Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 2 [Reprint 2019 ed.] 9783111582689, 9783111209500


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Inhaltsverzeichniß Des II. Bandes
Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte. Erster Theil. Die persönlichen Rechte oder die Lehre von den Schuldverhältnissen. Zweites Hauptstück. Die einzelnen Schuldverhältnisse
Erster Titel. Schuldverhältnisse aus Handlungen
Erster Abschnitt. Schuldverhältnisse aus Verträgen
Erstes Kapitel. Verträge, deren Leistung cm Geben ist
§. 121. Die systematische Ordnung
§. 122. Die Schenkung
§. 123. Der Tausch
§. 124. I. Der Begriff und die Abschließung
§. 125. II. Die Wirkungen
§. 126. III. Nebenverträge
§. 127. IV. Aufhebung und Anfechtung
§. 128. V. Besonderheiten des Sachenkaufs
§. 129. VI. Besonderheiten des Kaufs von Rechten
§. 130. VII. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf
§. 131. VIII. Der Zwangverkauf
§. 132. Der Trödelvertrag
§. 133. Das Spiel und die Wette
§. 134. Der Verlagsvertrag
§. 135. Der Leihvertrag
§. 136. Die Sachenmiethe und Pacht
§. 137. Die Kapitalsleihe und Kapitalsmiethe. Das Darlehn
§. 138. Die Dienstmiethe und Werkverdingung
Zweites Kapitel. Verträge, deren Leistung ein Thun ist
§. 139. Der Verwahrungsvertrag
§. 140. Der Gastaufnahmevertrag
§.141. Der Pollmachtsauftrag
§. 142. Der Verwaltungsvertrag
§. 143. Der Gesellschaftsvertrag
Drittes Kapitel. Sicherungsverträge
§. 144. Der Bürgschaftsvertrag
§. 145. I. Versicherungen gegen Gefahr an Sachen
§. 146. II. Versicherung der Person
Zweiter Abschnitt. Schuldverhältnisse aus einseitigen Rechtshandlungen
§. 147. Die Bereicherung
§. 148. Die nützliche Verwendung
§. 149. Die Geschäftsbesorgung ohne Auftrag
§. 150. Die Zurückforderungsrechte
Dritter Abschnitt. Schuldverhältnisse aus rechtswidrigen Handlungen
§. 151. Verletzungen der Person
§. 152. Die Bermögensbeschädigung
§. 153. Der Nachdruck
§. 154. Die Beschädigung durch Amtshandlungen
Zweiter Titel. Schuldverhältnisse aus Zuständen
§. 155. Uebersicht
Berichtigungen und Nachträge zum ersten Bande
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Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 2 [Reprint 2019 ed.]
 9783111582689, 9783111209500

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Theorie und Praris des

heutigen gemeinen preußischen

Privatrechts auf der Grundlage deS gemeinen deutschen Rechts. Von

Franz Förster, Dr. L. R. Appellatton-gerichtSrath zu Greifswald.

II. Band.

Berlin. Druck und Verlag von Georg Reimer.

1866.

I—Giro —BEEifn uun

einem] I

Theorie und Praris des

Heutigen gemeinen preußischen

Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts.

Von

Franz Förster, Di r. N ApvellationSqerichtSrath zu Greif-wald.

II. Ban d.

Berlin. Druck unti Verlag von Georg Reimer.

1866.

Jnhaltsverzeichniß des II. Bandes.

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Elfter Theil. Die persönliche» Rechte, oder dir Lrhre von de» Schuldverhältniffea. Zweites Hauptstück.

Die einzelnen Schuldverhältnisse.

Sette §. 121.

Die systematische Ordnung...................... .......................................................... Insbesondere Klassifizirung der Verträge. 4.

Erster Titel.

Schuldverhältnisse aus Handlungen.

Erster Abschnitt. Erstes Kapitel.

Schuldverhältnisse auö Verträgen. Verträge, deren Leistung cm Geben ist.

Erste Gruppe. §. 122.

Die Schenkung

Erwerb-verträge. ..............................

1. Stellung im S stem. b. Desim.ion bv6 A.^dh. ». n. Dcr 3t* griff. 8. III. Innere Voraussetzungen: Schenkung-absicht. 10. Ver­ muthete Absicht. 11. Annahme. 12. IV. Gegenstand. 14. Gau-eVermögen oder aliquoter Theil. 15. Erbschaft. 17. V. Sch. an Mehrere. 17. VI. A. Die Form. 18. B, Widerruf. 22. — 1. Ohne besonderen Grund. 24. — 2. Besondere Gründe: a. Uebermaß. 25. b. Grober Undank. 26. c. Nachgeborene Kinder. 27. d. Klage und Einrede des Widerrufs. 28. Vererblichkeit. 29. Stillschweigender Widerruf. 29 VII. Verarmung des Schenkenden. 30. VIII. Klage auf Erfüllung. 31. IX. Besondere Arten: a. Gemischte Schenkung. 32. b. Belohnende Schenkung. 32. c. Belastete Schenkung. 35. d. Wech. selseitige Schenkung. 36. e. Sch. aus den Todesfall. 37. Willkürliche Widerruflichkeit. 39. Verwandschaft mit dem Legat. 41. X. Schen­ kungen an Kirchen u. s. w. 42. §.123.

Der Tausch.............................................................................................................43 Ansichten der Römer. 43. Heute Konsensualvertrag. 44. pflicht. 44. Geldwechsel. 46.

EviktionS-

3

IV

Inhaltdverzeichniß des H. Bandes. Seite

Der Kauf und Verkauf §.124.

.

.

.

I. Der Begriff und die Abschließung A. Begriff. Gegenseitigkeit und Verschiedenheit der Leistungen. 47. Definition. 48. B. Käufer und Verkäufer. Unbestimmter Käufer. 48. Bertragsfähigkeit. 50. Erwerbsverbote. 51. C. Gegenstand 52. Im freien Verkehr. 52. Bestimmtheit, eigene und fremde Sache. 53. Wirk­ liche. 55. Theilweise Nichtexistenz. 56. D. Der Preis. 57. Entspre­ chender (justam). 57., wahrer, bestimmter. 58. Nebenleistungen. 60. E. Willenseinigung. 60. Bedingungen. 61. Kauf auf Probe. 62. Zwei­ felhaft, ob er ein bedingter Kauf. Auffassung des röm. R. 63. Neuere Ansichten: Goldschmidt, Fitting, Unger. 64. Kritik derselben. 65. Ein­ seitig bindende Offerte, nicht bedingter Kauf. 67. Nach preuß. R. 68. F. Die Form (Subhastation, Auktion). 70.

46 47

§. 125. II. Die Wirkungen........................................................................... 71 ' A. Verbindlichkeiten des Verkäufers. Uebergabe. 71. Nebensachen, Zu­ behör. 72. Unter Abwesenden. 73. Freier Besitz. 73. Vertretung des Verk. 74. Verzinsung des vor der Uebergabe empfangenen Preises: Keiner darf wider den Willen des Andern Sache und Kaufgeld zugleich nutzen. 74. Gewährleistung, Eviktion. 75. Gewährlerstung bei Vieh­ handel. 76. B. Verbindlichkeit des Käufers. Uebernahme. 77. Ver­ zug dabei. 77. Zahlung des Preises. 78. Kreditirung. 79. Vorsatz und Versehen bei Abschluß des Geschäfts. 80. C. Uebergang des Eigen­ thums. 80. Bei Abwesenheit. 81. Uebergang der Gefahr, 81., der Nutzungen. 83. §. 126. III. Nebenverträge........................................................................... 84 1. Vorbehalt der Verwirkung (lex commissoria). 84. Ob als Bedin­ gung des Kaufs aufzufassen? 85. 2. Vorbehalt des Eigenthums. 87. Ob er den Kauf bedingt? 87. Als Hypothek an der Sache. 89. 3. Vor­ behalt eines besseren Käufers (in diem addietio). 89. 4. Reuvertrag. 91. 5. Wiederkauf. 92. Wiederkäufliche Zinsen. 94. 6. Vorkaus. 95. §. 127. IV. Aufhebung und Anfechtung........................ .... ............................95 A. Aushebungsgründe: 1. Beiderseitige Einwilligung. 95. 2. Einseitig ausgebliebene Erfüllung. 96. B. Ansechtungsgründe. Besonders Ver­ letzung über die Hälfte. 97. §. 128. V. Besonderheiten des Sachenkaufs.......................................... .... 1Q4 A. Der Antheilskauf (Quotenkauf). 104. B. Der Wahlkauf. 106. C. Der Gattungs- und Mengekauf (emtio ad mensuram). 107. Die Aus­ scheidung. 108. D. Der Kauf in Pausch und Bogen (emtio ad Cor­ pus). 110. E. Der Lieferungsvertrag. 113. Verschiedene Ansichten über ihn. 113 Begriff. 116. Besonderheiten. 117. Handel mit Staats-, Kredit- und Jnhaberpapieren. 118. F. Gewagte Geschäfte. 118. Hoffnungskauf. 119 Von beiden Seiten gewagte Geschäfte. 122. Lot­ terievertrag. 122. Ausloosung. Verkauf künftiger Sachen. 124. §. 129. VI. Besonderheiten des Kaufs von Rechten...................................... 125 A. Cession. 125. B. Erbschaftskauf. C. Verlagsrecht, v. Rechte auf künftige Leistungen. 1. Fortdauernde Prästationen. 126. 2. Auszug und Altentheil. 127. 3. Leibrentenvertrag. 127. Vitalizienvertrag. 131. §. 130.

VII. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf

132

V

Jnhaltsverzeichniß des II. Bandes.

Seite

Gebot und Annahme bei der Versteigerung. 133. Privatversteigerun­ gen. 135. Gerichtlicher Verkauf. 1. Nothwendige Subhastation. 136. Wer ist Verkäufer? 138. Freiwilliger gerichtlicher Verkauf. 138. Ab­ halten vom Mehrbieten. 139. §.131.

VIII. Der Zwangverkauf....................................... ...................................... 140 Verpflichtung zum Vertrag durch Gesetz, Vertrag, 140., letztwillige Verordnung. 141. Expropriationsrecht. 141. Prinzip. 142. Nothwen­ digkeit. 143. Charakter als Kauf. 144. Die Kontrahenten, der Gegen­ stand. 145.

§. 132.

Der Trödelvertrag..........................................................................................147 Auffassung im röm. R. 148. Heute Konsensualvertrag. 149. Wesent­ liche Momente. 149. Uebergang des Eigenthums auf den Empfänger. 149. Rechte und Pflichten des Trödlers. 151. Dritten gegenüber. 151.

§. 133.

Das Spiel und die Wette.............................................................. .....

151

I. Das Spiel. Heute nicht nach röm. R. zu beurtheilen. 151. Uner­ laubtes Spiel. 152. Klaglosigkeit. 153. II. Welte. Unterschied vom Spiel 153. §. 134.

Der Verlagsvertrag.............................................................................. ....

155

Er ist Veräußerung des Verlagsrechts. 156. Begriff des Verlagsrechts. 157. Lehre vom geistigen Eigenthum. 157. Urheberrecht. 158. Der Grund desselben. 159. Gerbers abweichende Ansicht. 160. Subjekt des Verlagsrechts. 161. Der Urheber, der Besteller. 161. Der Her­ ausgeber, Bearbeiter, Miturheber. 162. Objekt be& Verlagsrechts. 163. Rechte und Verbindlichkeiten des Urhebers, 165., des Verlegers. 166. Form, Klagerecht. 167. Einseitiger Rücktritt. Vererblichkeit. 168.

Zweite Gruppe. §. 135.

Die Gebrauchsverträge.

Der Leihvertrag....................................... ..... ..................................................169 Gebrauchen und nutzen. 169. Begriff der Leihe. 170. Konsensual­ vertrag. 170. Verbindlichkeiten. 171. Vertretungspflicht des Leihers. 172. Zufall. 172. Rückgabe. 173. Verbindlichkeiten des Verleihers. 173. Prekarium. 174.

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht........................................................................ 174 I. Begriff und Abschließung. 174. Verhältniß zum Kauf. 175. Ein­ geschränktes Nutzungsrecht. 175. Dinglichkeit, unvollständlger Besitz. 176. Persönliches Recht zur Sache. 177. Possessorische Rechtsmittel. 178. — Willenseinigung. 178. Form. 179. Gegenstand. 180. Preis. 181. II. Wirkungen. 1. Verbindlichkeiten des Vermiethers und Ver­ pächters. Vorleistung. 181. Ueberlieferung, Erhaltung der Sache, Ge­ währleistung für Fehler. 182. Ersatz von Schaden und Interesse. 183. Lasten und Abgaben. 184. Erben und Singularjuccessor des Vermie­ thers. 185. Kauf bricht Miethe. 185. Note 73. 2. Verbindlichkeiten des Miethers und Pächters. Ziusentrichtung als Nachleistung. 188. Lasten und Abgaben. Vertretung der Beschädigungen. 189. Rückgabe. 190. Astermiethe. 190. III. Beendigung. Nothwendigkeit derselben, gegenüber der Erbpacht. 192. Ablauf der Zeit. 193. Erreichter Zweck. 193. Kündigung. 193. Fälle, wo diese nothwendig: mündlich auf ein Jahr. 194. Unbestimmte Dauer. 195. Kündigung und Rücktritt ohne

Jrrhaltsverzeichniß des II Bandes.

VI

Seite

Kündigung innerhalb der Vertragszeit: nothwendiger gerichtlicher Verkauf. 195. Nothwendiger Hauptbau. 196. Tod des Pächters und Miethers. 197. Stellung der Wittwe. 197. Nicht freiwillig herbei­ geführte Veränderung. 198. Untüchtigkeit der Sache. 198. Mißbrauch. Zeitweise Berechtigung. 199. Verweigerte Erfüllung des einen Theils. 200. Zweijähriger Zinsrückstand. Freiwillige Veräußerung. Konkurs. 200. Zinszahlung bei Aufhebung innerhalb der Zeit. 201. IV. Verlänge­ rung (relocatio). 201. Stillschweigende Verlängerung 201. V. Rechts­ mittel. Persönliche und dingliche Klagerechte. 203. Natur der Entsetzungsklage. 204. Einreden. 205. Besondere Sicherungsmittel: Kau­ tion, gesetzliches Pfandrecht. 206. Natur dieses Pfandrechts. 207. Pfand­ recht gegen den Aftermiether. 210. Umfang des Pfandrechts. 211. Wirk­ samkeit gegen andere Gläubiger des Miethers. 212. — VI. Land­ güterpacht. 213. Begriff des Anschlags. 213. Pacht in Pausch und Bogen. Inventarium. 214. Form. Verpflichtungen des Verpächters. 215. Vorhandensein der Rubriken. Erhaltung. 216. Gewährleistung. 217. Verjährung dieser Pflicht. 218. Schadenersatz. 218. Verpflich­ tungen des Pächters. Erhaltung in nutzbarem Stande. 219. Lasten und Abgaben. Vertretung des Versehens. 220. Entsetzung wegen Miß­ brauchs. 221. Rückgewähr. 222. Gefahr der Früchte, des Inventa­ riums. 223. Remissionsanspruch. Rechtliche Natur desselben. 224. Un­ terschied von der Gewährleistung. 225. Begriff: Anspruch aus dem Ge­ setz. 226. Fälle der Remission. 227. Begriff der Unglücksfäüe. 228. Benachrichtigung, Legung der Administratiensrechnung. 229. Partialremission. 230. Einrede. Entsagung. 231. — Aufkündigung der Land­ güterpacht in Kriegszeiten. 232. Viehverstellung. 232. §.137.

Die Kapitalsleihe und Kapitalsmiethe.

Das Darlehen..................... 233

Auffassung im röm. R. 233. Aenderung derselben im heutigen R. 234. Jetzt Konsensualvertrag. 235. Veräußerung der Nutzung einer Summe. 237. Eigenthumsübergang an den einzelnen Stücken der Summe. 238. Moderne Gesetzgebungen. 238. Begriff nach A. L. R. 239. Form. 240. Schuldschein. 241. Einrede der nicht erhaltenen Valuta. 242. Schuld­ scheine mit Hypothek. 243. Protestation. 245. Beweiskraft des Schuld­ scheins gegen den Aussteller und dessen Erben 245. Der Darlehns­ empfänger. 246. Der gutgläubige Empfänger. 247. Beschränkungen der Darlehnsfähigkeit: Mitglieder der königl. Familie. 248. Schau­ spieler, Mitglieder der k. Kapelle, Studirende; Militairpersonen. 249. Anerkenntnis nach Aufhebung des Militairstandes. 250. Darlehn nütz­ lich verwendet. 252. Der Darlehnsgeber. 252. Zurückleistung. 253. Kündigung. 253. Münzänderung. Verzinsung. 256. Verjährung. 257. Uneigentliches Darlehn. 257. §. 138.

Die Dienstmiethe und Werkverdingung.....................................................258 1. Die Arbeit als Gegenstand der Miethe. 258. Vergütigung. 259. Ohne Vergütigung nicht Realkontrakt. 260. Verweigerte Erfüllung. 261. Verschuldete Unmöglichkeit der Erfüllung. 262. II. Dienstmiethe. 264. Hand- und Tagarbeit. 265. Zufällige und verschuldete Unterbrechung der Arbeit. 266. Handwerker und Künstler. 267. Operae liberales. 267. III. Werkverdingung. 268. Rücktrittsrecht. 272. Bauverdin­ gungen. 272. IV. Retentions- und Pfandrecht. 273.

Zweites Kapitel §. 139.

Verträge, deren Leistung ein Thun ist.

Der Verwahrungsvertrag.......................................................................... 274 Systematische Bemerkung. 274.

Begriff. Konsensualvertrag. 275. Ge-

Inhaltsverzeichniß des II. Bandes.

VII Seite

genstand. Einseitigkeit. 276. Pflicht der Verwahrung. 277. Zufall. 279. Rückgabe. 280. Der vertragsunsähige Verwahrer. 282. Ver­ jährung der Klage. 282. Mehrere Verwahrer. 283. Zufällige Gegen­ forderungen des Verwahrers. 284. Depositum irreguläre. 284. Amts­ kautionen. 285. Gerichtliche Verwahrung. 285. Sequestration. 288. §. 140. Der Gastaufnahmevertrag.................................................................. 290 Heutige Geltung. 290. Gesteigerte Verwahrung. 291. Gewerbsmäßi­ ges Beherbergen. 292. Inhalt der Verpflichtung des Gastwirths. 292. Vertretungspflicht. 293. Befreiung bei Gewalt von Außen. 294. §. 141.

Der Vollmachtsaustrag.......................................................................295 I. Begriff. Konsensualvertrag. 295. Unentgeltlichkeit. 296. Stellver­ tretung und Geschäft. Unterschied von der Dienstmiethe. 297. Defimtion des A.L.R. 298. Für ihn und statt seiner kein Pleonasmus. 299. Interesse des Machtgebers. 299. Rath und Empfehlung. 299. Spe­ zial-, Generalvollmacht. 300. II. Abschluß. Form. 301. Vermuthete Vollmacht. 302. Stillschweigend ertheilte Vollmacht. 304. Voraus­ setzung für das Recht gegen den Machtgeber. 305. III. Personen und Gegenstand. 306. Erlaubtes Privatgeschäft. 307. (Staatsamt nicht Mandat. Note 66.). Kollidirendes Interesse. 308. IV. Rechtsverhältniß zwischen Machtgeber und Bevollmächtigtem. 309. Pflichten des Bevollmächtigten. Mehrere. 309. Ueberschreitung und Abweichung. 310. Substitution. 311. Rechenschaft. Ablieferung. 312. Pflichten des Machtgebers. Honorar. 313. Schadloshaltung und Befreiung von Verbindlichkeiten. 314. Zufall. 315. V. Das Rechtsverhältniß des Dritten zum Machtgeber und zum Bevollmächtigten. 315. Unmittel­ barkeit der Stellvertretung. 315. Innerhalb der Vollmacht. 316. Haf­ tung mehrerer Machtgeber gegen den Dritten. 318. Zwischen dem Dritten und Bevollmächtigten. 318. VI. Aufhebung. Widerruf. 319. Aufkündigung. 320. Tod. 321. Eintretende Unfähigkeit. Konkurs. 322.

§. 142.

Der Verwaltungsvertrag................................................................... 323 Mischung von Verwahrung, Bevollmächtigung und Dienstmiethe. 323. Form. 323. Widerruf. Pflichten des Verwalters. 324. Rechnungs­ legung. 326. Abnahme der Rechnung, Quittung. Fristen. 327. Wir­ kung der Quittung gegen den Verwalter und dessen Erben. 329. Rech­ nungsfehler. Entsagung des Herrn. 329. Ersatz des Aufwandes, Ho­ norar, Befreiung von Verbindlichkeiten. 330. Kaution. Zurückbehal­ tungsrecht. 330.

§. 143.

Der Gesellschaftsvertrag....................................................................... 330 I. Begriff, Arten und Abschluß. Vermögensrechtlicher Zweck. 331. Ge­ meinschaft. 332. Handelsgesellschaft. 332. Kommanditgesellschaft. Ak­ tiengesellschaft. 334. Aktienkommanditgesellschaft. 335. Auf Selbsthilfe gegründete Genossenschaften. 336. Note 18. Die einfache Erwerbsge­ sellschaft. 336. quoad sortem, quoad usum. 337. Allgemeine und be­ sondere Erwerbsgesellschast. 339. II. Rechte und Pflichten? der Mit­ glieder unter einander. 340. Einlagen und Beiträge. 341. Geschäfts­ betrieb. 342. Rechnungslegung. 343. Antheil am Gewinn. 344. An­ theil an Verlust und Gefahr. 345. III. Rechte und Pflichten der Ge­ sellschafter gegen Dritte. 347. IV. Beendigung. 349. Austritt. 349. Ausschluß. Konkurs. 351. Auflösung der Gesellschaft. 352. Actio pro socio und communi dividundo. 353.

VIII

InhaltSverzeichniß de- II. Bande-.

Sette Dritte- Kapitel. §. 144.

Sicherung-verträge.

Der BürgschaftSvertrag............................................................................... 353 Begriff und Fälle der Interzession. 354. Zweck und Begriff der Bürg­ schaft. 355. Persönliche Fähigkeit. Abschluß. 356. Selbstschuldneri­ scher Bürge. 357. Existenz einer Hauptschuld. 357. Umfang der Bürg­ schaft. 358. Sicherheit des Gläubigers. 359. Asterbürge. Mehrere Bürgen. 360. Klage des Gläubigers gegen den Bürgen. 360. RechtSwohlthat der BorauStlage. 361. Festgestelltes Unvermögen des HauptschuldnerS. 362. Einreden des Bürgen aus der Bürgschaft, 363., aus der Hauptschuld. 365. Befreiung und Entlastung. 366. Vererblich­ keit. 367. Rechtsverhältnis zw. Bürgen und Hauptschuldner. Klagabtretung. 367. Einreden des Schuldners gegen den Bürgen. 368. Klage des Bürgen gegen den Schuldner auf Befreiung. Kündigungs­ recht. 369. Prämie. 370. Rückbürge. 370. Beendigung der Bürg­ schaft. 370. Qualifizirteö Mandat. 371. Kreditgeben aus Rechnung. 372. Empfehlung wider besseres Misten. 373. Bürgschaft der Frauen, röm. R. 373. Gemeinrechtl. Praxis. 378. Preuß. R. 379. Fälle. 380. Aufgeben von Vortheilen. 381. Bürgschaft der Ehefrauen, Schuldschein von Mann und Frau ausgestellt. 382. OertlicheS Recht. 385. Der Versicherungsvertrag.

§. 145.

I. Versicherungen gegen Gefahr an Sachen.......................................... 385 Begriff. 386. Gesetzliche Normen. 387. I. Allgemeine Grundsätze. 387. Prämie. 387. Vers, auf Gegenseitigkeit. 383. Vers, geben. 388. Vers, nehmen. 389. Gegenstand. 389. Form. 390. Schadenersatz, nicht Bereicherung. Ueberverstcherung, Doppelversicherung. 391. Ristorno. 392. Nach-, Rückversich. 393. Inhalt: a. Leistung des Versicherten, Zahlung der Prämie, b. Leistung des Versicherers. 395. Abschätzung bet Schadens. Selbstversicherung. 396. Persönlicher Anspruch aus der Polize (Feuerversicherungsgelder gehören nicht den Hypothekengläubigern). 397. Aufhebung: Veränderung des Eigenthümer-, einseitiger Rücktritt. 398. Verjährung, Konkurs. 399. II. Besondere Fälle. Ver­ sicherung gegen Feuerögesahr. Anzeigepflicht. Pflicht deö Versicherers. 400. Andere Fälle, besonders Versicherung in KriegSzeiren. 401.

f. 146.

II. Versicherung der Person.................................................................... 402 Verschiedenheit und Verwandtschaft mit der Vermögensversicherung. 402. Person des Versicherungsnehmers und des Versicherten. 403. Verschie­ dene Fälle. 403. Eigenthümlichkeiten: keine Schätzung. Inhaberpolize. Schenkung. 404. Dividende. 405. Die besonderen Bestimmungen des A.L.R. 405. Freiheitsberaubung. 406.

Zweiter Abschnitt. §. 147.

Schuldverhältniffe auö einseitigen Rechtshandlungen.

Die Bereicherung.......................................................................................... 407 Die Obligation aus einseitigen Handlungen. Quasikontrakte. 407. Nie­ mand soll sich mit dem Schaden des Andern bereichern. 408. Um­ fang der Bedeutung dieses Satzes. Neuere Meinungen. 408, Kritik derselben. 409. Anwendbarkeit. 410. Begriff der Bereicherung. 411.

§. 148.

Die nützliche Verwendung..........................................................................412 Die actio de in rem verso im römischen R. und ihre abweichende Ge-

Jnhaltsverzeichniß des II. Bandes.

IX Seite

staltung im neueren gemeinen Recht. 413. Noch weitere Verallgemei­ nerung im preuß. R. 414. Kochs einschränkende Ansicht. 415. Cha­ rakter der nützlichen Verwendung im A.L.R. 416. Voraussetzung der Klage. 417. Verwendung durch Handlungen. Beweis des Schadens. 418. Nicht Absicht, den Empfänger zu verpflichten. Zweck der Klage. 419. Ausgleichung. Besonderheit bei der Klage gegen einen Unfähigen. 420. Klage gegen den Dritten. K o ch s allgemeine Klage aus der Bereiche­ rung. 421. Art. 83. der Wechselordn. 423. Verjährung. 424. §. 149.

Die Geschästsbesorgung ohne Auftrag............................................... 424 Keine Einmischung in fremde Geschäfte. 425. Billigkeit Grund des Anspruchs, Charakter desselben. 426. Bedingungen: a. ohne Auftrag und ohne Verpflichtung, b. Geschästsbesorgung. 427. c. Fremdes Ge* schüft im Interesse des Andern. 428. d. Verpflichtungsabsicht. 429. e. Verhinderung des Herrn. 430. f. Unwissenheit desselben. 430. g. Nütz­ liches Geschäft. 431. Nothwendiges und vortheilhaftes. 432. Vereite­ lung des Erfolgs durch Zufall. 433. Verpflichtungen des Geschäftsfüh­ rers 433., des Geschäftsherrn. 434. Verjährung. 435. Nachträgliche Genehmigung. 435. Verhältniß zum Dritten. 437.

§. 150.

Die Zurückforderungsrechte.................................................................. 437 1. Allgemeines über das Wesen der Kondiktion. 438. Abgrenzung gegen andere Rückforderungen. 440. Die allgemeinen Erfordernisse: a. ein Gegebenes, b. der Mangel eines Grundes. 442. c. Gegenstand der Rückforderung. 443. d. Verjährung. 444. II. Die einzelnen Kon­ diktionsrechte: 1. Rückforderung wegen Nichtschuld. 444. a. Leistung ohne Vorbehalt, b. Keine, auch nicht eine moralische Verbindlichkeit. 445. c. Vortheil des Empfängers. 447. Irrthum. 448. Beweis desselben. 449. Kläger. 450. Beklagter. 451. Gegenstand. 452. 2. Rückforderung wegen nicht erreichten Zwecks. 453. 3. Wegen un­ gerechtfertigten oder unerlaubten Zwecks. 454.

Dritter Abschnitt. Schuldverhältnisse aus rechtswidrigen Handlungen. §. 151. Verletzungen der Person.................................................................. 455 Tödtung 456. Körperverletzung. 458. Schmerzensgeld. 460. Ehr­ verletzung, Freiheitsberaubung, Willensbeeinträchtigung. 461. §. 152. Die Vermögensbeschädigung . ......................................................... 462 Abstrakter Charakter der Klage. Kein Klagerecht zur Abwendung dro­ henden Schadens. 462. 153. Der Nachdruck................................................................................... 463 Begriff. Geschichtliches. Gesetzgebung. 463. Prinzip der Entschädi­ gungspflicht und Strafbarkeit. 464. Objektiver Thatbestand. 465. Subjektiver. 467. Die Folgen. 468. Der Beschädigte. 469. Zeit­ liche Beschränkung des Anspruchs. 470. Nachbildung von Kunstwer­ ken, Aufführung dramatischer und musikalischer Werke. 471. §. 154.

Die Beschädigung durch Amtshandlungen.......................................... 472 Gemeines Recht. 473. Reichsgesetzgebung in Betreff der Richter. 474. Bei Geschäften der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit. 475. Preu­ ßisches Recht. '476. Geringes oder mäßiges Versehen. 476. Gesetz v. 13. Febr. 1854. 477. Vertretung der Richter bei Erkenntnissen.

X

ZnhaltSverzeichniß des U. Bandes. Seite

477. Bei anderen Thätigkeiten: widerrechtlicher Personalarrest, 479., Snbhastationen, Testamenten, Frauenbürgschaften, Vormundschafts, und Hypothekensachen. 479. Haftbarkeit der Kollegien. 480. Zweiter Titel. §.155.

Schuldverhältnifse aus Zustanden.

Uebersicht..................................................................................................... 482

Berichtigungen und Nachträge zum ersten Bande.....................................................483

Förster,

Preußisches Privatrecht. Zweiter Band.

Erster Theil.

Die persönlichen Rechte oder die Lehre von den Schuld­ verhältnissen. Zweites Hauptstück.

Die einzelnen Schuldverhältnisse.

§. 121. Die systematische Ordnung. ^er systematischen Anordnung der einzelnen Schuldverhältnisse ist die Haupteintheilnng durch die Entstehungsgründe von selbst gegeben. Wie früher ausgeführt wurde'), sind Handlungen und Begebenheiten die Quellen der Obligationen, erstere erscheinen als zweiseitige und einseitige und diese letzteren wiederum als Rechtshandlungen oder als rechtswidriges. Es wird einer besonderen Rechtfertigung nicht bedürfen, wenn die aus Handlungen entstehenden Obligationen denen vorangestellt werden, welche ihre Quelle in Begebenheiten oder Zuständen haben, zumal letztere ohne­ hin ihr volles Verständniß erst bei der Darstellung der Zustände finden können, aus denen sie hervorgehen und die zur großen Mehrzahl dem Sächeu- und Familienrecht angehören, sie daher in diesem Theil nur be­ rührt werden dürfen. Es wird auch dafür keine besondere Rechtfertigung nöthig sein, daß unter den Obligationen aus Handlungen die Verträge, die reichste und wichtigste Klaffe, den Vorzug erhält. Schwieriger aber ist die Frage zu lösen, wie die Verträge unter einander zu gruppiren sind. Ein Blick auf die Lehr- und Handbücher überzeugt, daß jeder Verfasser eine andere Reihenfolge ausstellt und kaum über die allgemeinsten Grund­ lagen eine Uebereinstimmung vorhanden ist. Zwar wird zugegeben wer­ den müssen, daß die in den römischen Rechtsquellen enthaltenen Einthei') B. 1. S. 384. §. 70. ') Bd. 1. S. 387.

4

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechke.

lungen für da- heutige Recht, welche- in vielen und wesentlichen Bezie­ hungen von anderen Auffassungen ausgeht, und Vertrag-arten entwickelt hat, die dem römischen Recht noch fremd waren'), nicht mehr maßgebend sein können, und daß cS der Sache Gewalt anthun heißt, wenn man noch immer Real- und Konsensualverträge^), oder Verträge und vertrag-ähn­ liche Verhältnisses) dem System zu Grunde legen wollte.

Nach dem Vor­

gänge v. d. Pfordten'S') ist in der Mehrzahl der Werke über gemeineRecht gegenwärtig die Eintheilung in ein- und gegenseitige Verträge beliebt, denen als Zwischenart die s. g. zufällig oder ungleich zweiseitigen Verträge hinzutreten'). Koch hat sich dieser Anordnung im Wesentlichen angeschlossen').

Aber, abgesehen davon, daß selbst diese Begriffe im heu­

tigen Recht ander- aufgefaßt werden, als im römischen, insofern jetzt ein­ zelne Verträge, die das letztere sich als streng einseitige dachte, gewöhnlich als zweiseitige geschlossen werden, jedenfalls eine hinzutretende Ziveisestigkeit ihr Wesen nicht ändert, so leidet diese Eintheilung doch auch an einer zu großen Allgemeinheit, und eS bleibt immer noch die schwierige Frage unbeantwortet, wie innerhalb jeder dieser Klassen die einzelnen Verträge nach einander folgen sollen'). DaS A.L.R. gruppirt die Verträge nach der Beziehung, die sie zum Eigenthum haben; zuerst diejenigen, welche einen Titel zum Erwerb des­ selben darbieten (I, 11.), sodann folgen die Verträge, welche Sachen und Rechte durch Dritte erwerben lassen (I, 13.), endlich diejenigen, welche da-Eigenthum erhalten und sichern sollen (I, 14.). Einzelne Verträge haben dann entferntere Stellen gefunden: der Gesellschaft-vertrag wird bei der Lehre vom gemeinschaftlichen Eigenthnm abgehandelt, die Leihe, Miethe, Pacht bei den dinglichen Rechten, da- Rezeptum bei dem Bürgerstande (im Gewerberecht), der Versicherungsvertrag im Handelsrecht.

Diese große

J) Erzeugnisse des deutschen Recht» und de» moderne» Verkehr«, $. B. die Renten« Verträge, der Verlag-vertrag, die Versicherung, im 21.8.8t. noch al» besonderer Vertrag die Verwaltung. 4) Diese Eintheilung haben Bangcrow imb 23:inj noch sestgehalten. s) So z. B. bei Arndt». Pnchta vermeidet nur scheinbar diesen Gegensatz, in­ dem er Verträge und Quasi-Verträge unter der Bezeichnung „Geschäft-obligatio­ nen" zusammenfaßt. Bölling vereinigt sie unter der Bezeichnung: Die au» Rechtsgeschäften, Uebereiakunft oder analogen 8techt»gründ«n entstehenden Schuld« verhältnisie. Sinkeni» stellt auch neben die Verträge die „ähnlichen Verhält­ nisse". Wenn nur da» Quasi, da» Aehnlich« und Analoge für die Rechtswissen­ schaft, welche feste Begriffe verlangt, nicht zu unbestimmt wäre. *) Abhandlungen aus dem Pandektenrecht.

1840.

S. 302 f.

’J Angenommen von Pnchta, Arndts, Böcking, Sintenis, Keller. *) R. d. F. III. S. I sg. Abweichend ist die system. Ordnung bei Unterholzner (II. S. 3.). Er unterscheidet Schuldansprüche, die wesentlich ans Erhaltung und solche, die aus Verkehr-bewegung gerichtet sind, und die letzteren in solche, die einen VeräußerungS- »der Leih, oder GenoffenschastSverkehr bezwecken. *) Hier zeigt sich auch die größte Verschiedenheit unter den Schriftstellern, mit mehr »der weniger Willkür werden die einzelnen Verträge neben einander gepellt.

§. 121.

Die systematische Ordnung.

5

Zersplitterung und die Gruppirung nach einer Rücksicht, die zwar an sich wichtig ist, aber doch nur einen einseitigen Blick in die Natur der einzel­ nen Verträge öffnet, und mit der untergeordneten und abhängigen Stel­ lung, welche das A.L.R. dem Obligationenrecht anweiset, zusammenhängt, ist daher ebenfalls nicht geeignet, als ein tadelfreies System zu geltenl0). Man wird einer richtigeren und zugleich einfacheren Anordnung viel­ leicht näher kommen, wenn man auf die Bedeutung zurückgeht, welche die Verträge im Rechtsverkehr haben. Diese ist keine andere und zwar vor­ nehmlich diejenige, welche die Obligationen überhaupt haben.

Sie sollen

der Person für ihre Endlichkeit und Bedingtheit eine Ergänzung in dem Willen anderer Menschen bieten ll). Der Wille dieser wird der Person verpflichtet zu einem Geben oder Thun ").

Durch ersteres soll das Ver­

mögen vermehrt, durch letzteres die persönliche Thätigkeit des Einzelnen ergänzt, erweitert, unterstützt werden. Ordnen sich hiernach die Verträge in zwei Hauptklassen, je nachdem ihre Leistung ein Geben oder ein Thun ist, so muß weiter gesagt werden, daß das Geben entweder den Zweck hat, dem Vermögen des Berechtigten einen bleibenden Erwerb einzuverlei­ ben, oder dem Berechtigten nur einen vorübergehenden Gebrauch, eine Nutzung zuzuführen.

Die auf ein Thun gerichteten Verträge aber be­

zwecken entweder eine Thätigkeit für den Berechtigten oder eine Thätigkeit gemeinsam mit ihm.

Als dritte Gruppe schließen sich diejenigen Verträge

an, die darauf abzielen, der Person für ihr Vermögen eine Sicherung zu verschaffen: entweder eine Sicherung dafür, daß ihr die obligatorischen Berechtignngen wirklich geleistet oder dafür, daß Nachtheile von ihrem Ver­ mögen abgewendet werden, die durch zufällige Ereignisse eintreten können. Diese Eintheilung legt also die Betonung auf die ökonomische Bedeu­ tung der Verträge. Hier ist dieser Gesichtspunkt, auf den Dankwardt besonders aufmerksam gemacht hat, von entscheidender Bedeutung, weil das ökonomische Bedürfniß die Verträge nicht allein erzeugt, sondern auch ihre Konstruktion bedingt, während er übrigens für das ganze System des Privatrechts keine ausreichende Grundlage darbietet"). Zwar wird auch bei dieser Gruppirung mancher Zweifel übrig bleiben, denn einzelne Ver­ träge haben eine gemischte Natur "), bei anderen schwankt noch die Auf­ fassung"). Aber entscheiden muß, welches der verbundenen oder widerstreitenden Elemente das hauptsächliche in ihrem Begriff ist.

'") B.

1. S. 21.

") B. ’*) B. ") B.

1. S. 308 f. 1. S. 355 f. 1. S. 22.

Wo der-

") Z. B. Trödelvertrag, Verlagsvertrag, Gastaufnahme. ") Z. B. ob im heutigen Recht das Darlehn als Leihvertrag auszusafsen, oder als Vertrag, durch welchen das Eigenthum an einer Summe erworben wird.

6

Zweiter Buch.

Die besonderen Privatrechte.

gleichen Zweifel aufkommen können^ ist bei der Darstellung der einzelnen Verträge versucht worden, dieselben zu beseitigen "). Hier bleibt nur noch zu bemerken, daß bei den Sicherungsverträgen der Pfandvertrag fehlt, weil es zweckmäßiger erscheint, ihn im Zusammenhang mit dem Pfandrecht zu erörtern. Das System der Verträge, wie es in diesem Werke befolgt werden soll, ist hiernach übersichtlich folgendes: A. Verträge, deren Leistung ein Geben ist: I. Erwerbsverträge, II. Gebrauchöverträge; B. Verträge, bereit Leistung ein Thun ist; C. Sicherungsverträge.

Erster Titel. Schuldverhältnisse aus Handlungen. Erster Abschnitt. Schuldverhältnisse aus Verträgen. Erstes Kapitel. Verträge, deren Leistung ein Geben ist. Erste Gruppe. Erwerbsverträge.

§. 122. Die Schenkung. A.L.R. I. 11. §. 1037—1177. — Bornemann III. S. 210 f. v. Daniels III. S. 110 f. Koch, Pr. R. II. S- 276 f. R. d. Ford. Ul. S. 150 f. — Unter, holzner II. S. 518 f. Savigny, System B. IV. S. 1 fg. Vangerow i. S. 194 f. Arndts S. 99 fg. Sinteniö I. S. 198 f. II. S. 545 fg. v. Kel­ ler S. 123 fg. Unger, Oesterr. Priv. R. II. S. 189 fg. — Meyerfeld, die Lehre von den Schenkungen nach römischem R. B. 1. 1835. B. 2. Abth. 1. 1837 (unvollendet geblieben). — Zachariä (Anschütz) IV. S. 174 fg.

I. In der neueren Zeit hat man nach dem Vorgang von Puchta und Savigny der Lehre von der Schenkung im allgemeinen Theil des Systems ihre Stelle angewiesen, weil sie nicht ein einzelnes Rechtsgeschäft sei, sondern einen allgemeineren Charakter habe, welchen die verschiedensten Rechtsgeschäfte annehmen können **). Insofern man unter ihr jede unent­ geltliche und freiwillige Zuwendung eines Vermögensvortheils versteht, ist dies auch richtig; eine solche kann unter den mannichfachsten Geschäftsformen erfolgen, und es ist ebenso einseitig, sie bei der Lehre vom Erwerb ,6) Insbesondere möge hier auf §. 139. verwiesen werden, wo näher ausgeführt wor­ den ist, warum die Dienstleistung und Werkverdingnng als Arbeitsmiethe ihre Stellung in der zweiten Gruppe des ersten Kapitels, nicht im zweiten Kapitel er­ halten hat. *) Puchta, Institutionen B. 2. §. 205. Pand. §. 68. Savigny B. 4. S. 3. Ihnen sind gefolgt Arndts, Vangerow, Sintenis, Unger (f. B. 2. S. 200.).

§. 122.

7

Die Schenkung.

des Eigenthums abzuhandeln, wie dies das A.L.R. nach dem Vorbild der Institutionen des Iustinian und der damaligen Praxis2) gethan hat, als sie den obligatorischen Verträgen anzureihen3).

Der Erwerb des Eigen­

thums an einer Sache kann ihr Zweck sein, ist es aber nicht immer und sie erreicht ihn nicht durch sich selbst, sondern bedarf noch der Uebergabe; ein obligatorischer Vertrag ist sie nur in dem besonderen Fall des Schen­ kungsversprechens 4).5 6 7Gleichwohl ist vom praktischen

Standpunkt diese

Kontroverse doch nur ein Schulstreit, denn da das positive Recht die Schenkung unter besondere und ihr eigenthümliche Regeln gestellt hat, hat sie den Charakter der Allgemeinheit, der in ihrem Begriff liegt, eingebüßt und ist ein individualisirtes Rechtsgeschäft geworden3).

Wenn sie daher

hier an die Spitze der Reihe derjenigen Obligationen gestellt wird, deren Zweck es ist, Eigenthumswerthe in ein anderes Vermögen zu übertragen, so rechtfertigt sich dies aus demselben Grunde, aus welchem die Lehre vom Verträge oben3) nicht bei den allgemeinen Grundbegriffen, sondern im allgemeinen Theil des Obligationenrechts vorgetragen worden. Die Stel­ lung wird a potiori genommen. Hiernach ist klar, warum die Definition des A.8.R.: „Schenkungen sind Verträge, wodurch Einer dem Andern das Eigenthum einer Sache oder eines Rechtes

unentgeltlich

zu überlassen sich verpflichtet"*),

zwar

nicht für erschöpfend gehalten werden kann, weil sie nur den verpflichten-

2) J. II, 7. Höpfner, Kommentar §. 408. 3) So bei Mühlenbruch, Göschen, Seuffert. Das österr. G.B. stellt die Schenkung an die Spitze der Verträge (11,18.). Ebenso das sächs. G.B. (III, 2.). Der bairische Entwurf behandelt sie bei der Lehre von den Rechtsgeschäften im Allgemeinen (I. Art. 91 sg.). Der Code verbindet Schenkungen und Testamente unter dem Gesammtbegrifs der freigebigen Verfügungen (Art. 893—1100.). 4) Unger S. 197. 198 c. 5) Dankwardt, Nationalökon. u. Jurisprudenz, Heft. 2. 1857. S. 48., faßt jede Schenkung als „Vertrag" auf, „weil aller Umlauf der Güter auf Vertrag beruht." Die Schenkung ist nach ihm ein einzelnes Geschäft, wie der Verkauf, und ebenso wenig, wie dieser, ein allgemeiner Charakter für die verschiedenartigsten Rechtsge­ schäfte, nur der Gegenstand der Schenkung kann verschieden sein, wie der Gegen­ stand des Verkaufs. Diese sehr apodiktisch ausgesprochene Ansicht verwechselt den Gegenstand mit der Form. Daß jener sehr verschieden sein kann, hat noch Nie­ mand bestritten; wenn der Schenkung ein allgemeiner Charakter beigelegt wird, so hat dies den Sinn, daß, abgesehen vom Schenkungsversprechen, der Schenkung keine besondere Rechtsform eigenthümlich ist, und insofern ist sie nicht, wie der Kauf, ein individualisirtes Geschäft, sie muß überall her, und sie kann überall her die Rechtsform entlehnen. Außerdem ist der Schluß: die Schenkung sei ein Ver­ trag, weil aller Umlauf der Güter auf Vertrag beruhe, an sich schon bedenklich, es kann aber auch nicht zugegeben werden, daß es nur einen vertragsmäßigen Güterumlauf gebe. 6) Oben I. S. 389. 7) Oesterr. G.B. definirt §. 938: Ein Vertrag, wodurch eine Sache Jemand unent­ geltlich überlassen wird. Sächs. G.B. §. 1049 : Das Rechtsgeschäft, durch welches Jemand ohne Gegenleistung und aus Freigebigkeit einem Anderen einen Vermö­ gensgegenstand zuwendet.

8

Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechte.

den Vertrag, das SchenkimgSversprechen, bestimmt, aber sie trifft doch gerade diejenigen Fälle der Schenkung, auf die sich vornehmlich die ein­ zelnen Regeln beziehen, und die die wichtigsten für die Recht-theorie sind. II. Der Begriff der Schenkung °). Sie ist die freiwillige und un­ entgeltliche Bereicherung des Vermögens einer anderen Person durch Dermindernng de- eigenen Vermögens. Der Geber vermindert freiwillig fein Vermögen und wendet den Werth dieser Verminderung dem Vermögen de- Beschenkten zu, welche- um diesen Werth ohne Gegenleistung bereichert wird. In diesem Begriff liegen folgende Merkmale. Die Schenkung ge­ schieht freiwillig'), der Geber muß zur Zuwendung rechtlich in keiner Weise verpflichtet gewesen sein oder sich für verpflichtet irrthümlich gehal­ ten haben — gleichgiltig ist, ob das Motiv, was den Gebtr treibt, für ihn aus sittlichen oder anderen Gründen als zwingend erscheint"). — Sie geschieht unentgeltlich "); der Empfänger darf durch die Annahme des Geschenks zu keiner Art Gegenleisttrng verpflichtet werden. Au- der Unentgeltlichkeit folgt aber nicht, daß dem Geschenk nicht eine Last aufge­ legt werden darf, eine besondere Art der Schenkung hat gerade darin ihre Eigenthümlichkeit. — Die Schenkung ist eine Verminderung de-Ver­ mögens des Gebers"), er muß um den Werth des Geschenks ärmer

') Savigny §. 142. 143. Meyerfeld I. S. 1 fg. Ungrr II. 189. *) 1. 1 pr. 1. 29 pr. D. XXXIX, 5. Donari videtur, quod nullo jure cogente conceditur. Der gl. 1. 82 de R. J. Meyerfeld I. S. 22 f. Die donatio necessaria, die Leyser, med. sp. 434. erfunden, ist ein Widerspruch in sich selbst. Die in besonderen Fällen vom Gesetz gebotene Remission de- Pachtzinses (A.L.R. I, 21. §. 299 fg.) rst nicht Schenkung. ,n) S. g. Liebespflichteu, Freundschaft, Dankbarkeit und dergl. Ein Beispiel au- der Praxis Cutsch. B. 13. S. 182. n) 1. 1 pr. D. XXXIX, 5. propter nullam aliam causam, quam ut liberalitatem et munificentiam exerceat. 1. 28. §. 2. D. II, 14. Es ist also auch nicht Schen­ kung, wenn man etwa- giebt, um zu verpflichten (ob causam dare). 1. 19. §. 5. 6. D. XXXIX, 5. Darauf beruht der Unterschied von donatio und obligatio oder negotium. 1. 18. pr. D. XXXIX, 5. Meyerfeld I. S. 17. Verzicht auf ein

noch zweifelhafte- Recht ist nicht Schenkung. Oesterr. G.B. §. 939. ") Savigny S. 23 fg. Sehr bestimmt ausgesprochen in der 1. 31 §. 7 D. XXIV, 1: non videtur ea esse donatio, quia nihil ex bonis meis deminuitur. Der Schenkende muß zum Besten des Beschenkten sein Vermögen vermindern wollen. Daher ist nicht Schenkung, wenn man eine Sache derelinqmrt, die ein Dritter aufhebt, wenn ein Anderer die Sache usucapirt, wenn man sein Recht verjähren läßt, wenn eS nicht in der Absicht geschieht, den Anderen zu bereichern. Dann ist eS einer Veräußerung gleich. Unger S. 191. Note 10., der in Note 9a. a. E. ö. M. Doch vergl. 1. 28. pr. D. de V. 8. Die Verminderung des eigenen Ver­ mögens muß sich als Zuwendung an den Anderen charakteristren. ES ist nicht Schenkung, wenn man nicht aus eigenen Mitteln hergiebt. Strieth. B. 42. S. 121. Das Hingeben eines unverzinslichen DarlehuS ist nicht Schenkung, weil da- Vermögen des Darleihers nicht vermindert ist, er hat statt der Summe die Forderung, durch die er jene wiedererlangt. Da- wissentliche Anerkennen einer Nichtschuld wird al- Schenkung auszufasien sein (1.7. §. 2. I). XLI. 4. 1. 9. pr. C. IV, 5. Glück B. 13. S. 397.), dagegen nicht da- Anerkennen einer wirklich be­ stehenden aber nicht klagbaren Schuld, einer oblig. natur. Seuffert B. 7.

§. 122.

Die Schenkung­

9

werden. Es ist keine Schenkung, wenn Einer dem Andern Dienste leistet, deren Erfolg zwar eine Verbesserung des Vermögens des Letzteren sein kann, die aber dem Vermögen des Ersteren keinen Werth entziehen"), oder wenn Jemand zu Gunsten eines Anderen einen Erwerb ausschlägt, denn der noch nicht eingetretene Erwerb ist noch kein realer Bestandtheil seines Vermögens gewesen, dasselbe ist nicht vermindert, nur nicht ver­ mehrt"). Dagegen ist es Schenkung, wenn man eine schon begründete aber erst künftig fällige Forderung, z. B. künftige Zinsen, aufgiebt oder vermindert"). ■— Die Schenkung ist eine Bereicherung des Vermö­ gens des Empfängers"). Der Beschenkte muß einen Werth erwer­ ben, der ihm noch nicht gehörte, auf den er noch kein Recht hatte. Die Bestellung einer Sicherheit für ein schon zustehendes Recht, oder das Auf­ geben der Sicherung für ein solches sind nicht Schenkungen: dort wird das Vermögen nicht vermehrt, hier noch nicht entlastet"). Die Bereiche­ rung kann bestehen in der Uebertragung des Eigenthums an einer Sache, in der Einräumung eines dinglichen Rechts, in der Abtretung einer For­ derung des Gebers an einen Dritten — dare — oder in der Begrün-

>3)

i4) 's)

i6) ii)

Nr. 174. Der Erlaß ist Schenkung, wenn der Schuldner auch zahlungsunsähig ist. 1.22. §. 3. 1.82. D. XXXV, 2. 1.31. §. 1. 4. D. XXXIX, 6. Savigny S. 128. Seufsert «. 6. Nr. 39. B. 8. Nr. 133. Unger S. 192. Kote 11. Auch Erbeinsetzung oder Legat sind nicht Schenkung, sondern eine Liberalität an­ derer Art. Savtgny S. 20 f. Weil aber das Legat die Erbschaft vermindert, wird es wohl auch donatio genannt. 1. 36. de leg. II. §. 1. J. II, 20. Nur un­ eigentlich könnte auch durch Leihen eine Schenkung bewirkt werden, indem das Permögen des Beschenkten einen Vortheil erhält; aber einerseits fehlt es an der Veräußerung, andererseits ist der Vortheil doch nur vorübergehend. S. über solche Fälle Savigny S. 32 fg. §. 1037 d. T. spricht nur von Sachen und Rechten, nicht von Handlungen. Unger S. 192. Note 12. Im einzelnen Fall kann dies zweifelhaft erscheinen, z. B. wenn unentgeltlich Jemand eine Arbeit leistet, die sonst zu seiner Gewerbsthätigkeit gehört. Hier nimmt unter Umständen Savigny S. 35 fg. Schenkung an (s. auch sächs. Unger S. 198. Note 37. a. E. Der Erlaß erfordert ausdrückliche Erklärung und ist nicht schon aus der Aushändigung der Schuldurkunde zu entnehmen. Entsch. B. 7. S. 88.

§. 122.

15

Die Schenkung.

daß von seinem Vermögen eine Last genommen werden soll, also durch Nachlaßvertrag (pactum de non petendo), durch Ausstellung einer Quit­ tung über die nicht bezahlte Schuld, Zurückgabe oder Kassirung des Schuld­ scheins, durch Expromission, indem der Schenkende die Schuld des Be­ schenkten an einen Dritten übernimmt48). Besonders hervorzuheben ist als Gegenstand ein ganzes Vermögen oder ein aliquoter Theil desselben"). Das A.L.R. erwähnt eine solche Schenkung nur beiläufig als möglich^"); einzelne Regeln giebt es für sie nicht und aus einer Aeuße­ rung von Suarez°') geht hervor, daß die Redaktoren sie nur von Todes­ wegen als denkbar aufgefaßt haben. Bei diesem Mangel an Vorschriften muß auf die Grundsätze des gemeinen Rechts um so mehr zurückgegangen werden, als eine bei der Redaktion beabsichtigte Abweichung von ihnen nicht nachweisbar ist. Es ist I. S. 96. 97. ausgeführt, daß das Zusammen­ fassen einer Menge von Sachen oder Sachen und Rechte unter einen Gesammtnamen als Inbegriff (universitas facti und Juris) nur die Be­ deutung einer Erleichterung hat, daß aber nicht der Inbegriff als Idea­ les, sondern die in ihm enthaltenen einzelnen Sachen und Rechte die Ge­ genstände der Rechtsgeschäfte und Rechtsverhältnisse sind. So ist auch das Vermögen einer Person als Inbegriff an sich kein Gegenstand von Rechten, sondern es enthält dieselben, es ist kein Rechtsbegriff, sondern ein ökonomischer. Wird daher ein ganzes Vermögen, oder eine Quote desselben verschenkt, so werden die einzelnen Sachen und Rechte, die man unter dem Gesammtnamen zusammenfaßt, geschenkt und daraus folgt: eine solche Schenkung bewirkt nur Singularsuccession und kann nur dadurch vollzogen werden, daß jede einzelne Sache, jedes einzelne Recht in der ihm eigenthümlichen Art und Weise in das Vermögen des Beschenkten ge­ langt, durch Tradition oder Cession u. s. w. Geht daher einer solchen Schenkung ein Schenkungsversprechen voraus"), so kann die daraus ab­ geleitete Erfüllungsklage sich immer nur auf Tradition der einzelnen Sachen und dinglichen Rechte, auf Cession der einzelnen Forderungen richten und ehe nicht jedes einzelne Stück tradirt, jede einzelne Forderung cedirt wor­ den, ist die Schenkung nicht vollzogen. Von dieser Auffassung weicht Koch 48) Siehe oben gegen Koch Note 45. 49) Meyerfeld II. S. 1. (§. 21.) Savigny S. 134.

Unger S. 207.

50) §. 1087.

51) Jahrh. B. 52. S. 18.: sie sei widerruflich, weil sie nur mortis causa geschehen könne. 5a) Unger S. 208. läßt die Schenkung eines ganzen Vermögens nur durch ein Schenkungsversprechen zu Stande kommen, weil hier das Vermögen als ideale Einheit behandelt werde. Damit widerspricht er aber seiner eigenen Auffassung von der universitas Juris in B 1. S. 470 sg. und B. 2. S. 210. führt er rich­ tig aus, daß die Schenkung des ganzen Vermögens immer nur Singularsuccession sei und deßhalb jedes einzelne Stück m der ihm eigenen Art auf den Beschenkten übertragen werden müsse.

16

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

ab "); er meint, daS A.L.R.Habe den Grundsatz, daßdaS Eigenthum eine­ geschenkten ganzen Vermögen- schon durch den Vertrag übergehe. Ein solcher Grundsatz ist aber dem A.L.R. durchaus fremd, ja er widerstrebt ihm mehr als irgend einem anderen neuen Gesetzbuch, weil eS für dadingliche Recht die Nothwendigkeit der Erkennbarkeit so besonders stark betont").

Gegenüber dem unbedingt ausgesprochenen Satz:

„zur Erwer­

bung de- Eigenthums ist die Besitznehmung erfordert"“), von welchem der ErbschaftSerwerb die ebenso bestimmt ausgesprochene einzige Ausnahme macht"), beruft sich Koch auf 1,11. §. 474.475.: ErbschastSkaufS

(d. h. durch den

„durch Abschluß deS

Vertrag) geht das Eigenthum auf

den Käufer über." Aber durch den Erbschaftskauf werden nicht die ein­ zelnen Bestandtheile der Erbschaft, auch nicht diese als Inbegriff gedacht — eS wird

das Erbschafts recht") veräußert, der Kauf eines

Recht-

ist Session,

eine körperliche Uebergabe dieses Rechts ist nicht möglich.

Diese §§. beweisen mithin nichts dafür, daß die Schenkung eine- ganzen Vermögens durch den Vertrag allein sich zum CigenthumSerwerb an dm einzelnen Bestandtheilen vollende. — Unter ganzem Vermögen kann im Zweifel nur daS gegenwärtige, nicht auch das zukünftige verstanden werden"). ES kommt hier nicht darauf an, ob eS an sich zulässig (wadas richtigere ist) oder unzulässig erscheint, daS künftige Vermögen zu ver­ schenken, sondern eS entscheidet die AuSlegnngSregel, daß für die mindere Verpflichtung zu deuten"). Wird dagegen das ganze Vermögen auf den Todesfall verschenkt, so begreift eS auch daS später erworbene'"). — Der ") Note 48. zu §. 1087. Gegen ihn auch GSppert, Beiträge ,. L. v. Miteigen, thum. S. 116. Note 1. ") Oben B. 1. §. 23. S. 116 fg. ”) I, 9. §. 3. “) I, 9. §. 367. ") I, 11. §. 447. ") Meyerfeld II. S. 5 fg. Savign» S. 142. Unger S. 212. **) Das ist im gemeinen Recht sehr bestritten. Bon den Aelteren haltm die Schen­ kung des künftigen Vermögens für unzulässig Carpzo v. V resp. 65., Schilter, exercit. 43. §. 19., dafür sind Leyser sp. 433. med. 2, Cocceji, jus controv. XXXIX, 5. qu. 5. Rach der Praxis in Kassel im Zweifel nur da» gegenwärtige Vermögen. Heuser, Annal. I, 915. Bon den Neueren sind da« gegen Savigny S. 142., Sintenis I. S. 204., dafür Meyerfeld a. a. O., Puchta §. 71. a. E., Böcking I. §. 106. q. Note 23. Der Gegeugrund, daß eine solche Schenkung die Testirsreiheit beschränke und ein versteckter Erbvertrag sei, kann im heutigen Recht nicht entscheiden. Da» österr. G.B. §. 944. läßt nur daS ganze gegenwärtige Vermögen schenken, da« künftige mit soweit, al» da» Ge« schenk nicht die Hälfte deS Vermögen- übersteigt. Da» nennt Unger II, 212. eine paffende Bestimmung, e» dürste aber sehr schwer sein, die Größe der Hälfte de» künftigen Vermögens festzustellen, da es doch steter Wandelung unterworfen ist. Für nichtig erklärt das sächf. Ges.B. §. 1053. jede Schenkung de» ganzen Vermögen», oder einer Quote desselben. Der b air. Entw. Art. 95. verbietet nur die Schenkung des künftigen Vermögen». Eotfch. B. 43. G. 128. Schenkung einer bestimmten Sache oder Summe an» einer künftigen Erbschaft ist Entsch. B. 38. S. 89. für zulässig erklärt, da §. 445.

17

§. 122. Die Schenkung.

Grundsatz des römischen Recht-, daß Vermögen nur dasjenige sei, was nach Abzug der Schulden übrig bleibt"), hat bei solcher Schenkung seine volle Bedeutung; nur soweit das Geschenk schuldenfrei ist, bereichert eden Empfänger. Der Geber ist daher berechtigt, den Betrag der Schul­ den vorweg abzuziehen, und nur was übrig bleibt, zu übergeben. Ja, wenn er dies nicht gethan, sein ganzes Vermögen ohne Berichtigung der Schulden dem Beschenkten eingehändigt hat, so sind dennoch die Gläubi­ ger nicht gehindert, aus diesem Vermögen ihre Befriedigung zu verlangen, d. h. direkt gegen den Beschenkten zu klagen. Die Schuld hastet am Ver­ mögen, dies ist ein aus deutschrechtlicher Quelle stammender, im A.L.R. in einzelnen Anwendungen anerkannter Grundsatz "). Ist nur eine Quote de- Vermögens geschenkt, so bleiben die Schulden bei dem Schuldner, dem Schenkenden zurück. Da das preußische Recht zwischen Anfall und Er­ werb einer Erbschaft nicht unterscheidet"), so kann die Schenkung einer angefallenen Erbschaft nur als Schenkung des eigenen Vermögens zu einem aliquoten Theil aufgefaßt werden; auch hier findet nur Singular­ succession in die einzelnen Sachen und Rechte statt, der Schenkende bleibt der Erbe, er haftet für die Schulden der Erbschaft, wenn er vorbehalt­ los angetreten, mit seinem ganzen Vermögen, und wenn er die RechtSwohlthat benutzt hat, trotz der Schenkung auf Höhe des Nachlasses. Aber auch hier wird den Erbschaftsgläubigern, wenn sie vor der Vollziehung der Schenkung nicht befriedigt worden, die Klage gegen den Beschenkten nicht versagt werden dürfen, denn die Erbschaft für sich ist ein Vermögen, wel­ ches seine eigenen Schulden trägt"). — Die einzige Regel, die daS A.L.R. über die Schenkung eine- ganzen Vermögens enthält, ist die"): wenn der Schenkende sich die Verfügung über einen gewissen Theil (einen Antheil oder einen einzelnen Bestandtheil) oder oinr -zewisie Snmme vorbehaltn und hierüber (bis zu seinem Tove) mcht verfügt hat, so fällt dieser Theil oder diese Summe an seine gesetzlichen Erben (auch wenn sie im Testa­ ment berufen sind), anderenfalls an den Beschenkten. V. Wird Mehreren geschenkt, so erwerben sie an dem Geschenk Miteigenthum; fällt aber Einer von ihnen aus, so wächst sein Antheil

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446. I, 11. nur von der Erbschaft als Erbschaft-recht handeln. Nach gemeinem Recht mite auch eine solche Schenkung unzulässig. 1. 30. C. n, 30. 1. 39. §. 1. de V. 8. Es werden nur die Schulden z. Z. der Schenkung ab­ gezogen. Oben B. 1. S. 659. Unger II, 209. z. 367. I, 9. Hier ist an da- Separationsrecht der ErbschastSglindiger zu erinnern. S. auch Göppert, z. L. v. Miteigenth. S. 132 f. z. 1087. d. T. Firste», Preuß. Prioatrecht. II.

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

nicht den Uebrigen zu, sondern er fallt an den Schenkenden zurück und dieser wird auf diesen Antheil Miteigenthümer8'). VI. Die Schenkung ist hauptsächlich aus drei Gründen Gegenstand juristischer Regeln geworden und eigentlich erst durch diese hat sie die Na­ tur eines bestimmt individualisirten Rechtsinstituts erhalten, da sie ohne solche als freigebige Handlung nur ein Motiv ist, mithin dem Rechtsgebiet nicht angehören würde"). Man hat das Schenken — um leichtsinnigen Vermögensminderungen entgegen zu wirken, durch besondere Formen er­ schwert; man hat aus gleichem Grunde unter gewissen Voraussetzungen dem Geber einen Widerruf gestattet; man hat Schenkungen unter Ehe­ leuten untersagt. Von diesen Rechtsregeln hat daS A.L.R. die letzte nicht aufgenommen, Geschenke unter Eheleuten sind wie unter Fremden gittig88). DaS Erforderniß einer besonderen Form ist int preußischen Recht zwar festgehalten, aber abweichend vom römischen' Recht. Der Widerruf ist auch im A.L.R. zu einer umfangreichen Theorie entwickelt. A. Die Form"). Nach neuestem'8) römischen Recht muß eine Schenkung, deren Betrag 500 Solidi") übersteigt, gerichtlich insinuirt werden. Bis zu diesem Betrage ist sie formfrei. Eö ist gleichgiltig, ob die Schenkung durch Vertrag (SchenkungSversprechen) erfolgt, oder durch Uebergabe vollzogen wird. Auch im letzteren Fall muß insinuirt werden"). Die Insinuation ist eine Erklärung der Schenkung vor Gericht und die Abfassung eines gerichtlichen Protokolls darüber. Der Richter beglaubigt, aber er hat nicht zu genehmigen, auch nicht über die Wirkung des Ge­ schäfts zu belehren, oder seine RechtSgiltigkeit zu untersuchen"). Die “) *’) “) ") ’")

§. 1085. 1086. S. oben B. 1. S. 331. Savigny S. 4. Arndt- S. 102. oben Anm. 4. Unger S. 189. Note2. II, 1. §. 310. Ebenso »sterr. G.B. §. 1246. Savigny S. 194 fg. §. 165-167. lieber das ältere römische Recht, die lex Cincia, fragm. Vatic. §. 249. 1.1. Cod. Theod. Vni, 12. 1. 25. C. VIII, 54. 1. 29. eod. 1. 31 eod., woraus hier nicht weiter eingegangen werden kann, s. Savigny S. 194. und die Note a. Eitir» toi, dazu noch Pnchta, Eursu» der Znstit. §. 206. Da- heutige r-ni. R. ruht auf den 1. 36. §. 3. C. VIII, 64. und §. 2. I. II, 7. ”) 600 Solidi «= 1400 Thlr. Preuß., 2000 Gulden im 20 Guldenfuß, und 2400 Gulden im 24 Guldensuß. Der Solidus wird dem ungarischen Dukaten gleich gerechnet, d. h. = 2% Thlr. Preuß. Savigny S. 210. Seufsert XVIII, 39. Oben I. S. 551. Note 48. Eigentlich beträgt der Solidus etwa- mehr. Zeitschr. f. geschichtl. RechtS-W. B. 6. S. 392. Da« sächs. G.B. steckt. §. 1056., bei 1000 Thlr. die Grenze. ") Savigny S. 210 fg. Seussert V, 165. VI, 39. VIII, 133. XVIII, 38. (Schenkung durch Schulderlaß.) Daselbst Nr. 40. ist von Dresden bei der Schen­ kung einer lebenslänglichen Rente die Insinuation für entbehrlich erachtet, wenn die einzelnen Raten 500 Solidi nicht übersteigen und die Rente nicht über das Leben des Schenkenden oder Beschenkten fortdauern soll (1. 34. §. 2. C. VIII, 54.). Auch bedingte Schenkungen müssen insinuirt werden (Seussert XVIII, 37.). ") Savigny S. 217. Seussert XVI, 111. XVII, 242. E» genügt daher die bloße gerichtliche Anerkennung der Schuldurkunde. Seussert B. I. 343. Da»

§. 122. Die Schenkung.

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Nichtbeachtung dieser Form wirkt Nichtigkeit der Schenkung, soweit sie jenen Betrag übersteigt. — Bis zu diesem Betrage bleibt sie giltig"). Soweit die Schenkung nichtig ist, kann die Sache auch durch Ersitzung nicht erworben, sie kann kondizirt, auch gegen den dritten Besitzer vindizirt werden ").

Einfach und zweifellos ist diese Theorie bei allen Schen­

kungen, welche durch Geben oder Verpflichten vollzogen werden, auch das Befreien als Erlaß bietet keine Schwierigkeit.

Dagegen ist der Fall der

Expromission und Delegation zweifelhaft, d. h. wenn dadurch geschenkt wird, daß der Geber die Schuld des Beschenkten gegen einen Dritten über­ nimmt, oder dadurch, daß er seinen Schuldner anweiset, dem Beschenken zu zahlen.

Die hier eintretenden Verhandlungen mit dem Gläubiger oder

Schuldner (dem Dritten) sind nicht eigentlich die Schenkung, und es kann die fehlende Insinuation nicht bewirken, daß die Zahlung des delegirten Schuldners ihn nicht befreie oder wenn der Gläubiger vom schenkenden Expromittenten Zahlung empfangen, sie zurückgeben muß.

Es ist also an­

zunehmen, daß die Handlung der Expromission und Delegation trotz feh­ lender Insinuation an sich giltig ist, der zahlende Schuldner ist befreit, der bezahlte Gläubiger hat das ©einige empfangen — aber die Wirkung der Schenkung für den Beschenkten tritt nur ein, wenn sie das Maß nicht übersteigt, sonst muß er den übersteigenden Betrag, den er vom Delegaten erhalten, dem Geber herauSzahlc», und diesem erstatten, was er dem Gläu­ biger gezahlt hat"). — Das A.L.R. bestimmt: sollen gerichtlich abgeschlossen werden"7T).

„Schenkungsverträge

Hier, wie im römischen Recht

gegen genügt nicht, wie mit guten Gründen bei Seufsert XVI, 111. ausgeführt ist, daß eine versiegelte Schenkungsurkunde dem Gericht überreicht werde. *4) Savigny §. 167. S. 2)7. 21«. Savigny S. 219. foitr bav Uebecmuah ist bu Schenkung nicyt HulapiouStitel, und der Beschenkte ist insoweit als unredlicher Besitzer anzusehen, „weil er weiß, daran kein Eigenthum zu haben," freilich auch wieder insoweit nicht, als er an­ nehmen kann, mit dem Willen des Eigenthttrners zu besitzen. Sav. S. 219. Daß auch gegen den dritten Besitzer vindizirt werden kann, folgt aus der Nichtigteit der Schenkung. 1. 5. §. 18. D. XXIV, 1. 1. 36. pr. eod. 1. un. §. 5. C. V, 13. 76) S. hierüber Savigny S. 587 fg.,

des. S. 596 f. 599. Beilage X. Etiam per interpositam personam donatio consummari polest. 1. 4. D. XXXIX, 5. Dergl. 1. 5. §. 5. D. XLIV, 4. 1. 21. §. 1. D. XXXIX, 5. Savigny entscheidet sich für die Nichtigkeit auch dem Dritten gegenüber, so daß also der delegirte Schuld­ ner, wenn er 1000 Dukaten dem Beschenkten gezahlt, aus 500 dem Gläubiger (dem Geschenkgeber) verhaftet bleibt, und der dritte Gläubiger, welcher vom Ex­ promittenten als Schenkenden 1000 erhalten, 500 zurückzahlen muß. Dies soll daraus folgen, daß die fehlende Insinuation im neuesten r. R. dieselbe Wirkung habe, wie die verbotene Schenkung unter Ehegatten, bei welcher diese Grundsätze gelten. Das wäre aber doch nur ein indirekter Beweisgrund, ausdrückliche Aus­ sprüche der Quellen fehlen; die im Text vorgetragene Ansicht, die der Natur der Sache zu entsprechen scheint, kennen unterstützen: 1. 21. §. 1. D. XXXIX, 5. (Delegation) und 1. 5. §. 5. D. XLIV, 4. (Expromission). S. hierüber Sa­ vigny S. 597. 599.

nr) §. 1063. d. T. Nnr schriftliche Form verlangt das österr. G.B. §. 943. und der

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Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechte.

ist die gerichtliche Form Erklärung zu gerichtlichem Protokoll zur Beglau­ bigung, nicht zur Bestätigung"). Abweichend vom römischen Recht ist die Nothwendigkeit der gerichtlichen Form nicht vom Betrage des Geschenkbedingt. Soweit ist die Vorschrift klar und einfach, ja man darf sagen, einfacher al- bei den Römern, da die Berechnung de- Betrages, die oft sehr zweifelhaft sein kann, und die Schwierigkeiten vermieden sind, die na­ mentlich bei untheilbaren Sachen daraus entstehen, daß ein Geschenk bis 500 Solidi gütig und nur auf den Ueberschuß nichtig ist. Zweifelhaft dagegen ist, was das A.L.R. unter Schenkungsvertrag versteht, ob nur das obligatorische Schenkungöversprechen oder überhaupt jede Schenkung. Wichtig ist hierbei die Aeußerung von Suarez bei der Schlußrevision"): „eS ist als Vorbeugungsmittel angenommen, daß aus pactis de donando, wenn sie außergerichtlich geschlossen, auf Erfüllung nicht soll geklagt werden können. Es giebt Leute, die sich sehr bedenken, wenn sie nur etliche LouiSd'or baar aus ihrem Beutel weggeben sollen, die eS aber gar nichts kostet, ein Versprechen, daS erst in der Zukunft erfüllt werden soll, auszustellen und zu unterschreiben." Durch die gerichtliche Form hat also nur da« Schenkungsversprechen getroffen werden sollen, dies ist unter „Schenkungsvertrag" zu verstehen"); die Schenkung durch Uebergabe fällt nicht unter jene Vorschrift"). Daher kann, wenn eine geschenkte bewegliche Sache oder Summe wirklich") übergeben worden, daS Geschenk nicht wegen mangelnder Form widerrufen, d. h. vom Geber vindizirt oder kondizirt werden***), und bei wirklich übergebenen unbeweg­ lichen Sachen genügt, den allgemeinen Vorschriften über die Form ent­ sprechend, daß die justa causa der Uebergabe, der Titel, in schriftlicher Form erklärt worden "). Der außergerichtliche schriftliche Vertrag gilt als Punktation, es kann also auf gerichtliche oder notarielle Form geklagt werden"), wenn diese, wie bei Grundstücken behufs Berichtigung des Be-

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bair. Entw. Art. 97. Erklärung zu gerichtlichem Protokoll oder gerichtliche Be­ stätigung nach sächs. G.B. $. 1056. Koch. R. d. F. HI. S. 167 a. E. 168. Jahrb. B. 41. ©. 23 f. Auch so nach österr. Recht. Unger S. 205. Koch, Komm. Note 31. zu §. 1063. §. 1068. Die geschenkte Sache muß in die Gewahrsam de» Beschenkte» oder seine» Stellvertreter» gekommen sein, der Besitz ohne diese genügt nicht» weil er noch eine Klage aus Erfüllung übrig läßt. Die s. g. brevi mann traditio ist also genügend» da» constitutum possessorium ungenügend. Es muß zwischen Schen­ ker und Beschenktem da» Geschäft ein abgemachte» sein. Koch, Komm. Note 37. §. 1065. d. T. Bei Strieth. B. 11. S. 71. war da» Geschenk der lOOOTHlr. durch Einhändigung an den Vormund gütig geworden, ohne daß e» der ge­ richtlichen Form bedurft hat. §. 1066 d. T. Vergl. §. 135. I, 5. und Koch'» Note 16. hierzu. Entsch. B. 1. S. 363.

§. 122.

Die Schenkung.

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sitztitels nothwendig ist. Es bedarf ferner die schenkung-weise erfolgte Cefsion, wenn sie nicht als ein besonderes pactum de cedendo, als Schenkungsversprechen auftritt, nicht der gerichtlichen Form, weil die MtretungShandlung selbst, der Uebergabe körperlicher Sachen analog, die Schenkung sofort vollzieht, nicht erst eine Erfüllung für die Zukunft ver­ heißt, weil sie nicht ein obligare, sondern ein dare ist89). Nur bei dem Schenkungsversprechen hängt die Klagbarkeit von der gerichtlichen Form ab, weder notarielle noch einfache Schriftlichkeit lassen die Klage auf Erfüllung ju67). Nun hat aber das A.L.R. noch die Vorschrift, daß der Schenkende bei gerichtlicher Abschließung des Vertrages ausdrücklich zu versichern habe, daß das Geschenk die Hälfte seines Vermögens nicht über­ steige, daß ihm dabei das Gesetz nebst den Folgen seiner Angabe deutlich ausgelegt, und wie dieses geschehen, in dem Protokoll ausdrücklich bemerkt werden soll88). ES entsteht die Frage, ob dies eine Formvorschrift oder eine materielle ist, ob es zur Vollendung der gerichtlichen Form gehört, daß der Schenkende jene Erklärung abgebe und darüber vom Richter be­ lehrt werde, so daß wenn beides unterblieben, die ganze Schenkung nich­ tig ist, oder ob an ihr Unterbleiben sich nur besondere materielle Folgen knüpfen. Koch89) nimmt ersteres an, er schließet daraus, daß bei jedem gerichtlich erklärten Schenkungsversprechen jene Vorschrift beobachtet wer­ den muß, daß mithin ohne dieses mehr als die Hälfte des Vermögens auch nicht in gerichtlicher Form verschenkt werden kann, und daß daher nach preußischem Recht die Schenkung eines ganzen Vermögens schlechthin un"•) Gnt(». B. 51. S. 121. (Auch selbst wenn auf Grund einer schenkung-weisen Session die Herausgabe eine« Grundstück» verlangt wird.) Die Cession muß aber an sich recht-gillig au«gesührt sein, d. h. e» muß die Abtretung verbriefter gorderung schriftlich mit Aushändigung der Schuldurkunde erfolgt und bei Abtretung hypothekarischer Forderungen wenigsten« notarielle Form beobachtet sein. Auch ist nothwendig, daß die schriftliche Cession dem dadurch Beschenkten eingehändigt weroe. Bergl. Schles. Arch. B. 4. S. 472. Entsch. B. 20. S. 128. «. 2. S. 260. Strieth. B. 9. S. 192. c. B. 43. S. 268.b. Boot« in d.Arn»b. jurift. Monat-schr. I, 321. Auch nach Sperr. R. ist die Cessio» von der besonderm Schenkung-form befreit. Unger S. 205. Note 15. — Schenkung durch DelegatiöN, Expromisflon, Erlaß bedarf nicht der gerichtlichen Form (Entsch. B. 5. S. 261. B. 13. S. 190. Al. 2. Strieth. B. 43. S. 269. c.) unter der Vorau-setzung, daß der Beschenkte wirklich in die Lage gebracht ist, bei der Delegation über die geschenkte Forderung wie über seine eigene zu verfügen, d. h. gegen bm Delegaten zu klagen, oder bei der Expromission und dem Erlaß durch die Be­ freiung von seiner Schuld eine BerinSgen-vermehrung erhalten zu habe», d. h.' er muß bei der Expromisflon eine Einrede gegen den Gläubiger, bei dem Erlaß eine Einrede gegen den Schenkenden gebrauchen können. Der beschenkte Delegatar muß als« auch die etwaige Schuldurkunde empfangen. — Die Schenkung eine» Spar­ kaffenbuch« wird nicht durch deffen Uebergabe vollzogen, sondern verlangt Cessio» der Forderung an die Sparkasse. Gruchot II, 426. VI, 403. ") §. 1069. d. T. ®») §. 1094. 1095. d. T. **) Koch, Komm. Note 52. zu §. 1094. R. d. F. S. 168 f. 213 oben. über Suarez, Jahrb. B. 41. S. 29 s.

Bergl. hier­

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Zweit«» Buch. Die besonderen Privatrechte.

ausführbar fei. Allein gegen diese Auffassung spricht, daß jene Vorschrift gegeben ist nicht bei der Stelle, wo von der Form des SchenkungSvertrageS gehandelt wird, sondern wo von dem Widerruf einer Schenkung wegen Uebermaßes die Rede ist, und hieraus folgt, daß ihre Nichtbeachtung nicht die Schenkung formell ungiltig macht, sondern nur diesen besonderen Grund zum Widerruf nicht ausschließt. Darum ist eS auch möglich und zulässig, die Schenkung eines ganzen Vermögens, obschon bei ihr jene Er­ klärung nicht abgegeben werden kann, „rechtögiltig" vorzunehmen. Geht ihr ein Schenkungsversprechen voraus, so muß es zu gerichtlichem Proto­ koll erklärt werden; wird sie sofort durch Uebergabe (Tradition, Cession der einzelnen Sachen und Rechte) vollzogen, so bedarf sie auch der ge­ richtlichen Form nicht und nur darin besteht ihre Eigenthümlichkeit, daß sie, weil eS bei ihr nicht möglich ist, den Widerruf wegen Uebermaßes durch eine Erklärung auszuschließen, erst gesichert ist, wenn der Zeitablauf von drei Jahren das Widerrufsrecht beseitigt hat"). DaS Resultat ist demnach: jede Schenkung, die sofort durch Uebergabe oder durch einen ihr entsprechenden Akt vollzogen wird, ist formlos giltig — sie erfordert nur, daß dieser Uebergabe-Akt gehörig erfolgt ist. Das Schenkungsversprechen allein muß, wenn eS eine Klage auf Erfüllung erzeugen soll, ohne Unter­ schied des Betrages, gerichtlich erklärt werden und bei dieser Insinuation bedarf eS weder einer Erklärung über den Betrag, noch einer Belehrung des Richters"). Mit einem Wort: die gerichtliche Insinuation ist nach preußischem Recht nur nöthig für die Klage auf Erfüllung, und diese ist nur denkbar, wenn ein ausdrückliches Schenkungsversprechen erfolgt ist"). B. Der Widerruf einer Schenkung ist die zweite Besonderheit dieses Rechtsgeschäfts"); sie trifft nicht, wie die Form, nur das Scheu,0) S. auch Göppert, Beitr. z. Lehre v. Miteigenthume S. 116. Note 1. Im Privatrecht B. 2. S. 286. $. 61 l. a. A. hat Noch im Widerspruch mit feinen anderen Schriften die richtige Ansicht. ,1) Bei schenkungsweije überlassener Nutzung eine» Grundstück» hat die Entsch. B. 13. S. 239. die gerichtliche Form für nothwendig erachtet. Tie» war zwar im vor­ liegenden Falle richtig, weil die Stützung nur versprochen, nicht schon wirklich ein« geräumt war, aber daraus stützt sich da« O.Trib. nicht, sondern darauf, daß ..Schenkungen" zu ihrer Giltigkeit gerichtlichen Abschluß erfordern. In dieser Allgemeinheit wäre der Satz falsch, und ist er auch sonst vorn O.Trib. keiueSweg» anerkannt. Durch Einräumung eine» dinglichen Rechts, wenn der Berechtigte dadurch nur wirllich in den Besitz und Genuß kommt, kann ohne gerichtliche Form geschenkt werden, auch wenn e« sich aus eine unbewegliche Sache bezieht. Nicht einmal einsache Schriftlichkeit ist nöthig, da sich §. 1066. nur aus den Fall beziehen läßt, wo das Grundstück selbst (nicht da« Nutzungsrecht) Gegenstand der Schenkung ist. — Da» Resultat, was Koch, R. d. F. III. S. 170. hinstellt: ,,e« giebt keine freie Schenkung, jede Schenkung ersordert zur RechtSgiltigkeit gericht­ liche Insinuation; aber auch eine gerichtlich insinuirte Schenkung jeder Art ist ungiltig, soweit sie die Halste de» Vermögen« des Schenkenden übersteigt- E» kann als» jede ohne gerichtlichen Akt geschenkte Kleinigkeit innerhalb der Berjäh« rungszeit zurückgeserdert werden," ist in jedem Wort unrichtig. ") §. 1076. d. T. S. unten bei VIII. Entsch. «. 5. S. 268.

§. 122.

Die Schenkung.

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kungsversprechen, sondern ebenso die schon vollzogene Schenkung. Der Widerruf ist eine Ausnahme von dem Rechtssatz, daß giltig errichtete Ge­ schäfte unwiderruflich sind"); er wird nur gestattet aus besonderen Grün­ den und setzt eine giltige Schenkung voraus, also entweder ein gericht­ liches Schenkungsversprechen, oder eine durch Uebergabe vollzogene Schen­ kung; er unterscheidet sich wesentlich von der Anfechtung, welche wegen Ungiltigkeit stattfindet"), von der Aufhebung, welche zwar auch ein giltiges, aber ein noch nicht erfülltes Geschäft, und zwar nicht dadurch besei­ tigen soll, daß der Verpflichtete sich einseitig und willkürlich seiner Ver­ pflichtung entzieht"), endlich von den Rückforderungsrechten (den Kondiktionen), die wegen mangelnden Rechtsgrundes gegeben sind97). Das Cha­ rakteristische des Widerrufs einer Schenkung besteht gerade darin, daß er nur aus einer Willensänderung des Gebers hervorgeht, und daß diese ihm gestattet wird vor und nach der Erfüllung. An sich ist also dieser Widerruf rein willkürlich, aber das positive Recht schränkt diese WilMr ein, indem es einerseits nur bestimmte Gründe für eine solche Willens­ änderung zuläßt, andererseits wenigstens in einzelnen Fällen derselben kür­ zere Zeitgrenzen steckt. Neben und außer dem Widerrufsrecht des Gebers ist zwar auch ein solches dritten Personen gestattet, den Gläubigern, den Pflichttheilserben des Gebers — diese Berechtigungen stehen aber unter anderen Gesichtspunkten. Von der den Gläubigern zustehenden Anfech­ tung der Schenkungen ihres Schuldners ist bereits I. S. 510. sg. gehandelt; die Erörterung des Widerrufs der Pflichttheilserben muß bis zur Dar­ stellung des Erbrechts verschoben werden, weil sein Verständniß den Be­ griff des Pflichttheilsrechts voraussetzt. Passender erscheint es auch, das Recht derer, die einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt an den Schen­ kenden haben, eine Schenkung desselben zu widerrufen, an die Erörterung dieses Anspruchs anzuschließen. So bleiben hier nur die Fälle übrig, wo der Geber selbst die giltig von ihm versprochene oder vollzogene Schen­ kung widerrufen darf. Das römische Recht gestattet in zwei Fällen dem Geber, seinen Willen zu ändern: wegen nachgeborener Kinder und wegen Undankbarkeit des Empfängers. Beide Fälle knüpften sich im älteren Recht an das Patronatsverhältniß an "), der letztere hat dann durch Iustinian "), der erstere .») Savigny S.224s. §. 168.169. Koch, R. d. F. S. 174fg. Uriger S. 212fg. 84) Grundsätzlich ist die Unwiderruflichkeil auch für die Schenkung anerkannt in §. 1089. d. T. Vgl. österr. Ges.B. §. 946. 95) Oben §. 88. B. 1. S. 508. 96) Oben §. 87. B. 1. S. 500. Savigny S. 226. 97) Savigny S. 225. 98) Savigny S. 228. 229 f. 99) 1. 10. C. VIII, 56.

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Zweite» Buch. Die besvoderrn Privatrechte.

durch die gemeinrechtliche Praxis,eo) eine allgemeine Anwendbarkeit erhal­ ten. Ein Widerruf wegen Uebermaßes mußte dagegen dem römischen Recht fremd sein, weil eS hiergegen schon durch seine Vorschrift über die Form Vorsorge getroffen. Das steht nach A.L.R. anders. Die gerichtliche Form hat zur Höhe des Geschenks keine Beziehung, sie soll nur das Schenkungs­ versprechen klagbar machen. Deßhalb war, um übermäßige Schenkungen zu verhüten, folgerecht, daß man einen besonderen Widerrufsgrund auf­ stellte. Damit erschöpfen sich aber die Fälle des eigentlichen Widerrufs, soweit solcher dem Geber selbst zusteht, und wenn das A.L.R. unter diese noch die spätere Verarmung des Gebers zählt""), so giebt es bei solcher dem Schenkenden vielmehr ein Recht auf Unterhalt, was sich wesentlich vom Widerruf unterscheidet. Die einzelnen Regeln des A.L.R. über den Widerruf sind folgende: 1. Ohne besonderen Grund für die Willensänderung kann der Geber jede außergerichtliche Schenkung, also jede ohne besonderes Schen­ kungsversprechen durch Uebergabe vollzogene, innerhalb sechs Monate seit der Uebergabe widerrufen Dies ist eine dem preußischen Recht ganz eigenthümliche Bestimmung, die das Korrektiv gegen die Formlosigkeit der Schenkungen durch Uebergabe bilden soll. Außer der Zeitgrenze hat die Willkür des Gebers hier keine Schranken. Aber eben darum, weil dieser Widerruf allein aus der WillenSänderung des Schenkenden hervorgeht, keiner besonderen objektiven oder thatsächlichen Gründe bedarf, ist es der Natur der Sache widersprechend und ein offenbarer Fehlgriff, einen sol­ chen Widerruf dem Erben des Gebers zu gestatten. Der Erbe kann den Willen de» ErblafferS nicht ändern, die bloße Fähigkeit oder Möglichkeit, den Willen zu ändern, läßt sich nicht vererben ""). Mit Ablauf der sechs Lauterbach ad XXXIX,5. §.53—57. Wernher H, 10. ob». 371. Höpf. ner, §. 412. Nr. 3., der diesen WiderrusSgrund aus die stillschweigende Klausel rebus sic stantibus zurückführt. Koch, R. d. F. S. 177. 101) 8. 1123 fg. d. T. §. 1090. d. T. v>s) Entsch. B. 11. S. 256. Hier ist der Satz ausgesprochen: Die dem Geschenkgeber zustehende Gefugniß, eine außergerichtliche, durch Uebergabe vollzogene Schenkung binnen 6 Monaten zu widerrufen, beschränkt sich nicht aus seine Person, sondern geht auch auf seine Erben über. Denselben Satz hat das Appell. G. Hamm an* genommen, bei Gruchvt B. 2. S. 427. Gegen diese Praxis hat sich die Theorie wohl einstimmig erklärt. Koch, R. d. F. S. 175. Preuß. Erbrecht. 1865. I. S. 84 fg. Gruchvt B. 2. S. 429. Bornemaun scheint in der 2. A. B. 3. S. 223. bei 8.b. die Vererblichkeit des Widerrufs aus den Fall zu beschränken, wo bereits eine gerichtliche Erklärung de- ErblafferS vorliegt. Er würde hiernach die Praxis des O.Trib. nicht mehr billigen (f. 1. A. B. 3. S. 373. Note). Das Erk. des O.L.G. Breölau, welches durch das O.Trib. geändert wurde, sagt sehr richtig: „DaS WiderrusSrecht sei kein Vermögensrecht und könne ebenso wenig, wie der individuelle Wille eines Menschen überhaupt abgetreten und vererbt wer­ den." Wenn das O.Trib. annimmt, der Widerruf basire hier auf einem Form. Mangel, der angefochten werden soll, so verkennt eS ebenso deu Begriff deS Wider-

§. 122.

Die Schenkung.

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Monate erlischt dieses willkürliche Widerrufsrecht, welches nicht die Bedeu­ tung der Anfechtung einer ungiltigen Schenkung hat. Man wird daher dem Schenkenden auch nach sechs, Monaten die Anfechtung aus allge­ meinen gesetzlichen Gründen z. B. wegen wesentlichen Irrthums nicht ver­ sagen dürfen'"). 2. Die besonderen Gründe sind: a. Uebermaß läßt innerhalb dreier Jahre vom Tage der Uebergabe oder der Insinuation widerrufenl06). Uebermäßig ist jede Schenkung, welche die Hälfte des Vermögens zur Zeit der Insinuation oder Uebergabe übersteigt. Wird zwischen der Insinua­ tion und der Uebergabe widerrufen, so wird auf den Zustand des Ver­ mögens, wie er alsdann (d. h. zur Zeit der Ausübung des Widerrufs) beschaffen war, Rücksicht genommen'"). Die Schenkung des ganzen Ver­ mögens ist daher stets an sich eine übermäßige und innerhalb jener Zeit unbeschränkt widerruflich. Bei der Schenkung eines aliquoten Theils des Vermögens kommt es auf die Feststellung seines Verhältnisses zum Ganzen an, und dies kann oft eine sehr schwierige und zweifelhafte Berechnung nöthig machen, namentlich wenn das Geschenk in fortlaufenden, zu bestimm­ ten Zeiten sich widerholenden Zuwendungen besteht, wenn dieselbe Person zu gleicher Zeit und durch denselben Akt mehreren Personen schenkt. Das A.L.R. hat nicht unterlassen, solche Fälle kasuistisch zu behandelnlor). Das

I04)

i°5) 106) 107)

russ, der gerade eine formell giftige Schenkung voraussetzt, als die Bedeutung der Form bei der Schenkung nach A. L.R., denn die durch Uebergabe vollzogene Schenkung ist formlos unzweifelhaft gillig, was das O. Trib. selbst wiederholt an­ erkannt hat. Das hat jedoch das O.Trib. (Strieth. B. 21. S. 128.) verneint. Die Entsch. ist bedenklich. Es handelt sich nicht um Widerruf im technischen Sinn, sondern um Anfechtung einer außergerichtlich vollzogenen Schenkung wegen ausdrücklich erklärten irrigen Beweggrundes, nach Ablauf von 6 Monaten. Der erste Richter hatte §. 150. I, 4. angewendet. Das O. Trib. deduzirt ohne weitere Ausführung, §. 150. passe nicht, es müsse §. 1090 f. I, 11. oder §. 166 f. I, 16. zur Anwen­ dung kommen. Der §. 150. I, 4., welcher auf freigebige Willenserklärungen sich bezieht, macht keinen Unterschied zwischen Schenkungen, Zahlungen oder anderen freigebigen Zuwendungen. Es ist auch in der That kein Grund zu finden, Deß­ halb eine Schenkung nicht als „unkrästig" d. h. als ungiltig angefochten werden soll, wenn auch der Widerruf aus §. 1090. nicht mehr statthast ist. §. 1091-1112 d. T. Koch, R. d. F. Hl. S. 197. §. 1097. 1098. S §. 1099—1111. d. T. Die Erörterung dieser §§. hat wissenschaftlich kein Interesse. Koch, R. d. F. 111. S. 198 f. Im röm. Recht werden diese Fragen erörtert, um die Nothwendigkeit der Insinuation festzustellen. Seusfert B. 8. Nr. 131. 285. B. 1. S. 308. Holzschuher, 3. A. IV. S. 480 sg. In §. 1111. ist angeordnet: sobald sich findet, daß Jemand mehr als die Hälfte seines Vermögens verschenkt habe, ist der Richter befugt und schuldig zu untersuchen, ob nicht ein solcher Mensch als ein Verschwender unter Vormundschaft zu stellen sei. Diese wunderliche Vorschrift sagt aber nicht, daß jeder, der mehr als die Hälfte ver­ schenkt, deßhalb für einen Verschwender anzusehen, sondern es soll nur untersucht werden, ob Verschwendung vorliege, also Leichtsinn, Unbesonnenheit müssen er­ mittelt werden.

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Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Widerruf-recht wegen Uebermaße- wird im Fall der gerichtlichen Insinua­ tion, also wenn ein verpflichtende- Schenkung-versprechen der Vollziehung vorausgeht, beseitigt durch die oben schon erwähnte Erklärung des Geber-, daß da- Geschenk die Hälfte seine- Vermögen- nicht übersteigt. Diese Erklärung ruft eine Belehrung de- Richter- hervor, welche darin besteht, daß er dem Geber da- Gesetz und die Folgen seiner Angabe erklärt, d. h. daß er ihm klar macht, daß nach einer solchen Angabe da- Geschenk wegen Uebermaße- nicht mehr widerrufen werden darf — e- sei denn, wenn er nachweisen könne, daß er irrthümlich ohne grobe- Versehen sein Vermögen für größer gehalten habel08). Jene Erklärung des Geber- und diese Be­ lehrung de- Richters muß ausdrücklich im Protokoll, und zwar wie sie ge­ schehen, vermerkt werden""). Nur wenn die- beobachtet, ist der Wider­ ruf wegen Uebermaße- ausgeschlossen. Aber eS ist zu bemerken: der Geber ist nicht verpflichtet zu jener Erklärung, und die Belehrung de- Richterwird erst nöthig, wenn jener freiwillig diese Erklärung abgegeben. Unter­ bleibt sie, so folgt daraus, daß der Geber sich den Widerruf für die näch­ sten drei Jahre offen halten will. Hat der Geber seinen Entschluß, wegen Uebermaße- zu widerrufen, bereit- gerichtlich erklärt — aber nur in diesem Fall —, so sind auch seine Erben berechtigt, diesen begonnenen Widerruf zur Ausführung zu bringen""), b. Grober Undank'"). Wenn der Empfänger"") den Geber'") vorsätzlich oder au- grobem Versehen getödtet, verwundet, geschlagen, oder sonst dessen Leben und Gesundheit ge­ fährdet, wenn er ihm eine schwere Ehrenkränkung'") zugefügt, wenn er boShast oder aus unerlaubtem Eigennutz sein Vermögen beschädigt hat oder hat beschädigen wollen, und der Nachtheil nur zufällig nicht eingetreten ist""), so kann sowohl da- Schenkung-versprechen als eine vollzogene Schenkung widerrufen werden. Der Begriff der Undankbarkeit ist ausgeschlossen, wenn sich der Empfänger bei seiner Handlung in der Selbstvertheidigung befunden hat'"). Der Erbe de- Geber- hat, wenn dieser durch den Empfän§. 1094-1096 b. T. "") §. 1095. b. T. “°) §. 1112 b. T. "') §. 1161—1161. b. T. 1. 10. C. VIII, 66. Koch. R. b. F. III. S. 178. Savigny S. 230. Unger S. 213. Nach österr. Gesetzbuch §.948. entscheidet, ob die Handlung des Beschenkten von AmtSwegen oder nach Verlangen des Gebers nach dem Strafgesetz verfolgt werden kann. Sachs. G.B. §. 1059. 11 *) Der Undank seiner Erben begründet den Widerrus nicht. 11 *) Die Undankbarkeit muß sich gegen den Geber selbst richten. ,u) DaS neue Strafgesetzbuch hat die Eintheilung der Ehrenkränkungen deö 11, 20. A. L.R nicht ausgenommen. Der Richter hat im einzelnen Fall zu ermesseu, ob die Beleidigung eine schwere ist. 115) Also auch der Versuch gilt alö Undankbarkeit. Die einzelnen Fälle sind nicht ana­ log auf andere auszudehnen (ex bis tantummodo causis). Savigny S. 233. '") §. 1156. d. T.

§. 122.

Die Schenkung.

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ger sein Leben oder den Gebrauch seiner BerstandeSkräste verloren hat, das Recht des Widerrufs aus der Person des Erblassers auszuüben, indem, wie sich Koch richtig ausdrückt, die Willensänderung des letzteren fingirt wird'"). Sonst ist an sich auch hier dieses Recht nicht vererblich, wenn nicht schon der Erblasser seinen Willen, das Geschenk zu widerrufen, er­ klärt hat, eS sich also nur um eine Ausführung des bereits begonnenen Widerrufs handelte'"). Ist die Erklärung von ihm erst außergerichtlich abgegeben, so kann der Erbe den Widerruf fortsetzen, wenn erhellet, daß der Erblasser nur durch den Tod verhindert worden ist, den Undank ge­ richtlich zu rügen"9). Dies muß vom Erben bewiesen werden"9). Kor­ porationen können nicht undankbar sein, daher ist ein ihnen zugewendetes Geschenk auS diesem Grunde nicht widerruflich, aber der Schenkende soll doch berechtigt sein, diejenigen Mitglieder der Korporation, von denen er beleidigt worden, von den Vortheilen deS Geschenks auszuschließen'"), c. Nachgeborene Kinder'"). Ein Widerruf auS diesem Grunde darf nur gegen ein Schenkungsversprechen, nicht gegen eine durch Uebergabe vollzogene Schenkung gerichtet werden'"); er ist ausgeschlossen, wenn der Geber zur Zeit des Versprechens schon Kinder hatte und deren Zahl in der Folge sich vermehrt, wenn das Geschenk einem Verwandten in auf­ steigender Linie oder einem außer einer Ehe zur rechten Hand erzeugten Kinde zugewendet werden sollte. Unter nachgeborenen Kindern sind die Descendenten, die aus einer Ehe zur rechten Hand erzeugten oder die nach­ träglich legitimirt sind, nicht aber adoptirte zu verstehen. Eine Mutter kann aber auch widerrufen, wenn sie nachher außerehelich oder in einer Ehe zur linken Hand Kinder geboren hat. Auf die Zahl der nachgebore­ nen Kinder kommt nicht- an. Sind sie wieder gestorben, so kann hinter­ her nicht widerrufen werden, aber war bei ihrem Tode der Widerruf be'") 8. 1157. Koch, R. d. F. III S. 181. c. "*) |. 1158. Grundsätzlich stimmt das 9l.fi. G. mit dem römischen 9t. 1. 7. 10. C. VIII, 56. Koch, R. d.F. III. S. 179. Ander» nach österr. 9t. tz. 949., welche» die WiderrusSklage aktiv und passiv vererblich erklärt. Da» sächs. Ges.B. §. 1060. 61. stimmt mit dem preuß. Recht. "») §. 1159. d. T. "") Koch, Note 17. zu §. 1159. und 9t. d. F. III, 81.b. meint, «» müsse au» den Umständen erhellen, eine direkte Beweisführung, insbesondere ein nothwendiger Eid sei unzulässig. Da sich aber eine Beweisführung denken läßt, so ist nicht einzu­ sehen, warum sie durch da» Wort erhellen ausgeschlossen sein soll. »') §. 1160. 1161. d. T. '") §. 1140—1150. d. T. Die neuere Theorie will im Widerspruch mit der herr­ schenden Praxi» diesen WiderrnsSgrund für da» gemeine Recht verwerfen. Savignh S. 228. Oesterr. Ges.B. §. 954 verwirft diesen Widerruf. '“) §. 1142. d. T. Entsch. B. 38. S. 96. Slrieth. B. 28. S. 251. c In der gemeinrechtlichen Praxi» wurde die Schenknug durch nachgeborene Kinder al» ipso jure aufgehoben angesehen, indem man annahm, die Schenkung sei nur unter der Klausel rebus sic stantibus zugewendet. Von dieser Auffassung ist da» 9l.fi. 9t. frei, e» nimmt hier einen eigentlichen Widerruf an.

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Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

reit- ausgeübt, so kehrt das Geschenk nicht an den Beschenkten zurück'"). Vererblich ist auch dieses Widerrufsrecht nicht, denn eS beruht auf ande­ rem Grunde, daß solchen Kindern, wenn der Erblasser nicht widerrufen, die Befugniß, eine Verletzung des Pflichttheils geltend zu machen, einge­ räumt ist. — d. Der Widerruf kann vom Geber durch eine Klage und eine Einrede ausgeübt werden; durch letztere vertheidigt er sich gegen die Klage auf Erfüllung des Schenkungsversprechens, durch erstere strebt er, das wieder zu erlangen, was er durch die Schenkung fortgegeben, um was er durch diese ärmer geworden. Daher leuchtet ein, daß der Widerruf wegen nachgeborener Kinder nur als Einrede praktisch möglich ist. ES ist nicht zweifelhaft, daß die Widerrufsklage (a. revocatoria) eine persönliche Natur hat, es soll nicht vindizirt werden, was dem Geber noch eigenthüm­ lich gehört, sondern eS soll vom Empfänger zurückgefordert werden, was der Geber bereits giltig veräußert hat, und zwar mittelst einer s. g. con­ dictio ex lege'"). Diese Klage geht auf Rückgabe der geschenkten Sache, Rückcesiion des geschenkten Rechts, Erstattung des Gezahlten, Zahlung der erlassenen Schuld, auf Früchte und Zinsen — aber mit der Beschränkung, daß der beklagte Empfänger durch die ^Restitution nicht ärmer werden darf, als er ohne das Geschenk gewesen wäre'"). Er hat also nur die'wirk­ lich noch vorhandene Bereicherung herauszugeben, an die Stelle der ver­ äußerten Sache tritt ihr gelöster Werth"'). Der Beschenkte wird durch die ihm zugestellte gerichtliche Erllärung des Widerrufs, die nicht als ein besonderer Akt der Klage vorauszugehen braucht, aber ihr vorausgehen kann'"), unredlicher Besitzer'"); von diesem Zeitpuntt hat er also als solcher die Restitution zu vertreten. Es ist eine wunderliche, augenschein­ lich auch wieder durch ungehörige Einmischung der Moralität hervorgeru­ fene Besttmmung, daß der undankbare Beschenkte von dem Augenblick der '") Da- ist eine von der gemeinrechtlichen Praxis abweichende Einschränkung. Loch, R. d. F. 111, 186. Entsch. B. 38. S. 96 f. ’**) Savign» S. 231. Koch, R. d. F. III. S. 176., wo in Note 2.a. ältere An. sichten. Ueber die Verwechselung der actio revocatoria mit der Anfechtung einer Schenkung al» unkräftig, in Strieth. B. 21. S. 129 f. s. oben Note 104. — Sächs. @.!0. §. 1061. '“) Savigny S. 239. Koch. R. d. F. 111. S. 182. '”) §. 1165. d- T. Savigny S. 237. Koch S. 182. Gegen Dritte ist die Klage niemals zu richten. Hat der Beschenkte die Sache weiter verschenkt, oder ist ste zusällig untergegangen und befindet fich in Folge dessen in dem Vermögen des Beichenkten keine Bereicherung mehr, so ist die Klage auch gegen diesen unstatthaft. Unger S. 215 s. **•) Strieth. B. 9. S. 192. bes. S. 200. Der Widerruf braucht weder im persön« lichen Gerichtsstand de- Beschenkten zu geschehen, noch ist er sonst an eine Form gebunden. Die Widerrnftklage muß sreilich bei dem persönlichen Richter deS Be­ schenkten angestellt werden. '*’) §. 1166. d. T. Die gerichtliche Erklärung de« Widerruf« hat also die zwei besonderen Wirkungen, daß der Beschenkte in schlechten Glauben versetzt wird und daß der Erde des Gebers die Ausführung des Widerruft fortsetzen kann.

§. 122.

Die Schenkung.

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begangenen Undankbarkeit als unredlicher Besitzer angesehen werden soll ue). Es folgt daraus, daß derselbe möglicherweise 30 Jahre lang als unred» licher Besitzer Eigenthümer der geschenkten Sache ist, wenn nämlich der Geber sein Widerrufsrecht nicht gebraucht'"). Weder vor noch bei dem Schenkungsversprechen, auch nicht bei der Uebergabe darf der Geber sei­ nem Recht zum Widerruf entsagen'")', außer wegen Uebermaßes — wie oben dargestellt — bei der Insinuation'"). Daß die Klage und Einrede nur unter der Voraussetzung vererbt wird, wenn der Erblasser seinen Willen zu widerrufen bereits erklärt hat, ist erwähnt, grundsätzlich ist also das Widerruförecht unvererblichgegen die Erben des Beschenkten gehen aber beide Rechtsmittel, wie gegen diesen selbst'"). Die Widerrufsklage wegen Undanks und wegen nachgeborener Kinder verjährt in 30 Jahren, wegen Uebermaßes in 3 Jahren'"), ebenso muß gegen die Klage auS dem SchenknngSversprechen die Einrede des Widerrufs wegen Undankbarkeit und wegen nachgeborener Kinder als unverjährbar angesehen werden, die Einrede wegen Uebermaßes dagegen nach drei Jahren verloren gehen.'") — c. An die Lehre vom Widerruf knüpft zum Schluß das A.L.R. noch fol­ genden sehr allgemein gehaltenen Satz: „wenn der Geschenkgeber eine zum Geschenk versprochene aber noch nicht wirklich gegebene, bestimmte Sache vor der Uebergabe veräußert oder vernichtet, so ist dieses für einen still­ schweigenden Widerruf des Schenkungsversprechens zu achten" m). Soll dieser erst nachträglich bei der Revision eingeschobene Satz nichts weiter sagen, als daß ein Schenkungsversprechen — bei dem Vorhandensein eines der gesetzlichen Gründe — auch stillschweigend, durch Handlungen wider­ rufen werden könne, so ist er unbedenklich. Nach dem Wortlaut scheint es aber, als sei gemeint, daß ein Schenkungsversprechen bis zur Erfüllung "") 11') "') '«) ■“)

§. 1167. d. T. Bergt. Koch'« Note 22. hierzu. Ebenso nach österr. ®.B. §. 949. tlnget S. 216. §. 1162. d. T. 1163. 1094—1096. d. T. Da« ist die Lehre de« gemeinen Recht» und da« preuß. Recht ist nicht davon ab­ gewichen. Selbst die Erwähnung de« Erben in $. 1162. beweist nicht» dagegen, denn e« versteht sich von selbst, daß hier nur an die Fälle gedacht ist, wo Erben ausnahmsweise den bereit« begonnenen Widerrus de« Erblasser« sortsetzen dürfen. Ueber die unrichtige Entscheid. B. 11. S. 256. s. oben Note 103.; über gemeine« R. Savigny S. 231. o. E. f. '") §. 1164. d. T. Hier weicht da« gemeine Recht ab, welche« auch gegen Die Erben de« Beschenkten den Widerrus versagt, wenn er nicht gegen ihren Erblasser bereit« ausgesprochen. Savigny S. 232 f. Koch, R. d. F. IIL S. 182.

■**) §. 1093. d. T. ’*11) Und zwar deßhalb, weil der Widerruf nicht bloß durch Klage, sondern auch durch eine einfache Erklärung erfolgen kann, und diese muß bei Uebermaß innerhalb dreier Jahre stattfinden, sonst steht dieser Widerruf nicht mehr zu. S. oben §. 67. «. 1. S. 297. a. E. 298. '") §. 1168. d. T.

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Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

willkürlich durch Handlungen widerrufen werden könne, auch wenn keiner der gesetzlichen Gründe eingetreten. Wäre dies gemeint, so ist nicht zu verstehen, waS dann noch die Klage aus einem gütigen Schenkungsver­ sprechen bedeuten soll, die der Schenkende nach freiem Belieben jeden Augenblick illusorisch machen kann. Koch"') nimmt an, es fei hier nur bestimmt, daß nicht bloß ein ausdrücklicher, sondern auch der durch die er­ wähnten Handlungen an den Tag gelegte Widerruf den Erben berechtige, daraus eine Einrede gegen die ErfüllungSklage aus dem Schenkungsver­ sprechen zu entlehnen — natürlich vorausgesetzt, daß der Widerruf an sich gesetzlich begründet ist. Dadurch bekommt allerdings der §. einen gewissen Sinn, aber aus den Worten ist er nicht herauszunehmen, er muß vom Ausleger hineingetragen werden. Will man dies nicht zulassen, so bleibt nur übrig, den §. als bedeutungslose Phrase wegzuwerfen. VIT. Wie schon erwähnt, hat das A.L.R. die Verarmung deSchenkenden auch unter die Widerrufsgründe aufgenommen""). Dies kann aber nur sehr uneigentlich geschehen, denn das Geschenk selbst wird nicht widerrufen, der Beschenkte ist nicht verpflichtet, den Gegenstand des­ selben zurückzugeben, das Gesetz bewilligt vielmehr dem Geschenkgeber, wenn er später in Dürftigkeit gerathen ist, einen Anspruch auf Unterhalt (Alimente) an den Empfänger"'), dessen Höhe auf 6 Prozent von der geschenkten Summe oder dem Werthe der Sache jährlich bemessen wird. Der Beschenkte muß, wenn er ans eigenen Mitteln diesen Unterhalt nicht gewähren kann, die Substanz des Geschenks, soweit es sich noch in seinem Vermögen befindet, dazu verwenden, mit seinem sonstigen Vermögen haf­ tet er nicht, und er kann sich von der Verpflichtung befreien, wenn er das Geschenk oder die bei ihm noch vorhandene Bereicherung dem Schenken­ den zurückgiebt"'). Unter mehreren Empfängern von Geschenken hastet der spätere vor dem früheren, letzterer nur aushilfsweise"'). '”) R. d. F. S. 209. §. 1123—1128 d. T. Oesterr. G.B. §. 947. sieht die- Recht al- eine Ausnahme der Unwiderruflichkeit an. >41) In §. 1123. ist da- Recht als eine Kompetenz bezeichnet, da- ist es aber auch nicht. S. oben §. 110. Note 5. B. I. S. 737. , denn der Geber ist doch nicht ein Schuldner, dem sein Gläubiger etwa- übrig lassen muß. Dagegen ist der Beschenkte Schuldner für die Entrichtung der 6 Prozent, und ihm ist insofern scheinbar die Kompetenzeinrede gegeben, als er in keinem Fall genöthigt ist, zur Entrichtung der 6 Prozent über den Betrag des Geschenks zu haften. So weit aber dieser Betrag reicht, darf er dem Geber nicht einwenden, daß er ihm und seiner Familie durch die Alimente den nöthigen Unterhalt entziehe und insofern giebt auch dem Beschenkten §. 1124. d. T. keine eigentliche Kompetenz, wie Koch, Note 71 im Komment., annimmt. ES kann auch nicht seiner Bemerkung Note 72. im R. d. F. III. S. 208. beigestimmt werden, weil daö Alimentation-recht deSchenkers mit dem beneficium competentiae überhaupt nichts zu thun hat. ~ Unger S. 217. bezeichnet da- Recht des verarmten Schenker- als „partiellen" Widerruf. §. 1126. d. T.

§. 122. Die Schenkung.

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VIII. Aus dem gerichtlich insinuirten SchenkrmgSversprechen erwächst dem Beschenkten eine Klage auf Erfüllung'"), nicht eine Klage auf. Ge­ währleistung, wenn dieselbe nicht ausdrücklich versprochen worden'"). Auch die Erfüllungsklage ist, soweit sie gegen den Geber anzustellen, eingeschränkt. Die Uebergabe einer nutzbaren Sache und die Uebereignung eines zins­ baren Kapitals muß zwar geleistet werden mit allen seit der widerrecht­ lichen Zögerung wirklich erhobenen Nutzungen und Zinsen, aber in Betreff der Erhaltungskosten und Verbesserungen hat der Schenkende die Rechte, in Betreff der Verschlinimerungen nur die Pflichten eines redlichen Be­ sitzers'") und von geschenktem Gelde hat er erst vom Tage der Rechts­ kraft des Erkenntnisses Zögerungszinsen zu gewähren'"). Der Verzug deS Gebers hat also gegen ihn selbst nicht seine volle Wirkung. Werden dagegen seine Erben belangt, so sind sie „gleich anderen Schuldnern" zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet'"); eS wird bei ihnen auch anzu­ nehmen sein, daß sie durch die Klagebehändigung unredliche Besitzer werden'"). Außerdem haftet der Schenkende für Arglist'"), wenn er „wissentlich" eine ftemde oder schädliche Sache geschenkt und den Empfänger nicht damit be­ kannt gemacht, nicht gewarnt hat; er hat dann den „dadurch entstehenden" Schaden zu ersetzen, worunter nur der wirkliche Schaden nicht auch der entgangene Gewinn wird verstanden werden dürfen, weil bei Auslegung der Verpflichtungen ans freigebigen Rechtsgeschäften immer für das min­ dere Maß zu interpretiren ist"') IX. Besondere Arten der Schenkung sind insofern denkbar, als in einzelnen Fällen die Merkmale der Schenkung modifizirt erscheinen.

'") $. 1128. b. T. '") §. 1076. b T. Da» O.A.G. Kassel (Heuser, Sinnet I, 914) läßt bei bet Scheulang eines ganzen Vermögens eine Klage mit dem allgemeinen Antrag auf Er­ füllung zu, die Ermittelung des Umfangs und der Gegenstände der Schenkung dem späteren Prozeß vorLehalten. ’") §. 1082.1083. d. T. 1. 18. §. 3. D. XXXIX, 5. 1. 62. D. XXI, 1. MinderungSund Wandelklage sind bei der Schenkung undenkbar. Die Klage auf Gewährleistung kann also auch da, wo diese bedungen, immer nur aus das Interesse gehen. Die Behauptung, daß wenn ein genug versprochen, der Schenker für Eviktion einstehen müsse, beruht auf einem Mißverständniß; da genug non perit, kann es nicht evinzirt werden. Gangerow B. 3. S. 336. Oben B. 1. S. 470. Note 32. '") §. 1077. 1078. 1080 d. T. §. 280. I, 5. d. h. er haftet für dolus und culpa lata, wie nach röm. R. 1. 22. §. 5. D. XIII, 5. 1. 108. §. 12. D. de leg. I. ,41> §. 1079. d. T. 1. 22. D. XXXIX, 5. Savigny S. 121. Nach gemeinrechtl. Praxis (Kasiel bei Heuser Ann. I, 915.) beginnen die Folgen des Verzugs mit der Insinuation der Klage. Seusfert V, 284. XVII, 220. )

2,j

den dritten, unbekannten Käufer angenommen hat? was für eine Stellung hat er im Rechtsgeschäft, er kann doch nicht übersehen werden? Daraus bleibt auch Gad die Antwort schuldig. Er scheint ihn als negotiorum gestor aufzusagen. Suarez hat sich offenbar Voet, comment. ad Fand. XVIII, 1. Nr. 8. ange­ schlossen, aber dieser betrachtet doch beit, qui emit pro eo, quem postea nominaturus est, als verpflichteten emtor. Die Stelle ist abgedruckt bei Gruchot IX, 113. §. 27. d. T. Aus diesen weisen auch die Ges.-Rev. hin (S. 8.) und Koch, Note 14. im Komm. zu §. 27. Besser wäre eS jedenfalls gewesen, wenn die §§. 13. fg. au« dem Gesetzbuch weggeblieben wären, zumal ein praktisches Bedürfniß sie nicht nöthig machte. Daß sie hineingekommen, findet aber vielleicht darin eine Erklä­ rung, daß daS A.L.R. die Gewährleistungspflicht des Verkäufers geradezu auf da« Eigenthum, nicht bloß auf das habere Heere stellt, der Verkäufer also wissen muß, wem er da« Eigenthum übertragen soll, wenn es der Käufer nicht erwerben will. ES kommt insbesondere auch darauf an, ob der Dritte da« Eigenthum an dem Gegenstände des Kaufs erwerben kann. Vgl. den Rechtsfall im ArnSb. Arch. B. 13. S. 263. §. 2. d. T. §. 2. I, 4. Koch, R. d. F. III. S. 723 fg. 726 f. Gruchot IX, 113 fg. Der Verkäufer kann nicht deßhalb, weil ihm das Eigenthum gemangelt, den Kauf anfechten. Entsch. B. 29. S. 351. Strieth. B. 14. S. 337. Gruchot B.7. S. 225. Auch der Käufer, der in der Meinung gewesen, daß der Verkäufer Ei­ genthümer sei, kann sich nicht auf einen wesentlichen Irrthum beziehen. Strieth. B. 31. S. 55. Mommsen, Beiträge z. Obl.R. I. S. 14. Präj. 601. (Sammt. B. 1. S. 47. a. Plathner a. a. O. behauptet, das A.L.R. basire auf dem Prinzip der Morali­ tät, der Veräußerer falle aus dem Irrthum des Erwerbers keinen Vortheil ziehen. Da» wäre an stch wohl nicht unmoralisch und Jura vigilantibua scripta. Sua-

Der Kauf. §. 127.

Aufhebung und Anfechtung.

101

so ist Gegenbeweis zulässig, das Rechtsmittel muß versagt werden, wenn sich der Käufer über den Werth nicht geirrt hat. DaS wird sich auch folgern lassen aus den Unterhandlungen der Parteien, aus begleitenden Umständen, eS wird z. B. ein sachverständiger Käufer sich darauf nicht berufen dürfen40). Unter Werth der Sache wird der gemeine verstanden4'); haben die Parteien den außerordentlichen Werth berücksichtigt, so kann der höhere Preis das Rechtsmittel niemals zur Folge haben 4‘). Berücksichtigt wird ferner nur der Werth zur Zeit des Vertragsabschlusses44), und es soll, da die Schätzung, welche stets durch vereidigte-Sachverständige nach den zur Zeit des Vertrages geltenden Grundsätzen44) erfolgen muß, in eine spätere Zeit trifft, von der Annahme ausgegangen werden, daß in der Zwischenzeit keine Veränderung eingetreten fei45). Das hat zur Folge, daß der Käufer etwaige Verbesserungen, der Verkäufer etwaige Verschlech­ terungen beweisen muß46). Diese Annahme ist ein Nothmittel, für welches praktische Zweckmäßigkeit, nicht suristische Gründe sprechen, denn die Ver­ muthung der Unveränderlichkeit kann wohl von einem erwiesenen Zustand aus in die Zukunft wirken"), nicht aber rückwärts, um vom späteren Zu­ stand auf den älteren zu schließen45). Der Zweck des Rechtsmittels, was übrigens auch nach preußischem Recht durch Klage oder Einrede, und zwar von mehreren Käufern nur gemeinschaftlich45) geltend gemacht werden kann55), ist, den Zustand so herzustellen, als wäre der Vertrag nicht ab-

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rez ist freilich auch auf die Moralität zurückgegangen. Aber der dolus ex re, den man dabei annehmen muß, ist unhaltbar. Das nimmt z. Theil die gemeinrechtliche Praxis an. Seuffert I, 52. VI, 170. (sachverständiger Verkäufer), obfchon das inconsulto crrore in 1. 1. C. V, 74. da­ gegen spricht. Dagegen Lübeck (das. I, 47.), dafür Dresden (das. VI, 170); und für preuß. N. Gruchot IX, 322. wegen I, 4. §. 78. §. 60. 66. d. T. Seuffert III, 161. IV, 213. Heuser, Ann. VIII, 329. (eine Amati-Geige hat keinen gemeinen Werth). §. 66. d. T. Oesterr. G.B. 935. Auch nach gemeinrechtl. Praxis. Seuffert III, 160. 161. IV, 213. X, 245. XII, 138. §. 62. d. T. Ist ein Inbegriff verkauft worden, so kommt es nicht darauf an, ob einzelne Sachen desselben zu doppeltem Preise veranschlagt find, sondern ob der Preis der Gesammtheit zu hoch angenommen worden. S. Goldschmidt, Zeitschr. s. Handels-R. IV, 463. (ein Erk. v. Dresden). §. 61. 64. d. T. §. 63. d. T. Göppert p. 37. 39. Oben B. 1. S. 75. Note 3. Güppcrt p. 37. 38.

48) Multa autcm jure civili contra rationem disputandi pro utilitate communi recepta esse innumerabilibus rebus probari potest. 1.51. §.2. ins. D. IX, 2.

") Nach §. 450. I. 5. 50) §. 65. 68. d. T. Die Klage geht auf Rücknahme der Sache gegen Rückzahlung des Preises, die Einrede aus Abweisung des Klägers bis zur Hälfte deö bedunge­ nen Preises.

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

geschlossen worden"'). Der Verkäufer muß die Sache, der Käufer den Preis zurück erhalten. Daraus folgt: der Käufer muß wirklich noch zu­ rückgeben können"), zufälliger Untergang schließt die Anfechtung au«“), und der Verkäufer hat nicht das Recht, durch das Anerbieten einer Er­ mäßigung des Preises den Vertrag zu erhalten "). Die Rückgabe geschieht in dem Zustand der Uebergabe"), zufällige Verschlimmerung wird nicht vertreten"), für Verbesserungen erhält der Käufer den Ersatz des redlichen Besitzers""), bei Verschlimmerungen soll er aber für geringes Versehen haften"), eine Anomalie""), die sich wohl aus der Ungunst gegen das Institut erklärt. Die Zinsnutzung des Preises und die Fruchtnutzung der Sache werden, um praktischen Weiterungen auszuweichen, gegen einander aufgerechnet""). Wenn bei Landgütern die Nutzung unter dem Betrage der Zinsen geblieben, so erhält der Käufer mit dem Kaufgeld den Ueberschuß der letzteren, ist aber nicht verpflichtet, wenn die gezogenen Nutzungen die Zinsen überstiegen haben, diesen Ueberschuß dem Verkäufer herauszu­ geben oder zu vergütigen *')• Dem Rechtsmittel kann ausdrücklich entsagt werden"'), es verjährt wie die Ansprüche aus der Gewährleistung""). 51) Göppert p. 56. sq. Koch III, 772. “) Strielb. B. 37. S. 296. Weitere Veräiißeiung kommt nur in Betracht, wenn sie die Rückgabe unmöglich macht, wie bet der a. redh. de uff et t I, 45. IV, 212 f. VII, 296. Mevius, decis. III, 102 will, wen» nicht restituirt werden kann, die a. oder exc. quanti minoria gestalten Bei Senssert VI, 322. ist die Anfechtung dem Käufer versagt worden, weil der Verkäufer im Vertrage sich neben der Uebergabe zu einer persönliche» l'eifhmg verpflichtet und diese bereits erfüllt hatte. Die Leistung einer Handlung kann nicht zurückgeleistet werden. ”> §. 67. d. T. Ander« die vorlandrechtliche Praxi« in Preußen (Hymmen VII, 82 f.) und die gemeinrechtliche. Voet, comm. ad pand. Will, 5. 19. Glück XVII, 119 f. Treitschke §. 108. S, 385. M) Das folgt au« 5. 60. d. T., welcher nur von Aufhebung spricht, e» widerspricht aber dem röm. R., welches dem Käufer ausdrücklich gestattete, da» Fehlende zum Preise zuzulegen, um die Refcissiioii abzuwenden. 1. 2. 8. eit. Auch dem Verlau­ fet wird von der Praxi« gestattet, die Hälfte de« erhaltenen Preise« zurückzuzah­ len. Glück XVII, 53 f. Ebenso österr. G.B. §. 934. Gruchot IX, 323., der darauf hinweist, baß nach röm. R. die Nachzahlung den dolus de« Käufer« besei­ tigen sollte, der Irrthum aber, wen» dieser al» Prinzip angenommen ist, sich durch Nachzahlung oder Zurückzahlung nicht beseitigen läßt. "") §. 250. d. T. "") §. 252. d. T. ") §. 253. d. D. •") §. 251. d. T. "•) Oben B. 1. S. 676. Nr. 2. **' $. 254. d. T. S. oben die Note 48. enges. 1. 51. §. 2. in f. D. IX, 2. Auch von gemeinrechtlichen Schriftstellern vertheidigt. Ee enthält die Vorschrift zugleich de» Satz: daß die Austöfinig nicht ex tune, sondern ex nunc erfolgt. S. hier­ über Glück B. 17. S. 105. Erlisch. B. 9. S. 428. «) §. 255. 256. d. T. *■) §. 65. d. T. 3u der gemeiurechll. Praxi« ist die Giltigkeit de» Verzicht« nicht zweifelhaft. Seussert II, 356. IV, 213. VIII, 243. XI, 30. Oesterr. G.B.

Der Kauf. §. 127. Aufhebung und Anfechtung.

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Ausgeschlossen ist es, wenn die Preisbestimmung dem Gutbefinden eines Dritten überlassen worden"), bei einem gerichtlichen (nothwendigen oder freiwilligen) Verkauf"), bei der Zwangsenteignung, weil bei dieser die Entschädigung nach dem außerordentlichen Werth berechnet wird"), bei dem Kauf seltener Münzen und Medaillen"), von Kuxen oder Bergthei­ len "). Auch bei der Ausübung des Wiederkaufs kann man es dem Wiederkäufer (dem früheren Verkäufer) nicht gestatten, denn der Wieder­ kauf ist nicht ein neues selbständiges Kaufgeschäft, bei dem sich der neue Käufer im Irrthum über den Werth der Sache befinden kann, sondern wesentlich eine Restitution gegen den ersten Kauf, ein Zurückleisten, jeden­ falls vom A.L.R. so aufgefaßt und eS würde daher hier ein Rechtsmittel für den Verkäufer werden"). Auch bei anderen, besondern Arten der Kaufsgattung, dem Forderungskauf"'), dem Lieferungskanf"), dem Kauf eines Verlagsrechts"'), dem Hoffmmgökauf"), dem Erbschaftskauf"), ist §. 935. lieber die Streitfrage, ob der Verzichtende den wahren Werth gekannt haben muß. f. Fein. Beitr. z. L. v. d. Novation und Deleg. S. 8 f., welcher es verneint, weil das Mtßverhältniß zwischen Preis und Waare an sich noch kein Be­ weis für den dolus deö Käufers ober Verkäufers ist, und eS nur daraus ankomme, daß der Verzichtende eine Kenntniß feine- Rechts gehabt habe. Dieser Gesichts­ punkt entscheidet auch, wenn der Irrthum dem Rechtsmittel zu Grunde gelegt wird: eS wird nicht auf den Irrthum verzichtet, was widersinnig wäre, sondern auf das Recht der Anfechtung. Stillschweigenden Verzicht schließt das preuß. R., aus. Strieth. B. 36. 0.223. In der gemeinrechtlichen Praxis läßt Berger, oecon. jur. III, 5 th. 18. n. 12. den Verzicht durch facta contraria zu. Bergl. Seuffert III, 315. Der Verzicht auf Gewährleistung enthält nicht auch einen Verzicht auf das Anfechtungsrecht wegen enormer Verletzung, auch nicht umgekehrt. Strieth. B. 57. S. 117. ®*3) *§.68. d. T. von dem Tage des Empfangs der Waare. Strieth. 34. S. 219. Göppert p. 65. Oben B. 1. 0.482. Auch die Einrede aus der Verletzung geht in dieser Frist verloren, weil das Recht überhaupt nur bis zu diesem Zeit­ punkt ausgeübt werden darf. Es bandelt sich hier also eigentlich nicht um eine Verjährung, sondern um eine Fristbestimmung. Oben B. 1. S. 210. Gemein­ rechtlich 30jährige Verj., nach franzos. R. (code 1676) 2, nach öfterst. R. (1487) 3 Jahre. •4)* §.* 748. d. T. Anders im österr. G.B. §. 1060. ") §. 343. d. T. ") §. 66. 9. d. T. «") §. 375. d. T. 68) §. 322. II, 16. A.L.R. 69j S. oben §. 126. S. 92 f. A. M. Göppert p. 22. 70) Oben B. 1. S. 631 fg. 71) §. 876. 1,11. Gegen BornemannIII, 39. f. Göppert p. 25. in f. Koch III, 1012 Note 2. Komm. Note 44. zu §. 987. I, 11. (Daß er in Note 37. zu §.58. I, 11. den Lieferungskauf nicht ausschließt, ist wohl nur eine Omission.) Bergt. Bl. f. RechtSanw. VI, 416. Goldschmidt, Zeitschr. f. HandelS-R. IV, 402. Bei einem Kauf in Pausch und Bogen ist die Anfechtung wegen Verletzung nicht ausgeschlossen. Dresden. Ann. II, 310. 72) Das Verlagsrecht hat keinen gemeinen Werth. S. unten §. 134. 7») §. 528. 529. 530. I, 11. Göppert P. 28. Glück XVII, 103.124. Dangerow S. 353. Seusfert IV, 105. II, 292. VIII, 244. XIII, 148.

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Zweiter Buch.

Die besonderen Privatrechte.

eS versagt, theils ausdrücklich, theils folgt es aus der Natur der Sache. In dieser Weise ist dieses Rechtsmittel theils zugelassen, theils ausge­ schlossen bei der Grllppe derjenigen Verträge, welche auf Kauf und Ver­ kauf zurückzuführen sind. Es bleibt die Frage übrig, ob dasselbe noch bei anderen entgeltlichen Verträgen Anwendung findet, zumal die gemeinrecht­ liche Praxis es so weit ausgedehnt hat"). DaSA.L.R. erwähnt eS nur noch bei dem Tausch"). Sonst wird eö ausdrücklich ausgeschlossen bei Verträgen über Handlungen''), der Werkverdingung"), bei dem Ver­ gleich") und indirekt bei TheilungSgeschäften, weil diese nur wie Vergleiche oder Urtheile anfechtbar sind"). ES liegt überdies in der Natur dieses ausnahmsweisen Rechtsmittels, daß eS nur stattfinden kann, wo eS aus­ drücklich gestattet ist und deßhalb hat eS die Praxis mit Recht auch bei Miethe und Pacht verweigert"').

§. 128. V. Besonderheiten des Sachenkaufs. Die Modifikationen, die der Kauf und Verkauf erleiden kann und vermöge deren sich von ihm mehrere Arten abzweigen, haben hauptsächlich ihren Grund in der Verschiedenheit des Gegenstandes, die auf den Inhalt der gegenseitigen Verpflichtungen zurückwirkt. Es sind besondere Arten des Kaufs von Sachen und von Rechten hervorzuheben. Ein anderer Grund zu Verschiedenheiten liegt in der Art und Weise des Zustande­ kommens des Vertrags. Auch diese bedürfen einer Erörterung. Hier zunächst vom Sachenkauf. A. Der Antheilskauf (Quotenkauf)'). Es wird ein noch nicht 7‘) ”) 7«) 77) '«) ’9)

I. 486. 1,11. Seussert VI, 23. S. oben bei Note 21. §. 365. 1,11. §. 876. I, 11. Slrieth. B. 38. S. 317. §. 926. I, 11. §. 439. I, 16. Glück a. a. O. Bangerow a. a. O. Risch, die Lehre vom Vergleich. S. 233. Oben SB. 1. S. 673. 6") §. 111. 112. 1,17. Glück a. a. D. Vangerow a. a. O. ,l) Präs. 2227. (Sammt. B. 2. S. 40.) Entsch. SB. 19. S. 489. B. 48. S. 171. Strieth. B- 45. S. 351. Förster, Kl. u. Einr. S. 457. Koch 111, 923. be­ hauptet die Zulässigkeit, obgleich das O.Trib. „vor der Hand" das Gegentheil angenommen, und im Komment. Note 37. a. E. ;n §. 58. 1,11. tritt er der Ansicht de« O.Trib. unbedingt bei. Er befindet sich also in ofsenbarem Wider­ spruch. Im gemeinen Recht wird das Rechtsmittel auch bei Pacht und Miethe geftattet. Bangerow S. 355. — Auch bei dem Trödelverlrage ist da» Rechts­ mittel zu versagen. Göppert p. 27. ') 21.2.91. 1,17. §. 60-68. Better in s. Jahrb. SB. 5. S. 400. 370. II. a. (Der Fall b. gehört nicht hierher, sonder» ist ein Sauf nach Maß. Da» giebt Better selbst zu S. 400.)

§. 128.

Besonderheiten deS SachenkanfS.

AntheilSkauf.

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individuell bestimmter Antheil (pars pro indiviso) an einer bestimmten Sache (Spezies) gekauft. Das A.L.R. sagt wenig mehr davon, als daß ein solcher Kauf zulässig sei: bei gemeinschaftlichem Eigenthum ist jeder Theilnehmer, sein Anrecht einem Fremden zu überlassen, wohl befugt'); die Befugniß setzt voraus, daß der Veräußerer nicht besondere persönliche Pflichten in Rücksicht des gemeinschaftlichen Eigenthums

habe,

die ein

Dritter nicht leisten kann'); die Theilnehmer haben bei solchen Veräuße­ rungen ein Vorkaufsrechts.

Aber es tritt die Frage hervor, ob dies der

Kauf eines Rechts oder einer Sache ist, und wenn letzteres: wer trägt die Gefahr, wie steht es mit der Gewährleistung des Verkäufers? A.L.R. läßt das Anrecht') veräußern, eö sagt nicht Antheil.

DaS

Dennoch

wird der Kauf einer Sache anzunehmen sein, nur einer noch nicht indi­ viduell bestimmten und abgegrenzten; der Käufer erlangt dasjenige Recht an der gemeinschaftlichen Sache, was der Veräußerer gehabt, die Sache selbst muß ihm zum Bkiteigenthum übergeben werden 6). 2 3 * *Bis zur Über­ gabe trägt auch hier der Verkäufer die Gefahr, die nur in dem Unter­ gang oder der Verschlechterung der Sache, nicht des verkauften Antheils bestehen kann7).

Die Gewährleistung für Fehler liegt dem Verkäufer ob,

2) I, 17. §. 60. 63. 64. Auch bei Gemeinschaften, die durch Vertrag entstehen (GesellschastSvertrag, s. unten §. 143. bei Note 74.), ist der Antheil frei veräußer­ lich, aber die Veräußerung der Theilnahme ist unzulässig. Daselbst Note 58. 3) I, 17. §. 68. *) 1,17. §. 61.

6) I, 17. §. 60. «) Die Tradition eines ideellen Theils an einer Sache ist nicht unmöglich; in Se­ treff der Grundstücke erkennt dies die 1. 8. 0. IV, 49. ^vergl. 1. 6. §. 8. D. X, 3.) an. Auch bet beweglichen Sachen ist sie nicht undenkbar. Es muß die ganze Sache übergeben werden, d. h. es muß dem Käufer des Antheils die Möglichkeit sofortiger körperlicher Beherrschung der Sache verschafft werden, zugleich mit der Erklärung, daß sich die Ueberweisung nur auf den Antheil beziehe. S. Gester­ ding, L. v. Eigenthum S. 174 f. Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt. XII, 241. Es ist auch ein Quotenkauf, wenn ein Miterbe die Antheile der anderen Erben an der gemeinschaftlich ererbten Sache kauft. DaS O.Trib. verneint hier die Natur deS Kaufs (Schles. Arch. II, 26 f.). Diese Entscheidung hängt mit der eigenthümlichen Auffassung zusammen, die das O.Trib. von dem Recht der Miterben am Nachlaß ausgestellt, und die ihren Abschluß in dem Pl.Befchl. v. 16. März 1857 erhalten. DaS Gericht nimmt an, daß die Miterben vor der Theilung die Person deß Erblassers als ein Ganzes repräfentiren, daß also der einzelne Erbe die Sache von den Repräsentanten des Erblas­ sers, d. h. von diesem selbst erwerbe. Aber durch welches Rechtsgeschäft? Der Gedanke ist unklar. Dieser Ansicht widerspricht auch, daß trotzdem der Miterbe, der die Antheile der übrigen am Nachlaßgrundstück erworben, ihnen den Preis da­ für nach §. 109. I, 11. verzinsen soll. Also scheinen doch die übrigen Erben die Verkäufer selbst, nicht bloß die Repräsentanten deö eigentlichen Veräußerers zu sein. Strieth. B. 34. S. 208. Näheres im Erbrecht. Vergl. Göppert, 3. L. v. Miteigenth S. 40 f. 147 f. 7) Bekker S. 400.

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nicht erst wenn die Quote durch Ausscheidung zu einer SpezieS (pars quanta) geworden, sondern auch, wenn der Fehler den Werth der ganzen Sache mindert, weil dadurch der Werth des Antheils auch gemindert wird. Für Entwährung hat er zu hasten, wie bei jedem andern Kauf. B. Der Wahlkauf'). Aus mehreren bestimmten Sachen hat ent­ weder der Käufer die Wahl, welche er als gekauft annehmen, oder der Verkäufer, welche von ihnen er als verkauft übergeben will. Im Zweifel soll dem Käufer die Wahl zustehen, worin eine Abweichung vom römischen Recht liegt, die nicht gerechtfertigt erscheint, weil der Verkäufer in Be­ treff des verkauften Gegenstandes der Schuldner ist, und dieser auch dann erfüllt, wenn er Eines von Beiden giebt'). Zufälliger Untergang der einen oder andern Sache bewirkt, daß der wahlberechtigte Verkäufer oder wahlberechtigte Käufer an 'den Vertrag nicht mehr gebunden ist, d. h. sie können wählen zwischen dem Rücktritt und der Leistung oder Annahme der übrig gebliebenen Sache"). Zufällige Verschlechterung ist ebenso zu beurtheilen"). Wenn der Untergang oder die Verschlechterung durch das mäßige Versehen des.VerkäufcrS verursacht worden, so kann der wahl­ berechtigte Käufer entweder die andere Sache nehmen oder Ersatz dewirklichen Schadens fordern, nicht beides zugleich. Wenn der Verkäufer vorsätzlich oder durch grobes Versehen den Verlust einer Sache her­ beigeführt, so fordert der Käufer, der die andere Sache nicht nehmen will, das Interesse (Ersatz des wirklichen Schadens und entgangenen Ge­ winnes) "). Die Bestimmung des §. 35. zieht sich nur auf §. 33., nicht

*) I, 11. §. 33—38. Gruchol IX, 270 f. ®; Oben B. 1. S. 357. 358. bei Note 22. Bornemann, Rechtsgeschäfte. 2. A. S. 326. bemerkt, daß diese Abweichung au« der Natur de« Kauf» folge. Da» könnte zugegeben werden, wenn es sich um einen erst noch abzuschließenden Kauf handelte, §. 33—38. setzen aber voraus, daß der Kauf bereit« abgeschloffen wor­ den, der Käufer also schon schlüssig geworden sein muß, daß ihm jede der mehre­ ren Sachen zusage. Gruchot IX, 272. Nr. 2. Bei Strieth. B. 4. S. 180. hat da» A ) §. 619. 620 b. T. ") g. 615. 616. Oben B. I S. 331. bei Note 43. Das ist der Gegensatz zur s. g. Tontine, von welcher die g§. 617. 618. handeln. Daniels 111,287.

§. 129. Besonderheiten des Kauf« von Recht«. Leihrentenvertrag.

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Vertrage, wenn der Verkäufer drei Jahre hintereinander die Rente nicht geleistet hat. Das als Preis gezahlte Kapital wird ohne Abzug der früher geleisteten Renten und mit Zinsen vom Tage deS Rückstandes zurückge­ fordert"). — Anfechten können den Leibrentenvertrag die Gläubiger deS Käufers (§. 88.) "), feine pflichttheilsberechtigten Kinder (darüber im Erb­ recht)"). Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte ist nicht gestat­ tet"). — Endlich hat der Käufer selbst einen Widerruf, wie bei dem Schenkungsversprechen, wegen nachgeborner Kinder"). In diesem Fall müssen die gezahlten Renten vom Kapital abgerechnet werden. — Ver­ erblich ist die Leibrente nicht, wenn sie auf das Leben des Käufers selbst gestellt ist, aber sie wird den Erben deS Käufers fortgezahlt, wenn sie auf das Leben des Verkäufers oder eines Dritten bedungen ist, und diese den Käufer überleben"). Veräußerlich ist das Recht auf die Rente wie jedes persönliche Recht durch Cession"). Geräth der Käufer in Kon­ kurs, so hat die Masse die Rente zu beziehen zum Besten der Gläubi­ ger"). Fällt der Verkäufer in Konkurs, so muß der Berechtigte die Rente kapitalisirt liquidiren40). Das Recht auf die einzelne Rentenhebung verjährt in 4 Jahren, daS Rentenrecht selbst, wenn 30 Jahre die Renten nicht erhoben worden4'). Eine besondere Art deS LeibrentenVertragö ist der f. g. Vitalizien-Vertrag; er nntcrfcheidet sich von jenem dadurch, daß bei ihm der Käufer der Rente fein ganzes Vermögen als Inbegriff zum Preis giebt4'). Das A.L.R. erwähnt diese Gestalt deS Geschäfts nur im Interesse der Gläubiger deS Käufers. Es soll unter Vermögen hier dasjenige verstanden werden, was nach Abzug der Schulden übrig bleibt. Der Satz drückt den Gedanken auö: die Schulden

”) §. 647. 648. d. T. Slrieth. B. 19. S, 16. SR liefert §. 7. S. 28. **) §. 640. 641. Da,u jetzt Ansicht. Ges. v. 9. Mai 1851. §. 5. Nr. 1. Konk.Ord. v. 8. Mai 1851. §. 102. Nr. 1. Oben B. 1. S 517. Ander« nach öftere. G.B. §. 1286., welcher de» Gläubigern nur da« Recht giebt, die Leibrente zu beziehen. **) §. 637—639. d. T. Ander« nach österr. G.B. §. 1286., welcher den Kindern nur ein Recht aus Hinterlegung eine« entbehrlichen Theil« der Reute giebt, au« welchem sie sich den Unterhalt sichern können.

”) §. 528- 530. d. T. Göppert p. 28. ") §. 635. 636. d. T. ») §. 606. 614. d. T. **) Der Leibrentenvertrag ist von der allgemeinen Regel der Lessibilität der Vertrag«rechte nicht ausgenommen. Oben B. 1. S. 620 f. Natürlich darf dadurch die Dauer der Verpflichtung des Rentenverkäuser« nicht verlängert werden, sie erlischt durch den Tod dessen, auf deffen Leben die Rente gestellt worden. ") §. 646. d. T. ") Rückert S. 42 s. 45. Ein Vorzugsrecht hat der Rentenkäuser nicht. Bergl. Kons. Ordn. v. 1851. §. 62. 85. 251. ") Ges. v. 31. März 1838. Seuss. II, 126. «) «uh. 8.19. zu §. 646. d. T.

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haften am Vermögen, sie gehen, wenn sie nicht vorher berichtigt worden, auf den Rentenverkäufer Uber; dieser wird Schuldübernehmer und haftet den Gläubigern de- Rentenkäufers direkt (§. 102.)"). Im heutigen Recht kommen selten Leibrentenverträge vor, die zwischen einzelnen Käufern und Verkäufern errichtet werden. DaS feit dem frühen Mittelalter nachweisbare Institut ist jetzt im Absterben, weil daö moderne Genossenschaftswesen sich des Geschäfts bemächtigt hat, eö unter den man« nichfachsten Kombinationen, auch als Gegenstand der Spekulation ent­ wickelt, und, weil eine Genossenschaft größere Sicherheit den Käufern bietet, als ein einzelner Verkäufer, das Bedürfniß zum Abschluß der alten Leib­ rentenverträge nicht mehr hervortreten kann44). Unpraktisch sind auch die vom A.8.R. noch erwähnten, nach dem 30jährigen Kriege hervorgetretenen s. g. Tontinen, welche seit AuSgang des 17. Jahrhunderts in Branden­ burg als Finanzmaßregel ausgebeutet wurden4S). Sie bestehen darin, daß für mehrere Personen eine Leibrente bedungen und dieselbe solange zum vollen Betrage fortgezahlt werden muß, als noch einer der Käufer lebt. Sie haben sittlich gegen sich, daß die mehreren Käufer gegenseitig auf ihren Tod spekuliern").

§. 130. VII. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf. Von der Auslobung ist erwähnt worden, daß sie bis zu dem Mo­ ment, wo sich Jemand findet, der die verlangte Thätigkeit ausübt und da­ durch das Anbieten annimmt, noch kein vollendeter Vertrag, sondern nur ein Anbieten ist und daß unter denselben Gesichtspunkt einer einseitigen Offerte das öffentliche AuSbieteu einer Sache zum Zweck der Veräußerung oder zum Zweck der Verwerthung ihres Gebrauchs und ihrer Nutzungen, die Versteigerung gebracht werden muß'). Sie ist ein Mittel, einen

4>) Oben SB. 1. S. 659. Dazu noch Strieth. B. 9. S. 96. SB. 13. S. 182. B. 19. S. 209. SB. 20. S. 65. B. 52. S. 260. (vergl. hierzu oben B. 1. S. 668. Note 68.). Entsch. B. 16. S. 519. 44) Bluntschli S. 353. Burchardi S. 217. 4‘) §. 617. 618. d. T. Eine V.O. de» Kurfürsten Friedrich in. v. 1696 führte sie in Brandenburg ein. S. Rückert S. 6. ") Bluntschli S. 353 ») Oben SB. 1. S. 427. — §. 340-362. I, 11. — Bornemann III, 56. Koch, Pr.R. 11, 444. R. b. F III, 818 sg. ©ab bei Gruchot B. 3. S. 192 fg. — Unterholzner I. S. 54. II. S. 626. Arndt» S. 373. Anm. 4. Sinteni» II, 252 sg. Keller S. 443 s. Kindervater und Jhering in de» letzteren Jahrb. B. 7. S. 1 fg. S. 166 s. und dieselben das. S.356s. Versteigerungen an den Meist­ bietenden bei Kauf, Pacht und Miethe; Versteigerungen an den Min de st bieten­ den bei LieserungSvertrSgen und Verdingungen von Dienstleistungen und Werken.

§. 130. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

1ZZ

Kontrahenten zu finden; erst wenn er sich gefunden, also wenn er „hin­ länglich bestimmt" geworden, kann der Vertrag abgeschlossen werden. Die wichtigste Frage ist hier: in welchem Moment vollendet sich der Vertrag? Jeder Konsensualvertrag ist abgeschlossen, sobald das Gebot so wie eS ge­ schehen angenommen. WaS ist bei der Versteigerung — die hier zum Zweck des Verkaufs erörtert wird — Anbieten und Annehmen? In dem öffentlichen Ausbieten einer Sache zum Verkauf liegt zwar schon der An­ fang der Offerte, aber sie ist noch nicht bindend, denn eS fehlt nicht allein die Bestimmtheit des Käufers, sondern auch jede Bestimmtheit des Preises und diese selbst dann, wenn im Voraus ein Mindestbetrag verkündigt worden'). Das Proklama soll nur die Absicht zu verkaufen bekannt machen und zu Offerten auffordern'). Bei der Bersteigerungsverhandlung dreht sich dann die Sache um. Nicht der Verkäufer, sondern der welcher kaufen will, bietet; ersterer nimmt an und es liegt in seinem freien Willen, das Gebot anzunehmen oder zurückzuweisen^). Erst wenn er erklärt, daß er das Gebot annehme, ist die Willenseinigung und damit der Vertragsab­ schluß erreicht. Der Verkäufer kann also trotz geschehener Gebote seinen Entschluß zu verkaufen wieder ändern, die Sache zurückziehen; er kann auch — denn das ist das Mindere — unter mehreren Geboten wählen, er ist nicht verpflichtet, in das höchste Gebot einzugehen'). Unrichtig ist

a) Für diesen Fall will Unger (Ihering, Iahrb. B. 8. S. 134 f.) eine verbindende Offerte in incertam personam und pretium certum annehmen. Es soll also mit einer unbestimmten Person ein Vertrag unter addictio in diem geschlossen sein. DaS widerlegt stch dadurch, daß der Auöbietende doch noch das Recht haben muß, die Person sich anzusehen, ihre Zahlungsfähigkeit zu prüfen, welche daS Mindepgebot annimmt; eine Verpflichtung ihr zuzuschlagen, wenn ein Mehrgebot nicht ersolgt ist, existirt nicht. *) Koch S. 821. Note 4. Ihering S. 174. SinteniS II. S. 255. Note 22. Puchta §.252. Pand. und Vorles. nimmt an, jede- Gebot sei als wirkliche Ab­ schließung des Vertrags zu betrachten, aber mit der zu Gunsten beider Kontra­ henten beigefügten Bedingung, wenn sich nicht ein besserer Bieter finde. Ihm tritt Keller S. 443 f. insoweit bei, als er im Gebot den Abschluß sieht, aber die Re­ solutivbedingung der in diem addictio will er nicht gelten lassen. Beide über­ sehen, daß das Bieten allein den Vertrag nicht perfekt machen kann, daß das An­ nehmen dazu gehört, und daß dies in der Aufforderung zum Bieten, in der öffent­ lichen Feilstellung der Sache nicht im Voraus gesunden werden kann. Unter den preußischen Juristen hat Gärtner (jurist. Wochenschr. 1835. S. 245.) eine ähn­ liche Ansicht geäußert. Die Praxis nimmt dagegen an, daß daö Bieten ein Ver­ sprechen im Sinn deö §. 90 f. I, 5. enthalte, über welches (d. h. über dessen An­ nahme) sich die Verkäufer (die Subhastations-Jntereffenten) erklären müssen. 4) SinteniS II. S. 254. 255. Note 22. giebt zwar dem Versteigerer das Recht, ganz znrückzutreten, hält es aber im Widerspruch mit dem Zweck deS Geschäfts, daß er die Wahl unter den Lizitanten haben soll. 5) Ihering S. 166 fg. 177. SinteniS a. a. O. Keller S. 444. Die BersteigerungSbedingungen können es dem Verkäufer aber zur Pflicht machen, dem Meist­ bietenden zuzuschlagen, dann hat er sich seines Wahlrechts begeben. S. Seusfert VIII, 38. Nach preuß. R. (§. 38. I, 52. G.O.) erlangt der Meistbietende durch das Gebot allein noch kein Recht auf den Zuschlag; eS hängt von den Gläubigern

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die Ansicht, die in den Begriff der Versteigerung das Verkaufen an den Meistbietenden legt"). Zur Entscheidung des Verkäufers bleibt auch bei ihr, welches Gebot annehmbar fei, und diese hängt noch von anderen Mo­ menten, z. B. der Zahlungsfähigkeit des Bieters, seiner Tüchtigkeit zur Bewirthschaftung des Grundstücks oder zum Betrieb des sonst mit dem­ selben verbundenen Gewerbes u. s. w. ab. Die erklärte Annahme des Gebots fixirt also den Vertragsabschluß, der Zuschlag macht sie in sym­ bolischer Form kenntlich'). Die dann bei einer besonderen Art der Ver­ steigerung, der gerichtlichen Subhastation, folgende Zuschlagung des Rich­ ters (adjudicatio) vollendet nicht den Vertrag, sondern deklarirt nur dessen Abschluß'), hat aber für den Eigenthumsübergang noch eine besondere Wirkung, indem sie die Uebergabe ersetzt. Jeder Bietende ist Offerent: daraus folgt schon nach dem allgemeinen Grundsatz des preußischen Rechts'), daß er solange an sein Gebot gebunden ist, bis der Verkäufer sich über Annahme oder Abweisung erklärt hat. Das Mehrbieten eines Anderen befreit den Minderbietenden noch nicht"). Aber nach preußischem Recht ändern die Vorschriften über die Vertragsform den Satz. Eine Offerte wird bei der durch Subhastation vollzogenen Versteigerung nur bindend, wenn sie schriftlich erklärt ist; dies ist erst der Fall, wenn der Bieter das

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7) *)

') 10)

ab, in den Zuschlag zu willigen. Ebenso §.2. D.O. v. 6 April 1839 bei frei­ willigen Subhastationen. Dies nimmt Kindervater an (a. a. O. S. 9. a. E. fg.). Er hält nach heuti­ gem Recht eine Offerte an eine ungewisse Person für giltig, und erkläre da- Bie­ ten für die Annahme der Offerte. Daraus folgert er, daß mit jedem Gebot der Bertrag eo ipso perfekt werde, wenn auch nur bedingt. Die Bedingung, daß bis zur festgesetzten Zeit ein besseres Gebot nicht abgegeben werde, fuspendire. Wäh­ rend die Bedingung schwebt, find beide Theile gebunden, eS kann also auch der Eigenthümer weder zurücktreten noch sich für ein Mindergcbot entscheiden, weil in Betreff dessen die Suspensivbedingung deficient geworden, mithin durch das Mehr­ gebot das frühere Mindergebot mit seiner Wirkung als Annahme der Offerte weg­ gefallen ist. Der Keru dieser Deduktion liegt in der Behauptung, eS könne einer persona incerta eine Offerte gemacht werden. Diese Behauptung hat K. durch nichts bewiesen, sie ist auch durchaus unhaltbar. S. gegen diesen Aufsatz bes. Ihering a. a. O. S. 173. Deßhalb kann man sagen, durch den Zuschlag werde der Vertrag perfekt. Glück B. 16.S. 268. will von der Adjudikatoria den Vertragsabschluß abhängig machen. Koch S. 822. Die preuß. Praxis nimmt richtig an, daß nach geschlos­ sener Verhandlung kein Theil zurücktreten kann, daß der Vertrag perfekt werde durch die Lizitationsverhandlung. Entfch. B. 33. S. 267 fg. Schief. Arch. B. 5. S. 329. Präj. 535. Sammt. I. S. 54. Das Zufchlagöurtheil muß die Kaufbedingungen nach Maßgabe der Einigung der Interessenten enthalten. Strieth. B. 10. S. 92. Der Zuschlag ist nicht eine Genehmigung des Kaufs, wie Stutt­ gart bei Seuffert VIII, 38. annimmt. Oben B. 1. S. 423. Ihering S. 168. Sintenis a. a. O. S. 254. Das O.A.G. Dresden hat angenommen, daß wenn der Zuschlag im DersteigerungStermin nicht erfolgt, der Bieter über den Termin hinaus nicht gebunden ist. Seuffert VI, 183.

§. 130. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

135

LicitationS Protokoll unterschrieben hat, wozu er nicht verpflichtet ist"). ES kann sich also jeder Bieter von seinem Gebot dadurch befreien, daß er sich ohne Unterschrift entfernt. Auf Auktionen findet das keine An­ wendung, bei ihnen bindet daS mündliche Gebot. Daß nach preußischem Recht Privatversteigerungen zulässig sind, ist nicht zu bestreiten"), obschon das A.L.R. darüber keine besondere Vorschriften enthält. Man muß daher annehmen, daß sie in Betreff der Uebergabe, des UcbergangS der Gefahr, der Gewährleistung für Fehler und für Entwährung unter den allgemeinen Regeln des Kaufs stehen. Ob der Bieter, dem die Sache zugeschlagen worden, den Kauf wegen Ver­ letzung über die Hälfte anfechten kann, erscheint wegen der Natur der Versteigerung zweifelhaft. Steht das Rechtsmittel, wie nach gemeinem Recht, dem Verkäufer zu, so wird man seine Anwendung auf Versteige­ rung verneinen müssen"), weil eS deren Begriff widerstreitet, und der Verkäufer ja danach strebt, ein möglichst hohes Gebot zu erreichen. Aber der Käufer kann sich auch hier über den Werth der Sache irren, und wenn man ihm diese Anfechtung versagen will, so kann man sich nur dar­ auf stützen, daß dem Rechtsmittel eine möglichst eingeschränkte Anwendung gestattet werden darf. Das reicht aber nicht aus"). Bei einer Privat­ versteigerung wird aber auch ferner die Vorschrift zu beachten sein, daß wenn der Preis nicht Zug um Zug gezahlt wird, der Verkäufer zurück­ treten darf, und daß er es nicht darf, wenn er das Kaufgeld kreditirt hat").

") Entsch. U. 33. S. 267 sg. Strieth B. 20. S. 352. Aber Subhastation-intereffenten, die im BielungStermin nicht erfd)tenen sind, können den Zuschlag-bescheid nicht deßhalb anfechten, weil der Ersteher sein Gebot nicht unterschrieben hat. Entsch. B. 38. S. 460. IJ) Aeltere Reskripte erklären Privatversteigerungen für zulässig, so da- v. 20. Juni 1795 (N. C. C. IX, 2597.): „soll eS privatis sowohl, al- piis corporibus nach wte vor freistehen, ohne Rücksicht aus die Größe und Quantität deS Objekt- bei vorhandenen Privatverkäufen und Verheuerungen die etwanigen Liebhaber zusam­ menzuberufen, und unter den dabei sich Meldenden eine Privatlizitation zu ver­ anlassen?' 13) Die Ansichten gehen auseinander. Auch bei Versteigerungen wollen die 1. 2. C. IV, 44. anwenden: Mevius dec. 11,206. Lauterbach coli. th. pr. XVIII, 5. §.34. Glück XVII. T. 93. Unterholzner II, 248. Bangerow III. S. 354. a. E. fg. (der die entgegengesetzte Memnng lächerlich nennt). Seusfert VI, 323. (Lübeck.) XIII, 244. Ä. M. sind Stryck XVIII, 5. ß. 5. Leyser sp. 205. 1. Klein (Mitredakteur de- A.L.R.), merkwürdige Rechtssprüche der Hallischen Iuristensakultät 1. Nr. 44. Seufsert IV, 92. IX, 17. (München.) Holzschuher 3. A. III. S. 756. und Andere. ") Göppert, diss. de remed. ob laes. enorm. j. comm. Boruss. 1863. berührt die Frage in Betreff der Privatversteigerungen nicht. Koch gestattet da- Rechtsmittel bei Privatversteigerungen, weil §.343. eS nur bei gerichtlichen ausschließt. Komm. Note 43. 1S) §. 230. 226. 1, 11.

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Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

Die hauptsächlichste und wichtigste Anwendung der Versteigerung fin­ det sich bei dem gerichtlichen Verkauf in der Subhastation und Auktion. Hier treten einige Besonderheiten hervor. 1. Wenn der ge­ richtliche Verkauf ein nothwendiger ist, so vollendet sich zwar auch hier der Vertrag, wie schon erwähnt, durch die Annahme des Gebots bei der Lizitationl6), aber die Publikation des richterlichen Zuschlags (adjudicatio) ist der Akt, welcher das Eigenthum überträgt und damit den Uebergang der Gefahr, der Lasten und Nutzungen bewirkt, ohne daß es der Tradition bedarf"). Der Verkäufer hat Gewahr zu leisten, wie bei einem Verkauf in Pausch und Bogen"). Die Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte ist ausdrücklich ausgeschlossen "). Der Ort des gerichtlichen Zu­ schlags ist der Zahlungsort *°). Erfolgt zur festgesetzten Zeit die Zahlung nicht, so muß sich der Käufer gefallen lassen, daß die Sache anderweitig ie) Präj. 535. (Sammt. I, 54.) Das Lizitationsprotokoll muß daher alle (5ffentlasten des Kaufs enthalten. Halle bei Gruchot VII, 209. Die Einwilligung der Inter­ essenten wird angenommen, wenn sie bis zum Schluß der Verhandlung, der nicht vor 6 Uhr Abends stattfinden darf, dem Zuschlag nicht widersprochen haben. Später darf nicht mehr widersprochen oder der Zuschlag zurückgenommen werden. DaS erklärt sich daraus, daß die Subhastation Exekutionsmaßregel ist. Strieth. B. 9. S. 135. Nach Perfektion des Vertrages hat der Subhastat keine Disposition mehr über den Gegenstand. Strieth. B. 48. S. 139. Auch darf derselbe nach der Einleitung der Subhastation das Grundstück nicht mehr belasten, Strieth. B. 22. S. 200., oder verschlechtern. Entsch. B. 50. S. 198. Vergl. hierzu HinschiuS in d. Anw.Zeit. 1864. S. 328. Gruchot X, 65. tT) §. 342. d. T. Zenthöfer bei Gruchot VIII, 1. Eigenthum kann aber der Ersteher nur enverben, wenn der Subhastat Eigenthümer, d. h. nicht bloß eingetra­ gener, sondern auch wirklicher Besitzer gewesen. Entsch. B. 44. S. 77. Strieth. B. 32. S. 72. A. M. Kurlbaum bei Gruchot IV, 256. Aber §. 42. I, 16. A.L.R. bezieht sich nur auf Mobilien (Entsch. B. 30. S. 69. Förster, Kl. u. Einr. S. 301), andere Realprätendenten außer dem eingetragenen Besitzer können nur durch Präklusion ausgeschlossen werden. §. 7. D.O. II. vom 4. März 1834. Die thatsächlichen Folgen für den Adjudikatar, aus welche Kurlbaum sich beson­ ders beruft, können in der Recht-auffassung nichts ändern. Ueber das Nichterfor­ derliche der Tradition f. Strieth. B. 40. S. 41. Die Sache geht in dem Zu­ stand auf den Ersteher über, in welchem sie sich zur Zeit „des geschloffenen Kaufs", d. h. hier bei Abschluß der Lizitationsverhandlung befunden hat, und es wird nicht vermuthet, daß sie von da bis zur Publikation des Zuschlags Veränderungen er­ litten hat, nach §. 194. 196. 213. I, 11., welche nach §. 340. I, 11. auch auf Subhastationen Anwendung finden. Präj. 532. (Samml. I. S. 54.) Uebergang der Pacht» und Miethzinsen Strieth. B.3. S. 193. Beschränkend Entsch. 8.40. S. 149. Uebergang der Lasten: Entsch. B. 10. S. 12. Strieth. B. 1. S. 263. B. 13. S. 331. B. 14. S. 217. B. 16. S. 120. Entsch. B. 28. S. 29. B. 29. S. 302. B. 49. S. 406. Ueber die Entstehungsgeschichte des § 342 d. T. s. Iahrb. V, 91. Ueber die durchgreifende Wirkung des Zuschlags: Strieth. B. 57. S. 312 f. 16) §. 344. d. T. Strieth. B. 42. S. 1. Nur in Betreff der Gewährleistung steht der gerichtliche Verkauf dem in Pausch und Bogen gleich. Daß bei letzterem die Gefahr durch Vollziehung des Vertrages, das Eigenthum durch die Uebergabe über­ geht, findet bei Subhastationen nicht statt. Oben §. 128. bei Note 111. Präj. 536. Samml. I. S. 55. ") §. 343. d. T. *•) §. 345. d. T.

§. 130*

Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

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gerichtlich verkauft wird"). Man hat gemeint, dies zeige, daß jede noth­ wendige gerichtliche Versteigerung unter Vorbehalt der Verwirkung (lex commissoria) geschehe"), aber da der nicht zahlende Käufer nicht auS seinen auS dem Gebot entspringenden Verbindlichkeiten entlassen wird, vielmehr dem Verkäufer für den Unterschied zwischen seinem höheren und dem später erzielten ntebrigereu Gebot und für die Kosten des neuen Ver­ kaufs haftet, auch die Gefahr bei ihm bleibt"), und er selbst bei einem höheren Gebote nach Befriedigung der Gläubiger den Ueberschuß erhält"), so muß diese Eigenthümlichkeit als kassatorische Klausel aufgefaßt werden"). Eine fernere Besonderheit dieses Geschäfts ist es, daß es anfechtbar ist wegen Verletzung wesentlicher Förmlichkeiten"). Die Anfechtung steht nur dem Verkäufer, oder wer sonst dadurch in seinem rechtlichen Interesse zur Sache verletzt worden, nicht dem Käufer zu"). Dies kann einer aus­ führlichen Erörterung nur im Prozeßrecht unterworfen werden. Zu be­ merken ist aber, daß wenn der Zuschlag in Folge einer Anfechtung aus solchem Grunde vernichtet wird, der Erwerber die inzwischen besessene Sache mit den Rechten und Pflichten eines redlichen Besitzers zurückzu­ geben hat"). Dagegen soll ein dritter Erwerber nur dann verpflichtet 21) §. 346. d. T. Subh.V. O. v. 4. März 1834. §. 20. Auch der Drittbesitzer muß sich den Verkauf gefallen lassen. PrLj. 1949. b. Samml. I, 46. Nach der rich­ tigen Ansicht verlieren die Gläubiger durch Stundung de- Preises nicht das Recht auf Refubhastation. Bornem. (1. A.) B. 3. S. 106. **) Berger, oecon. j. IV, 29. th. 2. not. 11. und eine besondere Schrift von Grell, legem commissoriam subhastationibus tacite inesse. 1746. (Nicht zugänglich ge­ wesen.) «) §. 346. d. T. 24) DaS folgt daraus, daß der anderweitige Verkauf auf seine Gefahr geschieht. Ihm fällt also auch das commodnm zu; durch den Zuschlag war er Eigenthümer ge­ worden, eS kann also auch nur ihm zufallen. §. 346. d. T. Sub.D.O. v. 4. März 1834. §. 20. 26) Glück B. 16. S. 307. Koch S. 825. Sintenis II. S. 257. Anm. 24. giebt zu, daß die Praxis die Befugniß des weiteren Verkaufs festhalte, will sie aber nicht als selbstverständlich im Wesen der Subhastation liegend gelten lasten. |. 561. d. T. m) Comment, ad Dig. XIX, 2. 8-13. bei Iacobi S. 14., oder wie e» anderweitig ausgedrückt ist: fructus proprie non locantur, sed locus saltim praestatur colono ad fructus perferendos aptus. Das. S. 15.

m) Oben B 1 S. 7*27. 728. Ebenso bei gänzlichem Untergang nach ritat. R. 1. 15. § 2. 1. 19 §. ß. 1. 80. pr. §1. D. XIX. 2. »üb bei lheilweisem Untergang oder bei Verschlechterung verhälmitzmätzige Herabsetzung des Zinses. 1. 19. tz. 6. 1. 25. §. 2. 1. 27. pr. 1. 30. pr. §. 1. 1. 33. eod. DaS schon Gezahlte wird zurückge­ fordert und zwar mit der PeriragSklage. 1. 9. §. 4. 1. 19. §. 6. 1. 33. eod. ,2S; Oben bei Note 45.

§. 136. Die Sachemmrthe und Pacht.

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durch die Absonderung (Perzeption) Eigenthümer der Früchte werde, bis dahin sie dem Verpächter gehören'"), mithin als verpachtete Gegenstände von diesem gewährt werden müßten, als ob es zur Vorleistung gehören könnte, daß der Verpächter dem Pächter die durch des Letzteren Arbeit er­ zeugten Früchte übergebe. Diese Auffassung ist ganz schief'"). Der Um­ stand, daß der Herr des Grund und Bodens Eigenthümer der unabge­ sonderten Frucht sei, kann hier nicht zur Anwendung kommen,.denn der Herr des Grund und Bodens hat eben durch den Pachtvertrag die Frucht­ erzeugung, daS Recht zu derselben veräußert'"). ES ist daher auch nicht der Ansicht Koch's beizutreten, der zwar den Remissionsanspruch nach den Grundsätzen des römischen Rechts für folgerichtig hält, indem er da­ von ausgeht, daß der Verpächter dem Pächter die Früchte selbst zu ge­ währen habe, nach den Grundsätzen des preußischen Rechts über den Fruchterwerb ihn aber für inkonsequent erklärt'"). Jene Herleitung des Remissionsanspruchs aus dem Eigenthum des Verpächters an den unab­ gesonderten Früchten hat aber hauptsächlich bewirkt, daß die Scheidung zwischen der Forderung der Gewährleistung und der Remission verwischt wurde. Beide sind verschieden'"). Bei jener handelt es sich um die Möglichkeit, bei dieser um die Wirklichkeit deS Fruchtbezugs, bei jener um Eigenschaften der Sache, welche die Nutzung bedingen, bei dieser um ausgebliebene Nutzungen trotz der gewährten Eigenschaften, bei jener soll der Verpächter vertreten, daß der Pächter nutzen kann, bei dieser soll er mitleiden, daß der Pächter nicht Nutzen gezogen, bei jener darf der Verpächter den Zins nicht fordern, weil er nicht geschuldet wird, bei dieser soll er ihn nachlassen, obschon er geschuldet wird. Bon den rö­ mischen Juristen ist dieser Unterschied klar erkannt'"), im gemeinen Recht ***) 1. 25. pr. D. XXII, 1. Fructns non jure seminia sed jure soll percipiuntur. 1. 61. §. 8. D. XLVII, 2. Fructus, quamdiu solo cohaereant, fund! esse. 828) Vergl. hierüber Iacobi S. 19 f. 82S) Daher erklärt sich auch: ne supra damnum seminis amissi mercedes agri praestare cogatur, in 1. 15. tz. 2. D. XIX, 2., d. h. das damnum seminis bleibt dem Pachter, er verliert also nicht, wie bei der entgegengesetzten Ansicht angenommen werden müßte, durch daS Aussäen da« Eigenthum am Sam?n an den Verpächter, um dann erst durch die, die Tradition ersetzende Perzeption das Eigenthum der Früchte zu erwerben. Es steht daher ein vom Verpächter vorbehaltenes Eigen­ thum an den Früchten zur Sicherung seiner Ansprüche an den Pächter in Wider­ spruch mit dem Wesen des Vertrags. Dies ist verkannt bei Seuffert XVII, 138. XVIII, 10. 827) R- d. F.- III, 950. S. Iacobi S. 79. 83. Note 10. 828) Jacobi S. 12 fg. §. 2. 329) Die Hauptstelle, die 1. 15. pr. §. 1. 2. D. XIX, 2. ist schwer auszulegen. Nach pr. §. 1 wird dem colonus die actio conducti gegeben, wenn ihm nicht posses­ sio rei praestatur (Gewährleistung^; aber beißt es §. 2.: si vis tempestatis calamitosae contigerit, an locator conductori aliquid praestare debeat, videamus. Bei der Erörterung dieser Frage wird allgemein vvrangeschrckt. omoem vim, cui 8 örster, Preuß. Privarrccht. 11.

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Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

aber ist er verloren worden"") und das A.L.R. ist ein Kind deS ge­ meinen Rechts. Seine Bestimmungen, die viel zu sehr in kasuistisches Detail sich verlieren, werfen Verschiedenartiges durch einander"'). Als Begriff muß festgehalten werden: der Remissionsanspruch ist der durch Gesetz dem Pächter eines Landguts ausnahmsweise verliehene Anspruch auf gänzlichen oder theilweisen Nachlaß am Pachtzins, wenn im laufenden Wirthschaftsjahr der Fruchtbezng durch außerordentliche äußere Zufälle der­ gestalt vereitelt worden, daß durch alle Wirthschaftsrubriken zusammengeresisti non polest, dominum colono praestarc debere. Die Beispiele, die hier gleich beigesetzt werden, erläutern den Begriff der vis aus solche Zufälle, die die Früchte von Außen (extrinsecus) getroffen haben. In den Gegensatz werden dann gestellt die vitia ex ipsa re; daS sind nicht vitia fundi, welche keinen Remis­

sionsanspruch begründen, vielmehr entweder vom Verpächter nach den Regeln der Gewährleistung zu vertreten sind, oder vom Pächter getragen werden müssen, weil er die Sache in diesem Zustand übernommen hat, sondern res bedeutet auch hier fructus und die beigesetzten Beispiele lehren, daß solche Schäden gemeint sind, die in den Früchten selbst entstanden. Hier wird keine Remission gegeben: damno coloni sunt, wäyrend bei den Schäden von Außen (vi tempestatis) eine Remis­ sion stattfindet. Iacobi S. 17. 28 sg. Wenn nun auch die Stelle sagt: omnem vim dominum colono praestare debere, so bedeutet daS praestare hier nicht Gewähr leisten, sondern, wie die §§. 3 5. und 7. cit. zeigen, nur ein subvenire, ein remitiere, exonerare, während im Fall eigentlicher Gewährleistung (z. B. §. 6. cit.) von repetere oder an anderen Stellen (Iacobi S. 16.) von teneri u. dergl. gesprochen wird. 33°) Man nahm an, merces solvitur in actualem eompensationem fruitionis fructuum, oder eS sei stillschweigende Bedingung, daß Früchte wirklich gezogen werden, oder der ausbleibende Fruchtbezug sei ein verändernder Umstand (cl. rebus sic stanti­ bus). Iacobi S. 13. Glück D. 17. S. 447. stellt geradezu den Satz auf: der Verpächter müsse dem Pächter dafür stehen, daß dieser von dem Pachtgut die ihm überlassenen Früchte ziehe, und daraus folge, daß ihm das Pachtgeld ganz oder zum Theil erlassen werden müsse, wenn die Früchte entweder ganz zu Grunde gegangen oder durch ungewöhnliche Unglücksfälle beträchtlich vermindert worden. Die dabeigesetzten zahlreichen Citate beweisen, daß diese Ansicht damals die herr­ schende war: der Remissionsanspruch sei ein Ausfluß der Gewährleistung-pflicht de- Verpächter-, diese bestehe nicht nur in der Gewährung des frui posse oder Heere, sondern auch in der Gewährung der fructus selbst, der Verpächter trage nicht bloß periculum rei, sondern auch periculum fructuum. Auch die Neueren sind noch bei dieser Ansicht stehen geblieben, z. B. Vangerow III, 459. Anm. 1. und selbst in Sells eingehender Untersuchung wird die richtige Scheidung ver­ mißt. Es ist das besondere Verdienst von IacobiS Schrift, den Unterschied klar gemacht zu haben. Dagegen ist die Darstellung bei Dankwardt H. 4. S. 35 f. nicht genügend, weil er den Unterschied zwischen Gewährleistungspflicht und Re­ mission-anspruch nicht beachtet. Wenn der Pächter die Produktivdtenste der Sache kauft, so folgt daraus noch nicht, daß er den dafür vereinbarten Preis nur so weit zu zahlen hat, als ihm diese Dienste Werthe zugetragen. m) ES sind bereits oben Note 272. die Sätze, welche sich unter dem Marginale: Remissionsfordernng (I, 21. §. 478—596.) befinden, sich aber nicht auf diese, sondern auf Ansprüche aus Gewährleistung und Erstattung von Verwendungen beziehen, angegeben. S. Iacobi S. 85. Die Remissionslehre war schon im Cod. Friederic. IV, 8. §. 18 fg. sehr ausführlich behandelt. Auch hier zeigt sich die Vermischung der Gewährleistung und Remission. An diese Bestimmungen schließt sich das A.L.R. mit einer erheblichen Abweichung an. Diese ist in §. 485. d. T. enthal­ ten. S. unten Note 354. Suarez, Iahrb. B. 41. S. 69 f. Vergl. auch hier­ über Hellfeld, introd. in jus Dig. §. 1056.

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

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nommen, nach Abzug der Ausgaben, nicht soviel übrig bleibt, als der Zins beträgt"'). Daß hier das Gesetz, also ein positiver Rechtssatz die Gefahr, die der Pächter eigentlich zu tragen hat, ihm theilweise abnimmt, darauf deuten die Schlußworte des §. 561. hin: „Der Pächter kann dafür (für Beschädigungen der Früchte) nur in den durch das Gesetz'bestimmten Fällen Vergütigung fordern." In diesem Begriff liegt folgendes: Der Fruchtbezug muß ganz oder zu einem beträchtlichen Theil vereitelt sein'"); daS heißt eigentlich die Gewinnung von Früchten'"), das A.L.R. dehnt aber, der gemeinrechtlichen Praxis folgend'"), den Anspruch auch auf den Ver­ lust an schon gewonnenen Früchten auS'"). Auch dafür sind nur Gründe der Billigkeit angeführt worden'"). So ist ein Nachlaß zu fordern, wenn eingesammelte Früchte in der Scheune verbrennen oder durch Ueberschwemmung vernichtet oder vom Feinde weggenommen werden'"), obschon das

8M) §. 478. 485. d. T. So ist nach A. L. R. die Remissionöforderung bestimmt, welche die Regel bildet, im Gegensatz zur s. g. Partialremission. Jene wird daher auch die Totalremission genannt. Ia cobi S. 23. definirt: Remission ist der aus Rück­ sichten der bona fides gesetzlich bestimmte gänzliche oder theilweise Nachlaß am Pachtgelde, wegen außerordentlicher unglücklicher äußerer Zufälle, welche den Be­ zug der Früchte Seitens des Pächters hindern. 333) §. 478. d. T. „Ertrag des Gutes beträchtlich vermindert." Dergl. §. 485. 561. b. T. 1. 25. §. 6. D. XIX, 2. plus quam tolerabile . . alioquin modicum damnum aequo animo ferre debet colonus. Die Beträchtlichkeit hat der Richter zu arbitriren, die laesio enormis giebt hierbei keinen Anhalt. Iacobi S. 40 f. 3U) Nach römischem Recht findet Remission nur statt, wenn die Perzeption der Früchte zufällig gehindert worden. Glück B. 17. S. 456. Bangerow 111,460. Iacobi S. 23 fg. Das hängt nicht damit zusammen, daß erst durch die Per­ zeption der Pächter Eigenthümer der Früchte werde (s. oben Note 326.), daß also deßhalb von diesem Moment die Gefahr auf ihn übergehe, bis dahin den Verpächter treffe, sondern eS findet feine hinreichende Erklärung darin, daß der RemisstonSanspruch Überhaupt nur ex aequitate herzuleiten, daher der engsten Be­ grenzung bedarf, und die perzipirten Früchte auS dem RechtSverhältniß der Pacht bereits herausgezogen erscheinen, für den Verpächter ihr weiteres Schicksal ganz interesselos geworden ist. 3S5) Die gemeinrechtlichen Juristen haben darüber gestritten, wann Perzeption einge­ treten sei, ob durch die Separation, oder durch die Einscheuerung, oder gar erst durch die Verwerthung. Insofern nun vielfach angenommen wurde, daß auch ein Schaden, der nach der Separation die Früchte treffe, aus Remission Anspruch gebe, wurde dieser auf schon perzipirte Früchte milbezogen, denn darüber kann nach 1.78. D. VI, 1. kein Zweifel sein, baß die Separation der Akt der Perzeption ist. Glück B. 17. S. 458. Iacobi S. 24 f. 33#) Iacobi S. 86 f. DaS A.L. R. spricht §. 478. d. T. und an anderen Stellen bei dieser Lehre nur vom Ertrage, von den Früchten, ohne zu unterscheiden -wischen vor und nach der Perzeption, und §. 571. d. T. erwähnt sogar ausdrücklich der eingescheuerten Früchte, ebenso ist §. 519. 522. 523. d. T. von „geernteter Getraidesorte", von „überjährigem" Gctraide die Rede. Die vorlandrechtliche Praxis des O.Trib. (Hymm en, Beiträge VI, 90.) hatte schon die Ausdehnung, indem die 1.15. §. 3. D. XIX, 2. auf Brand in der Scheuer bezogen wurde, während sie von incendium fundi, also Feldbrand spricht. Iacobi S. 26 f. 337) S. Bornemann IV. S. 345 f. 338) §. 519. 523. 571. d. T.

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Zweite» Buch. Die besouderen Privatrechte.

Prinzip in §. 500. Anerkennung gefunden, daß nur, wenn die auf dem Felde befindlichen Früchte verloren gegangen, Remission verlangt werden könne. Diesem Satz gegenüber muß deßhalb die Ausdehnung auf ge­ wonnene Früchte auf die Fälle des Brandes, der Wassersgefahr und der Entziehung durch Feinde eingeschränkt bleiben"'), und außerdem darf für überjährigeS Getraide nur soweit ein Nachlaß stattfinden, als dasselbe als Borrath zurückzugewähren und im letzten Jahre verbrannt ist'"). Eine andere, durchaus nicht zu billigende Ausdehnung endlich gestattet das A.L.R. insofern, als selbst, wenn der Preis für verkaufte Früchte nicht eingezogen werden kann, ein Nachlaß gestattet ist'"), während doch nicht eingegangene fixirte Hebungen unberücksichtigt bleiben sollen'"). Ferner: UnglückSfälle müssen der Grund des Verlustes fein, und zwar äußere und außer­ ordentliche'"). Aeußere, d. h. solche die nicht durch die Natur und Be­ schaffenheit, durch die Lage und Ertragsfähigkeit deö Landguts bedingt sind'"). Denn hier ist anzunehmen, daß solche Zufälle schon bei der Be­ stimmung des Pachtzinses berücksichtigt worden, und, wenn sie erst später hervortreten, so sind sie vom Verpächter vermöge der ihm obliegenden Gewährleistung zu vertreten'"). Die Zufälle dürfen auch nicht in der Gegend, in welcher daS Gut liegt, gewöhnliche sein'"). So wird bei einem, häufig oder regelmäßig wiederkehrenden Ueberschwemmungen nach seiner Lage ausgesetzten Gute solcher Schaden einen Remissionsanspruch nicht begründen'"), ebenso nicht, wenn der Pächter eine Frucht hat er­ zielen wollen, die der Boden nach seiner Beschaffenheit oder nach dem Klima des Orts nicht erzeugen kann, nnd ihm dieses hat bekannt sein müssen. Als Beispiele von Unglücksfällen, bei deren Eintritt Remission verlangt werden darf, führt daS A.L.R. an: Frost, Dürre, Hagelschlag, Mäusefraß, Heuschrecken, Ueberschwemmung, Brandschaden, Beschädigunzen der Früchte durch Feinde, ungewöhnliches Viehsterben, wenn dadurch ver Ertrag des ganzen Gutes beeinträchtigt wird'"). Ein mäßiges Verschulden

—) *") *“) ***)

Jacob, S. 87. $. 522. d. T. §. 496. b. T. S. Bornemann IV, 350. Zacobi S. 87. §. 495. b. T. *") §. 478. 479. b. T. 1. 15. §. 2. D. XIX, 2. extra coneuetadinem, vis, cui resisti non potest.

*") §• 479. bJ T. Dadurch soll offenbar der Gegensatz zu dem ex re ipsa in der 1.15. §. 2. D. XIX, 2. ausgedrückt werden, indem unter res das Grundstück, richt die Frucht selbst verstanden wurde. Jacobi S. 90. Oben Note 329. S45) Jacobi S. 90. “•) §. 479. d. T. m) Glück B. 17. S. 455 Dangerow III, 460. Seusfert XII, 150. 848> §. 500. 518. 561. 571. 513. d. T.

§. 136. Die Sachenmiethe und Pacht.

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des Pächters an dem Verlust schließt den Nachlaß aus'"). — Will nun der Pächter wegen erlittener Unglücksfälle Remission erlangen, so muß er dem Verpächter sofort nach dem Eintritt des Unglücks davon Nachricht geben $5°). Der Zweck ist, die Wirklichkeit und Erheblichkeit des Nachtheils feststellen zu können"') und es geht, wenn die Anzeige unterblieben, das Recht auf Remission verloren"'). Es fällt auch fort, wenn der Verlust nur die eine Wirthschaftsrubrik betroffen, aber durch den reichlicheren Er­ trag der übrigen Rubriken in demselben Wirthschaftsjahr ausgewogen wird"'), wogegen nicht, wie nach römischem Recht, die besseren Erträge anderer Jahre in Betracht kommen'"). Um den Ausfall zu ermitteln, muß der Pächter eine vollständige Administrationsrechnung vorle­ gen'"), über deren einzelne Posten das A.L.R. genaue Vorschriften er­ theilt. Sie giebt alle Einnahmen und Ausgaben des betreffenden Jahr­ gangs an und wird durch Beläge bewiesen. Als Einnahmen sind aufzuführen: der erhaltene oder noch ausstehende, nicht aber der bereits als inexigibel betrachtete Preis für veräußerte Früchte'"), der aus den Gutserzeugnissen für den Pächter und seine Familie verwendete Unterhalt nach dem mittleren Marktpreis der nächsten Stadt'"), die nach Abzug 34e) §. 498. b. T. 1 15 §. 3. 1. 25. §. 3. D. XIX, 2. Der Pächter muß auch Me­ than, wa- gethan werden kann, um den Verlust abzuwenden, ober ben eingetrete­ nen Verlust wieder auszugleichen, z. B. wenn durch Umackern und zweite Bestel­ lung noch eine andere Frucht gewonnen werden sann. Iacobi S. 38. «®) Schon gemeinrechtlich ist eine denuntiatio verlangt worden, obfchoa sie au- dem röm. R. nicht nachweisbar ist. Iacobi S. 38. 91. A.L.R. §. 480. d. T. Die Anzeige muß in diesem Fall „sofort, ohne Zeitverlust" erfolgen, sie darf nicht, wie im Fall der Gewährleistung, nach §. 623. bis Ablauf de- Jahre- verschoben bleiben. m) Diese Feststellung bleibt dem Verpächter überlassen, wenn er sich in derselben Pro­ vinz (AppellationSgerichtSbezirk §. 622. 1,9. A.L.R.) befindet; sie muß aber ge­ richtlich vom Pächter herbeigesührt werden, wenn der Verpächter außerhalb sich be­ findet. §. 481. 482. d. T. «’) §. 483. d. T. «•) §. 484. 485. d. T. ■M) 1 15. §. 4. D XIX, 2. 1. 8. C. IV, 65. c. 3. X. III, 18. Bangerow IH. S. 461. Iacobi S. 52. In der gemeinrechtlichen Praxi- wurde von Einigen behauptet, die Ausgleichung sei unzulässig, wenn daö Pachtgeld auf da- einzelne Jahr und nicht auf mehrere Jahre zusammen bedungen worden. Glück B. 17. S. 472. Dieser Unterschied ist im gemeinen Recht nicht begründet. Im Codex Friederic. IV, 8. §. 18 sg. war ein Zusammenrechnen de- Ertrage- aller Pacht­ jahre vorgeschrieben und Remission wurde so weit gewährt, al- diese Summe die Summe de- Pachtzinses aller Jahre nicht erreichte. Bei der Redaktion de- A.L.R. wurde davon abgegangen, weil die Ausstellung einer Administration-rechnung, schon schwierig für ein Jahr, für eine mehrjährige Pachtzeit unausführbar erschien.. Bornem. IV, 345 s. *") §. 487. d. T. Iacobi S. 96 f. *") §. 496. 857) §. 488. Insoweit auch der persönliche Unterhalt de- Pächter- in Einnahme ge­ bracht werden muß, enthält der Satz eine Unbilligkeit gegen de» Pächter. Koch, Komm. Note 60.

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

der WirthschaftSnothdurst übrig bleibenden Dorräthe, soweit sie in diesem Jahrgang gewonnen ftitb'"), fixirte Hebungen des Jahres, wenn sie auch noch nicht gezahlt worden, sofern nicht den Zinspflichtigen gesetzlich ein Nachlaß zugestanden werden mußte'"). Als Ausgaben sind gegenüber zu stellen: Das von den Erzeugnissen des Jahres noch im kauf desselben für den Unterhalt des Viehs, zur Speisung des Gesindes und der Depu­ tanten und zur Ackerbestellung bis zur nächsten Ernte Erforderliche, oder, wenn es nicht vorhanden, der dazu nöthige Geldaufwand'"), die inexigibelen Preisreste'"), die nachgelassenen fixirten Hebungen "*). Einnahmen und Ausgaben sind nach ihren wirklichen Beträgen, nicht nach dem An­ schlage aufzunehmen'"). Vorjährige Einnahmen und Ausgaben'"), was zur Saat und Ackerbestellung für das laufende Jahr verwendet worden'"), Bestände aus früheren Jahren'"), Borräthe von Rubriken, die nicht zum Verkauf angeschlagen'"), Rubriken, welche im Anschlag nicht aufgeführt sind'"), Verwendungen zur Sicherung der Früchte und Nutzungen'") bleiben fort. Ergeben die in der Rechnung gegenübergestellten Einnahmen und Ausgaben nicht soviel Einnahme-Ueberschuß, als der Pachtzins beträgt, so ist das dazu Fehlende nachzulassen, niemals aber bei einem AuSgabeUeberschuß dem Pächter die Differenz herauszuzahlen'"). Diesem Remissionsanspruch stellt das A.L.R. noch einen Anspruch auf Partialremission zur Seite für Mißwachs oder Verlust an Getraide, das sich entweder noch auf dem Felde befindet oder zwar schon geerntet aber durch Brand, Waffernoth und feindliche Fouragirungen ver­ loren gegangen"'). Hier soll Remission eintreten, wenn von der beschä­ digten Getraidesorte nicht soviel übrig geblieben, als zur Saat für das nächste Jahr und zur Wirthschaftsnothdurft bis zur nächsten Ernte er­ forderlich ist"'). Nachgelassen wird, was hierzu fehlt"'). Es bedarf nicht einer alle Gutseinnahmen und Ausgaben umfassenden Rechnungs­ legung, vielmehr nur einer Berechnung der einzelnen Rubrik, welcher ent­ weder die Ansätze im Anschlage, oder bei der Pacht in Pansch und Bogen

«=') *»•) '") '")

§. 492. 494. §. 495. §. 490. 491. §• 496. »«-) §. 495. SM) §. 497. 3«) §. 494. »•») §. 489. ”«) §. 494. »") §. 493. *«*) §. 508. '") § 578- Bezweckt« die Verwendung Sicherung der Substanz und der Früchte, so trägt jeder Theil die halben Kosten. "«) §. 486. §• 600. 519. 523. 571. Unter Getraide sind auch die Hülsensrüchte zu verstehen. Koch, Komm. Note 63. zu §. 500. "*) §. 501.

§.136.

Die Sachenmiethr und Pacht.

231

die nach den lokalen oder landüblichen AbschätzvngSgrundsätzen zu ermit­ telnden Preise zu Grunde gelegt werden37n Strafrecht aufgestellten Merkmalen erlangt""), und diese Ueber­ zeugung kann durch jene Vermuthung nicht mehr bedingt werden.. Der jetzige Strafprozeß kennt keine gesetzlichen Vermuthungen'“). Der Schuldner wird durch den Empfang deS DarlehnS zunächst ver­ pflichtet, eS zur bestinimten Zeit'") an dem Orte, an welchem der Gläu­ biger zur Zeit der Hingabe gewohnt hat'"), ihm persönlich oder seinem legitimirten Stellvertreter oder Rechtsnachfolger in gleicher Menge und Güte'") zurückzuleisten'"). Daß die Rückleistung hier wie bei der Miethe'") nothwendig ist, weil sonst nicht bloß die Nutzung des Kapitals, sondern das Kapital selbst veräußert wäre, was dem Begriff de- Vertrags widerspricht, ist oben schon hervorgehoben'"). Darum hat da- A.L.R. auch hier, wie bei der Miethe, durch Bestimmung gesetzlicher Kündigungs­ fristen Vorsorge getroffen, mit eine fehlende Vereinbarung der Parteien '»•) §. 718 f. d. T. Pergl Reichspolizei Ordn. v. 1577. Tit. XVII. §. 2. Die Dar. lehn«s»rdernng ist also ungiftig, und deßhalb nicht zur Kompensation geeignet. Strieth. B. 29. S. 112. Wenn die haar nachgesuchte Valuta theil» b-ar, theil« in Waaren gegeben wird, tritt die Vermuthung der wucherlichen Absicht nicht «in. Recht»f. B. 3. S. 406. >") §. 273. Str.Ges.B. “«) BO. v. 3. Januar 1849 §. 22. ,M) §• 757. d. L. Nach dem Grundsatz de« A.L.R. (s. oben B. 1. S. 463.) gilt die Zahlung«,eit nicht als zu Gunsten de« Schuldner« bestimmt. Er darf daher nicht srüher dem Gläubiger leisten. ;. 758. Bei entstehender Unsicherheit dt» Schuld­ ner» kaun der Gläubiger srühere Zahlung oder Sicherstellung verlangen. §. 759. 760. Nach gemeinem R. ist die« wegen 1. 2. C. IV, 39. zweiselhast. Seussert VI, 137. Aber Glück B. 12. S. 93 läßt di« srühere Rückforderung zu. Aus Hypolhekensorderunge» ist §. 759. nicht anzuwenden. Rechtsf, B. 2. S. 198. Ein Beispiel von Zeitbestimmung zu Gunsten de« Gläubiger» allein: Recht»fälle 1,66. *“) §. 769. d. T. Hand. Ges. B. Art. 325. Am Orte de« Wohnsitze« muß in der Wohnung de« «Gläubiger» gezahlt werden. Strieth. B. 15. S. 200. Oben B. 1. S. 465. lM) §. 653. 853. d. T. m) Die Erstattung kann durch Abrechnung geschehen. Strieth. B. 25. S. 37. Ein Fall, wo nach dem Inhalt de» Schuldschein» der Empsänger nicht persönlich au» dem Darlehn zur Erstattung verpflichtet worden, s. RechtSpr. B. 2. S. 248 f. (Die persönliche Pflicht war auch hier vorhanden, aber da» Epekutionsrecht de» Gläubiger» beschränkt.) "•) Oben §. 136. S. 192. >”) E» kann aber auch hier, wie bei der Miethe, dem einen Theil die Kündigung auf gewisse Zeit versagt werden. Wird eine aus bestimmte Zeit auSgeschloffeue Kündi­ gung unter einer Bedingung statthast, so entsteht bei Eintritt der Bedingung da» Recht, aber nicht die Pflicht zur Kündigung. Entsch. V. 52. S, 11. RechtSs. B. 1. S. 66. A. M. Koch in der deutsch. Ger.Z. 1866. N. 1.

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Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

zu ergänzen”8). Die Kündigung steht jedem Theil zu m), sie ist an keine Form gebunden"8), wirkt aber nur, wenn sie dem andern Theil wirklich zugekommen"'). AuS der Kündigung des Gläubigers folgt die Pflicht ia8) §. 761—768. d. T. Bier Wochen Lei einem Darlehn bis 50 Thlr., drei Monat bei höherem Betrage. Gruchot III, 198 fg. Hier ist ebenso, wie bei der Miethe, die Kündigung ein Institut des modernen Rechts, welches sein richtiges Verständ­ niß nur darin findet, daß das Darlehn als die Veräußerung eines Gebrauchs auf­ gefaßt wird. Nach röm. G. konnte der Gläubiger jederzeit die Rückzahlung ver­ langen, wenn nicht eine besondere Frist bedungen war. 2>ergl. Hofacker, princ. jur. R. III. §.4113. Stryck, uaus modern. XLVI, 3. §14. Glück XII. S. 94 f. ES ist Koch nicht beizustimmen, wenn er (Beurtheil. S. 166 f.) behaup­ tet. die Kündigung sei bei dem Darlehn nur das alte legitimum tempus, nach 1. 9. C. VII, 53. und 1.1 2. C. Vif, 54 Aber ein modicum tempus, aliquod tfemperamentum haben auch die Römer anerkannt. Dergl. 1. 105. D. XLVI, 3. Glück B. 12. S. 94. Luden im RechtSlex. III, 238. Gruchot 199. Dresden. Ann. V, 453. Seufsert V, 273. Grundstücken und Gerechtigkeiten dürfen un­ kündbare Kapitalien nicht mehr auferlegt werden. Ges. v. 2. März 1850. §. 92. (Ges. S. S. 105.) — Das säcks. Ges. B. §. 1077. ist auf dem Standpunkt deröm. Rechts stehen geblieben: Ist die Zeit der Rückgabe nicht bestimmt, oder eine Kündigung ohne Zahlungsfrist bedungen worden, so kann die Rückgabe sofort verlangt werden, in beiden Fällen vorbehältlich des Rechts des ErborgerS auf Ge­ stattung einer den Umständen angemessenen Frist. lie) §. 761. d. T. D. h. kündigen kann der Gläubiger und sein Rechtsnachfolger aus Singulär- und Universaltitel, oder der Stellvertreter desselben; z. B. der Vor­ mund für den Pflegebefohlenen (II, 18. §.497.498.), der Bevollmächtigte, aber nicht der unbeaustragte Geschästsbesorger (Grucho t 206 s.), ferner abweichend vom röm. R. nicht der Nießbraucher, weil ihm nur der Zinsengenuß zusteht (I, 21. §. 101. 102 ), ferner der Pfandgläubiger der Forderung, wenn ihm diese gerichtlich überwiesen worden (I, 20. §.289. Entsch. B. 8. S. 279.), unter den Bedingun­ gen, wie sie seinem Schuldner, dem Gläubiger der Forderung, zugestanden haben würden; Gesammtgläubiger müssen gemeinschaftlich kündigen (1,5. §.450.), doch gestattet die Praxis auf Grund des §. 451. 1, 5. dem einzelnen Gesammtgläubiger die Kündigung zur Rückzahlung an die Gemeinschaft. Hierher gehört insbesondere auch das Verhältniß der Miterben (§.151.1,17.). Strieth. B. 16. S. 314. B. 24. S. 58. B. 25. S. 146. Nach gemeinem Recht kann jeder Korrealgläubiger, jeder Miterbe seinen Antheil selbständig kündigen, nach dem Grundsatz nomina ipso jure divisa. Oben B. 1. S. 320. Der Ehemann nur mit Einwilligung der Frau in Betreff der auf den Namen der letzteren oder auf den Namen beider Ehe­ gatten ausgeliehenen Kapitalien (II, 1. §. 233. 379, vergl. II, 18. §. 745. Präj. 1095. Samml. I, 139. Die Einwilligung der Frau ist an keine Form gebunden). — Ferner kündigt der Schuldner, sein UniversalrechtSnachsolger, aber nicht sein Singnlarnachfolger, wenn dieser nicht als Schuldübernehmer hastet (bei Schenkung eines ganzen Vermögens. Ditalizienvertrag, Erbschaftskauf). Oben B. 1. S. 659., der Bevollmächtigte und Vormund des Schuldners, und auch der negotior. gestor, wenn nachträglich der Schuldner die Kündigung genehmigt; bei Gefammtschulden jeder einzelne Schuldner auf das Ganze, wenn dadurch die Rechte der übrigen nicht leiden (§. 438 1,5.), d. h. die Kündigung wirkt nur zwischen dem kündigenden Gesammtschuldner und dem Gläubiger; Miterben müssen gemeinschaftlich , kündigen, weil hier nicht jeder, sondern alle zusammen für das Ganze haften (§. 127. I, 17.). Der Ehemann endlich kann unbedingt die Schuld der Frau kündigen. S. überHaupt Gruchot S. 200—207. IM) §. 764. d. T. Präj. 697. (Samml. I. S. 66.) Aber ihr Inhalt muß in dem Anbieten oder in der Forderung der Rückzahlung bestehen. Die Erklärung, kompensiren zu wollen, kündigt nicht. Strieth. B. 6. S. 332. m) §. 765. d. T. Die Kündigungsfrist läuft von dem Tage, wo die Kündigung dem andern Theil zugekommen ist. Dadurch ist die Ansicht von Wernher, obsenr.

§. 137.

DaS Darlehn.

255

deS Schuldners, nach Ablauf der Frist zurückzuleisten; aus der Kündigung des Schuldners folgt die Pflicht des Gläubigers, nach Ablauf der Frist das Kapital zurückzunehmen.

Eine

besondere Pflicht zur Annahme der

Kündigung entsteht aus letzterer für keinen Theil, und eS kann unter ver­ weigerter Annahme der Kündigung13t) nur verweigerte Zahlung oder Ab­ weisung ihrer Annahme verstanden werden. seitiger Akt, nicht ein auflösender Vertrag"3).

Die Kündigung ist ein ein­ Es muß immer gekündigt

werden, wenn die Parteien über die Rückleistung nichts bestimmt ha­ ben"^); bestimmt ist diese auch dann, wenn sie von dem Eintritt eines Ereignisses abhängig gemachtl35), aber nicht, wenn die Rückleistung in die

II, 9. obs. 37. gebilligt. Die gerichtliche Kündigung kann als solche oder als Klage erfelgen, aber eö darf im letzteren Fall die Rückzahlung nur mit Rücksicht auf die Kündigungsfrist verlangt werden. §. 16. 1,28. A.GO. ©euffert VIII, 91. Savigny. System VI, 74. Koch (Note 96.) versteht unter den Worten „gericht­ liche Kündigung" in §. 765. die Klage. Ebenso der Ges.Revif. P. XIV. S. 138. li. Bornem. III, 160. DaS widerspricht dem Wortlaut, würde auch nur aus den Fall paffen, wo der Gläubiger, nicht, wo der Schuldner kündigt. Die Behändigung einer gerichtlichen Kündigung ist jederzeit durch da- Insinuationsdokument nachweisbar. — Die Kündigung muß dem Schuldner (oder Gläubiger) zugekom­ men sein, oder seinem legitimirten Stellvertreter, nicht einem vermutheten Bevoll­ mächtigten, Gesammtgläubigern und Miterden nur gemeinschaftlich, nach der Thei­ lung des Nachlasses aber demjenigen Erben, dem die Forderung oder Schuld über­ wiesen worden, bei Gesammtschuldnern kann jedem Einzelnen das Ganze gekündigt werden, aber es kann dann auch nur von diesem die Rückzahlung verlangt werden. Die an den Hauptschuldner gerichtete Kündigung wirkt auch gegen den Bürgen (1,14. §. 283.). Bei Hypothekenforderungen muß, um die Hypothek zu realisiren, dem Besitzer deS Grundstücks gekündigt werden, auch wenn er nicht der persönliche Schuldner ist (§. 492 f. I, 20.), weil der Hypothekenschuldner auch mit Umgehung des persönlichen Schuldners belangt werden kann (§. 494. I, 20.). Dies ist von Hagen (Hypothek des Eigenthümer«, S. 265 fg.) bestritten worden. Gegm ihn Cappel im Arnsb. Arch. 1836. S. 335 f. und Schmidt, Pfandrecht, S. 522. Die Praxis läßt direkt gegen den dritten Besitzer des verpfändeten Grundstücks kündigen. Entsch. B. 39.' S. 139 f., wo zugleich ausgeführt ist, daß die dem Be­ sitzer des Grundstücks zugegangene Kündigung auch gegen denjenigen wirkt, welcher es während des Laufs der Frist erwirbt. Ebenso die gemeinrechtl. Praxis. Lübeck bei Seuffert D 6. Nr. 159. Abweichend Kassel das. B. 11. Nr. 215. Befindet sich das Grundstück im Mitbesitz Mehrerer, so muß Allen gekündigt werden, wenn die Hypothek gegen das ganze Grundstück geltend gemacht werden soll, es genügt aber die Kündigung an einen der Mitbesitzer, wenn nur die Subhastation des An­ theils dieses Einen beabsichtigt wird. Bergt. Präj. 1086. (Sammt. I S. 97 f.) und Gruchot S. 207—215. 1M) Bergt. §. 768. d. T. und Gruchot 199. «s) Gruchot 198 f. 1S4) §. 761. d. T., ohne Unterschied, ob das Darlehn verzinslich oder unverzinslich hin­ gegeben worden. Das O.Trib. hat in dem Fall Bestimmtheit des Fälligkeitstages angenommen, wenn bedungen ist: Das Kapital ist fällig, wenn die Zahlung der Zinsen verzögert ist. RechtSf. B. 1. S. 66. Wenn die Rückzahlung versprochen ist, „wenn die Bermögenöverhältniffe de« Schuldners es möglich machen," so ist dieser Umstand eine Bedingung der Kündigung. Gruchot B. 1. S. 64. Oben B. 1. S. 464. Note 29. S. Seussert XV, 218., und wenn bedungen ist „so­ bald der Gläubiger das Geld braucht,,, das. II, 33. XVIII, 233., so kann gemein­ rechtlich ohne Kündigung geklagt werden.

256

Zweite- Buch. Die besonderen Privatrechte.

Willkür deS Gläubigers oder Schuldners gestellt worden"*). — Eine spätere Veränderung deS Wohnorts des Gläubigers verpflichtet den Schuld­ ner nicht, dorthin zurückzuleisten; er hat die Wahl, ob er das Geld dort­ hin — und zwar auf Gefahr des Gläubigers — absenden, oder gerichtlich am Zahlungsorte hinterlegen will'"). Bei Hypothekenschulden hat er hierbei die Wahl zwischen dem vorigen Wohnort des Gläubigers und dem Ort, wo das Hypothekenbuch sich befindet'"). Sonst trägt der Schuldner, wenn er zur Versendung an den Gläubiger verpflichtet ist und dieser nicht eine besondere Versendung vorgeschrieben hat, die Gefahr derselben'"). In Betreff der RLckleistung in gleicher Quantität und Qualität kommt insbesondere die Wirkung einer Münzänderung in Betracht, von welcher §. 91. gehandelt ist'"). Sind Darlehne in Jnhaberpapieren gegeben, so müssen diese in gleicher Art zurückgeleistet werden'") und sind sie zur Zeit der Rückzahlung "*) nicht mehr vorhanden, so erfolgt diese baar nach dem CourSwerth deS Papiers znr Zeit des Vertragsabschlusses'"). Auch zu der bedungenen Verzinsung wird der Schuldner durch die Vereinbarung verpflichtet, aber da diese Leistung die Natur der Nachleistung hat, wie bei der Miethe, so ist sie durch den Empfang des DarlehnS bedingt. Die Lehre von den BertragSzinsen ist §. 68. erörtert'"). Ferner ist darüber,

***) Gruchot S. 200. Ebenso wie bei Pacht und Miethe und man wird wohl auch bei dem Darlehn, wenn daö bestimmende Ereigniß eingetreten, dem Schuldner zur Rückzahlung ex anal. des §. 337. eine der Kündigungsfrist entsprechende Frist ge­ statten müssen. S. oben §. 136. S. 194. 1,e) Z. B- „Die Rückzahlung soll erfolgen, sobald der Gläubiger da- Geld nöthig hat." Seuffert B. 2. Nr. 33. '") §. 772. 773. d. T. Oben B. 1. S. 561. Entsch. B. 24. S. 411. Strieth. B 9. S. 326. (Wenn der Schuldner diese Bef.-.Zniß nicht gebraucht, so sann er durch dieses Unterlasten allein nicht in Verzug kommen.) Jetzt sichert die Absen­ dung der Gelder bis zu gewiffem Betrage das Institut der ^ost-Anweisnngen. 1M) §. 774. d. T. Die Praxis bezieht diesen Satz nur auf eingetragene DarlehnSsorderungen. Präj. 734. (Samml. I, 67.) >") §. 770. 771. Die Worte in §. 770.: „bis dieselben in dem Hause des Gläubi­ gers gehörig abgegeben" bedeuten natürlich nur: bis die Summe in die Hand deö Gläubigers oder der sonst zum Empfang berechtigten Person gelangt ist. Dergl. darüber, daß bei dem Darlehn der Empfänger die Gefahr trägt, 1. 9. §. 9. D. XII, 1 a. E. und besonders 1. 11. pr. eod., außerdem oben B. 1. S. 719. Note 13. Ueber eine ganz vereinzelte Stelle im altdeutschen R., welche dem Verleiher die Gefahr auflegt (lex Wisigot. V, 5. 4.) s. Stobbe, z. Gesch. deS deutsch. Ver' tragSrecht. S. 275. i") B. 1. S. 551. — §. 778-802 d. T. Seuffert VII, 24. i") Entsch. B. 23. S. 98. Oben B. 1. S. 552. l4t) Cs kommt nicht auf die Existenz zur Zeit der Fälligkeit an. Strieth. B.34. S. 166. Dergl. Seuffert XIV, 133. Blätter f Rechtöanw. XX. S. 333. 337 f. Unterholzuer II, 16. Note n. Oben B. 1. S. 552 f. “*) §. 793-795. b. T. Dergl. oben B. 1. S. 552 f. Strieth. B. 6. S. ?04. B. 41. S. 159. Entsch. 33.23. S. 98. 144) B. 1. S. 366., bes. 375 fg. — §. 803-826.; 835-852. d. T.

§. 137.

DaS Darlehn.

257

daß anS mehrjähriger Entrichtung von Zinsen eine Vermuthung für die Existenz der Darlehnsschuld erwachsen soll, auf §. 46.14$) zu verweisen, und endlich noch daran zu erinnern, daß die Verjährung eines verzins­ lichen DarlehnS von dem Tage beginnt, an welchem zuerst die Zinszahlung unterblieben ist, und mit Hinzurechnung der bedungenen oder gesetzlichen Kündigungsfrist nach 30 Jahren sich vollendet. Bei unverzinslichen Dar­ lehnen beginnt mit gleicher Hinzurechnung die Verjährung bei der Hin­ gabe "°). DaS A.L.R. hat an den Unterschied von Kapital und Sachen die Unterscheidung des Darlehns in ein eigentliches und nneigentlicheS ge­ knüpft “’). Diese Unterscheidung ist praktisch werthloS und dem römischen Recht auch nicht bekannt'"). Von dem uneigentlichen Darlehn ist nur Folgendes hervorzuheben. Es gehört nicht dazu, daß der Gegenstand seiner Natur nach verbrauchbar oder verzehrbar sei, sondern nur daß die Parteien ihn als vertretbar gedacht, und die Wiedererstattung nur generisch bedungen haben'"). Der Preis der Nutzung (der ZinS) ist hier entweder eine Quantität gleichartiger Sachen oder Geld — in beiden Fällen darf aber der gesetzliche Zinssatz nicht überschritten werdenl10). Bei verzögerter Rückleistung kann das Interesse liquidirt'") oder es können Verzugszinsen gefordert werden, sofern die bedungenen nicht schon den höchsten Satz er­ reichen '”). Bei unentgeltlicher Hingabe hat dem in der Ri'ickleistung säu­ migen Schuldner gegenüber der Gläubiger die Wahl zwischen Rückforderung der Sache nebst Verzugszinsen und Ersatz des Werths zur Zeit der schul­ digen Rücklieferung'"), dem in der Rückannahme säumigen Gläubiger “5) B. I. S. 214. — §. 837 -840. d. T. Koch, R. d. F. III, 319. versteht di« Stelle dahin, daß durch 30jährige ZinSmhlnng die DarlehnSsordernng entstehe. Sie sagt aber nur, daß dadurch da« Darlehn bewiesen werde, was etwas ganz anderes ist. M1) B. 1. S. 283. Koch, schles. Archiv. B. 6. S- 113. Aus der gemeinrechtlichen Praxis: Heuser II, 318. Seusserl I, 312. III, 138. IV, 201. V, 272. VI, 3. 325. XIII, 6. 122. XIV, 110. 204. XVI, 3. XVII, 203. XVIII, 2 Mit der Hauptklage fällt nach römischem R. auch die Zinsenklage weg. I. 26. C. IV, 32. Nach preuß. R. verjährt die einzelne Zinssorderung in vier Jahren. Ges. v. 31. März 1838. Oben B. 1- ®. 375. '») §. 653. 853. d. TKoch, R. d. F. 111,300. Nach röm. R. ist mutuum immer vorhanden, wenn res, quae pondere, numero, mcnsura continentur, hingegeben werden ut ejusdem generia et eadcm bonitate solvatur, reddatur. pr. J. III, 14. 1. 3. O. XII, 1. Koch S. 301. 302. Tie Redaktoren deS A.r.R. haben aber wohl nur an solche Sachen gedacht, welche nur durch Verbrauch gebraucht werden können, veral. 1,14. §. 83. 84. “•) §. 855 857. d. T. . ”) $. 98. 99 d. T. 8S) §. 100. 6. T. Der Aussehe! ist der Verwahrer. gegen ihn haben di« Interessenton die a. ex deposito sequestraria); da« Gericht hastet subsidiär, wenn ihm mäßiges Versehen in der ÄuS.rahl de« Ausieher« nachgewiesen werden kann. Strieth. V. 39. S. 141. I. 12. §. 2. D. XVI, :i. M) $. 101. 102. d. T. M) Depos.Ordn. I. §. 23. 29. 30. *•) Depos. O rdn. I. §. 31 fg. 8T) Die Interessenten selbst müsse» sich daber angelegen fein lassen, die Gelder zinsbar unterzubringen, der Richter besorgt die« nickt von AmtSwegen. §. 32. 33 das Auch der Vormund muß die Ausleihung der Mündelgelder beantragen und die Gelegenheit nachsuchen. Um aber nicht Depositalkapitalien müßig liegen zu lassen, sollen sie nach §. 34. 35. das., wenn die Znteresserrten für die Anlegung nicht sor­ gen. bei der Bank belegt werden. In diesem Falle tritt allerdings «ine Benutzung des Kapitals durch den Staat ein, wofür er einen niedrigen Zinssatz von 3 oder »der 31/, Prozent dem Niederleger gewährt. Hier geht die Verwahrung in ein depositum irreguläre oder Darlehn über. ") Die den verschiedenen Interessenten gehörigen haaren Gelder werden zu einer Gejammtmasse vereinigt zGeueraldepositvrium. und die au« derselben ausgelieheum

288

Zweite» Buch.

Die besonderen Priv-trechte.

bei der Verwaltung der Depositorien angestellten Beamten vertreten grobes Versehen, und zwar zunächst derjenige, der es begangen, mehrere solida­ risch, demnächst diejenigen Beamten anthcilweise oder ans daS Ganze, welche durch Pflichtversäumung die Gelegenheit zur Veruntreuung gegeben, nach diesen der Gerichtsvorsteher, nach diesem endlich die übrigen GerichtSperfoneit, jede auf ihren Antheil, die Unvermögenden aber übertragend. Die Erben dieser Beamten haften wie ihre Erblasser, mehrere Erben antheilweise, höchstens auf den Betrag des Erbtheils.

Der Staat als GerichtS-

hcrr kommt erst zuletzt zu Vertretung und nur dann, wenn ihm nachge wiesen wird, daß er bei der Wahl oder Bestellung der Gerichtspersonen und bei den nöthigen Einrichtungen des Depositoriums nachlässig gewesen, die „gewöhnliche Vorsicht" außer Acht gelassen, d. h. daß ihm mäßiges Versehe» zur Last fallt89).

Auch der Zufall wird von den Beamten ver­

treten, wenn er durch genaue Beobachtung der Vorschriften und Anwen­ dung einer gewöhnlichen Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können90). Den unvermeidlichen Zufall trägt der Eigenthümer9'). DaS A.L.R. erwähnt die Sequestration nur als eine besondere Art der gerichtliche» Verwahrung, wenn Personen99) oder Thiere oder unbewegliche Sachen der Gegenstand derselbe» sind").

Der vom Gericht

zu bestellende Sequester verwahrt nicht bloß, sondern verwaltet9'), und der Richter hat bei der Wahl und Beaufsichtigung des Sequesters mäßiges Versehen zu vertreten "V

Außerdem kennt das preußische Recht die Se­

questration als gerichtliche ExetulionSmaßregel; das Gericht verwaltet durch einen Sequester eine bewegliche lebendige oder eine unbewegliche Sache,

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")

Summen ft.'hen auf den Namen des GeneraldepositoriumS des Gerichts. Die Antheile der einzelnen Massen an dem Kapital und den Zinsen werden berechnet und gut geschrieben. Depos. Ordn. 11. § II s. Bei der Bewilligung von Darlehuen aus dem Generaldepo-ilorium basten die Mitglieder des Gerichts für die Sicherheit, wenn sie ihr Votum für die Bewilligung schristlich abgegeben haben. Dep.O. I. §. 47. 5». Entsch. B. 6. S. 103. Vergl. noch Dep.O. II, 2. §. 126. Strieth. B. 48. S. 292 fg. Depos. Ordn. I §. 54—55. Die Frage nach der Haftpflicht des Gerichtöherru war wahrend des Bestehens der Patrimonialgerichtsbarkeit besonders wichtig. S. schlej. Arch. 11, 448. V, 388. Das. §.57. (casus mixtiw, s oben B. 1. S. 721. 730 f.) Der Sequester übt die Gewahrsam und Verwaltung für den Schuldner au8, aber er ist nicht sein Bevollmächtigter. Entsch. B. 50. S. 174., auch bei Seussert XVIII, 234. §. 60. Dep.Ordn. Sequestration eines Ä indes: Heuser III, 740. §. 103 f. d. T. Oben B. 1. S. 221. Glück B. 15 S. 233. Sintenis II, 560. Muther, Sequestration und Arrest im röm. R. 1856 1. 110. de V. S. Se­ questration einer Flschereigertchtigkeit. Seussert VI, 95. §. 105. d. T.

95j §. 106. d. T. S. oben Note 83. Der Sequester hastet wie der Depositar. über altdeutsches Recht Stobbe a. a. O. S. 226.

S.

§. 139.

289

Der Verwahrung-vertrag.

in Stellvertretung des Gläubigers, um aus dem Ertrage die Forderung beizutreiben "). Es ist eine Ausübung des durch die Zwangsvollstreckung begründeten prätorischen Pfandrechts. Trotz des Schweigens in den Ge­ setzen muß auch eine außergerichtliche, freiwillig von Parteien einem Drit­ ten übertragene Sequestration nach preußischem Recht für zulässig erachtet werden"). Eigenthümlich der Sequestration, sowohl der gerichtlichen als vertragsmäßigen, ist, daß der Sequester nicht jederzeit nach dem Willen des Niederlegers, sondern nur dann zurückzugeben verpflichtet oder berech­ tigt ist, wenn der Grund zur Sequestration weggefallen ist, die Rückgabe ist also an eine Bedingung geknüpft"). Die freiwillige ist übrigens nicht beschränkt auf lebendige und unbewegliche Sachen und der Vertrag mit dem Dritten (Sequester) muß darüber entscheiden, ob dieser nur verwah­ ren oder auch verwalten soll, wonach sich seine Verpflichtungen regeln"). Die Streitfrage des gemeinen Rechts, ob der Sequester den Besitz erhält, welche nach der richtigen Ansicht dahin zu beantworten ist, daß er ihm übertragen werden kann, aber nicht an sich Folge der Sequestration ist100), Exet Ordn. v. 4. März 1834 §. 24. A.GO. I, 24. §. 116 fg. Eine Innission de- Gläubigers zu eigner Verwaltung und Nutznießung ist nach preuß. R. nicht zulässig, wenn er sich nicht darüber mit dem Schuldner einigt. M) Ihre Zulässigkeit folgt wohl auch auö tz. 119. I, 24. A.G.O., denn kann der Schuldner dem Gläubiger selbst die Sache zur Sequestration übergeben, so können sie sich auch über eine dritte Person als Sequester einigen. Das RechtSverhältuiß eines Sequesters entsteht aber nicht dadurch, daß ein Dritter die fremde Sache wie ein Sequester verwaltet hat, es kann nur durch gerichtlichen Auftrag oder durch Vertrag begründet werden. Fehlt es hieran, so erwachsen nur die Ansprüche auS der nützlichen Verwendung, wenn sich die Nützlichkeit nachweisen läßt. Strieth. B 21. S. 109. 98) 1. 6. D. XVI, 3. proprie autem iu sequestre est depositum, quod a pluribus in solidura certa conditione custodiendum reddendumque traditur. 1. 9. §. 3. D. IV. 3. neque sequestraria conveniro potes nondum impleta conditione depositionis. 1. 5. C. IV, 34. Jeder um die Sache streitende Theil ist Deponent in solidum unter der Bedingung, daß der Streit für ihn sich entscheide. 1. 17. D. XVI, 3. ••) Ein Beispiel Seuffert XII, 306. (Sequester einer Erbschaft.) l0°) 1. 17. §. 1. D. XVI, 3. rei depositae proprietas apud deponentem manet, sed et possessio, nisi apud sequestrum deposita est: nam tum demum (dann näm­ lich) Sequester possidet; id enim agitur ea depositione, ut neutrius possessione id tempus procedat. 1. 39. D. XLI, 2. Interesse puto, qua mente apud se­ questrum deponitur res: nam si omittcndae possessionis causa et hoc aperte fuerit approbatum (bewiesen!, ad usucapionem possessio ejus partibus non procederet; at si custodiae causa deponatur, ad usucapionem eam possessionem victori procedere constat. Savigny, Besitz §.25.: „abgeleiteter Besitz." In der 1. 17. §. 1. darf allerdings nicht zu den Worten deposita est da- Wort pos­ sessio, sondern es muß res hinzugedacht werden (vergl. gegen Savigny, der hier Duaren gefolgt ist, Glück B. 15. S. 145. Note2., Sintenis II, 562. Note64., Böckin g, Inst. I. S. 452. Note 18.), dadurch wird aber die Streitfrage nicht da.

für entschieden, daß der Sequester immer Besitzer wird, wie Sintenis meint, sondern es bleibt frei, daß ihm der Besitz übertragen werden kann, wenn näm­ lich, worauf die Schlußworte der Stelle deuten, durch die Sequestration eine Un­ terbrechung des Besitzes für die streitenden Theile herbeigeführt werden soll, wenn Förster, Preuß. Privatrecht. II.

29

290

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

hat für daS preußische Recht kein Interesse. Hier ist er, wie jeder Ver­ wahrer, Inhaber, und hat als solcher die possessorischen Rechtsmittel'"').

§. 140. Ter Gastaufnahmevertrag. A.L.R. N, 8. §. 444—455. (Die ;§. 1528-1531., 6§. 1734-1738., Süiffer. §§. 2452—2462. sind aufgehoben durch das D.H.G. B. Einführ.Ges. Art. 60.) Koch, Pr.R. II, 497. R. d. F. III, 998. — Lauterbach, tract. de nautis, cauponibus et stabulariis. 1676, in beffen dissert acad. III. Nr. 105. Leys er, med. 1,66. Glück B. 6. S. 106 f. Buddeuö im Rechtölexikon B 4. S. 440. Bes. Goldschmidt in s. Zeitschr. f. Handelsrecht B. 3. S. 58. und 331. — 11 nterholzner II, 732 f. Bangerow III, 475. Arndts S. 472. Sintenis II, 685. Keller S. 650.

Man hat bezweifelt, daß die ans dem prätorischen Edikt kommenden besonderen Borschriften über eine strengere Haftpflicht der Gastwirthe und Frachtschiffer auf die geänderten Berhältnissc des heutigen Reise- und Frachtverkehrs noch anwendbar feien'). Eine feste Praxis und die neue­ ren Gesetzgebungen widerlegen diesen Zweifel, der auch sachlich keinen Grund hat, weil ein solcher Verkehr in der That einer strengeren Siche­ rung bedarf *). Man hat andererseits das prätorische Edikt in der ge­ meinrechtlichen Praxis sogar, wiewohl nicht unbestritten*3),42ausdehnend auf andere ähnliche Verhältnisse, auf den Frachtverkehr zu Vanfcc, auf Land­ fuhrwerk und Posten anwenden wolle»'). Das A.L.R. hat dieses eigen­ thümliche Rechtsinstitut in Betreff der Gastwirthe und Schiffer — und zwar sowohl der Seeschiffer als nach der richtigen Auslegung der Praxis

101) *) 2)

*) 4)

omittendae possessionis causa, nicht custodiae causa sequestrirt'wird. Bergl. über­ haupt Bruns, daö R. des Besitzes, 1848. S. 7 f. 16. Len;, d. Recht des Be­ sitzes, 1860. S. 112 f., und bef. Muther S. 226 f. 243. Böcking a. a. O. läßt den Besitz auf den Sequester übergehen 1. in Folge ausdrücklicher Genehmigung, nach 1. 39. cit., oder 2. in Folge stillschweigender Genehmigung, wenn sie aus dem Zweck der Sequestration sich ergiebt, nach 1. 17. §. 1. cit. (sequ. omittendae pos­ sessionis causa.) §. 1. 2. 137. I, 7. Die Ersitzung wird durch die Sequestration nicht unterbrochen. §. 601. 1,9. §. 112. I, 7. A.L.R. Z. B. Schilt er, prax. jur. Korn, exerc. XII. §. 12. S. überhaupt hierüber Glück B. 6. S. 111. und die dort Citirten. Bei den Neueren besteht ein Zweifel nicht mehr. Bangerow III. S. 478. Goldschmidt a. a. O. S. 310. Code 1782 s. 1952 f. Oesterr. G. B. 961. 964. 970. 1316. Nächs. G.B. §. 1280 fg. Bair. Entw. Art. 679 681. Goldschmidt a. a. O. S. 352 sg. 359. Goldschmidt S. 359. Note 158. In Betr. der Posten s. Müller, über die a. de recepto und deren analoge Ausdehnung auf die Postanstalten. 2. A. 1857, des. S. 65—68 (verneinend). D.H.G.B. Art. 421.

§. 140.

Der Gastaufnahmeverlrag.

291

auch der Stromschiffer*6)7 — wesentlich übereinstimmend mit dem römi­ schen Recht aufgenommen, und cS auch noch auf die Inhaber öffentlicher, d. h. vom Staat bestellter oder privilegirter Landkutschen6), jedoch nicht auf die Posten') angewendet. Bon diesen Bestimmungen des A.L.R. gel­ ten im heutigen Recht nur noch diejenigen, welche sich auf Gastwirthe be­ ziehen, der Land- und Wasserverkehr für Reisende und Güter wird durch das Handelsgesetzbuch normirt8). Dazu kommen die neuen Bestimmungen über den Eisenbahnverkehr8). Das Institut der öffentlich bestellten Land­ kutschen ist heutigen Tages verschwunden. Der Bertrag, den der Reisende mit dem Gastwirth über Aufnahme seiner Person und seiner Sachen schließt, ist gemischt aus Miethe und Ver­ wahrung. Der Gastwirth übernimmt eine custodia, aber diese genügt, wenn sie nur die des Verwahrers sein soll, nicht den Anforderungen des Verkehrs, denn der Depositar vertritt nur grobes und bei Entgeltlichkeit mäßiges Versehen,0). Das Edikt hat daher diese Verpflichtung zur cus­ todia gesteigert"), so daß sie als Garantieleistung dafür erscheint, daß die Sachen des Reisenden ihm während de« Aufenthalts im Gasthanse un­ versehrt erhalten bleiben. Daö salvum fore recipere ist der Inhalt der Verpflichtung des WirthS. Es ist kein besonderer Vertrag, der zum Auf­ nahme-Vertrag hinzukommt"), auch keine besondere auS dem Gesetz allein entspringende Verbindlichkeit"), sondern nur eine gesteigerte Haftpflicht der durch den Aufnahmevcrtrag schon begründeten Verwahrungspflicht"). Deßhalb ist die shstematische Stelle dieses Vertrages neben dem Verwah­ rungsvertrage. *) Präj. 996. (Sammt, I, 204.) •) §. 2452 f. II, 8. 7) Allerh. Erlaß v. 24. Mai 1848 (Ges. S. S. 165.). Ges. v. 5. Juni 1852. $. 10 ff. (Ges.S. s. 348.) Vertrag v. 5. Dezbr. 1851 Art. 62. (Ges.S. 1852. S. 418.) und Berti. v. 18. Aug, 1860 Art, 75. (Ges. S. 1861. S 50.) *) H.G.B. Art. 390-421. Ueber das Seefrachtgeschäst s. Art. 557—679. *) H.G.B. Art, 422—431. »•) Oben §. 139. S. 278. *') 1. 1. pr. D. IV, 9. Ait praetor: nautae, caupones, etabularii, quod cujnsque

salvum fore receperint, nisi restituent, in ejus judicium dabo. ) ")

") **) M) “)

wiß mit der Annahme und dem Einlriu und dem Einbringen der Sachen in da« Hans — nicht erst mit dem Betreten des überwiesenen Zimmers. Die 1. 7. pr. D. IV, 9. sagt: si pracdixerit, ut unusquisque res suas servet. Gold schmidt a. a. O. S. 333 fg. Aber der Gast muß in die Ausichließung der Hast einwilligen, was freilich auch durch stillschweigende« Unterwerfen geschieht. Das. . gefolgt. Bestritten war eS besonders von G. L. Böhmer, auserles. Rechtsfälle II, 255. Glück XV, 348. tritt dieser Meinung bei. 178) §. 215. d. T. Ebenso nach tönt. R., aber eine ^ Gesammtforderung liegt hierin nicht, wie Koch, Stelle de« verstorbenen Machtgebers treten seine den andern Mandanten gemeinschaftlich ans. S. m)

Inkonsequenz mit der landrechtl. Note 52. behauptet, denn an die Erben und üben daö Recht mit auch oben Note 150.

§. 196. d. T.

,8°) A. M. Koch, Note 38. zu §. 196. d. T. ,81) §. 197. d. T. 182) §. 198. d. T. Koch Note 39. Es scheint übrigens nach §. 19. Konk. O. v. 1855 diese Pflicht des Verwalters nicht mehr zu bestehen, „unter Würdigung des Zwecks deS Konkurses, sowie der durch den Konkurs in der Person des Gemeinschulbners eingetretenen Veränderung." l8S) §. 199. Die Anweisung deS Masseverwalters ist entweder Widerruf oder neue Voll­ macht. Koch Note 41.

184) tz. 200. 185) Oben B. 1. S. 750. 752. 753.

§ 142.

§.

142.

Der Verwaltung-vertrag.

323

Der Aerwaltimgsvertrag.

91.8.8t. 1,14. §. 109—177. Bornemaun III, 260. v. Daniel- III, 331. Koch, Priv.R. II, 396. R. d. F. III, 596. Zur Lehre v. d. BerwalrungSvertrage in der Preuß. GerichlSzeit. 1d59. Nr. 32.

Dreifaches mischt sich in der vom A.L.R. als selbständigen Vertrag hingestellten Verwaltung fremden Vermögens. Soweit der Ver­ walter die ;u dem fremden Vermögen gehörigen Sachen erhalten und auf­ bewahren soll, ist er Verwahrer; soweit er den Umfang des Vermögens, die ihm zugehörigen Rechte durch stellvertretende Geschäfte mit dritten Per­ sonen erhalten, sichern, erweitern, die auf ihm lastenden Verpflichtungen erfüllen soll, ist er Bevollmächtigter'); soweit er verpflichtet ist, durch Aufwendung seiner eigenen Arbeit die Verwaltung zu führen, Dienste zu leisten, ist er gedungener Arbeiters. Dem römischen Recht ist die Verwaltung als ein mit besonderen Eigenthümlichkeiten bekleidetes Rechts­ geschäft unbekannt. Der „Verwalter aller Geschäfte eines EigenthümerS,, wurde als Mandatar angesehen und die Regeln vom Mandat reichten aus*3).4* * 6 In der That reichen sie aus und die Eigenthümlichkeiten, welche das A.L.R. der Verwaltung gegeben, haben zum größten Theil nur den Charakter in­ struktiver Vorschriften, die mit einer gewissen Peinlichkeit aufgestellt sind, zu einem andern Theil zeigen sie eine willkürliche, positive Natur, ohne Nothwendigkeit erfunden. Ein neues, organisches Rechtsinstitut ist doch nicht dadurch geschaffen, daß im Wesentlichen die Pflichten eines Manda­ tars nur umfangreicher oder gesteigerter erscheinen'). Der Verwaltungsvertrag bedarf der schriftlichen Form nach der all­ gemeinen Regel, es genügt also bei einem Gegenstand von mehr als 50 Thlr. nicht die Annahme der schriftlichen Vollmacht3). Auch soll dem Verwal’) §. 109. d. T. s) Koch, R. d. F. 111, 597. und Note 1. zu § .109. nimmt an, daß die Bedingung einer Gegenleistung für sich allein dem Vertrag den Charakter einer Dienstmiethe oder eine» unbenannten Vertrag« gebe. Das hängt damit zusammen, datz Koch die Unentgelt­ lichkeit für wesentliche« Moment de« Mandat« erklärt. ©. hierüber oben §. 141. bei Note 11. 12. E« kommt vielmehr daraus an, ob der Verwalter außer der Pflicht zur Verwahrung und außer der Pflicht, den Herrn gegen Dritte durch GeschLste zu vertreten, noch sonst die Leistung von Handlungen und Diensten verspricht.

*) 1. 6. §. 6. D. XVII, 1. Plane, si omnium negotiorum erat ei adrainistratio mandata, Mandat! quoque enm teuer!. Code a. 1988. ibeittiftcirt VerwaltungSvertrag,£mit Generalvollmacht. 4) Koch, Note 1. zu §. 109. Erlisch. B. 15. S. 212 Wenn in dem Vertrage da» Mandat seht«, so ist e« kein Verwaltungsvertrag, wenn auch Verwahrung und Dienftmiethe gemischt sind. Strieth. B. 4. S. 377. 6) 1,5. §. 131. Koch, R. d. F. III, 598. oben.

324

Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechte.

ter Alles, waö ihm anvertraut wird, nach einem schriftlichen Verzeichniß übergeben werden. Das hat aber keinen Einfluß auf die Giltigkeit des Geschäfts, sondern ist nur für die Beweispflicht von Wichtigkeit. Wenn die Uebergabe ohne ein schriftliches Verzeichniß (Inventarium) erfolgt ist, so muß der Herr deö Vermögens (der Prinzipal > beweisen, daß er inehr über­ geben, als der Verwalter empfangen 31t haben anerkennt"). Weder Unentgeltlichkeit noch Entgeltlichkeit sind wesentliche Momente des Vertrags, aber wo, wie es am häufigsten geschieht, ein Entgelt bedungen ist, hat der Vertrag durchaus die Natur eines zweiseitigen *7).* 9Wenn * * 2 die Absicht zu schenken nicht angenommen werden kann, darf der Verwalter ein angemessenes, wenngleich nicht bedungenes Entgelt fordern"). Wegen des vorherrschenden Charakters des Mandats steht auch hier dein Herrn jederzeit der Widerruf zu, selbst wenn der Vertrag auf eine be­ stimmte Zeit errichtet worden u»ld der Verwalter mit dessen Erfüllung be­ gonnen hat"). ES bleibt dem Letzteren nur ein Entschädigungsanspruch, denn ein Recht darauf, den Vertrag seinerseits zu erfüllen, hat er nicht,0)i Der Widerruf bedarf nicht der schriftlichen Form. Umgekehrt aber, wenn der Verwalter sich schriftlich auf bestimmte Zeit oder zu bestimmten Kün digungsfristen verpflichtet hat, darf er nur dem Vertrage gemäß aufkün­ digen, weil er sich nicht willkürlich von seiner Erfüllungspflicht befreien kann. Auch die Aufkündigung verlangt nicht schriftliche Form1'). Die Pflichten des Verwalters sind, wie erwähnt, nur die gesteigerten Pflichten eines Bevollmächtigten. In ihnen ist enthalten und tritt daher nicht als selbständig hervor die Pflicht des Verwahrers '*). Hat er außerdem noch gedungene Arbeit zu leisten, so tritt die Dertragspflicht für diese hinzu. Im Allgemeinen und zunächst hat er das Vermögen zu erhal ten und darauf vorzüglich feine Thätigkeit zu richten: also Schaden ab­ zuwenden und vortheilhaft es zu benutzen, die produktiven Dienste, die das Vermögen gewähren kann, zu entwickeln und zu verwerthen. Darum nicht ohne erhebliche Ursache und anch dann nicht ohne Einwilligung des Herrn Abweichungen von dem bisherigen Geschäftsbetrieb, neue Unternehmungen, welche außerordentlichen Aufwand erfordern "). Mißbilligt solche der Herr, •) §. 133. 134. d. T. 7) S. oben §. 142. Not« 11.

«) Nach §. 870. 871. 873. 874. I, 11. 9) '«) ") I2) 1S)

Wie bei dem Mandat. S. oben §. 142. Note 149. Koch, R. d. F. III, 603 s. Entsch. B. 15. S. 209. Wie bei dem Mandat. S. oben §. 142. Note 151. Koch, R. d. F. III, 605. Entsch. B. 15. S. 212. a. E. §. 110. 111. 113. 114. 162. d. L. Jeden erheblichen nachtheiligen oder vcrtheilhasten Borfall muß er unverzüglich dem Herrn anzeigen. Entsch. B. 19. S. 194. Unterschied von gewöhnlichem Wirthschajtöbetrieb und Betrieb aus Spekulation: Entsch. B. 16. S. 180 s.

$. 142.

Der Verwaltung-vertrag.

325

nachdem sie schon vorgenommen, so entscheidet der Umstand, ob die Thä­ tigkeit des Verwalters nützlich gewesen nnd der Herr den daraus entsprun­ genen Vortheil sich aneignet, über die Ent- oder Belastung des Verwal­ ters "), der jedenfalls bei eigenmächtigen Abweichungen geringes, sonst bei bedungenem Entgelt mäßiges Versehen, nur grobes aber, wenn Lohn nicht bedungen ist, vertritt"). Daß der Verwalter die Gü­ ter ordnungsmäßig bewirthschaften, die Einnahmen sorgfältig beitreiben, die ans dem Vermögen ruhenden rechtlichen Verpflichtungen pünktlich erfüllen, auS den Einnahmen die nöthigen Ausgaben bestreiten, baare Bestände treu aufbewahren nnd ohne Verzug dem Herrn abliefern muß"), sind Dinge, die sich von selbst verstehen nnd keiner besonderen Vorschrift im Gesetz­ buch bedürfen. Ebenso, daß er die Gelder des Herrn nicht anSleihen, nicht zu eignem Vortheil gebrauchen, daß er nicht Darlehne für den Herrn auf­ nehmen und nicht ungebräuchlichen Kredit geben darf ohne besondere Er­ mächtigung"). In den zur Verwaltung gehörigen Geschäften mit Dritten ist er der Stellvertreter des Herrn, er verpflichtet und berechtigt ihn wie ein Bevollmächtigter "V Bei gerichtlicher Verfolgung seiner Rechte darf er ihn nicht vertreten, wenn er nicht speziell dazu ermächtigt worden ist"). Verträge über künftige Lieferungen und Leistungen darf er nur abschließe», wenn dies aus dem ordentliche» Betriebe deS Geschäfts oder anS seinem Aufträge nothwendig folgt'"). Daß das A.L.R. bei dem Verwalter von einer „vermutheten" Vollmacht spricht, ist schief und be­ deutungslos"). Auch der an sich vertragsnnfähige Verwalter verpflichtet den Herrn"). Eine Verschiedenheit von dem Mandat zeigt sich darin, daß der Herr durch einen von dem Verwalter auf eignen Namen geschlosse­ nen Vertrag verpflichtet wird, wenn nur aus den Umständen erhellt, daß der Verwalter dabei in dieser Eigenschaft gehandelt hat"). ES kommt ■4) §. 115. 166. d. T. •s) §. 112. d. T. Cben B. I. ©. 676 (. Koch. R. d. F. III, 601. §. 116. 117. 119. d. T. Auszahlung de« Reisegeldes an die von Auswärts ankommenden gedungenen Fabrikarbeiter: Strieth. ti. 20. S. 268. IT) §. 126. 118. 127. 162. 163. d. T. Noch nicht fällige Einnahmen darf der Ver­ walter nicht im Voraus erheben. Entsch. B. 18. S. 214. Er darf auch nicht Kredit geben aus Geschäften, die er nicht selbst abgeschlossen. Strieth. B. 43. S. 216. Ob durch da» Kreditiren die Einnahme uneinziehbar geworden, ist ohne Einstich aus die Vertretung des Verwalters. Anders nach gern. R. Mevius dec. 11,441. Unvorsichtiges Ausleihen: Sensfert IV, 36. ") §. 125. 129 130. d. T. Ein Beispiel von Ueberschreiiuug einer dem Verwalter auferlegten Einschränkung seiner Vollmacht: Strieth. B. 3. S. 272. 191 §. 123. d. T. ") §. 131. d. T. S. Entsch. B. 16. S. 175. RechtSfälle B. 3. S. 422. ") §. 125. d. T. §. 122. 1,13. Oben §. 142. Note 44. **) §• 132. d. T. ") §• 130. d. T. D. h. also, der Verwalter muß, wenn er auch auf eignen Namen

326

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

also nicht darauf an, daß der Dritte mit dem Verwalter für den Herrn abgeschlossen, daß er die Eigenschaft seines Kontrahenten als Verwalters bei diesem Geschäft gekannt hat, sondern eö genügt, wenn nur die Um­ stände so liegen, daß daraus die Zugehörigkeit des Geschäfts zu dem Berwaltungskreise entnommen werden konnte und mußte").

Die Befugniß

zur Substitution hat auch der Verwalter nicht, nur bringt es häufiger die Natur der Sache mit sich, daß er sich bei der Ausrichtung einzelner Geschäfte der Hilfe Anderer bedienen muß, und dies ist ihm daher ge­ stattet"). Weil er ferner zugleich Verwahrer ist, so ist er auch Inhaber der ihm anvertrauten Sachen und hat als solcher die possessorischen Klagen gegen Dritte"). Daß der Verwalter endlich über seine Verwaltung ordentlich Buch und Rechnung führen, alle Einnahmen und Ausgaben treu und ohne Verzug eintragen, alle beweisenden Beläge sammeln und ordnen muß"), hätte einer besonderen Einschärfung durch das Gesetzbuch gewiß auch nicht bedurft, wenn nicht daran weitläufige Vorschriften über Legung und Al" nähme der BerwaltnngSrechnung hätten geknüpft werden sollen, die wie eS scheint hauptsächlich die Veranlassung dazu gegeben haben, die Verwaltung als selbständige Vertragsart zu behandeln.

Wie der Mandatar hat der

Verwalter genaue Rechenschaft abzulegen. Aber diese ist bei ihm mehr wie bei jenem; sie ist vollständige Rechnung mit allen Belägen") — wo ihm diese fehlen, muß er die Richtigkeit deS Postens anderweitig beweisen") — und er hat nicht ihre Einforderung abzuwarten, sonder» er soll sie nach Ablauf jedes VerwaltungSjahrS dem Herrn einreichen, auf ihre Abnahme antragen, und zugleich seine Bestände abliefern"). Er muß sie überdies auf Erfordern des Herrn jederzeit abschließen und vorlegen")kontrahirt, doch das Geschäft für den Herrn, in dessen Vertretung, nicht für sich selbst abschließen. Aecht-sälle III, 54. **) S. Suarez beb Bornem. III, 450. ”) §. 121. 122. d. T- Glicht zu verwechseln mit der Substitution sür die Perwal tung ist die Errichtung eines Vollmacht-vertrages mit einem Dritten, die der Ver. Walter vornehmen kann. Dadurch erwirbt der Herr direkt gegen den Dritten die a. mandati. Strikt h. B. 41. S. 4t). »•) §

124. d. T.

”) §. 136. d. T. ,e) §. 135. 136. 139. d. T. Die Klage aus Rechnungslegung setzt nur die Thatsache voran-, daß eine Verwaltung übertragen worden, zn welcher Einnahmen und Au«, gaben gehören. Seussert XIV, 232. Die Beläge sind dem Herrn erst auSzuliefern, wenn dieser quittirt hat. Seussert XV, 124. ”) §. 137. 138. d. T. Strieth. L. 38. ä. 225. Verwalters. Entsch. L. 11. S. 296. oben.

Der Beweis geht auf Kosten de-

so) §. 139. 140. d. T. 31) Entsch. B. 13. S. 210. Der Herr kann ihn auch, ohne Rechunng-legnng zn for­ dern, wegen einzelner Defekte in Anspruch nehmen. Strieth. B. 42. S. 194.

§. 142.

327

Der DerwaltnngSvertrag.

Versäumt er dies, so hat er die Bestände von sechs Wochen nach dem Jahresschluß landüblich zu verzinsen, die Gefahr ihres Verlustes zu tragen uud darf von seinen Vorschüssen für die Zeit des Verzugs keine Zinsen berechnen").

Andrerseits darf auch der Herr mit der Abnahme der ihm

formell richtig gelegten Rechnung und mit der Quittirung der materiell richtig befundenen Rechnung nicht zögern.

ES fallen ihm sonst die dar­

aus entstehenden Verdunkelungen zur Last und der Verwalter kann ge­ richtliche Abnahme auf Kosten des Herrn herbeiführen").

Die Abnahme

ist Annahme, d. h. sic besteht darin, daß der Herr die empfangene Rech­ nung für ihm gelegt erklärt"); ob er sie durchsehen, prüfen und ihre Be­ richtigung fordern will, steht zu seinem Belieben. Wenn er sie aber als ihm gelegt angenommen, so ist er zu der weiteren Erklärung darüber ver­ pflichtet, ob er sie für richtig oder unrichtig annehme; indem er sie für richtig erklärt, ertheilt er Quittung").

Unterläßt er diese Erklärung

fünf Jahre lang, so gilt die „gehörig", d. h. formell richtig gelegte Rech­ nung als qnittirt, der Verwalter bedarf keiner ausdrücklichen Quittung mehr"). Das ist keine Verjährung, weil der zur Qnittungsleistung verpflich­ tete Herr durch seine Unterlassung nicht ein Recht verliert, sondern daS Gesetz die Erfüllung seiner Pflicht als geschehen annimmt").

Unterläßt

er aber fünf Jahre lang die Einfordcrung einer ihm nicht rechtzeitig ge­ legten Rechnung, so gilt die Rechnungslegung selbst alS erlassen und da-

32) §. 140. 141. 142. d. T. Dadurch ist eine gemeinrechtliche Kontroverse entschieden. Lcyscr, mcd. sp. 677. m. 8. will den Zinsverlust mir bei öffentlichen Admini» straloren eintreten lassen, dagegen Wern her, ob#. 111,193. Ersterer behauptet» daß hier weder eine Promijsion, noch inora, noch lex vorhanden. Die 1.17. §. 7. D. XXII, 1. spricht allerdings nur von einer administratio civitatis. Ebenso 1. 9. pr. §. 10. D. L, 8. Das entscheidet aber natürlich nicht, denn es ist nirgend gesagt, daß Privatverwalter in diesem Fall doch noch Zinsen sollen berechnen dür­ fen; überdies liegt hier wirklich Berzng vor. ■»> §. 143. 144. d. T. 34) Koch, Note 17. zu §. 143. Zur formelle» Richtigkeit der Rechnung gehört zwar auch die ^Beifügung der Belage, doch macht deren Fehlen die Rechnung noch nicht unfähig zur Abnahme, weil statt der fehlenden Beläge andere Beweisung de« Postens eintritt, «triethorft B. 38. S. 22b. Dagegen gehört formell zur Rech­ nungslegung unbedingt der Abschluß der Einnahme und Ausgabe. 3i) §. 145. d. T 3$) §• 154. d. T. Die Fiktion der Quittung bezieht fich auf jede einzelne Post der Rechnung, gegen welche der Herr teilte Erinnerung gemacht hat. Entfch. B. 11. S. 290. Geht der Verwalter in seiner Rechnung selbst aus mehr als fünf Jahr zurück, so kann er für solche Posten diese Fiktion nicht in Anspruch nehmen. Strieth. B. 4. S. 61. Die Fiktion tritt nicht ein, wenn der Rechnung die Beläge nicht beigefügt worden. Präj. 617. (Samml. I, 81.) Sie tritt ein, wenn die Beläge später beigefügt werden. Strieth. B. 4. S. 61. Auch Verwalter de» FiSkuS und von Korporationen können sich auf §. 154. berufen. Präj. 676. und 1560. (Samml. I, 81.) •’) Oben B. 1. S. 293.

A.L.R. 1,9. §. 531. 532. und unten bei Note 40.

328

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

mit ist der Verwalter wie durch Quittung entlastet").

Ob diese fünf­

jährige Frist als eine Verjährung durch Nichtgebrauch aufzufassen, war in der Praxis und Theorie lange streitig, ist aber endlich, nachdem vorher schon Koch auS sehr triftigen Gründen dies verneint hatte"), durch Plenarbeschluß des Obertribunals ebenfalls verneint worden ").

Entscheidend

ist hierbei, daß nach Ablauf der Zeit Rechnungslegung nicht etwa nur ver­ muthet wird und noch durch Gegenbeweis widerlegt werden kann, welche Wirkung das A.L.R. der Verjährung beilegt, sondern daß sie als gesche­ hen fingirt, ein Gegenbeweis nicht mehr zugelassen wird.

Darum tritt auch

die Folge nicht ein, wenn die Fiktion selbst durch eine Erklärung des Herrn, daß er Rechnungslegung fordere, beseitigt worden. DaS ist nicht Unter­ brechung einer laufenden Verjährung, sonst müßte die Erklärung gericht­ lich geschehen und es müßte eine neue fünfjährige Verjährung beginnen, wovon daS Gesetz nichts sagt"). Das Gesetz sagt auch nicht, daß der Herr, der fünf Jahre lang die Einfordcrung unterlassen hat, daS nicht gebrauchte Recht darauf verlieren soll, sondern es bestimmt, daß mit Ab­ lauf des fünften Jahres feit dem Tage, wo die Rechnung hätte gelegt werden sollen, diese Pflicht dem Verwalter als erlassen, und zwar alö vom Herrn selbst erlassen gilt. Nicht der Verlauf sondern der Endpunkt die­ ses Zeitraums führt diese Wirkung herbei, nicht der Verlust eines Rechts ist die Folge, sondern

die Fiktion, daß es der Herr freiwillig aufge­

geben hat").

’•) §. 158. d. T. Dreier §. ist nur anwendbar bei der Verwaltung eine» sremden Vermögen», z. B. auch vormundschaftliche (Erlisch. B. 33. 5 1(54.) und väterliche Verwaltung (Strieth. B. 28. S. 264.), also nicht bei der Berwallung eine» ge­ meinschaftlichen Vermögens. Enljch. B. 34. S. 122. Strieth. B.44. S. 307. B. 48. S. 108. und nicht bei einem einsachen Mandat. Präj. 1892. (Sammt. I, 77.) Der Verwalter wird durch §. 158. nur entlastet von Ansprüchen gegen die Rechnung, fall» sie gelegt worden wäre, nicht von solchen Ansprüchen, die außerhalb der Rechnung gegen ihn zu erheben sind. Entsch. B. 19. S. 192. Hierher gehört auch Entsch. B. 18. S. 540. E» versteht sich übrigen» von selbst, daß bei solchen Ansprüchen außerhalb der Rechnung die B-weiSlast dem Herrn zufällt. Entsch. B. 33. S. 364. Da» ist keine Wirkung der Fiktion, wie da» O.Trib. annimmt, sondern liegt ganz außerhalb dieser Fiktion. ->») R. d. F. III. S. 605 f.

Förster. Kl. u. Einr. S. 432 f.

") Pl. Beschl. v. 6. Dezbr. 1858. Entsch. B. 40. S. 1. I.M.Bl. 1859. S. 27. Strieth. B. 33. S. 87. Die ältere Praxi» halte geschwankt. Für eine Berjäh» rung erklärten diese Frist Präj. 606. (Sammt. 1, 81.) Entscheid. B. 4. S. 341. Strieth. B. 7. S. 287. Dagegen war cic richtige Ansicht ausgesprochen in Enljch. B. 24. S. 426. Strieth. B 8. S. 293. Hier ist nämlich der Satz angenommen: der Prinzipal, der durch 5 Jahre unterlassen bat, dem Verwalter die Rechnung abzufordern, wird, wenn ihm demnächst auch von dem Letzteren nach Ablaus de» Zeitraum» eine solche wirklich zugestellt worden, dadurch allein doch nicht wieder berechtigt, gegen dessen Berwaltnng andere al« solche Ausstellungen, welche aus einen begangenen Betrug hinauslaufen, anzubringen. Da» paßt nur zur Fiktion, nicht zur Verjährung. 4I) Diese Frage ist in dem Pl. Beschl. v. 6. Dezbr. 1858 nicht erörtert, vielmehr ab-

§. 142.

Der Verwaltung-vertrag.

329

Die Wirkung der ertheilten oder als ertheilt fingirten Quittung er­ streckt sich nur auf den Inhalt der gelegten Rechnung und nur auf den Verwalter und Herrn.

Also: letzterem ist durch die Quittung nicht be­

nommen, von dem Verwalter Rechenschaft zu fordern für Geschäfte, die nicht in der Rechnung erwähnt worden "), und der Verwalter wird durch die Quittung nicht von Ansprüchen befreit, welche Dritte aus seiner Ver­ waltung gegen ihn erheben können").

Die Quittung befreit den Ver­

walter auch dem Herrn gegenüber nicht von der Verpflichtung unredlicher Handlungen, ebenso wenig, wie der ausdrückliche oder fingirte Erlaß der Rechnungslegung").

Die Quittung heilt ferner nicht Rechnungsfehler zu

Gunsten des Verwalters oder Herrn").

Zehn Jahr später kann sie gegen

die Erben des Verwalters überhaupt nicht mehr, gegen ihn selbst nur wegen offenbarer Fehler im Zusammenrechnen und Abziehen, nicht aber wegen unrichtiger Ansätze oder Weglassungen angefochten werden"). Dies ist Verjährung, der Herr") verliert sein Anfechtungsrecht, weil er eS während eines Zeitraums nicht ausgeübt.

Sie beginnt dem Verwalter

gegenüber, sobald ihm nach gelegter Schlußrechnung Generalquittung, dem Erben des Verwalters gegenüber, sobald diesem nach gelegter JahreSrechnung Spezialquittung ertheilt worden").

Eine in der Quittung enthal­

tene ausdrückliche Entsagung des Herrn auf Vertretung der Unredlichkei-

sichtlich bei Seite gelassen worden. Arch. V. S. 409.

Doch s. Strieth. B. 33. S. 87.

Schles.

") Ueber den Unterschied von Frist und Verjährung s. oben B. 1. S. 210 f. Es widersprechen der Ansicht, daß §. 158. eine Fiktion und nicht Verjährung aufstelle: Bornemann II. S. 50. Note und die Redaktion v. Strieth. B. 8. S. 293. Anm. ") §. 148. d. T. Der Verwalter bleibt also während der ordentlichen Verjährung verhaftet für alle anderen Obliegenheiten, daß er versäumt hat, drohenden Schaden abzuwenden, daß er eigenmächtig von der bisherigen VerwaltnngSart abgewichen, daß er die anvertrauten Güter vernachlässigt, baare Bestände nicht abgeliefert, für sich gebraucht, Darlehne gegeben oder aufgenommen, Kredit gegeben. Entsch. B. 19. S. 195. ")

§. 149. d. T.

“)

§. 146. 157. d. T.

“)

§, 146. 147. d. T. 1. 8. D. L, 8.

4T)

1.un. C.II, 5.

§. 150. 151. d. T. Ueber die Entstehung deö letzteren §. s. Kamptz, Jahrb. 33. 52. S. 19. Wegen Weglasiungen: Strieth. B. 49. S. 73. Pr.Anw.Zeit. 1863. S. 150. Bergt. 1. 13. §. 1. D. XLIV, 3.: rationes reipublicae, subscriptae et expunctae adversus cum, qui administravit, ultra viginti, adversus heredcm vero ultra decem annos rctractari non possunt. Dagegen calculi erroris retrautatio ctiam post deccnnii aut vicennii tempora admittetur. 1. 8. D. L, 8. und 1. un. C. II, 5. Das 0.31.®. München bezieht §. 150. d. T. auch auf Rechnungen der Verwalter von Gemeinden, Kirchenstiftungeu und dergl. jurist. Personen. (§. 131. 132. II, 6.) Bl. s. NechtSanw. B. 19. S. 360.

48) Und zwar nur der Herr, nicht auch der Verwalter oder deffen Erben verlieren durch zehn Jahr das Anfechtungsrecht. Strieth. B. 4. S. 61. ") §. 152. 153. b. T.

Zweite- Buch.

330

Die besonderw Privatrechte.

ten deS Verwalters und auf Berichtigung von Rechnungsfehlern ist wir­ kungslos^").

Rach ertheilter Quittung muß der Verwalter dem Herrn

das Rechnungsbuchwerk, die dazu gehörigen Beläge und alle Schriften auSantworten, die sich auf feine Verwaltung beziehen und bei ihm befinden. Vor ertheilter Quittung ist er nur verpflichtet, diese Bücher und Schrif­ ten dem Herrn auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen "). Der Herr ist wie der Mandant dem Verwalter verpflichtet, ihm sei­ nen Aufwand zu ersetzen"), das Honorar oder

Lohn zu zahlen

und ihn von Verbindlichkeiten gegen Dritte zu befreien""). Zur Sicherung seiner Ansprüche an den Verwalter hat er das Recht, von ihm die Niederlegung einer Kaution zu fordern, welche bis nach er­ theilter Quittung haftet""). — Zur Sicherung der Ansprüche des Ver­ walters wegen verwendeter Vorschüsse und Kosten und wegen des bedun­ genen Lohns hat dieser das Zurückhaltungsrecht""). Bei den Verwaltern juristischer Personen (FiSkuS, Kirchen, Gemein­ den, Korporationen) treten noch einige Eigenthümlichkeiten hervor, deren Erörterung paffender bis zur Lehre von den juristischen Personen verscho­ ben wird"").

§. 143.

Der Gesellschaftsvertrag.

A.L.R. I, 17. §. 169-310. »ornemaun IV, 23.

Daniels UI, 338.

II, 402 R. v. F. 111,615. — Glück B. 15. S. 371.

Koch.Pr.R.

Unterholzner 11, 378.

so) §. 146. d. T. 51) §. 160. 161. d. T. 52j Die Klage des Verwalters auf Erstattung der Auslagen muß durch Rechnung-, legung über Einnahmen und Ausgaben, oder durch die Behauptung begründet wer­ den, daß Einnahmen nicht stattgefunden haben. Heuser 11,225. ") §. 165. b. T. Wie bei dem Mandat. Oben §. 142. Note 118. 54) §. 164. d. T. Hier kann zweifelhaft fein, ob, wenn die Fiktion des $. 158. ein­ getreten, der Klage des Verwalters auf Rückzahlung der Kaution die Einrede ent­ gegengesetzt werden kann, daß Rechnung noch nicht gelegt worden. DaS O-Trib. hat dies bejaht, dabei noch davon ausgehend, daß es sich hier um Verjährung han­ dele. Strieth B. 7. S. 287. Koch macht zu §. 164. die Note 37.: wenn der Prinzipal die Kaution nicht herausgeben will und auch nicht mit Ansprüchen hervortritt, so müsse der ehem. Verwalter die Provokationsklage gegen ihn anstellen. Das hat er nicht nöthig. Er kann direkt aus Zurückzahlung der Kaution klagen, sich dabei auch auf die fingirte Erlassung der Rechnungslegung stützen, und die Ansprüche der Einrede überlassen. Letztere sind dem Herrn bei der Fiktionstheorie aus §. 158. nur soweit genommen, als er nicht mehr Rechnungslegung selbst ver­ langen, und nicht mehr solche Ausstellungen machen kann, welche nur gegen die Rechnung zu richten waren. Die erlassene Rechnung gilt als abgenommen und quittirt. Jene Entscheidung des O.Trib. ist daher mit dem Pl.Beschl. v. 6. Dezbr. 1858 nicht mehr vereinbar. 5$) §. 165. d. T. Wegen seiner anderen Forderungen an den Herrn aber nicht, wohl aber die Kompensationseinrede. Strieth. B. 19. S. 144. M) §. 169—177. d. T.

§. 143. Drr Gesellschaft-vertrag.

331

Gesterding, Irrthümer S. 253. (Beiträge z. d. Lehre v. b. Societät. 1817.) Treitschke, die Lehre von der unbeschränkk obligatorischen Gewerbegesellschast. (2. A. der Schrift: die Lehre von der ErwcrbSgesellsch.) 1844. Dankwardt, Nationalökonomie und Jurisprudenz. H. 1. 1858. S. 20. Derselbe, national« ökonomisch-civilist. Studien. 1862. S. 65. — Bangerem 111,481. Arndts S. 509. Sinteni» II, 694. Keller S. 653. Brinz, Pand. I, 468. — Zachariä (Anschütz) II, 458.

I. Begriff, Arten und Abschluß. Der Vertrag, durchweichen mehrere Personen ihr Vermögen oder Gewerbe, oder auch ihre Arbeiten und Bemühungen, ganz oder zum Theil zur Erlangung eines gemeinschaft­ lichen Endzwecks vereinigen, wird Gesellschaftsvertrag genannt'). Das A.L.R. faßt den Begriff, obschon die Definition den Zweck unbe­ stimmt läßt, enger als das römische Recht den der societas, indem es in diesem Abschnitt nur die Erwerbsgesellschaft regelt, Gesellschaften aber, deren Zweck ein persönlicher ist (societates mere personales), wohin die Vereine zu geselliger Erholung, zu litterarischen, künstlerischen, WohlthätigkeitSzwecken gehören, ausschließt'). Solche Verbindungen stehen unter anderen gesetzlichen Regeln (A.L.R. 11. 6.) und die hier zu erörternden Bestimmungen können nur in beschränkter Weise, subsidiär bei ihnen zur An­ wendung kommen'). In der Definition des §. 169 muß also der End­ zweck spezieller als vermögenSrechtlichcr Zweck bestimmt werden'). Eine Eigenthümlichkeit des Gesellschaftsvertrages, durch welche er von vorn­ herein von allen anderen Verträgen sich unterscheidet, liegt darin, daß er außer der Verbindung der Personen zu einer gemeinsamen Thätigkeit auch ihnen gehörige BermögenSwerthc vereinigt, daß er also nicht, wie andere Verträge, einen Austausch oder Umsatz von Vermögenswerthen unter den Kontrahenten selbst herbeiführen soll'). Verbunden werden produktive Vermögenskräfte, Arbeit und Kapital, oder nur Arbeiten °), um aus ihnen *) §. 169. d. T. Er ist ein Konsensualvertrag, ein voluntarium consortium. pr. J. III, 23. I. 52. §. 8. D. XVII, 2. Nach rein. R. kann auch durch Handlungen stillschweigend eine Gesellschaft eingegangen werden (re. 1. 4. pr. D. XVII, 2.), nur muß affectio socictatis vorhanden sein. 1. 31. U. eod. Im preuß. R. fällt dies weg wegen der Formvorschrist. 2; Koch, Komm. Note 1. 2. ;u §. 169. 3) Entsch. B. 20. S. 328 s. 4) DaS beabsichtigte auch Suarez, die von ihm vorgeschlagene Fassung „zur Erlan­ gung einet gemeinschaftlichen Bortheils" ist aber nicht beliebt worden. Gesetzrevis. a. a. O. S. 18. Bornem. IV, 23. Erlaubtheit des Zwecks: 1. 70. in sin. D. XLVI, 1. 1.57. D XVII, 2. 5) Brinz, Pand. S. 468. Die Leistung des Einen ist nicht, wie bei Kauf oder Miethe, ein Aequivalent für die Leistung des Andern, das Aequivalent, welches Jeder für seinen Beitrag erwartet, ist der gemeinsam zu erzielende künftige Ge­ winn. Mommsen, Beiträge I, 408. Darum ist auch die actio pro socio utrimque directa. §. 2. J. IV, 16. •; 1.1. C. IV, 37. §. 169. d. T.

332

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

einen gemeinschaftlichen Erwerb, eine Bermögensvermehrung zu erzeugen. Die Grundlage und die Wirkung deö Gesellschaftsvertrages ist eine Ge­ meinschaft (commuuio); die Grundlage ist der gemeinschaftliche Fond, und die vereinigte Arbeit, die Wirkung ein gemeinschaft­ licher Erwerb. Darum überschreibt daS A.L.R. richtig diesen Abschnitt: „von Gemeinschaften, die durch Vertrag entstehen." Die ErwerbSgeseüschaft ist kein selbständiges, von den einzelnen Thcilnehinern verschie­ denes Rechtssubjekt; die Rechte und Pflichten werden auf die einzelnen Theilnehmer zusammen bezogen und unter ihnen nach Antheilen zerlegt. Die Gesellschaft besteht in der Vereinigung dieser bestimmten Personen, sie ändert sich mit dem Austritt jedes einzelnen Mitgliedes und kann neue Mitglieder nicht aufnehmen, ohne nicht selbst eine neue Gesellschaft zu werden'). Aber die Entwickelung, die im heutigen Recht das Gebiet der Vermögensvereinigungen namentlich zu dauernden Zwecken, die die Kräfte des Einzelnen übersteigen, in großartigster Weise erfährt, hat vornehmlich dahin gestrebt, durch solche Verbindungen neue Rechtssubjekte zu schaffen, die gewissermaßen in der Mitte liegen zwischen der Gesellschaft und Kor­ poration'). Von dieser Richtung finden sich schon insofern schwache An­ deutungen im A.?.R. selbst, als hier nicht wie nach römischer» Recht die Gesellschaft durch den Austritt oder den Tod einzelner Mitglieder zer­ fällt, und als die Handelsgesellschaft als geschloffenes Rechtssubjekt auf­ gefaßt wird"). Am schwankendsten ist in dieser Hirisicht in der neuesten Gesetzgebung der Charakter der Handelsgesellschaft"). Einerseits ^ ') ») ")

Enlsch. B. 20. 332. Brrgl. hierüber im Allgemeinen Keller, Pand. § 349. ©. 660 f. §. 290. 278-281. b. X. §. 614. 647. II, 8. Deutsches Hand. Ges.B. Art. 85—149. Im Handelsstande hatte sich längst die rechtliche Ueberzeugung festgesetzt, dost die Handelsgesellschaft eine selbständige Per­ sönlichkeit habe. Im italienischen Gewohnheitsrecht stand dieie Anschauung fest, im sranzös. Code de comm. wird die Gesellschaft al« ein etre moral bezeichnet. In Deutschland widerstrebten der Auffassung die festgehaltenen Regeln der römischen societas. Der preuß. Entwurf zum Handelsgesetzbuch Art. 117. (vergl. Motive ©. 40 ff.) wollte bestimmt und unzweideutig diesen Lharakter einer selbständigen Persönlichkeit zur Geltung bringen, seine Ausstellung drang aber den gemeinrecht, lichen Juristen gegenüber nicht vollständig durch, obschon diese in wesentlichen Punkten nachgaben. (Enbemann,Handelsrecht, 1865. §.33. ©. 154f. §.34. ©. 160f. §.35. ©.167. §. 37. ©. 175. §.38. ©. 180. v. Hahn, Komment, z. H.G.«. 1,273. Ladenburg im Archiv, f. H. u. Wechs.R. von Siebenhaar und Tauchuitz B. 10: S. 232. Kuntzein Goldschmidt« Zeitschr. s.HandelSr. B.6. ©. 191. B ekker, ebenda B.4. ©.499. 537. Bluntschli, deutsches Pr. R. ©.386. Dresdner Annalen,N.F. 1.365s. — Gerber, deutsches Pr.R. ©.496. und Thöl, Handelsrecht §.38. sind gegen die Annahme einer selbständigen Persönlichkeit der Gesellichast. Für die­ jenigen, welche eine solche behaupten, entsteht die Pflicht nachzuweisen, wie diese juristische Persönlichkeit zu konstruiren. Bei der Redaktion de« Handelsgesetzbuch» ist die Frage der Wissenschaft überlassen worden. Bon vornherein muß hierbei aber davon ausgegangen werden, daß die Begriffe de» römischen Recht» von der societas und Universitas zu eng sind, daß sich im Rechtsverkehr Bildungen ent-

§. 142.

Der Gesellschaft-vertrag.

333

sind die Handelsgesellschafter vertragsmäßige Theilnehmer an einer Erwerbs­ gesellschaft, der Eintritt und Austritt einzelner Mitglieder ist nicht frei und indifferent, ihre persönliche Thätigkeit wird in Anspruch genommen, jeder hat gegen Dritte volle Haftbarkeit. Aber andererseits ändert ein Wechsel der Mitglieder die Gesellschaft selbst nicht; nach Außen, gegen Dritte, er­ scheint sie nickt als die aus der Bereinigung einzelner Kräfte erzeugte Summe, sondern als selbständiges Rechtssubjekt, welches als solches eignes Vermögen hat, Rechte erwerben, Verbindlichkeiten übernehmen kann und dies ist wesentlich dadurch ermöglicht und bedingt, daß der einzelne Gesell­ schafter für die Schulden der Gesellschaft mit seinem ganzen Vermögen, über seine Einlage hinaus hastet, und daß neu eintretende Mitglieder die früheren Schulden der Gesellschaft mit übernehmen müssen. Dadurch ist der Gesellschaft eine Krcditbasis geschaffen, die die Rechte Dritter gegen sie sichert und es nicht mehr nöthig erscheinen läßt, diese Dritte an die einzelnen Theilnehmer zu verweisen"). Die Haftbarkeit der Letzteren für den ganzen Umfang der Verbindlichkeiten der Gesellschaft darf niemals feh­ len"), aber zulässig ist es, daß neben einer solchen vollen Haftbarkeit eine auf den Einschuß oder die Einlage beschränkte Haftbarkeit eines anderen Theils der Mitglieder hinzutritt. Dann entstehen zwei Klassen wickelt haben, welche eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Gegensätzen einneh­ men, und Den Begriff der juristischen Person erweitert haben. Diese Er­ weiterung besteht wesentlich darin, daß der für die Universitas alö erforderlich angenommene staatliche KonstitnirnngSakt und die scharfe Trennung der Einzelnen und des Ganzen als nothwendig im Begriff der juristischen Person liegend auszu­ geben ist. Die von Belker ausgestellte Ansicht, daS Handelsvermögen sei ein abbängigeS Z weckt)erwögen ^ähnlich dem röm. pecul. profect.), deutet durch daö Beiwort „abhängiges" schon an, daß doch die Person, oder die Personen, die ihm den Zweck setzen, eü eigentlich zusammenhalten, man wird also immer wieder auf die Frage zurückgedrängt, wie diese Personen zu einander stehen. Bergt. K nutze a. a. O. S. 192. 193. Ieve juristische Person must auf den sie schaffen­ den und erhaltenden Willen physischer Personen zurücksührbar sein un das Ver­ mögen als Ganzes zusammengefaßt kann nicht Subjekt, sondern nur Objekt von RechtSbeztehungen sein. Die demschrechtltche Auffassung, daß ein Vermögensganze feine eignen Schulden trägt, widerspricht dem mcht. Für die Annahme einer jurist. Person der Handelsgesellschaft sprechen besonders folgende Momente: die Gesellschaft bat einen eigenen Namen (isinita, Art. 85.,, eigenen Wohnsitz (Ort der Niederlaffung, Art. 86.), eigenen Gerichtsstand (Art. 111.), eigenes, von dem übrigen Vermögen der Gesellschaften gesondertes Vermögen ^Art. 91. 111.), welches für die Privatgläubiger des Gesellschafters nicht angreifbar ist (Art. 119.), über welches ein abgesonderter Konkurs stattfindet itionf. Cibn. §.35. 286 f. H. G.B. Art. 122.). Endemann S. 182. Endlich die Stellvertreter der Gesellschaft (die Faktoren) sind ihre Organe (Art. 99.) und zwar, wie Art. 52. ergiebt, entstehen aus den Verträgen, die diese mit Dritten abschließen, nur für und gegen die Gesellschaft Rechte und Pflichten, nicht für und gegen ihren Vertreter — Das Rechtsverhältniß der Gesellschaft nach innen, d. h. der einzelnen Gesellschafter zu einander normirt sich nach dem GesellschastSvertrage (Art. 90.), aber nicht ohne Einwirkung der Idee der jurist. Persönlichkeit, denn in Art. 93. ist die Gesellschaft alö solche dem Einzelnen für Auslagen verhaftet erklärt; nach Art. 94. hastet der Einzelne der Gesellschaft als solcher für Fleiß und Sorgfalt. Endemann S. 187. §.39. ") Endemann a. a. O. S. 180. H.G.B. Art. 112. 113. ») Art. 112. 113.

334

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

von Teilnehmern, offne und stille, und diese Verbindung heißt Kom­ manditgesellschaft; sie ist wesentlich eine Kombination des unbeschränk­ ten Personalkredits der offnen mit einem beschränkten Realkredit der stillen Theilnehmer "). Mehr von korporativem Charakter ist die Aktiengesellschaft").

13) D.H.G.B. Art. 150—172. Art. 250—265. ES sind zwei Arten zu unterscheiden, die eigentliche Kommanditgesellschaft, bei welcher der Kommanditist für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf Höhe seiner Einlage hastet, und die stille Gesellschaft, bei welcher der stille Gesellschafter den Gläubigern nicht hastet, sondern nur an Gewinn und Verlust betheiligt ist. Diese Trennung in zwei Arten ist von der Kritik ^Goldschmidt, Gutachten über den Entwurf ©.34. 44.) angegriffen, und war im preuß. Entw. nicht enthalten. Dieser wollte nur die eigentliche Kommanditgesellschaft, wie sie auch dem frauzös. R. bekannt ist, bei der ersten Lesung wurde dagegen nur die stille Gesellschaft beliebt, und bei der zweiten Lesung entschieden, beide Arten neben einander aufzunehmen. Der Unterschied be­ steht wesentlich dann, daß die Kapitaleinlage bei der Kommanditgesellschaft eine ge­ sellschaftliche Bedeutung hat, d. h. ein Theil des Kredits der Gesellschaft ist, bei der stillen Gesellschaft aber die Natur eines DarlehnS an die offene Gesellschaft zeigt, für welches an die Stelle der Zinsen der Antheil am Gewinn tritt. — Ueber die juristische Persönlichkeit der Kommanditgesellschaft im engeren Sinn gilt daffelbe, wie von der Handelsgesellschaft. Endemann S. 245. Der Komplementair (der offen und unbeschränkt haftende Gesellschafter) kann eine einzelne Person, oder selbst eine Gesellschaft sein. Die stille Gesellschaft existirt nach außen als Gesellschaft nicht, bei ihr tritt also die Frage nach der jurist. Persönlichkeit nicht hervor. Die Einlage des sttllen Gesellschafters wird Eigenthum des offenen Inhabers des Han­ delsgeschäfts, der auch entweder eine einzelne Person, oder eine offene Gesellschaft sein kann. — Das Bedürfniß zur Scheidung beider Arten liegt eigentlich nur darin, daß mit Beseitigung der Wuchergesetze die Möglichkeit geboten werden soll, statt der Zinsen einen Gewinnantheil als Entgelt für das Darlehn zu bedingen; sonst ist der stille Gesellschafter nur Gläubiger. Endemann S. 241 f. ") D.H.G.B Art. 207—219. Gesetz v. 15. Febr. 1864, betr. Aktiengesellschaften, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens nicht in Handelsgeschäften besteht. (Ges.S. 1864. S. 57.) Das ältere Gesetz vom 9. Novbr. 1843 über Aktienge­ sellschaften (Ges. S. S. 341.) ist durch die neuere Gesetzgebung gänzlich beseitigt. Aus der reichen Litteratur f. außer den Lehrbüchern über Handelsrecht bef. Treitschke in der Zeitschr. s. deutsches R. V, 327. Iolly das. X. S. 317. Reyscher das. XIII, 382. Herr mann, der Rechtscharakter der Aktienvereine. 1858. Unger in der kritischen Ueberschau VI, 174 fg. Fick in Goldschmidtö Zeitschr. B. 5. S. 1. und jetzt hauptsächlich Renan d, das Recht der Aktiengesell­ schaft. 1863. (dazu Witte in GoldschmidtS Zeitschr. f. HandelsR. B. 8. S. 1 f.) Nach dem Plan dieses Werks soll das Handelsrecht ausgeschlossen bleiben, es sön­ nen daher die Aktiengesellschaften über Handelsgeschäfte hier nicht erörtert werden. Die Darstellung der Aktienvereine über andere, als Handelsunternehmungen (Ges. v. 15. Febr. 1864) würde zwar eigentlich hierher gehören. Da aber die ganze juristische Konstruktion dieser Vereine mit der der handelsrechtlichen Aktiengesellschaf­ ten im Wesentlichen übereinstimmt, und die in dem Ges. v. 15. Febr. 1864 vorgeschriebenen Abweichungen nur Aeußerlichkeiten und Nebendinge betreffen, so mußte von einer ausführlichen Darstellung auch dieser Aktienvereine hier Abstand genom­ men werden, sie würde auch systematisch nicht hierher, sondern in daS 5. Buch (Gesellschaftsrecht) gehören. — Bei der Aktiengesellschaft ist übrigens viel entschiede­ ner als bei der Handelsgesellschaft der Charakter der juristischen Persönlichkeit her­ vortretend und anerkannt. Jetzt kann als gemeine Meinung aufgestellt werden, daß die Aktiengef. eine juristische Person (Herrmann) oder eine Privatkorporation (Renaud S. 145.) ist. Seufsert XVIII, 267. Unger vergleicht sie mit den societates publicae des röm. R. S. 174 fg. a. a. O. Jedenfalls samt solchen Gesellschaften nicht deswegen der Charakter der juristischen Person abgesprochen

§. 143.

Der Gesellschaft-vertrag.

335

Hier hängt die Existenz des Vereins von den Mitteln und dem Zweck, nicht von der persönlichen Theilnahme bestimmter Personen ab, eS tritt daö sachliche Moment vor, das persönliche zurück, Gewinn und Verlust fallen nicht sowohl der Person als dem von ihr zur Gemeinschaft einge­ worfenen Beitrag zu, der Verlust geht nie über diesen Beitrag hinaus. ES wird daher auch die persönliche Thätigkeit deS einzelnen Theil» nehmerS für die Gesellschaft nicht in Anspruch genommen, die Gesellschaft als Rechtssubjekt wird durch besondere Organe thätig und nach Außen ver­ treten. Die Einzelnen stehen in keiner persönlicher Verbindung unter ein­ ander, ein ideales Ganze schwebt sie zusammenhaltend über ihnen. ES ist einflußlos, ob einzelne Mitglieder ausscheiden, andere hinzutreten, ja selbst ob die Antheile an der Gesellschaft bestimmten Inhabern zugeschrieben wer­ den oder au portcur lauten und damit dem freiesten Verkehr preisgegeben sind. Das Rechtssubjekt der Gesellschaft kann durch seine geordneten Or­ gane Schuldverpflichtungen übernehmen und die Gläubiger der Gesellschaft können wieder nur Antheilsinhaber an diesen Schuldscheinen (Prioritäts­ aktien) fein15). Um der für Aktiengesellschaften gesetzlich vorgeschriebenen staatlichen Genehmigung zu entgehen15), hat sich im Verkehr die Aktienkomman­ ditgesellschaft gebildet und sich jetzt die gesetzliche Anerkennung errun­ gen"). ES ist diejenige Kommanditgesellschaft, bei welcher das von den stillen Gesellschaftern (Kommanditisten) vereinigte Kapital in Aktien zer­ legt ist. Die Ausgeber der Aktien können selbst einzelne Personen sein oder eine offene Handelsgesellschaft bilden, so daß auch hier die unbe­ schränkte Haftbarkeit der Ausgeber sich mit der auf die Aktie beschränkten der Kommanditisten vereinigt. Die Aktie muß auf einen bestimmten In­ haber lauten, kann aber durch Indossament auf Andere überragen wer­ den, die Gesellschaft selbst kommt erst zur rechtlichen Existenz durch die Staatsgenehmigung und Eintragung in das Handelsregister.

werden, weil zu dem der Korporation ein ewiger, von den Interessen der einzel­ nen Mitglieder unabhängiger Zweck oder ausdrückliche Konstituirung durch die Staatsgewalt gehöre. Beides ist unwesentlich, letzteres Requisit als allgemein durch­ greifend überhaupt nicht richtig und a. priori durchaus nicht abzusehen, warum nicht auch ohne spezielle Anerkennung der Staatsgewalt sich Korporationen im Privatverkehr des Volks sollen bilden können. Nur wenn der Korporation der Charakter einer öffentlich-rechtlichen zukommen soll, erscheint die Staatsgenehmigung im Wesen der Sache liegend. — Das O.Trib. hat die Aktiengesellschaften, welche landesherrlich die Eigenschaft juristischer Personen erhalten haben, nach §. 22. I, 6. für privilegirte Gesellschaften, nicht aber für Korporationen nach §. 25. das. erklärt. Entsch. B. 52. S. 417. Strieth. B. 59. S. 330. 15) Renaud S. 686. 16) Keller, Pand. S. 661.

Endemann S. 343.

17) D. H.G.B. Art. 173—206. Anschütz in BekkerS und MutherS Iahrb. des gern, deutschen R. B. 1. ©. 326. Endemann S. 342 fg.

336

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Dieser Ueberblick soll nur im Allgemeinen andeuten, wie mannigfal­ tig die Gestaltungen der Gesellschaftsverträge im heutigen Verkehr sind. Dem A.L.R. sind dieselben noch fremd, erst durch die neuere Gesetzgebung haben sie ihre feste Regelung erhalten"). .Auch die einfache Erwerbsgesellschaft, wie sie aus dem römi­ schen Recht in das A.L.R. übergegangen, ist von verschiedener Art. Eine societas omnium bonorum (universarura fortunarum), d. h. die vertrags­ mäßige Bereinigung des ganzen gegenwärtigen und künftigen Vermögens mehrerer Personen in dem Sinn, daß jeder derselben Miteigeuthümer der ganzen dadurch gebildeten Vermögensmasse in aktiver und passiver Hin­ sicht wird"), hat das A.L.R. abgewiesen"). Ein solcher Vertrag kann daher nach preußischem Recht keine vertragsmäßigen Rechte und Pflichten erzeugen. Die eheliche Gütergemeinschaft steht unter anderen Gesichtspunk­ ten. Das A.L.R. kennt nur die Gemeinschaft des Erwerbs (societas quaestus s. lucri), und zwar sowohl allen oder des aus einem bestimm­ ten Kreis von Geschäften oder aus einer einzelnen Unternehmung entsprin­ genden Erwerbs (societas quaestus generalis, specialis, Singularis)11). I8) Dagegen harrt noch eine andere neuere Bildung von Vereinen des gesetzlichen Schutzes, die auf Selbsthilfe gegründeten f. g. Vorschuß- und Credit vereine. Selbsthilfe bedeutet hierbei nur den Gegensatz gegen Staatshilfe, denn ihr Zweck ist, ihren Mitgliedern gegenseitig durch Gewährung von Darlehnen (Vorschüssen) aufzuhelfen. Ihre Eigenthümlichkeit besteht darin, daß sie den Charakter einer pu­ ristischen Person mit der vollen Haftbarkeit jedes einzelnen Mitgliedes vereinigen wollen. Während letzteres Moment sie den Handelsgesellschaften, erstere« den Aktienvereinen nahe rückt, unterscheiden sie sich von den Handelsgesellschaften da­ durch, daß ihnen die gemeinschaftliche Betreibung eines Geschäftes oder Gewerbes nach Außen hin fehlt, von den Aktiengesellschaften, daß sie nicht bloß KaPitalSverbindnngen sind. Die Eigenschaft der juristischen Person — hier als Genossen­ schaft zum Unterschiede der Korporation bezeichnet — zeigt sich in dem Fort­ bestand deS Vereins trotz des fortwährenden, leichten Wechsels seiner Mitglieder, in der Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten durch eingesetzte Organe und Mehrheitsbeschlüsse. Vergl. Schulze, Vorschuß- und Creditvereine aU Volksbanken. 1863. Der von dem Verf. dieser Schrift in der Session des Abgeord­ netenhauses II. 1863 vorgelegte Gesetzentwurf hat keine Erledigung gefunden. Daß zur Regelung dieser Vereine die Bestimmungen des I, 17. und II, 6. A.L.R. und deS deutschen Handelsges. B. nicht ausreichen, ist einleuchtend. Letzteres ist nur da anwendbar, wo Vereine Handels- oder Gewerbsgeschäfte mit Dritten betreiben; dahin gehören insbesondere die s. g. Produktivgenossenschaften, Konsum-, Magazinvereine. Voigt jun. im neuen Arch. f. Handelsr. III, 344 fg. — In der Landtagssession 1866 hat die Regierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, dessen Bestimmungen sich an die deS H.G.B. anschließen. »*) 1. 1. §. 1. 1. 2. 3. pr. 1. 27. 52. §. 18. 1. 73. D. XVII, 2.

20) §. 176. d. T. Suarez (Iahrb. B. 41. S. 57.). Nach dem Code a. 1837 ist sie zulässig quoad usum; eine quoad sortem eingegangene ist nichtig. Zach arid II, 461. Nach österr. G.B. tz. 1177. in beschränkter Weise zugelassen: nur das gegenwärtige Vermögen und der zukünftige Erwerb (nicht das Geerbte). Das fächs. G.B. §. 1360. läßt die allgem. Gesellschaft zu. 21) 1.5. pr. D. XVII, 2. societates contrahuntur sive negotiationis alicujus, sive etiam rei nnius. pr. J. III, 25. Nach der 1. 7. pr. ist im Zweifel uneingeschränkte ErwerbSgesellschast anzunehmen.

§. 142.

337

Der Gesellschaftsvertrag.

Der Erwerb wird immer gemeinschaftliches Eigenthum der Gesellschaf-. ter1*). Aber ob der durch Einlagen und Beiträge gebildete Fonds, die Grundlage der Gesellschaft, ein Miteigenthum aller Theilnehmer wird, oder daS Eigenthum des einlegenden Mitglieds bleibt und den andern nur zum Gebrauch übergeben wird, ist im A. V. R. nicht ausdrücklich entschieden. Nach gemeinem Recht ist streitig, ob für eine s. g. societas quoad sortem oder quoad usum ZU vermuthen sei und diese Frage hat ihre prak­ tische Bedeutung für die Auseinandersetzung der Genossen bei der Auflö­ sung der Gesellschaft und für die Folgen, welche der Verlust an dem Fonds für diejenigen Mitglieder haben soll, die nicht zu demselben beigetragen haben. Bei der societas quoad sortem erwirbt jeder Theilnehmer das Miteigenthum, er trägt also die Gefahr mit allen zusammen und keiner kann bei der Auflösung die eingeworfene Sache oder das eingelegte Kapi­ tal vorweg wegnehmen, sondern die ganze Masse wird unter Alle getheilt, ohne Unterscheidung der Mitglieder, welche Einlagen gemacht oder Bei­ träge gezahlt, und derjenigen, welche hiervon befreit nur Dienste geleistet haben. Bei der societas quoad usum dagegen bleibt jeder Theilnehmer Eigenthümer seiner Einlage, trägt deren Gefahr und nimmt sie bei der Auflösung der Gesellschaft oder bei seinem Austritt aus derselben wieder zurück. Die nicht beitragenden Mitglieder erlangen keinen MiteigenthumSanspruch an den Einlagen der Anderen. Zur Zeit der Redaktion des A.L.R. war die herrschende Ansicht, daß für eine societas quoad usum zu vermuthen sei, weil der Zweck der Gesellschaft nur der gemeinschaftliche Gewinn oder Erwerb sei, und zur Erreichung dieses Zwecks nicht erfor­ dert werde, daß die Einlagen Miteigenthum aller Theilnehmer werden, der Einliegende sich seines Alleineigenthnms entäußere"). Suarez hat dieser Ansicht gehuldigt") und aus ihr fließt offenbar die Bestimmung

**) §. 175. 205. d. T. 1S) Die lange Reihe der bei Glück B. 15. S. 399. Note 85. angeführten Schriftsteller bezeugt die». Unter tiefen befinden sich gerade diejenigen, von denen man gewöhnlich annimmt, daß sie ton den Nedaltoren de« A L.R. vorzüglich benutzt worden sind: Donellus, Bachovius, Struv, Lauterbach, Stryk, Wemher, Cocceji. Beizufügen ist noch Gebr. Overbeck mcd. III, 154. Eigentlich hat nur Voet, Comment, ad Inst. III, 26. §. 2. diffemirt. M) Suarez's Aeußerung lautet: „ad §.206. ist die Frage eine« V.V'enenttn, ob eia nur operas konserirender socius finita societate auch einen Antheil am Kapital fordern könne, eine wahre quaestio Domitians. Daß er an die Einlagen der Geld beitragenden aoeiorum nicht Anspruch machen kann, versteht sich von selbst, u. f. k." Wenn man den damaligen Stand der Ansichten- hierüber in Betracht zieht, so ist es ganz natürlich, wenn Suarez es als selbstverständlich hinstellt, daß die Einlagen nicht Äiteigentbum werden. Koch hat ihm aber deßhalb an mehre­ ren Orten d- kritische Jahrb. v. Schneider und Richter, II. 1838. S. 725. a. E. R- d. F. 111, 625. Note 10. Komment zu 1,17. §. 201. Note 22.) in sehr un­ schicklicher Weise grobe Ignoranz vorgeworsen, wofür er eint wohlverdiente Zu­ rechtweisung in dem Eeniralbl. 1838. Sp. 1076 sg. erfahren hat. Auch der Heu-

8-rfter, Prcuß. Prwairecht. U.

22

338

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

des A.L.R., daß die von Geldbeiträgen entbundenen Gesellschafter den Ver­ lust am Fonds nicht übertragen, sondern nur Gewinn entbehren sönnen15). Dagegen ist an einer anderen Stelle ohne Unterscheidung der beitragenden und nicht beitragenden Mitglieder gesagt: der ;uin Betriebe des gemein schaftlichen Geschäfts zusammengetragene Fonds ist von der Zeit des ge­ schlossenen Vertrags an als gemeinschaftliches Eigenthum anzusehen15). ES knüpfen sich daran Vorschriften, wie dies gemeinschaftliche Eigenthum an Grundstücken und beweglichen Sachen zum Ausdruck kommen soll und in welchem Fall nur eine Gebrauchöüberlassung anzunehmen sei11). Hier­ aus ergiebt sich, daß die Redaktoren über diese» Punkt sich nicht klar ge. wesen, daß sie ihn in der Schwebe gelassen haben. Plan wird aber, um die Bestimmungen deS A.?.R. zu vereinigen, annehmen müssen, daß unter den lige Stand der Meinungen ist im Wesentlichen derselbe, und der Widersprnch Guyetü .Abhandl. S. 262.) hat keine Aenderung hervorgerufen. S. statt Ande­ rer Bangerow III, 485 fg Anm 2. Koch selbst bat geschwankt. In der Ne;, in den krit. Jahrh, behauptet er geradezu auch für prellst. N. die societas quoad! sortem, im R. d. ft. 111,624. ist für das A.V.N. der entgegengesetzte Grundsatz behauptet. Aber abgesehen von den Schriftstellern, nach den Quellen und nach der Natur der Sache kaun wenigstens das nicht ;weifelbaft scheinen, daß der Zweck der Gesellschaft ein Miteigenthum der Theiluehmer am eingelegten Fonds nicht er­ fordert , daß also eine Vermuthung dafür nicht aufgestellt werden kann, und die Absurdität, die Koch, R. d. F. III, 625. hierin finden will, ist reine Einbildung. Der Arbeitende verliert allerdings beim Fehlschlagen des Unternehmens seine Mühe und Arbeit, d. b. den aus der Arbeit gehefiten Gewinn, aber nicht das Kapital der Arbeitskraft, und der Kapitalist verliert dem entsprechend die Zinsen, den Gewinn vom Kapital. Bangerow III, 490. Warum soll der Kapitalist mit dem Dienst­ leistenden daS Kapital selbst theilen, während er doch von diesem nichts von dessen Arbeitskraft zurückempsängt. Und nun die ausdrücklichen Aussprüche im corp. jur. 1. 13. §. 1. D. XIX, 5.: qiiod hie dominus esse non desinit, qui prius fuit; I. 52. § 2. D. XVII, 2. pretium enim opevae avtis est velamentum, und §. 2. J. III, 25.: quia saepe Opera alicujus pro pecunia valet. Die Römer haben gan; richtig erkannt, daß die Arbeitskraft Kapital ist wie eine Geldsumme. Dafür spricht auch die Entscheidung des Falles in der 1. 58. pr. D XVII, 2. Auch wenn verbrauchbare Sachen eingeworfen werden, ist doch nicht für eine societas quoad sortem zu vermuthen — hier muß von Bangerow III, 487. abgewichen werden —. denn des Eigenthums an den einzelnen Stücken entältßert sich freilich der Einlegende, aber er behält den Anspruch auf das durch jene repräsentirte GenuS; das Kapital ist, wie bei dem Darlehn, doch nur ad usum hingegeben (f. oben §. 137. Note 21.). Darum kann auch keine Rede davon sein, daß der nicht kontribuirende Gesellschafter die Gefahr deS Kapitals mittragen müsse. — Gnyet beruft sich für die entgegengesetzte Ansicht besonders ans I. 52. §. 4. und I. 58. §. 1. D. XVII, 2., welche beide nichts von einer Vermuthung für die soc. quoad sortem enthalten, sondern spezielle Fälle erörtern. Mommsen, Beitr. 1,412. Wächter im civil. Arch. B. 15. S. 208. In der 1. 2. C. IV, 37. und 1. 2. pr. C. III, 38. ist die res communis der Erwerb. Ueberhaupt ist es unrichtig, die Frage so zu stellen, ob für daS eine oder andere zu vermuthen sei; eS kommt auf die Intention der Kontrahenten an, und wo sie bestritten ist, muß sie be­ wiesen werden. Schunk, Jahrh. der jur. Vitt. B. 11. S. 251. Unterholzner II, 387. «) tz. 256. 257. d. T. ") §. 198. d. T. ”) §. 199-202. d. T.

§. 142. Der GesellsckaftSvertrag.

339

beitragenden Mitgliedern ein Miteigenthum entsteht, daß den nicht bei­ tragenden Mitgliedern dagegen an dem Fonds ein solches nicht gewährt ist"), und daß auch bei den ersteren das Miteigenthum ausgeschlossen bleibt, wenn nicht diejenigen Bedingungen erfüllt sind, welche daS Gesetz hierfür vorschreibt, nämlich daß die Grundstücke den Mitgliedern im Hhpothekenbuch zugeschrieben, die Mobilien taxirt eingeworfen werden. Die allgemeine Erwerbsgesellschaft bedarf der gerichtlichen Form des Abschlusses und, um gegen dritte Personen als Gemeinschaft zu gelten, öffentlicher Bekanntmachung"). Unterbleibt letztere, so soll dies dem gutgläubigen Dritten, wenn er mit einem der Interessenten verhan­ delt hat, nicht „zum Nachtheil gereichen", Bortheil darf ihm aber auS sol­ chem Nichtwissen nicht zufallen"). Das Rechtsverhältniß der Theilnehmer in Ansehung des Besitzes, der Verwaltung und Benutzung deS ge­ meinschaftlichen Erwerbes unterliegt den Regeln vom Miteigenthum"). Die Frage aber, was zu diesem Erwerb zu rechnen, soll nach den Be­ stimmungen über die eheliche Gütergemeinschaft entschieden werden, wie nach diesen sich auch die Erfordernisse zur Abschließung eines solchen Ver­ trages richten"). Die besondere Erwerbsgesellschaft bedarf immer wenigstens der *28) Dafür spricht auch insbesondere der Zusammenhang deS §. 198. mit den voran­ gehenden $. 189 ff., in denen nur von beitragenden Mitgliedern die Rede ist. Ein Bedenken kann scheinbar aus §.806. d. T. insofern hergeleitet werden, als hier­ nach die Auseinandersetzung nach den Regeln des 1. Abschn. dieses Tit., d. h. wie bei dem Miteigenthum (§. 87 fg. d. T.) erfolgen soll. Allein nur daS, waS Mit­ eigenthum ist, soll so getheilt werden, also der gemeinschaftliche Gewinn, und von dem Fonds nur das, waS zu Miteigenthum eingelegt worden, und mit zwischen denen, die ein Miteigenthum an ihm erlangt haben. Sonst wäre die in §. 241—243. vorgeschriebene Berechnung des Gewinnes bedeutungslos. — Wenn übrigens eine soc. quoad sortem von den Parteien intendirt ist, so werden nach preuß. R. auch die Forderungen gemeinschaftlich, während nach römischem Recht die Regel gilt: ea, quae in nominibus sunt, man ent in suo statu, sed actiones invicem praestari debent. I. Z. D. XVII, 2. Bei Handelsgesellschaften wird daS Eingebrachte

Eigenthum „der Gesellschaft." Art. 91. Berg! österr. G.B. §. 1183. 1192. (der Hauptstamm bleibt Eigenthum derjenigen, die dazu beigetragen haben). DaS sächs. Ges.B. §. 1360. läßt beide Arten zu. Bei der ErwerbSgeseüschast vermuthet eS in Betreff der unvertretbaren Sacken ein Benutzungsrecht der Gemeinschaft, bei der allgemeinen Gesellschaft ein Miteigenthum. §. 1366. Bei der Theilung wird in beiden Fällen das Eingebrachte zurückgegeben. §. 1388. Bair. Entw. II, 2. Art 537. vermuthet für soc. quoad usum. '") §. 178. 179. d. T. Die gerichtliche Form ist beliebt worden, um möglichst BerWirrungen und Prozesse zu verhüten. (Su arez, Iahrb. D. 41. S. 57.) Die Bekanntmachung geschieht durch die Amtsblätter. Ges. v. 21. Dezbr. 1849. §. 2. (Ges.S. S. 441.) 30) §. 180. d. T. Der Dritte kann also aus einem solchen Geschäft nicht erwerben, das entspricht dem allgemeinen Grundsatz, daß daS Recht den Irrthum in der Regel nur unschädlich macht. Oben B. 1. S. 149. Koch, Note 10 zu §. 180, 31) §. 182. d.T. Also nicht derselben Theilung, wie unter Miteigenthümern, d. h. es ist auch hier nickt für die societas quoad sortem zu vermuthen. §. 181. d. T.

340

3®eilte Buch.

Die besonderen Privatrechte.

einfachen Schriftform"). Unterbleibt sie, so entstehen vertragsmäßige Rechte und Pflichten zwischen den Gesellschaftern überhaupt nicht; das von ihnen gemeinschaftlich an Geld und Arbeit Verwendete und Erworbene wird als zufällig gemeinsam geworden beurtheilt").

Eine öffentliche Bekanntma­

chung findet nicht statt, haben aber die Gesellschafter Abweichungen von den gesetzlichen Regeln, durch welche ihre Rechte und Pflichte» eingeschränkt werden, verabredet, so können sie solche gegen Dritte nur geltend machen, wenn sie diesen bekannt geworden"). Im Allgemeinen soll, wenn in der Vertragsurkunde die Größe der vereinigten VermögenSwerthe und der Umfang des zu erreichenden Zwecks undeutlich geblieben, mehr für Einschränkung als für Erweiterung interpretirt"), die Pflichten der Mitglieder zur Erreichung des gemeinschaft­ lichen Zwecks und ihre Rechte an den erreichten

Vortheilen sollen im

Zweifel als gleiche angenommen werden, ohne daß ein Unterschied gemacht wird zwischen denen, die ihre Arbeit und denen, die ihr Kapital bei­ tragen "). II. Rechte und Pflichten der Gesellschafter unter einan der.

Mit dem Tage, an welchem der Vertrag abgeschlossen worden, er­

langt die Gesellschaft ihre rechtliche Existenz und beginnen die gegenseiti gen Rechte und Pflichte» der Gesellschafter"), Nutzen und Schaden wer den ihnen von da an nach Verhältniß ihrer Antheile gemeinsam"). Pflichten und Rechte äußern M) §.170. 183. b. T. Art. 85.

Die

sich 1. in der Bildung des gemein

Handelsgeseüschasten können mündlich eirichlet werde».

H.G.B.

54) §. 171. d. T. Die Worte „bei Strafe der Richtigkeit" in §. 170. sind vom Gesetzrevisvr als überflüssig angefochten, von .»och (di. d. F. 111,620.) vertheidigt. Sie erklären sich allerdings aus §. 171. dabin, daß ein mündlicher Gesellschastsvertrag keine Gesellschaft erzeugt, das) nur eine thatsächlich entstandene Gemeinschaft Wirkungen äußert. Da aber auch, wen» jene Worte fehlte», die actio pro socio doch wegfiele (§. 155. I, 5.1, so können sie als überflüssig bezeichnet werde». Der Gegenstand der thatsächlichen Gemeinschaft ist der zusammengeschossene Fonds, die zu dem verabredete» Zweck geleisteten Arbeiten (Strieth. B. 37. S. 158.) und der Erwerb. Ein häufig vorkommender Fall ist die mündliche Verabredung, ge­ meinschaftlich ein l'otterieloos zu spielen. Bergt, überhaupt bierüber die Ergänzun­ gen zu §. 169—173., wo mehrfache Entscheidungen de« O.Trib. mitgetheilt sind, und Entsch. B. 52. S- 431. **) §. 187. d. T. Eine Beschränkung der gesetzlichen Regel ist es z. B.,. wenn nur Einer die Gesellschaft nach Außen vertritt, und alle Anderen als stille Gesellschafter nur mit ihrer Einlage hasten sollen. Strieth. B. 53. S. 211. ") §. 174. d. T. n) §. 175. d. T. (An den erreichten Vortheilen, nicht an dem Fonds der Ge­ sellschaft.) Gleichheit der Theilnahme wird namentlich auch dann angenommen, wenn mehrere mit einem Dritten einen Vertrag abgeschlossen haben, nnd über ihr gegenseitiges Verhältniß ein besonderes Abkommen nicht verabredet worden ist. §.‘172. 173. d. T. Entsch. B. 26. S. 296. Strieth. SB. 24. S. 96. B. 55. S. 350. “») §. 188. d. T. ") §. 205. d. T.

8 142.

341

Der Gesellschaft-vertrag.

schaftlichen Fonds, b. h. in der Vereinigung der DermögenSwerthe zu dem bestimmten Zweck").

Gebildet wird dieser Fonds durch ursprüng­

liche Einlagen und fortlaufende Beiträge").

Der Vertrag muß be­

stimmen, wie viel der Einzelne einzulegen und beizutragen hat.

Bleibt

dies zweifelhaft, so muß Jeder in gleichem Verhältniß beitragen **).

ES

können einzelne Mitglieder von Einlagen und Beiträgen befreit sein. Diese geben ihre Arbeit zur Gemeinschaft.

Die Einlagen und Beiträge bestehey

in Grundstücken, in beweglichen Sachen, in Kapitalien; um gemeinschaft­ liches Eigenthum der Gesellschafter zu werden, sollen die Grundstücke im Hhpothekenbuch den Gesellschaftern zugeschrieben werden, damit auch gegen Dritte ihr Miteizenthum gelte, bewegliche Sachen sollen nach einer Taxe eingeworfen

werden").

Wen»

die Grundstücke

nicht

den

Gesellschaf­

tern zugeschrieben, die beweglichen Gegenstände nicht nach einer Taxe über­ liefert worden, so erhalte» die Gesellschafter nur ein Gebrauchsrecht"). Verzug in

der Leistung des Beitrags oder der Einlage verpflichtet zum

Schadensersatz, oder bei Geldbeiträgen oder in der Ablieferung von Gel­ dern, die zur Gemeinschaft gehören, nach der Wahl der übrigen Gesell­ schafter zur Entrichtung von Verzugszinsen").

Zu verstärkten Beiträgen,

um die Geschäfte der Gesellschaft bei Bewahrung des ursprünglichen Zwecks zu erweitern, kann nach Abschluß des Vertrages kein

Theilnehmer genö­

thigt werden, es bleibt den Einzelnen überlassen, ob sie freiwillig mehr leisten wollen, und je »ach der Mehrleistung wächst ihr Antheil am Ge­ winn^").

Sollen die verstärkten Beiträge dazu dienen, den Zweck der

Gesellschaft auf einen anderen «Gegenstand auszudehnen, so ist dies ein neuer Gesellschaftsvertrag, an welchem das weigernde Mitglied nicht Theil nimmt").

Wird aber eine Erhöhung des Beitrags zur Erreichung des

») §. 189 -204. d. T. ") Strieth. B. 26. S. 95. «) §. 189. d. T. ") §. 198 - 201. d. T. Die Zuschreibung im Hypothekenbuch geschieht nicht auf die Gesellschaft, weil sie ferne juristische Person ist. Reskr. v. 8. Jan. 1836 (Jahrh. B. 42. S. 368.). Baare Einlagen werden in jedem Fall Miteigenthum der Ge­ sellschafter, z. B. auch, wenn nur Einer für die Gesellschaft bei einem Dritten eine Kaution eingezahlt hat, Strieth. B. 43. S. 28. Bei anderen Sachen entsteht daS Miteigenthum, ohne daß es einer Uebergabe an die anderen Gesellschafter be­ darf. Entsch. B. 51. S. 143. Strieth. B. 51. S. 161. Daß übrigen« nur die beitragenden Mitglieder an dem Miteigenthum Theil haben, darüber f. oben bei Note 28. Ueber den von Allen zu tragenden Schaden, wenn taxirt übergebenes Vieh kasuell untergegangen 1. 52 §.3. D. XVII, 2. Das Taxiren der einge­ brachten beweglichen Sachen hat die Bedeutung, daß bei der Auseinandersetzung deren Werth zu erstatten ist, wenn die Sache nicht mehr vorhanden. «) §. 202. D. T. ") §. 203. 204. d. T. D. H.G.B. Art. 95. Ersatz deS größeren Schadens.) 46) §. 193-195. d. T. ") §. 196. 197. d. T.

H.G.B. Art. 92.

(Die Zinsentrichtung befreit nicht vom Oesterr. G.B. §. 1189.

342

Zweite» Buch. Die besondere» Privatrechte.

unveränderten gemeinschaftlichen Zwecks nothwendig, so darf auch in diefern Fall zwar kein Mitglied zu der größeren Leistung angehalten werden, aber die anderen Mitglieder können den Austritt des weigernden verlan­ gen, und dieser darf noch vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit auötreten"). Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter äußern sich 2. in dem Betriebe des Geschäfts"). Die Regel ist, daß jeder Gesellschafter­ in gleicher Weise an dem Geschäftsbetrieb sich zu bethciligen hat, daß die Geschäfte gemeinschaftlich von Allen besorgt werden"), daß sie sich gegen­ seitig Treue und Glauben halten sollen"), daß jeder mindestens den Grad von Fleiß und Aufmerksamkeit anwende, den er in seinen eignen Ange­ legenheiten anzuwenden pflegt, und daß in Fällen, die nach Stimmenmehr­ heit zu entscheiden sind, die Mehrheit nicht nach den Beiträgen, sondern nach den Personen berechnet wird"). Aber hiervon kann im Vertrage vielfach Abweichendes verabredet werden. I5e ist zulässig, daß einzelnen Mitgliedern der Geschäftsbetrieb überlassen wird. Das beschränkt sich aus den gewöhnlichen Betrieb. Sollen Handlungen vorgenommen werden, die den Grundsätzen deö Vertrages nicht entsprechen, so müssen alle Gefells schafter zur Beschlußfassung zugezogen werden"). Es kann auch einem Mitglied« allein der Betrieb aller oder einzelner Geschäfte beschränkt oder **)

") ">) “) ")

§. 191. 192. b. T. §. 206-218. d. T. Seussert XII, 270. 1. 3. §. 3 D. XVII, 2. §4 206. 207. 211. 209. d. T. Was di« dilig. quam quis suis betrifft (f. B. 1. ©. 138. 678.), so ist sie auch hier nur Eiitfchuldignngegrnnd, wie bei dem Depofttar. S. oben §.139. bei Nole 26. Snare; bei Sortiern. IV, 29. Note 2. (Äann die dilig. in concr. nicht nachgewiesen werden, so soll dilig. media in abstr., b. culpa levis angenommen werden.) Nach lötn. Recht culpa, quae non ad exactissimam diligentiam dirigenda est; sufficit enirn talem diligentiam in comntiunibus rebus adhibere socium, quälem suis rebus adhibere solet, nam qui panim diligentem socium sibi assnmit, de se queri debet. §. 9. J. III, 25. 1. 72. D. XVII, 2. 1. 52. §. 2. eod. 1. 23 de R. J. Ausführlich hierüber Treitschke §. 21. 22. 23. D. H.G.B. Art. 94 ebenfalls dilig. quam suis. Die

©efabr, d. h. das kasuelle Unmöglichwerden der Leistungen ..Beitrag oder Arbeit) haben die Gesellschafter gegeneinander nicht zu vertreten. 1. 52. §. 3. D. XVII, 2. I- 6. C. IV, 24. Etz verliert also der, dessen Leistung von der Unmöglichkeit be­ troffen wird, nicht deßhalb seinen Antheil am Gewinn, dieser wird aber möglicher Weise dadurch für Alle geringer. Kann ein Gesellschafter überhaupt die bedungene Leistung nicht mehr gewahren, so scheidet er aus der Gesellschaft aus, denn er wirkt nicht mehr zum gemeinschaftlichen Zweck mit. Bliebe er Mitglied der Ge­ sellschaft, so würde ihm der Gewinnantheil geschenkt. Mommsen, Beitr. I, 405 fg. 1. 32. §. 24. D. XXIV, 1. nulla societas, quae donationis causa interponitur. Nach dem sächs. G.B. §. 1363. verliert der Gesellschafter, dessen Leistung zufällig unmöglich geworden, den Anspruch aus den Gewinn. — Mehrheitsbeschlüsse sind nicht ein Naturale des GejellschastsvertrageS, sondern müssen besonders verab­ redet fein. ") § 208. d. T. Koch, Note 26. Deutsches H G.B. Art. 103. (Stimmeneinhelligleit.) Oesterr. G.B. §. 1187.

§. 142.

Der Gesellschaft-vertrag.

343

unbeschränkt übertragen werden, und dieser hat dann die Stellung eineBevollmächtigten *4).

Es kann ferner die Vertretungspflicht des Einzelnen

über das Maß der Aufmerksamkeit in eignen Angelegenheiten erhöht wer­ den, und dies ist der Fall, wenn er für die Besorgung eines Geschäfts außer seinem Antheil am Gewinn noch eine besondere Belohnung empfängt, wenn ihm einzelne Sachen zur besonderen Verwahrung oder Verwaltung anvertraut worden sind "). Welchen Grad des Versehens er dann zu ver­ treten hat, richtet sich nach der Natur des übertragenen Geschäfts.

Ver­

schuldete Beschädigung verpflichtet zum Schadenersatz") und kann diesen nie in besonderen Vortheilen finden, die anderweitig das Mitglied der Ge­ sellschaft verschafft hat"). Endlich sind die Gesellschafter verpflichtet, die Geschäfte persönlich zu betreiben, sie dürfen nicht Fremde an ihrer Statt der Gesellschaft zum Mitgliede aufdringen, »nd sich dadurch ihren Pflich­ ten entziehen"). Ans dem Geschäftsbetrieb folgt 3. die Pflicht zur Rechnungslegung, welche jedem Mitgliede gegen die Gesellschaft ob­ liegt").

Auch der Erbe eines Gesellschafters muß Rechnung legen"). Es

darf dem Recht auf diese entsagt werden und dann verpflichtet nur ein nachgewiesener Betrug, vollständige Rechnung vorzulegen"). Macht bei der Rechnungslegung die Beschaffung einzelner Beläge Schwierigkeiten, so genügt eine eidesstattliche Versicherung des RechnungStegers, wenn die Ver­ wendung an sich wahrscheinlich ist"). In der Rechnung werden die von den einzelnen Gesellschaftern geleisteten Vorschüsse mit landüblichen Zin­ sen, Reise-, Zehruugs- und andere unvermeidliche Kosten des RechnungS»

54) § 210 231. d. T. Das O.Trib. hat angenommen, daß die Gesellschaft nach Außen von Einem Gesellschafter vertreten werden, und alle anderen stille Gesell­ schafter sein sönnen, welche nur mit ihren Einlagen hasten. Strieth. B. 53. S. 211. Beschränkung der Vertretung Dritten gegenüber unzulässig: H.G.B. Art. 116. Oesterr. G-B. §. 1190. 55) §. 5#)

212. 213. 214. d.

T.

1. 52. §. 2. 3. D. XVII, 2.

1.1. §. 1. D. XXII, 1. (vorenthaltene und im eignen Nutzenverwendete Gelder der Gesellschaft), 1. 60. pr. D. XVII, 2. (Verzug in der Ablieferung des gemachten Erwerbs). Senffert IX» 28.

w) §. 215. d. T. 1. 23. §. 1. I. 25. 26. D. XVII, 2. a. 1850. Oesterr. G.B. §. 1191. «) 5»)

§. 216. 217. d. T.

D. H.G.B. Art. 94.

Code

D. H.G.B. Art. 98.

§.219—229. d. T.1. 9. pr. D. 11, 13. Senffert I, 212. Der Lesflonar eines Gesellschafters auf dessen Gewinnantheil darf nicht Rechnungslegung oder sonstige Nachweisungen fordern, er muß fich mit der Vorlegung einer Balance begnügen. §.218. d. T. Vergl. Strieth. B. 23. S. 165. D. H.G.B. Art. 98. Jeder einzelne Gesellschafter kann gegen den andern aus Rechnungslegung gegen die Ge­ sammtheit klagen. Strieth. B. 6. S. 128. Eine aus dem Gesellschaftövertrage an stch hervorgehende Pflicht des einzelnen Genossen zur Rechnungslegung nimmt Dresden nicht an (Annal. I, 342.;. S. dagegen das. IV, 115. Senffert XVI,215.

8°) §. 221. d. T. 61) §. 222. 223. d. T. M) §. 220. d. T.

Suarez in den Jahrb. B. 52. S. 23.

Zweite» Buch.

344

Die besonderen Privatrechte.

legere, so wie der Schaden, den er beim Geschäftsbetrieb erlitten hat, doch nur mit der Beschränkung wie bei einem Bevollmächtigten, in Aus­ gabe gesetzt — eine besondere Belohnung nur dann, wenn sie ihm aus­ drücklich versprochen oder wen» er außerhalb des gewöhnliche» Geschäfts­ betriebs eine Arbeit geleistet hat, welche besondere Kunst oder Wissenschaft verlangt"). 4. Jeder Gesellschafter hat ein Ant heil Sr echt an dem ge­ meinschaftlichen Gewinn").

Gewinn ergiebt sich, wenn nach Abzug

der Einlagen und Beiträge, der gemeinschaftlichen Schulden und der zum Geschäftsbetrieb aufgewendeten Kosten werth übrig bleibt").

ein

gemeinschaftlicher Vermögens

Der Verlust früherer Jahre darf dabei zum Nach­

theil der Mitglieder, welche von Geldbeiträgen befreit sind, von dem Er­ werb deS laufenden Jahres nicht abgezogen werden").

Ob Gewinn er­

reicht ist, stellt sich bei der Schlußabrechnung, oder wenn die Gesellschaft eine längere Zeitdauer umfaßt, oder ihr Zweck nicht bestimmt begrenzt ist, bei jeder einzelnen Hauptabrechnuug, die jährlich stattzufinden hat, fest"). Weil der Zweck der Gesellschaft die Erreichung eines gemeinschaftlichen Erwerbs ist, so widerspricht es ihrem Begriff, wenn ein Theilnehmer non; jedem Gewinnantheil ausgeschlossen wird (soeietas leonina)").

Die An­

theile sind ein Gedachtes, eine Quote des gemeinschaftlichen Objekts, die­ ses als Einheit gefetzt, sie sind daher immer dieselben, mag an dem Ob-

•*) §. 225—229. d. T.

Die Zinsen sind gesetzliche, nicht Verzug»,insen.

Ueber den

Unterschied von Vorschuß und Darlehn Strielh. B. 24. S. 95. Bl. s. Recht»enm. II, 307. Die Beschränkung de» Anspruch» auf Schadenersatz nach §. 81. 1,13. widerspricht dem rem. R-, I. 52. §. 4. 1. 60. §. 1. I. 61. D. XVII, 2. Koch. R. d. F. III, 629. Uebrigens zeigen die I. 60. §. 1. und I. 61. eit., daß die» unter den römischen Juristen streitig war. Die 1.26. §. 6. D. XVII, 1. hat die Beschränkung für da» Mandat. Ansatz der Kesten und Auslagen: 1. 38. §. 1. 1. 52. §. 12. 15. I. 67. §. 2. D. XVII, 2 Zinsen vom Tage der Vorjchußleistung, Ersatz der Auslagen, Befreiung von Verbinblichkeite» gegen Dritte, kein Anspruch aus besondere Vergütigung H.

M)

iS. B.

Art. 93.

1. 67. pr. D. XVII, 2. Der Zweck der Gesellschaft, der Gewinn oder Erwerb, muß ein'gemeinschaftlicher sein. S. hierüber den interess. RechtSsall bei Heuser

VII, 489. “) §. 241. d. T. «‘) §. 262. d. T.

I.

30.

D. XVII,

2.

,r) §. 261. d. T. Oesterr. G.B. 8-1199- H.G.B.Art. 107 Nach Art. 106. werden jedem Gesellschafter am Schluß de» Geschäftsjahrs von seiner Einlage 4 Proz. Zin­ sen gutgeschrieben, durch welche sie sich erhöbt. Erst wenn dies« Zinsen gedeckt sind, ist Gewinn vorhanden. ••) §. 245. d. T- Ein solche» Abkommen soll als Schenkung beurtheilt werden, und wenn die» nicht geschehen kann, so wird es ignerirl, d. h. der Gewinn wird nach den gesetzlichen Grundsätzen vertheilt. 1. 29. 8- 2. D. XVII, 2. (Der Name soc. leon. kommt aus der Fabel de» Phädrus I, 5.) 1. 32. §. 4. D. XXIV, 1. null» Bocietas est, quae doaationis causa interponitur. Aber e» kann besonder» be­ dungen werden, daß der Eine einen größeren Antheil am Gewinn haben soll, al» der Ändere. 1 29. cit. pr. §. 1. J. III, 25. Daß beide Stellen sich nicht widersprechen, s. Bangerow 111,483. Dresden bei Seussert XVI, 110. läßt die

»oc. leonina

im heutigen

R.

verbindlich sein.

Bergl. Glück B. 15. S. 425.

§. 142. Der Gesellschaft-vertrag.

345

jekt eine Werthserhöhung oder Verminderung eintreten. Die Höhe des einzelnen Gewinnantheils richtet sich nach dem Verhältniß, wie der Ein­ zelne sich mit Beiträgen bei der Gesellschaft betheiligt"). Der Vertrag muß hierüber das Nähere bestimmen, sonst steht Jedem ein seinem Bei­ trag entsprechender Antheil am Gewinn zu70), es werden aber diejenigen Mitglieder gleich betheiligt, welche nur Arbeiter geleistet haben7').' Wer von Beitragen befreit ist, empfängt Gleiches mit dem Mindestbeitragen­ den 71). Der Gewinnantheil ist das Alleineigenthum des Einzelnen, über welches er frei verfügen, welches er vererben7'), an Dritte veräußern (ce= diren), aus der Gemeinschaft herausziehen oder ihr belassen kann; die Auszahlung desielben darf er aber erst verlangen, wenn sie ohne Stö­ rung des fortgesetzten Geschäfts ausführbar ist7'). Für die Gläubiger deS Einzelnen ist dessen Gewinnantheil Befriedigungsobjekt, wobei sie den Bedingungen unterworfen sind, unter denen nur ihr Schuldner die Aus­ kehlung verlangen kann7'). Wer nicht am fallenden und steigenden Ge­ winn betheiligt ist, sondern für seine Einlage feste Zinsen erhält, ist nicht Gesellschafter, sondern Gläubiger der Gesellschaft7'). 5. Jedes Mit­ glied trägt antheilweise den Verlust und die Gefahr77). Ver­ lust ist vorhanden, wenn das mit den vereinigten Dermögenskräften Er­ worbene die Schulden und Betriebskosten nicht deckt, zu dieser Deckung ") §. 205. 244. 251. b. T. ">) §. 205. d. T. ”) §. 252. d. T- 3m gern. R. ist streitig, ob die Größe der Gewinn- und Verlustantheile sich nach der Größe der Beträge richte. Van (arithmetisch) gleichen Antheilen scheinen zu sprechen Gaj. III, 150. §. 1. J. III, 25. 1. 29. pr. D. XVII, 2. Die 1.6. 80. D. eod. dagegen lassen verhältnißmäßige ober ungleiche Antheile nur aus besonderer Verabredung hervorgehen, gilt absolut gleiche Antheile sind von äetteren Huber, Schulting ♦) §. 263—265. d. T. w) §. 266—268. d. T. Entsch. B. 12. 3. 262. Semem. IV, 31. will dem Gläu­ biger eines Gesellschafters die Besugniß beilegen, an dessen Statt Rechnungslegung zu verlangen. Aber der Gläubiger, der den Gewinnantheil seines Schuldners sich exekutivisch hat übereignen lassen, hat dieselbe Stellung, wie ein (Session«. Nach H.G.B. Art. 119. sind nur die Gewinnantheile und Zinsen de- Gesellschafter-, nicht das, was zum GesellschastSvermögen gehört, Befriedigung-objekt für die Pri­ vatgläubiger. **) §. 247. d. T. Die Zinse» dürfen nicht daS gesetzliche Maß übersteigen. Heuser 111,612. ©euffert X, 154. XIII, 248. ”) §. 255. d. T.

346

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

also die Einlagen und Beiträge verwendet werden müssen78). Daraus folgt, daß für diejenigen Mitglieder, welche nur Arbeit beitragen, der Ver­ lust in der Entbehrung eines Gewinns besteht, daß sie aber nicht ange­ halten werden können, den Verlust am Fonds zu übertragen7"). Das ändert sich, wenn ein solches Mitglied seinen Gewinn ans früheren Jah­ ren sich hat gut schreiben lassen, diesen trifft der Verlust mit80). Der Antheil am Verlust muß nicht nothwendig dem 'am Gewinn entsprechen, der Vertrag kann eine verschiedene Betheiligung bestimmen8'), aber, wo es an solcher Festsetzung fehlt, muß die Gleichheit der Verlust- und Ge­ winnantheile angenommen werden87). Die Ergänzung des Abgangs am Fonds haben im Mangel besonderer Verabredung die Mitglieder nach demselben Verhältniß zu leisten, wie bei Gründung der Gesellschaft, so daß die damals von Geldbeiträgen befreiten Theilnehmer auch jetzt solche nicht zu leisten, sondern, wenn sie den Verlust verschuldet, den Schaden zu ersetzen haben83). Daß die Theilnehmer die Gefahr, welche das in die Gesellschaft eingelegte Objekt") trifft, gemeinschaftlich tragen müssen, folgt schon ans dem allgemeinen Grundsatz, daß der Eigenthümer den Zufall trägt, denn die Genossen sind an dem eingelegten Fonds in der Regel Miteigenthümer (Note 28.). Aber auch aus dem Begriff der Gemein 78)

79)

80) 81)

8a) 83) 64)

§. 242. d. T. Zum Verlust gehört auch die Abnutzung und WerthSvcrminderung der Werkzeuge und Gerätbe. §. 243. d. T. Dazu Koch, Note 48. 1. 30. D. XVII, 2. Nach H.G.B. Art. 106. gehört zum Verlust auch die Deckung von 4 % Zinsen von der Einlage. §. 256. 257. d. T. Koch, Note 5)7. bemerkt, daß sich diese Norschrist nur aus die societas quoad usum beziehen lasse. Die Vorschrift ist aber selbst dann richtig, wenn eine societas quoad sortcra verabredet worden ist, denn auch bei dieser haben die nicht beitragenden Gesellschafter kein Miteigenthum an dem eingelegten Fonds. S. oben Note 28. Daß Koch diese Note auch in der neuesten Ausgabe des Kom­ mentars hat stehen lassen, ist mit seiner Ausführung im R. d. F. III, 624. nicht zu vereinigen. — Dangerow III. S. 488 s. und Einten iS II, 698. Anm. 27. behaupten auch bei der soc. quoad sortem, daß die operas konferirenden Mitglie der den Verlust am Fonds mit tragen, d. h. zuzahlen müssen. DaS geht aber über ihre übernommene Verpflichtung hinaus, sie würden dadurch beitragende Mit­ glieder. Oesterr. G.D. §. 1197. wie im A.L.R. §• 258. d. T. Er ist dadurch beitragendes Mitglied geworden. §. 2. J. 111,25. 1.30. D. XVII, 2. E. hierüber llnterholzner II, 384. Ban­ gero w III, 483 f. Dresden. Ann. VI, 28. Nach röm. R. kann der Antheil des Einzelnen an Gewinn und Verlust auch dem Arbitrium eines Dritten oder eines anderen Gesellschafters überlassen werden, 1. 76. D. XVII, 2. DaS Arbitrinm muß . aber unparteiisch und gerecht sein, 1. 78. 79. 80. cit. 1.6. cod. (auch der an­ dere Gesellschafter muß dabei boni viri arbitratu verfahren). DaS ist auch nach preuß. R. für zulässig zu halten. Code a. 1854. §. 3. J. III, 25. §. 255. d. T. TheUung nach Köpfen im H.G.B. Art. 109. §. 259. 26J. d. T- Nach H.G.B. Art. 92. ist kein Gesellschafter verpflichtet, die durch Verlust verminderte Einlage zu ergänzen. Hier handelt eS sich um die Gefahr, die den gemeinschaftlichen Fonds, die verei­ nigten Vermögenskräfte, also nach der Kollation, trifft. In Note 52. ist von der Gefahr die Rede, welche die einzelne Leistung vor der Kollation trifft. Momms en, Beitr. I, 410.

§. 142. Der GesellschasISVertrag.

347

schüft, die an den eingelegten Sachen besteht, ergiebt sich, daß die Ge­ fahr eine gemeinsame fein muß, wen» diese in jener ihre Veranlassung hat (quia societas coita est). Diese Gemeinschaft der Gefahr erstreckt sich jedoch nicht über den Kreis der beitragenden Theilnehmer “). Auch zeigt sich darin keine Besonderheit, daß die Gesellschafter darüber, wie weit den Einzelnen die Gefahr oder der Verlust treffen soll, Abweichendes verab­ reden : es kann der Eine die Gefahr in größerem Umfange oder allein übernehmen8S). Uebernimmt ein Gläubiger der Gesellschaft nach Verhält­ niß seines hingegebenen Kapitals einen Antheil an dem Verlust oder an der Gefahr, so kann er sich zur Ausgleichung höhere als die gesetzlich er­ laubten Zinsen bedingen8'). Er wird dadurch stiller Gesellschafter. III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter gegen Dritte. Da die Gesellschaft kein selbständiges Rechtssnbjekt ist, so stehen die ein­ zelnen Gesellschafter zusammen in rechtlicher Beziehung gegen Dritte. Die Verträge der Gesellschaft mit Dritten müssen daher von allen Theilnehmetn abgeschlossen und unterschrieben werden und sie werden durch diese als Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner (torreal) berechtigt und ver­ pflichtet; d. h. der Dritte kann gegen alle und jeden Gesellschafter feine Ansprüche richten und darf nur von Allen gemeinschaftlich belangt wer­ den 88). Aus anderen, nicht vertragsmäßigen Handlungen aber werden die M) 1. 58. pr. §. 1 D. XVII, 2. quod non fieret, nisi societas coita esset. 1. 52. §. 1. D. eod. quas secum non tulisset, nisi ad merces communi nomine comparandas proficisceretur. Geperding a. a. O. S. 291 sg. Daß Vangerow

und S inten iS auch die nicht beitragenden Mitglieder der Gefahr unterwerfen, ist oben schon erwähnt (Note 79.). Nach preuß. R. entscheiden §. 256. 257. d. T. Nach dem H.G.B. Art. 93. trägt die Gesellschaft die Gefahren, welche unmittelbar durch die Geschäftsführung entstanden, oder von derselben unzertrennlich sind. 86) 1. 29. §. 1. D. XVII, 2. §. 2. J. III, 25. Nach österr. G.B. §. 1196. darf sich ein Mitglied, welches sich Gewinn von der Einlage bedingt, nicht ganz von der Gefahr freimachen. 87) §. 248. 250. d. T. Eigentlich liegt hier kein Gesellschaftsvertrag, sondern ein Ver­ trag über ein gewagtes Geschäft vor. S. den gedruckten Entwurf II S. 596. 88j §. 230. 239. d. T. Oben B. 1. S. 328 s. 332 s. Hierdurch unterscheidet sich bauptsächlich die Erwerbsgesellschaft von andern erlaubten Privatgesellschaften (soc. mere personales^, welche zwar auch keine juristische Person sind, deren Mitglieder aber auch nicht korreal, sondern nur alle zusammen, gemeinschaftlich gegen Dritte verpflichtet sind. Entsch. B. 20. S. 333. A.L.R. II, 6. §. 12. Ueber eine Be­ schränkung der Personalexekution gegen den Bevollmächtigten der Gesellschaft j. §. 240. d. T. Koch, R. d. F. 111,636. Nach röm. R. besteht gegen den Dritlen nur eine Berechtigung und Verpflichtung der Gesellschafter pro rata (1. 11. §. 1. D. XLV, 2. 1. 9. C. IV, 2. 1. 4. pr. D. XIV, 1. 1. 44. §. 1. D. XXI, 1.), aber es war auch schon in der älteren Praxis die Ansicht aufgestellt, daß die Ge­ sellschafter auS gemeinschaftlichen Verträgen solidarisch haften, und man hat dabei unterschieden, ob die Gesellschaft noch besteht, oder nicht, im letzten Fall wurde Haft pro rata angenommen. Hellseld. S. hierüber Glück B. 15. S. 462 sg. Namentlich für die sächs. Praxis behaupten es Lind, quaest. forens. I, 20. p. 132., von Hartitzfch, Entsch. prakt. Rechtsfragen n. 204. Vergl. Senfsert X, 46. XII, 13. Die Bestimmungen des A.L.R. hängen mit seiner Theorie von der Korrealität und Gemeinschaftlichkeit zusammen. Dadurch ist aber auch nach preuß. R. die Frage erledigt, ob die Raten Viril- oder Sozietät-portionen find. 1.4.

Zweite- Buch.

348

Die besonderen Privatrechte.

Gesellschafter nicht korreal, sondern nur gemeinschaftlich verpflichtet, so daß der Dritte gegen alle zusammen klagen muß").

Sie haften auch in die­

sem Fall solidarisch, d. h. jeder zunächst auf Höhe seines Antheils mit der Verpflichtung, den Ausfall bei dem Antheil des Genossen als Bürge zu decken90).

Eine Klage des einzelnen TheilnehmerS gegen den Dritten auf

seinen Antheil ist nach preußischem Recht unzulässig, aber eine Klage des Einzelnen auf Leistung an die Gemeinschaft wird zugelassen ").

Wenn der

Geschäftsbetrieb einem oder einigen Mitgliedern von den anderen übertra­ gen ist, so verpflichten sie als Bevollmächtigte alle Mitglieder durch Ge­ schäfte, die sie im Namen der

Gesellschaft

abgeschlossen

haben");

und

ebenso wie bei dem Vollmachtsauftrage sind sie verpflichtet, das, was sie in den Geschäften der Gesellschaft erworben — auch wenn sie in eignem Namen aufgetreten sind — dieser zu überliefern ").

Gegen den Dritten,

mit welchem der bevollmächtigte Gesellschafter in eignem Namen kontrahirt hat, hat die Gesellschaft, auch kannt, wenn

wenn der Dritte das Verhältniß ge­

nur nicht Betrug vorwaltet, kein Klagerecht").

Nützliche

Verwendungen eines Dritten für die Gesellschaft verpflichten ihm die Ge­ sellschafter auf ihre Antheile am Gesellschaftsvermögeii, doch muß jeder für den Antheil des andern als Bürge haften").

»») ••) •') el) «')

Der stille Gesellschaf-

pr. 1. 44. §. 1. D. XVII, 2. Dangerow III, 492. Treitschke @. 143 Na» dkm H. G. B. Art. 112. 113. hastet jeder Gesellschafter für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch mit seinem ganzen Vermögen. Arg. §.301. d. T. 8. 238. d. T. Wegen g. 11 I, 17. Die Frage ist sür Miterben erörtert worden. Vergl. Strieth. B. 13. S. 131. §. 231. Auch wenn nicht ausdrücklich Vollmacht ertheilt worden ,s. g. vermuthet« Vollm. §. 120. 1,13.). §. 232. 233. 224. d. T. 1. 74. 38. §. 1. D. XVII, 2. Zweifel erreg« I. 67. §. 1. D. eod. Glück XV, 444. interpretirt unter Berufung ans gebet und Boet. daß die anderen Gesellschaster zwar nicht die gewonnenen Zinsen, aber Schadenersah fordern können. Novdt erklärt, der Gesellschaster behalte nur seinen Antheil an den Zinsen. Treitschke S. 4k». tritt Ersteren bei. Unterholzner 11,388. Da» Oesterr. G.B. §. 1186. verbietet schädliche Nebengeschäste Da» Deutsche H.G. B. Art. 96. 97. verbietet dem Handelsgesellschafter gleichartige Handelsgeschäfte auf eigene Rechnung und läßt solche als für Rechnung der Gesellschaft geschlossen ansehen, oder Schadenersatz fordern. Unmittelbare Stellvertretung das. Art. 114.

*4) §. 234. 235. d. T. Suarez in den Jahrb. ©.52. S. 24. Der Dritte kann aber gegen die Gesellschaft klagen, wenn diese ratihadirt hat, »der ex versione in rem. 1. 60. de R. J. 1.82. D. XVII, 2. Leyser, med. sp. 185. m. 3. Lau­ terbach , coli. XVII, 2. §. 40 f. Meviua, Comment, ad jus Lubec. III, 9. art. 5. n.20. Glück XV, 468. Thöl, Handelsrecht §. 37. S. 216. (4. A.) A. M. Bangerow 111,495 und Treitschke S. 162 f., welche die 1.82. auf ein Han­ deln im Ramm der Gesellschaft beziehen. Vergl. auch Sell, Versuche I, 46. ,s) 8- 236—238. d. T. Die nützlich« Verwendung muß für die Gesellschaft stattge­ funden haben. I. W. 1843. S. 341. Auch die nur Arbeiten beitragenden Mit­ glieder haften aus der nützlichen Verwendung. Wie übrigen» §. 237. zu erklären, ist zweifelhaft. Koch, Note43. u. R. d. F. UI, 636 s. Bornemann IV,33sg.

§. 142. Der Gesellschaft-Vertrag.

349

tcr haftet den Gläubigern nur mit seiner Kapitaleinlage, d. h. er steht, insoweit er eigentlich selbst nur Gläubiger ist, allen anderen Gläubigern der Gesellschaft nach"). IV, Beendigung. Die Gesellschaft endigt von selbst, wenn die bestimmte Zeit verflossen, wen» daS Geschäft, welches ihr alleiniger Ge­ genstand war, ausgeführt, wenn die Erreichung des Zwecks unmöglich ge­ worden, oder ihre Fortsetzung verboten, außerdem wenn sie vertragsmäßig durch die Gesellschafter aufgelöst wird"). Besonderer Hervorhebung be­ darf a. der Austritt einzelner Mitglieder"). Hier weicht das preußi­ sche Recht von dem römischen Recht ab. Zunächst theilt eS zwar mit die­ sem den Grundsatz, daß jedes Mitglied die Gesellschaft nach Gutbefinden verlassen kann, daß eine Berpflichtung, beständig oder auf unbestimmte Zeit in ihr zu verbleiben, unverbindlich ist"). Aber es schränkt diesen Grund­ satz insofern ein, als Gesellschaften, die auf bestimmte Jahre oder für ein einzelnes bestimmtes Geschäft errichtet worden, nicht verlassen werden dür­ fen vor Ablauf der Zeit oder Bollendung des Geschäfts — es wäre denn, daß der Zweck nicht ohne neue Beiträge erreicht werden könnte l0°). So­ dann löst sich nach A.i-.R. die Gesellschaft durch den Austritt Einzelner nicht, wie nach römischem Reckt auf, sondern es wird dadurch, wenn der Geschäftsbetrieb hauptsächlich aus der Einsicht und der Thätigkeit deö AuS-

"«) «')

«»)

»»)

io»)

versteht unter reu Antheilen nur die am gemeinschastlichen Fonds, nicht am Ge­ winn, und will deßhalb die nicht beitragenden, sondern nur Dienste leistenden Mit­ glieder nicht hasten lassen §. 250. d. T. §. 277. D. H.G.B. Art 123. Nr. 4- 5. I. 63. §• 10. 1. 65. pr. §. 3. 10. 1. 70. D. XVII, 2. Auch mit Eintritt der Resolutivbedingung, unter der die Gesellschaft geschlossen. I. 1. pr. O. eod. Der dissensus omninum kann auch stillschweigend erklärt werden. 1. 64. Und. §. 269-272. 289—300. d. D. D. H.G.B. Art. 123. Nr. 6. (Anskündigung bei Gesellschaften aus unbestimmte Dauer, als welche auch eine ans Lebenszeit gilt). Art 125 Auslösung aus erheblichen Gründen. Ueber die renunciatio unius socii §.4. J. UI, 25.1.14. 1.17. 5.1. 1.05 5-3. D. XVII, 2. Glück XV, 462. Treitschke S. 173. Höpsner im civil. Arch. B. 17. S. 262. Roman, über den einseitige» Rücktritt von dem GesellschastSvertrage. 1825 (dem Vers, nicht zu­ gänglich gew.). §. 269. 289. d. T. I. 14. 70. 11. XVII, 2. §. 4. J. III, 25. 1. 5. C. III, 37. Bereinigungen publizistische» Charakters sind nicht an bestimmte Zeit gebunden, ihre Zwecke sind dauernde. Ltrieth. B. 39. S. 205. — Wenn aber auch jedeMitglied zu jeder Zeit beliebig die Gesellschaft verlassen kann, so bleibt «S doch noch den anderen Mitgliedern mit der actio pro socio verhaftet. 1. 65. §. 3. D. XVII, 2. se quidcm liberare socios suos, sc autem ab illis non liberare. Aus­ nahme» davon, d. h. in denen die actio pro socio wegen »»zeitiger Renunziatio» nicht gegen ihn angestellt werden bars: I. 14. 15. 16. D. eod. 1. 7. C. IV, 37. S. Treitschke 5- 67. 67. b. Dresdener Ami. III, 396. Srussert XVI, 45. Wochenbl. für nierkw. RechtSsalle. N. F. XI. 1863. S. 55. 270. 271. d. T. Daß bei Geselllchasten auf bestimmte Zeit ohne rechtSgiltige Ursache nicht renunziirt werden dürfe, behaupteten Leyeer sp. 186. m. 5. Ber­ ger, oec. for. p. 522.

350

Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechtr.

scheidenden beruhte, den Uebrigen nur daS Recht gegeben, ebenfalls aus­ zuscheiden l0‘).

Wenn sie dies Recht nicht gebrauchen, so setzt sich die Ge­

sellschaft fort.

Dieser Grundsatz bedingt

weitere

Vorschriften

darüber,

wie der Austritt zu bewirken ist, ohne den Bestand der Gesellschaft und die Interessen der übrigen Genossen zu gefährden. tretende „bei Zeiten" sein Vorhaben kündigen"").

Darum soll der AuS-

den Anderen anzeigen, d. h. er soll

Eine bestimmte Kündigungsfrist kennt das A.st.R. hier nicht,

daS „bei Zeiten" bedeutet so zeitig, daß die Bleibenden die nöthigen An­ stalten für ungestörte Fortsetzung der Geschäfte treffen können *03).

Der

Austritt selbst ist auch nur zulässig iu einem Zeitpunkt, wo Gewinn und Verlust gegen einander abgerechnet werden können '"4).

Schon die Kün­

digung soll die Folge haben, daß sich der Ausscheidende und die Bleiben­ den über die Grundsätze einigen, nach denen ihre Auseinandersetzung zu erfol­ gen hat'"3). Hierbei ist maßgebend: für Geschäfte, welche zur Zeit der Kündi­ gung bereits begonnen waren, bleibt der Austretende bis zu deren Voll­ endung Theilnehmer der Gesellschaft, d. h. seine Abfindung wird entweder bis dahin verschoben oder er muß für seinen Antheil an dem möglichen Ver­ lust Sicherheit

leisten.

Ob das Eine oder Andere, darüber entscheiden

die thatsächlichen Umstände'"").

Geschäfte, die erst nach der Kündigung

und gegen seinen Willen unternommen werden, sind

für ihn ohne In­

teresse, er ist bei ihrem vortheilhaften oder nachtheiligen Erfolg nicht mehr betheiligt'"').

Geschäfte endlich, die er mit „beschlossen", die aber zur

Zeit der Kündigung noch nicht in Angriff genommen, sind nur insofern auch für ihn noch bindend und berechtigend, als durch ihren „Abschluß" schon Rechte und Verbindlichkeiten für die Gesellschafter begründet sind Gegenüber den Gläubiger» der Gesellschaft ist der Allstritt deS Einzelnen einflußlos: er haftet ihnen unverändert aus allen Geschäften, die ihn über­ haupt noch angehen, theils korreal, theils mit den Anderen gemeinschaft­ lich, d. h. auf seinen Antheil mit Verbürgung für die Antheile

der Ge­

nossen '"*), und wenn er seine Einlage in der Gesellschaft zurückläßt, so hat er gegen die übrigen Gesellschafter eine Klage auf seine Befreiung von

•01) §. 290. d. T. ,02) §. 291 d. T. I03) §. 293. d. T. H.G.B. Art. 124. sechs Monat vor Ablauf de« GeschSslSjabre«. l0') §. 292. 6. t. '") §. 214. d. I. Bornem. III, 278. Rote 1. Zn dem Entwurf stand §. 214. nicht, er ist in Folge einer Bemerkung von Suarez bei der Revision eingefchoben. §. 215. d. T. lto) §. 216. d. T. '") Entsch. «. 38. S- 106. Nr. 2. Dazu S. 108 f. '") Bei Koch, R. d. F. III. S. 1060. Pens. XIV. S. 25 s. >*') Koch, R. d. F. 111, 1057 ff. “*) Koch das- S. 1058. Sowohl er, als das O.Trib. und die Gesetzrevisoren sehen

§. 144. Der Bürgschaftsvertrag.

373

die Gesetzrevisoren, welche letztere ausschließlich Gewicht auf die Entstehungs­ geschichte der §§. legen,43)z übersehen mit dem Obertribunal die Haupt­ frage, welche allein entscheiden kann, nämlich ob in einem solchen Fall interzedirt wird. Sie alle setzen die Jnterzession voraus"4). Die Römer fassen daS mandatum aliena gratia nicht an und für sich als Jnterzession auf"3), es erhält noch nicht dadurch diesen Charakter, daß eS nur im Interesse des Dritten ertheilt wird: entscheidend gegen diesen Charakter ist es, wenn der Auftraggebende der Herr des Geschäfts (des Kreditgebens) bleibt, wenn zwischen dem Beauftragten und dem Kre­ ditempfänger eine Obligation, ein Klagerecht nicht entsteht, so daß eS also ein Schuldverhältniß weder schon giebt, noch auch ein solches entnicht nur in den §. 213. 214., sondern .auch in den §. 215 f. daS Institut des mandatum qualificatum. letztere sagen gradezu: beide Falle enthalten einen Auftrag zum Besten eines Dritten auf Gefahr des Auftragenden. DaS ist aber für den Fall in §. 215. entschieden unrichtig; hier ist die Gefahr deS Auf­ tragenden nicht im Spiel, sondern er ist der wirkliche Hauptschuldner. DaS O.Trib. argumentirt: Auch im Fall des §. 215. entstehe zwischen dem Kreditgeber und dem Empfänger eine Obligation, weil nicht anzunehmen sei, daß daS A.L. R. vom rörn R. hier habe abweichen wollen. Das folge aus der Stellung des §. 215. im 14. Titel. Das ist nicht schlüssig, denn nach dem Inhalt des §. 215. 216. ist daS Kreditiren auf Rechnung emeS Auftraggebers nur deßhalb hier erwähnt, um es von dem Ärebitiren auf Gefahr des Aitftragendeu (dem eigentlichen mand. qualif.) zu unterscheiden, sonst ließ sich die Gegenüberstellung mit §. 213. nicht erklären. Und gerade diesen richttgen Gesichtspunkt hat das O.Trib. selbst wieder in einer anderen Entsch. (B. 48. S. 87. Strieth. B. 44. S. 345.) ausgesprochen! Geht aber das O.Trib. auch bei §. 215. von der Annahme einer Interzefsion aus, so konnte es nicht die Nothwendigkeit der schriftlichen Form durch Be­ rufung aus §. 156. 165. 1. 5. beseitigen, denn der Mandator hat, waS Koch rich­ tig hervorhebt, nichts erhalten, was er erstatten oder vergütigen könnte, und ein zweiseitiger Vertrag, bei welchem die einseitige Erfüllung zur anderseitigen Er­ füllung oder Restitution verpflichtet, liegt nicht vor. 14*) Im Entwurf fehlte §. 214.; auf 213. folgte 215., und deßhalb sagen die Reviso­ ren, habe sich daS Wort „schriftlich" in 213. „beinahe von selbst" (?) auch aus 215. bezogen! 144) So sagen die Revisoren: ich bin nicht verpflichtet, die auf den Grund meiner münd­ lichen Erklärung mit einem Dritten geschlossenen Verträge zu genehmigen. Wer sagt denn aber, daß im Fall des §. 215. der Beauftragte mit dem Dritten einen Vertrag abschließen soll. Er soll ihm Geld oder Waaren hingeben und dadurch den Auftrag de-Andern ausführen — weiter nichts. Koch ©. 1057 nimmt auch Jnterzession an, wenn „ohne alles Vermögensinteresse deS Interzedenten" (d. h. des ManvatorS) der Kreditauftrag gegeben wird. Wie aber, wenn der Mandator dem Dritten mit dem zugewendeten Kredit schenken will? 145) Das mandatum aliena gratia (u*) Titii negotia gereres, ut Titio fundum emeres, ut pro Titio fideijubeas) ist keine Jnterzession für TitiuS, und erzeugt keine Obliga­ tion des TitiuS gegen den Mandatar. Zimmern a. a. O. S. 255. f. Sintenis a a. O. ©.83. §. 3. J. 111,27. 1.2. §.2. D. XVII, 1. Aber das decem eredere Titio mandatu meo in 1. 13. D. XLVI, 1. vergl. 1. 7. 18. C. IV, 35. giebt dem pecuniae actor, dem beauftragten Darlehnsgeber eine Kondiktion gegen TitiuS, den DarlehnSempfänger, und die a. mand. contr. gegen den Mandator, weil hier ein DarlehnSgeschäst zwischen dem Beauftragten und dem Dritten abgeschlossen worden ist. Dies Darlehn steht wegen des Auftrags auf Gefahr des MandatorS, der also accessorisch wie ein Bürge, und seit der Nov. 4. auch nur subsidiarisch wie ein solcher haftet. DaS sind die Fälle, die das A.L.R. in §. 213. d. T. erwähnt, nicht die

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Zweit«» Buch. Die besonderen Privatrechte.

steht, in welches der Auftragende eintreten kann'"). DaS wesentliche Moment des Accessorischen fehlt dann,, und das drückt das A.L.R. bestimmt genug dadurch aus, daß es den Auftragenden als Hauptschuldner aus dem Mandat bezeichnetU7). Zwar kann auch der Kreditempfänger Schuld­ ner des Beauftragten werden, z. B. wenn sich dieser von jenem einen Schuldschein ausstellen läßt""), aber dann hat der Beauftragte zwei Schuld­ ner aus verschiedenen Rechtsgründen auf dasselbe Objekt nebeneinander (Solidarität), er hat die Wahl, welchen er in Anspruch nehmen will, kei­ ner haftet für den andern, keiner von ihnen ist der accessorische oder Nebenschuldner im Verhältniß znm andern. Deßhalb auch keine BorauSklagung, keine durch daS Gesetz sich vollziehende Klagabtretung'"). Fehlt eS aber an der Jnterzession, so rechtfertigt sich der Satz, daß der münd­ lich ertheilte Auftrag verbindlich macht'").

147)

ms)

»")

I5°)

aus §. 215., die sich nur auf das mand. aliena gratia Simplex beziehen. S. oben §. 141. Note 20. 21. §. 217. d. Lit. läßt zwischen dem Auftragenden und dem Empfänger des Kredits ein Mandatsverhältniß eintreten, so daß der Erstere gegen den Letzteren die a. mand. contr. habe. Das ist aber nicht nothwendig und nicht immer der Fall und setzt doch voraus, daß der Kreduempfänger den Ersteren mit der Berschafsung eme6 Kredits beauftragt hat. Fehlte dieser Auftrag, so wäre bei aus­ geschlossener Schenkungsabsicht die Klage aus der Geschäftsführung anzustellen. Eine Jnterzession wäre aber nur dann denkbar, wenn zwischen dem Beauftragten und dem Empfänger eine Obligation entstünde. Das tritt im Fall des §. 215. s. nicht ein, denn wenn es auch heißt, daß der Beauftragte dem Dritten kreditirt so folgt aus diesem Wort noch (ein Klagerecvt des Beauftragten gegen den Dritten DaS O. Trib. S. 109. entnimmt zwar grade hieraus ein Moment für die Zmer> Zession, da der Hauptschuldner einen Nebenschuldner vorallSsetze. Es wäre aber doch sehr wunderbar, wenn der accesiorisch Verpflichtete als Hauptschuldner und der prinzipal Verpflichtete al« Nebenschuldner gelten sollte. §. 215. will nichtanderes ausdrücken, als daß der Mandant Al!einschuldner ist. Sobald er nur accesiorisch verpflichtet sein soll, steht das Verhältniß nicht mehr schlechtweg auf seine Rechnung, sondern auf seine Gefahr, und dann gehört es unter §. 213. d. T. Bergt, oben diote 29. Entsch. B. 38. S. 105. N. 1. Dazu S. 107. s. (vergl. dazu Entjch. B. 48. S. 90. a. E.). Das App (Ser. Insterburg hatte angenommen, daß durch Empfang des Schuldscheins das Auftragsverhältniß zwischen dem Mandator und Mandatar aufgehoben sei. Diese Ansicht ist vom Standpunkt des §. 215. f. nicht unrichtig, und ist vom O. Trid. nicht widerlegt worden. S. nächste Note. Das O.Trib. a. a. O. S. 110. argumeutirt anders, indem es behauptet, daß, da der Beauftragte nach §. 215. f. schon aus dem Gesetz eine Klage gegen den Empfän­ ger neben der Klage gegen den Mandator habe, er die letztere nicht dadurch verlieren könne, daß er sich die erstere noch durch einen Schuldschein sichern lasse. DaS wäre wohl wahr, wenn er eine Klage gegen den Empfänger hätte — da­ war aber erst zu beweisen. DaS Resultat wäre also: die z. 215. f. sind neben ,§. 213. nur deßhalb erwähnt, um durch ihre Gegenüberstellung klar zu machen, daß ein Auftrag auf Gefahr eine Art Verbürgung, da- gemeinrechtliche mandat. qualific., sei, der Auftrag aus Rechnung aber nicht damit verwechselt werden darf, sondern al- mand. Simplex aufzufassen sei. Im ersten Fall (§. 213.) wird zwischen dem Beauftragten und dem Dritten ein Vertrag errichtet, für dessen Erfüllung der Mandator accesiorisch und subsidiarisch hastet; im zweiten Fall -§. 215.) fehlt e- an diesem Vertrage,

$. 144.

Der Bürgschaftsvertrag.

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Weder Verbürgung noch qualifizirteS Mandat bietet den Klagegrund, wenn Jemand schriftlick einen Kreditsuchenden wider besseres Wissen oder auS grobem Versehen als sicheren und ehrlichen Mann empfiehlt, oder gar zur Täuschung Anderer mit ihm Scheinverträge schließt, um ihm Kre­ dit zu verschaffen"').

Hier ist die Arglist, daö grobe Versehen selbstän­

diger Klagegrund (a. doli).

Wenn sich die Klage auf Betrug gründet,

geht sie auf Ersatz allen Schadens (vollständige Genugthuung)"'); wenn sie sich auf grobes Versehen

stützt, darf doch der Beschädigte nicht auch

in leichtsinnigem Vertrauen auf die Empfehlung eingegangen sein, d. h. er muß nachweisen, daß Momente die Empfehlung unterstützten, denen er vernünftiger Weise Glauben schenken konnte'"). Wenn das Ä.L.R. sagt, daß der, welcher solche Empfehlung giebt, „als Bürge" verantwortlich sei, so wird dadurch nur ausgedrückt, daß der Empfehlende subsidiarisch haftet. Am Schluß der Lehre von der Bürgschaft ist ein Rechtsinstitut im Zusammenhang näher zu erörtern, welches nur den Charakter einer posi­ tiven Rechtssatzung hat, aus der Natur der Bürgschaft nicht folgt, deßhalb anch im gemeinen und preußischen Recht, obgleich beide wesentlich von ein­ ander abweichen, zahllose Streitfragen erzeugt hat und den Bedürfnissen des

heutigen

Verkehrs

Frauen'").

durchaus

widerspricht:

die Bürgschaft

der

So verschieden auch die Vorschriften des A.L.R. von denen

des römischen Rechts sind, so sind jene doch durch Vermittlung der ge­ meinrechtlichen Praxis aus den letzteren erwachsen, eS muß daher auch auf diese eingegangen werden.

Das älteste römische Recht verbot nur den

Ehefrauen, für ihre Männer zu interzediren'").

Das Bellejanische Se-

Obligation cs fcminarum, quae pro aliis reae fierent, es versagte ihnen jedes Klagerecht, cum eas virilibus officiis natuSkonsult verbot alle

der Mandator hastet allein dem Beauftragten. Ob nun aber gerade in dem ein­ zelnen Fall die Worte „auf meine Gefahr" oder „auf meine Rechnung" gebraucht sind, kann nicht allein entscheiden, da cö immer aus daS qaod actum est ankom­ men muß. Entfch. B. 21. S. 98. Da im Fall des &. 215. eine Interzession nicht vorliegt, so kann auch eine Frau ohne Lertioration einen solchen Auftrag ertheilen. Entfch. B. 48. S. 87. 18‘) §. 209. 210. d. T. Anh. §. 47. Vergl. hierzu die parallelen Bestimmungen §. 217. 218. 222. I, 13. Präj. 1515. (Samml. I, 82.)

,52) §. 212. d. T. 1M) §. 211. d. T. Strieth. B. 55. S. 1. 65. Preuß. Anw.Zeit. v. HinschiuS 1864. e. 351. I54) §. 221—244. d. T. Siewert, Materialien), wiffenfch. Erkl. der neuesten preutz. Landesgesetze. 1800. Hst. 1. S. 41 (enthält keine Aufklärung), v. Kamptz, Iahrb. B. 41. S. 50. a. E. f. und B. 27. S. 158 (enthält einen Rechtsfall aus einem Dokument v. I. 1790.. Schütz in der jur. Wochenschr. 1840. S. 159. Refkr. v. 31 Okl. 1840 im I.M.Bl. S. 344. Koch, R d. F. in, 1064 sg. Für röm. und gemeines R. f. besonders die übersichtliche Darstellung von Bangerow Hl» 162 fg. und die daselbst angeführten Monographien. i»8) 1. 2. pr. D. XVI, 1.

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Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

fungi et ejus generis obligationibus obstringi non sit aequum 156).

Wäre man hierbei stehen geblieben, so hätte der Satz keine erheblichen Zweifel dargeboten, man hatte nur im einzelnen Fall zu prüfen gehabt, ob eine Frau eine Obligation eingegangen wäre, durch welche sie pro alio rea facta '”). Die fideijussiones und mutui dationes pro aliis hob das SenatuSkonsult ausdrücklich hervor. Klar war hiernach, daß den Frauen solche Geschäfte verboten wurden, weil man annahm, daß sie dazu persön­ lich nicht befähigt seien ""), und daraus mußte sich ergeben, daß die Frau nicht ans den 'Schutz, den ihr das SenatuSkonsult bot, verzichten durfte, weil sie sich die ihr fehlende Fähigkeit nicht selbst geben konnte,5ä). Klar war ferner, daß solche Fälle, wo die Frau nicht Schuldnerin für einen Andern wurde, wo sie nicht eine künftige Erfüllung für Jemand über­ nahm, der erster Schuldner bleiben sollte, sondern wo sie für ihn zählte""), wo sie ihm schenkte, wo sie in eignem Interesse das Geschäft abschloß (si suutn negotium gerit), d. h. wenn sie sich selbst dadurch von einer Ver­ bindlichkeit befreite oder wo ihr der Vortheil aus dem Geschäft zufiel"'), wo sie überhaupt einen Bermögensnachtheil nicht erlitt'"), von dem Ver­ bot nicht getroffen wurde, denn hier fehlte es überall an der Jnterzession. Das Verbot fiel aber auch in Fällen wirklicher Jnterzession weg, wenn die Frau arglistig verfahren'"), wenn der Gläubiger getäuscht wurde'"), wenn er selbst minderjährig war'"), oder sich darüber, daß die Frau als Bürgin auftrete, in entschuldbarem Irrthum befand'"), und vermöge eines Gebots JustinianS, wenn sie pro liberale oder pro dote interzedirte'"). '") 1. 2. §. 1. eod. o bei Lau­ terbach, coli. XVI, 1. §. 24. Stryck, us. mod. XVI, 1. §. 23., derselbe hat eine eigene Dissertation de certioratione jur. renunciandorum geschrieben, Ley­ ser med. III, 170. m. 3. J. H. Böhmer, diss de efficaci mulierum intercessione c. 2. §. 19. n. ttt. Vergl. Glück B. 15. S. 41. Scheplitz, constitut. Brandenb l, p. 186. n. 7. II, p. 67. Koch, R. d. F. III, 1071. Im C. C. M. II, 2. S. 111. und bei Rabe B. 13. S. 26. Darüber s. Suarez (v. Kamptz B. 41. S. 51. ad 1.). §. 221. 222. d. T. Suarez (v. Kamptz Bd. 41. S. 51.) meinte, eS fei genug, wenn der Frau die rechtlichen Folgen und Wirkungen der Bürgschaft gehörig be­ kannt gemacht würden. Wenn sie gleichwohl die Bürgschaft übernehme, so könne sie imbeoillitatem sexus nicht mehr vorschützen. Nach §. 308. muß die Frau auch darüber besonders certiorirt werden, wenn sie der Wohlthat der VorauSklagung entsagt. Dem österr. bürgert. Gesetzb. (§. 1349.), dem Code, dem deutschen HandelSges.B. und dem sächs. Civilges.B. sind die Beschränkungen der Frauenbürgschasten unbe­ kannt. In einzelnen Ländern ist die exc. Scti Veil, aufgehoben. Der in Preu­ ßen gemachte Versuch, eine Aufhebung herbeizuführen (Reskr. vom 31. Okt. 1840. I.M.Bl. S. 344), ist bis jetzt leider ohne Erfolg geblieben, S. das in vor. Note alleg. Reskr.

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Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Formvorschrift ist, oder ob die Unfähigkeit der Frau zu einem solchen Ge­ schäft durch die Belehrung gehoben werden soll'"). Es ist anzunehmen, daß daS Letztere eigentlich gewollt worden'"): durch eine erschwerte Form, insbesondere durch die Belehrung sollte die in der Leichtfertigkeit der Frauen begründete Unfähigkeit für jeden einzelnen Fall beseitigt werden. Darum hat die Belehrung bei einer früheren Verbürgung keine Wirkung auf eine spätere Bürgschaft""). Sodann ist vielfach in einzelnen Fällen zweifel­ haft geworden, ob sie unter diese Vorschrift gehören. Das A.L.R. sagt: die gerichtliche Belehrung ist immer nöthig, wenn die Frau die Verbind­ lichkeit eines Anderen für den Fall übernimmt, daß er sie nicht selbst er­ füllt und überhaupt bei allen Geschäften, durch welche die Frau für den Fall, daß ein Anderer seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, „zu Gunsten des Berechtigten gewisse Nachtheile übernimmt, oder gewissen Vortheilen ent­ sagt'")." Hiernach kann das wenigstens nicht zweifelhaft sein, daß Ex­ promission, soweit sie Jnterzession ist, Bürgschaft, qualifizirteS Mandat (Kredit auf Gefahr)'""), Prioritätseinräumungen'"- hierher gehören. Ebenso gewiß gehört nicht hierher, wenn die Frau für einen Anderen zahlt, ihn durch Erfüllung von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn sie sich selbst durch die Uebernahme von einer eignen Schuld befreit, oder ihr jene schon gesetzlich obliegt'"'), wenn sie zu Gunsten eines Andern auf ihr Recht ganz verzichtet, also nicht eine subsidiäre Verbindlichkeit eingeht'""), wenn 'M) Koch, i)i. b. F. III, 1075. Die» zeigt sich auch in den bei Simon, Rechtspr. B. 2. S. 145 s. mitgetheilten Erkenntnissen. ,8r) Das folgt au« §. 254. 256. d. T. *88) $• 238. d. T. Gutachten der Ges.Komm. v. 28. Nov. 1786. (in Klein» An­ nalen B. 1. S. 293.'. 186) §. 228. 229. d. T. '"") Aus §. 213. 1. 6. D. XVI, 1. Nicht aber bei dem Kreditanstrag aus eigene Rech­ nung nach §. 215 d. T. Da« O.Trib. (Emsch. Bb.48. S. 87. Strieth. B. 44. S. 345.) hat hiernach richtig entschieden, wenngleich e« mit Unrecht in §. 215. da» mand. qualific. erblickt. Durch ein Mandat kann unter Umständen ein« Lerbllrgung verdeckt werden. S. Gruchot in der Arn»b. jur. Monatschr. B. 1. S. 397. tz. 230. d. T. Da« setzt voran», daß der Fra» die Hypothek an einem fremden, nicht am eigenen Grundstück zugeht. Reskr. 16. Dez. 1831. bei Kamptz, Iahrb. B. 38. S. 389. Die Seiften eine« Theil« der Hypothek mit. dem Borzugsrecht vor dem Uederrest derselben ist keine inierzedirende Prioritätseinräumung. S. Ergänz. 5. A. I, 643. Nr. 5. Wohl aber die Psandbestellung sür eine fremde Schuld, die zwar an sich nicht Imerzeiston,abek doch die Uebernahme eine« künftigen Betmögensnachtheil«, einer Belastung ist. Oben Note39. Strieth. B. 12. S. 243. B. 36. S. 329. Inr. Wochenschrift XII, 145. 351. Ferner die Uebernahme einer Korrealverbindlichkeit, soweit die Haftung der Frau über ihren Antheil an der Gegenleistung hinaurgeht. Entsch. Bd. 11. S. 42. *••) Bornem. III, 303. Strieth. B. 11. S. 52. '«->) |. 231. d. T. Bergl. die Reskr. vom 19. Febr. 1802 (Rabe VII, 51.) und v. 26. Nov. 1840. (J.M.Bl. S. 396.): hiergegen Eberty in der jur. Wochenschr. 1839. S. 593.

§. 144. Der Bürgschaftsvertrag.

381

aus dem Geschäft ihr persönlich ein Vortheil zufällt, soweit dieser reichtm). Auch ist es keine Jnterzession, wenn die Frau zu Gunsten eines Andern sich aus einem selbständigen Rechtsgrunde (also nicht accessorisch) verpflicht tetm). Endlich nicht, wenn sie eine Erbschaft ohne Vorbehalt annimmt und sich dadurch für die Nachlaßschulden verpflichtet'"). Zweifel können nur dadurch entstehe», daß, wie Koch mit Recht hervorhebt'"), das Ent­ sagen von Vortheilen keinen RechtSbegrisf fixirt; aber diese Zweifel werden sich beseitigen, wenn man festhält, daß der Vortheil eine Berech­ tigung sein muß und diese soweit aufgegeben wird, als nöthig ist, damit ein Anderer in der Befriedigung seines Anspruchs durch diese Berechti­ gung nicht gehindert werde. Dies Aufgeben von Vortheilen setzt also vor­ aus, daß der Andere und die Frau Rechtsansprüche an denselben Schuld­ ner oder an dasselbe Vermögensobjekt haben, daß der Rechtsanspruch der Frau ohne die Entsagung dem des Andern vorgehen würde, und daß sie ihr Recht nur zu Gunsten dieses Andern aufgiebt, im Uebrigen aber es sich bewahrt — also noch die Hoffnung behält, trotz der Entsagung doch zu ihrer Befriedigung zu gelangen. Denn grade diese Hoffnung soll nach dem Grundgedanken des ganzen Instituts das die Leichtfertigkeit der Frauen Provozirende sein. Im Uebrigen mag darüber, wie der Richter die Belehrung zu ertheilen hat, wie dabei das Protokoll abzufassen ist, auf die peinlichen Vorschriften des A.L.R. verwiesen worden'"), sie bieten wissen­ schaftlicher Erörterung keinen Gegenstand. DZit Recht aber nennt Koch die Bestimmung, daß es der Belehrung nicht bedürfe, wenn die Frau zu Pro­ tokoll erklärt, daß ihr die rechtlichen Folgen der Bürgschaft bekannt seien — die sie in ihrer Erklärung ausführlich vortragen muß'") — abwegig'"). Es kann zweifelhaft fein, ob aus der unterbliebenen Belehrung der Frau eine Einrede zusteht, weil es offenbar zur Begründung der Klage gehört, daß die Bedingungen der Giltigkeit der Bürgschaft angeführt werden, ihre Beobachtung auch schon aus der Urkunde selbst sich ergeben muß. Allein ,M) §. 240. 241. d. T.

”5) »•) 19T) 199)

20°)

„Nach Höhe," „soweit," also nicht ein aliquid reicht au«, um die Frau auf Höhe der ganzen Summe verbindlich zu machen, wie nach 1. 23. pr. C. IV, 29. Gleichgiltig ist, ob die Frau zur Zeit der Klage sich noch im Be­ sitz des Vortheils befindet. §. 242. d. T. Strieth. B. 37. S. 59. Z. B. Entsch. B. 46. S. 107. Strieth. B. 42. S. 272. Schles. Anh. V, S. 335. Nr. II. R. d. F. III, 1079. §. 222—225. d. T. Vergl. hierzu Präj 1384 (Sammt. I, 83.). Entsch. Bd. 17. S. 239. RechtSsälle B. 4. S. 348. Anh. §. 48., entnommen aus dem Reskr. v. 29. Sept. 1800 Bei Rab e VI, 261., welches es für völlig gleich erklärt, ob eine Frauensperson gerichtlich belehrt worden. oder ob sie durch eignen Vortrag vor Gericht Bewiesen hat, daß sie kei­ ner Belehrung bedürfe. Entsch. Bd. 17. S. 239. R. d. F. III, 1082. a. E.

Zweite» Buch.

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Die besonderen Privatrechte.

da unter Umständen Frauen keinen Anspruch auf die Belehrung haben (HaudelSfraueu, oder wenn Deckung gegeben ist), so ist diesem Rechtsmittel der Charakter eines Einrederechts beizulegen""). Es ist vererblich, wenn nicht die Frau in ihrem Testament die Erfüllung der Bürgschaft angeord­ net, was alS Dermächtniß für den Gläubiger aufgefaßt wird""). Die Wirkung der Einrede ist, daß die Bürgschaft „ohne rechtliche Wirkung" ist, späteres Anerkenntniß ohne Belehrung macht sie nicht giltig und trotz­ dem ist die Kondiktion ausdrücklich versagt""). Das zeigt, wie unklar das Wesen dieses Instituts aufgefaßt worden ist. Abweichend vom römischen Recht findet die Einrede auch statt gegen persönlich unfähige Gläubiger,04). Noch ein Punkt bleibt hier übrig. DaS bisher Erörterte bezog sich auf selbstständige Frauen4"). S. * Für * Ehefrauen hat daS neueste römische Recht wieder besondere Vorschriften, nachdem eS schon vor dem SenatuSkonsult deren gegeben, die durch dieses vermöge seiner allgemeinen Fassung beseitigt worden waren'"). DaS A.L.R. schließt sich zwar an jene neue­ ren Vorschriften an, verallgemeinert sie jedoch ungehörig und weicht in an­ derer Hinsicht wieder erheblich ab. Die authent. ei qua mulier fnovella 134. c. 8) verbietet, daß Ehefrauen für ihre Männer sich verbind­ lich machen, nisi manifeste probetur, quia pecuniae in propriam ipsius mulierie utilitatem expensae sunt. Hiernach ist jede Verpflichtung der Frau für ihren Mann nichtig, mit alleiniger Ausnahme, wenn daS dadurch Er­ langte zu ihrem Nutzen verwendet werden soll, und wirklich verwendet wor­ den ist, eine Ausnahme, die garnicht unter den Begriff der Jnterzession fällt, und daher zu ihrer Giltigkeit auch nicht der Forni der Frauenbürgschast bedarf""). DaS Verbot greift insofern weiter wie daS SenatuSkonsult, als die Frau auch nicht in der Art für den Mann sich verpflichten darf, daß sie demselben dadurch schenkt'") oder dabei ihr eigenes Geschäft besorgt. Dian hat ferner die Authentica, wiewohl nicht unbestritten. *••) Förster, Kl. und Einr. 6.443. Da« O.A.G. München (Bl. f. R.A. Bd. 10. S. 30.) bat ausgeführt, daß die geschehene Certioration zur Klagdegründuag ge­ höre und vom Kläger nachgewiesen werden müsse. Mt) §. 235. 236. d. T. Natürlich hat die Erbin de» Bürgen die Einrede nicht. §. 237. d. T. ,M) §. 226. 244. 243. d. T. Suarez, Schlusirevision. Jahrb. B. 41. S. 51. erklärt di« Kondiktion im röm. R. für inkonsequent, weil, wa» ex oblig. natur. geleistet, nicht kvndizirl werden könne. sw) §. 234. d. T. Als» auch gegen den minor, ander« nach 1.12. D. IV, 4 SM) Darum bedarf e« nicht der Certioration, wenn eine Tochter in väterlicher Gewalt mit der Autorität de» Bater» sich verbürgt. Entsch. B. 40. S. 128. SM) 1.2. pr. §. 1. D. XVI, 1. Bangerow III, 179. Anm. 3. »«’) Ueber da» in propriam ipsius utilitatem s. Seussert I, 215. VII, 179. 180.

XII, 272. s«8) Bangerow S. 180. 181. ($8 sind in der gemeinrechtlichen Praxi» Übrigen» auch hier dieselden Streilsragen, wie bei der Bürgschast der Frauen überhaupt ven-

§. 144. Der Bürgschaftövertrag.

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in der gemeinrechtlichen Praxis auch darauf bezogen, wenn der Mann und seine Ehefrau sich gemeinschaftlich in derselben Urkunde verpflichten, beson­ ders auf Schuldscheine über empfangene Tarlehne, indem angenommen wurde, daß hier die Verpflichtung der Frau für ihren Mann durch die gemeinschaftliche Unterschrift verdeckt werden sollÄ09). Das A. L. R. hat diese Praxis**10), obgleich sie in der Konkurs- und Hhpothekenordnung v. 4. Febr. 1722 §.47.48. ausdrücklich verworfen worden*"), nicht allein wieder aufgenommen, sondern über das Verhältniß der Eheleute, das sie allein rechtfertigen konnte'"), ausgedehnt auf selche Fälle, wo die gemein­ schaftlich mit einem Manne unterschreibende Frau nicht dessen Ehefrau ist. ES stellt allgemein die Vermuthung auf, daß der Mann Hauptschuldner, die Frau Bürgin fei213). Daraus muß folgen, daß die Frau nicht ver­ pflichtet ist, wenn nicht der Schuldschein in gerichtlicher Form ausgestellt ist und nicht die Belehrung des Richters enthalt*"). Diese ist nöthig, die Frau mag der Vermuthung, daß sie sich nur verbürgt habe, wider­ sprechen oder nicht*"). Die Vermuthung tritt immer auf die ganze Lei­ stung ein bei einseitig verpflichtenden Schuldscheinen, bei solchen über wechselseitige Verträge aber nur für den Theil der Leistung, für welchen

tilirt, und die gerichtliche (Sertioratien mit Verzicht ist zugelassen worden. Ueber die vorlandrechtliche Praxis in Preußen j. v. Kamptz B. 27. S. 160. Koch, N. d. F. HI, 1084.fg. (Shrtauner gebt auf diesen Punkt gar nicht ein. Spangenberg in der Zeitschr. f. Eiv N. u. Proz. G. 2. S. 47 f. u. Hofmann ebenda B. 14. S. 266. Vangerow S. 181. 2b. Für die Vermuthung der Bürgschaft haben sich ausgesprochen Lauterbach coli. XII, 1. §.6. Stryck, usus mod. XVI, 1. H. 6. Claproth, jurispr. hermeneut. p. II. §.171 in f. §. 178. §. 243 in f. Leyser, sp. 169. m. 3. Str üben, recht!. Bed. 1. Nr. 76. Coc* ceji jus contr. XVI, 1. qii 6. Dagegen J. H. Böhmer diss. cit. 111, 3. Kind, quaest. for. III, 112. Carpzov, jur. for. II, 16. des. 4. nr. 4. Walch, contr. sect. 3. c. 4. raembr. 2. sub sect. 2 §. 1., auch schon Don ellus XII, c. 29. §. 20. S. Glück B. 12. S. 62. und v. Kamptz B. 27. S. 166 sg. Seussert XIII, 143. XVII, 38. ai°) Bergl. den RechtSfall bei v. Kamptz B. 27. &. 164 *u) Ruhr. Xm, 26. „Die Frauenspersonen, wenn sie nicht für sich selbst allein, son­ dern mit einem Andern zugleich einen Schuldschein ausstellen, müssen der RechtSwohlthat absagen." Hier ist nicht zu übersehen, daß die Stelle sich nicht bloß aus Ehefrauen bezieht. m) Koch, R. d. F. III, 1085. 4ia) §. 232. d. T. Bei Eheleuten gilt diese Vermuthung selbst wenn fie in Güterge­ meinschaft leben. Präs. 1764 (Sammt. I, 84.). Auch wenn der mitunterschriebene Mann persönlich unfähig ist, wird die Frau nicht Selbstschuldnerin. Strieth. B. 13. S. 74. 314) §. 233. d. T. Entsch. B. 11. S. 33. Pl.Beschl. Die Literatur hierüber, und die älteren Entscheidungen s. in den Ergänz. 5. A. 1, 646. Note 1. Die Belehrung kann natürlich auch hier nach dem Anh. §. 48. unterbleiben t15) Denn die Fron certiorirt worden und der Vermuthung nicht widerspricht, so haftet sie als Bürgin; wenn sie certiorirt worden und der Vermuthung entsagt, und auch über diese Vermuthung belehrt worden, so haftet ste als Hauptmitschuldnerin. Koch, R. d. F. III, 1089. Komm. Note 58.

384

Zweite- Tuch. Die besonderen Privatrechte.

die Gegenleistung nicht an die Frau, sondern an den Mann fällt, weil sie hier für die Leistung deS Mannes haften müßte "*). Gestattet ist dem Gläubiger der Gegenbeweis, daß die Frau Mitschuldnerin geworden'"), der besonders dann geführt ist, wenn festgestellt wird, daß das Empfan­ gene in ihrem Nutzen verwendet ist""). Sie kann auch durch den Inhalt der Urkunde ausgeschlossen werden, wenn dieser ergiebt, daß die Frau auf einen Theil, der Mann auf den andern Theil Schuldner ist'"), oder, wenn beide Eheleute sind, daß die Frau Alleinschuldnerin ist und der Mann nur ihre Schuld genehmigt'"), — nicht aber in der Art, daß die Frau auf das Ganze Schuldnerin und der Mann dafür Bürge sein soll'"). So hat sich über dieses Gesetz die Praxis jetzt festgestellt. Für die Ver­ pflichtungen oder Entsagungen aber, welche Ehefrauen während beste­ hender Ehe für ihren Mann übernehmen, begnügt sich daö A. L.R. nicht mit der Belehrung des Richters, sondern verlangt außerdem noch die Zu­ ziehung eines rechtskundigen Beistandes für sie"') , und endlich bei Ber2,tt) Emsch. B. 11. Z. 33. Pl.Beschl und eine Anwendung davon in Entsch. B. 26. S. 273. Strieth. B. 11. 337. Die Fassung des Plenarbeschlusses ist übri­ gens zu weil und zu allgemein. S. Kcch, tivnim. Wote 57. >u §. 232. (3. A. B. 2. S. 285. Abs. 2). m) Strieth. B. 11. S. 322. u*) Strieth. B. 23. S. 49. 219) Gej.Revis. XIV, 33. Koch, R. d. F. 111, 1086 A. M. Bornen,. 111, 307. Was jetzt Koch im .st o mm ent. Note 57. zu §. 232. aus den Materialien ausführt, beweist doch nicht dagegen, daß die Frau aus ihren bestimmten Antheil als Hauptschuldnerin angesehen werden darf. 22°; Entsch. B. 20. S. 246. B. 40. S. 131. 50.48. S. 101. Strieth. B. 32. S. 77. Bergt. Koch, R. d. F. III, 1088. Mote36a. ,SI) Reskr. v. 12. April 1830 (Iahrb. B. 35. 5. 269). Koch, R. d. F. III, 1086. Die ältere gemeinrechtliche Praxis war allerdings dagegen, und tu sofern hat Bornem. III, 307. Recht. m; §. 343. 344. II, 1. Auch bei Eingehung einer Gesammtverpflichtung der Frau mit dem Mann. Präj. 1545. Pl.Beschl. (Sammt. I, 83. Entsch. B. II, S. 33.). §. 221. 232. d. T. Für den rechtskundigen Beistand können auch andere „vernttnstige, erfahrene, in den Geschäften des bürgerlichen Lebens nicht ungeübte Männer" zugelassen werden, aber nur an Orten, wo es an rechtskundigen Bei­ ständen fehlt. Anh. §. 75. (entlehnt aus dem Reskr. v. 17. Nov. 1794. N. C. C. IX, 2441. und aus §. 16b. II, 3. A.G.O.). Bergt. Praj. 587. (Sammt. I, 141.). Auch hier macht der Anh. §.48. die Belehrung überflüsfig. Simon, RechtSspr. B. 2. S. 266. Die Zuziehung des Beistandes ist ein Rest der GeschlechtSvormundschaft. Der Beistand darf nicht selbst bei dem Geschäft betheiligt sein. Seusfert VII, 17. EentralBl. 1838. S. 224. Strieth. B. 14. S. 61. Ueber die Art, wie die Zuziehung des Beistandes in dem Protokoll zu konstatiren, f. das. B. 57. S. 239. Die vorlandrechtliche Praxis in Preußen verlangte auch schon bei Bürgschaften der Ehefrau gerichtliche Form, Zuziehung eines Kurators, Lertioration. v. Kamptz B. 27. S. 160. — Soll sich bei einer gütergemeinjchaftlichen Ehe die Frau persönlich verbindlich machen für die Schulden des Man­ nes, so bedarf t6 der Eertioration. Schles. Arch. VI, 542. Nr. III. Nach gern. R. findet bei solcher Ehe die Berusung auf Nov. 134. c. 8. nicht statt. Seusse rt IV, 46 (Rev. u. Kass.H. Berlin). Verbürgung eines in G.G. lebeudeu Ehe­ manns verpflichtet auch deffen Frau: das. V, 22. Anfechtung der gerichtlichen

§. 145.

Der Versicherungsvertrag.

385

bürgungen für Fremde muß, wenn das eingebrachte Vermögen haften soll, zur richterlichen Belehrung die Einwilligung des Mannes hinzutreten'"). Könnten die Vorschriften über die Frauenbürgschaft nur alS formelle aufgefaßt werden, so würden sie der Regel locus regit actum unter­ liegen '"). Aber sie sind, wie gesagt, mehr als Formvorschristen, weitste eine Geschäftsunfähigkeit der Frauen beseitigen sollen, und darum sind sie nach der richtigeren Ansicht dem örtlichen Recht unterworfen, welches die Handlungsfähigkeit bestimmt, dem Recht des Wohnsitzes'"). Es kann also eine Preußin, die im Ausland sich ohne richterliche Belehrung verbürgt, vor einem preußischen Gericht aus dem Mangel der Belehrung die ihr zustehende Einrede gebrauchen; wenn sie aber im Auslande die Bürgschaft erfüllen soll, steht ihr vor dem ausländischen Gericht die Ein­ rede nicht zu'").

Ueber die Fähigkeit einer Ausländerin zur Uebernahme

von Bürgschafteil muß vor dem preußischen Gericht nach §. 35. der Eint. d. A.L.R. entschieden werden'").

Der Versicherungsvertrag.

§. 145. I. Versicherungen gegen Gefahr an Sachen. A.L.R. II. 18. §. 1834—2358., welche insoweit durch das H.GB. Art 782—905. auf­ gehoben sind, als sie sich aus Versicherungen gegen Seegesahr beziehen (Tins.Ges. Art. 60).

Feuerversicherung bei Mobilien: Ges. vom 8. Mai 1837

(Ges.S. S. 102).

Dazu Ges. v. 17. Mai 1853,

betr. den Geschäftsverkehr der

Versicherungsanstalten (G.S. 293); die Feuerversicherung bei durch besondere Reglements für die einzelnen Provinzen (S. Hauptregister z. G.S. v. 1806—1863. sozietätSreglements). das. S. 384). (S. 232). 952. Art.:

Bert. 1864. S. 265f. Art.: Feuer-

Hagelversicherung (Statuten

Biehversicherung ,desgl. das.

einzelner

S. 995).

Gesellschaften,

Eisenbahn Vers.

Fluß- und Landtransport (das. S. 280. 929.: Stromverf.Ges. TranSportvers.Gesellsch.).

Bürgschaft der Ehefrau das. XII, 136. 228)

Immobilien ist

und Verbände geordnet

für

Hypotheken (Berliner Aktiengesellschaft,

ihren Mann wegen von diesem erlittenen Zwanges:

§. 342. 344. II, 1. Entsch. B. 17. S. 241. RechtSf. B. 4. S. 348.DreSdn. Ann. II, 34.Die Einwilligung des Mannes in die Verbürgung der Frau ent­ hält aber an sich noch nicht seine Einwilligung, daß der Gläubiger während der Ehe daS Eingebrachte angreifen darf. Koch Note 95.

224) Oben B. 1. S. 55. So haben das O.L.G. Magdeburg (I. Senat) und Halber­ stadt (Plenum) erkannt. Simon, Rechtspr. 11, 425. 439. Dagegen für das R. des Wohnsitzes der II. S. des O.L.G. Magdeburg. Ebenda S. 431. Auch die ältere Praxis in Preußen: v. Kamptz, Jahrh. Bd. 27. S. 159. 226) Oben B. 1. S. 51. Die Gesetzrevis. XIV, 28., Bornemann III, Koch, R. d. F. III, 1081. lasten das R. deö Wohnsitzes entscheiden. M8) Oben B. 1. S. 52. 2")

Oben B. 1. S. 52.

Börstet, Preuß. Privatrecht. 11.

25

308. und

386

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte. Statut v. 2. Juli 1862. Ges.S. 214). Rückversicherungen (Hanptregister z. G.S. S. 810). Eine Uebersicht in: Döhl, das Versicherungswesen deS preuß. Staats. 1865. Schiffmann, das Feuerversicherungswesen des preuß. St. 1860. Koch, Pr. R. II, 459 f. (im R. d. F. III, 857. nicht erörtert^. — Benecke, Sy­ stem des Assekuranz- uiio BodmereiweseuS. 5. B. 1. A. 1807—1821. 2. A. des I. B. 1810. Masiuö, syst. Darstellung des gesammtcn Versicherungswesens. 1857. Malß, Betrachtungen über einige Fragen des Versicherungsrechts, iuSbes. der Feuer- und LebenSvers. 1862. Derselbe in Goldschmidt'ö Zeitschr. B. 6. S. 361. B. 8. S. 369. (Studien über Versich.R.). Derselbe in der Zeitschr. f. Bersich. R. 1. B. 1865. S. 1 ffg. Endemann. deutsches Handelsrecht. 1865. S. 821. und in Goldfchmidt's Zeitschr. B. 9. S. 284s. S. 511s. Beseler, d. Pr. R. II, 358. Gerber, 8. A. S. 523. Btuntschli, 3. A. S. 497.

Zur Sicherung des Ersatzes eines durch zufällige Ereignisse herbei­ geführten Bermögensschadens dient der den Römern noch unbekannte *), im modernen Rechtsverkehr ausgebildete Versicherungsvertrag. ES über­ nimmt ein Dritter (der Versicherer, Assecuradeur) eine bestimmte Gefahr und den Ersatz des aus ihr entstehenden Schadens an dem Vermögen eines Anderen *). Die Uebernahme der Gefahr ist hier der Gegenstand einer selbständigen Obligation, und unterscheidet sich dadurch von dem Tra­ gen der Gefahr innerhalb eines schon bestehenden Schuldverhältnisses. Dort bringt der Eintritt der Gefahr die Verpflichtung zum Ersatz eines Schadens, hier nur das Erleiden des Nachtheils hervor 3). Das ge­ meine Recht besitzt nicht ausreichellde gesetzliche Normen für die rechtlichen Folgen, die aus dem Versicherungsverträge entspringen; gewohnheitsrecht­ lich sind dieselben namentlich in Beziehung auf die Versicherungen gegen Seegefahr entwickelt und von dieser auf andere Arten der Gefahrüber­ nahme analog übertragen 4). Kodifizirt wurden die Sätze des Gewohn*) DaS nauticum foenus (Dig. XXII, 2. Cod. IV, 33. Nov. 106.) ist ein dem Bodmerei-Vertrage ähnlicher Darlehnsvertrag. Der Uebernehmer der Seegefahr, welche eine zur Seeversendung bestimmte Geldsumme ipecunia trajectitia) treffen kann, leiht dem Absender eine Summe, welche er verliert, wenn die pec. traj. durch die Seegesahr verloren geht; al« Entgelt bedingt er sich Zinsen, die bis auf 12 Proz. festgesetzt werden dürfen, und welche nicht sowohl da« Entgelt für den Gebrauch des dargeliehenen Kapitals, als vielmehr das praemium periculi darstellen. Ana­ log wurde der DarlehnSvertrag des foenus nauticum auch auf Waarenverseudüngen über See und auf andere Arten der Gefahr angewendet. S. Glück, B. 21. S. 151 fg. Keller, Pand. S.567. Endemann in GoldschmidtS Zeit­ schrift B. 9. S. 285 fg. Besonders interessant ist bei dieser Lehre die 1. 122. §. 1. D. XLV, 1. (das Schiffsdarlehn des Callimachus). S. hierüber Huschte in der Z. s. C.R. u. Proz. N. F. B. 10. S. 1. Goldschmidt, Untersuchungen zur 1. 122. eit. 1855. Man kann sagen: die Schadenersatzsumme wird bei dem foen. narrt in Voraus gezahlt, und mit höchsten Zinsen restituirt, wenn die Gefahr nicht eintritt; bei dem Versicherungsverträge wird sie erst nach dem eintritt der Gefahr gezahlt. -) Malß, Betracht. S. 78. §. 15. 3) Oben B. 1. S. 728. Note 57. S. 732. Entsch. B. 11. S. 244. 247. 4) Malß. Betrachtungen, Eint. S. 3 s., derselbe in der Zeitschr. f. Bersicher.R. B. 1. Nr. 1. und in Goldschmidts Zeitschr. B. 6. S. 361. Benecke I, S. 3f.

§. 145.

Der Versicherungsvertrag.

387

heitSrechtS über Seeversicherung zuerst 1731 in Hamburg, dann im An­ schluß hieran durch eine Assekuranz- und Havereiordnung vom 18. Febr. 1766 in Preußen **). Daraus ist die umfassende Legislation im A.L.R. hervorgegangen °). Die Bestimmungen des letzteren sind, soweit sie Seeversicherung betreffen, in neuester Zeit aufgehoben und an deren Stelle ist das deutsche Handelsgesetzbuch getreten 7). In II, 8. A.L.R. sind aber die Seeversicherungen mit den anderen Arten von Versicherun­ gen vermischt vorgetragen, die ersteren geben auch für die letzteren, soweit diese nicht Abweichungen enthalten, die Regeln, und es entsteht die Frage, ob nunmehr die Artikel des Handelsgesetzbuchs die Lücken auszufüllen haben, welche für die übrigen Versicherungsverträge im A.L.R. nach Aus­ scheidung der Bestimmungen über Seeassekuranz bleiben. Es wird dies zu verneinen sein 8). Das Seeversicherungsrecht ist jetzt zwar ausschließlich nach dem H.G.B. zu beurtheilen, die Bestimmungen des A.L.R. hierüber haben aber noch ihre subsidiäre Bedeutung für die übrigen Versicherungs­ verträge behalten, weil jenen nicht die Bestimmung gegeben worden ist, vie aushelfende Unterlage für letztere zu bieten. Die Frage hat jedoch einen ziemlich beschränkten Umfang, denn es geben die bestätigten Regle­ ments oder Statuten der einzelnen Gesellschaften die nächsten Entschei­ dungsnormen. I. Allgemeine Grundsätze. Der Versicherer übernimmt die Ge­ fahr und die Begütigung des Schadens, der die versicherte Sache durch diese Gefahr trifft, und erhält von dem Versicherten dafür im Voraus ein Entgelt (Prämie). Hiernach ist der Versicherungsvertrag ein entgeltlicher Konsensualvertrag, und so allein dcsiiiirt ihn das A.L.R.'). Es giebt

•) #) ’)

*) *)

Endemann a. a. O. S. 822. Note 6. und in Goldschmidtr Zeitschrift B. 9. S. 284 s. Im 17. Jahrh., als die Theorie anfing, sich mit diesem Rechtsgeschäft zu besassen, sah man im Versicherungsverträge eine emtio venditio periculi. S. En bemann in der Z. v. Goldschmidt IX, 322. N. C. C. IV, 83fg. Koch. Pr.R. II, 460. Eins.Ges. ,. H.G.B. Art. 60. Suarez, Schlußrevis. ad tit. VIII. sect. XI. „Bei diesen Abschnitten liegt da» preuß. Seerecht und die Asiecuranz-Orvn. zu Grunde. Einige preuß. Kaufleute, besonders aber verschiedene Hamburgische Sachverständige haben die Materialien zur Berichtigung und Ergänzung dieser Gesetze geliefert und da» Ganze ist eben­ falls von dem Haupt-Bancv-Direclorio und der SeehandlungS-Socielät revidirt worden" Jahrb. B. 41. S. 156. Koch, Komm. Note 1. zu II, 8. Abschn. 11. §. 1389. Sehr kurz das vsterr. G.B. §. 1288—1291. Der Code und da» sächs. Ges.B. übergehen den Lrrsicher.-Vertrag ganz. Dagegen ausführlicher der beit. (Sntro. Art. 800—829. Malß in Goldschmidls Z. B. 6. s. 365. S. jedoch denselben in der Zeitschr. s. Berfich.R. I, S. 4. 148. a. E. f. Da» O.Trib. hat in einem Rechtssall (Strieth. B. 15. S. 313.) eine unentgelt­ liche Versicherung für zulässig erklärt. Diese Annahme widerspricht der Definition de» §. 1934. und 1935. d. T. und dem Wesen des Vertrage». In dem Recht», fett lag vielmehr eine bedingte Schenkung vor. Auch ist e» wohl eigenthümlich, hen noch ungewissen Ansgang eines Prozesse» als eine Gefahr aufzusaffen.

388

Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechte.

aber noch eine andere Form dieses Rechtsgeschäfts: die Versicherung auf Gegenseitigkeit, deren Wesen darin besteht, daß die Versicherer zugleich die Versicherten sind. Hier fällt das Entgelt weg, was der Ver­ sicherte zu leisten hat, und eS fällt der Gewinn weg, den der Versicherer genießt, wenn die Gefahr nicht eingetreten. Letzteres bewirkt nur, daß keiner der Theilnehmer an einer solche»! Vereinigung Schaden leidet. Tritt die Gefahr ein, so wird der durch sie herbeigeführte Schaden antheilweise von Allen gemeinschaftlich getragenl0). Versicherung geben gegen Prämie ist ein Handelsgeschäft"), Versicherung auf Gegenseitigkeit dagegen ist kein Handelsgeschäft — eS ist ein GefettfchaftSvertrag zu dem gemeinsamen Zweck, die aus einer bestiminten Gefahr hervorgehenden VermögenSnachtheile deS einzelnen Gesellschafters auf Alle zu übertragen. Das ist von Wichtigkeit für ihre rechtliche Konstruktion, denn hiernach ist die Gesell­ schaft auf Gegenseitigkeit keine juristische Einheit, welche als solche Rechte erwerben, Verpflichtungen übernehmen, als Klägerin oder Beklagte auf­ treten kann, sondern die Einzelnen zusainmen sind die Rechtssubjekte "). Die Versicherung gegen Prämie dagegen genießt in dieser Hinsicht die Vortheile einer kaufmännischen Firma, und wenn der Versicherer eine Gesellschaft ist, die Vortheile der juristischen Persönlichkeit "). Durch Staatsgenehmigung kann aber auch der ersteren ein solcher Charakter bei­ gelegt werden. Versicherung geben kann jeder, der einen entgeltlichen Vertrag schlie­ ßen darf "). Aber weil der Einzelne bei einem vereinzelten Versicherungs­ geschäft der Gefahr in weit höherem Grade ausgesetzt ist, als wenn sich Mehrere znm Abschluß vieler solcher Geschäfte verbinden, so hat sich die Assoziation derselben beinächtigt, und überall haben sich Versicherungs­ gesellschaften gebildet, die für die Uebernahme der Gefahr eine Sicherung in der Wahrscheinlichkeit finden, daß Schaden und Gewinn sich im schlimm­ sten Fall ausgleichen, meist der Schaden vom Gewinn übertroffen wird. Ihre Bildung ist in Preußen von der Genehmigung der Staatsbehörde abhängig "). Richt befähigt, Versicherungen zu übernehinen, sind solche Personen, deren amtliche Befugnisse und Pflichten mit den Obliegenheiten

l0) Strieth. B. 54. S. 183. B. 58. S. 325. ») H.G.B. Ar». 271. Nr. 3. »») Wie bei bet Erwerbsgesellschast. S. oben §. 143. Note 7. Strieth. B. 58. S. 321. ») Soweit solche den Hanbelsgesellschasten beizulegen ist. S. oben §. 143 Note 10. ») §. 1938. b. T, "> Ges. v 17. Mai 1853 sGes.S. S. 293.) §. 1. Silben sich solche Gesellschaften auf Aktien, jo unterliegen sie ben Bestimmungen be» H.G.B. über Aktiengesell­ schaften.

i

§. 145.

Der Versicherungsvertrag.

und Rechten eines Versicherers können u).

Zgg

in ein kollidirendeS Interesse kommen

Versicherung nehmen kann jede vertragsfähige Person, wo sie will"). Wer es für einen Dritten thut, muß dazu Spezialvollmacht haben, wo­ von nur Disponenten, Faktoren ausgenommen sind "). Dadurch ist aus­ geschlossen, auf Grund einer nützlichen Verwendung für einen Dritten gegen diesen den Anspruch auf Erstattung der gezahlten Prämie zu er­ heben "). Ueber alles, sagt das A.L.R., was Gegenstand eines rechtSgiltigen Vertrages sein kann, darf Versicherung geschlossen werden'").

Hiernach

scheint eS, als ob daS Gesetzbuch unter Gegenstand eines solchen Ver­ trages die versicherte Sache versteht.

Das ist nicht genau "').

Nicht die

Sache selbst, sondern das Interesse an ihr, der Vermögensnachtheil, welcher in Folge einer bestimmten Gefahr diese bestimmte Sache treffen kann, ist der Gegenstand der Versicherung. Dieses Interesse kann sich beziehen auf den Eigenthums-, auf den Gebrauch- und Nutzuugswerth der Sache: es darf der Äiher"), Miether, Pächter, Nießbraucher, Pfand­ gläubiger sein Interesse versichern "), und es leuchtet daraus ein, daß in l6) §. 1939. d T. Wird betn zuwidergehandelt, so ist der Vertrag nichtig und die bedungene (also nicht bloß Die gezahlte) Prämie fällt dem Fiskus zu. §. 1940. §. 1943. d. T. §. 1945. 1946 1947. 1948. d. T. Wer für fr ein De Rechnung ohne Spezialvoll­ macht Versicherung nimmt, hastet nur für feine Person. Nachträgliche Natihabition des Vertretenen heilt aber den Mangel der Vollmacht. §. 1950. Die Ge­ nehmigung kann sttllschweigeno ertheilt werden, wenn man nach erlangter Kenntniß nicht gerichtlich prolestirt. Slrielh. B. 58. S. 73. Wenn für einen Tritten versichert wird, so scheidet sich der Versicherungsnehmer und der Versicherte. Malst, Betracht. S. 11 fg. nt) Das haben drei konforme Erkenntniffe (mitgeth. von M athis, SB. 3. S. 523 sg.) angenommen. Bielitz ^Komment. B. 6. S. 675.) schränkt dies aus den Fall ein, wo Jemand ohne allen Beruf Versicherung für einen Dritten nimmt, und läßt den Vertrag bestehen, wenn die Besorgung eines Geschäfts ausgetragen worden, bei welchem Versicherung genommen zu werden Pflegt. Aber §. 1946. ist eine be­ stimmte Ausnahme, und ebenso §. 2070. d. T., die keine ausdehnende Erklärung zulasten. Ueber das Bedenkliche, die Klage aus der negot. gestio auszuschließen f. Malst bei Goldschmidt B. 8. S. 375. 376. Dagegen D. H.G.B. Art. 785. 786. 787., wonach jetzt wohl gemeinrechtlich der Grundsatz angenommen wird, daß zu Gunsten eines Dritten ohne dessen Wissen oder nachträgliche Genehmigung giltig Versicherung genommen werden kann. ES muß aber die Versicherung auf den Namen des Vertretenen genommen und dem Versicherer angezeigt werden, ob mit oder ohne Vollmacht. In Preußen gilt dies nur von der Seeaffekuranz. S. Seussert 111, 129. ' ") §, 1952. d. T. 2i) Malst bei Goldschmidt SB. 8. S. 369 sg. »2) Seussert VI, 180. 23) Also Sache im Sinne des §. 3. I, 2. A.L.R., auch ein Recht an einer bestimmten Sache. Nicht aber rein persönliche Forderungen. Malst a. a. O. S. 380. Oben SB. 1. S. 94. Versicherung des direkten und indirekten Interesses. Ben ecke I, 212f. Ein Rechtfall über Versich. des LeiherS bei Malst, Zeitschr. I, 49., des Nießbrauchers das. S. 51. (Lübeck.)

390

Zweite» Buch.

Die besonderm Privatrechte.

allen diesen Fällen die versicherte Sache in verschiedenen Beziehungen in Betracht kommt, in mehrfacher Beziehung versichert sein kann — nur darf die Gesammtsnmme dieser Versicherungen ihren Werth nicht über­ steigen *4). Die Versicherung eines bestimmten durch eine bestimmte Ge­ fahr bedroheten Interesses ist nicht auf ein durch eine andere Gefahr verletztes Interesse an der Sache zu übertrage».

Daß das Interesse ein

vermögensrechtliches und erlaubtes sein muß, versteht sich von selbst. Auch muß es das eigene des Versicherten sein: es darf Niemand für sich ein fremdes Interesse versichern, weil dann das Geschäft eine Wette würde"). Gegen jede Gefahr, sofern sie nur nicht aus der Vornahme verbotener Handlungen entspringt, darf versichert werden"). Die Uebernahme einer bestimmten Gefahr giebt dem Vertrag einen aleato­ rischen Charakter und kann

ihn zum Spekulationsgeschäft

gestalten").

Deßhalb erlaubt das A.k.R. Versicherungen auf das Bestehen, Fallen oder Steigen von Waarenpreisen nur Kaufleuten, und knüpft daran die den damaligen nationalökonomischen Ansichten eigenthümliche Beschränkung, daß dabei eine dem gemeinen Wohlc »achtheilige Preissteigerung itidj... beabsichtigt werden bars"). Das A.L.R. verlangt

zum Abschluß

jedes Versicherungsvertrages

schriftliche Form"). Die Urkunde ist die Polize; in ihr soll der Name des Versicherten, der Gegenstand der Versicherung, d. h. hier die Sache, in Beziehung auf welche die Versicherung genommen wird, in hinlänglicher Unterscheidung, der Betrag der Versicherungssumme30), die Art und die

uj

Das Resultat darf nicht eine Doppelversicherung sein: der Pächter, der Hypotheken­ gläubiger versichert also nicht den Werth der Sache, sondern den seine- Rechts. (N. des Min. des Innern v. 29. Juni 1827. und in v. Kamptz, Ann. B. 11. S. 465.). Ueber die f. g. Wettaffekuranzen Be necke I, S. 289.

26) §. 1953. d. T. Das Gesetz verlangt nicht eine zukünstige Gefahr; nur müssen die Parteien den schon erfolgten Eintritt derselben noch nicht kennen. Malß, Be­ tracht. S. 18. Bergt. H.G.B. Art. 789. Nicht gegen Zolldesraudationen. Malß, Zeitschr. I, 65. 2T) Dieses Moment kann aber nicht die fystem. Stellung dieses Bertrages bedingen. S. oben §. 128. Note 92. über die Kategorie der gewagten Geschäfte und Malß, Betracht. S. 5 f. 88) §. 1992. 1993. d. T. Die Bestimmung ist aus der Assekuranzordnung von 1766 in das A.L.R. übergegangen, dort heißt es §. 33: „Da Assekuranzen aus daS Be­ stehen, Fallen oder Steigen der Waarenpreise nicht ander- betrachtet werden köuneu als zulässige Wetten über das Eintreffen oder Nichteintreffen seiner Muth­ maßung, mithin dergleichen Versicherungen Kaufleute sehr zum Nachsinnen auf­ muntern können, so sollen sie insofern gestattet werden, insoweit sie dem gemeinen Wesen in Ansehung der Preisesteigerung nicht nachtheilig, auch mit keiner Arglist und Gefährlichkeit verbunden sind." at) §. 2064. d. T. Die Notiz des Maklers in seinem Tagebuch ersetzt die Schriftform. §. 2065. d. T. Malß, Betracht. S. 69 f. 10) Ueber s. g. taxirte und offene Polizen Benecke I, 477. der taxirten Polize wird angenommen,

H.G.B. 797. 798.

Bei

daß soviel selbständige BersicherungSver-

§. 145.

Der Versicherungsvertrag.

391

Dauer der Gefahr nach Anfang und Ende") bestimmt ausgedrückt, auch der Ort der Ausstellung angegeben und mit der Unterschrift deS Ver­ sicherers versehen werden "). Der Ausstellung dieser Urkunde kann eine schriftliche Verabredung vorangehen ”), in welcher der Versicherte sich den Bedingungen unterwirft, unter denen ihm die Versicherung gegeben wird, und die er daher zu unterzeichnen hat. Nur Kaufleuten ist ge­ stattet, Versicherungen au porteur zu nehmen, den Namen deS Versicher­ ten in der Polize nicht auszudrücken “); das macht aber eine solche Polize nicht zum Jnhaberpapier, denn der Versicherer hat das Recht, von dem Empfänger der VergütigungSsumme Legitimation zu fordern “). Der Zweck deS Versicherungsvertrages ist Schadenersatz, nicht Be­ reicherung 33). Diesen Gesichtspunkt haben bisher die Gesetzgebungen durchaus festgehalten, obschon die Handelswelt danach strebt, ihn zu ver­ lassen, und die vom Versicherer bei Eintritt der Gefahr zu zahlende Summe ohne Berücksichtigung des wirklichen Schadens in Voraus ver­ tragsmäßig zu bestimmen ”)• Die Konsequenzen des geltenden RechtSsatzes sind, daß ebenso wohl Ueberversichernngen, in denen der Sachwerth höher als der gemeine zur Zeit des VertragsabschlusieS angegeben wird ”), als gleichzeitige Doppelversicherungen derselben Sache nach ihrem vollen Werth gegen dieselbe Gefahr untersagt sind 3‘), daß bei Eintritt der Gefahr der Umfang und Betrag des Schadens besonders ausgemittelt werden muß 40), und daß der Versicherer den Nachweis führen darf, daß das versicherte Interesse an der Sache weniger beträgt, als die gezeich-

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träge abgeschlossen worden, al» Gegenstände mit besonderer Taxe ausgeworfen sind. Seufsert III, 96. Ueber Zurückdaürung der Polize Goldschmidt, Zeitschr. III, 183. §. 2069—2099. d. T. Zn beachten ist hierbei noch, datz die in der Polize enthalteve Quittung de» Versicherer» Über erhaltene Prämie keine Beweiskraft hat, wenn innerhalb 30 Tagen die Polize gerichtlich zurückgefordert wird (§. 2114.). Der Versicherte mutz dann noch die Zahlung beweisen. Ein Anklang au die ge« meiurechtl. quer, non num. pecun. §. 2068. d. T. Strieth. 8.2. @.51. S. oben 8b. 1. S. 419f. über den Abschloß der Verträge zwischen Abwesenden. Di« Antragsformulare und Fragebogen wandeln die Anzeigepflicht de« Versicherungsnehmer» nicht in eine Erkundigungs­ pflicht de» Versicherer« um. Maltz, Betracht. S. 35s. §. 2071. „An Zeiger diese«" «der „für Rechnung dessen, den e» angeht." Maltz a. a. O. S. 64 sg. §. 2072. 2281. d. T. 8. oben B. 1 S. 346. Note 8. Kuntze, Lehre von den Jnhaberpapieren S. 521. Goldschmidt, Zeitschr. f. H.R. III, 189. $. 1983. d. T. Maltz. in s. Zeitschrift s. Verstch.R. I, S. 6 fg. Endemann a. a. O. S. 826f. § 1984. b. T. H.G.B. 790. Maltz in s. Zeitschr. 1,14 f. §. 2000. d. T. H.G.B. 791. 792. Maltz das. S. 17 f. §. 2242—2278. d. T.

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Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

nete Summe"). So sollen Versicherungen auf Waaren den Einkaufs­ preis nicht übersteigen — aber die Versicherung darf sich auch auf alle Zölle, Abgaben, Unkosten beziehen, die der Versicherte auf die Sache zu verwenden Ijat41), und selbst den Betrag der Prämie, die er dem Ver­ sicherer entrichtet, in sich begreifen 43). Versicherungen auf gehofften Ge­ winn sind insoweit giltig, als sie ausdriicklich darauf geschloffen und zu­ gleich der Gegenstand, aus welchem der Gewinn erwartet wird, bestimmt angegeben worden 44). Versicherungen derselben Sache bei mehreren Ver­ sicherern zu Theilwerthen, soweit diese zusammen den Gesammtwerth nicht übersteigen, oder gegen verschiedene Arten von Gefahr sind erlaubt43). Auch ist es keine Doppelversicherung, wenn die Zeitdauer der Gefahr zwischen verschiedenen Versicherern getheilt, oder jeder für einen andern Ort Versicherung giebt44). Die Ueberversicherung führt ein Ri störn o herbei, d. h. die Rückforderung eines entsprechenden Theils der Prämie und dem entsprechend eine Ermäßigung der Versicherungssumme auf den wahren Betrag des Interesse 47). Bei mehrfacher Versicherung muß der jüngere Vertrag aufgehoben oder eingeschränkt werden, je nachdem aus dem älteren Vertrage für den Schaden ganze oder theilweise Deckung gesichert ist4"). Auf die Giltigkeit und den Bestand der älteren Versiche­ rung hat die Aufhebung oder Einschränkung der jüngeren keinen Ein­ fluß 4e). Ein Ristorno der Prämie des letzteren ist aber nur gestattet,

*') §. 1996. d. T. ") §. 1987. 1988. d. T. “) §. 1989. d. T- Aff. Ordn. v. 1766. §. 35. Aber nicht die Prämie von der ver­ sicherten Prämie, da» wäre sonst «ine Schraube ohne Ende. Der Fall ist Über­ haupt ohne praktische Wichtigkeit für die Versicherungen. Bei der Seeasiekuranz hat H.G.B. Art- 783. die Versicherung der Prämie nicht besonder» erwähnt, aber der Art. verzeichnet nur, roa» „insbesondere" versichert werden kann. E« scheint daher zulässig, auch die Prämie zu versichern. S. den Aussatz Nr. XVII, in Bd. 2. S. 579. der Zurist. Abhandl. von Heise und Cropp. ") §. 1991. d. T. Aff.Ordn. v. 18. gebt. 1766. §. 34. Benecke I, S. 133 fg. D.H.G.B. 783. (hier darf auch die Provision versichert werden). Aber Gewinn und Provision müssen ausdrücklich versichert werden. Das. 805. “) $. 2008. d. T. Heise und Cropp, Abh. B. 2. s. 600 f. Unterzeichnen meh­ rere Versicherer eine Polize, so hastet jeder al» Selbstschuldner auf die ganze Summe, wenn er nicht seiner Unterschrift ein bestimmte» Quantum beigefügt hat. Ist die» von dem einen oder anderen geschehen, so hastet der Nächstunterschriebene aus ein gleiches Quantum, und der Letzte nur aus den Rest der gezeichneten Summe. §. 2090—2093. Wie die Entschädigungssumme zu leisten, wenn die übernomme­ nen Quanta nicht den BersicherungSwerih decken, also eine Selbstversicherung de» Versicherten zugleich paltfindet, darüber s. Malst in s. Zeitschr I. S 21. ") § 2009. 2010. d. T. ") §. 1996. d. T. **) tz 2003- 2004. 2008. d. T. Wie bei Seeversicherung die spätere bei Kraft blei­ ben kann s. H.G.B. 793. 794. “) Strieth. B. 58. S. 69.

§. 145.

Der Versicherungsvertrag.

ZgZ

wenn nicht aus mäßigem Versehen die Doppelversichernng genommen worden °°). Wie bei der Bürgschaft kommt auch hier eine After- oder Nach­ versicherung, durch welche die Zahlungsfähigkeit des ersten Versicherers dem Versicherten versichert werden soll"), und eine Rückversicherung vor, durch welche der Versicherer sich gegen die übernommene Gefahr sichert").

Die letztere ist eine wirkliche Versicherung, wie die Hauptver­

sicherung, und ist daher auch allen Regeln eines solchen Vertrages unter­ worfen, die Afterversicherung aber ist Bürgschaft, d. h. eine accessorische, subsidiarische und interzedirende Verpflichtung. Der Inhalt des Vertrags, d. h. die gegenseitigen Rechte und Pflich­ ten der Interessenten, normirt sich nach dem Inhalt der Polize “). Im Allgemeinen verlangt der Versicherungsvertrag besondere Treue und Redlichkeit, die mala fidca wird auf beiden Seiten streng beurtheilt. Er zeigt hier seine Verwandtschaft mit den s. g. gewagten Geschäften "). Eine getreue Anzeige aller Umstände, welche für oder gegen den Abschluß des Vertrages von Erheblichkeit sein können: kein böölicheS Verschweigen, selbst wenn sich die Umstände noch auf unsichere und zweifelhafte Nach­ richten stützen ") — sonst verfällt die Prämie, und der Versicherer hat nicht zu entschädigen").

Der Versicherte vertritt auch

das Versehen

seines Bevollmächtigten "). Im Einzelnen liegt a. dem Versicherten die Vorleistung ob, die Zahlung der Prämie"). Sie ist fällig, sobald der Vertrag durch Unterzeichnung der Polize und ihre Aushändigung an

*°) $• 2008. b. 2. S. 92.

Bergl. Entlch. B. 34. S. 272.

Strieth. B. 21. S. 47. B. 28.

**) §. 2011. b. 2. «) §. 2016-2023. b. 2. Benecke 1, 280 f. Maltz in |. Zeitschr. I. H. 2. S. 139. Di« Bebingungen bei Versicherung finb sür bi« Rückversicherung entscheidend (ein Erk. v. Lübeck). «-) §. 2100—2102. d. T. “) §. 2024. d. T. “) Insbesondere hat der Versicherer die Pflicht, wenn die Sache bereit« in Sicher­ heit gebracht und die Gefahr schon ganz überstanden ist, seine Nachrichten darüber dem Versicherungsnehmer mitzutheilen. §. 2025. b. 2. Vergl H.G.B. 810—815. S. auch Seussert VI, 249. «•) §. 2025—2028. d. 2. Ueber die Anzeigepflicht de« Versicherungsnehmer« f. Malß, Betracht. S. 28 j. und Pauli in Goldjchmidt« Zeitschr. B. 1. S. 375 s.—Eine salsche Anzeige läßt den Vertrag wegen Irrthums des Versicherers nicht gütig werden, ohne daß e« auf ein Verschulden des Versicherungsnehmers dabei ankommt» wenn nur der verschwiegene Umstand aus den Entschluß des Versicherers hätte von Einfluß sein können. Auch ohne daß e« daraus ankommt, ob der verschwiegene Umstand unschädlich geblieben. Lübecker Erk. bei Malß, Zeitschr. 1,48. Seufsert I, 219. VI, 248. Lübecker Erk. in der Hamburger Sammt- I, 378. II, 147. »») §. 2029. d. 2. »•) §. 2104. d. 2.

Malß bei Goldschmidt B. 6. S. 365 s.

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Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

den Versicherten abgeschlossen ist"). Der Bestand des Vertrages hängt zwar nicht von der Zahlung ab, vielinehr bringt der Verzug nur die Pflicht, 1 Prozent auf den Monat (also 12 Prozent) Verzugszinsen zu entrichten und unterwirft den Säumigen einem schnellen Prozeßverfahren ,#); aber aus dem Charakter der Vorleistung folgt, daß die Nachleistung durch jene bedingt ist, daß also die Prämie jedenfalls vor dem Eintritt der Ge­ fahr gezahlt fein muß, um den Versicherer zum Ersatz des Schadens zu verpflichten "). Die Prämie kann in einer Geldsumme oder in anderen erlaubten Vermögensvortheilen bestehen 6*) und ist für die Zeitdauer der Versicherung untheilbar #s), d. h. die auf eine gewisse Zeitpeiiode bedun­ gene und berechnete Prämie muß voll gezahlt werden, sobald die Gefahr für den Versicherer überhaupt begonnen hat, und vermindert sich nicht, wenn die Zeitdauer der Gefahr sich abkürzt, „denn die Gefahr kann in jedem Augenblick dieser Zeitdauer ganz eintreten." Aber die Voraus­ zahlung der Prämie auf mehrere Zeitperioden ist dem Grundsatz der Untheilbarkeit nicht unterworfen und der für eine spätere Periode voraus­ gezahlte Betrag muß erstattet werden, wenn in dieser eine Gefahr für den Versicherer nicht begonnen hat"). Es kann nach allgemeinen Grundsätzen keinem Zweifel unterliegen, daß der Schuldner der Prämie, der Versicherte (Versicherungsnehmer), dieselbe dem Versicherer bringen muß, nicht aber letzterer verpflichtet ist, sic sich zu holen "). Daß die Einkassirung gewöhnlich durch Agenten geschieht, ändert in der rechtlichen Pflicht an sich nichts. Das Besondere ist aber hier noch zu beachten, daß bei vielen Versicherungsgesellschaften die Versicherten Theil nehmen an dem Gewinn, den die Gesellschaft erzielt, und daß die Prämie sich um den Betrag der dem einzelnen Versicherten zufallenden Dividende ver­ mindert "). In diesem Fall ist allerdings der Versicherte nicht eher ver") M) •') ") **)

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§. 2119. d. T. H. G. B. 816. §. 2110.2111. d. T. DaS s. g abgekürzte Prozeßverfahren §. 13. 33. v. 21. Juli 1846. Malß a. a. O. S. 365. tz. 1. §. 2107. d. T. S. hierüber Malß a. a. O. S. 373. §.2. und in |. Zeitschr. 1,172. Malß a. a O. S. 376. Wenn aber eine Versicherung aus mehrere Jahre ge­ schlossen worden mit der Bestimmung, daß die Versicherung erlöschen soll, sobald der Versicherte nicht pünktlich am jedesmaligen jährlichen Versalllage die Prämie entrichtet, so besteht nach der Ansicht des St. G. Naumburg (Malß, Zeitschr. 1,44.) die Wirkung de« Verzugs darin, daß der Versicherte alle Ansprüche verliert, gleich­ wohl aber die Prämie al» Interesse der Stichlerfüllung fortzahlen muß. Dagegen hat (das. S. 46) ein geineinrechtl. Gericht in solchem Fall den Vertrag für ausgehoben erklärt, dem Versicherer aber eine Klage aus das Jntereffe offen gelaffen. ES hingt in der That nur davon ab, ob man nach Lage de« Falles die Summe der Prämien gleich dem Jntereffe annehmen kann. S. auch das. S. 162 f. (St. ®. Münster, übereinstimmend mit Naumburg). A. M. Malß bei Goldschmidt B. 6. S. 376. 8.3. Bei solchen Gesellschaften sind die Versicherten nicht bloß Gläubiger, sondern auch

§. 145. Der Versicherungsvertrag.

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pflichtet, die Zahlung zu bringen, als bis der Versicherer den Betrag be­ rechnet nnd gefordert hat. — Der Versicherte ist ferner verpflichtet, während der Versicherungszeit die Umstände, unter denen er die Versicherung ge­ nommen, zum Nachtheil des Versicherers nicht zu ändern *’). Sind durch mäßiges Versehen des Versicherten solche erschwerende Umstände veran­ laßt, so hat der Versicherer den dadurch entstandenen Schaden nicht zu oergütigen *8); sind sie zufällig entstanden, so muß der Versicherte ihm innerhalb der Vertragsfristen Anzeige machen und bis dahin selbst alles vorkehren, um dem daraus entstehenden Nachtheil vorzubeugen **). Der Versicherer bleibt dann zwar an den Vertrag gebunden, darf aber wegen Vergrößerung der Gefahr eine Erhöhung der Prämie fordern, die im Voraus — noch ehe der Schaden eingetreten oder bekannt geworden — „so viel als möglich" festgesetzt werden soll 70). — Endlich liegt dem Ver­ sicherten ob, sobald er von dem eingetretenen Schaden Kenntniß erhalten, dies dem Versicherer anzuzeigen, und Vorkehrungen zur Abwehr oder Verminderung desselben zu treffen, wozu er allenfalls einen Vorschuß vom Versicherer fordern mag"). Auch hat der Versicherte die Beweislast darüber, daß der Schaden durch die bestimmte Gefahr verursacht worden, über den Werth der von ihr getroffenen Sache und über den Umfang deS Schadens einschließlich der entstandenen Kosten ”). Der Nachweis des Werths der unbeschädigten Sache wird durch die Angabe in der Polize ersetzt78), b. Der Versicherer hat die Verpflichtung, die Gefahr von Anfang an während ihrer ganzen Dauer zu übernehmen. Dies ist ein Theil seiner Gegenleistung, welche immer vorhanden ist und den Ver­ trag in allen Fällen, auch wenn kein Nachtheil eintritt, zu einem gegen­ seitigen macht7