenden oder durch den Verlust oder die Beschädigung von Gepäck entsteht, wenn das den Schaden verursachende Ereignis während der Beförderung eingetreten ist und auf einem Verschulden des Beförderers oder seiner in Ausübung ihrer Verrichtungen handelnden Bediensteten oder Beauftragten beruht. Die persönliche Haftung des Beförderers oder des ausführenden Beförderers ist summenmäßig nach Maßgabe des § 4a beschränkt. Der dort umrissene H a f t u n g s h ö c h s t b e t r a g bezieht sich auf den Gesamtbetrag aller Ersatzansprüche durch Tod oder Körperverletzung eines Reisenden. Dabei werden Ansprüche gegen den Beförderer und den ausführenden Beförderer zusammengerechnet. Die Ansprüche nach den §§ 77, 4a unterliegen nicht der beschränkt-dinglichen Haftung des Binnenschiffahrtsgesetzes. § 102 N r . 4 gewährt für diese Ansprüche ein Schiffsgläubigerrecht. Nach Art. 10 der Anlage verliert der Beförderer das Recht auf eine Haftungsbeschränkung, wenn der Schaden von ihm oder seinen Bediensteten oder Beauftragten in Ausführung ihrer Verrichtung vorsätzlich oder g r o b fahrlässig herbeigeführt worden ist. Desgleichen verlieren Bedienstete und Beauftragte des Beförderers das auch ihnen sonst zustehende Recht auf Haftungsbeschränkung.
9
g) Die Haftung für Kabinengepäck ist nach Art. 6 Abs. 1 der Anlage in jedem Falle auf 4000,- D M je Reisenden und Beförderung beschränkt. Bei dem Verlust oder der Beschädigung von Fahrzeugen einschließlich des darin beförderten Gepäcks ist die Haftung nach Art. 6 Abs. 2 auf 16 000,- D M je Fahrzeug und Beförderung beschränkt. Für Wertsachen braucht der Beförderer nicht einzustehen, es sei denn, diese sind ihm zur sicheren Aufbewahrung hinterlegt worden. In diesem Falle gelten obige Summen, sofern nicht, was möglich ist, ein höherer Haftungshöchstbetrag vereinbart worden ist.
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Der Reisende hat den Verlust oder die Beschädigung von Gepäck dem Beför408
Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck
§77
derer oder dessen Beauftragten schriftlich anzuzeigen. Bei äußerlich erkennbarer Beschädigung von Kabinengepäck muß die Anzeige vor oder bei der Ausschiffung des Reisenden erfolgen. Bei sonstigem Gepäck muß die Anzeige vor oder bei Aushändigung des Gepäcks erfolgen. Im Falle äußerlich nicht erkennbarer Beschädigungen oder bei Verlust des Gepäcks muß die Anzeige binnen fünfzehn Tagen nach dem Tage der Ausschiffung oder Aushändigung oder nach dem Zeitpunkte, zu dem die Aushändigung hätte erfolgen sollen, erklärt werden. Einer schriftlichen Anzeige bedarf es nicht, wenn der Zustand des Gepäcks im Zeitpunkte des Empfangs von den Parteien gemeinsam festgestellt oder geprüft worden ist.
3. Die gesamtschuldnerische Haftung a) Soweit der Beförderer einem ausführenden Beförderer die Vertragserfül- 11 lung überläßt, haften beide dem Reisenden nach Art. 3 Abs. 4 der Anlage als Gesamtschuldner. b) Jede besondere Vereinbarung des Beförderers außerhalb der Anlage zu § 664 H G B mit dem Reisenden ist gegenüber dem ausführenden Beförderer nur wirksam, wenn er der Vereinbarung ausdrücklich und schriftlich zugestimmt hat. c) Sind ausnahmsweise Beförderer und Schiffseigner unterschiedliche Perso- 1 2 nen, haftet der Schiffseigner nach den §§3, 8 Abs. 4 und nach deliktischen Grundsätzen (§§823, 831, 249 B G B ) . d) Haften Bedienstete oder Beauftragte des Beförderers oder des ausführen- 1 3 den Beförderers wegen eines Schadens, der unter die Anlage zu § 664 H G B fällt, können diese Personen nach Art. 8 der Anlage sich auf Einreden und Haftungsbeschränkungen gleich einem Beförderer oder ausführenden Beförderer berufen, sofern sie beweisen, daß sie in Ausführung einer Dienstverrichtung gehandelt haben.
4. Das zuständige Gericht Für Klagen nach der Anlage zu §664 H G B ist auch das Gericht zuständig, in 1 4 dessen Bezirk sich der in dem Beförderungsvertrag bestimmte Abgangs- oder Bestimmungsort befindet. Im übrigen gelten die Gerichtsstände der ZPO.
5. Das Pfandrecht des Beförderers am Reisegepäck a) Der Beförderer hat wegen des Beförderungsentgelts ein gesetzliches 1 5 Pfandrecht an dem von dem Reisenden gesondert zur Beförderung übernommenen Reisegepäck, nicht jedoch an dem mitgeführten Handgepäck. Die unterschiedliche Behandlung des Gepäcks folgt aus dem Wortlaut des Gesetzes, das die Entstehung des Pfandrechts an den Besitz des Gepäcks knüpft. So besteht auch das Pfandrecht nur fort, wenn es zurückbehalten oder hinterlegt ist, also zur Beförderung übergeben war. 409
§77
5. Abschnitt. Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck
Unter dem Beförderungsentgelt ist nicht nur das Entgelt für die Beförderung des Reisenden zu verstehen, sondern auch das Entgelt für das gesamte Gepäck. Ein besonderes Entgelt wird für Gepäck nicht erhoben. Das Pfandrecht bezieht sich auch nicht auf Ansprüche für Einkäufe an Bord oder für Bewirtungskosten. 16
b) Das Pfandrecht des Beförderers a m Reisegepäck besteht nach § 77 Abs. 2 Satz 1, solange es „zurückbehalten oder hinterlegt" ist. Anders als das Pfandrecht des Frachtführers nach § 440 Abs. 3 H G B bleibt das Pfandrecht nicht nach der Ablieferung des Gepäcks bestehen. Insoweit ist § 77 Abs. 2 durch die Neufassung nicht geändert worden. Es hat sich kein Bedürfnis dafür ergeben, das Pfandrecht über den Zeitpunkt der Ablieferung des Gepäcks hinaus fortwirken zu lassen. Ist das Gepäck zurückbehalten oder hinterlegt worden, bleibt das Pfandrecht bis zur freiwilligen Besitzaufgabe bestehen.
17
c) Die Wirkungen des Pfandrechts und die Geltendmachung dieses beschränkt-dinglichen Rechts bestimmen sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 2 nach den für das Pfandrecht des Frachtführers an Frachtgütern geltenden Vorschriften, d. h. nach den §§440 Abs. 4, 441, 442, 443, 368 H G B , 1228-1241, 1245, 1246 B G B , jedoch bleibt die Fortwirkung des Pfandrechts im Falle der Ablieferung außer Betracht.
6. Das Zurückbehaltungsrecht des Beförderers 18
Der Beförderer hat neben dem Pfandrecht an den ihm zur Beförderung übergebenen Gepäck des Reisenden ein Zurückbehaltungsrecht. Ein Zurückbehaltungsrecht an dem Handgepäck des Reisenden kann zu Gunsten des Beförderers nur entstehen, wenn ihm Besitz eingeräumt worden ist. Der Beförderer darf sich den Besitz an dem Handgepäck des Reisenden nicht durch verbotene Eigenmacht verschaffen, anderenfalls gegen ihn der Besitzschutz des B G B durchgreift.
19
a) Nach Art. 6 Abs. 4 der Anlage können die Parteien eine Selbstbeteiligung vereinbaren, die 600,- D M bei Beschädigung von Fahrzeugen und 6 0 , - D M bei Gepäckverlust je Reisenden nicht übersteigen darf.
20
b) Haftungsbeschränkungen und Beweislastvereinbarungen aller Art, die der Anlage widersprechen, sind nach Art. 15 der Anlage nichtig, wenn sie vor dem Eintritt des Schadensereignisses vereinbart worden sind. Sind derartige Abreden nichtig, bleibt davon der Beförderungsvertrag unberührt.
21
c) Allgemeine Beförderungsbedingungen, durch die dem Beförderer Besitz an dem Handgepäck eines Reisenden übertragen werden, stellen für den Reisenden unübliche und überraschende Klauseln dar, verstoßen als solche gegen § 3 A G B G und sind daher nichtig.
7. Besondere Vereinbarungen
410
Große Haverei
§78
8. Die Beweislast a) D e r Reisende trägt nach Art. 2 der Anlage die Beweislast dafür, daß der 2 2 Schaden während der Beförderung entstanden ist. A u c h muß er die Schadenshöhe beweisen. Im Falle von Schiffbruch, Zusammenstoß, Strandung, Explosion, Feuer oder infolge eines Mangels des Schiffes wird ein Verschulden des Beförderers oder seiner in A u s f ü h r u n g ihrer Verrichtungen handelnden Bediensteter für den Tod oder die Körperverletzung des Reisenden oder den Verlust und die Beschädigung von Kabinengepäck vermutet. Bei anderem Gepäck wird Verschulden vermutet. In allen anderen Fällen muß der Reisende schadensursächliches Verschulden beweisen. b) Will der Beförderer an den ihm zur Beförderung übergebenen Reisegepäck 2 3 ein Pfandrecht geltend machen, hat er alle das Pfandrecht begründenden U m stände zu beweisen. Soll an H a n d g e p ä c k ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden, muß der Beförderer im Streitfalle beweisen, daß ihm der Besitz an dem H a n d g e päck übertragen worden ist. F ü r den Besitz des Reisenden streitet der Anscheinsbeweis, wenn es sich u m H a n d g e p ä c k handelt. Handgepäck wird üblicherweise nicht zur Beförderung übergeben.
Fünfter Abschnitt
Haverei §78
(1) G r o ß e H a v e r e i sind alle S c h ä d e n , welche einem Schiffe oder der L a d u n g desselben o d e r beiden z u m Zweck der E r r e t t u n g beider a u s einer g e m e i n s a m e n G e f a h r v o n d e m Schiffer oder auf dessen G e h e i ß v o r s ä t z l i c h z u g e f ü g t werden, sowie a u c h die d u r c h solche M a ß r e g e l n ferner v e r u r s a c h t e n S c h ä d e n einschließlich des Verlustes der F r a c h t f ü r a u f g e o p f e r t e G ü t e r , desgleichen die K o s t e n , welche z u d e m bezeichneten Zweck v o n d e m Schiffer oder n a c h seiner A n w e i s u n g v o n einem der L a d u n g s b e t e i l i g t e n a u f g e w e n d e t werden. (2) D i e g r o ß e H a v e r e i wird v o n Schiff u n d L a d u n g gemeinschaftlich g e t r a g e n ; die H a v e r e i v e r t e i l u n g tritt jedoch n u r ein, w e n n sowohl das Schiff als a u c h die L a d u n g , u n d z w a r jeder dieser G e g e n s t ä n d e entweder g a n z oder teilweise wirklich gerettet w o r d e n sind. (3) Alle nicht z u r g r o ß e n H a v e r e i g e h ö r i g e n , d u r c h einen U n f a l l v e r u r sachten S c h ä d e n u n d K o s t e n (besondere H a v e r e i ) werden v o n den E i g e n t ü m e r n des Schiffes u n d der L a d u n g , v o n jedem f ü r sich allein, g e t r a g e n . 411
§78
5. Abschnitt. Haverei Übersicht
1. Allgemeines 2. Der Begriff der großen Haverei . . . 3. Die gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung 4. Der Umfang der Aufwendungen . .
Rdn. 1-2 3 4-6 7-12
5. Die Havereiverteilung 6. Die besondere Haverei 7. Besondere Vereinbarungen 8. Die Beweislast
Rdn. 13—16 17-18 19 20
1. Allgemeines 1
a) Seit der Antike 1 gilt im Seerecht der Grundsatz, daß Schäden, die dem Schiff oder der Ladung zur Errettung des Schiffs und/oder der Ladung aus einer gemeinschaftlichen Gefahr zugefügt werden, vom Schiff und der Ladung gemeinschaftlich zu tragen sind, wenn Teile der Ladung und das Schiff gerettet werden. I m Seerecht ist die große Haverei in den §§ 7 0 0 - 7 3 9 H G B geregelt. D a s Binnenschiffahrtsrecht hat aus dem Seerecht den Begriff Haverei oder Havarie ü b e r n o m m e n . D a r u n t e r versteht man die durch einen U n f a l l an einem Schiff oder an der Ladung entstandenen Schäden und K o s t e n , die über die regelmäßigen Aufwendungen der Schiffahrt hinausgehen 2 . D i e Haverei ist in den §§ 7 8 - 9 1 geregelt. D i e Abweichungen v o m Seerecht sind durch die besonderen Verhältnisse in der Binnenschiffahrt bedingt.
2
b ) Das Binnenschiffahrtsrecht unterscheidet die kleine und die g r o ß e H a v e r e i sowie die b e s o n d e r e H a v e r e i . U n t e r k l e i n e r H a v e r e i sind alle Aufwendungen zu verstehen, die als K o s t e n der Schiffahrt entstehen. D i e Verteilung dieser Schiffahrtsunkosten wird durch § 66 geregelt. Zu der g r o ß e n ( g e m e i n s c h a f t l i c h e n ) H a v e r e i , auch h a v a r i e - g r o s s e genannt, gehören nach § 7 8 A b s . 1 alle Aufwendungen, die vom Schiffsführer gemacht worden sind, um Schiff und Ladung aus einer g e m e i n s c h a f t l i c h e n G e f a h r zu retten. D i e s e K o s t e n sollen aus dem Gesichtspunkte der G e f a h r e n g e m e i n s c h a f t gemeinschaftlich von Schiff und Ladung getragen werden. Ferner kennt das Binnenschiffahrtsrecht entsprechend § 78 Abs. 3 die b e s o n dere H a v e r e i . Alle nicht zur großen Haverei gehörenden Unfallschäden und Kosten werden in besonderer Haverei v o m Schiffseigner oder vom Eigentümer der Ladung jeweils als Geschädigten selbst getragen. Eine Verteilung des Schadens findet in einem solchen Falle nicht statt.
2. D e r Begriff der großen Haverei 3
U n t e r großer Haverei sind alle besonderen Aufwendungen zu verstehen, die vom Schiffsführer zur Errettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr gemacht werden. 1 Vgl. die lex rhodia de jactu des römischen Rechts. 2 RGZ 93, 170. 412
Große Haverei
§78
Voraussetzung einer großen Haverei ist, daß das Schiff bereits Ladung an B o r d genommen hat. D i e G e f a h r e n g e m e i n s c h a f t von Schiff und Ladung beginnt mit der Verladung der Frachtgüter in oder auf das Schiff. Es genügt nicht, daß Frachtgüter längsseits des Schiffes gebracht oder auf den Kai neben dem Schiff gelagert werden. D i e Gefahrengemeinschaft endet mit der endgültigen Entlöschung der F r a c h t güter. D a b e i ist es unerheblich, o b die Frachtgüter erst am Bestimmungsort oder bereits vorher in einem sonstigen Hafen entladen werden. D i e vorübergehende Entladung zur Leichterung des Schiffes und eine vorläufige Verbringung der Frachtgüter an Land oder in einem Lager heben die Gefahrengemeinschaft nicht auf. Bei der Ladung in vorstehendem Sinne m u ß es sich u m Frachtgüter handeln, die auf oder in das Schiff gelagert worden sind. D i e an einem D r a h t verschleppte Segeljacht erfüllt den Begriff Ladung ebensowenig wie ein Anhangschiff. H i e r kann keine gemeinsame Gefahr entstehen. Ist nur ein leeres Schiff beschädigt worden, kann keine Verteilung v o r g e n o m men werden, weil kein D r i t t e r beitragspflichtig ist.
3. Die gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung a) E s m u ß eine gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung entstanden sein. 4 Wie die G e f a h r beschaffen sein muß, bestimmt das Gesetz nicht. I m Seerecht zählt § 706 H G B die wichtigsten und häufigsten Fälle der großen Haverei auf. Eine vergleichbare Vorschrift fehlt im Binnenschiffahrtsgesetz. Welche Gefahr als gemeinschaftliche G e f a h r anzusehen ist, ist daher entsprechend den besonderen U m s t ä n d e n des Einzelfalles jeweils festzustellen. E i n e unerhebliche G e f a h r reicht zur Feststellung einer gemeinschaftlichen G e fahr nicht aus. N i c h t ausreichend ist auch eine drohende oder zu befürchtende G e f a h r , der durch geeignete M a ß n a h m e n entgegengewirkt werden soll. Es m u ß sich schon um eine bereits e i n g e t r e t e n e oder u n m i t t e l b a r d r o h e n d e g e g e n w ä r tige G e f a h r handeln, die geeignet ist, regelmäßig einen Schaden am Schiff und an der Ladung herbeizuführen 3 . Es genügt, wenn die G e f a h r möglicherweise im weiteren Verlauf der Reise einen Schaden am Schiff und an der Ladung herbeiführen kann. Es reicht aus, wenn ein sorgfältiger Schiffsführer subjektiv der U b e r z e u g u n g sein darf, die G e f a h r bestehe tatsächlich und sei gegenwärtig. A u f objektive U m s t ä n d e kann nicht abgestellt werden, weil die G r e n z e n menschlicher Voraussicht nicht durch objektive U m s t ä n d e allein bestimmt werden k ö n nen. D e m Schiffsführer m u ß ein Ermessensspielraum bleiben, innerhalb dessen ein verständiger Schiffsführer in seiner Situation geeignete Rettungsmaßnahmen unternehmen würde. Allerdings darf nicht auf die Intentionen eines besonders ängstlichen Schiffsführers abgestellt werden. 3 RGZ 38, 4. 413
§78
5. Abschnitt. Haverei
Im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens bestimmt der Schiffsführer die Art und den U m f a n g der R e t t u n g s m a ß n a h m e n . D a ein Schiffsführer sich in einer konkreten Gefahrensituation nicht durch Sachverständige beraten lassen kann, sondern unter U m s t ä n d e n schnell handeln muß und keine langen Betrachtungen anstellen kann, kann man ihm keinen Vorwurf machen, wenn seine Maßnahmen im Verhältnis z u m Wert der zu rettenden Güter objektiv nicht angemessen sind. In einer Ausnahmesituation darf nicht durch eine kleinliche Betrachtungsweise sein Handlungsspielraum beschränkt werden. D i e Folgen von Maßnahmen lassen sich auch zunächst nicht voll überblicken. D a s Gesetz verlangt deshalb vom Schiffsführer nicht eine objektive Angemessenheit der ergriffenen Maßnahmen, vielmehr bleibt es allgemein bei den in § 7 bestimmten Anforderungen an die S o r g f a l t eines ordentlichen S c h i f f s f ü h r e r s . Wegen übermäßiger Ängstlichkeit oder grober Verkennung der L a g e können in diesem Rahmen dem Schiffsführer Vorwürfe gemacht werden 4 . H a t der Schiffsführer hingegen aufgrund verständiger Überlegungen gehandelt, liegt auch dann ein Fall der g r o ß e n H a v e r e i vor, wenn sich nachträglich herausstellt, daß in Wirklichkeit keine oder nur eine unerhebliche Gefahr vorgelegen hat 5 . 5
D i e Gefahr braucht nicht auf einem plötzlich eintretenden Ereignis zu beruhen. E s genügt eine gegenwärtige unmittelbare Gefahr, die auch langsam ansteigend oder schleichend auftreten kann. D i e Ursachen der Gefahr sind unerheblich. E s können Naturgewalten ebenso eine Gefahr heraufbeschwören wie Maßnahmen von Menschenhand, z. B. Produktaustritt nach einer Kollision mit der Folge einer Explosionsgefahr. Wie § 79 A b s . 1 zeigt, kann die Gefahr auch durch Verschulden eines Dritten oder eines Beteiligten herbeigeführt werden 6 .
6
b) Dieselbe Gefahr muß für Schiff und L a d u n g bestehen. Beurteilungsmaßstab sind hierfür die U m s t ä n d e des Einzelfalles. D i e Bedrohung von Schiff und L a d u n g muß auf derselben Grundtatsache beruhen 7 . So kann der drohende U n t e r g a n g des Schiffes dessen Beschädigung, zugleich aber den Totalverlust der L a d u n g bedeuten. E s kann sich auch eine Gefahr zunächst nur auf das Schiff und erst später auf die L a d u n g auswirken. Denkbar ist auch der umgekehrte Fall. So kann ein Brand im Maschinenraum des Schiffs später auch die Laderäume erfassen. D e r drohende Verlust braucht kein Totalverlust zu sein. Eine große Haverei ist nicht anzunehmen, wenn die Gefahr vor dem Eintritt der gemeinsamen Gefährdung ohne Schwierigkeiten behoben werden konnte. D a s ist z. B . der Fall, wenn ein Brand im Maschinenraum mit Bordmitteln gelöscht und Auswirkungen auf die L a d u n g vermieden werden konnten. Dasselbe
4 5 6 7
Vgl. dazu RGZ 38,5; 165, 155. Prüßmann-Rabe, SHR, §700 Anm. B la. Vgl. RGZ 93, 166. RGZ 14, 41.
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Große Haverei
§78
wird anzunehmen sein, wenn explosive Güter über B o r d geworfen werden, u m eine weitere Gefährdung auszuschließen. Auch hier hat sich die Gefahr noch nicht ausgewirkt.
4. Der Umfang der Aufwendungen a) Zur Errettung von Schiff und L a d u n g aus einer g e m e i n s a m e n G e f a h r muß 7 dem Schiff und/oder der L a d u n g vorsätzlich ein Schaden zugefügt sein. E s braucht aber kein unmittelbarer Schaden an dem Schiff oder an der L a d u n g zu entstehen. E s genügt auch ein mittelbarer Schaden. Infolge geeignet erscheinender Rettungsmaßnahmen kann der Schaden auf mittelbare Schäden und Kosten beschränkt sein. D a s trifft z. B . zu, wenn der Schiffsführer sein sinkendes Schiff auf eine Sandbank setzt, sodaß Bodenschäden vermieden, das Schiff aber später losgeturnt werden muß. E s kommen als A u f w e n d u n g e n alle Schäden in Betracht, die sich als Folgeschäden im Rahmen des natürlichen Verlaufs der Ereignisse halten. In § 7 8 A b s . 1 wird als ein solcher mittelbarer Schaden der Verlust der Fracht für aufgeopferte Güter der Deutlichkeit wegen hervorgehoben 8 . D a s G e s e t z erwähnt in § 78 A b s . 1 weiter die K o s t e n der R e t t u n g von Schiff und L a d u n g , die v o m Schiffsführer oder nach seinen Anweisungen von einem Ladungsbeteiligten aufgewendet werden. In der Praxis bestimmen die von den Beteiligten zugezogenen H a v a r i e k o m m i s s a r e und E x p e r t e n , welche Rettungsmaßnahmen geboten und durchzuführen sind, z. B . die Anforderung von Leichter- und Bergungsschiffen sowie von Turnbooten. Alle Kosten zur Rettung von Schiff und L a d u n g sind der Verteilung in havarie-grosse zugänglich. E s darf sich bei den Aufwendungen aber nicht um Schäden und Kosten handeln, die üblicherweise mit einer Frachtreise verbunden sind, da § 7 8 die K o s t e n der kleinen H a v e r e i ( § 6 6 ) nicht umfaßt. Stets muß es sich um a u ß e r g e w ö h n l i c h e A u f w e n d u n g e n ( O p f e r ) handeln. b) D e r Schaden an Schiff und/oder L a d u n g muß nach dem ausdrücklichen 8 Wortlaut des Gesetzes von dem Schiffsführer selbst oder auf dessen Geheiß durch Dritte vorsätzlich herbeigeführt worden sein. E s muß sich stets um Maßnahmen handeln, die der Schiffsführer als „Vertreter des Schiffs und der L a d u n g " befohlen hat. D i e V e r t r e t u n g s b e f u g n i s des Schiffsf ü h r e r s besteht auch beim Untergang des Schiffes fort, solange das Schiffswrack reparaturfähig ist und der Schiffsführer im Rahmen seiner Fürsorgepflicht tätig wird 9 . D e r Schiffsführer braucht den Schaden nicht persönlich herbeigeführt zu ha- 9 ben. E s kann eine stillschweigende Ermächtigung des Schiffsführers an einen Ladungsbeteiligten oder an ein Versicherungsunternehmen angenommen werden, Rettungsmaßnahmen durchzuführen, wenn der Schiffsführer den Maßnah8 Vgl. Begr. S. 104. 9 R G Z 165, 166. 415
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5. Abschnitt. Haverei
men der von den Reiseinteressenten an Bord geschickten Havariekommissaren und Experten nicht entgegentritt 10 . Regel I der Rhein-Regeln Antwerpen-Rotterdam 1956 schreibt nicht vor, daß die Rettungsmaßnahmen von dem Schiffsführer oder auf sein Geheiß getroffen sein müssen. Befolgt der Schiffsführer oder ein Dritter im Falle einer gemeinsamen Gefahr von Schiff und Ladung eine behördliche A n o r d n u n g und führt das zur Rettung beider, so gehören Schäden, Opfer oder Kosten, die ihm dabei erwachsen, zur großen Haverei, wenn sie die Rettung auch ohne das vorherige behördliche Eingreifen von sich aus vorgenommen hätten 11 . 10
Der Schiffsführer muß Schiff und/oder Ladung den Schaden vorsätzlich zufügen. Vorsatz ist hier in dem Sinne von Wissen und Wollen zu verstehen. Auch die Folgen müssen vom Vorsatz umfaßt sein. Es genügt, daß es sich bei dem Schaden um eine wahrscheinliche und mögliche Folge von Rettungsmaßnahmen handelt, die voraussehbar und billigend in Kauf genommen worden ist. Dagegen kann eine gewollte Schädigung nicht angenommen werden, wenn die bestimmte Schadensfolge gerade durch die durchgeführte Maßnahme vermieden werden sollte, jedoch trotzdem eintritt. Es darf sich nicht um Schäden handeln, die unbeabsichtigt statt der zuvor angenommenen Schäden verursacht werden 12 . Es genügt auch nicht eine unbeabsichtigte Schädigung, die in ihrer Auswirkung gerade dazu führt, Schiff und Ladung zu retten. Auch unabwendbare Schäden gehören nicht zu den freiwilligen Schäden. Es kann keine große Haverei angenommen werden, wenn schon beschädigte Güter über Bord geworfen werden oder wenn Dritte - auch Personen der Schiffsbesatzung - ohne Anweisung (Geheiß) des Schiffsführers zur Abwehr einer Gefahr tätig werden. Erst recht gehören Aufwendungen, die nur zur Ausführung des Frachtvertrages gemacht worden sind, nicht zur großen Haverei. Ebensowenig gehören die vom Schiffseigner an die Besatzung zu zahlenden Löhne auch dann nicht zur großen Haverei, wenn die Besatzung zur Rettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr Arbeiten ausführt 13 . Dasselbe gilt für Aufwendungen, die ausschließlich im Interesse des Schiffes oder der Ladung geschehen und lediglich durch eine Verhinderung nicht vorhergesehener Umstände zur Rettung beider führen 14 . Daraus ergibt sich, daß eine Opferung des Schiffes zur Rettung der Ladung oder umgekehrt eine Vernichtung der Ladung nur zur Rettung des Schiffes keinen Fall der großen Haverei darstellen kann.
11
c) Die in Havarie-grosse umzulegenden außergewöhnlichen Aufwendungen
10 11 12 13 14
Vgl. dazu RGZ 98, 171. BGHZ 80, 16 = NJW 1981, 2751 = LM Nr. 7 zu §§78, 82, 90 BSchG. RGZ 44, 129. BGH Vers. 1965, 954. Vgl. Begr. S. 104.
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Große Haverei
§78
( O p f e r ) müssen den Z w e c k haben, Schiff und Ladung zu retten 1 5 . E s genügt nicht, daß generell eine gemeinsame G e f a h r besteht. Es m u ß sich u m gewollte zweckgebundene M a ß n a h m e n mit außergewöhnlichen Aufwendungen zur R e t tung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen G e f a h r handeln 1 6 , die von der Willensrichtung des Schiffsführers bestimmt ist. In der Willensrichtung des Schiffsführers liegt das entscheidende M e r k m a l des einheitlichen Rettungswerks zur A b g r e n z u n g von sonstigen Sondermaßnahmen 1 7 . E s k o m m t nicht darauf an, o b die R e t t u n g durch die M a ß n a h m e n des Schiffsführers herbeigeführt wird. Es können auch andere U m s t ä n d e den E r f o l g der R e t t u n g herbeiführen. Befolgt der Schiffsführer oder ein D r i t t e r (Eigner, Versicherer) im Falle einer gemeinsamen G e f a h r von Schiff und Ladung eine behördliche A n o r d n u n g und führt das zur Rettung beider, so gehören Schäden, O p f e r und K o s t e n , die ihnen dabei erwachsen, zur großen Haverei, wenn die genannten Personen die R e t t u n g auch ohne vorheriges behördliches Eingreifen von sich aus vorgenommen hätten 1 8 . M u ß t e die unbeschädigt gebliebene Ladung eines bei einer Kollision beschädigten Schiffes z u m Weitertransport übergeschlagen werden, so steht dem L a dungseigentümer wegen der hierdurch entstehenden K o s t e n kein Schadensersatzanspruch gegen den Schiffsführer oder den Eigner des anderen Fahrzeugs zu, das den Unfall verschuldet hat 1 9 . d) B e i der großen Haverei ist zu unterscheiden zwischen den u n m i t t e l b a r e n 1 2 und den m i t t e l b a r e n Schäden und K o s t e n . N u r die unmittelbaren Schäden und K o s t e n müssen auf einer vorsätzlichen M a ß n a h m e zur R e t t u n g von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr (Havarieakt) beruhen. B e i den mittelbaren Schäden und Kosten genügt es, daß sie durch unmittelbare Rettungsmaßnahmen verursacht sind 2 0 , also Folge der unmittelbaren selbständigen Havarieakte sind. Zu den Havarie-grosse-Kosten gehören auch die Aufwendungen zur Beseitigung einer Untiefe, die bei der Hilfeleistung durch Schleppboote herbeigeführt worden ist 2 1 .
5. Die Havareiverteilung a) N a c h § 7 0 0 A b s . 2 H G B tragen im Seerecht Schiff, Fracht und Ladung 1 3 gemeinsam die G e f a h r der großen Haverei. D e m g e g e n ü b e r tragen nach § 78 Abs. 2 in der Binnenschiffahrt nur Schiff und Ladung die große Haverei gemein15 16 17 18 19 20 21
BGH VersR 1965, 954. Vgl. dazu auch BGHZ 6, 324. RGZ 165, 166. BGH LM §78 BinnSchG Nr. 7 = NJW 1981, 2751. BGH LM §78 BinnSchG Nr. 6. BGHZ 28, 285. O L G Köln, VersR 1978, 343.
417
§78
5. Abschnitt. Haverei
sam. Die Fracht des Schiffseigners soll ihm nach dem Willen des Gesetzes ungeschmälert zustehen. Nach dem Rheinkonnossement wird jedoch die Fracht im Falle der Havarie-grosse dem Ladungsanteil zugeschlagen. Die Berechnung der Vergütungen und Beiträge bestimmt im einzelnen § 85. 14
b) Eine Verteilung in Havarie-grosse tritt nach dem Wortlaut des § 78 Abs. 2 nur dann ein, wenn sowohl das Schiff als auch die Ladung ganz oder teilweise gerettet worden ist. Es sollen nur Rettungsmaßnahmen gemeinsam getragen werden, die für beide Rechtsgüter einen, wenn auch nur teilweisen, Erfolg gehabt haben. Schiff und Ladung müssen nach Beendigung der Rettungsmaßnahmen mindestens teilweise, wenn auch beschädigt, vorhanden sein. Es genügt für die Annahme einer teilweisen Rettung der Ladung, wenn beschädigte Reste verbleiben. Das Schiff muß wenigstens als Wrack erhalten sein, mag auch das Schiffswrack reparaturunfähig oder reparaturunwürdig sein. Ist das Schiff absichtlich festgefahren worden, um das Sinken zu verhindern, so gehören nach § 82 N r . 3 die entstandenen Schäden zur großen Haverei. Wird das Schiff aber nicht abgebracht oder gehoben, findet auch nach § 82 Abs. 2 N r . 3 keine Havareiverteilung statt. Werden Schiffsteile oder Schiffsgeräte (z. B. der Anker bei einem Notmanöver) zur Rettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr verwendet, so kann von einer außergewöhnlichen Maßnahme nur dann gesprochen werden, wenn die Schiffsteile oder Ausrüstungsgegenstände zu einem anderen Zweck eingesetzt werden als dem, der ihrer Bestimmung entspricht 22 .
15
c) War mit einer Maßnahme die Errettung von Schiff und Ladung bezweckt, hatte die Maßnahme aber nur einen Teilerfolg, können Ansprüche aus Geschäftsführung ohne A u f t r a g und ungerechtfertigte Bereicherung in Frage kommen.
16
d) Ein Kaskoversicherer kann Reisekosten und Spesen aus Anlaß der Prüfung von Havarieursachen nicht gegen den Versicherten geltend machen 23 .
17
a) Nach §78 Abs. 3 sind alle nicht zur großen Haverei gehörenden, durch einen Unfall verursachten Schäden und Kosten entweder von dem Schiffseigner oder von dem Eigentümer der Ladung jeweils selbst allein zu tragen. Die durch den Unfall eintretenden Schäden und Kosten nennt das Gesetz besondere Haverei. Darunter fallen alle Schäden und Kosten, die nicht unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 1, 2 dem Schiff und/oder der Ladung zugefügt werden. Liegen die gesetzlichen Merkmale dieser Vorschrift nicht vor, trägt der Geschädigte
6. D i e b e s o n d e r e H a v e r e i
22 BGH VersR 1965, 972. Zum Opfer des Schiffes in großer Haverei vgl. Liesecke, VersR. 1965, 1017. 23 BGH VersR 1967, 55. 418
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§78
seinen Schaden selbst. Es liegt dann keine Gefahrengemeinschaft zwischen Schiff und Ladung vor, die eine Verteilung des Schadens und der Kosten rechtfertigt. Hierdurch werden aber Ersatzansprüche aller Art aus sonstigen Vorschriften nicht ausgeschlossen. Mußte die unbeschädigt gebliebene Ladung eines bei einer Kollision beschädigten Schiffes zum Weitertransport übergeschlagen werden, so steht den Ladungseigentümern wegen der ihnen hierdurch entstehenden Kosten kein Schadensersatzanspruch gegen den Schiffsführer oder den Eigner des anderen Fahrzeugs zu, das den Unfall verschuldet hat24. b) Der Unterschied der besonderen Haverei zur großen Haverei liegt darin, 18 daß die Schäden und Kosten auf einem menschlichen Willensakt bei einer drohenden Gefahr beruhen, während es sich bei der besonderen Haverei um die bloße Folge eines Unfalls, möglicherweise auch eines Naturereignisses handelt. Auch wenn ein Unfall eine gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung herbeiführt und zur Errettung aus der gemeinsamen Gefahr Schiff oder Ladung vorsätzlich Schaden zugefügt werden muß, bleiben alle auf dem Unfall beruhenden Schäden und Kosten im Rahmen der Havarie-grosse unberücksichtigt und fallen dem unmittelbar Geschädigten selbst zur Last. Verteilungsfähig sind nur die weiteren besonderen Aufwendungen zur Rettung von Schiff und Ladung aus der Gefahr. Die von einem Schiffseigner an die Besatzung zu zahlenden normalen Löhne gehören auch dann nicht zur großen Haverei, wenn die Besatzung zur Errettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr Arbeiten (z. B. eine Notreparatur) ausführt. Außergewöhnlich mögen solche Arbeiten sein, nicht aber die dafür aufgewendeten Kosten. Die Löhne bleiben gewöhnliche Kosten25.
7. Besondere Vereinbarungen § 78 ist nicht zwingender Natur 26 . Die Beteiligten können in Transport- und 19 Verladebedingungen individuelle und für sie verbindliche Abreden treffen, die dann in erster Linie für sie maßgebend sind27. Da Verträge zu Lasten Dritter unzulässig sind, müssen Abreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen allen am Havereiverfahren Beteiligten gegenüber wirksam sein. Es muß daher z. B. in der Schrift des Ladescheins auf derartige Bedingungen Bezug genommen sein, anderenfalls der Empfänger daran nicht gebunden ist. Ist ein Beteiligter aus einer anderweitigen Vereinbarung des anzuwendenden Havereirechts nicht gebunden, sind die anderweitigen Vereinbarun24 25 26 27
B G H LM N r . 14 zu §§3, 4, 78 BschG. B G H LM § 78 BinnSchG Nr. 4. R G Z 89, 285. Zu den Rhein-Regeln vgl. Liesecke, Vers. R. 1965, 1017.
419
§78
5. Abschnitt. Haverei
gen unanwendbar, da im Rahmen eines einheitlichen Verteilungsverfahrens nicht zweierlei Recht angewendet werden kann 2 8 . A m Havereiverfahren sind alle diejenigen beteiligt, die aufgrund des Havereifalles eine Beitragspflicht haben oder denen ein Vergütungsanspruch zusteht, und zwar insoweit sie an dem Schiff oder an der L a d u n g beteiligt sind. Ein Versicherer ist regelmäßig kein Beteiligter, es sei denn, den Versicherer treffe nach der Dispache eine Beitragspflicht. Erhöhen die Beteiligten durch vertragliche Bestimmungen den U m f a n g ihrer Verpflichtungen in Havarie-grosse und wird hierdurch eine E i n s t a n d s p f l i c h t des Versicherers berührt, müssen die Beteiligten dazu das Einverständnis des Versicherers einholen, um eine Verweigerung der Einstandspflicht des Versicherers im Rahmen der Dispache zu vermeiden.
8. D i e B e w e i s l a s t 20
N a c h § 87 A b s . 1 ist die Dispache durch den Schiffsführer aufzustellen. D i e Beteiligten haben darauf gegen ihn einen einklagbaren Anspruch 2 9 . Der Schiffsführer ist nach § 87 A b s . 2 berechtigt und auf Verlangen eines Beteiligten verpflichtet, die Aufstellung der Dispache einem S a c h v e r s t ä n d i g e n (Dispacheur) zu übertragen. D i e Beteiligten sind nach § 87 A b s . 3 verpflichtet, den Schiffsführer bei der A u f m a c h u n g der Dispache zu unterstützen und die erforderlichen Unterlagen wie Frachtbriefe, Ladescheine und Rechnungen ihm oder dem Dispacheur vorzulegen 3 0 . D i e Dispache stellt dann eine Rechnungslegung und ein Gutachten über den Verteilungsplan zur Schadensauseinandersetzung dar, dessen Verbindlichkeit im Bestätigungsverfahren vor Gericht festzustellen ist 3 1 . Ein Beteiligter kann gegen die Dispache im Bestätigungsverfahren Widerspruch erheben. Soweit sich der Widerspruch nicht gemäß § 155 A b s . 3 F G G erledigt, wird eine Frist zur Klage bestimmt. Der Widersprechende muß dann durch Klage gegen diejenigen Verfahrensbeteiligten, deren Rechte durch den Widerspruch berührt werden, seinen Widerspruch verfolgen. U b e r den Widerspruch ist im ordentlichen Verfahren zu entscheiden. J e nach dem Ergebnis des Rechtsstreits ist die Dispache abzuändern. Im Rechtsstreit muß der Kläger behaupten und beweisen, daß die Voraussetzungen der großen Haverei nicht vorgelegen haben oder die Dispache unrichtig ist.
28 29 30 31
Prüßmann-Rabe, SHR, Anm. III B vor § 700. R G Z 89, 285. Wegen der Einzelheiten des Verfahrens vgl. § 87. Vgl. R G Z 3, 17.
420
Verschulden Dritter oder eines Beteiligten
§79 §79
(1) Die A n w e n d u n g der B e s t i m m u n g e n über g r o ß e H a v e r e i wird d a d u r c h n i c h t ausgeschlossen, d a ß die G e f a h r infolge des Verschuldens eines D r i t t e n oder a u c h eines Beteiligten herbeigeführt ist. (2) D e r Beteiligte, welchem ein solches Verschulden z u r L a s t fällt, k a n n jedoch w e g e n der i h m etwa e n t s t a n d e n e n Schäden keine V e r g ü t u n g f o r d e r n und ist den Beitragspflichtigen f ü r den Verlust v e r a n t w o r t l i c h , welchen sie d a d u r c h erleiden, d a ß der Schaden als g r o ß e H a v e r e i z u r Verteilung k o m m t . (3) Ist die G e f a h r d u r c h eine P e r s o n der Schiffsbesatzung verschuldet, so t r ä g t die F o l g e n dieses Verschuldens a u c h der Schiffseigner n a c h M a ß g a b e der §§ 3 u n d 4. Übersicht 1. 2. 3. 4.
Allgemeines Die Beteiligten Das Verschuldender Beteiligten . . Das Verschulden der Personen der Schiffsbesatzung und der Erfüllungshilfen
Rdn. 1 2 3-6
5. Die Rechtsfolgen des Verschuldens 6. Die Freizeichnung 7. Die Beweislast
Rdn. 8 9 10
7
1. Allgemeines § 79 stimmt mit der seerechtlichen Vorschrift des § 702 H G B überein. Beide Vorschriften gehen davon aus, daß eine große Haverei auch dann eintreten kann, wenn die gemeinsame G e f a h r für Schiff und Ladung auf dem Verschulden eines Beteiligten oder eines Dritten beruht. A u c h die Schadensverteilung ist vom Verschulden unabhängig. D a s Verschulden eines Dritten ändert auch an der Schadensverteilung nichts, andererseits bleibt die H a f t u n g des Dritten für den von ihm verschuldeten Schaden unberührt. Es handelt sich eben bei der g r o ß e n H a v e r e i u m die Verteilung von unmittelbaren und mittelbaren Schäden und K o s t e n , die als Folge besonderer M a ß n a h m e n des Schiffsführers zur R e t t u n g von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen G e f a h r entstanden sind. Deshalb sind die Ursachen und damit auch ein Verschulden o h n e Einfluß auf die große H a v e rei. D e r Grundgedanke ist der, daß sich ein Beteiligter nicht an den Schuldigen halten m u ß , sondern im Wege der großen Haverei die Verteilung des Schadens verlangen kann, o h n e dem Schädiger ein Verschulden nachweisen zu müssen und nicht dem R i s i k o einer fruchtlosen Vollstreckung ausgesetzt ist. Selbstverständlich bleiben alle sonstigen Ansprüche unberührt. D a ein Beteiligter bei der großen Haverei in keinem Falle seinen vollen Schaden erhält, m u ß er wegen des unbeglichen gebliebenen Teils auf die sonstigen Anspruchsgrundlagen gegen den Schädiger zurückgreifen. Diese A n s p r ü c h e sind selbständig und gesondert zu verfolgen.
421
§79
5. Abschnitt. Haverei
2. Die Beteiligten 2
Beteiligte an der großen Haverei sind alle Mitglieder der G e f a h r e n g e m e i n s c h a f t von Schiff und L a d u n g . Dabei handelt es sich um diejenigen Personen, die aufgrund des Havariefalles entweder eine Beitragspflicht oder einen Vergütungsanspruch haben. Beteiligte in diesem Sinne sind stets der Schiffseigner (§ 1) oder der Ausrüster des Schiffs (§ 2), der Frachtführer sowie die Ladungsbeteiligten, also der Absender und der Empfänger. Beteiligte können ferner die Personen der Schiffsbesatzung und Reisende sein. D r i t t e können zu Beteiligten werden, wenn ihnen in der D i s p a c h e - wenn auch zu Unrecht - eine Beitragspflicht auferlegt wird. Keine Beteiligten sind die Versicherer von Schiff und Ladung 1 sowie B e r g e r und sonstige Dritte 2 . Ein Dispache-Verfahren hindert aber den T r a n s p o r t v e r s i cherer nicht, im ordentlichen Verfahren die mangelnde Berechtigung des Schiffseigners an der Haverie-grosse-Vergütung feststellen zu lassen 3 .
3. Das Verschulden der Beteiligten 3
Der Beteiligte, der eine gemeinsame Gefahr für Schiff und L a d u n g schuldhaft herbeiführt, kann wegen der ihm entstandenen Schäden nach § 79 A b s . 2 keine Vergütung verlangen und ist den Beitragspflichtigen für den Verlust, den sie dadurch erleiden, daß der Schaden als große Haverei zur Verteilung k o m m t , verantwortlich.
4
a) D a s Verschulden eines Beteiligten nach § 79 A b s . 2 muß die gemeinsame Gefahr für Schiff und L a d u n g verursacht haben. Auf das Verschulden des Schiffsführers oder eines Ladungsbeteiligten bei den Havereimaßnahmen bezieht sich § 79 A b s . 2 an sich nicht.
5
b) N i m m t der Schiffsführer schuldhaft das Vorliegen einer gemeinsamen G e fahr für Schiff und L a d u n g an, obwohl ein ordentlicher Schiffsführer im Sinne des § 7 in seiner L a g e eine richtige Beurteilung der L a g e vorgenommen hätte, liegt kein Fall der großen Haverei vor. Ebensowenig findet eine Verteilung des Schadens und der Kosten in großer Haverei statt, wenn der Schiffsführer schuldhaft objektiv ungeeignete Maßnahmen ergriffen hat; denn die V e r n a c h l ä s s i g u n g der G e f a h r e n b e k ä m p f u n g steht der Verursachung der G e f a h r gleich 4 .
6
c) E s muß ein ursächliches Verschulden eines Beteiligten an der Herbeiführung der Gefahr vorliegen. 1 Vgl. Prüßmann-Rabe, SHR, §700 Anm. D 1. 2 B G H Z 29, 223 = NJW 1959, 723 = VersR 1959, 223. Zur Frage, ob der Versicherer von Schiff und Ladung Beteiligter der großen Haverei und des Dispache-Verfahrens sein kann, vgl. B G H Z 67, 383 = NJW 1977, 501 = 2 M Nr. 5 zu §§58, 8 mit Anm. Bauer. Diese Frage ist zu verneinen. Vgl. dazu auch O L G Karlsruhe ZfB 1988, 99. 3 O L G Karlsruhe ZfB 1988, 99. 4 Prüßmann-Rabe, SHR, § 702 Anm. B. 422
Verschulden Dritter oder eines Beteiligten
§79
Voraussetzung für ein Verschulden des Frachtführers ist die Feststellung, daß er die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers (§ 7) oder die eines Frachtführers (§ 58) außer acht gelassen hat. Wird behauptet, der Frachtführer hätte die Reise wegen drohenden Eisgangs, H o c h - oder Niedrigwassers nicht antreten dürfen, sind die Verhältnisse zur Zeit des Abschlusses des Frachtvertrages zu berücksichtigen. A u c h darf zu G u n s t e n des Frachtführers nicht an dem U m s t a n d vorbeigegangen werden, daß der Frachtführer verpflichtet ist, sofort nach der Beladung des Schiffes die Reise anzutreten (§ 42 A b s . 2), selbst wenn die vollständige D u r c h f ü h r u n g der Reise nicht zu übersehen ist, sondern von vornherein mit einer U n t e r b r e c h u n g zu rechnen ist. A u c h kann dem Frachtführer eine zu tiefe Abladung des Schiffs nicht vorgeworfen werden, wenn der Frachtführer bei dem Antritt der Reise damit rechnen durfte, mit dem Schiff den Bestimmungshafen zu erreichen. Ein Verschulden des Frachtführers ist dagegen anzunehmen, wenn von vornherein die Abladung für die gesamte in Aussicht genommene Reise zu tief und ohne Leichterung der Bestimmungsort nicht erreichbar war. Ein ordentlicher Frachtführer m u ß die Wasserstände und ihre Tendenz sowie den Tiefgang seines Schiffs unter besonderer Berücksichtigung des Ladungsumfanges angemessen in R e c h n u n g stellen und dafür Sorge tragen, daß das Schiff auf jedem Streckenabschnitt ausreichend Wasser unter dem Kiel hat. D a b e i ist auch die A b s e n k u n g des Schiffs während der Fahrt zu bedenken. Selbstverständlich liegt ein Verschulden des F r a c h t f ü h r e r s und des Schiffsführers vor, wenn ein fahr- und/oder ladungsuntüchtiges Schiff vorgelegt wird. F a h r u n t ü c h t i g ist ein Schiff, wenn es außerstande ist, den gewöhnlichen G e f a h ren der geplanten Reise standzuhalten 5 . L a d u n g s u n t ü c h t i g k e i t ist dann anzunehmen, wenn das Schiff für die in Rede stehende Frachtreise ungeeignet ist, sei es, es wäre ein Schiff für eine besonders empfindliche Ladung in gesäubertem Zustande gefordert worden und der Frachtführer hätte ein Schiff mit Ladungsresten auf der Strau vorgelegt, sei es, es wären unrichtige Angaben über die Tragfähigkeit, die besondere Ausrüstung des Schiffs oder seine Klasse gemacht worden. Ein Verschulden des Absenders kann in einer fehlerhaften Bezeichnung der G ü t e r und ihrer Eigenschaften liegen. D e r schuldige Beteiligte kann sich nicht darauf berufen, daß die Besatzung eines einem D r i t t e n gehörenden Schiffs mitschuldig sei, weil dieser D r i t t e am Havereiverfahren nicht beteiligt ist, weshalb § 2 5 4 B G B keine Anwendung findet 6 . Ein Beteiligter ist nur nach § 79 A b s . 2 gehindert, die Vergütung seiner Schäden zu fordern, wie ihn in seiner Eigenschaft als Beteiligter an der großen H a v e -
5 BGH ZfB 1975, 449 = LM § 8 BinnSchG Nr. 3; ZfB 1980, 20 = LM a. a. O. Nr. 5; ZfB 1989, 222. 6 RGZ 62, 420. 423
§79
5. Abschnitt. Haverei
rei ein Verschulden trifft. Er muß sich hingegen nicht das Verschulden entgegenhalten lassen, für das er in anderer Eigenschaft, z. B. als Eigner eines anderen unfallbeteiligten Schiffes einzustehen hat. Insoweit ist der Beteiligte rechtlich Dritter, dessen Verschulden die Anwendung der Bestimmungen über die große Haverei nicht ausschließt 7 .
4. Das Verschulden der Personen der Schiffsbesatzung und der Erfüllungsgehilfen 7
Das Verschulden eines Beteiligten braucht kein eigenes Verschulden zu sein. Der Schiffseigner muß nach § 3 für das Verschulden seiner Schiffsbesatzung und eines an Bord tätigen Lotsen einstehen 8 . Sonstige Beteiligte haften für das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) oder sonstiger Personen, für die sie einzustehen haben (§831 BGB). Der Schiffseigner haftet auch im Rahmen der Havarie-grosse nach § 79 Abs. 3 nur beschränkt mit Schiff und Fracht nach den §§3, 4.
5. Die Rechtsfolgen des Verschuldens 8
Ein Beteiligter, der durch sein Verschulden die gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung herbeigeführt hat, kann nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 79 Abs. 3 für seine Schäden und Kosten keine Vergütung verlangen. Infolge seines Verschuldens entsteht zu seinen Gunsten von vornherein kein Anspruch. Daraus folgt: Ist nur das Schiff beschädigt worden, hat ein schuldiger Schiffseigner keinen Anspruch. Eine Verteilung in Havarie-grosse findet nicht statt 9 . Ist gleichwohl eine Havereiverteilung vorgenommen worden, können die Beitragspflichtigen ihre Beiträge von den schuldigen Beteiligten zurückverlangen. Darüberhinaus hat der schuldige Beteiligte nach § 79 Abs. 2 selbstverständlich die Pflicht, den schuldlosen Beteiligten den Schaden zu ersetzen, den sie durch die Verteilung des Schadens in großer Haverei erlitten haben, z. B. durch ihre Beiträge und Kosten.
6. Die Freizeichnung 9
Abgesehen von einer Haftung für Kardinalpflichten wie die Vorlage eines fahr- und ladungstüchtigen Schiffes können sich die Beteiligten durch besondere Vereinbarungen in Transport- und Verladebedingungen von der Haftung für eigene Fahrlässigkeit und die ihrer Erfüllungsgehilfen für einfaches nautisches Verschulden freizeichnen 10 . Setzt ein Schiffsführer bei Nebel mit Hilfe von Radar die Fahrt fort, ohne im Besitz eines Radarschifferzeugnisses zu sein, spricht 7 8 9 10
OLG Begr. OLG OLG
424
Köln, Urt. v. 22. 12. 1972 - 3 U 33/72 - . S. 99. Hamburg, MDR 1966, 59. Köln, ZfB 1985, 17; 1990, 26.
Aufhebung der Verpflichtung
§ 80
im Falle einer Kollision ein Anscheinsbeweis für sein Verschulden. Dieser Anscheinsbeweis begründet aber nur die Vermutung für nautisches Verschulden, das der Freizeichnung zugänglich ist11. Die zulässige Freizeichnung des Schiffseigners von der Haftung für Verschulden der Schiffsbesatzung ist grundsätzlich auch im Rahmen des § 79 zu berücksichtigen 12 . 7. Die Beweislast Wer sich als Ersatzberechtigter auf ein ursächliches Verschulden eines anderen 1 0 Beteiligten für den Havariefall beruft, trägt die Beweislast für das ursächliche Verschulden. Die hiervon abweichende Beweislastregel des § 58 kommt nicht zur Anwendung. Sind Schiff und Ladung in eine gemeinsame Gefahr geraten, weil das Schiff die Reise fahruntüchtig angetreten hat und deshalb gesunken ist, ist es Sache des eine Havarievergütung verlangenden Schiffseigners, zu beweisen, daß ihn oder die Schiffsbesatzung kein Verschulden an der anfänglichen Fahruntüchtigkeit des Schiffes trifft 13 .
§80 Die Verpflichtung, von einem geretteten Gegenstande beizutragen, wird dadurch, daß derselbe später von besonderer Haverei betroffen wird, nur dann vollständig aufgehoben, wenn der Gegenstand ganz verlorengeht. Übersicht Rdn. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines Der Einfluß der besonderen Haverei Der Verlust Der maßgebliche Zeitpunkt der besonderen Haverei
1-2 3 4
Rdn. 5. Sonstige Schäden durch besondere Haverei 6. Die Beweislast
1. Allgemeines a) § 80 entspricht der seerechtlichen Regelung des § 704 H G B . Der Unter- 1 schied beider Vorschriften wird haftungsrechtlich durch die Übernahme des Summenhaftungssystems des I Ü R 1957 in das H G B bestimmt. Im Seerecht haftet der Reeder, der Charterer, Personen der Schiffsbesatzung und der Seelotse für schuldhaft herbeigeführte Schäden persönlich. Sie können aber bei Ansprüchen aus Personen- und Sachschäden ihre Haftung beschränken, wenn der Scha-
11 O L G Köln, ZfB 1990, 26. 12 R G Z 60, 401; 74, 335; O L G Köln, ZfB 1990, 26. 13 B G H Z 67, 385 = N J W 1977.501 = L M § 58 BinnSchG Nr. 5.
425
§80
5. Abschnitt. Haverei
den aus der Verwendung eines Seeschiffs entstanden ist. Die § § 4 8 6 ff H G B knüpfen also die Beschränkung der Haftung an die Entstehung des Schadens durch Verwendung des Seeschiffs und an die Art des Schadens an. Im Binnenschiffahrtsrecht ist es bisher bei der persönlichen Haftung für eigenes Verschulden und der Haftung des Eigners für das Verschulden seiner Schiffsbesatzung mit Schiff und Fracht, also beschränkt dinglich, verblieben. 2
b) Das Binnenschiffahrtsrecht geht bei der großen Haverei grundsätzlich davon aus, daß sowohl das Schiff als auch die Ladung mindestens teilweise gerettet sein müssen. Schiff und Ladung können also zur großen Haverei nur beitragen, wenn sie am Ende der Reise noch vorhanden sind. Auf der weiteren Reise können aber Schiff und Ladung durch weitere Ereignisse betroffen sein. Dabei kann es sich um einen eine besondere Haverei darstellenden weiteren Unfall oder ein Naturereignis handeln. Es kann ein Totalverlust des beitragspflichtigen Gegenstands eintreten, so daß der beitragspflichtige Gegenstand am Ende der Havariereise nicht mehr vorhanden ist. Aus der Erwägung, daß die Reise ein Ganzes bildet und nicht entscheidend auf die Sachlage unmittelbar bei Beendigung der Rettungsmaßnahmen abgestellt werden kann, sondern die Sachlage am Ende der Reise maßgeblich sein muß 1 , ist zu entnehmen, daß der beitragspflichtige Gegenstand am Ende der Reise noch vorhanden sein muß. § 80 bestimmt daher, daß bei einem späteren vollständigen Verlust von Schiff und/ oder L a d u n g durch besondere Haverei, die Beitragspflicht aufgehoben ist.
2. Der Einfluß der besonderen Haverei 3
Der beitragspflichtige Gegenstand muß von einer besonderen Haverei betroffen sein. Unter einer besonderen Haverei ist nach § 78 Abs. 3 ein Unfall zu verstehen. Unter einem Unfall in diesem Sinne ist jedes zufällige, die Durchführung der Reise negativ beeinflussende Ereignis zu verstehen, das weder von dem Frachtführer noch von den übrigen Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger) oder ihren Erfüllungsgehilfen schuldhaft herbeigeführt worden ist. Daraus folgt die Unanwendbarkeit des § 80, wenn der Unfall durch Verschulden eines Beteiligten oder eines Dritten herbeigeführt worden ist. In einem solchen Fall ist ein Ausfall bei der Havarieverteilung vorhanden. Die Vergütungsberechtigten können dann aber für ihren Ausfall den schuldigen Beteiligten verantwortlich machen und von ihm auch Ersatz des weiteren Schadens verlangen, insbesondere durch Heranziehung zu höheren Beiträgen. Ebenso liegt kein Unfall vor, wenn der beitragspflichtige Gegenstand infolge inneren Verderbs untergeht. Ist der Unfall durch Mitglieder der Schiffsbesatzung verschuldet worden, haftet der Schiffseigner nach den § § 3 , 4 nur beschränkt dinglich mit Schiff und Fracht. 1 Vgl. Begr. S. 108.
426
Aufhebung der Verpflichtung
§80
3. Der Verlust Es muß sich um einen gänzlichen, totalen Verlust des beitragspflichtigen Ge- 4 genstands handeln. Das Schiff oder die Ladung müssen vollständig vernichtet, verbrannt oder in sonstiger Weise zugrunde gegangen sein 2 . Ein Totalverlust ist anzunehmen, wenn das Schiff oder die Ladung an einer Stelle gesunken sind, an der keine Aussicht auf Hebung mehr besteht. Nach dem gegenwärtigen Stand der Technik dürfte ein solcher Fall nur ausnahmsweise eintreten. Man wird einen Totalverlust auch annehmen müssen, wenn ein Schiff oder die Ladung radioaktiv verseucht wird und eine Entsorgung nicht oder nicht wirtschaftlich sinnvoll erfolgen kann. Im Falle des totalen Verlustes wird die Beitragspflicht aufgehoben.
4. Der maßgebliche Zeitpunkt der besonderen Haverei Der Unfall mit der Folge eines Totalverlustes des Schiffs oder der Ladung muß 5 zeitlich dem Haverieakt, der die Beitragspflicht begründet hat, nachfolgen. Die Rettungsarbeiten müssen also vor dem Eintritt des nachfolgenden Unfalls beendet sein. Das Gesetz spricht ausdrücklich davon, daß der gerettete Gegenstand später von einer besonderen Haverei betroffen ist. Der nachfolgende Unfall muß aber vor Beendigung der Frachtreise, also vor dem Erreichen des Bestimmungsortes eintreten.
5. Sonstige Schäden durch besondere Havarie Wird durch einen späteren Unfall der beitragspflichtige Gegenstand nur wei- 6 ter beschädigt oder geht nur ein weiterer Teil verloren und entsprechen die Restwerte nicht mehr dem Wert des auf den Beteiligten entfallenden Beitrags, wird die Beitragspflicht des Beteiligten zwar nicht aufgehoben, sie vermindert sich aber entsprechend.
6. Die Beweislast Jeder Beitragspflichtige ist für alle Umstände beweispflichtig, aus der sich die 7 Aufhebung oder Minderung seiner Beitragspflicht ergibt. Er muß den Totalverlust oder eine Wertminderung durch einen dem Havarieakt zeitlich nachfolgenden Unfall auf der weiteren Havarierreise bis zum Erreichen des Bestimmungsortes beweisen.
2 R G Z 70, 175.
427
§ 81
5. Abschnitt. Haverei
§81 (1) Der Anspruch auf Vergütung einer zur großen Haverei gehörenden Beschädigung wird durch eine besondere Haverei, welche den beschädigten Gegenstand später trifft, sei es, daß er von neuem beschädigt wird oder ganz verlorengeht, n u r insoweit aufgehoben, als bewiesen wird, daß der spätere Unfall mit dem früheren nicht allein in keinem Zusammenhang steht, sondern daß er auch den früheren Schaden nach sich gezogen haben würde, wenn dieser nicht bereits entstanden gewesen wäre. (2) Sind jedoch vor Eintritt des späteren Unfalls zur Wiederherstellung des beschädigten Gegenstandes bereits Aufwendungen gemacht, so bleibt rücksichtlich dieser der Anspruch auf Vergütung bestehen. Übersiebt Rdn.
Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Ausschluß des Ersatzes von Schäden und Kosten 3. Das Erlöschen des Vergütungsanspruchs
1
2
4. Aufwendungen zur Wiederherstellung des beschädigten Gegenstandes 5. Die Beweislast
1. Allgemeines § 81 stimmt mit § 705 H G B wörtlich überein. Beide Vorschriften gehen von dem Grundgedanken aus, daß für die Beitragspflicht eines Beteiligten nicht der Zeitpunkt des Havarieaktes, sondern das Ende der Havariereise maßgebend ist, weil die Gefahrengemeinschaft von Schiff und Ladung bis zum Ende der Frachtreise fortdauert und erst dann die Schäden und Kosten in großer Haverei zu verteilen sind. Im Normalfall der großen Haverei verbleiben die durch den Unfall beschädigten Gegenstände in dem Zustande, in den sie durch Unfall versetzt worden sind und erleiden keine zusätzlichen Schäden. Dementsprechend kann der Beitrag zur großen Haverei bemessen werden. Tritt aber später auf der Havariereise ein Fall der besonderen Haverei ein und werden Schiff und Ladung dabei weiter beschädigt oder tritt sogar ein Totalverlust ein, soll an sich trotzdem der Vergütungsanspruch nach dem Zustand der Güter im Zeitpunkte der Beendigung der Reise bemessen werden. Grundsätzlich soll der spätere Verlust oder die weitere Beschädigung den Vergütungsanspruch nicht ausschließen oder mindern können. 2. D e r A u s s c h l u ß des Ersatzes v o n Schäden u n d K o s t e n §81 bezweckt den Ausschluß einer Vergütung für Schäden, die auch ohne die notwendig gewordenen Havereimaßnahmen während der Reise entstanden wären. Der Vergütungsberechtigte wäre gegenüber anderen Beteiligten bevorzugt, würden ihm alle weiteren Schäden nach der großen Haverei ohne Rücksicht auf einen Zusammenhang mit diesem Ereignis ersetzt. 428
Aufhebung des Vergütungsanspruchs
§81
3. Das Erlöschen des Vergütungsanspruchs Ausnahmsweise erlischt der Vergütungsanspruch eines Beteiligten, wenn die 3 besondere Havarie in keinem adäquaten Ursachenzusammenhang zu dem vorhergehenden Havarieakt steht. Spätere Beschädigungen oder ein Verlust müssen auf einem neuen selbständigen Unfall beruhen. Darüberhinaus muß der spätere Unfall auch die früher eingetretenen Schäden ebenfalls nach sich gezogen (umfaßt) haben, wäre der Schaden nicht bereits zuvor entstanden. Ein Vergütungsanspruch erlischt z. B . , wenn ein Motortankschiff bei einem Unfall einen Kaskoschaden davongetragen hat, bei der weiteren Reise aber in einen anderen Unfall ohne Verschulden verwickelt wird, der zur völligen Zerstörung durch eine Explosion des Schiffes führt. Ebenso erlischt ein Anspruch auf einen Nässeschaden der Ladung, wenn ein mit Salz beladenes Motorschiff bei einer Anfahrung eine leichte Leckage erleidet, nach Abdichtung die Reise fortsetzt, dann aber nach einer weiteren Kollision sinkt, wobei sich die gesamte Ladung im Wasser völlig auflöst.
4. Aufwendungen zur Wiederherstellung des beschädigten Gegenstandes N a c h § 81 Abs. 2 bleibt der V e r g ü t u n g s a n s p r u c h für Aufwendungen zur 4 Wiederherstellung des beschädigten Gegenstandes, die vor dem Eintritt der besonderen Havarie gemacht worden sind, bestehen. Hierunter fallen Ausbesserungen des Schiffes wie Arbeiten zur Beseitigung von Leckagen sowie die Kosten für den notwendigen Umschlag der Ladung aus einem fahruntüchtig gewordenen Schiff in ein Leichterschiff oder die Kosten für die Beseitigung von Untiefen, die Turnboote herbeigeführt haben. Es wäre unbillig, die den Beteiligten im Zusammenhang mit dem Havariefall entstehenden Ausbesserungskosten sowie die sonstigen Kosten nicht zu ersetzen. Vielmehr soll der Anspruch auch dann bestehen bleiben, wenn der beitragspflichtige Gegenstand später erneut beschädigt wird oder ganz verlorengeht. Ist allerdings später ein totaler Verlust des Schiffes u n d der L a d u n g eingetreten, erlischt jeder Vergütungsanspruch, weil in diesem Falle nach § 78 Abs. 2 keine Schadensverteilung mehr stattfindet. Für einen Ausgleich innerhalb der Gefahrengemeinschaft ist dann kein Raum mehr. Das gilt auch für Ausbesserungskosten.
5. Die Beweislast Der Beitragspflichtige, der für sich das Erlöschen seiner Beitragspflicht in 5 Anspruch nimmt, hat nach § 81 Abs. 1 einen Beweis in doppelter Hinsicht zu führen. Er muß zunächst nachweisen, daß kein adäquater Zusammenhang zwischen dem Havarieakt und der späteren besonderen H a v a r i e besteht. Der Unfall muß vollständig unabhängig von dem früheren Havariefall eingetreten sein. Ferner muß der Beitragspflichtige beweisen, daß der spätere Unfall aber die Schäden herbeigeführt hätte, die bereits zuvor bei dem Havariefall entstanden waren. 429
§ 82
5. Abschnitt. Haverei
Wer Kosten zur Wiederherstellung beschädigter Gegenstände geltend macht, trägt die Beweislast für die Unfallursächlichkeit dieser Schäden, die Tatsache der Wiederherstellung und die H ö h e der Aufwendungen. Demgegenüber kann eingewandt und bewiesen werden, daß keine beitragspflichtigen Gegenstände mehr vorhanden sind.
§82 In bezug auf den Umfang der großen Haverei gelten, sofern die allgemeinen Voraussetzungen derselben vorhanden sind, die folgenden Bestimmungen: 1. Wenn Waren, Schiffsteile oder Schiffsgerätschaften über Bord geworfen, Taue oder Segel weggeschnitten, Masten, Anker, Ankertaue oder Ankerketten gekappt worden sind, so gehören zur großen Haverei sowohl diese Schäden selbst als die durch solche Maßregeln an Schiff oder Ladung ferner verursachten Schäden. 2. Wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder teilweise in Leichterfahrzeugen übergeladen worden ist, so gehört zur großen Haverei sowohl der Leichterlohn als der Schaden, welcher bei dem Überladen in das Leichterfahrzeug oder bei dem Rückladen in das Schiff der Ladung oder dem Schiffe zugefügt worden ist, sowie der Schaden, welcher die Ladung auf dem Leichterfahrzeuge betroffen hat. Muß die Erleichterung im regelmäßigen Verlaufe der Reise erfolgen, so liegt große Haverei nicht vor. 3. Wenn das Schiff absichtlich festgefahren ist, um das Sinken desselben abzuwenden, oder wenn das Schiff absichtlich zum Sinken gebracht ist, um eine Zerstörung desselben und der Ladung durch Feuer zu verhüten, so gehören zur großen Haverei sowohl die durch die Maßregel entstandenen Schäden als auch die Kosten und Schäden der Abbringung oder Hebung. Wird das Schiff nicht abgebracht oder gehoben oder wird es nach der Abbringung oder Hebung als reparaturunfähig befunden, so findet eine Havereiverteilung nicht statt. Ist das Schiff gesunken, ohne daß dies zur Rettung von Schiff und Ladung vorsätzlich herbeigeführt war, so gehören zwar nicht die durch den Unfall veranlaßten Schäden, wohl aber die zur gemeinsamen Hebung von Schiff und Ladung verwendeten Kosten sowie die zu diesem Zweck dem Schiffe oder der Ladung absichtlich zugefügten Schäden zur großen Haverei. 4. Wenn zur Abwendung einer durch Eisgang oder durch andere Umstände verursachten Gefahr, zu deren Beseitigung die ordnungsmäßige Bemannung des Schiffes nicht ausreicht, Hilfsmannschaften oder Schleppdampfer angenommen werden, so gehören die hierdurch entstehenden Kosten 430
Umfang der großen Haverei
§ 82
und Schäden zur großen Haverei. Erfolgt die Annahme von Schleppdampfern oder Hilfsmannschaften im regelmäßigen Verlaufe der Reise, so liegt große Haverei nicht vor. 5. Wenn das Schiff wegen Eintritts des Winterfrostes gezwungen ist, einen Zwischenhafen aufzusuchen, so gehören zur großen Haverei die Kosten des Ein- und Auslaufens, die Schlepplöhne, die Hafengebühren, die für die Bewachung des beladenen Schiffes erforderlich gewordenen Kosten und, wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder teilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, der Leichterlohn sowie der durch die Leichterung entstandene Schaden gemäß der Bestimmung unter Nummer 2. Übersiebt 1. Allgemeines 2. Die Sonderreglungen und die allgemeinen Voraussetzungen der großen Haverei 3. Die Opferung von Schiffsteilen oder Frachtgütern 4. Die Leichterung von Frachtgütern
Rdn. 1—4
6-11 12-15
Rdn. 5. Das absichtliche Festfahren oder Versenken des Schiffes 6. Die Annahme von Hilfsmannschaften oder Schlepphilfe 7. Das Aufsuchen eines Nothafens . . 8. Die Beweislast
16-21 22-24 25-36 37
1. Allgemeines a) § 82 Nr. 1-5 stimmt mit § 706 Nr. l ^ t H G B überein. Das Seerecht kennt 1 darüberhinaus weitere Fälle der großen Haverei, die im Bereich der Binnenschiffahrt nicht vorkommen oder keiner gesetzlichen Regelung bedürfen, teilweise auch dort keine tatsächliche Bedeutung mehr haben. Durch § 82 soll nach dem Willen des Gesetzes etwaigen Zweifeln und Streitigkeiten vorgebeugt werden. Sinn der Vorschrift ist es auch, der Geltendmachung übermäßiger Schäden, die nur mittelbar durch große Haverei veranlaßt sind, entgegenzutreten1. Es sollte für die Aufmachung richtiger Dispachen die notwendige gesetzliche Grundlage geschaffen werden. b) Die in § 82 genannten Sonderfälle stellen keine erschöpfende Aufzählung 2 aller als große Haverei in Betracht kommenden Fälle dar, sondern sind nur eine beispielhafte Aufzählung 2 häufiger vorkommender Fälle. Daneben kommen als große Haverei alle die Fälle in Betracht, in denen die allgemeinen Voraussetzungen des § 78 vorliegen. Damit hat das Binnenschiffahrtsgesetz die Möglichkeit geschaffen, daß im Rahmen des technischen Fortschritts auch anders gelagerte Fälle unter das Rechtsinstitut der großen Haverei eingeordnet werden können. c) Die in §82 genannten Hauptbeispiele sind jedoch erschöpfend geregelt. 3 1 Begr. S. 106, 107. 2 B G H Z 28, 285. 431
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5. Abschnitt. Haverei
Alle dort genannten Fälle sind in erschöpfender Weise festgestellt, u m die M ö g lichkeit von Zweifeln und Streitigkeiten auszuschließen 3 . D a r a u f w e i s t der einleitende Satz der Vorschrift hin, wonach in B e z u g auf den U m f a n g der großen Haverei, sofern deren allgemeine Voraussetzungen vorliegen, die folgenden B e stimmungen gelten. 4
d) D a in den einzelnen Beispielen der U m f a n g dessen geregelt ist, was zur großen Haverei gehört, kann der U m f a n g und die Folgen der großen Haverei weder durch die allgemeine Vorschrift des § 78 noch durch sonstige Vorschriften ergänzt oder erweitert werden. D i e Rechtsfolgen der einzelnen Beispiele k ö n n e n auch weder beliebig auf andere Vorschriften übertragen n o c h entsprechend angewandt werden. J e d e Sonderregelung steht für sich.
2. Die Sonderregelungen und die allgemeinen Voraussetzungen der großen Haverei 5
D i e Vorschrift geht davon aus, daß in allen Fällen der Hauptbeispiele grundsätzlich die allgemeinen Voraussetzungen der großen Haverei vorliegen müssen. Es m u ß also zur R e t t u n g von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen G e f a h r Schiff und/oder Ladung vorsätzlich auf G e h e i ß des Schiffsführers ein Schaden zugefügt worden sein. D i e s e Voraussetzungen müssen vorab geprüft und festgestellt werden. Liegen die allgemeinen Voraussetzungen des § 78 nicht vor, muß geprüft werden, o b im Einzelfall nach M a ß g a b e der Hauptbeispiele des § 82 geringere A n forderungen an die A n n a h m e einer großen Haverei bestehen 4 . Geringere Anforderungen stellen die Beispiele N r . 4 und 5. H ö h e r e A n f o r d e rungen stellt hingegen N r . 3. D a s Schiff m u ß festgefahren sein, um das Sinken zu verhindern. D i e Versenkung des Schiffes m u ß als M a ß n a h m e zur Verhütung der Zerstörung von Schiff und Ladung durch F e u e r erfolgen.
3. Die Opferung von Schiffsteilen oder Frachtgütern 6
a) N r . 1 umschreibt den ältesten und seit der A n t i k e wichtigsten Fall der großen Haverei. Aus dem sogenannten „ S e e w u r f " hat sich in der A n t i k e das Rechtsinstitut der großen Haverei entwickelt. Das G e s e t z stellt dem „ S e e w u r f " andere Rettungsmaßnahmen mit der Folge einer vorsätzlichen Beschädigung von Schiff und/oder Ladung gleich. Bei dem Seewurf m u ß es sich stets u m eine O p f e r u n g von Gegenständen zur R e t t u n g aus einer gemeinsamen G e f a h r für Schiff und Ladung handeln. N u r vorbeugende M a ß n a h m e n gehören nicht hierhin. D e r Seewurf führt auch in der Binnenschiffahrt fast immer zum völligen Verlust der betreffenden Gegenstände. Werden die Gegenstände später geborgen, 3 Begr. S. 106. 4 Vgl. dazu RGZ 44, 140.
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sind sie in aller Regel unbrauchbar geworden. D i e Güter sind dann in der Praxis mit ihrem Verkehrswert anzusetzen. b) Z u m Seewurf k o m m t es, wenn ein Schiff zur Herstellung seiner Stabilität 7 z. B. einen Teil seiner Decksladung opfern muß, um eine Schlagseite auszugleichen. Im Falle eines Lecks kann es geboten sein, das Schiff durch O p f e r u n g eines Teils der L a d u n g vor dem Sinken zu bewahren. c) D e m Seewurf steht es gleich, wenn Frachtgüter an Land oder auf Uferbau- 8 werke abgesetzt und dort Diebstählen oder dem Verderb schutzlos ausgesetzt werden 5 . d) Unter Waren im Sinne von N r . 1 sind alle Frachtgüter, sonstige Gegenstände, die H a b e des Schiffsführers und der Schiffsbesatzung, das Gepäck der Reisenden sowie alle Vorräte zu verstehen. e) Werden wertlos gewordene Waren geworfen, die wegen ihres Zustandes 9 unverschiffbar geworden sind, liegt kein Fall der großen Haverei vor. Dasselbe gilt, wenn Güter geworfen werden, die als solche nicht zur Vergütung beitragen und wenn keine sonstigen Havereischäden eingetreten sind. Ebenfalls liegt keine große Haverei vor, wenn die gesamte L a d u n g geworfen worden ist. E s muß mindestens ein Teil gerettet sein. f) D a s Gesetz stellt dem Seewurf von Waren den Seewurf von Schiffsteilen 1 0 und G e r ä t s c h a f t e n gleich. Gleichgestellt wird auch das v o r s ä t z l i c h e Slippen v o n A n k e r n als Rettungsmaßnahmen. Nicht gehört aber hierher der Fall, daß ein A n k e r geworfen wird, um ein ins Treiben geratenes Schiff ständig werden zu lassen und dabei verlorengeht, weil der Anker entsprechend seiner Bestimmung benutzt worden ist und damit keine außergewöhnliche Maßnahme vorliegt 6 . g) Zur großen Haverei gehören bei einer O p f e r u n g von Schiffsteilen oder 1 1 Frachtgütern alle s o n s t i g e n S c h ä d e n , die durch den A b w u r f von Schiff und L a d u n g erfolgen. D e r Schaden kann auch durch das O f f n e n von Luken oder eines Lukendaches entstehen. A u c h wenn die geworfenen Güter in die Schiffsschraube geraten und diese oder das Ruder beschädigen, liegt ein vergütungsberechtiger Folgeschaden vor. A u c h ein F r a c h t v e r l u s t kann die Folge eines Seewurfs sein. Rein zufällige mittelbare Folgen sind hingegen nicht in Havariegrosse zu vergüten. E s scheiden also alle inadäquate Folgen aus. Diese gehören nicht zur großen Haverei.
4. Die Leichterung von Frachtgütern a) D i e Leichterung ist der U m s c h l a g von Frachtgütern aus dem vertragsge- 1 2 mäß bestimmten Schiff in ein anderes Fahrzeug. N a c h § 44 A b s . 3 ist die Leichterung im Falle der N o t auch ohne die Erlaubnis des Absenders zulässig. H ä u f i g 5 Vgl. Prüßmann-Rabe, SHR, §706 Anm. B 2). 6 B G H VersR 1965, 972. 433
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erfolgt eine Ableichterung im normalen Verlauf der Reise, wenn z. B. der Wasserstand auf der zu durchfahrenden Stecke nicht ausreicht, ohne Aufleichterung den Bestimmungsort zu erreichen. In diesem Falle liegt ein im regelmäßigen Verlauf der Reise liegende Leichterung vor, die nach N r . 2 A b s . 2 keinen Fall der großen Haverei darstellt. U m als Fall der großen Haverei zu gelten, muß die Leichterung eine M a ß n a h m e z u r R e t t u n g des Schiffs u n d der L a d u n g a u s einer g e m e i n s a m e n G e f a h r darstellen, also gerade eine außergewöhnliche Maßnahme sein. 13
b) Erfolgt die Leichterung nur zur A b w e n d u n g einer G e f a h r für die L a d u n g , der Verderb droht, weil das Schiff die Reise nicht fortsetzen kann, z. B. Sperrung der Schiffahrt oder ein Festfahren des Schiffs, das selbst nicht beschädigt ist und auf steigendes Wasser wartet, um aufzuschwimmen, liegt kein Fall der großen Haverei vor.
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c) Eine gemeinsame G e f a h r für Schiff und L a d u n g wird man annehmen müssen, wenn eine Leichterung durch Witterungseinflüsse wie starken Sturm, infolge einer Strandung, Festfahrung oder Leckage notwendig wird. O b Niedrigwasser als Leichterungsgrund anerkannt werden kann, richtet sich allein danach, o b darin eine außergewöhnliche Maßnahme zu sehen ist. D a s ist eine Frage des Einzelfalles. So ist im Falle eines plötzlichen Abfalles des Wassers eine gemeinsame Gefahr für Schiff und L a d u n g angenommen worden 7 . Dasselbe wird man annehmen müssen, wenn auf einem Kanal oder einem kanalisierten Fluß plötzlich eine Stauhaltung ausläuft und dabei ein Schiff trockenfällt.
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d) Bei einer a u ß e r g e w ö h n l i c h e n L e i c h t e r u n g gehören zu den Kosten der großen Haverei der Leichterlohn einschließlich der Kosten für gemietete Kranschiffe, Schleppboote und Lotsen sowie etwaige Schäden an Schiff und Ladung. Z u dem Schaden gehört es auch, wenn bei der Leichterung ein Teil der L a d u n g über B o r d fällt. A u c h Schäden, die nach dem U m s c h l a g in das Leichterfahrzeug entstehen, gehören zur großen Haverei. Erleidet das Leichterschiff auf der weiteren Reise z u m Bestimmungsort eine Kollision und wird dabei die L a d u n g beschädigt, so gehören auch diese Schäden zur großen Haverei. A u c h die K o s t e n des R ü c k l a d e n s sind Havereikosten. Ferner gehören die sogenannten stellvertretenden K o s t e n zur Haverei. Darunter sind die Kosten der Weiterbeförderung mit dem Leichterfahrzeug z u m Bestimmungsort zu verstehen 8 . D a s ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine Rückladung der L a d u n g in das Hauptschiff nicht mehr möglich ist oder zu hohe Kosten verursachen würde. Wenn eine andere Maßnahme preisgünstiger ist, tritt diese an die Stelle der Rückladung. D a s entspricht dem G e b o t der Billigkeit. D i e an sich nicht zur großen Haverei gehörenden, aber an deren Stelle getretenen
7 RGZ 38,1. 8 O L G Karlsruhe H R Z 22, 150; Prüßmann-Rabe, 434
SHR, §706, Anm. C 3e.
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Kosten sind bis zur H ö h e der erwarteten vergütungsberechtigten K o s t e n als stellvertretende K o s t e n zur Verteilung zu bringen 9 .
5. Das absichtliche Festfahren oder Versenken des Schiffes a) § 8 2 N r . 3 entspricht dem G e d a n k e n nach § 7 0 6 N r . 3 H G B . D a s Gesetz 1 6 erkennt auch im Binnenschiffahrtsrecht die absichtliche S t r a n d u n g und die Versenkung des Schiffes als große Haverei an und regelt diesen Fall als H a u p t beispiel abschließend. D e r Begriff „Strandung" ist im Sinne des natürlichen Sprachgebrauchs zu verstehen 1 0 . G e m e i n t ist ein Festfahren mit der F o l g e , daß das Schiff mit eigener Kraft und auch nicht durch steigendes Wasser der Gezeiten loskommt. D i e Strandung kann unabsichtlich sein und einen Unfall darstellen. D a n n liegt ein Fall der besonderen Haverei vor. Diesen Fall meint § 82 N r . 3 jedoch nicht, sondern diese Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf die absichtliche Strandung. Voraussetzung der A n n a h m e eines Falles der großen Haverei ist wie bei den anderen gesetzlichen Beispielen, daß es sich um eine a u ß e r g e w ö h n l i c h e M a ß n a h m e zur R e t t u n g von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr handelt. In subjektiver H i n s i c h t m u ß h i n z u k o m m e n , daß die Strandung absichtlich erfolgt. U n t e r das absichtliche Festfahren fällt daher nicht jedes Festfahren oder F e s t k o m m e n auf einer wie i m m e r auch beschaffenen Untiefe. A u c h genügt es nicht, wenn der Schiffsführer, um eine Kollision zu vermeiden, in das U f e r läuft, w o das Schiff sich festfährt 1 1 . N u r die v o m Schiffsführer getroffene M a ß n a h m e , daß Schiff auf G r u n d zu setzen, u m ein Sinken abzuwenden, stellt eine große Haverei dar. Regelmäßig wird ein Schiffsführer bei einer solchen M a ß n a h m e das Schiff auf eine seichte Stelle und außerhalb des Fahrwassers auf Strand setzen. E s kann auch nicht genügen, wenn eine Strandung infolge eines unvermeidlichen Zufalls unabwendbar geworden ist und der Schiffsführer noch die Möglichkeit hat, den Strandungsort zu bestimmen, z. B . wenn die Stauhaltung eines Kanals leerläuft und nur n o c h wenige M a ß n a h m e n möglich bleiben, bis das Schiff t r o k kenfällt. H i e r kann von einer außergewöhnlichen Rettungsmaßnahme nicht die Rede sein. D i e M a ß n a h m e muß daran gemessen werden, daß der Schiffsführer in der gegebenen Situation durch die spezielle M a ß n a h m e den Schaden so gering wie möglich halten will. D i e Strandung als solche ist nicht gewollt, aber durch die U m s t ä n d e unvermeidlich vorgegeben. E s ist nicht erforderlich, daß die Strandung das einzige Rettungsmittel ist. D i e Wahl des Rettungsmittels m u ß aus der Sicht behandelt werden, was ein ordentlicher Schiffsführer in der gegebenen Situation bei Beachtung gehöriger Sorgfalt 9 RGZ 98,1; BGHZ 28, 285. 10 Prüßmann-Rabe, SHR §706 D 1. 11 RGZ 44, 139. 435
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getan hätte, wobei die Anforderungen an die Sorgfalt nicht überspannt werden dürfen. So wird man stets eine absichtliche Strandung als geeignete Rettungsmaßnahme gelten lassen müssen, wenn das Schiff infolge einer Leckage zu sinken droht und Feuerlöschboote nicht rechtzeitig Beistand leisten können. 17
b) Unter der Voraussetzung einer außergewöhnlichen Maßnahme zur Rettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr läßt das Gesetz das absichtliche Versenken des Schiffes als Havereimaßnahme zu. Der Begriff „ V e r s e n k e n " ist im Sprachsinne zu verstehen. Gemeint ist eine absichtliche Beseitigung der Schwimmfähigkeit mit der Folge, daß das Schiff mindestens teilweise unter Wasser gerät. Es genügt, wenn ein Untertauchen unter die Wasseroberfläche bewirkt wird, da ein Binnenschiff nicht aus eigener Kraft auftauchen kann. Ferner ist ein Versenken des Schiffs nur dann unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer ausgleichspflichtigen Rettungsmaßnahme einzuordnen, wenn die Maßnahme den Zweck hat, eine Z e r s t ö r u n g des Schiffs u n d der L a d u n g durch Feuer zu verhindern. Die Feuerbrunst muß Schiff und Ladung bereits erfaßt haben. Mindestens muß insoweit eine unmittelbar drohende gegenwärtige Gefahr bestehen. Die Rettungsmaßnahme muß dazu dienen, das an Bord ausgebrochene Feuer zu löschen. Eine vergleichbare Situation besteht dann, wenn z. B. aus der Sicht des verantwortlichen Schiffsführers durch brennendes Ol auf dem Wasser auch ein Brand des eigenen Schiffes und dessen Vernichtung samt der Ladung unmittelbar zu besorgen ist und der Schiffsführer durch das Versenken des Schiffes dessen Vernichtung samt der Ladung verhindern will.
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c) In den Fällen der S t r a n d u n g und der Versenkung des Schiffes gehören zur Haverei alle durch diese Rettungsmaßnahmen herbeigeführten Schäden und Kosten an Schiff und Ladung, sei es, daß die Schäden bei der Abbringung des Schiffes, z. B. durch den Einsatz von Turnbooten, die Beseitigung von Untiefen infolge von Bergungsarbeiten, sei es durch die Hebung des Schiffes, z. B. durch den Einsatz von Tauchern und Hebeschiffen entstanden sind. Ein bloßer zeitlicher Zusammenhang der Schäden und Kosten mit dem Havereiakt reicht nicht aus, z. B. äußere Schäden infolge einer Anfahrung des Havaristen durch ein anderes Fahrzeug. Derartige Schäden bleiben außer Betracht. Es muß zur Annahme einer Ausgleichspflicht von Schäden und Kosten ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Havereiakt bestehen. Hierunter fallen auch Schäden, die der Schiffsführer als Folge von angeordneten Rettungsmaßnahmen vorhersehen kann, in Kauf nimmt oder auch will, z. B. einen Ruder- oder Schraubenschaden, sowie Bodenschäden beim Abziehen des Schiffes vom Land. Hierhin gehören auch Schäden an Uferbauwerken oder an der Flußsohle durch Bergungsmaßnahmen. Ebenso gehören zu den ausgleichpflichtigen Kosten die Treibstoffkosten des Havaristen bei Turnmanövern, wenn die Maschine bei den Manövern mitdrehen muß. Entsteht durch eine Überbeanspruchung der Maschine ein techni436
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scher Schaden, gleichviel welcher Art, gehören die Reparaturkosten zur großen Haverei 12 . Muß zur Aufleichterung des Schiffes, sei es bei Turnmanövern, sei es bei einer Hebung des Schiffes, die Ladung zunächst aus dem Schiff genommen werden, gehören die hierdurch entstehenden Kosten ebenso wie die Umschlag- und Transportkosten zur großen Haverei. Dazu gehören aber nicht die Lohn- und sonstigen Kosten der Schiffsbesatzung während der Dauer des Festsitzens des Schiffes oder während der Rettungsarbeiten. Bei diesen Kosten handelt es sich um die normalen Kosten des Eigners 1 3 . Kosten, die einem Versicherer im Zusammenhang mit Rettungs- und Bergungsmaßnahmen entstehen, können nicht als ausgleichspflichtig angesehen werden, weil der Versicherer, z. B. durch den Einsatz eigener Experten, lediglich seine eigenen Interessen in Erfüllung des Versicherungsvertrages wahrnimmt. d) Nach § 82 N r . 3 Abs. 2, ebenso nach § 706 Nr. 3 Abs. 3 H G B , findet keine 1 9 Havereiverteilung statt, wenn das Schiff „nicht abgebracht oder gehoben oder nach der Abbringung oder Hebung als reparaturunfähig befunden wird." Diese Vorschrift schließt sich an den allgemeinen Grundsatz des § 78 Abs. 2 an, daß durch die außergewöhnlichen Maßnahmen Schiff und Ladung mindestens teilweise gerettet sein müssen. Es genügt aber nicht die Bergung als Wrack, mögen auch die geborgenen Wrackteile als Schrott einen Wert verkörpern und verkäuflich sein. Das Gesetz will verhindern, daß Schiffe, die in Wirklichkeit schon vorher untauglich waren, unter dem Vorwand der Errettung aus einer Gefahr mißbräuchlich auf den Strand gesetzt werden, um demnächst von den Ladungsbeteiligten Ersatz in großer Haverei zu verlangen 14 . Die Reparaturunfähigkeit des Schiffes ist nach den Umständen des Einzelfalles im Zeitpunkte der Hebung oder Abbringung zu beurteilen. Es ist Sache des Richters, im Einzelfall festzustellen, ob das beschädigte Schiff wieder in einen fahr- und ladungstüchtigen Zustand versetzt werden kann oder ob eine Reparatur, sei es als völlig unmöglich, sei es wegen eines unverhältnismäßig hohen Kostenaufwandes nach vernünftigem Ermessen als ausgeschlossen angesehen werden kann 1 5 . Jede Reparatur ist technisch machbar, wirtschaftlich aber nicht immer sinnvoll. Ubersteigen die Reparaturkosten den Schiffswert im Falle einer durchgeführten Reparatur, liegt wirtschaftlich eine Reparaturunwürdigkeit im Sinne des Gesetzes vor. e) Ausnahmsweise gehören nach § 82 Nr. 3 Abs. 3 die Kosten der Hebung 2 0 eines gesunkenen Schiffes zur großen Haverei, auch wenn die allgemeinen Voraussetzungen nach § 78 für die Annahme einer großen Haverei nicht vorliegen.
12 13 14 15
Prüßmann-Rabe, SHR, § 706 Anm. J 2. BGHVersR 1965, 954. Begr. S. 107 f. Vgl. Begr. S. 107 f. 437
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Denn einem gesunkenen Schiff und seiner Ladung droht in diesem Zustand eine gemeinsame gegenwärtige Gefahr 1 6 . Das wird regelmäßig anzunehmen sein. 1 7 Die zur gemeinsamen Hebung von Schiff und Ladung gehörenden Kosten und die hierbei an Schiff und Ladung absichtlich entstandenen Schäden gehören deshalb zur großen Haverei. Es genügt nicht, daß zunächst die Ladung und später das Schiff geborgen wird. In großer Haverei kann nur dann ein Ausgleich erfolgen, wenn eine gleichzeitige Hebung erfolgt 1 8 . Es reicht aus, daß das Schiff lediglich als reparaturunfähiges Wrack gehoben wird, da die durch das Sinken des Schiffs herbeigeführten Schäden und Kosten nicht zur großen Haverei gehören. Zur Verteilung kommen nur die durch die gemeinsame Hebung entstandenen Kosten und Schäden an Schiff und Ladung sowie stellvertretende K o s t e n wie der Umschlag der Ladung und die Weiterbeförderungskosten. 21
f) Man muß in der Binnenschiffahrt davon ausgehen, daß im Falle einer Festf a h r u n g oder S t r a n d u n g selten sofort eine gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung vorliegen wird. Wenn ein Schiff auf einer Uferböschung festkommt, ist die Ladung zunächst nicht gefährdet, weil sie aus dem Schiff in ein Leichterfahrzeug umgeschlagen werden kann. Von dieser Überlegung geht das Gesetz aus. Ausgeschlossen ist aber nicht, daß bei einer Festfahrung oder Strandung eine gemeinsame Gefahr von Schiff und Ladung vorliegen kann. Durch starke Strömung in einem engen Fahrwasser können Schiff und Ladung in eine gefährliche Lage geraten, wenn z. B. Gefahr besteht, daß das Schiff durchbricht, durch andere Schiffe oder die Strömung plötzlich loskommt und ins Treiben gerät. Zur Annahme einer großen Haverei genügt aber nicht, daß das weitere Verbleiben eines gesunkenen Schiffes im Wasser unzweckmäßig oder unerlaubt ist 19 .
6. Die Annahme von Hilfsmannschaften oder Schlepphilfe 22
a) Wenn zur Abwendung einer durch Eisgang oder durch andere Umstände verursachten Gefahr, zu deren Beseitigung die ordnungsgemäße Besatzung des Schiffes nicht ausreicht, Hilfsmannschaften oder Schlepphilfe angenommen werden, so gehören die hierdurch entstehenden Kosten und Schäden zur großen Haverei (§82 N r . 4 Satz 1). Voraussetzung eines Vorliegens dieses Hauptbeispiels ist eine gemeinsame unmittelbare Gefahr für Schiff und Ladung durch Eisgang oder andere U m stände, zu deren Beseitigung auf Geheiß des Schiffsführers außergewöhnliche Maßnahmen erforderlich sind. Andere Umstände in diesem Sinne sind außergewöhnliche Vorkommnisse. Eine G e f a h r kann außer durch Eisgang auch durch Hoch- oder Niedrigwasser 16 17 18 19
OLG Begr. Begr. RGZ
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Köln, Recht 1913 N r . 1653. S. 108. S. 108. 44, 140.
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oder Sturm hervorgerufen werden. Daß eine solche Gefahr immer wieder auftritt, ist unerheblich. Der bloße Eintritt von Frostwetter mit der Möglichkeit von Eisgang reicht nicht aus. Ebensowenig genügt es, wenn die Reise wegen der Möglichkeit von Eisgang beschleunigt werden soll, um dem Stilliegen in einem vereisten Hafen zu entgehen. Auch die Kosten eines gewöhnlichen Einlaufens in einen Winterhafen begründen keine große Haverei20. Anders verhält es sich, wenn die Voraussetzungen für das Aufsuchen eines Winterhafens infolge einer bereits entstandenen Eisgefahr zur Rettung von Schiff und Ladung als Rettungsmaßnahme bereits geboten war. Die Rettung muß ohne fremde Hilfe nicht möglich sein. Auch muß die Gefahr einen solchen Umfang haben, daß die Abwendung der Gefahr aus eigener Kraft entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht allein möglich ist. b) Nach § 82 Nr. 4 Satz 2 fällt die Annahme von Hilfsmannschaften und 2 3 Schleppbooten nicht unter die große Haverei, wenn die Maßnahmen im regelmäßigen Verlauf der Reise erfolgen, weil nur außergewöhnliche Maßnahmen einen Fall der großen Haverei darstellen. So ist die Annahme von Lotsen und Vorspannbooten in der Gebirgsstrecke des Rheins eine alltägliche Sache. c) Kosten oder Schäden, die durch die Annahme von Hilfsmannschaften und 2 4 Schlepphilfe im Rahmen des § 82 Nr. 4 Satz 1 entstehen, gehören zur großen Haverei. Zu den Hilfsmannschaften können auch sonstige Bedienstete des Eigners gehören, wenn sie nicht Mitglieder der Schiffsbesatzung sind. Es braucht sich also nicht um fremde Hilfsmannschaften zu handeln. Es kann auch ein eigenes Schleppboot die Schlepphilfe leisten.
7. Das Aufsuchen eines Nothafens a) § 82 Nr. 5 regelt die Frage, welche Kosten zur großen Haverei gehören, 2 5 wenn ein Schiff „wegen Eintritts des Winterfrostes gezwungen" ist, einen Zwischenhafen aufzusuchen. Gegenüber § 82 Nr. 5 geht das Seerecht in § 706 Nr. 4 H G B erheblich weiter. Dort gehören zur großen Haverei die Kosten, die durch das Einlaufen in einen Nothafen herbeigeführt werden, wenn das Anlaufen des Nothafens zur Vermeidung einer dem Schiff und der Ladung im Falle der Fortsetzung der Reise drohenden gemeinsamen Gefahr notwendig ist. § 706 Nr. 4 H G B zählt zu den wichtigsten und häufigsten Fällen der großen Haverei in der Seeschiffahrt. Diese weitgehende Regelung hat der Gesetzgeber nicht in das Binnenschiffahrtsgesetz übernommen, weil eine gleichartige Regelung in der Binnenschiffahrt leicht zu Mißbräuchen Anlaß geben könnte 21 . Deshalb beschränkt sich das Gesetz auf den Fall des Anlaufens eines Zwischenhafens zur 20 Vgl. § 82 Nr. 5. 21 Begr. S. 109.
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Abwendung einer durch den Eintritt des Winterfrostes verursachten Gefahr, d. h. zur Abwendung einer Gefahr für die Schiffahrt durch Eisgang. Dabei spielen aber auch soziale Erwägungen eine Rolle. Nach der Begründung des Gesetzes 2 2 wurde § 82 N r . 5 eingefügt, weil es in vielen Fällen den wirtschaftlich schwachen Schiffer hart treffen würde, wenn er die Uberwinterungskosten, insbesondere die Bewachungskosten, Schlepplöhne und Hafengebühren stets allein tragen müßte, obwohl diese Kosten zugleich im Interesse der Ladungsbeteiligten aufgewandt werden. Auch wenn heute Partikuliere am Gesamttransportvolumen geringer beteiligt sind als früher und größere, wirtschaftlich stärkere Schiffsfahrtsunternehmen den größten Teil des Verkehrs abwickeln, sind die tragenden Grundgedanken des Gesetzgebers keineswegs überholt. Berücksichtigt man, daß die Frachtgüter im innerdeutschen Verkehr auf der Basis von Festfrachten befördert werden, die nicht über- oder unterschritten werden dürfen, sind die besonderen Kosten durch das Aufsuchen eines Zwischenhafens im Falle einer Eisgefahr durch die Fracht nicht gedeckt. Es entspricht deshalb auch heute noch der Billigkeit, entsprechend der Vorstellung des Gesetzgebers, die durch das Aufsuchen eines Zwischenhafens entstehenden Kosten zwischen Schiff und Ladung angemessen zu verteilen. 26
b) Das Schiff muß einen Zwischenhafen aufsuchen. Es genügt nicht, wenn ein beladenes Schiff an sonstiger sicherer Stelle das Ende der Gefahr abwartet, weil an jeder Stelle einer Wasserstraße zusätzliche Gefahren möglich sind und nur im Hafen die Gewähr dafür besteht, daß den Schiffahrttreibenden die nach den Umständen mögliche Hilfe geleistet wird. In Verlade- und Transportbedingungen wird häufig ausbedungen, daß die Überwinterung nicht zur großen Haverei gehört, vielmehr die Ladung, bei mehreren Teilladungen jede Teilladung jeweils anteilig, die gesamten Uberwinterungskosten zu tragen haben.
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c) Das Gesetz spricht ausdrücklich davon, daß das Schiff gezwungen sein muß, einen Zwischenhafen als Nothafen anzulaufen. Der Grund dafür muß der „Eintritt des Winterfrostes" sein. Daraus und aus § 78 folgt ganz allgemein, daß für Schiff und Ladung eine gemeinsame gegenwärtige Gefahr bestehen muß, die durch winterlichen Frost in der Form von Zufrieren und/oder Eisgang hervorgerufen sein muß. Es genügt der normale Verlauf des Winters. Es ist nicht notwendig, daß eine außergewöhnliche Gefährdung durch Frost und dessen Folgen anzunehmen ist. Der Anwendung des § 82 N r . 5 steht nicht entgegen, daß der Winterfrost eine in jedem Jahr sich wiederholende regelmäßige Witterungserscheinung ist. Notwendig ist aber stets, daß der Schiffsführer gezwungen sein muß, einen Zwischenhafen als Nothafen aufzusuchen, um Schiff und Ladung zu retten. Danach muß auch im Rahmen des § 82 N r . 5 die Maßnahme als eine absichtliche Schadenszufügung im Sinne des § 78 verstanden werden. D e r Scha-
22 S. 17/18.
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den liegt darin, daß der Schiffsführer die Reise ändert und einen Zwischenhafen als N o t h a f e n anläuft. D a s setzt begrifflich voraus, daß das Schiff aber nicht die Reise fortsetzen, noch dort, w o es sich befindet, liegenbleiben kann, weil Schiff und L a d u n g in den beiden genannten Fällen einer gemeinsamen Gefahr ausgesetzt wären. E s muß eine derartige Veränderung der Verkehrsverhältnisse eintreten, daß ein Schiffsführer aufgrund der äußeren Bedingungen (Einfrieren, Eisgang, Niederlegung der Wehre) bei verständiger Würdigung aller U m s t ä n d e Schiff und L a d u n g bei Fortsetzung der Reise als gefährdet ansieht. d) Unter einem Z w i s c h e n h a f e n ist jeder künstlich angelegte oder von N a t u r 2 8 aus geschützte, an das U f e r angrenzende Ankerplatz zu verstehen, der durch gewisse Vorkehrungen dazu hergerichtet worden ist, Schiffe aller Art zu laden oder löschen und in jeder Jahreszeit auf die Dauer einen gesicherten Ankerplatz bietet 2 3 . Eine Einrichtung, die lediglich dazu dient, Binnenschiffe zu befestigen, ohne 2 9 daß Anker ausgebracht werden können, reicht nicht aus, als Hafen angesehen zu werden, weil dem Platz nicht die Bestimmung z u k o m m t , Schiffe zu laden und zu löschen, auch notfalls als sichere Zuflucht zu dienen. Andererseits ist es aber unerheblich, ob die vorhandene Hafeneinrichtung zur dauernden Benutzung dient oder nur für den einzelnen Fall hergerichtet ist und o b es sich u m einen öffentlichen oder um einen privaten H a f e n handelt. e) D e r Begriff „ Z w i s c h e n h a f e n " ist zeitlich, nicht räumlich zu verstehen 2 4 . 3 0 Der H a f e n muß von dem Schiff nach dem Antritt und vor der Beendigung der Reise wegen Eintritts des Winterfrostes aufgesucht werden. E s reicht nicht aus, wenn das Schiff den H a f e n im gewöhnlichen Verlauf der Reise aufsucht, z. B. u m dort einen Teil der Frachtgüter zu löschen, sondern es muß in Abänderung der geplanten Reise die Notwendigkeit auftreten, einen N o t h a f e n aufzusuchen, u m der bei Fortsetzung der geplanten Reise drohenden Gefahr zu entgegnen 2 5 . Wo sich der Zwischenhafen befindet, ist unerheblich. Selbst der Abgangshafen kann z u m N o t h a f e n werden, wenn das Schiff gezwungen ist, nach dem Antritt der Reise in den Abgangshafen wegen des Winterfrostes zurückzukehren. Der N o t hafen braucht auch nicht auf der Reiseroute zu liegen. D e n k b a r ist auch, daß das Schiff einen ferner liegenden Hafen als Bestimmungshafen aufsucht, wenn z. B. auf einem Fluß noch durchgehende Schiffahrt möglich ist, der Bestimmungshafen an einem Kanal aber bereits vereist ist. Selbstverständlich kann der Bestimmungshafen oder ein bestimmungsgemäßer Zwischenhafen kein N o t h a f e n sein, weil dort die Frachtreise beendet ist. Bleibt das Schiff nach dem Entladen im Bestimmungshafen liegen, weil es an der Fortsetzung der weiteren Reise durch Einfrieren oder Eisgang gehindert
23 RGZ 89, 277. 24 O L G Karlsruhe, JW 1932, 2091 Nr. 4. 25 O L G Karlsruhe, JW 1932, 2091 Nr. 4, O L G Düsseldorf, JW 1932, 2298 Nr. 3. 441
§82
5. Abschnitt. Haverei
wird, haben damit die Ladungsbeteiligten nichts zu tun. Bei evtl. notwendigen Mehraufwendungen handelt es sich u m allgemeine Risiken der Schiffahrt, die der Frachtführer allein zu tragen hat. D u r c h allgemeine Verlade- u n d T r a n s p o r t b e d i n g u n g e n oder in Individualvereinbarungen kann dieses R i s i k o anderweitig verteilt werden. 31
f) D a s Schiff m u ß einen Zwischenhafen „aufgesucht" haben. Daraus folgt, daß das Schiff aufgrund eines entsprechenden Entschlusses des Schiffsführers seine Reise unterbricht. D a z u genügt nicht, daß das Schiff in einem bestimmungsgemäß angelaufenen B e s t i m m u n g s - oder Zwischenhafen wegen einer inzwischen eingetretenen Eisgefahr liegenbleibt oder dort einfriert 2 6 . D a s Einfrieren in einem Zwischenhafen ist ein normales Risiko der Schiffahrt und kein Havereigrund (§ 83).
32
g) Als H a v e r e i k o s t e n k o m m e n nur die in § 82 N r . 5 genannten K o s t e n in Frage. D a s G e s e t z nennt ausdrücklich die Kosten des E i n - und Auslaufens
(Deviationskosten), die Schlepplöhne, die Hafengebühren, die Bewachungs-
k o s t e n , L e i c h t e r l ö h n e sowie einen etwaigen Schaden infolge einer L e i c h t e r u n g . D i e Kostentragung richtet sich im übrigen nach § 6 6 . Zu den K o s t e n des E i n - und Auslaufens gehören Lotsengelder sowie H a f e n und Klarierungsgebühren. Soll das Schiff in einen anderen H a f e n überführt werden, gehören diese Kosten nicht zur großen Haverei 2 7 . 33
S c h l e p p l ö h n e fallen heute nur noch ausnahmsweise an. In Sonderfällen k ö n nen aber auch Eisbrecherkosten zu den Havereikosten gehören, wenn nur mit Eisbrecherhilfe das Schiff in einen Zwischenhafen geleitet werden kann. L e i c h t e r k o s t e n können insbesondere dann entstehen, wenn die Abladung des Schiffes ein Einlaufen in einen Zwischenhafen nicht o h n e vorherige Aufleichterung gestattet. L ä ß t ein Schiffsführer sein Schiff bei fallendem Wasser in einem Zwischenhafen auf der Hafensohle aufsitzen, anstelle es zu leichtern und will er Leichterkosten sparen, so sind etwaige Bodenschäden bis zur H ö h e der ersparten vergütungsberechtigten Leichterkosten als Havereifolgen unter dem Gesichtspunkt s t e l l v e r t r e t e n d e r K o s t e n anzuerkennen 2 8 . N i c h t zur großen Haverei gehören die Aufwendungen für die Fahrt zum oder v o m N o t h a f e n , also z. B . die Brennstoffkosten. Auch die das Schiff selbst treffenden Aufenthaltskosten, z. B . die L ö h n e der Schiffsbesatzung, gehören im Gegensatz z u m Seerecht nicht zu den vergütungsberechtigten Kosten. D a s G e setz hat die Vergütungspflicht ausdrücklich auf die für die B e w a c h u n g des beladenen Schiffs erforderlich werdenden K o s t e n beschränkt. Es soll darin der A u s gleich liegen, daß die Schiffsbesatzung nicht nach Hause entlassen oder beurlaubt werden kann, sondern die Frachtgüter bewachen m u ß . Bei einem beladenen Schiff ist eine B e w a c h u n g selbstverständlich erforderlich. 26 RGZ 39, 11. 27 Ebenso Prüßmann-Rabe, 28 BGH NJW 1959, 149.
442
SHR, § 706 Anm. E 4 a.
Umfang der großen Haverei
§82
Im Hinblick auf den allgemeinen Kündigungsschutz ist § 82 Nr. 5 aus heutiger Sicht zu eng. Bei einer Reform wird man § 82 Nr. 5 dem § 706 Nr. 4 anpassen müssen. Nach dieser Vorschrift sind die Aufenthaltskosten vergütungsberechtigt. h) Der Schiffsführer ist nicht verpflichtet, während einer Uberwinterung im 3 4 Zwischenhafen selbst an Bord zu bleiben. Er darf vielmehr die Bewachung seines Schiffes einem Mitglied der Schiffsbesatzung oder einer anderen geeigneten Person als Wächter übertragen. Der Schiffsführer, auch der Schiffseigner/Schiffsführer ist aber berechtigt, sein Schiff selbst zu bewachen und darf hierfür die übliche Vergütung in die Dispache einsetzen, zumal hierdurch den Ladungsbeteiligten am besten gedient ist. Die Höhe der Bewachungskosten richtet sich nach dem Handelsbrauch am Ort des Nothafens. Die Kosten sind unterschiedlich hoch und im Rechtsstreit durch Auskünfte der Schifferbörse festzustellen. i) Die Bewachungskosten sind nur vergütungsberechtigt für die Zeit, in der 3 5 die Voraussetzungen des § 82 Nr. 5 vorliegen, also ein Aufenthalt des Schiffes infolge Eisgefahr in dem Zwischenhafen erforderlich ist. Dabei darf aber kein kleinlicher Maßstab angelegt werden. Zu berücksichtigen ist, daß nicht alle Schiffe sofort die weitere Reise antreten können. Es müssen Besatzungsmitglieder aus dem Urlaub zurückgerufen werden. Auch darf der Schiffsführer die Entwicklung der Witterung entsprechend der allgemeinen Wetterprognose abwarten. j) Zu den Leichterkosten gehören auch die Kosten, die durch eine weitere 3 6 Leichterung während der Überwinterung, z. B. infolge fallenden Wassers notwendig werden. Man kann hingegen Leichterkosten im Zwischenhafen, die deshalb notwendig werden, weil das Schiff auf der weiteren Reise nicht mehr genügend Wasser findet, nicht zu den Havereikosten rechnen, weil es sich dabei um Leichterkosten handelt, die im regelmäßigen Verlauf der Reise entstehen29. Die Anwendung des § 82 Nr. 5 kann nur nach § 82 Nr. 2 erfolgen, d. h. die Leichterkosten sind nur vergütungsberechtigt, wenn sie zusätzlich durch die Überwinterung und das Anlaufen des Nothafens entstanden sind30.
8. Die Beweislast Der Schiffsführer hat im Verfahren über den Widerspruch eines Beteiligten 3 7 gegen die Dispache die Beweislast für alle die große Haverei begründenden Umstände und die Vergütungspflicht von Kosten und Schäden in Havariegrosse. 29 Vgl. dazu Z. f. B. 1955, 81. 30 B G H Z 28, 285.
443
§83
5. Abschnitt. Haverei
§83 Wird außer dem Falle des § 82 N r . 5 das Schiff genötigt, die Reise zu unterbrechen und an einem Zwischenorte liegen zu bleiben, so gehören die durch den Aufenthalt an diesem O r t e entstehenden Kosten und Schäden nicht zur großen Haverei. Übersiebt Rdn. 1. Allgemeines
1
2. D i e A b g r e n z u n g zu § 8 2 3. D a s Liegenbleiben in einem
2 Zwi-
schenhafen
Rdn. 4. Selbständige Havereifälle im
Zwi-
schenhafen
5
5. D i e Beweislast
6
3—4
1. Allgemeines 1
Zur Klarstellung wird in § 83 hervorgehoben, daß abgesehen von dem Fall des § 82 N r . 5 die sonstige U n t e r b r e c h u n g der Reise durch einen Aufenthalt an einem Zwischenort oder in einem Zwischenhafen keinen Fall der großen Haverei darstellt. Die Voraussetzungen des Falles der großen Haverei, im Falle der N o t wendigkeit, wegen Eintritts des Winterfrostes einen Zwischenhafen aufzusuchen, also eines der Hauptbeispiele im Sinne des § 82, sind in § 82 N r . 5 erschöpfend aufgezählt. Eine Erweiterung oder Abschwächung läßt diese Vorschrift nicht zu.
2. Die Abgrenzung zu § 82 2
Während in dem Hauptbeispiel des § 82 N r . 5 von einem Aufsuchen eines Zwischenhafens gesprochen wird, worunter das Gesetz das Einlaufen in einen Zwischenhafen zur Abwendung einer durch den Eintritt des Winterfrostes verursachten Gefahr für Schiff und Ladung versteht, erfaßt § 83 jedes Liegenbleiben an einem Zwischenort im Verlauf einer Reise, zu der der Schiffsführer unterwegs genötigt und wodurch die Reise unterbrochen wird. Insoweit macht das Gesetz einen bedeutsamen Unterschied zu § 706 N r . 4 H G B , wonach auch sonstige notwendige Zwischenaufenthalte zur Abwendung einer gemeinsamen Gefahr für Schiff und Ladung in Havarie-grosse zu vergüten sind.
3. Das Liegenbleiben in einem Zwischenhafen 3
a) Im Gegensatz zu der Regelung des § 82 N r . 5 stellt § 83 nicht auf das Aufsuchen eines Zwischenhafens, sondern auf das Liegenbleiben in einem Zwischenhafen ab. D e r Schiffsführer muß genötigt sein, die Reise zu unterbrechen und an einem Zwischenort liegenzubleiben. Es kann sich dabei um einen Hafen, einen allgemein ausgewiesenen Ankerplatz oder um eine Reede handeln. Das Liegenbleiben bedeutet aber nicht, daß hierdurch eine Vergütung in großer H a 444
Zwischenaufenthalt
§83
verei erfolgt. Vielmehr regelt § 82 N r . 5 abschließend, wann ein Fall der großen Haverei vorliegt, d. h. welche G r ü n d e allein ausschlaggebend sind. Es kann abweichend von § 82 N r . 5 auch keine Ausnahme in dem Falle zugelassen werden, daß die Reiseunterbrechung selbst in großer Haverei besteht. Wenn der Schiffsführer zur R e t t u n g von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen G e f a h r einem von beiden vorsätzlich einen Schaden zufügt, wodurch eine U n t e r b r e c h u n g der Reise und ein Aufenthalt an einem Zwischenort notwendig wird,so ist der Havereifall bereits eingetreten und alle Folgekosten sind vergütungsberechtigt. D a z u ist es nicht notwendig, auf das Aufsuchen und den A u f enthalt an einem Zwischenort zurückzugreifen. Diese sind nur n o c h die mittelbare F o l g e , nicht aber die U r s a c h e für die Vergütung in großer Haverei. I m Binnenschiffahrtsrecht fehlt eine dem § 706 N r . 4 H G B vergleichbare Regel zur Ausbesserung von Schäden, die ein Schiff während der Reise erlitten hat. D e r G r u n d für diese Einschränkung ist der, daß Seeschiffe auf der Reise durch die Gefahren der See erhebliche Schäden erleiden k ö n n e n , die nur in einem Hafen zu reparieren sind. In der Binnenschiffahrt aber kann jederzeit ein Zwischenhafen aufgesucht werden. D e m M i ß b r a u c h wäre T ü r und Tor geöffnet, wollte man dem Schiffsführer gestatten, aus jeglichen G r ü n d e n einen H a f e n aufzusuchen und die hierdurch entstehenden Kosten umzulegen. b) Zwischen § 82 N r . 5 und § 83 besteht ein wesentlicher Unterschied auch in 4 der Zielrichtung. § 82 N r . 5 schließt sowohl die K o s t e n des Einlaufens in den Zwischenhafen, etwaige besondere K o s t e n des Einlaufens wie Eisbrecherhilfe und die K o s t e n der Bewachung des Schiffes ein. Hingegen bezieht sich § 83 auf die K o s t e n des A u f e n t h a l t s im Zwischenhafen, die nach der Intention des G e setzes nicht zu den Havereikosten gehören, sondern in das allgemeine Risiko des Frachtführers fallen.
4. Selbständige Havereifälle im Zwischenhafen § 83 enthält zwar eine Einschränkung dessen, was in großer Haverei vergütet 5 werden kann, schränkt aber die allgemeine A n w e n d u n g des § 7 8 nicht ein. E s kann sich z. B . während des Aufenthalts in einem Zwischenhafen eine völlig neue Situation ergeben, die zu einer gemeinsamen G e f a h r für Schiff und Ladung führt, zu deren A b w e n d u n g R e t t u n g s m a ß n a h m e n notwendig sind. D i e A n n a h m e eines neuen selbständigen Falles von großer Haverei wird in einer solchen Situation durch § 83 nicht ausgeschlossen. Ein solcher Fall kann eintreten, wenn O l auf dem Hafenwasser in B r a n d gerät und der Schiffsführer zur Rettung von Schiff und Ladung sein Schiff versenken m u ß . E b e n s o liegt der Fall, wenn plötzlich der Wasserstand stark fällt und eine Leichterung notwendig wird, um ein Aufsetzen des Schiffes zu verhindern, sofern eine gemeinsame G e f a h r für Schiff und L a dung entstanden war 1 . E s m u ß sich also nicht nur stets u m eine neue, nicht nur 1 BGH ZfB 1959, 57. 445
§84
5. Abschnitt. Haverei
möglicherweise bevorstehende Gefahr, sondern auch um eine gegenwärtige, unmittelbare, neu hinzugetretene Gefahr für Schiff und Ladung handeln. 5. D i e Beweislast Der Schiffsführer hat im Widerspruchsverfahren zu beweisen, daß die in Ansatz gebrachten Kosten in Havarie-grosse vergütungsberechtigt sind. Scheitert der Beweis, weil sich ergibt, daß es sich um Aufenthaltskosten handelt, besteht kein Anspruch. Der Schiffsführer muß in einem selbständigen Havereifall eine selbständige Dispache aufmachen und im Bestreitensfalle beweisen, daß im Zwischenhafen eine gegenwärtige, unmittelbare Gefahr für Schiff und Ladung neu entstanden ist und die von ihm angeordneten Rettungsmaßnahmen notwendig gemacht hat.
§84 Wenn durch die Auseinandersetzung unter den Beteiligten Kosten entstehen, so gehören auch diese Kosten zur großen Haverei. Dies gilt insbesondere von den Kosten für die Ermittlung der Schäden und für die Aufstellung der Rechnung über die große Haverei (Dispache). Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Kosten der Ermittlung der Schäden 3. Die Verklarungskosten
Rdn. 1 2 3
4. Die Kosten der Dispache 5. Sonstige Auseinandersetzungskosten 6. Die Beweislast
Rdn. 4 5 6
1. Allgemeines In erster Linie gehören zur großen Haverei die Kosten, die vom Schiffsführer zur Rettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr oder nach seiner Anweisung von einem Ladungsbeteiligten aufgewendet werden (§ 78 Abs. 1). Hinzu kommen bestimmte Kosten entsprechend den Hauptbeispielen der großen Haverei nach § 82. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um Kosten, die unmittelbar durch die Rettungsmaßnahmen verursacht worden sind. Entsprechend der seerechtlichen Regelung (§ 706 Nr. 7 HGB) sollen nach dem Grundsatz der Gefahrgemeinschaft von Schiff und Ladung auch eine Verteilung der durch die Auseinandersetzung entstehenden mittelbaren Kosten erfolgen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 84 gehören diese Auseinandersetzungskosten zur großen Haverei. § 84 ergänzt insoweit § 78.
446
Auseinandersetzungskosten
§84
2. Die Kosten zur Ermittlung der Schäden Zu den Auseinandersetzungkosten gehören die Kosten der Ermittlung des 2 Schadens. Bei der Havereiverteilung sind diese Kosten nach § 84 Satz 2 zu berücksichtigen. Ermittlungen müssen regelmäßig angestellt werden, um die Schäden der großen Haverei nach Grad, Umfang und Höhe festzustellen. Dazu müssen Sachverständigengutachten und A u s k ü n f t e eingeholt werden, um objektive Grundlagen für die Auseinandersetzung zu schaffen. Die für die Abschätzung des entstandenen Schadens aufgewendeten Kosten und Auslagen eines Sachverständigen einschließlich etwaiger Reisekosten fallen unter die Ermittlungskosten. Nicht zu den Ermittlungskosten gehören Aufwendungen eines Sachverständigen, der lediglich im Interesse eines Beteiligten tätig wird. Insbesondere gehören die Kosten eines von einem Versicherer beauftragten Sachverständigen nicht zu den vergütungspflichtigen Aufwendungen, weil der Versicherer im Rahmen seiner eigenen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherungsnehmer tätig wird. Auch wenn die Tätigkeit eines solchen Sachverständigen als ein Intervenieren und die hierdurch verursachten Kosten als Interventionskosten bezeichnet werden, gilt nichts anderes. Ein Sachverständiger der Versicherung wird ausschließlich in deren Interesse tätig. Wenn es zur Feststellung der Schäden erforderlich ist, weitere Besichtigungen des Schiffes vozunehmen, gehören auch diese Kosten zu den Ermittlungskosten. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Schiff auf Helling genommen werden muß, um den Schiffsboden nebst Ruderanlage und Schraube näher zu prüfen, soweit eine Uberprüfung durch Taucher nicht ausreicht. Auch Gerichts- und Anwaltskosten des Schiffsführers, soweit sie sich auf die zur Ermittlung der in großer Haverei zu berücksichtigenden Schäden beziehen, sind vergütungsberechtigt.
3. Die Verklarungskosten H a t im Falle einer großen Haverei der Schiffsführer nach § 11 die Durchfüh- 3 rung eines gerichtlichen Verklarungsverfahrens beantragt, ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 14 Abs. 2 uneingeschränkt § 84 anwendbar. Danach sind die Kosten eines Verklarungsverfahrens, soweit sie den Schiffsführer betreffen, in großer Haverei vergütungspflichtig. Haben sich jedoch Ladungsbeteiligte an dem Verklarungsverfahren beteiligt, können deren Kosten nicht umgelegt werden. Kommt es später zu einem Rechtsstreit, können die Kosten des Verklarungsverfahrens als notwendige Kosten des Rechtsstreits im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend der Kostenentscheidung zur Hauptsache verteilt werden. Der Schiffsführer kann hier auch den Teil seiner Kosten geltend machen, für den er im Dispacheverfahren keine Vergütung erhalten hat.
447
§85
5. Abschnitt. Haverei
4. Die Kosten der Dispache 4
§ 84 Satz 2 bestimmt, daß die Kosten für die Aufstellung der Rechnung über die große Haverei (Dispache) zu den Kosten der großen Haverei gehören. Die Dispache enthält eine Aufstellung sämtlicher als große Haverei in Betracht kommenden Schäden und Kosten sowie deren Verteilung auf Schiff und Ladung unter Berücksichtigung der zu ermittelnden oder abzuschätzenden Beitragswerte. Hierfür kann sich der Schiffsführer eines Dispacheurs bedienen. Auf Verlangen eines Beteiligten ist er dazu verpflichtet (§ 87 Abs. 2). Hierdurch entstehen naturgemäß Kosten. Die gesamten Dispachierungskosten, einschließlich der Gebühren und Auslagen des Dispacheurs gehören zu den im Wege der großen Haverei zu verteilenden Aufwendungen. Nicht zur großen Haverei gehören die durch eine gerichtliche Verhandlung über die Bestätigung der Dispache entstehenden Kosten, da zu einem solchen Verfahren nicht notwendig alle Havariebeteiligten hinzuzuziehen sind. Uber die Kostentragungspflicht des Bestätigungsverfahrens entscheidet vielmehr das Gericht im Urteil über den Widerspruch eines Beteiligten.
5. Sonstige Auseinandersetzungskosten 5
Die Aufzählung der zur großen Haverei gehörenden Kosten in § 84 Satz 2 ist nur beispielhaft, wie die Fassung der Vorschrift zeigt. Unter der Voraussetzung, daß spezielle Kosten in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Fall der großen Haverei stehen und für die Durchführung der Auseinandersetzung notwendig waren, sind auch andere als die in § 84 Satz aufgezählten Kosten vergütungsberechtigt. Hierher gehören entsprechend § 706 N r . 7 H G B Verluste und Kosten, die durch die Beschaffung der zur Deckung der großen Haverei während der Reise erforderlichen Gelder verursacht werden. Dazu gehören Zinsen und Provisionen für eine solche Geldbeschaffung im Wege eines Kredits.
6. Die Beweislast 6
Der Schiffsführer hat zu beweisen, daß die von ihm aufgewendeten Kosten zur Schadensermittlung notwendig waren und mit dem Fall der großen Haverei in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Auch zur Höhe obliegt ihm die Beweislast.
§85 (1) In bezug auf den Umfang und die Berechnung der für die große Haverei zu beanspruchenden Vergütungen und der für dieselbe zu leistenden Beiträge finden die auf die Seeschiffahrt bezüglichen Bestimmungen der §§ 709 bis 720, 722 bis 724 des Handelsgesetzbuchs entsprechende Anwendung. Güter, welche sich zur Zeit des Havereifalles in einem Leichterfahrzeuge befun448
§85
Schadensberechnung
den haben (Handelsgesetzbuch §718), sind jedoch nur unter der Voraussetzung beitragspflichtig, daß sie sich mit dem Schiffe in Gefahr befunden haben. Auch findet bei der Ermittlung des von der Ladung zu leistenden Beitrags (Handelsgesetzbuch §719) ein Abzug des Zolles für gerettete Güter nur insoweit statt, als der Zoll noch nicht entrichtet ist. (2) Bei der Schadensberechnung bleiben die Beschädigungen und Verluste außer Ansatz, welche betreffen: 1. diejenigen Güter, über die weder ein Frachtbrief oder Ladeschein ausgestellt ist, noch das Manifest oder Ladebuch Auskunft gibt; 2. die Kostbarkeiten, Gelder und Wertpapiere, welche dem Frachtführer nicht bezeichnet sind. (3) Die Ausnahme unter Nummer 1 gilt nicht für den Hafenverkehr. Übersicht 1. Allgemeines 2. Von der Vergütungsberechtigung ausgenommene Güter 3. Die Ermittlung des Schadens am Schiff 4. Die Vergütung für das Schiff und das Zubehör 5. Die Vergütung für aufgeopferte Güter 6. Die Vergütung für beschädigte Güter 7. Abzüge sonstiger Wertverringerungen und Verluste 8. Beendigung der Reise vor dem Erreichen des Bestimmungshafens . .
Rdn. 1-5 6-9 10-20 21-25 26-31 32-35 36-38
Rdn. 9. Die Vergütung für entgangene Fracht 10. Die Verteilung des Schadens . . . . 11. Der Beitrag des Schiffes 12. Der Beitrag der Ladung 13. Der Wert der beitragspflichtigen Güter 14. Die Beitragspflicht geworfener G ü ter 15. Der A b z u g wegen Forderungen aus späteren Notfällen 16. Ausnahmen von der Beitragspflicht 17. Nachträgliche Verluste und Wertminderungen
42—45 46-50 51-54 55-59 60-65 66-68 69-71 72-77 78-81
39—41
1. Allgemeines a) Im Falle der großen Haverei nach § 78 werden Aufwendungen zur Rettung 1 von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr gemacht. Die Gefahrengemeinschaft zwischen Schiff und Ladung rechtfertigt es, die durch die Rettungsmaßnahmen verursachten Kosten auf Schiff und Ladung zu verteilen. Zur Aufstellung dieser Havereiverteilung bedarf es einer Klarstellung, welche Gegenstände vergütungsberechtigt sind. Der Vergütungsberechtigte muß wissen, welche Vergütung er von den anderen Beteiligten der Gefahrengemeinschaft beanspruchen kann. Des weiteren ist eine Feststellung dahin erforderlich, welche Beiträge von Schiff und Ladung zu leisten sind, damit die erforderlichen Mittel zur Verteilung zur Verfügung stehen. b) Hinsichtlich des Umfangs und der Berechnung der für die große Haverei 2 zu beanspruchenden Vergütung und der Leistung der Beteiligten finden nach der ausdrücklichen Vorschrift des §85 Abs. 1 die diesbezüglichen seerechtlichen 449
§85
5. Abschnitt. Haverei
Vorschriften, und zwar die §§709-720 und die §§722-724 HGB mit den im Binnenschiffahrtsgesetz angeführten Einschränkungen Anwendung. Die §§ 709, 710 H G B betreffen die Ermittlung des Schadens am Schiff (§ 709 HGB) und die Berechnung des zu vergütenden Schiffsschadens (§710 HGB). Die §§711-715 HGB betreffen die Vergütung für aufgeopferte Güter (§ 711 HGB, die Vergütung für beschädigte Güter (§712 HGB), den Abzug sonstiger Wertminderungen und Verluste (§713 HGB), das Reiseende vor dem Erreichen des Bestimmungsortes (§715 HGB). §716 H G B enthält das Prinzip der Schadensverteilung. Die folgenden Vorschriften beziehen sich auf den Beitrag des Schiffes (§ 717 HGB), den Beitrag der Ladung (§ 718 HGB), den Wert der beitragspflichtigen Güter (§719 HGB) und den Beitrag geworfener und wieder geborgener Güter (§710 HGB). Ferner sind entsprechend anwendbar § 722 H G B betreffend Abzüge bei späteren Notfällen, § 723 HGB, der die Ausnahmen von der Beitragspflicht enthält, sowie § 724 HGB, der die nachträgliche Wertminderung regelt. 3
c) Auch für die große Haverei im Bereich der Binnenschiffahrt können die York-Antwerp-Rules 1974 anstelle der Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes treten; denn die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes sind insoweit nachgiebigen Rechts. Die Beteiligten können daher abweichende Vereinbarungen treffen, die dem Gesetz vorgehen. Als solche sind die York-Anwerp-Rules in der gegenwärtigen Fassung von 1974 anzusehen, wenn diese zwischen allen Beteiligten, z. B. im Ladeschein ausdrücklich vereinbart worden sind. Diese Bestimmungen stellen eine vorgefertigte Vertragsordnung dar, die der Auslegung durch die Gerichte entsprechend den für allgemeine Geschäftsbedingungen entwickelten Rechtsgrundsätzen zugänglich sind. Die Auslegung hat sich nicht an einer Einzelfallgerechtigkeit, sondern danach zu orientieren, daß das Auslegungsergebnis als allgemeine Lösung eines Interessengegensatzes angemessen ist1.
4
d) Von der Bezugnahme in § 85 Abs. 1 ist § 721 HGB betreffend die Beiträge der Fracht und der Uberfahrtsgelder nicht erfaßt. Das Binnenschiffahrtsgesetz kennt keine Beteiligung der Fracht und der Uberfahrtsgelder an der großen Haverei. Im Binnenschiffahrtsrecht ist ferner der in das H G B durch Art. 1 Nr. 30 SRÄG eingefügte § 721 a H G B über Ersatzansprüche bei beitragspflichtigen Gegenständen unanwendbar, da im Gesetz eine Bezugnahme auf diese Vorschrift fehlt.
5
e) Nach §133 W G haftet der Versicherer im Falle der Versicherung eines Binnenschiffes gegen die Gefahren der Schiffahrt auch für die Beiträge des Schiffes zur großen Haverei. Hierbei sind die §§ 835-839 H G B entsprechend an1 BGHZ 60, 380. Zu den Einzelheiten der York-Antwerp-Rules vgl. Prüßmann-Rabe, SHR, Anhang §733. 450
Schadensberechnung
§85
wendbar. Eine vom Schiffsführer aufgestellte Dispache ist nach § 133 Abs. 2 W G für den Versicherer nur verbindlich, wenn er der Aufstellung durch den Schiffsführer zugestimmt hat.
2. Von der Vergütungsberechtigung ausgenommene Güter Nach § 85 Abs. 2 bleiben bei der Schadensberechnung die Beschädigung und 6 der Verlust bestimmter Güter außer Betracht. a) N a c h § 85 Abs. 2 N r . 1 bleiben Güter, über die weder ein Frachtbrief noch 7 ein Ladeschein ausgestellt ist, noch das Manifest oder Ladebuch Auskunft gibt, außer Betracht, weil der Gesetzgeber Mißbräuche befürchtet hat. Bei derartigen Frachtgütern fehlt ein jedem Beteiligten zugänglicher Nachweis der tatsächlich erfolgten Verfrachtung. N u r nachweislich verschiffte Güter sollen vergütungsberechtigt sein. Es genügt für die Vergütungsberechtigung, wenn die Frachtgüter in einer der genannten Urkunden verzeichnet sind. So genügt es, wenn die Güter im Ladungsverzeichnis genannt sind. Daß eine Nennung im Frachtbrief oder Ladeschein unterblieben ist, ist unschädlich. Die nicht verzeichneten Güter sind aber nach § 723 Abs. 3 H G B beitragspflichtig, wenn sie gerettet werden. § 85 Abs. 3 gilt nicht für den Hafenverkehr, weil dort in aller Regel keine besonderen Urkunden über den Transport der Güter ausgestellt werden. O b der Frachtführer eine Vergütung für entgangene Fracht nach §715 H G B erhalten kann, bestimmt sich danach, ob die Güter in den obengenannten Urkunden aufgeführt sind. Ist das nicht der Fall, entfällt auch ein Vergütungsanspruch für die entgangene Fracht. Unter § 85 Abs. 2 N r . 1 fällt weder die persönliche H a b e der Schiffsbesatzung noch das Gepäck der Reisenden, wie § 723 Abs. 1 H G B ausdrücklich bestimmt. Die persönliche Habe der Schiffsbesatzung und das Reisegepäck sind aber nach § 723 Abs. 2 H G B vergütungsberechtigt. b) Kostbarkeiten, Gelder und Wertpapiere, die dem Frachtführer nicht be- 8 zeichnet sind, bleiben bei der Schadensberechnung im Falles des Verlustes oder der Beschädigung außer Betracht, weil sie besonderen Gefahren ausgesetzt sind. Der Frachtführer ist nur aufgrund einer gehörigen Deklaration in der Lage, die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen, um ein im Verhältnis zur Ladung übermäßiges Risiko zu tragen. Als gehörige Bezeichnung im Sinne des § 85 Abs. 2 N r . 2 genügt die Angabe der Art und des Wertes der Kunstgegenstände, Kostbarkeiten, Gelder und Wertpapiere. Sind die Kostbarkeiten zu niedrig deklariert, nehmen sie nur mit dem geringeren Wert an der Vergütung teil. Sie sind aber mit ihrem wirklichen Wert beitragspflichtig 2 . Unterbleibt eine gehörige Deklaration, sind die Kostbarkeiten etc. nicht vergütungsberechtigt. 2 Vgl. dazu Rule X I X Abs. 2 Y A R .
451
§85
5. Abschnitt. Haverei
Kostbarkeiten, Gelder und Wertpapiere sind nach § 723 Abs. 3 H G B beitragspflichtig, wenn sie gerettet werden. Gehören diese Güter dem Schiffsführer, ist eine besondere Deklaration nicht erforderlich, da der Schiffsführer keine Erklärung gegen sich selbst vornehmen muß. Er muß dann aber den Nachweis der Beschädigung oder des Verlustes führen. Die Deklaration nach Art und Wert hat im Rechtsstreit keine Beweiskraft. Im Streitfall muß der Geschädigte seinen Anspruch voll beweisen. 9
c) Die im Seerecht (§ 708 N r . 1 HGB) geltende weitere Ausnahme, daß nicht unter Deck geladene Güter von der Schadensberechnung ausgenommen sind, hat das Binnenschiffahrtsrecht nicht übernommen, weil eine solche Verladungsart in der Binnenschiffahrt üblich ist und bei Decksladungen keine den Gefahren der Seeschiffahrt vergleichbaren Gefahren drohen. Sturm und Seegang spielen in der Binnenschiffahrt keine wichtige Rolle.
10
a) Nach § 709 H G B soll der an dem Schiff und dem Zubehör entstandene, zur großen Haverei gehörige Schaden durch Sachverständige ermittelt und abgeschätzt werden. Das Gesetz verlangt also eine konkrete Schadensermittlung und Schätzung. Der Schiffsführer kann die Schäden nicht einfach durch Reparaturrechnungen belegen oder durch Handwerker ermitteln lassen. Durch die gesetzlich bestimmte Art der Schadensfeststellung will das Gesetz verhindern, daß Schäden, die mit dem Havereifall nichts zu tun haben, in die Schadensfeststellung eingehen, unnötige Arbeiten ausgeführt werden oder eine unzulässige Schadensausweitung erfolgt.
11
b) In welcher Weise der Sachverständige zur Ermittlung oder Abschätzung des Schadens vorgeht, schreibt das Gesetz in § 709 H G B nicht vor. Das Verfahren ist dem pflichtgemäßen Ermessen des Schiffsführers und des Sachverständigen überlassen. Handelt es sich um geringfügige oder untergeordnete Schäden, deren genauere Feststellung durch einen Sachverständigen mit erheblichen Kosten verbunden wäre, wenn z. B. ein Schiff auf Helling genommen werden müßte, um geringfügige Schleifspuren am Schiffsboden zu dokumentieren und zu bewerten, sollte der Schiffsführer die Ladungsbeteiligten befragen, ob man sich zur Vermeidung unangemessener Sachverständigenkosten auf einen bestimmten Betrag für die Schäden einigen kann, die man dann gelegentlich beheben sollte. Ist auch ein Versicherer beteiligt, ist auch dessen Einverständnis einzuholen, da an sich § 74 ADS die Feststellung von Teilschäden durch Sachverständige vorsieht und bei Zuwiderhandlungen der Versicherungsschutz entfällt.
12
c) Die Auswahl des Sachverständigen hat der Schiffsführer vorzunehmen, der dazu die Ladungsbeteiligten nicht hören muß. Das Gesetz schreibt nicht vor, daß der Sachverständige amtlich bestellt oder gerichtlich beeidet sein muß, da eine entsprechende Anwendung des §61 Abs. 1
3. D i e E r m i t t l u n g des Schadens a m Schiff
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Schadensberechnung
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oder des § 164 F G G nicht vorgesehen ist. In der Praxis werden stets die von der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r allgemein beeideten Sachverständigen hinzugezogen, die im „ W E S K A " näher nach Sachgebiet und Anschrift bezeichnet sind. Diese Sachverständigen haben für die Beurteilung von Schiffsschäden besondere Sachkenntnisse, sodaß Einwendungen gegen die Geeignetheit ihrer Taxen nicht zu besorgen sind. Bei sonstigen Sachverständigen, die mit der Schiffahrt weniger vertraut sind, muß mit detaillierten Einwendungen der schiffahrtskundigen Beteiligten gerechnet werden. d) D e r vom Schiffsführer beauftragte S a c h v e r s t ä n d i g e hat die Schäden am 1 3 Schiff und am Zubehör zu ermitteln und zu schätzen. E r hat eine T a x e aufzustellen, die die erforderlichen Ausbesserungskosten veranschlagen muß (§ 709 A b s . 1 Satz 2 H G B ) . D i e einzelnen Arbeiten sind näher aufzuschlüsseln und in nachvollziehbarer Weise darzustellen. Hierbei müssen Schäden, die auf früheren Frachtreisen (Altschäden), aus besonderer Haverei oder durch normale Abnutzung entstanden sind, besonders vermerkt werden; denn nur die zur großen Haverei gehörenden Schäden k o m m e n zur Verteilung. Ferner ist in der Taxe der Wert alter Teile mit anzugeben, wenn ein E r s a t z alter Teile durch neue Teile erfolgt, damit ein A b z u g „ n e u für alt" gemacht werden kann. e) D i e T a x e bezieht sich auf die Schäden am Schiff und am Zubehör. Z u m 1 4 Schiff gehört das S c h i f f s k a s k o einschließlich aller Aufbauten und Einrichtungen wie Motoren, Maschinen, Radargeräte, Ruderanlagen und Tankanlagen. Alle den wirtschaftlichen Zwecken des Schiffes dienenden beweglichen Sachen wie A n ker, Trossen, Beiboote, Einrichtungsgegenstände der Schiffsführer- und Matrosenwohnung stellen Zubehör dar. D i e A u f w e n d u n g e n zur H e b u n g eines gesunkenen Schiffes stellen keine A u s besserungskosten dar 3 . Diese Kosten sind aber zu vergüten, wenn es sich u m
Maßnahmen der großen Haverei handelt.
f) Eine B e r i c h t i g u n g oder V e r v o l l s t ä n d i g u n g der T a x e ist möglich. 15 A u f Einwendungen eines Beteiligten hin oder aufgrund eigener neuer Erkenntnisse kann die Schadenstaxe vom Sachverständigen nach freiem Ermessen berichtigt werden, wenn er die Ü b e r z e u g u n g gewinnt, daß die bisherige Beurteilung nicht objektiv richtigen Maßstäben entspricht oder Kosten irrtümlich übersehen worden sind. D i e Taxe ist kein Formalakt. A u c h eine Vervollständigung der Taxe kann in Frage k o m m e n , wenn sich bei Vornahme der Ausbesserungsarbeiten weitere Schäden herausstellen. N a c h der Lebenserfahrung lassen sich bei einer äußeren Besichtigung nicht alle Schäden lückenlos feststellen. E s können v e r b o r g e n e S c h ä d e n vorhanden sein, z. B. Haarrisse, die erst bei den späteren Ausbesserungsarbeiten optisch wahrnehmbar werden.
3 RG, JW 1909, 467 Nr. 38. 453
§85
5. Abschnitt. Haverei
16
g) D i e S c h a d e n s t a x e ist an sich für die Beteiligten nicht verbindlich. I m Streitfall m u ß das G e r i c h t entscheiden, o b ein Schaden zur großen Haverei gehört oder nicht. D i e Schadenstaxe bindet die Beteiligten nur, wenn eine k o n t r a d i k t o r i s c h e S c h a d e n s t a x e vorliegt, d. h. wenn die Experten aller Beteiligten eine Einigung, sei es über die U r s a c h e n und/oder über die H ö h e der Schäden erzielt haben. Das wird von den Experten üblicherweise in einem Vermerk auf der Taxe z u m Ausdruck gebracht. A u c h etwaige Vorbehalte pflegen die Experten auf der Taxe zu vermerken. Eine kontradiktorisch erzielte Einigung der Experten müssen die Beteiligten gegen sich gelten lassen 4 .
17
h ) U n t e r b l e i b t die Ermittlung und Schätzung von Schäden an Schiff und Z u behör, entfällt der Vergütungsanspruch für diese Schäden. Auch wenn das Schiff tatsächlich einen Schaden erlitten hatte und repariert worden ist, k ö n n e n die Reparaturkosten nicht in die Dispache aufgenommen werden, selbst wenn über die Reparatur R e c h n u n g e n vorliegen. Ein nicht durch eine S c h a d e n s t a x e belegter Schaden am Schiff und am Z u b e h ö r kann grundsätzlich nicht in die Dispache aufgenommen werden. D e r Schiffsführer geht aller A n s p r ü c h e verlustig, wenn er keine Taxe aufstellen läßt; denn es sollen durch die Taxe Unsicherheiten der Schadensfeststellung und M i ß b r ä u c h e aller A r t vermieden werden. E s m u ß in jeder Hinsicht Klarheit über den Schaden bestehen.
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i) D a s G e s e t z schreibt in § 709 H G B nicht vor, wann der Schiffsführer den Schaden ermitteln und schätzen lassen m u ß . Insbesondere ist nicht vorgeschrieben, daß der Schiffsführer sofort nach dem Fall der großen Haverei die Taxe erstellen lassen m u ß . Soll die Ausbesserung der Schäden allerdings vor dem Erreichen des Bestimmungshafens erfolgen, m u ß die Taxe am O r t der Ausbesserung erfolgen, da die Taxe v o r D u r c h f ü h r u n g der Ausbesserungsarbeiten zu erfolgen hat. In der Praxis werden die Experten zu dem auf der Werft liegenden Schiff gerufen, ehe dort mit den erforderlichen Arbeiten begonnen wird. D i e Experten haben dann Gelegenheit, das Schiff in einem unreparierten Zustand zu überprüfen und die Schäden durch F o t o s festzuhalten. Selbst wenn der Schiffsführer einen N o t h a f e n angelaufen hat (§ 85 N r . 5), ist er nicht verpflichtet, dort die Schäden ermitteln und taxieren zu lassen, wenn dort keine abschließende Reparatur erfolgt. N a c h freiem Ermessen kann der Schiffsführer damit bis z u m Eintreffen im Bestimmungshafen warten. Letztlich ist die Taxe dort aufzustellen, w o die Reise des Schiffes endet, also im Bestimmungshafen.
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j) F ü r die Fälle der Schadensbehebung w ä h r e n d der Reise enthält § 7 0 9 A b s . 1 Satz 3 H G B eine Sonderregelung. In diesen Fällen sind bei der Havarieverteilung nur die tatsächlich aufgewandten, nicht aber etwaige in der Taxe festgestellte höhere K o s t e n maßgebend. D i e die tatsächlichen Reparaturkosten übersteigenden geschätzten K o s t e n bleiben unberücksichtigt. Hingegen sind bei 4 O L G Hamburg, VersR 1960, 128.
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Schadensberechnung
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einer Taxe am Bestimmungsort die dort festgestellten Kosten allein ausschlaggebend (§ 709 Abs. 2 HGB). Die tatsächlich aufgewandten Kosten lt. Rechnung mögen höher oder niedriger sein als die Schätzung. In beiden Fällen bleiben sie für die Havereiverteilung außer Ansatz. Das gilt auch, wenn das Schiff nicht ausgebessert wird. Es genügt die abstrakte Schadensschätzung. Nach dem Ende der Frachtreise haben die übrigen Havariebeteiligten kein Interesse mehr an der Ausbesserung des Schiffes. k) War die Aufnahme einer Taxe durch einen Sachverständigen nicht möglich, 2 0 so ist nach § 709 Abs. 1 Satz 4 H G B der auf die erforderlichen Ausbesserungen aufgewandte Betrag in die Dispache aufzunehmen. In der Binnenschiffahrt wird es kaum vorkommen, daß bei einer erforderlichen Reparatur keine Taxe aufgemacht werden kann. Für derartige Umstände ist der Schiffsführer bzw. der Schiffseigner beweispflichtig. 4. D i e V e r g ü t u n g f ü r das Schiff u n d das Z u b e h ö r a) Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts, daß 21 der Geschädigte durch die Schadensberechnung keine Bereicherung erfahren soll. Insbesondere darf nicht durch den Einbau neuer Teile anstelle von verbrauchten oder abgenutzten Teilen eine Wertsteigerung des Schiffs gegenüber dem früheren Zustand erfolgen. Wie in allen anderen Schadensfällen müssen Abzüge „neu für alt" gemacht werden, um die Wertverbesserung zu kompensieren. Diesen Vorteilsausgleich sieht das Seerecht in § 710 H G B ausdrücklich vor. Nach dieser Vorschrift soll vermieden werden, daß jemand durch die Beschädigung seines Schiffes einen Vorteil gegenüber den übrigen Havereibeteiligten erlangt. Da die Feststellung, in welchem Umfang durch die Reparatur eine Verbesserung des Schiffes nebst Zubehör eintritt, schwierig und zeitraubend ist, hat das Gesetz in §710 H G B starre Richtlinien geschaffen 5 . Es erscheint aber zweifelhaft, ob eine andere Regelung zu besseren Ergebnissen führt. Mit §710 H G B kann die Schiffahrt leben. §710 H G B ist dispositiver Natur. Die Havereibeteiligten können einen abweichenden Beurteilungsmaßstab vereinbaren. Für den Bereich der Seeschiffahrt gilt Rule XIII YAR, wonach für Schiffe, die keine 15 Jahre alt sind, kein Abzug gemacht wird. b) Der nach Maßgabe des § 709 H G B zu ermittelnde volle Betrag der Ausbes- 2 2 serungskosten bestimmt nach §710 Abs. 1 H G B die zu leistende Vergütung, wenn das Schiff zur Zeit der Beschädigung noch nicht ein Jahr als war, also wenn es sich um ein neues Schiff handelt. Dasselbe gilt nach §710 Abs. 2 H G B für einzelne Teile des Schiffes, namentlich für die Metallhaut, sowie für das Zubehör, soweit es noch nicht ein Jahr in Gebrauch war. O b das Herstellungsalter höher ist, ist unerheblich. Es kommt auf die Gebrauchszeit an. 5 Prüßmann-Rabe, SHR, §710 Anm. A nehmen an, daß die Regelung des §710 H G B nicht mehr dem Stand der Technik entspricht. 455
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5. Abschnitt. Haverei
Das Gesetz verlangt für die Altersbestimmung keinen fortlaufenden Gebrauch. Für die Altersbestimmung des Schiffes ist an den Zeitpunkt des Stapellaufs anzuknüpfen. Bei Schiffsteilen ist der Zeitpunkt der ersten Gebrauchnahme maßgebend. 23
c) In den übrigen Fällen wird nach § 710 Abs. 3 H G B von dem vollen Betrag der Anschaffungs- oder Ausbesserungskosten ein A b z u g „neu für alt" in H ö h e von Vi, bei den Ankerketten jedoch nur in H ö h e von % gemacht. Bei den Ankern wird nichts abgezogen. Entsprechend dem Wortlaut des §710 Abs. 3 H G B werden entsprechende Abzüge auch bei den durch die Ausbesserung des Schiffes entstehenden Vorbereitungs- und Nebenkosten gemacht. Darunter fallen die Schlepp- oder F a h r t kosten zur Werft, Slipkosten bei der Aufhellingnahme sowie sonstige Aufwendungen. In der Binnenschiffahrt besteht die Übung, daß nur bei einer Erneuerung von Schiffsteilen oder Zubehör Abzüge gemacht bzw. hingenommen werden. Bei sonstigen Ausbesserungen und den zugehörigen Nebenkosten wird hingegen kein A b z u g vorgenommen, da in solchen Fällen regelmäßig keine Verbesserung gegenüber dem früheren Zustand erfolgt und mithin der Gesichtspunkt der Bereicherung außer Betracht zu lassen ist.
24
d) Nach §710 Abs. 4 H G B ist von dem vollen Betrag der Erlös oder Wert alter Stücke, die durch neue ersetzt werden oder zu ersetzen sind, abzusetzen. Der Erlös oder Wert des alten Materials hat mit der Ermittlung des Schadens nichts zu tun, sondern dient nur dazu, einen Teil der Vergütungsberechtigung abzutragen. Abzuziehen ist der Verkaufspreis. Ist das alte Teil noch nicht veräußert, so ist der Restwert des alten Teils zu schätzen und dieser Schätzwert abzusetzen. Bei einem gleichzeitigen Abzug „neu für alt" ist nach §710 Abs. 5 H G B zunächst der Abzug von lA und von der danach verbleibenden Summe ist sodann der Erlös oder der Schätzwert der alten Teile abzuziehen.
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e) Die gesetzliche Regelung des § 710 H G B hat abschließende Bedeutung. Es ist den Beteiligten die Einwendung versagt, der Unterschied zwischen neu und alt sei im Einzelfalle geringer oder höher zu bemessen. Dagegen können die Beteiligten in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Individualvereinbarungen bestimmen, daß eine anderweitige Festsetzung der Abzüge oder sogar ein Ausschluß von Abzügen erfolgen soll. Denn §710 H G B ist dispositiver Natur. Selbstverständlich sind derartige Vereinbarungen nur wirksam, wenn sie zwischen allen Haveriebeteiligten verbindlich sind 6 . Namentlich in Verfrachtungsbedingungen werden zu Gunsten der Schiffseigner abweichende Bestimmungen getroffen, weil die A b z ü g e f ü r Schiff und Zubehör nach §710 Abs. 3 H G B angesichts der modernen und leistungsfähigen Schiffe zu hoch sind. Auch tritt 6 R G J W 1917, 292 N r . 5.
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eine Wertverbesserung in Form einer Werterhöhung in der Regel nur beim Ersatz von Zubehör durch Neuteile und bei umfangreichem Ersatz von altem Zubehör ein. Auch die laufenden Preiserhöhungen müssen in Rechnung gestellt werden, sodaß die Binnenschiffahrt berechtigten Anlaß hat, in ihren Transportund Verladebedingungen von § 7 1 0 H G B abweichende Regeln aufzustellen. Durch derartige Bedingungen kann flexibel auf die jeweilige Kostensituation reagiert werden, sodaß es kaum notwendig sein dürfte, in dieser Frage einen Handlungsbedarf des Gesetzgebers anzunehmen.
5. Die Vergütung für aufgeopferte Güter a) Die Grundlage für die Vergütung aufgeopferter Güter findet sich in § 711 2 6 HGB. Was unter Güter im Sinne des § 711 H G B zu verstehen ist, ist umstritten. Nach h. L . 7 sollen unter den Begriff „Güter" alle auf dem Schiff beförderten Sachen mit Ausnahme der Schiffsteile, des Schiffszubehörs, des Proviants, der persönlichen Habe der Schiffsbesatzung und des Gepäcks der Reisenden gehören. Insbesondere werden auch die Kohlen- und Brennstoffvorräte eines Schiffs unter den Begriff „Güter" eingeordnet. Gegen diese Ansicht haben PrüßmannRabe8, mit Recht eingewandt, daß das H G B an vielen Stellen (§§ 562-566, 606, 611, 612, 614-620, 623, 626-629, 633, 643 N r . 8, 645, 648-659, 662 Nr. 2, 3) nur die aufgrund eines Frachtvertrages beförderten Gegenstände als „Güter" versteht und kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, daß die §§711 ff H G B von einem anderen Begriff ausgehen. Hinzu kommt die Erwägung, daß das Gesetz die rechtliche Gleichbehandlung anderer Gegenstände mit „Gütern" z. B. in den §§ 673, 723 H G B ausdrücklich anordnet. Mit Recht wird ferner geltend gemacht, daß auch § 7 1 8 H G B durch die Unterordnung des Begriffs „Güter" unter den Begriff „Ladung" zeigt, daß das Havereirecht den frachtrechtlichen Güterbegriff verwendet. Auch paßt der Ersatz des tatsächlichen Interesses nach dem Ankunftswert nicht auf Schiffsvorräte aller Art. Unter diesen Umständen muß die in der Vorauflage an dieser Stelle vertretene Gegenmeinung aufgegeben werden. Gegen die h. M. ist daher anzunehmen, daß der frachtrechtliche Güterbegriff in § 711 H G B gemeint ist, also nur Gegenstände, die aufgrund eines Frachtvertrages von dem Schiff befördert werden, unter diesen Begriff zu subsummieren sind. Alle sonstigen Gegenstände sind nicht nach der Regelung des § 711 H G B zu bewerten. O b die Güter einem Ladungsbeteiligten oder einem Dritten gehören, ist unerheblich. b) Die Güter müssen aufgeopfert sein. Es ist ein vollständiger Verlust erfor- 2 7 derlich. Eine bloße Beschädigung der Güter reicht nicht aus. 7 Vgl. Schaps-Abraham §711 Anm. 1; Schlegelberger, HGB, §711. 8 SHR, §711, Anm. B. 457
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5. Abschnitt. Haverei
Nach § 8 5 Abs. 2 bleiben bei der Havereiverteilung die dort genannten aufgeopferten Güter außer Betracht. 28 c) § 711 Abs. 4 H G B ist im Binnenschiffahrtsrecht unanwendbar, da dem Schiffsführer anders als dem Kapitän nach dem Seerecht kein Recht z u m Verkauf der Güter zusteht. Es besteht zu einem solchen Verkauf auch kein rechtlicher Anlaß, da zur Deckung der großen Haverei kein Verkauf von Frachtgütern erforderllich ist. Die Reiseinteressenten sind ohne Schwierigkeiten sofort erreichbar. 29
d) Nach § 711 Abs. 1 H G B wird die Vergütung für aufgeopferte Güter durch den Marktpreis bestimmt, den die Güter derselben Art und Beschaffenheit am Bestimmungsort bei dem Beginn der Löschung des Schiffes haben. Hat sich für die Güter kein Marktpreis gebildet oder handelt es sich um Einzelstücke, m u ß ein Sachverständiger den Preis ermitteln (§ 711 Abs. 2 H G B ) . Dasselbe gilt, wenn die Beschaffenheit der Güter zu Zweifeln Anlaß gibt. Denn es kann der Wert der Güter aufgrund ihrer tatsächlichen Beschaffenheit im Einzelfalle geringer sein als der M a r k t w e r t .
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e) Von dem Marktpreis der geopfertenGüter bzw. dem durch Sachständige ermittelten Preis der Güter sind die ersparte Fracht, Zölle und Kosten abzuziehen ( § 7 1 1 Abs. 3 H G B ) . Das Gesetz geht bei dieser Vorschrift davon aus, daß der Geschädigte derartige A u f w e n d u n g e n am Bestimmungsort hätte machen müssen, um den M a r k t preis zu erzielen. Ein A b z u g findet aber nur insoweit statt, als tatsächlich eine solche Ersparnis vorliegt. War also z. B. vereinbart, daß der Empfänger im Falle des Verlustes gleichwohl die Fracht zu zahlen habe oder eine vorausbezahlte Fracht nicht zu erstatten ist, so tritt durch die Aufopferung der Güter keine Ersparnis ein. In Ermangelung besonderer Vereinbarungen hat der Frachtführer nach § 6 4 bei einem Verlust der Güter Anspruch auf die Distanzfracht ( § 6 4 ) . Bei der großen Haverei kann daher im Binnenschiffahrtsrecht nur der Unterschiedsbetrag zwischen der vereinbarten (Fest-)Fracht und der Distanzfracht geltend gemacht werden. Zu den regelmäßig ersparten Zöllen und Kosten gehören Schleusengebühren, da diese bei einer geringeren Ladung niedriger bemessen werden, die Kosten der Löschung und Lagerung der Güter, Schlepp- und Bugsierlöhne, Hafen- und Ufergelder sowie Einfuhrzölle.
31
f ) Die Vergütungsansprüche im Rahmen des Ausgleichs sind nicht zu verzinsen, da hierfür eine gesetzliche Grundlage fehlt 9 . Wird die Aufstellung der Dispache vom Schiffsführer schuldhaft verzögert, können die Havereibeteiligten von ihm aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der 9 Ebenso Prüßmann-Rabe, Anm. 4. 458
SHR, §711 Anm. D 2i; a. A. Schaps-Abraham,
§711 HGB
Schadensberechnung
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positiven Vertragsverletzung Zinsen verlangen. Der Schiffsführer verletzt schuldhaft seine Sachwalterpflichten, wenn er die Aufstellung der Dispache verzögert, z. B. durch verspätete Bestellung eines Experten. Auch Verzögerungen durch den Dispacheur können eine Zinspflicht aus Verzug auslösen. Nach Rule X X I Y A R sind 7% Zinsen auf Aufwendungen, Opfer und Vergütungen bis zum Datum der Dispache zu vergüten.
6. Die Vergütung für beschädigte Güter a) Auf Güter 1 0 , die bei dem Havereifall beschädigt werden, ist nach § 712 3 2 H G B auch § 711 H G B anwendbar. Der Vergütung ist der Marktpreis oder gemeine Handelswert am Bestimmungsort im Zeitpunkte der Entlöschung zugrunde zu legen (§ 711 H G B ) . Von diesem durch Sachverständige ermittelten Preis oder Wert ist der Verkaufspreis der Güter im beschädigten Zustande abzuziehen. b) Der Verkaufwert ist durch Sachverständige zu ermitteln. Es kommt also 3 3 nicht auf den tatsächlich erzielten Verkaufspreis an, sondern auf den von dem Sachverständigen festzustellenden gemeinen Verkaufswert. Dieser kann höher oder tiefer sein, als der tatsächlich erzielte Verkaufspreis. c) Von dem Marktpreis oder dem gemeinen Handelswert in unbeschädigtem 3 4 Zustande sind die infolge der Beschädigung ersparten Zölle und Kosten abzuziehen. Im Gegensatz zu der Regelung des § 711 H G B ist ein A b z u g der Fracht nicht vorzunehmen, weil nach den Vereinbarungen, aber auch nach dem Gesetz für beschädigte Güter regelmäßig die volle Fracht zu zahlen ist 11 . d) Als Beschädigung der Güter in vorstehendem Sinne kommt jede Wertmin- 3 5 d e r u n g in Frage, die auf einer stofflichen Änderung oder Minderung beruht. Bei der Beschädigung eines Teils der Ladung ist nur dieser Teil, nicht aber die ganze Ladung als beschädigt anzusehen, wenn die verschiedenen Teile nicht zusammengehören, sondern nach der Verkehrsanschauung als selbständige Sachen anzusehen sind, auch wenn die Ladung frachtrechtlich eine Einheit bildet. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn Teile einer einheitlichen Sache beschädigt werden. In diesem Falle ist die Sache selbst beschädigt.
7. A b z u g sonstiger Wertminderungen und Verluste a) Nach § 713 H G B sind die vor, bei oder nach dem Havereifall entstandenen, 3 6 zur großen Haverei nicht gehörenden Wertverminderungen und Verluste bei der Berechnung der Vergütung nach §§711, 712 H G B in Abzug zu bringen. Das Gesetz will vermeiden, daß die Vergütung durch Schäden, die auch ohne die Opfer der großen Haverei eingetreten wären, beeinflußt wird. Eine unge10 Zum Begriff vgl. § 8 5 Rdn. 26. 11 Vgl. §§63, 65.
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5. Abschnitt. Haverei
rechtfertigte Bereicherung der vergütungsberechtigten Ladungsinteressenten soll vermieden werden. Ohne die Einschränkung des §713 H G B würde ein geschädigter Ladungsinteressent eine höhere Vergütung erhalten, als ihm nach Maßgabe seines Opfers gebührt. Er würde auf Kosten der anderen Havereibeteiligten unangemessen begünstigt. Das will das Gesetz ausschließen. 37
b) Als Abzüge kommen im Rahmen des § 713 H G B unvermeidliche Wertminderungen in Frage. Dabei ist auf die Ursache, nicht auf den Zeitpunkt der Wertminderung abzustellen, sodaß der Zeitpunkt nach der Beendigung der Havariegemeinschaft liegt. Unter Abzügen im Sinne des § 713 H G B fallen Wertminderungen, die auf die natürlichen Eigenschaften der Güter zurückzuführen sind, wie z. B. Schwund und Feuchtigkeit bei Getreide. Abzüge sind nach §713 H G B auch dann vorzunehmen, wenn es sich um Verlust und Wertminderungen handelt, die bereits vor der großen Haverei vorhanden waren oder nachher unvermeidlich entstehen mußten, wie z. B. wenn empfindliche Güter so naß geworden sind, daß sie auch ohne die Maßnahmen der großen Haverei bis zum Eintreffen am Bestimmungsort verdorben wären. Soweit es sich um eine Beschädigung oder Wertminderung durch eine spätere besondere Haverei handelt, ist §81 anwendbar, wonach ein von der großen Haverei unabhängiger Unfall den Anspruch auf Vergütung insoweit aufhebt, als er auch den Schaden der großen Haverei nach sich gezogen haben würde, wenn dieser nicht bereits entstanden wäre. § 81 geht § 85 i. V. m. § 713 H G B vor.
38
c) Auch bei aufgeopferten, vollständig verlorenen Gütern sind ebenfalls alle Wertverminderungen und Verluste, die vor oder bei dem Havereifall entstehen, aber nicht zur großen Haverei gehören, bei der Berechnung der Vergütung in Abzug zu bringen. Es wird aber hier durch eine besondere Haverei die Vergütung nicht gemindert, die aufgeopferte Güter bei Fortsetzung der Reise getroffen hätte, wären sie noch an Bord gewesen. Das folgt aus § 81, wonach eine spätere Haverei nur auf die Vergütungsberechtigung beschädigter Frachtgüter von Einfluß ist12. Eine Vergütung erfolgt jedoch nicht, wenn die aufgeopferten Güter bereits vor der Rettungsmaßnahme vollständig durchnäßt und daher am Bestimmungsort verdorben und deshalb völlig wertlos angekommen wären.
8. B e e n d i g u n g der Reise v o r dem Erreichen des Bestimmungshafens 39 a) §714 H G B ist nur für den Vergütungsanspruch der Ladung von Bedeutung. Die Ermittlung der Schäden am Schiff sind nach § 709 HGB stets am Ort des Reiseendes vorzunehmen, es sei denn, eine Reparatur des Schiffes sei während der Reise erfolgt. 12 R G Z 25, 101.
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b) Nach den §§711, 712 H G B wird die V e r g ü t u n g f ü r beschädigte oder 4 0 verlorene G ü t e r nach dem Wert am Bestimmungsort berechnet, weil dort die Gefahrengemeinschaft der an der großen Haverei beteiligten Interessenten endet. Dort erfolgt regelmäßig die Löschung der Ladung, die Trennung von Schiff und Ladung. N u r bei einem normalen Reiseverlauf endet die Reise am Bestimmungsort. Im Havereifall oder unter sonstigen Umständen kann die Reise in einem N o t - oder Zwischenhafen enden, wo die Frachtgüter entladen werden. Das Reiseende kann auch in einem sonstigen Hafen, sogar im Abgangshafen sein, wenn das Schiff dorthin zurückkehrt. Wie der Weitertransport der Frachtgüter von einem solchen Hafen aus erfolgt, ist für die Bestimmung der Vergütung ohne Bedeutung. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Weitertransport durch ein anderes Schiff des Frachtführers erfolgt und die Personen des Frachtvertrages identisch mit jenen des ursprünglichen Frachtvertrages sind. Abzustellen ist lediglich darauf, ob eine Trennung der Ladung von dem Schiff erfolgt ist, auf dem die große Haverei eingetreten ist. Eine vorzeitige Beendigung der Reise tritt auch ein, wenn das Schiff und/oder die Ladung vollständig verlorengehen oder so beschädigt werden, daß eine Weiterbeförderung ausgeschlossen oder eine U m l a d u n g erforderlich wird. In solchen Fällen soll nach §714 H G B nicht der Ablieferungsort für die Ermittlung der Vergütung maßgebend sein. An die Stelle des Bestimmungsortes tritt, wenn dieser O r t infolge des Schiffsverlustes nicht erreicht wird, der Ort, wohin die Ladung in Sicherheit gebracht worden ist, in anderen Fällen der Ort, an dem die Reise tatsächlich beendet worden ist 13 . c) Hatte das Schiff Ladung für verschiedene Bestimmungshäfen an Bord, ist 4 1 für jeden Ladungsteil der im F r a c h t v e r t r a g vereinbarte Bestimmungshafen für die Ermittlung der Vergütung maßgebend. D a alle Frachtgüter beitragspflichtig sind, kann eine Dispache erst am letzten Bestimmungsort aufgestellt werden. Dort ist für das Schiff ein einheitlicher Wert festzustellen. Für die Teilladungen sind die Werte der verschiedenen Bestimmungshäfen maßgebend.
9. Die Vergütung für entgangene Fracht a) Infolge der Aufopferung von Gütern in großer Haverei wird die Fracht- 4 2 einnähme des Frachtführers geschmälert. Er erhält nach § 64 nur die Distanzfracht. Dieser Verlust des Frachtführers ist von allen Havereibeteiligten gemeinsam zu tragen. Hieran ändert nichts, daß im Binnenschiffahrtsrecht nach § 78 Abs. 2 die Fracht als solche nicht beitragspflichtig ist, da die Schäden und Kosten der großen Haverei anders als im Seerecht nur vom Schiff und der Ladung getragen werden. Das Fehlen der Beitragspflicht der Fracht hat keinen Einfluß auf die Vergütungsberechtigung für die entgangenen Frachteinnahmen. 13 Zur Berechnung des Marktwertes, wenn die Ladung zur Verwertung weiterbefördert werden muß vgl. R G Z 147, 58.
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5. Abschnitt. Haverei
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b) N a c h § 715 H G B wird die Vergütung für die entgangene Fracht durch die Differenz zwischen der vereinbarten B r u t t o f r a c h t und der D i s t a n z f r a c h t (§ 64) bestimmt, die der Frachtführer tatsächlich deshalb erhält, weil die Reise vor dem Erreichen des Bestimmungshafens endet. Erfolgt die Weiterbeförderung durch einen U n t e r f r a c h t f ü h r e r , z. B . nach dem U m s c h l a g der Ladung in ein anderes Schiff, ist die U n t e r f r a c h t für die B e s t i m m u n g der D i f f e r e n z maßgebend.
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c) H a t der Schiffsführer durch die Beförderung anderer G ü t e r anstelle der aufgeopferten G ü t e r Frachteinnahmen erzielt, sind diese E i n n a h m e n abzuziehen, da eine Bereicherung durch den Havereifall nicht eintreten darf.
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d) F a h r g e l d e r der Reisenden sind im Gegensatz zur Seeschiffahrt ( § 6 7 7 H G B ) der Fracht nicht gleichgestellt und bleiben bei der großen Haverei außer Ansatz.
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a) Abweichend von § 7 1 6 H G B , der nur entsprechend im Binnenschiffahrtsrecht anwendbar ist, wird die große Haverei nach § 78 A b s . 2 nur von Schiff und Ladung getragen. D i e F r a c h t nimmt an der Beitragspflicht nicht teil. Deshalb ist auch § 7 2 1 H G B nicht in § 8 5 Abs. 1 bezogen.
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b ) Als Passivmasse, die die große Haverei bildet, k o m m e n nicht nur die in den § § 7 1 0 - 7 1 5 H G B genannen O p f e r und Schäden in Frage, sondern auch Havereikosten ( § § 7 8 A b s . 1, 82, 84).
48
c) D e r gesamte Schaden ist nach § 716 H G B i. V. m. §§ 85, 78 A b s . 2 auf Schiff und Ladung zu verteilen. Was zu verteilen ist und in welcher Weise Schiff und Ladung beitragspflichtig sind, ist in den §§ 7 1 7 - 7 2 4 H G B näher bestimmt. H i e r durch wird die unbestimmte Regelung des Gesetzes, daß der Schaden nach dem Verhältnis des Wertes des Schiffes und der Ladung zu verteilen ist, konkretisiert. N u r das gerettete Schiff und die gerettete Ladung zuzüglich eventueller Vergütungsansprüche sind beitragspflichtig.
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d) B e i der Aufstellung der D i s p a c h e ist der Prozentsatz, der auf die Positionen der A k t i v m a s s e als Beitrag entfällt, zu ermitteln. D i e P a s s i v m a s s e ist durch die Aktivmasse zu teilen. Aufgrund dieser Division ergibt sich der Prozentsatz der B e i t r a g s p f l i c h t 1 4 .
50
e) D i e B e i t r a g s p f l i c h t und die V e r g ü t u n g s b e r e c h t i g u n g sind für das Schiff und die Ladung aufzustellen. E s erfolgt keine Aufstellung für die Beteiligten, den Absender und den Empfänger sowie für den Schiffsführer.
10. Die Verteilung des Schadens
N u r mittelbar ergibt sich aus den personalen Beziehungen zu Schiff und L a dung, welche Personen beitragspflichtig oder vergütungsberechtigt sind. Es bleibt den H a v e r e i b e t e i l i g t e n überlassen, gegenüber dem D i s p a c h e u r ihre Beziehungen zu Schiff und Ladung klarzustellen. D i e Einzelheiten der R e c h t s b e ziehungen der Beteiligten richten sich nach allgemeinem R e c h t . 14 Vgl. hierzu das Verteilungsbeispiel bei Prüßmann-Rabe, 462
SHR, §716 Anm. B.
Schadensberechnung
§85
11. Der Beitrag des Schiffes a) Die Vergütungsberechtigung eines Schiffes in großer Haverei ist in den 5 1 §§ 709, 711 H G B näher geregelt. Davon abweichend ist für die Beitragspflicht des Schiffes der Wert maßgebend, den der Zustand des Schiffes am Ende der Reise und nach vollständiger Löschung der Ladung hat. Das Gesetz stellt auf diesen Zeitpunkt ab, weil jetzt die Gefahrengemeinschaft endet. Es sollen eben nur die Werte beitragen, die der Gefahr ausgesetzt gewesen sind, aber gerettet wurden und bei der Trennung von Schiff und Ladung noch vorhanden sind. Maßgeblich ist die tatsächliche Beendigung der Reise, die durch die vollständige Trennung von Schiff und Ladung herbeigeführt wird. Bei bestimmungsmäßigem Verlauf der Reise erfolgt diese Trennung von Schiff und Ladung am Abliefer u n g s o r t . Bei mehreren Ablieferungsorten oder mehreren Löschhäfen muß der letzte Ablieferungsort entscheiden. Geht das Schiff bei dem Havereifall verloren, entfällt die Beitragspflicht. Geht das Schiff erst später verloren, entfällt nach § 704 H G B ebenfalls die Beitragspflicht. b) Das Schiff nebst Zubehör trägt mit seinem vollen Wert bei. 52 Maßgebend ist der Gebrauchswert, den das Schiff für den Eigner hat. Anders als für Schäden am Schiff ist für die Ermittlung des Schiffswertes die Zuziehung eines Sachverständigen nicht vorgeschrieben. Der Schiffswert kann vom Schiffsführer oder von dem beauftragten Dispacheur nach pflichtgemäßen Ermessen geschätzt werden. Die S c h ä t z u n g des Schiffes nebst Zubehör erfolgt unter Berücksichtigung des Alters und des Erhaltungszustandes, wobei der Versicherungswert einen Anhaltspunkt bietet, jedoch nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden kann. Die nach § 709 H G B für die Schäden am Schiff erstellte Taxe ist für die Schätzung des Schiffswertes nicht verbindlich. Nach §717 Abs. 2 H G B ist von dem Schätzwert der noch vorhandene Wert von Ausbesserungen und Anschaffungen abzuziehen, die erst nach dem Havereifall erfolgt sind. Dazu gehören auch die Kosten einer Notreparatur. Insoweit kommen nicht nur die auf eine besondere Haverei (§ 78 Abs. 3) zurückzuführenden Ausbesserungen und Anschaffungen in Frage, sondern das Gesetz gestattet den A b z u g aller Aufwendungen, auch wenn sie unmittelbar auf die große Haverei zurückzuführen sind; denn die nachträglichen Aufwendungen waren der Gefahr der großen Haverei nicht ausgesetzt und sind daher auch nicht beitragspflichtig. Der Wert der Anschaffungen muß am Ende der Reise noch vorhanden sein. Sind die Aufwendungen infolge eines anderweitigen Unfalls wertlos geworden, entfällt ein Abzug. c) Zum Schiffswert ist nach § 717 Abs. 1 N r . 2 H G B der nach den §§ 709, 710 5 3 H G B zu vergütende Schaden hinzuzurechnen. Insoweit ist die Schadenstaxe maßgebend. Es sind aber nicht die Kosten (§§ 78, 82, 84), sondern nur die Schäden zu berücksichtigen. d) Wurde das Schiff nach dem Havereifall mit Rücksicht auf einen späteren 5 4 463
§85
5. Abschnitt. Haverei
Unfall dinglich belastet, so sind diese Forderungen nach § 722 H G B von dem Schiffswert abzuziehen. Sind jedoch mit den Valuta Ausbesserungen und A n schaffungen vorgenommen worden, müssen diese Maßnahmen außer Betracht bleiben, weil sonst ein doppelter Abzug gemacht würde.
12. Der Beitrag der Ladung 55
a) Der Beitrag der Ladung bestimmt sich nach § 718 H G B ebenso wie für das Schiff und das Zubehör nach dem Wert „ a m Ende der Reise beim Beginn der Löschung". N u r die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen oder die bei Verlust des Schiffes in Sicherheit gebrachten Güter haben den Beitrag zu leisten, weil sich die Errettung aus der gemeinschaftlichen Gefahr auf diese Güter beschränkt hat. Güter, die nach dem Havereifall durch besondere Haverei vor dem Reiseende verlorengehen, sind nicht beitragspflichtig. Geht die gesamte Ladung vor dem Reiseende verloren, findet keine Havereiverteilung statt (§ 703 H G B ) .
56
b) Maßgebend für den Beitrag der L a d u n g ist wie in den Fällen der §§ 714, 717 H G B der O r t des tatsächlichen Reiseendes. Konkret stellt das Gesetz für den Beitrag der Ladung auf den Zeitpunkt des Beginns der Löschung ab, also auf den Zeitpunkt der Trennung der Ladung von dem Schiff. Ebenso wie im Falle des §717 H G B gilt der Grundsatz, daß bei der L ö s c h u n g v o n Teilpartien jeder Ort, an dem eine Teilpartie gelöscht worden ist, als O r t der Reisebeendigung anzusehen ist. Endet die Reise abrupt durch den Verlust des Schiffes, so sind die in diesem Zeitpunkt auf dem Schiff befindlichen und in Sicherheit verbrachten Güter beitragspflichtig. D a das Schiff in diesem Falle keine Beitragspflicht hat (§ 704 H G B ) , kann eine Havereiverteilung nur erfolgen, wenn mehrere Teilladungen von dem Havereifall betroffen worden sind. Unerheblich ist für die Beitragspflicht, ob die Güter im Frachtvertrag oder in den Frachtpapieren (Frachtbrief, Ladeschein) bezeichnet worden sind, da sich die Beitragspflicht unabhängig davon auf alle geretteten und vorhandenen Güter bezieht.
57
c) Die Beitragspflicht der L a d u n g zur großen Haverei nach § 718 H G B setzt voraus, daß sich die Güter zur Zeit des Havereifalles an Bord befunden haben, also zur Gefahrengemeinschaft von Schiff und Ladung gehört haben. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Güter aufgrund eines Frachtvertrages an Bord befunden haben 15 . Güter, die erst nach dem Havereifall oder nach Beseitigung der gemeinschaftlichen Gefahr an Bord gekommen sind, nehmen an der Beitragspflicht nicht teil, weil sie auch nicht zu der Gefahrengemeinschaft gehört haben. Güter, die sich zur Zeit des Havereifalles an Bord eines Leichterfahrzeugs befunden haben, sind in der Binnenschiffahrt nicht ohne weiteres beitragspflichtig; denn es kann in der Binnenschiffahrt „nicht, wie im Seerecht, angenommen werden, daß die in das Leichterfahrzeug übergeladenen Güter unter allen U m 15 R G Z 82, 417.
464
Schadensberechnung
§85
ständen das Schicksal des Schiffes (Hauptschiffes) und der in diesem verbliebenen L a d u n g teilen" 1 6 . N a c h § 85 A b s . 1 Satz 2 sind Güter, die sich zur Zeit des Havereifalles in einem Leichterfahrzeug befunden haben, nur unter der Voraussetzung beitragspflichtig, daß sie sich mit dem Schiff „in Gefahr befunden" haben. E s muß also für die auf dem Leichterfahrzeug befindlichen Güter die gleiche Gefahr wie für die auf dem Schiff verbliebenen Güter vorgelegen haben. d ) Entstehen nach der Trennung der Güter von dem Schiff Kosten, die zur 5 8 großen Haverei gehören, z. B. H a f e n g e b ü h r e n , so sind diese Kosten ohne weiteres zu verteilen. D i e Trennung der Güter v o m Schiff befreit nicht von der Pflicht, n a c h t r ä g l i c h e K o s t e n der großen Haverei mit zu tragen. e) A u f g e o p f e r t e G ü t e r sind mit dem nach § 7 1 1 H G B festzustellenden 5 9 Marktwert abzüglich von Fracht, Kosten und Zöllen beitragspflichtig (§718 N r . 2 H G B ) . D e n n die durch die A u f o p f e r u n g entstandenen Schäden werden nach § 711 H G B vergütet. N a c h dem G r u n d s a t z der Gefahrengemeinschaft werden alle Schäden gemeinsam von Schiff und L a d u n g getragen. D u r c h eine spätere besondere Haverei im weiteren Verlauf der Reise wird weder der Vergütungsanspruch der geopferten Güter aufgehoben, noch die Beitragspflicht in Frage gestellt. D u r c h eine spätere große Haverei sind die aufgeopferten Güter ebenfalls beitragspflichtig, weil die neuen O p f e r zur Erhaltung des Vergütungsanspruchs gebracht werden 1 7 .
13. Der Wert der beitragspflichtigen G ü t e r a) D i e beitragspflichtige L a d u n g teilt § 7 1 9 H G B in vier G r u p p e n ein und 6 0 bestimmt, wie die Beiträge zu ermitteln sind, welche Werte anzusetzen sind und welche A b z ü g e in Frage kommen. D a b e i soll der Wert nach § § 7 1 1 , 712 H G B ermittelt und eingesetzt werden. D i e Einteilung der Frachtgüter richtet sich danach, o b und in welcher Weise die Güter durch die Maßnahmen der großen Haverei betroffen sind. E s wird daher unterschieden nach unversehrten, während der Reise verdorbenen, aufgeopferten und beschädigten Gütern.
b) Für Güter, die unversehrt geblieben sind und den Bestimmungshafen 61 erreichen, ist nach § 719 N r . 1 H G B dieselbe Bewertung bestimmt, die nach § 711 H G B für aufgeopferte Güter gilt. Maßgebend ist der Marktpreis oder der durch Sachverständige zu ermittelnde Preis am Ende der Reise bei Beginn und am O r t der L ö s c h u n g des Schiffes, oder wenn die Reise durch den Verlust .des Schiffes endet, zur Zeit und am O r t der Bergung. Von diesem Preis sind nach der ausdrücklichen Regelung des Gesetzes die Fracht, die Zölle und sonstige Kosten abzuziehen. Werden die Güter nach ihrer Bergung weiterbefördert, sind die dafür entstandenen Kosten von der Fracht abzuziehen. 16 Begr. S. 111. 17 Ebenso Prüßmann-Rabe, SHR, §718 Anm. B; Zur Beitragspflicht geworfener und wieder geborgener Güter vgl. § 720 HGB. 465
§85
5. Abschnitt. Haverei
62
c) Für Güter, die während der Reise verdorben sind oder eine zur großen Haverei nicht gehörige Beschädigung erlitten haben, ist nach §719 N r . 2 H G B der durch Sachverständige nach §712 H G B zu ermittelnde Verkaufswert der Güter in beschädigtem Zustande am Bestimmungsort beim Beginn der Löschung des Schiffes maßgebend. Abzuziehen sind Fracht, Zölle und sonstige Kosten.
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d) Aufgeopferte Güter sind mit dem vollen Betrag der nach § 711 H G B bestimmten Vergütung beitragspflichtig (§719 Nr. 3 HGB). Der Unterschied zwischen der vereinbarten Fracht (Festfracht) und der Distanzfracht ist aber in der Binnenschiffahrt abzuziehen.
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e) Bei beschädigten Gütern, deren Beschädigung zur großen Haverei gehört, ist der durch Sachverständige zu ermittelnde Verkaufwert (§ 712 HGB), den die Güter in beschädigtem Zustande am Ende der Reise bei dem Beginn und am Ort der Löschung des Schiffes oder im Falle des Schiffsverlustes zur Zeit und am Ort der Bergung haben, in Rechnung zu stellen. Abzuziehen sind auch hier Fracht, Zölle und sonstige Kosten. Hinzu kommt der Wertunterschied der nach § 712 H G B als Vergütung für die Beschädigung als große Haverei in Rechnung gestellt wird (§719 Nr. 4 HGB).
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f) Bei den Gütern im Sinne des §719 Nr. 1 und 2 H G B kommen jeweils Fracht, Zölle und sonstiges in Abzug. Unerheblich ist dabei, ob diese Aufwendungen tatsächlich gespart worden sind. In den anderen Fällen des § 719 H G B werden die Aufwendungen nicht abgezogen, wenn tatsächlich eine Ersparnis vorliegt. Abweichend von § 719 H G B bestimmt § 85 Abs. 1 Satz 3 für den Bereich der Binnenschiffahrt, daß ein Abzug des Zolls für gerettete Güter nur erfolgt, soweit der Zoll noch nicht entrichtet ist. Dabei geht das Gesetz davon aus, daß in der Binnenschiffahrt der Untergang der Güter auch den Verlust des gezahlten Zolls zur Folge hat 18 . Nach §719 H G B soll die ersparte (§719 N r . 3, 4 HGB) oder nicht ersparte Fracht (§719 N r . 1, 2) bei der Ermittlung des Beitrags der Ladung abgezogen werden. Die seerechtliche Regelung beruht auf der Erwägung, daß im Seerecht Schiff, Ladung und Fracht an dem Beitrag zur Havereiverteilung teilnehmen. Würde im Rahmen des §719 H G B die Fracht bei der Wertermittlung der Ladung nicht abgesetzt, würde die Fracht in doppelter Weise berücksichtigt, nämlich im Rahmen des Wertes der Ladung und andererseits als selbständiger Beitrag. Im Binnenschiffahrtsrecht nimmt hingegen die Fracht an der Havereiverteilung nicht teil. Es wäre mit dem Grundsatz einer angemessenen Havereiverteilung nicht vereinbar, sie bei der Wertermittlung ganz abzuziehen, da sie dann gänzlich unberücksichtigt bliebe. Da § 719 H G B nur entsprechend anwendbar ist, ist es wegen der unterschiedlichen Einbeziehung der Fracht gebo-
18 Begr. S. 111.
466
Schadensberechnung
§85
ten, im Binnenschiffahrtsrecht die Fracht bei der Berechnung des Beitragswertes nicht in Abzug zu bringen 19 .
14. Die Beitragspflicht geworfener Güter a) Nach § 720 H G B hat der Eigentümer von Gütern, die als Rettungsmaß- 6 6 nähme über Bord geworfen (§ 82 Nr. 1), dann aber vor Aufmachung der Dispache (§ 87) geborgen worden sind, ein Wahlrecht für seine Beteiligung an der Havereiverteilung. Das Wahlrecht geht dahin, auf eine Vergütung aus der Havereiverteilung zu verzichten. In diesem Falle besteht dann auch keine Beitragspflicht. Der Eigentümer erhält jedoch seine Güter in dem Zustande, in dem sie geborgen worden sind. Verlangt er dagegen eine Vergütung, so muß er zu der großen Haverei ebenso wie zu einer späteren erneuten großen Haverei beitragen. b) Das Wahlrecht muß vor der Auszahlung der Vergütung ausgeübt werden. 6 7 Es muß einheitlich für alle dem Eigentümer gehörenden geworfenen und dann geborgenen Güter ausgeübt werden. Schweigen gilt als Verzicht auf eine Vergütung. Ein Verzicht auf eine Vergütung ist angezeigt, wenn die geborgenen Güter keinen oder nur geringen Schaden erlitten haben. c) Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn die geworfenen Güter später nach 6 8 Aufmachung der Dispache geborgen werden. Zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung des Eigentümers ist auch in diesem Falle § 720 HGB entsprechend anzuwenden. Dem Eigentümer ist auch in diesem Falle ein Wahlrecht einzuräumen. Er kann die Vergütung zurückgeben und auf eine Vergütung verzichten. Seine Güter kann er dann ohne eine weitere Beitragspflicht in dem Zustande behalten, in dem sich die Güter nach der Bergung befinden. Will er das nicht, so kann er die Vergütung behalten und muß dann mit dem Wert der geborgenen Güter nachträglich zur Havereiverteilung beitragen. Zu diesem Zweck ist eine Nachtragsdispache aufzumachen. Ist das Wahlrecht ausgeübt, wonach derEigentümer seine Vergütung behalten will, erlischt nachträglich seine Beitragspflicht nicht dadurch, daß der Eigentümer die geretteten Güter zurückweist oder sie der Havereigemeinschaft zur Verfügung stellt20.
15. Der Abzug wegen Forderungen aus späteren Notfällen a) Der auch im Binnenschiffahrtsrecht nach § 85 Abs. 1 anwendbare § 722 6 9 HGB ist durch das Seerechtsänderungsgesetz 1972 geändert worden. Die Änderung diente aber lediglich der Klarstellung. Eine substantielle Änderung ist nicht erfolgt. 19 Vgl. Mittelstein, § 719 Anm. c. 20 Vgl. Prüßmann-Rabe, SHR, § 720 Anm. C.
467
§85
5. Abschnitt. Haverei
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b) Schiff und Ladung tragen mit dem Wert bei, den sie bei Aufhebung der Gefahrengemeinschaft am Ende der Reise haben. Ebenso wie stoffliche Wertminderungen, von denen Gegenstände bei dem Havereifall betroffen werden, die Beitragspflicht mindern 21 , soll nach § 722 eine durch einen späteren Notfall begründete Forderung den Wert der Gegenstände mindern. Voraussetzung eines Abzuges ist nach § 722 H G B , daß die Forderung nach dem Havereifall auf derselben Reise begründet sein muß. Ferner muß die Forderung durch einen Notfall verursacht worden sein, z. B. durch eine Hilfeleistung bei einer Schiffsgefahr.
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c) Es kommen nur solche Forderungen in Abzug, die auf einem beitragspflichtigen Gegenstand haften. Gemeint sind damit Forderungen, die mit einer dinglichen Belastung des Gegenstands ausgestattet sind, für die also ein Schiffsgläubigerrecht oder ein Pfandrecht an den Frachtgütern besteht, wie z. B. im Falle einer Bergung und Hilfeleistung nach den §§ 97, 100. N u r derartige Forderungen gehen den Rechten aus der großen Haverei vor. Ebenso verhält es sich bei Forderungen mit dinglichen Belastungen aus einer späteren großen Haverei, die sich unabhängig von dem ursprünglichen Havereifall ereignet hat. Derartige Forderungen gehen denen der ersten großen Haverei vor.
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a) Der nach § 85 Abs. 1 entsprechend anwendbare § 723 H G B ist durch das Seerechtsänderungsgesetz 1972 geändert worden. Die Vorschriften über die Bodmerei sind aufgehoben worden. Entsprechend ist der Hinweis auf die mangelnde Beitragspflicht der Bodmereigelder als überflüssig gestrichen worden.
73
b) Die Ausnahmen von der Beitragspflicht bestimmter Güter werden von dem Grundsatz bestimmt, daß Gegenstände, die zur Sicherheit oder für den persönlichen Gebrauch der Schiffsbesatzung oder der Fahrgäste bestimmt sind, nicht zur großen Haverei beitragen sollen.
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c) Nicht beitragspflichtig sind nach § 722 Abs. 1 N r . 1 H G B die „Mundvorräte des Schiffs". Unter Mundvorräte sind nicht nur die Proviantvorräte des Schiffs für die eigene Besatzung und die Fahrgäste zu verstehen, sondern darüberhinaus auch der Inhalt der Schiffsapotheke.
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d) Beitragsfrei sind weiter „die Heuer und die Habe der Schiffsbesatzung". Darunter fallen in der Binnenschiffahrt die Löhne der Schiffsbesatzung sowie sämtliche Kleidungs- und Gebrauchsgegenstände, einschließlich der Wertsachen. Auch Sammlungen, die ein Mitglied der Schiffsbesatzung an Bord mitführt, fallen unter den Begriff „Habe".
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e) Schließlich ist das Reisegut der Reisenden beitragsfrei. Unter Reisegut ist das gesamte mitgeführte Handgepäck des Reisenden einschließlich seiner per-
16. Die Ausnahmen von der Beitragspflicht
21 Vgl. die §§717-719 H G B .
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Schadensberechnung
§85
sönlichen Wertgegenstände zu verstehen. Gegenstände oder Waren, die der Reisende als Frachtgut verladen ließ oder hätte verladen lassen müssen, fallen nicht unter den Begriff „Reisegut". f) Auch wenn grundsätzlich keine Beitragspflicht für die in § 723 Abs. 1 ge- 7 7 nannten Gegenstände und Forderungen besteht, kann nach § 723 Abs. 2 HGB eine Beitragspflicht entstehen, wenn sie in großer Haverei geopfert oder in großer Haverei beschädigt worden sind. Es entsteht in einem solchen Fall ein Anspruch auf Vergütung und zugleich die Beitragspflicht. Nach § 85 Abs. 2 bleiben Güter, über die weder ein Frachtbrief oder Ladeschein ausgestellt worden ist, noch das Manifest oder das Ladebuch Auskunft geben, ebenso wie nicht deklarierte Kostenbarkeiten, Gelder oder Wertpapiere bei der Schadensberechnung unberücksichtigt. Aus §85 Abs. 1 i. V. m. §7223 Abs. 3 H G B folgt aber, daß diese Güter beitragspflichtig sind, soweit sie gerettet werden, und es sich nicht um Hafenverkehr handelt. Der Vergütungsanspruch der genannten Güter entfällt aber bei schuldhafter Herbeiführung der Gefahr durch den Beteiligten. Insoweit gilt § 79 Abs. 2.
17. Nachträgliche Verluste und Wertminderungen a) § 724 HGB ist durch das Seerechtsänderungsgesetz 1972 abgeändert wor- 7 8 den. Die Änderung trägt dem neu eingefügten §721a H G B Rechnung. b) § 721a H G B bestimmt, daß anstelle eines oder eines Teils eines Gegenstan- 7 9 des, der zwischen dem Havereifall und dem Beginnn der Löschung am Ende der Reise verlorengeht oder in seinem Wert gemindert wird, das Surrogat an seine Stelle tritt. Als Surrogat können Ansprüche jeder Art in Frage kommen, wie z. B. Ersatzansprüche gegen die Schiffsbesatzung oder gegen Dritte. Ansprüche gegen einen Transportversicherer fallen nicht unter die Surrogate für beitragspflichtige Gegenstände. c) Der gänzliche oder teilweise Verlust oder die Minderung des Wertes, den 8 0 beitragspflichtige Gegenstände nach der großen Haverei bis zum Beginn der Löscharbeiten erleiden, führt zu einer verhältnismäßigen Erhöhung der von den übrigen Beteiligten zu entrichtenden Beiträge, soweit nicht der Verlust oder die Wertminderung durch eine Schadensersatzforderung (§721a HGB) ausgeglichen wird. Es handelt sich nur wirtschaftlich um eine Erhöhung. Rechtlich tritt keine Änderung ein, da die Dispache bezogen auf das Ende der Reise aufzustellen ist. Ist der Verlust oder die Wertminderung erst nach dem Beginn der Löschung erfolgt, so hat das nach § 724 H G B auf die Verteilung des Schadens, der die große Haverei bildet, keinen Einfluß. Der Beitragspflichtige haftet weiter persönlich in Höhe des Beitrags. Den Verlust hat der Beitragspflichtige selbst zu tragen. 469
§86 81
5. Abschnitt. Haverei
d) Es besteht kein Handelsbrauch, nach welchem die Gebühr für die Hellingnahme eine lOtägige Liegezeit auf der Helling einschließt22' 23.
§86 Die Verteilung der Schäden erfolgt an dem Orte, wo die Reise endet. Übersicht 1. Allgemeines 2. Das anwendbare Recht 3. Der O r t der Schadensverteilung
. .
Rdn. 1 2 3—4
4. Mehrere Ablieferungsorte 5. Der fehlerhafte Dispachierungsort 6. Die Beweislast
Rdn. 5 6 7
1. Allgemeines 1
Die §§ 86-91 regeln die Aufmachung der Dispache, die einen Verteilungsplan der großen Haverei darstellt. Die unter die große Haverei fallenden Schäden sind Kosten (§§ 78, 82, 84, 85) und die sich daraus ergebenden Vergütungen müssen aufgestellt und die sich daraus ergebenden Beiträge müssen verteilt werden.
2. Das anwendbare Recht 2
Der Frachtvertrag unterliegt nach Art. 27 EGBGB dem von den Parteien gewählten Recht. Die große Haverei steht daher weder formell noch materiell unter der Herrschaft des Ortes, an dem die Gefahrengemeinschaft von Schiff und Ladung beendet wird, sondern folgt der Rechtswahl der Parteien. Die Rechtswahl der Parteien kann nach Art. 28 EGBGB ausdrücklich sein, sich also aus den Bestimmungen des Vertrages oder auch aus den Umständen des Falles ergeben. Die Parteien können die Rechtswahl für den ganzen Vertrag oder nur für einen Teil treffen. Das können die Parteien später auch noch ändern. Dabei müssen die Parteien zur Vermeidung von Rechtsnachteilen die Zustimmung des Versicherers einholen. Im Hinblick auf die Wahlmöglichkeiten ist in Verfrachtungsbedingungen häufig vorgesehen, daß die Dispache nach Wahl des Frachtführers an einem Zwischenort oder am Sitz des Frachtführers aufgestellt werden soll. Haben die Parteien dem Frachtvertrag die York-Antwerp-Rules zugrunde 22 Z u m Anfang des durch Schiffskollisionen entstandenen entschädigungsfähigen Schadens, insbesondere hinsichtlich der Kosten für die Gestehung von Ersatzschiffen, für Ufergelder, Krangebühren, Nässeschäden und Havarie-grosse-Beiträge vgl. O L G Köln, ZfB 1983, 69. 23 O L G Köln, ZfB 1983, 70.
470
Verteilung der Schäden
§86
gelegt, so bestimmen diese zwar die Voraussetzungen der großen Haverei, den Umfang der Schäden und die Wertberechnung, nicht aber einen von § 86 abweichenden O r t der Aufstellung der Dispache. Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, unterliegt der Frachtvertrag nach Art. 28 E G B G B dem Recht des Staates, mit dem er die engste Verbindung aufweist. N a c h Art. 28 Abs. 4 E G B G B wird bei einer G ü t e r b e f ö r d e r u n g vermutet, daß sie die engste Verbindung mit dem Staat aufweist, in dem der Beförderer (d. h. der Frachtführer) im Zeitpunkte des Vertragsschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Endladeort oder die Hauptniederlassung des Absender befindet. Nach Art. 28 Abs. 5 E G B G B gilt diese Vermutung jedoch nicht, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, daß der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist. O b derartige Umstände vorliegen, die die gesetzliche Vermutung ausräumen, ist eine Frage des Einzelfalles und anhand aller Umstände festzustellen. Wird die Dispache in der Bundesrepublik aufgestellt, ohne daß sich die Parteien zur Frage des anwendbaren Rechts geäußert haben, muß davon ausgegangen werden, daß die Parteien stillschweigend deutsches Recht auf die Dispachierung anwenden wollen. Das gilt sowohl für das formelle wie für das materielle Recht. Das gilt aber nicht für die Frage, welche Schäden entstanden sind. Insoweit kann die A u s l a n d s b e r ü h r u n g des Frachtvertrages dazu führen, daß die Schäden nach ausländischem Recht zu beurteilen sind. Die Parteien können nach Art. 27 Abs. 2 E G B G B auch die Anwendbarkeit eines anderen Rechts vereinbaren. Ist deutsches Recht anwendbar, kann die örtliche Zuständigkeit eines bestimmten Amtsgerichts durch Vereinbarung aller Beteiligten bestimmt werden. Im übrigen bestimmt sich nach deutschem Recht das Verfahren einschließlich der örtlichen Zuständigkeit nach dem Recht des Endpunktes der Reise (§ 149 F G G ) . Mit dieser Regelung stimmt § 86 überein.
3. Der O r t der Schadensverteilung a) Für die Verteilung von Schäden ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des 3 §86 der O r t maßgeblich, an dem die Reise endet, also an dem die endgültige Trennung von Schiff und Ladung tatsächlich erfolgt, wodurch die Gefahrengemeinschaft endet. Die Aufstellung der Dispache darf nicht über die Beendigung der Reise hinaus verzögert werden. Der Schiffsführer setzt sich vertraglichen Schadensersatzansprüchen der Beteiligten aus, wenn er die Aufstellung der Dispache schuldhaft verzögert. In einem solchen Falle ist aber jeder Beteiligte nach §88 berechtigt, die Aufstellung der Dispache durch einen Dispacheur selbst zu veranlassen oder zu betreiben, sodaß aus einem Verzug des Schiffsführers kaum ein Schaden entstehen kann. Jedenfalls trifft aber den Beteiligten der Vorwurf eines mitwirkenden Verschuldens, wenn er nicht die Gefahr eines Schadens dem Schiffsführer angezeigt hat und selbst auch nichts veranlaßt. 471
§86
5. Abschnitt. Haverei
Ist ein B e s t i m m u n g s h a f e n bestimmt und endet planmäßig dort die Reise, ist dieser Bestimmungshafen zugleich der O r t der Schadensverteilung. Endet die Reise vorzeitig, wird z. B . das Schiff fahruntauglich und kann es den Bestimmungshafen nicht erreichen, so ist die Verteilung an dem O r t vorzunehmen, an dem die Reise tatsächlich endet, z. B . am O r t der B e r g u n g eines gesunkenen Schiffes. D i e Verteilung des Schadens kann auch in einem N o t - oder Zwischenhafen erfolgen, wenn dort mindestens ein Teil der Ladung ausgeladen wird. Dabei genügt es, wenn ein Umschlag in ein Leichterfahrzeug zwecks Aufleichterung des Havaristen erfolgt. 4
b) A m O r t der Verteilung des Schadens hat auch die Erfüllung der Dispache zu erfolgen (§ 269 B G B ) . D o r t haben alle Zahlungen einschließlich der Beiträge zu erfolgen.
4. Mehrere Ablieferungsorte 5
Sind Teilladungen verschiedener Empfänger in unterschiedlichen Bestimmungshäfen auszuliefern oder kommen unterschiedliche Zwischenhäfen vor dem endgültigen Reiseende in Frage, endet für jede Teilladung die Reise mit der endgültigen Trennung vom Schiff. D e r Schiffsführer ist deshalb berechtigt, für jede Teilladung eine Teildispache aufzustellen. Eine Verpflichtung zu einer solchen Teildispache besteht aber nach dem Gesetz nicht. D e r Schiffsführer kann mit der Aufstellung der Dispache bis zum endgültigen Reiseende warten, darf aber darüberhinaus die Aufstellung der Dispache nicht verzögern. Praktisch ist die Aufstellung von Teildispachen nicht, weil hierdurch gegenüber einer Gesamtdispache höhere Kosten entstehen und ferner die Reise verzögert werden kann. Auf der anderen Seite muß der Schiffsführer berücksichtigen, daß er für die Beiträge der Teilladungen zur großen Haverei im Rahmen des § 91 persönlich haftet, wenn er vor der Berücksichtigung der Sicherstellung der H a vereibeiträge die Teilladungen ausliefert. Die Gefahr einer persönlichen Inanspruchnahme ist in der Praxis indessen gering, da für die Havereibeiträge in aller Regel Versicherer einstehen und die erforderlichen Erklärungen zur Übernahme der Beiträge bei Aufstellung der Gesamtdispache sofort abgeben. Unter diesen Umständen erfolgt die Aufstellung der Dispache, auf die üblicherweise die E x perten der Versicherer bei ihrer Mitwirkung Einfluß nehmen, am tatsächlichen Reiseende oder an einem von den Reiseinteressenten abgesprochenen Zwischen-
ort.
5. Der fehlerhafte Dispachierungsort 6
Wird die Dispache an einem O r t aufgestellt, der nicht als maßgeblicher O r t nach § 86 anzusehen ist oder wird entgegen einer Vereinbarung ein anderer O r t gewählt, rechtfertigt dieser Umstand an sich einen Schadensersatz aus dem rechtlichen Gesichtspunkte der positiven Vertragsverletzung. Regelmäßig wird es aber an einem Schaden fehlen, weil die Dispache nach objektiven Grundsätzen 472
§87
Dispache
aufgestellt wird und im Widerspruchsverfahren angreifbar ist und berichtigt werden kann. 6. D i e B e w e i s l a s t Wer sich auf eine Rechtswahl im Rahmen des Art. 27 E G B G B beruft, muß die 7 Rechtswahl beweisen. Regelmäßig wird durch Vorlage der Frachturkunden der Nachweis des anwendbaren Rechts zu führen sein. Zulässig sind aber auch die allgemeinen Beweismittel. Eine von § 86 abweichende Vereinbarung des Dispachierungsorts hat derjenige zu beweisen, der sich auf eine solche Vereinbarung beruft. Im Falle eines fehlerhaften Dispachierungsortes muß der Geschädigte, der Schadensersatz fordert, seinen Anspruch nach Grund und Höhe beweisen. Hier ist zu bedenken, daß regelmäßig ein Schaden nicht beweisbar sein wird, weil der Schaden, die Kosten und auch die Beiträge an einem fehlerhaften Dispachierungsort nach objektiven Maßstäben - im Zweifel durch Dispacheure - nach objektiven Maßstäben berechnet werden und daher kein Schaden vorliegen wird.
§87 (1) Die Dispache ist von dem Schiffer unverzüglich aufzustellen. (2) Derselbe ist berechtigt und auf Verlangen eines Beteiligten verpflichtet, die Aufstellung einem Sachverständigen (Dispacheur) zu übertragen. In Ermangelung eines f ü r Havereifälle bei der Binnen- oder Seeschiffahrt ein f ü r allemal bestellten Dispacheurs hat auf A n t r a g das Amtsgericht eine geeignete Person als Dispacheur besonders zu bestellen. (3) Jeder Beteiligte ist verpflichtet, die zur Aufstellung der Dispache erforderlichen Urkunden, soweit er sie zu seiner Verfügung hat, insbesondere Frachtbriefe, Ladescheine und Fakturen, dem Schiffer oder Dispacheur mitzuteilen.
Rdn. 1. Allgemeines 2. D i e Bedeutung der Dispache . . . . 3. D e r Inhalt der Dispache 4. Dispache und Verklarungsverfahren 5. Die Aufstellung der Dispache . . . . 6. D e r Dispacheur
1 2 3 4 5-7 8
Rdn. 7. D i e Beteiligten 8. Die Pflichten der Beteiligten . . . . 9. D a s Verfahren nach Aufstellung der Dispache 10. D i e Kosten der Dispachierung . . . 11. Die Beweislast
9 10-11 12-17 18-19 20
1. A l l g e m e i n e s §87 entspricht den seerechtlichen Vorschriften der §§728 Abs. 1, 729 H G B . 1 Sowohl im Seerecht wie im Binnenschiffahrtsrecht besteht die Verpflichtung, 473
§87
5. Abschnitt. Haverei
ohne schuldhaftes Zögern die Dispache im Falle einer großen Haverei aufzumachen. D e r Schiffsführer hat kraft gesetzlicher Zuweisung die Interessen aller an der großen Haverei Beteiligten zu vertreten. Verletzt der Schiffsführer schuldhaft diese Verpflichtung, ist ein Schadensersatzanspruch denkbar, in der Praxis jedoch wenig wahrscheinlich; denn entsprechend der seerechtlichen Vorschrift des § 728 Abs. 2 H G B ist jeder Beteiligte nach § 88 befugt, in einem solchen Falle die Aufstellung der Dispache durch einen Dispacheur selbst zu veranlassen und zu betreiben. Allerdings besteht seitens der Beteiligten dazu keine Verpflichtung. Im Schadensfalle kann ihm jedoch ein mitwirkendes Verschulden entgegengehalten werden, wenn er untätig bleibt.
2. Die Bedeutung der Dispache 2
Die Dispache ist eine R e c h n u n g s l e g u n g und ein Verteilungsplan z u r S c h a densauseinandersetzung, dessen Verbindlichkeit für die Beteiligten der richterlichen Entscheidung unterliegt.
3. Der Inhalt der Dispache 3
Der Inhalt der Dispache ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, ergibt sich aber aus dem Zweck der Dispachierung. Üblicherweise gliedert sich die Dispache in vier Abschnitte: Der erste Abschnitt befaßt sich mit der Schilderung des die große Haverei begründenden Tatbestandes. Der zweite Abschnitt faßt die Schäden und K o s t e n zusammen. Der dritte Abschnitt stellt die beitragspflichtigen Werte des Schiffes nebst dem Z u b e h ö r und der geretteten L a d u n g fest. Im letzten Abschnitt ist der H a v a r i e - g r o s s e - P r o z e n t s a t z für die Vergütungen und Beiträge berechnet.
4. Dispache und Verklarungsverfahren 4
D e r Aufmachung einer Dispache braucht kein gerichtliches Verklarungsverfahren ( § 1 1 ff.) vorauszugehen. Eine solche Vorschrift wurde zwar im Entwurf des Gesetzes vorgesehen, später aber gestrichen. Die Schilderung der die große Haverei begründenden Umstände kann auch in sonstiger Weise vorgenommen werden und kann insbesondere auf dem Havariebericht des Schiffsführers beruhen. Ist allerdings ein Verklarungsverfahren eingeleitet worden, kann auch der Verklarungsantrag eine Grundlage für die Schilderung sein. Das Ergebnis des Verklarungsverfahrens wird selten im Zeitpunkte der Dispachierung bereits vorliegen, weil Verklarungsverfahren geraume Zeit in Anspruch nehmen.
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Dispache
§87
5. Die Aufstellung der Dispache a) In der Praxis ist es selten, daß ein Schiffsführer selbst die Dispache aufstellt. 5 Üblicherweise zieht der Schiffsführer auf Anweisung seiner Reederei und/oder des Versicherers Dispacheure, also vereidigte Sachverständige, zu. Nach § 87 Abs. 2 ist er dazu berechtigt und auf Verlangen eines Beteiligten auch verpflichtet. N u r bei klarer Sachlage und ganz einfachen Rechnungsverhältnissen wird die Aufmachung der Dispache durch den Schiffsführer und stellvertretend für ihn durch den Schiffseigner erfolgen. Nach den §§133 Abs. 2, 147 V V G ist eine vom Schiffsführer aufgestellte Dispache für einen Versicherer nur verbindlich, wenn er der Aufstellung der Dispache durch den Schiffsführer zugestimmt hat. b) Die Dispache ist unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§121 6 Abs. 1 B G B ) aufzustellen. Das Gesetz legt insoweit dem Schiffsführer eine besondere Verpflichtung auf, die nach § 7 auch zu seinen allgemeinen Dienstobliegenheiten gehört. Die Verletzung dieser Dienstobliegenheit kann Schadensersatzansprüche auslösen. Die Beteiligten haben gegen den Schiffsführer einen einklagbaren Anspruch auf die Aufstellung der Dispache. Nach § 88 kann aber jeder Beteiligte von sich aus einen Dispacheur beauftragen und die Aufstellung der Dispache betreiben, wenn dazu auch keine Verpflichtung besteht. Betreibt ein Berechtigter im Falle der Untätigkeit des Schiffsführers selbst die Aufmachung der Dispache, erlischt das Recht des Schiffsführers, die Dispache selbst aufzustellen oder Dispacheure zu beauftragen. c) Will der Schiffsführer nach § 87 Abs. 2 Satz 1 von sich aus oder muß er auf 7 Verlangen eines Beteiligten einen Dispacheur zuziehen, ist dem Schiffsführer die Auswahl dieses Sachverständigen überlassen. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ist zu entnehmen, daß der Schiffsführer nicht jeden beliebigen Sachverständigen beauftragen darf, sondern auf die „für Havereifälle bei der Binnen- und Seeschiffahrt ein für allemal bestellten Dispacheure" beschränkt ist, weil nur mit der Schiffahrt besonders vertraute Sachverständige in der Lage sind, die umfangreichen und für die Beteiligten bedeutsamen Rechtsgüter richtig abzuschätzen. Die als Dispacheure bestellten Sachverständigen sind im „Weska" nach Namen und Anschrift bezeichnet. Ist am Ort der Aufmachung der Dispache kein Dispacheur ein für allemal bestellt, kann das zuständige Amtsgericht auf Antrag eine geeignete Person als Dispacheur besonders bestellen (§ 87 Abs. 2 Satz 2). Diese Vorschrift hat in der Praxis keine Bedeutung, weil die bestellten Dispacheure jederzeit an allen Orten der Bundesrepublik auf fernmündliche Anfrage hin tätig werden können. Allerdings kann wegen einer Interessenkollision aller an sich in Frage kommenden Dispacheure einmal der Fall auftreten, daß das Amtsgericht einen Dispacheur besonders bestellen muß.
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6. Der Dispacheur
Dispacheure sind gerichtlich bestellte Sachverständige. Die Beteiligten können sich aber auf andere Personen einigen, z. B. auf einen privaten Havariekommissar. Der öffentlich bestellte Dispacheur ist kraft seiner Bestellung verpflichtet, auf einen entsprechenden Auftrag hin die Dispache aufzumachen. Er ist Beliehener im Sinne des öffentlichen Rechts. Grundlage seiner Tätigkeit ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Schiffsführer. Der Dispacheur darf die Aufmachung der Dispache ablehnen, wenn er der Uberzeugung ist, daß die Voraussetzungen der großen Haverei nicht vorliegen. Seine Meinung ist ausschlaggebend, weil er kein Beteiligter ist. Nach § 150 F G G entscheidet in einem solchen Falle das Gericht darüber, ob eine Verpflichtung des Dispacheurs vorliegt, die Dispache aufzumachen. Diese Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde. Bei einer grundlosen Weigerung kann der Dispacheur dem Schiffsführer und den Beteiligten aus culpa in contrahendo zum Schadensersatz verpflichtet sein. Meint der Dispacheur, daß die Voraussetzungen der großen Haverei nicht vorliegen, braucht ihn das nicht zu hindern, die Dispache aufzumachen. Nach § 153 F G G können alle Beteiligten bei dem Gericht eine Verhandlung über die Dispache beantragen und geltend machen, daß die Voraussetzungen der großen Haverei nicht vorliegen. Wird keine Einigung über den Widerspruch erzielt, kann die Dispache nicht bestätigt werden. Nach § 156 F G G muß der Widersprechende durch Erhebung der Klage gegen die übrigen Beteiligten, deren Rechte betroffen sind, seinen Widerspruch weiterverfolgen. Vermerkt der Dispacheur in der Dispache wegen seiner Bedenken gegen die Voraussetzungen der großen Haverei, daß er die Dispache unter Vorbehalt aufstelle, liegt keine wirksame Dispache vor, weil der Dispacheur die Voraussetzungen der großen Haverei als Grundlage der Dispache festzustellen hat. Ist ein solcher Vorbehalt zu Unrecht erfolgt und ergibt sich später, daß die Voraussetzungen der großen Haverei vorgelegen haben, kann eine Schadensersatzpflicht des Dispacheurs wegen Verletzung des zwischen ihm und dem Schiffsführer geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages vorliegen.
7. Die Beteiligten 9
Beteiligte des Dispacheverfahrens sind alle Personen, die aufgrund des Havereifalles einen Vergütungsanspruch oder eine Beitragsverpflichtung haben. Sie müssen also unmittelbar an der Gefahrengemeinschaft von Schiff und Ladung beteiligt sein. D a z u gehört nicht der Versicherer. Der Kreis der Beteiligten kann sich nach Aufmachung der Dispache insoweit erweitern, als einem unbeteiligten Dritten zu Unrecht eine Beitragspflicht auferlegt wird. Zur Wahrung seiner Rechte ist ihm die Rechtsstellung eines Beteiligten beizumessen. 476
Dispache
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8. Die Pflichten der Beteiligten Jeder Beteiligte ist nach § 87 Abs. 3 verpflichtet, die zur Aufstellung der Dis- 1 0 pache erforderlichen U r k u n d e n , soweit er sie zur Verfügung hat, insbesondere Frachtbriefe, Ladescheine und Fakturen dem Schiffsführer oder dem beauftragten Dispacheur mitzuteilen. Die Aufzählung im Gesetz ist nur beispielhaft und nicht erschöpfend. Auch die Vorlage anderer Urkunden, die zur Schätzung des Schadens und zur Wertberechnung erforderlich sind, kann verlangt werden, z. B. alle das Schiff betreffenden Urkunden. Man wird annehmen dürfen, daß die Beteiligten statt der Originalurkunden auch Fotokopien vorlegen dürfen, weil der mit der Mitteilung der Urkunden verbundene Zweck, die Information und Unterrichtung des Schiffsführers oder des Dispacheurs zur Vorbereitung der Dispache nicht notwendig den Einblick in die Originalurkunden erfordert. Im Falle von Zweifeln müssen selbstverständlich die Originalurkunden vorgelegt werden. An den Inhalt der Urkunden ist der Dispacheur nicht gebunden. Er hat seine Uberzeugung aus dem Inbegriff aller Erkenntnismöglichkeiten zu schöpfen. Auf die Einhaltung der Verpflichtung der Beteiligten zur Vorlage der Urkunden aus § 87 Abs. 3 besteht ein einklagbarer Anspruch. Aus der Pflichtverletzung eines Beteiligten im Rahmen des § 87 Abs. 3 können sich Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung nach § 242 B G B ergeben. Nach §151 F G G kann das zuständige Amtsgericht auf Antrag des Dispa- 1 1 cheurs einem Beteiligten unter A n d r o h u n g von Zwangsgeld aufgeben, dem Dispacheur die in seinem Besitz befindlichen Schriftstücke, zu deren Mitteilung er gesetzlich verpflichtet ist, auszuhändigen. Haben sich die Beteiligten aber auf eine andere Person als einen öffentlich bestellten Dispacheur geeinigt, kann das Gericht den Beteiligten nicht aufgeben, diesem Privatmann Urkunden vorzulegen. In einem solchen Falle müssen die Beteiligten gegen den zur Vorlage verpflichteten Drittbeteiligten klagen. H a t der Dispacheur die Dispache aufgestellt, ist er nach § 152 F G G verpflichtet, jedem Beteiligten in seinen Büroräumen Einsicht in die Dispache zu gewähren und ihm auf Verlangen eine Abschrift gegen Erstattung der Kosten zu erteilen. Diese Verpflichtung trifft auch den Schiffsführer, wenn er selbst die Dispache aufmacht. Das Recht auf Einsicht in die Dispache erstreckt sich auch auf die zugrunde liegenden Urkunden, da nur so ein Beteiligter die Feststellungen des Dispacheurs oder des Schiffsführers nachvollziehen kann.
9. D a s Verfahren nach Aufstellung der Dispache a) H a t ein Dispacheur die Dispache aufgestellt, ist jeder Beteiligte nach § 153 1 2 F G G berechtigt, bei dem zuständigen Amtsgericht eine Verhandlung über die aufgestellte Dispache zu beantragen. In dem Antrag sind die Beteiligten zu bezeichnen, die zu dem Verfahren zugezogen werden sollen. 477
§87
5. Abschnitt. Haverei
Das Gericht hat auf den Antrag hin die Dispache nebst den zugehörigen Unterlagen einzuziehen, Termin zu bestimmen und die Beteiligten zu diesem Termin zu laden. Mehrere Anträge können zur gleichzeitigen Verhandlung verbunden werden. Einer Terminbestimmung bedarf es nicht, wenn offensichtlich die Voraussetzungen der großen Haverei nicht vorliegen. Gegen eine Verfügung, durch die ein Antrag auf gerichtliche Verhandlung zurückgewiesen worden ist, findet die sofortige Beschwerde statt (§157 Abs. 1 F G G ) . Die Ladung der Beteiligten muß den Hinweis enthalten, daß im Falle eines Ausbleibens im Termin und eines bis dahin unterlassenen Widerspruchs gegen die Dispache ihr Einverständnis mit der Dispache angenommen wird. Auch ist in der Ladung darauf hinzuweisen, daß die Dispache und die zugehörigen Urkunden auf der Geschäftsstelle eingesehen werden können. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen (§ 153 Abs. 4 F G G ) . Nach § 154 F G G kann das Gericht zur Vervollständigung der Unterlagen die Beibringung der erforderlichen Belege unter A n d r o h u n g v o n Zwangsgeld anordnen. 13
b) Im Termin hat das Gericht mit den Erschienenen die Dispache zu verhandeln (§155 Abs. 1 F G G ) . Ist kein Widerspruch gegen die Dispache erhoben und auch nicht vorher angemeldet worden, hat das Gericht nach § 155 Abs. 2 F G G die Dispache gegenüber den an dem Verfahren Beteiligten durch Beschluß zu bestätigen. Gegen den Beschluß, durch den die Dispache bestätigt wird, ist nach §157 Abs. 1 F G G sofortige Beschwerde zulässig. Einwendungen gegen die Dispache, die mittels eines Widerspruchs geltend zu machen sind, können nicht im Wege der Beschwerde geltend gemacht werden. Hierfür ist das Widerspruchsverfahren und der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten gegeben. Aus der rechtskräftig bestätigten Dispache findet nach § 158 Abs. 2 F G G die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt. Die bestätigte Dispache bindet nur die Teilnehmer der Gefahrengemeinschaft. Soweit ein Dritter zur Zahlung von Bergelohn verpflichtet worden ist, ist die Dispache nichtig, da dem Amtsgericht im Dispacheverfahren keine weitere Gerichtsbarkeit gegen Dritte zusteht 1 . Die Nichtigkeit kann von dem Dritten auch bei Rechtskraft der Dispache im Wege der Feststellungsklage nach §256 Z P O gegen die Beteiligten geltend gemacht werden. Im übrigen ist die Bestätigung der Dispache nur für das gegenseitige Verhältnis der am Verfahren Beteiligten wirksam (§ 158 F G G ) .
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c) Liegt ein Widerspruch vor, so haben sich die Beteiligten, deren Rechte durch den Widerspruch getroffen werden, zu erklären. Wird der Widerspruch als begründet anerkannt oder einigt man sich, ist die Dispache entsprechend zu berichtigen. 1 B G H N J W 1959, 723.
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Dispache
§87
Erledigt sich der Widerspruch nicht, so ist die Dispache insoweit zu bestätigen, als sie durch den Widerspruch nicht berührt wird. Werden durch den Widerspruch Rechte eines im Termin nicht erschienenen Beteiligten betroffen, so wird angenommen, daß er den Widerspruch nicht als begründet anerkennt. Soweit ein Widerspruch keine Erledigung nach § 1 5 5 A b s . 3 F G G gefunden 1 5 hat, hat der Widersprechende nach § 156 A b s . 1 F G G seinen Widerspruch durch K l a g e g e g e n die Beteiligten zu verfolgen, deren Rechte durch den Widerspruch betroffen werden. Binnen einer Frist von einem M o n a t hat der Widersprechende dem Gericht die Klageerhebung mitzuteilen, anderenfalls das Gericht die D i s p a che zu bestätigen hat 2 . D a s Gericht kann aber, wenn erhebliche G r ü n d e vorliegen, auf Antrag die Klagefrist angemessen verlängern. N a c h § 878 A b s . 2 Z P O wird die Befugnis des Widersprechenden, ein besseres Recht gegen den Beteiligten, der einen Geldbetrag nach der Dispache erhalten hat, im Wege der Klage geltend zu machen, durch die V e r s ä u m u n g der K l a g e frist und die A u s f ü h r u n g der D i s p a c h e nicht ausgeschlossen. d) Im Rechtsstreit über den Widerspruch eines Beteiligten kann festgestellt 1 6 werden, daß der Widerspruch begründet ist. D i e Parteien können im Rechtsstreit über den Widerspruch die B e r i c h t i g u n g v o n W e r t a n g a b e n , die die Grundlage der Dispache bilden, verlangen. Die Beteiligten können auch geltend machen, daß kein Fall der g r o ß e n H a v e r e i vorliegt. Unzulässig ist ein Rechtsstreit außerhalb des Dispacheverfahrens über die Frage, welche Schäden vergütungsberechtigt sind. Diese Fragen sind abschließend im Dispache- und Widerspruchsverfahren sowie im anschließenden Rechtsstreit über den Widerspruch zu klären. Außerhalb des Dispacheverfahrens können auch keine Beiträge zur großen Haverei verlangt werden. Im Urteil sind die entsprechenden Positionen der Dispache zu berichtigen, wenn der Widerspruch begründet ist. Ist der Widerspruch unbegründet, muß die Klage abgewiesen werden. D i e Entscheidung über einen Widerspruch unterliegt der N a c h p r ü f u n g durch
die Rechtsmittelgerichte.
e) F ü r K l a g e a u f E r t e i l u n g der Vollstreckungsklausel sowie für Klagen, 1 7 durch die Einwendungen gegen die in der Dispache festgestellten Ansprüche geltend gemacht werden oder die bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel als eingetreten angenommene Rechtsnachfolge bestritten wird, ist das Amtsgericht zuständig, das die Dispache bestätigt hat (§ 158 A b s . 3 Satz 1 F G G ) . Gehört der Anspruch nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, sind die Klagen vor dem zuständigen Landgericht zu erheben (§ 158 A b s . 3 Satz 2 F G G ) .
2 § 156 Abs. 1 Satz 2 F G G in Verb, mit % 878 Abs. 1 ZPO. 479
§88
5. A b s c h n i t t . H a v e r e i
10. D i e K o s t e n d e r D i s p a c h i e r u n g 18
a) Der Dispacheur erhält für seine Tätigkeit Gebühren, für die die Beteiligten ihm als Gesamtschuldner haften. Kann er sich über die H ö h e seiner Gebühren nicht mit den Beteiligten einigen, entscheidet über die H ö h e der Gebühren das Gericht. Maßgebend für die Gebühr ist der B e t r a g des Havarieschadens und, wenn der Wert des Geretteten an Schiff und Ladung geringer ist, ist dieser geringere Wert maßgebend.
19
b) Das Gericht erhebt nach § 123 Abs. 1 K o s t O für die Bestellung eines Dispacheurs, einschließlich der Bestimmung seiner Vergütung und für die Entscheidung über seine Verpflichtung zu der von ihm abgelehnten Aufmachung der Dispache eine volle Gebühr. Dabei ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 K o s t O für die Gebühr der Betrag des Havarieschadens und, wenn der Wert des Geretteten an Schiff, Fracht und Ladung geringer ist, dieser Wert maßgebend. D a die Fracht bei der großen Haverei der Binnenschiffahrt nicht beitragspflichtig ist, dürfte ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers vorliegen. Wenn schon die Fracht allgemein nicht zur großen Haverei beitragspflichtig ist, ist nicht einzusehen, daß sie gleichwohl bei der Bestimmung der Gerichtskosten eine Rolle spielen soll. Anders ist es jedoch für die Seeschiffahrt, so daß § 123 Abs. 1 Satz 2 K o s t O dort einen guten Sinn hat. Für die Verhandlung über die Dispache, einschließlich der Bestätigung wird ebenfalls die volle Gebühr erhoben (§123 Abs. 2 K o s t O ) . Für die Berechnung dieser Gebühr ist maßgebend die Summe der Anteile, die die an der Verhandlung Beteiligten an dem Schaden zu tragen haben. Wird die Dispache bestätigt, so haften die an dem Verfahren Beteiligten für die Kosten als Gesamtschuldner (§ 123 Abs. 2 Satz 3 K o s t O ) . 11. D i e B e w e i s l a s t
20
Die Grundlagen seines Widerspruchs hat der Widersprechende im Rechtsstreit zu beweisen. §88 Wird die Aufstellung der Dispache verzögert, so ist jeder Beteiligte, unbeschadet seines A n s p r u c h s auf E r s a t z des durch die Verzögerung entstandenen Schadens, befugt, die Aufstellung der Dispache durch einen Dispacheur selbst zu veranlassen und zu betreiben. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die Aufstellung der Dispache durch sonstige Beteiligte
480
1 2-3
Rdn. 3. Ansprüche der Beteiligten gegen den Schiffsführer wegen verzögerter Aufstellung der Dispache 4. Die Beweislast
4 5
Aufstellung der Dispache durch einen Dispacheur
§88
1. Allgemeines § 88 entspricht der seerechtlichen Regelung des § 728 Abs. 2 HGB. Durch § 88 1 soll vermieden werden, daß die Beteiligten der Willkür des Schiffsführers ausgesetzt sind. Wenn der Schiffsführer schuldhaft die Aufmachung der Dispache hinauszögert, besteht nach § 87 Abs. 1 zwar die Möglichkeit, ihn im Wege der Klage zur Erfüllung dieser Dienstpflicht zu zwingen 1 , praktisch ist die Beschreitung des Rechtsweges aber nicht, da die Aufmachung der Dispache nur weiter verzögert wird. Das Gesetz gibt daher den Beteiligten die Möglichkeit, im Falle der Untätigkeit des Schiffsführers selbst die Initiative zu ergreifen und die Aufstellung der Dispache durch einen Dispacheur selbst zu veranlassen und zu betreiben.
2. Die Aufstellung der Dispache durch sonstige Beteiligte a) Voraussetzung des Rechts eines Beteiligten, selbst einen Dispacheur mit 2 der Aufstellung der Dispache zu beauftragen, ist eine verzögerte Aufstellung der Dispache durch den Schiffsführer. Eine verzögerte Aufstellung im Sinne des § 88 liegt vor, wenn der Schiffsfüshrer entweder überhaupt nichts veranlaßt oder die Aufmachung schuldhaft verzögert. Wenn der Schiffsführer die Dispache selbst aufstellen will, muß er in zumutbarer Zeit die Dispache vorlegen. Welcher Zeitraum für die Beteiligten noch als zumutbar hingenommen werden muß, ist eine Frage des Einzelfalles. Hierbei ist insbesondere auf die Schwierigkeit bei der Klärung des Tatbestandes der großen Haverei sowie die Ermittlung der Schäden und der beitragspflichtigen Werte angemessen Rücksicht zu nehmen. Eine kleinliche Betrachtung ist nicht angezeigt. Wegen der möglichen Dauer eines umfangreichen Verklarungsverfahrens kann regelmäßig den Beteiligten nicht zugemutet werden, die Aufmachung der Dispache bis zum Abschluß dieses Verfahrens zurückzustellen. Anders wird es sein, wenn sich das Verklarungsverfahren auf die Vernehmung weniger Zeugen beschränkt, da eine solche Beweisaufnahme sehr schnell durchgeführt wird. Eine Verzögerung im Sinne des § 88 liegt auch vor, wenn der Schiffsführer entgegen seiner Verpflichtung aus § 87 Abs. 2 auf entsprechendes Verlangen eines Beteiligten die Aufstellung der Dispache nicht einem Dispacheur überträgt, sondern die Dispache selbst aufstellen will. Eine Verzögerung kann bei mehreren Teilladungen nicht vor dem Erreichen des letzten Bestimmungshafens angenommen werden, da der Schiffsführer die Aufstellung der Dispache solange zurückstellen darf. Er braucht keine Teildispachen aufzustellen. b) Liegt eine Verzögerung vor, ist jeder der Beteiligten, zu denen aber nicht 3 der Versicherer gehört, berechtigt, selbst die Aufstellung der Dispache zu betrei1 Vgl. dazu R G Z 89, 285. 481
§88
5. Abschnitt. Haverei
ben und einen Dispacheur zu beauftragen. Ein Beteiligter kann unter keinen Umständen gleich einem Schiffsführer selbst die Dispache aufstellen. Er muß sich eines Dispacheurs bedienen. Ist der Dispacheur selbst Beteiligter, ist er wegen der Interessenkollision befangen und daher für diesen Fall kein geeigneter Dispacheur. Die Beteiligten sind nicht verpflichtet, einen Dispacheur zu beauftragen, sie sind nur dazu berechtigt. Aus dem Wortlaut des Gesetzes, daß ein Beteiligter die Aufstellung der Dispache durch einen Dispacheur selbst veranlassen und betreiben darf, folgt eine Präklusionswirkung für den Schiffsführer und alle übrigen Beteiligten. Wenn ein Beteiligter ordnungsgemäß einen Dispacheur mit der Aufstellung der Dispache beauftragt hat und das Verfahren eingeleitet ist, erlischt die Befugnis des Schiffsführers und aller übrigen Beteiligten, die Aufmachung der Dispache vorzunehmen oder zu veranlassen. Die Berechtigung des Schiffsführers ist infolge seiner Pflichtversäumung erloschen. Die Beteiligten können auch nicht mehr gegen ihn auf Aufstellung der Dispache klagen. Ist bereits Klage erhoben, müssen die Beteiligten die Hauptsache für erledigt erklären, um die Abweisung ihrer Klage zu vermeiden. Die Kosten des erledigten Rechtsstreits wird regelmäßig der Schiffsführer wegen seiner Pflichtversäumung tragen müssen.
3. Ansprüche der Beteiligten gegen den Schiffsführer aus der verzögerten Aufstellung der Dispache 4
Das Gesetz weist die Befugnis, selbst die Aufmachung der Dispache zu veranlassen, den Beteiligten unbeschadet ihres Anspruchs auf Ersatz des durch die Verzögerung entstandenen Schadens zu. Entsprechend der seerechtlichen Regel des § 728 Abs. 1 Satz 2 H G B bleibt der Anspruch der Beteiligten gegen den Schiffsführer aus der Verletzung seiner Dienstobliegenheiten (§ 7) auf Ersatz des durch die Verzögerung entstandenen Schadens erhalten. Dieser Schadensersatzanspruch geht bei der unterlassenen Dispache auf Ersatz des vollen Schadens aus der großen Haverei, bei verzögerter Dispache auf Erstattung des Zinsschadens und eines etwaigen Nutzungsverlustes. Neben dem Schiffsführer haftet der Schiffseigner für die Verletzung der Dienstobliegenheiten des Schiffsführers nach den §§3, 4 mit Schiff und Fracht beschränkt dinglich. Hat der vom Schiffsführer beauftragte Dispacheur die Aufstellung der Dispache schuldhaft verzögert, haftet für etwaige Schäden der Dispacheur aus der Verletzung der Pflichten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag persönlich. Weder der Schiffsführer noch der Schiffseigner haften für ein Verschulden des Dispacheurs. Er ist nicht ihr Erfüllungsgehilfe (§278 BGB). Beruht die vom Schiffsführer bewirkte Verzögerung der Dispachierung auf einer Anweisung des Schiffseigners (§ 7 Abs. 2), so haftet den Beteiligten für etwaige Schäden nicht der Schiffsführer, wohl aber der Schiffseigner nach § 7 Abs. 3 persönlich. 482
§89
Pfandrecht der Vergütungsberechtigten
4. Die Beweislast Im Streitfalle muß der Schiffsführer unabhängig von seiner Stellung im Rechts- 5 streit beweisen, daß er seine Dienstobliegenheiten im Sinne des § 7 erfüllt und die Aufstellung der Dispache ohne schuldhafte Verzögerung erfolgt ist oder daß er rechtzeitig einen Dispacheur beauftragt hat. Denn nach der Sachlage ist von einer Sorgfaltspflichtverletzung auszugehen, wenn die Dispache nicht alsbald aufgemacht wird und vorliegt. Wird der Schiffsführer oder der Schiffseigner aus § 7 auf Schadensersatz in Anspruch genommen, haben sie sich hinsichtlich ihres Verschuldens zu entlasten. Der Beteiligte muß aber beweisen, daß sein Schaden auf der Verzögerung beruht. Ferner obliegt ihm die Beweislast für die Schadenshöhe.
§89 (1) Die Vergütungsberechtigten haben wegen der von dem Schiffe zu entrichtenden Beiträge die Rechte von Schiffsgläubigern (§§ 102 bis 115). (2) Auch in Ansehung der beitragspflichtigen Güter steht den Vergütungsberechtigten an den einzelnen Gütern wegen des von diesen zu entrichtenden Beitrags ein Pfandrecht zu. Das Pfandrecht kann jedoch nach der Auslieferung der Güter nicht zum Nachteile des dritten Erwerbers, welcher den Besitz in gutem Glauben erlangt hat, geltend gemacht werden. (3) Das an den beitragspflichtigen Gütern den Vergütungsberechtigten zustehende Pfandrecht wird für sämtliche Berechtigten durch den Frachtführer ausgeübt. Die Geltendmachung des Pfandrechts durch den Frachtführer erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften, die für das Pfandrecht des Frachtführers wegen der Fracht und der Auslagen gelten. Übersicht 1. Allgemeines 2. Das Schiffsgläubigerrecht
Rdn. 1 2-3
Rdn. 3. Das Pfandrecht an beitragspflichtigen Gütern 4. Die Beweislast
4-10 11-12
1. Allgemeines Nach § 90 wird in Übereinstimmung mit § 726 Abs. 1 HGB für die Beitrags- 1 forderungen zur großen Haverei keine persönliche Forderung der Vergütungsberechtigten gegen die beitragspflichtigen Beteiligten begründet. Das Gesetz bestimmt wegen der Beitragsforderungen lediglich ein dingliches Recht an den beitragspflichtigen Sachen. Das beruht auf dem Gedanken, daß die Beitragspflicht, die nach § 78 durch die Maßnahmen des Schiffsführers zur Errettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr herbeigeführt wird, nur mit 483
§89
5. Abschnitt. Haverei
dem Wert der Gegenstände entstehen kann, die einer solchen Gefahr auch tatsächlich ausgesetzt waren. Aus diesem Grunde wird dem Vergütungsberechtigten nur eine dingliche Inanspruchnahme an den an der großen Haverei beteiligten Gegenständen eingeräumt, die ohne die Rettungsmaßnahmen wahrscheinlich verlorengegangen wären 1 . Um die bevorzugte Befriedigung der Vergütungsberechtigten zu gewährleisten, wird den Vergütungsberechtigten zur Sicherung der am Schiff haftenden dinglichen Ansprüche ein Schiffsgläubigerrecht und an den sonstigen beitragspflichtigen Gütern ein gesetzliches Pfandrecht zugebilligt.
2. D a s Schiffsgläubigerrecht 2 a) Wegen der vom Schiffseigner für das beteiligte Schiff zu entrichtenden Beiträge haben die Vergütungsberechtigten nach § 89 Abs. 1 die Rechte eines Schiffsgläubigers. Entsprechend sind bei der Aufzählung der Forderungen mit einem Schiffsgläubigerrecht in § 102 Nr. 3 die Beiträge zur großen Haverei genannt. Unter einem Schiffsgläubigerrecht ist kein gewöhnliches Pfandrecht, sondern ein am abgesonderten Schiffsvermögen bestehendes gesetzliches Pfandrecht von eigenartiger Natur zu verstehen 2 , das dem Gläubiger eine bevorzugte Befriedigungsmöglichkeit schafft. Das Schiffsgläubigerrecht bezieht sich auf das Schiff nebst Zubehör (§ 103) sowie auf die Bruttofracht der Reise, aus der die Forderung entstanden ist (§ 104), soweit diese im Risiko des Frachtführers steht 3 . Das Pfandrecht bezieht sich auch auf die Fracht für die weitere Reise nach dem Havereifall bis zum Bestimmungshafen, nicht nur auf die Distanzfracht vom Abgangs- bis zum Unfallort. Die Befriedigung aus dem Schiff ist durch §103 geregelt. Die Befriedigung erfolgt aufgrund eines Vollstreckungstitels nach den Vorschriften der Zwangsvollstreckung (§ 103 Abs. 3). 3
b) Das Schiffsgläubigerrecht steht dem zu, der beim Beginn der Löschung Eigentümer der vergütungsberechtigten Güter ist. Ist das Eigentum an der Ladung nach dem Havereifall bis zur Löschung durch Begebung des Ladescheins auf den Empfänger übertragen worden, entsteht die Vergütungsberechtigung erst in seiner Person durch das Ende der Gefahrengemeinschaft.
1 Vgl. dazu Begr. S. 113. 2 RGZ 114, 380; 134, 116; RG Recht 1927, 652 Nr. 2209. 3 Ebenso Priißmann-Rabe, SHR §726 Anm. B; Schaps-Abraham §726 Anm. 1.
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Pfandrecht der Vergütungsberechtigten
§89
3. D a s P f a n d r e c h t an beitragspflichtigen G ü t e r n a) Den Vergütungsberechtigten steht nach § 89 Abs. 2 wegen ihrer Forderun- 4 gen ein gesetzliches Pfandrecht an den beitragspflichtigen Gütern zu. Unerheblich ist, wer Eigentümer der zur Ladung gehörenden beitragspflichtigen Güter ist. Das Pfandrecht entsteht nur bis zur Höhe der Beitragspflicht des einzelnen Gutes, also nicht für die gesamte Havereiverpflichtung aller Güter. Das Pfandrecht kann also nicht für alle Beiträge an allen Gütern insgesamt geltend gemacht werden 4 . Nach §115 tritt bei einer späteren Aufopferung oder Beschädigung der dem Schiffsgläubigerrecht unterliegenden Gegenstände die Ersatzforderung an die Stelle der beitragspflichtigen Güter. Dasselbe gilt bei rechtswidrigen Handlungen nach § 116 Abs. 2. Nach § 117 Nr. 5 verjähren Beiträge zur großen Haverei mit dem Ablauf eines Jahres. Nach § 117 Abs. 2 beginnt die Verjährung mit dem Schluß des Jahres, in dem die Forderung fällig geworden ist. b) Auf das gesetzliche Pfandrecht aus § 89 Abs. 2 finden gemäß § 1257 B G B 5 die allgemeinen Vorschriften über die durch Rechtsgeschäft bestellten Pfandrechte (§§1204-1258 B G B ) Anwendung. c) Das Pfandrecht steht dem Vergütungsberechtigten zur Sicherung aller 6 Ansprüche aus der großen Haverei zu, also für Schäden und Kosten. Der Umfang und der Inhalt der Vergütung wird durch die Dispache ausgewiesen. d) Der Rang des Pfandrechts wird durch § 116 bestimmt. Danach gehen die 7 Rechte aus dem gesetzlichen Pfandrecht des Vergütungsberechtigten dem Pfandrecht der Spediteure, Kommissionäre, Lagerhalter und Frachtführer aus §443 H G B und dem Pfandrecht des Frachtführers an dem aufgegebenen Gepäck des Reisenden (§ 77 Abs. 2) vor. Die Vergütungsforderungen der Beteiligten wegen der Beiträge zur großen Haverei haben den gleichen Rang wie Bergungs- und Hilfskosten einschließlich des Berge- und Hilfslohns. Gleichzeitig entstandene Rechte haben gleichen Rang. Forderungen, die aus Anlaß desselben Notfalls entstanden sind, gelten als gleichzeitig entstanden. Das später entstandene Pfandrecht aus der Beitragspflicht oder Bergungs- und Hilfskosten haben Vorzug vor den früher entstandenen Rechten. e) Das gesetzliche Pfandrecht kann nach der Auslieferung der Güter an den 8 Empfangsberechtigten nicht zum Nachteil eines gutgläubigen Dritterwerbers geltend gemacht werden. Unter einer Auslieferung ist nicht jede Aufgabe des Gewahrsams, sondern nur die tatsächliche Herausgabe der Güter an den Empfangsberechtigten zu verstehen. 4 RGZ 82, 417; Mittelstein
2 S. 360.
485
§89
5. Abschnitt. Haverei
Empfangsberechtigt ist derjenige, der nach §26 i. V. m. §§426, 435, 445 ff. H G B berechtigt ist, die Auslieferung der Frachtgüter vom Frachtführer zu fordern. Bis zur Herausgabe besteht das Pfandrecht fort ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse an dem Frachtgut. Sind Frachtgüter ohne eine Auslieferung in den Besitz des Berechtigten gelangt, besteht nach den §§ 1208, 932, 936, 1257 B G B , 366 H G B das Pfandrecht fort und kann auch gegen einen Dritten verfolgt werden, es sei denn, der Erwerber habe die Sache gutgläubig erworben. Der gutgläubige Erwerb bringt das Pfandrecht zum Erlöschen. Als Dritter im Sinne des §89 Abs. 2 gelten der Absender und der Empfänger nicht. In Frage kommt nur ein Erwerber außerhalb des Frachtvertrages. Es genügt ein Besitzerwerb jeder Art für die Rechtsbegründung des Dritten. Eine Verfügung des Absenders oder des Empfängers ist nicht erforderlich. Eigentümer oder Verfügungsberechtigter kann auch ein Dritter sein, der an dem Frachtvertrag unbeteiligt ist. Hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs gelten die allgemeinen Vorschriften des B G B . Der Erwerber ist danach gutgläubig, wenn er beim Erwerb den Havereifall weder kannte, noch seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht 5 . 9
Ein bösgläubiger Erwerber haftet nach § 89 Abs. 1 und zwar dinglich mit den erworbenen beitragspflichtigen Gütern. Er tritt in die Rechtsposition des beitragspflichtigen Beteiligten ein. Er hat aber keine schlechtere Position. Hat er die Güter veräußert, haftet er nach den §§ 1255, 1227, 990, 989, 1257 B G B persönlich. Gegenüber dem Absender und Empfänger, die nicht zu den Dritterwerbern im Sinne des § 89 Abs. 2 gehören, kann das Pfandrecht ohne Rücksicht auf gutgläubigen Erwerb geltend gemacht werden. Absender und Empfänger haften dinglich mit den empfangenen beitragspflichtigen Gütern, auch wenn sie beim Empfang der Güter keine Kenntnis von der Beitragspflicht hatten. Eine Kenntnis begründet nach § 90 Abs. 2 eine Erweiterung der Haftung. In diesem Falle haften Absender und Empfänger soweit persönlich, als der Beitrag aus den Gütern hätte geleistet werden können.
10
f) Das den Vergütungsberechtigen an den beitragspflichtigen Gütern zustehende Pfandrecht wird für sämtliche Berechtigten durch den Frachtführer ausgeübt. §89 Abs. 3 Satz 1 stimmt mit §731 Abs. 2 H G B überein. Das Gesetz hat davon abgesehen, den Schiffsführer als Interessenvertreter der Beteiligten zu bestimmen. Bei Partikulieren hat diese Vorschrift allerdings nur geringe praktische Bedeutung, weil sie häufig auch im Rahmen des Frachtvertrages die Stellung eines Frachtführers haben. Der Frachtführer hat die Stellung eines Treuhänders. Neben ihm kann der Vergütungsberechtigte nicht selbst das Pfandrecht ausüben. Der Frachtführer ist 5 Vgl. dazu §932 Abs. 2 B G B .
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Persönliche Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrags
§90
berechtigt, die Güter bis zur Bezahlung oder Sicherstellung der Beteiligten zurückzubehalten. Diese Pflicht besteht gegenüber allen vergütungsberechtigten Beteiligten, denen der Frachtführer im Falle einer Pflichtverletzung Schadensersatz schuldet. Die Rechtsstellung des Frachtführers wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß er die Güter ausliefert. Das ergibt sich unmittelbar aus § 91, wonach der Schiffsführer die Güter vor Berichtigung oder Sicherstellung der darauf lastenden Havereibeiträge nicht ausliefern darf, anderenfalls er selbst dafür haftet. Die Geltendmachung des Pfandrechts durch den Frachtführer erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften, die für das Pfandrecht des Frachtführers wegen der Fracht und der Auslagen gelten (§89 Abs. 2 Satz 2). Hiernach erfolgt die Verwertung nach §26 i. V. m. §§440, 363 HGB, 1257, 1228 ff. BGB durch den Verkauf der Güter im Wege der öffentlichen Versteigerung. Liegt eine rechtskräftig bestätigte Dispache eines Dispacheurs vor, kann der Verkauf der beitragspflichtigen Güter auch im Wege der Mobiliarzwangsvollstreckung erfolgen (§ 1233 Abs. 2 BGB).
4. Die Beweislast Wer ein Schiffsgläubigerrecht an Schiff und Fracht geltend machen will, hat 11 alle Umstände für das Entstehen und den Fortbestand einer Forderung, die mit einem solchen Vorzug ausgestattet ist, darzulegen und zu beweisen. Macht der Frachtführer gegenüber einem Beteiligten ein Pfandrecht geltend, hat er die Beweislast für die Entstehung des gesetzlichen Pfandrechts. Einwendungen gegen den Fortbestand des Pfandrechts hat der Frachtführer zu entkräften, da der gute Glaube eines Dritterwerbers kraft Gesetzes vermutet wird. Ist aber der Mangel der Berechtigung des Veräußerers offenbar, wird 1 2 Bösgläubigkeit vermutet. Es obliegt dann dem Erwerber, sich zu entlasten 6 .
§90 (1) Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrags wird durch den Havereifall nicht begründet. (2) Der Empfänger beitragspflichtiger Güter wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon ein Beitrag zu entrichten sei, für den letzteren insoweit persönlich verpflichtet, als der Beitrag, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätte geleistet werden können.
6 RGRK-Pikart, §932 Rdn.21. 487
§90
5. Abschnitt. Haverei Übersicht
1. Allgemeines 2. Der Umfang der allgemeinen Verpflichtung des Empfängers 3. Die persönliche Verpflichtung des Empfängers
Rdn. 1 2
Rdn. 4. Der Zweck der persönlichen Haftung 5. Die Beweislast
6 7-8
1. Allgemeines 1
Die Vergütungsberechtigten haben nach § 89 wegen ihrer Forderungen aus der großen Haverei an dem Schiff ein Schiffsgläubigerrecht und an den beitragspflichtigen Gütern ein gesetzliches Pfandrecht. Das ihnen an den einzelnen Gütern zustehende Pfandrecht wird für sämtliche Beteiligten durch den Frachtführer ausgeübt. Der einzelne Berechtigte kann also kein Pfandrecht geltend machen. Durch § 90 wird hervorgehoben, daß neben den auf den beitragspflichtigen Gegenständen ruhenden dinglichen Lasten in Höhe der jeweiligen Beitragspflicht für den einzelnen Gegenstand keine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen durch den Havereifall begründet wird. Nach dem Grundsatz der Gefahrengemeinschaft von Schiff und Ladung kann die Beitragspflicht der Beteiligten nicht weiter gehen als bis zum Wert der durch die Maßnahmen der großen Haverei geretteten Gegenstände, deren Verlust im Falle eines Unterbleibens von Rettungsmaßnahmen hätte eintreten können.
2. Der Umfang der allgemeinen Verpflichtung des Empfängers 2
Nach § 90 Abs. 1 ist eine persönliche Verpflichtung des beitragspflichtigen Beteiligten auf die Entrichtung des Beitrags ausgeschlossen. Dabei ist es unerheblich, ob die Beitragspflicht auf Schäden oder Kosten beruht. Auch für die durch die Geltendmachung des Pfandrechts aus § 89 entstehenden Kosten wird keine persönliche Verpflichtung des beitragspflichtigen Beteiligten begründet. Die Haftung beschränkt sich auf die beitragspflichtigen Güter und ihre Verwertung im Wege des Pfandverkaufs. Anders verhält es sich mit Zinsen und Kosten, die durch einen Rechtsstreit entstehen, der zur Erzwingung des Beitrags geführt werden muß. Zinsen und Kosten beruhen auf einem neuen und selbständigen, durch den Rechtsstreit geschaffenen Verpflichtungsgrund (Verzug und prozessuale Kostentragungspflicht). Ein solcher Verpflichtungsgrund begründet in diesem Umfang abweichend von § 90 Abs. 1 eine persönliche Haftung 1 .
1 R G Z 33, 86; RG Recht 1931 N r . 1247. 488
Persönliche Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrags
§90
3. Die persönliche Verpflichtung des E m p f ä n g e r s a) Das Gesetz weitet die Haftung des Empfängers nach § 90 Abs. 2 aus und 3 bestimmt eine beschränkt persönliche Haftung des Empfängers, wenn ihm bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon ein Beitrag zu entrichten ist. Die persönliche Haftung beschränkt sich auf den Beitrag, der aus den Gütern hätte aufgebracht werden können, wenn die Güter nicht ausgeliefert worden wären. Die Haftung des Empfängers beschränkt sich also auf den Wert der beitragspflichtigen Güter. Diese Rechtsfolge beruht auf der Erwägung, daß die Auslieferung der mit Havereigeldern belasteten Güter ohne eine Belästigung des Verkehrs nicht umgangen oder erschwert werden kann. Auch bei einer Auslieferung der Güter erlischt zwar zunächst nicht das auf ihnen ruhende Pfandrecht wegen des Beitrags, solange die Güter im Besitz des Empfängers oder des Absenders bleiben, anders verhält es sich aber, wenn die Güter an einen gutgläubigen Dritten veräußert werden. In diesem Falle werden die Frachtgüter dem Zugriff des Frachtführers entzogen. Der Frachtführer kann deshalb den Empfänger, der Kenntnis von der Beitragspflicht hat, auch schon vor einer Verfügung über die Güter beschränkt persönlich verantwortlich stellen. Empfänger im Sinne des § 90 Abs. 2 ist der empfangsberechtige Empfänger (§ 26 i. V. m. §§ 426, 435, 445 ff. H G B ) . Danach kann auch der Absender Empfänger sein 2 , z. B. wenn der Empfänger die Annahme der Frachtgüter ablehnt und die Frachtgüter nunmehr dem Absender zurückgegeben werden. b) Die beschränkt persönliche Haftung setzt voraus, daß dem Empfänger die 4 Belastung der Güter mit Havereibeiträgen bekannt ist. Der Empfänger braucht aber weder die Höhe der Beiträge noch überhaupt die näheren Umstände der großen Haverei zu kennen. Es genügt die Kenntnis, daß aus den Gütern irgendein Beitrag zu einer großen Haverei zu entrichten ist. Für die Kenntnis kommt es auf den Zeitpunkt der Annahme an. Unter der Annahme ist die tatsächliche Übernahme der Frachtgüter durch den Empfangsberechtigten zu verstehen, also nicht nur wie in den §§ 58, 61 die Annahme als Erfüllung. Denn es sollen durch § 90 die Vergütungsberechtigten vor einer sie benachteiligten Auslieferung der Frachtgüter geschützt werden. Es ist daher ausreichend, wenn der Empfänger bei der mit der Auslieferung zusammenhängenden tatsächlichen Annahme Kenntnis von der Belastung der Frachtgüter mit Beiträgen erhält. Eine nachträgliche Kenntnis von der Belastung schadet nicht. Auch eine auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis ist unerheblich, da die grobe Fahrlässigkeit der positiven Kenntnis nicht gleichgesetzt ist. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Empfänger Nachforschungen hätte abstellen müssen und können. In der Regel wird sich der Schiffsführer vor oder bei der Löschung der Ladung vom Empfänger einen Verpflichtungsschein (Havereirevers) ausstellen lassen, in dem sich der Empfänger als persönlich haftender Schuldner ausdrücklich zur Zahlung der 2 R G Z 117, 388.
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§90
5. Abschnitt. Haverei
Beiträge verpflichtet. Wer einen solchen Havereirevers unterzeichnet, kann nicht geltend machen, ihm sei die Beitragspflicht der ihm ausgelieferten Güter unbekannt gewesen. Andererseits werden durch die Zeichnung des Havereireverses die Rechte des Empfängers als Beteiligter des Dispacheverfahrens, insbesondere sein Widerspruchsrecht nicht berührt. 5
c) Nach § 90 Abs. 2 wird der Empfänger, dem die Beitragspflicht bei Annahme der Güter bekannt war, nicht unbeschränkt persönlich verpflichtet. Er haftet nach dem Wortlaut des Gesetzes für den Beitrag nur insoweit, als der Beitrag, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Güter hätte geleistet werden können. Die beschränkt persönliche Haftung ist also auf den Wert der Güter zur Zeit der Auslieferung beschränkt. Im Falle einer Inanspruchnahme kann der Empfänger einwenden, daß auch ohne die Auslieferung bis zur Befriedigung der Vergütungsberechtigten eine Wertminderung oder ein Verlust, z. B. durch Verderb eingetreten wäre. Auch das Entstehen von Sowieso-Kosten kann geltend gemacht werden. In derartigen Fällen tritt eine Minderung der persönlichen Haftung ein.
4. Der Zweck der persönlichen Haftung 6
Die Bedeutung des § 90 liegt in der A u s w e i t u n g der H a f t u n g f ü r Havereibeiträge. Der E m p f ä n g e r haftet - solange er die Güter noch in Besitz hat - dinglich mit den Frachtgütern, auf denen das gesetzliche Pfandrecht für die Havereibeiträge lastet und daneben auch beschränkt persönlich aus § 90 Abs. 2. Das Gesetz bestimmt also eine zusätzliche Haftung, die nicht an die Stelle, sondern neben die dingliche Haftung mit dem Schiff und mit den beitragspflichtigen Gütern tritt. Der Empfänger kann daher den Frachtführer als Interessenvertreter der Vergütungsberechtigten nicht auf den einen oder den anderen Anspruch verweisen, vielmehr hat der Frachtführer das Wahlrecht, aus welchem Anspruch er vorgehen will. Im Konkurs des Empfängers zeigt sich die Bedeutung dieser Anspruchskonkurrenz. Der Anspruch des Frachtführers als Vertreter der Beteiligten aus der beschränkt persönlichen Haftung ist eine gewöhnliche Konkursforderung. Hingegen gewährt die dingliche Haftung sowohl für einen Schiffsgläubiger als auch für den Pfandgläubiger das Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den belasteten Gegenständen.
5. Die Beweislast 7
Macht der Frachtführer gegen den Empfänger das gesetzliche Pfandrecht geltend, muß er die Voraussetzungen der großen Haverei und die Höhe der auf den Frachtgütern ruhenden Beitragspflicht beweisen. Ferner muß er den Empfang der Güter nachweisen. Die große Haverei und die Beitragspflicht bedarf keines Beweises, wenn eine rechtskräftig bestätigte Dispache vorliegt. In der Regel wird auch der Empfang der Güter urkundlich zu beweisen sein. Will der Frachtführer den Empfänger beschränkt persönlich in Anspruch neh490
Auslieferung von Gütern, auf welchen Havereibeiträge haften
§91
men, hat er zu beweisen, daß der Empfänger bei Annahme der Güter die Beitragspflicht zu irgendeiner großen Haverei positiv gekannt hat. Kennenmüssen reicht nicht aus. In der Regel wird die Kenntnis des Empfängers durch Vorlage des Havereireverses geführt. Der Beweis kann aber auch mit den allgemeinen Beweismitteln der Z P O geführt werden. Der Frachtführer hat weiter zu beweisen, daß der Beitrag aus den Frachtgütern hätte geleistet werden können, wäre keine Auslieferung erfolgt. Der Frachtführer hat dabei den Wert der Frachtgüter bezogen auf den Zeitpunkt der Annahme zu beweisen. Demgegenüber kann der Empfänger zur Abwendung oder Minderung seiner 8 Haftung beweisen, daß ein Verlust oder eine Wertminderung der Güter eingetreten oder bestimmte Kosten entstanden wären, wäre keine Auslieferung erfolgt oder bevor die Verfügungsberechtigten hätten befriedigt werden können. Im Konkursverfahren des Empfängers hat der Frachtführer als Treuhänder der Vergütungsberechtigten die Beitragspflicht und das Recht auf abgesondere Befriedigung anzumelden. Werden die Ansprüche nicht zur Konkurstabelle anerkannt, muß der Frachtführer gegen den Konkursverwalter klagen.
§91 (1) Der Schiffer darf Güter, auf welchen Havereibeiträge haften, vor deren Berichtigung oder Sicherstellung nicht ausliefern, widrigenfalls er für die Beiträge insoweit verantwortlich wird, als diese, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätten geleistet werden können. (2) Gegen Hinterlegung des beanspruchten Beitrags bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle hat die Auslieferung der Güter zu erfolgen. (3) Wird diese Hinterlegung verzögert, so ist der Schiffer berechtigt, die Güter in einem öffentlichen Lagerhause oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Maßnahmen des Schiffsführers 3. Die Rechte der Vergütungsberechtigten im Falle der Sicherstellung oder Hinterlegung 4. Die weitere Abwicklung der großen Haverei
Rdn. 1-3 4-7
Rdn. 5. Die Haftung des Schiffsführers für Pflichtwidrigkeiten 6. Die Haftung des Schiffseigners . . . 7. Die Beweislast
10 11 12
8 9
1. Allgemeines a) § 91 entspricht der alten Fassung des § 731 HGB. Diese Vorschrift ist vereinfacht worden und regelt nicht mehr die Haftung des Kapitäns, wenn er pflichtwidrig die mit einem Havereibeitrag belasteten Frachtgüter an den Empfänger ausliefert. Die Haftung des Kapitäns in derartigen Fällen ergibt sich 491
§91
5. Abschnitt. Haverei
nunmehr aus seiner Verpflichtung nach § 511 H G B , bei allen Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Verträge die Sorgfalt eines ordentlichen Kapitäns anzuwenden. § 512 H G B dehnt seine Haftung auf die Verpflichtungen gegenüber den Reiseinteressenten aus. 2
b) In Übereinstimmung mit § 731 H G B n. F. bestimmt § 91, daß der Schiffsführer bei Vermeidung einer beschränkt persönlichen Haftung Güter, auf denen Havereibeiträge lasten, vor deren Berichtigung oder Sicherstellung nicht ausliefern darf. Mit diesem Verbot schützt das Gesetz die Ansprüche der Vergütungsberechtigten. Mit dem Havereifall erwerben die Vergütungsberechtigten wegen ihrer Vergütung ein gesetzliches Pfandrecht an den geretteten Frachtgütern. Dieses gesetzliche Pfandrecht kann ihnen durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten entzogen werden, wenn die Güter vom Schiffsführer an den Empfänger oder an den Absender ausgeliefert werden.
3
c) Das Gesetz hat von einer Sicherung des Schiffsgläubigers der Havereibeteiligten abgesehen. Die vergütungsberechtigten Ladungsinteressenten können durch den Frachtführer, der für sie die Stellung eines Treuhänders hat, nur durch das Ausbringen eines dinglichen Arrestes in das Schiff nach den §§ 916 ff. Z P O geschützt werden. 2. D i e M a ß n a h m e n des S c h i f f s f ü h r e r s
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a) Die Verpflichtungen des Schiffsführers aus § 91 beziehen sich nur auf beitragspflichtige Güter aus bereits entstandenen großen Havereien. Für zukünftige oder hypothetische Havereifälle kann nicht im voraus eine Verpflichtung des Schiffsführers, Frachtgüter zur Sicherung einer Beitragspflicht nicht auszuliefern, begründet werden. Ist ein Havereifall tatsächlich eingetreten, entsteht die Verpflichtung des Schiffsführers aus § 91 ohne Rücksicht darauf, ob eine Dispache bereits aufgestellt worden ist oder diese noch aussteht. Es dürfen also Teilladungen an Zwischenorten vor der Aufstellung der Dispache nicht vor der Berichtigung der Beiträge oder ihrer Sicherstellung ausgeliefert werden. In der Praxis zeichnen oft die Versicherer sofort Verpflichtungsscheine, um die Hinterlegung der Frachtgüter abzuwenden, auch wenn die Höhe der Beiträge noch nicht feststeht.
5
b) Über den U m f a n g der Beitragspflicht hat der Schiffsführer vor der Aufstellung der Dispache keinen sicheren Überblick. Erst nach Aufstellung der Dispache läßt sich der Umfang und die Höhe der Beiträge übersehen, die die beitragspflichtigen Beteiligten aus den geretteten Frachtgütern oder aus dem Schiff aufbringen müssen. Grundsätzlich ist der Schiffsführer nicht berechtigt, die Frachtgüter Zug um Zug gegen Zahlung der darauf lastenden Beiträge auszuliefern. Die Zahlung der Beiträge hat entweder an den Dispacheur oder an den Frachtführer zu erfolgen. Der Schiffsführer kann aber von dem Frachtführer ermächtigt werden, Zahlungen der Beteiligten entgegenzunehmen. Er ist dazu auch im Einverständnis aller Beteiligten berechtigt. Verlangt ein Empfänger die 492
Auslieferung von Gütern, auf welchen Havereibeiträge haften
§91
Herausgabe von Frachtgütern mit der Erklärung, seiner Beitragspflicht genügt zu haben, muß sich der Schiffsführer vor der Auslieferung der Frachtgüter von der Richtigkeit der Sachdarstellung des Empfängers überzeugen. c) Der Schiffsführer ist zur Auslieferung der F r a c h t g ü t e r nach § 91 Abs. 2 6 verpflichtet, wenn der auf dem Frachtgut lastende Beitrag bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle hinterlegt ist. Aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, daß auch jede andere ordnungsgemäße Sicherheitsleistung im Sinne des §§ 232 ff. B G B genügt. Vor der Auslieferung muß der Schiffsführer prüfen, ob die Hinterlegung ordnungsgemäß bewirkt worden ist und der Hinterlegungsbetrag dem „beanspruchten Beitrag" entspricht. Die Höhe des Beitrags ergibt sich aus der Dispache. Ist noch keine Dispache aufgemacht, muß der Schiffsführer durch Rückfrage bei dem Dispacheur feststellen, welcher Mindestbeitrag beansprucht wird, um die Vergütungsberechtigten zu sichern. D a in aller Regel Versicherer Havereireverse zeichnen, kommt eine Hinterlegung in der Praxis nur selten vor. Die H i n t e r l e g u n g oder Sicherheitsleistung erfolgt auf Kosten des Beteiligten, der ein Interesse an der Herausgabe der Frachtgüter ohne Einzahlung der Beiträge hat. Ist in ein Depot des Frachtführers oder eines Dispacheurs eingezahlt, kann der eingezahlte Betrag als Sicherheit angesehen werden. d) Der Schiffsführer ist berechtigt, die Güter in einem öffentlichen L a g e r - 7 haus oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen, wenn der beitragspflichtige Beteiligte weder seinen Beitrag entrichtet, noch den auf den Frachtgütern lastenden Beitrag sicherstellt oder die Hinterlegung verzögert. Eine Verzögerung der Hinterlegung setzt voraus, daß der Schiffsführer seine Löschbereitschaft angezeigt hat (§ 47) oder zur A n n a h m e von S t ü c k g ü t e r n aufgefordert hat (§ 54). Auf diese Meldung hin hat der beitragspflichtige Ladungsbeteiligte von sich aus zu hinterlegen. Einer besonderen Fristsetzung oder des Ablaufs einer Wartezeit bedarf es hierbei nicht. Die Hinterlegung hat der Schiffsführer an sicherer Stelle zu bewirken, d. h. bei einem Lagerhalter oder Spediteur. Der Schiffsführer darf die Frachtgüter nicht in eigener Verwahrung behalten. Die K o s t e n der Hinterlegung der Frachtgüter trägt der beitragspflichtige Beteiligte als Veranlasser der Maßnahmen, es sei denn, daß die Vergütungsberechtigten oder der Schiffsführer die Notwendigkeit der Hinterlegung herbeigeführt hat. Hinterlegungen werden in der Praxis vom Frachtführer in eigenem Namen, aber für Rechnung und Gefahr des beitragspflichtigen Beteiligten vorgenommen. Der Empfangsberechtigte kann eine Aushändigung seiner Frachtgüter nur mit Einwilligung des Schiffsführers und nur gegen Berichtigung seines Beitrags und der Hinterlegungskosten verlangen. Er kann diese Rechtsfolge nicht durch eine anderweitige Hinterlegung abwenden. Eine Verpflichtung des Schiffsführers zur Hinterlegung besteht nicht. Er kann 493
§91
5. Abschnitt. Haverei
es den Vergütungsberechtigten überlassen, durch den Frachtführer das ihnen an den Frachtgütern zustehende gesetzliche Pfandrecht gelten zu machen und die Güter zu verwerten.
3. Die Rechte der Vergütungsberechtigten im Falle der Sicherstellung oder Hinterlegung 8
Im Falle der Sicherstellung wegen der Beiträge oder bei Hinterlegung der Frachtgüter bleiben die gesetzlichen Pfandrechte der Vergütungsberechtigten an den beitragspflichtigen Frachtgütern nach § 89 Abs. 2 ohne jede Einschränkung erhalten. An einem hinterlegten Betrag erwerben die Vergütungsberechtigten ein zusätzliches Pfandrecht (§ 233 B G B ) neben dem gesetzlichen Pfandrecht an den Frachtgütern.
4. Die weitere Abwicklung der großen Haverei 9
Regelmäßig verlangt der Dispacheur oder der Frachtführer einen Einschuß für die große Haverei von allen beitragspflichtigen Beteiligten auf ein Depot. Mit diesem Depot darf der Frachtführer aber nicht nach Belieben verfahren. Das Depot ist je nach dem Verlauf der Angelegenheit zu verbrauchen oder zurückzuzahlen. Ist in das Depot ein Betrag in Fremdwährung eingezahlt worden, ist nach der Aufmachung der Dispache soviel aus dem Depot zu entnehmen, wie dem in Deutscher Mark berechneten Havereibeitrag entspricht. Der verbliebene Rest ist in der Fremdwährung zurückzuzahlen 1 .
5. Die Haftung des Schiffsführers bei Pflichtwidrigkeiten 10
Liefert der Frachtführer Frachtgüter, auf denen Havereibeiträge lasten, vor der Berichtigung oder Sicherstellung dieser Beiträge aus, haftet er nach § 91 Abs. 1 insoweit für die Beiträge, als diese ohne die Auslieferung aus den Gütern hätten geleistet werden können. Der Schiffsführer haftet also in diesem Falle beschränkt persönlich. Diese Haftung entspricht der des Empfängers nach § 90 Abs. 2. In beiden Fällen ist die Haftung begrenzt durch den Wert der beitragspflichtigen Güter. Die Haftung kann ausgeschlossen oder gemindert sein, wenn auch bei unterbliebener Auslieferung ein Verlust oder eine Wertminderung sowie Sowieso-Kosten entstanden wären. Die Verletzung der sich aus § 91 Abs. 1 ergebenden Pflichten stellt einen besonders geregelten Fall der Dienstpflichtverletzung aus § 7 dar. Der Schiffsführer kann sich nicht nach § 7 Abs. 2 von seiner Haftung aus § 91 Abs. 1 durch den Nachweis entlasten, er habe auf Anweisung des Schiffseigners gehandelt. Denn § 91 Abs. 1 regelt die Haftung selbständig. § 7 Abs. 2 ist auch nicht in § 91 bezogen. 1 RGZ 108, 304. 494
Schadensersatzpflicht bei Schiffszusammenstoß
§92
6. Die Haftung des Schiffseigners Die beschränkt persönliche Haftung des Schiffsführers nach § 91 Abs. 1 ist ein 1 1 besonderer Fall der Verschuldenshaftung. Für diesen Schaden ist der Schiffseigner nach den §§ 3, 4 verantwortlich. Er haftet aber nur beschränkt persönlich mit Schiff und Fracht. Soweit der Schiffsführer auf Anweisung des Schiffseigners § 91 Abs. 1 zuwider die Frachtgüter ausgeliefert hat, wird auch der Schiffseigner und zwar persönlich nach § 7 Abs. 3 verpflichtet, es sei denn, daß er bei der Erteilung der Anweisung von dem Sachverhältnis nicht unterrichtet gewesen ist. Schiffseigner (§ 7 Abs. 3), Schiffsführer (§ 91 Abs. 1) und Empfänger (§ 90 Abs. 2) haften den Vergütungsberechtigten als Gesamtschuldner (§ 421 B G B ) .
7. Die Beweislast Der Frachtführer hat als Treuhänder der Vergütungsberechtigten die Tatsa- 1 2 che der Auslieferung der Frachtgüter, die auf den Frachtgütern ruhenden Beiträge sowie den Wert der Frachtgüter zu beweisen. Umfang und H ö h e der Beiträge können durch Vorlage der Dispache nachgewiesen werden. Der Schiffsführer kann einwenden und beweisen, daß die Güter auch in Verlust geraten oder in ihrem Wert vermindert worden wären, wenn keine Auslieferung erfolgt wäre. Auch abzugfähige Sowieso-Kosten können nachgewiesen werden. Will der Frachtführer den Schiffseigner neben dem Schiffsführer oder auch allein in Anspruch nehmen, hat er dessen Anweisung an den Schiffsführer nachzuweisen. Demgegenüber kann sich der Schiffseigner durch den Nachweis entlasten, daß er bei Erteilung der Anweisung von dem Sachverhältnis nicht unterrichtet war (§ 7 Abs. 3).
Sechster Abschnitt
Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung §92 (1) Die Schadensersatzpflicht beim Z u s a m m e n s t o ß von Binnenschiffen bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 92 a bis 92 f. (2) F ü g t ein Schiff durch A u s f ü h r u n g oder U n t e r l a s s u n g eines Manövers oder durch N i c h t b e o b a c h t u n g einer Verordnung einem anderen Schiff oder den an B o r d der Schiffe befindlichen Personen oder Sachen einen Schaden zu, ohne daß ein Zusammenschluß stattfindet, so finden die Vorschriften der §§ 92 a bis 92 f entsprechende A n w e n d u n g . 495
§92
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
(3) Als Schiffe im Sinne dieser Vorschriften sind auch Kleinfahrzeuge anzusehen. Den Schiffen stehen bewegliche Teile von Schiffsbrücken gleich. Übersiebt Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Begriff des Schiffes 3. Der Zusammenstoß von Schiffen . .
1-3 4-5 6
Rdn. 4. Sonstige Schäden an anderen Schiffen oder Sachen 5. Die Beweislast
7 8-9
1. A l l g e m e i n e s 1
a) Die §§ 9 2 - 9 2 f gelten nur für Kollisionen zwischen Binnenschiffen auf Binnengewässern. Abweichend von den Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes finden auf eine Kollision von Binnenschiffen innerhalb der Seegrenzen die § 734 ff H G B Anwendung 1 . Hinsichtlich der in diesen Vorschriften nicht geregelten Haftung des Schiffseigners sind die diesbezüglichen Haftungsvorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes maßgebend, d. h. der Schiffseigner haftet für das Verschulden seiner Schiffsbesatzung beschränkt dinglich mit Schiff und Fracht nach den §§ 112-114, nicht aber nach § 4 Abs. 2 2 . Auch das Schiffsgläubigerrecht bestimmt sich nach Binnenschiffahrtsrecht. Bei einer Kollision zwischen einem Seeschiff und einem Binnenschiff sind mit vorstehender Einschränkung nach § 739 H G B die §§ 734 ff H G B als einheitliches Kollisionsrecht anzuwenden 3 . Entsprechendes gilt bei Fernschädigungen. Rechtsstreitigkeiten über einen Unfall beim Betrieb eines Binnenschiffs sind keine Binnenschiffahrtssachen und gehören nicht zur Zuständigkeit der Schifffahrtsgerichte, wenn sich der Unfall in einem Seehafen unter Beteiligung eines Seeschiffs ereignet hat 4 .
2
b) Die Neufassung der §§ 9 2 - 9 2 f beruht auf dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 15. 3 . 1 9 6 0 über den Zusammenstoß von Binnenschiffen sowie zur Änderung des Binnenschiffahrtsgesetzes und des Flößereigesetzes vom 30. 8.1972 5 . Hierdurch ist für Kollisionen von Binnenschiffen auf deutschen Binnengewässern ein einheitliches Kollisionsrecht geschaffen worden. Ist die Kollision im Ausland auf Binnengewässern erfolgt, können die Parteien deutsches oder ein anderes Binnenschiffahrtsrecht vereinbaren, da die Rechtswahl nicht zwingend durch den Kollisonsort bestimmt wird 6 . Die örtlichen Verkehrsvorschriften bleiben auch bei einer vom Ortsrecht abweichenden
1 2 3 4 5 6
OLG Hamburg, Hansa 67,442 = MDR 1966, 930. BGH Z.f.B. 1985, 263. Vgl. dazu BGH ZfB 1973, 613. OLG Hamburg, VersR. 1985, 58. BGBl. II S. 1005. BGHZ 42, 385.
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Schadensersatzpflicht bei Schiffszusammenstoß
§92
Rechtswahl anwendbar 7 . Die Anforderungen, die an den Bau und an die Ausrüstung eines Fahrzeugs zu stellen sind, sind nach der für den Unfallort maßgeblichen Untersuchungsordnung zu bestimmen 8 . c) Die Anwendung des Binnenschiffahrtsgesetzes ist nicht auf Schiffseigner 3 beschränkt, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen; denn nach § 1 ist Schiffseigner ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit jeder Eigentümer eines zur Schiffahrt auf Binnengewässern bestimmten Schiffes. Die nationale Zugehörigkeit eines Schiffes ist in der Regel unerheblich. Die Vorschriften über den Zusammenstoß von Binnenschiffen sind für alle Binnenschiffe auf deutschen Binnengewässern ohne Rücksicht auf die nationale Zugehörigkeit des Schiffes und die Nationalität des Schiffseigners anwendbar 9 . Das gilt insbesondere für die beschränkt-dingliche Schiffseignerhaftung nach den §§ 112-114 1 0 . Danach ist auch ein Schadensersatzanspruch eines Ausländers, dessen Binnenschiff auf deutschen Binnengewässern von einem deutschen Binnenschiff beschädigt worden ist, nach deutschem Recht zu beurteilen und in Deutscher Mark zu entschädigen. Die Verurteilung kann auf einen Betrag in Deutscher Mark oder einen Fremdwährungsbetrag zu dem am Zahlungstage maßgeblichen Umrechnungskurs der Deutschen Bundesbank in Deutscher Mark lauten.
2. Der Begriff des Schiffes a) Das Binnenschiffahrtsgesetz definiert den maßgeblichen Schiffsbegriff 4 nicht näher. Es ist daher von dem durch die Rechtsprechung geprägten Schiffsbegriff auszugehen. Danach ist unter einem Schiff im Rechtssinne ein schwimmfähiges, mit einem Hohlkörper versehenes Fahrzeug von nicht ganz unbedeutender Größe zu verstehen, dessen Zweckbestimmung es mit sich bringt, über oder unterWasser fortbewegt zu werden und dabei Personen oder Sachen zu tragen 11 . Als Schiffe sind auch Schwimmkörper anzusehen, die nicht oder nicht mehr die Zweckbestimmung haben, Personen oder Sachen zu befördern. Wird ein schwimmfähiges Wrack verschleppt, erfüllt es auf seiner letzten Reise noch den Schiffsbegriff. Anders verhält es sich mit Schiffsgefäßen auf einem Abwrackplatz, wenn dort ein Unfall erfolgt. Diese dort liegenden und ihre Verschrottung erwartenden Schiffsgefäße haben den Zusammenhang mit der Schiffahrt verloren. Schrott erfüllt nicht mehr den Schiffsbegriff. 7 8 9 10 11
O L G Hamburg, Vers.R. 1970, 538. B G H , Z f B 1973, 613. R G Z 21, 38 B G H 3, 321; 29, 237. B G H N J W 1972, IIIS; Schaps-Abraham S H R I S. 227; Bemm-Lindemann, Seemannsgesetz, 3. Aufl., Einf. Rdn. 9; Bemm-Kortendick, Rheinschiffahrtspolizeiverordnung 1983, § 1.01 Rdn. 3.
497
§92
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
Ein W r a c k ist vor seiner Bergung kollisionsrechtlich kein Schiff mehr. Insoweit gelten lediglich die §§ 823, 831, 249 B G B 1 2 . 5
b) Nach § 92 Abs. 3 Satz 1 gelten als Schiffe im Sinne der §§ 9 2 - 9 2 f auch Kleinfahrzeuge. Hierunter fallen Fähr- und Sportboote ohne Rücksicht auf ihre Größe und ihre Bauart, nicht aber Surfer und Wasserskifahrer. Ferner stellt § 91 Abs. 3 Satz 2 bewegliche Teile v o n Schiffsbrücken den Schiffen gleich. Darunter sind aber keine beweglichen Schleusentore zu verstehen, die auch begangen werden können, da Schleusentore nach ihrer Zweckbestimmung nicht wie Brücken der Verbindung von Ufer zu Ufer dienen.
3. Der Zusammenstoß von Schiffen 6
Ein Zusammenstoß von Schiffen liegt nur vor, wenn sie miteinander in körperliche Berührung geraten. Es genügt, wenn irgendwelche Teile eines Schiffes Teile eines anderen Schiffes berühren, z. B. wenn der Anker eines Schiffes einen anderen Schiffskörper aufschlitzt oder ein Schwenkbaum Aufbauten eines anderen Schiffes beschädigt. Eine Kollision liegt nicht vor, wenn ein Schiff gegen einen Schlepp- oder Turnstrang gerät oder wenn ein Schiff mit seinem Anker unter die Ankerkette des ausgebrachten Ankers eines anderen Fahrzeugs (Baggers) gerät 13 . Bei einem Zusammenstoß zwischen einem Schleppboot und seinem Anhang bestehen neben vertraglichen Ansprüchen auch Ansprüche aus den §§ 823 ff. B G B i. V. m. §§ 102, 114. Es bestehen keine Besonderheiten mehr, da es unerheblich ist, ob die Schiffe voneinander unabhängig sind oder ob sie sich selbständig fortbewegen können. Durch die Gesetzesänderung ist der Streit, ob die seerechtlichen Vorschriften auf Unfälle im Schleppverband Anwendung finden, gegenstandslos geworden. Kein Zusammenstoß liegt vor, wenn Schiffe mit einem ortsfesten oder treibenden Gegenstand in Berührung kommen. Die A n f a h r u n g eines Dalbens, einer Brücke, eines Schleusentores oder einer Uferanlage ist ebensowenig ein Zusammenstoß von Schiffen wie das Auffahren auf einen im Wasser treibenden C o n tainer, den ein anderes Schiff verloren hat. Anders verhält es sich, wenn ein Zusammenstoß von Schiffen vorangegangen ist und hierbei Gegenstände über Bord geraten, wie z. B . Container, und ein anderes Schiff mit diesen Gegenständen Berührung hat und Schaden erleidet. In einem solchen Fall besteht ein ursächlicher Zusammenhang des Schadensfalles mit der zunächst erfolgten Kollision.
12 BGH LM § 4 BSchG Nr. 3. 13 Vgl. dazu O L G Hamburg, VersR. 1973, 1115; Bemm-Kortendick, Einf. 102. 498
RheinSchPVO 1983
Schadensersatzpflicht bei Schiffszusammenstoß
§92
4. Sonstige Schäden an anderen Schiffen und Sachen Nach § 92 Abs. 2 sind die §§ 92 a bis 92 f entsprechend anwendbar, wenn ein 7 Schiff durch Ausführung oder Unterlassung eines Manövers oder durch Nichtbefolgung einer Verordnung ein anderes Schiff oder den an Bord der Schiffe befindlichen Personen oder Sachen einen Schaden zufügten, ohne daß eine Kollision stattfindet. Hierunter fallen alle Fernschädigungen anderer Schiffe sowie die Anfahrung von Hafen- und Uferanlagen aller Art. Unter einem Manöver im Sinne des § 92 Abs. 2 ist jede Maßnahme des Schiffsführers und der sonstigen Schiffsbesatzung zu verstehen, die darauf gerichtet ist, den Standort oder die Lage des Schiffes im Strom oder im Revier zu verändern oder eine solche Änderung zu verhindern. Manöver in diesem Sinne sind in erster Linie der Maschineneinsatz, Ruderbewegungen, Einsatz des Bugstrahlruders, Kursänderungen, Stopp- und Rückwärtsbewegungen. Zu den Manövern gehören auch sonstige Maßnahmen wie das Werfen von Bug- und Heckankern, Übernahme von Schlepp- und Turndrähten 14 , der Einsatz von Reibhölzern, Haken und Festmachedrähten sowie bei Sportbooten das Setzen von Segeln. Eine Fernschädigung besteht insbesondere dann, wenn durch die Maschinenkraft eines Schiffes andere Schiffe Sog- und Druckkräften ausgesetzt werden und hierdurch Schaden erleiden 15 . Man braucht aber in einem Hafen nicht damit zu rechnen, daß Sogkräfte für Dritte bei Außenbordarbeiten gefährlich werden könnten, wenn kein Wahrschauposten aufgestellt ist und nichts für die Vornahme derartiger Arbeiten spricht 16 . Ein Manöver liegt nicht vor, wenn ein Schiff auf Grund gerät und andere Fahrzeuge bei Ausweichmanövern einen Unfall erleiden 17 . § 92 Abs. 2 bestimmt ausdrücklich eine Schadensersatzpflicht, wenn der Schaden auf der Nichtbeachtung einer Verordnung beruht. Unter einer Verordnung im Sinne des § 92 Abs. 2 sind Vorschriften aller Art zu verstehen, die dem Schiffsführer ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen zur Pflicht machen. Hierher gehören alle Verkehrsvorschriften sowie alle sonstigen Gesetze und Vorschriften zum Schutz der Interessen aller Schiffahrttreibenden. Die Nichtbeachtung von Verkehrsvorschriften kann schadensursächlich für andere Kollisionen 18 oder eine Festfahrung werden. Es können aber auch Schäden an Uferanlagen, z. B. durch unzulässige schnelle oder fehlerhafte Fahrweise bei Hochwasser entstehen.
14 15 16 17 18
RGZ 171, 97. Vgl. dazu Bemm-Kortendick, O L G Köln, ZfB 1978, 396. RG, DR 1944, 247 Nr. 21. RGZ 44, 33.
RhSchPVO 1983. § 1.04 Rdn. 23 f..
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§ 92 a
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
5. Die Beweislast 8
Der Geschädigte hat die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität zu beweisen. Bei der haftungsausfüllenden Kausalität, dem Ursachenzusammenhang, kann dem Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins zur Hilfe kommen, wenn der Schaden auf einer bestimmten Ursache beruht, die für Schäden der in Rede stehenden Art typisch ist. Eine allgemeine Beweiserleichterung oder eine Beweislastumkehr kennt das Gesetz nicht.
9
Der Beweis des ersten Anscheins spricht z. B. im Falle einer Schiffskollision für ein Verschulden des Schiffsführers, wenn er auf ein vorausfahrendes Schiff auffährt, einen falschen Kurs steuert, entgegen der nautischen Sorgfaltspflicht keinen Ausguck aufstellt, ein an erlaubter Stelle ordnungsgemäß stilliegendes anderes Schiff anfährt, gegen ein Schleusentor, einen Dalben, einen Brückenpfeiler, eine Hafenmohle oder Hafen- oder Uferanlagen fährt, bei unsichtigem Wetter mit Radarhilfe fährt, ohne im Besitz eines Radarschifferzeugnisses zu sein, in engem statt im weiten Bogen wendet und die vorgeschriebenen Signale oder die angeordnete Lichterführung unterläßt. Gerät ein Schiff ins Treiben, spricht der Anscheinsbeweis dafür, daß der Schiffsführer sein Schiff nicht ordnungsgemäß befestigt hat. Gerät ein Schiff aus dem Kurs, spricht bei einer darauf beruhenden Begegnungskollision der Anscheinsbeweis für falsche Ruderlegung. Versagende Schiffseinrichtungen (Maschine, Ruder, Anker, Beleuchtung) sprechen nach den Regeln des Anscheinsbeweises für mangelnde Wartung. In allen Fällen kann der Schiffsführer den gegen ihn sprechenden Beweis des ersten Anscheins erschüttern, wenn er einen von dem typischen Geschehensablauf abweichenden atypischen Tatbestand aufzeigt und beweist. Zur Entkräftung des Anscheinsbeweises ist es erforderlich, gegenüber den denkbaren verschuldeten Schadensursachen jeweils die ernsthafte Möglichkeit eines anderen unverschuldeten Geschehensablaufs aufzuzeigen und zu beweisen 19 . Auch bei Verstößen gegen Normen, die ein bestimmtes Verhalten vorschreiben, hat der Geschädigte den Verstoß näher darzulegen und zu beweisen. 2 0 .
§ 92 a Im Falle eines Zusammenstoßes von Schiffen besteht kein A n s p r u c h auf Ersatz des Schadens, der den Schiffen oder den an B o r d befindlichen Personen oder Sachen durch Zufall oder höhere Gewalt z u g e f ü g t worden ist oder dessen Ursachen ungewiß sind. 19 B G H Z f B 1985, 262. 20 Zu den Einzelfällen der Beweislast vgl. näher Baumgärtel-Korioth, im Privatverkehr, Anm. zu §§ 92-92 f BinnSchG.
500
H b . der Beweislast
Ausschluß des Schadensersatzanspruchs
§ 92 a Übersicht
1. Allgemeines 2. Der Anwendungsbereich 3. Der Ausschluß der Haftung
. . . .
Rdn. 1-2 3 4-7
Rdn. 4. Die Tragweite Schlusses 5. Die Beweislast
des
Haftungsaus8 9-10
1. Allgemeines § 92 a beruht auf dem Internationalen Übereinkommen zur Vereinheitlichung 1 einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen vom 13. 3.1960. An sich ist diese Vorschrift als überflüssig zu bezeichnen, weil nur das wiederholt wird, was ohnehin nach deutschem Recht selbstverständlich ist. Abgesehen von den Fällen der Gefährdungshaftung, die das Binnenschiffahrtsrecht nicht berühren, setzt eine Haftung für einen Schaden stets ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Schädigers voraus, wenn man von dem Ausnahmetatbestand des § 904 BGB, dem Notstand, absieht. Zwar steht § 92 a in einem engen Zusammenhang mit den sonstigen Vorschrif- 2 ten des Siebten Abschnitts, der den Schadensersatz beim Zusammenstoß von Schiffen regelt, § 92 a ist aber keine Ergänzung des § 92 b; denn es ist keine abschließende Regelung aller Fälle bezweckt, die von der Haftung ausgenommen sind. Der Gesetzgeber hat nur drei bestimmte Fälle genannt, in denen die Haftung kraft Gesetzes ausgeschlossen sein soll.
2. Der Anwendungsbereich Nach seinem Wortlaut ist § 92 a nur bei einem Zusammenstoß von Schiffen 3 anwendbar. 1 Nach § 92 Abs. 2 gilt § 92 a gleichermaßen, wenn ein Schiff durch die Ausführung oder die Unterlassung eines Manövers oder durch die Nichtbeachtung einer Verordnung einem anderen Schiff oder den an Bord des Schiffes befindlichen Personen oder Sachen Schaden zufügt, ohne daß ein Zusammenstoß stattfindet. 2
3. Der Ausschluß der Haftung a) Nach der Systematik des deutschen Schadensersatzrechts setzt eine Ver- 4 pflichtung zum Schadensersatz - abgesehen von den Fällen der Gefährdungshaftung, die die Schiffahrt nicht berühren, und dem Fall des Notstandes (§ 904 BGB) - ein schadensursächliches rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten (Tun oder Unterlassen) voraus. Ergänzend nennt das Gesetz in § 92 a drei Fälle des Haftungsausschlusses, ohne daß diese Regelung als abschließend angesehen werden kann. Es sind sonstige Haftungsausschlußgründe aufgrund vertraglicher 1 Z u m Begriff Zusammenstoß vgl. § 92 Rdn. 6. 2 Zu den Voraussetzungen dieser N o r m vgl. § 92 Rdn. 7. 501
§ 92 a
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
Freizeichnung, kraft Gesetzes oder auch durch die besonderen U m s t ä n d e des Einzelfalles denkbar und möglich, jedenfalls aber durch § 92 a nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen. 5
b) D a s G e s e t z nennt als H a f t u n g s a u s s c h l u ß g r U n d e Zufall, höhere Gewalt und Ungewißheit über die Ursache des Zusammenstoßes. Auf Zufall beruht ein schädigendes Ereignis, wenn kein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vorliegt. Die schadensursächliche Kausalität muß der Beeinflussung durch den Handelnden entzogen sein. So können Maschinen- und Ruderversagen sowie die plötzliche Ohnmacht des Rudergängers einen Zufall darstellen, wenn es infolge einer solchen Ursache z u m Zusammenstoß k o m m t . Ist ein Ereignis aber vorhersehbar, verletzt ein Beteiligter die verkehrsübliche Sorgfalt, wenn er nicht der vorhersehbaren Gefahr rechtzeitig begegnet und die Maßnahmen trifft, die nach den U m s t ä n d e n des Falles geboten und zumutbar waren, u m einen Schaden abzuwenden. D a s pflichtwidrige Unterlassen steht dem aktiven Handeln gleich und führt zum Schadensersatz. Sind z. B. über H ö r f u n k und Fernsehen orkanartige Stürme angekündigt, muß ein Schiffsführer bei Beachtung nautischer Sorgfalt besondere Maßnahmen treffen, um sein Schiff beim Stilliegen zu sichern, damit es nicht ins Treiben gerät und gegen andere Schiffe ankommt. E s kann auch notwendig werden, das Schiff zum Schutz gegen ein Verwehen in einem H a f e n sicher zu befestigen. In derartigen Fällen von Naturgewalten müssen vorausschauend alle zumutbaren Maßnahmen genutzt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, u m das Unfallrisiko zu begrenzen. Die höhere Gewalt ist methodisch ein Unterfall des Zufalls, orientiert sich aber an anderen Kriterien.
6
Bei der h ö h e r e n G e w a l t handelt es sich u m ein von außen einwirkendes außergewöhnliches Ereignis, das auch bei äußerster, nach L a g e der Sache zu erwartender Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte 3 . Fälle höherer Gewalt sind Naturereignisse wie orkanartige Stürme, Eisbildung, Blitzschlag sowie H o c h - und Niedrigwasser. O b der von diesen Naturereignissen ausgehenden Gefahr hätte begegnet werden können, ist eine Frage des Einzelfalles.
7
c) D i e Ursachen eines Unfalls müssen gewiß sein, damit über die Rechtswidrigkeit und das schadensursächliche Verschulden des Beteiligten Klarheit besteht. D e r Haftungsausschluß bei U n g e w i ß h e i t über die Ursachen des Zusammenstoßes hat prozessualen Charakter. D i e H a f t u n g nach § 92 b setzt voraus, daß der Schaden erwiesenermaßen auf rechtswidrigem und schuldhaften Verhalten der Schiffsbesatzung beruht. Die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen feststehen, d. h. unstreitig sein oder zugestanden werden. Ist das nicht der Fall, müssen die Tatsachen zur U b e r z e u gung des Gerichts bewiesen werden. Bleiben die Ursachen eines Zusammenstoßes ungewiß, fehlt also der Nachweis eines schadensursächlichen rechtswidrigen 3 O L G Hamm, NJW 1980, 203. 502
§ 92 a
Ausschluß des Schadenersatzanspruchs
Verhaltens oder eines pflichtwidrigen Unterlassens, ist nach § 92 a jede Haftung aus dem Zusammenstoß der Schiffe nach dem Binnenschiffahrtsgesetz ausgeschlossen. Im Falle eines „ n o n liquet" ist jeder Ersatzanspruch zu versagen. Bei der Uberzeugungsbildung des Gerichts, die zu einem „non liquet" führt, sind das gesamte eigene Vorbringen sowie alle zu Gunsten und zu Lasten einer Partei sprechenden Umstände des Falles zugrunde zu legen 4 . Ein bloßer Verdacht reicht nicht aus. Ist aber die haftungsbegründende Kausalität bewiesen, kann dem Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins bei der haftungsausfüllenden Kausalität zur Hilfe kommen. 5 Eine allgemeine Beweiserleichtung oder eine Beweislastumkehr gibt es im Binnenschiffahrtsrecht nicht. 4. D i e T r a g w e i t e des H a f t u n g s a u s s c h l u s s e s Im Falle eines „ n o n liquet" sind Ersatzansprüche des Geschädigten aus dem 8 Zusammenstoß der Schiffe gegen den angeblichen Schädiger ausgeschlossen. Von dem Haftungsausschluß bleiben etwaige vertragliche Ersatzansprüche oder Ansprüche gegen den Kaskoversicherer unberührt. 5. D i e B e w e i s l a s t Der Geschädigte hat in erster Linie nachzuweisen, daß der Anspruchsgegner 9 der Eigner, zumindest der Ausrüster das an dem Zusammenstoß beteiligten Schiffes gewesen ist 6 . Dem Geschädigten obliegt die Beweislast sowohl für die haftungsbegründende als auch für die haftungsausfüllende Kausalität. In diesem Rahmen muß er den Nachweis des Verschuldens des Schädigers führen. Er muß daher nachweisen, daß der Unfall weder auf einem Zufall noch auf höherer Gewalt beruht. Notfalls muß er beweisen, daß der Schädiger bei gehöriger Sorgfalt den Unfall hätte abwenden können. Weder begründet das Verschulden eine Vermutung für den Kausalzusammenhang, noch kann das Gegenteil angenommen werden 7 . Die früher in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, daß der Beweis für 1 0 die Zulässigkeit bestimmter, nach allgemeinen Erfahrungen die durchgehende Schiffahrt gefährdenden oder behindernden Manöver dem betreffenden Schiff aufzuerlegen sei, hat der B G H 8 für die nach dem Inkrafttreten des § 92 a erfolgten Schiffszusammenstöße dahingestellt sein lassen. Man wird an der früheren
4 BGH VerSR 1964, 505; Prüßmann-Rabe,
5 Zum Anscheinsbeweis siehe näher § 92. 6 B G H VRS 1957, 258.
SHR § 734 Anm. 2.
7 RGZ 97, 13; BGH VersR 1962, 752; 1970, 948; 1974, 467; Prüßmann-Rabe, SHR § 735 Anm. D l ; Schaps-Abraham, SHR 735 Rdn.48; Bemm-Kortendick, RSchPVO 1983.
Einf. Rdn. 117. 8 VersR 1975, 640.
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§ 92 b
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
Rechtsprechung 9 im Hinblick auf den Wortlaut und den Sinn des § 92 a nicht festhalten können, weil sich aus dem Gesetz keine Beweislastregelung über die Zulässigkeit eines Manövers entnehmen läßt. Allgemeine Erfahrungen über Gefahren, die bei bestimmten Manövern auftreten können, rechtfertigen keine Beweislaständerung. Auch Billigkeitserwägungen sind insoweit mit dem Gesetz nicht vereinbar 10 .
§ 92 b Ist der Schaden durch Verschulden der Besatzung eines der Schiffe herbeigeführt, so ist der Eigner dieses Schiffes zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
1. Allgemeines 2. Die Kollisionsbeteiligten 3. Mehrere Beteiligte 4. Die Schiffsbesatzung 5. Das Verschulden der Schiffsbesatzung 6. Der Kausalzusammenhang
Rdn. 1 2-3 4—9 10-15 16-20 21-23
Rdn. 7. Die Rechtsgrundlagen der Ersatzverpflichtung 8. Der Schaden 9. Die Schadensfeststellung 10. Die Beweislast 11. Die Fälle des Anscheinsbeweises . .
24-26 27--31 32 33--37 38--39
1. Allgemeines 1
§ 92 b entspricht der seerechtlichen Reederhaftung des § 735 H G B für das Verschulden der Schiffsbesatzung im Falle eines Zusammenstoßes. Zusammenstöße von Schiffen werden auch Kollisionen genannt. Ein Zusammenstoß liegt dann vor, wenn zwei Schiffe sich körperlich mindestens berühren. Es genügt aber, wenn bewegliche Teile eines Schiffes mit einem anderen Schiff, Schiffsteil oder Zubehör in Berührung kommen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Anker eines Schiffes die Bordwand eines anderen Schiffes berührt und dabei Schaden entsteht. Leichte Berührungen von Schiffen in Häfen oder beim Stilliegen im Päckchen erfüllen den Begriff Kollision auch dann nicht, wenn das eine Schiff gegen das andere Schiff etwas härter ankommt und geringfügige Farbschäden oder kleinere Einbeulungen entstehen. Derartige Geringfügigkeiten gehören zum normalen Schiffsbetrieb und müssen ohne Entschädigung hingenommen werden. Nach § 92 Abs. 2 gilt § 92 b auch bei Fernschädigungen oder in den sonstigen Fällen des § 92 Abs. 2, wenn kein Zusammenstoß von Schiffen erfolgt ist. 9 Vgl. dazu Bemm-Kortendick, a. a. O . Einf. Rdn. 117. 10 Vgl. dazu auch Wassermeyer, VersR 1974, 1052; Herber, VersR 1982, 405; Korioth, a. a. O . , S. 41.
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Baumgärtel-
Schadensersatzpflicht des Schiffseigners
§ 92 b
2. Die Kollisionsbeteiligten § 92 b ist nur anwendbar, wenn nautisch selbständige Fahrzeuge an dem 2 Z u s a m m e n s t o ß beteiligt sind. Wird beim L e i c h t e r n eines festgefahrenen Schiffes das Leichterfahrzeug beschädigt, haftet dafür nicht der ursprüngliche Schädiger 1 . Die H a f t u n g im S c h u b v e r b a n d wird nicht durch § 92 b geregelt. Im Scha- 3 densfalle kann sich die H a f t u n g aus Vertrag oder aus unerlaubter Handlung nach § 823 B G B ergeben. § 92 b ist jedoch anwendbar, wenn ein geschlepptes Schiff mit einem anderen selbständigen Schiff, das nicht z u m Schleppverband gehört, kollidiert. N a c h § 92 e gelten die §§ 92-92 d auch, wenn die beteiligten Schiffe demselben Schleppverband angehören. Im Schubverband ergibt sich die H a f t u n g in vielen Fällen aus dem Vertrag über die Mitnahme fremder Leichter, die durch die Mitgliedsreedereien des westdeutschen Schubabkommens im einzelnen geregelt ist und eine F r e i z e i c h n u n g enthält. Für Schäden, die an dem Schubleichter während der Zugehörigkeit z u m Schubverband entstanden sind, ist die H a f t u n g auf Sachschäden beschränkt. Dieser Begriff ist enger als der des Vermögensschadens. D e r Schubleichter muß in seiner Substanz, F o r m oder Erscheinungsbild mit der Folge einer Beeinträchtigung z u m bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht unerheblich beschädigt sein. Hierhin gehört auch das Sinken eines Leichters, so daß nach dem S c h u b a b k o m m e n auch Bergungskosten ersatzfähig sind 2 sofern das Sinken des Leichters auf dem Verschulden der Schubbootbesatzung beruht. Ersatzfähig sind aber nicht Schäden, die an Gegenständen in und auf dem Leichter auftreten, soweit sie nicht zu den Bestandteilen des Leichters gehören. Im Schleppverband sind Schäden an den beteiligten Schiffen nur im Falle des Verschuldens nach vertraglichen oder deliktischen Grundsätzen zu erstatten.
3. Mehrere Beteiligte A n einer Kollision können mehrere Schiffe beteiligt sein. Insoweit gilt folgen- 4 des: a) Beruht der Unfall nur auf dem Verschulden der Besatzung eines Schiffes, so ist allein dessen Eigner nach Maßgabe der §§ 113, 114 den übrigen Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet. b) Sind alle beteiligten Schiffsbesatzungen schuldlos oder besteht Ungewiß- 5 heit über die Ursachen des Unfalls, besteht nach § 92 a keine H a f t u n g . c) Trägt die Besatzung des geschädigten Schiffes ihrerseits kein Verschulden, 6 beruht der Unfall vielmehr auf dem Verschulden der Besatzungen mehrerer Schiffe, haften die Eigner dieser Schiffe dem Geschädigten nach § 92 i. V. m. 1 B G H Z 59, 175 = NJW 1972, 1754 = LM Nr. 17 zu §§ 92, 93 BSchG. 2 B G H ZfB 1989, 183. 505
§ 92 b
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
§§ 830, 840 BGB als Gesamtschuldner. Der interne Ausgleich unter den schuldigen Schiffen richtet sich nach § 426 BGB. Auf diesen Ausgleich unter den Gesamtschuldnern ist § 92 c entsprechend anwendbar, d. h. die jeden Gesamtschuldner treffende Quote im Innenverhältnis ist nach dem Verhältnis des auf jeder Seite obwaltenden Verschuldens zu bestimmen 3 . Ist nur eines von mehreren schuldigen Schiffen in Anspruch genommen worden, bleibt es diesem überlassen, den übrigen beteiligten Schiffseignern den Streit zu verkünden und in einem weiteren Rechtsstreit den Ausgleich unter Gesamtschuldnern zu verlangen. 7
Bei der gleichzeitigen Inanspruchnahme mehrerer schuldiger Schiffe kann auch ein Ausgleich wegen der Kosten des Rechtsstreits verlangt werden. Dagegen können die Kosten eines allein in Anspruch genommenen Gesamtschuldners nicht ausgeglichen werden, weil sich der Ausgleich auf den Schaden des Gläubigers beschränkt. Die Kosten des Rechtsstreits beruhen hingegen darauf, daß der Schädiger pflichtwidrig nicht freiwillig gezahlt hat 4 . Ein Ausgleich unter den Gesamtschuldnern entfällt, wenn zwischen mehreren Beteiligten intern Freizeichnungsabkommen bestehen.
8
Anders liegt der Fall, wenn der Eigner eines unschuldigen Schiffes Ersatz von einem anderen schuldigen Schiff verlangt, der Unfall aber von einem weiteren eigenen Schiff mitverschuldet worden ist. Zwar steht in einem solchen Fall dem Eigner des schuldlosen Schiffs kein Schadensersatzanspruch gegen dasjenige Schiffsvermögen zu, das aus dem schuldigen Schiff und dessen Fracht besteht, 5 jedoch kann sich der Eigner des schuldigen Schiffs auf das unfallursächliche Mitverschulden der Besatzung des anderen schuldigen Schiffs des Ersatzberechtigten (§ 254 BGB) berufen. Das schuldige Schiff kann sich gegenüber dem Ersatzanspruch im Rechtsstreit aber nicht auf eine Ausgleichspflicht nach §§ 426, 840 BGB berufen 6 .
9
d) Den Fall eines gemeinsamen Verschuldens aller Besatzungen der beteiligten Schiffe regelt § 92 c.
4. Die Schiffsbesatzung 10
a) Der Begriff der Schiffsbesatzung im Sinne des § 92 b stimmt mit dem des § 3 überein. Es gehören hierher neben dem Schiffsführer die gesamte Schiffsmannschaft (§ 20), der an Bord tätige Lotse (§ 3 Abs. 1), sowie alle übrigen auf dem Schiff angestellten Personen. Auch vorübergehend an Bord beschäftigte Personen gehören zur Schiffsbesatzung, z. B. eine Bordwache. 3 Vgl. dazu B G H N J W 1969, 1899. Zum Ausgleich im Falle einer Fernschädigung vgl. O L G Hamburg, Hansa 67, 332. 4 RGZ 92, 148; O L G Köln, Der Rhein 1935, 205. 5 RGZ 45, 50; 47, 168. 6 Vgl. B G H Z 52, 166 = LM N r . 16 zu § 92 BSchG = N J W 1969, 1899.
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§ 92 b
Schadensersatzpflicht des Schiffseigners
D e r L o t s e haftet im Rahmen seiner Dienstobliegenheiten Dritten selbständig 1 1 für begangene Fehler. Entsprechend § 21 A b s . 3 SeelotsG haftet der Binnenlotse dem Eigner des gelotsten Binnenschiffs oder einem anderen Auftraggeber nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit 7 . Gegen diese Personen aber hat er im Falle einer eigenen Inanspruchnahme durch Dritte einen arbeitsrechtlichen Freistel-
lungsanspruch.
Soweit ein Z w a n g s l o t s e angenommen werden muß, haftet der Schiffseigner 1 2 nicht für Schäden, die auf dem Verschulden eines solchen Zwangslotsen beruhen 8 . Allerdings kann in in derartigen Fällen eine H a f t u n g bestehen, wenn Personen der Schiffsbesatzung die ihnen obliegenden Dienstobliegenheiten nicht erfüllt, insbesondere die sachgemäße Unterstützung des Zwangslotsen unterlassen haben. Zur Schiffsbesatzung eines Schubleichters gehört nicht die Besatzung des 1 3 S c h u b b o o t e s . F ü r nautische Fehler der Besatzung des Schubbootes, dessen Eigner nicht er selbst ist, haftet der Eigner des Schubleichters nicht 9 . G ä s t e einer Reederei oder sonstige Personen, die sich gelegentlich an B o r d 1 4 aufhalten und mit oder ohne Erlaubnis der Schiffsbesatzung in den Schiffsbetrieb eingreifen, gehören nicht zur Schiffsbesatzung. Eine H a f t u n g des Schiffseigners für ein Verschulden dieser Personen kann infolge einer Verletzung der D i e n s t obliegenheiten der S c h i f f s b e s a t z u n g insofern begründet sein, als die Schiffsbesatzung derartigen Personen die Einwirkung auf den Schiffsbetrieb gestattet hat und hierdurch ein Risiko begründet wurde. Ein Verschulden der Schiffsbesatzung kann auch darin liegen, daß sie nicht rechtzeitig eingegriffen hat, als Gefahr drohte. D e r Eigner eines Schleppschiffs hat das Verschulden der Besatzung des 1 5 Schleppboots nicht zu vertreten 1 0 , selbst wenn die Manöver des Schleppboots dem Schleppschiff dienen. Der Schlepper ist auch nicht Erfüllungsgehilfe des Frachtführers bei der Erfüllung des Frachtvertrages.
5. Das Verschulden der Schiffsbesatzung a) D a s Verschulden der Schiffsbesatzung ist nur erheblich, soweit es die A u s - 1 6 führung von Dienstverrichtungen angeht (§ 3 A b s . 1). D a s Verschulden kann in vorsätzlichem oder fahrlässigem Tun oder Unterlassen bestehen (§§ 278, 823, 276 B G B ) . Die Grundlage der Sorgfaltspflicht besteht in einem Beobachten der Lage des Reviers und der Schiffseinrichtungen, in nautischen und technischen Entscheidungen sowie in dem U m s e t z e n der getroffenen Entschließungen 1 1 . Bei 7 B G H N Z V 1989, 427 mit Anm. Korioth Bemm.
8 9 10 11
= AP § 611 B G B Nr. 3 Lotse mit Anm.
RG, Recht 1914 Nr. 3036. B G H VersR 1984. 76 = ZfB 1984, 19. RGZ 65, 382; 78, 380. Vgl. dazu schon RGZ 18, 177. 507
§ 92 b
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
der Beurteilung des Verschuldens dürfen die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden. Entscheidend für die Beurteilung ist der Zeitpunkt des konkreten Geschehens. Zu berücksichtigen ist, daß eine Schiffsbesatzung möglicherweise in einer kritischen Situation wenig Zeit zu ruhiger Uberlegung hat und unter dem Druck einer Gefahrenlage Fehler vorkommen, die bei ruhiger Überlegung vermieden worden wären. Auch sind einmal eingeleitete Manöver in vielen Fällen nicht mehr umkehrbar. Manchmal zeigt sich überhaupt erst aus späterer Sicht, welche Entscheidung tatsächlich optimal gewesen wäre. Deshalb darf ein objektiv unrichtiges Verhalten in einer Lage, die einen schnellen Entschluß und tatkräftiges Handeln erfordert, nicht ohne weiteres als schuldhaft angesehen werden. Maßgebend sind stets die Umstände des konkreten Einzelfalles, z. B. bei einem plötzlichen Kurswechsel des Gegenfahrers, bei plötzlichen Hindernissen und Gefahren. Fehler bei sogenannten Manövern des letzten Augenblicks können je nach der Sachlage entschuldigt sein, wenn unter dem Druck der Ereignisse und zur Abwendung eines Schiffsunfalls plötzlich Manöver erforderlich werden, jedoch fehlerhaft ausgeführt werden. 17
b) Eine Verantwortlichkeit für ein Unterlassen kann nur angenommen werden, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht.
18
c) Eine Nichtbeachtung der Vorschriften der Schiffahrtspolizeiverordnungen und der vorübergehenden Anordnungen ist stets schuldhaft, weil diese Vorschriften den Schiffahrttreibenden bekannt sind, und sie sich stets über die geltenden Vorschriften und Anordnungen informieren müssen. Es kann aber für eine Verschuldensabwägung von Bedeutung sein, wenn dem Eigner oder der Schiffsbesatzung bekannt war, daß die verletzte Vorschrift auch von den amtlichen Stellen nicht beobachtet wurde. Eine Unkenntnis von Vorschriften kann entschuldigt sein, wenn kein Verschulden angenommen werden kann. Ein rechtserheblicher Rechtsirrtum kann ausnahmsweise bei Miß Verständlichkeit des Gesetzes möglich sein12. Selbstverständlich müssen die Vorschriften über die Bemannung und die Ausrüstung der Schiffe strikt beachtet werden.
19
d) Soweit der Schiffsbesatzung eine fahrlässige Verletzung von Dienstobliegenheiten vorgeworfen wird, bedarf es der Prüfung, ob das betreffende Besatzungsmitglied einen Schaden bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt hätte voraussehen können und müssen. Die Voraussehbarkeit braucht sich jedoch nicht auf die besondere Gestaltung des schädlichen Erfolgs zu erstrecken, der nachher eingetreten ist. Von der Schiffsbesatzung ist aber eine vorausschauende Beurteilung vorzunehmen. Man darf sich eben nicht darauf verlassen, es werde schon gutgehen. So müssen Stillieger so gesichert sein, daß sie nicht durch die durchgehende Schiffahrt gefährdet werden oder selbst andere Schiffe gefährden. Im einzelnen regeln die Schiffahrtspolizeiverordnungen näher, welche Maßnah12 R G Z 73, 337.
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Schadensersatzpflicht des Schiffseigners
§ 92 b
men zu ergreifen sind. D a s dort bestimmte Verfahren oder die dort angeführten Maßnahmen sind strikt einzuhalten. Im Falle einer Gefahr darf und muß von den Vorschriften abgewichen werden, um Gefährdungen und Schäden aller Art abzuwenden. e) D i e Schiffsbesatzung haftet nicht für Schäden infolge einer ihr unbekannten 2 0 Untiefe. Der Schiffsführer eines gesunkenen oder auf G r u n d geratenen Schiffs haftet nicht für Schäden anderer Schiffe, wenn er die erforderliche A n z e i g e bei der Wasserschutzpolizei erstattet hat. D i e Schiffsbesatzung hat die Anweisungen der Ladungsbeteiligten, die nautischen Grundsätze für die Schiffsführung sowie die anerkannten S c h i f f a h r t s ü b u n g e n zu beachten 1 3 . Grundsätzlich hat die Schiffsbesatzung die besondere n a u t i s c h e S o r g f a l t und die berufliche Ü b u n g zu beachten und darf nicht panikartig reagieren. U b e r Sprechfunk und durch akustische Signale muß für die erforderliche Klarheit der gegenseitigen Kurse und eine Kursverständigung gesorgt werden, wenn die optischen Zeichen ausnahmsweise verkannt sein sollten. Im Verkehr steht das G e b o t , Schäden aller Art zu vermeiden, im Vordergrund. Ein Schiffsführer muß sich schon vor dem Antritt der Reise über den Wassers t a n d auf dem im Verlauf der Reise zu durchfahrenden Teil des Reviers informieren und auch den W i t t e r u n g s v e r h ä l t n i s s e n - auch im Interesse der L a d u n g Beachtung schenken. D i e Abladung des Schiffs muß daraufhin geprüft werden, ob das Schiff stets ausreichendes Wasser vorfindet und ein hinreichendes Wasserpolster zwischen Schiff und Flußsohle auch unter Berücksichtigung der fahrtbedingten A b s e n k u n g des Schiffs besteht. N a c h dem Antritt der Reise hat der Schiffsführer während der Fahrt das Revier sorgfältig zu beobachten und vermeidbare Risiken auszuschließen.
6. Der Kausalzusammenhang Zwischen dem schuldhaften Verhalten und dem schädigenden Erfolg muß ein 2 1 ursächlicher Z u s a m m e n h a n g bestehen. Zu unterscheiden ist zwischen der h a f t u n g s b e g r ü n d e n d e n K a u s a l i t ä t , dem ursächlichen Zusammenhang zwischen einem schädigenden Verhalten und einer Rechtsgutverletzung und der h a f t u n g s a u s f ü l l e n d e n K a u s a l i t ä t , dem ursächlichen Zusammenhang zwischen H a f t u n g s grund und dem eingetretenen Schaden. Eine Kausalität liegt dann vor, wenn ein Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß nicht der E r f o l g entfällt (condicio sine qua non). Umgekehrt darf der ursächliche Zusammenhang nicht hinzugedacht werden 1 4 . Rechtserheblich ist ein K a u s a l z u s a m m e n h a n g aber nur dann, wenn bei nach13 R G Z 102, 111. 14 B G H Z 96, 172 509
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6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
träglicher Betrachtung ein a d ä q u a t e r K a u s a l z u s a m m e n h a n g besteht. Eine solche A d ä q u a n z ist anzunehmen, wenn ein Ereignis im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen 1 5 . Daraus folgt umgekehrt, daß die Möglichkeit eines Schadenseintritts nicht so entfernt sein darf, daß sie nach den Erfahrungen des täglichen Lebens außer Betracht gelassen werden muß. 22
Im Einzelfall können mehrere Ereignisse adäquat - kausal für einen Schaden sein. Alle Bedingungen sind gleichwertig 1 6 . E s können mehrere Schädiger durch ein Zusammenwirken den Schaden herbeiführen (Gesamtkausalität). Möglich ist auch, daß zwei verschiedene Ereignisse zu dem Schaden führen, jedes Ereignis aber für sich gesehen den Schaden herbeiführen konnte (Doppelkausalität). Schließlich k o m m t im Rahmen des § 830 B G B eine alternative Kausalität vor. Begrenzt wird sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität durch den Schutzzweck der verletzten N o r m oder der verletzten vertraglichen Pflicht. Eine Verpflichtung z u m Schadensersatz besteht grundsätzlich nur dann, wenn der Schaden nach Art und Entstehungsweise aus dem Bereich der Gefahren herrührt, zu dessen A n w e n d u n g die verletzte N o r m gerade erlassen worden ist oder w o z u die Vertragsverpflichtung übernommen wurde 1 7 .
23
E s muß ferner ein R e c h t s w i d r i g k e i t s z u s a m m e n h a n g bestehen, d. h. der Schaden muß mit der v o m Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen. Eine zufällige äußere Verbindung reicht zu einer solchen Annahme nicht aus 1 8 . D e r Z u r e c h n u n g s z u s a m m e n h a n g erstreckt sich auch auf mittelbare Schäden. Ein Fehlverhalten Dritter unterbricht den Kausalzusammenhang nicht, soweit die H a n d l u n g des Dritten innerhalb der Wahrscheinlichkeit liegt.
24
a) D a s schuldige Besatzungsmitglied haftet dem Geschädigten unmittelbar persönlich nach §§ 823, 249 B G B . H a t sich der Frachtführer in K o n n o s s e m e n t s b e d i n g u n g e n von nautischem Verschulden gegenüber den Ladungsinteressenten freigezeichnet, sind auch der Schiffsführer und alle Besatzungsmitglieder in den Schutz der F r e i z e i c h n u n g einbezogen. Mehrere schuldige Besatzungsmitglieder haften dem Geschädigten als G e -
7. Die Rechtsgrundlagen der Ersatzverpflichtung
samtschuldner. 25
b) Der Schiffseigner haftet für eigene Verschulden nach § 823, 249 B G B unmittelbar persönlich. 15 16 17 18
B G H Z 7, 204; 57, 141; B G H NJW 1976, 1144; 1986, 1331 B G H VersR 1968, 804. B G H Z 27, 140; 35, 315; 57, 412. B G H NJW 1986, 1332.
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N a c h den §§ 3, 4, 113, 114 haftet der Schiffseigner für das Verschulden der Schiffsbesatzung adjektizisch und zwar beschränkt dinglich mit seinem Schiff und der Fracht. Die adjektizische H a f t u n g bedeutet, daß der Eigner nur dann haftet, wenn dem Geschädigten gegen den Schiffsführer, gegen eine Person der Schiffsbesatzung oder gegen den Lotsen ein Anspruch aus § 823 B G B zusteht. Auf ein eigenes Verschulden kommt es hingegen für diese Haftung nicht an. Stoßen zwei Schiffe desselben Eigners zusammen, bestehen keine Ansprüche, da nur eine Haftung gegenüber Dritten besteht 19 . Den eigenen Besatzungsmitgliedern haftet der Schiffseigner nach § 636 Abs. 1 R V O nur bei Vorsatz. Gegenüber dem C h a r t e r e r , dem Mieter oder dem Entleiher besteht keine Ersatzpflicht, da diese Personen gegenüber dem Schiffseigner allenfalls obligatorische Rechte haben. c) Der A u s r ü s t e r steht dem Eigner gleich.
26
8. Der Schaden a) N a c h den §§ 249-252, 842-847 B G B besteht nach deutschem Recht ein 2 7 Anspruch auf Ersatz des unmittelbaren und des mittelbaren Schadens. Ist die unerlaubte Handlung im Inland begangen worden, kann Schadensersatz nur in deutscher Währung verlangt werden 2 0 . Der Antrag des geschädigten Ausländers geht daher üblicherweise auf Zahlung eines in ausländischer Währung genannten Betrages in Deutscher Mark zu dem am Zahlungstage gültigen Umrechnungskurs der deutschen Bundesbank. b) Bei einem Schiffsverlust richtet sich der Schaden nach dem Gebrauchs- 2 8 wert des Schiffes für den geschädigten Eigner 21 und nicht nach dem Verkehrswert. Gerät ein Schiff auf seiner letzten Reise in Verlust, ist nur der Schrottwert zu erstatten. Geborgene Wrackteile sind mit dem Schrottwert gutzubringen. c) Bei einer Beschädigung des Schiffes hat der Eigner die Möglichkeit, konkret 2 9 oder abstrakt seinen Schaden abzurechnen. Er kann also die tatsächlichen Reparaturkosten einschließlich der Kosten einer Notreparatur fordern. Er hat aber auch die Möglichkeit, den von Experten festgesetzten Reparaturkostenbetrag zu verlangen, ohne verpflichtet zu sein, die Reparatur tatsächlich ausführen zu lassen. Er kann ferner den von den Experten festgesetzten N u t z u n g s v e r l u s t verlangen. Sind die Reparaturen geringfügig, kann kein Nutzungsverlust verlangt werden, insbesondere dann nicht, wenn die Reparaturen gelegentlich im Zusammenhang mit anderen Arbeiten ausgeführt werden. Bei dem E r s a t z v o n Zubehör und Inventar kann ein A b z u g alt für neu möglich sein. Bei einer Reparatur im eigenen Betrieb kann der Eigner auch die anteiligen Betriebsunkosten im Rahmen seiner Preisgestaltung ansetzen. 19 R G Z 45, 55. 20 B G H VersR 1956, 504. 21 B G H VersR 1965, 351
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6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
Fehler einer beauftragten Werft muß sich der Eigner nur dann entgegen halten lassen, wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft. Die Drittwerft ist kein Erfüllungsgehilfe des Eigners. 30
Besondere Bedeutung hat bei der Schadensabrechnung in der Binnenschiffahrt der E r s a t z von Nutzungsverlust. Es handelt sich der Sache nach um entgangenen Gewinn nach § 252 B G B . Unter Nutzungsverlust ist der entgangene Umsatz abzüglich der ersparten Unkosten zu verstehen, den das Schiff während der Reparaturzeit erzielt hätte. D e r Eigner kann auch hier konkret oder abstrakt abrechnen 2 2 . Als Entschädigung kommt grundsätzlich das von den F r a c h t e n ausschüssen festgesetzte Liegegeld in Frage. Verlangt der geschädigte Eigner einen höheren Betrag, muß er den Nachweis seines Schadens konkret führen. Umgekehrt kann auch der Schädiger nachweisen, daß der Verdienstausfall des Eigners geringer war als das festgesetzte Liegegeld, z. B . wenn das Schiff in einer Zeit repariert wird, in der die Schiffahrt eingestellt war. D e r Anspruch auf Nutzungsverlust wird durch eine Veräußerung des Schiffs nicht ausgeschlossen, wenn der Veräußerer trotz Verkaufs und Übereignung berechtigt bleibt, das Schiff weiter in Charter fahren zu lassen 23 . Bei der gleichzeitigen Behebung von Schäden aus verschiedenen Unfällen muß die Werftliegezeit und damit der Nutzungsausfall auf die verschiedenen Schadensfälle entsprechend dem jeweiligen Umfang angemessen verteilt werden 2 4 .
31
Es widerspricht Schiffahrtsbrauch, bei stundenweisem Werftaufenthalt N u t zungsverlust zu berechnen 2 5 . Das gilt aber nicht bei Baggermaschinen 2 6 .
32
Es entspricht Schiffahrtsbrauch, nach einem Unfall die Schadensfolgen durch Experten feststellen zu lassen. Regelmäßig erfolgt die Einladung zu der Schadensbesichtigung unmittelbar nach dem Schadensereignis. Durch eine vorbehaltlose kontradiktorische Schadenstaxe werden die zur Wiederherstellung des Fahrzeugs erforderlichen Kosten mit für den nachfolgenden Schadensersatzprozeß bindender Wirkung festgelegt 27 . Die Bindungswirkung hat in § 242 B G B ihre Grenzen. Die Taxe wirkt auch gegen ausländische Eigner und Schiffsführer, nicht aber gegenüber den Besatzungsmitgliedern, da sie keine Beteiligten des Besichtigungsverfahrens sind.
9. Die Schadensfeststellung
Eine Schadenstaxe ist nur dann verbindlich (kontradiktorisch), wenn sie von 22 23 24 25
B G H VersR 1965 3 5 1 ; 1965, 373. B G H VersR 1978, 418. B G H VersR 1960, 902. Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 27. 6. 1974.
2 6 Gutachten vom 23. 2. 1978. 27 B G H VersR 1965, 351.
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Schadensersatzpflicht des Schiffseigners
§ 92 b
allen Beteiligten, die sich bei diesem Verfahren durch ihre Experten oder ihren Versicherer 2 8 vertreten lassen können, ohne Vorbehalt unterschrieben worden ist. Enthält die U r k u n d e einen Vorbehalt, muß im Rechtsstreit die Berechtigung des Vorbehalts geklärt werden 2 9 . Eine kontradiktorische Schadenstaxe ist als Schiedsgutachten im Sinne der §§ 317-319 B G B nicht bindend, wenn sie große Unrichtigkeiten enthält und nicht der Billigkeit entspricht 3 0 . D u r c h die Schadenstaxe wird der Einwand des Schädigers nicht ausgeschlossen, es sei überhaupt kein Schaden entstanden oder der Schaden sei aus Rechtsgründen anders zu ermitteln 3 1 . D i e K o s t e n der k o n t r a d i k t o r i s c h e n S c h a d e n s t a x e sind im späteren Rechtsstreit als Kosten der Rechtsverfolgung abzurechnen. Die Erstattung richtet sich nach der ergangenen Kostenentscheidung.
10. Die Beweislast D e r Schiffseigner haftet nach § 92 b nur, wenn der Zusammenstoß durch das 3 3 Verschulden der Besatzung eines Schiffes herbeigeführt worden ist. Alle streitigen klagebegründenden Tatsachen hat der Anspruchsberechtigte zu beweisen, er muß also die Grundlagen für eine haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität beweisen. Wer ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten einwendet, muß sein Vorbringen in vollem U m f a n g e beweisen. D i e Tatsachen, die als Schadensursachen in Betracht kommen, sind unter Berücksichtigung der Beweislast im Rechtsstreit nach § 286 Z P O festzustellen. U b e r den ursächlichen Zusammenhang entscheidet das Gericht nach § 287 Z P O . D a s G e s e t z enthält keine Beweisvermutungen. E s gibt weder eine Beweiser- 3 4 leichterung noch eine Beweislastumkehr bei Verstößen gegen N o r m e n bestimmten Inhalts. Wer Schadensersatz verlangt, muß an sich den vollen Beweis für schadensursächliches rechtswidriges Verhalten des Schädigers führen. D e m G e schädigten kann im Einzelfall der Beweis des ersten Anscheins zur Hilfe k o m men, wenn Tatsachen unstreitig sind oder bewiesen werden, auf denen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens der entstandene Schaden typischerweise beruht. N a c h diesem Beweisgrundsatz ist der Tatbestand zunächst unter Beiseitelassung bestrittener Einzelheiten darauf zu prüfen, wie er sich bei einem regelmäßigen Verlauf der Dinge nach der Lebenserfahrung darstellt. D a n n ist aufgrund der Gesamtheit aller feststehenden unstreitigen Tatsachen zu ermitteln, ob sich der tatsächliche H e r g a n g als ein typischer Geschehensablauf erweist, der nach 28 29 30 31
Vgl. dazu Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 9. 2. 1971 O L G Köln VersR 1969, 1005. O L G Köln, 2 f. B 1957, 239. B G H VersR 1965, 351. 513
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6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
allgemeiner Erfahrung auf ein Verschulden einer beteiligten Schiffsbesatzung schließen läßt. Sind wesentliche Anknüpfungstatsachen streitig, müssen diese Tatsachen erwiesen sein, um sie wertend berücksichtigen zu können. Unzulässig ist eine Aufspaltung des Gesamttatbestandes in verschiedene Teilergebnisse, um jedes für sich einer zergliedernden Betrachtung und Beurteilung zu unterziehen, da sich die Eigenart des Unfallhergangs erst aus der Gesamtheit aller zusammenwirkenden Tatsachen ergibt. 35
Die Anwendung des Anscheinsbeweises ist nicht auf einen typischen Geschehensablauf beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Kausalität und das Verschulden. Der Anscheinsbeweis rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines groben Verschuldens, da der subjektive Vorwurf bei der groben Fahrlässigkeit keinem typischen Geschehensablauf entspricht. Die aus einem Gesamtverlauf der Geschehnisse zu ziehenden Schlüsse, die auf dem Gebiete der Kausalität und des Verschuldens liegen, dürfen aber nicht ihrerseits Vermutungen sein, sondern müssen zu einer Uberzeugungsbildung führen. Umstände, die die Anwendung eines Erfahrungssatzes ausschließen, muß der Kläger beweisen, z. B. die Eignung einer Liegestelle, Witterungseinflüsse, besondere Verhältnisse des Reviers wie ein ungünstiges Fahrwasser und die Belegung des Reviers. Für den Anknüpfungstatbestand des Anscheinsbeweises ist im Bestreitensfalle voller Beweis erforderlich 32 .
Ist ein Anscheinbeweis gegeben, ist ein voller Gegenbeweis erforderlich 33 . Die Behauptung eines atypischen Ablaufs reicht für sich nicht, den Anscheinsbeweis zu entkräften. Der Gegner muß darlegen und beweisen, warum dieser atypische Ablauf im konkreten Fall in Betracht kommt 34 . Umfaßt ein Anscheinsbeweis mehrere mögliche Schadensursachen, kann er erst als entkräftet angesehen werden, wenn alle unterstellten Ursachen widerlegt sind. Die Partei, zu deren Ungunsten sich der Anscheinsbeweis auswirkt, hat einen Sachverhalt aufzuzeigen und zu beweisen, der die richterliche Uberzeugung zu ihren Gunsten entweder ändert, zumindest aber erschüttert. Es genügt, daß ein anderer Geschehensablauf in den Bereich einer ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeit zu rücken ist. Gelingt es dem Gegner, Tatsachen zu beweisen, aus denen die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs folgt, so bleibt es bei der vollen Beweislast des Anspruchsberechtigten. Aufgrund des Anscheinsbeweises kann auch von einem typischen Schaden auf ein bestimmtes Ereignis als Schadensursache geschlossen werden. 37 Erfahrungssätze, die zur Begründung eines Anscheinsbeweises nicht ausrei36
32 B G H N J W 1982, 2448. 33 B G H N J W 1972, 1131. 34 B G H N J W 1978, 2032.
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Schadensersatzpflicht des Schiffseigners
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chen, können als Beweisanzeichen bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden35, insoweit ist aber Vorsicht geboten. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalles. Es dürfen auf diesem Wege keine neuen abstrakten Beweisregeln geschaffen werden, die das Gesetz nicht kennt. 11. Fälle des Anscheinsbeweises Aus der Fülle der Rechtsprechung sollen folgende häufig vorkommenden Ein- 3 8 zelfälle genannt werden, in denen ein Anscheinsbeweis angenommen worden ist: Absenkung anderer Schiffe und Grundberührung, 36 Abtreiben eines Stilliegers,37 Anfahrung eines Stilliegers,38 Anfahrung eines vorausfahrenden Schiffes, 39 Anfahrung eines Dalbens, 40 Anfahrung eines Schleusentores,41 Anfahrung einer Tonne,42 Ankerverlust,43 Begegnungskollision,44 Festfahrung, 45 Kursfehler, 46 Lichterführung, 47 Radarfahrt, 48 Radarschifferzeugnis, 49 Schallzeichen,50 Ständige Übung, 51 Talfahrer beim Aufdrehen, 52 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52
B G H N J W 1961, 777. B G H VersR 1980, 327. B G H ZfB 1961, 283; B G H VersR 1971, 856; LM Nr. 1 zu § 92b BSchG. B G H VersR 1957, 312; 1982, 491. O L G Koln VersR 1978, 344; 1979, 439. B G H VersR 1977, 637. O L G Hamburg VersR 1962, 949. Strafiburg ZfB 1985, 107. B G H Vers.R. 1962, 751; 1969, 441. B G H VersR 1955, 353; 1961, 317; 1964, 713. B G H VersR 1980, 1045. B G H VersR 1965, 560. B G H VersR 1961, 79. B G H VersR 1965, 757; 1974, 466. B G H VersR 1969, 181; 1974, 158; 1986, 546. B G H VersR 1971, 437; 1982, 1138. B G H VersR 1957, 297. B G H VersR 1964, 1290. 515
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Verholen," Vorbeifahrt an Stilliegern, 54 Versagen von Schiffseinrichtungen, 55 Kein Anscheinsbeweis wurde angenommen: Beim Ablegen eines Schwimmkrans von einer Containerbrücke; als der Anleger der Containerbrücke zur gleichen Zeit abgesenkt wurde, 56 bei der Anfahrung eines unbeleuchteten Stilliegers,57
39
§ 92 c (1) Ist der Schaden durch gemeinsames Verschulden der Besatzungen der beteiligten Schiffe herbeigeführt, so sind die Eigner dieser Schiffe z u m Ersatz des Schadens, der den Schiffen oder den an Bord befindlichen Sachen zugef ü g t wird, nach dem Verhältnis der Schwere des auf jeder Seite obwaltenden Verschuldens verpflichtet. Kann nach den Umständen ein solches Verhältnis nicht festgesetzt werden oder erscheint das auf jeder Seite obwaltende Verschulden als gleich schwer, so sind die Schiffseigner zu gleichen Teilen ersatzpflichtig. (2) Für den Schaden, der durch die Tötung oder die Verletzung des Körpers oder der Gesundheit einer an Bord befindlichen Person entstanden ist, haften die Schiffseigner, wenn der Schaden durch gemeinsames Verschulden herbeigeführt ist, dem Verletzten als Gesamtschuldner. Im Verhältnis der Schiffseigner zueinander gelten auch f ü r einen solchen Schaden die Vorschriften des Absatzes 1.
Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Das Verschulden aller beteiligten Schiffe 3. Die Schadensverteilung und die H a f tung bei Sachschäden
53 54 55 56 57
BGH BGH BGH OLG BGH
516
1 2-3 4-10
VersR 1966, 59. VersR 1969, 1080, 1091. VersR 1955, 953, 1961, 317; 1970, 35. Hamburg, VersR 1976, 752. LM Nr. 1 zu § 92 b BSchG.
Rdn. 4. Die H a f t u n g bei Personenschäden 5. Die Beweislast
.
11-13 14
Haftung mehrerer Schiffseigner
§ 92 c
1. Allgemeines Die Neuregelung des § 92 c durch das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 1 15. 3.1960 zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen sowie zur Änderung des Binnenschiffahrtsgesetzes vom 30. 8.1972 1 entspricht der seerechtlichen Regelung des § 736 H G B . Beide Vorschriften sind im wesentlichen wortgleich. Sie gelten auch bei Fernschädigungen (§ 92 Abs. 2).
2. Das Verschulden aller beteiligten Schiffe a) § 92 c regelt wie § 736 H G B die Haftung im Falle des Verschuldens aller 2 beteiligten Schiffe. Ist beim Zusammenstoß mehrerer Schiffe nur einer schuldig, ergibt sich die Haftung aus § 92 b. Dasselbe gilt für die Haftung mehrerer schuldiger Schiffe gegenüber dem Eigner eines nicht schuldigen Schiffes. b) Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 92 c ist, daß sich das Verschulden 3 der Schiffsbesatzungen auf den gesamten Kollisionsvorgang ursächlich ausgewirkt hat. Das Verschulden muß sich also auf alle Kollisionsvorgänge erstrecken. Es kann sich um einen unmittelbaren oder um einen mittelbaren Zusammenstoß handeln. Es genügt die Feststellung, daß ein für den Zusammenstoß ursächliches Verschulden der beteiligten Schiffe gegeben ist. Es darf aber nur ein Verschulden im Rahmen des § 92 c berücksichtigt werden, wenn es mit der erforderlichen Sicherheit und nicht nur möglicherweise zum Zusammenstoß beigetragen hat. Auch das dem Zusammenstoß nachfolgende, in einem ursächlichen Zusammenhang stehende weitere Verschulden ist heranzuziehen. Dasselbe gilt bei einer Kollision aufgrund einer Fernschädigung. Beruht die Kollision nicht auf dem Verschulden des Schiffes, wird dieses Schiff aber infolge des Verschuldens eines anderen Schiffes in eine weitere Kollision mit diesem schuldigen Schiff verwickelt, gilt nicht § 92 c sondern § 92 b.
3. Die Schadensverteilung und die Haftung bei Sachschäden a) Sind die Voraussetzungen des § 92 c erfüllt, so ist der Sachschaden des 4 Schiffes und der Ladung nach dem Verhältnis der Schwere des auf jeder Seite obwaltenden Verschuldens aufzuteilen, also nach dem Grad des Verschuldens, nicht nach dem Maß der Verursachung. § 92 c stellt gegenüber § 254 Abs. 1 B G B eine Sonderregelung dar. Daraus folgt, daß § 254 Abs. 1 B G B , wonach ein geringes Mitverschulden außer Betracht gelassen werden kann, unanwendbar ist. Es muß vielmehr jedes Verschulden mitberücksichtigt werden 2 . Es muß also auch eine geringe Quote ausgeworfen werden 3 . 1 B G B l . II S. 1005. 2 Vgl. R G Z 78, 1 6 7 ; 94, 9 3 ; B G H L M § 735 H G B N r . 6 = VersR 1959, 504 3 Zur Schadensverteilung beim gleichzeitigen Uberholen und Begegnen, wenn alle drei Schiffe schuldig sind, vgl. B G H VersR 1966, 752.
517
§ 92 c
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
5
b) Ist an der Kollision, nicht aber am Rechtsstreit, ein weiteres schuldiges Schiff beteiligt, muß auch eine Mitverschuldensquote dieses Schiffes im Rechtsstreit festgestellt werden, wenn das Verschulden dieses Schiffes bewiesen ist 4 . Gegenüber dem dritten Schiff erwächst das Urteil nicht in Rechtskraft. Im Kollisionsprozeß erfolgt zur Herbeiführung der Interventionswirkung regelmäßig eine Streitverkündigung an andere Beteiligte.
6
c) Eine Besonderheit der Haftungsverteilung liegt darin, daß die Schiffseigner der beteiligten schuldigen Schiffe nach § 92 c Abs. 1 nicht gesamtschuldnerisch haften 5 . Sie haften jedoch als Gesamtschuldner mit den schuldigen Besatzungsmitgliedern des eigenen Schiffes den Ersatzberechtigten nach Maßgabe der jeweils geringsten Quote 6 . Allerdings kann bei geringem Verschulden die Haftung des Besatzungsmitglieds anders als die Schiffseignerhaftung nach § 254 Abs. 1 B G B entfallen. Sind mehr als zwei schuldige Schiffe beteiligt, so tritt die gesamtschuldnerische Haftung der schuldigen Besatzungsmitglieder der anderen Schiffe gegen den Ersatzberechtigten der anderen schuldigen Schiffe in H ö h e der geringsten Q u o t e der gemeinsamen Haftung ein. Der Haftungsumfang muß dem ihrer Gesamtverantwortung entsprechen. Im Innenverhältnis erfolgt der Ausgleich nach Maßgabe der Quote 7 . Dieser Ausgleich erfolgt auch dann, wenn dem Ersatzberechtigten gegenüber eine Haftung infolge Freizeichnung nicht besteht 8 . Soweit eine Haftung mit Schiff und Fracht besteht, ist auch das bei dem Ausgleich zu berücksichtigen, weil der Ausgleichsanspruch nach den §§ 426, 840 B G B einen selbständigen gesetzlichen Anspruch darstellt, der auch auf den Versicherer nach § 67 W G übergehen kann.
7
d) Jeder Geschädigte kann von einem Schiffseigner jeweils nur einen der Q u o t e entsprechenden Teil seines Schadens verlangen 9 .
8
e) Für die zur Bildung der Q u o t e notwendige Abwägung der Schwere des Verschuldens der beteiligten Schiffe ist nicht auf eine nachträgliche Sicht, sondern auf die im Zeitpunkt des Unfalls maßgebliche Situation abzustellen. Die Beurteilung der Ursächlichkeit ist nach der Erkennbarkeit der Gesamtumstände aus der Sicht eines optimalen Beobachters zu treffen 10 . Wer die primären Unfallursachen schuldhaft herbeiführt, trägt regelmäßig ein
4 5 6 7 8 9 10
BGH VersR 1968, 346. BGH VersR 1959, 608. BGH LM § 92 BSchG Nr. 13. BGH LM § 92 BSchG Nr. 13. BGH NJW 1954, 877. BGH VersR 1959, 608. BGHZ 3, 261.
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Haftung mehrerer Schiffseigner
§ 92 c
überwiegendes Verschulden 1 1 . Im übrigen k o m m t es stets auf die Umstände des Einzelfalles an. Wenn sich das unfallursächliche Verschulden einer weiteren Bewertung entzieht, insbesondere wenn die Schuldfeststellung zu Lasten aller Beteiligten auf einem Anscheinsbeweis beruht, m u ß gegen alle schuldigen Schiffe eine gleiche Quote ausgeworfen werden. f ) Soweit nur eine Haftung mit Schiff und Fracht besteht, ist das auch im 9 Rahmen des Ausgleichs zu berücksichtigen. Auszugleichen sind auch die Kosten des Rechtsstreits, durch den der Geschädigte die Schädiger in Anspruch genommen hat, nicht aber dann, wenn nur ein Schädiger in Anspruch genommen worden ist, weil dieser den Anspruch vorbehaltlos und sofort zu erfüllen hatte. g) Der Ausgleichsanspruch entsteht mit der Kollision und ist mit der Zah- 1 0 lung oder der Feststellung der Hauptschuld fällig. A u c h der Ausgleichsanspruch geht auf den Versicherer nach § 67 W G über, wenn der Versicherer zahlt.
4. D i e H a f t u n g bei P e r s o n e n s c h ä d e n a) Für den Schaden, der durch die Tötung oder die Verletzung des Körpers 1 1 oder der Gesundheit einer an Bord befindlichen Person entstanden ist, haften die Schiffseigner, wenn der Schaden durch gemeinsames Verschulden der Schiffsbesatzungen herbeigeführt worden ist, nach § 92 c Abs. 2 als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis der Schiffseigner haften diese beim Schadensausgleich nach § 426 Abs. 2 B G B einander nach dem Verhältnis des auf jeder Seite obwaltenden Verschuldens. b) Verletzter kann nur eine Person sein, die sich an Bord eines der beteiligten 1 2 Schiffe befunden hat. A u c h ein Schiffsführer und die Mitglieder der Schiffsbesatzung können Verletzter sein. Insoweit ist aber § 636 R V O zu berücksichtigen. Gegen den eigenen Schiffseigner besteht kein Anspruch. Hieraus folgt ein gestörtes Gesamtschuldverhältnis. Nach Meinung des B G H 1 2 mindert sich in einem solchen Fall nicht der Anspruch eines Besatzungsmitglieds gegen andere schuldige Schiffe um die Quote des eigenen Schiffseigners. Der in Anspruch genommene Schiffseigner ist berechtigt, von dem von der Haftung freigestellten Schiffseigner im Rahmen der Quote Schadensausgleich zu verlangen. Die h. L. vertritt demgegenüber die Auffassung, der Anspruch gegen den Zweitschädiger vermindere sich um den Verantwortungsbereich des Haftungsbegünstigten 1 3 . c) Wird ein haftender Schiffseigner zahlungsunfähig, wird nach § 426 Abs. 1 1 3 Satz 2 BGB sein Anteil im Innenverhältnis von den übrigen Gesamtschuldnern einschließlich des Ausgleichsberechtigten nach dem Verhältnis der Schwere des 11 BGH VersR 1961, 535; 1961, 608; 1962, 1061; 1962, 541; 1977, 520. 12 NJW 1989, 2386. 13 Vgl. Prüßmann-Rabe, SHR § 736 Anm. E 1, Hager, NJW 1989, 1642; Palandt, § 426 Anm. 5 m. w. N. 519
§ 92 d
6. Abschnitt. Z u s a m m e n s t o ß v o n Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
obwaltenden Verschuldens getragen14. Art. 4 des Ubereinkommens zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen wiederholt diese nach deutschem Recht selbstverständliche Regelung. Der Gesetzgeber hat deshalb keinen Anlaß gesehen, in das Binnenschiffahrtsgesetz eine dem § 426 Abs. 1 Satz 2 B G B entsprechende Bestimmung neu einzufügen.
5. Die Beweislast 14
Ist im Rechtsstreit das Verschulden eines beteiligten Schiffes nicht festgestellt worden, weil sein Eigner nicht am Rechtsstreit beteiligt war, muß im Ausgleichsprozeß der Beweis für das Verschulden des anderen Schiffes durch den Kläger geführt werden. Dieser kann sich z. B. durch den Nachweis entlasten, daß eine fehlerhafte Maßnahme ein Manöver des letzten Augenblicks gewesen ist und ihm ein fehlerhaftes Verhalten billigerweise nicht zugerechnet werden kann. Der BGH 1 5 hat angenommen, daß bei einer Uberlegungsfrist von einer Minute nicht mehr von einer Maßnahme des letzten Augenblicks gesprochen werden kann.
§92d Bei der Anwendung der §§ 92 b, 92 c steht das Verschulden eines an Bord tätigen Lotsen dem Verschulden eines Mitglieds der Schiffsbesatzung gleich. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Dienstverrichtung des Lotsen
.
Rdn. 1 2
Rdn. 3. Die Haftung des Lotsen und die des Schiffseigners 4. Die Beweislast
3-5 6
1. Allgemeines 1
§ 92 d stimmt mit der seerechtlichen Vorschrift des § 737 Abs. 2 überein. Die Regelung entspricht § 3 Abs. 2, wonach der Schiffseigner für den Schaden verantwortlich ist, den eine Person der Schiffsbesatzung oder ein an Bord tätiger Lotse einem Dritten in Ausführung von Dienstverrichtungen zufügt. Zwangslotsen gibt es im Bereich der Binnenschiffahrt nicht.
14 Vgl. dazu R G Z 92, 146. 15 B G H VersR 1969, 3 2 3 .
520
Verschulden des Lotsen
§ 92d
2. Die Dienstverrichtung des Lotsen D e r Lotse übt ein selbständiges Gewerbe aus. Er ist weder ein Arbeitnehmer 2 des Schiffseigners, noch nimmt er eine arbeitnehmerähnliche Stellung ein 1 . Zu den Dienstverrichtungen der Lotsen gehören Maßnahmen aller Art einschließlich nautischer Manöver sowie die sich aus dem Lotsvertrag ergebenden besonderen Pflichten. Der Lotse hat insbesondere bei der nautischen Beratung des Schiffsführers die Sorgfalt eines ordentlichen Lotsen zu beachten. Er muß sich über Veränderungen der Fahrrinne und über Untiefen im Bereich seines Lotsreviers unterrichten und den Schiffsführer des belotsten Schiffes auf mögliche Gefahren und Risiken hinweisen. Hierzu muß er sich sofort nach dem Anbordkommen über die Abladung des Schiffs unterrichten, damit er zuverlässige Hinweise geben kann. Ubernimmt der Lotse selbst das Ruder, weil der Schiffsführer für die zu durchfahrende Strecke nicht das geforderte Patent hat, tritt der Lotse - auch haftungsmäßig - an die Stelle des Schiffsführers. Er hat dann die Vorschriften der Schiffahrtspolizeiverordnungen selbständig zu beachten. Hierbei und im Rahmen der nautischen Pflichten hat er die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffsführers anzuwenden. Ist der Lotse nur Rudergänger, bleibt die nautische Führung des Schiffs und die Verantwortung beim Schiffsführer. Der Lotse muß aber auch als Rudergänger die verkehrsübliche Sorgfalt beachten. Er muß den Schiffsführer auf alle bekannten und wahrnehmbaren Risiken hinweisen.
3. Die Haftung des Lotsen und die des Schiffseigners a) Der Lotse haftet Dritten nach den §§ 823, 249 B G B für alle schuldhaft 3 verursachten Schäden unmittelbar persönlich. Für die Verletzung seiner Pflichten aus dem Lotsvertrag haftet der Lotse auch dem Schiffseigner, mit dem er einen Lotsvertrag abgeschlossen hat. Ist der Lotse einem Dritten zum Schadensersatz verpflichtet, hat der B G H 2 offen gelassen, ob sich der Lotse gegenüber dem Schiffseigner auf die Grundsätze über den Haftungsausschluß bei gefahrgeneigter Arbeit berufen kann. Der B G H hat jedoch angenommen, daß der Binnenlotse dem Eigner des gelotsten Schiffes oder einem anderen Auftraggeber analog § 21 III des Gesetzes über das Seelotswesen (SeelotsG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 13. 9 . 1 9 8 4 3 nur insoweit hafte, als ihm grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz zur Last falle. Haftungsmäßig stellt der B G H den Binnenlotsen dem Seelotsen gleich. Die sich aus dieser
1 BGHZ 59, 242; BGH NZV 1989, 427 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB, Lotse 2 NZV 1989, 427 mit Anm. Korioth = AP Nr. 3 zu § 611 BGB, Lotse, mit Anm. Bemm = LM Nr. 20 zu § 3 BSchG 3 BGBl. I S. 1213 521
§ 92d
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
Gleichstellung ergebenden rechtlichen Konsequenzen hat der B G H nicht beschieden 4 . 4
b) Der Schiffseigner haftet für ein Verschulden des Lotsen adjektizisch mit Schiff und Fracht. N u r wenn ein Verschulden des Lotsen festgestellt ist, tritt die Haftung des Schiffseigners ein. Der Schiffseigner und der Lotse haften dem geschädigten Dritten als Gesamtschuldner.
5
c) Das Verhältnis der gesamtschuldnerischen Haftung zwischen dem Eigner und dem schuldigen Lotsen ist gestört. Der Eigner haftet mit Schiff und Fracht. Der Lotse haftet Dritten unmittelbar persönlich und unbeschränkt. Im Falle eines internen Haftungsausgleichs unter Gesamtschuldnern oder im Falle einer Freistellung des Lotsen kann sich ergeben, daß der Eigner weitergehend haften muß, als das seiner Haftung im Außenverhältnis entspricht. Denkbar ist auch, daß ein Geschädigter den Anspruch des Lotsen gegen den Eigner pfänden und sich überweisen läßt, um gegen den Eigner unmittelbar aus diesem Anspruch vorzugehen. Dabei kann man mit Lorenz5 nicht annehmen, daß dieser Freistellungsanspruch unpfändbar sei 6 , da im Verhältnis des Eigners zum Lotsen keine arbeitsvertraglichen Beziehungen bestehen, die eine Pfändung des Anspruchs hindern können. Einer unerwünschten Ausdehnung der Schiffseignerhaftung kann nicht mit der Erwägung begegnet werden, das Haftungsprivileg des Schiffseigners gelte auch bei Verschulden des Lotsen in entsprechender Anwendung des § 4 a Abs. 2 (so Korioth2), denn dem steht die unbeschränkte Haftung des Lotsen entgegen. Wenn der Lotse im Falle seiner Inanspruchnahme den Dritten voll entschädigen muß, muß er auch vollen Ausgleich vom Schiffseigner verlangen können, wenn im Verhältnis zwischen ihm und dem Eigner dieser allein verpflichtet ist. Solange das Gesetz keine Einschränkung der Haftung des Lotsen im Außenverhältnis bestimmt, muß die Ausdehnung der Schiffseignerhaftung hingenommen werden. Man kann nicht im Vorgriff auf eine nicht absehbare Gesetzesänderung die Auswirkungen einer gestörten Gesamtschuld auf die Geschädigten verlagern. Man muß vielmehr den Ausgleich dort suchen, wo das wirtschaftliche Interesse überwiegt. Der Vergleich der Interessen des Lotsen und des Eigners, die auch zur Annahme einer Haftungsbeschränkung geführt haben, gebietet es, den Schiffseigner mit dem Risiko für einfaches Verschulden des Lotsen zu belasten.
4 Vgl. dazu § 92 d Rdn. 5 5 Z f B 1975, 491 6 Anders nach Ansicht des B G H in B G H Z 41, 203 bei der Freistellung von Besatzungsmitgliedern
522
Demselben Schleppverband angehörende Schiffe
§ 92e
4 . D i e Beweislast Der Geschädigte hat dem Lotsen schadensursächliches Verschulden nachzu- 6 weisen. Wird der Eigner wegen des Verschuldens eines Lotsen in Anspruch genommen, ist die Beweislast nicht anders. Der Beweis des ersten Anscheins kann für Verschulden, nicht aber für grobes Verschulden oder Vorsatz sprechen.
§92e Die §§ 92 bis 94 d gelten auch, wenn die beteiligten Schiffe zu demselben Schleppverband gehören. Übersicht 1. Allgemeines
Rdn. 1
2. Der Zweck der Norm
Rdn. 2
1. A l l g e m e i n e s Der Schleppverkehr 1 gehört auf deutschen Binnenwasserstraßen der Vergangenheit an. An die Stelle schwerfälliger und langsamer Schleppzüge sind leistungsfähige Schubverbände getreten, die im Continueverkehr einsetzbar sind. Schleppkähne früherer Bauart sind auf den Binnenwasserstraßen im Verkehr nicht mehr zu sehen. Hin und wieder werden noch einzelne Schuten verschleppt, die bei Arbeiten der Wasserstraßenverwaltung benötigt werden. An einigen Stellen des Rheinstroms nehmen Motorschiffe gelegentlich Vorspannboote an, wodurch ein Schleppzug entsteht. Es sind dann die entsprechenden Vorschriften der Polizeiverordnungen zu beachten. Dasselbe gilt, wenn Havaristen verschleppt werden. Die bei der Kollision von Schleppzügen entstandenen Rechtsfragen haben heute keine Bedeutung mehr und bedürfen daher keiner Erörterung. 2. D e r Zweck der N o r m
2
Die §§ 92 bis 92 d gelten unmittelbar, wenn ein Schiff, das zu einem Schleppverband gehört, mit einem dritten Schiff kollidiert oder Fernschäden entstehen. § 92 e stellt ergänzend klar, daß diese Vorschriften auch bei der Kollision von Schiffen innerhalb des Schlepp Verbandes gelten. 1 Rechtsfragen, die sich früher beim Schleppverkehr ergeben haben, heute aber nicht mehr aktuell sind, können bei Scbaps-Abraham, Seerecht, 4. Aufl., Anhang § 735 m. w. N.; Prüßmann-Rabe, SHR, Anhang § 736; Bemm-Kortendick, Rheinschiffahrtpolizeiverordnung 1970 und bei Wassermeyer, Kollisionsprozeß, 4. Aufl., nachgeschlagen werden. 523
§ 92 f
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
§ 92 £ (1) Die §§ 92 bis 92 e gelten auch für die H a f t u n g der Personen der Schiffsbesatzung und der Lotsen. (2) Die Vorschriften über die Beschränkung der H a f t u n g des Schiffseigners, der Besatzungsmitglieder und der Lotsen und über ihre H a f t u n g aus Verträgen bleiben unberührt. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. D i e
Besonderheiten
1 der
beim S c h i f f s z u s a m m e n s t o ß
Rdn. 3. D i e Beweislast
3
Haftung . . . .
2
1. Allgemeines Im Seerecht findet sich keine dem § 92 f entsprechende Bestimmung, weil keine Veranlassung besteht, die sich aus den §§ 823, 826 B G B ergebende Verantwortlichkeit für schadensursächliches Verschulden abweichend von den allgemeinen Bestimmungen des B G B zu regeln. Dasselbe gilt an sich auch für die Binnenschiffahrt. Auch bei den aus den §§ 92 bis 92 f folgenden Schadensersatzverpflichtungen könnte es an sich auch mit den allgemeinen Vorschriften sein Bewenden haben. D e r Zweck des § 92 f geht aber dahin, die H a f t u n g der Schiffsbesatzung und des Lotsen für eigenes Verschulden entsprechend der adjektizischen Haftung des Schiffseigners zu regeln. Die Besatzungsmitglieder und die Lotsen können nicht weiter in Anspruch genommen werden als der Schiffseigner.
2. Die Besonderheiten der Haftung beim Schiffszusammenstoß 2
Sind die Voraussetzungen des § 92 durch ein schadensursächliches Verschulden eines Besatzungsmitglieds oder eines Lotsen gegeben, finden nicht die allgemeinen Vorschriften des B G B , sondern die Sondervorschriften der §§ 90 bis 92 f Anwendung. Daraus folgt für die Haftung der Besatzungsmitglieder und der Lotsen: - Zufall, höhere Gewalt und eine Ungewißheit über die Ursachen eines Schiffszusammenstoßes schließen einen Schadensersatzanspruch aus. - Der Eigner haftet für das schadensursächliche Verschulden der Besatzungsmitglieder und eines Lotsen adjektizisch mit Schiff und Fracht. N u r in diesem Umfange haften die Besatzungsmitglieder. - Bei Beteiligung mehrerer Schiffe kann der Ersatz für Sachschäden von schuldigen Besatzungsmitgliedern nur nach dem Verhältnis der Schwere ihres Verschuldens pro rata verlangt werden. - Bei T ö t u n g oder Verletzung eines an Bord befindlichen Menschen haften die schuldigen Besatzungsmitglieder in vollem Umfange gesamtschuldnerisch, im Innenverhältnis besteht jedoch nur ein Ausgleichsanspruch entsprechend der 524
§93
Berge- und Hilfslohn
Schwere des jeweiligen Verschuldens. Ergänzend muß aus § 426 Abs. 1 B G B entnommen werden, daß bei Illiquidität eines der Gesamtschuldner der Ausfall von den übrigen zum Ausgleich verpflichteten Gesamtschuldnern zu treten ist. Nicht anwendbar sind im übrigen die §§ 254, 426 B G B . 3. D i e B e w e i s l a s t Der Geschädigte trägt die Beweislast für schadensursächliches Verschulden 3 von Besatzungsmitgliedern und Lotsen. 1 Im Einzelfall kann der Beweis des ersten Anscheins zu einer Beweiserleichterung führen. Schuldvermutungen und Beweislastumkehrungen gibt es nicht. Soweit das Besatzungsmitglied oder der Lotse Mitverschulden eines anderen Schiffs und seiner Besatzung einwendet, obliegt ihm dafür die Beweislast.
§93 (1) Wird ein in G e f a h r befindliches, von der Schiffsbesatzung verlassenes Schiff, oder wird aus einem solchen, v o m U n t e r g a n g e unmittelbar bedrohten Schiffe die L a d u n g g a n z oder teilweise geborgen, so hat der Berger A n s p r u c h auf Bergelohn. (2) Wird außer den bezeichneten Fällen ein Schiff oder dessen L a d u n g aus einer Schiffahrtsgefahr durch die Hilfe dritter Personen gerettet, so haben diese A n s p r u c h auf Hilfslohn. (3) D e r B e s a t z u n g des Schiffes steht ein A n s p r u c h auf Berge- oder Hilfslohn nicht zu.
Rdn.
Rdn. 1. Allgemeines 2. D e r Geltungsbereich des schiffahrtsgesetzes 3. D i e Schiffsgefahr 4. Die Rettung 5. Die Bergung 6. Die Hilfeleistung
1-2 Binnen3-6 7-10 11-12 13-14 15-17
7. Rettungsmaßnahmen der eigenen Schiffsbesatzung 8. D e r B e r g e - o d e r Hilfslohn 9. Ansprüche bei sonstiger Hilfeleistung 10. Die Beweislast
18 19-24 25 26
1. A l l g e m e i n e s a) Die B e r g u n g und Hilfeleistung ist im See- und Binnenschiffahrtsrecht im 1 wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen geregelt. In beiden Rechtsbereichen unterscheidet das Gesetz die Bergung von der Hilfeleistung. Besondere Bedeutung kommt der Unterscheidung von Bergung und Hilfeleistung allerdings nicht zu, weil beide Maßnahmen gleich geregelt sind. 1 Wegen der Einzelheiten vgl. § 92 a Rdn. 9.
525
§93
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
In der Seeschiffahrt erfordern die Vorschriften über die Berge- und Hilfeleistung (§§ 740 ff H G B ) das Vorliegen einer Seenot.1 Darunter ist einer der Seeschiffahrt eigentümliche, tatsächlich bestehende Schiffsgefahr zu verstehen, die die Schiffsbesatzung mit eigenen Mitteln nicht abwenden kann. 2 Im Gegensatz zur großen Haverei braucht keine gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung zu bestehen. Im Binnenschiffahrtsrecht erfordern Bergung und Hilfeleistung lediglich die Annahme einer Schiffsgefahr. Die Erfordernisse der Seenot entfallen, da das Binnenschiffahrtsrecht Seenot begrifflich nicht kennt. § 740 H G B erweitert den Geltungsbereich der seerechtlichen Regelung auf Fälle, in denen ein Seeschiff ein der Binnenschiffahrt dienendes Schiff geborgen hat oder einem solchen Schiff Hilfe geleistet wird. 2
b) Die gesetzliche Regelung hat ihre Berechtigung aus der Erwägung, daß die allgemeinen Gefahren der Schiffahrt sich plötzlich konkretisieren und ein Schiff in Gefahr bringen können. Gefahren, aus denen sich ein Schiff nicht ohne das Eingreifen Dritter befreien kann. Bei plötzlich auftretenden Gefahren, die ein sofortiges Handeln erforderlich machen, ist es regelmäßig nicht möglich, Dritte durch vertragliche Vereinbarungen zu verpflichten, so daß der Verlust oder große Schäden an Schiff und Ladung eintreten können, wenn Dritte nicht handelnd eingreifen. Nach § 323 c StGB sind zwar Dritte in Notfällen zur Hilfeleistung verpflichtet, wenn sie dazu in der Lage sind und die Hilfeleistung ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, in der Schiffahrt können aber gerade kritische Situationen entstehen, die den Beistand für Dritte gefahrvoll machen kann. Wäre ein Dritter bei einem Eingreifen wegen aller seiner Ansprüche auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff B G B ) beschränkt, könnte er nach § 683 B G B allenfalls seine Aufwendungen, nicht aber eine angemessene Vergütung für seine Leistungen fordern. Es bestände dann kein Anreiz für eine Hilfeleistung.
2. Der Geltungsbereich des Binnenschiffahrtsgesetzes 3
a) Die §§ 93 und 101 gelangen nur dann zur Anwendung, wenn einem Binnenschiff auf Binnengewässern von einem Binnenschiff oder von Land aus Hilfe geleistet wird. Binnenschiffe in diesem Sinne sind auch Personen- und Sportboote. Es kommt weder auf die Flaggenführung des Binnenschiffs noch auf die Nationalität des Schiffeigners an. Binnenschiffahrtsrecht ist auch anwendbar, wenn ein Binnenschiff einem Seeschiff auf Binnengewässern Hilfe leistet.
4
b) Bergen Schiffe des Bundes oder der Länder auf Binnenwasserstraßen Binnenschiffe oder leisten sie dort Hilfe, kommt es auf den Charakter des helfenden 1 R G Z 5, 91. 2 R G Z 165, 175.
526
Berge- und Hilfslohn
§93
Schiffes an. Bei Seeschiffen ist Seerecht, bei Binnenschiffen ist Binnenschifffahrtsrecht anzuwenden. Umgekehrt besteht auch ein Anspruch des helfenden Binnenschiffs gegen den Bund oder ein Land im Falle von B e r g u n g und Hilfeleistung 3 . c) Auf die Hilfeleistung von deutschen Binnenschiffen gegen deutsche Bin- 5 nenschiffe auf ausländischen Binnenwasserstraßen ist nach § 1 der Verordnung über die Rechtsanwendung bei Schädigungen deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebietes vom 7. 12. 19424 deutsches Recht in vollem Umfange anwendbar. Erfolgt die Hilfeleistung durch einen Ausländer im Ausland auf einer Binnenwasserstraße gegenüber einem deutschen Binnenschiff und macht der Ausländer Ansprüche auf Berge- oder Hilfslohn vor deutschen Gerichten geltend, kann in der Anrufung des deutschen Gerichts zugleich eine Rechtswahl liegen, so daß nicht nur deutsches Verfahrensrecht, sondern auch das deutsche Binnenschifffahrtsrecht anwendbar ist. Der Ausländer kann sich aber auch auf das Recht des Bergungs- oder Hilfeleistungsortes berufen. In diesem Falle ist Auslandsrecht anzuwenden, das er vor Gericht behaupten und beweisen muß. d) Wird von einem Seeschiff ein Binnenschiff geborgen oder wird einem sol- 6 chen Schiff Hilfe geleistet, gelten nach § 740 Satz 2 H G B anstelle der §§ 93 bis 101 die §§ 740 bis 753 H G B , wobei der Ort der Hilfeleistung bedeutungslos ist. Auch wenn die Rettungsmaßnahmen auf Binnenwasserstraßen erfolgt sind, ist Seerecht anwendbar. In derartigen Fällen ist auch nicht die einjährige Verjährungsfrist des § 117 Nr. 4, sondern die zweijährige Verjährungsfrist des § 902 Nr. 3 H G B anwendbar, die nach § 903 Abs. 3 H G B mit dem Ablauf des Tages in Lauf gesetzt wird, an welchem das Bergungs- oder Hilfsleistungswerk beendet worden ist, so daß auch von diesem Zeitpunkt an nach den §§ 353, 352 H G B Fälligkeitszinsen geschuldet werden. 3. D i e S c h i f f s g e f a h r Die Anwendung des § 93 setzt voraus, daß für das Schiff oder seine Ladung 7 eine Schiffsgefahr bestanden hat. Unter einer Schiffsgefahr ist eine durch die Schiffahrt auf Binnengewässern hervorgerufene hilflose Lage zu verstehen, die von der Schiffsbesatzung nicht mit den vorhandenen Mitteln allein überwunden werden kann und die die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes des Schiffes oder der Ladung begründet. Die Gefahr muß nicht schon unmittelbar drohen oder sich verwirklicht haben. Es genügt, daß sich das Schiff oder die Ladung in einer hilflosen Lage befindet und ohne Rettungsmaßnahmen erheblich gefährdet wäre. 5 Die Schiffsgefahr braucht sich abweichend von den Vorschriften über die große Haverei nicht gemeinsam auf Schiff und Ladung zu erstrecken. 3 BGHZ 69, 179 = VersR 1977, 913 = NJW 1877, 1821. 4 RGBl. 1942 I S. 708/BGB1. III 4 0 0 - 1 - 1. 5 RGZ 85, 369; 165, 175; BGH ZfB 1961, 463. 527
§93
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
8
Für die Annahme einer Schiffsgefahr genügt es, daß ein Schiff in eine Lage gerät, in der bei vernünftiger Beurteilung der gegebenen Verhältnisse ein Verlust von Schiff oder L a d u n g zu besorgen ist. 6 Für die Beurteilung der Gefahr ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Rettung beginnt. 7 Auch die subjektive Beurteilung durch den sich bedroht fühlenden Schiffsführer kann berücksichtigt werden.
9
Auf die Ursachen der G e f a h r kommt es nicht an. Eine Gefahr kann durch Dritte, durch extreme Witterungsverhältnisse und ungewöhnliche Wasserstände sowie durch die Schiffseinrichtungen oder die Ladung herbeigeführt werden. Auch von Land her können sich Gefahren ergeben. Maßgebend sind die konkreten Umstände des Einzelfalles. Das Abtreiben eines Stilliegers begründet für sich allein noch keine Schiffsgefahr. 8 Gerät ein Schiff auf dem Strom in brennenden Treibstoff, kann eine Schiffsgefahr angenommen werden, wenn das Schiff selbst in Brand gerät oder in sonstiger Weise in eine hilflose Lage versetzt wird. Liegt ein Schiff nahe einem Brandherd an Land, wird sich ein Binnenschiff in aller Regel aus eigener Kraft in Sicherheit bringen können. Ist das nicht mehr möglich und droht dem Schiff unmittelbar Gefahr, können Rettungsmaßnahmen notwendig sein. Ist aber an der Liegestelle jederzeit Hilfe zu erreichen, z. B. durch ein Feuerlöschboot, wird man eine Schiffsgefahr verneinen müssen.
10
War eine Schiffsgefahr bereits nahezu beendet, kommt § 93 nur zur Anwendung, wenn eine erhebliche weitere Schädigung droht. So kann die B e r g u n g eines bereits gesunkenen Schiffes nach § 93 Abs. 1 nur angenommen werden, wenn eine weitere Gefährdung durch Versandung, durch völligen Zusammenbruch oder durch die durchgehende Schiffahrt zu besorgen ist. Eine solche Gefährdung muß vorliegen in dem Zeitpunkt, in dem die Rettung beginnt. 9 Sind nur Menschen gefährdet, liegt keine Schiffsgefahr im Sinne des § 93 vor. Unerheblich ist die Gefährlichkeit der zu treffenden R e t t u n g s m a ß n a h m e n . Besondere Gefahren bei Rettungsmaßnahmen sind nur bei der Bemessung des Berge- oder Hilfslohns nach § 94 von Bedeutung. 4. D i e R e t t u n g
11
a) Schiff oder Ladung müssen aus der Schiffsgefahr gerettet werden. Sind die geleisteten Dienste ohne Erfolg geblieben, kann kein Berge- oder Hilfslohn beansprucht werden. Diesen Grundsatz besagt § 741 Abs. 1 H G B für das Seerecht ausdrücklich ( N o eure, no pay). Im Binnenschiffahrtsrecht ergibt sich dieser Grundsatz aus dem Umkehrschluß aus § 93 Abs. 1. Die Beteiligten können bei der Annahme von Hilfskräften Vereinbarungen 6 7 8 9
BGH BGH BGH BGH
528
Z f B 1961, 463. M d R 1962, 32. M d R 1962, 32. Z f B 1961, 463.
Berge- und Hilfslohn
§93
über einen Anspruch auf Berge- oder Hilfslohn auch für den Fall erfolglosen Einsatzes treffen. So wird z. B. regelmäßig nach Schiffahrtsbrauch ein sogenannter Turnlohn geschuldet, auch wenn die ausgeführten Turnmanöver erfolglos bleiben und das auf Grund gelaufene Schiff nicht abgezogen werden kann. b) Eine Rettung von Schiff oder Ladung liegt auch dann vor, wenn das 1 2 gefährdete Schiff in eine Lage gebracht wird, in der es sich trotz einer etwaigen Beschädigung in Sicherheit befindet, selbst wenn dort neue Gefahren eintreten können. Wird z. B. ein brennendes Tankmotorschiff von einem Schuber in flaches Wasser zwischen zwei Kribben gedrückt, damit der Brand dort von allen Seiten durch Feuerlöschboote bekämpft werden kann, stellen sich die nautischen Maßnahmen des Schubers als Rettungsmaßnahme dar. Es ist für die Annahme einer Rettungsmaßnahme nicht erforderlich, daß die Ursache der Schiffsgefahr endgültig beseitigt wird. Es genügt auch, wenn z. B. nach einer Leckage der Havarist durch den Einsatz von Pumpen eines anderen Schiffes über Wasser gehalten und dann auf Grund gesetzt wird, selbst wenn bei einem späteren Abziehen vom Grund auf Veranlassung des Schiffseigners das Schiff später sinkt.
5. Die Bergung a) Eine Bergung liegt nach § 93 Abs. 1 vor, wenn ein in Gefahr befindliches, 1 3 von der Schiffsbesatzung verlassenes Schiff geborgen wird. Ein Schiff ist nicht deshalb als verlassen anzusehen, weil sich keine Besatzung an Bord befindet oder sich die Besatzung, gleichviel aus welchen Gründen auch immer, an Land begeben hat. Es genügt nicht, daß das Schiff der Verfügung der Besatzung entzogen worden ist, z. B. wenn ein stilliegendes Schiff, dessen Besatzung sich an Land befindet, ins Treiben gerät. Verlassen ist ein Schiff nur, wenn es von der Besatzung aufgegeben worden ist, sodaß es gleichsam einer verlorenen Sache im Sinne des § 965 BGB entspricht. Eine nur vorübergehende Behinderung der Bemannung des Schiffes stellt kein Verlassen dar. So liegt kein Verlassen vor, wenn die Schiffsbesatzung zwar von Bord gegangen ist, aber bereit und in der Lage ist, jederzeit nach dort zurückzukehren. Fällt der Führer eines Sportboots während der Fahrt ins Wasser, liegt auch in einem solchen Unfall kein Verlassen des Bootes. Ist aber das Schiff in vorstehendem Sinne verlassen und aufgegeben, ist es auf die Annahme einer Bergung ohne Einfluß, wenn die Schiffsbesatzung nach der Einleitung von Rettungsmaßnahmen auf das Schiff zurückkehrt. b) Eine Bergung liegt auch dann vor, wenn aus einem in Gefahr befindlichen 1 4 und von der Schiffsbesatzung verlassenen Schiff die Ladung ganz oder teilweise geborgen wird. Das Schiff muß in diesem Falle unmittelbar vom Untergang bedroht sein. Hat sich z. B. ein Schiff festgefahren und kann das Schiff nach den Umständen des Falles nicht sinken, ist der Zugriff Dritter auf die Ladung keine Bergung. Auch ein Auffischen von Frachtgütern, die von Bord gefallen sind, fällt nicht 529
§93
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
unter den Begriff Bergung. C o n t a i n e r , die von einem Schiff ins Wasser fallen, davonschwimmen und dann durch D r i t t e aufgefischt werden, sind nicht im Rechtssinne geborgen. E i n e Bergung liegt aber vor, wenn ein Containerschiff sinkt und die ganze Containerladung in den S t r o m gerät und Stück für Stück geborgen werden m u ß . D a b e i kann es keinen Unterschied machen, o b die C o n tainer vor dem Sinken durch den Z u s a m m e n s t o ß oder nach dem Sinken durch sonstige U m s t ä n d e v o m Schiff getrennt werden.
6. Die Hilfeleistung 15
a) B e r g u n g und Hilfeleistung schließen einander aus. Soweit eine Rettungsmaßnahme als Bergung zu qualifizieren ist, liegt keine Hilfeleistung vor. Hilfeleistung im Sinne des § 93 A b s . 2 sind daher alle Rettungsmaßnahmen dritter Personen, wenn die Voraussetzungen der Bergung nicht vorliegen, 1 0 und durch die M a ß n a h m e n das Schiff oder die Ladung aus einer Schiffsgefahr 1 1 gerettet werden.
16
b) Hilfeleistung kann jede M a ß n a h m e sein, die für die R e t t u n g v o n Schiff oder L a d u n g geeignet ist und zum E r f o l g führt. M a ß n a h m e n dieser A r t sind Auspumpen eines leckgeschlagenen und das Abbringen eines festgefahrenen Schiffes, Eisbrecherhilfe für ein eingefrorenes Schiff, das Abschleppen eines H a varisten, Aufleichtern eines zu tief abgeladenen Schiffes bei fallendem Wasserstand, Löscharbeiten bei einem Schiffsbrand, Aufpacken eines steuerlos abtreibenden Schiffes, das Begleiten eines beschädigten Schiffes durch ein zur sofortigen Hilfeleistung bereites Schiff als vorbeugende M a ß n a h m e . 1 2 Ist die Schiffsgefahr auf andere Weise bereits behoben worden, ehe ein Dritter mit seinen R e t t u n g s m a ß n a h m e n beginnen kann, liegt keine Hilfeleistung v o r . 1 3
17
c) In der Rheinschiffahrt besteht ein H a n d e l s b r a u c h , wonach Aufträge zur Bergung und Hilfeleistung, die von einem Versicherer erteilt werden, auch als im N a m e n des Schiffseigners erteilt gelten. 1 4 Schäden beim L e i c h t e r n eines festgefahrenen Schiffs am Leichterfahrzeug trägt nach Handelsbrauch der Schiffseigner des Havaristen 1 5 .
10 Vgl. § 93, Rdn. 13. 11 Zum Begriff ebd. Rdn. 7. 12 Vgl. dazu R G Z 85, 372. Zu der Frage, unter welchen Umständen ein schleppendes Fahrzeug bei Eisgang Hilfslohn von seinem Anhang verdient vgl. O L G Köln, VersR 1962, 451. 13 B G H MdR 1962, 32. 14 Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 28.4. 1967, Handelsbräuche Nr. 202. 15 B G H ZfB 1972, 504. 530
Berge- und Hilfslohn
§93
7. Rettungsmaßnahmen der eigenen Schiffsbesatzung D i e Schiffsbesatzung ist aus ihrem Dienstverhältnis nach den §§ 7, 10, 23 zur 1 8 Vornahme von z u m u t b a r e n R e t t u n g s m a ß n a h m e n in jeder geeigneten F o r m verpflichtet, ohne für diese Tätigkeit eine gesonderte Vergütung fordern zu können. Gefahren für Leib und Leben braucht mach sich aber nicht auszusetzen. Zu den Personen der Schiffsbesatzung gehören neben dem Schiffsführer alle auf dem Schiff beschäftigten Personen ausschließlich des Lotsen, der in keinem Dienstverhältnis zur Leistung von Schiffsdiensten steht. Zur Schiffsbesatzung gehören auch Personen, die nur vorübergehend angestellt worden sind und insbesondere mit der A u s f ü h r u n g von Rettungsarbeiten beschäftigt werden. In der Praxis erhalten Besatzungsmitglieder für Bergungs- und Hilfeleistungsarbeiten „ T r i n k g e l d e r " . Dieser Mehraufwand ist im Rahmen einer Schadensabrechnung an sich nicht erstattungsfähig, weil dieser A u f w a n d ohne rechtliche Verpflichtung keine adäquate Folge eines schadensursächlichen Ereignisses ist, sondern auf der Freigebigkeit des Schiffseigners beruht. In der Praxis werden jedoch üblicherweise keine Einwendungen gegen die Abrechnung derartiger Beträge erhoben. Gehört das helfende Schiff dem Eigner des in einer Schiffsgefahr befindlichen Schiffes, steht der Besatzung des helfenden Schiffes und dem Schiffseigner auch B e r g e - u n d H i l f s l o h n zu, weil die Tatsachen der Bergung und Hilfeleistung unabhängig von den Eigentumsverhältnissen einen Rechtsanspruch geben. 1 6 In der Rheinschiffahrt besteht ein H a n d e l s b r a u c h , wonach auch eigene Fahrzeuge für das Freiturnen eines anderen festgefahrenen Schiffes desselben Schiffseigners denselben Turnlohn verlangen können wie bei Hilfeleistung zu Gunsten Dritter. E s wird nicht nur eine billige Entschädigung wegen des entstandenen Aufenthalts gewährt. 1 7 In der Praxis hat das die Konsequenz, daß ein Versicherer oder ein S c h ä d i g e r dem Eigner nicht entgegenhalten kann, daß die Hilfeleistung durch ein eigenes Fahrzeug erfolgt ist und deshalb kein Schaden bestehe. D e r Helfer wird vielmehr wie ein Dritter behandelt.
8. Der Berge- und Hilfslohn a) D i e Tatsache der Bergung und Hilfeleistung begründet unabhängig von 1 9 einem Vertrag einen R e c h t s a n s p r u c h auf B e r g e - oder Hilfslohn 1 8 . D e r Dritte darf aber nicht gegen den ausdrücklichen, erkennbaren oder mutmaßlichen Willen des Eigners des gefährdeten Schiffes gehandelt haben. Der Wille des Schiffseigners oder des Schiffsführers kann sich aus den Umständen des Falles ergeben. N a c h § 96 N r . 1 hat derjenige keinen Anspruch, der seine Dienste aufdrängt, 16 R G Z 58, 190 Nr. 48. 17 Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 24.7. 1936, Handelsbräuche Nr. 203. 18 R G Z 58, 190. 531
§ 93
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
insbesondere ohne Erlaubnis des anwesenden Schiffsführers das Schiff betreten hat. 20
b) Liegt keine Schiffsgefahr vor, muß eine erfolgreiche Hilfeleistung durch die tarifliche oder übliche Vergütung abgegolten werden". Trifft der zu Rettungsmaßnahmen herbeigeeilte Dritte erst nach Behebung der Schiffsgefahr ein, hat er keinen Anspruch auf Berge- oder Hilfslohn 2 0 . In der Praxis werden deshalb Turn- und Hilfsverträge mit entsprechenden Bestimmungen abgeschlossen, um das Risiko zu vermeiden, daß der Hilfeleistende für den Zeitverlust und die entstandenen Unkosten keine Entschädigung erhält. Er soll vertragsmäßig seinen Anspruch auf die vertragliche Leistung auch dann behalten, wenn die Hilfeleistung erfolglos geblieben ist 21 . Allgemeine Geschäftsbedingungen dieser Art sind auch keine überraschenden Klauseln im Sinne des A G B G . Hilfsverträge werden häufig vom Schiffsführer im Rahmen der sich aus § 15 Abs. 1 ergebenden gesetzlichen Vertretungsmacht mit Wirkung gegen den Schiffseigner geschlossen. Diese gesetzliche Vertretungsmacht besteht auch nach dem Untergang eines Schiffes fort, wenn die Aussicht besteht, das Schiff zu heben und wenn der Schiffsführer kraft seiner Fürsorgepflicht tätig wird 22 . Hingegen kann der Schiffsversicherer im Falle der Bergung von Schiff und Ladung nicht von den Ladungseigentümern nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag anteilig Ersatz von Aufwendungen aus Anlaß der Bergung verlangen 23 . Auch bei vertragsgemäßer Bergung und Hilfeleistung gelten mangels besonderer ausdrücklicher Vereinbarungen die gesetzlichen Bestimmungen 24 . Es kommt für die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen nicht darauf an, ob die Bergung oder Hilfeleistung gewerbsmäßig betrieben wird 25 . Unerheblich ist, ob sich der Berger oder Helfer an Land, auf einem anderen oder auf dem gefährdeten Schiff befindet. Eine Ausnahme besteht nur für die Personen der Schiffsbesatzung, die nach § 93 Abs. 3 keinen Anspruch auf einen Berge- oder Hilfslohn haben.
21
c) Ein Anspruch auf Berge- oder Hilfslohn besteht grundsätzlich nicht, wenn die Schiffsgefahr durch den Berger oder Helfer schuldhaft herbeigeführt worden ist, denn in derartigen Fällen ist die Tätigkeit ein eigenes Geschäft. Der Schädiger ist nach dem Gesetz zur Behebung des verschuldeten Schadens selbst verpflichtet und kann dafür nicht zusätzlich ein Entgelt verlangen 26 . Das gilt selbst bei Ab-
19 20 21 22 23 24 25 26
BGH MDR 1962, 32. BGH MDR 1962, 32. RG DR 1943, 864 Nr. 17. RGZ 165, 166. OLG Köln, ZfB 1989, 224. RGZ 32, 8; 70, 274. RGZ 51, 241. RGZ 59, 312.
532
Berge- und Hilfslohn
§93
schluß eines schriftlichen Turnvertrages 27 . Zusätzliche A u f w e n d u n g e n sind dem schuldigen Berger oder Helfer aber zu erstatten. H a t der Berger oder Helfer den Schaden nur mitverschuldet, so ist der Berge- oder Hilfslohn in entsprechender Anwendung der §§ 92, 92 c zu bemessen 2 8 . d) Die Kosten aller v o m Geschädigten unterlassenen R e t t u n g s m a ß n a h - 2 2 men, z. B. der Einsatz von Kran- und Leichterschiffen, kann der Geschädigte vom Schädiger nicht unter dem Gesichtspunkt einer Ersparnis verlangen 29 . e) Auch für den Einsatz von Schiffen aller Art des Bundes und der Länder 2 3 kann Berge- oder Hilfslohn verlangt werden. Ebenso ist der Fall umgekehrt 3 0 . Einrichtungen der öffentlichen Hand, die zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen bestimmt sind, wie z. B. die Wasserschutzpolizei und die Feuerlöschpolizei können für ihren Einsatz bei Berge- und Hilfeleistung keinen Berge- oder Hilfslohn verlangen, da eine solche Tätigkeit Sinn und Zweck dieser öffentlichen Einrichtungen ist. Öffentliche Einrichtungen in diesem Sinne können Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen, soweit keine öffentlich-rechtliche Gebührenordnung zur Anwendung gelangt 31 . f) Wird ein gefährdetes Schiff bei den Bergungsarbeiten infolge leichter Fahr- 2 4 lässigkeit beschädigt, hat der Eigner keinen E r s a t z a n s p r u c h gegen den Ber-
ger.32 Auch einem Turnvertrag ist nach Schiffahrtsbrauch ein Haftungsaus-
schluß zu Gunsten des Helfers zu entnehmen. Wird beim Leichtern eines festgefahrenen Fahrzeugs das Leichterfahrzeug beschädigt, kann der Eigentümer des Leichters seinen Schaden nicht von dem verlangen, der die Festfahrung verschuldet hat. Insoweit fehlt es an der haftungsausfüllenden Kausalität 3 3 .
9. Ansprüche bei sonstiger Hilfeleistung Liegen die Voraussetzungen des § 93 nicht vor, kann der Helfer für seine 2 5 Tätigkeit keinen Berge- oder Hilfslohn verlangen. Ansprüche des Helfers können in derartigen Fällen aus A u f t r a g (§§ 611 ff. B G B ) oder aus G e s c h ä f t s f ü h r u n g ohne A u f t r a g (§§ 677 ff. B G B ) entstehen. Auf die Höhe des Entgelts kann § 94 weder direkt noch entsprechend angewendet werden. Maßgebend ist für die Entschädigung in solchen Fällen ein tarifmäßiges, ein übliches oder das angemessene Entgelt. 27 28 29 30 31
R G Z 171, 97. R G J W 1938, 1903 N r . 45; R G D R 1943, 864 N r . 17. B G H VersR 1970, 121. Vgl. § 93 Rdn. 3. Vgl. dazu das Gutachten der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort vom 31. 5. 1950, Handelsbräuche N r . 205. 32 O L G Hamburg, VersR 1984, 758. 33 Vgl. dazu B G H VersR 1972, 929; ebenso § 93 Rdn. 17.
533
§94
6. A b s c h n i t t . Z u s a m m e n s t o ß v o n Schiffen, B e r g u n g u n d Hilfeleistung
Die allgemeinen Vorschriften des B G B sind nicht ergänzend anwendbar, wenn die Rettungsmaßnahmen keinen Erfolg hatten, weil der Berge- oder Hilfslohn an die Bedingung des Erfolges geknüpft ist, erfolglose Bemühungen aber nicht zu Lasten der Schiffahrt als zusätzliches Risiko gehen sollen.
10. Die Beweislast 26
Der Berger oder Helfer hat die Beweislast für die Schiffsgefahr 34 , den Umfang und den Erfolg seiner Tätigkeit. Die Beweislast erstreckt sich auf alle Umstände, die für die Bemessung des Berge- oder Hilfslohns nach § 94 von Bedeutung sind. Der Beweis des ersten Anscheins kann nach den Umständen des Einzelfalles eine Beweiserleichterung bringen. Wendet der in Anspruch genommene Schiffseigner ein, der Berger oder Helfer habe die Schiffsgefahr verschuldet, muß er das beweisen. Dem Schädiger obliegt dann für ein Mitverschulden des Bergers oder Helfers der Beweis eines Mitverschuldens im Rahmen des § 92 c nach dem Grad des Verschuldens35. §94 (1) In Ermangelung einer Vereinbarung wird die Höhe des Berge- oder Hilfslohnes unter Berücksichtigung der Umstände des Falles durch das Gericht nach billigem Ermessen festgesetzt. (2) Der Berge- und Hilfslohn umfaßt zugleich die Vergütung für die Aufwendungen, welche zum Zweck des Bergens und Rettens geschehen sind. (3) Nicht darin enthalten sind die Kosten und Gebühren der Behörden, die Kosten für die Aufbewahrung, Erhaltung, Abschätzung und Veräußerung der geborgenen oder geretteten Gegenstände sowie die auf diesen ruhenden Zölle und sonstigen Abgaben. (4) Bei der Bestimmung des Betrages des Berge- oder Hilfslohnes kommen insbesondere in Anschlag: der bewiesene Eifer, die verwendete Zeit, die geleisteten Dienste, die geschehenen Aufwendungen, die Zahl der tätig gewesenen Personen, die Gefahr, welcher dieselben ihre Person, ihre Fahrzeuge oder ihre Geräte ausgesetzt haben, sowie die Gefahr, welche den geborgenen oder geretteten Gegenständen gedroht hat, und der nach Abzug der Kosten (Absatz 3) verbliebene Wert derselben. Übersicht 1. Atigemeines 2. Der vereinbarte Berge- oder Hilfslohn 34 B G H VersR 1961, 1089. 3 5 Vgl. § 9 2 R d n . 4 . 534
Rdn. 1-3 4-7
Rdn. 3. Die gerichtliche Festsetzung Berge- oder Hilfslohnes
des 8-10
§94
Festsetzung des Berge- oder Hilfslohnes 4. Die bei der Lohnbestimmung zu beachtenden Faktoren
11-12
5. Aufwendungen des Bergers Helfers 6. Die Beweislast
oder
13-14 15
1. Allgemeines D i e Festsetzung des Berge- und Hilfslohnes ist im See- und Binnenschiffahrts- 1 recht ähnlich geregelt. § 94 A b s . 1 entspricht § 744 A b s . 1 H G B . Eine dem § 744 A b s . 2 vergleichbare Regelung, wonach der Berge- und Hilfslohn in G e l d festzusetzen ist, fehlt im Binnenschiffahrtsrecht, ist aber als selbstverständlich anzunehmen, da die L o h n b e s t i m m u n g nur in Geld, nicht aber in Sachwerten ausgedrückt werden kann. A u c h ein Verbot, ohne übereinstimmenden Antrag der Beteiligten den Berge- oder Hilfslohn auf einen Bruchteil des Wertes der geborgenen oder geretteten Gegenstände festzusetzen, kennt das Binnenschiffahrtsrecht nicht. Eine solche Bestimmung ist auch nicht erforderlich, weil berufsmäßige Berger in der Binnenschiffahrt regelmäßig nur aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung an einer Unfallstelle tätig werden, gelegentliche Berger oder Helfer aber nicht gleich berufsmäßigen Bergern Vorhaltekosten für Personen und Material haben. Hingegen fehlt eine dem § 94 A b s . 2 vergleichbare Regelung im Seerecht. 2 § 94 A b s . 3 entspricht im Seerecht der im wesentlichen wortgleiche § 746 H G B . D i e bei der L o h n b e s t i m m u n g zu beachtenden U m s t ä n d e des § 94 A b s . 4 entsprechen weitgehend den in § 745 H G B genannten Faktoren, jedoch nimmt das Seerecht Rücksicht auf die Zweckbestimmung des bergenden oder des rettenden Schiffes, weil es von besonderem Gewicht ist, o b der Berger oder Retter berufsmäßig tätig wird 1 . Ein wesentlicher Unterschied z u m Binnenschiffahrtsrecht ergibt sich im See- 3 recht aus § 745 A b s . 2 H G B . D e r Wert der geborgenen oder geretteten Gegenstände ist mit Einschluß der erhalten gebliebenen Ansprüche auf Fracht- und Uberfahrtsgelder nur an zweiter Stelle zu berücksichtigen. Im Binnenschiffahrtsrecht k o m m t es einerseits nicht auf die Fracht oder Fahrgelder an und andererseits steht der nach A b z u g der Kosten (§ 93 A b s . 3) verbliebene Wert der geretteten Gegenstände gleichwertig neben den sonstigen Bemessungsfaktoren.
2. Der vereinbarte Berge- oder Hilfslohn a) N a c h § 94 A b s . 1 k o m m t es für die H ö h e des Berge- oder Hilfslohnes in 4 erster Linie auf eine Vereinbarung an. Soll nach einer Havarie eine Bergungsfirma tätig werden, pflegen Havarieexperten B e r g e r zu beauftragen, die über entsprechendes Gerät verfügen. Der Tätigkeit des Bergers gehen detaillierte Absprachen voraus, die sich auch auf die 1 Vgl. dazu Prüßmann-Rabe,
SHR, § 745 Anm. 9. 535
§94
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
H ö h e der Vergütung erstrecken, wobei die Besonderheiten der Bergung und insbesondere die Art der auszuführenden Arbeiten berücksichtigt werden. Eine solche Vereinbarung kann auch noch nachträglich abgeschlossen werden. 5
b) D e r B e r g e - oder Hilfsvertrag kann entweder vom Schiffseigner oder vom Schiffsführer im Rahmen seiner gesetzlichen V e r t r e t u n g s m a c h t nach § 15 Abs. 1 abgeschlossen werden. Für den Schiffsführer kann ein zur Rettung von Schiff und Ladung erforderliches Geschäft vorliegen, das die Ausführung der Reise notwendig macht 2 . D e r Schiffsführer muß im Rahmen seiner Dienstobliegenheiten aber als verpflichtet angesehen werden - außer im Falle von Eilmaßnahmen - im Falle einer Havarie und der Beauftragung eines Bergers Weisungen des Schiffseigners einzuholen. 3 Ein Schiffsführer wird in der Regel bei schweren Havariefällen keinen Überblick über die zu treffenden Maßnahmen und die sich daraus ergebenden Kosten haben, so daß es notwendig ist, dem Schiffseigner die zu treffenden Maßnahmen zu überlassen. Weisungen des Eigners können angesichts der unmittelbaren Nachrichtenverbindungen vom Schiff oder von Land aus sofort und ohne Schwierigkeiten eingeholt werden. Wird der Schiffsführer im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht ( § 1 5 Abs. 1) tätig, entstehen für den Berger oder Helfer das Schiffsgläubigerrecht a m Schiff (§ 97 Abs. 1) oder das Pfandrecht a n der L a d u n g (§ 97 Abs. 1) sowie das Z u r ü c k b e h a l t u n g s recht nach § 97 Abs. 1 Satz 2. Beauftragt ein Versicherer den Berger, gilt dieser namens des Schiffseigners als beauftragt.
6
c) Abweichend von § 747 H G B kann im Binnenschiffahrtsrecht ein Hilfslohnvertrag nicht durch das Gericht aufgehoben oder verändert werden. § 747 H G B ist im Binnenschiffahrtsrecht auch nicht entsprechend anwendbar. Der Hilfslohnvertrag unterliegt auch keiner allgemeinen Inhaltskontrolle von Amts wegen. Ein Hilfslohnvertrag kann lediglich nach den allgemeinen Grundsätzen wie jeder andere Vertrag nach den §§ 119, 123, 138 B G B nichtig sein. Auch ist eine Uberprüfung allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Maßgabe des A G B G möglich.
7
d) Auch für die vertragliche B e r g u n g oder Hilfsleistung gelten die §§ 93 ff., soweit nichts anderes vereinbart ist. Für eine gerichtliche Festsetzung des Bergeoder Hilfslohnes ist kein Raum, wenn die Beteiligten eine bestimmte Vergütung vereinbart haben. Auf die in § 94 Abs. 4 genannten Bemessungsfaktoren kommt es dann nicht an. Die Beteiligten können ihre Beziehungen abweichend von § 94 Abs. 4 regeln und insbesondere eine persönliche Haftung für den Berge- oder Hilfslohn neben der sich aus § 97 ergebenden beschränkt dinglichen Haftung vereinbaren. Aus der Vereinbarung über die H ö h e des Berge- oder Hilfslohns
2 R G Z 70, 274. 3 Vgl. dazu § 1 0 .
536
Festsetzung des Berge- oder Hilfslohnes
§94
kann allein nicht entnommen werden, daß auch eine persönliche Haftung des Eigners begründet werden soll. 4
3. Die gerichtliche Festsetzung des Berge- oder Hilfslohnes a) Eine gerichtliche Festsetzung des Berge- oder Hilfslohnes hat nur dann zu 8 erfolgen, wenn die Beteiligten keine Vergütung vereinbart haben oder nachträglich keine Einigung darüber erfolgen kann. In erster Linie ist es Sache der Beteiligten, sich über den Berge- oder Hilfslohn zu verständigen. Kommt keine Einigung zustande, muß bei dem ordentlichen Gericht im Wege der Klage die Festsetzung des Berge- oder Hilfslohnes beantragt werden. b) Das Gesetz gibt dem Gericht für die Festsetzung des Berge- oder Hilfsloh- 9 nes Richtlinien. Nach § 94 Abs. 1 ist die Höhe des Berge- oder Hilfslohns unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nach billigem Ermessen festzusetzen. Im Rahmen des billigen Ermessens sind die in § 94 Abs. 2—4 genannten Faktoren zu beachten. Das Gericht kann auch zusätzlich Zinsen (§ 291 B G B ) zubilligen. c) Ist die Bergung oder Hilfsleistung im Ausland erfolgt, sind die am Unfall- 1 0 ort maßgebenden Umstände entscheidend. Durch die Anrufung eines deutschen Gerichts unterstellen die Beteiligten mangels abweichender Darstellung regelmäßig die Festsetzung des Berge- oder Hilfslohnes deutschem Recht, so daß auch in derartigen Fällen § 94 in vollem Umfange anwendbar ist.
4. Die bei der Lohnbestimmung zu beachtenden Faktoren a) Die in § 94 Abs. 4 genannten Faktoren sind keine Anweisung oder Begren- 11 zung, sondern allgemeine Anhaltspunkte für die nach den Umständen des Falles nach billigem Ermessen des Gerichts zu treffende Entscheidung. Die Aufzählung der Faktoren hat keinen abschließenden, sondern nur beispielhaften Charakter. Es handelt sich um Faktoren, die üblicherweise im Vordergrund stehen. Das Gericht kann auch sonstige, möglicherweise erstmals festzustellende, Umstände heranziehen und im Rahmen einer Gesamtschau angemessen berücksichtigen. Auch bei der Gewichtung der einzelnen Faktoren ist das Gericht frei. Das Gericht darf die einzelnen Faktoren in einer den Umständen des Einzelfalles angepaßten Bedeutung bei der Gesamtschau berücksichtigen. Eine schematische Betrachtung wird der billigen Feststellung regelmäßig nicht gerecht und kann den Blick für ein billiges Ergebnis verstellen. Das Gericht kann die Übungen der Schiffahrtskreise, die durch Gutachten der Schifferbörse festzustellen sind, berücksichtigen, ist aber an die Wertung eines solchen Gutachtens nicht gebunden. Die Übungen der Schiffahrtskreise können ein gewichtiges Indiz für die Feststellung sein. Ein Gutachten der Schifferbörse kann bei der Entscheidung des Gerichts hilfreich sein. 4 RGZ 70, 277. 537
§94 12
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
b) Bei der Gesamtschau sind in erster Linie die besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Gefährlichkeit der Rettungsmaßnahmen, die verwendete Zeit, die geleisteten Dienste, der Umfang der Aufwendungen und der Wert der geretteten Gegenstände zu berücksichtigen. Im Einzelfall kann der eine oder andere Faktor entfallen. Es braucht nicht immer mit den Berge- oder Hilfsleistungsarbeiten eine Gefahr verbunden zu sein. Auch ist eine Hilfeleistung ohne größere Aufwendungen möglich, wenn z. B. lediglich Pumphilfe geleistet wird, um ein Schiff vor dem Sinken zu bewahren, ehe es auf eine seichte Stelle verschleppt wird oder das Leck abgedichtet werden kann. Wenn ein Berger oder Helfer ungeschickt oder nicht zielstrebig arbeitet, kann der Zeitaufwand unter Umständen geringer zu bewerten sein als in den Fällen, in denen Berger oder Helfer tatkräftig und mit Eifer arbeiten. Das Gesetz verweist ausdrücklich auf Aufwendungen als Bewertungsfaktor. Aufwendungen in diesem Sinne sind neben Treibstoff des rettenden Schiffes auch der Einsatz von Material zur Leckabdichtung und der Einsatz von Gerät. Neben dem Umfang der geleisteten Dienste ist auch der Personaleinsatz, der den Umfang der Rettungsmaßnahmen anzeigt, sowie die Sachkosten im Rahmen der Gesamtschau zu würdigen. Das Gefahrenmoment bei den Berge- oder Hilfsarbeiten stellt den wichtigsten Faktor dar. Denn der Mut der Berger oder Helfer verdient besondere Anerkennung. Es kann auch der Wert des bei dem Einsatz in Gefahr gebrachten eigenen Schiffes nebst seiner Einrichtungen eine wesentliche Rolle spielen. Die Gefahr kann, muß aber nicht von dem Havaristen ausgehen. Wenn ein Tankmotorschiff brennt, ist die Gefahr evident. Die Gefahr kann aber auch von Dritten oder von Land aus drohen. Bei der Abschätzung des Wertes der geretteten Gegenstände ist auch die Gefahr zu berücksichtigen, in der sich die geborgenen oder geretteten Gegenstände befunden haben. Nach § 94 Abs. 4 letzter Halbsatz sind aber die in Abs. 3 genannten Kosten von dem Wert abzuziehen. Es sollen nur die Nettowerte in die Lohnbestimmung eingehen. Als Wert der Gegenstände ist der Zeitwert heranzuziehen.
5. A u f w e n d u n g e n der Bergers oder Helfers 13
a) Bei der Lohnbestimmung sind allgemeine Aufwendungen des Bergers oder Helfers bei seiner Arbeit bereits angemessen zu berücksichtigen. Diese Aufwendungen können nicht außerdem noch einmal gesondert in Rechnung gestellt werden. Das gilt für alle Aufwendungen an Zeit, Arbeit, Nutzungsverlust und Materialverbrauch. Auch eine Beschädigung des helfenden Schiffs und seiner Gerätschaften wird schon durch die Lohnbestimmung abgegolten. Abgesehen von besonderen Vereinbarungen kann kein weiterer Aufwendungsersatz verlangt werden. 538
Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes
§ 95
b) Kosten, Gebühren und Auslagen, die erst nach den abgeschlossenen Ret- 1 4 tungsmaßnahmen entstehen, können gesondert verlangt werden. Das Gesetz nimmt von der Festsetzung der Vergütung die Kosten der Aufbewahrung, der Erhaltung, der Abschätzung und der Veräußerung der geborgenen oder geretteten Gegenstände sowie die darauf ruhenden Zölle aus. Diese Kosten können gesondert verlangt werden. Für diese Kosten gelten aber ebenfalls die §§ 97, 100 mit der Folge, daß der Berger oder Helfer ein Schiffsgläubiger-, Pfand-, oder Zurückbehaltungsrecht erwerben kann. 6. Die Beweislast Der Berger oder Helfer hat alle Umstände zu beweisen, die für die Bemessung 1 5 des Berge- oder Hilfslohnes maßgeblich sind. Dem Schiffseigner steht es offen, Einwendungen zu erheben. §95 (1) Haben sich mehrere Personen an der Bergung oder Hilfeleistung beteiligt, so wird der Berge- oder Hilfslohn unter dieselben nach Maßgabe der persönlichen und sachlichen Leistungen der einzelnen verteilt. (2) Zur entsprechenden Teilnahme sind auch diejenigen berechtigt, welche sich in derselben Gefahr der Rettung von Menschen unterzogen haben. (3) Wird ein Schiff oder dessen Ladung von einem anderen Schiffe geborgen oder gerettet, so hat der Schiffseigner des letzteren einen angemessenen Teil des Berge- oder Hilfslohnes zu beanspruchen. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die Beteiligung mehrerer Personen an den Rettungsmaßnahmen . . . . 3. Die Rettung durch ein anderes Schiff 4. Die Beteiligung mehrerer Schiffe . .
Rdn. 5. Die Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes 6. Der Streit über die Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes 7. Die Beweislast
8 9-11 13
1. Allgemeines Die Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes ist in der Seeschiffahrt durch 1 § 749 i. V. m. § 744 Abs. 2 H G B abweichend vom Binnenschiffahrtsrecht geregelt. Der Berge- oder Hilfslohn kann bei einer Rettung vom Schiff aus nur vom Reeder oder Ausrüster des Seeschiffs geltend gemacht werden. Es besteht nur ein Anspruch. Die Verteilung erfolgt in der Weise, daß zunächst dem Reeder die Schäden am Schiff und die Betriebsmehrkosten ersetzt werden, die durch die Bergung oder Rettung entstanden sind. Der Rest des Berge- oder Hilfslohnes 539
§95
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
wird zwischen dem Reeder zu % Anteil und dem Kapitän sowie der Schiffsbesatzung zu je Vt verteilt. Für das auf die Besatzung entfallende Vi, hat der Kapitän vor der Beendigung der Reise einen Verteilungsplan aufzustellen, wobei die sachlichen und persönlichen Leistungen eines jeden besonders berücksichtigt werden und diese in der Q u o t e ihren Ausdruck finden. Bei der Aufstellung dieses Verteilungsplans hat die Bordvertretung im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung ein Anhörungs- und Mitbestimmungsrecht. Gegen den Verteilungsplan kann bei dem zuerst angegangenen Seemannsamt Einspruch eingelegt werden. Das Seemannsamt entscheidet dann über den Einspruch. Gegen den Bescheid des Seemannsamtes kann das Besatzungsmitglied Klage gegen alle übrigen Beteiligten, deren Q u o t e durch die Klage betroffen wird, richten. Diese Klage ist vor den ordentlichen Gerichten zu erheben, während eine Klage auf Auszahlung des anteiligen Berge- oder Hilfslohnes gegen den Reeder vor dem Arbeitsgericht zu erheben ist. 2
Die Vorschriften des § 749 Abs. 1 und 2 H G B sind zwingenden Rechts und können nicht abbedungen werden. Die früher vorgesehene Verteilung des Lohnanspruchs durch das Seeamt ist entfallen.
3
Nach § 749 Abs. 5 H G B findet § 749 Abs. 1 bis 3 H G B bei der Bergung oder Rettung durch Bergungs- oder Schleppdampfer keine Anwendung. Ein Bergeoder Hilfslohn steht in diesen Fällen nur dem Bergungsunternehmen zu; denn das Arbeitsverhältnis der Besatzungsmitglieder dieser Schiffe ist auf die hier in Rede stehenden Arbeiten von vornherein ausgerichtet. Sie erhalten ihren Arbeitslohn auch speziell zur Ausführung derartiger Arbeiten.
4
Im Gegensatz zum Seerecht steht in der Binnenschiffahrt den Beteiligten der Berge- oder Hilfslohn pro rata zu und kann von jedem Beteiligten selbständig geltend gemacht werden. Für die Leistung gelten bei einer gemeinsamen Rettung von Schiff und Ladung keine Besonderheiten. Der Berge- oder Hilfslohn ist einheitlich festzusetzen.
2. Die Beteiligung mehrerer Personen an den Rettungsmaßnahmen 5
Die Beteiligung mehrerer Personen an Rettungsmaßnahmen kommt häufig vor. Diesen Fall regelt § 95 Abs. 1 ausdrücklich. Haben sich mehrere Personen an der Bergung oder Hilfsleistung beteiligt, so wird der Berge- oder Hilfslohn unter ihnen nach Maßgabe der persönlichen oder sachlichen Leistung der Einzelnen verteilt. Keinen Anspruch haben Personen, die von dem Helfer aufgrund eines Dienstvertrages oder einer sonstigen Vereinbarung zur Ausführung von Rettungsmaßnahmen angenommen worden sind, weil ihre Tätigkeit bereits durch das vertragsmäßig geschuldete Entgelt abgegolten wird. Sie sind deshalb auch keine selbständig Beteiligten. Anders verhält es sich, wenn sich diese Personen in derselben Gefahr der Rettung von Personen unterzogen haben. Die Rettung von 540
Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes
§95
Menschen stellt zwar keine Rettung oder Hilfsleistung dar 1 , sichert aber die Beteiligung an dem Lohn, der sich dadurch für die übrigen Beteiligten entsprechend mindert, da die geretteten Personen nicht in H ö h e des Anteils ihrer Retter für den Lohn haften müssen.
3. Die Rettung durch ein anderes Schiff Erfolgt die Rettung durch ein anderes Schiff, so ist an dem Berge- oder Hilfs- 6 lohn außer der Schiffsbesatzung, zu der auch der Lotse gehört, auch der Schiffseigner als Beteiligter anzusehen (§ 95 Abs. 3), selbst wenn er sich nicht auf dem Schiff befunden hat. Ihm steht ein Vergütungsanspruch in seiner Eigenschaft als Eigentümer des Schiffes und Arbeitgeber der Schiffsbesatzung zu. Er kann einen angemessenen Teil des Berge- oder Hilfslohnes beanspruchen. Der Ausrüster steht dem Schiffseigner gleich. Ist ein Schiff gechartert oder vermietet, steht der Hilfslohn dem Schiffseigner und der Besatzung, nicht aber dem Charterer oder Mieter zu, da diese Personen nicht dem Ausrüster gleichstehen 2 .
4. Die Beteiligung mehrerer Schiffe Sind an der Bergung oder Hilfeleistung mehrere Schiffe beteiligt, erfolgt die 7 Verteilung ebenfalls zwischen den beteiligten Schiffsbesatzungen und den verschiedenen Schiffseignern nach Maßgabe der persönlichen und sachlichen Leistungen der Einzelnen unter angemessener Berücksichtigung des Anteils der verschiedenen Schiffseigner.
5. Die Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes Anders als das Seerecht 3 kennt das Binnenschiffahrtsrecht keine Aufteilung 8 des L o h n s auf den Eigner, den Schiffsführer und die übrigen Besatzungsmitglieder. Entscheidend ist allein der persönliche und sachliche Einsatz der Berger oder Helfer. Läßt sich keine unterschiedliche Leistung feststellen, ist eine gleichmäßige Zuteilung vorzunehmen. Bei dem Anspruch des Schiffseigners muß berücksichtigt werden, ob an seinem Schiff oder an seinen Gerätschaften bei den Rettungsmaßnahmen Schaden entstanden ist. Auch Verluste durch die Verzögerung der Reise wirken sich zu Gunsten seines Anteils aus. Als besonders erheblich ist zu gewichten, daß sein Schiff die Rettung ermöglichte, worin eine bedeutsame sachliche Leistung liegt.
1 Vgl. § 93 Rdn. 7 f. 2 R G Z f B 1943, 125. 3 Vgl. § 95 Rdn. 1.
541
§96
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
6. Der Streit über die Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes 9
a) In erster Linie überläßt es das Gesetz den Beteiligten, unter sich eine einverständliche Vereinbarung über die Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes zu suchen und zu treffen. Kommt keine Einigung zustande, müssen die Beteiligten im Wege der Klage die ordentlichen Gerichte anrufen, damit das Gericht die Verteilung vornimmt. Die Klage kann durch alle Helfer gemeinsam erhoben werden. Es ist aber auch jeder Helfer in Höhe seines Anteils klagebefugt. Die Klage ist gegen widersprechende Beteiligte zu richten.
10
b) Ist die Bergung oder Hilfeleistung durch ein anderes Schiff erfolgt, so ist der Schiffseigner nicht nur für seinen Anteil (§ 93 Abs. 3), sondern in Höhe des vollen Lohnes, der auf ihn selbst und auf die Schiffsbesatzung entfällt, klageberechtigt; denn § 95 Abs. 3 regelt nur die Verteilung, nicht aber die Klagebefugnis 4 . Der Schiffseigner ist dann seinerseits verpflichtet, eine anteilmäßige Verteilung nach § 95 vorzunehmen, was die Besatzungsmitglieder vor den Arbeitsgerichten angreifen können, da ihnen der Schiffseigner in der Person ihres Arbeitgebers entgegentritt. 5 Es ist zulässig, in Arbeitsverträgen Ansprüche des Besatzungsmitglieds gegen den Schiffseigner auf Berge- oder Hilfslohn näher zu regeln oder sogar auszuschließen.
11
c) Sind mehrere Schiffe an der Bergung oder Hilfsleistung beteiligt, so ist die Klage auf Berge- oder Hilfslohn in Höhe des Anteils des eigenen Schiffes von jedem Eigner gegen die anderen beteiligten Eigner zu richten. 6
7. Die Beweislast 12
Bei Streit der Beteiligten über die Verteilung des Berge- oder Hilfslohnes hat der jeweilige Kläger sämtliche Umstände zu beweisen, die für die Bewertung der persönlichen und sachlichen Leistungen eines jeden Einzelnen wesentlich ist. Im Streit der beteiligten Eigner hat der jeweilige Kläger die volle Beweislast.
§96 Auf Berge- und Hilfslohn hat keinen Anspruch: 1. wer seine Dienste aufgedrungen, insbesondere wer ohne Erlaubnis des anwesenden Schiffers das Schiff betreten h a t ; 2. wer von den geborgenen Gegenständen dem Schiffer, dem Eigentümer oder der zuständigen Behörde nicht sofort Anzeige gemacht hat. 4 OLG Hamburg OLG 22, 76. 5 ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 1 zu § 30 SeemG; LG Bremen, Hansa 1958, 2328. 6 Zur Frage, ob ein Schiffsversicherer im Falle eines Unfalls des versicherten Schiffes von der Ladungseigentümerin Ersatz der auf die Ladung entfallenden Bergungslasten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen kann, vgl. OLG Köln, 2 f B 1989, 224. 542
Vom Anspruch auf Berge- und Hilfslohn ausgeschlossene Personen
§96
Übersicht 1. Allgemeines 2. Aufgedrungene Dienste 3. Unverständliche Verbote 4. Die Verheimlichung geborgener Gegenstände
Rdn. 1 2—4 5
Rdn. 5. Der Ausschluß des Lohnanspruchs aus sonstigen Gründen 6. Die Beweislast
7 8-9
6
1. Allgemeines § 96 weicht erheblich von der seerechtlichen Regelung der §§ 742, 748 H G B 1 ab. Wer auf See einem Schiff gegen das ausdrückliche Verbot des Kapitäns Beistand leistet, kann keinen Berge- oder Hilfslohn beanspruchen, es sei denn, daß das Verbot unverständig war (§ 742 Abs. 1 HGB). Im Seerecht muß der Kapitän ausdrücklich von seinem Hausrecht Gebrauch machen. Schweigt er oder spricht er kein ausdrückliches Verbot aus, gilt sein Verhalten als Zustimmung zu den Berge- oder Hilfsmaßnahmen. Insoweit ist er weniger schutzwürdig als ein Binnenschiffer. Der Kapitän kann im Rahmen seines Hausrechts ausreichende Maßnahmen zur Abwehr Unbefugter ergreifen und mit Gewalt durchsetzen. Die Regelung des Binnenschiffahrtsrechts ist gegenüber dem Seerecht enger. Die seerechtlichen Regelungen können weder ergänzend noch entsprechend herangezogen werden.
2. Aufgedrungene Dienste Wer seine Dienste aufdrängt, insbesondere ohne Erlaubnis des Schiffsführers 2 das Schiff betreten hat, hat keinen Lohnanspruch. Mit dieser Vorschrift verfolgt das Gesetz, der Einmischung unbefugter Personen in das Rettungswerk vorzubeugen 1 . Eine Bergung oder Hilfeleistung, die im Widerspruch zu dem erkennbaren Willen des Schiffsführers erfolgt, ist als aufgedrungen anzusehen und löst keinen Lohnanspruch aus. 2 Derjenige drängt nach dem Wörtlaut des Gesetzes insbesondere seine Dienste auf, wer ohne Erlaubnis des anwesenden Schiffsführers das Schiff betritt; denn schon durch das Betreten des Schiffes wird der Schiffsführer unter Druck gesetzt und hat, insbesondere bei mehreren Personen, die gleichzeitig das Schiff betreten, nicht mehr die erforderliche Freiheit der Willensbestimmung, die in einer Gefahrenlage erforderlich ist. Man wird auch von einem Aufdrängen von Diensten sprechen können, wenn bereits Berger und Helfer sich an einer Unfallstelle mit Rettungsarbeiten befassen und Dritte sich ungefragt und ohne daß dies nach außen in Erscheinung tritt, den Arbeiten anschließen, um einen Teil des Berge- oder Hilfslohnes beanspruchen zu können. 1 Begr. S. 117. 2 RGZ 57, 23; 85, 369. 543
§96
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
3
Anders verhält es sich, wenn der Schiffsführer gegen das Betreten seines gefährdeten Schiffs oder gegen den Beginn der Rettungsmaßnahmen keinen Einspruch erhebt; denn für die Bergung- und Hilfeleistung bedarf es keiner ausdrücklichen Erlaubnis des Schiffsführers oder des Eigners. Aus einem schlüssigen Verhalten des Schiffsführers, insbesondere aus dem Verzicht auf die Ausübung des Hausrechts kann eine Zustimmung des Schiffsführers folgen, Bergeoder Hilfeleistungsarbeiten zulassen zu wollen.
4
Berge- oder Hilfeleistungen, die der Schiffseigner angeordnet hat, kann der Schiffsführer nicht ablehnen. Man wird dem Schiffsführer auch kein Kündigungsrecht im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht zubilligen können, da der Schiffseigner jederzeit über Funk oder Telefon erreichbar ist und seine Rechte selbst uneingeschränkt wahrnehmen kann.
3. U n v e r s t ä n d i g e Verbote 5
Auch unverständige Verbote des Schiffsführers oder des Schiffseigners, Bergeoder Hilfsarbeiten zu leisten, geben einem Berger oder Helfer keinen Anlaß, sich über den Widerspruch hinwegzusetzen, weil sonst in die Dispositionsfreiheit des Schiffsführers und des Schiffseigners eingegriffen würde 3 . Im Seerecht sind die Verhältnisse anders gelagert und die entsprechende gesetzliche Regelung angebracht4. In der Seeschiffahrt kann ein Totalverlust von Schiff und Ladung drohen, wenn keine Retter eingreifen. In der Binnenschiffahrt braucht auch ein Sinken des Schiffes nicht zu einem Totalverlust zu führen. Auch die Ladung kann in einem solchen Fall mitunter weitgehend später geborgen werden. Aus dem Schweigen des Gesetzes bei unverständigem Verhalten des Schiffsführers muß gefolgert werden, daß alle Maßnahmen zur Abwendung der Schiffsgefahr dem uneingeschränkten Ermessen des Schiffsführers unterliegen sollen; denn er allein kann überblicken, was zu geschehen hat. In die zu treffenden Maßnahmen sollen sich keine Dritten einmischen. Wer gleichwohl Dienste aufdrängt, hat keinen Lohnanspruch, selbst wenn das Rettungswerk zugleich im öffentlichen Interesse liegt; denn es obliegt der Wasserschutzpolizei und der Bundeswasserstraßenverwaltung, in eigener Kompetenz öffentliche Interessen wahrzunehmen und die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen anzuordnen. Die Grenzen zum Öffentlichen Recht dürfen nicht durch das Dazwischentreten Unbefugter verwischt werden. Es besteht im Binnenschiffahrtsrecht zu einer entsprechenden Anwendung des § 742 Abs. 1 H G B keine Notwendigkeit.
3 A. A. Baumgärtel/Koriotb, 4 D a z u § 96 Rdn. 1.
544
H d b . der Beweislast, § 96 BinnSchG Anm. 2.
Vom Anspruch auf Berge- und Hilfslohn ausgeschlossene Personen
§96
4. Die Verheimlichung geborgener Gegenstände Das G e s e t z will durch die Vorschrift des § 96 N r . 2 dem Versuch der Verun- 6 treuung geborgener Gegenstände vorbeugen 5 . Wer von geborgenen Gegenständen weder dem Schiffsführer noch dem Eigentümer noch der zuständigen B e hörde, das ist die Wasserschutzpolizei und die Bundeswasserstraßenverwaltung, nicht sofort Anzeige macht, erschwert oder vereitelt die Ermittlung der geretteten Gegenstände und verheimlicht sie damit. Eine besondere Eile schreibt das G e s e t z nicht vor. D i e Anzeige m u ß aber im R a h m e n des Zumutbaren z u m frühest möglichen Zeitpunkt erfolgen. Wer nicht sofort Anzeige erstattet, verheimlicht die geborgenen Gegenstände. Wer in dieser F o r m unredlich ist, hat keinen Anspruch auf Berge- oder Hilfslohn. Diese Sanktion des Gesetzes schließt zugleich jedwede Ansprüche aus einem anderen Rechtsgrund aus. D e r Täter kann sich zugleich je nach den U m s t ä n d e n des Einzelfalles einer strafbaren Handlung nach dem S t G B schuldig machen.
5. Der Ausschluß des Lohnanspruchs aus sonstigen Gründen Wer die Schiffsgefahr verschuldet hat, hat für seine Berge- oder Hilfsleistun- 7 gen keinen Lohnanspruch. D e n n ein Schädiger ist nach § 2 4 9 B G B zur Herstellung des früheren Zustandes verpflichtet. Das gilt selbst bei Vereinbarung eines vertraglichen Vergütungsanspruchs. D e r Geltendmachung eines solchen vertraglichen Anspruchs steht § 242 B G B entgegen. N a c h § 93 A b s . 3 hat die Besatzung des einer Schiffsgefahr ausgesetzten Schiffes keinen Anspruch auf Berge- oder Hilfslohn.
6. Die Beweislast a) Bestreitet der Schiffseigner einen Lohnanspruch des Bergers oder Helfers, 8 so hat er den Beweis zu erbringen, daß die Leistung gegen den erkennbaren Willen des Schiffsführers erfolgt ist und insbesondere der Schiffsführer mit dem Betreten des Schiffes nicht einverstanden gewesen ist. D e n n § 96 ist eine Ausnahmevorschrift. Das Einverständnis des Schiffsführers gehört nicht zu den klagebegründenden Tatsachen. A n den Beweis des Aufdrängens sind strenge A n f o r d e rungen zu stellen, da schon schlüssige Handlungen zur A n n a h m e einer Zustimmung ausreichen 6 . N a c h der Lebenserfahrung wird sich ein Schiffsführer energisch gegen Zudringlichkeiten D r i t t e r zur Wehr setzen. E b e n s o hat der Schiffseigner die Beweislast, wenn er geltend macht, der Schiffsführer sei zwar zunächst mit den Rettungsarbeiten einverstanden gewesen, habe den Rettern oder Helfern aber später die Dienste aufgekündigt, ehe die Rettungsmaßnahmen beendet waren. 5 Begr. S. 117. 6 Baumgärtel/Koriotb,
Hdb. Beweislast, § 96 BinnSchG Anm. 1. 545
§ 97
9
6. Abschnitt. Zusammenstoß v o n Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
b) Aus dem Unterbleiben einer Anzeige über geborgene Gegenstände folgt nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises, daß der Berger oder Helfer die geborgenen Gegenstände verheimlichen und nicht ausliefern wollte. Es obliegt dem Berger oder Helfer, diesen Anscheinsbeweis zu entkräften.
§97 (1) Wegen der Bergungs- und Hilfskosten, einschließlich des Berge- und Hilfslohnes, stehen dem Gläubiger im Falle der Rettung des Schiffes die Rechte der Schiffsgläubiger (§§ 102 bis 115) und im Falle der Rettung von Gütern ein Pfandrecht an diesen zu. Geborgene Gegenstände können bis zur Sicherheitsleistung zurückbehalten werden. (2) Die Pfandklage kann hinsichtlich des Schiffes und der Fracht und, solange die Ladungsgüter noch nicht ausgeliefert sind, auch hinsichtlich dieser gegen den Schiffer gerichtet werden. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die Bergung oder Hilfeleistung stattgefunden hat. Übersicht 1. Allgemeines 2. Das Schiffsgläubigerrecht . . . 3. Das Pfandrecht 4. Das Zurückbehaltungsrecht . . 5. Die Verwertung der Sicherheiten
1
2
Rdn. 1-3 4 5-8 9 10
6. Die Passivlegitimation 7. Die Rechtsstellung des Schiffsführers bei der Pfandklage 8. Die gerichtliche Zuständigkeit . . . 9. Die Beweislast
Rdn. 11-13 14 13-16 17
1. Allgemeines a) Nach § 100 Abs. 1 wird eine persönliche Verpflichtung des Schiffseigners zur Zahlung des Berge- oder Hilfslohns durch die Tatsache der Bergung oder Hilfeleistung nicht begründet. Eine persönliche Verpflichtung des Eigners kann sich aber aus einer entsprechenden ausdrücklichen Vereinbarung, für den Hilfslohn persönlich einstehen zu wollen, ergeben. Ferner kann sich eine persönliche Verpflichtung in den Fällen der §§ 99, 100 Abs. 2 ergeben. Anders verhält es sich nach der seerechtlichen Vorschrift des § 750 HGB, die aufgrund des Seerechtsänderungsgesetzes 1972 an die Stelle des § 751 a. F. H G B getreten ist. Nunmehr sind der Eigentümer des Seeschiffs und die Eigentümer der geborgenen oder geretteten Gegenstände als Gesamtschuldner persönlich zur Zahlung des Berge- oder Hilfslohnes verpflichtet. b) Das Gesetz hat in § 97 zur Sicherstellung der Ansprüche der Berger oder Helfer eine gleiche Sicherstellung der Berechtigten durch eine dingliche Inanspruchnahme der geretteten Gegenstände bestimmt, wie bei Ansprüchen der Vergütungsberechtigten im Falle einer großen Haverei (§§ 89 bis 91). Im Falle der Rettung des Schiffes steht dem Berger oder Helfer nach § 97 546
Pfandrecht wegen der Bergungs- und Hilfskosten
547
A b s . 1 ein S c h i f f s g l ä u b i g e r r e c h t wegen des Berge- oder Hilfslohnes einschließlich der Bergungs- oder Hilfskosten zu. Im Falle der Rettung von Gütern erwirbt der Retter nach § 97 A b s . 1 ein gesetzliches P f a n d r e c h t wegen des Berge- oder Hilfslohnes und der Kosten. In beiden Fällen erwirbt der Berger oder Helfer ferner ein schuldrechtliches Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t an den geborgenen Gegenständen. D i e Forderung des Eigentümers einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Wasserstraße auf E r s a t z seiner A u f w e n d u n g e n für die Suche und Bergung der beim Untergang eines Schiffes über B o r d gegangenen Ladungsteile oder für Wahrschaumaßnahmen hinsichtlich dieses Schiffes begründen kein Schiffsgläubigerrecht an dem Fahrzeug 1 . c) D i e vorzugsweise Befriedigung aus den geretteten Gegenständen nach § 97 3 setzt eine erfolgreiche Bergung oder Hilfsleistung voraus. H a b e n die Rettungsmaßnahmen keine Erfolg, hat der Berger oder Helfer weder einen Anspruch auf Berge- oder Hilfslohn noch auf Ersatz seiner Aufwendungen. Anders verhält es sich, wenn eine ausdrückliche Vereinbarung über die Ausführung von Bergeoder Hilfsarbeiten getroffen worden ist. Bei einer entsprechenden Vereinbarung bleibt ein Lohnanspruch auch im Falle einer erfolglosen Tätigkeit erhalten. D e r Wille zu einer persönlichen H a f t u n g muß aber unzweideutig aus dem Vertrag hervorgehen.
2. Das Schiffsgläubigerrecht D a s Schiffsgläubigerrecht nach § 97 A b s . 1 i. V. m. § 102 N r . 3 gewährt dem 4 Berger oder Helfer ein gesetzliches Pfandrecht. D a s Schiffsgläubigerrecht erstreckt sich auf das Schiff n e b s t d e m Z u b e h ö r (§ 103) sowie auf die B r u t t o f r a c h t der Reise, aus der die Forderung entstanden ist (§ 104). D a s Schiffsgläubigerrecht entsteht auch dann, wenn der Schiffseigner das Schiff einem Ausrüster überlassen oder das Schiff verchartert oder vermietet hat. D a s Schiffsgläubigerrecht geht eingetragenen dinglichen Rechten vor (§ 109). Im übrigen gilt die Rangordnung des § 116.
3. Das Pfandrecht a) Wegen des Berge- oder Hilfslohnes und der Kosten erwirbt der Berger 5 oder Helfer an den geretteten Gütern ein gesetzliches P f a n d r e c h t , das mit der Bergung oder Rettung ex lege entsteht. D a s Pfandrecht entsteht unabhängig von der Eigentümerstellung an allen geretteten Gütern, die zur L a d u n g gehören. b) D a s P f a n d r e c h t entsteht an dem ganzen, dem Berechtigten zustehenden 6 Anspruch an jedem geretteten Gegenstand (Schiff und Ladung) und kann ohne 1 B G H NJW 1987, 131 in Abweichung von BGH NJW 1969, 1205 = LM § 683 BGB Nr. 24 = VersR. 1969, 562. 547
§97
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
Rücksicht auf die gleichzeitige dingliche Haftung anderer Gegenstände geltend gemacht werde. 2 Der in Anspruch genommene Beteiligte kann dann im Innenverhältnis nach dem Verhältnis des Wertes von Schiff und Ladung eine gleichmäßige Verteilung und entsprechenden Ausgleich verlangen. 7
c) Der Inhalt des Pfandrechts richtet sich nach den §§ 1257, 1204 bis 1258 BGB. Das Pfandrecht besteht für den gesamten Berge- und Hilfslohn (§ 97 Abs. 1) einschließlich der Kosten (§ 94 Abs. 3).
8
d) Die Randordnung der auf den Ladungsgütern haftenden Pfandrechte ist durch § 116 geregelt.
4. Das Zurückbehaltungsrecht 9
Der Berger oder Helfer hat nach § 97 Abs. 1 Satz 2 an den geborgenen Gegenständen bis zur Sicherheitsleistung ein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht. Das Zurückbehaltungsrecht bezieht sich auf das ganze Schiff nebst Zubehör und alle geborgenen Güter. Das Zurückbehaltungsrecht bleibt wirksam bis zur Zahlung des Berge- oder Hilfslohnes und der Kosten. Das Zurückbehaltungsrecht bezieht sich nicht auf sonstige gerettete Gegenstände. Es darf nicht über den Sicherungszweck hinaus geltend gemacht werden. Das Zurückbehaltungsrecht kann gegenüber dem Schiffseigner, dem Eigentümer der Ladungsgüter und den daran Berechtigten ausgeübt werden. Anders als das gesetzliche Schiffsgläubigerrecht und das gesetzliche Pfandrecht kann das Zurückbehaltungsrecht nicht gegenüber eingetragenen Schiffsgläubigern oder im Range vorgehenden Schiffsgläubigern geltend gemacht werden 3 ; denn das Zurückbehaltungsrecht hat nur schuldrechtliche Wirkung. Daher hat das Gesetz auch keinen besonderen Vorrang des Zurückbehaltungsrechts bestimmt. Sind die geborgenen Gegenstände im Wege des Pfandverkaufs versteigert worden, setzt sich das Zurückbehaltungsrecht am Steigererlös fort. Geborgene Güter können nur solange zurückbehalten werden, bis Sicherheiten geleistet werden (§ 97 Abs. 1 Satz 2). Das entspricht § 273 Abs. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift reicht aber eine Bürgschaft nicht aus. Es müssen Sicherheiten nach den §§ 232 ff. BGB geleistet werden.
10
Werden die Ansprüche der Berger oder Helfer nicht freiwillig befriedigt, müssen die dinglichen Sicherheiten verwertet werden, da es keine unmittelbaren persönlichen Ansprüche gegen den Schiffseigner und die Eigentümer der geborgenen Güter gibt. Nach § 103 erfolgt die Befriedigung aus den Pfandstücken nur aufgrund eines Vollstreckungstitels im Wege der Zwangsvollstreckung. Die
5. Die Verwertung der Sicherheiten
2 Begr. S. 118. 3 RG DJZ 1905, 122.
548
Pfandrecht wegen der Bergungs- und Hilfskosten
§97
Befriedigung aus dem Schiff nebst Zubehör erfolgt nach den §§ 162 ff. ZVG, aus der Fracht nach den §§ 828 ff. Z P O und aus der Ladung nach den §§ 803 ff. ZPO.
6. Die Passivlegitimation a) Die Pfandklage aus dem Schiffsgläubigerrecht (§ 103) auf Befriedigung 11 aus dem Schiff nebst Zubehör sowie wegen der Fracht ist gegen den Schiffseigner zu richten. b) Die Pfandklage auf Befriedigung aus den geborgenen Gegenständen ist 1 2 gegen die Eigentümer dieser Güter zu richten. c) Wegen der Schwierigkeiten der Inanspruchnahme und der Ermittlung der 1 3 Eigentümer der Güter kann die Pfandklage nach § 97 Abs. 2 hinsichtlich des Schiffes und der Fracht und solange die Frachtgüter noch nicht ausgeliefert sind, auch wegen der geborgenen Güter gegen den Schiffsführer gerichtet werden. Das entspricht der seerechtlichen Regelung des § 752 a Abs. 4 HGB. Die Pfandklage ist gegen den Schiffsführer zu richten, der im Zeitpunkt der Klageerhebung verantwortlicher Schiffsführer ist. Mit der Pfandklage kann die Klage auf Festsetzung des Berge- oder Hilfslohnes gegen den Schiffsführer verbunden werden.
7. Die Rechtsstellung des Schiffsführers bei der Pfandklage Der Schiffsführer hat bei einer Pfandklage nach § 97 Abs. 2 die Stellung einer 1 4 Partei. Er wird als Treuhänder von Schiff und Ladung in Anspruch genommen. Er ist nicht nur prozessualer Vertreter verschiedener Interessen 4 . Die Klage ist gegen den Schiffsführer persönlich zu richten. Angaben über den Schiffseigner oder die Ladungsbeteiligten sind nicht erforderlich 5 . Der Schiffseigner und die Ladungseigentümer können dem Rechtsstreit als Streithelfer beitreten. Unterliegt der Schiffsführer, trägt er die Kosten des Rechtsstreits nach den allgemeinen Kostenvorschriften der §§91 ff. ZPO. Nach früherer Ansicht 6 sollte die Verurteilung zur Tragung der Kosten nur unter Beschränkung der Haftung auf die geretteten Gegenstände erfolgen. Eine solche Beschränkung findet im Gesetz keine Stütze; denn der Schiffsführer kann vom Schiffseigner aus dem Arbeitsverhältnis Freistellung von der Kostenverbindlichkeit verlangen. Im Gegensatz zu einer Person kraft Amtes ist die Haftung des Schiffsführers nicht auf ein bestimmtes Vermögen beschränkt. 4 Begr. S. 118. 5 RG J W 1903, 103 N r . 22. 6 Vgl. R G Z 33, 85.
549
§98
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
8. Die gerichtliche Zuständigkeit 15
a) Nach § 97 Abs. 2 Satz 2 ist für die Pfandklage gegen den Schiffsführer das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Bergung oder Hilfeleistung stattgefunden hat. Nach § 2 Abs. 1 lit.e des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen handelt es sich bei Ansprüchen aus Bergung oder Hilfeleistung um Binnenschiffahrtssachen, die zur Zuständigkeit der Binnenschifffahrtsgerichte gehören (§ 1 VerfG). Der Gerichtsstand des § 97 Abs. 2 ist nicht ausschließlich, sondern ein zusätzlicher besonderer Gerichtsstand zur Erleichterung der Rechtsverfolgung. Der Schiffsführer kann im Wege der Pfandklage auch an seinem allgemeinen Gerichtsstand, dem Gerichtsstand des Wohnsitzes und zwar vor dem dafür zuständigen Binnenschiffahrtsgericht in Anspruch genommen werden. Die Vereinbarung eines Gerichtsstandes ist nach § 29 Abs. 2 Z P O nicht möglich, da der Schiffsführer kein Kaufmann ist.
16
b) Der in § 97 Abs. 2 vorgesehene besondere Gerichtsstand gilt nicht bei der Geltendmachung persönlicher Ansprüche wie der Geltendmachung eines vertraglich vereinbarten Berge- oder Hilfslohnes, wenn eine persönliche Haftung des Schiffseigners vereinbart worden ist. Es bleibt dem Berechtigten aber vorbehalten, aus einem solchen Vertrag nur die dingliche Inanspruchnahme im Wege der Pfandklage durchzuführen, denn auch bei einer solchen Vereinbarung entsteht das Schiffsgläubigerrecht oder das Pfandrecht. Will der Gläubiger von den persönlichen Ansprüchen zur Pfandklage übergehen, liegt darin nach § 264 N r . 3 Z P O keine Klageänderung. Es handelt sich nur um eine qualitative Änderung des Klageantrags.
9. Die Beweislast 17
N i m m t der Berechtigte den Schiffseigner, den Ladungseigentümer oder den Schiffsführer im Wege der Pfandklage in Anspruch, hat er nach allgemeinen Grundsätzen die klagebegründenden Tatsachen im Bestreitensfalle zu beweisen. D a z u gehört auch der Beweis einer Vereinbarung über den Berge- oder Hilfslohn bzw. die Festsetzung durch das Gericht. Die Klage auf Festsetzung kann aber mit der Pfandklage verbunden werden.
§98 N a c h Auslieferung der G ü t e r kann das Pfandrecht nicht z u m Nachteile eines dritten Erwerbers geltend gemacht werden, welcher den Besitz der geborgenen oder geretteten G ü t e r in g u t e m Glauben erlangt hat.
550
§98
Schutz des guten Glaubens Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die Auslieferung der Güter an den Absender oder den Empfänger . . .
1 2
Rdn. 3. Das Erlöschen Pfandrecht 4. Die Beweislast
des
gesetzlichen 3 4
1. Allgemeines Das Seerecht kennt keine dem § 98 entsprechende Bestimmung. D o r t erlischt 1 das gesetzliche Pfandrecht an den geretteten Gütern nach den allgemeinen Regeln des B G B durch gutgläubigen Erwerb. § 98 stimmt mit der für die große Haverei geltenden Regelung des § 89 Abs. 2 wörtlich überein.
2. Die Auslieferung der G ü t e r an den Absender oder den Empfänger Nach § 97 steht dem Berger oder Helfer an den geretteten Gütern ein gesetz- 2 liches Pfandrecht sowie ein Zurückbehaltungsrecht zu. Dieses gesetzliche Pfandrecht ist nicht an den Belitz der Sache gebunden, sondern bleibt auch dann bestehen, wenn die Güter an den Absender oder an den Empfänger ausgeliefert werden. Das Pfandrecht bleibt diesen empfangsberechtigten Personen gegenüber auch wirksam, wenn sie bei der Auslieferung keine Kenntnis von der Entstehung des gesetzlichen Pfandrechts hatten.
3. D a s Erlöschen des gesetzlichen Pfandrechts § 98 schützt Dritte, die die Frachtgüter vom Absender, vom Empfänger oder 3 einem Dritten gutgläubig erworben haben. Ein Erwerber ist nur gutgläubig, wenn er die Belastung der Güter mit dem Pfandrecht oder die Verpflichtung zur Zahlung von Berge- oder Hilfslohn weder kannte, noch seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht (§ 932 B G B ) . Durch den gutgläubigen Erwerb erlischt das gesetzliche Pfandrecht. Nicht notwendig ist eine Verfügung des Absenders oder Empfängers. Es genügt jede Form des Besitzerwerbs. Das Gesetz schützt aber den Berechtigten in gewissem Umfange gegen einen drohenden Rechtsverlust. Der Schiffsführer haftet nach § 99 Abs. 1 beschränkt persönlich, wenn er die Frachtgüter vor der Berichtigung oder Sicherstellung des Berge- oder Hilfslohns ausliefert, also den Empfangsberechtigten tatsächlich herausgibt. Der Schiffseigner haftet unbeschränkt persönlich, wenn er die Auslieferung anordnet. Ein E m p f ä n g e r , dem bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon Berge- oder Hilfslohn zu berichtigen ist, wird nach § 100 Abs. 2 für diese Kosten beschränkt persönlich verpflichtet. 551
§99
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
4. Die Beweislast 4
Der Berger oder Helfer hat bei der Geltendmachung seines Pfandrechts gegen Dritte die Beweislast für alle seinen Anspruch begründenden Umstände zu tragen. Wendet der Dritte gutgläubigen Erwerb ein, muß er die Erwerbsgründe darlegen. Der Berger oder Helfer muß dann Umstände dartun und beweisen, die den guten Glauben des Erwerbers zerstören 1 ; denn der gute Glaube wird nach § 932 BGB vermutet. Der Erwerber muß aber die für die Bösgläubigkeit angeführten Umstände substantiiert bestreiten, damit der Berechtigte das Gegenteil beweisen kann. Ist aber eine Bösgläubigkeit offenbar, muß sich der Dritte selbst entlasten und sein Vorbringen auch beweisen.
§99 (1) Der Schiffer darf die Güter vor Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers nicht ausliefern, widrigenfalls er dem Gläubiger insoweit verantwortlich wird, als dieser, wenn die Auslieferung nicht bewirkt wäre, aus den Gütern hätte befriedigt werden können. (2) Hat der Schiffseigner die Auslieferung der Güter angeordnet, so finden die Vorschriften in § 7 Abs. 2 und 3 Anwendung. Übersicht 1. Allgemeines 2. Das Auslieferungsverbot 3. Die H a f t u n g des Schiffsführers bei Auslieferung der Güter
Rdn. 1 2-3
4. Die H a f t u n g des Schiffseigners . . . 5. Die Beweislast
Rdn. 7 8
4-6
1. Allgemeines 1
§ 99 hat keine Parallele im Seerecht. Die gesetzliche Regelung bezweckt den Schutz des Bergers oder Helfers gegen Rechtsverluste durch die Beeinträchtigung seines Pfandrechts.
2. Das Auslieferungsverbot 2
a) Das gesetzliche Pfandrecht der Helfer an den geretteten oder geborgenen Gegenständen kann durch die Auslieferung der Frachtgüter beeinträchtigt werden, weil nunmehr durch gutgläubigen Erwerb Dritter das gesetzliche Pfandrecht erlöschen kann. Deshalb wird der Schiffsführer durch § 99 Abs. 1 angewiesen, die Güter nicht vor der Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger 1 Vgl. dazu B G H N J W 1982, 38.
552
Auslieferung der Güter nicht vor Befriedigung des Gläubigers
§99
auszuliefern. Diese Anweisung bezieht sich nur auf die mit dem Berge- oder Hilfslohn einschließlich der Kosten belasteten Güter. b) Der Schiffsführer ist verpflichtet, v o r der Auslieferung der in seinem 3 Besitz verbliebenen geretteten G ü t e r sich davon zu überzeugen, ob die Helfer wegen ihrer gesamten Ansprüche aus den Rettungsmaßnahmen befriedigt sind. Wenn Zweifel aufkommen, muß der Schiffsführer Nachforschungen anstellen. Sind die Helfer wegen ihrer Lohn- und Kostenansprüche nicht befriedigt, muß der Schiffsführer diese Beträge sicherstellen. In welcher Weise das geschehen soll, bestimmt das Gesetz im Gegensatz zu § 91 Abs. 2 nicht. Aus dem Schweigen des Gesetzes ist zu entnehmen, daß die Sicherstellung nach den allgemeinen Vorschriften des B G B , also durch H i n t e r l e g u n g bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle (§ 372 B G B ) oder nach den §§ 232-238 B G B zu erfolgen hat. Die Sicherstellung hat zu Gunsten der Gläubiger, nicht des Schiffsführers zu erfolgen.
3. Die H a f t u n g des Schiffsführers bei Auslieferung der G ü t e r a) Liefert der Schiffsführer die Güter entgegen dem Verbot des § 99 Abs. 1 4 aus, entsteht eine beschränkt persönliche Haftung des Schiffsführers gegenüber den Gläubigern. Die Haftung ist der Höhe nach begrenzt durch den Wert der geretteten Güter im Zeitpunkte der Auslieferung. Der Schiffsführer kann aber den Nachweis erbringen, daß der Gläubiger auch im Falle einer unterbliebenen Auslieferung mit seiner Forderung ganz oder teilweise ausgefallen wäre. Die Auslieferung der belasteten Güter vor Befriedigung oder Sicherstellung der Helfer stellt zugleich eine Verletzung der Dienstobliegenheiten des Schiffsführers nach § 7 dar. b) Hat der Schiffsführer die Güter auf Anweisung des Schiffseigners ausge- 5 liefert, so bleibt er nach §§ 99 Abs. 2, 7 Abs. 2 verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Schiffseigner die nach Lage des Falles erforderliche Aufklärung zu geben oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt. Eine Unterrichtung des Schiffseigners ist auch dann erforderlich, wenn dem Schiffsführer sein Verhalten an sich generell durch eine Dienstanweisung vorgeschrieben ist. Hat der Schiffsführer den Schiffseigner unterrichtet und fällt ihm auch keine strafbare Handlung zur Last, wird er von der Verantwortlichkeit für die Auslieferung der belasteten Güter frei. c) Der Berechtigte kann den Schiffsführer nur an seinem allgemeinen Ge- 6 richtsstand in Anspruch nehmen. Ein besonderer Gerichtsstand ist nicht vorgesehen 1 . § 97 Abs. 2 Satz 2 ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar, da sich diese Vorschrift auf Pfandklagen beschränkt. 1 Begr. S. 118.
553
§100
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
4. Die H a f t u n g des Schiffseigners 7
Erteilt der Schiffseigner dem Schiffsführer eine Anweisung zur Auslieferung der belasteten Güter, so wird er nach §§ 99 Abs. 2, 7 Abs. 3 selbst unbeschränkt persönlich verpflichtet, wenn er bei der Erteilung der Anweisung von dem Sachverhältnis unterrichtet war, da er dem Schiffsführer in einem solchen Falle schuldhaft die Anweisung erteilt hat. War der Schiffseigner selbst Schiffsführer, haftet er ebenfalls unbeschränkt persönlich, weil nach § 4 Abs. 2 seine Haftung nur bei fehlerhafter Schiffsführung auf Schiff und Fracht beschränkt ist. Zum Schutz gegen eine Inanspruchnahme pflegen Schiffahrtsunternehmen sich von den Empfangsberechtigten vor der Erteilung einer Anweisung an den Schiffsführer einen Verpflichtungsschein ausstellen zu lassen, um ihre Rückgriffsansprüche zu sichern.
5. Die Beweislast 8
Nimmt der Berechtigte den Schiffsführer in Anspruch, hat er die Belastung der Güter und die Tatsache der Auslieferung zu beweisen. Ferner hat der Gläubiger den Wert der Frachtgüter zu beweisen. Der Schiffsführer kann zur Abwendung seiner Haftung beweisen, daß er auf Anweisung des Schiffseigners gehandelt und diesen vor der Anweisung über die Sachlage unterrichtet hat. Stets ist dem Schiffsführer der Nachweis offen, daß der Berechtigte bei unterbliebener Auslieferung keine oder nur eine teilweise Befriedigung aus den Gütern erlangt hätte. Nimmt der Gläubiger den Schiffseigner wegen einer Auslieferung auf Anweisung in Anspruch, muß er die Belastung der Güter, die Anweisung an den Schiffsführer nach Unterrichtung über das Sachverhältnis, die Tatsache der Auslieferung und seinen Schaden beweisen.
§100 (1) Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung der Bergungs- und Hilfskosten wird durch die Bergung oder R e t t u n g nicht begründet. (2) Der Empfänger von Gütern wird jedoch, wenn ihm bei der A n n a h m e bekannt ist, daß davon Bergungs- oder Hilfskosten zu berichtigen sind, für diese Kosten insoweit persönlich verpflichtet, als sie, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätten berichtigt werden können. (3) Sind noch andere Gegenstände gemeinschaftlich mit den ausgelieferten Gütern geborgen oder gerettet, so geht die persönliche H a f t u n g des Empfängers nicht über den Betrag hinaus, welcher bei Verteilung der Kosten über sämtliche Gegenstände auf die ausgelieferten Güter fällt. 554
Verpflichtung zur Entrichtung der Bergungs- und Hilfskosten
§100
Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die persönliche Haftung zur Zahlung des Berge- oder Hilfslohnes . . 3. Die beschränkt persönliche Haftung des Empfängers von Gütern . . . . 4. Der U m f a n g der beschränkt persön-
1-2 3—4 5
Rdn. liehen Haftung des Empfängers der Güter 5. Das Verhältnis der beschränkt per^ sönlichen Haftung zu anderen Sicherungsrechten 6. Die Beweislast
6-7
8 9
1. Allgemeines a) Im Gegensatz zum Seerecht wird nach § 100 Abs. 1 eine persönliche Ver- 1 pflichtung zur Entrichtung der Bergungs- oder Hilfskosten nicht begründet. Nach § 750 H G B sind die Eigentümer der geborgenen oder geretteten Gegenstände zur Zahlung des Bergungs- oder Hilfslohnes als Gesamtschuldner persönlich verpflichtet. Jeder haftet jedoch nur bis zur Höhe des Wertes der für ihn geborgenen oder geretteten Gegenstände. Durch das S R Ä G ist das System der beschränkt dinglichen Haftung für den Bergungs- und Hilfslohn zu Gunsten einer persönlichen Haftung aufgegeben worden. b) Im Binnenschiffahrtsrecht haften nur das gerettete Schiff nebst Zubehör, 2 die Fracht und die geborgenen oder geretteten Güter für den Bergungs- oder Hilfslohn. Gesichert werden diese Ansprüche nach § 97 durch ein Schiffsgläubigerrecht an dem Schiff und ein gesetzliches Pfandrecht sowie ein Zurückbehaltungsrecht an den geborgenen oder geretteten Gegenständen. Die Beschränkung auf die dingliche Haftung trägt dem Umstand Rechnung, daß dem Schiffseigner die Betreibung seines mit dem Risiko der Schiffahrt verbundenen Unternehmens erleichtert und ihm für die Rettung des Schiffes nicht mehr Kosten aufgebürdet werden sollen, als dem Wert entspricht, der ihm durch die Rettung zugute kommt. Außerdem sollen wirtschaftlich wertlose Rettungen tunlichst verhütet werden 1 . Wirtschaftlich gesehen ist der Unterschied zwischen der persönlichen Haftung für die Bergungs- und Hilfskosten nach § 750 H G B und der beschränkt dinglichen Haftung im Binnenschiffahrtsrecht gering, da beide Haftungssysteme die Haftung auf den Wert der geretteten oder geborgenen Gegenstände beschränken. Üblicherweise ist auch das Risiko versichert, wodurch eine persönliche Inanspruchnahme mit dem sonstigen Vermögen vermieden wird.
2. Die persönliche Verpflichtung zur Zahlung des Bergungs- oder Hilfslohnes a) Wird ein Bergungs- oder Hilfeleistungsvertrag geschlossen, in dem z. B. ein 3 Havarist Schlepphilfe annimmt, begründet ein solcher Vertrag für sich allein 1 RGZ 70, 276. 555
§100
6. Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hilfeleistung
keine persönliche Verpflichtung, da auch für eine vertragsmäßige Hilfeleistung der Grundsatz des § 100 Abs. 1 gilt. Ferner gilt der Grundsatz, daß kein Anspruch auf Bergungs- oder Hilfslohn entsteht, wenn die eingeleiteten Maßnahmen im Falle einer Schiffsgefahr erfolglos bleiben. Eine persönliche Verpflichtung entsteht auch nicht, wenn dem Helfer der Lohn für eine erfolglose Rettung zugesichert war; denn einseitige Erklärungen, wie sie unter dem Druck einer Schiffsgefahr abgegeben werden, sollen nicht das Prinzip des Gesetzes über die Notwendigkeit eines Erfolges relativieren. Durch eine derartige enge Anlehnung an das Gesetz werden Streitigkeiten über die Zusicherung von Lohnansprüchen vermieden. Der erfolglose Retter hat auch weder Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, noch aus Auftrag oder Geschäftsführung ohne Auftrag 2 . 4
b) Eine persönliche Verpflichtung des Schiffseigners kann vertragsgemäß begründet werden, da der Bergungs- und Hilfeleistungsvertrag der Vertragsfreiheit unterliegt und nicht durch Vorschriften zwingenden Rechtes geregelt ist. Im Rahmen des § 15 kann der Schiffseigner insoweit auch durch den Schiffsführer verpflichtet werden. Für die Annahme einer persönlichen Verpflichtung des Schiffseigners genügt in dem Vertrag keine allgemeine Beschreibung oder Bestimmung über die zu treffenden Bergungs- oder Hilfsmaßnahmen. Es muß vielmehr der Wille der Beteiligten über eine persönliche Verpflichtung unzweideutig aus dem Vertrag hervorgehen. Alle Zweifel gehen zu Lasten des Bergers oder Helfers. Es muß aber ausreichen, wenn die Beteiligten einen schriftlichen Vertrag geschlossen haben, in dem auf beigefügte Allgemeine Geschäftsbedingungen Bezug genommen wird, in denen ausdrücklich niedergelegt ist, daß der Berger oder Helfer für seine Tätigkeit auch dann angemessen zu entlohnen ist, wenn seine Rettungsmaßnahmen erfolglos bleiben.
3. Die beschränkt persönliche H a f t u n g des Empfängers von G ü t e r n 5
Durch die Annahme von Gütern aufgrund der Empfangsberechtigung 3 entsteht nach § 100 Abs. 2 eine beschränkt persönliche Haftung des Empfängers, wenn ihm bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon Bergungs- oder Hilfskosten zu berichtigen sind. In einem solchen Fall haftet der Empfänger für den Bergungs- oder Hilfslohn in der Höhe, als dieser bei der Nichtauslieferung aus den Gütern hätte befriedigt werden können. Der Kenntnis von der Belastung der Güter steht eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht gleich.
2 R G Z 70, 274. 3 Vgl. dazu R G Z 117, 388.
556
Verpflichtung zur Entrichtung der Bergungs- und Hilfskosten
§100
4. D e r U m f a n g der b e s c h r ä n k t persönlichen H a f t u n g des Empfängers von Gütern a) Nach § 100 Abs. 2 ist an sich die Haftung auf den Wert der geretteten 6 Güter beschränkt. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Auslieferung, nicht der der Bergung oder Hilfeleistung. Es kommt nicht auf den objektiven, sondern auf den Verkehrswert der Güter an. Der Empfänger kann gegen eine Haftung einwenden, die geretteten Güter seien durch die Havarie unverkäuflich oder wertlos geworden. b) Der ausgelieferte Gegenstand braucht nicht der einzige gerettete Gegen- 7 stand zu sein. Sind mehrere Gegenstände gerettet oder geborgen worden, entsteht auch insoweit das gesetzliche Pfandrecht nach § 97. Dieses Pfandrecht kann ohne Rücksicht auf die gleichzeitige Haftung anderer Gegenstände geltend gemacht werden. Dieser gleichzeitigen Haftung trägt § 100 Abs. 3 Rechnung und schränkt die beschränkt persönliche Haftung des Empfängers weiter ein. Die beschränkt persönliche Haftung soll nicht über den Betrag hinausgehen, der sich bei einer Verteilung der Kosten über sämtliche geretteten Gegenstände für den ausgelieferten Gegenstand ergibt. Dementsprechend kann der Empfänger im Falle seiner persönlichen Inanspruchnahme nach § 100 Abs. 3 dem Berger oder Helfer entgegenhalten, daß eine Verteilung der gesamten durch die Hilfeleistung begründeten Ansprüche und Kosten auf sämtliche geretteten und geborgenen Gegenstände (Schiff und/oder Güter) nur einen geringeren Haftungsbetrag als der Verkehrswert der ausgelieferten Güter ausmacht. 5. D a s Verhältnis der b e s c h r ä n k t persönlichen H a f t u n g z u a n d e r e n Sicherungsrechten Die beschränkt persönliche Haftung des Empfängers nach § 100 Abs. 2 ist eine 8 zusätzliche Sicherung des erfolgreichen Bergers oder Helfers. Das gesetzliche Pfandrecht an den Gütern nach § 97 wird durch die Auslieferung der geretteten Güter nicht beeinträchtigt. Denn nach § 98 bleibt das Pfandrecht auch nach der Auslieferung der Frachtgüter an den Absender oder Empfänger bestehen. Jedoch kann das Pfandrecht nicht zum Nachteil eines gutgläubigen Dritterwerbers geltend gemacht werden. Dessen guter Glaube wird geschützt. In einem solchen Fall erlischt das gesetzliche Pfandrecht. Das schuldrechtliche Zurückbehaltungsrecht entfällt aber durch die Besitzaufgabe zu Gunsten des Absenders oder Empfängers. Neben der dinglichen Haftung der geretteten oder geborgenen Gegenstände aus § 97 bleibt sowohl die beschränkt persönliche Haftung des Schiffsführers aus § 99 Abs. 1 und gegebenenfalls auch die persönliche Haftung des Schiffeigners aus § 99 Abs. 2 bestehen. Die beschränkt persönlich haftenden Personen sind dem Berechtigten als Gesamtschuldner verpflichtet. Zahlt der Absender oder Empfänger, kann er nach § 426 BGB keinen Ausgleich von dem Schiffsführer oder dem Schiffseigner verlangen, weil er die mit einem gesetzlichen Pfandrecht 557
§ 101
6. Abschnitt. Z u s a m m e n s t o ß v o n Schiffen, B e r g u n g und Hilfeleistung
belasteten Güter weitergeben und dadurch die Sicherheiten des Bergers oder Helfers beeinträchtigt hat. Den Ansprüchen der Berger oder Helfer gegen den Schiffsführer und den Schiffseigner kommt im Verhältnis zu den Ansprüchen gegen den Absender oder Empfänger nur ein untergeordneter Sicherungscharakter zu.
9
6. D i e Beweislast Der Berger oder Helfer hat im Falle einer persönlichen Inanspruchnahme des Empfängers zunächst die allgemeinen Voraussetzungen des Bergungs- oder Hilfslohns nach Grund und Höhe zu beweisen. Seine Beweislast erstreckt sich auch darauf, daß dem Empfänger die Güter ausgeliefert worden sind, und er bei der Auslieferung Kenntnis von der Belastung der Frachtgüter hatte. Ferner muß der Berger oder Helfer den Verkehrswert der Güter beweisen. Sind andere Gegenstände (Schiff oder Güter) ebenfalls geborgen oder gerettet worden, hat der Berger oder Helfer zu beweisen, welcher Betrag bei einer Verteilung des Bergungs- oder Hilfslohns auf die ausgelieferten Güter entfällt. Dem Empfänger steht der Nachweis offen, daß eine Befriedigung ganz oder teilweise aus den ausgelieferten Gütern nicht hätte erfolgen können.
§101 Für die der See zunächst gelegenen Binnengewässer können durch Verordnung der Landesregierungen hinsichtlich des Verfahrens bei der Bergung und Hilfeleistung und hinsichtlich der zuständigen Behörden, sowie hinsichtlich der Behandlung der geborgenen Gegenstände und der Festsetzung der Bergungs- und Hilfskosten die für die Seeschiffahrt geltenden Vorschriften für anwendbar erklärt werden.
Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der mögliche Regelungsbereich von Rechtsverordnungen 3. Der gegenwärtige Rechtszustand . .
1
Rdn. 4. Die Anwendung der Strandungsordnung auf Binnenschiffe im Falle von Havarien
1. Allgemeines Das Gesetz will verhindern, daß auf Wasserflächen, die von See- und Binnen1 schiffen befahren werden, unterschiedliche Vorschriften bestehen. Deshalb hat das Gesetz eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlaß von Rechtsverordnungen 558
Seeschiffahrtsvorschriften für seenahe Binnengewässer
§101
bestimmt, um See- und Binnenschiffe auf den der See zunächst gelegenen Binnengewässern gleichmäßig zu behandeln. 1
2. Der mögliche Regelungsbereich von Rechtsverordnungen Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 101 kann für die der See zunächst 2 gelegenen Binnengewässer die Anwendbarkeit der seerechtlichen Vorschriften hinsichtlich des Verfahrens der Bergung und Hilfeleistung, der zuständigen Behörden, der Behandlung der geborgenen Gegenstände und der Festsetzung der Bergungs- und Hilfskosten durch Verordnung bestimmt werden. Es können aber nicht im Verordnungswege die §§ 93-100 abgeändert oder durch andere Vorschriften ersetzt werden. Der Sache nach können nur die Regelungen der Strandungsordnung vom 17.5. 1874 2 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. 7. 1924 (RGBl. I. S. 667) für anwendbar erklärt werden.
3. Der gegenwärtige Rechtszustand Die Regierungen der Küstenländer haben bisher von der in § 101 vorgesehe- 3 nen Befugnis, im Verordnungswege seerechtliche Vorschriften auch für bestimmte Binnengewässer für anwendbar zu erklären, keinen Gebrauch gemacht. Es gelten daher auch für das Verfahren der Bergung und Hilfeleistung auf Binnengewässern ausschließlich die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes. Das gilt auch dann, wenn die Hilfe von einem Seeschiff geleistet wird. Die für Kollisionen zwischen einem See- und einem Binnenschiff bestimmte Anwendung seerechtlicher Vorschriften (§ 739 H G B ) ist auf den Titel Bergung und Hilfeleistung nicht anwendbar. Dementsprechend ist der Bergungs- oder Hilfslohn bei Beteiligung eines Seeschiffs mangels Einigung der Parteien ebenfalls durch das Gericht festzusetzen. Auch die Quotenregelung des § 749 H G B ist ebensowenig anwendbar wie die Verteilung des verdienten Bergungs- oder Hilfslohns auf die Besatzung des Seeschiffs durch den Kapitän (§ 749 HGB). § 749 H G B ist im Binnenschiffahrtsrecht grundsätzlich unanwendbar.
4. Die Anwendung der Strandungsordnung auf Binnenschiffe im Falle einer Havarie § 25 StrandO ist anwendbar auf alle Fahrzeuge einschließlich der Binnen- 4 schiffe. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf das Fahrwasser, das von Seeschiffen regelmäßig befahren wird. „Die Behörde", d. h. die Strandämter, sind befugt, die Beseitigung von Hindernissen zu veranlassen, wenn die Schiffahrt dadurch beeinträchtigt wird, daß in einem Fahrwasser, auf der Reede oder in einem Hafen ein Schiff oder Wrack hilflos treibt oder gestrandet oder gesunken ist, oder Anker oder sonstige Gegenstände auf den Grund geraten. 1 Vgl. Begr. S. 116, 118. 2 RGBl. S. 73.
559
§102
7. A b s c h n i t t . S c h i f f s g l ä u b i g e r
Siebenter Abschnitt
Schiffsgläubiger §102
Die nachstehenden Forderungen gewähren die Rechte eines Schiffsgläubigers: 1. die öffentlichen Schiffs- und Schiffahrtsabgaben, insbesondere die Brükken-, Schleusen-, Kanal- und Hafengelder; 2. die aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung, Gehalts- und Lohnforderungen für die Vergangenheit, jedoch höchstens für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet von der im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgenden Beschlagnahme des Schiffes ab; 3. die Lotsengelder sowie die Bergungs- und Hilfskosten einschließlich des Berge- und Hilfslohnes; die Beiträge des Schiffes zur großen Haverei; die Forderungen aus Geschäften, welche der Schiffer außerhalb der in § 15 bezeichneten O r t e zur Abwendung einer dringenden Gefahr von Schiff oder L a d u n g geschlossen hat, auch wenn der Schiffer Eigentümer oder Miteigentümer des Schiffes ist; 4. Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der Tötung oder Verletzung von Reisenden (§ 4 a Abs. 1) sowie Ansprüche wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungsgüter und des im § 77 bezeichneten Gepäcks; 5. die nicht unter eine der vorigen N u m m e r n fallenden Forderungen aus Rechtsgeschäften, welche der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse (§§ 15 und 16) und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat, sowie die nicht unter eine der vorigen N u m m e r n fallenden Forderungen wegen Nichterfüllung oder wegen unvollständiger oder mangelhafter Erfüllung eines von dem Schiffseigner geschlossenen Vertrages, insofern dessen A u s f ü h r u n g zu den Dienstobliegenheiten des Schiffes gehört hat (§ 4 Abs. 1 N r . 2); die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (§§ 3 und 4 Abs. 1 N r . 3), auch wenn dieselbe Eigentümer oder Miteigentümer des Schiffes ist; 6. die Forderungen der Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherungen gegen den Schiffseigner. Übersicht Rdn.
Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Begriff des Schiffsgläubigers . . 3. Die Rechtsnatur des Schiffsgläubigerrechts
560
1-6 7 8
4. Die Entstehung des Schiffsgläubigerrechts 5. Die Übertragung des Schiffsgläubigerrechts
9-12 13
Forderungen, die Rechte eines Schiffsgläubigers gewähren 6. Forderungen rechten
mit Schiffsgläubiger-
7. Die Beweislast
§102 25
14-24
1. Allgemeines a) § 102 entspricht weitgehend der seerechtlichen Regelung des § 754 H G B , 1 soweit nicht durch das Haftungssystem des H G B auf eine dingliche Sicherung von Ansprüchen durch das Schiffsvermögen verzichtet werden konnte. Eine Ausnahme hiervon macht nur § 102 N r . 5. Gegenüber der früheren Fassung des Gesetzes ist durch die N e u f a s s u n g des 2 § 754 H G B der Katalog der Forderungen mit Schiffsgläubigerrechten eingeschränkt worden. Der Katalog der Schiffsgläubigerrechte in § 102 für Forderungen, die sämtlich auf der Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt beruhen, ist erschöpfend und kann weder als beispielhaft noch als lückenhaft angenommen werden. Es kann daher nicht zur Sicherung anderer Ansprüche ein Schiffsgläubigerrecht mit einer analogen Anwendung dieser Vorschrift begründet werden 1 . Für eine Erweiterung des Katalogs besteht auch keine Notwendigkeit. D a die 3 Forderungen mit Schiffsgläubigerrecht eine A u s n a h m e darstellen, ist eine restriktive Auslegung geboten. D e r Gesetzgeber hätte es zudem in der H a n d gehabt, im Rahmen des Seerechtsänderungsgesetzes 1972 entsprechende Vorschriften zu erlassen. Dergleichen ist unterblieben. D i e Forderungen mit Schiffsgläubigerrechten nach § 754 H G B sind sogar eingeschränkt worden. § 754 N r . 1 H G B a. F., den die frühere Rechtsprechung analog auf die Binnenschiffahrt angewandt hat, ist ersatzlos entfallen. 2 b) D i e §§ 102 ff. beziehen sich nur auf S c h i f f s g l ä u b i g e r r e c h t e n a c h § 102. 4 Diese Vorschriften sind auf andere Pfandrechte aus anderen Rechtsgründen weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. E s handelt sich u m eine dem Schiffahrtsrecht eigentümliche Regelung. c) D e r Schiffseigner haftet gewissen Gläubigern, die ihre Forderungen durch 5 die Verwendung des Schiffes erworben haben, nicht stets unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen, sondern in den besonders im Gesetz genannten Fällen der §§ 4 A b s . 1 N r . 1 bis 3, 109, 113, 114, 115 n u r b e s c h r ä n k t m i t seinem Schiff u n d der F r a c h t . Diese Beschränkung der H a f t u n g beruht auf dem Grundsatz, daß derjenige, der in seinem Interesse ein Gewerbe betreibt und dadurch anderen 1 Ebenso Prüßmann-Rabe, SHR § 754 Anm. A; a. A. B G H Z 6, 102 für Ansprüche aus Notstandshandlungen der Besatzung eines Seeschiffs; sowie B G H Z 19, 82; vgl. auch LG Hamburg, Urt. vom 23. 12. 1953 - 18 S266/53 für die Kosten der Bewachung eines Binnenschiffs aus der Zeit vor der Eröffnung des Zwangsversteigerungsverfahrens. 2 Kein Schiffsgläubigerrecht entsteht durch die Ankersuche (BGHZ 96, 332 = NJW 1987, 131 = LM Nr. 4 zu § 102 BSchG = ZfB 1986, 89 [Abweichung vom B G H VersR 1969, 562]). 561
§102
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
Gefahr bringt, für die durch die Verwendung des Schiffes verursachten Schäden wenigstens mit Schiff und Fracht einstehen soll 3 . Eine Gefährdungshaftung kennt das Binnenschiffahrtsrecht hingegen nicht, o b w o h l mit dem Schiffsbetrieb eine beträchtliche Betriebsgefahr für D r i t t e verbunden ist. 6
Aus der Beschränkung der Forderungen einzelner Gläubiger auf die Befriedigung aus dem Schiff und der Fracht folgt die N o t w e n d i g k e i t , ein gesetzliches P f a n d r e c h t a n d e m Schiffsvermögen zu bestimmen, u m diesen Anspruch dinglich zu sichern. D a s G e s e t z räumt daher in § 102 diesen Gläubigern die R e c h t s stellung eines Schiffsgläubigers ein. N a c h §§ 103, 104 haben Schiffsgläubiger an dem Schiff nebst Z u b e h ö r und der Fracht ein gesetzliches P f a n d r e c h t und k ö n nen vorzugsweise Befriedigung aus diesem Schiffsvermögen verlangen.
2. Der Begriff des Schiffsgläubigers 7
Wem eine der in § 102 bezeichneten Forderungen zusteht, ist Schiffsgläubiger und kann vorzugsweise Befriedigung wegen dieser Forderungen aus dem Schiffsvermögen verlangen (§ 109). Andere Forderungen begründen kein Schiffsgläubigerrecht. D e r Katalog des § 102 ist erschöpfend. D a s Schiffsgläubigerrecht richtet sich gegen den jeweiligen Schiffseigner, weil es als gesetzliches P f a n d r e c h t ohne Eintragung in das Schiffsregister dinglich wirkt. Ausnahmsweise kann auch der Schiffseigner an seinem eigenen Schiff ein Schiffsgläubigerrecht erwerben, wenn ein anderes Schiff desselben Schiffseigners ein eigenes Schiff geborgen oder diesem Schiff Hilfe geleistet hat. Dasselbe gilt im Falle der Kollision eigener Schiffe. E i n Schiffsgläubigerrecht an dem eigenen Schiff kann im H i n b l i c k auf nachrangige R e c h t e Dritter bedeutsam und billigerweise notwendig sein. D a s Reichsgericht 4 hat sich gegenüber einem Schiffsgläubigerrecht am eigenen Schiff ablehnend verhalten. Wegen der gewissen Versachlichung des Schiffsvermögens m u ß man auch dem Schiffseigner ein Schiffsgläubigerrecht zugestehen. E i n e gewisse Parallele bietet die Eigentümergrundschuld, die dazu noch forderungsbekleidet sein kann.
3. Die Rechtsnatur des Schiffsgläubigerrechts 8
Das Schiffsgläubigerrecht ist ein gesetzliches P f a n d r e c h t eigenartiger N a t u r 5 , das sich n u r auf das Schiffsvermögen, d. h. auf das Schiff nebst Z u b e h ö r und auf die Fracht bezieht (§§ 103 A b s . 1, 104 A b s . 1). Das Pfandrecht erfordert nicht den Besitz an dem Schiff (§ 103). N a c h § 103 A b s . 2 kann das Schiffsgläubigerrecht gegen den jeweiligen Besitzer des Schiffes verfolgt werden. Das Schiffsgläubigerrecht kann weder unter die sonstigen gesetzlichen Pfand3 RGZ 45, 50. 4 RGZ 45, 52; 47; 39. 5 RGZ 114, 380; 134, 116. 562
Forderungen, die Rechte eines Schiffsgläubigers gewähren
§102
rechte noch unter die vertraglichen Schiffspfandrechte (§§ 1259 ff. B G B ) eingeordnet werden. Im Falle des Konkurses gewährt das Schiffsgläubigerrecht ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Schiffsvermögen (§§ 47, 49 Abs. 1 Nr. 2 K O ) . Auch dem Schiffsgläubigerrecht nach § 102 gehen die in § 49 Abs. 1 Nr. 1 K O bezeichneten Ansprüche nicht vor, weil für Schiffsgläubigerrechte grundsätzlich eine Ausnahme gelten soll. Daß in § 49 Abs. 2 K O nur § 754 H G B genannt ist, dürfte ein Versehen bei der Einfügung dieser Vorschrift durch das Seerechtsänderungsgesetz 1972 sein.
4. Die Entstehung des Schiffsgläubigerrechts a) Das Schiffsgläubigerrecht entsteht kraft Gesetzes mit der Begründung der 9 in § 102 genannten Forderungen. Notwendig für die Entstehung des Schiffsgläubigerrechts ist weder eine rechtsgeschäftliche Bestellung noch eine Eintragung der Forderung in das Schiffsregister. Es handelt sich um eine zwingende gesetzliche Bestimmung, die der Parteidisposition entzogen ist. Schiffsgläubigerrechte können nach dem Katalog des § 102 nicht nur für Forderungen entstehen, für die der Schiffseigner nur mit dem Schiffsvermögen haftet, sondern auch für bestimmte Ansprüche, für die der Schiffseigner unbeschränkt persönlich haftet. Das gilt für Forderungen im öffentlichen Interesse, z. B. für die in § 102 N r . 1 genannten Forderungen und Beitragsleistungen i. S. des § 102 N r . 6, für die Lotsengelder (§ 102 N r . 3) und den Arbeitslohn der Schiffsbesatzung (§ 102 N r . 2). In diesen Fällen entsteht das Schiffsgläubigerrecht neben der persönlichen Haftung des Schiffseigners. Der Schiffsgläubiger kann sich in diesen Fällen nach seiner Wahl aus dem einen oder anderen Recht, jedoch insgesamt nur einmal, befriedigen. Der Schiffseigner haftet auch dann nach § 3 Abs. 1, wenn lediglich das schuldhafte Verhalten der Besatzung innerhalb der Zeit liegt, in der er das Schiff zur Schiffahrt auf Binnengewässern verwendet hat, hingegen der Schaden des Dritten erst eingetreten ist, als das Schiff einem anderen gehört hat. In diesem Falle wird das Schiffsgläubigerrecht, das die Forderung aus dem Verschulden der Besatzung gewährt, auch dann begründet, wenn dieser beim Schadenseintritt nicht mehr Eigentümer des Schiffsvermögens ist 6 . b) Die Entstehung des Schiffsgläubigerrechts ist von der Eintragung des 1 0 Fahrzeugs im Schiffsregister unabhängig. Auch die Art der Verwendung des Schiffes ist ohne Bedeutung. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Schiff dem Erwerb dient. Selbst an Sportfahrzeugen kann ein Schiffsgläubigerrecht entstehen. An Dienstfahrzeugen des Bundes und der Länder kann kein Schiffsgläubi6 BGH LM Nr. 17 zu §§ 3, 4, 102, 103, 104, 112 BSchG = ZfB 1983, 287. 563
§102
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
gerrecht entstehen, weil derartige Fahrzeuge wegen ihrer Bestimmung, öffentlichen Zwecken zu dienen, dem Privatrecht entzogen sind und deshalb insbesondere einer dinglichen H a f t u n g nicht zugänglich sind. 7 Das gilt auch bei A m t s pflichtverletzungen. Wegen der unbeschränkten H a f t u n g des Staates nach den § 839 B G B , A r t . 34 G G kann keine H a f t u n g beschränkt auf das Schiffsvermögen angenommen werden. 11
c) D i e F o r d e r u n g des Schiffsgläubigers braucht sich nicht gegen den Schiffseigner zu richten. In der Regel wird Schuldner der Forderung der Schiffseigner (§ 2) sein. N a c h § 2 wird der Verwender eines ihm nicht gehörenden Binnenschiffes Dritten gegenüber als Schiffseigner im Sinne des Binnenschiffahrtsgesetzes angesehen. D e r Eigentümer eines Binnenschiffes kann denjenigen, der aus der Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt einen A n s p r u c h als Schiffsgläubiger (§§ 102 bis 115) herleitet, nicht an der D u r c h f ü h r u n g dieses Anspruchs hindern, sofern er nicht beweist, daß die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche und der Gläubiger auch nicht im guten Glauben war (§ 2 Abs. 2). D e m n a c h kann sich das Schiffsgläubigerrecht schon zur Zeit seiner Entstehung auf ein Schiff beziehen, das dem Schuldner weder ganz noch teilweise gehört 8 .
12
d) Das Schiffsgläubigerrecht findet seine eigentümliche Ausprägung durch die §§ 103 ff. D i e Begründung anderer gesetzlicher oder v e r t r a g l i c h e r P f a n d r e c h t e an dem Schiffsvermögen wird durch die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes nicht ausgeschlossen. Diese R e c h t e k ö n n e n aber nicht den Inhalt von Schiffsgläubigerrechten erlangen. F ü r derartige R e c h t e m u ß es bei den allgemeinen Vorschriften des B G B sein Bewenden haben. Pfandrechte, die an den Besitz der Sache anknüpfen, z. B . das U n t e r n e h m e r pfandrecht einer Werft nach § 6 4 7 B G B , erlöschen nach den §§ 1257, 1253 B G B mit der freiwilligen Besitzaufgabe. 9 Das gilt nicht für Schiffsgläubigerrechte, die gegen jeden Schiffseigner verfolgt werden können.
5. Die Übertragung des Schiffsgläubigerrechts 13
D i e Übertragung des Schiffsgläubigerrechts richtet sich nach der diesem dinglichen R e c h t zugrunde liegenden Forderung (§ 102) und nach deren Regeln. F ü r eine A b t r e t u n g der Forderung gelten die §§ 3 9 8 f f . , 401 B G B , die nach § 4 1 3 B G B entsprechend anwendbar sind, soweit dem Schiffsgläubigerrecht eine persönliche Forderung nicht zugrunde liegt. F ü r Verpfändungsregeln gelten die §§ 1273 ff. B G B . Ein gesetzlicher Ü b e r g a n g des Schiffsgläubigerrechts kann bei Befriedigung der zugrunde liegenden Forderung unter den in § 1256 B G B genannten Voraussetzungen erfolgen. 7 RGZ 78, 176; 79, 178; 149, 167; 151, 271. 8 RGZ 45, 54. 9 RGZ 134, 116; a. A. noch RGZ 108, 163. 564
Forderungen, die Rechte eines Schiffsgläubigers gewähren
§102
Durch eine Befriedigung der dem Schiffsgläubigerrecht zugrunde liegenden Forderung, die z. B. durch den Ausrüster begründet worden ist, erwirbt der zahlende Schiffseigner ein Schiffsgläubigerrecht an seinem Schiff, weil er ein rechtliches Interesse am Fortbestand des Pfandrechts hat (§ 1256 Abs. 2 BGB). Denn es besteht für den Schiffseigner, abgesehen von den besonderen Ausnahmefällen der §§ 112 bis 115, keine besondere Verpflichtung, die Schuld aus seinem Vermögen zu begleichen ( R G 2 67, 353). Ein Zusammentreffen von Pfandrecht und Eigentum im Sinne des § 1256 BGB wird nicht ausgeschlossen, wenn der Schiffseigner die Begleichung der Forderung aus seinem Landvermögen vornimmt; denn das Gesetz knüpft ausdrücklich bei einer Vereinigung von Eigentum und Pfandrecht den Fortbestand des Pfandrechts an die Interessenlage, nicht aber an den Willen des Eigentümers 10 . 6. F o r d e r u n g e n m i t Schiffsgläubigerrechten a) Die Reihenfolge der Forderungen, die mit dem Schiffsgläubigerrecht ausge- 1 4 stattet sind, erklärt sich aus ihrer Natur und ihrer Bedeutung für die Erhaltung des Schiffsvermögens. Die in § 102 Nr. 1 bis 6 bestimmte Reihenfolge ist auch für die Rangordnung der verschiedenen Forderungen maßgebend, wie sich aus den §§ 106 bis 108 ergibt. b) § 102 Nr. 1 nennt die öffentlichen Schiffs- und Schiffahrtsabgaben, ins- 1 5 besondere die Brücken-, Schleusen-, Kanal- und Hafengelder. Angesprochen sind alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, also die eigentlichen Schiffahrtsunkosten im Sinne des § 66. Im Einzelfall muß festgestellt werden, ob die Abgaben für die öffentlichen Einrichtungen und Leistungen des Schiffsverkehrs in eine öffentliche Kasse fließen. Unerheblich ist, ob die Abgaben aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift erhoben werden und ob der Schiffsführer oder der Schiffseigner für die Abgaben auch persönlich haften. Zu den Schiffahrtsabgaben gehören auch Kaigebühren, Quarantänegelder 11 sowie etwaige öffentliche Lotsengelder, die zu den Hafenkosten erhoben werden. c) Das Gesetz gewährt in § 102 N r . 2 den Mitgliedern der Schiffsbesatzung für 1 6 ihre Lohn- und Gehaltsforderungen neben ihrem unmittelbar persönlichen Anspruch gegen den Schiffseigner oder gegen den Ausrüster ein Schiffsgläubigerrecht an dem Schiff nebst Zubehör sowie an der Fracht. Anders als § 754 N r . 1 H G B ist das Schiffsgläubigerrecht auf Forderungen der Schiffsbesatzung für die Vergangenheit auf einem Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet von der im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgten Beschlagnahme 10 A . A . noch R G Z 32, 11. 11 R G Z 25, 92.
565
§102
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
des Schiffes, beschränkt. Das früher geltende unbeschränkte Schiffsgläubigerrecht für diese Forderungen war eine zu große Benachteiligung der sonstigen Schiffsgläubiger und Schiffspfandgläubiger. Zu den aus den Dienstverträgen der Schiffsbesatzung herrührenden Gehaltsund Lohnforderungen gehören alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis der Schiffsbesatzung, gleichgültig, ob die Forderungen auf einer Individualvereinbarung, auf einem Tarifvertrag oder auf gesetzlichen Bestimmungen beruhen. Darunter fallen auch Ansprüche gegen den Schiffseigner auf Schadensersatz aus einer Vertragsverletzung oder außerordentlichen Kündigung nach § 628 Abs. 2 BGB. Der arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch aus gefahrgeneigter Arbeit gehört zu den aus Dienstverhältnissen herrührenden Gehalts- und Lohnansprüchen und gibt ein Schiffsgläubigerrecht. Dieses Schiffsgläubigerrecht geht im Rang allen Schiffshypotheken vor. Es ist im Zwangsversteigerungsverfahren auch dann zu berücksichtigen, wenn es mehr als sechs Monate vor der Beschlagnahme des Schiffes entstanden ist12. Soweit die Leistung von Schiffsdiensten auf verwandtschaftlichen, ehelichen oder sonstigen Umständen außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erfolgt, wie das bei Familienangehörigen häufig geschieht, stehen etwaige Forderungen nicht mit dem „Dienstverhältnis" in einem unmittelbaren Zusammenhang. 17
d) Aus dem „gemeinsamen Gesichtspunkt der nützlichen Verwendungen in Notfällen" und zur Ermöglichung einer „einfachen Fassung des Rangverhältnisses der Schiffsgläubiger" 13 sind unter § 102 Nr. 2 die Lotsengelder, die Bergungsund Hilfskosten sowie die Beiträge zur großen Haverei und die Kosten aus Notgeschäften zusammengefaßt. Zu den Lotsengeldern gehören alle Forderungen der freiwillig angenommenen Lotsen. Zwangslotsen gibt es auf den deutschen Binnenwasserstraßen nicht. Nicht hierher gehören Lotsengelder, die als öffentliche Schiffahrtsabgaben unter § 102 Nr. 1 fallen. Bergungs- und Hilfskosten einschließlich des Berge- oder Hilfslohns fallen auch dann unter § 102 Nr. 2, wenn diese Ansprüche auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen. Unerheblich ist es, ob aufgrund einer Vereinbarung auch eine persönliche Forderung des erfolgreichen Bergers oder Helfers begründet worden ist. Die Beiträge des Schiffes zur großen Haverei stellen ebenfalls Rettungskosten aus einem Notfall dar und sind den Bergungs- und Hilfskosten gleichgestellt. Ferner gewährt § 102 N r . 3 für Forderungen aus Notgeschäften des Schiffsführers im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht nach § 15 außerhalb
12 B G H Z 66, 1 = NJW 1976, 1402 = 2 M N r . 13 zu § 4 BSchG = VersR 1976, 485. 13 Begr. S. 119.
566
Forderungen, die Rechte eines Schiffsgläubigers gewähren
§102
des Heimatortes und des Ortes, an dem der Schiffseigner eine Geschäftsniederlassung hat, ein Schiffsgläubigerrecht. Diese Notgeschäfte müssen zur Ausführung der Reise notwendig sein. Maßgebend ist zunächst, daß der Schiffsführer im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht handeln kann, nicht aber, ob er eine besondere rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht hatte. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 102 N r . 3 kann ein Schiffsgläubigerrecht auch entstehen, wenn die Verbindlichkeit durch einen Schiffsführer begründet wird, der selbst Eigentümer oder Miteigentümer des Schiffes ist. Voraussetzung für die Entstehung des Schiffsgläubigerrechts ist lediglich, daß der Schiffsführer in dieser Eigenschaft, nicht aber als Schiffseigner dieses Geschäft eingegangen ist. Die Forderungen müssen auf Geschäften beruhen, die zur Abwendung einer dringenden Gefahr für das Schiff und/oder der Ladung geschlossen werden. Es ist unerheblich, auf welche Umstände die Gefahren zurückzuführen sind und ob das Schiff oder die Ladung durch die Gefahr gefährdet werden. Abgesichert werden sollen alle Geschäfte, die auf außergewöhnlichen Umständen beruhen wie Wasserstands- und Witterungsverhältnisse und Maßnahmen zur Abwendung von Unfallfolgen. Auch drohender Verderb der Ladung oder sonstige Veränderungen der Ladung können die Annahme eines Leichters erforderlich machen. Treibstoffmangel kann zwar eine Gefahr auf einer Reise auslösen. Darin kann aber kein außergewöhnlicher Umstand gesehen werden. Es handelt sich vielmehr um einen normalen Vorgang. Bunkerboote erwerben daher für die Abgabe von Treibstoff an ein Schiff kein Schiffsgläubigerrecht. e) Die Neufassung des § 102 N r . 4 gewährt ein Schiffsgläubigerrecht für drei 1 8 verschiedene Ansprüche: aa) Das Gesetz nennt zunächst A n s p r ü c h e auf E r s a t z eines Schadens aus 1 9 der T ö t u n g oder einer Verletzung v o n Reisenden (§ 4 a Abs. 1). Dieses Schiffsgläubigerrecht ist zugleich mit § 4 a neu in das Gesetz eingefügt worden. Neben die persönliche H a f t u n g des Schiffseigners im Falle der Tötung oder Verletzung eines Reisenden, der des Charterers, der der Personen der Schiffsbesatzung und der des Lotsen tritt die dingliche H a f t u n g des Schiffseigners mit Schiff u n d F r a c h t , die durch das Schiffsgläubigerrecht des § 102 N r . 4 gesichert wird. Diese dingliche Haftung ist der H ö h e nach durch § 4 a N r . 1 beschränkt, wenn den Schiffseigner kein eigenes Verschulden trifft. Trifft ihn hingegen ein Verschulden, ist die Haftung der H ö h e nach unbeschränkt. bb) Wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der L a d u n g s g ü t e r haben 2 0 die Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger) ein Schiffsgläubigerrecht wegen ihrer Forderungen, gleichviel aus welchem Rechtsgrund. Hierunter fallen sowohl Ansprüche aus dem Frachtvertrag aus den §§ 58, 59 Abs. 3 , 6 1 Abs. 4, aus dem Ladeschein nach den §§ 73 bis 76 als auch aus unerlaubter Handlung. Das Schiffsgläubigerrecht steht dem Absender und Empfänger aus den vorgenannten Anspruchsgrundlagen auch dann zu, wenn sich diese gegen den F r a c h t -
567
§102
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
führer richten, der nicht zugleich Schiffseigner ist und wegen eigenen Verschuldens persönlich haftet; denn das Schiffsgläubigerrecht entsteht an dem verwendeten Schiff für alle Forderungen aus der Nichtablieferung oder Beschädigung der Frachtgüter. 21
cc) Soweit der Schiffsführer oder eine dazu bestellte Person das Gepäck von Reisenden (vgl. dazu § 77) übernommen hat, es also diesen Personen zur Mitbeförderung übergeben worden ist, gewährt das Gesetz den Reisenden im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Reisegepäcks ein Schiffsgläubigerrecht. Gepäck in diesem Sinne sind alle Gegenstände, die der Beförderer aufgrund eines Beförderungsvertrages befördert. Dazu gehört auch das Kabinengepäck, nicht aber Gegenstände, die der Reisende in seiner persönlichen Obhut behält, wie persönlicher Schmuck, eine Armbanduhr oder ein Stock 14 .
22
f) § 102 N r . 5 Abs. 1 bestimmt ein Schiffsgläubigerrecht für alle sonstigen, nicht unter die Nr. 1 bis 4 fallenden Geschäfte, die entweder vom Schiffsführer im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht nach § 15 oder vom Schiffseigner abgeschlossen worden sind, soweit die Ausführung der Verträge zu den Dienstobliegenheiten des Schiffsführers gehört. Für derartige Geschäfte haftet der Schiffseigner nur beschränkt dinglich mit Schiff und Fracht (§ 4 N r . 1 und 2). Es ist umstritten, ob ein Schiffsgläubigerrecht auch dann entsteht, wenn der Schiffseigner aus solchen Geschäften unbeschränkt persönlich haftet, sei es, daß er sein eigenes Schiff geführt und das Geschäft als Schiffseigner abgeschlossen hat oder weil er selbst schuldhaft gehandelt hat (§ 4 Abs. 2). Nimmt man an, daß grundsätzlich die einer beschränkten Haftung unterliegenden Forderungen durch ein Schiffsgläubigerrecht gesichert werden sollen, § 102 Nr. 5 Abs. 1 keinen Zusatz des in § 102 N r . 3 bestimmten Inhalts kennt und § 102 N r . 5 Abs. 1 als Ausnahmevorschrift angesehen wird, könnte angenommen werden, ein Schiffsgläubigerrecht müßte bei einer unbeschränkt persönlichen Haftung verneint werden 15 . Man darf aber andererseits nicht übersehen, daß § 102 Nr. 5 Abs. 1 gegenüber den sonstigen Alternativen des § 102 keinen Sonderstatus hat. Auch muß man berücksichtigen, daß der Geschädigte im Falle einer unbeschränkt persönlichen Verschuldenshaftung des Schiffseigners erweiterten Rechtsschutz verdient und u. U. nur so seinem Anspruch überhaupt Geltung verschafft werden kann, wenn auf das Schiff zurückgegriffen werden kann. In der neueren Rechtsprechung ist diese Frage nicht mehr aufgegriffen worden. Wie sich die Rechtsprechung entscheiden wird, ist zweifelhaft.
23
g) Nach den §§ 3, 4 Nr. 3 haftet der Schiffseigner nur mit Schiff und Fracht, wenn der Anspruch auf ein Verschulden der Schiffsbesatzung gestützt wird, ohne Rücksicht darauf, aus welchem Rechtsgrund er in Anspruch genommen wird. Für derartige Forderungen aus dem Verschulden der Schiffsbesatzung 14 Vgl. dazu näher § 77 Rdn. 3 ff. 15 So RGZ 83, 130; a. A. OLG Kiel OLGZ 22, 69. 568
Forderungen, die Rechte eines Schiffsgläubigers gewähren
§102
(§§ 3, 4 N r . 3), auch wenn diese Eigentümer oder Miteigentümer des Schiffes sind, gewährt § 102 N r . 5 Abs. 2 ein Schiffsgläubigerrecht. Unter diese mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestatteten Forderungen fallen sämtliche Ansprüche aus einer Schiffskollision nach den §§ 92 bis 92f., einschließlich der Regreßansprüche gegen schuldige Besatzungsmitglieder, soweit nicht eine arbeitsrechtliche Freistellung entgegensteht. Ferner gehören hierher sonstige Ansprüche aus dem Verschulden der Schiffsbesatzung, sei es aus Vertrag oder unerlaubter Handlung 1 6 . Der Ersatzanspruch ist auch dann mit einem Schiffsgläubigerrecht verbunden, wenn das schuldige Besatzungsmitglied zugleich Eigner oder Miteigentümer des Schiffes ist und wegen einer eigenen Schuld auch persönlich nach § 823 B G B haftet. Das Schiffsgläubigerrecht entsteht selbstverständlich auch bei Verschulden eines Ausrüsters, weil das Gesetz diese Personen dem Schiffseigner gleichstellt. Kein Schiffsgläubigerrecht entsteht, wenn der Schiffseigner, ohne Mitglied der Schiffsbesatzung zu sein, einen Schaden schuldhaft herbeiführt. Das kann z. B. geschehen, wenn er eine Unterbemannung des Schiffs veranlaßt oder sein Schiff nicht hinreichend wartet. In solchen Fällen entsteht nur eine unbeschränkt persönliche Haftung. h) Durch die Neufassung des § 102 Nr. 6 sind die Ansprüche der Träger der 2 4 Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung gegen den Schiffseigner mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattet worden. Gesichert werden nur Ansprüche, die sich auf Personen der Schiffsbesatzung beziehen, nicht aber wegen aller Ansprüche der öffentlichen Versicherungsträger gegen das Schiffahrtsunternehmen, das auch Arbeitnehmer an Land beschäftigt. Auch hinsichtlich der genannten Ansprüche steht der Ausrüster dem Schiffseigner gleich, wenn die Arbeitnehmer Schiffsdienste leisten.
7. Die Beweislast Der Gläubiger muß beweisen, daß der Beklagte im Zeitpunkt der Klageerhe- 2 5 bung entweder Schiffseigner oder Ausrüster des Schiffes ist und seine Forderung durch die Verwendung des dinglich in Anspruch genommenen Schiffes entstanden ist. Weiter hat er die Merkmale der einzelnen Forderungen, die mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattet sind, näher darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen. Hat das Schiff im Zeitpunkt der Klageerhebung keinen Verwender im Sinne der §§ 1,2, muß die Klage gegen den Eigenbesitzer des Schiffes gerichtet werden. In diesem Falle muß der Kläger beweisen, daß der Beklagte Eigenbesitz an dem Schiff hat, d. h. daß er das Schiff als ihm gehörig besitzt. 16 Vgl. dazu R G Z 73, 8.
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§103
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
§103 (1) Die recht. (2) D a s (3) Die ren Titels
Schiffsgläubiger haben an dem Schiffe nebst Zubehör ein PfandPfandrecht ist gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgbar. Befriedigung aus dem Pfände erfolgt auf G r u n d eines vollstreckbanach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung. Übersicht Rdn.
Rdn. 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines Die Entstehung des Pfandrechts D a s Erlöschen des Pfandrechts . D e r Inhalt des Pfandrechts . . . D e r U m f a n g des Pfandrechts . .
. . . .
1 2 3-9 10-12 13
6. D e r Zweck des Pfandrechts 7. Die Geltendmachung des rechts 8. Die Beweislast
. . . . Pfand-
14 15-20 21
1. Allgemeines 1
§ 103 entspricht der seerechtlichen Bestimmung des § 755 H G B . Eine dem § 103 Abs. 3 entsprechende Bestimmung enthält § 760 H G B . Dort ist auch die Passivlegitimation geregelt und zwar in Abweichung von dem Binnenschifffahrtsrecht.
2. Die Entstehung des Pfandrechts 2
Schiffsgläubiger im Sinne des § 102 haben wegen ihrer Forderungen ein Pfandrecht an dem Schiff nebst dem Zubehör (§ 103 Abs. 1). Dieses Pfandrecht ist ein gesetzliches Pfandrecht, das weder rechtsgeschäftlich bestellt werden kann, noch einer besonderen Bestellung, noch einer Eintragung in das Schiffsregister bedarf. Dieses Pfandrecht entsteht zugleich mit der Forderung, die mit dem Recht eines Schiffsgläubigers ausgestattet ist, ohne daß das Gesetz für die Entstehung des Schiffsgläubigerrechts die Erfüllung weiterer Voraussetzungen verlangt.
3. Das Erlöschen des Pfandrechts 3
Das Gesetz hat anders als das Seerecht, in dem nach § 759 H G B das Pfandrecht eines Schiffsgläubigers nach dem Ablauf eines Jahres seit der Entstehung der Forderung erlischt, ein Erlöschen des Pfandrechts durch Zeitablauf nicht vorgesehen.
4
a) Das Pfandrecht erlischt mit dem U n t e r g a n g des Schiffes, wenn keine Hebung erfolgt. Erfolgt eine Hebung des Schiffes, bleibt das Pfandrecht bestehen. An einem Wrack und ebenso an etwaigen Schiffstrümmern, die Bestandteil des Schiffsvermögens geblieben sind, besteht das Pfandrecht fort. Das Pfandrecht wird aber in einem solchen Falle modifiziert: Schiffstrümmer haften dem Schiffsgläubiger nur wie sonstige bewegliche Sachen, also nicht mehr nach § 103 570
Pfandrecht der Schiffsgläubiger
§103
A b s . 2, da ein Schiff nicht mehr vorhanden ist. D a s Pfandrecht wird nunmehr einem M o b i l i a r p f a n d r e c h t gleichgestellt, so daß nunmehr ein gutgläubiger Erwerb möglich ist und dieser von der Rechtsordnung geschützt werden kann. b) D a s Pfandrecht an dem Schiff erlischt, wenn der verhaftete Gegenstand aus 5 dem Schiffsverband ausscheidet, wenn z. B. Schiffsteile auf einer Werft entfernt oder abgebaut werden. Dasselbe gilt für das Zubehör nach den §§ 1121, 1122 BGB. Werden Leasinggegenstände v o m Schiff entfernt, erlischt das Schiffsgläubigerrecht in entsprechender Anwendung der § § 1 1 2 1 A b s . 1 B G B , 31 A b s . 2 SchRegG1. c) D u r c h die Z w a n g s v e r s t e i g e r u n g des Schiffes geht das Pfandrecht an dem 6 Schiff nebst dem Z u b e h ö r unter (§ 110 i. V. m. §§ 162, 91 Z V G ) . D a s Pfandrecht erlischt dagegen nicht durch eine sonstige rechtsgeschäftliche Veräußerung des Schiffes, es sei denn, daß der Erwerber von seinem Recht aus § 110 Gebrauch macht und die unbekannten Schiffsgläubiger mit ihren Rechten im Wege des Aufgebotsverfahrens ausschließt. d) Erfolgt eine Vereinigung des Pfandrechts mit der ihm zugrundeliegenden 7 Schuld in einer Person, zahlt insbesondere der Schiffseigner oder wird ihm der Anspruch übertragen, erlischt das Pfandrecht nur dann, wenn diese Rechtsfolge gewollt war. e) G e h t die Schiffsgläubigerforderung im Sinne des § 102 unter, erlischt 8 gleichzeitig auch das Schiffspfandrecht. O b eine konkurrierende persönliche Forderung fortbesteht, ist unbeachtlich. Derartige G r ü n d e können sein: Erfüllung, Verzicht oder Aufrechnung mit einer anderen Forderung gegen die mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattete Forderung. D i e Verjährung der mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestatteten Forderung nach den §§ 117, 118 begründet im Rechtsstreit nur eine Einrede (§ 222 B G B ) , führt also nicht ipso jure zum Erlöschen des Pfandrechts. Die Verjährung ist nicht von A m t s wegen, sondern nur auf eine Einrede hin zu beachten. Wird die Verjährungseinrede erhoben, wird der Schiffsgläubiger gehindert, sich aus dem Schiffsvermögen zu befriedigen. Er kann keinen Vollstreckungstitel erwerben. f) D a s Pfandrecht geht weiter durch die A u f g a b e e r k l ä r u n g nach den §§ 1255, 9 1257 B G B unter.
4. Der Inhalt des Pfandrechts a) D e r Inhalt des Pfandrechts besteht in einer S a c h h a f t u n g des Schiffsver- 1 0 m ö g e n s . N a c h § 103 A b s . 1 besteht die dingliche H a f t u n g an dem Schiff nebst Zubehör und nach § 104 an der Fracht. N a c h § 115 treten bestimmte Vergütungen oder Entschädigungen ersatzweise 1 B G H Z 94, 242 = LM Nr. 21 zu §§ 4, 113, 115 BSchG. 571
§103
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
an Stelle des Gegenstandes, für den die Vergütung bestimmt ist. Diese Bestandteile haften den Schiffsgläubigern unbeschränkt und solidarisch. Der Schiffsgläubiger hat die Wahl, aus welchen Bestandteilen des Pfandrechts er Befriedigung suchen will. Er kann alle der Pfandhaftung unterliegenden Gegenstände gleichzeitig in Anspruch nehmen. 2 11
b) Das Pfandrecht bezieht sich nur auf das Schiff, durch dessen Verwendung zur Schiffahrt auf Binnengewässern die Schiffsgläubigerforderung (§ 102) entstanden ist, nicht aber auf andere Schiffe desselben Schiffseigners; denn jedes Schiffsvermögen wird rechtlich als eine selbständige Einheit behandelt3. Hierdurch wird ein Schiffsgläubiger nicht gehindert, aufgrund einer persönlichen Forderung und eines persönlichen Vollstreckungstitels gegen den Schiffseigner in andere Schiffe desselben Schiffseigners zu vollstrecken und sich im Weg der Zwangsversteigerung zu befriedigen. In wessen Eigentum das Schiff im Zeitpunkt der Klageerhebung steht, ist unerheblich. Das Pfandrecht ist nach § 103 Abs. 2 gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgbar. Das Pfandrecht erstreckt sich auf das Schiff mit allen seinen Bestandteilen. Maßgebend ist der Bestand im Zeitpunkt der Geltendmachung des Schiffgläubigerrechts, also regelmäßig bei der Beschlagnahme im Wege des Zwangsversteigerungsverfahrens.
12
c) Das Pfandrecht umfaßt nach § 103 Abs. 1 auch das Schiffszubehör. Dazu gehören alle den wirtschaftlichen Zwecken des Schiffes dienenden beweglichen Sachen (§ 97 BGB). Es ist unerheblich, ob das Zubehör im Eigentum des Schiffseigners oder eines Dritten steht, da § 1265 BGB keine Anwendung findet. Das Pfandrecht erstreckt sich auf das Zubehör, das im Zeitpunkt der Geltendmachung des Schiffsgläubigerrechts vorhanden ist.
13
Das Pfandrecht besteht für die gesamte Schiffsgläubigerforderung aus § 102 und zwar sowohl für das Kapital als auch für Zinsen und Kosten (§ 105). Zinsen im Sinne des § 105 sind regelmäßig die gesetzlichen Zinsen oder die Prozeßzinsen. Ausnahmsweise können auch vereinbarte Zinsen Gegenstand des Pfandrechts sein, wenn z. B. bei einem vereinbarten Hilfslohn eine Zinsabrede getroffen ist.
5. D e r U m f a n g des P f a n d r e c h t s
2 R G Z 33, 75; 45, 75. 3 R G Z 21, 10; 45, 54.
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Pfandrecht der Schiffsgläubiger
§103
6. Der Zweck des Pfandrechts Das Pfandrecht gewährt den Schiffsgläubigern einerseits eine Sicherung ihrer 1 4 Forderungen und andererseits die Möglichkeit der Befriedigung. Der Schiffsgläubiger hat aufgrund seines Pfandrechts kein Recht zum Besitz an den dem Pfandrecht unterliegenden Gegenständen. Die Sicherstellung des Schiffsgläubigers kann nur nach den Vorschriften der ZPO durch Arrest oder einstweilige Verfügung erfolgen. Der Gläubiger kann nur im Wege der Zwangsversteigerung des Schiffes Befriedigung suchen. Der Gläubiger kann nicht sein Pfandrecht in das Schiffsregister eintragen lassen. Das Schiffsgläubigerrecht ist weder eintragungsfähig noch eintragungsbedürftig. Der Schiffsgläubiger ist nicht befugt, in seinen Besitz gelangte Teile des Schiffsvermögens zu veräußern und sich aus dem Erlös zu befriedigen. Auch insoweit muß er im Wege der Zwangsvollstreckung aufgrund eines Vollstrekkungstitels vorgehen.
7. Die Geltendmachung des Pfandrechts a) Der Schiffsgläubiger muß, wenn seine Forderung nicht freiwillig beglichen 1 5 wird, einen Vollstreckungstitel im Sinne der Vorschriften der Zivilprozeßordnung erwirken. Er muß im Wege der Pfandklage vorgehen. Die Klage kann an dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten erhoben werden, d. h. bei dem für den Wohnsitz des Schiffseigners zuständigen Gericht. Der Schiffsgläubiger kann nach seiner Wahl ( § 3 5 ZPO) auch Klage am Heimatort des Schiffes erheben (§ 6). Ausnahmsweise kann, wenn der Beklagte im Inland keinen Wohnsitz hat, der besondere Gerichtsstand des Vermögens und des Streitobjekts nach § 23 ZPO in Frage kommen. Im übrigen ist ein besonderer Gerichtsstand für die Pfandklage nicht vorgesehen. Der ausschließliche dingliche Gerichtsstand nach § 24 ZPO kann keine Anwendung auf Pfandklagen finden. Dieser Gerichtsstand findet nur auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte Anwendung. Soweit in der Vorauflage auf eine gewohnheitsrechtliche Übung hingewiesen worden ist, wonach eine Zuständigkeit des Gerichts des Standortes des Schiffes gegeben sein soll, kann diese Übung, wenn sie noch bestehen sollte, keine Beachtung finden. Die Zuständigkeit der Gerichte ist in der ZPO und im Binnenschiffahrtsgesetz i. V. m. den Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen vom 27. 9. 19524, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.6. 198 ^abschließend geregelt. Abgesehen von den Fällen des § 38 ZPO ist keine Gerichtsstandvereinbarung möglich. 4 BGBl. I S. 651. 5 BGBl. I S. 553.
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§103
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
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b) Die Pfandklage ist gegen denjenigen zu richten, der im Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. bei Zustellung der Klageschrift das mit dem gesetzlichen Pfandrecht belastete Schiff als Schiffseigner ( § 1 ) oder Ausrüster (§ 2) verwendet 6 . Das ergibt sich aus § 2 Abs. 2, wonach der Eigentümer diejenigen, die aus der Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt einen Anspruch als Schiffsgläubiger herleiten, an der Durchführung ihrer Ansprüche nicht hindern kann, sofern er nicht beweist, daß die Verwendung ihm gegenüber widerrechtlich und der Gläubiger nicht im guten Glauben war. Dazu ergibt sich aus § 760 Abs. 2 H G B für das Seerecht keine Parallele. Für die Binnenschiffahrt kann im Gegensatz zum Seerecht nicht angenommen werden, daß der Schiffsgläubiger die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung beim Bestehen eines Ausrüstungsverhältnisses auch gegen den Schiffseigner richten kann. Die Klage muß stets gegen den Verwender des Schiffes gerichtet werden, weil das Pfandrecht gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgbar ist (§ 103 Abs. 2). Das Gesetz nennt daneben nicht den Schiffseigner, bestimmt dementsprechend nicht seine Passivlegitimation, wenn ein Dritter Besitzer ist. Ist ein Schiffseigner im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht vorhanden, ist die Klage gegen den Eigenbesitzer, nicht aber gegen den Eigentümer zu richten. Ist kein Eigenbesitzer feststellbar, muß nach den §§ 58 Abs. 2, 787 Abs. 2 Z P O für ein aufgegebenes Schiff durch das Gericht ein Vertreter bestellt werden.
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c) Das Pfandrecht an der Fracht ist durch eine Klage gegen den Gläubiger der Frachtforderung zu richten, also gegen den Schiffseigner/Frachtführer, dem die Fracht zusteht 7 . Abweichend von § 97 Abs. 2 kann das Schiffsgläubigerrecht nicht gegen den Schiffsführer geltend gemacht werden. § 97 Abs. 2 ist als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen und kann nicht entsprechend auf den Fall der Geltendmachung eines Schiffsgläubigerrechtes erstreckt werden.
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d) Eine Veräußerung des Schiffes oder ein Besitzwechsel nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist auf den Rechtsstreit nach § 265 Abs. 2 Z P O ohne Einfluß. Das zwischen den Parteien ergangene Urteil wirkt nach § 325 Abs. 1 für und gegen den Rechtsnachfolger. Gegen ihn kann unter den Voraussetzungen des § 727 Z P O die Vollstreckungsklausel umgeschrieben werden. Eine Ausnahme gilt nach § 325 Abs. 2 ZPO. Auch im Falle einer Veräußerung wird der gutgläubige Erwerb geschützt. Der gute Glauben des Erwerbers muß sich jedoch auch auf die Rechtshängigkeit des Rechtsstreits bzw. auf einen rechtskräftigen Duldungstitel erstrecken.
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e) Zur Schlüssigkeit der Klage gehört die Darlegung einer mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestatteten Forderung (§ 102), deren Entstehung durch die Verwendung des in Anspruch genommenen Schiffes und die Rechtsstellung des 6 RGZ 78, 307. 7 RGZ 40 N r . 14.
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Pfandrecht der Schiffsgläubiger
§103
in Anspruch genommenen Beklagten als Schiffseigner, Ausrüster oder Eigenbesitzer. D e r Klageantrag ist auf D u l d u n g der Zwangsvollstreckung in das zu bezeichnende Schiff nebst Z u b e h ö r und Fracht für die anzugebende Forderung nebst Zinsen und K o s t e n zu richten. 8 Wird auf Zahlung statt auf Duldung geklagt, ist die Zahlungsklage abzuweisen und dem in dem Klageantrag steckenden Minus, dem Duldungsanspruch, stattzugeben. In einem solchen Fall ist dem Kläger ein Teil der Kosten aufzugeben. In der Praxis konkurriert bei einem Schiffsgläubigerrecht für Forderungen aus dem Verschulden der Schiffsbesatzung in aller Regel auch ein Anspruch auf eine beschränkt persönliche H a f t u n g des Schiffseigners wegen Gefährdung des Schiffsvermögens nach § 114, so daß der Antrag auf Zahlung und zwar beschränkt persönlich haftend im R a h m e n der Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes bei Vermeidung einer Zwangsvollstreckung in das Schiff nebst Z u b e h ö r und F r a c h t lautet. E i n e Beschränkung der H a f t u n g nur mit dem Schiff und der Fracht ist im Rechtsstreit von A m t s wegen zu beachten 9 . Soll ein Grundurteil erlassen werden, ist die Beschränkung der H a f t u n g nicht in diesem Zwischenurteil z u m Ausdruck zu bringen, weil das Zwischenurteil in seiner Wirkung nicht über die Beschränkung der H a f t u n g des Klageantrags hinausgehen kann. f) D i e Zwangsvollstreckung aus dem Duldungstitel erfolgt nach § 103 A b s . 3 2 0 bei einem im Schiffsregister eingetragenen Binnenschiff nach den §§ 864 A b s . 2 Z P O , 162 ff. Z V G durch gerichtliche Zwangsversteigerung. Bei einem nicht eingetragenen Binnenschiff erfolgt die Zwangsvollstreckung nach den Regeln der Mobiliarzwangsvollstreckung gemäß §§ 803 ff. Z P O durch Pfändung und Versteigerung. A u f das S c h i f f s z u b e h ö r sind die gleichen Bestimmungen anzuwenden, die für das Schiff gelten (§ 865 Z P O ) . Eine besondere Pfändung des Z u b e h ö r s ist ausgeschlossen (§ 865 A b s . 2 Z P O ) . In die F r a c h t ist durch P f ä n d u n g s - u n d Ü b e r w e i s u n g s b e s c h l u ß nach den §§ 828 ff. Z P O zu vollstrecken.
8. Die Beweislast D e r Schiffsgläubiger muß bei einer Duldungsklage im Bestreitensfalle bewei- 2 1 sen, daß der Beklagte im Zeitpunkt der Klageerhebung die Rechtsstellung eines Verwenders des Schiffes hatte, ihm selbst eine mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattete Forderung zusteht und diese durch die Verwendung des in A n spruch genommenen Schiffes entstanden ist. 8 RGZ 67, 354; 72, 352. 9 RGZ 67, 353. 575
§ 104
7. A b s c h n i t t . S c h i f f s g l ä u b i g e r
Bei der Zwangsvollstreckung muß der Vollstreckungsgläubiger den Vollstrekkungstitel mit der Vollstreckungsklausel und den Zustellungsnachweis vorlegen (§ 750 ZPO).
§104 (1) Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger erstreckt sich außerdem auf die Bruttofracht derjenigen Frachtfahrt, aus welcher ihre Forderung entstanden ist. (2) Für die in §102 unter Nummer 2 aufgeführten Forderungen der Schiffsbesatzung besteht ein Pfandrecht an der Fracht der sämtlichen Frachtfahrten, welche unter den Dienstvertrag fallen, aus dem die Forderungen entstanden sind. (3) Als Frachtfahrt gilt jede Reise, welche entweder auf Grund eines neuen Frachtvertrages oder nach vollständiger Löschung der Ladung angetreten wird. (4) Der Fracht steht im Sinne dieses Abschnittes das für die Beförderung von Personen zu entrichtende Fahrgeld und bei Schleppschiffen der Schlepplohn gleich. Übersicht 1. Allgemeines 2. Der U m f a n g der Haftung 3. Die Ausdehnung des Pfandrechts an
Rdn. 1 2-7
Rdn. der Fracht wegen Ansprüchen der Schiffsbesatzung 4. Die Beweislast
8-9 10
1. Allgemeines 1
Das Pfandrecht des Schiffsgläubigers erstreckt sich im Binnenschiffahrtsrecht auf das gesamte Schiffsvermögen, aus dessen Verwendung die dem Schiffsgläubigerrecht zugrunde liegende Forderung (§ 102) entstanden ist, also auf das Schiff nebst Zubehör (§ 103) und die Fracht (§ 104 Abs. 1). Die Fracht fällt nicht unter den Begriff des Zubehörs, sondern ist ein selbständiger, aber kein notwendiger oder fester Teil des Schiffsvermögens wie Schiff und Zubehör. Das ergibt schon die Erwägung, daß nicht für jede Reise, auf der ein Schiffsgläubigerrecht entsteht, auch ein Frachtanspruch entstehen muß. Nach dem Gesetz unterliegt dem Pfandrecht nur die Fracht der Fahrt, aus der die Forderung entstanden ist (§104 Abs. 1). Insoweit besteht ein erheblicher Unterschied zum Seerecht. § 756 H G B erstreckt das Pfandrecht der Schiffsgläubiger nur auf das Schiff und das Zubehör, das sich im Eigentum des Schiffseigentümers befindet, nicht aber auf die Fracht und fremdes Schiffszubehör. Auch für Heuerforderungen der Seeleute besteht kein Pfandrecht an Frachtforderungen. 576
Erstreckung des Pfandrechts
§104
Die früher geltenden entsprechenden Vorschriften des H G B sind aufgehoben worden.
2. Der Umfang der Haftung a) Das gesamte Schiffsvermögen einschließlich der Fracht haftet den Schiffs- 2 gläubigem unbeschränkt und solidarisch. Der Schiffsgläubiger kann sich nach seiner Wahl an das Schiff nebst Zubehör oder an die Fracht halten. Die Fracht haftet auch dann den Schiffsgläubigern, wenn der Schiffseigner nicht zugleich auch der Frachtführer ist. Es ist unerheblich, wer Gläubiger der Frachtforderung ist, da das Gesetz eine dingliche Haftung (Sachhaftung) des Schiffsvermögens aus der Verwendung des Schiffes zur Binnenschiffahrt bestimmt. Der Schiffseigner kommt daher als dinglicher Schuldner der Schiffsgläubigerforderung nur in Betracht, wenn er den Frachtvertrag über die Frachtreise abgeschlossen und ausgeführt hat, also selbst Frachtführer gewesen ist. b) Das Pfandrecht erstreckt sich auf die Bruttofracht. 3 Die Bruttofracht ist der Gesamtbetrag der Fracht ohne den Abzug von Schiffahrtsunkosten (§66) und sonstiger Aufwendungen, also das, was der Frachtführer als Entgelt für die betreffende Frachtfahrt fordern kann. Zu der Bruttofracht gehören auch Liege- und Überliegegelder (§§30, 31, 49, 50, 53, 54) für die Überschreitung der Lade- und Löschzeiten. Nicht zur Fracht gehören alle außerhalb des Frachtvertrages erzielten oder außergewöhnlichen Einnahmen wie Auslagen, für die Ladungsinteressenten, Berge- und Hilfslöhne, Schlepplöhne und Versicherungsleistungen1. Im Seerecht wird in § 756 Abs. 3 H G B auch ausdrücklich bestimmt, daß sich das Pfandrecht der Schiffsgläubiger nicht auf eine Versicherung erstreckt, die der Reeder für das Schiff aufgenommen hat. Nach § 104 Abs. 2 gilt jede Reise als Frachtfahrt, die entweder aufgrund eines 4 neuen Frachtvertrages oder nach vollständiger Löschung der Ladung angetreten wird. Bei der Beförderung von Gütern ist der Beginn und das Ende der Frachtfahrt nach dem Gesamteinsatz des Schiffes zu beurteilen. Der Frachtvertrag als solcher ist nicht allein maßgebend. Die Frachtfahrt beginnt nicht erst mit der Einladung der Frachtgüter, was regelmäßig nach dem Abschluß des Frachtvertrages erfolgt, sondern bereits mit der Anreise des Schiffes zum Beladungsort 2 . Für die Begründung des Schiffsgläubigerrechts kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Frachtgüter im Zeitpunkt der Entstehung des Schiffsgläubigerrechts schon an Bord waren. Die Frachtfahrt endet spätestens mit dem vollständigen Entlöschen der Frachtgüter. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Frachtgüter zur Zeit der
1 Vgl. dazu RGZ 32, 11. 2 B G H ZfB 1983, 288, LM Nr. 17 zu §§3, 4 BSchG.
577
§104
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
Entstehung des Schiffsgläubigerrechts noch an Bord waren3. Werden einzelne Frachtgüter über den Bestimmungsort hinaus weiterbefördert, endet die Frachtreise bereits vor der Entlöschung dieser Frachtgüter, da die Weiterreise als eine neue Frachtreise anzusehen ist. 5
Werden Frachtgüter im Verlauf der Reise unterwegs gelöscht, unterliegt die Fracht für diese Güter auch dann dem Schiffsgläubigerrecht, wenn das Schiffsgläubigerrecht erst nach dem Entlöschen dieser Frachtgüter entsteht, weil die Frachtreise bis zum abschließend vereinbarten Bestimmungshafen andauert4. Bei einer Personenbeförderung beginnt die Frachtreise mit dem Antritt der Reise und endet an dem zuletzt gewählten Ziel.
6
c) Es ist unerheblich, ob der Frachtanspruch auf eine Vereinbarung oder auf einer Festsetzung durch die Frachtenausschüsse (Festfracht) beruht. Es kann sich im Einzelfalle auch um einen Anspruch auf Distanz- oder Fehlfracht (§§63, 64, 69, 34, 36) handeln.
7
d) Das Pfandrecht erstreckt sich auf die Fracht unabhängig davon, ob die Fracht noch aussteht oder schon ausbezahlt ist. Zum Schiffsvermögen gehört deshalb auch ein Frachtvorschuß 5 . Allerdings ist das Pfandrecht an der Fracht nach §112 nur solange wirksam, als die Fracht noch aussteht oder sich die Frachtgelder noch in den Händen des Schiffsführers befinden. Hat der Schiffseigner die Fracht eingezogen, haftet er den Schiffsgläubigern, denen dadurch das Pfand ganz oder teilweise entgeht, persönlich.
3. Die Ausdehnung des Pfandrechts an der Fracht wegen Ansprüchen der Schiffsbesatzung 8
a) Im Seerecht ist das Pfandrecht an der Fracht wegen Heuerforderungen (§758 H G B a. F.) entfallen. Im Binnenschiffahrsrecht wird wegen des Schiffsgläubigerrechts für die Forderungen der Schiffsbesatzung nach § 102 Nr. 2 das Pfandrecht nach § 104 Abs. 2 ausgedehnt. Diese Vorschrift hat keine praktische Bedeutung. Das Pfandrecht wird nach § 104 Abs. 2 auf sämtliche Frachtfahrten, auf denen die in § 102 Nr. 2 genannten Forderungen entstanden sind, ausgedehnt. Dabei ist das Gesetz davon ausgegangen, daß das Binnenschiffahrtsrecht keine Reiseheuer wie in der Seeschiffahrt kennt, sondern die Lohnforderungen der Schiffsbesatzung unabhängig von der einzelnen Reise durch den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses begründet wird.
9
b) Wird der Anspruch gegen den Schiffseigner oder den Ausrüster geltend gemacht, ist dieser Anspruch vor den Arbeitsgerichten zu verfolgen, da es sich 3 RGZ 38, 63. 4 RGZ 38, 63. 5 RGZ 33, 72; 40, 51.
578
§105
Pfandrecht für Kapital, Zinsen und Kosten
nach §2 Abs. 1 N r . 3a A r b G G um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis handelt. Wird ein dritter Frachtführer in Anspruch genommen, besteht kein unmittelbarer Anspruch gegen den Dritten aus dem Arbeitsverhältnis. Es sind deshalb die ordentlichen Gerichte zuständig.
4. Die Beweislast Der Schiffsgläubiger muß im Bestreitensfalle die Entstehung des Schiffsgläubi- 1 0 gerrechts nach Grund und Höhe sowie die Höhe der Bruttofracht beweisen. Macht ein Besatzungsmitglied ein Pfandrecht nach Maßgabe des § 104 Abs. 2 geltend, trägt es ebenfalls die Beweislast für das Entstehen des Schiffsgläubigerrechts nach Grund und Höhe. Es muß ferner die Reisen, an denen es teilgenommen hat und die auf diesen Reisen erwachsenen Frachtforderungen nachweisen.
§105 Das einem Schiffsgläubiger zustehende Pfandrecht gilt in gleichem Maße für Kapital, Zinsen und Kosten. Übersicht 1. Allgemeines 2. Haupt- und Nebenforderungen
. .
Rdn. 1-2 3-5
3. Die Rangordnung . . . 4. Die persönliche Haftung
Rdn. 6 7
1. Allgemeines a) Die Regelung des Binnenschiffahrtsrechts über das Pfandrecht für Haupt- 1 und Nebenforderungen weicht von der seerechtlichen Regelung ab. Im Seerecht findet sich eine nur teilweise dem § 105 entsprechende Vorschrift in § 755 Abs. 2 H G B . Nach dieser Vorschrift haftet das Schiff auch für die gesetzlichen Zinsen der Forderungen sowie für die Kosten der die Befriedigung aus dem Schiff bezweckenden Rechtsverfolgung. §105 entspricht der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regelung des §1210 BGB. b) Das Gesetz bringt durch die Formulierung „in gleichem Maße" zum Aus- 2 druck, daß die Haupt- und Nebenforderungen untereinander den gleichen Rang haben. Der Schiffsgläubiger kann sich mit den Nebenforderungen in gleichem Rang wie das Kapital aus dem Schiffsvermögen befriedigen. Dabei ist es gleichgültig, ob neben der Sachhaftung auch noch eine persönliche Haftung des Schuldners besteht.
579
§105
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
2. Haupt- und Nebenforderungen 3
a) Kapital im Sinne des §105 ist der Betrag der Schiffsgläubigerforderung (§ 102), der dem Pfandrecht zugrunde liegt und die Sachhaftung begründet. Der Kapitalbetrag muß sich nach § 103 Abs. 3 aus einem auf Duldung der Zwangsvollstreckung lautenden Vollstreckungstitel ergeben.
4
b) Die Zinsen können sich nur aus dem in dem Vollstreckungstitel angegebenen Kapitalbetrag ergeben. Zinsen werden in einem Prozentsatz angegeben. Kapital und Zinsen können getrennt tituliert sein. Ist das Kapital getilgt, können Zinsen auch in einem Betrag tituliert sein. Zinsen im Sinne des §105 sind gesetzliche Verzugszinsen, Prozeßzinsen, vertraglich bedungene Zinsen sowie Fälligkeitszinsen aus beiderseitigen Handelsgeschäften, wenn z. B. ein Bergungs- oder Hilfsvertrag geschlossen worden ist.
5
c) Als Kosten kommen alle zur Befriedigung des Pfandrechts entstandenen Kosten in Frage, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Darunter fallen Aufwendungen zur Geltendmachung des Pfandrechts, die Kosten der Rechtsverfolgung und der Zwangsvollstreckung sowie die Kosten eines zur Sicherung des Pfandrechts ausgebrachten Arrestes. Kosten, die durch die Geltendmachung eines persönlichen Anspruchs entstanden sind, fallen nicht unter §105'.
3. Die Rangordnung 6
Das gleiche Rangverhältnis gilt nur im Verhältnis zu anderen Schiffsgläubigern. Für die Verteilung des Steigererlöses gelten für das Kapital, die Zinsen und die Kosten die §§ 162, 12 ZVO. Danach hat jeder Schiffsgläubiger Anspruch aus dem Steigererlös in folgender Rangfolge: zunächst sind die Kosten, dann die Zinsen und in letzter Linie das Kapital zu bedienen. Diese Rangfolge gilt selbstverständlich auch dann, wenn die Haupt- und Nebenforderungen verschiedener Schiffsgläubiger befriedigt werden müssen. Dabei geht der Schiffsgläubiger mit dem besseren Rang nachrangigen Gläubigern vor. Außerhalb der Zwangsvollstreckung gilt für die Rangfolge die allgemeine Tilgungsregelung des § 367 B G B .
4. Die persönliche Haftung 7
Ob neben der dinglichen Haftung eine persönliche Haftung besteht, ist der Natur des jeweiligen Anspruchs zu entnehmen. Aus § 105 folgt keine Beschränkung des Schiffsgläubigers auf die dingliche Haftung. Durch das Prozeßrechtsverhältnis wird ein besonderer Verpflichtungsgrund geschaffen, für einen begründeten Anspruch persönlich haftend Prozeßzinsen zu 1 O L G Hamburg VerR 1960, 412.
580
§106
Rangordnung der Forderungen
zahlen (§291 B G B ) und je nach dem Unterliegen nach den §§ 91 ff. Z P O für die Kosten des Rechtsstreits auch persönlich einzustehen, weil der Schuldner verpflichtet ist, berechtigte Ansprüche des Schiffsgläubigers sofort und vorbehaltlos zu befriedigen.
§106 (1) Von den in § 102 unter Nummer 1 bis 5 aufgeführten Forderungen gehen die eine spätere Frachtfahrt betreffenden denjenigen vor, welche eine frühere Frachtfahrt betreffen. Zu den die letzte Frachtfahrt betreffenden Forderungen werden auch diejenigen gerechnet, welche nach Beendigung dieser Frachtfahrt entstanden sind. (2) Für die in § 102 unter Nummer 2 aufgeführten Forderungen der Schiffsbesatzung bestimmt sich das Vorzugsrecht nach der letzten Frachtfahrt, welche unter den Dienstvertrag fällt, aus dem die Forderungen entstanden sind. Übersicht Rdn. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines Die Rangfolge Forderungen der Schiffsbesatzung Der Begriff der Frachtfahrt
1 2-3 4 5
Rdn. 5. Forderungen nach Beendigung der Frachtfahrt 6. Die Beweislast
6 7
1. Allgemeines Die Regelung der §§ 106, 107 über die Rangfolge der Schiffsgläubiger aus 1 derselben und verschiedenen Fahrten entspricht nicht mehr der seerechtlichen, die sich heute in den §§ 763, 764 H G B findet. Für die gleichartigen Schiffsgläubigerrechte nach § 754 Abs. 1 Nr. 1-3, 5, die auf verschiedenen Reisen entstanden sind, besteht kein Rangverhältnis mehr. Es wird nicht mehr auf die einzelne Reise abgestellt. Im übrigen gilt die Nummernfolge des § 754 H G B . Nach § 763 Abs. 2 gehen Schiffsgläubigerrechte aus Personenschäden (§ 754 Abs. 1 Nr. 3 H G B ) den Schiffsgläubigerrechten aus Sachschäden vor. Im Falle von Bergungsund Hilfskosten, Beiträgen des Schiffs zur großen Haverei und von Forderungen aus der Wrackbeseitigung geht die später entstandene Forderung der früheren Forderung vor. Pfandrechte wegen gleichzeitig entstandener Forderungen der genannten Art sind gleichberechtigt. Davon weicht das Binnenschiffahrtsrecht ab.
581
§106
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
2. Die Rangfolge 2
a) Im Binnenschiffahrtsrecht gilt für die Rangfolge aus verschiedenen Fahrten der G r u n d s a t z der Posteriorität. Forderungen aus späteren Reisen gehen den aus früheren Reisen entstandenen Forderungen im Range vor. Dabei ist der Gesetzgeber von der Erwägung ausgegangen, daß es sich durchweg um Forderungen aus nützlichen Verwendungen handelt und das Schiff fahrbereit gehalten werden muß. Auch sollen die Schiffsgläubiger angehalten werden, ihr Pfandrechte alsbald nach dem Abschluß der Reise geltend zu machen. Denn das Schiffsgläubigerrecht dient nicht dazu, den Gläubigern auf unbeschränkte Zeit Sicherheit zu bieten 1 . Im Seerecht erlischt heute nach § 759 H G B das Pfandrecht nach Ablauf eines Jahres seit der Entstehung der Forderung. Diese zeitliche Geltung kennt das Binnenschiffahrtsrecht vorerst noch nicht.
3
b) § 106 bezieht sich nur auf die in § 102 N r . 1-5 genannten Forderungen. Im übrigen bilden die Schiffsgläubiger einer jeden Reise eine Gruppe für sich. Die in § 102 N r . 6 genannten Forderungen nehmen gegenüber den Forderungen aus § 102 N r . 1 - 5 eine nachrangige Stellung ein, wie sich aus § 108 ergibt. Die dort bezeichneten Forderungen gehen allen übrigen Forderungen der Schiffsgläubiger ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer Entstehung im Range nach.
3. Forderungen der Schiffsbesatzung 4
Schiffsgläubigerrechte der Schiffsbesatzung aus §102 N r . 2 haben nach §106 Abs. 2 Rang nach der letzten Frachtfahrt, die unter den Dienstvertrag fällt, aus dem die Forderung entstanden ist. Unerheblich ist es, ob das Besatzungsmitglied schon früher seinen Arbeitslohn hätte geltend machen können 2 .
4. Der Begriff der Frachtfahrt 5
Der in § 106 Abs. 1 Satz 2 verwendete Begriff der Frachtfahrt entspricht dem des § 104 Abs. 3. 3 Auch wenn in § 106 § 104 Abs. 3 nicht bezogen ist, kann nicht angenommen werden, daß der Begriff hier einen abweichenden Inhalt hat. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.
5. Forderungen nach Beendigung der Frachtfahrt 6
In § 106 Abs. 1 Satz 2 bestimmt das Gesetz ausdrücklich, daß zu den die letzte Frachtfahrt betreffenden Forderungen auch diejenigen zu rechnen sind, die nach der Beendigung der Frachtfahrt entstanden sind.
1 Begr. S. 121. 2 R G Z 20, 188. 3 Vgl. dazu die dortigen Erläuterungen.
582
Rangordnung der Forderungen, dieselbe Frachtfahrt betreffend
§ 107
6. Die Beweislast Im Streitfalle hat der Kläger den R a n g seiner Forderung durch den Zeitpunkt 7 der Frachtfahrt zu beweisen.
§107 (1) D i e R a n g o r d n u n g der F o r d e r u n g e n , welche dieselbe F r a c h t f a h r t betreffen o d e r als dieselbe F r a c h t f a h r t betreffend a n z u s e h e n sind (§ 106), bes t i m m t sich d u r c h die N u m m e r n f o l g e , in welcher die F o r d e r u n g e n in § 102 a u f g e f ü h r t sind. (2) Von den u n t e r N u m m e r 1 , 2 , 4 u n d 5 bezeichneten F o r d e r u n g e n h a b e n die u n t e r derselben N u m m e r a u f g e f ü h r t e n den gleichen R a n g o h n e R ü c k sicht auf die Zeit ihrer E n t s t e h u n g . (3) Von den u n t e r N u m m e r 3 bezeichneten F o r d e r u n g e n geht die später e n t s t a n d e n e der f r ü h e r e n t s t a n d e n e n v o r ; die gleichzeitig e n t s t a n d e n e n sind gleichberechtigt. F o r d e r u n g e n , welche a u s A n l a ß eines u n d desselben N o t f a l les e n t s t a n d e n sind, gelten als gleichzeitig e n t s t a n d e n .
Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. D a s Rangverhältnis 3. Schiffsgläubigerrechte für die in § 102 N r . 3 bezeichneten Forderungen
Rdn. 4. Schiffsgläubigerrechte der Schiffsbesatzung 5. Die Beweislast
4 5
1. Allgemeines § 1 0 7 hat heute eine Parallele in § 7 6 2 A b s . 1 H G B . N a c h dieser Vorschrift 1 richtet sich im Seerecht die Rangordnung der Pfandrechte der Schiffsgläubiger derselben Reise nach der Reihenfolge der N u m m e r n in § 754 H G B .
2. Das Rangverhältnis Im Binnenschiffahrtsrecht werden die R a n g v e r h ä l t n i s s e der S c h i f f s g l ä u b i - 2 ger, die die gleiche Fahrt betreffen, nach ihrer N a t u r und Bedeutung bestimmt. N a c h § 107 A b s . 1 ist für die Rangfolge die N u m m e r n f o l g e des § 102 N r . 1 bis 6 maßgebend. Mehrere Schiffsgläubigerrechte für Forderungen der in den N r . 1, 2, 4, und 5 bezeichneten Art, die auf derselben Fahrt entstanden sind, haben untereinander den gleichen R a n g ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Entstehung.
583
§108
7. A b s c h n i t t . S c h i f f s g l ä u b i g e r
3. S c h i f f s g l ä u b i g e r r e c h t e f ü r die in § 102 N r . 3 bezeichneten Forderungen 3
4
5
Bei Forderungen der in § 102 Nr. 3 bezeichneten Art ist der Zeitpunkt der Entstehung nach dem Posterioritätsprinzip maßgebend, d. h. die später entstandene Forderung geht der früher entstandenen Forderung im Rang vor. Nur die gleichzeitig entstandenen Forderungen dieser Kategorie sind untereinander gleichberechtigt. Forderungen, die aus Anlaß eines und desselben Notfalles entstanden sind, gelten nach § 107 Abs. 3 Satz 2 als gleichzeitig entstanden. 4. S c h i f f s g l ä u b i g e r r e c h t e der S c h i f f s b e s a t z u n g Aus der Verweisung des § 107 Abs. 1 auf § 106 folgt, daß Lohn- und Gehaltsforderungen der Schiffsbesatzung aus mehreren unter den Dienstvertrag fallenden Fahrten (§ 106 Abs. 2) sowie die nach Beendigung der letzten Frachtfahrt entstandenen Forderungen (§ 106 Abs. 1 Satz 2) als auf derselben Fahrt entstanden gelten und die Forderungen aus allen diesen Fahrten einen Rang nach Maßgabe des Rangverhältnisses der letzten Frachtreise, das unter das Dienstverhältnis fiel, im Rahmen der Nummernfolge des § 102 haben. 5. D i e Beweislast Im Rechtsstreit muß der Kläger im Bestreitensfalle sein Schiffsgläubigerrecht nach Grund und Höhe und alle für die Beurteilung des Rangverhältnisses wesentlichen Tatsachen beweisen.
§108 Die in § 102 unter Nummer 6 bezeichneten Forderungen stehen allen übrigen Forderungen von Schiffsgläubigern, ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer Entstehung, nach. Übersicht 1. Allgemeines 2. Mehrere gleichartige Forderungen
Rdn. 1 2
3. Die Beweislast
Rdn. 3
1. Allgemeines §108 entspricht der seerechtlichen Regelung. Die in §754 H G B aufgestellte Nummernfolge ist für den Rang der Schiffsgläubigerrechte im Seerecht ganz allgemein bestimmend (§ 762 Abs. 1 HGB). Für Schiffsgläubigerrechte wegen Forderungen der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung gegen den Reeder (§ 754 Nr. 5 H G B ) gilt nach § 763 Abs. 1 H G B der Grundsatz, 584
Vorrang der Forderungen aus § 102 Nummern 4 bis 6
§109
daß für den Rang eines Pfandrechts nicht mehr auf die einzelne Reise abgestellt wird, sondern die Forderungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Entstehung ihren Rang erwerben. Auch im Binnenschiffahrtsrecht sollen Schiffsgläubigerrechte wegen Forderungen der in § 102 N r . 6 bezeichneten Art allen übrigen Schiffsgläubigerrechten nachgehen, da sie keinerlei Beziehungen zu der einzelnen Frachtfahrt haben 1 . Auch früher entstandene Pfandrechte an Schiff und Fracht gehen diesen Schiffsgläubigerrollen vor (§ 109 Abs. 1).
2. Mehrere gleichartige Forderungen Das Gesetz enthält keine Regelung des Falles, daß mehrere Forderungen der in 2 § 1 0 2 N r . 6 bezeichneten Art geltend gemacht werden. Es finden daher für diese Schiffsgläubigerrechte untereinander die Regeln der §§ 1209, 1257 B G B Anwendung, wonach sich der Rang nach der Zeit der Entstehung richtet. Das ältere Recht hat Vorrang vor dem jüngeren Recht.
3. Die Beweislast Im Streitfall müssen die öffentlichen Versicherungsträger ihre Schiffsgläubi- 3 gerrechte nach Grund, Höhe und Zeitpunkt der Entstehung beweisen. Hierfür reicht der Beweis durch öffentliche Urkunden aus.
§109 (1) Das Pfandrecht des Schiffsgläubigers hat den Vorrang vor den sonstigen Pfandrechten an Schiff und Fracht, für die in § 102 unter N u m m e r 4 bis 6 aufgeführten Forderungen jedoch hinsichtlich des Schiffes nur insoweit, als jene Pfandrechte nicht früher entstanden sind. (2) Solange hiernach die sonstigen Pfandrechte an dem Schiffe der Forderung eines Schiffsgläubigers vorgehen, haben sie zugleich den Vorrang vor den dieser Forderung nachstehenden Forderungen anderer Schiffsgläubiger. (3) Erleidet ein Schiffsgläubiger, welchem der Schiffseigner nur mit Schiff und F r a c h t haftet, dadurch einen Ausfall an seiner Forderung, daß seinem Pfandrecht an dem Schiffe das Pfandrecht eines Gläubigers vorgeht, der nicht Schiffsgläubiger ist, so wird der Schiffseigner in Höhe dieses Ausfalles persönlich verpflichtet. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines
1
Rdn. 2. Der unbedingte Vorrang der Schiffsgläubigerrechte an der Fracht
2
1 Begr. S. 121. 585
§109 3. D e r unbedingte Vorrang der Schiffsgläubigerrechte an dem Schiff nebst Zubehör 4. D e r Vorrang von Schiffsgläubigerrechten aus § 102 N r . 4 - 6
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
3 4
5. D i e Gesamtregelung 6. Früher entstandene Pfandrechte . . 7. D e r Ausgleich eines Ausfalls des Schiffsgläubigers durch den Vorrang sonstiger Pfandrechte 8. Die Beweislast
3-6 7
8 9
1. Allgemeines 1
Die Regelung des Binnenschiffahrtsrechts weicht von der seerechtlichen Regelung ab. Im Seerecht haben nach § 761 H G B die Schiffsgläubiger Vorrang vor allen übrigen Pfandrechten an dem Schiff. Das Binnenschiffahrtsrecht billigt den Schiffgläubigern keine so weitgehende Vorrangstellung zu. Das Binnenschifffahrtsgesetz hat sich für eine Zwischenlösung entschieden. Soweit kein Vorrang des Schiffsgläubigers besteht, sind ältere Pfandrechte anderer Art zu berücksichtigen. Dabei ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 1209, 1257 B G B für das Rangverhältnis der Pfandrechte die Zeit der Entstehung maßgebend. Das ältere Recht geht dem jüngeren Recht vor.
2. Der unbedingte Vorrang der Schiffsgläubiger an der Fracht 2
Nach § 109 Abs. 1 haben sämtliche Schiffsgläubigerrechte aus § 102 N r . 1 bis 6 einen unbedingten Vorrang an der Fracht. Dieser Vorrang gilt für das Kapital, die Zinsen und die Kosten (§ 105). Es ist ohne Bedeutung, ob die sonstigen nachgehenden Pfandrechte auf Vertrag, Gesetz, einem dinglichen Arrest oder auf einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme beruhen. Auch kommt es nicht darauf an, ob die sonstigen Pfandrechte früher entstanden sind. Das Schiffsgläubigerrecht behält seinen Vorrang auch im Falle einer Abtret u n g der F r a c h t f o r d e r u n g (§ 112 Abs. 1 Satz 2) und ist solange wirksam, als die Fracht noch aussteht oder die Frachtgelder noch in Händen des Schiffsführers sind (§112 Abs. 1 Satz 1). Unerheblich ist, ob der Erwerber eines nicht bevorrechtigten Pfandrechts hinsichtlich des Schiffsgläubigerrechts gutgläubig war, weil der Vorrang ein unbedingter ist.
3. Der unbedingte Vorrang des Schiffsgläubigers an dem Schiff nebst Zubehör 3
An dem sonstigen Schiffsvermögen (Schiff nebst Zubehör) haben nur die Schiffsgläubiger der in § 102 N r . 1 bis 3 genannten Forderungen Vorrang vor sonstigen Pfandrechten an dem Schiff nebst Zubehör. Das Gesetz hat diesen Vorrang mit Rücksicht auf die Person der Gläubiger oder aus dem Gesichtspunkt der nützlichen Verwendung, die auch im Verhältnis zu älteren Pfandrechten jeder Art durchgreift, als geboten erachtet 1 . 1 Begr. S. 122.
586
Vorrang der Forderungen aus § 102 Nummern 4 bis 6
§109
Die Schiffsgläubigerrechte aus §102 Nr. 1 bis 3 gehen allen Pfandgläubigern und auch den Schiffsgläubigern aus § 102 Nr. 4 bis 6 im Rang vor, gleichgültig, ob die Pfandrechte auf Vertrag, Gesetz, einem dinglichen Arrest oder auf einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme beruhen. Der Vorrang gilt auch gegenüber einem Unternehmerpfandrecht aus §647 BGB. Dem bevorrechtigten Schiffsgläubiger kann auch ein sonstiges Recht an dem Schiff, z. B. ein Zurückbehaltungsrecht (§§97 Abs. 1 Satz 2 BSchG, 273, 647, 1000 B G B ) nicht wirksam entgegengehalten werden; denn das Schiffsgläubigerrecht geht allen Berechtigten nach § 109 Abs. 1 unbedingt vor und ist gegen jeden dritten Besitzer verfolgbar.
4. Der Vorrang von Schiffsgläubigerrechten aus § 102 Nr. 4 bis 6 Die in § 102 Nr. 4 bis 6 genannten Schiffsgläubigerrechte gehen nach den 4 Regeln des bürgerlichen Rechts anderen Pfandrechten nur insoweit vor, als diese Pfandrechte nicht früher entstanden sind. Diese Abweichung vom Seerecht beruht auf der Erwägung, daß die Forderungen aus § 102 Nr. 4 bis 6 unter Umständen einen im Verhältnis zum Schiffswert sehr erheblichen Betrag erreichen können, so daß der Schiffseigner kaum noch die Möglichkeit hätte, sich fehlende Betriebsmittel mittels einer Verpfändung zu verschaffen, wenn auch diesen weiteren Schiffsgläubigerforderungen ein unbedingtes Vorrecht vor allen sonstigen Pfandrechten an dem Schiff eingeräumt würde2.
5. Die Gesamtregelung a) Für die Pfandrechte der Schiffsgläubiger und der sonstigen Berechtigten an 5 dem Schiff nebst Zubehör ergeben sich insgesamt folgende Regeln für die Rangordnung: Es sind zunächst die Schiffsgläubigerforderungen des §102 Nr. 1 bis 3 zu berücksichtigen. Die Rangfolge dieser Forderungen untereinander unterliegt den Grundsätzen der §§ 106, 107. In zweiter Linie sind die vor den Schiffsgläubigerrechten aus § 102 Nr. 4 bis 6 entstandenen sonstigen Pfandrechte einschließlich der im Schiffsregister eingetragenen Schiffspfandrechte zu befriedigen. Nunmehr folgen die Schiffsgläubigerrechte aus § 102 Nr. 4 bis 6. Schließlich folgen die später entstandenen sonstigen Pfandrechte. b) Die Rangordnung der Pfandrechte untereinander richtet sich bei den 6 Schiffsgläubigerrechten nach den §§ 106 bis 108 und bei sonstigen Pfandrechten nach den §§ 1209, 1257 B G B . Bei diesen sonstigen Pfandrechten ist daher der Zeitpunkt der Entstehung maßgebend für den Rang. Die genannte Rangordnung ist auch nach §§ 162, 105 ff. ZVG bei der Zwangsversteigerung eines im Schiffsregister eingetragenen Binnenschiffs maßgebend, jedoch werden vorab aus dem Steigererlös die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens berichtigt. 2 Begr. S. 122.
587
§109
7. A b s c h n i t t . S c h i f f s g l ä u b i g e r
6. Früher entstandene Pfandrechte 7
Aus der Rangordnung der §§ 106, 107 könnten insoweit sich Zweifel ergeben, als § 106 bei verschiedenen Frachtfahrten von dem Posterioritätsprinzip ausgeht und bei derselben Fahrt aber nach § 107 die Nummernfolge für den Rang entscheidend ist. Falls ein älteres sonstiges Pfandrecht einem jüngeren Schiffsgläubigerrecht vorgeht, könnte es zweifelhaft sein, welchen Rang ein älteres Schiffsgläubigerrecht hat, das nach schiffahrtsrechtlichen Grundsätzen dem jüngeren Schiffsgläubigerrecht nachsteht, weil es z. B. eine ältere Frachtfahrt betrifft. Diese Zweifel werden durch §109 Abs. 2 geklärt. Zugunsten sonstiger Pfandgläubiger bestimmt das Gesetz, daß die sonstigen Pfandgläubiger Vorrang vor denen dieser Forderung nachstehenden Forderungen der Schiffsgläubiger haben. Diese Regelung beruht auf der Erwägung, daß der nachrangige Schiffsgläubiger nicht benachteiligt wird, weil er, auch wenn das fragliche Pfandrecht nicht vorhanden wäre, gegenüber der späteren Forderung des zweiten Schiffsgläubigerrechts zurückstehen müßte 3 .
7. Der Ausgleich eines Ausfalls des Schiffsgläubigers durch den Vorrang sonstiger Pfandrechte 8
Ein Schiffsgläubiger, der durch den Vorrang eines sonstigen Pfandrechts (§ 109 Abs. 2) einen Ausfall an seiner Forderung erleidet, wird nach § 109 Abs. 3 durch eine persönliche Verpflichtung des Schiffseigners in H ö h e dieses Ausfalls entschädigt. Diese Vorschrift beruht auf der Erwägung, daß in der Belastung des Schiffes mit sonstigen Pfandrechten, die nicht einem sonstigen Schiffsgläubiger zustehen, eine Bereicherung des sonstigen Vermögens des Schiffseigners zum Nachteil des Schiffsvermögens und der Schiffsgläubiger zu sehen ist 4 . Die persönliche Verpflichtung entsteht mit dem Eintritt des Ausfalles. Der Anspruch des geschädigten Schiffsgläubigers wird gegenüber dem Schiffseigner begründet, der im Zeitpunkt des Ausfalls diese Rechtsposition inne hat. Hat der Schiffsgläubiger neben seinem dinglichen Anspruch auch eine unbeschränkt persönliche Forderung, entsteht nicht zuletzt zu dieser eine weitere beschränkt persönliche Haftung aus § 109 Abs. 3; denn der Schiffseigner haftet dann nicht nur mit Schiff und Fracht, was nach § 109 Abs. 1 für die Entstehung der beschränkt persönlichen Haftung erforderlich ist. N u r dann, wenn ausschließlich eine beschränkt dingliche Haftung besteht, soll ein Ausfall ausgeglichen werden. Bei einer weiteren zusätzlichen unbeschränkt persönlichen Haftung besteht für eine solche Regelung keine Notwendigkeit.
3 B e g r . S. 123. 4 B e g r . S. 122.
588
Ausschließung unbekannter Schiffsgläubiger bei Schiffsveräußerung
§ 110
8. D i e Beweislast Im Bestreitensfalle muß der Kläger sein Pfandrecht bzw. das Schiffsgläubiger- 9 recht nach Grund, Höhe und dem Zeitpunkt der Entstehung nachweisen. Verlangt ein Schiffsgläubiger wegen eines Ausfalls durch Ansprüche eines vorrangigen sonstigen Pfandgläubigers Entschädigung vom Schiffseigner, hat er neben seinem Anspruch nach Grund, Höhe und außer dem Ausfall auch noch zu beweisen, daß der Beklagte im Zeitpunkt des Eintritts des Ausfalls der Schiffseigner gewesen ist.
§110 Wird außer dem Falle der Zwangsversteigerung das Schiff veräußert, so ist der Erwerber berechtigt, die Ausschließung der unbekannten Schiffsgläubiger mit ihren Pfandrechten im Wege des Aufgebotsverfahrens zu beantragen. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Zulässigkeit des Aufgebotsverfahrens 3. Die Antragsberechtigung zur Einleitung des Aufgebotsverfahrens . . 4. Die Rechtsgrundlagen des Aufgebotsverfahrens
• Rdn. 1-2 3 4
Rdn. 5. Der Ausschluß von Schiffsgläubigern 6. Die Wirkung des Ausschlußurteils 7. Das Rechtsschutzinteresse beim Aufgebotsverfahren 8. Die Beweislast
5
1. Allgemeines a) Das Seerecht kennt keine dem § 110 entsprechende Bestimmung mehr. § 765 1 HGB a. F., der dem § 110 entsprach, ist ersatzlos aufgehoben worden. Denn für eine entsprechende Vorschrift bestand keine Notwendigkeit mehr, nachdem durch § 759 HGB bestimmt worden war, daß das Schiffsgläubigerrecht durch Zeitablauf erlischt, wenn es nicht geltend gemacht wird. b) Nach den §§ 102, 103 Abs. 3 kann das für Schiffsgläubigerforderungen be- 2 stehende Pfandrecht gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes geltend gemacht werden. Das Pfandrecht erlischt weder durch freiwillige oder unfreiwillige Veräußerung des Schiffes, abgesehen von dem Fall der gerichtlichen Zwangsversteigerung (§ 110). Unter diesen Umständen kann der Erwerber ein Interesse daran haben, Kenntnis von der Belastung seines Schiffes mit Schiffsgläubigerrechten zu erhalten und seine dingliche Haftung mit dem Schiff gegenüber unbekannten Schiffsgläubigerrechten auszuschließen. Er kann auch ein Interesse daran haben, die Forderungen von Schiffsgläubigern zu bezahlen und Regreß gegenüber dem Verkäufer aus einer Rechtsmängelhaftung (§ 440 BGB) zu nehmen. Deshalb hat § 110 dem Erwerber das Recht eingeräumt, die Ausschließung unbekannter 589
§110
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
Schiffsgläubiger mit ihren Pfandrechten im Wege des Aufgebotsverfahrens zu beantragen.
2. Die Zulässigkeit des Aufgebotsverfahrens 3
Ein Aufgebotsverfahren im Sinne des § 110 ist in allen Fällen der Veräußerung des Schiffes zulässig, soweit es sich nicht um die gerichtliche Zwangsvollstreckung eines im Schiffsregister eingetragenen Schiffes nach den §§162 ff. Z V G handelt. Hierunter fällt jede freiwillige oder unfreiwillige Veräußerung sowie der Pfandverkauf eines nicht registrierten Schiffes.
3. Die Antragsberechtigung zur Einleitung des Aufgebotsverfahrens 4
Antragsberechtigt ist nur der Erwerber. Erwerber ist, wer das Eigentum an dem Schiff nach den §§ 929 ff. B G B von einem Dritten erworben hat. Berechtigt ist weder der bisherige noch ein früherer Eigentümer des Schiffes. Ein Eigentümer, der sein Schiff veräußern will, ist aufgrund dieser Tatsache nicht antragsberechtigt, denn ein solcher Eigentümer soll nicht in die Lage versetzt werden, durch einen beliebigen Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens die Rechte der Schiffsgläubiger zu gefährden 1 . Die Antragsberechtigung endet, wenn der Erwerber das Schiff wieder zu einer Reise aussendet, weil er damit eine Verfügung über das Schiff als Eigentümer trifft. Auf dieser ersten Reise können bereits Schiffsgläubigerrechte entstehen.
4. Die Rechtsgrundlagen des Aufgebotsverfahrens 5
Das Aufgebotsverfahren ist in den §§ 1002, 946 ff. Z P O gesetzlich geregelt. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Heimathafen oder der Heimatort des Schiffes befindet (§ 1002 Abs. 2 ZPO). Unterliegt das Schiff der Eintragung, kann der Antrag erst nach der Eintragung der Veräußerung im Schiffsregister gestellt werden. Der Antragsteller hat die ihm bekannten Forderungen von Schiffsgläubigern anzugeben. Die Aufgebotsfrist muß mindestens 3 Monate betragen. Das Aufgebot wird öffentlich bekanntgegeben (§948 Z P O ) . Das Gericht erläßt dann ein Ausschlußurteil, gegen das es kein Rechtsmittel gibt (§ 957 Abs. 1 Z P O ) . Jedoch kann das Ausschlußurteil unter den Voraussetzungen des § 957 Abs. 2 Z P O bei dem Landgericht angefochten werden, in dessen Bezirk das Aufgebotsgericht seinen Sitz hat.
1 Begr. S. 124.
590
Ausschließung unbekannter Schiffsgläubiger bei Schiffsveräußerung
§110
5. Der Ausschluß von Schiffsgläubigern D e r Erwerber kann nur den Ausschluß von unbekannten Schiffsgläubigern 6 beantragen. Die ihm bekannten Schiffsgläubiger muß er in seinem Antrag nach § 1002 Abs. 4 Z P O dem Gericht benennen. Ebenso hat er später ihm mitgeteilte Rechte Dritter dem Gericht bekanntzugeben. Unterläßt der Erwerber die Mitteilung von Schiffsgläubigerrechten, ist die Rechtslage zweifelhaft. Das R G hat früher angenommen, alle Schiffsgläubigerrechte blieben bestehen, die bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils bekannt gewesen seien, sei es auch, daß sie sich bei dem Erwerber oder im gerichtlichen Aufgebotsverfahren gemeldet hätten 2 . Wäre diese Ansicht zutreffend, würde eine Unsicherheit in den Rechtsverkehr getragen, weil sich ein Dritter, dem vom Erwerber das Schiff zu Eigentum weiterübertragen worden ist, nicht auf das Ausschlußurteil verlassen könnte. Man wird deshalb annehmen müssen, daß es dem Schiffsgläubiger selbst überlassen werden muß, seine Rechte geltend zu machen. E r kann von der Möglichkeit einer Anfechtung des Ausschlußurteils nach § 9 5 7 Z P O Gebrauch machen. Bei Kenntnis des Erwerbers von dem Schiffsgläubigerrecht dürften regelmäßig die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Restitutionsklage wegen einer Straftat stattfindet ( § 9 5 7 Abs. 2 N r . 6 Z P O ) . Bei einer vom Gericht übergangenen Anmeldung greift § 957 Abs. 2 N r . 6 Z P O durch.
6. Die Wirkung des Ausschlußurteils Durch das Ausschlußurteil werden unbekannte Schiffsgläubiger, die ihre 7 Rechte nicht angemeldet haben, mit ihren Rechten ausgeschlossen. Der Ausschluß wirkt nur gegenüber dem Erwerber. Die Ansprüche der ausgeschlossenen Schiffsgläubiger gegenüber dem Veräußerer werden durch das Ausschlußurteil nicht berührt. Der Veräußerer haftet den ausgeschlossenen Schiffsgläubigern nach § 113 beschränkt persönlich. Denn er hat durch die Einziehung des Kaufpreises für das Schiff sein Vermögen zum Nachteil der Schiffsgläubiger bereichert. Steht der Kaufpreis noch aus oder befindet sich der Veräußerer noch im Besitz des Schiffes, so steht den Schiffsgläubigern an dem Kaufpreis und an dem Schiff ein Pfandrecht gemäß §§ 113, 114 zu. Daneben können den Schiffsgläubigern noch konkurrierende Rechte aus den §§ 823, 826, 249 B G B zustehen.
7. Das Rechtsschutzinteresse beim Aufgebotsverfahren Ein Erwerber hat kein Rechtsschutzinteresse an einem Aufgebotsverfahren, 8 wenn die gerichtliche Zwangsversteigerung eines im Schiffsregister eingetragenen Binnenschiffs angeordnet ist. Denn nach § 9 1 Z V G erlöschen durch den 2 R G Z 20, 218.
591
§111
7. A b s c h n i t t . Schiffsgläubiger
Zuschlag alle in einem solchen Verfahren nicht zu berücksichtigenden Lasten einschließlich der Schiffsgläubigerrechte. Die öffentliche Versteigerung nicht registrierter Schiffe hat nicht das Erlöschen der Schiffsgläubigerrechte zur Folge. Die §§ 935 Abs. 2, 936 Abs. 1 und 2, 1242 B G B werden durch die §§102, 103 Abs. 2, 110 verdrängt und sind daher nicht anwendbar. 8. Die Beweislast 9
Der Schiffsgläubiger hat im Aufgebotsverfahren seine Rechte anzumelden und zu beweisen. Im Anfechtungsprozeß nach § 957 Abs. 2 Nr. 5 Z P O hat der Schiffsgläubiger die rechtzeitige Anmeldung zu beweisen. Im Falle der Anfechtung nach § 957 Abs. 2 Nr. 6 Z P O hat der Schiffsgläubiger die volle Beweislast für den Anfechtungstatbestand. Will ein Erwerber wegen der Rechte bisher unbekannter Schiffsgläubiger gegen den Veräußerer Regreß aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Rechtsmängelhaftung (§ 440 B G B ) geltend machen, trägt er für diese Rechte gegenüber dem Veräußerer nach § 442 B G B die Beweislast.
§111 Die Vorschrift des §110 findet keine Anwendung, wenn nur der Anteil eines Miteigentümers des Schiffes den Gegenstand der Veräußerung bildet. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Die Begrenzung des Ausschlusses unbekannter S c h i f f s g l ä u b i g e r . . . .
1
Rdn. 3. Die rechtliche Schiffsparts
Behandlung
des 4—6
2-3
1. Allgemeines 1
Das Seerecht kennt keine § 111 entsprechende Bestimmung. Dort kann kein Schiffsgläubiger im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinen Rechten ausgeschlossen werden. Nach § 759 H G B erlischt das Schiffsgläubigerrecht nach Ablauf eines Jahres, wenn es nicht geltend gemacht wird. Durch § 111 berücksichtigt der Gesetzgeber, daß das Schiffsgläubigerrecht nicht an einem Schiffspart, sondern an dem gesamten Schiff nebst Zubehör entsteht, so daß die Veräußerung eines solchen Schiffsanteils keine Einwirkungen auf den Fortbestand der Schiffsgläubigerrechte haben kann. Das Schiffsgläubigerrecht bleibt bei Veräußerung eines Miteigentümeranteils erhalten. Im Seerecht ist die Partenreederei durch die §§489 ff. H G B besonders geregelt. 592
Pfandrecht an der Fracht
§112
2. D i e B e g r e n z u n g des A u s s c h l u s s e s u n b e k a n n t e r S c h i f f s g l ä u b i g e r a) Wird nur ein Anteil eines Miteigentümers des Schiffes, ein S c h i f f s p a r t , 2 veräußert, ist ein Aufgebotsverfahren zur Ausschließung unbekannter Schiffsgläubiger nach dem Wortlaut des § 111 unzulässig. D e r G r u n d für diese gesetzliche Regelung liegt in dem Fortbestand der Schiffsgläubigerrechte bei einer solchen Veräußerung. D i e Veräußerung eines Schiffsparts berührt Schiffsgläubigerrechte am gesamten Schiffsvermögen nicht. b) § 111 gilt sowohl bei einer freiwilligen als auch bei einer unfreiwilligen 3 Veräußerung des S c h i f f s p a r t s . A u c h bei einer unfreiwilligen Veräußerung des Schiffsparts, selbst bei einer Veräußerung des Schiffsparts im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 858 Z P O bleiben die Schiffsgläubigerrechte bestehen. 3. D i e r e c h t l i c h e B e h a n d l u n g des S c h i f f s p a r t s a) D a s Binnenschiffahrtsgesetz regelt den Schiffspart nicht gesondert. E s gel- 4 ten die allgemeinen Bestimmungen. b) D e r E r w e r b des E i g e n t u m s a n einem S c h i f f s p a r t erfolgt nach den §§ 1008, 5 929 ff. B G B durch Einigung und U b e r g a b e , die in der Einräumung des Mitbesitzes besteht. D i e Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft erfolgt nach den §§ 753 ff. B G B und bei registrierten Schiffen nach den §§ 180-184 Z V G im Wege der Zwangsversteigerung. Auf die V e r p f ä n d u n g eines S c h i f f s p a r t s an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiff finden nach § 1272 B G B die Vorschriften über die Verpfändung eingetragener Schiffe Anwendung. D i e Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g in einem S c h i f f s p a r t erfolgt nach §§ 857, 828 ff. Z P O und bei registrierten Schiffen nach § 1272 B G B i. V. m. § 8 5 8 Z P O . Ein A r r e s t wird nach § 930 Z P O vollzogen. c) Eine Besonderheit gilt bei unfreiwilliger V e r ä u ß e r u n g eines S c h i f f s p a r t s 6 an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiff im Wege des Verkaufs nach § 8 5 8 Z P O . D e r Veräußerungserlös wird in diesem Fall aufgrund einer A n o r d nung des Vollstreckungsgerichts hinterlegt (§ 858 A b s . 5 Z P O ) . Daran schließt sich ein V e r t e i l u n g s v e r f a h r e n mit einem Teilungsplan an, in dem nur die Pfandrechte berücksichtigt werden, die im Schiffsregister an dem zu veräußernden Schiffspart eingetragen sind (§1272 B G B ) . In den Teilungsplan werden also keine Pfandrechte eingetragen, die das ganze Schiff betreffen, insbesondere also nicht die aus dem Schiffsregister nicht ersichtlichen Schiffsgläubigerrechte.
§112 (1) D a s P f a n d r e c h t der S c h i f f s g l ä u b i g e r an der F r a c h t ist so l a n g e w i r k s a m , als die F r a c h t n o c h a u s s t e h t oder die F r a c h t g e l d e r in den H ä n d e n des Schiffers sind. Dies gilt a u c h i m Falle einer A b t r e t u n g der F r a c h t f o r d e r u n g . 593
§112
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
(2) Insoweit der Schiffseigner die Fracht eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, welchen dadurch das Pfand ganz oder zum Teil entgeht, persönlich, und zwar einem jeden in Höhe desjenigen Betrages, welcher für denselben bei Verteilung des eingezogenen Betrages nach der gesetzlichen Rangordnung sich ergibt. (3) Dieselbe persönliche Haftung des Schiffseigners tritt ein in Ansehung der am Abladungsorte zur Abladungszeit üblichen Fracht für Güter, welche für seine Rechnung abgeladen sind. (4) H a t der Schiffseigner die Fracht zur Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger, welchen ein Pfandrecht an derselben zustand, verwendet, so ist er den Gläubigern, welchen der Vorzug gebührt hätte, nur insoweit verantwortlich, als erwiesen wird, daß er dieselben wissentlich verkürzt hat. Übersiebt 1. Allgemeines 2. Die Dauer des Pfandrechts 3. Die Rechtspflichten des Schiffsführers 4. Die Befriedigung aus der Fracht . . 5. Die Rechtsfolgen beim Einzug der Frachtforderung
Rdn. 1 2-3 4 5-6
6. Die beschränkt persönliche Haftung bei der Abladung von Gütern auf eigene Rechnung 7. Der Schuldnerschutz bei der Verteilung der Frachtgelder 8. Die Beweislast
7
1. Allgemeines 1
Das Seerecht kennt keine § 1 1 2 entsprechende Bestimmung. Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger erstreckt sich im Seerecht nur auf das Schiff nebst Zubehör (§ 755 H G B ) , nicht aber auf die Fracht. Für das Binnenschiffahrtsrecht geben die § § 1 1 2 - 1 1 5 einen weitgehenden Schutz gegen die Gefährdung des Pfandrechts.
2. Die Dauer des Pfandrechts 2
a) Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger erstreckt sich auf das gesamte Schiffsvermögen, also auf das Schiff nebst Zubehör und die Fracht (§§ 103, 104). Das Pfandrecht ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 1 1 2 Abs. 1 nur solange wirksam, als die Fracht noch aussteht oder sich die Frachtgelder noch in den Händen des Schiffsführers befinden. Die Zahlung der F r a c h t , gleichgültig ob an den Schiffseigner oder eine von diesem bezeichnete Zahlstelle bringt das Pfandrecht an der Fracht zum Erlöschen. Damit bringt das Gesetz expressis verbis zum Ausdruck, daß das Pfandrecht nur an einer noch ausstehenden Fracht bestehen kann. Das Pfandrecht bleibt bestehen, solange der Schiffsführer im Besitz der von ihm eingezogenen oder sonst erhaltenen Frachtgelder ist; denn dann hat der Schiffseigner gegen ihn einen Anspruch auf Auszahlung dieser Beträge, an denen 594
Pfandrecht an der Fracht
§112
das Pfandrecht fortbestehen kann. Es ist unerheblich, in welcher Eigenschaft der Schiffsführer die Fracht eingezogen hat, sei es kraft seiner gesetzlichen Vertretungsmacht (§15 Abs. 1), sei es als Bevollmächtigter, da das Gesetz lediglich auf die Tatsache des Besitzes an den Frachtgeldern abstellt. Hat der Schiffseigner die Fracht eingezogen oder hat ihm der Schiffsführer die Frachtgelder ausgezahlt, ist das Pfandrecht der Schiffsgläubiger an der Fracht erloschen. b) Das Gesetz stellt den Fall der A b t r e t u n g der Fracht dem Fall des Einzuges 3 der Frachtgelder gleich (§112 Abs. 1 Satz 2). Den Schiffsgläubigern gegenüber ist eine Abtretung der Frachtforderung wirkungslos, so daß die Geltendmachung des Pfandrechts an der Fracht aufgrund eines gegen den Schiffseigner erwirkten Vollstreckungstitels ohne weiteres erfolgen kann 1 . Es kann also auch im Falle einer Abtretung das Schiffsgläubigerrecht dem neuen Gläubiger gegenüber geltend gemacht werden, ohne daß es hierzu der Erwirkung eines weiteren Vollstreckungstitels bedarf. Hat aber der neue Gläubiger die Frachtforderung eingezogen, erlischt das an der Fracht bestehende Pfandrecht; denn auch im Falle der Abtretung kann das Pfandrecht nur solange bestehen, als die Fracht noch aussteht oder sich noch in den Händen des Schiffsführers befindet (§112 Abs. 1 Satz 1).
3. Die Rechtspflichten des Schiffsführers Der Schiffsführer ist nicht verpflichtet, die ihm ausgezahlten Frachtgelder zur 4 Deckung von Schiffsgläubigerrechten zurückzuhalten. Ebensowenig besteht eine derartige Verpflichtung gegenüber den Ladungsbeteiligten (Absender und Empfänger). Er braucht auf die genannten Personen bei der Zahlung der Fracht keine Rücksicht zu nehmen. Es ist den Schiffsgläubigern überlassen, selbst ihre Rechte wahrzunehmen und rechtzeitig für die Sicherstellung ihrer Ansprüche, gegebenenfalls durch die Ausbringung eines dinglichen Arrests, Sorge zu tragen.
4. Die Befriedigung aus der Fracht a) Die Befriedigung der Schiffsgläubiger aus der Fracht erfolgt aufgrund eines 5 entsprechenden Vollstreckungstitels (§§ 104, 103 Abs. 3). Der Schiffsgläubiger muß eine Pfandklage gegen den Schiffseigner (Frachtführer) richten, dem die Frachtforderung zusteht. Die Passivlegitimation des Schiffseigners (Frachtführers) bleibt auch im Falle einer Auszahlung der Fracht an den Schiffsführer, solange dieser die Fracht in Händen hat, bestehen. Dasselbe gilt im Falle der Abtretung, solange das Pfandrecht noch nicht erloschen ist; denn den Schiffsgläubigern gegenüber ist die Abtretung wirkungslos, solange das Pfandrecht besteht. Der neue Gläubiger ist nicht passiv legitimiert. 1 Begr. S. 125.
595
§112
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
Nach § 97 Abs. 2 kann ein Schiffsgläubiger die Pfandklage wegen einer Forderung aus Bergungs- und Hilfskosten (§102 Nr. 3 Abs. 1) auch gegen den Schiffsführer richten. 6
b) Die Zwangsvollstreckung wird nach den §§ 828 ff. ZPO durch Pfändung und Überweisung der Frachtforderung aufgrund eines gegen den Schiffseigner oder im Falle des § 97 Abs. 2 gegen den Schiffsführer gerichteten Vollstreckungstitels bewirkt. Den Schiffsgläubigern gegenüber ist die von einem sonstigen Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung ausgebrachte Pfändung und Uberweisung der Frachtforderung wirkungslos, weil ihre Rechte nach den §§ 104, 109 Abs. 1 Vorrang vor sonstigen Rechten an der Fracht haben. Es ist auch unerheblich, ob der Erwerber eines sonstigen Pfandrechts beim Erwerb gutgläubig gewesen ist, weil der Vorrang der Schiffsgläubiger gegenüber sonstigen Berechtigten unbeschränkt ist. Maßgebend ist allein die Rangordnung der Schiffsgläubiger untereinander nach den §§ 106, 108. Wenn dieselbe Frachtforderung von mehreren Schiffsgläubigern gepfändet ist, ist nach den §§ 853, 872 ff. ZPO zu verfahren.
5. Die Rechtsfolgen beim Einzug der Frachtforderung 7
a) Wenn der Schiffseigner die mit einem Pfandrecht eines Schiffsgläubigers belastete Frachtforderung einzieht, entsteht nach §112 Abs. 2 eine beschränkt persönliche Haftung des Schiffseigners zugunsten des benachteiligten Schiffsgläubigers. Die beschränkt persönliche Haftung ist ein Ausgleich für das Erlöschen des Pfandrechts an der Fracht. Denn der Schiffseigner wird, soweit er die dem Schiffsvermögen zugehörige Forderung einzieht, in seinem Vermögen bereichert. Für das Entstehen der beschränkt persönlichen Haftung sind die Rechtsgründe für das Erlöschen der Frachtforderung ohne Bedeutung; denn das Gesetz stellt ausschließlich auf die Tatsache des Erlöschens des Pfandrechts durch den Ubergang der Frachtforderungen in das sonstige Vermögen des Schiffseigners ab. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Schiffseigner die Fracht tatsächlich erhalten hat. Die Frachtforderung kann auch durch Aufrechnung, Verzicht oder Erlaß untergegangen sein. Ebenso liegt eine Einziehung der Frachtforderung vor, wenn die Frachtforderung abgetreten wird und der neue Gläubiger entweder die Forderung selbst einzieht oder in sonstiger Weise darüber zu seinen Gunsten mit der Folge eines Erlöschens der Frachtforderung verfügt hat. Es ist für das Entstehen der beschränkt persönlichen Haftung unerheblich, ob im Zeitpunkt der Einziehung der Frachtforderung das Schiffsgläubigerrecht schon entstanden war oder ob der Schiffseigner das Schiffsgläubigerrecht kannte.
596
Pfandrecht an der Fracht
§112
6. Die beschränkt persönliche Haftung bei der Abladung von Gütern auf eigene Rechnung Hat der Schiffseigner Güter für eigene Rechnung abgeladen, entsteht naturge- 8 maß keine Frachtforderung. Nach § 112 Abs. 3 tritt in einem solchen Fall sofort eine beschränkt persönliche Haftung ein. Es wird dabei die am Abladungsort zur Abladezeit übliche Fracht zugrunde gelegt, was bei Reisen im innerdeutschen Verkehr den von den Frachtausschüssen festgesetzten Frachten entspricht. Der Schiffseigner wird so behandelt, als habe er die Fracht eingezogen. Die beschränkt persönliche Haftung ist in einem solchen Fall kein Ersatz für eine eingezogene Fracht, sondern für ein nicht zur Entstehung gelangtes Schiffsgläubigerrecht. Der Schiffseigner wird wirtschaftlich so behandelt, als habe er eine Frachtforderung erworben und eingezogen, weil er diese Kosten auch bei einer Abladung auf eigene Rechnung einkalkulieren muß.
7. Der Schuldnerschutz bei der Verteilung der Frachtgelder Die Fracht ist entsprechend der Rangordnung der §§ 106-108 auf die Schiffs- 9 gläubiger zu verteilen. Dabei können Benachteiligungen der Schiffsgläubiger eintreten, wenn ein ihnen im Range nachgehender Schiffsgläubiger durch den Schiffseigner befriedigt wird. Das Gesetz gewährt dem Schiffseigner bei der Verteilung der Fracht an die Schiffsgläubiger Schuldnerschutz. Nach § 112 Abs. 4 haftet ein Schiffseigner einem bei der Verteilung der Fracht benachteiligten Schiffsgläubiger nur soweit, als er die Forderung der mit Vorrang ausgestatteten Schiffsgläubiger wissentlich verkürzt hat. Eine wissentliche Verkürzung liegt vor, wenn der Schiffseigner sowohl die Forderung des übergangenen Schiffsgläubigers als auch dessen Rang gekannt hat. Der positiven Kenntnis steht grob fahrlässige Unkenntnis nicht gleich. Unter die Regelung des §112 Abs. 2 fallen nur Schiffsgläubigerrechte, nicht aber sonstige Pfandrechte. Die persönliche Haftung des Schiffseigners für eine wissentlich verkürzte Forderung eines Schiffsgläubigers ist beschränkt bis zur H ö h e des verkürzten Betrages.
8. Die Beweislast Will ein Schiffsgläubiger den Schiffseigner aus der beschränkt persönlichen 1 0 Haftung in Anspruch nehmen, hat er die Einziehung der Frachtforderung, seine Schiffsgläubigerforderung nach Grund und Höhe, gegebenenfalls deren Rang und den Betrag zu beweisen, den er bei einer Verwertung der Frachtforderung als Schiffsvermögen erhalten hätte. Im Falle einer Verkürzung einer Schiffsgläubigerforderung im Rahmen einer Verteilung muß der Schiffsgläubiger seine Forderung nach Grund, Höhe und Rang und die positive Kenntnis des Schiffseigners von der Forderung und ihrem Rang beweisen. Ferner obliegt dem Schiffsgläubiger der Nachweis für die Höhe des Betrages, um den die Forderung verkürzt worden ist.
597
§113
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger §113
Insoweit bei der Zwangsversteigerung oder bei einer sonstigen Veräußerung des Schiffes der Schiffseigner das Kaufgeld eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, deren Pfandrecht infolge der Zwangsversteigerung oder infolge eines nach §110 eingeleiteten Aufgebots Verfahrens erloschen sind, persönlich in gleicher Weise, wie im Falle der Einziehung der Fracht. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Voraussetzungen der beschränkt persönlichen Haftung . .
Rdn. 1-2 3
Rdn. 3. Der Umfang der beschränkt persönlichen Haftung 4. Die Beweislast
4 5
1. A l l g e m e i n e s a) Im Seerecht gibt es keine dem § 113 entsprechende Vorschrift mehr. §773 H G B a. F. ist ersatzlos aufgehoben worden. 2 b) Bei der Zwangsversteigerung eines im Schiffsregister eingetragenen Binnenschiffs erlöschen nach den §§ 3 162, 169, 110, 91, 52 ZVG alle im Zwangsversteigerungsverfahren nicht berücksichtigten Schiffsgläubigerpfandrechte. Auch bei einer Veräußerung des Schiffs durch den Schiffseigner kann ein Untergang der Schiffsgläubigerrechte an dem Schiff eintreten, wenn der Erwerber den Ausschluß unbekannter Schiffsgläubiger im Wege des Aufgebotsverfahrens bewirkt hat (§ 110). Zum Ausgleich der so benachteiligten Schiffsgläubiger bestimmt das Gesetz eine beschränkt persönliche Haftung des Schiffseigners, der bei einer solchen unfreiwilligen oder freiwilligen Veräußerung den Erlös eingezogen hat. 1
2. D i e V o r a u s s e t z u n g e n der beschränkt persönlichen H a f t u n g 3
Das Gesetz knüpft in § 113 den Eintritt der beschränkt persönlichen Haftung an folgende Voraussetzungen: Der Schiffseigner muß entweder das Schiff freiwillig veräußert haben oder es muß ein Fall der unfreiwilligen Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung vorliegen. Hierauf muß das Erlöschen des Schiffsgläubigerrechts beruhen. Ferner muß der Schiffseigner den Erlös eingezogen haben. Unter Einziehung des Kaufpreises im Sinne des Gesetzes ist jede Vermögensmehrung des Schiffseigners zu verstehen. Ebenso wie bei § 112 genügt es, wenn der Erlös irgendwie in das Vermögen des Schiffseigners, sei es durch Aufrechnung, Verzicht oder Erlaß zum Nachteil des Schiffsgläubigers übergeht. Das Vermögen des Schiffseigners muß also bereichert sein. Der persönlichen Einbeziehung des Kaufpreises steht die Abtretung einer solchen Forderung entsprechend der in § 112 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Regelung gleich; denn hier liegt ein gleichartiger Regelungsbereich vor. Auch wenn § 113 die Abtretung der Kaufpreisforderung nicht erwähnt, muß man eine Ab598
Persönliche Haftung des Schiffseigners bei Schiffsveräußerung
§113
tretung als einen Fall der Einziehung des Kaufpreises im wirtschaftlichen Sinne ansehen, wenn die Abtretung auf das Schiffsgläubigerpfandrecht Einfluß hat, also das Schiffsgläubigerpfandrecht erlischt. Bis zum Einzug der Forderung ist die Abtretung auf das Schiffsgläubigerpfandrecht ohne Einfluß. Mit dem Einzug der Forderung durch den neuen Gläubiger erlischt das Schiffsgläubigerpfandrecht. Es ist kein Grund ersichtlich, in einem solchen Fall den Schiffseigner anders zu behandeln, als wenn er die Forderung selbst eingezogen hätte. Allerdings wird man nicht schon die Abtretung als solche als Einziehung der Forderung im Sinne des § 113 ansehen können 1 , da die Abtretung das Schiffsgläubigerpfandrecht noch nicht beeinträchtigt. Solange das Schiffsgläubigerpfandrecht besteht, besteht kein Grund zur Annahme einer beschränkt persönlichen Haftung. Im Falle der Zwangsversteigerung des Schiffs liegt eine Einziehung der Kaufpreisforderung im Sinne des §113 nicht nur dann vor, wenn der Schiffseigner einen Erlös erhält, sondern auch dann, wenn bei der Verteilung des Steigererlöses sonstige Gläubiger außer den Schiffsgläubigern befriedigt werden; denn auch in einem solchen Fall wird der Schiffseigner von einer Verbindlichkeit befreit und zum Nachteil des Schiffsvermögens und der bevorrechtigten Schiffsgläubiger bereichert.
3. Der Umfang der beschränkt persönlichen Haftung Die Haftung des Schiffseigners ist eine beschränkt persönliche. Nach §113 4 haftet er persönlich in gleicher Weise wie im Falle der Einziehung der Fracht. Es handelt sich um eine begrenzte persönliche Haftung gegenüber den Schiffsgläubigern auf den Betrag, den jeder von ihnen aufgrund seiner Rangstellung aus dem Erlös ohne die Einziehung erhalten hätte.
4. Die Beweislast Im Streitfalle muß der Schiffsgläubiger sein Schiffsgläubigerrecht nach Grund, 5 Höhe und Rang, die Tatsache der Einziehungen und die Höhe des eingezogenen Kaufpreises beweisen. Hieraus läßt sich dann der dem einzelnen Schiffsgläubiger entgangene Betrag errechnen. Im Falle der Zwangsversteigerung kann über die vorstehend genannten beweispflichtigen Tatsachen hinaus weiter durch Bezug auf den Verteilungsplan des Vollstreckungsgerichts bewiesen werden, daß der Erlös anderen Gläubigern des Schiffseigners als den Schiffsgläubigern zugeflossen ist und insoweit die Haftung des Schiffseigners zu einer beschränkt persönlichen geworden ist. Hat der Schiffseigner den Erlös eingezogen und an Schiffsgläubiger verteilt, haftet er im Falle einer wissentlichen Verkürzung der Ansprüche der Schiffsgläubiger nach den Beweisregeln des § 112. 1 So Mittelstein,
1 I § 113 Anm. 1 Abs. 4; 2 S. 58.
599
§114
7. A b s c h n i t t . Schiffsgläubiger
§114 (1) Sendet der Schiffseigner, nachdem er von der Forderung eines Schiffsgläubigers, für welche er nur mit Schiff und Fracht haftet, Kenntnis erhalten hat, das Schiff zu einer neuen Reise aus, ohne daß dies zugleich im Interesse des Gläubigers geboten war, so wird er für die Forderung in Höhe desjenigen Betrages auch persönlich verpflichtet, welcher für den Gläubiger sich ergeben haben würde, falls der Wert, den das Schiff bei Antritt der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach der gesetzlichen Rangordnung verteilt worden wäre. (2) Bis zum Beweis des Gegenteils wird angenommen, daß der Gläubiger bei dieser Verteilung seine vollständige Befriedigung erlangt haben würde. Übersicht 1. Allgemeines 2. Die Entstehung der beschränkt persönlichen Haftung 3. Die Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise 4. Die Kenntnis des Schiffseigners von der Schiffsgläubigerforderung . . .
Rdn. 1-2 3 4—5
5. Die beschränkt persönliche Haftung 6. Der Anwendungsbereich des § 114 7. Sonstige Fälle der Gefährdung des Schiffsvermögens 8. Prozessuale Fragen 9. Die Beweislast
Rdn. 8-12 13 14 15-16 17-19
6-7
1. Allgemeines 1
a) Eine dem §114 entsprechende Vorschrift kennt das Seerecht nicht mehr. §774 H G B a. F. ist ersatzlos aufgehoben worden. Das Seerecht kennt keine beschränkt persönliche Haftung des Reeders mehr. Dort muß ein Schiffsgläubiger sein Pfandrecht unverzüglich geltend machen, um nicht seiner Rechte verlustig zu gehen. Im Binnenschiffahrtsrecht hat sich die beschränkt persönliche Haftung des Schiffseigners durchaus bewährt. Es besteht kein Grund, diese Regelung zu ändern.
2
b) Man verfolgte früher mit §114 den Zweck, den Schiffseigner von einer unbefugten Gefährdung des Schiffsvermögens abzuschrecken, weil durch die Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise auf dieser Reise andere Schiffsgläubigerrechte entstehen können. Dem Abschreckungsgedanken kommt heute keine Bedeutung mehr zu, weil so gut wie alle Binnenschiffe gegen die Gefahren der Schiffahrt versichert sind und der Versicherer für den Schiffseigner eintritt. Unter diesen Umständen ist mit der Aussendung seines Schiffes zu einer neuen Reise kein wirtschaftliches Risiko für den Schiffseigner verbunden. Wegen des erheblichen Nutzungsausfalls während des Stilliegens muß auch ein Schiff ständig weiter verwendet werden. Eine Unterbrechung der weiteren Nutzung des Schiffes kann auch wirtschaftlich nicht verantwortet werden. Der wesentliche Zweck des § 114 besteht darin, dem Schiffsgläubiger zum Aus600
Persönliche Haftung des Schiffseigners bei neuer Reise
§114
gleich der G e f ä h r d u n g seines Anspruchs neben dem dinglichen Anspruch eine beschränkt persönliche Forderung zu gewähren. D i e s e m Zweck k o m m t auch heute noch im Einzelfall Bedeutung zu. Ein Schiffsgläubiger kann im voraus nicht beurteilen, o b er mit seinem dinglichen Anspruch Befriedigung aus dem Schiffsvermögen findet. In Schiffahrtsprozessen ist es daher durchaus üblich, auch die beschränkt persönliche H a f t u n g des § 114 geltend zu machen, wenn die Voraussetzungen dieser H a f t u n g vorliegen. D i e Voraussetzungen des § 114 B S c h G stellen allein keinen Arrestgrund dar 1 .
2. Die Entstehung der beschränkt persönlichen H a f t u n g Der beschränkt persönliche Anspruch des Schiffsgläubigers gegen den Schiffs- 3 eigner entsteht nach § 1 1 4 mit der A u s s e n d u n g des mit einem Schiffsgläubigerrecht behafteten Schiffes zu einer neuen Reise. D e r Anspruch entsteht nur zu Gunsten von Schiffsgläubigern, die ein Schiffsgläubigerrecht an dem Schiffsvermögen haben, nicht aber zu Gunsten sonstiger Pfandgläubiger. Denn der Schiffseigner gefährdet durch die Möglichkeit des Verlustes des Schiffes oder durch die Möglichkeit einer Entstehung anderer Schiffsgläubigerrechte bereits entstandene Schiffsgläubigerrechte 2 .
3. Die Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise a) D i e A u s s e n d u n g des Schiffes zu einer neuen Reise liegt regelmäßig in dem 4 A n t r i t t einer n e u e n F r a c h t r e i s e . D i e A u s s e n d u n g zu einer neuen Reise kann, braucht aber keine Frachtreise zu sein. E s muß sich bei der Reise um eine Verwendung des Schiffes zur Schiffahrt handeln. D a s Schiff muß entsprechend seiner Bestimmung verwendet werden. Eine A u s s e n d u n g zu einer neuen Reise kann nicht vor der Beendigung der alten Reise angenommen werden. D i e Fortsetzung der bisherigen Reise läßt keine beschränkt persönliche H a f t u n g entstehen, auch wenn auf der fortgesetzten alten Reise neue Schiffsgläubigerrechte möglich sind. D i e Beendigung der alten Reise liegt regelmäßig in der Entladung der Frachtgüter. Eine neue Reise ist anzunehmen, wenn die Frachtgüter der alten Reise aufgrund eines neuen Frachtvertrages weiterbefördert werden. Dasselbe gilt, wenn ein leergestelltes Schiff zu einem anderen Liege- oder Ladeplatz gesandt wird. E s ist unerheblich, wie groß die Strecke ist, die das Schiff zurücklegt. Auch im H a f e n - oder Ortsverkehr kann eine neue Reise angetreten werden. E s muß sich aber u m eine selbständige Reise mit einem neuen Z w e c k handeln 3 . A u c h wenn das Schiff vermietet wird, liegt in der Reise des Mieters eine neue Reise im Sinne des § 1 1 4 . 1 O L G Köln, ZfB 1957, 237. 2 R G Z 107, 305; 151, 271. 3 B G H 3, 34 = NJW 1952, 64. 601
§114
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
Wird ein Schiff nach einer Kollision, bei der Schiffsgläubigerrechte entstanden sind, zwecks Reparatur zu einer Werft beordert, liegt weder in einer solchen Fahrt noch bei einer notwendigen Probefahrt der Werft eine neue Reise. Auch wenn ein Schiff nach Beendigung der alten Reise an eine sichere Stelle, z. B. zum Uberwintern, gelegt wird, kann in der Fahrt zu dieser Liegestelle keine Aussendung zu einer neuen Reise gesehen werden. 5
b) Die Aussendung zu der neuen Reise muß unbefugt sein. U n b e f u g t ist eine Reise, wenn sie nicht zugleich im Interesse des Schiffsgläubigers geboten war. Chartert der Schiffsgläubiger das Schiff, liegt in der Reise des gecharterten Schiffs eine befugte Reise. Eine Reise liegt ausnahmsweise auch im Interesse der Schiffsgläubiger, wenn das Schiff einen sicheren Liegeplatz anlaufen muß, um zu überwintern und anderenfalls gefährdet wäre. Grundsätzlich ist im übrigen der Antritt einer neuen Reise als unbefugt anzusehen. Es ist nicht erforderlich, daß eine solche Reise die schon entstandenen Schiffsgläubigerrechte tatsächlich gefährdet oder eine Verschlechterung des Schiffsvermögens herbeigeführt wird. Die bloße Möglichkeit einer Gefährdung der Schiffsgläubigerrechte durch den Verlust oder die Beschädigung des Schiffes wie auch die Belastung mit anderen Schiffsgläubigerrechten reicht aus, um die Reise unbefugt erscheinen zu lassen 4 .
4. Die Kenntnis des Schiffseigners von der Schiffsgläubigerforderung 6
a) Das Gesetz knüpft das Entstehen der beschränkt persönlichen Haftung des Schiffseigners für eine Schiffsgläubigerforderung an die Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise und an die Kenntnis von der Forderung dieses Schiffsgläubigers, für die er nur mit Schiff und Fracht haftet. Eine beschränkt persönliche Haftung kann nach §114 auch entstehen, wenn der Schiffseigner für die Schiffsgläubigerforderung persönlich haftet. Ein weiterer konkurrierender Anspruch aus § 114 kann wegen sonstiger Schiffsgläubigerrechte und Schiffshypotheken bedeutsam sein. Für die Entstehung der beschränkt persönlichen Haftung ist es ohne Bedeutung, ob das Schiffsgläubigerrecht aus der Verwendung des Schiffes durch den gegenwärtigen oder einen früheren Schiffseigner entstanden ist.
7
b) Der Schiffseigner muß von der Schiffsgläubigerforderung Kenntnis haben. Eine Kenntnis des Schiffseigners liegt vor, wenn er die Tatsachen, die zur Begründung des Schiffsgläubigerrechts geeignet erscheinen, kennt 5 . Es ist gleichgültig, woher der Schiffseigner seine Kenntnis hat 6 . Die Schiffsgläubigerforderung braucht weder gerichtlich festgestellt noch vom Schiffseigner anerkannt zu sein. 4 R G 2 151, 277. 5 B G H Z 3, 34 = N J W 1952, 64. 6 R G Z 33, 83.
602
Persönliche Haftung des Schiffseigners bei neuer Reise
§114
Maßgebend ist die Kenntnis des in Anspruch genommenen Schiffseigners. D a s gilt auch für den Ausrüster, der Dritten gegenüber als Schiffseigner angesehen wird.
5. Die beschränkt persönliche H a f t u n g a) Sendet ein Schiffseigner sein Schiff in Kenntnis der Forderung eines Schiffs- 8 gläubigers, für die er nur mit Schiff und Fracht dinglich haftet, zu einer neuen Reise aus, entsteht neben der fortbestehenden dinglichen H a f t u n g m i t d e m S c h i f f s v e r m ö g e n eine zusätzliche b e s c h r ä n k t persönliche H a f t u n g des Schiffs-
eigners.
b) D i e b e s c h r ä n k t persönliche H a f t u n g ist ein schuldrechtlicher Anspruch, 9 der zwar bei seiner Entstehung ein dingliches Schiffsgläubigerrecht voraussetzt, mit diesem aber keine rechtliche Einheit in dem Sinne bildet, daß der beschränkt persönliche Anspruch aus § 114 etwa zu dem dinglichen Schiffsgläubigerrecht in dem Verhältnis einer durch das Pfandrecht gesicherten Forderung steht. E s besteht keine A k z e s s o r i e t ä t . Die beschränkt persönliche H a f t u n g ist von dem Schiffsgläubigerrecht in ihrem Bestand völlig losgelöst. Beide Ansprüche können, insbesondere bei einem Verkauf des Schiffes, verschiedene Wege gehen 7 . A u c h wenn das Schiffsgläubigerrecht erlischt, kann die Forderung aus § 1 1 4 fortbestehen. c) A u c h der Schiffseigner/Schiffsführer, der sein Schiff selbst führt, haftet bei 1 0 Antritt einer neuen Reise beschränkt persönlich nach § 114, da die Aussendung des Schiffes als solche unbefugt ist. § 4 A b s . 2 Satz 2 k o m m t insoweit nicht zur Anwendung. d) Eine H a f t u n g aus § 1 1 4 kann auch den Erwerber eines Schiffes treffen, 1 1 selbst wenn bereits in der Person des Veräußerers eine H a f t u n g nach § 1 1 4 eingetreten war. D e n n die H a f t u n g beruht auf der mit der A n o r d n u n g des Schiffseigners verbundenen Gefährdung des Schiffsgläubigers. Diese Gefährdung entsteht, auch wenn sie bereits durch einen früheren Schiffseigner eingetreten war, neu und unter Umständen - bei inzwischen eingetretener Veränderung des Schiffswertes, der Zahl der Schiffsgläubiger u. a. m. - in anderem U m f a n g e als bei dem früheren Schiffsgläubiger 8 . D e r E r w e r b e r haftet in einem solchen Falle neben dem früheren Schiffseigner dinglich mit dem Schiffsvermögen nach den §§ 102, 103 A b s . 2 und daneben beschränkt persönlich nach § 114. Mehrere Schiffseigner haften als Gesamtschuldner 9 . e) D i e H a f t u n g des Schiffseigners ist auf den Betrag beschränkt, den der 1 2 Schiffsgläubiger aus dem Schiffsvermögen erhalten haben würde, falls der Wert, 7 R G Z 151, 277. 8 R G Z 107, 305. 9 R G Z 33, 87. 603
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
den das Schiff beim Antritt der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach der gesetzlichen Rangordnung verteilt worden wäre (§114 Abs. 1). Über diesen Betrag hinaus wird die persönliche Haftung nicht erweitert. „Wert des Schiffes" ist der Veräußerungs- nicht der Wiederbeschaffungswert; er umfaßt nicht die bei einem zwangsweise oder freiwilligen Verkauf des Schiffes etwa anfallende Mehrwertsteuer 10 . Maßgebend für die Ermittlung dieses Betrages der beschränkt persönlichen Haftung ist nicht der Zeitpunkt, in dem das Schiffsgläubigerrecht entsteht; vielmehr ist der Wert des Schiffes im Zeitpunkte der Aussendung zu einer neuen Reise zugrunde zu legen. Kommt es auf diesen Zeitpunkt an, so sind alle vor der Aussendung des Schiffes entstandenen Kosten für Reparaturarbeiten, Hebekosten eines gesunkenen Schiffes oder sonstige Verbesserungen z. B. der Einbau moderner Navigationsgeräte, nicht abzusetzen 11 . Andererseits braucht eine vor der Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise eingetretene Verschlechterung des Schiffes nicht ausgeglichen zu werden; denn maßgebend ist allein der Wert, den das Schiff bei seiner weiteren Verwendung, eben beim Antritt der neuen Reise hat12. Alle nach der Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise eingetretenen Erhöhungen oder Verringerungen des Schiffswertes haben außer Betracht zu bleiben. Seiner beschränkt persönlichen Haftung genügt der Schiffseigner oder für ihn der Versicherer, wenn der Betrag gezahlt wird, den der benachteiligte Schiffsgläubiger bei einer Verteilung des Schiffsvermögens nach der gesetzlichen Rangfolge (§§106-109) erhalten hätte.
6. D e r A n w e n d u n g s b e r e i c h des § 114 13 § 114 gilt für alle Binnenschiffe, insbesondere auch für Fahrzeuge im Hafenund Ortsbereich. Auf Schiffe, die dem öffentlichen Dienst gewidmet und einer dinglichen Haftung sowie dem Zugriff der Schiffsgläubiger entzogen sind, ist §114 nur mit Einschränkungen anwendbar. Eine dingliche Haftung kann nicht eintreten. Der Staat oder die Körperschaft des öffentlichen Rechts haften aber beschränkt persönlich. Diese Haftung wird aber nicht unmittelbar auf den Zeitpunkt des Entstehens des Schiffsgläubigerrechts bezogen, sondern auch hier ist auf den Schiffswert im Zeitpunkte der Aussendung des Fahrzeugs zu einer neuen Reise abzustellen13.
10 11 12 13
BGH RGZ RGZ RGZ
604
LM Nr. 4 zu § 114 BSchG. 33, 83; 79, 178; 151, 277. 33, 83; 79, 178; 151, 277. 151, 277 = JW 1936, 2702.
Persönliche Haftung des Schiffseigners bei neuer Reise
§114
7. Sonstige Fälle der Gefährdung des Schiffsvermögens Das Schiffsvermögen kann auch in anderer Weise zum Nachteil der Schiffs- 1 4 gläubiger durch den Schiffseigner unbefugt verringert oder den Schiffsgläubigern überhaupt entzogen werden. Es ist fraglich, ob auch in derartigen Fällen eine entsprechende Anwendung des § 114 möglich ist und eine beschränkt persönliche Haftung des Schiffseigners entsteht. Im älteren Schrifttum 14 wurde eine entsprechende Anwendung des § 114 für möglich angesehen, wenn den Schiffsgläubigern das Schiffsvermögen durch Veräußerung des Schiffes in das Ausland in Kenntnis bestehender Schiffsgläubigerrechte entzogen worden ist. Dem kann nicht beigetreten werden; denn die §§102 ff. sind Ausnahme- und Sondervorschriften, die restriktiv auszulegen sind. Auch das Gesetz nimmt nirgendwo auf §114 Bezug. Werden Schiffsgläubiger bei einer Veräußerung des Schiffes ins Ausland oder bei einer sonstigen Entwertung des Schiffsvermögens benachteiligt, muß es bei den allgemeinen Schadensersatzansprüchen aus den §§ 823, 826, 249 BGB sein Bewenden haben.
8. Prozessuale Fragen a) Im Rechtsstreit hat der Kläger bereits im Klageantrag der beschränkt per- 1 5 sönlichen Haftung des Schiffseigners Rechnung zu tragen, um der Abweisung seiner weitergehenden Klage zu entgehen. Das geschieht in der Praxis durch die Formulierung: „den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger x D M nebst y % Zinsen zu zahlen und zwar bei Vermeidung der Zwangsvollstreckung in das MS , N N ' sowohl dinglich als auch beschränkt persönlich im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes haftend." b) Das Gericht darf eine Verurteilung zur Zahlung nur nach Maßgabe der 1 6 vorstehenden Haftungsbeschränkung aussprechen. Eine uneingeschränkte Verurteilung zur Zahlung darf nur erfolgen, wenn feststeht, daß das Schiffsvermögen zur Befriedigung des Schiffsgläubigers ausreicht.
9. Die Beweislast a) Im Rechtsstreit hat der Schiffsgläubiger seine Schiffsgläubigerforderung 1 7 nach Grund und H ö h e sowie seinen Rang zu beweisen. Ferner hat er nachzuweisen, daß der Schiffseigner sein Schiff in Kenntnis der Forderung des Schiffsgläubigers zu einer neuen Reise ausgesandt hat. Ist dem Schiffseigner in einem Rechtsstreit der Streit verkündet worden, der sich mit der Forderung des Schiffsgläubigers befaßt, führt die Streitverkündung zur Kenntnis des Schiffseigners. Ist das Schiff zu einer neuen Reise ausgesandt worden, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß die Aussendung unbefugt war, weil jede neue Reise das Schiffsgläubigerrecht gefährdet. 14 Schaps-Abraham, Anm. 1.
Deutsches Seerecht, 3. Aufl. §774 Anm. 16; Mittelstein,
1 I zu § 114
605
§115
7. A b s c h n i t t . Schiffsgläubiger
Schließlich hat der Schiffsgläubiger den Wert des Schiffes im Zeitpunkt der Aussendung zu der neuen Reise nachzuweisen. Der Schiffseigner kann den Gegenbeweis führen, daß die Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise im Interesse der Schiffsgläubiger geboten gewesen ist. 18
b) Nach §114 Abs. 2 wird bei der Feststellung des Betrages der beschränkt persönlichen Haftung bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, daß der Schiffsgläubiger bei der Verteilung des Schiffswertes seine vollständige Befriedigung erlangt haben würde. Dieser Vermutung wird der Boden entzogen, wenn der Schiffseigner beweist oder in sonstiger Weise feststeht, daß der Wert des Schiffes zur vollen Befriedigung nicht ausreicht. Der Schiffseigner kann also den Gegenbeweis führen, daß der Schiffsgläubiger bei einer Verteilung des Schiffsvermögens leer ausgegangen oder nur ein geringerer Betrag auf ihn entfallen wäre.
19
c) Im Falle einer sonstigen Benachteiligung von Schiffsgläubigern obliegt diesen im Rahmen der §§ 823, 826 BGB die volle Behauptungs- und Beweislast.
§115 (1) Die Vergütung für Aufopferung oder Beschädigung in Fällen der großen Haverei tritt für die Schiffsgläubiger anstelle des Gegenstandes, für den die Vergütung bestimmt ist. (2) Dasselbe gilt von der Entschädigung, die wegen des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes oder wegen der durch Verlust oder Beschädigung von Gütern herbeigeführten Entziehung der Fracht dem Schiffseigner von demjenigen gezahlt werden muß, welcher den Schaden durch eine rechtswidrige Handlung verursacht hat. (3) Hat der Schiffseigner die Vergütung oder Entschädigung eingezogen, so haftet er in Höhe des eingezogenen Betrages den Schiffsgläubigern persönlich in gleicher Weise wie den Gläubigern einer Reise im Falle der Einziehung der Fracht (§ 112). Übersicht 1. Allgemeines 2. Das Schiffsgläubigerrecht bei Vergütungen und Entschädigungen . . 3. Das Schiffsgläubigerrecht bei rechtswidrigen Handlungen . . . . 4. Die Wirksamkeit des Pfandrechts an Ersatzforderungen
606
Rdn. 1 2 3 4
5. Der Regelungsbereich des § 115 . . 6. Die Realisierung des Schiffsgläubigerpfandrechts 7. Die Beweislast
Rdn. 3-6 7 8
Vergütung oder Entschädigung an Stelle des Gegenstandes
§115
1. Allgemeines D a s Seerecht kennt keine dem § 115 entsprechende Bestimmung mehr. Die frü- 1 here Parallelvorschrift des § 775 A b s . 1 H G B ist ersatzlos aufgehoben worden.
2. Das Schiffsgläubigerrecht bei Vergütungen und Entschädigungen N a c h § 85 i. V. m. §§ 709, 710 H G B entsteht bei der g r o ß e n H a v e r e i für den 2 Schiffseigner durch die A u f o p f e r u n g und Beschädigung des Schiffes nebst Zubehör ein Vergütungsanspruch und nach § 7 1 5 H G B ein Entschädigungsanspruch für die entgangene Fracht. Z u m Ausgleich der den Schiffsgläubigern durch die große Haverei entstehenden Nachteile treten nach § 1 1 5 A b s . 1 und 2 gewisse Ersatzforderungen des Schiffseigners zugunsten der Schiffsgläubiger an die Stelle des Schiffsvermögens. Ihnen wird die Inanspruchnahme der gesetzlichen A n sprüche auf Vergütung und Entschädigung zugebilligt. Diese Ansprüche werden nach § 115 i. V. m. §§ 103, 104 nunmehr von dem Schiffsgläubigerrecht mit umfaßt. D a s P f a n d r e c h t an der gesetzlichen Vergütung und Entschädigung tritt neben die dingliche H a f t u n g des sonstigen Schiffsvermögens (Schiff nebst Zubehör und Fracht).
3. Das Schiffsgläubigerrecht bei rechtswidrigen Handlungen Wenn durch eine rechtswidrige H a n d l u n g ein Verlust oder eine Beschädigung 3 des Schiffes oder eine Beeinträchtigung der Fracht herbeigeführt wird, tritt für den Schiffsgläubiger an die Stelle des Schiffsvermögens der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger. Hierunter fallen vor allem die Verluste oder Beschädigungen von Schiffen und Ladungen im Falle eines S c h i f f s z u s a m m e n s t o ß e s (§§ 92 b ff.) oder ein sonstiger U n f a l l (§ 64). A u c h die Schadensersatzforderungen des Schiffseigners gegen seine eigenen schuldigen Besatzungsmitglieder aus solchen Unfällen sowie die Ansprüche aus sonstigen eine Beschädigung oder den Verlust des Schiffes hervorrufenden unerlaubten Handlungen (§§ 823, 826 B G B ) fallen hierunter, soweit ein solcher Anspruch im Hinblick auf die Leistung gefahrgeneigter Arbeit seitens des Schiffspersonals überhaupt entstehen kann.
4. Die Wirksamkeit des Pfandrechts an Ersatzforderungen N a c h § 115 A b s . i. V. m. § 112 A b s . 1 ist das Schiffsgläubigerrecht an den Er- 4 Satzforderungen solange wirksam, als diese noch ausstehen oder die Gelder noch in H ä n d e n des Schiffsführers sind. Dasselbe gilt im Falle der Abtretung der Forderung durch den Schiffseigner. D i e Abtretung ist den Schiffsgläubigern gegenüber unwirksam. Mit der Einziehung der Ersatzforderungen durch den Schiffseigner geht wie bei § 1 1 2 das Schiffsgläubigerrecht unter. Entsprechend der Regelung in § 112 A b s . 2 haftet der Schiffseigner nach § 115 A b s . 3, wenn er die Vergütung oder Entschädigung eingezogen hat, in H ö h e des eingezogenen 607
§115
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
Betrages den Schiffsgläubigern persönlich wie den Schiffsgläubigern einer Reise im Falle der Einziehung der Fracht. Seine Haftung ist also der Höhe nach begrenzt auf die Summe der eingezogenen Ersatzforderungen und gemindert auf den Betrag, der sich für die einzelnen Schiffsgläubiger ergeben hätte, wenn diese Ersatzforderung entsprechend der gesetzlichen Rangordnung mit verteilt worden wäre.
5. Der Regelungsbereich des § 115 5
a) Die Anwendung des §115 ist auf bestimmte, kraft Gesetzes und durch rechtswidrige Handlungen entstehende Ersatzansprüche beschränkt. Es handelt sich also um eine Sonder- und Ausnahmevorschrift, die restriktiv zu interpretieren ist. Diese Vorschrift kann daher nicht auf vergleichbare Ansprüche entsprechend angewendet werden. Deshalb haften die aufgrund eines Versicherungsvertrages entstehenden Leistungsansprüche des Schiffseigners gegen einen Versicherer den Schiffsgläubigern nicht.
6
b) Für den Haftpflichtversicherer gelten im Seerecht mehrere demselben Versicherungsnehmer gehörige Schiffe als mehreren Schiffseigentümern gehörig. Diese Schwesterschiffsklausel ist im Binnenschiffahrtsrecht nicht üblich. § 129 Abs. 2 Satz 2 W G ist bei der Kollision mehrerer Binnenschiffe desselben Versicherungsnehmers nicht anwendbar 1 . Der Schaden ist keinem Dritten zugefügt.
6. Die Realisierung des Schiffsgläubigerpfandrechts 7
An der Vergütung oder Entschädigung aus großer Haverei erhalten die Schiffsgläubiger nur ein Schiffsgläubigerpfandrecht (§§ 103, 104), nicht aber ein unmittelbares Forderungsrecht. Zur Durchsetzung ihres Pfandrechts müssen die Schiffsgläubiger gegen den Schiffseigner oder im Falle des § 103 Abs. 3 gegen den Schiffsführer einen Vollstreckungstitel erwirken und gegen die Schädiger beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nach den §§ 822 ff. ZPO beantragen.
7. Die Beweislast 8
Will ein Schiffsgläubiger den Schiffseigner aus der beschränkt persönlichen Haftung des §115 in Anspruch nehmen, hat er sein Schiffsgläubigerrecht nach Grund und Höhe, seinen Rang, die Einziehung der Vergütung und Entschädigung sowie den Betrag zu beweisen, den er bei der Verteilung dieser Ansprüche entsprechend der Rangordnung erhalten hätte. Es gelten also dieselben Regeln wie bei der Einziehung der Fracht. Will der Schiffsgläubiger sein Schiffsgläubigerrecht gegen Dritte durchsetzen, 1 Prölss-Martin,
608
W G , 21. Aufl., § 129 Anm. 4.
Vorrang der Pfandrechte wegen Havereibeiträge
§116
benötigt er außer einem Vollstreckungstitel gegen den Schiffseigner oder im Falle des § 103 Abs. 3 gegen den Schiffseigner als Dritten einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, durch den die Rechte des Schiffseigners ihm übertragen werden. Er kann dann gegen den Schädiger selbst klagen. In diesem Rechtsstreit hat er die volle Beweislast für den Anspruch nach Grund und Höhe.
§116 (1) Die wegen der Beiträge zur großen Haverei und der B e r g u n g s - u n d Hilfskosten auf den L a d u n g s g ü t e r n haftenden Pfandrechte gehen den in § 443 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten Pfandrechten vor. U n t e r den ersten Pfandrechten hat das später entstandene vor dem früher entstandenen den V o r z u g ; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt; F o r d e r u n gen, welche aus Anlaß desselben Notfalles entstanden sind, gelten als gleichzeitig entstanden. (2) In den Fällen der großen Haverei und des Verlustes oder der Beschädig u n g d u r c h rechtswidrige H a n d l u n g e n finden die Vorschriften des § 115 entsprechende A n w e n d u n g .
Übersiebt 1. Allgemeines 2. Die Rangordnung der auf den Ladungsgütern ruhenden Pfandrechten 3. Die Rangordnung der bevorrechtigten Pfandrechte untereinander . . .
Rdn. 1-2
Rdn. 4. Die Rechte der Schiffsgläubiger an Ersatzforderungen 5. Die Beweislast
6 7
3 4-5
1. A l l g e m e i n e s In den §§ 106-108 ist die R a n g o r d n u n g der Schiffsgläubiger untereinander 1 (§ 102) geregelt. Die Rangfolge der an Schiff und Fracht bestehenden Schiffsgläubiger (§§ 103, 104) ergibt sich aus § 109. Die Regelung über die Rangordnung der für einzelne Schiffsgläubigerforderungen (§§ 102 N r . 3, 89 Abs. 2 und 3, 97) an den Ladungsgütern entstandenen Pfandrechte ist davon gesondert in § 116, also im Abschnitt über Schiffsgläubiger, enthalten. § 116 gibt den dort bezeichneten gesetzlichen Pfandrechten entsprechend dem in § 109 zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken einen Vorrang vor sonstigen gesetzlichen Pfandrechten. Die systematische Einordnung des §116 steht nicht außerhalb aller Zweifel. Der Gesetzgeber hat aber einen gewissen Zusammenhang mit den Vorschriften über die Schiffsgläubiger gesehen und ist dadurch bewogen worden, die Rang609
§116
7. Abschnitt. Schiffsgläubiger
folge der Schiffsgläubigerpfandrechte an Ladungsgütern in diesem Abschnitt zu regeln 1 . 2 Im Seerecht ist die Rangordnung der Pfandrechte an den beitragspflichtigen Gütern (§ 726 Abs. 2 HGB) vor anderen an den Gütern entstandenen Pfandrechten durch § 726a HGB so geregelt, daß die Pfandrechte an den beitragspflichtigen Gütern Vorrang haben. Im übrigen gelten für die Rangordnung der Pfandrechte der Schiffsgläubiger die Vorschriften der §§762 ff. HGB.
2. Die Rangordnung der auf den Ladungsgütern ruhenden Pfandrechte 3
Die gesetzliche Regelung des §116 bezieht sich auf die Rangordnung der Pfandrechte wegen einer Beitragspflicht zur großen Haverei sowie für Bergungs- und Hilfskosten. Nach § 89 Abs. 2 steht dem Vergütungsberechtigten aus einer großen Haverei an den einzelnen Gütern wegen der zu leistenden Beiträge ein Pfandrecht zu, das für alle Berechtigten vom Frachtführer ausgeübt wird (§ 89 Abs. 3). Helfer und Berger haben wegen ihrer Lohnansprüche ein Pfandrecht an den geborgenen oder geretteten Gegenständen (§97 Abs. 1). Diese Pfandrechte gehen nach § 116 Abs. 1 den in §443 HGB bezeichneten Pfandrechten vor. Dabei handelt es sich um die Pfandrechte des Kommissionärs (§397 HGB), des Spediteurs (§410 HGB), des Lagerhalters (§421) und des Frachtführers wegen aller durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, insbesondere der Fracht- und Liegegelder, der Zollgelder und anderer Auslagen, sowie wegen der auf das Gut geleisteten Vorschüsse (§440). Aus dem in den §§109, 116 enthaltenen Grundgedanken eines Vorrangs von Schiffsgläubigerpfandrechten gegenüber sonstigen Pfandrechten ist zu entnehmen, daß ein Vorrang des Ladungsgläubigerpfandrechts aus den §§ 102 Nr. 3, 89 Abs. 2 und 3, 97 auch auf sonstige Pfandrechte an den Ladungsgütern anzunehmen ist.
3. Die Rangordnung der bevorrechtigten Pfandrechte untereinander 4
a) Die Rangordnung der bevorrechtigten Pfandrechte der Ladungsberechtigten bestimmt sich nach dem Posterietätsprinzip. §116 Abs. 2 bestimmt, daß dem später entstandenen Pfandrecht Rang vor den früher entstandenen Pfandrechten zukommt. Gleichzeitig entstandene Pfandrechte haben gleichen Rang und sind deshalb gleichberechtigt. Forderungen, die aus Anlaß desselben Notfalls entstanden sind, gelten als gleichzeitig entstanden. Es kann also nicht geltend gemacht werden, bei einem Notfall sei die Forderung erst im letzten Abschnitt der Geschehnisse entstanden und deshalb komme dieser Forderung ge1 Vgl. dazu Begr. S. 126.
610
Vorrang der Pfandrechte wegen Havereibeiträge
§116
genüber anderen Forderungen aus demselben Notfall Vorrang zu. Das Gesetz stellt vielmehr auf den einheitlichen Entstehungstatbestand ab und gibt allen Forderungen gleichen Rang. Die Rangfolge der kaufmännischen Pfandrechte des H G B ergibt sich im übrigen aus §443 H G B , die der sonstigen Pfandrechte aus den §§1257, 1209 HGB. b) Die R a n g o r d n u n g der Pfandrechte an den L a d u n g s g ü t e r n läßt sich wie 5 folgt zusammenfassen: Zunächst sind die bevorrechtigten Pfandrechte der Ladungsgläubiger wegen
der Beiträge zur großen Haverei (§ 89 Abs. 2) sowie der Bergungs- und Hilfskosten, einschließlich des B e r g u n g s - und Hilfslohns (§97) zu befriedigen. Innerhalb dieser Gruppe haben die später entstandenen Pfandrechte Vorrang vor den früher entstandenen Rechten (§116 Abs. 1 Satz 2). Es folgen die in §443 H G B genannten kaufmännischen Pfandrechte einschließlich des Pfandrechts des Frachtführers an dem Gepäck des Reisenden (§ 77 Abs. 2), wobei ebenfalls das später entstandene Recht dem früher entstandenen Pfandrecht vorgeht. Daran schließen sich die sonstigen mit einem gesetzlichen Pfandrecht ausgestatteten Forderungen an, wobei dann aber das ältere Pfandrecht dem jüngeren Recht vorgeht. In letzter Linie sind anderweitige Pfandrechte an den Ladungsgütern zu berücksichtigen, die einen Rang entsprechend ihrer zeitlichen Entstehung haben (§§11257, 1209 B G B ) .
4. Die Rechte der Schiffsgläubiger an Ersatzforderungen In den Fällen der großen Haverei und des Verlustes oder der Beschädigung der 6 Güter durch rechtswidrige Handlungen findet §115 entsprechende Anwendung 2 . Die Vergütungs- und Entschädigungspflicht aus einem Verlust oder einer Beschädigung der Ladungsgüter (§85, §§711-713 H G B ) infolge einer großen Haverei oder durch rechtswidrige Handlungen tritt zugunsten der Schiffsgläubiger an die Stelle der Güter oder neben den dinglichen Anspruch, soweit die Güter noch erhalten sind. Die gesetzlichen Vergütungs- oder Entschädigungsansprüche stellen einen Ersatz für das geminderte Ladungsvermögen dar, werden also nach den §§116 Abs. 2, 115 von dem Pfandrecht der Ladungsgläubiger mit umfaßt. Diese schuldrechtlichen Ansprüche entstehen mit dem Verlust oder der Beschädigung sowie der rechtswidrigen Einwirkung auf die Güter.
2 Vgl. die dortigen Anmerkungen.
611
§117
8. Abschnitt. Verjährung
5. Die Beweislast 7
Im Rechtsstreit wegen der Beiträge zur großen Haverei hat der Frachtführer, der nach § 89 Abs. 3 das den Vergütungsberechtigten an den beitragspflichtigen Gütern zustehende Pfandrecht für sämtliche Berechtigten auszuüben hat, die Beiträge nach Grund und Höhe, sowie den Rang der Schiffsgläubiger im Verhältnis zu anderen Schiffsgläubigern zu beweisen. Macht er aus dem Pfandrecht auch Vergütungs- und Entschädigungsansprüche im Sinne der §§116 Abs. 2, 115 geltend, muß er ferner diese Ansprüche nach Grund und Höhe nachweisen. Bei der Geltendmachung des gesetzlichen Pfandrechts wegen aller Ansprüche aus Bergung und Hilfeleistung haben die Schiffsgläubiger an den geretteten Ladungsgütern ein gesetzliches Pfandrecht. Dieses Pfandrecht können die Helfer und Berger nach ihrer Wahl gegen den Schiffseigner oder gegen den Schiffsführer (§ 97 Abs. 2) geltend machen. In diesem Rechtsstreit muß der Schiffsgläubiger entweder eine Vereinbarung über seinen Lohnanspruch oder eine Entscheidung des Gerichts über den Lohnanspruch (§ 94) vorlegen und auch den Rang seines Rechts beweisen. Bergungs- und Hilfskosten sind vom Kläger nachzuweisen.
Achter Abschnitt
Verjährung §117 (1) Mit dem Ablaufe eines Jahres verjähren: 1. die öffentlichen Schiffs- und Schiffahrtsabgaben, insbesondere die Brükken-, Schleusen-, Kanal- und Hafengelder; 2. die aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung; 3. die Lotsengelder; 4. die Bergungs- und Hilfskosten einschließlich des Berge- und Hilfslohnes; 5. die Beiträge zur großen Haverei; 6. die Forderungen aus Geschäften, welche der Schiffer kraft seiner gesetzlichen Befugnisse (§§15 und 16) und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat; 7. die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung oder eines Lotsen (§§3, 4 Nr. 3, §7), soweit ihre Verjährung sich nicht nach § 118 bestimmt. (2) Die Verjährung beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Forderung fällig geworden ist. 612
Der einjährigen Verjährungsfrist unterliegende Forderungen
§117
Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Verjährungsbeginn 3. Der Eintritt der Verjährung 4. Die Wirkung der Verjährung . . . . 5. Vertragliche und gesetzliche Verjährungsfristen 6. Die der einjährigen Verjährungsfrist unterliegenden Ansprüche
1 2-5 6-7 8 9-11 12-16
Rdn. 7. Die einzelnen Forderungen im Sinne des §117 8. Die Verjährung der sonstigen Schiffsgläubigerforderungen . . . . 9. Die Verjährung der sonstigen AnSprüche gegen den Schiffseigner oder den Frachtführer 10. Die Beweislast . . . .
17-27 28-29
30-33 34
1. Allgemeines Die §§117, 118 sind durch das Seerechtsänderungsgesetz 1972 neu gefaßt 1 worden. Das Gesetz hat die einjährige Verjährungszeit für die in § 117 a. F. bezeichneten Forderungen aufrechterhalten, in § 118 jedoch eine zweijährige Verjährungsfrist für Ersatzansprüche aus einem Zusammenstoß von Binnenschiffen und für Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern bestimmt. Dort ist auch die Verjährung für den Ausgleich von Ausfällen bei Zahlungsunfähigkeit eines Gesamtschuldners näher geregelt. Die geltende Regelung stellt für die Dauer der Verjährungsfrist ein Sonderrecht gegenüber den §§194 ff. B G B dar. Die einjährige Verjährung des § 117 gilt auch für solche Ansprüche, die nicht nur auf die § § 3 , 4 , 114, 92-92 f., sondern auch auf allgemeine Rechtsvorschriften, z. B. §823 ff. B G B gestützt werden 1 . Dasselbe gilt für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung2 und aus Geschäftsführung ohne Auftrag 3 . Soweit die Ansprüche nicht unter die §§117, 118 fallen, sondern auf die §§ 823, 826 gestützt sind, richtet sich die Verjährung nach § 852 B G B . 4 Soweit die Verjährung nicht in den §§117, 118 geregelt ist, verbleibt es bei den allgemeinen Vorschriften des B G B . Unberührt läßt das Binnenschiffahrtsgesetz die allgemeinen Vorschriften des B G B über die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung5.
2. Der Verjährungsbeginn a) § 117 Abs. 2 entspricht § 118 a. F. 2 Die Vorschrift bezieht sich nur auf die in Abs. 1 genannten Forderungen, stellt also keinen allgemeinen Grundsatz auf. 1 2 3 4 5
O L G Hamm, ZfB 1973, 19. B G H Z 76, 312 = N J W 1981, 2576 = L M Nr. 6 zu § 1 1 7 BSchG = ZfB 1980, 301. B G H , VersR 1969, 562 = N J W 1969, 1205; VersR 1979, 952 = ZfB 1980, 20. Vgl. dazu auch unten Rdn. 11. R G Z 36, 120. Zur Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen der Parteien vgl. § 1 1 8 Rdn. 8.
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b) Die Regelung über den Beginn der Verjährung entspricht §201 B G B . Es kommt also nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung der Forderung, sondern ausschließlich auf den Eintritt der Fälligkeit an. In einem Schadensfalle tritt Fälligkeit regelmäßig mit der Entstehung des Schadens ein. Es muß die Möglichkeit bestehen, den Schuldner in Anspruch zu nehmen. Die Grundsätze des § 852 B G B sind auch auf den Beginn der Verjährungszeit anzuwenden. Der Geschädigte hat vorhandene Möglichkeiten zur Feststellung von Namen und Adressen des Schiffseigners, Schädigers und sonstigen Ersatzverpflichteten durch Einsichtnahme in Register oder Befragung der zuständigen Behörden auszuschöpfen, anderenfalls die einjährige Verjährung mit dem Schluß des Jahres beginnt, in welchem die Forderung auf Schadensersatz, nämlich im Zeitpunkte des Schadenseintritts fällig geworden ist 6 . Es reicht aus, wenn die Voraussetzungen einer Feststellungsklage gegeben sind7. Das gilt aber nur insoweit, als Schäden entstanden sind. Es entscheidet die Fälligkeit des Anspruchs als solcher. Haben die an einem Unfall Beteiligten eine kontradiktorische Schadenstaxe vereinbart, kann der Geschädigte vor dem Vorliegen der Taxe keine Leistungsklage erheben. Bis dahin ist daher seine Forderung nicht fällig. Voraussetzung eines solchen Aufschubs der Fälligkeit ist aber, daß die Parteien die Taxvereinbarung alsbald nach dem Schadensereignis treffen. Eine erst drei Monate danach getroffene Taxvereinbarung ist nicht ausreichend 8 . Soweit eine Rentenforderung aufgrund eines Unfalls geltend gemacht wird, beginnt die Verjährung einheitlich mit dem Schluß des Jahres, in dem die Schadensersatzforderung überhaupt fällig geworden ist.
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c) Bei Spätfolgen ist zu differenzieren. Spätfolgen, die im Zeitpunkt der Kenntnis des Gesamtschadens als möglich voraussehbar waren, verjähren mit der Entstehung des Schadens 9 . Das gilt auch bei fortlaufenden Schäden, wenn eine gewisse Dauer der Schadensfolgen zu erwarten ist. Erhöht sich nachträglich ein Schaden, ist das für den Verjährungsablauf unerheblich, da man sich auf die Unkenntnis nicht berufen kann. Der Geschädigte kann Feststellungsklage erheben, wenn die Möglichkeit weiterer vorhersehbarer Schäden besteht. Ein bezifferbarer Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls wird nicht erst zum Zeitpunkt der Reparatur und des Feststehens der Reparaturdauer, sondern schon vor Durchführung der Reparatur nach der Vorlage der Schadenstaxe fälHg10. Bei nicht vorhersehbaren, neuen selbständigen Schäden beginnt die Verjäh-
6 7 8 9 10
Berufungskammer Straßburg, ZfB 1989, 53. RGZ 83, 358. OLG Hamburg, VersR 1979, 816. BGH WM 78, 331. OLG Hamm, ZfB 1973, 19.
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rung mit dem Schluß des Jahres der Kenntnis des Schadens und des ursächlichen Zusammenhanges mit der unerlaubten Handlung 1 1 . d) Bei fortdauernden unerlaubten H a n d l u n g e n ist das Ende der schädigen- 5 den Handlung maßgebend, bei wiederholten Handlungen die Kenntnis der Handlungen 1 2 .
3. Der Eintritt der Verjährung Die Verjährung tritt durch Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist ein, wenn 6 die Frist nicht nach den allgemeinen Vorschriften des B G B rechtzeitig vor dem Fristablauf unterbrochen oder gehemmt worden ist. Nach § 209 B G B tritt eine H e m m u n g (§§202, 203, 205 B G B ) oder eine U n t e r b r e c h u n g (§§208 ff. B G B ) der Verjährung nur in den gesetzlich bestimmten Fällen ein. Der wichtigste Fall der Unterbrechung der Verjährungsfrist ist ein Anerkenntnis des Verpflichte-
ten13 und die Klageerhebung. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis hat auf
die Verjährungsfrist keinen Einfluß 14 . Eine Unterbrechung tritt nicht schon durch bloße mündliche oder schriftliche Mahnung des Schuldners ein. Eine Verjährung wird nicht durch eine unwirksame Klage unterbrochen. Bei unverzichtbaren Mängeln tritt die Unterbrechungswirkung der Klage mit der Behebung der Mängel ein 15 . Die unzulässige Klage unterbricht jedoch die Verjährung 1 6 . Auch die vor einem örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht erhobene Klage unterbricht wirksam den Ablauf der Verjährungsfrist 17 , ebenso wirkt das fehlende Rechtsschutzinteresse 1 8 oder das Fehlen der Prozeßfähigkeit 19 . Die Klage muß wirksam durch Zustellung der Klage erhoben sein. Die Klagezustellung wirkt auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift bei Gericht zurück, wenn die Zustellung „demnächst" erfolgt. Beruht die Verzögerung der Zustellung auf Umständen, die nicht der Sphäre des Klägers zuzuordnen sind, sind diese Umstände unerheblich 20 . Verhandeln nach einem Schiffszusammenstoß oder nach einer Fernschädigung der Ersatzpflichtige und der Ersatzberechtigte über den zu leistenden Schadensersatz, so ist die Verjährung in entsprechender Anwendung des § 852 Abs. 2 11 B G H VersR 1968, 1163. 12 B G H N J W 1985, 1023. 13 Zur Abgrenzung des konstitutiven Schuldanerkenntnisses von einem schuldbestätigenden Vertrag vgl. K G VersR 1975, 564. 14 O L G Karlsruhe, VersR 1972, 247. 15 B G B L M Z P O §253 N r . 16. 16 B G H Z 78, 5. 17 B G H N J W 1978, 1058. 18 B G H Z 39, 291; 103, 302. 19 B G H M D R 1974, 388. 20 B G H N J W 1971, 891.
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8. Abschnitt. Verjährung
B G B gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert 2 1 . 7
In Schiffsprozessen ist wichtig die Unterbrechung der Verjährung durch eine A u f r e c h n u n g und insbesondere durch eine S t r e i t v e r k ü n d u n g . N u r eine nach § 72 Z P O zulässige Streitverkündung unterbricht die Verjährung 2 2 .
4. Die Wirkung der Verjährung 8
N a c h § 222 B G B ist der Verpflichtete nach der Vollendung der V e r j ä h r u n g berechtigt, die Leistung zu verweigern. Eine Vollendung der Verjährung liegt vor, wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist. D a b e i sind Unterbrechungen und H e m m u n g e n zu berücksichtigen. D a s L e i s t u n g s v e r w e i g e r u n g s r e c h t ist im Rechtsstreit im Wege der E i n r e d e der V e r j ä h r u n g geltend zu machen. Von A m t s wegen kann die Verjährung nicht berücksichtigt werden. D e m Verpflichteten steht es frei, o b er sich überhaupt auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen will. Die Verjährungseinrede kann wirksam auch außerhalb des Rechtsstreits erhoben werden. Trägt ein Kläger im Rechtsstreit selbst vor, der Beklagte habe die Verjährungseinrede erhoben, muß das Gericht seine Klage abweisen. A u c h im Falle einer Verjährungseinrede bleibt die Forderung bestehen, sie ist einredebehaftet. Erfüllt der Schuldner die Forderung, erlischt die F o r d e r u n g ; denn sie ist noch erfüllbar. N a c h § 222 A b s . 2 Satz 1 B G B kann das zur Erfüllung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntnis der Verjährung bewirkt worden ist. Mit einer verjährten Forderung kann aufgerechnet werden ( § 3 9 0 B G B ) . Auf diese Forderung kann auch ein Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t (§273 B G B ) oder die E i n r e d e des nichterfüllten Vertrages gestützt werden. A u c h Pfandrechte bleiben bestehen. Schließlich kann der Anspruch im Wege der Einrede geltend gemacht werden. Auf die Einrede kann verzichtet werden 2 3 . Eine besonders wichtige Wirkung der Verjährung ist die, daß der S c h u l d n e r v e r z u g endet und alle Rechte, die auf dem Verzug beruhen, entfallen.
5. Vertragliche und gesetzliche Verjährungsfrist 9
a) D i e gesetzliche V e r j ä h r u n g s f r i s t e n der §§117, 118 sind nicht zwingender N a t u r . N a c h § 2 2 5 B G B kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft allerdings weder ausgeschlossen noch erschwert werden, weil die Verjährung der Erhaltung des Rechtsfriedens dient. Zulässig sind aber A b k ü r z u n g e n der V e r j ä h r u n g s frist, was auch durch allgemeine G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n möglich ist. Allge21 B G H Z 81, 370 = NJW 1982, 1041 = LM Nr. 24 zu §§92, 118 BSchG. 22 B G H ZfB 1976, 294. 23 B G H VersR 1972, 394; 1973 1690. 616
Der einjährigen Verjährungsfrist unterliegende Forderungen
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meine Geschäftsbedingungen unterliegen einer allgemeinen Inhaltskontrolle nach Maßgabe der Vorschriften des AGBG. Unzumutbar kurze Fristen sind unzulässig und verstoßen gegen das Leitbild des Gesetzes. b) Ein vor der Entstehung des Anspruchs erklärter Verzicht auf die Einrede 1 0 der Verjährung ist unwirksam. Parteien pflegen, wenn z. B. Verhandlungen zur gütlichen Einigung über Unfallfolgen schweben, auf die Einrede der Verjährung bis zum Ablauf einer bestimmten Frist oder des Scheiterns ihrer Verhandlungen zu verzichten. Auch ein solcher Verzicht ist zwar unwirksam, hat aber nach §242 BGB die Wirkung, daß die Verjährungseinrede bis zu dem vereinbarten Zeitpunkt unzulässig ist 24 . c) Das Gesetz hat in den §§117, 118 nur eine Regelung für bestimmte An- 1 1 sprüche getroffen. Nur auf diese Ansprüche findet mangels einer abweichenden Vereinbarung die gesetzliche Regelung Anwendung. Alle anderen Ansprüche unterliegen den Verjährungsvorschriften des BGB. 6. Die der einjährigen V e r j ä h r u n g s f r i s t u n t e r l i e g e n d e n A n s p r ü c h e a) Die in § 117 Nr. 1 - 7 aufgeführten, der einjährigen Verjährung unterliegen- 1 2 den Forderungen haben die Gemeinsamkeit, daß es sich um Ansprüche handelt, die mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestattet sind. Eine Ausnahme besteht insoweit auch nicht für Schäden durch Verschulden eines Lotsen. Hierfür hat der Schiffseigner nach § 3 Abs. 1 einzustehen. Auch für ein Verschulden des Lotsen haftet der Schiffseigner nur beschränkt dinglich mit Schiff und Fracht. Jedoch nicht sämtliche mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestatteten Forderungen im Sinne des § 102 unterliegen der kurzen Verjährung. Nicht der kurzen Verjährung unterliegen Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der Tötung oder Verletzung eines Reisenden (§ 4a Abs. 1) sowie Ansprüche wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungsgüter, des in § 77 bezeichneten Gepäcks (§ 102 Nr. 4) und die Forderungen im Sinne des § 102 Nr. 5 Abs. 1. b) Die Verjährungsfrist bezieht sich sowohl auf dingliche als auch auf persön- 1 3 liehe Ansprüche 2 5 . Auch die beschränkt persönlichen Ansprüche (§§ 90 Abs. 2, 91 Abs. 1 und 100 Abs. 2) einschließlich des Anspruchs aus § 114 werden von der Verjährungsregelung umfaßt. Die Forderungen können aber bei unterschiedlichem Fristablauf getrennte Wege gehen, insbesondere wenn Unterbrechung und Hemmung der Verjährung eingetreten ist 26 . c) Den in § 1 1 7 Nr. 1 - 7 aufgeführten Forderungen liegen Ansprüche zu- 1 4 gründe, die sich teils auf Rechtsgeschäfte beziehen (Nr. 2, 3, 6), teils auf unerlaubte Handlung (Nr. 7) und schließlich auf anderen Haftungsgründen (Nr. 1, 4, 5) beruhen. 24 BGH N J W 1974, 1285; 1979, 867; BGH VersR 1982, 365; 1986, 1081. 25 RGZ 127, 72; BGH VersR 1980, 619 = NJW 1981, 2576 = ZfB 1980, 301. 26 RGZ 36, 116.
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8. Abschnitt. Verjährung
D i e in § 117 N r . 7 genannten Forderungen aus dem Verschulden einer Person der S c h i f f s b e s a t z u n g u n d des L o t s e n , den das Gesetz nunmehr ebenfalls erwähnt, können auch durch Fernschädigungen entstanden sein. Die Verjährung umfaßt sämtliche Ansprüche aus Vertrag und außervertraglichem Verschulden 2 7 . Unter § 117 N r . 7 fallen auch Ansprüche aus dem Verschulden des Schiffseign e r s / S c h i f f s f ü h r e r s ( § 4 A b s . 2 Satz 2), weil der Hinweis auf die § § 3 , 4 N r . 3, 7 nur beispielhaft ist 2 8 . D a s gilt auch für Sportboote 2 9 . Unter § 117 N r . 7 fallen auch Ersatzansprüche des Schiffseigners gegen den Schiffsführer oder ein sonstiges Besatzungsmitglied aus schuldhaftem Verhalten, wenn nicht der arbeitsrechtliche F r e i s t e l l u n g s a n s p r u c h a u s g e f a h r g e n e i g t e r A r b e i t eingreift, da sich die Anwendung dieser Verjährungsvorschrift nach ihrem Wortlaut nicht auf die Ansprüche gegen den Schiffseigner beschränkt, wie auch die B e z u g n a h m e auf § 7 zeigt 3 0 . Wird durch den Betrieb eines Schiffes ein Gewässer verschmutzt, so verjährt der Ersatzanspruch des Geschädigten aus § 22 W H G gegen den Schiffseigner in sinngemäßer Anwendung des § 117 nach einem Jahr, gerechnet vom Schluß des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist 3 1 . D i e kurze Verjährung der Ansprüche aus § 117 N r . 7 ist nicht übertragbar auf jedwede Ansprüche aus dem Schiffsverkehr, sondern ist begrenzt auf Ersatz und Aufwendungsersatzansprüche gegen den Schiffseigner und die Personen der Schiffsbesatzung und umgekehrt. Ansprüche des Schiffseigners oder von Besatzungsmitgliedern g e g e n Dritte, z. B. die Bundesrepublik oder ein Bundesland unterliegen der Verjährung nach den allgemeinen Vorschriften. 15
d) A u c h bei sonstigen Forderungen im Rahmen des § 1 1 7 N r . 1 - 6 tritt die einjährige Verjährung sowohl bei vertraglichen als auch außervertraglichen Ansprüchen ein, also auch bei vertraglicher oder vertragsloser B e r g u n g oder Hilfsleistung, bei den Ansprüchen aus dem Dienstverhältnis und aus § 5. Für A n s p r ü c h e a u s V e r z u g gilt die Verjährungsfrist des Hauptanspruchs 3 2 . D e r kurzen Verjährungsfrist unterliegt auch der Anspruch gegen den Schiffseigner oder gegen den Ausrüster aus § 9 0 4 Satz 2 B G B , weil in entsprechender A n w e n d u n g der §§ 3, 4 Ziff. 3 die dingliche H a f t u n g und ein Schiffsgläubigerrecht im Range von § 102 N r . 5 begründet wird 3 3 .
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e) § 1 1 7 ist nicht zwingender N a t u r . D i e Parteien können kürzere Verjäh27 RGZ 105, 198; B G H ZfB 1959, 133; O L G Hamm ZfB 1973, 19; B G H VersR 1980, 619 = NJW 1981, 2576; ZfB 1980, 301. 28 RGZ 127, 72; B G H Z 19, 82; B G H VersR 1977, 738, KG, VersR 1973, 1036; O L G Hamburg VersR 1979, 816. 29 B G H VersR 1977, 738. 30 A. A. KG JW 1938, 2358 Nr. 40. 31 B G H Z 76, 312 = NJW 1981, 2576 = LM Nr. 6 zu §117 BSchG = ZfB 1980, 301. 32 B G H LM Nr. 3 zu §286 BGB. 33 B G H Z 19, 82 = NJW 1956, 381. 618
Der einjährigen Verjährungsfrist unterliegende Forderungen
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rungsfristen vereinbaren. Derartige Vereinbarungen finden sich in T r a n s p o r t u n d V e r l a d e b e d i n g u n g e n . Diese Bedingungen können an den Vorschriften des A G B G gemessen werden. D i e Verjährungsfrist darf nicht unzumutbar kurz bestimmt sein 3 4 . Wird eine Vereinbarung für unzulässig erklärt, ist die Verjährung nach den ergänzend anwendbaren gesetzlichen Vorschriften zu beurteilen. Vereinbarte kurze Verjährungsfristen sind nur zwischen den Vertragspartnern wirksam. Besteht zwischen dem verfolgten Anspruch und dem Vertrag keine Beziehung, so ist die vereinbarte Verjährungsfrist für den Dritten nicht bindend. In einem solchen Falle gilt die gesetzliche Verjährungsfrist 3 5 . Ein U n t e r f r a c h t f ü h r e r darf sich in der Regel auf haftungsbeschränkende oder bestimmte Fristen verkürzende Klauseln in den Transportbedingungen des Hauptfrachtführers berufen 3 6 . D i e in § 117 bestimmte Verjährungsregel geht als Sonderrecht den allgemeinen Verjährungsvorschriften z. B. aus § 852 B G B 3 7 auch dann vor, wenn der A n spruch gleichzeitig auf § 823 B G B gestützt wird, da die Verjährung durch die § § 1 1 7 , 118 für die darin genannten Tatbestände erschöpfend ist 3 8 . Im übrigen folgt die Verjährung für jeden Anspruch nach seiner besonderen Bestimmung 3 9 . D i e Verjährung nach § 1 1 7 N r . 7 wird nicht durch die früher beginnende Verjährung nach § 4 1 4 H G B verdrängt, die nach § 2 6 i. V. m. § 4 3 9 H G B für das Frachtgeschäft gilt. Zwischen der gesetzlichen H a f t u n g nach dem Binnenschifffahrtsgesetz und der frachtvertraglichen H a f t u n g besteht kein Spezialitätsverhältnis, sondern Anspruchskonkurrenz 4 0 . D i e kurze Verjährungsfrist des § 558 B G B wird, wenn das vermietete Schiff durch das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung beschädigt wird, nicht durch die längere Verjährungsfrist des § 117 abgelöst 4 1 .
7. Die einzelnen Forderungen im Sinne des § 117 a) D i e in N r . 1 genannten Forderungen entsprechen den in § 1 0 2 N r . 1 er- 1 7 wähnten, mit einem Schiffsgläubigerrecht ausgestatteten Forderungen. D i e kurze Verjährungsfrist gilt sowohl für den dinglichen Anspruch aus dem Schiffsgläubigerrecht als auch für diese persönliche Forderung. b) D i e in N r . 2 genannten Forderungen umfassen wie in § 102 N r . 2 alle A n - 1 8 sprüche aus dem D i e n s t - oder A r b e i t s v e r h ä l t n i s . D i e kurze Verjährungsfrist 34 35 36 37 38 39 40 41
Vgl. dazu B G H ZfB 1981, 98. RG JW 1910, 952 Nr. 36. B G H ZfB 1981, 98. Vgl. dazu B G H VersR 1980, 968. B G H LM Nr. 3 zu §286 BGB. B G H Z 9, 301 = NJW 1953, 1180. O L G Köln, Urt. vom 7. 12. 1973 - 3 U 63/73 - . O L G Köln, Urt. vom 28. 3.1969 - 3 U 162/68 619
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8. Abschnitt. Verjährung
findet sowohl für den Anspruch aus Vertrag, auf die persönliche H a f t u n g aus § 5 und auf die beschränkt dingliche H a f t u n g mit Schiff und Fracht Anwendung. Zur Schiffsbesatzung in diesem Sinne gehört nicht der freiwillig angenommene L o t s e , da die Lotsgelder, soweit es sich um öffentliche Abgaben handelt, von § 117 N r . 1 und im übrigen die Lotsgelder durch § 117 N r . 3 umfaßt werden. 19
c) D e r Schiffseigner haftet für die L o t s g e l d e r unbeschränkt und dinglich mit Schiff und Fracht. Ferner gewährt das G e s e t z dem L o t s e n nach § 1 0 2 N r . 3 A b s . 1 ein Schiffsgläubigerrecht. Alle diese Ansprüche unterliegen der kurzen Verjährungsfrist.
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d) I m Falle einer B e r g u n g o d e r H i l f e l e i s t u n g unterliegen alle Bergungs- und Hilfskosten einschließlich der Lohnansprüche der kurzen Verjährungsfrist. E b e n s o verjähren die wegen dieser Forderungen entstandenen Schiffsgläubigerrechte an Schiff und F r a c h t und an den geretteten G ü t e r n , sowie Ansprüche aus den § § 9 9 , 100 A b s . 2 und 3. A u c h für A n s p r ü c h e aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der G e s c h ä f t s f ü h r u n g o h n e A u f t r a g auf Ersatz von Aufwendungen und Schäden, die einem Schiffseigner infolge des Einsatzes seines Fahrzeuges bei der Rettung der in G e f a h r geratenen Besatzung eines anderen Fahrzeugs gegen dessen Eigner zustehen, gilt die einjährige Verjährungsfrist des § 117 entsprechend 4 2 . In diesem R a h men ist zu beachten, daß § 117 N r . 4 nur anzuwenden ist, wenn einem B i n n e n schiff auf Binnengewässern oder von Land her Hilfe geleistet ist oder eine B e r gung v o r g e n o m m e n wird. Leistet ein Seeschiff Hilfe oder wird ein Binnenschiff von einem Seeschiff geborgen, gelten die § § 7 4 0 ff. H G B 4 3 . Derartige F o r d e r u n gen verjähren nach § 902 N r . 3 H G B in zwei J a h r e n .
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e) D i e in § 117 N r . 5 genannten B e i t r ä g e z u r g r o ß e n H a v e r e i gewähren nach den §§ 89 A b s . 1, 102 N r . 3 ein Schiffsgläubigerrecht und nach § 89 A b s . 2 an den beitragspflichtigen G ü t e r n ein gesetzliches Pfandrecht an den einzelnen G ü t e r n . A u ß e r d e m k ö n n e n auch n o c h persönliche Forderungen gegen den Schiffsführer nach § 9 1 A b s . 1 und gegen den Frachtführer nach § 9 0 A b s . 2 entstanden sein. Alle diese A n s p r ü c h e verjähren nach einem J a h r .
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f) F ü r die in § 117 N r . 6 genannten Forderungen aus Geschäften im R a h m e n der gesetzlichen Befugnisse ( § § 1 5 , 16) und bei auftragslos geschlossenen G e schäften haftet der Schiffseigner beschränkt dinglich mit Schiff und F r a c h t . I n s o weit hat auch der Gläubiger nach § 102 N r . 3, 5 ein Schiffsgläubigerrecht. F e r n e r kann eine persönliche H a f t u n g des Schiffseigners nach § 5 in Frage k o m m e n , wenn der Schiffsführer Besatzungsmitglieder als gesetzlicher Vertreter angenommen hat. In allen Fällen bleibt es bei der einjährigen Verjährungsfrist.
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g) D i e in § 1 1 7 N r . 7 erwähnten Forderungen aus dem V e r s c h u l d e n e i n e r
42 BGH, VersR 1979, 952; BGH LM Nr. 5 zu § 117 BSchG. 43 Prüßmann-Rabe, SHR, Vor § 740 Anm. B. 620
Der einjährigen Verjährungsfrist unterliegende Forderungen
§117
P e r s o n der S c h i f f s b e s a t z u n g stellen die häufigsten Verjährungsfälle in der Praxis dar. A u c h in diesem Rahmen bezieht sich die Verjährungsfrist auf alle Ansprüche aus schuldhaftem Verhalten, gleichgültig ob aus Vertrag, §§ 3, 4, sonstigen H a f tungsvorschriften (§§ 7, 92 ff.) aus unerlaubter H a n d l u n g (§§ 823, 826 B G B ) oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag 4 4 . Unerheblich ist, ob für die Forderungen ein Schiffsgläubigerrecht besteht oder eine beschränkte oder unbeschränkte H a f tung anzunehmen ist. E s handelt sich um eine beispielhafte Aufzählung 4 5 . D i e Ansprüche aus dem Verschulden eines Schiffseigners, der sein Schiff selbst führt, richten sich nach den § § 1 1 7 , 118 und nicht nach § 8 5 2 B G B , auch wenn das Fahrzeug lediglich Sport- und Vergnügungsfahrten dient 4 6 . D e r Verjährung nach § 117 N r . 7 unterliegen auch alle S c h ä d e n a u s d e m Ver- 2 4 schulden der S c h i f f s b e s a t z u n g , wenn es ohne einen Zusammenstoß der Schiffe zu einer F e r n s c h ä d i g u n g im Sinne des § 9 2 A b s . 2 k o m m t . A u s dem Wortlaut des § 1 1 8 läßt sich nicht entnehmen, daß die zweijährige Frist auch auf solche Schadensfälle anwendbar ist 47 . D a s G e s e t z bestimmt ausdrücklich die zweijährige Verjährungsfrist nur für Schäden bei Schiffszusammenstößen. A u s dem Hinweis auf die §§ 92-92 f in § 118 könnte zwar entnommen werden, der Gesetzgeber habe die Fälle der Fernschädigung den Schäden aus Zusammenstößen gleichstellen wollen. E s ist jedoch nicht einzusehen, daß § 117 N r . 7 eine solche A u s n a h m e kennt. Stößt ein Binnenschiff mit einem anderen Binnenschiff oder mit einem See- 2 5 schiff innerhalb der Seegrenzen zusammen, gelten die § § 7 4 0 ff. H G B mit der Folge einer zweijährigen Verjährungsfrist des § 9 0 2 N r . 2 H G B . N a c h Art. 1, 7 I Ü Z verjähren auch sonstige Kollisionen zwischen B i n n e n - 2 6 u n d Seeschiff in zwei Jahren. In diesem Fall gilt nicht § 117 N r . 7, sondern § 902 N r . 2. A u f die Staatsangehörigkeit der Beteiligten k o m m t es nicht an. A u c h ein Anspruch aus § 904 B G B gegen den Ausrüster fällt unter § 117 N r . 7, weil diese Vorschrift auch für rechtmäßige und schuldlose Handlungen der Schiffsbesatzung gilt 4 8 . § 117 N r . 7 ist auch anwendbar, wenn der Eigentümer einer öffentlichen Was- 2 7 serstraße für die Suche und Bergung eines Ankers Ersatz seiner Aufwendungen nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag geltend macht 4 9 .
44 45 46 47 48
B G H VersR 1969, 1206. B G H Z 19, 82 = NJW 1956, 381. B G H Z 69, 62 = NJW 1977, 1729 = LM Nr. 4 zu §§117, 118 BSchG. O L G Köln, Urt. vom 22. 6.1979 - 3 U 29/79 - . B G H Z 19, 82 = NJW 1956, 381; B G H VersR 1980, 619 = NJW 1981, 256 = ZfB 1980, 301. 49 B G H NJW 1969, 1206; B G H LM Nr. 3 zu § 117 BSchG. 621
§117
8. Abschnitt. Verjährung
8. Die Verjährung der sonstigen Schiffsgläubigerforderungen 28
a) Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der T ö t u n g oder Verletzung von Reisenden (§ 4 a) sowie Ansprüche wegen Nichtablieferung der Ladungsgüter und des in § 77 bezeichneten Gepäcks gewähren nach § 102 N r . 4 ein Schiffsgläubigerrecht. Soweit es sich um den Verlust und die Beschädigung von Ladungsgütern oder die in § 102 N r . 5 erwähnten Forderungen wegen Nichterfüllung und wegen unvollständiger oder mangelhafter Erfüllung eines vom Schiffseigner geschlossenen Vertrages handelt, unterliegen die Ansprüche nach § 2 6 i. V. m. § § 4 3 9 , 414 H G B einer einjährigen Verjährungsfrist, die nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut durch Vertrag verlängert werden kann. Hierunter fallen alle Ansprüche gegen den Frachtführer, der, gleichgültig, ob er Schiffsführer ist oder nicht, aus dem Frachtvertrag auf Verlust, Minderung, Beschädigung oder verspäteter A b lieferung der Güter oder des diesen gleichgestellten Reisegepäcks haftet. Nach § 4 1 4 Abs. 2 H G B beginnt die Verjährung im Falle der Beschädigung oder Minderung mit dem Ablauf des Ablieferungstages, im Falle des Verlustes oder der verspäteten Ablieferung mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Ablieferung hätte bewirkt sein müssen. D i e Regelung, daß die Verjährung von Ansprüchen gegen den Frachtführer wegen des Verlustes des Frachtgutes mit dem Ablauf des Tages beginnt, an welchem er das Gut hätte abliefern müssen, ist nicht anzuwenden, soweit der Beklagte in seiner Eigenschaft als Schiffseigner oder Schiffsführer in Anspruch genommen wird 5 0 ' 5 1 . Ansprüche aus § 4 a verjähren nach § 8 5 2 B G B .
29
b) Die Forderung der Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung gegen den Schiffseigner verjähren nach § 25 S B G - G e meinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit. Ansprüche aus vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen verjähren in 30 Jahren nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung gelten die allgemeinen Vorschriften des B G B sinngemäß. Die Vorschriften der R V O über die Verjährung von Beiträgen sind aufgehoben und durch die des S G B ersetzt worden.
50 B G H VersR 1975, 823. 51 Zur Frage der Verjährung eines Anspruchs der Ladungsinteressenten auf Ersatz von Nässe- und Partikularschäden unter Berücksichtigung eines bereits vom Transportversicherer der Ladungsinteressenten erwirkten Feststellungsurteils vgl. B G H VersR 1966, 871; 1968, 9 6 0 ; 1970, 805.
622
Verjährung der Ansprüche aus Schiffszusammenstoß
§117
9. Die Verjährung der sonstigen Ansprüche gegen den Schiffseigner oder den Frachtführer a) D i e Ansprüche der „Frachtfuhrleute, Schiffer wegen des Fahrgeldes und 3 0 der Fracht mit Einschluß der Auslagen" ist nicht im Binnenschiffahrtsgesetz, sondern in § 196 N r . 3 B G B geregelt. Die Verjährungsfrist beträgt zwei Jahre. Darunter fallen sämtliche Ansprüche eines Frachtführers und ebenso die aus einem Chartervertrag, wenn die vertragsmäßige Leistung in der Beförderung einer Person oder von Gütern besteht. Unter diese Vorschrift fällt nicht nur die Forderung auf Zahlung der Fracht, sondern sämtliche Ansprüche aus dem Frachtvertrag wie Frachtzuschläge, Faut- und Distanzfracht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung, Auslagen und Liegegelder 5 2 . D e r Anspruch auf Mietzins für ein vom Schiffseigner selbst geführtes und bemanntes Schiff verjährt nach § 196 N r . 6 B G B in zwei Jahren 5 3 . Liegt keine gewerbsmäßige Vermietung des Schiffes vor, weil es sich um das einzige Schiff des Schiffseigners handelt, gilt nach § 197 B G B die vierjährige Frist des § 197 B G B , weil Schiffe bewegliche Sachen sind 5 4 . b) Ansprüche eines Schleppunternehmers verjähren nicht nach § 1 9 6 N r . 3 3 1 B G B in zwei Jahren, weil der Schleppvertrag kein Frachtvertrag, sondern ein Werkvertrag ist. 5 5 Diese Ansprüche fallen unter § 196 Abs. 1 N r . 1 B G B . D a aber die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt, beträgt die Verjährungsfrist nach § 196 Abs. 2 B G B vier Jahre. c) Sonstige Ansprüche des Schiffseigners, des Frachtführers und eines 3 2 Schleppunternehmers unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 B G B , verjähren also in 30 Jahren. Im Falle von unerlaubten Handlungen ist § 852 B G B anzuwenden. Wird ein Anspruch wegen des Verschuldens des Schiffsführers aufgrund einer Vereinbarung durch einen neuen selbständigen Anspruch nach § 7 8 1 B G B ersetzt, gilt die 30jährige Frist des § 195 B G B 5 6 . d) Soweit Ansprüche aus Vertrag, unerlaubter Handlung oder sonstigen Haf- 3 3 tungsvorschriften durchgreifen, unterliegt jeder Anspruch seiner eigenen Verjährungsfrist 57 .
52 53 54 55 56 57
RGZ BGH BGH RGZ RGZ RGZ
61, 390; 64, 287. ZfB 1962, 381. LM 7 zu § 196 BGB. 118, 27. 75, 4. 118, 141; BGHZ 9, 301. 623
§ 118
8. Abschnitt. Verjährung
10. Die Beweislast 34
Erhebt ein Schuldner die Einrede der Verjährung, hat er unabhängig von seiner Stellung im Rechtsstreit Beginn und Ablauf der Verjährung zu beweisen 58 . Wendet der Gläubiger Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung ein, trifft ihn dafür die Beweislast.
§118 (1) Ersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen (§§ 92 bis 92 f) verjähren mit Ablauf von zwei Jahren seit dem Ereignis. (2) Ausgleichsansprüche unter mehreren für einen Schaden aus einem Zusammenstoß als Gesamtschuldner haftenden Schiffseignern verjähren mit dem Ablauf eines Jahres. Die Verjährung beginnt mit dem Tage der Zahlung, auf Grund deren die Ausgleichung verlangt wird, oder, wenn vorher eine gerichtliche Entscheidung über die Höhe der gesamtschuldnerischen Haftung rechtskräftig geworden ist, mit dem Tage der Rechtskraft der Entscheidung. Die Verjährung von Ansprüchen, die einem Gesamtschuldner wegen des Ausfalls, den er bei der Ausgleichung durch die Zahlungsunfähigkeit eines anderen Gesamtschuldners erleidet, gegen die übrigen Gesamtschuldner zustehen, beginnt jedoch nicht vor dem Tage, an dem der Berechtigte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit erlangt.
Übersicht Rdn.
Rdn.
1. Allgemeines
1
5. Parteivereinbarungen
2. D i e Verjährung bei Kollision . . . .
2
6. D i e
schuldnern 4 . D i e Verjährung des
Hemmung
durch
3. Ausgleichsansprüche unter G e s a m t 3-5 Ausgleichsan-
der
Verhandlungen
Verjährung über
den
Schaden 7. D i e Beweislast
spruchs bei Zahlungsunfähigkeit eines G e s a m t s c h u l d n e r s
6
1. Allgemeines 1
Die jetzige Fassung des §118 beruht auf dem SRAG 1972. Damit sind die früher aufgekommenen Zweifelsfragen, wie die Verjährung beim Zusammenstoß von Schiffen und insbesondere bei Ausgleichsansprüchen unter den Gesamtschuldnern zu beurteilen sind, gelöst. Das Gesetz hat eine klare Regelung getroffen, an die sich die Praxis halten kann.
58 B G H W P M 80, 534.
624
Verjährung der Ansprüche aus Schiffszusammenstoß
§118
2. Die Verjährung bei Kollisionen Ersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen (§§ 92-92 f) verjähren 2 in zwei Jahren. Diese Verjährungsfrist beginnt mit dem Unfallereignis. Die zweijährige Verjährung nach diesen Vorschriften gilt auch für die Ansprüche, die auf allgemeine Rechtsvorschriften wie z. B. §§ 823 ff BGB gestützt werden 1 . Aus dem Hinweis in § 118 Abs. 1 auf die §§ 92—92 f folgt nicht, daß die zweijährige Verjährungsfrist auch bei den in § 92 Abs. 2 angesprochenen Schadensfällen, in denen ein Zusammenstoß nicht stattgefunden hat, anwendbar ist. Insoweit gilt §117 Abs. 1 Nr. 7 ebenso wie bei der Anfahrung eines Dalbens oder einer Brücke. Haben die Parteien die Aufstellung einer kontradiktorischen Schadenstaxe vereinbart, wird der Beginn der Verjährungsfrist bis zur Erstellung der Schadenstaxe aufgeschoben 2 . Voraussetzung für einen solchen Aufschub der Fälligkeit ist aber, daß die Parteien die Taxvereinbarung alsbald nach dem Schadensereignis treffen. Eine erst 3 Monate danach getroffene Taxvereinbarung ist nicht ausreichend 3 . Ist nur ein Teil des Gesamtschadens, dessen Betrag sich aus Einzelforderungen zusammensetzt, mit der Klage geltend gemacht worden, so unterbricht diese Klage die Verjährung, wenn nicht nur die Aufgliederung des Klagebetrages auf die Einzelforderungen, sondern auch die Bezifferung erst nach dem Ablauf der Verjährungsfrist im Laufe des Rechtsstreits erfolgt 4 .
3. Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern a) Das Gesetz hat für Ausgleichsansprüche unter mehreren Gesamtschuld- 3 nern aus einem Schiffszusammenstoß eine einjährige Verjährungsfrist bestimmt, weil eine zügige Abwicklung von Ausgleichsansprüchen geboten ist. Damit wird ausdrücklich klargestellt, daß in derartigen Fällen nicht die allgemeine 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tage, an dem der Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und deshalb Ausgleich von anderen Gesamtschuldnern verlangen kann 5 . b) Die Verjährungsfrist kann schon vor der Entstehung des Ausgleichsan- 4 spruchs in Lauf gesetzt werden. Ist eine gerichtliche Entscheidung über eine gesamtschuldnerische Haftung rechtskräftig geworden, beginnt der Lauf der Verjährungsfrist mit dem Tage der Rechtskraft. Durch ein rechtskräftiges Urteil wird die Verjährung nur gegenüber Gesamt1 2 3 4 5
OLG OLG OLG BGH BGH
Hamm, ZfB 1973, 19. Hamburg, VersR 1979, 816. Hamburg, VersR 1979, 816. VersR 1967, 855. LM Nr. 2 zu § 117 BSchG.
625
§118
8. Abschnitt. Verjährung
Schuldnern in Lauf gesetzt, die als Gesamtschuldner im Urteilstenor genannt sind. Dritten gegenüber, die an dem Rechtsstreit nicht beteiligt waren, wird die Verjährung nicht in Lauf gesetzt. Das gilt insbesondere auch dann, wenn dem Dritten nur der Streit verkündet worden war. Allerdings unterbricht die Streitverkündung die Verjährung des Ausgleichsanspruchs nach § 209 Abs. 2 Ziff. 4 B G B bis zur Rechtskraft des Urteils. Die Streitverkündung unterbricht aber die Verjährung nur dann, wenn sie nach § 72 Z P O zulässig ist 6 . 5
c) Ausgleichsansprüche, die nicht auf einem Schiffszusammenstoß beruhen, unterliegen der 30jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB 7 .
4. Die Verjährung des Ausgleichsanspruchs bei Zahlungsunfähigkeit eines Gesamtschuldners 6
Bei Zahlungsunfähigkeit eines Gesamtschuldners ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen (§ 426 Abs. 1 Satz 2 B G B ) . Durch die Rechtsverfolgung gegen einen Gesamtschuldner, der sich dann bei der Zwangsvollstreckung als zahlungsunfähig erweist, kann erhebliche Zeit verstreichen. Das Gesetz will den Gesamtschuldner, der seinerseits die Schuld erfüllt hat, schützen und läßt deshalb den Beginn der einjährigen Verjährungsfrist des Ausgleichsanspruchs für einen Ausfall, den ein Gesamtschuldner durch die Zahlungsunfähigkeit eines anderen Gesamtschuldners erleidet, erst am Tage der Kenntnis des Berechtigten von der Zahlungsunfähigkeit eintreten.
5. Parteivereinbarungen 7
Die Fristen des § 118 können durch Parteivereinbarungen verkürzt werden. Hat ein Schiffseigner mit einem Dritten durch eine Vereinbarung die Verjährungsfrist abgekürzt, können auch die Mitglieder seiner Schiffsbesatzung in den Schutzbereich dieser Abrede aus dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Vertrages zu Gunsten Dritter einbezogen sein. Umgekehrt kann aber eine Verjährungsverzichtserklärung des Schiffseigners keinen Vertrag zu Lasten der Schiffsbesatz u n g begründen. Es gibt in der Binnenschiffahrt auch keine gewohnheitsrechtliche Ü b u n g des Inhalts, daß eine Verjährungsverzichtserklärung des Schiffseigners auch für die Schiffsbesatzung gelten soll.
6. Die H e m m u n g der Verjährung durch Verhandlungen über den Schaden 8
Verhandlungen der Beteiligten nach einem Schiffszusammenstoß oder einer Fernschädigung über den Schaden hemmen den Ablauf der Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung des § 852 B G B , bis der eine oder andere Teil die 6 B G H Z f B 1976, 294. 7 Berufungskammer der ZentrK. Urt. v. 7. 12.1972 - 15 Z 2/72.
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Verjährung der Ansprüche aus Schiffszusammenstoß
§118
Fortsetzung der Verhandlungen ablehnt, da es sich bei diesen Ansprüchen gegen den oder die Eigner der beteiligten Schiffe der N a t u r nach u m Deliktsansprüche besonderer Art handelt 8 . Eine schriftliche Vereinbarung, die Einrede der Verjährung nicht erheben zu wollen, u m im Verhandlungswege zu einer außergerichtlichen Regelung streitiger Ansprüche zu gelangen, braucht nicht schriftlich gekündigt zu werden. E s genügt der bloße A b b r u c h der Verhandlungen 9 . Werden Ansprüche abgelehnt, ist darin allein noch keine abschließende Stellungnahme und ein Scheitern von Verhandlungen zu sehen, wenn aus der Sicht der einen Seite noch nicht jede M ö g lichkeit ausgeschlossen erscheint, daß der andere Teil seine Meinung ändert. N a c h dem A b b r u c h von Verhandlungen muß alsbald Klage erhoben werden. Binnen welcher Frist Klage zu erheben ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Muß der mit den Verhandlungen beauftragte Rechtsanwalt wegen Beteiligter im Ausland Ermittlungen anstellen, kann die Frist auch mehrere M o nate betragen. A u c h in Schiffahrtssachen braucht der Geschädigte dem Schädiger nicht mehr Zeit als üblich einzuräumen 1 0 . D i e Verjährung wird auch dann gehemmt, wenn eine arme Partei ihr G e s u c h u m P r o z e ß k o s t e n h i l f e innerhalb des Laufs der Verjährungsfrist, aber so spät einreicht, daß darüber innerhalb der Verjährungsfrist nicht mehr entschieden werden k a n n " . Ein deklaratorisches S c h u l d a n e r k e n n t n i s ist auf den Lauf der Verjährungsfrist ohne Einfluß 1 2 . Erkennt ein Schädiger seine Ersatzpflicht außergerichtlich dem G r u n d nach an und verzichtet er auf die Einrede der Verjährung, verstößt die Einrede der Verjährung im nachfolgenden Rechtsstreit auch dann gegen Treu und Glauben, wenn mit Rücksicht auf den besonderen Charakter der Arbeiten zur Schadenserhebung zwischen dem Anerkenntnis und dem Verzicht einerseits und der Klageerhebung andererseits 12 Monate liegen. D a s gilt auch im Falle der Verweigerung von Abschlagszahlungen 1 3 .
7. Die Beweislast Erhebt der Schuldner eines Ersatzanspruchs aus einer Kollision oder ein G e - 9 samtschuldner gegenüber dem Ausgleichsanspruch eines anderen Gesamtschuldners, der gezahlt hat oder wegen Zahlungsunfähigkeit eines dritten Gesamt-
8 9 10 11 12 13
BGH OLG OLG BGH OLG OLG
NJW 1982. 1041 = VersR 1981, 1174. Köln, Urt. v. 6. 12. 1974 - 3 U 37/74 - . Köln, Urt. v. 16. 3. 1973 - 3 U 69/71 - . NJW 1978, 938. Karlsruhe, VersR 1972, 247. Köln, VersR 1970, 1005. 627
SchiRegO
Schiffsregisterordnung
Schuldners eine Ausgleichung seines Ausfalls verlangt, die Einrede der Verjährung, so hat er Beginn und Ablauf der Verjährung zu beweisen 1 4 . Wendet der Berechtigte H e m m u n g oder U n t e r b r e c h u n g der Verjährung ein, trifft ihn dafür die Beweislast.
§ 119-129 (aufgehoben) D e r Inhalt dieser Vorschrift ist in die Schiffsregisterordnung - S c h R e g O , abgedruckt im Anhang, eingegangen.
Schiffsregister ( F r ü h e r § § 1 1 9 bis 129 B S c h G ) 1. Die gesetzliche G r u n d l a g e der Schiffsregister D i e im N e u n t e n Abschnitt (Schiffsregister) enthaltenen Vorschriften der § § 1 1 9 bis 129 B S c h G sind nicht mehr in K r a f t ; sie wurden aufgehoben nach Artikel 1 Ziffer 5 einer Verordnung zur D u r c h f ü h r u n g des Gesetzes über R e c h t e an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 2 1 . 1 2 . 1 9 4 0 1 , die nach § 83 des Gesetzes über R e c h t e an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. 1 1 . 1 9 4 0 erlassen worden ist. D i e bisherige gesetzliche Regelung der damit aufgehobenen § § 1 1 9 bis 129 B S c h G über die Grundsätze des Schiffsregisters wurde z u m Teil wörtlich, z u m anderen Teil sinngemäß in die Schiffsregisterordn u n g v o m l 9 . 12. 1940 2 ü b e r n o m m e n , die jetzt in der Fassung v o m 26. 5. 1951 3 gilt. D i e Schiffsregisterordnung enthält eine Zusammenfassung der für das Schiffsregister maßgeblichen Vorschriften, die gegenüber der bis dahin geltenden R e g e lung der §§ 1 1 9 - 1 2 9 erheblich ausgestaltet worden sind. I m ersten Abschnitt der Schiffsregisterordnung ( S c h i R e g O ) sind die allgemeinen Vorschriften enthalten (§§ 1 - 8 ) , der zweite Abschnitt (§§ 9 - 2 2 ) regelt die Eintragung des Schiffes, der dritte Abschnitt (§§ 2 3 - 5 9 ) die Eintragung von Rechtsverhältnissen, der vierte Abschnitt ( § § 6 0 - 6 3 ) die Schiffsurkunden, der fünfte Abschnitt ( § § 6 5 - 7 4 ) das Schiffsbauregister, der sechste A b s c h n i t t (§§ 7 5 - 9 0 ) das Beschwerdeverfahren.
14 1 2 3
BGH WPM 80, 534. RGBl. I S. 1609, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. 8.1969 (BGBl. I S. 1513). RGBl. I S. 1591. BGBl. I S. 355, zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. 7. 1980 (BGBl. I. S. 833).
628
Schiffsregisterordnung
SchiRegO
2. Die Bedeutung des Binnenschiffsregisters a) Nach der Begründung zum Entwurf des Binnenschiffahrtsgesetzes ist dem Schiffsregister die Aufgabe zugewiesen, für „die Beteiligten ein zuverlässiges und allgemein zugängliches Mittel zur Auskunft über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der einzelnen Schiffe zu schaffen" 4 . Das Binnenschiffsregister soll also in erster Linie der Erleichterung des Rechtsverkehrs dienen, es soll damit die Ermittlung und Feststellung der Binnenschiffe sowie der an diesen bestehenden Rechte und Rechtsverhältnisse erleichtert werden. b) Darüber hinaus ist das Binnenschiffsregister von grundlegender Bedeutung nunmehr auch für den Eigentumserwerb an einem „registrierten", im Schiffsregister eingetragenen Binnenschiff. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken ist zur Übertragung des Eigentums an einem im Binnenschiffsregister eingetragenen Schiff die Einigung des Eigentümers und des Erwerbers sowie die Eintragung des Eigentumsüberganges in das Binnenschiffsregister erforderlich. Vor dieser Registereintragung sind die Beteiligten nach §3 Abs. 2 des angezogenen Gesetzes an die dingliche Einigung nur gebunden, wenn die Erklärung gerichtlich oder notarisch beurkundet oder vor dem Registergericht abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Eigentümer dem Erwerber eine den Vorschriften der Schiffsregisterordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat. c) Ferner ist das Binnenschiffsregister von erheblicher Bedeutung für die Verpfändung eines registrierten Schiffes. Nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, abgedruckt im Anhang, kann ein solches im Schiffsregister eingetragenes Schiff zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, daß der Gläubiger berechtigt ist, wegen einer bestimmten Geldsumme Befriedigung aus dem Schiff zu suchen. Die Bestellung dieser Schiffshypothek erfolgt nach den §§8 Abs. 2, 3 Abs. 1 des angezogenen Gesetzes durch Einigung und Eintragung in das Schiffsregister, und zwar muß die Einigung nach §37 SchiRegO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. d) Nach § 76 Abs. 1 des Gesetzes über Rechte an Schiffen und Schiffsbauwerken kann auch an einem auf einer Schiffswerft im Bau befindlichen Schiff (Schiffsbauwerk) eine Schiffshypothek bestellt werden, und zwar nach § 77 des angezogenen Gesetzes durch Eintragung in das Register für Schiffsbauwerke. Von diesem Zeitpunkt an gelten dann für den Eigentumserwerb an dem registrierten Schiffsbauwerk die gleichen Vorschriften wie bei den registrierten Binnenschiffen 5 . e) Nach § 9 des Gesetzes über Rechte an Schiffen und Schiffsbauwerken kann auch ein Nießbrauch an einem registrierten Binnenschiff bestellt werden, wenn
4 Begr. S. 127. 5 Vgl. Anm. 1 b.
629
SchiRegO
Schiffsregisterordnung
damit eine Verpflichtung zur Bestellung des Nießbrauchs am ganzen Vermögen des Eigentümers oder an einer Erbschaft oder an einem Bruchteil des Vermögens oder der Erbschaft erfüllt werden soll. f) Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Schiff oder an einer Schiffshypothek oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in das Schiffsregister eingetragen werden. Die Vormerkung wird nach § 11 auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund der Bewilligung dessen eingetragen, dessen Schiff oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird. g) Nach § 2 1 des Gesetzes über Rechte an Schiffen und Schiffsbauwerken kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters eingetragen werden, wenn der Inhalt des Schiffsregisters, soweit er das Eigentum, eine Schiffshypothek, ein Recht an einer solchen, einen Nießbrauch oder eine Verfügungsbeschränkung betrifft, mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang steht. D e r Widerspruch wird auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund einer Bewilligung des durch die Berichtigung des Schiffsregisters Betroffenen eingetragen. h) Die Zwangsvollstreckung in ein eingetragenes Schiff erfolgt, wie bei einem Grundstück, durch gerichtliche Zwangsversteigerung nach den §§ 162 ff. Z V G . Bei den sonstigen Schiffen wird die Zwangsvollstreckung durch Pfändung vorgenommen. Ein Arrest wird in ein registriertes und in ein nicht registriertes Binnenschiff durch Pfändung nach den § § 9 3 1 , 930 Z P O vollzogen; jedoch ist das Arrestpfandrecht eintragbar, und es finden darauf die Vorschriften über die durch Rechtsgeschäft bestellten Pfandrechte (Registerpfandrechte) Anwendung ( § 9 3 1 Abs. 4 Z P O ) . i) Nach § 435 Abs. 2 B G B ist der Verkäufer eines Schiffes verpflichtet, die im Schiffsregister eingetragenen, vom Käufer nicht übernommenen oder nicht mehr bestehenden Rechte auf seine Kosten zur Löschung zu bringen, wenn sie das dem Käufer zu verschaffende Recht beeinträchtigen würden. Der Verkauf eines eingetragenen Schiffes bedarf nicht, wie beim Grundstück, der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung, sondern ist formlos gültig. 3. Die Schiffsregisterbehörden a) Nach § 1 Abs. 1 SchiRegO werden die Schiffsregister von den Amtsgerichten geführt; eine gleiche Regelung bestand früher nach § 119 Abs. 1 B S c h G . b) Nach § 1 Abs. 2 SchiRegO bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung die Amtsgerichte, bei denen die Schiffsregister zu führen sind und die Registerbezirke. Es soll hiermit einer „zu weit gehenden Zersplitterung" der Schiffsregister vorgebeugt sowie eine sachgemäße und einheitliche Handhabung gewährleistet werden. Bereits unter der Herrschaft der früheren Bestimmungen wurde ein weitgehender Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht, einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Gerichte die Führung der Schiffsregister zu übertragen. 630
Schiffsregisterordnung
SchiRegO
c) Die mit der Führung des Schiffsregisters betrauten Amtsgerichte haben die Register einzurichten, die Eintragungen und Löschungen vorzunehmen sowie die Beteiligten zur Stellung der erforderlichen Anträge zu veranlassen. Die sachliche Zuständigkeit bestimmt nach § 2 SchiRegO die Landesjustizverwaltung. d) Es werden nach § 3 SchiRegO die Seeschiffsregister und Binnenschiffsregister getrennt, aber ausschließlich von den Amtsgerichten geführt. 4. Die örtliche Zuständigkeit der Registergerichte a) Nach § 4 Abs. 1 SchiRegO (ebenso früher § 121 BSchG) ist ein Binnenschiff in das Schiffsregister seines Heimatortes (Heimathafens) einzutragen. Die Auswahl des Registergerichts ist demnach nicht den Beteiligten freigegeben, sondern diese gesetzliche Regelung der örtlichen Zuständigkeit ist zwingend. Der hauptsächliche Zweck des Schiffsregisters besteht darin, den Beteiligten „ein zuverlässiges Mittel zur Auskunft über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der einzelnen Schiffe zu schaffen" 6 . Deshalb mußte dafür gesorgt werden, daß jedes Schiff grundsätzlich in ein bestimmtes Register eingetragen werden muß. b) N a c h § 1 Abs. 2 SchiRegO bestimmt die Landesregierung die Amtsgerichte, bei denen Schiffsregister zu führen sind. Die Landesregierung kann also eine anderweitige Regelung herbeiführen, indem sie die Führung des Schiffsregisters für die Bezirke mehrerer Gerichte einem von diesen überträgt. c) Das Amtsgericht des Heimatortes des Schiffes kommt als Registergericht in Betracht. Es entscheidet also nicht die Heimat, der Heimatort oder der Wohnsitz des Schiffseigners, sondern der Heimatort des Schiffes im Sinne des § 6, dessen Begriffsbestimmung zugrunde zu legen ist. Hiernach gilt als Heimatort derjenige Ort, von dem aus die Schiffahrt mit dem einzutragenden Schiff tatsächlich betrieben wird. Es ist grundsätzlich erforderlich, daß die dahingehende Absicht des Schiffseigners auch verwirklicht wird 7 . Jedoch schließt dies nicht aus, daß ein Schiff schon vor seiner Verwendung zur Schiffahrt zur Eintragung angemeldet wird; es genügt dann die Glaubhaftmachung, daß die Schiffahrt in dieser Weise betrieben werden soll. Eine Verpflichtung zur Eintragung entsteht aber erst mit der Verwendung. Falls die Schiffahrt mit dem Schiff von mehreren Orten aus betrieben wird, wie dies meist der Fall sein wird, so sind für die Ermittlung der örtlichen Zuständigkeit des Registergerichts die im § 6 Abs. 2 und 3 aufgestellten „Fiktionen" heranzuziehen; danach sollen in folgender Reihenfolge entscheiden: die Geschäftsniederlassung, der Wohnsitz, die Veranlagung des Schiffseigners zur Gewerbe- oder Einkommensteuer 8 . d) Eine Ausnahme von dieser Regelung besteht für das Register der Schiffspfandrechte an im Bau befindlichen Schiffen. Nach § 6 7 SchiRegO ist für die 6 Begr. S. 127. 7 K G in O L G 14, 389. 8 Vgl. im übrigen § 6 B S c h G Anm. 2, 3 a.
631
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Eintragung solcher Schiffsbauwerke das Amtsgericht des Erbauungsortes zuständig. Erst nach vollständiger Fertigstellung und Stapellauf ist das Schiff dann im Schiffsregister des Heimatortes einzutragen. 5. Die Öffentlichkeit des Schiffsregisters a) Nach § 8 Abs. 1 S c h i R e g O (ebenso früher § 120 B S c h G ) ist das Schiffsregister öffentlich und die Einsicht in das Register ist jedem gestattet. Die hiernach vorgesehene Öffentlichkeit des Schiffsregisters ist der für die Handelsregister bestehenden Regelung nachgebildet. b) Das Schiffsregister ist öffentlich, d. h. für jeden zugänglich. Es kann von jedermann eingesehen werden, ohne daß irgendein Interesse nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden muß. Es kann aber nur die Einsichtnahme, nicht etwa auch die Zusendung der Register verlangt werden. Die Öffentlichkeit des Schiffsregisters schließt nicht aus, daß für die Einsichtnahme Gebühren erhoben werden. c) Diese unbeschränkte Öffentlichkeit erstreckt sich nur auf das Schiffsregister, also nicht auch auf die Schiffsregisterakten, d. h. auf die Vorgänge und Unterlagen, die bei der Führung des Schiffsregisters entstehen. Die Einsicht in diese Schiffsregisterakten sowie in die Urkunden und in die noch nicht erledigten Eintragungsanträge ist nach § 8 Abs. 2 SchiRegO einem Beteiligten nur insoweit gestattet, als er ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. d) Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SchiRegO können von den Eintragungen Abschriften gefordert werden. Dies Recht zur Einforderung von Abschriften, das sich aus der Öffentlichkeit des Registers ergibt, steht ebenfalls jedermann ohne Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses zu. Von den „Eintragungen", also von jedem im Schiffsregister in Erscheinung getretenen Vorgang und von dem gesamten Inhalt des Schiffsregisters, können Abschriften verlangt werden. Die Aushändigung dieser Schiffsregisterauszüge kann von der vorherigen Bezahlung der Kosten abhängig gemacht werden. e) Die auf Antrag zu erteilenden Abschriften aus dem Schiffsregister sind nach § 8 Abs. 1 SchiRegO „auf Verlangen zu beglaubigen". Solche beglaubigten Schiffsregisterauszüge werden zum Nachweis über den Inhalt des Schiffsregisters benötigt; so ist die Einreichung eines derartigen Schiffsregistererzeugnisses bei der Einleitung der Zwangsversteigerung eines eingetragenen Binnenschiffes nach den § § 1 6 2 ff. Z V G ausdrücklich vorgeschrieben. 6. Anmeldepflicht und Eintragungszwang a) Nach § 3 Abs. 3 SchiRegO können in das Binnenschiffsregister nur solche zur Schiffahrt auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern bestimmte Schiffe (Binnenschiffe nach § 1 B S c h G ) eingetragen werden, deren Tragfähigkeit mehr als 10 Tonnen beträgt oder Nichterwerbsschiffe mit mehr als 5 cbm Wasserverdrängung, ferner Schlepper, Tankschiffe und Schubboote, auch wenn bei ihnen 632
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diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Eine Anmeldepflicht, ein Eintragungszwang besteht nach § 10 A b s . 2 S c h i R e g O aber nur, wenn das Schiff eine Tragfähigkeit von mehr als 20 Tonnen oder bei Nichterwerbsschiffen von mehr als 10 c b m Wasserverdrängung hat, oder wenn das Schiff ein Schlepper, ein Tankschiff oder ein Schubboot ist. E s liegt also nur insoweit ein Eintragungszwang vor, während für andere Schiffe nach § 3 A b s . 3 S c h i R e g O nur eine Eintragungsfähigkeit aufgestellt ist. D i e Eintragung in das Register erfolgt nicht ohne weiteres von A m t s wegen, sondern auf Antrag der Beteiligten (vgl. § § 9 , 10 SchiR e g O ) . D i e Stellung dieser Anträge ist aber nicht dem Belieben der Beteiligten überlassen; vielmehr sind sie v o m Registergericht durch Zwangsgeld hierzu anzuhalten (vgl. § 19 A b s . 1). E s besteht also eine Anmeldepflicht, soweit die Binnenschiffe im § 10 für eintragungspflichtig und nicht nur, wie im § 3 A b s . 3 für eintragungsfähig erklärt worden sind. b) Diese Anmeldepflicht liegt nach den §§ 10 A b s . 1, 18 A b s . 1 S c h i R e g O dem Eigentümer des Schiffes, also nicht dem Schiffseigner ( § 1 ) oder Ausrüster (§2), sondern demjenigen ob, in dessen Eigentum das Schiff im Zeitpunkt der Stellung des Antrages steht 9 . c) E s ist unerheblich, welchem Zweck die Schiffe dienen, insbesondere o b sie gewerblich oder sportlich verwendet werden 1 0 . E s muß sich aber um Binnenschiffe im Sinne des § 1 B S c h G , d. h. um solche Schiffe handeln, die zur Schifffahrt auf Binnengewässern bestimmt und hierzu verwendet werden oder werden sollen. F ü r Seeschiffe steht nicht das Binnenschiffsregister, sondern das ähnlich eingerichtete Seeschiffsregister zur Verfügung. d) D i e Anmeldepflicht beginnt mit der ersten Verwendung eines eintragungspflichtigen Binnenschiffes zur Schiffahrt auf Binnengewässern. Der Eigentümer kann die A n m e l d u n g aber auch schon vorher vornehmen, wenn der künftige Heimatort feststeht. e) D i e Eintragungspflicht beschränkt sich nicht auf die Binnenschiffe, die im Eigentum von deutschen Staatsangehörigen stehen, sondern umfaßt auch die aus dem Ausland kommenden, im deutschen Staatsgebiet einen Heimatort erhaltenden Binnenschiffe 1 1 . D e n n eine Einschränkung in der Anwendung auf Schiffe deutscher Nationalität ist nicht vorgesehen; vielmehr ist im § 1 0 A b s . 2 SchiR e g O die Eintragungspflicht für alle Schiffe vorgesehen, die den aufgestellten Erfordernissen entsprechen. E s k o m m e n aber nur solche ausländische Binnenschiffe in Betracht, die nicht nur gelegentlich oder vorübergehend, sondern für längere D a u e r von einem bestimmten, im Staatsgebiet, also nicht im Ausland, gelegenen O r t aus die Schiffahrt betreiben; solche Schiffe sind auch dann eintra-
9 Vgl. § 1 BSchG, K G in O L G 9, 294. 10 Vgl. Begr. S. 129. 11 K G in O L G 42, 191. 633
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gungspflichtig, wenn sie bereits in einem ausländischen Register eingetragen sind und dort vermerkt bleiben 1 2 . f) N a c h § 10 A b s . 3 S c h i R e g O brauchen Schiffe im Eigentum und öffentlichen Dienst des Bundes, eines z u m B u n d gehörenden Landes oder einer öffentlichrechtlichen Körperschaft oder Anstalt mit Sitz im Geltungsbereich des G r u n d g e setzes nicht zur Eintragung ins Schiffsregister angemeldet zu werden. Diese dem öffentlichen Dienst gewidmeten Schiffe unterliegen hiernach keinem Eintragungszwang und keiner Anmeldepflicht. Sie können aber unter den Voraussetzungen des § 3 A b s . 3 S c h i R e g O auf Antrag eingetragen werden. g) D i e im § 1 0 A b s . 2 S c h i R e g O vorgesehene Anmeldepflicht ist eine Folge des Eintragungszwanges für gewisse Binnenschiffe. D a s Registergericht muß einer solchen Anmeldung entsprechen, wenn der Antrag den vorgeschriebenen Inhalt hat und das Schiff den aufgestellten Erfordernissen entspricht. D e r U m fang des Eintragungszwanges war schon nach der seit dem 1 . 1 . 1 9 3 7 in K r a f t befindlichen Fassung des früheren § 122 B S c h G erheblich erweitert. E s sind ohne Rücksicht auf G r ö ß e und Tragfähigkeit die „Tankschiffe, Schlepper und Schubb o o t e " für eintragungspflichtig erklärt; es besteht also für diese Schiffe ein unbeschränkter Eintragungszwang. Unter einem „Tankschiff" versteht man ein mit luftdicht „abzuschließenden Behältern versehenes, zur Beförderung von flüssigen oder gasförmigen Frachtgütern eingerichtetes Schiff", gleichgültig o b es eine eigene Triebkraft (Tankmotorschiff) hat oder nicht (Tankkahn). Ein „ S c h l e p p e r " ist ein mit einer eigenen Triebkraft (Dampfmaschine oder M o t o r ) ausgestattetes, für die Fortbewegung anderer Schiffe oder Flöße verwendetes Schiff. Als „ S c h u b b o o t e " bezeichnet man kleinere, nicht zur Beförderung von Frachtgütern dienende, mit einer eigenen Triebkraft ausgestattete Fahrzeuge, die zur Fortbewegung von Schiffen, insbesondere von Schubleichtern ohne eigene Triebkraft verwendet werden. h) F ü r alle anderen Binnenschiffe mit Ausnahme der Tankschiffe, Schlepper und Schubboote besteht nur ein beschränkter Eintragungszwang; sie müssen nämlich nur dann zur Eintragung angemeldet werden, wenn ihre „Tragfähigkeit mehr als 20 Tonnen beträgt" oder eine bestimmte Wasserverdrängung erreicht wird. Demnach genügt es, wenn eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist. E s sind also die kleineren Binnenschiffe mit einer geringeren Tragfähigkeit nicht eintragungspflichtig, aber nach § 3 A b s . 3 S c h i R e g O eintragungsfähig. D i e Tragfähigkeit der Binnenschiffe wird von den Eichämtern bei der gesetzlich vorgeschriebenen Eichung festgestellt; hierüber wird ein Eichschein ausgestellt. Ein solcher Eichschein ist nicht dazu bestimmt, dem Verkehr auch eine G e w ä h r für die Richtigkeit der in ihm über das Schiff gemachten Einzelangaben zu geben; er bildet auch keineswegs die vorgeschriebene notwendige Grundlage für den Registerinhalt ( R G im J W 1936, 647 N r . 9).
12 K G in O L G 42, 191. 634
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i) Nach § 3 Abs. 3 SchiRegO können nur die dort genannten Binnenschiffe eingetragen werden. Soweit ein Eintragungszwang nicht besteht, ist der Eigentümer zur Anmeldung nicht verpflichtet, aber berechtigt, wenn diese Mindestanforderungen vorliegen.
7. Eintragungsfähigkeit a) Nach § 3 Abs. 3 SchiRegO können in das Binnenschiffsregister die dort genannten Binnenschiffe eingetragen werden. Ein Eintragungszwang und eine Anmeldepflicht besteht nach § 10 Abs. 2 SchiRegO aber nur für die erwähnten Schiffe. b) Es ist auch für die Eintragungsfähigkeit unerheblich, welchem Zweck diese Binnenschiffe dienen, insbesondere ob sie gewerblich oder sportlich verwendet werden 13 . Die im früheren §128 BSchG vorgesehene Einschränkung, daß diese Schiffe „einem gewerblichen Betrieb dienen" müssen, ist in Fortfall gekommen. Demnach sind jetzt auch die kleineren Schiffe, die eine Tragfähigkeit von mehr als 10 Tonnen oder eine Wasserverdrängung von mindestens 5 cbm haben, eintragungsfähig, gleichgültig, ob sie gewerblichen oder sportlichen Zwecken dienen. c) Für die Eintragungsfähigkeit genügt, wenn eines dieser Erfordernisse vorliegt. d) Zu einer Anmeldung eines solchen eintragungsfähigen Binnenschiffs ist der Eigentümer und jeder Miteigentümer berechtigt. Diese Berechtigung steht jedem Miteigentümer dem Registergericht gegenüber selbständig zu; hiermit ist aber nicht das Innenverhältnis der Miteigentümer zueinander geregelt. Eine Anmeldepflicht besteht nach §3 SchiRegO im Gegensatz zu §10 SchiRegO nicht, sondern nur eine Berechtigung, das eintragungsfähige Schiff anzumelden. e) Für die Anmeldung findet § 12 SchiRegO und für die Eintragung der § 16 SchiRegO Anwendung. Die Anmeldung bedarf keiner besonderen Form, so daß auch eine schriftliche Erklärung ausreicht; jedoch müssen die erforderlichen Angaben (§§ 12, 13 SchiRegO) glaubhaft gemacht werden. Eine Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld ist bei Einreichung einer unvollständigen Anmeldung nicht zulässig. Es handelt sich nicht um eine Anmeldepflicht und um einen Eintragungszwang, sondern um eine Eintragungsfähigkeit. f) Nach §17 Abs. 1 SchiRegO müssen nach erfolgter Eintragung eines nur eintragungsfähigen Schiffes die etwaigen Veränderungen in den eingetragenen Tatsachen oder Rechtsverhältnissen zur Eintragung angemeldet werden. Insoweit besteht also ein Eintragungszwang und eine Anmeldepflicht; die Veränderungen „sind" nach §17 Abs. 1 SchiRegO anzumelden. Auch für die eintragungsfähigen und auf Antrag eingetragenen Binnenschiffe soll eben das Schiffs-
13 Vgl. Anm. 6 a.
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register ein zuverlässiges Auskunftsmittel über die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Schiffe darstellen. Es muß also jede Veränderung angemeldet werden und die Beteiligten sind hierzu durch Zwangsgeld anzuhalten 14 . g) Nach §20 Abs. 2 Satz 2 SchiRegO 1 5 wird die Eintragung eines nur eintragungsfähigen Schiffes, dessen Anmeldung dem Eigentümer frei steht, gelöscht, wenn der Eigentümer die Löschung beantragt. Es bedarf für den Antrag auf Löschung keiner besonderen Begründung; vielmehr kann der Eigentümer jederzeit und ohne Angabe von Gründen die Löschung eines Schiffes anmelden, das nicht eintragungspflichtig (§10), sondern nur eintragungsfähig (§3 Abs. 3) ist. Einem solchen Antrage muß das Registergericht stattgeben, es sei denn, daß das Schiff durch inzwischen eingetretene Veränderungen eintragungspflichtig im Sinne des §10 Abs. 2 SchiRegO geworden ist. Steht das eingetragene Schiff im Miteigentum mehrerer Personen, so bedarf es nach §20 Abs. 2 Satz 2 SchiRegO zu einer solchen Löschung der Zustimmung aller Miteigentümer. Das Registergericht kann daher einer Löschungsanmeldung nur entsprechen, wenn ihm das Einverständnis aller Miteigentümer vorgelegt wird. Es genügt aber, wenn der Antrag, der keiner besonderen Form bedarf, von einem Miteigentümer gestellt und die schriftliche oder mündliche Zustimmung der anderen Miteigentümer dem Registergericht beigebracht wird. Ist das Schiff mit einem eingetragenen Pfandrecht (Registerpfandrecht) belastet, so muß außerdem die Zustimmung des Berechtigten, also des Schiffspfandrechtsgläubigers, beigebracht werden. Es bedarf also der Vorlage einer mündlichen oder schriftlichen, dem Registergericht beizubringenden Einverständniserklärung der eingetragenen Schiffspfandrechtsgläubiger oder derjenigen Gläubiger, die das Pfandrecht durch Abtretung oder Pfändung erworben haben und dies dem Registergericht glaubhaft machen. Der Vorlage der Zustimmungserklärung bedarf es dann nicht, wenn das Schiffspfandrecht durch Zahlung oder in sonstiger Weise erloschen ist und dies dem Registergericht glaubhaft gemacht wird; denn dann liegt eine „Belastung" des Schiffes mit einem eingetragenen Pfandrecht nicht vor.
8. Die meldepflichtigen Personen a) Nach § 10 Abs. 2 SchiRegO sind zur Eintragung in das Schiffsregister alle Schiffe anzumelden, die den aufgestellten Erfordernissen entsprechen. Die Verpflichtung zur ersten Anmeldung eines solchen Binnenschiffes liegt dem Eigentümer ob. Zur Stellung des Antrages ist nicht der Schiffseigner (§ 1 BschG) oder Ausrüster (§ 2 BSchG), sondern nur der Eigentümer berechtigt und verpflichtet, dem im Zeitpunkt der Anmeldung das Eigentum an dem Schiff zusteht 16 . Dem
14 Vgl. §19 Abs. 1 SchiRegO. 15 Früher § 129 Satz 1 BSchG. 16 K G in O L G 9, 294.
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Schiffseigner steht also dies R e c h t nur zu, wenn er gleichzeitig Eigentümer des von ihm zur Schiffahrt verwendeten Schiffes ist 1 7 . b) G e h ö r t das einzutragende Schiff mehreren Eigentümern, so liegt die A n meldepflicht jedem Miteigentümer o b . E s ist unerheblich, zu welchen Anteilen (Schiffsparten) das Miteigentum an dem Schiff besteht. Das Registergericht kann daher nach § 19 S c h i R e g O alle Miteigentümer zur Stellung der erforderlichen Anträge durch Zwangsgeld veranlassen. c) N a c h den § § 9 , 18, 19 S c h i R e g O genügt bei Vorhandensein mehrerer Pflichtigen die A n m e l d u n g durch einen von ihnen. Es ist unerheblich, o b der Anmeldendepflichtige im Innenverhältnis berechtigt war, die anderen beteiligten Pflichtigen zu vertreten. D e n n es handelt sich bei der Anmeldung „nicht um rechtsverbindliche E r k l ä r u n g e n " , sondern um die Angabe rechtlicher und tatsächlicher Verhältnisse 1 8 ; außerdem werden die R e c h t e der übrigen Beteiligten durch die in den § § 1 2 , 13 S c h i R e g O vorgeschriebene Glaubhaftmachung der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse gewahrt. D e m n a c h gilt dem Schiffsregister gegenüber auch jeder Miteigentümer als antragsberechtigt. d) N a c h den § § 9 , 18 S c h i R e g O ist bei den Handelsgesellschaften, den G e n o s senschaften und sonstigen juristischen Personen jeder gesetzliche Vertreter, ohne R ü c k s i c h t auf die etwaige gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Beschränkung seiner Vertretungsmacht, zur Anmeldung verpflichtet. Es besteht demnach eine Anmeldepflicht auch für die von der Vertretung satzungsgemäß ausgeschlossenen Gesellschafter oder gesetzlichen Vertreter. D a s Registergericht kann aber auch hier alle persönlich haftenden Gesellschafter oder gesetzlichen Vertreter nach § 19 durch Zwangsgeld zur A n m e l d u n g anhalten. e) N a c h den § § 1 8 A b s . 2, 19 S c h i R e g O genügt dem Registergericht gegenüber die Anmeldung durch einen persönlich haftenden Gesellschafter oder gesetzlichen Vertreter, selbst wenn mehrere Pflichtige vorhanden sind. Dies gilt „ o h n e R ü c k s i c h t darauf, o b für die im N a m e n der Gesellschaft abzugebenden rechtsverbindlichen Erklärungen gesetzlich oder statutarisch die Mitwirkung mehrerer Vertreter erforderlich ist" 1 9 . f) N a c h § 10 A b s . 3 S c h i R e g O brauchen Schiffe im Eigentum und öffentlichen Dienst des Bundes, eines z u m B u n d gehörenden Landes oder einer öffentlichrechtlichen Körperschaft oder Anstalt mit Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht zur Eintragung angemeldet zu werden.
17 Vgl. §1 BSchG Anm. 1 a. 18 Begr. S. 129. 19 Vgl. Begr. S. 129, 130; Anm. 1 c. 637
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9. Der Inhalt der Anmeldung a) Nach § 1 0 Abs. 2 SchiRegO ist der Eigentümer eines Binnenschiffes zur Anmeldung unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet. Ein nicht eintragungspflichtiges, aber nach § 3 Abs. 3 SchiRegO eintragungsfähiges Schiff wird in das Schiffsregister eingetragen, wenn der Eigentümer es zur Eintragung anmeldet. Die Eintragung erfolgt also nicht ohne weiteres, von Amts wegen, sondern auf Antrag der Beteiligten. Eine besondere F o r m , etwa gerichtliche oder notarielle Beurkundung oder Beglaubigung, ist für diese Anmeldung nicht vorgeschrieben; es genügt daher auch eine einfache schriftliche Erklärung. Jedoch müssen die Angaben für die im § 12 Ziff. 3, 4, 6, 7 aufgestellten Erfordernisse glaubhaft gemacht werden 2 0 . b) Nach § 12 SchiRegO sind bei der Anmeldung, d. h. bei der Neuanmeldung eines Binnenschiffes bestimmte Angaben zu machen, die in den Ziffern 1 bis 7 aufgeführt sind. Diese Angaben gehören zum wesentlichen Inhalt der Anmeldung; eine Erklärung, die nicht diesen vorgeschriebenen Inhalt hat, ist nicht ordnungsgemäß, so daß das Registergericht die Eintragung nicht vorzunehmen braucht und den Beteiligten die Ergänzung einer unvollständigen Anmeldung durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld aufgeben kann 2 1 . c) Nach § 13 Abs. 1 SchiRegO sind nur die im § 12 N r . 3, 4, 6, 7 bezeichneten Angaben (Heimatort, Bauort und Jahr, Eigentümer, Erwerbsgrund) glaubhaft zu machen; außerdem ist der Eichschein vorzulegen. Es bedürfen hiernach keiner Glaubhaftmachung die Angaben über Name, N u m m e r oder sonstiges Merkzeichen ( § 1 2 N r . 1), Gattung und Hauptbaustoff ( § 1 2 N r . 2), Tragfähigkeit ( § 1 2 N r . 5). d) N a c h § 12 N r . 1 muß „der Name, die N u m m e r oder das sonstige Merkzeichen des Schiffes" angegeben werden. Es sollte hiermit keineswegs vorgeschrieben werden, daß jedes einzutragende Binnenschiff einen Namen und eine N u m mer oder eines dieser beiden Merkzeichen aufweisen muß; vielmehr genügt auch jedes sonstige zur Unterscheidung des Schiffes von anderen Fahrzeugen geeignete Merkzeichen (vgl. Begr. S. 130). Führt das Binnenschiff einen Namen, eine N u m m e r oder ein anderes bestimmtes Merkzeichen, so müssen die Unterscheidungsmerkmale mit angemeldet werden. In den wasserpolizeilichen Vorschriften wird den Binnenschiffahrtstreibenden regelmäßig vorgeschrieben, daß die Schiffe an sichtbarer Stelle einen Namen, eine N u m m e r oder ein sonstiges Merkzeichen tragen müssen. In der Auswahl des Namens sind die Beteiligten grundsätzlich nicht beschränkt. Eine Glaubhaftmachung für Name, Nummer, Merkzeichen ist nach § 13 Abs. 1 SchiRegO nicht vorgesehen; es sind nur die Angaben über Heimatort, Bauort und Stapellauf, Eigentum und Erwerbsgrund glaubhaft zu machen; der Eichschein ist vorzulegen. D e r öffentliche Glaube des Schiffsre-
20 § 13 Abs. 1 SchiRegO. 21 Vgl. § 1 9 Abs. 1 SchiRegO.
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gisters erstreckt sich nicht auf diese tatsächlichen Angaben. E s besteht kein N a m e n s s c h u t z aus § 12 B G B . e) N a c h § 12 N r . 2 S c h i R e g O muß „ d i e Gattung und der H a u p t b a u s t o f f " angegeben werden, also o b es sich um ein D a m p f - oder Motorschiff (Schlepp-, Eilgüter-, Fahrgast-, Personen- oder Frachtschiff, Segelschiff, Schleppkahn), mit oder ohne eigene Triebkraft sowie mit oder ohne festes Verdeck, Zille, Schute, Bagger, B o o t oder ein sonstiges Binnenschiff handelt. Ferner muß das Material (Eisen, H o l z oder beiderlei Stoffe) bezeichnet werden, aus dem die wesentlichsten Teile des Binnenschiffes hergestellt sind, wie z. B . Segelschiff aus Eisen mit H o l z b o d e n , Verdeck und Mast aus Eichenholz; Schubleichter aus Stahl. f) N a c h § 12 N r . 3 S c h i R e g O muß der „ H e i m a t o r t " angegeben werden. Unter „ H e i m a t o r t " ist nach § 1 2 N r . 3, ebenso wie im § 4 A b s . 1 S c h i R e g O und § 6 B S c h G nicht die Heimat, der Wohnsitz oder der Heimatort des Schiffseigners, sondern der Heimatort des Schiffes zugrunde zu legen. E s k o m m t also derjenige O r t in Betracht, von dem aus die Schiffahrt mit dem einzutragenden Schiff tatsächlich betrieben wird. E s kann nur die Eintragung eines Heimatortes verlangt werden; denn nach § 6 B S c h G kann jedes Binnenschiff nur einen einzigen Heimatort haben. Wenn sich der Heimatort nach der Eintragung verändert, so ist dies anzumelden ( § 1 7 SchiRegO). Eine Verlegung des Heimatortes ist als eine Veränderung nicht als Neueintragung anzusehen, ohne Unterschied, ob der neue Heimatort im oder außerhalb des bisherigen Gerichtsbezirkes liegt 22 . N a c h § 13 A b s . 1 S c h i R e g O ist Glaubhaftmachung erforderlich, w o z u nach § 1 5 F G G , § 294 Z P O die eidesstattliche Versicherung ausreicht. Der öffentliche Glaube des Schiffsregisters erstreckt sich nicht auf die Richtigkeit der Eintragung des H e i matortes. g) N a c h § 12 N r . 4 S c h i R e g O sind „ d e r Bauort und das Jahr des Stapellaufs" anzugeben, „ e s sei denn, daß dies nur mit besonderen Schwierigkeiten zu ermitteln ist". E s soll hiernach die Zeit der Erbauung angegeben werden. Maßgebend ist hierbei, wann das einzutragende Schiff fertiggestellt, v o m Stapel gelassen w u r d e ; es genügt aber auch die ungefähre Zeitangabe, wie das Jahr der Erbauung. Dies wird regelmäßig in dem von der Schiffswerft ausgestellten Bauschein vermerkt, manchmal auch am Schiff selbst durch eine Platte oder in anderer Weise kenntlich gemacht. Bei Nichtermittlung ist zu vermerken: „ B a u o r t und Stapellauf unbekannt". D e r „ B a u o r t " ergibt sich ebenfalls aus der von der Bauwerft ausgestellten Baubescheinigung. E s muß der O r t angegeben werden, an dem das Schiff tatsächlich erbaut wurde. Dies ist vor allem von Bedeutung für die Feststellung, ob bei dem Registergericht des Erbauungsortes bereits eine Eintragung des Schiffsbauwerks zum Zwecke der Bestellung von Schiffspfandrechten stattgefunden hat. h) N a c h § 12 N r . 5 S c h i R e g O ist „ d i e Tragfähigkeit und bei Schiffen mit
22 K G in O L G 7, 247. 639
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eigener Triebkraft die Maschinenleistung" anzugeben. Unter der Tragfähigkeit eines Binnenschiffes versteht man den Raumgehalt, der das Schiff bei der Einnahme der entsprechenden Ladung (Belastung) von der unteren bis zur oberen Schwimmebene sinken läßt 23 . Nach der Eichordnung für Binnenschiffe wird diese Tragfähigkeit bei der vorgeschriebenen amtlichen Eichung der Binnenschiffe festgestellt und in dem hierüber ausgestellten Eichschein vermerkt, der zugleich Angaben darüber enthält, wieviel Tonnen zu 1000 kg die Ladung bei der jeweiligen, am Pegel des Schiffes abzulesenden Tauchtiefe beträgt. Er ist nach §13 SchiRegO bei der Anmeldung vorzulegen. Der Eichschein ist nicht dazu bestimmt, dem Verkehr auch eine Gewähr für die Richtigkeit der in ihm über das Schiff gemachten Einzelangaben zu geben; er bildet auch keineswegs die vorgeschriebene notwendige Grundlage für den Registerinhalt 24 . Die Tragfähigkeit ist nach den §§10, Abs. 2, 3 Abs. 3 SchiRegO vor allem von Bedeutung für die Feststellung der Eintragungspflicht (§10 Abs. 2) oder der Eintragungsfähigkeit (§3 Abs. 3). Bei den Binnenschiffen mit eigener Treibkraft, die aus Dampf-, Motor-, Akkumulator- oder sonstiger Antriebskraft bestehen kann, ist die Stärke der Triebkraft (in KW) anzugeben. Zu den Schiffen mit eigener Triebkraft im Sinne des § 12 Nr. 5 SchiRegO gehören solche Schiffe mit einer eingebauten Antriebskraft, die ihnen die Fortbewegung des Schiffes, wenn auch nur auf gewissen (stauen) Gewässern, ermöglicht; ferner sind in den §§3 Abs. 3, 10 Abs. 2 SchiRegO besonders die Schubboote erwähnt. Die Stärke der Triebkraft ergibt sich aus den Unterlagen (Bescheinigungen) der Werft oder der Lieferfirma des Motors oder der Maschine über die von dieser festgestellten Zugkraft des Schiffes. Der öffentliche Glaube des Schiffsregisters (§§15, 16) erstreckt sich nicht auf diese Angaben. i) Nach § 12 Nr. 6 SchiRegO sind „der Eigentümer, bei mehreren Eigentümern die Größe der einzelnen Anteile" anzugeben. Es ist der Name des Eigentümers des einzutragenden Schiffes, und zwar vollständig, also mit Vor- und Zunamen, anzugeben. Die Angabe eines Wohnortes erübrigt sich, wenn der Eigentümer einen festen Landwohnsitz nicht unterhält, wie dies bei den Privatschiffern (Kleinschiffern) häufig der Fall ist. Es unterliegt aber auch sonst dem Ermessen der Registerbehörde, ob sie im Einzelfall die Angabe des Wohnortes zur näheren Bezeichnung für erforderlich halten will 25 . Steht das Schiff im Miteigentum mehrerer Personen, so sind nicht nur die Namen der Miteigentümer, sondern auch die Größe ihrer Anteile (Schiffsparten) anzumelden. Es muß angegeben werden, welche Anteile den Miteigentümern an dem Schiff zustehen, also welche Anteilsgemeinschaft besteht und wie groß die einzelnen in Bruchteilen bestehenden Anteile sind. Bei den Handelsgesellschaften, auch soweit sie, wie die offene
23 Vgl. Begr. S. 128. 24 R G in J W 1936, 647 N r . 9. 25 R G S t . 7, 65.
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Handelsgesellschaft, keine juristische Persönlichkeit haben, genügt die Angabe der Firma und des Sitzes der Gesellschaft. Die Eintragung einer Einzelfirma ist nicht zulässig, sondern nur ihres Inhabers persönlich 26 . Es ist also nicht erforderlich, daß eine Aufstellung der Namen aller Gesellschafter mit eingereicht wird27. Der Sitz der Gesellschaft, also nicht auch der Wohnsitz der Gesellschafter, ist anzumelden. Auf die Eigentumseintragung erstreckt sich der öffentliche Glaube des Schiffsregisters. k) Nach § 12 Nr. 7 SchiRegO muß „der Rechtsgrund für den Erwerb des Eigentums angegeben werden". Der Rechtsgrund, auf dem das Eigentum beruht, also der Eigentumserwerbsgrund, ist mit anzugeben. Es müssen die Tatsachen angeführt werden, auf die der Eigentumserwerb des einzutragenden Eigentümers gestützt wird. Handelt es sich um ein neuerbautes Schiff, so genügt die Darlegung, daß es laut Bestellung und Bauvertrag für Rechnung des Eigentümers auf der betreffenden Schiffswerft erbaut wurde. Bei einem bereits zur Schiffahrt verwendeten Binnenschiff ist die Einigung über den Eigentumsübergang sowie dessen Eintragung in das Binnenschiffsregister gemäß §3 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen darzulegen. Der Einreichung einer Urkunde über den Eigentumserwerb bedarf es also nicht; die Anmeldung ist als Kaufvertrag oder sonstige Erwerbsurkunde auch steuerlich selbst dann nicht anzusehen, wenn darin zur Erklärung auf die Erwerbstatsachen Bezug genommen ist 28 . Ferner soll der für die Berechnung der Gerichtskosten maßgebliche Wert des Schiffes mit angegeben werden; als solcher kommt bei einem neuerbauten Schiff der Baupreis und bei einem sonstigen Schiff grundsätzlich der Erwerbspreis in Betracht, es sei denn, daß der tatsächliche Wert nachweisbar höher ist. 10. Die Glaubhaftmachung der Angaben a) Nach der Begründung zum Entwurf des Binnenschiffahrtsgesetzes soll das Binnenschiffsregister für „die Beteiligten ein zuverlässiges und allgemein zugängliches Mittel zur Auskunft über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der einzelnen Schiffe schaffen" 29 . Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn die Eintragungen im Schiffsregister diese tatsächlichen sowie rechtlichen Verhältnisse erschöpfen und auf einer zuverlässigen Feststellung beruhen. Deshalb wird in der Anmeldung eine Glaubhaftmachung der wichtigsten im §12 SchiRegO in Nr. 3, 4, 6, 7 vorgeschriebenen Angaben verlangt. Es ist also ein Nachweis dieser Angaben, z. B. durch Vorlage von Urkunden oder Zeugenbeweis, nicht erforderlich, sondern es genügt die Glaubhaftmachung, die durch alle Beweismittel und auch durch Versicherung an Eides Statt30 erbracht werden 26 27 28 29 30
K G Jahrb. 26, 136; 37, 227. Vgl. Begr. S. 130. R G Z 135, 283. Begr. S. 127. §15 F G G , §294 ZPO. 641
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kann; auch eigene eidesstattliche Versicherungen der anmeldenden Eigentümer sind grundsätzlich hierfür ausreichend. b) Die Art und Weise sowie der Umfang der Glaubhaftmachung bestimmt sich im übrigen nach den besonderen Umständen des Einzelfalles und ist auch für die einzelnen Angaben des §12 Nr. 1-7 SchiRegO verschieden. Bei den Unterscheidungsmerkmalen (§12 Nr. 1 SchiRegO), der Gattung und dem Hauptbaustoff (§ 12 Ziffer 2 SchiRegO) ist nach § 13 Abs. 1 SchiRegO keine Glaubhaftmachung vorgeschrieben. Bei den übrigen Angaben, mit Ausnahme der Tragfähigkeit und der Maschinenleistung (§12 Nr. 5 SchiRegO) wird regelmäßig eine eidesstattliche Versicherung ausreichend sein; für die Glaubhaftmachung der Tragfähigkeit wird grundsätzlich eine Vorlage des Eichscheins oder eines Auszuges und für die Stärke der Triebkraft eine Bescheinigung der Werft oder der Lieferfirma des Motors oder der Maschine notwendig sein. Bei der ersten Eintragung eines neuerbauten Schiffes wird von den Gerichten neben einer eidesstattlichen Versicherung des anmeldenden Eigentümers über die Angaben aus § 12 N r . 3-7 SchiRegO und der Vorlage des Eichscheins noch eine Bescheinigung der Schiffsbauwerft über den Eigentumserwerb sowie eine Bescheinigung des Registergerichts des Erbauungsortes (vgl. Anm. 4 b) verlangt. Als etwaige sonstige beizufügende Urkunden kommen in Betracht nach §15 SchiRegO eine Bescheinigung des Registergerichts des Bauortes, nach § 14 Abs. 3 eine Bescheinigung der früheren ausländischen Registerbehörde, eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung (§1821 Ziff. 5 B G B ) .
11. Die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister a) Nach § 16 Abs. 1 SchiRegO hat die Eintragung des Schiffes (§ 9 SchiRegO) die im § 12 Nr. 1-7 bezeichneten Angaben, die Bezeichnung des Eichscheines und den Tag der Eintragung zu enthalten. Das Registergericht hat zu prüfen, ob die erforderlichen Angaben vorliegen und glaubhaft gemacht sind. Es hat alsdann jedes eintragungsfähige Schiff (§3 Abs. 3 SchiRegO) in das Schiffsregister unter einer besonderen Ordnungsnummer (BSR N r . . . . ) einzutragen. Es erhält also jedes Schiff mit der Eintragung eine besondere Nummer, die sich aus der bei jedem Registergericht zu führenden Nummernfolge ergibt. Dies Schiffsregisterzeichen stellt nicht nur einen Nachweis über die erfolgte Eintragung des Schiffes, sondern gleichzeitig ein Unterscheidungsmerkmal dar, das dies Binnenschiff in Verbindung mit der Angabe des Registergerichts von anderen Schiffen unterscheidet. b) Nach §16 Abs. 1 SchiRegO sind in das Schiffsregister außer dieser Ordnungsnummer die im § 12 bezeichneten Angaben und der Tag der Eintragung aufzunehmen. Im übrigen regelt sich die Führung des Schiffsregisters und sein sonstiger Inhalt nach den §§ 23-59 SchiRegO. c) Die Gerichtskosten, die für Eintragungen und Veränderungen erhoben werden, bestimmen sich nach den §§ 84, 85 des Gesetzes „über die Kosten in 642
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SchiRegO
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ( K o s t e n o r d n u n g ) " in der Fassung v o m 26. 7.1957 ( B G B l . I 960) 3 1 . d) N a c h § 60 A b s . 1 S c h i R e g O ist von dem Registergericht über den Inhalt der Eintragung eines Binnenschiffes eine U r k u n d e auszustellen, die die Bezeichnung Schiffsbrief hat. E s sind in dieser U r k u n d e der vollständige Inhalt der Eintragung aufzunehmen, also nicht nur die O r d n u n g s n u m m e r , das Schiffsregisterzeichen, sondern auch die im § 12 S c h i R e g O bezeichneten Angaben, der Tag der Eintragung, die Schiffhypotheken und alle sonstigen Eintragungen des Registers. Der Inhalt des Schiffsbriefes muß mit dem Inhalt des Registers vollständig übereinstimmen. Deshalb soll auch der Schiffsbrief mit jeder Anmeldung einer Veränderung eingereicht werden, damit die Veränderungen auch im Schiffsbrief vermerkt werden. e) Diese vollständige Ubereinstimmung des Schiffsbriefes mit dem Registerinhalt ist vorgesehen, um den Schiffseigner oder Schiffer „in die L a g e zu setzen, sich sowohl den Behörden wie allen Beteiligten gegenüber jederzeit über die Rechtsverhältnisse des Schiffes ausweisen zu können" 3 2 . Der Schiffsbrief stellt demnach eine Ausweisurkunde dar. N a c h § 8 A b s . 1 hat der Schiffer vor Antritt der Reise darauf zu sehen, daß die Schiffspapiere an B o r d sind; zu diesen Schiffspapieren gehört in erster Linie auch der Schiffsbrief 3 3 . D i e ständige Mitnahme des Schiffsbriefes an B o r d des Schiffes stellt eine Dienstobliegenheit des Schiffers dar; es erübrigte sich eine dahingehende ausdrückliche Vorschrift, weil die Mitführung des Schiffsbriefes an B o r d des Schiffes eine „schiffahrtspolizeiliche Frage ist" (Begr. S. 130) und in den Wasserpolizeiverordnungen regelmäßig solche Auflagen gemacht werden. f) Für den E r w e r b oder Verlust des Eigentums an dem Binnenschiff ist der Schiffsbrief nicht von Bedeutung; denn diese Rechtsveränderungen vollziehen sich bei „registrierten" Schiffen nach § 3 A b s . 1 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken durch Einigung mit anschließender Eintragung des Eigentumsüberganges in das Schiffsregister und bei „nicht registrierten" Schiffen durch Einigung und Ü b e r g a b e nach den § § 9 2 9 ff. B G B . E s kann die hiernach erforderliche U b e r g a b e des Schiffes durch die H i n g a b e des Schiffsbriefes nicht ersetzt werden; vielmehr erwirbt der Eigentümer des Schiffes ohne weiteres mit dem Eigentumserwerb auch das Eigentum an dem Schiffsbrief. Mit dem Wesen des Schiffsbriefes als bloße Ausweisurkunde ist auch die Bestellung eines gesonderten Pfand- oder Zurückbehaltungsrechts an dieser U r k u n d e unvereinbar. Denn der Schiffsbrief kann nicht z u m Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden, die ihn seiner gesetzlichen Bestimmung als Ausweisurkunde entziehen würden; außerdem würde hierdurch auch die im öffentlichen
31 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. 6. 1989 (BGBl. I 1082). 32 So Begr. S. 130. 33 K G in JurR 1932 Nr. 938 = Recht 1932, 881 Nr. 90; vgl. § 8 Anm. 2d. 643
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Interesse gebotene Erhaltung der Übereinstimmung des Schiffsbriefes mit dem Registerinhalt gefährdet werden 34 . g) Wenn ein Schiffsbrief verlorengeht, so bedarf es keines Aufgebotsverfahrens, um die Ausstellung eines anderen zu erlangen; denn die dahingehenden gesetzlichen Vorschriften sind auf den Schiffsbrief als Ausweisurkunde auch nicht entsprechend anzuwenden. Vielmehr ist dem Berechtigten, der den Verlust des Schiffsbriefes glaubhaft machen kann, ein neuer Schiffsbrief vom Registergericht auszustellen. h) Für die Erteilung des Schiffsbriefes sowie für den Vermerk von Veränderungen auf dem Brief wird nach § 84 Abs. 5 der Kostenordnung eine Gebühr von 15 bis 35 D M erhoben; für die Vermerke auf dem Brief werden Schreibgebühren nicht erhoben. 12. Die Anmeldung von Veränderungen a) Das Binnenschiffsregister kann seine Aufgabe, für die „Beteiligten ein zuverlässiges und allgemein zugängliches Mittel zur Auskunft über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der einzelnen Schiffe zu schaffen" 3 5 , nur gerecht werden, wenn auch alle Veränderungen der eingetragenen Tatsachen und Rechtsverhältnisse darin vermerkt werden. Deshalb wird im §17 Abs. 1 SchiR e g O vorgeschrieben, daß alle solche Veränderungen zur Eintragung in das Schiffsregister anzumelden sind. Es müssen nach § 17 Abs. 1 SchiRegO die Veränderungen der nach § 12 Nr. 1-3, 5 bezeichneten, nach § 16 Abs. 1 SchiRegO eingetragenen Tatsachen unverzüglich zur Eintragung in das Schiffsregister angemeldet werden. b) Diese Verpflichtung zur Anmeldung erstreckt sich nach §17 Abs. 1 SchiRegO auf die eingetragenen Tatsachen und Rechtsverhältnisse, auf die im Register vermerkten Angaben, also auf den gesamten Registerinhalt. Es sind nicht nur die Veränderungen in den Merkmalen des Schiffes oder in seiner Tragfähigkeit (durch Neueichung), sondern vor allem auch jeder Eigentumswechsel anzumelden. Nach § 17 Abs. 5 SchiRegO müssen die Veränderungen dem Registergericht glaubhaft gemacht werden. c) Ferner ist auch unverzüglich anzumelden und glaubhaft zu machen, wenn „das Schiff zugrunde geht oder reparaturunfähig wird" (§ 17 Abs. 4 SchiRegO). Es ist unerheblich, auf welchen Vorgängen der Untergang des Schiffes beruht, also ob dies als eine Folge gewöhnlicher Abnutzung im Wege der Abwrackung freiwillig geschieht oder ob eine Haverei die Ursache ist; maßgebend ist allein, daß das Schiff als solches verlorengeht. Dem Untergang des Schiffes wird seine Ausbesserungsunfähigkeit gleichgestellt; in Anlehnung an die Begriffsbestimmung im § 82 N r . 3 BSchG wird hierunter ein solcher beschädigter Zustand des 34 K G J R 1932 N r . 938 = Recht 1932, 881 N r . 90 = L Z 1933, 958. 35 Begr. S. 127.
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Schiffes zu verstehen sein, der eine Reparatur und erneute Inbetriebsetzung unmöglich macht, so daß mit dem sicheren Verlust des Schiffes und der Abwrakkung zu rechnen ist. Auf Grund einer solchen Anmeldung hat das Registergericht das untergegangene oder reparaturunfähige Schiff im Schiffsregister zu löschen. Von Amts wegen erfolgt eine solche Löschung auch dann nicht, wenn dem Gericht der Untergang des Schiffes auf andere Weise bekannt wird. Denn eine solche Befugnis ist dem Gericht mit Rücksicht auf etwa eingetragene Pfandrechte nicht zugebilligt 36 . Vielmehr hat das Gericht dann die Beteiligten nach § 19 SchiRegO zur Stellung der erforderlichen Anmeldungen durch Zwangsgeld anzuhalten. Eine Löschung des Schiffes wird das Gericht grundsätzlich nur vornehmen, wenn gleichzeitig die etwa eingetragenen Schiffspfandrechte zur L ö schung gebracht werden; anderenfalls darf die Löschung erst nach Anhörung aller Beteiligten, einschließlich der eingetragenen Schiffspfandrechtsgläubiger, erfolgen. d) Nach §18 Abs. 1 SchiRegO ist zur Anmeldung der Veränderung der Eigentümer verpflichtet. Sind mehrere Verpflichtete vorhanden, so genügt nach §18 Abs. 2 SchiRegO die Anmeldung durch einen von ihnen; entsprechendes gilt, wenn der Eigentümer eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft ist, die durch mehrere Personen vertreten ist. Hiernach ist zur Anmeldung der Veränderungen der Eigentümer oder jeder Miteigentümer und bei Handelsgesellschaften jeder gesetzliche Vertreter verpflichtet; jedoch genügt, wenn mehrere Verpflichtete vorhanden sind, die Anmeldung durch einen von ihnen. e) Eine besondere Form ist für die Anmeldung von Veränderungen nicht vorgesehen; es genügt also auch die einfache Schriftform, nur müssen die Angaben klar und vollständig sowie nach § 11 Abs. 5 SchiRegO glaubhaft gemacht werden. Diese Formfreiheit gilt aber nach den §§17, 18, 19 SchiRegO nur für Anmeldung von Veränderungen der sog. Individualisierungstatsachen (Name, Gattung, Priorität, Tragfähigkeit usw.); für die Anmeldung der Veränderung in den privaten Rechtsverhältnissen ist nach den §§33, 29, 31 Abs. 2, 37 SchiRegO vorgeschrieben, daß die Eintragungsbewilligungen oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. f) Nach § 17 Abs. 1 SchiRegO wird auch die Verlegung des Heimatortes als eine anmeldungspflichtige Veränderung einer eingetragenen Tatsache angesehen. Es ist unerheblich, ob es sich um eine Verlegung des Heimatortes aus Anlaß der Veräußerung des Schiffes 3 7 oder ohne eine solche handelt. Denn im § 17 Abs. 1 wird jede Verlegung des Heimatortes der Anmeldung und Eintragung unterworfen. Solche Veränderungen werden nicht selten vorzunehmen sein, da der Heimatort des Schiffes grundsätzlich nach dem O r t zu bestimmen ist, von dem aus
36 Vgl. Begr. S. 131. 37 Vgl. K G in O L G 14, 389.
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die Schiffahrt tatsächlich betrieben wird. Eine Verlegung des Heimatortes ist hiernach als eine Veränderung, also grundsätzlich nicht als eine Neueintragung anzusehen; es ist unerheblich, o b der neue Heimatort im oder außerhalb des bisherigen Gerichtsbezirkes liegt 3 8 . D i e Verlegung des Heimatortes ist bei demjenigen Registergericht anzumelden, bei dem das Register des betreffenden Schiffes bisher geführt wurde, also auch dann, wenn der neue Heimatort in einem anderen Gerichtsbezirk liegt; nur das bisherige Registergericht ist für eine Verweisung an ein anderes Registergericht zuständig 3 9 . D a s bisherige Registergericht hat dann nach Vornahme der ihm obliegenden Eintragung der Veränderungen das Register zu schließen und den eingezogenen Schiffsbrief mit einer beglaubigten Abschrift des Registerinhalts dem neu zuständig werdenden Registergericht zur Bewirkung der Eintragung zu übersenden 4 0 , das an diese Verweisung gebunden ist 4 1 . In die zu übersendende „beglaubigte Abschrift ist der Registerinhalt nur insoweit aufzunehmen, als er noch Gültigkeit besitzt" 4 2 . D a s neu zuständig werdende Registergericht hat nur nachzuprüfen, ob das frühere Gericht die ihm obliegenden Eintragungen vorgenommen hat und o b diese Eintragungen seine Zuständigkeit ergeben 4 3 . F ü r ein Binnenschiff, das bisher in einem ausländischen Register eingetragen war, muß der Eigentümer nach § 14 A b s . 3 S c h i R e g O eine Bescheinigung über die dortige L ö s c h u n g einreichen, die unterbleiben kann, wenn sie untunlich ist. A n dem tatsächlichen Heimatort ist das Binnenschiff einzutragen; dies ist auch Sinn und Zweck des § 17 S c h i R e g O , wonach die Verlegung des Heimatortes unverzüglich angezeigt werden muß. Jeder Schiffseigentümer hat nach § 4 A b s . 1 S c h i R e g O einen Anspruch auf Eintragung seines registrierfähigen Binnenschiffes in das Schiffsregister des Heimatortes des Schiffes, gegebenenfalls als Neueintragung, wenn eine Verweisung nicht durchführbar ist. g) Eine Verweisung des Schiffsregisters ist nur zulässig, wenn der neue Heimatort im deutschen Staatsgebiet liegt. Denn man versteht unter „Registerbehörd e n " nur deutsche Registergerichte. Befindet sich daher der neue Heimatort im Ausland, so fällt die Verweisung, also die Mitteilung des bisherigen Registergerichts, an die etwaige ausländische Behörde fort. E s wird dann nur eine Schließung des Registers vorgenommen, und es bleibt den Beteiligten überlassen, die Neueintragung des Schiffes in das ausländische Register zu veranlassen. h) Für die Eintragung der Verlegung des Heimatortes werden v o m Registergericht Gerichtskosten erhoben (§ 84 A b s . 1 Kostenordnung).
38 39 40 41 42 43
K G in O L G K G in O L G K G in O L G KG in O L G Begr. S. 131. KG in O L G
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7, 247. 10, 354. 7, 247. 10, 354. 7, 247; 10, 354; K G in KGJ 28 A 243, 244.
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SchiRegO
13. D i e V e r h ä n g u n g v o n Z w a n g s g e l d a) D i e Eintragungen in das Schiffsregister erfolgen nicht ohne weiteres von A m t s wegen, sondern nur auf Antrag; das gilt sowohl für die erste Anmeldung eines Binnenschiffes als auch für die Anmeldung von Veränderungen. Deshalb kann das Schiffsregister seiner Zweckbestimmung als „zuverlässiges A u s k u n f t s mittel über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse" der eingetragenen Binnenschiffe 4 4 nur gerecht werden, wenn die Beteiligten die ihnen obliegenden Anmeldungen auch vollständig einreichen. Hierzu sind die Beteiligten nach § 19 A b s . 1 S c h i R e g O durch A n d r o h u n g von Zwangsgeld vom Gericht anzuhalten. b) D a s Registergericht hat die Beteiligten durch Zwangsgeld anzuhalten. E s liegt also nicht etwa im freien Ermessen des Gerichts, von dieser Befugnis G e brauch zu machen; vielmehr muß das Gericht die Androhung von Zwangsgeld vornehmen, wenn ihm bekannt wird, daß anmeldepflichtige Vorgänge im Schiffsregister noch nicht vermerkt sind. Diese Berechtigung und Verpflichtung des Registergerichts umfaßt alle anmeldungspflichtigen Vorgänge, einschließlich der Veränderungen in den eingetragenen Tatsachen- oder Rechtsverhältnissen; auch die Einreichung des Schiffsbriefes kann durch A n d r o h u n g von Zwangsgeld aufgegeben werden 4 5 . c) F ü r das Verfahren bei der A n d r o h u n g , Festsetzung und D u r c h f ü h r u n g des Zwangsgeldes gelten nach § 1 9 A b s . 2 S c h i R e g O die § § 1 3 2 bis 139 F G G des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit v o m 17. 5 . 1 8 9 8 , in der Fassung vom 20. 5. 1898 4 6 .
14. D i e S c h i f f s u r k u n d e n a) N a c h § 60 A b s . 1 S c h i R e g O ist über die Eintragung des Schiffes ins Binnenschiffsregister eine U r k u n d e auszustellen, die den vollständigen Inhalt der Eintragungen enthält. A u f diesem Schiffsbrief ist nach § 6 1 S c h i R e g O jede Eintragung so bald als tunlich zu vermerken, jedoch abgesehen von solchen Eintragungen, die nur die Belastung einer Schiffspart betreffen. b) Bei Veränderungen ( § 1 7 SchiRegO), bei Löschungen ( § 2 0 S c h i R e g O ) sowie beim Eigentumsübergang oder beim Erwerb einer Schiffspart ist der Eigentümer ( § 1 8 S c h i R e g O ) verpflichtet, den Schiffsbrief beim Registergericht einzureichen.
44 Begr. S. 127. 45 K G in JurR 1932 Nr. 938. 46 RGBl. 1898 S. 369, 771 zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261). 647
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c) Ein neuer Schiffsbrief darf nach § 63 SchiRegO nur erteilt werden, wenn die bisherige Urkunde vorgelegt oder glaubhaft gemacht wird, daß sie vernichtet oder abhanden gekommen ist. 15. Schiffsbauregister a) Nach § 76 Abs. 1 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken kann eine Schiffshypothek auch an einem auf einer Schiffswerft im Bau befindlichen Schiff (Schiffsbauwerk) bestellt werden. Diese Bestellung ist nach § 76 Abs. 2 zulässig, sobald der Kiel gelegt und das Schiffsbauwerk durch Namen oder Nummer an einer bis zum Stapellauf des Schiffes sichtbar bleibenden Stelle deutlich und dauernd gekennzeichnet ist. Zur Bestellung einer Schiffshypothek an einem Schiffsbauwerk ist nach § 76 des angeführten Gesetzes die Eintragung in das Register für Schiffsbauwerke erforderlich, das bei dem Schiffsregister des Bauortes geführt wird (§67 SchiRegO). b) Nach § 66 SchiRegO wird ein Schiffsbauwerk in das Schiffsbauregister nur eingetragen, wenn zugleich eine Schiffshypothek an dem Schiffsbauwerk eingetragen wird oder die Zwangsversteigerung des Schiffsbauwerkes beantragt ist. Diese Regelung erklärt sich daraus, daß die Kreditaufnahme zur beschleunigten Fertigstellung des Schiffsbauwerkes erleichtert, aber auch eine Zwangsversteigerung ermöglicht werden soll. c) Die Eintragung des Schiffbauwerkes erfolgt nach § 68 Abs. 1 SchiRegO grundsätzlich auf Antrag des Inhabers der Schiffswerft, aber auch durch den Eigentümer, wenn dies eine andere Person als der Werftbesitzer ist. Auch der Gläubiger, der einen vollstreckbaren Schuldtitel besitzt, kann nach §68 Abs. 2 SchiRegO die Eintragung verlangen.
16. Der öffentliche Glaube des Schiffsregisters a) Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen erfolgt die Eigentumsübertragung an einem registrierten Binnenschiff durch Einigung und Eintragung des Eigentumsüberganges. Der Eigentumswechsel vollzieht sich hiernach in wesentlichen Teilen außerhalb des Schiffsregisters, also nicht wie beim Grundstück durch Auflassung und Eintragung. Es wird deshalb nach § 15 Abs. 1 des angeführten Gesetzes nur „vermutet, daß Eigentümer des Schiffes ist, wer als Eigentümer im Schiffsregister eingetragen ist". Der „öffentliche Glaube" des Schiffsregisters ist in den §§ 15 ff. des angezogenen Gesetzes zwar in Ablehnung an die für Grundstücke getroffene Regelung im § 892 B G B , aber enger gestaltet; nach § 15 Abs. 1 des angeführten Gesetzes besteht eine Vermutung für das Schiffseigentum des als Eigentümer eingetragenen Beteiligten. Der Inhalt des Schiffsregisters gilt nach § 16 Abs. 1 als richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Der „gute Glaube" des Dritten wird, wie im Grundbuchrecht vermutet, und 648
§130
Zuständigkeit des Bundesgerichtshof
die Gegenseite hat nachzuweisen, daß entweder ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder der Dritte schlechtgläubig ist, weil ihm die Unrichtigkeit der Eintragung bekannt ist. Auf die Widerlegung der Eigentumsvermutung sind die entsprechenden G r u n d s ä t z e des § 891 B G B anzuwenden 4 7 . Zur Widerlegung des Gegenbeweises genügt die Widerlegung der von dem Eingetragenen behaupteten Erwerbsgründe; alle erdenkbaren Möglichkeiten des Eigentumserwerbes brauchen nicht in Betracht gezogen zu werden. D a s Registergericht kann nach § 33 S c h i R e g O auch von A m t s wegen die erforderlichen Ermittlungen anstellen, wenn sich Zweifel gegen die Richtigkeit der Eintragung des Eigentümers ergeben. b) N a c h den § § 1 5 A b s . 2, 16 des Gesetzes über Rechte an Schiffen gilt eine gleiche Regelung für die im Schiffsregister eingetragenen Rechte aus einer Schiffshypothek, einem Recht an einer solchen (Pfandrecht) oder einem Nießbrauch. Zugunsten des Berechtigten, der ein solches Recht durch Rechtsgeschäft erwirbt, gilt der Inhalt des Schiffsregisters, soweit er diese Rechte betrifft, als richtig. c) A u c h das Erlöschen eines solchen dinglichen Rechtes wird vermutet. Ist nach § 1 5 A b s . 3 des Gesetzes über Rechte an Schiffen ein eingetragenes Recht gelöscht, so wird vermutet, daß es nicht mehr besteht. d) Ist der Berechtigte in der Verfügung über ein im Schiffsregister eingetragenes Recht zugunsten einer bestimmten Person beschränkt, so ist nach § 16 A b s . 1 die Verfügungsbeschränkung dem Erwerber gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Schiffsregister ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist.
Zehnter Abschnitt Schlußbestimmungen §130 In b ü r g e r l i c h e n Rechtsstreitigkeiten, in welchen d u r c h K l a g e oder Widerklage ein A n s p r u c h auf G r u n d dieses Gesetzes geltend g e m a c h t ist, wird die V e r h a n d l u n g u n d E n t s c h e i d u n g letzter I n s t a n z i m Sinne des § 8 des E i n f ü h rungsgesetzes z u m Gerichtsverfassungsgesetze dem Bundesgerichtshof zugewiesen.
47 B G H LM Nr. 6 zu §325 ZPO. 649
§130
10. Abschnitt. Schlußbestimmungen Übersicht
1. Allgemeines 2. Der Zweck des §130
Rdn. 1 2
3. Das Revisionsgericht
Rdn. 3
1. A l l g e m e i n e s In Binnenschiffahrtssachen besteht eine unterschiedliche Zuständigkeit in Zivilsachen. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen vom 27. 9.1952 1 . In Rheinschiffahrtssachen sind nach § 14 des Verfahrensgesetzes nur die in den Art. 34 bis 34 der revidierten Rheinschiffahrtsakte 2 genannten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Straf- sowie Bußgeldsachen. Entsprechendes gilt nach § 18 a des Verfahrensgesetzes in Moselschiffahrtssachen für die in Art. 34 und 35 des Moselvertrages 3 genannten Binnenschiffahrtssachen. In Rheinschiffahrts- bzw. Moselschiffahrtssachen ist in erster Instanz das Amtsgericht zuständig, das bei der Verhandlung die Bezeichnung Rheinschiffahrts- bzw. Moselschiffahrtsgericht führt. Berufungen sind nach allgemeinen Regeln an die zuständigen nationalen Oberlandesgerichte zu richten, die die Bezeichnung Rheinschiffahrtsobergericht bzw. Moselschiffahrtsobergericht führen. Nach § 4 des Verfahrensgesetzes können die Landesregierungen diese Sachen bestimmten Amts- oder Oberlandesgerichten zuweisen. Das ist länderübergreifend geschehen. Das O L G Köln ist als Rheinschiffahrtsobergericht von der niederländischen Grenze bis zum Mittelrhein und als Moselschiffahrtsobergericht für die Mosel als Berufungsgericht zuständig. Im übrigen besteht eine entsprechende Zuständigkeit des O L G Karlsruhe. Anstelle der nationalen Obergerichte können die Parteien in Rheinschiffahrtssachen nach Art. 37 der Mannheimer Akte die Berufungskammer der Zentralkommission oder in Moselschiffahrtssachen den Berufungsausschuß der Moselschiffahrtskommission in Trier anrufen. Zu beachten ist in diesen beiden Fällen, daß die Berufungsfrist nach Art. 37 Abs. 2 der Mannheimer Akte abweichend vom deutschen Recht 30 Tage beträgt. Gegen die Entscheidungen dieser internationalen Gerichte ist kein Rechtsmittel möglich. Eine Revision findet also nicht statt. Anders als in sonstigen Binnenschiffahrtssachen ist das Verfahren in Rheinund Moselschiffahrtssachen gerichtsgebührenfrei. In anderen Binnenschiffahrtssachen als solchen, in denen eine Zuständigkeit der Rhein- und Moselschiffahrtsgerichte gegeben ist, führen die Amtsgerichte bzw. die Oberlandesgerichte die Bezeichnung Schiffahrtsgericht bzw. Schifffahrtsobergericht. 1 BGBl. I S. 651, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. 6. 1981 (BGBl. I. S. 553) (Anhang). 2 Vollständig abgedruckt bei Bemm/Kortendick, Rheinschiffahrtpolizeiverordnung 1970, S. 469 ff. 3 BGBl. 1956 II S. 1838.
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Schiffsfahrten innerhalb desselben Ortes - Fähren
§131
In allen Fällen ist gegen die Entscheidungen der nationalen Obergerichte nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 545 ff. Z P O wie in sonstigen Zivilsachen Revision zulässig.
2. Der Zweck des § 130 Nach § 8 E G G V G kann durch die Gesetzgebung eines Bundeslandes, in dem 2 mehrere Oberlandesgerichte errichtet werden, die Verhandlung und Entscheidung der zur Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes gehörenden Revisionen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einem obersten Landesgericht zugewiesen werden. Ausgeschlossen ist das jedoch in Sachen, in denen bei der Entscheidung Bundesrecht in Betracht kommt, es sei denn, daß es sich im wesentlichen um Rechtsnormen handelt, die in den Landesgesetzen enthalten sind (§ 8 Abs. 2 E G G V G ) . Durch diese Einschränkung blieb für die Ermächtigung des Landesgesetzgebers schon wenig Raum in Schiffahrtssachen. Diese Ermächtigung des Landesgesetzgebers ist für alle aufgrund des Binnenschiffahrtsgesetzes im Wege von Klage und Widerklage geltend zu machenden Ansprüche völlig ausgeschlossen worden. Der Gesetzgeber wollte eine Gleichbehandlung aller Binnenschifffahrtssachen 4 .
3. Das Revisionsgericht N a c h dem ausdrücklichen Wortlaut des § 130 sind Revisionen in bürgerlichen 3 Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch nach dem Binnenschiffahrtsgesetz geltend gemacht wird, dem Bundesgerichtshof als zuständigem Gericht zugewiesen. Nach dem internen Geschäftsverteilungsplan ist innerhalb des Bundesgerichtshofes der II. Zivilsenat zuständig.
§131 (1) Bei Schiffen, welche n u r zu Fahrten innerhalb desselben O r t e s bestimmt sind, finden auf das Rechtsverhältnis des Schiffers sowie auf die Bef ö r d e r u n g von G ü t e r n die B e s t i m m u n g e n in § 8 Abs. 4, §§ 15 bis 19, 27 bis 57 und § 72 Abs. 1 keine A n w e n d u n g . (2) D u r c h die Landesregierungen kann bestimmt werden, daß Fahrten zwischen benachbarten O r t e n der F a h r t innerhalb desselben O r t e s im Sinne des ersten Absatzes gleichstehen. (3) Auf Schiffahrtsbetriebe, welche im Anschlüsse an den Eisenbahnverkehr g e f ü h r t werden u n d der staatlichen Eisenbahnaufsichtsbehörde unter4 Begr. S. 139.
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§131
10. Abschnitt. Schlußbestimmungen
stellt sind, finden die vorhergehenden Bestimmungen dieses Gesetzes mit Ausnahme der §§92 bis 92 f, 118 keine Anwendung. (4) Das gleiche gilt bezüglich des Betriebes von Fähranstalten, soweit nicht der Betrieb mittels frei schwimmender Schiffe stattfindet. Übersicht Rdn. 1. Allgemeines 2. Der Orts- und Hafenverkehr . .
1 2-7
3. Der Trajektverkehr 4. Der Fährverkehr .
Rdn. 8-9 10-12
1. Allgemeines 1
Für den örtlichen Schiffsverkehr zwischen verschiedenen Stellen desselben Platzes, z. B. für die Fahrten der zum Beladen und Entlöschen dienenden Schuten und ähnlichen Fahrzeugen, eignen sich die Vorschriften des Binnenschifffahrtsgesetzes nicht in allen Teilen. Insbesondere gilt das von den Vorschriften betreffend die Vorlage an Lade- und Löschplätzen, die Lade- und Löschzeit und das Rücktrittsrecht des Absenders 1 . Es fehlt auch ein Bedürfnis, dem Schiffsführer im ortsgebundenen Verkehr eine gesetzliche Vertretungsmacht zuzubilligen oder die Zeichnung eines Ladescheins für Güter im Ortsverkehr. Der Gesetzgeber hat deshalb für die Fahrten innerhalb desselben Ortes Ausnahmen bestimmt.
2. Der Orts- und Hafenverkehr 2
a) Im Orts- und Hafenverkehr gelten nicht die Vorschriften über die persönliche Haftung des Schiffseigners für die Fahrtüchtigkeit des Schiffes bei Antritt der Reise (§ 8 Abs. 4), über die gesetzliche Vertretungsmacht des Schiffsführers (§§ 15-19), über die Annahme und Beförderung der Ladung (§§27—40), über die Pflichten des Frachtführers und des Absenders hinsichtlich der Verladung (§§41—45), über die Entlöschung (§§46-57) und über die Verpflichtung des Frachtführers zur Ausstellung eines Ladescheins (§72 Abs. 1).
3
b) § 131 Abs. 1 stellt nur auf Fahrten ab, die lediglich dem Ortsverkehr dienen. Es muß sich um Schiffe handeln, die nur zu solchen Fahrten bestimmt sind, wie Prähme, Ewer und Schuten. Hierzu können auch Lagerschiffe gehören, deren Verwendungszweck ortsgebunden ist. Die gelegentliche Verwendung eines zur Streckenfahrt benutzten Schiffes im Orts- und Hafenverkehr z. B. für Lagerzwecke reicht nicht aus. Es kommt nicht allein auf den Verwendungszweck an. Das Schiff muß im Einzelfall nur für den Orts- und Hafenverkehr verwendet werden. Sowohl der Verwendungszweck als auch die tatsächliche Verwendung muß auf den Lokalverkehr beschränkt sein. Prähme, Ewer und Schuten, die auch zur Streckenfahrt benutzt werden, fallen daher nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 131 Abs. 1. 1 Begr. S. 139.
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Schiffsfahrten innerhalb desselben Ortes - Fähren
§131
Nach dem Wortlaut des Gesetzes muß es sich um Fahrten innerhalb desselben O r t e s handeln, also um die Vorlage an verschiedenen Plätzen desselben Ortes. N a c h § 131 Abs. 2 können die Landesregierungen bestimmen, daß Fahrten zwischen benachbarten Orten der Fahrt innerhalb desselben Ortes im Sinne des §131 Abs. 1 gleichstehen. Man wird § 131 Abs. 1 wirtschaftlich betrachten müssen, weil nach den heutigen Hafenstrukturen eine Vielzahl von Häfen zu einer Hafengemeinschaft oder einer Hafengesellschaft zusammengeschlossen sind. Das gilt sowohl für die norddeutschen Häfen mit Seeanschluß als auch für Binnenhäfen, die eine große wirtschaftliche Bedeutung haben. Fahrten innerhalb der einzelnen Häfen dieser Hafengemeinschaften müssen deshalb als Ortsverkehr angesehen werden, auch wenn die Fahrt von einem zum anderen Hafen über den Strom verläuft. c) Im O r t s - oder Hafenverkehr besteht kein Bedürfnis für die Ausstellung 4 eines Ladescheins, also eines Traditionspapiers. Verlangt der Absender eine schriftliche Bestätigung über die erfolgte Abladung des Schiffes, genügt eine einfache Empfangsbescheinigung des Schiffsführers über den Empfang der G ü ter. d) Im Falle der Fahruntüchtigkeit eines Schiffes im Orts- und Hafenverkehr 5 haftet der Schiffseigner nach § 8 Abs. 4 nicht unbeschränkt persönlich, sondern nur im Rahmen der §§3, 4, 114 beschränkt dinglich mit Schiff und Fracht. Der Schiffseigner/Schiffsführer haftet ebenfalls nur mit Schiff und Fracht. Hingegen haftet ein Schiffseigner, der schuldhaft ein fahruntüchtiges Schiff im Schiffsverkehr einsetzt, ohne selbst Schiffsführer zu sein, nach den §§ 823 ff. B G B unbeschränkt persönlich (§4 Abs. 2 Satz 1). Es ist streitig, ob § 8 Abs. 4 auch gilt, wenn der Schiffseigner zugleich Frachtführer ist, also nach den §§58 ff. haftet 2 , weil diese Vorschriften in § 131 Abs. 1 nicht genannt sind. Im Hinblick auf die Tendenz des §58, einer Haftungsverschärfung, wird man eine persönliche Haftung des Schiffseigners annehmen, wenn er zugleich der Frachtführer ist. e) Auf den Hafen- und Ortsverkehr finden die in §131 Abs. 1 genannten 6 Vorschriften keine Anwendung. Es gelten die allgemeinen Vorschriften des B G B und des H G B , also regelmäßig die Vorschriften über den Frachtvertrag. Hinzu treten die örtlichen Hafenvorschriften, sowie Handels- und Schiffahrtsbräuche, z. B. für Löschzeiten und Liegegeldentschädigungen. Der Schiffsführer eines Fahrzeugs im Ortsverkehr hat keine gesetzliche Vert r e t u n g s m a c h t und kann auch keinen Ladeschein zeichnen, auch wenn er Schiffsführer im Sinne des § 7 ist; denn es ist für die Schiffsführereigenschaft unerheblich, ob er dauernd ein bestimmtes Schiff führt 3 .
2 R G Z 60, 375. 3 R G Z 48, 64.
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§131 7
10. Abschnitt. Schlußbestimmungen
d) Die in § 131 Abs. 1 nicht genannten Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes gelten auch im Orts- und Hafenverkehr. Unberührt bleibt insbesondere die Haftung des Frachtführers aus § 58. Diese Haftung ist entweder eine persönliche oder nach § 4 auf Schiff und Fracht beschränkt 4 .
3. Der Trajektverkehr 8
a) Der Trajektverkehr hat gegenwärtig in der Binnenschiffahrt keine Bedeu"
tung
Das Gesetz will durch § 131 Abs. 3 den Schiffsbetrieb, der im Anschluß an den Schienenverkehr geführt wird, aus dem Anwendungsbereich des Binnenschifffahrtsgesetzes ausnehmen, weil der Eisenbahnverkehr, als dessen Bestandteil der Trajektverkehr anzusehen ist, gesondert geregelt ist. 9
b) Unter den Trajektverkehr fallen nur Schiffahrtsbetriebe, die der Aufsicht durch die Bundesbahn unterliegen. Hierher gehören auch die Trajektanstalten der Bundesbahn, auf denen also Personen und Güter in und mit Eisenbahnwagen der Bundesbahn übergesetzt werden oder Betriebe, die im Anschluß an den Eisenbahnverkehr geführt werden und der Aufsicht der Bundesbahn unterstellt sind. Die bloße Führung eines Schiffahrtsbetriebes im Anschluß an den Eisenbahnverkehr reicht nicht aus.
4. Der Fährverkehr 10
a) Die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes finden nach §131 Abs. 4 keine Anwendung auf Fähranstalten, deren Betrieb nicht mittels frei fahrender Fähren stattfindet. Denn ein eigentlicher Schiffahrtsbetrieb findet mit solchen Einrichtungen nicht statt 5 .
11
b) Fähranstalten sind Einrichtungen, die dem Ubersetzen von Personen oder Gütern mittels Schiffen von einem zum anderen Ufer eines Flusses dienen. Fähren können frei schwimmen, d. h. mit eigener Maschinenkraft, von Hand oder mit dem Strom treibend fortbewegt werden. Fähren können aber auch nicht freischwimmend sein, d. h. mit Ketten von Ufer zu Ufer gezogen oder mittels einer Seilverbindung von Ufer zu Ufer als Gierfähren betrieben werden. Auf derartige nicht freischwimmende Fähren finden die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes keine Anwendung. Auf nicht freischwimmende Fähren finden die wasserschutzpolizeilichen Vorschriften Anwendung. Die privatrechtlichen Beziehungen ergeben sich aus dem abgeschlossenen Frachtvertrag nach §§ 425 ff. H G B oder aus einem Personenbeförderungsvertrag. Die Hauptverpflichtung des Frachtführers geht dahin, die beförderten Perso4 R G Z 60, 378. 5 Begr. S. 140.
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§133
Höhere Verwaltungsbehörde
nen oder Sachen vertragsgerecht so zu befördern, daß keine Personen getötet oder verletzt und die beförderten Güter nicht beschädigt werden. Bei der Beförderung eines Kraftfahrzeugs durch eine Fähre muß der Frachtführer auch dafür einstehen, daß das Kraftfahrzeug die Fähre gefahrlos verlassen kann 6 . c) Freischwimmende Fähren unterliegen in vollem Umfange den Vorschrif- 1 2 ten des Binnenschiffahrtsgesetzes. Darüberhinaus gelten zahlreiche Vorschriften des öffentlichen Rechtes. Insbesondere ist für den Fährbetrieb eine Konzession erforderlich. Stromanlieger dürfen Fähren nur zum eigenen Gebrauch halten7.
§132 (aufgehoben)
§133 Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung „höhere Verwaltungsbehörde" im Sinne dieses Gesetzes zu verstehen sind, wird durch die Zentralbehörde des Bundesstaates bekanntgemacht. Ubersicht Rdn. 1. Allgemeines
1
Rdn. 2. Verwaltungsvorschriften
2
1. A l l g e m e i n e s § 133 kommt heute keine praktische Bedeutung mehr zu. Nach Art. 74 Ziff. 21 1 G G erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf die Binnenschiffahrt und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Wasserstraßen. Soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat, bleibt auch weiterhin nach Art. 129 Abs. 2 G G die Bestimmung der höheren Verwaltungsbehörde den Ländern vorbehalten. Für den Landesgesetzgeber bleibt im Rahmen der Gesetzgebung zur Binnenschiffahrt im wesentlichen nur Raum für Vorschriften im Orts- und Hafenverkehr. Im übrigen hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz weitgehend Gebrauch gemacht.
6 O L G München VRS 1955, 161. 7 O V D 57, 383; 89, 266.
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§133
10. Abschnitt. Schlußbestimmungen
2. Verwaltungsvorschriften 2
Im Rahmen der §§29 Abs. 5, 30 Abs. 2, 31, 48 Abs. 1, 50 und 53 hat der Gesetzgeber durch das Binnenschiffsverkehrsgesetz Frachtausschüsse eingesetzt (§21 BSchVG), deren Beschlüsse über Entgelte der Verkehrsleistungen einschließlich der Lade- und Löschzeiten sowie der Liegegelder der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr bedürfen (§28 BschVG). Die genehmigten Beschlüsse werden als Rechtsverordnungen erlassen. Aus Gründen des allgemeinen Wohls kann der Bundesminister für Verkehr ohne Mitwirkung der Frachtausschüsse unmittelbar durch Rechtsverordnung Entgelte für Verkehrsleistungen festsetzen (§ 30 BSchVG). Für die Tätigkeit anderer Verwaltungsbehörden ist im übrigen im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes kein Raum mehr.
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Anhang
I.
Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Binnenschiffsverkehrsgesetz - B S c h V G ) Vom 1. Oktober 1953 (BGBl. I S. 1453, 1485; II S. 550) In der Fassung der Bekanntmachung vom 8. 1. 1969.'
Einleitung Das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr vom 1. 10. 1953 2 , das abgekürzt als „Binnenschiffsverkehrsgesetz" bezeichnet wird, ist kein privatrechtliches Nebengesetz zum Binnenschiffahrtsgesetz, sondern stellt eine nach öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten vorgenommene Zusammenfassung der Vorschriften über eine staatliche Lenkung des gewerblichen Binnenschiffsverkehrs dar. Das Binnenschiffsverkehrsgesetz schafft kein wesentlich neues Recht, sondern verwertet die bewährten Grundsätze der bisherigen Gesetze und Verordnungen, die seit den Jahren 1931/1932 auf dem Gebiet des gewerblichen Binnenschiffsverkehrs erlassen worden sind. Diese bisherigen gesetzlichen Vorschriften, die als „planwirtschaftliche Maßnahmen" in der Binnenschiffahrt bekanntgeworden sind, werden geordnet, vereinfacht und zusammengefaßt. Bislang war diese Regelung nach einer Anpassungsverordnung vom 23.12. 1931 3 in dem Gesetz zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffahrt vom 16. 6. 1933 4 sowie in 36 Durchführungsverordnungen und in einer Verordnung über die Frachtenbildung in der Binnenschiffahrt vom 3. 10. 1941 5 enthalten. Eine solche gesetzliche „planwirtschaftliche" Regelung des gewerblichen Binnenschiffsverkehrs wurde in Deutschland wie in den übrigen europäischen Staaten mit vergleichbaren Verkehrsverhältnissen im Lande der letzten Jahrzehnte notwendig, weil die Verschiedenartigkeit der Unternehmungsformen und der Binnenschiffe sowie die allgemeinen Verkehrsinteressen und die internationale Gebundenheit des Binnenschiffsverkehrs eine staatliche Lenkung nach planwirtschaftlichen Gesichtspunkten bedingte. Die Entwicklung des Binnenschiffsverkehrs in Deutschland und den übrigen europäischen Staaten, insbesondere in den Nachkriegsjahren, erfordert es, die im Kriege oder kurz vorher erlassenen Gesetze und Rechts-
1 2 3 4 5
BGBl. BGBl. RGBl. RGBl. RGBl.
I S. 65, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 4. 1986 (BGBl. I S. 551). I S. 1453; II S. 550. I S. 779, 783. II S. 317. I S. 622.
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§ 1 BSchVG
Anhang I
Verordnungen durch eine zusammenfassende, übersichtliche Neuordnung zu ersetzen, die auf Grund der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes nach Art. 74 Nr. 21 G G mit dem Binnenschiffsverkehrsgesetz vorgenommen worden ist. Das Gesetz ist später wiederholt geändert worden. Durch diese Änderungen sollte der Binnenschiffsverkehr stärker den marktwirtschaftlichen Forderungen angepaßt, dem Wettbewerb ein größerer Spielraum verschafft und ein lauterer Wettbewerb bei marktgerechten Entgelten erreicht werden. Das Binnenschiffsverkehrsgesetz enthält Vorschriften über die Verteilung von Fracht- und Schleppgut, die Schifferbetriebsverbände, die Frachtenbildung, den Frachtenausgleich und die Abwrackung unwirtschaftlichen Schiffsraums, den Ausgleich widerstreitender Verkehrsinteressen und Mitwirkung der Länder, Ordnungsvorschriften sowie Ubergangs- und Schlußbestimmungen. Es bleibt abzuwarten, ob im Rahmen der E G eine Liberalisierung erfolgt.
Erster Abschnitt
Verteilung von Fracht- und Schleppgut §1 Vereinbarungen von Schiffahrtsverbänden untereinander sowie zwischen Schiffahrtsverbänden und Schiffahrttreibenden Uber die Verteilung von Fracht und Schleppgut, das g a n z oder streckenweise auf Bundeswasserstraßen befördert werden soll, bedürfen der Genehmigung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion. Ausgenommen hiervon sind Vereinbarungen, die die Verteilung von Fracht- und Schleppgut zur Beförderung innerhalb von H ä fen z u m Gegenstand haben. Die Genehmigung ist nur zu versagen, wenn Gründe der Verkehrspolitik es erfordern oder wenn die Vereinbarungen den Wettbewerb in unangemessener Weise einschränken würden.
Genehmigungspflicht für Verteilungsvereinbarungen von Frachtund Schleppgut 1. Die vorgesehene Regelung über die Verteilung von Fracht- und Schleppgut geht davon aus, daß die Frachtgüter (Ladungen), die mit Schiffen befördert werden sollen (Frachtgut), sowie die beladenen oder unbeladenen Kähne (Frachtfahrzeuge, Schleppkähne), die durch Dampfer oder Motorschlepper geschleppt (befördert) werden sollen (Schleppgut), regelmäßig auf Grund privater Vereinbarungen auf die einzelnen Gruppen und Betriebe der Fracht- und Schleppschiffahrt verteilt werden. Solche Verteilungsvereinbarungen sollen unter 660
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 1 BSchVG
Einschränkung des sonst bestehenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit einer Genehmigungspflicht unterliegen, wenn sie zwischen den Schiffahrtsverbänden untereinander sowie zwischen Schiffahrtverbänden und Schiffahrttreibenden über die Verteilung von Fracht- und Schleppgut zur Beförderung auf Bundeswasserstraßen abgeschlossen werden. Hierdurch soll sichergestellt werden, daß der Inhalt solcher Vereinbarungen mit den Grundsätzen der Verkehrspolitik und mit den Kartellvorschriften übereinstimmt. 2. a) Die Genehmigungspflicht ist beschränkt auf die Verteilungsvereinbarungen der Schiffahrtverbände untereinander und auf die Verteilungsvereinbarungen zwischen den Schiffahrtverbänden und den Schiffahrttreibenden. Als Schiffahrtverbände kommen die organisatorischen Zusammenschlüsse der Großschiffahrtgesellschaften und sonstigen Schiffahrtfirmen, meist als Reederverband oder Reedereivereinigung bezeichnet, und die Schifferbetriebsverbände als Organisationen der Partikulierschiffer (Privatschiffer, Kleinschiffer) in Betracht (vgl. §§ 11 ff.). „Schiffahrttreibende" sind die natürlichen und juristischen Personen, die mit eigenen oder fremden Schiffen gewerbsmäßig auf Binnenwasserstraßen die Schiffahrt ausüben, also die Reedereien, die sonstigen Schiffahrtfirmen und die Privatschiffer (Partikulierschiffer, Kleinschiffer). Als „Reedereien" gelten in Angleichung an die seerechtliche Regelung (§ 489 HGB) solche Schiffahrtbetriebe, die mit einer kaufmännischen Einrichtung vom Lande aus Beförderungen auf Binnenwasserstraßen gewerbsmäßig übernehmen und sie mit eigenen oder hierzu angenommenen fremden Schiffen durchführen. Für die „Werkreedereien", die eigene Güter für eigene Zwecke mit eigenen Schiffen im „echten Werkverkehr" befördern, gilt nach § 5 Abs. 1 die Notstandsregelung aus den §§ 3, 4 nicht. „Privatschiffer" im Sinne des Gesetzes sind, wie aus § 13 Abs. 1 zu folgern ist, solche gewerblichen Binnenschiffahrttreibenden, die als Schiffseigner oder Ausrüster (§§ 1, 2 BSchG) in der Regel mit nicht mehr als drei Binnenschiffen gewerblich Güter für andere befördern und deren Betrieb dem eines Kleinschiffers entspricht (vgl. § 1 BSchG). Die zwischen den Schiffahrttreibenden (Reedereien, sonstigen Schiffahrtfirmen und Privatschiffern) untereinander, also nicht mit den Schiffahrtverbänden getroffenen Verteilungsvereinbarungen sind einer Genehmigungspflicht nicht unterworfen. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit bleibt hiernach auch für die Fracht-, Schlepp- oder sonstigen Beförderungsverträge bestehen, die von den Schiffahrttreibenden (Reedern, Partikulier- bzw. Privatschiffern) mit den Ladungsbeteiligten (Absendern) abgeschlossen werden, selbst wenn diese Abmachungen eine Verteilung von Fracht- und Schleppgut zum Gegenstand haben sollten. Es sind also auch die Beförderungsverträge genehmigungsfrei, die eine Reederei oder sonstige Schiffahrtfirma als sog. Hauptfrachtführer mit anderen Schiffahrtfirmen oder Privatschiffern als Unterfrachtführer abschließt. Es werden eben nur die Verteilungsvereinbarungen der Schiffahrtverbände untereinander und zwischen Schiffahrtverbänden und Schiffahrttreibenden der Genehmigungspflicht unterworfen. Diese Genehmigungspflicht ist wegen der verkehrspolitischen Bedeutung solcher Verteilungsvereinbarungen und zur Verhütung von mißbräuchlichen 661
§ 1 BSchVG
Anhang I
Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehen. Die im ersten Gesetzentwurf vorgesehene Erstreckung der Genehmigungspflicht auf die Verteilungsvereinbarungen zwischen den Schiffahrttreibenden untereinander ist auf den Einspruch des Zentralausschusses für deutsche Binnenschiffahrt und Empfehlung des Ausschusses für Verkehrswesen des Bundestages bei den Beratungen in Fortfall gekommen. 1 b) Im ersten Gesetzentwurf war in einer besonderen Vorschrift vorgesehen, daß diese Genehmigungspflicht für Verteilungsvereinbarungen sinngemäß auch für die Vereinbarungen über den Verkehr mit Fahrgastschiffen (Personenschiffen) gelten sollte. Auf Grund der Beratungen im Verkehrsausschuß ist diese Vorschrift gestrichen worden, weil die etwaigen Verteilungsvereinbarungen auf dem Gebiet der Fahrgastschiffahrt regelmäßig nur zwischen Schiffahrttreibenden vorkommen und nicht von allgemeiner verkehrspolitischer Bedeutung sind. Hiernach unterliegen etwaige Verteilungsvereinbarungen über den Verkehr der Fahrgastschiffe keiner Genehmigungspflicht, weil sich die gesetzliche Regelung auf einen bestimmten Kreis von Vereinbarungen über die Verteilung von Frachtund Schleppgut beschränkt. 3. Die Genehmigungspflicht für die Verteilungsvereinbarungen besteht für die Verteilung von Fracht- und Schleppgut, das ganz oder streckenweise auf Bundeswasserstraßen befördert werden soll. Es sind dies die der Hoheit des Bundes unterstellten öffentlichen Wasserstraßen. Für einen auf Landeswasserstraßen begrenzten Verkehr gilt das Gesetz nicht, und es findet nach § 42 grundsätzlich im Verkehr von und nach dem Ausland keine Anwendung. 4. a) Die unter § 1 fallenden Verteilungsvereinbarungen sind nur rechtswirksam, wenn sie behördlich genehmigt werden. Vor Erteilung der „Genehmigung" dürfen sie nicht durchgeführt werden. Es hätte richtiger statt Genehmigung „Zustimmung" heißen müssen, weil nach dem Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung nicht ausgeschlossen werden sollte, daß diese „Genehmigung" auch vorher (als Einwilligung) oder für eine Gruppe von Verteilungsvereinbarungen allgemein erteilt werden kann. b) Liegen Versagungsgründe nicht vor, so muß die Genehmigung erteilt werden. Daraus folgt, daß unter diesen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Genehmigung besteht. c) Genehmigungsbehörden sind in der Bundesrepublik die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen (§§ 1, 6), im Lande Berlin der Senator für Verkehr und Betriebe (§ 44 Abs. 3). Die Zuständigkeit der Genehmigungsbehörden ist in § 6 und in den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften geregelt. 2 d) Bis zur Erteilung der behördlichen Genehmigung sind die abgeschlossenen Verteilungsvereinbarungen schwebend unwirksam; sie gelten als von Anfang an rechtswirksam mit der Erteilung der behördlichen Genehmigung (§ 184 BGB).
1 Vgl. Drucksache N r . 4343 Deutscher Bundestag erste Wahlperiode 1949. 2 Vgl. § 6 Anm. 2, 3, 4.
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Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 2 BSchVG
Nach Versagung der Genehmigung wird die schwebende Unwirksamkeit zur Nichtigkeit. Wer sich über die schwebende Unwirksamkeit einer nicht genehmigten Vereinbarung (§ 1) hinwegsetzt, handelt ordnungswidrig ( § 3 7 Abs. 1 Ziffer 2). 5. Von der Genehmigungspflicht sind allgemein die Vereinbarungen ausgenommen, die die Verteilung von Fracht- und Schleppgut zur Beförderung innerhalb von Häfen zum Gegenstand haben. Der Hafenverkehr ist, ähnlich wie im § 131 Abs. 1 BSchG bei den privatrechtlichen Vorschriften, von dieser gesetzlichen Sonderregelung ausgenommen worden, weil er nur von örtlich begrenzter Bedeutung ist (vgl. § 131 BSchG Anm. 1). Ferner gilt § 1 nicht für den Verkehr von und nach dem Ausland (§ 42), und seine Anwendung ist beschränkt bei Beförderung mit Seeschiffen (§ 43), wenn im durchgehenden Verkehr die Grenzen der Seefahrt überschritten werden. 6. Nach den §§ 3, 4 kann, wenn Notstände in der Binnenschiffahrt eingetreten sind oder sich anbahnen, die nicht durch Verteilungsvereinbarungen oder auf andere Weise behoben werden können, unter bestimmten Voraussetzungen die Verteilung von Fracht- und Schleppgut durch Rechtsverordnungen geregelt werden. §2 (1) Die Genehmigung nach § 1 soll in der Regel nicht für einen längeren Zeitraum als drei J a h r e erteilt werden; sie kann auf Antrag jeweils u m den gleichen Zeitraum verlängert werden. (2) Die Genehmigung kann von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion widerrufen werden, 1. soweit sie durch rechtswidrige Einwirkung, wie arglistige Täuschung oder D r o h u n g , durch den Antragsteller oder einen anderen herbeigeführt worden ist oder 2. wenn die an Vereinbarungen nach § 1 Beteiligten Geschäftsbedingungen anwenden, die einen Mißbrauch der Genehmigung darstellen.
Genehmigungsbescheid 1. Eine zeitliche Begrenzung der erteilten behördlichen Genehmigungsbescheide ist nicht zwingend vorgeschrieben. Eine über den Zeitraum von drei Jahren hinausgehende Genehmigung ist in vollem Umfange wirksam, solange sie nicht nach § 2 Abs. 2 widerrufen ist. 2. Die Dauer einer Genehmigung kann auf Antrag verlängert werden. Ein Rechtsanspruch auf eine solche Verlängerung besteht nach der anderweitigen Fassung dieser Vorschrift im Gegensatz zu der Regelung im § 1 Satz 3 nicht. 3. Ein Widerruf einer erteilten Genehmigung einschließlich einer verlängerten Genehmigung ist nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zulässig. 4. Mit dem Ablauf der im Genehmigungsbescheid, im Verlängerungsbescheid 663
§ 3 BSchVG
Anhang I
oder im Widerruf festgesetzten Frist wird die zugrunde liegende Verteilungsvereinbarung rechtsunwirksam. Die Nichtbeachtung dieser Unwirksamkeit stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 37 Abs. 1 Ziff. 2 dar. 5. Nach § 37 Abs. 1 Ziff. 1 handelt ordnungswidrig, wer unrichtige oder unvollständige Angaben tatsächlicher Art macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine nach § 1 erforderliche Genehmigung zu erschleichen (vgl. § 37 Anm. 1, 2). §3 (1) Soweit Notstände in der Binnenschiffahrt eingetreten sind oder sich anbahnen und nicht durch Vereinbarungen nach § 1 oder auf andere Weise behoben werden können, wird der Bundesminister f ü r Verkehr ermächtigt, die Verteilung von Fracht- und Schleppgut, das ganz oder streckenweise auf Bundeswasserstraßen befördert werden soll, durch Rechtsverordnungen zu regeln. Er kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen übertragen. (2) Die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen sollen sich zur Vorbereitung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 und zu ihrer D u r c h f ü h r u n g , soweit sie nicht hoheitlicher A r t ist, der Selbstverwaltungseinrichtungen des Binnenschifffahrtsgewerbes bedienen. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für die Verteilung von Fracht- und Schleppgut, das lediglich innerhalb von Häfen befördert werden soll.
Notstandsregelung 1. a) Für Notstände in der Binnenschiffahrt ist eine behördliche Verteilung des Fracht- und Schleppgutes vorgesehen. In ähnlicher Weise war bereits durch die Notgesetzgebung seit dem Jahre 1931 ein staatliches Eingreifen zulässig. Während der Wirtschaftskrise in den Jahren 1931/32 und in der Kriegszeit wurde zur Erhaltung einer leistungsfähigen Binnenschiffahrt eine staatliche Verteilung des Fracht- und Schleppgutes durchgeführt. Dahingehende Vorschriften enthielten bereits der 3. Teil der Anpassungsverordnung vom 23.12.1931 3 und das Gesetz zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffahrt vom 16. 7.1933. 4 b) Ein „Notstand" der Binnenschiffahrt ist dann gegeben, wenn die hierfür in § 4 aufgestellten Voraussetzungen vorliegen. 5 Ein solcher Notstand muß entweder bereits eingetreten, also vorhanden sein, oder sich „anbahnen", d. h. es müssen die ersten Anzeichen eines Notstandes erkennbar sein. Die Feststellung eines derartigen Notstandes reicht aber für einen staatlichen Eingriff allein nicht aus, sondern es muß zusätzlich festgestellt werden können, daß die Notstände nicht 3 RGBl. I S. 779. 4 RGBl. II S. 317. 5 Vgl. Anm. 1 zu § 4. 664
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 4 BSchVG
durch Verteilungsvereinbarungen ( § 1 ) oder „auf andere Weise" beseitigt werden können. Die Ermächtigung zu solchen staatlichen Eingriffen ist hiernach, und zwar im Gegensatz zu dem ersten Entwurf, auf Einspruch der Binnenschiffahrttreibenden erheblich eingeschränkt worden. Es muß also vor solchen Eingriffen geprüft und gewürdigt werden, ob der Notstand nicht durch andere geeignete Mittel behoben werden kann. 2. a) Zuständig für den Erlaß solcher Rechtsverordnungen ist der Bundesminister für Verkehr, der die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen übertragen kann. b) Die Selbstverwaltungseinrichtungen des Binnenschiffahrtsgewerbes, die Schiffahrtverbände, Betriebsverbände, Transportzentralen, Schiffahrtstellen u. a. sollen schon bei der Vorbereitung mitwirken. 3. a) Als Inhalt dieser Rechtsverordnungen kommt die Regelung der Verteilung des Fracht- und Schleppgutes in Betracht. Eine bestimmte Art der Verteilung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben; sie kann nach Quoten, Festmengen, durch Einführung eines Reihenfolgesystems bei der Vergabe von Beförderungsaufträgen oder auch in anderer Weise erfolgen. Die Rechtsverordnungen sind, gleichgültig ob sie befristet oder unbefristet erlassen werden, bei Beendigung des Notstandes aufzuheben. b) Eine Verteilung durch staatlichen Eingriff ist nur zulässig, wen es sich um Fracht- oder Schleppgut handelt, das ganz oder streckenweise auf Bundeswasserstraßen befördert wird. 4. Für den Hafenverkehr können nach § 3 Abs. 3 Rechtsverordnungen über eine Verteilung des Fracht- und Schleppgutes nicht getroffen werden 6 , auch nicht für den Werkverkehr (§ 5 Abs. 1). 5. Nach § 37 Abs. 1 Ziffer 3 werden Verstöße gegen solche Verordnungen als Ordnungswidrigkeiten geahndet. §4 Ein Notstand im Sinne des § 3 ist gegeben, 1. wenn für die Binnenschiffahrt im gesamten Geltungsbereich dieses Gesetzes, in einzelnen Stromgebieten oder Teilen von Stromgebieten bei außergewöhnlichem Ladungsmangel ohne eine angemessene Verteilung des Ladungsguts nachhaltige wirtschaftliche Schäden bei einem erheblichen Teil des gesamten oder einzelner Zweige des Schiffahrtgewerbes eintreten würden oder 2. wenn die Privatschiffer im gesamten Geltungsbereich dieses Gesetzes, in einzelnen Stromgebieten oder Teilen von Stromgebieten am Verkehrsaufkommen mit Schiffsraum oder Schleppkraft nicht angemessen beteiligt werden. 6 Vgl. § 1 Anm. 5.
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§ 6 BSchVG
Anhang I
Notstandsvoraussetzungen 1. Der Begriff des Notstandes ist zurückzuführen auf die Vorschriften der früheren Notgesetzgebung. 7 Die Voraussetzungen hierfür sind ein außergewöhnlicher Ladungsmangel, das Fehlen einer angemessenen Verteilung des Ladungsgutes und die Gefahr des Eintritts nachhaltiger wirtschaftlicher Schäden, wenn auch nur für einzelne Zweige des Schiffahrtgewerbes. 2. Durch die besondere Notstandsregelung zum Schutz der Privatschiffer soll sichergestellt werden, daß die Privatschiffer angemessen, d. h. entsprechend der Gesamttonnage ihrer Schiffe und ihrer Bedeutung, an den Beförderungsaufträgen beteiligt werden. Soweit dies im freien Spiel der Kräfte oder auf Grund von Verteilungsvereinbarungen nach § 1 nicht erreicht werden kann, ist ein staatlicher Eingriff nach den §§ 3, 4 durch Notstandsmaßnahmen vorgesehen. §5 (1) § 3 ist auf die Beförderung von eigenen Gütern für eigene Zwecke des Unternehmens mit eigenen Schiffen (Werkverkehr) nicht anzuwenden. (2) Betreibt ein Schiffseigner neben dem Werkverkehr Schiffahrt zu gewerblichen Zwecken, so wird im Rahmen dieses Gesetzes der gesamte Schifffahrtbetrieb als gewerbliche Schiffahrt angesehen.
Werkverkehr 1. a) Diese Ausnahmeregelung gilt nur, wenn alle aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind, also ein echter Werkverkehr festgestellt wird. Es müssen hiernach eigene Frachtgüter für eigene Zwecke und mit eigenen Schiffen durch Unternehmen auf den Wasserstraßen befördert werden. Meist sind diese „Werkreedereien" anderen wirtschaftlichen Unternehmen angegliedert. b) Die einen solchen Werkverkehr ausübende Werkschiffahrt wird von einer behördlichen Verteilung des Fracht- und Schleppgutes im Wege der Notstandsmaßnahmen nach den §§ 3, 4 ausgenommen. 2. Für einen Schiffseigner, richtiger wohl Schiffseigentümer, der gewerblich Güter befördert und auch einen Werkverkehr unterhält, gilt, und zwar für den gesamten Betrieb, diese Ausnahmevorschrift nicht, sondern ein solcher Schifffahrttreibender ist den Notstandsmaßnahmen nach den §§ 3, 4 für seinen gesamten Betrieb unterworfen. §6 Der Bundesminister für Verkehr kann die den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen nach den §§ 1 bis 3 obliegenden Aufgaben einer Wasser- und Schiffahrtsdirektion für den Bezirk mehrerer Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zuweisen. 7 Vgl. § 3 Anm. la.
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Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 6 BSchVG
Behördliche Zuständigkeit 1. Nach § 1 ist die Genehmigung und nach § 2 Abs. 2 der Widerruf von Verteilungsvereinbarungen von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion zu erklären. D i e Notstandsmaßnahmen nach den §§ 3, 4 werden von dem Bundesminister für Verkehr getroffen, der seine Ermächtigung auf die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen übertragen kann. 2. Für die örtliche Zuständigkeit der Wasser- und Schiffahrtsdirektionen ( W S D ) ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Verteilungsvereinbarung aus den § § 1 , 2 oder um eine Notstandsregelung (§ 3) handelt. 8 Die Genehmigung und der Widerruf von Verteilungsvereinbarungen (§§ 1, 2) werden von der W S D erteilt, in deren Bezirk (Bereich) einer der an der Vereinbarung Beteiligten (Schiffahrtverbände, Schiffahrttreibenden) seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen dauernden Aufenthalt hat. Es kommt also hier nicht, wie bei der Zugehörigkeit der Privatschiffer zu den Schifferbetriebsverbänden (§ 13 Abs. 1), auf den Heimatort der Schiffe, sondern auf den Sitz oder Wohnsitz der beteiligten Schiffahrtverbände oder Schiffahrttreibenden an. Bei den Schiffahrtverbänden und den Schiffahrtgesellschaften, Reedereien und Schiffahrtfirmen ist der O r t , an dem sich ihre Geschäftsniederlassung, also ihr Sitz, befindet, regelmäßig festzustellen, während dies bei den sonstigen Schifffahrttreibenden, insbesonders bei den Privatschiffern (Partikularschiffern), soweit sie auf dem Schiff wohnen und eine Landwohnung nicht unterhalten, häufig schwierig sein wird. Es soll dann, soweit ein Wohnsitz (§ 7 B G B ) nicht feststellbar ist, der dauernde Aufenthalt eines Beteiligten entscheidend sein, der nicht der Antragsteller zu sein braucht. Wenn mehrere Beteiligte an einer Verteilungsvereinbarung, deren Genehmigung bei verschiedenen W S D beantragen, die hiernach zuständig wären, so ist diejenige W S D zuständig, bei der ein solcher G e nehmigungsantrag zuerst eingebracht worden ist. 3. Nach § 6 kann der B f V die Aufgaben der Genehmigungsbehörde einer W S D über ihren Bereich hinaus für mehrere Bezirke übertragen. Wenn ein O r t , an dem ein beteiligter Schiffahrtverband oder Schiffahrttreibender seinen Sitz, Wohnsitz oder seinen dauernden Aufenthalt hat, an mehreren Wasserstraßen liegt, die zum Zuständigkeitsbereich verschiedener W S D gehören, so ist entscheidend, in welchem Bereich sich „die Vereinbarung überwiegend auswirken soll". Liegt ein O r t an keiner dieser Wasserstraßen, so ist diejenige W S D zuständig, zu deren Bereich die dem O r t nächstgelegene Wasserstraße gehört. Im Regelfall wird sich eine Verteilungsvereinbarung auf den Zuständigkeitsbereich anderer W S D auswirken; es entscheidet dann die Genehmigungsbehörde „im Einvernehmen" mit diesen anderen W S D . Es genügt demnach nicht deren Anhörung, sondern sie müssen bei der Entscheidung beteiligt werden und ihr Einverständnis erteilen. Soweit eine W S D nicht Genehmigungsbehörde ist, muß sie von
8 Vgl. Anm. 4.
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§ 9 BSchVG
Anhang I
der Genehmigungsbehörde über die Erteilung, die Versagung oder den Widerruf einer Genehmigung benachrichtigt werden, wenn sie ohne die besondere Zuständigkeitsregelung zuständig wäre oder wenn sich die Vereinbarung auf ihren Bezirk auswirkt. 4. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 kann der BfV auch die Ermächtigung zur Regelung der Verteilung von Fracht- und Schleppgut zur Beseitigung von Notständen in der Binnenschiffahrt durch Rechtsverordnung auf die WSD übertragen. Es ist in solchen Fällen grundsätzlich die WSD zuständig, in deren Bezirk der Notstand auftritt. Jedoch wird sich der Notstand meist nicht auf den Bereich einer WSD beschränken, sondern sich darüber hinaus zumindest auf das gesamte Stromgebiet erstrecken, so daß dann mehrere WSD zuständig sein könnten. In solchen Fällen kann der BfV eine Genehmigungsbehörde für den Bezirk mehrerer WSD bestimmen. Diese Bestimmung kann allgemein durch weitere Verwaltungsvorschriften oder durch Verwaltungsanordnung im Einzelfall getroffen werden. Diese Zuständigkeitsregelungen werden in den Rechtsverordnungen getroffen. §7 (aufgehoben) §8 (1) Vor Erlaß einer Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 hat der Bundesminister für Verkehr die Verbände der beteiligten Binnenschiffahrt sowie die beteiligten Gewerkschaften zu hören. (2) Sofern der Bundesminister für Verkehr nach § 3 Abs. 1 Satz 2 die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigt, wird bei diesen ein Beirat gebildet. A n h ö r u n g der Verbände 1. Vor Erlaß von Notstandsmaßnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 müssen die Schiffahrtverbände und die Gewerkschaften gehört werden. Eine weitere Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben. Bei der Bedeutung und den wirtschaftlichen Folgen solcher Notstandsmaßnahmen wäre eine weitergehende Mitwirkung der Schiffahrtverbände und Gewerkschaften - gegebenenfalls über einen Beirat zweckmäßig gewesen. 2. N u r bei den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen wird nach § 8 Abs. 2 ein Beirat gebildet, der nach § 9 aber nur eine beratende Aufgabe und nach § 10 ein beschränktes Einspruchsrecht hat. §9 (1) Der Beirat hat die Aufgabe, die Wasser- und Schiffahrtsdirektion vor Erlaß einer Rechtsverordnung zu beraten. (2) Der Beirat besteht aus 668
§ 10 B S c h V G
Binnenschiffsverkehrsgesetz
1. je sechs Vertretern der Reedereien und der Privatschiffer und 2. einem Vertreter aus dem Kreise der beteiligten Gewerkschaften. (3) Die Vertreter der Reedereien und der Privatschiffer werden von den Verbänden der Binnenschiffahrt, der Vertreter der beteiligten Gewerkschaften von diesen vorgeschlagen und durch den Bundesminister f ü r Verkehr für die Dauer von drei J a h r e n berufen; sie können durch ihn vor Ablauf dieser Zeit unter den in der Geschäftsordnung (Absatz 5) festgelegten Voraussetzungen abberufen werden. Sie sind nicht an Weisungen gebunden. (4) Die Mitglieder des Beirats sind ehrenamtlich tätig. (5) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Genehmigung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion bedarf. Die Geschäftsordnung kann vorsehen, daß an den Sitzungen des Beirats Vertreter der Schiffahrtspediteure (Befrachter) ohne Stimmrecht teilnehmen.
Beirat 1. Der Beirat hat keine beschließende, sondern nur eine beratende Funktion und ein beschränktes Einspruchsrecht nach § 10. 2. Die Zusammensetzung des Beirats ist, soweit die Binnenschiffahrtkreise in Betracht kommen, paritätisch zwischen der sog. Groß- und Kleinschiffahrt aufgeteilt. Jeder Beirat besteht nämlich nach § 9 Abs. 2 aus je sechs Vertretern der Reedereien (Schiffahrtgesellschaften und Schiffahrtfirmen) und der Privatschiffer (Partikulier- bzw. Kleinschiffer) und einem Gewerkschaftsvertreter. Dies Teilnehmerrecht ist den Schiffahrtspediteuren in ihrer Eigenschaft als „Befrachter" zugebilligt, weil sie insoweit die Frachtverträge als Absender mit den Frachtführern abschließen. 9 Die „Reedereien" waren schon als solche erwähnt in dem Elbekartell, das auf gesetzlicher Grundlage unter dem Namen „Elbe-Reedereien-Vereinigung von 1934" errichtet worden war. Nach Ansicht der H K Hamburg folgt daraus, daß die Bezeichnung „Reederei" auch von Unternehmen der Binnenschiffahrt geführt werden darf. 1 0 §10 Wenn mindestens sechs Mitglieder des Beirats es verlangen, hat die Wasserund Schiffahrtsdirektion die von ihr beabsichtigte Rechtsverordnung unverzüglich dem Bundesminister f ü r Verkehr vorzulegen. Die Wasser- und Schiffahrtsdirektion entscheidet alsdann nach seinen Weisungen. § 8 Abs. 1 gilt entsprechend.
9 Vgl. auch § 26 Abs. 2. 10 Z f B 1958, 374.
669
§ 1 1 BSchVG
Anhang I
Mitwirkung des Beirats bei Notstandsregelungen 1. Dem Beirat ist nur dies beschränkte Einspruchsrecht gegen etwaige von den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zu erlassende Rechts Verordnungen eingeräumt. 2. Bevor der Bundesminister für Verkehr auf Grund des Einspruchs Weisungen erteilt, muß er die Verbände der beteiligten Binnenschiffahrt und die beteiligten Gewerkschaften hören.
Zweiter Abschnitt
Schifferbetriebsverbände §11 (1) F ü r das Stromgebiet des Rheins, der Oberelbe und der Unterelbe wird je ein Schifferbetriebsverband (Verband) errichtet. (2) Als Stromgebiet des Rheins gilt die deutsche Rheinstrecke mit ihren Nebenflüssen und dem Spoykanal. (3) Als Stromgebiet der Oberelbe gilt die Elbe bis H a m b u r g einschließlich mit ihren natürlichen und künstlichen Nebenwasserläufen sowie den Wasserstraßen bis Travemünde. (4) Als Stromgebiet der Unterelbe gilt die Elbe unterhalb H a m b u r g s mit ihren natürlichen und künstlichen Nebenwasserstraßen, die Eider, der N o r d Ostsee-Kanal und der Kieler Hafen bis einschließlich Laboe.
Errichtung der Schifferbetriebsverbände 1. Die Schifferbetriebsverbände sind als Zusammenschlüsse der Privatschiffer (Partikulierschiffer, Kleinschiffer) mit gesetzlich begründeter Mitgliedschaft Körperschaften des öffentlichen Rechts ( § 1 2 Satz 2). Im ersten Weltkrieg hatte sich aus kriegswirtschaftlichen Gründen die Notwendigkeit herausgestellt, die Privatschiffer in dieser Weise zwangsweise in Betriebsverbänden zusammenzuschließen. Durch eine Bekanntmachung des Bundesrates über die Errichtung von Betriebsverbänden in der Binnenschiffahrt vom 18. 8. 19171 wurde die erste gesetzliche Grundlage für solche Zusammenschlüsse der Privatschiffer geschaffen. Nach dem ersten Weltkrieg wurde diese Regelung beibehalten, weil die Privatschiffer nur zum Teil in Genossenschaften oder anderen Organisationen verei1 R G B l . S. 720.
670
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 12 B S c h V G
nigt waren und deshalb ein gesetzlicher Zusammenschluß notwendig blieb, u m eine verkehrswirtschaftliche Verteilung von Fracht- und Schleppgut unter A u f rechterhaltung stabiler und angemessener Frachten und Schleppgelder zu gewährleisten. Ein G e s e t z betr. die Errichtung von Kleinschifferverbänden vom 19. 5. 1922 2 ermöglichte die U m w a n d l u n g der damals bestehenden Betriebsverbände in öffentlich-rechtliche Kleinschifferverbände. A u c h die Notlagegesetzgebung nach der Anpassungsverordnung vom 23. 12. 1931 3 und dem Gesetz zur B e k ä m p f u n g der N o t l a g e der Binnenschiffahrt v o m 16. 6. 1933 ( R G B l . II S. 317) hielt diesen G r u n d s a t z des Zusammenschlusses der Privatschiffer zu öffentlichrechtlichen Verbänden aufrecht. N a c h § l a des Notlagegesetzes in Verbindung mit den hierzu erlassenen 10., 11. und 12. Durchführungsverordnungen waren diese Schifferbetriebsverbände Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gesetzlich begründeter Mitgliedschaft. 2. a) D i e für die Stromgebiete zu errichtenden Betriebsverbände werden als „Verbände" bezeichnet. D a m i t sollte z u m A u s d r u c k gebracht werden, daß sie Schiffahrtverbände im Sinne des § 1 sind. b) E s wurden zunächst drei Schifferbetriebsverbände für Rhein, Oberelbe und Unterelbe gebildet. Diese Schifferbetriebsverbände bestanden bereits auf G r u n d der früheren Notlagegesetzgebung 4 ; sie gelten als nach § 11 errichtet. 5 E s sind dies der Schiffer-Betriebsverband „ J u s et Justitia" in D u i s b u r g , die Schifferbetriebsverbände für die Elbe und Unterelbe in H a m b u r g . 6 c) D i e gebietsmäßige Zuständigkeit ist nach den Stromgebieten abgegrenzt. §12 D e r Verband f a ß t die Privatschiffer zu d e m Zweck z u s a m m e n , u m in ein e m Bereich die m i t diesem G e s e t z erstrebte O r d n u n g im gewerblichen B i n n e n s c h i f f s v e r k e h r zu gewährleisten. E r ist K ö r p e r s c h a f t des öffentlichen R e c h t s u n d u n t e r s t e h t der A u f s i c h t des B u n d e s m i n i s t e r s f ü r Verkehr. Dieser k a n n die A u f s i c h t einer Wasser- u n d S c h i f f a h r t s d i r e k t i o n ü b e r t r a g e n .
Zweck der Schifferbetriebsverbände 1. D i e Gewährleistung der O r d n u n g im gewerblichen Binnenschiffsverkehr soll durch diesen Zusammenschluß der Privatschiffer erreicht werden. E s soll hierdurch eine im Interesse der Allgemeinheit liegende stabile Frachtenlage und eine angemessene Verteilung von Fracht- und Schleppgut unter Berücksichtigung aller Binnenschiffahrttreibenden einschließlich der Privatschiffer ermög2 3 4 5 6
RGBl. II S. 129. RGBl. I S. 779. Vgl. Anm. 1. Vgl. § 40. Vgl. Vkbl. 1954 S. 233-239. 671
§ 1 3 BSchVG
Anhang I
licht werden, um eine leistungsfähige Binnenschiffahrt zur Erfüllung aller verkehrswirtschaftlichen Aufgaben zu erhalten. Neben diesen öffentlichen Aufgaben hat der Schifferbetriebsverband, wie jeder Verband, ohne daß dies im Gesetz besonders erwähnt wird, wirtschaftspolitische, insbesondere berufsständische Aufgaben zu erfüllen und dabei die besonderen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Belange seiner Mitglieder zu fördern. Nach den von der Aufsichtsbehörde genehmigten Satzungen7 haben die Schifferbetriebsverbände als die berufenen Vertretungen der Privatschiffer ihres Stromgebietes außer diesen berufständischen Aufgaben in erster Linie öffentliche Aufgaben zu erfüllen, nämlich den Zusammenschluß der Privatschiffer (Partikulierschiffer), die Durchführung des gesetzlichen Ordnungswerkes und die verkehrswirtschaftlichen Aufgaben zu sichern. Hierzu gehören folgende Aufgaben: a) Verträge zur Beschäftigung der Mitglieder zu schließen, b) Beschlüsse zu fassen über die Verteilung des anfallenden Fracht- und Schleppgutes auf die Mitglieder, c) Verfügungen über die Einteilung und Bewegung der Schiffe zu treffen, d) Frachtenausgleichsfonds zu bilden. Zur Durchführung dieser öffentlichen Aufgaben werden Betriebsstellen gebildet, für die Betriebsstellenordnungen erlassen werden. Eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, insbesondere als Reeder, Befrachter oder Spediteur, ist den Schifferbetriebsverbänden nicht gestattet. 2. In Ubereinstimmung mit der frühen Regelung erhalten die Betriebsverbände die Rechtsform der Körperschaften des öffentlichen Rechts verliehen und werden hinsichtlich ihrer öffentlichen Aufgaben einer behördlichen Aufsicht unterstellt. Die Aufsicht steht dem BfV zu, der seine Aufsichtsbefugnis auf die WSD übertragen kann, die damit Aufsichtsbehörden werden. 3. Ein Verband, zu dessen satzungsmäßigen Zweck es gehört, die gemeinsamen gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu vertreten, ist nicht kraft seiner Satzung als ermächtigt anzusehen, Schadensersatzansprüche seiner Mitglieder im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. 8 §13 (1) Mitglieder des Verbandes sind diejenigen deutschen Schiffseigner oder Ausrüster (§§ 1, 2 des Gesetzes betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, in der Fassung vom 20.5.1898, Reichsgesetzbl. S. 868), die in der Regel mit nicht mehr als drei Binnenschiffen (Kähnen, Schleppern, Selbstfahrern), deren Heimatort im Stromgebiet liegt, gewerblich Güter für andere befördern und deren Gewerbebetrieb dem eines Kleinschiffers entspricht. 7 Vkbl. 1954, S. 233-239. 8 B G H LM Nr. 9 zu § 21 BSchVG.
672
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 1 3 BSchVG
(2) Mitglieder des Schifferbetriebsverbandes Unterelbe sind unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch Schiffseigner oder Ausrüster von Binnenschiffen mit den Heimatort H a m b u r g , wenn sie überwiegend die Unterelbe befahren.
Mitgliedschaft 1. Der Schifferbetriebs verband ist ein Zusammenschluß der Privatschiffer (Partikulierschiffer, Kleinschiffer). Es gehören ihm als Zwangsmitglieder aber nur diejenigen Privatschiffer an, die „in der Regel mit nicht mehr als drei Binnenschiffen (Kähnen, Schleppen, Selbstfahrern) gewerblich Güter für andere befördern". Ein Binnenschiff ist nach § 1 BSchG ein zur Schiffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern bestimmtes und hierzu verwendetes Schiff. Es fallen hierunter Binnenschiffe ohne eigene Triebkraft (Schleppkähne), zur Beförderung solcher Frachtschiffe verwendete Dampf- oder Motorschleppschiffe (als Schlepper bezeichnet) und Güterfrachtschiffe mit eigener Triebkraft, als Selbstfahrer bezeichnet. 9 Für die Zugehörigkeit zu einem der Schifferbetriebsverbände ist maßgebend, in welchem Stromgebiet der Heimatort dieser Binnenschiffe liegt. Nach § 6 BSchG ist Heimatort eines Binnenschiffes derjenige Ort, von dem aus die Schiffahrt mit dem Schiff tatsächlich betrieben wird. Es kommt hiernach auf die tatsächliche Handhabung des Schiffahrtbetriebes im Einzelfall an, so daß grundsätzlich die Eintragung des Heimatortes im Binnenschiffsregister nur als Anhaltspunkt, aber nicht entscheidend herangezogen werden kann. Bei mehreren hiernach in Betracht kommenden Orten gilt unter entsprechender Anwendung der Vermutungen aus § 6 Abs. 2 BSchG als Heimatort der Ort, wo die Geschäftsniederlassung, bei mehreren Niederlassungen die Hauptniederlassung und in Ermangelung einer Geschäftsniederlassung der Wohnsitz des Schiffseigners ist. Auch bei Anwendung dieser gesetzlichen Vermutungen können Schwierigkeiten in der Feststellung des Heimatortes entstehen. Wenn es sich um ein im Schiffsregister eingetragenes Schiff handelt, so kann aus den §§ 4 Abs. 1, 12, 17 Abs. 1 der Schiffsregisterordnung eine tatsächliche Vermutung gefolgert werden, daß der im Schiffsregister vermerkte auch der richtige und tatsächliche Heimatort des Schiffes ist. Diese Grundsätze gelten auch bei einer Veränderung des Heimatortes, die nach § 17 Abs. 1 der Schiffsregisterordnung zum Schiffsregister ebenfalls angemeldet werden muß. Der mit solchen Binnenschiffen unterhaltene Gewerbebetrieb muß „dem eines Kleinschiffers" entsprechen. Es muß hiernach festgestellt werden, daß es sich nach der Art und dem Umfang des Betriebes um einen handwerklichen Kleinbetrieb handelt, der einen kaufmännisch eingerichteten Landbetrieb nicht erfordert. Die Größe des Schiffsparkes bietet den ersten Anhaltspunkt. Nach der Entstehungsgeschichte war der Besitz von nicht mehr als drei Binnenschiffen für eine Einordnung als Kleinschiffahrtsbetrieb schon 9 § 1 BSchG Anm. 4. 673
§ 1 4 BSchVG
Anhang I
früher bedeutsam. Jetzt soll dies nur „in der Regel" entscheidend sein, so daß auch ein Eigner von vier Schiffen Kleinschiffer sein kann, wenn er dem Betrieb nach „Kleingewerbetreibender" ist. Bei der Auslegung dieses Begriffes ist von § 4 Abs. 1 H G B auszugehen, also festzustellen, ob nach Art und Umfang des Betriebes ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Gewerbebetrieb erforderlich ist, also kaufmännische Buchführung, eigene Werbung, ins Handelsregister eingetragene Firma (§§ 1 Abs. 1 Ziff. 5, 4, 29 H G B ) . 2. Der unter die Mitgliedschaft zum Schifferbetriebsverband fallende Privatschiffer muß Schiffseigner oder Ausrüster sein. Er braucht demnach nicht „Eigentümer" des von ihm verwendeten Schiffes zu sein. Nicht der Eigentümer eines Schiffes als solcher ist nach § 1 BSchG Schiffseigner, sondern nur derjenige Eigentümer, der das zur Binnenschiffahrt bestimmte Schiff hierzu verwendet. Nach § 2 BSchG gilt als Schiffseigner auch der Ausrüster, der ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Binnenschiffahrt verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffer anvertraut. 3. Die Ausnahmeregelung für die Mitglieder des Schifferbetriebsverbandes Unterelbe wurde bei den Beratungen im Verkehrsausschuß des Bundestages eingefügt. Demnach gehören als Mitglieder zum Schifferbetriebsverband für die Unterelbe auch solche Schiffseigner und Ausrüster, die den Heimatort ihrer Schiffe in Hamburg (Oberelbe) haben, aber überwiegend die Unterelbe befahren. 4. Die Mitgliedschaft zu dem zuständigen Schifferbetriebsverband ist eine Zwangsmitgliedschaft, die kraft Gesetzes eintritt, so daß es keiner Beitrittserklärung oder Aufnahme bedarf und auch eine Kündigung oder ein sonstiger Austritt ausgeschlossen ist. Die Entscheidung über die Mitgliedschaft trifft der Schifferbetriebsverband, in Zweifelsfällen die Aufsichtsbehörde (§ 14 Abs. 4) mit Nachprüfungsmöglichkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. § 14 (1) Schiffseigner oder Ausrüster, deren Schiffe überwiegend in der H a m burger Hafenschiffahrt beschäftigt sind, sind nicht Mitglieder des Verbandes. (2) Schiffseigner und Ausrüster, die auf G r u n d der Mitgliedschaft bei einer reedereimäßig arbeitenden Genossenschaft oder durch den Abschluß von Beschäftigungsverträgen mit mindestens achtzehnmonatiger Dauer für ihre Betriebe die mit dem vorliegenden Gesetz erstrebte O r d n u n g gewährleisten, sind für die Dauer der Mitgliedschaft oder des Vertragsverhältnisses nicht Mitglieder des Verbandes. Die Satzung des Verbandes (§ 15) kann vorsehen, daß die Rechte und Pflichten gegenüber dem Verbände längstens drei Monate nach dem Zeitpunkt erlöschen, in welchem dem Verbände die Mitteilung über die nach Satz 1 die Mitgliedschaft beendende Tatsache zugeht, und daß sie spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt wieder aufleben, in welchem ihm angezeigt wird, daß diese Tatsache fortgefallen ist. (3) Schiffseigner oder Ausrüster, auf die die Voraussetzungen des Absatzes 674
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 14 BSchVG
2 zutreffen, können freiwillig Mitglieder des Verbandes sein. Sie haben jedoch nicht die Rechte und Pflichten, die sich für die Verbandsmitglieder aus § 18 Abs. 1 ergeben. (4) In Zweifelsfällen entscheidet die Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Verbandes über die Mitgliedschaft.
Ausnahmen und freiwillige Mitgliedschaft 1. Die Privatschiffer der Hamburger Hafenschiffahrt sind von der Mitgliedschaft zum Schifferbetriebsverband befreit. Es ist dies eine weitere Folge der Herausnahme des Hafenverkehrs aus dieser sondergesetzlichen Regelung (vgl. § 1 Satz 2) und entspricht auch der früheren Regelung in § 2 der 11. Durchführungsverordnung vom 15. 9.1934 (Deutscher Reichs- und Preußischer Staatsanzeiger N r . 219). 2. Für zwei bestimmte Gruppen von Privatschiffern wird ein zeitweiliges Ruhen der Mitgliedschaft geregelt. Es handelt sich dabei in erster Linie um solche Privatschiffer, die Mitglied (Genosse) einer Genossenschaft (Transport- oder Schiffseignergenossenschaft) sind, die wie eine Reederei, d. h. mit Verfügungsbefugnis über die Fahrzeuge ihrer Mitglieder einen Schiffahrtsbetrieb unterhalten, um durch Werbung von Fracht- oder Schleppgut die Beschäftigung ihrer Mitglieder zu sichern. Dann werden diese Privatschiffer und ihre Binnenschiffe bereits bei diesen Genossenschaftsreedereien von dem Ordnungswerk erfaßt, so daß eine gesetztliche Zwangsmitgliedschaft dieser Privatschiffer bei einem Schifferbetriebsverband nicht erforderlich ist. Die zweite Gruppe betrifft solche Privatschiffer, die langfristige Beschäftigungsverträge für ihre Betriebe abgeschlossen haben und hierdurch die mit dem Gesetz erstrebte Ordnung gewährleisten. Im Einzelfall wird es schwierig sein, das Vorliegen dieser Voraussetzungen festzustellen; deshalb ist in Abs. 4 bestimmt, daß in „Zweifelsfällen" die Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Verbandes entscheidet. Diese Entscheidung ist ein Verwaltungsakt, der beim Verwaltungsgericht angefochten werden kann. Die jetzige Fassung des Abs. 2 beruht auf dem Änderungsgesetz vom 1. 8.1961. 10 3. Eine freiwillige Mitgliedschaft zu den Betriebsverbänden ist über den Rahmen der gesetzlichen Zwangsmitgliedschaft hinaus nicht allgemein, sondern nur für solche Privatschiffer vorgesehen, deren Mitgliedschaft ruht. Diese Privatschiffer sollen auch für die Zeit des Ruhens ihrer Mitgliedschaft die Möglichkeit einer freiwilligen Zugehörigkeit haben. Die freiwilligen Mitglieder haben nach den §§ 14 Abs. 3, 18 Abs. 1 keinen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Verteilung von Fracht- und Schleppgut, wie auch in den Satzungen der Verbände festgelegt ist.
10 BGBl. I S. 1163.
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§ 1 5 BSchVG
Anhang I
§15
(1) Die Verfassung und die Verwaltung des Verbandes werden durch die Satzung geregelt. Die Satzung und ihre Änderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Mehrheit der Mitgliederversammlung, der Genehmigung der Aufsichtsbehörde sowie der Veröffentlichung im Verkehrsblatt - Amtsblatt des Bundesministers für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland - . (2) Die Satzung muß Bestimmung treffen über 1. Namen und Sitz des Verbandes, 2. die Gegenstände, über die die Mitgliederversammlung zu beschließen hat, sowie die Voraussetzungen und die Form ihrer Einberufung und die Vertretung der Mitglieder in der Versammlung, 3. die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters, 4. die Zusammensetzung und die Befugnisse der übrigen Organe, die Vertretung des Verbandes und die Geschäftsführung, 5. die Form der Bekanntmachungen des Verbandes, 6. die Aufstellung des Haushaltsplans, die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung, 7. die Erhebung von Beiträgen und Umlagen sowie die Voraussetzungen, unter denen der Verband ihre Einziehung nach § 17 beantragen kann. Satzung und Verwaltung 1. Für die früheren, auf Grund der Notgesetzgebung gebildeten Schifferbetriebsverbände wurde die Satzung vom Reichsverkehrsminister, also von der Aufsichtsbehörde erlassen. Jetzt wird die Satzung (Verfassung) nach demokratischen Selbstverwaltungsgrundsätzen von der Mitgliederversammlung durch Mehrheitsbeschluß festgelegt und bedarf lediglich zu ihrer Rechtswirksamkeit einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde, die sie dann zu veröffentlichen hat. Im Gegensatz zu der früheren Regelung entscheiden die Schifferbetriebsverbände nicht nur bei der Festlegung der Satzung, sondern auch bei der Verwaltung des Verbandes selbst. Die beteiligten Behörden (Wasser- und Schiffahrtsdirektionen und Bundesminister für Verkehr) sollen sich auf die Aufsicht und auf die Entscheidung etwaiger Beschwerden der Mitglieder beschränken. 2. Der aufgestellte Inhalt der Satzung setzt nur die im öffentlichen Interesse zu erhebenden Mindestanforderungen fest. Im übrigen wird auch dies den Beschlüssen der Mitgliederversammlung überlassen. 3. Die von den Mitgliederversammlungen der Schifferbetriebsverbände beschlossenen und von der Aufsichtsbehörde genehmigten Satzungen regeln auf der Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen die Verfassung und die Verwaltung der Verbände; sie enthalten darüber hinaus Vorschriften über deren berufsständische Aufgaben.
676
§ 18 B S c h V G
Binnenschiffsverkehrsgesetz §16
(1) D e r Vorsitzende u n d sein Stellvertreter b e d ü r f e n der B e s t ä t i g u n g d u r c h die A u f s i c h t s b e h ö r d e . (2) D e r Vorsitzende h a t den H a u s h a l t s p l a n v o r B e g i n n eines jeden R e c h n u n g s j a h r e s der A u f s i c h t s b e h ö r d e z u r G e n e h m i g u n g v o r z u l e g e n .
Vorsitz, Haushalt 1. D e r Vorsitzende und sein Stellvertreter werden gewählt. D i e Wahl bedarf der Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde. 2. D e r Vorsitzende leitet den Verband und ist für die rechtzeitige und ordnungsmäßige Vorlage des Haushaltsplanes verantwortlich. 3. I m übrigen ergeben sich die Befugnisse des Vorsitzenden aus seiner Stellung als Leiter des Verbandes und den Beschlüssen der Mitgliederversammlung. D i e Befugnisse der Aufsichtsbehörden sind in den einzelnen gesetzlichen Bestimmungen aufgeführt und werden durch die allgemeinen verwaltungsrechtlichen G r u n d s ä t z e ergänzt. §17 Mitgliedsbeiträge, sonstige B e i t r ä g e z u r U n t e r h a l t u n g der E i n r i c h t u n g des Verbandes sowie U m l a g e n w e r d e n auf A n t r a g des Verbandes n a c h den Vorschriften der A b g a b e n o r d n u n g beigetrieben.
Mitgliedsbeiträge 1. Schon für die früheren Betriebsverbände war nach § 4 des Gesetzes zur B e k ä m p f u n g der N o t l a g e der Binnenschiffahrt v o m 16. 6 . 1 9 3 3 1 1 vorgesehen, daß die den Verbänden von ihren Mitgliedern geschuldeten Leistungen nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Beitreibung öffentlicher Abgaben eingezogen werden können. In Fortführung dieser Regelung sind die sämtlichen Leistungen der Mitglieder an den Verband auf Antrag des Verbandes nach den Vorschriften der A b g a b e n o r d n u n g beizutreiben. 2. Diese Regelung erstreckt sich nicht nur auf die Mitgliedsbeiträge und sonstigen Beiträge, sondern auch auf die etwaigen Umlagen und sonstigen Leistungen der Mitglieder gegenüber dem Verband. §18 (1) D e r Verband k a n n n a c h M a ß g a b e der S a t z u n g 1. V e r t r ä g e m i t S c h i f f a h r t t r e i b e n d e n oder ihren Verbänden sowie V e r t r ä g e ü b e r Verkehrsleistungen, 2. d u r c h Beschluß die Verteilung des F r a c h t - u n d S c h l e p p g u t e s u n t e r seinen Mitgliedern regeln, 11 RGBl. II S. 317. 677
§ 1 8 BSchVG
Anhang I
3. V e r f ü g u n g e n f ü r die E i n t e i l u n g u n d B e w e g u n g der F a h r z e u g e seiner Mitglieder t r e f f e n , u m die o r d n u n g s m ä ß i g e D u r c h f ü h r u n g der V e r t r ä g e n a c h N u m m e r 1 u n d der Beschlüsse n a c h N u m m e r 2 zu gewährleisten. (2) D e m Verbände ist eine G e w i n n e r z i e l u n g u n t e r s a g t . (3) Beschlüsse n a c h A b s a t z 1 N r . 2 sowie ihre Ä n d e r u n g oder A u f h e b u n g unterliegen der G e n e h m i g u n g d u r c h die A u f s i c h t s b e h ö r d e .
Aufgaben der Schifferbetriebsverbände 1. E s werden nur die Befugnisse des Schifferbetriebsverbandes aufgeführt, die er aus der Mitwirkung bei der Verteilung des anfallenden Fracht- und Schleppgutes hat. D e r Verband ist hiernach nicht nur ermächtigt, die im § 1 erwähnten Verteilungsvereinbarungen mit anderen Schiffahrttreibenden oder ihren Verbänden abzuschließen, sondern er kann auch die Verteilung unter seine Mitglieder regeln, und zwar durch „ B e s c h l u ß " der Mitgliederversammlung ( § 1 8 A b s . 1 Ziff. 2). Solche Beschlüsse sowie ihre Änderung und A u f h e b u n g sind genehmigungspflichtig. Diese Verteilung wird grundsätzlich zur Erreichung einer gerechten und gleichmäßigen Berücksichtigung aller Mitglieder nach einem Reihenfolgesystem der sich lade- b z w . aufnahmebereit meldenden Mitglieder vorgenommen werden. Beschäftigungsabkommen, die ein Schifferbetriebsverband mit den ihm nicht angehörenden Schiffahrtsunternehmen auf freiwilliger Grundlage über die Mitbeschäftigung von Privatschifferraum (Partikulierraum) abgeschlossen hat, sind nicht öffentlich-rechtliche Verteilungsvereinbarungen im Sinne des § 1, sondern privatrechtliche Verträge, die hiernach keiner Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfen. 1 2 2. Der Verband kann auch „Verfügungen", also Anordnungen ohne besonderen Beschluß der Mitgliederversammlung treffen, um die Einteilung und Bewegung der Fahrzeuge seiner Mitglieder zu regeln. Solche Verfügungen sind im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und unter Beachtung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung zulässig, soweit sie zur ordnungsmäßigen Durchführung der Verteilungsvereinbarungen (§§ 1, 18 A b s . 1 Ziff. 1) und der Verteilungsbeschlüsse (§ 18 A b s . 1 Ziff. 2) erforderlich sind. Hierzu gehören auch Maßnahmen, die eine ordnungsmäßige Verteilung vorbereiten oder sicherstellen, wie die Einrichtung von Meldestellen, H e r a u s g a b e von Meldestellenordnungen. 3. N a c h § 37 A b s . 1 Ziff. 3 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen einen Beschluß oder eine Verfügung eines Schifferbetriebsverbandes nach § 18 A b s . 1 N r . 2 und 3 verstößt, sofern die Verordnung oder die Verfügung ausdrücklich auf diese Bußgeldbestimmung verweist. Mit Rücksicht auf diese Befugnis, ein Bußgeld als Beugemittel anzudrohen und festzusetzen, wurde die im ersten Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit einer Ersatzvornahme als Zwangsmittel der Verbände gestrichen. 12 VerwG Hamburg vom 27. 11. 1959 - VI G 1071/59 in ZfB 1961, 461. 678
§ 20 BSchVG
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§19 (1) Den Mitgliedern des Verbandes steht gegen Verfügungen des Verbandes die Verwaltungsbeschwerde an die Aufsichtsbehörde zu. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Verfügung bei der Aufsichtsbehörde einzulegen und hat keine aufschiebende Wirkung. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde bei dem Verbände eingelegt ist. (2) Soweit in Rechtsvorschriften der Einspruch als Voraussetzung der Klage beim Verwaltungsgericht vorgesehen ist, tritt an seine Stelle die Verwaltungsbeschwerde.
Beschwerdeverfahren Den Mitgliedern steht gegen alle Verfügungen des Verbandes eine Beschwerde zu, die als „Verwaltungsbeschwerde" entsprechend der Regelung bei einer Anfechtung der Entscheidungen der Wasser- und Schiffahrtsdirektionen (§ 7 Abs. 1) bezeichnet ist. 13 Gegen die Entscheidungen der Aufsichtsbehörde ist das Verwaltungsstreitverfahren gegeben. §20 (1) Der Bundesminister für Verkehr kann den Verband auflösen, wenn mindestens drei Viertel der Privatschiffer des Stromgebiets die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 erfüllen. Vor der Auflösung ist der Verband zu hören. (2) Wird der Verband aufgelöst, so muß eine Abwicklung stattfinden. Die Vorschriften der §§ 48 bis 53 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.
Auflösung 1. Eine Auflösung eines SchifferbetriebsVerbandes kann nur durch Gesetz oder durch den Bundesminister für Verkehr vorgenommen werden. Diese Auflösung ist an eine bestimmte Voraussetzung gebunden, nämlich, daß mindestens drei Viertel der Privatschiffer des Stromgebietes die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 erfüllen, d. h. auf Grund einer Mitgliedschaft einer reedereimäßig arbeitenden Genossenschaft oder durch Abschluß langfristiger Beschäftigungsverträge für ihre Betriebe die mit dem Gesetz erstrebte Ordnung gewährleisten. 2. Der Verband muß vor einer solchen behördlichen Auflösung gehört werden. 3. Eine sonstige Auflösung des Verbandes, insbesondere durch Beschluß der Mitgliederversammlung, ist nicht vorgesehen und kann demnach nicht rechtswirksam vorgenommen werden. 13 Vgl. § 7 Anm. 1, 2.
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§ 21 BSchVG
Anhang I
Dritter Abschnitt
Frachtenbildung §21 (1) Die Entgelte für Verkehrsleistungen der Schiffahrt und Flößerei zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen (Transportsätze, Schiffsanteilfrachten, Schlepplöhne, Schiffsmieten, Vergütungen für sonstige mit der Schiffsbeförderung unmittelbar zusammenhängende Nebenleistungen) werden durch Frachtenausschüsse der Binnenschiffahrt festgesetzt, sofern die Verkehrsleistungen entweder g a n z oder im Falle einer durchgehenden Beförder u n g streckenweise auf Bundeswasserstraßen erbracht werden. Des weiteren setzen die Frachtenausschüsse Liegegelder fest sowie die den Entgelten nach Satz 1 zugrundeliegenden Lade- und Löschzeiten; die Lade- und Löschzeiten dürfen die gesetzlich festgesetzten Zeiten nicht überschreiten. (2) Die Entgelte sollen marktgerecht sein und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unternehmer der Schiffahrt und Flößerei Rechnung tragen; sie sind Festentgelte oder Mindest-Höchstentgelte. Bei Festsetzung von Mindest-Höchstentgelten sind unbillige Benachteiligungen landwirtschaftlicher und mittelständischer Wirtschaftskrise sowie wirtschaftlich schwacher und verkehrsungünstig gelegener Gebiete zu verhindern. (3) Wer gewerbsgemäßig Verkehrsleistungen der Schiffahrt oder Flößerei erbringt, f ü r die ein nach diesem Gesetz festzusetzendes Entgelt noch nicht festgesetzt worden ist, hat dies dem gebietlich zuständigen Frachtenausschuß (§§ 22 Abs. 1) unverzüglich schriftlich anzuzeigen.
Festentgelte 1. a) Neben der Verteilung von Fracht- und Schleppgut (§§ 1 bis 10) ist die Regelung der Frachten und sonstigen Entgelte für Verkehrsleistungen der Binnenschiffahrt, das sog. Frachtenbildungsverfahren, ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen Lenkungsmaßnahmen innerhalb der Binnenschiffahrt. Auch bei der Frachtenbildung wird von den Grundsätzen der bisherigen Regelung ausgegangen. Auf Grund der Anpassungsverordnung vom 23.12.1931 1 und des § 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffahrt vom 16. 6.1933 2 in Verbindung mit den Durchführungsverordnungen vom 2 3 . . und 26. 8.1932 3 wurden Frachtenausschüsse in der Binnenschiffahrt gebildet, die Mindest- und Höchstentgelte 4 festsetzen konnten. Dies Frachtenbildungsverfahren wurde 1 2 3 4
R G B l . I S. 779. R G B l . II S. 317. Reichsverkehrsblatt 1932 S. 58, 145. Beförderungspreise, Anteilfrachten, Schlepplöhne, Maklerentgelte, Schiffsmieten, Vergütungen für die Einlagerung von Gütern in Binnenschiffen und dgl.
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Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 21 BSchVG
durch die 36. Durchführungsverordnung vom 20. 5. 19435 und die Verordnung über die Frachtenbildung in der Binnenschiffahrt vom 3.10.1941 (RGBl. I S. 622) weiter ausgestaltet. Danach wurden diese Entgelte für Verkehrsleistungen in der Binnenschiffahrt von den Frachtenausschüssen festgesetzt, von der zuständigen Wasser- und Schiffahrtsdirektion als Aufsichtsbehörde genehmigt, von der Preisbehörde bestätigt und im Verkehrsblatt verkündet. In Fällen von grundsätzlicher Bedeutung bestätigte der Reichskommissar für die Preisbildung im Einvernehmen mit dem Reichsverkehrsminister die Frachtenausschußbeschlüsse. Diese Regelung wollte der erste Gesetzentwurf (Regierungsvorlage) mit der Maßgabe beibehalten, daß der Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft die von den Frachtenausschüssen festgesetzten Entgelte genehmigen und die genehmigten Beschlüsse als Rechtsverordnungen erlassen sollte. Hiergegen erhob der Bundesrat das Bedenken, daß dadurch das verfassungsmäßige Verordnungsrecht des Bundesministers für Verkehr aus Art. 80 G G in unzulässiger Weise beschränkt werde. In den Beratungen des Verkehrsausschusses des Bundestages wurde jedoch der bisherige Grundsatz aufrechterhalten, daß die Entgelte von den Frachtenausschüssen festgesetzt werden (§ 21 Satz 1), daß diese Beschlüsse einer behördlichen Genehmigung bedürfen (§ 28) und daß die genehmigten Beschlüsse vom Bundesminister für Verkehr als Rechtsverordnung (§ 29) erlassen werden.6 Die jetzige Fassung des § 21 beruht auf dem Änderungsgesetz vom 1. 8.1961 (BGBl. I S. 1163). An Stelle der Frachtenausschüsse kann der Bundesminister für Verkehr nach § 30 die Entgelte festsetzen, wenn „Gründe des allgemeinen Wohls es erfordern oder wenn ein Frachtenausschuß einen Beschluß nicht faßt". Die §§ 21, 31 sind mit Art. 12 G G vereinbar. 7, 8 Inländische Vorschriften zur Ordnung des Verkehrs, insbesondere hinsichtlich der tariflichen Bindung von Beförderungsentgelten im innerstaatlichen Verkehr, bleiben auch in Ansehung der Art. 59 und 60 EWgV und trotz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 22. Mai 1985 - Rs 13/83 - rechtsgültig.9 In der V O über die Verteilung von Frachtgut im Binnenschiffahrtsverkehr vom 6. 6.1967 1 0 ist die Rechtsgrundlage der Ermächtigung (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) hinreichend angegeben. Die in dieser Verordnung begründete Andienungs-
5 Deutscher Reichs- und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 118. 6 Vgl. den schriftlichen Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen, 27. Ausschuß, 1. Wahlperiode Deutscher Bundestag 1949, Drucksache 4343. 7 B G H LM Nr. zu § 21 BSchVG. 8 Zur Frage der Vereinbarkeit der Vorschriften des 3. Abschnitts des Binnenschiffsverkehrsgesetzes über die Frachtenbildung mit dem übergeordneten Recht der Europäischen Gemeinschaft vgl. B G H LM Nr. 5 zu § 21 BSchVG B G H = ZfB 1976, 214; ZfB 1982, 203. 9 OVG Münster, ZfB 1989, 228. 10 BAnz. Nr. 119 vom 30. 6. 1967, S. 2. 681
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pflicht ist mit Art. 12 und 14 GG vereinbar. 11 Ein Binnenschiffahrtsunternehmen hat seinen Geschäftbetrieb personell so einzurichten, daß die Einhaltung der Tarifvorschriften gewährleistet ist, auch wenn sich diese täglich ändern sollten. Die Tarifregelung und -Sicherung ist ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen Lenkungsmaßnahmen innerhalb der Verkehrsträger, die vor wirtschaftlichen Schäden durch ruinösen Wettbewerb geschützt werden sollen. 12 Auch das Verschleppen von Leichtern auf dem Nord-Ostsee-Kanal ist eine Verkehrsleistung i.S. des § 21. 13 b) Das gesetzliche Frachtenbildungsverfahren erstreckt sich dem sachlichen Umfang nach auf die „Entgelte für Verkehrsleistungen der Schiffahrt und Flößerei". Die Aufzählung einzelner Entgelte stellt hiernach lediglich einen Hinweis, also keineswegs eine abschließende Zusammenfassung dar. Es werden auch andere Entgelte für Verkehrsleistungen und die „Vergütungen für sonstige mit der Schiffsbeförderung unmittelbar zusammenhängende Nebenleistungen" vom Frachtenbildungsverfahren erfaßt. Hierunter fallen u. a. auch die Wasserstandund witterungsbedingten Zuschläge, z. B. die Kleinwasserzuschläge, die Maklerentgelte, Speditionsprovisionen, Vergütungen für die Einlagerung von Gütern in Binnenschiffen, sofern sie mit der Schiffsbeförderung unmittelbar zusammenhängen. 14 Zu diesen Vergütungen für Nebenleistungen gehören auch die Liegegelder für Überschreitung der Lade- und Löschzeiten (§§ 30, 49 BSchG), die unter Änderung der nicht zwingenden gesetzlichen Regelung festgesetzt werden. Die Frachtenausschüsse sind nach § 21 Abs. 1 Satz 2 auch zuständig für die Festsetzung der Lade- und Löschzeiten (§§ 29, 48 BSchG). Die festgesetzten Lade- und Löschzeiten dürfen die gesetzlichen Lade- und Löschzeiten nicht überschreiten. Bei den in § 21 Abs. 1 genannten Entgelten für Verkehrsleistungen handelt es sich um die von den Frachtenausschüssen festgesetzten Einzelentgelte, von denen verschiedene beispielhaft aufgezählt sind. Kleinwasserzuschläge gehören zu den Nebenleistungen. An die Tarife müssen erhöhte Anforderungen bezüglich ihrer Klarheit und Unmißverständlichkeit gestellt werden. 15 Der Tarifzwang gilt auch für Vereinbarungen zwischen Schiffahrttreibenden. 16 Die Frachtenausschüsse sind nicht zuständig, sonstige Entgelte für Nebenleistungen festzusetzen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Beförderung stehen. So gehören andere selbständige, nicht mit einer Schiffsbeförderung unmittelbar zusammenhängende Leistungen nicht zu den Verkehrsleistungen, wie z. B. das Einlagern von Gütern in Binnenschiffen oder deren sonstige Benutzung als Lagerkähne ohne Verbindung mit einer vorherigen oder anschließenden Beför-
11 12 13 14 15 16
BGH OLG OVG BGH OLG BGH
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LM Nr. 6 zu § 21 BSchVG. Köln, ZfB 1977, 44. Lüneburg, ZfB 1977, 326. ZfB 1961, 134 = VRS 1961, 1999. Karlsruhe, ZfB 1975, 151. ZfB 1981, 64, BVerG ZfB 1981, 201.
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derung, selbst wenn damit eine geringe Veränderung des Lagerplatzes des Schiffes innerhalb eines Ortes verbunden sein sollte. Sinn und Zweck des Frachtenbildungsverfahrens nach dem Binnenschiffsverkehrsgesetz rechtfertigen es nicht, Binnenschiffstransporte vom Tarifzwang auszunehmen, weil sie auf einem Transportvertrag beruhen, der für mehrere Jahre abgeschlossen wurde und dessen Durchführung hohe Investitionen des Frachtführers erforderten. 17 c) In räumlicher Hinsicht ist die Festsetzung der Entgelte für Verkehrsleistungen zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen beschränkt. Bei einer „durchgehenden Beförderung" über dies Wasserstraßengebiet hinaus, wenn die Verkehrsleistungen streckenweise auf Bundeswasserstraßen erbracht werden, können die Entgelte im Interesse einer einheitlichen Tarifpolitik für die Gesamtstrecke auf diesen zusammenhängenden deutschen Wasserstraßen festgesetzt werden. Die gleiche Regelung gilt für die Entgelte für Verkehrsleistungen der Flößerei, also für die Floßfrachten, die Schlepplöhne und alle sonstigen mit der gewerbsmäßigen Beförderung von Flößen (verbundenen Hölzern) auf dem Wasserweg zusammenhängenden Nebenleistungen. 2. a) Die festgesetzten Entgelte sind Festentgelte oder Mindest-Höchstentgelte. Sie sollen den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unternehmer der Schifffahrt und Flößerei Rechnung tragen. b) Die festgesetzten Entgelte sind Normen des öffentlichen Rechts; sie sind Festentgelte, also Mindest- und Höchstentgelte zugleich. Sie sind zwingend und unabdingbar, d. h. sie schließen abweichende Vereinbarungen der Beteiligten aus, gleichgültig ob diese günstiger oder ungünstiger sein sollten. Die etwaigen tarifwidrigen Vereinbarungen sind nach § 134 BGB rechtsunwirksam (nichtig), und an ihre Stelle treten ohne weiteres die festgesetzten unabdingbaren tarifmäßigen Entgelte. 18 Im § 31 Abs. 1 ist ausdrücklich unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung hervorgehoben, daß etwaige abweichende Vereinbarungen die rechtliche Wirksamkeit eines solchen Vertrages nicht berühren und daß dann das festgesetzte Entgelt geschuldet wird.
§22 (1) Frachtenausschüsse werden durch Rechtsverordnung des Bundesministers für Verkehr errichtet. In der Rechtsverordnung ist ihre gebietliche Zuständigkeit zu bestimmen. (2) Der Bundesminister für Verkehr errichtet durch Rechtsverordnung bei jedem Frachtenausschuß einen erweiterten Frachtenausschuß.
17 BGH LM Nr. 4 zu § 21 BSchVG = ZfB 1975, 395. 18 BGH VRS 1961, 1999. 683
§ 23 BSchVG
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Frachtenausschüsse 1. Die Frachtenausschüsse werden durch Rechtsverordnung des Bundesministers für Verkehr errichtet. Dabei muß die gebietliche Zuständigkeit der einzelnen Frachtenausschüsse abgegrenzt werden, soweit nicht in diesem Gesetz bereits eine Zuständigkeit festgelegt ist (vgl. § 23). 2. Nach § 41 Satz 1 gelten als durch Rechtsverordnung (§ 22) errichtet die folgenden bei Inkrafttreten des Gesetzes auf Grund der früheren Notlagegesetzgebung vorhanden gewesenen Frachtenausschüsse: Duisburg, Dortmund, Bremen, Hamburg, Regensburg und der Frachtenausschuß für den Tankschiffsverkehr in Duisburg. Das gleiche gilt nach § 41 Satz 2 für den Frachtenausschuß Berlin, nachdem das Binnenschiffsverkehrsgesetz auf Grund der Berlin-Klausel (§ 44 Abs. 1) auch im Lande Berlin Anwendung findet. Die Auflösung dieser und die Errichtung weiterer Frachtenausschüsse kann nur durch Rechtsverordnung erfolgen. Auch die gebietliche Zuständigkeit der Frachtenausschüsse muß nach § 22 Satz 2 durch Rechtsverordnung bestimmt werden; die ausführende Regelung enthält eine VO über die gebietliche Zuständigkeit der Frachtenausschüsse in der Binnenschiffahrt vom 22. 6.1954. 1 9 3. Im Rahmen ihrer gebietlichen Zuständigkeit haben die Frachtenausschüsse die Entgelte für Verkehrsleistungen ( § 2 1 ) festzusetzen. 4. Bei jedem Frachtenausschuß ist ein erweiterter Frachtenausschuß vorgesehen, der ebenfalls durch Rechtsverordnung vom Bundesminister für Verkehr errichtet wird. §23 (1) Für Entgelte für Verkehrsleistungen, die über den Bereich eines Frachtenausschusses hinausgehen, ist der Frachtenausschuß zuständig, in dessen Bereich das Schiff beladen wird, soweit nicht der Bundesminister für Verkehr etwas anderes bestimmt. (2) Die Frachtenausschüsse sind nicht zuständig für die Entgelte in der Fahrgastschiffahrt. Einschränkungen der Zuständigkeit 1. Wenn die Beförderungsleistungen über den Bereich eines Frachtenausschusses hinausgehen, so ist der Frachtenausschuß des Einladeortes zuständig, in dessen Bereich das Schiff beladen worden ist. In der Regel wird der Einladeort auch der Ort sein, von dem aus „der Verkehr anfängt", die Beförderungsleistung beginnt. Die Entgelte für Verkehrsleistungen, die keine Beförderungsleistungen sind, werden ebenfalls von dem Frachtenausschuß festgesetzt, in dessen Bereich der Einladeort liegt. 19 BGBl. II S. 635.
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Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 25 BSchVG
Im übrigen ist für die Festsetzung der Entgelte für Beförderungsleistungen die sachliche Zuständigkeit der Frachtenausschüsse in den Rechtsverordnungen geregelt. 2. Die Herausnahme der Entgelte in der Fahrgastschiffahrt stellt nach der Begründung zu dieser Vorschrift „einen seit langem bestehenden Zustand gesetzlich klar". Wegen der besonderen Verhältnisse in der Fahrgastschiffahrt (Personenschiffahrt) ist eine Festsetzung von Festentgelten nicht für erforderlich gehalten worden. §24 (1) Die Frachtenausschüsse und die erweiterten FrachtenausschUsse unterstehen der Aufsicht des Bundesministers für Verkehr. Aufsicht 1. Die bei der Frachtenbildung ( § 2 1 ) eingeschalteten Frachtenausschüsse und die erweiterten Frachtenausschüsse werden nach § 22 durch Rechtsverordnung des Bundesministers für Verkehr errichtet; sie haben die „Entgelte für Verkehrsleistungen" festzusetzen, erfüllen also öffentliche Aufgaben. Deshalb werden sie, ebenso wie die Schifferbetriebsverbände (§ 12), einer Staatsaufsicht unterworfen, die vom Bundesminister für Verkehr ausgeübt wird. Die Frachtenausschüsse sind nicht wie die Schifferbetriebs verbände „Körperschaften des öffentlichen Rechts" (§ 12 Satz 2), sondern Einrichtungen mit öffentlichen Aufgaben, angegliedert der Verwaltung. 2. Von der Ermächtigung aus § 24 Abs. 1 Satz 2 hat der BfV in Verwaltungsvorschriften Gebrauch gemacht. Er hat den Frachtenausschuß Hamburg der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Hamburg der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft in Hamburg unterstellt. Alle anderen Frachtenausschüsse unterliegen unmittelbar der Aufsicht durch den Bundesminister für Verkehr. Einer Aufsicht unterliegen auch die von den Frachtenausschüssen gebildeten Unterausschüsse. 20 3. Die staatliche Aufsicht beschränkt sich nach § 28 Abs. 1 auf das Recht zur Genehmigung der Beschlüsse der Frachtenausschüsse und der ermächtigten Unterausschüsse. Ein Weisungsrecht, eine Disziplinargewalt oder eine sonstige Dienstaufsicht steht der Aufsichtsbehörde nicht zu. §25 (1) Die Frachtenausschüsse bestehen jeweils aus zwei zahlenmäßig gleich starken Gruppen von Vertretern der Schiffahrt und der Verlader. Die Mitglieder der Gruppe der Schiffahrt werden auf Vorschlag der beteiligten Verbände der Binnenschiffahrt und die Mitglieder der Gruppe der Verlader auf 20 Vgl. Anm. 6 zu § 27.
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§ 26 BSchVG
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Vorschlag der Verbände der Industrie, des Handels, des Handwerks, der Schiffahrtspedition und der Agrarwirtschaft von der Aufsichtsbehörde für die Dauer von drei J a h r e n in den Frachtenausschuß berufen. Die Frachtenausschüsse wählen einen Vorsitzenden aus dem Kreis ihrer Mitglieder. (2) Die Mitglieder können jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Bundesminister f ü r Verkehr ihr A m t niederlegen. Verliert ein Mitglied die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter oder wird über sein Vermögen der Konkurs eröffnet, so erlischt seine Mitgliedschaft. Die Mitgliedschaft erlischt ferner, wenn der Bundesminister für Verkehr feststellt, daß ein Mitglied nicht mehr der Gruppe angehört, f ü r die es vorgeschlagen worden ist. Der Bundesminister f ü r Verkehr kann ein Mitglied aus wichtigem G r u n d und nach A n h ö r u n g des Verbandes, der es vorgeschlagen hat, abberufen. (3) Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gelten auch f ü r die Stellvertreter. (4) Beim Ausscheiden eines Mitgliedes oder eines Stellvertreters wird sein Nachfolger f ü r den Rest der Amtsdauer des ausgeschiedenen Mitgliedes oder Stellvertreters berufen. (5) Die erweiterten Frachtenausschüsse bestehen aus der Gruppe der Schiffahrt, der Gruppe der Verlader, einem unabhängigen Vorsitzenden und je einem von der G r u p p e der Schiffahrt und der G r u p p e der Verlader benannten unabhängigen Besitzer. Der Vorsitzende und die beiden Besitzer werden von der Aufsichtsbehörde f ü r die Dauer von drei Jahren berufen; das gleiche gilt f ü r ihre Stellvertreter. Die Absätze 2 und 4 gelten entsprechend, jedoch mit der Maßgabe, daß vor der A b b e r u f u n g eines Besitzers aus wichtigem G r u n d die Gruppe zu hören ist, die ihn benannt hat. (6) Die Mitglieder der Frachtenausschüsse und der erweiterten Frachtenausschüsse sind ehrenamtlich tätig; sie sind nicht an A u f t r ä g e oder Weisungen gebunden. § 25a (weggefallen) §26 Die Frachtenausschüsse und die erweiterten Frachtenausschüsse geben sich Geschäftsordnungen. Die Geschäftsordnungen bedürfen der Genehmig u n g der Aufsichtsbehörde.
Geschäftsordnung Die Aufstellung einer Geschäftsordnung für die Fachausschüsse und deren beratenden Ausschüsse ist in Übereinstimmung mit der bisherigen Regelung vorgeschrieben; sie wird rechts wirksam mit der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. 686
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 27 BSchVG
§27 (1) Die Frachtenausschüsse bilden auf A n o r d n u n g oder mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde 1. Frachtenkommissionen für Tagesgeschäfte, 2. Bezirksausschüsse, 3. gemeinsame Ausschüsse, 4. Fachausschüsse. (2) Die Frachtenkommissionen für Tagesgeschäfte sind nach Maßgabe der Geschäftsordnung befugt, Entgelte f ü r Verkehrsleistungen (§ 21) vorzuschlagen. Sie haben ihre Vorschläge unverzüglich dem Frachtenausschuß zur Beschlußfassung vorzulegen. (3) Die Bezirksausschüsse und gemeinsamen Ausschüsse können nach Maßgabe der Geschäftsordnung selbständige Festsetzungsbefugnisse erhalten (ermächtigte Unterausschüsse). In diesem Falle sind die §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 6 entsprechend anzuwenden. Soweit die Mitglieder der Bezirksausschüsse nicht Mitglieder der Frachtenausschüsse sind, gilt ferner § 25 Abs. 1 sinngemäß; sie können jedoch auch f ü r eine kürzere Dauer als drei J a h r e berufen werden. Die gemeinsamen Ausschüsse sind aus je zwei Mitgliedern der G r u p p e der Schiffahrt und der G r u p p e der Verlader der beteiligten Frachtenausschüsse zu bilden. (4) Die Fachausschüsse schlagen dem Frachtenausschuß Entgelte für Verkehrsleistungen vor.
Frachtenkommissionen, Ausschüsse 1. Die nunmehr gesetzlich festgelegten Ausschüsse (Unterausschüsse) haben sich in der bisherigen Praxis der Frachtenausschüsse entwickelt und bewährt, weil sie das Festsetzungsverfahren vereinfachen und beschleunigen. Sie dürfen jedoch nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde gebildet werden, um eine einheitliche Handhabung zu erzielen und eine Zersplitterung zu vermeiden. Auf Anregung des Verkehrsausschusses des Bundestages wurde in das Gesetz eingefügt, daß Unterausschüsse auf Anordnung der Aufsichtsbehörde gebildet werden müssen. 2. Die Frachtenkommissionen für Tagesgeschäfte, die nach Maßgabe der Geschäftsordnung aus den hierzu bestimmten Mitgliedern der Frachtenausschüsse bestehen, haben nur das Recht, Entgelte für Verkehrsleistungen vorzuschlagen. Eine Befugnis zur Festsetzung von vorläufigen Entgelten, wie dies die Regierungsvorlage vorgeschlagen hatte, ist ihnen nicht eingeräumt worden; auch ein Vorschlag des Bundesrates, die Festsetzungen dieser Frachtenkommissionen als Richtsätze gelten zu lassen, wurde nicht in das Gesetz übernommen. 3. Die Bezirksausschüsse sollen nach Bedürfnis für einen Teil des Gebietes gebildet werden. 4. Gemeinsame Ausschüsse können von mehreren Frachtenausschüssen gebil687
§ 27b BSchVG
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det werden, wenn sich die den Entgelten zugrunde liegenden Verkehrsleistungen über den Bereich eines Frachtenausschusses erstrecken. So kann der Frachtenausschuß, von dessen Bereich der Verkehr ausgeht, den Frachtenausschuß beteiligen, durch dessen Bereich dieser Verkehr führt. Auch diese gemeinsamen Ausschüsse können Festsetzungsbefugnisse erhalten. Den gemeinsamen Ausschüssen können nur Mitglieder der sie bildenden Frachtenausschüsse angehören. 5. Die Fachausschüsse sollen die Beschlüsse des Frachtenausschusses durch sachkundige Vorschläge vorbereiten. Sie haben nur ein Vorschlagsrecht und keine Festsetzungsbefugnis. Die Zusammensetzung der Mitglieder regelt die Geschäftsordnung. 6. Nach § 24 Abs. 1 unterstehen die Frachtenausschüsse, die beratenden Ausschüsse und die gebildeten Unterausschüsse der Aufsicht der Aufsichtsbehörde (vgl. § 24 Anm. 1). Zuständig ist die Aufsichtsbehörde des Frachtenausschusses, der den Unterausschuß gebildet hat. Für die von mehreren Frachtenausschüssen gebildeten gemeinsamen Ausschüsse (§ 27 Abs. 1 Nr. 3) hat sich der BfV vorbehalten, die Aufsicht jeweils durch Erlaß zu regeln. 7. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 bedarf die Bildung von Bezirksausschüssen und von gemeinsamen Ausschüssen (§ 27 Abs. 1 N r . 2 u. 3), wie in II A 1 VerwV ebenfalls hervorgehoben wird, einer Anordnung oder Genehmigung des BfV. § 27a Die Gruppe der Schiffahrt und die G r u p p e der Verlader beraten im Frachtenausschuß gemeinsam. Bei Abstimmungen verfügt jede Gruppe über eine Stimme. § 27b (1) Können sich die Gruppe der Schiffahrt und die G r u p p e der Verlader im Frachtenausschuß oder in einem ermächtigten Unterausschuß nicht auf ein bestimmtes Entgelt für eine Verkehrsleistung einigen, zeigt der Frachtenausschuß oder der ermächtigte Unterausschuß dies innerhalb einer Frist von vierzehn Tagen nach der ergebnislos verlaufenen Sitzung dem Vorsitzenden des erweiterten Frachtenausschusses an. (2) Der Vorsitzende des erweiterten Frachtenausschusses beruft diesen innerhalb von vier Wochen nach Eingang der Anzeige nach Absatz 1 ein. (3) Der erweiterte Frachtenausschuß berät über das Entgelt nach Absatz 1. Können sich die Gruppe der Schiffahrt und die G r u p p e der Verlader wiederum nicht einigen, so beschließt der erweiterte Frachtenausschuß über das Entgelt. Der Vorsitzende, die beiden Beisitzer, die G r u p p e der Schiffahrt und die Gruppe der Verlader haben hierbei je eine Stimme. Beschlossen ist das Entgelt, f ü r das mindestens drei Stimmen abgegeben werden.
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§ 29 BSchVG
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 27c Die von Frachtenausschüssen, ermächtigten Unterausschüssen und erweiterten Frachtenausschüssen beschlossenen Entgelte für Verkehrsleistungen gelten als marktgerecht. 1. Hinsichtlich der Marktgerechtigkeit der Tarife ist der Bundesminister für Verkehr an die Beschlüsse der Frachtenausschüsse gebunden, bleibt aber in der politischen Entscheidung und in der Letztverantwortung für das allgemeine Wohl frei. 2 1 §28 (1) Beschlüsse der Frachtenausschüsse und der ermächtigten Unterausschüsse, die Entgelt f ü r Verkehrsleistungen festsetzen, bedürfen der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr. Er entscheidet im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft. (2) Der Bundesminister für Verkehr soll, wenn er nicht vorher entscheidet, sich innerhalb von drei Wochen nach Eingang des Beschlusses gegenüber dem Frachtenausschuß oder dem ermächtigten Unterausschuß äußern und innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Beschlusses über die Genehmigung entscheiden. Gegenüber Beschlüssen des erweiterten Frachtenausschusses werden die Fristen des Satzes 1 von drei Wochen auf zwei Wochen und von zwei Monaten auf einen Monat verkürzt. G e n e h m i g u n g der Beschlüsse 1. Die Festsetzungsbeschlüsse der Frachtenausschüsse und der ermächtigten Unterausschüsse (§§ 21, 27) bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit einer behördlichen Genehmigung, die als Rechtsverordnung (§ 29 Abs. 1) vom Bundesminister für Verkehr erteilt wird. Wegen der Bedeutung dieser Festsetzungen für die Wirtschaft ist das Einvernehmen des Bundesministers für Wirtschaft vorgeschrieben. 2. Wenn die Genehmigung versagt wird, so ist die bis dahin schwebend unwirksame Festsetzung des Frachtenausschußbeschlusses nichtig. Der Frachtenausschuß kann dann erneut beschließen, anderenfalls kann der Bundesminister für Verkehr nach § 30 an Stelle der Frachtenausschüsse die erforderliche Festsetzung der Entgelte durch Rechtsverordnung vornehmen. §29 (1) Der Bundesminister für Verkehr erläßt die genehmigten Beschlüsse der Frachtenausschüsse und der ermächtigten Unterausschüsse als Rechtsverordnungen. 21 VerG Münster, ZfB 1982, 237.
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§ 30 BSchVG
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(2) Der Bundesminister f ü r Verkehr kann aus Gründen des allgemeinen Wohls die Rechts Verordnungen aufheben; er bedarf hierzu des Einvernehmens mit dem Bundesminister für "Wirtschaft.
Erlaß, Aufhebung der Beschlüsse 1. Die genehmigten Beschlüsse müssen als Rechtsverordnungen erlassen werden. Sie müssen nach Maßgabe der hierfür geltenden Bestimmungen auch als Rechtsverordnungen bekanntgemacht werden. Die Rechtsverordnungen werden nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. 1. 1950 22 im Verkehrsblatt 23 veröffentlicht, auch im Bundesanzeiger bekanntgemacht, jedoch nur mit dem Anfang und dem Ende der Geltung der festgesetzten Entgelte. Rechtsverordnungen des BfV nach § 29 Abs. 1 können auch ohne vollen Wortlaut und, sofern sie für einen unbestimmten Zeitraum gelten, ohne Angabe des Tarifendes nicht nur im Verkehrsblatt, sondern auch im Bundesanzeiger wirksam verkündet werden. 24 Dabei wird darauf hingewiesen, daß die Festsetzungen im einzelnen dem „ F T B , dem Frachten- und Tarifanzeiger der Binnenschiffahrt" entnommen werden können. Die Rechtsverordnungen treten, soweit nichts anderes darin festgelegt wird, nach § 3 des erwähnten Verkündigungsgesetzes mit dem vierzehnten Tage nach Ablauf des Ausgabetages in Kraft. Die Herstellung einer Sammlung aller bedeutsamen Frachtenausschußbeschlüsse wäre zu empfehlen. 2. Eine Aufhebung dieser Rechtsverordnungen kann ohne Beteiligung der Frachtenausschüsse oder der ermächtigten Unterausschüsse aus Gründen „des allgemeinen Wohls" durch den Bundesverkehrsminister erfolgen, der hierzu lediglich des Einvernehmens des Bundesministers für Wirtschaft bedarf. In der Regierungsvorlage war diese Aufhebungsbefugnis auf dringende „Gründe der allgemeinen Verkehrspolitik" beschränkt. In der ersten Fassung des Absatzes 2 hieß es „Gründe der Verkehrspolitik"; die jetzige Fassung ist durch das Änderungsgesetz vom 1. 8. 1961 eingeführt worden. 3. Zuwiderhandlungen gegen die nach den §§ 29, 30 erlassenen Rechtsverordnungen werden nach § 36 in Verbindung mit dem Wirtschaftsstrafgesetz bestraft. 25 §30 Der Bundesminister f ü r Verkehr kann ohne Mitwirkung der Frachtenausschüsse, der ermächtigten Unterausschüsse oder der erweiterten Frachtenausschüsse Entgelte f ü r Verkehrsleistungen durch Rechtsverordnung fest22 23 24 25
B G B l . S. 23. Amtsblatt des Bundesministers für Verkehr. B G H L M N r . 15 zu §§ 1, 2 BSchVG im Anschluß an B G H L M G ü K G N r . 84. Vgl. § 36 Anm. 1, 2.
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Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 31 BSchVG
setzen, wenn Gründe des allgemeinen Wohls es erfordern oder wenn ein Frachtenausschuß oder ein ermächtigter Unterausschuß oder ein erweiterter Frachtenausschuß ein Entgelt nicht beschließen.
Festsetzung durch den Bundesminister für Verkehr Nach den §§ 21, 27 werden die Entgelte für Verkehrsleistungen von den Frachtenausschüssen, den ermächtigten Unterausschüssen oder den erweiterten Frachtenausschüssen festgesetzt. Nur in zwei Fällen ist dem Bundesminister für Verkehr eine Festsetzungsbefugnis vorbehalten, nämlich nach Aufhebung eines durch Rechtsverordnung bestätigten Beschlusses eines Frachtenausschusses oder ermächtigten Unterausschusses (§ 29 Abs. 2), wenn Gründe des allgemeinen Wohls eine Festsetzung erfordern oder, um die Festsetzung eines Entgelts zu sichern, wenn eine Festsetzung nicht zustande kommt. Solche Festsetzungen sollten nicht notwendig werden, weil sich sicher auch die Frachtenausschüsse den Erfordernissen des allgemeinen Wohls nicht verschließen werden. §31 (1) Abweichungen von den in einer Rechtsverordnung nach § 29 oder § 30 festgesetzten Entgelten für Verkehrsleistungen sowie Zahlungen oder andere Zuwendungen, die einer Umgehung des festgesetzten Entgelts gleichkommen, sind unzulässig. (2) Werden in einem Vertrage für Verkehrsleistungen Entgelte vereinbart, die von den auf Grund dieses Gesetzes festgesetzten abweichen, so wird die rechtliche Wirksamkeit des Vertrages nicht berührt. In diesen Fällen wird das festgesetzte Entgelt geschuldet. (3) Vereinbaren die Vertragsparteien in Kenntnis oder in grob fahrlässiger Unkenntnis des festgesetzten Entgelts ein von diesem abweichenden Entgelt, so ist der Unterschiedsbetrag an den Bund zu entrichten. Er ist von der nach § 39 zuständigen Wasser- und Schiffahrtsdirektion einzuziehen.
Unabdingbarkeit der festgesetzten Entgelte 1. Die festgesetzten Entgelte sind nach § 21 Festentgelte, also zwingend und unabdingbar, d. h. sie schließen jede abweichende Vereinbarung der Beteiligten aus (vgl. § 21 Anm. 2b). Abweichungen von den festgesetzten Entgelten sowie Zahlungen und Zuwendungen, die einer Umgehung gleichkommen, sind unzulässig. Das gilt auch bei Unterfrachtverträgen. 26 Zur Klarstellung ist in Ubereinstimmung mit der Rechtsprechung zu den §§ 134, 139 BGB hervorgehoben worden, daß bei abweichenden Vereinbarungen, also einem Verstoß gegen die festgesetzten Entgelte, nur dieser Teil der Vereinbarung nichtig ist und an seine Stelle das festgesetzte Entgelt tritt. Diese Vorschrift dient der Aufrechterhaltung 26 B G H Vers.R. 1966, 138.
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§ 31 B S c h V G
Anhang I
von Verträgen über Verkehrsleistungen bei gesetzwidrigen Entgeltvereinbarungen und schließt eine A n w e n d u n g des § 139 B G B aus ( B G H vom 1 2 . 1 2 . 1 9 6 0 II Z R 41/59 in V R S 1961, 1999). 2. H a b e n die Beteiligten solche abweichenden Entgelte in Kenntnis oder in grob fahrlässiger Unkenntnis der festgesetzten Entgelte vereinbart, so müssen sie „ d e n Unterschiedsbetrag" an den Bund entrichten. Voraussetzung für diese Regelung aus § 31 A b s . 2 ist, daß die „Vertragsparteien", also die an der Vereinbarung beteiligten Vertragspartner, vorsätzlich oder grob fahrlässig ein abweichendes Entgelt vereinbar, so gelten an Stelle von § 31 A b s . 2 die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, also die §§ 276, 278, 8 2 3 f f . , 812ff. B G B , nach denen die tarifwidrigen überhöhten Entgelte zurückgefordert werden können. D e r Anspruch des Bundes nach § 31 A b s . 3 setzt weiter voraus, daß derjenige von dem die Zahlung des Unterschiedsbetrages verlangt wird, durch den Tarifvertrag tatsächlich einen Vorteil erlangt hat. Dies ist bei einem Hauptfrachtführer nicht der Fall, wenn die unzulässige Tarifunterschreitung im Vertrag mit dem Unterfrachtführer nicht höher ist als im Frachtvertrag mit dem Absender. 2 7 Ein tarifwidrig Handelnder, kann nicht nach § 31 A b s . 3 verurteilt werden, wenn er selbst keinen Vorteil erlangt hat. 2 8 D i e Vereinbarung einer vom Frachtführer zu zahlenden Spediteurprovision für Frachtaufträge, die der Spediteur für seinen eigenen Gewerbebetrieb abgeschlossen hat, ist ebenso unzulässig wie ein Vertrag zwischen dem Absender und dem Frachtführer, wonach Sonderleistungen, die der Absender außerhalb des Frachtvertrages für den Frachtführer erledigt, durch Bezahlung eines Prozentsatzes vom Frachtaufkommen pauschal abgegolten werden. 2 9 Ein Verlader kann sich bei einer F r a c h t u n t e r s c h r e i t u n g nicht darauf berufen, daß er infolge eines Organschafts- und Ergebnisabführungsvertrages mit dem Frachtführer keinen geldwerten Vorteil erlangt habe. D a s gleiche gilt, wenn der tarifmäßige Zustand durch nachträgliche Frachtkorrektur wiederhergestellt ist. Der U m s t a n d , daß die W S D eine Frachtberechnung nicht beanstandet hat, mindert nicht den Vorwurf der Frachtunterbietung. 3 0 A u c h wer als E i n k a u f s k o m m i s s i o n ä r für andere Firmen tätig wird und dabei im eigenen N a m e n Frachtverträge abschließt, hat die Festfrachtvorschriften zu beachten. 3 1 3. Ein U n t e r b i e t e r der festgesetzten Festentgelte kann eine Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 A b s . 2 B G B darstellen, so daß bei einem schuldhaften Verstoß Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. E s können auch Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen Unterbie27 28 29 30 31
B G H Z 65, 159 = NJW 1975, 1283 = LM Nr. 2 zu § 31 BSchVG. O L G Hamburg, ZfB 1987, 25. B G H LM Nr. 3 zu § 21 BSchVG. Vgl. auch L G Duisburg ZfB 1975, 152. LG Köln, ZfB 1977, 482. O L G Düsseldorf, ZfB 1978, 134.
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Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 31 BSchVG
tens von festgesetzten Entgelten nach den § § 1 , 3 IJWG, §§ 823, 826 BGB geltend gemacht werden (OLG Frankfurt NJW 1949, 558). Auch aus einer ungerechtfertigten Bereicherung können nach den §§ 812 ff. BGB Ansprüche gegeben sein und vertragliche Ansprüche aus den §§ 276, 278, 242 BGB können bestehen. 4. Für den Anspruch der Bundesrepublik auf Zahlung des Unterschiedsbetrages zwischen dem festgeseszten und dem vereinbarten Entgelt gemäß § 31 Abs. 3 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.32 Eine doppelt Geltendmachung gegen den Absender und den Hauptfrachtführer ist nicht zulässig. 33 5. Die Anwendung des § 31 Abs. 3 setzt voraus, daß eine Vereinbarung über die Berechnung und Gewährung tarifwidriger Entgelte getroffen worden ist. Eine extensive Auslegung etwa dahingehend, daß das Unterlassen einer Rechnungsstellung aus grober Fahrlässigkeit einer Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten gleichgestellt werden müsse, ist unzulässig. 34 35 Dem Hauptfrachtführer steht eine Abschlußprovision im Sinne des DBT E 433 Teil I Abschnitt 6 Abs. 1 (in der bis zum 30.11. 1988) geltenden Fassung auch dann zu, wenn er und der erste Unterfrachtführer oder auch der Verlader demselben Konzern angehören. Verschließt der tatsächliche Beförderer die Augen davor, ob der Abzug einer Abfertigungsprovision von der ihm zustehenden
32 BVerGE 17, 242; B G H Z 64, 159 = N J W 1975, 1283 = L M Nr. 2 zu § 31 BSchVG. 33 B G H Z ZfB 1976, 214. 34 O L G Hamburg, ZfB 1984, 435; 1987, 24. Zur Erkennbarkeit eines Tarifverstoßes vgl. O L G Hamburg, ZfB 1986, 171; 1987, 21. Zur groben Fahrlässigkeit vgl. O L G Köln, ZfB 1984, 436. Zur konsekutiven Beschäftigung eines Tankschiffes im Sinne von Teil I, Abschnitt 12b des Deutschen Binnentankschiffahrtstarifs vgl. B G H L M Nr. 12 zu § 31 BSchVG = ZfB 1987, 22. Zu den Voraussetzungen für die Gewährung eines „Treuerabatts" nach Teil I Abschnitt 12c des Deutschen Binnentankschiffahrtstarifs (DTB) vgl. B G H L M Nr. 14 zu § 31 BSchVG. Zur Tarifwidrigkeit von MengenTreue- und Beschäftigungsgarantierabatten (DTB Teil I Abschnitt 12), wenn ein Mineralölunternehmen im eigenen Namen mit einer Reederei zwei Transportaufträge mit garantierten Brutto-Jahresfrachten schließt, wobei unter den einen Vertrag nur Güter für das vertragschließende Unternehmen und unter den anderen Vertrag nur Güter für ein zweites Mineralölunternehmen für dessen Rechnung befördert werden und die Höhe des Rabatts nach der Gesamtsumme der Frachten beider Verträge berechnet wird, vgl. B G H LM Nr. 16 zu §§ 31, 42a BSchVG = ZfB 1989, 182. 35 Zur tariflichen Beurteilung eines Poolsystems, bei dem mehrere Ölhandelsunternehmen bestimmte Tätigkeiten, darunter den Transport von Öl vom Empfangshafen zu bestimmten Abruforten für die Abgabe in Tankkraftwagen, ein Lagereibetrieb bei Zahlung von Pauschalpreisen für die von diesem Betrieb zu erbringenden „Leistungspakete" übertragen haben, vgl. B G H LM Nr. 13 zu §§ 31, 42a BSchVG = ZfB 1988, 97. Zu den Voraussetzungen und der Höhe einer Zinsforderung des Staates bei Ansprüchen auf Zahlung der Differenzfracht nach § 31 Abs. 3 BSchVG vgl. B G H ZfB 1987, 19. 693
§ 31a BSchVG
Anhang I
(Tarif-)Fracht unberechtigt ist, so verhält er sich grob schuldhaft im Sinne des § 31 Abs. 3. 3 6 Die Vereinbarung eines besonderen Entgelts für zusätzliche, nicht durch Abschluß und Abfertigungsprovision abgegoltenen Nebenleistungen ist statthaft. Das Entgelt darf aber nicht in einem bestimmten Prozentsatz von den Frachteinnahmen bestehen. 37 §31a (1) Die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen überwachen die Einhaltung der nach §§ 29 und 30 erlassenen Verordnungen über Entgelte für Verkehrsleistungen. Bei der Durchführung dieser Uberwachungsaufgabe können sie sich gegen Erstattung der Kosten der Mitwirkung der Bundesanstalt für Güterfernverkehr ( § 5 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes vom 17. Oktober 1952 - Bundesgesetzblatt I S. 697 - ) bedienen. Der Bundesminister für Verkehr kann die den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen obliegenden Aufgaben durch Rechtsverordnung einer Wasser- und Schiffahrtsdirektion für den Bezirk mehrerer Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zuweisen. (2) Zur Durchführung ihrer Aufgabe nach Absatz 1 können die Wasserund Schiffahrtsdirektionen oder ihre Beauftragten 1. die erforderlichen Ermittlungen anstellen, auch Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere aller am Zustandekommen eines Vertrages über eine Verkehrsleistung im Sinne des § 21 Abs. 1 und seiner Durchführung Beteiligten nehmen; 2. von den in Nummer 1 genannten Beteiligten und den in deren Geschäftsbetrieb tätigen Personen Auskunft über alle Tatsachen verlangen, die für die Durchführung der Überwachung von Bedeutung sind; die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen; der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde; 3. Grundstücke und Räume der in Nummer 1 genannten Beteiligten betreten, um an O r t und Stelle innerhalb der üblichen Geschäfts- und Arbeitsstunden Ermittlungen durchzuführen; die in Nummer 2 genannten Personen haben ihnen jede Auskunft und Nachweisung zu erteilen, deren sie bedürfen; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. 4. auch außerhalb der Geschäftsräume der Beteiligten, insbesondere auf den 36 B G H LM Nr. 17 zu §§ 31, 42a BSchVG. 37 O L G Hamburg, ZfB 1987, 19.
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Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 31c BSchVG
Bundeswasserstraßen, in Häfen, auf Lade- und Löschplätzen L a d u n g und Begleitpapiere prüfen. (3) Die in Absatz 2 N r . 1 genannten und die in deren Geschäftsbereich tätigen Personen haben den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen oder ihren Beauftragten bei der D u r c h f ü h r u n g der Überwachungsmaßnahmen die erforderlichen Hilfsmittel zu stellen und die nötigen Hilfsdienste zu leisten. (4) Der Bundesminister für Verkehr erläßt zur D u r c h f ü h r u n g der den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen nach Absatz 1 übertragenen Überwachungsaufgabe die erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften.
Frachtenprüfungsanordnungen 1. Gegen die Rechtswirksamkeit einer Frachtenprüfungsanordnung der WSD bestehen verfassungsrechtlich keine Bedenken. 38 2. Wenn auch Verkehrsleistungen im Rahmen des Werksverkehrs eines Händlers mit dessen Schiffen keiner Frachtenprüfungskontrolle unterliegen, sind Prüfungsmaßnahmen gegenüber solchen Unternehmen gerechtfertigt, bei denen der begründete Verdacht besteht, daß sie Umgehungsgeschäfte im Sinne des § 42a betreiben, die zwar keine Abreden über Verkehrsleistungen enthalten, aber im wirtschaftlichen Ergebnis einer solchen Vereinbarung entsprechen. Erst die Einsicht in die Geschäftsunterlagen der unter dem Verdacht des Scheingeschäfts stehenden Unternehmen kann der Prüfungsbehörde Gewißheit über die tatsächlichen Funktionen der zum Schein tätigen Firma verschaffen. 39 § 31b Die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen können die D u r c h f ü h r u n g der im Rahmen ihrer Überwachungsaufgaben nach § 31a erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen nach den f ü r die Durchsetzung von Verwaltungsmaßnahmen allgemein geltenden Bestimmungen erzwingen. § 31c (1) Wer sich verpflichtet hat, eine Verkehrsleistung im Sinne des § 21 Abs. 1 zu erbringen, hat der Wasser- und Schiffahrtsdirektion West die Angaben zu machen, die f ü r die Überwachung der Einhaltung des für diese Leistung festgesetzten Entgelts (§ 31a Abs. 1) erforderlich sind. Sind an der D u r c h f ü h r u n g der Verkehrsleistung mehrere beteiligt, so hat die Angaben nach Satz 1 nur der zu liefern, dem das gesamte Entgelt für die Verkehrsleistung geschuldet wird. Unbeschadet dessen kann die für die Frachtenkontrolle zuständige Wasser- und Schiffahrtsdirektion auch von einem weiteren Beteiligten die nach Satz 1 erforderlichen Angaben verlangen. 38 O V G Münster, Z f B 1986, 94. 39 O V G Münster, Z f B 1986, 94. Ebenso A G Münster Z f B 1979, 379 und VerG Münster Z f B 1982, 237.
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§ 31 d BSchVG
Anhang I
(2) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen: 1. welche Angaben zur Durchführung der Überwachungsaufgaben nach Absatz 1 im einzelnen zu machen sind; 2. daß, falls die Angaben nicht aus einem im Betrieb des Verpflichteten verwendeten Geschäftspapier ersichtlich sind, ein Formblatt zu verwenden ist; 3. die Frist, innerhalb derer die Angaben nach Nummer 1 zu liefern sind; die Frist darf nicht weniger als vierzehn Tage und nicht mehr als sechs Monate nach Abschluß des Vorganges, auf den sich die Angaben beziehen, betragen; 4. das Verfahren bei der Lieferung der Angaben nach Nummer 1 sowie das Muster des Formblattes nach Nummer 2. §31d (1) Die bei den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen durch die nach § 31a übertragene Überwachungsaufgabe entstehenden Kosten sind durch Beiträge der Schiffahrttreibenden, die Verkehrsleistungen im Sinne des § 21 Abs. 1 erbringen, zu decken. (2) Die Höhe der Beiträge und die Bestimmungen über ihre Erhebung werden vom Bundesminister für Verkehr nach Anhörung der Verbände der Binnenschiffahrt für jedes Rechnungsjahr im voraus durch Rechtsverordnung festgesetzt. Ihre gesamte Höhe darf die im Haushaltsplan für das laufende Rechnungsjahr festgelegten Kosten im Sinne des Absatzes 1 bis zu zehn vom Hundert überschreiten. Überschüsse aus dem vorangegangenen Rechnungsjahr sind dabei zu berücksichtigen. Die Beiträge der Schiffahrttreibenden sind nach der Höhe der von ihnen vereinnahmten Entgelte für Verkehrsleistungen im Sinne des § 21 Abs. 1 zu bemessen. (3) Die Beiträge sind, soweit sie nicht 30 Tage nach Fälligkeit erbracht worden sind, mit 2 vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz zu verzinsen; sie werden nach der Abgabenordnung beigetrieben.
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§ 32 BSchVG
Binnenschiffsverkehrsgesetz Vierter Abschnitt
Frachtenausgleich und Abwrackung unwirtschaftlichen Schiffsraums §32 Zur Sicherung volkswirtschaftlich angemessener Entgelte für Verkehrsleistungen und zur Vermeidung verkehrswirtschaftlicher Schäden in der Binnenschiffahrt kann der Bundesminister für Verkehr nach A n h ö r u n g der Verbände der beteiligten Schiffahrt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft durch Rechtsverordnung einen Frachtenausgleich anordnen. Er bestimmt in diesem Falle den Kreis der Schiffahrttreibenden, die zu der Ausgleichsabgabe heranzuziehen sind, die erhebende Stelle, die Höhe der Abgabe und das Erhebungsverfahren. Er bestimmt in gleicher Weise die Berechtigten, an die Ausgleichszahlungen zu leisten sind, die Bemessung der Leistungen sowie das Auszahlungsverfahren. Die Berechtigten erhalten einen Rechtsanspruch auf die Ausgleichszahlungen.
Frachtenausgleich, Ausgleichsabgabe 1. Neben der Verteilung von Fracht- und Schleppgut (§§ 1 bis 10) und der Frachtenbildung (§§ 21 bis 31) soll der Frachtenausgleich die Möglichkeit geben, volkswirtschaftlich angemessene Entgelte für Verkehrsleistungen zu sichern und verkehrswirtschaftliche Schäden in der Binnenschiffahrt abzuwenden. Für einen internen Frachtenausgleich, der sich nur zwischen den Schiffahrttreibenden vollzieht, wird hiermit die Rechtsgrundlage geschaffen. Das Frachtenausgleichsverfahren wird vom Bundesminister für Verkehr, und zwar ebenfalls durch Rechtsverordnung, angeordnet, in der auch die Ausgleichsabgabe, die Ausgleichspflichtigen und Ausgleichsberechtigten bestimmt werden. Der Ausgleich vollzieht sich in der Weise, daß die Schiffahrttreibenden bei Beförderung bestimmter frachtgünstiger Güter eine solche Abgabe leisten, die einem Fonds zufließt, aus dem bei dem internen Ausgleich unter bestimmten Voraussetzungen andere Schifffahrtbetriebe eine Vergütung erhalten oder bei dem ersten Ausgleich den Frachtführern ein Teil der Fracht zurückgezahlt wird. 2. Nach den gleichen Grundsätzen kann ein externer Frachtenausgleich zwischen den Binnenschiffahrttreibenden und den Frachtschuldnern (Ladungsbeteiligten, Absendern, Empfängern) angeordnet werden, bei dem die Frachtzahler (Absender oder Empfänger) begünstigt werden. § 32a (1) Zur Behebung Verkehrs- und volkswirtschaftlicher Schäden in der Binnenschiffahrt, insbesondere infolge eines Uberhanges an Schiffsraum, wird bei der Wasser- und Schiffahrtsdirektion West ein Abwrackfonds gebildet, aus dem Prämien an Schiffahrttreibende gezahlt werden, die unwirtschaftliche Schiffe abwracken. Prämien werden nur f ü r das Abwracken solcher 697
§ 32 BSchVG
Anhang I
Schiffe gewährt, die nach dem 1. J a n u a r 1978 innerhalb eines vom Bundesminister f ü r Verkehr durch Rechtsverordnung festgelegten Zeitraums, der mindestens ein J a h r betragen muß, überwiegend zwischen deutschen Ladeund Löschplätzen zu Verkehrsleistungen im Sinne des § 21 Abs. 1 oder zu gleichartigen Leistungen im Sinne des § 65 des Hamburgischen Hafengesetzes vom 21. Dezember 1954 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 169), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.Juni 1960 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 335), verwendet worden sind. (2) Wer sich verpflichtet hat, eine Verkehrsleistung im Sinne des § 21 Abs. 1 oder eine gleichartige Leistung im Sinne des § 65 des Hamburgischen Hafengesetzes zu erbringen, hat von dem hierfür festgesetzten Entgelt oder, soweit ein Entgelt nicht festgesetzt ist, von dem vereinbarten Entgelt einen vom Bundesminister f ü r Verkehr festgesetzten Vomhundertsatz, höchstens zwei vom Hundert, als Beitrag in den Abwrackfonds zu leisten; er hat der Wasser- und Schiffahrtsdirektion West die f ü r die Berechnung der Höhe des Betrags im Einzelfall erforderlichen Angaben zu machen, insbesondere die Höhe des festgesetzten oder vereinbarten Entgelts anzugeben. Sind an der D u r c h f ü h r u n g der Verkehrsleistung mehrere beteiligt, so ist die sich aus Satz 1 ergebende Verpflichtung f ü r alle Beteiligten von demjenigen zu erfüllen, dem das gesamte Entgelt f ü r die Verkehrsleistung geschuldet wird; dieser ist berechtigt, die den anderen Beteiligten zustehenden Teilentgelte anteilmäßig zu kürzen. Die anderen Beteiligten können f ü r die Beiträge, die auf die ihnen zustehenden Teilentgelte entfallen, von der den Abwrackfonds verwaltenden Wasser- und Schiffahrtsdirektion West n u r dann unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn der volle Beitrag von dem nach Satz 2 Verpflichteten nicht beigetrieben werden kann oder seine Beitreibung wesentlich erschwert ist. (3) In den Rechtsverordnungen nach den §§ 29 und 30 können die Beiträge nach Absatz 2 gesondert ausgewiesen werden. (4) Der Bundesminister f ü r Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsvero r d n u n g zu bestimmen, 1. daß es abweichend von Absatz 1 Satz 2 f ü r die Gewährung von Prämien genügt, wenn das Schiff mindestens während der der Antragstellung u n mittelbar vorangegangenen fünf Kalenderjahre in einem Binnenschiffsregister im Geltungsbereich dieses Gesetzes eingetragen war, 2. daß die Prämien n u r f ü r Schiffe gewährt werden, die am 1. J a n u a r des Kalenderjahres der Antragstellung ein bestimmtes Alter erreicht haben, das bei Güterschiffen - ausgenommen Tankschiffen - nicht unter zwanzig Jahren, bei Schleppern und Tankschiffen nicht unter zwölf Jahren liegen darf, 3. die Höhe des Vomhundertsatzes nach Absatz 2 Satz 1, 4. daß in Fällen unbilliger H ä r t e von der Erhebung des Beitrags ganz oder teilweise abgesehen oder der Beitrag zurückerstattet werden kann, 698
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 32 BSchVG
5. die H ö h e und die Grundsätze für die Bemessung der Prämie nach Größe und A r t des Schiffes, 6. das Verfahren der Erhebung des Beitrags und der G e w ä h r u n g der Prämie, insbesondere der Verwendung der nach § 31c gemachten Angaben bei der Erhebung des Beitrags, sowie A r t und U m f a n g der Unterlagen, durch welche die Voraussetzungen für die G e w ä h r u n g der Prämie nachzuweisen sind. (5) Zu der Prämie nach Absatz 1 wird aus dem Abwrackfonds ein Zinszuschlag von einem halben v o m Hundert für jeden vollendeten Monat bis z u m Tag der Auszahlung gewährt, gerechnet von dem Tage, an dem über die Auszahlungsvoraussetzungen entschieden ist. (6) Der Bundesminister für Verkehr kann durch Rechtsverordnung bestimmen, daß und wie lange die Verpflichtung zur Zahlung des Beitrags ruht, wenn die S u m m e der geleisteten Beiträge den Bedarf an Abwrackprämien wesentlich übersteigt. (7) Die nach Absatz 2 zu leistenden Beiträge sind, soweit sie nicht 30 Tage nach Fälligkeit erbracht worden sind, mit 2 vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz zu verzinsen; sie werden nach der Abgabenordnung beigetrieben. (8) Die Kosten f ü r die Verwaltung des Abwrackfonds sind aus den Beiträgen zu bestreiten.
1. Frachtenausgleich Zum Rechtscharakter und zur Verjährung des Frachtenausgleichs vgl. BVerG, ZfB 1977, 442. Sind mehrere Personen an der Erfüllung der Verkehrsleistung beteiligt, ist diese Verpflichtung nur von demjenigen zu erfüllen, dem das gesamte Entgelt zusteht. Letzter hat ein Rückgriffsrecht hinsichtlich des Teilentgelts, das er an andere Beteiligte für deren Leistungen weitergeben muß. Es ist rechtswidrig, wenn die zuständige Behörde bei Beteiligung mehrerer Schiffahrttreibender an einer Beförderungsleistung die Abwrackbeiträge für die einzelnen Verkehrsleistungen mehrfach erhebt. 1 Werden Lash-Leichter in einem deutschen Hafen beladen zu Wasser gelassen und in einen deutschen Binnenhafen verschleppt, findet das Binnenschiffsverkehrsgesetz Anwendung und der Betreiber der Schlepper hat sowohl Überwachungsbeiträge nach § 31d und Beiträge zum Abwrackfonds zu leisten. 2
1 BVerG Z f B 1981, 201. 2 BVerG Z f B 1981, 203.
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Anhang I
§ 32b B S c h V G 2. A b w r a c k f o n d
a) D i e bei der Verwaltung des A b w r a c k f o n d s (§§ 32a, 32b) wahrzunehmenden Amtspflichten obliegen den zuständigen Beamten nur im Interesse der Allgemeinheit und des Staates, nicht z u m Schutz der Schiffahrttreibenden. 3 b) Ist in behördlichen Beitragsbescheiden z u m A b w r a c k f o n d ein Teil der im jeweils gleichen Veranlagungszeitraum erbrachten Verkehrsleistungen mangels der vorgeschriebenen Meldung nicht berücksichtigt worden, so ist ein N a c h tragsbescheid rechtlich zulässig, ohne daß es zuvor der Aufhebung der früheren Bescheide für den fraglichen Veranlagungszeitraum bedarf. D i e Gütereinladung in Schuten ist nur dann nicht als den Vorschriften des Binnenschiffsverkehrsgesetzes unterliegende Verkehrsleistung anzusehen, wenn das Einlagern von Gütern in Binnenschiffe oder deren N u t z u n g als Lagerkähne ohne jede Verbindung mit einer vorherigen oder anschließenden Beförderung erfolgt. 4 c) Die F o r d e r u n g auf Zahlung von A b w r a c k b e i t r ä g e n verjährt in 30 Jahren. 5 §32b Wer eine P r ä m i e a u s d e m A b w r a c k f o n d s erhalten h a t u n d i n n e r h a l b v o n drei J a h r e n n a c h A u s z a h l u n g der P r ä m i e das E i g e n t u m oder M i t e i g e n t u m an einem Binnenschiff erwirbt, das nicht mindestens drei J a h r e v o r der A u s z a h l u n g der P r ä m i e e r s t m a l i g in ein Schiffsregister e i n g e t r a g e n w o r d e n ist, ist verpflichtet, einen B e t r a g in H ö h e v o n f ü n f v o m H u n d e r t des A n s c h a f f u n g s wertes o d e r des seinem M i t e i g e n t u m s a n t e i l e n t s p r e c h e n d e n Teilbetrages, h ö c h s t e n s jedoch in H ö h e der i h m g e w ä h r t e n A b w r a c k p r ä m i e , in den A b w r a c k f o n d s zu zahlen. E r h a t der Wasser- u n d S c h i f f a h r t s d i r e k t i o n West die A n g a b e n ü b e r die T a t s a c h e n , die ihn n a c h S a t z 2 z u r Z a h l u n g verpflichten, spätestens zwei M o n a t e n a c h d e m Z e i t p u n k t z u m a c h e n , in d e m er seine E i n t r a g u n g als E i g e n t ü m e r in das Schiffsregister b e a n t r a g t hat. § 32a A b s . 7 gilt entsprechend. Das Reinvestitionsverbot 1. Für den Beginn der Karenzzeit des Reinvestitionsverbotes des § 32a ist nicht der Prämien- oder Vorbescheid, sondern nur der Tag der Auszahlung b z w . der Auszahlungsanordnung entscheidend. 6 2. D a s Reinvestitionsverbot findet A n w e n d u n g , auch wenn zwischen Prämienempfang und N e u e r w e r b eines Schiffes kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. E s gilt ferner für die gesamte Binnenschiffahrt, also nicht nur für die 3 4 5 6
B G H LM Nr. 9 zu § 21 BSchVG. VerwG Münster, ZfB 1987, 23. VerwG Münster, ZfB 1987, 23. VerG Düsseldorf, ZfB 1976, 213.
700
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 33 B S c h V G
Partikulierschiffahrt, und trotz § 42 selbst dann, wenn sämtliche Schiffe einer Reederei ausschließlich im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt sind. 7
Fünfter Abschnitt
Ausgleich widerstreitender Verkehrsinteressen und Mitwirkung der Länder §33 (1) Mit dem Ziel bester Verkehrsbedienung hat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, daß die Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger angeglichen werden und daß durch marktgerechte Entgelte und einen lauteren Wettbewerb der Verkehrsträger eine volkswirtschaftliche sinnvolle Aufgabenteilung ermöglicht wird. (2) Die Leistungen und Entgelte der verschiedenen Verkehrsträger hat der Bundesminister für Verkehr insoweit aufeinander abzustimmen, als es die Verhinderung eines unbilligen Wettbewerbs erfordert. (3) Der Bundesminister für Verkehr kann Richtlinien über die Genehmigung der Entgelte bekanntmachen.
Abstimmung der Leistungen und Entgelte Die staatliche Lenkung des Binnenschiffsverkehrs, die im Interesse einer gesunden Verkehrspolitik und zur Erhaltung leistungsfähiger Binnenschiffahrtbetriebe eingeführt worden ist, soll nicht zur Benachteiligung einzelner Binnenschiffahrttreibenden oder anderer Verkehrsträger (Eisenbahn, Straßenverkehr) führen. Die jetzige umfassendere Regelung ist durch das Änderungsgesetz vom 2. 8. 1961 eingefügt worden. Damit soll der Binnenschiffsverkehr mehr als bisher den marktwirtschaftlichen Erfordernissen angepaßt und ein ungerechtfertigter Wettbewerb verhindert werden. Das Ziel der staatlichen Maßnahmen soll und muß die bestmögliche Förderung des gesamten Verkehrs und der Ausgleich von Gegensätzen sein. Die Beachtung dieser, nach dem Sinn und Zweck nicht nur deklaratorischen, sondern grundsätzlichen Bestimmungen bei der Auslegung und Ausführung des Gesetzes wird wesentlich zur Hebung des Verkehrs und Gesundung der Binnenschiffahrtbetriebe beitragen, vor allem auch die Zusammenarbeit aller Verkehrsträger sichern. 7 VerwG Düsseldorf, ZfB 1976, 213. 701
§ 35a BSchVG
Anhang I
§34 Zur Herstellung einer ständigen Fühlung zwischen dem Bund und den Ländern auf dem Gebiete der gewerblichen Binnenschiffahrt wird beim Bundesminister für Verkehr ein Ausschuß aus Vertretern der Länder gebildet.
Ausschuß der Ländervertreter Der hiernach zu bildende Ausschuß aus Vertretern der Länder soll die Mitwirkung der Länder im Rahmen des Gesetzes erleichtern. §35 Rechtsverordnungen nach § 6 Abs. 3 und nach den §§ 22, 32 erläßt der Bundesminister f ü r Verkehr im Benehmen mit den obersten Verkehrsbehörden der jeweils beteiligten Länder.
Mitwirkung der Länder Diese Vorschrift zählt die Maßnahmen auf, vor deren Erlaß die Länder „ins Benehmen" gesetzt, also unterrichtet und gehört werden sollen.
Sechster Abschnitt
D u r c h f ü h r u n g bestimmter Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft § 35a (1) Die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen überwachen die Einhaltung der Pflichten, die nach dem Artikel 5 Abs. 2 und den Artikeln 6,11 und 13 der Verordnung N r . 11 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Beseitigung von Diskriminierungen auf dem Gebiet der Frachten und Beförderungsbedingungen gemäß Artikel 79 Abs. 3 des Vertrages zur G r ü n d u n g der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft v o m 2 7 . J u n i 1960 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften S. 1121, Bundesgesetzbl. II S. 2209) den 1. Schiffahrttreibenden, 2. Spediteuren und Vermittlern von Beförderungsleistungen sowie Hilfsunternehmern des Verkehrs obliegen. (2) Im R a h m e n der Überwachung dieser Pflichten sind die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen insbesondere auch zuständig 702
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 35c BSchVG
1. für die Entgegennahme von Mitteilungen und Unterrichtungen nach Artikel 5 Abs. 2 der genannten Verordnung und 2. für das Verlangen von Auskünften nach Artikel 13 der genannten Verordnung. (3) Den "Wasser- und Schiffahrtsdirektionen obliegt ferner die Durchsetzung der Befugnisse, die den Beauftragten der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nach Artikel 14 Abs. 2 der genannten Verordnung zustehen. (4) Der Bundesminister für Verkehr kann die den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen nach den Absätzen 1 bis 3 obliegenden Aufgaben durch Rechtsverordnung einer Wasser- und Schiffahrtsdirektion für den Bezirk mehrerer Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zuweisen. §35b (1) Zur Durchführung ihrer Aufgaben nach § 35a verfügen die Wasserund Schiffahrtsdirektionen über folgende Rechte und Befugnisse: a) Prüfung der Bücher und anderer Geschäftsunterlagen der Unternehmen, b) Anfertigung von Abschriften oder Auszügen aus diesen Büchern und Unterlagen an Ort und Stelle, c) Zutritt zu allen Geschäftsräumlichkeiten, Betriebsgrundstücken und Fahrzeugen der Unternehmen, d) Anspruch auf Anforderung jeder Erklärung zu den Büchern und Geschäftsunterlagen. (2) Der Bundesminister für Verkehr erläßt zur Durchführung der den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen nach § 35a übertragenen Aufgaben die erforderlichen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften. § 35c (1) Unbeschadet der Anwendung des Artikels 5 der Verordnung Nr. 11 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (§ 35a) haben die Schifffahrttreibenden den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen auf Verlangen alle erforderlichen zusätzlichen Auskünfte über Tarife, Konventionen, Preisvereinbarungen und Beförderungsbedingungen zu erteilen. (2) Die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen können für die Erteilung dieser Auskünfte eine Frist von mindestens einem Monat festsetzen. (3) § 35a Abs. 4 und § 35b gelten entsprechend.
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Anhang I
§ 37 B S c h V G Siebenter Abschnitt
Bußgeldvorschriften §36 Eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 3 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Abschluß von Verträgen über Verkehrsleistungen im Sinne des § 21 Abs. 1 in Abweichung von den nach den §§ 29, 30 und 43 festgesetzten Entgelten anbietet oder vermittelt oder wer solche Verträge abschließt oder erfüllt. § 36a (aufgehoben) §37 (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. unrichtige oder unvollständige Angaben tatsächlicher A r t macht oder benutzt, u m für sich oder einen anderen eine nach § 1 erforderliche Genehmigung zu erschleichen, 2. sich über die Unwirksamkeit einer nicht genehmigten Vereinbarung nach § 1 hinwegsetzt. 3. vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Verordnung nach § 3 oder gegen einen Beschluß oder eine Verfügung eines Schifferbetriebsverbandes nach § 18 Abs. 1 N r . 2 und 3 verstößt, sofern die Verordnung, der Beschluß oder die Verfügung ausdrücklich auf die Bußgeldbestimmung dieses Gesetzes verweist, 4. vorsätzlich oder fahrlässig die ihm nach § 21 Abs. 3 obliegende Anzeige nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erstattet, 5. vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 31a, Abs. 2 und 3 Bücher oder Geschäftspapiere nicht vollständig oder nicht fristgemäß vorlegt, die Auskunft nicht, unrichtig, nicht vollständig oder nicht fristgemäß erteilt oder die Duldung von Prüfungen oder die Hilfe dabei verweigert, 6. vorsätzlich oder fahrlässig die für eine Überwachung der Einhaltung der Entgelte nach § 31c erforderlichen Angaben nicht, nicht rechtzeitig, unvollständig oder nicht der Wahrheit entsprechend macht, 7. vorsätzlich oder fahrlässig die für die Berechnung der Höhe des Beitrags nach § 32a Abs. 2 erforderlichen Angaben nicht, nicht rechtzeitig, unvollständig oder nicht der Wahrheit entsprechend macht, 8. vorsätzlich oder fahrlässig die nach § 32b Satz 2 erforderlichen Angaben nicht, nicht rechtzeitig, unvollständig oder nicht der Wahrheit entsprechend macht. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark geahndet werden. 704
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 37 BSchVG
Ordnungswidrigkeiten 1. Im Gegensatz zu der Regelung in § 36 stellen die Verstöße und strafbaren Tatbestände aus § 37 keine Wirtschaftsstrafsachen, sondern lediglich Ordnungswidrigkeiten dar und können ausschließlich mit einer Geldbuße bis zu 10 0 0 0 , - D M geahndet werden. Diese besonderen Ordnungswidrigkeiten aus § 37 stellen keine Wirtschaftsstraftaten nach dem Wirtschaftsstrafgesetz dar, sondern es findet für diese Ordnungswidrigkeiten das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) vom 25. 3. 19521 Anwendung. Die Tatbestände dieser Ordnungswidrigkeiten sind im § 37 Nr. 1 bis 3 abschließend geregelt. Nach § 5 OWiG beträgt die Geldbuße mindestens zwei Deutsche Mark der Deutschen Bundesbank und nach § 37 Abs. 2 BSchVG höchstens 10 000,- DM. Eine Geldbuße ist nach § 7 OWiG nach pflichtmäßigem Ermessen der Verwaltungsbehörde (Wasser- und Schiffahrtsdirektion) festzusetzen (§ 39), wenn ein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht; ist eine Ordnungswidrigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände ohne Bedeutung, so ist von einer Geldbuße abzusehen. In Fällen von geringer Bedeutung kann nach § 8 OWiG an die Stelle der Geldbuße eine gebührenpflichtige Verwarnung treten. Wer entgegen einem geltenden Frachtentableau Abschläge für die Inanspruchnahme verkürzter Lade- und Löschzeiten gewährt oder in Anspruch nimmt, begeht eine Frachtenunterbietung auch dann, wenn an den Frachtenausschuß ein noch nicht genehmigter Antrag auf Festsetzung solcher Abschläge gestellt worden ist oder vereinbarungsgemäß gestellt werden soll. Der Verlader kann sich zu seiner Entlastung weder darauf berufen, daß sich ein Reeder als sein Vertragspartner auf die Unterbietung eingelassen hat, noch darauf, daß der Reeder wegen Fehlens des Unrechtsbewußtseins in der gleichen Sache freigesprochen worden ist.2- 3 2. Ein Bußgeldbescheid wegen angeblicher Nichtbeachtung von Tarifbestimmungen darf nur ergehen, wenn in ihm der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit so konkret geschildert wird, daß jeder erkennen kann, welche Tat und welche Gesetzesverletzungen dem Betroffenen zur Last gelegt werden. 4 3. Nach § 11 OWiG können Ordnungswidrigkeiten nur bei vorsätzlichem Handeln geahndet werden, soweit nichts anderes gesetzlich bestimmt ist. Deshalb können Verstöße nach § 37 N r . 1 und 2 nur bei vorsätzlichem Handeln geahndet werden, während Zuwiderhandlungen nach § 37 N r . 3 bis 8 auf Grund der ausdrücklichen Vorschrift bei vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln geahndet werden. Es handelt sich dabei um Zuwiderhandlungen gegen die Vertei-
1 B G B l . I S. 177. 2 O L G Düsseldorf, Z f B 1971, 291. 3 Zur H ö h e v o n Geldbußen bei Verstößen gegen § 37 A b s . 1 N r . 5, wenn die angeordnete Frachtenprüfung vorsätzlich verhindert wird, vgl. A G Münster, ZfB 1987, 24. 4 A G Münster, Z f B 1987, 22.
705
§ 39 B S c h V G
Anhang I
lung des Fracht- und Schleppgutes auf Grund einer Notstandsverordnung (§ 3) oder um Verstöße gegen Beschlüsse und Verfügungen des Schifferbetriebsverbandes nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 und 3. Eine strafbare Ordnungswidrigkeit kann aber nur festgestellt werden, wenn diese Verordnungen und Beschlüsse ausdrücklich auf die Bußgeldbestimmung des § 37 verweisen. 4. Die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit verjährt nach § 14 O W i G in sechs Monaten; die Strafvollstreckung verjährt in zwei Jahren. §37a (1) Ordnungswidrig handelt ferner, wer 1. als Schiffahrttreibender a) vorsätzlich oder fahrlässig entgegen den Pflichten des Artikels 5 Abs. 2 der Verordnung N r . 11 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (§ 35a) die zuständige Wasser- und Schiffahrtsdirektion nicht unverzüglich über die in Artikel 5 Abs. 1 der genannten Verordnung bezeichneten Tarife, Konventionen, Preisvereinbarungen und Beförderungsbedingungen unterrichtet, die bei Inkrafttreten dieser Vorschrift für den Betrieb gelten oder nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift für den Betrieb eingeführt, abgeschlossen oder geändert werden, b) vorsätzlich oder fahrlässig der Vorschrift des Artikels 6 der genannten Verordnung über die Ausstellung, Numerierung, Beigabe, Ausfüllung und Aufbewahrung der Beförderungspapiere zuwiderhandelt, c) vorsätzlich oder fahrlässig der zuständigen Wasser- und Schiffahrtsdirektion entgegen den Pflichten nach § 35c die verlangten Auskünfte nicht fristgemäß erteilt oder d) diese Auskünfte unrichtig oder unvollständig erteilt; 2. als Spediteur, als Vermittler von Beförderungsleistungen oder als Hilfsunternehmer des Verkehrs a) vorsätzlich oder fahrlässig der zuständigen Wasser- und Schiffahrtsdirektion entgegen den Pflichten des Artikels 13 der genannten Verordnung die verlangten Auskünfte nicht fristgemäß erteilt oder b) diese Auskünfte unrichtig oder unvollständig erteilt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark geahndet werden. § 37b und 38 (weggefallen) §39 (1) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 N r . 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Wasser- und Schiffahrtsdirektion. Der Bundesminister für Verkehr kann abweichend von § 37 des Gesetzes über O r d 706
§ 41 BSchVG
Binnenschiffsverkehrsgesetz
nungswidrigkeiten durch Rechtsverordnung eine Wasser- und Schiffahrtsdirektion als für den Bereich mehrerer Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zuständig erklären. (2) Setzt die nach Absatz 1 zuständige Wasser- und Schiffahrtsdirektion eine Geldbuße fest oder gibt sie die Sache an die Staatsanwaltschaft ab (§ 41 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so hat sie unverzüglich die nach § 6 zuständige Behörde oder die nach den §§ 12, 24 zuständige Aufsichtsbehörde zu benachrichtigen.
Ordnungsstrafverfahren Sachlich zuständige Behörde für die Bearbeitung von Zuwiderhandlungen aus den §§ 36, 37 sind die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen. Die hierdurch entstehenden Aufgaben können bei einer Dienststelle für mehrere Stellen zusammengefaßt werden.
Achter Abschnitt
Übergangs- und Schlußbestimmungen §40 Der Schifferbetriebsverband „Jus et Justitia" in Duisburg-Ruhrort, der Schifferbetriebsverband für die Elbe und der Schifferbetriebsverband für die Unterelbe in Hamburg gelten als auf Grund des § 11 errichtet. Die drei Verbände haben der Aufsichtsbehörde innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes eine neue Satzung zur Genehmigung vorzulegen. Bis zur Genehmigung der neuen Satzung bleibt die alte in Kraft, soweit ihre Bestimmungen nicht gegenstandslos geworden sind.
Fortbestehende Schifferbetriebsverbände Diese Bestimmungen sollten es ermöglichen, die nach der früheren Notlagegesetzgebung bestehenden Schifferbetriebsverbände, in der dem Gesetz angepaßten Form weiterbestehen zu lassen (vgl. § 11 Anm. 2b). §41 Die bestehenden Frachtenausschüsse in Duisburg, Dortmund, Bremen, Hamburg, Regensburg und der Frachtenausschuß für den Tankschiffsverkehr in Beuel gelten als auf Grund des § 22 errichtet. Das gleiche gilt unter der Voraussetzung des § 44 Abs. 1 für den Frachtenausschuß Berlin. Sie ha707
§ 42 BSchVG
Anhang I
ben der Aufsichtsbehörde innerhalb v o n sechs M o n a t e n n a c h I n k r a f t t r e t e n des Gesetzes eine neue G e s c h ä f t s o r d n u n g z u r G e n e h m i g u n g v o r z u l e g e n . Bis z u r G e n e h m i g u n g der n e u e n G e s c h ä f t s o r d n u n g bleibt die alte in K r a f t , soweit ihre B e s t i m m u n g e n n i c h t gegenstandslos g e w o r d e n sind.
Fortbestehende Frachtenausschüsse 1. In g l e i c h e r w e i s e wie bei den Betriebsverbänden (§ 4 0 ) sollten diese B e s t i m mungen die Umgestaltung der noch bestehenden Frachtenausschüsse ermöglichen (vgl. § 22 A n m . 2 , 3). 2. N a c h § 26 A b s . 1 geben sich die Frachtenausschüsse eine Geschäftsordnung, die das Verfahren regelt und der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. 3. D e r Frachtenausschuß für die Tankschiffahrt hat jetzt seinen Sitz in D u i s burg. §42 (1) Dieses Gesetz findet im Verkehr v o n u n d n a c h d e m Ausland keine A n w e n d u n g ; jedoch unterliegen a u c h in diesem Verkehr 1. die Mitglieder der Schifferbetriebsverbände den Beschlüssen u n d Verfüg u n g e n der Verbände n a c h § 18, 2. deutsche Schiffahrttreibende den R e c h t s v e r o r d n u n g e n n a c h § 3 2 . (2) Bestehende völkerrechtliche V e r e i n b a r u n g e n w e r d e n d u r c h dieses G e setz n i c h t b e r ü h r t .
Auslandsverkehr 1. H i e r m i t wird der Binnenschiffsverkehr über eine ausländische G r e n z e , sei es von oder nach dem Ausland, von den gesamten Vorschriften dieses Gesetzes ausgenommen. Es war dies aus Wettbewerbsgründen notwendig, weil die ausländischen Binnenschiffahrttreibenden in dem grenzüberschreitenden Verkehr den Vorschriften dieses Gesetzes nicht unterworfen werden k ö n n e n . 2. J e d o c h bleiben die deutschen Binnenschiffahrttreibenden auch für einen Auslandsverkehr einem etwa angeordneten Frachtenausgleich aus § 32 unterworfen. Ferner unterliegen die Privatschiffer, soweit sie Mitglieder der Schifferbetriebsverbände sind, den Beschlüssen und Verfügungen dieser Verbände auch bei einem solchen Verkehr von und nach dem Ausland. 3 . D i e F T B - F r a c h t e n sind auch dann zu beachten, wenn Transporte zwischen zwei deutschen Lade- und Löschplätzen über holländische Wasserwege durchgeführt werden. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn für eine Frachtfestsetzung eine ausschließliche Wegevorschrift zusätzlich beschlossen und genehmigt ist. 1 4. Erbringt ein ausländisches Binnenschiff aufgrund eines Jahresmietvertrages, 1 O L G Düsseldorf, ZfB 1975, 398. 708
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 42a B S c h V G
der vorwiegend den Einsatz im grenzüberschreitenden Verkehr vorsieht, ausnahmsweise eine Verkehrsleistung zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen, so gelten, sofern die Verkehrsleistung entweder ganz oder im Falle einer durchgehenden Beförderung streckenweise auf Binnenwasserstraßen erbracht wird, die gesetzlich festgesetzten und nicht die niedrigeren, vertraglich vereinbarten Tagesmietsätze. Ein ausländischer Binnenschiffer, der vor A u f n a h m e einer gewerblichen Tätigkeit im Gebiet der Bundesrepublik sich nicht u m die dortige Rechtslage kümmert, handelt grob fahrlässig, wenn er aus Unkenntnis gegen gesetzliche Tarifvorschriften verstößt. 2 4. F ü r Leerfahrten und Wartezeiten zwischen zwei innerdeutschen Frachtreisen eines zur Güterbeförderung gemieteten Schiffes sowie für Leerfahrten und Wartezeiten eines solchen Schiffes nach einer grenzüberschreitenden Frachtreise zwischen dem Löschen der L a d u n g an einem deutschen Löschplatz und einer nachfolgenden innerdeutschen Reise gelten die FTB-Tagesmietsätze. 3 Wird das aus dem Ausland k o m m e n d e Schiff vor dem frachtvertraglichen Bestimmungsort in einem deutschen H a f e n entladen und werden die umgeladenen Güter mit einem anderen Schiff auf der rein innerdeutschen Strecke weiterbefördert, so handelt es sich bei dem letztgenannten Transport nicht um einen grenzüberschreitenden, sondern um innerdeutschen Transport, der den Bestimmungen des Binnenschiffsverkehrsgesetz unterliegt. 4 5. Eine für den innerdeutschen Verkehr unzulässige Provisionsvereinbarung bleibt wirksam, soweit sich der pauschale Beschäftigungsvertrag auch auf grenzüberschreitende Verkehre erstreckt. 5
§ 42a D i e V e r p f l i c h t u n g e n , die n a c h d e m G e s e t z u n d den auf G r u n d des Gesetzes erlassenen R e c h t s v e r o r d n u n g e n den S c h i f f e r b e t r i e b s v e r b ä n d e n , den Schifff a h r t v e r b ä n d e n sowie den S c h i f f a h r t t r e i b e n d e n u n d allen a n d e r e n an d e m Z u s t a n d e k o m m e n u n d a n der D u r c h f ü h r u n g eines Vertrages ü b e r eine Verk e h r s l e i s t u n g im Sinne des § 21 A b s . 1 Beteiligten obliegen, werden d u r c h rechtsgeschäftlich oder firmenrechtliche G e s t a l t u n g e n oder Scheintatbes t ä n d e , die z u r U m g e h u n g der B e s t i m m u n g e n des G e s e t z e s u n d der auf G r u n d des Gesetzes erlassenen R e c h t s v e r o r d n u n g e n geeignet sind, nicht berührt.
2 3 4 5
BGH, LM Nr. 7 zu § 21 BSchVG. B G H LM Nr. 10 zu § 21 BSchVG = ZfB 1986, 53. OVG Münster, ZfB 1986, 17. O L G Hamburg, ZfB 1987, 19. 709
§ 43 BSchVG
Anhang I
Gesetzesumgehungen 1. Grundsätzlich sind alle Gesetzesumgehungen unzulässig. Rechtsgeschäftliche Gestaltungen aller Art oder firmenrechtliche Verbindungen oder Scheintatbestände können Gesetzesumgehungen auch nicht rechtfertigen und die Bindung über die Frachtenbildung nicht aufheben. 6 2. Wird das Festfrachtsystem für Verkehrsleistungen in der Schiffahrt durch unechten Fuhrmannshandel umgangen, so kann zu Gunsten des von der Bundesrepublik aus zu niedriger Frachtzahlung in Anspruch genommenen „Käufers" (Frachtführers) jedenfalls dann nicht eine Abschlußprovision im Verhältnis zu dem Fuhrmannshändler (Unterfrachtführer) berücksichtigt werden, wenn der „Käufer" bei tarifgemäßer Abwicklung des Transportgeschäfts nicht als Frachtführer eingeschaltet worden wäre. 7 Die Berechnung pauschalierter Sonderleistungen ist unzulässig, wenn die Angemessenheit des Entgelts nicht im einzelnen nachgewiesen werden kann. 8
§43 Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Beförderungen mit Seeschiffen, bei denen im durchgehenden Verkehr die Grenzen der Seefahrt im Sinne der Dritten D u r c h f ü h r u n g s v e r o r d n u n g z u m Flaggenrechtsgesetz v o m 3.8.1951 (Bundesgesetzbl. II S. 155) überschritten werden. Der Bundesminister f ü r Verkehr kann jedoch durch Rechtsverordnung bestimmen, daß bei diesen Beförderungen, soweit sie zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen ausgeführt werden, Entgelte berechnet werden, die den Erfordernissen einer einheitlichen Verkehrspolitik entsprechen.
6 Zur Frage der unzulässigen Umgehung des Gebotes, im Binnenschiffsverkehr die tariflich festgesetzten Beförderungsentgelte einzuhalten, vgl. B G H L M N r . 8 zu § 21 BSchVG. 7 L M N r . 11 zu §§ 31, 42a B S c h V G = ZfB 1986, 55. Zur Umgehung der Provisionsregelung im Sinne des D B T E 433 Teil I Abschnitt 6 Abs. 2 - Abfertigungsprovision des ersten Unterfrachtführers - , wenn ihm der Hauptfrachtführer, mit dem er wirtschaftlich eng verbunden ist, ohne jede Notwendigkeit in die Weitergabe des Transportauftrags an einen Dritten (tatsächlichen Beförderer) einschaltet, vgl B G H L M N r . 17 zu §§ 1, 42a B S c h V G . Zur Rechtswirksamkeit von Kaufverträgen, die zur Tarnung von tarifgebundenen Frachtverträgen zur Einschaltung eines vorgetäuschten Zwischenhändlers der beförderten Güter zwischen den beteiligten Parteien (Lieferant, Frachtführer, Empfänger) abgeschlossen werden, vgl. L G Würzburg, ZfB 1987, 21. 8 A G Münster, ZfB 1978, 436. Zur unzulässigen Umgehung der tariflich festgesetzten Beförderungsentgelte vgl. B G H Z f B 1982, 203.
710
Binnenschiffsverkehrsgesetz
§ 44 BSchVG
Ausnahme für Beförderung mit Seeschiffen 1. Die Anwendung des Gesetzes ist auf den gewerblichen Schiffsverkehr auf Binnenwasserstraßen beschränkt. Es ist jedoch gleichgültig, ob die gewerbsmäßige Beförderung im Einzelfall mit Binnenschiffen oder mit Seeschiffen durchgeführt wird. Entscheidend für die oft recht schwierige Frage, ob es sich um ein Binnen- oder Seeschiff handelt, ist nach der herrschenden Ansicht in Rechtslehre und Rechtsprechung, in welcher Weise das Schiff regelmäßig verwendet wird (§ 1 BSchG Rdn. 15). Es werden häufig die Binnengewässer von Seeschiffen bis tief in das Binnenland befahren; auch kombinierte Reisen der Seeschiffe auf Binnenwasserstraßen und Meeresgebieten sind nicht selten. Deshalb wird die Anwendung des Gesetzes auf den reinen Binnenverkehr der Seeschiffe bis zur Grenze der Binnengewässer mit dem Meere beschränkt, die etwa in der Linie der Seeküste verläuft. Die Binnengewässer umfassen die gesamten Binnenwasserstraßen, also sowohl die natürlichen Ströme, Flüsse und sonstigen Wasserläufe als auch die Kanäle. Die Abgrenzung der Binnenwasserstraßen von den Seewasserstraßen ergibt sich aus § 1 der dritten Durchführungsverordnung zum Flaggenrechtsgesetz vom 3. 8.1951 (BGBl. II S. 155), die mit Wirkung vom 4. 6.1953 (GVB1. S. 1228) auch im Lande Berlin gilt (§ 1 BSchG Anm. 6a, b). 2. Für einen über diese Binnenwasserstraßen hinausgehenden, durchgehenden, d. h. ausschließenden Verkehr auf das offene Meer mit Seeschiffen findet das Gesetz grundsätzlich keine Anwendung. Jedoch wird der Bundesminister für Verkehr ermächtigt, solche Entgelte den verkehrspolitischen Erfordernissen anzupassen.
§44 (1) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4.1.1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Lande Berlin. (2) Rechtsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigungen erlassen werden, gelten im Lande Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. (3) Gilt das Gesetz im Lande Berlin, so nimmt der Senator für Verkehr und Betriebe die den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zugewiesenen Aufgaben wahr.
Berlin-Klausel 1. Die durch diese Klausel ermöglichte Anwendung des Gesetzes im Lande Berlin ist durch das Gesetz zur Übernahme des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr vom 7. 10. 19539 erfolgt, das mit Wirkung vom 3. 10. 1953 9 GVB1. 1217, 1361.
711
§ 45 BSchVG
Anhang I
in Kraft getreten ist. Auch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr vom 1. 8. 1961 10 gilt im Lande Berlin. 11 2. Im Lande Berlin nimmt der Senator für Verkehrswesen die sämtlichen Aufgaben wahr, die der Bundesrepublik den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zugeteilt sind. 3. Aufgrund der Wiedervereinigung hat § 44 seine Bedeutung verloren. §45 (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in K r a f t . (2) A m gleichen Tage treten außer K r a f t : 1. das Gesetz betreffend die Errichtung von Kleinschifferverbänden v o m 19.5.1922 (Reichsgesetzbl. II S. 129), 2. das Gesetz zur B e k ä m p f u n g der Notlage der Binnenschiffahrt v o m 16.6.1933 (Reichsgesetzbl. II S. 317) nebst den zu seiner D u r c h f ü h r u n g ergangenen Verordnungen; jedoch bleibt die auf G r u n d der Sechsundzwanzigsten und Achtundzwanzigsten D u r c h f ü h r u n g s v e r o r d n u n g erlassene hamburgische Verordnung über Entgelte der Hafenschiffahrt im Gebiet des Hafens H a m b u r g v o m 11.12.1951 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsbl. S.225) unverändert, 3. die Verordnung über die Frachtenbildung in der Binnenschiffahrt v o m 3.10.1941 (Reichsgesetzbl. I S.622).
Inkrafttreten, Außerkraftsetzung bisheriger Vorschriften Das Gesetz ist in der Bundesrepublik am 3.10.1953, im Lande Berlin ebenfalls mit Wirkung vom 3. 10. 1953 und das Änderungsgesetz vom 1. 8.1961 1 2 am 9. 8.1961 in Kraft getreten.
10 BGBl. I S. 1163. 11 GVB1. 1961 S. 1093. 12 BGBl. I S. 1163. 712
§4
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
II. Gesetz über R e c h t e a n e i n g e t r a g e n e n Schiffen u n d Schiffsbauwerken Vom 15. November 1940 (RGBl. I S. 1499); zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513)
Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften
§1
Sachlicher Geltungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt nur für Schiffe, die im Schiffsregister eines deutschen Gerichts eingetragen sind. (2) Der Erwerb und Verlust des Eigentums an einem Schiff, das im Schiffsregister eines deutschen Gerichts eingetragen ist, bestimmt sich nach den deutschen Gesetzen.
§2 Übertragung des Eigentums bei Seeschiffen (1) Zur Übertragung des Eigentums an einem im Seeschiffsregister eingetragenen Schiff ist erforderlich und genügend, daß der Eigentümer und der Erwerber darüber einig sind, daß das Eigentum auf den Erwerber übergehen soll. (2) Jeder Teil kann verlangen, daß ihm auf seine Kosten eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Veräußerung erteilt wird.
§3 Übertragung des Eigentums bei Binnenschiffen (1) Zur Übertragung des Eigentums an einem im Binnenschiffsregister eingetragenen Schiff ist die Einigung des Eigentümers und des Erwerbers hierüber und die Eintragung des Eigentumsübergangs in das Binnenschiffsregister erforderlich. (2) Vor der Eintragung sind die Beteiligten an die Einigung nur gebunden, wenn die Erklärungen notarisch beurkundet oder vor dem Registergericht abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Eigentümer dem Erwerber eine den Vorschriften der Schiffsregisterordnung entprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat. (3) Die Erklärung des Eigentümers wird nicht dadurch unwirksam, daß er in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung beim Registergericht gestellt worden ist. §4
Zubehör des Schiffes (1) Sind der Veräußerer und der Erwerber darüber einig, daß sich die Veräußerung auf das Zubehör des Schiffs erstrecken soll, so erlangt der Erwerber mit dem Eigentum an dem Schiff auch das Eigentum an den zur Zeit des Erwerbs vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören.
713
§8
Anhang II
(2) Erlangt der Erwerber durch die Veräußerung den Besitz von Zubehörstücken, die dem Veräußerer nicht gehören oder mit Rechten Dritter belastet sind, so sind die Vorschriften der §§ 932 bis 936 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden; für den guten Glauben des Erwerbers ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Erwerber den Besitz erlangt.
§5 Ersitzung des Eigentums Wer als Eigentümer eines Schiffs im Schiffsregister eingetragen ist, ohne daß er das Eigentum erlangt hat, erwirbt das Eigentum, wenn die Eintragung zehn Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Schiff im Eigenbesitz gehabt hat. Die zehnjährige Frist wird in derselben Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung im Schiffsregister eingetragen ist.
§6 Aufgebotsverfahren zur Ausschließung des Eigentümers (1) Der Eigentümer eines Schiffs kann im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, wenn das Schiff seit zehn Jahren im Eigenbesitz eines andern ist. Die Besitzzeit wird in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Ist der Eigentümer im Schiffsregister eingetragen, so ist das Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben oder verschollen ist und eine Eintragung in das Schiffsregister, die der Zustimmung des Eigentümers bedurfte, seit zehn Jahren nicht erfolgt ist. (2) Wer das Ausschlußurteil erwirkt hat, erlangt das Eigentum dadurch, daß er sich als Eigentümer in das Schiffsregister eintragen läßt. (3) Ist vor der Erlassung des Ausschlußurteils ein Dritter als Eigentümer oder wegen des Eigentums eines Dritten ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters eingetragen worden, so wirkt das Urteil nicht gegen den Dritten.
§7 Verzicht auf das Eigentum (1) D a s Eigentum an einem Schiff kann dadurch aufgegeben werden, daß der Eigentümer den Verzicht dem Registergericht gegenüber erklärt und der Verzicht in das Schiffsregister eingetragen wird. (2) D a s Recht zur Aneignung des herrenlosen Schiffs steht nur dem Reich zu. Das Reich erwirbt das Eigentum dadurch, daß es sich als Eigentümer in das Schiffsregister eintragen läßt.
§8 Schiffshypothek (1) Ein Schiff kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, daß der Gläubiger berechtigt ist, wegen einer bestimmten Geldsumme Befriedigung aus dem Schiff zu suchen (Schiffshypothek). Eine Schiffshypothek kann auch für eine zukünftige oder 714
§12
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
eine bedingte Forderung bestellt werden. D a s Recht des Gläubigers aus der Schiffshypothek bestimmt sich nur nach der Forderung. (2) Für die Bestellung der Schiffshypothek gilt § 3 sinngemäß. (3) D e r Bruchteil eines Schiffs kann mit einer Schiffshypothek nur belastet werden, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht.
§9 Bestellung eines Nießbrauchs (1) Ein Nießbrauch kann an einem Schiff nur bestellt werden, wenn damit eine Verpflichtung zur Bestellung des Nießbrauchs am ganzen Vermögen des Eigentümers oder an einer Erbschaft oder an einem Bruchteil des Vermögens oder der Erbschaft erfüllt werden soll. (2) Für die Bestellung des Nießbrauchs gilt § 3 sinngemäß.
§10 Vormerkung (1) Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Schiff oder an einer Schiffshypothek oder auf Änderung des Inhalts oder des Rangs eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in das Schiffsregister eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig. (2) Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Schiff oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt. (3) Der Rang des Rechts, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung. (4) Soweit der Anspruch durch die Vormerkung gesichert ist, kann sich der Erbe des Verpflichteten nicht auf die Beschränkung seiner H a f t u n g berufen.
Vormerkung auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder Bewilligung (1) Die Vormerkung wird auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund der Bewilligung dessen eingetragen, dessen Schiff oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird. Für die einstweilige Verfügung braucht eine Gefährdung des zu sichernden Anspruchs nicht glaubhaft gemacht zu werden. (2) Bei der Eintragung kann zur näheren Bezeichnung des zu sichernden Anspruchs auf die einstweilige Verfügung oder die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. §12
Löschung der Vormerkung Steht dem, dessen Schiff oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird, eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird, so kann er von dem Gläubiger die Beseitigung der Vormerkung verlangen. 715
§17
Anhang II
§13 Aufgebotsverfahren zur Ausschließung des Gläubigers Ist der Gläubiger, dessen Anspruch durch die Vormerkung gesichert ist, unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, wenn die in § 66 für die Ausschließung eines Schiffshypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Die Wirkung der Vormerkung erlischt, sobald das Ausschlußurteil erlassen ist.
§14 Löschung der Vormerkung (1) Soweit der Erwerb des Eigentums, einer Schiffshypothek oder des Rechts an einer solchen oder eines Nießbrauchs dem gegenüber, zu dessen Gunsten die Vormerkung besteht, unwirksam ist, kann dieser von dem Erwerber die Zustimmung zu der Eintragung oder Löschung verlangen, die zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist. (2) D a s gleiche gilt, wenn der Anspruch durch ein Veräußerungsverbot gesichert ist.
§15 Eigentümervermutung (1) Es wird vermutet, daß Eigentümer des Schiffs ist, wer als Eigentümer im Schiffsregister eingetragen ist. (2) Ist im Schiffsregister für jemanden eine Schiffshypothek oder ein Recht an einer solchen oder ein Nießbrauch eingetragen, so wird vermutet, daß ihm das Recht zusteht. (3) Ist ein eingetragenes Recht (Abs. 1, 2) gelöscht, so wird vermutet, daß es nicht mehr besteht. §16
Öffentlicher Glaube des Schiffsregisters (1) Zugunsten dessen, der das Eigentum an einem Schiff, eine Schiffshypothek oder ein Recht an einer solchen oder einen Nießbrauch an einem Schiff durch Rechtsgeschäft erwirbt, gilt der Inhalt des Schiffsregisters, soweit er diese Rechte betrifft, als richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Ist der Berechtigte in der Verfügung über ein im Schiffsregister eingetragenes Recht (Satz 1) zugunsten einer bestimmten Person beschränkt, so ist die Beschränkung dem Erwerber gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Schiffsregister ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist. (2) Ist zum Erwerb des Rechts die Eintragung erforderlich, so ist für die Kenntnis des Erwerbers die Zeit der Stellung des Antrags auf Eintragung oder, wenn die Einigung erst später zustande kommt, die Zeit der Einigung maßgebend.
§17 Öffentlicher Glaube bei Leistung § 16 gilt sinngemäß, wenn an den, für den ein Recht (§16 Abs. 1 Satz 1) im Schiffsregister eingetragen ist, auf Grund dieses Rechts eine Leistung bewirkt oder wenn zwischen ihm
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§23
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
und einem Dritten ein anderes, nicht unter § 16 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das Recht enthält. §18
Berichtigung des Schiffsregisters (1) Steht der Inhalt des Schiffsregisters, soweit er das Eigentum, eines Schiffshypothek, ein Recht an einer solchen, einen Nießbrauch oder eine Verfügungsbeschränkung der in § 16 A b s . 1 Satz 2 genannten Art betrifft, mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann der, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Einschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Schiffsregisters von dem verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird. (2) Kann das Schiffsregister erst berichtigt werden, nachdem das Recht des nach Absatz 1 Verpflichteten eingetragen worden ist, so hat dieser auf Verlangen sein Recht eintragen zu lassen.
§19 Kosten der Berichtigung Wer die Berichtigung verlangt, hat die Kosten der Berichtigung des Schiffsregisters und der dazu erforderlichen Erklärungen zu tragen, sofern sich nicht aus einem zwischen ihm und dem Verpflichteten bestehenden Rechtsverhältnis etwas anderes ergibt.
§20
Ausschluß der Verjährung Die im § 18 bestimmten Ansprüche unterliegen nicht der Verjährung.
§21
Widerspruch gegen Richtigkeit des Schiffsregisters (1) In den Fällen des § 18 kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters eingetragen werden. (2) D e r Widerspruch wird auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund einer Bewilligung des durch die Berichtigung des Schiffsregisters Betroffenen eingetragen. Die einstweilige Verfügung kann erlassen werden, ohne daß eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden glaubhaft gemacht wird. §22
Erlöschen einer Vormerkung Ist eine Vormerkung oder ein Widerspruch auf G r u n d einer einstweiligen Verfügung eingetragen, so erlischt die Vormerkung oder der Widerspruch, wenn die einstweilige Verfügung durch eine vollstreckbare Entscheidung aufgehoben wird.
§23 Ausschluß der Verjährung eingetragener Rechte 717
§26
Anhang II
(1) Die Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nicht der Verjährung. Dies gilt nicht für Ansprüche, die auf Rückstände wiederkehrender Leistungen oder auf Schadenersatz gerichtet sind. (2) Ein Recht, wegen dessen ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters eingetragen ist, steht einem eingetragenen Recht gleich.
Zweiter Abschnitt E i n t r a g u n g u n d Inhalt der Schiffshypothek §24 Angaben bei der Eintragung einer Schiffshypothek (1) Bei der Eintragung einer Schiffshypothek müssen der Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich ist, der Zinssatz, wenn andere Nebenleistungen zu entrichten sind, ihr Geldbetrag in das Schiffsregister eingetragen werden. Zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts und der Forderung kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. (2) Wird die Schiffshypothek für das Darlehen einer Kreditanstalt eingetragen, deren Satzung von der zuständigen Behörde öffentlich bekanntgemacht worden ist, so genügt zur Bezeichnung der außer den Zinsen satzungsmäßig zu entrichtenden Nebenleistungen die Bezugnahme auf die Satzung.
§25 Rangverhältnis bei mehreren Schiffshypotheken (1) Ist ein Schiff mit mehreren Schiffshypotheken belastet, so bestimmt sich ihr Rangverhältnis nach der Reihenfolge der Eintragungen. Die Eintragung ist für das Rangverhältnis auch dann maßgebend, wenn die nach § 8 Abs. 2, § 3 zur Bestellung der Schiffshypothek erforderliche Einigung erst nach der Eintragung zustande gekommen ist. (2) Eine abweichende Bestimmung des Rangverhältnisses muß in das Schiffsregister eingetragen werden.
§26 Nachträgliche Änderung des Rangverhältnisses (1) Das Rangverhältnis kann nachträglich geändert werden. Der nachträglichen Änderung des Rangverhältnisses steht es gleich, wenn der Rang einer bereits eingetragenen Schiffshypothek zugleich mit der Eintragung einer neuen Schiffshypothek zu deren Gunsten geändert wird. (2) Zu der Rangänderung ist die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten, die Zustimmung des Eigentümers sowie die Eintragung in das Schiffsregister erforderlich. Für die Einigung gilt § 3 Abs. 2, 3 sinngemäß. Die Zustimmung ist dem Registergericht oder einem der Beteiligten gegenüber zu erklären; sie ist unwiderruflich. (3) Ist die zurücktretende Schiffshypothek mit dem Recht eines Dritten belastet, so ist auch seine Zustimmung erforderlich; Abs. 2 Satz 3 gilt sinngemäß. (4) Der eingeräumte Vorrang geht nicht dadurch verloren, daß die zurücktretende Schiffshypothek durch Rechtsgeschäft aufgehoben wird. 718
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
§29
(5) Schiffshypotheken, die den Rang zwischen der zurücktretenden und der vortretenden Schiffshypothek haben, werden durch die Rangänderung nicht berührt. (6) Im Fall der Teilung einer Schiffshypothek ist zur Änderung des Rangverhältnisses der Teilschiffshypotheken untereinander die Zustimmung des Eigentümers nicht erforderlich. §27
Belastung einer Schiffshypothek mit Rangvorbehalt (1) Der Eigentümer kann sich bei der Belastung des Schiffs mit einer Schiffshypothek die Befugnis vorbehalten, eine andere dem Umfang nach bestimmte Schiffshypothek mit dem Rang vor jener Schiffshypothek eintragen zu lassen. (2) Der Vorbehalt muß bei der Schiffshypothek eingetragen werden, die zurücktreten soll. (3) Wird das Schiff veräußert, so geht die vorbehaltene Befugnis auf den Erwerber über. (4) Ist das Schiff vor der Eintragung der Schiffshypothek, welcher der Vorrang beigelegt ist, mit einer Schiffshypothek ohne einen entsprechenden Vorbehalt belastet worden, so hat der Vorrang keine Wirkung, soweit die mit dem Vorbehalt eingetragene Schiffshypothek infolge der Zwischenbelastung eine über den Vorbehalt hinausgehende Beeinträchtigung erleiden würde.
§28 Gesamtschiffshypothek (1) Besteht für die Forderung eine Schiffshypothek an mehreren Schiffen oder an mehreren Anteilen eines Schiffs, so haftet jedes Schiff oder jeder Anteil für die ganze Forderung (Gesamtschiffshypothek). (2) Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Schiffe oder Anteile in der Weise zu verteilen, daß jedes Schiff oder jeder Anteil nur für den zugeteilten Betrag haftet. Zur Verteilung ist die Erklärung des Gläubigers und die Eintragung in das Schiffsregister erforderlich. Die Erklärung ist dem Registergericht oder dem gegenüber abzugeben, zu dessen Gunsten sie erfolgt; § 3 Abs. 2, 3 gilt sinngemäß. Ist die Gesamtschiffshypothek mit dem Recht eines Dritten belastet, so ist seine Zustimmung erforderlich; die Zustimmung ist dem Registergericht oder dem gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich. §29
Haftung des Schiffes für Zinsen und Kosten Kraft der Schiffshypothek haftet das Schiff auch für die gesetzlichen Zinsen der Forderung sowie für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Schiff bezweckenden Rechtsverfolgung.
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§33
Anhang II
§30 Zinsen bis zu 5 vom Hundert (1) Ist die Forderung unverzinslich oder ist der Zinssatz niedriger als fünf vom Hundert, so kann die Schiffshypothek ohne die Zustimmung der im Rang gleich- oder nachstehenden Berechtigten dahin erweitert werden, daß das Schiff für Zinsen bis zu fünf vom Hundert haftet. (2) Zu einer Änderung der Zahlungszeit und des Zahlungsorts ist die Zustimmung dieser Berechtigten gleichfalls nicht erforderlich.
§31 Zubehör des Schiffes (1) Die Schiffshypothek erstreckt sich auf das Zubehör des Schiffs mit Ausnahme der Zubehörstücke, die nicht in das Eigentum des Schiffseigentümers gelangt sind. (2) Zubehörstücke werden von der Haftung frei, wenn ihre Zubehöreigenschaft in den Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft aufgehoben wird oder die Stücke veräußert und von dem Schiff entfernt werden, bevor sie zugunsten des Gläubigers in Beschlag genommen worden sind. §1121 A b s . 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß. (3) Abs. 2 gilt für die Bestandteile sinngemäß mit der Maßgabe, daß an Stelle der Aufhebung der Zubehöreigenschaft die Trennung und Entfernung von dem Schiff tritt, sofern nicht die Entfernung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt.
§32 Versicherungsforderung (1) H a t der Eigentümer oder für seine Rechnung ein anderer für das Schiff eine Versicherung genommen, so erstreckt sich die Schiffshypothek auf die Versicherungsforderung. (2) Die für eine verpfändete Forderung geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts sind sinngemäß anzuwenden; der Versicherer kann sich nicht darauf berufen, daß er eine aus dem Schiffsregister ersichtliche Schiffshypothek nicht gekannt habe. D e r Versicherer kann jedoch die Entschädigungssumme mit Wirkung gegen den Gläubiger an den Versicherungsnehmer zahlen, wenn er oder der Versicherungsnehmer den Eintritt des Schadens dem Gläubiger angezeigt hat und seit dem Empfang der Anzeige eine Frist von zwei Wochen verstrichen ist. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie untunlich ist; in diesem Fall wird die Frist von dem Zeitpunkt an gerechnet, in dem die Entschädigungssumme fällig ist. Der Gläubiger kann bis zum Ablauf der Frist dem Versicherer gegenüber der Zahlung widersprechen.
§33 Zahlung des Versicherers (1) Eine Zahlung des Versicherers auf die Versicherungsforderung ist dem Gläubiger gegenüber wirksam, soweit sie zum Zweck der Wiederherstellung des Schiffs bewirkt wird und die Wiederherstellung des Schiffs gesichert ist. D a s gleiche gilt von Zahlungen des Versicherers zum Zweck der Befriedigung von Schiffsgläubigern, deren Ansprüche der Schiffshypothek im Rang vorgehen, soweit die Befriedigung dieser Schiffsgläubiger gesichert ist. (2) Die Haftung der Forderung gegen den Versicherer erlischt, soweit das Schiff wiederhergestellt oder für Zubehörstücke Ersatz beschafft worden ist. D a s gleiche gilt, soweit
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§36
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
Verpflichtungen des Eigentümers erfüllt worden sind, die von der Versicherung umfaßt waren und für die ein der Schiffshypothek im Rang vorgehendes Schiffsgläubigerrecht bestand.
§34 Schiffshypothekengläubiger und Versicherer (1) H a t der Gläubiger seine Schiffshypothek bei dem Versicherer angemeldet, so hat dieser dem Gläubiger unverzüglich mitzuteilen, wenn die Prämie nicht rechtzeitig gezahlt ist und aus diesem Grunde dem Versicherungsnehmer eine Zahlungsfrist bestimmt wird. D a s gleiche gilt, wenn das Versicherungsverhältnis nach dem Ablauf der Frist wegen unterbliebener Prämienzahlung gekündigt wird. (2) Eine Kündigung, ein Rücktritt oder eine sonstige Tatsache, welche die vorzeitige Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, wird gegenüber dem Gläubiger, der seine Schiffshypothek dem Versicherer angemeldet hat, erst mit dem Ablauf von zwei Wochen wirksam, nachdem der Versicherer ihm die Beendigung und, wenn diese noch nicht eingetreten war, den Zeitpunkt der Beendigung mitgeteilt oder der Gläubiger dies in anderer Weise erfahren hat. Dies gilt nicht, wenn das Versicherungsverhältnis wegen nicht rechtzeitiger Prämienzahlung gekündigt oder durch Konkurs des Versicherers beendigt wird. (3) Trifft der Versicherer mit dem Versicherungsnehmer eine Vereinbarung, durch welche die Versicherungssumme oder der U m f a n g der Gefahr, für die der Versicherer haftet, gemindert wird, so gilt Abs. 2 Satz 1 sinngemäß. (4) Ist der Versicherungsvertrag unwirksam, weil der Versicherungsnehmer ihn in der Absicht geschlossen hat, sich aus einer Uberversicherung oder einer Doppelversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, so kann der Versicherer gegenüber einem Gläubiger, der ihm seine Schiffshypothek angemeldet hat, die Unwirksamkeit nicht geltend machen. D a s Versicherungsverhältnis endigt jedoch dem Gläubiger gegenüber mit dem Ablauf von zwei Wochen, nachdem der Versicherer ihm die Unwirksamkeit mitgeteilt oder der Gläubiger sie in anderer Weise erfahren hat.
§35 Mehrere Versicherer (1) Ist das Schiff bei mehreren Versicherern gemeinschaftlich versichert, so genügt die Anmeldung der Schiffshypothek nach § 34 bei dem Versicherer, den der Eigentümer dem Gläubiger als den führenden Versicherer bezeichnet hat. Dieser ist verpflichtet, die Anmeldung den Mitversicherern mitzuteilen. (2) Für eine Mitteilung nach § 34 genügt, wenn der Gläubiger seine Wohnung geändert, die Änderung aber dem Versicherer nicht angezeigt hat, die Absendung eines eingeschriebenen Briefs nach der letzten, dem Versicherer bekannten Wohnung des Gläubigers. Die Mitteilung wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ohne die Wohnungsänderung bei regelmäßiger Beförderung dem Gläubiger zugegangen sein würde.
§36 Leistungspflicht des Versicherers gegenüber Gläubiger (1) Ist der Versicherer wegen des Verhaltens des Versicherungsnehmers oder des Versi-
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§39
Anhang II
cherten von der Verpflichtung zur Leistung frei, so bleibt gleichwohl seine Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger bestehen. Das gleiche gilt, wenn der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls vom Vertrag zurücktritt. (2) Abs. 1 Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung deshalb frei ist, weil 1. eine Prämie nicht rechtzeitig gezahlt ist oder 2. das Schiff in nicht fahrtüchtigem (seetüchtigem) Zustand oder nicht gehörig ausgerüstet oder bemannt die Reise angetreten hat oder 3. das Schiff von dem angegebenen oder üblichen Reiseweg abgewichen ist. §37
Ubergang der Schiffshypothek auf Versicherer Soweit der Versicherer auf Grund des § 34 Abs. 2 bis 4, § 36 den Gläubiger befriedigt, geht die Schiffshypothek auf ihn über. Der Ubergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers oder eines gleich- oder nachstehenden Schiffshypothekengläubigers, demgegenüber die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen geblieben ist, geltend gemacht werden.
§38 Prämienzahlungen (1) Der Versicherer muß fällige Prämien oder sonstige ihm auf Grund des Versicherungsvertrags gebührende Zahlungen vom Versicherten und vom Gläubiger auch dann annehmen, wenn er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Zahlung zurückweisen könnte. (2) Das Schiff haftet kraft der Schiffshypothek für den Anspruch des Gläubigers auf Erstattung der Beträge und ihrer Zinsen, die der Gläubiger zur Entrichtung von Prämien oder sonstigen dem Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags gebührenden Zahlungen verwendet hat. §39
Sicherheit der Schiffshypothek (1) Ist infolge einer Verschlechterung des Schiffs oder seiner Einrichtungen die Sicherheit der Schiffshypothek gefährdet, so kann der Gläubiger dem Eigentümer eine angemessene Frist zur Beseitigung der Gefährdung bestimmen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der Gläubiger berechtigt, sofort Befriedigung aus dem Schiff zu suchen. Ist die Forderung unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem Gläubiger nur die Summe, die mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrag der Forderung gleichkommt. (2) Wirkt der Eigentümer auf das Schiff in solcher Weise ein, daß eine die Sicherheit der Schiffshypothek gefährdende Verschlechterung des Schiffs oder seiner Einrichtungen zu besorgen ist, oder unterläßt er die erforderlichen Vorkehrungen gegen derartige Einwirkungen Dritter oder gegen andere Beschädigungen, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers die zur Abwendung der Gefährdung erforderlichen Maßregeln anzuordnen; es kann, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, bestimmen, daß der Gläubiger berechtigt ist, sofort Befriedigung aus dem Schiff zu suchen. 722
§44
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
(3) Einer Verschlechterung des Schiffs steht es gleich, wenn Zubehörstücke, auf welche die Schiffshypothek sich erstreckt, verschlechtert oder den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zuwider von dem Schiff entfernt werden. §40
Klage auf Unterlassung Ist infolge der Einwirkung eines Dritten eine die Sicherheit der Schiffshypothek gefährdende Verschlechterung des Schiffs zu besorgen, so kann der Gläubiger gegen ihn nur auf Unterlassung klagen. §41
Einreden gegen die Schiffshypothek (1) Der Eigentümer kann gegen die Schiffshypothek die dem Schuldner gegen die Forderung zustehenden Einreden geltend machen. Er kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Schuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. Die gleiche Befugnis hat der Eigentümer, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Schuldners befriedigen kann. Stirbt der Schuldner, so kann sich der Eigentümer nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Schuld nur beschränkt haftet. (2) Ist der Eigentümer nicht der Schuldner, so verliert er eine Einrede nicht dadurch, daß der Schuldner auf sie verzichtet. §42
Kündigung (1) Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer Kündigung ab, so ist die Kündigung für die Schiffshypothek nur wirksam, wenn sie von dem Gläubiger dem Eigentümer oder von dem Eigentümer dem Gläubiger erklärt wird. Zugunsten des Gläubigers gilt als Eigentümer, wer im Schiffsregister als Eigentümer eingetragen ist. (2) H a t der Eigentümer weder einen Wohnsitz im Inland noch die Bestellung eines inländischen Bevollmächtigten dem Gläubiger angezeigt, so hat das Registergericht ihm auf Antrag des Gläubigers einen Vertreter zu bestellen, dem gegenüber der Gläubiger kündigen kann; das gleiche gilt, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist oder der Gläubiger ohne Fahrlässigkeit nicht weiß, wer der Eigentümer ist. §43
Befriedigung des Gläubigers (1) D e r Eigentümer ist berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen, wenn die Forderung ihm gegenüber fällig geworden oder wenn der Schuldner zur Leistung berechtigt ist. (2) Der Eigentümer kann den Gläubiger auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung befriedigen. §44
Ubergang der Forderung (1) Ist der Eigentümer nicht der Schuldner, so geht, soweit er den Gläubiger befriedigt,
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§49
Anhang II
die Forderung auf ihn über; der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Schuldners aus dem zwischen ihm und dem Eigentümer bestehenden Rechtsverhältnis bleiben unberührt. (2) Besteht für die Forderung eine Gesamtschiffshypothek, so gelten für diese die Vorschriften des §69.
§45 Aushändigung der Urkunde Der Eigentümer kann gegen Befriedigung des Gläubigers die Aushändigung der zur Berichtigung des Schiffsregisters oder zur Löschung der Schiffshypothek erforderlichen Urkunden verlangen.
§46 Verzugszinsen aus dem Schiff Liegen dem Eigentümer gegenüber die Voraussetzungen vor, unter denen ein Schuldner in Verzug kommt, so gebühren dem Gläubiger Verzugszinsen aus dem Schiff.
Dritter Abschnitt
D i e G e l t e n d m a c h u n g der S c h i f f s h y p o t h e k §47 Zwangsvollstreckung (1) Der Gläubiger kann seine Befriedigung aus dem Schiff und den Gegenständen, auf die sich die Schiffshypothek erstreckt, nur im Wege der Zwangsvollstreckung suchen. (2) Bei einer Gesamtschiffshypothek kann der Gläubiger die Befriedigung aus jedem der Schiffe ganz oder zu einem Teil suchen.
§48 Eigentümervermutung Bei der Verfolgung des Rechts aus der Schiffshypothek gilt zugunsten des Gläubigers als Eigentümer, wer im Schiffsregister als Eigentümer eingetragen ist. Das Recht des nicht eingetragenen Eigentümers, die ihm gegen die Schiffshypothek zustehenden Einwendungen geltend zu machen, bleibt unberührt.
§49 Einräumung von Rechten Solange die Forderung dem Eigentümer gegenüber nicht fällig geworden ist, kann dieser dem Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum Zweck der Befriedigung die Übertragung des Eigentums an dem Schiff zu verlangen oder das Schiff auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung zu veräußern.
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Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
§52
§50 Befriedigung des Gläubigers (1) Verlangt der Gläubiger Befriedigung aus dem Schiff, so ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Schiff oder an den Gegenständen zu verlieren, auf die sich die Schiffshypothek erstreckt, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen, und zwar auch durch Hinterlegung oder Aufrechnung. Das gleiche Recht steht dem Besitzer des Schiffs oder der im § 31 genannten Sachen zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren. (2) Soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung auf ihn über. Der Ubergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Schuldners aus einem zwischen ihm und dem Dritten bestehenden Rechtsverhältnis bleiben unberührt. (3) § 45 gilt sinngemäß.
Vierter Abschnitt
Übertragung, Änderung und Erlöschen der Schiffshypothek
§51 Übertragung der Forderung (1) Mit der Übertragung der Forderung geht die Schiffshypothek auf den neuen Gläubiger über. (2) Die Forderung kann nicht ohne die Schiffshypothek, die Schiffshypothek kann nicht ohne die Forderung übertragen werden. (3) Zur Abtretung der Forderung ist die Einigung des bisherigen und des neuen Gläubigers hierüber und die Eintragung in das Schiffsregister erforderlich; § 3 Abs. 2, 3 gilt sinngemäß.
§52 Einreden, Zinsen (1) Eine Einrede, die dem Eigentümer auf Grund eines zwischen ihm und dem bisherigen Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisses gegen die Schiffshypothek zusteht, kann auch dem neuen Gläubiger entgegengesetzt werden. Die Vorschriften der §§ 16, 18 bis 21 über den öffentlichen Glauben des Schiffsregisters gelten auch für diese Einrede. (2) Soweit die Forderung auf Zinsen oder andere Nebenleistungen gerichtet ist, die nicht später als in dem Kalendervierteljahr, in dem der Eigentümer von der Übertragung Kenntnis erlangt, oder dem folgenden Vierteljahr fällig werden, kann sich der Gläubiger gegenüber den in Abs. 1 bezeichneten Einreden nicht auf § 16 berufen.
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§55
Anhang II
§53 Forderungen auf Rückstände von Zinsen (1) Soweit die Forderung auf Rückstände von Zinsen oder andere Nebenleistungen oder auf Erstattung von Kosten der Kündigung und Rechtsverfolgung (§ 29) oder von den im § 38 Abs. 2 bezeichneten Beträgen gerichtet ist, bestimmt sich die Übertragung sowie das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem neuen Gläubiger nach den für die Übertragung von Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften. (2) Die Vorschriften des § 16 über den öffentlichen Glauben des Schiffsregisters gelten für die im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche nicht. §54
Abänderung des Inhalts der Schiffshypothek (1) Zur Änderung des Inhalts der Schiffshypothek ist die Einigung des Eigentümers und des Gläubigers über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Schiffsregister erforderlich; § 3 Abs. 2, 3, §24 gelten sinngemäß. (2) Ist die Schiffshypothek mit dem Recht eines Dritten belastet, so ist seine Zustimmung erforderlich. Die Zustimmung ist dem Registergericht oder demgegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich. §55
Auswechslung der Forderung (1) An die Stelle der Forderung, für welche die Schiffshypothek besteht, kann eine andere Forderung gesetzt werden. Zu der Änderung ist die Einigung des Gläubigers und des Eigentümers sowie die Eintragung in das Schiffsregister erforderlich; §3Abs. 2, 3, §54 Abs. 2 gelten sinngemäß. (2) Steht die Forderung, die an die Stelle der bisherigen Forderung treten soll, nicht dem bisherigen Schiffshypothekengläubiger zu, so ist seine Zustimmung erforderlich; §54 Abs. 2, § 56 Abs. 2, 3 gelten sinngemäß. §56
Aufhebung einer Schiffshypothek (1) Zur Aufhebung der Schiffshypothek durch Rechtsgeschäft ist die Erklärung des Gläubigers, daß er die Schiffshypothek aufgebe, die Zustimmung des Eigentümers und die Löschung der Schiffshypothek im Schiffsregister erforderlich. Die Erklärung des Gläubigers ist dem Registergericht oder dem gegenüber abzugeben, zu dessen Gunsten sie erfolgt. Die Zustimmung des Eigentümers ist dem Registergericht oder dem Gläubiger gegenüber zu erklären; sie ist unwiderruflich. (2) Vor der Löschung ist der Gläubiger an seine Erklärung nur gebunden, wenn er sie dem Registergericht gegenüber abgegeben oder dem, zu dessen Gunsten sie erfolgt, eine den Vorschriften der Schiffsregisterordnung entsprechende Löschungsbewilligung ausgehändigt hat. (3) Die Erklärung des Gläubigers wird nicht dadurch unwirksam, daß er in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Registergericht gestellt worden ist. (4) § 54 Abs. 2 gilt auch hier.
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Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
§60 §57
Erlöschen einer Schiffshypothek (1) Die Schiffshypothek erlischt vorbehaltlich der Fälle des § 59 mit der Forderung. Die Schiffshypothek erlischt auch, wenn der Gläubiger aus dem Schiff und soweit er aus den sonstigen Gegenständen, auf die sich die Schiffshypothek erstreckt, im Wege der Zwangsvollstreckung befriedigt wird. (2) Die Schiffshypothek erlischt ferner, wenn der Gläubiger auf sie verzichtet. Der Verzicht ist dem Registergericht oder dem Eigentümer gegenüber zu erklären und bedarf der Eintragung in das Schiffsregister; § 54 Abs. 2, § 56 Abs. 2, 3 gelten sinngemäß. (3) Solange die Schiffshypothek nicht gelöscht ist, kann der Eigentümer im Rang und bis zur Höhe der bisherigen Belastung eine neue Schiffshypothek bestellen; dies gilt nicht im Fall des Abs. 1 Satz 2. Die Befugnis steht dem jeweiligen Eigentümer des Schiffs zu; sie ist nicht übertragbar. Nach der Beschlagnahme des Schiffs im Zwangsversteigerungsverfahren kann die Befugnis nur mit Zustimmung des betreibenden Gläubigers ausgeübt werden; sie erlischt mit der Erteilung des Zuschlags; bei der Verteilung des Erlöses ist auf sie keine Rücksicht zu nehmen. (4) Erlischt die Schiffshypothek nur zum Teil, so hat der dem Gläubiger verbleibende Teil der Schiffshypothek den Vorrang vor einer von dem Eigentümer auf Grund seiner Befugnis bestellten Schiffshypothek. §58
Vormerkung des Löschungsanspruchs Verpflichtet sich der Eigentümer einem anderen gegenüber, die Schiffshypothek löschen zu lassen, wenn die Forderung erlischt, so kann zur Sicherung des Anspruchs auf Löschung eine Vormerkung in das Schiffsregister eingetragen werden. §59
Übergang der Schiffshypothek (1) Befriedigt der Schuldner den Gläubiger, so geht die Schiffshypothek auf ihn über, soweit er von dem Eigentümer oder einem Rechtsvorgänger des Eigentümers Ersatz verlangen kann; kann er nur zum Teil Ersatz verlangen, so hat die auf ihn übergegangene Schiffshypothek den Vorrang vor einer vom Eigentümer auf Grund der Befugnis nach § 57 Abs. 2 bestellten Schiffshypothek. (2) Befriedigt der Schuldner den Gläubiger nur zum Teil, so hat der dem Gläubiger verbleibende Teil der Schiffshypothek den Vorrang. (3) Der Befriedigung des Gläubigers steht es gleich, wenn sich Forderung und Schuld in einer Person vereinigen.
§60 Befreiung des Schuldners Gibt der Gläubiger die Schiffshypothek auf oder verzichtet er auf sie oder räumt er einer anderen Schiffshypothek den Vorrang ein, so wird der Schuldner frei, soweit er ohne diese Verfügung nach § 59 aus der Schiffshypothek hätte Ersatz erlangen können.
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§66
Anhang II
§61 Anspruch auf Schadenersatz infolge Unterlassens der Benachrichtigung Ist der Schuldner berechtigt, von dem Eigentümer Ersatz zu verlangen, falls er den Gläubiger befriedigt, so kann er, wenn der Gläubiger die Zwangsversteigerung des Schiffs betreibt, ohne ihn unverzüglich zu benachrichtigen, die Befriedigung des Gläubigers wegen eines Ausfalls bei der Zwangsversteigerung verweigern, soweit er infolge der Unterlassung der Benachrichtigung einen Schaden erleidet. D i e Benachrichtigung darf unterbleiben, wenn sie untunlich ist. §62
Aushändigung der Urkunden zur Berichtigung des Schiffsregisters H a t der Schuldner dadurch, daß er den Gläubiger befriedigt hat, die Schiffshypothek erworben oder hat er aus demselben G r u n d ein sonstiges rechtliches Interesse an der Berichtigung des Schiffsregisters, so kann er verlangen, daß der Gläubiger die zur Berichtigung des Schiffsregisters erforderlichen U r k u n d e n ihm aushändigt. §63
Anspruch auf Verzicht auf die Schiffshypothek Steht dem Eigentümer eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung der Schiffshypothek dauernd ausgeschlossen wird, so kann er verlangen, daß der Gläubiger auf die Schiffshypothek verzichtet. §64
Schiffshypothek und Eigentum in derselben Person (1) Die Schiffshypothek erlischt, wenn sie mit dem Eigentum in derselben Person zusammentrifft; § 57 A b s . 3 gilt sinngemäß. (2) Die Schiffshypothek erlischt nicht, solange die Forderung besteht oder zugunsten eines Dritten als bestehend gilt. D e r Eigentümer kann als Gläübiger nicht die Zwangsvollstreckung in das Schiff betreiben; Zinsen aus dem Schiff gebühren ihm nicht. §65
Erlöschen der Schiffshypothek (1) Ist eine Schiffshypothek im Schiffsregister mit U n r e c h t gelöscht, so erlischt sie, wenn der Anspruch des Gläubigers gegen den Eigentümer verjährt ist. (2) Das gleiche gilt, wenn eine kraft Gesetzes entstandene Schiffshypothek nicht in das Schiffsregister eingetragen worden ist.
§66 Ausschlußverfahren gegen unbekannten Gläubiger (1) Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, wenn seit der letzten sich auf die Schiffshypothek beziehenden Eintragung in das Schiffsregister zehn J a h r e verstrichen sind und das Recht des Gläubigers nicht innerhalb dieser Frist von dem Eigentümer in einer nach § 2 0 8 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Weise anerkannt worden ist. Besteht für die Forderung eine nach dem Kalender bestimmte Zahlungszeit, so beginnt die Frist nicht vor dem Ablauf des Zahlungstags.
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Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
§69
(2) Mit der Erlassung des Ausschlußurteils erlischt die Schiffshypothek, § 5 7 Abs. 3 gilt auch in diesem Falle.
§67 Weitere Gründe für das Ausschlußverfahren (1) Der unbekannte Gläubiger kann im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht auch dann ausgeschlossen werden, wenn der Eigentümer zur Befriedigung des Gläubigers oder zur Kündigung berechtigt ist und den Betrag der Forderung für den Gläubiger unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt. Die Hinterlegung von Zinsen ist nur erforderlich, wenn der Zinssatz im Schiffsregister eingetragen ist; Zinsen für eine frühere Zeit als das vierte Kalenderjahr vor der Erlassung des Ausschlußurteils sind nicht zu hinterlegen. (2) Mit der Erlassung des Ausschlußurteils gilt der Gläubiger als befriedigt, sofern nicht nach Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hinterlegung die Befriedigung schon vorher eingetreten ist. (3) Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablauf von dreißig Jahren nach der Erlassung des Ausschlußurteils, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; der Hinterleger ist zur Rücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat.
§68 Erlöschen einer Gesamtschiffshypothek (1) Erlischt eine Gesamtschiffshypothek, so steht die Befugnis nach § 5 7 Abs. 3 jedem Eigentümer an seinem Schiff (Anteil) zu dem Teilbetrag zu, der dem Verhältnis des Wertes seines Schiffes (Anteils) zum Werte der sämtlichen Schiffe (Anteile) entspricht, soweit sich nicht aus dem zwischen den Eigentümern (Miteigentümern) bestehenden Rechtsverhältnis etwas anderes ergibt. Der Wert wird unter Abzug der Belastungen berechnet, die der Gesamtschiffshypothek im Rang vorgehen. (2) Jeder Eigentümer kann von den übrigen verlangen, daß sie ihm eine den Vorschriften der Schiffsregisterordnung entsprechende Erklärung über die Höhe des ihm zustehenden Teilbetrags aushändigen. (3) Erlischt die Gesamtschiffshypothek nur zum Teil, so hat der dem Gläubiger verbleibende Teil der Schiffshypothek den Vorrang vor einer von einem der Eigentümer auf Grund seiner Befugnis bestellten Schiffshypothek.
§69 Begleichung einer Forderung bei Gesamtschiffshypothek (1) Befriedigt der Eigentümer eines mit einer Gesamtschiffshypothek belasteten Schiffs den Gläubiger und erlischt hierdurch die Forderung, so steht die Befugnis nach § 57 Abs. 3 nur diesem Eigentümer an seinem Schiff, und zwar in Höhe des Betrages der bisherigen Gesamtschiffshypothek zu. Erwirbt dieser Eigentümer nach § 4 4 die Forderung, so geht die Schiffshypothek nur an seinem Schiff auf ihn über; an den übrigen Schiffen erlischt sie; den Eigentümern dieser Schiffe steht auch hier die Befugnis nach § 57 Abs. 3 nicht zu. (2) Kann der Eigentümer, der den Gläubiger befriedigt, von dem Eigentümer eines der anderen Schiffe oder von einem Rechtsvorgänger dieses Eigentümers Ersatz verlangen, so
729
§70
Anhang II
geht in Höhe des Ersatzanspruches die Schiffshypothek an dem Schiff dieses Eigentümers auf ihn über; sie bleibt mit einer nach Abs. 1 Satz 2 übergegangenen Schiffshypothek Gesamtschiffshypothek. Ist durch die Befriedigung des Gläubigers die Forderung erloschen, so kann der Eigentümer die ihm nach Abs. 1 Satz 1 zustehende Befugnis nur in der Weise ausüben, daß mit der nach Satz 1 übergegangenen Schiffshypothek eine Gesamtschiffshypothek begründet wird. (3) Wird der Gläubiger nur zum Teil befriedigt, so hat die dem Gläubiger verbleibende Schiffshypothek den Vorrang vor einer von dem Eigentümer auf Grund seiner Befugnis bestellten oder ihm nach Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 zufallenden Schiffshypothek. (4) Der Befriedigung durch den Eigentümer steht es gleich, wenn das Gläubigerrecht auf den Eigentümer übertragen wird oder wenn sich Forderung und Schuld in der Person des Eigentümers vereinigen. (5) Wird der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem der mit einer Gesamtschiffshypothek belasteten Schiffe befriedigt, so gilt Abs. 2 Satz 1 sinngemäß. §70
Schuldner und Gesamtschiffshypothek (1) Kann bei einer Gesamtschiffshypothek der Schuldner im Fall des §59 nur von dem Eigentümer eines der belasteten Schiffe oder von einem Rechtsvorgänger dieses Eigentümers Ersatz verlangen, so geht die Schiffshypothek nur an diesem Schiff auf ihn über. An den übrigen Schiffen erlischt sie; den Eigentümern dieser Schiffe steht die Befugnis nach § 57 Abs. 3 nicht zu. (2) Ist dem Schuldner nur zum Teil Ersatz zu leisten und geht deshalb die Schiffshypothek nur zu einem Teilbetrag auf ihn über, so gilt, soweit die Gesamtschiffshypothek an sämtlichen Schiffen erlischt, für die den Eigentümern nach § 57 Abs. 3 zustehende Befugnis § 68 mit der Maßgabe, daß der auf den Schuldner übergegangene Teilbetrag der Schiffshypothek den nach § 68 Abs. 1 Satz 2 vorweg in Abzug zu bringenden Belastungen hinzuzurechnen ist. §71
Teilverzicht des Gläubigers einer Gesamtschiffshypothek Verzichtet der Gläubiger einer Gesamtschiffshypothek nur an einem der Schiffe auf die Schiffshypothek, so steht dem Eigentümer dieses Schiffs die Befugnis nach § 57 Abs. 3 nicht zu. Gleiches gilt, wenn der Gläubiger nach §66 mit seinem Recht an einem der Schiffe ausgeschlossen wird.
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§75
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
Fünfter Abschnitt Schiffshypothek für Inhaber- und Orderpapiere, Höchstbetragsschiffshypothek §72
Schiffshypothek f ü r eine Inhaberschuldverschreibung (1) Zur Bestellung einer Schiffshypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber genügt die Erklärung des Eigentümers gegenüber dem Registergericht, daß er die Schiffshypothek bestelle, und die Eintragung in das Schiffsregister; § 3 Abs. 3 gilt sinngemäß. (2) Die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Recht nach § 66 ist nur zulässig, wenn die in § 801 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Vorlegungsfrist verstrichen ist. Ist innerhalb der Frist die Schuldverschreibung vorgelegt oder der Anspruch aus der Urkunde gerichtlich geltend gemacht worden, so kann die Ausschließung erst erfolgen, wenn die Verjährung eingetreten ist. §73
Schiffshypothek f ü r eine Forderung aus Inhaber- und Orderpapieren Ist die Schiffshypothek für eine Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen Papier, das durch Indossament übertragen werden kann, bestellt, so bestimmt sich die Abtretung der Forderung nach den für die Abtretung dieser Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften. §74
Vertreter eines Gläubigers (1) Bei einer Schiffshypothek der in § 7 3 bezeichneten Art kann für den jeweiligen Gläubiger ein Vertreter mit der Befugnis bestellt werden, mit Wirkung für und gegen jeden späteren Gläubiger bestimmte Verfügungen über die Schiffshypothek zu treffen und den Gläubiger bei der Geltendmachung der Schiffshypothek zu vertreten. Die Bestellung des Vertreters bedarf der Eintragung in das Schiffsregister; wegen seiner Befugnisse kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. (2) Ist der Eigentümer berechtigt, von dem Gläubiger eine Verfügung zu verlangen, zu welcher der Vertreter befugt ist, so kann er die Vornahme der Verfügung von dem Vertreter verlangen. §75
Höchstbetragschiffshypothek (1) Eine Schiffshypothek kann in der Weise bestellt werden, daß nur der Höchstbetrag, bis zu dem das Schiff haften soll, bestimmt, im übrigen die Feststellung der Forderung vorbehalten wird. Der Höchstbetrag muß in das Schiffsregister eingetragen werden. (2) Ist die Forderung verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbetrag eingerechnet. (3) Die Forderung kann nach den für die Übertragung von Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften übertragen werden. Wird sie nach diesen Vorschriften übertragen, so ist der Übergang der Schiffshypothek ausgeschlossen. (4) D e r Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, ergänzende Vorschriften zu erlassen.
731
§81
Anhang II
Sechster Abschnitt Die S c h i f f s h y p o t h e k an Schiffsbauwerken u n d S c h w i m m d o c k s §76
Bestellung an einem Schiffbauwerk (1) Eine Schiffshypothek kann auch an einem auf einer Schiffswerft im Bau befindlichen Schiff (Schiffsbauwerk) bestellt weiden. (2) Die Bestellung ist zulässig, sobald der Kiel gelegt und das Schiffsbauwerk durch Namen oder Nummern an einer bis zum Stapellauf des Schiffs sichtbar bleibenden Stelle deutlich und dauernd gekennzeichnet ist. Eine Schiffshypothek kann an einem Schiffsbauwerk nicht bestellt werden, wenn es nach der Fertigstellung als Seeschiff nicht mehr als fünfzig Kubikmeter Bruttoraumgehalt hat oder als Binnenschiff zur Eintragung in das Binnenschiffahrtsregister nicht geeignet sein wird. §77
Register für Schiffsbauwerke Zur Bestellung einer Schiffshypothek an einem Schiffsbauwerk ist an Stelle der Eintragung in das Schiffsregister die Eintragung in das Register für Schiffsbauwerke erforderlich. Für die Schiffshypothek gelten die §§8, 10 bis 75, soweit sich nicht aus den Vorschriften dieses Abschnitts etwas anderes ergibt. §78
Übertragung des Eigentums Ist die Schiffshypthek in das Register für Schiffsbauwerke eingetragen, so gelten vom Zeitpunkt der Eintragung die §§ 3 bis 7 auch für das Schiffsbauwerk sinngemäß. §79
Umfang der Erstreckung der Schiffshypothek Die Schiffshypothek erstreckt sich auf das Schiffsbauwerk in seinem jeweiligen Bauzustand. Sie erstreckt sich ferner neben den im §31 bezeichneten Gegenständen auf die auf der Bauwerft befindlichen, zum Einbau bestimmten und als solche gekennzeichneten Bauteile mit Ausnahme der Bauteile, die nicht in das Eigentum des Eigentümers des Schiffsbauwerks gelangt sind. §31 Abs. 2 gilt sinngemäß. §80
Versicherungsforderung Auf die Versicherungsforderung erstreckt sich die Schiffshypothek nur, wenn der Eigentümer für das Schiffsbauwerk eine besondere Versicherung genommen hat. §81
Die Schiffshypothek nach Fertigstellung des Schiffs Die an dem Schiffsbauwerk bestellte Schiffshypothek bleibt nach der Fertigstellung des Schiffs mit ihrem bisherigen Rang an dem Schiff bestehen. 732
Ges. ü. Rechte an eingetragenen Schiffen
§84
§81 a Schiffshypothek an Schwimmdocks Eine Schiffshypothek kann auch an einem im Bau befindlichen oder fertiggestellten Schwimmdock bestellt werden. §§ 77, 78, 80 gelten entsprechend. Bei im Bau befindlichen Schwimmdocks sind auch die Vorschriften des § 76 Abs. 2 Satz 1 und der §§ 79, 81 sinngemäß anzuwenden.
Siebenter Abschnitt Nießbrauch §82
Rangverhältnis zwischen Nießbrauch und Schiffshypothek (1) Auf den Nießbrauch an einem Schiff sind die für den Nießbrauch an Grundstücken geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts sinngemäß anzuwenden. (2) Das Rangverhältnis zwischen einem Nießbrauch und den Schiffshypotheken bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Eintragung. Das unter Angabe eines früheren Tages eingetragene Recht hat den Vorrang; Rechte, die unter Angabe desselben Tages eingetragen sind, haben gleichen Rang. § 2 5 Abs. 2, §§26, 27, 65 gelten sinngemäß.
Achter Abschnitt Schluß Vorschriften §83 Durchführung des Gesetzes Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, die zur Durchführung dieses Gesetzes und zur Angleichung des bisherigen Rechtszustandes an den neuen Rechtszustand erforderlichen Durchführungsvorschriften zu erlassen.
§84 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1941 in Kraft; . . .
733
§ 2 BinSchAufgG
Anhang III
III. Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsaufgabengesetz - BinSchAufgG) Vom 15. Februar 1956 ( B G B l . II S. 317) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. August 1986 ( B G B l . I S. 1270) ( B G B l . III 9500-1)
§1
Aufgaben des Bundes; Zuständigkeiten (1) D e m Bund obliegen auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt 1. die Förderung der Binnenflotte und des Binnenschiffsverkehrs im allgemeinen deutschen Interesse, 2. die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie die Verhütung von der Schiffahrt ausgehender Gefahren (Schiffahrtspolizei) und schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf den Bundeswasserstraßen; die schiffahrtspolizeilichen Vollzugsaufgaben nach Maßgabe einer mit den Ländern zu schließenden Vereinbarung, 3. die Schiffseichung (Schiffsvermessung) auf den Bundes Wasserstraßen, 4. die Ausstellung von Befähigungszeugnissen und von Bescheinigungen über Bau, Ausrüstung, Bemannung und Betrieb der Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmenden Anlagen auf den Bundeswasserstraßen, 5. die Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit sowie die Sicherung einer angemessenen Unterbringung der auf den Bundeswasserstraßen an Bord befindlichen Personen, 6. die Erteilung der Erlaubnis zur Fahrt auf den Bundeswasserstraßen für Wasserfahrzeuge. (2) Zuständig für die Verwaltungsaufgaben sind die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Sie können im Rahmen des Absatzes 1 N r . 2 und 5 nach pflichtgemäßem Ermessen die notwendigen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren und schädlichen Umwelteinwirkungen sowie zur Beseitigung von Störungen auf den Bundeswasserstraßen treffen. (3) Die dem Bund nach dem Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Januar 1969, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes v o m 21. April 1986 ( B G B l . I S. 551), zustehenden Aufgaben bleiben unberührt. §2
Erlaubnis zur Fahrt (1) D a s Befahren der Bundeswasserstraßen ist erlaubnispflichtig, wenn das Wasserfahrzeug 1. nicht in einem Schiffsregister im Geltungsbereich dieses Gesetzes eingetragen ist, oder 2. einer natürlichen Person gehört, die nicht Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist oder ihren Wohnsitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, oder
734
§ 3 BinSchAufgG
Binnenschiffsaufgabengesetz
3. einer juristischen Person oder Personenvereinigung gehört, die ihren Sitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat. D a s gleiche gilt trotz eines Sitzes im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn Personen, die unmittelbar oder mittelbar über die willensbestimmende Mehrheit der Anteile, des Kapitals oder der Stimmrechte verfügen, entweder a) natürliche Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind, oder b) natürliche Personen ohne Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder c) juristische Personen oder Personenvereinigungen ohne Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes sind. D a s gleiche gilt, wenn an Stelle des Eigentümers ein Ausrüster die Voraussetzungen der N u m m e r 2 oder 3 erfüllt ohne Rücksicht darauf, ob für das Wasserfahrzeug eine Eintragung nach N u m m e r 1 vorliegt. (2) Eine Erlaubnis ist nicht erforderlich 1. für Sportfahrzeuge, 2. für Wasserfahrzeuge, die nach § 10 Abs. 3 der Schiffsregisterordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 315-18, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 4. Juli 1980 ( B G B l . I S. 833), keiner Eintragung in das Schiffsregister bedürfen, 3. soweit sich dies aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen, insbesondere aus der Revidierten Rheinschiffahrtsakte und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder aus Rechtsvorschriften zwischenstaatlicher Einrichtungen, denen der Bund nach Artikel 24 des Grundgesetzes Hoheitsrechte übertragen hat, ergibt. (3) U b e r die Erlaubnis entscheidet auf schriftlichen Antrag des Eigentümers oder des Ausrüsters der Bundesminister für Verkehr. Die Erlaubnis kann auf einzelne Verkehrsarten, Güterarten, Gütermengen, Verkehrsrelationen oder auf andere Weise beschränkt werden. Sie kann insbesondere versagt werden, soweit die Gegenseitigkeit nicht gewährleistet ist oder das Befahren Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Der Bundesminister für Verkehr kann die Befugnis zur Erteilung der Erlaubnis auf die Behörden der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes übertragen. (4) Die Erlaubnispflicht wird durch rechtsgeschäftliche, firmenrechtliche oder andere Gestaltungen oder Scheintatbestände, die zur Umgehung geeignet sind, nicht berührt. §3
Rechtsverordnungen (1) D e r Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, im Rahmen des § 1 Abs. 1 N r . 1 bis 5 Rechtsverordnungen zu erlassen über 1. das Verhalten im Verkehr, einschließlich des Verhaltens der Beteiligten nach einem Verkehrsunfall, das geboten ist, um a) den Verkehr zu sichern und Verletzten zu helfen, b) zur Klärung und Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche die Art der Beteiligung festzustellen und c) Haftpflichtansprüche geltend machen zu können, 2. die Anforderungen an a) Bau, Einrichtung, Ausrüstung, Betrieb und Freibord der Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmenden Anlagen, b) die auf Wasserfahrzeugen, Schwimmkörpern und schwimmenden Anlagen einzubauenden oder zu verwendenden Anlagen, Instrumente und Geräte, 3. die Anforderungen an die Kennzeichnung der Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmenden Anlagen,
735
§ 3 BinSchAufgG
Anhang III
4. die Anforderungen an die Funkausrüstung, den Funkwachdienst, den Funkbetrieb, die Funknavigationseinrichtungen sowie die Führung von Funktagebüchern an Bord von Wasserfahrzeugen, Schwimmkörpern, schwimmenden Anlagen und an Land, 5. die Anforderungen an die Besetzung der Wasserfahrzeuge und Schwimmkörper nach Anzahl und Befähigung der Besatzungsmitglieder, 6. die Anforderungen an die Befähigung und Eignung der Besatzungsmitglieder, 7. die Anforderungen an die Befähigung und Eignung der Binnenlotsen sowie die Ausübung ihrer Tätigkeit, 8. die Voraussetzungen für die Tätigkeit der Besatzungsmitglieder an Bord auch unter Berücksichtigung von Berufsausbildung und Arbeitsschutz. (2) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 N r . 1 und 2 können auch erlassen werden 1. zur Abwehr von Gefahren für das Wasser, 2. zur Verhütung von der Schiffahrt ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; dabei können Emissionsgrenzwerte unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung auch für einen Zeitpunkt nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung festgesetzt werden. (3) Wegen der Anforderungen nach Absatz 1 N r . 2 kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen hingewiesen werden; hierbei ist 1. in der Rechtsverordnung das D a t u m der Bekanntmachung anzugeben und die Bezugsquelle genau zu bezeichnen, 2. die Bekanntmachung bei dem Deutschen Patentamt archivmäßig gesichert niederzulegen und in der Rechtsverordnung darauf hinzuweisen. (4) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das technische Verfahren der Schiffseichung (Schiffsvermessung), die Erteilung der erforderlichen Zeugnisse und die Mitwirkung der Eigentümer der Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmenden Anlagen zu regeln. (5) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 N r . 1 und 2 werden von dem Bundesminister für Verkehr und dem Bundesminister des Innern 1 gemeinsam erlassen, soweit sie Vorschriften zur Verhütung von der Schiffahrt ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes enthalten. Rechtsverordnungen nach Absatz 1 N r . 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1 , soweit sie Vorschriften zum Schutz von Natur und Landschaft im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes enthalten. Rechtsverordnungen nach Absatz 1 N r . 2, 5 und 8 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Rechtsverordnungen nach Absatz 1 N r . 2 bedürfen, soweit sie den über den Arbeitschutz hinausgehenden Gesundheitsschutz (§ 1 Abs. 1 N r . 5) berühren, auch des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit 1 . Rechtsverordnungen nach Absatz 1 N r . 4 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen.
1 Seit 6. Juni 1986 statt „Bundesminister des Innern" und „Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten" richtig jeweils: „Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit", sowie statt „Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit" richtig: „Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit". (Organisationserlaß des Bundeskanzlers vom 5. Juni 1986, B G B l . I S. 864, in Verbindung mit Artikel 56 Abs. 1 und 2 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 18. März 1975, B G B l . I S. 705)
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§ 3c BinSchAufgG
Binnenschiffsaufgabengesetz
(6) In den Rechtsverordnungen nach den Absätzen 1 und 4 kann auch geregelt werden, wie die Erfüllung der Anforderungen und Voraussetzungen nachzuweisen ist, auf Grund welcher Untersuchungs- oder Prüfungsergebnisse und in welchem Verfahren eine Urkunde hierüber erteilt wird, sowie unter welchen Voraussetzungen und in welchem Verfahren wegen mangelnder körperlicher, geistiger oder charakterlicher Eignung des Inhabers oder wegen technischer Mängel des Wasserfahrzeugs eine Urkunde entzogen werden kann. (7) Die Ermächtigungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 8 erstrecken sich nicht auf a) Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmende Anlagen der Bundeswehr, b) überwachungsbedürftige Anlagen im Sinne des § 2 4 der Gewerbeordnung; die Ermächtigung erstreckt sich jedoch auf die Arten von Druckbehältern und Druckgasbehältern, für die eine Verordnung nach § 24 der Gewerbeordnung nicht erlassen ist.
§3a Beleihung von juristischen Personen Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung juristische Personen des privaten Rechts mit der Untersuchung von Wasserfahrzeugen, die für Sportoder Erholungszwecke verwendet werden (Sportfahrzeuge), ihrer technischen Zulassung zum Verkehr, der Zuteilung von Kennzeichen und Identitätsnachweisen, ihrer Registrierung sowie mit der Abnahme von Prüfungen und der Erteilung von Befähigungsnachweisen für die Führung von Sportfahrzeugen zu beauftragen. Die juristischen Personen müssen einwilligen und nach Satzung und Verhalten hinreichend Gewähr für die Erfüllung der Aufgaben bieten. Im Rahmen des Auftrags unterstehen die juristischen Personen der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministers für Verkehr.
§3b Binnenlotsen (1) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Benehmen mit den beteiligten Ländern und nach Anhörung der beteiligten Verbände der Binnenschiffahrt sowie von Vertretern der beteiligten Lotsen die Entgelte für die Leistungen der Binnenlotsen in angemessener Höhe festzusetzen. (2) Soweit und solange eine Festsetzung der Lotsentgelte nach Absatz 1 in Kraft ist, dürfen andere als die festgesetzen Entgelte weder versprochen, noch gefordert, noch angenommen werden.
§3c Übertragungsermächtigung (1) Die Ermächtigungen nach § 3 Abs. 1 und § 3b Abs. 1 können durch Rechtsverordnung auf die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen übertragen werden. Hierzu werden ermächtigt 1. im Falle des § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 in Verbindung mit Absatz 5 Satz 1 der Bundesminister für Verkehr und der Bundesminister des Innern 2 gemeinsam, 2 Seit 6. Juni 1986 statt „Bundesminister des Innern" richtig: „Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit" (vgl. Fußnote zu § 3 Abs. 5).
737
§ 6 BinSchAufgG
Anhang III
2. in den übrigen Fällen der Bundesminister für Verkehr, der des Einvernehmens mit anderen Bundesministern insoweit bedarf, als es das Gebrauchmachen von der zu übertragenden Ermächtigung erforderlich wäre. Die Befugnisse können einer Wasser- und Schiffahrtsdirektion für den Bezirk mehrerer Wasser- und Schiffahrtsdirektionen übertragen werden. (2) Beteiligungspflichten in Form des Benehmens oder der Anhörung, die in einer übertragbaren Ermächtigung vorgesehen sind, gehen mit deren Übertragung auf die Wasserund Schiffahrtsdirektionen über, soweit die übertragende Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt. §4
Kosten (1) Für Amtshandlungen nach den §§ 1 und 2 und den auf Grund des § 3 Abs. 1 bis 4 und § 3a erlassenen Rechtsverordnungen werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. (2) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen durch Rechtsverordnung die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen im Sinne des Absatzes 1 zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Soweit es sich um Gebühren für Amtshandlungen auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 handelt, bedarf der Bundesminister für Verkehr auch des Einvernehmens mit dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen. Die Gebührensätze sind so zu bemessen, daß der mit den Amtshandlungen verbundene Personal- und Sachaufwand gedeckt wird; bei begünstigenden Amtshandlungen kann daneben die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden.
§5 Hamburger Hafen Auf den im Bereich des Hamburger Hafens liegenden Teilen der Bundeswasserstraße Elbe ist der Bund im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 nicht für Maßnahmen zuständig, die das Verhalten im Verkehr betreffen. Seine Maßnahmen erstrecken sich im übrigen nicht auf Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmende Anlagen, die ausschließlich zur Verwendung im Hamburger Hafen bestimmt sind, auf die Führung und Besetzung solcher Fahrzeuge sowie auf Hafenlotsen. §6
Uberwachungsbefugnis (1) Zur Durchführung der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 können die damit betrauten Personen Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmende Anlagen und deren Betriebsund Geschäftsräume sowie die zur Herstellung von Anlagen, Instrumenten und Geräten für den Schiffsbetrieb dienenden Betriebs- und Geschäftsräume betreten und Prüfungen vornehmen. Außerhalb der Betriebs- und Geschäftszeiten und hinsichtlich der Räume, die zugleich Wohnzwecken dienen, dürfen diese Befugnis nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden; insoweit wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt. 738
§ 7 BinSchAufgG
Binnenschiffsaufgabengesetz
(2) D e r Eigentümer und der Führer eines Wasserfahrzeugs, Schwimmkörpers oder einer schwimmenden Anlage und der sonst für die Sicherheit Verantwortliche sowie der Hersteller der Anlagen, Instrumente und Geräte für den Schiffsbetrieb sind verpflichtet, den mit der Überwachung betrauten Personen die Maßnahmen nach Absatz 1 zu gestatten, die bei der Uberprüfung benötigten Arbeitskräfte und Hilfsmittel bereitzustellen sowie die Auskünfte zu erteilen und die Unterlagen vorzulegen, die zur Erfüllung der genannten Aufgaben erforderlich sind. (3) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in §383 Abs. 1 N r . 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
§7
Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 3 oder einer auf G r u n d einer solchen Rechtsverordnung ergangenen vollziehbaren Anordnung, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, zuwiderhandelt. (2) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 2 Abs. 1 als Schiffsführer eine Bundeswasserstraße ohne Erlaubnis befährt oder als Eigentümer oder Ausrüster das unerlaubte Befahren einer Bundeswasserstraße veranlaßt oder 2. entgegen § 6 Abs. 2 den mit der Überwachung betrauten Personen das Betreten des Wasserfahrzeugs, des Schwimmkörpers, der schwimmenden Anlage oder der Betriebsoder Geschäftsräume oder die Vornahme einer Prüfung nicht gestattet, Arbeitskräfte oder Hilfsmittel nicht bereitstellt, Auskünfte nicht erteilt oder Unterlagen nicht vorlegt. (3) Ordnungwidrig handelt ferner, wer als Binnenlotse entgegen § 3b Abs. 2 andere als die festgesetzten Entgelte fordert oder annimmt. (4) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1, Absatz 2 N r . 2 und Absatz 3 kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark, die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 N r . 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. Bei Zuwiderhandlungen gegen die von den Rheinuferstaaten oder den Moseluferstaaten gleichlautend erlassenen schiffahrtspolizeilichen Vorschriften und die auf Grund solcher Vorschriften ergangenen vollziehbaren Anordnungen gilt für die H ö h e der Geldbuße der Rahmen des Artikels 32 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte. (5) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 N r . 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Wasser- und Schiffahrtsdirektion. (6) Örtlich zuständig ist nur die Wasser- und Schiffahrtsdirektion, in deren Bezirk die Tat begangen ist. D e r Bundesminister für Verkehr kann die Zuständigkeit nach Satz 1 durch Rechtsverordnung einer Wasser- und Schiffahrtsdirektion für den Bereich mehrerer Wasser- und Schiffahrtsdirektionen übertragen, soweit dies für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Ist die Tat auf einem Gewässer zwischen zwei deutschen Ufern begangen, die zum Bezirk verschiedener Verwaltungsbehörden gehören, so sind die Verwaltungsbehörden beider Ufer zuständig.
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§ 1 1 BinSchAufgG
Anhang III §8
Länderfachausschuß Der nach § 34 des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr gebildete Ausschuß dient auch der Verständigung des Bundes mit den Ländern bei der Durchführung dieses Gesetzes, insbesondere der Abstimmung der Interessen vor verkehrspolitischen Maßnahmen, die der Bundesminister für Verkehr auf Grund dieses Gesetzes trifft. §9 (Aufloebung von Vorschriften) §10
Übergangsregelung Die §§5 bis 9 des Preußischen Gesetzes vom 17. März 1870, betreffend die Ausführung der Revidierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 (Preußische Gesetzsammlung S. 187) und die §§ 10 bis 20 des Preußischen Regulativs vom 23. März 1870, betreffend die Ausführung der Revidierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 (Aufenthalt der Regierung Wiesbaden S. 169) treten mit dem Tage außer Kraft, an dem sie durch Rechtsverordnungen aufgehoben werden, die der Bundesminister für Verkehr auf Grund des § 3 Abs. 1 Nr. 7 erläßt. §11
Berlin-Klausel (1) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Die den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zugewiesenen Aufgaben nimmt im Land Berlin der zuständige Fachsenator wahr. (2) Rechtsverordnungen auf Grund dieses Gesetzes gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes.
IV. Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) in der Fassung vom 14. 7. 1990 (BGBl. I S. 1343) Erster A b s c h n i t t
Flaggenrecht der Seeschiffe
1. Recht zur Führung der Bundesflagge
§1
(1) Die Bundesflagge haben alle Kauffahrteischiffe und sonstigen zur Seefahrt bestimm 740
§4
Flaggenrechtsgesetz
ten Schiffe (Seeschiffe) zu führen, deren Eigentümer Deutsche sind und ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben. (2) Deutschen mit Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes werden gleichgeachtet Offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und juristische Personen, die ihren Sitz in diesem Bereich haben, und zwar a) Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, wenn die Mehrheit sowohl der persönlich haftenden als auch der zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigten Gesellschafter aus Deutschen besteht und außerdem nach dem Gesellschaftsvertrag die deutschen Gesellschafter die Mehrheit der Stimmen haben, b) juristische Personen, wenn Deutsche im Vorstand oder in der Geschäftsführung die Mehrheit haben. (3) Beim Bestehen einer Partenreederei hat das Seeschiff die Bundesflagge zu führen, wenn ein Mitreeder Deutscher mit Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes ist und die Mehrheit der Schiffsparten, nach der Größe berechnet, Deutschen zusteht.
§2 (1) Die Bundesflagge dürfen Seeschiffe führen, deren Eigentümer Deutsche ohne Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes sind. (2) Das gleiche gilt im Falle von Partenreedereien und Erbengemeinschaften, wenn a) bei Partenreedereien, an denen mindestens ein deutscher Mitreeder beteiligt ist, eine Pflicht zur Führung der Bundesflagge nach § 1 nicht besteht, b) bei Erbengemeinschaften Deutsche zu mehr als der Hälfte am Nachlaß beteiligt sind und zur Vertretung ausschließlich Deutsche bevollmächtigt sind, die ihren Wohnsitz oder Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben.
2. Ausweis über die Berechtigung zur Führung der Bundesflagge §3 Die Berechtigung zur Führung der Bundesflagge wird a) in den Fällen der §§ 1 und 2 durch das Schiffszertifikat im Sinne der Schiffsregisterordnung oder das Schiffsvorzertifikat (§ 5), b) in den Fällen der §§10 und 11 durch den Flaggenschein, c) für Seeschiffe im Eigentum und öffentlichen Dienst des Bundes, eines Landes oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt mit Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes wahlweise durch eine Flaggenbescheinigung, d) für Seeschiffe, deren Rumpflänge, gemessen zwischen den äußersten Punkten des Vorstevens und des Hinterstevens, 15 Meter nicht übersteigt, wahlweise durch das Flaggenzertifikat nachgewiesen. §4 (1) Vor der Erteilung der in §3 genannten Ausweise darf die Berechtigung nicht ausgeübt werden; dies gilt nicht in den Fällen des § 1, wenn für das Seeschiff keine Pflicht zur Anmeldung im Schiffsregister besteht. (2) Der Ausweis gemäß § 3 Buchstaben a bis c oder ein von dem Registergericht beglaubigter Auszug aus dem Schiffszertifikat ist während der Reise stets an Bord des Schiffes mitzuführen. 741
§8
Anhang IV
§5 (1) Entsteht die Berechtigung zur Führung der Bundesflagge bei einem Seeschiff, das sich im Ausland befindet, so kann anstelle des Schiffszertifikats ein Schiffsvorzertifikat erteilt werden. Dasselbe gilt in den Fällen des § 7 für das Entstehen der Befugnis zur Ausübung der in Satz 1 genannten Berechtigung, wenn der Zeitpunkt dieses Entstehens im Schiffsregister eingetragen oder zur Eintragung angemeldet ist. (2) Das Schiffsvorzertifikat hat nur für die Dauer von 6 Monaten seit dem Tage der Ausstellung Gültigkeit.
3. Verbot anderer Nationalflaggen; Ausnahmen §6 (1) Seeschiffe, welche die Bundesflagge nach § 1 zu führen haben, dürfen als Nationalflagge andere Flaggen nicht führen. Das gleiche gilt für Seeschiffe, welche a) die Bundesflagge nach § 2 führen dürfen und für die ein Schiffszertifikat, Schiffsvorzertifikat oder Flaggenzertifikat erteilt ist; b) die Bundesflagge nach § 1 0 oder §11 führen dürfen und für die ein Flaggenschein oder ein Flaggenzertifikat erteilt ist. (2) Unberührt bleiben Vorschriften über die Führung von Dienstflaggen anstelle oder neben der Bundesflagge durch Seeschiffe im öffentlichen Dienst.
§7 (1) Wird ein Seeschiff einem Ausrüster, der nicht Deutscher ist oder seinen Wohnsitz oder Sitz nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes hat, auf mindestens ein Jahr zur Bereederung in eigenem Namen überlassen, so kann auf Antrag des Eigentümers der Bundesminister für Verkehr für bestimmte Zeit, höchstens jedoch jeweils für die Dauer von zwei Jahren unter dem Vorbehalt des Widerrufs gestatten, daß das Schiff anstelle der Bundesflagge eine andere Nationalflagge führt, deren Führung, nach dem maßgeblichen ausländischen Recht erlaubt ist. (2) Bei Seeschiffen, für die ein Schiffszertifikat oder ein Schiffsvorzertifikat erteilt ist, wird die Genehmigung erst mit der Eintragung eines entsprechenden Vermerks in das Zertifikat wirksam. (3) Eine Veränderung der Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung ist vom Eigentümer unverzüglich der Genehmigungsbehörde anzuzeigen. (4) Solange die Genehmigung wirksam ist, darf das Recht zur Führung der Bundesflagge nicht ausgeübt werden.
4. Flaggenführung und Schiffsname §8 (1) Die Bundesflagge darf auf Seeschiffen nur geführt werden, wenn diese hierzu nach den §§1, 2 und 10 oder §11 berechtigt sind. Eine Dienstflagge darf auf Seeschiffen nur geführt werden, wenn dies nach den Vorschriften über die Führung von Dienstflaggen anstelle oder neben der Bundesflagge durch Seeschiffe im öffentlichen Dienst erlaubt ist.
742
§11
Flaggenrechtsgesetz
(2) Die Bundesflagge ist in der im Seeverkehr für Seeschiffe der betreffenden Gattung üblichen Art und Weise zu führen. An der Stelle, wo die Bundesflagge gesetzt ist oder regelmäßig gesetzt wird, dürfen andere Flaggen nur zum Signalgeben gesetzt werden. (3) Die Bundesflagge ist beim Einlaufen in einen Hafen und beim Auslaufen zu zeigen. §9 (1) Ein Seeschiff, für das ein Schiffszertifikat, Schiffsvorzertifikat oder Flaggenschein erteilt ist, muß seinen N a m e n an jeder Seite des Bugs und seinen N a m e n sowie den N a m e n des Heimathafens am H e c k in gut sichtbaren und fest angebrachten Schriftzeichen führen. H a t es keinen oder keinen Heimathafen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, so ist statt dessen außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 und der §§10 und 11 Abs. 1 in gleicher Weise der Registerhafen zu führen. (2) Ein Seeschiff, für das ein Flaggenzertifikat erteilt und gültig ist, muß den darin angegebenen Hafen am H e c k sowie den Schiffsnamen in gut sichtbaren und fest angebrachten Schriftzeichen führen. (3) D e r N a m e eines Seeschiffes, für das die Ausstellung eines Schiffszertifikats oder Schiffsvorzertifikats beantragt wird, ist rechtzeitig vor der Namensführung vom Eigentümer oder Korrespondentreeder dem Bundesminister für Verkehr anzuzeigen; dieser kann zur Wahrung des öffentlichen Interesses die Führung von bestimmten Schiffsnamen untersagen. Satz 1 gilt auch für die Änderung des Namens.
5. Verleihung der Befugnis zur Führung der Bundesflagge §10 Seeschiffen, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes erbaut worden sind und die nicht bereits nach den Vorschriften der §§ 1 und 2 zur Führung der Bundesflagge berechtigt sind, kann der Bundesminister für Verkehr die Befugnis hierzu für die erste Uberführungsreise in einen anderen Hafen einschließlich der hierfür erforderlichen vorausgehenden Fahrten verleihen. SU (1) Für Seeschiffe, die nicht nach den Vorschriften der § § 1 , 2 und 10 zur Führung der Bundesflagge berechtigt sind, kann der Bundesminister für Verkehr einem ausländischen Eigentümer aufgrund internationaler Vereinbarungen die Befugnis zur Führung der Bundesflagge verleihen. Dasselbe gilt auch ohne das Vorliegen internationaler Vereinbarungen bei einem Ausrüster für die Dauer der Überlassung des Schiffes zur Bereederung in eigenem Namen unter dem Vorbehalt des Widerrufs, wenn a) der Ausrüster zu dem Personenkreis des § 1 gehört, b) ihm das Schiff zur Bereederung in eigenem N a m e n für mindestens ein Jahr überlassen ist, c) das Schiff gemäß den Vorschriften des Bundesrechts besetzt wird, d) der Eigentümer dem Flaggenwechsel zustimmt, e) nicht fremdes Recht der Führung der Bundesflagge entgegensteht. (2) Eine Veränderung der Voraussetzungen für die Verleihung ist vom Ausrüster unverzüglich dem Bundesminister für Verkehr anzuzeigen.
743
§15
Anhang IV
6. Internationales Seeschiffahrtsregister §12 (1) Zur Führung der Bundesflagge berechtigte Kauffahrteischiffe, die im Sinne des Einkommensteuergesetzes im internationalen Verkehr betrieben werden, sind auf Antrag des Eigentümers in das Internationale Seeschiffahrtsregister einzutragen. (2) Das Internationale Seeschiffahrtsregister wird vom Bundesminister für Verkehr eingerichtet und geführt.
§13 (weggefallen)
Zweiter Abschnitt
Flaggenführung der Binnenschiffe §14 (1) Binnenschiffe dürfen als deutsche Nationalflagge nur die Bundesflagge führen. Flaggen deutscher Länder oder andere deutsche Heimatflaggen dürfen nur neben der Bundesflagge gesetzt werden. (2) §6 Abs. 2 und §8 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
Dritter Abschnitt
Straf- und Bußgeldvorschriften §15 (1) Wer als Führer eines Seeschiffes oder sonst für das Seeschiff Verantwortlicher vorsätzlich oder fahrlässig einer Vorschrift des §6 Abs. 1 über das Führen einer anderen Nationalflagge als der Bundesflagge zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer als Führer eines Seeschiffes oder sonst für das Seeschiff Verantwortlicher entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 die Bundesflagge oder entgegen § 8 Abs. 1 Satz 2 oder sonst unbefugt eine Dienstflagge führt.
744
§19
Flaggenrechtsgesetz
§16 (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Führer eines Seeschiffes oder sonst für das Seeschiff Verantwortlicher vorsätzlich oder fahrlässig 1. die nach § 4 Abs. 2 vorgeschriebenen Urkunden während der Reise nicht an Bord mitführt, 2. einer Vorschrift des § 8 Abs. 3 über das Zeigen der Bundesflagge zuwiderhandelt oder 3. einer Vorschrift des § 9 Abs. 1 oder 2 über die Bezeichnung eines Seeschiffes zuwiderhandelt. (2) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. als Führer eines Seeschiffes oder sonst für das Seeschiff Verantwortlicher oder Schiffsführer eines Binnenschiffes einer Vorschrift des § 8 Abs. 2, auch in Verbindung mit § 14 Abs. 2, über die Art und Weise der Flaggenführung zuwiderhandelt, 2. als Schiffsführer eines Binnenschiffes der Vorschrift des § 14 Abs. 1 über die Flaggenführung der Binnenschiffe zuwiderhandelt, 3. die in § 7 Abs. 3 oder § 11 Abs. 2 vorgeschriebene Anzeige nicht oder nicht rechtzeitig erstattet oder 4. einer Rechtsverordnung nach § 22 N r . 2 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark geahndet werden. §17 (weggefallen)
§18 § 15 Abs. 2 gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, auch für die Taten, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen werden.
Vierter A b s c h n i t t
Übergangs- und Schlußbestimmungen §19 In welcher Weise Seeschiffe, die im Auftrag der Deutschen Bundespost die Post befördern, neben der Bundesflagge oder einer Dienstflagge noch durch eine Signalflagge zu kennzeichnen sind, bestimmt der Bundesminister für Post- und Telekommunikation im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr.
745
§21
Anhang IV §19a
(1) § 1 Abs. 3 gilt nicht für Seeschiffe, die am 31. Dezember 1988 eine andere Nationalflagge als die Bundesflagge geführt haben, solange sie diese Flagge weiterführen. (2) Die Gültigkeitsdauer der befristet ausgestellten Flaggenzeugnisse, die den Schiffsvorzertifikaten gleichstehen, wird durch § 5 Abs. 2 nicht berührt; § 9 Abs. 1 ist in bezug auf diese Zeugnisse entsprechend anzuwenden.
§20 Das Gesetz, betreffend das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe, vom 22. Juni 1899 (Reichsgesetzbl. S. 319), das Gesetz zur Abänderung dieses Gesetzes vom 29. Mai 1901 (Reichsgesetzbl. S. 184) und die Verordnung über die Flaggenführung der Schiffe vom 17. Januar 1936 (Reichsgesetzbl. I S. 15) werden aufgehoben.
§21 (1) Soweit in anderen Rechtsvorschriften auf die in § 2 0 bezeichneten Vorschriften verwiesen ist, treten die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes an deren Stelle. (2) Auf Seeschiffe im Sinne des § 3 Buchstabe c finden die Vorschriften des öffentlichen Rechts des Bundes, die für Kauffahrteischiffe erlassen sind, keine Anwendung; das gleiche gilt für Seeschiffe im öffentlichen Dienst, für welche die Befugnis zur Führung der Bundesflagge nach § 11 verliehen ist. Der Bundesminister für Verkehr kann jedoch anordnen, daß solche Seeschiffe den Vorschriften des Bundesrechts über die Rechtsverhältnisse der Schiffsbesatzung auf Kauffahrteischiffen unterliegen, wenn sie regelmäßig die Grenzen der Seefahrt um mehr als 50 Seemeilen überschreiten oder für längere Zeiträume als eine Woche auf See bleiben. (3) Auf Kauffahrteischiffen, für welche die Befugnis zur Führung der Bundesflagge nach § 11 verliehen ist, finden die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Vorschriften des öffentlichen Rechts des Bundes nur insoweit Anwendung, als sie betreffen: a) die Rechtsverhältnisse der Schiffsbesatzung, b) die Besetzung des Schiffes mit Kapitän, Schiffsoffizieren und Mannschaften, c) die Sicherung der Seefahrt, die Schiffssicherheit einschließlich der Seeunfalluntersuchung sowie die Verhütung von der Schiffahrt ausgehender Gefahren, soweit nicht das Recht des Heimatstaates strengere Anforderungen enthält, d) die Verpflichtung zur Mitnahme heimzuschaffender Seeleute, e) die Rechte und Verpflichtungen gegenüber den konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, f) die Stellung des Kapitäns. (4) Arbeitsverhältnisse von Besatzungsmitgliedern eines im Internationalen Seeschifkafahrtsregister eingetragenen Kauffahrteischiffes, die im Inland keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, unterliegen bei der Anwendung des Artikels 30 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vorbehaltlich der Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft nicht schon auf Grund der Tatsache, daß das Schiff die Bundesflagge führt, dem deutschen Recht. Werden für die in Satz 1 genannten Arbeitsverhältnisse von ausländischen Gewerkschaften Tarifverträge abgeschlossen, so haben diese nur dann die im Tarifvertragsgesetz genannten Wirkungen, wenn für sie die Anwendung des im Geltungsbereich des Grundgesetzes geltenden Tarifrechts sowie die Zuständigkeit der deutschen Gerichte vereinbart worden ist. Nach Inkrafttreten dieses Absatzes abgeschlossene Tarif-
746
§ 22b
Flaggenrechtsgesetz
vertrage beziehen sich auf die in Satz 1 genannten Arbeitsverhältnisse im Zweifel nur, wenn sie dies ausdrücklich vorsehen. Die Vorschriften des deutschen Sozialversicherungsrechts bleiben unberührt.
§22 Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt. 1. die Grenzen der Seefahrt im Sinne dieses Gesetzes und die Art und Weise zu bestimmen, wie die Anbringung der Namen am Schiff auszuführen ist, 2. im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern die Art und Weise der Flaggenführung im Sinne von § 8 Abs. 2 und § 14 Abs. 2 zu bestimmen, 3. die Form, Ausstellung, Gültigkeitsdauer, Einziehung und Registrierung des Flaggenscheins, der Flaggenbescheinigung und des Flaggenzertifikats sowie im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz die Form und Ausstellung des Schiffsvorzertifikats zu regeln, 4. die Registrierung der Schiffe zu regeln, für die die in § 3 genannten Ausweise ausgestellt werden, 5. das Verfahren bei Verleihung und Widerruf der Befugnis zur Führung der Bundesflagge nach den §§10 und 11 sowie die Durchführung von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Flaggenführung des Schiffes zu regeln, 6. folgende Aufgaben auf eine nachgeordnete Bundesbehörde zu übertragen: a) die Gestattung der Führung einer anderen Nationalflagge und ihren Widerruf (§ 7), b) die Verleihung der Befugnis zur Führung der Bundesflagge nach den §§10 und 11, c) die Ausstellung, Einziehung und Registrierung der Flaggenscheine, Flaggenbescheinigungen und Flaggenzertifikate, d) die Registrierung der in Nummer 4 genannten Schiffe, e) die Einrichtung und Führung des Internationalen Seeschiffahrtsregisters nach § 12, f) die Registrierung und Untersagung von Schiffsnamen (§ 9).
§22a (1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz können Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden. (2) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen durch Rechtsverordnung die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen im Sinne des Absatzes 1 zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Die Gebührensätze sind so zu bemessen, daß der mit den Amtshandlungen verbundene Personal- und Sachaufwand gedeckt wird; bei begünstigenden Amtshandlungen kann daneben die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden. §22b Außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes haben die Konsularbeamten die Einhaltung der über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe bestehenden Vorschriften zu überwachen.
747
§2
Anhang V §23
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach §14 des Dritten Uberleitungsgesetzes.
V. Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen Vom 27. September 1952 (BGBl. I S. 641) (BGBl. III 310-5) zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. 6.1981 (BGBl. I S. 553)
Erster Abschnitt
Allgemeine Verfahrensvorschriften
§1
In Binnenschiffahrtssachen sind im ersten Rechtszug die Amtsgerichte zuständig.
§2 (1) Binnenschiffahrtssachen im Sinne dieses Gesetzes sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die mit der Benutzung von Binnengewässern durch Schiffahrt oder Flößerei zusammenhängen und zum Gegenstand haben: a) Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen; b) andere Ansprüche wegen der von Privatpersonen vorgenommenen Hemmung des Leinpfades, wegen der Beschädigungen, welche Schiffer oder Flößer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden anderen verursacht haben, oder wegen der den Eigentümern der Zugpferde beim Heraufziehen der Schiffe zur Last gelegten Beschädigungen am Grundeigentum; c) vertragliche Schadensersatzansprüche aus einem Unfall, der durch ein Schiff oder ein Floß oder bei dem Betriebe eines Schiffes oder eines Floßes entstanden ist; d) Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Amtspflicht zur Sicherung des Verkehrs; e) Ansprüche aus Bergung oder Hilfeleistung, namentlich auf Berge- und Hilfslohn, sowie vertragliche Ansprüche wegen Hilfe bei einer Schiffahrtsgefahr; f) Ansprüche wegen Zahlung der Lotsen-, Kran-, Waage-, Hafen- und Bohlwerksgebühren oder -Vergütungen und ihres Betrages; g) (aufgehoben). Dies gilt nicht für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus einem Vorfall, an dem ein Seeschiff beteiligt ist, wenn 748
Ges. ü. ger. Verf. in Binnenschiffahrtssachen
§3
1. der Vorfall sich auf Binnengewässern, auf denen die Seeschiffahrtsstraßenordnung gilt, auf dem Nord-Ostsee-Kanal oder in einem Seehafen ereignet hat, 2. der Vorfall sich auf anderen Binnengewässern außer dem Rhein und der Mosel ereignet hat, sofern der Anspruch auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der den Schiffen oder den an Bord befindlichen Personen oder Sachen durch einen Schiffszusammenstoß oder durch ein unter § 738c des Handelsgesetzbuchs fallendes Ereignis zugefügt worden ist. (2) Binnenschiffahrtssachen im Sinne dieses Gesetzes sind ferner bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die mit der Benutzung von Binnengewässern durch Schiffahrt oder Flößerei zusammenhängen und Ansprüche zum Gegenstand haben, für deren Verhandlung und Entscheidung die Parteien die Zuständigkeit eines Schiffahrtsgerichts vereinbart haben. (3) Binnenschiffahrtssachen im Sinne dieses Gesetzes sind: a) Strafsachen wegen Taten, die auf oder an Binnengewässern unter Verletzung von schiffahrtspolizeilichen Vorschriften begangen sind und deren Schwerpunkt in der Verletzung dieser Vorschriften liegt, soweit für die Strafsachen nach den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes die Amtsgerichte zuständig sind; b) Bußgeldsachen wegen Zuwiderhandlungen gegen schiffahrtspolizeiliche Vorschriften, die auf oder an Binnengewässern begangen sind. Als Binnenschiffahrtssachen gelten jedoch diese Straf- und Bußgeldsachen nicht, wenn die Tat außerhalb eines Seehafens auf oder an Binnenwasserstraßen, auf denen die Seeschiffahrtstraßen-Ordnung gilt, begangen ist. Steht eine in Satz 1 bezeichnete Tat mit einer anderen Straftat oder Ordnungswidrigkeit in Zusammenhang, so ist das für Binnenschifffahrtssachen bestimmte Gericht zuständig, wenn das Schwergewicht bei der zuerst genannten Tat liegt.
§3 (1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Binnenschiffahrtssachen sind, sind die Amtsgerichte auch soweit sachlich zuständig, wie nach den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes die Landgerichte zuständig wären. Vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung ist örtlich zuständig in den Fällen des § 2 Abs. 1 Buchstaben a bis d und g nur das Gericht, in dessen Bezirk sich die den Anspruch begründende Tatsache ereignet hat; in den Fällen des § 2 Abs. 1 Buchstabe e nur das Gericht, in dessen Bezirk die Bergung bewirkt oder die Hilfeleistung beendet worden ist; in den Fällen des § 2 Abs. 1 Buchstabe f nur das Gericht des Erfüllungsortes. Hat sich die den Anspruch begründende Tatsache auf einem Gewässer zwischen zwei deutschen Ufern ereignet, die zum Bezirk verschiedener Gerichte gehören, so sind die Gerichte beider Ufer zuständig. (2) Für Mahnverfahren gelten die allgemeinen Vorschriften über die Zuständigkeit. Die Abgabe nach §§696, 700 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung erfolgt an das nach Absatz 1 zuständige Gericht, das entsprechend § 690 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozeßordnung in dem Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids anzugeben ist. (3) In Straf- und Bußgeldsachen, die Binnenschiffahrtssachen sind, ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Tat begangen ist; §68 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist nicht anzuwenden. Ist die Tat auf einem Gewässer zwischen zwei deutschen Ufern begangen, die zum Bezirk verschiedener Gerichte gehören, so sind die Gerichte beider Ufer zuständig. (4) Wäre nach diesen Vorschriften ein Gerichtsstand im Geltungsbereich dieses Geset-
749
§9
Anhang V
zes nicht begründet, so ist das Gericht zuständig, das bei Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung, der Strafprozeßordnung oder des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zuständig wäre. §4 (1) Die Landesregierungen sind ermächtigt, die Verhandlung und Entscheidung von Binnenschiffahrtssachen einem Amtsgericht als Schiffahrtsgericht oder einem Oberlandesgericht als Schiffahrtsobergericht für bestimmte Binnengewässer oder bestimmte Abschnitte von Binnengewässern aus dem Bezirk mehrerer Gerichte zuzuweisen, sofern dies der sachlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren dient. Die Zuweisung kann für Zivil- sowie Straf- und Bußgeldsachen unterschiedlich erfolgen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (2) Die Bezirke der nach Absatz 1 bestimmten Gerichte erstrecken sich auf die Bezirke der anderen Gerichte. (3) Die Länder können vereinbaren, daß die Verhandlung und Entscheidung von Binnenschiffahrtssachen eines Landes ganz oder teilweise den Gerichten eines anderen Landes zugewiesen werden. §5 (1) Die für Binnenschiffahrtssachen zuständigen Amtsgerichte sind Schiffahrtsgerichte im Sinne dieses Gesetzes. Sie führen bei der Verhandlung und Entscheidung von Binnenschiffahrtssachen die Bezeichnung „Schiffahrtsgericht". (2) Ist ein Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt, so sind bei der Geschäftsverteilung die Geschäfte des Schiffahrtsgerichts einem oder einzelnen von ihnen zu übertragen. §6 Ist für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten die Zuständigkeit eines Gerichts vereinbart, das nicht ein Schiffahrtsgericht ist, so sind die Vorschriften dieses Gesetzes nicht anzuwenden. §7 Die Geschäfte der Staatsanwaltschaft werden in Binnenschiffahrtssachen von der Staatsanwaltschaft bei dem Schiffahrtsgericht oder bei dem ihm übergeordneten Landgericht wahrgenommen. Die Anträge und Verfügungen in Binnenschiffahrtssachen sollen als solche gekennzeichnet werden. §8 Im Verfahren vor den Schiffahrtsgerichten ist § 128 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden. Die Anträge der Parteien in Binnenschiffahrtssachen sollen als solche gekennzeichnet werden. §9 (1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist gegen die Urteile der Schiffahrtsgerichte die Berufung ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig. (2) (aufgehoben).
750
Ges. ü. ger. Verf. in Binnenschiffahrtssachen
§15
§10 In Strafsachen ist die Revision ausgeschlossen. §11 Für die Verhandlung und Entscheidung über Berufungen und Beschwerden gegen die Entscheidungen der Schiffahrtsgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sowie in Strafund Bußgeldsachen sind die Oberlandesgerichte zuständig. Sie führen hierbei die Bezeichnung „Schiffahrtsobergericht".
§12 In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor den Schiffahrtsobergerichten kann jeder bei einem Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassene Rechtsanwalt die Vertretung übernehmen.
§13 In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wird die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht dadurch berührt, daß es statt bei dem Oberlandesgericht bei dem dem Schiffahrtsgericht übergeordneten Landgericht eingelegt wird; die Sache wird von Amts wegen an das Oberlandesgericht abgegeben.
Zweiter Abschnitt
Besondere Verfahrensvorschriften für Rheinschiffahrtssachen §14 (1) In Binnenschiffahrtssachen, die Rheinschiffahrtssachen sind, gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts dieses Gesetzes nur, soweit sich aus den Bestimmungen der revidierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 und den §§ 15 bis 18 dieses Gesetzes nichts anderes ergibt. (2) Rheinschiffahrtssachen sind nur die in den Artikeln 34 und 34 b,s der Revidierten Rheinschiffahrtsakte bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Straf- sowie Bußgeldsachen, die sich auf Vorgänge auf dem Rhein abwärts von der deutsch-schweizerischen Grenze bei Basel beziehen. Ein bürgerlicher Rechtsstreit gilt nicht als Rheinschiffahrtssache, wenn die Parteien die Zuständigkeit eines Gerichts vereinbaren, das für Rheinschifffahrtssachen nicht zuständig ist.
§15 (1) Bei der Verhandlung und Entscheidung von Rheinschiffahrtssachen führt das Amtsgericht an Stelle der Bezeichnung „Schiffahrtsgericht" die Bezeichnung „Rheinschiffahrtsgericht", das Oberlandesgericht an Stelle der Bezeichnung „Schiffahrtsobergericht" die Bezeichnung „Rheinschiffahrtsobergericht".
751
§ 18a
Anhang V
(2) Die Anträge und die Verfügungen der Staatsanwaltschaft in Rheinschiffahrtssachen und die Anträge der Parteien in Rheinschiffahrtssachen sollen als solche gekennzeichnet werden.
§16 Die Entscheidung einer Binnenschiffahrtssache, die nicht Rheinschiffahrtssache ist, darf nicht mit der Entscheidung einer Rheinschiffahrtssache verbunden werden.
§17 Die Berufung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und die Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen an das Rheinschiffahrtsobergericht unterliegen nicht der in Artikel 37 Abs. 1 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte vorgesehenen Beschränkung. §18 In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Bußgeldsachen, die Rheinschiffahrtssachen sind, ist unter der in Artikel 37 Abs. 1 der revidierten Rheinschiffahrtsakte vorgesehenen Beschränkung statt der Berufung oder der Rechtsbeschwerde an das Rheinschiffahrtsobergericht auch die Anrufung der Zentralkommission in Straßburg zulässig.
Dritter Abschnitt
Besondere Verfahrensvorschriften für Moselschiffahrtssachen §18a (1) In Binnenschiffahrtssachen, die Moselschiffahrtssachen sind, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts dieses Gesetzes nur, soweit sich aus den Bestimmungen der Artikel 34 und 35 des in Luxemburg am 27. Oktober 1956 unterzeichneten Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel (Bundesgesetzbl. 1956 II S. 1838) und den §§ 18b und 18e dieses Gesetzes nichts anderes ergibt. Nach Abschluß des in Artikel 56 des Vertrages vorgesehenen zwischenstaatlichen Ubereinkommens gelten für die Ausübung der Schiffahrtsgerichtsbarkeit im Gebiet an der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg die Bestimmungen des Ubereinkommens. (2) Moselschiffahrtssachen sind nur die in Artikel 35 des genannten Vertrages bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Straf- sowie Bußgeldsachen, die sich auf Vorgänge auf der Mosel einschließlich der Sicherheitshäfen, Vorhäfen und Schleusen sowie des Seitenkanals bei Detzem beziehen. Ein bürgerlicher Rechtsstreit gilt nicht als Moselschifffahrtssache, wenn die Parteien die Zuständigkeit eines Gerichts vereinbaren, das für Moselschiffahrtssachen nicht zuständig ist.
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Ges. ü. ger. Verf. in Binnenschiffahrtssachen
§21
§18b (1) Bei der Verhandlung und Entscheidung von Moselschiffahrtssachen führt das Amtsgericht an Stelle der Bezeichnung „Schiffahrtsgericht" die Bezeichnung „Moselschiffahrtsgericht", das Oberlandesgericht an Stelle der Bezeichnung „Schiffahrtsobergericht" die Bezeichnung „Moselschiffahrtsobergericht". (2) Die Anträge und die Verfügungen der Staatsanwaltschaft in Moselschiffahrtssachen und die Anträge der Parteien in Moselschiffahrtssachen sollen als solche gekennzeichnet werden. § 18c Die Entscheidung einer Binnenschiffahrtssache, die nicht Moselschiffahrtssache ist, darf nicht mit der Entscheidung einer Moselschiffahrtssache verbunden werden. §18d Die Berufung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und die Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen an das Moselschiffahrtsobergericht unterliegen nicht der Beschränkung, die sich aus Artikel 34 Abs. 3 des in § 18a genannten Vertrages in Verbindung mit Artikel 37 Abs. 1 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte ergibt. §18e In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Bußgeldsachen, die Moselschiffahrtssachen sind, ist unter der Beschränkung, die sich aus Artikel 34 Abs. 3 des in §18a genannten Vertrages in Verbindung mit Artikel 37 Abs. 1 der revidierten Rheinschiffahrtsakte ergibt, statt der Berufung oder der Rechtsbeschwerde an das Moselschiffahrtsobergericht auch die Anrufung des Berufungsausschusses der Moselkommission in Trier zulässig.
Vierter A b s c h n i t t
Zusatz-, Übergangs- und Schlußbestimmungen § § 19 u n d 20 (aufgehoben)
§21 (1) Entscheidungen außerdeutscher Rheinschiffahrtsgerichte werden auf Grund einer von dem Rheinschiffahrtsobergericht Köln mit der Vollstreckungsklausel (§ 724 der Zivilprozeßordnung, §451 Abs. 1 der Strafprozeßordnung) kostenfrei zu versehenen Ausfertigung vollstreckt. (2) Entscheidungen außerdeutscher Moselschiffahrtsgerichte werden auf Grund einer von dem Moselschiffahrtsobergericht mit der Vollstreckungsklausel (§ 724 der Zivilprozeßordnung, §451 Abs. 1 der Strafprozeßordnung) kostenfrei zu versehenden Ausfertigung vollstreckt. 753
§1
Anhang VI
§22 Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, die Artikel 32 bis 40 der revidierten Rheinschiffahrtsakte sowie das Zusatzprotokoll vom 18. September 1895 im deutschen Wortlaut neu bekanntzumachen. §23 Bis zu anderer Regelung durch die Landesregierungen sind die Gerichte, die nach den bisher geltenden Vorschriften zu Schiffahrtsgerichten (Schiffahrtsobergerichten) oder zu Rheinschiffahrtsgerichten (Rheinschiffahrtsobergerichten) bestellt sind, für die ihnen als solchen zugeteilten Bezirke Schiffahrtsgerichte (Schiffahrtsobergerichte) im Sinne dieses Gesetzes. Die Zuständigkeit der in dem bisherigen Land Baden gelegenen Schiffahrtsgerichte des Landes Baden-Württemberg beschränkt sich auf die bisher badischen Teile dieser Bezirke. § § 2 4 bis 2 5 (Uberleitungs- bzw. Änderungsvorschriften)
§26 (1) Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1952 in Kraft. (2) (Aufhebungsvorschrift) §27 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe der §§13 und 14 des Gesetzes über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes (Drittes Uberleitungsgesetz) vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Lande Berlin.
VI. Verordnung über die Ladezeit und die Löschzeit sowie das Liegegeld in der Binnenschiffahrt Vom 9. November 1940
§1 Die gesetzlich oder durch Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde bestimmte Lade- und Löschzeit (§ 29 Abs. 2, 4, § 48 Abs. 2, 4 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 20. Mai 1898 - Reichsgesetzbl. S. 369, 868) kann durch Vereinbarung nicht verlängert werden.
754
§1
V O z. vorübergeh. Änd. des Frachtrechts
§2 D a s gesetzlich oder durch Verordnung der höheren Verwaltungsbehörde bestimmte Liegegeld (§ 32 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 20. Mai 1898 - Reichsgesetzbl. S. 369, 868) kann durch Vereinbarung nicht herabgesetzt werden.
§3 (1) Diese Verordnung tritt am siebenten Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. (2) Vereinbarungen, die den §§1, 2 entgegenstehen und vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung getroffen worden sind, treten mit Wirkung vom Inkrafttreten dieser Verordnung außer Kraft.
§4 D e r Reichsminister der Justiz bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieser Verordnung.
VII. Verordnung zur vorübergehenden Änderung einiger Vorschriften des Frachtrechts der Binnenschiffahrt Vom 17. Mai 1943 ( R G B l . I, 311) §1 (1) D i e Ladebereitschaft (§28 des Binnenschiffahrtsgesetzes) ist an Werktagen bis 18 Uhr anzuzeigen. Endet die ortsübliche Geschäftszeit vor diesem Zeitpunkt, so hat der Frachtführer eine Absicht, die Anzeige nach dem Schluß der Geschäftszeit zu bewirken, dem Absender innerhalb der ortsüblichen Geschäftszeit mitzuteilen (Voranmeldung). (2) A n Sonn- und Feiertagen ist die Ladebereitschaft bis 13 Uhr anzuzeigen. Der Frachtführer hat seine Absicht, die Anzeige an einem Sonn- oder Feiertag zu bewirken, dem Absender spätestens am vorhergehenden Werktag innerhalb der ortsüblichen Geschäftszeit mitzuteilen (Voranmeldung). (3) Wird die Ladebereitschaft an einem Werktag erst nach 18 Uhr oder an einem Sonnoder Feiertag erst nach 13 U h r angezeigt oder ist die Voranmeldung unterblieben und die Anzeige erst nach dem Schluß der ortsüblichen Geschäftszeit oder an einem Sonn- oder Feiertag bewirkt, so ist die Anzeige erst als am nächsten Tage erfolgt anzusehen. (4) Die höhere Verwaltungsbehörde kann allgemeine Anordnungen erlassen, die von den Vorschriften der Abs. 1 bis 3 abweichen.
755
§1
Anhang V i l i
§2 Wird am Tage der Anzeige der Ladebereitschaft (Meldetag) in das Schiff geladen, so wird dieser Tag in die Ladezeit (§29 des Binnenschiffahrtsgesetzes) eingerechnet. Wird am Meldetag erst nach 13 Uhr geladen, so beginnt die Ladezeit um 13 Uhr des Meldetags und endet um 13 Uhr des der Dauer der Ladezeit entsprechenden Tages.
§3 Sonn- und Feiertage werden in die Ladezeit eingerechnet, wenn an diesen Tagen in das Schiff geladen wird. §4 Vereinbarungen, die von den Vorschriften der §§ 1 bis 3 abweichen, sind unzulässig, soweit sie die Zeit für die Anzeige der Ladebereitschaft beschränken oder die Ladezeit verlängern.
§5 Die §§ 1 bis 4 gelten sinngemäß für die Anzeige der Löschbereitschaft (§ 47 des Binnenschiffahrtsgesetzes) und die Berechnung der Löschzeit (§48 des Binnenschiffahrtsgesetzes). §6 Soweit die Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes (§28 Abs. 2, § 2 9 Abs. 1, 3, § 4 7 Abs. 2, § 4 8 Abs. 1, 3) den §§ 1 bis 5 widersprechen, finden sie keine Anwendung.
§7 Diese Verordnung tritt am 1. Juni 1943 in Kraft.
VIII. Gesetz zur Aufhebung einiger Verordnungen und Bestimmungen des Binnenschiffahrtsrechts Vom 9. August 1949 WiGBl. Nr. 30 vom 25. August 1949, S. 249
§1 Es werden aufgehoben: 1. Die Verordnung zur Durchführung im Verkehr vom 23. November 1939 anzeiger 1939 Nr. 276). 2. Die Verordnung zur Durchführung im Verkehr vom 12. September 1940 anzeiger 1940 Nr. 220).
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der Verordnung zur Bekämpfung von Notständen (Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsder Verordnung zur Bekämpfung von Notständen (Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staats-
§2
Schiffsregisterordnung
3. Die Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Bekämpfung von Notständen im Verkehr vom 3. Dezember 1940 (Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger 1940 N r . 288). 4. Die Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Bekämpfung von Notständen im Verkehr vom 5. August 1941 (Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger 1941 N r . 186). 5. Die Verordnung zur Beschleunigung des Schiffsumlaufs der Binnenschiffahrt vom 20. September 1944 ( R G B l . I S. 213). 6. § 1 A b s . 2 - 4 und § 2 Satz 2 der Verordnung zur vorübergehenden Änderung einiger Vorschriften des Frachtrechts der Binnenschiffahrt vom 17. Mai 1943 ( R G B l . I S. 311).
§2 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
IX. Schiffsregisterordnung Vom 19. Dezember 1940 ( R G B l . I S. 1591) in der Fassung der Bekanntmachung v o m 26. Mai 1951 ( B G B l . I S. 359) ( B G B l . III 315-18) zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. 7. 1980 ( B G B l . I S. 833)
Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften
§1 (1) Die Schiffsregister werden von den Amtsgerichten geführt. (2) Abweichend von der in Absatz 1 getroffenen Regelung bestimmen die Landesregierungen durch Rechtsverordnung die Amtsgerichte, bei denen Schiffsregister zu führen sind, und die Registerbezirke, sofern dies für eine sachdienliche und rationelle Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (3) Die Länder können vereinbaren, daß Schiffsregistersachen eines Landes Gerichten eines anderen Landes zugewiesen werden.
§2 (1) Für die Entgegennahme eines auf eine Eintragung gerichteten Antrags oder Ersuchens und die Beurkundung des Zeitpunkts, in dem der Antrag oder das Ersuchen bei dem Registergericht eingeht, sind der mit der Führung des Registers für das betroffene Schiff Beauftragte und der vom Leiter des Amtsgerichts für das Schiffsregister oder einzelne
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§4
Anhang I X
Abteilungen bestellte Beamte der Geschäftsstelle zuständig. Bezieht sich der Antrag oder das Ersuchen auf mehrere Schiffe in verschiedenen Geschäftsbereichen desselben Registergerichts, ist jeder zuständig, der nach Satz 1 in Betracht k o m m t . (2) Eintragungen in das Schiffsregister sind von dem mit der Führung des Registers Beauftragten und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben. J e d o c h kann statt des Urkundsbeamten ein vom Leiter des Amtsgerichts ermächtigter Justizangestellter unterschreiben. D i e Schiffsurkunden sowie die Vermerke auf den Schiffsurkunden ( § 6 1 ) sind von dem mit der Führung des Registers Beauftragten zu unterschreiben. (3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß der U r kundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig ist für 1. die Bekanntmachung der Eintragungen, 2. die Gestattung der Einsicht in die Registerakten, 3. die Erteilung von Abschriften aus dem Register oder den Registerakten, 4. die Beglaubigung der Abschriften, 5. die Erteilung von Bescheinigungen und Zeugnissen mit Ausnahme der Schiffsurkunden an dritte Personen oder Stellen in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, soweit dies aus Gründen der Vereinfachung oder Beschleunigung des Geschäftsablaufs oder zur Entlastung des mit der Führung des Registers Beauftragten zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (4) Die Vorschriften der §§ 6, 7 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entsprechend anzuwenden. (5) Wird die Änderung einer Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verlangt, so entscheidet, wenn dieser dem Verlangen nicht entspricht, der Richter. Die Beschwerde findet erst gegen seine Entscheidung statt. §3 (1) Seeschiffsregister und Binnenschiffahrtsregister werden getrennt geführt. (2) In das Seeschiffsregister werden die Kauffahrteischiffe und andere zur Seefahrt bestimmten Schiffe (Seeschiffe) eingetragen, die nach § § 1 , 2 des Flaggenrechtsgesetzes vom 8. Februar 1951 ( B G B l . I S. 79) die Bundesflagge zu führen haben oder führen dürfen. (3) In das Binnenschiffsregister werden die zur Schiffahrt auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern bestimmten Schiffe (Binnenschiffe) eingetragen. Eingetragen werden können 1. Schiffe, die zur Beförderung von Gütern bestimmt sind, wenn ihre größte Tragfähigkeit mindestens 10 Tonnen beträgt, 2. Schiffe, die nicht zur Beförderung von Gütern bestimmt sind, wenn ihre Wasserverdrängung bei größter Eintauchung mindestens 5 Kubikmeter beträgt, sowie 3. Schlepper, Tankschiffe und Schubboote. §4 (1) Das Schiff ist in das Schiffsregister seines Heimathafens oder seines Heimatortes einzutragen. (2) Soll die Schiffahrt mit einem Seeschiff von einem ausländischen Hafen aus betrieben werden oder fehlt es für ein Seeschiff an einem Heimathafen, so steht dem Eigentümer die Wahl des Schiffsregisters frei.
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§9
Schiffsregisterordnung
(3) H a t der Eigentümer weder seinen Wohnsitz noch seine gewerbliche Niederlassung im Geltungsbereich des Grundgesetzes, so ist er verpflichtet, einen im Bezirk des Registergerichts wohnhaften Vertreter zu bestellen, der die nach §§ 9 bis 22, 62 begründeten Rechte und Pflichten gegenüber dem Registergericht wahrzunehmen hat. Dies gilt nicht in den Fällen des § 2 A b s . 2 des Flaggenrechtsgesetzes. §5 Ist ein Seeschiff in das Binnenschiffahrtsregister oder ein Binnenschiff in das Seeschiffsregister eingetragen, so ist die Eintragung des Schiffs nicht aus diesem Grunde unwirksam.
§6 (1) Ist ein Schiff im Seeschiffsregister eingetragen, so kann sich der Eigentümer nicht darauf berufen, daß es ein Binnenschiff sei. (2) Ist ein Schiff im Binnenschiffsregister eingetragen, so kann sich der Eigentümer nicht darauf berufen, daß es ein Seeschiff sei. §7 Jedes Schiff erhält bei der Eintragung eine besondere Stelle im Schiffsregister (Registerblatt). D a s Registerblatt ist für das Schiff als das Schiffsregister anzusehen. §8 (1) D a s Schiffsregister ist öffentlich; die Einsicht in das Register ist jedem gestattet. Auf Verlangen ist eine Abschrift der Eintragung zu erteilen; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen. (2) Die Einsicht in die Registerakten ist nur gestattet, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird; Absatz 1 Satz 2 gilt sinngemäß. D a s gleiche gilt für die Einsicht in Urkunden, auf die im Schiffsregister zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie in die noch nicht erledigten Eintragungsanträge.
Zweiter Abschnitt
Die Eintragung des Schiffs §9 Ein Schiff, das nach § 3 Abs. 2, 3 in das Schiffsregister eingetragen werden kann, wird eingetragen, wenn der Eigentümer es ordnungsmäßig (§§ 11 bis 15) zur Eintragung anmeldet. Bei Binnenschiffen genügt die Anmeldung durch einen von mehreren Miteigentümern.
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§12
Anhang I X
§10 (1) Zur Anmeldung eines Seeschiffs ist der Eigentümer verpflichtet, wenn das Schiff nach § 1 des Flaggenrechtsgesetzes die Bundesflagge zu führen hat. Dies gilt nicht für Seeschiffe, deren Bruttoraumgehalt 50 Kubikmeter nicht übersteigt. Von der Anmeldepflicht kann der Bundesminister für Verkehr durch Verwaltungsanordnung allgemein oder im Einzelfall Ausnahmen zulassen. (2) Zur Anmeldung eines Binnenschiffes ist der Eigentümer verpflichtet, 1. wenn das Schiff zur Beförderung von Gütern bestimmt ist und seine größte Tragfähigkeit mindestens 20 Tonnen beträgt, 2. wenn das Schiff nicht zur Beförderung von Gütern bestimmt ist und seine Wasserverdrängung bei größter Eintauchung mindestens 10 Kubikmeter beträgt, oder 3. wenn das Schiff ein Schlepper, ein Tankschiff oder ein Schubboot ist. (3) Schiffe im Eigentum und öffentlichen Dienst des Bundes, eines zum Bund gehörenden Landes oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt mit Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes brauchen nicht zur Eintragung angemeldet zu werden. §H (1) Bei der Anmeldung eines Seeschiffs sind anzugeben: 1. der Name des Schiffs; 2. die Gattung und der Hauptbaustoff; 3. der Heimathafen; 4. der Bauort, die Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut worden ist, und das Jahr des Stapellaufs, es sei denn, daß dies nur mit besonderen Schwierigkeiten zu ermitteln ist; 5. die Ergebnisse der amtlichen Vermessung sowie die Maschinenleistung; 6. der Eigentümer, bei einer Reederei die Mitreeder und die Größe der Schiffsparten, bei einer offenen Handelsgesellschaft die Gesellschafter, bei einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien die persönlich haftenden Gesellschafter; 7. der Rechtsgrund für den Erwerb des Eigentums; 8. die das Recht zur Führung der Bundesflagge begründenden Tatsachen; 9. bei einer Reederei der Korrespondentreeder; 10. im Fall des § 4 Abs. 3 der Vertreter. (2) Ist das Schiff im Inland noch nicht amtlich vermessen, so genügt zu Absatz 1 Nr. 5 die Angabe der Ergebnisse einer im Ausland vorgenommenen Vermessung. §12 1. 2. 3. 4. 5.
Bei der Anmeldung eines Binnenschiffs sind anzugeben: der Name, die Nummer oder das sonstige Merkzeichen des Schiffs; die Gattung und der Hauptbaustoff; der Heimatort; der Bauort, die Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut worden ist, und das Jahr des Stapellaufs, es sei denn, daß dies nur mit besonderen Schwierigkeiten zu ermitteln ist; bei Schiffen, die zur Beförderung von Gütern bestimmt sind, die größte Tragfähigkeit, bei anderen Schiffen die Wasserverdrängung bei größter Eintauchung sowie bei Schiffen mit eigener Triebkraft außerdem die Maschinenleistung;
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Schiffsregisterordnung
§16
6. der Eigentümer, bei mehreren Eigentümern die Größe der einzelnen Anteile; 7. der Rechtsgrund für den Erwerb des Eigentums. §13 (1) Die in § 11 Abs. 1 Nr. 3, 4, 6, 7, Abs. 2, § 12 N r . 3, 4, 6, 7 bezeichneten Angaben sowie die Maschinenleistung sind glaubhaft zu machen. Der Meßbrief (§11 Abs. 1 Nr. 5), der Eichschein oder eine andere zur Bescheinigung der größten Tragfähigkeit oder der Wasserverdrängung bei größter Eintauchung bestimmte und geeignete amtliche Urkunde (§12 N r . 5) ist vorzulegen; ist das Schiff im Inland noch nicht amtlich vermessen (§11 Abs. 2) oder geeicht, genügt zu § 11 Abs. 2, § 12 Nr. 5 die Vorlegung der Vermessungsurkunde oder des Eichscheins der ausländischen Behörde oder einer anderen zur Glaubhaftmachung der Angaben geeigneten Urkunde. (2) Bei der Anmeldung eines Seeschiffs sind die das Recht zur Führung der Bundesflagge begründenden Tatsachen nachzuweisen.
§14 (1) Ein Schiff darf nicht in das Schiffsregister eingetragen werden, solange es in einem ausländischen Schiffsregister eingetragen ist. Auf Verlangen des Registergerichts ist glaubhaft zu machen, daß eine solche Eintragung nicht besteht. (2) Ist ein Schiff, das nach §10 Abs. 1, 2 zur Eintragung angemeldet werden muß, in einem ausländischen Schiffsregister eingetragen, so hat der Eigentümer die Löschung der Eintragung in diesem Register zu veranlassen. (3) Ist das Schiff in einem ausländischen Schiffsregister eingetragen gewesen, so ist eine Bescheinigung der ausländischen Registerbehörde über die Löschung der Eintragung des Schiffs einzureichen; die Eintragung kann unterbleiben, wenn sie untunlich ist.
§15 Ist das Schiff ganz oder zum Teil im Inland erbaut, so ist bei der Anmeldung eine Bescheinigung des Registergerichts des Bauorts darüber einzureichen, ob das Schiff im Schiffsbauregister eingetragen ist; gegebenenfalls ist eine beglaubigte Abschrift des Registerblatts beizufügen. In der Bescheinigung ist anzugeben, daß sie zum Zwecke der Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister erteilt ist. §16 (1) Die Eintragung des Schiffs (§9) hat die in §11 Abs. 1 N r . 1 bis 7, 9, Abs. 2, §12 bezeichneten Angaben, die Bezeichnung des Meßbriefs, des Eichscheins oder einer anderen nach § 13 Abs. 1 zulässigen Urkunde und den Tag der Eintragung zu enthalten; sie ist von den zuständigen Beamten zu unterschreiben. (2) Bei der Eintragung eines Seeschiffs ist ferner ein dem Schiff vom Registergericht zugeteiltes Unterscheidungssignal sowie die Feststellung einzutragen, nach welcher Bestimmung des Flaggenrechtsgesetzes das Schiff zur Führung der Bundesflagge berechtigt ist. (3) Ist das Schiff in das Schiffsbauregister eingetragen, so sind die dort eingetragenen Schiffshypotheken mit ihrem bisherigen Rang von Amts wegen in das Schiffsregister zu übertragen; die Eintragung des Schiffs ist zum Schiffsbauregister mitzuteilen. (4) Hat vor der Eintragung des Schiffs ein anderer dem Registergericht gegenüber der 761
§20
Anhang IX
Eintragung des Anmeldenden als Eigentümer mit der Begründung widersprochen, daß er Eigentümer des Schiffs sei, so kann das Registergericht bei der Eintragung des Schiffs zugunsten des anderen einen Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eigentumseintragung eintragen. §17 (1) Veränderungen der im § 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5, 8, 9, Abs. 2, § 12 N r . 1 bis 3, 5 bezeichneten, nach §16 Abs. 1, 2 eingetragenen Tatsachen sind unverzüglich zur Eintragung in das Schiffsregister anzumelden. (2) Wird nach § 7 des Flaggenrechtsgesetzes genehmigt, daß das Schiff an Stelle der Bundesflagge eine andere Flagge führt, so ist zur Eintragung anzumelden, daß und wie lange das Recht zur Führung der Bundesflagge nicht ausgeübt werden darf. Wird die Genehmigung zurückgenommen, so ist zum Schiffsregister anzumelden, daß das Recht zur Führung der Bundesflagge wieder ausgeübt werden darf. (3) Für die Eintragung gilt § 16 Abs. 1, 2 sinngemäß. (4) Geht ein Schiff unter und ist es als endgültig verloren anzusehen oder wird es ausbesserungsunfähig oder verliert ein Seeschiff das Recht zur Führung der Bundesflagge, so ist dies unverzüglich zum Schiffsregister anzumelden. (5) Die angemeldeten Tatsachen sind glaubhaft zu machen. § 13 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. §18 (1) Zur Anmeldung nach §17 ist der Eigentümer, bei einer Reederei auch der Korrespondentreeder verpflichtet. (2) Sind mehrere Verpflichtete vorhanden, so genügt die Anmeldung durch einen von ihnen; entsprechendes gilt, wenn der Eigentümer eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft ist, die durch mehrere Personen vertreten wird. §19 (1) Wer einer ihm nach §§10, 13 bis 15, 17, 18 obliegenden Verpflichtung nicht nachkommt, ist hierzu vom Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld anzuhalten. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von eintausend Deutsche Mark nicht übersteigen. (2) Für das Verfahren gelten die §§ 132 bis 139 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sinngemäß.
§20 (1) Die Eintragung des Schiffs im Schiffsregister wird gelöscht, wenn eine der im § 17 Abs. 4 bezeichneten Tatsachen angemeldet wird. Wird angemeldet, daß das Schiff ausbesserungsunfähig geworden ist, so hat das Registergericht die eingetragenen Schiffshypothekengläubiger von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. Die Frist darf nicht weniger als 3 Monate betragen. §21 Abs. 2, 3 und Abs. 4 Satz 1 gelten sinngemäß. (2) Die Eintragung eines Binnenschiffs wird auch gelöscht, wenn es seinen Heimatort im Ausland erhalten hat. Die Eintragung eines Schiffs, dessen Anmeldung dem Eigentümer freisteht, wird auch gelöscht, wenn der Eigentümer die Löschung beantragt; sind mehrere Miteigentümer vorhanden, so bedarf es der Zustimmung aller Miteigentümer. 762
§22
Schiffsregisterordnung
(3) H a t ein Seeschiff das Recht zur Führung der Bundesflagge verloren, so darf seine Eintragung nur gelöscht werden, wenn die Schiffshypothekengläubiger und, falls eine Schiffshypothek nach dem Inhalt des Schiffsregisters mit dem Recht eines Dritten belastet ist, auch dieser die Löschung bewilligen; für die Bewilligung gilt § 3 7 sinngemäß. Das gleiche gilt in den Fällen des Absatzes 2. (4) Liegen die im Absatz 3 bezeichneten Bewilligungen bei der Anmeldung nicht vor, so ist im Falle des Absatzes 3 Satz 1 alsbald in das Schiffsregister einzutragen, daß das Schiff das Recht zur Führung der Bundesflagge verloren hat, im Falle des Absatzes 2 Satz 1, daß das Schiff seinen Heimatort im Auslande hat. Die Eintragung wirkt, soweit die eingetragenen Schiffshypotheken nicht in Betracht kommen, wie eine Löschung der Eintragung des Schiffs.
§21 (1) Ist das Schiff eingetragen worden, obwohl die Eintragung wegen Fehlens einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, oder kann eine im § 17 Abs. 4 vorgeschriebene Anmeldung oder die Anmeldung der im § 20 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Tatsache durch die hierzu Verpflichteten nicht auf dem im § 19 bezeichneten Wege herbeigeführt werden, so ist die Eintragung des Schiffs von Amts wegen zu löschen. D a s Registergericht hat den eingetragenen Eigentümer und die sonstigen aus dem Schiffsregister ersichtlichen Berechtigten von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. Die Frist darf nicht weniger als drei Monate betragen. (2) Sind die bezeichneten Personen oder ihr Aufenthalt nicht bekannt, so ist die Benachrichtigung und Fristbestimmung wenigstens einmal in eine geeignete Tageszeitung und in ein Schiffahrtsfachblatt einzurücken. Die Bekanntmachung kann unterbleiben, wenn sie untunlich ist; in diesem Fall ist die Ausfertigung der Benachrichtigung und Fristbestimmung an die Gerichtstafel anzuheften. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem das letzte die Bekanntmachung enthaltende Blatt erschienen ist, bei Anheftung an die Gerichtstafel mit dem Ablauf des Tages, an dem die Anheftung erfolgt ist. (3) Wird Widerspruch erhoben, so entscheidet über ihn das Registergericht. Die den Widerspruch zurückweisende Verfügung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. (4) Die Eintragung des Schiffs darf nur gelöscht werden, wenn kein Widerspruch erhoben oder wenn die den Widerspruch zurückweisende Verfügung rechtskräftig geworden ist. Widerspricht ein Schiffshypothekengläubiger der Löschung der Eintragung eines Seeschiffs, welches das Recht zur Führung der Bundesflagge verloren hat, mit der Begründung, daß die Schiffshypothek noch bestehe, so ist in das Schiffsregister nur einzutragen, daß das Schiff das Recht zur Führung der Bundesflagge verloren hat; widerspricht ein Schiffshypothekengläubiger der Löschung der Eintragung eines Binnenschiffs, das seinen Heimatort im Ausland hat, mit dieser Begründung, so ist in das Schiffsregister nur einzutragen, daß das Schiff seinen Heimatort im Auslande hat. § 2 0 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend. §22 Ist seit 30 Jahren keine Eintragung im Schiffsregister erfolgt und ist nach Anhörung der zuständigen Schiffsbehörde, bei Seeschiffen auch der Seeberufsgenossenschaft, anzunehmen, daß das Schiff nicht mehr vorhanden oder nicht mehr zu Schiffahrtszwecken ver-
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§27
Anhang IX
wendbar ist, so hat das Registergericht, wenn weder eine Schiffshypothek noch ein Nießbrauch an dem Schiff eingetragen ist, die Eintragung des Schiffs von Amts wegen zu löschen, ohne daß es des Verfahrens nach §21 bedarf.
Dritter Abschnitt
Die Eintragung von Rechtsverhältnissen §23 (1) Im Schiffsregister soll eine Eintragung nur auf Antrag erfolgen, soweit nicht etwas anderes vorgeschrieben ist. Der Zeitpunkt, in dem der Antrag beim Registergericht eingeht, soll auf dem Antrag genau vermerkt werden. Der Antrag ist beim Registergericht eingegangen, wenn er einem zur Entgegennahme zuständigen Beamten vorgelegt ist. Wird er zur Niederschrift eines solchen Beamten gestellt, so ist er mit Abschluß der Niederschrift eingegangen. (2) Antragsberechtigt ist jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll.
§24 Die Berichtigung des Schiffsregisters durch Eintragung eines Berechtigten darf auch der beantragen, der auf Grund eines gegen den Berechtigten vollstreckbaren Titels eine Eintragung in das Schiffsregister verlangen kann, sofern die Zulässigkeit dieser Eintragung davon abhängt, daß das Schiffsregister zuvor berichtigt wird.
§25 Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen.
§26 (1) Einem Eintragungsantrag, dessen Erledigung an einen Vorbehalt geknüpft wird, soll nicht stattgegeben werden. (2) Werden mehrere Eintragungen beantragt, so kann von dem Antragsteller bestimmt werden, daß die eine Eintragung nicht ohne die andere erfolgen soll.
§27 Werden mehrere Eintragungen beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so darf die später beantragte Eintragung nicht vor der Erledigung des früher gestellten Antrags erfolgen.
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§34
Schiffsregisterordnung
§28 (1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Registergericht dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen oder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen. Im ersten Fall ist der Antrag nach dem Ablauf der Frist zurückzuweisen, wenn nicht das Hindernis inzwischen behoben und dies dem Registergericht nachgewiesen ist. (2) Wird vor der Erledigung des Antrags eine andere Eintragung beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so ist zugunsten des früher gestellten Antrags von Amts wegen ein Schutzvermerk einzutragen; die Eintragung des Schutzvermerks gilt im Sinne des § 27 als Erledigung dieses Antrags. Der Schutzvermerk wird von Amts wegen gelöscht, wenn der früher gestellte Antrag zurückgenommen oder zurückgewiesen wird.
§29 Eine Eintragung erfolgt, wenn der sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.
§30 Im Falle der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentums an einem Binnenschiff darf die Eintragung nur erfolgen, wenn die Einigung des Veräußerers und des Erwerbers erklärt ist. §31 (1) Zur Berichtigung des Schiffsregisters bedarf es der Bewilligung nach § 29 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung. (2) Ein neuer Eigentümer darf im Wege der Berichtigung des Schiffsregisters auf Grund einer Bewilligung nach § 29 nur mit seiner Zustimmung eingetragen werden, sofern nicht der Fall des § 24 vorliegt.
§32 Wird bei einem Seeschiff die Eintragung eines neuen Eigentümers oder des Erwerbers einer Schiffspart beantragt, so ist nachzuweisen, daß das Schiff weiterhin zur Führung der Bundesflagge berechtigt ist.
§33 Ergeben sich Zweifel gegen die Richtigkeit der Eintragung des Eigentümers im Schiffsregister, so hat das Registergericht von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen anzustellen. Ergeben die Ermittlungen, daß das Schiffsregister unrichtig ist, so hat das Registergericht die Beteiligten anzuhalten, den Antrag auf Berichtigung des Schiffsregisters zu stellen und die zur Berichtigung erforderlichen Unterlagen zu beschaffen; § 19 gilt sinngemäß.
§34 Soll die Übertragung oder die Belastung einer Forderung, für die ein Pfandrecht an einer Schiffshypothek besteht, eingetragen werden, so genügt es, wenn an Stelle der Eintragungsbewilligung die Abtretungs- oder die Belastungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt wird.
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§41
Anhang I X
§35 Eine Schiffshypothek darf im Wege der Berichtigung nur mit Zustimmung des Eigentümers gelöscht werden. Dies gilt nicht, wenn nachgewiesen wird, daß die Schiffshypothek nicht zur Entstehung gelangt ist.
§36 In Eintragungsbewilligungen und Eintragungsanträgen sind einzutragende Geldbeträge in der im Geltungsbereich des Grundgesetzes geltenden Währung anzugeben, soweit nicht die Eintragung in anderer Währung gesetzlich zugelassen ist.
§37 (1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Registergericht offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden; kann der Nachweis in dieser Form nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten geführt werden, so kann das Registergericht einen anderen Nachweis für ausreichend erachten, wenn durch ihn die Tatsache für das Gericht außer Zweifel gestellt ist. (2) (aufgehoben) (3) Erklärungen und Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen.
§38 Für den Eintragungsantrag sowie für die Vollmacht zur Stellung eines solchen gilt § 37 nur, wenn durch den Antrag zugleich eine zu der Eintragung erforderliche Erklärung ersetzt werden soll.
§39 Erklärungen, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen oder eine zur Stellung des Eintragungsantrags erteilte Vollmacht widerrufen wird, bedürfen der im § 37 A b s . 1 Satz 1 vorgeschriebenen F o r m .
§40 Der Nachweis, daß zwischen Ehegatten Gütertrennung oder ein vertragsmäßiges Güterrecht besteht oder daß ein Gegenstand zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten gehört, wird durch ein Zeugnis des Gerichts über die Eintragung der güterrechtlichen Verhältnisse im Güterrechtsregister geführt.
§41 (1) Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen U r kunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Registergericht die Erbfolge durch diese Urkunde nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen.
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Schiffsregisterordnung
§46
(2) D a s Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlaßgegenstand können nur durch die in §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehenen Zeugnisse nachgewiesen werden; auf den Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers sind jedoch die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden.
§42 (1) Soll bei einem Schiff oder bei einer Schiffshypothek, die zu einem Nachlaß gehören, einer von mehreren Erben als Eigentümer oder neuer Gläubiger eingetragen werden, so genügt zum Nachweis der Erbfolge und der zur Eintragung des Rechtsübergangs erforderlichen Erklärungen der Beteiligten ein Zeugnis des Nachlaßgerichts. (2) D a s Zeugnis darf nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins vorliegen und die Erklärungen der Erben vor dem Nachlaßgericht zur Niederschrift des Richters abgegeben oder ihm durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind. (3) Die Vorschriften der Absätze 1, 2 gelten sinngemäß, wenn bei einem Schiff oder bei einer Schiffshypothek, die zum Gesamtgut einer ehelichen oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehören, einer der Beteiligten als Eigentümer oder Gläubiger eingetragen werden soll.
§43 Soll ein Nießbrauch an einem Schiff zum Zweck der Erfüllung einer Verpflichtung zur Bestellung des Nießbrauchs an einer Erbschaft eingetragen werden, so genügt zum Nachweis des Bestehens der Verpflichtung die Vorlegung der Verfügung von Todes wegen und der Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung, auch wenn die Verfügung nicht in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist.
§44 Kann eine Tatsache durch das Zeugnis des das Schiffsregister führenden Amtsgerichts über den Inhalt anderer Register oder Akten oder durch Urkunden nachgewiesen werden, die von dem Gericht aufgenommen worden sind oder bei ihm verwahrt werden, so genügt statt der Vorlegung des Zeugnisses oder der Urkunde die Bezugnahme auf das Register oder die Akten.
§45 In den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, das Registergericht um eine Eintragung zu ersuchen, erfolgt die Eintragung auf Grund des Ersuchens der Behörde; § 2 3 A b s . 1 Satz 2, 3 gilt sinngemäß.
§46 Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn der, dessen Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist; dies gilt nicht, wenn der Betroffene Erbe des eingetragenen Berechtigten ist.
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§52
Anhang I X
§47 (1) Bei einer Schiffshypothek, die für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder aus einem Wechsel oder einem anderen durch Indossament übertragbaren Papier eingetragen ist, soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die U r k u n d e vorgelegt wird. D i e Eintragung ist auf der U r k u n d e zu vermerken. (2) Dies gilt nicht, wenn eine Eintragung auf G r u n d der Bewilligung eines nach § 74 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken bestellten Vertreters oder auf G r u n d einer gegen diesen erlassenen gerichtlichen Entscheidung bewirkt werden soll.
§48 J e d e Eintragung soll den Tag angeben, an dem sie erfolgt ist. Sie ist von den zuständigen Beamten zu unterschreiben.
§49 (1) Sind in einer Abteilung des Schiffsregisters mehrere Eintragungen zu bewirken, zwischen denen ein Rangverhältnis besteht, so erhalten sie die der Zeitfolge des Eingangs der Anträge entsprechende Reihenfolge; sind die Anträge gleichzeitig eingegangen, so ist im Schiffsregister zu vermerken, daß die Eintragungen gleichen Rang haben. (2) Werden mehrere Eintragungen, die nicht gleichzeitig beantragt sind und zwischen denen ein Rangverhältnis besteht, in verschiedenen Abteilungen unter Angabe desselben Tages bewirkt, so ist im Schiffsregister zu vermerken, daß die später beantragte Eintragung der früher beantragten im Rang nachsteht. (3) Absätze 1, 2 gelten nicht, soweit das Rangverhältnis von den Antragstellern abweichend bestimmt ist.
§50 (1) wird (2) nicht
Ein R e c h t , eine Vormerkung, ein Widerspruch oder eine Verfügungsbeschränkung durch Eintragung eines Löschungsvermerks gelöscht. Wird bei der Übertragung eines Schiffs auf ein anderes Blatt ein eingetragenes Recht mitübertragen, so gilt es als gelöscht.
§51 Wird ein R e c h t für mehrere gemeinschaftlich eingetragen, so sollen in der Eintragung entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben oder es soll das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet werden.
§52 (1) Werden mehrere Schiffe mit einer Schiffshypothek oder mit einem Nießbrauch belastet, so ist auf dem Blatt jedes Schiffs die Mitbelastung der übrigen von Amts wegen erkennbar zu machen. Das gleiche gilt, wenn nachträglich noch ein anderes Schiff mit einem derartigen an einem Schiff bestehenden Recht belastet wird. (2) Das Erlöschen einer Mitbelastung ist von Amts wegen zu vermerken.
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Schiffsregisterordnung
§59
§53 Bei der Eintragung einer Schiffshypothek für Teilschuldverschreibungen, die auf den Inhaber lauten oder durch Indossament übertragen werden können, genügt es, wenn der Gesamtbetrag der Forderungen unter Angabe der Anzahl, des Betrages und der Kennzeichnung der einzelnen Teilschuldverschreibungen eingetragen wird.
§54 Bei der Eintragung eines Vorerben ist zugleich das Recht des Nacherben und, soweit der Vorerbe von den Beschränkungen seines Verfügungsrechts befreit ist, auch die Befreiung von A m t s wegen einzutragen.
§55 Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies bei der Eintragung des Erben von Amts wegen miteinzutragen, es sei denn, daß der Nachlaßgegenstand der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nicht unterliegt.
§56 Ergibt sich, daß das Registergericht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Schiffsregister unrichtig geworden ist, so ist von A m t s wegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von A m t s wegen zu löschen.
§57 J e d e Eintragung soll dem Antragsteller und dem eingetragenen Eigentümer sowie allen aus dem Schiffsregister ersichtlichen Personen bekanntgemacht werden, zu deren Gunsten die Eintragung erfolgt ist oder deren Recht durch sie betroffen wird, die Eintragung eines Eigentümers auch denen, für die eine Schiffshypothek oder ein Recht an einer solchen im Schiffsregister eingetragen ist. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden.
§58 Für die Eintragung der Rechtsverhältnisse an einer Schiffspart gelten die §§23 bis 57 sinngemäß.
§59 (1) Urkunden, auf die eine Eintragung sich gründet oder Bezug nimmt, hat das Registergericht aufzubewahren. Eine solche Urkunde darf nur herausgegeben werden, wenn statt der Urkunde eine beglaubigte Abschrift bei dem Registergericht bleibt. (2) Ist eine der im Absatz 1 bezeichneten Urkunden in anderen Akten des das Schiffsregister führenden Amtsgerichts enthalten, so genügt statt einer beglaubigten Abschrift der Urkunde eine Verweisung auf die anderen Akten, wenn diese der Vernichtung nicht unterliegen. (3) Ist über das einer Eintragungsbewilligung zugrunde liegende Rechtsgeschäft eine U r k u n d e errichtet, so können die Beteiligten die Urkunde oder eine beglaubigte Abschrift dem Registergericht zur Aufbewahrung übergeben.
769
§63
Anhang IX Vierter Abschnitt
Die Schiffsurkunden §60 (1) Das Registergericht hat über die Eintragung des Schiffs eine Urkunde auszustellen, in die der vollständige Inhalt der Eintragungen aufzunehmen ist. Die Urkunde führt bei Seeschiffen die Bezeichnung Schiffszertifikat, bei Binnenschiffen die Bezeichnung Schiffsbrief. (2) Im Schiffszertifikat ist ferner zu bezeugen, daß die in ihm enthaltenen Angaben glaubhaft gemacht sind und daß das Schiff das Recht hat, die Bundesflagge der Bundesrepublik Deutschland zu führen. (3) Dem Eigentümer eines Seeschiffes ist auf Antrag ein beglaubigter Auszug aus dem Schiffszertifikat zu erteilen, in den nur die im § 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Tatsachen, das Unterscheidungssignal und das im Absatz 2 bezeichnete Zeugnis aufzunehmen sind.
§61 Jede Eintragung in das Schiffsregister ist so bald als tunlich auf dem Schiffszertifikat oder dem Schiffsbrief zu vermerken. Dies gilt nicht für Eintragungen, welche die Belastung einer Schiffspart betreffen. §62 (1) In den Fällen der §§ 17, 20 Abs. 2 Satz 1 sowie beim Ubergang des Eigentums an dem Schiff oder beim Erwerb einer Schiffspart sind die im § 18 genannten Personen verpflichtet, das Schiffszertifikat oder den Schiffsbrief beim Registergericht einzureichen. Das gleiche gilt in den Fällen des § 1 7 von dem Auszug aus dem Schiffszertifikat. Zur Einreichung verpflichtet ist auch der Schiffer, sobald sich das Schiff im Heimathafen (Heimatort) oder in dem Hafen befindet, wo das Registergericht seinen Sitz hat. § 19 gilt entsprechend. (2) In anderen Fällen kann das Registergericht den Inhaber der Schiffsurkunde nach § 33 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung des Artikels 4 der Verordnung vom 5. August 1935 (RGBl. I S. 1065, 1071) zur Einreichung anhalten. (3) In den Fällen des §20 Abs. 1, 3, 4 ist das Schiffszertifikat oder der Schiffsbrief unbrauchbar zu machen. §63 (1) Ein neues Schiffszertifikat oder ein neuer Schiffsbrief darf nur erteilt werden, wenn die bisherige Urkunde vorgelegt oder glaubhaft gemacht wird, daß sie vernichtet oder abhanden gekommen ist. Das gleiche gilt, wenn das Registergericht einen Auszug aus dem Schiffszertifikat erteilt hat, von diesem. (2) Befindet sich ein Seeschiff im Ausland, so hat das Registergericht auf Antrag dem Schiffer die neue Urkunde gegen Rückgabe der bisherigen Urkunde durch Vermittlung einer deutschen Behörde aushändigen zu lassen.
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Schiffsregisterordnung
§69 §64 (weggefallen)
Fünfter Abschnitt
Register für Schiffsbauwerke (Schiffsbauregister) §65 (1) Für das Register für Schiffsbauwerke (Schiffsbauregister) gelten die §§1,2, 7 sinngemäß. § 2 Abs. 3 gilt auch für die Gestattung der Einsicht in das Schiffsbauregister. (2) Die Einsicht in das Schiffsbauregister ist nur gestattet, soweit ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Unter der gleichen Voraussetzung kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen. Im übrigen gilt §8 Abs. 2 sinngemäß. §66 Ein Schiffsbauwerk wird in das Schiffsbauregister nur eingetragen, wenn zugleich eine Schiffshypothek an dem Schiffsbauwerk eingetragen wird oder wenn die Zwangsversteigerung des Schiffsbauwerks beantragt ist. §67 (1) Das Schiffsbauwerk ist in das Register des Bauorts einzutragen. (2) Das Registergericht bleibt für die Führung des Registers zuständig, auch wenn das Schiffsbauwerk an einen anderen Ort außerhalb des Registerbezirks gebracht wird; es hat dem Registergericht des neuen Bauorts die Eintragung des Schiffsbauwerks anzuzeigen.
§68 (1) Das Schiffsbauwerk wird in das Schiffsbauregister eingetragen, wenn der Inhaber der Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut wird, es ordnungsmäßig zur Eintragung anmeldet. Ist der Inhaber der Schiffswerft nicht Eigentümer des Schiffsbauwerks, so kann auch der Eigentümer es zur Eintragung anmelden. (2) Das Schiffsbauwerk kann zur Eintragung auch von dem angemeldet werden, der auf Grund eines vollstreckbaren Titels eine Eintragung in das Schiffsbauregister verlangen oder die Zwangsversteigerung des Schiffsbauwerks betreiben kann. §69 (1) Bei der Anmeldung des Schiffsbauwerks sind anzugeben: 1. der Name oder die Nummer oder sonstige Bezeichnung und die Gattung des im Bau befindlichen Schiffs; 2. der Bauort und die Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut wird; 3. der Eigentümer. (2) Wird ein anderer als der Inhaber der Schiffswerft als Eigentümer bezeichnet, so ist 771
§ 73b
Anhang I X
bei der Anmeldung eine öffentlich beglaubigte Erklärung des Inhabers der Schiffswerft einzureichen, in der dargelegt wird, auf welche Weise der als Eigentümer Bezeichnete das Eigentum erworben hat. (3) Der Nachweis, daß die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vorliegen, wird durch eine Bescheinigung der zuständigen Schiffsvermessungsbehörde oder Eichbehörde erbracht. §70 Die Eintragung des Schiffsbauwerks hat die im § 69 Abs. 1 bezeichneten Angaben, die Bezeichnung der im § 69 Abs. 2, 3 genannten Urkunden und den Tag der Eintragung zu enthalten. Sie ist von den zuständigen Beamten zu unterschreiben. §71 Der Inhaber der Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut wird, und der Eigentümer des Schiffsbauwerks haben jede Veränderung in den eingetragenen Tatsachen und die Fertigstellung des Schiffs unverzüglich dem Registergericht anzumelden. Die angemeldeten Veränderungen sind glaubhaft zu machen. § 19 gilt sinngemäß. §72 N a c h der Anmeldung der Fertigstellung des Schiffs kann eine Schiffshypothek im Schiffsbauregister nicht mehr eingetragen werden. D a s gleiche gilt, wenn die Bescheinigung nach § 15 erteilt ist. §73 D i e Eintragung des Schiffsbauwerks wird gelöscht, 1. wenn der Inhaber der Schiffswerft anmeldet, daß das Schiff ins Ausland abgeliefert ist; 2. wenn der Eigentümer des Schiffsbauwerks und der Inhaber der Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut wird, die Löschung beantragen; 3. wenn das Schiffsbauwerk untergegangen ist. In den Fällen der N u m m e r 1, 2 bedarf es, wenn das Schiffsbauwerk mit einer Schiffshypothek belastet ist, der Löschungsbewilligung des Schiffshypothekengläubigers und der sonst aus dem Schiffsbauregister ersichtlichen Berechtigten. §73a Auf im Bau befindliche Schwimmdocks sind die Vorschriften der §§66 bis 71, 73 entsprechend anzuwenden. N a c h Fertigstellung des eingetragenen Bauwerks ist diese Tatsache sowie der O r t , an dem das Schwimmdock gewöhnlich liegt (Lageort), in das Schiffsbauregister einzutragen. §73b Auf fertiggestellte Schwimmdocks, die nicht im Schiffsbauregister des Bauorts eingetragen sind, sind die Vorschriften der §§ 66, 68 Abs. 2 sowie die für Binnenschiffe geltenden Vorschriften in § 9 , §14 Abs. 1, 3, §15, §16 Abs. 4, § 1 7 Abs. 4, A b s . 5 Satz 1, §§18 bis 22 entsprechend anzuwenden. Im übrigen gilt folgendes: 1. D a s Schwimmdock ist in das Schiffsbauregister des Lageortes einzutragen.
772
§77
Schiffsregisterordnung
2. Bei der Anmeldung sind anzugeben a) der Name oder die Nummer oder sonstige Bezeichnung des Schwimmdocks und die Angabe, daß es sich um ein fertiggestelltes Schwimmdock handelt, b) der Lageort, c) der Bauort, d) der Eigentümer, e) der Rechtsgrund für den Erwerb des Eigentums. Die unter b) bis e) bezeichneten Angaben sind glaubhaft zu machen. 3. Die Eintragung des Schwimmdocks hat die in Nummer 2 Buchstaben a, b, d, e bezeichneten Angaben und den Tag der Eintragung zu enthalten; sie ist von den zuständigen Beamten zu unterschreiben. 4. Veränderungen der in Nummer 2 Buchstaben a, b bezeichneten, nach N u m m e r 3 eingetragenen Tatsachen hat der Eigentümer unverzüglich zur Eintragung in das Schiffsbauregister anzumelden und glaubhaft zu machen; im Falle der Nichterfüllung dieser Verpflichtung ist § 19 entsprechend anzuwenden. Für die Eintragung gilt Nummer 3 sinngemäß. §74 Die Vorschriften des Dritten Abschnitts dieses Gesetzes gelten für das Schiffsbauregister sinngemäß.
Sechster Abschnitt D i e Beschwerde §75 (1) Entscheidungen des Registergerichts können mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten werden. (2) Mit der Beschwerde gegen eine Eintragung kann nur verlangt werden, daß das Registergericht angewiesen wird, nach § 56 einen Widerspruch einzutragen oder eine Eintragung zu löschen. §76 Uber die Beschwerde entscheidet das Landgericht, in dessen Bezirk das Registergericht seinen Sitz hat. §77 (1) Die Beschwerde kann bei dem Registergericht oder bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden. (2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Registergerichts oder des Beschwerdegerichts eingelegt. 773
§84
Anhang I X
§78 Die Einlegung der Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde gegen eine Verfügung gerichtet ist, durch die ein Zwangsgeld festgesetzt wird. §79 Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden.
§80 Erachtet das Registergericht die Beschwerde für begründet, so hat es ihr abzuhelfen.
§81 (1) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen, insbesondere dem Registergericht aufgeben, einen Schutzvermerk nach § 2 8 Abs. 2 einzutragen, oder anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen ist. (2) Der Schutzvermerk wird von Amts wegen gelöscht, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder zurückgewiesen wird. §82 Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist mit Gründen zu versehen und dem Beschwerdeführer mitzuteilen. §83 (1) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann mit dem Rechtsmittel der weiteren Beschwerde angefochten werden, wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. §84 1. 2.
3. 4. 5.
6.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen: wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; wenn das Gericht seine Zuständigkeit oder Unzuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
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Schiffsregisterordnung
§89
§85 (1) Das Gericht der weiteren Beschwerde darf nur das aus der Beschwerdeentscheidung ersichtliche Vorbringen berücksichtigen. (2) Soweit die weitere Beschwerde darauf gestützt wird, daß Vorschriften über das Verfahren verletzt seien, können neue zur Begründung dieser Verletzung angeführte Tatsachen berücksichtigt werden. (3) Hat das Beschwerdegericht festgestellt, daß eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr ist, so ist diese Feststellung für das Gericht der weiteren Beschwerde bindend, es sei denn, daß ein zulässiger und begründeter Beschwerdeangriff gegen diese Feststellung erhoben ist.
§86 Ergeben die Gründe der Beschwerdeentscheidung zwar eine Gesetzesverletzung, ist die Entscheidung aber in ihrem Ergebnis aus anderen Gründen richtig, so ist die weitere Beschwerde zurückzuweisen.
§87 (1) Uber die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. § 199 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet Anwendung. (2) Will das Oberlandesgericht bei der Auslegung einer das Schiffsregister betreffenden bundesgesetzlichen Vorschrift von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts, falls aber über die Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes ergangen ist, von dieser abweichen, so hat es die weitere Beschwerde unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Der Beschluß über die Vorlegung ist dem Beschwerdeführer mitzuteilen. In diesen Fällen entscheidet über die weitere Beschwerde der Bundesgerichtshof.
§88 (1) Die weitere Beschwerde kann bei dem Registergericht, bei dem Landgericht oder bei dem Oberlandesgericht eingelegt werden. Wird sie durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt, so muß diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Der Zuziehung eines Rechtsanwalts bedarf es nicht, wenn die Beschwerde von einer Behörde oder von dem Notar eingelegt wird, der nach § 2 5 den Eintragsvermerk gestellt hat. (2) Das Registergericht und das Landgericht sind nicht befugt, der weiteren Beschwerde abzuhelfen. (3) Im übrigen sind die Vorschriften über die Beschwerde entsprechend anzuwenden.
§89 (1) Uber Beschwerden entscheidet bei den Landgerichten eine Zivilkammer, bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof ein Zivilsenat. (2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen und die Vorschriften der §§ 136 bis 138 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind entsprechend anzuwenden.
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§92
Anhang I X
§90 (1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften. (2) Zur Änderung einer Entscheidung, die der sofortigen Beschwerde unterliegt, ist das Gericht nicht befugt. (3) Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Verfügung dem Beschwerdeführer bekanntgemacht worden ist. Einem Beschwerdeführer, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, ist auf Antrag von dem Beschwerdegericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht; eine Versäumung der Frist, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren G r u n d hat, wird als eine unverschuldete nicht angesehen. Gegen die Entscheidung über den Antrag ist die sofortige weitere Beschwerde zulässig. N a c h dem Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. (4) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann nur mit der sofortigen weiteren Beschwerde angefochten werden und wird erst mit der Rechtskraft wirksam. D a s Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
Siebenter Abschnitt
Schlußvorschriften §91 D e r Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Vorschriften über die Einrichtung und Führung des Schiffsregisters und des Schiffsbauregisters, das Verfahren in Schiffsregister- und Schiffsbauregistersachen und über die Schiffsurkunden zu erlassen.
§92 Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Verfahren zu bestimmen, nach dem ein Schiffsregister oder Schiffsbauregister, das ganz oder zum Teil zerstört oder abhanden gekommen ist, wiederhergestellt wird, und nach dem vernichtete oder abhanden gekommene Urkunden, auf die eine Eintragung sich gründet oder Bezug nimmt, ersetzt werden. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, in welcher Weise bis zur Wiederherstellung des Schiffsregisters oder Schiffsbauregisters die zu einer Rechtsänderung erforderliche Eintragung ersetzt wird. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
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SchiffsregisterdurchführungsVO
§ 3 SchRegDV §93
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 1 4 des Dritten Uberleitungsgesetzes.
X. Verordnung zur Durchführung der Schiffsregisterordnung (SchRegDV) Vom 24. November 1980 (BGBl. I S. 2169) (BGBl. III 315-18-1) zuletzt geändert durch V O vom 7. 7.1982 (BGBl. I S. 934)
Erster Abschnitt
Einrichtung der Register im Allgemeinen §1 Die Register werden in festen Bänden oder in Bänden oder Einzelheften mit herausnehmbaren Einlegebogen geführt. Soweit die Register in Einzelheften mit herausnehmbaren Einlegebogen geführt werden, sind die Vorschriften, die Bände voraussetzen, nicht anzuwenden.
§2 (1) Die Bände erhalten fortlaufende Nummern. Jeder Band enthält regelmäßig mehrere Registerblätter gleicher Seitenzahl. Im Falle des Bedürfnisses können auch Bände für Registerblätter mit größerer Seitenzahl angelegt werden. Auch in diesen Bänden soll die Zahl der Seiten der einzelnen Registerblätter gleich sein. (2) Die Registerblätter erhalten fortlaufende Nummern. Besteht das Register aus mehreren Bänden, so schließen sich die Blattnummern jedes weiteren Bandes an die des vorhergehenden an. Als weiterer Band gilt auch ein nach Absatz 1 Satz 3 angelegter Band. §3 Jedes Registerblatt besteht aus der Aufschrift und drei Abteilungen.
777
§ 9 SchRegDV
Anhang X
Für die Eintragung des Schiffs ist das erste freie Registerblatt zu verwenden. Ist ein Band nach § 2 Abs. 1 Satz 3 angelegt, so ist das Schiff auf dem ersten freien Registerblatt dieses Bandes einzutragen, wenn anzunehmen ist, daß der Raum der Registerblätter des sonst verwendeten Bandes für die bei diesem Schiff zu erwartenden Eintragungen nicht ausreicht.
§5 (1) Die Urkunden und Abschriften, die nach § 59 der Schiffsregisterordnung vom Registergericht aufzubewahren sind, werden zu den Registerakten genommen. Das gleiche gilt für die bei der Anmeldung eingereichten Urkunden, soweit sie nicht dem Anmeldenden zurückgegeben werden. (2) Betrifft ein Schriftstück der in Absatz 1 bezeichneten Art Eintragungen auf verschiedenen Registerblättern desselben Registergerichts, so ist es zu den Registerakten eines der beteiligten Blätter zu nehmen; in den Registerakten der anderen Blätter ist auf diese Registerakten zu verweisen. §6 Sind Abschriften von Urkunden zu den Registerakten zu nehmen, so können in den Abschriften Teile der Urkunde, die für die Führung des Schiffsregister ohne Bedeutung sind, weggelassen werden.
Zweiter Abschnitt
Führung des Schiffsregisters
Die Eintragungen sind deutlich und ohne Abkürzung zu schreiben. In dem Register darf nicht radiert und nichts unleserlich gemacht werden. Stempel dürfen nicht verwendet werden.
Die Eintragungen in der zweiten und dritten Abteilung sind in unmittelbarem Anschluß an die vorhergehende Eintragung derselben Spalte vorzunehmen.
Jede Eintragung ist zu unterschreiben. Der Tag der Eintragung ist in den Registerakten bei der gerichtlichen Verfügung zu vermerken.
778
§12
SchiffsregisterdurchführungsVO
SchRegDV
§10 Soweit eine Eintragung durch eine spätere Eintragung gegenstandslos geworden ist, ist sie rot zu unterstreichen. Bei Eintragungen in der dritten Abteilung kann die Unterstreichung dadurch ersetzt werden, daß über der ersten und unter der letzten Zeile der Eintragung ein waagerechter roter Strich gezogen wird und beide Striche durch einen von oben links nach unten rechts verlaufenden roten Schrägstrich verbunden werden; erstreckt sich eine Eintragung auf mehr als eine Seite, so ist auf jeder Seite entsprechend zu verfahren.
(1) Schreibversehen, die in einer Eintragung vorkommen, sind von Amts wegen zu berichtigen. Die Berichtigung ist in derselben Weise einzutragen, wie eine Veränderung der fehlerhaften Eintragung einzutragen wäre. (2) Bei noch nicht unterschriebenen Maschineneintragungen können Schreibfehler, die den Sinn der Eintragung nicht verändern, dadurch berichtigt werden, daß die fehlerhaften Worte, Buchstaben oder Zeichen durchgestrichen und - soweit erforderlich - in richtiger Schreibweise wiederholt werden. Die Berichtigung kann entweder unmittelbar bei der Streichung oder unter Verwendung von Einschaltezeichen an geeigneter Stelle außerhalb des Eintragungstextes erfolgen. Die unrichtig geschriebenen Worte, Buchstaben oder Zeichen müssen lesbar bleiben. Die Beachtung dieser Vorschriften ist vor der Unterzeichnung der Eintragung zu überprüfen. (3) Eine versehentlich erfolgte Rötung ist dadurch zu beseitigen, daß jeder rote Strich durch kleine schwarze Striche durchkreuzt wird. §12 (1) Geht die Zuständigkeit für die Führung des Registerblatts auf ein anderes Registergericht über, so ist das bisherige Blatt zu schließen. (2) Beruht der Ubergang der Zuständigkeit auf der Verlegung des Heimathafens oder des Heimatortes, so ist die Verlegung vor der Schließung einzutragen. Sind im Zusammenhang hiermit Anträge auf Eintragung von Rechtsänderungen oder auf Berichtigung des Registers gestellt, so sind sie vorher zu erledigen. Entsprechendes gilt bei der Anmeldung der Namensänderung eines Schiffs. (3) D a s bisherige Registergericht hat dem neuen Registergericht eine beglaubigte Abschrift des Registerblatts, die Registerakten sowie das Schiffszertifikat oder den Schiffsbrief zu übersenden. (4) In der Aufschrift des neuen Blattes ist auf das bisherige Blatt zu verweisen. Gerötete, insbesondere gelöschte Eintragungen werden in das neue Blatt nur übertragen, soweit dies zum Verständnis der noch gültigen Eintragungen erforderlich ist; im übrigen werden von derartigen Eintragungen aus der zweiten und dritten Abteilung nur die laufenden N u m mern und der Vermerk „gelöscht" übertragen. Die Ubereinstimmung des Inhalts des neuen Blattes mit dem Inhalt des bisherigen Blattes ist in jeder Abteilung zu bescheinigen. Die Bescheinigungen sind in die Spalten zu setzen, in denen die Eintragungen unterschrieben werden. Geht die Zuständigkeit für ein vor dem 18. Juli 1982 vermessenes Seeschiff nach diesem Zeitpunkt auf ein anderes Registergericht über, ist für das neue Blatt der Vordruck nach dem Muster in Anlage 1 zu dieser Verordnung zu verwenden. (5) Von dem Ubergang der Zuständigkeit und von der Bezeichnung des neuen Registerblatts sind der eingetragene Eigentümer und die aus dem Registerblatt ersichtlichen ding-
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§ 16 SchRegDV
Anhang X
lieh Berechtigten zu benachrichtigen. Die Bezeichnung des neuen Blatts ist auch dem bisherigen Registergericht mitzuteilen. (6) Geht infolge Änderung der Zuständigkeitsbestimmungen die Zuständigkeit für die Führung eines Registerblatts auf ein anderes Registergericht über, so werden für die hierdurch erforderlichen Registereintragungen und für die Ausstellung neuer Schiffsurkunden keine Kosten erhoben.
§13 (1) Ist auf einem Registerblatt für Neueintragungen kein R a u m mehr oder ist das Registerblatt unübersichtlich geworden, so ist es umzuschreiben. Ein Registerblatt kann umgeschrieben werden, wenn es durch die Umschreibung wesentlich vereinfacht wird; das gleiche gilt, wenn ein bisher in festen Bänden geführtes Register als Register in Bänden oder Einzelheften mit herausnehmbaren Einlegebogen geführt werden soll. Enthält ein Registerband nur noch wenige gültige Registerblätter und erscheint daher die Ausscheidung des Bandes zweckmäßig, so können die noch gültigen Registerblätter umgeschrieben werden. Ein umgeschriebenes Blatt ist zu schließen. (2) In der Aufschrift des Blattes ist auf das bisherige Blatt zu verweisen. Die Eintragungsvermerke sind so zu fassen, daß tunlichst nur ihr gegenwärtiger Inhalt auf das neue Blatt übertragen wird. Dabei sollen regelmäßig Veränderung in den für die Eintragung selbst bestimmten Spalten eingetragen werden. Bestehen Zweifel über die Art oder den U m f a n g der Eintragung, so sind die aus dem Register ersichtlichen Personen, deren Recht durch die Eintragung betroffen wird, vorher zu hören. In der dritten Abteilung ist der Tag der ersten Eintragung eines Rechts mit zu übertragen. Für gerötete, insbesondere gelöschte Eintragungen gilt § 12 Abs. 4 Satz 2. Jeder übertragene Vermerk, dessen Unterzeichnung erforderlich ist, ist mit dem Zusatz „umgeschrieben" zu versehen und zu unterzeichnen. § 12 Abs. 4 Satz 5 gilt entsprechend. (3) D a s Schiffszertifikat oder der Schiffsbrief ist dem Registergericht einzureichen. (4) Die Umschreibung ist dem eingetragenen Eigentümer und den aus dem Registerblatt ersichtlichen dinglich Berechtigten bekanntzugeben.
§14 (1) Wird die Eintragung des Schiffs gelöscht, so ist das Registerblatt zu schließen. (2) Die Löschung der Eintragung eines Schiffs im Seeschiffsregister ist dem Registergericht mitzuteilen, bei dem das Schiff zuerst eingetragen war.
§15 Ist das Registerblatt zu schließen (§12 Abs. 1, § 1 3 Abs. 1, §14 Abs. 1), so ist in der Aufschrift ein Schließungsvermerk unter Angabe des Grundes der Schließung einzutragen. In den Fällen der §§ 12, 13 ist das neue Registerblatt anzugeben. Ferner sind sämtliche Seiten des Registerblatts, soweit sie Eintragungen enthalten, rot zu durchkreuzen. §16 Zur Bezeichnung des Berechtigten sind im Schiffsregister einzutragen: 1. bei natürlichen Personen der N a m e (Vorname und Familienname), der Beruf und der Wohnort sowie nötigenfalls andere die Berechtigten deutlich kennzeichnende Merkmale; 780
SchiffsregisterdurchführungsVO
§
22 SchRegDV
2. bei Handelsgesellschaften, eingetragenen Genossenschaften und anderen juristischen Personen die Firma oder der Name und der Sitz.
Dritter Abschnitt
Allgemeine Verfahrensvorschriften §17 Anmeldungen und Eintragungsanträge, die nicht der Form der §§3 7 ff. der Schiffsregisterordnung bedürfen und nicht schriftlich eingereicht werden, sind von jedem Amtsgericht zur Niederschrift entgegenzunehmen. §18 Eintragungen in das Register sollen regelmäßig im Wortlaut verfügt werden.
§19 Bei der Bekanntmachung von Eintragungen in das Schiffsregister (§ 57 der Schiffsregisterordnung) sind die Eintragungen wörtlich wiederzugeben und zu unterschreiben. In geeigneten Fällen sind die Beteiligten darauf hinzuweisen, daß auf die Bekanntmachung verzichtet werden kann.
§20 Die Eintragungen in die erste Abteilung des Schiffsregisters sind allen aus dem Registerblatt ersichtlichen dinglich Berechtigten bekanntzumachen. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden. § 19 gilt entsprechend.
§21 Der Beschluß, durch den eine Eintragung abgelehnt wird, ist, auch soweit §28 der Schiffsregisterordnung nicht Platz greift, mit Gründen zu versehen.
§22 (1) Einfache Abschriften sind mit der Angabe des Tages ihrer Fertigstellung abzuschließen. Sie sind nicht zu unterzeichnen. (2) Eine Abschrift wird in der Weise beglaubigt, daß unter die Abschrift ein Vermerk gesetzt wird, der die Ubereinstimmung mit der Hauptschrift bezeugt. In dem Beglaubigungsvermerk müssen O r t und Tag der Ausstellung angegeben werden; er muß unterschrieben und mit Siegel oder Stempel versehen werden. (3) Soll die Abschrift eines Teils eines Registerblatts erteilt werden, so sind in die Abschrift die Eintragungen aufzunehmen, die den Gegenstand betreffen, auf den sich die Abschrift beziehen soll. In dem Beglaubigungsvermerk ist der Gegenstand anzugeben und zu bezeugen, daß weitere ihn betreffende Eintragungen in dem Register nicht enthalten sind. Ein abgekürzter Auszug aus dem Inhalt des Registers darf nicht erteilt werden. 781
§ 27 SchRegDV
Anhang X
(4) Werden beglaubigte Abschriften aus den Registerakten beantragt, so ist in dem Beglaubigungsvermerk ersichtlich zu machen, ob die Hauptschrift eine Urschrift, eine einfache oder beglaubigte Abschrift oder eine Ausfertigung ist; ist sie eine beglaubigte Abschrift oder eine Ausfertigung, so ist der Beglaubigungsvermerk oder der Ausfertigungsvermerk in die beglaubigte Abschrift aufzunehmen. Durchstreichungen, Änderungen, Einschaltungen, Radierungen oder andere Mängel einer von den Beteiligten eingereichten Schrift sollen in dem Vermerk angegeben werden. (5) In die Abschriften aus dem Register sind die geröteten Eintragungen nur dann aufzunehmen, wenn dies beantragt oder den Umständen nach angemessen ist oder soweit die Abschrift durch Ablichtung hergestellt wird. §23 Auf Verlangen ist eine Bescheinigung darüber zu erteilen, daß zu dem Gegenstand einer Eintragung weitere Eintragungen nicht vorhanden sind oder daß eine bestimmte Eintragung nicht erfolgt ist.
§24 Bescheinigungen und Zeugnisse sind unter Angabe des Ortes und Tages zu unterschreiben und mit dem Siegel oder Stempel des Registergerichts zu versehen.
Vierter A b s c h n i t t
Das Seeschiffsregister §25 (1) Für die Einrichtung des Seeschiffsregisters ist das Muster maßgebend, das dieser Verordnung als Anlage 1 beigefügt ist. (2) Wird das Register in Bänden oder Einzelheften mit herausnehmbaren Einlegebogen geführt, kann von der Druckanordnung des Musters insoweit abgewichen werden, als die Abweichung zur Erleichterung des Eintragungsverfahrens zweckmäßig ist.
§26 In der Aufschrift sind das Amtsgericht und die Nummer des Registerblatts anzugeben.
§27 (1) In der ersten Abteilung sind einzutragen: 1. In Spalte 1: der N a m e des Schiffs zur Zeit der Eintragung; im Fall der Änderung der neue N a m e ; 2. in Spalte 2: das Unterscheidungssignal, soweit ein solches nach §31 Abs. 1 und 2 zugeteilt wird oder in den Fällen des §31 Abs. 2 N r . 1 von der zuständigen Verwaltungsbehörde zugeteilt worden ist; 782
§ 28 SchRegDV
SchiffsregisterdurchführungsVO
3. in Spalte 3: die Gattung des Schiffs auf Grund des Meßbriefs mit der üblichen Bezeichnung und der Hauptbaustoff des Schiffs; im Fall der Änderung die neue Gattung; 4. in Spalte 4: das Jahr des Stapellaufs, der Bauort und die Werft, auf der das Schiff erbaut ist; falls dies jedoch nicht ohne besondere Schwierigkeiten festzustellen ist, der Vermerk, daß die betreffende Tatsache nicht festgestellt ist; 5. in Spalte 5: der Heimathafen; im Fall der Änderung der neue Heimathafen; 6. in Spalte 6: die Ergebnisse der amtlichen Vermessung einschließlich der Hauptabmessungen, soweit sie dem gültigen Meßbrief zu entnehmen sind, in Unterspalte 6c unter Beifügung der nach der Uberschrift maßgeblichen Buchstabengruppe; sind die in die Unterspalten 6a bis d einzutragenden Angaben nicht in Metern ausgedrückt, die im Meßbrief angegebene Meßeinheit; die Angabe des Tages der Ausstellung des Meßbriefs sowie der Behörde, die ihn ausgestellt hat; etwa eingetretene Veränderungen; im Fall des § 11 Abs. 2 der Schiffsregisterordnung die Ergebnisse der im Ausland vorgenommenen Vermessung unter Angabe der Urkunde, aus der sie entnommen sind; die Maschinenleistung; 7. in Spalte 7: der Tag der Eintragung des Schiffs; die Löschung der Eintragung des Schiffs unter Angabe ihres Grundes; 8. in Spalte 8: die N u m m e r der Spalte, auf die sich die Eintragung in Spalte 9 bezieht; 9. in Spalte 9: die Änderungen der in den Spalten 1 bis 6 eingetragenen Tatsachen; 10. in Spalte 10: die das Flaggenrecht betreffenden Eintragungen (§ 16 Abs. 2, § 17 Abs. 1, 2, § 2 0 Abs. 4, § 2 1 Abs. 4 der Schiffsregisterordnung). (2) Die erste Eintragung sowie die Löschung sind in Spalte 7, Veränderungen in Spalte 9, die das Flaggenrecht betreffenden Eintragungen in Spalte 10 zu unterschreiben.
§28 (1) In der zweiten Abteilung sind einzutragen: 1. In Spalte 1: die laufende N u m m e r der Eintragung in Spalte 2; 2. in Spalte 2: a ) der Eigentümer, bei einer Reederei die sämtlichen Mitreeder, bei einer offenen Handelsgesellschaft die sämtlichen Gesellschafter, bei einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien die sämtlichen persönlich haftenden Gesellschafter; b) bei mehreren Eigentümern die in § 5 1 der Schiffsregisterordnung vorgeschriebenen Angaben; c) bei einer Reederei der Korrespondentreeder; 3. in Spalte 3: die Größe der Schiffsparten der einzelnen Mitreeder in Form eines Bruchs; wenn keine Reederei besteht, ist ein waagerechter Strich zu ziehen; 4. in Spalte 4: die laufende Nummer der Eintragung in den Spalten 2 und 3, zu der die Eintragung in Spalte 5 gehört; 5. in Spalte 5: a) bei der ersten Eintragung des Schiffs der Grund des Erwerbs, bei Eigentumsänderungen die Grundlage der Eintragung (Einigungserklärung, Bewilligung der Berichtigung des Schiffsregisters, Erbschein, Testament, Zuschlagbeschluß, Ersuchen der zuständigen Behörde usw.); b) der Verzicht auf das Eigentum; c) die Übertragung einer Schiffspart; c) die Vormerkungen und Widersprüche, die sich auf das Eigentum beziehen, sowie Beschränkungen des Eigentümers in der Verfügung über das Eigentum; 783
§ 29 SchRegDV
Anhang X
e) die Schutzvermerke (§28 Abs. 2, §81 Abs. 1 der Schiffsregisterordnung), die sich auf das Eigentum beziehen; f) die Änderungen der Namen, Firmen und sonstigen in Spalte 2 eingetragenen Bezeichnungen und die Änderungen in der Person des Korrespondentreeders; g) die Löschung der eingetragenen Vormerkungen, Widersprüche, Verfügungsbeschränkungen und Schutzvermerke. (2) Die Eintragungen sind in Spalte 5 zu unterschreiben.
§29 (1) In der dritten Abteilung sind einzutragen: 1. In Spalte 1: die laufende Nummer der Eintragung in den Spalten 2 und 3; 2. in Spalte 2: der Betrag der Schiffshypothek in Ziffern; bei Eintragung eines Nießbrauchs oder eines Pfandrechts an einer Schiffspart ist ein waagerechter Strich zu ziehen; 3. in Spalte 3: der Inhalt des eingetragenen Rechts, bei Eintragung einer Schiffshypothek oder eines Pfandrechts an einer Schiffspart unter Angabe des Betrags in Buchstaben; die Eintragung eines Pfandrechts an einer Schiffspart hat mit den Worten „Pfandrecht an der Schiffspart..." zu beginnen und die Angabe der belasteten Schiffspart zu enthalten; 4. in Spalte 4: die laufende Nummer der von der Änderung betroffenen Eintragung; 5. in Spalte 5: der von der Änderung betroffene Betrag der Schiffshypothek in Ziffern; bei Änderung des Nießbrauchs oder des Pfandrechts an einer Schiffspart ist ein waagerechter Strich zu ziehen; 6. in Spalte 6: die Veränderungen der in den Spalten 1 bis 3 eingetragenen Rechte, ferner die Beschränkungen des Berechtigten in der Verfügung über das Recht, und zwar auch dann, wenn die Beschränkung zugleich mit der Eintragung des Rechts eingetragen wird; 7. in Spalte 7: die laufende Nummer der Eintragung des von der Löschung betroffenen Rechts; 8. in Spalte 8: die Löschung der eingetragenen Rechte, bei Löschung einer Schiffshypothek oder eines Pfandrechts an einer Schiffspart unter Angabe des gelöschten Betrages in Buchstaben; wird nur ein Teil einer Schiffshypothek gelöscht, so ist ferner in Spalte 2 unter der bisherigen Betragsangabe dieser Teilbetrag in roten Ziffern und darunter in schwarzen Ziffern der verbleibende Betrag der Schiffshypothek zu vermerken. (2) Für die Eintragung eines Arrestpfandrechts (§931 ZPO) gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Eine Vormerkung, die sich auf eine Schiffshypothek oder einen Nießbrauch bezieht, wird eingetragen, 1. wenn sie den Anspruch auf Einräumung eines solchen Rechts sichert, in den Spalten 1 bis 3, 2. in anderen Fällen in den Spalten 4 bis 6. Bei der Eintragung der Vormerkung ist die rechte Hälfte der Spalte für die endgültige Eintragung freizulassen. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um eine Vormerkung handelt, die einen Anspruch auf Aufhebung eines Rechts sichert. (4) Für die Eintragung eines Widerspruchs oder eines Schutzvermerks gilt Absatz 3 entsprechend. (5) Eintragungen in den Spalten 1 bis 3 sind in Spalte 3, Eintragungen in den Spalten 4 bis 6 in Spalte 6 und Eintragungen in den Spalten 7 und 8 in Spalte 8 zu unterschreiben.
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§ 33 SchRegDV
SchiffsregisterdurchführungsVO
§30 Anträge auf Genehmigung der Änderung des Namens eines in das Seeschiffsregister eingetragenen Schiffs, die beim Registergericht eingereicht worden sind, sind von diesem unmittelbar dem Bundesminister für Verkehr oder einer von ihm bestimmten Stelle vorzulegen.
§31 (1) Das Registergericht führt ein Verzeichnis der ihm vom Bundesminister für Verkehr oder einer von diesem bestimmten Stelle zum Zwecke der Zuteilung an einzutragende Seeschiffe (§ 16 Abs. 2 der Schiffsregisterordnung) zur Verfügung gestellten Unterscheidungssignale in alphabetischer Reihenfolge. In dieser Reihenfolge teilt es die einzelnen Unterscheidungssignale den Schiffen zu. Die Zuteilung ist unter Angabe des Namens und der Gattung des Schiffs sowie des Namens und Wohnorts des Eigentümers in dem Verzeichnis zu vermerken. (2) Ein Unterscheidungssignal ist nicht zuzuteilen für 1. Seeschiffe im Eigentum und öffentlichen Dienst des Bundes, eines zum Bund gehörigen Landes oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt mit Sitz im Bundesgebiet ( § 4 des Flaggenrechtsgesetzes), 2. Seeschiffe mit einem Bruttoraumgehalt bis zu 50 Kubikmetern, sofern sie keine Telegraphiefunk- oder Sprechfunkanlage an Bord haben, auch wenn Schiffe dieser Art im Schiffsregister eingetragen werden. (3) Jedes Schiff behält das ihm zugeteilte Unterscheidungssignal, auch wenn die Zuständigkeit für die Führung des Registerblatts auf ein anderes Registergericht übergeht. Ist das Unterscheidungssignal frei geworden, so kann es nur von dem Registergericht, dem es zugewiesen ist, erneut zugeteilt werden. (4) Wird das Unterscheidungssignal frei, so ist dies in dem Verzeichnis der Unterscheidungssignale unter Angabe des Grundes zu vermerken. Ein frei gewordenes Unterscheidungssignal soll erst wieder zugeteilt werden, nachdem sämtliche dem Registergericht zugewiesenen Unterscheidungssignale zugeteilt worden sind; Absatz 1 Satz 2 gilt sinngemäß.
Fünfter Abschnitt
Das Binnenschiffsregister §32 Für die Einrichtung des Binnenschiffsregisters ist das Muster maßgebend, das dieser Verordnung als Anlage 2 beigefügt ist. § 2 5 Abs. 2 gilt entsprechend.
§33 In der Aufschrift sind das Amtsgericht und die Nummer des Registerblatts anzugeben.
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§ 35 SchRegDV
Anhang X §34
(1) In der ersten Abteilung sind einzutragen: 1. In Spalte 1: der N a m e des Schiffs, sofern es einen führt, die N u m m e r oder andere behördlich vorgeschriebene Merkzeichen; im Fall der Änderung die neue Bezeichnung; 2. in Spalte 2: die Gattung des Schiffs auf Grund der Schiffspapiere (Eichschein, Klassifikationsattest usw.) mit der üblichen Bezeichnung und der Hauptbaustoff des Schiffs; im Fall der Änderung die neue Gattung; 3. in Spalte 3: das Jahr des Stapellaufs, der Bauort und die Werft, auf der das Schiff erbaut ist; falls dies jedoch nicht ohne besondere Schwierigkeiten festzustellen ist, der Vermerk, daß die betreffende Tatsache nicht festgestellt ist; 4. in Spalte 4 : der Heimatort; im Fall der Änderung der neue Heimatort; 5. in Spalte 5: wenn das Schiff zur Beförderung von Gütern bestimmt ist, ist größte Tragfähigkeit in Tonnen, bei anderen Schiffen die Wasserverdrängung bei größter Eintauchung in Kubikmetern, gegebenenfalls die Maschinenleistung in Kilowatt (kW) oder PS, unter Angabe des Eichscheins oder einer anderen nach § 13 Abs. 1 der Schffsregisterordnung zulässigen Urkunde (Tag der Ausstellung, ausstellende Behörde) oder sonstiger Bescheinigungen der zuständigen Behörden oder des Erbauers, ferner etwa eingetretene Veränderungen ; 6. in Spalte 6: der Tag der Eintragung des Schiffs; 7. in Spalte 7: die N u m m e r der Spalte, auf die sich die Eintragung in Spalte 8 bezieht; 8. in Spalte 8: die Änderungen der in den Spalten 1 bis 5 eingetragenen Tatsachen; 9. in Spalte 9: die Löschung der Eintragung des Schiffs unter Angabe ihres Grundes, in den Fällen des § 20 Abs. 4, § 21 Abs. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz der Schiffsregisterordnung der Vermerk, daß das Schiff seinen Heimatort im Ausland hat. (2) Die erste Eintragung ist in Spalte 6, Veränderungen sind in Spalte 8, Eintragungen nach Absatz 1 N r . 9 in Spalte 9 zu unterschreiben. §35 (1) In der zweiten Abteilung sind einzutragen: 1. in Spalte 1: die laufende N u m m e r der Eintragung in Spalte 2; 2. in Spalte 2: a) der Eigentümer des Schiffs oder die Miteigentümer, b) bei mehreren Eigentümern die in § 51 der Schiffsregisterordnung vorgeschriebenen Angaben: 3. in Spalte 3: bei mehreren Miteigentümern die Größe der den einzelnen Miteigentümern gehördenden Anteile in F o r m eines Bruchs; bei Alleineigentum ist ein waagerechter Strich zu ziehen; 4. in Spalte 4: die laufende N u m m e r der Eintragung in den Spalten 2 und 3, zu der die Eintragung in Spalte 5 gehört; 5. in Spalte 5: a) bei der ersten Eintragung des Schiffs der Grund des Erwerbs, bei Eigentumsänderungen die Grundlage der Eintragung (§28 A b s . 1 N r . 5 Buchstabe a); b) der Verzicht auf das Eigentum; c) die Vormerkungen und Widersprüche, die sich auf das Eigentum beziehen, sowie Beschränkungen des Eigentümers in der Verfügung über das Eigentum; d) die Schutzvermerke (§28 Abs. 2, §81 A b s . 1 der Schiffsregisterordnung), die sich auf das Eigentum beziehen; 786
§ 39 S c h R e g D V
SchiffsregisterdurchführungsVO
e) die Änderungen der Namen, Firmen und sonstigen in Spalte 2 eingetragenen Bezeichnungen; f) die Löschung der eingetragenen Vormerkungen, Widersprüche, Verfügungsbeschränkungen und Schutzvermerke. (2) Die Eintragungen sind in Spalte 5 zu unterschreiben. §36 Für Eintragungen in der dritten Abteilung gelten die Vorschriften des § 29 entsprechend, soweit sie die Schiffshypothek, das Arrestpfandrecht und den Nießbrauch betreffen.
Sechster Abschnitt
Das Schiff betreffende Urkunden §37 (1) Für das Schiffszertifikat ist das Muster maßgebend, das dieser Verordnung als Anlage 4 beigefügt ist. (2) Für die Ausfertigung des Schiffszertifikats sind die amtlich ausgegebenen Vordrucke zu verwenden. Die Eintragungen sind aus dem Register so zu übernehmen (§60 der Schiffsregisterordnung), daß die vorgesehenen Zeilen und Spalten den vollständigen Inhalt der entsprechend überschriebenen Spalten des Registerblatts wiedergeben. (3) Das Schiffszertifikat ist zu unterschreiben und mit dem Siegel des Registergerichts zu versehen. Es ist dem Eigentümer gegen Empfangsbescheinigung auszuhändigen. (4) Werden mehrere Bogen zu einem Schiffszertifikat verwendet, so sind sie durch Schnur und Siegel miteinander zu verbinden. §38 (1) Ist das Schiff noch nicht im Inland vermessen (§27 Abs. 1 Nr. 6), so sind die Ergebnisse der Vermessung links neben dem für die Eintragung der amtlichen Vermessung bestimmten Platz im Schiffszertifikat einzutragen. (2) Verfügungsbeschränkungen, Vormerkungen und Widersprüche, die zur Zeit der Erteilung des Schiffszertifikats in der zweiten Abteilung des Schiffsregisters eingetragen sind, sind auf der Seite des Schiffszertifikats zu vermerken, die Seite 3 des Musters in der Anlage 4 zu dieser Verordnung entspricht. Eintragungen von Schiffshypotheken oder eines Nießbrauchs sind auf der Seite des Schiffszertifikats zu vermerken, die Seite 4 des Musters in der Anlage 4 zu dieser Verordnung entspricht. Die Vermerke sind zu unterschreiben und mit dem Stempel des Registergerichts zu versehen. §39 Eintragungen in das Schiffsregister, die nach der Ausstellung des Schiffszertifikats erfolgen, sind, wenn sie das Schiff oder die Eigentumsverhältnisse betreffen, auf der Seite des Schiffszertifikats zu vermerken, die Seite 3 des Musters in der Anlage 4 zu dieser Verord787
§ 44 SchRegDV
Anhang X
nung entspricht; wenn sie Schiffshypotheken oder einen Nießbrauch betreffen, sind sie gemäß der Eintragung im Schiffsregister auf der Seite des Schiffszertifikats zu vermerken, die Seite 4 des Musters in der Anlage 4 zu dieser Verordnung entspricht. Ein späterer Vermerk ist unmittelbar hinter dem vorhergehenden einzutragen. Die Vermerke sind zu unterschreiben und mit dem Stempel des Registergerichts zu versehen. §40 (1) Ein neues Schiffszertifikat ist auszustellen, wenn das Schiff auf ein anderes Registerblatt übertragen wird oder wenn der Eigentümer es beantragt. (2) In das neue Schiffszertifikat sind nur die zur Zeit seiner Ausstellung gültigen Eintragungen im Schiffsregister aufzunehmen. (3) Wird das neue Schiffszertifikat an Stelle eines abhandengekommenen ausgestellt, so ist dies im Ausfertigungsvermerk anzugeben. §41 (1) Abgesehen vom Fall des § 62 Abs. 3 der Schiffsregisterordnung ist das Schiffszertifikat auch unbrauchbar zu machen, wenn ein neues Schiffszertifikat ausgestellt ist. In diesem Fall ist die Ausstellung des neuen Zertifikats zuvor auf ihm zu vermerken. (2) Das Schiffszertifikat wird dadurch unbrauchbar gemacht, daß es mit Einschnitten versehen und seine Vorderseite rot durchkreuzt wird; es ist bei den Registerakten zu verwahren. §42 (1) Für den beglaubigten Auszug aus dem Schiffszertifikat ist das Muster maßgebend, das dieser Verordnung als Anlage 5 beigefügt ist; für die Ausfertigung sind die amtlich ausgegebenen Vordrucke zu verwenden. Der Auszug ist zu unterschreiben und mit dem Siegel des Registergerichts zu versehen. (2) In dem Auszug werden Veränderungen der Eintragungen im Schiffsregister nicht vermerkt. Wird der Inhalt des Auszugs von den Veränderungen berührt, so hat das Registergericht den Auszug unbrauchbar zu machen und einen neuen, den veränderten Eintragungen im Schiffsregister entsprechenden Auszug zu erteilen. (3) Im übrigen gelten für den Auszug § 37 Abs. 2 Satz 2, § 40 Abs. 3, §. 41 entsprechend. §43 Ist außer dem Schiffszertifikat auch der beglaubigte Auszug aus dem Schiffszertifikat dem Registergericht einzureichen, so soll der Auszug erst eingefordert werden, wenn das Schiffszertifikat wieder ausgehändigt ist. §44 Für den Schiffsbrief ist das Muster maßgebend, das dieser Verordnung als Anlage 6 beigefügt ist. Im übrigen gelten die §§ 37 bis 41 entsprechend.
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§ 51 SchRegDV
SchiffsregisterdurchführungsVO
§45 (1) Das Registergericht hat auf den Meßbriefen, Eichscheinen oder den sonst nach § 13 Abs. 1 der Schiffsregisterordnung in Betracht kommenden Urkunden die Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister zu vermerken. In dem Vermerk sind die Nummer des Registerblatts und das Datum der Eintragung, ferner bei Seeschiffen das Unterscheidungssignal und der Heimathafen, bei Binnenschiffen der Heimatort anzugeben. Der Vermerk ist zu unterschreiben und mit dem Stempel des Registergerichts zu versehen. (2) Die Urkunde ist dem Eigentümer auszuhändigen, wenn der Vermerk nach Absatz 1 erteilt worden ist.
Siebenter Abschnitt
Das Schiffsbauregister §46 Für die Einrichtung und Führung des Schiffsbauregisters gelten die §§ 1 bis 24 entsprechend.
§47 Das Registerblatt ist auch zu schließen, wenn dem Registergericht von der Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister nach § 16 Abs. 3 der Schiffsregisterordnung Mitteilung gemacht wird.
§48 Nach der Schließung des Registerblatts hat das Registergericht die Registerakten dem für die Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister zuständigen Amtsgericht zu übersenden.
§49 Für das Schiffsbauregister ist das Muster maßgebend, das dieser Verordnung als Anlage 3 beigefügt ist. §25 Abs. 2 gilt entsprechend.
§50 In der Aufschrift sind das Amtsgericht und die Nummer des Registerblatts anzugeben.
§51 (1) In der ersten Abteilung sind einzutragen: 1. In Spalte 1: der Name, die Nummer oder die sonstige Bezeichnung und die Gattung des im Bau befindlichen Schiffs; im Fall der Änderung der neue Name, die neue Nummer oder sonstige Bezeichnung oder die neue Gattung; 2. in Spalte 2: der Bauort und die Schiffswerft, auf der das Schiff im Bau ist; im Fall der Änderung der neue Bauort oder die neue Schiffswerft; 789
§ 53 SchRegDV
Anhang X
3. in Spalte 3: die Bezeichnung der in §69 Abs. 3 der Schiffsregisterordnung genannten Urkunde; 4. in Spalte 4: der Tag der Eintragung des Schiffsbauwerks und die Änderungen der in den Spalten 1 und 2 eingetragenen Tatsachen; 5. in Spalte 5: die Löschung der Eintragung des Schiffsbauwerks unter Angabe ihres Grundes. (2) Die erste Eintragung und die Veränderungen sind in Spalte 4, die Löschung ist in Spalte 5 zu unterschreiben. §52 (1) In der zweiten Abteilung sind einzutragen: 1. In Spalte 1: die laufende Nummer der Eintragung in Spalte 2; 2. in Spalte 2: a) der Eigentümer des Schiffsbauwerks oder die Miteigentümer, im Fall des § 509 des Handelsgesetzbuchs (Baureederei) die sämtlichen Mitreeder, gegebenenfalls der Korrespondentreeder; b) bei mehreren Eigentümern die in den §§51, 74 der Schiffsregisterordnung vorgeschriebenen Angaben; 3. in Spalte 3: a) bei der ersten Eintragung des Schiffsbauwerks die Angabe, daß der Eigentümer Inhaber der Schiffswerft ist, oder die Bezeichnung der in § 69 Abs. 2 der Schiffsregisterordnung genannten Urkunde, bei Eigentumsänderungen die Grundlage der Eintragung (§28 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a); b) Der Verzicht auf das Eigentum; c) die Vormerkungen und Widersprüche, die sich auf das Eigentum beziehen, sowie Beschränkungen des Eigentümers in der Verfügung über das Eigentum; d) die Schutzvermerke (§28 Abs. 2, § 74, § 81 Abs. 1 der Schiffsregisterordnung), die sich auf das Eigentum beziehen; e) die Änderungen der Namen, Firmen und sonstigen in Spalte 2 eingetragenen Bezeichnungen; f) die Löschung der eingetragenen Vormerkungen, Widersprüche, Verfügungsbeschränkungen und Schutzvermerke. (2) Die Eintragungen sind in Spalte 3 zu unterschreiben. §53 (1) In der dritten Abteilung sind einzutragen: 1. In Spalte 1: die laufende Nummer der Eintragung in den Spalten 2 und 3; 2. in Spalte 2: der Betrag der Schiffshypothek in Ziffern; 3. in Spalte 3: der Inhalt des eingetragenen Rechts unter Angabe des Betrages in Buchstaben; 4. in Spalte 4: die laufende Nummer der von der Änderung betroffenen Eintragung; 5. in Spalte 5: die Veränderungen der eingetragenen Rechte; ferner die Beschränkungen des Berechtigten in der Verfügung über das Recht, und zwar auch dann, wenn die Beschränkung zugleich mit der Eintragung des Rechts eingetragen wird; 6. in Spalte 6: die laufende Nummer der von der Löschung betroffenen Eintragung; 7. in Spalte 7: die Löschung der in den Spalten 1 bis 3 eingetragenen Schiffshypotheken unter Angabe des gelöschten Betrages in Buchstaben; wird nur ein Teil gelöscht, so ist in
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§ 55 SchRegDV
SchiffsregisterdurchführungsVO
Spalte 2 unmittelbar unter der bisherigen Betragsangabe dieser Teilbetrag in roten Ziffern und darunter in schwarzen Ziffern der verbleibende Betrag zu vermerken. (2) Für die Eintragung eines Arrestpfandrechts gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Eine Vormerkung, die sich auf eine Schiffshypothek bezieht, wird eingetragen: 1. wenn sie den Anspruch auf Einräumung einer Schiffshypothek sichert, in den Spalten 1 bis 3; 2. in anderen Fällen in den Spalten 4 und 5. Bei der Eintragung der Vormerkung ist die rechte Hälfte der Spalte für die endgültige Eintragung freizulassen. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um eine Vormerkung handelt, die einen Anspruch auf Aufhebung eines Rechts sichert. (4) Für die Eintragung eines Widerspruchs oder eines Schutzvermerks gilt Absatz 3 entsprechend. (5) Die Eintragung in den Spalten 1 bis 3 sind in Spalte 3, die Eintragungen in den Spalten 4 und 5 in Spalte 5 und die Eintragungen in den Spalten 6 und 7 in Spalte 7 zu unterschreiben. §54 Auf im Bau befindliche oder fertiggestellte Schwimmdocks sind die Vorschriften in §§46, 49 bis 53 mit den folgenden Maßgaben entsprechend anzuwenden: 1. Die Fertigstellung des Schwimmdocks (§ 73a der Schiffsregisterordnung) und die Angabe, daß es sich um ein fertiggestelltes Schwimmdock handelt (§ 73b der Schiffsregisterordnung), sind in der ersten Abteilung in Spalte 1 einzutragen. 2. Der Lageort ist in der ersten Abteilung in Spalte 2 einzutragen; hierbei ist in der Eintragung kenntlich zu machen, daß es sich um den Lageort handelt. 3. Im Fall des § 73b der Schiffsregisterordnung ist bei der ersten Eintragung des Schwimmdocks anstelle der in § 52 Abs. 1 N r . 3 Buchstabe a vorgesehenen Angaben über den Eigentümer als Inhaber der Schiffswerft oder über die in § 6 9 Abs. 2 der Schiffsregisterordnung genannte Urkunde in der zweiten Abteilung in Spalte 3 der Rechtsgrund für den Erwerb des Eigentums einzutragen.
Achter Abschnitt
Ubergangs- und Schlußvorschriften §55 Für neu anzulegende Registerblätter können die vorhandenen Vordrucke, soweit sie der Schiffsregisterverfügung vom 29. Mai 1951 entsprechen, verwendet werden, wenn sie handschriftlich, mit Maschinenschrift oder mit Stempel auf den Stand gebracht werden, der sich aus den Anlagen 1 bis 3 zu dieser Verordnung ergibt.
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§ 58 SchRegDV
Anhang X
§56 (1) In den nicht geschlossenen Registerblättern von Binnenschiffen sind die vorgedruckten Teile der ersten Abteilung, Spalte 5, handschriftlich, mit Maschinenschrift oder mit Stempel auf den Stand zu bringen, der sich aus der Anlage 2 zu dieser Verordnung ergibt, wenn die erste Eintragung in der ersten Abteilung erfolgt, die Eintragung des Schiffs aber nicht gelöscht werden soll. Die dem geänderten Vordruck entsprechenden Angaben über das Schiff sind nachzutragen. Eintragungen, die durch die Änderung des Vordrucks gegenstandslos werden, sind rot zu unterstreichen. Die Registergerichte fordern die als Eigentümer Eingetragenen auf, die einzutragenden Tatsachen anzumelden und gemäß § 13 der Schiffsregisterordnung glaubhaft zu machen oder nachzuweisen sowie den Schiffsbrief einzureichen. (2) Nicht geschlossene Registerblätter von Seeschiffen, die nicht seit dem 18. Juli 1982 neu vermessen worden sind, sind auf den Stand zu bringen, der sich aus der bis zum 17. Juli 1982 geltenden Fassung der Anlage 1 zu dieser Verordnung ergibt, wenn die erste Eintragung in der ersten Abteilung erfolgt, die Eintragung des Schiffs aber nicht gelöscht werden soll. Dies gilt nicht, wenn eine Änderung der ersten Abteilung des Seeschiffsregisters, Spalte 6d, in Betracht kommt, die Länge über alles jedoch der gültigen Urkunde über die Vermessung nicht entnommen werden kann. Im übrigen gilt Absatz 1 entsprechend; im Falle des Absatzes 1 Satz 4 sind die als Eigentümer Eingetragenen aufzufordern, das Schiffszertifikat und einen etwa erteilten beglaubigten Auszug aus dem Schiffszertifikat einzureichen. (3) In den nicht geschlossenen Registerblättern von Seeschiffen, die seit dem 18. Juli 1982 neu vermessen worden sind, sind die neuen Angaben über die Ergebnisse der amtlichen Vermessung nachzutragen, wenn der Eigentümer sie anmeldet. Absatz 2 gilt mit der Maßgabe entsprechend, daß die vorgedruckten Teile der ersten Abteilung, Spalten 6 bis 10, handschriftlich, mit Maschinenschrift oder mit Stempel auf den Stand zu bringen sind, der sich aus der Anlage 1 zu dieser Verordnung ergibt. (4) Im übrigen sind Änderungen des Vordrucks nicht geschlossener Registerblätter mit Rücksicht auf die seit dem 18. Juli 1982 geltende Fassung der Anlagen 1 bis 3 zu dieser Verordnung nicht geboten.
§57 Die vorhandenen Vordrucke für das Schiffszertifikat, den beglaubigten Auszug aus dem Schiffszertifikat und den Schiffsbrief können, soweit sie der Schiffsregisterverfügung vom 29. Mai 1951 entsprechen, verwendet werden, wenn sie handschriftlich, mit Maschinenschrift oder mit Stempel auf den Stand gebracht werden, der sich aus den Anlagen 4 bis 6 zu dieser Verordnung ergibt.
§58 Werden für ein bereits eingetragenes Schiff gemäß § 56 Angaben im Schiffsregister nachgetragen, sind sie nach §§ 39 und 44 Abs. 2 auf der Seite des Schiffszertifikats oder Schiffsbriefs zu vermerken, die Seite 3 der Muster in den Anlagen 4 und 6 zu dieser Verordnung entspricht. Handelt es sich um Angaben, die bereits in der Schiffsregisterverfügung vom 29. Mai 1951 vorgesehen waren, sind insoweit deren §§57 und 58 mit der Maßgabe anzuwenden, daß der abgetrennte Teil des ausgestellten Schiffszertifikats oder Schiffsbriefs durch den entsprechenden Teil der Anlage 4 oder 6 ersetzt wird. Hierbei ist der vorge-
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§ 62 SchRegDV
SchiffsregisterdurchführungsVO
druckte Teil der Zeile 6 I d des Schiffszertifikats eines vor dem 18. Juli 1982 vermessenen Seeschiffs entsprechend der Uberschrift in der Spalte 6d der ersten Abteilung des Seeschiffsregisters handschriftlich, mit Maschinenschrift oder mit Stempel zu ändern, wenn die Länge über alles nicht nachgetragen wurde (§ 56 Abs. 2).
§59 (1) Der Vermerk nach Artikel 6 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister vom 26. Mai 1951 (BGBl. I S. 355) und die Löschung dieses Vermerks sind 1. bei eingetragenen Seeschiffen in der ersten Abteilung Spalte 10 des Seeschiffsregisters, 2. bei eingetragenen Binnenschiffen in der ersten Abteilung Spalte 9 des Binnenschiffsregisters, 3. bei eingetragenen Schiffsbauwerken in der ersten Abteilung Spalte 5 des Schiffsbauregisters einzutragen und zu unterschreiben. (2) Der Vermerk und seine Löschung sind auf der Seite des Schiffszertifikats oder des Schiffsbriefs zu vermerken, die Seite 3 der Muster in den Anlagen 4 und 6 zu dieser Verordnung entspricht, zu unterschreiben und mit dem Siegel des Registergerichts zu versehen. (3) Durch Eintragung des Vermerks im Seeschiffsregister wird die Zuteilung des Unterscheidungssignals aufgehoben. In der ersten Abteilung des Seeschiffsregisters, Spalte 9, und auf der Seite des Schiffszertifikats, die Seite 3 des Musters in der Anlage 4 zu dieser Verordnung entspricht, ist zu vermerken, daß das bisherige Unterscheidungssignal weggefallen ist. Wird der Vermerk nach Absatz 1 gelöscht, so ist dem Seeschiff ein neues Unterscheidungssignal zuzuteilen. Das neue Unterscheidungssignal ist an derselben Stelle zu vermerken wie die Löschung des Vermerks nach den Absätzen 1 und 2. (4) Die Vorschriften des Absatzes 3 gelten nicht für Seeschiffe im Sinne des Artikels 6 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister, die einem deutschen Unternehmen zur Benutzung überlassen sind. §60 Ist ein Schiff erneuert und daraufhin das Jahr und der Umfang der Erneuerung in die Klassifikationsurkunde eingetragen worden, so sind auf Antrag diese Eintragungen neben der Eintragung des Jahres des Stapellaufs im Schiffsregister und im Schiffszertifikat oder im Schiffsbrief zu vermerken.
§61 Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes in Verbindung mit § 93 der Schiffsregisterordnung auch im Land Berlin. §62 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1981 in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt tritt die Schiffsregisterverfügung vom 29. Mai 1951 (BAnz. N r . 109 vom 9. Juni 1951), geändert durch die Allgemeine Verfügung vom 7. Januar 1969 (BAnz. Nr. 7 vom 11. Januar 1969), außer Kraft.
793
Sachwortverzeichnis Fette Ziffern weisen auf Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes hin. Die nachgestellten Ziffern sind die zugehörigen Randnoten. Hinweise auf Abschnitte der Einführung sind durch Einf. gekennzeichnet. Schräggestellte Ziffern kennzeichnen Hinweise auf das Schiffsregistergesetz und die Kommentierung des Binnenschiffsverkehrsgesetzes. Abbringen 93 16 Abbringung 82 18 Abdingbarkeit 25 25 Abfahrt 22 3 Abgangshafen 82 29 Abgangsort 26 19; 27 2; 27 5 abgesonderte Befriedigung 90 6 Abhängigkeitsverhältnis 3 15 Abkürzung der Verjährungsfristen 1 1 7 9 Abladen auf Wasserstand 44 10 Ablader 7 14; 26 12; 45 7 Verkehrssicherungspflicht 45 6 Ablauf der Ladezeit 31 3 der Löschzeit 52 2 der Wartezeit 51 7; 51 8; 52 2 Ableichterkosten 66 8 Ableichtern 57 1 Ableichterung 10 13; 66 8 Ablieferung Begriff 67 9 der Frachtgüter 58 5 Hinterlegung 58 5 Klauseln 42 13 Rechtsverlust 62 3 Selbstentlöschung 58 5 verschiedene Löschplätze 46 10 Verspätung 42 11; 62 2 von Frachtgütern gleicher Beschaffenheit 60 3 Ablieferungsbescheinigung 61 20 Ablieferungsbestätigung 72 29 Ablieferungshindernisse 52 1; 54 14 Adressat der Mitteilung 52 7 Mitteilungspflicht 52 3 unbekannter Empfänger 52 3 Selbstentlöschung 52 9 Ablieferungsort 46 6 Grenzen 46 7 unterschiedliche A. 46 5
Ablieferungsschein 67 18 Abmahnung 25 3 Abnahme 49 3; 58 5; 61 1 Aufforderung 54 5 der Frachtgüter 49 3 der Stückgüter 54 5 Abnahmeschein 8 14 Abschätzung 85 10 Abschlagszahlung 24 2 Absender 26 11 als Empfänger 26 13 Anweisung des Ladeplatzes 40 4 Anweisungen 72 30 Anweisungspflicht 27 13 Aufklärungspflichten 45 1 Begleitpapiere 45 9 Bezeichnung der Frachtgüter 45 2 falsche Angaben 45 1 Haftung bei Anweisungen 46 15 Haftung für die Bezeichnung der Güter 45 5 Hinweis auf Gefahrenstellen 27 14 Kündigung des Frachtvertrages 36 1 Rücktritt bei Stückgütern 39 6 Rücktrittserklärung 34 1 Säumnis 52 9 Substitutionsbefugnis 43 2 unrichtige Angaben 45 5 Zollvorschriften 45 9 Absonderungsrecht 102 8 Abstrakte Schadensberechnung 85 19 Abtretung der Fracht 112 3 der Frachtforderung 109 2 Abzug Wertminderung und Verluste 85 36 neu für alt 85 21 ad jektizische Haftung 2 8; 3 1; 92 b 25; 92 f 1 äußerlich erkennbare Mängel 61 13; 76 5 Aktivmasse der Havarieverteilung 85 49
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Sachwortverzeichnis allgemeine Anweisungen 7 21 allgemeine Dienstanweisungen 7 24; 70 8 allgemeine Geschäftsbedingungen 58 16 Inhaltskontrolle 3 32 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Einf. 1 2 allgemeine Feiertage 42 7 allgemeines Landrecht Einf. 1 Amtshaftung 3 6 amtlich bestellte Sachverständige 61 7; 73 3; 8511 amtlich geeichte Waage 56 8; 58 4 Anhörung der Verbände 653 Anker 1 17; 82 10; 85 23 Ankerabwurf 85 10 Ankerketten 85 23 Ankerplatz 82 28 Anmeldepflicht 641 von Veränderungen 653 Annahme 49 3 als Erfüllung 61 8 der Frachtgüter 61 8; 62 3 des Gutes 26 14; 61 8 eines Schleppers 82 21 von Hilfsmannschaften 82 21 Vorbehalt 41 10 Annahmeverweigerung 52 4 Anschaffungen 85 52 Anscheinsbeweis 3 35; 90 9; 92 b 35 Anspruch auf Bergelohn 93 19 auf Hilfslohn 93 19 aus einer verspäteten Ablieferung 62 2 Anteilfracht 37 5 Antritt der Reise 1 1; 42 9; 68 5; 69 3 Anwaltskosten 14 2 Anweisung 7 20; 37 2; 92 b 20 Anweisung des Ladeplatzes 27 5; 40 4 des Löschplatzes 55 3 Anweisungspflicht 46 10 Anweisungsrecht des Absenders 37 2; 40 4 Anzeige bei Unfällen 92 b 20 der Ladebereitschaft 28 3; 28 4; 29 1 der Löschbereitschaft 47 1; 47 7
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Arbeitsgericht 5 8; 24 4 Arbeitslohn 24 2 Arbeitsrecht 201; 25 2 ff. Arbeitsschichten 42 8 Arbeitsunfälle 3 9 Arbeitsverhältnis 5 4 Arbeitsvertrag 5 4 Arglist 17 3 Arzneimittel 85 74 Aufenthaltsort 6 14 im Zwischenort 82 26 Aufforderung 54 5 Aufgebotsverfahren 110 3 Antragsrecht 110 4 Begrenzung 111 2 Rechtsgrundlagen 110 5 Rechtsschutzbedürfnis 110 8 aufgeopferte Güter 85 26; 85 59; 85 63 Aufkündigung 25 2 Auflagerung 70 5 Aufleichterung 8 18; 82 18 Auflösung 689 Aufmachung der Dispache 85 17; 85 31; 85 46; 86 3; 87 5 Aufnahme der Schadenstaxe 85 10 Aufopferung von Gütern 85 27 Aufrechnung 4 5; 62 4 Aufsicht 695 Aufstellung der Dispache 87 5 Aufsuchen eines Löschplatzes 46 4; 55 2 eines Nothafens 82 25 eines Zwischenortes 82 26; Zwischenhafen 83 2 Aufteilung von Liegegeld 57 12 Aufwendungen des Berges 94 13; 94 14 des Helfers 94 13; 94 14 auf die Ladung 66 10 Auftrag 93 25 Aufziehkosten 85 23 Ausbesserung des Schiffes 68 10; 92 b 29 Ausbesserungskosten 85 22 Auseinandersetzungskosten 84 2
Sachwortverzeichnis Ausfall eines Schiffsgläubigers 100 2; 109 8 Ausfuhrbeschränkungen 45 9 ausführender Beförderer Bedienstete 77 13 Begriff 77 5 Haftung 4a 2; 4a 3; 77 3 Ausgleichsanspruch 92 c 4; 92 c 10 Ausgleichspflicht 72 33 Auskunftserteilung 10 5 Ausladung 37 4; 37 5; 58 8 Ausländer 92 3 ausländische Binnengewässer 93 5 ausländische Schiffe 93 3 ausländisches Recht, Einf. 4 Auslandsberührung Einf. 4 Auslieferung der Frachtgüter 67 2 Erfüllung 672 geretteter Güter 99 5 Ausrüster 1 2; 2 2 Berge- und Hilfslohn 2 13 Dritte 2 8 Haftung für eigenes nautisches Verschulden 4 22 Passivlegitimation 210 Schiffsgläubigerrechte 211 Ausrüsterverhältnis 2 3; 3 21 Ausrüstung 3 21; 8 9 Ausschließung 18 3 von Schiffsgläubigern 110 2; 110 6 Ausschluß der Haftung 58 14 des Berge- und Hilfslohnes 96 2; 96 6; 96 7 Ausschlußurteil 72 29; 110 7 Aussendung des Schiffes zur neuen Reise 114 2; 114 4 Außenhandelsbestimmung 45 9 Ausstellung von Ladescheinen 16 3; 72 8 Austrocknung 59 9 Auswahl des Ablieferungsortes 46 4 der Erfüllungsgehilfen 4 16; 58 13 des Ladeplatzes 27 5 des Sachverständigen 85 12 Ausweise 814 automatische Waage 61 19
Bagger 1 7 Bahngewicht 73 10 Bauart 8 5 Beendigung der Reise 7 16; 85 39 Befähigungsnachweis 8 14 Befehlsgewalt 7 2; 7 7 Beförderer 4 a 2 Bedienstete 77 13 Haftung 77 3 Pfandrecht am Reisegepäck 77 15 Zurückbehaltungsrecht 77 16; 77 18 Beförderung 26 1; 44 2 Beförderungsart 59 2 Beförderungsentgelt 77 15 Ersatzschiff 57 1 Haftung 72 32 Haftungsbeschränkung 59 3 von Gütern 26 3; 58 3 von Ersatzgütern 43 1; 43 3 von Reisenden 26 3 Beförderungsbedingungen 77 21 Beförderungsfrist 62 1 Beförderungshindernisse 37 8; 68 1; 68 16; 69 8; 71 13 Beförderungssicherheit 27 12 Beförderungsverträge 26 1 Befrachter 26 11 Befriedigung aus den Frachtgütern 67 12 Beginn der Ladezeit 29 3 der Überliegezeit 31 3; 50 5 der Verjährung 117 2 der Wartezeit 33 7; 51 8 Begleitpapiere 45 9 Beirat 679 Beiträge 85 51 des Schiffes nebst Zubehör 85 51 der Güter 85 66 Beitragspflicht bei späterer besonderer Haverei 80 3 geworfener Güter 85 66 beitragspflichtige Güter 85 2; 91 4 Beladung außerhalb der Arbeitszeit 42 8 Beschleunigung 42 2 Durchschnittsmengen 42 6 ex Seeschiff 28 9 797
Sachwortverzeichnis Fahrtüchtigkeit 8 5 Haftung 41 11 Mitwirkungspflichten 41 12 örtliche Verordnungen 42 1 Pflichten 41 2 Reihenfolge 28 9 Schäden 41 11 Sonn- und Feiertage 42 7 Uberstundenvergütung 42 8 unsachgemäße Arbeiten 4 1 1 1 Vereinbarungen 41 13 Verzögerung 42 6 Bemannung 3 21; 8 11 Benachrichtigungspflicht 10 3 Berechnung der Distanzfracht 64 7 der Fracht 63 7 der Ladezeit 29 5 der Löschzeit 48 8 Berechnung der Uberliegezeit 31 5; 50 7 der Vergütungen und Beiträge 85 51 ff. Berge- und Hilfslohn aufgedrungene Dienste 96 2 Ausschluß 96 1; 96 7 Bemessungsfaktoren 93 10; 94 11 Festsetzung 94 1; 94 8 Passivlegitimation 97 12 ff. persönliche Verpflichtung 100 3 Pfandrecht 97 5 ff. Pfandrecht an der Ladung 94 5 Pfandklage 9 7 1 1 Rettung durch eigene Schiffe 93 18 Schiffsgläubigerrecht 94 5; 97 2; 97 4 Sicherstellung 97 2 Verteilung 95 8 f. Vereinbarungen in Arbeitsverträgen 95 10 Verwertung von Sicherheiten 97 5 Zurückbehaltungsrecht 97 9 zusätzliche Aufwendungen 93 21 Bergung 93 10; 93 13 gesetzliche Vertretungsmacht 94 5 unverständige Verbote 96 5 Kündigung 93 19; 96 4 Bergungskosten 67 16 Bergungsvertrag 94 5 Berlinverkehr 47 4
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berufliche Übung 3 20; 94 11 Berufsausbildungsvertrag 3 9 Berufsgenossenschaften 3 9 Besatzung 21 1 Besatzungsmitglied 3 12; 21 l ; 9 2 c 6 Besatzungsstärke 3 21; 8 11 Beschädigung 61 9 der Frachtgüter 58 8; 61 9; 64 4; 76 3 des Schiffes 68 10 von Reisegepäck 4 a 1; 77 1; 85 7 Beschaffenheit der Güter 59 9; 65 2; 72 21 des Ladeplatzes 27 5 des Schiffes 1 7; 8 5 unbekannt 73 9 Beschlagnahme des Schiffes 37 4 der Ladung 52 5; 58 7 beschränkt dingliche Haftung 4 1 beschränkte Haftung 4 1 7 aus Rechtsgeschäften des Schiffes 4 11 des Schiffseigners 3 27; 114 3; 114 9 Beschränkung 76, 77 der Haftung 4 1 der Haftung aus Personenbeförderung 4 4 der Haftung aus Verträgen des Schiffseigners 4 14 der Vertretungsmacht 4 11; 15 12; 15 14 Besitzwechsel nach Rechtshängigkeit 103 18 besondere Haverei 78 2; 78 17; 80 5; 80 6 Bestätigung der Dispache 87 13 Bestellung 15 3 Bestimmungshafen 46 4 Bestimmungsort 26 13 bestimmtes Schiff 44 1 Beförderung 44 5 Umladung 44 6 Verweigerung der Annahme 44 7 Betriebliche Mitbestimmung 25 7 Betriebsrat 25 7 bei Kündigungen 20 4 Bewachung 10 11; 82 32 Bewachungskosten 82 33 Beweis des ersten Anscheins 92 9; 92 b 35 ff. Beweisanzeichen 2 b 37
Sachwortverzeichnis Beweislastverteilung siehe zu den jeweiligen Vorschriften Bezeichnung der Frachtgüter 45 2; 74 5 der Güter 45 2; 74 2 Binnengewässer 115 Binnenkonnossement 72 5 Binnenschiff 1 15; 6 1 Binnenschiffahrt 115 Binnenschiffahrtsfrachtrecht 26 5 Binnenschiffahrtssachen 92 1; 130 1 Binnenschiffahrtsregister 637 Binnenwasserstraßen 1 15 Blankoindossamente 72 28 bösliche Handlungsweise 4 27; 74 7; 75 5 Boote 1 9 Bordgemeinschaft 3 12 Brennstoffvorräte 8 10; 85 26 Bruch 59 9 Brückengelder 66 5 Bruttoeinnahme 104 2 Bruttofracht 37 4; 104 2 Bundesbahn 131 9 Bürgschaft 19 8 Bundesgerichtshof 130 2; 130 3
ca (zirka) 63 3 Charterpartie 72 1 Charterung 26 7 Coils8 17 Container 8 17 Containerverkehr 74 5 Continueverkehr 7 4 Dauer der Ladezeit 29 4 der Löschzeit 48 6 der Überliegezeit 31 4; 50 6 der Wartezeit 33 8; 51 8 des Pfandrechts 67 8; 112 2 Dauernde Verhinderung 7 3 des Reiseantritts 34 11; 68 2; 86 5 der Reisefortsetzung 68 2 Deckschiffe 41 5
Decklast 8 16 Deklaration 58 26 Dichte des Schiffes 8 7 Dienstantritt 9 2; 22 3 Dienstanweisung 7 20 Dienstbeendigung 25 2 Dienstfahrzeuge 102 10 Dienstforderungen Begriff 5 4 gerichtliche Zuständigkeit 5 8 Haftung des Schiffseigners 5 6 ff. Schiffsgläubigerrecht 5 3 Umfang 5 5 Dienstobliegenheiten 92 b 14 Ladungsfürsorge 70 7 Dienstverrichtung Umfang 3 23 Verschulden 3 17; 3 1; 3 17 Verklarung 117 Dienstverhältnis, Einf. 2; 22 1 Fortgeltung 20 5; 25 5 dingliche Haftung 4 8; 114 8 dingliche Wirkung des Ladescheins 72 27 Dispache 79 2; 82 1; 82 33; 85 20; 85 49 Ansprüche bei verzögerter Aufstellung 88 4 Aufmachung 86 1; 88 1 Aufstellung durch Beteiligte 88 2 Aufstellung 85 49; 87 5 ff. Bedeutung 87 2 Bestätigung 87 12 ff. Beteiligte 87 9 Einsicht 87111 fehlerhafter Dispachierungsort 86 6 Inhalt 86 3 Klagefrist 8715 Kosten 84 4 Ort der Schadensverteilung 86 3 Pflichten der Beteiligten 87 10 unterschiedliche Ablieferorte 86 5 Verbindlichkeit 85 5 Verklarung 87 4 Verzögerung 85 31 Widerspruchsverfahren 87 13 Zuziehung eines Dispacheurs 87 7 Zweck der persönlichen Haftung 90 6 Dispacheur 85 50; 87 8
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Sachwortverzeichnis Dispachierungskosten 87 18 Distanzfracht 64 2; 71 11; 85 30 Berechnung 64 7 Voraussetzungen 64 3 Druck und Sog 23 2 Duldung der Zwangsvollstreckung 103 10; 103 19 Durchführung der Reise 42 9 des Pfandrechts 103 15 Durchgehender Ladeschein 72 32
Eichschein 8 17 Eichung 8 17 Eigentümer 1 2 eines Schiffes 1 1 Eigentum 1 2 an einem Binnenschiff 1 1 Eigentumserwerb Einf. 3 Eigentumswechsel am Schiff Einf. 3 Einfrieren 82 27 Einfuhrzölle 85 34 Einkommensteuer 6 6 Ein- und Ausladen, Haftung 59 8 Einladung Mehrlasten 40 6 Übung 41 9 verschiedene Ladeplätze 40 6 Einlagern von Gütern 26 24 Einlaufen in einen Zwischenhafen 82 27 Einnahme des Ladeplatzes 29 3 Einrede der Verjährung 117 8 Einrichtung 8 10 Einrichtungsgegenstände 117 Einsichtnahme in Verklärungsakten 13 6 einstweilige Verfügung 6 10 Eintragung des Schiffes Einf. 3 Eintragungsfähigkeit 643 Eintragungszwang 641 Eintritt des Winterfrostes 82 25 Einziehung der Frachtforderung 15 6 Eisenbahngewicht 73 10 Eisgang 28 13; 42 10; 71 14; 82 25 Einziehung des Kaufpreises 113 3 Empfänger 26 13; 46 10 Bestimmung des Löschplatzes 46 10 800
Ermittlung 47 7 Ermittlungspflicht 54 7 Haftung bei ungeeignetem Löschplatz 46 16 Untätigkeit 54 8 Wirksamkeit von Geschäftsbedingungen 5815 Empfangnahme 58 3 Haftungseinschränkung 61 3 Massengüter 58 3 Stückgüter 58 3 Empfangsbekenntnis 73 11 Empfangsberechtigter 89 8 Empfangsberechtigung 46 10; 72 28 Empfangsbescheinigung, Kostenerstattung 47 6 Empfangsschein 72 6 empfindliche Güter 8 10; 8 15 Entgelte für Verkehrsleistungen 689 Entlassung vgl. Kündigung Entlastungsbeweis 3 25; 58 29; 59 11 des Frachtführers 74 3 Entlöschung anderweitige Vereinbarungen 56 10 Durchschnittsmengen 56 7 Feststellung des Ladungsumfangs 56 8 gepackte Güter 56 6 Haftung 56 9 Kosten 56 3 lose Güter 56 3; 56 5 Reihenfolge 53 8 Entschuldigungsbeweis 92 8 Erfahrungssätze 92 b 37 erfolglose Retter 100 3 Erfüllungsgehilfen 3 5; 58 13; 68 17 Erfüllungsort 46 8 Erleichterung des Schiffes 57 4 Erlöschen der Ansprüche 61 4; 62 3 der Ansprüche aus verspäteter Ablieferung 62 3 des Pfandrechts 98 3 der sonstigen Ansprüche aus dem Frachtvertrag 61 4 erkennbare Mängel 76 2; 76 6 Erlaß 700 Ermittlungskosten 84 2
Sachwortverzeichnis Ermittlung des Schadens am Schiff nebst Zubehör 8510 Errechnung der Fracht 63 3 Errettung von Schiff und Ladung 79 1; 80 2; 82 5 Ersatzberechtigte 58 9; 76 10 Ersatzgüter 43 3 Ersatzleistung 58 10 Ersatz von Zubehör und Inventar 92 b 29 Ersatzmann 22 4 Ersatzschiff 57 1 Ersatzschiffsführer 9 4 Arbeitslohn 9 8 Geschäftsführung ohne Auftrag 9 5 Ersatzverpflichtung 92 b 24 Ersparungen 85 30 Erwerb einer Schiffspart 1115 und Verlust des Eigentums an einem Binnenschiff Einf. 3 Experte 60 6; 78 7
Fähranstalt 131 10 Fähre 131 10 Fährverkehr 131 11 Fahrgast 3 26; vgl. auch Reisender Fahrgastschiffahrt vgl. Personenbeförderung Fahrgastvertrag 77 11 Fahrgeld 77 2 Fahrkonnossement 72 12 Fahrlässigkeit 3 18; 92 b 16 Fahrpreis 77 2 Fahrtenbuch 21 4 Fahrtüchtigkeit 8 5 absolute 8 6 Haftung 3 33 relative 8 6 Fahrzeuge des Bundes 1 15 Fakturen 87 10 Familienangehörige 21 1 Fautfracht (Fehlfracht) 34 1; 34 5; 34 7; 36 6 als selbständiger Anspruch 34 7; 34 10 Berechnung 34 8 Fälligkeit 34 9 Stückgüter 39 4
Umfang 36 7 Vereinbarungen 34 12 Fehlfrachtanspruch 34 7 Fehlen der Ladebereitschaft 28 12 der Löschbereitschaft 47 12 Fehlfracht vgl. Fautfracht Fehlmenge 61 10 Feiertage 28 11; 29 5; 33 9; 42 7; 47 11 Fernschädigung 92 c 3 Festentgelte 26 20; 26 26; 690 Festfahren 82 16 festgesetzte Ladezeiten 29 1 festgesetzte Löschzeiten 48 6 festgesetztes Liegegeld 49 9 Festmache-Kosten 66 2 Feststellung des Mangels 61 13 des Sachverständigen 61 16 der Frachtgüter 41 10 einer Minderung 58 4 Feststellungsverfahren 61 12 ff.; 61 18 Feuersgefahren 82 17 Feuchtigkeit 76 6 Flaggengesetz Anl. Flüssige Güter 416 Forderungen 102 2 aus dem Arbeitsverhältnis 102 16 mit Schiffsgläubigerrecht 102 14 nach Beendigung der Frachtfahrt 106 5 Fortsetzung der Reise 71 1 Fracht 26 26; 26 20; 43 6 Berechnung 63 2 Fälligkeit 63 6 lt. Frachtvertrag 72 24 Liegegeld 49 5 Vereinbarungen 63 7 Verlust der Frachtgüter 65 4 Vorrang der Schiffsgläubiger 109 2 Frachtbrief 26 17; 72 4 Frachtenausschüsse 26 20; 37 5; 63 1; 693 Frachtenbildungsverfahren 689 Frachtenkommission 697 Frachtfahrt 106 6 Frachtfestsetzung 29 1 Frachtforderung 4 7; 15 6 frachtfrei 67 7; 67 17; 67 19 Frachtführer
801
Sachwortverzeichnis Anforderungen an die Sorgfalt 27 12, 76 7 Begriff 26 7 Beschlagnahme der Frachtgüter 45 11 Entlastung bei Verlust und Beschädigung 58 21 Entlöschung 56 7 Ermittlungspflicht 54 7 Haftung bei mißachteten Anweisungen 46 14 Haftungsbeschränkung, Einf. 2 Kardinalpflichten 73 11 Kündigung 51 4 Mitwirkungspflicht 56 7 Pfandrecht 67 3 Pflichten bei Mängeln 76 8 Sorgfaltspflicht 3 18 Treuhänder 89 10 Verantwortlichkeit 76 9 Verhältnis zum Absender 26 11; 72 34 Verhältnis zum Empfänger 2 6 1 3 Verhältnis zum Unterfrachtführer 26 9 Verkaufsbefugnis 52 14 Verpflichtung zur Leichterung 57 3 Verschlechterung seiner Lage 43 6 Zurückbehaltungsrecht 67 2 Frachtgeschäft 26 1; 26 7 Frachtgüter Ablieferung 58 5 Annahme 51 1; 61 8 behördliche Maßnahmen 45 11 Beschädigung 64 4; 69 6; 76 3 Beschaffenheit 43 6 Bezeichnung 45 2 Eigenschaften 45 2 Empfangnahme 58 3 Empfangsberechtigung 46 10 erkennbare Mängel 76 6 Feststellung des Zustandes 52 13 Feststellung 73 7 Gefahrenabwehr 45 8 geschlossene Gefäße 74 5 gleicher Beschaffenheit 60 4 Gewichtsverlust 65 2 Liegegeld 54 15 Löschen 46 1 ff. Löschung 56 1 ff.
802
mangelhafte Verpackung 76 5 schlechte Beschaffenheit 76 4 Transportunfähigkeit 68 11 Übergabe 58 4 Untersuchung 61 14 Frachtgut unter 10 t Verkauf 52 14 Verlust 43 7; 68 11; 69 5 Wiederausladung 37 1; 38 12 Frachtmenge 73 7 Frachtpapiere 26 17; 53 3; 63 3 Frachtreise 4 3; 42 9; 62 1; 64 1 Frachttarif 63 1 Frachtvertrag Abschluß 26 14 Abgrenzung zum Mietvertrag 26 24 Änderung 72 36 Auflösung 34 1 Beförderungshindernisse 68 14 Eintritt des Leichterschiffs 57 5 Erfüllung 61 8 Erfüllungsort 26 22 Frachtverlust 82 11 Inhalt 26 19 kombinierter Vertrag 26 24 Kündigung aus wichtigem Grund 36 2 Kündigung durch den Absender 36 1 Kündigung 33 2; 33 3 Rechtsnatur 26 22 Verladeklauseln 41 13 Vertragsauflösung 68 4 Rücktritt bei Stückgütern 39 6 Frachtvorschuß 68 14 Franchise 60 1 Frankoablieferung 67 17; 67 19 franko gegen Lieferschein 6 7 2 1 franko inkl. Kosten 41 13; 67 19 Frankoklausel 67 7 frei an Bord 41 13 frei Auskunftsschiff 41 13 frei Schiff 41 13 freies Ausladen 41 13 freies Einladen 213; 41 13 Freigrenze 60 1 Frei Schiff 41 13 frei Zoll 66 14 freischwimmende Fähren 131 2
Sachwortverzeichnis frei von Fracht 4113 Freizeichnung 3 32; 26 25; 41 10; 58 17; 70 10; 74 6; 92 c 6 Fahr- und Ladeuntüchtigkeit 8 6 Frachtführer 26 10 Mängel 7611 Schutzwirkung 58 17 Freizeichnungsabkommen 92 b 8 Frostwetter 82 27 Fürsorgepflicht 3 10
Gäste 21 1; 92 b 14 Gebrauchsgegenstände 85 75 gedeckte Schiffe 41 5 geeigneter Ladeplatz 27 10 geeigneter Löschplatz 46 12 geeignetes Schiff 58 22 Gefährdung der Gläubiger 114 3 des Schiffsvermögens 114 14 von Schiff und Ladung 41 6 Gefährdungshaftung 92 a 4 gefährliche Güter 7 9; 45 3 gefährliche Manöver 41 9 Gefahrenabwehr 45 8 gefahrgeneigte Arbeit 3 4; 102 16 Gefahrsituation 23 1 Gefahrengemeinschaft 79 2; 85 70 gegenwärtige Gefahr 78 4 Gehaltsforderung 102 16 Geld 58 8 Geltendmachung des Pfandrechts 103 15 gemeiner Handelswert 58 10; 62 8 gemeinsame Gefahr 78 4; 78 7; 78 11; 79 8; 8214 gemeinsame Löschzeit 49 8 Gemeinschaftsverhältnis 60 5 gepackte Güter 41 4; 41 5; 41 7; 41 9 Gepäck 4 a 1; 77 7; 85 7 Gepäckfracht 77 15 Gerätschaften 8 5 gerettete Güter Auslieferung 98 1 Auslieferungsverbot 99 2 Erlöschen des gesetzlichen Pfandrechts 98 3
gutgläubiger Erwerb 99 2 Haftung des Empfängers 100 5 Haftungsumfang des Empfängers, 100 6 Haftung des Empfängers u. andere Sicherungsrechte, 100 8 gerichtlich ernannte Sachverständige 85 12 Gerichtskosten 14 5 Gerichtsstand 6 12 f. der gewerblichen Niederlassung 6 4 des Heimatortes 6 2 Geruch 8 16 Gesamtkausalität 92 b 22 Gesamtschuldner 3 2; 3 28; 8 21 gesamtschuldnerische Haftung 3 28 Gesamtverfrachtung 26 7; 27 1; 38 1; 46 3; 47 12; 49 8; 57 9 Geschäftsbedingungen 58 16 Geschäftsführer ohne Auftrag 3 17; 78 15 Geschäftsherr 3 5 Geschäftsordnung 696 Geschäftsstunden 28 10 Gesetzliches Pfandrecht 52 14; 52 15; 67 4; 89 1 Gesetzliche Vertretungsmacht Beginn 15 3 Beschränkungen 15 4; 172 Beschränkungen gegenüber Dritten 17 1 Ende 15 4 Form der Beschränkung 18 2 Haftung des Schiffseigners 19 2 Inhalt 15 6 ff. Innenverhältnis 15 10; 18 1 Kenntnis des Dritten von Beschränkungen 17 3 Ladeschein 15 13 sachliche Beschränkung 15 14 Schiffsführer 15 1 ff. schiffahrtsfremde Geschäfte 15 8 Überschreitung 19 7 Übertragung auf Dritte 4 12 Übertragung 15 12 Verkehrsschutz 17 1 Verstoß gegen Beschränkungen 18 4 Zweck 15 2; 15 4 Gestörtes Gesamtschuldverhältnis 92 c 12; 92 d 5 Gewerbebetrieb 2 5
803
Sachwortverzeichnis Gewerbeordnung 24 3 Gewerbesteuer 6 6 gewerbsmäßige Beförderung 26 2 Gewicht 29 4; 48 7; 63 3 Gewichtsangabe 29 4 Gewichtsermittlung 41 10; 58 4; 61 13 Gewichtsfeststellung 56 8 Gewichtsminderung 58 7; 61 13 Gewichtsverlust 58 7; 61 13 Gewohnheitsrecht 26 27 gleichzeitige Schadensbehebung 92 b 30 Gondel 1 9 grenzüberschreitender Verkehr 8 19; 26 26; 63 1 grobe Fahrlässigkeit 17 3; 58 29; 75 3 große Haverei 64 6; 67 16; 78 1 ff. Abzüge 85 36 ff. Annahme 90 4 Aufwendungen 78 7 Ausbesserungsarbeiten 85 18 Ausbesserungskosten 85 22 Auseinandersetzungskosten 84 5 Ausgleichspflicht 82 18 Auslieferung der Frachtgüter bei Sicherheitsleistung 91 6 Annahmen von der Beitragspflicht 85 72 ff. Ausschluß des Ersatzes 812 außergewöhnliche Aufwendungen 78 11 außergewöhnliche Leichterung 82 15 außergewöhnliche Maßnahmen 82 16 Begriff 78 3 Beitrag der Ladung 85 55 ff. Beitrag des Schiffs 85 51 Beiträge 85 4 Beitragspflicht 81 1 Beitragspflicht geworfener Güter 85 66 Beteiligte 79 2 Einfluß der besonderen Haverei 80 3 Einführung 2 Einwendung des Empfängers 90 5 Einzelfälle 82 1 ff. Erfüllungsgehilfen 79 7 Erlöschen des Vergütungsanspruchs 8 1 3 Fahrgelder 85 45 Fahrtüchtigkeit des Schiffes 79 6 Freizeichnung 79 9
804
Gefahrenbekämpfung 79 6 Gefahrengemeinschaft 79 2 gemeinsame Gefahr 78 4 Hauptbeispiele 82 6 ff. Kaskoversicherer 78 16 Kosten 66 13 Kosten der Rettung 78 7 Ladetüchtigkeit des Schiffes 79 6 Leichterung 82 12 nachträgliche Verluste und Minderungen 85 78 ff. nichtvergütungsberechtigte Güter 85 6 persönliche Verpflichtung des Empfängers 90 3 Rechtsfolgen eines Verschuldens 79 8 Rettungsmaßnahmen 78 4 Schaden am Schiff 85 10 Schäden 78 12 Schadensermittlung 84 2 Schadensverteilung 85 46 ff. spätere Notfälle 85 69 stellvertretende Kosten 82 21; 82 15 Totalverlust 80 2; 81 4 Vergütung für beschädigte Güter 85 32 ff. Vergütung für das Schiff 85 21 Vergütung für entgangene Fracht 85 42 Vergütung für geopferte Güter 85 26 Vergütungsberechtigte 85 1 Verlust 80 4 Verpflichtung des Empfängers 90 2 Verschulden der Beteiligten 79 3 ff. Verschulden der Schiffsbesatzung 79 7 Verschulden des Frachtführers 79 6 Vorsatz 78 10 Wahlrecht des Empfängers 90 6 Wert der beitragspflichtigen Güter 85 60 Wiederherstellungskosten 814 Güter vgl. Frachtgüter Gutachten 84 2 Gutachterausschuß 26 28 guter Glaube 2 13; 72 27; 89 8 gute Sitten 58 18
Haager Regeln 61 1 Habe 85 75 der Besatzung 85 7; 85 75
Sachwortverzeichnis Hafen 82 25; 82 27; 82 28 Hafenabgaben 27 8; 102 15 Hafenanlagen 27 3 Hafenarbeiterstreik 29 7 Hafenfahrten 7 2; 131 2 Hafengebühren 27 8; 82 31 Hafengelder 66 2; 102 15 Hafenkenntnis 46 15 Hafenverkehr 38 1; 53 5; 54 4; 131 2 Haftpflichtversicherung 3 29 Haftung Amtshaftung 3 6 aus der Empfangnahme 58 2; 73 1; 75 1 aus der natürlichen Beschaffenheit der Güter 59 9 aus der Personenbeförderung 4 a 3; 77 3 aus der Schrift des Ladescheins 73 1; 75 lf. aus Personenschäden 92 c 11 der Entlöschung 46 14 des Empfängers nach Auslieferung 91 10 des Frachtführers aus dem Inhalt des Ladescheins 73 1; 75 1 des Frachtführers aus der Empfangnahme 58 2 ff.; 73 1; 75 1 des Frachtführers für Verlust und Beschädigung 58 6 des Schiffers 3 11; 4 a 6; 7 10 f.; 91 10; 92 b 16; 99 4 des Schiffseigners 3 5 ; 3 9 ; 4 3 ; 4 a 3 ; 5 1 f., 7 2 4 ; 8 10; 91 I l ; 9 2 b 4 ; 9 2 c 4 des Schiffseigners für Dienstverschulden der Schiffsbesatzung 3 2 f. für Beförderung lebender Tiere 59 10 für Handgepäck 77 8 für Verlust und Beschädigung 58 6 f. mangelhafte Verpackung 59 6 mit Schiff und Fracht 4 1; 4 7 Haftungsausschließung 59 1 bei Beförderung in Schiffen ohne Verdeck 59 3 bei der Beförderung lebender Tiere 59 10 bei mangelhafter Verpackung 59 6 für bestimmte Güter 45 9 Haftungsbeschränkung 1 1; 58 29; 102 23 Haftungseinschränkung 59 1 Haftungssysteme 1 1; 80 1
Handelsgebräuche 61 21 vgl. auch Übungen Handelsgewerbe 2 5 Handelswert 58 10 Handgepäck 4 a 2; 77 7; 85 76 Haupt- und Nebenforderungen 105 3 Hauptfrachtführer 26 7; 41 1; 72 32 Hauptladeort 27 3 Hauptniederlassung 6 4 Hauptschiff 57 9 Haverei 78 1 Havereibeiträge 85 46 f. Havereibeteiligte 87 9 Havereifall 85 1 Havereikosten 82 31; 84 1 Havereirevers 90 4 Havereiverbindlichkeit 85 47 Havereiverfahren 87 10 Havereivergütung 86 3 Havereiverteilung 78 13; 82 19 Havariekommissar 78 7 Hebung eines Schiffes 82 18; 82 20 Heimathafen 6 1 Heimatort 6 2 ff. Hemmung der Ladezeit 29 9 der Löschzeit 48 11 der Verjährung 118 8 Heuer 5 2 Hilfeleistung 93 3 ff. , 9 3 3 ff. Hilfeleistungsvertrag 15 7; 93 11; 100 3 Hilfskosten 97 1; 99 3; 100 2; 116 3 Hilfslohn 93 19; 94 4; 94 11; 95 1 ff.; 96 1; 9 7 1 ff., 102 4 Hilfslohnvertrag 93 11 Hilfsmannschaften 82 22 Hindernisse 71 4 Hinterlegung 67 2 beitragspflichtiger Güter 91 7; 52 11 der Stückgüter 54 12 Hinterlegungsstelle 52 11; 54 12; 91 7 Hochwasser 28 13; 71 5 Höhe der Distanzfracht 64 7 der Fracht 63 3 des Berge- oder Hilfslohnes 94 4; 9411 f. des Liegegeldes 30 2; 49 9
805
Sachwortverzeichnis höhere Gewalt 92 a 6 höhere Verwaltungsbehörde 133 1
Indossament 72 28 Inhalt des Gesetzes Einf. 2 des Ladescheins 72 13; 72 18 ff. des Pfandrechts 67 10; 103 10 Interessenwiderstreit 7 1 5 Internationales Privatrecht Einf. 4 Internationales Rheinschiffsregister 6 3 Internationales Ubereinkommen 92 2
Kabinengepäck 77 9; 77 10 Kaigebühren 102 15 Kaimauer 27 5 Kalendertage 29 6; 31 3; 31 4 Kanalgelder 66 4; 102 15 Kapital 105 2 Kapitän 7 1 Kardinalpflichten 3 32; 8 7; 58 18; 73 11 Kaufmann 1 4; 26 1 kaufmännische Meldestelle 47 8 Kausalität haftungsausfüllende 92 b 21 haftungsbegründende 92 b 21 Kenntnis 114 6 f. Klauseln 41 13; 63 3; 66 14 Kleidungsgegenstände 85 75 Kleingewerbe 1 4 Kleine Haverei 78 2 K o c h 21 1 Kommerzielles Verschulden 58 1 Kommissionär 67 16 Konkursverfahren 90 8 Konnossement 26 18 Konnossementsbedingungen 3 33; 26 10; 26 2 5 ; 5 8 1 8 Kontradiktorische Schadenstaxe 85 16, 92 b 32; 1 1 7 3 ; 1 1 8 2 Kontrolle 58 4 Kontrollmöglichkeit 58 4 Koppelverband 7 6 kostbare Güter 58 26 Kostbarkeiten 85 7
806
Kosten 70 6; 105 5 der Großen Haverei 66 13; 84 2; 84 4 der Hinterlegung 9 1 7 der Rechtsverfolgung 14 5; 92 c 9 der Verklarung 14 1 ff.; 84 3 der Vorbereitung der Reise 7 1 1 1 des Vorprozesses 4 25 der Wiederausladung 36 9; 71 17 des Ein- und Auslaufens 82 35 Kostenklausel 41 8; 56 4 Kostenordnung 14 1 Kostenschuldner 14 1 Kraftfahrzeuge 131 11 Krankenkassen 102 21; 108 1 Krankheit 9 4; 29 13 Kündigung 25 2; 25 8 Adressat 33 4 Arbeitsverhältnis 20 1 ff. Ausladung der Frachtgüter 36 8 bei zeitweiliger Verhinderung der Reise 719 der Ein- und Ausladung 36 9 der Ladezeit 33 3 des Frachtvertrages 36 3 ff. des Frachtvertrages, Ansprüche des Frachtführers 36 6 des Schiffsführers 20 1 ff. Mitbestimmung 20 4 Nachschieben von Kündigungsgründen 25 9 Umdeutung 25 10 Wirksamkeit 25 8 Zeitpunkt 33 6; 51 7 Zugang 33 4; 51 6 Kunstgegenstände 58 26
ladebereit 28 1 Ladebereitschaft 27 9; 41 2 Adressat der Anzeige 28 6 Anzeige 28 3, 4; 29 1 Begriff 28 1 Bescheinigung über die Anzeige 28 6 fehlende L . , 28 12 Ladebuch 85 7 Ladegerätschaften 8 10; 27 10; 40 2 Laden 3 15
Sachwortverzeichnis Ladeort 27 2; 43 5 Ladepapiere 8 14; 85 7 Ladeplatz 27 5 ff.; 40 2 ff.; 42 2 ff. Laderäume 41 2 Ladeschein 26 13; 26 18; 54 3; 72 2 Absender 72 9 Ausschlußurteil 72 29 Ausstellung 72 88 Bedeutung 72 6; 72 24 Begebung 72 25 Begebungsvertrag 72 12 Begriff 72 5 Besitzmittlung 72 27 Bevollmächtigter 67 3 Bezeichnung der Frachtgüter 74 2 Bezeichnung der Güter 72 21 Bezeichnung des Schiffes 72 23 Dispositionspapier 73 2 Einführung 2 Einsichtnahme 72 29 Einwendungen 72 44 Empfangsberechtigter 72 19 Entlastungsbeweis 74 3 Entlöschung 72 29 Fracht 72 22 Freizeichnungsvermerke 73 9 gesetzliche Vertretungsmacht 72 12 Haftung aus dem L . , 73 2 Haftung für Angaben 74 1 ff. Inhalt 72 6; 72 31 nähere Angaben 72 18 ff. O r t der Ablieferung 72 20 O r t der Ausstellung 72 18 Partikuliere 72 11 Teilpartien 72 10 Traditionspapier 72 27 Unterschrift 72 8 Verfrachtungsart 46 3 Verkörperung der Frachtgüter 72 27 Verlust 72 29 Verpflichtung des Frachtführers 72 25 Vertreter ohne Vertretungsmacht 72 11 Verzicht auf Ansprüche 72 25 Vorbehalte 73 10 Ladescheinbesitzer 72 28; 72 31 Ladescheinformulare 72 40 Ladescheininhaber 72 25; 72 28
Ladestelle 27 5; 28 13 Ladetag 48 14 Ladeuntüchtigkeit 3 33; 8 10 Ladezeit 28 9; 2 9 1 Abdingbarkeit 29 11 Bedeutung 29 2 Beginn 29 3 Berechnung 29 5 Dauer 29 4 Eisbildung 29 7 erhöhte Arbeitsleistung 29 8 Frachtenausschüsse 26 1 Frachtpapiere 29 4 H o c h - und Niedrigwasser 29 7 Kündigung 33 3, 4 Sperrung der Schiffahrt 29 7 Streik 29 7 Unmöglichkeit des Beiadens aller Schiffe 29 7 Unterbrechung 29 9 zeitweilige Behinderung 29 8 Ladung 3 25; 35 4; 66 10 Ladungsbeteiligte 7 14; 10 13 Ladungsfürsorge 3 21; 70 1 Anweisungen 70 8 Berechtigter 10 10 Dauer 10 11 Dringlichkeit 79 3 Ende 7 16 Haftung 70 7 ff. Maßnahmen 10 12; 70 3 Vergütungsanspruch 70 6 Ladungsgewicht 51 9; 43 3 Ladungsgläubiger 3 26 Ladungsgläubigerrechte 116 6 Ladungsgüter 102 20 Ladungsmangel 35 4 Ladungspapiere 8 14 Ladungsverzeichnis 85 7 Lagerhaus 36 8 Lager- und Frachtvertrag 26 24 Lagerung 62 6 Lagervertrag 26 21 Landfrachtrecht 26 6 Lebende Tiere 59 10 Leck 8 7 Leckage 8 1 3
807
Sachwortverzeichnis Leichterfracht 82 15 Leichterkosten 66 8; 82 35 Leichterlohn 82 15 Leichterrisiko 44 5 Leichterschiff Aufteilung der Löschzeit 57 9 Aushändigung von Urkunden 57 6 ff. Eintritt in den Frachtvertrag 57 5 Höhe des Liegegeldes 57 12 Reihenfolge der Entlöschung 57 9 f.; 57 11 Leichterung 5 7 2 ; 5 7 4 ; 6 6 8 ; 8 2 12 Leichtgut 43 6 Leihe 2 4 Leistungsort 86 6 Leitende Angestellte 20 1 Leuchtfeuergelder 66 2 Lieferschein 67 18 Lieferung der Frachtgüter 41 4 der Ladung 30 1; 30 3; 33 1 der Stückgüter 39 2 Lieferzeit 62 7 Liegegeld 27 11; 36 8 Anspruch gegen mehrere Schuldner 38 10 Begriff 301; 49 2 Behinderungen der Schiffahrt 49 4 Erlöschen des Anspruchs 30 6 Ersatz eines höheren Schadens 49 10 Höhe 30 2; 49 9 höherer Schaden 49 10 Leichterschiff 57 12 Schiffspfandrecht 30 2 Schließung der Schiffahrt 30 4 Schuldner 30 5; 49 6 Umfang des Anspruchs 30 3 verschiedene Absender 49 6 Voraussetzung 49 3 Vorteilsausgleich 49 4 Liegestelle, gefährliche Güter 59 4 Liegeplatz 27 5; 85 3 Lohnzahlung 24 1 Löschbereitschaft 72 39 Anzeige 47 1; 47 7; 53 8 Dauer 47 12 einmalige Anzeige 4711
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Empfangsbescheinigung 47 6 fehlende Voraussetzungen 47 12 Leichterschiff 57 11 Meldung 5711 verschiedene Empfänger 47 11 Verzicht auf Anzeige 47 9 Vorausmeldung 4710 Voraussetzungen 47 2 Vorlage des Schiffes 47 3 Zeitpunkt der Anzeige 48 4 Löschen 48 13 Löschgerätschaften 58 24 Löschort 46 4 Löschplatz Anweisung 46 9 Auswahl 46 10 Auswahl 55 2 Beurteilung 46 12 Eignung 46 12 fehlerhafte Anweisung 55 6 mehrere Empfänger 55 4 Mißachtung einer Anweisung 46 14 nicht gehörige Anweisung 46 13 Recht auf Anweisung 55 3 rechtzeitige Anweisung 46 11 Löschtag 48 2 Löschung 48 2 gepackte Güter 56 2 Hindernisse 56 2 loser Güter 56 2 Löschzeit 48 1; 48 3 Beginn 48 4 Berechnung 48 8 Dauer 48 6 ff. Hemmung 48 11 Hindernisse 48 11 Leichterschiff 57 9; 59 9 Liegegeld 48 3; 19 2 Schiffahrtsbrauch 48 8; 48 11 Überschreitung 30 4; 48 3; 49 2 Unterbrechung 48 12 Vergütung 48 3 zufällige Ereignisse 48 10 Lohnforderung 24 2; 102 16 Lohnzahlung 24 1 Lohnzahlungszeiten 24 1 lose Güter 41 4; 41 6
Sachwortverzeichnis Lotse 3 14; 21 2; 92 b 11 ; 92 d 2 ff. ; 92 f. 1 Lotsengebühren 66 6 Luken 8 1 0
Monopolstellung 3 32 Mundvorräte 85 74 Mutterschutzgesetz 20 1
Makler 26 15 mangelhafter Zustand des Schiffes 58 24 mangelhafte Verladung 8 16 mangelhafte Verpackung 76 5 Manifest 8 14 Manko 6 1 1 0 Manöver des letzten Augenblicks 92 b 16 Marktgerechtigkeit der Tarife 698 Marktpreis 52 14; 85 34 Maß 63 4; 63 7 Massengüter 41 6; 43 3; 66 2 Mehrarbeitsvergütung 24 6 Mehrgewicht 63 5; 63 7 Mehrkosten 35 7; 37 7; 46 10 Mehrlieferung 63 5 Meldeadresse 28 8; 47 8; 72 37 Meldestelle 27 2; 47 5 ¡ 4 7 11 Meldetag 38 2; 47 4; 48 4 Meldung 28 2 Menge 63 3 Merkzeichen 74 23 Messen 61 13 Mietcharter 2 6 Miete 2 4; 2 6 Mietforderung 67 6 Mietvertrag 26 24 Mindergewicht 60 1 Minderkaufmann 1 4 Mindermaß 60 3 Minderung 58 7; 61 10 Minderwert 75 3 Miteigentümer 1 3 ; 4 22 ; 60 5 Mitgliedsbeiträge 687 Mitgliedschaft 682 Mitteilungspflicht des Frachtführers 9 3; 52 6 ff. mittelbare Schäden 92 b 23 Mitverschulden 3 31 ; 58 27; 92 c 5 Mitwirkung des Beirats 679 Mitwirkung der Schiffsbesatzung 41 8; 56 6 M o b i l i a r i 17 Mobiliarzwangsvollstreckung 89 10
Nachen 1 9 nachfolgende Frachtführer 72 32 Nachprüfung durch amtlich bestellte Sachverständige 61 16 ff. Nahrungsmittel 85 74 Namenspapier 72 19 Nässe 76 6 nässeempfindliche Güter 26 20 Nässeschäden 81 3 Nationalität des Schiffes 368 natürliche Beschaffenheit der Güter 65 1 Naturereignisse 78 5 nautisches Verschulden 3 21 Nebenforderungen 105 2 Nebenkosten 85 14 neue Reise 3 27; 114 2 ff. Nettofracht 37 4 Nichtablieferung 36 5 Nichtausführung des Frachtvertrages 34 1 ff. Niederlassung 6 4 niedriger Wasserstand 44 9 Niedrigwasser 44 3 Nießbrauch 2 4 Notfall 42 7; 56 7; 85 69; 102 17 Nothafen 46 6 Notstand 92 a 4 Notstandsmaßnahmen 2 8; 3 24 Notstandsregelungen 675 Nutzungsverlust 92 b 29 f.
Oberrheinkonnossement 69 10 Obhut des Frachtführers 3 10; 3 20 des Schiffers 7 9 Obhutspflicht 3 20 öffentlich bestellter Sachverständiger 87 8 öffentliche Bekanntmachung 47 7 öffentliche Hinterlegungsstelle 99 3 öffentlichem Dienst gewidmetes Schiff 1 15; 93 4; 102 10 öffentlicher Glaube 657
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Sachwortverzeichnis öffentliches Lagerhaus 51 1; 52 2; 52 11 öffentliche Versteigerung 52 15; 67 2; 89 10 offenes Schiff 41 5; 59 4 ohne schuldhaftes Zögern 40 5 Opferung von Schiffsteilen oder Frachtgütern 82 6 Option 46 5 Orderladeschein 72 19 Originalladeschein 46 10; 72 7; 72 29; 72 31 Ort der Ablieferung 46 4 f. der Ausbesserung 85 18 der Schadensverteilung 86 3 des Schiffszusammenstoßes 92 3 Ortsgebräuche 26 27; 42 1; 59 2 ortsübliche Geschäftsstunden 47 10 ortsüblicher Ladeplatz 27 11; 40 7 ortsüblicher Löschplatz 55 6 Ortsverkehr 131 5 f.
Paddelboot 1 9 Paketschrott 58 6 Partien 53 3; 60 4 Partikulierschiffer 6 3; 7 5 Passivlegitimation 1 5 Pauschalfracht 63 2; 64 1 Pegelstand 73 10 persönliche H a b e 85 7 Persönliche Haftung 4 3 des Schiffseigners 3 2 ff.; 4 3 ff.; 7 24; 99 7 Personenbeförderung Einf. 2 4 Haftung 4 a 2 Haftung der Personen der Schiffsbesatzung 4 a 6 Haftung des Charterers 4 a 6 Haftungshöchstbetrag 77 8 Haftungsumfang 4 a 4 unbeschränkte Haftung 4 a 5 Vereinbarungen 77 11 besondere Vereinbarungen 4 a 9; 77 19 ff. Personenschaden 3 28; 9 2 f . 21; 102 19 Personenschiff 4 a 3; 77 1 ff. Personenschiffahrt 77 1 ff. Pfandklage 95 15; 97 14; 103 15; 112 5 Pfandrecht 67 3 an beitragspflichtigen Gütern 89 4
810
an dem Schiff 103 1 ff. an der Fracht, Befriedigung aus der Fracht 112 4 ff. an Ersatzforderungen 115 4 an Gepäck 77 6 an geretteten Gütern 97 5 an Schiffstrümmern 103 4 Aufgabeerklärung 103 9 Ausdehnung auf die Fracht 104 8 Ausübung 89 10 Dauer 67 8 f f . ; 112 2 Durchsetzung 67 12 Entstehung 103 2 Erlöschen 103 3 f. Geltendmachung 103 15 Haupt- und Nebenforderungen 105 1 Inhalt 67 10; 103 10 mehrerer Frachtführer 67 13 Rang 67 2; 67 16 U m f a n g 67 5 ff. ; 103 13 Zweck 103 14 Pfandverkauf 67 2 Pflichtwidrigkeit 3 19 Planken 1 15 Platten 1 16 Platzmangel 28 5; 47 4 positive Vertragsverletzung 3 5 Posterietätsprinzip 107 3; 116 4 prima facie 92 b 33 ff. Privatschiffer 6 3 ; 7 5 Produktaustritt 41 8 Protesterhebung 39 4 Protokoll 12 2; 13 6 Proviant 85 74 Prozeßzinsen 4 25
Qualität unbekannt 74 8; 76 8 Q u o t e n 92 c 7 f.
Rahmentarifvertrag 22 1 ; 24 1 ; 25 2 Rangfolge 105 6 der Pfandrechte für Bergungs- und Hilfskosten 1161 der Schiffsgläubiger 116 3, mehrere Pfandrechte 116 4
Sachwortverzeichnis Rangordnung 105 6 Rechnungslegung 10 5; 87 2 rechtsgeschäftlicher Vertreter 4 1 3 Rechtspflicht zum Handeln 92 b 17 Rechtsverlust 62 3 Rechtswahl Einf. 4; 86 2; 93 5 Rechtswidrigkeitszusammenhang 92 b 23 Reeder 1 1 Reederei 1 1 f.; Einf. 2 Reedereiflagge 2 6 Reihenfolge 55 5 reiner Ladeschein 58 20 Reinigung 8 16 Reise 1 1 Reiseantritt 49 9 f.; 68 5; 69 3 Reisebeendigung 7 16; 4 a 1 Reisefortsetzung 69 7 Reisegepäck vgl. Gepäck Reisender 77 6 Relative Fahrtüchtigkeit vgl. Fahrtüchtigkeit Reparaturen 4 7; 82 19 Reparaturunfähigkeit 82 19 Rettung 93 11; 95 6; 95 7 durch ein Seeschiff 93 6 durch mehrere Schiffe 95 7 Rettungsmaßnahmen 93 6 Reufracht vgl. Fehlfracht Rhein-Regeln 78 9 Rheinkonnossement 78 3 Rheinschiffahrtsbrauch 41 9 Rheinschiffahrtsgerichte 130 1 Rheinschiffahrtssachen 130 1 Rheinschifferpatente 8 1 4 Risiken der Schiffahrt 28 13 Rohprodukte 4 1 6 Roll-on-Roll-off 74 5 Ruderboot 1 9 Rückgabe des Ladescheins 72 29 Rückgriff 72 33 Rückladen 82 15 Rückreise 25 5 Rückreisekosten 25 5 Rücktritt des Absenders 35 3; 36 1; 39 7 Rücktrittsrecht 35 3; 36 1; 39 7; 71 1
Sachhaftung 4 2; 4 4; 4 7; 103 19; 104 1 f. Sachschaden 3 28; 92 b 27 Sachverständige 61 2; 76 6; 85 12 Satzung 686 Schadensanzeige 58 18 Schadensauseinandersetzung 87 2 Schadensausgleich 92 c 12 Schadensbehebung 85 19 Schadensersatzansprüche 61 2; 84 2; 85 19; 92 b 12 ff. Schadensminderung 1 1 9 Schadensschätzung, abstrakt 85 19 Schadenstaxe 85 52 Schadensverteilung bei gemeinsamem Verschulden 92 c 4 ff.; 92 f. 2 Scheinausrüsterverhältnis 2 6 Schiff 1 6 ff.; 110 2 Attest 21 4 Auswahl 44 2 Beladung 8 14 Bestimmung 44 2 Bestimmung eines bestimmten Schiffes 26 20 Eigentumserwerb Einf. 3 Eintragung 1 12 Fahr- und Ladungstüchtigkeit 41 2 Fahrtüchtigkeit 8 5 Gebrauchswert 92 b 28 Gefährdung 41 6 Miteigentümer 1 3 Rechtsbegriff, Einf. 3 Rechtsgrund der Verwendung 2 4 Stabilität 8 16 Umladung 44 3 Verpfändung, Einf. 3 Verwendung 1 1 Wache 23 3 wesentliche Bestandteile, Einf. 3 Zubehör, Einf. 3 Zwangsvollstreckung, Einf. 3 Sicherungsübereignung, Einf. 3 Schiffahrtsabgaben 102 14; 117 2 Schiffahrtsbrauch 28 11; 29 6; 42 1; 56 10: 59 9; 61 21; 63 3 Schiffahrtsdienste 21 1 Schiffahrtsgebräuche 26 27; 92 b 20 Schiffahrtsgefahr 93 7; 93 10
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Sachwortverzeichnis Schiffahrtsgerichte 130 1 Schiffahrtsschluß 30 5; 50 7 Schiffahrtsunfall 64 8; 92 4 Schiffahrtsunkosten 34 8; 66 10 Schiffe des öffentlichen Dienstes 1 15 Schifferdienstbücher 22 2 Schiff oder Ladung 92 8 und Ladung 78 17; 82 22; 85 48; 90 1 Schiff ohne Verdeck 59 2 Schiffsabgaben 1 1 7 2 Schiffsbauwerk 1 1 0 Schiffsbefrachtungsschein 26 16; 72 6 Schiffsbegriff 1 6 Schiffsbesatzung 3 11; 92 b 10 Absprach auf Berge- und Hilfslohn 23 7 Arbeitsverweigerung 23 5 Arbeitszeit 23 3 Attest 21 4 Befolgung von Anordnungen 23 1 Dienstenthebung 25 6 Dienstverschulden 3 1 eigene Rettungsmaßnahmen 93 18 Folgen von Pflichtverletzungen 23 5 Haftung für eigenes Verschulden 92 f. 1 Hilfeleistung 23 6 Kreditierungsverbot 24 3 Lohnansprüche 24 1 Pflichten bei Unglücksfällen 23 6 Präsenzpflicht 23 3 Schiffsgläubigerrecht 106 4; 107 4 Verschulden 92 b 16 Zugehörigkeit 23 4 Schiffsbrief 8 14 Schifferbörse 26 27 Schiffsdienst 21 1 Schiffseigner, Einf., 2 1 1; 3 2 ff.; 4 11 adjektizische H a f t u n g 4 1 7 Anweisung zur Auslieferung geretteter Güter 99 7 Anweisungen 7 20; 70 8 Ausgleichsanspruch 3 4 Begriff 1 2 beschränkt persönliche Haftung bei Abladung eigener Güter 112 8 Haftung bei gesetzlicher Vertretungsmacht 19 2 ff. Haftung aus dem Frachtvertrag 4 1 4
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Haftung aus positiver Vertragsverletzung 4 16 Haftung bei Anweisungen 7 24 Haftung bei Genehmigung von Rechtsgeschäften 4 16 Haftung für Anweisungen 99 7 Haftung für Bergungs- und Hilfskosten 4 19 Haftung für eigene Schiffsführung 4 23 Haftung für eigenes nautisches Verschulden 4 21 Haftung für Fahr- und Ladetüchtigkeit 8 20 Haftung für Forderungen aus dem Dienstverhältnis 5 1 ff. Haftung für die Haveriebeiträge 4 20 Haftung für rechtsgeschäftliche Vertretung 19 2 Haftung für Verschulden außerhalb der Schiffsführung 4 24 Haftungsgegenstand 4 7 Haftungsprivileg 92 d 5 Haftungsumfang 3 23; 3 27 persönliche Haftung 3 9 U m f a n g der Haftung für Vertretung 19 13 Verlust und Beschädigung 58 13 Verhältnis zu sonstigen Haftungsgründen 24 4 Voraussetzung der Haftung 3 17 ff. Schiffseigner-Schiffer 4 21 ff. Schiffsführer 7 1 Anforderungen an die Sorgfalt 7 8 ff. Anstellungsvertrag 7 4 arbeitsrechtliche Einordnung 21 2 Aufklärung des Schiffseigners 7 22 Auftreten im Rechtsverkehr 19 4 Aufzeichnungen 10 5 Ausbleiben von Anweisungen 1014 Ausgleichsanspruch 7 1 0 Auskunft und Rechnungslegung 10 6 Auslieferung beitragspflichtiger Güter 914 Ausstellung des Ladescheins 16 3 ff. außerordentliche Kündigung 20 3 Auswahlverschulden 9 7 Befehlsgewalt 7 7
Sachwortverzeichnis Begriff 7 2 Behinderungen 9 3 beitragspflichtige Güter 91 4 Beladung des Schiffs 8 14 Benachrichtigungspflicht 10 1 Bürgschaft 19 8 Dienstantritt 9 2 Dienstenthebung 20 5 Einholung von Anweisungen 10 7 Erfüllung der Dienstobliegenheiten 8 3 ff. Einbeziehung in eine Freizeichnung 7 11 Einholung von Anweisungen der Ladungsbeteiligten 10 13 Garantieversprechen 19 8 gefahrgeneigte Arbeit 7 1 0 Geheiß bei Gefahren 78 8 Geschäftsführung ohne Auftrag 16 2 gesetzliche Vertretungsmacht 4 11; 15 lff. Gewährleistungsvertrag 19 8 Haftung 7 10 H a f t u n g bei Auslieferung geretteter G ü ter 99 4 Haftungsausschluß 7 20 Haftungsumfang 7 1 8 Hausrecht 96 3 Kardinalpflichten 8 7 Krankheit 9 3 Kündigung 20 1 ff. Ladungsfürsorge 10 10 Maßnahmen bei beitragspflichtigen G ü tern 91 4 Mitteilung von Unfällen 9 3 ordentliche Kündigung 20 2 Patent 9 3 Prüfung vor Auslieferung geretteter G ü ter 99 3 Rechtsgeschäft 4 11 rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht 16 2 Schuldübernahme 19 8 Sorgfalt 8 1 Überschreitung der Vertretungsmacht 19 6 Überwachung der Schiffsbesatzung 8 3 Verhalten bei Interessenwiderstreit 10 15
Verletzung der Dienstobliegenheiten 7 10 Verpflichtung bei Stellvertretung 19 5 Verschulden 9 6 Vertretung vor Gericht 15 15 Vertretungsmacht, Übungen 15 14 Vollmacht 15 14 Weisungen 9 3 Zurückhaltung der Fracht 112 4 Schiffsführer/Schiffseigner 7 5 Schiffsführerzeugnis 8 14 Schiffsführung 3 14 Schiffsgerätschaften 8 10 Schiffsgläubiger 102 7; 106 1 ff.; 107 1 Schiffsgläubigerforderung 102 2 ff.; 102 14; 103 8; 104 1; 106 4 f f . Schiffsgläubigerpfandrecht 115 7 Schiffsgläubigerrecht 3 27 bei rechtswidrigen Handlungen 115 3 bei Vergütungen und Entschädigungen 1152 der Schiffsbesatzung 102 16 Beitragsforderung 89 2 f. beschränkt persönliche Haftung 113 2 Einführung 2 Entstehung 102 9 Fahrzeuge des Bundes und der Länder 102 10 gleichartige Forderungen 108 2 Lohnforderung 24 4 Rechtsnatur 102 8 Übertragung 102 13 U m f a n g der beschränkt persönlichen H a f t u n g 113 4 Vorrang am Schiff nebst Zubehör 109 3 Schiffskörper 1 6 f.; 85 14; 92 6 Schiffsmann 22 1 ff. Schiffsmannschaft 3 12; 8 12; 21 1 Schiffspapiere 8 1 3 Schiffspart Einf. 2, 111 1 Schiffspatent 8 14 Schiffsregister 2 14 Schiffsteile 82 10 Schiffsvermögen 103 10 Schiffszubehör 103 20 Schiffszusammenstoß 92 6; 92 f. 2 Schleppgelder 66 7
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Sachwortverzeichnis Schlepphilfe 92 b 15 Schleppschiffe 92 b 15 Schleppverband 92 e 2 Schleppvertrag 26 23 Schleusengelder 66 3 Schleusentarif 66 3 Schluß der ortsüblichen Geschäftsstunden 28 10; 4711 der Schiffahrt 29 7 Schlußschein 26 15; 72 2 Schmerzensgeld 3 8; 92 b 27 Schraube 1 16 Schleppverband, Haftung 92 e 2 Schleppverkehr 92 e 1 Schleppvertrag 26 23 Schubabkommen 3 34; 4 32 Schubboot 3 34 Schubbootbesatzung 92 b 13 Schubleichter 92 b 13 Schubverband 3 16 Haftung imS., 92 b 3 Schiffsbesatzung 7 7 Tiefgang der Lichter 8 5 Schuldnerschutz 112 9 Schuldstatut Einf. 4 Schuldversprechen 62 4 Schwarzfahrt 3 3; 3 21 Schwerbehindertengesetz 20 11 Schwergut 8 10; 8 15 Schwimmbagger 1 7 Schwimmdock 1 7 Schwimmkran 1 7 Schwimmrammen 1 7 Seerechtsänderungsgesetz 4 a 1 Seefrachtrecht 26 4 Seerecht 18, 3671 1; 93 4 Seeschiff 93 3; 93 4; 93 6 Seewurf 82 6 Segelboote 1 9 Selbstentlöschung 51 5; 52 2; 52 9 ff.; 54 1; 58 5 Selbsthilfeverkauf 52 14 Selbständiges Beweisverfahren 11 6; 52 13; 61 16 Sicherheit des Schiffes 46 16 Sicherheitsleistung 97 1
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Sicherstellung 99 3 der Havereibeiträge 91 4 Sicherung des Berge- oder Hilfslohnes 99 3 des Beweises 11 6; 52 13; 61 16 Slipkosten 85 23 sofortige Beschwerde 12 3 Sonntage 28 10; 29 5; 30 3; 31 5; 33 9; 42 7 Sorgfalt 3 18; 7. 8 eines ordentlichen Frachtführers 42 11 ; 58 21 eines ordentlichen Schiffsführers 8 1 Sorgfaltspflicht 3 17 ff. ; 7 8 ff. ; 8 1 ff. ; 9 2 f f . ; 11 7; 28 12; 42 11 Sozialversicherung 101 23 Spanten 1 16 Spediteur 26 11; 67 16 Spezialvollmacht 4 11 Sportboote 1 9; 1 15; 4 26 Sportfahrzeuge 115 Stabilität 8 17 Standort des Schiffes 15 12 Stationen 27 3; 63 7 statistische Gebühr 66 12 Stauung 8 16 Staufehler 41 7 stellvertretende Kosten 82 20; 82 32 Stellvertreter 4 11 ; 9 4 Stellvertretung 19 2 ff. stilliegendes Schiff 92c 38 strafbare Handlung 7 23 Strandung 82 14 Strandungsordnung 101 4 Stückgüter unter 10 t; 54 2 ff. Stückgüter 26 21 ; 38 4 ; 53 1 ff. ; 66 2 Aufforderung zur Lieferung 39 2 Fehlfracht 39 4 Höhe der Fehlfracht 39 5 Ladebereitschaft 39 2 Ladeplatz 39 2 Lieferung 39 1 ; 39 2 Recht auf Wiederausladung 39 7 Rücktritt des Absenders 39 6 Suche 97 2 Summenhaftung 4 1
Sachwortverzeichnis Tagebuch 10 4 Tagesfracht 63 2; 64 1; 65 4 Tankerladung 26 19 Tankschiffe 26 19; 29 1 Tankschiffstransportbedingungen 58 17 Tarifordnung 5 4 Tarifsätze 63 2 Tarifvertrag 5 4; 22 1 Taxe 85 13; 85 15 Teildispache 86 5 Teilladung 34 2; 35 1 ff. Teillöschung 46 10 Teilpartien 72 10 Teilungsklage 60 5 Teilverfrachtung 26 21; 38 1 ff.; 46 3; 53 2 f. teilweiser Verlust 68 12 Tiere 65 3 Tonnengelder 66 2 Tötung 4 a 1 Totalverlust 61 4; 80 2; 80 4 Traditionspapier 72 27 Tragfähigkeit 8 18 Tragung der großen Havereikosten 78 13 Trajektschiffe 1 15 Trajektverkehr 1 1 5 ; 131 8 f. Transportunfähigkeit 68 11 Treuhänder 89 10 Treu und Glauben 52 2; 58 18 Triebkraft 2 18 Trinkgelder 93 18 Turnmanöver 82 18 Turnvertrag 93 20 typische Schiffsgefahren 3 25
Überläufer 41 8 Übergabe 58 4 des Gutes 58 4 des Ladescheins 72 12 zur Beförderung 58 4 Übergewicht 60 3 überladen 8 1 8 Überliegezeit 31 1 f.; 31 3 ff.; 49 10; 50 2 ff.; 53 9 Übermaß 60 3 Übernahme 61 8 von Ersatzgütern 43 1 ff.
von Gütern mit erkennbaren Mängeln 76 8 f. Überschreitung der Ladezeit 31 3; 34 1 der Löschzeit 49 10 der Überliegezeit 33 1 Überstunden 24 6 Überstundengelder 24 6 Überstundenvergütung 29 8; 42 5; 42 8; 56 7 Überwinterung 71 14 ff. Überwinterungskosten 82 25 übliche Fracht 63 2 Übungen 7 9; 26 28 Ufer 66 2 Ufergelder 66 2 U m f a n g der großen Haverei 82 1 f. der Frachtgüter 41 10 Beitragspflicht 9 1 5 U m f a n g des Pfandrechts 67 5 Umladeklausel 44 10 Umladung 8 18; 44 3 ff. in Leichterschiffe 57 1 ff.; 66 8; 82 12 f. Umlagern 66 12 Umschlagunternehmen 41 9 Umschütten 66 12 Umstauung 38 12; 66 12 umweltschädliche Ladung 52 5 ff. Unbekanntklausel 74 8 unbeschränkte Haftung 4 13 Unbewegliche Sachen 1 1 6 Undichtigkeit des Schiffes 8 7 unerlaubte Handlungen 3 1 7 ; 7 1 1 ; 1 9 9 ; 6 2 6 Unfall 6 5 1 ; 64 5 ungeeigneter Ladeplatz 27 10 Löschplatz 46 12; 55 6 ungefähr 63 3 Ungewißheit 92 a 7 Unkenntnis vom Verbleib der Frachtgüter 58 7 von Vorschriften 92 b 18 Unkosten der Schiffahrt 66 1 unmittelbarer Besitz 67 8 unmittelbare Stellvertretung 19 2 Unterbrechung der Ladezeit 29 10 der Löschzeit 49 11
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Sachwortverzeichnis Unterfrachtführer 26 7; 41 1; 72 32 Unterfrachtvertrag 26 7 Untergang des Gutes 85 27 des Pfandrechtes 103 4 des Schiffes 1 14; 25 3 unterlassene Rettungsmaßnahmen 93 22 Unterlassen der Beladung 34 1 unter Protest 63 3 Unterschied zwischen alt und neu 85 21; 85 24 Unterschrift des Frachtführers (Ladeschein) 72 13 Untersuchung der Frachtgüter 6 1 1 4 Untiefe 92 b 20 unverschuldeter Schiffszusammenstoß 92 a l unversehrte Güter 85 61 unverwogen übernommen 73 10 unverzüglich 85 6 Unvollständigkeit der Ladung 35 4; 35 7 Unvermögen 71 4 unverständige Verbote 96 5 Ursachen einer Gefahr 93 6
Veräußerung des Schiffes 15 14; 103 18 Veranlagung zur Gewerbesteuer 6 6 Verbesserung des Schiffes 85 21 Verbote 3 20 Verderb der Frachtgüter 70 3 verdorbene Güter 85 37 vereideter Probenehmer 76 6 vereinbarte Fautfracht 34 12 vereinbarte Ladezeit 29 1 vereinbarte Löschzeit 48 6 vereinbarte Uberliegezeit 31 4; 49 10 Vereisung 27 7 Verfahren der Dispache 87 12 in Binnenschiffahrtssachen 94 8 f. Verfrachter 26 7 Verfrachtungsarten 53 1 ff. Verfrachtungsbedingungen 3 3 2 ; 2 6 2 5 ; 2 7 6; 41 13; 42 13; 56 10; 58 14; 58 16; 61 19;637
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Verfügungsberechtigung 37 9 Verfügungsrecht des Absenders 26 14; 58 19 über die Frachtgüter 46 10 Vergütung für aufgeopferte Güter 85 26 für beschädigte Güter 85 32 ff. für entgangene Fracht 85 42 Vergütungen 85 39 f. Vergütungsberechtigte Gegenstände 85 6 ff. Vergütungsberechtigung 85 2 ff., 89 4 ff. Vergütungsberechtigung bei nachfolgender besonderer Haverei 81 1 Verhinderung 29 7 f. der Löschung 48 10 der Reisefortsetzung 68 2 des Antritts d e r R e i s e 3 4 1 1 ; 6 8 2 ; 6 8 5 Verholen des Schiffes 41 9 Verjährung 4 4; 7 11; 1171 ff. Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern 118 3 Verjährungsbeginn 117 2 ff. deklaratorisches Schuldanerkenntnis 118 18 Einführung 2 Frist 58 18; 117 12 ff. Eintritt 117 16 fortdauernde unerlaubte Handlungen 1175 gesetzliche Frist 117 9 H e m m u n g durch P K G - G e s u c h 118 8 H e m m u n g durch Verhandlungen 118 8 Lohnforderung 24 5 nicht vorhersehbare Schäden 1174 Nutzungsausfall 117 4 Rentenforderung 117 3 Spätfolgen 117 4 Unterbrechung 117 6, 7 von Schiffsgläubigerforderungen 117 28 Wirkung 117 8 vertragliche Frist 117 9 vertragliche Verkürzungen 118 17 Verzicht 117 10 Verkauf aus freier H a n d 52 14 der Frachtgüter 89 10 der Stückgüter 52 14; 54 14
Sachwortverzeichnis Verkaufsbefugnis des Frachtführers 54 14 Verkaufsberechtigung 67 12 Verkaufspreis 85 26 Verkaufswerte 67 12 der Güter 85 26 Verkehrsabgaben 66 8 Verkehrssicherheitspflicht 3 13; 46 16 Verkehrswert 58 10 f. Verklarungsverfahren 111 Abschluß 13 7 Akteneinsicht 13 6 Antragsberechtigter 116 Antragstellung 119 Ausdehnung der Beweisaufnahme 12 1; 13 2 Bedeutung 11 2 ff. Beeidigung des Schiffsführers 13 4 Beschwerde 12 3 Beschwerdebefugnis 13 3 Beweisanträge 13 3 Eröffnung 12 2 Inquisitionsmaxime 12 1 Kosten 11 8; 141; 14 6; 84 3 Kostenerstattung 14 3 Kostenhaftung 14 4 Mitwirkung Dritter 12 6 Parteibetrieb 13 1 Parteivernehmung 13 1 Parteivertreter 12 8 Protokoll 13 6 Rücknahme des Antrags 1110 Vernehmung des Schiffsführers 13 4 Vernehmung von Zeugen 13 5 Verweigerung des Antrags 117 Voraussetzungen 114 Zuständigkeit 1111 Zweck 11 2 verkürzte Ladezeiten 29 4 verkürzte Löschzeiten 53 7 Verladearbeiten 41 9; 42 3 Verladebedingungen 41 13 Verlader 26 12 Verladung 36 8; 59 8 Verlängerung 50 2 der Ladezeit 29 1 der Löschzeit 48 4 verlassenes Schiff 93 13
Verletzung von Personen 718 verlorengegangene Güter 64 1 Verlust 58 10 Verlust der Frachtgüter 58 6 ff. der Ladung 93 8 der zu befördernden Güter 93 8 des Schiffes 93 8 von Reisegepäck 77 8 Vermengungen 60 5 Vermietung 67 4 Vermischung loser Güter 60 2 Vermischung gepackter Güter 60 5 Vermittler 26 15 verpackte Güter 74 5 Verpackung 59 6 Verpackungsmangel 59 6 Verpfändung des Schiffes 117 Verpflichtungsurkunde (Ladeschein) 99 7 Verrichtungsgehilfen 3 7 Versandbereitschaft 34 12 Verschulden 3 2 ff.; 7 10; 28 12 beim Schiffszusammenstoß 92 b 1 ff. der Schiffsbesatzung 3 11 ff; 92 b 10; 92 b 16;92 b 1 8 in Ausführung der Dienstverrichtungen 3 17 ff. Versender 26 11 Versenken des Schiffes 82 16 Versenkung 82 17 Versicherer 44 3; 82 18 Versicherung eines Binnenschiffes 85 5 Versicherungsnehmer 10 2 Versicherungswert 85 52 verspätete Ablieferung 62 1 f. Verspätung 62 2 Verstauung 41 7 f. Versteigerung 52 15; 67 2 Verstreuung 59 9 Verteilung der Havereischäden 85 1 der Schiffahrtsunkosten 66 9 des Berge- und Hilfslohnes 95 1 des Frachtgutes 54 11 des Schadens 85 46 Verteilungsplan 86 1 Verteilungsvereinbarung 670
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Sachwortverzeichnis Verteilungsverfahren 1 1 Vertragsfreiheit Einf. 5; 58 18 Vertragshaftung 3 5 Vertragslotse 3 13; 21 1 Vertragsmäßige Hilfeleistung 100 3 Vertrag mit Schutzwirkung 3 30; 3 34; 7 1 1 ; 2610 Vertragsstrafe 30 1 Vertragsverbindlichkeiten des Schiffseigners 3 3 Vertreter ohne Vertretungsmacht 4 1 2 Vertretungsmacht 7 3; 15 1 ff.; 16 2; 17 2 des Schiffers 15 1 ff.; 16 2; 17 2 Verunreinigung von Gütern 8 1 5 Veruntreuung geborgener Gegenstände 96 6 Verwahrungsvertrag 58 3; 61 8 Verwender 1 2; 2 1 Verwendung des Binnenschiffes 1 1 5 Verwiegung 61 19 Verzögerung 11 12; 27 9 der Löschung 52 3 der Reise 36 2 volle Fracht 65 1 volle Ladung 42 10 Vollkaufleute 1 4 Vollmachtserteilung 4 13 vollstreckbarer Titel 103 15 Voranmeldung 28 10 Vorausanmeldung 72 39 Vorausmeldung 47 10 vorbereitende Maßnahmen 4 1 3 vorbehaltloser Ladeschein 73 8 Vorrang 109 2 Vorsatz 78 10 Vorschüsse 72 22 Vorteilsausgleichung 34 7; 35 4; 49 4 Vorzugsweise Befriedigung 97 3
Wache 23 3 Wächter 82 25; 82 34 Wägen 56 8 Wahlrecht 85 67 Wahrschauposten 23 2 Warenprobe 76 6 Warenkunde 45 2
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Wartezeit 51 1 Bedeutung 51 3 Beginn 33 7; 51 8 Begriff 51 2 Charakter 33 2 Berechnung 33 9 Dauer 33 8; 51 8 Ende 51 10 Kündigungsklärung 33 2; 51 4 Nachfrist 33 2 Selbstentlöschung 52 2 Wasserpolizei 2 1 5 Wasserstände 44 9; 92 b 20 wasserstandsgemäße Ladung 43 3 Wasserstandsklausel 44 10 Wasserstandsnachrichten 44 9 Wasserstandsverhältnisse 8 17 Wassertiefe 27 10 Wechsel 62 4 Weiterverwendung des Schiffes 114 4 Werften 85 23 Werktage 28 10; 29 5; 33 6 Wert der beitragspflichtigen Güter 85 60 des Schiffes 114 12 Werterhöhung 85 21 Wertermittlung 85 60 Wertgegenstände 86 76 Wertminderung 58 8 Wertpapiere 58 26 Wertsachen 77 8 Wertverringerung 85 64 wesentliche Bestandteile 2 1 3 wesentliche Teile 2 1 7 wichtiger Grund 25 3 widerrechtliche Verwendung 2 13 Wiederausladung 38 12; 71 12 Wiegegelder 66 10 Winterfrost 82 27 Winterhafen 82 22 Witterungseinflüsse 92 b 20 Wohnschiff 1 7 Wohnsitz 6 12 Wrack 1 14; 103 4
York-Antwerp-Rules 85 3; 86 2
Sachwortverzeichnis Zählen 41 10 Zahlung 91 5 Zeichnungsbefugnis 16 4 Zeit für den Antritt der Reise 42 9 zeitweilige Verhinderung 71 4 ff. Zentralkommission für den Rhein 26 28 Zinsen 105 4 Zirkagewicht 73 10 Zirkaklausel 63 3 Zölle 58 5 Zollgebühren 66 12 Zollpapiere 8 14 Zollvorschriften 8 20; 45 9 Zubehör 2 7; 4 7 Zubehörteile 1 17; 4 10; 8 7 zufällige Ereignisse 68 2; 68 5 Zufall 68 5 Zufrieren 82 32 Zug um Zug-Leistung 63 6 Zuladeort 67 2 Zuladung 27 2 zulässiges Mankogewicht 59 9 Zumessung 73 8 Zurückbehaltungsrecht 67 11; 94 5 an geborgenen Gegenständen 97 9 zusammengesetzte Reisen 86 5
Zusammenstoß, Einf. 2 Haftungsausschlußgründe, 92 a 4 interner Ausgleich unter Gesamtschuldnern 92 b 6 mehrere Beteiligte 92 b 4 Schadensverteilung 92 c 4 Tragweite des Haftungsausschlusses 92a 8 Verschulden aller beteiligten Schiffe 92 c 2 f. Verjährung 118 2 Zuständigkeit 1111 des Arbeitsgerichts 24 6; 25 7; 104 9 der Schiffahrtsgerichte 130 1 Zustand der Frachtgüter 52 13 Zustellung 6 5 Zuwiegung 73 8 Zuzählung 73 8 Zwangsgeld 87 11 Zwanglotse 3 13; 92 b 12 Zwangsversteigerung 6 9; 103 20; 110 8; 111 5 Zwangsvollstreckung, Einf. 2; 6 9; 103 3 ff.; 1126 Zwischenhafen 46 6; 82 6; 83 5
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Walter de Gruyter Berlin • New York
Neuerscheinung Erwin Beckert/Gerhard Breuer
Öffentliches Seerecht Groß-Oktav. XXII, 848 Seiten. 1991. Gebunden. DM 378,ISBN 3 11 009655 2 Seit d e m 1903 in zweiter Auflage erschienenen Werk von Ferdinand Pereis "Das internationale öffentliche Seerecht der Gegenwart" fehlt in der Bundesrepublik eine geschlossene Darstellung des öffentlichen Seerechts, d.h. der Regeln, die kraft Völkergewohnheitsrechts, internationaler Übereinkommen oder nationaler Rechtsvorschriften der Bundesrepublik für die Nutzung des Meeresraumes gelten. Während d a s Meer früher nur durch Schifffahrt und Fischerei genutzt wurde, haben in neuerer Zeit die wirtschaftliche Verwertung der lebenden und nichtlebenden Meeresschätze, Interessenabgrenzungen und geregelte Ü b e r w a c h u n g (Umweltschutz u.a.) eine ständig w a c h s e n d e Bedeutung erlangt. Der Fischfang ist für die Welternährung wichtig geworden, Fangmengen und Fanggebiete haben sich vergrößert; der Bestand mancher Fischarten ist gefährdet. Die Gewinnung von Mineralien des Meeresbodens und -untergrundes wird zur D e c k u n g des Weltbedarfs wichtiger. Die Einleitung diverser Abfallprodukte und die d a d u r c h hervorgerufene Verschmutzung d e s Meeres bereiten Sorge und gefährden in vielen Seegebieten (Nordsee, Mittelmeer u.a.) lebenswichtige Funktionen des Meeres. Die Intensivierung der Meeresforschung ist auf allen genannten Sachgebieten notwendig. Die Seeschiffahrt, die allen neuen Nutzung e n dient, unterliegt, was die Schiffe, die Navigation, die Ladungsgüter und den internationalen Wettbewerb anbetrifft, ständigem Wandel. Die militärische Nutzung der See hat sich grundsätzlich geändert; an Stelle der Führung von Seekriegen sind gegenwär-
tig laufend örtlich begrenzte Krisen und Konflikte zu bewältigen. Alle diese Wandlungen finden in internationalen Regeln und nationalen Rechtsvorschriften ihren Niederschlag. Die Zahl der beteiligten Welt- und Regionalorganisationen sowie nationaler Behörden des Bundes und der Länder ist erheblich. Vorschriftensammlungen sind vorhanden, können aber die oft unsichtbaren Querverbindungen nicht aufzeigen. Alle Neuerungen sind Gegenstand zahlreicher u n d verstreuter Aufsätze und Einzeldarstellungen; internationale Fragen sind meist in Englisch abgehandelt. Das Gebiet des öffentlichen Seerechts ist, zumal Verwaltungsvorschriften häufig geändert werden, recht unübersichtlich und schwierig darzustellen. Dem trägt das vorlieg e n d e Werk durch eine sachgerechte Gliederung und Herausstellung der Grundsätze Rechnung. Den Abschnitten über die räumliche Ordnung des Meeres, bei welcher das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 eine wichtige Rolle spielt, folgen Abschnitte über die anderen oben genannten Nutzungen d e s Meeres. Hinweise auf die vom Bundesjustizministerium jährlich herausgegebenen Fundstellennachweise helfen den Benutzern, die zitierten Vorschriften in jeweils neuester Fassung aufzufinden.
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