Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 4, Abteilung 1 [4., veränd. Aufl. Reprint 2019] 9783111472706, 9783111105833


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German Pages 304 Year 1883

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichniß des IV. Bandes. Abtheilung 1.
Berichtigungen
Dritter Theil. Das Kamilienrecht
Einleitung
Erstes Hauptstück. Das Eherecht
Zweites Hauptstück. Das Recht zwischen Eltern und Kindern
Drittes Hauptstück. Die Vormundschaft
Viertes Hauptstück. Das Gesinderecht
Fünftes Hauptstück. Die Rechte im weiteren Familenverbande
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Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 4, Abteilung 1 [4., veränd. Aufl. Reprint 2019]
 9783111472706, 9783111105833

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Throne und Praris des

heutigen gemeinen preußischen

Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts.

Don Dr.

Franz Förster.

Vierte, veränderte Auflage.

Herausgegeben

von Dr. M. E. EcciuS, Geh. Justizrath und vortr. Rath im Justizministerium.

IV. B a n d. Abtheilung I.

Berlin. Druck und Verlag von G. Reimer. 1883.

Förster,

Preußisches Privatrecht. Vierter Band. Abtheilung I.

Vorwort. Einem von mehreren Seiten ausgesprochenen Wunsche folgend lasse ich das dem dritten Bande der früheren Auflagen entnommene Familienrecht als erste Abtheilung des vierten Bandes schon jetzt erscheinen; die den Schlutz des Werks bildende zweite Abtheilung mit dem Erb­ recht, dem Gesellschaftsrecht und dem Register für das ganze Werk wird erst um Ostern nächsten Jahres zur Ausgabe gelangen können. Auch in der jetzt ausgegebenen Abtheilung ist kein Paragraph ohne erhebliche Veränderungen und Zusätze geblieben. Auf Grund der veränderten Gesetzgebung ist insbesondere die Lehre von den Ehehinder­ nissen (§§ 203.210) und das Vormundschaftsrecht neu bearbeitet worden, das Eheschließungsrecht (§ 205) hat nach den Bestimmungen des Reichs­ personenstandsgesetzes, das Scheidungsverfahren (§ 213) nach der Civilprozeßordnung umgearbeitet werden müssen. Bei den persönlichen Wirkungen der Ehe (§ 206) gab die veränderte Rechtsstellung der Frau im Prozeßverfahren zu eingehenden Erörterungen über die Heranziehung des Mannes zu den Kosten des Verfahrens und über die Legitimation zur Verfolgung von Ansprüchen, beziehungsweise zur Vertheidigung im Prozeffe Anlaß. Ebenso mußte die Einwirkung des Eheschluffes sowie der Auflösung der Ehe auf anhängige Prozeffe und auf die Frage, gegen wen vorher ergangene Urtheile vollstreckbar find, im ehelichen Güterrecht, sowohl bei getrennten Gütern als bei der Gütergemeinschaft (§§ 208. 209. 211. 215), zu einer Mehrheit von Untersuchungen Anlaß geben. Die Civilprozeßordnung gebot ferner Erörterungen darüber, in welchem Sinne das Nießbrauchsrecht des Ehemannes und des Vaters zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Ehe­ mannes oder Vaters gemacht werden kann (§§ 208. 223) und welche Einwirkung die Prozeßfähigkeit des Hauskinds ausübt (§ 222). Die Statusklagen und die Klage aus Ehenichtigkeit waren in ihrem Ver­ hältniß zur Feststellungsklage der Civilprozeßordnung an verschiedenen

Vorwort.

VI

Stellen zum Gegenstand der Untersuchung zu machen. Das neue Konkursrecht ist bei der Ehe, der väterlichen Gewalt, den Ansprüchen unehelicher Kinder und dem Alimentationsanspruch der Verwandten sowie im Gefinderecht berücksichtigt worden. Dem Reichspersonenstands' gesetz gegenüber erhob sich die Frage, ob Ehen zur linken Hand (§ 216) überhaupt noch möglich sind. Die Einwirkung der Vormundschastsordnung auf die Vorschriften über Ehen Minderjähriger und über die Verwal­ tung des freien Kindesvermögens hat in den §§ 208. 209. 220. 223. 226 eine Erörterung gefunden, welche sich an den im § 229 ermittelten Begriff der Vormundschaft anschließt; auch in die Lehre von den Fami­ lienschlüffen (§§ 241. 242) erstrecken sich Zweifel aus Grund des kodifikatorischen Charakters der Vormundschastsordnung. Neben diesem umfangreichen Material der veränderten Gesetzgebung haben abweichende Anschauungen des Herausgebers und die Erörterung von Fragen, auf welche die ftüheren Ausgaben nicht eingegangen sind oder die nach Ansicht des Herausgebers eingehender erörtert werden mußten, zu vielen Aendernungen und Zusätzen Anlaß gegeben, welche dem auf­ merksamen Leser als solche nicht entgehen werden und die sich zum großen Theil schon aus einer Vergleichung des Inhaltsverzeichnisses mit dem der früheren Auflagen ersehen lassen.

Im Ottober 1883.

Eccius.

Jnhaltsverzeichniß des IV. Bandes. Abtheilung 1. Dritter Theil.

Das Kamilienrecht.

Seite

§ 201. Einleitung................................................................................................................. Stellung im Landrecht. 1. Zustandsrechte, absolute Natur derselben. 2. Präjudizialklagen. Verhältniß zur Feststellung-Nage. Begriff der Familie. Blutsverwandtschaft. 3. Eheliche, uneheliche. Agnation. Grade. Eltern und Kinder. 4. Halbbürtige, geistige Verwandtschaft. Schwägerschaft. Häusliche Gesellschaft. 5. Systematische Cintheilung des Familienrechts. Deutsche GrundlageKirchlicher Einfluß. 6. Obligatorische Eivilehe. Standesregister. 7. Geburt-fälle. 8. Sterbefälle. 9. Erstes Hauptstück.

Erste- Kapitel.

1

Das Eherecht.

Die Begründung des Eherechis.

§ 202. Vorbemerkung........................................................................................................ Ehe kein Vertrag. UnkonfessionelleS Eherecht. 10. Verhältniß zum kirch­ lichen Eherecht. 11.

10

§ 203. Die Ehehinderniffe............................................................ . . . I. Allgemeines. Trennende und aufschiebende Hindernisse. Nichtigkeit und Ungiltigkeit der Che. 11. Oesftntliche und private Hindernisse. 12. II. Die einzelnen Hindernisse: 1) Ehemündigkeit. Altersstufe. Dispen­ sation. Ungiltigkeit der Ehe des Eheunmündigen. 12. 2) Freie Einwilli­ gung. Zwang, Betrug, Irrthum. Simulation. 13. Ehe des Willens» unfähigen. Ungiltigkeit oder Nichtigkeit? 14. 3) Konsens von Eltern und Vormund. 14. Inwieweit ist der mangelnde Konsens Ehehinderniß? Wann begründet er Anfechtung und wer kann anfechten? 15. Bedeu» tung des mangelnden Konsense- für daS Erbrecht. Versagungsgründe. 16. Klage auf Einwilligung. Bormundschaftsgerichtliche Entscheidung bei versagtem Konsens des Vormunds. 17. 4) Konsens der militärischen Vorgesetzten. 17. Nicht mehr bei Eivilbeamten. 18. 5) Nahe Ver­ wandtschaft und Schwägerschaft. 18. 6) vormundschaftliche- Verhältniß. 7) Schon bestehende Ehe. Verschuldete, nicht verschuldete Bigamie. 19. Einwirkung der Wiederaufhebung eine- rechtskräftigen Ehescheidung-urtheil- auf die inzwischen eingegangene neue Ehe. 19 M. Wer ist bei der „ungiltigen" unverschuldeten Doppelehe klageberechtigt. 19 39. Wirkt Todeserklärung Auflösung der Ehe? 20". 8) Abfindung der Kinder der Vorehe und Wartezeit der verheirathet gewesenen Frau. 20. 9) Keine Ehe zwischen Ehebrechern. Dispensation. Wegfall de- Vorbehalt- im Scheidung-urtheil. 20. Beseitigte Ehehinderniffe de- früheren Rechts. Stande-ungleichheit. 20. Religionsverschiedenheit. 21.

11

§ 204. Das Eheverlöbniß................................................................................................... Voraussetzung. Zulässigkeit der Che. 22. Kein frühere- verlöbniß. Bedingte- Verlöbniß. Form. Klage auf Vollziehung der Ehe. Ber»

22

VIII

InhaltSverzeichniß M IV. Bande«.

Abtheilung I.

jährnng derselben. 23. Keine Vollstreckung de« Urtheil«. Abfindungs­ anspruch 24. Einfluß de« Tode« auf den Abfindungsanspruch. Ver­ theidigung deS Beklagten. Rücktrittsrecht. Gründe. 25. § 205. Die Eheschließung...................................... Oeffentlichkeit des Akts. Keine Gewissen-ehe. 26. Früherer kirchlicher Eheschluß. Ausnahmsweise Livilehe. 27. Geltendes Recht. Zuständiger Standesbeamter. Aufgebot. 28. Eheschließung. 29. Zweite« Kapitel.

26

Die Wirkungen der Ehe.

Erster Abschnitt.

§ 206. Die persönlichen Wirkungen................................................................................ Eintritt der bürgerlichen Wirkungen mit dem Eheschluß. Römisch rechtliche manus. Mundium. Einwirkung de« letzteren aus daS Land­ recht. 30. Sittliche Pflichten. Rechtsstellung des Mannes als Haupt der ehelichen Gesellschaft. 31. Verträge über getrenntes Leben. Interdictum de uxore ducenda. Fälle, in denen die Frau dem Manne nicht zu folgen hat. 32. Sonstige Wirkungen der Lebensgemeinschaft. Pflicht des Manne- zur Unterhaltung der Frau in seinem Haule. 33. Keine Alimentationspflicht für die Frau. 33 Haftung für UntersuchungS- und Prozeßkosten. Wem gegenüber? Zusammenhang der Haftung mit der Vertretung durch den Mann im Prozesse. 34. Rechts­ lage nach Wegfall der Prozeßunfähigkeit und der Vertretung durch den Mann. 35. Prozesse über die persönliche Rechtsstellung der Frau und ihr vorbehalteneS Vermögen. Sonstige Prozesse gegen die Frau. 36. Vollstreckbarkeit in daS eingebrachte Vermögen setzt Vollstreckbarkeit gegen den Mann voraus. Aktivansprüche der Frau bezüglich des Einge­ brachten. Mangelnde Aktivlegitimation der Frau, beschränkte Legiti­ mation des Mannes ohne die Frau. 37. VerpflichtungSnnfähigkeit der Frau. Ausnahme: Handelsfrau. 37. Gewerbetreibende Frauen. Ge­ schäfte über vorbehaltenes Vermögen. Verpflichtung des Mannes durch die Frau. 38. Ausschließung ihrer DertretungSbefugniß. 3840. Min­ derjährige Ehefrauen. Die Frau verpflichtende Verträge mit dem Mann. 38 Recht des Mannes auf die Thätigkeit der Frau. Unzu­ lässigkeit von Verträgen, welche die Frau zu einer Thätigkeit für Andere verpflichten, ohne Genehmigung des Mannes. Erwerb durch Handlungen der Frau für den Mann. 39. Nicht artifizieller Erwerb. Erwerb durch Rechtsgeschäfte. Erwerb aus den Mitteln des Mannes. Einwirkung des Konkursverfahrens. 40.

Zweiter Abschnitt.

30

Die vermögensrechtlichen Wirkungen.

§ 207. Einleitung................................................................................................................. Dotalsystem. Deutsche- Gütereinheit-system 42. Gütergemeinschaft. 44. Maritalischer Nießbrauch. 45. Preußisches Recht. 46. Vergleiche mit anderen Gesetzen. 47.

41

§ 208. DaS getrennte Güterrecht..................................................................................... Eingebrachte- und vorbehaltenes Vermögen. A. Vorbehalt. Gesetz« lich vorbehaltenes Vermögen. 48. Vertragsmäßiger Vorbehalt. Form des vor und des nach Eingehung der Ehe geschloffenen Vertrags. 49. Ver­ zicht des Mannes auf Verwaltung. 497. Eintragung bei vorbehaltenen Grundstücken und Kapitalien. Vorbehalt auf Grund Testaments. Stel­ lung des Mannes zum Dorbehaltenen. 49. Ergänzung des Einge­ brachten aus dem Dorbehaltenen. Verfügung der Frau über da- Dor­ behaltene. Verschuldung desselben. 50. Unwirthschaftliche Verwaltung der Frau. 51. B. Eingebrachtes. Kein besonderer Akt der Jllation. 51. Hinausschieben der Rechte des Manne« bei der Ehe mit Vormund. 5126. Gilt der Manu auch als verantwortlich für Jllaten, die er nicht wirk­ lich erhalten hat? 5226. Einfluß der Jllation auf anhängige Prozesse, ebenda. Nießbrauch und Verwaltung des Manne«. Verfügung über

48

InhaltSverzeichniß de- IV. Bande-.

Abtheilung I.

IX Seite

Mobilien. 53. Intervention-recht der Frau gegen Pfändung derselben. Verfügung über Grundstücke. Gerechtigkeiten, Kapitalien. 54. Form der Einwilligung der Frau. 5439. Ergänzung der Einwilligung durch daVormundschaft-gericht. Belastung de- Nießbrauch- mit der Unterhal­ tung-pflicht der Frau und der Kinder. Nießbrauch al- Objekt der Zwang-vollstreckung. 55 Wie? 56. Kon kur- über da- Vermögen deManneS. Unfähigkeit zur Unterhaltung. Rückgabe de- Eingebrachten. Eigene Verwaltung de- au- dem Konkurse Geretteten. 56. Modifikation de- JllatensystemS bei der Ehe einer minderjährigen Frau. 57. Ehe­ rechtlicher Charakter und dauernde Geltung dieser Bestimmungen. 58. Haftung de- Mannes für konsentirte Schulden der Frau. 58. Form deS Konsenses. 59 M. Verwahrung gegen Selbfthaftung beim Konsens. Ausschluß derselben bei Verpfändung von Sachen der Frau, beim Han­ del und Gewerbebetrieb der Frau. Verhältniß zu vorehelichen Schulden der Frau. Sicherung der Rückgabe des Eingebrachten an die Frau. 59. Recht auf Sicherstellung. Kein Konkursvorrecht. Aussonderung der Vermögen-stücke der Frau im Konkurse des Mannes. 60. 6. Erbschatz. 61. § 209. Die Gütergemeinschaft......................................................................................... A. Allgemeines. Inwiefern gelten die Bestimmungen des Landrechtüber allgemeine Gütergemeinschaft als Gesetz? 62. Errungenschaftsge ­ meinschaft. 63. Prinzip der Gütergemeinschaft. Eigenthümliche- Miteigenthum. 64. Latente Antheile. Veränderung deS bisherigen Eigen­ thum-. 66. Inwiefern ein Uebergang der Schulden? 67. 8. Ent» stehung der G.G. 1) Kraft Gesetze«. 67. Einfluß der Verlegung deS Wohnsitzes. Doppelte- Domizil deS Ehemanns. 68. Suspension der allgemeinen G.G. bei der Ehe minderjähriger Frauen, die nicht Haustöchter waren. 69. Vertragsmäßiger Ausschluß der Su-pension. 70, ohne vormundschaft-gerichtliche Genehmigung. 70". 2) Kraft Vertrages vor der Ehe. 70. Während der Ehe. 71. — C. Rechtsverhältniß während der Gemeinschaft. 1. Allgemeine G.G begreift alleder freien Veräußerung unterworfene Vermögen. Ausnahme nothwendige Kleider der Frau. 71. Vertragsmäßige Ausnahme bestimmter Gegen­ stände. Gütergemeinschaftliche Grundstücke. Bezeichnung im Grund­ buch. 72. 1) Verwaltung-- und Verfügung-recht des Manne- während der Ehe. Grundlage die vermuthete Zustimmung der Frau. Wider­ spruch derselben. Ausdrückliche Zustimmung bei Grundstücken, Gerech­ tigkeiten, Kapitalien. 73. Die Disposition, bei welcher die Zustimmung fehlt, ist auch für den Mann unwirksam. 74. Vormundschaft-gericht­ liche Ergänzung der Zustimmung. Verfügungen de- Mannes zu seinem einseitigen Vortheil in fraudem der Gemeinschaft. Prozesse für die Gütergemeinschaft. Schenkungen. 75. 2) Eheliche Schulden. Inwiefern verpflichtet die Frau die G.G ? 76. Konkurs de- Ehemanns. 77". 3) voreheliche Schulden. Recht auf Absonderung. 78. Bedeutung. 78". II. Besondere G.G. Nothwendigkeit der Jnventarisirung. 79. D. Ausschließung und Aufhebung der G.G. Vertrag vor der Ehe. Bekanntmachung. 80. Vertrag während der Ehe. 81. Fiktion der G.G. zu Gunsten späterer Gläubiger im Falle der Domizilverlegung an einen Ort, wo G.G. gilt. 82. Beseitigung der Fiktion durch publizirten Vertrag, bezw. durch erneute Publikation. 83.

DrrteS Kapitel.

62

Die Auflösung der Ehe.

(Erker Abschnitt. § 210. Die Nichtigkeitserklärung der Ehe.................................................................. Möglichkeit der Feststellungsklage, daß keine Ehe zwischen zwei Personen bestehe. 83. Nothwendigkeit einer Nichtigkeit-- oder UngiltigkeitSerklärung, wenn die äußerliche Erscheinung eine- recht-wirksamen EheschluffeS vorliegt. Fälle der Nichtigkeit und der Ungiltigkeit. 84. Klage­ berechtigte 85. Vermögen-rechtliche Folgen nichtiger Ehen. Unter-

83

X

Juhaltsverzeichuiß des IV. Baades.

Abtheilung I.

Seite schied der gemeinsamen und einseitigen Kenntniß des NichtigkeitSgründe-. 85. Rechtsstellung Dritter. 86. 2. Bei ungiltigen Ehen. Anfechtung-frist. 86. Rückwirkung der Anfechtung wegen AdoptiouSverhältuiffe- auf dieses. 87.

Zweiter Abschnitt. § 211. Die Auflösung der Ehe durch den Tod BegrLbuißpflicht. Auseinandersetzung. Absonderung des Vermögen-. 87. A. Bei getrenntem Güterrecht. Praesumtio Muciana. Einheitlichkeit der Absonderung 1) BorbehalteneS Vermögen. 88. Ausnahmsweise Derautwortlichkett des Ehemann- für daffelbe. 2) Eingebrachtes, a. Baares Geld. Verwendung des baaren Gelde- wahrend der Ehe durch Anlegung auf den Namen de- Manne- oder der Frau, mit und ohne deren Genehmigung. 89. Verwendung zu anderen Beschaffungen. Eigenthum der Frau au dem, waS auf ihren Namen erworben ist. Rechtsverhältnisse aus versagter Genehmigung de- Erwerbs, b. Kapi­ talien. 90. Behandlung von Prozessen über Aktiva, die zur Zeit der Auflösung der Ehe rechtshängig sind. 90 c. Andere bewegliche Sachen. Surrogation 90 Dos aestimata. d. Grundstücke und Ge­ rechtigkeiten. 91. Fall des Todes der Frau. Wahlrecht de« Manne-, zu behalten oder den Anschlag eventuell den ihm gesetzten Werth in die Nachlaßmaffe einzuwerfen. Gerichtliche Taxe statt de« gesetzten Preise-. 92. Nothwendigkeit der Auflassung. Meliorationen. Bewilligte. 93. Ver­ ringerungen. Fall de- Tode- de- Manne-. Wahlrecht der Frau im Fall eine- Anschlag-. Verbesserungen und Verringerungen, e. Er­ löschen de- Nießbrauch- mit dem Tode. 94. Auseinandersetzung über die Nutzungen. 95. L. Gütergemeinschaft. Keine communio prorogata. Miteigentum. 95. Antheil des Gatten an dem festgestellten gütergemeinschaftlichen Vermögen nach Verschiedenheit der Verwandt­ schaft der Erben. 96. Behandlung der Mobilien bei der Theilung. 97. Der Immobilien. 98. SurpluSreservat. 98. Behandlung der Schul­ den der Gütergemeinschaft bei der Auseinandersetzung und nachher. 99. Anhängige Prozesse und Vollstreckbarkeit der gegen den Ehemann er­ gangenen Urtheile gegen die Auseinandersetzung-interessenten. 100. Dritter Abschnitt.

87

Die Auflösung der Ehe durch Scheidung.

§ 212. Die Scheidung-gründe Verhältniß de« Gesetze- zu Kirche und Sitte. 100. Gesetzliche Schei­ dung-gründe: 1) Ehebruch. Gleichstehendes Verhalten. 101. 2) Bösliche Verladung. 102. Richterlicher Versuch der Herstellung de- Zusammen­

100

leben«. 103. 3) Halsstarrige und fortdauernde Versagung der ehelichen Pflicht. 4) Gänzliche- und unheilbare- Unvermögen. 104. 5) Raserei und Wahnsinn. 6) Nachstellung nach dem Leben. 105. 7) Grobe Verbrechen mit schmählicher Strafe. Muß die Strafe angetreten oder verbüßt sein? 106. 8) Unordentliche Leben-art. 106. 9) Versagung de- Unterhalt«. 10) Unüberwindliche Abneigung. Gegenseitige Ein» willigung. Einseitige Abneigung. Früherer Scheidung-grund Religions­ veränderung. 107. Schwere der Scheidung-gründe bezüglich der Schuld­ frage. Kompensation. 108. Verzeihung. Stillschweigende durch ein­ jährige Fortsetzung der Ehe 109. Verjährungsfrist? 109".

§ 213. Da- Scheidung-verfahren Sühneversuch. Einschränkung der Disposition der Parteien. 110. Keine Kumulation mit anderen Ansprüchen. Umfang der Rechtshängigkeit. Richterliches Gestatten de- Getrenntlebens. 111. Aussetzung des Ver­ fahrens. Endliche Erledigung de- Verfahren- durch da- Urtheil ohne Vorbehalt. Einfluß de- Tode- auf den Prozeß. Vermerk der Scheidung im Heirath-register. 112. Die Wirkungen der Ehescheidung.

§ 214. Die persönlichen Wirkungen Trennung der Ehe dem Bande nach.

Die frühere oder ausländische

110

InhaltSverzeichniß des IV. Bandes.

Abtheilung I.

XI

Seite Trennung von Tisch und Bett. 113. Fähigkeit zu neuer Ehe. Sein nachträglicher Verzicht aus Scheidung. Persönliche Rechtsstellung der geschiedenen Frau. Alimentationspflicht in bestimmten Fällen. 114. § 215. Die verm ögenSrechtlichen Wirkungen....................................................................... 115 Auseinandersetzung (Absonderung) und Abfindung. A. Absonderung bei getrenntem Güterrecht. Ohne überwiegende Schuld eine- Theils. 115. Mit überwiegender Schuld. Insbesondere der Nießbrauch bei überwie­ gender Schuld des Mannes. 116. B. Absonderung bei Gütergemein­ schaft. je nachdem ein Theil überwiegend schuldig ist oder nicht. Ins­ besondere Behandlung der Schulden. 117. Zwangsvollstreckung wegen solcher. 118**, 119”. Einfluß des Todes des unschuldigen Theils nach rechtshängiger Scheidung auf den AbsonderungSanspruch. 119. C. Ab­ findung. a. bei getrenntem Güterrecht. 119. Derpflegungsanspruch statt der Abfindung. 120. b. Abfindung bei Gütergemeinschaft. Dertragsmäßige Feststellung der Abfindung. Voraussetzungen der AbfinduugSklage. Vererblichkeit. 121. Freiheitsstrafe des schuldigen Gatten. 122.

Viertes Kapitel.

Eheähnliche Verhältnisse.

§ 216. I. Die Ehe zur linken Hand..................................................................................... 122 Entstehung des Instituts. Die morganatische Ehe in reichsständischen Familien. 122. Landrecht. Landesherrliche Genehmigung Vertrags­ abrede. Gegenwärtige Möglichkeit der Ehe zur linken Hand. Eigen­ thümlichkeiten derselben. 123.

§ 217. II. Der außereheliche Geschlechtsverkehr............................................................. 124 Rechtliche Natur des Anspruchs aus der Schwängerung. 124. Negative, positive Voraussetzungen. 125. Zeit. Descholtenheit. 126. Bezahlung für Gestattung des Beischlafs. Berüchtigte Unstttlichkeit. Frühere Schwängerung. Früherer Ehebruch. 127. Verführung des noch nicht zwanzigjährigen Schwängerns. 128. Umfang des Anspruchs. Schwän­ gerung der Willenlosen und unter Erregung des Irrthums ehelichen Beischlafs. Schwängerung im Brautstand. 128. Schwängerung in anderen Fällen. Beklagter. Vererblichkeit. Verjährung. 129. Frühere Eigenthümlichkeit des Verfahrens. 130". Zweites Hauptstück.

Das Recht zwischen Eltern und Kindern.

§ 218. Vorbemerkung ............................................................................................................ 130 Zurückftehen der römischrechtlichen Grundanschauung von der väterlichen Gewalt im gemeinen Recht. 130. Vormundschaftlicher Charakter der väterlichen Gewalt nach Landrecht. 131. Rechtsstellung der Mutter. 132.

Erstes Kapitel.

Die Begründung der väterlichen Gewalt.

§ 219. Die eheliche Erzeugung und Legitimation......................................................... 132 1) Eheliche Geburt oder Zeugung. Vermuthung für die eheliche Ab­ stammung der in der Ehe erzeugten oder geborenen Kinder. 132. Gegen­ beweis. Geltung der Vermuthung auch für die vor der Ehe erzeugten während derselben geborenen Kinder. 133. Dauer der Vermuthung nach dem Tode deS Ehemanns. 134, bei Scheidung der Ehe. 135. Vor­ sichtsmaßregeln gegen die Wittwe im Wege einstweiliger Verfügung. 13519. Präjudizialklagerechte und Klage auf Herausgabe deS Kindes. 135. An­ fechtung der Ehelichkeit des präsumptivehelichen Kindes 136. Anerkenntniß als Einrede. Vererblichkeit der Anfechtung. Anfechtungsrecht der Lehen- und Fideikommißanwärter. Keine Anfechtung seiner Ehelich­ keit durch daS präsumptiv eheliche Kind selbst. 137. 2) Legitima­ tion: a. durch nachfolgende Ehe. 138, für liberi adulterini. 138", Beweis der Zeugung durch den Ehemann und Anerkenntniß desselben 138", Ehe von Ausländern und im Ausland. 139. b. Durch Hofrefcript. Bedeutung Anderen als dem Vater gegenüber. 139. Keine Legitimation mehr durch Erkenntniß und gerichtliches Anerkenntniß. 140.

XII

Inhaltsverzeichniß bei IV. Bandes.

Abtheilung I.

Geile § 220. Die Annahme an Kinde-ftaN................................................................................ 140 Adoption-vertrag. Bestätigung. 140, auch noch nach dem Tode de« Adoptirenden. 140'. Die Vertragschließenden. Wer kann adoptiren? 141. Eltern, Ehefrau des Adoptirenden. Adel, Jndigenat. 142. Wirkung der Adoption. Verhältniß zum adoptans. Zur Frau desselben, zu einer adoptirenden Frau. 142. Zu Seitenverwandten. Leibliche Eltern der Adoptirten. Vermögen-rechtliche Stellung der Adoptirten. Verwal­ tung de- Vermögen- der minderjährigen Adoptirten. Accidentalia de- Adoption-verträge-. 143. Aufhebung der Adoption. Pflege­ kinder. Gesetzlicher Begriff. Bedeutung und Wirkung eine- darauf gerichteten Vertrage-. 144.

§ 221. Die Sinkindschaft....................................................................... Die 6., zunächst auf vertragsmäßige Begründung eines Erbrechts ab­ zielend, erzeugt nach Landrecht auch familienrechtliche Beziehungen. 145. Subsidiäre Natur der Bestimmungen. Kein nothwendiger Zusammen­ hang mit Gütergemeinschaft. 146. Vertragschluß. Betheiligte. DaVorauS der Borkinder. 147. Wirkungen der Einkindschaft 148. Auf­ hebung. 149. Zweites Kapitel.

145

Die Wirkungen der väterlichen Gewalt.

§ 222. Die persönlichen Wirkungen.....................................................................................149 Sittliche, rechtliche Pflichten. Alimentationspflicht. 150. Unterschied von der Alimentationspflicht entfernterer Verwandten. 150*. Erziehung bis zum vierten Lebensjahr. Spätere. 150. Differenzen der Eltern. Ein greifen der Obervormundschaft. Im Einzelnen: a. Religiöse Er­ ziehung. 151. b. Erziehung im Fall der Ehescheidung, c. Unterstützung der Eltern in Wirthschaft und Gewerbe. 152. d. Selbständige vermögensrechtliche Stellung de- Kinde-. Beschränkte Vertrag-fähigkeit. Form der Genehmigung des Vaters. 153. Prozeßsähigkeit des HauskindeS. 154". e. Grenzen des Vertretungsrecht« des Vaters, auch bei minderjährigen Kindern 154, inSbef. auch Anm. 32. f. Verpflichtung de- Vater- durch da- Hau-kind Auftrag, Genehmigung, nützliche Ver­ wendung. 155. g. Die ungenehmigten Schulden de« HauSkindeS. Anerkenutniß derselben. 156. b. Unerlaubte Handlungen des Kindes. 157. § 223. Die vermögensrechtlichen Wirkungen.................................................................. 158 I. Freies Vermögen. 159. Ausnahme von der Regel des väterlichen Nießbrauchs. Unbeschränkte Verfügung des Kindes. Nothwendigkeit einer Pflegschaft für daS minderjährige Kind. 159. Recht des Vater­ auf die Nutzungen, soweit sie zur Verpflegung und Erziehung de- Kindes erforderlich. 160. Selbständige Verschuldung deS freien Vermögens durch da- Hauskind. 161. II. Nicht freis Vermögen, Nießbrauch und Berwaltungsrecht deS Vater«. 161. Beschränkung des letzteren bei Grundstücken, Gerechtigkeiten und zur Sicherheit besonder- verschriebenen Kapitalien. Dormundschaftsgerichtliche Genehmigung. 162. Belastung des Nießbrauchs mit der Unterhaltungspflicht. Verlust de- Nießbrauchs. Rechtsstellung der Kinder im Konkurse. Sicherheitsleistung de- Va­ ters. 164. Auseinandersetzung und Sicherstellung im Fall einer ander­ weitigen Ehe. 165. Verlust des Nießbrauch« beim Verschweigen bei Kaution-falls. 166. Dritte« Kapitel. Die Auflösung der väterlichen Gewalt. § 224. Der Austritt au- der väterlichen Gewalt..............................................................166 Natürliche- Ende. 166. Sonstige Aufhebungsarten: I. Abgesonderte Wirthschaft de- Sohne«. 167. Widerspruch des Vater- bei Gericht. Begriff der gesonderten Wirthschaft. 168. Ausdrückliche Entlaffung des Sohnes. Entlaffung deS minderjährigen Sohnes über 20 Jahr nach Landrecht 169. Modifikation durch die Vormundschaft-ordnung. 170. II. Verheiratung der Tochter. Insbesondere der Fall, wenn solche giltig ohne Zustimmung deS Vater- erfolgt. III. Unverheiratete Töch­ ter. 171. IV. Wirkung der Aufhebung. 171. Ausantwortung bei Vermögen-. Ausstattung. 172. Dauernde Unterstützung-pflicht. 173.

JuhaltSverzeichniß M IV. Baude«.

Abtheilung I.

xin Seite

§ 225. Der Verlust und die Einschränkung der väterlichen Gewalt........................ 173 1) Verlust. 2) Ruhen. 3) Einschränkung. 173. Vertretung de- mtn» derjährigen Kinde- in diesen Fällen. 174. Vierte- Kapitel.

Rechtsverhältnisse anderer Kinder.

§ 226. Die Kinder au- einer Ehe zur linken Hand.................................................... 174 Rechtsstellung von Bater und Kind. 174. Verhältniß zu Bollkindern. 17.5. § 227. Die Kinder au- nichtigen und ungiltigen Ehen Bei Nichtigkeit Verschiedenheit der Rechtsstellung de- gutgläubigen und schlechtgläubigen Gatten. Wirkung der Ungiltigkeit erst seit der Ungiltigkeit-erklärung. 175.

175

§ 228. Die unehelichen Kinder.......................................................................................... Familieulosigkeit derselben. Anspruch de- Kind- auf Unterhalt und Erziehung. Rechtliche Natur desselben. 176. Voraussetzungen. 177. Umfang. 178. Der Anspruch kann auch für die Bergangeuheit geltend gemacht werden, ist passiv vererblich. 179. Erbrecht de- unehelichen Kinde-. Verhältniß der Obligation dazu. Behandlung de- Anspruchs im Konkurse. 180. Verjährung. Frühere Besonderheiten, wenn der Schuldner Soldat. 181.

176

Dritte- Hauptstück.

Die Vormundschaft.

§ 229. Einleitung......................................................................................................................182 I. Geschichte. Römische- Recht. 182. Deutsche- Recht. 183. Reichs« gesehgebung de- alten Reichs. 184. Recht de- Allgemeinen Land­ rechts. 185. Die Hauptgrundsätze desselben. 186. Die Nachtheile delandrechtlichen System-. Reformbestrebungen. 187. Die Vormund­ schaft-ordnung vom 5. Juli 1875. 188. II. Begriff und Arten. Staatliche Fürsorge für physische nicht juristische Personen. 188. Fürsorge durch Vertretung. Formulirung de- BegrissS. Verhältniß zu anderen familienrechtlichen Schutzverhältniffen und zu den Beiständen. Bedeutung der Kodifikation des Vormundschaft-recht-. Gesetze über daVormundschaft-wesen. 189. Die Vormundschaft im engeren Sinne und die Pflegschaft. 190. III. Die Vormundschast-behörden. Vor­ mundschaft-gericht. Funktionen desselben, insbesondere auch außervor­ mundschaft-rechtliche. Familienrath. 190 Anhörung Verwandter durch den Richter. Beschwerdeinstanz. Beschwerderecht. Weitere Beschwerde. 191. Waisenrath. Zuständigkeit de- Vormundschaft-gericht-. Bevor­ mundung vou Ausländern. 192. Erste- Kapitel.

Vormundschaft.

§ 230.

Vormundschaft über Minderjährige und Großjährige..................................... 193 I. Vormundschaft über Minderjährige, bei nicht wirksamerväterlich. Gewalt 193. Großjährigkeit-erklärung. Voraussetzungen derselben. 194. II. Vormundschaft über Großjährige 1. entmündigte Geisteskranke, 2 entmündigte Verschwender. Entmündigungsverfahren. Bedeutung und Wirksamkeit der Entmündigung. 194. 3 Die durch Taubheit, Stummsein oder Blindheit behinderten Personen. Feststellung durch da- Vormund­ schaft-gericht. Zeitpunkt de- Beginn- der Verpflichtung-unfähigkeit der zu 1—3 Genannten. 195. 4. Abwesende. Dorau-setzungen. Besonderheiten der Rechtsstellung de- Vormund- eine- Abwesenden. 196.

§ 231.

Begründung der Vormundschaft...........................................................................197 I. Gesetzliche Vormundschaft. Der Vater al- gesetzlicher Vormund. Voraussetzung und Rechtsstellung. 197. Der Vater der unehelichen Mutter de- minderjährigen Kindes. Vormundschaftliche Rechte und Pflichten des Vorstands einer VerpflegungSaustalt bei minderjährigen Kindern. 198. II. Richterliche Bestellung des Vormunds. An­ zeigepflicht bezüglich eines Vormundschaftsfalls. Folgen der Verfäumniß derselben. Vorschläge des Waisenraths. Rücksichten bei der Auswahl.

XIV

Iuhaltsver-etchniß des IV. Bandes.

Abtheilung I. Seite

Derselbe Vormund für mehrere Geschwister. Mehrere Vormünder des­ selben Mündels. Art der Bestellung. 199. Ist eine Bestellung auf Zeit oder unter Bedingungen möglich? Recht-regeln für die Bestellung. 1. Recht aus Berufung. Aufzahlung der Berechtigten 200. Beschwerde wegen Nichternennung. Wirkung der erfolgreichen Beschwerde. 201. 2. Unfähigkeit. Unfähigkeitsgründe. 201. Wann ist die Bestellung eines Unfähigen nichtig und die gesetzliche Vormundschaft ausgeschlossen? Im Uebrigen Wirksamkeit der Unfähigkeit als Entlassung-grund. 202. 3. Ver­ pflichtung zur Uebernahme der Vormundschaft. AblehnungSgründe. 202. Zeit der Geltendmachung derselben. 202". 4. Unentgeltlichkeit der Amtsführung. Voraussetzung der Bewilligung eines Honorars. 202. Recht darauf. 5. Bestellung eines Gegenvormunds. Nothwendigkeit desselben, insbesondere neben dem gesetzlichen Vormund. Wirksame Unter­ sagung der Bestellung eines Gegenvormunds. 203. III. Berufung und Bestellung des Gegenvormunds. 204. §232.

Führung der Vormundschaft................................................................................ Bedeutung beschränkender Bestimmungen bezüglich der Vertretung nach Außen und bezüglich der Thätigkeit deS Vormunds bei der Sorge für die Person und bei der Deruiögenoverwaltung. 204. Gemeinsame Ver» waltung mehrerer Vormünder. Theilung der Verwaltung nur unter Ge­ nehmigung deS Gerichts. Einwirkung des den Vormund Berufenden. 205. Im Einzelnen: 1. Vertretung. Aeußerung des Vertretungs­ willens. Unzulässigkeit der Schenkungen, Unwirksamkeit deS Verzichts oder der Versäumniß bei der Rechtswohlthat deS Inventars. 206. Be­ schränkte VertretungSbefugniß in den Fällen, welche Genehmigung deGegenvormundS erfordern. Wie ist diese zu erNären? Fälle. 207. Be­ deutung des Ausdruck- „Einziehung von Kapitalien". 207 Ersatz der Genehmigung de« Gegenvormunds durch daS Gericht. Beschränkung der Vertretung deS Vormunds durch daS Erforderniß gerichtlicher Geneh­ migung. Verfahren bei Ertheilung derselben. Rechtshandlungen, die sie fordern. Personenrechtliche. 208. Dermögensrechtliche. 209. Geschäfte, denen die erforderliche Geuehmigung mangelt. Keine Beseitigung der einmal ertheilten Genehmigung. Mögliche Beseitigung der verweigerten. Vorweg ertheilte Genehmigung. 211. Generelle Genehmigung. Allge­ meine Ermächtigung in der Bestallung. Bedeutung der Beschränkung des Vertretungsrecht- für Geschäfte, die der Mündel selbst mit Geneh­ migung deS Vormunds schließt. 212. Vertretung de- Mündels im Prozeß. 213. 2. Sorge für die Person des Mündels. Allge­ meines. Unterhalt. 213. Erziehung. Recht der Mutter. Kosten der Erziehung. Letztwillige Anordnungen des Vaters über Erziehung. 214. Berufswahl. Religiöse Erziehung. Strafmittel. 215. 3. Vermögens­ verwaltung. Selbständige Verantwortlichkeit des Vormunds. Sorg­ falt des ordentlichen Hausvater-. Beschränkungen der selbständigen Ent­ schließungen de- Vormunds durch Gesetz und letztwillige Bestimmungen. Tragweite derselben Gesetzliche Ordnung der Kapitalanlegung. 216. verbot der Beleihung von Grundstücken deS Vormunds. 217. Rechts­ geschäfte, au- denen Forderungen ohne pupillarische Sicherheit erwachsen. Rechte de- Mündels bei ordnungswidriger Anlegung. Verbot von Ver­ wendungen in den Nutzen des Vormunds. Untreue. 218.

204

§233.

Beaufsichtigung des Vormunds............................................................................ Aufsicht im Gegensatz zu Leitung. 1) Recht auf Kenntnißnahme, vermögenSverzeichniß. Rechnungslegung an daS Gericht. 219. Bedeutung derselben. Befreiung von Inventar und Rechnung, vermögensüberstchten. 220. Ausnahmslose Pflicht aller Vormünder dem Gericht über Einzelheiten die verlangte Auskunft (Rechenschaft) zu geben. 2) Gebote und Verbote des Gerichts zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten. Rath­ schläge. 221. 3) Anordnung der Verwahrung und der Außerkurssetzung der Werthpapiere. Bedeutung. 222. WiederinkurSsetzung. 222 Keine rechtliche Verfügung-beschränkung durch jene Anordnungen. 223. 4) Nöthigung zur Sicherheit-bestellung. Befteiung davon. 224. Durch-

218

Iuhalt-verzeichuiß de» IV. Baude».

Lbcheiluug I.

XV Sette

führung der Nöthiguug. 5) Ordnungsstrafe». 6) Entlassung und Ent­ setzung. Aufsicht über deu Gegenvormund. 225.

,

§ 234. Beendigung der Vormundschaft ........................................................................... 226 Natürliche- Ende. Keine Erstreckung der Alter-vormundschaft über die Großjährigkeit hinau». 226. Beendigung des Amt- für den einzelnen Bormund oder Gegenvormund. Insbesondere Entlassung. Entsetzung. 227. Zurückgabe der Bestallung. 228. Schlußrechnung. 229.

§ 235. Die obligatorischen Beziehungen de- Bormuudschaft-recht-............................ 229 Pflichten des Vormund-, auch de- gesetzlichen. 229. Grad der Sorgfalt. Mehrere Vormünder bei getheilter und ungetheilter Verwaltung. Kausal­ zusammenhang de- zu ersetzenden Schaden- und der Pflichtwidrigkeit. 230. Besondere Begrenzung de- Anspruch- wegen versäumter Kapital­ anlage und wegen Verwendung von Geld in den Nutzen de- Vormund-. Pflicht de- Gegenvormund-. Prüfung der gelegten Rechnung. Rechte de- Vormund- und Gegenvormunds gegen deu Mündel. 231. Recht auf Zahlungen wahrend der Vormundschaft. Recht auf Quittung und Entlastung. Zurückgewahrung der Sicherheit. Betheiligung de- Vor. mundschaft-gericht-. 232. Konkurs des Vormunds. Bürgschaftliche Haf­ tung de- Ehemann- der Vormünderin. Haftung de- Vormundschafts­ richter-. 233.

Zweite- Kapitel. $236. Pflegschaft......................................................................................................................234 Cura personae, keine cura rei. Reich-gesetzlicher Fall der letzteren. Abgrenzung der Aufgabe de- Pfleger- im einzelnen Fall. Keine gesetz­ liche Pflegschaft. Unterschied von dem im Prozeß und im Verfahren der Zwangsversteigerung vom Prozeßgericht bestellten Vertreter. 234. Ins­ besondere 1. Pflegschaft bevormundeter oder in väterlicher Gewalt be­ findlicher Personen. 235. 2. Pfleger einer Leibesfrucht, 3. Pfleger de» unbekannten Erben zur Erhaltung de- Nachlasse- und zur AuSmittelung de- Erben. 236. Die landrechtlichen Bestimmungen vom Nachlaß­ kurator, noch giltig? 237 4. Beispiele anderer Pflegschaften. 238. Die rechtliche Behandlung der Pflegschaft. 239.

Vierte- Hauptstück.

Da- Gesinderecht.

§ 237. Da- gemeine Gestnde...............................................................................................240 Geschichte de- GefinderechtS. Die Gefindeorduung. Dogmatische Be­ deutung der Stellung de- GefinderechtS im Familienrecht. 240. I. Be­ gründung de- GestndeverhältniffeS. 241. Fähigkeit sich zu vermiethen. Gefiudebücher. Stellung der HauSftau bei der Annahme. Statt Schriftlichkeit Draufgeld. 242. II. Gegenstand de- Vertrag-. III. Charakter und gegenseitige Pflichten, a. de- Gesindes. 243. Retentions­ recht der Herrschaft wegen Schaden-ansprüche. 244. b. Pflichten der Herrschaft. Insbesondere bei Krankheit de- Gesindes. 245. IV. Dauer de- Dienstverhältnisses. Auflündigung. 246. Einseitige'Aufhebung. 247. Tod de- Gesinde-. Tod de- Familienhaupte-. Konkurs desselben. 248. V. Recht aus ein Zeugniß. Exemtion von den Schöffen- und Geschworenendienft. 249.

$ 238. Die Hausoffizianten...................................................................................................250 Begriff und Unterschied von Dienstboten. 250. Annahmeantrag. Son­ stige Recht-regeln. Recht-verhältniß der Erzieher u. dgl. 251.

Fünfte- Hauptstück.

Die Rechte im weiteren Familenverbande.

Ernstes Kapitel.

?§ 239. Die Alimentationspflicht..........................................................................................252 Die Alimentationspflicht au- rechtswidrigen Handlungen, die Alimen­ tationspflicht deS geschiedenen Gatten und de- unehelichen Erzeugers im Gegensatz zur Alimentationspflicht der Verwandten. 252. Besonderheit

InhaltSverzeichaiß de- IV. Bandes.

XVI

Abtheilung I

Seite der Alimentationspflicht de- Bater- und der Mutter für da- im Haus­ verband stehende Lind. Alimentationspflicht anderer Berwandteu. 233. Kreis der Pflichtigen. Natur der Pflicht al- bedingt durch da- Unver­ mögen de- einen und da- Vermögen des andern Theils. 154. Beweis­ last. 255. Regelmäßig keine Forderung für die Vergangenheit. Aus­ nahmen. 256. Insbesondere Recht de- Armenverbandes, der alimentirt hat. 256 22. Notdürftiger und anständiger Unterhalt. 256. Natural­ alimentation Geldzahlung im Voraus. Mehrere Verwandte. 257. Gemeinschaftlich Verpflichtete. Klagen derselben auf Vertheilung der Lasten. 258, Verjährung. Erlöschen de- Rechts. Zurückforderung des von Geschwistern Geleisteten im Fall der Berbefferung der Umstände des Unterstützten. 259. Anwendbar auf Unterstützung entfernterer Ver­ wandter? 260.

Zweite- Kapitel

Die gemeinschaftlichen Familienrechte.

§ 240. I. Im Allgemeinen....................................................................................................260 Begründung gemeinschaftlicher Familienrechte. 260. Autheil deS Ein­ zelnen. Familienschlüffe. Stellung de- Vorstehers der Familie. Faffung der Familienbeschlüffe nach Landrecht. 261. Die Familie al- juristische Person. 262.

§ 241. II. Die Familienstiftung......................................................................................... 263 Begriff. 263. Errichtung. Verlautbarte, gerichtlich genehmigte Stiftungs­ urkunde. 264. Eigenthumsübergang. Interpretation der Stiftungs­ urkunde. 265. Aussicht über Familienstistungen. Zuständige- Gericht. Familienschlüffe zur Abänderung der Stiftung-urkunde. 266. Die in subsidium für da- Verfahren geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Ins­ besondere Vertretung Minderjähriger. 267. Dauernde Geltung der Vorschriften von gemeinsamen Vormündern und Vormundschaft-gerichten? 267". Wer ist da- Recht-subjekt bei der Familienftiftung? Aufhören derselben. 268.

§ 242. III. Da- Familienfideikommiß.................................................................................269 I. Begriff und Errichtung. Geschichtliche-. 269. Begriff. 270. Ver­ hältniß zum Begriff der Familienftiftung. 271. Voraussetzungen und Art der Begründung de- FamilienfideikommiffeS. 273. Fideikommißbehörde. Eintragung de- FideikommiffeS und der Anwärter in daGrundbuch. 274. Verwaltung (Kuratel) zur Sicherung der Rechte der Familie. 275. II. Gegenstand. 276. III. Rechte und Pflichten des FideikommißbesitzerS und der Anwärter 276. Verschuldung des FideikommißvermögenS, und zwar der Revenüen des zeitigen Besitzers, — zustimmender Agnaten, — der Revenüen überhaupt. 278. Verschuldung der Substanz durch Familienschluß. Ursprüngliche Fideikommißschulden. 279. Belastung deS FideikommißgutS mit Grundgerechtigkeiten. 280. Verwaltung. Substauzverringerung. Prozeßführung bezüglich der Sub­ stanz. 281. IV. Da- Succession-recht und die Succession-ordnung. .282. Erwerb de- Nachfolger-. Verbot de- Senoriat- bei Landgütern. Mehr­ heit der F.-Lommiffe in derselben Familie. 283. Vorgehen der Erbtochter vor der Regredienterbin. 284. V. Auseinandersetzung de- F-E.NachsolgerS mit dem Erben des letzten Besitzers. 285. VI. Auf­ hebung des FideikommiffeS. 287.

Berichtigungen: S. 18 Anm. 31 Z 1 hinter Dgl. einzuschalten: MilStr GB 1872 § 150 Abs. 2. S. 217 Anm. 55 Z 7 da- Wort „nicht" zu streichen.

s. d. R. v. 20. 0. Im

Dritter Theil. Das

Familienrecht.

A.LR. II. 1—5.18. Bornemann D. 5 (ohne daS DormundschaftSrecht). Koch, Pri­ vatrecht. II. 549—715. Dernburg B. III. §§ 1—89. Schmidt, das preuß. Familienrecht nach dem ALR, mit Rücksicht auf da- gemeine und deutsche Recht, dogm.»krit. dargest. 1843. — Glück v. 22 S. 375. B. 23-27. D. 28 S. 49. Arndts §§ 393-462. Keller §§ 386fa. S. 713 (1. Aufl.). Puchta §§ 411— 445. Sintenis III. S. lf Bangerow D.l Duch2. Windscheid II. §§ 489ff. — Beseler S. 548f. Dluntschli ©. 558f. Gengler, deutschePrivatrecht II. 795fg. Gerber S. 570 (8. Aufl.) § 221 f. — Zacharia (Puchelt) D. 3.

§ 201.

Einleitung.

« LR. I. 1. §§. 40-45. II. 3. §§1-8. Bornemann V. S. 2s. § 300- Koch, Pr.-R. I. 152fg. Schmidt §§ 80. 81 ©. 622fg. Unger, öftere. Pr..R. I. S. 504f. 5 60 des. S. 510.

Der erste Theil des A.L.R. normirt die Rechtsverhältnisse der Person als einzelner und ihres Vermögens. Im zweiten Theil find die Rechtsverhältniffe enthalten, in denen sich die Person als Glied höherer Einheiten befindet, und diesem systematisch richtigen Gedanken ent­ sprechend ') wird hier zur Darstellung derjenigen Rechtsinstitute überge­ gangen, welche den Kreis dieser höheren Einheiten, soweit sie dem Ge­ biete des Privatrechts angehören, umfassen. Von ihnen aus vollzieht sich dann fortschreitend der Uebergang in das öffentliche Recht, in das Recht des Staats und der Kirche. ') Oben B. 1 S. 22. Förster, Preuß. Privatrecht. IV. 4. Null.

2

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Die Rcchtsinstitute, welche diesem Gebiete des Privatrechts ange­ hören, geben der Person s. g. Zustandsrechte, welche ihrer Natur nach absolute find. Die Verbindungen, in welche hier die einzelne Person tritt, oder in denen fie sich befindet, und die Rechtsfolgen, die fich für fie aus ihnen ergeben, fordern allgemeine Anerkennung und Unverletztheit, auch von denen, die außerhalb dieser Verbindungen stehen'). Man hat vielfach in der älteren und neueren Theorie die s. g. Personen­ zustandsrechte in einen Parallelismus zu den Vermögensrechten gebracht, und wie bei diesen Sachen und Handlungen die Gegenstände des Rechts find, so hat man bei jenen den Zustand selbst, das Bestehen deffelben und die Zugehörigkeit zu ihm als Gegenstand eines Rechts ausgefaßt')• In Wahrheit aber ist die Zugehörigkeit der Person zu einem solchen Zustand, die Thatsache, daß die Person ein Glied eines solchen Verhältnisses ist, nicht ein Recht, so wenig wie die Persönlich­ keit selbst oder die Rechtsfähigkeit ein Recht ist, sondern eine Qualifi­ kation, eine bestimmte Eigenschaft der Person, aus welcher für sie ein­ zelne Rechte folgen, eine Eigenschaft die nicht im objektiven Recht, sondern in der sittlichen und natürlichen Ordnung des menschlichen Lebens ihre Quelle hat'). Daß der Einzelne einer Familie ange­ hört, in ihr sich in der Stellung des Gatten, des Vaters oder des Kindes befindet, ist nicht ein ihm zustehendes Privatrecht, welches ihm von der allgemeinen Rechtsordnung verliehen ist; aber aus diesen Verhältnissen entstehe» für ihn Wirkungen, welche von der Rechts­ ordnung anerkannt und geregelt werden müssen, und deßhalb seine Privatrechte find. Die Darstellung dieser Verhältnisse hat daher wesent­ lich zwei Aufgaben: einmal ihre Voraussetzung, d. h. die Existenz des Zustandes nach seinem Anfang und Aufhören sestzustellen, und so­ dann die Wirkungen des Zustandes — soweit sie dem Gebiete des Rechts angehören — zu erörtern. Diese Wirkungen haben sich zu Rechtsinstituten mit konkretem Inhalt verdichtet, und je nachdem dieser Inhalt ein personenrechtlicher oder vermögensrechtlicher ist, theilt man die Zustandsrechte in reine und angewandte. Die reinen Zustands­ rechte find aber großen Theils nicht Rechte, sondern sittliche Anforde­ rungen und es ist ein Verkennen der Grenzlinie zwischen Recht und Sittlichkeit, daß man auch solche Ansprüche, z. B. auf eheliche Treue, auf Gehorsam gegen die Eltern, als Rechte aufzählt. Nur die Ver­ letzung dieser sittlichen Anforderungen kann rechtliche Wirkungen begrün­ den. — Um der rechtlichen Wirkungen willen muß auch ihre Voraus*) Oben B. 1 S. 87.

Unten Note 6.

*) @. hierüber bes. Unger I. S. 504fg. *) Unger S. 510.

Kamilienrecht.

$ 201.

Einleitung.

3

setzung, der Zustand, rechtlichen Schutz genießen, wenn seine Existenz dem Einzelnen bestritten wird. Diesen Schutz gewähren die s. g. Prä­ judizialklagen, welche bezwecken, daß der Zustand als existirend, als der bestimmten Person angehörig anerkannt werde, und welche einen absoluten Charatter haben. Dieselben fallen nicht mit der s. g. Fest­ stellungsklage der Civilprozeßordnung zusammen, von welcher im § 48 die Rede gewesen ist'). Die Bedeutung der Klage des § 231 C.P.O. ist darin zu finden, daß in allen Fällen, in welchen ein rechtliches Jntereffe an der alsbaldigen Feststellung eines Rechtsverhältniffes besteht, deshalb eine Klage zulässig sein soll; aber die Bestimmung schließt nicht aus, daß von dem materiellen Civilrecht auch ohne den Nachweis eines rechtlichen Jntereffes an der alsbaldigen richterlichen Entscheidung eine Präju­ dizialklage zugelaffen werde, bei der ein später zu erhebender Anspruch nicht in Frage steht, also auch nicht ein Jntereffe an „alsbaldiger" Entscheidung, sondern nur ein Jntereffe an der richterlichen Feststellung überhaupt begründet ist'). Neben den Zustandsklagen, welche sich aus Anerkennung richten, den affirmativen Klagen stehen negative, die dahin abzielen, einer Person einen gewissen Zustand, z. B. die Zuge­ hörigkeit zur Familie als eheliches Kind abzusprechen'). Die aus dem Zustand hervorgehenden Wirkungen, z. B. das Recht auf Alimentirung, aus Erziehung, auf Ausstattung und berg!., werden durch besondere Kla­ gen geltend gemacht, welche nicht präjudizieller Natur sind'). Die erste und wichtigste jener höheren Einheiten, deren Glied der einzelne Mensch ist, der er sein Dasein verdantt und untrennbar bis zum Tode angehört, ist die Familie, die Verbindung mehrerer Per­ sonen durch das Band der Ehe und durch Abstammung von gemein­ schaftlichen Vorfahren'). Durch die letztere wird Blutsverwandt­ schaft begründet. Blutsverwandte find Personen, welche gemeinschaft­ liche Stammeltern haben"), also Eltern und Kinder, Geschwister und

•) 8. I. S. 257. 281. *) Die früheren Ausgaben Betonen an dieser Stelle unter Bezugnahme auf Entsch. 8.37 ®. 341, 8.46 S. 219, Strieth. 8.48 S. 260, daß die rechtskräftige Entscheidung auf solche Klagen Recht gegen Alle, nicht nur gegen die Parteien mache. Der Herausgeber hat bereit- B. I S. 321 sich dahin au-gesprochen, daß er einen Satz diese- Inhalt- im preußischen Recht nicht begründet finde. — Ueber die negative Feststellung-klage bezüglich der Nichtexiftenz einer Ehe in ihrem Verhältniß zur Klage auf Nichtigkeitserklärung der Ehe vgl. unten § 103 bei «nm. 3 und § 210 im Eingang.

0 Koch a. a. O. S. 100. ®) Unger S.511.

A.L.R. I. 1. § 5. 1. 195 § 4. 1. 196 de V. 8. — Wegen der Suspension der drei ersten Titel de- zweiten Theil- de- A.L.R. in der Kurmark, der Neumark, dem Kottbuser Kreise und Theilen Westphalens vgl. B. I S. 16. « L R. I. 1. § 42. II. 3. 5 1.

3todte» Buch.

4

Die besonderen Privatrechte.

bereit Abkömmlinge bis in die weitesten Grade. Aus die aus der Blutsverwandtschaft hervorgehende Familienverbindung und die daraus abfließenden Rechte hat der Umstand, ob die Abstammung eine ehe­ liche oder uneheliche ist, vielfachen und erheblichen Einfluß"). Der Unterschied von Agnaten und Kognaten, welcher im römischen Recht aus der Verbindung durch Hausgewalt (patria potestas) beruht"), hat im heutigen, insbesondere auch im preußischen Recht einen anderen Sinn. Agnaten find diejenigen, welche ununterbrochen durch Männer von demselben Stammvater abstammen, Kognaten, deren Abstammung von ihrem Stammvater durch eine weibliche Ascendentin unterbrochen ist"). Die Unterscheidung ist von Wichtigkeit für die Lehre von der Succession in Familienfi deikommißgüter und Lehen, und in diesem Be­ reich nimmt der Ausdruck Agnaten noch insofern eine engere Bedeutung an, als nicht auch die Söhne des letzten Besitzers, sondern nur deffen agnatische Seitenverwandte unter ihm begriffen werden"). — Die Blutsverwandtschaft ist je nach dem Grade eine nähere oder entferntere; der Grad bestimmt sich durch die Zahl der Geburten, mittelst welcher zwei verwandte Personen auf einen gemeinschaftlichen Ursprung sich be­ ziehen"). Diese Berechnungsart ist die des römischen Rechts, und unterscheidet sich dadurch von der des kanonischen Rechts, daß bei dieser nicht alle Geburten fortlaufend von dem einen zum andern Verwandten, sondern nur die Geburten bis zum gemeinschaftlichen Stammvater herauf auf der Seite, welche die größte Zahl der Geburten enthält, besonders berechnet werden"). Als Jnterpretationsregel soll beachtet werden, daß wo von Familienverhältniffen die Rede ist, unter den Ausdrücken Eltern und Kinder die Verwandten in auf- und ab­ steigender Linie ohne Unterschied des Grades zu verstehen sind, d. h. auch die weiteren Ascendenten und Descendenten, wenn die näheren weggefallen find"). Jndeffen ist diese Regel doch namentlich bei der Auslegung von Verträgen mit Vorsicht anzuwenden, und P.L.R. II. 3. §§ 6. 7. 8. 1. 4 §§ 1. 2. D. XXXVIII. 10. Bornemann V. S. 4. Koch, Pr.-R. I S. 152. A.L.R. I. 18 § 15. Bergl hierüber die ausführliche und sehr interessante Ausführung in der Enlsch. D. 51 S. 153 fg. 15) § 45 I. 1. A L.R. Koch I. S. 153fg. Ebenso österr. G.B. § 41. ,6) K 7. J. III. 6. 1. 10. § 9. D. XXXVIII. 10. c. 9. X. IV. 14. c. 2. § 4. C. 35 qu. 5. Glück B 23 § 1210. Gitzler, Eherecht S- 92. Während die römische Berechnung in der Summe der Geburten auf beiden Seiten bis zum gemein­ schaftlichen Stammvater besteht, rechnet die in das kanonische Recht übergegangene deutsche Zahlart auf jeder Seite besonder- bis zum nächsten gemeinschaftlichen Stammvater und läßt die längere der beiden Entfernungen von diesem entschei­ dend sein. 17) §§ 40. 41.1. 1. A.L.R. I. 11. § 1145. II. 8. § 1972. Dgl. auch I. 220 pr., 1.84 d. V. S., L. 16. ") ”) ") ")

Familieurecht.

$ 201.

Einleitung.

5

bei der Auslegung von Testamenten hat das A.L.R. sie bestimmter um­ grenzt"). — Die Blutsverwandtschaft ferner ist eine vollbürtige oder halbbürtige, je nachdem beide Eltern oder nur der Vater oder nur die Mutter gemeinschaftlich find; diese Eintheilung bezieht fich also auf das Verhältniß der Seitenverwandten (derKollateralen) zueinander"). Neben der natürlichen Blutsverwandtschaft steht eine juristische Verwandtschaft, welche durch die Rechtsafte der Adoption und Einkindschast hervorgerusen wird und dieselben Wirkungen erzeugt, wie die natürliche, wenn auch nur in einem engeren Personenkreise"). Eine s. g. geistliche Verwandtschaft kennt das bürgerliche Recht nicht"). Gegenüber der Verwandtschaft steht die Schwägerschaft, Schwie­ ger- und Stiefverwandtschast (Affinität), die Verbindung, welche durch die Heirath zwischen dem einen Ehegatten und den Blutsverwandten des anderen entsteht"). In diesem Verhältniß befinden fich also nicht nur der Ehegatte zu den Geschwistern des andern und umgekehrt (Schwäger), sondern auch der Ehegatte zu den Eltern des andern und umgekehrt (Schwiegereltern, Schwiegerkinder) und die Stiefkinder, d. h. die vorehelich (entweder unehelich oder in einer ftüheren Ehe) erzeugten Kinder zu dem späteren Ehegatten"). Dagegen stehen die dem einen Ehegatten verschwägerten Personen in keinem Schwägerschastsverhültniß zu dem andern Ehegatten, ebenso wenig die von zwei Ehegatten zu­ sammengebrachten Kinder zueinander in einem Stiefverhältniß"). Die häusliche Gesellschaft bildet die Verbindung der Ehegatten unter '•) « LR. I. 12. § 526f. «»mein. V. S. S. Sruchot VI. 250. »rrgl. 1.51. 84. 201. 220. § 3. de V. 8. 1. 4. § 2. 1. 10. § 9. D. II. 4. 1. 41. § 5. D. de leg. III. 1. 59. D. XXIII. 2. Heuser, Annalen B. 9 S. 247 fg. Senfs. IV. 133. IX. 183 und S. 320. Ueber den Ausdruck: nächste verwandte das. XII. 242. X. 269. XIII. 103. Pufendorf observ. III. 4. Mevius, comm. ad jur. Lubec. II. 1. art. 2 nr. 28.

,9) A.L.R. II. 3. §§ 4. 5. *) A.L«. H. 2. §§ 707—709.

Unten §§ 220. 221.

91) Ueber die cognatio spiritualis de- tonen. R. f. Gitzler S. 97. Kirchenrecht § 259. II.

Richter

”) A L R. I 1. § 43. Das Gesetz kann einer einmal begründeten Schwägerschaft auch nach Auflösung der Ehe, auf welcher sie beruht, eine rechtliche Bedeutung beilegen. Dies ist z B. im Pr. Personenstandsgesetz v. 6. Febr. 1875 § 33 Ziffer 3 und E P O. § 41 Ziffer 21 geschehen. Andererseits ergiebt Konk.-Ord. 5 24 Ziffer 2 und Reichsanfechtungsgesetz v. 21. Juli 1879 § 3 Ziffer 2 klar, daß nur eine Schwägerschaft, welche auf einer zur Zeit deS Rechtsgeschäfts be­ stehenden Ehe beruht, für die Anfechtung erheblich ist. Aehnlich schon die Recht­ sprechung zum Ges. v. 9. Mai 1855, vgl. Entsch. B. 53 S. 347, Strieth. D. 55 S. 19; abweichend aber da- ältere Ges. v. 26. April 1835. — Soweit die Schwäger, und Stiefverwandtschast al- Ehehinderniß in Betracht kommt, vgl. § 203 unter 5, ist der Umstand, daß die Ehe, welche die Grundlage dieser Ver­ wandtschaft bildet, nicht mehr besteht, nach dem inneren Grunde de- Ehehinderniffe- gleichgiltig. M) S. Entsch. B 27 S. 392 fg. “) A L R. I. 1. §§ 43. 44.

Bornemann V. S. 4.

6

Zweite« Buch.

Dir besondereu Privatrechte.

einander und mit ihren Kindern; in einem gewissen Sinne wird auch das Gesinde als ihr zugehörig angesehen"). Aus den bisher entwickelten allgemeinen Begriffen, welche der Fa­ milienverbindung zu Grunde liegen, ergiebt sich der Umfang der Auf­ gabe, welche eine Darstellung des Familienrechts zu lösen hat, und seine systematische Ordnung. An die Spitze tritt das die Familienver­ bindung erzeugende Verhältniß: die Ehe; es folgt das aus ihr zunächst hervorgehende Verhältniß der Eltern zu den Kindern. Unmittelbar hieran knüpft sich dasjenige Verhältniß, welches bestimmt ist, die feh­ lende Gewalt des Vaters zu ersetzen: die Vormundschaft. Ab­ schließend das Verhältniß der häuslichen Gesellschaft ist dann das Ge­ sinderecht zu erörtern. Endlich über den engen Kreis der häuslichen Gesellschaft herausgreifend bedürfen die weiteren Familienrechte

der Ewähnung. Aus dem Gebiete des Familienrechts hat das eindringende römische Recht nicht bloß einheimische Rechtssätze zu überwinden, sondern auch den Kamps mit festgewurzelter Volkssitte und den Forderungen der Kirche zu bestehen gehabt. Dieser Kampf ist dahin entschieden, daß in allen persönlichen Beziehungen unter den Familiengliedern, in den Arten, wie die Familienverbindung begründet und gelöst wird, das römische Recht gegenüber dem kanonischen und deutschen Recht nicht durchgedrungen ist, daß es selbst in den vermögensrechtlichen Beziehun­ gen keine Alleinherrschaft erlangt hat, sondern vielfach und in umfang­ reichen Gebieten das einheimische Recht erhalten worden ist"). Dies zeigt sich auch im A.L.R. unzweideutig. Abgesehen von dem Einfluß der Kirche auf die Ehe ist das Recht des Ehemanns auf die Person und das Vermögen der Frau, die väterliche Gewalt sowohl in Beziehung auf die Person als das Vermögen der Kinder im Wesentlichen deutsch­ rechtlich, obschon nicht zu verkennen ist, daß bei der Redaktion des A.L.R. im ehelichen Güterrecht und im Vermögensrecht der Kinder eine Mi­ schung deutscher und römischer Standpunkte, eine Art Mittelstellung zwischen beiden Rechten das Resultat geworden ist, freilich auch häufig mit willkürlichen Erfindungen neuer Rechtssätze. Dies wird unten nach­ zuweisen sein. Die s. g. weiteren Familienrechte haben im römischen Recht keinen Anknüpfungspunkt. Der kirchliche Einfluß, unter welchem sich das gemeinrechtliche Fa­ milienrecht entwickelt hat, machte fich in der praktischen Rechtsübung insbesondere dadurch bemerkbar, daß die bürgerliche Giltigkeit einer ge­ schloffenen Ehe regelmäßig aus einen kirchlichen Akt zurückzuführen

») ».8.81. 1.1. §§ 3. 4. x) »gl. unten § 207.

Kamilienrecht.

§ 301.

Einleitung.

7

war"), und daß die urkundlichen Beweise des Eheschluffes, ebenso aber auch die der Geburt und des Todes einer Person auf Grund kirchlicher Register von den Geistlichen der katholischen und evangelischen Kirche

und der von der Landeskirche fich getrennt haltenden Lutheraner aus­

gestellt werden mußten.

Für Personen, die aus einer der anerkannten

Kirchen ausgeschieden waren, ohne in eine andere anerkannte Kirche

übergetreten zu sein und für Juden hatte die Gesetzgebung demnächst die Führung der Register und die Ausstellung der Atteste in die Hand

der Gerichte gelegt").

Durch das preußische Gesetz vom 9. März 1874

über die Beurkundung des Personenstands und über die Form der Eheschließung trat eine wesentliche Aenderung ein, der dann durch das

Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personen­ stands und die Eheschließung unter näherem Ausbau der Einzelheiten reichsgesetzlicher Charatter gegeben ist.

Der Schwerpunkt dieser Gesetze liegt in der Einführung der sogenannten obligatorischen Civilehe

und der damit zusammenhängenden, in den §§ 203. 205 näher zu erläu­ ternden Neugestaltung des materiellen Eheschließungsrechts.

Außerdem

wird die Führung der Standesregister, in welche die Geburten, Hei-

rathen und Sterbefälle eingetragen werden, geregelt.

durch bürgerliche Beamte

Die Eintragungen in diese drei gesondetten Standesregister

erfolgen nach der reichsgesetzlichen Vorschrift auf mündliche oder schrift­ liche Anzeige; im ersteren Falle sollen sie enthalten: den Ort und Tag

der Eintragung, die Bezeichnung der Erschienenen, Standesbeamten,

den Vermerk des

daß und auf welche Weise er sich die Ueberzeugung

von der Persönlichkeit der Erschienenen verschafft hat,

daß

die Eintragung

nehmigt ist,

den Vermerk,

den Erschienenen vorgelesen und von ihnen ge­

die Unterschrift oder das Handzeichen der Erschienenen,

oder die Angabe des Grundes, der sie an der Unterzeichnung hindert,

endlich die Unterschrift des Standesbeamten; im zweiten Falle Ort und

Tag der Eintragung und die Unterschrift des Standesbeamten.

sätze, Löschungen, gleich

Zu­

Abänderungen sind am Rande zu vermerken und

der Eintragung

durch Unterschrift zu vollziehen.

Außer dem

Hauptregister wird ein Nebenregister geführt, in welches an demselben Tage eine von dem Beamten zu beglaubigende Abschrift der Eintragung

einzutragen ist.

Haupt- und Nebenregister werden nach Ablauf des

Kalenderjahres abgeschloffen, das Nebenregister wird der Aufsichtsbehörde

zur Prüfung cingereicht und demnächst bei dem Gericht ausbewahrt. 27) Schon die landrechtliche Gesetzgebung Preußen- behandelte übrigen- die Ehe ein­ heitlich al- ein staatlich zu ordnende- Institut, nicht unter Sonderung eine- katho­ lischen und eine- protestantischen Eherecht-, wie letztere- in den gemeinrechtlichen Gebieten de- preußischen Staat- bi- auf Schle-wig-Holftein der Fall war. ”) Ges. v. 23. Juli 1847. Dgl. hierüber und über die fortdauernde Geltung der Be­ weiskraft der nach der Vorschrift de- älteren Recht- ausgestellten Atteste B. I. ß 19 Anm. 25.

8

Zweite« Buch. Die besonderen Privatrechte.

Die Eintragungen in einem ordnungsmäßig geführten Standesregister beweisen diejenigen Thatsachen, zu deren Beurkundung fie bestimmt find, bis der Nachweis der Fälschung, der unrichtigen Eintragung oder der Unrichtigkeit der Anzeigen und Feststellungen, auf Grund deren die Eintragung stattgefunden hat, erbracht ist. Gleiche Beweiskraft haben die ordnungsmäßig ertheilten Auszüge. Der Beurtheilung des freien richterlichen Ermessens ist überlassen, ob die Beweiskraft durch Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften über die Art und Form der Eintra­ gungen aufgehoben oder geschwächt wird. Eine Berichtigung der Ein­ tragung ist nur auf Grund gerichtlicher Anordnung zulässig, welcher ein von der Aufsichtsbehörde zu veranlassendes Ermittelungsverfahren vor­ anzugehen hat. Die Berichtigung erfolgt durch Beischreibung eines Vermerks am Rande der zu berichtigenden Eintragung. Jede Geburt eines Kindes ist innerhalb einer Woche dem Stan­ desbeamten des Bezirks, in welchem die Niederkunst erfolgt ist, anzu­ zeigen. Verpflichtet zu der Anzeige sind in nachstehender Reihenfolge: der eheliche Vater, die bei der Niederkunft zugegen gewesene Hebamme, der dabei zugegen gewesene Arzt; jede andere dabei zugegen gewesene Person; die Mutter, sobald fie dazu im Stande ist. Die Anzeigepflicht der später Genannten tritt erst ein, wenn ein vorstehend Genannter nicht vorhanden oder an der Anzeige verhindert ist. Die Anzeige ist mündlich von dem Verpflichteten selbst oder durch eine andere aus eigener Wissenschaft unterrichtete Person zu erstatten. Eine schriftliche Anzeige in amtlicher Form ist zugelaffen bei Geburten, welche sich in öffentlichen Anstalten oder Kasernen ereignen. Der Standesbeamte ist verpflichtet, sich bei vorfindendem Anlaß zu Zweifeln von der Richtigkeit der Anzeige Ueberzeugung zu verschaffen. Die Eintragung des Geburts­ salles soll enthalten: Vor- und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort des Anzeigenden; Ort, Tag und Stunde der Geburt; Geschlecht des Kindes; Vornamen des Kindes (welche jedoch nachträg­ lich innerhalb zwei Monaten angezeigt werden können); Vor- und Familien-Namcn, Religion, Stand oder Gewerbe und Wohnort der Eltern. Bei Zwillings- oder Mehrgeburten ist die Eintragung für jedes Kind besonders und so genau zu bewirken, daß die Zeitfolge der verschiedenen Geburten ersichtlich ist. Besondere Bestimmungen sind dann noch in Betteff todtgeborner, bei der Geburt gestorbener und ausgefundener Kinder gegeben. Veränderungen in den Standesrechten des Kindes, z. B. Feststellung der Vaterschaft, Legitimation, Adoption, sind, wenn die Veränderung durch eine öffentliche Urkunde nachgewiesen ist, aus Antrag der Betheiligten am Rande der Eintragung zu vermerken. Das Anerkenntniß der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde darf nur dann eingetragen werden, wenn der Anerkennende dasselbe vor dem Standes-

Familienrecht-

§ 201.

9

Einleitung.

beamten oder in einer gerichtlich oder notariell beglaubigten Urkunde abgegeben hat. Wird die Anzeige des Geburtsfalles über drei Monate verzögert, so muß die Aufsichtsbehörde den Sachverhalt ermitteln und es darf die Eintragung nur mit ihrer Genehmigung erfolgen. Sterbesälle müssen spätestens am nächstfolgenden Wochentage angezeigt werden. Das Familienhaupt oder derjenige in deffen Woh­ nung oder Behausung der Sterbesall sich ereignet hat, hat die Anzeige zu machm. Die Einttagung soll enthalten: Vor- und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort des Anzeigenden; Ort, Tag, Stunde des Todes; Vor- und Familiennamen, Religion, Alter, Stand oder Ge­ werbe, Wohn- und Geburtsort des Verstorbenen; Vor- und Familien­ namen seines Ehegatten oder den Vermerk, daß der Verstorbene ledig gewesen; Vor- und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohn­ ort der Eltern des Verstorbenen. Eine Beerdigung darf vor der Ein­ tragung nur mit Genehmigung der Ortspolizeibehörde erfolgen und wenn diese nicht eingeholt worden, ist die Eintragung von der Geneh­ migung der Aufsichtsbehörde abhängig. Das Gesetz enthält ferner noch besondere Bestimmungen über die Beurkundung des Personenstandes der auf der See befindlichen Personen. Ueber die Heirathsregister kann erst im Zusammenhang mit der Form der Eheschließung unten in § 205 gehandelt werden.

Erstes Hauptstück. Das Eherecht. A.L.R. IL 1.

Vornemann B. 5 ©. 11-260.

Bogt,

Koch B. 2 6. 550—612.

Kirchen- und Eherecht der Katholischen und Evangelischen in den preuß.

Staaten. 1856. B. 2 S. 1—171. (Kommentar und Stoffsammlung.) Familienrecht 6. 1—149.

Staat-. 1866. S. 517f.

Schmidt,

Jacobson, da- evangel. Kirchenrecht de- preußisch. Altmann,

die Praxi- der preuß. Gerichte in Kirchen-,

Schal- und Ehesachen. 1861. 2. Abth. S. 572 fg.



Weitete Schriften au- der

Zeit der Redaktion de- A.L.R.: Schott, Einleit, in da- Eherecht. 1786. main,

Dem-

(Kitzler, Handb. des gern, und preuß. Eherechts. 1840.

bürg B. IIL §§ 2—41.

Handbuch

teutschen

de-

allgem. Eherecht-. 1792. und deutsche- Privatrecht.

Eherecht-.

1789.

Dabelow,

Hof­

Grundsätze

de-

Ferner die Kompendien über Kirchenrecht, über römischeKraut, die Vormundschaft nach den Grundsätzen de-

deutschen Recht-. B 1. 1835. 6.171f.

y. 2. 1847. S. 328f.

v. Scheurl, da-

Geweine deutsche Eherecht und seine Umbildung. 1882. — Zachariä (Puchelt) B. 3 S. 3—394.

Erstes Kapitel. Die Begründung des Eherechts. A.L.R. II. 1. §§ 3—172.

R Ges. über die Beurkundung M Personenstände» und die

Eheschließung »em 6. Februar 1875. (R G.Bl. S. 23).

10

Zweite« Vuch.

§ 202.

Die besonderen Privatvechte.

Vorbemerkung.

Es ist eine jetzt allgemein anerkannte Wahrheit, daß die Ehe kein vertragsmäßiges Verhältniß ist. Der Inhalt der Ehe ist den Ehegatten durch die sittliche und rechtliche Ordnung objektiv gegeben; sie haben sich dieser Ordnung schlechthin zu unterwerfen und find nicht befugt, Ab­ weichungen von ihr willkürlich zu vereinbaren. Der Vertrag ist also nicht ein den Inhalt der Ehe bestimmendes Moment. Nur insofern zur Eingehung der Ehe die Willenseinigung beider Personen erfordert wird, tritt etwas Vertragsmäßiges als das das Verhältniß begrün­ dende Moment hervor'). Die Ehe als vollständige Lebensgemeinschaft von Mann und Frau3) hat keine einzelnen Zwecke; weder die Kinder­ erzeugung noch wechselseitige Pflege und Unterstützung dürfen als solche hingestellt werden. Wenn gleichwohl das A.L.R. sagt: „der Haupt­ zweck der Ehe ist die Erzeugung und Erziehung der Kinder; auch zur wechselseitigen Unterstützung allein kann eine giltige Ehe geschlossen werden"3), so ist dies ein völlig überflüssiger, aber auch sehr unschäd­ licher Ausspruch. Die Scheidung der eherechtlichen Grundsätze nach den verschiedenen Konfessionen, welche im 18. Jahrhundert noch vorgeherrscht hatte,'war in den damaligen Bestandtheilen Preußens schon seit 1748 dadurch ins Schwanken gekommen, daß die Behandlung der Ehesachen den welt­ lichen Gerichten überwiesen und daß von diesen eine abweichende Praxis entwickelt wurde. Das Projekt des corp. jur. Frideric. von 1749 hat ein unkonfesfionelles Eherecht aufgestellt, die katholischen geistlichen Ge­ richte waren zwar nicht verpflichtet, die Abweichungen deffelben von dem kanonischen Rechte zu befolgen, für die evangelischen Glaubensge­ noffen aber war das kodifizirte Ehcrecht das allein geltende, auch wo es von den älteren Kirchenordnungen abwich. Die Redaktoren des A.L.R. sind, wie aus den von dem Gesetzrevisor mitgetheilten Mate­ rialien hervorgeht, mit Bewußffein von der Ansicht geleitet worden, daß das im A.L.R. redigirte Eherecht ein allgemein giltiges für alle Äon» fesfionen sein sollte und seitdem die Jurisdiktion in Ehesachen durch die Gerichtsorganisation von 1849 ganz und ausschließlich den staat­ lichen Gerichten übertragen war, konnte auch nur auf das A.L.R. als ausschließliche Rechtsquelle zurückgegangen werden'). Gegenwärtig ist >) Oben ®. 1 ©. 390.

Richter, Kirchenrecht § 248. (4. A. S- 610.)

=) § 1. J. I. 9. I. 1. D. XXIII. 2. c. 3. C. XXVII. qu. 2. -) II. 1. §§ 1. 2. ♦) Bergl. hierüber Jacobson S. 520. Ses.-Nev. XV. lff. Ueber die Suspension der 3 ersten Titel de- 2. Th. A L.R. f. oben D. 1 S. 14.

als eine in wesentlichen Punkten das Landrecht abändernde Rechtsquelle für das Eheschließungsrecht das bereits im vorigen Paragraphen er­ wähnte Reichsgeseh vom 6. Februar 1875 hinzugetreten. Der Kirche in ihrer Selbständigkeit muß überlasten bleiben, in ihren an die Gewiffen ihrer Angehörigen gerichteten Forderungen über Ehehinderniffe, Eheschließung und Ehescheidung andere Grundsätze aufzustellen und sestzuhalten. Für das bürgerliche Recht find diese Forderungen des kirchlichen Lebens, selbst wenn fie in äußerlichen Ordnungen der ein­ zelnen Kirchengemeinschaften und also in bestimmter Faffung gesetzes­ ähnlich sormulirt werden, von keiner Bedeutung'). Dem A.L.R. als dem ersten Gesetzbuch, welches eine vollständige Kodifikation des Ehe­ rechts gegeben hat, ist der Code Napoleon gefolgt'), während das österreichische Gesetzbuch noch den konfesfionellen Charakter bewahrt hüt'). Auch das sächsische Gesetzbuch hatte vor dem Reichsgesetz von 1875 ein konfessionell verschiedenes Eherecht, nur die Gründe der Nich­ tigkeit einer Ehe waren gemeinsam geordnet.

§ 203.

Die Ehehinderniffe.

r.L «. n.

1. §§ 3- 74. 933—1014. Reichrgesttz vom 6. Februar 1875 §§ 28-40. Vo^nemann V. S- 14 fg. Koch II. S 553. Dernburg III. §§ 8. 13—16. Gitzler S. 49fg. Jacobson S- 521 f. §§ 129-135. S. 572. § 142. Stölzel, deutsches Eheschließungsrecht (3. Aufl.) 1876. Die Kommentare de- Reichspersonen-

ftandgesepe-, in-bes. von Hinschins (2. Aufi. 1876) und v Sicherer. 1879. Stölzel in Dove- Zeitschr. für Kirchenrecht D. 17 (1881) S. 69.

I. Allgemeines. Die Lehre von den Ehehinderniffen ist die Lehre von den Eheersorderniffen. Eine gütige Ehe setzt voraus, daß kein von dem positiven Recht vorgeschriebenes Erforderniß fehle. Wo ein- fehlt, da ist ein Ehehinderniß vorhanden. Solche Hinderniffe be­ wirken entweder, daß die trotzdem abgeschloffene Ehe nicht als solche bestehen bleiben soll, daß fie nichtig oder ungiltig ist (trennende Hinderniffe, impedimenta dirimentia), oder nur, daß fie zwar bestehen bleibt, die Zuwiderhandlung aber eine Bestrafung nach sich zieht (aus­ schiebende Hinderniffe, impedimenta impedientia)'). Die trennenden Hinderniffe machen die Ehe nichtig, wenn fie absolut nicht bestehen kann, ihre Beseitigung also von Amtswegen herbeigeführt werden *) Insbesondere kann also die kirchliche Trauung nicht mehr eine rechtliche Bedeutung beanspruchen. *) Der Code, art. 144—342, hat da- kirchliche Moment der Ehe ganz au-geschloffen. D Dürgerl. S.B. §§77. 103 ff. 111. 115. 123 f. •) §§ 1568 ff. §§ 1619. 1621. ') Bergl. hierüber die Lehrbücher deS Kirchenrechts.

muß'), sie machen die Ehe ungiltig, wenn sie relativ nicht bestehen kann, und der Anfechtung von einer bestimmten dazu berechtigten Per­ son unterliegt ’). Ebenso wie die Ungiltigkeit einer Ehe nur auf Grund gerichtlicher Ungiltigkeitserklärung Bedeutung erlangt, wirkt auch die Nichtigkeit einer in den äußeren Formen des Gesetzes geschloffenen Ehe nicht durch fich selbst, kann vielmehr, so lange beide Eheleute leben, nur in dem dazu geordneten Verfahren behufs gerichtlicher Aufhebung geltend gemacht werden. — Die gemeinrechtliche Doctrin unterscheidet ferner öffentliche und private Hinderniffe, je nachdem fie das Gesetz aufgestellt hat im Jntereffe des Staats oder der Religion oder im Jntereffe dabei betheiligter Personen. Nach preußischem Recht fällt diese von ihm nicht erwähnte Eintheilung zusammen mit der in Nichtigkeit und Ungiltigkeit'). II. Die einzelnen Hindernisse. 1. Die Giltigkeit einer Ehe, die, wie die Gesetze als selbstver­ ständlich voraussetzen, nur zwischen Personen verschiedenen Geschlechts denkbar ist, erfordert, daß die Ehegatten eine gewiffe Altersstufe zurückgelegt haben; der Mann soll das 20., die Frau das 16. Lebens­ jahr vollendet haben; jedoch ist Dispensation zulässig'). Eine Ehe, welche dieser Bestimmung zuwider eingegangen ist, wird giltig, wenn der Mangel nicht binnen 6 Monaten nach Erreichung des erforderlichen Alters oder seit der durch Dispensation eingetretenen Ehemündigkeit geltend gemacht worden ist. Hierzu befugt ist der Ehemündige nach dem Recht des Landrechts vertreten durch den Vater oder seinen Vor­ mund, nach dem geltenden Recht ist anzunehmen, daß mit der erreichten Ehemündigkeit das Rügerecht und die Entscheidung über Verfolgung der erhobenen Rüge auf den ehemündig gewordenen Ehegatten selbst übergeht'). Der Mangel des Alters ist hiernach ein trennendes Hinder-) A.L.R. II. 1. §§ 933. 950. 951.

Bgl. auch j 592 C.P.O.

•) 5 934 b. r. ') Sacobfon S. 522. *) ReichSpersonenst.-Ges. $ 28 Abs. 2. In Preußen dispenfirt der Justizminifter. Die Gesuche sind beim Amtsgericht einzureichen. D. v. 24. Febr. 1875. Allg. Derf. v. 2. März und v. 6. Mob. 1875. (3uft.Min.Dl. S. 63. 234). — Da­ frühere Recht nahm Ehemündigkeit etwa- früher an. Nach dem Proj. de- corp. jur. Frid. I. 2. Tit. 3 § 3 sollten da- 16. und 14. Jahr die Ehemündigkeit be­ gründen, da» A-L.R. II. 1. §.37 bestimmte — wie Suarez (Jahrb. B. 41 S. 107) unter Berufung auf Hellfeld § 1208 bezeugt, der Praxis folgend, — da- 18. und 14. Jahr mit der Ausnahme des Anh. § 66. (Ehe auf Probe. S. darüber Gans Beiträge I. S. 104. Jacobson S. 525). Unter Beseitigung der letzteren Ausnahme hält da- Gesetz v. 21. Dez. 1872 (G S. 1873 S. 1) die Altersstufen de- Landrecht» fest, indem es dieselben für da» ganze Staatsgebiet als maßgebend erklärte. 6) Da» Letztere folgt au» E.P.O. § 51. Bgl. Stölzel in Dove» Zeitfchr» a. a. O. S. 103 f. Die immerhin bestehende Nothwendigkeit, daß auch der Bater zu­ stimme, ist bei dem 24jährigen Sohn nicht ander- als bei dem 20jährigen, d. h.

S 203. Die Ehehiuderniffr.

13

niß im Sinne der Ungiltigkeit (Anfechtbarkeit)'). Welche persönliche Eigenschaften Ausländer, die außerhalb des Reichs wohnhaft sind, haben müssen, um eine Ehe zu schlichen, entscheidet sich nach den für sie

maßgebenden Gesetzen'). 2. Die Ehe erfordert freie Einwilligung beider Theile'). Diese fehlt, abgesehen davon, wo den Personen die allgemeine Hand­ lungsfähigkeit überhaupt abgeht, insbesondere in den Fällen, wo Zwang, Betrug, Irrthum aus den Willensentschluß eingewirkt haben"). Auch dann fehlt die Einwilligung, wenn die Eheleute in bewußter und zum Ausdruck gebrachter Uebereinstimmung die scheinbar geschloffene Ehe in Wahrheit nicht wollen, der Eheschluß also ein fimulirter ist. Das Landrecht hebt den Fall nicht hervor, es müssen die allgemeinen Grundsätze ergänzend cingreifen. Als erzwungen gilt auch die mit Entführung eingegangene Ehe"). Der Irrthum kommt in Betracht, insofern in der Person des künftigen Ehegatten, oder in -solchen persönlichen Eigen­ schaften geirrt worden ist, welche bei Schließung einer Ehe von dieser Art vorausgesetzt zu werden pflegen. Das katholische Kirchenrecht be­ trachtet den Irrthum in persönlichen Eigenschaften nicht als wesent­ lich"), die älteren evangelischen Kirchenordnungen haben bestimmte peretwa- zu dem giltigen Willen-akt Hinzukommende-, nicht etwa-, wa- erst den Willen-akt giltig macht. Don demselben Gesichtspunkt ist die Zustimmung der Mutter und de- Vormunds anzusehen. — Bis zum Alter der Ehemündigkeit wird noch jetzt der Vater oder Vormund in Vertretung des Gatten die Klage an­ stellen §§ 990-992, §§ 977 d. T. Zn den letztern §§ ist dem Vormund zur Pflicht gemacht unter vormundschaft-gerichtlicher Aufsicht zu prüfen, ob die Pflege­ befohlene Person die Ehe fortsetzen wolle und ob ihr die Fortsetzung zuträglich sei. Unter Zustimmung deS vormundschaftlichen Gericht- soll er von der An­ fechtung Abstand nehmen können, hat gber die Einkünfte de- Ehevermögens dem Mann nur insoweit zu verabfolgen, als sie zum standesgemäßen Unterhalt der Frau erforderlich sind. Der letztere Satz und daß hierbei da- vormundschaftliche Gericht den Betrag bestimmt, gehört in da- Eherecht, und ist als geltende- Recht anzufehen. Dagegen kann die Entscheidung de- Vormund- darüber ob er klagen wolle, nach Maßgabe der Vormundschaft-ordnung nicht mehr von dem Beschluß deS Vormundschaft-gerichts abhängig sein. §§ 977. 978 d. T. sind al- vormund­ schaft-rechtliche Vorschriften aufgehoben. 7) § 970 d. T. Theil.

Also keine Anfechtung durch den Staat-anwalt oder den anderen

8) Die Ausländer haben da- im Gesetz vom 13. März 1854 . (G.S. S. 123) be­ zeichnete Attest beizubringen.

*) R.-Personenüand-ges. §. 28 Abs. 1. §§ 38. 39 d. THierher gehört Kinde-alter, Wahnsinn, Vlödsinn; — auch vorübergehende Willen-unfähigkeit. Dernburg lll. § 13 Anm. 6 will der Ehe eine- bevormundeten Wahnsinnigen, der in einem lichten Zwischenraum heirathet, Unanfechtbarkeit vindiziren trotz AL R. I. 4. § 25, weil da- Reichspersonenstandsgesetz nur Einwilligung verlange. Aber da- Reich-gesetz regelt nicht, wer wirksam einwilligen kann. Da- bestimmt sich auch für die Eheschließung nach Landesrecht. 10) PersonenftandSges. § 36 Abs. 2 und §§ 40. 41 d. T. ") Str.G.B. § 238.

") Gitzler S. 74.

Richter, Kirchenrecht § 253.

Jacobson S. 526.

14

Zweite« Buch

Die Meuteren PriOutrechte.

sönliche Eigenschaften hervorgehoben, namentlich den Mangel der Virginität der Braut, ein bei Eingehung der Ehe schon vorhandenes un­ heilbares Unvermögen, unheilbare, Ekel erregende und dem andern Theil verschwiegene Gebrechen"). An diese Fälle wird fid> auch der preußische Richter zu halten haben, um eine zu große Ausdehnung des Arbitriums, welches ihm der Wortlaut des A.L.R. giebt, zu vermei­ den"). Die durch Zwang, Betrug oder Irrthum veranlaßte Ehe wird hinterher giltig, wenn sie nach entdecktem Betrug und Irrthum oder nach beseitigtem Zwang noch 6 Wochen fortgesetzt worden"). Eine er­ zwungene, kinderlos gebliebene Ehe können die Erben des Gezwungenen unter Verdoppelung der dem letzteren noch zugestandenen Frist, vom Todestage gerechnet anfechten"). Daß in diesen Fällen die Ehe nicht als nichtig sondern nur als ungiltig zu bezeichnen, entspricht all­ gemeinen Rechtsgrundsätzen, während man von demselben Standpunkt aus die Ehe des Willensunfähigen — entmündigten Geisteskranken, zeitweilig Delirirenden — und die fimulirte Ehe als nichtig betrachten müßte. Das Landrecht faßt aber beide Fälle zusammen und nennt eine solche Ehe an der einen Stelle nichtig, an einer andern ungiltig. Der erste Ausdruck ist eine anscheinend nicht beabsichtigte Korrektur aus dem Wort „unverbindlich"; er ist deshalb in einem Rescript als Druck­ fehler bezeichnet, und da das Landrecht offenbar alle diese Fälle gleich­ artig behandeln will, so bleibt nichts übrig, als die durch äußerlichen Willensakt zustande gebrachte Ehe in allen Fällen eines inneren Willens­ mangels als lediglich durch den betreffenden Gatten (ober seinen Ver­ treter) anfechtbar anzusehen"). 3. Eheliche Kinder bedürfen zur Eheschließung, so lange der Sohn das 25., die Tochter das 24. Lebensjahr nicht vollendet hat, der EinI3) Jacobson S. 527. Irrthum in Beziehung auf da- vermögen ist kein Hinder­ niß. Seuffert I. 235. III. 66. XVI. 51. Dagegen Irrthum über Birginität, das. VI. 210. 211. VII. 191. XIII. 33. XVII. 249. XVIII. 144. venerische Krankheit, das. IX. 168. ") Beispiele: Rechtsp. B. 1 S. 37. Strieth. B. 45 S-173. vgl. R-G. bei Gruchot B. 24 S. 494. Irrthum über Unbescholtenheit de- Gatten.

15) 8 41 d. T. Entsch. B. 20 S. 239, D. 25 S. 435. Die Frist kann nur durch Anstellung der Ungiltigkeit-klage unterbrochen werden. Recht-fälle v. 1 S. 45. Entsch. B. 20 S. 243. Gruchot I. S. 109. Altmann S. 723. Nach kanon. Recht per annum et dimidium c. 21. X. IV. 1.

16) §§43.44 d. T. Wenn die früheren Auflagen mit Borne mann V. S. 44 Minderjährigen, deren Dormund die Anfechtung Unterlasten hat, da- Recht auf Restitution gegen Ablauf der Frist zuschreiben, so kann der Herau-geber dem nicht -ustimmen, da die Frist nicht al- Derjährung-zeit angesehen werden kann. ,T) § 39 und § 971 d. T. Da- Reskr. v. 23. Sept. 1837 bezeichnet „nichtig" im ersteren tz al- Druckfehler. I. MDl. 1837 S. 681. Dgl. dazu Ges. Rev. X V. S. 63. Auch die Praxi- hat stch für bloße Ungiltigkeit der Ehe eine- Blödsinni­ gen ausgesprochen. Strieth. B. 99 S. 201. Vgl. auch Dernburg III. § 13 Anm. 7.

§ 203. Di« Ehrhiudrrinff«.

15

willigung des Vaters, uneheliche Kinder und eheliche bis zu jenem Alter nach dem Tode des Vaters der Einwilligung der Mutter, und wenn fie minderjährig find, des Vormunds, letzteres auch wenn beide Eltern verstorben find. Der Vormund soll seine Genehmigung nicht ohne Zu­ stimmung des Vormundschastsgerichts ertheilen. Dem Tode des Vaters oder der Mutter steht gleich, daß dieselben zur Abgabe einer Erklärung außer Stande find oder daß ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist"). Bet angenommenen Kindern tritt an die Stelle des Vaters derjenige, welcher an Kindes statt angenommen hat"). — Nur in dem eben an­ gegebenen Umfang bildet zur Zeit der Mangel eines Konsenses ein der Eheschließung entgegen stehendes Hinderniß"), die Nichtbeachtnng des Mangels macht in keinem der Fälle die geschloffene Ehe zu einer nich­ tigen; regelmäßig ist auch die Anfechtung ausgeschloffen, das Hinderniß also nur ein aufschiebendes. Wenn aber von einem der Einwilligung bedürfenden Haussohn oder einer noch nicht 21jährigen Tochter die Ehe ohne die erforderliche Zustimmung des leiblichen") Vaters ge­ schloffen ist, kann dieser die Ehe innerhalb sechs Monaten nach erhal­ tener Nachricht von der Eheschließung, nicht als Vertreter des Kindes sondern aus eigenem Recht, ansechtcn"). Ist ferner die Ehe mit Min18) RPersonenstandSgesetz §§ 29.30. VormOrdn. v. 5. Juli 1875 § 48. A.L.R. II. 1. § 54. Der innerlich nicht zu begründende Unterschied zwischen dem 25. und 24. Jahr ist dadurch in da- Personenstand-gesetz gekommen, daß der Reichstag da- von den Bundesregierungen vorgeschlagene 30. Jahr in daö 25. verwandelte. Stölzel, Eheschl R. S. 20 Note 4. Den ehelichen Kindern stehen legitimirte und Kinder aus einer Putativehe gleich. Nach Landrecht bedurften auch die unter Kuratel stehenden Verschwender der Zustimmung des Kurator- zum Eheschluß 8 55 d. T., da- ist durch da- Reichspersonenstandsgesetz beseitigt. 19) R PersonenstandSgesetz § 31. Die vom Landrecht II. 1. § 98, II. 2. 8 758 vor­ geschriebene Einwilligung des Pflegevater- ist durch das Reich-gesetz (8 29 vgl. mit 8 39) weggefallen, ebenso wie die nach L.R. II. 1. § 50 eventuell erforder­ liche Einwilligung der Großeltern. Da- Gleiche gilt vom Stiefvater bei der Einkindschaft. **) Daß der fehlende Konsens unter Umständen durch gerichtliche Entscheidung ersetzt wird, ist unten darzulegen; einer solchen Eutfcheidnng gegenüber kann die Zu­ rücknahme de- Konsenses jedenfalls nicht in Betracht kommen. Au- 8 HI d. T. ist ferner herzuleiten, daß die freiwillig ertheilte Zustimmung nicht willkürlich zu­ rückgenommen werden kann, sondern nur auf Grund neuer oder neu erfahrener Thatsachen. Aber hierüber kann nicht der Standesbeamte entscheiden, dem der Widerruf zu erkennen gegeben ist; für ihn liegt dann zur Zeit der beabsichtigten

Eheschließung kein Konsens vor.

”) Der Adoptivvater hat da- Recht der Anfechtung nicht. Daraus daß da- Reichs­ gesetz den Adoptirenden, gleichviel ob Mann oder Krau, an Stelle de- leiblichen Baler- treten laßt, folgt nur, daß im Fall einer Adoption die Einwilligung denatürlichen Baler- nicht mehr erforderlich ist: über die Wirkungen de- Mangels der Einwilligung handelt da- Reich-recht nicht. *) 8§ 994. 997 d. T. Da- vierundzwanzigfte Jahr der Tochter wird hier als daJahr der Volljährigkeit erwähnt, e- ist deshalb jetzt da- 21. an dessen Stelle ge­ treten: Dernburg III. § 14 Anm. 12 zieht da- in Zweifel. Vgl. aber auch Entsch. D. 71 S. 282. Für den Ablauf der Frist kommt eS nur auf die Nach-

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Zweite» Buch.

Die besonderen Pnvatrechte.

vorjährigen ohne die erforderliche Einwilligung der Mutter oder des Vormundes geschloffen, so ist eine Anfechtung der Ehe während der Minderjährigkeit des Gatten und nach Beendigung der Minderjährigkeit noch weitere sechs Monate offen. Daß letzteren Falls der Gatte selbst der Anfechtende sein muß, ist klar. Wem vorher die Anfechtung zustchen solle, sagt das Gesetz nicht ausdrücklich. Es kann aber dabei nur an eine Anfechtung durch den Vormund als Vertreter des Pflegebe­ fohlenen gedacht werden. Jetzt muß auch für diese Anfechtung schon der ehemündige Gatte als selbständig klageberechtigt angesehen werden"). Das Landrecht verlangte Einwilligung des Vaters und eventuell der Mutter ohne jede Altersbegrenzung. Die Bedeutung eines Ehehinderniffes ist der mangelnden Einwilligung auch des Vaters für Söhne vom vollendeten 25., für Töchter vom vollendeten 24. Jahre ab durch das Reichsgesetz genommen. Die Versagung der Zustimmung zu der Ehe älterer Kinder und der Mangel der mütterlichen Zustim­ mung ist aber dadurch nicht ganz bedeutungslos geworden. In jedem Falle — gleichviel ob eine Anfechtung möglich war oder nicht, — giebt das Landrecht dem Vater, und sofern der Vater fehlt, der Mutter das Recht ein Kind, welches eine Ehe ohne ihre Einwilligung geschlossen hat, auf die Hälfte des Pflichttheils zu enterben"). Schon die Reformation und die älteren Kirchenordnungen haben den Satz ausgestellt, daß die elterliche und vormundschaftliche Einwilli­ gung nicht ohne erheblichen Grund versagt werden darf"). Das A.L.R. hat diesen Satz ausgenommen und erhebliche Versagungsgründe beispiclsricht, nicht auf da- Glauben derselben an. Entsch. B. 29 S. 380. — Das AnsechtungSrecht de» Vater- ist höchst persönlich. w) Dgl. oben Anm. 6. § 999 verweist auf die §§ 978—984. Man kann an ein Anfechtungsrecht der Mutter gewiß nicht denken, und § 984 ergiebt, daß der Bor­ mund nicht kraft eigenen Rechts sondern al- Vertreter der Pflegebefohlenen klage. Die Praxi- behandelt allerdings die Klage des Vormund» als eine Klage gegen die beiden Eheleute (Entfch. V. 73 S. 150): man hat sich nicht klar gemacht, in welche Lage der Prozeß kommt, wenn während deffelben der Bevormundete groß­ jährig wird. Soll dann der Beklagte zugleich zum Kläger werden und den Pro­ zeß gegen sich selbst fortsetzen- Die landrechtlichen Vorschriften knüpfen an da­ vollendete 24. Lebensjahr ausdrücklich als an da- Ende der Minderjährigkeit an. An die Stelle deffelben ist jetzt auch für Söhne da- 21. Jahr getreten. Für ältere Kinder hat hiernach die mangelnde Genehmigung der Mutter lediglich die Bedeu­ tung eine- impedimentum impediens.

“) §§ 997. 998 d. T. Entsch. B. 3 S. 360, B. 12 S. 299. Vgl. Stölzel in Dove» Zeitschr. B. 17 S. 109. Siehe auch HinschiuS AnwaltS-Zeitung 1866 S. 665. Goldenring bei Gruchot V. 21 S. 706. Es ist gleichgiltig, ob daKind bereits anderweitig verheirathet gewesen war. § 46 d. T Bei Kindern aus einer Ehe zur linken Hand, welche § 46 ebenfalls erwähnt, kommt das Ent­ erbungsrecht nicht in Betracht, da sie keinen Pflichttheil zu beanspruchen haben, äs) Jacobson S. 530fg. Sutro in der AnwaltS-Zeit. 1862. S. 81. Suarez, Schlußvortr. S- 107. Wochenbl. für merkw. Recht-fälle. 1844. S. 411. Heuser III. 420. Seufsert IX. 40. XIII. 259. XVI. 119. (Religion-verschiedenheit kein ausreichender Grund zur Verweigerung de- Konsenses). XX. 137.

§ 203. Di« Ehrhiadermff«.

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weise angegeben *6). Dieselben find auch nach dem Reichsgesetz noch maß­ gebend"). Das großjährige Kind hat ein Klagerecht aus gerichtliche Ergänzung der ohne erheblichen Grund versagten Einwilligung (actio ad supplendum consensum)”), und wenn das Gericht diese ausgesprochen, dürfen die Eltern das Kind auch nicht mehr enterben ”). Bei Weigerung des Vormunds findet gegen denselben keine Klage auf Zustimmungs­ erklärung statt, das Vormundschastsgericht kann aber die versagte Ein­ willigung des Vormunds ersetzen, wie es bei Uneinigkeit mehrerer Vor­ münder entscheidet'"). 4. Militärpersonen des Friedensstandes im Sinne des Reichs-Mili­ tärgesetzes bedürfen zu ihrer Verheirathung der Genehmigung ihrer Vorw) §§ 58—67 d. T. Daß die hier aufgeführten Versagungsgründe nur Beispiele sein sollen, s. Altmann in d. Zeitschr. f. Kirchenr. von Dove B. 5 S. 119fg. Dornemann V. S. 47. Zu §. 67 d. T. vergl. Entsch. B. 3 S. 360 und unten § 204 Note 21. 27) HinschiuS a. a. O. S. 111 Note 89, Sicherer a. a. O. S. 193.

'") ReichSpersonenst.Ges. § 32; §§ 68—72 d. T- Nicht mehr klageberechtigt ist jetzt ein noch minderjährige- Kind, oder der Verlobte de-Kinde-, den § 68 cit. eben­ falls zuließ. Vgl. Stölzel, da- Eheschließung-recht S. 25.

29) A L R- II. 2. § 412. Bornemann V. S. 49 a. E. Goldenring bei Gruchot D. 21 S 707. Nach geschloffener Ehe kann aber nicht auf nachträgliche Geneh­ migung behus- der Au-schließung de- Enterbung-grunde- geklagt werden. Entsch. B. 12 S. 299. 30) ReichSpersonenst.Ges. § 29 Abs. 5, Vorm.O. v. 5. Juli 1875 § 48, A.LR. II. 1. §§ 54. 69. 70. 72. Gegen die verweigerte Genehmigung de- Vormundschafts­ gericht- findet Beschwerde nach § 40 Abs. 2 Ausf.Ges. Ger verf.Ges statt. — Fraglich ist, ob der unklaren Bestimmung des § 70, nach welcher dem auf seiner Weigerung beharrenden Vormund sreisteht, „auf richterliche- Gehör und Erkennt­ niß darüber anzutragen", noch gegenwärtig Bedeutung beizumeffen ist. Koch zu § 70 cit. versteht die Vorschrift von einer Klage dcö Vormund-, ebenso die Gesetz-Revis. (Pens. 15 S. 81); während aber die letzteren an eine Klage gegen da- Vormundschaft-gericht denken, aber die Vorschrift unvollständig finden, meint Koch, daß die Bestimmung von einer Klage gegen die Brautleute — (varunter da- Mündel de- klagenden Vormund-) — zu verstehen sei. In der That zeigt der Gegensatz „bloße- Dekret" in § 69 und „förmliche- Erkenntniß", daß man an eine prozeffualische Entscheidung gedacht hat. In dem von vormundschaftlichen Prozessen handelnden 39. Titel de- I. Theil- der A G O. ist aber dieser Fall einer prozessualischen Instruktion und eine- vormundschaftlichen Erkenntnisses nicht er­ wähnt. Es fehlte also von je her an einer Prozeßsorm für diese- Verfahren, und der Bestimmung kann kein anderer Sinn beigelegt werden, als daß der wider­ sprechende Vormund fich deshalb von Neuem an das Bormundschaft-gericht wen­ den kann und demnächst auf diese Vorstellung zu bescheiden ist. Bon einer Be­ schwerde an das vorgesetzte Gericht läßt die Bestimmung nicht- ersehen. Auf eine solche verweist Der«bürg Vorm Recht S. 169 Anm. 4 unter Anlehnung an Strieth. B. 33 S 5. Vgl. auch Duncker, Darstellung des hinsichtlich deHeirathskonsenses bestehenden Rechts S. 19 f. Aber jedenfalls ist die Beschwerde des Vormund- über das Vormundschastsgericht in diesem Fall nicht ausgeschlossen. Don einer Klage, wenn solche nach älterem Recht anzunehmen war, kann jetzt keinenfalls mehr die Rede sein. Denn im Prozesse de- Vormunds gegen daMündel würde über ein Recht des Minderjährigen auf Supplirung des Konsenseentschieden werden, und da da- Reichsrecht dem Minderjährigen eine solche Klage versagen will, kann es auch nicht zuläsfig sein, daß darüber auf Grund einer lande-rechtlich • statuirten Klage de- Vormunds gegen das Mündel entschieden Förster, Preuß. Privatrecht..1V. 4. Nufl.

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Die besonderen Privatrechte.

gesetzten. Die Ehe ist indessen nicht mehr nichtig, wenn es daran fehlt"). Der Konsens der vorgesetzten Behörde in die Ehe eines Civilbeamten ist als Voraussetzung der Eheschließung nicht mehr erfor­ derlich ”). Außer diesen positiven Erfordernissen einer giltigen Ehe find noch andere negative aufgestellt: 5. Keine nahe Verwandtschaft und Schwägerschaft. Die Ehe ist unbedingt verboten und nichtig zwischen Verwandten in aufund absteigender Linie, zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern ohne Unterschied, ob die Verwandtschaft ehelich oder unehelich ist, zwi­ schen Stief- oder Schwiegereltern und Stief- oder Schwiegerkindern ohne Unterschied des Grades und der ehelichen oder unehelichen Erzeugung. Dispensation ist unstatthaft"). Das landrechtliche Verbot einer Ehe zwischen dem Neffen und der älteren Tante ohne besondere Dispen­ sation") ist beseitigt. Ungiltig (anfechtbar) Ist die Ehe zwischen dein Adoptirenden und dem Adoptivkinde so lange, bis die Adoption auf gesetzmäßige Weise wieder aufgehoben worden"). 6. Es darf kein vormundschaftliches Verhältniß zwischen den Ehegatten bestehen. Die Eheschließung des Pflegebefohlenen mit werde. Dgl. gegen Bölk und Sicherer zu § 32 des Personenst.-Ges. und Goldenring bei Gruchot B. 21 S. 679: Stölzel, Eheschl.R. S. 25 Note.5 und H in sch i uS, Komm. Anm. 93. Stölzel kann aber darin nicht beigestimmt werden, daß die dem Standesbeamten kundgegebene Forsetzung der Weigerung des Vormunds trotz des beigebrachten Dekrets des BormundschaftSgerichtS die Ehe­ schließung hindert, vielmehr wird eS lediglich darauf ankommen, ob das Gericht oder die vorgesetzte Instanz die Einwilligung zurückzieht.

31) Vgl. R Mil.Ges. v. 2. Mai 1874 §§ 38. 40. Personenst.Ges. § 38. Früher war der Mangel ein impedimentum dirimens. §§ 34. 35 II. 1. Anh. § 56. Eine bes. Ausnahme machte das Ges. v. 3. April 1871 (G S S. 161).

32) Das lediglich eine Kontrole des Beitritts in die WittwenverpflegnngSanstalt ab­ zielende ausschiebende Ehehinderniß deS Anh. § 70 zu II. 1. § 146 bei mangeln dem Konsens teS Vorgesetzten eines Livilbeamten muß durch die Aushebung der Möglichkeit des Beitritts zu jener Kaffe durch Ges. v. 20. Mai 1882 § 22 in­ soweit als beseitigt angesehen werden, als nicht für einzelne Beamtenklaffen diese Pflicht noch besteht. Vgl. über die Bedeutung deS cit. Anh. § 70. Stölzel, Ehcschl R S. 33. 40 — Sofern für Reichsbeamte das gleiche aufschiebende Ehe­ hinderniß aus § 19 des Reichsbeamtengesetzes v. 31. März 1873 herzuleiten war, ist daffelbe durch § 38 des Personenstandsgesetzes direkt beseitigt. Vgl. Erl. deS Min. d. Inn. v. 19. April 1875 (Min.Bl. d. inn. V. S. 117). ”) ReichSpersonenst.Ges. § 33. Früheres Recht L.R. II. 1. §§3-6. 10. Derord. v 22. Dezbr 1843, welche den Anh. § 62 aufgehoben hat. Kab.-Ordre vom 28. September 1844. Allgem. Berf. vom 8. Oktbr. 1844 (I M.Bl. S. 223). Suarez, Schlußvortr. S. 103f. ferner in den Iahrb. B 52 S. 127sg Vgl. §§ 8. 9. II. 1. Oben § 201 Anm 22. Keine außereheliche Schwäger- oder Stiefverwandtschaft außer für den außerehelich Erzeugten. Vgl. Stölzel im JustMin.Bl. 1876 S. 215. Darüber daß die Auflösung der die Schwägerschaft begründenden Ehe gleichgiltig ist, s. ob. S. 5 Anm. 22. 3«) A L R. II. 1. §§ 8. 9.

36) Reichspersonenft Ges. § 33 Z. 4. Ueber die Gestaltung deS Anfechtungsrechts vgl. Stölzel in Dove- Zeitschr. B. 17 S. 99.

§ 203.

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Dir Ehrhindrrniffr.

seinem Vormund oder mit einem Kinde deffelben ist während der Dauer der Vormundschaft unzulässig, jedoch wirkt das Verbot nur als aus­ schiebendes Hinderniß, die trotz deffelben geschloffene Ehe ist nicht an­ fechtbar ”). 7. Keine schon bestehende Ehe. Das Reichsgesetz kleidet diesen Satz in das Verbot: „Niemand darf eine neue Ehe schließen, bevor seine frühere Ehe aufgelöst, für ungiltig oder für nichtig erklärt ist" ”). Die Fassung des Landrechts war eine allgemeinere: „Ein Mann kann nur eine Frau und eine Fra» nur einen Mann zu gleicher Zeit zur El)e haben""). Die Doppelehe, welche wissentlich oder mit verschul­ deter Unwissenheit vom Bestehen der früheren Ehe geschaffen worden, ist nichtig; wird sie aus beiderseits unverschuldetem Irrthum über die erfolgte Auflösung der älteren Ehe geschlossen, so ist sie ungiltig (anfechtbar) und sie wird in diesem Fall als von Anfang giltig erachtet, wenn die ältere Ehe nachträglich getrennt worden"). Aufgelöst kann 36) ReichSpersonenst.Ges. § 37. Ueber das Verhältniß dieses Eheverbots zu dem des A L R. II. §§ 14. 968 f. Stölzel in Doves Zeitschr. B. 17 S. 94. 37) ReichSpersonenst.Ges § 34 vgl. Strafgesetzbuch § 171.* Die Ungilligkeit oder Nich­ tigkeit der früheren Ehe kommt nicht in Betracht, sondern nur die rechtskräftige Erklärung der Ehe dafür. 38) § 16 II. 1, vgl. § 936. — Wenn ein Erkenntniß auf Ehescheidung oder Ehe­ nichtigkeit rechtskräftig geworden ist, demnächst aber im WiederaufhebungSverfahren die Klage abgewiesen wird, so besteht die Ehe wieder zu Recht, oder richtiger eS ist jetzt festgestellt, daß sie auch in der Zwischenzeit immer zu Recht bestanden hat. Dennoch ist nach dem Wortlaut deS Reichsgesetzes die inzwischen geschloffene zweite Ehe zu Recht geschloffen worden. Bestehen jetzt beide Ehen giltig und unanfechtbar neben einander? Zu dieser dem Wesen der Ehe widersprechenden An­ nahme wird man nicht kommen dürfen. Man muß und kann in den Worten deS ReichSgeseßes daS Prinzip des preußischen Gesetzes wieder finden, das Reichs­ gesetz als mit der preußischrechtlichen Bestimmung identisch ansehen. Dann kom­ men die im Text sogleich zn erwähnenden Vorschriften Über Anfechtung der in der irrthümlichen Annahme der Ehesreiheit geschloffenen Ehe zur Anwendung. Entsch. B. 28 S 337. Strieth. B. 5 S. 318. Hält mau sich lediglich an den Wortlaut des Reichsgesetzes, so ist die zweite Ehe giltig geschloffen und kann durch daS Auflebeu der ersten Ehe nicht erschüttert werden. Struckmann und Koch zu § 577 E.P.O. wollen anscheinend auS diesem Grunde die Wiederaufnahme deS Verfahrens, falls inzwischen eine andere Ehe geschloffen ist, nur gegen die Ent­ scheidung der Schuldfrage zulaffen, so daß die z. B. von einem ungehörig be­ setzten Gericht ausgesprochene Scheidung ihre Wirkung nie verlieren könnte. Hierzu bietet die E.P.O. keine Begründung. PeterS, die Ehescheidung, S. 24, will überhaupt kein Wiederaufnahmeverfahren zulaffen. ”) Der Ausdruck „ungiltig" kann hier, wo er dem Ausdruck „nichtig" entgegengesetzt wird, nicht als eine ungenaue Bezeichnung einer in Wahrheit nichtigen und des­ halb von AmtSwegen anzufechtenden Ehe angesehen werden. Die Ansicht von MeveS, Eivilprozeßordnung S. 357, die Ehe sei „nur ungiltig", könne aber trotz­ dem von AmtSwegen angefochten werden, enthält einen inneren Widerspruch. Da nichts anderes gesagt ist, können nur die Eheleute als anfechtungsberechtigt angesehen werden, auch ihr Anfechtungsrecht fällt weg, wenn die erste Ehe in­ zwischen aufgelöst ist. Ist durch den Tod des conjux binubus gleichzeitig mit der ersten auch die zweite Ehe aufgelöst, so kann zwar davon nicht die Rede sein, daß die zweite Ehe wegen Wegfalls des Anfechtungsgrundes konvalescire:

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Die besouderen Privatrechte.

eine Ehe sein durch den Tod des einen Ehegatten oder durch rechts­ kräftige Scheidung'"). Ob die Todeserklärung für die Frage der Zu­ lässigkeit und Giltigkeit der neuen Ehe dem Tode noch jetzt gleich zu achten ist, scheint nicht zweifellos, doch sprechen überwiegende Gründe für die Bejahung"). 8. Soll die Wiedcrverheirathung nach der Auflöfung einer ersten Ehe statt finden, so muß die gesetzliche Abfindung der Kinder nachge­ wiesen "), und von Frauen der Ablauf des 10. Monats seit Beendigung

aber die tzhe, welche nicht durante matrimonio angefochten ist, kann auch nicht mehr für ungiltig erklärt und beseitigt werden. — Es widerspricht dem Gefühl, daß die thatsächlich bigamische Ehe nach der Willkür der Gatten soll von Bestand er Hallen werden können — vgl. auch Rev. Pens XV. S. 467 —, aber die Bestim mung läßt keine andere Auslegung zu. Der verletzte Gatte der ersten Ehe wird wegen Ehebruch- auf Scheidung klagen und so das Nebeneinanderstehen der bei­ den Ehen beseitigen können. Koch, Priv.R II. § 746 giebt dem Gatten erster Ehe, und nur diesem die Ungiltigkeit-klage. Dazu fehlt e- an durchgreifenden Gründen. Nur durch eine ausdrückliche Bestimmung hätte ihm das Recht, die bloße Ungiltigkeit der neuen Ehe zu rügen, übertragen werden können. — Die Klage, welche auf der Thatsache de- Vorhandensein- beider Ehen beruht, ist zu­ lässig, so lange beide Ehen bestehen. Da sie mit dem Wegfall der einen Ehe oder der Auflösung der zweiten unmöglich wird, ist weder von Anfechtung-frist noch von Verjährung dabei die Rede. 40) Ueber Erkenntnisse auf beständige Trennung von Tisch und Bett (auf Separation), vgl. unten § 214 Anm. 4. 41) Die §§ 666 667 II. 1 sprechen au-, daß im Fall der Todeserklärung eine- Ehe­ gatten e- dem anderen freisteht, sich wieder zu verheirathen, und daß diese neue Ehe besteht, selbst wenn der Verschollene zurückkehrt, daß aber die alte Ehe alfortdauernd angesehen wird, wenn der Verschollene vor einer anderweiten Berheirathung de- zurückgebliebenen Gatten zurückkehrt. Wenn man diese Bestimmun­ gen mit Sicherer zu 8 34 de- Personenst Ges. dahin aufsaßt, daß nicht die Todeserklärung, sondern nur eine in Folge derselben geschloffene neue Verhei rathung die alte Ehe auflöse, so muß man, waS S. freilich nicht thut, die land rechtliche Bestimmung al- aufgehoben ansehen. Denn da- Reich-gesetz gestattet eine neue Eheschließung mir nach der Auflösung der alten, schließt also die Mög lichkeit au-, daß die trotz de- Bestehens der alten Ehe geschloffene neue Ehe als eheauflösend angesehen werde. Dann würde also jetzt der Prüfung de- Standes­ beamten unterliegen, ob er in dem Urtheil auf Todeserklärung einen Beweis des Tode- findet, die darauf hin geschloffene Ehe aber würde sich als auf irriger Grundlage geschloffen ergeben, wenn die Rückkehr de- Verschollenen feststellte, daß zur Zeit de- neuen EheschluffeS die alte Ehe noch bestand. Die neue Ehe wäre also anzufechten. Man wird aber die Bestimmungen de- Landrecht- abweichend von Sicherer dahin auffaffen müssen: die Todeserklärung gilt dem Tode gleich, sie löst die bestehende Ehe auf, und hierauf beruht schon nach Landrecht die Mög­ lichkeit eine- neuen giltigen EheschluffeS. Kommt aber der Verschollene zurück, so reviviScirt die aufgelöste Ehe, wenn ihrer Wiederbelebung noch kein unüberwindliches Hinderniß entgegen getreten ist, geradeso wie die Vermögensrechte trotz wirklich eingetretener Erbschaft mit gewiffen Schranken wieder aufleben. Einem solchen ReviviSciren steht da- Reich-gesetz nicht entgegen. 45D ReichSpersonenst.Ges. § 38 Abs. 2; § 18 d. T- Auch wenn die frühere Ehe geschieden worden ist. Reskr. v. 19. Juni 1843. IMBl. S. 156. Bornemann V. S. 27. Koch, Note zu § 18. Ueber die Nachtheile, welche den Vater, der ohne Auseinandersetzung mit seinen Kindern erster Ehe zur zweiten Ehe schreitet, treffen s. §§ 1001—1004 d. T. Die Kinder können sich wegen ihrer Ansprüche auch an den neuen Ehegatten des parens binubus halten. § 1008 d. T.

t 203.

Die Ehehiodrrmffc.

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der früheren Ehe abgewartet werden. Diese Wartezeit ist als ausschie­ bendes Hinderniß zu betrachten"). Es kann von derselben Dispensa­ tion ertheilt werden. 9. Keine Ehe zwischen Ehebrechern. Hierbei wird voraus­ gesetzt, daß die frühere Ehe wegen Ehebruchs oder wegen unerlaubten, eine dringende Vermuthung der verletzten ehelichen Treue begründenden Umgangs geschieden worden und dies im Scheidungsurtheil ausdrücklich als Scheidungsgrund anerkannt worden ist"). Dispensation ist zu­ lässig"), die ohne vorgängige Dispensation geschloffene Ehe ist nichtig, kann auch durch nachträglich ertheilte Dispensation keine Kraft erhalten; vielmehr ist erneute Eheschließung erforderlich"). Im Scheidungs­ erkenntniß ist der Mitschuldige namhaft zu machen, aber ein Vorbehalt wegen gerichtlicher Gestattung anderweitiger Verheirathung ist nicht mehr auszusprechen"). Von den im Landrecht sonst noch enthaltenen Ehehinderniffen ist das der Standesungleichheit") schon durch Art. 4 der Verfaffungs") R«ich«personrnst.Ges. § 35. Utbtr die Nachtheil«, rathende Frau treffen, s. §§ 1006. 1007 d. T.

welche die zu früh wiederhei-

") ReichSpersonenst.Ges. § 35 Abs. 2, § 40. Durch Allg. B. v. 17. Ian. Ib77 (G S S. 4) und Grl. v. 7. Sept. 1879 (JMDl. S. 366) ist die Dispensation in diesem Fall dem Amtsgericht zugewiesen. DerauSsetzung der Dispensation ist, daß der Grund des Eheverbots nicht zutrifft. Die §§ 19—24 d T Anh. § 64 zu § 20 sind aufgehoben. ") ReichSpersonenst.Ges. § 33 Z. 5. R.G. bei Gruchot B. 24 ©. 496. Für die wegen vertrauten Umgangs nach § 676 II. 1. Geschiedenen oder für die Anstifter der Mißhelligkeiten, wegen deren die Ehe getrennt ist (§ 26 II. 1) besteht kein Eheverbot mehr. Bgl. Stölzel im Standesbeamten 1876 Nr. 34, 1877 Nr 19.

2) § 112 d. T. Entsch. B. 23 S. 173. Strieth B. 5 S. 351. Eutsch. B. 50 S. 192 fg. Der Kläger muß jedenfalls bereit und im Stande sein, die Ehe mit dem beklagten Theil zu vollziehen. Daß die „beharrliche Weigerung" nur dadurch dargelegt werden könne, daß zunächst Klage auf Erfüllung de- Verlöbnisses er­ hoben worden und auch dieser gegenüber die Weigerung aufrecht erhalten ist, fin­ det im Gesetz keine Begründung.

,3) § 112 d. T. Gegen Koch zu 8 112 ist mit Bornemann V. 56 anzunehmen, daß alle Kosten erstattet werden müssen, welche in Folge des Verlöbnisses auf­ gewendet worden sind. Die §§ 114s. normiren die Entschädigung für daS son­ stige Interesse Förster, Kl. u. Einr. S. 232. “) §§114. 115 d. T. DaS O.A.G. München hat auSgeführt, daß die Ausstattung, die nach § 232 II. 2 lediglich dem Ermessen der Eltern anheimgegeben ist, nicht mit in Anrechnung zu bringen ist, wenn es sich um Ermittlung der Entschädigung nach 8 114 II. 1 handelt, daß also unter Mitgabe mir eine in einer bestimmten Summe bestehende oder zu einer solchen zu veranschlagende zu verstehen sei. Bl. f. RechtSanw. B. 23 S- 14. Ueber die Bedeutung de- Gegenvermächtnisses f. Strieth. B. 14 S. 1. 15) §§ 112—116 d. T. Das röm. R. verwirft die Abrede einer Konventionalstrafe. 1. 134 pr. D. XLV. 1. Auch nach gem. R. kein Zwang auf Eheschließung, aber Klage auf Entschädigung. Seuffert VI. 208. 209. VII. 59. XIII. 35.

16) § 117 d. T.

Eltern in der Bedeutung von Ascendenten.

") §§ 120. 133. 135 d. T.

18) § 121 d. T.

Gej.-Rev. XV. 96 f.

§ 204.

Da« Ehevkrlöbniß.

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nnter gegenseitiger Uebereinstimmung aufgehoben, so sind die beider­ seitigen Geschenke zurückzugeben, nach der Wahl des Ueberlebenden kann das Gleiche verlangt werden, wenn das Verlöbniß durch den Tod eines der beiden Theile aufgehoben ist; diese Klage verjährt in einem Jahre nach Aushebung des Verlöbniffes"). Diese letztere Klage geht aktiv und passiv aus die Erben über, dagegen ist die Entschädigungsklage regelmäßig unvererblich'"), und auch die Erben des unschuldigen, be­ harrlichen Theils erhalten die Entschädigung und Abfindung nur, wenn fic ihrem Erblaffer schon rechtskräftig zucrkannt waren; die Erben des schuldigen, zurücktretenden Theils hasten aber für die Entschädigung und Abfindung, wenn ihr Erblafier seine Weigerung, die Ehe zu voll­ ziehen, auf die erhobene Klage schriftlich erklärt, oder wenn er sich mit einer andern Person verheirathet hatte"). Gegen die Klage aus dem Verlöbniß auf Entschädigung und Abfindung hat der Beklagte die Einrede, daß Kläger sich bereits anderweitig verhei­ rathet oder später anderweitig verlobt habe ”), oder auch die, daß er seiner­ seits zum einseitigen Rücktritt berechtigt sei (exceptio repuäü). Daß alle diejenigen Gründe, welche eine Ehescheidung zulaffen, auch den Rück­ tritt von dem Verlöbniß rechtfertigen, ist natürlich "). Aber das Gesetz geht hier weiter: ein früheres noch bestehendes oder ein später cingegangenes anderes Verlöbniß, wenn es auch nachträglich aufgelöst worden, verdächtiger Umgang, geringe Thätlichkeiten, schimpfliche und verächtliche Begegnung gegen den Verlobten oder deffen Vater, der deshalb den Rücktritt genehmigt, unsitttliches Leben seit der Verlobung oder wenn es erst nach dieser bekannt geworden, ekelhaste, ansteckende, unheilbare Krankheit, auffallende Häßlichkeit und Gebrechlichkeit, welche verheimlicht worden, Verschlechterung des Vermögens bis unter das nöthige Aus­ kommen, jeder in Ansehung des Vermögens von einem Verlobten oder deffen Eltern verübte Betrug, Religionsänderung des andern Theils, Unfähigkeit oder Unwillfährigkeit die im Ehevertrage übernommenen Verbindlichkeiten zu erfüllen, der durch nachher eingetretcnc oder be­ kannt gewordene Umstände gerechtfertigte Widerruf der Einwilligung der Eltern oder des Vormundes, endlich sogar jede Veränderung in der Person oder in den persönlichen und Vermögensumständen, welche, wenn fie früher eingetreten wäre, den andern Theil von dem Verlöbniß abgehalten haben würde"). Minderjährigkeit dagegen ist kein Grund *•) *) »') ") »») **)

§§ 122. 123. 132 b. T. $ 124 b. T. §§ 125—127 b. T. §§ 131. 135 b. T. Sergi, hierzu Snlsch. B. 4 S. 103. $ 100 b. T. §§ 101-111. 135 b. T. Im Allgemeinen unterliegt bie Beurtheilung bet Er-

Zweite« Buch.

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Die besondere» Privatrechte.

zum Sinneswechsel ”). Die Entschädigungsklage richtet sich auch gegen die Eltern des zurücktretenden Verlobten, wenn dieser aus eigenen Mitteln zur Zahlung nicht fähig ist und insofern die Eltern den Rück­ tritt von der von ihnen genehmigten Verlobung veranlaßt oder genehmigt haben ”).

§ 205. A.L.R. II. 1.

§§ 136—17*2.

9. 13. 14.

S- 35 ff.

Grs. v. 30 Mar, 1847.

Verfassung«-Urkunde Art 19.

1875 §§ 28ff.

§§ 12s.

Die Eheschließung.

Bornemaun V. S. 60.

Gitzler S. 113fg

Grs. v. 23. Juli 1847. §§ 8.

Reue« Recht:

Koch II.

Reich«ges. v 6. Febr.

S 563.

Jacobson S 547—568.

Dernburg III.

v. Scheurl, Eherecht

Die zu § 203 cüirien Kommentare de« ReichSpersonenstandgesetze« und

wegen der geschichtlichen Entwickelung die zu § 204 am Schluß de« Lileraturver« zeichniffe« bezeichneten Werke.

Staat und Kirche haben ein wesentliches Interesse daran, daß der Anfang der Ehe durch gewisse öffentliche Akte konstatirt werde, daß also Formen beobachtet werden, welche geeignet sind, nicht allein den Willen beider Theile, eine Ehe zu schließen, außer Zweifel zu setzen, sondern auch festzustellen, daß diesem Willen keine Hindernisie entgegen­ stehen'). Eine s. g. Gewissensehe, welcher die öffentliche förmliche Eingehung fehlt, ist nach preußischem Recht als Ehe niemals an­ erkannt'). Die Vollziehung der Ehe hat kirchliche und civilrechtliche Folgen. So lange sie der Mitwirkung der Kirche allein überlassen wurde, mußte dieser auch die Sorge für die Feststellung der civilrechtlichen Folgen anheimfallen, der kirchliche Beamte sungirte zugleich als Civilheblichkeit de» Rücktrittgrunde« dem richterlichen Ermessen; s. z B. Strieth. B. 5 S. 340 (nicht abgewehrle Umarmung eine« andern Manne«), B. 54 S. 321. Anwalt«'Zeit. 1864. e. 406 (ein fahrlässig geleisteter falscher Eid), Präj. 1106, Samml. I. @. 138 (Beleidigung de» Bater» eine« Verlobten). Schles. Arch. B. 6 S. 500 (übler Athem ist ein Ekel erregende» Gebrechen, aber Kahlköpfigkeit de« Manne« weder ein Gebrechen noch auffallende Häßlichkeit). Da« O.A.G. München hat nach A L.R. angenommen: der Rücktritt vom Berlöbaiß könne nicht dadurch gerechtfertigt werden, daß der Bräutigam nachträglich erfahren, daß die Braut vor dem Berlöbniß genothzüchtigt worveu. Bl. f. Rechwanw. B. 20 S. 360. Ueber die Verschlechterung der Vermögen-lage I. Bornemann V. S. 55. Ueber Veränderungen in ter Person s. SeussertV. 293. Eingetretene Schwangerschast während de« Brautstande«. Das. IX. 37. Ebenso XVI. 50. Minderjährigkeit al« Restitution-grund gegen da« Berlöbniß, das. 39. Täuschung über das Alter, das. XVIII. 143. Fahrlässige Leistung eine« falschen Eide«, das. 255.

25) § 110 b. $.

Suarez, Schlußvortr. S. 109.'

2‘) § 117 d. T.

') Jacobson S. 547. =) Koch, Priv .R I. S. 609.

§ 205.

Die Eheschließung.

27

standsbeamter'). Nachdem die Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat durchgeführt ist, so bleibt der Kirche die Sorge für die kirchlichen Folgen, dem Staat die für die bürgerlichen und der Civilstandsbeamte kann nur eine bürgerliche Behörde sein. In Preußen und demnächst im Deutschen Reich ist diese Auseinandersetzung gesetzlich erfolgt3 4). Die Abschließung der Ehe in der älteren Form hat seit dem 1. Oktober 1874 aufgehört. Eine eingehende Schilderung des früheren Rechtszustandes muß unterbleiben. In demselben war die regelmäßige Form der Ehe­ schließung für christliche Eheleute die Trauung5),6 7der 8 ein Aufgebot, eine öffentliche Aufforderung des Geistlichen an unbekannte Personen, den etwa begründeten Widerspruch gegen die Eheschließung anzumelden, vorangehen sollte °). Die Vorschriften über dieses Aufgebot hatten aber nicht die Bedeutung, daß bei ihrer Nichtbefolgung die geschlossene Ehe ungiltig würde; sondern es waren nur die Parteien und der Geistliche einer disciplinarischen Strafe unterworfen'). Die Trauung erfolgte für die persönlich anwesenden Brautleute, welche sich durch Bevollmächtigte nicht vertreten lassen dürfen, vor mindestens zwei Zeugen durch den zuständigen Geistlichen'). Diese Form der Eheschließung wurde nicht durch die s. g. copula carnalis ersetzt, wie andererseits auch nicht nöthig war, daß diese zur Trauung hinzukomme'). Die Ehe wurde dadurch nicht ungiltig, daß ein unzuständiger Geistlicher getraut hatte"). Für die Eheschließung der Juden und solcher Personen, die geduldeten Religionsgesellschasten angehören, bei welcher den zur Feier ihrer Religions­ handlungen bestellten Personen die Befugniß nicht zustand, Trauungen mit bürgerlicher Giltigkeit vorzunehmen, oder die aus ihrer Konfession ausgetreten find und sich noch keiner anderen angeschloffen haben, war 1847 eine Civilsorm eingeführt worden"). Die Eheschließung erfolgte

3) A.L.R. II. 11. §§ 481 f.

Bogt, Kirchen- und Eherecht I. S. 361 fg.

4) Vgl- oben S. 6. 5) § 136 d. T. 6) 5 138 d. T Einspruch-berechtigt war, wer ein altere- förmliche- Ehegelöbniß geltend machen konnte, nach Landrecht auch eine unter dem formlosen Versprechen der Ehe Geschwängerte (§ 158), der Einspruch der letzteren war aber schon seit dem Ges. v. 24. April 1854 unerheblich. Entsch. B 42 S. 200, B. 57 S. 121. Strieth. B. 35 S. 350. Ueber den Einspruch war im Prozeßwege zu erkennen. §§ 160-166 d. T.

7) §§ 154. 155. d. T. Entsch. B. 46 S. 32. Goltdammer, Arch. s. Strafrecht 6. 9 S. 559, B. 12 S. 50 Glück D. 24 S. 319. 8) §§ 167. 168 d. T. *) § 173 d. T.

§§ 435f. II. 11.

Jacobson S. 556 a. E.

Jacobson S. 556.

,0) § 169 d. T. ") B. v. 30. März 1847 (G-S. S. 125).

Dazu Jnstr. v. 10. Mai 1847 (I M.Bl.

hier vor Gericht durch eine Erklärung der Brautleute und Eintragung der Heirath in ein Register. Der Eintragung mußte auch hier ein Aufgebot vorangehen und die Eintragung der Ehe in das Register durste erst dann erfolgen, wenn von den Brautleuten nachgewieseu wor­ den, daß und wann die nach dem Gebrauch ihrer Religion erforderliche religiöse Handlung vorgenommen war. Gegenwärtig gehört zur bürgerlichen Giltigkeit einer innerhalb des deutschen Reichs geschlossenen Ehe”), daß ihre Schließung vor dem Standesbeamten erfolgt"). Die religiösen Feierlichkeiten der Eheschließung dürfen erst nach Schließung der Ehe vor dem Standes­ beamten stattfinden, widrigenfalls der Geistliche oder Religionsdiener einer Geld- oder Gefängnißstrafe verfällt. — Zuständig ist derjenige Standesbeamte, in deffen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz hat oder sich gewöhnlich aufhält. Unter mehreren zuständigen Beamten haben die Verlobten die Wahl und mit schriftlicher Ermächtigung des zuständigen Beamten darf die Eheschließung auch vor dem Standes­ beamten eines anderen Ortes stattfinden. Eine Anfechtung der Giltigkeit der Eheschließung bloß aus dem Grunde, weil der Standesbeamte, vor dem sie erfolgt ist, nicht der zuständige gewesen, ist unstatthaft. — Der Eheschließung.soll ein Aufgebot vorangehen, welches der zuständige Standesbeamte anordnet, nachdem ihm die zur Eheschließung gesetzlich nothwendigen Erfordernisse nachgewiesen, insbesondere die Geburts­ urkunden und die Zustimmungserklärungen derjenigen Personen beige­ bracht find, deren Einwilligung gesetzlich nothwendig ist. Sind die Thatsachen, welche durch diese Schriftstücke festgestellt werden sollen, dem Standesbeamten persönlich bekannt oder sonst glaubhaft nachgewiesen, so kann von der Beibringung der Urkunden abgesehen werden; anderer­ seits aber ist der Standesbeamte auch berechtigt, von den Verlobten über die Richtigkeit der Thatsachen noch außer den urkundlichen oder S. 135). Oes. v. 23. Juli 1847 (G S. S. 243). 29. April 1848 (G-S. S. 129).

§§ 8-16.

Allg. Erlaß v.

13) Reich-personenst..Ges. 8 41. Auch von Ausländern kann eine in Deutschland an» zuerkennende Che im Inlande nur vor dem Standesbeamten geschloffen werden; eine Ausnahme besteht nur für Angehörige von Costa-Rica nach dem Vertrage v. 18. Mai 1875 (R G Bl. 1877 S. 13) Welche Ausnahmen ferner auf Grund der über Exterritorialität geltenden Grundsätze zu begründen sind, ist hier nicht zu untersuchen. — Im Reichs - Ausland kann eine im Inland als giltig anzu­ erkennende Ehe von Inländern nach den durch § 85 des ReichSpersonenstandSgesetzeS ergänzten Bestimmungen des Reichsgesetzes v. 4. Mai 1870 (B.GDl. S. 599) — vgl. auch preuß. Ges. v. 3. April 1854 (G S. S. 469) — geschloffen werden. Im Uebrigen ist da- B. I. S. 65 Gesagte zu vergleichen. In dem bis zum Erlaß deGes. v. 9. März 1874 geltenden § 170 d. T. war ein besonderes Verbot für Preußen enthalten, sich im Auslande trauen zu lassen, um die in den preußischen Gesetzen begründeten materiellen Hindernisse des EheschluffeS zu umgehen. Dgl. Entsch. B. 51 S. 250. lt) RetchSpersonenft -Ges. §§ 41—53.

5 205.

Die Eheschließung.

29

sonstigen Beweismitteln eine eidesstattliche Versicherung zu fordern. Das Aufgebot ist öffentlich in der Gemeinde des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts jedes der Verlobten, auch in der Gemeinde des früheren Wohnsitzes bekannt zu machen, wenn innerhalb der letzten sechs Monate ein Wechsel stattgefunden hat. Ist einer der Otte im Auslande belegen, und wird von der ausländischen Ottsbehörde eine Bescheinigung, daß Ehehinderniffe nicht bekannt seien, nicht beigebracht, so erfolgt die Bekanntmachung durch Einrückung in ein öffentliches Blatt, welches an dem ausländischen Ott erschttnt oder verbreitet ist. Eine Befreiung vom Aufgebot kann durch den Minister des Innern erfolgen; in dringenden Fällen kann auch der Vorsitzende der Aufsichts­ behörde, (d. h. im Geltungsbereich der Kreisordnung des Kreisaus­ schusses, außerhalb dieses Geltungsbereichs der für die Aufsicht in Ge­ meindeangelegenheiten zuständigen Behörde) eine Abkürzung der für die Bekanntmachung vorgeschriebenen zweiwöchigen Frist gestatten und bei vorhandener Lebensgefahr ganz vom Aufgebot entbinden"); wenn die lebensgefährliche Krankheit ärztlich bescheinigt ist, darf der Standes­ beamte ohne besondere Ermächtigung die Eheschließung ohne Aufgebot

zulaffen "). Kommen in Folge des Aufgebots Ehehindernisse zur Sprache, so hat der Standesbeamte die Schließung der Ehe abzulehnen; Einsprachen, die aus andere Gründe gestützt sind, hemmen die Eheschließung nicht. Insbesondere kommen also Einsprachen auf Grund eines früheren Verlöbniffes nicht in Betracht"). Die Eheschließung muß spätestens sechs Monate, nachdem das Aufgebot erlassen worden, statt finden. Dieselbe erfolgt in Gegenwatt von zwei Zeugen durch die an die Verlobten einzeln und nach einander gerichtete Frage des Standesbeamten, ob sie erklären, daß sie die Ehe mit einander eingehen wollen, durch den bejahenden Ausspruch der Verlobten und den hieraus erfolgenden Ausspruch des Standesbeamten, daß er sie nunmehr kraft des Gesetzes für rechtmäßig verbundene Ehe­ leute erkläre. Nur großjährige Personen können Zeugen sein, Verwandt­ schaft und Schwägerschaft steht nicht entgegen. Die Eintragung in das Register, welche nicht, wie nach dem preußischen Gesetz vom 9. März 1874 zur Vollständigkeit des Akts der Eheschließung selbst gehört, soll enthalten: Vor- und Familiennamen, Religion, Alter, Stand oder Ge­ werbe, Geburtsort und Wohnort der Eheschließenden; Vor- und Fami-

") L 6. 8. Jan. 1876. Mill.-Erl. v. 1. Dez. 1875 (Just.-Min.-Bl. S. 271). 1S) Reichspersoncnst -Ges. § 50. ") Ges. v. 9. März 1874 § 31 Äbs. 2. HinschiuS dazu S 57. Stölzel im Standesbeamten 1877 Nr. 3 und im Just-Min-Dl. 1877 S. 3.

30

Zweite« Dach.

Di« besonderen Privatrechte.

liennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort ihrer Eltern; Vor- und Familiennamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort der Zeugen; die Erklärung der Erschließenden, den Ausspruch des Standesbeamten. Ueber die erfolgte Eheschließung erhalten die Eheleute sofort eine Be­ scheinigung. Wird eine Ehe getrennt, für ungiltig oder nichtig erklärt, so hat der Staatsanwalt") zu veranlassen, daß dies auf Grund einer mit der Bescheinigung der Rechtskraft versehenen Ausfertigung des Ur­ theils am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung ver­ merkt werde.

Zweites Kapitel. Die Wirkungen

der Ehe.

Erster Abschnitt.

§ 206.

Die persönlichen Wirkungen.

A.LR II. 1 §§ 173—204. Born em an n V. S. 66. Koch II. S. 568.- Dern bürst III. §§ 21—23. G itzler S. 12«!. Schmidt 8 51 S 387. Jacobson 568. Rudorfs, Vormundschaft I. § 26 S. 183f Kraut, Bormundschafti. S. 171 f. II. S. 328—331. — Zacbariä (Puchelt) B. 3 S. 79f.

Die bürgerliche Wirkung der Ehe, d. h. die Rechte und Pflichten der Ehegatten gegeneinander, nehmen mit der vollzogenen Trauung oder seit Einftihrung der Civilehe mit dem Zeitpunkt der erfolgten Ehe­ schließung ihren Anfang'). Das persönliche Verhältniß der Ehegatten war bekanntlich im alten römischen Recht dieses, daß die Frau in die Gewalt (manus) des Mannes trat, d. h. daß sie wie eine Tochter eine gewaltunterworfene Person (alieni Juris) wurde. Im späteren römischen Recht ist die manus verschwunden, die Frau stand gleichberechtigt neben dem Mann, sie blieb sui Juris, behielt ihre rechtliche Handlungsfähigkeit. Im deutschen Recht war die Frau die Genossin und die Schutzbefohlene des Mannes, dieser hatte über sie eine vormundschaftliche Gewalt (mundium), und vermöge derselben nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht, seine Frau zu vertreten, worin liegt, daß die Frau in recht­ lichen Angelegenheiten nicht selbständig war"). Das A.L.R. hat zwar ,7) Äu-s.'Ber. des Bundes rath» v. 22. Juni lb>75 § 14. Allg Vf. v 25. Aug. 1879 Nr. 24 (Z.-Min.. Dl. S. 256). ') § 173 d. T. Entsch. B. 29 S. 389. Verordn, v. 30. März 1847 § 8. Ges. v. 9. März 1874 § 35 ReichSpersonenst.-Ges. § 52. 2) Beseler S. 555. Gengler S 912f.917f.926f. Kraut I. 171. Sachsensp. 111.45. § 3. v. Martitz, das ehel. Güterrecht des Sachsensp. 1867 S. 80fg.

$ 206. Die persönlichen Wirkungen.

31

nicht geradezu den Grundsatz ausgesprochen, daß die Frau unter der vormundschastlichen Gewalt ihres Mannes stehe, aber die einzelnen Be­ stimmungen zeigen, daß es dem deutschrechtlichen Standpunkt, wenn auch in abgeschwächter Weise nahe geblieben'). Aus dem Begriff der Ehe als der ungetheilten geschlechtlichen Lebensgemeinschaft ergeben sich zunächst sittliche Folgen, die als recht­ liche in einem Gesetzbuch zu behandeln sinnwidrig ist. Das A.8.R. hat sich nicht enthalten, sie einzeln aufzuzählen und dadurch ihnen den Charakter von Rechtspflichten zu geben gesucht, ohne doch ihre Erfüllung im Wege der Klage erzwingbar machen zu können'). Wenn diese sitt­ lichen Folgen der Ehe als rechtliche fixirt werden, so kann dies nur den Sinn haben, dem Richter bei dem Ehescheidungsprozeffe einen An­ halt zur Beantwortung der Frage zu geben, ob durch das Verhalten der Ehegatten die Ehe in ihrem Wesen verletzt worden. Bornemann') bemerkt daher mit Recht: die Absicht der Redattoren sei bei dieser Auf­ zählung hauptsächlich dahin gegangen, durch sie die Lehre von der Ehe­ scheidung einzuleiten. So heißt es"): die Eheleute muffen sich nach Kräften wechselseitig beistehen, sie müssen vereint mit einander leben, sie dürfen sich in Widerwärtigkeiten nicht verlassen, sie dürfen sich die eheliche Beiwohnung nicht anhaltend versagen und sollen sich die eheliche Treue bewahren. Auch wird nicht unterlassen fcstzustellen, wann sich trotzdem die Eheleute von einander entfernen oder einander die eheliche Beiwohnung versagen dürfen'). Soweit diese gegenseitigen persönlichen Verhältniffe unter rechtliche Gesichtspunkte treten, werden sie von dem Grundsatz beherrscht: die Eheleute sind durch eine alle Lebensbeziehungen umfassende Gemeinschaft verbunden, in welcher der Mann das Haupt ist. Die Frau erhält durch die Ehe den Familiennamen des Mannes und nimmt Theil an den Rechten seines Standes, soweit diese nicht allein an seine Person ge-

3) Koch, Pr.-R. II. S. 568 § 749.

4) ES giebt keine Klage auf eheliche Folge. Leistung der ehelichen Pflicht. Führung der Haushaltung u dergl Die gemein recht!. Praxis giebt jedoch mit gewissen Beschränkungen eine Klage auf eheliche Folge gegen die Frau. Seuff. I. 237. VIII. 143. XVI. 54. XVIII. 257. XX. 43. XXL 129. XXVI. 39. 134. XXXIII. 39. Heuser I. 6^4. A G. Hamm bei Gruchot XL 84. Jedenfalls unter* liegt die Klage auf Herstellung des ehelichen Zusammenlebens, wo sie statthaft ist, zur Zeit der Prozeßform des sechsten Buchs der Eivilprozeßordnung (§ 568) und wegen des gerichtlichen Zwangs ist § 774 Abs. 2 zu vergleichen. — Ueber die Frage, ob das eheliche Güterrecht sich wandelt mit dem Wechsel des Wohn­ sitzes veigl oben B. 1 S. 65. Eine Uebersicht der verschiedenen Ansichten f. bei Seusfert XVIII. 1.

5) Dornemann V. S. 66. 6) §§ 174-183 d. T. 7) §§ 177. 179. 180 d. T.

Zweite« Buch

32

Die besonderen Pridatrechte.

bunden sind'). Sie genießt seinen Gerichtsstand ). Der Entschluß des Mannes giebt in gemeinschaftlichen Angelegenheiten den Ausschlag"). Der Ehemann hat den Wohnsitz zu bestimmen, die Frau ist verpflichtet, ihm dorthin zu folgen, und ihm das Hauswesen, angemessen seinem Stande und Range, zu führen"), er aber ist verpflichtet, seine Frau in seiner Wohnung bei sich aufzunehmen"). Es entsteht die Frage: können diese gegenseitigen Pflichten und Rechte vertragsmäßig von den Eheleuten ausgeschloffen oder geändert werden? Im Allgemeinen ist diese Frage zu verneinen, weil diese Pflichten und Rechte im Wesen der Ehe be­ gründet find. Es ist daher unzulässig, ein getrenntes Leben oder die Enthaltung von der geschlechtlichen Beiwohnung zu vereinbaren; solche Vereinbarungen können jederzeit von jedem Ehegatten widerrufen wer­ den, woraus jedoch nicht folgt, daß, wenn sie von den Ehegatten bis an ihren Tod erfüllt worden, die damit verbundenen vermögensrecht­ lichen Folgen als ungiltig angefochten werden dürfen"). Aus der Noth­ wendigkeit des Zusammenwohnens folgt ferner, daß der Ehemann gegen jeden Dritten, welcher ihm die Frau vorenthält, ein Klagerecht haben muß (interdictum de uxore exhibenda et ducenda), obschon das A.L.R. es nicht erwähnt"). Die Frau ist von der Pflicht ihrem Manne zu folgen, frei, wenn dieser wegen begangener Verbrechen oder sonst gesetz­ widrig sich aus Preußen entfernt hat, und wenn ihr diese Pflicht durch einen vor der Heirath geschloffenen Vertrag erlassen worden ist"). Diese letztere Bestimmung widerspricht dem Wesen der Ehe. Aus der •) S§ 192. 193 d. T. 9) E P.O. § 17. Dieser abgeleitete Gerichtsstand hört mit der Auflösung der Ehe auf. Anders nach A GO. I. 2 §§ 87-90.

10) § 184 d. T.

11) §§ 678 679 194 d. T. Ausnahmen von 8 679 in §§ 681. 682. S. Anm. 15. Aus der Pflicht gemeinsamen Lebens leitet R.G. bei Gruchot B 23 S. 486 den Satz her, daß eine Ehefrau auch nicht ihr vorbehaltenes Vermögen aus dec gemeinsamen Wohnung sortnehmen dürfe. Warum soll aber eine Frau Gegen­ stände, die ihrer Verfügung unterliegen, nicht an anderen Orten aufbewahren? In jenem Fall waren die Sachen zur Einrichtung einer besonderen Wohnung benutzt, — aber auch diese Lage deS Falls konnte das Urtheil nicht rechtfertigen. '-) §§ 683. 684 d. T.

,3) Sntsch. B. 20 S. 143, B. 41 S. 183. Strieth. B. 6 S. 253. A.L.R. I. 5. § 68. R. Koch, in der Anw.-Zeit. 1864 S 358 führt aus, daß eine Verein­ barung über Alimentirung der Frau außer dem Hause des Mannes für erstere klagbar sei (gegen die Ansicht des St. u. KrGer. z. Danzig), allein seine Argu­ mente beweisen nur, daß die Frau auf Unterhalt Nagen kann, wenn sie ein Recht aus GetrennUeben vom Manne hat, oder dieser sie pflichtwidrig nicht aufnimmt. Dgl. Seufsert VII. 274. XIII. 126 XVIII. 126 ") S. hierüber bes. Alt mann bei Gruchot B 3 S. 420 u. in s. Praxis pr. Ger. S. 699f. Koch, Anl. zur gerichtl. Prozeßpraxis I. 1035. 13) §§ 681. 682 d. T. Jacobson S. 563 Rote 6. Schott, Eherecht § 182. Wernber, observ. III. 2. obs. 261. Es war int gemeinen R streitig, ob ein solcher Vertrag giltig geschloffen werden könne. S. Glück B. 6 S. 278, B. 25 S- 344. Seufsert XIII. 38.

j 206.

Dir ptrsönlichrn Wirkungen

33

Innigkeit der Lebensgemeinschaft der Ehegatten folgt auch, daß die Frau den Namen, den Stand und die Nationalität ihres Mannes theilt"), daß Diebstahl und Unterschlagung, welche die Eheleute gegen­ einander verüben, nicht, ein Betrug nur auf Antrag bestraft werden soll"); die Beleidigung der Ehre der Frau beleidigt auch den Mann, und er kann deshalb auf Bestrafung antragen"). Die Stellung des Ehemanns als Haupt der ehelichen Gesellschaft ist nicht nur im Allgemeinen in gemeinschaftlichen Angelegenheiten aus­ schlaggebend "), sondern es erwachsen daraus Folgerungen, die zugleich in das Vermögensrecht hinübergreifen. Bei der Ordnung derselben geht das Landrecht davon aus, daß die vermögensrechtlichen Verhältnisse sich nach der gesetzlichen Regel des Landrechts bestimmen. Der Mann ist zunächst verpflichtet, der Frau standesgemäßen, oder wenn er diesen nicht leisten kann, nothdürstigen Unterhalt in seinem Hause zu ge­ währen^"). Zum Unterhalt rechnet das Landrecht die die Ehefrau be­ treffenden Kurkosten, nicht minder aber die sie betreffenden Prozeß­ kosten"). Diese Bestimmung ist kein Ausfluß des dem Ehemann an den Jllaten der Frau zustehenden Nießbrauchs und beschränkt sich nicht aus deffen Bereich"), wird vielmehr vom Gesetz selbst in Zusammen>°) §§ 192 193 d. T. - R.G. v. 1. Juni 1870 § 5. ") Strafgesetzbuch §§ 247. 263.

,8) Strafgesetzbuch § 195

Strieth. B. 67 S. 88.

,9) § 184 d. T. *>) §§ 185. 186 d. T. Außer seinem Hause hat der Mann der Frau nur dann Unterhalt zu gewähren, wenn ihr während des Scheidungsprozesses gestattet ist, getrennt von ihm zu leben. §§ 724. 725 II. 1. Eine Alimentationspflicht der Frau dem Manne gegenüber ordnet das Landrecht auch nicht für die vermögende Frau gegen den unvermögenden Mann. Nur die Einkünfte des Eingebrachten bleiben, selbst wenn deffen Verwaltung an die Frau zurückgefallen ist, mit für den Unter­ balt des Manne- bestimmt. § 262 II. 1. An da- vorbehaltene Vermögen der Frau oder an die Substanz des Eingebrachten hat er keine Ansprüche. Aus der allgemeinen Fassung des § 174 kann gegenüber der bestimmten Abgrenzung in § 262 nicht- hergeleitet werden, vgl. auch die Ausnahmebestimmung bei Auf­ lösung der Ehe in § 809 II. 1. S. auch GesRev. Pens. XV. S. 180. Ab­ weichend Dernbur g III. § 23 Anm. 9. ”) § 187 d. T. Anders bei der Ehe zur linken Hand § 871 II. 1. a2) Die früheren Auflagen führen, abweichend von Koch, Komm, zu § 187 und im Schles. Archiv B. I. S. 367, welcher die Vorschrift nicht von vermögensrechtlichen Prozessen gegen Dritte verstehen will, und unter Bezugnahme auf Schmidt, Familienrecht S. 239, Dornemann V. S. 68, Temme, Pr. Eiv R. II. S. 25 mit Recht aus: Der § 187 sagt allgemein: „die sie betreffenden Prozeßkosten", mib citirt dabei die §§ 229. 230, welche ausdrücklich vorschreiben, daß Prozesse über daS durch Vertrag vorbehaltene vermögen von der Frau selbständig geführt werden und die dadurch entstandenen Kosten aus diesem vermögen zu bestreiten sind. Daraus folgt nur, daß 6 187 nicht auf Prozesse über dieses vorbehaltene Vermögen zu beziehen ist; die §§ 229. 230 sind hier citirt, um auf die Ausnahme hinzuweisen. Wenn aber nur diese Ausnahme zugeloffen ist, so kann § 187 sich nicht allein auf Prozesse, die die Person der Ehefrau betreffen, sondern er muß sich auch auf Prozesse über daS von ihr eingebrachte Vermögen beziehen. Zwar hat der Ehemann au diesem vermögen nur die Rechte und Pflichten eines Rieß'

Förster, Preuß. Privatreckt. IV. 4. Aust.

Z

34

Zweit« Buch

Die besonderen Privatrechte.

Hang gebracht mit der ferneren Pflicht und dem Recht des Mannes, die Person, die Ehre und das Vermögen der Frau in und außer Ge­ richt zu vertheidigen, einer Rechtsstellung, die ihm als Regel auch die

Tragung der Kosten von Untersuchungen auflegt, welche sich gegen die Frau gerichtet haben").

Der Zusammenhang der Bestimmungen sand

seinen näheren Ausbau in den Vorschriften des Landrechts und der Allgemeinen Gerichtsordnung, nach welchen die Ehefrau regelmäßig nicht ohne Zuziehung des Ehemanns in Prozeffe verwickelt werden konnte.

Der für die Frau oder neben derselben im Prozefle auftre­

tende Ehemann hatte die Kosten vorzuschießen und ihm, nicht der Ehe­ frau, wurden dieselben im Falle des Unterliegens der Staatskasse und dem Prozcßgegner gegenüber zur Last gelegt"). In vcrmögensrechtlichen ProbraucherS und der Nießbraucher ist nur verpflichtet, in Prozesse» über die Sub­ stanz des Nießbrauchs die Kosten vorzuschießen. Allein der ehemännliche Nieß­ brauch weicht doch auch von dem gewöhnlichen ab, die Rechte des Ehemanns sind weitere, seine Pflichten daher auch größere. Er darf nicht bloß, sondern er muß die Prozeffe über daS Eingebrachte führen und wenn er selbst verpflichtet ist, die Kosten aus Prozessen über daS gesetzlich vorbehaltene Vermögen aus eigenen Mitteln zu tragen, obschon ihm aus diesem Vermögen kein Vortheil zusteht, so ist um so mehr ein Gleiches bei Prozessen über daS Eingebrachte anzunehmen. Weiln Koch die Worte „die sie betreffenden" in § 187 hervorhebt, so giebt dies doch ein zu unsicheres Argument. Der § 187 ist vielmehr dahin auszulegen: der Mann hat alle Kosten zu tragen, die durch Prozeffe entstehen, welche enweder die Person der Frau — ihren Status, ihre Ehre, ihre Strafrechtssachen —, oder ihr gesetzlich vorbehaltenes oder ihr eingebrachtes Vermögen, sowohl dessen Revenüen als deffen Substanz, betreffen, und soweit er diese Kosten durch den Nießbrauch am Einge­ brachten nicht deckt, hat er keine Erstattungsforderung; der Mann trägt aber nicht die Kosten aus Prozessen Über daS vertragsmäßig vorbehaltene Vermögen und bei der Gütergemeinschaft werden die Kosten aus Untersuchungen wider die Frau auf den Antheil der letzteren verrechnet, d. h. bei der Auseinandersetzung dem Manne oder deffen Erben aus dem Antheil der Frau erstattet. Man kann daS hier zu Grunde liegende Prinzip so ausdrücken: wo der Mann die Frau zu vertreten verpflichtet ist, da muß er die Kosten tragen. Daraus aber folgt weiter, daß bei Prozessen, die die Frau gegen ihn selbst führt, ihm nicht die Kosten zur Last fallen und daß er auch für voreheliche Kosten nicht einzustehen hat. 33) 6*191 d. T. (Krim -Ordn. § 611) entbindet den unschuldigen Mann von den Kosten auS Untersuchungen gegen die Frau nur dann, wenn daS von ihr began­ gene Verbrechen für ihn ein Ehescheidungsgrund ist. Die ältere Verwaltung-Praxis nahm im Einklang mit einer Aeußerung von Suarez an, daß der Mann deßhalb auf Scheidung wirklich geklagt haben müffe, (Reskr. v. 7. Septbr. 1811, Jahrb. B. 26 S. 209. Gesetzrev. XV. 126. Bornemann V. S. 67 und Koch, Komm. DaS O.-Trib. ist entgegengesetzter Ansicht, indem e- die Scheidungsklage nicht für nöthig erachtet, Entsch. B. 28 S. 142, Strieth. B. 14 S. 145, und auch die Verwaltung-praxis hat diesen Standpunkt, der dem Wortlaut des Gesetzes ent­ spricht, adoptirt. Die früheren Aufl hielten indeffen an der älteren Ansicht fest. — Für die gütergemeinschaftliche Ehe bestimmt § 390 II. 1 abweichend, daß Kosten (wie Geldstrafen) bei Auflösung der Gemeinschaft aus den Antheil de- dazu verurtheilten Gatten angerechnet werden. — Die Haftung de- Ehemanns für Kriminalkosten ist nicht nur eine Haftung gegenüber der Frau, sondern dem Staat gegenüber, und diese Haftung besteht nach § 98 deS deutschen Gerichtskostengesetzes vom 18. Juni 1878 noch gegenwärtig. 34) Strieth. B. 63 S. 195. Das Urtheil wird mannigfach citirt, als ob eS ein selbständiges Recht der Staatskasse zum Ausdruck brächte, sich in Prozessen einer Ehefrau wegen der von dieser geschuldeten Prozeßkosten an den Ehemann zu halten,

5 206.

Die persönlichen Wirkungen.

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gefien galt dies selbst dann, wenn es sich um gesetzlich vorbehaltenes Vermögen der Frau handelte"). Prozesse über vertragsmäßig vorbe­ haltenes Vermögen führte dagegen eine Ehefrau selbständig auf die Kosten dieses ihres Vermögens"), und wenn eine Ehefrau daraus be­ stand , einen Prozeß, zu dem sie der Mitwirkung des Ehemanns be­ durfte, trotz ter nicht zu erlangenden Zustimmung desselben zu führen, so war sie damit zuzulafien, aber die Staatskasse und der Prozeßgegner erlangten aus solcher Prozeßsührung keinen Anspruch an den Ehemann wegen der Kosten, die Prozeßsührung erfolgte vielmehr auf Kosten der Ehefrau"). Wenn die Handel oder ein Gewerbe treibende Frau nach Artikel 8 des Handelsgesetzbuchs und § 11 der Reichsgewerbeordnung selbständig im Prozeß auftrat, konnte von einer Verbindlichkeit des Mannes die Kosten zu tragen nicht die Rede sein. Auch Prozesse gegen ihren Ehemann, in denen zwischen den Eheleuten demnächst wie zwischen anderen Parteien über die Kostenlast zu entscheiden war, führte die Frau selbständig"), und nur für Ehescheidungsprozesse bestand und besteht solchenfalls die Besonderheit, daß der Ehemann auf Verlangen der Frau ihr die Prozeßkosten vorschießen muß"). — Nach dem gelten­ den Prozeßrecht ist die Prozeßfähigkeit einer Frau um deshalb, weil sie Ehefrau ist, nicht mehr eine beschränkte"). Es fragt sich, ob dieser

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ein Rechtssatz, der dann auf Grund de- § 92 des deutschen Gerichtskostengesetzes als noch jetzt geltend bezeichnet wird. Einen solchen allgemeinen Satz hat aber das Obertribunal nicht aufgestellt. § 228 II. 1, § 19 I. 1 AG O. In der letzteren Vorschrift wird der Zusammen­ hang der Kostenpflicht deS Ehemanns mit der Nothwendigkeit seiner Zuziehung ausdrücklich betont. Nach § 228 cit. fällt übrigen- die Pflicht des Manne- fort, sofern die Frau vorbehaltene Kapitalien oder Einkünfte besitzt. §§ 229. 230 II. 1. § 21 I. 1 A G O- Die Bestimmung kaun nicht dahin verstanden werden, daß der Ehemann auch bei ungerechtfertigter Weigerung, an dem Prozeß Theil zu nehmen, von der durch § 187 d- T- begründeten Pflicht frei würde, der Frau die Kosten­ last abzunehmen. — Bei ungerechtfertigter Weigerung de- Mannes fehlte der Frau die Legitimation nicht. Vgl. Entsch. B. 50 S. 254. In der Praxi- ist auch in solchen Fallen — al- angeblich au- § 187 oder an­ der Stellung de- Ehemanns als Nießbraucher der Illaten herzuleiten, — eine Pflicht de- Ehemann-, der Staatskasse gegenüber die Kosten vorzuschießen, ange­ nommen. Nach dem zu Anm. 24 Gesagten kann von einer solchen Pflicht nicht die Rede sein. Dies hat auch das Reichsgericht V. Senat durch Beschluß vom 6. Juli 1882 anerkannt. sIn Sachen Winter contra Winter, Akten de- Kammer­ gericht- IV. B. 5. 67/82]. Prozesse zwischen den Eheleuten sind auch in der Weise möglich, daß der Ehemann Forderungen, welche die Frau nicht anerkennt, gegen sie einklagt. Entsch. B. 32 S. 83. RG. bei Gruchot D. 24 S. 491. § 726 II. 1. An der fortdauernden Geltung der Dorschrist für da- Recht-ver« hältniß der Eheleute zu einander ist nicht zu zweifeln. Auch hier kann aber nicht die Staatskasse unter Heranziehung de- § 92 des deutschen Gerich t-kostengesetzeden Vorschuß statt von der Frau vom Manne fordern, denn nur „auf Verlangen der Frau" hat der Mann die Kosten vorzuschießen. E.P.O. §51 Abs. 2. Vgl. dazu insbesondere Man dry im Arch. für civ. Prax. B. 65 S. 132. Ist die Ehefrau nicht großjährig, so hindert der Mangel deNlterS, nicht aber ihre Stellung als Fran ihre Prozeßfähigkeit.

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3tontet Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Aenderung der Rechtsstellung der Frau gegenüber die landrechtlichen Bestimmungen auch außer der zuletzt erwähnten noch unveränderte Geltung haben. Die selbständig prozeßfähige Frau kann nicht nur als Beklagte in die Lage kommen, sich vertheidigen zu müsien, sie kann auch ohne den Versuch, die Genehmigung des Mannes zu erhalten, Prozesse aller Art als Klägerin erheben. Wäre der Ehemann nun ver­ pflichtet, der Frau — oder gar auch der Staatskasie — gegenüber die Kosten aller solcher Prozesse zu übernehmen, hätte er für die Kosten der ohne oder gegen seinen Willen zu Unrecht unternommenen Prozesse aufzukommen, so wäre seine Pflicht jetzt eine viel weitere, als das Land­ recht ihm hat auflegen wollen, eine solche Erweiterung aber läßt sich nicht begründen; dagegen wird auch jetzt noch die Ehefrau in dem alten Umfang, in welchem nach dem früheren Prozeßrecht zugleich die regel­ mäßige Prozeßunfähigkcit der Frau bestand, mit Recht beanspruchen, daß die Kosten der Vertheidigung ihrer Rechte vom Ehemann über­ nommen und daß ein Ersah aus ihrem Vermögen nicht beansprucht werde. Die einzelnen Fälle sind zu unterscheiden"). Soweit ein Prozeß die persönliche Rechtsstellung der Ehefrau oder die Vertheidigung ihres gesetzlich vorbehaltenen Vermögens zum Gegenstand hat, ist mit dem Wegfall ihrer Prozeßunfähigkeit als Ehefrau jeder Grund weggefallen, aus welchem der Ehemann fortan in den Prozeß gezogen werden könnte. Bei Prozessen über das ein gebrachte Vermögen entsprach die Vertretung der nicht prozeßfähigen Ehefrau durch den Ehemann oder die Zuziehung des Ehemanns neben der Ehe­ frau eiuentheils dem allgemeinen Rechtssatze, daß die von einer Ehe­ frau in Ansehung ihres eingebrachten Vermögens ohne Bewilligung des Mannes gemachten Schulden nichtig seien"), andererseits fand da­ durch zugleich die Rechtsstellung des Ehemanns als des Nießbrauchers und berechtigten Verwalters des eingebrachten Vermögens”) Berücksich­ tigung. In der ersteren Beziehung enthält die gesetzlich anerkannte Prozeßfähigkeit der Frau einen erheblichen Eingriff"). Durch das zum Nachtheil der selbständig prozessirenden Frau ergehende Judikat wird eine Verbindlichkeit festgestellt, die, soweit nicht ein Recht des Ehemanns entgegen steht, also aus dem vorbehaltenen Vermögen oder nach ausgelöster Ehe schlechthin erfüllt werden muß. Soll eine Ver3I) Zn jedem Falle, in welchem die Ehefrau zur selbständigen Recht-verfolgung nicht legitimirt ist, wird der im Prozesse al- Partei mitauftretende Ehemann noch immer auch der Staatskasse und dem Gegner zur Kostenzablung verpflichtet. Vgl. oben Anm. 24. Sonst kann nur eine Verpflichtung de- Mannes der Frau gegen­ über in Frage kommen. ”) § 320 II. 1. Bgl. Anm. 36 und § 108 bei Anm. 61 ff.

») §§ 205. 231 II. 1. 2i) Dies erkennt Mandry a. a. O. nicht an.

§ 206.

Dir persönlichen Wirkungen.

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Kindlichkeit als von der Eheftau zu erfüllen, festgestellt und ihr gegen­ über vollstreckbar werden, so kann jetzt die Klage nur gegen sie gerichtet werden; sie ist also nicht nur prozeßfähig sondern auch zur Sache legitimirt. Der Ehemann kann sie nicht vertreten; ein die Vollstreckung gegen sie selbst begründendes Urtheil kann nicht mehr gegen sie, ver­ treten durch ihren Ehemann, erstritten werden. Aber das lediglich gegen sie erwirkte Urtheil ist nicht in das. dem Nießbrauchsrecht des Ehemanns unterliegende Vermögen vollstreckbar, dazu muß gegen den Ehemann das Recht, aus dem seinem Nießbrauch unter­ worfenen Vermögen Zahlung zu fordern, erstritten werden"). Macht ferner die Frau einen zu ihrem eingebrachten Vermögen gehörigen An­ spruch kraft ihrer selbständigen Prozeßsähigkeit' selbst geltend, so wird der Richter bei Prüfung der Legitimation zur Klage in Betracht ziehen müssen, daß die Ehefrau über diesen Anspruch nicht verfügen kann. Solche Ansprüche der Frau werden also trotz ihrer Prozeßfähigkeit ab­ gewiesen werde», und regelmäßig wird nach wie vor der Ehemann als der Klageberechtigte angesehen werden müssen. Aber auch sein Ver­ waltungsrecht ist ein beschränktes. Handelt es sich um Grundstücke oder Gerechtigkeiten, die zur Substanz des Eingebrachten gehören, oder um Kapitalien, welche aus den Namen der Frau geschrieben sind, so kann er darüber nur unter Zustimmung der Frau oder nach Ergänzung der Zustimmung durch das vormundschaftliche Gericht verfügen"). Die Allgemeine Gerichtsordnung bestimmte deshalb, daß zu solchen Pro­ zessen beide Eheleute zugezogen werden müssen, sofern nicht die fehlende Zustimmung der Ehefrau zur Prozeßerhebung obervormundschaftlich ergänzt sei"). Auch jetzt wird man diese Grenze der Sachlegitimation des Ehemanns im Prozesse sestzuhalten haben. Nicht nur im Prozesse, sondern wie bereits erwähnt, auch bei Ab­ schluß von Rechtsgeschäften über das eingebrachte Vermögen ist die Ehefrau ohne Genehmigung des Mannes verpflichtungsunsähig"). Die generelle Genehmigung, welche nach den Artikeln 7—9 des deutschen Handelsgesetzbuchs vom Ehemann'dazu gegeben sein muß, wenn eine Ehefrau als Handelsfrau Geschäfte schließen soll, macht diese Geschäfte für die Ehefrau gütig, begründet sogar eine Haftung ihres Vermögens, die das Recht des Ehemanns darauf außer Betracht läßt. Betreibt 35) Verbindung des Prozesses gegen die Frau und gegen den Mann ist unbedenklich statthaft. a-) §§ 232—239 II. 1.

Vgl. unten § 208 bei Anm. 41.

") §§ 19. 20 I. 1 A.G.O.

38) Oben Anm. 32. Vertrag-unfähig ist den von ihr geschloffenen Verträgen, Weitere- geltend gemacht werden. Entsch. III. S. 252 und Lei Grucho

die Ehefrau nicht; sie erwirbt .Rechte aus nur gegen sie kann der Vertrag nicht ohne Entsch. B. 43 S. 30, B. 73 S. 63, R.G. t B. 24 S. 490.

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Zweite« Buch

Die btfonbtrtn Privatrecht«.

eine Ehefrau ein sonstiges Gewerbe — selbst ohne Genehmigung ihres Ehemanns —, so werden die von ihr geschlossenen Geschäfte nach § 11 der Reichsgewerbeordnung für sie selbst verbindlich. Bei Geschäften über das vorbehaltene Vermögen ist die Frau in dem unten näher zu erörternden Maße verpflichtungsfähig"). Daß sie in gewissen Bezie­ hungen auch ohne Vollmacht als berechtigte Vertreterin des Mannes diesen verpflichtet, ist schon an anderen Orten erwähnt"). Der Mann wird außerdem durch Kreditgeschäfte der Frau insoweit verpflichtet, als die erborgten Sachen oder Gelder zum gemeinschaftlichen Besten beider Eheleute nützlich verwendet find"). In der geschilderten mundschaftlichen Abhängigkeit der Frau vom Ehemann zeigt sich hauptsächlich der deutschrechtliche Charakter des gegenseitigen Verhältnisses der Ehegatten nach dem A.L.R. Wird der Mann selbst noch bevormundet, so steht seinem Vormunde die Wahrung seiner Rechte zu. Durch die Verhcirathung tritt die Frau aus der väterlichen Gewalt des Vaters, aber die über sie be­ stehende Vormundschaft wird nicht aufgehoben und, wenn sie noch minderjährig ist, tritt an die Stelle der väterlichen Gewalt ein vor­ mundschaftliches Schutzverhältniß"). Wenn die Frau mit ihrem Manne solche Rechtsgeschäfte abschließen will, bei denen die beiderseitigen Zntereflen einander entgegenstehen, hält das A.L.R. einen besonderen Schutz der Eheftau erforderlich, es ordnet gerichtliche Abschließung des Ver­ trages an, damit derselbe für die Frau verbindlich werde. Bei dem Vertragsschluß ist ein gewählter oder vom Richter ernannter Beistand der Frau zuzuziehen"). Die gleiche Vorschrift bestand nach Landrecht in allen Fällen, in denen die Frau zu Gunsten des Ehemanns sich zu ”) §§ 318. 319 II. 1.

S. unten § 208 Anm 13. 20.

*°) B. I. § 74 Nr. 4. Die Legitimation der Frau zur Vertretung des Manne« nach außen bei Entnahme von Waaren und Sachen (nicht auch von Geld) aus Borg zu gewöhnlichen Haushaltung-geschäften (§§ 321—323 d. T ) ist nicht an die Vor­ aussetzung gelnüpst, daß ihr vom Mann nicht da« nöthige Hau«haltung«geld ge­ geben war. Wenn die» der Fall war, kann aber der Mann Ersatz au« dem Frauengut fordern. Die Legitimation beseitigt eine durch Vermittlung de« Amts­ gericht« «rlaffene öffentliche Bekanntmachung. Eine Kognition de« Amtsgericht« findet dabei nicht statt. ♦') § 324 d. T. Vgl. unten § 208 Anm. 62.

") Borm.-Ordn. § 12 vgl. mit § 61. unten § 208 bei Anm- 53 ff.

A.L.R. II. 2. § 229 II. 18. §§ 736 ff.

Vgl.

") §§ 198 - 201 d. TA.S O. II. 1. § 9. Dgl Ensch. B. 66 @. 92, B. 78 S. 181. Strieth. B. 93 S. 181. Beispiele: Rechtspr. B. 4 S. 109. Strieth. B- 43 S. 94 (Kaufverträge zwischen Eheleuten), Entsagung der Hypothek der Frau für ihr Eingebrachte» aus dem Grundstück de» Manne», überhaupt Vertrage, die sür den Mann lukrativ sind, als» auch Schenkungsversprechen, Strieth. B. 43 S. 94. Dagegen ist ein kollidirende» Interesse, mithin die Beobachtung des § 198 d. T. nicht angenommen, wenn die Frau dem Manne darleihet, leihet oder bei ihm deponirt, bei Strieth. B. 43 S- 94: ebenso nicht bei Vollmachten und Lesstonen Entsch. B. 19 S. 236, Strieth. B. 70 S- 312.

§ 206.

Di« persönlichen Wirkungen.

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etwas verbindlich machen sollte, wozu sie nicht schon die Gesetze ver­ pflichteten, verstärkt durch die Nothwendigkeit der gerichtlichen Belehrung. Diese Bestimmungen sind mit den sonstigen Vorschriften über die weib­ lichen Rechtswohlthaten bei Jntercesfionen beseitigt"). Ferner ergiebt sich aus der Gewaltunterwerfung der Frau, daß der Mann ein ausschließliches Recht auf ihre Person und ihre Thätig­ keit hat. Ohne seine Einwilligung soll die Frau kein selbständiges Gewerbe treiben können. Diese Vorschrift ist für Handelsftauen wieder­ holt, und wenn durch die Reichsgewerbeordnung die thatsächliche Mög­ lichkeit eines selbständigen Gewerbebetriebs der Frau unabhängig von der Zustimmung des Mannes begründet worden ist, so gilt dies nur nach Außen: Unter den Eheleuten wird auch jetzt noch der Ehemann das Verlangen stellen können, daß die Frau sich des selbständigen Ge­ werbebetriebs enthalte"). Die Frau kann auch keine Verbindung ein­ gehen (b. h. keine rechtliche Verbindlichkeit übernehmen), wodurch des Mannes Rechte aus ihre Person gekränkt werden; ebensowenig darf der Mann ohne die Einwilligung der Frau eine Verpflichtung eingehen, durch welche ihre Person einem Dritten verhaftet wird, also z. B. die Frau zu Diensten verdingen"). Was sodann die persönliche Thätigkeit der Frau betrifft, so hat das A.L.R. den Grundsatz aufgestellt: „was die Frau in stehender Ehe erwirbt, erwirbt sie der Regel nach dem Manne""). Die Praxis ist darin fest, daß hier unter dem Erwerb der Frau nur derjenige zu ver­ stehen sei, welcher durch ihre persönliche, schaffende Thätigkeit, durch ihre Arbeit im Hauswesen oder bei Unterstützung des Mannes in dessen Gewerbe erzielt wird"). Der sonstige zufällige Erwerb wird erst in den folgenden §§ besprochen. Die Worte „der Regel nach" deuten aber darauf hin, daß es Ausnahmen giebt, und nach Bornemanns Mit­ theilung aus den Materialien") scheint die Ausnahme sich aus den Erwerb durch s. g. artifizielle Thätigkeit zu beziehen, so daß der Erwerb aus dem Gewerbsbetrieb der Frau, aus ihren zum Verkauf gefertigten Handarbeiten oder ihren künstlerischen Leistungen z. B. als Sängerin, Schauspielerin, Malerin ihr als Eigenthum zufallen müßte, dem Mann aber nur der Erwerb aus häuslicher Thätigkeit und aus ihrer Hilfleistung

Ges. ». 1. Dezbr. 1869 (Ges -S. S-1169). Enlsch. B- 66 S. 92. § 195 d. T. H.S.8. Art. 7. Gew.-Ordn. § 11. §§ 196. 197 d. T. § 211 b. TPräj. 702. Sammt. I. S. 139. Entsch. B. 13 ®. 286, 8. 50 ®. 240, B- 52 S. 144. Strieth. B. 4 S. 274; «. 6 S. 224, B. 11 S. 356, 8. 46 S. 166, 8 66 S. 190. 49) Bornemann V. S. 78.

") ") ) 6 277 d. T. 8‘) § 287 b. T. 8!) §§ 288. 289 d. T. “) §§ 305-308 d. T. M) § 298 d. T.

den kann, und zwar vom Besteller mit Zuziehung der Eheleute"), und nach dem Tode des Bestellers durch den übereinstimmenden Willen der Eheleute, wenn feststeht, daß ihre Ehe kinderlos bleibt86). Das Institut ist übrigens ganz unpraktisch. Ein näheres Eingehen in das Detail ist daher nicht nöthig").

§ 209. AL.R. II. 1. §§ 345-433.

Die Gütergemeinschaft.

Sorntmenn V. 6. 111—152.

Koch II. 6.584—

593. Dernburg III. tztz 34—41. Schmidt 36—50 S-247fg. G Philipp-, die Lehre von der ehelichen Gütergemeinschaft. Runde, ehel. Güterrecht

©. 118—160. 181—194. Welter, eheliche« Güterrecht in Westphalen. 1861. Zweite Ausgabe von Schultz. 1883. v. Wilmowski, lübifcheS Recht in Pommern. Die Lehrbücher des deutschen Privatrechts.

A. Allgemeines. Es ist in § 207 erwähnt'), daß der Abschnitt des A.L.R. über die eheliche Gütergemeinschaft ursprünglich nur zu dem Zweck redigirt worden ist, um den provinziellen und statutarischen Rechten zur Ergänzung zu dienen, und für die durch Vertrag begründete Ge­ meinschaft Jnterpretationsmittel zu sein, daß die Redaktion daher, weil sie sehr viele Besonderheiten umfassen soll, einen abstrakten Charakter erhalten hat und nur subsidiäre Giltigkeit besitzt. Die Be­ stimmungen kommen danach überall da zur Anwendung, wo Verträge, Statuten oder Provinzialgesetze nicht „ausdrücklich" ein Anderes ver­ ordnen'), d. h. wo nicht die Entscheidung aus dem provinziellen oder statutarischen Rechtsinstitut oder aus dem Vertrage mit Deutlichkeit entnommen werden kann, wo also der Rechtssatz zweifelhaft oder dunkel ist'). Die Bestimmungen des A.L.R. über die Allgemeine Gütergemein­ schaft sind aber demnächst in einzelnen Provinzen als ausschließlich maß­ gebend eingeführt, nämlich in der Provinz Posen8) und mit mehrfachen Modifikationen seit neuerer Zeit, in der Provinz Westphalen, soweit nicht in einzelnen Gegenden Dotalrecht herrscht, und in den zur Rhein-

») § 294 d. T. “) § 300 d. T. *7) 6. noch §§ 478-480. 540—542. 761-765. 778. 782. 801 d. T. II. 2. §§ 738-742. II. 18. >) Oben 6. 46.

§§ 294-299.

=) 8 360 d. T. 3) Ueber die AuSlegiui- des Wortes „ausdrücklich" in § 360 f. Dornemann V. S. Ulf. Entsch. D. 10 S. 70 f. Im gemeinen Recht giebt es für die vertragSmäßige Gütergemeinschaft keine andere Entscheidungsquelle als den Vertrag. Seuffert III. 64. *) Publ.-Pat. v. 9. Novbr. 1816 § 12. (G.S- S. 217. 225). Ges. v. 5. Juni 1863 (G S. S- 374)

§ 209.

Dir Gütergemeinschaft.

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Provinz gehörigen Kreisen Rees, Essen und Duisburg'). Die große Mannichfaltigkeit der Gütergemeinschaft in Westphalen ist daher jetzt wenigstens für diejenigen Ehen beseitigt, welche nach dem 1. Januar 1861 geschloffen worden sind. Ferner gilt die Gütergemeinschaft des A.L.R. Prinzipal in den pommerschen Kreisen Lauenburg und Bütow und in denjenigen Orten der Kreise Belgard, Dramburg und Neustettin, welche früher zu Westpreußen gehört haben, für alle seit dem 30. Sep­ tember 1865 geschloffenen Ehen5 6).* * *Provinzielle beziehungsweise statu­ tarische Gütergemeinschaft besteht dagegen noch in Ost- und Westpreußen und in dem größten Theile von Pommern'). Wo Gütergemeinschaft nicht als provinzielles oder statutarisches Rechtsinstitut gilt, sie mithin nur durch Vertrag eingefühtt werden kann, find die Vorschriften des A.L.R. für die Auslegung solcher Verträge maßgebend. Zu diesen Ge­ bieten gehört auch Schlesien, wo für die nach dem 1. Januar 1846 ge­ schloffenen Ehen das getrennte Güterrecht des Landrechts unter Auf­ hebung der ältern Verordnungen über das eheliche Güterrecht eingesührt ist ’). Neben der Theorie der allgemeinen Gütergemeinschaft stellt das Landrecht eine solche auch für die Gemeinschaft des Erwerbs auf, so­ weit eine solche durch Verträge, Provinzialgesetze oder Statuten begrün­ det wird. Besonders in Westphalen galt in einer Reihe von Bezirken für die vor 1861 geschloffenen Ehen das Recht der Errungenschaftsgemeinschast'). Zur Zeit findet die Theorie des'Landrechts int Wesent­ lichen nur für den Fall der vertragsmäßigen Begründung Anwendung. Die Redaktoren, welche bei der Ausarbeitung der Lehre von der allgemeinen Gütergemeinschaft sich vorzugsweise an das in den Städten Pommerns herrschende Lübische Recht gehalten habenl0), hegten für das 5) ®ef. v. 16. April 1860. «) Ges. v. 4. Aug. 1865.

G S. S. 165. G.S. S- 873.

’) In Ostpreußen Prov.-R Zus. 92. In Westpreußen Prov.-R. v- 17. April 1844. §17. In Pommern gilt in den Städten meist Lübsche» Recht, auf dem Land« die Bauerordnung v. 30. Dezbr. 1761. In Neuvorpommern neben dem ge­ meinen Dotalrecht da» lüb. R. und die Bauerordnung von 1616. Jahrb. B 28 S. 273, B. 49 S. 386. Provinz.-R. für Neuvorpommern und Rügen B. 3 S. 26fg. ») G. v. 11. Juli 1845.

G S. S. 471.

*) vgl. die Tabelle bei Neubauer a. a. O. S. 39ff.

’°) Suarez, Schlußvortr. S. 115. Siewert, Mater. H. 1 S. 52 Nr. 28. Be­ kanntlich enthält da» lübische Recht kein« unmittelbare Anordnung der allgemeinen Gütergemeinschaft, nur au» einzelnen Vorschriften desselben ist fie in der Praxi» namentlich gefolgert worden. Zeitschr- s. deutsche« R- B 6 S. 226. Entscheid. B. 10 S- 64. Gerade die am meisten charakteristische, daß die Entstehung der gütergemeinschastlichen Haftung für die Schulden nur bei beerbter Ehe ftattfindet, hat im AL R. keine Ausnahme gefunden. Da« O.-Trib. hat durch Pl.-Befchl. angenommen, daß nach lüb. R. mit Eingehung der Eh« eine durch die Geburt eine» Kinde» bedingte chel. Gütergemeinschaft entstehe, und wenn diese Bedingmess

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Zweite« Buch

Die besonderen Privatrechte.

Institut eine gewiffe Vorliebe. Suarez, obgleich er sich früher gegen dasselbe erklärt hatte''), meinte zuletzt doch, daß keine Theorie einfacher, der Natur und der Innigkeit der ehelichen Verbindung angemessener sei, als die Lehre von der Gemeinschaft der Güter, und daß es sehr zu wünschen wäre, wenn sie allgemeines Recht in allen Gebieten des Staates ohne Unterschied der Stände werden könnte"). Ein besonderer Vortheil wird in der Sicherheit gefunden, die sie den Gläubigern der Eheleute darbiete. Grolmann war gleicher Ansicht"). In der That aber übergiebt dieses System des ehelichen Güterrechts die Frau mit ihrem Ver­ mögen und die Zukunft der Kinder widerstandslos mit gebundenen Hän­ den dem Manne, und bietet gegen dessen schlechte Verwaltung des ge­ meinschaftlichen Vermögens kein Mittel. Die schwierigste Frage ist von jeher gewesen, wie die allgemeine Gütergemeinschaft juristisch zu konstruircn fei, welches Prinzip ihr zu Grunde liege"), und diese Frage wird durch die positiven Aussprüche des Landrechts selbst zu keiner klaren Lösung geführt"). Im Titel vom „gemeinschaftlichen Eigenthum" wird beiläufig auch der Gütergemein­ schaft wie einer Art dieses Gattungsbegriffs gedacht"). Dem entspre­ chend wird wiederholt in dem Abschnitt von der G.G. vom „gemein­ schaftlichen Vermögen" gesprochen"), es wird an zwei Stellen gesagt, daß der einzelne Ehegatte ein „Miteigenthum" habe"), es werden an anderen Stellen die „Antheile" erwähnt*’), die dem einzelnen Ehegatten an diesem gemeinschaftlichen Vermögen zustehen. Alle diese Aussprüche führen zu der Annahme, lassen sie wenigstens zu, daß im A.L.R. die Gütergemeinschaft als eine eigenthümliche Art des Miteigenthums ge-

n) n) J3) ")

") 16) ") 18) 19)

eintritt, diese rückwirkende Kraft habe. Praj. 611. Sammt. I. S. 278. Jurist. Wochenschrift 1846. S. 478. Dgl. überhaupt v. WilmowSki, lübisch. Recht in Pommern 1867. 6.89. §§ 37—44. Die Auffassung deS lübischen Recht- in Neu­ vorpommern ist eine nicht unwesentlich verschiedene. Bornemann V. 76. Schlußvortr. S. 115 a. E. f. Bornemann V. S. 75. Sie wird konstruirt al- römisch rechtliche societas, Lauterbach. De societate bono­ rum conjugali, 1661, in diss. academ. III. 672, vgl. auch noch Runde, als Gesammteigenthum J. Veracius (Libellus consuetudinum principatus Bambergensis, 1681) festgehalten für da- preußische Recht von Löher, System des preuß. Landr. S. 211, — als juristische Person des ehelichen Vermögens. Hasse, Beitrag zür Revision der bisherigen Lehre von der Gütergemeinschaft, 180’S — als ideelles Miteigenthum bei ruhendem Antheilsrecht der Frau, Runde, Privatrecht 1881, — als genossenschaftliche Verbindung der Eheleute, Desel er, Privatrecht 1873. Ausführlich darüber Bornemaun B. 5 @. 113—119, auch Ges..Rev.-Pens. XV. S. 413 A.L.R. I. 17. § 81. §§ 371. 377. 380 ff. u. s. w. §§ 365. 373 d. T. §§ 383. 385. 386 d. T.

§ 209.

Die Gütergemeinschaft.

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dacht ist, was auch die noch herrschende Anficht der damaligen Theorie

war. Auch Suarcz giebt ausdrücklich der Frau ein condominium pro indiviso"). Trotzdem hat das Obertribunal in dem Gutachten vom 24. August 1840, im Anschluß an die Theorie von Hasse, in aller Schärfe behauptet: „das berechtigte Subjekt ist die eheliche Gesellschaft, das Ehepaar als moralische Person verschieden von dem Individuum""). Vorher hatte das Justizministerium auf die Gütergemeinschaft die Vor­ schriften des Miteigenthums angewandt, fie also als eine Art deffelben aufgefaßt"). Von den Schriftstellern find Koch und Schmidt unklar. Wenn Ersterer") sagt, der Mann sei Disponent, ja Eigenthümer der Gesammtmaffe und nur bei einzelnen Gegenständen beschränkt und an die Autorisation der Frau gebunden, die Gesammtmaffe sei nicht nach intellektuellen Antheilen zu scheiden, oder an einer anderen Stelle"), der Mann sei soweit, als das Gesetz seine Disposition über das gemein­ schaftliche Vermögen an die Einwilligung der Frau binde, einem Hand­ lungsunfähigen gleich, an das Vollwort eines Aufsehers gebunden, unter der Quasi-Vormundschaft seiner Frau, so leuchtet ein, daß hierdurch keine Erklärung für die rechtliche Natur des Instituts gewonnen wird; und wenn Letzterer die Eigenthümlichkeit nur darin findet, daß das Gut, welches während der Ehe ungezweiet sei, bei Auflösung derselben sich nicht in seine ursprünglichen Bestandtheile, nach seiner Herkunft, sondern in Antheile an der Gesammtheit zertheile"), so ist auch damit weder eine Aufklärung über die Natur der Ungezweitheit während der Ehe gegeben, noch auch sind die Eigenthümlichkeiten des Instituts er­ schöpfend hervorgehobcn, die sich doch nicht bloß bei der Auflösung der Ehe zeigen. Bornemann, welcher früher mit dem Obertribunal die Theorie von der moralischen Person getheilt hatte, ist später von ihr zurückgekommen und wieder der Theorie des Miteigenthums näher ge­ treten "). Er nimmt an, daß schon während der Ehe jeder Gatte einen ideellen (und zwar gleichen) Antheil an den zu einem Ganzen vereinigten beiden Mafien habe, daß diese Antheile aber nur nicht in die rechtliche Erscheinung treten, weil dem Manne allein die Vertretung der gemein­ schaftlichen Rechte zustehe, und die Gemeinschaft untrennbar an die Ehe geknüpft sei. Dieser Auffassung treten die frühern Auflagen bei, und r«) J.M.vl. 1840. S. 375. B-rnemaan V. 138. ") J.M.Bl. 1840. S. 373 oben. 22) Reskr. v. 1. März 1840. I MDl. S. 106. Ebenso Deiters, die ehel. Güter­ gemeinschaft § 136. Grothe in der Jur. Wochenschr. 1840. S. 625f. 23) Schles. Arch. B. 4 S. 40. 24) Komment, zu § 378 d. T. Zu § 363 d. T. wird das Verhältniß als Gesammteigenthum (condominium pro indiviso, in solidum) bezeichnet. 25) Familienrecht S. 256 fg. 26) A. a. O. S. 119 fg. Förster, Preuß. Privatrecht. IV. 4. lufL

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Zweite« Bach

Die besonderen Privatrechte.

auch der Herausgeber kann sich derselben im Wesentlichen anschließen"). Die Gütergemeinschaft ist Miteigenthum, d. h. Eigenthum Mehrerer an demselben Objeft, aber in Folge der Einwirkung der Ehe, welche dieses Mteigenthum erzeugt, und für welche allein es bestehen kann, unter­ scheidet es sich von dem gewöhnlichen Miteigenthum dadurch, daß regel­ mäßig der eine der beiden Miteigenthümer, der Mann, als Haupt der Ehe die alleinige Disposition nach außen hat, daß er allein das ganze gemeinschaftliche Vermögen vertritt"), soweit nicht durch positive Satzung die Mitwirkung oder Einwilligung der Frau geboten ist, daß ferner in Folge der Innigkeit des ehelichen Lebens die Antheile des einen Ehe­ gatten am Ganzen während der Ehe keine rechtliche Wirkung äußern, und erst hervortreten, wenn sich die Ehe auflöst. Was man gegen die Theorie des Miteigenthums hier einwendet, daß ein solches sich nur auf körperliche Sachen beziehe, ist ein romanisirendes Argument. Das ge­ meine Recht und insbesondere das preußische kennt auch ein Miteigen­ thum an Rechten, und die Obligationen können Mehreren gemeinschaft­ lich zustehen. Es kann also daran festgehalten werden: die Güter­ gemeinschaft ist Miteigenthum mit latenten Antheilen. Sie enthält eine Rechtsveränderung des Eigenthums, und wesentlich hierdurch unterschei­ det sie sich von der Gütereinheit, bei welcher jeder Gatte sein Eigenthum behält und es bei Auflösung der Ehe herauszieht, es vom Eigenthum des Andern absondert. Bei der Gütergemeinschaft verlieren die zusam­ mengebrachten Vermögensmafien ihr besonderes Eigenthumsverhältniß zu dem einen oder andern Ehegatten, sie bilden ununterschiedcn eine Maffe und an dieser entstehe das neue Miteigenthum mit Jdealanthci2T) In B. 57 der Entsch. S. 67. 68. 69 nimmt auch daS O.-Trib. an, daß die ehe­ liche Gütergemeinschaft im AL.R. nur als gemeinschaftliches Eigenthum im Sinne des Tit. 17. Th. 1, d. h. als Miteigenthum zu ideellen Antheilen aufznfafsen sei. Wenn eS S- 69 behauptet, dieselbe Auffassung liege dem Gutachten v. 24. Aug. 1840 (oben Note 24) zu Grunde, so widersprechen dieser Behauptung die Worte in letzterem direkt. Aber daS ist allerdings richtig, daß in diesem Gutachten die Theorie des GesammteigenthumS verworfen ist. Vgl. HinschiuS in f. Zeitfchr. f. Gesetzgebung und RechtSpsl. in Preußen B. 1, 1*67, S- 718 oben. — Budde im ArnSb. Arch. B- 11 S. 471 vertritt die MiteigenthumStheorie. Auch Dernburg III. § 35 ist für Miteigenthum. DaS Reichsgericht nimmt an, daß die Gütergemeinschaft nicht ein Miteigenthum im römischrechtlichen Sinne sei, sondern ein gemeinschaftliche- Vermögen beider Eheleute, welches ganz unter der Pogtschaft deS Mannes stehe und bestimmte, zu sondernde ideelle Antheile wahrend der Ehe nicht kenne. R G Entsch. D. 1 S. 396. In einem andern Fall (bei Gruch o t B. 26 S-972) hat daS R.G. daraus, daß nach beendigter Gütergemeinschaft der Ueberlebende mit den Rechtsnachfolgern des andern nach § 653 II 1. A L R. im Miteigenthum bleibe, dieses Miteigenthum aber das gewöhnliche Miteigenthum der einzelnen Sache zur Hälfte sei, die Folge gezogen, daß auch die Gütergemeinschafts­ genoffen ein nach Quoten getheiltes Miteigenthum an der einzelnen Sache haben, und daß, wenn sie gemeinsam verfügen, jeder über seine Quote eine besondere Ver­ fügung trifft. Die Bedenken gegen diese letztere Ausführung liegen nahe.

28) Und zwar „zum Zwecke der Ehe-.

Dgl. unten Anm. 67.

§ 209. Die Vipergrmemschast.

67

len"). Darum bei Auflösung der Ehe kein Herausziehen der einge­ brachten Waffe, sondern Ouotentheilung des Ganzen ohne Rücksicht auf seine Herkunft. Die früheren Ausgaben fügen hinzu:.„Auf diese ein­ heitliche Waffe gehen die Schulden über, welche von dem einzelnen Gatten mit seinem Vermögen in die Gemeinschaft gebracht werden; sie hastet als Ganzes für jede Schuld, welche in giltiger Weise während der Ehe kontrahirt wird." Diese letztere Ausführung kann dann nicht als richtig zugegeben werden, wenn der Uebergang derjenigen Schulden, welche die Gatten bei Eingehung der Ehe haben, auf die „einheitliche Waffe" so verstanden werden soll, als ob die ursprünglichen Schuldner dadurch von ihrer Verbindlichkeit frei werden. Dem ist nicht so. Wird die Ehe aufgelöst, so wird der Anspruch gegen den ursprünglichen Schuldner geltend gemacht werden können, und zwar auch in das Ver­ mögen, welches er erst später erwirbt. Aber allerdings wird durch die Gütergemeinschaft insofern eine Uebernahme der Schuld auf das vor­ gemeinschaftliche Vermögen begründet, als auch der andere Gatte sich fortan die Deckung der Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gut wäh­ rend der Ehe und nach deren Auflösung gefallen lassen muß. — Bei der Errungenschaftsgemeinschast findet kein Vermögensübergang bezüglich des bei Eingehung der Ehe vorhandenen Vermögens der beiden Gat­ ten statt. B. Entstehung der Gütergemeinschaft. Die Gütergemein­ schaft nimmt unmittelbar nach dem Eheschluß ihren Anfang, wenn sie entweder an dem ersten ehelichen Wohnsitz gesetzlich für Personen vom Stande des Ehemannes Geltung hat"), und die künftigen Eheleute nicht diese gesetzliche Folge ihrer Verheirathung in der unten zu besprechenden Weise ausgeschlossen haben, oder wenn ein Vertrag wegen Unterwerfung unter die Regel der Gütergemeinschaft vor der Ehe in gehöriger Form geschloffen ist. Der provinziellen G.G. ist jede Ehe unterworfen, der statutarischen nur die Ehe solcher Personen, welche nach älterer Gerichts­ verfassung von der Lokalgerichtsbarkeit nicht erimirt waren3I * 30 ). Die spä”) ©euffett XVI. 56

XVIII. 146.

30) §§ 360. 361. 350 d. T. Der Mann bestimmt den Wohnsitz, dessen Domizil ist also für da- Güterrecht entscheidend. Strieth. B. 24 S. 256. Folgt die Ehe­ frau thatsächlich nicht dem Mann in dessen Wohnsitz, so wird sie doch rechtlich albei demselben wohnhaft angesehen, und daS hat auf ihre Handlungsfähigkeit Ein­ fluß. Abweichend die früheren Ausgaben, die mit Strieth. B. 36 S. 108 den thatsächlichen Wohnort der Frau entscheiden lassen. Auch auf den Glauben des Dritten kann es hier nicht ankommen. Der Fall hat mit den in Anm. 32 be­ handelten keine Analogie. 31) §§ 345. 346 d. T. Verordn, v. 2. Januar 1849. § 15 (Beamte und Adelige). Entsch. B. 42 S. 26. Kab.-Ordre v. 29. Mai 1833 (Zahrb. B. 41 S. 469). Entsch. B. 27 S. 263. In Westfalen besteht nur noch eine Exemtion, wenn der Ehemann einer ehemals reichsständischen Familie angehört. Ges. v. 16. April 1860 § 2. Die Frage, ob Ehen der Juden unter Gütergemeinschaft stehen oder

Iwrit«« Buch.

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Die besonderen Privatrechte.

lere Verlegung des Wohnsitzes an einen Ort, an welchem nicht G.G. gilt, ändert das zwischen den Ehegatten durch den ersten Wohnsitz be­ gründete Güterrccht nicht, aber gutgläubigen Dritten gegenüber werden die verpflichtenden Handlungen der Gatten nach den Regeln des neuen Wohnsitzes beurtheilt"). Wenn umgekehrt durch das Recht am ersten Wohnsitz zwischen den Eheleuten getrenntes Güterrecht begründet worden, und sie in einen Ort ziehen, an welchem G.G. gilt, so wird zwar auch das Rechtsverhältniß unter den Eheleuten selbst nicht gewandelt, aber gutgläubigen Dritten gegenüber find alle an dem neuen Wohnort vor­ genommenen Rechtsgeschäfte nach den Regeln der G.G. zu beurtheilen, wenn nicht durch öffentliche gerichtliche Bekanntmachung diesen Folgen von den Eheleuten vorgebeugt worden ist"). Bei der nur lokalen Na­ tur des Instituts sind Regeln für die Fälle erforderlich, wo der Ehe­ mann bei Eingehung der Ehe ein doppeltes Domizil an Orten hat, an denen ein verschiedenes Güterrecht gilt. Grundsatz ist hierbei, daß ge­ gen die G.G. entschieden wird. Also: an dem einen Orte gilt G.G., an dem andern nicht — dann ist unter den Eheleuten keine G.G. ent­ standen"); an dem einen gilt die allgemeine, an dem andern die be­ sondere G.G. — dann steht die Ehe nur unter den Regeln der letzte­ ren"); an dem einen und andern Ort ist die G.G. zwar gleicher Art aber abweichenden Vorschriften unterworfen — dann gelten diejenigen Vorschriften, welche am meisten den landrechtlichen entsprechen"). nicht, ist jetzt antiquirt, da worfen sind.

sie dem bürgerlichen Recht ebenso wie Christen unter­

32) § 351 d. T. Ueber die Einwirkung der Veränderung deS Wohnsitzes auf das Güterrecht f. oben B. 1 § 11 Anm. 40 S. 65. Den Grundsatz, daß dem Dritten gegenüber, der von der Fortsetzung der Gütergemeinschaft in dem neuen Wohnort, an welchem getrennte- Güterrecht gilt, keine Kenntniß hat, die Gütergemeinschaft nicht entscheidet, hat da- O.-Trib. Entsch. D. 13. S. 297, Strieth. B- 31 S. 172 anerkannt Koch zu § 352 hat sich dagegen erklärt. Der Grund, das Publikum gegen Betrug zu schützen, ist aber in diesem Falle ebenso vorhanden, wie in dem umgekehrten, von welchem § 352 spricht, wenn Eheleute, die bisher in getrenntem Güterrecht gelebt haben, an einen Ort ziehen, wo Gütergemeinschaft gilt. DaO.-Trib. sagt mit Recht, daß der in § 352 enthaltene allgemeine Grundsatz: der redliche Dritte soll durch die Unkenntniß von dem zwischen den Eheleuten herr­ schenden Güterrecht nicht Schaden leiden, eine über den Fall deS § 352 hinaus­ gehende Anwendung finde; es ist hier ein echter Fall analoger Gesetzanwendung. Vergl. auch Entsch. B. 60 S. 153f. Der Dritte ist übrigens, selbst wenn er von der Gütergemeinschaft keine Kenntniß hatte, nicht auf die ihm nach dem Rechte deS neuen Wohnort- zustehenden Befugniffe beschränkt, kann sich vielmehr aus daS ihm vortheilhaftere erste Domizil berufen. Strieth. B. 71 S. 106.

3:) § 352 d T. Der § 352 bezieht sich nicht auf Rechtsgeschäfte, die außerhalb des am neuen Wobnort geltenden RechtSgebietS abgeschlossen werden. Entsch. B. 69 S. 101. Wegen der Bekanntmachung s. § 422 II. 1. Vergl. Strieth. Bd 87 S. 1.

34) § 347 d. T. 35) § 348 d. T. 36) § 349 d/T.

8 209.

Die Gütergemeinschaft

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Wie die Ehe einer minderjährigen Frau unter der Herrschaft des landrechtlichen Jllatensystems während der Dauer der Minderjährigkeit das bis zur Verfügung über die Substanz gehende Verwaltungsrecht des Ehemannes ausnahmsweise nicht begründet"), so schließt das Landrecht auch den Eintritt der gesetzlichen allgemeinen Gütergemeinschaft für die Ehe einer minderjährigen") Ehefrau aus, wenn die Ehe nach den am Wohnsitz des Ehemannes sonst geltenden Regeln kraft des Gesetzes eine gütergemeinschastliche sein würde"). Die Frau ist nach Aufhebung der Vormundschaft über ihre Rechtsstellung gerichtlich zu belehren und hat von der Großjährigkeit an oder wenn die Vormundschaft aus anderen Gründen aufgehoben wird, von der wirklich erfolgten Belehrung an"), sofem sie jetzt nicht in die Gütergemeinschaft willigt"), drei Monate Zeit, durch einseitigen Antrag auf gerichtliche Bekanntmachung des Ausschlusses die Gütergemeinschaft ebenso auszuschließen, wie dies bei Ehen Groß­ jähriger nur durch Vertrag vor der Ehe geschehen kann. Abweichend von der besonderen Regelung des entsprechenden Falls unter der Herr­ schaft des Jllatensystems greift aber die Suspension der Gütergemein­ schaft nicht Platz für eine Ehefrau, welche zur Zeit des Eheschlusses 37) Dgl

oben § 208 bei Anm. 53 ff.

38) Nicht auch für andere Fälle der Dormundschaft, namentlich nicht für den Fall der Verschwendung. Entsch. B. 70 S. 95, Strieth. Bd. 90 S. 210. 39) § 415 II. 1, §§ 782—792, 794-798 II. 18 A.L.R. Die herrschende Ansicht geht dahin, daß sich die Vorschrift der Suspension der Gütergemeinschaft auch aus den Fall der Ehe eines minderjährigen Ehemannes beziehe. So die Praxis Entsch. B. 30 S. 123, Strieth. D. 62 S. 330, so auch mit Berufung auf Koch zu den angezogenen Gesetzesstellen und aus Arndts und Leonhard BormundschastSrecht S. 91 die früheren Ausgaben. § 415 II. 1 spricht aber ausdrücklich nur von der minderjährigen Ehefrau, die §§ 780. 781 II. 18, die ausdrücklich den Ehemann erwähnen, haben nur zum Zweck die Aufmerksamkeit des Vormunds auf die Mög­ lichkeit zu lenken, die Aufhebung der Gemeinschaft zu veranlaffen, und der Anschein, als ob § 782 auch vom minderjährigen Ehemann spreche, wird dadurch beseitigt, daß sogleich § 783 und alle folgenden Bestimmungen nur die Pflegebefohlene er­ wähnen. ES würde für den minderjährigen Ehemann an jeder Bestimmung fehlen, wann und in welcher Frist er sich erklären muß. Allerdings hat Suarez einem zum vormundschaft-recht (Th. I. Tit. VI. Abschn. VIII. § 541 deS gedruckten Ent­ wurfs) gestellten Monitum, daß die Ausschließung auch bei männlichen Minder­ jährigen forderte, ein accedo beigeschrieben, und dieser Umstand ist in Rescripten und der Judikatur einseitig berücksichtigt. Erst in Folge der Revision ist aber der im gedruckten Entwurf fehlende § 415 in daS Gesetz hineingekommen, und eS ist dieauf Grund einer im Eherecht hervorgetretenen Monitur geschehen, in Bezug auf welche Suarez die Ausdehnung auf männliche Minorenne ausdrücklich als nicht nöthig abgewiesen hat, „da der Mann außer dem casu deS § 268 (A.L R. § 391), wenn nämlich viele voreheliche Schulden vorhanden sind, nicht- verlieren kann, und für diesen Fall durch § 289 (A.L.R §§40. 420. 392) gesorgt ist." Hiernach ist mit dem Gesetz-Revisor Pens XV. S. 285 davon auszugehen, daß wohl zeit­ weilig die Ausdehnung der Suspension auf männliche Minorenne beabsichtigt, aber nicht zur Ausführung gebracht ist. — Es bedarf hiernach auch keiner Erörterung des Falls, wenn beide Eheleute minderjährig find. 4Ö) Ueber die Fristberechnung vgl. Entsch. des R-G- B. 3 S- 242.

41) Die deshalb gegebene Erklärung ist unwiderruflich.

Entsch. B. 77 S. 49.

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Zwitter Buch.

Die besonderen Privatrechte.

unter väterlicher Gewalt stand und die also erst durch den Ehefchluß unter die Vormundschaft des Vaters tritt"), die Ehe der minderjähri­ gen Haustochter wird eine gütergemeinschaftliche, und auch wenn der Vater demnächst noch während der Minderjährigkeit stirbt, kann die rechtswirksam eingetretene Gütergemeinschaft durch die nunmehr eintre­ tende Dativtutel nicht nachträglich beseitigt werden"). Es kann aber auch die durch einen Vormund vertretene Frau fich der Aussetzung der Gemeinschaft wirksam vertragsmäßig begeben"). Für den Eintritt der Errungenschastsgemeinschast gelten entsprechende Vorschriften nicht"), und auch für die allgemeine Gütergemeinschaft ist die gegenwärtige Gel­ tung der Vorschriften streitig. Dieselbe ist aber anzunehmen, da der Grund, welcher für Beseitigung derselben geltend gemacht wird, daß es fich hier um Vorschriften über das Vormundschastswesen handle, nicht zutrisst"). Wollen die Eheleute unter fich die Gütergemeinschaft durch Ver­ trag einführen, so muß der Vertrag vor Vollziehung der Ehe, gericht­ lich und unter Zuziehung des Vaters der Ehefrau oder eines rechts­ kundigen Beistandes errichtet oder anerkannt werden. Einer gericht­ lichen Verlautbarung oder Bestätigung und einer öffentlichen Bekannt­ machung bedarf es nicht"). Während der Ehe kann durch Vertrag 45) Suarez sagt bei der Rev. mon. B. I toi. 285: .Man kann efl dem Dater wohl zutrauen, daß er, wenn die Eingehung der Kommunion für seine Tochter nach­ theilig gewesen wäre, solHe per pactum antenuptiale würde exkludirt haben." 43) §§ 780. 781. II. 18 A L.R. 44) § 783 II. 18. Ohne vormundschaft-gerichtliche Genehmigung vgl. Anm. 46 a. E. ") § 798 II. 18.

46) Vgl. § 208 Anm. 58. Für Aufhebung der Vorschriften durch § 102 der Vormund­ schaft-ordnung haben sich ausgesprochen: Dernburg, Vormundschaft-recht § 87, Privatrecht III. § 34 und die bei Neumann, Vormundschaft-recht S. 165 citirten. Dagegen s. RGEntsch. B. 5 S. 217, vgl. auch Neumann a. a. O. und Rehbein undReincke zu § 780 II 18, letztere namentlich bezüglich de- Beweise-, daß auch die dem Vormundschaft-gericht auferlegte Pflicht der Belehrung und Anhörung der Ehefrau nach aufgehobener Vormundschaft eine Vorschrift außerhalb de- Bormundschast-recht- ist. Die Frage, ob der Vormund, welcher auf die Suspension ver­ zichten und sein Mündel endgiltig der Gütergemeinschaft unterwerfen will, dazu der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist dagegen eine Frage de- Vormundschafts­ recht- und kann nicht mehr nach § 783 II. 18 beantwortet werden. Rehbein und Rei ncke wollen anscheinend unterscheiden, ob voreheliche Schulden übernommen werden oder nicht, und scheinen in dem ersten, regelmäßigen Fall, die vormundschafts­ gerichtliche Genehmigung nach § 42 Nr. 13 der Vormundschaftsordnung zu fordern. Der Verzicht auf die Suspension hat aber auch, wenn die Thatsachen so liegen, nicht die Schuldübernahme zum Gegenstand, dieselbe tritt nur folgeweise ein, — wie die Haftung für spätere Schulden. Man mag eS legislatorisch verwerfen, daß nicht die Genehmigung de- BormundschaftSgerichtS vorgeschrieben ist, aber man muß sich darin finden, daß da« Gesetz diesen Standpunkt eingenommen hat 47) §§ 356. 357. 358 d. T. Ges. v. 20. März 1837, §§1.3. 5. In Konsequenz de- Standpunkt-, den da- Landrecht bei dem Verzicht auf Suspension der Gemein­ schaft einnimmt, wird man auch den vom Vormund der minderjährigen Ehefrau geschloffenen Vertrag über Einführung der Gütergemeinschaft al- bindend ansehen müssen.

§ 209.

Die Gütergemeinschaft.

71

die G.G. nur dann begründet werden, wenn die Eheleute von einem Ort mit getrenntem Güterrecht an einen, wo G.G. gilt, ihren Wohnsitz verlegen"). Auch dieser Vertrag bedarf der gerichtlichen Form und der Zuziehung des Vaters oder eines Beistandes für die Frau"). Die G.G. beginnt in diesem Falle vom Tage der gerichtlich abgegebenen Er­ klärung 50). C. Das Rechtsverhältniß in der Gemeinschaft. I. Die allgemeine G.G. In die Gemeinschaft gehört Alles, was der freien Veräußerung eines jeden Ehegatten unterworfen ist51), auch die Nutzun­ gen von solchen Grundstücken, die der freien Veräußerung entzogen fmb53), der Erwerb während der Ehe und was durch Glücksfälle, Ge­ schenke, Erbschaft oder Vermächtniß dem einen Ehegatten zufällt, wenn nicht der Geschenkgeber oder Testator bezüglich zugewendeter Grundstücke oder Kapitalien durch eine ausdrückliche Erklärung den andern Ehe­ gatten ausschließt55). Die nothwendigen Kleidungsstücke der Frau sind ") § 355 d. T. Dieser s bezieht sich nur auf Personen, die im neuen Domizil von der G G. nicht eximirt sein würden. Präj. 1138. Sammt. I. S. 142. Die Gründe sind mitgetheilt in der jurist. Wochenschr. 1845. S. 57.

49) tzh 356- 358 d. T. Interpretation-regel bei der vertragsmäßigen Gütergemein­ schaft, daß im Zweifel gegen die allgemeine und für die partikuläre vermuthet wird. § 359 d. L. ") Ges. v. 20. März 1837. § 4. § 362 d. T.

5I) § 363. Bornemann V. 129. Auch da- Nießbrauch-recht de- einen Ehegatten fällt in die Gemeinschaft Rechtspr. B- 2 S. 305. Ausgeschlossen find nur Lehne, Fideikommisse und solche Vermögen-stücke, welche nur für die bestimmte Person gewidmet sind. Strierh. B. 41 S. 130. Ein Ehegatte kann aber auf Vermögen-stücke kein Recht erlangen, über welche der andere sich mit den Kindern erster Ehe au-einandersepen muß, ehe er zur zweiten Ehe schreitet. Ist daher die Auseinandersetzung vor Abschluß der zweiten Ehe nicht erfolgt, so tritt auch ein zu jenen Vermögen-stücken gehörige- Grundstück nicht in die Gütergemeinschaft. § 35 II. 18. § 1004 II. 1. Entsch. B. 41 S. 190. Wie wirkt der Abschluß einer güter­ gemeinschaftlichen Ehe auf anhängige Prozesse? Handelt e- sich um Prozesse deManne-, so ist entscheidend, daß auch während der gütergemeinschaftlichen Ehe der Mann regelmäßig frei verfügt, und daß eine Schuld, welche er kontrahirt, dagütergemeinschaftliche Vermögen belastet. Die Veräußerung de- vom Mann ver­ folgten Anspruchs, welche in dem Eheschluß liegt, hat keinen Einfluß auf den Prozeß, und da- ungünstige Ergebniß gilt wider die Gütergemeinschaft E.P O. § 236. Bei Prozessen der Frau gilt im Wesentlichen Analoge-, wie bezüglich der Einwirkung der Illation. Dgl. oben § 208 Anm. 26. Die Frau führt den Pro­ zeß zu Ende, da sie ProzeßfLhig ist und nicht von dem Ehemann vertreten wird. • Die Entscheidung über Activansprüche der Frau und über dingliche Ansprüche gegen die Frau gilt auch gegenüber dem Ehemann. Ueber persönliche Ansprüche gegen die Frau ist erst unten eingehender zu handeln. 5-) § 370 d. T.

M) §§ 371-373 d. T. Entsch. D. 26 S. 340. Strieth. B. 9 S. 343. In An­ sehung Dritter gilt die Ausschließung nur, wenn sie bei Grundstücken eingetragen ist, und bei Kapitalien, wenn sie dem Schuldner bekannt gemacht ist. §§ 374 bi376 S. 7. Unter Dritten sind hier nicht Personalgläubiger der Gemeinschaft, son­ dern Dritte zu verstehen, die unter der Annahme, daß Gütergemeinschaft be­ stehe, rechtlich erhebliche Handlungen vornehmen. Die Eintragung und Bekannt­ machung ist an keine Zeit gebunden.

immer von der Gemeinschaft ausgenommen"). Daß durch Verträge einzelne bestimmte Gegenstände von dem gütergemeinschastlichen Ver­ mögen ausgenommen und dem einzelnen Gatten vorbehalten werden können, wird vom Gesetz weder anerkannt noch verboten. Unter den Gatten selbst und also für die demnächstige Auseinandersetzung wird man gerichtlichen Verträgen dieses Inhalts, die vor der Ehe geschlossen sind und Grundstücke oder Kapitalien zum Gegenstand haben, die Wirk­ samkeit nicht absprechen können. Auch Dritten gegenüber wird man einem solchen Vertrag dieselbe Bedeutung nicht versagen können, wie wenn ein Geschenkgeber die Sache von der Gemeinschaft ausnimmt"). Von der Gütergemeinschaft werden auch die Grundstücke beider Ehegatten ergriffen, sie gehören mit dem Abschluß der Ehe zum güter­ gemeinschaftlichen Vermögen, dazu bedarf es keiner Auslassung"). Es kann fortan, wie sogleich näher ausznft'ihren ist, nur vom Ehemann mit Zustimmung der Frau über das Grundstück verfügt werden. Die Ein­ tragung des Miteigenthums der Ehegatten setzt nicht einen gemeinsamen Antrag derselben voraus, kann vielmehr auf Antrag eines jeden von ihnen, wenn der Nachweis der gütergemeinschastlichen Ehe erbracht wird, erfolgen"). Dabei würde es verfehlt sein, die beiden Gatten einfach als Miteigenthümcr oder gar als Miteigenthümer zur Hälfte einzutra­ gen, weil dadurch die Legitimation zur Verft'lgung über das Grundstück zur ideellen Hälfte begründet werden würde. Die Eintragung wird in irgend einer Weise das gütergemeinschaftliche Verhältniß der Eheleute hervorheben müffen. Ist die Eintragung nicht erfolgt, so besteht die Gefahr für den Gütergemeinschastsgenossen, daß die einseitigen Ver­ fügungen des eingetragenen Gatten dem auf den Glauben des Grund­ buchs gutgläubigen Dritten eine unanfechtbare Rechtsstellung be­ gründen "). M) § 364 d. T. w) Dernburg III. § 35 Anm. 13 verlangt Bekanntmachung wie bei Verträgen über Ausschluß der Gemeinschaft. Mit diesen hat der Fall keine Analogie. Man würde in der Bekanntmachung den Gegenstand auch kaum bezeichnen können, jedenfalls fiele der Werth der Bekanntmachung bei jeder Veräußerung des vorbehaltenen Gegenstandes und würde fick nicht auf das Surrogat erstrecken. M) Eig.Erw.Ges. v. 5. Mai 1872 § 5. Der Eigenthumsübergang ist gesetzliche Folge der Ehe, die Ehe ist kein auf Veräußerung gerichtetes Geschäft. ”) Grundbuchordnung § 50. — „Wo Gütergemeinschaft unter den Eheleuten gilt," so sagt daS Gesetz, d. h. in jedem Fall, in welchem Gütergemeinschaft stattfindet. DaS Gesetz will nicht zwischen gesetzlicher und vertragsmäßiger Gemeinschaft und nicht zwischen den im Gütergemeinschaftsgebiet liegenden und anderen Grundstücken unterscheiden. Zu solchem Unterschied würde es an jedem Grunde fehlen. Auch wenn § 50 fehlte, müßte man nach der materiellen Bestimmung des Eig.Erw.Ges. § 5 und Grundbuchordnung § 30 zu demselben Ergebniß kommen. Auch wenn beide Eheleute den Antrag stellen, ist der Nachweis der Gütergemeinschaft dem Grundbuchrichter besonders zu erbringen. 58) Die §§ 365—368 d. T. unterscheiden zwischen der gesetzlichen und vertragsmäßigen

$ 209.

Die Gütergemeinschaft.

73

Ueber das gütergemeinschaftliche Vermögen verfügt während bestehen­ der Ehe regelmäßig gütig der Ehemann, wie auch ihm die Verwaltung desselben zusteht, die von dem Ehemann während der Ehe gemachten

Schulden und die rechtswirksamen von der Ehefrau kontrahirten Schul­ den belasten das gemeinschaftliche Vermögen und auch die vorehelichen Schulden jedes der Ehegatten

find

gemeinschaftliche").

Diese

drei

Sähe bedürfen aber noch der näheren Bestimmung.

1.

Das Verwaltungsrecht und Verfügungsrecht des Ehemannes

beruht überall auf der Annahme der Zustimmung der Ehefrau"). Ist bei irgend einem von dem Ehemann mit einem Dritten zu schließenden

Geschäft dem Dritten von der Frau ihr Widerspruch gegen den Ab­ schluß des Geschäfts kundgegeben, so fällt die Legitimation des Mannes dem Dritten gegenüber weg"), und sollen Grundstücke oder Gerech­

tigkeiten — mögen sie vom Mann oder von der Frau in die Ehe ge­ bracht worden sein, — verpfändet oder veräußert, Kapitalien, die auf den Namen der Frau, ihres Erblassers oder Geschenkgebers oder

beider Eheleute geschrieben sind, eingezogen, abgetreten, verpfändet oder auch nur gekündigt werden, so bedarf es dazu der ausdrücklichen") Ein­ willigung der Frau"), oder wenn diese unter Vormundschaft steht, ihres Gütergemeinschaft; letztere müsse immer eingetragen sein, um dem Dritten nach­ theilig zu werden, der sich ohne Zuziehung de- einen Gatten eingelassen hat, erstere, insoweit sie sich auf Grundstücke außerhalb deS Bezirks erstrecke, in welchem Güter­ gemeinschaft gilt. Die Bestimmungen haben das Recht-verhältniß zu Dritten im Auge, welche sich durch den einen Ehegatten unter Annahme der Geltung deS landrechtlichen JllatensystemS Rechte am Grundstück haben begründen lassen. Jetzt können die besonderen Bestimmungen de- Landrecht- für diesen Fall nicht mehr algeltend angesehen werden. ES greifen vielmehr die allgemeinen Grundsätze deS Grundbuchrechts ein. Ist der Ehemann als Eigenthümer eingetragen, so wird, wer sich ohne Kenntniß davon, daß er verheirathet oder daß seine Ehe unter der Herrschaft deS Gütergemeinschaft-recht- oder mit vertragsmäßiger Einführung der Gemeinschaft geschloffen ist, mit ihm eingelassen hat, in seiner Rechtsstellung nicht beunruhigt werden können. Dgl. R.G. bei Gruchot V. 26 S. 1007. War die Frau eingetragen, so modisizirt sich die- dadurch, daß auch die nicht gütergemein­ schaftliche Frau nur über vertragsmäßig vorbehaltene Grundstücke ohne den Mann verfügen kann. 59) §§ 377-391 d. T.

60) Die früheren Auflagen heben diesen da- gesammte BerwaltungS- und Verfügungs­ recht deS Manne- stark beeinflussenden Satz nicht in gleicher Weise hervor.

61) § 387 d. T. Entsch. D. 53 S. 157. Der Satz gilt nicht nur von Verfügungen über die Substanz, sondern auch von Verwaltung-verfügungen de- Manne-.

63) Entsch. B. 14 S. 44, B 29 S. 45 (nicht der gerichtlichen Form mit Belehrung der Frau). Auch hier wird wie nach § 232 d. T. Nothwendigkeit schriftlicher Er­ klärung angenommen. Vgl. darüber und dagegen oben § 208 Anm. 39. — Auch bei Verfügungen vor dem Grundbuchrichter handelt der Mann, e- bedarf nicht der Erklärung der Frau, auch nicht bei Auflassungen, sondern nur der Darlegung der von ihr abgegebenen oder ergänzten Zustimmung. ti3) §§ 378. 379 d. T. Abweichend Ges. v. 16. April 1860 § 3 für Westfalen. - Der § 232 d. T. geht für da- Jllatensystem bei Grundstücken weiter in der Beschränkung deS Manne-: „noch sonst etwa-vornehmen, wodurch dem eingebrachten Vermögen eine bleibende dingliche Last auferlegt würde." Dergl. Entsch. B. 39 S. 143, B. 48

Awritr« Buch.

74

Vormundes ").

Die besooderen Privatrechte.

Die einseitige Verfügung des Mannes ist auch für den

Mann selbst in allen diesen Fällen unverbindlich^).

Die Verfügung

kann aber wirksam erfolgen oder wird nachträglich wirksam, wenn der S- 178, B. 61 S. 147. Man kann trotzdem nicht sagen, daß die BerwaltungSthätigkeit des Mannes bezüglich des gütergemeinschaftlichen Vermögens eine unbeschranktere ist als bei dem Illatengut. Gerade das Umgekehrte ist der Fall, weil die Fran jeden Rechtsakt des Mannes durch ihren ausdrücklichen Widerspruch vereiteln kann. Nur die Nothwendigkeit der Beibringung der ausdrücklichen Genehmigung der Frau ist enger und beschränkt fich auf direkte freiwillige Veräußerung oder Verpfän­ dung der schon zum gütergemeinschaftlichen Vermögen gehörigen Grundstücke Entsch. B. 58 S- 248. Bei Vermuthungen und Verpachtungen kommt die Einschränkung deS § 388 I. 21 A.L R. nicht in Betracht, weil der Mann nicht als Nießbraucher, sondern als Vertreter der Gütergemeinschaft auf Grund der vermutheten Zustim­ mung der Frau vermiethet. Auch der Verkauf einer Windmühle zum Abbruch be­ darf der Einwilligung. Strieth. B-47 S-278. Entsch. B. 52 S. 153. Ebenso Feststellung der Entschädigung bei einer Expropriation. Strieth. B 49 S. 207. Entsch. B. 49 S. 182. Die Ueberlaffung eines Antheils an dem Reinerträge eines Torfstichs fleht dem Manne zu- Strieth. B 43 S. 32. Das vom Ehemann gütig ohne Zuziehung der Frau gekaufte Grundstück soll er nach einer Obertribunals­ entscheidung gütig ohne Zustimmung der Frau für die Kaufgelder verpfänden können. Strieth. D-67 S. 149. Ueber den Fall, wenn eine Erbschaft ver­ äußert wird, in der fich ein Grundstück befindet, vgl. Entsch. B. 76 S. 153, Strieth. B. 94 S. 338. Sofern das Recht auf den Zuschlag bei der nothwendi­ gen Subhastation cebirt werden kann, — was nach dem JmmobiliarvollstreckungSgesetz vom 13. Juli 1883 § 83 Abs. 2 jetzt wieder zweifellos ist, — bedarf es zu der Cession deS Mannes keiner Zustimmung der Frau. Entsch. B. 64 S. 160. — Bei den Kapitalien ist es ohne Einfluß, ob sie im Grundbuch eingetragen sind oder nicht. Strieth. V. 12 S. 31. Ueber die Kündigung Entsch. D. 39 S. 177. B. 68 S. 169. Vgl. auch oben B. II. § 137 Anm. 112. Der Ehemann darf auch nicht einseitig dem Schuldner die Schuld ganz oder theilweise erlassen. Strieth. B. 6 S. 22. Ueber die Kapitalien, die zum Erwerbe gehören, kann der Mann einseitig disponiren, so lange sie nicht auf den Namen beider Eheleute geschrieben sind. Das. B. 12 S 31. Soweit die Einwilligung erforderlich, ist die einseitige Verfügung des Mannes wirkungslos. Entsch. B. 75 S. 281.

") Strieth. D. 47 S. 112. Auch hier ohne Unterschied, wenn vom Manne das Grundstück in die Ehe gebracht ist. J.M.Bl. 1851. S 282. ") Diese wurde in der früheren Rechtsprechung deS Obertribunals nicht immer an­ erkannt , man wollte eine Verbindlichkeit für den Mann annehmen, die nur der Frau gegenüber unwirksam sei. Der richtige Satz ist seit dem Gutachten deS Obertribunals vom 24. Aug. 1840 (J.M Bl. S. 369) allgemein festgehalten. Vgl. auch Borne mann V. 138. R G bei Gruchot B. 26 S. 1005. Eine Kon­ ventionalstrafe , welche der Mann für den Fall der Nichtgenehmigung der Frau verspricht, ist unverbindlich. Entsch. B. 75 S- 257 (A. M-Hin schiuS bei Beh­ rend Zeitschr. B. 5 S. 281.) Auch wenn die Frau außerhalb der Fälle der §§ 378. 379 ihren Widelsprach geäußert hat, wirkt derselbe für beide Ehe­ leute. Entsch. B. 53 S. 157. Der Akt wird wirksam, wenn die Einwilligung nachgebracht wird (Entsch. D. 67 S- 92), oder wenn die gerichtliche Ergänzung erfolgt. Ueber die Stellung des anderen Kontrahenten vgl. Strieth. B. 20 S. 209. Entsch D. 67 S. 92. — Ueber die Einwirkung des Glaubens des Grundbuchs wenn die Gütergemeinschaft nicht eingetragen ist, s. oben Anm. 58. — Ist auf Grund der unwirksamen und nicht genehmigten Verfügung deS Man­ nes etwas in dessen Besitz gekommen, so tritt Haftung des gütergemeinschaftlichen Vermögens für Rückgabe des sine causa Erhaltenen ein. Entsch. B. 41 S. 196, B. 75 S. 281. Danach wird der zahlende Schuldner trotz der fehlenden Zustim­ mung der Frau keinen Nachtheil haben; das Verbot selbständiger Einziehung der Kapitalien beschränkt sich deshalb in seiner Bedeutung dahin, daß der Schuldner nicht ohne Zustimmung der Frau zu zahlen verpflichtet ist. A. M. D ernb urg III. § 37 Anm. 18.

§ 209.

Die Gütergemeinschaft.

75

Widerspruch der Frau oder ihre mangelnde Einwilligung durch Ergän­ zung ihrer Zustimmung seitens des vormundschaftlichen Gerichts besei­ tigt wird, was auf Antrag des Mannes zu geschehen hat, sofern das Gericht die Verfügung des Mannes nothwendig oder dem Interesse der Frau unnachtheilig findet"). Auch ohne den erklärten Widerspruch der Frau kann eine Verfügung des Ehemannes dann keine Giltigkeit bean­ spruchen, wenn dieselbe in der dem anderen Theil bekannten Abficht vorgenommen wurde, das Vermögensstück zum einseitigen Vortheil des Mannes der Gütergemeinschaft und den Zwecken der Ehe zu entziehen6T). Der Unfähigkeit des Mannes einseitig über Grundstücke, Gerechtig­ keiten und die oben bezeichneten Kapitalien zu verfügen, entspricht der Sah, daß der Ehemann, der sonst die Rechte des gütergemeinschaftlichen Ver­ mögens allein in Prozessen zu vertreten hat, sowohl wenn geklagt wer­ den soll, als wenn dingliche Rechte geltend gemacht werden, nicht allein zur Sache legitimirt ist, wenn es sich um einen dieser Gegenstände han­ delt"). Es muß also von beiden Eheleuten oder nach richterlicher Er­ gänzung der Zustimmung der Frau von dem Mann geklagt werden,

und als Verklagte sind beide Eheleute als nothwendige Streitgenossen in Anspruch zu nehmen. Schenkungen des Mannes sind zwar gütig, aber das Wider­ rufsrecht, das ihm zustände, darf auch die Frau ausüben. Uebermäßige Schenkungen, d. h. solche, welche nicht allein das vom Manne eingebrachte Vermögen erschöpfen, sondern auch noch in das Frauen­ gut eingreifen, so daß bei der Auseinandersetzung die Frau aus 66) § 388 d. T. Die dem vormundschaftlichen Gericht hier eingeräumte Stellung hat vielleicht eine Berwandtfchast mit dem Gedanken einer dem Manne Über die Frau zustehenden Vormundschaft, steht aber mit dem geltenden Vormundschaft-recht in weiter keinem Zusammenhang. Kann die ertheilte Genehmigung de- DormundschaftSgerichtS nachträglich auf Beschwerde der Frau vom Instauzgericht wieder aufgehoben werden? DaS ist nicht zu bezweifeln. Aber ist schon vor der Auf­ hebung das Geschäft mit einem Dritten geschloffen, so kann dessen wohl begrün­ dete- Recht nicht mehr durch 'Zurücknahme der Genehmigung vereitelt werden. 67) Bgl. oben Anm. 28. AuS der Praxi- Entsch. B. 57 S. 147f. 154f, Strieth. B. 67 S. 62, D. 86 S. 205. S. auch Seuffert I. 71. 72 XVIII. 147. Ehandelt sich nicht um eine Anfechtung wegen Verletzung der Rechte der Frau durch ein in fraudem der Frau geschloffene- Geschäft, sondern da- Geschäft gilt alunter Ueberschreitung de- Verwaltung-recht- de- Manne- und deshalb gerade so unwirksam geschloffen, wie wenn die Frau dem Dritten ihren Widerspruch er­ klärt hätte. Dem Dritten, der von der Ueberschreitung de- Berwaltung-rechtkeine Kenntniß hat, steht die Ueberschreitung nicht entgegen. 68) § 23 I. 1 A.G O. Vgl. Entsch. B. 48 S 178, B. 50 S. 260. Strieth. B. 80 S. 178. Da der Mann dingliche Lasten (Servituten, Reallasten) selbständig be­ gründen kann, muß die Vorschrift dahin interpretirt werden, daß sie sich auf Prozeffe über solche Gegenstände nicht bezieht. (Vgl. indeffen Entsch. B. 19 S 428). — Treten Mann und Frau neben einander im Prozesse auf, so sind sie Streit­ genoffen, denen gegenüber da- Recht-verhältniß nur einheitlich festgestellt werden kann. E- findet also § 59 und § 434 Abs. 2 E.P.O. Anwendung. Geständnisse eine- Galten, die mit dem Bestreiten de- andern in Widerspruch stehen, sind nicht Geständniffe der Partei, sondern der freien Würdigung unterliegende Indizien.

76

Zweite« Buch.

Die Befonbtrtn Privatrechte.

der Gemeinschaft weniger erhalten würde, als sie eingebracht hat, wider­ ruft sie aus eigenem Recht soweit, um das an ihrem Einbringen Feh­ lende zu ergänzen69).70 Immer 71 * 73 aber wird bei der künftigen Auseinander­ setzung der Betrag der Schenkung aus den Antheil des Mannes ge­ rechnet'"). 2. Für eheliche Schulden des Mannes und für solche, welche eine Eheftau gütig kontrahiren kann, oder die sie kraft Gesetzes treffen, hastet das ganze Vermögen") und selbst für die Entschädigungsansprüche

aus unerlaubten Handlungen der Frau"), für Geldstrafen und Unter­ suchungskosten, aber die Schulden letzterer Art werden bei Auflösung der Gemeinschaft auf den Antheil desjenigen Ehegatten verrechnet, der sie verursacht hat"). Soweit die Ehefrau bei getrennten Gütern als Vertreterin des Mannes diesen verpflichtet, verpflichtet die gütergemeinschastliche Ehefrau durch ihre Verträge das gütcrgcmcinschaftlichc Ver­ mögen; dieselbe Rechtswirkung haben Verträge, die mit Genehmigung des Mannes geschloffen werden, ohne diese Genehmigung ist die güter­ gemeinschaftliche Ehefrau auch nur sich selbst vertragsmäßig zu verpflich­ ten unfähig"). Prozesse, durch welche eine in das gütergemeinfchaft69) §§ 381. 382 b. I. Bornemann V. 141. Strieth. B. 5« S. 1. 182. In wiefern Schenkungen als in fraudem uxoris geschehen, anzufechten sind vergl. Strieth. B. 67 S. 62. Da« R-G. bei Gruchot B. 26 S. 972 handelt vom Widerruf einer Schenkung nach dem Tode der Frau und beschränkt denselben auf die Quote des Mannes auf Grund der in Anm. 27 erwähnten Auffassung der Gütergemeinschaft. 70; § 383 d- T- D h. der Betrag der Schenkung wird als noch im gemeinschaft­ lichen Vermögen vorhanden angesehen, zur TheilungSmasse hinzugerechnet, und demnächst die dem Manne zufallende Hälfte darauf angewiesen. Uebersteigt die Schenkung seine Hälfte, so hat er den übersteigenden Betrag nicht zurückzuleisten. ES wird ebenso verfahren, wie bei der Kollation der Erben. Z. B. der Mann hat 50,000 M. verschenkt, bei der Theilung sind noch 20,000 M. da, TheilungSmaffe sind 70,000 M, davon die Hälfte 35,000 M., der Mann wird auf die 50,000 M. angewiesen und erhält nichte, die Erben erhalten die vor­ handenen 20,000 M-, und büßen 15,000 M. ein. Wollte man, wozu der Wortlaut des § 383 verleiten könnte, dem Manne nur seine Schenkung anrech­ nen, ihren Betrag aber nicht der TheilungSmasse zurechnen, so käme ein irrationelleS Resultat heraus, nämlich dann wären TheilungSmasse 20,000 M., die Hälfte des Mannes betrüge 10,000 M., er erhält sie nicht, denn er wird auf die verschenkten 50,000 M angewiesen -- aber wer erhält diese 10,000 M.? 71) 8 380 d. T. Aber nicht die Person der Frau, insoweit eine Zwangsvollstreckung gegen die Person zulässig ist, wenn sie nicht selbst die Verbindlichkeit zu einer eigenen Handlung wirksam übernommen hat. Vgl. die unter der Herrschaft der älteren Gesetze über Personal-Execution ergangenen Präjudizien im Schles. Arch. B. 6 S. 542. Strieth B. 25 S. 332. Wie die Frau und ihre Erben nach aufgelöster Ehe hasten, ist erst unten zu untersuchen. 7'-) Entsch B. 47 S. 238. Strieth. B. 46 S. 132. Anders D. 41 S. 267. Gruchot VII. 239. Im gemeinen Recht ist die Frage bestritten. Dafür sind die neueren Germanisten, z. D- Beseler S. 592. Dagegen Mevius ad jus Lub. I. 5 art. 7 Nr. 40 und von Neueren Bluntsch li S. 598. 627. Vergl. über die Frage Heuser, Annalen B. 7 S- 79fg. 73) 88 384. 385. 389. 390 d. T. 7) Präj. 772 Samml. I. S. 180.

Strieth. B. 58 S. 313.

u) Vergl. dazu Strieth. D. 35 S. 14 und B. 43 S- 72.

,5) DaS Gesetz sagt „insbesondere". Vergl. Strieth. B. 44 S. 294, B. 34 S. 210, B. 39 S. 29. Spätere Defferung deS Lebenswandels ist einflußlos. Das. B. 51 S. 246. Es kann auch auf die der Konzeptionszeit vorangehende Zeit zurückge­ griffen werden. R.G. bei Gruchot B. 24 S. 884.

Der außereheliche Geschlechtsverkehr

§ 217.

127

Beischlafs Bezahlung in Gelde oder in Geschenken angenommen wor­ den"). Es ist gleichgiltig, ob die Bezahlung vor oder nach der Ge­ stattung des Beischlafs"), ob sie bei diesem Fall vom Beklagten, oder ob sie von einem anderen Manne, dem sie sich auch hingegeben, ge­ leistet worden"); dagegen muß feststehen, daß das Geld oder Geschenk für die Hingebung, als Entgelt dafür, angenommen worden ist"). Das ist eine thatsächliche Frage im einzelnen Fall und wird z. B. oft nicht anzunehmen sein, wenn eine int Brautstand geschwängerte Person von ihrem Verlobten während des Brautstandes Geschenke empfängt'"), b. Wenn die Frauensperson wegen unzüchtigen Lebenswandels berüch­ tigt ist"). Die Berüchtigung selbst ist eine aus anderen Thatsachen hervorgehende Thatsache, welche erwiesen werden kann, ohne daß der Beweis jener Thatsachen gelingt, aus der sie hervorgeht"). Daß der schlechte Ruf aus Verleumdungen und falschen Annahmen beruht, hat die Klägerin zu beweisen"). c. Wenn die Klägerin schon früher außer der Ehe von einem anderen Manne als dem gegenwärtig Beklagten ge­ schwängert worden ist"). Es kommt hier nur auf die frühere außer­ eheliche Schwächung an, ohne Unterscheidung, ob die Frauensperson mit ihrem damaligen Schwängerer verlobt war oder ihn später geheirathet hat "). Von dem Beklagten ist zu beweisen, daß die ältere Schwänge­ rung durch einen anderen Mann geschehen; es ist eine unrichtige, von der Praxis gebilligte") Vertheilung der Beweislast, wonach der Be­ klagte nur die Thatsache früherer Schwängerung zu beweisen braucht, der Klägerin aber der Beweis, daß auch damals der Beklagte ihr Schwängerer gewesen, aufcrlcgt wird. Dagegen spricht entscheidend, daß der excipirende Beklagte den ganzen Thatbestand der Einrede zu beweisen hat"), d. Wenn sich die Klägerin früher eines Ehebruchs ,6) § 9 Nr. 2 a. de» Ges

”) Strieth. B. 25 S. 54. >-) Strieth. 8. 22 S. 238, B 25 S. 54, B 45 S. 324. •*) Entsch

Entsch. B. 57 ®. 220.

Strieth. B. 33 S- 19!», B. 58 S. 313.

D- 48 S. 223.

Entsch. 8.44 S. 179 — obgleich auch hier thatsächlich zn prüfen ist, ob nicht trotz de» Brautstande« dennoch da« Geschenk al« für die Gestattung de» Bei­ schlaf« gegeben erachtet werden muß. vorher Note 10 ferner Entsch. B. 47 S- 271.

-') §9 Nr. 2b. ■■*=) Strieth. B- 51 S. 248. ”) S- vorige Note. ") § 9 Nr. 2c. de« Ges. “) Entsch. 8. 38 S. 178, 8. 50 S- 317. Strieth. B. 43 S. 90, 8. 49 S. 193, 8. 50 S- 106. “) Entsch. 8.43 S- 207. Strieth. 8.38 S. 153.

••") Oben B. 1 S-303. 387.

Koch, Note zu § 9 Nr. 2c.

Gruchot VII. 53.

VIII.

schuldig gemacht hat"), und zwar mag fie selbst damals Ehefrau oder ihr Schwängerer Ehemann und ihr dies bekannt gewesen sein"). Ist

dagegen nur die Schwängerung, aus welcher geklagt wird, von einem Ehemann bewirkt, so ist aus diesem Gmnde die Einrede der Bescholtenheit nicht gegeben"). Ob die frühere ehebrecherische Schwächung von dem jetzigen Beklagten oder einem anderen Manne herrührte, be­ gründet keinen Unterschied"), e. Wenn die Klägerin ihren angeblichen Schwängerer, der jünger als sie und noch nicht 20 Jahr alt war, zum Beischlaf verführt hat"). Zu beweisen ist das Alter und die Ver­ führung "). Der Anspruch einer unverheiratheten und nach Vorstehendem un­ bescholtenen Frauensperson ist unter bestimmten Voraussetzungen von verschiedenem Umfange. Das höchste Maß, d. h. als Abfindung der vierte Theil vom Vermögen des Schwängerers, außerdem Ersatz der Niederkunfts- und Taufkosten, standesmäßige Verpflegung in der Wochen­ zeit und Erstattung der sonstigen durch das Wochenbett herbeigeführten unvermeidlichen Aufwendungen gebührt einer Frauensperson, welche ge­ nothzüchtigt, in einem bewußt- oder willenlosen Zustande, oder unter der Vorspiegelung einer vollzogenen Ehelichung oder unter Erregung eines anderen Irrthums, in welchem sie den Beischlaf für einen ehe­ lichen halten mußte, geschwängert worden ist"). Es kommt hier nicht darauf an, daß ein Ehehinderniß vorhanden ist oder die Geschwächte dem Schwängerer die Ehe verweigert. Das mittlere Maß, nämlich als Abfindung den sechsten Theil vom Vermögen des Beklagten, sowie Erstattung der Kosten der Niederkunst, des Wochenbetts, der Taufe, standesmäßige Verpflegung während der sechs Wochen verlangt die wäh­ rend des Brautstandes von ihrem Verlobten Geschwängerte"). Ein Braut­ stand aber ist nicht allein dann vorhanden, wenn ein rechtsgiltiges Verlöbniß oder Aufgebot vorangegangen, sondern auch dann, wenn die ae) § 9 Nr. 2d. dts Ges.

29) S- da- Präj. 25 des Kammergerichts in den Ergänz. 5A D. 2 S. 151 bei 13a. Das O -Trib. nimmt dagegen an, daß die Hingebung einer unverheiratheten Person an einen Ehemann nicht unter § 9 Nr. 2d. falle. Strieth. B. 35 S. 6. 3°) Entsch. B. 40 S. 218.

31) Entsch. B. 40 S. 212.

Strieth. B. 33 S. 13.

32) § 9 Nr. 2d. des Ges. 33) Strieth

B. 40 S. 342.

34) §§ 1. 7 des Ges. Für die Berechnung der Abfindung muß als entscheidend an­ gesehen werden der Zeitpunkt, in welchem der Anspruch vollständig begründet zur Existenz kommt, d. h. die Geburt des Kindes. Nachträgliche Verminderung oder Vermehrung des Vermögens kann nicht in Betracht kommen.

35) §§ 2. 7 des Ges. Der § 2 sagt: „wenn ihr die Ehe verweigert wird," d. h. die Klage fällt weg, wenn der Verlobte die geschwächte Braut heirathet oder zu heirathen bereit ist, aber eS ist nicht die förmlich ausgesprochene Weigerung die Be­ dingung der Klage. Entsch. B. 37 S. 225, D. 56 S. 225 f.

S 217.

Der außereheliche Geschlechtsverkehr.

129

Ehe mit Zustimmung der Eltern oder Vormünder verabredet, oder wenn in Fällen, wo es solcher Zustimmung nicht bedarf, die Ver­ lobung von beiden Theilen oder vom Bräutigam allein bekannt ge­ macht oder in Gegenwart von Verwandten oder Bekannten geschlossen oder erklärt worden ist"). Die Braut hat keinen Anspruch auf Ent­ schädigung, wenn ein Hinderniß ihrer Ehe mit dem Schwängerer ent­ gegenstand und ihr dies zur Zeit des Beischlafs bekannt gewesen"); sie verliert ihren Anspruch, wenn sie bis zur Weigerung des Beklagten, mit ihr die Ehe zu schließen, Handlungen verübt hat, welche Eheschei­ dungsgründe sind, oder wenn sie, ohne daß dem Schwängerer gleiche Handlungen zur Last fallen, selbst sich weigert, mit demselben die Ehe ein­ zugehen"). Dieselbe Abfindung wie einer Braut steht einer unbescholte­ nen Person zu, die zwischen ihrem 14. und 16. Lebensjahr zum Bei­ schlaf verführt oder geschwängert worden ist, und zwar kommt es hier nicht darauf an, ob zwischen den Parteien ein Ehehinderniß vorhanden gewesen oder nicht"). Endlich das geringste Maß der Entschädigung, nämlich nur Erstattung der Niederkunfts-, Tauf- und Wochenkosten, empfangen andere außerehelich geschwächte unbescholtene Frauensper­ sonen"'). Beklagter ist derjenige, welcher innerhalb der Konzeptionszeit mit der Klägerin den Beischlaf vollzogen hat"). Bezüglich der Voll­ streckung des festgestellten Anspruchs in das Vermögen des Beklagten entscheidet zur Zeit lediglich die Civilprozeßordnung; die Besonderheiten, welche das Gesetz für beklagte Soldaten aufstellte "), sind beseitigt. Die Klage ist auf beiden Seiten vererblich"); sie verjährt in zwei Jahren nach erfolgter Niederkunst oder Fehlgeburt, wobei jedoch die 36) § 3 de« Ges. 3I) § 4 de« Ges.

3S) § 5 de« Ges. S. oben Note 10. Nach älterem Recht (§ 1079. II. 1) war in der Praxi« angenommen, daß ein spätere« Berlöbniß der Geschwächten mit einem anderen Manne ihr die Klage gegen ihren srüheren Bräutigam und Schwängerer nicht entziehe, Entsch. B. 4 S- 102 des- S. 111 nud e« ist Koch, Note zu 8 5 d. G darin beizustimmen, daß ein spätere« Berlöbniß nicht al» eine Handlung aufzufaffen, welche eine Ehescheidung begründen würde, mithin nicht unter § 5 fällt — wenn nicht zu dem späteren Berlöbniß ein« solche Handlung hinzutritt. Wenn sich die geschwächte Braut vor der Klage mit einem Anderen vcrheirathet, so bat sie ihren Anspruch nur dann nicht verloren, wenn sie sich nach ausdrück­ licher Weigerung ihre« ersten Berlobten, die Ehe mit ihr zu vollziehen, mit dem Andern verheirathet hat”) § 6 de« Ges. ,0) § 8 de« Ges.

4I) § 15 d. Ges. Wenn die Klägerin einen bestimmten Tag de« Beischlaf« be­ zeichnet, der Beklagte einen aiideren Tag angiebt, so muß Klägerin ihre Behaup­ tung beweisen, wenn auch der zugestandene Tag in die Konzeption-zeit fällt, ©euffett I. 227.

§ 149 f.

Ein Beispiel Strieth. B. 55 S. 34.

57. Glück B. 2 307. Heuser, gem. R. ist aber Ferner das. XV.

Auch nach dem österr. G.B.

•7) Auch selbst über sein nicht freies Vermögen, trob § 201 d. T. Rechtsp. B. 2 S. 257. Präj. 1641. Samml. I. 166. Strieth. B. 28 S. 250, B. 40 S. 328. Anw.-Zeit. 1865. Sp. 781. Gesetzrev XV. 107. Seuffert XIII. 267. Auch Schenkungsverträge, das. XIV. 44. XV. 30. — Vgl. Vorm.-Ordn § 86. -8) § 125 d. T. Dgl. unten g. — Die Praxis des O-Trib. verlangt, daß die Ein­ willigung des Vaters zu dem Geschäfte des HauSsohnS in der Vertragsform erklärt werde. (Entsch. B. 72 S. 243, Strieth. B. 26 S. 296); daS entspricht nicht der für andere Verhältnisse zur Herrschaft gelangten Lehre von der Form der Genehmigung (vgl. §79 Anm 61, § 141 Anm 61, § 150 Anm. 80, § 208 Anm. 39, § 209 Anm 60) und findet schon in § 127 d, T. Widerlegung. Vgl. in dieser Beziehung da- im Text Gesagte. — Nur so lange der Vater die väterliche Gewalt hat, kann er wirksam genehmigen. Nach Ausscheidung de- Sohnes aus derselben kann nur da- eigene Anerkenntniß desselben, be­ ziehungsweise seiner Erben die Verbindlichkeit begründen; also auch nicht die vom Vater nach dem Tode deS Sohnes abgegebene Genehmigung-erklärung Strieth. B. 55 S. 294. Wegen der Form des Anerkenntnisses vgl. unten Anm. 45. — Die Einwilligung des Vater« genügt auch bei Geschäften, die seine HauSkinder unter einander abschließen. Entsch. V. 12 S. 332. Strieth. B. 47 S- 112, und Geschäfte mit dem Vater schließt das großjährige Kind mit verbind­ licher Kraft — Durch die Genehmigung wird der Vater nicht mit verpflichtet; hier gilt nicht dasselbe wie von der Genehmigung des Ehemanne«. Oben S. 59 f. Koch, Note zu § 125. A M. Gesetzrev. XV. S. 60 f. — Den dargelegten Be­ stimmungen entsprechend waren großjährige HaUSsöhne nach §§ 13—151. 1. A G L). nur in Ansehung ihres freien Vermögen« selbständig prozeßfähig, rücksichtlich deS unfreien wurden sie vom Vater vertreten, den sie nur unter besonderen Umständen zuzuziehen hatten. Durch K.O. v- 4. Juli 1832 und 5. Dez. 1865 wurde ihre Prozeßfähigkeit ausgedehnt. DeS Näheren ist hierauf sowie auf die Frage, au« wessen Vermögen die Kosten eines vom Vater als Vertreter deS Kindes geführten Prozesses zu bestreiten waren (vgl. Koch, Recht der Forderungen III. 18. Sydow in der deutschen Gerichtszeitung. 1860. S. 107), nicht einzugehen. Jetzt ist nach E.P.O. § 51 Abs. 2 der großjährige Haussohn selbständig prozeßfähig, eine gesetz»

wiüigung, welche darin zu finden ist, daß der Vater dem Kinde außer seinem Hause eine Beschäftigung gestattet, stillschweigend für alle Hand­ lungen welche nothwendig find, um diese Beschäftigung auszuführen"). Diese Bestimmung bezieht fich sowohl auf die unter f. zu erörternden Fälle, wo der Vater durch das Kind verpflichtet wird ’°), als auch ins­ besondere auf solche, wo das Kind durch seine Geschäfte fich selbst ver­ pflichten will. Die wichtigste Anwendung im täglichen Leben ist das Dienen des Kindes außer dem Hause des Vaters, wenn dieser den Ein­ tritt in solches Verhältniß ein für alle Male gestattet hat"). e. Die Rechtsstellung des Vaters zu dem Vermögen des Haus­ kindes ist im folgenden Paragraphen näher zu erörtern: bezüglich der persönlichen Rechtsfähigkeit des Hauskindes aber ist hier noch hervorzu­ heben, daß die Gesetze weder für das großjährige noch für das minder­ jährige Hauskind ein ganz allgemeines Vertretungsrecht des Vaters begründen. Während der Vormund durch seine für den Mündel vorgenom­ menen Handlungen den Mündel regelmäßig verpflichtet, kommt dem Vater eine solche Rechtsstellung nicht zu; eine.Vertretung des Hauskindes durch den Vater besteht nur, insofern er das Vermögen des Kindes verwaltet. Das Hauskind hat als solches sonst keinen Anlaß in den Geschäftsver­ kehr zu treten. Die Verwaltung seines freien Vermögens führt das Kind selbst, sie ist bei mangelnder Geschäftsfähigkeit deffelben besonders zu ordnen; die Verwaltung des unfreien Vermögens aber gebührt dem Vater, und die berechtigte Verwaltungsdispofition des Vaters ist für das Kind maßgebend und verpflichtend, darüber hinaus aber kann der Vater durch Verträge, die er in Vertretung des minderjährigen Hauskindes geschloffen hat, eine Verbindlichkeit des Kindes nicht be­ gründen ”). litte Vertretung findet, — außer in den Fällen, in denen eine Vormundschaft eingeleitet werden muß — nicht statt. Auch hier wie bei der Ehe wird aber ein dem HauSsohn ungünstige- Urtheil nicht in da- dem väterlichen Nießbrauch unter» liegeude Vermögen vollstreckt werden können, wenn da- Recht dazu nicht dem Dater gegenüber erstritten ist. 29) § 127 d. T.

3°) Wie Koch, Komm- zu § 127 behauptet, und Dornemann V. 286 aus den Materialien nachweisen will. 3I) Strieth. B. 55 S. 34. A. M. Gruchot, Beitr. D. 1 S. 310 Nr. 2 in An­ wendung auf einen im Prozeß abgeschlossenen Vergleich.

3?) Eine persönliche Verbindlichkeit de- HauSkindeS, da- über 7 Jahre alt, konnte schon nach A LR I. 4. §§ 21. 22, I. 5. § 14 durch genehmigte Erklärung des HauSkindS entstehen, so daß die Erstreckung des $ 127 d. T auch auf solche zweifellos war. Dasselbe bestimmten mit größerer Deutlichkeit §§ 2ff. Ges. tetr, die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger vom 12. Juli 1875 (G.S. S. 518). Zum Text ist zu vergleichen Schmidt, Familienrecht S. 534 556ff., auch Strieth. D. 67 S. 143. Der hier formulirte, in den früheren Ausgaben dieses Buch­ angenommene Satz: »der Dater verpflichtet da- Kind nicht über den Betrag des von ihm verwalteten Vermögens hinaus" scheint mir nicht ganz das Richtige zu

f. Das Kind verpflichtet den Bater nur vermöge eines von demselben ertheilten Auftrags, einer Genehmigung oder durch eine Verwendung in den Nutzen des Vaters"). Der ausdrückliche Auftrag bedarf keiner nähe­ ren Bestimmung. Der stillschweigend ertheilte Auftrag ist in § 127 d. T. ausgedrückt, und dies ist die zweite Beziehung dieses Gesetzes: das Kind verpflichtet den Vater durch alle Geschäfte, welche es vornehmen muß, um eine Beschäftigung auszuführen, die ihm der Vater außer seinem Hause angewiesen hat"). Die Bedeutung der Genehmigung ist dahin er­ läutert, daß wenn der Vater Schulden des Kindes bezahlt hat, daraus nicht die Ermächtigung zu fernerem Schuldenmachen gefolgert werden darf"). Bei der nützlichen Verwendung werden zwei Fälle unter­ schieden. Erstens: ein Dritter hat dem außer dem väterlichen Hause lebenden Kinde Etwas zu den nothwendigsten und dringendsten Lebensbedürstliffen gegeben; das Gegebene gilt als in den Nutzen des Vaters verwendet, und dieser wird dadurch verpflichtet zur Gegenleistung. Was als nothwendiges und dringendes Bedürfniß des Lebens zu erachten, muß im einzelnen Falle erwogen werden, der dritte Gläubiger aber muß nachweisen, daß ein solches Bedürfniß auch für das Kind wirklich vor­ handen gewesen"). Zweitens: andere Bedürfniffe, die nicht zu den dringenden und nothwendigen des Lebens gehören, sind dem außer dem Hause lebenden Kinde befriedigt worden; dann soll der Vater verpflichtet werden, wenn das Kind nicht Gelegenheit gehabt, von ihm die Unter­ stützung zu erhalten. Den Mangel der Gelegenheit muß der Gläubiger Nachweisen. Immer aber müssen es auch hier Bedürfnisse sein, zu deren Befriedigung der Dritte Sachen oder Gelder gegeben hat"). Bei treffen. Es kommt m. E. vielmehr zunächst darauf an, ob ein Geschäft vom Bater in der Verwaltung deS KindeSvermögenS vorgenommen ist. Ein Rechtsgeschäft, das diesen E harakter nicht hat, kann eine Verpflichtung, die irgend wie in das KindeSvermögen vollstreckbar wäre, nicht begründen. Die in der Verwaltung übernom­ menen Verbindlichkeiten, die aus des Kinde- Vermögen getilgt werden sollten, muß da- Kind als aus diesem Vermögen zu tilgende anerkennen, darüber hinaus aber verpflichten sie da- Kind nicht. — Erwerben kann der Bater für daS Kind — auch Grundstücke. — Dgl. Iohow und Küntzel D. U. S. 102. — Ueber die Befugniß des Vater- zum ErbschaftSerwerb und Verzicht für daS Kind vgl. unten § 223 Anm. 27. Abweichend vom Text und den obigen Ausführungen bezeichnet Dernburg III. § 53 Anm. 5 den Vater als vormundschaftlichen Vertreter deS Kindes. Danach würde er, da seine Vertretung nicht an die Schranken der BormundschastSordnung zu binden ist, daS Kind auch durch Schenkung-versprechen, Bürgschaften, Spekulationsgeschäften ans seinen Namen verpflichten! 33) $ 126 b. I.

Stölzel 8 114.

34) § 127 d. T.

Gruchot B. 17 S. 177.

") § 128 d. T.

36) § 129 d. T. Präj. 792. Samml. I. S. 165. D. 24 S. 119. Seufsert IX. 305. 306. 37) § 130 d. T. S. 95.

Entsch. B. 18 S. 285.Strieth. X. 61. XVII. 64.

Ueber da- Verhältniß de- §130 zu

§ 129 s. Strieth.

B 39

156

Zweite« Buch.

Die besuodere» Privatrecht«.

einem Dar lehn insbesondere hat der Gläubiger nachzuweisen, daß der Vater dem Sohne die Mittel zu einer nothwendigen oder nützlichen Auf­ wendung nicht gegeben, der Sohn also ohne eigene Schuld den Kre­ dit hat nachsuchen müssen”). g. Durch andere nicht genehmigte Schulden des Hauskindes wird weder der Vater noch das Kind verpflichtet”); sie können auch nach aufgehobenem Gewaltverhältniß nicht geltend gemacht werden”) und werden nicht dadurch giltig, daß das Kind vorgegeben, es stehe nicht mehr in der Gewalt”). Der Gläubiger kann nur aus dem Vermögen des Kindes Ersatz fordern, soweit sich dieses zur Zeit der Klaganstel­ lung noch im Befitz des durch die Verwendung bewirkten Vortheils be­ findet"), oder wenn das Kind ihn ohne sein eigenes mäßiges Versehen hintergangen hat"). Der Gläubiger kann ferner die ihm aus die ungiltige Schuld geleistete Zahlung zurückhaltcn, auch wenn die Zahlung vor aufgehobener Gewalt geschehen ist; es ist also die Kon­ diktion ausgeschloffen"). Endlich kann die ungiltige Schuld durch ein nach aufgehobener väterlicher Gewalt ausdrücklich, gerichtlich oder nota­ riell erklärtes Anerkenntniß des Kindes für dieses giltig werden. Das Anerkenntniß muß aber für sich selbst als ein neuer rechtsgiltiger Ver­ trag anzusehen sein, insbesondere also die Verpflichtung zur Zahlung enthalten"). In dieser Weise hat der Rechtszustand, den im römischen Recht ”) 8 708f. I. 11.

Oben v. 2 § 137 Anm. 96.

39) § 131 d. TDie- gilt auch von Wcchselverbiudlichkeiten der großjährigen Hau-» söhne. Entsch. B. 22 S. 401. Die Verpflichtung-unfähigkeit äußert sich auch in der Unfähigkeit, die Gegenstände de- unfreien Vermögen- zu veräußern oder zu belasten. § 201 d T., während Hau-kinder über die Gegenstände de- freien Der. mögen- wirksam di-poniren. Hieraus wird aber zu Unrecht die Folgerung gezogen, daß die nichtkonfentinen Verbindlichkeiten de- großjährigen Hau-kinde-, nur soweit sein in der Verwaltung de- Vater- stehende- vermögen in Betracht komme, an die Genehmigung de- Vater- gebunden seinen (Dernburg III. § 52 Anm. 12). Wenn die- heißen soll, daß die Verbindlichkeit an sich zu Recht bestehe und in da­ freie oder sreigewordene Vermögen de- Hau-sohn- vollstreckbar sei, so ist dem Satz mit aller Bestimmtheit zn widersprechen. Nur ein Dispositionen über bestimmte unfreie Vermögen-stücke enthaltender Vertrag ist verbindlich, und da- muß an­ feinem Inhalt hervorgehen. Strieth. B 50 S. 162. Vergl. im Uebrigen §223 unter I. bei Anm. 11 ff. 40) § 132 d. T.

Wegen de- Anerkenntniffe- f. unten bei Anm. 45.

41) § 134 d. T. Entspricht der allgemeinen Regel der §§ 32. 33. I. 5. A L R., vgl. § 7 Ges. v. 12. Juli 1875. § 133 d. T.

Oben 98. 2 § 148 Anm. 41.

Strieth. «. 56 S. 261.

43) § 135 d. T.

44) § 138 d. T. Da- setzt voran-, daß der Zahlende nur durch die väterliche Ge­ walt beschränkt war. War er minderjährig, so regelt sich die Rückforderung nach §§ 170. 171. I. 16. A.L.R. Entsch. B. 72 S. 243. 45) §§ 136. 137 d. T, vgl. mit § 37. I. 5 und § 3 Ges. v. 12. Juli 1875 Oben SB. 1 § 73 Anm. 12. Bornemann B. 288. Ueber Anerkenntniffe von Handels­ schulden vgl. Entsch. D. 77 S. 295.

der Makedonische Senatsschluß geschaffen, Eingang in das preußische Recht gefunden. Man sieht ohne Weiteres, daß hier große Verschieden­ heiten bestehen. Diese zeigen sich nicht bloß darin, daß, wie Suarez vorträgt die Vorschriften über das Darlehn auf andere Geschäfte aus­ gedehnt, daß die Einrede aus der nützlichen Verwendung eingeschränkt und die des nachträglichen Anerkenntniffes erschwert worden"), sondern sie liegen viel tiefer. Die Basis ist int römischen und preußischen Recht eine ganz andere und mußte mit der Aenderung des Pekulienrechts eine andere werden. Der römische Haussohn war trotz seiner Vermögensunsähigkeit doch fähig, sich und den Vater aus Höhe des Pekuliums aus Verträgen zu verpflichten, er und sein Vater sollten deshalb bei Gelddarlehnen durch die Einrede des Senatsschluffes ge­ sichert werden"). Rach preußischem Recht ist der Haussohn handlungs­ unfähig, seine Schuld ist ungiltig, er bedarf also einer solchen Einrede ebensowenig wie der Vater, denn der Gläubiger hat schon kein Klage­ recht, und wenn von der Handlungsunfähigkeit ausgegangen wird, so ist der Ausschluß der Kondiktion eine Jnsonsequenz"), während sie im römischen Recht aus der natürlichen Verbindlichkeit des Haus­ kindes folgt"). h. Durch unerlaubte Handlungen des Kindes wird der Vater nicht verpflichtet, außer wenn er es dazu verleitet, die That gebilligt, nicht verhütet hat, oder sie als eine Folge vernachlässigter Erziehung erscheint"). In gleicher Weise wird die Mutter verpflichtet"). Diese Verpflichtung ist eine solidarische neben der des Kindes"). Dieses haftet für den Schadenersatz mit seinem eigenen Vermögen, auch wenn dieses erst nach Aufhebung der Gewalt von ihm erworben worden").

4G) Schlußrevis. S- 135. Weil bei der Redaktion von der Ansicht ausgegangen wurde, daß man im Wesentlichen da- römische R. ausgenommen habe, so gelten diese Bestimmungen des A L R- nicht als suSpendirt. Pl. Beschl. Gntsch. B. 22 S. 171. Strieth. D. 5 S. 88. Koch, Note zu § 125. *7) Bergl. Dietzel, das SCtum Macedonianum. 1856. Seuffert XI. 229.

Windscheid II.

§ 373

") Oben B. 1 S. 380, B. 2 S. 508. 49) Stölzel § 11. Streitig ist im gem. R., ob der Vater kondiziren kann. Die Aussprüche von Ulpian 1. 14. D. XII. 1. 1. 9. § 1. D. XIV. 6 scheinen sich zu widersprechen. S. Windscheid a. a. O. S- 375 Note 16. M) §§ 139—143 d. T. ") §§ 144. 145 d. T.

53) Bei der Redaktion hat Grolmavn im Fall de- § 143 eine subsidiarische Haf­ tung angenommen, weil die Eltern hier nur entfernte Urheber der Handlung sind. Bergl. Bornemann II. 189. Note5. V. 289. Besondere Bestimmungen über eine subsidiäre Haft strafrechtlichen Ursprungs enthalten das ForfldiebstahlSgesetz vom 15. April 1878 §§ 11. 12, Feld» und Forst»Polizeigesetz vom 1. April 1880 § 5. §§ 146. 203 d. T.

158

Zweite« Doch

§ 223.

Die besonderen Privatrechte.

Die vermögeusrechtlicheu Wirbmgeil.

«.«.«. II. 2. §§ 147 — 209. Bornemanll V. 289f. Soch. Priv -R II. 630f. Sernburg III. §§53 — 58. Schmidt §§64 — 72. S. 522f. ArndtS und Leonhard, DormundschastSr. S. 93. Stölzel §§ 12ff. — Glück B 2 S. 208f. 214s., B. 14 S. 355fg. Kraut, Vormundschaft II. S. 640f. Windscheid II. § 484. Savigny, Oblig.-R. II. S. 52. Dietzel, in Detter und Muther Jahrb. B. 2 S. 47 fg.

Zn seinen Vorträgen bei der Schlußrevifion hat Suarez bemerkt, daß die mancherlei römischen Eintheilungen des Pekuliums heute kaum einen doktrinellen Nutzen haben, und es daher einer Vertheidigung nicht bedürfe, daß diese Distinktionen im Gesetzbuch übergangen und die Sache durch den Gegensatz des freien und nicht freien Vermögens vereinfacht worden. Uebrigens hebt er hervor, daß die Vorschriften des Gesetzbuchs nicht gegen das bisherige gemeine Rechte wären'). Diese Bemerkung ist richtig; das römische peculium profectitium ist im gemeinen Recht nicht mehr praktisch'), es bleibt daher, da das Hauskind vermögensfähig ist, und Verträge zwischen ihm und dem Vater zulässig sind, in der That nur der Gegensatz von solchem Vermögen übrig, was der Ver­ waltung und dem Nießbrauch des Vaters unterworfen, oder entzogen ist. Dies ist der Gegensatz zwischen peculium castrense, quasi castrense, adventitium irreguläre einerseits und peculium adventitium reguläre andererseits. Diesen Gegensatz haben die Redaktoren paffend bezeichnet durch freies und nicht freies Vermögen der Kinder. I. Zum freien Vermögen, welches das dem väterlichen Nieß-

') Jahrb. B. 41 S. 136. ?) Dergl. Leyser sp. 164 handelt zwar wesentlich nur vom pec. advent. aber in med. VII. halt er doch daran fest, daß für daS pec. profectitium zu vermuthen sei. Dagegen bestreitet 8tryck, us. mod. XV. 1. gradezu die Rezeption des pec. prof. und de- Titels Dig. XV. 1. Cocceji jus controv. XV. 1. qu. 16 unter­ scheidet , ob der Sohn in oder selbständig außer dem Hause des Vaters lebt, im ersteren Fall nimmt er das profect. noch an. Dagegen wieder Lauterbach, colleg. th. pr. XV. 1. §41: haec actio de peculio hodie plus difficultatis quam utilitatis habet. Bergt noch Schilt er, prax. jur. Rom. exerc. 27. § 85. Kraut a. a. O. 640f. Dollmann in den Bl. f. RechtSanw. B. 14 S. 129. Seuffert, Pand. D. 3 § 485. Savigny a. a. O. Dietzel S. 50 Dagegen will Windscheid a. a. O. S. 750 Note 4 in den Fällen, wo der Vater dem Sohne Vermögen nicht zur Begründung einer eigenen Wirthschaft und nicht in der Absicht zu schenken, überläßt, noch ein pec. prof. annehmen. Allein im ersten Fall kann doch nur angenommen werden, daß der Sohn in der Verwal­ tung de- überlaffenen Vermögens Stellvertreter des Vaters ist, und dann müssen die Regeln der Stellvertretung entscheiden; im zweiten Fall aber ist der Sohn Schuldner des Vaters. Bergl. auch Man dry, Begriff des PekuliumS und Stölzel § 12.

brauch nicht unterworfene eigenthümliche Vermögen der Kinder ist'), gehört ihr eigener Erwerb außerhalb des väterlichen Geschäfts, die ihnen von dem Vater oder Anderen gegebene Ausrüstung und Beihilfe für ihren Berufsdienst, Lehne, Belohnungen des Fleißes und der Ge­ schicklichkeit, die dem Kinde von den Eltern oder Anderen zugewendet werden, Geschenke und Vermächtniffe die ihnen aus Erkenntlichkeit für geleistete Dienste oder erwiesene Gefälligkeiten zufließen, Alles das, was ihnen von Eltern, Verwandten, Freunden mit ausdrücklicher Aus­ schließung des väterlichen Nießbrauchs, — den nur die Ascendenten des Vaters diesem nicht entziehen dürfen, weil sie ihm den Pflichttheil hinterlaffen muffen —, beschicken wird, endlich die Ersparniß von dem­ jenigen, was ihnen die Eltern zum Unterhalt außer dem Hause über­ wiesen haben'). Wenn außerdem im einzelnen Fall zweifelhaft er­ scheint, ob ein Vermögenstheil zum freien oder nicht freien Vermögen gehört, so muß die Regel entscheiden, daß das freie Vermögen die Aus­ nahme bildet'), daß wo der väterliche Nießbrauch an sich begründet ist, derselbe nur durch eine ausdrückliche Willenserklärung ausgeschlossen werden kann°). Ueber das freie Vermögen haben die Kinder unbeschränkte Eigenthumsbefugniß, als ob sie nicht unter väterlicher Gewalt ständen'). Während der Minderjährigkeit schrieb das Landrecht dem Vater die vor­ mundschaftliche Verwaltung zu, wenn nicht der Dritte, von dem das Vermögen dem Kinde zugewendet worden, auch diese ausgeschloffen hat; jetzt ist diese Bestimmung weggefallen, eine gesetzliche Pflegschaft des Vaters kennt die Vormundschastsordnung nicht, und es muß also dem Kinde ein Pfleger bestellt werden'). Den Nutzungen des freien Ver*) 5 147 d. T. ') §§ 148—155 d. T.

Seufsrrt XU. 43.

s) Lutsch. B. 32 S. 114. Strieth. B- 45 6. 311, B. 49 S. 82, B. 50 S. 162, v. 77 S- 98. Wenn ein Dritter dem Kinde ein Kapital, und der Mutter die Zinsen davon auf Lebenszeit zuwendet, so gefrört deshalb da- Kapital nicht zum freien Vermögen des Kinde-; der väterliche Nießbrauch ist frier nicht ausge­ schlossen, sondern nur thatsächlich aufgeschoben, wie Koch, Komm. Note zu 8 154 mir Recht bemerkt, gegen Siewert II. 197. Angefallene Fideikommisse, Stiftung-revenüen, der gesetzliche Nießbrauch de- HauSsohneS an dem eingebrachten Vermögen seiner Frau, die Entschädigung einer Geschwächten (s. Seufsert III. 271 bei Nr 5), überhaupt Entschädigungen, die einem HauSkinde gezahlt werden, die abgeschichteten Vermögen-theile der Kinder, wenn durch den Tod der Mutter die Gütergemeinschaft aufgehoben worden, ein dem Kinde vom Vater bei der Güterveräußerung auf den Kaufgeldrückstand angewiesene- Kapital. — Alle- da­ gehört zum nicht freien Vermögen de- Kinde-. S. hierüber die Ergänz, zu §§ 154—156 d. T. Gruchot VIII. 390. Es ist festzuhalten, daß die §§ 148 bi- 155 d. T. nicht bloß Beispiele find, sondern die Fälle de- freien Vermögen­ erschöpfen. 6) Gesetzrevisor XV. 69. 7) § 158 d. T. Bezüglich der Verfügung darüber vgl. oben § 222. 8) §§ 161. 162 d. T.

S- §§ 984 fg. II. 18.

Ob diese Bestimmungen zur Zeit

mögens kann der Vater, soweit erforderlich, für Verpflegung und Er­ ziehung des Kindes beanspruchen, der Ueberrest wächst der Substanz zu').

Die Substanz also darf der Vater auch nicht für den Unterhalt

uoch gelten ober durch die Vormundschaft-ordnung beseitigt sind, ist streitig. Dorn­ burg, Vormundschaft-recht S 24, ist zuerst für Beseitigung eingetreten, schien aber eine gesetzliche Pflegschaft de- Pater- al- sortbeftehend anzunehmen. Den Standpunkt de- Text- vertritt schon oben § 74 Anm. 4, jetzt auch Dernburg III. §54 Anm. 23. Dagegen zuerst Boa- bei Gruchot B. 20 S 770, W undsch ebenda B. 20 S. 219 und einstimmig die Kommentatoren der Bormundschaft-ordnnng. Trotz dieser Einstimmigkeit ist am Satz de- Text- festzuhalten. DaLandrecht handelt von dem Rechte de- Pater- zur Verwaltung de- freien Ver­ mögen- eingehend im Vormundschaft-recht, bezeichnet die Verwaltung ausdrücklich im § 159 al- eine vormundschaftliche, stellt sie auch unter die Leitung des Vormundschaft-gerichts. Daß die Bestimmungen nicht durch die Vorschrift des § 95 Borm.'Orbn. aufrecht erhalten werden, ist ziemlich allgemein anerkannt: hiernach bleiben nur die Befugnisse unberührt, welche den Eltern kraft gesetzlicher Nutznießung am Kindesvermögen zustehen, eine Nutznießung am freien Vermögen besteht aber nicht, und das in der folgenden Anm. zu besprechende Recht steht dem Vater schon nach Landrecht auch dann zu, wenn eine andere Verwaltung als die durch ihn zu führende eingesetzt ist. Die Frage der dauernden Geltung hängt also davon ab, ob eS sich hier um eine Vorschrift über daS DormundschastSwesen im Sinne de- § 102 Vorm.-Ordn. handelt. DaS ist zn bejahen, weil Inhalt der Vorschriften die gesetzliche Begründung einer vormundschaftlichen Vertretung der minderjährigen Kinder bei der Verwaltung ihre- Vermögens ist. Vgl. oben § 208 Anm. 58, § 209 Anm. 44. Die entgegengesetzte Auffassung sieht die Bestimmungen al- solche an, welche ans Grund der väterlichen Gewalt ein Reckt des Vaters auf Verwaltung de- freien Vermögen- begründen. DaS sind inhaltlose Worte, wenn die Verwaltung lediglich im Interesse de- Kinde- und in Vertretung des Kinde- geführt werden soll, wie da- doch hier der Fall ist. Reh dein und Reincke zu § 984 II. 18 AL R. machen uoch geltend, daß die Annahme einer eigentlichen Kuratel nicht zu §§ 2. 28 ebenda paffe. Aber selbst wenn da- der Fall wäre, würde e- bei der Ungenauigkeit der landrechtlichen Systematik ke.n Beweis fein, § 28 a. a. L>. begrenzt übrigens nur die Fälle, in denen eine Dativ­ kuratel einzutreten hat. Unzutreffend ist jedenfalls das Argument, daß die VormOrdn, selbst eine Pflegschaft bei HanSkindern nur für möglich erkläre, wenn sie durch Jemand, der eine Zuwendung macht, angeordnet sei, denn der dabei citirte § 87 Vorm.-Ordn. will die Fälle der Pflegschaft nicht erschöpfen, und § 86 ebenda trifft insofern zu. als in dem hier in Rede stehenden Fall die Ausübung vor­ mundschaftlicher Rechte erforderlich ist, aber von dem Vater aus dem rechtlichen Grunde nicht geübt werden kann, daß sie ihm nicht von Gesetze- wegen übertragen sind. — Der entgegengesetzte Standpunkt kommt insofern in Verlegenheit, als § 990 die einzelnen Vorschriften des siebenten Abschnitts des achtzehnten Titels heranzieht, die für da- Dormundschaftsrecht ihre Geltung verloren haben, und als man e- daun für nöthig hält, ohne gesetzliche Grundlage, die hier angezogenen Bestimmungen für durch die BormundSschaftSordnnng ersetzt anzusehen. ES ist aber in § 990 nicht von einer Allegirung des jedesmal geltenden Dormundschafts­ recht-, sondern der bestimmten Normen des achtzehnten Titels die Rede. Ent­ weder also die ganze Norm ist vormundschaft-rechtlich, also beseitigt, oder die Norm ist nicht vormundschaft-rechtlich: dann sind die citirten Bestimmungen deS dama­ ligen Vormundschaft-recht- auf diesen besonderen Fall übertragen und noch jetzt anzuwenden. d) §§ 161. 162 d. T. Die- Recht hatte der Baxter, gleichviel ob er in die vormund­ schaftliche Verwaltung trat oder nicht. Er bat ee noch jetzt, und auch jetzt noch wird ihm da- Maß, in welchem er e- beanspruchen kann, durch Entscheidung deS Vormundschaft-gerichts festzustellen fei. Denn daß die- geschehen solle, ist in tz 162 eine Begrenzung seine- Recht-, gleichviel ob die Verwaltung einem Andern zufteht. E- ist also nicht eine jetzt beseitigte obervormundschaftliche Leitung deS vormundschaftlichen Verwalter-, sondern eine Begrenzung deS väterlichen Recht­ auf die Nutzung.

§ 223. Die vermögen-rechtlichen Wirkungen der väterlichen Gewalt.

161

und die Erziehung des Kindes in Anspruch nehmen. Nach erlangter Großjährigkeit oder nach sonstigem Wegfall der vormundschaftlichen Ver­ waltung erhalten die Kinder auch die selbständige Verfügung und Ge­ schäftsfähigkeit, ohne daß es des väterlichen Beitritts zu ihren Verträgen über dieses Vermögen bedarf'"). Während der Dauer der väterlichen Gewalt ist aber der Gläubiger des Kindes immer in der Lage, nach­ weisen zu müssen, daß der Vertrag in Beziehung auf dafür hasten­ des stetes Vermögen abgeschlossen sei"). Er soll sich daher — ähnlich wie der Gläubiger auf das vordehaltene Vermögen der Frau") — seine Forderung durch Eintragung in das Grundbuch auf dem Blatt des freien Grundstücks des Kindes, oder durch Uebergabe des ihm verpfändeten Schuldinstrumentes oder der verpfändeten beweg­ lichen Sache besonders sichern "). Großjährige Kinder müssen zwar die Einkünfte ihres freien Vermögens vorzüglich zu ihrem Unterhalte ver­ wenden, aber nur „soweit diese hinreichen", darüber hinaus hat der Vater cinzutreten, und die Substanz des freien Vermögens wird auch hier konservirt"). Für den Ersatz aus unerlaubten Handlungen des Kindes haftet dieses Vermögen zunächst, und zwar auch die Sub­ stanz "). II. Zum nicht freien Vermögen gehört Alles Andere, insbe­ sondere „bloße" Schenkungen, Vermächtnisse, Erbschaften, Glückserwerbe des Kindes'"). Der Vater hat hieran Verwaltung und Nießbrauch bis zur Aufhebung der väterlichen Gewalt"); cs können also die Kinder so lange ohne Beitritt und Einwilligung des Vaters über dieses Ver­ mögen nicht unter Lebenden verfügen, dagegen testiren'"). Aus uner­ laubten Handlungen des Kindes haftet auch das nicht freie Vermögen dem Beschädigten selbst der Substanz nach, doch hinter dem freien"). IO) §§ 163. 165 d. T.

Dgl. oben § 222 unter d und e.

") Strieth. B. 50 S. 162.

©. oben § 222 Anm. 28.

,J) Oben S. 51. ,J) § 166 d. T. ") § 164 d. T. Im gemeinen Recht ander«. S. 1. 5 § 7 D. XXV. 3., I. 8 C. IV. 1. Voet, cotnrn. XXV. 3. Nr. 15. Berger, oecon. jur. I. 3. 15 Not. 10. Heuser, Annalen V. 365. Seuffert XII. 45. ’5) § 167 d. T.

'«) §§ 156. 157 d. T. ”) Da« väterliche Nießbrauch-recht ist nicht veräußerlich. (Sessel). Bgl. hierzu oben § 208 Anm. 47.

Seusfert XX. 222

") §§ 168. 202 d. T. Kraut II. 612f. Bei Seuffert III. 340 (Kassel) ist an­ genommen , daß der Baler eine UniversalNage auf Anerkennung seine« Benvaltung«- und Nießbrauch«recht« nicht habe. ”) § 203 d T. Der Dater wird in soweit verklagt werden können, sich die Zwangs­ vollstreckung in die bestimmten Gegenstände de« seinem Nießbrauch unterstehenden Bermögen« gefallen zu taffen. Früher wurde er al« Vertreter de« Sohne« ver­ klagt und verurtheilt, und da« ergehende Urtheil war in Gemäßheit de« § 203 gegen ihn vollstreckbar Förster, Preuß. Privatrecdt. IV. 4. Lust

162

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Die Verwaltung des Vaters ist zwar eine freiere, als die eines Vor­ mundes, denn sie ist sein eigenes, nicht ein übertragenes Recht, aber sie unterliegt in einzelnen Fällen insofern die Kinder minderjährig sind, der gerichtlichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, während bei Großjährigkeit der Kinder die Verfügung mir mit ihrer Zustimmung zulässig ist. Dies gilt von solchen Substanzveränderungen, die der Nießbraucher nicht ohne den Eigenthümer vornehmen darf, sowie von Veräußerung, Verpfändung, dauernder dinglicher Belastung der Grund­ stücke ober Gerechtigkeiten"'). Der Vater hat dem Gericht die Noth­ wendigkeit oder Nützlichkeit nachzuweisen 21). Bei der Veräußerung bloß 30) §§ 170. 171 d. TDie vormundschaft-gerichtliche Genehmigung ist kein Akt obervormundschaftlicher Aufsicht, auch nicht eine Erklärung, die da- Gericht als Vertreter des minderjährigen Kindes abgiebt. Wäre sie letzteres, so würde jetzt nicht mehr daS Gericht, sondern ein von demselben zu bestellender Pfleger, allen­ falls mit vormundschaft-gerichtlicher Zustimmung sich zu erklären haben. Dem Vormundschaft-gericht ist aber im Familienrecht mannigfach eine über den Be­ reich der Vormundschaft hinausgehende samilienrechtliche Einwirkung eingeräumt. Wie dasselbe z. D. den Widerspruch der Frau gegen Dispositionen über daS Einge­ brachte beseitigt (vgl. oben § 208 Anm. 41) und die Legitimation des Ehemanns zu Verfügungen in der gütergemeinschaftlichen Ehe ergänzt (§ 209 Anm. 64), so ergänzt eS hier die Legitimation des Vaters. — Die Veräußerung ohne Genehmigung nennen die früheren Ausgaben anfechtbar, die Anfechtbarkeit aber werde geheilt durch spätere ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung des Kindes, analog nach § 593 s. II 18. Der Gedanke ist wohl richtiger dahin auszudrücken, daß der WillenSakt der Veräußerung erst perfekt vorliegt, wenn die gerichtliche Genehmigung oder die Ge­ nehmigung des Großjährigen oder inzwischen Großjähriggewordenen erbracht ist. Entsch. B. 45 S. 372. Strieth. B 34 S. 333. S. auch Gruchot III. 438. Seusfert III. 334. — DaS A.G. Hamm (Gruchot III. 411) hat mit Rücksicht auf § 168 d. T. ausgeführt, daß, wenn der Vater ein Grundstück, welches ihm und seinem Sohne zusammen gehört, als ihm allein gehörig verkauft hat, der Sohn gegen den Käufer auf Herausgabe seines Antheils an dem Grundstück so lange nicht klagen kann, als die väterliche Gewalt dauert, weil solange der Vater doch Besitz und Nießbrauch an diesem Antheil haben würde und der Käufer an seine Stelle getreten ist. Die Entscheidung ist bedenklich. Den väterlichen Besitz und Nießbrauch kann der Käufer nicht erlangt haben, er wollte Eigenthümer werden, und der Kauf in Betreff des Kindestheils ist anfechtbar, mithin dieser Antheil evinzirbar. — Der § 170 bezieht sich nur aus solche Fälle, wo der Vater den Nießbrauch an dem Vermögensstück hat, über welches er substanziell verfügt. Wo ein solcher Nießbrauch nicht vorliegt, bedarf die Disposition des Vaters nicht der Genehmigung des Gerichts. Entsch. B. 22 S- 376s. ES bedarf auch nicht der Genehmigung de- Gericht-, wenn der Vater für daS Kind ein Grundstück ankauft und für daS rückständige Kaufgeld verpfändet. Strieth. B. 67 S. 144. Entsch. B. 58 S. 298. — Veräußerung von Grundstücken minderjähriger Kinder, die zum freien Vermögen gehören, unterliegt jetzt nach dem zu I. ausgeführten den Bestimmungen der Vormundschaftsordnung, früher war es zweifelhaft, ob dabei gerichtliche Genehmigung nöthig fei. Indessen wurde die- mit Recht von der Praxis bejaht. Strieth. B. 39 S. 88. — Ob die Vermiethung oder Ver­ pachtung von Grundstücken durch den Vater der Einschränkung des § 388 I. 21 A.L.R. unterliegt, ist ebenso zweifelhaft, wie die Beziehung der gedachten Vor­ schrift aus den Nießbrauch de- Ehemann-, wird aber auch hier zu bejahen sein Vgl. B. II. § 136 Anm. 160 und oben § 208 Anm 39.

J1) §§ 172. 173 d. T. Nothwendig ist die Aufnahme einer Taxe nicht, um den Nachweis der Nützlichkeit zu führen. Koch, Priv.-R- II. S- 633 Note 21. Ueber. Haupt ist die Genehmigung des Gerichts ganz arbiträr, auch nicht durch § 563 II. 18 gebunden. Seuffert III. 334. 335. An diesen Sätzen wird um so weniger

§ 223. Die vermögen-rechtlichen Wirkungen der väterlichen Gewalt.

ItzZ

des Nutzens wegen soll das gelöste Kaufgeld für das Kind wieder sicher angelegt werden, in Grundstücken oder als Hypothek, oder gegen Kaution des Vaters"). Will dieser Verbefferungen des von ihm verwalteten Grundstückes sich künftig aus dem Vermögen des Kindes vergütigen lasten, so muß er die Einwilligung des Gerichts auch zu der Ver­ besserung sich verschaffen"). Was die Kapitalien der Kinder betrifft, so steht es zwar im freien Gutbefinden des Vaters, wie er sie anlegen oder ob er sie einziehen, oder sich selbst zum Schuldner dafür bestellen will"); aber wenn ein Kapital den Kindern „zur Sicherheit besonders verschrieben", d. h. wenn die Verwaltung des Vaters durch seinen eigenen Akt oder durch Willenserklärungen des Zuwendenden rechtswirksam eingeschränkt ist, so darf er auch die Kapitalien nicht ohne Einwilli­ gung der Kinder oder des Gerichts einziehen und anderweitig an= legen2'). Im klebrigen unterliegt die Verwaltung des Vaters keiner Beaufsichtigung des vormundschaftlichen Gerichts2"); er bedarf insbeson­ dere nach der richtigeren Meinung nicht der Einwilligung deffelben, um eine dem minderjährigen Kinde angcfallene Erbschaft vorbehaltlos an­ zunehmen oder auszuschlagen22). Bezüglich anderer Gegenstände als gezweifelt werden können, seitdem die Dorm.-Ordn. auck für da- BormundschaftSrecht die Taxe als Voraussetzung der Genehmigung von Veräußerungen ausge­ geben hat. 25) § 174 d. T. § 175 d. T.

") S. z. B- Ltrieth. B. 26 S- 318.

Seuffert XVII. 65.

25) § 169 d. T. Darüber, was „ben Kindern zur Sicherheit besonder- verschrieben" bedeute, hat man gestritten. In der Praxi- ist festgestellt, daß Hypothekbestellung nicht die einzige Art solcher Verschreibung zur Sicherheit ist (Rejkr. v. 26. Juli 1814. Iahrb. B. 3 S. 270 Reskr v. 7. Febr. 1840. I.MDl. S. 71) und daß § 169 insbesondere ans den Fall anzuwenden, wenn der Vater selbst da- Kapital seinen Kindern zur Sicherheit bestellt und aus ihren Namen auf seinem eigenen Grundstück hat eintrag, lasten. Entsch. B 14 S. 60 Pl.-Dcschl. Dagegen find Hypothekcnkapitalien, die auf Grundstücken Dritter aus den Namen der Kinder einge­ tragen sind, nicht deshalb allein zur besonderen Sicherheit ihnen verschriebene. Entsch. D. 41 S. 238. S trieth. B. 45 S. 311. Man wird sagen wüsten, daß der Fall der besonders bestellten Sicherheit immer vorliegt, wenn der Vater selbst aus seinem Grundstück aus den Namen seiner Kinder ein Kapital eintragen läßt, daß aber der Dritte, der das Kapital dem Kinde zuwendet, ausdrücklich er­ klärt haben muß, daß es zur Sicherheit dem.Vater gegenüber auf den Namen de- Kindes geschrieben werden soll. Bergt, die Ergänz, zu § 169, Koch, Komm. Note zu § 169 und in der jur. Wochenschr. 1837. S. 257. Arndt- und Leon­ hard, Vormundschaft-recht S. 112 Note 369. Unmotivirt ist die Behauptung, daß solche Dokumente gerichtlich verwahrt werden müssen. Nach gem. R. kann der Vater ohne Weitere- die Kapitalien der Kinder einziehen, Seuffert X. 181. -«) Z B. Entsch. B. 52 S. 171, B. 58 S. 298. Strieth. D.52 S. 236. Sicher­ heit-maßregeln : Seuffert III. 336. VII. 198. *7) Da- ist bestritten. Da- O.-Trib. hat e- angenommen, auch daß die vom Vater versäumte Frist zur Einreichung de- Inventars dem Kinde entgegenfteht. Entsch. B. 23 S. 63, B 52 S. 171, B. 58 S. 298. Dem ist da« R G. bei Gruchot B. 26 S. 1042 beigetreten. Dgl. auch Gruchot, Erbrecht I. S. 89. Koch, Komm. Note zu § 168, und Schütz in der jurift. Wochenschr. 1841. S. 101, der mit Recht darauf hinweist, daß eine solche Erklärung de- Vater- kein Akt 11*

164

Zweite« Bach-

Die besondereu Privatrecht«.

der hier bezeichneten besteht keine Beschränkung des Vaters in der Le­ gitimation zur Verfügung über die einzelnen Gegenstände des einge­ brachten Vermögens der Kinder bei der Verwaltung dieses Vermögens. Der Nießbrauch des Vaters ist dadurch beschränkt und bedingt, daß er den Kindern standesmäßig Unterhalt und Erziehung gewährt; im Uebrigen hängt die Verwendung der Einkünfte ganz von seinem Be­ lieben ab, und seine Gläubiger können aus ihnen sich befriedigen"). Er verliert den Nießbrauch und die Verwaltung, wenn er in Kon­ kurs gerüth oder sonst außer Stande kommt, die Kinder standesmäßig zu verpflegen und zu erziehen, und er behält dann nur einen Anspruch auf Unterstützung aus den Einkünften des Kindesvermögens"). Im Konkurse des Vaters haben die Ansprüche der Kinder wegen ihres gesetzlich in seine Verwaltung gekommenen Vermögens ein Vor­ recht, sofern der Anspruch des Kindes binnen zwei Zähren nach Beendi­ gung der väterlichen Verwaltung geltend gemacht und bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens verfolgt worden ist"). Besondere Sicherheit hat der Vater dem Kinde in der Regel nicht zu bestellen"). Von dieser Regel giebt es Ausnahmen: wenn er in Vermögensverfall zu gerathen anfängt"). Das Landrecht statuirte eine fernere Ausnahme, wenn er eine amtliche Kaffenverwaltung oder eine Pachtung vom Fiscus übernommen oder bei einer andern öffentlichen im Konkurse ihrer Kaffenbedienten oder Verwalter privilegirten Anstalt in amtlicher Stellung ist. Diese auf dem früheren Konkursvorrecht dieser Anstalten beruhenden Ausnahmen sind weggefallen"). Das Vormund-

28)

29)

")

81) 3Ö

der Vermögen-Verwaltung, sondern eine Vertretung de- noch unfähigen Willende- Hau-kinde- ist. S. oben § 222 bei Anm. 32. Soll dagegen die Erbschaft zum freien vermögen de- Kinde- gehören, so vertritt der Vater da- minderjährige Kind nur, fall- er zum Pfleger bestellt ist, und wie ein gewöhnlicher Vormund, und bedarf dann allerdings der gerichtlichen Einwilligung. Koch a. a. O. Ueber die Verpflichtung de- Kinde- durch Disposttionen de- Vater- f. oben § 222 bei e. §§ 204. 205 d. T. Der stande-mäßige Unterhalt kann zunächst au- dem nicht freien Vermögen der Kinder gewährt werden. Präj. 1740 Sammt. I. S. 166. — Seuffert II. 306. 307. III. 337. 338. V. 296. XII. 169. XIV. 100. Der Vater ist persönlich verpflichtet, den Zins einer seinen Kindern zustehenden, von ihm al- Nießbraucher betriebenen Pacht zu entrichten. Entsch- H. 62 S. 156. §§ 206—209 d. T. Die Vorschrift de- § 1 Abs. 2 Konk.-Ordn. (vgl. B. I. §110 Anm. 6, §112 Anm. 17) ist hiernach bezüglich de- gesetzlichen Nießbrauch- am Kindesvermögen in Preußen gegenstandslos, da der Nießbrauch ipso jure mit der Eröffnung des Verfahren- wegfä it. Strieth. B. 49 S. 153. Die Wiederauf­ hebung de- Konkurses giebt dem Vater den Nießbrauch nicht wieder. Entsch. B. 35 S. 92. Strieth. B. 13 S. 328. Ueber den Verlust de- Verwaltung-- und Nießbrauch-recht- entscheidet nicht der Vormundschaft-- sondern nur der Prozeß­ richter. Iohow und Küntzel B. 3 S. 63. R.-Konk.-Ordn. § 54 Ziffer 5. Dgl. die älteren Vorschriften der preuß. Konk.Ordn. §§ 80. 81, § 176 d. T. § 178 d. T. Beispiel Entsch. B. 13 S. 409. Spätere bessere Vermögenslage beseitigt nicht die

bestellte Sicherheit. M) §§ 179—181. Anh. §§86. 87. 89. AuS § 181 geht klar hervor, daß auch die anderen Bestimmungen in dem Konkursvorrecht nicht nur ihren Grund haben,

§ 223.

Die vermögen-rechtlichen Wirkungen der väterlichen Gewalt.

165

schastsgericht muß in jenem Fall, wenn Sicherheit zu leisten ist, minder­ jährigen Kindern einen Pfleger zur Verwaltung des Vermögens in dieser Beziehung bestellen"). Schreitet der Vater zur anderweitigen Ehe, so hat er sich mit den Kindern aus der vorigen Ehe über ihr Vermögen auseinanderzusetzen, wobei den minderjährigen ein Pfleger bestellt wird"). Be­ sitzt der Vater Grundstücke und Gerechtigkeiten, so muß das Vermögen der Kinder aus der vorigen Ehe, d. h. das von der Mutter an sie ge­ fallene, wie es bei der Auseinandersetzung berechnet worden, eingetragen werden “). Die Eintragung kann aber nur in der Weise beansprucht werden, in welcher nach dem früheren Recht eine vormundschaftliche Kaution zu bestellen war; d. h. die Kinder durch ihren Pfleger können, sofern die Eintragung das Gnindstück innerhalb der ersten Hälfte seines Werths belastet, genöthigt werden, anderen Eintragungen insoweit das sondern dahin zu deuten waren, daß insoweit ein solche- Konkur-vorrecht zu be­ sorgen war, die Sicherheit beansprucht werden konnte. Nach Wegfall de- in § 79 preuß. KOrdn. bezeichneten Vorrecht- sind deshalb § 179 und die Anh.-§K antiquirt.

34) §§ 182—186 d. T.

§§ 86. 102 Vorm. Ordn.

3b) § 18. II. 1. § 1-7. Anh. § 89- § 191 d. T. §§ 90. 91 Vorm.-Ordn. Teftamentarisch kann, soweit nicht da- Pflichttheilsrecht in Frage kommt, die Auseinandersetzung anSgeschloffen sein. Entsch. B-48 S. 210fg. Strieth. B. 50 S. 9. Der überlebende Ehegatte darf dann nicht die Vermögen-substanz angreifen und verzehren oder vermindern. Anh. § 168 bei § 689 II. 18. Bgl. hierzu Strieth. B. 32 S 9 B. 34 S. 50. Die Auseinandersetzung des Vaters mit den Kindern ist trotz der Mitwirkung des vormundschaftlichen Gericht- nicht eine Theilung im Sinne de- § 111. I. 17 und daher wegen Irrthum- anfechtbar. Entsch. B. 50 S. 183. Strieth. B. 12 S. 76. Der Vater ist verpflichtet, da- mütterliche Vermögen der Kinder zu verzeichnen Seuffert XX. 141. — Wa- den zu be­ stellenden Pfleger anlangt, so bemißt sich seine Rechtsstellung zur Zeit lediglich nach der Vormundschaft-ordnung; die mehrfach (z. B- von Neumann, Dernburg, Rehbein und Reincke) angenommene Geltung der §§ 970ff. II. 18 AL R algesetzlicher Vorschriften kann nicht zugegeben werden. Diese die Rechtsstellung deEuratorS abgrenzenden Bestimmungen können nur als solche über da- „ Vor­ mundschaft-wesen- angesehen werden. Wie in der Lehre von der Pflegschaft näher auSzuführen, muß der Kreis der dem Pfleger übertragenen Angelegenheiten bei der Bestellung de- Pfleger- besonder- begrenzt werden. Mit Rücksicht auf da- im Text dargelegte dauernd schutzbedürftige Interesse des Kinde- gegen den Vater be­ darf eS aber hier in der That einer dauernden pflegschastlichen Sorgfalt. Wie nach § 972 II. 18 früher gesetzlich der AuSeinandersetzungS-Lurator über die Aus­ einandersetzung hinaus in Funktion blieb, so bat jetzt das Vormundschaft-gericht den Pfleger zur Auseinandersetzung und Wahrung der dem Kinde zur Sicherheit seiner Ansprüche eingeräumten Rechte zu bestellen. AuS § 95 Abs. 3 Dorm.-Ordn. folgt, daß da- Vormundschaft-gericht Anlaß hat, dem Pfleger den weiteren Pflichten» kreis aufzulegen , nicht daß der auf da- Theilung-geschäft beschränkte Pfleger ge­ setzlich einen weiteren Pflichtenkreis hat. 3b) §§ 187. 188 d. T. Nur da- mütterliche Vermögen, nicht auch da- von Dritten an die Kinder gefallene. A. M. Koch, Komm. Note zu § 187. Aber da- ver­ mögen „aus voriger Ehe" kann wohl kein andere- sein und es fehlt an einem Grunde, weshalb der Vater weiter zur Sicherheit verpflichtet sein soll. Wenn die Mutter ihren Kindern mehr al- den Pflichttheil hinterläßt, kann sie den Vater im Testament von der Sicherstellung befreien. Strieth. B. 58 S. 241. Statt der Eintragung steht dem Baler andere Sicherstellung frei. Koch, Note zu § 187.

Zweite« Buch.

166

Die besouderea Privatrechte.

Vorrecht einzuräumen"). Das Recht auf solche Sicherstellung haben auch die großjährigen Hauskinder"). Das A.L.R. giebt noch Anordnungen darüber, wer im Falle der Minderjährigkeit des Kindes für die gesetzlich zu verlangende Sicher­ stellung des Kindervermögens zu sorgen verpflichtet sei"). Die Vor­ schrift, daß der Vater, wenn er von der Uebernahme eines die Kautions pflicht begründenden Amts vorsätzlich keine Anzeige macht, den Nieß­ brauch verliert, ist mit jener Bestimmung antiquirt"). An die Ver­ schweigung der zweiten Ehe knüpft sich noch jetzt diese Folge.

Drittes Kapitel.

Die Auflösung der väterlichen Gewalt. § 224.

Ter Austritt aus der väterlichen Gewalt.

ALR. 11. 2. §§ 210 - 254. bürg III. §§48. 49.

Bornemann V. 300f.

Koch, Pr-R. II. 635. Dern>

Kraut, Vormundschaft II. S. 613f.

Archiv für civilistische Praxis B. 50. 1867. S. 158fg.

Zim mermann im

Stölzel § 5.

Abgesehen davon, daß die väterliche Gewalt durch den natürlichen Tod des Vaters — einen bürgerlichen Tod kennt das heutige preußische Recht nicht') — ihr Ende erreicht'^), sind im A.2.R. diejenigen Auf Hebungsarten ausgenommen, welche sich als deutsch-rechtliche erhalten

haben. 37) Vgl. §§ 427. 428 II. 18 A L.R DaS geltende Vormundschaftsrecht kennt eine gleiche Bestimmung nicht. Wer also glaubt, gesetzliche Vorschriften, die Bestimm mungen deS alten Vormundschaft-rechts in Bezug nehmen, so deuten zu können, daß damit daS jedesmalige Vormundschaft-recht gemeint ist — (vgl. oben Anm. * a. E.) —, wird hier eine unbedingte Kaution-pflicht annehmen müssen, wie auch von BoaS bei Gru chot B. 20 S. 773 — konsequenter als von Anderen — gelehrt wird. Bestritten ist, ob der Vater, wenn er das Grundstück verkauft, die Löschung der für seine Kinder eingetragenen Kaution verlangen kann. Da« O.-Trib. ver­ neint, weil ihm daS Gesetz btefe Befugniß nicht ausdrücklich beilegt, im Einver ständniß mit einem Reskr. v. 27. April 1829. Iahrb. B 33 S 339. Eentralbl 1837. S. 709. Die bejahende Ansicht, welche in dem Reskr. v. 6 Aug. 1 >06 angenommen ist. (N. C. C. XII. 711. Rabe B 8 S 645) wird in den früheren Auflagen gebilligt; dann wäre aber die ganze im Gesetz beabsichtigte Sicherung eine illusorische.

38) 8 189 d. T. §§ 189—198 d. T. *°) §§ 199. 200 d. T.

Vgl. oben Anm. 33.

’) Verfass.-Urk. Art. 10. Nur nach abgelegtem Klostergelübde wird inan „in An­ sehung aller weltlichen Geschäfte als verstorben angesehen". § 1199fg. II. 11. Daraus folgt auch das Aushören der väterlichen Gewalt.

*) $ 270 d. T.

§ 224. Der Austritt au« der väterlichen Gewalt

167

1. Abgesonderte Wirthschaft des Sohnes. Die erlangte Großjährigkeit allein beendigt nicht die väterliche Gewalt'); es müssen andere thatsächliche Verhältnisse hinzutreten, um diese Wirkung hervorzubringen. Von jeher ist in Deutschland anerkannt und insbesondere in den Ländern des sächsischen Rechts seit 1572 auch gesetzlich ausge­ sprochen *), daß die Errichtung eines selbständigen Haushalts den Sohn von der Gewalt des Vaters befreit5). Aber es ist hierbei in der Praxis des gemeinen Rechts vieles streitig. Schon schwierig ist es, den Be­ griff eines selbständigen Haushalts auf einen allgemeinen Satz zurück­ zuführen, dem die große Mannichfaltigkeit der Gestaltringen im Leben untergeordnet werden kann '); man stritt außerdem darüber, ob der Sohn auch die Großjährigkeit erreicht haben müsse'), ob eine ausdrückliche Einwilligung des Vaters nothwendig sei"), ob nicht auch die Tochter auf diese Weise au>3 der Gewalt heranstreten könne"). Das A.L.R. hat diese Kontroversen im Anschluß an das Sachsenrecht entschieden: „wenn ein Sohn nach erlangter Großjährigkeit eine eigene, von den Eltern ab­ gesonderte Wirthschaft errichtet, so geht er dadurch aus der väterlichen Gewalt"'"): also nur ein großjähriger Sohn und ohne daß es einer ausdrücklichen Einwilligung des Vaters bedarf"). Der Vater darf zwar

3) Wohl aber nach dem oft er r. G B. § 172, wenn nicht besondere Gründe entgegen, stehen. DeSgl. nach dem code civil, a. 372. 4) Monftit. Kurf. August v. S. v 21. April 1572 in den constit. Saxon. II. 10 „da sich Kinder, so zu ihren nlündigeu Jahren kommen, von dem Bater mit Anstellung ihrer eignen Haushaltung und Nahrung scheiden, daß alsdann solches für eine Emancipation zu achten und derselben Wirkung haben soll, ungeachtet obgleich solche Emancipation anderer Gestalt und für Gericht nicht geschehen und fürgenommen würde" Dergl Schott, inst. jur. Saxon. p. 153. Müller, proinptuariuni Juris s. v. einancipatio. Berger, oecon. jur. ed. Haubold p. 169. (I. 3. 16. 5.) Houimel, raps. obs. 667 (etiam invito patre). WeiSke, Abhandl. 1830. S 45f. 5) Siehe andere Belege bei Kraut a. a. O. S. 644f. in Note 3, welche zeigen, daß diese Art der Beendigung der väterlichen Gewalt fast in allen Gegenden Deutsch­ lands sich erhalten hat. DeSgl. die Quellenzeugnisse bei Zimmermann a. a. O. S. 159—166. Es ist dies eine Selbstemancipation des Sohnes, wie sie Schmidt, Familienrecht S- 512f. richtig bezeichnet. b) Krant S. 647f. Zimmermann S. 169f. 7) Kraut S. 649. Zimmermann S. 167. Glück II. S. 383. v) Kraut S. 649f. Zimmermann 177f. '') Kraut S. 658f. Zimmermann S. 176f. Beide erklärten sich dafür, daß nach den heutigen Lebensverhältnissen auch einer großjährigen Tochter da- Recht nicht abgesprochen werden darf, durch Errichtung eines eignen Haushalts oder Betrieb einer eignen Erwerbsthätigkeit aus der väterlichen Gewalt auszutreten. Diese An­ sicht ist auch eine nothwendige Konsequenz der allgemeinen Beseitigung der GeschlechtSvormundschaft. Dergl. noch Schenk in der Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen von F. und P. HinschiuS I. S- 790. '0> tz 210 d. T. >>) Strieth. B. 58 S. 117. Es ist ferner B. 27 S. 54 angenommen, daß bei einem großjährigen Sohn nicht die Vermuthung dafür spricht, daß er noch unter väterlicher Gewalt stehe, der Sohn muß also beweisen, daß er noch unselbständig.

Zweit«* Buch.

168

Di« btfonbtren Privatrrcht«.

bei Gericht widersprechen, aber der Widerspruch muß durch Gründe ge­ tragen sein, welche hinreichen, den Sohn für einen Verschwender zu er­ klären"). Auch für den Begriff der abgesonderten Wirthschaft giebt das Gesetzbuch einige, obwohl nicht erschöpfende Anhaltspunkte: der Betrieb eines eignen Gewerbs, die Uebernahme eines öffentlichen Amts, bei aktiven Militairpersonen die Stellung eines Kompagnie- oder Eskadron­ führers sind Kriterien derselben "), dagegen ist es nicht nothwendig, daß der Sohn gar keine Unterstützungen oder Beihilfe des Vaters erhält"). Daraus ergiebt sich der Satz: eine zum Austritt aus der väterlichen Gewalt erforderte abgesonderte Wirthschaft ist vorhanden, wenn der Sohn außerhalb des Geschäftskreises seines Vaters eine Berufsarbeit über­ nimmt, die an sich geeignet ist, ihm einen selbständigen Unterhalt zu gewähren, wenn sie ihn auch im einzelnen Falle noch nicht vollstän­ dig gewährt"). Wo nachweisbar die Berufsarbeit dem Sohne möglich — Der Vater kann den großjährigen Sohn durch eine Erklärung ohne Weiteres aus der Gewalt entlasten, wenn auch ein selbständiger Haushalt nicht errichtet wird. S e u s f e r t III. 268.

12) § 211 b. %. Kraut S. 650. Eichhorn, Einl. 8 316. Dernburg III. 8 48 Anm. 5 nimmt an, es entscheide über den Widerspruch das Vormundfchaftsge richt. Der Vater hindere bis zur Entscheidung die selbständige Etablirung eigen­ mächtig. Dem kann nicht zugestimmt werden. Das Gesetz ergiebt nicht, daß das Vormundschaftsgericht die Befugniß maßgebender Entscheidung haben soll. Richtig ist allerdings, daß es fich nicht um Entmündigung handelt, sondern um die Frage, ob die väterliche Gewalt beendigt ist. Da die Gesetze nichts anderes an­ geben, so ist darüber im Prozeß zu entscheiden, zwischen Kind und Vater insbe­ sondere in dem Prozeffe, in welchem der Haussohn die Herausgabe seines unfreien Vermögens beansprucht.

13) Anh. § 90.

") § 212 a. b. d. T.

RechtSf. B. 2 S. 149.

15) ES kommt darauf an, daß der Sohn nicht mehr im Brod des Vaters lebt und auch nicht nach einiger Zeit in dasselbe zurüctkehren soll; vielmehr sich dauernd durch eigene Arbeit im Wesentlichen selbständig ernährt. Zimmermann S. 169s. Beispiele aus der Praxis: bloßer Erwerb des Bürgerrechts bewirkt nicht den Austritt aus der väterl. Gewalt. Entsch. B. 7 S. 139, deSgl. nicht die Uebernahme eines unbesoldeten Gemeindeamtes. Strieth. B. 29 S. 206. Eigenes Gewerbe, d. h. ein solches, welches eine fortwährende, gleichartige zum Unterhalt reichende Beschäftigung außerhalb des väterlichen Hauses bietet, bewirkt die Entlastung immer, auch wenn der Vater thatsächlich noch Unterstützung ge­ währt. Entsch. B. 22 S. 378. RechtSs. B. 2 S. 149. R.G. bei Gruchot B. 25 S. 752. (Die früheren Auflagen etwa- abweichend.) Wenn also der Sohn sich durch Abschluß eines Vertrag« einen selbständigen dauernden Erwerb schafft, so tritt er dadurch aus der Gewalt. Entsch B.29 S. 148. Strieth. B. 15 S. 139. Die Beschäftigung als Privatschreiber in dem Büreau eines Rechtsanwalts auf Grund eines mündlichen Vertrag« giebt nicht Selbständigkeit, unter besonderen thatsächlichen Umständen kann es aber der Fall sein. Strieth. B. 51 S. 340. Vertragsmäßige Uebernahme einer Oekonomie-Inspektion, einer Pachtung, einer Ackerwirthschaft, Betrieb des der Fran gehörigen Gewerbes bewirken den AuStrittStrieth. B. 58 S. 348. Entsch. B. 8 S. 384, B. 12 S. 332. RechtSs. H. 4 S. 540. So lange der Handlungsdiener, der Provisor in einer Apotheke, der Handwerksgeselle ihre Beschäftigung nur zur Ausbildung für künftige« selbständi­ ges Etablissement treiben, bleiben sie in der Gewalt des VaterS; wenn sie dauernd die Absicht eines eigenen Etablissements aufgeben und in der Stellung des Dieners

5 224.

Der Austritt aus der »Zierlichen Gewalt.

169

macht, ohne Unterstützung des Vaters zu leben, da muß der Vater die Uebernahme einer solchen Beschäftigung dem Sohne gestatten und ihn dadurch aus seiner Gewalt entlassen“). Durch ausdrückliche Erklärung entläßt der Vater den groß­ jährigen Haussohn ohne Beobachtung besonderer Formen. Einen minderjährigen Sohn unter 20 Jahren darf der Vater nicht ent­ lassen , nach zurückgelegtem 20. Jahr konnte die Entlassung in der Weise stattfinden, daß zugleich die Volljährigkeit des Sohnes wie durch eine Majorennitätserklärung begründet wnrde. Dies setzte ent­ weder eine ausdrückliche, vor dem Vormundschaftsgericht verlautbarte Erklärung des Vaters und Zustimmung des Sohnes, oder eine aus­ drückliche oder stillschweigende Einwilligung des Vaters dazu voraus, daß der Sohn ein besonderes Gewerbe für eigne Rechnung anfange''). Daraus allein dagegen, daß der Vater dem minderjährigen Sohne geund Gesellen verbleiben, so treten sie aus der Gewalt. Gesetzrev. XV. 119. Bauernsöhne, welche auswärts dienen, um die Landwirthschaft zu lernen, bleiben in der Gewalt. Ein Dienstverhältniß als Hausgesinde, Fabrikarbeiter, Tage­ löhner, befreit an sich nicht von ihr, kann aber die Wirkung haben, wenn es als eine dauernd befestigte Erwerb-beschäftigung erscheint. Gesetzrev. a. a. O. 120. Heuser IV. 256. Referendariat befreit nicht von der Gewalt, aber, wie die Praxis nicht unbedenklich annimmt, das noch unbesoldete Affestorat. Entsch. B. 46 S. 243. Str ieth. B. 43 155. Gruchot B. 6 S 61. Die bestandene Staatsprüfung als Arzt oder die zweite Prüfung des theolog. Kandidaten, die diätarische Beschäftigung als Aktuarius, wenn sie ihn nicht dauernd aus dem väterlichen Hause entfernt, hebt die Gewalt nicht auf. Strieth. B. 23 S 37. Dagegen Militärdienst auf Kapitulation (Berufssoldaten), Reskr. v. 14. Marz und 24. Okt. 1812. Jahrb. B. 2 S. 170. Wenn der Bater seinem Sohne Mitbesitz und Verwaltung seines Vermögens einräumt, so liegt darin keine Entlastung aus der Gewalt. Strieth. B. 29 S. 206. Wohl aber wenn der Vater dem Sohne das Gut überträgt und als Ausgedinger bei ihm bleibt. Desgleichen wenn der Vater dem Sohn die Verwaltung eines von seinem Wohnsitz entfernt liegenden Gutes überträgt und der Sohn auf diesem Gut seinen Wohnsitz nimmt. R O.H.G. B. 3 Nr. 74 S- 355. Stegemann B. 4 S. 157. Ebenso bat das R O.H G D. 4 Nr. 80 S. 388 angenommen, daß ein Sohn, der bei seinem Vater als Hand­ werksgehilfe in Lohn und Brod tritt, dadurch aus der väterlichen Gewalt trittDie Uebernahme eine« kaufmännischen Geschäfts, wenn sie mit Errichtung eines Hausstandes verbunden ist, befreit von der Gewalt. Seuffert III. 269 Die Ausweisung des Sohnes aus dem väterl Hanse hebt die Gewalt des Vaters nicht auf. Heuser, Annalen IV. 256. Andere Beispiele auS der gemeinrechtlichen Praxis f. bei Senffert II. 30b. V. 30. XI. 51. 52. XII. 16b. XVI. 5b. XVII. 257. 16) § 213 d. T. Der Vater muß dann also auch dem Sohn sein eigenthümliches Ver­ mögen herausgeben. Bedenklich ist die Entscheid, bei Seuffert XVII. 257.

,7) §§ 214—218. 224 d. T. Dergl hierzu auch noch den widersprechenden durch Art. 60 Nr. 1 des EinführungSgeseheS zum Handelsgesetzbuch aufgehobenen § 717 II. 18, und über diesen Strieth. B. 21 S. 268. Darüber, daß auch der durch stillschweigende Einwilligung Entlaffene mit der Schranke des § 226 großjährig wurde, vgl. Entsch. B. 8 S. 384. — Die ausdrückliche oder stillschweigende Ent­ lastung des Minderjährigen vor dem 20. Jahre war wirkungslos. Entsch. B. 72 S. 243. — Die stillschweigende Einwilligung des DaterS ist Misten ohne Wider­ spruch. Strieth. B 26 S. 373. Entsch. B 57 S 186. Der Sohn muß das Gewerbe in Folge der Einwilligung des Vaters wirklich angefangen haben. Strieth. B. 31 S. 320.

170

Zweite« Buch

Die besonderen Privatrechte.

stattete, ein öffentliches Amt zu übernehmen, oder daß er aus seinem oder seiner Frau Vermögen ihm eine besondere Wirthschaft einrichtete, folge an sich nicht die Gewaltentlassung; dazu bedurfte cs jener gericht­ lichen Verlautbarung'"). Wenn der Sohn das Amt oder die besondere Wirthschaft bis über das 21. Jahr fortgesetzt hatte, trat er aus der Ge­ walt auch ohne die Verlautbarung"). Der aus der Gewalt entlassene minderjährige Sohn bedurfte noch, wenn er sein Grundstück veräußern oder verpfänden wollte, der gerichtlich erklärten Einwilligung des Va­ ters oder der nachträglichen gerichtlichen Verlautbarung der Entlassung""). Diese Bestimmungen sind zur Zeit dadurch modifizirt, daß die Großjährigkeitserklärung nach der Vormundschaftsordnung auch bei Haus­ kindern nur durch das Vormundschaftsgericht nach einer Sachunter­ suchung erfolgen kann. Die Entlassung hat also nicht mehr diese Wir­ kung"'). Die herrschende Meinung nimmt nichtsdestoweniger an, daß die Entlaffung nach Maßgabe der angegebenen Sätze wirksam erfolgen könne, daß aber der Entlassene minderjährig bleibe. Kämen hierbei neben dem erwähnten neuen Satze lediglich die Bestimmungen des Landrechts in Betracht, so müßte man vielmehr zu dem Schluß kommen, daß, da das Landrecht eine wirksame Entlassung nur ge­ wollt hat, wenn dadurch der Minderjährige zugleich großjährig, also geschäftsfähig würde, gegenwärtig eine Entlassung nur nach oder bei Gleichzeitigkeit der Majorennitätserklärung wirksam sein könne. Mit Rücksicht aus § 12 der Vormundschaftsordnung aber ist der herrschenden Meinung zuzustimmen, da hier für den Fall der Entlassung des min­ derjährigen Kindes im klaren Hinblick aus das preußische Recht eine gesetzliche Vormundschaft des bisherigen Machthabers geordnet ist. §§ 219—221. 223 d. T. In den amtlichen Geschäften ist der Sohn frei von der Gewalt des Vaters. Der § 222 gehört nicht hierher, er ist eine Instruktion für die AnstelluuqSbehörde

,9) § 225 d. T. Gef. v. 9. Dezbr. 1869 (Gef.S. S. 1177) und R.Gef. v. 17. Febr. 1 «75. -°) §§ 225. 227 d. T. Aber sonst durfte er das Grundstück dinglich belasten. St riet h. B. 20 S. 5>9. Dagegen Koch, Komm, zu tz 226, alleiu seine Auffassung, daß Grundgerechtigkeiten und Reallasten qualitative „Absplisse" de- Eigenthums seien, ist unrichtig. Auf den für großjährig erklärten und demnächst aus der väterlichen Gewalt entlassenen Sohn ist diese Bestimmung nicht anwendbar Bgl. Iohow Iahrb. V. S. 296. 2I) Borm.-Ordn. v. 5. Juli 1^75 §§ 97. 61, unten § 230 Anm. 3. Gegen den Satz deS Text- Große bei Gruchot B. 20 S. 727. Bergl. im Uebcigen Dern» bürg, Vormundschaft-recht S- 11b, Privatrecht III. § 48 Anm. 16, Loewenstein zu tz 97, Neumann zu § 11 Vorm - Ordn. Die Bestimniungen haben zugleich die zweite Alternative de- § 224 erledigt, während im Uebrigen an Stelle dieser Bestimmung die §§ 5. 6 des Gesetzes v. 12. Juli 1875 getreten sind. Kann ein Großjährigerklärter schon vor dem 20. Jahre aus der väterlichen Gewalt ent« lasten werden? Nach L.R. II. 18. §§ 713ff. konnte der Fall bei Söhnen nicht vorkommen, da auch eine GroßjährigkeitSerklärung erst nach erreichtem 20. Jahre möglich war. Jetzt ist die GroßjährigkeitSerklärung mit achtzehn Jahren möglich,

§ 224.

Der Aa«tritt auf der väterlichen Gewalt

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II. Verheirathung der Tochter. „Wenn die Tochter mit Ein­ willigung des Vaters oder durch den Prozeßrichter ergänzter Einwilli­ gung heirathet, so hört die väterliche Gewalt über sie auf""). Auch diese Entlafsungsart ist deutsches Recht und mußte sich in diesem ent­ wickeln, weil die Tochter durch die Heirath in die Vormundschaft des Mannes trat, beide Gewaltverhältnifse aber nicht neben einander be­ stehen konnten. Die Tochter tritt nicht in die Gewalt zurück, wenn die Ehe wieder gelöst wird"); sie bleibt auch nicht in der Gewalt, wenn sie mit ihrem Manne im Haushalt des Vaters fortlebt'"). Die Ge­ walt des Vaters verwandelt sich bei der Verheirathung einer minder­ jährigen Tochter in die eines gesetzlichen Vormundes"), Die Bestim­ mungen des Landrechts beruhen auf der Grundlage, daß die Eheschlie­ ßung einer Haustochter in jedem Falle die Zustimmung des Vaters zur Voraussetzung habe. Jetzt ist dies für 24 jährige Töchter nicht mehr richtig "'). Die Heirath einer solchen muß, auch wenn die väterliche Ein­ willigung nicht ertheilt ist, die väterliche Gewalt beendigen. III. Unverheiratete Töchter können während ihrer Minder­ jährigkeit weder aus der Gewalt austreten noch entlassen werden; nach erlangter Großjährigkeit bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung des Vaters"). und da der GroßjährigerNärte alle Rechte des Volljährigen hat, muß die Frage bejaht werden. § 228 b. £. Kraut S. 660fg. Zimmermann 178f. Wenn in Entsch. 30 S. 114, Strieth. B- 15 S. 280 angenommen ist, daß die Verheirathung der Tochter ohne Konsens die väterl. Gewalt nicht aushebt, auch wenn der Vater die Ehe nicht anficht, so ist zwar dagegen zu fragen, welche Gewalt in diesem Falle der Ehemann über seine Frau hat, und deshalb hält Koch zu § 228 die Entscheidung für unrichtig, aber der Wortlaut ist so bestimmt, daß der Ansicht des O.-Trib. doch beigetreten werden muß. Wenn der Baler die Ehe nicht anficht, so wird sie zwar giltig, aber die väterl. Gewalt bleibt bestehen, und da« Recht des Ehemannes kann nur unbeschadet des väterlichen Rechts sich geltend machen. Der Vater behält also Verwaltung und Nießbrauch deS nicht freien Bermö« genS der Tochter. Vgl. auch S tölzel im I M.Bl. 1874 S. 152. — Eine EheSchließung, die als nichtig angefochten werden kann, die aber unter Zustimmung

des Vaters erfolgt ist, gilt dem Vater gegenüber bis zur NichtigkeitSerNärung als Ehe, sie hat also die väterl. Gewalt aufgehoben, und auch nach der NichtigkeitSerNärung tritt ihm gegenüber der frühere Zustand nicht ein. Die erloschene väterl. Gewalt kann nicht wieder aufleben. AM Dernburg III. §49 Anm. 22. -3) Auch nicht, wenn bei der Auflösung der Ehe die Tochter noch minderjährig ist. Bornemann V. 308. Koch, Note 18. Zimmermann a. a. O. S. 179. '") Kraut S. 661.

Ander- Seuffert III. 270 (Kastel).

35) Vorm.-Ordn. § 12.

Früher § 229 d. T.

26) Personenstand-ges. v. 6. Febr. 1875 § 29. Dergl. auch Dernburg III. § 49 Anm. 21. 21) § 230 d. T. Die ausdrückliche Erklärung braucht aber nicht vor Gericht verlaut­ bart zu werden, wie bei der Entlastung eine- minderjährigen Sohnes. Daß der Vater einer nicht heirathenden Tochter eine besondere Wirthschaft einrichtet, ist nicht eine Gewaltentlastnng, daher bezieht sich auch die AuSstattung-pflicht des Later- nicht auf einen solchen Fall. Entsch. B. 50 S. 330. Bezüglich der für großjährig erklärten Tochter vgl. Anm. 21 a. E.

172

Zweite» Buch.

Die besondere» Privatrechte.

IV. Wirkung der Aufhebung. Die Aufhebung der väterlichen Gewalt beseitigt nicht den Anspruch der Eltern auf kindliche Ehrerbie­ tung, auch nicht die Pflicht des Kindes, zur Verheirathung die Ein­ willigung der Eltern nachzusuchen''"). Aber die Rechte des Vaters auf das Vermögen des Kindes hören auf, dieses wird entweder geschäfts­ fähig oder tritt in die gesetzliche Vormundschaft des Vaters. Sein eigen­ thümliches Vermögen muß ihm vom Vater ausgeantwortet werden'"); außerdem ist der Vater, aushilfsweise die Mutter verpflichtet, den Sohn für sein Gewerbe oder Amt, die Tochter für ihre Verheirathung^) nach eignen Vermögenskräften3I) auszustatten, wenn nicht das eigene Ver­ mögen des Kindes die Mittel dazu gewährt3'). Ein Klagerecht auf Ausstattung hat das Kind übrigens nicht, vielmehr soll das Vormundschastsgericht das Nöthige zu vermitteln suchen"). Die Größe der Aus­ stattung begrenzt sich durch das, was zur ersten Einrichtung für das Gewerbe oder den ehelichen Hausstand unentbehrlich ist; ein Anspruch auf eine besondere Mitgift (oder Brautschatz) und eine spätere nochmalige Ausstattung besteht nicht"). Aus welchem Vermögen die über die Aus­ stattung gegebene Mitgift genommen, darüber giebt das A.L.R. Ver­ muthungen, welche die Beweislast des ausgestatteten Kindes bei künftigen Auseinandersetzungen über das elterliche Vermögen regeln35). Trotz der -'*) §§ 249. 250 d. T. Oben S. 181. -9) § 231 d. TBei Seussert 111. 3^9 (Maffei) ist angenommen, daß eine Klage des Sohnes auf Herausgabe seines Vermögens, weil er ein Gewerbe anfangen wolle, unstatthaft sei. Wie die Abtrennung des väterlichen Vermögens von dem des Kindes zu erfolgen hat, ist im Einzelnen in den §§ 275—299 d. T. vorge­ schrieben. Im Allgemeinen gelten dieselben Grundsätze, wie bei der Auseinander­ setzung zwischen dem einen Ehegatten und den Erben des andern. Wissenschaft­ licher Erörterung bieten diese Vorschriften keinen weiteren Stoff. War die Ehe der Eltern eine gütergemeinschaftliche, so kann das aus der väterlichen Gewalt getretene Kind nur dann Herausgabe seines Vermögens verlangen, wenn es durch Ablichtung bereits festgestellt worden ist. Entsch. B- 13 S. 413. Verzinsung von Ablauf deS Vierteljahres, in welchem der väterliche Nießbrauch aushört. Entsch. B. 49 S. 221. 3u) Entsch. B. 50 S. 332. 31) Seuffert VII. 60. 32) §§ 232—237 d. T. Dergl. hierzu Entsch. B. 20 S. 2d4. Ueber die Unrichtig­ keit der Entsch- B> 24 S. 133 s. Koch zu § 234. tz 234 setzt voraus, daß das Kind zur Zeit feiner Ausstattung bereits eignes Vermögen besitzt, nicht nur solches zu erwarten hat. Auch daS Reservat aus Anh. § 79 (oben S. 566fg) ist noch kein Vermögen des Kindes. Strieth. B. 21 S. 74, D 54 S- 298. Entsch. D 52 S. 178. Der Vater kann aus dem Vermögen des Kindes die Ausstattung nehmen, hat er aber ohne Vorbehalt aus seinem Vermögen auSgestaltet, so kann er das Gegebene nicht hinterher dem Kinde anrechnen. Gruchot 111.249. Der Satz ist auch vom R.G. bei Gruchot B. 24 S. 1029 gebilligt. - Ueber die Ausstattungspflicht der Eltern f. noch Suarez, Schlußvortr. S. 138f. 1. ult. C. V. 11. Seuffert I. 238 Gemeinrechtlich eine Ausstattungspflicht nur der Tochter gegenüber. Das. XII. 275. Ausstattungspflicht der Mutter XVI. 225. 33) §§ 238-241 d. T. “) §§ 232. 233. 242. 243. 244 d. T35) §§ 245 — 248 d. T. Sie gelten auch bei vertragsmäßig übernommener AuSstattungSpflicht. Entsch. B. 77 S. 186.

§ 225.

Der Verlost nnb die Einschränkung der vLterl. Sewali.

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Aufhebung der väterlichen Gewalt besteht eine wechselseitige Unter­ stützungspflicht; schuldlose Verarmung verpflichtet zur Gewährung anständigen, verschuldete zur Gewährung nothdürstigen Unterhalts""). Werden Kinder von den Eltern noch ernährt, so muffen sie diesen in ihrer Wirthschaft und im Gewerbe helfen").

Ter Verlust und die Einschränkung der väterlichen Gewalt.

§ 225. A.LR II. 2.

§§90. 91. 255—270.

Koch, Pr. R. II. 637.

Dernburg III. §49.

I. Der Vater verliert die väterliche Gewalt, wenn er rechts­ kräftig zu Zuchthausstrafe, zu mehr als zehnjähriger Einschließung verm theilt, für einen Verschwender erklärt worden, wenn er fich durch Entfernung aus Preußen seinen staatsbürgerlichen Pflichten entzieht, die Kinder vorsätzlich Hilfs- und aufsichtslos verläßt'). In diesen Fällen erwacht die Gewalt nie wieder"). Von dem Hingeben in Adoption ist bereits gesprochen. II. Die väterliche Gewalt ruht, wenn der Vater zu mehr als zweijähriger Freiheitsstrafe verurtheilt, geistes- oder gemüthskrank ge­ worden"): in diesen Fällen wacht, wenn die Kinder nicht schon zu dieser Zeit großjährig sind *), die Gewalt wieder auf mit der Verbüßung, Be­ gnadigung oder Genesung"). III. Die väterliche Gewalt wird eingeschränkt, und zwar in Ansehung des Erziehungsrechts, wenn der Vater die Erziehung vernach­ lässigt, die Kinder grausam mißhandelt, sie zum Bösen verleitet, ihnen den nöthigen Unterhalt willkürlich versagt, in Ansehung seiner Rechte auf das Vermögen der Kinder, wenn er für ihr Vermögen nicht dem Gesetz entsprechend Sicherheit leistet, wenn er in Konkurs verfällt, seine Kinder standesmäßig zu erziehen und zu ernähren unvermögend gewor­ den ist 6).

IV.

In allen diesen Fällen bleibt der Vater persönlich und mit

K) §§ 251—253 d. T. Ueber die Alimentation-Verbindlichkeit der Blutsverwandten wird unten § 239 im Zusammenhänge gehandelt werden. 37) § 254 d. T. *) §§ 255—258 d. T. Landesverweisung kennt da- jetzige Strafrecht nicht. - Die Berurtheilung muß rechtskräftig geworden sein. S trieth. D- 4 S- 145. ?) § 259 d. T. Ob auch nicht im Fall der Begnadigung? vergl. bejahend Trieft in Holtzendorf Strafrechtzeitung 1861. Sp. 182. Für die Verneinung spricht der Gegensatz der §§ 259. 262. S. auch Koch, Note 35. -) §§ 260. 261 d. T. ) §§82. 83. G O. Die Lohnforderung verjährt in 4 Jahren, Ges. v. 31. März 1838. § 2 und die Verjährung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Höhe deS Lohnes nicht vertragsmäßig festgesetzt worden, sondern arbitrirt werden soll. Entsch. B. 53 S. 64. Heuser, Annalen B. 6 S. 501. ") § 1. G.O.

Vgl. D. II. § 124. Aum. 83

33) §§ 32. 33. G O. 3t) §§ 37-39. G.O. 35) § 34. G.O.

3*) § 85. G.O. 37) § 84. G.O.

38) §§ 86. 87. 92. G.O. Vergl. Gesetzrevisor XV. 49f. Jurist. Wochenschr. 1844. S. 617. Strieth. B. 15 S. 367. Der § 92 bezieht sich auch auf den Fall, wo die Krankheit im Dienst entstanden ist. Entsch. B. 46 6. 228. Strieth. B. 42 S. 126.

wenn das Gesinde nicht Verwandte in der Nähe hat, denen die Für­ sorge zufällt, kann aber in solchen Fällen den Lohn aus die Kurkosten anrechnen ”). Das Gesinde darf nicht widerstehen, wenn die Herrschaft es zur Heilung einer öffentlichen Anstalt übergiebt39 40).41 Ueber ** die Dienst­ zeit hinaus muß die Herrschaft Schadenersatz (Kurkosten und nothdürstigen Unterhalt) leisten, wenn das Gesinde in dem Dienst oder bei

Gelegenheit deffelben unter Umständen zu Schaden kommt, wo ein Machtgeber den Bevollmächtigten enffchädigen muß4'). Die allgemeinen Rechtsregeln entscheiden über die Entschädigungspflicht, wenn die Herr­ schaft das Gesinde durch Mißhandlung an der Gesundheit beschädigt hat und nicht ein grobes Versehen des Gesindes konkurrirt"). IV. Die Dauer des Dienstverhältniffes hängt von der freien Uedereinkunft ab; sie muß durch eine gewisse Anzahl von Jahren, Mo­ naten, Wochen oder Tagen ausgcdrückt ober doch so bestimmt sein, daß jedem Theil freibleibt, das Verhältniß durch Aufkündigung zu lösen. Fehlt es an einer besonderen Verabredung, so gilt der Vertrag bei städtischem Gesinde auf drei Monate, bei ländlichem auf ein Jahr4'). Bei dem Austritt aus dem Dienst muß das Gesinde alle ihm an­ vertrauten Sachen der Herrschaft richtig abliefern, und den an diesen durch seine Schuld entstandenen Schaden ersetzen44). Der Vertrag wird regelmäßig, auch wenn er auf einen be­ stimmten Zeitraum geschloffen worden, erst nach einer besonderen aus­ drücklichen Aufkündigung aufgehoben, die jedem Theile sreisteht und an bestimmte Fristen gebunden ist45).46 Wird nicht gekündigt, so seht sich das Dienstverhältniß für eine so lange Periode fort, als es ur­ sprünglich eingegangen worden4 tigteu und dem Pflichtigen die Pflicht durch Judikat festgestellt ist, bei Nicht­ leistung der Pflicht zunächst au-helfend eintreten, und kann nur nachträglich Ersatz fordern. — Ebensowenig kann man den entfernteren Verwandten, der statt deS näheren die Alimentationspflicht leistet, zu einer solchen Klage für legitimirt er* achten, was das Obertribunal ebenfalls annimmt. Strieth. B 62 S. 134. Be­ züglich der gemeinschaftlichen Verpflichteten vgl unten Anm. 37. 33) Vgl. Koch, Recht der Forderungen III. 55. Bl. für Rechtsanwendung VIII. 155. L. 5 §§ 8. 9. 10. D. XXV. 3. Unterholzner II 579. «) Gesetzrevisor XV. 260s. Koch, R. d. Ford. III. llf. Glück B. 28 S. 58. Unterholzner II. 269f. Seuffert X. 53. Die Unterscheidung findet sich nicht im römischen Recht, aber die gemeinrechtliche Praxis unterschied zwischen standeSmäßigen (civilia) und nothdürftigen (naturalia) Alimenten. Berger, oecon jur. I. 3. § 14 Note 15. Lauterbach, colleg. XXV. 3. § 18. ") §§ 252. 253. II. 2.

14. II. 3.

§ 239-

Die Alimentationspflicht

257

geben immer nur nothdürftigen Unterhalt"). Schul- und Lehrgeld und Krankheitskosten gehören dazu, aber nicht Prozeßkosten ”). Ueber die Art und Weise, in welcher die Alimentation zu gewähren ist, sagt das Gesetz nichts. Die Feststellung darüber wird von den Um­ ständen abhängen. Gestatten diese Natural-Alimentatton, so ist diese zu gewähren. Aber man kann nicht sagen, daß wenn der Verpflichtete bereit ist, Alimente in Natur zu gewähren, er schlechthin berechtigt ist, jede andere Att der Alimentattonsforderung abzuwehren"). Vielmehr muß sich auch in dieser Beziehung das Ermessen des Gerichts Geltung verschaffen. Wird aber eine Geldleistung zur Alimentation mit Recht beansprucht, so ist dieselbe für bestimmte Zeittäume, die Praxis mtscheidet regelmäßig für Vierteljahrsraten, vorweg zu entrichten"). Unter mehreren Verwandten richtet sich die Verpflichtung nach der Nähe des Verwandtschastsverhältnisses, der Vater ist vor der Mutter'"), diese vor dem Großvater"), das Kind vor der Mutter") und vor dem Enkel"), vollbürtige Geschwister vor den halbbüttigen") verpflichtet. Bei weiteren Seitenverwandten besteht keine erzwingbare Pflicht; der sie bei Vernachlässigung der moralischen Unterstützungspflicht bedrohende Nachtheil des Erbrechtsverlusts kann nur gegen den zunächst be­ rufenen unterstützungsfähigen Erben wirksam werden"). Die ent­ fernteren sind subsidiär verpflichtet, sie treten ein, wenn der zunächst Verpflichtete selbst unvermögend ist"). Mehrere gleich nahe Ver­ wandte sollen den Unterhalt „gemeinschaftlich, jedoch nach Verhält­ niß ihres Vermögens" bestreiten"). Die Auslegung dieser Worte ist zweifelhaft. Der Begriff „gemeinschaftlich" bedeutet hier „alle zusam­ men"; der Hinweis aus die Haftung nach Verhältniß des Vermögens

-«) s 15. II. 3. ”) Äo«) --«) ,29)

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§§ 543. 544. I. 18. •’«) §§ 547 f. I. 18. §§ 213.105 d. T. Dgl. oben »nm. 71. §§ 213-215 b. T. §§ 218. 219 d. T- Ein Vorbehalt kann einen Anspruch auf Dergütigung nicht begründen. Koch, Note zu § 218. Eentralbl. 1840. S. 102.130. § 221 b. T. ,3‘) § 220 b. T. § 224 b. T. II. F. 45. 51. S 4. a.8.«. I. 18. §§ 273-279. Koch, Pr.-R. I. 524. 493f. §§ 225. 226 b. T. Lewi« 6.191 f.

288

Zweit«» Buch.

Die besondere» Privatrechle.

Universalsuccesfion in seinen Nachlaß'"). 2. Durch einen einstimmigen Familienschluß'"). 3. Durch Subhastation wegen Substanz schulden, wenn kein Erlös übrig bleibt'"). 4. Nach dem Grundsatz, daß kein in das Grundbuch eingetragenes Recht durch Verjährung erlöschen kann, ist diese Aufhebungsart für die Fideikommißeigenschast des Gutes oder Kapitals ausgeschloffen'"). Dagegen können einzelne Rechte des F.-C. oder aus dasselbe durch 30jährige Verjährung erlöschen oder erworben werden, wenn sie in einer alle F.-C.-Jntereffenten binden­ den Weise begonnen haben'"). So verliert ein einzelner Anwärter sein Successionsrecht durch Verjährung gegenüber den anderen Anwärtern, niemals aber gegenüber fremden Personen'"). '“) §§ 189.139 d. T. *37) § 1 des Ges. v. 15. Febr. 1840. Das ist eine wesentliche Abweichung vorn ge­ meinen Recht. Beseler S. 731. Indessen wird die Aufhebung eines F.-E. durch Einwilligung aller Interessenten auch in der gemeinrechtl. Praxis znge» lasten. Emminghauß, sächs. Pand. S. 171 Nr 265. 269. Seuffert XIII. 269. 270. ,38) § 110 d. T. 139) § 123 d. T. Dergl. Entsch. B. 19 S. 128, V. 62 S. 5Of. Oben Note 28 S. 274. ,4°) § 122 d. T. Bergl. Entsch. B. 41 S. 247. Strieth B 33 S. 223. Entsch. B. 51 S. 278, B 53 S-184. Strieth. V 54 S. 313. Gruchot B. 24 S. 882. Seuffert XVIII. 264. “•) § 124 d. T.