Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 1, Abteilung 1 [4., veränd. Aufl. Reprint 2016] 9783111610825, 9783111235356


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German Pages 951 [964] Year 1880

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Table of contents :
Vorwort
Erklärung der abgekürzten Citate
Uebersicht des Systems
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Erstes Buch. Die Grundbegriffe
Erster Theil. Das Recht
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Zweiter Theil. Die Berechtigung
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel. Das Rechtsobjekt
Viertes Kapitel. Die rechtliche Beziehung des Rechtssubjekts auf das Objekt
Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte
Erster Theil. Die persönlichen Rechte oder die Lehre von den Schuldverhältnissen
Erster Hauptstück. Die Grundlehren
Erster Abschnitt. Allgemeines
Zweiter Abschnitt. Die persönliche Theilnahme
Dritter Abschnitt. Die Leistung
Vierter Abschnitt. Die Begründung
Fünfter Abschnitt. Die Lösung
Sechster Abschnitt. Die Veränderung
Siebenter Abschnitt. Der gerichtliche Schutz
Nachträge und Berichtigungen zu Abtheilung I
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Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 1, Abteilung 1 [4., veränd. Aufl. Reprint 2016]
 9783111610825, 9783111235356

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Theorie und Praris des

heutigen

gem einen preußischen

Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts. Don

D r.

Franz Förster.

Vierte, veränderte Auflage.

Herausgegeben von

Dr.

Nt. E. Eccius,

Geh. Justiz»ath und vortr. Rath im Justizministerium

I.

Band.

B e r l i n . Druck und Verlag von G. R eim er.

1881.

Theorie und Praris des

h e u ti g en gemeinen preußischen

Privatrechts auf der G rundlage des gemeinen deutschen Rechts. Bo n

D r. Franz Förster.

Vierte, veränderte Auflage.

Herausgegeben von

Dr.

M. E. Eccüls,

l«eh. Zttitizratd und vcnv. R a t v im J ustizm inisterium .

I.

« a n d. Abtheilung I.

B e r l i n .

Druck und Verlag von G . R e im e r . 1880.

Förster,

Preußisches Privatrecht. Erster Band.

Vorwort zur erste n A u f l a g e .

O ü r die B earbeitung der einzelnen deutschen Landesrechte ist es in doppelter Hinsicht unabweisbar, das gemeine Recht nicht bloß zu einer äußerlichen Vergleichung zu benutzen, sondern als G rundlage zu nehmen: einm al fü r die Erkenntniß der Landesrechte selbst, um dadurch nachzu­ weisen, daß sie n u r Zweige an einem und demselben S tam m e find, aus dem sie fo rt und fo rt ihre Nahrung ziehen; sodann fü r das gemeine deutsche Recht, welches in ihnen eine eigenthümliche G estaltung, eine A r t von Abschluß erlangt hat, der nothwendig auf seine fernere E n t­ wickelung zurückwirkt.

E s ist auch in neuerer Z e it im m er mehr erkannt

worden, daß die A uffaffun g, es seien die Landesrechte isolirte Schöpfungen fre ie r Gesetzgebung, die Rechtsbildung auf beiden Gebieten nicht fördert. A ber soll diese innige V erbindung des gemeinen m it den Landesrechten wirklich fruchtbringend werden, so muß sie selbst eine f o r t s c h r e i t e n d e sein; es darf das Landesrecht nicht n u r aus dem Standpunkt erörtert werden, den das gemeine zur Z eit der Gesetzgebung darbot, es muß vielmehr auch die spätere Entwickelung des letzteren fü r die des L a n ­ desrechts nutzbar gemacht werden.

O der man verzichte auf die weitere

Entwickelung des letzteren, stelle es außer den F lu ß der Geschichte und gebe es dem Absterben P re is.

Denn das ist nun einm al nicht zu leugnen,

daß die gemeinrechtliche Wissenschaft und P ra xis, w eil sie weniger durch den Buchstaben gebunden ist, sich m annichfaltiger, fre ie r, kühner ent­ falten kann, daß das Leben in ih r ein frischeres, die Erfolge reicher und unm ittelbarer sind.

W äre auch aus ih r nicht positive Bereicherung

fü r die einzelnen Rechtssähe zu gewinnen, schon daß man T h e il nehme an diesem frischeren Geiste, muß der Wissenschaft der Landesrechte reichen G ew inn bringen.

Z w a r w ird hierbei sich oft ergeben, daß die Landes-

gesetzgebung einen von der heutigen Wissenschaft längst verlassenen oder

überwundenen Standpunkt festgehalten, daß sie Sätze aufgenommen hat, die heute als Irrth ü m e r erkannt find. streitig ein großer Vortheil.

Selbst solche Erkenntniß ist un­

Andererseits aber w ird man auch oft zu

der Einsicht gelangen, daß Bestimmungen des Landesrechts einen tieferen Grund haben, während man bisher sich bei der Annahme beruhigte, daß sie Schöpfungen einer willkürlichen Reflexion seien.

Hierzu h ilft

wesentlich die neuerdings m it Vorliebe und E rfolg unternommene dog­ mengeschichtliche Behandlung der einzelnen Rechtsinstitute, deren E rgebniffe darauf hingeführt haben, daß Vieles, was bisher als M iß b il­ dung verworfen wurde, als Fortbildung erwiesen ist, die in nationalen und modernen Bedürfniffen ihre Rechtfertigung findet. D ie s. g. historische Schule hat ihre Sendung e rfü llt: das M a te ria l des gemeinen Rechts, dieses eigenthümlichen Gebildes aus heimischem und fremdem S to ff, ist von ih r nach seinen Ursprüngen gesichtet, ge­ wissermaßen noch einmal durch einen kritischen Reinigungsprozeß h in­ durchgetrieben worden. sammenzufügen.

Jetzt ist man wieder dabei,

es inniger zu­

D ie moderne Civilistik hat den Gedanken klar und

bestimmt erfaßt, daß sich das deutsche Recht als Ganzes nicht verstehen läßt, wenn man es in zwei Hälften spaltet, und jede fü r sich abgesondert wissenschaftlich pflegt, daß vielmehr aus beiden ein organisches Ganze erarbeitet werden muß. Und grade diese neuere Richtung der Rechtswiffenschast ist fü r das A .L.R . von besonderer Wichtigkeit, weil was jene heute erstrebt, dieses bereits vor 70 Jahren erreichen sollte: freilich heute m it anderen K rä fte n und anderer Einsicht.

Aber darum ist es auch nützlich, den Maststab

des Heute an die Leistung des D am als zu legen; es w ird dadurch eine tiefere Erkenntniß der letzteren gewonnen, man w ird sich ihrer I r r ­ thümer und Vorzüge klarer bewußt werden.

Dazu kommt, daß das

preußische Recht seitdem vielfach verändert worden.

D a s A .L .R . hat

jetzt selbst schon seine Geschichte, mehr und mehr ist es so zu sagem in einen historischen Hintergrund getreten.

Z w a r ist es noch die bei weiitem

bedeutendste und reichste, keineswegs aber heute die einzige Quelle des Privatrechts.

D ie Thätigkeit der neueren Gesetzgebung hat V ieles und

Wichtiges geändert, die Entwickelung des Verkehrs die Rechtsinstiitute vermehrt, die P ra xis hat bestimmter gestaltet, weiter gefördert.

D a­

durch ist das preußische Privatrecht zu einem großen T h e il modernnfirt

worden und man wird diesen Modernisirungsprozeß, seinen Ursprung und seine Ziele nicht verstehen, wenn man nicht fortgesetzt die neuere Rechts­ entwicklung in Deutschland beobachtet und zur Vergleichung heranzieht. Trotz mancher tüchtiger Pflege, die dem preußischen Privatrecht zu­ gewendet worden, darf man sich doch der Einsicht nicht verschließen, daß die preußische Rechtswissenschaft sich auf dem Standpunkt der gemein­ rechtlichen noch nicht befindet. Denn wie hoch m an auch die Verdienste K och's um dieselbe schätzen mag, wahr ist es doch, daß er im Wesent­ lichen auf dem wissenschaftlichen Standpunkt der dreißiger Jah re stehen geblieben. Selbst die neuesten Auflagen seiner Schriften bringen in dieser Hinsicht keinen Fortschritt, sie enthalten Nichts von den Bewegungen, die seitdem in der deutschen Jurisprudenz hervorgetreten, Literatur und P raxis derselben find großentheils unbeachtet geblieben, weder hat er die germanistischen Elemente in unserm Gesetzbuch, noch die Gestaltung, die das römische Recht als gemeines deutsches im Laufe der Zeit er­ halten, überall richtig gewürdigt. I n dem Werk, dessen Veröffentlichung hiermit begonnen wird, soll versucht werden, das heutige preußische Recht von dem Standpunkt der heutigen Wiffenschaft zu erörtern. D ie neuere deutsche Theorie und P raxis haben daher umfassende Berücksichtigung gefunden, auch ist die P raxis des A.L.R. in den außerpreußischen Ländern (Baiern) nicht un­ benutzt geblieben. D aß die neueren großen Legislationen, zu denen 1863 das zwar schon publizirte aber noch nicht in Giltigkeit getretene sächsische Civilgesetzbuch hinzugekommen ist, zur Vergleichung herange­ zogen find, bedarf nicht besonderer Rechtfertigung. Wenn aber auch die Absicht des Verfassers dahin geht, das preu­ ßische Privatrecht vollständig darzustellen — so mußte doch eine Grenze darin gefunden werden, daß eben nur p re u ß isc h e s Recht den Gegen­ stand bilde und dies führte zum Ausschluß derjenigen Gebiete, welche jetzt nicht mehr den Charakter des preußischen Rechts haben, sondern Preußen m it Deutschland gemeinsam sind: des H andels-, Wechsel- und Seerechts. Dieselben erfreuen sich übrigens jetzt einer so lebhaften wiffenschaftlichen Pflege, daß ein Bedürfniß zur Vermehrung dieser Leistungen dem Verfaffer nicht vorzuliegen scheint. I n der Lehre von den Schuldverhältnissen ist jedoch das deutsche Handelsgesetzbuch berückfichtigt worden.

Dankbar für die Belehrung, die die bisherigen Arbeiten dem Lerfaffer geboten und auf die er sich vielfach hat stützen können, übergebt er hiermit den ersten Band dem juristischen Publikum in der doppelten Hoffnung, Etwas beigetragen zu haben zur Erreichung des Zieles, die preußische Rechtswissenschaft und Praxis in nähere Beziehung zur ge­ meinrechtlichen zu bringen, und den preußischen Juristen, von denen ein großer Theil fern von aller Berührung mit der fortschreitenden Wisienschaft in entlegenen Provinzialstädten sein Amt verwalten muß, eine Gabe zu bieten, die ihm diese Forsschritte zugänglich macht, die in der Aus­ bildung begriffenen jungen M änner aber darauf hinzuftchren, daß, wie S a v i g n y in seiner Vorrede zum System so wahr sagt, der S inn für die Wissenschaft im praktischen Geschäft selbst stets lebendig bleiben muß, daß die bloße Gewandtheit und Leichtigkeit in der Auffassung und Bmrtheilung einzelner Rechtsfälle — wie schätzenswerth diese Eigenschaft auch sein mag — doch nicht gegen Oberflächlichkeit sichert, diese vielmehr nur durch ein ernstes, gewissenhaftes, unablässiges Studium der Wissenschaft vermieden werden kann. Greifswald, Ostern 1864.

Vorwort zur zweiten Auflage. zweite Auflage enthält eine Reihe von Berichtigungen und Zusätzen; einer erheblichen Umarbeitung mußte in Folge der neueren Gesetzgebung der §. 68 unterworfen werden. Dagegen konnte nur in den Noten auf die jetzt im Fluß befindliche Reform auf dem Gebiete des Jmmobiliarsachenrechts hingewiesen werden, weil zur Zeit noch nicht zu übersehen ist, wann sie zum Abschluß gelangen und welchen Erfolg sie haben wird. Der Verfasser hat die der ersten Auflage zu theil gewordenen Beur­ theilungen sorgsam geprüft und sich der Erwägung, ob das Werk tiefer greifende Aenderungen, insbesondere in Betreff der systematischen AnX J \t

ordnung erleiden müsse, nicht entzogen, ist jedoch zu einem verneinenden E rgebniß gelangt.

E s ist ihm B edürfniß, sich hierüber zu rechtfertigen.

Bem ängelt worden ist, daß in dem s. g. allgemeinen T h eil, der in dem Werk die Bezeichnung der G rundbegriffe erhalten hat, nicht Lehren ihren Platz gefunden haben, die, wie die Lehre von den Verträgen, vom Besitz, von der Anfechtung

der Rechtshandlungen

zahlungsunfähiger

Schuldner, beffer hier als im s. g. besonderen T h e il stehen würden.

Nicht

unabsichtlich oder aus Sucht nach Eigenthümlichkeiten hat der V e rfa ffe r die Bezeichnung „G rundbeg riffe " fü r den allgemeinen T h e il gewählt.

Er

hat dadurch anzeigen wollen, daß nach seiner Ansicht der allgemeine T h e il nicht der A blagerungsort fü r solche Rechtsinstitute sein dürfe, die man anderwärts nicht unterzubringen wisse, daß in den allgemeinen T h e il überhaupt nicht die D arstellung k o n k re te r R e c h ts in s titu te , sondern in der T h a t n u r die allen oder vielen derselben zu G runde liegenden a l l ­ g e m e in e n R e c h t s b e g r i f f e gehören.

D a s kann freilich im einzelnen

F a ll Zw eifel ü b rig lassen, so ist namentlich die systematische S tellung des paullianischen Anfechtungsrechts im

O bligationenrecht nicht ohne B e ­

denken, w eil durch dasselbe nicht bloß Vertragsrechte, sondern auch E igen­ thumsrechte angegriffen werden.

Dergleichen Zw eifel, die übrigens mehr

oder weniger gegen jede systematische Anordnung erhoben werden können, erfahren aber wohl am einfachsten und natürlichsten ihre Lösung dadurch, daß jeder Lehre im System eine solche S te llu n g angewiesen w ird , welche ihre hauptsächliche Eigenthümlichkeit am besten hervortreten lä ß t, so zu sagen a potiori genommen ist.

Und von diesem Gesichtspunkt aus scheint

sich auch die S te llu n g des paullianischen Rechtsmittels zu rechtfertigen. Mehrfach ist in den B eurtheilungen

dieses W erk m it

dem von

U n g e r über das österreichische Privatrecht in Vergleich gebracht und dabei m it Recht darauf hingewiesen worden, daß eine gleiche Bedeutung, wie sie das letztere fü r das gemeine Recht in Anspruch zu nehmen hat, dem vorliegenden nicht beigelegt werden kann.

D ankbar erkennt der V e r­

faffer die reiche Anregung und Belehrung a n , die ihm U n g e r s Werk geboten hat.

A ls er aber den P la n fü r seine A rb e it entw arf, konnte

ihm nicht entgehen, daß eine D arstellung des preußischen Rechts bei der fast erdrückenden Masse seines D e ta ils und feines übergroßen Stoffreich­ thum s w eit weniger R aum gewähre fü r selbständige Untersuchungen, die dem Gebiete des gemeinen Rechts angehörten.

E r mußte sich daher in

dieser Beziehung nothwendig Beschränkungen auferlegen, während bei einer Bearbeitung des österreichischen Rechts in Folge des viel kompendiöseren Charakters des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs die Lehren des gemeinen Rechts in einem breiteren Strom hineingeleitet werden konnten, und für ausführliche Erörterungen gemeinrechtlicher Kontro­ versen mehr Raum geboten war. Dazu kommt, daß dem Berfaffer, viel­ leicht in Folge seines Lebensberuss, nahe lag, der gemeinrechtlichen Praxis eine größere Berücksichtigung zu widmen, als dies bisher in den Lehrund Handbüchern geschehen ist. I n der gemeinrechtlichen Praxis voll­ zieht sich täglich der noch keineswegs abgeschloffene Prozeß der Rezeption des fremden Rechts, sie darf nicht einseitig das Gebiet des Privatrechts in zwei getrennte Felder, ein romanistisches und germanistisches, zer­ theilen, wie dies leider noch ausschließlich und zum größten Nachtheil für die Rechtsentwickelung in Deutschland in der Doktrin geschieht. D arum giebt aber auch die Praxis zur Zeit ein viel unmittelbareres und viel richtigeres Bild von dem wirklichen, geltenden Recht, als es aus den Lehr- und Handbüchern gewonnen werden kann. Berlin, Weihnachten 1868.

V orwort zum v i e r t e n B a n d e . ! ^ a s Erscheinen des 4. Bandes ist durch eine im Jahre 1868 ein­ getretene Veränderung der amtlichen Stellung des Verfassers und durch vermehrte Berufsarbeiten verspätet worden. Die Vollendung des Werks wird möglichst beschleunigt werden. Gegenwärtig ein deutsches Partikularrecht zum Gegenstand wiffenschastlicher Darstellung zu machen, kann fast als unzeitgemäß erachtet werden. Und doch sind gerade in neuester Zeit solche Arbeiten besonders gepflegt worden, wie das eben erschienene verdienstvolle Werk P aul Roths über das bairische Civilrecht beweist. Wenn es gewiß die Aufgabe der nächsten Zukunft sein wird, aus der unendlichen und unübersehbaren Verschiedenheit der Rechte zu einem einheitlichen deutschen Rechte zu ge­ langen, so werden jene Arbeiten wenigstens das Verdienst haben, w as

tüchtigen V orarbeiten fü r ein neues Unternehmen gebührt, dessen G ru n d ­ lage doch im m er der bisherige Zustand sein w ird, welcher deßhalb genau und vollständig gekannt sein muß.

Hoffentlich w ird weder M u th noch

B efähigu ng versagen, das große Ziel eines deutschen Civilgesetzbuches zu erreichen: wenn je, so muß es in einer Z e it erreicht werden können, die einzig ist durch die G roßartigkeit ihrer Ereignisse.

W ie ganz anders,

m it wie viel besserer Vorbereitung würde heute ein solches Werk be­ gonnen werden können, als 1814, wo der edle patriotische E ife r T h ibauts es noch vergeblich verlangte.

W as damals S a v ig n y dagegen

einwendete und einzuwenden berechtigt w ar, tr ifft heute kaum noch zu. D ie Rechtsentwickelung in der D oktrin, in der P ra xis und Gesetzgebung ist jetzt so w eit vorgeschritten, daß nicht allein eine klare Einsicht in den U m fang und in die Tiefe der Aufgabe, sondern auch eine bessere und einfachere Technik in der Ausarbeitung erreichbar ist, als sie den bisherigen Gesetzgebungen beiwohnte.

Aber Alles drängt auch da ra u f

h in , die A rb e it zu wagen, sie zeigt sich als unabweisbare Nothwendigkeit. M a g m an auch den W erth des idealen Gutes einer deutschen Rechts­ einheit sehr hoch halten; er allein würde nicht ausreichendeu A n trie b geben: die realen Nothwendigkeiten werden viel kräftiger und nachhaltiger dazu treiben.

D ie E inheit des Verkehrs im deutschen Reich ist aus dem

volkswirthschaftlichen Gebiete nahezu erreicht; sie w ird nicht gedeihen und im m er wieder der Gefahr, in partikulare Zersplitterung zu zerfallen, ausgesetzt sein, wenn nicht das schützende Recht überall dasselbe ist. — E in einheitliches deutsches Prozeßrecht steht in Aussicht und es w ird hoffentlich gelingen, trotz der ankämpfenden V o rurtheile und engen Ge­ wöhnungen dieses schwierige Werk zu vollenden; aber m an täusche sich nicht: die gedeihliche Handhabung

des Prozesses hängt wesentlich von

der Gestaltung des Civilrechts ab. W o das letztere undurchsichtig, stofflich überladen, vielfach bestritten, in zahlreichen einzelnen Gesetzen zerstreut ist, w ird das mündliche V erfahren m it großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben; es w ird sich leicht und elastisch bewähren, wenn das C ivilrecht einfach gegliedert, auf einfache Grundsätze zurückgeführt, von erdrückender Kasuistik frei ist. — D a s linksrheinische Gebiet Deutschlands, in wel­ chem das dort geltende französische Recht theils längst nicht mehr an der F o rtb ild u n g T h e il n im m t, die es in Frankreich erfä h rt, theils erst in diesen Tagen von derselben getrennt wordeu ist, kann n u r durch eine

Gesammtcodification des Privatrechts fü r die gemeinsame deutsche Rechts­ bildung wieder gewonnen werden; w ird sie ihm versagt, so geht das rheinisch-französische Recht in seiner Jsolirung unvermeidlich einer un­ heilvollen Versumpfung entgegen.

Schon jetzt ist seine wistenschastliche

Pflege eine äußerst geringe. — V o r allem aber kann nicht ernst und nachdrücklich genug darauf hingewiesen werden, daß der Rechtsentwicke­ lung in Deutschland eine schwere Gefahr droht, wenn der organische Zusammenhang des Privatrechts zerriffen w ird , wenn einzelne Theile von der Reichsgesetzgebung geordnet werden, Landesgesetzgebungen frei bleiben sollten.

die anderen den vielen

E s ist schon ein zweifelhaftes

G ut, daß sich von dem gemeinen Obligationenrecht ein besonderes Han­ delsobligationenrecht zu selbständiger Entwickelung abgezweigt hat; ein viel größerer Zwiespalt würde in das gesammte Privatrecht getragen werden, wenn das Obligationenrecht aus seinem Zusammenhang her­ ausgerissen als Reichsrecht bearbeitet würde.

W ie soll dies geschehen,

ohne nicht zugleich tief in alle übrigen M aterien des Privatrechts ein­ zugreifen, wie soll es möglich sein, ein solches Obligationenrecht gleich paffend fü r das gemeine, das preußische und das rheinische Recht zu verfassen! M a n denke n ur an die großen Verschiedenheiten des ding­ lichen Rechts in diesen drei Systemen,

insbesondere des P fan d - und

Hypothekenrechts, an die Verschiedenheiten auf den Gebieten des ehe­ lichen Güterrechts und des Erbrechts.

S o ll denn immer ein deutscher

Rechtszustand überreich an Verwickelungen sein, statt endlich einmal zu einer einfachen Entwickelung zu gelangen? S e it der Receptton des rö­ mischen Rechts lagerte sich über die mannigfachen parttkularen Rechte das gemeine Recht; es bot wohl ein einheitliches Recht dar, aber es stand nicht in organischem Zusammenhang m it den deutschen Unterlagen; trotz seines hohen inneren Werthes blieb es ein ftemdes Recht und die theils ausgeführten, theils unausgeführt gebliebenen Versuche, durch die Gesetzgebung dieses ftemde Recht unseren Zuständen zu asfimiliren, find daher bis in unsere Tage zahlreich gewesen.

Aus dieser gesetzgeberischen

Unruhe werden w ir nicht herauskommen, so lange w ir uns nicht zur Ausarbeitung eines das ganze Privatrecht umfassenden Gesetzbuchs ermuthigen können oder wollen.

Uud was w ird durch das stückweise Codi-

fiziren einzelner M aterien oder durch die jetzt beliebten Gelegenheits­ gesetze erreicht werden? E in in Fetzen herumflatterndes Privatrecht, ganz

ungeeignet, eine dauerhafte und gesunde Grundlage der Rechtsentwicke­ lung für die nächsten Generationen zu bilden. Darum aber muß es sich jetzt vornehmlich handeln, einen solchen Grund zu legen, aus dem ein wahrhaft gemeines deutsches Recht emporwachsen kann, endlich ein­ mal die schwere und wohl unlösbare Aufgabe abzuschließen, welche die vergangenen Jahrhunderte der deutschen Rechtswiffenschaft und Rechts­ pflege gestellt haben, täglich fremdes Recht zu recipiren und täglich den Versuch zu erneuern, das Fremde in einen organisch-systematischen Zu­ sammenhang mit dem Heimischen zu bringen. Gelegenheitsgesetze find nicht so gut, wie Gelegenheitsgedichte; man kann bei ersteren, wenn fie nicht einen ganz eingeschränkten, vereinzelten In h alt haben, nie mit Sicher­ heit ermessen, wohin ihre Tragweite sich ausdehnt, wie tief und wie störend sie in das ganze Rechtssystem eingreifen und gelegentlich nimmt man es sich bei solchen Gelegenheitsgesetzen auch nicht sonderlich übel, die juristische Theorie zu durchbrechen. Es ist aber kein Vorwurf gegen Gesetze, die das Recht normiren, wenn sie juristisch richtig gedacht sind; es giebt keinen Gegensatz zwischen richtiger Theorie und gesunder Praxis. — M an meine doch auch nicht, daß gewiffe Theile des Privatrechts ihrer Natur nach einen provinziellen Charakter haben und deßhalb von der Codification des Ganzen ausgeschloffen bleiben müßten. Was ist denn überhaupt provinzielles Recht? D as ist ein ganz unbestimmbarer Begriff: soll mau das preußische Allgem. Landrecht so bezeichnen, da es nicht in allen Provinzen des S taates gilt, ober das rheinische Recht, oder das lübische, was fast am ganzen Saum e der Ostsee galt und zum Theil noch gilt, — während doch gewiß das königl. sächsische Gesetz­ buch gemeines Landesrecht ist? Freilich mag das Anerben- oder Meier­ recht sich in der einen Landschaft anders gebildet haben, als in einer anderen: Niemand wird es einfallen, solche Rechtsinstitute durch eine Codification zu Instituten des gemeinen Rechts zu machen, oder Lehne und Familienfideicommiffe mit diesem Charakter zu bekleiden. Der­ gleichen mag in dem engen Kreise bleiben, dem es angehört. Auch wird es angehen, gewiffen lokalen Formen des ehelichen Güterrechts noch Raum zu geben, wie es ja z. B. das Allgem. Landrecht gethan hat. Aber weder das Familien- noch das Erbrecht sind von Natur provinzialrechtlich. Wer will dem gemeinen Dotalrecht, dem römischen Jntestat-, Testaments- und Pflichttheilsrecht, dem französischen und

preußischen Familien- und Erbrecht den allgemeinen Charakter absprechen, oder wer will behaupten, daß die Lebenskreise, die unter diesen Rechten stehen, an Individualism us, an berechtigten Eigenthümlichkeiten einge­ büßt haben.

M änner, die in der vordersten Reihe der Wissenschaft

stehen, wie Windscheid, hegen die Hoffnung und den Wunsch, daß wir jetzt zur Einheit des Privatrechts gelangen können. Noch fehlt die formelle Zuständigkeit für das Reich, da ihm Art. 4 der Verfassung nur das Obligationenrecht überwiesen hat.

Sollte es so schwer sein,

in diesem Artikel das Wort Obligationenrecht mit dem Worte Civilrecht zu vertauschen? Berlin. Ostern 1871.

Vorwort zur

dritten

Auflage.

x J te neuere preußische Gesetzgebung hat aus dem Gebiete des P r i­ vatrechts insbesondere durch die Gesetze vom 5. M ai 1872 über das Jm mobiliarsachenrecht tief in das System des A.L.R. eingegriffen.

In

Folge deffen hat die dritte Auslage vielfache Veränderungen erleiden müssen, welche zwar hauptsächlich im 3. Bande hervortreten, aber auch schon im 1. Bande erhebliche Umarbeitungen nothwendig gemacht haben. I m Uebrigen ist der Verfasser bemüht gewesen, Verbefferungen im E in ­ zelnen vorzunehmen, zu welchen ihm von manchen Seiten, theilweise namenlos, dankenswerthe Beiträge zugegangen find, sowie die neue Lite­ ratur und Rechtsprechung zu berücksichtigen; von letzterer bedarf jetzt auch die Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts besonderer Beach­ tung. D as Register zu den früheren Auflagen hat Herr Kreisrichter Rademacher ausgearbeitet, er hat sich bereit erklärt, daffelbe auch für die dritte Auflage zu übernehmen und erwirbt sich hierdurch einen besonderm Anspruch aus den Dank des Verfaffers. W as in der Vorrede zum 4. Bande als Wunsch und Nothwendig­ keit ausgesprochen worden ist, daß die Zuständigkeit der Reichsgesetzge­ bung aus das ganze Civilrecht ausgedehnt werde, ist jetzt nahe seiner

Vorwort zur dritten auflagt.

XV

Verwirklichung. Inzwischen find bereits in der Literatur sehr verschie­ dene Ansichten über die beste Art und Weise der Ausarbeitung eines deutschen Civilgesetzbuchs ausgesprochen worden. Fitting fürchtet einen zu plötzlichen und unvermittelten Uebergang in das neue Recht, wenn sofort das Gesetzbuch verfaßt würde, und will deshalb demselben erst eine zweck- und planmäßige Spezialgesetzgcbung vorangehen lasten, welche zu­ nächst diejenigen Rechtssätze einheitlich regele, welche am leichtesten und unbedenklichsten einer einheitlichen Festsetzung zugänglich find, und fort­ schreitend einen immer wachsenden Grundstock gemeinsamen Rechts bilden würde, bis dann als Schluß sich für die Alles zusammensaffende Codification das Ganze als die durch die Stückcodificationen gereiste Frucht wie von selbst ergäbe. Surfet widerräth diesen Weg zu betreten: die sofortige Abfassung eines vollständigen deutschen Civilgesetzbuchs sei das allein Angemeffene. Ueberzeugend weist er nach, daß jener Weg nicht betreten werden darf, daß er, indem auf ihm ^Schwierigkeiten vermieden werden sollen, in neue und unerträglichere Schwierigkeiten führen müßte. Aber auch Paul Rothe will nicht gleich mit der Abfaffung des Civilge­ setzbuchs beginnen lassen, sondern der Codification eine Unifikation, eine allmählige Aufräumung der kleineren Partikularrechte voranschicken, wäh­ rend wieder der Verfasser eines Aufsatzes in der Augsburger Allgemeinen Zeitung (Beilage v. 13. M ai 1873 V—ff.) frisch und muthig das große Werk zu unternehmen räth. Wer wollte zweifeln, daß nur auf diesem Wege ein Gelingen in absehbarer Zeit möglich und denkbar ist. Wie groß die Schwierigkeiten sind, die der Aufstellung eines einheitlichen deutschen Privatrechts entgegenstehen, nachdem Jahrhunderte lang der Mischlings- und Verwirrungsprozeß des fremden und einheimischen Rechts gedauert hat, Landschaften und Ortschaften ihre besonderen Rechte sich ge­ gründet und große Gesetzbücher neugestaltend einen Rechtszustand fixirt haben, der zum Theil bereits veraltet und durch die weiteren Entwicke­ lungen der neueren Zeit überwunden worden ist, und endlich in unseren Tagen zu den alten Gegensätzen des statutarischen, Landes- und gemeinen Rechts der neue Gegensatz des Reichsrechts sich gesellt hat, welches nicht subsidiär wie das gemeine Recht, sondern durchgreifend und durchschnei­ dend gilt und Alles umwirft, was ihm in den Weg tritt, das Alles weiß jeder Jurist. Aber man hoffe nicht, diese Schwierigkeiten zu überwinden, wenn man zu tief sich in dieselben einläßt, wenn man erst all das kleine,

fast durchweg unbrauchbare D e ta il des Partikularrechts schonend ordmen und bewahren, wenn man stückweise vorschreiten w ill, während doch glceich ein Ganzes, ein System des Rechts gebildet werden soll, das vor Stillem der Einheitsarbeit bedarf.

Wohl gehört nicht bloß eine unendliche Frülle

von Selbstbescheidung und Mäßigung zu dem Gelingen des Werks; dienn viel Altgewohntes und theoretische Lieblingsanfichten werden aufgegetben werden müssen, weil sie sich in die Einheit nicht fugen können.

Ebeenso

sehr aber wird auch ein unbeugsamer, kühner M u th gefordert, nach alllen Richtungen hin auszuräumen, das Veraltete niederzureißen oder woegzuwerfen.

Gewiß wird das neue Werk nicht zu Stande kommen ohhne

große und zahlreiche M ängel.

Aber die Aufgabe der Gegenwart ist

es,

daß die feste, einheitliche Grundlage gewonnen werde, eine Grundlaage, welche im Großen und Ganzen dem heutigen Standpunkt der Wiffsenschast und Rechtsprechung, den heutigen Verkehrsbedürfniffen und Lebernsverhältniffen entspricht.

D a s kann und das muß gelingen, heute so cgut

wie in späteren Jahren.

W as dann, wenn die Einheit erst gewonmen,

im Einzelnen zu bessern übrig bleibt, mögen diejenigen besorgen,

die

nach uns kommen: ihre Arbeit wird immer noch eine unendlich viel lerichtere sein als die unsrige.

Möge ein günstiges Geschick dem gewaltiggen

Unternehmen beschieden sein! B erlin, Ende J u n i 1873.

Der Verfasser.

Vorwort zur

vierten

Auflage.

! ^ e r am 8. August 1878 erfolgte Tod des Verfassers dieses Buuchs ist über den Kreis persönlicher Verehrer und Freunde hinaus von i den vielen preußischen Juristen, denen Franz Förster gerade durch dieieses Buch werth geworden ist, als ein schwerer Verlust empfunden worirden. D a ß eine andere Hand dem juristischen Publikum eine neue Ausgyabe der „Theorie und P raxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechchts" zu bieten hat,

ist ein W agniß;

durch Dankbarkeit und Freundschchaft

lange Jahre hindurch dem Verfasser verbunden, hat der Unterzeichnete nach der an ihn ergangenen Aufforderung geglaubt, dieses Wagniß unternehmen zu sollen. Nur in einer die Umgestaltungen der letzten sieben Jahre berücksichtigenden Bearbeitung kann Försters Buch für den Praktiker verbleiben, was es demselben so schnell nach der ersten Ausgabe des Jahres 1864 geworden ist. Die Bearbeitung mußte davon Abstand nehmen, den Text des Försterschen Buchs unverändert zu erhalten und nur durch Zusätze zu ergänzen. Die Einwirkungen der neuen Gesetzgebung find hierfür zu groß, und das Buch würde den Vorzug der Uebersichtlichkeit vollständig eingebüßt haben. Wo der Herausgeber geglaubt hat, von dem S tand­ punkt des Verfassers auch ohne den Anlaß neuer gesetzlicher Regelung abgehen zu müssen, find die Abweichungen kenntlich gemacht und in der Regel kurz erörtert, wenn es sich nicht lediglich um eine Ungenauig­ keit des Ausdrucks oder eine Flüchtigkeit Handelle, deren Beseitigung als zweifellos erschien. Die Ergebnisse der Rechtsprechnng und der neueren Literatur haben überall Berücksichtigung gefunden. Die Einwirkung der Reichsjustizgesetze aus das materielle preu­ ßische Recht ist ein Gegenstand theoretischer Erörterung, der bisher nur wenig Bearbeitung gefunden hat. Was die Kommentare der Reichs­ justizgesetze geben, ist selten eingehend. Auch Dernburg, dessen preu­ ßisches Privatrecht Band 1. in zweiter Auflage noch vor dem Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze erschienen ist, giebt zwar Ausblicke in die Neu­ gestaltung des Rechts, hat aber im Wesentlichen die Aufgabe, das äl­ tere Recht zu erörtern, festgehalten. So glaubt der Herausgeber bei der Besprechung der Einwirkung der Reichsjustizgesetze manches Neue zu bieten, gewiß auch vieles, was erst nach Widerrede und neuer Ver­ theidigung sich als richtig erproben oder Besserem zu weichen haben wird. Trotz der nothwendigen Aenderungen handelt es sich um Heraus­ gabe des Försterschen Buchs, dessen Ausbau bis in die Einzelheiten hinein möglichst festzuhalten war. Selbst da, wo die neue Gesetzgebung den Im puls zu systematischer Aenderung verstärkt hat, ist die Folgeorbnraig, meist auch die Bezeichnung der Paragraphen gewahrt worden. An Stelle einzelner antiquirter Lehren werden möglichst entsprechende Lehren des neuen Rechts einzuschieben sein.

XVIII

S o ro o it zur vierte» Auflage.

Zunächst tritt in ähnlicher Weise, wie bei dem ersten Erscheinen des Buchs die erste Abtheilung des ersten Bandes gesondert vor das Publikum. Zu den von Förster so genannten Grundbegriffen gehören die wesentlichsten Theile des materiellen Prozeßrechts, soweit sie gelegentlich der Behandlung des Civilrechts überhaupt zu erörtern find. M it Rück­ ficht hierauf ist es dem Herausgeber von verschiedenen Seiten nahe gelegt, die erste Hälfte des ersten Bandes möglichst bald erscheinen zu lassen. Voraussichtlich wird die zweite Hälfte bis Ostern des neuen Jahres folgen können. Wenige Paragraphen dieser ersten Abtheilung find ohne ändernde oder ergänzende Zusätze geblieben. Erheblichere Umgestal­ tungen, zum Theil Umarbeitung haben die §. 19., Rechtssubjckt, Person, § .2 1 ., Eintheilung der Sachen, § .2 6 ., Handlungsfähigkeit, §. 40., Form der Rechtsgeschäfte, §. 45., Berechnung der Zeit, §. 48., V or­ beugender Schutz gegen Rechtsverletzung, § .4 9 ., Selbsthilfe, §.49"., Schiedsspruch, § § .5 0 .- 5 2 ., Klage, § .5 3 ., Einrede, §.5 4 ., Beweis, §§.55 und 56., Rechtskraft, § .5 7 ., Verjährung durch Nichtgebrauch, und §. 60., Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfahren. Als neuer Paragraph ist hinter §. 56. ein Anhang von „Vorläufiger Vollstr eckbarkeit und vollstreckbaren Urkunden" getreten, und im §. 58. wird statt von Diffamation vom Aufgebot und Ausschlußurtheil gehandelt. Berlin, im November 1880.

Dr.

Eccius.

Erklärung der abgekürzten Citate. Die Abkürzungen im Citiren preußischer Rechtsquellen und Schriften sind die her­ kömmlichen (s. Ergänzungen B . 1. vor der Einleitung). Die Lehr- und Handbücher des gemeinen römischen und deutschen Rechts sind m it den Namen ihrer Dersasser citirt. ( A r n d t s 4. A. B ö c k in g . K e lle r . P u c h ta 5. A. S i n te n is jetzt 3. A. S e u f f e r t 4. A. D a n g e ro w 6. A. W in d s c h e id 5. A. — B e s e le r (2. A. 1866). B lu n t s c h li 3. A. G e rb e r 9. A. 1867. S to b b e B . 1. 1871. B . 2. Abtheil. 1. 1875. Abtheil. 2. 1876, B. 3. 1878. S a v ig n y , ohne weiteren Beisatz, bedeutet sein System des heutigen römischen Rechts. 8 Bde. - würtembergisches Privatrecht, 39 2.1842. W ä c h te r, - österreichisches Eivilrecht, 1 .2.B d. 1856. U n g e r. 1859. 6. Bd. 1864. (3. u n v e rä n d e rte Aufl. 1868). B .6 . 2 .A . 1871. - Handbuch des französ. E iv ilr. 6. Aufl. Z a c h a riä ( P u c h e lt) , 4 Bände. 1874. - Archiv für Entscheidungen der obersten S e u fs e r t, Gerichte Deutschlands seit 1847. R o tb , - sein bair. C iv .-R . Dd. I. 1871, 39.2.. 1872. B . 3. 1875, während sein System des deutschen Privatrechts (39d. I. 1880) mit dem Zusatz R o th . D .P r.R . c itirt wird. Außerdem: Zeitschr. f. E. u. P r. Arch. f. civ. Prax. Arch. f. pr. R.W.

bedeutet Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, Gießen seit 1827. Archiv für civilistische P raxis, Heidelberg, seit 1814. Archiv für praktische Rechtswissenschaft, seit 1853. N .F . seit 1864. Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen G e rb e r und Z h e r in g und deutschen Privatrechts, seit 1857; jetzt von J h e r in g und U n g e r und seit dem 12. 39. in Verbin­ dung m it O tto B a h r und A g a th o n W u n d e r lic h herausgegeben. Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts, seit 1857 B e tt e r u. M u th e r (m it dem 6. Bande geschlossen). B lätter für Rechtsanwendung, zunächst in Baiern, seit D l. f. R.A. 1836. Wochenbl. f. m. Rf. Wochenblatt für merkwürdige Rechtsfälle, zunächst für das Königreich Sachsen, herausgeg. v. T a u ch n i tz N.F. seit 1853.

XX

Erklärung der abgekürzten Citate.

Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung in Sachsen, h. v. Tauchnitz. Annalen de- königl. sachs. OApp.Ger. zu Dresden, Dresdner Annal. h. v. L a n g e n n , Eickel, P ö s c h m a n n , seit 1860. Annalen der Justizpflege und Verwaltung in Kur­ H e u se r, Ann. hessen, h. v. Heuser, seit 1855. WürtembergischeS Archiv für Recht und RechtSverwalWürtemb. Arch. tung, h. v. K ü b e l und S a r w e y . Auserlesene CivilrechtSsprüche der höheren GerichtsT a f e l , Civ.Rspr. stellen in Würtemberg, h. v. T a f e l und H v p f e n g a r t n e r , seit 1841. Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt, B l. f. Rpfl. h. v. Hotzel. Archiv für die Praxis des gesammten im GroßherzogOld. Arch. thum Oldenburg geltenden Rechts. Oesterreichische Lierteljahrschrift für Rechts- und Stm atsH a i m e r l , Bierteljschr. wissenschaft. h. v. H a i m e r l . Kritische Zeitschrift für die gesammte Rechtswissen­ Krit. Zeitschr. schaft, h. v. B r i n c k m a n n , D e r n b u r g u. A. 5 Bände. Heidelberg, 1853— 1859. (Abgeschlosisen.) Krit. Ueberschau Kritische Ueberschau der deutschen Gesetzgebung uttb Rechtswissenschaft, h. v- A r n d t s , Bl unt s c khl i , P ö z l . München. 1853— 1859, 6 Bde. (Abgeschlosssen.) Krit. Bierteljschr. Kritische Dierteljahrschrift für Gesetzgebung und Recchtswissenschaft, h. v. P ö z l , München, seit 1859. Wom 6. Bande mitherausgegeben von B e t t e r , später von Wi nds che i d, jetzt von B r i n z . S c h l e t t e r , Jahrb. Jahrbücher der deutschen Rechtswissenschaft und Ge­ setzgebung h. v. S c h l e t t e r seit 1855. Gruchot. Gr u c h o t j. R a s s o w und Künt z el . Beiträge zun E r­ läuterung des Preußischen (jetzt des Deutschen) RecchtS. Grünhut. Zeitschrift für Privat- und öffentliches Recht der Ge­ genwart. Wien seit 1874. Entscheidungen des Bundes-, bzw. Reichs-OberthanEntsch. de- R.O.H.G. Entsch. de- R.G. delSgerichtS, jetzt des Reichsgerichts, herausgegeben v. d. Mitgl. deS Gerichtshofes. Stegemann, Die Rechtsprechung des deutschen Oberhandelsgeriechts. J o h o w , Jahrb. Jahrbuch für endgiltige Entscheidungen der preußisschen Appellationsgerichte. F e n 'n e r u. Mecke, civilr. Entsch. Eivilrechtliche Entscheidungen der obersten Gericchtshöfe in Preußen für die gemeinrechtl. Bezirke des preuß. S t. Zeitschr. f. Rpfl. n. Derw.

-

Uebersicht des Systems. E in le itu n g . E rstes Buch. D ie G rundbegriffe. Erster Theil. D as Recht. Zweiter Theil. Die Berechtigung. Z w eites Buch. D ie besonderen P rivatrechte. Erster Theil. Die persönlichen Rechte oder die Lehre von den Schuldverhältniffen. Zweiter Theil. Die dinglichen Rechte. Dritter Theil. D as Familienrecht. Vierter Theil. D as Erbrecht. Fünfter Theil. D as GeseÜschastsrecht.

Jnhaltsverzeichniß des I. Bandes. Abth. 1. Einleitung.

Sei,«

§. 1. Geschichtliches................................................................................. §. 2. D as allgemeine Landrecht imb die allgemeine Gerichtsordnung . . . Redaktion des A.L.R. 6. Quellen. 8. Publikation. 10. Redaktion der A.G.O. 10. Verhältniß beider Gesetzbücher zu einander. 11. § .3 . Spätere Gesetzgebung.Reichsrecht..................................................... Erster Anhang. 12. Revifionsarbeiten. 12. Tendenz der späteren Ge­ setzgebung, die verschiedenen in Preußen geltenden Rechtssysteme auszu­ gleichen. 13. Reichsgesetze, insbesondere die Reichsjustizgesetze S . 13. §. 4. Giltigkeit des A.L.R. als gemeinen R echts....................................... Verhältniß zu den Provinzialrechten. 14. §. 5. Giltigkeit des A.L.R. als Rechts der Preußischen S t a a t e n .............. Theilweise Suspension. 16. Einführung in die neuen Provinzen. Gemeines und französisches Recht 17. §. 6. Beurtheilung bet A.L.R.................................................................... §. 7. System des A.L.R............................................................................ System dieses Werks. 24. §. 8. Wissenschaft des preußischen R echts..................................................

Erstes Buch.

1 6

11

14 15

18 22 26

Die Grundbegriffe.

E rster T heil.

Ilecht.

Erste- Kapitel. §. 9. Da- Gesetz...................................................................................... D a- Gesetz als vorherrschende Quelle des preußischen Rechts. 34. Unter­ schied von Gesetz und Verordnung. 35. Prüfung der Gesetzmäßigkeit durch die Gerichte. 36. Publikation. 37. Verbindende Kraft des Ge­ setzes. 38. Dauer der Gesetzt-kraft. 39. §. 10. Zeitliche Begrenzung derAnwendbarkeit der Gesetze.......................... Regel der Richt-Rückwirkung. 40. Gesetze über das Dasein von Rech­ ten. 42. Recht-- und Handlungsfähigkeit. 44. Verträge. 45. Form der Rechtsgeschäfte. §. 43. I. 3. A.L.R. §. 17. E inl. 46. Widerrecht-

33

40

Inbaltsvtizeichniß des I. B ande-.

Abth. I.

XXUI Leite

liche Beschädigung. 47. Eigenthum, dingliche Rechte; Verjährung. 48. Familienrecht. 49. Erbrecht. 51. Prozeßvorschriften. 52. §. 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.......................... Staatsverträge. 53. Entwickelung des internationalen Privatrechts, System der Stammrechte, der Landesrechte, der Gleichberechtigung. 53. P erso n al-. R eal-, gemischte S tatu ten . 54. Grundsatz nach S avigny. 54. Wohnsitz, Herkunft. 56. Rechts- und Handlungsfähigkeit. 57. Vermögensrecht. 59 Obligationen. 61. Form der Rechtsgeschäfte, locus regit actum . 62. In h a lt und Wirkung der Rechtsgeschäfte. 63. Gesetzliche Obligationen. 64. Delikte. 65. Familienrecht. 65 E rb­ recht. 66. Prozeßgesetze, Klagenverjährung. 68. Konkursverfahren, Anfechtungsrecht. 70. Retorsionsrecht. 71. §. 12. Auslegung der G esetze....................................................................... Grammatische, logische Interpretation. 71. Register, M arginalien. P u b l.-P at. §. IX . 73. Landtags- und Reichstagsverhandlungen. 74. §. 13. A n alo g ie............................................................................................. Z w e i te s K a p ite l. §. 14. D as Sonderrecht und P riv ile g iu m .................................................... Bedeutung. 76. Sonderrechtsstcllung der landesherrlichen Fam ilie, der vormaligen Reichsfürsten. 77. Ertheilung von Privilegien im Wege der Verwaltung. 77. Auslegung und Aufhebung der Privilegien. 78. D r i t t e s K a p ite l. §. 15. Erlasse des Königs und der B ehörden................................................. Delegirtes Polizeiverordnungsrecht. 80. V ie r te s K a p ite l. D as Gewohnheitsrecht. §. 16. D as D o lk srech t.................................................................................. Stellung des Landrechts und der Provinzialrechte zum G ewohnheits­ recht. 81. Observanz. 82. Beweis des Gewohnheitsrechts. 82. §. 17. D as Ju riste n re c h t.............................................................................. Präjudikate des O bertribunals und des Reichsgerichts 84.

Zweiter Theil.

53

71

75 76

79

80

83

Die Berechtigung.

E rs te s K a p ite l . §. 18. Begriff und allgemeine G ru n d sätze.................................................... Rechtssatze, Rechtsverhältnisse, Rechtsinstitute. 85. Berechtigung. Rechtserzeugende Thatsachen. Wohlerworbene Rechte. Rechtserwartun­ gen. Selbständige, abhängige Rechte. 86. Haupt- und Nebenrecht. Verbindlichkeit. Absolutes, relatives Recht. In h a lt, Gegenstand. 87. Theilbarkeit. Berechtigung als Macht. 88. Ausübung. Beschrän­ kungen der Rechtsausübung aus sittlichen Gründen. 89. Begrenzung des Privatrechts dem öffentlichen Rechte gegenüber. 90. Kollision. 91. Veräußerung. Entäußerung, Verzicht, Entsagung. 96. Untergang. 97. Ausschließung. 98. Z w e ite s K a p ite l. §. 19. D as Rechtssubjett, die P e rs o n ............................................................ Begriff der Rechts- und Handlungsfähigheit. 98. Leibesfrucht. 99. Ge-

85

98

Inhaltsverzeichnis des I. Bandes.

XXIV

Lbth. I. Seite

burt. Tod. 100. Verschollenheit. Todeserklärung. 101. Geschlecht. 105. Alter. 106. Religion, Ehre. Geburtsstände. Krankhafte Kör­ per- und Seelenzustände. 107. Verschwender. 108. Juristische Per­ sonen. Publikum. 109. D r i t t e s K a p ite l. D as Rechtsobjekt. §. 20. Begriff der S a c h e ............................................................................... 110 Auslegung des §. 3. I. 2. A.L.R. 111. § .2 1 . Eintheilung der S a c h e n ................................................................... 112 1) Körper, individuelle Sachen, Inbegriff. 112. U niversitas facti. Ju ris. 113. Bewegliche, unbewegliche Sachen, Substanz. 115. G rund und Boden Oberfläche. Ländliche, städtische Grundstücke. 106. W erth­ papiere, theil bare, untheilbare 6 .1 1 7 . Verbrauchbare, vertretbare S . 118. I n und außer dem Verkehr. 118. Frucht. 120. Nutzen, Nutzung. 121. Haupt- und Nebensache, An- und Zuwüchse. 122. Pertinenz. 123. 2) Rechte. 125. §. 22. Werth der Sache, rechtliches In te re sse ................................................. 127 Gebrauchs- und Tauschwerth. 127. W aare, P reis, Geld. 128. Ge­ meiner, außerordentlicher und Werth der Vorliebe. 129. Höherer und mittlerer Werth. 130. Pretium succedit in locuin rei. 130. Viertes Kapitel.

Die rechtliche Beziehung des Rechtssubjekts aus das Objekt.

1. Abschnitt. §. 23. Die allgemeine N atur dieser B e z ie h u n g ............................................. 132 Dingliches und persönliches R. 133. Erkennbarkeit deS dingl. R. 137. Titel u. M odus. 137. 138. Besitzergreifung. 140. E intragung. 141. Grundbuch, Einrichtung desselben. 142. Oeffentlichkeit. 143. G laube des Grundbuchs. Objektiver, subjektiver Glaube. 144. W as hetßt wisseu, w ann muß man wissen. 145. Beweis des Wissens. 146. B e­ grenzung der Vollständigkeit des Grundbuchs bezüglich der einzutragen­ den Rechtsverhältnisse. 146. Bedeutung des Vermerks thatsächlicher Ver­ hältnisse; Rechtswirksamkeit der E intragungen. 148. Endgiltige, vor­ läufige Einschreibungen. Konsensprinzip. 149. Legalitätsprinzip. 150. 2. Abschnitt. Ursachen der Berechtigungen. §. 24.

A llg e m e in e s ....................................................................................... Thatsachen: Handlungen und Begebenheiten. 150. Rückziehung. 151. K ontinuität des Rechts. 132. 1. Abtheilung. Die Handlugen und W illenserklärungen, Rechtsgeschäfte.

§. 25.

150

Der B e g r i f f ...................................................................................... Handlungen. Willenserklärungen. Unterlassungen. Rechtliche, wider rechtliche Handlungen. Rechtsgeschäft. 153. Einseitig, zweiseitig. Der trag. Entgeltlich, unentgeltlich. Unter Lebenden, von Todeswegen. 154. Folgen der Handlungen. 155. A. Die Willensfähigkeit.

152

§. 26. I. Die H a n d lu n g sfä h ig k e it................................................................ B ei Rechtsgeschäften. Unfähigkeit aus natürlichen G ründen. 156. A us Gründen des Gesetzes. 159. Bei widerrechtlichen H andlungen. 159. §. 27. Insbesondere die Z u re c h n u n g ............................................................. Begriff. Schuld. 160. Vorsatz, Versehen. S orgfalt. 161. culpa in concreto 162. G rade des Versehens. 163. Zufall. 165.

155

Inhaltsverzeichnis des I. BandeS.

Abth. I.

XXV Seite

§. 28.

II. Die V erfügungsfähigkeit................................................................166

§. 29.

I. Freiheit. Z w a n g ........................................................................... 168 Physische, psychische Gewalt. Furcht. D rohung. 169. Nichtig oder anfechtbar. 170.

§ 30.

I. Freiheit. I r r t h u m .......................................................................... 172 Falschwissen und Nichtwissen. 173. Rechtsirrthum und thatsächlicher Irrth u m . 174. Wesentlicher, unwesentlicher Irrth u m . 175.

§. 31.

I. Freiheit. B e tr u g ..............................................................................177 Begriff; dolus causam dans. 177. dolus incidens, gegenseitiger B e­ trug. Exc. doli generalis. 178.

§• 32.

IT. Ernst.

§ 33.

III. G e w iß h e it..................................................................................... 181 D. Die W illensäußerung.

§. 34.

I. A rte n .................................................................................................181 Ausdrückliche, stillschweigende, vermuthete Erklärung, Schweigen. 182. II. In h a lt.

§. 35.

a. Unbeschränkter W ille .......................................................................... 183 Wesentliche, natürliche Bestandtheile 183, zufällige 184. b. Selbstbeschränkter Wille.

§. 36.

B e d in g u n g .............................................................................................184 Keine Nebenbestimmung. 184. Beschränkung des D aseins des W illens. 185. Bedingtheit des Rechtsverhältnisses, nicht des Rechtsgeschäfts. Definitionen. 186. Abhängigkeit von einem Ereigniß. Zufällige, P o ­ testativbedingung. 187 Bestimmtheit deS bedingenden Ereignisses, Un­ gewißheit. Objektive oder subjektive? 188. Conditio Juris. Nothwen­ dige, unmögliche, unerlaubte, 189, affirmative, negative B . 190. Aufschieben, auflösen. 190. Wirkung während des Schwedens. 191. Entscheidung. Existenz, Deficienz. 193. W irkung der uneigentlichen B . 197. Beweislast beim S treit ob unbedingter oder bediugter Geschäfts­ schluß. 198. W illenserklärungen, die nicht bedingt fein dürfen. 199.

B. Der Willensentschluß.

Scherz und S c h e i n ........................................................... 179

§. 37. Z eitbestim m ung.......................................................................................200 Dies certus, incertus. 201. Anfangsterm in. 201. Endterm in. Rück­ ziehung. Unmögliche Zeitbestimmung. 202. Unterschied von B edin­ gung. 203. §. 38. Z w eckbestim m ung................................................................................... 204 B egriff und Anwendungssphärc. 204. Verhältniß zu dem Begriff: Vor­ aussetzung. 205. Erfüllung. 206. Klage? 207. Auslegung im Zwei­ fel, ov modus oder Bedingung. 208. §. 39. c. Nebeninhalt derWillenserklärung. Beweggrund und Beschreibung . 208 §. 40. III. Form der R echtsgeschäfte.................................................................209 Gesetzlich vorgeschriebene Form , verabredete Form. 210. Gesetzliche Formen nach Landrecht. 210. Schriftlichkeit. Bedeutung der Urkunde als Beweismittel. Beweiskraft, Echtheit. Oeffentliche Urkunde, P r i­ vaturkunde. 211. Rechtsgiltigkeit der Urkunde. 212, bei Privatschrift, bei öffentlicher Urkunde. 213. A uslegung der Urkunde. 214. Ersatz der Urkunde. 215. Förster, Preuß. Privatrechr. 1. 4. Lust.

XXVI

Irchaltsverzeichrriß M L 99«nbt4. Abth. I. Srile

§ 41.

Ungiltigkeit der Recht-geschäft«und derenH e ilu n g .............................. 215 Richtigkeit. Anfechtbarkeit. 216. Absolute, relative Richtigkeit? 218. Konvalescenz, Konversion. 220. Anerkennung 221. Entsagung der Einwendungen. 223. §. 42. Mitwirkung, Stellvertretung und nachträglicheZustim m ung.................... 223 Mitwirkung. 224. Beistand. Beitritt. 225. Stellvertretung. 226. Ge­ waltverhältniß, Vollmacht. 228. Ratihabition. 229.

§ 43. «u-legung der Recht-geschäfte............................................................230 §. 44. Widerrechtlich« H an d lu n g en ................................................................231 2. Abtheilung. Thatsachen. Zeitablauf. §. 45. §. 46.

3. §. 47. §. 48.

§ 49.

§. 49 a

§ .5 0 .

Berechnung der Z e it.......................................................................... 232 Frist, Zeitpunkt. Zeitdauer. 232. Zeiträume. 233. Verjährung. Allgemeines................................................................... 236 Kein jurist. Gattungsbegriff. Raturrechtliche Verallgemeinerung des Begriffs. 237. Systematische Stellung der tzehre. 238. Gemeinsame Grundsätze für beide Arten der Verjährung. 239. Rur vermöge Ge­ setze-, nur für bestimmte Rechte 241. Veränderung an Rechten durch Zeitablauf. Unterschied von Frist, 242, von Zeitbestimmung und Ge­ wohnheitsrecht. 243. Auch erlöschende Verjährung kein allgemeines Rechtsinstitut. 243., deSgl. die erwerbende D. 245. Hindernisse des Anfangs der D. 247. Abschnitt. Schutz der Berechtigung. Die Rechtsverletzung........................................................................250 I. Vorbeugender Schutz gegen Rechtsverletzung................................ 251 Staatliche Fürsorge bei Entstehung von Rechtsverhältnissen. Sicherung d«S erworbenen Rechts. 251. 1. Kaution. 252, 2. Rechnungslegung, 3. Protestation, 4. Reservation. 5. Vermögen-verzeichnisse. 254. 6. Einstweilige Verfügungen, Arrest, 7. Vormerkungen. 255, 8. S p err­ vermerke, 9. Sequestration, 10. Feststellung-klage. 256, Früheres Vor­ kommen derselben. 257, Wesen und Ziel. 258. II. Wiederherstellender Schutz. A. Außergerichtlich. S elbsthilfe...................................................................................... 260 Regelmäßige Unzulässigkeit. 260. Arten der Selbsthilfe. Ausnahmen von der Unzulässigkeit. 261. Pfändungsrecht, 261, nach Landrecht 263, nach dem Forst- und Feldpolizeigesetz. 265. Zurückbehaltung. 265. Schiedsspruch................................................................................... 265 Materielle R atur: Kompromißvertrag und ander« Grundlagen des Schiedsspruchs. 266. Bestimmung der Schiedsrichter. 267. Außer­ krafttreten des Schiedsspruchs. 269. Receptum. 269. Formelle- Ver­ fahren, Vollstreckung-urtheil. 270. Aufhebung 271. B. Gerichtlich. 1. Die Klage. a. Begriff. Bestandtheile. A r t e n ...................................................271 Verschiedene Auffassungen. 272. Klage da- Recht a l- Anspruch, Klage, aruud. 273. Klageantrag, Klageschrift. 274. Rechterzeugenbe That­ sachen. 275. Ergänzung und Berichtigung, Aenderung des Klagegrundes. 277. Aenderung des Klageantrags, Klageerwerterung. 278. Actio nata. 278. Sintheilung der Klagrrechte 279. Dinglich« und

Jnhaltsverztichniß bte I. B ande».

Abth. I.

XXVII Seile

persönliche Kl. 280. Anerkennung und B erurtheilung. 281. rische, possessorische. 281. §. 51

P etito ­

E influß der Erhebung der Klage auf das R e c h t ............................... 282 Grundsatz. 283. Zeitpunkt des E in tritts. 283. 1. Sicherung der Derurtheilung, Unterbrechung der V erjährung, Vererblichkeit. 258. Aen­ derungen im Recht nach B eginn des Rechtsstreits. D eräußrrung des Streitgegenstands. 286 und der actio litgiosa 287. 2 Bestimm ung des U m fangs der B erurtheilung. Verzug und unredlicher Besitz des Beklagten. 288.

§. 52. Konkurrenz der K la g e n ......................................................................... 290 §. 53. 2. D ie E in re d e .....................................................................................293 Gegensatz von V erneinung und Einrede. 294. Bereich der prozessu­ alischen Einrede. 295. Zerstörende, aufschiebende, verzögernde, prozeß­ hindernde Einreden. 296. Replik, D uplik. 297. D a s Einrederecht. 297. Geltendmachung der Einrede. 298. Prozessualische Begünstigung. 299. W irkung des Gebrauchs der Einrede. 300. §. 54. 3. D er B e w e is .................................................................................... 301 Begriff. 301. H aupt- und Gegenbeweis. 302. Beweisbeschluß. N a­ türlicher und künstlicher Bew. 303. Beweislast. Grundsatz. 303. Ver­ m uthungen. Fiktionen. 304. Beweissah. 305. 4. D a s Urtheil. §. 55.

§ .5 6 .

a. B egriff und Umfang der R echtskraft.............................................. 306 Begriff des U rtheils. 306. Rechtskraft. Formelle Rechtskraft. 307. In h a lt des Urtheils. B erurtheilung. Abweisung. B egründung eines Rechtszustands, Feststellung eines Rechtsverhältnisses. 310. Ablehnung der materiellen Entscheidung durch Abweisung in angebrachter Art. 311. Abweisung zur Zeit. 312. Abweisung angebrachter M aßen wegen m angelnder Substanzirung. 313. Relative Rechtskraft. 314. Tenor und G ründe 315. Inzidentfeststellungsklage. 318.

b. D ie W irkung der R echtskraft..........................................................319 Konsum tion der abgeurtheilten Klage. 319. Verwirklichung der V er­ u rte ilu n g . Urtheile, die durch sich selbst Veränderungen wirken, über den Kreis der P arteien hinaus. 321. Judikatsklage, Z w angsvoll­ streckung. 322. Präjudizielle Bedeutung der dezisiven Entscheidung unter den Parteien und für D ritte. 323. Wirksamkeit des Urtheils gegen Rechts­ nachfolger. 324. Gegenstand der Judikatsklage. 325. Einreden gegen dieselbe. 326. Judikatzinsen. 327. Einrede der Rechtskraft. 327. Subjective Id en tität. 328, objective, dem Gegenstände nach 330, der Rechtsfrage nach. Erw erbs- oder Entstehungsgrund 331. Anhang zu §§. 55. 56. Vorläufige Vollstreckbarkeit und vollstreckbare Ur­ kunden ................................................................................................ 332 Vollstreckung ohne Rechtskraft des T itels. 332. Rechtsverhältnisse au s nachmaliger Aenderung des U rtheils. 333. Vollstreckbare Urkunden. 334. Entscheidung über Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel und über m a­ terielle E inw endungen. D ie Feststellung im Konkursverfahren. 335. 5. Verlust des Klage- und Einrederechts. §. 57. a. V erjährung durch Nichtgebrauch ...................................................... K lageverjährung und non u sus. 336. 1. A nfang, Begriff deS Nicht­ gebrauchs. 337. A ctio nata. 339. B ei Kündigungen. 341. Beson­ dere Bestimm ungen bei kurzer V erjährung. 344. 2. Zeitraum . 344. 3. Unterbrechung. A usübung des Rechts. Nicht außergerichtliche E rinnerung. Gegenseitiges A nerkenntnis. 347. Klageerhebung und

XXVIII

Jnhaltsverzeichniß de- I. Bandes.

Abth. I. Sette

sonstig« Rechtshängigkeit. 348. Unzuständigkeit des Richters. 350. Be­ seitigung der Rechtshängigkeit. 351. Für wen wirkt die Unter­ brechung? Für welchen Anspruch? Erledigung der erhobenen Klage durch Urtheil. 352. Verjährung der Judikatsforderung. 353. Liegen lassen de- Rechtsstreits. 354. 4. Wirkung. 354. 5. Geltendmachung. 6. Verträge. 357. 7. Verjährung der Einreden. 358. §. 58.

b. Aufgebot und Ausschlußurtheil........................................................... 360 Provokationsklagen, Edictalladung. 361. Aufgebot als Voraussetzung einer amtlichen Thätigkeit. 360. Aufgebot als Grundlage deS Aus­ schlußurtheils. Fälle. 362.

§. 59.

c. Sonstige G rü n d e .................................................................................... 364 1. Tod. 364. 2. Verbrauch der Einrede. 3. Entsagung der Einrede. 4. Verlust der Einrede zur Strafe. 365.

§. 60.

6. Wiedereinsetzung in den vorigen S ta n d .............................................. 366

Jnhaltsverzeichniß des I. Bandes. Abtheilung II. Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte. Erster Theil.

Die persönlichen Rechte oder die Lehre von den Schuldverhältnissen.

E r s t e s Hauptstück: D i e G r u n d l e h r e n . E r s t e r Abschni t t . Allgemeines. Seite §. 61. Der Begriff und die A r t e n ............................................................... 371 Heutige Geltung und Aenderungen des röm. Obl.RechtS. 372. Syste­ matische Stellung. 373. Römische Definition der Obligation, deutsch­ rechtlicher Standpunkt. 374. Begriffsbestimmung im Landrecht. S a v i g n y ' s , P u c h t a ' s , U n g e r ' s Definition. 375. Recht zur Sache. 376. Naturalobligation. 377. Nach preußischem Recht. 380. Z w e i t e r Abschni t t . Die persönliche Theilnahme. §. 62. Gläubiger und S c h u ld n e r ...............................................................383 Einseitige Schuldverhältnisse. 383. Zweiseitige, zufällig zweiseitige. 384. Mehrheit des Subjekts im Allgemeinen. 384. Standpunkt des röm und preuß. Rechts. 385. §. 63. Gesammtgläubiger und G esam m tschuldner.........................................386 Die verschiedenen Theorien: H a s s e , K e l l e r , R i b b e n t r o p . 387. S av i g n y. Neuere Opposition. 383. K och, G i r t a n n e r , F i t t i n g . 389. B a r o n . 391. D as heutige gemeine Recht. 391. Trennung von Solidar- und Korrealobligation. Bedürfniß? 393. Preußisches Recht 1. Gesammtforderung. 394. Gemeinschaftliche Ausübung. 395. Anwen­ dungen des landrechtlichen Grundsatzes. 397. Verhältniß der Mitberech­ tigten unter sich. 398. Abfindung eines Mitberechtigten durch den Schuldner unter E intritt desselben in die Stelle des ersteren. 399. — 2. Gesammtschuld. 399. Ueber §. 424 I. 5. 399. Entstehung aus an­ deren G ründen als gemeinsamem Vertrag. 401. Wirkungen. 403. Ver­ minderung der Verpflichtung eines Schuldners. 405. Erschwerung oder Erweiterung. 407. Ausgleichungsanspruch (Regreß). 409. Ausgleichungs­ grundsätze. 412. §. 64. Unbestimmtheit des G läu b ig ers........................................................... 414 Reallasten, Inhaberpapiere. 415 Uebersicht der Theorie bezüglich der letzteren. 418. Erste G ruppe: D u n c k e r . S a v i g n y , Koch, T h ö l , F o r t ! e r , Pr eu h. Priv.itreckr.

I. 4.

Aus!.

VI

JnhaltSverzeichniß des I. Bandes. Abth. TT. R e n a u d . 418. Zweite G ruppe: H o f f m a n n , U n g e , K un tze. Becker. 420. G o l d s c h m i d t 'S Theorie: Gläubiger der P rIsentant. 424. Behandlung der von Privatpersonen ausgestellten Jyabewpapiere im preußischen Recht. 426. Rechtsverhältnisse daraus. KrafioSerklarung. Außerkurssetzung- 427. Bindikation. I n blanco cedirte -rumdsckruldbriefe. 428.

Leite

D r i t t e r Ab s c h n i t t . Die Leistung §. 65). B e s tim m th e it....................................................................................... 428 Geben. Thun. 428. Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit. Wylobligation 431. Wirkung der erklärten Wahl. 433. §. 66. M öglichkeit........................................................................................... 435 Begriff: Unmöglichkeit von Ansang, spätere. 436. Hanlunazen und Sachen D ritter. 436. Dem Verkehr entzogene S . 437. Nicht existirende S . Unerlaubte, unmögliche Handlungen. 438. §. 67. Theilbarkeit ....................................................................................... 439 Bei Geben. 440. T h u n , alternativen Leistungen. 441. Eiwklagung. 441. Stückweise Erfüllung. Verwandlung nntheilbarer Leistung in theilbare. 442. §. 68. Haupt- und Nebenleistung. Z in s e n ....................................442 Begriff. 443. Accefforische 9katur der Z. 443. Gleichartiges mit der Hauptleistung. Zinsfuß. 445». Beschränkungen desselben aufhoben. 447. Reichsgesetz betreffend den Wucher. 447. KündigungSrech de^s G läu­ bigers bei höheren DertragSzinsen. 447. Zinsen der Pfandleber. Usurav ultra duplum. 448. Vorauszahlung. 449. AnatoziSmuS. 150. Ver­ jährung der Kondiktion. 451. V o r b e d u n g e n e Zinsen. 152. Ver­ jährbarkeit- Klagbarkeit. Einwirkung einer Q uittung über >aS Kapital. 453. Gesetzliche Zinsen. 45)4. Verzugs-, Prozeß-, UtheilSzinsen. 45)5. N atur der gesetzt. Zinsen als Schadenersatz. 457. Verjährung, Klagbarkeit. 45)8. Nachforderung nach Einklagung deS Kapitals und nach Q uittung. 45)9. Vorbehalt. 460. Interusurium . 461 §. 69. Werth der Leistung ......................................................................... 462 V i e r t e r Abs chni t t . Die Begründung. §. 70. A. Z u s tä n d e .................................................................................... 463 Römische Eintheilung der Oblig. 463. Handlungen und Begebenheiten (Zustände) als Quellen der Oblig. 464. Reallasten als Obligationen aus dem Besitz-Zustande. 465. B. Handlungen. Erstes Kapitel. Rechtshandlungen. § . 7 1 . I. Einseitige R echtshandlungen.......................................................465 Fälle. Behandlung der Gelübde (pollicitatio, votum) durch daS Land recht. 466. II. Zweiseitige Rechtshandlungen. D ie Lehre von den Schuldvertragen. §. 72. A. D er Begriff und die A r t e n ....................................................... 467 Begriff des Vertrags. 467. D er Schuldvertrag. 470. Eintheilungen. 470. Materieller RechtSgrund. V erbal-und Literalverträge. 471. Real-, Konsensualverträge. 404. Obligatorische, liberatorische, einseitige, gegen­ seitige, lästige, wohlthätige V. 472. B . D er Abschluß. §. 73. a. Die P erso n e n ................................................................................ 473 DertragSunfähige Personen. 473. Die zur Ergänzung einer Disposition erforderliche Genehmigung. Wem wird sie erklärt? und in welcher F o rm ? 474. Form deS nachmaligen Anerkenntnisses. 475. Kann J e ­ mand mit sich selbst als Vertreter eines Anderen kontrahiren? 476. DertragSunfähigkeit bei bestimmten Verträgen. 477. Arglistige Be­ nutzung der Vertragsunfähigkeit zu Betrug. 477.

InhaltSverzeichniß des I Bande-. Abth II.

VII Seite

§. 74.

§. 7s»

§. 76

§. 77.

§ 7b.

§. 71.

S te llv e r tr e te r ........................................................................................... Freie S tellv ertretu n g , Vollmacht und Genehmigung. 478. Gesetzliche V ertretung: B ater. 471h Hauskinder als V ertreter der E ltern. D er Ehem ann. 480. D ie Ehefrau. V ertretung juristischer Personen, befoit« der- de- FiStuS. Konkursverwalter. 481. Vertragsabschlüsse zum Vortheil D r i t t e r ................................................ Systematische Bemerkung. Gegensatz des römischen und neueren Rechts. 482. Aeltere und neuere Doktrin und P raxis. 484. Preußisches Recht. 486. Begriff deS Vortheils des D ritten. 487. Interesse deS P romiffarS. 488. Die P raxis. 488. Insbesondere bei GutSüberlaffungSverträgen m it Abfindungen, Plenarbeschlnß v. 25. Aug. 1846 und dessen Konsequenzen. 400. Lebensversicherung zu Gunsten D ritter. 494. b. I n h a lt und G egenstand....................................................................... I n h a l t : materielle causa. 494. G e g e n s t a n d : H andlungen deS ge­ selligen Verkehrs als Arbeitsleistung. Versprechen die in daS F am ilien ­ recht eingreifen. 495. Verbotene Gegenstände. 496. c. D ie W illenseinigung. 1. Anbieten und A n n e h m e n ................................................................... Begriff. Traktate, p acta de contrahendo. 497. Anbieten. Gehörige Zeit der A nnahme. Annahmefrist. S ofortige Erklärung unter A nw e­ senden. E rklärung Abwesender. 498. Verschiedene Theorien. 500. P re u ­ ßische- Recht: Empfangstheorie. 502. Gebundenheit de- Antragstellers bi- zur Entscheidung. 503. Zulässiger W iderruf. 504. Tod, eintretende H andlungsunfähigkeit. 504. Vorsichtsregeln des A.L.R. 505. A uslo­ bung. Versteigerung 507. 2. Beschränkungen und Hindernisse der W ille n S e in ig u n g .................... 1. Beschränkungen: Unerlaubte Bedingungen. 509. 2. Hindernisse: Wesentlicher Irrth u m . 510. I n Betreff des In h a lts . 510. D er P e r­ sonen, de- Gegenstandes. 511. 3. Die F o r m ........................................................................................... G em eine- Recht. 514. Zw ei Systeme in den Landesrechten. 515. Theorie de- A .L .R . Vorgeschichte desselben. 517. 1. Vollendung der S chrift­ form. D ie Unterschrift n u r eines K ontrahenten. 518. Analphabeten. 519. Zulässigkeit der In terp retatio n de- Geschriebenen. 521. P unkta­ tionen. 522. Briefwechsel, T elegram m , Rechnung, Loos, Pfandschein. 523. Vollmacht, Police. 524. 2. Nothwendigkeit der schriftlichen Form . 525. 3 M ündliche Nebenabreden. 527. 4. V erabsäum ung der Schriftrorm. 530. W irkung der Erfüllung, der beiderseitig vollständigen 531, der theilweisen und einseitigen bei V. über Sachen, Pflichten de- zurücktre­ tenden T h eils .532, bei V. über H andlungen. 534. 5. Verlust der Urkunde. 535.

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513

A r ha ng. Verzeichniß der V erträge, die gerichtlich oder notariell abgeschlossen werden m ü s s e n ....................................................................................... 536 4. V erstärkung. §. 8t. Vorbemerkung. Gerichtliche B e stä tig u n g ................................................ 538 Unterschied von Verstärkung und Heilung der Anfechtbarkeit; von Verstär­ kung m tb Sicherung deS Interesse und der E rfüllung. 538. Gericht­ liche B estätigung. Bloße V erlautbarung und gerichtliche Genehmigung. 539. §. 8,. Drausgirbe und A n g e ld ........................................................................... 540 Auffassung des In stitu ts im römischen und deutschen Recht. 541. S te l­ lung des A.L R . 542. Reugeld. 543. §. 8 l 5. A u s le g u n g ........................................................................................... Objekt der A uslegung. Gegen den Versprechenden, gegen den Urheber der E rklärung. 544. Punktation als H ilfsm ittel der A uslegung. 545. Besondere Regeln. 545.

vm

Znhalt-verzeichuiß M

I. Bande-.

Ablh. II. Seile

E. Wirkung. §. 83. a. E rf ü llu n g ......................................................................................................556 Ganz und vollständig. 546. Die Erfüllung bei gegenseitigen Vertragen 8.2 7 1 . I. 5. 547. Berurtheilung zu Leistung Zug um Zug. 548. Einrede de- nicht gehörig erfüllten Vertrages. 549 Gegenstand de E r­ füllung. 550. Zeit. 551. Nach Möglichkeit und Gelegenheit. 552. Ort. 553. b. Gewährleistung. A llg e m e in e s ...................................................................................................... 554 Geschichte. Gewährleistung für Fehler nach röm. Recht. 555. Nach deutschem R. 556. Entwehrung nach röm. R- 558. Nach deutschem R. 559. Verschiedenheit beider Institute. 559. Neuere Gesetzbacher. Prinzip des A.LR. 560. §. 85. Gewährleistung wegen F eh le r........................................................................... 560 Entscheidend ist die Zeit der Uebergabe. I. Verschuldete Fehlerhaftigkeit. 561. II. Unverschuldete, Vertretung der vorbedungenen und vorausge­ setzten Eigenschaften. 562. Bei gewagten Geschäften. Bei einem I n ­ begriff. 563. III. Uebersicht der Rechtsmittel. IV. Die Minderungs­ klage. 566. Berechnung des Minderwerths. 561. V. Die Wandelttage. 569. Der Redhibent redlicher Besitzer. Kein Anspruch auf SchrdloShaltung. 571. VI. Gegenseitiges Verhältniß beider Klagen. 572. VII. Verjährung. 573. VIII. Verzicht. 575. §. 86, E n tw e h r u n g ..................................................................................................... 575 I. Begriff. 575. DertragSpflicht. II. Verpflichteter. 576. III. Fälle der Entwehrung: Ansprüche D ritte r: Eigenthumsansprüche, Lasten, gemeine Lasten. 577. Privatlasten, Privatschulden. 578. Fehlende Rechte der Sache. 579. IV. In h alt des Anspruchs an den Veräußerer. 580. V. Hervortreten der Entwehrung. 580. Streitverkündigung. 581. VI. Um­ fang der VertretungSpflicht Bei gänzlicher Entwehrung. 583. Der redliche Erwerber: Haftung „nach Verhältniß der Verschuldung für den wirklichen Schaden". 584. Der unvorsichtige, der unredliche Erwerber. 586; bei theilweiser Entw. 586; bei Privatschulden 588. VII. Einrede drohender Entwehrung. 588. Kautionsforderung. VIII. Verjährung. 589. IX . Wegfall des Anspruchs. 590. X . Bestimmungen des D- Hand.G.D. 591. §. 87. D . Aufhebung...................................................................................................... 592 Begriff, Unterschied von Lösung, Anfechtung, Umwandlung. 593. I. Aus­ hebung durch Begebenheiten, a. Veränderte Umstände. 593 Concursus causarum lucrativarum. 594. b. Zufällige Unerfüllbarkeit. 595. c. Tod. 597. II. Aufhebung durch den Willen eines Theils, a. Erlaß. 597. b. Mangelhafte Erfüllung von einer Seite. 598. Bei Verträgen, deren Hauptgegenstand Handlungen sind. 599. c. Nutzlosigkeit. 601. III. Aufhebung durch beiderseitige Einwilligung. 601. §. 88. E. A n fe c h tu n g ................................................................................................. 602 Doppelte Richtung der Anfechtung. 602. I. Anfechtung der RechtSbestäudigkeit 602. II. Anfechtung der Wirkungen. Actio Pauiliana. 604. Gemeines Recht. 604. AeltereS preuß. R. 606. DaS jetzt praktische R. der Reichsgesetzgebung. Rechtliche N atur der Anfechtungsobligation als obligatio ex lege. 607. 1. DaS Gläubigerrecht in der Anfechtungs­ obligation. 609. Bei der Anfechtung im Konkursverfahren: außerhalb deffelben: a) Vollstreckbarkeit der Forderung des Anfechtenden. 609. b) Fälligkeit, c) Geldforderung, d) Zahlungsunfähigkeit. 610. 2. Gegen­ stand der Anfechtung. Rechtshandlungen, ob auch Unterlaffungen? 611. 3. AnfechtungSfälle. Die besonderen deS ÄonkurSrechtS. 612. Die ge­ meinsamen in und außer dem Konkursverfahren. 613. 4. Anfechtungs­ schuldner. D er Erbe. Der Singularsuccessor. 5. Ziel der Anfechtung. 614. Die Gegenleistung. 615. 6. Verjährung. 615. 7. Anfechtung eines besseren Pfandrechts. Verhältniß des neuen Anfechtungsrechts zur

§. 84.

JnhaltSverzeichniß des I. B andes.

IX

Abth. II.

Leite

SubhastalionSordnung. 616. 8. Einw irkung der Eröffnung deS K onkurs­ verfahrens auf früher erhobene Ansprüche. 618. 9. E rfüllung der Anfechtungsobligaticn. 619. Zweites K apitel. Rechtlose Handlungen. §. 89. D ie B e sch äd ig u n g ................................................................................... 621 Begriff und Abgrenzung derselben. 621. Schaden. 622. Entgangener G ew inn. 623. Unmittelbarer und m ittelbarer Schaden. 624. Beschädig gende Handlung. 624. Unterlassungen, Zufälliger Schaden, der B e­ schädigte. 625. §. 90. D ie E ntschädigung................................................................... ... 627 Einfache Entschädigungspflicht und Deliktsobligation. 627. Wirklich ent­ standener Schaden. 627. Die H andlung als Ursache. 628. Kausalzu­ sammenhang bei entgangenem G ew inn. Beweislast. 629. Fälle der ein­ fachen Entschädigungsforderung. 630. Deliktsobligation. 632. V er­ schulden. Grade desselben 633. Zurechnung. 634. Insbesondere bei juristischen Personen. 635. H aftung des S ta a ts aus schuldhafter V er­ richtung öffentlich rechtlicher Funktionen der Staatsbeam ten. 637. S cha­ den durch Thiere. 637. Unwillkürliche H andlungen. 638. Urheber. A n­ stifter. Theilnehmer. 638. Befehl und A uftrag, Dienstherrschaft, Meister, Vermiether. 640. Entschädigung: Wiederherstellung und Schadenersatz. 641. W erthsermittelung. 642. Umfang des Schadenersatzes in den verschiedenen Fällen 643. Wegfall der Entschädigung, insbesondere durch konkurrirende Schuld. 644. ju re suo u titu r, nem inem laedit. 6-44. F ü n f t e r A b s c h n i t t . Die Lösung. §. 91. Z a h lu n g .................................................................................................. 645 Begriff. 645. Wem kann gezahlt w erden? 646. Solut. c. adj. 647. W er kann zahlen? 649. Zahlender D ritter. 650. W ann und wo? 651. S tundung. Zahlung aus und an öffentlichen Kaffen. 652. W om it? 653. W as ist Geld. Verträge über ausländisches Geld. 653. M ünzVeränderung. 654. Papiergeld, Geldpapiere auf den In h ab er. 655. W ie ist zu zahlen? Stückzahlungen. 656. W irkung der Zahlung. 657. V or­ behalt. 658. Anrechnung bei mehreren Schuldposten. 658. W er hat die Anrechnung auf eine bestimmte Schuld zu begründen? 659. B e­ weis. Q uittung. 66)0, als Beweis der Zahlung. 661, eines befreienden Rechtsgeschäfts. 662. Voraussetzung der B eurtheilung einer Q u ittu n g als Entsagung. 663. V erm uthung aus Q uittungen aus Z ahlungen, über die nicht quittirt ist. 664. Sonstige V erm uthungen aus Q u ittu n ­ gen. 665. V erm uthung der Zahlung auf G rund der Rückgabe des SchulddokumentS. Pflicht hierzu oder zur M ortifikation. 665. V er­ muthung der Z ahlung auf G rund der Kassation deS Schuldscheins. 666. Z. 92. H in te rle g u n g ........................................................................................... 666 Verschiedene Zwecke der Deposition. 666. Rechtmäßige Deposition als BefreiungSgrund von Verbindlichkeiten. 667. H interlegung von Geld, Kostbarkeiten, W erthpapiereu. 668. Don anderen Gegenständen. 669. Wirkung der rechtmäßigen Deposition. 669. Fälle rechtmäßiger D epo­ sition. Genügt subjektive Ungewißheit über Legitimation deS G läu b ig ers? 670. E .P .O . §. 72. 671. Deposition wegen streitiger G egenforderun­ gen. 671. H interlegung zu anderen Zwecken als zu dem der B efreiung des Schuldners. 672. §• 93. Hingabe an Z a h lu n g ssta tt........................................................................673 §. 94 G e g e n re c h n u n g ....................................................................................... 674 Prinzip. Entwicklung im röm. R 675. Ipso ju re. 676. I. B edingun­ gen. 677. Subjektive. 1. Wechselseitigkeit. 678. FiSkuS 2. Eigene Forderungen. Einzelne F älle: insbesondere Eingreifen der G esam m tschuldderhältnisse. 679. Erbe. (Session. 680. Anweisung, Bürgschaft. 682. Pfandbesitzer, verpfändete Forderung, Stellvertreter, V orm und,

X

JnhaltSverzeichuiß de- I. Bandes.

Abth. II. Seite

Ehemann. 683. Objektive Bedingungen: 1. Fälligkeit, 2. Gleichartigkeit der Forderungen. 684. 3. Giltigkeit. 4. Liquidität. 685. II. Wirkung und Ausübung. Einrede. 686. I m Falle deS Vorhandenseins mehrerer Forderungen, auf welche kompensirt werden kann. Compensatio compensationis non datur? 687. Verzicht auf die Einrede. 688. Kom­ pensationsvertrag. 689. III. Aufrechnung im Konkursverfahren. 689. 1. der Konkursgläubiger, der aufrechnen will, braucht nicht zu liquidiren 2. Cr kann nicht gegen das, waS er erst nach der Konkurseröffnung zur Maffe schuldig wurde, kompensiren. 3. Auch zum Zwecke der Kompensa­ tion muß er schon bei der Konkurseröffnung forderungsberechtigt sein. 690. 4. Bedingte, ungleichartige, illiquide Forderungen. 691. 5. Aus­ schluß der Aufrechnung auf Grund des Anfechtungsrechts. 6. Kompensation im AuSlande. 7. Rechtslage nach Beendigung des Konkurses. 692. IV. Unstatthaftigkeit der Kompensation. 692. §. 95. A nw eisung........................................................................................................... 693 Begriff. 693. Systematische Stellung. 694. Geschichtliche Entwickelung 695. Verbindung von Zahlungsmandat und Einkassirungsmandat. Form. 695. 1. Rechtsverhältniß zwischen dem Anweisenden und Angewiesenen. 697. 2. Zwischen dem Anweisenden und Ueberwiesenen. 698. 3. Zwi­ schen dem Angewiesenen und Ueberwiesenen. 699. Weitere Begebung. Widerruf. 700. Uebergang in Eession. Verhältniß zur kaufmännischen Anweisung. Ueberweisung einer Forderung zur Einziehung in der ZwangSvollstreckungSinstanz. 701. §. 96. Vereinigung von Forderung und S ch u ld ...................................................... 702 Begriff. 702. Lösung des Bandes, nicht der Substanz der Obligation. 703. Bei Erbschaftserwerb mit und ohne Vorbehalt. 704. AbsonderungSrecht. Nachlaßkonkurs. 705. Bei der Gesammtschuld 705. Bei der Bürgschaft. 706. Bereinigung in der Person deS Cedenteu, Schuld­ übernehmers. Konsolidation 706. §. 97. U m schaffung....................................................................................................... 707 Die Novation im heutigen gemeinen Recht. 707. Auffassung des A.L.R. 712. Die einzelnen Regeln. 713. S e c h ste r A b sch n itt.

Die Veränderung.

A. Veränderung in den Personen. §. 98.

§. 99.

a. Auf Seiten des Gläubigers. E rb fo lg e ............................................................................................................... 716 Regel. 716. Erlöschen von Schuldverhältnissen durch den Tod des Gläubigers. 717. Verhältniß der Miterben. 717. Erbschaftskauf. 719. R echtsabtretung.................................................................................................. 719 Successionen in Forderungen nach röm. R., ältere und neuere Doktrin. 720. Auffassung der neueren Gesetzbücher. 721. Begriff nach A L.R. 722. I. RechtSgrund. 722. a. Rechtsgeschäft. 723. b. Rechtsvorschrift. 725. c. Gerichtszwang. 726. II. CessionSform. 727. Blanco-Cession. Theilcesston. 728. Annahmeerklärung. 729. Quittung als CesfionSform. 729. Session von Jnhaberpapieren und Wechseln. 730. III. Gegenstand 730. Klagen aus dinglichen Rechten, 730, au8 dem Besitzstände. Bedingte ungewisse, künftige, alternative R . 731, aus zweiseitigen Verträgen. 732. Rechtsverhältniß des VermietherS und Ver­ pächters. Recht auf den Zuschlag. R. auS einer Muthung. 733. Aus dem VerwahrungSvertrage. DaS Recht des Verkäufers auf Befreiung von Hypotheken, Anspruch auf Ergänzung deS Pflichttheils, Anfechtung deS Testaments, Widerruf der Schenkung. 734. Beispiele nicht abtret­ barer streng persönlicher Rechte: Wiederkaufs-, Verkaufs-, Retraktrecht. Recht der ZwangSenteignuug. Nießbrauch. Recht auf Nutzung zur Nothdurft. R. auf künftige Alimente. Unpfändbare Rechte? 735. Beirechte. Nebenrechte. 736. Recht auf künftige Verzugszinsen. 736. Konventional­ strafe. 737. actiones vindictam spirantes. Buße. 739. Verbot der

Jnbaltsverzeichniß des I. B andes.

XI

Abth. II.

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(Session an Gerichtsbeamte. 740. IV. W irkung. Wirkliche Succession. Uebergang der Nebenrechte, der Borrechte. 741. I m Einzelnen: a. Rechte und Pflichten zwischen Cedenten und Cessionar. D ie V aluta. 743. V er­ letzung über die Hälfte. 744. Vollziehung der Abtretung. A ushändigung der Schuldurkunde. M itwirkung zur Legitimation des CessionarS 745. H aftung für uom en verum . 7 4 5 , für nornen bonum . 746, bei noth­ wendiger und erzwungener Session. 748. V erjährung dieser Haftpflicht. 748. Recht des jüngeren und älteren CessionarS. 749. b. Rechtliche S tellu n g des Schuldners. 749. D enunziation. 750. Schlechtgläubigkeit des Schuldners vor der D enunziation. 752. Aufhören der Legitimation des Cedenten. 752. Legitimationsprüfung des CessionarS. 752. Nichtige (Session, sim ulirte (Session, (Session des in der Verfügung über die F o r­ derung Beschränkten, (Session im Gegensatz zu einem pactum de non cedendo. 753. Frühere D enunziation des jüngeren CessionarS. 753. Zulässigkeit der gegen den Cedenten zulässigen Einreden dem Cessionar gegenüber. 754. Cedirte Grundschuld und Hypothek. Cedirte von einer Gegenleistung noch abhängige Forderung. 755. Anerkennung deS CessionarS als Gläubiger. 756. Unzuläfsigket des Gebrauchs persönlicher Borrechte des CessionarS. Vorsicht deS Schuldners bei der Z ahlung an einen Cessionar. 757. V. (Session rechtshängiger Forderungen. Geschichte, preußisches Recht, Civilprozeßordnung- 758. Folgerungen aus der An1101)111e , daß die Session für den Prozeß als gar nicht geschehen gelte. Unzulässigkeit dieses S tandpunkts M aterielle Einwirkung der Session auf den formell von derselben nicht berührten Prozeß. 760. 1). Aus S eiten deö Schuldners. §. 100.

E rb f o lg e .................................................................................................. 763 Regel, daß der G läubiger Befriedigung au s dem Nachlaß suchen kann. Persönliche H aftung des Erben, der der Rechtswohlthat des Nachlaßverzeichniffes verlustig geht; persönliche H aftung aus Verletzung der Pflichten deS Benefizialerben. 763. Zwangsvollstreckung in den Nachlaß. B e­ grenzung derselben insbesondere durch den erbschaftlichen Liquidations­ prozeß, das erbschastl. Liquidationsverfahren und das Aufgebot der Nach­ laßgläubiger. 704. Welche Schulden nicht übergehen. 705. M iterben. 70.7. §. 101. Delegation und E x p ro m is s io n ............................................................... 767 Jetzt Konsensualverträge und Succession. 768. I. Delegation. 768. I n welches RechtSverhältniß w ird succedirt. 709. W irkung. Form . 770. V erhältniß zwischen Deleganten und Delegaten, zwischen D elegatar und Deleganten, D elegatar und Delegaten. 771. II. Expromission. Begriff. Form . 772. Rechtliche Behandlung. 773 III. Vergleichung der Dele­ gation und Expromission. 774. §. 102.

S c h u ld ü b e rn a h m e ...................................................................................774 Delbrück'S Theorie. 775. Praktisches Bedürfniß. 770. Vorkommen in der älteren gemeinrechtl. P raxis. 777. Civilistische Rechtfertigung. 778. Vorkommen im A L R . Erbschaftskauf. Vitalizien-Vertrag. 780. Schen­ kung eines ganzen Vermögens, Vergleich von Testaments- und Jntestaterben. Erbtheilnng. Uebernahme einer H andlung. 781. Uebernahme der Hypotheken in Anrechnung auf das Kaufgeld. 782. Deklaration v. 31 M ärz 1835. 7. S - 73ff. 1$) Bergt, über die Kontroverse außer den Ergänzungen, Koch'S Kommentar und den Lehrbüchern noch D o r n e m a n n , Erörtter. 1 S . 17. D e r n b u r g I. S . 58 Rote 2. RechtSfälle B . 4 6 . 186. Entsch. B . 17 S . 509. (Präj. 2097) B. 18 6 . 242. B. 57 S . 3 7 6 f. S t r i e t h o r s t B- 1 S . 21. R D . H G . V. 56. 6 . 253. — S c h m i d t . S . 117 bemerkt richtig: Der G rund, warum man die Anwendung de- §. 17 E int in so künstlicher Weise zu beschränken sucht, liegt wohl weniger in dem scheinbaren Widerspruch mit §§. 42 u. 43, a ls in der zweifelhaften Richtigkeit de- in ihm anerkannten Grundsatzes. — Die nach den Borschüften deS A.L.R. ungiltig eingegangenen Frauenbürgschaften find nicht durch da» Gesetz vom 1. Dezbr. 1869 (G es.-S . S . 1169), welche- jene Vor­ schriften aufgehoben hat, giltig geworden. Die Fragt entscheidet fich weder aus tz. 43 I. 3, noch au» §. 17 E inl. zum A.L.R., weil sie nicht die Form de» Ge­ schäft», sondern die Geschäft-fähigkeit der Frauen betrifft. E . B o h l m a n n bei Gruchot XVI. E . 101.

§. 10. Zeitlich« Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetzt.

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fimplifizirt und abkürzt, das Beispiel der Testamentssolennitäten an­ führt, so ist dies doch zu wenig. S o sehr nun aber auch die Ansicht des Obertribunals durch das Wesen der Verträge gegenüber den ein­ seitigen Willenserklärungen gerechtfertigt erscheint, so steht ihr doch im­ mer das entgegen, daß sie in die Worte des Gesetzes erst etwas hinein­ legt, daß sie den Grundsatz der juristischen Auslegung verletzt, wonach der Richter nicht unterscheiden darf, wenn das Gesetz nicht unterscheidet. Dazu kommt, daß, wenn auch §. 43 sich des Ausdrucks „niemals" be­ dient, damit keineswegs „ausnahmslos" gemeint sein muß, denn das A.L.R. hat auch an anderen Orten das Wort „niemals" und die Aus­ nahme dicht dabei"). Also eine Ausnahme von der Regel des § .4 3 ist denkbar, und diese liegt in §. 17. D a s Natürlichste ist, daß sie in dem gefunden wird, was der §. 17 B eson d eres enthält, und dies ist die Hinweisung auf den Wechsel der Gesetzgebung. Hiernach würde §. 43 die Regel für den Fall aufstellen, wo die Handlung unter der Herrschaft eines und desselben Gesetzes zur Existenz und zur Beurthei­ lung kommt, § 17 die Ausnahme für den Fall, wo zwischen die Ent­ stehung und Beurtheilung der Handlung ein Wechsel des Gesetzes fällt. D as Obertribunal will zwar diese Auslegung deßhalb nicht gelten lassen"), weil durch sie die Gründe nicht berührt werden, aus welchen es gerade bei Verträgen besonders bedenklich und irrationell erscheint, den neueren Vorschriften über die Form derselben rückwirkende Kraft beizulegen. D ies trifft aber jene Auslegung nicht, denn ihr Ziel und Zweck kann nicht sein, den § 17 Einl. als rationell nachzuweisen, er ist vielmehr offenbar prinzipwidrig, sondern nur sein Verhältniß zu §. 43 zu ermitteln. Es gehört diese Kontroverse in die Zahl derer, wo über­ haupt nur eine sichere Praxis Noth thut, wenn sie auch wissenschaftliche Bedenken gegen sich hat, und zu billigen ist es jedenfalls, daß das Ober­ tribunal die Anwendbarkeit des §. 17 auf den Fall einschränkt, wo die Handlung a lle vom späteren Gesetz vorgeschriebene Formen an sich hat, denn dadurch wird die Anwendung dieses irrationellen Satzes möglichst beseitigt"). 3. D ie privatrechtlichen Folgen w iderrechtlicher B esch äd igu n ­ gen (Delikte) find nach dem Recht zur Zeit der Handlung zu beurthei­ len, die Folgen vertragswidrigen Verhaltens dagegen nach den Gesetzen zur Zeit des Vertragsschlusses. Welche Ansprüche gesetzlich aus dem Verzug erwachsen, bestimmt sich nach den Gesetzen, welche während der Verzugszeit gelten. (Präjud. des Obertribunals 1773). 1T) z. B . § § .3 2 .3 3 I. 5. § § .3 1 2 .3 1 3 . II. 2. ") Et r i e t ho r s t B - 1 S . 27. ,9) Entsch. B. 18 S . 252. Koch, Kommentar, Note 25 a. E zu §. 17 Einl.

4. I m Gebiet des E ig en th u m s und der dinglichen Rechte ist es in neuerer Zeit am häufigsten geschehen, daß die Gesetze das Dasein der Rechte betroffen haben. Es genügt, auf die Ablösung der Real­ lasten und Dienste, auf die Gemeinheitstheilungen, die unentgeltlichen Beseitigungen von Rechtsinstituten hinzuweisen, welche aus volkswirthschastlichen Gründen für schädlich erachtet wurden. Hier trifft zu, was oben bemerkt wurde: die Gesetze haben sich stets darüber ausgesprochen, ob die auf die beseitigten Institute bafirten Rechtsverhältniffe noch fort­ dauern, oder ohne Weiteres mit beseitigt seien, oder ihre Ablösung er­ folgen solle. Die Gesetzgebung über Erwerbung des Grundeigenthums von 1872 hat nicht ein neues Eigenthum an Stelle des alten gesetzt; ob aber die Befugniffe des eingetragenen Eigenthümers dem unter Herr­ schaft des alten Rechts eingetragenen titulirten Besitzer zustehen sollen, ist im Gesetze nicht ausdrücklich entschieden. Auf die sehr bestrittene Frage wird bei der Erörterung der Auflaffung im §. 178 zurückzukom­ men sein. Einer besondern Erwähnung bedarf noch die V e r j ä h r u n g , die Ersitzung inbegriffen t#). Nicht zweifelhaft ist, daß die vollendete Ver­ jährung nach dem alten Recht beurtheilt werden muß. F ü r die noch laufende soll nach dem Publ. Pat. v. 1794 „in allen Stücken" das neue zur Anwendung kommen"). Es kann hier nur zweifelhaft sein, ob die rechtliche Beurtheilung des noch unter das alte Recht fallenden Anfangs der Verjährung auch nach dem neuen vorzunehmen, ob also, wenn das neue strengere oder weniger Erfordernisie für den Beginn vorschreibt, dies zurückwirken soll. Die Worte „in allen Stücken", auf die jedoch ein Gewicht nicht zu legen ist, scheinen dafür zu sprechen, mehr noch, daß die begonnene Verjährung nicht unter den Begriff eines wohlerwor­ benen Rechts fällt, daß der Verlust oder Erwerb eines Rechts, den sie bewirken soll, erst bei ihrer Vollendung eintritt, daß sie also nur eine Erwartung erzeugt, die sich dem Wechsel der Schicksale unterwerfen muß, der während ihres Laufes mannigfach störend eintreten kann. Gemein­ rechtlich wird daher angenommen, daß das neue Gesetz aus den Anfang der Verjährung zurückwirkt"). Dagegen aber ist nicht außer Acht zu kaffen, daß von einer „laufenden" Verjährung nicht wohl die Rede sein kann, wenn das neue Recht andere Erfordernisse für den Anfang vor­ schreibt, und aus diesem Grunde hat das Obertribunal für die Beur*°) © ornem nnn 6 .37 . S o v ig n y 6 . 426. Unget I. 6 . 146. S an gerott) I. 6 .6 0 a . Schmid 6.122. S to b b e I. 6 . 164. Ro t h I. S. 132. *') Ueber diese Worte, die in den späteren Patenten fehlen, vergl. Göschel in S im o n u. S t r a m p f f Zeitschr. ®. 2 6 . 27. »*) Unge t I. 6 . 147 Rote 79. Windscheid I. S. 75 Note 1. Dagegen Schmid 6 .1 8 2 , der beide Gesetzgebungen berücksichtigt sehen will.

Heilung des Anfangs der Verjährung dem alten Rechte den Vorzug ge­ geben"). Nach dem Wortlaut des Publ. Pat. §. XVII. muß zwar dem Obertribunal beigetreten werden. D a dieser §. aber nur eine vorüber­ gehende Bestimmung enthält, nur den damaligen Uebergang in einen neuen Rechtszustand ordnen sollte, so kann er auf später erschienene Gesetze nicht angewendet, es muß vielmehr die an sich richtigere gemein­ rechtliche Ansicht angenommen werden. V erkürzt das neue Gesetz den Lauf der Verjährung, so soll die Frist erst vom Tage der Einführung dieses Gesetzes berechnet werden. Nur wenn die laufende Verjährung schon so nahe ihrem Ende war, daß die neu eingeführte Frist länger ist, 'soll es bei jener kürzeren Restsrist sein Bewenden behalten"). V e r ­ lä n g e r t das neue Gesetz die Frist, so muß, weil die laufende Verjäh­ rung noch kein Recht giebt, die neue Vorschrift sogleich anwendbar wer­ den, d. h. die vorher begonnene Verjährung erreicht erst ihr Ende, wenn sie den Zeitraum des neuen Gesetzes erfüllt hat"). Gleichwohl hat das Obertribunal hierin eine unzulässige Rückanwcndung gesehen und das ältere Recht angewendet'ft, ohne sich darüber zu äußern, inwiefern der Beginn der Verjährung ein Recht gebe, welches des Schutzes bedürfe. Es kann auch nicht gesagt werden, daß der Anfangspunkt der Verjäh­ rung eine „vorhin vorgefallene Begebenheit" sei, auf welche nach den Worten des A.L.R. die Rückwirkung ausgeschlossen ist, denn wann die Verjährung begonnen, läßt sich erst beurtheilen, wenn der Endpunkt eingetreten, durch Zurückrechnen"). 5. Aus dem F am ilicn rcch t ist zunächst die Ehe hervorzuheben"). n ) Entsch. Bd. 6 8 . 317, B. 18 6 .1 3 7 . Dafür B o r n e m a n ii S . 38. Dagegen K och, Kommentar. D e r n b u r g 1. 6 . 5 0 Note 5. — Anders liegt die Sache, wenn der B eginn der Verjährung von der neuen Gesetzgebung an ein in dieser bezüglich seiner Voraussetzungen und Wirkungen auf ein bestehendes Rechtsver­ hältniß eigentbümlich geregeltes Ereigniß geknüpft ist. welches in dieser Rege­ lung und Bedeutung dem frühern Recht unbekannt war. Dgl. Entsch. B . 65 6 . 189, 33. 78 6 . 207. " ) Ges. v. 31. März 1838 §. 7. D am it stimmen auch die P ubl. Patente überein. 6 a v i g n y 6 . 4 3 2 . — 3l. M . R i n t e l e n 6 . 45. 23) 6 a v i g n y S . 431. U n g e r 6 . 147. M) Entsch. Bd. 10 6 . 260. K och, Komm, zu P . P . §. X V II. Note 37. B o r n e ­ m a n n 6 . 30. 27) Der Cod. N. art. 2281 weicht ab. Er läßt die angefangene Verjährung unter dem alten Recht, und modificirt nur den Satz dadurch, daß auch eine längere ältere Verjährungsfrist nicht 3 0 Jahre überdauern soll Z a c h a r iä ( P u c h e it I. 6 . 565. D a s österr Ges. B . stellt die Verjährung ganz unter das alte Recht. U n g er I, 6 . 148. D ie Einsühr. Verord. zum säch sisch en Ges. B . v 2 . Ja n . 1863 §. 16 hat im Fall der Verlängerung der Frist das neue Recht, im Fall der Verkürzung aber hat es §. 17 dem Ersitzenden oder Verjährenden eine W ahl gestattet, und wenn er die neuere, kürzere Frist wählt, wird sie erst von dem Tage gerechnet, wo das Gesetzbuch in Kraft tritt. 2b) B o r n e m a n n S . 50. S a v i g n y S . 4 04. U n g e r S . 139. Z a c h a r iä (P u c h e lt) I S . 91 Note 2. R o th I. S . 131. S t o b b e I. S . 169. Förster, Pieuß. Pnvatrecht. I. 4. Aust.

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Sowohl die persönlichen Erfordernisse zur Eingehung dieses Verhält­ nisses, als die güterrechtlichen Folgen sind der Wandelung der Gesetze entzogen"). Getrennt kann aber die Ehe nur nach dem Recht werden, welches zur Zeit der Scheidungsklage gilt, und nur dann, wenn die Handlung, durch welche die Scheidung gerechtfertigt werden soll, vor Publikation des neuen Gesetzes fällt und damals nicht als Scheidungs­ grund gegolten hat, bleibt das alte in K raft"). Dagegen spricht, wie B o rn e m a n n richtig bemerkt, daß in Bezug auf Scheidungsgründe von wohlerworbenen Rechten nicht die Rede sein kann, allein die Ausnahme rechtfertigt sich dadurch, daß die vorher eingetretene Begebenheit (Hand­ lung), welche damals gesetzlich eine Scheidung nicht bewirken konnte, hinterher nicht wirksamer gemacht werden kann. — I n Betreff der Jn testaterbfolge der Ehegatten hat das preußische Recht eigenthümliche B e­ stimmungen. An sich würde sie nicht anders zu behandeln sein, als die Jntestaterbfolge der Blutsverwandten, d. h. die Regeln müßten gelten, welche zur Zeit ihres Eintritts vorhanden sind. Nur wo das Erbrecht der Ehegatten vermöge seiner statutarischen Natur den Charakter des ehelichen Güterrechts theilt, würde es nach den Regeln des letzteren zu beurtheilen sein. Dies erkennt das A.L.R. auch an; im ersteren Falle aber — wenn das Erbrecht auf dem gemeinen Recht beruht — soll der überlebende Ehegatte die Wahl haben, ob er nach dem alten oder neuen Recht erben will; wählt er letzteres, so kommt dies in allen Beziehungen zur Geltung. D as Wahlrecht steht übrigens nur der Person des Ehe­ gatten zu und geht nicht auf dessen Erben über"). Die Entstehung der väterlichen G e w a lt" ) bleibt dem alten, da­ gegen wird ihre Aufhebung, ihre Beschränkung oder Erweiterung auf die Person oder die Vermögensrechte der Kinder sofort dem neuen Ge­ setz unterworfen"). Die V orm undschaft wird sofort von dem ändernden Gesetze be­ herrscht; sie ist kein wohlerworbenes Recht des Vormundes, hat vielmehr den Charakter eines öffentlichen Rechts"). **) A. M. S chm idt S . 188. Dagegen S to b b e I. €>. 170. *°) Resk. v. 14. Jan. 1799 bei A m elang, B. 2 S . 82 Publ. P. v. 1794 §. XIV. v. 9. Septbr. 1814 §. 9. Publ. Pat. v. 9. u. 15. Novbr. 1816 §. 11. »') Publ. P. v. 1794 §. XIV. P. P. v. 1814 §. 9. 1816 §. 11.12. Ges. v. 11 Juli 1845 §. 8 (Ges.-Samml. S. 172). Bergl. damit §. 495 II. 1. A.L.R. Gösche! in S i m o n und S t r a m p f f , Zeitschr. B. 2 S. 297. Entsch. B. 5 S . 299 B. 38 S . 157. Das Nähere hierüber im ehel. Güterrecht. ,s) Publ. Pat v. 1814 §. 10, v. 1816 §. 16. B o r n e m a n n S. 58. S a v i g n y € . 502. Unger S. 141. Schmidt @. 139 a. E. S t o b b e I. 171. # ) Auch bezüglich der Recht« außerehelicher Kinder ist das Gesetz v. 24. April 1854 (Gts.-Samml. S . 198) für alle Fälle sofort anwendbar erklärt, welche noch nicht durch Klagebehändigung rechtshängig geworden waren. **) S t o b b e I. 171. Borm. Ordn. v. 5 .Ju li 1875 §.92.

6. E rb re ch t. D ie gesetzliche E r b f o lg e " ) richtet sich nach dem Recht zur Zeit des Todes des Erblassers, weil sie kein wohlerworbenes Recht, fonbent n ur eine Hoffnung ist. Nach A .L.R . fä llt der Moment des Todes m it dem Erwerb der Erbschaft zusammen"). B ei der te sta ­ m e n ta ris c h e n E rb fo lg e ") sind die beiden Zeitpunkte der Errichtung des Testaments und des Todes des Erblassers zu unterscheiden. Wenn ein inzwischen erschienenes neues Gesetz Aenderungen trifft, so verbleibt der Beurtheilung des alten Rechts die F o rm des Testam ents"). D as Publ. Pat. v. 1794 erkennt es an, obwohl nur aus Zweckmäßigkeits­ gründen, die späteren Patente ebenfalls und nur fü r die ftanzösischen holographischen Testamente ist vorgeschrieben, daß diese noch ein J a h r gelten sollen, dann nach dem A .L.R . abgeändert werden müssen. Diese Bestimmungen sind aber transitorische, eine bleibende fü r die Testaments­ form findet sich im A .L.R . sonst nicht; es würde hierher der oben be­ sprochene §. 17 E in l. zu ziehen sein, wenn nicht bei der Eigenthümlich­ keit des preußischen Rechts über Testamcntsformen der F a ll undenkbar wäre, daß das A .L.R . mindere Förmlichkeiten vorschriebe, als ein frü ­ heres Gesetz"). D ie H a n d lu n g s fä h ig k e it des Testators folgt dem alten Recht. Entzog ihm dieses die Verft'igung über sein Vermögen wegen eines M angels des positiven Rechts, im Gegensatz zum natürlichen Mangel, so soll das Testament rechtsbeständig bleiben, wenn das neue Recht diese Einschränkung beseitigt hat. F ü h rt dieses die Unfähigkeit als S trafe einer gesetzwidrigen Handlung ein, so w irkt es zurück"). D ie E r w e r b s ­ fä h ig k e it des Erben oder Vermächtnißnehmers w ird nach dem Recht zur Z e it des A nfalls, d. h. des Todes oder des E in tritts der S ubsti­ tution beurtheilt **'). D e r I n h a l t des Testaments soll nach dem Publ. Pat. v. 1794 ebenfalls dem alten Recht verbleiben. D ie neueren Patente schweigen über den In h a lt. N u r das Patent fü r Westpreußen v. 1814 sagt, daß auch der In h a lt nach dem alten Recht geht, wenn nur nicht ein neues

3S) Bornem ann ©.49. © a v ig n y S . 482. Unger S . 144. Schmidt S- 145. Stobbe I. S. 169. R oth I. S . 132. *«) A L.R. I. 9. §. 367. 3') B ornem ann S. 45. S a v ig n y S . 447, über preuß. R. S 474. U tujct S . 143. Schm idt S . 141. Stobbe I. S. 169. R o t h I. S. 132. •18) I. 29. 0. VI. 23. Nov. 66. c. 1. §. 4.5. 39) Daraus macht S a v i g n y aufmerksam S . 478. ) 51) 52) 53)

§. 394 d. T. §. 395 b. T. §. 396. 397 b. T. §.401. 404 am Schluß, b. T. §. 400 b. T. §. 398 b. T. Konk.-Ordn. v. 1855 §§. 99 ff. inSbef. §. 102 Nr. 2, §. 103 Grs. v. 9. Mai 1855. §. 5 Nr. 2, §. 7 Reichskonk -O. §§. 22ff.; Gesetz brtr. b. An­ sicht v. Rechtshanbl. eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, v. 21. Juli 1879 (R.G.Bl. S . 277). ") §§. 403. 404 erster Satz. b. T. ss) 3. S B . I. 21. §.387 I. 23. §§. 17—21. Dies ist jetzt unpraktisch. weil t i Zwangs- und Bannrechte fast nicht mehr giebt. Soll ein Recht wegen Mißbrauchs entzogen werbe», so kann dies nur burch Urtheil unb Recht geschehen. Vgl. auch

5 in it e r. Pieich. Piiv.itrecht. I. 4. Ausl.

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wenn es ein in seinem Dasein von einem Hauptrecht bedingtes Neben­ recht ist, durch den Untergang des Hauptrechts, und endlich durch Ausschließung unter besonderen, im Gesetz bestimmten Umständen"). D am it nun die Berechtigung, deren allgemeine Eigenschaften bisher dargestellt worden, wirklich werde, erfordert sie ein Subjekt, ein Objekt, und den Eintritt bestimmter thatsächlicher Momente, denen die Rechts­ ordnung die Wirkung der Rechtserzeugung beigelegt hat. Ueber diese muß sich die weitere Erörterung verbreiten.

Zweites Kapitel.

§. 19. D as Rechtssubjekt, die Person. A.LR. I. 1. — Heydemann I. S- 130. Bornem ann I. S. 72. D aniels F. S. 165. Koch I. S. 141. Dernburg I. §§. 40—48. Gruchot, Glossen in s. Beiträgen I. S. 122. — Wachter II 6. 201. Unger I. S. 230. Roth I. §§. 19—18. S avigny B -2- S in te n is B l S. 90 tz 13. Windscheid I. 6.123, 131. Zachariä (Puchelt) I. S. 163. Roth, D. Pr. R. I. §§. 60ff.

Der Mensch, weil er mit Selbstbewußtsein und Willenssähigkeit, mithin freier Selbstbestimmung begabt ist, ist P erson und deßhalb der Herr und Träger der Rechtsverhältnisse, R echtssubjekt, rechtsfäh ig. Nicht umgekehrt, weil er rechtsfähig, ist er Person. D ie Eigenschaft der Persönlichkeit ist die grundlegende für die Rechtsfähigkeit, und sie kommt nach heutigem Recht ausnahmslos jedem Menschen zu. Aber die Rechtsfähigkeit enthält ein Doppeltes: Rechte zu haben und mit Rechts­ wirkung zu h a n d eln , jenes die Rechtsfähigkeit im engeren S in n , dieses die H a n d lu n g sfä h ig k eit. Thätig ist der Wille in beiden Beziehungen: man hat nicht das Recht, was man nicht haben will, und nur die ge­ wollte, mit Bewußtsein vorgenommene Handlung wirkt rechtlich. D a ­ raus ergiebt sich, daß diejenigen Zustände, welche die Thätigkeit des W illens und das ihr zur Quelle dienende Selbstbewußtsein trüben oder schwächen, anch ebenso die Rechts- und Handlungsfähigkeit alteriren. Jedoch wird die Rechtsfähigkeit, soweit sie nur darin besteht, Rechte zu haben, also nach ihrer passiven Seite, Niemand, auch wenn sein Selbst­ bewußtsein und seine Willensäußerung noch ganz unentwickelt oder aufgr­ aben §. 14 a. E. Der Staat kann auch das Eitzrnthum ein« Sache entziehen zur @tiefe (Konfiskation). Bergl. Koch, Pr. R. I. 6.394. *) Äod), Pr. 9t. B. 1 S 390. Ueber die Fälle der Anwendung vergl. unten §. 58.

§. 19. Das Rtchtssubjekt, die Person.

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hoben ist *), entzogen, aber handlungsunfähig ist er dann und er bedarf einer Ergänzung des M a n g e ls , fü r welche das Recht auch vorgesorgt hat.

D ie Aufgabe der gegenwärtigen E rörterung

kann n u r fein , den

A nfang und das Ende der Persönlichkeit, so w ie Zustände, welche hem­ mend ans den W illen zur Rechtsherrschast wirken, nach ihrem B eg riff näher zu bestimmen; später werden die einzelnen F o lg en , die die letz­ teren fü r die Rechte haben, zur Sprache zu bringen sein (§. 26). 1. D e r A n fa n g der Persönlichkeit.

D ie „allgemeinen Rechte der

Menschheit" (was darunter zu verstehen fei, sagt das Gesetzbuch nicht) gebühren auch dem noch Ungeborenen seit seiner Em pfängniß.

Letztere

läßt sich nach der E rfah ru ng nicht auf einett bestimmten T a g festsetzen, es ist daher ein der Wahrscheinlichkeit entsprechender Z e itra u m von der G eburt zurückgerechnet fü r sie angenom men').

Unter den allgemeinen

Menschheitsrechten kann nicht Anderes gemeint sein, als der Anspruch auf physische Pstege und daß Alles vermieden werde, was der lebendigen G eburt hinderlich werden könnte.

D ie Pflicht hierzu liegt den E lte rn

o b ') und der S ta a t schützt m it seiner S tra fg e w a lt die Leibesfrucht'). Bürgerliche Rechte, welche dem Ungeborenen zukommen würden, wenn er zur Z e it der Em pfängniß schon wirklich geboren gewesen wäre, bleiben ihm fü r den F a ll der lebendigen G eburt vorbehalten').

1)

Rechtssubjekt

U n f r e i h e i t als G rund der Rechtsunsäbigkeit ist dem preußischen Recht unbe­ kannt. D ie alte E rb- oder G utsunterthanigkcit ist seit 1807 aufgehoben. Sklaven werden von dem Augenblik an frei, wo sie preußisches Gebiet betreten, das Eigentbumsrscbt ihrer Herren hört auf. Ges. v. 9. M arz 1857 (G es.-S. S . 160), durch welches §§. 198— 208 II. 5. A.L R. aufgehoben worden. Ueber Rechtsfähigkeit der Mönche und Nonnen S . A nm . 10.

2) In n e rh a lb des 302. —210. Tages vor der G eburt zur Bestim m ung der Ehelich­ keit (II. 2. §. 2), bis zum 302. Tage nach dem Tode des Vaters (II. 2. §. 19.), ebenso bei geschiedener Ehe (II. 2. § 40). Der 270. Tag vor der G eburt w ird in I I. 2. § .2 2 als der gewöhnliche Z e i t p u n k t betrachtet, wenn festgestellt wer­ den soll, ob ein K in d der späteren oder vorigen Ehe bei zu zeitiger Wiederverheirathung der M u tte r angehört. Bei unehelichen Kindern der 2 8 5 .— 210. Tag (Ges. v. 24. A p ril 1854 §. 15). 3) Der §. 11 h. t. sagt: „W e r fü r schon geborene Kinder zu sorgen hat, der hat gleiche Pflichten in Ansehung der noch im M utterleibe befindlichen." Daß hier­ unter nicht subsidiär Verpflichtete zu verstehen sind, wie z. B . nach älterem, jetzt durch das Gesetz v. 24. A p r il 1854 §. 20 beseitigtem Recht die Großeltern fü r A lim e n ta tio n unehelicher Enkel, und das Gesetz nicht auf Pflichten zu beziehen ist. die erst nach der Geburt entstehen, darüber vergl. S t r i e t h o r s t B . 6 S . 182. 4) Deutsches Strasges. B . §. 218— 220. Tj)

Die Privatrechte bleiben n u r vorbehalten, d. h. nicht, daß der Ungeborene seit der E m pfängniß sie schon hat. E in Rechtssubjekt ist der Ungeborene nicht; durch den Pfleger, welchen er nach § .8 8 der B on n. O rdn. erhalten kann, w ird seine Rechtsfähigkeit nicht erweitert. D ies übersieht D e r n b u r g I. § .4 1 Anm . 7. Daß die Vertretungsfähigkeit des Pflegers in der Dorm . O rdnu ng nicht besonders beschränkt sei, ist kein Gegengrund. Eine ne go tiorum g e s tio , — wenn solche fü r einen künftigen Menschen überhaupt möglich ist, — würde den Charakter der Vertretung erst durch Genehmigung, also nachdem der Mensch zur Existenz gekommen ist, erhalten: beim Pfleger aber würde es sich um eine von vornherein

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Erst«- Buch

Di« Grundbegriff«.

wird der Mensch im Moment der lebendigen G eb u r t, d. h. der voll­ ständigen Trennung eines lebendigen Kindes von der Mutter, ohne Un­ terschied, ob sie natürlich eintritt oder künstlich bewirkt wird'). Die lebendige Geburt wird schon als bewiesen angenommen, wenn bei der Geburt gegenwärtig gewesene Zeugen die Stimme des Kindes deutlich vernommen haben ’). Eine Lebensfähigkeit fordert das Gesetz nicht für die Persönlichkeit"). Sind Zwillinge geboren und handelt es sich um Rechte der Erstgeburt, so muß der Zeitpunkt der Geburt jedes einzelnen genau ausgemittelt werden; ist dies nicht möglich, so entscheidet das Loos. Mißgeburten, denen die menschliche Form und Bildung abgeht, werden nicht rechtsfähig'). 2. D ie Persönlichkeit endigt mit dem natürlichen T ode. Den s. g. bürgerlichen Tod kennt das preußische Recht nicht"). Wer einmal gewirksame Vertretung handeln, die über die Rechtsfähigkeit des Embryo hinaus undenkbar ist. Der Pfleger kann daher nicht für den Ungeborenen Rechte er­ werben, Verbindlichkeiten übernehmen: er hat nur dahin zu wirken, daß die vorbehaltenen Rechte unversehrt bis zur Geburt bleiben. Dgl. auch J a k o b i , in der jurist. Wochenschrift 1842 S . 591 gegen das Kammergericht (PupitlenKollegium) und Koch, Kommentar zu §. 12 h. t. Z. B. § 371 I. 9, §, 527 I. 12, §. 44 II. 4. D as Reserviren bezieht fich wesentlich nur auf die S tandesund Erbrechte. I. 3. D. V. 4. „integra reservarentu. c) 1. 12 pr. D. X X V III. 2 , 1. 6 pr. D. V. 2, 1. 1 §. 5 I>. X X X V III. 17, 1. 3 C. VI. 29, 1. 129. de V. S. — Oesterr. G. B . §. 22. 7) Bekannt ist, daß diese dem römischen Recht fremde Bestimmung aus dem Sach­ senspiegel I. Art. 33 stammt, ebenso ist jetzt in der P raxis unbestritten, daß das Schreien nur e in Beweismittel ist, das Leben des Kindes bei der Geburt auch auf andere Weise dargethan werden kann. Rach österr. R. (§. 23 a. b. G . SB.) wird vermuthet, daß daS Kind lebend zur W elt gekommen; es fällt also dem­ jenigen, der das Gegentheil behauptet, der Beweis zu. Diese Vermuthung kennt das preuß. Recht nicht, eS verlangt den Beweis der lebendigen (Bebmt. D as Projekt des corp. ju r. Frider. hatte noch eine entgegenstehende Bestimmung (1. Z it 4 §. 4). G r u c h o t a. a O. S . 122. ®) Die frühere Streitfrage über das Erforderniß der V italität existirt jetzt nicht mehr. S a v i g n y II. S . 385. Lebensfähigkeit verlangt der Cod. civ., aber er vermuthet sie, wenn das Kind nach dem 180. Tage nach der Em pfängniß lebend geboren ist. Z a c h a r i ä I. S . 212. Cod. art. 725. 906. ®) Rach 1. 44 pr. D. X I. 7 nimmt man an, daß wesentlich die B ildung des Kopses entscheide. — D as A .L R . sagt dies nicht, und es wird daher im Zweifel über­ haupt nur auf das Gutachten Sachverständiger ankommen, ob eine Geburt menschliche Form und B ildung hat. Ebenso nach österr. R . U n g e r I. S . 233. Rote 11. 10) Derf. Urk. Art. 10. Auch dem älteren Recht war er unbekannt. — Dagegen gilt der Satz des kanonischen Reckts, daß Mönche und Rönnen nach abgelegtem Klostergelübde als verstorben anzusehen, auch im preuß. Recht. §. 1199 II. 11 A.L.R. D as Vermögen, über welches sie vorher nicht verfügt haben, fällt also an ihre Erben ( W i t t k e n bei Gruchot III. 124), die Rechte der väterlichen Ge­ w alt hören auf. §. 270 II. 2 A.L.R. Dergl. auch S t r i e t h . B . 40 8 .2 2 8 . D aS Gesetz, betreffend die geistlichen Orden und ordenSabnlichen Kongregationen der katholischen Kirche, v. 31. M ai 1875 (G .E . 6 . 217) hat die Auflösung der Orden und Kongregationen m it bestimmten Ausnahmen angeordnet. Ehemalige Mönche und N onnen, die auf G rund der Gesetze oder nach ihrem Willen auf­ gehört haben, Mönche oder Nonnen zu sein, sind vollkommen rechtsfähig, ohne

§. 19. D as Rechtssubjrkt, die Person.

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lebt hat, dessen Tod muß bewiesen werden, wenn es sich um schon er­ worbene Sachen und Rechte desselben handelt. Kann dieser Beweis nicht vollständig geführt werden, so stellt das Gesetz Vermuthungen auf. a. Wenn es sich um die Frage handelt, ob ein Abwesender, ein V e r ­ sch ollen er, von besten Aufenthalt und Leben man keine Nachricht hat, den Anfall eines Rechts noch erlebt hat, so gilt die Vermuthung, daß er bis zum vollendeten 70. Jahr, aber nicht darüber hinaus gelebt hat"). Er ist also bis zu diesem Zeitpunkt erbfähig und transmittirt die ihm angefallene Erbschaft an seine Erben. b. S oll aber aus dem Tode des Menschen ein Recht für einen An­ deren hergeleitet werden, und kann dieser den Beweis des Todes nicht auf gewöhnliche Weise, durch kirchliche Atteste, Zeugenaussagen, führen, weil der angeblich Verstorbene verschollen ist, so muß ein prozessualisches Verfahren auf T o d eserk lä ru n g " ) eingeleitet werden. D ie gericht­ liche Todeserklärung Verschollener ist ein Gebilde deutschen Gewohnheits­ rechts, durch die Praxis entwickelt, und mancherlei Streitfragen sind dabei entstanden. I n Preußen zuerst durch das Edikt vom 23. Oktober 1763") zu bestimmterer Gestalt gelangt, hat dies Institut im A.L.R. seinen Abschluß erhalten. D as Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze hat indessen auf die Rechte, welche sie mit Ablegung des Ordensgelübdes verloren haben, Anspruch machen zu können. — Ueber die Frage, ob Angehörige ordens­ ähnlicher Kongregationen wie Ordensmitglieder zu behandeln seien, vgl. S t r i e t hor s t B . 39 S . 231 und dagegen H i n s c h i u s . Die preußischen Kirchengesetze der I . 1874. 1875 S . 88 ff. ") L R . 1 .1 §§. 37. 38. II. 2 §§ 452. 453. Ueber die Dogmengeschichte dieses Rechts­ satzes. der zuerst von M e n o c h i aufgestellt und dann von C a r p z o w in die deutsche P raxis eingeführt worden ist, statt des Term ins von 100 Jahren, und über dessen beide Wirkungen, nämlich daß der Verschollene bis zum 70. Ja h r gelebt habe, und daß er nicht darüber hinaus gelebt habe. B r u n s , die Verschollenheit in Be k k e r und M u t h e r , Jahrbuch des gemeinen deutschen R. I . B . 1857 S . 90, bes. S . 123. 125 147 fg. D ie Beziehung auf den Psalm 90 ist erst später zur Rechtfertigung dieses Term ins hervorgetreten, zuerst bestimmt bei Le ys e r (1723) in s. med. ad. pand. sp. 96 m. 5. B r u n s a. a. O. S . 175. D as sächs. Gesetzbuch §. 35 hät eine Tabelle für die muthmaßliche Lebensdauer eines Menschen aufgenommen. F ür die preuß. Praxis die ausführl. Entwickelung in den Entsch. B . 17 S . 87 und das. B. 12 S . 176. Die erste der beiden Wirkungen hat neuerdings besonders E r o p p (in s. u. He i s e s jur. Abh. B. 2 Nr. 4. 5.) angefochten. Dagegen D r u n s a. a. O. S 193, bei dem auch weitere Nachweisungen über die sehr schwankende gemeinrechtl. Praxis. Dergl. S e u f f e r t , Archiv B . 1 Nr. 160, D . 7 Nr. 356, SB. 5 Nr. 31. H e u j e r . Annalen IV. 661 bes. 6 7 4 f. D as O bertribunal zu S tu tt­ gart bat mit seinen Ansichten gewechselt. Dergl. D r u n s S . 196 und dagegen S e u f f e r t B . 15 S . 321. Hier verneint das Gericht die Lebensprasumtion bis zum 70. Jahre und spricht dem Verschollenen die Erbfähigkeit ab. — S ta tt der 70 Jah re verlangt das österr. Ges. B. 80 Jahre. §. 24. ia) Dergl. den in Note 11 citirten Aufsatz von D r u n s , der die ganze Lehre er­ schöpfend behandelt und H a r d e r , zur Lehre v. d. Bersch, in der Z . f. E iv. R. u. Proz. N. F. B . 19 S . 293. Der A ntrag auf Todeserklärung hat die N atur einer S tatustlage, mithin wirkt das Urtheil auch gegen dritte Personen. S t r i e t h . B . 78 S . 255. 1S) Nov. Corp. const. March. Thl. 3 S . 316.

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Erste- Buch.

Die Grundbegriffe.

das Rechtsinstitut nur in einigen Punktm berührt u). Hiernach ist fol­ gendes praktisches Recht. Berechtigt, einen Antrag auf Todeserklärung eines Verschollenen zu stellen, find der Ehegatte und die nächsten Ver­ wandten. Auch der Inhaber einer Polize, auf welche das Leben des Verschollenen versichert ist, kann die Todeseicklärung desselben nach­ suchen"). Sind Verwandte nicht bekannt, so hat der Vormund des Ab­ wesenden die Todeserklärung bei dem Prozeßrichter zu betreiben "). Es geschieht letzteres im Interesse des Fiskus, der in Ermangelung gesetz­ licher Erben das Vermögen des Verschollenen als herrenlos in Anspruch zu nehmen hat. Die obere Verwaltungsbehörde des Bezirks (Regierung, Landdrostei) muß daher auch von dem eingeleiteten Verfahren in Kennt­ niß gesetzt werden. Der Antrag darf erst gestellt werden, wenn min­ destens seit 10 Jahren keine Nachricht über das Leben oder den Tod des Verschollenen eingegangen ist. Diese Frist berechnet sich entweder vom Tage des Verschwindens oder vom Tage der letzten Nachricht, und wird auf 5 Jahr verkürzt, wenn er nach vollendetem 65. Jahr verschollen is t") — was offenbar mit den oben erwähnten 7 0 Jahren des 90. Psalms zusammenhängt; sie verlängert sich aber, wenn er vor erreichter Groß­ jährigkeit sich entfernt hat, um so viele Jahre, als zu derselben noch gefehlt haben. Läßt sich die Zahl der letzteren nicht feststellen, so ist ein 15jähriger Zeitraum abzuwarten. Kann der Tag des Verschwindens nicht ermittelt werden, und handelt es sich um den Anfall einer Erb" ) A .L .R . I I. 1 §§. 6 6 5 - 6 6 7 . 692 (Todeserklärung eines verschollenen Ehegatten). I I . 18 §§. 821— 855. A .G .O . I. 37 über das Verfahren, jetzt §§ 22. 2 4 — 26 A u sf. G . z. C .P .O . v. 24 M arz 1879 (G .S . S . 281) und die Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren §§. 823 ff. " ) A .L.R . n . 1 §. 692 I I . 8 §. 2296. ,6) Nach §. 3 1 .3 7 A .G .O ., § .8 2 6 I I. 18 A L R . sollte das Vormundschaftsgericht den K u ra to r in solchem F a ll anweisen, die Todeserklärung zu betreiben. Jetzt ist eine solche Anw eisung nicht erforderlich, auch w ird der Richter die Legitim a­ tio n des Vorm unds nicht durch P rü fu n g der Frage, ob ihm Verwandte be­ kannt waren, in Frage stellen können. — Ueber die Bedeutung der V o rm u n d ­ schaft über den Abwesenden, welche als Abwesenheitskuratel gemeinrechtlich zu vielen Zw eifeln A nlaß gegeben hat, kann naher erst im Bormundschaftsrecht ge­ handelt werden. Es hat sich hierbei um die Frage gehandelt: ob Vormundschaft oder provisorische Besitzeinweisung des Erben, ob dann successio ex tune oder ex n u n c stattfinde, wem während der Abwesenheit der Fruchtgenuß zufalle, ob dem Verschollenen noch Erbschaften zufallen, also vom K ura tor erworben werden können, und diese Fragen w urden, je nachdem man die P räsum tion des Todes oder des Lebens des Verschollenen zu Grunde legte, entgegengesetzt beantwortet. Dergl. über alle- dieses bes. B r u n s a. a. O. D er Code civ. art. 112— 140 ist dem altfranzöfischen coutumes entsprechend bei der Auffassung eines provisorischen Erbschaftsbefitzes und der successio ex tune sieben geblieben. B r u n s S. 127 bis 131. Z a c h a r i ä ( P u c h e l t ) I. S . 3 4 3 fg. S. 3 5 2 fg. D a s österr. G e s B . § § .2 7 7 . 278 leitet K ura tel fü r den Verschollenen ein und prasum irt ih n , wie das A .L.R . als lebend bis zur gerichtlichen Todeserklärung. U n g e r I. S . 2 3 7 fg. 1T) Also auch, wenn der Verschollene bei seiner E ntfernung schon über 70 Jah re a lt w ar. Gemeinrechtlich w ill man in diesem F a ll auf die alte P räsu m tion von der 100jährigen Lebensdauer zurückgehen. B r u n s S . 186. 201.

§. 19.

D a » Rechtssubjrkt, di« Person.

103

schaft, so bietet der Todestag des Erblassers den Anfangspunkt.

D er

Verschollene w ird , wenn die den A ntrag rechtfertigenden Thatsachen glaub­ haft gemacht sind, die Antragsteller sich auch zur eidlichen Bestärkung seiner Angaben erboten haben,

öffentlich u nter Jnnehaltung gesetzlich

vorgeschriebener Fristen aufgeboten und wenn er sich nicht meldet, die Antragsteller auch nach dem Ermessen des Gerichts den D iligenzeid ge­ leistet haben, durch förmliches Erkenntniß fü r todt e rk lä rt" ).

A ls Todes­

tag g ilt der T a g , an welchem dieses Erkenntniß verkündet worden ist, da es m it der Verkündung rechtskräftig w ir d " ) .

D a s V erfahren ver­

einfacht sich durch W egfall der öffentlichen Ladung, wenn seit der E n t­ fernung oder der erreichten Großjährigkeit 4 0 J a h re verstrichen fin d '"). 18) D ie E diktalien sind zuerst durch die preuß. V erordnung v. 1763 (vergl. oben) in die deutsche P ra ris eingeführt und haben schnell w e it verbreiteten A nklang ge­ funden. B r u n s a a. 0 . S . 180. I m Aufgebotsverfahren der Civilprozeßordnung handelt es sich sonst geradezu um den Ausschluß von Rechten und A n ­ sprüchen; in w ie w e it ein solcher Ausschluß bei der Todeserklärung in Frage steht, ergiebt sich aus den im §. 268 darzulegenden erbrechtlichen Bestimmungen. 19) F ü r das Recht vor der C P 0 . vertheidigte F ö r s t e r in den früheren Ausgaben gegen K o ch , Civilprozeß (1848) S . 747 Note 6 S . 749, der noch die zehntägige Restitutionsfrist verstrichen haben w ill, und unter Bezugnahme auf F ö r s t e r , Einiges zur Lehre von der Rechtskraft in Gruchots B ertr. I I . © .3 6 1 , sowie auf H e f f t e r . preuß. Civilprozeß, 1856 S . 257 und das Reskript vom 16. A p r il 1839 ( J .M in B l. S . 143), die Ansicht, daß als Todestag der Tag der vollen­ deten In s in u a tio n , die hier durch vierzehntägigen Aushang an der Gerichtsstelle (Ges. v. 5. M a i 1838 §. 36) zu bewirken war, anzusehen ist. — Ueber die eben­ falls bestrittene Frage, ob das Todeserklärungsurtheil deklarative oder konstitutive Bedeutung habe, vergl. B r u n s S . 1 9 8 fg. D ie P ra xis ist auch im Gebiet des gemeinen Rechts jetzt mehr für die letztere W irkun g des Urtheils. DaS sächf. G .D . §§. 37. 43 44 läßt als W irkung der Todeserklärung n u r die V erm uthung zu, daß der Verschollene an dem Tage gestorben, an welchem die den A n tra g a u f Todeserklärung begründende (2 0 j. u. 5 j.) Frist abgelaufen ist. Bew eis des Le­ bens. oder daß der Tod zu einer andern Z e it eingetreten, widerlegt die Verm uthung. -°) Dieser F a ll und die in den nächsten beiden Absätzen bezeichneten Fälle werden im A usf. G. zur C .P 0 . nicht erwähnt. A u f dieselben können die Bestimmungen der C .P .0 . nicht Anwendung finden: es handelt sich nicht um eine „bürgerliche Rechtsstreitigkeit" im S in n e des §. 3 des Eins. G . z. C .P .0 . D ie gerichtliche Thätigkeit, obgleich in die Formen eines Prozesses gewiesen und m it einem „ E r ­ kenntniß" abschließend, gehört in das Gebiet der fre iw illig e n Gerichtsbarkeit. Hiernach gelten die formalen Vorschriften im Wesentlichen unverändert, wie auch im Kommiss. Bericht des Abgeordnetenhauses zu §. 23 (z. §. 17) des A u sf. G. zur C .P .0 . anerkannt wurde. D a s A u sf. G . z. d. G .D .G . v. 24. A p r il 1878 (G .S . S . 230) begründet im § 26 die Zuständigkeit deS Amtsgerichts. N u r in einer Beziehung ist das Verfahren geändert. Zustellungen in Angelegenheiten, welche zur ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören, erfolgen nach §. 1 des A usf. G. zur C .P .0 . unter entsprechender Anw endung der Vorschriften der C .P .0 ., auf öffentliche Zustellungen in nicht streitigen Angelegenheiten aber sind ausdrücklich die Vorschriften über die öffentliche Zustellung von Ladungen an­ wendbar erklärt. Während hiernach in den Fällen des Aufgebots das Todes­ erklärungserkenntniß nach den Vorschriften der C ivilprozeßordnung einfach zu verkünden ist, bleibt, wenn kein Aufgebot erfolgt, die Nothwendigkeit einer öffent­ lichen Zustellung des Erkenntnisses aus dem alten Verfahren bestehen, der ein­ fache — dem bisherigen Recht entsprechende — vierzehnlägige Aushang genügt aber nicht, es ist außerdem ein Auszug des Schriftstücks einm al in den Reichsanzciger und zweimal in das sonst zur Veröffentlichung amtlicher Bekannt-

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Erste» Buch. Die Grundbegriff«.

Ohne ein Erkenntniß soll der Beweis des Todes eines Verschollenen als hinreichend gesichert angenommen werden, wenn ein im Kriege schwer Verwundeter innerhalb eines Jahres nicht zurückgekehrt oder Nachricht von ihm nicht eingegangen ist. Die hierdurch begründete Rechtsver­ muthung ist, von den Bestimmungen der Civilprozeßordnung unberührt, noch jetzt in Geltung"). Bezüglich derjenigen, welche an den Kriegen von 1806 bis 1815 und an den Kriegen von 1864, 1866, 1870. 1871 Theil genommen haben, bestimmen besondere Gesetze ein vereinfachtes TodeserklärungsVerfahren. Die Theilnehmer jener Kriege können, ohne daß es eines weiteren Zeitablaufs und einer öffentlichen Ladung bedarf, durch E r­ kenntniß für todt erklärt werden, wenn sie in dem betreffenden Kriege vermißt worden sind und seit dem Friedensschluß von ihrem Leben eine Nachricht nicht eingegangen ist. Der Todestag für diese Personen be­ stimmt sich, sofern sie Theilnehmer an den Kriegen von 1806 bis 1815 waren, durch die Rechtskraft des Erkenntnisses; für die Theilnehmer des Krieges von 1864 und der späteren Kriege gilt, je nachdem sie an dem einen oder anderen dieser Kriege Theil genommen haben, der 31. Dezbr. 1864, der 31. Dezbr. 1866, der 30. Juni 1871 als Todes­ ta g " ). Wer in Seegefahr sich befunden hat, wird im Todeserklärungsversahren als verstorben angesehen, wenn das Fahrzeug, auf welchem er gewesen, untergegangen und ein J a h r ohne Nachricht verstrichen ist. Der Untergang des Fahrzeugs wird als erwiesen angenommen, wenn es am Bestimmungsort nicht eingetroffen oder nicht zurückgekehrt ist und seit dem Zeitpunkt, wo es zuletzt in See gegangen oder gesehen worden, bei Fahrten in der Ostsee ein, bei Fahrten auf anderen europäischen Meeren zwei, bei Fahrten auf außereuropäischen Meeren drei Jah r ohne Nach­ richt verfioffen sind. D er Nachweis dieser Thatsachen kann auf jede ge­ setzliche Weise geführt werden; die Todeserklärung erfolgt auch hier durch Erkenntniß und der Tag des Todes ist der der Rechtskraft dieses Erkenntniffes "). machungen de» Gericht» bestimmte Blatt einzurücken (C .P.O . §. 187), und die Zustellung gilt als erfolgt, wenn ein Monat nach der letzten Einrückung des Auszug» verstrichen ist. Der letztere Tag muß auch bei den in den folgenden Absätzen erwäbnten Fällen, in denen der Tod als mit der Rechtskraft des Er­ kenntnisses eintretend anzusehen ist, als Todestag gelten. — Es läßt sich an­ nehmen, daß diese Erschwerung und Verlängerung des Verfahrens bei Erlaß des Ausf.G. z. C .P .O . nicht beachtet worden ist, da man sonst wohl auch hier die Verkündung des Erkenntnisses für hinreichend erklärt haben würde. 21) 8.9t. I. 1 §. 35, Eins. G. ». C.P.O. §. 1(3 Nr. 1. **) Ges v. 2. Aug. 1828. welches daS Gesetz vom 22. Mai 1822 aufgehoben hat. Reskr. v . 16. April 1839 (I . M. B l. 6 .1 4 3 ). — Ges. v. 24. Febr. 1868 (Ges.S. 6 .1 9 3 ). — Ges. v. 2. April 1872 (Ges.S. S . 341). **) Ges. v. 24. Febr. 1851. (G es.S. S . 23). Dazu Entscheid. B . 55 S . 196f.

Sofern feststeht, daß zwei oder mehrere Personen in einem gemein­ samen Unglück umgekommen find, ohne daß die Zeit des Todes jedes Einzelnen ermittelt werden kann, so wird angenommen, daß keiner den Andern überlebt Ijabe14), es kann also von keinem auf den Anderen ein Recht übergehen. Ehe dieser Gegenstand verlassen wird, soll noch kurz bemerkt werden, daß, abgesehen von der Beweisführung des Todes des Verschollenen, auch in allen anderen Fällen das Leben oder der Tod eines Menschen bewiesen werden muß. Dieser Beweis kann durch Zeugenaussagen und Urkunden gestihrt werden. D ie Eintragungen in die ordnungsmäßig geführten Standesbücher und die Auszüge aus denselben sind bis zum Nachweise der Fälschung, bet unrichtigen Eintragung oder der Unrich­ tigkeit der zu Grunde liegenden Anzeigen oder Feststellungen beweisend"). 3. M o d ifik a tio n e n der Persönlichkeit während des Lebens. a. D a s Geschlecht hat int heutigen Recht keinen Einfluß auf die Rechtsfähigkeit und im Wesentlichen auch nicht auf die H andlungs­ fähigkeit. Die Geschlechtsvonnundschaft kennt schon das A.L.R. nicht mehr, und wo sie provinzialrechtlich noch bestanden hat, ist sie durch besondere Gesetze später beseitigt worden. Frauen waren zwar nach A.L.R. bei Vornahme gewisser Geschäfte, besonders bei Uebernahme von Bürgschaften und überhaupt bei jedem subsidiären E intritt in die V er­ bindlichkeit für andere Personen an die Beobachtung gewiffer Vorschriften gewiesen, die den Zweck hatten, einer etwaigen Leichtfertigkeit entgegen­ zuwirken"). Diese Vorschriften sind aber jetzt aufgehoben; Frauen find auch bei Abschließung intercedirender Geschäfte den M ännern in ihrer Handlungsfähigkeit gleichgestellt *7). Bei s. g. Zwittern bestimmen die ") A.L R. §. 39 h. t. Anwendung davon : I. 12 §. 461. Entsprechend 1.18 pr D. XXXIV. 5: in quibus casibus si pariter decesserint, nec appareat, quis ante spiritum emisit, non videtur alter alteri supervixisse. 25) Preuß. Ges. über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Ehe­ schließung, vom 9. März 1874 (G .S . S . 95) § . 1 1 , Reichspersonenstandsgesetz v. 6. Febr. 1875 ( R G . B l . S . 23) §. 15, E P .O . § .3 8 3 Nr. 3, Einf.G . z. C .P .O . § . 1 6 Nr. 2. Durch die letztere Bestimmung ist die beweisende Kraft der vor den Personenstandsgesetzen erfolgten Beurkundungen des Personenstands aufrecht erhalten. Dgl. darüber: A G O. I. 10. §§ 128. 162. A.L.R. II. 11. §. 481 fg. Militärkirchenordnung vom 12. Febr. 1832 (G es.S. S . 69). Generalkonzession v. 23. Juni 1845 (Ges. S , S . 516) Nr 6. 7. Verordn v. 30. März 1847 und Ges. v. 23. Juli 1847 § § . 8 - 2 2 (G es.S. S . 125- 263). Dazu I n ­ struktion vom 10. Mai und 29 J u li 1847 (J.M in.Bl. S . 135 u. 233). 2b) A L.R. §. 24 h. t. I. 5. §§. 22. 23. I. 14 §§. 220. 221. 407. II. 1. §§. 188fg. 195 fg. 341—344. II. 18. § § .5 1 . 5 2 - 5 5 . A . G O . I. 1. § § .2 5 —29. Die Ge­ schlechtsfürsorge ist zuletzt aufgehoben für Neuvorpommern durch Gesetz vom 6. März 1855 (Ges.S. S . 176). *7) D as Ges. v. 1. Dezbr. 1869 (Ges.S. 1169) hebt auf A.L.R. 1 . 14. §§. 220—224. 256. 308. 4 0 7 -4 1 2 ; II. 2. §§. 273. 341. 343. 344. 891. 892 und die Anh. §§. 48. 75. Auch die gemeinrechtlichen Beschränkungen (Set. Vellejanum, auth. si qua mutier, 1. 23 § 2 C. IV. 29) find durch dieses Gesetz aufgehoben. —

Erste- Huch.

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Die Grundbegriffe.

E lte rn das Geschlecht, doch kann ein solcher, 18 J a h r a lt, diese Bestim­ mung ändern, falls nicht Rechte D r itte r davon abhängen, wo Sachver­ ständige zu entscheiden h ab e n "). b. D a s A l t e r scheidet die Personen in K inder bis zum vollendeten 7., in Unmündige bis zum vollendeten 14. und in M inderjährige bis zum vollendeten 2 1 . Lebensjahr.

D e r M a n g e l ihrer Rechtsfähigkeit und

Handlungsfähigkeit w ird durch die väterliche G ew alt, oder wo diese nicht mehr vorhanden ist, oder das eigene Interesse des V a te rs kollidirt, durch Vo rm ün d er und Pfleger e rg ä n zt").

D ie volle Selbständigkeit des H a n ­

delns m it Rechtswirkungen erlangen erst die G ro ß jä h rig e n ").

F ü r alle

preußischen Staatsangehörigen w ird dieser Zeitpunkt erreicht m it V o ll­ endung des 21. Lebensjahres, d. h. m it dem B eg in n des ersten Tages im

22. J a h r e " ) .

V o r Vollendung des 21. Jahres kann ein M in d e r­

jähriger, welcher das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, durch B e ­ schluß des Vormundschaftsgerichts fü r großjährig

erklärt werden, wo­

durch er die gesetzliche Rechtsstellung der G roßjährigen e rla n g t" ). Durch die Bestimmung, daß bei Abschluß des Berlöbnißvertrages die großjährige nicht mehr unter väterlicher G ewalt stehende B ra u t m it einem männlichen B e i­ stand erscheinen muß, daß ebenso eine E hefrau. die sich vor Gericht ihrem Ehe­ manne verpflichten w ill, unter Zuziehung eines Beistandes, und daß die vater­ lose B ra u t bei einem die Gütergemeinschaft einführenden Vertrage m it einem rechtsverstandigen Beistand aufzutreten hat (A .L R. I I 1. §§. 88. 200. 356), w ird nickt die Rechts- oder Handlungsfähigkeit des weiblichen Geschlechts be­ schrankt; — sonst müßten diese Bestimmungen, wie K o n s bei Gruchot X X . 6 . 5 0 9 ausführt, als durch die Dormundschaftsordnung aufgehoben gelten; — diese Bestimmungen bezwecken n u r, eine Sicherheit dafür zu gewähren, daß. der wirkliche W ille der F rau zum Ausdruck kommt, der Assistent kann sich n u r be­ mühen, diesem W ille n eine entsprechende Richtung zu geben, aber seine Zustim ­ mung zu dem, waS die Frau erklärt, ist nicht erforderlich, ih r eigener freier W ille ist das entscheidende M om ent. — In w ie w e it es zu W illenserklärungen von Ehefrauen der Zustim m ung des M annes bedarf, ist im Eherecht zu erörtern. 28) D ies kommt auf die Bestimmungen des römischen Rechts hinaus I. 10 I). I. 5. 1. 15. §. 1 D. X X I L 6. 1. 6. 5. 2. I). X X V I I I . 2. H e y d e m a n n 6 . 132. " ) Eiehe unten §. 26. ^

Doch bestehen auch bei Großjährigen die Beschränkungen der väterlichen G ew alt fort.

31) Gesetz v. 9. Dezbr. 1869 (G es.S. 6 . 1177). R G v. 17. Febr. 1875 (R .G .B l. S . 71). — R u r der Regent w ird m it dem vollendeten achtzehnten Jahre großjä hrig . Sonst ist in Preußen auch fü r die M itg lie d e r des Königshauses von dem reichsgesetzlichen Vorbehalt abweichender Regelung kein Gebrauch gemacht. D e r n b ü r g I. §. 73 A nm . 7 n im m t in offenbarem Widerspruch m it dem Reichs­ gesetz an, daß auch die ehemals reichsunmittelbaren F am ilien von der Bestim­ m ung des Reichsgesetzes nicht berührt werden, soweit ihre Hausgesetze das A lter der G roßjährigkeit abweichend ordnen. 32) V g l. Dorm. O. v. 5. J u l i 1875 §. 61 Abs. 2, §§. 97. 98. Ueber das frühere Recht, welches die G roßjährigkeitserklärung bevormundeter M in de rjäh rige r w eibl. Geschlechts m it 18, m ännl. Geschlecht- m it 20 Jahren gestattete, und an die E n t­ lassung des 2Ojahrigen Haussohns aus der väterlichen G ew alt ohne Zustim m ung des Dormundschastsgerichts die W irkun g der G rojährigkeitsertlärung knüpfte, vgl. A .S .R . I I. 18 §. 713, I I. 2 §. 216. Entsch. D 18 S . 289, B . 24 S . 124. — A ls Z eitpunkt der Wirksamkeit der G roßjährigkeitserklärung ist anzusehen die Zustellung des Beschlusses an den M inderjährigen. D gl. R .O .H .G . B . 6 S . 317 ff.

§. 19.

D a - Rtcht-subjekt, die Person.

107

c. D ie R e lig io n bewirkt in privatrechtlicher Hinsicht keine Unter­ schiede m e h r"). d. Auch die b ü rg e rlic h e E h re gehört kaum noch dem Gebiete des Privatrechts, sondern nur dem des öffentlichen Rechts an. Alle Unter­ schiede, die die gemeinrechtliche Theorie in dieser Lehre noch aufstellt, sind fü r das preußische Recht ohne Interesse. N u r durch ein gericht­ liches S tra fu rth e il können einer Person die bürgerlichen Ehrenrechte auf eine bestimmte Zeit abgesprochen werden. D ie Wirkungen, so weit sie das Privatrecht betreffen, sind später zu erwähnen" ) . Ebenso w ird bei den einzelnen Rechtsinstituten zu erwähnen sein, in wiefern die T hat­ sache der Verurtheilung zu bestimmten Strafen oder die Vollstreckung einer solchen S trafe oder auch nur der üble R u f eines Menschen seine privatrechtlichen Verhältnisse beeinflußt. e. G e b u rts s tä n d e begründen keine Unterschiede im Privatrecht; der Verlust des Adels kann auch nicht mehr als S trafe ausgesprochen werden " ) . f. Dagegen wirken k ra n k h a fte K ö r p e r - und S e e le n zu stä n d e auf die Rechtsfähigkeit. Den Kindern gleich gelten R asende und W a h n ­ s in n ig e , d. h. die des Gebrauchs ihrer V ernunft gänzlich beraubt sind, worunter man nicht allein eine stetige und totale, sondern auch peri­ odische und partielle S törung der V ernunft zu verstehen h a t " ) ; den Unmündigen gleich die B lö d s in n ig e n , welchen das Vermögen, die Folgen ihrer Handlungen zu überlegen, mangelt. Vom medizinischwissenschaftlichen Standpunkt find diese Definitionen als unpassend, na­ mentlich als nicht erschöpfend getadelt worden. Großjährige Geistes­ kranke erhalten einen Vormund, und von da an kommt eine thatsächliche Besserung ihres Zustands rechtlich nicht in Betracht, bis die Vorm und­ schaft aufgehoben ist; dies setzt aber voraus, daß sie auf Grund einer gerichtlichen Untersuchung in dem geordneten Verfahren fü r wahn- oder blödsinnig erklärt w erden"). Ebenso setzt die Aushebung der Vormund33) Derf.-Urk. Art. 12. B .G . v. 3. J u li 1869 bett. die Gleichberechtigung der Konsesfionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung (B .G .B l. S . 370); vgl. auch §. 203 a. E. 34) Strafges. B . § § .3 2 — 37. Dgl. Dorm. D . §§. 21. 25. — Neuerdings hat H e r ­ m a n n (Archiv f. civ. Prax. B . 45 S . 153. 315) ein besonderes Privatrecht der Person auf Führung oder Aenderung ihres Namens behauptet, welches als ein allgemeines Recht der Persönlichkeit im System behandelt werden muffe. 35) Das deutsche Strafgesetzbuch kennt eine solche Strafe nicht, anders preuß. S tr.G .B . v. 1851 §. 12 N r. 2). Dgl. überhaupt Derf. Urk. Art. 4. Durch die Deklaration v. 10 J u n i 1854 (G .S . S . 363) ist jedoch die Zulässigkeit einer besonderen Rechtsstellung der vormals reichsunmittelbaren Reichsfürsten und Grafen an­ erkannt. 36) Jurist. Wochenschr. 1841 S . 345.

S t r ie t h o r s t D . 36 S . 284.

" ) A . L . R . I. 4 § .2 5 , I. 12 § . 2 1 , Dorm. Ordn. § .8 1 , und bez. des Verfahrens E .P .O . §§. 59 3ff.; über das frühere Recht vgl. F ö rs te r, Klage u. Einrede u.

108

Erste- Buch. Die Grundbegriffe.

schast einen in Gemäßheit der Civilprozeßordmmg gefaßten rechtskräf­ tigen Beschlnß aus Wiederaufhebung der Entmündigung oder ein rechts­ kräftiges Erkenntniß aus Wideraufhebung des Entmündigungsbeschlusses voraus. B lin d e , S tu m m e oder T au b e werden, wenn sie auch nicht willensunfähig find, doch vom Gesetz unter besondere Vorsorge bei ihren rechtlichen Willenserklärungen genommen"). Wenn fie an Besorgung ihrer Rechtsangelegenheiten gehindert find, erhalten fie einen Vormund und stehen dann für den Abschluß von Verträgen den Blödfinnigen, also auch den Minderjährigen gleich "). Endlich ist die Rechts- und Handlungsfähigkeit der V erschw ender gemindert, cs wird ihnen im geordneten gerichtlichen Verfahren die Verwaltung ihres Vermögens entzogen "), sie werden den Minderjährigen gleich geachtet und unter Vormundschaft gestellt. Verschwender ist, wer durch unbesonnene und unnütze Ausgaben, oder durch muthwillige Ver­ nachlässigung sein Vermögen beträchtlich vermindert oder sich in Schulden prruß. R. 1857 S . 224. A.L.R. II. 18 §. 12.13. A .G .O . I. 38 § .3 . Koch, schles. Arch. IV. 6 . 81. — Darüber, ob jetzt Erklärung für geisteskrank, oder noch für wahn- oder blödsinnig zu erfolgen hat, vgl. Löwenstein. Dorm. Ordn. 2. Aust. S . 117. — Nach C .P .O . §. 603 tritt der Beschluß auf Entmündigung, — obwohl er im Wege der Klage anfechtbar ist — mit der von Amtswegen bewirkten Mittheilung an den Dormundschastsrichter in Wirksamkeit. M it diesem Moment ist also die Bestellung des Vormunds gerechtfertigt. Wenn das Ge­ richt schon wahrend des Verfahren- eine Fürsorge für erforderlich hält, ist der Vormundschaftsrichter zu benachrichtigen (C .P .O . §. 600), der dann einen Pfleger bestellen kann. Dam it ist die Bestimmung des frühern Rechts (Anh. §. 264 zu A G O I. 38 § .5 ), welche dem Richter des Provokation-prozesses die direkte Fürsorge für das Vermögen des zu Entmündenden zur Pflicht machte, beseitigt. A R. anscheinend D e r n d u r g I. S . 150 Anm. 15. " ) A.L.R. II. 18 tz. 15sg. A .G .O . II. 3 88-6. 7. A .L .R . I. 5 8. 171. 39) D O. §.8 1 Nr. 3, A.L.R. I. 5 88- 24 25, A G O. II 3 88- 3—7; testirfähig find auch bevormundete Blinde, Taube und Stumme. A.L.R. I. 12 88« 26. 113. Taub- und Stummgeborne, oder welche es vor ihrem vierzehnten Jahre ge­ worden, sollten nach A .L.R. II. 18 §§. 1 5 ff. schlechthin unter Vormundschaft gestellt werden. Jetzt hängt auch bezüglich ihrer die Entscheidung von der that­ sächlichen Erwägung des Richters ab, ob sie an Besorgung ihrer Recht-angelegen­ heiten gehindert sind. M it jener Vorschrift hängt zusammen die Bestimmung der § § - 540.595 i. G-A L.R., welche die Taubstummen bezüglich der Verjährung durch Nichtgebrauch und der Ersitzung den Minderjährigen gleichstellt. Der §. 540 eit, wird auch in Zukunft für bevormundete Taubstumme anwendbar sein, §. 595 dagegen — wonach gegen einen Taubstummen, dem nach den Gesetzen hätte ein Vormund bestellt werden sollen, so lange die Bestellung nicht erfolgt ist, keine Verjährung durch Besitz anfangen kann, ist mit dem Wegfall der Voraussetzung, daß jedem Taubstummen hätte ein Vormund bestellt werden sollen, unanwendbar geworden. — Daß diejenigen, welchen Gehör und Auge als Erkennungsmittel verschlossen sind, schlechthin in der Lage find, daß ihnen ein Vormund bestellt werden muß (Restr. v. 11. April 1841, J .M .B l. S . 151), bleibt auch nach der Dorm. Ordn. richtig. 40) Nur durch gerichtlichen Beschluß oder Erkenntniß, nicht durch freiwilligen Ver­ zicht kann die Handlungsfähigkeit aufgegeben werden. S t r i e t h o r s t B. 53 S.222. Ebenso nach gem. R. s. unten 8 235 Note 9. — Ueber Prodigalitäts­ erklärung (mit interessanten dogmengeschichtlichen Bemerkungen) s. H eu ser, tut* Hess. Annalen XII. 46 3 f. D as Verfahren regelt jetzt C .P .O . §§. 6 2 4 ff.

steckt, der also einen leichtsinnigen, ausschweifenden Gebrauch von seinen Gütern macht"). Der tiefere Grund, weßhalb der S taat solchen Men­ schen die Verwaltung ihres Vermögens entzieht, ist nicht allein die Rück­ sicht auf die Existenz ihrer nächsten Angehörigen — denn es geschieht auch, wenn solche nicht vorhanden find, — sondern und vielmehr die Unsittlichkeit, die im Verschwenden liegt, das öffentliche Aergerniß, was solches Treiben erzeugt. Der Verschwender ist des Gebrauchs seiner Vernunft nicht mächtig, tamquam furiosus, aber aus eigner Schuld, weßhalb ihm das Edict nequitia vorwirft"). D er Antrag aus Entmündung des Verschwenders kann von dem Ehegatten"), einem Ver­ wandten oder — da auch bei schon bevormundeten Personen die E nt­ mündigung Bedeutung hat (namentlich für die Testirfähigkeit), — von dem Vormund des zu Entmündigenden, selbst von dem Vertragserben") oder auch von dem S taatsanw alt") gestellt werden. Der Antrag und das Verfahren wird durch den Tod des Verschwenders gegenstandslos"). Zum Schluß noch die Bemerkung, daß der Begriff der Persönlich­ keit über das Individuum hinaus erweitert und im Wege juristischer Abstraktion einer Mehrheit von Personen oder einem V erm ögens-In­ begriff beigelegt werden kann (juristische P e rso n e n ). Hiervon kann erst später gehandelt werden. Niemals aber geht die Abstraktion so weit, daß sie einem losen Aggregat von einzelnen Personen, wie es das P u b lik u m darstellt, Persönlichkeit und die Eigenschaft als Rechtssubjekt beilegt"). *') A .L.R . §. 30 >>. t A .G .O . §. 9. I. 38. ") F ö rster, Kl. u Einr. S . 226. S t r i e t h o r s t B . 29 S . 20 (derselbe Fall, der bei Förster S . 227 erwähnt ist). S e u f f e r t . Arch. B 12 S . 2. Ko c h s Auffassung (Kommentar zu §. 30 I. 1 Note 2h) ist äußerlich und einseitig. 4:t) Bei einer Ehefrau nur vom Ehegatten, bei einer unter väterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehenden Person nur vom Vater oder Vormund. " ) A.L.R. I. 12 § .6 2 6 in Derb, mit § .5 9 5 C .P .O . ") Früher von einem „fiskalischen Bedienten" A .G .O . I. 38 §. 9. 4tJ) Gruchot , Beiträge B . 1 S . 317. A. M. S o m m e r , im neuen Archiv, B. 14 S . 311. Unten §. 26 Note 6. ") Rechtsprüche B . 4 S . 287. Rechtsfälle P 3 S . 352. S t r i e t h o r s t P . 4 S . 244. Mehrfach ist aber das Publikum im A.L.R. genannt, z. B . l. 8. §§. 37. 7JL 74.

110

Erstes Buch.

Dir Gmndbrgiiffe.

D ritte- Kapitel.

Das §. 20 .

Rechtsobjekt.

Begriff der Sache.

A L R. I. §. 1—3. — Heydem ann I. S. 140. D o rn em an n I S 99. D a n ie ls I. S . 193. Koch I. S . 202. D e rn b u rg I. § 60 f. S. 119f. — Gruchot, Beitr. I. S . 125. — S in te n is B l §§. 40. 41 S 409. 416 fg. Windscheid I. S .4 1 6 . Wächter II. S. 203. U n g e rl S. 353. R oth II. tztz. 109-117. Zachariä (Pucheltj I. S. 416 D a n k w a rd t, Nationalökonomie und Ju ris­ prudenz, Heft 1 (1857). Derselbe, nationalökonomisch-civilistische Studien, 1862. R o th , d. Pr. R. § 74ff.

Die Objecte des Rechts, d. h. diejenigen Gegenstände, auf welche sich die Berechtigung der Person bezieht, die sie ihrem Willen unter­ werfen darf, nennt das A.L.R. Sachen, wozu alles gerechnet wird, was überhaupt der Gegenstand eines Rechts oder einer Verbindlichkeit sein kann. Diesem weiten Begriff von Sache setzt das Gesetzbuch einen engeren entgegen, wonach nur dasjenige so genannt wird, was entweder von Natur oder durch die Uebereinkunft der Menschen eine Selbständig­ keit hat, vermöge deren es Gegenstand eines dauernden Rechts sein kann. Es ist nicht klar, was damit gemeint sei. Koch') glaubt, daß hierbei wohl an den Gegensatz von körperlichen und unkörperlichen Sachen gedacht worden, und nennt die Definition für das praktische Bedürfniß unbrauchbar. Die Erklärung und Rechtfertigung dieser Bestimmung ist in dem systematischen Grundgedanken des A.L.R. zu finden. Nicht der Gegensatz von körperlichen und unkörperlichen Sachen sollte ausgedrückt werden, sondern der Gedanke, daß nur diejenigen Gegenstände der Außen­ welt Sachen im eminenten Sinn find, welche als solche einen in ihnen selbst liegenden Zweck für die Person haben, nicht vorübergehende Mittel find, um ein anderes, gewissermaßen hinter ihnen liegendes Objekt zu erreichen, weßhalb auch nur sie die Person als dauerndes, unmittelbares Objekt ihrer Berechtigung ergreifen kann. Das A.L.R. kennt die Obli­ gationen nur als Mittel zur Erwerbung oder Erhaltung des Eigenthums, sie sind ihm nicht ein selbständiger Theil des Vermögens, d. h. des I n ­ begriffs von Rechten einer Person, wie dies im römischen Recht der Fall ist. Sie find daher auch nicht von dauerndem Interesse für die Person, denn das Mittel wird interesselos, sobald der Zweck erreicht ist, sie stellen nur das Werden des Rechts in Sachen und Handlungen dar, das Sachenrecht aber das S e in des Rechts in diesen Gegenständen'). Daß ') A. a. O. 203. *) Ahrens, Encyklopädie S 603. als Soll und Haben.

Der Gegensatz kann auch ausgedrückt werden

das A .L .R . außerdem häufig das W o rt Sache als gleichbedeutend m it K ö rp e r gebraucht, ist zwar richtig, aber unterstützt nicht nothwendig die A uslegung, die in §. 3 d. T . die D e fin itio n von K ö rp e r finden w ill. Sonach ist anzunehmen, daß a ls Sache im engeren S in n alle selbstän­ digen Vermögensobjecte zu verstehen find, nicht die O bligation en, denen die Selbständigkeit des Zwecks abgeht.

E s ist diese Auslegung wichtig

fü r die Entscheidung der im preußischeu Recht aufgeworfenen Frage, ob O bligation en Gegenstände des Befitzes

und Eigenthum s sein können,

wovon noch später zu sprechen sein w ird . d. T .

W ährend also nach §. 1. 2

Alles ohne Unterschied, auch die obligatorischen Handlungen, so­

weit sie Gegenstand eines Rechts oder einer Verbindlichkeit fin d , unter der „allgemeinen Benennung von Sachen" begriffen w erden'), muß v ie l­ mehr gesagt werden, daß diese D e fin itio n eine unbestimmte und fü r den Gebrauch unfruchtbare,

verwirrende ist.

Passender wäre es gewesen,

hier deu Ausdruck Rechtsobjekt oder Gegenstand des Vermögensrechts überhaupt zu w ählen, denn dam it wären allerdings auch die O b lig a ­ tionen um faßt 3 4). D ie eigentliche Begriffsbestim m ung von Sache aber als Gegenstand des Sachenrechts ist im §. 3 gegeben.

H ierher gehören

außer den K örpern auch die Rechte wie S ervituten, s. g. Gerechtigkeiten, Reallasten; beides kann im Gegensatz zu den O b ligation en zusammen gefaßt werden unter die Kategorie der räumlichen Gegenstände, denn auch die S e rv itu te n beziehen sich a u f räumliche V e rh ä ltrriffe , sind ge­ bunden an den R a u m und wirken n u r im R a u m '). E in th e ilu n g

von

körperlichen

greifende fü r Rechtsobjekt,

D eshalb ist die

und unkörperlichen Sachen keine durch­

denn die obligatorischen Rechte,

die auch

unter letztere fallen sollen, sind weder das eine noch das andere, sie leben in der Z e it, die dem R aum angehörigen Objekte dagegen sind ent­ weder körperlich, d. h. m it einer räum lich abgegrenzten F o rm versehen, oder unkörperlich, wenn sie n u r nach ih rer W irkung eine Beziehung auf den R a u m haben. W ichtiger,

a ls diese E in th e ilu n g in körperliche und unkörperliche

Sachen, ist ein anderer Gesichtspunkt, der gleichwohl bisher in dieser Lehre fast unberücksichtigt geblieben ist. D a s Rechtsobjekt nämlich soll den Zweck des Rechts der Person enthalten, in ihm soll sie die B e frie ­ digung ih re r wahren B edürfniffe finden.

Dieser Zweck ist aber ein w irth -

schastlicher, ökonomischer — nicht ein sittlicher, intelligenter, denn solche 3) Sache im weitesten Sinn, gleich Rechtsobjekt, z. P . in 1 .12 §. 6. 262. Entsch. B. 11 ©. 282 fa. 4) Auch das ästen. Ges.-B. §. 285 hat eine so unbestimmte Definition für Sache „im rechtlichen Sinne": alles, was von der Person unterschieden ist und zum Gebrauch der Menschen dient. °) Ah r e n s a. a. D. S . 604. 609.

Zwecke gehören nicht dem Gebiete des Rechts an. D ie Rechtsobjekte find G ü t e r fü r die Person, und zwar ist dies wesentlich die Lache im S in n des §. 3, die O bligation soll erst zum G u t verhelfen. Deßhalb w ird paffender das Sachenrecht ein Sachgüterrecht genannt, welches einen Theil des Vermögensrechts bildet, deffen andere Bestandtheile die Obligationen find *). Eine Sache, die fü r jenen Zweck des Rechts, die dem Menschen eigne Beschränktheit und Bedingtheit durch Gewährung einer Herrschaft über die äußere W elt zu überwinden, indiffirent ist, kann nicht als Rechtsobjekt angesehen werden. Es wirkt dieser Gesichtspunkt auf die Eintheilung der Sachen und es gewinnt der Werth, den sie fü r die Person haben, eine rechtliche Bedeutung.

§. 21. Eintheilung der Sachen. A.L.R. I. §§. 4— 10S. 120. 121. Besitzes. 1HG0 S. 119 fg.

Die Literatur wie bei §. 20, und Lenz. Recht de-

D ie Sachen im S in n des §. 3 d. T., d. h. diejenigen, welche Gegen­ stände des Sachenrechts sind, können je nach ihren Eigenschaften ver­ schiedener Eintheilung unterliegen. N u r diejenigen Eigenschaften sind hier zu erwähnen, welche für das Recht von Interesse sind. D a s A.L.R. hat nämlich im zweiten T ite l eine Menge von Ausdrücken des täglichen Lebens, die sich auf einzelne Sachen beziehen, erklärt, d. h. vorgeschrieben, wie dieselben vom Richter verstanden werden sollen. E in solches Register hat kein wiffenschaftliches Jntereffe, und wie dergleichen Auslegungen füglich der Verständigkeit des Richters überlaffen bleiben können, hätten sie im Gesetzbuch auch nicht Aufnahme finden sollen'). D a die durch den Raum F o rm erhaltenden Sachen, d. h. die Körper, weitaus mannichfacher find, als die zum Raum in Beziehung stehenden Rechte, auf letz­ tere vielmehr vielfach erst Eigenschaften und Eintheilungen von jenen analog übertragen find, so muß auch m it jenen begonnen werden. 1. D ie K ö rp e r. S ie werden entweder in ihrer physischen Einzel­ heit oder mehrere zusammen als Einheit gedacht fü r das Recht verwendet: in d iv id u e lle Sachen und I n b e g r if f . Z u letzterem gehört, daß meh­ reren besonderen Sachen ein gemeinschaftlicher Name gegeben werde, der sie als Ganzes zusammenfaßt. D ie einzelnen Stücke, aus denen er sich bildet, können wechseln, ausscheiden und hinzutreten: das Ganze w ird 6) Ahrrns S . 604. Da n kwa r dt a. a. 0 . 12f. 1 49 I). de V. T. Naturaliter bona ex eo dicuntur, quod beant, hoc est beatos faciunt; beare est prodesse. ') Besser im österr. G.B. $. 286—303, wo nur Begriffe, nicht aber eine Nomenclatur gegeben wird. Auch der Code beschränkt sich im Vergleich mit dem A.L.R., obgleich er ausführlicher wie das österr. G.B. ist Art. f>16 fg. Das sachs. G.B. §§. 58—78 ist auch mehr auf Begriffe rednzirt.

§. 21.

113

E in th e ilu n g der Sachen.

dadurch für das Recht und fü r die Rechtsverhältnisse, denen es ange­ hört, nicht ein anderes. Aber wenn auch hier eine Mehrheit von Sachen unter einem Nameu vereinigt erscheint: der Gegenstand des Rechts ist nicht dieser darüber schwebende unkörperliche Name, oder der durch ihn ausgedrückte B e g riff, sondern es sind dies die einzelnen körperlichen Stücke. Insofern ist die Bedeutung des In b e g riffs, der Sachgesammtheit (universitas rerum ober facti) fü r das Recht keine erhebliche, der Name erleichtert und vereinfacht nur die Bezeichnung der M ehrheit von Sachen, an denen dasselbe Recht zusteht, er erleichtert in einzelnen be­ stimmten Beziehungen die Anwendung der Rechtssätze, aber das Recht selbst haftet in Wahrheit an jeder einzelnen Sache und kann in Betreff jeder einzelnen Sache verletzt werden'). 2) D ie Sachgesammtheit unterscheidet sich von den z u s a m m e n g e s e t z t e n Sachen, bei welchen mehrere einzelne Sachen physisch zu einem Ganzen verbunden find, während bei jener die einzelnen Sachen fü r sich bleiben und n u r als Ganzes geda c ht werden (cornora cohaerentia, d ista n tia ). §. 18 J. de leg. I I . 20. 1. 30 pr. D. X L I . 3. D ie praktische Brauchbarkeit des Begriffes einer Sachgesammtheit ist namentlich fü r die dinglichen Rechte bestritten l l n g e r l . S . 4 7 5 sg.). D ie Gesammtheit als solche ist niemals Gegenstand eines dinglichen Rechts, sie kann nicht besessen und usucapirt werden (1. 30 § 2 D. X L I . 3 , auch nicht Gegenstand des Eigenthums sein. Z w a r sagt 1. 1 §. 3 D. V I. 1 sehr bestimmt, daß ein grex als solcher v in d ic irt werden könne, lice t sin gu la cap ita nostra non s in t, aber die I. 2, 1. 3 pr. eod. zeigen doch deutlich, daß die v in d ic a tio gregis n u r dann und so w eit statthast ist, als der D indican t die sin g u la Cor­ pora im Eigenthum hat. D ie v in d ic a tio gregis ist also n u r ein Erleichterungs­ m itte l, die eigentlichen Klageobjekte find die einzelnen Stücke, und es können die Worte in der 1. 1 § . 3 : sed enim gregem sufficie t ipsum nostrum esse, lic e t singula capita nostra non sint, doch unmöglich dahin verstanden werden, daß man Eigenthümer eines grex sein könnte, obschon einem nicht ein einziges Stück davon gehört. D a s wäre jedenfalls ein sehr leeres Eigenthum . Dergl. 1. 23 §. 5 I). V I. 1. W ichtig ist hierbei auch, daß, wenn der Kläger m it der V in dikation der Heerde abgewiesen ist, seiner späteren V in d ika tio n des einzelnen Stücks die exceptio rei ju d entgegensteht. 1. 21 §. 1 D. X L I V . 2. D ie 1. 1 §. 3 kann vielmehr für die heutige Anwendung n u r so ausgelegt werden: W er die zu einer Heerde vereinigten Thiere v in d iz irt, ist dessen enthoben, jedes ein­ zelne Thier zu vindiziren und von jedem einzelnen seinen Eigenthumserwerb nachzuweisen. E s g e n ü g t , wenn er alle Thiere in einer gemeinsamen Klage v in d iz irt und den Erwerb der Heerde nachweist, was um so näher liegt, als der Erwerb der einzelnen Stücke uno actu geschehen sein w ird, und der Erwerb des Nachwuchses ohnehin aus der Lage des bonae fid e i possessor folg t. Dem Be­ klagten steht aber die Einrede frei, daß diesesoder jenes einzelne Stück dem Kläger nicht gehöre. Ueber V in d ika tio n eines F a m ilie n -A rc h iv s s. H e u s e r , Annalen I I . 58. Ebenso verhält es sich m it dem Nießbrauch und dem P fa n d ­ recht an einer universitas rerum . D ie M ehrheit der neueren Schriftsteller ist gegen die Annahme dinglicher Rechte an einem In b e g riff als solchem ( Wä c h t er , Erörter. Heft 1 (3 .1 7 . W ürtemb. P r iv .- R I I S - 235. B r i n z , Pandekten 1857 Abth. 1 S . 176 (2 A u fl I. © . 475 545. 65 3 '. D e r n b u r g . Pfandrecht 1800 B . 1 S 452. P u c h t a , Dortes. 5 A . I. S . 77). D a fü r G i r t a n n e r , i n G e r b e r und I b e r i n g ' s Jahrb. s. Dogm . I I I . S . 58 bes. S . 95. B a n g e r o w I. S . 125 steht der ersteren Ansicht näher. W i n d s c h e i d I. S . 417 Note 5. 6 ist fü r letztere. D ie neueren Gesetzbücher stehen au f dem Standpunkt der D o k trin ihrer Zeit. W as das A L R. insbesondere angeht, so sind fü r das Rechtsverha ltniß am In b e g riff zu merken: von einem Vertrage über einen solchen kann man nur abgehen, wenn die Fehler der einzelnen Stücke so beschaffen sind, daß F örster, Preuß. Pnvatrecht. I. 4. Aust.

g

114

6ifk# Buch. Das

AL.R.

Die Grundbegriff«.

erhebt sich, der dam aligen D o k trin entsprechend, noch

höher und fa ß t auch Sachen und Rechte, einschließlich der Verbindlich­ keiten, zu einem In b e g riff zusammen, der hauptsächlich W irkung äußert a ls Verlaffenschaft. S onst kommt eine solche s. g. universitas Juris, im Gebiete des Rechts nicht w o h l vor, denn das Vermögen als ein gedachtes Ganze ist regelmäßig nicht Gegenstand von Rechtsverhältniffen, vielmehr umgekehrt gehören letztere zu seinem I n h a lt ') .

Aber auch als Nachlaß

oder Erbschaft ist das Wesen einer universitas Juris im preußischen Recht nicht so festgehalten, wie im römischen'). der ganze In b e g riff nutzlos w ird , da- ist quaestio fa c ti; Schadloshaltung ist aber auch fü r jedes einzelne schlechte Stück zu verlangen. I. 5. §§. 339— 341. D ie Ergreifung einzelner Stücke bewirkt den Besitz des Ganzen I. 7. §. 53 D er K a u f eines In b e g riffs w ird in Ansehung der Nutzungen und der Gefahr als K a u f in Bausch und Bogen angesehen I. 11. §. 121. Der Vorbehalt eines besseren Käufers bei einem In b e g riff bezieht sich n u r aufs Ganze, nicht auf die einzelnen Stücke I. 11 § 294. B ei Nutzungsrechten an einem In b e g riff muß der Berechtigte die abgegangenen einzelnen Stücke ergänzen. 1 21. §§. 17. 1H. E in Pfandrecht an einem In b e g riff besteht nur, soweit die einzelnen Stücke in Besitz des Pfandgläubigers gelangt sind. D ie Stücke, die bei dem Schuldner zurückgeblieben, find nicht verpfändet. I. 20. §§. 104. 105. — D a s österr. Ges.-B- § 302 stimmt m it dem A .L .R . in der D e fin itio n des In b e g riffs, § 427 läßt das Ganze symbolisch tradiren und dadurch das Eigenthum daran erwerben. U n g e r © . 4 *3 Note 43. Ueber d a - französ. R. siehe Z a c h a r i ä I. S . 399. B ei dem B e g riff der Heerde und der Diehpacht (Code art. 116. 18 0 0 fg.) tr itt das Recht an den einzelnen Stücken mehr hervor. D as sächs. G .-B . §§. 62. 63 hat zwar den B e g riff der „Gesammtsache" beibehalten, aber richtig bestimmt: „D ie Vereinigung mehrerer beweglicher Sachen zu einer G - S . bewirkt an sich keine Aenderung der Rechte und Verbindlichkeiten, welche in Ansehung der ein­ zelnen Stücke stattfanden. W enn von einer G .-S . n u r eine einzelne Sache üb rig ist, so dauert das Recht, welches Jemand an jener hatte, an dieser fo rt." 3) D ie Derlassenschast, Erbschaft, (die hereditas) bezeichnet das A.L R . §• 34 d. X. u. I 9. § .3 5 0 a l- In b e g riff aller Sachen, Rechte und Pflichten eines Ver­ storbenen oder fü r todt Erklärten V g l. B . 4 §. 266. — D ie Unterscheidung der un ive rsitas Juris und der un ive rsitas rerum oder fa c ti t r it t deutlich hervor bei dem Erbschaftskauf I. 11. § .4 4 5 . 44 8. V g l dazu S t r i e t h o r s t B. 9 S . 96. D . 63 S . 165. Entsch. B . 16 S 519, B . 74 S . 268. D ie Möglichkeit einer un ive rsitas Juris ist allgem. ausgesprochen in §. 33 I. 2. „Auch der In b e g riff a l l e r S a c h e n u n d Recht e di e e i n e m M e n s c h e n g e h ö r e n , k a n n als ein Ganzes angesehen werden. A ls Gegenstand eines Rechtsgeschäfts erscheint das „V erm ögen" (jedoch n u r das gegenwärtige Vermögen) beim Ditalizienvertrage, A nh. §. 19 zu § 646 I. 11. D gl. über diesen §. 102, § 129. W ie D ernburg D . I . S . 120 A nm . 6 hervorhebt, ist charakteristische Eigenthümlichkeit der un. Juris nach §. 36 d. T . daß alle Stücke des In b e g riffs an den Befugnissen und L a s te n desselben theilnehmen; hieraus ergiebt sich die Verbindlichkeit des E r­ werber- eines Vermögens-Komplexes fü r die da rin enthaltenen Verpflichtungen, soweit die A ctiva ausreichen. Auch bei dem Nießbrauch am ganzen Vermögen (§. 42 I. 21) w ird der Nießbraucher zur Verzinsung und Z ahlun g der darin befindlichen Schulden aus den M itte ln des Vermögens verpflichtet (§§. 70. 75 I 21 A.L.R .) — Ueber die un ive rsitas Juris, besonders die Erbschaft als solche, nach gemeinem und preuß. R . s. auch G ö p p e r t , zur Lehre vom M iteigenthum nach preuß. A .L.R . 1864 S . 107— 132. 4) D aß der B e g riff deshalb nicht, wie die ftüheren Ausgaben sich ausdrückten ^überhaupt entbehrlich" sei, ergiebt sich fü r das geltende Recht aus dem, was in A nm . 3 am Schluffe gesagt ist. I m Uebrigen hat allerdings die un. Jur. keine einzige juristische Eigenthümlichkeit an sich, insbesondere kann sie weder

§. 21.

E in te ilu n g b tt Sachen.

115

Abgesehen hiervon können die fü r das Recht wichtigen Eigenschaften der Sachen entweder natürliche oder juristische sein, jene gehen aus ihrem Wesen selbst hervor, diese find ihnen erst durch das Recht beigelegt. U nter den n a t ü r lic h e n Eigenschaften t r it t vor allen hervor die der B e w e g lic h k e it und U n b e w e g lic h k e it.

Je nachdem eine Sache ih re r

Substanz unbeschadet von einer S te lle zur andern gebracht werden kann oder nicht, ist fie beweglich oder unbeweglich').

F ü r diese Unterscheidung

ist also von W ichtigkeit der B e g riff der S u b s ta n z , wozu alle Theile und Eigenschaften der Sache gehören, ohne welche fie nicht das sein kann, w as fie sein soll, d. h. das zusammenhängende Dasein aller wesentlichen M erkm ale einer individuellen Sache.

Eine Veränderung der Substanz

findet statt, sobald durch Ausscheidung oder Aenderung einzelner dieser Bestandtheile ihre Bestim m ung, ih r Zweck geändert w ird .

Welche A u s ­

drücke des gemeinen Lebens zur Bezeichnung der verschiedenen beweg­ lichen Sachen die Rechtssprache aufgenommen hat, kann im A .L .R . nach­ gelesen werden6). Z u den unbeweglichen Sachen gehören von N a tu r n u r die Grundstücke, die umgrenzten Stücke des Erdreichs, und diejenigen Sachen, die fich m it ihnen in organischer oder mechanischer V erbindung

als solche aus Andere übertragen, tra d irt, noch m it einer dinglichen Universal­ klage verfolgt werden. M it Recht v e rw irft deshalb die neue gemeinrechtliche D o k trin , da dem gern. Recht auch die in voriger Anm . bezeichnete Eigenthüm ­ lichkeit fremd ist, die Unterscheidung von Universitas Juris und fa c ti, schon deshalb, w e il auch letztere n u r eine zu Rechtszwecken vorgenommene Abstraktion ist und daher ebenso die Bezeichnung Juris verdient. H asse (Archiv f. civ il. Prax. V. S . 1) und M ü h l e n b r u c h (ebenda X V I I. S . 321), denen sich W äch­ t e r , Erörter. Hest 1 S . 1 anschloß, haben zuerst die alte Theorie angegriffen. S a v i g n y , System I. S . 378 384 I I I . S . 14. S i n t e n i s , C i v . - R . I. ) A .ö R. I. 19 §. 7. *) D a s A.L R. hat der damaligen an Unterscheidungen sich erfrenenden theoretischen Richtung entsprechend sich nicht mit den beiden Begriffen des persönlichen und dinglichen Rechts begnügt, sondern weiter unterschieden zwischen su b je k tiv und o b j e k t i v dinglichen Rechten, je nachdem das Subjekt des dinglichen Rechts nicht eine Person, sondern ein Grundstück, oder das Objekt des R. nicht eine Sache, sondern die Leistung einer Person ist. Offenbar hervorgerufen durch die Verschie­ denheit zwischen den römischen jura in re aliena und den deutschen Reallasten, Diensten u. s. w. entbehrt diese Eintheilung doch ganz des praktischen und theo­ retischen Werths, ist daher auch ohne wissenschaftliches Interesse und um so miß­ licher, als sie wesentlich auf der nur bildlichen Anschauung beruht, daß ein Grundstück Rechtssubjett sein könne.

einer verpflichteten Person zu ihrer Ausübung verlangen. Sie find trotzdem in Wahrheit dinglich, nicht persönlich, weil die Person des Leistenden indifferent ist, sich nur dadurch bestimmt, ob sie die Sache be­ sitzt, von welcher die Leistung geschehen muß. Während ferner das persönliche Recht nur in der Leistung besteht, und mit ihrer Erfüllung erlischt, ist das dingliche seiner Natur nach dauernd, einer fortgesetzt wiederholten, je nach seinem Umfang selbst oft verschiede­ nen Ausübung fähig, jenes ein „Bekommen-Sollen", dieses ein „Haben" ’). jenes ein werdender, dieses ein vollendeter Rechtszustand, daher auch in dieser Hinsicht jenes relativ, dieses absolut, jenes ein rein geistiges un­ sichtbares Verhältniß, dieses eine physische Macht. Is t nun, wie aus alle dem hervorgeht, das unterscheidende Kenn­ zeichen für beide Arten von Rechten die mittelbare oder unmittelbare Be­ herrschung des Objekts, der Sache, so wird es auch klar sein, warum in den verschiedenen positiven Rechten die Abgrenzung dieser Klassen und ihre Reichhaltigkeit eine engere oder weitere ist. Denn es kommt darauf an, wie weit, in welchem Umfang die Unmittelbarkeit der Einwirkung angenommen wird. Einen engen Standpunkt hat, wie schon erwähnt, das römische und durch feinen Einfluß das heutige gemeine Recht: un­ mittelbar beherrscht die Sache nur derjenige, dem sie als eigne gehört; nicht schon daß er sie hat und jeden Augenblick thatsächlich auf sie ein­ wirken kann, verschafft ihm die Dinglichkeit, den Anspruch auf allgemeine Geltung. Scharf ist die rechtliche und thatsächliche Seite des Einwirkens geschieden. Im deutschen Recht findet sich solche Scheidung nicht, sein Standpunkt ist ein weiterer, vielleicht kann man sagen ein unbestimmterer. Wer immer thatsächlich, aus irgend welchem Rechtsgrunde, unmittelbar auf die Sache einzuwirken, sie zu seinen Zwecken zu gebrauchen vermag, wenn sie auch nicht seine eigne ist oder werden soll, hat ein dingliches Recht. Jedes gerechtfertigte Innehaben — der feine Unterschied der possessio civilis und detentio war ja unbekannt — gewährte es, soweit es reichte. D as deutsche Recht hatte nicht den spezifischen Gegensatz von Eigenthum und dinglichen Rechten, es besaß d a s dingliche Recht — die Gewere — unter welches das Eigenthum als eine Art beffeiben geordnet war. Mag immer die Gewere eine Antiquität sein, die in ihr ausge­ drückte Anschauung hat nachgewirkt in Partikularrechten und zu diesen gehört auch das preußische, welches jeder Berechtigung, die die Sache der unmittelbaren Einwilckung der Person thatsächlich unterwirft, den Charakter der Dinglichkeit verleiht **). facere

T) B r tn z a. a. D. S - 362. S o h m , die Lehre vom subpignus. 1864. S - 11. *) Bergt. A. H e u sle r , die Gewere, Weimar 1872, des. 6 . 440f. Aus wenig über­ zeugenden, zum Theil ganz haltlosen Gründen polemisirt er I. 6. §. 40ffl. l) A.L.R . 1 .3 . § .2 .

§. 29.

I. Freiheit.

Zwang.

169

A.L.R. aus; „die Willenserklärung muß fre i, e rn stlic h und g e w iß oder zuverlässig sein"'). Zuerst: die Willenserklärung soll fre i sein, d. h. ungehindert durch äußere Enwirkung, die eine Abweichung der Erklärung vom Willen hexvorrufen könnte. Diese Freiheit des an sich zur Zeit der Erklärung Willenssähigen kann beeinträchtigt werden durch physische und p sy ­ chische G e w a lt. Erstere hebt das Wollen überhaupt auf und es kann durch sie eine Willenserklärung gar nicht hervorgebracht werden, sie macht die Handlung nur zu einem mechanischen Akt, der nur äußere Erscheinung, nicht durch inneres Wollen erzeugt ist'). D as A.L.R. stellt dem gleich, wenn Jem and durch Entziehung der N ahrungs- und Heilmittel oder durch Zufügung körperlicher Schmerzen zu einer W illens­ erklärung vermocht ist. Solche Aeußerungen entbehren jeder verbindlichen K raft, sie sind nichtig. Ungleich wichtiger für die juristische Betrachtung ist der zweite F all, der der psychischen Gewalt. Indem diese F u rc h t erzeugt, ist sie geeignet, eine Aeußerung hervorzubringen, die dem freien Willen nicht entspricht, die aber doch insofern immer noch eine gewollte ist, als die W ahl übrig blieb, entweder trotz der Gewalt nicht zu wollen, also die Folgen der Gewalt zu ertragen, oder ihr zu widerstehen, oder, indem man derselben nachgab, sich zu der verlangten Handlung zu ent­ schließen'). Deßhalb kann hier nicht von einem Nichtwollen, sondern nur von einer unberechtigten') Einwirkung auf den Willen die Rede sein. D as M ittel, durch welches die psychische Gewalt geübt w ird, ist die D r o h u n g , sie muß geeignet sein, Furcht zu erwecken. Deßhalb ist ver­ langt, daß sie eine gefährliche sei. D ies ist sie, wenn ihre Ausführung entweder an sich oder nach der M einung des Bedroheten in der Gewalt des Drohenden liegt, und erhebliche G üter des Lebens, dieses selbst, Ge­ sundheit, Freiheit und Ehre angreift'). Bei anderen Uebeln ist es der -) i 4. §. 4. 3) Schon seit den Glossatoren vis absoluta genannt. Sachs. G.-B. §. 92. 4) 1.51. §. D. IV. 2: quia, quam vis si liberum esset, noluissem, tarnen coactus volui; 1. 22. I). XXIII. 2: contraxit tarnen matrimonium, . . maluisse hoc videtur. 5) 1.116. pr. de R. J.: Nihil consensui tarn contrarium est, . . quam vis atque metus, quem comprobare contra bonos mores est. Es ist eine Forderung der Sittlichkeit an das Recht, dem Zwang entgegenzutreten. 6) 1. 5. D. IV. 2: Metum accipiendum Labeo dicit non quemlibet timorem sed majoris malitatis. Als solche Gründe einer erheblicheren Furcht werden be­ zeichnet timor mortis et verberum (1. 3 §. 1. D. h. t.), servitutis timor (1. 4. eod.), vincula (1. 7. §. 1), ne stuprum patiatur (1.8. §. 2); es ist im Erfolg gleich, ob die Drohung gegen die Person selbst fich richtet oder gegen ihre nächsten Angehörigen (I. 8. §. 3); salutis periculum vel corporis cruciatum (1. 13. C. II. 4. 1. 4. 7. C. II. 20). Dagegen läßt das röm. R. (also abweichend vom preuß. R ), die Drohung mit infamia nicht als erheblich gelten (1. 7. pr. D. h. t.), auch nicht accusationis institutae vel ftiturae metum ( i 10. C. II. 20). Da-

170

Erste- Buch. Die Grundbegriff«.

vernünftigen Beurtheilung des Richters überlaffen, ob sie der Art waren, daß die durch sie veranlaßte Willenserklärung erzwungen erscheint und er soll dabei, um den Einfluß der Drohung zu bestimmen, aus die Leibes­ und Gemüthsbeschaffenheit des Bedrohten Rücksicht nehmen*). Er hat daher alle thatsächlichen Momente, welche die Ueberzeugung begründen können, daß der Drohende die Erklärung hat erzwingen wollen und daß der Bedrohte, um dem angedrohten Uebel zu entgehen, fich erklärt hat, seiner Prüfung zu unterwerfen °). E s muß ferner die Drohung die un­ mittelbare Ursache der Erklärung geworden sein, um diese als erzwungen erscheinen zu laffen'). Endlich, sie muß widerrechtlich ein Uebel androhen und deßhalb kann sie, wenn sie darin besteht, daß man sich seines Rechts gesetzmäßig bedienen oder einen zugedachten Vortheil nicht zuwenden wolle, wenn dies auch dem Erklärenden die größten Nachtheile bringen würde, nicht als Zwang gelten"). Gleichgiltig ist, ob der Zwang von dem­ jenigen ausgeübt worden ist, in deffen Jntereffe die Willenserklärung er­ folgt, oder von einem D ritten"). Diese Theorie stimmt im Wesentlichen mit der des gemeinen Rechts überein, sie hat einige damals herschende Streitfragen entschieden"). Aber schwer ist es nach den Worten des A.L.R. die Frage zu beantwor­ ten, ob die durch Drohung erzwungene Willenserklärung n ich tig oder an fech tb a r ist. Nach S a v ig n y 's Vorgang herrscht jetzt im gemeinen

7)

8) 9)

,0)

") »*)

gegen A.L-R. I. 4. §. 35. Entsch. B. 17. S - 97. Handlungen, welche möglicher Weise künftig dem Kredit oder Vermögen nachtheilig werden können, find nicht hierher zu rechnen. Dresdn- Annal. I. 34. Z w ang, der fich nicht unmittelbar gegen die Person, sondern gegen das Vermögen richtet, erkennt da- röm. R. nicht an. S c h l t e m a n n S . 19. Nur muß auch hier nicht außer Acht bleiben, was 1. 6. D. h. 1. sagt: metum non vani hominis, sed qui merito et in hominem constantissim m n cadat, wo­ bei freilich der Superlativ nicht zu streng zu nehmen ist. Keine leer« Einbildung darf berücksichtigt werden. Entsch. B . 33. S . 14. Die §§. 43. 44. d. T ., welche von der Einwirkung einer drohenden „Gefahr" handeln, betreffen nicht den Fall der Einwirkung des Z w angt- auf den Willen, sondern beziehen sich zurück auf die §§. 28. 29. 30. Dies hat überzeugend nach­ gewiesen die Entsch. B. 33. S . 16 fg. Die drohende Gefahr kann zwar eine solche Furcht erzeugen, daß die Willensfreiheit vernichtet w ird, wie dies durch Erre­ gung de- Zornes und Schrecken- eintreten kann, aber es fehlt an der Person des Zwingenden. S c h l i e m a n n S . 2 4 fg. hält dies nicht für zutreffend, nur dürfe dem Drohenden nicht ausnahmsweise das R. zustehen, die beabsichtigte Leistung durch Drohung zu erzwingen. Daß das preuß. R. die Rechtswidrigkeit verlangt, folgt aus §. 38. 39. 40. d. T. Scheu und Ehrfurcht (metus reverentialis) werden nicht als zwin­ gende Momente berücksichtigt. §. 41. d. T. $ .4 2 d. T. D ie- stimmt auch mit dem gemeinen Recht: der Zwang ist in dem einen wie in dem anderen Fall derselbe, es muß daher auch die Gegenwirkung dieselbe sein. Entsch. B. 33 S . 12.

§. 29.

I. Freiheit.

Zwang.

171

Recht die Ansicht, daß sie n u r angefochten werden k a n n " ); neuerdings ist dagegen S c h lie m a n n aufgetreten, und indem er in den römischen Q uellen in unlösbarem Widerspruch beide M einungen vertreten findet, entscheidet er sich aus inneren G ründen für die Nichtigkeit der Erkläru n g , weil hier die Zustim m ung des W ille n s zum In h a lt der E rkläru n g so zweifelhaft sei, daß diese nicht als Ausdruck des W illen s gelten könneu ).

E r sieht

auch in den neueren Gesetzgebungen (betn A .L .R ., dem österreichischen und französischen) diese Auffassung vertreten.

W as

das österreichische und

französische Gesetzbuch betrifft, so ist dies ric h tig " ).

B e i den B estim m un­

gen des A .L .R ., welche ja ebenfalls aus den dam als herrschenden n atu r­ rechtlichen Ansichten, die die Nichtigkeitstheorie vertraten, herausgewachsen ist, liegt es nahe, daffelbe anzunehmen, wenn n u r die Ausdrücke: vereitelt, unkräftig, ungültig, entkräften, anfechten, welche hierbei gebraucht werden, nicht zu

sehr der Bestimmtheit entbehrten.

dem die §§. 31. 32. 33. m it einander durch

D e r Zusammenhang, in die Verbindungsw örter

„ein Gleiches" und „auch" stehen, deutet zw ar darauf h in , daß nicht bloß die physische G ew alt, bei der die Nichtigkeit als F o lge unzweifelhaft sind, sondern auch die gefährliche D rohung die E rkläru n g

„unkräftig",

d. h. nichtig machen soll, allein es spricht dagegen, daß auch die erzwun­ gene Erklärung durch nachträgliches Anerkenntniß im Zustand der W ille n s ­ freiheit rückwärts g iltig w ird, was m it dem B e g riff der Nichtigkeit un­ vereinbar is t" ) . 13) N ur K r itz , Rechtsfälle B. 5 S . 39, trat S a v i g n y m it großer Lebhaftigkeit ent­ gegen. Seine K ritik hat aber nirgend Anklang gefunden. Wä c h t e r II. S . 761 Note 1 nennt sie unbegreiflich, und damit stimmen alle neueren Schriftsteller überein. u ) Die Stellen, die S c h l i e m a n n für die Nichtigkeit anführt, betreffen Verhältnisse, die das heutige praktische Recht nicht mehr kennt, und die gegenüber den zahl­ reichen anderen, selbst wenn sie nothwendig auf Nichtigkeit interpretirt werden müßten, nicht ins Gewicht fallen können, zumal die letzteren so überaus bestimmt und klar find. Siehe oben Note 4. Auch innere Gründe sprechen nicht für die Nichtigkeit, das coactus tarnen volui bleibt psychologisch wahr, die bloße Zwei­ felhaftigkeit, daß W ille und Erklärung sich nicht decken, kann Nichtigkeit nicht, sondern recht eigentlich nur Anfechtung begründen. Der bairische E n tw u rf eines bürgert. Ges.B. von 1861 nimmt wegen Zwange- nur Anfechtbarkeit des Ge­ schäfts an. A rt. 20. " ) U n g e r II. S . 4 7 fg. Oesterr. Ges.B. § .5 5 . 565. 870. 877. Code civ. art. 1109— 1117. („n ’ est p oint nulle de plein d ro it“ .) Z a c h a r i ä II. S . 428. Das sächs. Ges.B. §. 93 läßt das erzwungene Rechtsgeschäft nur anfechten. I6Z ' Dem Worte anfechten in §. 45 kann freilich keine technische Bedeutung beigelegt werden. Die Nichtigkeit nimmt Koch an, R. d. Ford. II. 105, der aber hier §. 186— 188. I. 5, die er doch S . 133 für den Irrth u m um bloße Anfechtbarkeit nachzuweisen, anzieht, ganz übersieht. Sein V o rw u rf gegen B o r n e m a n n . R . Gesch. S . 112, der nur Rescission zuläßt, ist daher unm otivirt. D e r n b u r g I S . 232 nimmt ohne neue Gründe relative Nichtigkeit an. Z u bemerken ist noch, daß nach A.L.R. I. 12 §. 23. 24 der Einwand (oder die Klage) aus dem Zwange gegen gerichtlich aufgenommene Testamente nicht zugelassen w ird , es sei denn, daß der Richter selbst von dem Zwange gewußt hat. Dies rechtfertigt sich daraus, daß in der Testamentserrichtung vor dem Richter hinreichende Garantie gegen die Einwirkung des Zwanges gefunden werden darf.

D as römische Recht gewährt dem Gezwungenen eine besondere durch das Octavianische Editt eingeführte Klage und Einrede, die das Eigen­ thümliche hatte, daß ihre Intention in rem gefaßt» sie also auch gegen jeden Dritten zu richten war, der aus der erzwungenen Erklärung einen Vortheil erlangt hatte. Diese Eigenthümlichkeit hat auch dasA .L .R ."). E s hat aber noch eine weitere Eigenthümlichkeit, die freilich nicht das materielle Recht, sondern nur die Beweisführung über den Zwang be­ trifft: wer die Willenserklärung als erzwungen anfechten (b. h. ihre „Un­ giltigkeit" gerichtlich ausführen) will, solle, sobald er irgend einen Richter hat antreten können, spätestens binnen acht Tagen, d. h. einer Woche danach gerichtliche Anzeige machen. Die Erben des in dieser Frist Ge­ storbenen binnen drei Monaten nach Kenntniß von der Erklärung"). Die hieran geknüpften Beweisnachtheile (Ausschluß der Eideszuschiebung und des Reinigungseides) find mit dem Inkrafttreten der Civilproceßordnung weggefallen"). Die Einrede des Zwanges ist unverjährbar, die Klage verjährt in 30 Jahren, und es hindert ihren Gebrauch nicht, wenn auch der Gezwungene die Willenserklärung bereits erfüllt h a t" ). M an kann dem Anfechtungsrecht aus dem Zwange in der Erklärung selbst nicht wirksam entsagen"). Besondere Bestimmungen gelten be­ züglich des Zwangs beim Eheschluß. §. 30. i. Freiheit. Irrthum. A.L.R. I. 4. §. 75—83. Heydemann I. 6.175. Gruchot, Brill. I. 6.155. B or neman , R.Gesch. S . 129. System I. @.141. r>. D a n i e l s I. 6 . 239. Koch, Pr.R . I. @.230. R. d. Ford. II. 6 .1 3 0 —150. P l a t h n e r , Geist deS preuß. R. I. S . 348. D e r u b u r g I. §§. 108. 169. v. S a v i g n y , System B. 3 S - 98. 111. 263—307. des. 326fg. 468 (preuß.3t.). Wächter II. S . 743. 750. Unger II. 6 .3 2 . 51. 120. S i n t e n i S I. 6 . 190. Wnidscheid I. @. 203ff. Hölder in Krit. Dierteljahrschr. XIV. 6.561. Z i t e l m a n n . Irrthum und Rechtsgeschäft 1879.

Der Wille ist ferner nicht frei auf die Hervorbringung eines Rechtsverhältniffes gerichtet, wenn der Wollende sich ir r t. Während der Zwang die Selbstbestimmung durch äußere Einwirkung dahin beeinträchttgt, daß 17) A.L.R. §. 42 d. T. Koch S . 105. Förster, Kl. u. eint. 6 .391. — I. 4 §. 33. D. XUV. 4. 1. 9. §. 8. 1.14. %. 5. D. IV. 2. ,8) 1.4 45ff. 3.0».81. S . 327. Entsch. B. 38 6 . 189. S t r i e t h o r s t B. 7 6.1 4 1 . Heydemann 6.171. ,9) eins.©, z. C.P.O. §. 422. *>) Koch 6.1 15. Förster 6.3 9 1 . Auch braucht nicht die Annullirung der er­ zwungenen Erklärung voranzugehen, ehe die Herausgabe der Sache verlangt wird. 6 t r i e t h o r s t B. 22 6 . 169. " ) A.L.R. I. 5. §§. 194. A.G.O. II. 2. §. 52.

§. 30.

I. Freiheit.

Irrth u m .

173

mit Bewußtsein eine andere Erklärung abgegeben wird, als gewollt ist, macht der Irrthum innerlich die Freiheit des Willens selbst der Art be­ fangen, daß er eine Aeußenmg, eine Handlung oder Erklärung erzeugt, die zwar an sich dem Willen entspricht, aber der Wille ist auf andere Wirkungen, auf andere Erfolge gerichtet. Der Wille hat sich durch falsche Gründe zu seiner Erklärung bestimmt und dies kann entweder ohne Ein­ wirkung einer anderen Person, allein im Handelnden und durch ihn selbst, oder durch die Täuschung einer anderen Person verursacht sein'). Hier wird der erste Fall betrachtet, der zweite, der des Betrugs, wird dann folgen. Ir r th u m ist die unwahre Vorstellung von den Wirkungen des In h alts der Grrflärung *). D as Falschwifsen und das Nichtwissen stehen sich in ihrer Bedeutung für das Recht gleich'). Der Irrthum ist auf dem Gebiete des Rechts in sehr vielfachen Beziehungen von großer Bedeutung: er wird nicht bloß unschädlich gemacht unter gewissen Vor­ aussetzungen, sondern er ist auch Quelle von Rechten und gewährt Vor­ theile. D ie Ersitzung z. B ., überhaupt der gute Glaube beruht wesentlich auf Nichtwissen'). Hier aber handelt es sich um den Irrthum, der dem D ie unabsichtliche Erzeugung eines wesentlichen Irrth u m s ist nicht Täuschung oder B etrug, macht aber den Vertrag ungiltig. S t r i e t h o r s t B . 79 S . 215. 2) S o definirt D a n i e l s S . 239. S a v i g n y S . 111 sagt: „Irrth u m ist der Z u­ stand des Bewußtseins, in welchem die wahre Vorstellung des Gegenstandes von einer unwahren verdeckt und verdrängt w ird." Z i t e l m a n n unterscheidet in eingehender Auseinandersetzung vom philosophischen S tandpunkt auS Irrth u m 1) als M angel des zum Thatbestand gehörigen Bewußtseins (Sich versprechen. Verschreiben, Aphasie), 2) als Mangel der zum Thatbestand gehörigen Absicht, (Gebrauch eines W orts in anderem S inne, als es verstanden wird, Zustimmung in falscher Voraussetzung von dem In h a lt dessen, welchem zugestimmt wird, E n t­ stellung der gewollten Erklärung auf ihrem Wege zum Ziel, z. B . falsche B e­ stellung des B oten); in diesen Fällen, und wenn die Parteien nur fälschlich vor­ handenen Konsens annehmen, ist gar kein Rechtsgeschäft zu S tande gekommen, 3) Irrth u m im M o tiv ; das Rechtsgeschäft entsteht trotz desselben, aber das Gesetz giebt dem Irrth u m eine Rechtswirkung gegenüber dem entstandenen Geschäft, z. B . die Rechtswirkung, daß eine Anfechtung statthaft ist. 3) K och, R. d. F. II. S . 103. U n g e r S . 32 Rote 3. 4. S a v i g n y S . 111. 236. Die Ausstellungen, welche D e r n b u r g l. S . 223 Anm. 2 hiergegen erhebt, find als durchgreifend nicht anzuerkennen. Die Preisbestimmung, quantum pretii in arca liabeo, wird ebenso zu behandeln sein, wenn die Kontrahenten über die Sum m e irrige, wie wenn sie keine Vorstellung davon haben: ebenso ist die Ver­ bürgung, welche ich gegen Y für alle Schulden des X an ihn übernehme, nicht unverbindlich, wenn ich mir eine falsche Vorstellung über den B etrag derselben machte; es ist dann nur eine Jnterpretationsfrage, ob ich wirklich für alle Schul­ den, wieviel sie auch betrageu mögen, habe einstehen wollen, oder ob ich m it dem Ausdruck „alle" nur alle mir bekannten Schulden meinte; im letzteren Falle fehlt möglicher Weise der Konsens. Ebenso fehlt der Konsens, wenn A einen ältern B einen jüngern Schlußschein im Auge hat, unter dessen Bedingungen beide kontrahiren wollen, und zwar ganz in derselben Weise, wenn der eine Schuldschein eine Klausel aar nicht, wie wenn er dieselbe anders enthält: Konsensmangel auS Mißverstandmß, vgl. W i n d scheid § .7 7 . 4) Deßhalb sagt S a v i g n y m it Recht (B. 3 S . 312, daß es unmöglich sei, die Lehre vom Einfluß des Irrth u m s an einer einzelnen Stelle des Rechtssystems zu er­ schöpfen. ')

174

Erste- Buch. Die Grundbegriffe.

Erklärenden nachtheilig ist, und von den Bedingungen, unter denen die Nachtheile beseitigt werden können. D a die aus Irrthum hervorgegangene Handlung oder Erklärung äußerlich erkennbar existirt, so muß auch ver­ muthet werden, daß die Handlung beabsichtigt worden: der Irrthum ist zunächst nicht geeignet, eine Unverbindlichkeit zu erzeugen, es würde sonst die größte Unsicherheit des Verkehrs entstehen"). E s find also gewiffe Voraussetzungen erforderlich, um die irrthümliche W illensäußerung in ihren Wirkungen zu entkräften. Zunächst gilt, aus dem römischen Recht entlehnt, die bekannte R egel, daß ein Irrthum , der aus mangelhafter Kenntniß oder Unwissenheit des ojektiven Rechts hervorgeht (s. g. R e c h ts ­ ir r t h u m ) , keine Berücksichtigung findet, daß darauf nur ein Irrthum in T h a ts a c h e n Anspruch hat°), aber auch dieser nur dann, wenn er 5) S a v i g n y S . 114. 340 fg. D a n g e r o w , 6. A. B . 1 S . 135. U n g e r S . 36. *) 1.1. pr. §. 1—4. 1. 2. 9. pr. D. X X II. 6. D a n g e r o w I. S . 139, der auch aus sührlich S . 141 fg. die vielbestrittenen 1. 7. 8. D. X X II. 6. über die Bedeutung der compendia und dam na bei dem Rechtsirrtbum bespricht, w as für preuß. Recht ohne Interesse ist. Ausnahmsweise wird aber Rechtsirrtbum entschuldigt, wenn man keine Gelegenheit gehabt hat, Rechtsbelchrung zu erlangen, oder es sich um rechtliche Streitfragen oder um verborgene Rechtssätze, z. B . in Lokalrcchten handelt, deren Kenntniß von Niemand verlangt werden kann. 1. 9. §. 3. D. X X II. 6. S a v i g n y S . 334. 336. U n g e r S . 35. Rechtsirrtbum ist ferner entschuldbar, wenn er bei einer rechtsungelehrten Person durch falsche Belehrung des Richters hervorgerufen wird. Würtemb. Arch. VI. 148. D ie kontroverse N atur eines Nechtssatzes wird nach preuß. R., welches ja von der P rätention ausgeht, alles durch kl a r e Gesetze bestimmt zu haben, den Irrth u m nicht entschuldbar machen. S a ­ v i g n y S . 470. D as O .Trib. hat angenommen, daß Rechtsirrthum unentschuld­ bar ist, wenn er aus Unkenntniß eines gehörig publizirten Gesetzes hervorgeht (§. 12 E inl. z. A.L R ), dagegen entschuldbar nach gemeinem und preuß. R., wenn er sich auf ein örtlich beschränktes Gewohnheitsrecht bezieht. S t r i e th orst B . 53. S . 154 Entsch. B . 51 S . 35. Verschieden von ju s ignorare ist das ju s suum ignorare, w as meist aus Thatsachen-Irrthum beruhen wird. S a v i g n y S . 327 Note c. D ie unrichtige Unterstellung von Thatsachen unter eine Rechtsregel be­ zeichnen die früheren Ausgaben als faktischen Irrth u m . Dagegen Cassel, H e u s e r , Annalen B . 7. 6 . 580. DaS Richtige wird sein: sie kann nack Verschiedenheit der Falle faktischer oder Recht-irrthum sein. Rechtsirrthum auch nach A.L.R. unentschuldbar: §. 12. E inl. z. A.L.R. Bet der condictio indebili kommt es aber auf Entschuldbarkeit nicht an. Dgl. B . II §. 150. H. sub d. D e r n b u r g I. §. 109 hält auch Recht-irrthum für geeignet, als UngiltigkeitSgrund für das Geschäft geltend gemacht zu werden; nur sei der Irrende solchen Falls dem andern Theil wegen culpa in com trahendi verantwortlich. §§. 78. 79 I. 4. — Dgl. dagegen Rechtsfalle aus d. P r. d. O .-Trib. B . 1. S . 249, S t r i e t h o r s t B . 8 S . 153. — S a v i g n y hat S .4 4 0 f g . die Unterscheidung von echtem und u n e c h t e m I r r ­ thum aufgestellt, jener wenn der Wille mit Rücksicht auf den Irrth u m unvollkom­ men zum Ausdruck kommt, die regelmäßigen Folgen der vom W illen gesetzten juristischen Thatsachen also aufgehoben oder geändert w erden; hier handelt es sich um Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit. Dieser, wenn, weil es am Willen ganz fehlt (errantis nulla voluntas), die Folgen der Erklärung nicht eintreten. Hier ist Entschuldbarkeit und Unentschuldbarkeit gleichgiltig. Die Erklärung muß immer wirkungslos fein. Beispiele von unechtem Irrth u m : 1. 18. C III. 32. 1. 54 D. VI. 1. 1. 79. de leg. II. Wenn Jem and einen Vertrag abschließt in der Hoffnung, daß der Andere ein Versprechen halten werde, und dieser w ort­ brüchig w ird, so hat Ersterer sich bei dem Vertragsabschluß nicht in einem I r r ­ thum befunden, weil die Hoffnung keine Thatsache ist. S t r i e t h o r s t D 78 S . 240.

ein w e s e n tlic h e r ist.

O b im einzelnen F a ll der I r r th u m

ein wesent­

licher ist, oder nicht, kann der erkennende Richter n u r dann beantworten, wenn er das ganze einschlagende Sachverhältniß in s Auge faßt. Nach dem Gesetz ist wesentlicher I r r t h u m anzunehmen, wenn er das Wesent­ liche oder den Hauptgegenstand des Geschäfts, oder die Person desjenigen, fü r welchen die H andlung oder E rklärung ein Recht begründen soll, be­ t r if f t . D a s W e s e n tlic h e des G e s c h ä fts , d. h. die N a tu r, den recht­ lichen Charakter deffelben, die Erfordernisse, die nothwendig sind, um ihm seine In d iv id u a litä t zu geben7) ; den H a u p tg e g e n s ta n d " ) , d. h. nicht bloß die bestimmte Sache, unter der man eine andere m eint, son­ dern auch die ausdrücklich vorausgesetzten oder gewöhnlich vorhandenen Eigenschaften an derselben: bei letzteren jedoch n u r dann, wenn die han­ delnde Person sich nicht durch eignes Verschulden (mäßiges Versehen) in den I r r t h u m versetzt hat. H ie r t r i t t also als erhebliches M om ent die Vermeidlichkeit des Ir r th u m s hin zu , während sonst dieser Umstand übereinstimmend m it dem römischen Recht bei dem wesentlichen I r r th u m ohne E in flu ß aus die B eurtheilu ng der Verbindlichkeit der E rklärung ist. Eigenthüm lich dem A .L .R . ist es aber, daß die Vermeidlichkeit in Betracht gezogen werden soll bei der Frage, ob und wie w eit der andere T h e il, der aus dem R ücktritt des Irre n d e n Schaden erleidet, d a fü r zu entschädigen ist.

D ie P e rs o n ,

d. h. ihre Id e n titä t und die in ih r

ausdrücklich vorausgesetzten Eigenschaften, wenn aus den Umständen er­ hellt, daß ohne diese irrig e Voraussetzung die E rklärung so nicht erfolgt w ä re '). I r r t h u m in anderen Eigenschaften oder Umständen ist u n w e s e n t­ lic h '" ) und vereitelt niem als die W illenserklärung.

D a h in

gehört ein

fa ls c h e r B e w e g g r u n d — sofern nicht bei s. g. wohlthätigen V erträgen erhellt, daß er die einzige Ursache derselben gewesen"); dahin die falsche ’ ) Z- D - trenn jede der Parteien ein anderes Geschäft im S in n hatte. Hier hatte eine Willenseinigung überhaupt nicht stattgefunden (unechter Irrth u m ). Irrth u m im Wesentlichen des Geschäft- ist thatsächlicher. S t r i e t h o r s t B . 8. 6 . 153. Siehe auch daselbst B . 2 6 . 5. SB. 9. S . 157. B. 30. S . 344. B . 31. S . 304. Daß die Erklärung in gerichtlicher Form abgegeben, macht sie nicht wirksam. S t r ie t h o r s t SB. 20. © .2 6 5 . Ueber wesentlichen Irrth u m s. S t e g e m a n n I. 348. 9) Hierher gehört auch der Irrth u m über den S to ff der Sache, über die Q uantität. Nach S a v i g n y ist der error in corpore und in substantia unechter Irrth u m . Der Irrth u m über die Q uantität kann wesentlich sein, wenn sie das Bestimmende bei der Erklärung gewesen. *) K och, R. d. F . S . 140. Kann je nach Umständen echter oder unechter Irrth u m sein. D ie Zahlungsunfähigkeit eines Kontrahenten ist nicht als Eigenschaft im Sinne des §. 81. 1 .4 . aufzufassen. S t r i e t h o r s t B . 80. S . 304. x>) Koch S . 145.

Der echte Irrth u m nach S a v i g n y .

") §§• 149. 150 d. T . Der Beweggrund muß ersichtlich sein, wenn die W illens­ erklärung wegen Irrthum s in demselben soll angefochten werden können. Entsch. B . 33 S . 24. Oesterr. G .-D . §§. 572. 901.

176

Erst«- Buch.

2H« Grundbegriff«.

B esch reib u n g ") oder B e n e n n u n g , wenn nur sonst kein Zweifel über die Identität des Gegenstandes oder der Person, auf welche die Erklärung sich bezieht, obwaltet; dahin der Irrth u m in allen N ebensachen") oder R e b e n u m fiä n d e n "). Bei dem überall sehr schwankenden Sprachgebrauch des A.L.R. ist es auch hier sehr schwierig, aus den Worten zu entscheiden, ob der wesentliche Irrthum in Thatsachen die Willenserklärung nichtig oder anfechtbar macht. Nach gemeinem Recht ist sie nichtig"), weil es der Erklärung am entsprechenden Willen fehlt; nach preußischem kann man nur ihre Anfechtbarkeit behaupten, denn nachträgliches Anerkenntniß, in der Voraussetzung, daß dieses nicht mehr unter dem Einfluß des Irrthum s erklärt wird, kann die Erklärung mit rückwirkender Kraft giltig machen"). Nichtig ist die Erklärung nur, wenn ein Kauf über einen nicht existirenden Gegenstand abgeschlossen ist"). Die Anfechtungsklage aus dem Irrthum verjährt in 30 Jah ren "). An die Anfechtung der Willenser­ klärung knüpft sich die Frage nach dem Schadenersatz an, der zu leisten ist, wenn der Irrende aus mäßigem Versehen in den Irrthum gerathen, und der Andere nicht selbst den Irrthum gekannt, ihn also nicht für sich hat benutzen wollen. Geringes Versehen legt Ersatzpflicht nicht aus. Gegenseitiger Irrthum verpflichtet ebenfalls nicht zur Entschädi­ gung"). >*) §. 151 d. T. ") Koch S . 146 Nr. 2. " ) 3- D. übet größer« und geringere Brauchbarkeit und Güte, den Werth einer Sache R.O.H.G. B. 22 S . 392. ») D a n g e r o w 8 .1 3 6 . Wä c ht e r S . 749. Das sächs. G es.-«. §§. 95. 96 hat Richtigkeit bei wesentlichem (unechtem) Irrthum , bei unwesentlichem (echt«m) Anfechtbarkeit, wo es die Gesetze besonders gestatten und derselbe unverschuldet ist. Der Code hat Richtigkeit (Art. 1109). Z a c h a r i ä II. 6 .3 1 4 . D as österr. G « . §§. 871— 873 spricht sich nicht über den im Irrenden entstandenen we­ sentlichen Irrthum auS; nur wrnn dieser dir Person betrifft, der rin Versprechen gemacht, kann Ungiltigkeit entstehen. Unge r 6 . 36fg. ,6) I. 5. §§. 186— 188. Koch S . 132. H e y d e m a n n S . 177. Es gilt hier dasselbe, wie bei der gezwungenen Erklärung; s. oben tz. 29 Rote 16. D as D »Tribunal nimmt Anfechtbarkeit an. Die Willenserklärung besteht, wie Entsch. B. 78 S - 90 sagen, so lange, als fit der Irrende bestehen lassen will, und n u r dieser ist zur Anfechtung berechtigt. Centraldl. 1843 6 . 359. Der bairische Entwurf eine- bürgert. G.B. v. 1861 nimmt wegen wesentlichen Irrthum - heil­ bare Richtigkeit an. Art. 24. ’O I. 11. §§. 39. 42. Dies ist aber nicht eigentlich Richtigkeit wegen Irrthum s, sendern wegen Unausführbarkett des Geschäftes, bei der der Irrthum nur neben­ bei im Spiel ist. " ) Koch. Pr. R. I. 6 .2 3 3 . 234. För s t e r a. a. O. S . 393. '») §§. 79. 80 d. Z. Entsch. B. 30 @. 79.

8 31

§. 31.

I. Freiheit. Betrug.

I. Freiheit.

177

Betrug.

A.L.R. I. 4. § § .8 4 —93. H e y d e m a n n I. © .1 7 7 . B o r n e m a n n , R-Gesch. © .119. System I. S - 148. v. D a n i e l « l. 6 .2 4 0 . Koch. P r. R. I. S . 228. R .d .F o rd . II. 6 . 116. B a r o n , Abhandlungen aus dem preuß. R. 1860 S . 76fg. D e i n « b ü r g I. §. 110. — v. S a v i g n y , System B . 3 S . 115. Wächt er II. S - 755. U n g e r l . @ .51. S i n t e n i s I. S . 188. W i n d s c h e i d I. S . 210.

„ In keinem Falle", sagt das A.L.R., kann derjenige, welcher einen Irrthum wiffentlich und vorsätzlich veranlaßt hat, daraus ein Recht er­ werben '). E s kommt also nicht darauf an, daß der Irrthum ein wesent­ licher ist, auch aus dem unwesentlichen darf der Betrüger keinen Vor­ theil erlangen. Nicht der Irrthum ist hier der Grund der Ungiltigkeit der Erklärung, sondern der B e tr u g ; wie Zwang Furcht erzeugt, so er­ zeugt der Betrug Irrthum, und in dem einen wie in dem andern Fall ist es die Unsittlichkeit, die die Gegenwirkung vom Recht verlangt'). D a s betrügerische Veranlaffen des Irrthum s ist entweder eine vorsätzliche Er­ regung oder eine vorsätzliche Benutzung desselben: Beides ist von gleicher Wirkung, denn in dem letzteren liegt offenbar ein tadelnswerthes Ver­ schweigen eines für die Richtung der Erklärung erheblichen Umstandes'). D ie Praxis hat daher auch beide Arten des betrügerischen Verhaltens gleichgestellt'). Aber die Willenserklärung muß wirklich durch den Betrug veranlaßt worden sein (dolus causam dans), um vom Betrogenen gegen ') Daß ein Kontrahent unterläßt, unaufgefordert über seine Dermögensverhältnisse dem andern Kontrahenten Aufschluß zu geben, ist kein Betrug. S e u f f e r t B . 86 Nr. 117. Unabsichtliche Erzeugung eines Irrth u m s ist nicht Betrug. S t r i e t h o r s t B . 79 S . 215. 2) S t r i e t h o r s t B . 84 ©. 176. 3) S a v i g n y S . 116. *) S t r i e t h o r s t B . 2 S . 93. B . 36 ©. 226. Koch. R. d. F. II. S . 125. Den Unterschied zwischen dem civilrechtlichen und strafrechtlichen Betrug wissenschaft­ lich festzustellen, ist eine sehr schwierige und bis in die neueste Zeit sehr ver­ nachlässigte Aufgabe. Auch die neueren Gesetzbücher über Strafrecht haben sie nicht genügend gelöst. Bergt, besonders den Aufsatz von K ö s t l i n über die Grenzen des strafbaren und des blos civilrechtlich zu verfolgenden Detwges in der Zeitschr. f. Eiv.-R. u. Proz. 9t. F. B. 14 S . 294—440. » .1 5 6 .4 0 — 75. Für das Privatiecht hat die Entscheidung dieser Frage keine Wichtigkeit, weil auch der nicht strafbare Betrug doch civilrechtliche Folgen hat. Wie nun das bloße marktschreierische Anpreisen einer Waare, das gewöhnliche Uebervortheilen int täglichen Berkehr noch nicht civilrechtliche Folgen nach sich, zieht, weil Jeder­ mann weiß und wissen muß, daß er darauf nichts zu geben hat, vielmehr auch zum civilrechtl. Betrug eine positive Täuschung erfordert ist, so kann andererseits eine kriminalrechtliche Strafbarkeit nur gerechtfertigt erscheinen, wenn nicht bloß vorsätzlich der Irrthum deS Andern unterhalten und benutzt, sondern durch be­ stimmte Vorspiegelungen hervorgerufen worden ist, und diese Thätigkeit des Be­ trügers als eine solche sich zeigt, die nicht bloß das spezielle Vertrauen befl an­ dern Kontrahenten, sondern die allgemeine Rechtsordnung vorsätzlich verletzt. Dies ist auch die Auffassung des deutschen ©trafrechtS. S trafges.-B . tz. 263. Enlsch. B. 26 S . 418. F e i s t e r , Preuß. Privtilrechl. I. 4. Aust. 12

Erst«- Buch.

178

D ir Grundbegriffe.

den B e trü g e rs angefochten werden zu können und letzteren von allen Vortheilen auszuschließen.

I s t der B etrüger ein D r it t e r , der aus der

Erklärung fü r sich kein Recht ableitet, oder hat der B etru g bei der sonst aus dem freien W ille n entsprungenen Erklärung n u r bei der näheren Ausgestaltung des Geschäfts m itg ew irtt (dolus incidens), so fällt die Anfechtbarkeit wegen B etru g s weg und es kann n u r in F ra g e kommen, ob der Ir r t h u m

als solcher geeignet ist, die W illenserklärung zu ent­

kräften, ob er ein wesentlicher ist (§. 30).

Da

die Erklärung nur an­

fechtbar*) ist, so folg t, daß der Bettogene auch bei ih r beharren, sie als gütig betrachten kann: es hängt lediglich von seiner Erklärung ab, ob er abgehen w ill, und er kann dies im Wege der K lage oder der E in ­ rede th u n 9).

Abgesehen hiervon entstehen fü r den B etrüger Entschädi­

gungspflichten uud zw ar nicht bloß gegen den Betrogenen, sondern gegen Jeden, der dabei Schaden erlitten hat. seitiger B ettu g sich aufheben und

Nothwendig

aber muß gegen­

eine Ersatzverbindlichkeit beseitigen,

w eil die K lage aus dem B etrüge durch die gleiche Einrede entkräftet w ird.

In

solchem F a lle bleibt also das Geschäft g ü tig , und es steht

die K lage auf E rfü llu n g gegenseitig daraus z u '). A n die Vorschriften über

die W irkung

des B etru g s schließt das

A .L .R . die Bestimmung, daß wer auch ohne die Absicht zu hintergehen einen Andern durch T ru n k oder Erregung von Leidenschaften in einen Zustand versetzt, daß er seine Handlungen und ihre Folgen nicht mehr richtig beurtheilen kann,

aus den in

diesem Zustand abgegebenen E r ­

klärungen kein Recht fü r sich herleiten darf.

W e r aber aus diesem Grunde

seine Erklärung anfechten w ill, muß es binnen einer W oche9) gerichtlich anzeigen, sonst hat er nicht wie beim Zw ange n u r eine schwerere B e ­ weisführung, sondern er hat den E inw and selbst verloren. O b im preußischen Recht die s. g. exceptio doli generalis, von der es heißt: omnibus negotiis bonae fidei inest, als ein besonderes Rechts­ m ittel anerkannt sei, kann bezweifelt werden, weil dem A .L .R . eine be-

s) Und zwar nur gegen diesen; dir Anfechtung geht also nicht, wie beim Zwange, in rem. Die» rechtfertigt sich deshalb, weil hier nicht die irrige Willenser­ klärung, sondern die subjektive Unrechtlichkeit angegriffen wird. Ueber diese prinzipielle Trennung des Irrthums und des Betrugs s. U n g rr 6 . 54. 55. Ueber dolus causam dans Heuser, kurhess. Annalen B. 2 S. 182. Dresdn. Annal. V III. 417. 0 Koch. F . d. F . I I . S . 287. Auch Kautionsleistung für die künftige E rfü llu n g kann verlangt werden. 1. 4 0 §. 5. I. 71 pr. 1. 2. 1. 8 0 D . X X X V . 1. I. 19 de. leg. I I I . l3) Sntfch. $ . 3 7 E . 2 2 fg. S t r i e t b o r s t B . 2? @ . 1 3 9 f. D r r n b u r g I . S 187 w ill die Klage auf Erfü llun g zulassen, insofern — waS meistens der F a ll sein werde — in der Annahme der Gabe zugleich di« Uebernahme der Verbindlichkeit zu sehen sei. Abgesehen davon, daß der A u sfü hrun g, dies werde meistens der F all fein, die Formvorschriften des preußischen Rechts entgegen stehen, welche in den meisten Fällen die Annahme der Verbindlichkeit einer stillschweigenden B e rpflichtungserklärung ausschließen, so kann eine solche Uebernahme der Verbind­ lichkeit doch nur wirksam sein, wenn der Geber den W ille n ausgedrückt hat. daß der Em pfänger sich ih m verpflichten solle. D ie Hinzufügung des M o d u s ist aber keine Dertragsoffcrte, sie schränkt die eigene E rklärung e in , und soll a ls solche Einschränkung, nicht aber als Bertragsofferte W irkungen hervorrufen. Zst di« Absicht des Gebers als Offerte zu deuten, so kommt ein zweiseitiger V ertrag zu stände, und dann greifen die Bestimmungen über M od us gar nicht ein, n a­ mentlich cessirt die Rückforderung nach den Grundsätzen des M odus. " ) I . 12 §. 514.

Die Regel des gemeinen Rechts, daß im Zweifel die Willenserklärung für den Modus und gegen die Bedingung auszulegen sei, ist zwar int A.L.R. nicht ausdrücklich ausgesprochen, aber auch für dieses anzunehmen, da der Grundsatz sich in einzelnen Anwendungen zeigt"). Nur recht­ fertigt er sich nicht daraus, daß der Modus die geringere Beschränkung sei, sondern dadurch, daß er das weitergehende Recht gewährt, sofern dieses sofort in Kraft tritt").

§. 39. e. Nebemnhalt der Willenserklärung: Beweggrund und Beschreibung. A.L.R. I. 4. §§.145 — 151. - Heydemann I. 187. v. D a n i e l s I. 299 301. Koch, Pr.R. I. 258. 259. R. 6. Forder. II. 290. 293. Dernbu rg I. §. 105 S a v i g n y III. S. 111. 304.

Wenn bei einer Willenserklärung eine schon eingetretene oder künf­ tige Begebenheit oder Thatsache bloß als vorausgesetzt angegeben wird, so daß sie als Ursache für die Erklärung erscheint, so kann eine solche Anft'chrung als B ew eg g ru n d zwar zur Erklärung einer zweifelhaften Absicht dienen, aber ist sonst die letztere Nar, so hat sie, auch wenn sie sich als unrichtig zeigt, keinen Einfluß auf die Giltigkeit des Geschäfts. Nur wer vorsätzlich den irrthümlichen Beweggrund hervorgerufen, soll daraus keinen Vortheil ziehen, keine Rechte ableiten, und wohlthätige Ge­ schäfte werden unkrästig, wenn erhellet, daß der ausdrücklich angeführte irrige Beweggrund die einzige Ursache der Willenserklärung gewesen ist. Diese Vorschriften stimmen mit dem gemeinen Recht überein'): auch hier ist Regel, daß die falsa causa nicht von Einfluß ist, daß aber die doli exceptio unter Umständen, namentlich dann erwächst, wenn feststeht, daß sonst die Erklärung nicht erfolgt wäre. Doch ist zu bemerken, das dies nur bei Legaten ex falsa causa vorgeschrieben ist, und für Geschäfte un­ ter Lebenden im römischen Recht bestimmte Regeln sich nicht finden'). Ob eine Anführung in einer Erklärung als Beweggrund oder anders, z. B . als Bedingung auszufaffen sei, ist Sache der Auslegung im ein­ zelnen F a ll'), allgemeine Voraussetzung aber für die Berücksichtigung eines irrigen Beweggrundes ist es, daß er vor oder bei der Abgabe der ,s) A.S.R I. 4. §. 152. I. 12. §. 488. IS) Dagegen ohne Grund ArndtS, Pand. §. 74 Anm. 4 *) Falsa causa non nocet, llnger II. S. 52. I. 72 §. 6 D. XXXV. 1. *) Koch. R. d. F. II. S - 292. 3) Beispiel aus der Praxis: Entsch. B - 18 S . 264. 274: „Die Erklärung der Be­ friedigung wegen deS HauptansprnchS ist in Beziehung auf die Entsagung de» Pfandrechts nur att «in Btweggrund anzusehen". Wie die Bedingung durch wenn, der Modus durch damit, so wird der Btweggrund durch weil aus­ gedrückt. Ueber den Unterschied von ModuS und Beweggrund Heuser, Annal. UI. 228.

Erklärung angeft'chrt oder ausgesprochen sein muß, „denn so gewiß nur ein ausgesprochener Wille bindet, so ist auch die einmal abgegebene E r­ klärung nur insofern anfechtbar, als schon zur Zeit ihrer Abgabe das Element, woran die Anfachtung geknüpft werden soll, äußerlich erkennbar geworden ist. Es kann zwar in einzelnen Fällen die Ersichtlichkeit auch dadurch hergestellt werden, daß nach der ganzen Sachlage das von dem Erklärenden später geltend gemachte irrige Motiv mit Evidenz als der allein denkbare Beweggrund hervortritt, dadurch wird aber jene Regel nicht ausgeschloffen"'). D aß bei einem schriftlichen Vertrage gerade auch der Beweggrund in der Urkunde ausgedrückt ist, ist nicht erforder­ lich, es genügt, wenn er nur überhaupt ausgesprochen wordsn. Wenn übrigens Koch aus den Worten „klar erhellen" den Schluß zieht, daß ein Ergänzungseid nicht zulässig sei, so ging dies zu weit, hat jedenfalls nach dem Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze jede Bedeutung verloren. Bereits durch Zahlung, Uebergabe oder sonstige Leistungen vollzogene Geschäfte können nicht mehr wegen irrigen Beweggrundes angefochten werden, wenn nicht überhaupt die Bedingungen der Kondikftonen vor­ liegen'). Falsche B eschreibung in einem Rechtsgeschäft ist ebenfalls — wie nach gemeinem Recht — unschädlich, vorausgesetzt, daß die Identität der Person oder Sache sonst nicht zweifelhaft ist'). Wäre dies der Fall, so müßte gezeigt werden, daß, wenn der Irrthum nicht dazwischen gegetreten, die Erklärung nicht so erfolgt wäre, oder daß vorsätzliche E r­ regung des Irrthum s stattgefunden hätte. Nicht der Name oder die Bezeichnung der Sache, sondern diese selbst ist der Gegenstand der Willenserklärung und diese daher nur dann ungiltig, wenn über die Sache in Folge der falschen Beschreibung eine Differenz obwaltet'). §. 40.

in . Form der Rechtsgeschäfte.

A.L.R. I. 3. §§.40 —44. I. 4. §§. 94. 95. Heydemann I. 6.155. 178. v o r ­ nemann, R.-Gesch. 6. 157. Koch, Pr. R. 1. 245. R. d. F. II. @. 154—221. Arndts in Ulrich s Arch. B. 1 6. 132. Meyer, die Schrift in ihrer Bedeut, s. pr.R. 1855. Bor ne ma nn, Erörter. H. 1 ynd die RechtSentwickl. in Deutscht, und deren Zukunft, 1856, 6 .5 . Dernburg I. §§.94. 96. Savi gny III. 237. Wächter II. 767. Unger II. 113. Windscheid I. 186. Dölderndorf, die Form der R.-Gesch. 1857. Jhering, Geist des röm.R. II. §.45—47.

Jede Aeußerung des Willens ist gilttg und wirksam, wenn sie von einer willensfähigen Person ausgeht, sich auf einen Gegenstand bezieht, 4) Entsch. B. 33 6 . 27. 6triethorst B. 22 6.107. ') Striethorst B. 21 6.128. •) 1. 9 §. 1 D. XVffl. 1. 1. 4 0. VI. 23. Unger II. 6.128. 6avi gny III. 6. 306, vergl. ruch DoneU. ad 1. 32 de V. 0. T) Beispiele aus der Praxis: 6triethorst B. 20 6 . 51, B. 32 6.271. Entsch. B. 31 6. 414. Förster, Preuß. Privatrecht. L 4. Luft. 14

über welchen diese zu disponiren befugt, an sich frei, ernstlich, gewiß ist und die Gesetze nicht eine bestimmte Form vorgeschrieben oder die Parteien eine solche verabredet haben. Zn der Regel ist die Beobach­ tung einer äußeren Form bei Errichtung eines Rechtsgeschäfts nicht er­ forderlich, es bedarf dazu einer besonderen Vorschrift oder einer beson­ deren Verabredung. Diesen Grundsatz theilt zwar das preußische Recht mit dem gemeinen, aber es wird später bei den einzelnen Rechtsge­ schäften zu zeigen sein, wie im preußischen Recht durch die große Be­ deutung, die die Formvorschriften in ihm haben, die Anwendung jenes Grundsatzes in bedenklichster Weise eingeschränkt ist. Hier find nur die allgemeinen Gesichtspunkte zu erörtern. Wenn das Gesetz eine Form für eine Handlung oder Willenser­ klärung vorschreibt, so muß sie beobachtet werden, und aus ihrer Verabsäumung erfolgt dann die Ungiltigkeit der Erklärung oder Handlung, wenn das Gesetz ausdrücklich die Giltigkeit des Geschäfts davon abhängig ge­ macht hat. Doch ist auch hier die Form niemals der Grund (causa) des Rechts und der Verbindlichkeit, dieser bleibt das Geschäft selbst und wird nur durch die Form mit Giltigkeit bekleidet'). Sonst soll die Form nur zur mehreren Gewißheit und Beglaubigung, also nur als Beweismittel, dienen**). Haben die Parteien eine besondere Form ver­ abredet, so hängt davon die Giltigkeit des Geschäfts ab ’). Is t im Gesetz die Form nur unter Androhung einer Strafe für ihre Verabsäumung geboten, so bleibt trotzdem das Geschäft bei Bestand4). D aß die Form nach dem Gesetze des O rts zu beurtheilen ist, wo das Geschäft errichtet worden und nach dem Gesetz zur Zeit, in welcher es errichtet worden, ist ebenfalls schon erwähnt (§. 10 11) *). Auch diese Grundsätze stimmen mit denen des gemeinen Rechts, insbesondere gilt auch hier, daß die gewillkürte Form die Rechtsgiltigkeit des Geschäfts bedingt4). Ju r ge­ meinen Recht wird mit großer Bestimmtheit der Satz festgehalten, daß das wegen Formmangels nichtige Geschäft weder konvalesciren, noch irgend welche Rechtswirkungen erzeugen kann. Von Förster wurde in den früheren Ausgaben dieses Lehrbuchs auch nach Landrecht das formell ungültige Geschäft als ein nichtiges bezeichnet, bei welchem die ') Koch, R. d. F. n. S. 155. Dadurch, daß die Form niemals causa oblig. ist und doch die Richtbeobachtung derselben das Geschäft nichtig oder ungiltig macht, ist ihre Bedeutung im Recht-system eine unklare geworden. S . Koch daselbst S. 318fg. Ander- im alten röm. R , die Stipulation. Acceptilation t o o T c e causae, im neuen Recht ist es der Wechsel. *) Entsch. B. 1 S . 22, B. 9 S . 88, B. 10 S . 276, B. 16 S. 107, B. 17 S . 67, B. 18 S . 250, B. 21 @. 192, B. 28 S . 102. S t r i e t h o r s t D 34 S . 325. *) I. 5. §. 116- S i m o n und v. S t r a m p f , Rechtspr. I. S . 129. *) I. 5. §. 110, Verwendung von Etempelpapier. ») Einl. j. «.L.R. S |. 16. 23. I. 5. §. 111. S t r i e t h o r s t B. 29 S. 95. *) pr. J. III. 23. 1. 17 C. IV. 21.

§. 40.

III. Form bet Rechtsgeschäfte.

211

Konvalescenz ausgeschloffen sei. E s wird hierauf an anderer Stelle zurückzukommen fein7*13). D a s gemeine Recht kennt verschiedene für die Giltigkeit der Geschäfte erhebliche Formen. Während daffelbe z. B . noch den Versprechungseid in gewissen Fällen als formelle Bekräftigung des Geschäfts zuläßt'), ist dieser dem preußischen Recht unbekannt, welches nur ein e Form gattung, nämlich die S c h riflic h k e it aufge­ nommen hat, diese aber unter verschiedenen Arten. D ie schriftliche U r­ kunde hat im Rechtsleben zunächst als B e w e is m itte l eine allgemeinere Bedeutung. Als solches gehört sie dem Prozeßrecht an, welches zu regeln h at, w as durch die Urkunde bewiesen werden kann ( B e w e is k r a f t) , und wie die Urkunde sich als schriftliche Erklärung gerade desjenigen feststellen läßt, der ihr scheinbarer Urheber ist, (E c h th e its b e w e is ). I n beiden Beziehungen tritt der Unterschied von ö ffe n tlic h e n und P r i v a t u r k u n d e n hervor. D ie letzteren können niemals etwas anderes beweisen, als daß ihr Aussteller die beurkundete Erklärung abgegeben h at'). Den entsprechenden Beweis liefert auch die öffentliche Urkunde einer Behörde: — die darin enthaltene Anordnung, Verfügung, E n t­ scheidung wird durch die Urkunde dargethan' °). D ie von einer öffent­ lichen Behörde in den Grenzen ihrer Amtsbefugniffe und die von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zuge­ wiesenen Geschäftskreises ausgestellte Urkunde, — die öffentliche Ur­ kunde — , ist aber geeignet auch noch Anderes zu beweisen, die nach In h a lt der Urkunde amtlich bezeugte Thatsache, insbesondere die T h at­ sache daß eine andere Persou eine wiedergegebene Erklärung abgegeben i)ft6e"). — W as ferner den Echtheitsbeweis anlangt, so spricht für die Echtheit der inländischen, d. h. der innerhalb des Reichs errichteten, öffentlichen Urkunden eine V erm uthung"), bezüglich der ausländischen 7) 1. 29 de R. J. quod initio vitiosum e st, non polest tractu tem poris convaIescere. Dgl. §. 41 Anm. 28, §. 79 Nr. 4 *>) Wenn ein Unmündiger das mit Zustimmung seines Vormundes abgeschlossene vfiäft beschwört, so giebt er das Recht auf Wiedereinsetzung in den vor. S t. auf, 1. 1 C. II. 28, und wenn eine Partei einen für sie anfechtbaren Vertrag beschwört, verzichtet sie auf die Anfechtung. Wä c h t e r II. 772. 9) A ls positive Beweisregel spricht dies die C .P .O . §. 381 nur für diejenigen Privaturkunden au s, welche durch Unterschrift oder durch gerichtlich oder nota­ riell beglaubigte Handzeichen des Ausstellers sich a ls abgeschlossene, fertige Willenserklärungen ergeben. Bei nicht unterschriebenen schriftlichen Erklärungen ebenso wie bei Urkunden, die nicht in Schristform vorliegen (Grenzzeichen, Kerbbölzer u. dgl.) entscheidet freie Beweiswürdigung, ob und wie weit in den urkundlich vorliegenden Ergebnissen einer Thätigkeit der B ew eis einer fertigen Willenserklärung gefunden werden kann. “>) E .P O. §. 382. " ) E .P .O . §§. 380. 383. Gegenbeweis der Unrichtigkeit ist zulässig. 13) C .P .O . §. 402. Der Richter kann sich dieser Vermuthung entziehen, wenn auf Befragen des Richters die a ls Aussteller der Urkunde erscheinende Behörde oder Urkundsperson die Echtheit in Abrede stellt.

öffentlichen Urkunden giebt es einen gesetzlich geordneten auf inländische Urkunden zurückführenden Echtheitsbeweis "), und auch ohne diesen kann ihre Echtheit ohne Weiteres angenommen werden"), die Echtheit von Privaturkunden muß im Prozeffe durch Zugeständniffe des Gegners oder versäumtes Bestreiten klargestellt oder im Bestreitungsfalle durch Be­ weismittel dargethan werden"). — Für diejenigen Fälle, in denen außer­ halb eines Rechtsstreits die Echtheit einer Urkunde in Frage kommt, namentlich wenn auf Grund derselben ein Akt der freiwilligen Gerichts­ barkeit, insbesondere eine Eintragung in das Grundbuch statt finden soll, giebt es zum Theil positive Vorschriften, wie die Urkunde beglaubigt sein muß, damit darauf hin die gerichtliche Thätigkeit statt finde. In s ­ besondere erheblich ist hierbei die gerichtliche oder notarielle Beglaubi­ gung privater Willenserklärungen"). I m Zusammenhang der hier vorgetragenen Lehre erscheint die Schriftsorm als ein die verbindliche Kraft der abgegebenen Willenser­ klärung bedingendes Moment. Es fragt sich nach dieser Richtung, ob die Urkunde rechtsgiltig ist, d. h. ob sie den für Urkunden dieser Art in den Gesetzen gegebenen Erfordernissen entspricht"). Als eine die Gilttgkeit der abgegebenen Erklärung bedingende Form kennt das preu­ ßische Recht nicht die Sollemnifirung von Privaturkunden durch Unter­ schrift privater Zeugen"). Dagegen stellt das preußische Recht der Nothwendigkeit einfacher Schriftsorm für eine große Zahl von Fällen die Bestimmung gegenüber, daß gewiffe Willenserklärungen wirksam nur in gerichtlichen oder notariellen Urkunden abgegeben werden können. ’ *) E . P O . §. 4 0 3 Abs. 2 R G . v. 1. M a i 18 7 9 ( S . 8 9 ). D a s letztere Gesetz b tfeitia t außerhalb des Prozesses alle Vorschriften, nach denen für den Gebrauch deutscher öffentlicher Urkunden eine besondere Beglaubigung vorgeschrieben w ar, steht aber der Anwendung des §. 3 8 der Grundbuchordnung dahin, daß bezüglich außerpreußischer öffentlicher Urkunden der Grundbuchrichter, der an ihrer G iltig ­ keit und Echtheit zw eifelt, solche a u f diplomatischem Wege festzustellen habe, nicht entgegen. " ) E .P .O . 8 . 4 0 3 Abs. 1. 15) C . P O . §8 4 0 4 ff.

D e r Diffessionseid des früheren Rechts ist beseitigt.

16) D g l. z. B . 8- 3 G . bett die Ausstellung gerichtl. Erbbescheinig, v. 1 2 . M a r z 1869 ( G .S . 6 . 4 7 3 ); §. 33 Grundbuchordnung. — Bei der Beglaubigung von U nter­ schriften bedarf der N o ta r jetzt allgemein nicht mehr der Zuziehung von Zeugen, auch nicht der Aufnahm e eines Protokolls. §. 5 d. Ges. enth. Best, über das N o ta ria t v. 8. M ä r z 1 8 8 0 ( G .S . S . 1 7 7 ). Früher galt derselbe S a tz n ur für die notariell beglaubigten G rundlagen einer E in tragu ng in das Grundbuch ( G r . - B - O . 8- 33) und nach C .P O 8- 7 6 für Prozeßvollmachten. ,T) Nach der obigen D efin itio n der öffentlichen Urkunde ist die Rechtsgiltigteit auch Voraussetzung der Bew eiskraft. — D a ß die Urkunde nach einer dritten Richtung rechtliche Erheblichkeit hat, daß fie zum „W erthpapier" w ird , wenn das Recht selbst oder die Ausübung desselben sich an das Haben der Urkunde knüpft, ist bereit- im §. 21 erwähnt. ,8) Ueber E o llem nitätS - und BeweiSzeugen s. I H e r i n g in Jahrb. f. E . 2 9 3 . U n g e r U . S . 132 N r. 1 3 ; unten 8- 199 A n m 4.

Dogm . I I .

§. 40.

III. Form b tt R tchtsgtschästt.

213

Eine Privaturkunde bedarf zu ihrer Giltigkeit der Unterschrift der­ jenigen Person, deren Erklärnng sie enthält"), ohne diese ist sie ungiltig. S ie bedarf aber keiner weiteren Form. Auch wenn in der Schrift selbst einer Besiegelung gedacht ist, macht die unterbliebene B ei­ fügung der Siegel die Urkunde nicht ungiltig"). D ie Erklärungen einer öffentlichen Behörde werden rechtsgiltig unter der verfassungs­ mäßigen Unterschrift der Behörde abgegeben. Zu der verfassungsmäßigen Unterschrift kann hier die Besiegelung gehören"). Als öffentliche B e­ hörden erscheinen auch die Organe der kommunalen und kirchlichen Selbst­ verwaltung. Sofern eine Willenserklärung Privater der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung durch Gesetz oder nach dem Willen der Erklärenden zugewiesen ist, tritt neben die von dem Erklärenden zu voll19) §§. 116 — 118 I. 5. D gl. auch das W ort „vollzogen" in § .4 2 I. 3. — N u r von der Rechtsgültigkeit der Urkunde a ls solcher ist hier die Rede, nicht von der Verbindlichkeit der E rk läru n g , die regelm äßig voraussetzt, daß sie g e g e n einen Anderen erfolgt ist. D a ra u f beruht die Erheblichkeit der erfolgten A ushändigung der Urkunde. Dgl. Entsch. B . 19 S . 71. — D ie Unterschrift stellt die Rechts­ giltigkeit einer Urkunde auch dann her, w enn die E rklärung erst später darüber gesetzt, oder wenn nachträglich Zusätze oder Aenderungen gemacht find. E s m ag dann die Wirklichkeit der E rklärung — ob sie in der T hat a ls E rklärung des JE anzusehen ist — in Frage gestellt und der gegenüber der B ew eiskraft der Urkudne hierfür zulässige Gegenbeweis (C .P .O . §. 405 Abs. 2) angetreten werden. M it Unrecht aber leugnet das O b ertrib u n al (Entsch. B . 69 S . 200) die G iltig ­ keit der Urkunde. — E ine Unterschrift deckt n u r d as darüber stehende. W ird hier eine A nlage oder etw as darunter stehendes in Bezug genommen, so kann nicht letzteres, wohl aber eine dasselbe genehmigende E rklärung a ls unterschrieben gelten. Dgl. Entsch. B . 50 S . 29, B . 69 S . 189, B . 74 S . 168. — Z u r Unterschrift gehört eine eigene Thätigkeit desjenigen, der die schriftliche E rklärung abgiebt. D aß er die Schriftzüge einzeln au sm alt, kann eben so w enig a ls we­ sentlich erachtet werden, wie daS M aterial, m it welchem geschrieben w ird. N u r muß erhellen, daß durch die Thätigkeit die Urkunde hat vollzogen sein sollen. D ies w ird beim Aufdruck eines einfachen N am ensstem pels nicht anzunehm en sein, w ohl aber beim Aufdruck eines Facsim ile der Unterschrift. — W ie w enn sich der Erklärende eines A ndern gewisser M aßen a ls des In stru m en ts seiner Unterschrift bedient, z. B . w enn er die E rklärung und seine R am ensunterschrift diktirt? das R O.H G. B . 7 S - 315 erachtet die Urkunde a ls Urkunde des E r­ klärenden für g ü tig ; ebenso D e r n b u r g I. S . 200. M E . m it Unrecht. D ie Urkunde verkörpert hier n u r die Thätigkeit des Schreiber-, nicht auch den Jussus, bet diese Thätigkeit a ls eine mechanische erweist. D er gesetzgeberische Gedanke aber, der die Schriftlichkeit einer E rklärung zu einem E rforderniß ihrer G iltig ­ keit macht, beruht darin, daß in der S c h rift die H andlung ihr dauerndes Merk­ mal hinterlaßt. E in bloßer A u ftrag , statt des A uftragenden ein schriftliches Geschäft zu schließen, kann auch d a n n , w enn der M a n d a ta r den N am en des Auftragenden geschrieben h a t, die Urkunde nicht zu einer eigenen schriftlichen E rklärung des A uftragenden m achen, sie ist immer n u r eine schriftliche E rklä­ rung des B eauftragten. D aß ihre Verbindlichkeit für den Auftraggeber von der formellen G iltigkeit des A u ftrag s abhängt, kann jetzt nach dem W egfall des alten auch die Unterschrift durch einen B eauftragten leugnenden Diffesfionseides nicht mehr bezweifelt w erden; m it G ru n d auch nicht vorher. V gl. Entsch. B . 12 S . 477. rv) §. 119 I. 5. 21) Dgl. z. B . §. 137 K reis-O rdn., §. 91 P ro v .-O rd n .; A rt. I. G- betr. die evang Kirchenvers. v. 3. J u n i 1876.

ziehende Erklärung") die amtliche Beurkundung der vom Staat be­ stellten Urkundsperson des Richters oder Notars. Zn den vom Gesetze bestimmten Fällen ist neben der Unterschrift des Richters die des Gerichtsschreibers zuweilen auch von Unterschristszeugen erforderlich. Notare find Beamte des Staats, denen die Ausübung der s. g. freiwilligen Ge­ richtsbarkeit in Konkurrenz mit den Gerichten") für bestimmte Bezirke und unter gesetzlicher Regelung ihrer Befugniffe und Pflichten über­ tragen ist"). Zur Giltigkeit notarieller Verhandlungen ist Zuziehung und Mitunterschrist eines zweiten Notars oder zweier Zeugen erforderlich. Dieselben dürfen von der Theilnahme an dieser Verhandlung nicht ge­ setzlich ausgeschlossen sein, und das muß in dem Akte selbst bezeugt werden. — Den Reichskonsuln ist für ihren Amtsbezirk die Rechts­ stellung der Notare gewährt, auch sie haben zwei Zeugen zuzuziehen"). Ausfertigung einer gerichtlichen oder notariellen Verhandlung ist ein an bestimmte Formen gebundenes amtliches Zeugniß über die stattgehabte Verhandlung, welches die Beweiskraft der letzteren hat. Die Giltigkeit einer Willenserklärung kann auch an deren Beur­ kundung durch andere Behörden oder Beamten außer den Gerichten oder Notaren geknüpft sein. Diese erlangen dadurch die Fähigkeit die frag­ liche Willenserklärung auch insofern zu beurkunden, als nach den Eigen­ schaften des Erklärenden sonst eine gerichtliche oder notarielle Erklärung erforderlich ist"). Der Inhalt der schriftlichen Urkunde unterliegt den gewöhnlichen Auslegungsregeln; ist in ihr etwas unleserlich, so kann der Inhalt dieser Stelle durch jedes zulässige Beweismittel bewiesen werden"). Ebenso M) §§. 4 2 ff. II. 2. A .G .O . — D ie Vollziehung schreibensunfähiger Personen re­ geln §§. 175. 177 I. 5. Auch §. 5, K O . v. 20. Ju n i 1816 (G .S . S 203). — Dem Richter und Notar liegt zugleich die Sorge für gehörige Redaktion dieser Erklärung ob, — anders wenn es sich um eine bloße Verlautbarung handelt §§. 565. 566 I. 9, §. 84 I. 18, §. 100 I. 20, §. 63 II. 4, Ges. v. 5. März 1855. 23) Für die freiwillige Gerichtsbarkeit sind zur Zeit regelmäßig die Amtsgerichte zu­ ständig §. 26 Auss.-Ges z. G er.-D .G . v. 24. April 1878 lG .S . © . 230) Ueber die freiwillige Gerichtsbarkeit der Auditeure und Militärbehörden s. Gesetz v. 8. J u n i 1860 (G S . S . 240) Reichsmilitärgesep v. 2. M a i 1874 §. 39 Abs. 3 u. §. 111 des Ausf.-G. z. G er..-D.-G . — Aelteres Recht K.O . v 2. Sept. 1815. 24) Not.-Ord. v. 11. Juni 1845 (G .S . S . 487). Ges. v. 8. M ärz 1880 (G .S . S . 177). 25) Gesetz betr. die Organisation der Dundeskonsulate v. 8. Nov. 1867 $$. 16. 17. (B G .B l. S . 140). 26) D ie Beurkundung der Erklärungen über den Eheschluß gehören vor den Standes­ beamten 8§ 53. 54. Ges. v. 6. Febr. 1875; vor demselben kann auch die A n­ erkennung eines unehelichen Kindes ebenso wirksam wie in einer gerichtlichen oder notariellen Urkunde erklärt werden; h. 25 ebenda. D ie nach dem Edikt v. 27. Ju n i 1811 §. 9 von Regierungsbeamten über Veräußerung von Domainen und Forsten auf genommenen Licitationsverbandlungen haben für Analphabeten die K raft gerichtlicher Urkunden. P rä j. des O b.-Trib. 512. 1544. Sam m l. I. S . 281). 27) I. 5. §§. 130. 263

w ird das Dasein einer abhanden gekommenen Urkunde und der I n h a lt einer solchen durch die gesetzlichen Beweise erm ittelt.

I s t aber eine U r­

kunde vorsätzlich von demjenigen beseitigt, gegen den sie beweisen soll, und kann letzterer danach im Rechtsstreit den gesetzlichen Editionseid nicht leisten, m it welchem er das Gegentheil zu beschwörm ha t, oder kommt er im Rechtsstreit der Auflage die Urkunde vorzulegen nicht nach: so w ird in wesentlicher Uebereinstimmung m it der herrschenden gemein­ rechtlichen Anficht, die bestimmte Angabe des Andern von dem einer beigebrachten Abschrift entsprechenden I n h a lt der Urkunde fü r richtig an­ genommen, und diese Annahme kann auch stattfinden, wenn die Angaben des Beweisftchrers weniger genau f in d " ) .

§. 41.

Ungiltigkeit der Rechtsgeschäfte nnd deren Heilung.

Koch, über den Unterschied v. Nichtig!. u. Ungilt. d. R-gesch. in die jurist. Zeitung 1838 S . 870 Pr. R. I. S. 295. B ornem ann, R-gesch. S. 186. D e rn b u rg l. §§.71.77 — 79. S a v ig n y , System IV. S. 536. 549. Wächter II. S. 655. Unger II. S. 140. S in te n is I. §.24. W indscheid, zur Lehre des Code Map. über die Ungiltigkeit der R.gesch. 1847. Pand. 1 S- 180. 220. Zachariä (Puchelt) I. S. 86. — K a rlo w a , das Rechtsgeschäft S. 116ff. Es

würde

an

sich kein besonderer Fehler eines Gesetzbuchs sein,

wenn es D e fin itio n e n nicht aufftellte, dann aber müssen wenigstens die Begriffe selbst und ihre Folgen in

den einzelnen Anwendungen scharf

festgehalten werden und das zweckmäßigste M itte l dazu ist eine bestimmte Term inologie. D a ß diese dem A .L .R . fehlt, ist bereits mehrfach hervor­ gehoben; — aber fast in keiner Lehre zeigt sich dies so nachtheilig und so auffällig als bei der von der U n g iltigkeit der Rechtsgeschäfte.

A ll­

gemeine Regeln über diese giebt weder T it. 3. noch T it . 4 .; welche W ir ­ kungen die M angelhaftigkeit eines Rechtsgeschäfts äußert, w ird bei den einzelnen In s titu te n zwar angegeben, aber dabei werden so verschiedene Ausdrücke von so unbestimmter Vieldeutigkeit gebraucht, daß man fast nie m it Sicherheit aus dem W o rt des Gesetzes schließen kann, A rt

oder welcher G rad von U n g iltig ke it

anzunehmen ist.

welche

Selbst die

scheinbar schärfere terminologische Scheidung von nichtig und u n g iltig bei dem Abschnitt von der E h e ') ist nicht hinreichend ausgebildet.

Es

ist daher auch ungemein schwer, eine allgemeine Theorie des preußischen Rechts hierüber einleitend vorzutragen, da bei jedem einzelnen Rechts-*) E P O. §§. 391. 392. Ueber das ältere Recht und den Widerspruch von I. 5. §. 170 und A.G.O. I. 10 §. 120. Koch. R . d.F. II. S . 183 fg. Heydemann S- 223 giebt der W O . den Vorzug. S. Entsch. B. 40 S. 296. Ges.-Revis. Pens. XIV. 5 . 99. ’•) A.L.R. II. 1. §§. 933. 934. 936. 949. 952. 960. 973fg.

In s titu t

untersucht werden m uß,

ob unter

gewissen Voraussetzungen

Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit, a ls die beiden begrifflich verschiedenen A rte n der U n g iltig ke it anzunehmen sei.

Um daher über diesen Gegen­

stand im Allgemeinen einige K la rh e it zu gewinnen,

ist es besonders

nützlich, aus die Theorie des gemeinen Rechts zurückzugehen, welches so­ w ohl durch die Bestim m theit der quellenmäßigen Ausdrücke, als durch die A usb ild u n g , die diese Begriffe durch die Wiffenschast erfahren haben, eine sichere Leitung bietet.

Gerade w e il das A .L .R . keine Theorie a u f­

stellt, sondem sich in allerlei Unbestimmtheiten ve rliert,

stößt es auch

die richtige Theorie nicht zurück, und es liegt der Wiffenschast ob, eine solche m it H ilfe des gemeinm Rechts, welches der N a tu r der Sache ent­ spricht, fü r das preußische zu gewinnen. D ie Rechtsbeständigkeit einer W illenserklärung hängt von der Rich­ tigkeit der juristischen Thatsachen ab, die ih r zu Grunde liegen, ihre Voraussetzung bilden.

S in d diese Thatsachen unrichtig, so ist das auf

sie gestützte Rechtsgeschäft und folgeweise das dadurch gesetzte Rechts­ verhältniß u n g i l t i g ,

es vermag die W irkungen nicht zu äußern,

es nach seinem B e g riff und Wesen haben sollte. aber entweder die unm ittelbare,

wie man

die

D ie U ngiltigkeit kann

sagt ipso ju r e

eintretende

Folge sein, oder wegen besonderer, außerhalb des Geschäfts liegender Umstände, die daher einer besonderen Geltendmachung bedürfen.

H ie r­

nach unterscheidet die Theorie die N ic h t ig k e it (N u llitä t) und A n fe c h t­ b a r k e it (Rescisfibilität) des Geschäfts. des G attrm gsbegriffs U ngiltigkeit.

Diese find also die zwei A rten

S ow ohl die Nichtigkeit als die A n ­

fechtbarkeit kann von Ansang an der Wirksamkeit des Geschäfts

ent­

gegengestehen, oder erst später eintreten; es ist unrichtig, wenn B o r n e ­ m a n n ') Nichtigkeit n u r da annim m t, wo der M a ngel von A nfang an vorhanden ist, und Anfechtbarkeit, wo er erst in der Folge h e rv o rtritt, aber w ahr ist, daß die später eintretenden G ründe der U n giltigkeit bei der Anfechtbarkeit m a nnigfaltig er find und häufiger vorkommen. die U n g iltig ke it durch spätere Thatsachen hervorgerufen w ird ,

W enn ist

ih r

Vorhandensein b is dahin noch ungewiß, schwebend. D ie Thatsachen können entweder durch zufällige E reigniffe oder durch menschliche W illk ü r herbei­ g eführt w erden'). Von

A n fa n g

n ic h tig ist das Rechtsgeschäft, welches n u r den

äußeren Schein eines solchen h a t,

in W irklichkeit aber juristisch nicht

existiren kann und darum auch nicht existirt, -) R.gtsch. S . 141. rumpirt, Anfang

sei es, w eil es ihm an

S . 188. ß ttg l. S a v i g n y S . 542. W a c h te r © .0 5 7 . liW . U n g e r 159. Nachfolgende Nichtigkeit, wenn ein Posthumus das Testament mutuus dissensus bei den Konsensualverträgen. Anfechtbarkeit von an bei Zwang, Betrug.

3) S a v i g n y , S . 5 3 8 fg.

einem wesentlichen Begrisfsm om ent, schaften

des Subjekts

also an den nothwendigen E igen­

und O bjekts,

an

dem Dasein (nicht an einer

bloßen Eigenschaft) des W ille n s , an der a ls unerläßlich vorgeschriebenen F o rm

fehlt,

oder w eil das Gesetz es verbietet,

gradezu fü r nichtig erklärt ').

und seine E rrichtung

H ie r bedarf es also nicht noch des H inzu-

tretens einer besonderen Thatsache, die die Nichtigkeit verursacht, sie ist dem Geschäft immanent. S p ä t e r n ic h tig aber kann ein Geschäft n u r dadurch werden, daß ein Umstand sich ereignet, der entweder durch sich selbst oder vermöge positiver Rechtsvorschrift die W irkung äußert, errichtete Geschäft m it

rückwirkender K ra ft

das ursprünglich g ü tig

zu beseitigen.

N ur

darf

h ie rm it nicht verwechselt werden, wenn später Umstände vorliegen, unter denen früher das Geschäft nicht hätte geschlossen werden können dürfen.

Solche sind einflußlos ‘ ).

oder

D e r vernichtende Umstand muß viel­

mehr das M om ent der direkten Gegenwirkung gegen das Geschäft in sich tragen, so daß es nicht fortbestehen kann'). D a das nichtige Rechts­ geschäft überhaupt kein rechtliches Dasein hat, juristisch als nicht vor­ handen angesehen w ird , so bedarf es auch keines besonderen Rechtsmittels, um es zu beseitigen oder w irkim gslos zu machen. ist hierüber einig.

D ie neuere Theorie

E s ist nichts umzustoßen ober aufzuheben, w eil dafür

fein Gegenstand da ist.

W enn dagegen aus einem nichtigen Geschäft

Rechte in Anspruch genommen werden, so muß einer solchen K lage oder Einrede eine aus dem Nichtigkeitsgrunde entlehnte Einrede oder R eplik entgegengestellt werden können, was jedoch n u r da nothwendig ist, wo der Nichtigkeitsgrund nicht offen erkennbar und deshalb von Amtswegen zu berücksichtigen ist.

D urch positiv rechtliche Bestim m ung ist die N oth­

wendigkeit einer Beseitigung der Wirksamkeit

des aus

der nichtigen

Rechtshandlung scheinbar entstandenen Rechtsverhältnisses durch Klage und richterliches U rth e il fü r die Ehe festgestellt. g ü ltig oder nichtig erklärt werden.

Dasselbe muß fü r un­

Ebenso ist die Nichtigkeit eines U r­

theils n u r durch Klage geltend zu machen.

Aber auch über diese F ä lle

hinaus w ird, wo es das Interesse des K lägers erfordert, eine P rä ju d i­ zialklage zugelassen, die aber nicht a u f Nichtigkeitserklärung des Ge­ schäfts sondern auf Feststellung des Nichtbestehens des durch das Ge­ schäft bezweckten Rechtsverhältnisses

zu richten

ist.

Das

richterliche

4) S a v ig n y S. 550- W in d schtid, Abh. S . 4. 7. s) I. 85 §. 1 de R. J. 1. 140 §. 2 D. de V. 0 . 1. 31 pr. D. X X X IX . 5. U n g rr S . 143. Sachs. G.B. §§. 104. 105. 6) Richtig normirt Unger a. a O. die Regel dahin: Der Umstand muß nicht die Erfordernisse der E rrich tu n g, sondern des D aseins und Fortbestehens des Rechtsgeschäfts und Rechtsverhältnisses treffen. Dgl. Windscheid S . 226 Rote 11.

218

Erste-

Buch.

D ie Grundbegriffe.

Erkenntniß, welches die Nichtigkeit ausspricht, ist von deklarativer N a tu r 7). Schon von älteren Juristen ist ein Unterschied von a b s o lu te r und r e la t iv e r Nichtigkeit aufgestellt worden und er wird auch in neuerer Zeit noch vielfach festgehalten, obschon er andererseits auch sehr entschieden verworfen to irb 8). D ie Theorie gewinnt selten durch Aufstellung mög­ lichst vieler Eintheilungen und Unterscheidungen, zumal wenn sich an solche praktische Folgen nicht knüpfen, und dies trifft auch hier zu. M a n findet den Unterschied darin, daß die absolute Nichtigkeit von jedem bei dem Geschäft Jnteressirten, die relative n ur von einer bestimmten Person geltend gemacht werden kann; dort ist der E in tritt der Wirkungslosig­ keit unm ittelbar, hier durch den W illen oder das Ermeffen der P artei bedingt, mittelbar. Eine relative Nichtigkeit kann es offenbar ihrem Be­ g riff nach nicht geben, jede Nichtigkeit ist unbedingt. Diese Eintheilung ist daher auch nur auf die Frage zu beziehen, ob und wann es noch einer besonderen Thätigkeit bedarf, um die Nichtigkeit nicht etwa herbei­ zuführen, sondern klar zu legen. D a man aber darüber einig ist, daß, wenn bei der s. g. relativen Nichtigkeit die betreffende Person sich auf dieselbe berufen hat, das Geschäft auch in Betreff aller übrigen Interessenten als nicht existirend zu betrachten ist, so ist schwer zu be­ greifen, welches praktische Bedürfniß zu solcher Scheidung geführt hat. Dazu kommt, daß es logisch unmöglich erscheint, ein Rechtsgeschäft zu­ gleich als fü r den Einen vorhanden und fü r Andere nicht vorhanden anzusehen. D ie Quellen unterstützen die Eintheilung nicht und fü r das preußische Recht nöthigt nichts, sie beizubehalten'). D ie Nichtigkeit kann das ganze Geschäft oder n ur einen Theil desselben ergreifen, dann bleibt es übrigens rechtsbeständig, n u r darf dieser Theil nicht so wesentlich fü r 7) E .P .O . §§ 541 f f . 5 6 8 ff. 231. U n g t l S . 149. @ e u f f e t t V I. 319. 320, X V . 144. X V I I . 208. Ehen, die für nichtig erklärt sind, können doch Vermögensrecht!. Wirkung, hervorgebracht haben, und die aus solcher Ehe geborenen Kinder haben den Eltern gegenüber die Rechte ehelicher Kinder: auch kann sich der in nichtiger oder ungiltiger Ehe Berheirathete nicht vor rechtskräftiger Erklärung anderweit verheirathen A .L .R . I I . 1. § .9 6 2 . I I. 2. §§. 5 0 ff Personenst.-G. v. 6. Febr. 1876 §. 35. ®) Für die Unterscheidung: S a v i g n y . Wächter, Unger, Arndts im Rechtslex. B . 8 S . 113. Gegen dieselbe besonders B r a n d i s . Zeitschrift f. E iv ilr. u. Proz. B . 7 S . 121— 205, und nach ihm P u ch t a, S i n t e n i a , B a n ­ ger o w , Döcki ng. W i n d s c h e i d identificirt die Begriffe relative Nichtigkeit und Anfechtbarkeit, die Aufhebung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts sei nur Ausdruck bereits vorhandener Ungiltigkeit und wirke deshalb regelmäßig zurück. Dgl. anch K a r l o w a , Rechtsgeschäft S . 158. S c h l o ß m a n n , Lehre vom Zwang §§. 2. 3. in Schloßmann. Der Vertrag S . 201. d) U n g e r w ill sie für das österr. R . beibehalten. S . 1 5 0 fg. Als relative N u llität wird z. B. das negotium claudicans angesehen, wenn ein Pupill sine tutoris anet. einen zweiseitigen Vertrag eingegangen ist (1. 13 §. 29 D. X I X . 1), doch s. §. 26 Note 8.

die bristen; des Rechts sein, daß mit seinem Wegfall dieses selbst hinfällt. I s t das Hauptgeschäft nichtig, so müssen die auf dasselbe gegründeten Nebengeschäfte (Bürgschaft, Pfand) wegfallen'"). Wenn aber die Nichtig­ keit sich in der Ueberschreitung eines quantitativen M aßes äußert, so bleibt das Geschäft innerhalb der zulässigen Q uantität g iftig "). I m Gegensatz zur Nichtigkeit besteht die A n fe c h tb a rk e it darin, daß ein an sich giftiges, also zu wirklicher Existenz gelangtes Rechts­ geschäft in Folge besonderer Umstände unwirksam gemacht wird. E s setzt dies immer eine positive Thätigkeit dessen voraus, der diese Un­ giltigkeit herbeift'lhren will, sei es eine einfache Erklärung, oder den Gebrauch eines Rechtsmittels (Klage, Einrede) und wenn solche T hätig­ keit nicht geübt w ird , bleibt das Geschäft giftig. W ird in Folge der Anfechtung das Geschäft aufgehoben, so hat die Aufhebung nicht immer und nicht nothwendig ") rückwirkende K raft, dazwischen getretene Rechte dritter Personen können nicht beseitigt w erden"). Aber mit dem auf­ gehobenen Hauptrecht fallen dessen Nebenrechte"), falls diese nicht gegen die Anfechtung des ersteren eigens sichern sollten"), und jeder Theil muß dem andern dasjenige zurückgeben oder vergütigen, was er in Folge des Geschäfts empfangen h a t" ). E s tritt nun die Frage hervor, ob Nichtigkeit und Anfechtbarkeit nicht geheilt, ihre Wirkungen beseitigt werden können. W as die Nichtigkeit angeht, so muß die Frage verneint w erden"), denn da sie in der Nichtexistenz des Rechtsgeschäfts besteht, und von dem Willen der Person unabhängig ist, d. h. ipso jure wirkt, kann sie durch keine Handlung der Partei beseitigt werden, weder durch Verzicht oder Anerkennung, noch durch späteres Wegfallen des Nichtigkeitsgrundes, noch durch Verjährung. Möglich freilich ist es, daß ein nichtiges Ge­ schäft von den Parteien erfüllt wird, dies aber ist ein faktischer Zustand, der eine rechtliche Bedeutung überall nicht hat, ein Geben und Empfangen ohne Rechtsgrund, daher auch die Klagerechte zur Wiedererlangung des ">) I. 129 §. 1. 1. 178 de R. J. ") 1. 20. 29 D. XXII. 1 . 1. 34 pr. I. 35 § 3 in f. C, VIII. 54. Auch die cap. 37 de R. J . in YJto aufgestellte Regel u tile per inutile non vitiatur (s. 1. 1 §. 5 D. XLV. 1). Sachs. G B. §. 103. Wucherliche Geschäfte im S in n e des Reichsgcsetzes vom 24. M ai 18h0 gehören nicht hierher, sie sind als „A usbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit" strafbar und deshalb ganz ungiltig. " Vgl. Art. 3 des Gesetzes. ,:) Zu weit gebt Wä c h t e r 6 . 653. 6 5 6 fg., wenn er die Rückwirkung bei der A n­ fechtbarkeit ausschließt. S . Wi n d s c h e i d S . 224 Note 7. “ ) I. 43 §. 8 D. X X I. 1. 1. 4 pr. D. XX. 6. ,4) I. 7 §. 1. 1. 10 1). XLIV. 1. 1. 32 D. X LV I. 1. 1. 11 C, VIII. 36. ") 1. 13 pr. I). IV. 4. ,6) 1. 6 D. XVIII. 5. I. 10 C, IV. 44. 1. 23 §§. 1. 7. I. 60 D. X X L I. 1. 1T) 1. 20. 201 de R. J.

Gegebenen, Vindikation, Kondiktion zustehen. Wird das frühere nich­ tige Geschäft nochmals errichtet oder nachträglich anerkannt, so wird nicht jenes hinterher oder rückwärts giltig, sondern ein neues Geschäft errichtet"). Von dieser im Begriff der Nichtigkeit liegenden Regel, daß sie eine spätere Erkräftigung des Geschäfts mit rückwirkender Kraft nicht zuläßt, giebt es einige positive Ausnahmen, in denen das ursprünglich nichtige Geschäft so rechtskräftig wird, als wäre es dies von Ansang an gewesen, K onvalescenz. Auch das preußische Recht kennt der­ gleichen Ausnahmen"). Nicht als die Beseitigung oder Heilung einer Nichtigkeit, sondern als ein Ausfluß der Rechtsregel, daß Rechtsgeschäfte möglichst auftecht zu erhalten seien, ist die s. g. K onversion aufzu­ fassen ,0), die darin besteht, daß, wenn ein beabsichtigtes Geschäft nichtig ist, aber die wesentlichen Erforderniffe eines anderen nicht beabsichtigten Geschäfts zeigt, das letztere auftecht erhalten werden kann"). Dies setzt voraus, daß die Parteien es wollen, und ob solcher Wille, wenn eine bestimmte Erklärung nicht vorliegt, anzunehmen, unterliegt der aus den Umständen herzuleitenden Auslegung des einzelnen Falles. Eine solche Absicht der Parteien, das nicht gewollte aber gütige Geschäft statt des gewollten aber nichtigen unter sich bestehen zu lassen, wird in der Regel dann anzunehmen sein, wenn beide Geschäfte demselben Zweck dienen *'). Zu heilen dagegen ist die Anfechtbarkeit, denn da die Anfechtung von der Reaktion der betheiligten Person abhängt, so steht es ihr auch frei, durch nachträgliche Genehmigung") oder Anerkennung, durch Ver'*) 3 B. A L.R. I. 3. §. 44. I. 5. §§. 37. 38. Die Rückziehung kann ausdrücklich verabredet werden; aber auch dies hat nicht den Sinn, daß das früher nichtige Geschäft giltig wird. II. 1 §§ 496. 947. 19) Giri! §. 17. 1.5. §§. 155. 188, dazu Koch, schles Arch. B. 4 S . 522 II. 1. §. 975. Beispiele aus dem röm. R. 1. 42 D. XLI. 3. 1. 4 §. 32 I). XLIV. 4. 1. 3 D. XXIX. 1. 1. 5. pr. D. XVIII. 5 *°) Römer , z. Lehre v. d. Konversion der R.Gesch. im Archiv f. civil. Prar. B. 36 Nr. 4. Unger II. S . 157. 21) Beispiele: tut ungiltiges Testament kann als Kodizill aufrecht erhalten werden. (1. 1 D. XXIX. 7. 1. 29 §. 1 D. XXVIII. 1). Freilich nach röm. Recht nur kraft der ausdrücklichen Erklärung des Erblassers (Kodizillarklausel). Wenn das Landrecht deren Nothwendigkeit beseitigt hat, so wird wenigstens der landrechtliche Jurist den Begriff der Konversion in dem durch den Text bezeichneten weiteren Sinn lassen können. (Dagen De r nbur g I. S 188 Anm. 3). Vgl. A.L.R. I. 11 mit I. 5. §. 35 und 1. 57 §. 2 XVIII. 1. A.L.R. I. 16. §§. 113. 114. ») Z. B. 1.3 I). XXIX. 1. Unger S. 158. Windscheid S- 184 Note 14. Anders in 1. 1 § .2 D. XLV. 1: Si quis ita interroget: dabis? responderit: quidni? is utique in ea causa est, ut obligetur; contra si sine verhis annuisset. Non tantum autem civiliter, sed nec naturaliter obligatur, qui ita annuit. Ueber diese Stelle Unger, die rechtliche Natur der Jnhaberpapiere, S . 92. 93. 3S) Die Genehmigung kann ausdrücklich oder durch konkludente Handlungen erfol­ gen, z. B. I. 24. 26 §. 3 D. XII. 6.

zicht auf die Einwendungen oder dadurch, daß sie innerhalb der V erjäh­ rungszeit nicht anficht, das Geschäft als g ütig bestehen zu lassen. W as insbesondere die A n e rk e n n u n g betrifft, so ficht das A.L.R. in ih r zwar ein Bestärkungsmittcl fü r V e rträ g e "), dies ist fie aber ihrem Wesen nach eigentlich nicht, sondern, wie fich v. D a n ie ls nicht un­ passend ausdrückt, ein Verbefferungsmittel, durch welches ein ungiltiges Geschäft gütig und wirksam gemacht werden soll. Nach dem A .L .R . hat es einen dreifachen Zweck: es soll den formellen Mangel des Ge­ schäfts heben, den Mangel des freien und ernsten W illens heilen, und den M angel persönlicher Unfähigkeit beseitigen"). Wenn das Anerkenntniß die Unverbindlichkeit wegen persönlicher Unfähigkeit heben soll, so muß es als neuer, rechtsgiltiger Vertrag angesehen werden können, der nur dann eine rückwirkende K ra ft äußert, wenn es ausdrücklich verabredet w orden"). H ier stimmt das preußische m it dem gemeinen Recht überein. Zweifelhaft ist es aber, ob ein Gleiches fü r den F a ll, wo der Formmangel beseitigt werden soll, g ilt. D ie früheren Ausgaben führen hierüber aus: „Z w a r auch hier ist gesagt, das spätere schriftliche Anerkenntniß des münd­ lich errichteten Geschäfts wirke nur soweit, als aus ihm die Verabredungen erhellen, d. h. es muß nicht nur alle wesentlichen Bestandtheile, sondern auch alle Nebenbestimmungen des Geschäfts enthalten, gleich einem neuen V e r­ trage " ) • Aber ob es so wirkt, daß dadurch rückwärts das nichtige Geschäft gütig wird, hängt davon ab, ob man §. 1 8 8 .1 .5. n ur auf §. 186. oder auch auf §. 185. bezieht. Sowohl die enge grammatische Verbindung, die in §. 188. durch das W ort „alsdann" m it den nächst vorhergehenden §§. ge-

'") 1 .5 . § § .1 8 5 - 1 9 2 . — G ru c h o t, I. © . 483. H e y d e m a n n I. S . 226. B o r ­ n e m a n n , R.Gesch. S . 301. Koch, P r .R . I I. S . 179. 520. R. d. F. I I . 172. I I I . 1092. v, D a n i e l s I. © . 286. R. Koch bei Bebrend B . 3 S 284. — S a v i g n y I II . S 556. W ä c h te r II. S . 740 I. und I I I . U n g e r I I. S . 167. B ö c k in g . Pand. I. S . 411 o. p. B a h r , die Anerkennung als Berpflichtungsgrund, 1855 2. A. 1867. Ueber dieses Werk s. u. a. H e u s e r, A n ­ nalen n. 629. H e r o ld , Erf. u. Folg, des oblig. Anerk. im Archiv f. prakt. R W . B . 6 S . 413 (auch auf preuß. R. eingehend). B r u n s , über das Konstitutum in der Zeitschr. f. Rechtsgeschichte von R u d o r f s u. A. B . 1 S . 1 1 0 fg. Gegen B a h r 's Anficht, daß der Anerkennungsvertrag ein moderner Formalkontrakt sei, erklärt fich v. S a l p i u s , Novation und Delegation des röm. R . 1864 S . 5 0 0 f. E r sieht in ihm ein materielle- Rechtsgeschäft, eine vertragsmäßige Reproduktion des In h a lts der älteren Schuld. „SDit Parteien consentiren über dasselbe Objekt noch einm al.- Diesen Anerkennungsvertrag identifizirt v. S ., wenn er an die Stelle der alten Obligation treten soll, m it der heutigen Novation. Ueber die Anerkennung vergl. ferner U n g e r in Jhering's Jahrb. B . 8 6 . 179. " ) A.L.R. I. 5. §§ 185. 186. 192 mit §§. 37. 38. 26) Dergl. auch §§. nicht bloß auf wendung findet, führt mit Recht

18. 19. I. 20. A.L.R. Daß fich die Bestimmung des §. 37 I . 5 willensunfahige Personen bezieht, sondern auch bei denen A n ­ welche durch Willenserklärung nur Dortheile erwerben können, aus Entsch. B . 74 S . 164.

" ) S . hierzu S t r i e t h o r s t B . 47 S . 191.

bracht ist, als die Regel des §. 43. I. 3. und der allgemein wahre Satz, daß das nicht Existirende nicht rückwärts daseiend gemacht werden kann, nöthigen, sofern der formell unverbindliche Vertrag als nichtig anzu­ sehen ist, §. 188. nur auf §. 186., nicht auf §. 185. zu beziehen, d. h. das schriftliche Anerkenntniß ist ein neues Rechtsgeschäft, das nichtige mündliche wird nicht giltig, den Parteien aber bleibt überlassen, die aus dem Anerkenntniß hervorgehenden Wirkungen auf eine frühere Zeit, also auch auf den Moment, wo das nichtige Geschäft eingegangen worden, zurückzubeziehen." Dies ist die von Förster festgehaltene Ansicht. Wenn man aber für Verträge, was weiter unten auszuführen versucht werden soll, die Formverletzung zum Theil nur als Anfechtungsgrund anerkennen kann, so muß man insoweit der entgegengesetzten Ansicht beitreten"). Wo das Anerkenntniß nur die Anfechtbarkeit beseitigen soll, im zweiten Fall, wirkt es zurück auf die Zeit des errichteten Geschäfts, unb kann hier auch durch Handlungen stillschweigend abgegeben werden. D as Aner­ kenntniß ist ein selbständiger einseitiger Verpflichtungsakt, bestimmt, ein klagloses Geschäft klagbar zu machen"). Es muß daher selbst frei von Mängeln sein, insbesondere von denjenigen, die es beseitigen soll, es muß Kenntniß des Erklärenden vom vollständigen In h alt des Geschäfts zeigen, und mit der Absicht der Verpflichtung erklärt sein. Hierdurch unterscheidet es sich vom Zugeständniß *°), welches ohne Verpflichtungsab­ sicht nur einräumt, daß eine Thatsache geschehen ist. Erstreckt sich das Anerkenntniß nicht über den ganzen In h alt des älteren Geschäfts, so sind die nicht anerkannten Bestimmungen des letzteren weggefallen"). I n der neueren Theorie des gemeinen Rechts ist die Ansicht ausgestellt w orden"), die Anerkennung sei als ein einseitiger, formell bindender 28) Dgl. unten §. 79 unter 4. D as O.Trib. (Schles. Archiv B . 4 S . 522), B o r n e ­ m a n n , System D. 2 S . 296. Koch (Komment. Note 78 zu §.185. I. 5), He r o l d a. a. O- S . 428, D e r n b u r g I. 160 find der letzteren Anficht, sie be­ ziehen §. 188 auch auf §. 185. Gr u c h o t erklärt die Frage, ob Rückziehung des Anerkenntnisses anzunehmen sei, für eine Thatfrage (Deitr I. S . 489). Hey b e­ m a n n S . 227 Note 391 meint, daß hier die Rückwirkung gleichsam aus der Natur der Sache von selbst zu folgen scheine. Ueber die Frage, ob §. 185 sich nur auf Verträge oder überhaupt auf Rechtsgeschäfte beziehen läßt, vgl. H e y d e m a n n a. a. £>. Note 390 und S t r i e t h o r s t D. 8 S . 2 7 4 sg. 29) Ls ist also Klagegrund, wenn auch, wie sogleich im Text näher besprochen wirb, nicht selbständiger Klagegrund: Entsch. B. 1 S . 367. B . 4 S 217.,222. B . 10 6 . 361 fg. B . 13 S . 188. B . 18 S . 254. ®. 20 S . 9 3 fg. S t r i e t h o r s t D . 13 S . 172. B. 21 S . 27. B .,23 6 . 63. B . 26 S . 315. Gr u ch ot S 488 Nr. 2. S o erscheint insbesondere in der eidlichen Manifestation eines Dcrmögensverzeichnisses die Anerkennung eines Passivums geeignet, die obige Wirkung zu be­ gründen. 30) ES genügt also nicht, wenn nur die Thatsache, daß ein Vertrag mündlich abge­ schlossen worden, eingeräumt wird. Entsch. B . 10 S . 361. “ ) Koch, Beurtheil. S . 70. ” ) I n der oben angeführten Schrift von B ä h r . Gegen ihn Herol d a. a. 0. und B r u n s a. a. £>.

§. 42.

M itw irkung. Stellvertretung und nachträgliche Zustimmung.

223

W ille n sa kt, a ls subjektive causa ein S u rro g a t der objektiven des aner­ kannten R e c h t s g e s c h ä f t s d . h. sie sei selbst Rechtsgrund der V erpflich­ tung, ihre G iltig k e it hänge nicht ab von der ursprünglichen causa, fa lls sie in der Absicht, sich zu verpflichten und zu leisten, erklärt, m it einem Zahlungsversprechen verbunden is t " ) .

In

das preußische Recht kann

diese Auflassung nicht übertragen werden, da die Anerkennung hier nicht als Entstehungsgrund von Rechten g ilt,

sondern ihre Verbindlichkeit

selbst aus der ursprünglichen causa debendi ableitet, aufnehmen m u ß " ) .

dieselbe in

sich

W ird Anerkenntniß zur E rkräftigung eines zwei­

seitigen Geschäfts abgegeben,

so bedarf es,

obgleich es n u r einseitig

bindet, doch der Annahme des anderen T h e ils " ) . D ie E n t s a g u n g v o n E in w e n d u n g e n " ) h e ilt die Anfechtungs­ gründe soweit sie nicht auch die im V ertrage ausgesprochene Entsagung selbst berühren wie z. B . die Einrede der Furcht.

Einwendungen, durch

welche Nichtigkeitsgründe geltend gemacht werden sollen, darf nicht entsagt werden. W irksam ist die Entsagung n u r daun, wenn sie nicht in allgemeinen und bestimmten Ausdrücken e rfolgt, nicht gegen ein Verbotsgesetz verstößt'") und dem Entsagenden selbst, nicht einem D ritte n die Einwendung zusteht").

D ie E rklärung muß ausdrücklich aus die

bestimmte E inw endung gerichtet s e in ") und be w irft dann, daß dieser A nsechtungsgrund nicht mehr vorgeschützt werden darf.

§. 42. v. D a n i e l s

Mitwirkung, Stellvertretung und nachträgliche Zustimmung. I. S . 2 7 5 - 2 8 3 .

Gr u ch ot B . 14 S . 322.

Kock. P r .R . I. 265. D e r n b u r g I. § .1 1 3 .

II. 213.

R. d. F . I I. 555.

U n t e r h o l z n e r , quellenmäßige

Zusammenstellung der Lehre des römischen R. von den Schuldverhältnissen, 1840, B. 1 S . 1 8 6 fg. Obl.R. I I. 21. Verträgen,

W ä c h t e r I I. S . 675. 684. 739.

Savigny,

System I I I . 90.

B u ch k a , die Lehre von der Stellvertretung bei Eingehung von

1852.

P uchta,

Pandekten und Vorlesungen §. 52. 53. 273 — 279.

33) B ä h r S . 75. 34) B a h r §. 43. 44.

H e u s e r , Annalen H I. 752.

35) tzntsch. D . 11 S . 345. S t r i e t h o r s t B . 8 S . 196. Eine Ausnahme für das pr. R. macht §. 49 deS AblösGes. vom 2. M ärz 1850, der jetzt wohl nicht mehr praktisch ist. -6) B a h r S . 167. 37) A.L.R. I. 5. §. 193— 198. Diese Vorschriften beziehen sich nur auf vertrags­ mäßige Entsagung. Inw iefern der Nichtgebrauch von Einwendungen gegen eine an sich giltige Forderung, namentlich im Prozeß, als Entsagung aufzufassen ist (I. 16. §. 382— 386. 404), darüber unten §. 59. 38) A.G-O. I I . 2. §. 32. 52. 39) Gleichviel, ob sie einer Privatperson zustehen, oder in einem öffentlichen Interesse begründet sind, z. B . Anh. § 163 zu §. 108. I. 24. A.G .O . 40) 1.4. §. 4. D. I I . 11.

224

Erste- Buch.

D ie Grundbegriffe.

T b ö l , Handelsrecht, 3. A , I . §. 2 5 Anm . 2 . schrift f. d. ges. R W . B . 1 S . 1. S . 315.

B r in z .

D e r n b u r g in der kritischen Z e it­

v. S c h e u r l in der kritischen Ueberschau B . 1

kritische B la tte r H. 2,

Lehre von der Stellvertretung, 1854.

1852.

Ruhstrat,

über S a v i g n y ' s

I H e r i n g , M itw irk u n g für fremde Rechts­

geschäfte in s. u. G e r b e r s Jahrbüchern B . 1 S . 2 73.

v. S c h e u r l daselbst P . 2

S . 1.

Goldschmidt, Zeitschrift f.

Jhering

daselbst B . 2 6 . 70.

Handelsr. X . 183. S . 20 8 .

Laband

in

R u h s t r a t , über Stellvertretung ohne Vollmacht,

C urtius,

Arch. f

civ. P rax. B . 5 8

S.69f.

Lehre von der stellvertretenden neg. gestio (1 8 7 6 ). t e n i s I. §. 17. S . 145.

das. B . 10

Z im m erm an n,

U n g e r I I . 129. 162.

die

S in -

W i n d s c h e i d I . 189.

D ie Regel ist, daß die aus einer H andlun g (einem Rechtsgeschäft) entstehenden W irkungen, das Recht und die Verpflichtung, sich u n m itte l­ bar auf die handelnden Personen selbst beziehen.

Es kann aber auch

geschehen, daß noch andere Personen bei diesen Handlungen thätig und gleichwohl von diesen W irkungen ausgeschloffen find, oder daß die W ir ­ kung überhaupt nicht den handelnden Personen, sondern einer anderen z u fä llt,

die durch

diese vertreten worden ist.

E s sönnen bei einem

Rechtsgeschäst Personen th ä tig sein entweder n e b e n jenigen, a u f welche sich deffen Folgen beziehen.

oder s ta tt

der­

D a s sind die F ä lle der

M i t w i r k u n g und der S t e l l v e r t r e t u n g . 1. D ie M i t w i r k u n g bei der H andlung eines Anderen ist zu­ nächst ein in allen Lebensverhältniffen vorkommender allgemeiner B e ­ g riff, der a ls solcher fü r das Rechtsgebiet kein Interesse hat.

Um dies

zu erlangen» muß sich die M itw irk u n g selbst als eine juristische H a n d ­ lu n g

darstellen,

d. h.

als

Rechtsgeschäfts bedingt.

eine solche,

die das Zustandekommen des

E s ist keine juristische H andlun g, wenn ein

B ote schriftlich oder mündlich die Bestellungen zwischen den Personen, die das Rechtsgeschäft errichten,

h in

und her trä g t,

wenn ein Tele-

graphenbeamter die Depesche befördert, ein D ie n e r den Gegenstand des Geschäfts herbeiholt oder herrichtet, und es ist daher m üß ig, sich dar­ über zu streiten, ob solche M itw irk u n g eine faktische oder natürliche ge­ na n n t werden s o ll').

D ie mitwirkende Person ist hier n u r G ehilfe in

äußeren D in g e n , sie bethätigt nicht ihren eigenen W ille n fü r das Z u ') J h e r i n g a a. O . I . 2 7 5 unterscheidet zwischen den juristischen und faktischen Elementen einer H andlung und hiernach faktische und juristische M itw ir k u n g ; jene find Dienstleistungen rein phyfischer, faktischer A rt. Solche Dienstleistungen liegen aber außerhalb des RechtSgedirts. Inso fern ist U n g e r ' s Widerspruch ( I I . < 5 .1 3 0 Rote 3 ) begründet. W enn dieser aber der juristischen eine natürliche M itw irk u n g entgegensetzt und diese a u f die rein thatsächliche Hervorbringung eines bloßen Zeichens d»S W ille n s des eigentlich Handelnden beschränkt, so hat er d am it doch auch noch nicht fü r die M itw irk u n g .juristisches" Interesse gewonnen. E s ist, seitdem S a v i g n y den B e g riff des Stellvertreters durch den Gegensatz de» Boten klar machen wollte, so zu sagen S itte geworden, di« Thätigkeit des bloßen Boten­ la u fe n s , des Forttragens und Ueberbringens einer fremden W illensäußerung in juristischen Werken zu erörtern, und diese Thätigkeit hat doch nicht im entfern­ testen ein« juristische Eigenschaft.

§. 42.

Mitwirkung, Stellvertretung und nachträgliche Zustimmung.

standekommen des Geschäfts').

225

Dagegen erhält die M itw irk u n g einen

juristischen Charakter, und w ird zu einem Rechtsbegriff, wenn fie zum g iltig e n Abschluß des Geschäfts in form eller oder m aterieller Beziehung nothwendig ist.

In

ihrem B e g riff lie g t es, daß diejenigen Personen,

die das Geschäft angeht, selbst handeln, der anderen Person aber dabei bedürfen,

dam it das Geschäft zu S tande komme').

E s stehen hier

H a u p t- und Nebenhandlung nebeneinander, von denen die erstere durch die lehtere ergänzt w ird . S o bedürfen in form eller Hinsicht manche Geschäfte der Zuziehung von Zeugen, sei es, daß das Gesetz diese M i t ­ w irkung zur G iltig k e it des Geschäfts erfordert (Sollemnitätszeugen), oder daß

sie zugezogen werden,

(Bew eiszeugen)');

um den Beweis des Geschäfts zu sichern

andere Geschäfte bedürfen in form eller Hinsicht der

M itw irk u n g des G e ric h ts oder N o t a r s , die hier instrum entirend thätig sind').

Z n materieller Hinsicht

aber ist zur G iltig k e it des Geschäfts

zuweilen die bloße Zuziehung eines B e is ta n d s " ) , zuweilen der B e i ­ t r i t t , die Z u s tim m u n g oder G e n e h m ig u n g einer anderen Person oder Behörde nothwendig, so des V a te rs ') oder der M u tte r, des Ehe­ m a n n s "), V orm unds oder P fle g e rs '), des Gegenvormunds und V o r*) D a rum ist auch W illensfähigkeit des G ehilfen nicht erforderlich, er ist nu r I n ­ strument. Daß der Spezifikant bei der Verarbeitung des S to ffs sich eines Gesellen bedient, daß der Eigenthümer seine Sache durch den Bedienten weg­ werfen läßt, bringt den Gesellen oder Bedienten in keine juristische Beziehung zur Spezifikation oder Dereliktion. ') J h e r i n g a. a. O. S . 2 9 1 fg . U n g e r S . 131. W a c h t e r S . 684. 4) D g l. §. 40 Anm . 18. Beispiele aus dem preuß. R. Sollemnitätszeugen find die bei der Aufnahme von Notarratsinstrumenten zuzuziehenden. N ot.O rd. v. 11. J u li 1845. Solche Zeugen müssen bestimmte persönliche Eigenschaften haben D ie Unterschriftsbeistände bei Analphabeten 1. 12 §. 115. 116. I. 16. §. 93 wurden von F ö r s t e r in den früheren Ausgaben als Beweiszeugen bezeichnet, ihre M it ­ w irkung ist aber zur G iltig ke it der E rklärung wesentlich — die Unterschrift des Analpbabeten ist ohne ihre Zuziehung nicht vorhanden. Auch diese „Jnstrum entszeugen" müssen gesetzlich q u a lifizirt, sie müssen nach §. 115 c it. M änner sein und sie'müssen die Eigenschaften gültiger Jnstrumentszeugen besitzen (§ .1 1 7 . I. 12), insbesondere also lesen und schreiben können. ( S t r i e t h o r s t Arch. B . 19 S . 292, G r u c h o t B . 1 S . 205 — dagegen Entsch. D . 22 S . 133, 63 S . 112). S ie müssen auch nach §§. 117 ff. überhaupt und für den Richter in dessen Angelegen­ heiten zeugnißfähig sein. D ie E .P D . kennt zwar keine Unfähigkeit als Zeuge vernommen zu werden, w ohl aber eine Unfähigkeit eidlich als Zeuge vernommen zu werden. C P O §. 358. Diese letzteren Bestimmungen entsprechen dem, was §§. 117 ff. unter Zeugnißunfähigkeit versteht. 5) Z B . §. 566. I. 9. §. 66. I. 12. §. 216. I I. 2. §. 29. I I . 4. Gesetz v. 20. M ärz 1837 über Gütergemeinschafts-Verträge. Gesetz v. 11. J u l i 1845 über die Form einiger Rechtsgeschäfte. Diese Beispiele könnten noch sehr vermehrt werden. D g l. übrigens §. 40. 6) D gl. §. 19 Anm . 27. 7) Personenstandsgesetz v. 6. Febr. 1875 § § .2 9 — 31. (Aelteres Recht I I . §§. 4 5 ff.); bei onerosen Geschäften der Hauskinder des Vaters §. 2. ® . v. 12. J u li 1875, (auch noch nach erlangter Großjährigkeit) I I. 2. §. 125. s) I I . 1. §. 320. *) I. 5. §. 11, jetzt §. 2. G . v. 12. J u l i 1875. Hörster, Preuß. Privatrecht. I. 4. Aust.

Erste» Buch. Die Grundbegriffe.

226

mundschaftsgerichts,0), überhaupt des G e ric h ts " ), der vorgesetzten A u f­ fichtsbehörde"), des L a n d e s h e rrn "). V ie l wichtiger a u f dem Gebiete des P rivatrechts ist 2. die S t e l l v e r t r e t u n g " ) . Z w a r auch fie ist ein allgemeiner B e g riff, der erst eine besondere juristische Eigenschaft erhalten muß, um ein Rechtsbegriff zu werden.

Charakteristisch ist ihm , daß eine Person

f ü r eine andere eine juristische H andlun g v o m im m t in der Abficht, daß ihre W irkung der letzteren zufalle.

E s ist also der W i l l e des Handeln­

den zur Erzeugung der rechtlichen Folgen nothwendig, und dieser W ille muß die Richtung, den I n h a lt haben, daß die H andlun g als die eines Anderen w e rd e ").

gelte,

d. h.

daß

dieser daraus

berechtigt oder verpflichtet

Rom anisten, die davon ausgehen, daß die aus den Quellen

entwickelten Ansichten der R öm er die Rechtsbegriffe an sich feststellen, und es verkennen, daß sie aus ihnen n u r die römischen Anschauungen und Vorstellungen von den B e g riffe n entnehmen sollen, behaupten b is in neueste Z e it, daß, w eil die R öm er eine S tellvertretung durch freie Personen nicht anerkannt haben, eine solche auch überhaupt begrifflich unzulässig s e i").

D em gegenüber ist jetzt die Ansicht der überwiegenden

M eh rh e it der C iv ilis te n " )

die,

daß

im

heutigen Recht die S te llve r­

tretung, der Rechtserwerb und die Rechtsverbindlichkeit durch freie P er­ sonen unbeschränkt und u n m itte lb a r stattfinden.

E s kann aus sich be­

ruhen, ob diese U m w andlung des alten römischen Grundsatzes sich schon im

römischen Recht allm ählich vollzogen hat —

hauptet — oder ob sie in

wie S a v i g n y

be­

die Z e it der modernen Rechtsbildung seit

den Glossatoren fä llt — wie B u c h k a nachweist; in den neueren Gesetz­ gebungen ist sie a u f G ru n d

des u n streitig festgestellten deutschen Ge-

,0) §§. 41. 42 Vormundschaftsordnung. " ) I I . 2. §. 667. §. 721. Anh. §. 147. 1S) I I . 2 §. 83. Städter-Ordnung v. 30. M a i 1853 §. 50, Kreisordnung v. 13. Dez. 1872 §. 176 N r. 3 ». 4 ; Prov.Ordn. v. 22. Ju n i 1875 §. 119 N r. 3. '*) I I . 1. § .8 3 6 , wenn die Ehe zur linken Hand überhaupt noch als zuläsfig zu er­ achten ist. Daß dies geleugnet werden muß, ist erst im Eherecht darzulegen. u ) U n g e r S . 133 faßt die Stellvertretung als juristische M itw irkung auf. S ie ist aber nicht rin M i t - sondern «in A l l e in handeln, u a b a n d , die Stellvertretung bei dem Abschluß von Rechtsgeschäften nach dem A. deutschen H a n d .G .B ., bei Goldschmidt, Zeitschr. f. Handels!. X . 183 f. 1S) D r i n z a. a. O . S . 4 definirt scharf und richtig: Stellvertretung ist Dollführung fremder Geschäfte nicht nur der Wirkung, sondern auch dem W illen nach. S c h e u rl in der krit. Zeitschr. B . 1 S . 3 2 0 : Vornahme einer juristischen Handlung, welche an sich einem Anderen zukommt, m it der Abficht, die derselben eigenthümlichen rechtlichen Wirkungen für den Anderen so hervorzubringen, als ob dieser selbst Urheber der Handlung wäre. ,e) Diese altrömische Anficht verkettn besonder- P u c h ta , T h ö l , S . 313 fg. (6. A.)

D a n g e ro w III.

" ) S a v i g n y , B r i n z , B u ch ka , D e r n b u r g , S c h e u r l, A r n d t s § .7 6 , S i n t e u i » I I . § .1 0 2 Rote 15. 5 4 (2. « . ) , K e l l e r § .6 1 , W in d scheid § . 7 3 , U n g e r.

§. 42. Mitwirkung. Stellvertretung und nachträgliche Zustimmung.

227

wohnheitsrechts") anerkannt. D as A.L.R. sagt unbedingt: „Sachen und Rechte können durch Handlungen eines D ritten erworben werden"). Die Stellvertretung tritt in zwiefacher Weise auf. Entweder wird von dem Vertreter ausdrücklich erklärt, daß er das Geschäft für einen Anderen vornehme, daß dieser, nicht er, daraus berechtigt oder ver­ pflichtet sein soll: — dann wird dem D ritten gegenüber der Vertretene unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, die Klagen aus dem Geschäft stehen ihm und gegen ihn zu "). Oder der Vertreter giebt eine solche Erklärung nicht, hat aber gleichwohl die Absicht, das Geschäft für den Anderen einzugehen: — dann wird der Vertretene dem Dritten gegen* über nicht verpflichtet oder berechtigt, vielmehr ist dies der Vertreter und nur durch eine zweite Rechtshandlung kann die vom Vertreter er­ worbene Berechtigung wohl auf den Vertretenen übertragen werden, die Verpflichtung aber gegen den Dritten bleibt bei dem Vertreterll). Hier erscheint der Vertreter als Zwischenperson (interposita persona), die Stellvertretung bleibt still, ist dem Dritten nicht kund gegeben, für ihn eine nicht vorhandene Thatsache"). Es leuchtet ein, daß eigentlich Stellvertretung nur im ersten Fall vorliegt, weil im zweiten nicht das Rechtsgeschäft selbst, wie es äußerlich erkennbar hervortritt, vom Ver­ treter an Stelle eines Anderen sondern für sich abgeschlossen wird; erst durch ein neues, besonderes Geschäft werden die Wirkungen des ersteren auf den Vertretenen übertragen. Stellvertretung ist keineswegs bei allen Rechtsgeschäften möglich: wo nach dem Wesen des Rechts die Person selbst handeln muß, der die Folgen dieser Handlung zugehören, ist sie ausgeschlossen. So im Familienrecht"), zum Theil im Erb­ recht "). Ih re eigentliche Anwendung hat sie auf dem Gebiet des Verlö) Dies ist hinlänglich bezeugt durch B u ch k a 's dogmengeschichtliche Ausführung, des. § .1 7 . Siehe dazu die Rezensionen von D e r n b u r g und v. S c h e u r l a. a. O. in) I. 13. §. 1. Oestr. Ges.B. §. 1017. 1018. Code a. 1998. §. 1. 2. Z a c h a r iä ll. S . 635. Sachs. G.B. §. 788. Dairischer Entwurf v. 1861 Hauptstück I. §. 31 bis 33 nehmen alle direkte Stellvertretung an. *>) I. 13. §. 85. 153. Es muß ausdrücklich der Vertreter mit dem Dritten alieno nomine verhandelt haben. 21) Suo nomine, dann gilt die Handlung dem Dritten gegenüber als die eigene des Vertreters. Buchka S - 207 fg. 230sg. A.L.R. I. 13. §. 1. 90. 154. 2‘0 Die von S i g e l bei I H e r in g I. S . 350 vorgeschlagene Bezeichnung »stiller Stellvertreter" im Gegensatz zum offenen ist keineswegs ganz unpassend, wie Un g e r S . 135 N ote23 meint, f A r n d t s , Pand. § . 7 6 Anm. 1. I h e r i n g nennt ihn Ersatzmann, S c h e u r l im Anschluß an den quellenmäßigen Ausdruck interposita persona, Zwischenperson. 23) Eheschließung. Personenstandsgeseh vom 6. Febr. 1875 §. 62 (II. 1. §. 167). Trauung durch Prokuration war schon im preuß. 9 t Privatpersonen ganz ver­ sagt : in den landesherrlichen Familien entscheidet über Zulässigkeit der Stellver­ tretung die Qbservanz.Personenst.Ges. §. 72. u ) Testamentserrichtung I. 12. §. 9fg. Es handelt sich um Stellvertretung bei

228

Erste» Buch.

Die Grundbegriffe.

mögensverkehrs, und hier ist ihr Zweck, entweder die fehlende Hand­ lungsfähigkeit zu ergänzen " ) oder allerlei mögliche thatsächliche Hinderniffe in der Person dessen, der das Geschäft für sich errichten will, zu beseitigen. Es darf in den Begriff der Stellvertretung nicht das Moment aufgenommen werden, daß der Vertreter zur Vornahme der Handlung befugt (legitimirt) sein muß, denn dies ist nur die nicht ausnahmslose Regel. Wo eine besondere Befugniß vorliegt, bildet diese den Rechts­ grund der Vertretung und für die daraus dem Vertreter gegen den Vertretenen erwachsenden Ansprüche. Solche Rechtsgründe find ent­ weder ein G e w a lt v e r h ä l t n iß zwischen dem Vertreter und Ver­ tretenen"), die staatliche Fürsorge für die schutzbedürftige Person") oder ein vom Willen des Vertretenen oder eines Dritten ausgehender Auftrag (V ollm acht)"). Hierher gehört auch die Vertretung einer Korporation durch ihre Beamten"). Ausnahmsweise und unter be­ stimmten Voraussetzungen wirkt die Stellvertretung ohne eine solche besondere Begründung, und zwar theils insofern, als die nach Außen hin bestehende Legitimation des Vertreters weiter geht als die im VerRechtsgeschäften, auf Delikte läßt sich der B e g riff nicht übertragen. Hier treten daher die Begriffe physischer und intellektueller Urheber eiy. In w ie fe rn ein A u f­ traggeber für die gelegentlich der A usführung des A uftrag s von dem Beauftragten verübten Delikte zu haften hat, darüber vgl. §. 90. 25) Hier ist die Stellvertretung eine nothwendige, wenn der Vertretene selbst nur durch das vertretende O rgan seinen W ille n bilden und handeln kann; wie das K in d unter 7 Jahren, der Wahnsinnige, die S tiftu n g , auch die K orporation, in ­ sofern der W ille derselben durch Mehrheitsbeschlüsse einer Generalversammlung oder durch sonstige verfassungsmäßige Organe bestimmt w ird . Eine nothwendige Vertretung ist auch vorbanden, sofern eine einzelne Handlung n u r durch S te ll­ vertreter vorgenommen werden kann. I n diesem S in n e muß im Prozesse jeder, der sich bezüglich des streitigen P unkts nicht so durch Verträge verpflichten kann, daß es nu r auf seine E rklä run g ankommt, also auch derjenige, der sich unter B e i­ t r it t eines Anderen verpflichten kann, einen „geschlichen Vertreter" haben. E .P .O . §§. 50, 51. F i t t i n g im c iv il. Arch. B . 61 6 . 403. Hier weicht das preuß. Recht, dem der römische B e g riff der potestas unbekannt ist, wesentlich vom gemeinen Recht ab. I n diesem ist Grundsatz, daß Hausväter un m itte lb ar durch die Handlungen der Hauskinder berechtigt und verpflichtet wer­ den. Es ist dies eigentlich keine Stellvertretung, denn die Folge t r it t auch ein, wenn das K in d fü r sich, nicht RamenS des Vaters handelt. Nach preuß. R . er­ werben die K in d e r fü r sich und vertreten den Vater nur, wenn sie ihm in W irth ­ schaft und Gewerbe helfen. S o ll der Vater durch das K in d ohne besonderen A u f­ trag oder Genehmigung verbindlich gemacht werden, so kann dies nu r auf G ru n d nützlicher Verwendung eintreten. A .L.R . I I. 2. §. 121. 123. 124. 126. 129. 130. E h e f r a u e n vertreten den M a n n in der H aushaltung, bei nützlicher Verwendung, Krankheit und Abwesenheit. I I . 1. §. 202. 326. 328. 2r) Vormundschaft, Pflegschaft.

28) I. 13. § .4 . 5 fg . E in Beispiel des von einem D ritte n herrührenden A u ftra g s giebt die Ernennung eines Testamentsvollstreckers; derselbe w ird vom Erblasser ernannt und ist Vertreter des Erben. Dergl. unten B . 4. §. 255. *0 Repräsentanten. H . 6. §. 114. 147. 154— 158.

§. 42. Mitwirkung, Stellvertretung und nachträgliche Zustimmung. h ältn iß

zu

dem Vertretenen

bestehende B efugniß

229

zur V e rtre tu n g " ),

theils durch die bloße Thatsache, daß ein fremdes Geschäft besorgt w or­ den is t" ) .

Ueber alle diese F alle kann näher erst im besonderen T h e il

des Systems gehandelt werden.

D er

letzte F a ll führt aber noch zur

Betrachtung eines allgemeinen Rechtsbegriffs, nämlich 3.

der n a c h tr ä g lic h e n Z u s t im m u n g

( r a tih a b itio ) 31).

S ie ist

die einseitige Erkläru n g , daß man ein Rechtsgeschäft, welches Andere errichtet haben, und bei welchem man selbst betheiligt ist, genehmige. Im

weiteren, aber uneigentlichen S in n kann man auch die nachträgliche

Genehmigung des eignen Geschäfts, um die Verpflichtung zu verstärken oder unanfechtbar zu machen, so nennen, §. 41

erörterten Anerkenntniß zusammen.

dann fä llt sie aber m it dem Ih r e

häufigste Anwendung

hat hiernach die R atih abitio n , wenn entweder dritte Personen ein Rechts­ geschäft abgeschloffen haben, aus welchen fü r den Erklärenden berech­ tigende oder verpflichtende Wirkungen hervorgehen sollen'; und hier ist die nachträgliche Zustimmung entweder ein B e itritt zu diesem Geschäft, welches gleichwohl das Geschäft der Anderen bleibt, oder eine Geneh­ migung, wenn die dritte Person stellvertretend ohne A u ftrag gehandelt hat.

In

beiden F ällen wirkt die Erklärung rü c kw ä rts"), sie muß alle

Erfordernisse einer giltigen W illenserklärung haben, auf genauer, voll­ ständiger K enntniß des zu genehmigenden Geschäfts beruhen, welches durch die R atih abitio n birenden w ird.

m it allen seinen W irkungen das eigene des R a tih a -

D ie Erklärung kann auch durch schlüssige H a n d lu n g e n " ),

also stillschweigend erfolgen. kann nicht ra tih a b irt werden.

E in von A nfang nichtiges Rechtsgeschäft W a r von denen, die ein ratihabirendes

Geschäft errrichteten, fü r die nachträgliche Zustim m ung eine F ris t gesetzt, so muß diese inne gehalten werden. 30) Hierhin gehört das Fortwirken der aufgehobenen Vollmacht, die stillschweigende Vollmacht, die Prozeßvollmacht nach E.P.O. §§. 77. 70 — die Rechtsstellung des Vorstands der Genossenschaft nach §. 31 des Genossenschaftsgesetzcs vom 4 J u li 1868, aus dem Handelsrecht die Stellung des Handlungsbevollmächtigten, des Prokuristen, des Gesellschafters, des Vorstands der Aktiengesellschaft, des Schiffers. 31) I. 13. §. 228 fo. 32) S e u f f e r t , die Lehre v. d. Ratihab., 1869. 33) I. 7. D. IV. 28: omnis ratihabitio retrotrahitur et confirmat ea, quae ab initio subsecuta sunt. 1. 25. C. V. 16: ratihabitiones negotiorum gestorum ad illa reduci tempora oportet, in quibus contracta sunt. Der Grundsatz g ilt auch für das preuß. Recht, z. B. I. 5. §. l i f o . §. 4 0 fo. §. 4 6 sg. §. 75. I. 11. §. 233. 1. 13. §. 51. 142. 234. 239. I. 14. §. 115. I. 20. §. 72. II. 18. §• 550 fo. 34) 1. 5. D. X L V L 8: non tantiun verbis ratum haben posse, sed etiam actu. A.L.R. I. 13. §.51. 241. 242. Plen.-Beschl. d. Ob.-Trib. in Entsch. B. 19 S . 29 ff.

§. 43. Auslegung der Rechtsgeschäfte. I. 4. §. 65 — 74. I. 5. §.252 — 269. Heydemann I. S. 174. Bornemann, R.Gesch. S . 144. Koch, Pr.R. I. 262. v. Dani el s I. 285. Dern bürg I. §.117. 118. Wächter II. 774. Unger II. 104 Note 5. Böcking I. 414.

D a s römische Recht sagt sehr bezeichnend: in ambiguo scrmonc non utromqne dicimus, sed id dumtaxat, quod volumus. Itaquc qui aliud dicit, quam vult, neque id dicit, quod vox significat, quia non vult, neque id quod vult, quia id non loquitur'). Die Auslegung muß sich also darauf richten, daß die Erklärung dem Willen des Erklärenden gemäß sei, sie muß den Willen erforschen und zwar bei einseitigen Ge­ schäften allein den des Erklärenden, bei zweiseitigen den ü b e re in stim ­ m en d en beider Theile. W as im letzteren Fall der eine Theil sich noch besonders gedacht oder besonders beabsichtigt hat, und nicht In h a lt des Geschäfts geworden ist, ist auch nicht Gegenstand der Auslegung. Is t zwischen Erklärung und Wille ein Widerspruch, so ist jene wie dieser be­ deutungslos (z. B . bei Irrthum , Schein, Scherz). Bei Handlungen kommt es wesentlich auf ihre Schlüssigkeit an, es muß von ihnen der Rückschluß auf den Willen gemacht werden können. Bei mündlichen oder schriftlichen Erklärungen müffen die Worte und Zeichen gedeutet werden. Diese sind nach ihrer gewöhnlichen Bedeutung zur Zeit als und an dem O rte'), wo die Erklärung abgegeben wurde, und mit Rücksicht auf den Sprach­ gebrauch des Erklärenden, falls dieser ein abweichender ist, zu nehmen'). Giebt Jem and im Namen eines Anderen eine Erklärung ab, so kommt eS auf den Sprachgebrauch des Ersteren und nur dann auf den des Letz­ teren an, wenn dieser bestimmte Worte vorgeschrieben hat. Kunstausdrücke und besondere Redensarten find nach ihrem Gebrauch zu interpretiren. Bleibt trotzdem der S in n der Worte zweifelhaft, so muß man die Ab­ sicht des Erklärenden zu erforschen suchen'), welche bei anderen Gelegen­ heiten vielleicht deutlicher geäußert ist, wenn nicht etwa erhellt, daß er eine frühere Erklärung durch eine spätere ändern wollte. Kommt man auch auf diesem Wege zu keinem Ergebniß, so muß man dahin inter­ pretiren, daß die Willenserklärung nicht wirkungslos sei **). Endlich, ist •) 1.3. d . xxxiv. 5. *) Wächter, Arch. f. civil. Prax. v. 19 S. 114fg. I. 34 de R. J. id sequamur, quod in regione frequentatnr. Striethorst B. 29 S. 265. *) Gewöhnliche Bedeutung: St ri ethorst B I S . 165. $. 28 (5. 71. Entsch. B. 32 S . 438. L 50. D. de leg. I. 1. 15. C. VI. 42. *) Z. V. Entsch. B. 50 S . 20. *) L 12. 21. D. XXXIV. 5. 1. 81. §. 3. D. de leg. II. 1. 34. §. 1. de leg. II. 1. 65. §. 1. 1. 80. de V. 0. 1.10. pr. D. V. 2. 1. 4. pr. D. XXVIII. 7. 1. 219. de V. 8. Striethorst B. 23 6. 159. B. 31 S . 301.

fie zwar nach den Worten klar, aber nach ihrem In h alt unbestimmt, so ist auf die von den Gesehen aufgestellten Bestimmungen zu achten, z. B . daß man im Zweifel für das Geringere, weniger Lästige'), oder gegen den interpretirt, dessen Sache es gewesen wäre sich deutlicher und bestimmter zu äußern. Nur bei einseitigen, freigebigen Erklärungen soll zum Vortheil des Urhebers ausgelegt werden'). Ganz unverständ­ liche Aeußerungen find bedeutungslos').

§. 44.

Widerrechtliche Handlungen.

A.LR- I. 6. B orn tm an n , Syst. I. 121. Koch, Pr.R. I. 270. — Wächter II. 776. Ungtr II. 228. Böcking I. 353. Windscheid I. 292.

Die Handlungen, aus denen Rechtswirkungen hervorgehen, wurden §. 25. eingetheilt in rechtliche und widerrechtliche oder erlaubte und un­ erlaubte. Die ersteren, die Rechtsgeschäfte, find bisher erörtert, es be­ darf jetzt noch einiger allgemeiner Bemerkungen über die letzteren. Als widerrechtlich wird auf dem Gebiet des Privatrechts jede Hand­ lung angesehen, welche ohne Rechtsgrund verletzend oder störend in die Rechtssphäre einer anderen Person eingreift. Diese Störung oder Ver­ letzung trifft entweder ein zwischen dem Handelnden und dem Andern schon bestehendes Rechtsverhältniß, welches nicht bloß obligatorischer Natur sein, sondern auch aus anderen Gründen entstanden sein kann, oder nicht. I n beiden Fällen erwachsen dem widerrechtlich Handelnden Pflichten, die in betn ersteren das verletzte Rechtsverhältniß modifiziren, indem fie ent­ weder die noch möglich gebliebene Ersüllungspflicht erweitern sz. B . Ver­ zugszinsen) oder, wenn diese unmöglich oder interesselos geworden, fie in eine Pflicht auf Ersatz des Interesse, auf Schadloshaltung, umwandeln, im letzteren Fall eine neue Obligation aus Schadenersatz erzeugen. Die Voraussetzungen der unerlaubten Handlungen find folgende: a. die Hand­ lung muß wirklich ein Recht verletzen, weder eine bloß versuchte Verlchung noch die Nichterfüllung einer nur sittlichen Pflicht gehören hier­ her; b. die Handlung muß dem Handelnden zuzurechnen, aus seinem freien Willen hervorgegangen (§. 27.); c. sie muß widerrechtlich, d. h. ohne Rechtsbefugniß zu ihrer Vornahme, geschehen sein und d. sie muß in ursächlichem Zusammenhang mit der Beeinttächttgung stehen. Unter* lafsungen können privatrechtlich nur als unerlaubte Handlungen betrachtet *) 1. 9. L 34. de R. J. 1. 99. pr. de V. 0. 1 .134. §. 1. de eod. R.O.H G. Nr. 2: „jum Nachtheil desjenigen, der größere Bortheile aus dem Geschäft ableitet". 0 1. 85. 1.12. de R. J. c. 26. X. H. 27. 8) 1. 73. §. 3. de R. J. 1.10. pr. 1. 27. D. XXXIV. 5. 1. 2. v. XXXIV. 8.

232

Erstes Buch

2>ie Grundbegriffe.

werden, wenn durch sie ein zwischen den Parteien bestehendes Rechts­ verhältniß beeinträchtigt wird, oder eine gesetzliche Pflicht zum Handeln bestand *). 2. Abtheilung.

Thatsachen. Zeitablauf. §. 45. Berechnung der Zeit. A.L.R. I. 3. § .4 5 — 49. H e y d e ma n n I. 156. Gr uchot I. 139. Koch. P r.R . I. 398— 404. D e r n b u r g I. §.69. 70. — Wächter II. 803. S a v i g n y IV. @. 297 fg. §. 177 — 480. Böcking I. 433 — 448. Unger II. 247. 286. 291. S i n t e n i s I. §.26. Wi ndschei d I. 297. Hol der Die Theorie der Zeitbe­ rechnung nach Rom. Recht. 1873. Rot h, D. Pr.R. I. §. 86.

Außer den Handlungen haben auch mannichsache Thatsachen einen erzeugenden, erhaltenden oder vernichtenden Einfluß auf die Berechti­ gungen, und unter diesen hebt sich besonders die Z e it hervor, die noch einer näheren Erörterung bedarf (§. 24.). Nicht sowohl, weil alles menschliche Thun und alle Begebenheiten an die Zeit gebunden sind, sondern weil auch die Zeit selbst an sich, unabhängig von den in ihr eintretenden Begebenheiten, auf das Recht wirkt, kommt sie hier zur Sprache. D a s A.L.R. knüpft die wenigen Bestimmungen, die es über die Zeit und ihre Berechnung giebt, an die Vorschriften über Handlungen, und dies nicht ohne Grund, sofern grade diese besonders das zeitliche Moment in sich tragen. Aber dies ist nicht die einzige Rücksicht, welche zu beachten bleibt. Wie der Wille des Rechts­ subjekts Rechtsverhältniffe an bestimmte Termine binden kann, so daß sie entweder bis dahin, oder von da ab wirken, ist §. 37 gezeigt. Außer­ dem find manche Rechte an eine gewisse F rist geknüpft, so daß ihre Ausübung nur bis zum Eintritt derselben gestattet ist, und nach unbenutzt verstrichener F r ist sie nicht mehr ausgeübt werden dürfen. Hier kommt die Zeit nur als ein einzelner Z eitp u n k t in Betracht, nicht nach ihrem Verlauf bis dahin; vorzüglich aber äußert die Zeit auch als Z eitd a u er a ls fortlaufend, rechtliche Wirkungen, z. B . bei fortgesetztem Besitz, an­ dauerndem Nichtgebrauch einer Besugniß. Man saßt diese Einwirkungen unter der Bezeichnung V erjäh ru n g zusammen: ob mit Recht, wird unten besprochen werden. *) S ta tt der letzteren Altemative enthielten die früheren Ausgaben den Satz: „wenn die Unterlassung unter mehreren Arten des Gebrauchs des eignen Rechts die dem Andern nachtheiligste ist". Dieser Satz entspricht nicht dem, was För st er selbst in S§. 27 und 89 sub b ausgeführt bat; auch kann man wohl eine bloße Unter­ lassung nicht als schädliche Art des Gebrauchs eines Rechts bezeichnen.

§. 45.

Berechnung der Zeit.

233

F ür alle diese Verwendungen der Zeit aus dem Rechtsgebiet ist es von Wichtigkeit zu wiffen, wie sie berechnet wird. Die Zeit wird in ein­ zelne Theile zerlegt, welche Zeiträume bilden, Tage, Wochen, Monate, Jahre. Diese können in doppelter Art berechnet werden: entweder ka­ lendermäßig, so daß der^Anfang- und Endpunkt mit dem als Einheit angesehenen Kalendertage, der von Mitternacht zu Mitternacht gerechnet wird, übereinstimmt (civile Berechnung), oder indem der Anfang auf einen willkürlichen Zeitpunkt gesetzt wird, sich durch eine Willenserklä­ rung oder Thatsache bestimmt, und dann hiernach auch der Endpunkt sich richtet (a momento ad momentum). Die Zeitdauer ist in beiden Fällen die gleiche, d. h. ein Tag hat 24 Stunden, die Woche 7 Tage. Bei den Monaten wird ihre verschiedene Länge regelmäßig nicht beachtet: nur bei einer auf Monate eingeschränkten Verjährung soll ein solcher immer zu 30 Tagen genommen werden'). Auch die verschiedene Länge des Gemein- und Schaltjahrs findet im Recht keine besondere Beachtung. Den Schalttag ( dies intcrcalaris, bissextum ante Cal. Mart.), der zwischen den 23. und 24. Febr. je im 4. Jah r eingeschoben w ird, be­ trachteten die Römer mit dem vorangehenden 23. als einen T ag'), so daß ein am 29. Febr. begonnener Zeitlauf am 28. Febr. des Gemein­ jahrs, und ein am 28. des Gemeinjahrs begonnener am 29. des Schalt­ jahrs endigt. Und dies ist auch insofern die heutige Rechtsauffaffung, als regelmäßig er nicht besonders gerechnet w ird'), wenngleich er im täglichen Leben als besonderer Tag gilt. Nur bei Fristen von Tagen und Wochen wird er als ein besonderer Tag mitgezählt. Die im römi­ schen Recht vorkommende unterbrochene Berechnung des Zeitlaufs, bei welcher nur das s. g. tempus utile berücksichtigt wird, ist im heutigen ') A .LR . I. 9. §. 550. A us dieser für einen bestimmten Fall ausgestellten Regel kann man nicht schließen, daß der M onat immer auf 30 Tage zu berechnen sei, wie dies von gemeinrechtlichen Schriftstellern vielfach behauptet wird. S a v l g n y S - 337 und viele Andere vertreten diese Ansicht, die besonders von B a c h o f e n in der Zeitschr. f. C ivilr. u. Proz. B . 18 S . 350, Wä c h t e r II. 6 . 8 24 Not. 6. U n g e r S . 5 8 8 Note 11 bekämpft wird, der sich jedoch S 290 Note 15 durch K och. P r. R. I. S - 4 00 Nr. 3 hat verleiten lassen, §. 550 I 9 A.L R. zu ver­ allgemeinern. E» bindert nichts, nach prcuß. R. M onatsfristen, wie es für das praktische Bedürfniß offenbar das Zweckmäßigste ist. nach dem D atum des Tages zu rechnen, so daß § .5 5 0 nur Ausnahme ist. Jedenfalls wird man bei den M onatsfristen, welche im Berkebr durch den Parteiwillen gesetzt werden, davon ausgeben können, daß a ls Absicht der Parteien so zu interpretiren ist; wie denn auch abgesehen von dem Handelsrecht und der Wechselordnung das Berggesetz vom 24. J u n i 1865 (G .S - S . 705) §. 242 Gleiches anordnet. Dem entspricht auch die Berechnung der M onatsfristen nach der C .P .O . §. 200. *) 1. 98 I). de V. 8. 1. 3 § . 3 D. IV. 4. Rach einer andern Anficht ist der 25. Dezbr. der Schalttag. M o m m s e n bei Becker und Muther in. 14. *) A.L R. I. 9. §§. 548. 549. W enn auch hieraus nicht gerade geschlossen werden darf, daß das A L . R . den 23. und 24. Febr. wie die Römer als e i n e n Tag ansieht, so führt seine Nichtbeachtung bei der Berechnung doch auf dasselbe Re­ sultat, bei der Verjährung wenigstens, U n g e r S - 304 Note 36.

234

Erste- Buch.

Die Grundbegriffe.

Recht unpraktisch; hat der Zeitlaus einmal begonnen, so geht er ununter­ brochen bis an seinen gesetzten E ndpunkts. Was aber die oben erwähnte Rechnung von Moment zu Moment betrifft, so t r it t hier die Schwierig­ keit hervor, daß der Moment des Anfangs auf Stunde oder M in u te selten m it Sicherheit zu ermitteln ist. Deßhalb ist auf dem Rechts­ gebiet Regel, daß der von M itternacht bis Mittemacht dauemde Tag als kleinster, nicht mehr weiter theilbarer Zeittheil angesehen werden sott4*6 ). B eträgt jedoch der Z e itla uf weniger als einen Tag, so muß allerdings die Stundenzahl entscheiden'). D er Anfang oder das Ende eines Zeitraum s fä llt also regelmäßig auf einen Tag als Einheit ge­ dacht, d. h. sein 24stündiger V e rla u f ist n ur e in Zeittheil, so daß alles, was an demselben Tage, wenn auch in verschiedenen Stunden geschehen ist, als gleichzeitig eingetreten angesehen w ird. Ob als Anfangstag derjenige anzusehn und bei Berechnung der F rist mitzurechnen ist, in beffen D auer die bestimmende Thatsache hineinfällt, wie nach Römischem Recht anzunehmen, ist im Landrecht nicht ausdrücklich allgemein entschie­ den. Einzelne Bestimmungen, in welchen das Gegentheil angenommen ist, können als Ausnahmebestimmungen ebensowohl gedeutet werden wie als Anwendungsfälle einer nicht ausgesprochene» Regel. I n den frü ­ heren Ausgaben ist entgegen der Anficht des O berttibunals daran fest­ gehalten, daß als Regel von dem Standpunkt des Römischen Rechts auszugehen ist. D er Herausgeber glaubt diese Anficht nicht festhalten zu sönnenT). B ei dem Endtag fra gt es fich, ob deffen erster oder letzter 4) B ei civilprocessualischer Fristen g ilt der Satz, daß, wenn das Ende der F rist au f einen S on n ta g oder allgemeinen Feiertag fä llt, die Frist m it A b la u f des nächsten Werktages endigt. E .P .O . §. 200 Abs. 3. — D a s Landrecht enthält eine ähn­ liche Bestimmung als „ in der Reael" eintretende Jnterpretationsvorschrist, wenn eine P flich t an einem Tag zu erfüllen ist, welcher als allgemeiner Feiertag g ilt, oder an dem der Verpflichtete nach seiuen Religionsgrundsätzen nicht handeln d a rf; das findet bei Pflichten, die in einer Frist zu erfüllen find, keine A nw en­ dung I 3. §. 48 D er Lauf civilprozessualischer Fristen — m it Ausnahme der Nothfristen und der Fristen in Feriensachen — w ird ferner nach E .P .O . §. 201 durch die Ferien gehemmt. D gl. darüber E c c iu s bei G ru c h o t B . 23 S . 738. — D g l. auch D .W .O . A rt. 92. H G B . A rt. 329. 330. *) G e l l i u s , noct. A tt. I I I . 2. 3. §. 46.

1. 8 D. I I . 12.

1. 134 D. de V . 8.

A .L .R . I.

6) Eine gesetzliche kürzere Frist enthalt I I . 11 §. 902. B e i einer F rist von 24 S tu n d e n w ird es, wenn fie vertragsm äßig festgesetzt w ird, au f die In te rp re ta tio n der W illensm einung ankommen. E s giebt aber anch gesetzliche Fristen von 24 S tu n d e n : I. 5. § .9 5 , I. 11. § .1 9 9 , 1.2 1 § .3 4 5 (a n tiq u irt I I. 8. §. 1273). M a n muß die gesetzliche F rist gleichmäßig auslegen. D ies verneint das Ober­ trib u n a l (Entsch. B. 17 S . 152 gegen Entsch. B . ? S . 44). Der Unterschei­ dungsgrund ist ein willkürlicher. F ö r s t e r in den früheren Ausgaben fü r B e ­ rechnung nach dem M om ent, — aber wenn man bei der tztägigen F rist deLandrechtS annim m t, daß hier der Gesetzgeber der vulgären Sprachweise gefolgt ist, so muß man auch die 24 S tun den des Landrechts allgemein als einen Tag interpretiren. *) B e i S t r i e t h o r s t B - 82 S . 26 ist angenommen, daß der Tag, auf welchen der

M o m e n t entscheidend sein soll.

Im

ersten M o m en t ist die F ris t erst

erreicht, int letzten dagegen vollendet: er müßte also eigentlich ebenfalls eingerechnet werden.

In

Uebereinstimmung

aber m it

dem römischen

Recht") hat auch das preußische den Grundsatz: soll ein Recht an einem bestimmten Tage erworben werden, so entscheidet der Anfangspunkt deffelben, soll eine Verpflichtung erfüllt werden, so entscheidet sein E ndpunkt'). D ie Anwendung dieses Grundsatzes auf solche F ä lle , wo größere Z e it­ abschnitte, M o n a te , Jahre festgesetzt find, ergiebt sich dann von selbst. W e r nach 10 Jahren ein Recht erwerben soll, hat es erworben m it dem ersten M om ent des ersten Tages des 11. J ah re s.

W e r im 10. Jah re

ein Recht erwerben soll, hat es erworben m it B eg in n des ersten Tages des 10. Jahres.

W e r im 10. J a h r eine Verpflichtung zu erfüllen hat,

hat Z e it bis A b lau f des letzten Tages

dieses Jahres.

W e r nach 10

Jah ren eine Verpflichtung erfüllen soll, hat noch den ganzen ersten T a g des 11. Jahres für sich g u t" ) .

F erner hat das positive Recht noch fü r

unbestimmte Bezeichnungen von Z eiträu m en ,

die im

täglichen Leben

vorkommen, Erklärungen aufstellen müssen. D e r im Lehnrecht erscheinende Ausdruck „ J a h r und T a g " soll gleich einem J a h r und 3 0 Tage g e lte n "), was einer Vorschrift im longobardischen Lehnrecht entnommen is t" ) , wäh­ rend jener Ausdruck nach älterem deutschen Recht ein J a h r sechs Wochen 3 Tage bedeutet"), wovon eine Anwendung im älteren Bergrecht, jedoch m it Weglassung der drei Tage v o rk a m ").

D a s A .L .R . erwähnt an

einigen S tellen einer F rist von acht T a g e n " ) , ohne anzugeben, ob es dam it,

8) 9)

,0) ") 12) 13)

entsprechend dem Gebrauch dieses Ausdrucks im gewöhnlichen

Anfangspunkt fällt, in die Frist nicht mit einzurechnen sei. Ebenso R O H G . B . 120. 129. Gleicher Ansicht ist D e r n b u r g I. S. 136. Dgl. I. 18 §§. 125. 410; offenbar wird hierdurch die Auslegung von I I 2. §. 19 bedingt. — A. M . Unger S . 295. Dgl. auch U l r i c h s Archiv B . 11 S. 523. — Für den Prozeß gilt die Berechnung von dem nächstfolgenden Tage schon nach gern. Recht, in Preußen jedenfalls nach §. 9 G. v. 5 M ai 1838: jetzt bestimmen das Gleiche allgemein §§. 199. 200 E .P .O .; denn auch die Berechnung des §. 200 kommt auf das Prinzip des §. 199 hinaus. §. 2. J. III. 15. I. 118 §. 1. 1. 138 pr. D. X L V . 1. §. 46 I. 3. Doch wird auch hier die Billigkeit für den, der die Erfüllung zu fordern hat, dahin führen, daß am letzten Tage die Erfüllung noch zu einer Tageszeit angeboten wird, wo dergleichen Geschäfte vorgenommen werden können, also z' B . nicht grade in der Nachtstunde. Gr uchot S . 140. 1. 41 D. X L . 4. A.L.R. I. 18. §§. 121. 372. I. 3. §. 49. Einer Verbindung der Stellen I. F. 22 und II. F. 24. Besel er, deutsch. P r .R. I. 257. Im lübischen R. bedeutet der Ausdruck ein Jahr 24 Stunden. Mevius Comment, ad jus Lübec. lib. I. tit. 8 art. 1. N. 12. 16.

") A L.R. II. 16. §. 144. In das allgem. Berggesetz v. 1865 ist eine solche Be­ stimmung nicht übergegangen. 15) I. 4. §§. 45. 92.

Leben, eine Zeitdauer von einer Woche, d. h. 7 Tage, oder volle 8 Tage bezeichnen will. Die dadurch hervorgerufene Streitfrage hat das Obertrib n u l") durch Plenarbeschluß v. 2. J u li 1855 dahin entschieden, daß unter der Frist „binnen acht Tagen" nur eine einwöchige von sieben Tagen zu verstehen sei. E s stützt sich lediglich auf den gemeinen, schon von jeher feststehenden") Sprachgebrauch, auf die an anderen Stellen des Gesetzbuchs vorkommende, nur auf 14 Tage berechnete Verdoppelung der F ris t18) und darauf, daß im älteren Strafrecht eine achttägige Frei­ heitsstrafe als einwöchige angesehen werden sollte"). Allgemein zwar hat der Gerichtshof die Frage nicht entschieden, sondern nur im An­ schluß an eine bestimmte Stelle und zugelassen, daß an anderen Stellen nach dem Wortlaut derselben volle acht Tage anzunehmen seien; aber, wo die Worte nicht zu dieser ausnahmsweise« Deutung,0) Veranlassung geben, behauptet der Beschluß die Auslegung als allgemein anwendbar. Es läßt sich nun freilich nicht leugnen, daß es eine sonderbare Sache ist, wenn acht Tage nicht acht sondern sieben bedeuten sollen, aber wenn bedacht wird, wie im A.L.R. oft zu großem Nachtheil die Neigung vor­ herrscht, sich der Ausdrucksweise des gemeinen Lebens anzuschließen, so scheint hier recht eigentlich ein solcher Anschluß annehmbar und trotz ent­ gegenstehender Bedenken ist es jedenfalls für das Bedürfniß der Praxis von Wichtigkeit, daß die Auslegung solcher Bezeichnungen durch die Praxis selbst befestigt wird.

§. 46. Verjährung. Allgemeines. A.L.R. I. 9. § § .5 0 0 —534. Gruchot B . 7 S . 4 0 2 fg. H t y d e m a n n B . 2 Lies. 1. 1868. S - 7 9 fg. B o r n e m a n n , System I. S . 41— 63. Koch, Pr. R 280 bis 295. v. D a n i e l s IV. 202. D e r n b u r g I. § § .1 6 3 — 166. Die Materialien zum A.L.R. find mitgetheilt in S i m o n und S t r a m p f f , Zeitschr. B. 3 S . 3 9 5 fg. R a v e , principia universae doctrinae de praescriptione. Ed. Eichmanus. Halae 1790 (vorher Jenae 1780). U n t e r h o l z n e r . ausführt. Entw. d. ge­ lammten Verjäbrungslehre, 2 Bde. 1828 2. Aufl. besorgt von Th. Sc h i r me r , 1858, mit Zusähen des Herausgebers, v. S a v i g n y V. 265. § .2 3 7 . Wächt er II. 803. 806. U n g e r 11.249. Wi nds c he i d, die Actio des röm. Civilr. 1856 S . 37. Pand. I. S . 307. — Zachari ä (Puchelt) I. 553.

Die Darstellung der Lehre von der Verjährung nach einem der neueren Gesetzbücher hat zunächst mit einer sehr erheblichen systematischen -°) Entsch. B. 31 S . 189. J .M .P l. 1855 S . 327. S t r i e t h o r s t B. 17 6 . 362. S . auch Entsch. B . 29 S . 177. Ebenso Kassel bei S e u f f e r t l l l . 14. 'y I . G r i m m , deutsche Rechtsalterthümer 1 . A. S - 216. 18) II. 8. §. 1635. II. 20 §. 608. Beide Stellen sind zwar antiquirtes Recht, aber zur Deutung der Sprache des A.L.R. noch verwendbar. 19) Kab.-Ord. v. 26. November 1832. Nach dem Strafges.-B. v. 1851 §. 15 u. d. S t.-G .B . §. 19 kann dies nicht angenommen werden. *°) Z- B. Hypoth.'Ordn. n. §. 177. Zeht veraltet.

§. 46.

Verjährung.

Allgemeines.

237

Schwierigkeit zu kämpfen. I n der gemeinrechtlichen Doktrin ist cs jetzt allseitig anerkannt, daß die V erjährung kein juristischer Gattungsbegriff ist, daß man früher in ungehöriger Weife die V erjährung der Klagen, die Ersitzung und den Nichtgebrauch dinglicher Rechte zusammengebracht hat, Institute, die in der T hat nichts weiter gemein haben, als daß der Seitablauf bei ihnen von durchgreifender Wichtigkeit ist, während im übrigen jedes seinen besonderen Bedingungen folgt. Nur seitdem im neueren Recht die Klageverjährung eine größere Wirkung dadurch er­ langt hat, daß durch sie nicht bloß die Klage sondern das Recht selbst gelöscht w ird, trat sie in nähere Beziehung zum Nichtgebrauch. D ie Zusammenfassung aller dieser Institute unter einem G attungsbegriff ist entwickelt durch die naturrechtliche Schule, die so häufig die Gestaltungen des positiven Rechts einem Destillationsprozeß unterworfen h at, deffen Ergebniß ein möglichst inhaltloses Abstraktum wurde'). Anknüpfungen für diese Doktrin finden sich freilich schon in den Lehren der Gloffatoren *) und — wenn auch vielleicht unbewußt — mitgewirkt hat die Auffassung im deutschen Recht, in welchem das Sich Verschweigen, Sich Versäumen die Voraussetzung des Verjährungserwerbs auf der andern Seite w ar *). Während man dabei blieb, daß Verlust und Erwerb bei der V erjährung zusammenhinge, w ar es von selbst gegeben, daß m an die erwerbende und erlöschende Verjährung als zwei Arten eines Gattungsbegriffs ansah und dadurch zur Aufstellung allgemeiner Grundsätze gelangen mußte, die für beide Arten gemeinsam sein sollten. Aber grade hierin zeigt sich das Verkehrte dieser Auffaffung, denn diese Grundsätze mußten nun wesentlich die Aufgabe lösen, den völlig unbeschränkten allgemeinen G at­ tungsbegriff, der für alle Rechte ausnahm slos anwendbar zu sein schien, in seiner Anwendbarkeit wieder einzuschränken, da nicht zu verkennen w ar, daß eine ganze Reihe wichtigster Rechte durch V erjährung weder *) Zerstört hat diese Theorie in neuerer Zeit hauptsächlich S a v i g n y , während U n t e r h o l z n e r sich noch derselben anschließt. S . überhaupt Unger a. a. O. *) Indem man das Wort praescriptio als Bezeichnung der Gattung gebrauchte, die die usucapio mit umfaßte. S . S a v i g n y S . 315. *) G a u p p , Zukunft des deutschen Rechts, 1847, S . 52. Daß dem deutschen Recht die Ersitzung als besonderes Rechtsinstitut unbekannt war, s. Delbrück, die dingliche Klage des deutschen R., 1857, S 30 fg. Ge r b e r , Pr.R. II. §.101. Die gegen G a u p p gerichtete Bemerkung Un g e r s S 256 Rote 20 geht zu weit. Die enge Verbindung des Derschweigens mit dem Ersitzen ist gewiß deutschrecht­ lichen Ursprungs, wenngleich diese Auffassung durch die naturrechtliche Schule durchgegangen, hier ihre abstrakte Allgemeinheit erhalten hat und durch ihre Ver­ mittelung in die Gesetzbücher gelangt ist. Rave, aus dem die landrechtlichen Redaktoren hauptsächlich geschöpft haben, besinnt §. 1: Praescriptio, die Ver­ jährung, die Verschweigung an seinem Rechte, est ademtio commodi cujusdam ex amisso ab altero jure per nonusum ejus intra tempus quoddam. Id enim omni praescriptionum generi commune est, ut 1. ex omisso intra tempus quoddam usu juris fiat ejus amissio, et 2. aliquod inde commodum alter adipiscatur.

238

Erste- Buch. Die Grundbegriffe.

erworben noch verloren werden konnten und auf solche auch dem Zeit­ ablauf niemals ein Einfluß gestattet worden war. So schuf man den wunderlichen Begriff der res oder richtiger actus merae facultatis , die von der erlöschenden Verjährung ausgeschlossen sein sollten'). Gewiß hat auch die Verallgemeinerung des Begriffs der erwerbenden Verjährung dazu beigetragen, die völlig verwerfliche Lehre von dem Besitz und Eigen­ thum an Obligationen zu erzeugen. Unter dem Einfluß dieser abstrakten Theorie sind die neueren Ge­ setzbücher, das A.L.R., das österreichische und der Code civil entstanden, sie alle fassen die Verjährung als einen allgemeinen Gattungsbegriff und theilen ihn in die beiden Arten der Extinktiv- und Acquifitiv-Verjährung, oder, wie das A.L.R. sich ausdrückt, in die Verjährung durch Nichtgebrauch und durch Besitzs). Aus den veröffentlichten Materialien des letzteren geht recht deutlich hervor, wie die Redattoren wohl das Unzukömmliche dieser Verbindung nicht verwandter Institute gefühlt, gleichwohl aber nicht vermocht haben, sich aus den Schlingen der da­ maligen Theorie herauszuwinden. D as neueste Gesetzbuch für Sachsen dagegen, von 1863, hat es, dem jetzigen wissenschaftlichen Standpunkt entsprechend, aufgegeben, eine allgemeine Verjährungstheorie hinzustellen, es hat das Nichtverwandte wieder getrennt. Die systematische Schwierigkeit, die durch jene ältere, naturrecht­ liche Theorie hervorgerufen wurde, besteht wesentlich darin, daß die Ver­ jährung nun eigentlich in den allgemeinen Theil gehört, und doch bei der näheren dogmatischen Darstellung ihrer beiden Arten vieles voraus­ gesetzt werden muß, was erst bei den einzelnen Rechtsinstituten erörtert werden kann, und daß, wenn sie ihren Platz nicht im allgemeinen Theil erhält, zweifelhaft wird, ob die Acquifitiv- oder EMnktiv-Verjährung ihre Stelle im System bedingen soll. D as A.L.R. hat die gesammte Verjährungslehre aus dem allgemeinen Theil, als welcher die ersten sieben Titel anzusehen find (§. 7), fortgelassen und sie im neunten Titel unter die unmittelbaren Erwerbsarten des Eigenthums gestellt, also die Verjährung durch Besitz das systematisch entscheidende Moment sein lassen, so daß die Verjährung durch Nichtgebrauch, obgleich vorange­ schickt, doch gewiffermaßen nur mit fortgeschleppt wird"). D as fran­ zösische und österreichische Gesetzbuch haben mit ihr das Privatrecht ge­ schloffen und dadurch den Charakter der Allgemeinheit der Lehre kenntlicher hervortreten taffen. Zn den wissenschaftlichen Arbeiten des preußischen Rechts herrscht Verschiedenheit. B o rn e m a n n folgt der Legalstellung 4) Heydemann S. 113f. *) Gruchot v n . 404f. Heydemann IL 80f. 87. Striethokst B. 38 S. 34. *) Heydemann S. 83.

des Gesetzbuchs, Koch handelt von der Verjährung vollständig im all­ gemeinen Theil, v. D a n ie ls verweiset sie an den Schluß des Ganzen. D e rn b u rg erkennt an, daß die richtige Stellung in der Lehre von der Entstehung und Endigung der Rechte sein würde; er schließt sie aus dem äußern Grunde, weil die Lehre ohne Kenntniß der Theorie des Besitzes nicht zu würdigen sei, der Darstellung des Besitzes an. Für die D ar­ stellung des österreichischen Rechts hat sich Unger, der neueren Theorie folgend, dafür entschieden, die einzelnen Verjährungsinstitute zu trennen, die Klageverjährung bei der Lehre von den Klagen, die Ersitzung unter den Erwerbsarten des Eigenthums, den Nichtgebrauch bei den ding­ lichen Rechten abzuhandeln. Wenn nun auch bei dieser Behandlung die Gefahr entsteht, daß die Theorie des Gesetzbuchs selbst einigermaßen verdunkelt wird, seine ihm eigenthümliche Auffassung nicht recht hervor­ treten kann, und wenn auch Wiederholungen und Verweisungen nicht ganz zu vermeiden find, so mögen diese Nachtheile doch gering angeschlagen werden im Vergleich mit dem Vortheil, daß dadurch ein der heutigen Wissenschaft entsprechender Standpunkt gewonnen wird. Dieser Aufgabe, in kritischer Weise die Ausscheidung des unnatürlich Verbundenen vor­ zunehmen, darf sich die Wissenschaft um so weniger entziehen, als da­ durch allein eine wirkliche Fortbildung der Theorie des positiven Rechts angebahnt werden samt7). Freilich ist aber mit dem Ausscheiden an sich noch nicht alle Schwierigkeit überwunden: es bleibt die Frage, wohin die Extinktivverjährung, soweit sie nicht Nichtgebrauch eines ding­ lichen Rechts ist, gebracht werden soll. Dies hängt davon ab, ob sie nur als Klageverjährung aufzusaffen ist, oder ob sie, was nach preu­ ßischem Recht unzweifelhaft, im Gebiet des gemeinen Rechts mehr und mehr herrschende Meinung wird, ein Erlöschen des Rechts selbst wirkt. Hier gehört sie nicht zur Theorie der Klagen, sondern zur Darstellung der Rechte, die durch Verjährung erlöschen. Linde") will deßhalb diese Verjährung Rechtsverjährung nennen und Wächter') faßt sie als Schuld­ verjährung auf. Es kann zugegeben werden, daß sich gegen beide Be­ zeichnungen Manches einwenden läßt'°) — in der Sache aber ist es

0 H e y d e m a n n S . 90. *) Zeitschr. f. C iv ilr . u . Proz. B . 2 S . 153. *) 3t. a. O . @. 8 0 6 . 1#) W ä c h te r w ill „Rechtsverjährung" deßhalb nicht für passend h alte n , w e il nicht immer das ganze Recht des Berechtigten verloren geht. A llein das ganze Recht d i e s e r Klage geht doch imm er verloren, der durch diese Klage zu verfolgende Anspruch, freilich kann dieser nur ein theilweiser im V e rhältniß zu dem Recht sein, a u f d a - er sich gründet: der Vindikationsanspmch, den die V in d ik a tio n ver­ folgen soll, geht durch Verjährung ganz unter, wenn auch das Eigenthum an sich nicht erlischt. W i n d scheid. Actio, S . 38, wendet gegen „Schuldverjährung" ein, daß auch actiones in rem verjähren und durch den Ausdruck nicht getroffen

richtig — und zumal nach preußischem Recht — daß Klageverjährung im römischen S inn als besonderes Institut nicht mehr existirt. Nach Ausscheidung des in dem Begriff der Extinktivverjährung enthaltenen bloßen Nichtgebrauchs dinglicher Rechte, charakterifirt sie sich vielmehr durchaus als ein Erlöschen persönlicher Verpflichtungen, wie es auch S u a r e z richtig herausgefühlt hat, wenn er sie einen modus tollendi obligationes nennt. Dies ist sie selbst dann, wenn der erloschene An­ spruch aus ein dingliches Recht sich begründet hat, denn auch in diesem Fall ist der durch die Verletzung des dinglichen Rechts hervorgerufene Anspruch ein obligatorischer. Hiernach könnte jetzt die Lehre von der Extinktivverjährung nicht unpassend in das Obligationenrecht verwiesen werden. Gleichwohl erscheint es zweckmäßiger, dem Vorgang U n g er's, der bei Darstellung des österreichischen Rechts sich in gleicher Lage be­ fand, zu folgen, und die Verjährung durch Nichtgebrauch bei der D ar­ stellung des Klagerechts zu erörtern, denn wenn auch die Obligation selbst durch sie vernichtet wird, so trifft ihre Wirkung zunächst doch immer erst die Klage, gegen die sie einredeweise vorgeschützt wird, es muß also der Begriff des Klagerechts schon vorher festgestellt sein, und die wich­ tige Frage, von welchem Zeitpunkt sie beginnt, hängt allein von der Entstehung des Klagerechts ab. Freilich bleibt das Bedenken, daß auch hier schon die Grundsätze von non usus erörtert werden müssen, dessen gänzliche Ausscheidung nicht ohne vielfache Wiederholung möglich sein würde. Allein dies erscheint bei dem geringen Umfang der diesem I n ­ stitut angehörigen Rechtsregeln als der kleinere Uebelstand. Jedenfalls aber muß insoweit der abweichenden Auffaffung des A.L.R. Rechnung ge­ tragen werden, daß schon hier diejenigen Grundsätze besprochen werden, welche das Gesetzbuch als gem einsam e für Extinktiv- und ArquisitivVerjährung angesehen sein"). „Wenn durch den Ablauf einer bestimmten Zeit wegen unterlassener Ausübung gewisser Rechte eine Veränderung an diesen Rechten ver­ möge der Gesetze entsteht, so ist eine Verjähmng vorhanden." So lautet der Gattungsbegriff, und der Begriff der beiden Arten: „soll durch Verjährung nur ein Recht v erlo ren und der Verpflichtete bloß von der daraus fließenden Verbindlichkeit freiwerden, so ist in der Re­ gel der Nichtgebrauch des Rechts dazu hinreichend. Soll aber ein neues Recht durch Verjährung e rw o rb e n werden, so ist außer dem Nichtgebrauch des entgegenstehenden Rechts auch der Besitz und die werden. Allein, wie gesagt, auch der Anspruch bei der actio in rem ist ein Schuldverhältniß, die Obligation auf Herausgabe, Schadenersatz. D as sächs. ®tf. - D. Kennt von der Klageverjährung (§§. 150 fg.) die Schuldverjährung (§§. 1016 fg ), die letztere steht im R. der Forderungen. " ) H e y d e m a n n S . 91 f.

Ausübung dieses neuen Rechts von Seiten des Erwerbenden dazu noth­ wendig ' *). Hieran knüpfen sich folgende Erörterungen. Zunächst: die Verjährung tritt nur vermöge des G esetzes ein, d. h. sie ist durchaus ein Institut des positiven Rechts, sie hat daher eine positive Natur, welche keine ausdehnende Anwendung aus Fälle zuläßt, wo das Gesetz sie nicht ausdrücklich bewilligt"). Sodann: sie verändert gew isse Rechte, d. h. nicht alle Rechte, die im Gebiet des Privatrechts anerkannt find; es giebt Ausnahmen und die Ansicht, daß jedes Privatrecht einer Aenderung durch Verjährung unterworfen sei, ist zurückzuweisen "). Es fragt sich, welche Rechte ent­ ziehen sich der Verjährung, theils jeder, theils wenigstens einer ihrer beiden Arten. Ueberhaupt entzogen sind solchem Einfluß der Zeit alle Rechte, die den Familienzustand betreffen. Ehe, väterliche Gewalt, die Stellung des Hauskindes, Vormundschaft, Jntestaterbrecht können durch Zeitablauf weder verloren gehen noch erworben toerben"). Ebenso wenig die Rechtseigenschaften der Person, ihre Handlungs- und Rechtsfähigkeit. Diese Ausnahmen, welche schon große und wichtige Gebiete des Privat­ rechts umfassen, rechtfertigen sich aus der Natur der Sache; dazu tritt vermöge positiver Vorschrift, daß kein Recht der Verjährung — und zwar nach ihren beiden Richtungen — unterworfen ist, welches sich auf unbewegliche Sachen bezieht und in das Grundbuch eingetragen ist. Diese Eintragung sichert das aus ihm hervorgehende dingliche Recht gegen ’-) Oesterr. G -B. §§. 1451. 1452: Die Verjährung ist der Verlust eines Rechtes, welches während der vom Gesetz bestimmten Zeit nicht ausgeübt worden ist. Wird das verjährte Recht vermöge des gesetzlichen Besitzes zugleich auf jemand Anderen übertragen, so heißt es ein ersessenes Recht und die Erwerbungsart Ersitzung. Code civil art. 2219: La pvescription est un moyen d’acquerir ou de se liberer Dar un certain laps de temps et sous les conditions determinees par la loi. R a v e § .5 : Magis ad differentiam praescriptionis ex differentia commodi, cujus ex parte praescribentis fit ademtio, respiciendum videtur. Quodsi enim hoc commodum est sola liberatio ab obligatione Juri praescripto respondente, praescriptio dicitur e x t i n c t i v a . Si vero praeter liberationem ab obligatione alteri debita est speciale quoddam ju s, cmjus praescribcndo efficitur ademtio,, praescriptio dicitur ac q u is itiv a . Heydem an S . 108 f. 13) H e y d e m a n n S . 85f. ") Koch, Pr. R. I. 286: „Die Begrenzung dieser Begriffe bat nur eine hypothe­ tische Bedeutung und ist darum unschädlich; in der Anwendung kommt es bloß auf die positiven Bestimmungen und Falle an, so daß die Verjährung keines­ wegs auf alle und jede Rechte, auch wo ihrer nicht positiv gedacht ist. stattfindet." S t r i e t h o r s t B- 38 S . 34. Entsch. D. 40 S . 9. S a v i g n y IV. S . 312. 15) Das österr. G B. §. 1458 schreibt dies ausdrücklich vor. — Unverjährbar find demnach auch alle Rechte, die aus dem Statusverhältniß entspringen. Einer Klage auf Herstellung des ehelichen Zusammenlebens wird, so lange die Ehe be­ steht, eine Berj.-Einrede nicht entgegen gestellt werden können; ebensowenig ver­ jährt der gesetzliche AlimentationSanspruch bet Verwandten, wenn auch die For­ derung der Alimente vergangener Jahre verjährt sein kann. Förster, Preuß. Privatrechl. 1. 4. Aust.

16

jede A rt der V e rjä h ru n g " ).

F o lg t nun schon hieraus, w ie wenig die

V e rjä h ru n g eine Allgem eingiltigkeit in Anspruch nehmen kann, so wird ihre größere Einschränkung noch deutlicher sich zeigen bei der Unter­ suchung der Anwendbarkeit ih rer einzelnen Arten. D ritte n s : der A b l a u f einer b e s tim m te n Z e i t b ew irk eine V e r ­ ä n d e r u n g an den Rechten.

E s muß also vom Gesetz eine bestimmte

Z eitd au er, ein Z eitra u m vorgeschrieben sein, und die W irkung seines A b lau fs begründet eine Veränderung an schon in Wirksamkeit bestehenden Rechten.

H ie ran

F r is te n " ). rau m

knüpft sich der Unterschied der V e rjäh ru n g von den

Schon oben wurde erwähnt, daß bei der ersteren ein Z e it­

nach seinem ganzen V e rla u f, bei der letzteren die Z e it n u r als

Zeitpunkt in Betracht kommt.

K o c h " ) und Andere find der M ein u n g ,

daß der Theorie des Landrechts ein wesentlicher Unterschied zwischen V e rjä h ru n g und F ris t einen solchen zu suchen.

fehle und

es daher aufgegeben werden müsse,

Z w a r darin kann der Unterschied nicht gefunden

werden, daß bei der V e rjäh ru n g durch Nichtgebrauch nach §. 5 6 8 , 569 I . 9. n u r eine V erm uthung fü r das Erloschensein des Rechts eintreten soll, die durch den Nachweis des schlechten Glaubens des Befreiten be­ seitigt w i r d " ) , denn diese § § ., die, wie unten gezeigt werden w ird, in die Theorie des A .L .R . nicht passen, sind kein allgemeines M erkm al der V e rjä h ru n g .

W o h l aber liegt der wesentliche und bestimmte Unterschied

von V e rjä h ru n g und F ris t d arin, daß bei ersterer das ih r unterworfene Recht an sich an eine Zeitdauer nicht, bei letzterer dagegen die Ausübung des Rechts lediglich an die bestimmte Z e it gebunden, daß es gar nicht gegeben ist, außer innerhalb der Z e it bis zu dem gesetzlichen Endpunkt. D o t t also ist das Recht unbeschräntt, es w ird n u r in Folge der Richt­ ausübung verändert, hier ist dem Recht schon an sich, durch das Gesetz ,s) Anders im österr G B. §. 1479. Die hypothekarische Forderung von Zinsen verjährt dagegen nach preuß. R. §. 2 Nr. 5 Ges. v. 31. März 1838. §. 511 I. 9 bezieht sich nur auf „Rechte a u f unbewegliche Sachen", d. h. dingliche Rechte auf fremdes Eigenthum, nicht auf das Eigenthum am Grundstück selbst, was auch gegen den Eingetragenen durch Ersitzung erworben werden konnte, weil hier nicht di« Eintragung, sondern die Uebergabe rnodus acquirendi war. Entsch. B - 27 S- 287 (Pl-Beschl). B- 34 S- 132. Striethorst B. 5 S . 222. 259. Dieser Rechtszustand ist geändert durch das Gesetz über den Eigenthumsrrwrrb v. 5. M ai 1872 §. 6, welcher die Ersitzung des Eigenthums an einem Grundstück gegen den eingetragenen Eigenthümer ausschließt. ,T) Heydemann S . 92fg. B udde ns im RechtSlexikon IV. 362. Unger II. 275 fg., der treffend unterscheidet zwischen der NichtauSübung des Rechts im subjektiven Sinn bei der Verjährung und der Nichtausübung im objektiven Sinn bei den Fristen. Siehe auch D em e l iu s , Untersuchungen aus dem röm. Civilr. 1856, I. 6 . 3 . Un t e r h o l zn er I. § 1 faßt den Unterschied nicht scharf. S - S a v i g n y IV . 309 Rote m. ,e) Kommentar zu §. 500 I. 9 Note. >*) Wie dies in den Erkenntniffen des O.Trib. geschehen ist: Entsch. B. 14 S . 225 und B. 40 S . 13.

§. 46. Verjährung. Allgemeines.

243

eine zeitliche Schranke gesetzt; dort bewirkt der Nichtgebrauch die V er­ änderung, und die Zeit hat mir die Bedeutung, denselben zu bestimmen, hier umgekehrt bewirkt Der Eintritt des Zeitpunkts die Veränderung, und die Nichtausübung tritt nur charakterifirend hinzu; dort ist ein schon erworbenes Recht der Veränderung ausgesetzt, hier soll das Recht nur bis zum Zeitpunkt entstehen oder überhaupt nicht entstehen; dort also geht ein bestehendes Recht unter oder wird einer anderen Person erworben, hier findet durch die Zeit kein Untergang und kein Erwerb des Rechts statt, sondern die A usübung ist überhaupt nur zu­ lässig b is zu einer gewissen Zeit, das Recht kommt gar nicht zur E nt­ stehung, wenn es nicht innerhalb dieser Frist ausgeübt worden *°). Wird dieser Unterschied im Begriff festgehalten, so werden sich in den ein­ zelnen F ällen, so schwankend auch immer die Ausdrücke der Gesetze sein mögen, die Zweifel beseitigen lassen. Sow ohl das Privatrecht, a ls das Prozeßrecht stellen vielfach Fristen auf, dieselben wirken vernietend ober ausschließend, sie sind percmtorisch, präUudirend "). B ei Der Verjährung endlich wirkt die Zeit durch sich selbst die Rechtsveränderung, sie erhält diese Wirkung nicht anderweitig, darum ist die durch den W illen der Parteien, vertragsm äßig oder letztwillig, festgesetzte Zeitbestimmung (dies. §. 37) keine Verjährung. Fast nicht der Bemerkung bedarf es, daß der Erwerb oder das Erlöschen einer bestimmten Berechtigung durch Z eit­ ablauf keine Verwandtschaft mit der Bildung ober dem Verschwinden eines allgemeinen Rechtssatzes durch Zeitablaus (Gewohnheitsrecht) hat. D ie erlöschende Verjährung besteht in der durch den Nichtgebrauch eines Rechts herbeigeführten Befreiung eines Verpflichteten von der diesem Recht entsprechenden Verbindlichkeit. D er Nichtgebrauch an sich ist hinreichend"). Auch aus dieser Bestim m ung folgt, daß die auf­ hebende Verjährung kein allgemeines Rechtsinstitut ist, sie setzt eine konkrete, entgegenstehende Verpflichtung voraus; wo diese fehlt, ist die '") In der preuß. Praxis ist der Unterschied von Verjährung und Frist besonders in B ezug aus §. 158 I. 14 A .L.R. zur Sprache gekommen, und er ist in richtiger Weise festgestellt durch den Pl.Beschl. v. 6. Dezbr. 1858. Entscheid. B . 40 S . 1. J .M .B l. 1859 S . 27. Ferner B. 4 © . 346, D. 6 S - 393, B- 14 © . 225, B . 9 6 . 45, B. 17 S . 126. 364 u. a S t r i e t h o r s t D. 48 S . 321. Dergl. auch Go l d s c h mi d t , Zeitschr. f. Handelsr. X V . 320. R .O .H G. V. Rr. 42. VI. Nr. 9 S . 33 (über Garantiefristen, insbesondere S . 35 über die Frage, ob die Garantiefrist die Verjährung aus §. 343 I. 5. ausschließt). 3I) Die einzelnen Fristen, die im AL R. vorkommen, aufzuzäblen, hat kein Interesse. Siehe Ergänzungen 2. Aufl. zu §. 500 I. 9. Die 4. Aufl. hat das Verzeichniß der Fristen weggelassen. Koch, Pr. R. I. 290. v. D a n i e l s IV. 202. B o r ­ ne m a n n II. 50. H e y d e m a n n S . 9 3 f. (mit sehr zahlreichen Nachweisungen aus der Praxis). — Die peremtorische Wirkung der processualischen Fristen ergiebt E .P.O . §. 208: die Parteien können richterliche und die gesetzlichen Fristen mit Ausnahme der im Gesetz zu Notbfristen erklärten verlängern oder abkürzen (§. 202).

” ) Heydemann

10 8 f.

Nichtausübung des Rechts einflußlos. Durch Verjährung untergehen können, wie das A.L.R. selbst ausdrücklich sagt, nur die persönlichen Rechte an einen Andern (Obligationen), die einzelnen dinglichen Rechte aus das Eigenthum eines Andern (die negativen und Untersagungs­ rechte, Dienstbarkeiten)"), beide Fälle umfassen die römische Klagver­ jährung und den non usus, und endlich die aus dem deutschen Recht entlehnten s. g. radizirten Rechte, über deren dingliche oder obliga­ torische Natur man sich streitet, d. h. die Rechte auf jährliche Leistun­ gen oder Abgaben von einem bestimmten Grundstück, die Reallasten und Realrechte oder in der Sprache des A.L.R. die affirmativen Rechte, die in Folge der neueren Gesetzgebungen über Ablösungen wesentlich vermindert worden find "). Ausgeschlossen sind von der Ver­ jährung durch Nichtgebrauch außer denjenigen Rechten, die, wie oben erwähnt, überhaupt keine Beziehung zur Verjährung haben: das Eigen­ thum, welches, so lange sich die Sache im Besitz des Eigenthümers be­ findet, absolut unverjährbar ist"), und die s. g. Rechte der natürlichen und allgemeinen bürgerlichen Freiheit, z. B. mit feiner Sache zu thun oder zu laffen, was man will, soweit dadurch nicht ein Verbotsgesetz verletzt w ird"). Die letzteren Rechte (die res merae facultatis) haben kein juristisches Interesse, ihre Begriffsfeststellung ist nur nöthig ge­ worden durch die allgemeine Abstraktheit, die man der Extinktivverjährung gegeben hat"). W as aber das Eigenthum betrifft, so ist der Satz so, wie ihn §. 504 d. T. ausdrückt, nicht dahin zu verstehen, daß das Eigenthumsrecht immer verjährt, wenn der Besitz verloren gegangen, sondern der Verlust des Besitzes ist nur dann und von dem Moment Anfangspunkt der Extinktivverjährung, wenn und wann ein Anderer den Besitz ergriffen hat, und auch hier wieder nur dann, wenn diese Besitzergreifung unter den Bedingungen der Ersitzung, also insbesondere gutgläubig geschehen ist. Dem schlechtgläubigen Besitzer gegenüber, der unfähig ist, zu ersitzen, geht das Eigenthumsrecht durch Verjährung nicht verloren, wohl aber kann gegen ihn die Bindikation verjähren, ”) §. 508 b. r. **) 8- 509 d. T H ey d em a n n 119f. Daß affirmativ« Rechte (§ .8 0 . I. 7) durch Nichtgebrauch erlöschen, ist anerkannt im Präj. 882 (Sam m t. I B . 35), daß sie durch Ersitzung erworben werden fönneu, durch P l Beschl. v. 5. Februar 1849 (Entsch. B . 17 S . 10. J.M .D1. 1849 S . 208). H e y d e m a n n S . 1 2 4 f. E s handelte sich hier um Verabreichung von Schärfgetraide. Ob hieraus folgt, daß oblig. Rechte besessen werden können, hängt davon ab, ob man §. 80 I. 7 auch auf Obligationen bezieht. Ueber das Unrichtige dieser Anficht s. unten die Lehre vom Besitz an Rechten. M) $. 504 d. T. Oder so lange der Eigenthümer als solcher eingetragen ist. Ges. über den Eig.-Erw. v. 5. M ai 1872 §. 7. * ) §. 505 d. T. ” ) U n t e r b ol zne r I. § 25. Gruchot B. 7 S . 4 2 0 fg. H e y d e m a n n S . 113f.

§. 46.

Verjährung.

Allgemeine«.

245

d. h. er darf nicht mehr angehalten werden, die Sachen herauszugeben, die Nutzungen zu erstatten u. s. w. D ies aber, die Klagverjährnng, ist nicht gleichbedeutend mit dem Untergang des Eigenthumsrechts'"), denn fällt später die Sache zufällig wieder in den Besitz des Eigenthümers zurück, so hat der schlechtgläubige Zwischenbefitzer keine Vindikation. D ie Ansicht von S u a r e z , daß, wer seine Uhr über 30 Jahr verloren hat, sein Eigenthum daran verliere, auch wenn sie Niemand in Besitz genommen, ist falsch und in §. 504 auch nicht ausgedrückt. Wenn er sic wiederfindet, ist er nach wie vor Eigenthümer derselben"). D ie Extinktivverjährung erleidet also auch nach preußischem Recht nur auf einzeln bestimmte Klassen Anwendung: auf persönliche Ansprüche und auf dingliche Rechte an fremdem Eigenthum. D ie erw erbend e Verjährung verlangt mehr als jene, nämlich außer dem Nichtgebrauch von der einen Seite noch Besitz von der an­ dern"). Daß diese Verbindung beider Erfordernisse ein durch die naturrcchtliche Schule vermitteltes deutschrechtliches Element ist, wurde oben erwähnt"). Es können also nur Rechte, die Gegenstand des B e­ sitzes sind, ersessen werden, unzweifelhaft das Eigenthum, die einzelnen dinglichen und die deutschen, auf Grundstücke gelegten Rechte. D a s Pfandrecht dagegen ist der Verjährung entzogen, denn Hypothek und Grundschuld können nur durch Eintragung entstehen, nicht durch Besitz, -s) D a s E igenthum und das dingliche R. ist nicht bloß K lage, wie die O bligation, f. oben §. 2 3 Note 3 S . 134. 1. 8 §. 1 C. V II. 39. S a v i g n y V. 368. I m preuß R . ist übrigens bestritten, ob die D indikarion gegen den schlechtglaubigen Besitzer verjähre D avon näher in der Lehre von der V indikation. D a s O .T rib. behauptet die Verjährbarkeit der E igenthnm sklage. S t r i e t b o r s t B . 24 S . 71. Entsch. D . 12 S . 177 ist die V erjährung des M itcigenthum s eines Verschollenen am Nachlaß gegenüber den Besitzern desselben zugelassen, aber dam als w ar den letzteren nicht m ala fides nachgewiesen. W enn dagegen die Entsch. bei S t r i e t ­ bor s t B . 4 S . 230 unter Beziehung aus jene Entsch. ganz allgemein das E igen­ thum durch V erjährung untergehen läß t, w enn der Besitz verloren gegangen, so geht sie zu weit und verkennt den S in n des §. 504. A . M . G r u c h o t B . 7 ) He yde ma nn S. 109 c. f. 31) Note 3.

246

Erst«- Buch. Die Grundbegriffe.

und das Faustpfandrecht verlangt zwar zu seiner Existenz unbedingt den Besitz an der Pfandsache, ist aber ebensowenig Gegenstand der E r­ sitzung, als Pacht-, Miethsrecht und Leihe, die soweit sie auf Besitz be­ ruhen, dinglichen Charakter haben, weil sie dem Eigenthümer gegenüber persönliche Berechtigungen bleiben und der Bestand der persönlichen Berechtigung auch die Grundlage der Wirksamkeit gegen Dritte ist. Dies führt weiter zu der Behauptung, daß auf das ganze Gebiet des Obli­ gationenrechts die Acquifitivverjährung keine Anwendung erleidet. Es ist dies früher selbst für das gemeine Recht nicht unbestritten gewesen: jetzt wird es hier nicht mehr geleugnet"), aber für das preußische Recht wird wohl noch die Behauptung festgehalten, daß Obligationen Gegen­ stände des Besitzes und Eigenthums sein, mithin auch ersessen werden können, und wenn auch die Anhänger dieser Meinung von vornherein zugeben müssen, daß hiervon wenigstens alle diejenigen Obligationen auszuschließen sind, deren Wesen in einer einmaligen, die Tilgung ent­ haltenden Erfüllung besteht, so sollen doch alle diejenigen, welche die Eigenschaft eines längeren Bestandes, einer wiederholten Erfüllung haben, hierher zu rechnen sein"). E s kann noch nicht erschöpfend er­ örtert werden, daß diese Theorie auch für das preußische Recht durchaus verwerflich ist; auf eine Stelle aber ist hier schon einzugehen, weil sie scheinbar grade die Ersitzung einer Obligation ausspricht"). Eine D ar­ lehnsforderung soll durch fortgesetzte Entrichtung von Zinsen während 30 Jahren erworben werden, und zwar, wie es ausdrücklich heißt: „ver­ möge Verjährung". Und doch liegt hier eine Verjährung nicht vor"). Daß diese Bestimmung aus der vielfach mißverstandenen 1.6. D. XXII. I. hergeholt ist, ist bekannt"), aber wie in dieser nicht von Ersitzung einer Kapitalsforderung, sondern nur von der Verpflichtung die Rede ist, von einer unstreitigen Kapitalssorderung fernerhin Zinsen zu zahlen, weil sie längere Zeit gezahlt worden sind, so ist eine Ersitzung auch nach dem A.L.R. nicht anzunehmen, denn nicht der Zeitablauf von 30 Jahren **) M) 34) 35)

Glück XXL S . 50 U n tk rh o lz n e r II. §.252.253. S ie werden als affirmative Rechte im S inn des §. 80. I. 7. aufgefaßt. §. 837. 840. I. 11. A. M. S a v i g n y IV. 313. Koch, P r R . I. 287. Komment. Rote 1. zu §. 500. I. 9. Note 60. zu §. 839. I. 11. Für das gemeine Recht hat den Verjahrungserwerb einer Forderung das O.Trib. verworfen. Gntsch. B. 2. S . 201 36) 1. 6. D. XXII. 1: Cum de in rem verso cum heredi patris vel domini ageretur et usurarum quaestio moveretur, Imperator ideo solvendas usuras judicavit, quod cas ipse dominus \el pater longo tempore praestitisset. § 1.: Imperator quoque Severns filiae Flavii Athenagorae, cujus bona fuerant publicata, de fisco ideo numerari decies centena dotis nomine jwssit, quod ea patrem praestitisse dotis usuras allegasset. Dagegen aber 1. 7. V. IV. 32: Creditor instruraentis suis probare debet, quae intendit et usuras so stipulatum , si potest. Nee enim si aliquando ex consensu pracstitae sunt, Obli­ gationen! constituunt. Glück XXI. S . 5 0 fg.

ist der E rw erb sg ru n d , wie es bei der Ersitzung der F a ll sein müßte, sondern die mehrjährige Zinszahlung soll n u r den Beweis der Thatsache ersetzen, kapital „gegeben" worden.

daß

durch eine V erm uthung

„ursprünglich" ein D a rle h n s ­

B e i der Ersitzung erw irbt man das Recht

m it dem letzten M om ent des Zeitablaufs, hier aber soll der Erw erb der Darlehnsforderung werden.

als

schon im

ersten M om ent begründet vermuthet

M ögen nun auch die Redaktoren hier wirklich an V erjäh ru n g s­

erwerb gedacht haben, so sind sie n u r einer Unklarheit verfallen,

diese

aber ist unwillkürlich durch die W orte des Gesetzes selbst unschädlich ge­ worden,

denn

letztere

besagen,

daß

das

„urspn'mgliche Geben"

das

Schnldverhältniß erzeuge, also nicht die Verjäh ru n g, diese soll nur den Beweis der Hingabe ersehen —

sie ist B e w e is m itte l" ),

eine verschärfte Rechtsvermuthung.

oder richtiger,

Vollends unberechtigt aber ist es,

diese schlecht redigirte Bestimmung auf alle O bligationen von längerer D a u e r und wiederholter Ausübung zu übertragen. Auch bei denjenigen Rechten, V erjährung

bei

oder Ersitzung zugelassen

die ihren B eg in n h in d e r n .

denen an sich eine aufhebende ist,

können Umstände eintreten,

D a s A .L .R . hat den Gnm dsah ausgestellt,

daß nur das A n fa n g e n des Z eitla n fs durch solche Umstände gehindert, dagegen der Fortgang desselben nicht mehr

dadurch

unterbrochen w ir d " ) .

beginnt nicht gegen den­

1.

D ie V erjäh ru n g

aufgehalten

jenigen, der von seinem Recht nicht unterrichtet sein k a n n " ) .

oder

Kenntniß

des eigenen Rechts besitzt man, wenn man die thatsächlichen Unterlagen desselben erfahren hat,

die H andlung oder Begebenheit, auf welche es

sich gründet und es spricht die Verm uthung seine eigne Berechtigung in Unwissenheit ist.

dagegen,

daß

man über

W e r also einer Ersitzung

oder V erjäh ru n g , die gegen ihn geltend gemacht w ird , deshalb wider­ spricht,

muß die Thatsachen,

beweisen").

aus denen seine Unkenntniß folgen soll,

W enn die Verjährung bereits begonnen, so w ird ih r Ab-

8:) Förster, Klage und Einrede S. 24. 416fg. — Als Rechtsvermuthung auch nach der C.P.O. von Bestand. 5') 1. V. §. 512. 516. 524. 526. 528. 530. Gruchot B. 7. S . 431 fg. Hey de­ in a n n S . 144 fg. Hcydcmann S . 117. Entsch. B. 12. S . 176. Es ist nicht gefordert, daß es dem Berechtigten unmöglich gewesen sei, Kenntniß von seinem Recht zu erlangen. Striethorst B. 3. S. 371. Anders nach röm. Recht, wo die Unkenntniß den Ansang der Verjährung nicht hindert. 1. 3. C. V II. 39. 1. 12. C. V II. 33. S a ­ ni gny III. 407. Unterholzner I. 285. II. 302. Auch das östcrr. R. berück­ sichtigt solche Unkenntniß nicht. Unger II. 423. Note 16. 0) Nicht Bezeichnung des Rechtsverhältnisses m it seinem juristischen Namen son­ dern Bezeichnung des konkreten Verhältnisses. D ie J n d iv id u a lifiru n g kann auch durch einfache Erzählung der Fakta erfolgen: n u r daß dann nicht die Fakta an sich, sondern das aus ihnen zu erkennende Recht-verhältniß den Klagegrund im S in n e der C .P .O . bildet.

bei der dinglichen Klage das dingliche Recht selbst, nicht eine bestimmte Entstehungsweise deffelben als Klagegrund festzuhalten. Die prozefsualischen Gründe des älteren Rechts hiergegen bestehen nicht mehr und die von der Civilprozeßordnung gewährte Möglichkeit in jedem Falle, in welchem ein Rechtsverhältniß behauptet w ird , eine ausdrückliche E nt­ scheidung über das Nichtbestehen desselben zu beanspruchen, führt m it Nothwendigkeit dahin, daß man bei jeder dinglichen Klage vor der E n t­ scheidung steht, nicht ob das dingliche Recht aus dem in der Klage be­ zeichneten Grunde erwachsen ist, sondern ob das dingliche Recht über­ haupt besteht oder nicht besteht. Eine A e n d e ru n g der K la g e durch Aendemng des Klagegrundes d. h. also durch Begründung des Antrags aus einem a n d e rn Rechtsver­ hältniß ist beim Widerspruch des Beklagten unzulässig. I n derselben Weise erklärt es die Civilprozeßordnung fü r unzulässig den Klageantrag zu ändern, es sei denn, daß aus demselben Klagegrund wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert werde. E rw e ite ru n g e n oder B esch rä n kun g en des Klageantrags ohne Aenderung des Klagegrundes sind im weitesten Maße zulässig"). D a s materielle Klagerecht, das Recht in der Bedeutung einer durch Hülfe des S taa ts zu realisirenden Macht des P riva tw illen s, setzt vor­ aus, daß gegenwärtig von dem Beklagten etwas gefordert werden kann, daß gegen ihn actio nata ist. A uf die Bedeutung dieses Satzes ist erst in der Lehre von der Verjährung näher einzugehen. Regelmäßig w ird danach, was schon hier zu erwähnen ist, nur der fällige Anspruch durch Klage verfolgt werden können. D ie Rechtsentwicklung hat jedoch dahin geführt, unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere wenn die streitige Verbindlichkeit des Beklagten als eine einheitliche erscheint, bei welcher n ur die Leistung zum Theil hinausgeschoben oder von B edin­ gungen abhängig ist, die Begründung des richterlichen Zwangs durch Borwegentscheidung zuzulassen. D ies g ilt zunächst fü r solche Fälle, in 81) Ueber die formelle Behandlung deS Streits über Zulässigkeit einer Klageänderung s. W e s te rb u rg bei G ru c h o t D 24 C . 1 7 6 ff. — Ueber das M aß der C iv il­ prozeßordnung hinaus laßt das Gesetz betreffend die Anfechtung von Rechts­ handlungen eines Schuldners außerhalb der Konkursordnung v. 21. J u li 1879 (R .G .B l S . 277) eine Klageerweiterung (in erster und zweiter Instanz) zu, wenn der Konkursverwalter nach §. 13 dieses Ges. den von einem Gläubiger vor der Eröffnung des Konkursverfahrens erhobenen (durch den Betrag der Forderung dieses Gläubigers beschrankten) Anfechtungsanspruch aufnimmt und denselben in Gemäßheit des §. 30 K .O . also in einer Weise erweitert, in der sie der ursprüng­ liche Kläger nach s e in e m Anfechtungsrecht nicht hätte erweitern können. Hier ist also von der Bedingung der Festdaltung des Klagegrundes abgegangen. Bgl. G ru c h o t B . 24 S . 775 und dagegen v. W i l m o w s k i u. L evy C .P .O . S . 581. Der E in tritt einer andern Partei in den Prozeß, welche kraft i h r e r Rechts­ stellung etwas fordert, was die ursprüngliche Partei nicht fordern, worin die neue Partei nicht succediren konnte, ist gewiß Aenderung des Klagegrundes.

denen das Römische Recht eine gegenwärtige Verbindlichkeit des B e ­ klagten zur Kautionsbestellung stellte, eine Verbindlichkeit,

gegen

künftiges Zuw iderhandeln

an deren Stelle in

a u f­

der Entwickelung des

gemeinen Rechts und demnächst auch im preußischen Recht der richter­ liche Ausspruch getreten ist, daß der Beklagte sich künftiger S törunge n bei Verm eidung des richterlichen Z w angs zu enthalten h a b e "); es kann ferner als M o d a litä t einer gegenwärtig bereits begründeten V e rb in d ­ lichkeit zum Schadensersatz eine wiederkehrende Leistung fü r Z e it oder fü r Richter

bestimmte

die Lebensdauer eines Menschen eingeklagt und

zugesprochen w e rd e n ");

die

Fälle

in

vom

denen eine gesetzliche

A lim entation spflicht fü r die D auer der H ilfsb e d ü rftig ke il oder fü r be­ stimmte Z e it geltend gemacht w ird , schließen die erzwingbare Leistung der einzelnen künftig fälligen Alim entenraten in sich "). D ie Rechts­ übung des gemeinen Rechts ist zuweilen weiter gegangen und hat Klagen aus künftige Leistungen, wenn die P flicht schon jetzt bestritten w ar, nicht n u r im S in n e eines Feststellungsurtheils, sondern als G rundlage künftiger Zwangsvollstreckung zugelassen. Diese P ra x is hat in der A ll­ gemeinen Gerichtsordnung T h. I.

T it. 28. §§. 4 , 16 durch Zulassung

der s. g. Kündigungsklage gesetzliche Anerkennung gefunden, und hat in diesem materiellen Rechtssatz die Civilprozeßordnung nichts g e ä n d e rt"). W enn auch die Klagen nach ihrer Q uelle,

den einzelnen Rechten,

sich individua lisire n, so hat man doch von jeher auch gestrebt, sie nach allgemeinen Kategorien e in z u th e ile n .

Bekannt ist, welche festgefügte

und reiche E in th e ilu n g das römische Recht überliefert h a t, entnommen aus dem inneren Wesen oder der äußeren F orm , aus geschichtlichen oder rationellen Gründen. kannt.

D a s meiste davon ist dem heutigen Recht unbe­

D a s preußische Recht, welches allgemeine Vorschriften über das

" ) J -R .A . §. 162. W e t z e ll, Civilprozeß §. 4 6 N r. 4 3 , 4 4 . — A .L .R . I . 7 §. 151. »*) A L R . I. 6 § 99. §§ 103 ff. 115 ff. § . 7 Ges. bett. b. Derb. j. Schadensersatz f d. b. d. Betrieb v. Eisenb., Bergw . u. s. w. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen (R .G B l. S . 207). " ) Außer den vorstehend bereits citiiten Bestimmungen (s. A L .R . I I . 2. § § . 6 3 ff. 251 ff. 628 ff. I I . 3. §§. 15, 19, 20, 29. I I . 11. §. 5 9 5 . I I . 18. § . 8 5 2 . 0 . v. 24. A p ril 1854 §. 22. 3S) D ie Frage, ob künftig fällige Ansprüche vorweg geltend gemacht werden können, kann nicht als eine prozessualische angesehen werden; daß die Civilprozeßordnung von der „Kündigungsklage" schweigt, ist hiernach gleichgiltig. Weggefallen ist allerdings die Vorschrift des §. 4 N r. 1 cit. und des Anh. §. 194 über den Kostenpunkt. — oder vielmehr diese Vorschriften finden durch §. 8 9 C P O Ersatz, wenn auch nicht vollständigen. D ie Civilprozeßordnung erkennt übrigens aus­ drücklich die Zulässigkeit von Urtheilen an, deren Vollstreckung von dem E in tr itt einer Thatsache (§. 664) oder eines Kalendertages (§. 6 7 2 ) abhängt. B e i der V e r­ u rte ilu n g zu einer Leistung gegen den Em pfang einer Gegenleistung handelt es fich um eine inhaltliche M odifikation des Anspruchs, der — m it diesem I n h a l t — so­ fort vollstreckbar ist, nicht um einen F all, in welchem die Vollstreckung von dem vorgängigen E in tr itt einer Thatsache abhängt. D g l. hierüber gegen F i t t i n g im Arch. f. civ. P r . B . 61 S . 436. E c c i u s bei G r u c h o t B . 2 4 S . 739.

Klagerecht überhaupt nicht enthält, giebt auch nichts über die Eintheilung der Klagen. Die Untersuchung der verschiedenen Arten ist daher durch positive Vorschriften nicht gebunden. M an kann zunächst von der Verschiedenheit der einzelnen Klagen je nach der Verschiedenheit der einzelnen Rechte aufsteigen zu den größeren Rechtsgruppen. Hiernach unterscheiden sie sich in Klagen aus dem Obligationen-, Sachen-, F a ­ milien-, Erbrecht. Oder noch weiter hinauf: alle Rechte sind entweder absolute oder relative (§. 18.), also auch alle Klagerechte entweder absolute oder relative. S o aber bezeichnet die Rechtssprache diese summa omnium actionum divisio nicht, sondern substituirt ihr, wie dies schon die Römer thaten, die Bezeichnung von dinglichen und persönlichen Klagen. Die letzteren entsprechen genau den aus relativen Rechten ent­ springenden, die ersteren aber nicht ebenso genau den aus absoluten Rechten, sofern man nicht das Wort dinglich in einer weiteren Bedeu­ tung nimmt, als in der Verbindung: dingliches Recht. Denn nicht bloß die Klagen aus dinglichen Rechten gehören unter diese Kategorie, sondern auch die Personenzustandsklagen. So wird zwar auch die Be­ nennung: dingliche Klage aufgefaßt, und das Mißverständniß, sie identisch dem dinglichen Recht zu nehmen, ist jetzt beseitigt. Immerhin aber ist der Ausdruck kein glücklicher, und darum wohl gerechtfertigt, schärfer bezeichnende Namen aufzustellen *°). Wenn zwar für den prakti­ schen Gebrauch die Klage vornehmlich in ihrer Geltendmachung interessirt, und in dieser auch die aus dem absoluten Recht eine persönliche Rich­ tung genommen haben, relativ geworden sein muß, so darf daraus doch nicht geschlossen werden, daß es für die Praxis indifferent sei, die Klagen auf eine zweigliedrige Haupteintheilung zurückzuführen. Denn nicht allein ist der Ursprung bei jeder dieser beiden Arten ein verschiedener, rs) Die vom Df. früher vorgeschlagene Eintheilung in Rechtszustands- und Rechtsgeschäststlagen muß aufgegeben werden. Zw ar die erste Bezeichnung ist er­ schöpfend und scheint besser für die Klasse der s. g. dinglichen Klagen, denn sie umfaßt auch die aus anderen absoluten Rechten entspringenden. D as absolute Recht ist immer ein in sich vollendeter, abgeschlossener R ech tszu stan d , der nur verleht werden kann durch einen aktiven Eingriff. Aber die Bezeichnung Rechts­ geschäftsklagen erschöpft nicht die Klagen aus relativem Recht. Sie ist nicht passend für die aus dem Gesetz entspringenden Obligationen und nicht für die Deliktsklagen. Letztere aber unter die Rechtszustandstlagen zu bringen, ist ein Irrth u m , der darauf beruht, daß nicht das Delikt, welches allerdings ein E in ­ griff in einen Rechtszustand ist, sondern der aus dem Delikt erwachsene persön­ liche Anspruch, die O bligation die Klage erzeugt, diese also rein obligatorisch ist ( U n g e r I. 545. Note 23. A r n d t s §. 97 Anm. 2). Wenn es sich um bessere Namen für die höchste Eintheilung der Klagen handelt, so können etw a ge­ braucht werden: 1. R e c h t s z u s t a n d s k l a g e n (die aus absoluten Rechten) a. persönliche (praejudicia), b. dingliche; 2. S c h u l d k l a g e n (altdeutsch ..Klage um Schuld", Sachsensp. I. 70 §. 2., aus relativen Rechten) a. aus Verträgen (Geschäft-klagen), b. aus dem Gesetz, c. aus Delikten.

sondern auch ihr schließliches Schicksal hiernach ein verschiedenes. D ie Klagen aus einem absoluten Recht streben ihrer N atur nach zunächst dahin, daß dieses absolute Recht seine Anerkennung finde, und erst folgeweise, daß der aus der versagten Anerkennung oder aus seiner V er­ letzung erwachsene persönliche Anspruch befriedigt werde. D as auf sie ergehende Urtheil ist daher ein Urtheil auf Feststellung und erst in zweiter Reihe geht es auf Verurtheilung des Beklagten, bei den s. g. Präjudizialklagen, bei denen es nur darauf ankommt, die Existenz des vom Kläger behaupteten Zustandes festzustellen, fehlt die Verurtheilung ganz. Andererseits sind die aus relativen Rechten entspringenden Klagen zu­ nächst auf V e r u r th e ilu n g gerichtet, bei ihnen tritt das Bedürfniß, das Rechtsverhältniß dem Beklagten gegenüber zur besonderen Aner­ kennung zu bringen, zurück: es kommt nur darauf an, daß er das leiste oder erfülle, wozu er besonders verpflichtet ist" ). D aß auch bei rela­ tiven Rechten aus Grund eines dargelegten Interesses an „sofortiger" Feststellung oder weil das Recht incidenter streitig geworden ist, jetzt eine Feststellungsklage stattfindet, ist bereits oben besprochen. Abgeseheu von den aus den prozessualischen Verschiedenheiten der Klagen herzuleitenden Eintheilungen, die hier nicht ihre Erörterung finden können, interesfirt noch besonders die Eintheilung in p e tito ­ rische und possessorische oder Rechts-und Besitzklagen*"), je nachdem der Anspruch aus dem Recht selbst oder aus dem Besitzstände herge­ leitet wird, d. h. je nachdem der Verletzte die S törung seines Rechts in seinem Grunde oder nur in seiner äußeren, faktischen Bethätigung auf­ faßt und verfolgt. D er Unterschied hat materielle und formelle Bedeu­ tung: erstere zeigt sich darin, daß beide Arten von Klagen anders be­ gründet werden muffen. D ort kommt es auf die Thatsachen für die Entstehung des Rechts, hier nur daraus an, ob der Kläger sich wirklich, thatsächlich im unbestrittenen Besitz befunden hat, gleichviel ob dieser Besitz sich als Ausfluß eines oder welches Rechts darstellte"). -') U n fl er S . 367 fg. W in d s c h e id I. 97. Der Unterschied zwischen dinfllichen und persönlichen Klagen ist ein essentieller, sie stehen zu einander nicht im Ver­ hältniß des Mehr und Minder. S t r i e t h , B . 84 S . 27. *') Nach W ä c h te r II. 425. Die Klage aus besserem Besitz (a. publiciana) und die Klage aus älterem Besitz (bit dingliche Klage des deutschen Rechts nach De l br üc k) find Rechtstlagen. D arüber unten in der Lehre vom Besitz und von der V indikation. ") Die nähere Darstellung der einzelnen petitorischen und possessorischen Klagen kann erst im besonderen T heil erfolgen. Hier n ur noch eine kurze Bemerkung über das Verhältniß der possessorischen zur petitorischen bei demselben Gegen­ stand. Durch Anstellung der Rechtsklage wird die Befitzklage beseitigt, weil das Recht den Besitzstand in sich enthält, aus dem zuerkannten Recht die Herstellung des Besitzes von selbst folgt (petitorium absorbet possessorium , auch dann, wenn im ersteren festgestellt wird, daß dem Kläger das Recht abgesprochen w or­ den, wo er auch nicht im Besitz geschützt werden kann: S t r i e t h o r s t B. 29

282

Erstes Buch. Die Grundbegriffe.

§. 31. Einfluß der Erhebung der Klage auf das Recht. F ö rs te r S . 111 fg. D e r n b ü r g I §§. 129— 132. — K e lle r , über Litiskontestation und Urtheil nach klaff. röm. R . 1827. S i n t e n i s , Erläuterungen über ver­ schiedene Lehren M Eivilprozesses, 1839 H. 1 N. IV. S . 91. W ä c h t e r , E rör­ terungen H. 3 1846. P r. R. II S . 518. S a v i g n y B. 6 tztz. 256— 279 S. lfg . B u c h k a , die Lehre v. Einfluß des Prozesses auf das materielle Rechtsverhältniß, 1846. 1847 2 Tble. U n g e r II. 6 . 518. W i n d s c h e i d I. S . 366. S i n t e n i s I. §. 33.

Die Erhebung der Klage erzeugt den Prozeß, ein eignes Rechts­ geschäft, welches die Parteien mit einander verhandeln, und das mancherlei materielle Einwirkung auf das Rechtsverhältniß äußert. Daß dies überhaupt geschieht, liegt nicht sowohl im Wesen und Begriffe des Rechtsstreits, als vielmehr in dem mit seiner Dauer verbundenen Zeit­ ablauf, insofern der Zweck, der durch ihn erreicht werden soll, der Aus­ spruch des Richters über das Recht des Klägers, sich durch die Verhand­ lungen der Parteien verzögert, und in der Zwischenzeit mit dem Objekt des Rechts selbst Veränderungen eintreten können, welche entweder durch willkürliche Handlungen des Beklagten oder durch Ereignisse hervorge­ rufen werden. Hier entsteht die Frage, welchen von beiden Theilen diese Veränderungen treffen sollen. Wenn Kläger durch das Urtheil mit seinem Anspruch abgewiesen wird, so fällt das Interesse der Frage weg, denn dann bleibt der Beklagte in der Lage, in der er sich vor Anstellung der Klage befunden: er hat nichts zurückzugeben, nichts zu leisten, er bleibt der Herr des Streitobjekts, ihn treffen beffeit Verminde­ rungen, ihm fallen seine Erweiterungen zu. Wenn aber Kläger eine Verurtheilung des Beklagten erzielt, und dieser dadurch zu einem Zurück­ geben oder Leisten genöthigt wird, so muß, wenn nicht dem Kläger durch die verspätete Wiederherstellung seines Rechts unverschuldet ein Nachtheil erwachsen soll, der Zeitpunkt als maßgebend angenommen S . 290- © e u f f t i t B . 5 S . 70, B- 6 S . 118). Die Besipklage hat also nur K raft und Bedeutung v o r der Recht-klage, wenngleich sie nicht die N atur einer präparatorischen hat ( S a v i g n y , Desih 5 A . S . 419). Eine Verbindung beider w ar früher nicht zulässig ( S t r i e t h o r s t B. 7 S. 200 fg). D as kanonische R. hat sie ausdrücklich für zulässig erklärt, c. X . II. 12. Nur ließ sich freilich das interd. retinendae possessionis nicht mit der Vindikation verbinden, c. 5. X . ibid. Ueber das Unzweckmäßige der Verbindung s. S e u f f e r t B 3 S . 245, B . 5 S . 70, B 6 S . 118. D e l b r ü c k , dingliche Klage des deutschen Rechts S . 333 fg. Die E P O tz. 232 Abs 2 untersagt Verbindung der Befißklage und der Klage durch welche das Recht geltend gemacht wird, in derselben Klage. D as muß nach dem Zweck der Bestimmung nicht nur von der Klageschrift son­ dern von dem ganzen Prozeß verstanden werden, so daß es auch unzulässig ist, in den ursprünglich possessorischen Prozeß petitorische, in den petitorischen possessorische Fragen durch Klageerweiterung (C .P O. § 253) ober durch W ider­ klage hineinzutragen. Dgl S e u f f e r t E P . O. S . 261. A. M . P e t e r s e n , E .P .O . II. . 19, W i l m o w S k i und Le vy, E .P .O . S . 296.

§. 5 1 .

E in flu ß

der

Erhebung der Klage a u f das Recht.

283

werden, wo er das Verlangte erhalten haben würde, wenn nicht der Beklagte dadurch, daß er sein Recht ohne Grund bestritten, die Zöge­ rung veranlaßt hätte. Dies ist ausgesprochen in dem Satz, ut id actori prae.stetur, quod habiturus esset, si ei litis contestatae tempore res restituta esset1).

Nun ist aber von jeher darüber viel S tre it gewesen, von welchem Zeitpunkt diese Wirkungen eintreten, ob vom Moment, wo die Klage an den Richter gebracht und dadurch in Gemäßheit des älteren Rechts a n g e s te llt, oder wo sie dem Beklagten zur E inlaffung m it g e t h e ilt oder wo sie b e a n tw o rte t worden, sich also durch diebeiderseitigen E rkläntngen der Parteien festgestellt hat, daß und wie weit das Recht zwischen ihnen streitig sei. I m älteren römischen Recht wurden die materiellen Wirkungen an den letzteren Zeitpuntt, den der Litiskoutestation, den Abschluß des Verfahrens in jure, geknüpft, sie novirte das streitige Recht in eine neue O b lig a tio n '). I m justinianischen Recht waren diese Wirkungen bereits abgestorben und nur noch einige Reste ü b rig '). I m gemeinen und preußischen Recht war die Litiskontestation als ein bestimmter formeller P arteiatt verschwunden und übte materiell aus das Rechtsverhältniß keine Wirkung mehr aus, namentlich zerstörte sie weder noch ändette sie den ursprünglichen Anspruch. D ie materielle Einwirkung des Prozesses war vielmehr zurückverlegt, theils auf den Zeitpuntt der K la g e b e h ä n d ig u n g , der Ladung, theils noch weiter zurück, auf den der K la g a n s te llu n g . D ie Civilprozeßordnung knüpft an die „E rh e b u n g " der Klage die Begründung der Rechtshängigkeit m it allen reichsgesetzlich oder landesgesetzlich geordneten Wirkungen der­ selben; sie schreibt zugleich vor, daß die landesgesetzlich an die Klage­ anmeldung, Klageanstellung, M itth eilun g , Ladung oder Einlaffung ge­ knüpften Folgen regelmäßig m it der Erhebung der Klage eintreten'). ') I. 31 p r. D . X U . 1. I. 4 0 p r. D . V . 3. 1. 17 §. 1. 1. 2 0 v . V I. 1. 1. 35. 75 de V . 8 . Doch daß die Regel eingeschränkter sei als ihr W o rtla u t, s. A r n d t s S . 159 §. 113 A n m 4. 6. 3) D ie Litiskontestation konsumirtc und novirte. G aj. I I I . 180. 181. IV . 106. 107. E s begann eine neue O blig atio n des In h a lts : reum condem nari oportere. R u r dies konnte der Kläger, und zwar nur in dem begonnenen Prozeß verfolgen. Sonst stand ihm die exceptio rei in ju d ic iu m deductae entgegen, welche auf dem Grundsätze beruhte: ne bis de eadem re sit actio. K e l l e r , Sit. Cont. ii. Urth. (1 8 3 7 ) S . 8 2 fg S a v i g n y V I . § § .2 5 6 — 2 5 8 6 . 1 — 36. W ä c h t e r , Erörter. H . 3 S . 2 fg . P r . R I I S . 5 2 1 . B e k k e r , die prozessua­ lische Konsumtion im klass. tötn. R. (1853). ') B e k k e r a. a. O . S - H f g . W i n d s c h e i d Actio S - 6 5 — 6 7 . Prozeß S 81. B u c h k a U . 6 . 1.

Wetzell,

C iv il-

4) A u f die modifizirende Bestimmung des §. 9 0 C P O . ist hier nicht näher einzu­ gehen. — Hervorzuheben ist dagegen, daß die Civilprozeßordnung di« Form der Erhebung der Klage nur für das Verfahren vor den o r d e n t l i c h e » Gerichten regelt; fü r das Verfahren vor besonderen Gerichten kann der Erhebung der Klage eine andere Gestalt und andere W irkung gegeben sein: S o wird im Verfahren

284

Erste- Buch. Dir Grundbegriffe.

Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung der Klageschrift, im Parteiprozeffe unter Umständen durch mündlichen Vortrag der Klage. Im Mahnverfahren begründet die Zustellung des Zahlungsbefehls die Wirkungen der Rechtshängigkeit. Wird in einem bereits anhängigen Prozeß ein Anspruch erhoben, so tritt die Rechtshängigkeit erst mit der Geltendmachung des Anspruchs in der mündlichen Verhandlung ein; es gilt dies von den Aenderungen der Klage und den Erweiterungen des Klageantrags, ebenso von Widerklagen des Beklagten *). Der in den Motiven der Civilprozeßordnung ausgesprochene Satz, daß auch die in der mündlichen Verhandlung erhobene Kompensationseinrede den Kom­ pensationsanspruch rechtshängig mache, verdient keine Billigung. Die richterliche Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Gegen­ forderung ist zwar in Höhe des Betrages, mit welchem aufgerechnet werden soll, rechtskrastsfähig, aber ob eine solche Entscheidung abzugeben ist, hängt von der Lage des Rechtsstreits ab, wird nicht in Folge des Ausrechnungseinwandes eine nothwendig von dem Richter zu erledigende Aufgabe'). An die wirkliche Einlassung des Beklagten, das mündliche Verhandeln desselben zur Sache ist nur der Verlust gewisser formeller Vertheidigungsmittel geknüpft. Erst mit dem wirklichen Eintritt des Verklagten in die mündliche Verhandlung zur Hauptsache wird ferner der Kläger an den Prozeß gebunden, er kann die Klage fortan nicht mehr ohne Einwilligung des Beklagtenzurücknehmen, während dies bis dahin von seinem einseitigen Entschluß abhängt. Wenn die Klage zurückgenommen wird, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig ge­ worden anzusehen. Die prozessualischen Wirkungen der Rechtshängigkeit, die dadurch begründete Einrede gegen eine anderweite Verfolgung desselben Rechtsstreits und die permutatio judicii sind hier nicht näher zu erörtern. Von der Unzulässigkeit der Klageänderung ist bereits die Rede gewesen. W as die materiellen Einwirkungen des Rechtsstreits auf das Recht anlangt, so hat S a v ig n y alle hierbei zur Sprache kommenden Fragen aus die beiden Gesichtspunkte zurückgeführt, daß der vor den Auseinandersehungsbehörden ein Anspruch dadurch erhoben, daß der Kommissar ihn zur Instruktion zieht oder daß deßhalb eine besondere Klage bei dem Kommissar eingereicht oder ihm zu Protokoll erklärt wird. I n erster Instanz ist eine Klageanderung unbegrenzt gestattet, wie auch die Klage nicht an die Vorschrift des §. 230 C .P .O . gebunden ist An die Klageerhebung m ittels be­ sonderer Klage find auch nicht die Wirkungen geknüpft, welche das bürgerliche Recht erst an M ittheilung der Klage schließt. Vgl. G v. IS. Februar 1880 ( G S . S . 69) §§♦ 11. 3 7 —40. Ueber Klageerhebung im schiedsrichterlichen Ver­ fahren f oben S . 270. 5) C .P .O . §§. 2 20 461. 4 71. 240. 251. 253. 254. 633. Ueber die Bedeutung der Klageschrift als wesentlichen Bestandtheils des Hauptverfahrens vgl. W ach , Verträge S 14. *) V gl. im übrigen P e t e r s e n in Busch Zeitschrift B. I. S - 93. — A. M . St ruc km a n n u. Koch, S e u f f e r t , — übereinstimmend W i l m o w s k i u. Lern).

§. 51.

E in flu ß der Erhebung der Klage a u f das Recht.

985

Einstuß der D a u e r des Rechtsstreits auf das Recht sich theils in

der

S ic h e r u n g der V e r u r t h e i l u n g , theils in der B e s tim m u n g ih r e s U m f a n g e s äußert. I.

S ic h e r u n g

Beides ist im Einzelnen zu erörtern'). d er V e r u r t h e i l u n g .

D as

zur Z e it der K la g ­

erhebung in der Person des Klägers vorhandene Recht w ird auch zur Z e it des U rtheils als noch ihm zustehend angenommen, während der D a u e r des Prozesses nicht u n te r b r ic h t

d ie V e r jä h r u n g

mehr

einbüßen.

u n d E rs itz u n g .

über in der Lehre von der V erjährung.

er

kann

es

D ie K lage

D a s Weitere hier­

Z w a r w ird ferner eine Siche­

rung der Verurtheilung darin gefunden, daß die K lage auf die Erben beider Seiten übergeht: dies ist aber nicht als ein E in flu ß der K la g ­ anstellung aufzufassen, denn die Klagen sind v e r e r b lic h , weil und so­ weit es die Rechte sind, aus denen sie hervorgehen7 89 ). keit der Rechte und Klagen ist zwar aber das Recht unvererblich ist, nicht vererblich.

D ie Vererblich­

aktiv und passiv die R egel,

wo

w ird die Klage durch ihre Anstellung

R u r zwei Ausnahmen:

a. wenn wegen Undanks eine

Schenkung widerrufen werden soll, können die Erben des Schenkenden die K lage fortsetzen, die von ihrem Erblasser bereits anhängig gemacht, und sie können sic sogar

anstellen,

wenn der W ille ihres Erblassers,

den Undank zu rügen, bereits ausgesprochen, die Ausführung des E n t­ schlusses aber n u r durch seinen Tod vereitelt worden.

H ie r w ird aller­

dings die K lage durch ihre erfolgte oder gewollte Anstellung aktiv ver­ erblich').

b.

D ie Erben des beleidigten Ehegatten sind

Scheidungsklage des letzteren zu verfolgen, Sühneversuch

gestorben,

doch nur

zum

wenn

Zweck

er

befugt,

die

nach fruchtlosem

der Vermögenssonde­

rung 10) . 7) F ö r s te r stimmte dem S a v ig n y 's c h e n Gedanken einfach zu. Dom Herausgeber ist darauf liinzuweisen, daß es sich um Einw irkungen handelt, welche sich über den anhängigen Prozeß hinaus erstrecken Insbesondere g ilt dies von der Unter­ brechung der Verjährung. D aß das geltend gemachte Recht nach der Z eit der Geltendmachnng zu beurtheilen ist. g ilt auch von Rechten, die einem bloßen E in w a n d zu Grunde liegen, dessen Erhebung nicht Anspruchserhebung ist. ') Ueber die Vererblichkeit der Rechte und somit der Klagen s. A . G . O . I . §. 38. A .L .R . E in l §§ 102. 103 I. 9. 4 6 0 — 3 6 3 I. 17. §§. 127. 151 S o w e it * b e t 9 , in der jurist. Zeitung S . 394. 4 1 9 . 443. 492. 510. 5 6 5 . D e r Schadens­ ersatz aus Delikten w ird unbeschränkt gegen die Erben des Beklagten verfolgt. Klagen, die in der Person des Oeklagten Besitz voraussetzen, find nicht vererb­ lich, w eil sich der Besitz nicht vererbt, sondern ergriffen werden muß. Entsch. B 18 6 . 3 , B . 4 2 6 . 4 3 . A. M . D a n i e l s I. § . 1 9 0 und S t r o h n bei l L t r i e t h o r s t B . 18 S . 3 49. — D aß Vererblichkeit der Klage nicht eine W i r ­ kung des Prozesses ist, s. W ä c h t e r I I . S - 4 7 6 Note 1. 2 . 9) A L R I. 11. §§. 1158. 1 1 5 9. D ie Pflichttheilsklage ist nach preuß. R . nicht vererblich. D ie Bestimmung des röm. R - , daß sie vererblich sei, wenn ja m coepta controversia vel praeparata sei, ist nicht aufgenommen. 1. 6 § . 2 D . V . 2. 10) A .L .R . I I . 1. § § .8 2 7 . 8 2 8 : ferner ist die in einer noch anfechtbaren Entschei­ dung zugesprochene Ehescheidungsstrafe in Gemäßheit des §. 8 3 0 A .L .R . I I . 1

286

Erste- Buch. Die Grundbegriffe.

Zur Zeit des beginnenden Rechtsstreits (jeht also der Klage­ erhebung) muß das Recht dem Kläger zustehen, wenn es ihm während der Dauer deffelben erhalten bleiben und die Verurtheilung des B e­ klagten darauf gesichert sein soll. Daraus folgt, daß, wenn der Kläger das Recht erst im Laufe des Prozeffes erwirbt, die Verurtheilung des Beklagten nur insofern eintreten kann, als das neue Fundament der Klage, das jetzt zwischen den Parteien begründete Rechtsverhältniß, nach den Grundsätzen von der Klageänderung berücksichtigt werden kann. D ie Verurtheilung ist aber auch nur dann möglich, wenn zur Zeit des Spruchs das Recht dem Kläger noch gebührt. Er darf nicht inzwischen befriedigt, das Objekt des Rechts darf nicht untergegangen sein1 Wie eine Veräußerung des eingeklagten Rechts oder des Gegenstandes deffelben den Prozeß berührt, ist sogleich eingehender zu erörtern. D as Urtheil muß der Sachlage entsprechen. Wenn der Untergang des Rechts durch eine Thatsache bewirkt worden, die der Beklagte zu vertreten hat, oder wenn sonst in Folge eines im Lause des Prozesses eingetretenen Umstands ein anderer Gegenstand gefordert werden kann, so ist die Forderung des Interesse oder dieses anderen Gegenstandes nach den bereits dargelegten Grundsätzen von der Klageänderung zulässig"). D as gemeine Recht sicherte die Verurtheilung noch dadurch, daß es Veräußerung des Streitgegenstandes während des Prozesses und vererblich. — W enn in der Entsch. B. 80 S . 82 das gesetzliche Vorkaufsrecht, wenn es durch Klage geltend gemacht ist, als vererblich bezeichnet w ird, so ist hier die Vererblichkeit nicht an den Akt der Klage sondern an die durch Rück­ forderung geschehene A usübung des Vorkaufsrechts, die auch in der Form der Klage geschehen kann, geknüpft. n ) I. 23. 35 D. V. 1. 1. 11 §§. 4. 5 D. X LIV . 2. 1. 7 §. 7 D. X . 4. K och, schles. Arch. D 5 S . 93. S e u f f e r t D l 6 . 123. S a v i g n y S . 61. 64. W a c h te r, E rört. H. 3 S . 121— 126. Dieser nimmt bei dinglichen Klagen an, daß, wenn Klager zur Zeit der Klaganstellung zwar noch nicht Eigenthümer ge­ wesen, es aber im Laufe des Prozesses geworden, er noch eine Verurtheilung er­ wirken könne, wenn nur der Klagegrund nicht geändert wird und die Erwerbung nicht nach dem Deweisverfahren eingetreten ist. Siehe dagegen F ö r s t e r S . 118 Note 27. 12) Wä c h t e r a. a. D. S . 124, z. B qui dolo desiit possidere. E .P .O §. 240 N r 3. — Die im Laufe des Prozesses eingetretene Fälligkeit des Anspruchs wird, wenn der Anspruch als ein künftig fälliger geltend gemacht werden konnte, m it Recht berücksichtigt; — Anders liegt die Sache, wenn und soweit das Recht die Geltendmachung eines erst künftig fällig werdenden Anspruchs nicht zuläßt. Kann hier der Umstand, daß ein unverfolgbarer Anspruch erhoben ist, in Folge des im Laufe des Prozesses eingetretenen Fälligkeitstages außer Betracht bleiben. Stricto jure wohl nicht, aber die Geltendmachung dieses formalen Rechtsstand­ punktes wäre unbillig, dolos, wenn der Beklagte nicht mit dem E in tritt der Fälligkeit den Kläger klaglos stellt; er würde dann den Kläger zur Neuerbebung ganz derselben Klage nöthigen, obgleich er sich gegen die alte Klage noch jetzt frei vertheidigen kann. Deßhalb wird nach Her Eivilprozeßordnung der E in tritt der Fälligkeit zu Gunsten der Klage in Betracht gezogen werden können, wie dies in dauernder P ra ris auch schon nach älterem Recht geschehen ist.

§.

51. Einfluß

bet

Erhebung der Klage auf

das

Recht.

287

Veräußerung der actio litigiosa verbot"). D a s preußische Recht ge­ stattete Veräußerung des streitigen Rechts und Veräußerung der Streit­ sache, unterwarf aber den Erwerber den prozeffuatischen Pflichten des Cedenten oder Veräußerers, indem es davon ausging, daß die Ver­ äußerung keinen dem Prozeßgegner nachtheiligen Einfluß auf den Fortgang des Rechtsstreits üben dürfe"); jedoch ließ die Praxis diese Sätze nicht durchgreifen, soweit sie mit den Grundsätzen über den Ein­ fluß der bona fides im Falle des Erwerbs einer Mobilie und über den Einfluß des Glaubens an den Inhalt des Grundbuchs in Kollision kamen"). Auf demselben Standpunkt steht die Civilprozeßordnung. D ie Veräußerung des litigiösen Anspruchs oder des Gegenstands des Rechtsstreits ist gütig, soll aber den Prozeß nicht beeinflussen. Der Erwerber tritt regelmäßig nicht als Hauptpartei in den Streit ein, aber das ergehende Urtheil ist gegen ihn wirksam und vollstreckbar"). Mit Zustimmung des Gegners soll er jedoch den Prozeß an Stelle des Rechtsvorgängers übernehmen können und es bedarf dieser Zustimmung nicht, ja der Prozeß muß auf Verlangen des Gegners übernommen werden, wenn ein Grundstück veräußert ist, und es sich in dem Prozeß um Rechte handelt, die für das Grundstück oder an dem Grundstück in Anspruch genommen sind"). Aber der veräußernde Kläger verliert seine *3) I. 4 C. VIII. 37. Nov. CXII. c. 1. D a n g e r o w I. S . 287. D ie gemeinrechtliche P raxis neigt sich dahin, nur diejenige Veräußerung einer res litigiosa für verboten zu erachten, die dem Gegner nachtbeilig werden kann. Hol zs chuher , Theorie und Easuistik B. 3 S 253. S e u f f e r t B. 3 S 29. Res litigiosa ist nur der unmittelbare Gegenstand des Rechtsstreits. Eutsch. B . 9 S . 426. Annalen des O.A.G Dresden B. 2 S . 52. Mie dem Deräußerungsverbot hängt der Grundsatz zusammen: lite pendente nihil innovandum esse (s. E i g e n ­ b r o t im Arch. f. preist. R .W . B. VII 6 . 85.) Auch hier wird angenommen, die Veränderung muß eine dem Gegner nachtbeilige sein. S e u f f e r t V. 79. X . 417. Verpachtung oder ordnungsmäßiger Holzschlag sind z. B. nicht nach­ theilige Veränderungen. S e u f f e r t B . 3 S . 224. 225 Z i m m e r m a n n im Arch. f. civ. Prax. B. 35 S . 431, D. 36 S . 49. u ) Die anscheinende Antinomie zwischen A.G.O. I. 7. §. 48, A L R I. 11 § .3 8 3 kann jetzt bei Seite gelassen werden. Dgl. noch A G .O. 1. 24 §. 9. S t r i e t horst Arch B. 3 S . 44. ,s) Vgl. Entsch. B. 30 S . 204, B . 35 S . 40. 16) E P .O § § .2 3 6 —238. Die Wirksamkeit des Urtheils g e g e n den Erwerber er­ streckt sich auf den Fall des Erwerbs nach beendetem Rechtsstreit: C .P .O . §.665. — Dgl zu dem Folgenden A r n d t bei Gr uc h o t B . 22 S . 322. n) D e r n b u r g I. S - 281 will „analog" den Erwerber eines Grundstücks auch in die von dem Dorbesitzer angestellten Klagen gegen Miether und Pächter ein­ rücken lapen. E r beruft sich dabei auf A r n d t s a a. O. S 333. D ort wird es als wenig sachgemäß bezeichnet, daß nicht der Erwerber des Grundstücks in einen von dem Dorbesitzer auf Exmission des Miethers oder auf Zahlung von M ietbs- und Pachtzinsen einrücken könne. A r n d t s ist also weit entfernt davon eine Analogie anzuerkennen. W orin dieselbe liegen soll, ist bei den Klagen aus dem M ietbs- u. Pachtverträge nicht abzusehen. Diese werden von der Veräußerung des Grundstücks gar nicht oder wie durch eine Eession berührt H ält man die Ex­ missionsklage für eine dingliche, so wird man sie jedenfalls als Eigenthumsklage nicht als Klage aus einem Recht an einem fremden Grundstück behandeln müssen.

Aktivlegitimation und das Urtheil hat keine Giltigkeit gegen den E r­ werber, der denn auch nicht berechtigt oder verpflichtet ist in den Rechts­ streit einzutreten, — wenn der Erwerb des Streitgegenstands in einer Weise stattgefunden hat, daß dem Erwerber nach den Vorschriften über den Erwerb beweglicher Sachen oder über den Erwerb in gutem Glauben oder über den Erwerb auf Gmnd des Grundbuchs eine andere Rechts­ stellung als seinem Autor zukommt. Besondern Zweifel rufen diese Be­ stimmungen bezüglich der Rechtsstellung des Gebenten, Cessionar und debitor cessus tot Falle der Session einer bereits eingeklagten Forde­ rung hervor, wenn trotz der Giltigkeit der Cession der Cedent weiter­ klagt und der Cessionar nicht in den Prozeß eintreten kann, auch der ccssus nach der Benachrichtigung von der Cession die mangelnde Aktiv­ legitimation des Gebenten nicht geltend machen kann. Hierauf ist bei der Lehre von der Rechtsabtretung zurückzukommen. 2. B estim m ung des U m fan g s der V e ru rth e ilu n g . Der Gegenstand des Rechtsstreits kann sich während der Dauer desselben er­ weitern oder vermindern. Als Rechtsgrund für die Verpflichtung des Beklagten, für die Verminderungen einzustehen und die Erweiterungen herauszugeben, wird V erzu g und U nredlichkeit erachtet, welche beide Folgen der Ladung sein sollen. Rach der richtigen Ansicht ist für das gemeine Recht der Grundsatz nicht haltbar, weder Verzug noch Unred­ lichkeit knüpfen sich an die Klagmittheilung, wenn nicht anderweitig die Momente für beide gegeben sindIe). Auch bedarf man des Grundsatzes nicht, um die Pflicht des Beklagten zur Herausgabe der Vermehrung und zum Ersatz der Verminderung zu rechtfertigen. Im preußischen Recht ist es dagegen direkt ausgesprochen, daß die Ladung beide Folgen hat. Der Beklagte kommt in Verzug und erhält die Verpflichtungen des unredlichen Besitzers"). „Wenn kein früherer Zeitpunkt der Un­ redlichkeit des Besitzes ausgemittelt werden kann, so wird der Tag der dem Besitzer durch die Gerichte geschehenen Behändigung der Klage dafür angeno m m en ," d. h. die Unredlichkeit wird fingirt, und darum muß man sie von der wirklichen unterscheiden, wo der Beklagte es w eiß, daß der Streitgegenstand dem Kläger gehöre"): Die Erweiterungen des Objekts durch Früchte, Zinsen, Zuwachs, die während der Dauer des Rechtsstreits entstanden sind, muß der verurtheilte Beklagte wegen seines fingirten Verzugs und seiner fingirten Schlechtgläubigkeit dem '«) Buchka B. 2 S. 160fg. S a v i g n y B 6 S. 81fg. Wächter S. 10tt. Unger S 541. Die entgegengesetzte (ältere) Ansicht stützt sich auf 1. 25 §. 7 D. V. 3. und 1. 20 §. 11 eod. 19) §. 222 I. 7. 5. 61 I. 16 A.L.R. Ebenso österr. G.B. §. 338. *>) §. 11 I. 7. §. 229 das. Oestere. G B. §. 338. Nach röm. R. 1. 10 C, VII. 32 kann von dem redlichen Besitzer zur Zeit der Ladung nur gesagt werden: „super jure possessionis dubitet et vacillet.“

§. 51.

Einfluß der Erhebung der Klage auf daS Recht.

289

Kläger herausgeben. Dazu gehören insbesondere die vorhandenen, wenn auch schon gewonnenen Früchte; die verzehrten muß er ersehen. D ie versäumten dagegen, d. h. diejenigen, welche der rechtmäßige Eigen­ thümer — also der Kläger — wirtschaftlich hätte genießen können, hat nur der wirklich unredliche Besitzer zu erstatten"). Hierdurch ist eine gemeinrechtliche Kontroverse beseitigt: ob es darauf ankomme, daß Kläger oder Beklagter die Frucht hätte gewinnen sönnen” ). D ie Geldent­ schädigung fü r die verbrauchten (selbst verzehrten oder veräußerten) Früchte w ird nach dem mittleren Marktpreise zur Z e it des Verbrauchs oder nach dem gewonnenen Veräußerungspreife berechnet und muß vom Tage ihrer rechtskräftigen Festsetzung landüblich verzinset w erden"). I n gleicher Weise w ird der Werth fü r die versäumten Früchte zu ermitteln sein, obgleich darüber im A .L .R . nichts gesagt ist. V on dem Werth find die Gewinnungs- und Erhaltungskosten abzuziehen"). Wenn der Ge­ genstand der Klage eine Geldquantität ist, so ist diese landüblich vom Tage der Behändigung zu verzinsen, selbst dann, wenn die bedun­ genen Zinsen niedriger sind. Zw ar soll der wirklich unredliche Beklagte insofern strenger behandelt werden, als er den höchsten gesetzmäßig er­ laubten Zinssatz zu leisten h a t"), dies ist aber eine inhaltlose Vorschrift, weil der landübliche und der höchste gesetzmäßig erlaubte in der Regel zusammenfällt. E in abweichender Anfangstermin ist in einigen Fällen gesetzt, in denen Zinsen erst vom Tage des ergangenen oder rechtskräftig gewordenen Urtheils laufen sollen. Dies g ilt insbesondere, wenn aus einer unerlaubten Handlung eine Entschädigung zu zahlen ist*'*), wenn ein Zinsrückstand " ) und wenn eine als Geschenk versprochene S u m m e ") eingeklagt ist. — D ie vom Beklagten vorgenommenen V e rb esse91) 223 — 229 I. 7. Der wirklich unredliche Besitzer hastet für die omnis causa nicht von der Ladung, sondern von dem wirklichen Beginn seiner Unredlichkeit, der auszumitteln ist. 6 a t) ig n ti € . 113. Wach te r, Erörter. H. 3 S . 133. Nach dem österr. G .B . §. 355 kommt es nur dem wirklich unredlichen Besitzer gegenüber darauf an, ob der Kläger die versäumten Früchte hätte genießen können, dem durch die Ladung unredlich gewordenen Besitzer gegenüber entscheidet aber, ob er selbst die Früchte hätte ziehen können. U n g e r I. 83 Note 50 (doch nur durch eine der ratio legis entnommene einschränkende Auslegung des §. 338 österr. G .B .) und I I . 543. §. 531 I. 7. A L .R . * ) §§. 23 3— 237 I. 7. 2i) §. 232 I. 7. * ) A L.R.

I. 16 §. 66.

Entsch. B . 24 © . 129.

^) A L R . I. 11 §. 321. — Die preußisch rechtlichen Vorschriften, daß auf gesetzliche Zinsen von Amtswegen zu erkennen, (A G .O. I. 23 §. 58) und daß im Urtheil übergangene Verzugszinsen (oder eingeklagte vorbedungene Zinsen) als aberkannt gelten: (A.L.R . I. 11 §§. 845. 846), sind durch die Civilprozeßordnung aufge­ hoben. E .P .O . §. 279, E in f.-G . z. C .P .O . §. 14 Nr. 5. Dgl. unten §.68. 38) I. 11 §. 1079. tzrrster, Preuß. Pnvatrecht. I. 4. Aust.

290

Erste- Buch. Die Grundbegriffe.

ru n gen kann derselbe im Falle der fingirten Unredlichkeit und Verzö­ gerung wegnehmen, wenn sie Kläger nicht billig entschädigen w ill"); im Fall der eigentlichen Unredlichkeit muffen sie preisgegeben werden. — Zufällige V er rin g er u n g e n werden bei fingirter Schlechtgläubigkeit nicht vertreten, bei wirklicher Schlechtgläubigkeit müssen sie vergütigt werden, wenn nicht auszumitteln ist, daß der Zufall die Sache auch im Besitz des Klägers würde getroffen haben. Nur derjenige Beklagte, der durch eine strafbare Handlung in den Besitz gelangt ist, hastet unbe­ dingt für den Zufall"). Für verschuldete Verringerungen haftet der fingirt Unredliche bei mäßigem, der wirkliche bei geringem Versehen"). Sind aus allgemeinen Gründen die Preise gestiegen oder gesunken, so kommt die Steigerung dem Kläger zu gut, die Verminderung fällt dem Beklagten zur Last. D ie Differenz wird berechnet aus der Vergleichung des Werths der Sache zur Zeit des Urtheils mit dem Werth zur Zeit wo die Zögerung begonnen hat. Wie die Praxis annimmt, hat nicht bloß der wirklich, sondern auch der fingirt unredliche Besitzer vom Tage der Klagebehändigung über die Benutzung der von ihm zu restituirenden Sache dem Kläger Rechnung zu legen"). Dem Kläger wird dadurch die Beweislast über den Um­ fang seiner Erstattungsforderung abgenommen.

§. 52. Konkurrenz der Klagen. Koch, Pr.R. 1.357. Förster ©. 207. — Sa v i gny B. 5 6. 204—265. Wächter II. 6.455. ©i n t e n U I. §.30 6.272. Windscheid, Actio S- 31. Unger II. S. 386. Die Literatur ist ziemlich zahlreich, die ältere aber nicht mehr brauchbar.

Wenn derselben Person mehrere klagbare Ansprüche auf daffelbe Objekt zustehen, so konkurriren diese mit einander. Diese Konkurrenz ist nicht Kollision') denn die verschiedenen Rechtsgründe, aus denen die mehreren Klagen hervorgehen, wirken neben einander, nicht gegen ein­ ander, nnd erst wenn durch Verfolgung der einen Klage das Objekt erreicht worden, werden die anderen Klagen wirkungslos. D ie Lehre von der Konkurrenz der Klagen ist neuerdings durch S a v i g n y und ”) *°) *') **)

AL R. I. §§. 7. 211. 238. 239. AL.R. I. 7 §§. 240—242. A L.R. I. 7. §.240. Pl.Dtschl. v. 4. Mai 1863. J.M.B. 6. 143. Entsch. B. 52 S . 1 (unrechtser. tiger Befi-er). §. 222 I. 7. A.L.R. Vgl. oben §. 48 «tun. 11, 12. ') Als Kollision will sie Wind scheid (Actio 6 33) und Böcking I. S . 512 Rote 59 auffassen. Mit Recht dagegen Unger 6.393 Note 22.

W ächter gesäubert worden von einer Menge ungehöriger Einmischungen, sie hat dadurch eine große Einfachheit erhalten. Wesentlich für ihren Begriff ist, daß aus verschiedenen Rechtsgründen daffelbe Objekt von derselben Person erstrebt werden kann'). Die Konkurrenz betrachtet man als einen Grund des Untergangs der Klagen und bestimmt hier­ nach ihre Stelle im System. Sowohl W äch ter') als B r in z ') hallen diese Auffassung für unrichtig. E s ist ein Zeichen von Reich­ thum, meint letzterer, wenn man mehrere Klagen zur Wahl hat. Und allerdings kann die systematische Stellung einer Lehre nicht nach der Wirkung, sondern muß nach dem Begriff bestimmt werden. Zum Begriff der Konkurrenz gehört aber nicht, daß die eine Klage die andere vernichte; daß die nicht gewählte untergeht, wenn mit der gewählten die Befriedigung erreicht worden, ist nicht die Folge der Konkurrenz, sondem die Folge der Befriedigung. An sich macht die Anstellung der einen die Anstellung der anderen juristisch nicht un­ zulässig. Mehr Mittel für denselben Zweck anwenden zu können, ist ein Vorzug, der Berechtigte befindet sich in einer günstigeren Lage, und dies muß hier der leitende Gesichtspunkt sein. D a s preußische Recht hat keinen Ausspruch über die Konkurrenz der Klagen, die allgemeinen Grundsätze müssen daher dem gemeinen Recht entnommen werden. E s bedarf nicht mehr der Erörterung der vielen technischen Bezeichnungen, die die ältere Schule für die verschie­ denen Fälle der Konkurrenz aufgestellt hat, die sämmtlich nicht hieher gehören. Will man für den einzigen Fall wahrer Konkurrenz den alten barbarischen Namen angeben, so ist es der des concursus electivus objectivus. Die Konkurrenz ist elektiv: sie giebt dem Kläger die Wahl zwischen mehreren Klagrechten; sie ist objectiv, stets auf einen und den­ selben Gegenstand gerichtet. Aus der Wahl folgt, daß man von den mehreren Klagen so lange neben und nacheinander Gebrauch machen kann, bis der Zweck erreicht 2) W ie K och. P r. R. I. S . 3 5 8 au f den Gedanken hat kommen können, den F a ll, w o die eine der beiden K lagen verjährt ist, noch a ls Konkurrenz anzusehen, ist ebenso unbegreiflich, a ls daß er es für nöthig erachtet h at, davor zu w arnen, daß die A bw eisung einer unrichtigen Klage in der angebrachten A rt von der elektiven Konkurrenz verschieden sei! D ort konkurrirt doch gew iß keine K lage mehr, und daß es Jem and eingefallen sein sollte, eine Konkurrenz zwischen einer richtigen und unrichtigen K lage anzunehmen, ist kaum zu glauben. UebrigenS kann eine u n r i c h t i g e K lage n iem als in der angebrachten Art, sondern muß immer gänzlich abgewiesen werden. W enn jenes geschieht, so ist es ein juristi­ scher Schnitzer. D a s P räjudiz 1731 (Entscheid. B . 12 S . 17) hat au f K lage­ konkurrenz gar keine B eziehung. 3) W ä c h t e r S . 45 7 N ote 2 a. E . 4) B r i n z , Pandekten S - 1 2 7 . M it demselben Recht könnte m an die Lehre von den K orrealobligationen a ls U ntergang der O bligationen betrachten; denn w enn der Kor­ realschuldner das ganze Objekt geleistet hat, ist die O bligation der übrigen gelöst.

Erst»« Buch

292 ist.

Insbesondere steht in

Die Grundbegriffe.

der Regel nichts der V erbindung mehrerer

Klagegründe als A n g riffs m itte l bezüglich deffelben Anspruchs in einer und derselben K lage entgegen.

B e i gleichzeitiger V erfolgung des ob­

jectiv identischen Anspruchs durch die konkurrirenden Klagen in beson­ deren Prozeffen würde die B e fu g n iß des Gerichts zur Verbindung der Prozeffe oder zur Aussetzung des einen Rechtsstreits wegen der p rä ju ­ diziellen Bedeutung des andern einem M ißbrauch entgegentreten können'). Auch besteht streng genommen die Erreichung des Zwecks nicht schon in der V e ru rth e ilu n g des Beklagten, sondern in der von ihm geleisteten B e frie d ig u n g ').

E in e r K lage aus dem einen Klagegrund nach erzielter

V e ru rth e ilu n g wegen des andern möchte aber doch die Einrede nutzlosen M ißbrauchs eines form ellen Rechts (exceptio doli) entgegenstehen ’), so­ w e it nicht m it der letztgewählten Klage mehr als m it der ersten erreicht werden kann.

In

diesem F a lle darf das M e h r nachverlangt w erden').

E in e W a h l zwischen verschiedenen Klagen, m ith in eine Konkurrenz ist es nicht, wenn der K lä g e r ein Wahlrecht in B etreff der A rt seiner B e frie d ig u n g hat, wenn z. B . einem Legatar im Testament oder einem K ä u fe r in dem V ertrage die A usw ahl zwischen mehreren Gegenständen gestattet ist.

H ie r hat der K lä g e r n u r die W ahl zwischen verschiedenen

Objekten, und mag er a u f das eine oder andere seinen Anspruch richten, die K lage bleibt dieselbe. H a t er gewählt, so verwandelt sich die a lte r­ native Leistungspflicht des Beklagten in eine einfache. W ird der K lä g e r m it der einen K lage abgewiesen, gehindert, die andere

anzustellen.

Diese kann m it

so ist er nicht

der Einrede

der

Rechtskraft n u r beseitigt können, wenn die Bedingungen fü r dieselbe ge­ geben sind: die Konkurrenz an sich begründet sie nicht. 5) D g l. E P O . §. 137; §§. 138. 139: M an kann freilich nicht klagen aus mehreren Fundamenten, die einander widersprechen. Eine Klage, deren Fundamente sich negiren, hat kein Fundament. — Vgl. S e u s f e r t , X X . 186. Wet zel , E iv ilprozeß I I. 840. — Es ist ferner (vgl. §. 30 Anm. 29) die Verbindung der Besitzklage (d. b. im Gegensatz zur Klage, mit der das Recht selbst geltend gemacht w ird , die Klage aus dem Besitz) und der Klage, mit der das Recht geltend gemacht wird, durch §. 232 C .P .O . ausgeschlossen. *) Es war ein alter S tre it. D e n e l l u s ( X X I. c. 3 § . 8 ) sah die Verurtheilung als das entscheidende Moment an; seit T hi b a u t und S a v i g n y wird jetzt all­ gemein die Befriedigung dafür angesehen LetztereAnsichtist durchdie Quellen unterstützt: 1 18 §. 3 D. X I I I . 5.1. 35 §. 1 D. X I X . 2. 1 4 D. I X 3. 1. 7 §. 4 D. X X V I I. 6. I. 32 pr. I). X V . 1. 7) D ie früheren Ausgaben wiesen wegen der Zulässigkeit solcher Klagen auf die Analogie der §§. 430. 434 I. 5. A.L.R. und darauf hin, daß nicht leicht Je­ mand das unsichere M itte l statt der sicheren Judikatsklage wählen werde und verweisen auf Wä c h t e r © . 465c. *) 1. 41 §. 1 D . X L IV . 7. 1. 34 §. 2 ibid. (Dergl. über die Lesart beider Stellen S a v i g n y S . 224, Huschke in der Zeitschrift f. E ivilr. u. Proz. N. F . B . 2 S . 180fg., E . lr-4 fg ). I. 34 pr. D. I X . 2. I m heutigen Recht ist die Nach­ klage auf das Mehr von keiner praktischen Wichtigkeit; im tönt R . geborten hier­ her die Privatstraftlagen, die nicht mehr bestehen.

§. 53. Die Einrede.

293

Läßt der Kläger, ohne dem Anspruch aus das Objekt überhaupt zu entsagen, die gewählte Klage in prozessualisch zulässiger Weise vor dem Urtheil fallen, so ist er nicht gehindert, die andere Klage zu gebrauchen. Wo durch die wirkliche Leistung in Folge der durchgeführten einen Klage die andere vernichtet ist, muß, wenn diese dennoch angestellt wird, der Beklagte ihr eine Einrede entgegenstellen'). §.53.

2. D i e Ei n r e d e .

K och, P r. R. I. S . 3 5 9 fg. Fö r s t e r S . 128 — 174. D e r n b u r g I. § .1 2 7 . — B e t b m a n n - H o l l w e g , Versuche übet einzelne Theile der Theorie des Civilprozeffes 1827 S . 369. A l b r e c h t , die Exception des gern, deutsch. E.Proz. ge­ schichtlich entwickelt, 1835 S c h m i d t , die gemischten Einreden, 1839 H e l ­ m o l t . Verhältniß der Exceptionen zur Beweislost, 1852. W i r t h , das leitende P rinzip der Deweislast und Einreden im C Proz 1852. v. D ö l d e r n d o r f f , in der Zeitschr. f. Eiv.-R. u. Proz. N F . D. 11 S . 290. R e i n hol d, ebendas. D . 13 S . 1. H ei m dach, im Rechtslex B. 3 S . 673 M a x e n , über Geweislast, Einreden, Exceptionen, 1861. E i s e l e, die materielle Grundlage der exceptio, 1871. S . 119fg. B i r k m e y e r , die Exceptionen im bonae fidei Judicium . L e n e l , Ursprung und Wirkungen der Exceptionen 1876. K i e r u l f f I. S . 175. S a v i g n y V. S . 150 (§§. 225— -28). W ä c h t e r 11.492. U n g e r II. 471. 492. Wi n d s c h e i d I. S . 117. S i n t e n i s I. §. 32.

D ie Klage wird erst hervorgerufen, sie kann regelmäßig erst ge­ braucht werden, wenn das Recht bestritten oder verletzt worden. S ie bezweckt, durch gerichtliche Entscheidung das Recht gewiß zu machen, die Verletzung zu beseitigen. E s wird daher dasselbe als streitig vor den Richter gebracht und es erscheinen nothwendig die Behauptungen des einen und des andern Theils zunächst in ihrer Einseitigkeit und Zweifelhaftigkeit. Räumt der Beklagte den Anspruch ein, so ist der Zweck der Klage erreicht'). Bestreitet er ihn, so muß er sich vertheidigen. D aß er sich vertheidige, ist sein Recht: es steht ihm deßhalb frei, ob und wie weit er sich dieses Rechts bedienen will'). *) Diese Einrede basirt auf dem Grundsatz: bona fides non p atitu r, u t bis idem exigatur. 1. 57 de R. J. Hier wird der Schutz, den die Einrede der Rechts­ kraft bietet, vervollständigt: denn diese beseitigt nur die nochmalige Forderung desselben Objekts aus demselben Rechtsgrunde; die Einrede der Konkurrenz aber die zweite Forderung desselben Objekts aus einem andern Rechtsgrunde und selbst wenn sie gegen eine andere Person gerichtet ist. D ie Einrede ist eine exceptio doli generalis. ') D as Anerkenntniß erledigt den Rechtsstreit formell nicht, vielmehr ergeht auf G rund desselben, wenn Kläger solches beantragt, ein verurtheilendes Erkenntniß. E P O. §. 278. Dasselbe ist aber nach der Richtung hin prozessualisch eigen­ thümlich, daß es von Amtswegen für vorläufig vollstreckbar erklärt wird. (C P O . §. 148 Nr. 1). 2) Dgl. §. 50 Anm. 7.

294

Erste- Buch

Die Grundbegriffe.

Nach dreifacher Richtung kann sich möglicherweise die Vertheidigung bewegen. Entweder: der Beklagte bestreitet die Thatsachen, aus denen das Recht entstanden sein soll; oder: er widerspricht ausschließlich der vom Kläger aus den Thatsachen abgeleiteten Rechtsfolge; oder endlich: er läßt die Thatsachen, welche geeignet waren zur Entstehung des Rechts zu führen, unbestritten, leugnet aber dennoch das Dasein des Rechtsverhältnisies oder die Berechtigung des daraus entnommenen Anspruchs auf Grund des Eingreifens anderer rechtlich erheblicher Umstände. D ie beiden ersten Arten, die auch verbunden vorkommen können, und als n eg ativ e L itisk o n testa tio n , V ern ein u n g , bezeichnet werden, bieten der Betrachtung nichts weiter dar. D ie dritte Verthcidigungsweise ist die wichtigste und bedarf der näheren Erörterung. Man saßt sie heut unter dem Namen E in red e zusammen, nur darf nicht übersehen werden, daß diese Benennung eine weitere ist, als der Begriff der römischen exceptio, der sich nur aus die Geltendmachung eines Rechtsgrundes bezieht, kraft dessen Beklagter die Wirksamkeit des an sich begründeten Klagerechts zurückweisen kann. Daß auch die Leugnung der Fortexistenz des Klagerechts auf Grund eines Umstands, der nach römischem Recht das Recht ipso jure zerstörte — z. B . auf Grund der Zahlung — im heutigen Prozeß als Einrede aufgefaßt wird, hängt mit der seit dem Mittelalter aufgekommenen Eintheilung von exceptiones facti und Juris zusammen'). Wenn nun auch gewiß 3) Ob di« exceptio schon zur Zeit der Ltgisaktionen gebraucht ist. ist nicht klar zu ersehen. I n die legis actio konnte sie nicht eingepaßt werden, deßhalb fehlt es an Nachricht Vielleicht wurde für sie getrennt Vorsorge getroffen. K e l l e r , röm. C iv.-Proz. 2 A . S . 141. Im Formularprozeß tritt die exceptio klar her­ vor als die negative Bedingung des in der Formel ausgedrückten Kondem­ nationsbefehls. S ie hatte ihren Platz zwischen der intentio und condem natio (a. M . S a v i g n y , der sie hinter die condemnatio stellt). Ursprünglich hatte sie den Zweck, unbilliges Civilrecht auf G rund der aequiatas zu beseitigen. Gaj. IW 116. E s hieß von ihr, wie von der actio : praetor dat exceptionem , aut datur aut denegatur. M it der weiteren Entwickelung des ju s honorarium wurde auch das Feld der Anwendung für die exceptio erweitert, sie w ar nicht mehr bloß Dertbeidigungsmittel gegen ju s civile, sondern auch gegen Klagen aus prätorischem Recht. Im m er blieb in ihrem Begriff daß sie die Wirksam­ keit des Klagrechts ausschloß, exceptio-exclusio 1.2 pr. §. 2 I) X L IV . 1, und nicht wurde sie auf den Fall bezogen, wo der Beklagte das Dasein des K lag­ rechts bestritt (se dare non oportere), selbst nicht im justinianischen Recht, ob­ schon hier schon eine unbestimmtere, allgemeinere Anwendung des W ortes exceptio hervortritt. 1. 30 C. V. 12. 1. 12 C. VIII. 38. 1. 2 C. V. 35. 1. 28 0. IX . 9. Nov. X X II. c. 44 § 1. Nov. X X X II. c. 1. Nov. X C. praef. I n 1. 18 §. 2 D. X X II. 3 bedeutet excipere die einfache Verneinung. Diese be­ ginnende Unbestimmtheit mag es verschuldet haben, daß im Recht des M . A. jede Einw endung des Beklagten, die nicht reine Verneinung w ar, exceptio ge­ n an n t wurde, und daß man den alten Unterschied von Nichtigkeit des Anspruchs und Anfechtbarkeit desselben verlor, cap. 6 X . II. 25 A l b r e c h t S . 157fg., vollends seitdem durch §§. 34. 37 J.R .A die formale Trennung der Responsionen von den Exceptionell beseitigt wurde. Don nun an entwickelte sich eine ent­ setzliche Verwirrung, die nur dadurch einigermaßen O rdnung erhielt, daß schon

§. 53.

295

D ie Einrede.

der Unterschied nicht verkannt werden d a rf, daß dort der Beklagte be­ hauptet, das Recht des K lägers hat kein D asein m ehr, und h ie r: es besieht zwar noch, aber es ist unwirksam durch ein stärkeres Gegenrecht, so lie g t doch ein praktisches B e d ü rfn iß nicht mehr vor, die Unterschei­ dung

durch besondere Namen

W irkung.

auszudrücken*).

Beide

haben dieselbe

B e i beiden fä llt dem Beklagten die Beweislast zu, beide

schließen des Recht des K lägers a u s ').

M a n muß aber bei der B e ­

griffsbestim m ung der prozeffualischen Einrede nach heutigem Recht noch weiter gehen und im Gegensatze zur bloßen V erneinung darunter die­ jenige V ertheidigung des Beklagten fassen, die sich gegen die thatsäch­ lichen Behauptungen des K lägers, welche fü r Entstehung des dem A n ­ spruch zn G runde liegenden Rechtsverhältnisses geltend gemacht sind, gleichgültig verhält und vielmehr darauf abzielt, ans G rund selbstän­ diger Thatsachen oder Berechtigungen den Anspruch

des K lägers zu

beseitigen. Unter dieser D e fin itio n ist dann auch dasjenige V o rb rin g e n des Beklagten begriffen, wonach er auf G ru n d besonderer Thatsachen das in die Erscheinung getretene Recht des K lägers seiner in n e r e n G iltig k e it nach angreift, die Entstehung des Rechts als behindert darstellt. Es w ird hier bestritten, daß das Recht wirksam entstanden sei, sofern zur Entstehung nicht allein das Zusammenwirken der einzelnen konkreten Bestandtheile des Rechts, sondern auch das Vorhandensein gewisser a ll-

seit der Glossatorenzeit die E in th e ilu n g in exceptiones fa c ti und Juris aufge­ kommen war. Aber auch in Beziehung auf diese E in th e ilu n g gingen die A n ­ sichten w irr durcheinander. Nach und nach kam die aus der W irku n g der exceptio entnommene Unterscheidung in perem toriae und dilato riae a u f, und drängte jene zurück. D ie neuere Wissenschaft hat tüchtig gesäubert. Auch hier ist namentlich S a v i g n y ' s und W ä c h t e r s Verdienst hervorzudeben. Für preuß. Recht s. F ö r s t e r S . 1 4 4 fg. §§. 42. 43 A G O. L 9. §. 6. — I m Text folgte hier in den früheren Ausgaben eine längere Auseinandersetzung über Schei­ dung von drei Klassen von E inreden, 1) die Geltendmachung von Thatsachen gerichtet gegen die innere G iltig k e it des Rechts; 2) Thatsachen, durch welche das entstandene Recht wieder aufgehoben ist; 3) Geltendmachung von selbstständigen Rechten, die in der K ollision m it dem Rechte des Klagers das letztere überw in­ den. Der Herausgeber, welcher nicht allen hier gegebenen Erörterungen bei­ stimmen konnte, hat geglaubt, im Interesse der K ürzung diese E in th e ilu n g auf­ geben zu sollen. 4) S a v i g n y w ill auch ferner trennen die E x c e p t i o n im römischen S in n von der E i n r e d e , w o m it die Ausdehnung des B e g riffs bezeichnet werden soll. — Der Herausgeber kaun sich nach den unten (s. A nm . 16) folgenden Erörterungen der Ansicht nicht anschließen, daß das eigentliche Einrederecht gegenwärtig ohne jede besondere Eigenthümlichkeit sei. 5) Deßhalb sagt vom prakttschen S tan dpu nkt aus H e f f t e r m it Recht: wozu aber so viel Müde? p ro ba tio in c u m b it ei, q u i a g it, richtig verstanden, ist genug für den gebildeten Juristen. Revision der Beweislast zu Weber, u. f. w. S . 266. D er Schwerpunkt liegt lediglich in der Frage, ob der Beklagte sich gegen die Klage nur verneinend verhält, oder ob er eine sebstständiae Behauptung gegen sie aufstellt, die aus Thatsachen ebenso, wie die Klage, entspringt.

296

Erst«« Buch. Di« ©ranbbegtifft.

gemeiner, bei jedem Rechtsverhältniß vorausgesetzter Bedingungen gehört: daß es nicht auf unerlaubte Weise, durch Betrug, Gewalt erworben, daß die Willensfreiheit und die persönliche Fähigkeit nicht gefehlt hat; deßhalb steht diese Vertheidigungsart der Verneinung nahe. Aber diese Momente find nur die allgemeinen Voraussetzungen, die als vorhanden angenommen werden muffen, wenn ein konkretes Rechtsverhältniß äußerlich entstanden. Dieses äußere Dasein an sich spricht dafür, daß die Ent­ stehung eine regelrechte gewesen, der Kläger hat daher nur die für diese konkrete Entstehung erheblichen Thaffachen anzuführen, um die Annahme der Entstehung des den Klagegrund bildenden Rechtsverhältniffes zu be­ gründen, nicht jene allgemeinen Voraussetzungen. Siud letztere nicht vorhanden, so kann dies nur die Folge besonderer Thaffachen oder Um­ stände sein, die der Beklagte behaupteu, daher auch beweisen muß. Deß­ halb ist diese Vertheidigung als Einrede aufzufassen, auch wenn die in Rede stehenden Umstände wesentliche Mängel in der Entstehung des Rechts aufdecken, nicht blos eine vom Willen des Beklagten abhängige Anfechtbarkeit begründen6). Die Einreden lassen sich nach ihrer Wirkung eintheilen. Entweder wird durch sie das Recht des Klägers für immer ausgeschlossen, oder nur zeitweise seine Geltendmachung gehemmt. Hiernach unterscheidet man die zerstörenden (exceptiones perpetuae, percmtoriac) und die aufschiebenden oder v erzö g ern d en Einreden (cxcptiones temporales, dilatoriae) ’). Ihrem Grunde nach können die Einreden entweder aus dem materiellen Recht, oder aus dem Prozeßrecht entspringen. Von den letzteren sind die p ro z e ß h in d e rn d e n E in re d e n hervorzuheben. M it diesem Ausdruck konnte man bisher jede Vertheidigung des Beklagten bezeichnen, welche darauf abzielte, die materielle gerichtliche Enffcheidung über den erhobenen Klageanspruch zu verhindern. Soweit sich diese Vertheidigung auf prozessualische Gründe stützt, kommen dabei nach Bülows Ausdruck die „Prozeßvoraussetzungen" in Betracht'). Eine solche Vertheidigung ist auch im bürgerlichen Rechtsstreit der Civilprozeßordnung statthaft. Hier hat aber der Ausdruck „prozeßhindernde Einrede" eine andere, wesentlich prozessualische Bedeutung. Während *) B e t b m a n n - H o l l w e g , Versuche S . 353. 368. ÜR ü b l t n b r u A , Pand. 1 §. 147 Rr. 3. H e l m o l t , Beitrag zur Lehr« des Unterschieds zw. Klagobl. und Einrede, 1849 6 .2 4 . We h e l l , Civilprozeß §. 17 1a. S e u s f e r t II 206. «.L.R. I. 4. §§. 45. 55. 92. 93. 1. 5. §§. 37. 186. 194. A G O. II 2 §. 52. 7) Schon bei Gaj. IV. §. 120. §. 8 J. IV. 13. 1.3 D. XLIV. 1. Eine weitere Gattung der „gemischten" Einreden, die zunächst die Klage aufschieben unter ge« wissen Umständen aber zerstörend wirken können, läßt sich nicht rechtfertigen, weil rS nur auf die Wirkung der Einrede zur Zeit ihres Gebrauchs ankommen kann. Dgl. S c h mi d t . ®) B Ä l o w . die Lehre von den Prozeßeinreden u.ProzrßvorauSsetzungen. Gießen 1868. Sc hwa l ba c h im civ. Arch. B 63 6 .3 9 0 .

nach der Regel der Civilprozeßordnung der Beklagte bis zum Schluffe der mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, frei über den Gebrauch seiner Vertheidigungsmittel und die Reihenfolge, in wel­ cher er dieselben vorbringen will, zu bestimmen hat, soll er den Mangel gewiffer Prozeßvoraussetzungen, insoweit der Gebrauch derselben über­ haupt von seinem Willen abhängt, im Anwaltprozesse') nur geltend machen können, bevor er zur Haupffache mündlich zu verhandeln beginnt; werden solche Einreden erhoben, so hat der Beklagte das Recht die even­ tuelle Verhandlung zur Sache zu verweigern und eine abgefonberte Verhandlung und Entscheidung zu verlangen, die sonst nur nach dem Ermeffen des Gerichts angeordnet werden kann ’°). Wie die Einrede der Klage, so kann der ersteren vom Kläger eine R eplik, dieser vom Beklagten eine D u p lik entgegengesetzt werden. Replik und Duplik theilen mit der Einrede den Begriff, die Eintheilung, die Wirkung. S ie sind wie diese eine Vertheidigung, eine Ab­ wehr, nicht wie die Klage ein Angriff. Insofern als die Einrede im einzelnen Falle die Geltendmachung einer den Angriff des Klägers ausschließenden Berechtigung enthält, verhält sich die E in re d e zum Recht des Beklagten, wie die Klage zum Recht des Klägers. Auch sie ist eine ihm innewohnende Eigen­ schaft, eine Befugniß, die nicht erzeugt wird durch den in der ange­ stellten Klage liegenden Angriff gegen die Rechtssphäre des Beklagten. Auch sie ist entweder aus einem absoluten oder relativen Recht her­ geleitet, also nach dem Schulausdruck dinglich oder persönlich. Auch sie muß ihrem Grunde enffprechend geltend gemacht werden, und dieser darf im Laufe des Rechtsstreits nicht verändert werden, sonst hört sie auf, diese Einrede zu sein. Damit die Einrede als begründet erscheine ist insbesondere erforderlich, daß sie dem Beklagten selbst gegen diesen Kläger zustehe, daß er zu ihr, wie der Kläger zur Klage legitimirt sei. Dies wird durch den Satz ausgedrückt: exceptio de jure tertii non datur"). Es kann im einzelnen Fall oft zweifelhaft sein"). Unzweifel®) Im Parteiprozeß vor dem Amtsgericht geht nur die Einrede der Unzuständigkeit durch unterlassenen Gebrauch vor der Verhandlung zur Hauptsache verloren. E .P.O . §.4 6 5 . '") C .P.O . §§ 247. 248. " ) H e ro ld bei G ru c h o t B. 3 ) 'Jl.Qj.C-. (jinl. §.66. A.L.R. I. 16. §.383. 384. §.35. 36. I. 24. 9 1 .0 .0 . §.6 bei Ex.Ordn. v. 4. Mär; 1834. S trie th . B. 51 S. 114. 137. *>) Vgl. Ltriet horst P . 5 £ . 59. S. auch B. 20 S. 272. 3I) Motive zur C.P.O. S . 563. •w) C.P.O. §. 695. 33) Vgl. C P.O. 541—554. — Aeltcres Recht A.G.O. I. 16. Heuser. Annalen B. 8 S. 125, die gemeinrechtlichen Prozessualisten zweifeln nicht an Zulässigkeit einer Nultitätseinrede. 3t) I. 11 § 821, §. 1079, I. 7 §. 231, I. 16 §. 66 A.S.R , Entfch. B. 25 @. 129, Striethorst B. 7 S- 244. ‘ -") C.P.O. §. 279.

Die E in re d e der R ech tsk raft (exceptio rei judicatae) soll verhindern, daß über denselben Rechtsanspruch, der bereits durch ein Urtheil verworfen worden, nochmals gerichtlich entschieden werde, gleichviel, ob jenes zu Gunsten des Klägers oder des Beklagten gesprochen worden, ob es verurtheilt oder abgewiesen h a t" ). S ie steht daher nicht bloß dem Beklagten zu gegen den abgewiesenen Kläger, sondern auch dem Kläger gegen den verurtheilten Beklagten. So einfach und natürlich dieser Gnmdsatz erscheint, so ist seine Anwendung doch oft nicht ohne Schwierigkeit und Zweifel, denn sie beruht auf einer Vergleichung des früher abgeurtheilten und des jetzt aufs Neue erhobenen Anspruchs, der mit jenem trotz scheinbarer Verschiedenheit doch gleich, oder trotz scheinbarer Gleichheit doch verschieden sein kann. Die Einrede der Rechtskraft unterliegt dem Verzicht des Verklagten und wirkt zerstörend auf die neue Klage. F ü r den vorliegenden Zweck kann bei der sehr interessanten Ent­ wickelungsgeschichte dieses Rechtsinstituts nicht verweilt werden. Es ge­ nüge die Bemerkung, daß ihre Wurzel in der alten, mit der Klagekon­ sumtion zusammenhängenden im neueren römischen Recht verschwundenen exceptio rei iu Judicium deductae zu suchen ist und daß sie ursprüng­ lich, wie K eller nachgewiesen") und neuerdings erfolglos bestritten worden"), in doppelter Funktion wirkte, einer negativen, indem die Thatsache allein, daß bereits über denselben Anspruch rechtskräftig erkannt worden, jede neue Klage ausschloß, einer positiven, indem der Inhalt des rechtskräftigen Urtheils in jedem späteren Rechtsstreit der­ selben Parteien über dieselbe Rechtsfrage vom Richter als wahr an­ genommen werden mußte. Im heutigen Recht interessirt nur die letztere, und weil diese ihren Stoff aus dem In h alt des Urtheils nimmt, so leuchtet ein, daß grade für sie die Bedeutung der Urtheilsgründe von besonderer Wichtigkeit ist (§. 55). Die Anwendung der Einrede setzt eine vollständige I d e n ti t ä t des bereits entschiedenen und des neu erhobenen Rechtsstreits voraus, die 2.

36) E s muß ein wirNiches Urtheil ergangen sein; die Einrede ist nicht begründet, w enn im Dorprozeß die Parteien erklärt baden, die Sache solle auf sich beruhen und jeder Theil seine Kosten tragen. H e u s e r , A n n a le n , I. 679. W enn aber ein Urtheil ergangen, so kann die Einrede der r. j. nicht durch die Replik be­ seitigt werden, daß der frühere Rechtsstreit nur zum Scheine geführt worden. D as. I. 453. Eine in einem früheren Prozeß verworfene Klage kann in einem späteren Prozeß auch nicht mehr a ls Einrede geltend gemacht werden. S t r i e t ho rst B . 81 S . 6. 37) K e l l e r , Litiskontest. u. Urtheil S . 2 2 1 - 2 3 3 . S a v i g n y B . 6 S . 2 6 7 . 38) Bestritten von B e l k e r , die Prozess. Konsum!. S . 13. 1 1 9 sg., welcher die posi­ tive Funktion nicht anerkennen w ill. I h m ist B r i n z , P a n d . I. S . 1 4 4 sg. bei­ getreten. Dagegen W i n d s c h e i d , Actio 6 . 1 0 5 . W e t z e l l . Civ.Proz. (B . 41 8fg. W e s t e r b u r g , Arch. f. pr. R .W . N . F. IX . S . 374.

§. 56. h. Die Wirkung der Rechtskraft.

329

eine doppelte: eine o bjektive des Gegenstandes und eine su b jek tiv e der Parteien ist. D ie Id e n titä t wird erkannt aus der Vergleichung des In h a lts des Urtheils, welches und wie weit es nach den Ausführungen des vorigen Paragraphen der Rechtskraft fähig ist, m it dem In h a lt der neuen Klage. Exceptioncm rei judicatac obstare, quoties eadern q u a e s tio iutcr ca-sdem p c r so n a s revocatur39). a. D ie s u b je k tiv e I d e n t i t ä t (eaedera personae):

zwischen den­ selben Parteien muß der neue Rechtsstreit schweben, gleichviel, ob jetzt die Parteirollen umgekehrt sind. D er Grundsatz rechtfertigt sich, wie bei der Iudikatsklage, daraus, daß das Urtheil nur zwischen den P a r ­ teien Recht macht. D ie Personenidentität ist daher hier wie dort zu bestimmen, d. h. sie ist vorhanden in Betreff der Personen, die an das Urtheil gebunden sind, obschon sie am Rechtsgang nicht Theil genommen haben " ). N ur zwei Punkte bedürfen hier noch der Hervorhebung. D a s eine ist die Rechtsstellung der M iteigenthümer und Miterben. Wenn sich aus dieser, wie die früheren Ausgaben mit dem Obertribunal anerkannten, ergiebt, daß ein M iteigenthümer oder Miterbe ohne B eitritt seiner Rechtsthcilnehmer und ohne ihre Vollmacht für die Gemeinschaft, nicht für seinen Antheil, das ganze der Gemeinschaft zustehende Aktivum einklagen und rechtskräftige Verurtheilung des Beklag­ ten in der Weise erlangen kann, daß dadurch die übrigen Genossen des Klägers die Einrede gegen nochmaliges Bestreiten erwerben, so muß dem Beklagten auch umgekehrt die Einrede gegen die Miteigenthümer oder M iterben gestattet sein, wenn einer von ihnen geklagt hat, und dieser abgewiesen worden ist, weil die Schuld nicht e.ristirt. Eine nähere Erörterung der Rechtsstellung der Miteigenthümer und M iterben muß aber hier noch ausgesetzt bleiben41). D as Gemeindeverhältniß ferner ist verschiedenartig43). E s giebt ” ) 1. 3 . 7. §. 4 . D. X L IV . 2. «-) I. 2. V. V II. 5t). 1. 2. C. V III. 36. I. 22. D. X L IV . 2. 1. 29. §. 1. eod. I. 11. §. 10. eod. 1. 3. §. 1. D . X X . 1. I. 63. D . X L II. 1. u ) D a s C bertribunal ( S t r i e t h o r s t B 27 S . 2 8 3 ) hat in analoger A nw endung der §. 258. I. 18. §. 8 2 fg. I. 21 und §. 17 fg. II. 4. A L R . angenom m en, daß das von einem beklagten M iteigentbüm er erwirkte günstige Urtheil auch für die übrigen M iteigenthüm er, die am Prozesse keinen Theil genom men Haben. Rechts­ kraft erlange. W enn ferner ein einzelner M ilerbe einen vom Erblasser ge­ schlossenen V ertrag anficht und die Rückgabe des Vertragsgegenstandes zur Nachlaßmassc verla n gt, so soll das Urtheil Rechtskraft fü r die M iterben biete.n (Entschl. B . 18 S . 2 4 2 ). — D a ra u s fo lg t, daß sie auch g e g e n die M iterben eintreten müßte. Ebenso in dem Fall Entsch. B. 2 2 S . 136. W irkung der Rechts­ kraft nicht gegen Litiskonsorten, S t r i e t h o r s t B 2 2 S . 257, gegen Mitbesitzer, Entsch. B . 3 9 S - 3 1 3 : dagegen ist Entsch. B. 72 S . 191 erkannt, daß das einem M iteigenthüm er das E igenthum einer Fläche aberkennende Urtheil der demnächst von den M iteig en tü m ern gemeinschaftlich erhobenen V indikation nicht präjudizire. •*) S . S e u f f e r t B . 2 S . 32 9 .

330

ErsttS Buch. Die Grundbegriffe.

Rechtsverhältnisse, die sich auf die Gemeinde als solche, als juristische Person beziehen. Hier hat der Einzelne keine Rechte, die Rechtskraft wirkt nur für und wider die Gemeinde als solche"). Oder das Rechtsverhältniß hat Bezug auf die einzelnen Gemeindeglieder als solche, indem das Recht entweder von der juristischen Person der Gemeinde abgeleitet erscheint, gegen sie den einzelnen M itgliedern zusteht, wie z. B. die Nutzun­ gen an den Gemeindegrundstücken, oder nur auf dem Gemeindeverbande beruht, ;. B . das den Gemeindegliedern ans einer benachbarten F lu r zustehende Triftrecht. D o rt" ) wirkt die Rechtskraft wider die Einzelnen, wenn die Gemeinde P artei gewesen und wider die Gemeinde, wenn die Gemcindeglieder den Prozeß geft'chrt haben; hier wird dasselbe zu behaupten sein, d. h. das von der Gemeinde erlangte Urtheil wirkt für und wider die Einzelnen, und das von den Einzelnen erlangte Urtheil für und wider die Gemeinde. Dagegen wird eine Abweisung der Gemeinde dem einzelnen Mitgliede nicht entgegenstehen, wenn dieses das Recht nicht als ein ihm als Gemeindeglied zustehendes, sondern als ein eignes geltend m acht"). b. D ie o bjektive I d e n t i t ä t ( eadem quacstio). M an versteht darunter: idem corpus, eadem quantitas, idem jus, eadem causa petendi " ). Diese Erfordernisse sind nicht alternative, sondern kumulative: sie müssen verbunden dasein, wenn die Einrede der Rechtskraft be­ gründet sein soll"). E s darf nicht derselbe Gegenstand aus demselben Rechtsgrund nochmals verlangt werden: quae nisi omnia concurmut, alia res est.

Nicht derselbe G e g e n s ta n d " ). Verschiedene Gegenstände — ver­ schiedene Ansprüche, wenn auch daS Recht seinem In h a lt nach dasselbe ist, denn das Recht ist nur in Beziehung aus einen bestimmten Gegen­ stand konkret, eine Berechtigung, ein Anspruch der Person. Klagen also, denen die Id e n titä t des Objekts (idem corpus, eadem quantitas) fehlt, sind verschieden, und die neuere kann nicht durch die aus dem Urtheil über die ältere entnommene Einrede beseitigt werden. Aber die eadem quantitas macht Schwierigkeit. Ist im Urtheil über ein G a n z e s entschieden, so ist auch über den T h e il mit entschieden und aus den letzteren kann nicht nett geklagt werden, wenn der Richter in der Vage war, im ersten Urtheil vom Ganzen auf den Theil zurückzugehen, statt «) 1. 6. §. 1. I). I. 8. 1. 10. $. 4. D. II. 4. I. 7. pr. $. 1. D. III. 4. I. 1. Ü. 15. D.

") ") «) ") 48)

XXXVI. 1. I. 1. §. 7. D.'XLYIII. 18. I. 6- pr. D. XVIII. 1. 1. 1. 2. §. 2. 1>. XLIII. 8. 1. 03. I>. XLII. I. Striethorst B. 15 S. 14. Vgl. auch Dernburg I. S . 289 Sinnt. 6. 1.12. 13. 14. D. XLIV. 2. Entsch. B. 67 S. 314. Seuffert XVIII. 55.

§. 56 .

h. Die Wirkung der Rechtskraft.

des geforderten M e h r das M indere zuzusprechen.

331

E ine eigentliche V e r­

schiedenheit des Gegenstandes liegt hier nicht vor, denn der T h e il ist ja im Ganzen enthalten, und dies g ilt in gleicher Weise, das M e h r oder M in d e r liege in der Größe des körperlichen Objekts oder in der Menge oder dem größeren oder geringeren Um fang eines Rechts" ) .

Umgekehrt

ist der T h e il, das M indere, aberkannt, so kann das Ganze n u r dann noch gefordert werden, wenn es nicht bedingt ist durch den T heil, auch ohne ihn noch als ein Ganzes besteht"), denn sonst würde m it dem Ganzen der bereits aberkannte T h e il wieder erstrebt werden. H andelt es sich um eine Berechtigung auf G rund deren eine einzelne jene nicht erschöpfende Leistung beansprucht w ird , etwa um eine einzelne Leistung auf G ru n d einer Reallast, so entsteht aus der Aberkennung der ein­ zelnen Leistung nicht die Einrede der Rechtskraft gegen die K lage auf das Ganze, das Recht selbst61), wenn nicht ausdrücklich über das B e ­ stehen des Rechtsverhältnisses erkannt ist (§. 55). Richt dieselbe R e c h t s f r a g e . S ie bestimmt sich nach dem B e ­ g riff des Rechts, welches an dem Gegenstände behauptet w ird . M an kann aus verschiedenem Grunde ein Recht an demselben Gegenstände zu erstreiten versuchen.

Im

ersten Prozeß wurde das E igenthum behauptet,

im zweiten ein Nutzungsrecht, im ersten ein dingliches, in t zweiten ein persönliches Recht.

S o sind die Besitzklage und Rechtsklage verschieden.

H ie r überall ist die Einrede ausgeschlossen, es muß derselbe Klagegrund (idem jus, eadem causa pctendi) vorliegen, wenn sie wirken s o ll6*). " ) I. 7 pr. D. X L I V . 2. A -v .O . §§. 310. 311a. I. 10. I. 26 pr. 1). eod.

Striethvrst

Es

B , 9 S . 73.

Dergl. S t r i e t h v r s t B . 30 S . 322.

•"” ) Entsch. B . 17 S - 472. J~)

V gl. die Ausführungen des §. 50 über den Klagegrund. Ob das frühere U r­ theil positiv oder negativ denselben Anspruch betraf, ist gleichgültig. Wenn der S chuldner, nachdem er im Dorprozesse m it der gegen den G läubiger ange­ stellten, auf die Behauptung der Zahlung der Forderung gegründeten Klage auf O uittungsleistung abgewiesen worden ist, dem G läubiger in der auf Z ahlun g der Forderung gerichteten Klage die Einrede der geleisteten Z ahlun g entgegen­ stellt, w ird die replica rei judicatae durchgreisen. S t r i e t h o r s t ÜB. 18 S . 44. T ie Einrede der rechtskräftigen Entscheidung ist nicht begründet, wenn der Eigenthümer nach rechtskräftiger Abweisung der Klage auf Rückgewähr des Estundstücks auf G rund eines mündlichen Pachtvertrags hiernächst die Rückge­ währ desselben wegen formeller M ängel der Ueberlassungsurkunde fordert. Es ändert hierin nichts, wenngleich in beiden Klagen der A n tra g auf Anerkennung des Eigenthum s gerichtet und der Kläger m it diesem A n tra g im Dorprozeß ab­ gewiesen worden. S t r i e t h o r s t B 21 S . 67. D ie in einem G renzregulirungs­ prozeß rechtskräftig festgestellte G renslinie entscheidet über das Eigenthum der Parteien am G rund und Boden, und erzeugt gegen die spätere V in d ik a tio n die exe. rei ju d . Entsch. B - 46 S . 316. Eadem quaestio auch Entsch. B . 47 S . 347. — Gleichheit des KlagegrundeS: S t r i e t h o r s t B . 31 S - 30. Verschie­ denheit des obligatorischen G rundes: S t r i e t h o r s t B . 32 S . 301. Weiteres M a te ria l aus preußischer und gemeinrechtlicher P ra xis bei G r u c h o t $ . 6 S . 3 1 5 fg. — Bei G r u c h o t V I II . 254 über Verwechselung von Beweisgrund und Klagegrund.

kann ferner daraus, daß jemand ein Recht erstritten hat, nicht seine Ver­ pflichtung gefolgert werden, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Ein Käufer, welcher die Wandelungsklage mit Erfolg angestellt hat, kann aus dem ergangenen Judikat, von dem er keinen Gebrauch macht, nicht zur Rückgabe des Kaufobjekts genöthigt werden"). Auf den gleichen Namen der ersten und zweiten Klage kommt es nicht a n " ). Die Frage, ob die Verschiedenheit des E rw e rb s - oder E n t­ steh u n g s g r u n d e s die Einrede der Rechtskraft ausschließt, hängt mit der bereits wiederholt erörterten Frage zusammen, ob die Darlegung der Entstehung des Rechts zum Fundament der Klage, zur Unterschei­ dung derselben von anderen Klagen gehört. Dies muß geleugnet werden, für die persönliche wie für die dingliche Klage, wenn auch bei der per­ sönlichen die Darlegung der Entstehung der Obligation regelmäßig das Mittel zur Jndividualifirung des Klagegrundes sein w ird"). Bei der dinglichen Klage ist dies anerkannter Maßen nicht der Fall; das Recht an sich bleibt dasselbe wenn auch aus verschiedenen Gründen entstanden, es kommt auf den Erwerbsgrund nicht an "). Dennoch war für das preu­ ßische Recht diese Ansicht zu verwerfen, jede dingliche Klage mußte aus einen bestimmten Entstehungsgrund basirt sein, seine Angabe gehörte nach prozessualischen Grundsätzen wesentlich zum Klagesundament. M iß­ lang daher der Nachweis dieses Grundes, so hinderte nichts, aus einem andern Entstehungsgrunde daffelbe Recht auf denselben Gegenstand mit einer neuen Klage zu verfolgen. Die Civilprozeßordnung hat hierin geändert. Als das Klagefundament der Klage, auch der dinglichen Klage kann, wie im §. 50 erörtert, nur die individualifireude Bezeich­ nung des Rechtsverhältnisses, aus welchem der Anspruch erwächst, an­ gesehen werden. M an muß also die Wiederholung derselben dinglichen Klage aus einem neuen Erwerbsgrund für ausgeschloffen erachten, wenn der Anspruch das dingliche Rechtsverhältniß dem Beklagten gegenüber zur Geltung bringen sollte. Hier bedarf es keiner ausdrücklichen — immerhin zulässigen — Jnzidentseststellung des Nichtbestehens des ding­ lichen Rechts. D as Resultat ist: „die Einrede der Rechtskraft erfordert in Betreff des Gegenstandes, daß derselbe nicht bloß äußerlich, der Bezeichnung, dem Umfange,, dem Betrage nach, sondern auch innerlich, d. h. seinem Wesen und Grunde nach mit dem Gegenstand der Erörterung und Ent­ scheidung des Vorprozesses ein und derselbe sei""). 53) M) ss) “)

Dgl. Entsch. B. 70 S- 252. Dgl. 1. 7 § 4 D. XLIV. 2. §. 20 I 5. A.G.O. Dgl. auch Entsch. D 41 S. 399. 1. 14 §. 2 D. XLIV. 2. 1. 11 §. 5 eod. S. oben §. 50 Note 11. Unger II. S. 659. *0 Striethorst B. 19 S . 277.

Anb. zu §§ .55. 56. Vorläufige Vollstreckbarkeit u. vollstreckbare Urkunden.

333

D ie Einrede der Rechtskraft kann beseitigt werden durch späteres entgegengesetztes V erhalten der P a rte i, aus welchem zu schließen ist, daß sie den Schutz, den ih r die Einrede gewährt, nicht beansprucht, vielmehr trotz des U rth e ils das abgesprochene Recht anerkenn t"). Anhang zu §§. 55. 56.

V o r l ä u f i g e V o lls tr e c k b a r k e it u n d v o lls tre c k b a re U rk u n d e n . Nicht allein das rechtskräftige U rth e il und die demselben gleichste­ hende, einer Anfechtung nicht mehr unterliegende, an und fü r sich aber durch Beschwerde anfechtbar gewesene gerichtliche Entscheidung'), oder der Vollstreckungsbefehl gegen welchen Einspruch nicht mehr zulässig ist, begründet die Zwangsvollstreckung,

sondern es kann ein anfechtbares

U rth e il sich selbst a ls vo rlä u fig vollstreckbar bezeichnen, und solche vor­ läufige Vollstreckbarkeit haben auch die eben gedachten gerichtlichen E n t­ scheidungen und Vollstreckungsbefehle, solange sie noch angefochten werden sönnen*). W ird a u f G ru n d eines vo rlä u fig vollstreckbaren gerichtlichen Akts die Zwangsvollstreckung betrieben, so handelt der G läubiger form ell in seinem Recht, m ateriell aber kann sich durch die im Instanzenwege dem­ nächst ausgesprochene Abänderung der vollstreckbaren Entscheidung heraus­ stellen, daß er widerrechtlich gehandelt hat.

Auch bei dem rechtskräftigen

U rtheil ist dies möglich, insofern trotz desselben in der Sache eine andere Entscheidung ergehen kann; was der F a ll ist, wenn ungeachtet der formellen Rechtskraft des im Urkundenprozeß oder in der Berufungsinstanz ergan­ genen U rth e ils die Sache rechtshängig geblieben is t'), wenn ferner gegen den A b la u f einer N o th frist Wiedereinsetzung in den vorigen S ta n d m it E rfo lg nachgesucht w ir d 4) oder wenn die W iederaufnahme des Verfahrens durch

N ichtigkeits- oder Restitutionsklage

i8) Entsch. K . 45 6 . 426.

erfolgt*).

In

allen diesen

S t i i r t h o r s t B . 14 S . 21.

') Nach dem A usf.-G z. D C .P .O . §. 29 gehört hierher auch die bestätigte Dispache. Auch der von der Generalkommission bestätigte Auseinandersetzungsrezeß hat nach §§. 169, 205 D. v. 20. Ju n i 1817 die Wirkung, die Zwangsvollstreckung zu be­ gründen. Ueber das Nähere, namentlich die Zulässigkeit der Anfechtung vergl. G l a t z e ! und S t e r n e b e r g , Verfahren in Auseinandersetzungsangelegenheiten S . 170. D ie Vollstreckbarkeit dieser Rezesse gegen spätere Erwerber der betheiligten Grundstücke ordnete bereits die K ab.-O rd n. v. 18. Dezember 1841 (G S . 1842. S . 17) und zwar selbst gegen den gutgläubigen Erwerber des Grundstückes, auf dessen Grundbuchfolium von dem Rezesse nichts vermerkt ist. Dgl. Entsch. B . 69 S . 75. Durch §. 12 des Ges. v. 5. M a i 1872 muß dies, soweit die Rechte nicht gemäß §. 73 Grundbuchordnung eingetragen find, als geändert angenommen werden. 2) L .P .O . §. 644, §. 702, N r. 3 u. 4. 3) E .P .O . §. 563, §§. 502, 503. 4) L .P .O . § § .2 1 1 ff. 5) E .P .O . §§. 541— 554.

334

Erst»- Buch.

Di» Grundbegriffe.

F ä lle n kann derjenige, welcher seinen formellen S ieg durch Z w angsvoll­ streckung ausgenutzt ha t, nach den allgemeinen Grundsätzen über den Schadenersatz fü r den hieraus hervorgegangenen Schaden verantwortlich gemacht werden, ohne daß ih n die formelle Befugniß, das U rtheil v o ll­ strecken zu lasten, von dieser Verantw ortlichkeit entbindet').

An und

fü r sich würde in F ällen dieser A r t das U rtheil, welches die Abweisung des K lägers m it demselben Anspruch, der im früheren U rtheil zuge­ sprochen w ar, ausspricht, eine Vollstreckung nicht begründen; auch wenn inzwischen Leistung des Zugesprochenen — in Folge von Zw angsvoll­ streckung oder ohne dieselbe — erfolgt ist, würde das lediglich abwei­ sende Erkenntniß bezüglich des Geleisteten n u r die Bedeutung eines Fest­ stellungsurtheils dahin haben, daß eine Verbindlichkeit fü r diese Leistung nicht bestand.

A u f A n tra g des Beklagten ist aber in allen Fällen dieser

A rt, — auch sofern das neue U rth e il a uf G rund der Wiedereinsetzung in den vorigen S ta n d ergeht, wenngleich fü r diesen F a ll eine ausdrück­ liche Vorschrift in der Civilprozeßordnung nicht enthalten ist, — der K lä g e r zur Erstattung des von dem Beklagten auf G rund des U rtheils Gezahlten oder Geleisteten zu verurtheilen 6 7)A ls T ite l der Zwangsvollstreckung erkennt

das Prozeßrecht nicht

bloß gerichtliche Akte sondern auch bestimmte Parteierklärungeu, v o l l ­ s tre c k b a re U r k u n d e n , a n ').

E s sind dies zunächst die vor gewissen

Behörden geschloffenen Vergleiche, denen zum T h e il auch das ältere Recht die K r a ft beimaß, die Zwangsvcllstreckung zu begründen'); sodann aber 6) V g l. das Erkenntniß des O b e itrib u n a ls v. 12. Nov. 1855.

Entsch. © .3 1 S - 9 ff.

7) B e i der Wiederaufnahme des Verfahrens soll die Klage nach E .P .O . §. 501 neben der E rklä run g, inw iew eit die Beseitigung des angefochtenen U rtheils beantragt werde, die E rklärung enthalten, welche andere Enrscheidung in der Sache beantragt werde. F ü r die Fälle des §. 563 und der §§. 502. 503 ist die Bestimmung in den angezogenen S tellen, fü r den F a ll des vorläu fig vollstreckbaren U rtheils in E .P .O . §. 655 enthalten. D er A n tra g kann in der höheren Instanz gestellt weiden, hat also insofern eine andere N a tu r als ein W iderklagrantrag. D ie ana­ loge Ausdehnung au f den F a ll der §§. 211 ff. w ird kaum bezweifelt werden können. — Ob von dem Geleisteten Zinsen und Frücht« gefordert werden können, w ird sich nach denselben Grundsätzen bemessen, wie ein« sonstige Jnteressenforderung, bleibt also wie diese einem besonderen Verfahren vorbehalten. A . M . W a ch , Vorträge über die ReichScivilprozeßordnung S . 226 ff. W enn derselbe fü r den F a ll des § 563 die Zulässigkeit einer Widerklage auf vollen Schadensersatz in jedem Falle betont, so steht dem prozessualisch die M öglichkeit entgegen, daß auch in Folge des §. 563 — (wie jeder Z e it im Falle des §. 503) — die Sache nicht in erster sondern in der Berufungsinstanz im ordentlichen Verfahren anhängig bleibt I n dem in erster Instanz anhängig bleibenden Rechtsstreit sehe auch ich keinen G ru n d , der die Widerklage auf Schadensersatz ausschlösse.-------- Aelteres Recht f. in §. 17 D . v. 14. Dez. 1833, A rt. 11 D e ll. v. 6. A p r il 1839, §. 2 Ges. v. 20. M ärz 1854. 6) B on der durch E . P .O . §. 706 der Landesgesetzgebung eröffneten Möglichkeit, Hypothekenurkunden fü r vollstreckbar zu erklären, hat die preußische Gesetzgebung bisher keinen Gebrauch gemacht. *) A ls solche find zu nennen 1) die Vergleiche, welche nach Erhebung der Klage zur ganzen oder theilweisen B eilegung des Rechtsstreits vor einem deutschen Gericht

die von deutschen Gerichten oder Notaren innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbcfugniß in vorgeschriebener Form aufgenommenen Urkunden über Ansprüche, welche die Zahlung von Geld oder die Leistung vertretbarer Sachen oder Werthpapiere zum Gegenstand haben, sofern der Schuldner sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen h a t" ’). Durch die letztere Bestimmung wird der Kreis der die Zwangsvollstreckung begründenden Urkunden nicht dahin eingeschränkt, daß bereits zur Zeit der Ausstellung der Urkunden die Fälligkeit des Anspruchs und also die Möglichkeit einer sofort nach Ausstellung der Urkunde vorzunehmenden Zwangsvollstreckung begründet w a r; vielmehr ist es zulässig, daß wie ein Urtheil die Zwangsvollstreckung vom künftigen E in tritt eines Z e it' Punkts ober einer Thatsache abhängig machen kann, so auch dasselbe in der Parteierklärung geschieht. D as Unterwerfen unter sofortige Zwangs­ vollstreckung ist also zu verstehn von einer Zwangsvollstreckung, die ohne gerichtliche Feststellung des Anspruchs Platz g re ift"). I n allen eben aufgeführten Fällen ist die Zwangsvollstreckung zulässig, obgleich mög­ licher Weise der Grund des Anspruchs, die Rechtsgültigkeit des V e r­ gleichs oder des in der gerichtlichen oder notariellen Urkunde beurkun­ deten Geschäfts, überhaupt die Entstehung der Verbindlichkeit bestritten oder eine bereits erfolgte Lösung derselben oder das Durchgreifen son­ stiger Einreden m it Grund behauptet werden kann. Alle diese Verthei­ digungsmittel werden durch die ertheilte Vollstreckungsklausel nicht aus­ geschlossen. S ie können freilich die Ertheilung der Vollstrecknngsklauscl nur hindern oder als Einwand gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklauscl in dem hierftir geordneten Beschwerdeversahren12) geltend gemacht werden, wenn es an den äußeren Voraussetzungen eines gütigen die Vollstreckung gerade unter diesen Parteien begründenden Akts fehlt. Unter diesen Gesichtspunkt möchte es z. B . auch fallen, wenn nicht gehörig legitim irte Personen die Parteierklärungen abgegeben haben. Zn jedem Falle sind aber die materiellen Einwendungen ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer Entstehung — sei es durch nachträgliche Klage, — sei es als Einrede, wenn der Berechtigte selbst auf Ertheilung der Vollstreckungsgeschlosscn sind; (früheres Recht A.G O. I. 11 §. 13 D. v. 4. März 1834 Nr. 1571 §• 1), 2) Vergleiche, welche beim gerichtlichen Sühneversuch vor dem Amtsgericht vor Crbebung der Klage zu Stande kommen (C .P .O . §. 471), vgl. zu 1 w. 2 C .P O. §. 702 N r. 1 u. 2; 3) der in Gemaßbeit der Schiedsmannsordnung vom 29. M ärz 1879 ( G .S . S . 321) vor dem Schiedsmann zu dessen Protokoll ge­ schlossene Vergleich (Schiedsmannsordnung §§. 32, 34); 4) ein in Gemäßheit des durch das Feld- und Forstpolizeigesetz v. 1. A pril 1880 unberührt gelassenen §. 59 der Feldpolizeiordnung vom 1. November 1847 vor der Polizeibehörde ge­ schlossener Vergleich (Ausf.-Ges. z. C .P .O . §. 12). ,0) C .P .O . §. 702 Nr. 5 " ) Motive der C iv.P .O . S . 567. 12) C .P .O . §. 668.

336

Erstes Buch. Die Grundbegriffe.

Hansel Klage erheben mußte, zulässig"). Die vollstreckbaren Urkunden begründen übrigens für und gegen Rechtsnachfolger in demselben Maße, wie ein Urtheil, die Zwangsvollstreckung "). Hervorzuheben ist endlich noch, daß die im Konkursverfahren er­ folgte — zunächst nur für das Konkursverfahren berechnete Feststellung einer Konkursforderung, wenn dieselbe nicht im Prüfungstermin aus­ drücklich vom Gemeinschuldner bestritten worden ist, ohne weiteres Ur­ theil die Zwangsvollstreckung gegen den Gemeinschuldner nach beendigtem Konkursverfahren begründet. S ie wirkt als rechtskräftiges Judikat"). 5. V erlu st des K lag e- und E inrederechts. §. 57. a. Verjährung durch Nichtgebrauch. A.ö.R. I. §§. 535—578. 629- 640. 655- 659. Ges. v. 31. März 1838 (Ges.-LS- 249). B. v 15. April 1842 (G.-S. S. 114). Ges. v. 18. Juni 1844 (G -S. 0 . 140). Gruchot B 7 0.444 fg 560fg. Keyßner bei Gruchot XIII. 179. Heydemann, Einleit. II. S. Bornema nn, System!. S. 63 —89. 112-123. Koch, Pr. R. I. @. 287 —295. 302 — 311. 313. v. Dani els IV. 6.20s). 215—222. Dernburg I §. 167fg. Löwenberg, Motive der preuß. Gesehged. 1843 I. 77. — Rave, principia universae doctrinae de pravscriptiono, ed. Eichmannus. Halae 1790. Unterholzner (f. §.46). Kierulsf, Theorie des gemeinen Eivilrechts, 1839 I. 189. Sa vi gny V. S- 280 -413 v. Wäch­ ter II. 806. Heimbach im Rechtslex. XII. 288. Unger II. 401. Si n t e n i s 1. §. 31. Zachariä (Puchelt) IV. S. 581. Windscheid I. S. 310. Roth, d. Pr. R. I. §. 87.

Die Verjährung durch Nichtgebrauch ist der Verlust des Rechts durch unterlassene Verfolgung deffelben während eines gesetzlich bestimm­ ten Zeitraums. Es wurde §. 46 erwähnt, daß int A.L.R. die Klageverjährung und der non usus der Servituten unter diesem Begriff zu­ sammengefaßt find, daß die erstere im heutigen Recht eine stärkere Wirkung hat, als im römischen, indem fie nicht bloß das Recht der Klagbarkeit entfieibet, seine übrigen Bestandtheile aber unberührt läßt, sondern es völlig vernichtet, und daß der non usus der römischen S er­ vituten eine Ausdehnung auf Rechte erhalten hat, die deutschen Ursprungs 13) C.P.O. §. 705 Abs. 4. — Daß mit bet Einrede, die als Klage geltend gemacht wird, zugleich die Klage auf Rückgabe des Geleisteten oder Beigetriebenen ver­ bunden werden kann, ist zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, bedurfte aber auch keines ausdrücklichen Ausspruchs. M) C.P.O. §. 703. 1S) K O. §. 152 Abs. 2. — Zm preußischen Konkursrecht war (vom Falle des Akkords abgesehen) streitig, ob die Feststellung im Konkurse Zwangsvollstreckung außerhalb desselben begründe: — vgl. einerseits Entscheid. B . 52 S . 454 und Striethorst B. 50 S . 344. B. 54 6 . 289, B. 55 S. 326. anderer SeitS R.O.H.G. B. 4 @. 228, B. 7 S. 62, 135. S . unten §. 57 A»m. 58.

sind. Auf die geschichtliche Entwickelung des In stitu ts der Klagverjäh­ rung im römischen Recht kann hier nicht näher eingegangen werden, zumal sie für das Verständniß des preußischen Rechts keine praktischen Ergebnisse liefert'). Freilich auch hier erscheint diese V erjährung, ob­ schon sie das Recht selbst vernichtet, zunächst als Vernichtung der V e r ­ f o lg b a r k e it, einer Eigenschaft, die sich in der Klage äußert, aber weil diese Eigenschaft das ganze Recht ergreift, cs erst zur Vollkommenheit b ring t'), weil seine wesentliche K raft in dem Schutz besteht, den ihm das Gesetz verleiht, muß es selbst m it Verlust dieser Eigenschaft unter­ gehen. D as Recht ist Macht, Können — ist es machtlos geworden, so besteht es nicht mehr. Und weil es Macht ist, muß es thätig geübt werden, „das träge Recht vernichtet sich selbst"3). F ü r die dogmatische Darstellung erscheinen als wesentlich folgende Momente: die Bestimmung des A nfangs, des Zeitraum s, die Möglichkeit einer Unterbrechung der begonnenen Verjährung, ihre Wirkung und Geltendmachung, die Befugniß der Parteien, über dieses ausschließlich dem positiven Recht angehörige und auch m it Rücksicht auf die allgemeine Rechtssicherheit ein­ geführte In stitu t vom Gesetz abweichende Bestimmungen zu treffen; zum Schluß soll die Streitfrage nach der Verjährbarkeit der Einreden erörtert werden. 1. A n s a n g . Wie schon erwähnt, kennt diese Art der Verjährung keine andere Voraussetzung, als den N ichtg eb rau ch des Rechts. Dieser ist aber nur vorhanden, wenn man sein Recht auch nicht theilweise aus­ übt'). Theilweise Ausübung ist im S in n der quantitativen Theilung zu verstehen'). Entspringen aus demselben Rechtsgrunde mehrere qua') S a v i g n y V. 273. P u c h ta , Kursus dcr Institutionen II. § .2 0 8 . D e m e liu s , Untersuchungen aus dem römischen Civilrecht I. 1856 S . 1— 110. Nach letzte­ rem bat im römischen Recht vor K. Tbeodosius eine Klagverjährung nicht be­ standen. .,D ie prLtorischen actiones temporales und w as sonst im klassischen Recht von zeitlich begrenzten Klagrechten sich findet, sind nichts als von vorn herein nur auf bestimmte Zeit gegebene Rechte. Der Gedanke, daß ein K lag­ recht zu Grunde geht wegen dauernder U n tätigkeit des Berechtigten, ohne welche es in infinitum fortwähren würde, ist im älteren Recht in keiner Spur sichtbar. Er ist erst ins Recht gekommen mit der Aufstellung der praescriptio trig. arm. und ihrer Ausdehnung zu einer allgemeinen Klagverjäbrung. Er er­ scheint zuerst als Verjährung der Eigenthumsklage, welche ihrerseits wieder mit der Ersitzungsidee in engem genetischem Zusammenhange steht. D a s Institut dcr römischen Klagverjährung ist aus der Ersitzungsidee allmählich hervorge­ wachsen". S . 5. 6. Doch war für das Dogm a der Klagverjährung als selbst­ ständigen Rechtsinstituts dieser enge Anschluß nicht maßgebend. S . 100. *) A.V R. E inl. §. 86. *) K i e r u l f f , Theorie S - 189. 4) A.ö R. § § .5 7 0 . 571 d. T. S i m o n , M aterialien S . 532. P l a t h n e r , Geist des pr. P r. R. B 2 S . 305. 306. G r u c h o t S . 599. 5) Z D . A.L.R. §. 573. Doch „ist dieser Satz mit Vorsicht anzuwenden, denn er hat keine unbedingte und allgemeine Anwendung, namentlich kann er nicht an­ gewendet werden auf den F all, wenn ein g l e i c h a r t i g e r quantitativer Theil ? erfter, Preuy. Pnvatrecbt. I. 4. Kufl.

22

338

ElsttS Buch.

D ie G rundbtgnffe.

lit a t iv verschiedene Befugnisse, die selbständig neben einander stehen und die entweder zusammen oder a lte rn a tiv ausgeübt werden dürfen, so ersetzt der Gebrauch der einen nicht den der anderen, die nicht gebrauchte erlischt. I s t dagegen eine mehrfache A r t der Ausübung d e r s e l b e n Bestlgniß denkbar und zulässig (z. B . das Zehntrecht ist entweder in Geld oder G etraide, und dieses entweder vom Felde oder ausgedroschen zu verlangen), so w ird durch die eine A r t der Ausübung auch die andere erhalten.

Gebrauch ferner ist nicht bloß das E infordern, sondern auch

das Annehmen des fre iw illig Geleisteten'). Z u m Gebrauchen endlich w ird aber auch gefordert, daß man brauchen k a n n , dies in rechtlicher und thatsächlicher Hinsicht. E s giebt nämlich Personen, die, w eil ihnen der fü r die Rechtsausübung nöthige W ille fehlt, das Recht nicht selbständig, vielmehr n u r durch Vertreter ausüben können, fü r die deshalb aus dem Nichtgebrauch des Vertretern die Folge des Rechtsverlustes

nicht beginnen soll.

S o fängt diese V erjähnnrg

gegen b e v o r m u n d e t e oder unter Vormundschaft zu stellende') U nm ün­ dige, M in d e rjä h rig e , W ahn- und Blödsinnige, gegen Taubstumme") und eines Rechts nicht ausgeübt w ird , z. B . wenn Jemand einen jährlichen Z in s von 2 0 T h lr. zu fordern bat und durch rechtsverjährte Z eit 10 T b lr ohne Widerspruch a n n im m t." K o ch , Komm. Rote 6 zu tz. 570 ( S . 599). S t r i e t bor st B . 97 S . 210. B o r n e m a n n I I . S . 65. „Hauptsächlich kommen diese S äh e bei Grundgerechtigkeiten wegen ihrer Untheilbarkeit zur Anwendung." Die ganze S e rv itu t wird wegen ihrer Untheilbarkeit erhalten, wenn man sie nur theilweis oder auf ein Geringeres ausübt, z. B . die Fahrgerechtigkeit, wenn man auch nur geht oder reitet. §. 5 7 0 d. T . gehört aber zu den allgemeinen ab­ strakten Sätzen, deren das A .L .R . manche bietet, die bei praktischer Anwendung an allen Enden Zw eifel und Schwierigkeiten erzeugen und so wenig in ein Gesetzbuch passen. S . S t r i e t h o r s t D . 5 S . 175, B . 13 S . 186 a. E. Entsch. D 2 9 S . 59. Dergl. bes. B o r n e m a n n I I . S . 65 — 70 und 74 über die §§. 5 7 0 — 5 7 2 d. T . Ausübung einer Hütungsberechtigung an einer ganzen Feldmark, die im getheilten Besitz verschiedener Eigenthümer, aus einem Theil der Feldmark erhält auch den übrigen Eigenthümern gegenüber das Recht. Entsch. SB. 74 S . 15. *) Leisten und Annehmen ist auch als gegenseitiges Anerkenntniß Entsch. B . 2 8 S . 8 1 , und w irkt Unterbrechung der begonnenen Siehe unten.

aufzufassen. Verjährung.

7) D g l. Entsch. B 15 S . 119. K o c h , Kommentar, Note z. §. 536 d. T . — Gegen die unter väterlicher G e w a lt stehenden M inderjährigen kann zu Gunsten D ritte r die Verjährung anfangen, nicht aber zu Gunsten des Vaters selbst. Ersteres erklärt sich d araus, daß das nicht freie Vermögen des Kindes der V e rw altu n g und dem Nießbrauch des Vaters unterworfen ist, der m it ihm gewissermaßen eine Personeneinheit bildet; letzteres daraus, daß Kinder, wenn ihre Rechte m it denen des Vaters kollidiren, insoweit nicht unter dessen G ew alt stehen, sondern als Pflegebefohlene, die einen Pfleger erhalten müssen, anzusehen sind P r ä j. 3 07 (S a m m l. I . S . 3 7 ). S t r i e t h o r s t V . 209. X I I I . 182. Entsch. B - 28 S . 75. S i m o n , M a te ria lie n S - 522. 584. 8) Taubstumme find im §. 5 4 0 den M inderjährigen in Rücksicht auf die Verjäh­ rung gleichgestellt, w eil sie eben so wie W a h n - und Blödsinnige immer unter Vormundschaft gestellt werden sollten. Nach D .-O . §. 81 N r. 3 g ilt die V o r­ schrift n u r, in so w eit ihnen wegen ihrer Behinderung, ihre Rechtsangelegen­ heiten zu besorgen, ein V o rm und bestellt ist. D g l. §. 19 A n m . 39.

§. 57.

339

a. Dttjährung durch Nichtgtbrauch.

Abwesende, wenn sie unter Vormundschaft gestellt sind, nicht an. Aber die angefangene V erjä h ru n g setzt sich fort, wenn inzwischen das davon betroffene Recht auf eine solche bevormundete Perfon übergeht.

Regel­

recht sollte auch gegen Verschwender, sobald ihnen ein V orm und bestellt worden, die V erjährung nicht anfangen können: ihnen aber versagt das Gesetz diesen V o rth e il, was n u r daraus erklärt werden kann, daß die Verschwendung als ein unsittliches Verhalten keine Gunst erfahren so ll'). Thatsächlich muß man in der Lage sein, das Recht ausüben zu können, d. h. cs muß eine Gelegenheit

der Ausübuug

geboten worden sein.

V o n der ersten versäumten Gelegenheit beginnt der L a u f der V e rjä h ­ rung. Manche Rechte können n u r bei gewissen Gelegenheiten, hin und wieder'"», andere von einem bestimmten Tage an fortgesetzt gebraucht werden.

B e i solchen Rechten, wenn sie d arin bestehen, daß man die

E rfü llu n g einer Verbindlichkeit zu fordern hat, die also nicht bloß ein fortgesetztes D ulden erheischen, wie bei der S e rv itu t, beginnt die V e r­ jährung an dem Tage, an welchem die E rfü llu n g der Verbindlichkeit zuerst gefordert werden konnte. S o unzweifelhaft dies bei den meisten derartigen Rechten ist, so haben doch einzelne von jeher vie l abweichende M einungen erzeugt. D e r T a g , wo zuerst gefordert werden kann, ist der, an welchem die Klage entsteht, wo actio nata is t " ) . Actioni non-

dum natac non praescrihitur'*).

Regelmäßig ist die K lage entstanden

m it der Entstehung des Rechts, welches ih r zu G runde liegt.

D ie s

folgt daraus, daß, wie §. 50 ausgeführt wurde, die Klage keine Z u ­ gabe, kein äußerlich beigeft'tgtes M om ent des Rechts ist, sondern von 9) S u a r e z (Materialien S . 5*23) bemerkte: „A u f Verschwender paßt bte ratio legis nicht, weil diese von ihren Rechten gar wohl haben inform irt sein können." "') Dies sind die f. g. jura discontinua. Ueber den Begriff vgl. Entsch. B . 72 S 40. Auch bei solchen Rechten genügt zur Verjährung der einfache Nicht­ gebrauch; es ist nicht usueapio libcrtatis, eine den Besitz aufbebende Thatsache, erforderlich; denn der Verlust des Besitzes geht nicht der Verjährung voraus, sondern folgt ihr nach. Erkenntniß des O .A .G . München v. 8. J u li 1862 nach A L R . (Blätter f. Rechtsanw. in Baiern B . 27 S . 337). Die preußische Praxis stimmt damit überein. :l) T h o n in der Zeitschr. f. E iv.-R . u. Proz. B . 8 S . 1. D a n g e r o w im Archiv f. civil. Praxis B. 23 S . 292. D e m e l r u s , Untersuchungen I. S . 111. S i n t enr s 1. S . 281. U n g e r II. 375. 407. — Für preuß. R . L e n z . Studien und Kritiken, 1847 S 233. Koch, Note 56 zu h 545 d. T. W as die systema­ tische Stellung des Dogmas von der N ativität der Klage betrifft, so muß U n g e r (a. a. O. S . 376 Note 1) zwar Recht gegeben werden, daß sie nicht bloß zur Lehre von der Klagverjährung gehört, sondern eine allgemeine Bedeutung bat (vgl. § 50). Allein zweckmäßig erscheint es doch, sie hier abzuhandeln, weil sie mit Rücksicht aus die Frage, von wo die Verjährung beginne, eine be­ sondere Wichtigkeit erlangt und bestritten worden ist. Es liegt hier doch ihre praktische Bedeutung, und es kann aus dieser Anordnung keine Schwierigkeit entstehen, wenn man sich nur davor hütet, aus dem Beginn der Verjährung auf die Nativität zurückzuschließen. 12) 1. 1 §. 1 C, VIT. 40. 1. 3 C. V II. 39. Sachs. G .-B . §§. 158— 160.

1. 30 C. V . 12.

Oest. G .-B . §. 1478.

Anfang in ihm liegt, eine immanente Eigenschaft deffelben ist. D as Recht, nicht die Rechtsverletzung erzeugt das Klagerecht. M an hat viel­ fach die letztere als den Ausgangspunkt der Berjährung angesehen und um den daraus hervorgehenden Unrichtigkeiten im Einzelnen, denen man sich nicht verschließen konnte, zu entgehen, den Begriff der Ver­ letzung in verschiedener Weise bestimmt. Besonders vertreten ist diese Theorie von K ieru lss, S a v ig n y , D em eliu s. Ersterer läßt das ursprünglich abstrakte Klagerecht durch die Verletzung zu einem konkreten werden, und rechnet von hier die Verjährung. Als Verletzung sieht er die Weigerung der Erfüllung an. Der Zweite läßt durch die Ver­ letzung eine neue Obligation entstehen. Ihm ist die Verletzung nur die getäuschte Erwartung des Berechtigten. Beide trennen also die Momente der Entstehung des Rechts und der durch die Verletzung ent­ standenen Klage. Der Dritte will den Gegnern näher treten, indem er sich gegen die Zeittrennung erklärt, und annimmt, daß eine Ver­ letzung schon dann immer vorhanden sei, wenn ein gegenwärtiges, wirk­ sames Forderungsrecht zm Entstehung gelangt und nicht sofort erfüllt werde. Allein damit ist die Theorie von der Verletzung, die besonders von T h o n , V a n g ero w , Lenz und U nger verneint wird, so gut wie ausgegeben. Fällt Entstehung des Rechts und seine Verletzung in einen Moment zusammen und ist die Verletzung verflüchtigt bis zum bloßen Nichterfülltsein, so bedarf man der letzteren nicht mehr als eines Erforderniffes für den Beginn der Verjährung. I n der That, die actio ist nata in dem Augenblick, wo ihr Rechtsgrund als ein wirksamer existent geworden. Die Wirksamkeit des Rechts kann durch Bedingung oder Zeitbestimmung hinausgeschoben sein, dann wird es erst ein versolgbares mit Erfüllung der Bedingung oder Eintritt des Zeitpunkts "). Von da beginnt seine Klagbarkeit und die Verjährung. Wo ein solches Hinderniß nicht vorliegt, ist das Recht gleich klagbar und die Verjäh­ rung beginnt sofort. Dies ist auch nach A.L.R. zu behaupten. Wenn D e m e liu s wegen der Worte „wo die Erfüllung der Verbindlichkeit zuerst gefordert werden konnte" m eint"), daß nach A.L.R. jede Erörte­ rung der Frage nach der Nattvität der Klage abgeschnitten sei, weil in jenen Worten die Anerkennung des verwerflichen Grundsatzes zu liegen scheine, daß es vom Willen des Berechtigten abhängig sei, die Klage zur Entstehung zu bringen (toties praescribitur actioni nonduin natae, '-) I. 7 §. 4 C. VII. 39. 1. 9 pr. v. XII. 1. 1. 186 D. de R. J. Unger S . 382 Note 12. Die- ist auch nicht anders, wenn die Bedingung auf Seiten des Be­ rechtigten potestativ ist. Thon S . 11. Code civil a. 2257. Den bedingten Klagerechten find aber die Ansprüche aus zweiseitigen noch unerfüllten Vertragen nicht gleichzustellen. Unt er hol zner B . 2 S 303. S a v i g n y B. 5 S . 290. Gruchot B. 7 S . 454 u ) A. a O. S. 176. 177.

qmoties narivitas est in potestate creditoris)11) so kann ihm nicht bei­

getreten werden.

D ie W orte des Gesetzes nöthigen nicht, das W ollen-

K önnen subjektiv zu verstehen, es kann auch objektiv verstanden wer­ den, und dann heißt es: Entstehung

des Rechts.

geschloffen '° ), aus

und

es kann gefordert werden vom M om ent der D ie richtige Theorie ist hiernach nicht aus­

ist ohne Unterschied fü r die aus O bligationen und

dinglichen Rechten erwachsenen K lagen festzuhalten, da auch bei

letzteren nicht die Verletzung, sondern der aus der Verletzung des ding­ lichen Rechts hervorgehende persönliche Ansprnch die K lage zugleich m it sich selbst erzeugt.

Zw eifel hat die Anwendung der R egel, daß die

V e rjä h ru n g beginnt m it Entstehung des Anspruchs, n u r in den F ä lle n erregt, wo es im Zweck des Rechtsverhältnisses zu liegen scheint, daß es eine längere D a u e r haben soll, wo die Auflösung des Rechtsverhältnisses a u f eine K ü n d ig u n g s fris t gestellt ist und wo es durch wiederholte einzelne Leistungen länger erhalten bleibt.

D as

D a rle h n insbesondere ist der

T y p u s dieser Klasse von Rechten. Gegen die Annahm e, daß die V e r­ jä h ru n g beginne m it der Hingabe der S um m e, scheint der Zweck des Geschäfts zu sprechen, daß der Em pfänger die Sum m e doch wenigstens einige Z e it genießen, keinenfalls verpflichtet sein soll, sie im Augenblick des Em pfanges wieder zu geben.

A lle in auch hier muß es bei der Regel

bleiben. D a s D a rle h n w ird entweder unzinsbar, oder zinsbar gegeben. B e i dem letzteren ist nicht zweifelhaft, daß der Nichtgebrauch, die V e r­ jä h ru n g erst beginnt, wenn die Zinszahlungen aufhören, daß jede Z in s ­ zahlung das Recht und die K lage e rh ä lt" ).

B e i dem ersteren aber ist

das Recht, die W iedererstattung der S um m e zu fordern, in dem M om ent begründet, wo sie hingegeben worden, es muß also auch von da die V e rjä h ru n g beginn en" ) .

D ie K ü n d ig u n g , die das A. L R . fü r das

'^) Gegen diese Regel des. T h o n a. a. O. S . 2 fg. Ih re Unrichtigkeit ist jetzt im (Gebiete des gem. Rechts allgemeine Ueberzeugung. D a s C b titrib u n a l bat in ­ dessen — gestützt auf die Begründung des unten in Note 20 erwähnten P le n a r­ beschlusses v. 13. J a n . 1838 (Entsch. D . 3 S . 165) — den Satz als einen das preußische Recht beherrschenden anerkannt und insbesondere angenommen, daß die Verjährung eines Rechts, das von einer affirm ativen Potestativbedingung des Berechtigten abhängt, nicht erst m it dem E in tr itt der Bedingung sondern sofort zu laufen beginnt. Entsch. B . 69 S . 55 16) Ebenso nach österr. R. §. 1478.

Unger S

407.

17) Richtiger ist es jedoch, zu sagen, daß auch hier die V erjährung m it der Hingabe anfangt, aber durch jede Zinszahlung u n t e r b r o c h e n w ird. 1 .8 § . 4 6 . V II. 89. D e m e l i u s S . 170fg. Der G läubiger hat zu beweisen, daß die Zinsen gezahlt worden. S t r i e t h o r s t B. 37 S . 175; a. M . 6 a v i g n y B . 5 S - 309. G r u c h o t S . 599 sg. 603 a. E. 18) 1.94 §. 1 I). X L I V . 3. B a n g e r o w im Archiv a. a. O. 6 . 3 1 0 . P and. 1. S . 253 N r. 2. Le n z 6 . 240. D e m e l i u s © . 164, der insbesondere gut darauf hinweist, daß der juristische I n h a lt des Darlehnsgeschäfts in nichts weiter als in der Hingabe einer Q u a n titä t fungibler Sachen gegen die Verpflichtung, die­ selbe Q u a n titä t derselben Sachen zurückzugeben bestehe, daß aber dahin nicht das

Erstes Buch.

342

Die Grundbegriffe.

D a rle h n unbedingt vorschreibt"), hindert den Beginn der Verjäh ru n g nicht, denn auch fie hat nicht den S in n , die Entstehung der Forderung auf Erstattung der Sum m e hinauszuschieben, sondern nur die Bedeu­ tung einer F ris t,

die dem Schuldner gewährt werden soll, um sich die

Zahlungsm ittel zu verschaffen, oder dem G läubiger, um inzwischen an ­ derweitig nach einer nutzbaren Anlegung des K ap ita ls zu suchen. ist daher

Es

anzunehmen, daß die V erjährung der Darlehnsklage sofort

m it der Hingabe beginnt, sich aber ihr Z e itla u f um die K ündigungsfrist verlängert.

D a s O bertribunal hat die P ra x is dahin festgestellt'"), daß

die V erjährung nicht von dem Tage der wirklich erfolgten Kündigung (die ganz im Belieben der Parteien liegt), sondern von dem Tage be­ ginnt, wo, nachdem zuerst gekündigt werden k o n n t e , die K ündigungs­ frist abgelaufen ist.

Gekündigt konnte werden im M om en t der H in ­

gabe, und wenn fü r die Kündigung eine besondere Zeitbestimmung ge­ troffen w ar, von dem M om ent des E in tritts dieser Z eit, die Verjäh ru n g beginnt daher sofort, vollendet sich nach A blauf der ordentlichen V e rjä h ­ rungszeit und dann kommt dem Verpflichteten die Kündigungsfrist m ir noch zum Zweck der Zahlungsleistung zu gut. trib u n als

setzt die Kündigungsfrist v o r

D e r Beschluß des O ber-

den B eginn

der Verjährung,

während sie an das Ende derselben gestellt werden m u ß " ).

Aber rich-

längere oder kürzere Verbleiben der Sachen in der Hand des Schuldners gebore, an ein solches daher auch nicht die N a tiv itä t der Klage geknüpft weiden könne. F ü r preuß. R. f. K ö c h lin g im Arnsb. Arch. B . 10 S . 339. S tile s. Arch. B 6 S . 113. K o ch , R. d. F. B . 2 (£. 7 5 9 fg. 19) A .L.R . I. 11 §§. 761. 762. 20) Entsch. B . 3 e . 170, B . 7 (£ .2 0 3 . Pl.-Deschl.-Entsch B . 59 S . 1. Entsch. B 69 S . 90, B . 80 S . 194, R.O.H G. B . 4 S . 344, B . 16 S . 347, B . 23 S . 231. Der S ah findet Anwendung auch auf die der Derj. nach dem Ges. v. 31. M ärz 1838 unterworfenen Forderungen, sofern sie auf K ündigung lauten. D as O .-T rib . ist hier der Ansicht von U n t e r h o lz n e r B . 2 S . 319 der 1 A. gefolgt. R a v e §. 135 und der K i rc h e is e n sche E n tw u rf gingen von anderer Ansicht auS. £ ie lassen erst von der als res merae fa cu lta tis aufgefaßten w irk ­ lichen K ündigung die Verjährung anfangen. Ueber den P l -Beschluß s. Le n z S . 2 5 9 fg.. der in der gestellten K ündigung einen „Postetativ dies" findet und deshalb erst von der wirklichen K ündigung, wie bei der Potestativbedingung rechnen w ill. Verfehlt ist sächs. G . - P . §. 167, welches die Klage erst von der W illenserklärung verjähren läßt, d. h. also von der erfolgten Kündigung. 21) Vorangestellt w ird sie aus einem falschen G ru n d ; es könne nämlich nicht vor A b la u f der Kündigungsfrist geklagt werden. Dieser widerlegt sich aus § 16 I. 28 A.G .O . Koch, Beurtheil. S . 163 495. D ie Bezugnahme K o c h 's auf die Kündigungsklage (vgl. auch K o c h , Recht der Forderungen S . 762) erscheint vollkommen zutreffend. D ie Kündigungsklage, (über deren fernere Zulässigkeit §. 50 zu vergleichen ist), muß jedenfalls als verjährt angesehen werden, wenn sie innerhalb der Derjäbrungszeit nicht erhoben ist. Uud wenn in dieser Zeit n ic h t gekündigt ist, w ird innerhalb der noch übrigen Kündigungszeit die Klage nicht m it der W irkun g erhoben werden können, daß Beklagter auf G rund der nach vollendeter V erjährung abgelaufenen Kündigungszeit unter Verwerfung des Derjabrungseinwandes verurtheilt werden sollte. Der von D e r n b ü r g I. S . 371 Anm . 8 gegen Koch geltend gemachte G rund, daß dann dieselben Sahe für eine

§. f>7.

343

a. Verjährung durch Nichtgebrauch.

tig ist, daß die K ü n d ig u n g sfrist nicht aufgefaßt w ird als eine die A u s ­ übung des Klagerechts hemmende Zeitbestimmung, sondern als eine ledig­ lich fü r den E in t r it t des Zahlungstages bei unbeschränkter A usübung des Rechts maßgebende Vorschrift und daß der Beschluß die N a tiv itä t der Klage m it der Entstehung des Rechts zusammenfallen läßt.

D aß

der Grundsatz anwendbar ist, es mag von den P arteien eine bestimmte K ü n d ig u n g sfrist verabredet sein, oder, bei dem Fehlen einer solchen Verabredung, z w e ife lh a ft").

die gesetzliche F ris t eintreten, ist in

der P ra x is

nicht

M i t der Hingabe der Sache, nicht erst m it der V e r­

letzung ferner beginnt die V e rjä h ru n g der K lage aus dem V erw ahrung s­ vertrage, aus der B ittle ih e (P re k a riu m )"); bei der K lage aus der Leihe (K ommodat) dagegen nicht m it der Hingabe der Sache, sondern, w eil dies Geschäft nach preußischem Recht im m er m it einer Zeitbestimmung (dies) abgeschlossen werden m u ß "), m it E in t r it t der letzteren.

Ueberhaupt ist

jede K lage des Eigenthüm ers gegen den unvollständigen Besitzer (M ie ­ ther, Pächter), sofern durch sie der Anspruch auf Zurückgabe der Sache verfolgt werden soll, von dem Tage actio nata, also verjährbar, wo diese Zurückgabe verlangt werden darf, d. h. an welchem entweder das von vornherein

an eine bestimmte Endzeit (dies) gestellte Recht aufhört,

oder, wie bei dem D a rle h n vom Tage der Uebergabe m it Hinzurechnung der gesetzlichen oder bedungenen K ü n d ig u n g s fris t"). D ie dem un vo ll­ ständigen Besitzer aus diesem Rechsverhültniß zustehende Einrede hat im letzteren F a ll nicht die K ra ft, die V e rjä h ru n g a u fzu h a lte n ").

die N a tiv itä t der Klage und somit

D ie Klage aus dem Wiederkauf unter­

liegt nach dem gemeinen Recht der Regel, daß die V e rjä h ru n g vom M om ent des Geschäftsabschlusses beginnt, das A .L .R . aber bestimmt, daß das Recht durch V e rjä h ru n g nicht erlischt, wenn es der Verkäufer sich und seinen Erben ausdrücklich vorbehalten hat, und auch sonst aus der Fassung des V e rtra g s deutlich hervorgeht, daß die Ausübung dieses Rechts zu allen Zeiten stattfinden s o lle ").

D ie V e rjä h ru n g der P fa n d -

Forderung m it festem späteren Fälligkeitsterm in gelten müßten, ist um so weniger zutreffend, als in solchem Falle eine Klage auf künftige Z ahlun g zur Derfallzeit nicht als zulässig nachzuweisen ist. 220 P rä j. GBl

(Sam m t. I. 38).

-3) I. 1 §. 22 D. X V I. 3. -4) A.L R. I. 21 §. 230.

Le nz 6 , 241 sg. gegen S a v i g n y V . S . 298. Ebenso nach österr. R. §. 971.

Denn gleich bei der Uebergabe an den Pächter konnte ihm gekündigt werden. E r u c h o t B . 7 S . 460. U n g e r B . 2 S . 413 Note 8 a. •*’) W ie dies U n g l r S . 412 Note 7a. gegen S a v i g n y

behauptet.

-') A .L .R I. 11 § .3 1 7 . U n t e r b o t e n e r und S c h i r m e r I I . 317. Dagegen, das pactum de vetrovendendo als Potestativbedingung zu fassen und deßhalb die Derfährung erst anfangen zu lassen, wenn der Berechtigte erklärt, sein R. geltend machen zu wollen, wie S a v i g n y S . 304, D e m e l i u s S . 194 annehmen, siehe U n g e r 381 Note 11. Sächs. G .-B . §. 1162.

rückfordenlng beginnt mit dem Moment der Befriedigung des Gläu­ bigers nach gemeinem und preußischem Recht"). Die Klage auf terminweise Leistungen endlich beginnt ihre Verjährung von dem Fällig­ keitstage jeder einzelnen Leistung und die Klage auf das diesen einzel­ nen Leistungen zu Grunde liegende Recht von der letzten Leistung. Hier mischt sich, insofern dieses Recht ein dingliches ist, wie die Reallast, die Klagverjährung mit dem non usus. Eine von den herkömmlichen Grundsätzen über den Beginn der Verjährung sehr abweichende Bestimmung hat das Gesetz über kürzere Verjährungsfristen vom 31. März 1838"). M it dem letzten Dezember desjenigen Jahres, in welchem entweder die Fordemrg entstanden ober der Zahlungstag gesetzt war, soll die Verjährung beginnen. D as ist jedoch nicht als generell vorgeschriebene Betagung der Forderungen aus solchen Geschäften aufzufaffen, vielmehr ist die Einklagung vom Tage der Entstehung der Forderungen zulässig, der Moment der Nativität und des Verjährungsanfangs fällt auseinander. Es hat sich daran der Zweifel geknüpft, ob, wenn diese kurze Verjährung unterbrochen wird, die neue Verjährung auch erst wieder mit dem nächsten letzten Dezember beginnen soll. Dies hat aber die Praxis verneint. Die neue Verjährung beginnt, den allgemeinen Grundsätzen entsprechend, bei der Unterbrechung,0). Bei kürzeren Verjährungen kommt in den Gesetzen auch vor, daß ihr Anfang auf die erlangte Kenntniß von der Thatsache gestellt ist. Davon kann aber erst bei Darstellung der einzelnen Geschäfte das Nö­ thige gesagt werden. 2. Der Z e itra u m . Aus dem gemeinen Recht ist beibehalten, daß die ordentliche Verjährung durch Nichtgebrauch sich in dreißig Jahren vollendet"). Nach der §. 45. angegebenen Art der Zeitrechnung muß der letzte Tag des 30. Jahres voll verlaufen sein, ehe die Wirkung der Ver­ jährung eintritt"). Die Berechnung geschieht kalendermäßig vom Tage des Anfangs. Schalttage werden nicht berücksichtigt. I n Betreff des Nichtgebrauchs solcher Rechte, welche nur bei gewissen Gelegenheiten ausgeübt werden können, wozu also besonders der non usus der Servi­ tuten gehört, ist vorgeschrieben, daß von der ersten versäumten Ge'i f )

”) *°) 31) 32)

A.L R I. 20 §. 195. 1. 9 §. 3. 1. 11 §. 2 I). XIII. 7. 1. 40 I). XLIV. 3. S a v ig n y S. 300 fg. D rrn b u rg , das Pfandrecht, 1800, B. 1 8. 159fg. Dtflert. G.-P. §. 1483: „Auch das Recht des Schuldners, sein Pfand einzu­ lösen, bleibt unvrrjährt." Insbesondere §. 5. Dgl. Ges. v. 18. Juni 1840 §. 8. Entsch. B. 28 S. 261 u. Pl.-Beschl. in Entsch. B. 47 S. 1. I 3 C. VII. 39. Ebenso dir neueren Gesetzgebungen: österr. §§. 1479. 1486, Code civ. art. 2262 und sächs. §. 150. Code art. 2260. 2261. Sächs. G -B. §§. 169 u. 89.

§. 57.

a. Verjährung durch Richtgtbrauch.

345

legenheit noch zwei andere innerhalb der 3 0 Jah re unbenutzt geblieben sein müssen, ohne daß erfordert w ird , 3 0 Jahre auseinanderliegen.

daß die erste und dritte grade

E s darf nur seit der dritten versäumten

nicht noch innerhalb des Zeitraum s eine andere eingetreten und benutzt worden s ein "). Z e it

durch

übergegangen jä h ru n g " ).

D aß

Universalist, D er

das Recht, welches erlöschen soll, im L au f der oder

Singularsuccesfion

hat keinen E in flu ß

auf

ordentlichen V erjährung

auf

andere

Personen

die Vollendung

der V e r ­

steht eine außerordentliche

von cheils längerer, theils kürzerer D a u e r gegenüber.

Gegen den F is ­

kus, Kirchen und solche Korporationen, welchen vermöge ihrer P rivileg ien gleiche Rechte beigelegt sind, soll eine V erjährung von 4 4 Jahren wirken. D ie Frist ist offenbar zusammengesetzt aus der gemeinrechtlichen “ ) von 4 0 und den 4 Jahren der Restitutionsfrist'").

D a ß unter die in solcher

Weise bevorzugten Personen die S ta d t- und Dorfgemeinden, wenn ihnen nicht das P rivileg iu m

besonders beigelegt ist, nicht gehören, ist nach

gemeinem und preußischem Recht u n zw eife lh aft").

A us dem Umstand,

daß die königlichen Hausfideikommißgüter zu den Staatsdom änen ge­ hören, ist von der P ra x is des O bertribunals gefolgert, daß sie in B e ­ treff der V erjährung den fiskalischen gleichstehen").

E in kürzerer V e r­

jährungszeitraum z. B . von M onaten, die dann je zu 3 0 Tagen berechnet werden, ist mannigfach in den Gesehen vorgeschrieben, und wird davon im besonderen T h eil bei den betreffenden Rechtsinstituten zu handeln sein.

V o n allgemeinerer Bedeutung ist die V e rjä h ru n g der Ansprüche

33) 6 ritsch. B . 20 S . 113. Dagegen ist, wenn die dritte Gelegenheit erst nach V er­ lauf von 30 Jahren eingetreten, und versäumt worden, die Verjährung dann rollendet. K och . Komment. Note 55 a. E. zu §. 544 d. T. 34) U n g e r S . 415 Note 15, S . 416 Note 16. 35) Nov. III. Nov. 131 c. 6. 1. u lt. C. X I. 61. Unter Kirche w ird hier die kirch­ liche Korporation, regelmäßig die örtliche Gemeinde einer der zur Z eit der E n t­ hebung des Landrechts öffentlich aufgenommenen Religionsgesellschaften (II. 11. fc. 17) verstanden. Es ist nicht richtig, wenn K och, Komm Note 60 a. E. zu fc. 6*29 d. T. m eint, Kirchen wären nach A .L .R nicht Rechtssubjekte. E r ver­ wechselt Kircbe m it Kirchengebäude Geistliche S tifte r, Dom kapitel haben nicht tos P riv ile g iu m der 44. Jahre. Entsch. B . 2 S . 68, ebensowenig diejenigen Aeligionsgesellschaften, denen bloß Korporationsrechte beigelegt sind. 36) S i m o n , M a te ria lie n S . 554.

S u a r e z hatte sich dagegen erklärt

37) Hm gemeinen Recht w ar die P raxis früher schwankend, jetzt steht fest, daß gegen Städte die 30jährige Frist maßgebend ist. D a n g e r o w . Pand. I. 259. D a s C -X rib . hat noch angenommen, die Frage sei nach gern. R. kontrovers. Entsch. V. 13 S . 161, wo fü r das preuß. R. der obige Satz festgestellt ist. Ferner Entsch. B . 18 S . 182. Wegen Dorfgemeinden s Rechtsfälle D . 4 S . 217. Gegen die Ansicht des O .-T rib . F i t t i n g bei Gruchot X . 330. 38) Entsch. B. 45 S . 112. Der Satz g ilt n u r von den eigentlichen königlichen Hausfideikommißgütern, welche das P riv ile g der Staatsdom änen haben; also nicht von den Gütern, welche der regierende Landesherr erworben hat, und über die er unter Lebenden oder von Todeswegen noch anders zu verfügen in der Lage ist. Dgl. A.L.R. I I. 14 §§. 1 2 - 1 5 .

346

Erst«- Buch. Di« Grundbegriff«.

aus Schadenszufügung außerhalb dem Falle eines Kontrakts. Von der­ selben wird in §. 120 näher gehandelt werden. Hier ist cinzugehn auf die durch das Gesetz vom 31. März 1838 eingeführte kürzere Verjäh­ rung von zwei und vier Jahren für eine Reihe persönlicher Ansprüche, welche zumeist dem täglichen Geschäftsverkehr angehören"). Dingliche Rechtsverhältnisse sind dem Gesetz nicht unterworfen"), auch nicht solche Ansprüche, die in Beziehung auf das Gewerbe des Schuldners entstanden sind"). Ob dieser Fall vorliegt, ist der Beurtheilung des Richters über­ lassen. D aß gegen Minderjährige und ihnen gleichgestellte Personen die Verjähning durch Nichtgebrauch nicht anfangen soll, fällt hier fort"), ebenso, wie später zu zeigen, die denselben nachgelassene Restitution"). Daß der Ansang bei dieser Verjährung eigenthümlich berechnet wird, ist bereits erwähnt. Ist sie unterbrochen worden, so beginnt vom Moment der Unterbrechung eine neue Verjährung von gleicher Dauer") und nur wenn die Unterbrechung zu einer rechtskräftigen Verurthcilung ") gcft'chrt hat, soll die neu beginnende die ordentliche sein. D as Gesetz ist einge­ führt unter Aufhebung aller entgegenstehenden provinziellen Bestimmun­ gen") und im Anschluß daran eine Verordnung über die Verjährung 3i4) L ö w e n b e r g , M otive D 1 S . 77. Auch in anderen deutschen Landern sind für derartige Ansprüche kürzere Zeiträume eingeführt. Sachs. G .-B . §§. 1017. 1018. (Ablauf von drei Jabren, deren Anfang ebenso berechnet wird, wie nach preuß. R.) Mecklenb. Ges. v. 12. M ai 1855 (G es.-S am m t. v. R a a b e . B . 5. S . 3V7). Die einzelnen Geschäfte hier aufzuzählen, hat kein wissenschaftliches Interesse. Die Ausstellung eines Schuldscheins schließt die kurze Verjährung an sich nicht a u s, dieselbe wird von dem vereinbarten Fälligkeitstage berechnet. Pl.-B eschl Entsch. D. 59 S 1. Wohl aber, wenn der Schuldschein eine neue causa debendi enthält, die an sich der kurzen V erjährung nicht unterworfen ist. Entsch. B. 67 S . 118. D ie von Handwerkern geleisteten Arbeiten unterliegen auch dann der kurzen V erjährung, wenn sie in ihrer Gesammtheit ein Werk produziren; dagegen ist ein Entreprise-V ertrag zur Herstellung eines Werks dieser Verjährung nicht unterworfen. Entsch. B . 67 S . 1 4 2 sg. S t r i e t h . B . 84 S . 275. 40) S t r i e t h o r s t B . 5 S . 33. 41) Entsch. B . 14 S . 209. S t r i e t h . B . 51 S . 28, c, B . 82 S . 322. 42) Entsch. D. 23 S . 104. 4i) Entsch. B. 50 S . 100. 44) Entsch. B . 26 S . 261, 33. 47 (g. 1. S t r i e t h . B . 50 S . 8. Die Unterbrechung kann auch noch auf den 31. Dezbr. des 2. oder 4. Jah res fallen. Entsch. B. 14 S . 213. I5) Gleichviel, ob die Derurtheilnng vor oder nach dem 31. Dezbr. 1838, dem Tage, an welchem das Gesetz v. 31. März in Kraft trat, ergangen ist. Entsch. P . 15 S . 489. Ein im Prozeß geschlossener gerichtlicher Vergleich hat aber nicht diese W irkung der rechtskräftigen V eru rteilu n g . Entsch. D 18 S . 170. A. M. D e r n b u r g 1. S . 383 Anm. 12. Dergl. auch Entsch. P . 25 S . 392, B. 38 S . 85, B . 43 S . 80, B . 44 S . 65. Die Feststellung einer Wechselfordcrung im Konkurse des Acceptanten durch Anerkenntniß des Verwalters ist gleich einer rechtskräftigen Verurtheilung im S in n e des §. 10 deS Ges. v. 31. März 1838. R D .G .G . III. Nr. 25. 4C) Ges. v. 15. April 1842 (Ges -S . 6 . 114).

öffentlicher, S taats- und Gemeindelasten ergangen"), welche sich sowohl auf die Einforderung als auf die Rückforderung solcher Abgaben bezieht. 3. U n te rb re c h u n g . D ie Verjährung hat, wie zu 1. auseinander­ gesetzt worden, den Nichtgebrauch des Rechts zur Voraussetzung. W ie die thatsächliche Verwirklichung des Rechts den Beginn der Verjährung hinausschiebt, so muß durch Ausübung des Rechts auch die begonnene Verjährung unterbrochen werden"). W as aber g ilt als eine die Unter­ brechung begründende Ausübung des Rechts, wenn dessen Verwirklichung von der Bethätigung des W illens eines Verpflichteten abhängt? D as Landrecht antwortet aus diese Frage zunächst negativ: a u ß e r g e r i c h t ­ liche E r i n n e r u n g e n , d. h. einseitige Aeußerungen des Verlangens nach Verwirklichung des Rechts sind auf den Lauf der Verjährung ohne E influß " ) . Den Gegensatz bilden zweiseitige Akte und gerichtliche Akte, beide aber nur sofern das Gesetz durch positive Vorschrift sie als zur Unterbrechung der Verjährung geeignet anerkennt. I n ersterer Beziehung w ird die Verjährung durch g e g e n s e i t i g e s A n e r k e n n t n iß unterbrochen. Dasselbe ist an keine Form gebunden, kann ausdrücklich oder stillschweigend durch Handlungen erklärt werden, muß aber das Moment der Gegenseitigkeit haben, d. h. von der einen Seite die Anerkennung einer bestehenden Verpflichtung, von der andern die Annahme dieser E rk lä ru n g "). A ls Handlungen, in denen es sich ausdrückt, sind von der P raxis Abschlagzahlungen, die als solche ge­ leistet werden, Zinszahlungen, Bestellung einer Sicherheit angesehen worden, nicht aber Ausfertigung eines neuen Schuldscheins"). Un­ mittelbar liegt es vor in der Errichtung eines Anerkennungsvertrages (constitutum ) 5‘), welcher, wie §. 41 gezeigt, nach preußischem Recht keinen neuen Verpflichtungsgrund bietet, sondern den frühern in sich aufnimmt. Allein in einem F a ll ist die Anerkennung ein selbständiger Vertrag und schasst einen neuen Verpflichtungsgrund, wenn sie erklärt wird nach bereits vollendeter Verjährung " ) . Denn die frühere BerechGes. v. 16. Juni 1640 (G es.-S S . 140). Dadurch ist §. 055 I. 9, der sich übrigens nicht auf Gemeindeabgaben bezog (Entsch. B . 13 S . 42) modifizirt. §. 12 d. Ges Siehe auch Entsch. B- 21 6 . 30" ) Auch theilweis« Ausübung s. oben Anm. 5. 47)

49) 91.2«. I. 9 §. 501. :0) S t u f s t t t B . 26 Nr. 289. b') Siehe Entsch. B 17 S . 120. B . 21 S . 38. 192. B. 28 81. S t r i e t b o r s t « . 3 4 S . 325. B. 35 S - 199. Unger S - 425. Auch das Präjudiz 1640 (Samml. 1. S - 39), wonach eine gegen einen Dritten abgegebene anerkennende Erklärung gleichfalls unterbrechen soll, muß die Gegenseitigkeit voraussehen, sonst wäre es unhaltbar. Seine Begründung ist unbekannt. Aus der gemeinrechtlichen Praxis S e u f f e r t B. 10 Nr. 223. B l. f R-Anw. B. 12 S- 367. s*) B äh r . die Anerkennung als Verpflichtungsgrund S . 176. S a v i g n y B. 5 S . 314. 1. 18. §. 1. D. X I I I . 5. I. 7. §. 5. C. V II. 39. i3) §.564 d. T. Oesterr. tz. 1502. Code civ. a. 2 2 2 0 fg. B ä h r S . 177. Di«

348

Erstes Buch. Die Grundbegriffe.

tigung ist erloschen, sie kann nicht wieder aufleben, — aber die Folgen des Rechtsverlusts werden durch die neue Verpflichtung beseitigt. I n diesem Falle muß die Anerkennung immer ausdrücklich sein und ist an die Vertragsformen gebunden"). Als gerichtlichen Akt, durch welchen die Verjährung unterbrochen werde, bezeichnete das Landrecht die A n m eld u n g der K lag e" )- D ies ist durch die Reichs-Civilprozeßordnung geändert: gemäß derselben sollen die nach dem bürgerlichen Recht an die gerichtliche Anmeldung der Klage geknüpften Wirkungen mit der E rh eb u n g der K lage eintreten, also Tbeone, die in diesem Schriftsteller einen Vertreter gefunden, ist hiernach in den älteren Gesetzbüchern nicht ohne Anhalt. Die Polemik K o c h 's zu §. 564 geht zu weil, wenn er behauptet, ein Anerkenntnis könne überhaupt gar keine E ntstebungs- oder B egründungsart für ein Schuldverhältniß fein. S t r i e t h o r s t B. 13 S . 364 B. 35 S . 199- B . 37 0 .3 2 8 . B- 45 e . 199. S i m o n und S t r a m p f f , M aterialien S . 466. " ) Fö r s t e r formulirte die Bedeutung dieses Satzes in den früheren Ausgaben scharf und treffend dahin: S obald der Berechtigte die aus dem richtigen Rechtsqrunde hergeleitete Klage ( S t r i e t h o r s t D. 11 8 .2 8 5 , Entsch. B. 27 6 . 318, B 9 S . 266. S e u f f e r t I. 10) gegen einen bestimmten Beklagten (Entsch. B . 18 S . 160. S t r i e t h o r s t B . 22 2 . 296 u. dag. S t r i e t h o r s t B . 3 S . 370. G r u c b o t S . 474) bei dem gehörigen Richter zum Zwecke der R e c h t s v e r s o l g u n g (Reskr. v. 23. J a n . 1 8 4 1 J M B l . S . 65, Entsch. B . 3 l 0 . 31) an­ gemeldet hüt, hört die Verjährung auf zu laufen." Während hier der Begriff der Klageanmeldung mit Recht als der eines Akts präzisirt w ird, welcher als B e g i n n e i n e s ge r i c ht l i c he n V e r f a h r e n s den R i c h t e r m i t der F e s t ­ s t e l l u n g de s a n g e m e l d e t e n A n s p r u c h s b e f a ß t , hat die Rechtsprechung widerspruchsvoll den Ausdruck „Klageanm eldung" als Gegensatz der bloßen oder, wie fälschlich geschrieben wurde, „bloß" außergerichtlichen M ahnung dahin erweitert, daß „jede beim Richter bewirkte M anifestation der Absicht den Anspruch geltend zu machen" als die Verjährung unterbrechende Klageanmeldung be­ trachtet ist. Anwendungsfälle w aren: gerichtliche M ahnung (Entsch. B 25 S . 325 Plen -Beschluß), Vorbehalt eines weiteren Anspruchs in einer Klage (Entsch. B 43 S . 92. S t r i e t h o r s t B. 38 S . 31. — Anders S t r i e t h o r s t B. 67 S . 29), Anmeldung der Forderung bei dem Nachlaßrichter ( S t r i e t h o r s t B . 85 S . 103), Einrede der Kompensation ( S t r i e t h o r s t D. 51 S . 31, Entsch. B . 49 S . 118, R.O.H G. B. 12 S . 234), E intragung einer Protestation in das Hypothekenbuch (Entsch. B . 37 S . 79) Litisdenunciation (Entsch. B. 25 S . 325, R .O .H .G B . 11 S . 289). — Bezüglich der Litisdenunciation des preußischen Rechts hat Kü nt ze l (bei G r u c h o t B. 21 S . 471) mit guten Gründen den Nach­ weis unternommen, daß dieselbe nicht nur formell, sondern auch materiell den Erforderungen der Klageanmeldung entspreche, indem sie eine auf Feststellung des angemeldeten Regreßanspruchs gerichtete gerichtliche Procedur zur Folge habe. — D aß mit der Bestimmung der Eivilprozeßordnung, welche die bisherige W ir­ kung der Blageanm eldung der Klageerhebung beilegt, die Möglichkeit weggefallen ist, einer analogen Erw eiterung des Begriffs der „Klageanmeldung" diese W ir­ kung zu erhalten, sollte nach meinem D afürhalten nicht bezweifelt werden. D e r n b u r g (1. S . 374) scheint denn auch seine Ansicht, daß zur Unterbrechung der Derjäbrung durch Nichtgebrauch eine „gerichtliche Protestation" genüge, deren M ittheilung an den Verpflichteten nicht einm al erforderlich sei, ebenso die S tre it­ verkündigung (hier verlangt er „Zustellung der Litisdenunciation") oder auch die Benutzung des Anspruchs zu einer Einrede, (ob hierbei nur an den Kompensa­ tionsanspruch gedacht ist, wird nicht klar), nur auf ein argum entum e contrario aus A L.R. I. 9 §. 551 zu gründen. Die „Schwächen" dieses Arguments hat neben Koch (Anm. zu §.571 1. 9) Kü n t z e l a. a. C 2 .4 8 2 zur Genüge be­ leuchtet.

$. 57.

a.

Verjährung durch Nichtgebrauch.

349

m it der Prozeßhandlung, welche die Rechtshängigkeit der Streitsache be­ gründet"). Es darf hieraus der Schluß gezogen werden, daß die Unter­ brechung der Klageverjährung von der Civilprozeßordnung als materielle Wirkung der Rechtshängigkeit anerkannt werden sollte, und daß, wenn in dem weitem Fortgang des Gesetzes die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs an den Zeitpunkt der G el­ tendmachung dieses Anspruchs in der mündlichen Verhandlung geknüpft und bezüglich des Mahnverfahrens ausgesprochen w ird, daß m it der Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner die Wirkungen der Rechtshängigkeit eintreten sollen, hierdurch in ausreichender Weise aus­ gesprochen ist, daß auch in diesen Fällen mit dem Beginn der Rechts­ hängigkeit

die Verjährung unterbrochen sein solle").

D ie Konkurs­

ordnung hat für die Konkursforderungen der Erhebung der Klage die Anmeldung im Konkursverfahren, als Verjährung unterbrechend zur Seite gestellt" ) D a ß die Erhebung einer Einrede Rechtshängigkeit nicht begründet, ist bereits erw ähnt").

D ie Klage unterbricht die Verjäh-

- r«) C .P .O . §. 239, §. 235 Abs. 1. — Ohne daß dieRechtshängigkeit der Streitsache begründet ist, t r it t Unterbrechung der Verjährung eiu: 1) bei der Ehescheidungs­ klage (die Klage auf Herstellung des ehelichen Zusammenlebens ist, wie §. 46 21um. 15 dargelegt worden, »licht verjährbar) durch Zustellung der Ladung zum S übneterm in (C .P .O . § 571); 2) für den Wechselanspruch des Verklagten im Wechselprozesse gegen denjenigen, dem er den S tre it verkündet, durch Zustellung der S treitverkündung (21rt. 80 D . W .O ); 3) bedingt durch die demnächst bewirkte, zur Unterbrechung der Verjährung sonst geeignete, Zustellung eines Schriftstücks, in den F ällen, in welchen diese Zustellung m ittels Ersuchens anderer Debörden oder Beamten oder m ittels öffentlicher Bekanntmachung geschehen soll, durch Ueber* reichung des desfallsigen Gesuchs, an das Gericht. ( C .P .O . § .1 9 0 .) — Ueber Klagen im Verfahren vor besonderen Gerichten s. S . 284 Anm . 4, im schiedsge­ richtlichen Derf. S . 270. 57) C .P .O . §§. 254, 633. 58) K O. §. 13, m it voller Wirksamkeit dem Gemeinschuldner gegenüber. — Nach, der Preuß. K . O . welche im §. 8 die Geltendmachung von Ansprüchen wahrend des Konkurses gegen den K ra d ir verbot, unterbrach die Konkurseröffnung die V er­ jährung. Ob ein demnächst im Konkursverfahren von dem Konkursverwalter ab­ gegebenes Anerkenntniß und die Feststellung der Forderung für die V erjährung die W irkun g eines Judikats habe, w ar streitig. D as O be rtrib un al nahm die W irkungen eines Judikats an (vergl. S t r i e t h o r s t B. 54 S - 288, 55 S . 326. G r u c h o t B . 21 S . 300; das Reicbsoberhandelsgericht verneinte (R .O .H .G . B . 4 S . 228, D . 7 S . 62, B . 12 S . 242, B . 18 S . 4 7 , 78 B . 20 S . 73, 184. — D gl. §. 56 A nm . 15. i9) Auch der Kompensationsanspruch w ird, wie § .5 1 Anm. 6 ausgeführt, nicht durch Erhebung der Kompensationseinrede rechtshängig. D ie Verjährung w ird deshalb nicht durch Erhebung des Kompensationseinwandes unterbrochen. D ie K o m ­ pensationseinrede kann jedoch fü r den anhängigen Prozeß durch die R eplik der V erjährung nicht beseitigt werden, wenn die V erjährung nicht schon vor F ä llig ­ keit der Klagforderung vollendet war. W ird eine Kompensationsfordernng, welche n u r einredeweise geltend gemacht und nicht m it der Klagesorderung sonne? ist, nach §. 136 C .P .O . zu getrenntem Prozesse verwiesen, so findet keine E n t­ scheidung über den E inw and statt. D ie Forderung, welche noch nicht rechts­ hängig ist, muß um im besonderen Verfahren rechtshängig zu werden, durch Klage geltend gemacht werden. Gegenüber dieser Klage aber würde die inzwischen

rung des Rechts, welches mit derselben verfolgt wird. M it der Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältniffes wird der Anspruch aus dem Rechte nicht verfolgt. Dennoch wird mit Erhebung derselben die Ver­ jährung eines Rechts insoweit unterbrochen werden, als ein Anerkenntniß des Rechtsverhältniffes unter den Parteien die Verjährung unterbrechen würde. Während die herrschende Lehre des gemeinen Rechts zur Unter­ brechung der Verjährung erfordert, daß die Klage vor dem zuständigen Richter angestellt sei, bestimmt das Landrecht in den §§. 552, 553 d. T., daß die Verjährung, wenn der ungehörige Richter die Klage „ange­ nommen und dadurch den Kläger in seinem Irrthum bestärkt habe, endgültig, im Falle der Zurückweisung seitens des unzuständigen Richters bedingt unterbrochen werde, nämlich unter der Voraussetzung, daß Kläger binnen einem J a h r nach der Zurückweisung die Anmeldung bei dem gehörigen Richter wiederholt. Der Richter der Civilprozeßordnung ist nicht mehr in der Lage, durch Annahme der Klage den Kläger in seinem Irrthum zu bestärken; deshalb kann von Anwendbarkeit der erstgedachten Vorschrift (§. 553) nicht mehr die Rede sein'"). Die Vorschrift des §. 552 dagegen, welche schon vor den Reichsjustizgesetzen auch in dem Falle zur Anwendung gebracht wurde, wenn die Abweisung einer Klage wegen Unzuständigkeit durch Erkenntniß statt fand"), muß mit der M aß­ gabe, daß innerhalb Jahresfrist nach rechtskräftiger Abweisung wegen Unzuständigkeit die Erhebung der Klage vor dem zuständigen Gericht statt zu finden hat, als geltendes Recht angesehen werden, soweit nicht nach §§. 249, 467 der C.P.O. der vor dem unzuständigen Gericht er­ hobene Anspruch für die weitere Verfolgung ohnehin rechtshängig bleibt. Is t dies der Fall, so greifen für den Wiederbeginn der ordentlichen Ver­ jährung die unten folgenden Sätze vom Liegenlassen der Sache ein. Von der Klage bei dem unzuständigen Richter abgesehen ließ das preußische Recht die einmal durch Klageanmeldnng erfolgte Unterbrechung der Verjährung unbedingt bestehen"). Nach der Civilprozeßordnung hat abgelaufene Verjährung an und für sich durchgreifen, wenn man die Klage ein­ fach als Anspruch aus Zahlung ansehen müßte, und Kläger nicht kraft der Ver­ weisung zum besonderen Verfahren befugt erschiene, geltend zu machen, daß die im Vorprozeß gegen ihn festgestellte Schuld als durch die geltend gemachte Gegen­ forderung getilgt anzuerkennen sei, so daß nach erfolgter Zahlung Rückforderung statt bat. 60) 3m Mahnverfahren findet zwar eine richterliche P rüfung, die sich aus die Z u­ ständigkeit zu erstrecken hat, statt, aber das bier zu prüfende Gesuch stebt nicht der alten bereits durch die Abreichung an das Gericht zur Unterbrechung der Ver­ jährung wirksamen und in dieser Wirksamkeit durch §. 553 nur gekräftigten Klage oder Klageanmeldung gleich. «) Entsch. B. 42 S . 66. 63) A.L.R. I. 9. §. 554.

§. 57.

a. Verjährung durch Nichtgrbrauch.

351

eine Zunäcknahme der Klage zur Folge, daß der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden zu erachten ist. D ie nach dem oben Gesagten jetzt a ls materielle Wirkung der Rechtshängigkeit anzusehende Unterbrechung der Verjährung fä llt solchen Falles in sich zusammen"). Der Zurück­ nahme einer Forderungsanmeldung im Konkurse muß die gleiche W ir ­ kung der Beseitigung der Rechtshängigkeit und ihrer materiellen W ir ­ kungen beigelegt w erden"). Ebenso fä llt die durch Zustellung des Zahlungsbefehls im Mahnverfahren, wegen der dadurch bewirkten Rechts­ hängigkeit hervorgerufene Unterbrechung der Verjährung in sich zusammen, wenn die vor die Landgerichte gehörige Klage nicht binnen sechs M o ­ naten nach Benachrichtigung von Erhebung des Widerspruchs erhoben und wenn bei nicht erhobenem Widerspruch nicht binnen gleicher Frist nach Ablauf der im Zahlungsbefehl enthaltenen F rist der Vollstreckuugsbefehl nachgesucht wird. I n beiden Fällen erlöschen nämlich nach den §§. 637, 641 der Civilprozeßordnung die Wirkungen der Rechtshängigkeit. D e r gerichtlichen Abweisung der Klage wegen Mangels einer Prozeßvoraussetzung ist gesetzlich eine gleiche Bedeutung nicht beigelegt. Von der Abweisung wegen Unzuständigkeit ist bereits gesprochen: im Uebrigen w ird es sich fragen, ob überhaupt die Wirkungen der Rechts­ hängigkeit eingetreten sind: bei wesentlichen M ängeln der zugestellten Klage ist dies zu leugnen. S in d dieselben aber eingetreten, so werden sie durch die demnächst ausgesprochene Abweisung wegen des Prozeß­ mangels nicht ex tune beseitigt.

ti3) D ie abweichende Ansicht D e r n b u r g s I. S . 280 Anm . 10 beruht auf der A nn ahme, daß noch jetzt als G rund der Unterbrechung die bloße Thatsache der ge­ richtlichen Geltendmachung des Anspruchs anzusehen sei, und daß als solche gerichtliche Geltendmachung die (nicht mitgetheilte) „gerichtliche P ro te fta tio n " zur Unterbrechung der Verjährung genüge. Fraglich könnte m. E. in der That nur sein, ob in Z ukun ft neben der erhobenen Klage nicht auch einer nach §. 407 J. 10 (jetzt §. 1 des A u s f.-G . z. E .P .O .) b e k a n n t g e m a c h t e n Proteftation die W irkung einer W ahrung gegen die nachtheiligen Folgen des Zcitablauso zuzu­ schreiben ist. D a s Landrecht erwähnt die „m itgetheilte P rotestation" n u r als M itte l, die Ersitzung zu unterbrechen (I. 9. §. 003): man w ird aber behaupten können, daß hie ratio , weshalb die Protestation bei der V erjährung durch Nicht­ gebrauch nicht erwähnt w ird, gerade darin lag, daß Hier die einfachere, der Z u ­ stellung nicht bedürfende Klageanmeldung ausreichte. I n der Konsequenz der landrechtlichen Bestimmungen würde es liegen, der mitgetheilten Protestation jetzt auch gegenüber der Erstinktivverjährung unterbrechende K ra ft zu geben. Aber das Gesetz Hat dies nicht gethan. Nach §. 468 I 16 finden §§. 466. 467 nicht au f den F a ll der Verjährung Anw endung. D ie P roteftation sollte n u r nach Maßgabe des §. 603 I. 9 auf die V erjährung einwirken, und cessante ratione hujus legis non cessat lex ipsa. D ie auf Zulassung des Eigenthümers eingetragene Vormerkung unterbricht die V erjährung als Anerkenntniß, die ans einseitigen A ntrag vom Prozeßrichter zugelassene Vormerkung kann diese K ra ft nicht haben, hier bedarf es der Zustellung der Klage. " ) D ie M otive zu §. 13 der K o n k.-Q rd n . (Degr. S . 61) scheinen hierbei a u f das Landesrecht zu verweisen. M . E. begründet aber §. 65 K .-O . die entsprechende Anwendung des §. 243 Abs. 3 C .P .O .

Die Unterbrechung kann nur zwischen denjenigen Personen wirken, zwischen denen die Unterbrechungshandlung vorgekommen ist. Ebenso­ wenig wie ein gegen einen Dritten, Unbetheiligten abgegebenes Anerkenntniß von Erheblichkeit sein könnte"), wird die Klage eines Unbe­ theiligten oder gegen einen Unbetheiligten in Betracht kommen. Daß im Falle der (Session, die für den Cedenten erfolgte Unterbrechung der Ver­ jährung dem Eesfionar zu statten kommt, ist selbstverständlich. Im Fall einer Rechtsgemeinschaft wirtt die Unterbrechungshandlung eines M it­ berechtigten oder gegenüber einem solchen für alle"). Umgekehtt soll die Nichtausübung des Rechts gegen einen Mitverpfiichteten diesem nicht zu gut kommen, wenn das Recht einem andern Mitverpflichteten gegen­ über gewahtt wird, es sei denn das ersterer eine besondere Befteiung erworben hat"). Letzteres ist auch erforderlich, wenn ein Recht gegen eine ganze Gemeinde ausgeübt, gegen einzelne Mitverpflichtete aber nicht gebraucht worden ist18). I n diesem Fall liegt nicht gänzlicher Nichtgebrauch vor. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch die reichsgesetzliche Bestimmung, nach welcher die Verjährung des gegen ausgeschiedene oder ausgeschlossene Genoffenschafter kraft ihrer solida­ rischen Haftung zu verfolgenden Anspruchs durch Verfolgung des An­ spruchs gegen die Genoffenschast unterbrochen w ird"). Objectiv kann, wie schon angedeutet, eine erhobene Klage nur die Verjährung desjenigen Anspruchs unterbrechen, der in der Klage seinem Fundamente nach be­ zeichnet ist. Selbst die Klageanmeldung mußte, um unterbrechend zu wirken, den Klageanspruch nach seinem Fundamente genau individualiflren70). Wird der begonnene Rechtsstreit zu Ende durchgeführt und die Klage wird abgewiesen, so tritt die Einrede des Judikats an die Stelle der Verjährungseinrede, es hat dabei, wie §.557. d. T. sich aus­ drückt, sein Bewenden. D as ist freilich nicht ganz richtig; es trifft nicht zu bei der Abweisung zur Zeit, auch nicht bei der Abweisung angebrachter Maßen, bei der letztem auch nicht, wenn die Voraus6S) Siehe oben Note 51 übet daS Präjubiz 1646. Unge r S . 434. “ ) §. 575 b. T. Gr uc hot @. 666. sr) §. 576 b. T. Hierher zogen die früheren Ausgaben ben vom O.-Trib. verschieben beantworteten Fall, ob die Klage gegen ben persönlichen Schuldner durch die Klage gegen den dritten Besitzer beS zur Hypothek bestellten Grundstücks unter­ brochen werde. Auf die Frage, ob für da» Verhältniß des persönlichen und PfandschuidnerS die Grundsätze von bet Mitschuld anzuwenden find, welche auch im §. 63 Anm. 53 zu erwähnen sein wird, kann näher erst im Pfandrecht B. III. §. 194 eingegangen werden. «*) §§. 576—578 d. T. b) I. 5 §§. 185. 180. Oben S . 222. 3S) Z u r Lehre v. d. natur. oblig. 1844 bei S c h w a n e r t S . 6 2 f. S i n t e n i S II. S - 6 Note 9. 3‘) Ueber den Code art. 1235 f. S a v i g n y S . 127. Z a c h a r i ä a a. O. II. 2 . 2 6 6 Note 1 268 Note 5. Da» Lsterr. Gef B. §• 1432 läßt „Zahlungen einer ver­ jährten Schuld, oder einer solchen, die nur au« Mangel der Förmlichkeit ungiltig ist, oder zu deren Eintreibung da« Gesetz nur da« Klagerecht versagt, ebenso wenig zurückfordern, al« wenn Jem and eine Zahlung leistet, von der er w eiß. daß er sie nicht schuldig ist". Sicherung der Erfüllung einer natur. oblig. durch Bürgschaft ist §. 1351 versagt, ebenso durch Pfandrecht §. 449, durch Kompensation §. 1439. Dasselbe scheint bei der Novation angenommen werden zu müssen. Ver­ jährung laßt nach §. 1449 keine Naturalobligation zurück, obschon die Bezahlung der verjährten Schuld nach §. 1432 nicht kondizirt werden darf. — Nach dem sächs. Ges.B. §■ 1519 ist die Rückforderung der Leistung wegen Nichrschuld nur auf den Irrth u m gestellt, die Einrede der Naturalobligation ist nicht zugelassen. N u r Zahlung einer verjährten Forderung bleibt bei Kraft (§. 1512), obgleich auch hier Verjährung da« Erlöschen der Forderung bewirkt (§• 1016), eine N atu ral­ obligation also nicht übrig bleibt.

chung beider festzuhalten.

V o m rechtsgeschichtlichen S tandpunkt aus mag

m an die Schöpfung der R a tu ra lo b lig a tio n durch die römische J u r is p r u ­ denz als ein neues Zeugniß ihres praktischen Geschicks und Scharfsinns b e w u n d e rn ") — ein nothwendiger Bestandtheil im System des heutigen Rechts ist sie nicht m e h r" ).

Zweiter Abschnitt. D ie

persönliche

T h e iln a h m e .

§. 62. Gläubiger und Schuldner. S in te n iS II. 6 .1 7 . Bangerow III. 6.65. Unterholzner III. 6.173. R. d. F. II. S. 1.

Koch,

A us dem B e g riff des S chuldverhältniffcs fo lg t zunächst, daß es ein Rechtsverhältniß zwischen „gewissen" Personen is t') .

Hierdurch u nter­

scheidet cs sich vom dinglichen Recht, bei welchem die berechtigte Person allen übrigen, also keiner bestimmten Person gegenübersteht. Dieses V e r­ hä ltn iß zwischen gewissen Personen ist das der Berechtigung und V e r­ pflichtung.

D e r Berechtigte, der sich den W ille n des Andern zu seinem

V o rth e il u n te rw irft, heißt G lä u b ig e r ,

der Verpflichtete S c h u ld n e r.

Wenn das A .L .R . sagt: „wozu gewiffe Personen befugt o d e r verpflichtet sind", so ist dies ungenau ausgedrückt, denn dies O der kann hier nicht trennen, insofern Beides, B e fu g n iß und V erpflichtung zusammengehören. Im

neueren Recht, in welchem jede Person auch rechtsfähig ist, kann jede

G läubige r oder Schuldner sein. Doch muß auch H andlungsfähigkeit vor­ handen sein, können.

um selbständig in

solche Rechtsverhältnisse eintreten zu

B e i welchen Personen die H andlungsfähigkeit aus allgemeinen

theils natürlichen theils gesetzlichen G ründen beschränkt ist, ist §. örtert.

26

er­

E s treten hierzu noch einige Beschränkungen, die gewiffe P e r­

sonen fü r gewisse Geschäfte treffen: diese werden in der Lehre von den Verträgen zur Sprache kommen. D e r einfachste F a ll ist, daß sich G läubiger und Schuldner in der A r t gegenüberstehen, daß jener n u r berechtigt, dieser n u r verpflichtet ist — e in s e itig e S chuldverhältniffe, z. B . Ersatzanspruch aus widerrecht**) Kuntze in Schletter's Iahrb. ©. f> S - 1. **) Windschrid, die Actio, Abwehr gegen Mnther- 1857. S. 22. ') A L R. I. 2 §. 122. Entsch. B. 4 S- 197. Koch, Deurth. 6 . 246.

licher Beschädigung (D elikt), Schenkung. mannigfach

kompliziren.

Aber das V e rh ä ltn iß kann sich

Zunächst können sich Berechtigung und V e r­

pflichtung kreuzen: jede Person ist G läubiger und Schuldner zugleich — es ist zu leisten a u f Gegenleistung — z w e is e itig e oder g e g e n s e itig e Schuldverhältnisie, z. B . K a u f') .

V o n diesen w ird noch als eine be­

sondere A r t diejenige Klasse von Schuldverhältniffen unterschieden, bei denen die Gegenleistung nicht im Wesen des Geschäfts begründet ist, sondern n u r aus äußeren Gründen oder zufällig h in z u tritt — z u f ä l l i g z w e is e itig e , z. B . V ollm achtsaustrag, Leihe, Hinterlegung.

In

allen

diesen F ä lle n stehen sich — vom Gesellschastsvertrage abgesehen — n u r zwei Personen gegenüber. S o d a n n kann auf jeder S eite oder a u f beiden S eiten eine M ehrheit von Personen am Schuldverhältniß betheiligt sein, und dies wieder auf sehr verschiedene A rt. D ie Einseitigkeit und Zweiseitigkeit der O b lig a ­ tio n w ird dadurch nicht geändert, daß mehrere Personen zusammen die G lä u b ig e r, mehrere zusammen die Schuldner sind, denn die Berechtigung und V erpflichtung lie g t entweder je auf der einen S eite oder aus beiden. Aber es kommt hier in F ra g e , ob die E in h e it des Schuldverhältnisses bew ahrt ble ib t, oder ob sich dasselbe th e ilt, ob die mehreren G läubige r jeder die ganze Leistung oder n u r einen A n th e il daran zu fordern haben, ob die mehreren Schuldner jeder das Ganze oder n u r einen T h e il leisten müssen.

Es

entstehen folgende Möglichkeiten:

t h e i l t sich in mehrere Berechtigungen

das

Schuldverhältniß

oder mehrere Verpflichtungen,

jeder G läubige r hat n ur einen A n th e il an der Berechtigung, a ls eigne F orde ru n g , jeder Schuldner n u r einen T h e il der Leistung zu erfüllen; oder das Schuldverhältniß t r e n n t sich in mehrere selbständige Forde­ rungen und Verpflichtungen, von denen jede neben der ander»» das Ganze u m fa ß t; oder endlich das Schuldverhältniß verbleibt ungetrennt oder ungetheilt in seiner E in h e it , es bezieht sich n u r auf mehrere G läubige r oder mehrere Schuldner, so daß zw ar jeder das Ganze zu fordern oder zu leisten hat, aber das Ganze n u r einm al geleistet werden darf, m ith in die Leistung des einen Schuldners a ls T ilg u n g des ganzen Schuldverh ä ltn iffe s w irkt, die B efrie d ig u n g des einen G läubigers die Forderung der anderen G läubige r ausschließt.

Auch hier wieder lassen sich V e r­

schiedenheiten denken, w e il die Beziehung des Schuldverhältniffes aus die einzelnen Theilnehmer eine verschiedene sein kann.

Diese Beziehung

ist 1. eine u n g le ic h e : zwar soll dieselbe Leistung 'jeder G läubige r zu fordern berechtigt, jeder Schuldner zu gewähren verpflichtet sein, aber die Forderung oder V erpflichtung entspringt bei Jedem aus einem selb­ ständigen, abgesonderten Rechtsgrunde: z. B . wenn M ehrere ein H aus

'0 Nähere» über zweiseitige Schuldverhältnisse s. in § 83.

bewohnen, aus dem etwas herabgeworfen worden, so erhält der dadurch Beschädigte eine Forderung gegen jeden, indem jeder selbständig als Beschädigcr angesehen wird — aber wenn der eine gezahlt hat, werden die anderen befreit'); wenn M ehrere, jeder besonders, den B. beauftragt haben, dem C. Kredit zu geben, so haftet jeder der M andatoren aus seinem eignen Auftrag, aber jeder von ihnen wird befreit durch die Deckung, die der eine von ihnen dem B. gegeben h a t'). Ferner ist es eine ungleiche Beziehung derselben Verpflichtung auf M ehrere, wenn der Eine zunächst und hauptsächlich, der Andere erst hinterher und a u s­ hilfsweise zur Leistung verpflichtet ist — Hauptschuldner und Bürge. 2. Die Beziehung desselben Schuldverhältnisses aus Mehrere ist eine gleiche, wenn jeder Gläubiger dasselbe aus demselben Rechtsgrunde zu fordern, jeder Schuldner aus demselben Rechtsgrunde dasselbe zu leisten hat. Diese Gleichheit der persönlichen Beziehung wird dadurch nicht auf­ gehoben, daß der eine Schuldner nur bedingt oder mit einer O rts- oder Zeitbestimmung verpflichtet ist'). Hier ist ein G esam m tsch u ld v erh ä ltn iß in seiner Vollendung vorhanden. Wenn eine Mehrheit von Personen in einem Schuldverhältniß be­ theiligt ist, so ist nach römischem Recht Regel, daß das Schuldverhältniß sich theilt, die Bewahrung seiner Einheit muß besonders begründet sein. Der S a h nomina ipso jure divisa — im Erbrecht von besonderer Wich­ tigkeit — ist ein allgemeiners). I m preußischen Recht ist der entgegen­ gesetzte Grundsatz gutgeheißen. Wenn die mehreren Theilnehmer vertrags­ mäßig zusammengetreten sind, so soll die Gesammtschuld vermuthet, die Theilung muß also ausdrücklich festgesetzt werden'). Wie aus dem Schlußrevisionsvortrag von S u a re z zu ersehen, ist diese Abweichung von der Theorie des gemeinen Rechts eine absichtliche, weil man annahm, daß die Theilbarkeit der Obligation wider die N atur der Sache sei, und dem Interesse des G läubigers widerspreche, der grade in der ungetheilten Beziehung der Forderung auf mehrere Schuldner seine Sicher­ heit finde'). D a hier, wie häufig bei der Bearbeitung des A.L.R. die s. g. N atur der Sache den Ausschlag gegeben h a t, unter dieser N atur der Sache sich aber oft weniger ein Raisonnement der Redaktoren als ein Fortwirken deutsch-rechtlicher Anschauungen zeigt, so stagt sich, ob etwa das ältere deutsche Recht dieser Richtung gefolgt ist. Ih m sind Gesammtschuldverhältnisse nicht unbekannt gewesen, das Versprechen zu -) 1.1 §. 10. 1. 23 D. XIX. 3 5) A .L .R . I. 14. §. 59. Entsch. B . 32 S . 349. S t r i e t h o r s t B . 2 9 S . 2 6 2 . Koch, R . d. F . I I . S . 10 Note 3 b. bestreitet die Denlbarkeit dieser Ansicht. V g l. gegen ihn W i e n stein, a. a. O . E . 4 8 3 f. und S a m h a b e r S . 2 0 5 . W enn von Mehreren ein gemein* Förster, Preuß. Privatrecht. I. 4. flu fl.

26

daraus muß eine Gesammtverpfiichtung zur Rückzahlung nach §. 424. d. T. hervorgehen, da hier eine Unterscheidung nach der Natur der Ver­ träge nicht gemacht ist. Wenn in einem T estam ent ein Legat ausgesetzt ist, so hasten die mehreren Erben dafür zwar gemeinschaftlich, wie Miterben auch für Nachlaßschulden hasten, aber nicht Einer für Alle. Eine korrealc Ver­ pflichtung müßte der Testator ausdrücklich anordnen"). Gesammtverpfiichtung aus w iderrechtlicher B eschädigung (De­ likt) wird bei Vorsatz und grobem Versehen angenommen; bei mäßigem und geringem Versehen trägt jeder Theilnehmer nur die Folgen seiner eignen Handlungen, wenn diese ausgemittelt werden können"). Die Unterscheidung, eine Abweichung vom gemeinen Recht, ist praktisch wenig erheblich, weil in der Regel der Antheil des Einzelnen am Schaden nicht ermittelt werden kann, und er nur im Wege der Einrede vom Beklagten zu erweisen ist"). Wie beim Vertrage wird auch hier die Gleichzeitig­ keit der verschiedenen Handlungen erfordert — dagegen ist ihre Gleich­ artigkeit nicht vorausgesetzt"). U nth eilbark eit des Gegenstandes bewirkt, sofern die Mitschuldner nicht aus anderen Gründen für das Ganze hasten, Korrealität nicht, denn nicht der einzelne Schuldner ist aufs Ganze verpflichtet, sondern alle zu­ sammen"). Auch ein richterliches U rth eil erzeugt nicht die Ver­ muthung der Korrealität, es verbleibt vielmehr bei dem ursprünglichen

JT)

**) 19) ") ")

schastlicher Schuldschein au-gestelli ist, so begründet derselbe die Gesammtschuld, wenn auch nur Einer die DarlehnSvaluta erhalten hat. Entsch. D. 21 6. 421. S t r i e t h o r s t D. 19 S . 246. I. 12. §. 289 verbunden mit I. 17. §§. 127. 131. Auch hier gegen da- römische Recht, 1. 9. pr. D. XLV. 2. 1. 8. §. 1 de leg. I. 1. 25. pr. de leg. III., welches die Verpflichtung der Erben als getheilte auffaßt. Wi enst ei n S . 491. Bon der Gemeinschaftlichkeit der Haftung der Miterben ist in §. 98 zu handeln. Sie versteht sich von der Haftung m it dem Nachl aß, so lange dieser im ungeteilten Besitz der Miterben. Ein Urtheil da- in den Nachlaß vollstreckt werden darf, kann vor der Theilung nur gegen die Gesammtheit der Miterben ergehen. Der einzelne Benefizial-Miterbe, der doch nur aus und mit dem Nachlaß haften soll, ist passiv nicht legitimst!; da- gegen ihn ergehende Urtheil wäre nicht in den Nachlaß zu vollstrecken, und seine persönliche Haftung wird nicht gesucht. Ihm steht also die exceptio plurium litis consortium zur Seite, er findet sich — vor der Theilung — in nothwendiger Streitgenoffenschast. (Entsch. B. 4 S . 302. Plen.«eschl.; Präj. 938. Entsch. B. 44 S . 94. S t r i e t h o r s t 8 . 76 S . 175.) Ein Miterbe, der als Erbe ohne Vorbehalt, also als persönlicher Schuldner, in Anspruch genommen wird, ist in anderer Lage. — Bei der „ge mei n schaftlichen" Alimentationspflicht mehrerer gleich naher Verwandter, tz. 20. II. 3 f. ob. Aum. 49 u. Bd. III. §. 239 wäre ein Urtheil gegen die mehreren Verwandten, das sie zur gemeinschaftlichen Zahlung verpflichtete, ohne zu sagen, woraus diese Zah­ lung beizutreiben, oder wie jeder haste, unvollstreckbar. I. 6. §§. 29. 30. 31. Gr uchot S . 485. Gr uc hot HI. @.486. S t r i e t h o r s t » .4 8 S . 297. «.8.». II. 10. §§. 130.131. Gr uchot III. S . 488. S e u f f e r t , Arch. D. 1. Nr. 66. Koch, R. d. F. II. 15. A.G.O. I. 5. §. 4. Nr. 8. Satz 3.

§. 03.

Grsammtgläubiger und Grsammtschuldner.

403

R echtsverhältnis"). S ollte das Erkenntniß zu Unrecht die mehreren Beklagten zu solidarischer Haftung verurtheilt haben, so entsteht Korrealität. G em e in sc h a ftlic h e r E m p fa n g einer N ich tsch u ld ruft keine forreale Verpflichtung zur Erstattung hervor, w eil §. 424., der nur von Verträgen spricht, hier keine Anwendung findet"). D agegen wird durch das Gesetz eine Gesammtschuld erzeugt bei M iterben, wenn sie sich vor Erfüllung der auf dem Nachlaß hastenden Verbindlichkeiten denselben ge­ theilt haben"), bei M itgliedern der Beamtenkollegien wie im F a ll w i­ derrechtlicher Beschädigung"), endlich bei mehreren Vormündern die die V erwaltung gemeinschaftlich geführt haben"). Folgende W ir k u n g e n hat die Gesammtschuld. D er G läubiger ist berechtigt, jeden einzelnen, oder einige oder alle Schuldner auf die ganze Leistung oder beliebige Theile derselben in An­ spruch zu nehmen; er wählt unter ihnen, kann von der W ahl abspringen und dieses Wahlrecht erlischt erst durch wirkliche B efriedigung"). S ein e Klage gegen den einen Schuldner unterbricht die Verjährung gegen die 63) E s ist Sache der Auslegung des ergangenen Erkenntnisses, ob dadurch eine ge­ theilte, eine gemeinschaftliche oder eine solidarische Haftung der Verurtheilten au s­ gesprochen fein soll. AIS entscheidend im Falle deS Zweifels muß aber ange­ nommen werden, daß die für das ursprüngliche RcchtSverhältniß maßgebende A rt der Haftung auch im Erkenntniß gemeint ist. S o schon A G O I. 24 §. 13. Bezüglich der Kosten, welche einer aus mehreren Personen bestehenden Partei auf­ erlegt sind, ist die Frage nach ergangenem Urtheil ebenfalls Auslegungsfrage; für das Urtheil schreibt §. 35 E .P .O . vor, daß soweit nicht Vorschriften des bürger­ lichen Rechts solidarische Haftung besonders begründen, regelmäßig Haftung nach Kopftheilen eintritt, daß jedoch das Gericht bei Verschiedenheit der Betheiligung ein anderes Verhältniß festsetzen kann. Früheres Recht §. 29. I. 23. A G O . und später §. 10. N r. 5. Ges. v. 10. M ai 1851. °3) DaS O T rib . hat Solidarverbindlichkeit zur Rückerstattung angenommen ( S t r i e t horst B . 25 S . 99, D. 29 S . 262 . §. 193. I 16., auf den es die Entschei­ dung stützt, beweist nicht die Solidarität, sondern nur, daß die einzelnen Em pfän­ ger der Nichtschuld „wie aus einem D arlehn" hasten sollen, und daS Präjudiz 2271. (Entsch. B . 21 S . 421. S t r i e t h o r s t B . 19 S . 246) paßt nicht hierher. DaS O T rib. sieht den gemeinschaftlichen Empfang als ein gemeinschaftliches Ge­ schäft an , es ist aber kein Vertrag. Gegen die Ansicht des O .T rib. s. Koch S 13. G r u c h o t S . 305. S a m h a b e r S . 206. W i e n s t e i n 6 . 488. D e r n b u r g II. S . 116. Vgl. auch R . O H G . B . 24 S . 11. ,A ) A L.R. I. 17. §§. 131. 137. I n welcher Weise die Erben vor der Theilung hasten, darüber vgl. Anm. 57. " ) A.L.R. II. 10. §. 128. I. 6. §§. 29. 30 31. ÖS) und beide in Schuld sind §. 32 Abs. 4 D.O. v. 5. J u li 1875 (A.L.R. II. 18. §. 288). ,7) D arf er gl e i chz e i t i g in besonderen Prozesien gegen mehrere der Gesammtschuldner aus daS G a n z e klagen? S e u f f e r t X II. 12 verneint aus Gründen, die für daS preußische Recht nicht zutreffen. D e r n b ü r g II. S . 117 Anm. 2 bejaht. Bei Verfolgung der Gesammtschuld gegen mehrere Schuldner in dem­ selben Rechtsstreit, stnd letztere eigentliche Streitgenoffen (L .P .O . §. 5 6), die Rechtsstellung des einzelnen in seiner Vertheidigung ist regelmäßig selbstständig (E .P O . §. 58): insoweit die Verhaftung der Mitschuldner in dem S inne einer nur gemeinschaftlich zu erfüllenden Pflicht übernommen oder kraft Gesetzes begründet ist, finden die Grundsätze von der nothwendigen Streitgenoffenschaft Anwendung.

404

Zweite* Buch.

D ie besonderen Privatrechte.

übrigen"). Die konsumirende Wirkung der Litiskontestation ist dem preußischen Recht unbekannt. E s kann der belangte Schuldner die Ein­ rede der Rechtskraft aus der Person des früher verurteilten oder von der Schuld freigesprochenen Mitschuldners nicht entgegenstellen, den Gläubiger auch nicht antheilweise an die Mitschuldner verweisen. Die durch Novelle 99. ins römische Recht für Korrealschuldner eingeführte Einrede der Theilung ist in das preußische Recht nicht aufgenommen und damit find auch alle Streitfragen beseitigt, die dieses dunkle Gesetz erregt hat. Dagegen kann der belangte Schuldner die Mitverpflichteten in soweit, als er glaubt gegen dieselben einen Ausgleichungsanspruch zu haben, zum Prozeß zuziehen, und fich ihrer Vertheidigung bedienen "). Dem Gläubiger gegenüber ist auch die persönliche Unfähigkeit eines Mitschuldners von keiner anderen Wirkung, als daß er diesen Mitschuld­ ner aufgeben muß. Die anderen bleiben aufs Ganze verhaftet und haben folgeweise auch den Anspruch aus die Gegenleistung"). D ies ist neuerdings bestritten"). Wenn aber angeführt wird, der Anspruch des Ausscheidenden auf die Gegenleistung könne den Uebrigen nicht zuwachsen, **) I. 5. §. 440. Nach bet deutschen Wechselordnung Art. 80 wird die Verjährung nur in Beziehung auf den Schuldner unterbrochen, gegen den die Klage gerichtet iß. Die gleiche Bestimmung hat da* sächs. G B . §. 1035. S - auch oben N. 53 über die Frage, ob die Klage gegen den Hypotbekenschuldner die Verjährung gegen den persönlichen Schuldner unterbricht. Die der Klage als einer Handlung des Gläubiger« beigelegte Wirkung der Unterbrechung tritt aber nicht ein, wenn ein Schuldner die Schuld anerkennt. Die« hindert §. 439 d. T . Koch, Kommentar Note zu §• 439. Zinsenzahlung, aufgefaßt al« Zinsenannahme, unterbricht. Echles. Arch. B . 5 S . 462. Jurist. Wochenschr. 1846. S p . 33. •*) I. 5. §§. 430—434 jetzt C .P.O . §■ 69. Darnach ist die Streitverkündung nicht gegeben, trenn der Verklagte den andern Gesammtschuldnern gegenüber zur Zah­ lung au« eignen M itteln verpflichtet ist und die« anerkennt. Auch wird in solchem Falle Zurückweisung einer Intervention de« correus auf G rund der $$. 6 3 ff. T P .O . wegen mangelnden Jutereffe« beantragt werden können. Der Satz de» Landrecht«, daß die Streitverkündung den Berechtigten in der Verfolgung feine* Anspruch» nicht aufhalten dürfe, hatte auch nach älterem Recht n u r die Bebenhmg, daß die LitiSdenuuziation rechtzeitig im Hauptprozeß erfolgen muß. Die rechtzeitig vorgebrachte Vertheidigung de« LitiSdenunziaten wurde aber verhandelt, selbst wenn fie weit aussehende Beweisführung verlangte. K och, R . d. F. II. E . 43 : — Hauptpartei, Mitbeklagter wird selbstverständlich der herangezogene und in den Rechtsstreit eintretende Mitschuldner nicht. ro) I 5. §. 446. Daß der Unfähige ausscheidet, berührt den Gläubiger überhaupt nicht, sondern ist nur wichtig für den Regreßpunkt. Koch, R . d. F . II. 0 . 46. Eutsch. B . 41 S . 45. Bei zweiseitigen Verträgen wird nicht selten die Sache so liegen, daß au« der N atur und dem In h a lt der getroffenen Abrede hervorgeht, daß die Verbindlichkeit der mehreren PariScenten auf der einen S eite al« eine gemeinschaftlich und nicht al« von Jedem ganz zu erfüllende Verbindlichkeit über­ nommen ist, z. B. die Verbindlichkeit ein gemeinsame* Grundstück zu übereignen, (v g l den Text bei Rnm. 49). Hier hat die persönliche Unfähigkeit eines der . Mttverpflichteten jedenfalls den Zusammenfall de« ganzen Vertrag« zur Folge. S t r i e t h o r s t B . 96 S . 252. n ) K r a w e l a. e. O . S . 2 5 f. W ie n s te in a. a. O. S . 4 9 7 fg. — Nach Anficht de« Herausgeber* find die obigen Sätze nicht unbedenklich. Wenn A. gegen die Ver­ bindlichkeit de* B . und E. zu einer Zahlung eine Vorleistung übernommen hat, wüßte er nach dem Text trotz der Unfähigkeit de« B- auf Antrag des ) R . Koch bei Gruchot X . 500. Bei LebenSversicherungS - Policen kann der V e r­ sicherer dem In h a b e r , wenn er das K apital erheben w ill, noch die Einrede ent­ gegenstellen, daß z. B . bei dem Abschluß der Versicherung die Gesundheit deS NehmerS falsch angegeben worden, eine exceptio doli. R e n a n d in der krit. Ueberschan B . 5 © . 4 0 9 . W ie oben Note 8. gezeigt, gehören zwar Policen nicht zur Kategorie der Jnhaberpapiere; dasselbe gilt aber auch von diesen. A rt. 3 6 2 . deS deutschen Gesetzentw. über Schuldverh. sagt: der Schuldner kann der Forde­ rung aus der auf den In h a b e r lautenden Urkunde Einwendungen entgegensetzen, welche gegen die Giltigkeit der Urkunde gerichtet sind, oder aus der letzteren her­ vorgehen. oder welche ihm gegen den jeweiligen In h a b e r zustehen, nicht aber E in ­ wendungen, welche er gegen Vorm änner des Inh abers gehabt haben würde. -*) S . U l f s , bes S . 115.

422

Zweite- Buch

Die besondere» Privatrechte.

RechtsverhLltniffes. D as Papier ist Sache und den rechtlichen Bezie­ hungen einer solchen zugänglich und unterworfen (Besitz, Eigenthum), aber das Recht, welches durch das Papier ausgedrückt, von ihm ge­ tragen wird, ist eine Obligation. Die Zweiheit von Obligation und Sache wird dadurch gehoben, daß „das Papier zum Symbol oder O r­ gan, d. h. zum unmittelbaren Ausdruck und Vehikel der Obligatton ge­ stempelt, diese als die ideelle Substanz dem Papier inkorporirt, deffen einverleibte oder eingeborne Seele ist""). S o ist also zunächst das Papier nicht Grund, sondern Mittel für die Entstehung der Obligation, der Grund ist der Verpfiichtungswille des Ausstellers; das Papier ist ferner das Mitttel, die Obligation in Umlauf zu setzen, mit dem ju­ ristischen Besitz des Papiers ist diese erworben, die Uebergabe hat für die Obligation den Rechtseffekt der Novation; das Papier ist endlich das M ittel, die Obligation zu tilgen, sobald es entweder in den ju­ ristischen Besitz des Ausstellers zurückgelangt, oder kasfirt, oder mit einem Quittungsvermerk versehen ist"). D ie Obligation selbst ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, welches den Charatter einer G e n e ra l- oder N e u tra lo b lig a tio n hat, d. h. zu welcher eine causa debendi specia­ lis nicht erforderlich ist"). Anzuerkennen ist nun zunächst bei dieser Theorie, daß die obligatorische und sachliche Seite des RechtsverhLltniffes unterschieden wird. D aß namentlich eine sachliche Seite beachtet werden muß, ergiebt sich aus der Streitfrage über die Vindikabilität, aus dem höheren oder geringeren Kauswerth (K urs), den solche Papiere an der Börse haben, und der sich danach richtet, ob der Kredit des Unter­ nehmens, für welches sich der Schuldner durch Ausstellung des Papiers die Mittel verschafft hat, steigt oder fällt. Allein der Begriff einer Generalobligation ist nur erfunden, dem positiven Recht unbekannt und der Klarheit entbehrend. Auch hier muß ein bestimmter Wille des Schuldners angenommen werden, der in den Worten der Urkunde nicht ausgedrückt ist. Der bloße abstrakte Verpflichtungswille ohne Verpflich­ tungsgrund kann eine Obligation nicht erzeugen. Die Loslösung der Papierobligation von ihrem materiellen Grunde steht mit dem Umstande in Widerspruch, daß bei vielen und häufigen Arten der Jnhaberpapiere dem Inhaber vom Aussteller Einreden aus diesem materiellen Grunde entgegengesetzt werden dürfen"), und daß die Umwandelung der mate­ riellen Obligation in einen formellen einseitigen Verpflichtungsatt ledig­ lich durch den Willen des Schuldners herbeigeführt werden soll, während «) A. a. O. S. 266- 274. **) Hiernach hat bad Papier nach K drei Funktionen: eine G enital-, eine V ital-, eine Finalfunktion.

-6) S. 362 ff. 374. 2*) Siehe oben Note 21.

dabei doch gewiß das Interesse des G lä u b ig e rs in der ursprünglichen O b lig a tio n sehr stark m it in t S p ie l ist, seine E in w illig u n g wendig erscheint,

gleichwohl im m er fehlt.

also noth­

Allen diesen Theorien der

zweiten G ruppe ist m it denen der ersteren zwar dies gemeinsam, daß auch sie das Dogm a, eine O b lig a tio n könne n u r zwischen b e s tim m te n Personen zu Stande kommen, zu bewahren bestrebt fin d : der bestimmte G lä u b ig e r ist ihnen der erste N e h m e r und jeder folgende Nehmer a u f G ru n d eines Uebertragungsaktes.

Aber indem fie abweichend von den

Ersteren in dem P a p ie r die O b lig a tio n selbst, nicht n u r eine B ew eis­ urkunde fü r

eine O b lig a tio n erblicken, gerathen sie in künstliche und

bildliche Vorstellungen, die der K la rh e it entbehren. „T rä g e r"

D a ß das P a p ie r

der O b lig a tio n sei, daß sich diese in ihm „verkörpere", sind

Ausdrucksweisen, die ebenso wenig erklären, als wenn man fü r diese Schuldverhältnifse einen Namen erfindet, wie G eneral- oder N e u tra l­ oder S k rip tu ro b lig a tio n ,

oder abstraktes Nomen.

S o ist es auch n u r

eine bildliche und daher fü r juristische Konstruktionen nicht verwendbare Ansicht, die B e k k e r vorgetragen, daß d a s P a p ie r selbst das Subjekt des Forderungsrechts, d e r G lä u b ig e r sei, daß der In h a b e r dieses S u b ­ jekt n u r vertrete, nicht selbst aber der G läubige r sei.

Da

bietet die

P rä d ia ls e rv itu t eine Analogie, denn auch hier ist eine Sache (das herr­ schende Grundstück) indem

ferner

das vom

Besitzer vertretene Rechtssubjekt.

in diesen Theorien der erste N e h m e r a ls

Und

bestimmter

G läubiger, die O b lig a tio n selbst durch das erste Nehmen als eine defi­ n itiv

vollendete aufgefaßt w ird , muß natürlich der Uebertragungsakt,

der bei den Schriftstellern der ersten G ruppe, sofern sie nicht den ersten Nehmer, sondern den Eigenthümer, oder gutgläubigen Besitzer oder I n ­ haber a ls den G läubiger hinstellen, a l s . ein rein sachenrechtlicher er­ scheint, einen obligatorischen Charakter annehmen und nun entsteht die Schwierigkeit,

eine F o ru t fü r

denselben zu finden.

N ovation,

Dele­

gation, Vollm acht, stillschweigende Uebereinkunft zwischen dem Schuldner und ersten Nehmer über die Form losigkeit der Uebertragung sind be­ hauptet worden — aber diese M ein u n g e n scheitern alle daran, daß sie von Voraussetzungen ausgehen, die thatsächlich niem als vorhanden sind. Endlich spricht gegen die J d e n tifiz iru n g der Forderung m it dem P apier, daß in Folge derselben m it dem Untergang oder V e rlu st des P a p ie rs auch jene untergehen müßte, was gleichwohl nicht der F a ll ist, wie aus der A m ortisation solcher P apiere, aus dem Aufgebot und daraus sich ergiebt, daß wenn dem Schuldner der V e rlu st angezeigt w ird , er dem nächsten Präsentanten nicht zahlen darf. M a n w ird also diese bildlichen Vorstellungen »erlassen müssen: das P apier ist P apier, weder Schuld noch G läubiger, es beweist die Schuld und soll fü r den E m pfang der Schuld legitim iren.

K e in Loslösen von

dem ursprünglichen Rechtsgrund derselben — aber auch keine definitiv vollendete O blig atio n bis zu dem Zeitpunkt, wo der Schuldner seinen bestimmten G läubiger gefunden hat. Dies führt auf die leider bisher nur angedeutete Ansicht von G o ld s c h m id t" ) . Angeknüpft ist sie an eine beiläufige Bemerkung F i t t i n g ' s " ) , welche die aktive Korrealobligation als fü r die Theorie der Jnhaberpapiere verwendbar erklärte, indem auch hier dem Schuldner gegenüber zunächst ungewiß bleibe, wer zu fo r­ dern hat, und die Ungewißheit sich hier zwar nicht durch W ahl, aber durch den Besitz des Papiers entscheide. Hiergegen wird von G o ld sch m i dt bemerkt, bei der Korealobligation stehen mehrere bestimmte Gläubiger n eb e n einander, bei dem Jnhaberpapier eine Reihe unbestimmter, möglicher Gläubiger nach einander dem Schuldner gegenüber. Durch den Besitzerwerb entscheidet sich nur, wer Gläubiger sein k a n n , erst durch die Präsentation, die Klage oder Einlösung, wer wirklich Gläubiger ist. B is dahin ist zwar ein durch die Ausstellung des Papiers bekun­ deter einseitiger Verpflichtungswille vorhanden, das obligatorische Band ist von der einen Seite festgehalten, aber noch ist ungewiß, wer es von der anderen Seite ergreifen und dadurch die O bligation zum A b­ schluß bringen w ird : d ie G lä u b ig e rs c h a ft schwebt noch. V on dem Moment an, wo der In h a b e r des Papiers sich bei dem Schuldner meldet, ist er dessen bestimmter Gläubiger geworden: G lä u b ig e r ist der P r ä ­ s e n ta n t" ) . D arrrm ist aber auch nicht nöthig, die bis dahin einge­ tretenen weiteren Begebungen als obligatorische Akte (Novation, Dele­ gation) aufzufassen. Es w ar ja nur ein Papier zu tradiren, nicht eine O bligation zu übertragen. D ie formlose Uebergabe hat nur eine that­ sächliche Bedeutung, nämlich daß der bisherigen Zahl möglicher G läuS8) I n

seiner Zeitschrift fü r da« gesammte Handelsrecht, B . 3 S - 2 7 4 f.

29) F i t t i n g , die N a tu r der Korrealobligation S . 2 3 5 . Note 2 5 7 . M) J h e r i n g in (. u G erber'« Jahrb. B 1 S . 4 9 Note 20. hat darauf hinge­ wiesen, daß bi« zur Präsentation n u r eine Erwerb-möglichkeit vorliege. D a m it ist die obige Ausführung einigermaßen verwandt. V g l. S t r i e t h o r s t B . 62 S . 2 1 9 B 6 5 S . 77. — D e r Herausgeber hat geglaubt, die För st er ' schen a ll­ gemeinen Ausführungen über N a tu r des Jnhaberpapiers von S - 4 1 8 ab unver­ ändert und ohne jeden Zusatz zum Abdruck bringen z» sollen- Dieselben enthalten einen selbständigen Ausbau der Goldschmidt'schen Theorie und sind al« solcher an­ erkannt. Theilen kann der Herausgeber den Förster'schen Standpunkt nicht. Is t der Präsentant der wirkliche G läub iger, — wie hört er denn auf G läubiger zu sein, wenn er keine Zah lun g erhält und daS Papier weiter bcgiebt? — ES bleibt also m ir übrig zu sagen, der m it E rfo lg präsentirende In h a b e r, dem gezahlt ist, ist der G lä u ­ biger. Erst nach der Z ah lun g sieht man wer Gläubiger gewesen ist- D a n n gäbe cS aber keine Klage au« dem Jnhaberpapier. D e n n auch der Kläger kann nach der Klage, nach dem Urtheil das Pap ier fortgeben, eS ist also nicht gewiß, daß er der wirkliche Gläubiger ist und bleibt. S ta tt neuer positiver Erörterungen w ird über den gegenwärtigen S ta n d der Lehre auf S t o b b e , d. P r .R . I I I . §. 180. verwiesen. D ie folgenden Auseinandersetzungen über die positiven Bestimmungen des preußischen Recht« hat der Herausgeber in derselben W eile, wie den sonstigen In h a lt des Buchs, überarbeitet.

biger ein anderer möglicher G läubiger sich angereihet, jeden derselben h at der Aussteller gewollt, denn dies drückt die Inhaberklausel direkt aus, jeder derselben kann durch Geltendmachen der Forderung wirklicher und zwar u rs p rü n g lic h e r Gläubiger werden, dem daher weder E in ­ reden aus der Person des V orm annes entgegengesetzt werden dürfen, noch in Folge zwischenliegender Novationen die sichernden Nebenrechte genommen worden sind. D ie Einreden ans dem ursprünglichen Rechts­ verhältniß aber, welches zur Ausstellung des Jnhaberpapiers geführt h at, können jedem Gläubiger entgegengesetzt werden, weil er als der ursprüngliche gilt. Die periodische Beziehung von Zinsen und D ivi­ denden ist Ausübung einer Theilobligation, welche für den Rest, für die schließliche Einziehung des K apitals die übrigen möglichen G läu­ biger nicht ausschließt. Auch diese Zinsenobligation, welche, so lange noch der Gläubiger nur ein möglicher ist, selbst wie die Hauptobligation nur eine mögliche ist, wird durch die Präsentation des Scheins eine wirkliche, der präsentirende Besitzer dieses Scheins der wirkliche G läu­ biger dieser Theilobligation"). Diese Theorie vermeidet die künstliche und unklare Annahme, daß das Papier die O bligation selbst sei, es bleibt, was es nur sein kann, der Schuldschein, die Urkunde über das materielle Rechtsverhältniß. D er einseitige Berpflichtungsakt, der in der Ausstellung liegt, ist nur die Einkleidung, die besondere Form , die die aus dem materiellen Rechtsverhältniß entspringende S c h u ld erhält, nicht eine an dessen Stelle tretende neue Obligation, welche sich sofort von der alten loslöst. — E s ist gegen diese Theorie eingewendet worden, daß hiernach die vielen Millionen umlaufenden Jnhaberpapiere eigentlich ohne juristische Existenz seien. I n der T hat ist aber dieser Einwand 31) Wie die ZinS-KuponS (ZinSscheine) rechtlich aufzufassen, s. D ekker a. a. O . S . 4 1 3 — 415. D er Kupon ist ein selbständiges Inhaberpapier, der Aussteller ist Schuldner, der Präsentant Gläubiger, die Kuponforderung ist eine bedingte in­ sofern als dasjenige Jnhaberpapier, zu welchem der Kupon gehört, nicht schon vor der Fälligkeit des Kupons seine Giltigkeit verloren haben darf. DaS Ausgeben des Kupons ist datio in solutum , die ZinSschuld ist im Voraus so weit getilgt, als die Kupons reichen, das Einlösen derselben ist nicht Zinszahlung, sondern Zahlung einer selbständigen Forderung. — D er Herausgeber glaubt dem hinzu­ fügen zu müssen, baß der zweite Satz nach seiner Ansicht dem ersten widerspricht. Ist die Ausgabe des Kupons Vorwegzahlung der noch nicht fälligen Zinsen durch Ausgabe von Legitimationspapieren zum Empfang des Zinsbetrags, dann kann die Einlösung derselben nicht mehr abhängig sein von dem Fortbestehen der Hauptschuld zur Zeit der Fälligkeit; dann wird — wie daS vielfach geschieht — bei Zahlung der Hauptschuld der Betrag der nicht zurückgelieferten ZinSkuponS abzuziehen sein. Ob aber der Inhaber deS Papiers sich diesen Abzug gefallen lassen m uß, oder ob er mit Recht geltend machen kann, die ZinSscheine verlieren nach Zahlung deS Kapitals ihre Kraft, da sie eben ZinSscheine sind, ihre Zurückliefe­ rung ist bedeutungslos, wird beim M angel fester Normen von Interpretation der Willenserklärungen im Inhaberpapier und Kupon abhängen. Vgl. R .O .H .G . B . 10 S . 213, B . 24 S . 388, B . 25 S . 257. S . auch G a r e i s in B u s c h Archiv f. Handelsrecht B . 34 S . 109. R e n a u d , Aktiengesellschaft S . 441.

426

Zweite« Buch. Die btfenbcren Prwatrechte.

leicht zu widerlegen. D as Papier ist ein Eigenthumsobjekt, dessen Werth darin besteht, daß der Inhaber es in Geld umsetzen kann, nicht aber darin, daß der Inhaber das Bewußtsein hat, Gläubiger einer be­ stimmten Forderung zu sein. Die juristische Existenz des Papieres bis zur Einwechselung ist keine andere, als die eines jeden Eigenthums­ oder Befitzobjekts. Eine Widerlegung der Ansicht, daß die Vollendung des obligatorischen Verhältnisses erst durch die Präsentation eintrete, ist noch nicht erbracht; bis dahin hat diese Ansicht jedenfalls das für sich, daß sie nicht zu allerlei dunklen Bildern und Vergleichen ihre Zuflucht nehmen muß. Nur mit ihr läßt sich der Uebertragungsakt natürlich und einfach begreifen. Der deutsche Entwurf des Gesetzes über Schuldverhältniffe nennt in Art. 359 den Inhaber verm öge sein er J n h a b u n g den G lä u b ig e r der in der Urkunde bezeichneten F o rd e ru n g und läßt in Art. 363 durch die Veräußerung und Uebergabe das E ig e n th u m an der Ur kun de erwerben. Hat aber die Veräußerung, was gewiß richtig ist, nur die sachenrechtliche Natur des Eigenthumserwerbs an einer Sache (der Urkunde), so bleibt völlig unerklärt und unerklärlich, wie die Gläubigerschast aus dem Eigenthum oder der Jnhabung ent­ springen kann. Die Streitfrage des gemeinen Rechts, ob auch Privatpersonen Inhaberpapiere ausstellen können, oder ob Staatsgenehmigung dazu nöthig sei"), ist in Preußen durch Gesetzesausspruch für den in der Praxis erheblichsten Fall entschieden"). Papiere, in welchen die Zahlung einer bestimmten Geld­ summe an jeden Inhaber versprochen wird, dürfen von niemand ausgestellt und in Umlauf gesetzt werden, der dazu nicht die Genehmigung des Königs Bom allgemeinen Standpunkt aus steht der Bejahung der Frage, ob Privatper­ sonen Jnhaberpapiere ausstellen und in Umlauf setzen können, nichts entgegen, es kann nur durch spezielle Gesetze verboten werden. Die gemeinrechtliche Theorie und P raxis neigt sich daher auch zu der Anficht, daß Staatsgenehmigung nicht erforderlich ist. S . die Entscheidung des O A G . Celle bei D ü r i n g in Goldschmidt'S Zeitschrift B . 2 © . 546. S e u f f e r t B . 7 S . 2 6 2 f., B. 10 N r. 91, D . 13 N r. 55, S . 15 N r. 237. Würtemb. Arch. B . 5 e . 107fe. G e rb e r, S . 411. B e s e le r v . 3 S . 322. T h ö l, Handelsrecht 3. A. §. 5 4 a. Note 4. U n g e r Jnhaberpapier § .2 5 u. A. v. P o sch e n g er, die Lehre von der Befugniß zur Ausstellung von Jnhaberpapiere» 1870. Dagegen S a v i g n y II. S . 122. K u n tz e §. 121. Jnhaberpapiere, die zu einer Geldsumme verpflichten, bedürfen auch nach dem sächs. G .B . §. 1040 der staatlichen Genehmigung vgl. auch österr. G .B . §§. 371. 1001. 1393. — Reichsgesetzlich ist die Ausgabe von Prämieupapieren auf den In h ab er durch Ges. v. 8. J u n i 1871 und dre Ausgabe von Banknoten (G. v. 27. M ärz 1870, Bankgesetz vom 14. März 1875) au die Be­ dingung der ReichSgenehmiguug geknüpft. — Ueber Inhaberaktien, welche das G. v. 11. J u n i 1870 (B G Bl. 6 . 37 5 ) von der Nothwendigkeit der StaatSgenehmigung gelöst hat, ist hier nicht näher zu handeln. Vgl. H.G. v . 207 ff. 33) Gef. v. 17. J u n i 1833 (Ges. S . 75), für den damaligen ganzen Umfang der Monarchie erlaffen und durch D. v. 17. Sept. 1867 (G S . S . 1518), mit einer unbedeutenden Modifikation für Frankfurt a . M., in die 1866 mit Preußen ver­ einten Landestheile eiugeführt.

y i)

§. 64.

erhalten hat.

427

Unbestimmtheit drS G läub iger-.

Diese Genehmigung w ird durch ein landesherrliches P r iv i­

legium ertheilt, welches die rechtlichen W irkungen desselben bestimmen und durch die Gesetzsammlung bekannt gemacht werden muß " ) . Solche p riv ile g irte Jnhaberpapiere begründen gegen den Aussteller ein K lagerech t"). Jeder In h a b e r ist zu demselben le g itim irt, der Aussteller kann ihm zwar Einreden aus dem Rechtsgrunde der Emission, nicht aber Einreden gegen seinen E rw erb von einem Vorbefitzer entgegenstellen.

Auch im preu­

ßischen Recht ist ausgesprochen, daß es zur Uebertragung des Eigenthum s nicht der Eession b e d a rf"), und der Uebertragende haftet, insoweit nach der N a tu r des Uebertragnngsgeschäfts von ihm G ewähr zu leisten ist, nicht fü r die B o n itä t, wohl aber dem E rw erber fü r die V e ritä t (Echtheit). M i t beut V erlust des P apiers ist nicht der V e rlu st der Fordem ng ver­ bunden, vielm ehr findet dann im Wege des Aufgebots ein A m ortisationsVerfahren s ta tt" ) , welches sich von prozessualischer S eite als Aufgebots­ verfahren, von materiellrechtlicher S eite als R estitution gegen den V e r­ lust einer E rw erbsm öglichkeit") charatterisirt. Aber die Forderung hat, wenn das P a p ie r fü r kraftlos erklärt und nicht an dessen S telle ein neues In h a b e rp a p ie r ausgefertigt worden, nicht mehr die E igenthüm ­ lichkeiten der Jnhabe ro bligation, sie ist fest in der Person des dermaligen G lä u b ig e rs " ), und kann daher n u r durch Session veräußert werden. D e r G lä u b ig e r kann ferner dem P a p ie r die Jnhabereigenschast entziehen, indem er es außer K u rs seht, dann erlangt es diese Eigenschaft erst wieder,

wenn

es vorschriftsmäßig

in

K u rs

gesetzt w o rd e n ").

Der

34) Vergl. über die A rt der Bekanntmachung jetzt das Gesetz vom 10. A p ril 1 8 7 2 (G es.S . S . 36 7 ). 35) D e r Aussteller soll bei Jnhaberpapieren, welche ohne P rivileg ausgegeben flnb, neben der verwirkten S tra fe von Amtswegen zur Einlösung und Vernichtung der ausgegebenen Papiere angehalten werden. O b dam it ein Klagerecht deS In h a b e rs nicht privilegirter Emissionen anerkannt sein soll, ist zweifelhaft; jedenfalls ist dasselbe nicht ausgeschlossen; und dann würde die Sache so liegen, wie bei I n ­ haberpapieren, welche über einen andern Gegenstand als eine Geldsumme lauten. Es wäre aus allgemeinen Gesichtspunkten die Rechtsbeständigkeit der Verbindlich­ keit zu erörtern. Nach Ansicht des Herausgebers ist daS Klagerecht in der gesetz­ lichen Bestimmung anerkannt: D g l. auch S t o b b e B . I I I . S . 2 0 2 ; D e r n b u r g I I . S . 211. 3Ü) 1. 11. §. 4 0 1 . " ) A .G .O . I. 51. § § . 1 2 0 ff.: Auch §§. 3 8 5 . 3 8 8 . V . O . v. 16. J u n i 1819 S . 1 5 7 ), die Amortisation der verlorenen oder vernichteten Staatspapiere betr. in V e rb . m it G . v. 17. J u n i 1 8 6 8 ; f. ferner R G v. 9. N o v. 1867 §. 6 , v. 12. M a i 1 8 7 3. Ueber das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung und daS Ausschlußurtheil vgl. oben §. 58. 3b) J h e r i n g a. a. O . [bon dem oben dargelegten seiten- de- Herausgebers nicht ge­ theilten theoretischen Standpunkt anSs. 30) R e n a u d in der Zeitschr. f. deutsch. R . B . 14 S . 3 6 2 . E .P .O . §. 850. 40) A .L .R . I. 15. §. 47 fg. Ges. vom 16. J u n i 1835 (Ges. S . 1 3 3 .), zwei Ges. vom 4. M a i 1 8 4 3 (Ges. S . 177. 179 ). U l r i e i , daS B erf. bei Außer- und W iederinkurSfetzung. 1856. K e y ß n e r in Busch'S Archiv f. Handelsrecht B . 6 © . 2 31.,

Schuldner darf das außer Kurs gesetzte Papier nur an denjenigen aus­ zahlen, auf den der Vermerk lautet"). E s ist oben schon angedeutet, daß das Jnhaberpapier auch eine fachenrechtliche Bedeutung hat. E s ist, weil es die Möglichkeit eines Erwerbs trägt, ein werthvoller Gegenstand des Besitzes und Eigenthums. F ür das Sachenrecht find die Papiere als Q uantitäten" ) zu betrachten. Die hieran sich knüpfende sehr bestrittene, im A.L.R. aber entschiedene Frage, ob der Eigenthümer die Vindikation hat, kann erst im Sachen­ recht erörtert werden. Die Pfändung von Jnhaberpapieren erfolgt wie die Pfändung körperlicher Sachen"). Zum Schluß fei noch die Bemerkung beigefügt, daß Grundschuld6riefe zwar in blanco cedirt werden können, daß sie dadurch aber nicht die Natur der Jnhaberpapiere erhalten, weil sie auf einen bestimmten Namen eingetragen sein müssen"). Es erscheint deshalb unzulässig sie nach allen Richtungen, insbesondere bezüglich der Vindikabilität als J n ­ haberpapiere zu behandeln, wie ja auch die Vorschriften über Außerkurs­ setzung unzweifelhaft unanwendbar sind. Eine Verpfändung zu Gun­ sten des Inhabers eines Papiers ist der preußischen Gesetzgebung un­ bekannt, wenngleich die landesherrlich genehmigten Bedingungen der Aus­ gabe von Eisenbahnprioritätsobligationen häufig von einer solchen sprechen. Nur die alten Pfandbriefe der Landschaften sind Hypothecirungen ein­ zelner Grundstücke für den Inhaber des Pfandbriefs"). Generell zielt auf die Begründung eines Faustpfandrechts der Inhaber von Pfandbriefen (Hypothekencertifikaten) an den durch einen „Psandhalter" in Verwahrung genommenen oder sonst kenntlich zur Grundlage der Emission von Pfand­ briefen gemachten Hypothekenforderungen der Entwurf eines Reichsge­ setzes, betreffend das Faustpfandrecht für Pfandbriefe und ähnliche

41)

43) 4$)

44)

4i)

W o l f s in Goldschmidt'» Zeitschr B . 7 S . 24. Dgl. auch Verordn, v. 16. Aug. 1867 (G S . S . 1457). Ueber Form de» Vermerk» über WiederinkurSsetzung vgl. S t r i e t h o r s t , B. 72 S . 359. Entsch. B . 61 S . 94. D ie Zahlung erfolgt stet» gegen Aushändigung de» Papier»; ist die Aushändigung unterblieben, so wird sie auch nachträglich vom Empfänger der Zahlung beansprucht werden können; aber da» in andre Hände gelangte Papier kann von Neuem trotz der Zahlung geltend gemacht werden. S a v i g n h S . 118. S t r i e t h o r s t B . 79 S . 179., — vertretbare Werthpapiere, s. o6en S . 118. E .P .O . §. 722. 724. Außer Kur» gesetzte Jnhaberpapiere kann der Gerichtsvoll­ zieher statt de» Schuldners nach Ermächtigung durch da» LollstreckungSgericht wieder in Kur« setzen. Ges. v. 5. M ai 1872 über den Eigenthumserwerb §• 55. 23. 27., R .O H .G . B 19 S - 383., S o h m in Grldschmidt'S Zeitsch. B . 17 S . 70. » . M . Achilles, G r. b. G . S . 115ff. D e r n b u r g I. S . 764. S . über dieselbe K.O. v. 29. Aug. 1769 (Schles. Ed. S am w l. X I. @. 254) und die Reglement» der alten Landschaften von 1770—1808. tz 47. Grundbnchordnuug v. 5. Mai 1872.

§■. 65.

Bestimmtheit

429

Schuldverschreibungen. Ebenso nimmt der Gesetzentwurf betreffend das Pfandrecht an Eisenbahnen und die Zwangsvollstreckung in derselben eine Jnhaberhypothek au der „Eisenbahneinheit" in Aussicht").

D r i t t e r A bschnitt.

D ie

Leistung.

§. 65. Bestimmtheit. A.L.R. I. f>. §. 7 1 -7 3 . 273—276. I. 11. §. 30. 3 3 -3 8 . 47. 52. I. 12. §. 388 bi« 391. II. 7. §. 424. 426. — Koch, Pr.R . II. S . 7—11. R- d. F. I. S . 29 ff. II. S . 356. v. D a n ie l« II. 2 9 9 f. D e rn b u rg II. §§. 22. 2S. 29. — U n te rh o lz » e r I. S . 200. 216. S a v ig n y I. S . 386. §. 38 —48. B a n g e ro w 6. A. III. S . 18s. §. 569. A rn d t« , Pand. 4. A. S- 316. §. 202. 203. S in te r n « , prall. Liv.R 2. A. §. 83. S . 26. K e lle r. Pand. S - 478. §. 245. Be r n s t e i n , Lehre vom alternativen Willen. 1878. Windscheid II. § .2 5 4 ff. S . 13.

Der Gegenstand des Schuldverhältnisses besteht darin, daß der Ver­ pflichtete etwas leisten muß, im Allgemeinen also ist er ein Thun, oder wie das A.L.R. sich ausdrückt: ein Geben, Leisten, Verstatten, Unter­ lassen'). D ie Leistung ist auf das Vermögensrecht gerichtet, das Ver­ mögen des Gläubigers soll vermehrt werden durch den Schuldner, der dadurch sein Vermögen vermindert, sei es auch nur, indem er seine Ar­ beit nicht für sich, sondern für den Gläubiger verwendet. Jene vier neben einander gestellte Begriffe taffen sich auf einen zweifachen Gegenstand der Schuldverhältniffe zurückführen. Derselbe ist entweder ein G eb en oder ein T hun. D ie römischen Rechtsquellen sagen: dare faccre praestare oporterc. D as praestare jedoch ist nicht ein Drittes neben dare und facere, sondern auch dieses, nämlich die Leistung, die Handlung des Schuldners im Allgemeinen'). D as facere 4C) Die Gesetzentwürfe sind zuletzt 1880 dem Reichstage zur Beschlußfassung vorge­ legt aber unerledigt geblieben. Bgl. die Entwürfe unter Nr. 32 und 33 der Reichstagsdrucksachen von 1880. ') A.L.R. I. 2. §. 123. 2) S . Huschte in der Zeitschr. s.'geschichtl. R.Wiff. B. 13 S . 249. Un t e r h o l z n e r I. S . 200f. S a v i g n y I. S . 299f. Jedes dare und facere ist auch ein prae­ stare, weil es eine bestimmte Richtung des Willens des Schuldners, eine Ueber­ windung thatsächlicher Hindernisse voraussetzt. DaS praestare ist das Leisten im Allgemeinen, das dare und facere die besondere Leistung in Beziehung auf den Gegenstand. Darum wurde auch die intentio der Klagen auS Obligationen, wenn sie in jus conceptae waren, immer auf dare, oder dare facere oportere, nicht auf praestare oportere gerichtet, weil daS non praestare die allgemeine BorauS-

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Zweite« Buch.

Dir besonderen Privatrechte.

begreift zugleich das non facere ’). Nach A.L.R. ist hiernach zu sagen: die Leistung des Verpflichteten ist: 1. entweder ein G eb en , 2. oder ein T h u n , und zwar dieses; a. entweder ein positives Thun, das facere, L eisten, b. oder ein negatives, das non facere, nämlich: a. entweder ein V ersta tten , ß. oder ein U nterlassen . D a s G eben geht auf Gewährung einer Sache. E s soll eine kör­ perliche oder eine unkörperliche Sache (z. B . Nießbrauch) in das Ver­ mögen des Gläubigers gebracht werden'). D as Uebergeben (die Tradi­ tion) ist das Mittel dazu, ein Handeln, nicht das Geben selbstä). D as T h u n begreift, wie gesagt, zugleich das Nichtthun. Letzteres ist ent­ weder ein V er sta tte n (D u ld e n § .8 .1 .5 .) , indem der Verpflichtete der Thätigkeit des Berechtigten Raum giebt, sie nicht hindert, soweit sie in seine Rechtssphäre hineinreicht, oder ein U n terla ssen , indem der Verpflichtete zum Vortheil des Gläubigers eine Handlung, zu der er sonst berechtigt wäre, nicht vornimmt. D as Thun unterscheidet sich vom Geben dadurch, daß es eine rein subjektive, individuelle Natur hat und daher schwer seinem Werth nach zu bestimmen ist °). D ie meisten Schuldverhältniffe gehen auf ein Geben und Thun zugleich — aber eine Grund­ regel ist, daß beim Geben die Sache, beim Thun die positive ober ne­ gative Handlung genau bestim m t sein muß. Eine unbestimmte ßiv sage bindet nicht, es würde ihr die Möglichkeit abgehen, die Erfüllung zu erzwingen'). setzung jcb'r obligatorischen Klage war. 1. pr. D. XLIV. 7. 1.2. pr. !. 70. §. 1. D. XLV. 1. Nor bei den alten Deliktsklagen kam ein dare facere nicht vor, sondern nur praestare. S- hierüber S av ig n y System B- 5 Beil. 14. Nr. 25 bis 29. Die allgemeine Anwendung des Ausdrucks praestare f. bei Unter« hol zner a. a. O. *) 1.121. de R. J. 4) 1 .16. §. 11. §. 14. J. IV. 6. 1. 75. §. 10. D. XLV. 1. 1. 2. §. 1. D. XII. 1. 5) I. 72. pr. D. XLV. 1. 1. 218. de V. 8. ®) Daher im § 7. J. HI. 16. gerathen wird, für die Nichterfüllung eine poena zu stifmliren, ne quantitas stipulationis in incerto sit ac necesse sit actori pro­ bare, quid ejus intersit. *) 1. 6- D. XII. 1.: Certum est, cujus species vel quantitas, quae in obligationc versatur, aut nomine suo, aut ea demonstratione, quae nominis vice fungitur, qualis, quantaque sit ostenditur. 1.94. 95. 115. pr. D. XLV. 1. S e u f f e r t , «rch. D. 10 6 . 340. B. 15 ©. 352. « L R . I. 5. §. 71. I. 11. §• 30. Entsch. B. 31 S . 401. S t r i e t h. B. 82 @. 184. Würtemb. Arch. B- 6 S- 101. — Ebenso unverbindlich ist die Zusage einer bestimmten Leistung gegen eine unbe­ stimmte oder von der Willkür de« andern Theil« abhängige Gegenleistung. Entsch. B- 74 @. 1. Al« .unbestimmt ist eine ausdrückliche oder stillschweigende BertragSabrede nicht anzusehen, nach welcher der Berechtigte selbst die Gegenleistung für seine Leistung der Höhe nach vorbehaltlich richterlicher Ermäßigung auf einen angemeffenen Betrag bestimmen soll. Bgl. Bd. II. §. 198 unter I.

Es sind aber Fälle in der Mitte zwischen der individuellen Bestimmt­ heit'') und der gänzlichen Unbestimmtheit denkbar: die Sache ist ent­ weder nur nach ihrer G a ttu n g " ) bezeichnet, etwa nur nach M a ß und G e­ w icht (Quantitäten)'"), oder die Leistung wird durch Beziehung auf ein früheres oder künftiges Ereigniß abgegrenzt, oder es soll von meh­ reren Sachen oder Handlungen die eine oder die andere geleistet werden. I n allen diesen Fällen ist zwar nicht von vornherein die einzelne Sache oder Handlung, die schließlich geleistet wird, bestimmt oder den Paciscenten beim Vertragschluß in dieser Bestimmtheit bewußt; aber es ist doch eine Bestimmungsart dafür gegeben, entweder die Gattung — dann soll die Sache im Zweifel von mittlerer Art und Güte sein'') — oder die Menge, wobei die einzelnen Sachen, aus denen sich diese nach M aß oder Gewicht bildet, für das Schuldverhältniß an sich indif­ ferent sind — oder eine bestimmte künftige Begebenheit"), oder eine Vergleichung mit einer anderen Thatsache"), oder ein genau abgegrenzter Umkreis von Sachen, aus welchen die eine auszuwählen ist. Die W a h lo b lig a tio n ( a lte r n a tiv e ) " ) besteht hiernach darin, daß nur einer von zwei Gegenständen, welcher ist zunächst unbestimmt, zu leisten ist"). Es fragt sich hier, wer die Wahl habe, der Gläubiger oder der Schuldner, und welche Folgen es nach sich zieht, wenn die Wahl nicht stattfinden kann, weil der eine der beiden Gegenstände weggefallen ist. Die erste Frage kann nach allgemeinen Grundsätzen nur zu Gunsten des Schuldners beantwortet werden, denn er hat zu erfüllen, und er erfüllt, wenn er Eines von Beiden giebt. Dies erkennt auch das preu­ ßische Recht in Uebereinstimmung mit dem römischen an "), wobei freu R) I. 5. §. 273. *) I. 5. §. 275. S a v i g n y S . 399. 10) S a v i g n y S . 400. ES kann auch ein Q uantum nach M aß und Gewicht auS einer bestimmten größern Masse (Kartoffeln aus diesem Felde, Weizen aus diesem Lagerboden) als Gegenstand bezeichnet werden. n ) I. 5. tz. 275. Ueber diesen §. s. S t r i e t h o r s t B I S 166. Anwendungen dieses Grundsatzes: 1.21. § .1 2 3 . 608. II. 11. { .9 2 0 vgl. H G B . Art. 335. Sächs. G .B . § 696. Die Gattung kann im Bertrage weiter oder enger begrenzt sein. '*) A.L.R. I. 11 §. 31. Koch, R. b. F . B . 2 S . 356. l3) A.L.R. I. 11. { 52.Koch a. a. O. Die Bestimmtheit fehlt dem Verträge, wenn die zu leistenden Arbeiten, nur generisch angegeben und über die Preise eine be­ sondere Verabredung vorbehalten worden ist. S t r i e t h . B. 68 S 14. ,4) Koch, R d. F. S . 32. S a v i g n y S . 389. B a n g e r o w B. 3 S . 18. (§. 569.) l b) Die mehren Sachen stnd in Obligation©, nur die eine oder die andere in solutione. Nicht Wahlobligation ist es, wenn der Gläubiger nur Eine Leistung fordern, der Schuldner sich aber von dieser Leistung durch eine andere befreien kann. Noch weniger gehört hierher, wenn Jem and in der Lage ist, zwischen zwei verschiedenen Rechten wählen zu dürfen: z. B. WandelungS- oder MinderungSklage; es handelt sich lediglich um den F all, wenn d i e s e l b e Obligation eine Mehrheit von Leistungen alternativ zum Gegenstände hat. '«) I. 5. §. 274. I. 25. pr. 1. 34. §. 6. l>. XVIII. 1. 1. 10. §. 6 D. XXIII. 3 1. 93.

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Zwritk» Buch. Die besonderen Privatrcchte.

lich den Parteien unbenommen ist, das Wahlrecht dem Gläubiger zu übertragen,7). D ie W ahl steht dem Schuldner frei bis zum M om ent der wirklichen E rfü llu n g" ), oder bis zu dem M om ent, wo er dem G läubiger eine bindende Erklärung über seine Auswahl gegeben f)at19). 106. 138. §. 1. D. X LV . 1. Ebenso §. 388. I. 12. der Erbe. Oesterr. G .D . §. 906. Sachs. G B . §. 697. Deutscher E ntw urf Art. 6. 1T) B a n g e r o w a. a. O . Anm. 1. K e l l e r S . 480a., 1. Sachs. G .B . §. 698. 18) I. 106. D. XLV . I : Tam diu autem voluntas promissoris in pendenti est, quam diu id, quod prom issum est, solvetur. 1. 138. § 1 . eod. Wenn also gegen ihn hat geklagt werden müssen, bis zur Exekutionsinstanz und der G läu­ biger muß alternativ klagen. Eine Eigenthümlichkeit des preuß. R , die aus dessen Vorschriften über die Form der Verträge herrührt, ist e- daß nach §§. 156. 157. I. 5. derjenige, der die Erfüllung eines mündlichen Vertrages angenommen hat, aber seinerseits nicht die Gegenleistung erfüllen w ill, verpflichtet ist, entweder das Erhaltene zurückzugeben oder zu vergütigen. E r hat zu wählen, und eS ist die Frage, wenn der Geber auf Rückgabe Nagt, ob er seinen Antrag alternativ stellen muß. DaS Obertribunal hat dies verneint: die Ausübung deS Wahlrechts soll der Einrede überlaffen bleiben. Schles. Arch. B . 6 S . 268. Näheres hierüber unten § 79. S . K o ch , R. d. Ford. S . 3 6 f. Nicht alternativ klagen ist plus petitio auch n. gern. R . S e u f f . B- 1 N. 124. B . 2 N. 328. 19) D er Herausgeber hat nicht geglaubt in diesem Falle dem Försterschen Text seine eigene Ansicht substituiren zu dürfen, er beschränkt sich auf felgende Bem erkungen: Dem Text gegenüber erhebt sich die Frage: W as ist hier eine „bindende" E r­ klärung? N ur für den Fall des Gläubigerwahlrechts antwortet F ., die in der Klage ausgesprochene Wahl werde durch die Einlassung deö Beklagten verbindlich. Diese Antwort ist jedenfalls nicht erschöpfend, auch sehe ich nicht, wie sie vom Standpunkt des preußischen Prozeßrechts ans, in welchem die beantwortete ebenso wie die unbeantwortete Klage zurückgenommen werden konnte, gerechtfertigt wer­ den sollte. M . E. kommt eS darauf an , ob die Wahl als eine Aenderung des bestehenden RechtSverhältniffeS, als ein Verzicht auf das Nichtgewählte aufzufassen ist. D ann muß man neben der Erklärung deS Wählenden eme Annahme dieser Erklärung durch den andern Theil im S in n e einer Annahme des Verzichts und Beobachtung der DertragSformen fordern. §. 378 ff. 381. 387. 1 .1 6 . Auf diesen Standpunkt stellt sich das Reichsgericht für den Fall des Wahlrechts eines G läu­ bigers zwischen zwei verschiedenen Berechtigungen, soweit nicht daS Gesetz — wie z. B . bei der W ahl zwischen redhibitoria und a. quanti minoris im §. 328. I. 5 geschehen — an die Entscheidung für eine bestimmte Alternative den Verlust der andern knüpft. (Vgl. G r u c h o t B . 24 S . 893 ff) s. oben Anm. 15 u. unten §. 85 unter VI. Geht man aber — wie im Text weiter unten dargelegt — davon aus, daß nach preuß. Recht bei der hier allein zu behandelnden obligatio alternativa, der Wahlobligation, die Wahl als Bedingung des einen oder andern Anspruchs an­ zusehen ist, so wird man in jeder — formlosen — Ausübung des Wahlrechts einen Akt sehen müssen, der die- Wahlrecht erschöpft und der Obligation an der Stelle der früheren Unbestimmtheit nunmehr den e i n e n , bestimmten Gegenstand giebt. Jede dem andern Theil abgegebene Erklärung ist hiernach bindend, ohne daß eS auf eine Form derselben ankommt. F ü r daS gemeine Recht mag man m it W i n d scheid B . II. S . 18. Anm. 9. an der Abänderlichkeit der Wahl festhalten müssen, daS preußische Recht scheint mit Nothwendigkeit zu dem von J h e r i n g (Jahrb. f. Dogm. I. S . 31 ff.) als gemeinrechtlich vertretenen entgegengesetzten Standpunkt zu führen. Vgl. auch D e r n b u r g II. S . 69. — W as die A usübung der Wahl durch Klageerhebung anlangt, so schloß sich Förster entsprechend dem im Text Ge­ sagten, der Ansicht vou Koch, R . d. F. S . 42., daß, wenn Kläger die Klage, durch die er gewählt hat, zurücknimmt, doch die erste Wahl verbindlich sei, nur bedingt an. W enn Kläger v o r d e r E i n l a s s u n g die Klage zurücknimmt, so werde ihm nicht versagt werden dürfen, in der neuen Klage anders zu wählen. Dagegen vgl. die obigen Bemerkungen. Nach der E .P O. gilt zwar die zurückge-

B is dahin kann er seine Entschließungen ändern, von da ab ist das Schuldverhältniß ein einfaches geworden und haftet an der gewählten Sache. Is t dem Gläubiger die Wahl zugestanden, so hat er sie frei bis zur Klage, oder bis er dem Schuldner darüber eine bindende Erklärung gegeben hat. E r darf nicht mehr die Wahl ändern, wenn er auf die eine Alternative geklagt, und der Schuldner sich daraus ein­ gelassen, diese Erfüllungsart angenommen hat. Hierdurch ist die E r­ klärung des Klägers eine rechtsverbindliche geworden"). D as A.L.R. hat von dem Grundsatz, daß dem Schuldner die Wahl zusteht, zwei Ausnahmen, von denen die eine, bei welcher der Herrschaft den G uts­ unterthanen gegenüber, wenn sie alternativ zu Leistungen verpflichtet sind, die Wahl gebührt''), im neueren Recht nach vollendeter Durch­ führung der Dienstablösungen aufgehört hat, praktisches Interesse zu haben, die andere aber eine durch Nichts gerechtfertigte Folgewidrigkeit ist. Es soll, wenn aus einem Kaufverträge nicht zu ersehen ist, welcher der beiden Theile zu wählen habe, der Käufer, also, da er die Sache zu empfangen hat, der Gläubiger wählen"). Die Frage, welche Folgen auf die Wahlobligation es äußert, wenn die Wahl unmöglich geworden, entscheidet zugleich über die Natur des Wahlrechts. Wird dasselbe als eine Bedingung aufgefaßt, so daß also das Wählen das zukünftige Ereigniß ist, von dessen Eintritt oder Nicht­ eintritt das Schuldverhältniß selbst abhängig sein soll, so folgt daraus, daß das Schuldverhältniß nicht Existenz erlangt, wenn nicht gewählt werden kann. Es kann aber auch das Wahlrecht nicht die Natur der Bedingung haben, es soll nur den Gegenstand der Leistung bestimmen, nicht ob überhaupt, sondern w as geleistet werden soll. Dann wird durch das Wegfallen der Wahl das Schuldverhältniß selbst in seinem Bestände nicht alterirt: kann nicht mehr Eines von Beiden geleistet werden, nommene Klage als nicht erhoben (L .P.O . §. 243); aber nicht die Erhebung der Klage als solche, sondern die In h alts der Klage erfolgte Wahl ist hier wirksam, natürlich nicht, was darüber in der zur TerminSeinruckung dem Gericht vorge­ legten, demnächst nicht zugestellten Klageschrift gesagt ist, sondern waS die mitge­ theilte und damit erhobene Klage darüber enthält. — Schließlich sei noch bemerkt, daß, wenn auch §. 316. I. 5. für den Fall der als Wandelpön bedungenen Kon­ ventionalstrafe bestimmt, daß nur die schriftliche Erklärung für die Wandelpön seitens des Schuldners bindend fei, diese Bestimmnug hier nicht eingreift, weil es sich in diesem Fall nicht um eine Alternativobligation sondern darum handelt, daß eine facultas alternativa sich in eine Leistung-pflicht verwandeln soll. 20 Sntsch. B . 34 S . 33. S . d. vor. Anm. 2l) IL 7. §. 424. D ahin gehört auch das Recht de- ErbzinSherrn, sich die zu zinsen­ den Naturalien auszusuchen, I. 18. §. 751., da bei Lieferung von Q uantitäten die Bestimmung der einzelnen Stücke der Wahl de- Schuldners überlaffen sein muß, der dabei nur durch §. 275. I. 5. beschränkt ist. 7!) 1 .11. §. 38. Dagegen L 25. pr. 1. 34. $• 6. v . XVIII. 1. Nach der preußischen Praxi- (Rechtsfalle B . 4 S . 197) hat der Käufer de- Auszugs, der ihn sich vor­ behält, da- Wahlrecht. Bgl. dagegen D e r n b u r g II. S 68. Anm. 11. tzrrfter, Preuß. Privatrecht. I. 4. Hust.

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so ist doch noch Eines zu leisten möglich — das Schuldverhältniß wird ein einfaches. Den letzteren Standpunkt hat das gemeine"), den er­ steren Standpunkt das preußische Recht"). D ie Wahl geht nach allgemeinen Grundsätzen auch aus die Erben und auf den Cesfionar über"). Abweichend vom neueren römischen Recht — und ebenfalls folge­ widrig soll nach A.L.R. in dem Fall, wo der wahlberechtigte Schuldner aus Irrthum dem Gläubiger alle Sachen geleistet hat, bei der Zurück­ forderung des zu viel Geleisteten nicht der Schuldner, sondern der Gläu­ biger die Wahl haben"). Es war dies schon im älteren römischen Recht bestritten, Papinian entschied sich für das Wahlrecht des Schuldners und diese Ansicht drang im Kaiserrecht durch "). S ie ist auch die allein rich­ tige, denn dem Gläubiger kann aus dem Irrthum des Schuldners kein Recht erwachsen, der Irrthum wird im Rechtsgebiet unter gewissen Vor­ aussetzungen zwar unschädlich gemacht für den Irrenden, ist aber niemals eine Quelle, ein Entstehungsgrund von Rechten. Nach der Wahl ist das Schuldverhältniß ein einfaches geworden, gerichtet auf einen individuell bestimmten Gegenstand. Bei wiederkehren­ den Leistungen kann die Wahl bei jeder einzelnen Leistung erfolgen"). Der Verzug des Wahlberechtigten entzieht ihm nicht das Wahlrecht"). ” ) 1.34. §. 6. D. X V III. 1. 1 .138. 76. p r. D. X LV . 1. Siehe hierüber bes, S a v i g n y , Obl.R- I. S . 387. M o m m s e n , Beiträge I. S . 308 f. und B a n a e r o w S . 22 fg. Anm. 2 ., der erschöpfend die verschiedenen Folgen erörtert, die für das Schuldverhältniß sich herausstellen, je nachdem die W ahl vereitelt worden durch Zufall oder Schuld de- G läubiger- oder Schuldners und je nachdem da- W ahl­ recht dem Gläubiger oder Schuldner zustand. Nach 1. 47. §. 3. de leg. I., 1. 90. §. 1 D. X LY I. 3. kann der Schuldner noch wählen zwischen der noch möglichen Leistung und der aestim atio de- untergegangenen Gegenstandes. 24) I. 11. §. 33— 35. Ohne Rücksicht daraus, ob die W ahl durch Zufall oder durch da- Zuthun de- Gegner- vereitelt ist, kann der Wahlberechtigte zurücktreten. Hat der andere Theil vorsätzlich oder au- grobem Versehen die Vereitelung verursacht, so muß er dem Wahlberechtigten noch da- Interesse leisten, wenn nicht der letztere bei der noch übrig gebliebenen Sache sich genügen will. I s t aber durch den zur W ahl berechtigten Käufer selbst die eine der Sachen vernichtet oder abhanden ge­ kommen, so muß er bei dem Betrage stehen bleiben, d. h. die übrig gebliebene Sache annehmen, wenn sie für ibn auch den geringeren Werth hat. D a - österr. G .B . theilt den Standpunkt de- A L R . s. §. 907. as) 1. 76. pr. D. XLV. 1. 1.141 pr. eod. 1. 75 §• 3. de leg. I. I n Beziehung auf den Eessionar ist e- nach gem. R . streitig. L a n g e r o w S - 21. Koch, R . d. F . S . 35. 26) 1 . 16. §. 192. 27) 1.10. C IV. 6. W enn aber von mehreren Gesammtschuldnern gleichzeitig jeder da- Ganze gezahlt hat, so muß dem G läubiger, da er von Anfang da- Wahl­ recht unter den Schuldnern hatte, auch die W ahl darüber zustehen, welchem Schuldner er die Leistung zurückgeben will. D ie- gilt nach gem. u. preuß. Recht. V a n g e r o w S . 19. a8) 1. 21. §. 6. D. X IX . I. A.L.R. II. 7. §. 425. 426. S e u f f e r t B . 1 N . 189. 29) S t r i e t h o r s t B . 4 S . 180. Frühere Au-gabeu fügen unter Bezugnahme auf K och, R. d. F. I. S . 39. hinzu: „doch ist der Schuldner, wenn dem Gläubiger

§. 65

Bestimmtheit.

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D ie W ahl der Leistung kann auch in die Bestim m ung einer d r itte n Person gestellt werden. D er Vertrag erlangt dann seine Giltigkeit, wenn der D ritte den Ausspruch, zu dem er aber nicht gezwungen werden darf, gethan h at" ). Eine uneigentliche W ahlobligation ist es, wenn zwischen einer unmöglichen und möglichen Leistung gewählt werden soll. D er Verpflichtete muß das Mögliche leisten"). §.

66.

Möglichkeit.

A.L.R. 1.5». ß. 3 9 —69. I. 11. §. 3 9 —45). H e y d e m a n n I. S . 199fs. G r u c h o t I. 320 ff. Koch, R. d. F. II. S . 336 348. D e r n b u r g II. § .2 3 ., §. 27. U n t e r h o l z n e r I. S . 204 f. S a v i g n y , Obl R . I. S . 381. II. S . 284. S i n t e n i S II. S . 22. M o m m s e n , Beiträge zum O bl.R . 1853. B 1. Die Unmöglichkeit der Leistung in ihrem Einfluß auf.oblig. Derb. Dazu Wi n d s c h e i d in der (Heidel­ berger) krit. Zeilschr. B. 2 S . 100, und B r i n z in der krit. Ueberschau B . 5 S . 278. H a r t m a n n , die Obligation (1875) S . 160 ff. Wi nds che i d, Pand. II. §. 264. S . 55. die Wahl zusteht, jedenfalls berechtigt, die W ahl vom Richter vornehmen zu lassen und die gewählte Sache zu deponiren, um sich von der Schuld zu befreien". Wie diese Befugniß des Richters zu rechtfertigen ist, in welcher Eigenschaft — in A us­ übung der freiwilligen oder streitigen Gerichtsbarkeit — er dabei handeln, in welcher Form er die Wahl erklären soll, ist nicht gesagt. Nach Ansicht deS Her­ ausgebers kann der Richter nur nach Hinterlegung der vom Schuldner statt des Gläubigers gewählten Sache — (bei dieser Hinterleaung ist fortan der Richter regelmäßig gar nicht mitthätig, Hinterleg. Ordn. v. 14. M ärz 1879 §. 19. Abs. 2.) in die Lage kommen zu urtheilen, ob die Hinterlegung als rechtmäßig anzusehen. D ies wird mit dem Text zu leugnen sein, es giebt für den Schuldner kein M ittel sich von der Verpflichtung zu befreien, die zunächst dahin geht, daß er das W ahl­ recht des Gläubigers zu respectiren hat. Vgl. W i n d scheid B. II. §. 346. Anm. 10. A. M . D e r n b u r g II. §. 29 Anm. 18. Gr läßt daS Wahlrecht deS morosen G läubigers auf den Schuldner schon in Folge deS Verzugs übergehen, muß also konsequenter Weise, wenn er dies auch nicht ausspricht, den Gläubiger an die vom Schuldner erklärte W ahl für gebunden erachten, selbst wenn der Schuldner nur ge­ wählt, nicht das Gewählte deponirt hat. F ü r den F all, daß der Schuldner die W ahl hat, knüpft D e r n b u r g an den Verzug nicht die gleiche Folge. (Sr ver­ langt (§. 2 9 c.), daß der Gläubiger alternativ klage. I n der Exekution-instanz aber soll der Gläubiger die Entscheidung deS Schuldners unter dem Präjudiz for­ dern können, daß sonst die vom Gläubiger gewählte Sache alö geschuldet gilt. F ü r alle diese Satze fehlt eS an gesetzlicher Grundlage und dem in Aussicht genommenen Verfahren an der gesetzlichen Form . WaS den Gläubiger anlangt, so kann der­ selbe daS alternativ verurtheilende vollstreckbare Urtheil beziehentlich der einen Alter­ native, die er wählt, zur Vollstreckung bringen lassen, wird sich aber bis zur wirk­ lichen Beitreibung des von ihm gewählten Objekts gefallen lassen müssen, daß der Schuldner sich durch freiwillige Leistung des andern Gegenstands nach f ei n e r W ahl von der Zwangsvollstreckung frei macht. :o) 1. 5. §. 72. 73. Koch, R . d. F. II. S . 357. !1) I. 5. §. 56. Nach dem Vorgang von K och, Kommentar Anm. zu §. 51. 56. I. 5. bezeichnet 3 ) e r n 6 u r g §. 56. cit. als nicht hierher gehörig, d. h. er will denselben n u r von der Wahl emer möglichen und hypothetisch unmöglichen, nicht vom Fall der absoluten Unmöglichkeit verstehen. Dagegen die Fassung de- §. 56.: „ I n a l l e n Fällen". Eö ist anzunehmen, daß gegen die Konsequenz de- preußisch recht­ lichen Gedankens das römische Recht (L . 128. D. 4 5 , 1., L. 72. §. 4. 4 6 ,3 ) hier festgehalten ist.

D a der Gegenstand des Schuldverhältnifses eine Leistung, ein Thun des Schuldners ist, so ergiebt sich daraus eigentlich von selbst, daß das Leisten ein mögliches sein muß. Doch bedarf der Begriff des Möglichen und Unmöglichen auf dem Rechtsgebiete näherer Bestimmung, der Satz impossibilium nulla est obligatio ') ist zu allgemein. Zunächst ist zu unterscheiden zwischen der von Anfang an vor­ handenen und der erst später eingetretenen Unmöglichkeit; jene alterirt die Entstehung des Schuldverhältniffes, diese die Erfüllung. Daraus ergiebt sich, daß die letztere hier überhaupt nicht zu erörtern ist, es fragt sich bei ihr nur, ob sie aus Zufall, Versehen oder Vorsatz be­ wirkt ist'). D ie von Anfang vorhandene Unmöglichkeit hindert die Entstehung des Schuldverhältniffes, es ist nichtig'). Der natürlichen Unmöglichkeit steht das rechtlich Unzulässige gleich'). Aber auch hier noch ist weiter zu unterscheiden zwischen einer Unmöglichkeit, die den Gegenstand selbst trifft, und einer solchen, die in der Person des Schuldners ihren Grund hat; während objektiv die Leistung eine mögliche wäre, ist sie diesem Schuldner unmöglich. Nur im ersteren Fall ist das Geschäft nichtig, im letzteren verwandelt sich die Obligation zuweilen in einen Ersatzanspruch. Ferner, ob die Unmöglichkeit eine dauernde oder vorübergehende ist: bei ersterer ist das Geschäft ebenfalls nichtig, bei letzterer kann es, wenn die Unmöglichkeit wegfällt, giltig werden. Hiemach find folgende einzelne Fälle zu unterscheiden, a. Geschäfte, die darauf gerichtet find, daß ein D r itte r , der nicht in der Obligation steht, ein e H an d lu n g leiste') oder daß die Sache e in e s D r itte n g eg eb en w erde'), find bedingt') ungiltig. *) 1. 185. de R. J. Dazu noch 1. 31. eod. 1. 35. pr. D. XLV. 1. §. 2. 11. J. m . 19. *) 1.8.«. I. 5. §. 360f. Mommsen S . 1. *) Mommseu @ .1.2. Die Nichterfüllung sann dann nicht auf den Willen deSchuldner- zurückgeführt werden. Siehe die Stellen in Note 1. und 1 8 R. I. 5. §. 51. 4) 1.8.». I. 5. §. 68. 1. 35. §. 1. D. XLV. 1. 1. 7. §. 16. D. II. 14. s) I. 5. §. 40^45. 1. 83. D. XLV. 1: nam de se quemque promptere oportet, und 1. 38. pr. eod.: nemo alienum factum promittendo obligabitur. Man ist aber obligirt si effecturum se sposponderit, §. 3. J. III. 20., und e-kann eine poena für da- Fehlschlagen versprochen werden. 1. 21. eod. 1. 38. §. 2. D. XLV. 1. 1 8 .» . 1.5. §.40. ist eine lu-legung-regel, s. Gruchotl. S . 322. Klage auf da- Interesse: S euffert XV. 215. *) 1.5. § .4 6 —50. Ueber da- „au-drücklich** in §. 46. s. Heydemann I. S . 199 Note 326. Gruchot I. S . 323. Die Kontrahenten müssen e- wissen, daß die Sache eine fremde. Striethorst B. 35 S . 226. Bgl. auch » O H G . B 16 S . 299. Unterholzner S . 211 hält die Leistung einer res aliena nicht für un­ giltig, weil wenigstens Ersatz zu gewahren sei; allein die- hangt davon ab, ob culpa ober dolus vorhanden ist. 1. 51. I). XLV. 1. 7) Da- Geschäft kann hinterher giltig werden: 1. 20. pr. 1. 41. D. XIII. 7. Entsch. B. 16 S . 452. 1.8 » . 1. 20. §. 16. 17. 76.

S ch lä g t die B em ühung fehl,

daß der D ritte die H andlung vornehme,

oder die Sache eines D ritte n verschaffe, so ist die Leistung unmöglich und das Geschäft hat keine rechtliche W irkung. merken,

daß

solche S chuldverhältniffe

nicht

Doch ist hier zu be­

u n m ittelbar

als aus die

H a n d lu n g oder Sache des D ritte n , sondern als darauf gerichtet erachtet werden, daß der Schuldner sich bemühe, jene zu veranlassen oder diese herbeizuschaffen.

D ie Aufwendung von Bemühungen ist seine Leistung,

und diese ist nicht unm öglich, sondern n u r der E rfo lg kann unmöglich werden.

D a ru m ist das Schuldverhältniß n u r insoweit ohne W irkung,

a ls der E rfo lg

unerreichbar

geworden.

Hat

dagegen der Schuldner

seine V e rp flich tu n g , sich zu bemühen, versäumt, oder durch sein eignes, grobes oder mäßiges Verschulden die Unmöglichkeit herbeigeführt"), so erwachsen

Entschädigungsansprüche

dem G läubiger.

In

jedem F a ll

aber muß eine etwa geschehene Gegenleistung zurückgegeben oder verg ü tig t werden, auch kann der Schuldner seine P flich t zu Bemühungen dadurch steigern, daß er fü r den E rfo lg einzustehen übernim m t: dann muß er ebenfalls vollständige Genugthuung leisten. D ie Uebernahme des E rfo lg s bedarf nicht

einer ausdrücklichen E rk lä ru n g ,

es genügt,

wenn diese Absicht aus dem Geschäft erhellt. D ie Unwirksamkeit des Schuldverhältnisses ist also nicht so zu verstehen, daß dasselbe ganz fo l­ genlos w egfällt — es äußert Folgen, wenn ein Verschulden dazwischen getreten oder solche besonders übernommen worden. b.

B e d in g t unmöglich ist ferner die Leistung einer Sache, die durch

das Gesetz dem V e r k e h r e n t z o g e n is t') : bedingt deßhalb, weil, wenn dies H in d e rn iß w egfällt, die Leistung verlangt werden kann. I s t eine Z e it dafür bestimmt,

so ve rlie rt nach ihrem fruchtlosen A b la u f das Geschäft

seine W irku n g — sonst muß, dam it das Schuldverhältniß sein Ende finde, der Richter nach B ew andtn iß der Umstände einen T e rurin festsetzen.

Da

die Verkchrlosigkeit der Sache ein H inderniß ist, welches unter Umständen gehoben werden kann, so entsteht die F rage: wer hat fü r diese Hebung zu sorgen?

D a s A .L .R . entscheidet: zunächst derjenige der Interessenten,

der das H in d e rn iß gekannt'") und trotzdem die O b lig a tio n abgeschlossen ’) § .4 4 . 1 .5 . B o r n e m a n n , Syst. 2. A . B . 2 S . 2 3 0 N o t e l , unterscheidet m it Recht und auf G ru nd der M aterialien, daß ein grobes Versehen bei einseitig ver­ pflichtenden (s. g. wohlthätigen), ein mäßige- bei zweiseitig belastenden (lästigen) Verträgen zu vertreten ist. V g l. auch D e r u b ü r g I I . § . 2 7 A n m . 6 Koch, R . d. F . B . 2 S . 351 ohne G ru nd dagegen. W enn die Vertragserfüllung ohne die freiw illige M itw irk u n g eines D ritte n unmöglich ist, so ist die Klage auf id quod interest zu richten, z. B . wenn Jemand dieselbe Sache an mehrere hinter­ einander verkauft, und sie dem einen Käufer übergiebt. S e u f f e r t D . 15 S . 3 6 3 . und B lä tte r f. RechtSanwendung, 1863. B . 2 8 S . 3 5 8 (Praxis von Dresden und München). 9) I. 5. §. 5 8 - 6 7 . u) Auch im röm. R . w ird das scire und ignorare unterschieden. §. 5. J. I I I . 24. 1 .4 . I) . X V I I I . 1. §. 62. §. 1. 1. 70. eod. 1 .3 9 . §. 3. D . X X I . 2. G r u c h o t I . S . 328.

hat, sodann, wenn es beiden bekannt war, derjenige, in dessen Person es liegt, endlich bei „wohlthätigen", d. i. einseitig Gewinn bringenden Geschäften derjenige, dem der Vortheil zufallen soll, bei „lästigen", d. i. den auf Leistung und Gegenleistung gestellten jeder Theil in gleichem Maß. Kann das Hinderniß nur von einem Dritten gehoben werden, so tritt der Fall a. ein. c. Unbedingt unmöglich ist das Geben einer Sache, die nicht e ris tirt" ), entweder nicht mehr existirt, oder überhaupt nicht eristiren kann. D as Geschäft ist nichtig, nur ein Entschädigungsanspruch erwächst gegen den, der sich zum Geben verpflichtet und diesen Umstand gewußt hat. Der Grund dieses Anspruchs ist nicht sowohl die Nichtigkeit des Ge­ schäfts, als vielmehr die Arglist (dolus) des Wissenden. M an kann aber über künftige Sachen ein gütiges Geschäft abschließen, wenn ihre Entstehung im Reiche der Möglichkeit überhaupt liegt, oder in Folge besonderer Umstände zu erwarten ist — und dann hängt die Giltigkeit des Geschäfts nicht von der wirklichen Entstehung ab (Hoffnungskauf)"). d. Unbedingt nichtig sind Schuldverhältnisse, bereit Gegenstand u n e rla u b te H a n d lu n g e n " ) sind. Nur wenn von dem Verbotsge­ setz Dispensation erlangt werden kann, ist der Fall zu behandeln, wie wenn eine Sache dem Verkehr entzogen ist. e. Nichtig endlich find Geschäfte über natürlich unm ögliche H a n d ­ lu n g e n " ), solche die nicht innerhalb des Bereichs menschlicher Thätig­ keit liegen können. Dagegen ist eine Handlung für bedingt unmöglich ") anzusehen, wenn sie nur unter den bestehenden Verhältnissen oder gerade von dem Verpflichteten nicht geleistet werden kann. I n diesem Fall ist das Geschäft nichtig, wenn das Hinderniß beiden Theilen bekannt oder unbekannt war. W ar es nur demjenigen bekannt, der die Leistung dieser Handlung versprochen, so muß er (wegen seiner Arglist) ent­ schädigen"); war es dem andern Theil bekannt, der sich die Handlung “) I. 11. §. 39. 40. — §. 1. J. III. 19. I. 69. 97. pr. I. 103. D. XLV. 1. 1. 1. §. 9. D. XLIV. 7. ") I. 11. §. 528ff. I. 34. §. 2. D. XVIII. 1. ,s) I. 5. §. 68. 69. 1. 26. 27. pr. 35. §. 1. D. XLV. 1. ") 1.5. §.51.— §.5. J. III. 15. 15) I. 5. §. 52. 16) l. 5 § .5 3 . W ofür- Koch (Anm. zu § .5 3 ) hält den Vertrag für verbindlich, nim m t also an , daß da- Interesse der Erfüllung de- Vertrage- zu ersetzen ist; B o r n e r n a n n B . 2 S . 2 3 4 , ebenso D e r n b u r g II. § .2 3 Anm. 7. sind der Ansicht, daß nur da- negative Bertrag-intereffe, da- Interesse, welche- au- dem Nichtzustandekommen d e-V ertrag - erwächst, zu ersetzen ist; nur von diesem könne bei einer unmöglichen Leistung z. B . dem Versprechen einer unmöglichen Maschine die Rede sein. ES handelt sich aber im § .5 3 . von hypothetischer Unmöglichkeit: die Maschine darf nach dem P atent de- X von Anderen nicht gefertigt werden, Y, der die- weiß, hat dennoch die Lieferung der Maschine übernommen, soll nun

§.67. Theilbarkeit.

439

versprechen ließ, so ist das Geschäft unverbindlich und was er dafür ge­ geben, wird als geschenkt angesehen"). E s erscheint dies als eine ge­ setzliche Auslegung der Willensmeinung (als Vermuthung)"). Giltig bleibt das Geschäft, wenn entweder das Hinderniß noch bis zur Er­ füllung beseitigt werden kann oder aufhört, und wenn der Leistende die Wahl hat zwischen einer unmöglichen und möglichen Handlung '*). D a s Versprechen ist dann nur scheinbar alternativ, in Wahrheit ein einfaches. Erschwerung der Leistung, z. B . Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, ist niemals Unmöglichkeit"). f. Aus alle dem ergiebt sich: möglich ist jedes Geben oder Thun, welches der Gegenstand einer rechtsgiltigen Willenserklärung sein kann und sein darf"'). §. 67. Theilbarkeit. Der nb ur g II. §. 25. Unterholzner I. S- 213. Sa v i g n y , Obl.R. I. S- 303 bis 381. Puchta, Lchrb. u. Borlcs. §. 222. Bangerow 6. A. III. S. 7. Arndt« 4. A S . 319. Si ntenis II. S - 40. Keller S - 481. Windscheid II. 8.253. S. 11. Ubbelohdc, die Lehre von den untheilbaren Obligationen. 1862.

Es ist §. 18.') der Begriff, der Theilbarkeit der Rechte dahin an­ gegeben worden, daß unter'Bewahrung der ihnen ungehörigen Befug­ nisse in ihrer Einheit dieselben quantitativ zerlegt werden, daß also jeder Theil des Rechts noch das Recht selbst aber von kleinerem Um­ fange ist. Der Fall tritt hauptsächlich ein, wenn das einer Person zu­ stehende Recht oder die einer Person obliegende Verpflichtung aus mehrere Personen übergeht, namentlich wenn mehrere Erben eintreten. Dieser Begriff auf die Schuldverhältnisse angewendet ergiebt, daß dasjenige Schuldverhältniß theilbar ist, welches sich in Theile zerlegen läßt, von denen jeder die Eigenschaft des Ganzen behält, jeder aber kleiner ist, als das Ganze'). D ie Theilung ist eine quantitative, nicht der Promissar nicht das Interesse geltend machen können, daS er daran hatte, für den von ihm versprochenen Preis die Maschine durch X zu erhalten? ” ) I. 5.$. 55. Koch, R. d- F B- 2 S . 338, findet hierin einen Widerspruch mit 1.4. §. 131-, wo, wenn ein Recht von dem Eintreffen einer unmögliche» Be­ dingung abhängig gemacht ist, die ganze Willenserklärung dadurch als entkräftet bezeichnet wird. Der Widerspruch ist nicht vorhanden, s. Gruchot 1. S. 326. 18) Gemäß §§. 1045. I. 11. 19) I. 5.§§. 56. 57. Oben §. 65 Note 32. ’J0) 1. 2. 8 2. 1. 137. §. 4. 5. D. XLV. 1. Die facultas dandi ist verschieden vom impedimentum naturale. Striethorst B. 27 S 372. *•) I. 5. §. 39. ') Bei Note 5. 5) Ubbelohdc definirt: theilbare Obligationen find die, welche fich quotenweiS thei­ len lassen (S. 18), wenn sowohl Forderungsrecht als Derpflichtung fich in mehrere

440

Zweit« Buch. Die besonderen Privatrechte.

eine qualitative. E s muß eine theilweise Tilgung der Obligation mög­ lich sein'). D araus aber folgt, daß die Theilung von der Theilbarkeit der Leistung abhängt. Läßt diese eine qantitative Theilung nicht zu, so ist auch das Schuldverhältniß selbst untheilbar, und es können solche Leistungen nicht theilweis zum Gegenstand eines Schuldverhältnistes ge­ macht werden'). E s ist daher nur zu untersuchen, welche Leistungen theilbar find. D a s preußische Recht enthält hierüber keine Regeln. D ie Art, wie das Rechtsverhältniß der Miterben aufgefaßt wird *), beweiset, daß das Moment der Gemeinschaftlichkeit der Berechtigung und der Verpflichtung an die Stelle der Theilbarkeit der Leistung gesetzt worden ist. Gleichwohl ist auch für das preußische Recht die Feststellung des Begriffs von Wich­ tigkeit, denn die Erben-Gemeinschaft kann durch Theilung des Nachlasses aufgehoben werden und dann fragt sich, welche dem Nachlaß zugehörige Rechte getheilt werden können. D ie Regel ist: jedes auf eine quantitativ theilbare Leistung gerichtete Schuldverhältniß ist theilbar'). 1. Sonach sind Schuldvcrhältnisse theilbar, wenn die Leistung ein Ge b e n ist und die Sache reell getheilt werden kann. Die ideelle Theil­ barkeit des Eigenthums und des Besitzes') kann dagegen mit den frü­ heren Ausgaben nicht als ausreichend angesehen werden, um den Schluß auf Theilbarkeit der Verpflichtung zu begründen, welche auf Verschaffung

3) 4) s) 6)

7)

von dem In h a lt der ganzen Obligation n ur quantitativ verschiedene Theile zer­ legen läßt (S . 10, und S . 250: als untheilbar erscheinen nur diejenigen Obli­ gationen, deren in obligatione befindliche Naturalerfüllung quotenweiS untheilbar ist. S a v i g u y ; das Fatale fü r den Antrag auf nachträgliche Entscheidung betragt eine Woche.

§. 68. Haupt- und Nebenleistung. Zinsen.

455

gebührt hätte, dem sie aber von dem Schuldner entzogen wordeil ist, und dessen Höhe das Gesetz nach dem landüblichen Z insfuß abmißt, weil der Regel nach so hoch ein K apital jederzeit benutzt werden kann"). D er häufigste F all, wo Zinsen als Schadenersatz gezahlt werden müssen, ist der der verzögerten Rückzahlung eines K ap itals: V e r z u g s z i n s e n gewährt das Gesetz von dem Tage, wo geleistet werden sollte und nicht geleistet worden ist'"). V on den Verzugszinsen werden im gemeinen Recht noch unterschieden die P r o z e ß - und die U r t h e i l s z i n f e n , über welche mancher S treit herrscht. Nach preußischem Recht ist zu solcher Unterscheidung kein Grund "), weil selbst, wenn vor der Klaganstellung ein Verzug auf S eite des Schuldners nicht vorhanden w ar, die Er­ hebung der Klage den Schuldner immer in Verzug setzt (§ 51. S . 288.), mithin die von diesem Tage beginnenden Prozeßzinsen durchaus die Natur der Verzugszinsen haben. Urtheilszinsen von besonderer Höhe sind unbekannt"). Allenfalls kann man in einigen Fällen von Urtheils­ zinsen sprechen, weil hier das Gesetz ihren B eginn auf den Tag der Rechtskraft festsetzt, nämlich: wenn man zur Zahlung eines Rückstandes bedungener Z insen"), zur Geldentschädigung au s einer unerlaubten H an d lu n g" ), zur Vergütigung der im unredlichen Besitz genoffenen l'eiiz S . 2 7 7 s. Guts*. B . 4 ©. 280. B . 5 S . 348- 93. 12 S . 17, die sich au«siihrlich über die N atur bei Verzugszinsen verbreiten. R O .H .G V. 51. Ueber die Auffassung im iöm. R. s. M o m m s e n 111. S . 235. S a v i g n y S . 135. D aß gesetzliche Zinsen, insbesondere Verzugszinsen nur bei Geldschulden vorkommen können s. oben bei Note 7. Sachs. Ges.B. §. 742. Bei allen bonae fidei con­ tractu* gewahrte daS rölit. R usuras ex raora 1. 32. §. 2. D. X X II. I. 1. 24. 1>. XVI. 3. Eine Zusammenstellung der Ouellenbelege für die einzelnen Ver­ träge bei Un t e r f ; o ! $ n e r S . 324. 325 Note a. Von ihnen gilt: non sunt in ohligatione, sed officio judicis praestantur. 1. 49. §. 1. D. X IX . 1. 1. 54. pr. l>. X IX 2. "") §• 827. d. T . I. Ui. §. 67. D er Tag kann auch durch ein Ereigniß bestimmt sein, z. B . Tag der Verheirathung. Entsch. B . 67 51. Jedoch muß daS E r­ eigniß überhaupt oder im S inne des Erklärenden als bestimmt eintretend voraus­ gesetzt sein; auf den eintretenden dies incertus a n , wie auf die eintretende B e­ dingung kann die Regel, dies interpellat pro hom ine, nicht angewendet werden. Jtocb, R. d. F. 1. S . 1 0 0 ff. Ueber die Prozeßzinsen vgl. des. S a v i g n y S . 1 3 8 f. Nack der gemeinrechtlichen Praxis haben diese Zinsen die N atur der om nis causa, auf die Grundsätze der mora kommt eS nicht an. Lübeck, Celle, S tu ttg art bet S e u f f e r t B . 2 S 190. B . 5 S . 342. B. 8 S . 171. B . 14 S . 453. 6 J ) Ueber Urtheilszinsen nach gern. Reckt vgl. Koch a. a. O . S . 102. 1. 2. 3. C. VII. 54. 1. 20. 8. 1. C. IV. 32 D ie Judikatzinsen betrugen römischrechtlich 12 Proz. jährlich (die alten centesim ae usurae) vom ursprünglichen Kapital, nicht auch von den im Urtheil zugesprochenen Zinsen. Die deutsche Praxis erkennt Übrigens diesen höheren Zinssatz nicht an. ti3) §. 821. d. T . " ) I. 16. §.66. S t r i e t h . B . 24 S . 307. An einer Stelle der früheren Ausgaben (im § .51.) war der abweichende Standpunkt eingenommen, daß der ZinSbeginu bei Entschädigungsansprüchen anS unerlaubter Handlung vom Tage des (noch nicht rechtskräftigen) Urtheils laufe, welches zuerst den Schaden dem Geldbeträge nach festgestellt habe. Vgl. hierzu Koch Anm. zu §. 66. cit. yi)

F rü c h te " ),

zur Z ah lu n g einer als Geschenk versprochenen S u m m e " )

verurtheilt worden ist. was

Hierher gehört auch das einzige P riv ile g iu m ,

im neueren Recht dem Fiskus in Betreff

geblieben ist,

daß

er in Kriegszeiten

Rechtskraft zu zahlen h a t " ) .

der Verzugszinsen noch

dergleichen

erst vom Tage der

Aber auch in allen diesen F ällen ist der

Z in s fu ß der landübliche, nicht wie nach gemeinem Recht ein ausnahms­ weis höherer. Außer den Verzugszinsen hat das Gesetz noch in anderen F ällen eine Zinspflicht angeordnet, in denen ein Verzug des Schuldners zwar nicht vorhanden,

er aber doch ein fremdes K a p ita l ohne Rechtsgrund

genutzt oder wenigstens dem Berechtigten die Nutzung daran h a t" ):

1. B eim K a u f muß derjenige K ontrahent,

der zugleich Sache

und Kausgeld wider den W ille n des Anderen genutzt hat, landüblich verzinsen"). 2. W enn

entzogen

das letztere

D a s Nähere hierüber in der Lehre vom K a u f'" ).

der Bevollmächtigte

für

seinen Machtgebcr Kapitalvorschus;

geleistet hat, so muß ihm dieser vom Tage der Verwendung landüblich verzinset w e rd e n " ).

Eine Anwendung hiervon ist 6.

daß

schafter, der Vorschuß geleistet, Zinsen zu fordern h a t " ). w alter muß bei versäumter rechtzeitiger Rechnungslegung bestände verzinsen, die er m üßig liegen gelassen " )

ein Gesell­ 4. D e r V e r­ die Kassen­

5. D e r V erw ahrer,

der das ihm anvertraute K a p ita l ohne E rla u b n iß genutzt h a t " ), 6. wer wiffentlich eine Nichtschuld sich hat zahlen lassen"), und 7. der unred­ liche und unrechtfertige Besitzer

eines K a p ita ls ,

gesetzlichen oder landüblichen Z in s entrichten").

müssen

den höchsten

8. D e r Vorm und, der

6i) I . 7. §. 2 3 1 . “ ) 1 . 11. 6 .1 0 7 3 . 67) Ges. v. 7. M ä r z 1 8 4 5 I. 2. In Friedeuszeiten steht FiSkuS in Ansehung der Verbindlichkeit, ZögerungSzinsen zu Zahlen, den Privatpersonen gleich. 68) ES sind die« ftäfle des f. g. objektiven Verzugs, der rnora ex re. L e n z S . 277. D a s O .T r ib . ( S t r i e t h . 3. S . 7 2 ) sagt zw ar, der Grundsatz, daß Zeder, der einem Anderen die Benutzung einer S u m m e auf widerrechtliche Weise vereitelt hat, zur Verzinsung derselben verpflichtet sei, sei in dieser Allgemeinheit nicht als richtig anzuerkennen, weil er nirgends in den Gesetzbüchern in dieser Allgemein­ heit ausgesprochen sei; daraus würde aber eine solche Folgerung nicht zu ziehen sein, da Gesetzbücher nicht die Pflicht haben, Prinzipien auszusprechen, sondern nur anzuwenden. D ie einzelnen Anwendungen zeigen aber, daß auch im A .L .R . dieser Satz leitendes P rin zip ist. Z . B . auch S t r i e t h . B . 3G S . 251. «s) I . 11. §. 1 0 9 - 1 1 1 . 70) Unten B . 2. §. 1 2 5 1l) I. 13

§.72.

T2) I. 17. $. 2 2 5 n ) I. 14. §. 240. u ) I . 14. §. 87. " ) I . 16. §. 194. " ) I . 7. §. 2 3 2 .

A . 2. und B. 1.

Auch bei dem rcandatum qualificatura.

Strieth.

B . 44 S . 345.

§. 68.

H aupt- und N rbenleiftung

Zinsen-

457

die A nlegung von M ündelgeldern versäumt oder verzögert, hat die an­ zulegende Sum m e mit sechs vom Hundert zu verzinsen: wenn er Geld des M ündels in seinen Nutzen verwendet, zahlt er 8 bis 2 0 vom H un­ dert, je nach Bestim m ung des Vorm undschaftsgerichts"). Ueberall sind die gesetzlichen Zinsen S c h a d e n e r sa tz '" ) und aus dieser ihrer rechtlichen N atur ergiebt sich Folgendes: 1. gesetzliche Zinsen können neben vorbedungenen nicht gefordert werden, weil letztere den Gebrauchswerth des K apitals bereits entgelten, dem Gläubiger also ein Schaden nicht erwächst'"). Wird aber das K apital nicht zur rechten Zeit zu­ rückgezahlt, und betragen die bedungenen Zinsen weniger a ls landüblich, so können vom Eintritt des V erzugs die vollen Verzugszinsen gefordert w erden""). Betragen dagegen die bedungenen Zinsen mehr a ls die gesetzlich bestimmten Zögerungszinsen, so bleibt für die fortan als Zögerungszinsen laufenden Zinsen jener höhere Satz maßgebend"'). 2. Gesetzliche Zinsen können auch nicht beansprucht werden, wenn eine Konventionalstrafe bereits festgesetzt ist, weil diese vertragsm äßig das Interesse deckt "*). 3. Gesetz­ liche Zinsen sind das vom Gesetz aufgestellte DurchschnittSmaß für die Größe des Schadenersatzes, sie schließen die Forderung eines höheren B o n n O rd n . §§. 3!>. 40 Frühere Gesetzgebung s. II. 18- §§. 186. 878. 7h) A. M . für die unter 1— 3 bezeichneten Fälle D e r n b u r g II. S . 91. 79) §. 827. b. T . s") §. 831. d. T . Nach der bisherigen Aussassuug der P raxis hat n ur der M ehrzins die N atu r des gesetzlichen, er tritt zum V ertragszins hinzu. Entsch. B . 12 S . 17. (Pl.Beschl.) S t r i e t h . B . 11 S . 76. E s verwandelt sich also der BertragSzinS durch den hinzutretenden Verzug des Schuldner« nicht in V erzug-zins, und zwar, wie das £> T rib ausführt, weil die auf einem V ertrag beruhenden Rechte den au« dem Gesetz herzuleitenden Befugnissen vorgehen, dieselben ausschließen, und B erzögerungszinsen n u r da zulässig sind, wo nicht anderweitig durch bedungenen Z in s oder Äonventionalstrafe das Entgelt für den Kapital-gebrauch festgesetzt ist. D ies zugegeben, so ist die Folgerung richtig, daß die V erjährung vorbedungener Zinsen, wenn das Zinsversprechen nicht auf einen E ndterm in beschränkt ist, ( S t r i e t h . B . 48 S . 56) durch hinzutretenden Verzug des Schuldners nicht aufgehalten wird ( S t r i e t h . P . 4 S . 90. B . 11 S . 76). Dagegen Lenz S . 2 9 5 , der davon ausgeht, daß vom M om ent des Verzugs der G läubiger die W ahl habe auf die vorbedungenen und die ZögerungSzinsen. Ebenso D e r n b u r g 1 .3 8 2 . B . II. S - 90. D agegen ferner daS A ppel.G er. M ünster (bei S t r i e t h . a. a. £>., weil dann derjenige, welcher sich keine Zinsen vorbcdungen, die den gesetzlichen Zinsen anhängenden Vorzüge hinsichtlich der V erjährung genießen, m ithin besser gestellt sein würde als derjenige, welcher Derlragszinsen zu fordern hat Dagegen vom anderen S tandpunkt aus auch H i n s c h i u s a a. O . S . 2 7 ., weil m ild e m E in ­ tritt des Verzugs das V ertragsverhältniß sich nicht fortsetze. D em §§. 3. des Bundesgesetzes vom 14. November 1867 liegt die Auffassung zu G runde, daß von deyt E in tritt des Verzugs alle Zinsen die N atu r der Zögerungszinsen haben, und dem gegenüber kann allerdings die Ansicht de« O bertribunals auch nicht für den F all aufrecht erhalten w erden, wo die bedungenen Zinsen geringer sind, als die gesetzlichen auS betn Verzüge. *') Bundesgesetz v. 14. N ovbr. 1867. §. 3. **) §. 827. d T . Aber die Konventionalstrafe muß im F all ihrer verzögerten Z ahlung verzinset werden.' S t r i e t h o r s t B . 28 © . 24. Unten §. 107 N ote 35. ’ ■)

ZwritrS Buch.

4 58

Die besonderen Privatrechle-

nicht bedungenen Jntereffe aus.

N u r wenn der hinreichende Zahlungs­

m ittel besitzende Schuldner vorsätzlich

oder aus grobem Bersehen die

Z ah lu n g verzögert, ist der Ersatz des w ir k lic h erwachsenen Schadens zu v e rla n g e n "). A nfangspunkt, K a p ita ls ,

4. Gesetzliche Zinsen ih r L au f

beginnt vom

oder nach A blauf

haben

zw ar

einen bestimmten

festgesetzten Zahlungstage des

der in der K ündigung enthaltenen F ris t,

oder vom Tage der Rechtskraft des Erkenntniffes u. s. w . " ) , aber sie haben keinen bestimmten Endpunkt, sind nicht Schadensersatz fü r den auf im V o ra u s

bestimmte Z e it entzogenen Kapitalsgebrauch.

S ie laufen

so lange, als die Vorenthaltung der Kapitalsnutzung dauert, sie hören a u f in dem M o m en t, zurückkehrt: sie werden

wo

die K ap italsn u h u n g

r ü c k s tä n d ig " ).

den

Berechtigten

nicht ohne das K a p ita l selbständig fä llig , sie

sind nicht zahlbar an einem bestimmten T u g e , n ic h t

auf

D a ra u s

selbständigen V e r j ä h r u n g

aber

sie werden daher auch

ergiebt sich:

nicht unterworfen,

a.

sie sind einer

sie verjähren nur m it

der um ihren B etrag vergrößerten Kapitalschuld zugleich"); b. sie sind nicht selbständig k l a g b a r , T h eil derselben").

sondern n u r m it

der Hauptschuld oder als

Nach preußischem Recht galten

sie als

durch die

" ) § 8 3 3 . 834. d. T - D ie Bestimmung ist wegen der Schwierigkeit, die Z ahlungs­ m ittel des Schuldners als hinreichend zu erweisen, nnpraktisch. D a s sächs. G -B . §• 742 läßt Erm ittelung und Ersatz eines höheren Schadens zu. Seussert B . 12 S . 18. S4) Ueber den Anfang des Laufs der Verzugszinsen und seine Unterbrechung w ird in der Lehre vom Verzüge naher zu handeln sein (§. 105'. " ) Entsch. B . 4 S . 280. B . 5 S . 340. Lenz S . 278. 2 7 0 .: „ S ie sind das durch den Verzug des D ebitor von M om ent zu M om ent anschwellende und stets in u n ­ unterbrochenem Flusse ohne einzelne Ablösungen in Fälligkeitsterm inen wachsende K a p ita l. daS sie anzuschwellen n u r aufhöret!, wenn daS K ap ital selber stirbt." D e r n b u r g 1t. S . 92 drückt sich dahin aus, „die gesetzlichen Zinsen verfallen fo rt­ laufend pro rata te m p o ris ", da er trotzdem anerkennt, sie haben keinen befoiv deren F älligkeitsterm in, so ist das ein „ V e r f a l l e n " ohne Fälligkeit. D e r rich tigste Ausdruck scheint im Anschluß an die obige Lenz'sche Aeußerung, daß sie m it jedem Tage das fällige K apital vergrößern. 8ü) Entscb. B 4 S . 280. (Pl.Beschl.). „Verzugszinsen sind der zehnjährigen Berjährung nicht unterw orfen." §. 849. d. T . D ie Gegner wollen jeden Tag des fort dauernden Verzugs als möglichen V erfalltag der Zögerungszinsen betrachten und auf sie die Verjährung anwenden, weil diese an die S telle des gemeinrechtlichen Verbots des alterum tantura getreten sei und auch der zu Verzugszinsen Berechn tigte dieselben nicht über daS K apital anschwellen lassen darf. Entscheidend ist, daß, weil eS fü r diese Zinsen keinen bestimmten V erfalltag giebt, ein Ansang der V erjährung nicht fix irt werden kann, und daß der Schadenersatz, wenn er nach Zinsen berechnet w ird , nicht füglich anderen Nonnen nnterworsen werden darf, als eine auf andere A r t berechnete Entschädigung. I n der P raxis ist die Nichtig­ keit des Pl.Veschl. allgemein anerkannt. S . S t r i e I h o r s t D . 32 S . 175. B . 45 S . 320. *7) Nach gemeinem Recht galt dies als unzweifelhaft. 1. dem Vorgang einiger Anderer, insbesondere von R a n S . 25 ist es von E a r u s a. a. O . lebhaft bestritten. Note 10 F ü r daS preuß R folgt eS besonders arg.

19. §. 1. D. X I X . 1. nach d a , Lehre von den Zinsen D g l. W i n d s c h e i d §. 259 a con tr. aus §. 847. d. T .

§. 6 8 .

H aup t- und Rebenleistnng.

459

Zinsen.

Klage wegen der Hauptschuld geltend gemacht, auch wenn der ausdrück­ lich gestellte Antrag sie nicht hervorhob. Amts wegen zugesprochen werden;

S ie konnten und sollten von

Uebergehen galt

als

Aberkennen.

Den Vorbehalt spaterer Geltendmachung der Zinsforderung hielt man für wirkungslos*').

Nach der Reichszivilprozeßordnung wird der Richter

mit der Forderung gesetzlicher wie vertragsmäßiger Zinsen nur

durch

ausdrückliche Geltendmachung befaßt^); die versäumte Erstreckung des Antrags darauf kann durch Klageerweiterung in jedem Augenblick nachund aus 84s. Ebenso sächs. G B . §. 67f>. I n dem F a ll bei S t r i e t h o r s t B - 21 S . 95 waren die gesetzlichen Zinsen in VertragSzinsen umgewandelt. D e r Latz bedarf jedoch noch einer Erläuterung zum richtigen Verständniß. ES giebt keine selbständige Klage auf Verzugszinsen eines bereits zugesprochenen K apitals; aber es steht nichts entgegen, daß nachdem in der Klage eine bestimmte wegen Verzugs verzinsliche Forderung als Klagegrund bezeichnet ist, diese nur zu einem bestimmten Q u a n tu m geltend gemacht w ird , so daß am Zahlungstage dieses Q uantum s von der m it Verzugszinsen berechneten Forderung ein geringeres weiter verzinsliches Q u a n tu m übrig bleibt. Von diesem Gesichtspunkte auS gelangt man auch zur Bejahung der Zulässigkeit einer aus den Betrag der Verzugszinsen einer bestimmten Zeit beschränkten Klage, die daS geschuldete K apital nicht zugleich einfor­ dert. F ü r diese Zulässigkeit Entsch. B . 58 S . 100. S t r i e t h o r s t B . 67 €>. 227, B 92 S . 121., Entsch. d. R O .H .G . B . 9 S . 2 2 0 B . 21 L . 2 2 0 (Abweichend Entsch. B . 59 1 f Unten §. 137 bei Note l l f q . Hiergegen ist B r i n z (kritische B lä tte r H. 1 S . 19— 34) aufgetreten. E r w ill die Kategorie der Realkontrakte beibehalten, zwar nicht in dem S in n , daß die Klag barkeit durch res begründet ist, aber so, daß der Realkontrakt eine Mischung aus einem dare — welches selbst ein Vertrag ist — und einem obligatorischen V e r­ trage sei, bei welcher Mischung der letztere dem realen, wie ein ModuS, unter» oder beigeordnet erscheint. Dagegen wieder D e m e l in s in Gerber'S u. Jhering'S Jahrbüchern D . 3 S . 399, welcher festhält, daß jede Hingabe n u r solvendi causa geschieht, und daß matt von Realkontrakten heut n u r etwa da reden kann, wo die Hingabe zur Rückgabe verpflichtet, und diese Verpflichtung den In h a lt des Per tragSwillenS erschöpft. Dies sind aber nicht die römischen Realkontrakte, wo. weil daS pactum klaglos war, die res die Klagbarkeit erzeugte. Jetzt hat daS pactum die K lagbarkeil, die Hingabe ist Vorleistung. D ies g ilt auch im prenß. R . vom pactum de m utuo dando. Daß hier das dare die schriftliche Form ersetzen kann, entscheidet nid;t dafür, daß eS der Begründungsakt des Vertrages ist. Siehe auch D a n k w a r d t . Nationalökonomie und Jurisprud en z, Heft 3 S . 63 und H a i m e r l , ö fte r. Vierteljahrschr. 1860. B . 5 S . 2 5 f. Nach A L R . 8 -8 7 3 . I. 11 könnte e- scheinen, als ob eine geleistete Handlung einen Realkontrakt er­ zeugte. Aber die Handlung soll „übernom m en" sein, und darin liegt der Konsen­ sualvertrag, daS Gesetz supplirt n u r die fehlende Bestimmung der Parteien über die Dergütigung. D ie Leistung einer nicht bestellten Handlung erzeugt keine V e r­ pflichtung zur Gegenleistung, wohl aber die Annahme einer solchen. 17) DaS W o rt gegenseitig bezeichnet den Gegensatz schärfer, weil eS das Beziehliche zugleich ausdrückt.

als daS W o rt zweiseitig,

H ierm it fällt c. die E inthcilung in l ä s t i g e und w o h l t h ä t i g e V er­ träge, die das A .L .R . allein e rw ä h n t'" ), c in ig en n aß en , nicht ganz zu­ sam m en, insofern ein ^gegenseitiger V ertra g im m er ein lästiger ist, wo „beide Theile gegenseitige Verbindlichkeiten übernehm en", nicht aber jeder einseitige ein w ohlthätiger ist, wo „n u r ein Theil etw as zu G unsten des A ndern zu geben it. s. w. verpflichtet w ir d " '"). D ie E in theilung ist an sich w erthlos, das A .L.R . hat praktische Folgerungen nicht d a ra n geknüpft u n d sie möchte auch deßhalb aufzugeben sein, weil die W orte lästig und w ohlthätig nicht juristische B egriffe a u s ­ drücken.

B. Der Abschluß. §. 73.

a. D ie P e r s o n e n .

A.L.R. 1 5 . §§. H— 38. H e y d e m a n n l. S . 195. G ru ch o t l. S . M S. Koch, P r R . II. S . 189. R. d. F. II. S . 2 9 1 — 336. — U n t e r h o lz n e r I. © . 139f.

W er fähig ist, rechtsgiltige W illenserklärungen abzugeben, kann sich regelm äßig auch durch V erträge verpflichten. E s ist also auf die E rörterungen im §. 20 hier zu verw eisen'). D o rt hat insbesondere auch die Rechtsstellung der M inderjährigen und der diesen gleich gestellten Personen bereits E rö rteru n g gefunden, wonach diese zw ar Rechte a u s einem V ertrag e erwerben, nicht aber V erpflichtungen übernehm en können, so daß sie, ohne durch Abschluß gegenseitiger V erträge verpflichtet zu sein, den andern Theil b is zu der allenfalls von diesem herbeizuführenden E r ­ klärung ihres V ertreters über G enehm igung des V ertragschluffes binden, (i. g. »cg. claudicans). Ebenso ist im §. 42 bereits au f die F ä lle h in ­ gewiesen, in welchen der W ille eines handlungsfähigen Menschen oder der vsn dem V ertreter (V orm und, Pfleger, V orstand) des n u r in V ertretung H andlungsfähigen erklärte W ille zu seiner W irksamkeit in bestim m ter Richtung noch der Z ustim m ung einer andern Person bedarf. N ähere A usführungen hierüber find bei der A bhandlung der einzelnen In s titu te zr geben'). W a s die von großjährigen H auskindern bezüglich ihres '') §■ 8 . d. T . §. 249. 1. 5 ist wohl die einzige Bestimmung, die an den Unterschied anknüpft. lf)) K och, Komment, zu §. 7. 8. Note 7. 8. und G r u c h o t I. S . 308 ') D er Herausgeber hat geglaubt, in der Fassung , welche dieser Paragraph in den früheren Ausgaben h atte, eine Reihe von Wiederholungen beseitigen zu sollen. Dadurch ist für die Besprechung einiger anderer Punkte Platz gewonnen. ‘0 Auch bezüglich der Nothwendigkeit der Genehmigung von Erklärungen des B or­ m unds durch den Gegenvormund und bezüglich der vormundschaftSgerichtlichen Ge> nehmigung gewisser Geschäfte. Wo dieselben erforderlich, wird die genehmigte oder in Vertretung abgegebene Erklärung des Vormunds oder Pflegers erst durch sie verbindlich. 8 .4 6 . Borm .O . v. 5. J u li 1875. DaS ältere Recht zählte neben den Fällen, in denen die mangelnde Genehmigung des Vormundschaftsgerichts auf die Giltigkeit des Geschäfts einwirkte, z. D . A.L.R. II. 18. §§. 521. 549. 5 5 0 f.

474

Zwrilr» Buch. Dir btfonbtrtn Pnvatrrchtr

unfreien V erm ögens') geschloffenen gegenseitigen V erträge und die gegenseitigen Verträge anlangt, durch welche Ehefrauen sich nicht bloß bezüglich ihres vorbehaltenen Verm ögens 4) verpflichten, so tritt hier bei mangelnder Zustim m ung des V aters oder Ehem annes, wie bei den V er­ trägen der M inderjährigen, eine einseitige Gebundenheit des andern T heils ein, bei welcher der letztere berechtigt ist, von dem V ater oder Ehemann eine Erklärung über Genehmigung") in entsprechender Weise zu fordern, hierzu auch denselben eine Frist") zu setzen'). Weder die Genehm igung des V orm undes, noch die des V aters oder Ehem annes braucht dem anderen Kontrahenten gegenüber erklärt zu werden, auch sind die Genchmigungserklärungen nicht an die Form en, in welche ein Vertragsschluß dieses In h a lts gewiesen ist, gebunden. E s ergiebt sich dies au s der Zulassung genereller Genehmigung, welche nach gesetzlicher Vorschrift in der Zulaffung des selbständigen Betriebes eines Erwerbsgeschäftes durch den M inderjährigen beziehungsweise darin zu finden ist, daß dem M inderjährigen gestattet worden, in D ienst ober Arbeit zu treten"). Auch bezüglich der Genehm igung des Ehem annes ist jener Satz nach längerem Schwanken durch Plenarbeschluß des Ober­ tribunals anerkannt *). Nach erlangter Großjährigkeit kann der Minder-

^ 4) 5)

6)

7)

8) *)

526. 460, viele Fälle auf, in denen Nichteinholung der Genehmigung den Vor. mund nur verantwortlich machte. Die letztere Bedeutung der vormundschaftSgc richtlichen Genehmigung galt als Regel nach der Pl.Entsch. des Obertribnnalö v. 22. J u n i 1846 (Entsch. B . 13 S . 3). D er (ünümirf der Bormundschastöord nunq schrieb ebenfalls bezüglich der Genehmigung des Gegenvormunds vor, baß von derselben D ritten gegenüber die Giltigkeit der Handlungen des Vormunds nicht abhängig sein solle. Diese Bestimmung wurde vom Landtage gestrichen und dagegen der §. 46 eingeschaltet. 3 n Betreff deS freien Vermögens sind sie unbeschrankt vertragsfähig II. 2. §§. 163. 165. S t r i e t h o r s t B . 57 S . 131. Ueber die verbindliche K raft dieser Verträge bestimmen II. 1. §§. 221 222. 318. D ie Genehmigung des V aters macht die Verbindlichkeit des HauösohnS wirksam, so daß dieselbe auS dem seinem väterlichen Nießbrauch unterliegenden Vermögen beigetrieben werden kann, waS freilich ihm gegenüber besonders erstritten werden muß. Dagegen verpflichtet die Genehmigung den Vater nicht persönlich. II. 2. § § .2 0 1 ff. D ie Genehmigung deS Ehemanns macht diesen, wenn er sich nicht ausdrücklich dagegen verwahrt hat, zum Selbstfchuldner. II. 1. §§. 329. 330. 333. F ü r diese Frist gilt nicht die in §. 4 beS Gesetzes betr. d. Geschäftsfähigkeit M in vorjähriger bestimmte zweiwöchentliche D auer. S ie darf aber ihrer N atur nach nicht kürzer sein, als die gesetzliche Frist welche für Acceptation einer Offerte ge­ setzt ist und deren Nichtinnehaltung die Annahme oder Ablehnung der Offerte rechtfertigt. § § .1 1 — 13. 1 .5 . Bezüglich der Unzulässigkeit des Rücktritts von dem Vertrag durch Erklärungen der Kontrahenten vor der Beitrittserklärung des V aters oder Ehem anns gilt das in §. 26. Anm. 8 Gesagte. I n der Unverbindlichkeit deS von der Ehefrau ohne Zustimm ung des Ehem anns geschloffenen V ertrags ^Entsch. B . 43 S . 35) wird dadurch nicht- geändert, daß die Verbindlichkeit von der Frau erfüllt ist. Entsch. B . 73 S . 53. §§• 5. 6 Ges. betr. d. Geschäftsfähigkeit M inderjähriger v. 12. J u li 1875. Entsch. B . 14 S . 33. Vgl. S t r i e t h o r s t B. 60 S 145. Förster sprach sich in den früheren Ausgaben unter Bezugnahme auf Koch (R d. F. II. S . 328) gegen

D er Schuldverlrag.

§ 73. u. D ie Personen

475

jährige, nach beendigter väterlicher Gewalt der Haussohn, nach Auflösung der Ehe die Ehefrau, wie bereits im §. 41 erörtert, die früher über­ nommenen Verbindlichkeiten vertragsm äßig anerkennen "). D ie Form dieses Anerkennungsvertrages steht nach ^anbrecht unter den gewöhn­ lichen R egeln, nur für das Anerkenntniß des ehemaligen Haussohns, gleichviel ob er minderjährig oder großjährig war, ist besonders bestimmt, daß dasselbe gerichtlich oder notariell erklärt sein m uß" ). D er §. 3 des Gesetzes über die Geschäftsfähigkeit M inderjähriger vom 12. J u li 1875 schreibt dem vom M inderjährigen nach erlangter Selbständigkeit abgegebenen Anerkenntniß die Kraft zu, das früher unwirksame Geschäft wirksam zu machen. Diese Bestim m ung, welche die weitere Ausgestaltnng und Form des „Anerkenntnisses" dahin gestellt sein läßt, steht der Annahme fortdauernder Geltung der bestimmten Vorschriften des früheren Rechts nicht entgegenu ). Jeder Vertrag erfordert zwei Kontrahenten. Ist der eine K on­ trahent zur Uebernahme von Verpflichtungen nur mit Genehmigung des anderen Kontrahenten fähig, so liegt zwar in dem Vertragschluß diese das Obertribunal aus. Auch D e r n b u r g l . §. 06. Anm. 1 meint, im Hinblick auf 1. fi. §. 133, das Obertribunal habe neues Recht geschaffen. Zu vergleichen ist die Rechtsstellung des D ritten zum Geschäftsherrn, der die austraglose nego­ tiorum gestio, kraft deren für ihn ein Vertrag geschloffen werde, formlos geneh migt. Ganz inkonsequent ist cs jedenfalls, wenn das Obertribunal für die E in ­ willigung des H ausvaters in daS Geschäft des HauSsohneS die Beobachtung der Horm fordert, welche für den geschloffenen Vertrag vorgeschrieben ist. ( S t r i etborst B 26 S . 237, Entsch. 72 S . 251). S oll der Vater formlos und wirksam für die einzelnen Geschäfte dem minderjährigen HauSsohue den Betrieb eines Ge­ werbes gestatten können, deut großjährigen nicht? Vgl G r u c h o t B . 17 S . 177. V)) I. 5. §§. 37. 38. ') II 2. §§. 136. 137. Die Verschiedenheit ist auffallend und durch einen G rund nicht gerechtfertigt. Vgl. noch S t r i e t h o r s t B 26 S 201 Koch, Kommentar Rote zu §. 137 cit. *) Nähme man an, daß das Anerkenntniß des $. 3 ein formloses sein soll, so müßte man einerseits auch die allgemeinen Vorschriften des Landrechts über die Noth­ wendigkeit der Schriftform bei Willenserklärungen über 150 M . als außer B e­ tracht bleibend ansehen, andererseits käme man zu dem Ergebniß, daß der minderiährige Haussohn nach erlangter Großjährigkeit und Beendigung der väterlichen Gewalt formlos die früher übernommene Verbindlichkeit anerkennen könnte, wäh­ rend der großjährige HauSsohn nach wie vor nur durch gerichtliche oder notarielle Erklärung dazu im Stande wäre. — D er Kommissionsbericht des Herrenhauses iDrucksachen deS Herrenhauses von 1875 N r. 48 S . 2) spricht sich freilich für Formlosigkeit des Anerkenntniffes im Falle des §. 3 aus, demgemäß auch D e r n b u r g Bormundschaftsrecht S . 111 Anm. 12, weil es nicht als Absicht des Gesetzes unterstellt werden könne, daß die mündliche Anerkennung in den verschiedenen Rechtsgebieten verschieden wirken solle. Die in verschiedenen Rechtssystemen hineincesetzte Kodifikation einer einzelnen Materie wird sich aber nothwendig nach vielen Richtungen hin abweichend in die verschiedenen Rechtssysteme einpaffen. D e r n d ur g scheint auch von der im Vormundschaftsrecht vertretenen Ansicht abgekommen zu sein; wenigstens sagt er P r. R . B . 1. 6 . 161, ohne die citirte abweichende Ausführung zu erwähnen: „Hier bedarf es auch der Form eines neuen V er­ trages."

Zustimmung ausgesprochen, und deshalb ist die Verbindlichkeit, welche der großjährige Haussohn gegen den V ater m it dessen Zustimmung über­ nimmt, wirksam "), ebenso die Verbindlichkeit, welche die Ehefrau ihrem M anne gegenüber auf sich nim m t, wenn auch für den letzten Fall das Gesetz durch die Anordnung der Nothwendigkeit gerichtlichen V ertrag­ schlusses und der Zuziehung eines Beistands einer gewissen Fürsorge für die als schutzbedürftig angesehene Ehefrau Ausdruck gegeben h a t" ); die Ausübung vormundschaftlicher Befugnisse im eigenen Interesse des V or­ mundes dagegen untersagte das Römische R echt"), und ebenso verbot das altpreußische Vormundschaftsrecht dem Vormund in eigener Ange­ legenheit mit betn M ündel zu verhandeln " ), wie das Landrecht auch für den F all von Vertragsverhandlungen zwischen dem Hausvater und dem minderjährigen Hauskind die Heranziehung eines K urators for­ d ert"). D ie Vormundschaftsordnung bestimmt, daß für Angelegenheiten, bei welchen die Ausübung der väterlichen oder vormundschaftlichen Rechte erforderlich ist, aber aus thatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht stattfinden kann, den in väterlicher Gewalt oder unter Vormund­ schaft stehenden Personen ein Pfleger zu bestellen ist"). E s ist nicht zu bezweifeln, daß diese Bestimmung bei allen zwischen Vormund und M ündel zu schließenden Verträgen Anwendung findet, ebenso wie für die Verträge zwischen V ater und minderjährigem Hauskind. D ie Erklärung, durch welche die an und für sich unwirksame W illens­ erklärung eines Andern, des M ündels, Haussohns, der Ehefrau wirksam gemacht w ird, muß während der D auer des Schutzverhältnisses abge­ geben sein, um jene Wirkung zu äußern. D er V orm und, der H aus­ vater, der Ehem ann, der diese Rechtsstellung verloren hat, kann die Willenserklärungen der früheren Schutzbefohlenen nicht mehr ergänzen, auch dann nicht, wenn seine Rechtsstellung durch den Tod desjenigen, der die unwirksame Erklärung abgegeben hat, verändert worden ist. Sow eit abgesehen hiervon eine Vertragserklärung bestimmten In h alts, " ) Vgl. Recht-sprüche Bd. II. 5 . 257. E« genügt auch Genehmigung de« Bater« für den Bertrag zweier unter seiner Gewalt stehenden Kinder mit einander. Entsch. B . 12 S . 332, S t r i e t h o r s t B. 47 S . 112. I4) II. 1. §§. 198. 200. Ueber die Aufgabe de« „Beistand«" s. 8 19 Änm. 27. Is) Zw ar kann der Autor bei der Verwaltung situ creditam pecuniam scriberc (L- 9 § 7. D. 26. 7.) aber nicht wird der Mündel ihm ipso auctore verpflichtet. L. 5. pr. §. 2. I). 26. 8. '«) II. 18. §§. 253. 254. IT) II 2. §§. 191 ff. D er Vater wird, wenn er mit seinem minderjährigen Kinde komrahirt, ebenso wie jeder D ritte verpflichtet, vgl. Entsch. B. 67 S . 294. ,6) B O. § .8 6 . Die Bestimmung bezieht sich auch auf den Fall, wenn Mündel deffelben Vormund« mit einander kontrahiern, und wird ebenso anzuwenden sein, wenn ein Bertrag zwischen minderjährigen Hanökindern desselben Bater« ge­ schloffen werden soll.

abgegeben von einem solchen, der im Allgemeinen handlungsfähig ist, zu ihrer Wirksamkeit des B eitritts, der Zustim m ung eines Andern be­ darf, wird man die Unwirksamkeit des Geschäfts nicht ohne W eiteres darauf gründen können, daß der Tod des Erklärenden dazwischen ge­ treten se i"). B on den besonderen Bedingungen der Vertragsfähigkeit für einzelne Geschäfte, insbesondere das D arlehen, die Bürgschaft und die Erpromission wird bei den einzelnen Verträgen zu handeln sein'"). Zm Interesse der Sicherheit und Redlichkeit des Verkehrs hat das A .L.R . Vorsorge getroffen, daß die Vertragsunfähigkeit nicht arglistig benutzt werde, zu täuschen und betrügerisch Vortheile zu erlangen. Eine N aturalobligation mit ihrer freiwilligen Erfüllbarkeit erkennt in allen diesen Fällen das preußische Recht nicht an , der Vertrag ist nichtig, das Gezahlte kann sogar, mit Ausnahme der Schulden der H aussöhne"), zurückgefordert werden — um so mehr ist Grund, gegen Betrügerei B e ­ stimmung zu treffen. Zw ar ist jeder Kontrahent schuldig, sich nach den Eigenschaften des Anderen, welche auf seine Vertragssähigkeit Einfluß haben können, gehörig zu erkundigen und die bloße Unkenntniß von der Unfähigkeit desselben darf ihm nicht zu statten kommen" ). W enn er sich aber gehörig erkundigt hat und dennoch von dem Unfähigen zum Abschluß verleitet worden, so giebt ihm das Gesetz gegen den letzteren eine K lage aus Entschädigung (actio d oli)'3). D er V ertrag bleibt in diesem F all ie) Dgl. §. 77 Anm. 3 8 ff. bezüglich der Einwirkung beS Todes eines Kontrahenten vor perfektem Bertragschluß. *°) Nach §. 51 E .P O. hat die Vertragssähigkeit Konsequenzen für die Prozeßfähigkeit einer Partei. ES heißt hier im Anschluß an die Bestimmung deS §. 50, welcher bezüglich der Fähigkeit einer Partei vor Gericht zu stehen, auf die Vorschriften deS bürgerlichen Rechts verweist, soweit nicht im Folgenden abweichende Bestimmungen gegeben werden: „(Sine Person ist insoweit prozeßfähig, als sie sich durch Berträge verpflickten kann." Diese Bestimmung ist fast allgemein dahin verstanden, daß einerseits im Bereich der ausnahmsweise eintretenden Bertragsfähigkeit eines der Regel nach Handlungsunfähigen sich die Prozeßfähigkeit erweitere, andererseits aber im Bereich der ausnahmsweise eintretenden Vertragsunfähigkeit des sonst Handlungsfähigen sich die Prozeßfähigkeit einschränke. Darnach würde ein preu­ ßischer Offizier, der aus einem vor dem E intritt in den Dienst geschloffenen D arlehnSvertrage oder einer Expromisfion beklagt wird, für diesen Prozeß der Fähig­ keit, vor Gericht aufzutreten, ermangeln, er würde eines Pflegers bedürfen. DaS kann wohl nicht Absicht des Gesetzes sein, auch wäre bei dieser Auslegung §. 50 bedeutungslos; §. 51 würde die Prozeßfähigkeit schlechthin ordnen. D er Zusammen­ hang beider Paragraphen ergiebt, daß §. 51 nur für den nach bürgerlichem Recht durch Rechtsgeschäft BerpflichtungSunfähigen die Prozeßfähigkeit erweitern, nicht aber dieselbe beschränken soll. Hiernach erledigt sich ein von F i t t i n g im civ. Arch. B. 51 6 . 403 erhobenes Bedenken gegen die Civil-Prozeßordnung noch einfacher als vom Herausgeber bei G r u c h o t B . 23 S . 738 angenommen ist. 31) IL 2. §. 138. ” ) §§. 31. 32. d. T . I. 19. pr. D. de R. J . 33) §. 33. d. T . 1. 2. 3. C. II. 43.

ungiltig, die Verleitung (dolus) ist der selbständige Klagegrund für die Entschädigungsforderung. Die Verleitung kann aber nicht in einem bloßen Verschweigen des Unfähigkeitsgrundes gefunden werden"), ihr Begriff erfordert mehr, es müssen unwahre Thatsachen vorgebracht sein, die den andern Theil in den Irrthum versetzt haben "). Im Allgemeinen kommt es auch nicht darauf an, ob der Irrthum vermeidlich war, weil die Arglist immer stärker wirkt. Wer aber mit einer Person unter 18 Jahren einen Vertrag schließt, und sich dann bei der (selbst eidlichen) Verfichernng des Unfähigen, daß er fähig sei, beruhigt"), kann die Klage nicht anstellen, denn dort fehlt es an derjenigen Sorgfalt, die Jedermann bei seinen Geschäften anzuwenden hat, und hier an der gehörigen Erkundigung, die das Gesetz verlangt. §. 74.

Stellvertreter.

S . Quellen und Literatur oben § .4 2 . S 199. Koch. R. b. F. II. S . 565 f 575. Gruc hot XII. 597 f. S c h l i e m a n n in Goldschmidt, Zeitschr. f. H R. $ . 16 S . l fg.

Es ist §. 42 gezeigt, daß abweichend vom römischen Recht das heutige gemeine und das preußische Recht freie und unmittelbare Stell­ vertretung zuläßt'), daß insbesondere Verträge von einem Stellver­ treter als solchem, d. h. erkennbar in der Absicht, nicht im eigenen Namen sondern im Namen eines Andern zu handeln, geschlossen werden können. Hier wird der Handelnde für sich selbst nicht aus dem Vertrage berechtigt oder verpflichtet, nur aus einem unberechtigten Austreten als Vertreter kann für ihn eine Verpflichtung erwachsen; dagegen wird der Venretene durch den vom berechtigten Vertreter abgeschlossenen Vertrag berechtigt und verpflichtet, als wenn er selbst den Vertrag abgeschlossen hätte. Wie solche Vertretung durch freie Uebereinkunft (Pollmachtsauf­ trag oder Genehmigung) begründet wird, und wie sich dann das Rechtsverhältniß des Vertreters und des Vertretenen gestaltet, wird später er24) S o auch in der gemeinrechtlichen Praxis. S e u f f e r t B. 2 S . 341. -*) Präj. 683. (Sammt I. S . 7.) „Die Anwendung dieses §. bedingt, daß neben der Thatsache der Kontraktschließung dem unfähigen Schuldner solche, wenn auch nicht eben betrügliche H a n d l u n g e n nachgewiesen werden können, welche den Entschluß des Anderen, fich mit ihm in ein Geschäft einzulassen, bestimmt haben." Eine Anwendung Entsch. B . 12 B. 167 (vorgespiegelte Schreibkunde). Daß der Verteiler nach §. 36. d. T . auch als Betrüger bestraft werden sott, hängt davon ab, ob seine Handlungen die Merkmale des Betruges nach dem S tr .G B . zeigen. 2€) ߧ. 34. 35. d. T. Gr uc hot B. 319 macht mit Recht darauf aufmerksam, daß §. 34 nicht Anwendung finden soll, wenn der Vertrag zwischen Abwesenden zu Stande gekommen. l) Oben S . 2 2 6 f. Bergl. Deutsch. H .G .B. Art. 42. 52. 114. Anders bei dem Kommissionshandel Art. 368.

örtert werden.

D ie

lichen Zuständen

Vertretung kann

aber

auch

aus gewissen recht­

hervorgehen, und diese F ä lle find

hier,

soweit dies

nicht schon geschehen, kurz zu erörtern. 1. D e r H a u p tfa ll, die Vertretung der Hauskinder durch den V a te r und der sonst handlnngsnnfähigen physischen Personen durch ihren V o r ­ mund oder Pfleger, ist bereits erwähnt, ebenso die in der Nothwendig­ keit der Genehmigung gewisser Verträge durch den Gegenvormund ober das Vormundschaftsgericht liegende Beschränkung der Vertretungsbestlgniß der letzteren.

D a s ältere Recht

beschränkte

das

Vertretungsrecht

des

Vorm undes eines M in d erjäh rig en noch dadurch, daß es diesem bei V e r ­ äußerung seiner Grundstücke,

sofern er 18 J a h re vollendet hatte,

wirksames Widerspruchsrecht ein räu m te'). recht erhalten,

ein

Jetzt ist dies nur dahin a u f­

daß das Vormundschaftsgericht den M ü n d e l bei seinem

Beschluß über die Veräußerung einer unbeweglichen Sache Horen soll, ohne

daß

w ä re 3). sonst

aber

In

die G iltigkeit des Gerichtsbeschlusses davon abhängig

Bezug auf das freie Vermögen eines minderjährigen ober

handlungsunfähigen

§. 159 dem V a te r

Hauskindes

weist

das

Landrecht

die vormundschaftliche V e rw a ltu n g

mundschaftsordnung bezeichnet

den V a te r

ausdrücklich

II. 2.

zu.

D ie V o r ­

als

gesetzlichen

V orm und seiner großjährigen unter Vormundschaft zu stellenden Kinder, während das Gesetz betreffend die Geschäftsfähigkeit der M in d erjährigen nur

für

sieben

den Abschluß von Rechtsgeschäften

J a h re

der M in d erjä h rig e n über

die Nothwendigkeit der Genehmigung des V a te rs

Ausdruck bringt.

Da

nun die Vormundschaftsordnung

zum

das gestimmte

ältere Vormundschaftsrecht aufgehoben hat, die Bestimmung des §. 159 cit. aber als vormundschaftsrechtliche anerkannt werden m uß, so fehlt es an einer gesetzlichen Bestimmung, welche die vornumdschaftliche V e r ­ waltung des freien Vermögens m inderjähriger Hauskinder dem V a te r unterstellte.

Z u r V ertretung des Kindes in dieser Beziehung w ird es

deßhalb richtig sein, gegebenen F a lls stellen ft.

D a s großjährige K in d

dem Kinde einen Pfleger zu be­

vertritt der V a te r in Ansehung des

freien Vermögens schon nach Landrecht nicht.

In s o w e it der V a te r an

Vermögensstücken des K in d es , die in seinem Nießbrauch stehen, S u b -) I I . 18. §§. 5 6 0

561.

3) D o rm . O rd n. v. 5. J u li 1 875. §. 55 Abs. 3. Gleiches ist hier fü r de» Beschluß über Auflösung eines Erwerbsgeschäfts des M ündels bestimmt. *)

ES ist hier die Ausübung vormundschaftlicher Rechte erforderlich und diese kann wegen des Vorhandenseins des BaterS aus rechtlichen Gründen nicht statt finden. B O . §. 86. Eine „gesetzliche Pflegschaft", wie sie W u n d s c h bei G r u c h o t B . 2 1 S . 2 7 9 auf G rund einer auch von B o a S (bei G r u c h o t B . 2 0 S . 7 5 9 ff.) angenommenen fortdauernden Geltung der §§. 9 8 4 — 989. A .L .R . 11. 18 statuirt, widerspricht dem §. 102 der BormundschaftSordnung. O b dem B ater eine vor­ mundschaftliche Verw altung über das f r e i e Vermögen zusteht und zu verbleiben hat, ist m. E . eine Vorschrift Über daS DormundfchaftSwesen.

stanzveränderungen vornehmen w ill, ist seine Vertretungsbefugniß durch die

Nothwendigkeit

einer

Genehmigung

des

Vormundschaftsgerichls

beschränkt **). 2.

H auskinder

vertreten die E ltern

(also auch die M u tte r) in

deren Wirthschaft und Gewerbe, insofern sie hierbei für diese erwerben'). Verpflichtet

wird

der V a te r durch

das Hauskind

nur

insofern,

als

Jem and überhaupt durch die H andlung eines D ritte n , sei es in Folge eines A uftrags, ertheilter Genehmigung oder durch nützliche Verwendung, verpflichtet werden kan n ').

Letztere w ird angenommen, wenn Jem and

dem außerhalb des väterlichen Hauses lebenden Kinde die nothwendig­ sten und dringendstenBedürfniffe des Lebens gewährt hat").

Zur Be­

gründung eines solchen Anspruchs gegen den V a te r genügt aber nicht, daß das Gegebene an sich geeignet gewesen, ein solches B ed ü rfn iß zu befriedigen, es muß auch nachgewiesen werden, daß das K in d wegen anderweitiger Beschaffung desselben in Verlegenheit sich befunden, das B ed ü rfn iß muß nicht blos objettiv,

sondern auch subjettiv vorhanden

gewesen sein, denn nur in diesem F a ll kann eine nützliche Verwendung angenommen werden"). 3.

D e r E h e m a n n v e rtritt die F ra u in Betreff des eingebrachten

Vermögens, welches seiner V e rw a ltu n g unterstellt is t " ) .

W enn es sich

um Grundstücke, Gerechtigkeiten und K ap ita lie n handelt, muß sie bei­ stim m en ").

B e i Gütergemeinschaft gelten die vom M a n n e getroffenen

einseitigen Verfügungen in Ansehung des ganzen gemeinschaftlichen V e r ­ mögens m it Ausnahme der Verpfändung und Veräußerung von G ru n d ­ stücken und Gerechtigkeiten sowie der A ufiündigung und Einziehung von K a p ita lie n ,

die auf den Nam en der F ra u

schrieben f in d " ) .

ist bei der Verfügung über Grundstücke P ra x is in --) •) *) *) ») ,0) ") ,s) 1S)

oder beider Ehegatten ge­

H ie r muß die F ra u einwilligen.

D ie Beistimmung

und Gerechtigkeiten nach

schriftlicher (nicht gerichtlicher) F o n n " ) , zu erklären,

der wüh-

II. 2. §. 170. Entsch. B. 22 6 . 371. II. 2. §§. 121. 123. II. 2. §. 126. II . 2. §. 129. Entsch. B . 18 @. 285. Unten §. 137. II. 1. §. 205. Entsch. B . 43 S . 33. II. 1. §§. 232. 233. II. 1. §§. 3 7 7 -3 8 0 Pl.Beschl. Entsch. B. 14 S . 44. A l- maßgebend ist erachtet §. 15. I. 10., wel­ cher schriftliche Form verlangt für alle W ille n s e rk lä ru n g e n , durch welche über das Eigenthum eines Grundstücks et was v e r f ügt w ird . Die Meinun­ gen hierüber hatten vorher sehr geschwankt. ES war selbst stillschweigende Einwil­ ligung für genügend erachtet, wofür die Konsequenz deS in §. 73 bei Anm. 9 Ge­ sagten zu sprechen scheint. Andererseits war sogar gerichtliche Form erfordert worden. €>. Entsch. B . 14 S . 45. Die gerichtliche Form hat die Entsch. B. 29 S . 145 für nicht nöthig erklärt. S . übrigens unten §. 209.

rend für die Verfügung über K apitalien keine besondere Form erfor­ derlich ist"). 4. Die E h e f r a u vertritt den M ann in Betreff seines eigenen Vermögens in der Regel nicht, außer daß sie für ihn erwirbt, und ihn verbindlich macht durch Schulden für gewöhnliche Bedürfnisse zur H aus­ haltung, oder wenn das Erworbene in seinen Nutzen verwendet wor­ den, wenn er während seiner Abwesenheit der F rau einen Theil seines Gewerbes überlaffen, wenn er sich entfernt hat, ohne für den H aushalt Sorge zu tragen und sein Aufenthalt unbekannt ist, wenn er so er­ krankt ist, daß er seine eigenen Angelegenheiten nicht besorgen kann '*). 5. Die Vertretung einer juristischen Person beim Abschluß von V erträgen regelt sich, soweit die O rgane der juristischen Person durch besondere Gesetzesbestimmungen erschöpfend geregelt sind, nach den be­ treffenden Spezialgesetzen; im Uebrigen oder soweit die gedachten Gesetze noch eine statutarische Regelung zulaffen, kommt zunächst dasjenige in Betracht, was in der Grundverfassung (dem S tatu t) über die V ertretung bestimmt ist, in Ermangelung statutarischer Regeln greifen bezüglich der Korporationen, — (für andre juristische Personen fehlt es an entsprechen­ den Regeln) — die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen im sechsten Titel des zweiten Theils ein, welche zwischen den allgemeinen Vertretern (Repräsentanten) und den m it der Verwaltung bestimmter G üter oder Geschäftszweige betrauten Beamten der Korporation unterscheiden und deren Vertretungsbesugnisse abgrenzen"). Erschöpfende gesetzliche Rege­ lung bieten insbesondere die gesetzlichen Ordnungen der Korporationen der Städte, Amtsbezirke, Kreise und Provinzen, ebenso die der Kirchen­ gemeinden und der Synodalverbände. 6. D er V e r tr e te r des F is k u s , d. h. diejenige Staatsbehörde, welche die betreffende Kasse verwaltet, kann sie nur m it Genehmigung der nächsten Aufsichtsbehörde durch Verträge verpflichten"). 7. Von der Rechtsstellung des Verwalters im Konkursverfahren als V ertreters desjenigen, über dessen Vermögen das Verfahren eröffnet ist, wird im §. 112 zu handeln sein.

§. 75. Vertragsabschlüsse zum Borthell Dritter. A-L.R. 1.5. §§. 7 4 -7 7 . Hehdernann I. S . 202. Gruchot I. S . 333. B o rn e­ mann n. S . 231. Koch, Pr.R. II. S . 211 f. R. d. F. II. 6 - 550f. D ern ') Präj. 1095 (Sammt. I. S - 139). 5) II. 1. §§. 202. 320. 321. 324. 325—28. Auch wenn die Frau bei den für den Haushalt ihres Ehemanns im Bereiche ihrer Schlüsselgewalt geschloffenen Geschäften ihr Vertretung-verhältniß nicht ausdrücklich betont hat, wird durch diese Geschäfte nur der Ehemann, nicht sie selbst verpflichtet. Entsch. B. 79 6 . 25. :s) I. 5. §§. 26—28. II. 6. §§. 154—158. :r) I. 5. §§. 29. 30. ^erster, Preuh. Privatrecht. I. 4. flufL

482

Zweite- Luch.

Die besonderen Privatrechte.

bürg n. § § .1 8 . 19. U n te rh o lz n e r I. S . 402. S a v ig n y , System B . 4 S . 125. 281. 285. O b lig R . B. 2 S . 74. B a n g e ro w , 6. A. B. 3 S . 308 f. B eseler, Lehre von den Erbvertragen Th. 2 S . 71. Pr.R. B . 2 S . 290. P f e if f e r in der Zeitschr. f. deutsche- R . B . 9 S . 474. 1845. S tr ip p e lm a n n , Entschei­ dungen de- O .A G . Kassel, B . 5 S . 1. 1848 (s. auch S e u f fe r t , Arch. B . 3 N r. 31). Buchka, die Lehre von der Stellvertretung bei Eingehung von Ver­ trägen. 1852. S . 158ff. Dusch, Doktrin und Praxi- über die Giltigkeit von Ver­ tragen zu Gunsten Dritter. 1860. B a h r in G e rb e r und IH e r in g , Jahrbücher B . 6 S . 131. 1862. U n g e r, das. B. 10 S . 1. B a h r , das. B . 11 S . 394. P la tn e r im Archiv f. c. P r. B. 50 S . 220. — G a r e i- , die Verträge zu Gunsten Dritter 1873. S ie g e l, da- Versprechen als Verpflichtung-grund S . 142 ff. V ehrend i. s. Zeitschr. B 8 S . 310ff. 532ff. K a r lo w a , da- Rechtsgeschäft. 1877. S . 69 ff. W indscheid. Pand. II. § .316. S . 209. S to bb e V . 3 S . 110.

Als zulässigen „Gegenstand" eines Vertrags stellt das A.L.R. auch den V o rth e il eines Dritten hin. Dies ist eine systematisch falsche Anordnung, denn der Gegenstand des Vertrages ist auch in diesem Falle die Leistung selbst, nicht die Begünstigung oder der Vortheil, den sie einem Dritten bietet. Das Eigenthümliche, was solche Verträge zeigen, liegt nicht in der Natur der Leistung, dem Geben oder Thun, sondern darin, daß der Vertrag eine Wirkung für eine Person äußern soll, die ihn nicht abgeschlossen, auch nicht in ihrem Namen hat ab­ schließen lassen. Sie müssen daher in der Lehre von den in Vertrags­ verhältnisse eintretenden Personen besprochen werden. Es ist schon darauf hingewiesen'), daß das neuere Recht den Grund­ satz des alten römischen Rechts, wonach der Vertrag nur zwischen den Kontrahenten Rechte und Pflichten äußern kann, in wesentlichen Bezie­ hungen verlaffen hat. Hier handelt es sich darum, ob auch außer dem Fall der Stellvertretung durch den Vertrag, den zwei Personen unter sich errichtet haben, Rechtswirkungen für einen Dritten erzeugt werden können. Unzweifelhaft ist, daß durch ein solches Geschäft einem dabei nicht betheiligten Dritten Verpflichtungen in keiner Weise auferlegt werden dürfen. „Dies versteht sich", wie S a v ig n y ') sagt, „so sehr von selbst, daß dagegen gar kein Zweifel vorkommen kann; deßhalb wird der Satz nicht einmal erwähnt." Anders steht es mit der Frage nach dem Rechts­ erwerb des Dritten aus den Verträgen Anderer. War einmal bei der Stellvertretung der Grundsatz des römischen Rechts verlaffen, so lag kein wesentliches Hinderniß vor, ihn auch in diesem Falle zu durchbrechen, zumal selbst das römische Recht einzelne Ausnahmen zugelaffen, in denen dem Dritten eine abgeleitete Klage gegeben wurde'). Es fragt sich ') Oben §§. 42. 74. a. A . *) Oblig.R. B. 2 S . 74. 2) Der Grundsatz alteri stipulari nemo polest (1. 38. §. 17. D. X L V . 1. vergl. 1. 11. D. X L IV . 7. 1. 73. §. 4. de R. J. u. v. a. S t.) war im röm. R. so streng

nur, ob diese Ausnahmen abgeschlossen find, und andere gegen den sonst geltend gebliebenen Grundsatz nicht mehr statthaft erscheinen, oder ob diese Ausnahmen den Anfang einer Rechtsentwickelung an den Tag bringen, deren Ziel die Beseitigung des Grundsatzes selbst ist, und welche im modernen Recht sich fortgesetzt hat*). Wer den Standpunkt des römischen Rechts festhalten will, beruft sich auf die Natur des Schuld­ verhältnisses, als eines rein persönlichen Bandes zwischen Gläubiger und Schuldner, die schon logisch eine unmittelbare Einwirkung aus Dritte unmöglich mache, und erblickt darin, daß das römische Recht diesen Ge­ sichtspunkt scharf hingestellt hat, die allein richtige Erkenntniß. Wer sich dagegen erklärt, geht von einer anderen Anschauung über das Schuld­ verhältniß aus. Wenn auch zugegeben wird, daß es als ein persönliches Rechts- und Pflichtverhältniß begründet wird, so wird doch die Folgerung nicht eingeräumt, daß seine Wirkungen auf die kontrahirenden Personen beschränkt bleiben müssen — da vielmehr es von ihrem Willen abhänge, ob die Wirkung auch auf andere Personen sich erstrecken soll. D ie An­ hänger der letzteren Ansicht können sich darauf berufen, daß die An­ wendung der reinen römischen Rechtsbestimmungen für den Geschäftsver­ kehr lästige Hemmungen erzeugt*); sie können darauf hinweisen, daß selbst im römischen Recht, um die auch dort fühlbar gewordenen Uebelstände zu beseitigen, in einigen Fällen wenigstens Umwege betreten worden sind, um den Grundsatz zwar zu erhalten, aber doch zu umgehen. Und in der That kann nicht geleugnet werden, daß ein Verkehrsbedürfniß den Satz: daß Niemand durch andere Personen Schuldansprüche erwerben kann, wenigstens in solcher Allgemeinheit aufzugeben zwingt. Der festgehalten, daß selbst der Promissar keine Klage aus einem solchen Vertrage er­ warb. AuS einem Versprechen an den Promissar und an einen D ritten erhält ersterer nach Pandektenrecht nur die Halste (§. 4. J. III. 2 0 .1 .1 1 0 . pr. I). X LV . 1.), bei einem Versprechen an den Prom iffar o de r an einen D ritten wurde letzterer nur als Zahlungsempfänger angesehen (sol c. adj.), S o ll die an einen D ritten bedungene Leistung für den Promissar klagbar werden, so muß entweder diese Lei­ stung ein eigenes Interesse des PromiffarS enthalten §. 20 J. III. 20. 1. 38. §§. 20— 23. D. XLV. 1. 1. 3. C. VIII. 3 9 ), oder eine poenae stipulatio hinzu­ treten. (§. 19. J. ibid. 1. 38. §. 17. D. ibid.). Die Ausnahmen des röm . R ., bei denen der D ritte selbst ein Klagerecht erwirbt, vgl. bei Wi n d s c h e i d §. 316 sub 2. S . 211. 4) D ie Romanisten behaupten, daß jene Ausnahmen eine abgeschlossene Z ahl und ihre Vermehrung unzulässig sei. Wi n d s c h e i d S . 211 f. erkennt an, daß Doktrin und Praxis von jeher weiter gedrängt haben, eine gewohnheitsrechtliche Erweite­ rung der römischen Ausnahmen sei jedenfalls anzunehmen für alle Fälle, in denen die zu Gunsten des D ritten versprochene Leistung die N atur einer Gegenleistung für eine dem Versprechenden gemachte BermögenSzuwendung habe. 5) B uchka S . 158. Zahlreiche BertragSgeschäfte, die den Röm ern völlig unbekannt w aren, und die der heutige Verkehr bedarf, würden unter Festhaltung de- röm i­ schen Grundsatzes unmöglich sein; man denke an die Einkäufe in Wittwenkaffen, in Lebensversicherungskaffen n. f. w., deren eigentlichster Zweck darin besteht, dritten Personen Vortheile zuzuwenden.

Kampf gegen diesen Satz geht durch das ganze Mittelalter bis in die neueste Z eit**). Sehr verschieden hat man versucht, diese neue Rechts­ bildung zu motiviren, vom Standpunkt pofitivrechtlicher oder naturrecht­ licher Konstruktion, und in sehr verschiedener Weise hat man sich dabei bald mehr bald weniger vom römischen Recht entfernt. Was die älteren Prattiker und Naturrechtslehrer hierüber gesagt haben, muß hier über­ gangen werden, um für die neuere Dottrin und Praxis Raum zu ge­ winnen'). Am Ausgang des vorigen Jahrhundetts wurde noch daran festgehalten, daß zwar zum Vortheil eines Dritten ein Vertrag giltig abgeschlossen werden könne, daß aber der Dritte ein Recht daraus erst dann erlange, wenn er dem Vettrage beigetreten, den ihm gebotenen Vottheil angenommen habe. Streitig war, ob die Giltigkeit des Ver­ trages zwischen den Kontrahenten davon abhängig sei, daß derjenige, der sich den Vottheil für den Dritten habe versprechen lassen, ein eigenes Interesse daran haben muffe, ob der Beitritt des Dritten bedingt sei durch den Willen der Kontrahenten, und wie die Beitrittshandlung des D tttten sich zu äußern habe. D as Obettribunal hat in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhundetts den Satz aufgestellt'): der Dritte er­ langt aus dergleichen ihm zum Besten geschehenen Stipulation nicht eher das geringste Recht, bevor er nicht seinerseits die Stipulation gleich­ falls acceptitt hat. S o lange seine Acceptation nicht hinzugekommen, können die beiden Stipulanten machen, was sie wollen, also auch die Stipulatton wieder aufheben. Aus dieser Anschauung sind die Vor­ schriften des A.L.R. erwachsen, welche zugleich die damaligen Kontro­ versen beseitigen sollten. I n der neueren D ottttn hat zuerst B eseler") die Frage untersucht und das Ergebniß aufgestellt: der Vertrag zu ®) Ueber den deutschrechtlichen Boden, au» welchem der Kampf erwachsen ist, vgl. B r u n n e r in G o ld sc h m id t« Zeitschr. B. 22 S - 9 6 ff. E to b b e B- 3 S . 111 *) B uchka S . 159 ff. theilt ausführlich die dogmcngeschichtliche Entwickelung der Reaktion gegen das Prinzip: alten neminem stipulari posse mit. S o wurde z. B . da« sächs. Lehnrecht c. 36., wo bestimmt ist, daß, wenn Jemand sein G ut einem Herrn unter der Bedingung zu Lehn aufläßt, daß er e« einem Dritten ver­ leihe, der Herr e« nicht selbst behalten darf, sondern e« dem Dritten verleihe» muß, ferner der Satz des Lehnrecht«, daß, wenn ein Lehnsherr ein Lehn als feudum antiquum verleiht, auch die Agnaten de« Letzteren au« seiner Investitur ein SuccesstonSrecht erhalten, herangezogen. Andere wiesen aus die Analogie der S taate- und FriedcnSverträge, welche vielfach de ju re tertii Verabredungen ent­ hielten , die Jedermann für giltig erachte. D ie NaturrechtSlehrer griffen zurück aus die bindende Kraft jede« acceptirten Versprechens, aus da« sittliche Jntercffe, w as jeder daran haben müsse. anderen Wohlthaten zu erweisen u. s. w- Bergl. als Zeugen der Praxis in Deutschland, welche die Verträge zu Gunsten D ritter für giltig erklärt: M e v i u s p. IV. dec. 112. S c h i l l e r , eiere, ad pand. VIII. 39. L e y s e r , spec. 519. med. 4. H o p f n e r , Kommentar, 1. A- S . 809. S t r u b e n , rechtl. Bedenken III. 71. T r ä n i e r , Wetzlarische Nebenstnnden XIV. S . 9. P u f e n d o r f , observ. II. 38. § .2 0 . *) Erkenntniß v. 1. M ärz 1768 bei H y m m e n , Beiträge IV. 105. Erbverträge und Privatrecht a. a. O . II. S . 202 f. .

$. 75. Brrlragsabjchlüfsc zum Vortheil D ritter.

485

Gunsten eines Dritten ist gütig, auch wenn er nicht den Kontrahenten, sondern nur dem D ritten ein rechtliches Interesse gewährt: derjenige, welcher sich den Vortheil des Dritten hat versprechen lassen, kann auf Erfüllung klagen; der Dritte selbst erlangt ein selbständiges Recht, er muß sich aber die fretnbe Willensbestimmung aneignen, eine B eitritts­ erklärung abgeben: bis dahin können Gläubiger und Schuldner den Vertrag wieder aufheben, nur der einseitige Rücktritt ist nicht gestattet, und deßhalb dem D ritten das Recht unwiderruflich erworben, sobald eine übereinstimmende.Aufhebung des Vertrags durch den Tod des einen Kontrahenten unmöglich geworden. S a v ig n y " ) verwirft „vom S tand­ punkt der richtigen Theorie" die Lehre, daß ein Dritter aus einem von Anderen geschloffenen Vertrage auch ohne seinen Auftrag ein Klagereckt erwerbe, und erklärt die angebliche Praxis für unbegründet. Aber wenn er den Grund dafür darin findet"), daß die Obligation überhaupt als Beschränkung der natürlichen Freiheit nur soweit einen Rechtsschutz erhalte, als das Bedürfniß des Verkehrs einen solchen nothwendig er­ fordert, so bleibt doch grabe unbeantwortet, ob nicht das Verkehrsbe­ dürfniß, wie vielfach behauptet wird, auch für solche Verabredungen einen Rechtsschutz verlangt, denn das „wie weit" ist relativ, die Be­ grenzung kann enger oder weiter sein, je nach dem Bedürfniß, und sie wird weiter sein muffen, wenn sich der Verkehr weiter entwickelt hat. Ueberdieß entzieht sich S a v i g n y der eigentlichen Beantwortung dadurch, daß er die Fälle, in denen die seiner Meinung nach unbegründete Praxis eine Giltigkeit des Vertrages zu Gunsten D ritter annimmt, so auffaßt, als sei „fast immer" hier eine Stellvertretung gedacht"). Also doch nicht immer. Im Allgemeinen wollen die Romanisten auch heut den Satz nicht anerkennen und bei der Regel des römischen Rechts stehen bleiben"). Dagegen ist die Praxis zum Theil noch weiter ge­ gangen als B eseler. Aus Grund dieser Praxis hat Dusch das Dogma dahin angegeben"): durch deuffche Rechtsgewohnheit ist der Satz des w) ,l) ”) ]3)

A)

O bl.R. II. 83. 84. S . 76. S . 82. Siehe a. a. O- S . 9. S o S a v i g n y , P u c h t a , D a n g e r o w , obgleich letzterer doch ein dagegen sprechen­ des, durchaus entschiedenes deutsches Gewohnheitsrecht als vorhanden anerkennt (S . 313 a. E.). A. a. O. S . 46. 47. Als Belege dafür find im Anhang der Schrift 44 Erkennt­ nisse mitgetheilt, bei denen fast alle deutsche Gerichte 3. Instanz vertreten find. Besonders wichtig ist hier die Praxis der O.A Gerichte Dresden und Kassel. D a­ für auch die Praxis de- A G . Greifswald, f. Provinzialrecht für Neuvorpommern und Rügen B . 4 S . 204. — Z a u n im Arch. f. praktische R.W . N. F . L S . 4 2 f. 8 4 führt a u s , daß die Obligation m it Uebergehung des eigentlichen kontrahirenden Stellvertreters alsbald in der Person des D ritten begründet werde, und daß dieser zufolge thatsächlich erklärter Session (die in dem Vertragsabschluß der Kon­ trahenten ansgedrückt sei) eine actio utilis erwerbe. S e u f f e r t III. 31.

römischen Rechts alteri neminem stipulari posse aufgehoben, und jetzt jeder Vertrag zu Gunsten eines Dritten für die Kontrahenten bindend, wenn der Promiffar auch kein eigenes Jntereffe an der Erfüllung hat; der D ritte erwirbt durch den Abschluß des Verttages der Anderen ein Klagerecht gegen den Schuldner, ohne daß dies von dem Anerbieten oder von der Einwilligung der Konttahenten oder von einer ausdrück­ lichen besonderen Beitrittshandlung seinerseits abhängt, die Annahme kann vielmehr auch stillschweigend, durch entsprechende Handlungen, z. B . Anstellung der Klage, geschehen; diese Klage ist von der Haupt­ klage des Promiffars aus dem Vertrage abgeleitet (a. utilis) und stets nur gegen den Promittenten gerichtet. F ür ein solches von dem Willen der Vettragschließenden unabhängiges Recht des Dritten, das unmittelbar aus dem zu Gunsten deffelben geschloffenen Vertrag erwachse, hat fich denn die Mehrheit der neueren Schriftsteller über diesen Gegenstand ausgesprochen, insbesondere B ä h r, U n g er, G a re is , S ie g e l. Von denselben wird in mannigfacher Verschiedenheit das Gebiet der Fälle abgegrenzt, in denen das Recht des Dritten durch den zu seinen Gunsten geschloffenen Vertrag fest begründet sei, und in denen es noch eines B eitritts bedürfe. I n der neuesten Zeit ist im Gegensatz hierzu S to b b e auf die Acceptationstheorie des vorigen Jahrhunderts im Wesentlichen zurückgegangen,s). W as nun das preußische Recht angeht, so theilt es insoweit die neuere Rechtsanschauung, als es Vortheile eines Dritten gnmdsählich „Gegenstand" eines Verttages sein läßt, — aber im Uebrigen entfernt es fich nicht so weit vom römischen Recht, wie die neuere deutsche P rax is"). Der Dritte erlangt nämlich aus einem solchen Vertrage, 15) Ueber den gegenwärtigen S tan d der gemeinrechtlichen Praxis vgl. W i n d scheid §. 316 Anm. 13. 16) §. 74 f. I. 5. D ie Entwickelung, die da- Dogma in den anderen Gesetzgebungen erhalten, entspricht auch nicht der gemeinrechtlichen Praxis, wie sie oben angegeben. D er Code beschrankt die Wirkung solcher Verträge auf die Kontrahenten; D ritten können weder Verpflichtungen noch Berechtigungen entstehen. Aber der eine Kon­ trahent kann den Vortheil des D ritten zur B e d i n g u n g des Versprechens machen, welches man sich selbst thun läßt, oder zur Bedingung einer Schenkung, die man dem Versprechenden macht (Art. 1165. 1121. Z a c h a r i ä - P u c h e l t B . 2 S . 440). D aS öst err. G D . hat §. 881 nur den dürftigen S atz, daß Niemand für einen Andern ein Versprechen machen oder annehmen kann. D a - sächsische (§§. 853 bis 855) giebt dem D ritten, zu dessen Gunsten sich Jem and etwa- hat versprechen lassen, neben dem letzteren eine Klage auf Erfüllung. DaS Recht des D ritten wird selbständig und unabhänßig von dem Willen dessen, der stch die Leistung hat versprechen lassen, von der Zeit, wo er dem Vertrage beigetreten oder die Leistung angenommen hat. B is dahin kann der Hauptgläubiger den Hauptschuldner wie­ der befreien. D er b a i r i s c h e E ntw urf (A rt. 33. 3 4 ) greift wieder zurück. D er D ritte darf erst beitreten nach vorheriger Aufforderung der beiden Kon­ trahenten. und der Promissar hat gegen den Promittenten nur ein Klage­ recht, wenn er ein eigene- Interesse an der Erfüllung hat. DaS D eu t s c h e H a n d G .B . hat keine allgemeine Bestimmung über solche Verträge. I n einem

an dessen Schließung er weder unm ittelbar, noch m ittelbar (durch S te ll­ vertretung) T h e il genommen, erst dann ein Recht,

wenn er demselben

ausdrücklich, und zwar m it B ew illig u n g der Hauptparteien, beigetreten ist.

B is

dieser B e itritt erfolgt, kann der V e rtra g nach dem E inver-

ständniß der Hauptparteien geändert oder aufgehoben w e rd en "). aber

Is t

dem D ritte n der A n trag zum B e itritt geschehen, so müssen die

H auptparteien seine Erklärung über die Annahme abwarten. stehungsgeschichte dieser §§.

ist nicht ganz k la r " ).

D ie E n t­

S ie schließen sich

zw ar an die damalige P ra x is des O bertribunals an, es muß sich aber zugleich die Ansicht geltend gemacht haben, daß der B e itritt des D ritte n an die B ew illig u n g der Hauptparteien zu knüpfen sei.

V o n wem diese

Ansicht aufgestellt, ist nicht zu ersehen, denn der erste E n tw u rf enthält davon noch nichts, und das M o n itu m von S u a r e z w ar nicht darauf gerichtet. U n ter einem V ertrag e z u m V o r t h e i l eines D ritte n (in favorem te r tii)19) kann n u r ein solcher verstanden werden, der den D ritte n in keiner Weise verpflichtet, sondern nur berechtigt, ihm eine reine Libe­ ra litä t, eine Verm ehrung seines Vermögens ohne Gegenleistung zuwen­ det ,0).

E s gehören nicht hierher die zahlreichen Fälle, wo der Schuldner

dem G lä u b ig er übernehmen

verspricht,

des

letzteren Schuld an einen D ritte n

und zu berichtigen,

zu

der D ritte also n u r das empfangen

soll, w as ihm schon rechtlich zukom m t").

E in D r i t t e r ferner ist nur

derjenige, der bei dem V e rtrag e unbetheiligt, also nicht durch den G lä u ­ biger (P ro m issar) vertreten is t" ).

G läubiger und Schuldner müffen

ganz speziellen Falle (A rt. 4 0 5 ) giebt eS dem D ritte n eine Klage in eignem N am en gegen den Prom ittenten, sei es, baß er m it der Klage ein eignes oder fremdes Interesse geltend mache. Indessen, liegt hier nicht sowohl ein Vertrag zu Gunsten deS D ritte n , als eine vermuthete Rechtsabtretung vor, abhängig von dem fortdauernden gleichen W ille n des Absenders. V g l. S t o b b e B . 2 © . 115 A n m . 16. A . M . D e r n b u r g I I . S . 47. " ) §. 3 9 1 . 1. 5. :8) B o r n e m a n n I I . S 2 3 2 Note 2. H e y d e m a n n S . 2 0 3 Note 33 2 . visor, Pens. 14 S . 59. B e s e l e r , P r .R . I I . S . 294 Note 14.

Ges.Re-

:9) Ueber den Unterschied eines solchen von M an d at oder Asstgnation s. Dresdner Annalen V I I I . 4 1 3 .

») Busch S. 6. :1) Dagegen w ill B a h r ( S . 170 f.) gerade die Schuldübernahme als die häufigste Anwendung des Grundsatzes, daß nach neuerem Recht zu Gunsten D ritte r paciscirt werden könne, ansehen. D ies ist aber entschieden unrichtig. B e i solchen Verträgen denkt der Promissar so wenig an das Interesse des D ritte n (seines G läubigers), daß er vielmehr nur sein eigenes Interesse, von der Schuld frei zu werden, im Auge hat, und ob dem Gläubiger des Promissars daraus ein V o rth eil erwächst, daß er noch den S tip u la to r als Schuldner e rw irb t, ist etwas ganz Z u ­ fälliges; wenn der S tip u la to r zahlungsunfähig ist, fällt der Vortheil gewiß weg. Deshalb hat m it Recht D e l b r ü c k (Schuldübernahme S . 9 8 ) die Zusammenstel­ lung der Schuldübernahme m it Vertragen zu Gunsten D r itte r abgewiesen.

23) Busch S. 26f.

488

Zweite« Buch. Die besoaderen Privatrechte.

vielmehr den Vertrag als ihren eignen abschließen. D as preußische Recht verlangt nicht — und hierin stimmt es mit der neueren Praxis — ein besonderes Zntereffe des Gläubigers an dem Vertrage oder an der Leistung an den Dritten. Gleichwohl wird anzunehmen sein, daß das Versprechen, dem D ritten zu leisten, dem Gläubiger selbst in klagbarer Weise gemacht, daß für dieses Versprechen ein Rechtsgrund (eine causa) vorliegen muß. Denn sonst wäre zwischen Gläubiger und Schuldner überhaupt kein Vertrag zu Stande gekommen, und könnte auch nicht zu Gunsten eines Dritten wirken.' Aber strenger als die jetzige deutsche Praxis ist es darin, daß es dem Dritten durch den Vertragsabschluß noch gar kein Recht giebt, sondern dies an seine beitretende Erklärung anknüpft, und diese auch nur mit Bewilligung der Hauptparteien ge­ stattet. Letztere find daher dem Dritten gegenüber so lange nicht an den Vertrag gebunden, bis fie ihn zum Beitritt aufgefordert haben. Diese Aufforderung gilt als Vertragsanerbieten. Dadurch wird aber, streng ge­ nommen, w ie B e se le r" ) richtig hervorhebt, der Vertrag nicht bloß für den Dritten, sondern auch für Denjenigen, der sich den Vortheil des D rit­ ten hat versprechen lassen, leicht illusorisch gemacht, weil der einseitige Widerspruch des Versprechenden die Wirkung deffelben verhindert. Und dann hebt auch das Erforderniß des ausdrücklichen Beitritts, durch den der Dritte das Recht erst erwirbt, die Natur dieses Vertrages wieder auf, indem der Dritte aufhört ein solcher zu sein, der Vertrag zu seinen Gunsten erst giltig wird, wenn er Mitkontrahent geworden. So ist man nicht wesentlich weiter gekommen, als nach römischem Recht, und die Hemmung des Verkehrs macht sich um so störender geltend, als die Sätze des A.L.R. in gewohnter Weise abstrakt hingestellt sind, so daß kaum eine Ausnahme zulässig erscheint, wie sehr auch das tägliche Leben dazu drängt. Wichtig ist es daher, zu sehen, wie die preußische Praxis diese Bestimmungen bisher gehandhabt hat. 1. Zunächst hat fie daran fest gehalten, daß dieselben sich nur auf Verttäge zum V o r th e il D ritter beziehen. Die Uebernahme der Schuld des einen Konttahenten an den Dritten zählt sie nicht hierher"), eben so wenig die Uebernahme der Reallasten von Seiten des K äufers"). I n beiden Fällen erlangt der Dritte keine neue Berechtigung, sondern es wird ihm nur seine bisherige erhalten. Dagegen ist es ein Vertrag zu Gunsten des D ritten, wenn die Kontrahenten verabreden, daß ein bisher zinsloses Kapital, welches dem Dritten gehört, ihm fortan ver­ zinset werden soll"), oder wenn die Hauptparteien verabreden, daß der ” ) Pr.R. II. S . 295. “ ) Eutsch. B- 26 6 . 8. S i m o n und v. S t r a m p f f , Rechtsprüche I. S . 118. **) Lutsch. ©. 16 S . 196, des. S - 202 a. C.

2€) Striethorst B. 4 S . 252.

$. 75. Vertragsabschlüsse zum Vortheil Dritter.

489

Schuldner die Schuld seines Gläubigers an den Dritten übernehmen, aber nicht zu des Letzteren Nachtheil mit einer ihm gegen diesen zu­ stehenden Forderung kompenfiren solle"). 2. D ie Praxis bestimmt den Begriff des D r itte n dahin, daß nicht ein Fall der Stellvertretung vor­ liegen darf. S o ist z. B . der Verpächter, soweit er durch den Pächter vertreten ist, kein D ritter"). 3. Der Nachweis eines besonderen Jntereffe auf Seite desjenigen Kontrahenten, der sich den Vortheil des Dritten hat versprechen laffen, ist nicht erforderlich, er hat auch ohne dieses eine Klage auf Erfüllung des Vertrages"). Der Versprechende (der Schuldner) ist unbedingt gebunden, der Gläubiger kann die ihm daraus erwachsende Klage cediren"). Widersprechend hiermit ist eine andere Entscheidung des Obertribunals"), welche die Klage des Gläu­ bigers, der sich vom Schuldner die Verzinsung eines einem Dritten gehörigen Kapitals hatte versprechen lassen, auf Zahlung der Zinsen und Anerkennung dieser Verpflichtung abgewiesen hat, weil der Gläubiger diese Zinsen nicht für sich fordern könne. Dieser Ansicht steht entgegen, daß der Schuldner dem Gläubiger gegenüber sich zur Verzinsung ver­ pflichtet hatte, und daß dieser Vertrag ein Klagrecht aus Erfüllung er­ zeugen muß. 4. Beide Kontrahenten find durch den Verttag gebunden, einseitig kann keiner zurücktreten, aufgehoben oder abgeändert darf er nur werden im beiderseitigen Einverständniß"). Es ist hierbei ohne Einfluß, ob beide Kontrahenten oder nur der eine den Vortheil des Dritten beabsichtigt. Es stehen daher solche Verträge unter dem allge­ meinen Grundsatz, daß nach dem Abschluß ein einseitiges Aufheben oder Acndern überhaupt nicht statthaft ist, und nur in Beziehung auf den Dritten ist hier des besonderen Rechts zum Rücktritt Erwähnung ge­ schehen"). 5. Der Beitritt des Begünstigten ist bedingt durch die B e­ willigung der Hauptparteien, indessen genügt es, daß nur diejenige Hauptpartei den Beitritt bewilligt, welche allein den Vortheil des Dritten sich hat versprechen lassen"). 6. D ie Aufforderung der Hauptparteien an den Dritten, dem Vertrage beizutreten, bedarf nicht der schriftlichen -7) Präj. 1406 c. (Sammt. I. ©. 60). Entsch. B. 27 S - 316 a. E. Geschäftsführer ohne Auftrag: f. Strirthorst B. 67 ©.'279, R O H G. B. 10 @. 267. *») Entsch. D. 12 S . 150. B. 14 @. 76. ") Entsch. B. 14 S. 76. 3I) ©triethorst B. 4 ©.253. 3g) I. 5. §. 391. Entsch. B. 26 S . 12. ©triethorst B. 30 ©. 122. 33) Entsch. B. 39 ©. 36. **) Entsch. B 10 S . 341, bcs. ©. 349. Die einseitige Erklärung de» Promiffar» wird als Session wirken können; sie muß dann aber auch in den Formen einer solchen erfolgen.

490

Zw eite- Bach.

D ie -esoadere« Privatrrchte.

Form'*). 7. Wie vor dem A.L.R., so hat auch nachher die Praxis darüber geschwankt, ob der B eitritt des Dritten zu dem Vertrage eine ausdrückliche Erklärung verlangt, oder auch durch schlüssige Handlungen, z. B . Annahme der Zahlung erfolgen könne. Ein Erkenntniß vom Jahre 1816") nahm letzteres an. Seitdem hat aber die Praxis sich dahin entschieden"), daß der Beitritt ausdrücklich, und zwar, wo es erforderlich ist, in Schristform erklärt werden muß, daß weder Klage­ erhebung noch Zahlungsannahme genügt. Dagegen ist ein von allen Interessenten unterschriebener Auszug aus dem zum Vortheil eines D ritten abgeschloffenen Vertrage als ausreichender Beweis dafür ange­ nommen worden, daß der Dritte dem Vertrage mit Bewilligung der Hauptparteien beigetreten sei, obschon der Auszug keine beitretende E r­ klärung des D ritten, sondern nur die Stipulation der Hauptparteien zu seinen Gunsten enthielt"). 8. D aß der Dritte, sobald er durch seinen B eitritt das Recht erworben, es auf seine Erben überträgt, kann nicht zweifelhaft sein, auch kann er es, wenn es an sich cesfibel ist, gewiß veräußern. 9. Welche Klage der Dritte gegen den Schuldner erwirbt, ist, wenn sein Recht an einen von den Hauptparteien zu be­ willigenden Beitritt geknüpft ist, keine praktisch wichtige Frage. Diese Beitrittserklärung ist eine vertragsmäßige, erzeugt also selbst eine Klage. I h r kann der Schuldner alle Einreden entgegensetzen, die er der Klage des Hauptgläubigers hatte entgegensetzen können. 10. S o allgemein und ausnahmslos nun auch die Bestimmungen des A.L.R. über solche Verträge find, so hat die preußische Praxis doch in einem Falle dem andrängenden Bedürfniffe des Lebens nachgeben und eine Ausnahme für ein Geschäft gestatten muffen, welches den Römern stemd, wesentlich deutschen Ursprungs ist. Durch Plenarbeschluß vom 25. August 1846 (Präjudiz 1770.) ist ausgesprochen: „wenn ein Vater in dem mit 38) Entsch. B . 26 S . 9. 12. DaS wird sich nur rechtfertigen taffen, wenn man da­ von ausgeht, daß da« in dem schriftlichen Bertrag zu Gunsten de« D ritten abge­ gebene Versprechen sich zugleich an den Dritten richte. Wenn e« demnächst durch die PaciScenten dem D ritten mündlich mitgetheilt wird, liegt der nach der Object«» höhe nothwendige verpflichtende Akt im schriftlichen Bertrage. M) Rechtspr. v . 1 S . 118. 37) Entsch. D . 10 S . 354 (f. § 153. I. 5. A.L.R.). Rechtspr. B . 3 S . 166. Recht«, fälle B . 1 S . 167. — Au« §. 153. I. 5 kann man m. 0 T h lr. überstiegen. Es knüpfte an die Verabsäumung der Form die Nichtigkeit des Vertrages, versagte also Klage und Einrede. Noch schroffer war das Edikt vom 8. Februar 1770"), welches den Grundsatz auf alle Verträge über 50 T h lr. aus­ dehnte und sogar die Rückforderung des Geleisteten theils ganz aus­ schloß, theils sehr bedingt zuließ. D ie exorbitante Verletzung des Rechts­ gefühls, die darin lag, verlangte sehr bald Abhilfe. Das Reskript vom 10. M ärz 1781 " ) schritt vorläufig modifizirend ein, indem es der ganz oder thcilweis erfolgten Vertragserfüllung wieder die Wirkung beilegte, entweder Rückgabe und Erstattung oder Gegenleistung zu fordern, und das Reskript vom 12. M a i 1788'°) beseitigte die Beschränkung der kurzen Verjährung von sechs M onat fü r die Rückforderung. Dieser

lJ) Meyer S. 30 gegen K och, R. d F. II. S. 150. §. 109. d T . , wovon §. 110 „Beobachtung einer Förmlichkeit unter Androhung einer Strafe" eine Ausnahme ist. Ferner §. 155. d- T- Die Praxis zweifelt auch nicht daran, daß da, wo das 'ä X eine Form für den Vertrag gebietet, die formlose Erklärung unverbindlich ist. Entsch. B. 1 S. 22. B. 4 S- 122. B. 30 S. 254. 263. B- 36 S . 111. Aus dem mündlichen Vertrag kann nicht auf formellen Abschluß geklagt werden. Striethorst B. 17 S. 112s. Ueber die Bedeutung eines späteren schriftlichen Anerkenntnisses nach §. 185. d. T. s. oben §. 41 und unten unter Nr. 4 dieses §. Wenn im §. 10. I. 14 die Schrift als Beweismittel erscheint, so ist dies nur falscher Schein. Heydemann I. S. 207 Note 339. '*) N. C. C. IV. p. 404. ") N. C. C. IV. p. 6669. 'b> N. C. C. V III. p. 3299. Iti) Klei n, Annalen B. 2 S. 290. Ueber das Datum des Reskripts f. Koch, R d. F. II. S. 164 Note 4.

Rechtszustand ist im Wesentlichen im A.L.R. beibehalten, neuerdings aber durch das Gesetz über den Eigenthumserwerb vom M ai 1872 §. 10. sehr wesentlich insofern geändert, als die mangelnde Form deS Veräußerungsgeschäfts über ein Grundstück durch die Auflassung geheilt w ird ''). E s sind nun hier die Fragen zu erörtern: worin besteht die schrift­ liche Form , in welchen Fällen ist sie nothwendig oder entbehrlich, welche Bedeutung haben mündliche 'Rebenabreden und welche Wirkung hat die Verabsäumung dieser Form ? 1. D ie sch riftlich e F o r m v o lle n d e t sich durch die Unterschrift unter demjenigen Schriftstück, welches den In h a lt des V ertrags dar­ legt ' ”). Eine Urkunde, welche die gegenseitigen WillenserUärungen des Vertragschlusses in sich enthält, bedarf zu ihrer Giltigkeit als schrift­ licher V ertrag der Unterschrift beider Theile'-'). Hierin macht es an sich keinen Unterschied, ob nach In h a lt des Vertrages beide Theile sich gegenseitig verpflichten wollen, oder ob nur einer von ihnen eine ein­ seitige Verpflichtung übernimmt. Enthält die Urkunde das einseitige Anerkenntniß einer vertragsmäßig übernommenen Verbindlichkeit, so darf der Erklärende den M angel des schriftlichen Vertragsschluffes nicht vorschützen, sobald die schriftliche Erklärung dem anderen Theile gegen­ über abgegeben, ihm zugestellt ist"). H ieraus ergiebt sich, daß bei e in s e itig e n Verträgen Gegenseitigkeit der schriftlichen Erklärung des V ertragsw illens nicht erforderlich ist, daß es der schriftlichen Acceptation nicht bedarf"). Aber auch wenn die Urkunde in der Weise abgefaßt ist, daß sie von der einen Seite das Versprechen, von der andern die Annahme in sich schließt, wird die Aushändigung der von dem Ver­ sprechenden unterschriebenen Urkunde an den Prom iffar diesen berechtigen, die Urkunde zu unterzeichnen oder auch ohne Unterschrift aus derselben Klage zu erheben. D ie Aushändigung eines einseitig unterschriebenen l7) F ö r ste r , Grundbuchrecht S . 186 '") §. 116. d. T- Nicht unterschriebene Aufsätze sind bedeutungslos §. 118. Ebenso Besiegelung §. 119. Entsch. B . 19 S . 69. B . 29 S - 293. Bgl- im Ucbrigen oben §. 40 Anm. 19. Die Vertragsurkunde, die erst von einem der Kontrahenten unterschrieben ist, bindet dadurch allein den Unterschreibenden auch noch nicht als Offerte. S o lange er die Urkunde in seiner Hand hat und ein Weiteres von ihm nicht erklärt ist, kann er seine Unterschrift zurücknehmen und ausstreiche». Hat er die fertige Unterschrift dem andern zur Hinzufügung der seiniaen dargeboten, so ist die wirksame Offerte vorhanden. J‘>) $. 185. I. 5. '•') Schuldschein über ein Darlehn I. 11. 6. 730, Bürgschaftsurkunde und Kreditbrief I. 14. 88- 203. 204. 213, Expromission I. 14. § .4 0 0 , Entsagung 1 .5 . §. 134. 1. 16. §§. 387 ff., mündliche Acceptation der schriftlichen Session als Uebereignung der Forderung I. 11. §. 393. Entsch. B 21 S . 351. S t r i e t h o r s t B . 2 S - 228.

g e g e n s e itig e n Vertrages kann im

S in n e einer Offerte erfolgt fein.

B e i derselben wird der gebnndenc Theil befreit, wenn der andere T h eil die verlangte Unterzeichnung, welcher die Aushändigung einer von ihm unterschriebenen entsprechenden Urkunde

gleichsteht"), verweigert.

Is t

die einseitig unterschriebene Urkunde ausgehändigt, ohne daß eine Gegen­ erklärung verlangt worden, so muß man das Geschehene im S in n e des schriftlichen Bekennens zum Vertragschluß auffassen.

D as

einer entsprechenden schriftlichen Erklärung befreit den, Weise unterschrieben hat, nicht.

Ausbleiben

der

in

dieser

N im m t ihn der andere T h e il, dem er

die einseitig unterschriebene Urkunde zugestellt hat, aus dem Vertrage in Anspruch, ohne daß derselbe inzwischen unterschrieben hat, so steht ihm daraus eine Einrede nicht z u " ) ; aber auch derjenige,

der ohne eigene

Unterschrift die einseitig unterschriebene Urkunde angenommen

und aus

G ru n d derselben geklagt hat, darf den M an g el der F o rm nicht fü r sich benutzen, wenn der Beklagte nun aus dieser Urkunde Gegenansprüche erhebt" ) .

Beide

von

der Praxis

angenommene Sätze

gegenseitig, der eine wäre ohne den andern falsch.

ergänzen sich

D ie schriftliche Fo rm

seht ferner Schreibens- und Lesenskunde voraus, das Gesetz muß daher besondere Vorsorge für die s. g. A n a l p h a b e t e n treffen "). Solche sind nicht nur D iejenigen, welche überhaupt

nicht lesen und schreiben oder

nur ihren Nam en schreiben, aber nicht lesen können, sondern auch D ie , welche momentan,

durch Z u fa ll,

z. B .

ein körperliches Leiden,

am

Schreiben verhindert s in d " ), oder in der Sprache nicht lesen und schreiben können, in welcher der V e rtra g abgefaßt is t" ). der

zwar

nur

seinen

Namen schreiben,

kann, nicht A n alp h a b e t").

Wenn

Dagegen ist Derjenige,

aber

Analphabeten

Geschriebenes

lesen

ein Privatschriststück

unterzeichnen, so werden sie dadurch nicht verbindlich.

H a t der andere

Theil unterschrieben, so darf er den V e rtra g nicht fü r sich als unver-

" ) Pl.Bescbl. Entscheid. D. 5 S. 30. S t r i et h or s t II I. S . 194. B o r n e m a n n , Erörter. S - 180. -3) Prcij. 292 (Sammt. I. S - 9). Stri ethorst B. 14 S - 6 N r. b. V4) Praj. 1046 (Sammt. I. S . 11). Entsch. B- 12 S . 163. Die doli exceptio steht entgegen. -5) §§. 172— 184. d. T . Heydemann S. 224. -") 8- 172. d T . Anh. §. 72 zu §. 19. I. 10. A G .O . St ri et hor st B . 17 S . 365. B- 28 S . 209. ') Pl Beschl. Entscheid. D. 2 S . 161 Nr. I. B. 31 S - 1. B . 34 S. 57. Wer die Schrift nicht schreiben noch lesen kann, steht in Beziehung aus §§. 172. 174. I. 5. denjenigen Personen gleich, welche der Sprache de- Instrument- überhaupt un­ kundig sind. R O.H.G. Hl. Nr. 63. S t e g e m a n n III. S . 377. Bergt. S t r i e t ­ horst B. 80 S . 342. y?) Entsch. 16 S . 108. St r i et h o r st B. 12 S . 5. Einflußlos ist größere oder geringere Fertigkeit im Lesen und Schreiben. St r i et h o r st B- 9 S . 261. Be­ weistast bei behaupteter Unkunde s. Gruchot I. S . 364. Rechtsfalle B. 4 S . 77.

kindlich erachten, er hat nur das Recht, vom Analphabeten zu fordern, daß er ihn nachträglich in die gesetzliche Form bringe, der Analphmbet aber ist berechtigt zurückzutreten•"-'). D ie gesetzliche Form für die V e r ­ träge der Analphabeten ist die gerichtliche oder notarielle3"). D e r Lchreibensunkundige unterkreuzt die Urkunde und der Richter oder 'Diotar bescheinigt, daß und weßhalb die Zeichen statt der Unterschrift beigeiseht worden. Kanu der Kontrahent kein Zeichen machen, so muß statt seimer ein von ihm gewählter Beistand unterschreiben und dies von dem inftrumentirenden Beamten attcstirt lncrbcn3'). I n Betreff dieser Un.terschriftsbeistände hat die Praxis folgende Lätze angenommen. -Bei g er i c ht l i c h e n V e r t r ä g e n : unterläßt der Analphabet, sich den Beistand, „einen glaubhaften M a n n " mitzubringen, so muß ihm der Richter ciuteit solchen von Amtswegen zuordnen33). D er zugezogene Protokollführer oder zwei Gerichtsschöppen können als Unterschriftszcugen fungiren 33); dagegen reicht c» nicht aus, die gerichtliche Form zu erfüllen, wenn ein Richter den Vertrag nicht aufnimmt, sondern dabei nur als Unter­ schriftszeuge thätig is t3'). Unwesentlich für die Giltigkeit der Urkunde ist es, wenn in ihr die Angabe fehlt, daß und wie der Zeuge der Unrerkreuzung und Genehmigung der niedergeschriebenen Verhandlung bei­ gewohnt h a t33). S ind beide Theile des Schreibens unkundig, so soll zwar wegen des entstehenden Interesse jedem ein Beistand zur Seite sein33), die Richtbesolgung dieses Gebots wird aber von der P ra ris nicht so aufgefaßt, als mache sie den V ertrag unverbindlich3'). D e r

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3!) -') •13)

35) 36) 3T)

Emsch. B. -1 € .2 2 1 . B. 12 € . 1Ü8. Präj. 49b kEamml. I. 12). S n in h o rs l B. 84 S - 161. §. 172. d. T . Ueber die Zulässigkeit der Beurkundung der Erklärungen von An­ alphabeten durch andere Behörden in den an diese gewiesenen Sachen s. eben §. du Äiirn. 26, wo aber das Citat heißen soll: Präj. deS O Trib. 3 Sammlung 1. S . 319. Ueber die Art und Weise der gerichtlichen Errichtung des Vertrages s. Entsch. B. 11 S . 166. Keine bloße Rekognition der Unterzeichnung. J.Wochenschr. 1840 S . 124. Auch nicht bloßes Anerkenntniß einer bereits fertig überreichten Erklärung vor dem Notar, sondern notarielle Erklärung. Entsch. B. 7f> S . 257. Bei Landleuten tritt an die S t e l l e der gerichtlichen Errichtung die vor dem Dorfgericht mit einem verei det en Gerichtsschreiber, § 1 7 3 . d- T . Koch, Komm. dazu. Sie dürfen aber nicht sprachunkundig sein. Entsch. B. 28 S . 53. S t r i e t h . B 13 ©. 136. Nur für „gemeine Landleute" ist dies vorgeschrieben: schon hieraus ergiebt sich, daß die in §. 9. A G.O . II. 2 vorgeschriebene Gleichstel­ lung der Polizeimagjstrate mit den Dorsgerichten hier nicht Platz greift. §§ 177. 178. 1. 5. A.L.R. Anh. § 5. - 19. 1. 10. A-G.O. Anh. §§. 68. 69. Pl.Bescbl. Entsch. B . 14 S . 1. Anh. §. 70 zu §. 19. I. 10. A .G .O - Kab O- v. 20. Juni 1616. Entsch. B. 16 S . 104. 105. Entsch. B. 16 S . 1 Nr. I. Entsch. K . 17 S . 66. Anh. §. 71 zu §. 19. I. 10. A.G.O. Entsch. B. 16 S . 1 N r. II. u. S . 106 f.

B eistand h at n ur seinen eigenen N am en niederzuschreiben, etw as M ehrere» w ird von ihm nicht v e rla n g t^ ). — B ei n o t a r i e l l e n U l ­ kn n d e n soll der N otar oder einer der Mengen bemerken, wer das H a n d ­ zeichen gemacht h a t, nnd diese Vorschrift gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten, deren Verletzung Nichtigkeit zur Folge h a t'" ), dagegen ist nicht erforderlich, das; an s der Urkunde erhelle, von wem (ob vom N otar oder den Mengen) dieser Verm erk beigefügt i s t — I s t der K ontrahent der Sprache unkundig, in der das In stru m e n t abgefaßt w ird, uni) kann sich auch der Richter oder N otar m it ihm in seiner Sprache nicht verständigen, so soll ein vereidigter Dolmetscher zugezogen werden M it dem H auptiustrnm ent ist eine Ucbersehung anzufertigen, nnd von dem K ontrahenten zu unterschreiben. S tim m t die Ucbersehung mit dem H auptinstrnm ent nicht überein, so gilt diejenige von beiden Urkunden, deren I n h a lt dem Unkundigen günstiger is t" ). Ans die Ucbersehung kann verzichtet w erden, aber es mutz in der Sprache des Unkundigen tut Protokoll vermerkt werden, daß dies geschehen, weil der Verzicht selbst eine Aeußerung des Erklärenden ist, von welcher fest­ stehen m uß, daß er sie verstanden und m it dem B ew ußtsein, sic ents;reche seinem W illen, vollzogen habe. D iese Unterlassung macht daher d'n V ertrag au s inneren G ründen unverbindlich, wenn auch sonst d as Unterbleiben der Ucbersehung oder die Nichtzuziehung des D olnetschers an sich den V ertrag in form eller Hinsicht nicht nngiltig nachcn so ll"). D ie Nothwendigkeit der Schriftsorm h at nicht die B ed eu tu n g , daß ctt unklar in S chriftform ausgedrückter W ille nicht durch die M itte! der Itte rp re ta tio n herausgefunden und festgestellt werden könnte; auch das, b as durch In te rp re ta tio n als I n h a lt der W illenserklärung erfunden nird, g ilt a ls schriftlich e rk lä rt"). G anz anders liegt die Sache, wenn cns der Thatsache einer W illenserklärung, die m it bestimmtem und tiircrn I n h a lt in schriftlicher F o rm abgegeben worden ist, konkludent aif eine fernere W illenserklärung geschlossen werden kann, die einen Pl Beschl. Entsch. $. 30 S. 393. ") §§. 13. 42 Not. Ordn. v. 11. Juli 1845. I0) Entsch. B. 24 S- 239. Pl.Peschl. n) §• 180- b. T. Schriftliche Berträge eines der Sprache, worin die Schrift abge­ faßt worden, Unkundigen können auch nicht als mündlich geschloffene bestehen. Ltrieth. B. 69 S. 351. ") §• 183. d. T. D. h. sie gilt als die Erklärung des der Sprache Unkundigen, nicht nothwendig der Vertrag gilt als so geschloffen, vielmehr kann cS gerade in solchem Falle sehr leicht an der Willensübereinstimmung der Kontrahenten fehlen. ») §. 184. b. T. Entsch. D. 34 S. 54. 59. S. auch Kab.Ordre v. 5. Mai 1839 (nicht publizirt). Ergänz. I. S. 121 u. J M Bl. 1839 S. 178. 1840 S- 153. ") Bgl. Entsch. B. 79 S- 277.

522

Z w eite- Buch.

D ie dcjonderen P rivatreL le

anderen In h a lt hat. D ie letztere Willenserklärung ist nur als eine stillschweigende vorhanden; und wenn für ihre Verbindlichkeit die Schriftform nothwendig ist, kann sie als verbindlich erklärt um deßhalb nicht angesehen werden, weil auf sie aus einer schriftlichen Erklärung zu schließen is t" ) . D er unterschriebenen Vertragsurkunde stehen formell gleich: a . D ie s. g. P u n k t a t i o n e n " ) , wenn sie von beiden Theilen unterschrieben sind und aus ihnen die gegenseitige E inw illigung in alle wesentlichen47) Bestandtheile des Geschäfts erhellt. I s t die förmliche Ausfertigung (b. i. die gerichtliche Form ) eines solchen in der Punktation enthaltenen V e r­ trages behufs seines weiteren Gebrauchs erforderlich, so kann der Richter die Unterschrift desjenigen Kontrahenten, der sie dann verweigert, durch

“ ) V g l. G r u c h o t B . 2 4 S . 952 putsch, d. R . G ). 4() T hlr. Silb ergeld , jetzt also 150 M ark ü b ersteigt60). D ie s ist die allgem einste K ategorie und dieser Grundsatz ist nicht blos bei den Schuldverträgen (oben § .7 2 ) , sondern bei den V erträgen überhaupt anzuwenden. Hervorzuheben find folgende besondere Anw endungen: auf einseitige W illenserklärungen über jene S u m m e h in a u s, w enn sich ihre F olgen in die (unbestim m te) -Zukunft erstrecken sollen und eine unm ittelbare Verpflichtung für den Erklärenden a u s ihnen hervorgeht"); auf terminliche Leistungen, wenn ihre Z ahl 5h) § 11. I. 13. j5) §. 2098. II. 8. — S ie muß der mündlichen Abrede entsprechen und die Unter Zeichnung muß dem Versicherungsnehmer gegenüber erfolgt, ihm mitgetheilt sein, z. B. durch Aushändigung. s,ü) §. 131. d- T . D ie ältere Berechnung des Boldes (§. 132) ist auf die Reichsgoldmünze nicht anwendbar, da die Mark von dieser ein Bruchtheil ist. Vgl- R Ges. v. 4. Dez. 1871, 9. J u li 1873. Bezüglich der Frage ob ein älterer Vertrag über eine Zahlung in Gold der Schriflsorm bedürfe, ist dagegen die Entscheidung lediglich aus dem zur Zen des Vertrags geltenden Recht zu entnehmen. Vergl. übrigens H ey d em . 1. 6 . 211 f. Note 349. Die Bestimmung deö Texts verurtheilt J h e r i n g , Geist deS rem. 9?. II. 2 S . 5 0 9 f. als prinziplos. „Regel und Ausnahmen zeigen ein prinziploseö Schwanken zwischen Form und Formlosigkeit, erregen das Gefühl des Schwindels und der Seekrankheit. Solche Bestimmungen sind Fallstricke und Fußangeln, die dem Verkehr gelegt werden und in das Volk nicht eindringen können." — Bei Verträgen über Handlungen müssen diese nach ihrem Werthe geschätzt werden, falls nicht der Vertrag selbst eine Sum m e dagegen setzt, bei der es verbleibt. Bei Tauschverträgen entscheidet für die Schrift, wenn auch n u r einer der eingetauschten Gegenstände den Werth von 50 T hlrn. über­ steigt. G r u c h o t 1. S . 359. 300. " ) § 133. d. T . W oraus sich das bezieht, ist zweifelhaft. Als besonderen Anweudungssall bezeichnet das Gesetz selbst (§. 392. I. V) die Antretung oder Entsagung einer Erbschaft ;vgl. S t r i e t h o r s t B. 8 S . 274); sonst können als solche gelten die Vorschrift, daß wo ein Pfandrecht aus Einwilligung eines D ritten beruht, der Konsens bei Forderungen über fünfzig Thaler schriftlich erklärt werden muß. I. 20. §. 65: außerdem die verpflichtenden Erklärungen aus einseitigen Verträgen, soweit nicht wie beim Schuldschein Besonderheiten festgestellt sind. Auf einseitige Verträge beschränkt die Praxis die Atlwendbarkeit des Satzes, soweit er nicht aus­ drücklich im Gesetz eine weitere Anwendung erhalten hat. Pl.Beschl. Entsch. B. 14 S . 35. S t r i e t h o r s t D - 80 S . 276. B o r n e m a n n Erört. S . 161 f. Beispiele, worauf der tz. 133 nicht zu beziehen, bieten die. oben in § . 7 3 be­ sprochenen Genehmigungserklärungen des V aters, V orm unds, Ehemanns. S . aber auch §. 74 Anm. 13. Dgl. ferner Entsch. B . 18 S . 207. B . 29 S - 1. B . 25

§. 7H.

:5. Tie ^orm .

525

zusammen die Sum m e übersteigt61); aus einseitig gewagte Geschäfte, wenn über 5 0 Thaler dabei gesetzt oder versprochen werden61); ans Entsagungen und Verzichte6'); aus Besitzübergabe durch Willenserklärung (constitutum possessorium) bei einem Objekt über jene S u m m e66); aus Konventionalstrafen von solcher Höhe, auch wenn der mündliche Haupt­ vertrag unter 50 Thlr. beträgt66). Bezüglich des Objekts wird H aupt­ vertrag und Konventionaistrasvertrag als selbständig neben einander­ stehend angesehen. Außerdem hat aber das A.L.R. noch eine beträcht­ liche Anzahl von Verträgen der schriftlichen Form unterworfen, wenn auch bei ihnen jene Sum m e nicht erreicht wird. D iese lassen sich auf 5 . 388. Nicht ZU beziehen auf W iderruf einer Schenkung, M e y e r S . 39, nicht auf den A ustritt au 6 einer (Gesellschaft, M e y e r S 42. Dagegen im F all des 8 -6 5 3 . 1. 9 M e y e r S - 37 und bei E inräum ung des Borkaufrechts an M obilien 8 572. 1 .2 0 . M e y e r S . 14. Nicht bei M iethsaufkündigung, M e y e r , S . 46 unb überhaupt noch über §. 133 d T . S . 52 das. Ergänzung I. S . 105. '-) §. 136. b. T . A usnahm e in §. 268. I. 21. §. 138. b. T . 8. 134. b. T . §§. 380. 381. 387. I. 16. Pl.Beschl. Entsch. D . 7 S . 88 (vergl. B . 5 S- 272). S t r ie th . B. 7 S . 46. B o r n e m . S - 166. Beweise der er­ folgten Z ahlung oder der Angabe an Z ahlungsstatt bedürfen nicht der schriftlichen F orm . S t r i e t h . B . 36 S . 301. S treitig ist, ob Entsagungen nicht auch unter 50 T h lr. dieser F orm bedürfen. Koch behauptet es, weil sonst 8 -1 3 4 . d. T . ganz überflüssig w äre. R . b. F. II. S . 176. 750 u. Kom m . Note zu §. 134. b. T . dem stimmte F ö r s t e r in den früheren Ausgaben bei, m it dem H inzufügen, daß ein mündlicher Verzicht in sofern verbindlich sei, als auf ein Vertragsrecht aus einem mündlichen V ertrage verzichtet werde. Hier habe §. 387. I. 16 seine spezielle Anwendung. Nach Ansicht des Herausgebers stehen §§. 133. 134. b. T ., wie das auch die M aterialien ergeben, im nächsten Zusam m enhang. D er § 134 handelt von Entsagungen und Verzichten als einseitigen W illenserklärungen, die als solche schon von der Regel des §. 133 betroffen w a re n ; er ist lediglich dazu bestimmt die Q uittungserklärungen für formfrei zu erklären. „ I n soweit nach §. 133 bei den aus Aufhebung von Verbindlichkeiten abzielenden Erklärungen die schriftliche A b­ fassung in Frage kommt, ist sie zwar bei Entsagungen, nicht aber bei Q u ittu n g s­ erklärungen erforderlich." Vgl. auch jur. Wochenschrift 1839 S . 662. ;:) §§. 70 71. I. 7 Entsch. B . 29 S . 1 P l.B . S t r i e t h . D. 12 S . 201. B o r n e ­ m a n n S . 168. Ueber die Zweifelhaftigkeit der P ra x is, auf das co n stitu tu m possessorium die BertragSform anzuwenden, s. unten B. 3 §. 160 N r. 5 7. §§. 140. 141. d. T . Schriftlich bedungen hat sie zur nothwendigen Folge, daß auch der H auptverttag verbindlich ist. K och, Komm- zu §. 141. d. T . D e r n b n r g I. §. 96 A nm . 10 will den Konventionalstrasverttag, der schriftlich geschloffen ist, auch im Falle einer von ihm supponirten Unverbindlichkeit des zu G runde liegenden mündlichen H auptvertrages, als verbindlich ansehen, weil der mündliche V ertrag eine „natürliche Verbindlichkeit" begründe. W äre daS richtig, so m üßte m an viel weiter gehen, m an müßte auch die mündliche Abrede einer 150 M ark nicht übersteigenden Konventionalstrafe für Nichterfüllung eines mündlich ge­ schlossenen, also unverbindlichen V ertrags über einen Gegenstand von höherem W erth m it derselben B egründung für verbindlich erklären. D er oben einge­ nommene S tan d p u n k t geht davon a u s , daß der giltige schriftliche Konventionalstrafvertrag m it Nothwendigkeit ein schriftliches Anerkenntniß deS H auptvertrages in sich schließt. — D er mündliche H auptverttag über einen Gegenstand unter 150 M ark bleibt jedenfalls giltig, wenn daneben in derselben mündlichen B erttagSerklärung ein unverbindlicher, dem Gegenstände nach 150 M ark übersteigen­ der S trafvertrag geschlossen ist.

Z w eite- Buch

526

allgemeine G ruppen alle V erträg e

nicht

D ie besonderen Privatrechte-

zurückführen;

hauptsächlich gehören hierher

über Grundstücke und dingliche Rechte an benfelben67).

Und endlich find eine Reihe von Verträgen von der Schriftform wieder befreit,

selbst

wenn fie ein O b jett von mehr als 5 0 T h lr. betreffen.

Auch diese taffen fich nicht aus Gruppen zurückführen, wenn auch bei einem T h e il derselben jedenfalls der Umstand entscheidend ist, daß die Verbindlichkeit O b lig a tio n

zur Rückgabe schlechthin ans der bei Begründung der

geschehenen Hingabe

erwachsen m uff6"),

b. D ie V e r a b ­

r e d u n g der Parteien, den V e rtra g schriftlich zu schlieffen, begründet die

'” ) §. 135. d. T - I. 10. §§. 1 5 - 1 7 . 1. 11. §. 75. I. 16. 6. 407. I. 20. §§. 90 bis 103. 2 2 7 - 2 3 3 . I. 21. §§. 4 01. 402. ©es. v. 23. A p ril 1821 (© es.© . S . 4 3 ). Entsch. B . 1 S . 3 6 3 . B . 4 © . 221. B . 14 S . 50. B - 17 S . 132. B . 27 S . 3 7 . S t r i e t h . B . 7 5 S . 2 6 . B o r n e m . S . 149 f. H e y d e n , I. L . 213. „ D e r ganze innere Zusammenhang des landrechtlichen Systems rechtfertigt die Praxis, daß auch über da« E i g e n t h u m an Grundstücken ohne Rücksicht auf den W erth schriftlich kontrahirt werden muß." Doch ist zu beachten, daß die mangelnde Form solcher Verträge durch die Auslastung geheilt wird (§. 10 deS Ges über den EigenthumSerwerb v. 5. M a i 1872. N a c h der Auslastung kann also auch aus einem mündlichen Vertrage geklagt werden, und im Falle eines simulirten schrift­ lichen Vertrages aus dem darunter verborgenen mündlichen (Entsch. B . 82 S . 177. G r u c h o t B . 22 S . 4 0 5 ). V g l. unten Ä nm . 86. DaS Register der übrigen hierher gehörigen V e r t r ä g e ist folgendes: unbestimmte fortlaufende Leistungen §. 135. d. T . ; von beiden Seiten gewagte Verträge §. 1 3 9 ; Zinsversprechen I. 11 §. 7 29; Bürgschaften und Expromissionen I. 14. §§. 203. 401 f., auch die E in w illig un g des Gläubigers, gegen Entsch. B . 2 9 S . 67. Entsch. B . 41 S . 1. Pl.Beschl.; Schen­ kungen I. 11. §. 1 0 6 3 ; Vorbehalte von Q uittungen 1 . 16. §§. 161. 162; Gesell­ schaftsverträge I . 17. §. 1 7 0 ; Pachtverträge über Landgüter I. 21. §§. 401. 4 0 2 ; Verlagsverträge I. 11. §§. 9 9 8 999, jedoch nach dem Hand.Ges.B. A rt. 3 1 7 nicht mehr unbedingt; Verlängerungen schriftlicher Verträge h. 154. d. T ; B eitritts ­ erklärungen zu solchen §. 153. d. T - ; Cession von verbrieften Forderungen I. 11. §§. 3 9 4 . 4 2 7 ; Ü bertragung der Kuxe; Bggesetz v. 24. J u n i 1865 §. 105. V e r­ pfandung von Forderungen I . 2 0 . §§. 281 f. D . v. 9. Dezbr 1 8 0 9 ; Vollmachten, wenn fie gegen D r itte legitimiren sollen, 1 . 13. §. 8 ; Spezialvollmachten §. 110. **) D aS Register dieser Verträge ist: Miethverträge m it gemeinem Gesinde (nicht HauSoffizianten und Erzieher) §. 137 d. T . Ges.Ord. v. 8. November. 1810 §§. 2 2 f ; Verwahrung §• 1 44 d T - §. 10. I. 1 4 ; receptum § .1 4 5 d. T . §§. 444 f. 17 3 5. 2 4 5 3. 2 4 5 6 s. I I . 8 ; zinsloses Darlehn I 11. §. 727; daS pactum de m utuo dando aber unterliegt dem §. 131, I. 5 ; Schenkung beweglicher Sachen, wenn sie sofort übergeben, I . 11. §. 1065 ; Faustpfand §. 94. I 20; Leihe I. 21. §. 2 2 9 , doch ist bei unterlaffener Schriftform der Commodatar unbeweglicher Sachen n u r Prokurist, M e y e r S . 4 5 ; Verträge über bewegliche körperliche Sachen, die im Ausland geschloffen, wo mündliche Derttäge gütig sind, §. 148. d. T . dem Satz in §. 113. d. T - entsprechend: „wonach der Vertrag am besten bestehen kann". Ueber den Beisatz „körperliche" s. B o r n e m . E rö rt. S . 169 u. S . 82. Entsch. B . 32 S . 3 3 3 . Stillschweigende oder mündliche Verlängerung von VertragSverhäl wissen ist zulässig bei Pacht und M iethe §. 154. d. T . § § . 3 2 5 f. I. 21 bei Gesindemiethe, Ges O rd v. 18 1 0 §. 114, bei Anstellungen von HauSoffizianten §§. 1 8 6 — 194. Pl.Beschl. Entsch. B . 15 © . 61. D ie N r . 4 u. 5 bei B o r n e m . E rört. S . 170. 1 78 gehören nicht hierher, vielmehr zur Lehre von den Folgen der verabsäumten F o rm . Siehe überhaupt B o r n e m . S . 1 6 8 ff. DaS in den früheren Ausgaben hier m it aufgezählte Anerkenntniß einer Forderung bei laufender Verjährung (I. 9. §. 5 9 2 P ra j. 2 2 9 4 S am m lu ng B . 2 S . 15. Entsch. D . 21 S . 192) gehört nicht hierher, da daffelbe überhaupt keine DertragSnatur zu haben braucht.

§. 7ft.

3. D ie Form .

527

Verm uthung, daß nicht bloß der Beweis, sondern die verbindliche K ra ft des Vertrages selbst von der schriftlichen Abfaffung abhängen soll"). 3.

E s ist die nothwendige Konsequenz jeder bestimmten Form vor-

schrift bei V erträgen, daß der In h a lt der W illenseinigung a u s s c h lie ß ­ lich aus der Schrift entnommen werden m u ß '").

D e r V e rtrag hat eben

nur in der Schrift sein Dasein — A lles, was sonst noch zwischen den Parteien besprochen worden und in der Schrift nicht Ausdruck gefunden hat, ist wirkungslos.

D a ru m sagt das A .L .R ., und mußte es von seinem

Standpunkt aus sagen: auf vorgeschützte m ü n d lic h e N e b e n a b re d e n w ird, ohne Unterschied des Gegenstandes, keine Rücksicht genom m en"). Dieser Satz ist in der P ra x is häufig

mißverstanden und falsch ange­

wendet worden und in der T h a t giebt der B eg riff der Nebenabrede auch vielfach zu Zw eifeln A nlaß.

Wenn Kontrahenten ihre W illenseinigung

in der Schrift niedergelegt haben, so entsteht daraus die Verm uthung, daß

die Schrift

die Einigung

richtig und vollständig w iedergiebt").

u9) §. 117. d. T . Dergl. S t r i e t h . B . 83 S . 306. Dieser §. ist nicht analogisch an­ zuwenden (Eutsch. B . 67 S . 6 4 ); er entscheidet die Streitfrage, die sich an die 1. 17. V. de tide instr. IV . 21 in der gemeinrechtlichen P raxis geknüpft hat Nach preuß. R . ist der Gegenbeweis zulässig, daß die Form n ur des Beweises halber verabredet worden. B o r n e m a n n 's Ansicht (R-Gesch. S . 245) ist unhalt­ bar: eS ist nicht der Beweis einer Nebenabrede. ES kann übrigens nicht m it G ru n d bezweifelt werden, daß die l. 17 cit. die Schriftform zu einer wirklichen Sollennitätsform gemacht hat, von deren Beobachtung die Vollendung deS V e r­ trages selbst abhängt. K e l l e r , Pand. S . 4 3 6 . R u h s t r a t im Oldenb. Arch. B . ' l S . 104. S e u f f e r t I. N r . 108 X V I . 102. P . 2 5 N r . 225. Strieth. B . 4 4 S . 301. D a s österr. Ges.B. tz. 8 8 4 bestimmt: haben sich die Parteien ausdrücklich zu einem schriftlichen Vertrage verabredet, so w ird er vor der Unter­ schrift der Parteien nicht für geschloffen angesehen. D e r C o d e sieht in solcher Verabredung n u r die Absicht, den Beweis zu sichern. Z a c h a r i ä II. S . 4 2 6 Note 8. D aS sächs. Ges.B. §. 823 nim m t an, daß auch hier die Form nur Beweismittel sein soll, ausgenommen, wenn die Verabredung der Parteien aus­ drücklich den Vertragsabschluß davon abhängig macht. ES hat also den gerade entgegenstehenden Standpunkt, als das A L R . D e r b a i r i s c h e E n tw u rf enthalt hierüber nichts (f. A rt. 17 II. 1). — Ueber Bedeutung der Abrede notariellen BertragschluffeS s. oben Anm . 46 u. Entsch. B - 67 S . er Vertrag unverbindlich ist. I m letzteren F all aber kann dies nicht ams dem Text der Urkunde ersehen werden: sie enthält vollständig die für Den Vertrag wesentlichen Verabredungen, es werden aber außerde'in Nebenverabredungen behauptet. Hier hat §. 128. d. T. seine Anwendung. E s ist der Ton auf das N e b e n h e r zu legen: Verabredungen, die d>as Wesentliche bestehen laffen und demselben nur noch etwas beifügen sollen. D ie Nebenabrede muß im Verhältniß zur rechtlichen Natur des G e­ schäfts selbst eine untergeordnete Bedeutung haben. D a s zeitliche N e­ benher muß auch ein N eb en sä ch lich es sein. S o sind es Nebenabreden, wenn über die A rt, den Ort, die Zeit der Erfüllung oder über andere dabei vorkommende M aßgaben etwas Besonderes verabredet und nicht niedergeschrieben worden. S ie soll der Richter nicht berücksichtigen, sondern das in dieser Hinsicht in dem Vertrage Fehlende nach dem G e­ setz ergänzen"). Hierher gehören auch die s. g. pacta adjoeta, z. B . " ) Pl.Defchl. Entsch. B . 10 6 - 25!'. Präj. 1533 (Sammt. 1. S . 10). Rechtes. B . 1 S . 257, SB. 4 S . 359. S t r i e t h . SB. 6 S . 311 (auch bei einseitigen Dertragen). S t r i e t h . B. 29 S . 26. 283. Entsch. SB. 40 S . 18, SB. 46 S . 27 ein „als Aequivalent" vorbehaltener Wiederkauf. Wäre dieser nicht Aequivalent, so müßte wohl die Verabredung als ungiltigeS pactum adjectum angesehen werden. B- 49 S . 33. „Der Vertrag anders verabredet als niedergeschrieben", das. S . 42 „der P reis anders verabredet". S t r i e t h . B. 32 6 . 2G5, die nicht niederge­ schriebene Abrede: der Vertrag soll rückgängig werden, wenn in 8 Tagen sich ein Fehler zeigt, ist keine ungiltige Nebenabrede, fie betrifft die Willenseinigung in der Hauptsache. Dagegen ist nach S t r i e t h . B. 34 S . 20 die Abrede, der Ueber* nehmer des Grundstücks soll sich dessen Werth auf sein künftiges Erbtheil an ­ rechnen laffen, eine Nebenabrede im Sinne des §. 128 d. T . Eine Unrichtigkeit des Niedergeschriebenen liegt auch dann vor, wenn ein Effentiale deS Geschäfts ganz oder zum Theil nur mündlich verabredet worden. Entsch. B. 29 S . 43. Ob w i d e r W i l l e n unrichtig niedergeschrieben oder nicht, ist ohne Einfluß. S t r i e t h . B . 53 ©. 129. Dergl. auch G r u c k o t II. 230. VIII. 353. R.O .H .G . IV. N r. 31. R .G . b. Gr u c h o t XXIV. 412. 74) §§. 129. 259 d. T. Wenn Gr uc hot I. S . 357 diese Bestimmung geradezu widersinnig findet, so geht er zu weit. Daß die gemeinrechtliche Praxis (z. B . S e u f f e r t B. 3 N r. 30) solche mündliche Abreden neben dem schriftlichen Ver­ trage zuläßt, hat darin seinen G rund, daß der letztere nur als Beweismittel auf­ gefaßt wird. Diesen Standpunkt hat aber das A.L.R. nicht, und es muß deß­ halb eine ausschließliche Wirkung der Schriftform beilegen.

§. 79

529

3. D ie ftornt.

die Bestellung einer S e rv itu t neben dem schriftlich errichteten Verkauf des G rundstücks"). Zweifel entstehen bann, wenn eine an und fü r sich nebensächliche, auf ein accidentale gerichtete Abrede zugleich als B e ­ dingung fü r die G eltung des Vertrages hingestellt worden. D a n n n im m t das Nebensächliche den Charakter einer wesentlichen Abrede an.

M uß

aber das mündlich Verabredete als wesentlich anerkannt werden, so er­ la n g t nicht etwa der schriftliche V e rtra g m it dieser Ergänzung verbind­ liche K r a ft: vielmehr ist solchen F a lls der V e rtra g sw ille nicht zu dem erforderlichen schriftlichen Ausdruck gekommen, und der ganze V e rtra g ist unverbindlich, insofern nicht etwa bei Grundstücken durch hinzuge­ kommene Auflasiung der mündlichen Abrede die verbindende K ra ft gegeben ist.

Es ist keine Nebenabrede,

wenn h in t e r h e r die Parteien etwas

Anderes verabreden, z. B . wenn sie mündlich übereinkommen, daß der schriftliche V e rtra g wieder aufgehoben oder in dem einen und anderen Punkt abgeändert werden soll. D ie P ra x is des O b e rtrib u n a ls hat bei den hier entstandenen Zweifelsfragen im Ganzen den richtigen Weg fest­ gehalten und vorgezeichnet, namentlich einer ungehörigen Ausdehnung des B e g riffs der Nebenabrede entgegengewirkt").

71) S t r i e t h . B . 32 S - 43. 7t) D ie Beispiele aus der Praxis können sehr reichlich vorgeführt werden. S o z. B . noch Entsch. B . 11 S . 244. S t r i e t h . B. 9 S . 284, B . 10 S 157, B . 19 S . 116, B . 23 S . 3, B . 24 S . 304, B . 26 265, K . 31 S . 304, B - 34 S . 285, D . 47 S . 50. I n Betreff der Nebenabreden bestimmt das sächs Ges.P. §. 826: beruht die Nothwendigkeit der S chriftform auf dem Gesetz, so sind m ünd­ liche Verabredungen, die m it der Urkunde nicht übereinstimmen, oder einen er­ weiternden oder beschränkenden Zusatz enthalten, nichtig. I s t der Vertrag durch Uebereinkunft der Parteien schriftlich errichtet, so gelten solche Nebenabreden, „w enn eine Vereinigung getroffen, daß sie neben der Urkunde gelten sollen." Bei der gesetzlich gebotenen S chriftform soll also auch die Einrede, daß etwas Anderes niedergeschrieben worden, auSgeschloffen sein. — W ie n stein a. a. O . sucht die A n ­ sicht wieder zu vertheidigen, die der Pl.Beschl. (93. 10 (5. 2 5 9 ) beseitigt hat. Ind em er aber die Schriftsorm des preuß R . der röm. S tip u la tio n gleichstellt, und den Vertrag n u r in der S chrift sieht, verkennt er die Bedeutung jener und dieser. D ie S tip u la tio n war die causa c iv ilis , also allerdings d e r V e rtra g ; die Schriftsorm deS Pr. R- ist aber nicht Rechtsgrund der Forderung, sondern nur deffen Beurkundung, seine formelle Vollendung: — wie könnte sonst den I n ­ halt eines Vertrages durch andere Beweismittel zu ermitteln gestattet sein, wenn die Urkunde verloren gegangen? W . definirt die mündliche Nebenabrede als jede, welche einem an sich vollständigen — d. h. das Einverstandniß über alle wesent­ lichen Theile deS Geschäfts enthaltenden — schriftlichen Vertrage mündlich hinzu­ gefügt ist. Den §. 129 benutzt er nicht zur D efinition, sondern sieht in ihm n u r ein Beispiel. Allerdings ist §. 129 nur eine beispielsweise E rläuterung deS §. 128, aber doch eine solche, welche klar macht, daß der Gesetzgeber unter den Neben­ abreden n u r an „Nebenbestimmungen" gedacht hat. WaS heißt aber ein „a n sich" vollständiger schriftlicher Vertrag? ES kommt doch nicht auf eine abstrakte Vollständigkeit, sondern darauf a n , daß der Vertrag gemäß der W illenseinigung der Parteien, also in concreto, vollständig und — waS W - nicht trennt — richtig niedergeschrieben worden. W . ve rw irft von seinem Standpunkt die Einrede, daß der B erttag anders niedergeschrieben als verabredet worden, w ill aber dadurch die Berücksichtigung mündlicher Abreden als B e w e i s m i t t e l fü r sonstige gesetzF r i'r e r . Preuß. Privatrecht.

I.

4. Mufl.

ß^

4. D i e V e r a b s ä u m u n g der gebotenen schriftlichen F orm hat die Folge, daß das Klagerecht versagt is t77).

M a n ist aber deßhalb nicht

berechtigt, die Bedeutung und Wichtigkeit der Schriftform

im A .L .R .

der der römischen S tip u la tio n gleichzustellen, denn der wesentliche U nter­ schied zwischen beiden besteht darin, daß die letztere selbst die causa ci­ vilis des V e rtra g s w a r, jene aber imm er noch einen materiellen V e r ­ tragsgrund voraussetzt7").

F ö rs te r

briicfte sich in den früheren A u s ­

gaben in Uebereinstimmung m it dem oben S . 222 besprochenen S ta n d ­ punkt bezüglich der W irku n g des schriftlichen Anerkenntnisses eines münd­ lichen Vertragsschlusses dahin

aus,

daß

beim M a n g e l der gebotenen

Schriftform ein V e rtra g überhaupt nicht bestehe,

und daß sich nur in

großer Beschränkung die Analogie der römischen Naturalobligation recht­ fertige"").

F a ß t m an aber den W o rtla u t des §. 185. d. T . ins Auge,

wonach derjenige, der sich schriftlich oder zu Protokoll zu einem mündlich geschloffenen V ertrag e bekannt hat, soweit die Abreden aus dem Anerkenntniffe erhellen,

den M a n g e l der schriftlichen Abfaffung nicht vor­

schützen kann: so erhellt, daß hier gerade der mündliche V e rtrag relative K ra ft bekommen soll.

Und aus den im Folgenden darzustellenden Sätzen

über die W irkung der E rfü llu n g der mündlichen Verträge muß entnom­ men werden, daß nur die Paciscenten unter einander von dem, was sie mündlich verabredet haben,

zurücktreten können,

nach dem B eginn der

Erft'illung sogar n u r m it Nachtheilen, daß dagegen fü r jeden D ritte n der V e rtra g als eine wirksame, von ihm nicht in Frage zu stellende G ru n d ­ lage der an die V ertrag serfü llu n g sich knüpfenden Rechtsfolge erscheint. D ie Thatsache der E r f ü l l u n g

des mündlichen Vertrages hat ihre

sittliche und rechtliche Bedeutung, die das Landrecht in aller Bestimmt­ heit zum Ausdruck brin g t m it der Tendeuz den durch den Form alism us verdrängten

guten G lauben wieder zur Geltung zu bringen.

Aus den

Bestimmungen des A .L .R . ergeben sich folgende Regeln. a.

S o lange der mündliche V e rtra g noch von k e i n e r S e i t e e r ­

f ü l l t ist, kann jeder T h e il beliebig zurücktreten; — Nichts zu Stande

' 7)

") 79) *>)

gekommen was

sie verpflichtet.

es ist zwischen ihnen D a ru m

auch kein

liche Anfechtungsgründe nicht ausschließen. Aber, abgesehen davon, daß dann solche Abreden doch wieder eine Berücksichtigung finden, und daß sie nicht Beweismittel, sondern nur Beweisobjekte sein können, so ist damit von W . zugegeben, daß die Schrift nicht unter allen Umständen ausschließlich der Vertrag, daß jene und dieser etwas verschiedenes ist. §. 155. d. T . Koch. R. d- F. II. S - 186 f. H eydem . I. S . 215f Gruchot I. S . 362. D o rn e m . Erörl. S - ‘2 0 3 f. S t r i e t h . B- 77 S . 35. S . jedoch § .1 0 de« Gesetzes über den Eigenthumserwerb vom 5. M ai 1872. Oben S . 454 Note 67. Gegen Hehdcm . S . 211. S a v ig n y , C H .» . I. S . 52. S . oben §. 61 bei Note 29 S . 381. S a v ig n y , Obl.R. I. S . 129. 130.

§. 79. 3- Die Form.

531

Anspruch auf Entschädigung und Interesse, wenn der eine Theil im V er­ trauen auf die Beharrlichkeit des andern sich Unkosten gemacht h at" ). i». W enn der mündliche Vertrag v o n b e id e n S e it e n v o l l ­ s t ä n d i g e r f ü l l t worden, so unterscheidet das A.L.R. zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen. B ei jen en " ), wozu regelmäßig auch die Rechte gehören "), ist der M angel der schriftlichen Form einflußlos, kein Theil darf zurücktreten und Rückgabe des Geleisteten oder Entschädigung fordern. D a s Gesetz drückt den Begriff vollständiger Erfüllung durch das W ort „abgemachtes Geschäft" aus: es dürfen nicht noch Nachfor­ derungen aus diesem Geschäft zu erheben sein" ). D ie Beurtheilung eines solchen abgemachten Geschäfts richtet sich nach den gesetzlichen V or­ schriften über naturalia negotii. Nebenabreden kommen nicht in Betracht und sind unverbindlich, z. B . Abrede über Ausschließung der Gewähr­ leistungspflicht"). B e i Verträgen über unbewegliche Sachen machte dagegen selbst die vollständige Erfüllung von beiden Seiten das Geschäft nicht gütig; es konnte von jedem Theile aufgerufen und die Wiederher­ stellung des ftüheren Zustandes verlangt w erden"). Nach der neuen Grundbuchgesetzgebung heilt die erfolgte Auflaffung den M angel der Vertragsform . M) §. 168. d. T- Koch S . *2ti. Trotz formeller llngilligke it des Vertrages erw irbt also der, dem die Uebergabe geleistet wurde. Eigenthum und dies mußte von jedem D ritte n anerkannt werden. Nach dem Präjudiz 1371 (S a m m l. S . 48) sollte die Remission nicht stattfinden, wenn in einem Kaufvertrag über ein Grundstück der Preis sim ulatim falsch angegeben worden und gegen Ueber­ gabe des Grundstücks der wirklich verabredete Preis gezahlt ist. D as Bedenkliche dieses Präjudizes nach älterem Recht erhellt schon daraus, daß es einen solchen Kaufvertrag einen formell gütigen nennt. Ueber die sanirende K ra ft der Austastung nach Ges v. 5. M a i 1872 §. 10 f- oben Note 67. M it Unrecht aber w ird ange­ nommen, daß durch die Auslastung im Falle eines schriftlichen Vertrages die münd­ lichen Nebenabreden Geltung erlangen. So das O bertribunal Entsch D . 81 S . 9 , S t r i e t h o r s t B . 99 S - 317 und das Reichsgericht Entsch. B . II. S . 293. ES ist etwas anderes, daß ein bis dahin unverbindlicher Vertrag durch die Auslastung auch nach der Obligationsseite hin verbindliche K ra ft er­ la ng t, etwas anderes, daß der m it dem schriftlichen Vertragsinhalt ohne Berück­ sichtigung der mündlichen Nebenabreden verbindliche V ertragsw ille dnrch die Aus­ lastung einen veränderten I n h a lt erhalten soll. A u f G rund des schriftlichen V ertrags war der Käufer verpflichtet jetzt auszulasten; konvaleScirt nun durch die Aus­ lastung eine mündliche Nebenabrede, nach der der V ertrag erst in 3 Jahren zu erfüllen w ar? D as ist ein juristisches Unding. D ie Auslastung macht den m ünd­ lichen Vertrag, auch den durch einen schriftlichen Vertrag dissimulirten wirklich gewollten mündlichen Vertrag, auch die nachträglichen mündlichen Abreden, die an S telle des schriftlichen Vertrages treten sollten, nicht aber mündliche Nebenabreden verbindlich. Es ist zu bedauern, daß das Reichsgericht in diesem Falle „keinen A n ­ laß gefunden hat, von der Auslegung des §. 10 cit. durch das höchste LandeSgericht abzuweichen." 86a) D er Rücktritt ist m it der abgegebenen Erklärung nicht unwiderruflich; die E r ­ klärung kann abgeändert werden, bis sie der andere T heil acceptirt hat. Entsch. B . 34 6 . 33. R G . bei G r u c h o t B . 24 S . 880. 87) Entsch. B . 12 S . 47. B . 38 S . 33. Koch, Komm, zu §. 156. d. T - S t r i e t h . D . 2 S . 304. D . 6 S . 249. B . 12 S . 240. B . 29 S . 85 Bornem ann, S . 205. 207. 8*) V g l. Entsch. B . 14 S . 265. S t r i e t h o r s t B . 53 S . 994. S . auch d. reichSger. Erk. bei G r u c h o t B . 24 S . 414.

B . 74 © . 122.

89) §§. 1 5 6 -1 6 0 . 164. d. T . Diese §§. beziehen sich nicht auf nichtige Verträge. S t r i e t h o r s t B . 62 S . 316. S ie beziehen sich auch auf Grundstücke. Das. B . 80 S . 216. S ie kommen aber n u r zur Anwendung, wenn der R ücktritt wegen

§. 79. 3. D ir ftorm.

533

g e b e n , die davon gezogenen Nutzungen a ls unrechtfertiger Besitzer er­ statten, Sum m en vom Tage des Em pfanges verzinsen, und kann nur Ersatz der Erhaltungskosten verlangen und Verbesserungen wegnehmen, oder — wenn sich die Rückgabe in dieser Weise nicht mehr ausführen läßt — V e r g ü t i g u n g l e i s t e n , deren Höhe sich nach dem mündlich verabredeten Werth richtet"") oder geschätzt werden m uß"). Zwischen der Rückgabe und der Vergütigung hat er, wenn erstere ausführbar ist, kein Wahlrecht, die letztere Verpflichtung ist die eventuelle. Aber er kann, statt zurückzugeben oder zu ersetzen, seinerseits erfüllen, und insofern steht ihm ein Wahlrecht zu, welches man als ein jus poenitendi auf­ fassen könnte, wenn nicht dieses nach römischem Recht nur dem Geber zustünde"), ß . Tritt der G e b e r zurück"), so fordert er die Sache wieder, aber er muß sie in ihrem g e g e n w ä r t i g e n Zustande annehmen, und da der zurückgebende Empfänger als redlicher Besitzer angesehen werden soll"), so ist dieser nicht verpflichtet, die inzwischen gezogenen Früchte zu restituiren, auch hat er die erhaltene Sum m e erst vom Tage, wo ihm der Rücktritt angezeigt worden, zu verzinsen. D ie schlechte der auö dem Formmaugel folgenden Unverbindlichkeit des Vertrages erfolgt. Das. B . 81 S . 13. — Die unveränderte Rückgabe ist nicht absolut zu verstehen. Entsch. B . 19 S - 83; über Ersatz der Erhaltungskosten ebenda 6 . 76. 83. S t r i e t horst B . 12 S . 240. B . 6 S . 249. 9)) D as ist nicht als die vertragsmäßiges Gegenleistung aufzufassen. Koch a. a. O . S . 190. A. M . F r i e s t im Arnsb. Arch. B . 4 S . 271. — S t r i e t h . B . 62 S . 205. M) Früher war der Werth unschätzbarer Sachen hier durch den Schätzungseid des Gebers zu ermitteln. Koch S . 191. D as ist durch die E P O . antiquirt. ") B a n g e r o w UI. S . 269f. Dieses Wahlrecht steht dem Empfänger nicht zu, wenn die Cache nach der Uebergabe an ihn untergegangen; er muß dann erfüllen: denn die Uebergabe hat trotz des nur mündlichen Vertrages ihm daS Eigenthum über­ tragen. C t r i e t h o r s t D. 52 C . 99. Ob übrigens §. 156. 1.5 eine eigentliche Wahlobligation begründe, so daß der Klageantrag auf die Alternative gestellt wer­ den müsse, oder ob sofort auf Erfüllung geklagt und dem Beklagten daS Zurück­ geben überlassen werden könne, ist sehr zweifelhaft und aus dem W ortlaut der §§. 156. 157 nicht sicher zu beantworten. DaS O .T rib. hat letzteres angenommen. ( I . Wochenschrift 1844 S - 524. S t r i e t h . $ . 2 0 S . 205.) Will der Beklagte nicht erfüllen, sondern zurückgeben, so soll er noch vor der Berurtheilung zurück­ geben. DaS hat freilich erhebliche prozessualische Bedenken. (Koch, R . d. F. 111. 6 1223 a. E f ). Am richtigsten ist die Auslegung von Koch (a. a. O . und A n­ leitung zur preuß. Prozeßpraxis B . 1 S . 584 f.): tz. 156 gebe dem Geber zwei Klagen zur W ahl, die auf Erfüllung (a praescriptis verbis) und die auf Rück­ gabe (condictio causa d ata); von der ersteren kann der Beklagte sich durch W ahl der Rückgabe frei machen, der letzteren gegenüber aber kann er nicht die Erfüllung wählen. Erklärt sich der Beklagte auf die Erfüllungsklage für die Rückgabe, so hat der Richter auf diese zu erkennen: ist schon vor dem Urtheil zurückgegeben, so muß die Ersüllungsklage abgewiesen werden. S . auch Ergänzungen zu §. 156. d. T . *) §§. 161— 164. d. T . P räj. 963 (Sam m t. I. S . 11). H) §. 163. d. T -, d. h. nur dann, wenn der Rücktritt lediglich wegen der gesetzlichen Unverbindlichkeit des VerttageS erfolgt; also dann nicht, wenn der eine Kontrahent zurücktritt, weil der andere seine verttagSmäßigen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. C t r i e t h o r s t B. 81 S . 15.

Fassung des §. 161 hat früher den Zweifel angeregt, ob auch derjenige Geber noch zurücktreten darf, der seinerseits bereits vollständig erfüllt hat, oder nur derjenige, der mit der Erfüllung angefangen. Jetzt, da die P raxis längst sich fest dafür entschieden hat, daß auch dem ersteren der Rücktritt zusteht, kann eine nähere Erörterung dieser todten Kontro­ verse unterbleiben"). Diese Befugniß des Gebers, seinen Entschluß zu ändern und vom Vertrag zurückzutreten, entspricht nun in der That dem jus poenitendi, wenngleich im Uebrigen eine Heranziehung der römischen Innom inatkontrakte, bei denen die erste Leistung nicht solvcndi, sondern coutrahendi causa erfolgte, unstatthaft ist. y. Haben beide Theile gegenseitig mit der Erftlllung begonnen, so versteht sich, daß jeder Theil nicht bloß das Empfangene restituirt, sondern auch das Hingegebene zurücknimmt, und zwar muß derjenige, welcher zurücktritt, in dem nachtheiligeren M aße leisten und empfangen. Der Zweifel, ob der Zurücktretende in seiner Klage sich zu der ihm obliegenden Erstat­ tung und zum Em pfang des Hingegebenen, sowie es der Beklagte als beharrlicher Theil (als redlicher Besitzer) zu leisten verpflichtet ist, er­ bieten muß, ist durch Plenarbeschluß verneinend entschieden. D er Richter ist befugt, die Anträge des Klägers zur Herausgabe des Gegebenen gegen Erstattung des Empfangenen auf das gesetzliche M aß einzu­ schränken"). II. Gegenstand des Vertrages war eine H a n d lu n g " ). D arunter sind auch Unterlassungen zu verstehen"). Erfolgt der Rücktritt vom Vertrage, wenn die Handlungen zum Theil oder von der einen S eite bereits geleistet sind, so kann nur von einer Vcrgütigung der­ selben die Rede sein und auch diese ist oft bei der Schwierigkeit, Hand­ lungen zu schätzen, zweifelhaft. Deßhalb ist es richtiger, wenn wie im römischen Recht") bei solchen Verträgen ein Rücktritt überhaupt nicht mehr gestattet wird. D a s A .L.R. jedoch bestimmt: a. wenn bereits sä m m tlic h e Handlungen geleistet sind, so soll deren Vcrgütigung „nach der (vorher bestimmten)"") mündlichen Abrede" erfolgen: b. wenn ein 95) Innere Gründe sprechen gar nicht dafür, denjenigen, der vollständig erfüllt hat, anders zu behandeln als den, der nur theilweis erfüllt hat. Aber die Worte des §. 161 machen Schwierigkeit. Siehe v. d. Ha ge n in der jur. Wochenschrift 1839 S. 5 3 s. 73f. Arndt S im ArnSb. Arch. B. 1 6.148. B o r n e ma n n in der jnrist. Wochenfchr. 1841 S . 749. 765. Erört. S . 207. Koch, R. d. ff. II. '£>. 192. Ergänzungen I. S . 110. Sp. II. f. Aus der Praxis: Entsch. B. 3 S . 353 f. und seitdem konstant. Heydemann S . 218 Note 366. -6) Entsch. B. 21 S . 329. St r i et hor s t B. 2 S . 302. 9 .2 0 S. 205. Sckles. Arch. B. 6 S . 269. Koch, Beurth. S . 206. D o r n e m a n n , Erört. S. 216f. 9T) §§. 165-167. d. T. Koch, R. d. ff. II. S. 198. Bo r n e ma n u , Erört. S- 220. He yde ma nn S . 220. Ueber den Begriff der Handlung s. St r i et horst B. 2 S . 45. 98) Entsch. B. 13 S . 119. St r i et hor s t B. 32 S . 234. " ) 1. 25. I). XIX. 5. I0°) Entsch. B. 34 S . 48. RechtSf. B. 1 S 117. Entsch. B- 70 S. 273.

T h e i l derselben geleistet ist und der A n n e h m e n d e zurücktritt, so soll die' B e rgütigu ng durch gesetzliche Abschätzung erm ittelt werden; wenn stbtcr der L e is te u d e zurücktritt, so soll ihm von der mündlich verab­ redeten B e rg ü tig u n g so viel abgezogen werden, als erforderlich ist, um die' rückständigen Leistungen zu beschaffen. gückigung fü h rt zwar d a ra u f,

D e r W ortsinn einer V e r-

daß sie eine dem W erth der H andlung

enttsprcchende, also in Geld ausgedrückte Entschädigung sein soll, und die-s ist auch anzunehmen, wo sie durch Schätzung zu erm itteln is t" " ) . W o sie jedoch durch die mündliche Abrede bestimmt w ird , kann unter ihr- n u r die Gegenleistung verstanden werden. Diese Annahme ent­ spricht dem §. 870. I, 11.

und

die Sache steht nun im Wesentlichen

w ieder so, wie nach gemeinem Recht, d. h. wenn die Handlungen vollstLndig geleistet sind, muß auch die Gegenleistuug vollständig geschehen —

es giebt in

diesem F a ll thaffächlich

keinen R ücktritt.

D ie s

hat

beim auch das O b e rtrib u n a l durch Plenarbeschluß selbst dann ange­ nommen, wenn die Gegenleistung das Hingeben eines Grundstücks is t'" ') . 5. W enn der F o rm eine so wesentliche Bedeutung fü r die Existenz der vertragsmäßigen V erpflichtung beigelegt w ird , so entsteht von selbst die Frage, ob der V e r lu s t trages herbeiführe?

d e r U rk u n d e

den Untergang des V e r­

D a ra u f ist zu antw orten,

daß

die Existenz des

letzteren nicht sowohl an das D a s e i n der ersteren als vielmehr an die Errichtung

in der schriftlichen F orm geknüpft ist, daß m ith in

diese

Thatsache fü r sich allein dem V ertrage die dauernde G iltig k e it beilegt und der spätere Untergang des Schriftstücks einflußlos ist.

W ohl aber

hat der Beweis über den I n h a lt des Vertrages, der dann durch andere M itte l geführt werden muß, eine verschiedene Richtung, je nachdem die S c h rift n u r als B ew eism ittel oder als wesentliche Bedingung fü r die G iltig k e it des V ertrages aufgefaßt w ird .

D o rt richtet sich der Beweis

a u f den I n h a lt der W illenseinigung unm ittelbar, hier auf den I n h a lt der Urkunde, aus das Niedergeschriebene,03).

V o n der Bew eisführung

im F a lle vorsätzlicher Vernichtung der Urkunde ist bereits im §. 40. am Ende gehandelt" " ) .

1C") I m obigen Falle a.: S ie ist hier nicht Vertragserfüllung, sondern condictio ob causam datorum . Entsch. B . 70 S . 138. 102) Entsch. B 12 S . 31 f. Auch aus den S . 41 f. mitgetheilten M ate ria lie n ergiebt fid), daß die Redaktoren davon ausgingen, eS solle, wenn die Handlung vollständig geleistet, „bei dem Kontrakte bleiben". Siehe ferner Entsch. B . 31 S . 398, B . 41 S . 22. S t r i e t h o r s t D . 34 S . 08. Weitere Beispiele aus der Praxis, wenn die Bergütigung nach der mündlichen Abrede geleistet werden muß. Entsch. B . 11 S 375, B . 31 S . 374, 5 8 . 65 S . 30. S t r i e t h o r s t B . 4 S . 241, D . 18 S . 329, D . 32 S . 103. 103) § .1 0 9 d. T .

Ausmittelung s e i ne s (des schriftlich abgefaßten Vertrages) In h a lts .

’ ») Oben B . Ia . 6 . 215.

Zweite» Buch.

5 36

Die besonderen Privatrechte.

D ie früheren Ausgaben schließen m it

der vom Herausgeber nicht

schlechthin zu billigenden V erurtheilung des verkehrten Standpunkts des A .L .R .,

bei

beschlüssen

dem

eine

wahre F lu t

von Entscheidungen und P le n a r­

sich hat ablagern m üßen,

großen Zw eifel zu beseitigen, stehen können.

deren

um

die

übrigens

zahllosen täglich

kleinen

noch

und

neue ent­

D ie Vorschriften des Gesetzbuchs seien „hart, willkürlich,

inkonsequent, dunkel, künstliche Erzeugnisse grauer T h e o rie ",0i). D ie F r a g e , nach welchen Gesetzen die F o rm beurtheilen, ist §. 11

e rö rte rt106).

eines Vertrages zu

Z u bemerken ist noch, daß auch für

Verträge über inländische Grundstücke eine im Auslande aufgenommene gerichtliche Urkunde, wenn sie den dortigen Vorschriften entspricht, als gütig anzusehen ist, eine formelle Abweichung von der inländischen ge­ richtlichen F o rm nicht in Betracht kom m t'0').

Anhang zu §. 79. ES ist § . 4 0 bereits erwähnt, daß die schriftliche Form eine dreifache ist, die P rivatschrist, die notarielle und die gerichtliche.

Wo

die Gesetze die schriftliche Form schlecht

hin erfordern, genügt die erstere.

E s giebt aber viele Fälle, fü r welche entweder die ge­

richtliche

dieser konkurrirend

ausschließlich

oder

m it

die

notarielle

vorgeschrieben ist.

Letztere ist m ithin stets nur eine konkurrirende, denn auch, wo die Privatschrift genügt, steht

es in der W illk ü r der Parteien,

gerichtliche m it der

Privatschrift.

tariellen Errichtung

eines V ertrages,

die notarielle zu wählen;

ebenso konkurrirt die

Wesentlich verschieden von der gerichtlichen oder no­ bei welcher die Fassung der Abreden unter dem

Beirath des instrumentirenden Richters oder Notars und in gewissen Beziehungen unter seiner Verantwortlichkeit stattfindet, Rekognition T h . II.

der Unterschrift

T it . 3 §. 2 6

D ie

ist die lediglich den Beweis der Echtheit bezielende

unter einem bereits ausgestellten Instrum ente. landrechtlich und

A .G .O .

nach der Hypothekenordnnng vorgesehene

besondere Verlautbarung der Verträge über unbewegliche G üter ist schon durch Ges. v.

S.

23. A p ril 1821

4 3 ) antiquirt.

B ei der notariellen Beglaubigung der Unter­

schriften bedarf es jetzt (G . v. 8. M ä rz 1880 §. 5)

allgemein nicht mehr der Aufnahme

eines Protokolls, schon vorher nicht für den Grundbuchverkehr.

G r .B .O . §. 33. — Be­

züglich der Fälle, in denen die Beiheiligung des O rg a n - der fteiwilligen Gerichtsbarkeit wesentlich ist,

fragt fich,

1) m welchen Fällen darf

nur die gerichtliche,

Fällen muß die gerichtliche o d e r notarielle zur Anwendung kommen.

2) in welchen

In

dem folgen­

den Berzeichniß sind auch diejenigen Rechtsgeschäfte aufgeführt, die nicht VertragSnatur haben. Z u 1.

Gerichtlich

müssen

errichtet

werden:

D ie

stummen und B lind en, §. 171. I. 5 ; A G O . I I . 3 . § § . 4 — 8 ;

,os) M e y e r

S.

Verträge

der

T au b ­

die Aufhebung gericht-

58 a. E-

10G) §§. 1 1 1 — 115). d. T . 107) Entscheid. B . 3 3 S 1. Nach gemeinem Recht werden die gerichtlichen Protokolle von den Parteien nnd vom Richter nicht unterschrieben, sondern n ur vom Aktuarius beglaubigt.

§. 79. 3. Die Form .

537

liech geschloffener Verträge, §. 389. I. 5; Erklärungen über Antretung und Entsagung eimer Erbschaft. §. 39*2 I. 9; doch steht es hier zu, die Erklärung in einer von einem M o tar beglaubigten Berstellung dem Gericht zu übergeben, §§ 39s. 399. 415. I. 9 ; V erträge über die Verjährung, §§. 505. 560. I. 9 ; Verträge über ältere als zwei­ jährige Zinsrückstände, $.820. I. 11; Schenkungen §. 1003. I. 11; Testamente, Erb Verträge, Erbverzichte, Vollmachten zur Zurückforderung gerichtlich deponirter Testamente. (G es.S. S . 495); die § i§ . 00. 021. 654. 571. l. 12, Gesetz v. 11. Ju li 1845 N r. 2. am die Schuldner gerichtete Erklärung der Erben nach der Theilung, um zu verhindern, blast der das Schuldinstrument besitzende Miterbe die Forderung ganz für sich einziehe §.. 153. I. 17; allgemeine Erwerb-gesellschaft, §. 178. 1. 17; LehnSverträge, § 84. I. l s (sieht unpraktisch); Verträge der Ehefrau, durch die sie zum Vortheil des M annes sich verbindlich macht, §. 198. II. 1; Bestellung eines ErbschatzcS, sofern er durch G rund­ stücke oder ausstehende Kapitalien gesichert werden soll, tz. 282. II. 1; Verträge über Gütergemeinschaft, §§. 3 5 6 -3 5 8 II. 1 , Gesetz v. 20. M ärz 1837; Begebung der gesetz liichen Abfindung seiten- des unschuldigen Ehegatten, §. 824. II. 1; Erbverträge zwischen E heleuten, wenn die Frau etwas aufgeben soll, §. 441. II. 1 ; Verträge, wodurch ein volljähriges Kind von dem Nachlaß der Eltern ausgeschlossen oder im Pflichttheil ver­ kürzt werden soll, §. 484. II. 2 ; Adoption (mit gerichtlicher Bestätigung), §. 667. II. 2; EinkindschaftSverlräge, § .7 2 1 . II. 2 ; Errichtung von Familienstiftungen und beständigen Fideikommissen, § .2 9 . II. 4. DaS Gesetz v. 11. J u li 1845 ( S . 495) hat Altentheil AluszugSverträge, Verträge über künftige Alimente, ErbschaftSkäufe, Verkäufe künftiger Sachen, die Einwilligung in Versicherungen auf das Leben eines D ritten von der gericht­ lichen Form, der sie nach A.L.R. unterworfen waren, befreit; daS Gesetz v. 1. Dezbr. 1869 Bürgschaften der Frauen, daS Gesetz v. 5. M ai 1872 über die Form der AertheilungSfrerträge die Parzellirungen der Grundstücke der gewöhnlichen Vertragsform unterworfen. Diese Verträge stehen daher jetzt unter §. 1 3 1 .1. 5. A L R . D er NutzungS-Pfandvertrag (Antichresis), welcher außer dem gerichtlichen Abschluß gerichtlicher Bestätigung bedurfte, (§. 227. I. 20) bedarf dieser Form nicht mehr (vgl. §. 80 am Ende), ebenso ist die ge­ richtliche Bestätigung eines Ehevertrages zur linken Hand (§. 858. II. 1) von der fer­ neren Möglichkeit eines solchen EheschluffcS nach dem Gesetz über die Civilehe, worüber im Eherecht zu handeln sein wird, abhängig. Die Legitimation eines BrautkindeS durch gerichtlichen Vertrag (§. 597. II. 2) ist durch §. 22 G . v. 24. A pril 1854 beseitigt, an die Stelle der gerichtlich Verlautbarten Emancipation des minderjährigen Hauskindes (§. 216. II. 2) ist die Großjährigkeitserklärung nach §. 97 der DormundschaftSordnung v. 5. J u li 1875 getreten. Bei der in den früheren Ausgaben noch erwähnten Theilung gemein­ schaftlichen Eigenthums (§ 1 1 1 . I. 17) hat die gerichtliche Betheiligung einen anderen Charakter. Hinzuzufügen ist als schlechthin gerichtliches Geschäft die gerichtliche Auf­ lassung G. über den E. E- v. 5. M ai 1872 §§. 1. 2). Z u 2. Geri cht l i ch o de r n o t a r i e l l müssen abgeschloffen werden: Vertrage der Analphabeten und Sprachunkundigeu, §. 172f. 1 .5 s. oben Text des § .; Vollmachten zur Erhebung von Geldern und Sachen bei Gericht, Ges. v. 11. J u li 1845 (S . 495) §. 2 b); Verpachtung von Landgütern, sobald der jährliche Z in s 600 Mk. übersteigt und die Pachtzeit auf länger als ein J a h r festgesetzt ist, §§. 4 0 3 — 406. 1 .2 1 ; Ehegelöbnisse, §. 82 f. II. 1; Eheversprechen vor vollzogener Ehe §§. 82 f.. II. 1 ; Spezialvollmachten für gerichtliche Verhandlungen, §. 115. I. 13; Wechselproteste, W O . Art. 87. I n letzterer Beziehung konkurriren mit den Notarien die Gerichtsschreiber bei den Amtsgerichten und die Gerichtsvollzieher. AuSf.Ges. z. Ger.Derf.G. v. 24. April 1878 §§. 70. 74. AuS dem deut schen Ha n d e l s ge s e t z b u c h (G e sS . 1861 6 . 4 8 0 f.) sind von der Regel der Klagbarkeit formloser Verträge (Art. 317) nur als Ausnahme zu bemerken:

daß Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften aus Aktien gerichtlich oder notariell errichtet werden, ihre Statuten auch nur in dieser Form abzuändern sind (174. 198. 206. 208. AN. 10 bet Einsühr.-Ges)

4.

Verstärkung.

§. 80. Vorbemerkung. Gerichtliche Bestätigung. Eine besondere A r t von Nebenabreden bei Vertragsabschlüssen ist diejenige, die den Zweck hat, die dem V ertrage an sich schon beiwohnende verbindende K r a ft sichern.

gegen künftige

Anfechtung zu

D a s A .L .R . zählt hierher das Anerkenntniß,

zu

verstärken,

ihn

die Entsagung

der E inreden, die gerichtliche Bestätigung und die D ra u fg a b e '), wäh­ rend es die Verstärkung durch E id , welche im gemeinen Recht zulässig ist, v e rw irft *). W enn aber n u r ein an sich schon g iltig e r V e rtra g ver­ stärkt werden kann,

so gehören das Anerkenntniß und die Entsagung

der Einreden nicht eigentlich hierher, denn sie haben vielmehr den Zlvkck, einen an sich unverbindlich abgeschlossenen V e rtra g verbindlich zu machen, sie sind Verbesserungs- und H eilu n g sm ittcl, nicht VerstärkungenJ). V o n dem Anerkenntniß ist wiederholt gehandelt,

und

ebenso ist

die E n t­

sagung der Einreden schon an einem anderen O rte besprochen'). Ebensowenig sind hierher zu rechnen die Konventionalstrafe und die s. g. accessorischen V erträge (P fand und Bürgschaft), denn diese V e r­ abredungen sollen nicht das Dasein, den A b s c h lu ß des V ertrages ver­ stärken,

sondern

die

aus ihm

hervorgehenden

F o rd e ru n g e n

sicher

stellen, jene die F orderung des Interesse bei nicht geleisteter E rfü llu n g , diese die E rfü llu n g selbst. E s bleiben daher hier ü b rig die gerichtliche Bestätigung u n d die Draufgabe. D ie g e r ic h tlic h e B e s t ä t ig u n g ') soll dem Vertrage einen höheren G rad von Festigkeit geben, so daß seine Anfechtbarkeit zwar nicht ganz ') §§• 1 8 5 - 2 2 5 . b. T . *) §. 199. D ie privatrechtliche Bedeutungslosigkeit eines solchen Eides is t dadurch nicht geändert, daß die Strafbestimmung in II. 20. §§. 1425s. in die nemen S tra f­ gesetzbücher nicht übergegangen ist. Siehe Koch, Kommentar zu 1:99. I. 5. Nach röm. R . schloß der Eid die Restitution wegen Minderjährigkeit i u 3 1. 1. 0 . II. 28. Nach neuerem gemeinem Recht, welches sich unter dem Eimfluß des kanonischen RecktS gebildet hat, hat er eine allgemeinere W irkung, Verträge zu verstärken. Auth. Fried. I. sacramenta pubcrum zu !. 1. C. I I. 28 c.. 1. 6. 8. 18, 20. 23. X . I I. 24. c. 58 de R. J. in V lto . S . B a n g e r o w I. f. 1110. Aus der Praxis: S e u f f e r t B . 2 N r 261. 3) D a n i e l s I.

S . 286

(1. A.).

Oben S . 220.

4) Oben §§. 41 und 59

S . 220. 223. 365, vgl. auch

b) § § .2 0 0 - 204

H e y d e m a n n I. S . 228. Gr u c h o t I. S . 193.. G e r b e r , deutsches P r R . S . 412 (8. A.).

R . d. F

d. T . I I. S . 363.

den §. 79 unter 1. Koch,

ausgeschlossen, aber doch erschwert ist.

D ie Parteien bekennen sich vor­

dem Richter zu dem In h a lt des zwischen ihnen vereinbarten Vertrages; dieses Anerkenntnis mus; vollständig sein; die Vollständigkeit der E rklä ­ rungen und die Berechtigung und Befähigung der Parteien zur Abgabe dieser Erklärungen hat der Richter zu prüfen und demnächst dafür zu sorgen, daß die Erklärung in die F orm einer gerichtlichen Urkunde ge­ bracht werde.

W eiter geht seine Thätigkeit dabei nicht: ob der V e rtrag

dennoch an inneren M än g eln leidet, ob der eine T h eil sich im Ir r t h u m befunden,

oder betrogen w ird , kann von ihm nicht untersucht werden,

weil er an die Erklärung der P a rte i gebunden ist, n u r diese entgegen­ nimmt.

E ine solche Bestätigung ist also nicht eine Genehmigung des

Vertrages

durch

das

Gericht,

sondern

nur

eine

V e r la u tb a r u n g ,

welche an sich nicht geeignet sein kann, dem V e rtra g eine Verstärkung zu geben, die aber insofern als solche wirkte, als sich daran, vorbehalt­ lich aller Rechte dritter Personen, eine Verm uthung,

daß der V e rtrag

gesetzmäßig abgeschlossen, knüpfen sollte, so daß das Erfüllungsverlangeu nicht durch Einreden gegen die G iltigkeit und den In h a l t des Vertrages aufgehalten werden konnte,

wenn

letztere

nicht

sofort

liquid

waren.

Tiefe bereits im preußischen Prozeß durch die veränderten Grundlagen d'ü Mandatsprozesses zurückgedrängte Bedeutung der Bestätigung hat \ t dem Prozesse der Eivilprozeßordnung gar keine S telle mehr. Urkuudeuprozeß der Eivilprozeßordnung urkunden wie aus öffentlichen.

So

D er

hat ebenso statt aus P riv a t-

muß das In s titu t der Bestätigung

b:r Verträge in dem eben angegebenen S in n e als a n tiq u irt gelten, wie d e Nothwendigkeit der V erlautbarung bei V erträgen über unbewegliche Lachen fü r den Hypothekenverkehr schon längst aufgehoben w a r°). Dagegen kennt das preußische Recht noch einige wenige F älle, wo d:r zuständige Richter den Rechtsakt g e n e h m ig e n m u ß '), wo also die nchtliche Wirksamkeit des Akts von dieser Genehmigung, dem Resultat euer vorgängigen Untersuchung (causac coguitio) abhängt. F ü r das Recht it’r Sckuldverträge

kommt

auch

diese gerichtliche Genehmigung nicht

6) Geetz v, 23. A p ril 1621 (Ges S . S . 4 3 ). D ie Auslassung nach dem Gesetz vom 5. Dtai 1872 hat nicht die Bedeutung der Verlautbarung des Vertrages, sondern begründet, wie früher die Tradition, den Eigenthumsübergang. 7) Außer der sogleich zu besprechenden AntichresiS (I. 20. §. 2 2 7 ) sind solche Rechts akt;: Errichtung von Familienstiftungen und Familienfideikommiffen zu bestätigen durch den persönlichen Richter des S tifte rs bezw. des Oberlandesgerichts I I . 4 8. 21», Ges. v. 15. Febr. 1840 (G es.S . S . 20 §§. 2. 14. Ges. v. 5. M ä rz L'1e i Preuh. Priratrecht. I. 4. Auft .

35

sprachen, so sollen ihm auch die ungewöhnlichen Zufälle zur Last fallen, d. h. es soll nichts darauf ankommen, ob sie mehr oder weniger selten find").

(L Wirkung. §. 83. a. E rfü llu n g . A.L.R. I. 5. §§. 270 - 2 7 6 . 230—251. H eydem ann I. S 230.232. 236 Gruchot I. S . 512. 520. 527. B o rn em a n n II. S . 303. v. D a n ie ls II. S . 290—300. Koch, Pr.R. II. S . 69. 72. 195. R. d. F. II. S . 386. 387. D e r » bürg II. §§. 45. 46. 92. — Unterholzner I. S - 221—229. B angerow III. S. 303. S in t e n i« II. S . 148. S c u ffe r t II. S . 108f. W indscheid II. §§. 320ff. 342s. S - 227fs. 291. K eller, noch etwa« über die Exceptiones non impleti und non rite impleti contractus, in Bekker'S und M uthcr'S Jahrb. B. 4 S . 337 u. Lehrbuch §. 243.

E s gehört zum Begriff des persönlichen Rechts, insbesondere also auch des Vertrages nur als vorübergehendes Mittel zu gelten, das bedeutungslos wird und gleichsam wie eine losgelöste Schale abfällt, wenn der Zweck erreicht worden. D as Vertragsverhältniß muß n o th ­ w endig aufhören: es findet fein Ende entweder durch Erfüllung — sein Zweck ist erreicht, oder durch Aufhebung — sein Zweck ist nicht erreicht. Die naturgemäße Wirkung des Vertrages ist, daß er den Anspruch aus E rfü llu n g (solutio im w. S .) erzeugt. Erfiillen heißt dasjenige dem Gläubiger leisten, was der Gegenstand des Vertrages ist. Die Leistung individualisirt fich nach der Natur oder dem In h alt des Ver­ trages. Die Erfüllung muß daher genau und vollständig dem In h alt und Gegenstand desselben entsprechen's. An fich unwesentlich ist es, wenn nicht besondere Festsetzungen oder die Natur der Leistung etwas Anderes bedingen, wer erfüllt, ob der Schuldner oder an seiner S tatt ein Anderer, ein Stellvertreter') — wesentlich ist nur, daß der Gläu­ biger dasjenige erhalte, was er nach In h alt des Vertrages zu fordern ein Recht hat, daß er es ganz und vollständig erhalte: G a n z und voll'*) Die älteren Ausgaben de« A.L.R. bi« 1817 hatten: ungewöhnlichste. Der Sinn ist kein anderer. So hat e« auch die ältere Praxi« aufgefaßt. M at hi«, jurist. MonatSfchr. B . 10 S . 501. Koch, R. d. F. I. S . 214 will mit Rücksicht auf §. 594. I. 21 noch die Dreitheilung in gewöhnliche, ungewöhnliche (b. h. „alle") nnd ungewöhnlichste Zufalle festhalten. S . dagegen H eydem ann S 236. der mit Recht §. 594 nur al« einzelne Ausnahme ansieht, und Gruchot S . 523. ') I. 2. §. 1 . D. XH. 1 . §. 270. A.L.R. d. T. Entfch. B. 12 S . 153. S tricth orst B. 27 S . 374. $ . 30 S . 129. Bergl. 1.11. §. 25. D. de leg. II. Auch wenn der Gegenstand Sachen oder Hanhluugen Dritter find. S tr ie th o r s t B. 84 S . 127. *) U u terh o lzn er S . 221. L 31. pr. D. XLVI. 3.

s t ä n d ig :

es darf ihm weder etwas Anderes anstatt des geschuldeten

Gegenstandes'), noch auch dieser stückweise3 67 5 4 ) geleistet werden. seits muß der G lä u b ig e r

das nehmen,

Anderer­

was ihm geschuldet w ird ,

d a rf nicht mehr seinen Entschluß ändern und ein Anderes fordern.

er

Aber

er kann stückweise E rfü llu n g verlangenl ), wobei dem Schuldner n u r fre i­ bleibt, statt des Stücks oder Theiles das Ganze zu leisten6). B e i e in s e itig e n V erträgen giebt es n u r eine Leistung; bei g e g e n ­ s e itig e n

begegnen sich Leistung und Gegenleistung.

H ie r entsteht die

Frage, ob die Leistung von der einen S eite Bedingung fü r die Leistung von

der anderen Seite ist.

Es

ist zweierlei denkbar: entweder beide

Leistungen kreuzen sich, Z ug um Z u g , gleichzeitig müssen sie erfolgen — dies bildet die R egel; oder die eine Leistung hat die N a tu r einer V orleistung . I m letzteren F a ll ist es unzweifelhaft, daß die Nachleistung erst verlangt werden d a rf, wenn die V orleistung geschehen, z. B . bei M ie th e und Pacht. I m ersteren F a ll dagegen, z. B . beim K a u f, ist kein T h e il verpflichtet, eher zu leisten, als b is der andere leistet, kein T h e il ist verpflichtet, dem anderen auch n u r auf kurze Z e it zu kreditiren. Deßhalb ist bestimmt: „W e r die E rfiillu n g eines Vertrages (b. h. eines gegenseitigen) fordert, muß nachweisen, daß er demselben von seiner S eite ein Genüge geleistet habe, oder w arum er dazu erst in der Folge verbunden fei" ’ ).

D e r Ausdruck dieses Gesetzes ist insofern m angelhaft,

als im ersten F a ll der Nachweis, daß schon e rfü llt w o rd e n , vom K lä ­ ger n u r dann zu verlangen, wenn er zur Vorleistung verpflichtet w ar, bei der E rfü llu n g Z u g um Z ug muß aber das Erbieten genügen, bei E m pfang der Leistung gegenzuleisten.

D e r S in n

ist jedoch unzweifel­

haft: der K lä g e r muß entweder behaupten und demnächst beweisen, daß seine schuldige Gegenleistung bereits geschehen, oder er muß sich zur Leistung Zug um Z u g erbieten, nachzuweisen,

daß

oder endlich er hat zu behaupten und

dem Beklagten die V orleistung obliegt.

E s kann

3) I. 2. §. 1. in f. I). X II. 1. 1. 11. §. 24 de leg. III. I. 16. C. VIÜ. 43. §. 11. I. 16. A.L.R. Eine Beschränkung: S trie th o rs t III. 325. S. auch X II. 33 das. — S e u s fe rt V. 263. 4) 1. 41. §. 1. D. X X II. 1. 1.13. §. 8. D. X IX . 1 I. 6. C. V III. 43. §. 57. I. 16. ALR. 5) Dies folgt aus I. 21. de R. J. Non debet, cui plus licet, quod minus est, non licere. «) S in te n iS II. S . 54 Anui. 41. Verordnung v. 8. Febr. 1811 (Ges.S. S . 150). S trie th o rs t IV . S - 233. 7) §§. 271. 232. d. T- §§. 22. 23. 1 .16. Der Beweis der Vorleistung ist auf vollständige Vorleistung zu richten (R.O.H G- Bd- X I. S - 286). Ueber den An­ spruch auf Theilfracht trotz nicht erfolgter Ablieferung des Frachtgutes f. R O H G . IV . Nr. 35. Nach Handelsrecht (Art. 335. 347. 359 vergl. A L R- I. 5. §§. 339 bis 342. 1. 34— 40. D. X X I. 1) darf bei mangelhafter Beschaffenheit eine» Theil» der Waare der empfangbare Theil nicht zurückgewiesen werden. S te g e m a n n II S. 236. Ueber die Beweislast f. S e u f f ert B . 25 Nr. 187.

A w titr« Buch.

548

D ie besonderen Privatredbte.

ferner nach der Fassung des §. 271 nicht zweifelhaft sein und wird von der P ra x is jetzt auch übereinstimmend angenommen, daß diese B ehaup­ tungen

und

dieses Erbieten

zur

materiellen Begründung

der K lage

gehört'). Schon in der gemeinrechtlichen L ite ra tu r') ist die Anficht vertreten, daß bei dem gegenseitigen V ertrage regelmäßig der I n h a l t der Leistung, welche von der einen S eite beansprucht werden

könne, durch die G e ­

genleistung a ffizirt werde, daß das Recht nicht

einfach

sondern auf Leistung gegen Leistung gerichtet sei.

auf Leistung,

Dieser Anficht mag

vom Standpunkt des römischen Rechts aus m it G ru n d entgegengestellt werden, daß das Römische Recht die B erufung auf die Forderung des Beklagten aus betn V ertrag e als exceptio bezeichnet.

Auch muß zuge­

standen werden, daß sich der W o rtla u t des Landrechts m it derjenigen Auffassung verträgt, nach welcher nicht der In h a l t der Verpflichtung durch die Gegenleistung m o difizirt,

vielmehr

der Kontrahent erst dann als

verpflichtet angesehen w ird , wenn auch der andre erfüllt.

Jedenfalls

genügt nach preußischem Recht nicht daß bloße verbale oder reale A n ­ erbieten der eigenen Leistung, um

den einfach auf die Gegenleistung

gerichteten Anspruch zu begründen.

K an n nicht wirkliche Leistung be­

hauptet oder die Abrede der Vorleistung dargethan werden, so muß das Erbieten der eigenen Leistung in druck finden.

dem Petitum

der K lage selbst A u s­

A ls erzwingbar darf dann nicht die Leistung von der Seite

des Beklagten, sondent n u r Leistung desselben gegen Gegenleistung h in ­ gestellt w erd en ").

I s t hierin fehlgegriffen, also der A n trag unrichtig

b) H e y d e m a n n S . 37. Auch in der gemeinrechtl. Praxis-. N u r erbieten, nicht vorleisten das. X V . 14.

S e u s f e r t V H I. 299.

*) Wegen der gemeinrechtl. Literatur sei verwiesen aus B a n g e r o w I I I . §. 607. W i n d s c h e i d § 321 Sinnt. 2. Hanptvertreter der obigen Ansicht ist K e l l e r (a. a. £>.). Derselbe stützt sich insbesondere auf 1. 13. §. 8. 1). X I X . 1: o f f e r r i p retium ab emtore (lebet, q u u m ex erato a gitur, et ideo ct si p re tii partein offerat^ n o n d u m est ex emto actio. V g l. dagegen B . 5) § 4 D. 4 4 . 4 und B . 5 C. 8. 4 5 . Aus der Praxis vgl. S e u f f e r t 1 1.26. I I I . 201. V I I I . 299. I X . 333. X . 3 9 . X I . 138. X I I . 141. X V . 14. X V I I I . 180. 10) S o auch das Reichsgericht bei G r u c h o t B d . 25 S . 108. Diese Rechtslage be­ rücksichtigt auch die Eivilprozeßordnung, wenn dieselbe bei einer Berurtheilung Z ug um Zug zu leisten — oder bei einer vollstreckbaren Urkunde, die eine Leistung in dieser Weise zusichert, die Ertheilung der BollstreckungSklausel nicht an besondere Vorbedingungen knüpft, namentlich nicht der Bestimmung §. 064) unterstellt, daß solchen F alls die Vollstreckbarkeit von dem Beweis einer auf die Leistung des G lä u ­ bigers bezüglichen Thatsache — Angebot, Hinterlegung, wirkliche Hingabe — abhängt. D g l. M otive zu C P .O S . 563. D e r In h a lt der Berurtheilung ist hier ein be sonderer, und die Zwangsvollstreckung w ird zu beachten baden, daß das Urtheil n u r in der Modifikation, die eS auSspricht, vollstreckbar ist. W a ru m soll aber der Gerichtsvollzieher eilt Urtheil auf Herausgabe eines Pferde« gegen Zahlung von 1 000 M r k nicht in der Weise vollstrecken, daß er bei Auffindung der herauszu­ gebenden Sache nach dem W ille n des Gläubigers die Zahlung leistet. I n andern Fällen w ird die Zuziehung deö G läubigers erforderlich fein. — V g l. abweichende

geformt, so crgiebt sich nicht Abweisung des K lägers; der Richter hat vielmehr, weil in dem Antrag auf Verurtheilung des Beklagten ohne jenes Erbieten nur ein Zuvielfordern liegt, die Berurtheilung herabzu­ setzen auf das M indere, auf die gegenseitige Leistung Zug um Zug. Rach preußischem Recht ist hiernach der Widerspruch des Beklagten, daß Kläger noch zu leisten habe, jedenfalls Verneinung, nicht E inrede"). Kein Theil ist berechtigt, vom anderen die Leistung zu verlangen, ohne zugleich selbst zu leisten, die eine Verpflichtung hängt wirklich von der anderen ab. E s knüpft sich hieran noch die weitere Frage, ob es eine von der Einrede des nicht erfüllten V ertrages verschiedene Einrede des nicht g e h ö rig erfüllten V ertrages (exceptio nou rite adimplcti contractus) g ieb t"). D ie Existenz der letzteren ist nicht damit verneint, daß die Existenz der ersteren verneint wird — sie kann ein selbständiges D a ­ sein zu besonderen Zwecken haben. Zw ar wird m an bei fehlerhafter Leistung, die man a ls Leistung nicht anerkannt und angenommen hat, denselben Zweck verfolgen, den man mit der s. g. exceptio non impl. c. erreichen will, nämlich den Anspruch des Klägers auf Vorleistung zu beseitigen, und in diesem Fall ist sie ebensowenig eine Einrede; hier steht sich die Nichterfüllung mit der nicht gehörigen Erfüllung ganz gleich. M an kann aber auf G rund fehlerhafter Leistung, die als Leistung an­ genommen worden, selbständige Zwecke verfolgen, z. B . die Verweigerung eines entsprechenden Theils der eignen Leistung bis zur vollständigen oder verbefferten Erfüllung, die man vom Kläger verlangt, oder bis zur Leistung der Gewähr, wenn diese nicht genügend erfolgt ist: in diesen Fällen ist sie eine Einrede, eine Anwendung der exceptio doli13). E s kann sich auch die Einrede als die Geltendmachung einer GegenfordeAuffassung bei F i t t i n g Arch. f. civ. Praxis B. 61 S . 436, auch Wach Vorträge S . 237 und dagegen E c c iu S bei G rn c h o t B. 23 S . 739, W ilm o w s k i und Levy zu § .6 6 4 E. P . O Auf dem Gedanken der Abhängigkeit des Anspruchs von der noch nicht erfolgten Gegenleistung beruht auch die im §. 628 E .P .O . zum Ausdruck gebrachte Unzulässigkeit de- Mahnverfahrens bei einem solchen Anspruch. u ) F ö r s t e r , Klage und Einrede, S . 380. H e y d e m a n n S . 237. R O.H.G. IV. Nr. 85. 13) Auch hierüber viel S treit. B a n g e r o w S . 306 IV. Dazu noch die Andeutun­ gen von K e l l e r S . 369. Dagegen P u c h ta und S e t t e r (s. oben Note 10), welche eine von der exc. n. i. c. verschiedene exc. n. rite i. c. bestreiten. D as O.A.G. Dresden (Zeitfchr. f. Rpfl. und Benv. N. F. XVI. S . 150 Ann. I. 217) betrachtet die exc. n. rite i. c. als peremtorifche Einrede, das O.Trib. S tu ttg art (Würt. Arch. V. 6 S . 164) als dilatorische. ia) He u s e r , Ann. II. 696. DaS Wesen der exc. non rite besteht in einer f e h l e r ­ h a f t e n Leistung. Gegen die Annahme einer exc. non rite adimpleti contractus H e e r w a r t . Arch. f. civ. Prax. VII. 6 . 353, auch Wi n d s c h e i d §. 321 Anm. 5 ; jedoch erkennt auch W i n d scheid für den Fall der angenommenen Leistung eine Umkehr der Beweislast an: ebenda Anm. 6.

550

Zweite» Buch

D ir befonbmn Privatrechte.

rung (exceptio compeusationis) charakterifiren, wenn z. B. wegen der mangelhaften Erfüllung oder der fehlenden Gewährleistung eine Ent­ schädigung beansprucht wird, und sie kann der Grund zu einer Wieder­ klage auf Aufhebung des Vertrages werden. Entscheidend ist die B e­ weislast: fie fällt dem Kläger zu, wenn der Beklagte keinen selbstän­ digen Anspruch durchsetzen will, dann ist auch die Einrede des nicht ge­ hörig erfüllten Vertrages nur Verneinung; fie fällt beut Beklagten zu, wenn er auf Grund der mangelhaften Erfüllung ein en selbständigen Anspruch erhebt, hier ist fie eine wirkliche Einrede. Zn der preu­ ßischen Praxis ist auch die Möglichkeit einer solchen besonderen Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages anerkannt"). B ei der Erfüllung der Verträge sind noch drei Momente ins Auge zu fassen: der Gegenstand, die Zeit und der Ort der Erft'tllung. a. D er G egenstand "). Statt der „durchaus bestimmten" Sache (Individuum, species) darf keine andere ausgedrungen werden. D ies ist nicht nothwendig eine Einzelsache, auch eine Mehrheit, nur muß sie in irgend einer Weise durchaus bestimmt, also nicht bloß als Quantität versprochen sein. z. B . der Wein in bestimmten Schläuchen oder Ge­ binden, das Grundstück mit dem gesummten Inventarium"). Sind Q u a n titä te n (genus) Gegenstand der Leistung, so muffen sie von mittlerer Art und Güte gegeben werden"). Ist von mehreren bestimm­ ten Sachen oder Quantitäten die eine oder die andere zu leisten, so D ie preuß. Praxis beschrankt den §. 271 auf die Fälle, wo der Vertrag überhaupt noch zu erfüllen. Wo dies im Wesentlichen schon geschehen, und eS sich nur noch um Einzelheiten handelt, wird die exceptio non rite adimpleti contractus gege­ ben, die nicht die Abweisung deS Anspruchs auf ganze Gegenerfüllung, sondern nur soweit die Bemängelung reicht, also theilweise Abweisung erreichen läßt. PrLi. 857. 1174. (Sam m t. I. S - 14.) Entsch. B . 6 S . 229, B . 11 S - 190. Die Unterscheidung einer Erfüllung des Vertrages im Wesentlichen und in Nebeudinzen stellten auch die früheren Auflagen dieses Buchs auf. Bei einer noch so weit vor­ gerückten Leistung, die als Erfüllung noch nicht angenommen oder genehmigt ist, wird die Zurückweisung der Annahme den Leistenden stets nöthigen darzulegen, daß volle Erfüllung gewährt fei. Die Umkehr der Beweislast, die Stellung des Beklagten als Angreifer, Excipient, gebührt ihm erst, wenn er die angenommene Erfüllung als mangelhaft darstellt. Beispiele der Anwendung der s. g. Einrede des nicht erfüllten, und der Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages können aus der Praxi» in großer Anzahl beigebracht werden. S - H e y d e m . S . 238. S t r i e t h . I. 6. 7. 75. III. 65b. 86. VI. 140. 259. X . 39. X I. 347b. 350. X II. 125. X X . 71a. 73. X X I. 200a. XXVII. 23b. 30. X X X III. 37. RcchtSfalle I. 154.162. 214. Entsch. ©. 17 S . 184.187 u. s. w. Bei F ö r s t e r Kl. u. E inr. wird die ex. non rite a. c. nach preuß. R. ganz verworfen. Bei S e u f f e r t V. 147 ist sie bezeichnet als ein Entschädigungsanspruch in Form einer Einrede. " ) 2 7 3 — 276. d. T . §. 11. I. 16. Z ur Vergleichung: I. 11. §§. 900. 928. I. 13 §. 37. I. 14. §§. 24. 121. ’6) I. 2. C. IV. 48. SeehandlungSprämienscheine sind durch die Nummer individuell bestimmt. S t r i e t h . B . 19 S . 57. ir) Ueber den Begriff der Q uantitäten s. oben §. 2 I S . 118, §. 65 S . 431. '*)

hat der Schuldner die W ahl. D aß die getroffene W ahl nicht mehr geändert werden d arf, folgt daraus, daß sie das die Leistung be­ stimmende M oment ist. Sobald gewählt, ist die Sache „durchaus be­ stim m t", es bars nun keine andere geleistet w erden"). Wie sich die Verpflichtung zur Leistung in den Fällen gestaltet, wo absolute oder relative Unmöglichkeit oder Untheilbarkeit vorliegt, ist §. 66. 67. be­ sprochen"). Auch H a n d lu n g e n müssen genau nach dem In h a lt des V ertrages erfolgen"). Freilich ist der hierbei zulässige Zwang oft nur ein Versuch, und es muß schließlich doch Entschädigung wegen ver­ weigerter oder schlecht geleisteter Handlung in Anspruch genommen werden. b. Die Z e it der Erftlllung"). E s muß rechtzeitig erfüllt wer­ den"). Zunächst steht es in der Willkür der Parteien, für die E r­ füllung eine bestimmte Zeit festzusehen, entweder einen Zeitraum , innerhalb welches, oder einen T ag, an welchem geleistet werden muß. I m ersten F all hat der Schuldner das Recht, an jedem Tage des Zeitraum s zu leisten, der Gläubiger kann erst am letzten Tage fordern"). I m zweiten F all hat das preußische Recht die Regel des römischen, daß der Tag zu Gunsten des Schuldners festgesetzt sei"), nicht angenommen, vielmehr beide Theile an den Termin gebunden; nicht bloß der G läu­ biger darf nicht eher fordern, sondern auch der Schuldner nicht eher leisten"). Eine versuchte Leistung befreit ihn n ur, wenn sie der Gläubiger ohne Vorbehalt angenommen, sonst bleibt er verhaftet für den Z u fall, der die Sache treffen tarnt, und wenn eine Handlung '*) Ueber alternative Oblig. oben §. 65 S . 432. 19) S . 43s). 439. -°) Die Erfüllung einer Verbindlichkeit, deren Gegenstand Geldzahlung ist, wird nach den Grundsätzen der Civilprozeßordnung §§. 708— 768 durch Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners erzwungen: bezüglich der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen finden diese Bestimmungen in dem preußischen Ge­ setz vom 4. M ärz 1879 ( G S . S . 102) und in Gemäßheit des letzteren in der SubhastationSordnung vom 15 März 1869 (G S . S 421) ihre Ergänzung. Auch zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen, von Handlungen oder Unterlaffungen ist die Zwangsvollstreckung zulässig. E.P.O- §§. 769—779. Aeltere Vorschriften besonders Ex.Ges. v. 4. M arz 1834. — Die Zulässigkeit der Verurtheilung zur Obligationsersüllung sowie die Zulässigkeit des Zwangs bei andern als Geldschulden bringt das moderne Recht in scharfen Gegensatz zum römischen. §. 7. J. III. 15. ’ ») §§. 230—246. d. T . -2) §. 15. I. 16.

-2) §. 2. J. m . 15. §. 26. J. in. 19. 34) 1. 38. §. 16 D. XLV. 1: certa die promissum vel statim dari potest: totum enim medium tempus ad solvendum liberum promissori relinquitur. 1. 41 §. 1 eod.: diei adjectionem pro reo esse, non pro stipulatore. 1.137. § .2 eod. Ebenso bei Auflagen an den Erben: 1. 17 de R. J . n ) §§. 241 f. d. T . Bergl. I 11 §§. 758. 935 1 . 16. §. 16. Ausnahme I. 12. §.3 3 0 . Bergl. D .H .G .B . Art. 334.

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Zweite« Buch.

Die besonderen Privakrechtc.

Gegenstand des Vertrages gewesen, muß sie zu rechter Zeit wiederholt werden. Kann es nicht geschehen, so erwächst ein Entschädigungs­ anspruch, auf welchen jedoch die Vortheile abgerechnet werden, die die frühere Leistung dem Berechtigten etwa schon gebracht hat. Haben die Parteien in unbestimmten Ausdrücken die Zeit vereinbart"), und zeigen diese die Absicht auf nahe Erfüllung, so kann fie jederzeit gefordert werden"). Ist „nach Möglichkeit oder nach Gelegenheit" die Leistung versprochen, so unterscheidet das A.L.R. in sehr unnöthiger Weise, ob schon vor diesem Versprechen eine Vertragspflicht vorhanden war, z. B . wenn es bei einer Fristbewilligung oder einer Mahnung gegeben, und ob dieses Versprechen in dem Vertrage selbst enthalten ist, mit der Begründung der Schuld zusammenfällt. Dort soll der Richter die Zeit der Erfüllung bestimmen — d. h. der Richter entscheidet in seinem Urtheil, ob zur Zeit der Erhebung des Anspruchs die nach den Um­ ständen als richtig zu erachtende Zeit gekommen w ar"); hier hängt die Bestimmung vom Verpflichteten ab"). I n allen Fällen, wo der Willkür des Schuldners die Zeit der Erfüllung anheimgegeben worden, muß der Gläubiger bis zu besten Tod warten und sich an besten Erben halten"). Is t endlich von den Parteien über die Zeit nichts festgesetzt, so entscheidet nach römischem Recht die sehr natürliche Regel, daß so­ gleich zu leisten"). D as A.L.R. sagt: „so tritt die richterliche Bestim­ mung ein""). D ie Bedeutung ist die oben bereits erwähnte; müßte 36) §§. 235f. b. T Beispiele aus dem röm. R. I. 41. pr. 1. 42. D. XLV. 1. 1. 17. §. 3 D. XL. 4. 1. 217 §. 1 de V. 8. 27) Auch bei freigebigen Verträgen. S t r i e t Horst IV. S . 174. 2°) St r i et hor s t HI. S. 270. Rechtsfälle IV. S- 305. R.G. bei Gruchot B. 24 S . 469. 29) RechtSfälle III. S. 177. St r i et horst B. 48 S . 315. Bergt R.O-GG. I. Nr. 1Dem gemeinen Recht ist natürlich eine solche Kasuistik völlig fremd. „Quum commodissimum erit“ heißt soviel quum primum sine turpitudine et infamia dari possit. 1. 79 §. 1 D. XXIII. 3. Und: ad id quod actum est, interpretationem redigendam es$e. 1. 125 de V. S. DaS ist da- allein Vernünftige. DaS ge­ meine Recht gewahrt bei Ausdrücken, die die Erfüllung nach Möglichkeit festsetzen, eine Frist nach richterlichem Ermessen. S e u f f e r t B. 9 Nr. 15. Bergt. B. 8 Nr. 240, B. 23 Nr. 116. 30) Seine Verbindlichkeit geht dann nur dahin, daß er fortan nichts thut, was die künftige Erfüllung unmöglich machen kann. §. 239 d T. Die Erfüllung-zeit muß aber lediglich vom Willen de- Schuldners, ihre Bestimmung darf nicht von dem Eintritt eine- Ereignisse« abhängen, selbst wenn dieses der Schuldner will­ kürlich herbeiführen könnte. S. Gruchot S . 518 Nr. 3. Einseitig darf der Schuldner nicht durch letztwillige Verfügung die Erfüllung noch über seinen Tod hinausschieben. Eutsch. B. 56 S . 24. St r i e t h. B. 62 S . 65. Das Warten bi- zum Tode auch schon nach röm. R. 1. 9 D. XL. 8. 1. 11 §. 6 de leg. III, 1. 4 D. XIX. 2. S e u f f e r t B. 3 Nr. 151. #1) 1. 14. D. de R. J.: ln Omnibus obligationibus, in quibus dies non ponitur, praesenti die debetur. 1. 41 §. 1 ü. XLV. 1. Deutsche- H.GB. Art. 326. aa) §. 230 b. $ . Gruchot S . 512.

m an die Bestimmung dahin verstehen, daß der Richter in allen Fällen die Erfüllungszeit festzusetzen habe, so wäre im Gesetz Unsinn a u s­ gesprochen. F ü r das hiernach nur im Streitfall erforderliche Urtheil bleibt jene in der N atur der Sache begründete römische Regel, daß so­ gleich zu erfüllen, vor Allem maßgebend und nur wo die besonderen Umstände es rechtfertigen, kann er den Termin angemessen hinaus­ schieben (modicum tcmpus) "). Bei bloß wohlthätigen (freigebigen) Verträgen, zu denen die belohnende Schenkung nicht zu rechnen ist"), bestimmt der Verpflichtete die Zeit, nur darf die Erfüllung dadurch nicht vereitelt werden. I n keinem Falle ist die Erfüllung zu einer ungelegenen Zeit zu fordern oder anzubieten; ungelegen wird aber die Zeit zu nennen sein, wo man derartige Geschäfte nicht abzumachen pflegt'"). Endlich kann die Zeit auch als Bedingung von den Parteien gewollt sein — dann ist der Berechtigte nach vergeblichem Ablauf nicht mehr verpflichtet, die Erfüllung anzunehmen und gegenzuleisten, die Verpflichtung fällt weg. c. D er Q r t der E rfüllung"). D er richtige O rt bestimmt sich ent­ weder durch die N atur der Leistung, wenn sie nur an einem bestimmten O rt geschehen kann, z. B . die Uebergabe eines Grundstücks, die Auf­ lassung desselben vor dem Gericht die Herstellung eines Werks an einer bestimmten Stelle, oder, wo dies nicht der F all, nach Umständen, die der Richter, wenn die Parteien den S treit darüber vor ihn bringen, zu würdigen h a t" ). Sonst entscheidet bei lästigen V erträgen, wenn die Leistung ein G e b e n " ) ist, die W ohnung") des G läubigers, wenn die Leistung ein T h u n ist, die Wohnung des Schuldners zur Zeit des Vertragsabschlusses; bei freigebigen Verträgen immer der O rt, wo der 3J) §§• 231. 234 d. T- Z B- wenn der Schuldner an den Zahlungsort hinreisen muß, I. 41 §. 1 D. XLV. 1., wenn ein Bau auszuführen, 1. 14. 73 98 §. 1 eod., wenn sich die Erfüllung auf eine künftige Sache bezieht, 1. 73 eocl. M ) S t r i e t h . IV. 174. 3i) S e u f f e r t I. Nr. 204. Die au« den Umständen zu ermessende Billigkeit muß entscheiden. Deutsch- H.G B. Art. 332. '") §§. 247—251. d. T §. 27. 1 .16. B e t h m an n- H o l l w e g, versuche S . 17. S a v i g n y , System, B. 8. §§. 370. 371. Oblig.R-1. S 509s. Mommsen, Beiträge z. Obl-R B. 3 S 2l3f. Reatz, die Lehre vom Erfüllungsort, 1862. Wind scheid D. ll- h. 282. De r nb ur g II. tz. 57. Bgl. auch Westerburg bei Gruchot B. 25 S . 42. •17) Locus non inopportunes 1. 39. 11. XLVI. 3. Ausdrückliche Festsetzung der Par­ teien: qui certo loco dare promittit, nullo alio loco solvere invito stipulatore polest. 1.9. v. 1.13. Preuß. Praxis- Eutsch. B. 41 S . 30. Striethorst B. 16 S - 344c. 352. B. 33 S- 311. Deutsche« H.G.B. Art. 324. 325. 3#) Auch Zahlungen: St ri et horst B. 15 S . 108. D-H.GD- Art. 325. Dgl. §. 91 *21mn. 4 3 - 4 5 . 39) St ri e thor st B. 15 S . 200. Unten §. 91 Note 43. Iust.Min.Bl. 1840 S . 254. A L R- I. 16. §. 52. Doch vergl. Koch, Komm. Note 7 b zu 8- 248. 1. 5 und in Betreff der Uebergabe beweglicher Sachen unter Abwesenden §§. 128—133 I. 11. A.L.R.

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Zweites Buch.

Verpflichtete sich a u fh ä lt"). die W a h l4I).

D ie besonderen Privatrechte.

Unter mehreren Orten hat der Schuldner

A n einem anderen O rte kann der Gläubiger die Zahlung

nicht verlangen, und der Schuldner, der durch sein Dazuthun genöthigt wird, an einem andern O rt zu leisten, kann verlangen, daß er ihm den Schaden ersetzt, namentlich muß der Gläubiger, falls er seinen Wohnsitz, an dem zu erfüllen war, verändert hat, sich Uebersendung auf seine Ge­ fahr und Kosten gefallen lassen41). N i c h t e r f ü l l u n g oder m a n g e l h a f t e Erfüllung wirken verändernd auf das Schuldverhältniß, die Leistung verwandelt oder erweitert sich. Davon wird später zu sprechen sein44).

b.

Gewährleistung.

A.L.R . 1 .5 . § § .3 1 7 — 348 (die allgemeinen Grundsätze). §. 344 (nothwend. Verkauf). §§. 4 8 4 - 4 * 6 (ErbschaftSkaus). und Rechte).

§§. 1083. 1084 (Schenkung).

meinschaftlichen Eigenthums).

§§. 420— 441 ((Session).

§ .8 7 5 (Verträge auf Handlungen gegen Sachen

§ 242 (Angabe an Zahlungsstatt). brauch).

I. 11. §§. 1 3 5 - 2 1 4 (K a u f.

§§. 367— 372 (Tausch.

I. 12. §. 301

Vennächtniß .

I. 16.

I. 17. §§. 07— 100. 126 (Theilung des ge­

I. 20. §. 23 (Pfandvertrag).

§§. 272. 273. 417— 432 (Pacht).

I. 21 §. 84 (Nieß­

A .G .O . 1. 17. C .P .O .

§§. 60— 72

(Streitverkündigung). — H evd em . I. S . 240.

G ru c h o t I I.

S . 4 0 3 fg. X . S . 10 5 fg.

v. D a n i e l s I I. S . 311. Koch.

P r.R . II. S . 196.

99 or nein. II. S . 331.

R- d. F. II. S . 401.

D e r n b u r g II. §§. 141 ff.

jur. Wochenschrift, 1838 S . 321. 524. 745. 761. 1848 S . 409.

Plathner,

S . 260. 2 6 3 f. und I. © .4 8 8 . 493.

Sinteniö

1863 I I . S . 82. 91. Eropp,

Geist des pr. R .

S . 2 8 8 f.

I.

Roloff, S . 200.

v. B a n g e r o w II.

I I . S . 606. 622.

kauften Sache nach germ. Rechten.

Arndts,

jurist. Wochenschr. U n t e r h o l z n e r II.

S . 322. 331.

Seuffert,

Arndts

prakt. P a n d R . 4. A.

W i n d s c h e i d II. §§. 391— 395 S . 4 7 2 fg.

Abhandl. 99.1 1827 S . 163:

1851, I. Th.

S . 200. 463. IX .

Heyse und

Die Gewährleistung für Mängel der ge­

M ü l l e r , die Lehre des röm. R . v. d. Eviktion.

Liebe im Rechtslexikon IV . @ .8 1 1 .

Bekker,

zur Lehre v. d.

40) R e a tz führt die Sätze aus: bei Vertragen, die dem Gläubiger Vortheil gewähren, ist der Erfüllungsort beim Schuldner; bei Verträgen zum Vortheil des Schuld­ ners ist er beim Gläubiger; was die Verträge zu beiderseitigem Vortheil betrifft, so hat beim Kauf , der Käufer die Waare abzuholen und den Preis zu bringen (vergl. J h e r i n g in f. Jahrb. 99. 4 S . 421 f ) . Der Miether muß ebenfalls abholen und zurückbringen, und dem Bermietyer auch den MiethzinS bringen. Endlich bei Obligationen, bei welchen kein Theil einen Bortheil hat, z. 99 . bei dem Schadenersatz-Anspruch aus Delikten, muß die Erfüllung dem Gläubiger ge­ bracht werden, dagegen muß der Gläubiger sich die Erfüllung holen, wenn die Obligation in einem Zurückgeben besteht. 41) I. 2. §. 2. 3. D. I. 13 (bis zur Klage; nach neuerem Recht bis zur wirklichen Beitreibung durch Zwangsvollstreckung. 4J) Gemeine- Recht: S e u f f e r t I I. 157. D er Schuldner kann dem Gläubiger, wenn über den Zahlungsort nichts festgesetzt, überall, wo opportunus locus ist. zahlen. S e u f f e r t X . 24. 41) Unten §. 106.

Eviktionsleistung, in s. und Muther'S Jahrbücher B . VI. ©• 2 22 (1863). 6 tob b e Bd. III. §§. 1*4. 185. — Ueber Ctreitverkündigung: Koch, R. d- F. II. 6 .4 2 7 . Dessen Eivilprozeft 6 . 7h. 72. B ö l e im Arnsb. Arch. D. 7 S . 22. F ö r s t e r , Klage und Einrede 6 . 7u. H e f f t e r , preuß. Civilprozeß, 1*57 © . 305. — He i mbac h im Rechtslex B . 6 6 .7 2 2 . D e r n b ü r g , Etw as über die Streitverlündignng in der Zeitschr f. Liv.R u. Pr. N F- II. 6 . 1 1846. F u c h s, zur d^ehre v. d- Ltreitverkündigung im Arch. f. prakt. R W. B 2 6 . 337 :(185-1). B . 1 6 . 1 (1855). — Z a c h a r i ä l P u c h e l t ) II. 6 . 312. 470.

§. 84. Allgemeines. Die Erfüllung, wie sie tz. 83 darstellt, ist nur das Geben oder T hun an sich, als ä u ß e rlic h e Thatsache'). S ie genügt nicht, um die dem Schuldner obliegende Leistung vollständig zu erschöpfen. E s kann die Befriedigung des G läubigers immer noch eine nur scheinbare sein; um sie zur wirklichen zu machen, gehört noch ein mehr in n e rlic h e s M oment: der Schuldner muß dafür einstehen, daß der Gläubiger die ihm gegebene Sache nach dem In h a lt des V ertrages, der den Zweck der Vermögenserweiterung ausdrückt, gebrauchen und behalten kann. D ies ist die Pflicht zur G e w ä h rle is tu n g . I m weiteren S in n kann sie zwar auch als zur Erfiillung gehörig aufgefaßt werden, und so ge­ schieht cs im A.L.R. ’), nur darf dabei nicht übersehen werden, daß ihr die äußerlich erkennbare Erfüllung, das Hingeben (tradcrc) bereits vor­ angegangen sein muß, ehe sie in Anspruch genommen werden kann, daß sie in diesem engeren S in n e einen bereits erfiillten V ertrag voraussetzt'). D as römische Recht kennt zwei verschiedene Institute, die G e w ä h rle is tu n g fü r F e h le r der Sache nach dem E d ik t der A e d ile n , und die Gewährleistung für E n tw e h ru n g ( E v ik tio n ) , beide Institute in den Quellen hauptsächlich in Beziehung auf den K auf entwickelt, aber auch schon im römischen Recht, mehr noch im heutigen gemeinen von allgemeinerer Anwendung. I. Die G e w ä h rle is tu n g fü r F e h le r konnte zwar schon mit der Vertragsklage gefordert werden, aber mit der Einschränkung, daß auf Seiten des Gebers ein Verschulden (dolus oder culpa) vorliegen mußte, daß er die bessere Eigenschaft besonders versprochen4), oder, den M angel kennend, ihn verschwiegen hatte'). Diese Beschränkung der V ertrags') 1.107. D. XLVI. 3: n a tu r a lite r resolvitur obligatio, veluti solutione.

*) §. 317. d. T. 3) Siehe hierüber Gruchot II. 299f. Entsch. B. 11 S . 190. Echtes. Arch. III. 633 bei Nr. II. R.O.H.G. VI. Nr. 20. 4) I. 6. §. 4. 1. 13. §. D. XIX. 1. 1. 45. D. XVIII. 1. I. 15. D. XVIII. 6. -) 1. 37. D. IV. 3. 1.1. §. 1. D. XIX. 1.

klage beseitigte das Edikt der Aedilen, welches auch gegen den venditor ignorans Rechtsmittel gab*). Die Erweiterung war aber nicht durch­ greifend. D as Edikt betraf nur Kauf und Tausch') von Vieh und Sklaven und bezog sich nur auf Körpersehler im Allgemeinen und auf einige Seelenfehler bei Thieren (und Sklaven), während das Civilrecht die Vertragsklage wegen aller Fehler und bei allen Verträgen auf Treu und Glauben gab. So sonderte sich eine Klaffe s. g. Ediktsfehler aus. D as Rechtsmittel des Edikts war ein doppeltes: ein Anspruch aus Herabsetzung der Gegenleistung mit der M in d e ru n g s k la g e (actio quanti minoris s. aestimatoria) und ein Anspruch auf Aufhebung des Vertrages mit der Wandelklage (a. redhibitoria), zwischen denen der Käufer wählen konnte"), während die Kontraktsklage immer nur auf Ersatz des Jntereffe ging"). Jene beiden Klagen waren in kürzerer Zeit verjährbar, die erste in einem Jah r, die zweite in sechs M onaten,0). Die Kontraktsklage verblieb der gewöhnlichen Verjährung von 30 Jahren. D aß das gesonderte Nebeneinander der Vertragsklage und der ädilischen Klagen sich nicht erhalten konnte, lag in der Natur der Sache; die erstere wurde von den letzteren beeinflußt und wieder die letzteren wur­ den nach dem Vorbild der ersteren aus ihrer engen Umgrenzung herausgeriffen: es erhielt der Anspruch auf Gewähr für Fehler einen all­ gemeineren, abstrakteren Charakter, die Minderungs- und Wandelklage wurde nicht blos bei den s. g. Ediktsfehlern, sondern bei allen Fehlern gegeben, die nicht gerade ganz unbedeutend, wenigstens ihrem Grunde nach schon zur Zeit des Vertragsabschluffes vorhanden und nicht sicht­ bar w aren"), und aus die Vertragsklage wurden die kürzeren Ver­ jährungsfristen übertragen, wenn sie sich gegen den venditor ignorans richtete, was auch zugelaffen wurde"). Bei absichtlicher Täuschung des Käufers blieb die 30jährige Verjährung bestehen. S o ist im heutigen Recht das ädilische Edikt „nichts anderes als eine spezielle Normirung der actio emti" "). Auch dem früheren deutschen Recht") war bereits eine Gewähr *) 1.1. §. 2. D. XXL 1. 0 I. 63. 1. 19. §. 5. D. XIX. 1. 1. 2. D. XIX. 4. ®) I. 1 §. 1. D. XXL 1. Wandelklage beim Sklavenhandel. I. 38. pr. §. f> eod. Wandel- und Minderung-klage beim Biehhandel. Beide Klagerechte auch auf andere Käufe angewendet, z. D. auf Grundstücke: 1. 49. eod. 1.4. C. IV. 53. 1. 1. pr. 1. 63. D. eod. 9) Bangerow S. 325. UI. Keller in S e ll, Iahrb. B. 3 S . 86f. ") 1. 38. pr. D. XEX. 1. 1. 2. C. IV. 53. ") 1. 13. D. XIX. 1. 1. 6. §. 4. eod. 1. 49. D. XXL 1. S eu ffert VII. 160. 12) Bangerow S. 355 U. 330 VIII. Unterholzner II. S . 274 Note Ob. K eller, Pand. S. 630. ") Heise und Eropp a. a. O. B luntschli, Deutsche- Priv.Recht. 3. A. S . 334. Hoffmaun im Arch. f. prakt. Recht-wiff. IV. 185fg.

Gewährleistung.

§. 84.

557

Allgemeine-.

fü r Fehler bekannt und das In s titu t besonders in den m ittelalterlichen Stadtrechten ausgebildet.

S o w eit es von den römischen Grundsätzen,

die nach der Rezeption die herrschenden wurden, abwich, hat es sich noch im kaufmännischen Verkehr erhalten.

D ie Bestimmungen des deutschen

Rechts sind enger und strenger a ls die des römischen.

E in Recht auf

P reism inderung w a r ihm unbekannt, dagegen gestattete es W andelung, doch n u r so lange, bis der E m pfänger die W aare besehen und in seine Were gebracht, und n u r wenn der Fehler dem Verkäufer bekannt ge­ wesen und von ihm verschwiegen w orden'').

D aher hörte die V erpflich­

tung des letzteren, fü r Fehler einzustehen, au f, sobald die W aare die Waage passirt w ar.

D a s Besehen mußte ohne Zeitverlust nach dem

Em pfange erfolgen, wenn es nicht schon wie beim Platzhandel vor dem­ selben stattgefunden

h a tte " ).

E in

längeres

konnte n u r fü r heimliche M ä n g e l eintreten.

Haften

des Verkäufers

Besonders ausgebildet er­

scheint die G ewährleistungspflicht in Beziehung auf den V ie h h a n d e l"), und hier haben sich die deutschrechtlichen Anschauungen am meisten noch in Partikularrechten erhalten. Wegen bestimmter K ra nkheite n'"), die nach dem Em pfang ausbrachen,

w a r eine W andelung des K a u fs ge­

stattet und diese an sehr kurze Fristen gebunden. In d e m das römische Recht n u r Erheblichkeit des Fehlers erforderte, sich also nicht a uf ein­ zelne Krankheiten beschräntte, w a r es dem Recht des K äufers günstiger. D a s A .L .R . ist hier, wie bei der Lehre vom K a u f zu zeigen sein w ird , dem deutschen Recht g e fo lg t"). :o) Z B . H a m b u r g e r S ta tu t von 1252. So w elkerhande goet ein man kost und besuth, d at scal he ghelden. W a re aber koren (K orn) oste holt an eneme schepe (Schiffe) unde boven (oben) beter were denne neden (unten), und nich t geseget w u rd e , so wat ein m an des goedes an sine were b rin g e t, dat scal he ghelden und dat andere nicht, und de it valschelike in dorne schepe hevet, scal it beteren m it 3 m ark sülvers. Kost e in man quic (Vieh) und besuth he id, he scal id ghelden. Lü bischeS Recht nach dem Codex von B r o k e S I. A rt. 101. I I . A r t. 316. I I I . A rt. 2 6 7 und nach dem revidirten R . I I I . t it. 6. A rt. 1 1 : „Derkauffet einer dem andern Laken oder Gewand, welches der Käufer in feine Gewer empfangen, wird dann in dem Laken ein oder mehr R iß befunden, so kann sich der Verkäufer, daß er es nicht gewuft, m it seinem Eide entlegen, und btiiff den Schaden nicht gelten, eS were dau ein anders unter ihnen bedinget und abgeredet." A rt. 1 5 : ..Kaufst jemand, eS sey waS eS vor G u t wolle, wann er dasselbe zuvorn zur Gnüge besehen, do eS kan besehen werden, solches muß er bezahlen. Können aber die Gebrechen mit menschlichen S in n e n nicht begriffen, und gleichwol Hernachmals die W ahren untüchtig befunden werden, soll man die Bezahlung davor zu thun nicht schuldig seyn, unangesehen, daß der Kauffer das G u t in fein Gewer gebracht, were aber der Berkauffer in dolo, so w ird er darumb billichen gestrafft." 6) S e u f f e r t I I . 2 3 (Erk. v. Lübeck).

Besondere Fristen waren nicht vorgeschrieben

7) Besonders bei Pferden, Rindvieh, Schweinen und Schafen. S t o b b e Bd. III. §. 185. Lüb. rev. R . I I I . 6. A rt. 15. 17. Probetage von 24 Stunden bis 3 Tage. Neuere partikularrechtliche Bestimmungen f- bei S t o b b e A n m . 1. 8) Nach lüb. R . ( I I I . 6. 17) , wenn das Pferd anbrünstig (asthm aticus), (retrogradus) oder schnöbisch (lu n a tic u s ) ist. •) A .L .R . I. 11. §. 199 ff.

Unten §. 125.

stettisch

Die Gewährleistung für E n tw e h ru n g bezieht sich auf das habere licere des Empfängers,0). E s ist ein zweifelloser Grundsatz, daß Niemand mehr Recht an einer Sache auf einen Anderen übertragen kann, als er selbst daran hat. Wer es thut, überträgt soweit nur ein Scheinrecht; der, dem es wirklich gebührt, darf dadurch nicht beein­ trächtigt werden, und muß, wenn er es geltend macht, durchdringen, er e v in zirt die Sache ganz oder theilweis. Die vertragsmäßige Hingabe der Sache hat also dem Gläubiger das Recht nicht verschafft, was er daran erwerben wollte und nach Inhalt des Vertrages zu erwerben be­ rechtigt war: der Erfüllung fehlt auch hier noch die innere Vollendung. Gegen den Nachtheil aus Rechtsansprüchen D ritter an das Vertrags­ objekt sicherten die Römer durch eine duplac stipulatio; es wurde be­ sonders versprochen, daß im Fall der Eviktion der doppelte Betrag der Gegenleistung restituirt werden sollte, und zwar bei nur theilweiser Ent­ wehrung int Verhältniß zum Ganzen"). Diese Verabredung auf's Doppelte ist im heutigen Recht zwar unpraktisch"), aber es folgt auch ohne besonderes Versprechen schon aus der Natur der Verträge auf Geben, daß der Schuldner den Schaden ersetzen muß, der daraus ent­ steht, daß der Empfänger die Sache nicht behalten kann"). Wenn nun auch beim Kauf, weil er den Zweck hat, das vollste Recht an der Sache, das Eigenthum, zu übertragen, die Pflicht, für Entwehrung einzustehen, vorzüglich ihre Eigenthümlichkeiten zeigt und deßhalb in den römischen Quellen die vielen feinen Fragen, die hierbei heraustreten, vornehmlich in Beziehung auf den Kauf besprochen sind, so hat sie doch einen viel allgemeineren Charakter, sie ist überall anzunehmen, wo nach dem I n ­ halt des Vertrages der Empfänger einen Anspruch auf das Behalten­ können hat. So also gewiß beim Tausch"), so wenn vergleichsweise"), oder an Zahlungsstatt**) eine Sache hingegeben, bei Theilungen"), z. B . der Erbschaftstheilung"), bei der Mitgift (dos)"), der VerpfänII.

20) 1. 11. §. 8. D. XIX. 1. 1. 13. §. 3. D. XII. 2. Darüber daß richtiger Ent­ wehrung zu schreiben ist, s. Windscheib §.391 Anm. 1. Sl) 1. 37. §. 1. D. XXI. 2. E« konnte auch mehr oder weniger versprochen werden. 1. 56. pr. D. eod. Diese Verabredung war ein pactum adjectum. Bei theil­ weiser Eviktion verhältnißmäßige Zahlung vom duplum : 1 56. §. 2 eod. ss) Unterholzner I. S . 291. **) 1. 6. C. VIII. 45: Non dubitatur, et si specialiter venditor evictionem non promiserit, re evicta ex emto competere actionem.

") 1. 1. §. 1. I). XIX. 4. **) 1. 34. C. II. 4. Bekker S . 238. ’6) 1. 46. pr. D. XIVI. 3. 1. 4. G. VIII. 45. Bekker S . 240. ” ) 1. 10. §. 2. D. X. 3. 1.1. 7. C. Hl. 38. '«) 1. 66. §. 3. D. XXL 2.

M) 1. 22. §. 1. D. XXL 2. 1. 75. D. XXIII. 3. 1.1. C. V. 12 (hierüber Bang er ow §.217 Anm. 2. Arndt« §. 403 Anm. 1. Bekker S . 262).

Gewährleistung.

§. 84.

559

Allgemeines.

b u n g 30), auch bei M iethe und P a c h t" ), obgleich deren eigentlicher I n ­ h alt das uti frui licere und erst daraus das habere licere

abgeleitet

ist, dieses also zurückzutreten scheint"). D a s deutsche Recht hat Vorschriften über Entwehrung

nicht aus­

gebildet, der Aufnahme der römischen Grundsätze stand daher ein H in ­ derniß

nicht entgegen.

D ie

Regel „H and muß H and wahren"

Eviktionsansprüche D ritte r in vielen F allen nicht zu.

ließ

D e r D ritte konnte

nicht v in d iz ire n , sondern w ar nur nach einigen Stadtrechten zur E in ­ lösung b e fu g t"). III.

Aus diesem Ueberblick erhellt deutlich, wie die Gewährleistung

fü r Fehler der Sache und die für Rechtsansprüche D r it te r an der Sache zwei verschiedene Rechtsinstitute sind, verschieden nach In h a lt, Zweck und A rt des Geltendmachens.

N u r in höchster Abstraktion zeigen sie einigen

Zusammenhang d arin , daß sie beide zur E rfü llu n g im weiteren S in n , zu ihrer innerlichen Vollendung gehören.

D ie s ist auch der Punkt, aus

welchem sich erklärt, wie beide In s titu te in neueren Gesetzgebungen haben verschmolzen werden können.

D a s A .L .R . und das österreichische") Ge­

setzbuch haben eine allgemeine Lehre von der Gewährleistung aufgestellt, die Gewähr für Fehler und bei Entwehrungen nach gleichen allgemeinen Grundsätzen behandelt. 30) 1. 9. pr.

1. 10. §. 1.

" ) 1 .9 . D . X I X . 2. Note 5 1 .

D a s französische") und sächsische Gesetzbuch") I. 32. D. X I I I . 7.

S e tte r 6 .2 4 3 .

r. 1.27. D. XXL 2. Dergl. Entsch. B. 66 S. 21. Entsch. B. 22 S. 161 (Pl.Beschl.). Striethorst 23. 5 S. 84. §. 182. I. 11. §§. 178. 179. I. 11. Rechtspr. 23. 4 S. 34. Kab.Ordre v. 4. Dezbr. 1831. Ges.S. S. 256. 1. 11. pr. D. XXI. 2. 1. 1. G. IV. 43. Falsche Begründung, aber richtige Entscheidung bei Seuffert X. 244. S . D etter S. 279f.

frühere Zwangs- und Bannrechte, Realberechtigungen aller A rt"). Ergiebt sich, daß dieselben nicht existiren, dem Erwerber der Sache also auch nicht erworben find, so liegt der Fall ebenso, wie wenn eine aus­ drücklich bedungene Eigenschaft fehlt. Es fehlt eine besondere R ech ts­ eigenschaft, und dieser Mangel muß vertreten werden"). IV. D er Anspruch des Dritten bewirkt, daß der Erwerber die Sache nicht behalten kann, nicht ganz oder theilweis oder unbelastet. Der Mangel der zugesicherten Rechtseigenschaft bewirkt, daß er diese Berechtigung nicht behalten kann. Der I n h a l t seines Rechts an den Veräußerer besteht also darin, daß dieser ihm das vertragsmäßige B eh alten k o n n en gewähre (praestarc ut rem habere liceat) oder ihn ent­ schädige"). J e nach der Natur des Rechts, wie es im Vertrage be­ gründet ist, muß ermessen werden, ob es durch den Anspruch des Dritten alterirt wird, oder noch im vertragsmäßigen Umfang neben demselben bestehen kann. Im letzteren Fall hat eine Entwehrung nicht stattge­ funden. Im ersteren kann eine Kollision verschiedener Rechte vorliegen, aber sie liegt nicht immer vor, und man darf die Entwehrung nicht unter diesen Gesichtspunkt bringen"). Denn Kollision setzt voraus, daß beide zusammenstoßende Rechte wirklich begründete sind"), die Ent­ wehrung beruht aber gerade darauf, daß dem Erwerber das Recht, welches der Dritte in Anspruch nimmt, überhaupt nicht hat übertragen werden können, weil es schon seinem Veräußerer fehlte. Nur wenn der Dritte ein dem In h alt nach anderes, oder dem Umfang nach geringeres Recht beansprucht, als dem Erwerber an der Sache übertragen worden, kann ersteres mit diesem kollidiren. Wollte also der Erwerber Eigen­ thum erlangen und der Dritte ist Eigenthümer, so entsteht keine Kollision; beansprucht dagegen der D ritte nur ein einzelnes, das Eigenthum be­ schränkendes Recht, so ist Kollision eingetreten. V. Die E n tw e h ru n g t r i t t h erv o r, sobald der Dritte sein Recht „in Anspruch nimmt", d. h. klagt, oder wenn er sich im Besitz des Rechts befindet und es ausübt, oder wenn der Erwerber ein ihm mit über­ tragenes, der Sache anhaftendes Recht ausüben will und ihm die ent­ sprechende Verpflichtung verweigert wird. Tritt dem Erwerber die Störung oder Entziehung seines Rechts entgegen, so hat er, um von 34) Dies find die „Befugnisse" und „äußeren Eigenschaften" in §. 344. I. 5 und die „Gerechtigkeiten" in §. 164. I. 11. 35) Nach §. 325 f. I. 5. **) Ueber Bedeutung des habere: 1. 38. §. 2. de V. 0. 1. 188. de V. 8. Der In ­ halt der Obligation: ut emtori habere liceat et non solum per se (sc. auctorem) sed per omnes. 1. 11. §§. 8. 17. 1. 30. §. 1 D. XIX. 1. I. 8. D. XXI. 2. 1. 6. C. VIII. 45. *7) Unter diesen Gesichtspunkt scheint Better S. 229 die Eviktion zu stellen. 38) S . oben S . 91.

§. 86. Entwehrung.

581

seinem Gewährsmann Vertretung verlangen zu können, zunächst die Verpflichtung, gegen den Dritten sein Recht zu vertheidigen, sei es als Beklagter oder selbst als Kläger, das letztere, wenn der Dritte sich im Besitz befindet"). Zu diesem Prozeß soll er seinen Gewährsmann zu­ ziehen, um sich der Vertheidigungsmittel deffelben gegen den Dritten bedienen zu können"). E s ist in der Theorie des gemeinen Rechts darüber gestritten worden, welche Folgen sich an das Unterbleiben der S tr e itv e r k ü n d ig u n g (litis denuntiatio)*1) knüpfen, ob der Regreß­ anspruch gegen den Veräußerer ganz verloren geht, oder ob die Unter­ lassung unschädlich ist, wenn die Beihilfe des Veräußerers einen un­ günstigen Ausgang des Prozesses doch nicht hätte verhindern können. I n der gemeinrechtlichen Praxis scheint aber jetzt unter allgemeiner Billigung der Doktrin festzustehen, daß die Streitverkündigung nur mit dieser der Billigkeit entsprechenden Modifikation als nothwendig erachtet " ) I. 3. C. VIII. 45. 1.16. §. 1. D. X X I. 2. Ob ein vorangegangener, rechtskräftig zum Nachtheil des Erwerbers entschiedener Prozeß unerläßliche Bedingung für Entstehung des EviktionSansprucheS ist, oder ob eS genügt, daß der Erwerber, nachdem er sich gewiffenhaft vom Recht des Evinzenten überzeugt, ihm die Sache ohne Prozeß herausgegeben, ist bestritten. Die Rechtsquellen sind nicht bestimmt. Die 1. 3. C. cit. sagt n u r, daß ein EviktionSanspruch noch nicht vorliegt, wenn res aliena vel obligata d i c a t u r , und die 1. 16. cit. zählt nur Fälle auf, wo die duplae stipulatio verfallen ist. D ie 1. 57. pr. D. X X I, 2 aber läßt den EviktionSanspruch wegfallen, wenn der Evmzent vor durchgeführter Eviktionsklage sine successore gestorben ist, quia rem emtori habere liceat. AuS diesen Stellen ist die Nothwendigkeit, daß die Sache durch gerichtliches Verfahren vollständig evinzirt sein muß, nicht bewiesen. Dagegen K e lle r , Pand. S . 623, weil im heuti­ gen Recht die Form alnatur der duplae stipulatio weggefallen, und das V ertrags­ recht freier beurtheilt w ird, Prozesse wider besseres Wissen aber verwerflich er­ scheinen. B ek k er S . 2 8 8 f. N ur freilich muß der Erwerber den gegen ihn an­ gestellten Eviktionsprozeß nicht durch Nachlässigkeit verlieren. 1. 29. §. 1 1. 56. §. 3. 1. 63. §. 2. D. X XL 2. Wenn er als Kläger gegen den des Anspruchs sich berühmenden oder die Sache besitzenden D ritten auftritt und abgewiesen wird, so liegt darin für den Borm ann kein G rund, seine BertretungSpflicht zurückzu­ weisen. Vorm, rhein. Rev. und Kaff. H. Berlin bei S .e u s f e rt B . 1 S . 55 u 205. Diese Sätze sind auch nach preuß. Recht anzunehmen. AuS I. 11. $. 147 folgt, daß der Erwerber mit dem Evinzenten sich v e rg le ic h e n darf. A rn d tS , jurist. Wochenschrift, 1839 S . 401. Koch, R . d. F. II. S . 4 2 6 f. Siehe auch A .G.O. I. 17. §. 23. Sächs. G .B. §§. 931. 932 verlangt rechtskräftiges Urtheil. **) Die prozessualische Zulässigkeit der Streitverkündung begrenzt jetzt L .P .O . §§. 69 bis 72; die Einwirkung der Streitverkündung regeln §§. 65. 71 Abs. 3. 4) Die I. 8 . C. V III. 45 spricht entschieden dafü r, daß Litisden. unerläßlich sei zur Erhaltung d.eS Regresses an den Autor. Dagegen sprechen für die mildere A n­ sicht 1. 11. §. 12. D. X IX . 1 und 1. 53. §. 1. D. X X L 2. Die gemeinrechtliche Praxis hat sich entschieden der letzteren zugewendet. D ies bezeugen fast alle neueren Schriftsteller, z. B. P u c h t a , Borles. ß. 342. U n t e r h o l z n e r l. S . 298 bei Note h. S i n t e n i S II. S . 633 Note 193. A r n d t S S . 491 Anm. 4. K e l l e r , S . 622 a. E. D e r n b u r g a. a. O . S . 35. Fuc hs a. a. O . B . 2 S . 3 7 2 f. Li ebe im RLex. a. a O. S . 815. B e k k e r a. a. O . S . 292 sucht die Praxis als mit den Quellen übereinstimmend zu begründen. Aus der P raxis: würtemb. Archiv IV. ©. 164. S e u f f e r t Arch. B . 16 N r. 37. D as sächs. G .B . §. 933 bedingt die Haftpflicht wegen Entwehrung durch die L.D.

Zweite« Buch.

582 toirb **).

Die besonderen Privatrechte.

Aber auch hier bleibt es überaus schwierig, gegen den Ge­

w ährsm ann

im

Regreßprozeß nachzuweisen,

jedem F a ll unvermeidlich gewesen w ä re " ).

daß

die Entw ehrung in

D a s A .L .R . verlangt diesen

B ew eis nicht, es richtet gegeü den Erw erber, der die S treitverkündigung unterlaßen hat, diejenigen V ertheidig ungsm ittel, die ihm der Veräußerer fü r den Eviktionsprozeß hätte zur Hand geben können, und von bereit K r a ft hängt es ab, ob der Vertretungsanspruch zurückzuweisen").

Es

hat also der beklagte Gewährsm ann den B ew eis zu führen, daß der Eviktionsprozeß zu Gunsten des Erw erbers hätte entschieden werden können. D a s preußische Recht kennt n u r eine gerichtliche S treitverkün­ d ig u n g " ) und diese muß in einem S ta d iu m des Entwehrungsprozesses erfolgen, in welchem es dem Beigeladenen nach prozessualischen G rund­ sätzen noch möglich stehen").

ist,

dem S treitverkündiger m it

E s steht dem V o rm a n n

fre i,

ob

er in

Einreden beizu­ den schwebenden

S tr e it eintreten und der beiladenden P a rte i beistehen w ill.

T h u t er es

nicht, so ist dies zwar auf den vorliegenden Prozeß ohne E in flu ß , hat aber die W irkung, daß er gegen den künftig w ider ih n gerichteten Rück­ g riff sich nicht mehr solcher Einreden oder B ew eism ittel bedienen darf, m it denen er dem Erwerber im Vorprozeß hätte helfen können und die nicht etwa, während sie ihm unbekannt waren, durch die H aupt­ p a rte i absichtlich oder unter grobem Verschulden versäumt sind " ) . T r i t t er ih m bei, so ist er Nebenintervenient und hat die Rechte eines solchen"). D ie Zulässigkeit der S treitverkündigung ist nicht dadurch bedingt, daß das Gericht p r ü ft, ob der Verkündiger möglicherweise zu einem Rück­ griffsanspruch an seinen V o rm a n n berechtigt sei" ) .

Nach der Annahme

**) Die Streiwerkündigung an sich kann ein Regreßrecht nicht hervorrufen (vergl. Entsch. B. 65 S- 63 unten), folglich die unterlassene Streitverkündigung auch nicht da« Regreßrecht nehmen. " ) Die Beweislast hat der Erwerber, dem die Sache evinzirt worden, weil er sich von der culpa der unterlassenen Denunziation reinigen muß. Der Inhalt des Beweise« ist, daß da« Recht de« Evinzenten stärker ist, al« da«, wa« der Autor auf den Erwerber überwagen hat. Fuch« a. a. O. S. 375. " ) §§• 145. 146. I. 11. Koch, R. d. F. II. S . 431. Ebenso österr. G.B. §. 931 vgl. oben Anm. 40. " ) I- 11. §. 143. Nach gemeinem Recht genügt auch außergerichtliche. " ) Ueber frühere« Recht s. 1 .11. §. 144, ».G O. I. 17 §. 14, Fuch« a. a. O. S. 368; der entsprechende Satz folgt au« §. 65 §. 71 Abs. 3 E.P.O. Die Streitverkündung muß hiernach mindesten« in der Berufungsinstanz erfolgt fein. " ) E.P.O. §. 71. Früheres Recht §§. IV. 22. I 17. A.G O. Förster. Klage u. Einrede S. 72. Heffter, pr. Civ-Proz. S. 308 Note 4. Präj. 1616. Saminl. 1. S- 245. Entsch. B. 19 S - 435. Koch, schles. Arch. B. 5 S - 175. Jurist. Wochenschrift, 1810 S. 634. 1846 S. 457. Aufsatz im Just.Min.Bl. 1848 S . 261. A. M.: Reskr. v. 16. Septbr. 1836 bei v. Kauiptz, Jahrb. B. 45 S. 194. 4*) E.P.O. §. 71. Da« ältere Recht betrachtet den beitretenden Liti«denunzianten al« Partei. §. 33. I. 17. A.G.O. 49) S e u f f e r t B. 11 S . 447, B. 12 S. 118. — E.P.O. §. 69.

§. 86.

Entwehrung.

583

in der preußischen Praxis unterbrach die Streitverkündigung die Ver­ jährung der Regreßklage, ein Satz, der jetzt nicht mehr aufrecht erhalten werden kann "). D ie Streitverkündigung kann ohne Nachtheil unter­ bleiben, wenn ihr durch Vertrag entsagt worden"), oder wenn der Ge­ währsmann sich selbst zum Prozeß meldet"), oder wenn sie unmöglich gewesen ist, weil sie der Vormann vorsätzlich vereitelt hat"). VI. Sobald entwehrt worden, ist der Vormann zum Ersatz verpflichtet. Der U m fang dieser Verpflichtung richtet sich zunächst nach dem, was die Parteien für einen solchen Fall im Voraus vereinbart haben"). Ist nichts vereinbart, so ist zu unterscheiden: 1. D ie ganze S ache ist entw ehrt. Hat a. der redliche E rw erber vom Entwehrer den Er­ werbspreis und die auf die Sache verwendeten Kosten erstattet er­ halten"), so hat er an seinen Vormann einen weitergehenden Ent­ schädigungsanspruch nur noch, wenn dieser sich bei der Veräußerung einer Arglist oder eines Versehens schuldig gemacht"). Hier entfernt sich das preußische Recht sehr erheblich vom gemeinen"). Der Ersatz­ anspruch wegen Entwehrung hat an sich mit einem Verschulden des Vor­ mannes nichts zu thun; wird dieses zur Bedingung für jenen gemacht, so ist dieser Anspruch der Jntereffeforderung aus dem Vertrage über­ haupt gleichgestellt. Aber das A.L.R. bietet noch eine weitere Eigen­ thümlichkeit dar, es läßt den Veräußerer nach brat V e r h ä ltn iß seiner w) S . hierüber oben §. 57 Anm. 55. M) §. 148. I. 11. D ann wird auch nach heutigem Recht der Regreßverklagte nur die Vertheidigung geltend machen können, die er im Fall rechtzeitiger Streitverkün­ dung gebrauchen kann. 1. 63. D. X X L 2. *0 E .P.O . §. 65. M) Nach 1. 4. §. 105. Koch, R. d. F. II. S . 432 Note 19. 1. 56. §. 5. D. X X I. 2. — Der Fall, wenn der Aufenthalt des BormannS unbekannt ist (B. 56. §. 6. D. X X L 2) bewirkt keine Unmöglichkeit der Streitverkünduna, die ja öffentlich (E .P .O . §. 186) zugestellt werden kann. Auch für das preußische Recht w ar der Fall streitig. Vgl einerseits neben Fö r s t e r in den früheren Ausgaben K och, R . d. F. II. S . 433. F ö r s t e r a .a .O . S . 71, andererseits Me r k e l , Komm, zum A.L.R. I. S . 229. IL S . 817. §. 153. I. 11. Anklang an die römische duplae stipulatio. 1. 2. 37. pr. 56. pr. D. X X I. 2. M) Gemäß der CinlösungSpflicht des Lindikanten. §§. 25. 26. 27. I. 15. D ie auf die Sache verwendeten Kosten sind die in §§. 204 f. §§. 312 f. I. 7. erwähnten Verbesserung-- und ErhaltnngSkosten. — An und für sich geht der Anspruch des redlichen Erw erbers gegen den Verkäufer auch auf den Preis. D er Verkäufer ist nicht blos b e d i n g t für den Fall verpflichtet, daß der Käufer das Kaufgeld vom Evinzenten nicht erlangen kann; er hat nur die Einrede, daß der Käufer die Be­ friedigung insoweit bereits vom Evinzenten erlangen konnte und erlangt hat. S o mit Recht R .O .H .G . B . 24 S . 232 u. R G im I M .B l. 1881. S . 18. *) §§. 154. 155. I. 11. S7) Oben Note 9. D ie Eviktionsklage nach gemeinem Recht geht ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Veräußerers auf Ersatz deS W erths der Sache zur Zeit der Eviktion (1. 15. pr. 1. 16. pr. 1. 66. §. 3. u. a. S t. D. X X I. 2), auf den neben-

584

Zweit«» Buch.

D ie besonderen Privatrechte.

V ersch uld un g für den bei dem Kaufgeschäft erlittenen w irk lich en Schaden hasten"): eine Vorschrift, die mannigfachen Stteit hervorgerufen hat. Aus dem Gegensatz des §. 155 zu §. 154. d. T-, sowie durch Ver­ gleichung mit anderen Stellen kommen das Reichsoberhandelsgericht"), Koch und D e r n b u r g zu dem Schluß, daß die Worte „wirklicher Schaden" bedeutungslos seien, daß also, wo Vorsatz und grobes Ver­ sehen vorliegt, auch für den entgangenen Gewinn eingestanden werden muß, daß andererseits der §. 155 nicht dahin zu verstehen sei, daß nur im Falle einer besonderen Verschuldung der wirkliche Schaden aus dem Vertragschluß, insbesondere die Kosten des Kaufgeschäfts und des Eviktionsprozeffes zu ersetzen seien"). G ruchot") vertheidigt das ent­ gegengesetzte Resultat, nämlich, daß die Worte „nach Verhältniß der Verschuldung" bedeutungslos seien, daß der Erwerber niemals, also auch wenn den Veränßerer Vorsatz und grobes Versehen trifft, den Mehrwerth ersetzt erhalte. Im Wesentlichen stimmt hiermit die Ansicht F ö r ste r s nach den früheren Auflagen. Ungenau seien die Worte „nach Verhältniß", insofern diese auf die Grade des Verschuldens deuten. Werde §. 155 in Zusammenhang mit §. 154 erklärt, so ergebe sich: der Vormann hat nichts zu ersetzen, wenn der Entwehrcr hat einlösen müssen (das hängt von der Redlichkeit des Erwerbers ab), und wenn ihn selbst kein Verschulden trifft (§. 154); er hat dagegen den wirklichen Schaden (damnum emergens) zu ersetzen, wenn ihn Vorsatz oder ein bei erlittenen Schaden (dam num em ergens und hierum cessans, 1. 8. §§. 43 60. 67. 70. D. X X I. 2 ), auf die nicht nutzlosen Verwendungen (1. 45. §. 1. D. ood.). und die Kosten des Entwehrungsprozesses (1. 9. 17. C. V III. 45). Eine Einlosungspflicht des Evinzenten gegenüber dem redlichen Erwerber kennt es nicht. Diese und daß daS A L R . daS M oment bet Verschuldung einmischt, hat die Unterscheidungen nöthig gemacht. DaS österr. Recht verpflichtet immer zum Ersatz deS „weiteren Schadens", und bei Unredlichkeit des Veräußerers auch zum Ersatz des entgangenen Nutzens. §. 932. D as sachs. @.59. §. 941 schließt sich dem römischen Recht an. D ie Einlösungspflicht ist beiden Gesetzbüchern unbekannt (Oesterreich. §g. 366. 367, sachs. §. 295). 58) §. 155. I. 11. 59) R O .H .G . B . 14 S . 2 3 0 , abweichend daS Obertribunal S t r i e t h o r s t 59. 91 S . 148; bezüglich de- Reichsgerichts f. unten Anm. 66. 60) K och, R . d- F . II. S - 4 3 6 f. (im Widerspruch mit I. S . 308). Komm. Note 4 zu §. 155. I. 11. D e r n b u r g II. §. 149 Anm. 3. Bei dem Tausch hat der dolose Veräußerer, wenn die Sache evinzirt w ird, für Schaden und entgangenen Gewinn einzustehen. §. 369. I. 11. D er „betrügerische" (Sebent soll zwar daS „volle Interesse" leisten, dieses wird aber beschränkt auf die gez a hl t e Valuta und die Zinsen davon, so daß der G ew inn, den der Lesstonar durch Zahlung einer geringeren Valuta machen wollte, ausgeschlossen ist (§§. 424. 425. I. 11). Hierin kann also Koch keine Stütze für seine Auslegung des §. 155. I. 11 finden, und noch weniger in §. 469. I. 11, der gar nicht von Entw ehrung, sondern von den Folgen des Verzuges spricht. 61) Vgl. hierzu auch R e i n k e bei G r u c h o t B . 20 S . 586. 62) G r u c h o t , Beiträge 29. 2 S - 191 f. §. 5

§. 86. Entwehrung.

585

Verschulden trifft, gleichviel von welchem G rade, auch wenn der Entwehrer hat einlösen müssen. Zu diesem Schaden gehören jedenfalls die Kaufkosten und die Kosten des Enttvehrungsprozeffes"). Küntzel"*) hat dargelegt, daß das Verständniß der §§. 154 ff. aus den Bestim m ungen des 5. T itels gewonnen werden müsse. W enn hier §. 323 das Prinzip, daß der Geber es vertreten m uß, wenn Ansprüchen Dritter gegenüber der Empfänger sich des Rechts nach N atur und In h a lt des V ertrages nicht bedienen könne, auf den §. 320 zurückführt, der von Schadlos­ haltung im Falle einer S c h u ld des Gebers daran, daß dieser Erfolg nicht erreicht werde, spricht, so ist mit K ü n tzel anzuerkennen, daß das Landrecht davon ausgeht, daß bei solchem Vertrage stets eine Schuld des Verkäufers zu Grunde liege, mindestens ein kulposes Kontrahiren, kulpos darum , weil der Geber sich verpflichtet ein Recht, zu gewähren, das er nicht gewähren kann. Nach dem V erhältniß d ieser seiner in jedem F alle obwaltenden Verschuldung hat nun der Verkäufer dem Käufer jedesmal den bei dem Kaufgeschäft, d. h. durch Eingehung des V ertrages erwachsenden wirklichen Schaden, also auch die Kosten des §. 156 zu ersetzen; ist die Entstehung von Kosten dagegen auf eine Schuld des K äufers in seinem weiteren Verhalten zurückzuführen, so findet ein Ersatz nicht statt" ). D er Ersatz entgangenen G ew innes aber ist ausgeschlossen"). 63) Diese letzteren Kosten will auch das Obertribunal (Entsch. B . 72 S . 30) nur im Falle besonderer Schuld zusprechen. **) Bei G r u c h o t B . 21 S . 96. Anklänge an diese Ausführung schon bei A r n d t S . Jurist. Wochenschr. 1838 S . 326. Dgl. dazu auch oben §. 85 Anm. 64. A r n d t S in der jur. Wochenschr. 1838 S . 326 interpretirt den §. 155. 1. 11 dahin, daß der Verkäufer dem Käufer das Gezahlte, so weit er eS nicht von dem Evinzenteu erhält, zurückzugeben, überdies aber nach dem Grade seines bei der Schließung des Vertrages begangenen Versehens den durch die E i n g e h u n g des Vertrages erlittenen Schaden zu ersetzen habe. Z u dem letzteren rechnet er auch denjenigen entgangenen G ewinn, der anderweitig erzielt worden wäre, wenn das Geschäft nicht abgeschlossen worden wäre. DaS ist aber bedenklich wegen des W ortes „wirklich " in §. 155. Daselbst 6 .5 2 4 stellt A r n d t S die Vermuthung auf, die in §. 155 enthaltene Beschränkung erkläre sich wohl daraus, daß der Käufer im Preise nur Geld hingegeben und daß nach tz. 834. L 11 bei Geldleistungen, selbst bei dolus und culpa lata nur der wirkliche Schaden ersetzt werden soll. DaS wäre aber eben eine ganz schiefe Auffassung der Redaktoren. Möglich ist eS, daß sie lhr verfallen sind, da sie bei der ganzen Lehre vom Schadenersatz ohne Prinzip herumgetappt sind. Richtig norm trt ist dagegen die Eviktionsleistung beim Tausch. I. 11. §. 369. oa) Führt er z. B . einen ganz unnützen Prozeß gegen die Erklärungen des Autors. 66) K ü n tz e l nim m t an, daß die Bestimmung des §. 155 sich auf den Fall des dolus und der culpa lata überhaupt nicht beziehe, und daß entgangener Gewinn nach den Bestimmungen des 5. T itels ersetzt gefordert werden könne. D aS scheint aber mit §. 155 nicht vereinbar. — Dgl. übrigens oben §. 85 Anm. 68. — D er Ansicht, daß die Kosten des EviktionSprozefleS ohne Rücksicht auf ein Verschulden deS Verkäufers zu ersetzen seien, hat sich unter Berufung auf Künt zel ' S Ausfüh­ rungen auch das Reichsgericht angeschlossen: Vgl. G r u c h o t D. 24 6 . 880 und Ju st.M in .B l. 1881 6 - 18. I n Entsch. B . II. 6 . 204 ist da- R S . dem in Anm. 59 bezeichneten Standpunkt des R .O .H .G . beigetreten.

Der redliche Erwerber erhält also, wenn sein Vormann eine fremde Sache veräußert hat, von dem E n tw eh rer das gezahlte Kaufgeld und die auf die Sache verwendeten Kosten, d. h. die nützlichen und noth­ wendigen Verwendungen zur Verbesserung und Erhaltung der Sache und, wenn der Entwehrer diese Zahlung leistet, von dem V o rm a n n ohne Rücksicht auf weiteres Verschulden desselben außerdem die Kauf­ und Prozeßkosten und beit Ersatz des wirklichen Schadens aus dem Vertragschluß, nicht aber einen Ersatz für entgangenen Gewinn. D aß der Vormann für Erweiterungen des Rechts zur Zeit der Entwehrung, für die der Entwehrer einen Ersatz nicht zu leisten hat, aufkommen müsse, wie die früheren Ausgaben sagen, läßt sich nicht aufrecht er­ halten. Dagegen ist für den Fall, daß nicht geltend gemacht werden kann, daß der Entwehrer dem Kläger bezüglich des Kausgeldes befrie­ digt hat, auf das in Anm. 55 Gesagte zurückzuverweisen. — D a der redliche Erwerber die während seiner Befitzzeit genossenen Früchte und fällig gewordenen Nutzungen behält, so hat er weder Ersatz fftt die entrichteten Lasten und Abgaben, noch die Zinsen vom Kaufgelde zu be­ anspruchen"). Von dem Zeitpunkt aber, wo er mit der Sache die Nutzungen an den Entwehrer verliert, hat der Vormann die Zinsen des Kaufgeldes zu erstatten: dies heißt vom Zeitpunkt der Behändigung der Entwehrungsklage, weil diese die Redlichkeit in Unredlichkeit verwan­ delt^). I). D er u n vo rsich tige E rw erber, welchem vom Entwehrer nichts erstattet wird, hat an den gutgläubigen Veräußerer nur den An­ spruch auf Herauszahlung des Preises, bei einer Verschuldung des Ver­ äußerers aus Ersatz des wirklichen Schadens und bei Unredlichkeit des­ selben auch aus die Zinsen des Preises von der Behändigung der Ent­ wehrungsklage an"), c. D e r unredliche E rw erb er hat keinen Anspruch an den Vormann, aber das A.L.R. sorgt dafür, daß dadurch der ihm gegenüberstehende unredliche Veräußerer nicht gewinne: er soll das, was er aus dem Vertrage als Preis und sonst erhalten, dem Fiskus zahlen"). 2. D ie Sache ist th e ilw e is entwehrt. Hierher gehören nicht bloß °') I. 7. s. 109. §. 218; I. 11. §. 157. 6S) §. 157. I. 11. §. 122. I. 7. Gts.Revisvren, Ptns. XIV. S . 44. A r n d t « in der jurist. Wochenschr. 1838 S . 764. S e n s s e r t V. 268. 69) §§. 161— 163. I. 11. Wer unter betn wirklichen Schaden tu §. 155 auch den entgangenen Gewinn versteht, muß in §. 163 eine dazu nicht passende Bestimmung finden, weil der unredliche Autor außer dem wirklichen Schaden nur noch die Zinsen erstatten soll, letztere aber den entgangenen Gewinn nicht decken, der in grobem Versehen befindliche Veräußerer mithin unter Umständen mehr leisten müßte, als der unredliche. Die Inkongruenz schwindet, wenn man §. 155 nicht auch auf den entgangenen Gewinn bezieht. 70) §§. 159. 160. I. 11. Dergl. S e u f f e r t VII. 297.

die Entwehrungen reeller oder ideeller Theile an der Sache selbst, son­ dern auch die Fälle, wo entweder eine Last auf der Sache haftet, die vertreten werden muß, oder wo sich crgiebt, daß ihr eine rechtliche Besugniß, eine Rechtseigenschaft, nicht angehört, die auf den Erwerber nach In h a lt des V ertrages übergehen sollten ). D ie theilweise E nt­ wehrung wird nach den Grundsätzen bei fehlenden bedungenen oder vor­ ausgesetzten Eigenschaften behandelt. D er Erwerber hat ein W a h lre ch t zwischen der E n ts c h ä d ig u n g s - und der W a n d e lk la g e " ). W ird vom V ertrage zurückgetreten, so entscheiden über das gegenseitige Zurück­ leisten die §. 85 entwickelten Grundsätze. E s ist erst Verbesserung oder Erfüllung zu verlangen, ehe gewandelt werden darf, und wenn gewan­ delt w ird, muß von der zu erstattenden Gegenleistung das abgerechnet werden, was der Entwehrer vergütigt h at; Zinsen und Nutzungen wer­ den kompenfirt" ) . W ird aber beim Vertrage stehen geblieben und vom Entwehrten Entschädigung verlangt, so ist dies nicht die M inderungs­ klage (a. quanti mmoris), sondern die Vertragsklage. E s entsteht aber auch hier, wie bei jener, die Frage nach der Berechnungsart der E nt­ schädigungssumme. Auch hier entscheidet das V erhältniß des W erths des ganzen Kaufgegenstandes zum Werthe der evinzirten Sache über das M aß der Reduktion des K aufpreises"). E s ist aber, da die Güte des einzelnen Stücks eine andere sein kann, als die der sonstigen B e­ standtheile, die Abschätzung unumgängliches Erforderniß. Bei id e e lle n Theilen dagegen fehlt es an der Bestimmbarkeit ihrer Güte, ihr P reis kann daher nur nach ihrem Größenverhältniß zum Ganzen gefunden Tl) §. 164 das. ,2) §• 188. I. 11. DaS römiscbe Recht giebt bei Eviktioneil nicht die actio reclhibitoria. DaS sächs. G .B . giebt die Wandelklage zur Wahl. §. 04*2. ES muß aber ein wirklicher Anspruch wegen Entwehrung vorliegen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Veräußerer die B e f r e i u n g de« Grundstücks von einer daraus ruhen­ den Schuld oder Last ausdrücklich ver spr ochen hat. Dies ist eine besondere kontraktliche Verbindlichkeit, die «filflt werden muß. Entsch. B. 22 S . 145. 7S) §§. K M - 167. 1 . 11. 74) §§. 170. 171. I. 11. Vgl. S t r i e t h o r s t B . 15 S - 101. 0 . 49 S - 6. F ö r s t e r fand im §• 170 das Prinzip der absoluten Reduktion des Preises um den Werth der evinzirten Sache ausgedrückt, da doch §. 170 n ur davon handelt, daß und wie dieser Werth zu ermitteln. §. 171 spricht allerdings die Regel der Reduktion nur für den Fall a u s, daß der Anschlag deS Ganzen höher als der ganze Kaufpreis ist, und deshalb hat auch da- Obertribunal eS abgelehnt, den Fall, wenn der Kauf­ preis höher ist als die Taxe analog zu behandeln. D er Verkäufer der 100 Morgen, die in Wahrheit je 50 Werth sind, für 8000 verkauft hat, behält danach, wenn 90 evinzirt worden, für die in Wahrheit gewährten 10 Morgen 3500 und hat n ur 4500 zu ersetzen. ES ist klar, daß er bei gleicher Bonität des Kaufobjekts nur den 10. Theil de» Preise- behalten, und 7000 herausgeben muß. E s läßt sich die absolute B e­ rechnung auch nicht in §§. 173. 174 ausgedrückt finden. Zweifelhafter ist der Spezialfall der §§ 189. 190. d. T. Dergl. S t r i e t h o r s t B. 16 S. 27. B. 50 S . 31.

werden"). Wenn erweisbar ist, daß die K osten nur auf den ent­ w erten Theil verwendet worden, so find fie nach ihrem vollen Betrage zu ersehen. D ies ist immer der Fall bei den Kosten des Entwehrungsprozeffes. Sind fie für das Ganze aufgewendet, so fallen fie auf den Theil nach dem Verhältniß deffelben zum Ganzen. Bei der Berechnung des son stigen I n te r e s s e kommen auch die in der Zwischenzeit den Theil getroffenen Verbefferungen oder Verminderungen in Berückfichtigung. E s ist die Zeit der Entwehrung maßgebend. 3. D ie Sache ist mit P riva tsch u ld en belastet, die von dem Empfänger nicht übernommen sind. Hier handelt es sich nicht sowohl um eine Vertretungspflicht, als um die Pflicht des Veräußerers die Sache von der Hypothek, Grundschuld u. s. w., die der Käufer nicht übernommen hat, zu befreien. Auf diese Pflicht, obgleich fie in §. 184. d. T. als Vertretungspflicht bezeichnet ist, finden die Grundsätze von der Gewährleistung nicht Anwendung. VII. Außer der Vertragsklage auf Ersatz und der Wandelklage hat der Entwehrte auch noch zu seinem Schuh gegen den Anspruch seines Veräußerers aus Gegenleistung die E in red e des nichtgehörig erfüllten Vertrages oder der drohenden Entwehrung. Nach gemeinem Recht wird sie geltend gemacht durch Verweigerung der ganzen Gegenleistung oder eines verhältnißmäßigen Theils derselben"). D a s A.L.R. bestimmt: „Kommen Gewährsmängel oder Ansprüche eines Dritten an die Sache vor erfolgter Bezahlung des Kausgeldes zum Vorschein, so kann der Käufer einen verhältnißmäßigen Theil deffelben zurückhalten und ge­ richtlich n ie d e r le g e n " " ). D ie jetzt durch Plenarbeschluß festgestellte Praxis legt diese Worte dahin aus, daß der zurückgehaltene Theil des Preises gerichtlich niedergelegt werden m uß"). D as Zurückbehaltungsrecht ist also dahin beschränkt, daß es nur in der Form gerichtlicher Niederlegung ausgeübt werden darf. Diese Form ist jedoch nicht er­ forderlich, wenn die Zurückhaltung vertragsmäßig besonders eingeräumt 7i) Pro quantitate evictae partis: 1. 1. cit. 76) Die Gegenleistung verweigert der Erwerber, wenn bereits evinzirt ist, 1. 13, §. 9. I). XIX. 1, und wegen drohender Eviktion. Die Quellen sagen quaestione mota. 1. 18. §. 1. D. XVIII. 6. Daß man bloß argwöhnt, eS werde evinzirt werden, genügt nicht. 1. 10. §. 1. D. XVIII. 5. Die gemeinrechtliche Praxis verlangt aber nicht Beginn des Rechtsstreits, sondern ermißt im einzelnen Fall nach den that­ sächlichen Verhältnissen, ob drohende Eviktion anzunehmen. Seuffert B. 1 Nr. 49. 50. V. 13 Nr 15. 88. 137. Archiv f. prakt. R.W. N. F. B. 1 S. 459. Bekker S. 323f. Gerichtliche Depofition ist gemeinrechtlich nicht erfordert. Striethorst XIII. 88. Auch nicht sächs. G.B. §. 943. 77) §. 222. I. 11.

78) Entsch. B. 28 S . 1. St ri ethorst B. 14 S . 112. B. 27 S- 23. B. 31 S. 59. B. 33 S . 27. B. 35 S. 206. B. 38 S. 288. B. 40 S. 45. Steht die Ent­ wehrung bereits fest, so kann der Käufer nach den obigen Grundsätzen endgiltig Minderung des Preises fordern; der Fall des tz. 222 ist also der einer evictio imminens. R.G Entsch. B II. S. 216.

is t 7t) , und die Verhältnißm äßigkeit der zurückgehaltenen Gegenleistung braucht nicht genau dem V e rh ältn iß

des T h eils zum Ganzen zu ent­

sprechen, der Entwehrte daher eine solche Uebereinstimmung nicht nach­ zuweisen eo).

Endlich hat der Entwehrte noch das Sicherungsmittel einer

K a u t io n s f o r d e r u n g ,

nach bereit Bestellung

er seine Gegenleistung

nicht vorenthalten bars81). V III.

D ie

Klage auf Leistung der G ew ähr wegen Entwehrung,

und zw a r sowohl die auf Ersatz als auf W andelung gerichtete, v e r ­ j ä h r t in kürzerer Frist, als sonst die V e rtrag sklag e8').

„Wegen solcher

M ä n g e l, welche nicht die Sache selbst, sondern nur äußere Eigenschaften, Befugnisse oder Lasten derselben betreffen, m uß der Uebernehmer seine Rechte bei Landgütern innerhalb eines J a h re s ,

bei städtischen G ru n d ­

stücken innerhalb sechs und bei beweglichen Sachen innerhalb dreier M o ­ nate nach der von dem M a n g e l erlangten K en n tniß geltend machen"s3). D aß

unter äußeren Eigenschaften, Befugnissen, Lasten nur die s. g.

ju ris tis c h e n im Gegensatz zu den physischen Eigenschaften zu verstehen sind, ist jetzt allgemein angenommen'").

D ie Anwendbarkeit des §. 344

ist bedingt durch einen M a n g e l solcher juristischen Eigenschaften.

D ie

V erjährung ist also ausgeschlossen, wo nicht von einer Mangelhaftigkeit der Sache die Rede ist. haftigkeit der Sache.

D ie Entwehrung bewirkt nicht immer M a n g e l­ G ew iß n ie m a ls ,

wenn die g a n z e Sache ent-

wehrt w o rd en 88), oder wenn nur P r i v a t s c h u l d e n vorhanden sind, fü r die die Sache dinglich verhaftet (verpfändet) is t86).

D a h e r tritt in bei­

den F ä lle n die kurze V erjährung nicht ein.

i m m e r , wenn die

Sache t h e i l w e i s

entwehrt w ird ,

N ic h t

nämlich n u r dann,

wenn die E n t­

ziehung des Theiles nachtheilig auf's Ganze, seine Beschaffenheit, B rauch­ barkeit, Güte wirkt.

D ah e r ist die kurze V e rjä h ru n g

dieser Voraussetzung anwendbar81).

hier nur unter

I m m e r aber, wenn auf der Sache

:9) Entsch. B. 29 S 355. w) S trie th o r s t B . 15 S . 98. ") tz. 223. I 11. Bei erweislich begründeter Bcsorgniß der Entwehrung: S e u fs e rt X I I I . 15. '■’) Gen:einrechtlich keine kürzere Verjährung; nach österr. G .B - §• 933 drei Jahre bei unbeweglichen, sechs Monate bei beweglichen Sachen; nach sächsischem ß. 946 drei Jahre. o)

§_ 3 4 4

5_

“) H eyd em an n I. S - 259. Ergänz, zu §. 344 N r. 4. S trie th o r s t B . 43 S . 205. *) Entscheid. B . 15 6 . 3 Damit stimmt auch die Praxis des 0.91-0. München. Blätrer f. RechtSanw B. 23 S - 289. *) Rechlösälle B . 3 S . 59 und übereinstimmend die hannoversche Praxis nach A.L-R. Magazin fttr hannov. Recht von Klem ke 39. 4 S . 99 (Aufsatz von B o ju n g a ). Vertragsmäßig übernommene Pflicht, da» Grundstück von einer Hypothek zu be­ freien, gehört nicht zur Gewährleistung, verjährt also auch nicht nach §. 344. I. 5. Recht«). I. S . 194. S trie th o rs t B. 7 S . 298. ArnSb. Archiv X IV . S . 212. G ruchot I. S . 479. *) Entsch. v . 15 S . 3.

eine L ast liegt oder ih r eine versprochene B e f u g n i ß nicht zustcht, denn beides w irkt unm ittelbar aus ihre höhere oder geringere Brauchbarkeit. D a h e r ist hier die K lage der kurzen V e rjä h ru n g unterw orfen86).

Haben

die Parteien im Vertrage die V ertretung der Entwehrung so verabredet, wie sie schon aus dem Gesetz folgt, so bleibt die kurze V e rjä h ru n g an­ w e n d b a r" ).

S ie beginnt m it der „erlangten Kenntniß des M an g e ls ",

also nicht m it dem Tage der Uebernahme.

E s ist aus den Thatsachen

zu ermessen, ob und wann die K enntniß des M an g els (nicht des bloßen Anspruchs) erlangt worden.

D a ß dazu die rechtskräftige V erurtheilung

oder Abweisung des Erwerbers im Entwehrungsprozeß nothwendig sei, läß t sich nicht behaupten.

D ie K enntniß muß nur m it einem gewissen

G rade von Zuverlässigkeit bekleidet sein '8).

D a ß die E i n r e d e nicht der

V e rjäh ru n g unterworfen ist, wurde §. 8 5 a. E . e rw ä h n t"). IX .

D e r A n sp ru c h w e g e n E n t w e h r u n g fällt fo rt,

wenn ver­

tragsm äßig demselben ohne A rglist entsagt w o rd e n "); wenn die Sache dem Erwerber durch höhere G e w a lt entzogen is t " ) ; wenn der Erwerber den Verlnst verschuldet h a t " ) ;

wenn die Sache vor der Entwehrung

durch Z u fa ll untergegangen"); wenn beide Theile ausdrücklich") über eine fremde Sache den V e rtra g

geschloffen"); wenn der Erwerber ge­

wußt, daß seinem Veräußerer oder der Sache das veräußerte Recht nicht zustand" ) .

W a s den E in flu ß eines Erbfalles auf die Entwehrung und

die aus ih r hervorgehende Gewährleistungspflicht betrifft, so sind sechs Möglichkeiten denkbar.

1. D a s A .L .R . erwähnt nur den F a ll, daß der

88) Auch in dem Fall, wenn die Nichtbelastung des Grundstücks mit der Reallast ver­ tragsmäßig bedungen war. Entsch. B. 74 S . 171. Die Rückstände der Real­ lasten sind der kurzen Verjährung nicht unterworfen. Entsch. B . 55 S . 19. 89) S t r i et h or s t D. 31 S . 86. 90) Entsch. D . 41 S . 39 a. E. Koch, R. d. F. II. S . 453. Die Praxis geht dabei regelmäßig von dem die Last rechtskräftig feststellenden Urtheil aus. Entsch. B . 79 S . 138. 91) §. 345. I. 5. Oben §. 85 Note 80. 93) §§. 137.138. I. 11. Arglistig ist der Veräußerer, wenn er das Recht des 2)litten selbst begründet, oder eS gewußt und verschwiegen hat. Koch, R. d. F. II. S . 457. 1. 11. §§. 14. 15. 18. D. X IX . 1. Ueber daS pactum de non praestanda evictione war viel Streit. Glück B. 20 S . 295. D a ng e r o w II I. S . 345. 93) Hierher gehören auch die Verfügungen der Staatsgewalt, Expropriationen, gesetz­ liche Aufhebung von Rechtsinstituten. Koch B . 459 a. E. S i m o n , Rechlspr. B. 4 S . 34. Z. B . nachweisbare Nachlässigkeit in Vertheidigung gegen den Eviuzenten und unterlaffene Litisdenunziation. Koch 6 . 460. §§. 146. 147. 1 .11. 95) A.L R. Einl. §. 108. Koch S . 461. Entsch. V . 11 S . 245. 1. 21. D. X X I. 1. 96) Präj. 526 Samml. I. S . 51. w) §. 139. I. 11. 98) §. 159. I. 11. 1. 27. G. V III. 45. S e u f f e r t B. 7 N r. 297.

E n tw ehrer (Eigenthümer)

den Veräußerer b eerb t").

W ird er dessen

E rb e ohne Vorbehalt, so kann er nicht mehr aus eigenem Recht evinziren, und dam it fällt auch die Verpflichtung weg, dem Erwerber Ersatz zu leisten.

W ird er dessen Erbe m it Vorbehalt, so kann er noch aus eigenem

Recht entwehren, muß aber auch die Pflicht seines Erblassers erfüllen, d. h. 2.

dem Entwehrten gerecht werden,

so weit

sein

Erbtheil

reicht.

W enn umgekehrt der Veräußerer den Eigenthüm er beerbt, so erw irbt

er von seinem Erblasser das Entwehrungsrecht, bleibt aber dem E n t­ wehrten als Veräußerer verhaftet auf den Ersatz.

E s muß daher auch

zulässig erscheinen, daß der Veräußerer, obschon ihm int Entwehrungs­ prozeß der S tre it verkündigt ist und er dem Erw erber Beistand geleistet, nachdem er den Eigenthümer beerbt, den Beistand wieder aufgiebt und den Prozeß

seines früheren Gegners nunmehr

Parteigenossen fortsetzt.

gegen

seinen früheren

Dieser Wechsel der P arteirollen erscheint zwar

bedenklich, weil der Veräußerer m it seinen früheren E rklä ru n g en , die gegen den Entwehrer gerichtet waren, in Widerspruch treten muß. W ird aber erwogen, daß er dem Erw erber nicht in dessen, sondern im eigenen Interesse zur Seite getreten, daß er schon an sich berechtigt ist,

jeden

Augenblick diesen Beistand wieder aufzugeben, wenn sein Interesse ab­ weicht, so schwindet die scheinbare Auffälligkeit.

E in Gleiches ist anzu­

nehmen, wenn der beigeladene V o rm an n aus S in g u la rtite l Rechtsnach­ folger des Evinzenten w ird.

N u r freilich versteht sich von selbst, daß

die Rechte des Streitverkündigers nicht beeinträchtigt werden dürfen, und daß er ungehindert ist, die Vertheidigungsm ittel, die ihm von seinem bisherigen Beistände bereits dargeboten sind, ferner auch gegen ihn zu benutzen'").

3. D e r Veräußerer beerbt den Erwerber. D a s Eviktions­

recht des Eigenthümers bleibt unberührt, der Eviktionsregreß ist weg­ gefallen.

4.

D e r Eigenthümer beerbt den E rw erb er:

D a s Eviktions­

recht ist weggefallen, der Eviktionsregreß an den Veräußerer unberührt. 5.

D e r Erwerber beerbt den Veräußerer: D a s Eviktionsrecht des E igen ­

thümers ist geblieben, der Regreß weggefallen.

H a t aber der Erbe n u r

m it Vorbehalt angenommen, so kann er sein Regreßrecht als Nachlaßschuld geltend machen.

6. D e r Erwerber beerbt den Eigenthüm er: D a s

Eviktionsrecht ist beseitigt, der Regreß an den Veräußerer ist geblieben. X.

Z u m Schluß sei erwähnt, daß das deutsche H a n d e ls g e s e tz ­

buch den redlichen Erwerber von beweglichen Sachen, die ein Kaustnann in seinem Handelsbetriebe veräußert, verpfändet oder übergiebt, gegen alle Entwehrung sichert, wenn auch der veräußernde K au fm an n nicht

§§. 140-142. I. 11.

Koch S. 462f.

10#) So hat da» OAG. Kassel einen Recht»fall entschieden. Heuser, Annalen B. 5 S.43f.

Eigenthümer war. Früher begründetes Eigenthum, früher begründetes Pfandrecht oder anderes dingliches Recht erlischt"'). §. 87. D. Aufhebung. A-L-R- 1 .5 . §§. 349 — 423. H e h d e m a n n I. S . 263 f. G ru c h o t III. S - 128 f. B o r n e m a n n II. S . 359. D a n ie l« II. S . 345. Koch, P r.R . II. S 207i R. b. F. II. S . 495. P l a t h n e r , Geist. I 6 . 299. 311. 327.

Unter der Randaufschrift: „Aufhebung der Verträge" erwähnt das A.L.R. sieben Fälle: Betrug, Unmöglichkeit der E rM un g, veränderte Umstände, wechselseitige Einwilligung, Mangel der E rM ung von der einen Seite, Erlaß und Vergleich, Tod einer Partei. E s ist in diesen Bestimmungen mancherlei durcheinander gemengt, was nicht zusammen­ gehört, es ist die Aushebung des Vertrages vermischt worden mit der Verwandlung des Vertragsgegenstandes in eine Entschädigungsforderung, und man stößt hier auch zum Theil aus so wunderliche Mißgriffe, aus eine so lebenslose Kasuistik, daß es Hauptziel der nachfolgenden Er­ örterung sein muß, das nur hierher Gehörige sorgsam herauszuschälen und klar zu machen, wie einzelne Bestimmungen für Praxis und Theorie als todt zu betrachten. A u fh eb u n g ist Wiederbeseitigung eines g ü tig e n Vertrages mit Aufgeben seines Zwecks. S ie unterscheidet sich einerseits von der seinem B e­ griff nach natürlichen und nothwendigen B e en d ig u n g oder L ösung des Vertragsverhältniffes, andererseits von der A nfech tun g, welche einen ungiltig entstandenen Vertrag angreift, und von der U m w a n d lu n g des Vertrages in einen neuen, durch welche der Geschäftszweck erhalten werden soll. Betrug ist also kein Aufhebungs-, sondern ein Anfechtungs­ grund'); Vergleich, weil dieser das bisherige Vertragsverhältniß nur einschränkend ändert, hebt ihn ebenfalls nicht auf; mangelhafte oder ganz ausbleibende Erfüllung, soweit sie eine verschuldete ist und die Forde­ rung auf das Jntereffe erzeugt, bringt vielmehr recht eigentlich die zwin­ gende Kraft des Vertrages an den Tag. Es bleiben als Aufhebungs­ gründe nur übrig: veränderte Umstände, zufällige Unerfüllbarkeit, wechselseitige Einwilligung, Erlaß, Tod eines Theils. Diese Gründe taffen sich auf drei Kategorien zurückführen: der Vertrag wird aufge­ hoben entweder durch B eg eb en h eiten (veränderte Umstände, zufällige ,ei) Art. 306. Auf gestohlene und verlorene Sechen hat dieser Artikel keine Anwen­ dung. Bei Veräußerung von Papieren auf den Inhaber ist die Entwehrung aus­ geschlossen, auch wenn die Veräußerung nicht vom Kaufmann in seinem Handels­ betriebe geschehen und da« Papier gestohlen oder verloren gewesen. A rt 307. *) D ies ist auch der Ausdruck in §. 92. I 4.

§. s7.

D

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Aufhebung

Unerfüllbarkeit, Tod), oder durch den W ille n e in e s T h e i l s (Erlaß, nach der besonderen Auffassung des A .L.R . unter gewissen V orau s­ setzungen auch bei ausbleibender Erfüllung und wegen Nutzlosigkeit), oder durch den W ille n b e id e r T h e ile (wechselseitige E inw illigung). I. V e r t r a g s a u f h e b u n g durch B e g e b e n h e ite n . a. V e r ä n d e r te U m s tä n d e "). M a n kann es kaum verstehen, wie die Bestim m ung des römischen Rechts, daß die an eine zum Z ahlungs­ empfang bestimmte Person (solutionis*causa adjectus), welche inzwischen eine Rechtsminderung (capitis deminutio) erlitten, geleistete Zahlung unwirksam sein soll1) , eine so unsinnige R egel in der P raxis des 17. und 18. Jahrhunderts hat erzeugen können, wie die, daß jedem V er­ trage die stille Voraussetzung anhange: rebus sic stantibus, d. h. daß veränderte Umstände eine Aufhebung des Vertrages herbeiführen sollen*). D a s A.L.R. hat den Satz in seiner Allgemeinheit") verworfen. V er­ änderte Umstände berechtigen „in der Regel" nicht, die Erfüllung zu verweigern. N ur die Ausnahme ist zugelassen: wenn die Erreichung des ausdrücklich erklärten oder aus der N atur des Geschäfts sich erge­ benden Endzwecks b e i d e r Theile durch die zufällige Veränderung der Sachlage u n m ö g l i c h gemacht worden. E s wird vorausgesetzt, daß die Aenderung der Umstände unvorhergesehen eingetreten, daß bei ihrem Eintritt noch nicht erfüllt ist, aber auch noch nicht hätte erfüllt sein ') 1.5. § § .3 7 7 —384. H e y d e m a n n I. S - 268. Gr u c h o t III. S . 139. P l a t h n e r 1. S . 387 f. D o r n e m a n i i II. S . 3(11. D a n i e l s II. @ .351. K och, P r R. II. S . 208. R d. F. II. S . 505. r>30. D e r n b u r g II. §. 100. Rö s e r in der AnwallSzeitung 1803 S . 02. — We b e r , fystemat. Entwickelung Verkehre von der natürlichen Verbindlichkeit, §. 90. U n t e r t e i l t e r I. S . 561. S e l l , über die römisch-rechtliche Aufhebung der £61. durch conc. duar. caus. lucrat 1839. M o i n m s e n , Beiträge I. 6 . 2 5 5 s. III. S . 413f. Dazu W i n d scheid in der (Heidelb.) frit. Zeitschrift II S . 130. A r n d t s S . 458. S i n t e n i S II. S 500. K e l l e r S . 518. S e u f f er t , Pand. 4. A. II. S . 157. § .2 9 0 . ') 1. 38. pr. D. XLVI. 3. ') Z. B. Le y s e r , sp. 40. m. 4: Om ne pactum, omnis promissio rebus sic stan ­ tibus intelligenda est, sive ut Scneca rem claiius explicat, oiunia esse deliont eadem, quae fuerunt, cum promitterem, ut prom ittentis Odern teneas. Er stützt aber diesen Satz nicht aus die 1.38 (vorige N o t e , sondern auf die Stellen, wo zufällige Unerfüllbarkeit von der Leistung entbindet. DaS als Bei­ spiel beigesetzte Responsum von Helmstädt paßt nicht, da c6 nur die Billigung eines Vergleiches empfiehlt. Bei G ötz, Entscheid, der jurid. Fakultät zu Altdorf, 1808 S . 89, ist die tiloujel eine oft mißverstandene, übel angewandte genannt. W e b e r a. a. O. 5. A S . 345 hat den Satz so eingeschränkt, wie er im A L.R erscheint. „ES wird erfordert, daß die Veränderung einen Umstand betreffe, welchen entweder die N atur deS Vertrages oder ausdrückliche Verabredung der Parteien dergestalt wesentlich erfordert, daß ohne ihn der Vertrag wegfällt." S . 346. S u a r e z Ansicht bei B o r n e m a n n II. S . 301. ') DaS öflerr. G. B. § .9 3 6 läßt veränderte Umstände nur auf die Verabredung, künftig einen Vertrag zu schließen, einwirken. Dem französ. und sächs. G B . ist der Satz überhaupt unbekannt. Erster, Prcuß. Prir.Nrccht. I. 4. Ausl.

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sollen'), und dann steht mit dem Willen beider Theile die Sache so, als wäre zwischen ihnen kein Vertrag geschlossen worden. I s t schon ganz erfüllt, auch bei einseitigen V erträgen, so bleibt es dabei; ist mit der Erfüllung erst angefangen, so muß zurückgeleistet w erden'); ist die Erfüllung verzögert, so tritt der Anspruch auf Entschädigung ein, selbst wenn die Umstände sich geändert haben"). Nun kann aber die Veränderung der Umstände auch nicht zufällig eingetreten, sondern durch die freie Handlung einer P artei verursacht sein, oder sie kann nur dem einen Theil die Erreichung des Vertragszweckes vereiteln. I n diesen Fällen läßt das A.L.R. zwar auch den V ertrag aufheben, jedoch gegen Entschädigung, aber grade darin zeigt sich, daß hier der V ertrag nicht aufgehoben, sondern daß vielmehr sein In h a lt und Gegenstand in die Leistung des Interesse geändert w ird'). D ie Forderung auf Entschädi­ gung kann sich nur aus den Vertrag gründen, der also wirksam bleibt. Als eine V eränderung der Umstände, welche den V ertrag aufhebt, wird insbesondere auch angesehen, wenn der G läubiger, der eine be­ stimmte Sache unentgeltlich zu verlangen hat, dieselbe anderweitig un­ entgeltlich erworben hat (concursus causarum lucrativarum)10). D as A.L.N. stellt den Satz allgemein nicht auf, wendet ihn aber bei V er­ mächtnissen an, wenn der Legatar die Sache schon unentgeltlich erworben h a t"). D ie Siegel ist nicht anwendbar bei Gattungssachen (Quantitäten), oder wenn der G läubiger nur den Werth, nicht die Sache selbst empfan'■) Entsch B. 26 S . 239. B. 49 S . 55. ') Gegen die Ansicht Koch» (Anm. zu §. 378. b T.)> daß Beginn der Erfüllung durch denjenigen, der vom Vertrage zurücktreten will, den Rücktritt ausschließt, vgl. R.O.H.G. B. 23 € . 201: Erk. de« R.G. B. I. S . 199. *) Heydemann S . 269 hat die Stellen be» A.L.R. angeführt, in denen die Ver­ änderung der Umstände sich geltend macht: I. 11 §§. 178- 635. 656f. 758—760. 982. 984 — 986. 1005s. 1140s. I. 12. §.538. I. 14. §§. 47f. 248. I. 16. §. 53. I. 17. §. 80. I. 21. §§. 235f. 366s. 376f. 553 (dazu S u arez, SchlußRevij. S . 71). II. 1. §§. 107 f. 489. II. 2. §§. 454. 485. II. 5. §§. 143.146 (dazu Gesindeordn. v. 1810 §§. 144. 147. 149). II. 18. §. 416. II. 19. §. 41. Konk.Ordn. v. 1855 §. 20. R.K.O. §. 20. 9) S tr ie th o r st B. 24 S . 302, B. 35 € . 128. >") §. 6. J. II. 20. 1. 17. 19. D. XLIV. 7. 1. 83. §. 6. D. XLV. 1. 1. 34. §. 3. 1. 108. §§. 1. 4 —6. de leg. I. S e i l , über die römisch-rechtliche Aushebung der Obligationen durch eonc. duar. caus. lucr. Mommsen, Beitr. zum Obi.3t. I. S . 255s. Hat der Empfänger die Cache entgeltlich erworben, so bleibt die Obligation ans da» bestehen, quod abest creditori; da» muß der Schuldner leisten. ") 1. 12. §§. 323. 380. klebrigen» bezieht sich die Mehrheit der Stellen de» corp. jtu. auch aus Vermächtnisse.

§. 87. D . Aufhebung.

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g e n "). Diese muß unwiderruflich und wirklich in sein Eigenthum über­ gegangen sein"). b. Z u f ä llig e U n e r f ü llb a r k e it" ) . D a s A.L.R. sagt: „entsteht die Unmöglichkeit, den V ertrag zu erfl'lllen, durch einen Zufall ober durch unabwendbare Gewalt und Uebermacht, so wird der Vertrag für auf­ gehoben a n g e se h e n ". E s bedarf nicht eines Aufhebungsaktes der Parteien. §. 66 ist erw ähnt, daß die Unmöglichkeit bei Schuldvcrhältnissen in zweifacher Hinsicht in Betracht kommt: entweder ist die Leistung schon nach ihrer N atur von Anfang an unmöglich; dann kann sie über­ haupt nicht Gegenstand einer O bligation werden, und dies ist der be­ schränktere S in n der Regel impossibilium nulla est obligatio. Oder die Erfüllung der Leistung ist hinterher unmöglich geworden, und hier gilt nach gemeinem Recht der Grundsatz, daß der Schuldner frei ist von der Verpflichtung zum Leisten, sofern dieses ohne sein Verschulden un­ möglich geworden. Jede verschuldete Unmöglichkeit erzeugt aus dem Vertrage die Forderung auf das Interesse. D a s A.L.R. dagegen be­ freit bei unverschuldeter Unmöglichkeit nicht sowohl den Schuldner von der Leistung, sondern es hebt den V ertrag auf. D ie erhebliche V er­ schiedenheit beider Standpunkte zeigt sich in den praktischen Folgen. Nach gemeinem Recht behält der Schuldner das Recht auf die Gegen­ leistung, der V ertrag ist also nicht aufgehoben. D er Nachtheil, den der Zufall verursacht, trifft die andere Partei, sie hat die Gefahr (periculum) zu tragen "). S o bei allen Verträgen, die Eigenthumserwerb bezwecken, besonders beim K auf'"). Anders dagegen bei den Verträgen auf Ge­ brauch und Nutzung, bei der M iethe"). Hier ist die Gegenleistung so sehr durch die Vorleistung bedingt, daß jene nur so weit verlangt wer­ den darf, als diese erfüllt ist. D er Grund liegt nicht, wie Koch an13) §. 6. J. II. 20. Bei Konkurrenz eines bedingten und unbedingten ErwerbSgrundeS hebt der letztere, wenn er zum wirklichen Erwerb geführt hat, den ersteren auf, 1.1*8. pr. de V. 0 . Ersitzung ist auch ein unentgeltlicher ErwerbSgrund. I. 82. §. 1. de leg. I. Will der Schuldner dem Gläubiger den Nießbrauch an der Sacke schenken und der andere erwirbt anderweitig das Eigenthum an der­ selben, so ist die Schenkung des Nießbrauchs aufgehoben, weil in dem größeren Recht das geringere enthalten ist, so daß eS hier nicht darauf ankommt, ob daS Eigenthum unentgeltlich erworben. ^ 1. 108. §. 6. de leg. I. 0 I. 5. § § .3 6 0 - 3 7 6 . H e y d e m a n n I. S 265. Gr u c h o t l l l . S . 131. P l a t h iter I S . 299. D o r n e w a n n II. S . 359. D a n i e l s II. S 349 Koch, Pr.R. II. S . 208 und 40. R. d. F. II. S . 502. I. S . 198, des. S . 2 0 2 f. De r n bur g II. §. 101. U n t e r h o l z n e r I. S . 511 f. Ar n d t S S . 454. S i n t e n i s ll. S . 464. Ke l l e r S . 532. Windschei d tz. 360. S e u f f e r t II S . 136. M o m m s e n Beitr. 6 . 304. R.O.H.G . IV. Nr. 35. 6) M o m m s e n , Beiträge I. S . 2 3 2 f. °) 1. 5. §. 2. D. XVIII. 5. 1. 15. D. XXIII. 3. M o m m s e n S . 3 3 0 f. r) 1. 9. §§. 4. 6. 1. 19. §. 6. 1. 30. §. 1. D. XIX. 2. M o m m s e n S . 3 4 2 f. 38#

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Zweite» Buch

Die besonderen Privatrechte.

nim m t, in der theilbaren Aufeinanderfolge der Gegenleistung, während dort beiderseitig einmalige Leistung die Obligation erschöpft, sondern in dem Verhältniß von V o r- und Nachleistung"). D a s A.L.R. hat die Regel des römischen Rechts von der Miethe verallgemeinert und auf alle Verträge ausgedehnt. D ie Pflicht zur Gegenleistung fällt weg, wenn die Leistung hinterher zufällig unmöglich geworden. D ie Gefahr wird also beiden Theilen gleichmäßig auferlegt"). D ie Unmöglichkeit muß objektiv sein, d. h. die Leistung als solche oder die im Vertrage bestimmte Art derselben treffen"), ist aber nicht bloß absolut, sondern relativ zu verstehen, d. h. nach dem Gegenstände des Vertrages und der demselben zu Grunde liegenden Absicht der Parteien zu bemessen“ ). Soll eine Gattungssache geleistet werden, so kann eine objektive Un­ möglichkeit nicht eintreten (genus non perlt)"). Bei der Wahlobli­ gation ist nach preußischem Recht Unmöglichkeit der Leistung vorhanden, wenn die eine von den Sachen, aus denen zu wählen war, unterge­ gangen ist"). Fällt die Unmöglichkeit später wieder weg, so erwacht der aufgehobene Vertrag nicht wieder"). Was vor Eintritt der Un­ möglichkeit bereits geleistet worden, muß zurückgeleistet werden, um den Zustand vor dem Vertragsabschluß wieder herzustellen. Dabei darf 1S) K och, R . b. F . I S . 208. Unten §. 108 bei Note 46 imb 35. 19) Ueber bafl Tragen der Gefahr in Vertrag-verhältnissen wird §. 108 unter einem allgemeinen Gesichtspunkt ausführlicher gehandelt werden. 20) §§. 364. 373. I. 5. D er „bloße" Zufall im Gegensatz zu dem Zufall, der sich in der Person eine- Kontrahenten ereignet hat, §§. 369. 370. 21) Entsch. D . 40 S . 30. Eine relative Unmöglichkeit, die dem Zufall gleich geachtet w ird, ist e- auch, wenn die Erfüllung durch Schuld eines D ritten unmöglich wird. Entscheid. B . 17 S . 96f. S t r i e t h o r s t B . 27 S . 162. Dem wider­ spricht nicht 1. 37. §. 5. D. XLV. 1, wo von subjektiver Unmöglichkeit die Rede ist. Ueber relative und absolute Unmöglichkeit s. M o m m s e n S . 4. 5. 22) 1. 42. D. X X III. 3. 1. 1. §§. 2 — 4. D. X LIV . 7. I n der 1. 37. I). X LV . 1 sind die certi nummi in arca nicht GattungSsache, sondern SpecieS Jedenfalls ist der Beweis des vollständigen Erlöschens eines genus ein sehr schwieriger: D aß der Aussteller einer gewissen Sorte von Börsenpapieren dieselben aus dem Verkehr gezogen hat, möchte allein noch keine Unmöglichkeit begründen, wenn sie nicht alle vernichtet sind. 23) Ander« nach röm. R . S . oben §. 65 S . 370. A.L.R. §. 33. I. 11. E s tritt also auch nicht der W erth an die Stelle der untergegangenen Sache. Auch nach röm. R. tritt übrigen« der Werth nicht an die Stelle der Sache, außer bei Le­ gaten. 1. 47. § .3 . D. de leg. I. DaS arg. a contr., waS M o m m s e n (0 .3 1 1 ) au« der 1. 95. §. 1. D. XLVI. 3 entnehmen w ill, ist nicht durchschlagend. S . B a n g e r o w III. S . 28 Anm. II. 24) 1. 98. §. 8. D. XLVI. 3. A. M . scheint für da- preuß. R . Koch zu sein. R. d. F. II. 505. Z u beachten ist dabei, daß mir die zur Zeit der Fälligkeit der Lei­ stung vorhandene Unmöglichkeit in Betracht kommt. I n den von D e r n b n r g II. §. 101 Anm. 6 besprochenen Fällen, wenn ein gemietheter Diener zum M ilitär eingezogen aber vor Beginn der Dienstzeit wieder entlassen ist, wenn daS einge­ leitete Enteignungsverfahren bezüglich eines vermietheten Hanfes vor Beginn der Miethzeit aufgehoben wird, ist die Leistung nie unmöglich gewesen.

keiner mit dem Schaden des Anderen gewinnen. M it dieser Beschrän­ kung soll der Zurückgebende als redlicher Besitzer angesehen werden, d. h. er steht bei Verschlechterungen für grobes Versehen ein. Was nicht mehr zurückgegeben werden kann, auch die gezogene Nutzung, muß vergütigt werden"). Für dieses Zurückleisten ist das Haben ohne Rechts­ grund (condictio sine causa) maßgebend. Unmöglichkeit durch Verschulden herbeigefiihrt, oder in der Person des Verpflichteten zufällig eingetreten, wirkt dagegen verändernd auf das Schuldverhältniß und wird an einem anderen Orte erörtert werden"). c. Der T od hebt den Vertrag auf, wenn dessen Gegenstand eine Handlung war, bei weicheres auf besondere Fähigkeiten und Verhält­ nisse des verstorbenen Verpflichteten ankam"). D ie Erben müssen zu­ rückgeben, was der Verstorbene erhalten, können aber für das, was ihr Erblasser bereits geleistet hat, einen entsprechenden Theil der Gegen­ leistung — nach dem Maße des Vortheils, den der Gläubiger erlangt hat — beanspruchen"). Der Tod wirkt unter diesen Voraussetzungen als.ein Zufall, der die Erfüllung hinterher unmöglich macht, und inso­ fern hat G ruchot Recht, wenn er die besonderen Bestimmungen des A.L.R. hierüber überflüssig nennt"). II. V e r tr a g sa u fh e b u n g durch den W ille n ein en T h e ils , a. E rla ß (pactum de non petendo)30) ist die ausdrückliche Ent­ sagung aus ein bereits erworbenes Recht3'), er kommt daher nicht bloß als Aufhebungsart für Vertragsrechte in Betracht, sondern hat eine all­ gemeinere Natur. Ueber diese Auffassung des Landrechts ist bereits im §. 19 gehandelt, aber dargelegt, daß in Wahrheit der Erlaß als ein be,s) §§. 305-368. d. T. Vergl. I. 11. §§. 902. 900. 964. 967. I. 16. §§. 14. 102. I. 18. §§. 760f. I. 21. §§. 211. 299 f. 381. -6) §§. 359 - 303. 369—372. 374 - 370. d. T. Unten §. 106 und 108. I7) $. 416. d. T. Koch, R. d. F. II. S. 523. Der Satz hat besonder- Anwendung bei der Werkverdingung und dem Dienstleistung-verträge. 1. un. §. 8. G. VI. 51. Anwendungen im A.L. R 1- 13. §. 180. I. 17. §§ 281. 290. I. 21. §§. 306f. II. 1. §§.124 — 127. 830. 1088f. II. 8. §§. OOlf. Gesindeord». v. 1810 §§• 99f. Schriftliche Aushebung de- schriftlichen Vertrage- über Hand­ lungen »ach §.388. I 5. ist nicht erforderlich. Striethorst 33-69 S. 160. :S) §§. 417 — 422. d. T- — De r nbur g II. §. 102. — Verschieden von der Aus­ hebung de- Vertrage- durch den Tod ist die Einwirkung desselben auf da- Ende von Obligation-verhältnissen, Mandat, Societät, Pacht und Miethe. •*) Beiträge B. 3. S. 180. i0) Koch. 9t. b. g. II. S. 741. - Unierholzner I. 478. Si nt e r n- I I . S . 479. Ar ndt - S - 438. Vangerow III. S. 394. Seuf f er t , Pand. II. S. 149. Böl derndor f , zur Lehre vom Erlaß. 1850. Scheurl, Beiträge 33.2 S - 14. Arndt» in der kritischen Ueberschau 33. 2 S. 154. *') §§• 379. 381 I. 10. Ueber die Frage, ob schriftliche Form auch bei Betragen unter 50 Thlr. nöthig ist (§. 134. I. 5) f. oben §. 79 bei Note 64 S . 525. Der Erlaßvertrag folgt der Regel de- Rechts und ans ihn bezieht sich die materiell freilich nicht abweichende Bestimmung deS §. 134 überhaupt nicht.

sonderer B ertrag im Obligationenrecht Bedeutung habe. E s kann aber die Leistung ganz oder theilweise erlaffen werden. 9htr im ersteren F all ist der V ertrag aufgehoben"), im lehteren ist er eingeschränkt"). D er E rlaß ist ein einseitiger (wohlthätiger) V ertrag und bedarf daher der Annahme des Schuldners, dem er angeboten w ird"). D aß ein in ge­ richtlicher Form erklärter Erlaß keiner Annahme bedürfen so ll"), ist eine falsche Bestimmung des Gesetzes; es scheint, daß die Redaktoren, verführt durch den allgemeinen Begriff der Rechtsenffagung, der sich auch auf nicht obligatorische Rechte bezieht, hier, was letztere erfordern übersehen haben, denn die gerichtliche Form der Erklärung kann an den materiellen Erfordernissen ihrer Giltigkeit nichts änd ern "). Wie der e in e m Schuldner ertheilte Erlaß bei vorhandenem Gesammtschuldverhältniß wirkt, ist §. 63 erw ähnt"); wie er auf D ritte, nebenbei V er­ pflichtete, z. B . Bürgen wirkt, wird bei der Erörterung der Bürgschaft zu erwähnen sein"). b. M a n g e lh a f te E r f ü l lu n g v o n e in e r S e ite " ) . Eine wun­ derbare und durchaus verwerfliche Erfindung der Redaktoren des A.L-R. ist es, daß derjenige Kontrahent, der sich weigert, seinerseits zu erfüllen, weil der andere Theil nicht erfüllt, ein Wahlrecht auf Schadenersatz oder auf Rücktritt vom Vertrage haben soll, sobald im Wege des gerichtlichen Verfahrens seine Weigerung für begründet erachtet worden. Noch wun­ derbarer ist es, daß dieses Wahlrecht die K raft haben soll, die F o rt­ setzung des gerichtlichen Verfahrens in den folgenden Instanzen zu unterbrechen, d. h. dem Verurtheilten oder Abgewiesenen die weitere Verfolgung des materiellen Rechts geradezu abzuschneiden"). Die 31) I m heutig«, R, bleibt feine natur. obl. zurück. M) Wen» nach dem Kaufabschluß der Verkäufer gegen Minderung des Preises von der Gewährleistung befreit wird, so ist die« nicht ein Erlaß, sondern eine Aende­ rung de« Vertrage«. A L R . I. 5. §§. 317. 318. I. 16. §. 381. S t e g e m a n n IV. S . 129. " ) I- 16. §• 380, wo der Erlaß als .V ertrag" aufgefaßt ist. Bergl. §. 388. d. T . » ) §. 392. d. T . 3«) Koch 6 . 750. 3-) Oben S . 406. “ ) Dergl. I. 14. §. 385. Unten §. 144. 39) §§• 393—414. I. 5. Hevdem. S . 2 7 2 f. G ru c h o t III. S . 147f. Koch, R. b. F. II. S . 5 09f. S t r i e t h . B . 50 S . 325. 40) §§ 3 9 6 — 407. D as Vorbild für diese Bestimmungen war das ju s poenitcndi bei de» «»benannten Realverträgen und S u a r e z meinte, seine Theorie sei feine neue. Schlußrev. Vortr. S . 5f. A l b e r t bei Behrend B . 3 S . 343. D as österr. Ges-B. §. 919 läßt nur die ErfüllungSklaze zu; der Code art. 1194 läßt von jedem zweiseitigen Vertrage zurücktreten, wenn ein Theil nicht erfüllt. — Eine unmittelbare Einwirkung auf den Prozeß wird dem Rücktritt nicht beige­ messen. Wird der Prozeß in der höheren Instanz vom Gegner fortgesetzt, so wird eS Sache dcö Zurücktretende» sein, die durch de» Rücktritt vom Vertrage begrün-

Wissenschaft hat keine Erklärung für solche Gedanken und der P raxis find sie fremd geblieben, weil das Bedürfniß des Lebens auf ein solches Wahlrecht nicht h in fü h rt"). Bei V erträgen auf ein Geben kann abge­ sehen von der eben erörterten Bestimmung, und abgesehen von den be­ sonderen Bestimmungen, die an den Verzug des Käufers in Abnahme der W aare oder Kaufgeldzahlung ein Rücktrittsrccht knüpfen, das A us­ bleiben der Leistung oder die Mangelhaftigkeit der Erfüllung niem als ein G rund fein, den V ertrag aufzuheben "), vielmehr muß dieser grade hier seine zwingende K raft zeigen. Anders allerdings bei Verträgen auf ein Thun, weil Handlungen nicht direkt erzwungen werden sönnen, auch nicht so genau wie Sachen durch Geldersatz ausgewogen werden und eine weniger vertretbare N atur haben. D arum ist es hier gerechtfertigt, unter Umständen bei ausbleibender Leistung eine Aufhebung des Vertrages 41t gestatten. D a s A.L.R. sagt: „Bei Verträgen, deren H a u p tg e g e n s ta n d Handlungen sind, kann Derjenige, welcher behauptet, daß der Andere die Erfüllung bisher nicht kontraktmäßig geleistet habe, oder solcherge­ stalt nicht leisten könne, sofort auf seine Gefahr von dem Vertrage wie der abgehen". Seine Gefahr besteht darin, daß er den anderen Theil entschädigen muß, wenn seine Behauptung über kontraktividrige Leistung unrichtig befunden wird. Dagegen erwirbt er einen Entschädigungsan­ spruch, wenn sein Rücktritt gerechtfertigt erscheint"). Werden diese B e­ stimmungen an der oben gegebenen Definition der Aushebung gemessen, so ergiebt sich, daß hier eine solche nicht stattfindet; der V ertrag behält, mag die Behauptung des Gläubigers wahr oder unwahr sein, die W ir­ kung, daß im letzteren Fall er selbst, im ersteren der Schuldner ent­ schädigen muß. E s ist dem Gläubiger nur gestattet, gleich die E n t­ schädigung in Anspruch zu nehmen und die Leistung der Handlung zurückzuweisen, während in der Regel erst auf Erfüllung geklagt wer­ den muß, ehe die Entschädigungsforderung hervortritt"). D arum ist

*) *) 4I)

*)

beten Rechtsfolgen für den erhobenen Anspruch geltend zu machen. Aus dieser Rechtslage ergiebt sich, daß die Reichscivilprozeßordnung die Bestimmungen, die rein materiellrechtlichen In halts sind, unberührt gelassen" hat. Siehe die Urtheile von Koch S 5 1 0 , Gr uc ho t S . 1 5 4 , der ^efeQretMforen S . 144 (auch bei Koch, S . 519). © e u f f e r t V. 270. — Vgl. I. 11. §§..229. 230. §§. 4 0 8 — 410. d. T . Siehe bes. G ruchot'S ausführliche Glossen hierzu B . 3 S . 1 5 4 f. H e y d e m . 6 . 2 7 6 f. Ueber die Höhe der Entschädigung im Fall des § 409 u. 410f. Entsch. B . 11 S . 30. Eentralblatt 1833 S . 834. G r u c h o t S . 179. D ie § § .4 0 9 . 410. d. T . erfordern, daß der eine Kontrahent z u r ü ctt r e t e n zu wollen erklärt hat, weil der andere nicht erfüllt hat. S t r i e t h o r s t B . 61 S . 6. Auch bei Verträgen über Handlungen kann -auf Erfüllung geklagt werden, so lange noch nicht ein Rücktritt stattgefunden hat. D ies ist das Verhältniß des §. 408. I 5. zu §§. 877. 878. I. 11. Gr u c h o t S . 158 (Erk des O .T rib. v. 13. Oktbr. 1857). Gergl. auch Gesindeordn. v. 1810 §. 1 3 6 f. §. 1 4 5 f.

auch die Frage, die in der P rax is des O b ertrib un als eine verschiedene Beantw ortung erfahren hat, ob der R ücktritt ausdrücklich erklärt werden m u ß , oder auch thatsächlich erfolgen kann, von keiner wesentlichen B e ­ deutung “ ). Aber die Feststellung des B eg riffs:

„V ertrag ,

stand Handlungen sind", ist nicht unzweifelhaft.

deffen Hauptgegen­ D a s W o rt H a u p t ­

gegenstand deutet offenbar darauf hin, daß auch an solche V erträge ge­ dacht

ist,

bei denen

gemischt ist.

A us

Geben und T h u n

den thaffächlichen Unterlagen des einzelnen F a lls

muß entnommen werden, S ie

auf d e rs e lb e n Vertragsseite

ob

die H andlung der Hauptgegenstand ist.

wird es sein, wenn sie dem V ertrag e den eigentlichen Charakter

aufdrückt, insbesondere wenn auf der einen Seite n u r Handlungen zu leisten fin d , gleichviel ob die andere S eite zu einem Geben oder auch zu einer H andlung als

Gegenleistung verpflichtet

is t" ) .

D a s O ber­

trib u n al hat aber von der Bestimmung eine sehr bedenkliche Anwendung gem acht").

V o n der Ansicht ausgehend, daß § .4 0 8 nicht Handlungen

allein als Gegenstand des Vertrages erfordere, daß es vielmehr genüge, wenn

neben

einem

anderen Hauptgegenstande Handlungen

auch

als

solche zu betrachten seien, hat es bei einem Gutsüberlassungsvertrage den Rücktritt

gestattet,

weil

der Annehmer außer anderen Leistungen

auch die H andlung liebevoller Verpflegung versprochen und unerfüllt ge­ lassen hatte.

S p ä te r ist diese A usführung aufgegeben w orden" ) .

muß die Bestimmung beziehen auf alle V e rträ g e ,

M an

auf welche die B e ­

stimmungen des 8. Abschnitts des 11. T ite ls Anwendung finden, soweit nicht das Rücktrittsrecht von solchen V erträgen eine besondere Regelung erfahren h a t " ) .

Danach ist bei solchen Verträgen auf G rund der wirk­

lichen Weigerung des einen Theils zu erfüllen, der Rücktritt schlechthin sta tth aft'"); und wenn Jem and es auf sich nim m t, daß der andere T h e il " ) G ru c h o t 6 . 1 7 6 f. S t r i e t h . B 28 S . 47, B . 69 S . 160.

B . 2 S . 372,

B . 15 S . 225. $ . 18 S - 259,

46) Anwendungen des tz. 408. d. T . bei Dienstverträgen. G ru c h o t S . 160. S t r i e t h . B. 4 S . 1, B . 28 S . 47. 204; bei Engagement eines Schauspielers. S t r i e t h . B 15 S . 22 5 ; bei Verträgen mit Handarbeitern, S t r i e t h . B . 20 S . 240 (vgl. aber auch B . 43 S . 317); bei Lieferungen, S t r i e t h . B . 18 S . 259 u. G ru c h o t S . 161. Keine Anwendung auf opus conductum. Entsch. B 19 S . 151. S t r ie t h o r s t $ . 20 S . 243. R O H G . B . 5 S . 168, B 11 S . 158 Beispiel, wo die Handlung nicht der Hauptgegenstand, S t r i e t h . B 11 S 347. Gehören Versicherungsverträge zu denjenigen Verträgen, deren Hauptgegenstand Handlungen sind? Bergt, die verneinende Entscheidung des R O H G . V . N r. 36. 47) Präj. 2066. Sam m t I. S 18. Das Erkenntniß ist abgedruckt im ArnSb. Arch. B - 14 S . 181 f. G r u c h o t S . 162. Entsch. B . 16 6 . 5 2 1 . 48) Entsch. B . 60 S . 8. Vgl. auch S t r i e t h . S . 228, B. 36 S . 99.

D . 6 S . 4, B . 14 S . 137, B . 20

49) Ueber die Anwendungssphäre der §§. 4 0 8 ff., vgl Entsch. B 60 S - 8. S t r i e t ­ horst B 71 6 313. Die Praxis hat indessen nicht immer hieran festgehalten *>) § 877. I. 11.

nicht gehörig geleistet habe oder überhaupt nicht leisten könne, so t r it t er nach der hier erörterten Bestim m ung a u f se in e G e f a h r zurück. c.

N u tz lo s ig k e it der L e is tu n g "),

deren B e g riff §. 69

erörtert

i s t " ) , berechtigt den Verpflichteten, bei Gericht den A n tra g als Klage oder Einrede zu stellen, den V e rtra g aufzuheben. J I I . V e r t r a g s a u f h e b u n g durch b e id e r s e itig e E i n w i l l i g u n g " ) setzt voraus, daß der V e rtra g noch u n e rfü llt i s t " ) , und die Aufhebung uneingeschränkt, bedingungslos erfolgt. Solche E rklärung erfordert weder A usd rü cklich ke it"), noch eine besondere F o rm , doch soll die schriftliche Vertragsurkunde vernichtet w e rd e n "), und

n u r bei einem nach gesetz­

licher Vorschrift, nicht nach W illk ü r der P a rte ie n ") gerichtlich geschlossenen V ertrage auch die Aufhebung gerichtlich erfolgen. w illig u n g ist ein liberatorischer V e r tr a g " ) .

D ie beiderseitige E in ­

I s t schon ganz erfüllt, so ist

eine Aushebung nicht mehr denkbar; wollen die Parteien die W irkungen des V ertrages wieder beseitigen, so kann dies n u r durch ein neues ver­ pflichtendes Geschäft in der gesetzlichen F o r m " ) geschehen. Dasselbe g ilt, wenn die E rfü llu n g schon angefangen, oder erst einseitig erfolgt ist, oder die Aufhebung nicht unbedingt geschehen, eigentlich also der V e rtra g m o d ifiz irt werden soll. E s darf ein V e rtra g nicht aufgehoben werden, wenn er zum V o rth e il eines D ritte n geschlossen und dieser bereits bei-

M) §. 70. i . 5 . M) Oben S , 4 6 2 . " ) §§. 3 8 5 — 3 0 2 . 1. 5. G ru c h o t S . 140. S . 405. 8. 4. J. I I I . 29.

H e y d e m . S . 269.

Koch, R . d. F . I I .

M) S t r i e t h . B . 8 3 S . 2 0 3 . 5i) S e u f f e r t B . 2 3 N r . 23. Dies ist wesentlich. Entsch. B . 14 S . 102. O b auch wenn der Vertrag seinem Gegen­ stände nach der Schriftform nicht bedurfte? s. Entsch. B . 74 S . 5 ; doch vergl. Entsch. B 2 0 S . 03. S t r i e t h . B . 28 S . 5 0 und B o r n e m . , Erörter. H . 1 S . 1 7 8 f. D aS R . O H G . V I . N r . 3 5 0 hat angenommen, daß zur G iltigkeit der mündlichen Aufhebung eines durch Schriftwechsel zu S tande gekommenen, noch nicht erfüllten Vertrages die Kassation des Schriftwechsels' nicht erforderlich sei. (A .L R . I. 5. §§. 386. 3 87.) 57) S t r i e t h . B . 25 S . 127. 6b) Siehe oben § .7 2 S . 472. Arch. I. N r . 223.

G ru c h o t S . 140 Note gegen S i n t e n i S .

S e u ffe rt,

59) S t r i e t h . D . 9 S . 2 0 3 . Entsch B . 5 8 S . 35. Deutsche Gerichtszeitung N F . B 2 S . 2 5 2 fg. Wobei sich aber die Anwendbarkeit des §. 146. d T . versteht, d. h. es kann ein bereits ganz oder theilweise erfüllter schriftlicher Vertrag durch einen sogleich von beiden Seiten vollständig erfüllten mündlichen Vertrag aufge­ hoben werden. S t r i e t h . D . 26 S . 42. D aS O .A .G . München (B lä tte r f. R . A n w . B . 15 S . 3 7 7 ) hat §. 390. I. 5 auf einen F a ll angewendet, wo ein noch ein J a h r dauernder M iethvertrag auf 1 30 fl. M iethe dadurch aufgehoben worden, daß der M iether ausgezogen und der Berm iether die Schlüssel der Wohnung an sich genommen und letztere anderweitig benutzt hatte, weil der AufhebungSvertrag sofort von beiden Seiten erfüllt worden, also der schriftlichen F orm nicht bedürfe. D e r Aenderung eines fertig geschloffenen Vertrages durch Korrekturen, welche m it

getretent0) , ober wenn ihn ein Kontrahent für den Dritten „vermöge obliegender Pflichten" geschloffen und diesem dadurch ein Recht erwor­ ben h a f '). §.

88. E. Anfechtung.

Die Anfechtung eines Vertrages oder überhaupt eines Rechtsge­ schäfts kann nach doppelter Richtung sich bewegen: es wird entweder seine Rechtsbeständigkeit an sich angegriffen, oder es sollen wenigstens seine Wirkungen beseitigt werden. Nach der ersten Richtung geht die Anfechtung von einer der Vertragsparteien aus, welche sich hier frei machen will von Verpflichtungen, die ein sie nur scheinbar verpflichten­ der Vertrag ihr auferlegt. Nach der zweiten Richtung kann aber die Anfechtung von einem Vertragsgenoffen nicht ausgehen, weil es keinem zusteht, bei bleibender Rechtsbeständigkeit des Vertrages sich den aus ihm folgenden Wirkungen zu entziehen. Hier tritt das Interesse eines D r itte n dazwischen, welches mit diesen Wirkungen kollidirend sie zu beseitigen trachtet. I. Die Gründe zur A nfechtung der R echtsbeständigkeit eines Vertrages durch einen Kontrahenten sind verschiedene. Des Angriffs auf ein nichtiges Geschäft bedarf es regelmäßig nicht, dennoch muß die gerichtliche Feststellung, daß aus dem nichtigen Vertrage eine Verpflich­ tung nicht besteht, vielfach eintreten, wie es ja sogar Rechtsgeschäfte giebt, deren Folgen bis zur gerichtlichen Nichtigkeitserklärung bestehen. Is t das Geschäft nur nach dem Willen des Betheiligten anfechtbar, so ist der Angriff des Betheiligten erforderlich, um es zu beseitigen'). I n beiden Fällen wird der Angriff meist als Einrede gegen die Erfüllungs­ klage auftreten, aber auch als Klage ist er geltend zu machen, sei es daß das Jntereffe an der sofortigen Feststellung dargelegt werden kann, ohne einen Antrag auf Verurtheilung des Gegners, sei es, um bereits Geleistetes zurück zu erhalten. Die Anfechtung gründet sich auf in n ere oder ä u ß e re Mängel. Unter den ersteren tritt die V e r tr a g s u n f ü h i g k e i t des einen Kontrahenten hervor: z. B . Eheftauen ohne Zu­ stimmung ihres Mannes, Bevormundete ohne die des Vormundes, Hausbeicerfeitiger Zustimmung in die unterschriebene Vertragsurkunde gesetzt worden, weigert daS Obertribunal die Anerkennung, sofern nicht die korrigirte Urkunde dem­ nächst von Neuem unterschrieben worden. Entsch. B . 69 S . 20. V gl. dagegen §. 4 0 Anm. 19. — W ar der Vertrag schon erfüllt, so tritt im Zweifel die Aus­ lösung ex nunc ein. S e u f f e r t X . 34. « ) §- 391. d. T . Oben §. 7 5 S . 487 fg Sl) §. 392. d. T . Hierher gehören nicht Vormünder und Vertreter einer juristische» Person. Koch, Komment, zu diesem § . und G r u c h o t S . 147. -) Oben §. 41 S . 216.

kinder ohne die des V a te rs'): oder die Unfähigkeit zw dem besonderen Geschäfte, besonders die Darlehnsunfähigkeit der königl. Schauspieler, der M ilitairpersonen. Sodann der M a n g e l d er W ille n s e in ig u n g , welche ausgeschlossen wird durch Z w a n g ') , B e tr u g ') , I r r t h u m ') , oder weil beide Theile nur ein S c h ein g e sch äst') wollten. Aeußere M ängel sind: U n z u lä s s ig k e it d es G e g e n s ta n d e s , wenn es der be­ dungenen Leistung an der Bestimmtheit fehlt oder wenn sie von An­ sang an unmöglich w a r') und F o r m m a n g e l" ) . Alle diese Anfech­ tungsgründe haben bereits ihre Erörterung gefunden. W enn es sich um einen nichtigen V ertrag handelt, wird auch ein D ritter, der zum Kon­ trahenten nicht in der Stellung des Rechtsnachfolgers sich befindet, diese Nichtigkeit einredeweise gegen jeden Angriff geltend machen können, welchem der V ertrag als G rundlage dient; anders bei denjenigen V er­ trägen, die nur nach dem Willen des Kontrahenten anfechtbar sind. Will dagegen ein Gläubiger des Kontrahenten die aus der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Vertrages herzuleitenden Vermögensansprüche für sich geltend machen, so muß er dieselben, wie jeden anderen Anspruch des Schuldners für sich pfänden und sich überweisen lassen9). D ie Un­ wirksamkeit eines V ertrages oder sonstigen Rechtsgeschäfts dem einzelnen Gläubiger gegenüber tritt ferner ein, wenn dem Kontrahenten zu Gunsten dieses G läubigers eine dem anderen Kontrahenten bekannte Verfügungsbeichränkung aufgelegt w ar; nach eröffnetem Konkursverfahren gilt eine Rechtshandlung, welche der Gemeinschuldner vornimmt, den Konkurs­ gläubigem gegenüber als nichtig,0). D a s Gesetz giebt aber dem ein­ zelnen Gläubiger beziehungsweise dem in dieser Beziehung als Vertreter der Konkursgläubiger anzusehenden Konkursverwalter in einer Reihe von Fällen hierüber hinaus das Recht, die Wirksamkeit eines Vertrages oder einer anderen Rechtshandlung des Schuldners zu dem Zwecke zu belämpfen, um eine Erweiterung des Kreises der Vermögensobjekte, aus denen Beftiedigung gesucht werden d arf, über das gegenwärtige Ver­ trügen des Schuldners zu erreichen. E s ist dies: -) 3) «) "-) 0 ) 3) ’)

Oben §. 73 S . 479. Oben §. 29 S . 168. Oben §. 31 S . 177. Oben §. 30 S . 172. Oben §• 32 S . 179. Oben 88 65. 66. Oben §. 79. Vgl. wegen der Sim ulation oben §. 32 Anm. 8, der abweichende Standpunkt der preußischen Anfechtungsgesetze ist aufgegeben. “) Hieraus ist unten im §. 112 zurück zu kommen.

604

Zweites Buch.

D ie besonderen Privatrechte.

II. D ie Anfechtung int engeren S in n e, die Anfechtung einer Rechts­ handlung bezüglich ihrer W ir k sa m k e it gegenüber den G läubigern (actio Paulliana)11).

V on jeher galt es als eine besonders schwierige Aufgabe für die bürgerliche Rechtsgesetzgebung den Ränken oder Betrügereien entgegen­ zutreten, welche ersonnen werden, um dem Gläubiger den Gegenstand seiner Befriedigung au s dem Vermögen des Schuldners zu entziehen. Einerseits soll die Erfüllung des Vertrages möglichst gesichert werden gegen betrügerische Handlungen des Schuldners; andererseits aber darf nicht übersehen werden, daß es bedenklich ist, einem Schuldner die D is ­ position über sein V erm ögen, oder einzelne Stücke desselben schon deß­ halb zu entziehen, w eil er einen Gläubiger hat oder möglicher Weise später erlangt, dessen Vertragsrechte er unerfüllt läßt. Einem solchen, dem G läubiger zugestandenen Anfechtungsgrund müssen daher sehr be­ stimmte und feste Grenzen gesetzt, es kann immer nur als ein A usnahm e­ recht aufgefaßt werden und unterliegt keiner ausdehnenden A uslegung " ) . D a s g e m e i n e Recht bot den Gläubigern gegen ihnen nachtheilige Veräußerungen ihres Schuldners in der Paullianischen Klage ein M ittel, dessen Anwendbarkeit in dem F all des Konkurses unzweifelhaft, außer­ halb desselben aber bestritten war. D ie Voraussetzungen dieser K lage, von der im neueren Recht das altrömische interdictum fraudatorium nicht mehr unterschieden w ir d " ), sind: eine Veräußerung des Schuld") R K O . §§. 22—34. Gesetz betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens vom LI. J u li 1879. Bergl. hierzu außer den amtlichen Motiven und den Kommentaren, darunter zum Anfechtungs­ gesetz den Komm. von B e r n h a r d H a r t m a n n Berlin 1880: Ot t o . Die Anfechtung von Rechtshandlungen. 1881. AeltereS Recht: Konk.Ordn. v. 8. M ai 1855 (Ges.S. S . 321) §§. 99— 112. 378. 393. Gesetz vom 9. Mai 1855 (G es.S. S . 429). Auch Koch, R. d. F. II. S . 815. 831. 846 u. Kommentar z AL R. I. S . 941. §. 9 9 ff. desselben Komm. z. Konk.Ordn. Me n t z e l und Kl ose, die preuß. Konk.­ Ordn. S . 56. 210. 546. G o l t d a m m e r , Komm, zur Konk.Ordn. 1858 S . 30. 5"0. E o n S b r u c h , Befugniß der Konkurs-Gläubiger zur Anfechtung, 1857. Me i s c h e i d e r , die preuß. Gesetzgebung über daS Anfechtungsrecht der Gläubiger, 1864. B e i s e r t bei G r u c h o t Bd. X. G. 1. — U n t e r h o l z n e r II. S . 92. B a n g e r o w III. S . 645. A r n d t S S . 366. S i n t e n i s U. S . 734. Ke l l e r S . 693. — F r a n c k e und LaSpeyr eS im civil. Arch. B. 16 S . 125. 251. B . 21 S - 35. R e i n h a r t , die Anfechtungsklage, 1871. Zü r c h e r , die actio Paulliana, 1872. S c h ö n e m a n n , die Paulianische Klage, 1873. H a s e n b a l g , zur Lehre von der actio Paul. 1874. M a n k i e w i c z , Deitr. z Lehre v. d. actio Paul. 1874. Bergl. auch W i n d m ü l l e r , die Anfechtung stmulirter und sonstiger Ver­ äußerungen, 1854. — Z a c h a r i ä ( P u c h e l t ) 33.2 S . 329. — D er Herausgeber würde vorgezogen haben, die Lehre von der Anfechtung int Anschluß an daö materielle Konkurörecht oder im zweiten Theile dieses Buches zu behandeln, zumal dieselbe die Wirksamkeit nicht nur der Verträge sondern der Rechtshandlungen des Schuld­ ners überhaupt betrifft, und wie die Darstellung ergeben wird, in einer obligatio ex lege des Anfechtungsbeklagten beruht- Auch hier hat aber an der systematischen Anordnung F ö r s t e r s festgehalten werden müssen. lT) Entsch. B . 49 6 . 358. S t r i e t h . B. 46 S . 204. 13) Nach Huschke' S Untersuchung (Zeitschr. f. Tiv.R. u Proz. N. F . B . 14 S . 1) gab es im älteren römischen Recht drei Klagerechte: die actio Pauli, nach I. 1.

§. 88.

605

E. Anfechtung.

ners bei bereits vorhandener oder durch diese Veräußerung verursachter Verm ögensunzulänglichkeit"), die Feststellung der letzteren durch einen fruchtlos gebliebenen Exekutionsakt"),

die durch bestimmte Thatsachen

zu erweisende Absicht des Schuldners,

durch die Veräußerung seinem

G läu b ig er ein Vermögensstück, aus welchem er Befriedigung hätte er­ langen können, zu entziehen"), also nicht bloß sein Wissen, daß er sich durch die Veräußerung zahlungsunfähig

mache'') .

D ie Veräußerung

muß das Vermögen des Schuldners in einer dem G läubiger nachtheiligen Weise verm indern'").

Dagegen kann nicht angefochten werden, wenn

der Schuldner einen ihm angefallenen

E rw erb

ausschlägt, z. B .

eine

Erbschaft nicht a n tritt, w eil dies keine Verm inderung, sondern nur eine Nichtvergrößerung

des

Vermögens

is t " ).

Endlich

muß

vom

F alle

des unentgeltlichen Erw erbs abgesehen der Vertragsgenoffe des Schuld­ ners,

der

durch

die Veräußerung

erworben,

gewußt

haben,

daß

letzterer dabei von der Absicht geleitet worden, seinem G läubiger Nach­ theil in

zuzufügen").

das

Vermögen

D er

Zweck

der K lage

des Schuldners

ist,

das Vermögensstück

zurückzubringen, um es zur B e -

p r. D . X L I I . 8. §. 6. J. IV . 6 vor und nach ausgebrochenem Konkurse; das interd ictu m fra u d a to riu m , n ur vor dem Konkurse; eine in factum actio , n ur nach der Konkurseröffnung brauchbar, v. S c h r ö t e r , ebendas. B 6 S . 131 f. 136. " ) S e u f f e r t D . 1 N r . 393. B . 3 N r . 247. D . 5 N r . 9 5 . B 12 N r 113. B . 13 N r . 307. Nachtheilige W irkung muß eingetreten sein. 1. 10. §. 1. 1. 15. D . X L I I . 8. — A . M . über dieö Resultat O t t o a. a. O . S . 91. :s) L G. §. 14. N r. 247.

1. 10.

§§. 1. 18.

D . X L I I . 8. §. G. J. I V . 6.

:6) Anim us fraudandi. F r a n k e a. a. B . 7 S 303. D ie Absicht braucht auch aus den Umständen, z. B . aus verfall zu folgern. DreSd. Ann. I.

Seuffert

B. 3

O . B . IG S . 125. S e u f f e r t B . 3 S . 2G4. nicht besonders bewiesen zu werden, sie ist dem bereits vorhanden gewesenen BermögenS1G1.

7) W ie L a S p e y r e S a. a. O . B . 21 S . 3 0 behauptet. Ueber die Q ualifikation des animus fraudandi (f. Note 18) streitet man. Einige (z. D . P u c h t a , Dorles. §. 380, Wi n d s c h e i d §. 4G3 N r . 2) halten daS Bewußtsein der Insolvenz fü r ge­ nügend; Andere (z. B . S c h w e p p e , Konk. §. 3 3 , F r a n k e S . 125) verlangen außer dem Bewußtsein der Insolvenz die Absicht des Schuldners, den Gläubiger zn benachtheiligen. I n der Praxis w ird auch tiefe Absicht für allein genügend er­ achtet. Kiel bei S e u f f e r t X I I . 302. Celle, das. I X . 35G. X I I . 227. Bei scheu knngSweiser Übertragung deS ganzen Vermögens bedarf eS nicht des Beweises einer frans. 1. 1 7 . § 1. D . eod. S a v i g n y I V . S . 139. s) Vermögen w ird hier im weitesten S in n e genommen, alles was in Itonis ist. Das gestum ist entweder ein dare oder obligare oder liberare. 1. 3. 4. 5. I). X L I I . 8. °) N o lu it enim acquirere, non suum proprium p atrim o n iu m dem inuit. 1. G. §. 2. 1. 19. 20. D . eod. I. 134 de R . J. S o wird auch die Abstinenz eines suus et necessarius heres und die Repudiation eines Legats aufgefaßt. I. G. p r. §. 2. 4. D. eod. 1. 28. pr. I) . de V . 8 . * ) L 1 p r. 1. 10. pr. §§. 2 - 5 . 1. 6. §§. 8 11. 1. 7. D . X L I I . 8. Eine Absicht des ^ertragsgenoffen, sich selbst zn bereichern, ist nickt nothwendig. F r a n k e a. a. O . S . 126.

friedigung des Gläubigers angreifen zu können"). Die Klage verjährt in einem Ja h re "). Eine «Streitfrage ist es, ob sie auch auf den Fall Anwendung finde, wo der Schuldner vor Eröffnung des Konkurses einen anderen Gläubiger befriedigt, wenn die Befriedigung vor der Fälligkeit erfolgt ist, oder in ihr sich eine Begünstigung des einen Gläubigers zum Nachtheil des anderen zeigt (Gratifikationstheorie)"). Diese Paullianische Klage liegt den neueren Gesetzgebungen zu G runde"), wenn sie auch in diesen nicht bloß mannigfache Erweite­ rungen, sondern eine prinzipielle Umgestaltung erfahren hat. Sehr dürftig waren die Bestimmungen des A.L.R. E s läßt Vermögensver­ äußerungen auf Leibrenten ") und Schenkungen, die innerhalb eines oder dreier Jahre vor eröffnetem Konkurse gemacht worden"), von den dadurch verkürzten Gläubigern widerrufen. Eine Veräußerung auf Grund eines lästigen Vertrages ist von den Konkursgläubigern anzufechten, wenn der Erwerber die Insolvenz des Gemeinschuldners gekannt hatte"). Einen wesentlichen Fortschritt brachte das Gesetz vom 26. April 1835"), in­ dem es einzelnen Gläubigern auch außer dem Konkurse die Anfechtung lästiger Verträge, die der Schuldner mit dem Ehegatten oder mit Ver­ wandten abgeschlossen, gestattete und ihnen die Beweisführung der un­ redlichen Absicht durch eine Vermuthung erleichterte, so daß es nun dem Gegner oblag, zu beweisen, daß eine solche Absicht nicht vorhanden ge­ wesen. Doch war der Kreis für das Anfechtungsrecht immer noch sehr eng. Lästige Verträge mit fremden Personen waren unanfechtbar ge­ blieben ; die Erfahrung zeigte täglich, daß solche fremde Personen zwischen­ geschoben wurden. Die Vermögenslosigkeit des Schuldners, die die Vor­ aussetzung der Anfechtung war, durfte nur in bestimmten Fällen ange­ nommen werden. Die Anfechtung war dergestalt an die Exekution gebunden, daß bis zu dem Zeitpunkt, wo diese eingeleitet wurde, der Gläubiger kein Mittel besaß, sich zu sichern"). I n allen diesen Be91) Doch nur so weit, als es die Befriedigung des benachtheiligten Gläubigers erfordett. 1. 9. 10. §§. 19. 22. 1. 14. 17. 25. §. 1. D. XLII. 8. 31) Annus utilis, nach dessen Ablauf geht die Klage nur auf die Bereicherung des Beklagten. 1. 1. pr. 1. 6. §. 14. 1.10. §§. 18. 24. D. eod. *3) Vgl. über diese Francke im civ. Arch. XVI. 135. 34) Code civ. art. 1167. Bgl. indessen c. d. comm. a. 444 ff. und die entspr. Be­ stimmungen de« FallimentSgeietzes v. 28. Mai 1838. DaS östarr. Ges.B §. 953 läßt nur Schenkungen anfechten, und zwar altere dann, wenn der Beschenkte eines hinterlistigen Einverständnisses überwiesen werden kann. «) A.L.R. 1 .11. §§. 640—642. 36) I. 11. §§. 1129. 1133. Koch, R. d. F. II. ©. 847. '") A G.O. I. 50. §§. 42. 44. 53—55. **) Ges.S. S. 53. Löwenberg, Motive D. 1 S. 672. ’**) Entsch. B. 21 6 . 250.

Ziehungen drängte es nach Erleichterung und Erweiterung des Anfech­ tungsrechts. D ie Konkursordnung vom 8. M ai 1855 und jm engen Anschluß daran das Gesetz vom 9. M ai 1855 sollten sie bieten"). Diese Gesetze sind im Wesentlichen Grundlage und Vorbild der Reichsgesetzgebung bei der O rdnung des Anfechtungsrechts gewesen; dabei ist indessen das Gebotene wieder nicht ohne erhebliche Umgestaltung ge­ blieben. Wenn man das Anfechtungsrecht der neuen Gesetzgebung m it dem des gemeinen Rechts in Vergleich setzt, so zeigt sich, die rechtliche N atur deffelben wesentlich verändert. D er Paullianische Anspruch beruhte auf dem Entschädigungsrecht des einzelnen G läubigers, der in seiner wohl begründeten Rechtsstellung dadurch verletzt ist, daß zu seiner Benachtheiligung ein Rechtsakt des Schuldners statt gefunden h a t." ) D er Anspruch dieses benachtheiligten G läubigers richtet sich als Deliktsan­ spruch gegen den Schuldner und gegen den Erwerber, der particcps frauclis gewesen; in Erweiterung der eigentlichen Anwendungssphäre hastet der unentgeltliche Erwerber, etsi ei scicntia non sit. D as An­ fechtungsrecht der Reichsgesetzgebung sieht im Gegensatz hierzu vollständig ab davon, ob einer der Konkursgläubiger oder ob der einzelne im eigenen Interesse anfechtende Gläubiger zur Zeit der anzufechtenden Rechts­ handlung bereits Gläubiger des Schuldners gewesen ist, und ob gerade er nach der Absicht des Schuldners hat benachtheiligt werden sollen"). Auch wenn der jetzt zahlungsunfähige Schuldner zur Zeit der ange­ fochtenen Handlung noch keinem Menschen etwas schuldig w ar, ist die Anfechtung möglich "). D as Anfechtungsrecht entspringt hiernach keinem Rechte eines Geschädigten auf Entschädigung, hat nicht ein Privatdelikt, eine an und für sich unerlaubte, in die Rechtssphäre eines Andern un­ gehörig eingreifende Handlung zur Voraussetzung. Die Vermögensvermin­ derung welche eine in bestimmter Weise qualifizirte Rechtshandlung her­ vorgerufen hat, soll, wenn über das Vernrögen des Handelnden demnächst 50) Nicht deklaratorisch dem Gesetze von 1835 gegenüber also ohne rückwirkende Kraft. S t r i e t horst B. 25 S . 362. B. 319 S . 95. ;I) 1. 10 §. 1. D. XL. 8. 1. 15 eod. Utrumque in eonmdem persona exigimus et Consilium et eventum. O t t o a. a. C . S . 143ff. will gegen die communis opinio jedem Gläubiger, der jetzt Gläubiger ist, die actio Paulliana geben, wenn nur irgend ein Gläubiger nach der Absicht des Schuldners wirklich benachtheiligt ist: trotzdem ist ihm die actio P aulliana im Wesentlichen DeliktStlage, und zwar nicht poenal sondern reipersekutorisch. Wie damit jene Auffaffnng vereinbar, ist mir unklar. DaS übersteht vollständig D e r n b u r g 99b. II. § 1 3 2 R r. 3 ; er spricht, als ob §. 9 Ges. v. 9. M ai 1855 in daS Reichsrecht übergegangen wäre. *) Selbst in den Fällen, in denen auch das Reichsrecht eine BenachtheiligungSabficht gegen die Gläubiger fordert, diese kann sich gegen unbekannte, zukünftige G läu­ biger richten. Motive zur Konk.O. S . 130.

608

Zweite« Buch-

D ie besonderen Privatrechte-

das Konkursverfahren eröffnet wird, oder wenn ein einzelner Gläubiger im W ege derZwangsvollstreckung seine Befriedigung nicht erlangt, zur K on­ kursmasse oder behufs Befriedigung des letztgedachten G läubigers restituirt werden. D a s Gewähren dieses Verm ögensvortheils war kein Delikt, das Em pfangen keine Theilnahm e an einem solchen oder sonst etwas vom Gesetze gem ißbilligtes"); das Gesetz begründet vielmehr eine O bligation " ) auf Grund der Annahme einer Billigkeit: das zur Befriedigung der G läubiger unzulängliche Vermögen soll sich zu deren Vortheil und zum Nachtheil der Erwerber gewisser Vermögenstheile erweitern, so daß die Erweiterung als Gegenstand der Zwangsvollstreckung, und also auch a ls Theil der Konkursmasse des veräußernden Schuldners in den K reis derjenigen Gegenstände, aus denen die Gläubiger Befriedigung suchen können, zurücktritt. Gläubiger in diesem O bligationsverhältniß ist der einzelne Gläubiger, der — zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners berechtigt — nach dem Stande dieses Vermögens Befriedigung wegen der ihm zustehenden vollstreckbaren Geldforderung nicht findet, und es steht ihm a ls persönlicher Schuldner der gegenüber, zu dessen Gunsten der anfechtbare Akt geschehen ist, mit den unten folgenden Erweiterungen. Auch das Wissen des Empfängers von der DenachtheiligungSabsicht des handeln­ den Schuldners seinen Gläubigern gegenüber macht den Empfang und das Haben nicht zu etwas vom Gesetze gemißbilligten. D er Anspruch erwächst erst mit dem Unbefriedigtbleiben des Gläubigers trotz der Vollstreckbarkeit seiner Forderung, mit der durch Eröffnung des Konkursverfahrens klar gestellten Zahlungsunfähigkeit. D aß daS Haben kein Haben ohne G rund ist, ergiebt sich einerseits daraus, daß der Handelnde selbst dagegen nicht ankämpfen kann, andererseits daraus, daß der An­ spruch auch von dem geltend zu machen ist, der lange nach der Rechtshandlung — vielleicht dreißig Jah re nachher und nach vollständiger Befriedigung aller Gläubiger, auf deren Benachtheilignng damals die Handlung abzielte, — Gläubiger de- H an­ delnden geworden ist. 35) E s handelt sich also um eine obligatio ex lege. Auf dieser Veränderung der rechtlichen N atur deS Anspruchs beruht der im § .1 1 Anm. 57 in der Lehre von der Statutenkollision angenommene Satz; ebenso folgt daraus, daß der Anspruch aus dem Anfechtungsrecht nicht etwa, wie O t t o a. a. O. S . 231 w ill, im Ge­ richtsstände des §. 32 beziehungsweise §. 29 der C .P.O . geltend gemacht werden kann. — I n ähnlicher Weise faßte daö Obertribunal schon die Anfechtungsklage der Gesetzgebung von 1855. Dgl. Entsch. B . 73 S . 125. B . 77 S . 198. S . auch E H a r t m a n n a. a. O. S . 5 ff. - M an ist geneigt, die Obligation insofern als eine obligatio in rem scripta zu bezeichnen, als sie unter bestimmten V oraus­ setzungen gegen den Dritterwerber der VermögenStheile sich richtet: aber dieser haftet eben nicht schlechthin als E rw erber, sondern eS muß feine Obligation durch andere thatsächliche Voraussetzungen begründet werden. — Ganz ohne gesetzliche Basis ist die Annahme einer Dinglichkeit der Klage, beziehungsweise die Annahme einer durch Fortdauer des Besitzes des Beklagten prinzipiell bedingten Obligation. Dgl. unten Anm. 57. N ur der Umfang der Haftung wird unter Umständen durch die Beschränkung derjenigen deS gutgläubigen Besitzers auf Bereicherung be­ einflußt. — ÄuS dem im Text enthaltenen Satz ergiebt sich zugleich, daß der gegenüber der preußischen Gesetzgebung von 1855 anfänglich von der Praxis fest­ gehaltene Zweifel (vergl. Entsch. B . 12 S . 213), ob die Klage nicht zugleich gegen den Schuldner und den D ritten zu richten sei, keinen Boden hat. N ur der letztere ist der Verpflichtete aus der Anfechtungsobligation.

1. D a s G lä u b ig e rre c h t in d er A n f e c h tu n g s o b lig a tio n . D a s Anfechtungsrecht beruht nach dem Gesagten entweder auf der durch Eröffnung des Konkursverfahrens hervorgetretenen Zahlungsun­ fähigkeit desjenigen, der die Rechtshandlung vorgenommen hat, oder da­ rauf, daß ein einzelner Gläubiger desselben im Wege der Zwangsvoll­ streckung nicht zu seiner Befriedigung gelangt. Z u r Verfolgung des Anfechtungsrechts der Konkursgläubiger ist im ersteren Fall nur der Kon­ kursverwalter legitim irt38). Welche Rückwirkung dieser Satz auf den von dem einzelnen Konkursgläubiger vorher erhobenen Anspruch hat, ist unten darzulegen. F ü r die Anfechtung außerhalb des Konkursverfahrens bestimmt das Gesetz des Näheren: a. D er Schuldtitel des G läubigers muß v o llstre c k b a r fein; daß er in vollstreckbarer Ausfertigung vorliege, ist nicht erforderlich37). Bei nur vorläufiger Vollstreckbarkeit oder wenn es sich um ein unter Vorbehalt nach §§ 502. 562 E .P .O . ergangenes Urtheil handelt, trifft das Gesetz Fürsorge, daß das Urtheil des Anfechtungsprozeffes erst nach endgiltiger Entscheidung vollstreckt werden bars38). D as vorläufig vollstreckbare Urtheil legitimirt aber den Gläubiger als solchen, ohne daß in dem Ansechtungsprozeß die Richtigkeit seiner F o r­ derung anders, als mit den in der Zwangsvollstreckungsinstanz zulässigen Einreden in Frage gestellt werden kann"). D arüber hinaus kann nur eine Kollusion, also die Behauptung geltend gemacht werden, daß der vollstreckbare Titel simulatim zum Nachtheil des Beklagten aufgestellt worden sei. I s t der vollstreckbare Titel im Laufe des Prozesses als un­ begründet festgestellt, so cesfirt die Anfechtungsbefugniß. Einer voll­ streckbaren Urkunde gegenüber werden in Gemäßheit des § 705 Abs. 4 der Civilprozeßordnung alle Einreden ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer w) K O . §. 29. — D ie Pr. K .O. §. 112 gestattete eventuell jeden Konkursgläubiger die Ausübung des Anfechtungsrechts im Interesse der Konkursmasse. 3r) Anf.Ges. §. 2. 3’) Ebenda §. 10. ??) A. M . O t t o a. a. O . S . 238. Derselbe will alle Einreden zulasten; dann wäre §. 10 des Gesetzes gegenstandslos: die Forderung des Gläubigers würde dem B e ­ klagten gegenüber durch besten Anerkenntniß oder durch das Urtheil im A n­ fechtungsprozeß endgiltiz festgestellt werden müssen. Der im Text angenommene Standpunkt lührt dazu, daß der AnfechtungSbeklagte in dem Prozeß über den Hauptanspruch als Nebenintervenient zur Ueberwachung seiner Interessen auftreten kann. — D aß die zulässigen Einreden bereits im Anfechtungsprozeß als Einreden gegen die Legitimation zu erheben sind, nicht erst der BollstreckungSinstanz überlassen bleiben, um dort als Klage gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung erhoben zu werden, bedarf keiner Ausführung. Hervorzuheben ist aber, daß, wenn das Urtheil ergangen ist, der folgenden Zwangsvollstreckung gegenüber, sowohl die Einrede der spateren Beseitigung der Legitimation des Gläubigers durch Erlöschen seines GläubigerrechtS, als die Einreden, welche Tilgung der Obligation des B e ­ klagten behaupten, zulässig sind. — Ueber die Einrede der Sim ulation des vollstreck­ baren T itels vgl. aus dem älteren Recht Entsch. B . 40 S . 71, B . 54 S . 1, B . 67 S . 353. g.'rfter, Preuß. »gviiutred't. I. 4. Wi:»l.

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Entstehung geltend gemacht werden können. — Im Wege der Einrede kann die Anfechtung, auch wenn dem Einredenden ein vollstreckbarer Titel nicht zur Seite steht, verfolgt werden: in solchem Fall muß der vollstreckbare Titel bis zum Urtheil nachgebracht, und kann hierzu eine Frist gewahrt werden. — b. Die Forderung des anfechtenden G läu­ bigers muß fä llig sein. Trotz der Vollstreckbarkeit des Titels kann dieses Requisit, sowohl wenn der Titel ein Urtheil ist, als insbesondere bei vollstreckbaren Urkunden fehlen"). — c. Die Forderung muß G eld zum Gegenstand haben. Eine Forderung, welche einen anderen Gegen­ stand hat, läßt sich zwar, wenn die Erfüllung nicht erfolgt, in eine Geldforderung umwandeln, aber dies genügt nicht: nach In h alt des Gesetzes muß die Forderung bereits als Gcldforderung vollstreckbar sein. Ausdrücklich ist das zwar nicht ausgesprochen; es ergiebt sich aber daraus, daß als Voraussetzung der Anfechtbarkeit bezeichnet ist, daß die auf Grund des vollstreckbaren Titels zulässige Vollstreckung in das Vermögen frucht­ los erscheine. Zn das Vermögen des Schuldners ist nach der Ausdruck­ weise der Reichsgesetze nur eine Geldforderung vollstreckbar. Ausgeschlossen ist hiernach, daß, auf Grund eines Urtheils auf Herausgabe einer Sache ein D ritter, der die Sache anfechtbar erworben hat, einer Anfechtungs­ klage unterworfen werde, weil jenes Urtheil zur Befriedigung des Gläu­ bigers nicht führen könne. Wenn man sich hierzu versucht fühlt, so ent­ springt dies einer dem Gesetz widersprechenden Neigung, das Anfechtungs­ recht als etwas dingliches anzusehen. Die Anfechtung ist in solchem Falle selbst dann unzulässig, wenn zu übersehen ist, daß der zur Her­ ausgabe der Sache Schuldige nach Umwandlung des Anspruchs in eine Jnteresseforderung der Zwangsvollstreckung nicht hasten würde. Schon jetzt muß die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das Vermögen bestehen; es soll ja die weitergehende Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das durch die Rückgewähr erweiterte Vermögen erstritten werden. — d. D as preußische Anfechtungsrecht verlangte Vermögensunzuläng­ lichkeit des Schuldners und gab kasuistische Regeln darüber, unter welchen Umständen solche vorbehaltlich des Gegenbeweises zu vermuthen sei; das Reichsrecht setzt an dessen Stelle zwei Bestimmungen, welche das Re­ quisit der Z a h lu n g s u n fä h ig k e it ergeben. Die Anfechtung hat statt, sobald die Zwangsvollstreckung für den Gläubiger gegen den Schuldner zur vollen Befriedigung des Gläubigers nicht gest'chrt h a t" ). Der D aß da- altere preuß. Recht auf demselben Gedanken beruht, der n u r um deshalb nicht ausgesprochen ist, weil nur fällige Forderungen im S in n e des alten Recht­ vollstreckbar warm, ergiebt P raj. 1041 (Präj. S . I. S . 404). 41) D a - kann nicht dahin verstanden werden: wenn der einzelne nach der Willkür deö Gläubigers gemachte Versuch der Zwangsvollstreckung diesen Erfolg nicht gehabt hat, obgleich Gegenstände, die pfändbar und veräußerlich find, sich sonst im Ber-

§. 8S.

E. Anfechtung.

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G läubiger hat es aber nicht nöthig, die Sache gegen den Schuldner bis zur fruchtlosen Zwangsvollstreckung zu treiben, wenn er den B ew eis übernimmt, daß anzunehmen sei, die Zwangsvollstreckung werde zu seiner Befriedigung nicht führen. Ob dem so ist, entscheidet unter Berücksich­ tigung der beigebrachten Gegenmomente das freie Ermessen des Richters. 2. G e g e n sta n d der A n fe c h tu n g . S ow oh l außerhalb des K on­ kursverfahrens als bei der Anfechtung zu Gunsten der Konkursgläubiger handelt es sich um R e c h t s h a n d l u n g e n des Schuldners, durch welche das Vermögen desselben zum Vortheil eines Andern verringert worden ist, die also eine Vermögensentäußerung enthielten. E in bloßes Nichterwerben des Schuldners ist nicht anfechtbar"). D a s Ergebniß der Anfechtung soll stets (der Idee nach) eine Rückgewähr in das V erm ö­ gen desselben sein. Zu diesem muß also das Entäußerte bereits gehört haben. I m Gebiete des preußischen Rechts gehört aber hiernach auch die Erbschaftsentsagung zu den anfechtbaren H andlungen"). D ie passive Betheiligung des Schuldners an der Rechtshandlung eines Andern, welche gerade durch jene Betheiligung eine Rechtswirkung gegen das Vermögen des Schuldners erlangt, z. B . das Stillschweigen, wo es als konkluden­ tes Faktum zur Annahme einer W illenseinigung genügt, muß a ls eine Rechtshandlung angesehen werden"), während bloße Unterlassungen a ls solche nicht bezeichnet werden können"). Ausdrücklich bestimmt das mögen des Schuldners finden. Die Zwangsvollstreckung muß in der Weise ver­ sucht sein, daß sie nach der Ueberzeugung des Gericht- erschöpft ist, daß die An­ nahme der Zahlungsunfähigkeit begründet ist. §. 4 saßt den Thatbestand deS §. 2 des AnfechtungSgesetzeS mit Recht in die Worte zusammen: „wenn schon zu dieser Zeit der Schuldner zahlungsunfähig wäre". Vgl. auch O t t o a. a. O . S . 236. D er §. 3 N r. 1. 2. 3. de- Ges. v. 1855 begründete eine Vermuthung der I n ­ suffizienz. welcher gegenüber der Gegenbeweis in dem Nachweis geeigneter Bermögenöobjekte bestand. Me i s c h e i d e r S . 18f. Entsch. D . 64 S . 1. Ueber die B ew eisest des Anfechtungsklägers in diesem Falle S t r i et horst B. 80 S . 108. 186. Motive zur Konk.Ordn. §. 22. A . L.R. I. 9. §§. 367. 368. Koch. Recht der Ford. II. 818. S t r i e t h o r s t B . 65 S . 341; der Erbschaftsverkauf wird überall anfechtbar sein : vgl. Entsch. B. 31 S . 93. 44 Vgl. F u c h ö , Konk.Ord. S . 45 N r. 6. v. S a r w e y , Konk.Ordn. Anm. zu §. 22. 4;? D as römische Recht, insbesondere 1. 3. § 1. B . 4. D. X L II. 8, rechnete dem an­ fechtbaren gestum zu daS non facere, quod debebat facere debitor, um eine Verkürzung seines Vermögens im Interesse der Gläubiger abzuwehren. D ie M o­ tive zur ÄonkurS-O rdnung ( S 115 ff.) schließen Unterlassungen au s, soweit sie nicht gesetzlich einem bestimmten positiven T hun gleich gestellt sind. Die Richtig­ keit dieses Satzes wird von M a n d r y In h a lt der Reichsgesetze S . 378 und D e r n b u r g II. §. 128 Anm. 3 bezweifelt und von O t t o a. a. O . S . 3 8 ff. entschieden dahin bekämpft, daß jede Unterlassung eines zur Erhaltung erworbener Vermögens­ rechte erforderlichen Handelns als eine daö Vermögen kürzende Rechtshandlung angesehen werden müsse. I m Worte „Rechtshandlung" liegt m. E. ausgedrückt, daß die Handlung aus ein bestimmtes rechtliches Ziel gerichtet und dasselbe herbei­ zuführen geeignet fein müsse, deshalb kann gewiß nicht jede Unterlassung im S in n e O t t o ' s , z. B . Unterlassen der Unterbrechung der V erjährung, wo Nachlässigkeit

Zweite» Auch.

612

Die besonderen Privatrechte.

Gesetz, daß die Anfechtung dadurch nicht ausgeschlossen w ird , daß die anzufechtende Rechtshandlung durch Zwangsvollstreckung oder durch Vollziehung eines Arrestes erwirkt worden ist. I n dieser Beziehung hatte die preußische Praxis bis zum Reichsgesetz daran festgehalten, daß nur freiw illige und eigene Rechtsakte des Schuldners anfechtbar seien, nicht aber das, was nach dem Exekutionsrecht eine Rechtshandlung desselben ersetzt"). D ie Anfechtung w ird auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß dem anfechtbaren Rechtsakt ein vollstreckbarer T ite l zur Seite getreten is t" ) . 3. A n fe c h tu n g s fä lle . D ie Eröffnung des Konkursverfahrens wirkt gleichsam zurück" ) auf die nicht länger als 6 M onat vor der Eröffnung zurückliegenden Rechtsgeschäfte, die vom Gemeinschuldner, nach bereits er­ folgter Zahlungseinstellung") oder nachdem der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt war, abgeschlossen, und durch deren E in ­ gehung die Konkursgläubiger benachtheiligt sind, sofern die Thatsache der Zahlungseinstellung oder jenes Antrags dem anderen Theil bekannt war. Hierbei werden als solche Rechtsgeschäfte, welche die Gläubiger benachtheiligen, schlechthin die Rechtshandlungen betrachtet, durch welche der Gemein­ schuldner einem Konkursgläubiger Sicherheit oder Befriedigung gewährt h a t" ). Wenn diese noch nicht oder nicht in dieser A rt rechtlich zu bezu G runde liegt, als „Rechtshandlung" angesehen werden. Deshalb beschränkt D e r n b u r g auch seinen Zweifel auf den F a ll des §. 24 N r. 1) K .O .; er fetzt voraus, daß der Schuldner doloserweise passiv verblieb, während der andere T heil sich dolos in Vortheil setzte. Aber auch hier kann man nicht wohl von Rechtshandlungen reden. — DaS passive Verhalten der Prozeßpartei, das zu einer Derurtheilnng oder Abweisung führen sollte und geführt hat. w ird dagegen als Rechtshandlung anzu­ sehen sein, wie als solche auch die absichtliche Herbeiführung einer Berurtheilung selbst bei einer Scheinvertheidigung erscheint: z. B . selbst dann wenn der Klage die absichtlich schlecht begründete Einrede der S im u la tio n des Vertrags, aus dem geklagt ist, entgegen gesetzt w ird. D gl. Entsch. B . 40 S . 71. 46) V g l. Entsch. D . 38 S . 423. S t r i e t h o r s t B . 28 S . 197, B . 80 S . 144, B . 85 S . 9 5 : s. auch Koch, Recht der Ford. B. I I . S . 816. G r u c h o t B . V II. S . 536. Dagegen aber M e is c h e id e r bei G r u c h o t IV . 353. 47) K O . §. 28, Anf.Ges. §. 6 (preuß. Anf.Ges. §. 8). 48) K O . §. 23.

Welten* Pr. Recht K .O . v. 1855 §. 100.

49) D ie Z eit der Zahlungseinstellung, welche nach P r. K O . §. 122 bei der kauf­ männischen Konkurs-Eröffnung generell festgestellt wurde, ist jetzt im einzelnen Rechtsstreit besonders zu erm itteln. *>) §. 101 P r. K O . ging theilweise noch weiter, wenn er Zahlungen des GemeinfchuldnerS auf eine nicht fällige Schuld oder m it andern Z ahlungsm itteln als baar oder durch Handelßpapiere ohne Rücksicht auf Bekanntschaft m it der Zahlungsein­ stellung schlechthin der Anfechtung unterwarf. V gl. S t r i e t h o r s t B . 53 S . 175, B . 77 S . 1 4 8 ; R .O H G . B . 10 S- 209. — Nach röm. R . waren Zahlungen fälliger Forderungen schlechthin unanfechtbar, ob auch Hingabe an Zahlungstatt und Zahlungen auf nicht fällige Forderungen? ist zweifelhaft; gerade hier machte sich das B edürfniß des Lebens in der sog. Gratifikationstheorie bemerkbar. — Ueber die Fälle deö §. 22 der K O . hinaus kann eS nach heutigem Recht sehr wohl in Frage kommen, ob der BesriedigunHSakt oder die Sicherung in der dem andern T h e il bekannten Absicht, die Gläubiger zu benachtheiligen, vorgenommen

anspruchen w ar, so erstreckt sich die Anfechtbarkeit, vorausgesetzt daß der A kt noch in dem sechsmonatlichen Zeitraum e liegt, noch zehn Tage vor die Zahlungseinstellung oder den E röffnungsantrag zurück und es richtet sich gegen den G läubige r eine V erm uthung der K enntniß der Lage des Schuldners. Z ahlung einer fälligen Wechselschuld nach der Z a h lu n g s ­ einstellung oder dem E röffnung santrag begründet nicht Anfechtung ge­ genüber dem Em pfänger als solchen.

W a r aber dem letzten Wechselre­

greßschuldner oder dem, a u f dessen Rechnung dieser den Wechsel begeben fjs lt*1), die Lage des Wechselzahlers bekannt, so findet gegen ihn ein A n ­ spruch der Konkursmasse auf E rstattung des gezahlten Betrages statt. D ie eben bezeichneten Fälle der Anfechtung find dem Konkursrecht eigenthümlich. Z m Uebrigen steht die Anfechtung zu Gunsten der K onkursgläubiger und durch den einzelnen G läubiger außerhalb des Konkursverfahrens p a ra lle l. E s sind anfechtbar ohne jede Zeitbeschränkung die Rechtshandlungen, welche der Schuldner in der dem anderen T h e il be­ kannten Absicht, seine G läubige r zu benachteiligen, vorgenommen h a t" ) . D a ra n schließt sich eine E rw eiterung: I s t die H a ndlun g, welche die G lä u b ig e r b e n a c h te ilig t, ein entgeltlicher V e rtra g m it dem Ehegatten oder gewissen nahen Verwandten oder Verschwägerten des S chuldners" ) , so w ird das Bekanntsein jener m it einer Benachtheiligungsabsicht des Schuldners vermuthet, sofern der V e rtra g im letzten Jahre vor E röffnung des Konkursverfahrens, beziehungsweise vor der Rechtshängigkeit des Anfechtungsanspruchs geschlossen ist. Ohne daß der Nachweis einer Benachtheiligungsabsicht in Frage kommt, sind ferner die in der gleichen Z e it vorgenommenen unentgeltlichen V e rfü g u n g e n "), ausschließlich der gebräuchlichen Gelegenheitsgeschenke, anfechtbar; und der Z e itra u m ist ist. Obgleich der einzelne Gläubiger suum recipit, kann diese Absicht auS den be­ gleitenden Umständen — z. B . einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Ü b ere in ­ kunft deS Zahlenden und des Zahlungsempfängers (vgl. M otive zur K O . §. 24) — gefolgert werden. Abweichend nach älterem Recht S t r i e t h o r s t B . 2 8 S . 1 97, B . 34 S . 238. Ebenso kann die Pfandbestellung unter §. 24 K .O . falle n : dagegen früher S t r i e t h o r s t B . 3 5 S . 213, Entsch. B . 43 S . 463, B . 6 4 S . 3 8 9 . 51; D e r letzte Wechselregreßschuldner kann hiernach einwenden, daß er auf Rechnung eines Andern den Wechsel begeben habe. Bergt. W i l m o w S k i und H ü l l m a n n zu §. 27 Konk.Ordn. b2) D a s preußische Anfechtungsrecht

zog hierher auch die Anfechtung simulirter Akte. Bgl. oben §. 3 2 Anm . 8 und oben Anm 9.

j3) B ei den Verträgen mit den Ehegatten erstreckt sich die Anfechtbarkeit auch auf die vor der Ehe geschloffenen Verträge: anders nach älterem Recht. S t r i e t h o r s t B . 46 S . 204, Entsch. B . 49 S . 358, B . 82 S . 2 87. Is t daS Schwägerschaftverhältniß durch den Tod des einen Gatten zur Z e it des Vertrages bereits aufge­ löst, so cessirt daS Anfechtungsrecht. Entsch. B . 5 3 S . 348. E in Vertrag m it dem künftigen Schwiegervater, Schwiegersohn oder V ater ist nicht ebenso, wie der V e r­ trag m it der Verlobten, anfechtbar. Entsch. B . 67 S . 59. bi) D e r Ausdruck

der Gesetze von 1855 „ freigebige Verfügungen " besagte nichts an­ deres : es gehören hierher auch Schenkungen sub modo, wenigstens nach preußischem

verdoppelt bei unentgeltlichen Verfügungen zu Gunsten des Ehegatten des S chuldners"), denen dann weiter die Fälle der Sicherstellung und Rückgewähr des H eirathsguts oder gesetzlich in die V erwaltung des Schuldners gekommenen Vermögens seiner Ehefrau gleichgestellt find, wenn nach Gesetz oder nach einem früher geschloffenem V ertrage nicht eine Verbindlichkeit zur Sicherstellung oder Rückgewähr bestand. Bei der A n­ fechtung außerhalb des Konkursverfahrens wahrt der G läubiger, der einen vollstreckbaren Titel noch nicht erlangt h at, die Ansechtungsfrist durch Zustellung eines Schriftsatzes, in welchem die Absicht der A n­ fechtung ausgesprochen ist, sofern nur die Rechtshängigkeit demnächst binnen zwei Jah re vom Zeitpunkte der Zustellung herbeigeführt wird "). Vorausgesetzt wird aber, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schon zur Zeit der Zustellung des Schriftsatzes bestand. 4. D e r A n fe ch tu n g ssc h u ld n e r. D as Anfechtungsrecht geht gegen denjenigen, zu dessen Gunsten die anfechtbare Handlung vorge­ nommen ist, und gegen seine Erben, die nach der A rt hasten, wie Erben überhaupt zu hasten haben, ohne die Besonderheiten der Haftung für Deliktsschulden. I s t bei einer weiteren Singularsuccesfion in den Vermögensvortheil dem Succeffor beim Erwerbe die den Schuldner bei seiner Rechtshandlung leitende Benachtheiligungsabficht bekannt gewesen, was auch hier bei den personac conjunctac bis zum Ge­ genbeweis vermuthet w ird, so richtet fich die gegen seinen Autor be­ gründete Klage auch gegen ihn, und wie er direkt beklagt werden kann, so wird durch die an ihn gerichtete Benachrichtigung von der Anfechtungsabficht die F rist des Gesetzes verlängert. D er Singularsuccessor w ird, ohne daß der Autor befreit würde in Höhe seines Erwerbes in soliduni mitverhaftet. 5. Z ie l der A n fech tu ng . D a s Ziel der Anfechtung ist bei der An­ fechtung durch den Konkursverwalter Rückgewähr alles deffen, was aus dem Vermögen des Schuldners an den Beklagten veräußert, weggegeben, aufRecht; ebenso remuneratorische Schenkungen, vgl. Entsch. B. 62 S . 356; lästige Verträge, die eine Schenkung in sich schließt», jedenfalls nur soweit dieselbe wirk­ lich beabsichtigt und unter der Form des lästigen Dertrag» nur dissimulirt ist. S t r i e t h o r s t B . 31 S . 308. R O .H .G V. S . 54. Leibrentenverträge die das preußische Recht hier neben die freigebigen Verfügungen stellte, find nur als lästige Verträge anfechtbar. 5i) Lb für Gelegenheitsgeschenke auch unter Eheleuten die Anfechtbarkeit ausgeschlossen ist, muß nach dem Wortlaut des §. 25 S . 2, K. O. §. 3 Nr. 4 Gef. v. 21. Ju li 1879 zweifelhaft erscheinen: man har aber nur Verdoppelung der Frist beabsichtigt, nicht eine andere Behandlung. Vgl. die ähnliche Bestimmung de« Pr. Ans. G .' v. 1855 §. 6 und dazu Entsch. B . 62 S . 351. — D ie Ansechtungsfrist erweitert sich auch im Falle eine« während derselben eröffneten Konkurse- bi« ein Jahr nach beendigtem Konkursverfahren. §. 13 «nf.Ges.

§. 8S.

gegeben ist, zur Konkursmasse.

615

E . Anfechtung.

D e r anfechtende G lä u b ig er kann dagegen

den Rückgewährsanspruch nur, soweit es zu seiner B efriedigung erforder­ lich ist, geltend machen und hat bei der Anfechtung im Wege der K lage bestimmt zu bezeichnen, in welchem U m fang und in welcher Weise das, was das Gesetz auch hier die Rückgewähr nennt, d. h. die Erw eiterung der seinem Zwangsvollstreckungsrecht zugänglichen Gegenstände, finden sott47)-

Gegen den gutgläubigen E rw erber einer unentgeltlichen

Leistung beschränkt sich der Anspruch W as

statt­

er während

auf das M a ß

der Bereicherung.

seiner Gutgläubigkeit verloren oder aufgegeben hat,

braucht er also nicht zu ersetzen. — D ie Rückgewähr ist nicht bedingt durch Erstattung dessen, was der Beklagte seinerseits gegen die angefochtene Leistung gewährt oder aufgegeben hat.

N u r gegen den Schuldner richtet

sich ein deshalb von ihm zu erhebender Anspruch und im F alle der A n ­ fechtung durch

den Konkursverwalter ist dieser Anspruch

tungsschuldners regelmäßig

als Konkursforderung

des Anfech­

geltend zu machen.

N u r wenn die Gegenleistung sich in der Konkursmasse findet, oder so-

>:) Entsprechend P r. A n f.G - §. 14. Es können bestimmte Gegenstände, es kann aber auch das ganze Vermögen des Anfechtungsbeklagten in bestimmter Höhe dem A n ­ dringen des Gläubigers eröffnet werden. Festzuhalten ist gegen die alte preußische P raxis ( S t r i et horst B . 62 S . 358, B . 65 S - 2 7 4 , B . 79 S - 122, B . 9 4 6 . 1 3 0 ; Entfch. B . 5 3 S - 3 5 1 , B . 61 © . 4 1 9 aber S t r i e t b o r s t B - 4 2 S - 189, R . O . H . G . B . 10 S - 248, B . 13 S . 3 8 1 , B . 17 S - 3 2 5 , B . 21 S . 4 1 9 und Reichsgericht bei G r u c h o t B 24 S . 1 0 6 8 \ daß die Rückleistungspflicht von dem zeitigen Besitz des Gegenstands der Leistung unabhängig ist und sich nach verlorenem Besitz nicht blos gegen den richtet,der dolo d esiit possidere. D ie obligatorische Ersatzpflicht geht auch nicht auf daS, waS in den Besitz des Beklagten gekommen, sondern auf daS, waS auS dem Vermögen des Schuldners herausgegangen ist. S ie verwandelt sich, wenn nicht in natura geleistet werden kann, in eine Pflicht zur Werthserstattung. Zweifelhaft ist, ob die Pflicht sich auch auf Früchte und Accessionen erstreckt. M a n kann argumentiren, daß da der ErwerbSakt dem A n ­ fechtenden gegenüber unwirksam ist, der Beklagte alles, waS er auö der Sache und durch dieselbe erlangt hat, zurückgeben muß. W äre dem zu folgen, so wüßte ich nicht, wie ein Unterschied zwischen dem fraudulösen Erw erber und demjenigen, der nicht particeps fraudis w a r, gemacht werden könnte. Beiden gegenüber besteht nach dem Gesetz di e s e l be Unwirksamkeit des angefochtenen Geschäfts. Ich glaube aber, daß die Rückgewähr n u r das ergreift, was aus dem Vermögen des Schuld­ ners gekommen ist, und daß die so beschränkte O b l i g a t i o n daS nicht erfaßt, waS m it einer d i n g l i c h e n Klage unter Umständen erstritten werden kann. Freilich argumentiren auch die M otive zur K - O . S . 147. 148 in der Weise, daß sie auf die landesrechtlichen Bestimmungen über den Umfang der Pflichten des redlichen und unredlichen Besitzers verweisen. M i r scheint dies ein Verkennen des rein obligatorischen Charakters der Klage. Noch weiter entfernt sich von diesem D e r n b u r g I I . §. 131: derselbe faßt die Klage ganz als dingliche Klage auf Restitution gegen den Besitzer oder den, der dolo desiit possidere. Aehnlich, aber vom Standpunkte des gem. Rechts S e u f f e r t B . 26 S . 97. E rw ähn t mag noch werden, daß ein den Bestimmungen der Reichsgesetze im Wesentlichen nachgebildeter österreichischer E n tw u rf eines Anfechtungsgesetzes (256 der Beilagen der Drucksachen des Abge­ ordnetenhauses I X . Session) fü r die Haftung des Beklagten als unredlichen Besitzers eine ausdrückliche Gesetzeövorschrift fü r nöthig erachtet hat (§. 16 Abs. 3 ) , an welche sich Modifikationen in §ß. 17. 18 anschließen.

w eit die Masse um ihren W erth bereichert ist, findet Erstattung au s der Konkursmaffe s ta tt" ). 6.

V e r jä h r u n g .

D a s Anfechtungsrecht des Konkursverwalters,

einschließlich der bis zur Konkurseröffnung erhobenen Anfechtungsrechte einzelner G läubiger, die derselbe, wie unten darzulegen, auf sich vereinigt, verjährt in einem Jahre seit Eröffnung des Verfahrens.

F ü r die A n ­

fechtungsrechte der einzelner G läubiger außerhalb des Konkursverfahrens fehlt ein erkennbarer Anfangspunkt fü r die N a tiv itä t der K lage, da diese ja unter anderem Zahlungsunfähigkeit des Schuldners voraussetzt.

So­

weit die Anfechtung an eine bestimmte F rist seit der Rechtshandlung ge­ bunden ist, bestand jedenfalls kein Bedürfniß einer Bestimmung

über

die V e rjä h ru n g ; sie wäre wohl auch sonst entbehrlich gewesen, das G e ­ setz hat aber fü r Anfechtung fraudulöser Akte eine zehnjährige Verjäh ru n g festgestellt" ) , deren Anfangsmoment das Vorhandensein der fälligen voll­ streckbaren Forderung und für die diesem Zeitpunkt erst folgenden Rechts­ akte die Z e it der Akte selbst ist.

Trotz dieser Verjährungsvorschrift tarnt

unter der Herrschaft des neuen Rechts noch nach fünfzig Jahren und mehr ein heute vorgenommener fraudulöser Rechtsakt angefochten w er­ den, wenn die Forderung des anfechtenden Gläubigers erst dann voll­ streckbar oder fällig

oder wenn erst dann das Konkursverfahren über

das Verm ögen des Handelnden eröffnet w ird. 7.

A n fe c h tu n g e in e s b es se r e n P f a n d r e c h t s .

sönlichen G lä u b ig er,

der

im Konkursverfahren

W ie jedem per­

als Konkursgläubiger

aufzutreten haben würde, so steht die Anfechtung auch demjenigen G lä u ­ biger zu, dessen Rechte durch Psandbestellung gesichert sind, der also der Konkursmasse gegenüber ein Absondenmgsrecht geltend machen könnte, wenn fü r ihn

die Voraussetzungen der Anfechtung vorliegen.

Richtet

sich seine Anfechtung gegen einen anderen Pfandgläubiger, der aus der­ selben Sache und vor ihm B efriedigung sucht, so ist das eine Anfech­ tung außerhalb des Konkursverfahrens, auch wenn dieses eröffnet sein sollte.

E in e

S in g u la ritä t

des

preußischen Grundeigenthumerwerbge­

s e t z e s daß bei Grundschulden ein gleich- oder nacheingetragener G lä u ­ biger n u r dann das Anfechtungsrecht haben sollte, wenn er im Wege der Zwangsvollstreckung seine E intragung erlangt h a t,

ist durch

das

s-) D aS Preußische Recht ging fü r den gutgläubigen Beklagten weiter: derselbe brauchte n ur gegen vollständige Restitution zurück zu gewähren, die ihm aus der Konkurs­ masse oder vom AnsechtnngSkläger zu leisten w a r. D aS Pkeuß. Anf.Ges. hatte eine ähnliche Bestimmung nicht; aber hier ging daS Anfechtungsrecht des einzelnen Gläubigers m it dem Ablauf de- Zeitraum » unter, in welchem dem G läubiger das Recht auf Exekution zustand. §. 10 des Ges. Entsch. B 5 3 © . 341. f>0) G . v. 5. M a i 1872 §. 40.

Reichsrecht beseitigt"'). Gelangt ein Pfandgläubiger im Wege des Pfandverkaufs, wenn auch erst nach einer sonst fü r ihn anfechtbaren Forde­ rung zur Hebung seines Anspruchs, so hat er kein Anfechtungsrecht. S o ­ w eit die Anfechtung einer Pfandbstellung durchdringt, so ist das Z ie l Unwirksamkeit wider den anfechtenden Gläubiger. Aus dieser ergiebt sich bei Anfechtung einer voreingetragenen Hypothek oder Grundschuld zu­ nächst nicht ein Eintrittsrecht des Anfechtenden an die Stelle des ein­ getragenen Gläubigers, sondern nur die Feststellung, daß ihm gegenüber die dingliche Belastung als nicht vorhanden g ilt. Stehen zwischen dem Anfechtenden und dem Anfechtungsbeklagten andere Hypotheken, denen gegenüber die Eintragung ebenso unwirksam ist, so rücken zunächst diese in die freie Stelle. Wenn aber der vor dem Anfechtenden ausfallende G lä u ­ biger die Anfechtungsklage nicht erhoben hat, vielleicht sogar durch Zeitab­ la u f oder Verjährung an der Anstellung verhindert ist, so kann das E r­ gebniß der Anfechtung nur dem Anfechtungskläger zu Gute kommen. D e r Kanfgelderthcil ist an sich dem Subhastaten und den nicht anfechtenden Gläubigern gegenüber m it Recht von dem Hypothekengläubigcr liq u id irt worden und der Hypothekengläubiger gelangt zur Hebung m it seiner ihnen gegenüber wirksam bleibenden Hypothek. D er anfechtende G läu­ biger aber macht den Pfanderlös als in das Vermögen des Schuldners zurückgefallen zum Gegenstand seiner Zwangsvollstreckung"). H at der Konkursverwalter den Anfechtungsanspruch durchgeführt, so kann die Sache ebenso liegen: es ist möglich, daß der ausfallende Hypotheken­ gläubiger fü r seine Person nicht anfcchtungsberechtigt w a r; dann kann ihm die relative Unwirksamkeit einer Pfandbestellung den Konkursgläu­ bigern gegenüber nicht in seiner Eigenschaft als Realgläubiger sondern

*') Vgl. jedoch Anm . 63. D a s Erkenntniß des Reichsgerichts bei G r u c h o t B . 25) S . N I betont n u r den ersten Gedanken „die Unwirksamkeit zeige sich als Aushebung des dinglichen Recht-". Unter der Herrschaft des § .7 1 der SubhastationSordnnng rechtfertigte sich dies. D enn bei der Anfechtung im EubhastationSverfahren soll §. 3 7 5 Konk.O. v. 1855 gelten, also auch der Satz des §. 112 ebenda zur entsprechenden Anwendung kom­ men, daß, was der G läubiger erstreitet, in die allen Gläubigern .hier den S u b hastationsgläubigern) gemeinsame M affe fließt. Dieser Satz gilt n ic h t für da­ neue Recht. D ie s kennt außerhalb des Konkursverfahrens eine Anfechtung ledig­ lich zu Gunsten des Anfechtenden als des G läubiger- der Anfechtung-obligation. D e r Gedanke deS reichsgerichtlichen ErkenntniffeS bedarf also einer M o d i f i k a t i o n , welche sich a u - dieser r e l a t i v e n W irkung der Anfechtung zu Gunsten de- A n ­ fechtenden ergiebt Durch die Anfechtung darf weder das Ergebniß erzielt werden, daß ein zur Hebung gelangender aber auf den Kaufgelderrückstand anzuweisender G läubiger m it einer P rio ritä t vor der nicht s e i n e r Anfechtung, sondern der eineD ritte n unterliegenden Post angewiesen werde, noch d a - Ergebniß, daß der a u s ­ fallende nicht anfechtungsberechtigte Gläubiger Befriedigung findet- D ie Hypothek ist und bleibt w irksam , n u r fü r den Anfechtenden erweitert sich durch die ihm gegenüber unterstellte Unwilksamkeit daS Vermögen de- Schuldner-, n ur fü r ihn und zu seinen Gunsten besteht eine Obligation.

n u r in seiner Eigenschaft als Konkursgläubiger zu G ute kommm.

H an­

delt es sich um Anfechtung nicht des Verpfändungsakts sondern des Akts der Uebertragung einer Eigenthümergrundschuld oder Eigenthümerhypo­ thek, so ist das Z ie l der Anfechtung nicht Aufhebung des dinglichen Rechts dem Anfechtenden gegenüber, sondern Rückfall desselben in die H and des Eigenthümers, um als Recht des Eigenthümcrs der Zwangsvollstreckung unterworfen zu werden.

D ie besonderen zum T h e il abweichenden B e ­

stimmungen des preußischen Subhastationsrechts über Grundlage und W irkung des Anfechtungsrechts eines G läubigers gegen die voreingetragenen G läubiger “ ) sind aufgehoben.

Hervorzuheben ist hierbei w ie­

derholt, daß, wenn das ftühere Recht die Anfechtung simulirter Rechts­ akte des Schuldners und das Anfechtungsrecht hineinzog, dieser Gesichts­ punkt

vom

Reichsrecht

nicht

festgehalten

ist.

D er

nacheingetragene

Hypothekengläubiger w ird aber trotzdem, wie bereits ausgeführt, auch nach W egfall der bezüglichen Bestimmung der Subhastationsordnung die fim u lirte Hypothek

des Vorm annes anfechten können"). —

D e r Satz

des Subhastationsrechts, welcher regelt, daß die Anfechtung bei der V e rtheilung der Kaufgelder geltend gemacht werden müsse, um berücksichtigt zu werden, und daß ein unbescheinigter Widerspruch die Kaufgeldervertheilung nicht aufhält, ist durch die Reichsgesetzgebung nicht b erüh rt'"). 6.

E i n w ir k u n g d e r K o n k u r s e r ö f f n u n g a u f f r ü h e r e rh o b e n e

A n s p rü c h e . Rechtshandlungen, welche vor oder nach eröffnetem Konkurs­ verfahren von dem Gemeinschuldner bezüglich des nicht zur Konkursmasse gehörigen Vermögens vorgenommen sind, unterliegen der Anfechtung außer­ halb des Konkursverfahrens " ) . A u f die bereits vorher erhobenen Anfech­ tungsansprüche einzelner Konkursgläubiger wirkt die Eröffnung des Konkurs-

. §§. 1—97. Hcvdcmann I. S- 294. Gruchot III. S . 466. IV. S. 115. B o r n c m a n n II. S. 170. Koch. Pr.R. II. S. 219. R. d. F. I. S , 196. II. 6.531. v. Da n i e l s IV. S 1. De r nbur g II. §§. 294ff- P l a t h n e r II. 1 Förster, Klage und Einrede S- 347. — v. We n i n g - J n g e n hei m, die Lehre vom Schaden­ ersatz nach röm. R. 1841. Hepp, die Zurechnung auf d. Geb des EivilrechtS. 183b. Momms en, Beiträge zum Obl.R. 2. Abth.: Zur Lehre vom Interesse. Ib5>5. Unt er hol z ner I. S . 91. 253f. S a vi gny, Obl.R. II. S . 293. Wächter, würtemb. Pr.R. II. S. 776. Unger, österr Pr.R. II. S . 228. Ar ndt S §§. 206. 243. S i n t e n i S II. §.100 S . 314. Seuf f er t , prakt. Pand.R. 4. A 1. B. S. 78. A. Perni ce, Zur Lehre von der Sachbeschädigung. 1867. Keller tz. 240 6- 471. Windscheid, II. §. 326 6 . 245. Zachariä (Puchelt) II. S . 695f. Unger , Fragmente zum österr.Obl.R. 1864 S. 3.

§. 89. Die Beschädigung. Wenn in herkömmlicher Weise diesem Kapitel die Ueberschrift: Säuldverhältniffe aus u n e r la u b te n Handlungen (obligationes ex de­ licti) gegeben worden wäre, so würde sie zu eng sei. Hierher gehört die mehr umfaffende Gruppe aller selbständigen Schuldverhältniffe, welche danuf abzielen, den Rechtszustand einer Person unversehrt zu erhalten uni, wo er ohne Rechtsgrund verletzt worden, ihn wieder herzustellen, glechviel zunächst, ob die verletzende Handlung eine verbotene (unerlaubte) genesen oder nicht. Zw ar ist der 6. Titel des A.L.R. überschrieben: von den Pflichten und Rechten, die aus u n e rla u b te n Handlungen enttehen. Gleichwohl beschränkt sich sein In h a lt nicht hierauf: er umAnf.Ges. §. 13 Ms. 2.

622

Zweit«- Bach.

Die besonderen Privatrechte.

faßt alle Entschädigungsansprüche, die nicht innerhalb eines Vertragsverhältniffes entspringen'). Die Deliktsobligationen find nur eine Art dieser Gattung. Es bedarf aber die Umgrenzung dieser Gruppe von Schuldanspn'tchen noch einer genaueren Bestimmung. I h r Prinzip liegt in der Vorschrift: aus dem Recht des Einen folgt die Pflicht des An­ dern zur Leistung oder Duldung deffen, was die Ausübung des Rechts erfordert; wer den Andern in dieser Ausübung hindert, beleidigt ihn und wird ihm für allen daraus erwachsenen Schaden und Nachtheil verantwortlich *). Die Rechtssphäre jeder Person muß von allen anderen Personen geachtet, sie muß unbehindert gelassen werden; wer dagegen handelt, ohne hierzu berechtigt zu sein, muß den Zustand vor der Störung wieder Herstellen oder den Schaden ersetzen. Dieser Grundsatz umfaßt nun zwar auch diejenigen Verletzungen, welche von dem aus einem besonderen G eschäft Verpflichteten zugefügt werden. Allein der aus dem Vertragsbruch erwachsene Nachtheil, der später seine ausftchrliche Erörterung finden w ird'), trifft nicht den bisherigen, in sich schon ab­ geschlossenen Rechtszustand des Verletzten, sondern die Erweiterung, die durch den Vertrag beabsichtigt worden. Der hieraus entstehende An­ spruch auf Entschädigung zeigt daher eine wesentlich andere Natur; er hat im Vertrage selbst seine Quelle, er ist ein abgeleiteter und richtet sich in Art und Umfang nach dem besonderen In h a lt dieses Vertrages. Und ebenso müssen die hier zusammenzusaffenden Ansprüche unterschieden werden von anderen, die zwar auch darauf abzielen, die Beeinträch­ tigung einer Rechtssphäre zu beseitigen, bei denen aber der Umfang dieser Rechtssphäre selbst noch streitig ist. Wenn der Eigenthümer vindizirt, so will er zwar auch nur das wieder erlangen, was ihm ge­ hört: ob aber diese Sache zu seinem Rechtsgebiet, ob sie nicht vielmehr Demjenigen gehört, von dem er sie verlangt, ist noch zweifelhaft, die Klage richtet sich hauptsächlich auf diesen Punkt, auf das Recht an der Sache. Bei den Schuldverhältnissen aus Beschädigungen ist aber ein solcher Zweifel ganz und gar nicht vorhanden: es steht hier nicht zu­ nächst zur Entscheidung, ob die Sache, an welcher die angeblich beschä­ digende Handlung verübt worden, wirklich die des Klägers ist, diese Frage ist vielmehr nur für die Berichtigung des Legitimationspunktcs erheblich, sondern ob die Sache einen Schaden erlitten und ob dieser Schaden von dem Beklagten zu heilen sei. *) §. 17. d. T .

H e y d e m a n n S . 294.

*) Oben S . 87. Einl. z. A.L.R. §§. 92. 93. §. 8. I. 6. pr. J. IV. 4 generaliter injuria dicitur omne, quod non jure fit. 1. 1. pr. D. XLVII. 10: injuria ex eo dicta est, quod non jure fiat; omne euim, quod non jure fit, injuria tieri dicitur: hoc generaliter. 1. 5. 1. D. IX. 2. 3) Unten §. 106.

§. 8 9 .

D ie Beschädigung.

623

So abgegrenzt einerseits gegen die Klagen auf das Interesse aus Verträgen, andererseits gegen die Klagen auf Anerkennung und folgeweise auf Wiederherstellung eines dinglichen Rechts, läßt sich der Begriff der hierher gehörigen Ansprüche dahin fassen: Schuldverhältnisse, die aus beschädigenden H a n d lu n g e n als solchen entspringen. Die nächsten Voraussetzungen für die Entstehung eines solchen Schuldverhältnisses sind: ein Schaden und eine ihn bewirkende Handlung. a. Schaden definirt das A.L.R.: „jede Verschlimmerung des Zu­ standes eines Menschen in Ansehung seines Körpers, seiner Freiheit oder Ehre oder seines Vermögens"4). D a jedoch die Verletzungen der Per­ sönlichkeit auf dem Gebiet des Privatrechts nur in ihrer Rückwirkung auf das Vermögen in Betracht kommen, so kann der Begriff des Schadens einfacher dahin bestimmt werden: jede Verschlimmerung des Vermögens'). Die Beschädigung ist entweder völlige Vernichtung oder Verschlechterung, auch die bloße Entziehung einer Sache aus der Rechts­ sphäre, der sie zugehört, wo dann nicht diese einzelne Sache, sondern der gesammte Vermögenszustand das beschädigte Objekt ist. Auch wenn die Sache zwar an sich nicht an Werth verringert worden, wohl aber ;. B. durch eine schwer oder gar nicht mehr trennbare Vermischung oder Verbindung mit anderen Sachen für den Eigenthümer an Ge­ brauchswerth verloren hat, liegt Schaden vor. Neben diese V e rm in ­ derung des Vermögens!, die einen schon in ihm enthaltenen Be­ standtheil trifft, tritt als zweite Art des Schadens die g eh in d erte V e r m e h r u n g des Vermögens, der e n t g a n g e n e G e w i n n : „Vortheile, die man erlangt haben würde, wenn eine gewiffe Handlung oder Un­ terlassung nicht vorgefallen w äre"'). Ein Gewinn ist entgangen und ^ Damnum von demere und deminueve. 1. 3. D. X X X IX . 2. Damnum ab ademtione et quasi deminutione patrim onii dictum. Schaden an Leib, Ehre, Ver­ mögen: I. 1. C. V. 47. 1. 50. D. X XXVI. 1. *) Damnum pecuniarium : 1. 5. §. 5 in f. D. IX . 3. 1. 3. D. X X X IX . 2 (Note 4). Der Schaden ist die Differenz zwischen dem Vermögensbetrage einer Person, wie derselbe in einem gegebenen Zeitpunkt ist, und dem Betrage, welchen dieses Ver­ mögen ohne die Dazwischenkunft eines bestimmten beschädigenden CreigniffeS in dem zur Frage stehenden Zeitpunkte haben würde. M o m m s e n S . 1. Der Aus­ druck id quod in te rest, I n t e r e s s e , bezieht sich hauptsächlich auf den Schadens­ betrag, der innerhalb von VertragSverhälrniffen erwachsen ist. §. 286 I. 5. Der Ausdruck v o l l s t ä n d i g e G e n u g t h u u n g (§. 7. 1.6) bezieht sich auf den Umfang des Ersatzes. I n Entsch. B. 28 S . 274 f. interpretirt da- O .Trib. den Ausdruck „allen Schaden" in §. 25 des Eisenb.Ges. v. 3. Nov. 1838 auf Grund des §. 7. I. 6 „gesammten Schaden" nur als den wirklichen Schaden mit Ausschließung des entgangenen Gewinne-. G r u c h o t VII. S . 45. S . auch U n g e r a. a. O S . 2. 3. Unten Note §. 106 bei Note 15—21 über den Sprachgebrauch des A.L.R. °) §. 5. 6. b. T . I. 13. pr. D. XLYI. 8 : quantum mihi a b e s t , quantumque h i e r a n potui. Damnum und hierum ist häufig in den Quellen nebeneinander­ gestellt, und zwar immer so, daß der fehlgeschlagene Gewinn zum damnum ge­ rechnet wird; z. B. 1. 33. p j. D. IX. 2 : in lege Aquilia damnum consequimur;

dies a ls Schaden aufzufassen, wenn ihn zu erlangen nicht bloß allgem ein möglich gewesen, sondern welcher sicher eingetroffen w äre, wenn nicht die störende Handlung dazwischen getreten w äre'). Während nun das römische und gemeine Recht bei dieser natürlichen Eintheilung in wirklichen Schaden (damnum emergens) und entgange­ nen G ewinn (lucrum cessans) sich begnügen'), hat das A .L.R . den ersteren noch in einen u n m itte lb a r e n und m it t e lb a r e n unterschieden, je nachdem er durch die Handlung oder Unterlassung allein („unm ittelbar und zunächst") oder durch diese in Verbindung mit einem von ihr ver­ schiedenen Ereigniß und Umstand bewirkt worden ’). Diese Unterscheidung ist an sich nicht unrichtig, und würde sehr unschädlich sein, wenn nicht das A .L.R . davon eine ganz verwerfliche Anwendung gemacht hätte. E s zeigt sich hier, wie sonst noch vielfach, daß der 6. T itel eine besonders verunglückte Schöpfung der Gesetzgebung ist, indem er an einer todten Abstraktion und einer unerträglichen Kasuistik leidet; Eintheilungen und Unterscheidungen, die dem Lxben fremd sind, haben zu Folgerungen geführt, die weder nach den Gesetzen der Logik zu rechtfertigen sind, noch den Anforderungen der Gerechtigkeit entsprechen: die Einfachheit des römischen Rechts hat gekünstelten Verwickelungen weichen müssen'"). Uebrigens geht diese Scheidung des wirklichen Schadens in unm ittel­ baren und mittelbaren, deren schädliche prattische Wirkung erst bei B e ­ antwortung der Frage nach dem Umfang des Ersatzes gezeigt werden kann, parallel m it der Eintheilung der Folgen einer Handlung in un­ mittelbare und m ittelbare"). b. D ie b e sch ä d ig en d e H a n d lu n g . S o ll aus dem Umstand,

7)

*)

*) 10)

et am isisse dicemur, quod aut consequi potuimus aut erogare cogim ur 1. 11. pr. D. X X X V I. 1. 1. 13. pr. D. XLVI. 8. 1. 2. §. 11. D . X LV III. 8. 1. 2. §. 8. D. X III. 4. Der Ausdruck lucrum cessans und damnum emergens im Reichöabschied von Speyer. 1600 §. 139. D ie Frage, welcher entgangene Gewinn als Schaden aufzusaffen, kann im einzeln neu Fall sehr zweifelhaft sein. Bergl. die eingehende Untersuchung von M o m m fe n §. 17 S . 173. Näheres hierüber im folgenden §. Uebrigens ist der in §. 13. I. 6 erwähnte entgangene G ew inn, der aus dem gewöhnlichen Gebrauch hatte ge­ zogen werden können, keine besondere Abstufung. 1. 30. D. IX . 2 : nam et qui occasionem praestat, damnum fecisse videtur. I. 22. §. 1. D. IX. 2. 1. 21. §. 3. I). X IX . 1: „ o m n i s u tilitas in aestiraationem venitu. I n der gemeinrechtlichen Doktrin ist die Eintheilung deS damnum circa rem ipsam und extra rem entstanden, doch ist auch diese in der neueren Theorie verworfen. M o m m se n S . 265 f. A r n d tS S . 326 f. Anm. 3. 4. D a s A L R . erwähnt diese Eintheilung nicht. Auch den anderen neuen Gesetz­ büchern ist eine weitere Eintheilung deS damnum emergens unbekannt. Cefterr. §§. 1294. 1295. Sachs. § § .1 2 4 . 125. Ueber franz. R. f. Z a ch a riä (P u ch elt) II. 576. §§. 2. 3. d. T . Rechtspr. B . 4 S . 447. Siehe die Urtheile von H e y b e m a n n S .2 9 4 f . Gr u c h o t S . 466. Koch, Komm Note 1 zu §. 1. d. % .

") A.L.R. I. 3. §§. 4. 5.

daß ein Vermögen beschädigt worden, ein besonderes Schuldverhältniß auf Entschädigung entspringen, so muß der Schaden verursacht sein durch eine Handlung. E s folgt aus der N atur dieser Obligationen und steht nach gemeinem Recht unzweifelhaft fest, daß die schädliche H andlung nie eine bloße U n te rla s s u n g sein kan n"), daß ste als ein positives Einwirken oder Eingreifen in die fremde Rechtssphäre sich äußern mußte; — denn eine besondere Pflicht zum Thun liegt regelmäßig nicht vor, es kann also eine solche durch Nichtthun nicht verletzt werden. Wo indessen eine besondere Pflicht zu einer Handlung, ohne durch V ertrag begründet zu sein, nach bestimmtem gesetzlichen Gebot (eine Zwangspflicht) besteht, da wird das Unterlassen die Grundlage eines Entschädigungsanspruchs bilden können. D ie früheren Auflagen leugneten dies m it lebhafter Polemik gegen die allerdings viel weiter gehende Ansicht K ochs von der Unterlassung als Quelle von Schadenansprüchen"), weil durch Unter­ lassen einer gesetzlichen Pflicht ein besonderes Rechtsverhältniß verletzt werde und dieses, nicht die Unterlassung als solche, den Rechtsgrund auf Entschädigung gebe. D as Irrig e dieser Argumentation liegt darin, daß ein allgemein gehaltenes gesetzliches Gebot nicht ein Rechtsverhältniß zwischen dem, an den sich das Gebot richtet, und dem, der dann durch Unterlassen verletzt wird, begründet. Unwillkürlich erkannten dies die früheren Ausgaben an, indem sie im Laufe der Erörterung Verletzung einer Zwangspflicht als die eines schon bestehenden Rechtsverhältnisses oder eines besonderen gebietenden Gesetzes bezeichneten. W ie das bloße Unterlassen einer H andlung, die einen Schaden hätte verhindern können, zu deren Vornahme aber keine besondere V er­ pflichtung bestand, eine Obligation auf Schadenersatz nicht erzeugt, ebenso wenig geht eine solche aus z u fä llig e m Schaden hervor: dessen E n t­ stehen aus der Handlung oder Unterlassung gar nicht vorausgesehen werden konnte"«. W enn man dies durch das Sprichwort ausdrückt: casum sentit dominus, so kann dies nur bedeuten, daß Niemand als Urheber zum Enatz eines solchen Schadens verpflichtet ist"). c. E s ist aber auch festzustellen, wer als der B e sc h ä d ig te anzuseten, d. h. wessen Rechtssphäre eigentlich verletzt ist"). D a das Ver'-) S in t e n i» II. S . 818 Note 8 unter II. S . 320. Hasse, die Lulpa. 2. A. S . 13s. Jedoch A- Pernice a. a. O. S . 164 und Labe» B. II. S . 56. Weitergehend aus der Praxis S e uf f e r l B. 16 S . 363. B. 31 S . 229. 3) Recht d. F. I. S . 253. Dgl. auch Dernburg II. §. 294 Anm. 11. R O H.G. B. 23 S . 354. S. d. T. u. §§. 3. 4. 5. 9. 12. 59. 4) §. 4. d. T Siehe hierzu Koch, Komm. Note 4. 1. 6. C. IV. 24. 1. 64. D. de R. J. und A-L.R. I. 3. §. 6. l5) Oben S. 155 und unten §. 106. Richtiger Casus a nullo praestantur. 1. 23 in f. de R. J. Vergl. den Rechtsfall bei Truchot II. S. 81. Besonders Gruchot IV. S. 151—158. ; in n e r , Preuß. Privatreän. I. 4. &ufl.

626

Zweite» Buch.

Die belouderen Prwatrechte-

mögen aus verschiedenartigen Rechten zusammengesetzt ist,

und je in

verschiedenen rechtlichen Beziehungen eine Sache gleichzeitig in die Rechtssphäre verschiedener Personen gehören kann, so leuchtet das prak­ tische Interesse dieser Frage ein.

Unzweifelhaft freilich ist die B e a n t­

w ortu n g bei Beschädigungen, die die Person oder ein Vermögensstück treffen, welches Objekt des uneingeschränkten und unbelasteten E ig e n ­ thum s ist. H ie r hat der persönlich Verletzte, der E ig e n t h ü m e r den Nachtheil

erlitten.

W er

dagegen zur Sache n u r ein p e rs ö n lic h e s

R e c h t h a t, ist an sich nicht durch ihre Beschädigung g e tro ffe n "), er kann n u r insofern als Beschädigter gelten, als er fü r den Schaden dem Eigenthüm er aufkommen m u ß ").

W as den B e s itz e r angeht, so macht

sich hier die Abweichung des preußischen vom gemeinen Recht geltend, insofern ersteres einzelnen Rechtsverhältnissen, die nach letzterem n u r persönlicher N a tu r fin d , den dinglichen Charakter des unvollständigen Besitzes beigelegt hat. D e r vollständige Besitzer ist nach gemeinem und preußischem Recht von der Beschädigung u n m ittelbar g e tro ffe n "); eben­ so der N ieß brauche r"),

der Pfandbesitzer");

aber auch der M ie th e r, Pächter, L e ih e r").

nach preußischem Recht O b auch der I n h a b e r

also der Depositar, M a n d a ta r, der Handwerker, dem ein S to ff zur B e ­ arbeitung anvertraut worden, der G astw irth und Schiffer, ist nach ge­ meinem Recht davon abhängig gemacht, ob er dem Eigenthüm er gegen­ über die G efahr zu vertreten h a t " ) . D ie s setzt aber voraus, daß der

,7) Hasse, Culpa S . 244. Lex Aquilia d o m in o damna salva esse voluit. Dieser Grundsatz wurde auch auf jedes selbständige jus in re aliena angewendet, aber nicht auf persönliche Rechte. Den Käufer traf erst das periculum, und er war daher erst zur Entschädigungsklage legitimirt, sobald ihm übergeben worden, I. 12. D. X V III. 6; er mußte sich deßhalb diese Klage vom Verkäufer cediren lasten. 1 .1 3 . §. 12. D. X IX . 1. Vergl. I. 14. § 10 D. X L V II. 2: neque enira is, cujuscunque intererit, rem non perire, habet furti actionem, sed q u i ob eam rem t e n e t u r , quod ea res c u lp a ejus perierit. lft) 1. 14. §§. 12. 16. D. X L V II. 2. 1. 87. eod. Wegen Entziehung der perzipirten Früchte hat auch der colonus ohne Weiteres die Klage, quia ejus esse coepissent. I. 26. §. 1. 1. 82. §. 1. D. eod. " ) A L R . I. 7. §. 176. §. 15. J. IV . I. P la te bei Gruchot X . 360. 2«) 1. 17. §. 3. D. V II. 1. 1. 11. §. 10. D. IX . 2. A .L R . I. 21 §§. 2. 23. 21) §. 14. J. IV . 1. 1. 12 §. 2. D. X II I. 1. 1. 30. §. 1. D. IX . 2. A L.R. I. 20. § .1 1 7 . 1.7. §. 1. 169 146 f. 22) Dies folgt aus §. 2. I. 21. verb. mit §. 6. I. 7. A .L R . Gruchot V. 220. V II. 391. 23) Der Depositar nur, wenn in Folge seiner culpa die Sache weggenommen: §.2. J. IV . 2. E r hataber die furti actio nicht, wenn er in dolo oder sine culpa war. 1. 14. §. 3. ü . X L V II. 2. §. 17. J. IV. 1. Der Mandatar nur, wenn er eine custodia zu prastiren hatte, 1. 14. §. 17. D. eod.. Aus gleichem Grunde der Handwerker, 1. 12. pr. D. eod. und 1. 2. pr. D. IX . 1. 2)er Gaflwirth und Schiffer, so weit ihnen das periculum zufällt, 1. 4. pr. D. IV . 9. 1. 14. § 1 7 eit.

Schaden grade in diesen Kreis der Vertretungspsticht trifft. D er gleiche Grundsatz ist auch nach preußischem Recht anzunehm en").

§. 90. Tie Entschädigung. D ie beschädigende Handlung als solche erzeugt ein selbständiges Schuldverhältniß, dessen Anhalt darin besteht, daß der Beschädiger e n t s c h ä d i g e n muß. Diese O bligation verzweigt sich in zwei Arten, |c nachdem die Handlung nur nach ihrer objektiven Schädlichkeit, oder zugleich auch noch ihrer subjektiven Rechtswidrigkeit in Betracht kommt. M an darf — es fehlt an einem technischen Ausdruck — jene erste Art die e i n f a c h e Entschädigungspflicht nennen: die zweite Art umfaßt die Fälle der „Pflichten und Rechte aus u n e r l a u b t e n H andlungen", die obligationes ex delicto. Beide Arten sind in den Voraussetzungen ihrer Geltendmachung einigermaßen verschieden. Gemeinsam ist ihnen: daß ein Schaden wirklich entstanden und daß dieser Schaden durch eine Handlung verursacht sein muß. Abweichend sind sie darin, daß bei einfacher Entschädigungsforderung ein Verschulden und die Zurechnungsfähigkeit des Beschüdigers nicht in Frage kommt, daß bei ihr also auch alle die Folgerungen wegfallen, die das A .L.R . in Beziehung auf den Umfang der Entschädigung je nach dem Grade der Schuld ausgestellt hat. D ie s verlangt hier eingehendere Erörterung. a . E in S c h a d e n m u ß wirklich e n t s t a n d e n sein'). E in m ög­ licher, drohender Schaden genügt nicht zur Begründung der O bligation auf Entschädigung — hier bietet das Recht Sicherungsm ittel anderer A rt'), und selbst diese sind heute im Vergleich m it dem römischen Recht sehr eingeschränkt, weil die umfassendere Thätigkeit der Polizei 24) Zn Eritsch. D . 4 4 S . 5 ist der D etentor von W olle, die ihm gestohlen worden, znr Klage gegen den D ieb und Hehler auf Ersatz des W e r t h e s berechtigt er­ klärt und dies au s der Verpflichtung des In h ab ers hergeleitet, die Sache dem B e ­ sitzer zu erhalten. §. 137. I. 7. *) T ie Klage hat regelmäßig den bestimmten Schaden zu bezeichnen, der ersetzt wer­ den soll. Ein verbreiteter GerichtSgebrauch hat jedoch im Gebiete des gem einen Rechts Klagen auf den in einem besonderen Verfahren festzusetzenden, oder „er­ weislichen" Schaden und zwar nicht blos dann zugelassen, w enn der Schadenser­ satzanspruch accefforisch zu einem Hauptanspruch hinzutrat. Nach der E .P .O . ist eine solche Klage als Feststellungsklage denkbar, wenn das Interesse an sofortiger Feststellung der Schadensersatzpflicht dargelegt werden sann. Aber auch in diesem Falle muß das Vorhandensein eines Schadens überhaupt auö den Angaben des K lägers hervorgehen und nöthigenfalls erwiesen werden. — D aS in Betreff des R echtsm ittels als Endurtheil anzusehende Zwischenurtheil über die Verbindlichkeit — vorbehaltlich der Entschädigung über die Höhe (des Schadensersatzes) in dem­ selben Prozeß (E .P .O . §. 2 7 6 ) steht auf einem ganz anderen Boden. 2) K aution und Pfändung. S . oben §§. 48. 49.

dafür sorgt, daß drohende Störungen des Nebeneinanderlebens beseitigt werden'). E s genügt daher nicht, den Anspruch auf Entschädigung lediglich darauf zu gründen, daß eine Handlung geschehen, die ihrer Natur nach widerrechtlich und schädlich ist, und die Feststellung des Schadens einer späteren Zeit vorzubehalten. D as den Grund einer solchen Klage bildende Rechtsverhältniß der Parteien beruht nicht auf der Handlung allein, fonbem auf dem durch die Handlung verursachten Schaden'). Dagegen ist es wiederum nicht nöthig, daß der Schaden sich schon vollendet hat, ehe der Entschädigungsanspruch erhoben werden darf; daß die schädliche Handlung außer dem bereits hervorgebrachten Schaden weiter schädliche Folgen z. B. periodisch erzeugt, steht der Gel­ tendmachung des entstandenen Schadens nicht entgegen'). b. Die Handlung muß die Ursache des Schadens geworden sein'). Nur insofern als der Schaden erweislich die wirkliche Folge der Hand­ lung ist, entsteht die Obligation zur Entschädigung,, ihr Dasein und ihr Umfang ist davon abhängig. Zu weit geht man, wenn man ver­ langt, der Schaden muffe die n o th w en d ig e Folge gewesen sein'). Ebenso wenig gehört es zu dem ursächlichen Zusammenhang, daß die Handlung die a lle in ig e Ursache gewesen'): der Begriff des mittelbaren Schadens besteht grade darin, daß zu der Handlung noch andere Um­ stünde oder Thatsachen als mitwirkend hinzugetreten find, gleichviel, ob der Eintritt dieser mitwirkenden Thatsachen durch jene Handlung bedingt war oder nicht. Die Ursächlichkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß möglicher Weise der Schaden auch auf andere Art hätte eintreten können, aber sie wird ausLeschlossen, wenn er unter allen Umständen, auch ohne die ihn jetzt bewirkende Handlung eintreten mußte"). Is t also lediglich ein Zufall schädlich geworden, so entsteht keine Obligation, a) D a s gemeine Recht bietet zur Abwendung eines drohenden Schadens verschiedene Klagerechte: operis novi m m tiatio, cautio damni in fecti, actio aquae pluviae arcendae, interdictum quod vi aut clam. Nach preuß. R. sind solche Klagerechte nicht anerkannt. Gegen die Aufführung eines möglicher Weise schädlichen Baues, z. D . einer M ühle, kann man zwar Widerspruch erheben (op. novi n u n t.), aber die Polizeibehörde eutscheidet darüber mit Ausschluß des Rechtswegs. Edikt über Aufhebung des Mühlenzwanges v. 28. Oktober 1810 §§. 7. 8. Entfch. B . 7 S . 188. D ie Borsorge, das Verhältniß der Nachbargrundstücke in Betreff der G e­ bäude, derVorfluth, lästiger Gewerbe u. dergl. zu regeln, liegt der Polizeibehörde ob. Vielfach ergiebt dies A.L.R. I. 8 z. B . §§. 65— 82. Edikt v. 15. Nov. 1811 §§. 5. 15. Koch, P r.R . II. §§. 602. 603. 604. 4) G r u c h o t III. S - 469. 5) Entfch. B . 13 S . 19. *) M o m m s e n a. a. O . S . 137f. S e u f f e r t X V. 209. X X V I. 132. 7) M o m m s e n S . 142. 165. *) M o m m s e n S . 143. 164. *) M o m m s e n S . 146. Bergl. hierzu 1. 4. §. 5. D. IV. 7. 1. 36. §. 3. I). V. 3. 1. 27. §. 2. D. VI. 1.

hat dagegen der Zufall nur die Folgen der Handlung beeinflußt, so wird dadurch der ursächliche Zusammenhang nicht zerstört. Ob nun im einzelnen Fall eine Handlung die Ursache eines Schadens geworden, ist da, wo es sich nur um Feststellung des wirklichen Schadens (damnum emergens) handelt, meist leicht nachweisbar"). D ie Thatsachen sprechen hier unmittelbar. Weniger sicher wird das Ergebniß in Betreff des entgangenen Gewinns sein, weil hier zu den Thatsachen mehr oder weniger arbiträre Schlußfolgerungen hinzutreten müssen. M an kommt nicht damit aus, zu verlangen, es muffe die Gewißheit des Gewinnes nachgewiesen werden. Die Gewißheit ist graduell, und welcher Grad soll genügen? D ie Frage ist: hätte ohne Dazwischentreten der beschä­ digenden Handlung der Beschädigte einen bestimmten und erlaubten Gewinn ziehen können? Die Beantwortung hängt von Zweierlei ab; einmal davon, ob objektiv die thatsächlichen und rechtlichen Voraus­ setzungen für den Erwerb vorgelegen haben oder eintreten mußten, und sodann, ob subjektiv der angeblich Beschädigte habe erwerben oder ge­ winnen wollen. Jenes objektive Moment wird in den meisten Fällen klar erkennbar fein und ebenso, ob die beschädigende Handlung an sich geeignet gewesen, grade diese Voraussetzungen zu beseitigen. Schwieriger ist der Beweis des subjektiven Moments, wenn der Gewinn eine be­ stimmte Thätigkeit des Erwerbers verlangt. Hier hat M om m sen den unzweifelhaft richtigen Grundsatz ausgesprochen: es muß immer ange­ nommen werden, daß der Beschädigte den Erwerb durch seine Thätig­ keit herbeigeführt haben würde, wenn das Unterlassen dieser Thätigkeit ein Mangel an der Sorgfalt eines diligcns paterfamilias wäre, während in den Fällen, wo der Erwerb überhaupt keine Thätigkeit erfordert, sondern nur in einem passiven Anfallen besteht, jenes subjektive Moment gar nicht zur Sprache kommt"). Es folgt aus den Grundsätzen von der Beweislast, daß der B e­ schädigte die Handlung, den Eintritt und Umfang des Schadens und den ursächlichen Zusammenhang der ersteren mit diesem nachweisen muß, 10) Wenn auch oft durch Schlußfolgerungen. S e n f s e r t X III. 314. " ) M o m m s e n S - 177. Die immer als Beispiel angezogene 1. 29. § .3. D. IX . 2, um die Gewißheit des Gewinnes als Erforderniß zu erweisen (cum incertum fuerit, a n caperentur), ist doch von zweifelhafter Richtigkeit, da bei einem Fischer, der hierin seine GewerbSthätigkeit hat, wohl immer mit Gewißheit anzunehmen ist, daß er F iste gefangen hätte, wenn ihm die Netze nicht entzogen gewesen wären. Ungewiß bleibt nur die Menge der Fische, die Größe deS Fange», und deßhalb rechtfertigt sich die Entscheidung des Juristen. M o m m s e n S - 190 N ote29 § .6 . I. 6. A L R giebt Anhaltspunkte für die Bestimmung de» entgangenen Gewinne». Der natürliche, gewöhnliche Lauf der Dinge soll angenommen werden, nicht» Außerordentliche» oder Ausnahmsweise» (§. 116. d. T-). Beispiele au» der Praxi»: Rechtspr. I. 6 . 259. IV. @. 224 243. S t r i e t h o r s t B . 3 6 . 13. v . 7 S . 226. U n g e r , Fragm. z. österr. Obl.R. 1864 S - 7 Nr. 7.

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Zweite- Buch.

D ie besonderen Privatrechte.

und es ist eine überflüssige Bestim m ung, wenn das A .L.R . sagt: „daß Jem and durch die Schuld eines Andern beschädigt worden, wird nicht vermuthet" '*). D agegen giebt es noch zwei Bew eisregeln über den ursächlichen Zusammenhang "), von denen die eine die den Gegenbeweis zulaffende Vermuthung ausstellt, daß der bei Gelegenheit der A usübung einer unerlaubten Handlung entstandene Schaden durch die Schuld des Thäters venirsacht worden, die andere mit Ausschluß des Gegenbeweises fingirt, daß jeder Schaden, der durch Beachtung eines Polizeigesetzes hätte vermieden werden können, durch die Uebertretung deflelben verursacht worden ist" ). c. D ie unter a. und >>. besprochenen Erfordernisse genügen zur Entstehung der s. g. e in fa c h e n E n ts c h ä d ig u n g s fo r d e r u n g . D ie einzelnen Fälle ihres Vorkommens lassen sich nicht erschöpfend darstellen, oder auf allgemeine Gruppen zurückführen. Nur als Beispiele seien er­ wähnt: die aus Zwangsenteignungen, aus Beschädigungen der Oberfläche oder des W afserlanfs durch den B ergbau, aus Aufopferungen zum ge­ meinen W ohl oder in der Kollision mit dem stärkeren Recht eines A n­ dern, au s dem Gewerbs- oder Fabrikbetrieb erwachsenden Entschädigungs­ ansprüche u ). Diese Fälle haben noch die Eigenthümlichkeit, daß bei §. 24. d. T . und §. 15. I. 3. H e f f le r , pr. Eiv.Pr. 185« ©. 145 Note 1. n ) §§. 25. 26. d. T . Gr u c h o t III. € . 480. Beispiele: S t r i e t h o r s t B- 45 S . 210. B 81 S . 34. B- 82 S . 112. Anwendung des §. 26 auf Korporationen: Entsch. B- 14 e . 02. B- 37 £ . 32. S t r i e t h o r s t B. 27 S - 128. Keine aus­ dehnende Erklärung des §. 26. d. T . S t r i e t h o r s t B . 60 S . 76. Den letztern Satz (I. 6. §. 26) schränkt die Praxis mit Recht dahin ein, daß er nicht Anwen­ dung finden darf, sofern klar erhellt, daß daS Polizeigesetz ein anderes Ziel hatte, als die Verhütung eines solchen Schadend zu vermeiden- Vgl- S t r i e t h o r s t D. 81 S . 34 ff. i4) I n Betreff der E x p r o p r i a t i o n e n : A L R . I. 11. § § .4 — 11. Enteignungs­ gesetz v. 11. J u n i 1874 unter §. 131. B e r g b a u : A.L.R. II. 16. §§. 109— 112. 116. 150. Entsch. B. 4 S . 354. $ . 9 S . 101. B. 15 S . 379. B . 18 ©. 71 jetzt das Berggesetz vom 24. J u n i 1865, inöbes. §. 148. Ueberhaupt A u f ­ o p f e r u n g e n zum g e m e i n e n W o h l : A.L.R. Einl. §. 75. Siehe über die Entschädigungspflicht des Staates aus §. 75 Einl. z. A L R oben §. 18 S . 90 Entsch. B. 20 S . 3. 101. B. 31 S . 109. B. 32 S . 23 (Ges. v. 11. M ai 1842 § .4 ). S e u f f e r t VII. 184. Entsch. B. 43 S . 15. 23. Schiffbarmachung eines Privatflusses. A.L.R. II. 15. §§. 4p—43 erfolgt jetzt im Wege der Expropriation. Hierher gehört auch, wenn der S taat im Wege der Gesetzgebung ein Rechtsinstitut ausdrücklich gegen Entschädigung aufhebt, z. B. Mühlenzwang, D.O. v. 15. Sept. 1818 (Ges.S S . 178). Entsch. B . 15 S . 46. K o l l i s i o n mi t d e m s t ä r ke r en Recht z. D. die Verpflichtung des unterliegenden Grundbesitzers, dem oberen zu gestatten, Gräben zu ziehen, um die Borfluth zu beschaffen. Ges. v. 15. Nov. 1811 §§. 13. 14. A.L.R. Einl. §. 95 f. Entschädigung für eine eingeräumte nothwendige Grundgerechtigkeit, I. 22. §. 4. Entschädigung wegen Wildschaden findet nicht mehr statt. Ges. v. 31. Okt. 1848. Entsch. B . 19 S . 113 A u s dem G e w e r b ö u n b F a b r i k b e t r i e b : Entsch. B. 23 S . 252 (Pl.Deschl.) S t r i e t h o r s t B .3 2 S . 90. Nach §• 26 der Gewerbeordnung v. 21. J u n i 1869 darf ein Recht, welches durch einen Gewerbebettieb in einer mit polizeilicher Genehmigung errichte­ ten Anlage verletzt ist, nicht anders als in der Form eines Anspruchs auf Her­ stellung schützender Einrichtungen oder auf Schadensersatz geltend gemacht werden.

§. 00.

Die Entschädigung.

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ihnen die Entschädigung n iem als in der W iederherstellung des früheren Z u sta n d es, sondern nur in einer Ersatzleistung bestehen kann. Andere Beschädigungen durch den E i s e n b a h n b e t r i e b . S e u f f e r t B . 14 S . 354. E n t­ scheidungen B. 21 e . 177 B. 26 S . 270. B . 37 S . 32 u. 42. S t r i e t h o r s t B 52 S . 33. B. 62 E. 51 Gesetz vom 3. November 1638 §. 25. Vgl. dazu R . D . H G . M . N r. 10 gegen das € Trib. Entsch. B 28 S . 270. (Unter a l l e m Schaden ist auck entgangener Gewinn zu verstehen.) I n Betreff des Eisenbahn-, Bergbau- und Fabrikbetriebs hat das deutsche Reichsgesetz vom 7. J u n i 1871 'R .G .B l. E. 207) für die Fälle der Tödtung und Körperverletzung besondere B e­ stimmungen getroffen, welche unten (B 2 §. 151 näher erörtert werden müssen. — I n die Klasse e i n f a c h e r Ansprüche sollte auch an sich der aus ungerecht­ fertigter A r r e s t l e g u n g nach 137. 138. d. T . entspringende gerechnet werden. Da« O .T rib. läßt aus ihr eine Klage nur zu, wenn der Ärrestleger in dolo oder culpa gewesen, d. h. wenn ein Delikt vorliegt Pl.Beschl. Entsch. D. 19 S . 11. D as Reichsoberhandelsgericht B. 21 S . 71 hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Ueber diese die §§. 137. 138. d T einschränkende Interpretation urtheilt B r i e » g l e b , Einleit in die Theorie der summarischen Prozesse, 1859 E . 367 sehr hart. Die Ansichten gehen übrigens auch gemeinrechtlich auseinander. M e v i u s , de arrestis c. 20. N. 8 c. 23 N. 2f und decis. p. V. dec. 388 stellt diesen E n t­ schädigungsanspruch den Prozeßkosten gleich, verlangt also nicht noch Verschulden. Ebenso die Praxis in Kassel. H e u s e r , Annalen B. 11 S . 661 f. 670f. S e u f f e r t B . 1 N r. 148. Gr nc hot IV. S . 179. 180. B a y e r , Theorie der summar. Proz. ß. 29. Rostock sBuchka und Buddee, Sam m t. II. 223) läßt nur im Falle der culpa den Arrestleger zum Schadenersatz verpflichtet sein. H e y d e m a n n S . 322 erklärt die Entscheidung des £ Trib für die reine Konsequenz der richtigen und durch die ganze systematische Stellung des 6. T . bedingten Auslegung. K och, Kommentar zu §. 137 hält sie auch für richtig, freilich mit dem sehr bedenklichen Zusatz: „gewiß ist, daß darnach schwerlich ein Regreß wegen ungerechtfertigten Arrestes zu begründen sein wird". Auch D e r n b u r g §. 295 N. 2 stimmt dem Dbertribunal zu. DaS O .T rib. stützt seine Ansicht nur darauf, daß in §. 8. I. 6 die W orte: „ohne Recht" so viel bedeuten, als recht swi dri g, u n e r l a u b t , und daß „unrechtmäßiger Weise" in §. 137 gleiche Bedeutung haben müsse. Dagegen ist zu erwidern: ohne Recht heißt wörtlich zunächst nur „rechtlos", der 6. Titel enthält nicht bloß die eigentlichen Deliktsobligationen, sondern umfaßt al l e B e­ schädigungen „außerhalb eines Vertrages", §. 17. Die Pl.Entsch. distinguirt nicht zwischen rechtloser und verbotener Beschädigung. Und, da der entstandene Schaden doch empfunden w ird, warum soll ihn der unschuldig Beschädigte tragen? D er Grundsatz, zu G u n s t e n des Beschädigers, ist u n g e r e c h t gegen den Beschädigten. Die Abweisung der Arrestklage als einer ungerechtfertigten jetzt die nach zugelassenem und ausgeführtem Arrest erfolgende Abweisung des Anspruchs selbst als unbe­ gründet oder das Urtheil auf Nichtrechtmäßigkeit des Arrests (L .P .O . §. 805) kann in der That nichts anderes besagen, als daß der Arrestschlag „ohne Recht" ge­ schehen, und daS genügt zur EntschadigungSforderung. N ur freilich muß zugegeben werden, daß, wenn die Klage abgewiesen w ird, weil nach ihrer Erhebung die Forderung durch Zahlung, getilgt ist oder bei Aufstellung deS Arrests wegen eines nachmals eingetretenen Ereignisses eine Entschädigungsforderung nicht entstehen kaun. Hier ist aber auch der Arrestschlag selbst nicht „unrechtmäßig" gewesen. Siehe noch die ältere preußische Praxis: P räj. 36 (Sam m l. I. S . 21). Entscheid. B 15 S . 103 die B. 19 S . 13. 14 citirteii älteren Entscheidungen; ferner aus der neueren P rax is: S t r i e t h o r s t B. 5 S . 366. B . 8 S . 251. Hiermit noch zu vergleichen S t r i e t h o r s t B . 17 S . 247. 257. B 19 S . 37 und Entsch. B . 31 S . 9. Ganz auf demselben Gebiete (A. M . D e r n b u r g B . II. S . 833) liegt der Gebrauch des formell begründeten ZwangSrechtS aus einem Vollstreckung begründenden aber nicht materiell endgültigen BollstrecknngStitel. Auch hier ergiebt die Entscheidung dahin, daß daS Recht nicht bestand, die Gewißheit, daß die Anwendung des Z w angs objektiv unrechtmäßig war. I n der im Anhang zu §§. 55. 56 oben gegebenen Erörterung dieses Falls ist die Frage, ob ein Anspruch auf Schadensersatz be­ gründet ist, vorläufig dahin beantwortet, daß sie nach den allgemeinen Grundsätzen

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Zweite« Buch. Di« besonderen Privatrechte.

Beispiele, die freilich sehr bestritten find, bilden die Entschädigungsan­ sprüche aus der Vollstreckung eines materiell ungerechtserttgten vollstreck­ baren Titels, insbesondere der vorläufig vollstreckbaren Urtheile, sowie aus der Arrestanlegung. D ie s. g. Kondikttonen dagegen, die Rückfor­ derungsrechte, gehören nicht in diese Klasse von Obligationen, denn wenn­ gleich auch fie die Wiederherstellung einer außerhalb von Verträgen grundlos beeinträchtigten Rechtssphäre bezwecken, so fehlt es doch bei ihnen an der beschädigenden Handlung eines Andern: ihr Klagegrund ist nicht eine solche, sondern das Haben ohne Recht, und die Beschädi­ gung hat sich der Kläger selbst zugefügt. d. B ei der D e lik t s o b lig a t io n tritt zu jenen Erfordernissen noch hinzu, daß die Handlung nicht bloß eine rechtlose, sondern eine wider­ rechtliche, unerlaubte gewesen, und — was daraus folgt, weil sie auf einem Verschulden beruht — daß fie dem Thäter zuzurechnen sein muß. D ies ist das Gebiet der actio legis Aquiliac, des eigentlichen damnum in ju r ia datum “ ). Zwar bezog sich diese Klage im römischen Recht ur­ sprünglich nur auf die körperliche Beschädigung (corpore corpori), aber sie erfuhr auch schon dort und ungehinderter noch in der gemeinrechtlichen Praxis eine sehr ausgedehnte Anwendung auf alle Arten Beschädigungen, nur immer vorausgesetzt, daß eine unerlaubte, schuldbare Handlung sie über den Schadensersatz -u bestimmen sei. Diese allgemeinen Grundsätze aber führen, wenn die obige Auslegung der §§. 137. 138 richtig ist, jedenfalls auch hier zu dem Ergebniß, daß Schadensersatz geleistet werden muß ohne Rücksicht auf einen besonderen dolus oder eine culpa desjenigen, der den Zwang ins Werk setzt. D a ­ für daß die- dem Geiste der landrechtlichen Gesetzgebung entspricht, ist die positive Bestimmung des §. 63. I. 44 A G O . anzuführen, nach welcher sich die Instruktion zweiter Instanz im Miethsprozefle nach ausgeführter Immission oder Exmission bei abweichender Entscheidung auf AuSmittelung und Festsetzung des daraus, d. h. aus der Exekution, erwachsenden Interesse richten soll. — Bgl. auch Entsch. B . 31 S . 9. S t r i e t h o r s t B . 19 S . 37. — Hierm it stimmt es ganz überein, wenn die Eivilprozeßordnung (§. 651) vorschreibt, daß die sonst begründete Erklärung eines Urtheils für vorläufig vollstreckbar dann abzulehnen ist, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachtheil bringen würde. Diese Vor­ schrift hat die stillschweigende Voraussetzung, daß der entstehende Nachtheil für den Fall der materiellen Unregelmäßigkeit des geübten Zw ang- von dem Gläubiger zu ersetzen ist, wenn er in der höheren Instanz Unrecht bekommt. Auf derselben G rund­ lage beruhen die sich anschließenden Vorschriften über Sicherheitsbestellung. W o­ fü r soll der Gläubiger Sicherheit leisten, als für Erfüllung der eventuellen — ohne Rücksicht auf seine bona fides — eintretenden Schadensersatzpflicht? — Die hierdurch verstärkte Argumentation für den hier vertretenen Standpunkt bei vor­ läufiger Vollstreckbarkeit bietet ein zusätzliche- Argument für den ganz analogen Fall de- Arrests. Bezüglich de- Arrests aber ist schwer abzusehen, wie man die in §. 37. I. 29. A G O . begründet gewesene Pflicht de- Richter- aus der Arrest­ kaution dem Arrestaten bei Aufhebung de- Arrests als unrechtmäßig zu seiner E nt­ schädigung und Genugthuung zu verhelfen, mit einer Unterscheidung der Fälle je nach einer culpa de- Arrestsuchers vereinen will. Ebenso deutlich scheint §. 80. I. 29. A G O. zu sprechen. " ) 1. 2. p r. 1. 27. §. 5. D. D L 2; $. 19. J. IV. 3. Unerlaubte Handlungen im S in n de- $. 35. I. 3. A L R . find unsittliche oder geradezu verbotene, die in die Rechtösphäre eine- Andern nachtheilig eingreifen. S t r i e t h o r s t B. 44 S ? 1 6 5 .

§. 90. Di« Entschädigung.

633

hervorgerufen.

D ie Bezeichnung einer in factum actio ad exem plum legis Aquiliae war in bequemster und ungemesfener Weise dehnbar"). U nd da im heutigen Recht Beleidigung, Diebstahl und Raub nicht mehr a ls Privatvergehungen aufgefaßt und verfolgt werden, so können auch die durch solche Handlungen verursachten Beschädigungen unter die völlig abstrakt gewordene Kategorie der widerrechtlichen Vermögensbeschädigung gebracht und nach gleichen Grundsätzen beurtheilt werden. Privatstrafen kennt das heutige Recht nicht mehr- auch die B eleidigung hat nur eine öffentliche S tra fe zur Folge. Für die durch das Reichsrecht eingeführte B u ß e, welche den Entschädigungsanspruch für nachtheilige Verm ögens­ folgen ausschließt, wird freilich von einigen Rechtslehrern im S tr a f­ charakter angenommen ’7). S o weit die Kränkung der Ehre eine nach­ theilige Rückwirkung auf das Vermögen äußert, ist der daraus vor dem Civilrichter zu erhebende Anspruch völlig gleich den übrigen Ansprüchen auf Vermögensentschädigung aus unerlaubten H andlungen"). D aß das civilrechtliche Unrecht, das V e r sc h u ld e n , entweder ein absichtliches, Vorsatz (dolus), oder ein fahrlässiges, Versehen (culpa) ist, daß das preußische Recht die dreigliedrige E in te ilu n g des letzteren auf­ genommen hat, ebenso der Begriff der Z u r e c h n u n g ist § .2 7 näher ausgeführt, und es kann hier im Allgemeinen darauf zurückgewiesen werden"). Hervorzuheben ist nur Folgendes. 1. Während nach römischem Recht bei der actio legis Aquiliae die G ra d e d e s V e r s e h e n s überhaupt nicht in Betracht kommen, und von dem allein richtigen Grundsatz ausgegangen wird: in lege Aquilia et '") Z . B . 1. 53. 1. 12 33. §. 1. D. IX . 2. §. 16. J . IV. 3. Gesetz über das Urheberrecht an Schriftwerken v. 11. J u n i 1870 §. 18. E n t­ sprechend die übrigen Gesetze betr. das Urheberrecht v. 6., 11. und 16. J a n . 1876. Strafgesetzbuch §§. 188. 231. Markenschutzgesetz vom 30. November 1874. §. 14. Patentgesetz v 27. M ai 1877 §. 36. Vgl. insbesondere außer den Kommentaren: W ä c h t e r , die Buße 1874 und dagegen Do c h o w, die Buße 1875 — auch Kö h l e r , Patentrecht, welche mit Recht für die Buße den Charakter der EntschädigungSferdernng in Anspruch nehmen S . 639. I n ähnlicher Weise wie die Buße schließt das Ersatzgeld, s. eben §. 49, Entschädigungsansprüche auS, während aber die Buße mir im Strafverfahren zu beanspruchen ist, wird daö Ersatzgeld im V erwaltungs­ wege. bez. im Civilprozeß verfolgt. *} §. 131. d. T . Vorausgesetzt, daß nicht eine Buße im Strafverfahren beansprucht worden ist. S . vor. Note. Cben S . 160 f. Kläger muß das Verschulden des BeschädigerS nachweisen, weil eS zu den das Klagerecht erzeugenden Thatsachen gehört. Ander- bei dem An­ spruch auf Entschädigung (Interesse) aus VertragSverhältniffen. Dergl. unten §. 106 bei Note 90 und §. 107 bei Note 62. I n Betreff der Vertretung-Pflicht de- Hypothekenrichters hat da- Spruchkollegium zu Heidelberg ( S e u f f e r t B . 17 N r. 120) angenommen, daß nicht der Kläger da- Versehen de- Beamten, sondern dieser, daß er diligentiam prästirt habe, beweisen müsse. D ie Begründung dieseSatze-, die darin gefunden w ird, daß hier da- Gesetz schon annehme, daß der Beamte die Mittel und Wege habe, um die ihm obliegende Sorgfalt anzuwenden, ist aber wohl nicht ausreichend.

levissima culpa venit ,e),

d. h. daß immer der volle Schaden mit dem entgangenen Gewinn ersetzt werden muß, wenn nur überhaupt die B e­ schädigung eine verschuldete gewesen, hat das A.L.R. durch eine angeb­ liche M oralität diesen einfachen und klaren Rechtssatz getrübt und den Umfang der Entschädigung nach dem höheren oder geringeren G rade des Versehens abgestuft"). ES ist dies ein Beweis dafür, wie eine solche ungehörige Einmischung des moralischen Gefühls in das Rechtsgebiet nur dazu führt, die Gerechtigkeit zu verletzen"). Denn der B e­ schädigte hat unbedingt den Anspruch, daß sein Schaden nach seinem vollen Umfange entschädigt werde; ihm einen Theil dieser Entschädigung zu entziehen, weil der Beschäbiger einen minderen G rad von Verschulden an den Tag gelegt, ist ungerecht und um so ungerechter, als bei der oben besprochenen einfachen Entschädigungsforderung, bei welcher ein Versehen ü b e rh a s t nicht erforderlich ist, solche Unterschiede nicht ge­ macht werden können. I m Allgemeinen muß übrigens für jedes V er­ sehen — wenngleich in verschiedenem Umfang — eingestanden werden, mit der Ausnahme, daß der, welcher eine gefährliche Handlung an einem öffentlichen O rte mit Genehmigung der Obrigkeit vornimmt, für den daraus entstehenden Schaden nur wegen Vorsatz oder groben Versehens h aftet"). 2. Wem die Fähigkeit der Selbstbestimmung nnd der Einsicht in die Folgen einer T hat fehlt, dem kann die T hat nicht zu g erech net werden. D as A.L.R. macht hiervon nicht durchweg richtige Anwendungen. Z w ar ist es gerechtfertigt, daß der, welcher die unwillkürliche schädliche Handlung eines Anderen veranlaßt, wer die ihm obliegende Pflicht der Aussicht über Personen, denen die freie Selbstbestimmung fehlt, vernach­ lässigt, für die von diesen ausgegangenen beschädigenden Handlungen einstehen nutfe14); ebenso, daß sie dem nicht angerechnet werden, der in Folge eines Befehls, dem er unbedingt gehorchen mußte, gehandelt h a t"). Nicht folgerichtig ist es aber, und dem gemeinen Recht widersprechend"), wenn dennoch in gewiffem G rade von solchen Personen, die sich nicht bestimmen können, Kindern unter 7 Jahren und Geisteskranken, eine Ent;o) I. 44. D. IX. 4. Hasse, Eulpa S. 64—72. Koch. R. d. F. I. S. 264. Grusfett D. 23 Nr. 30. Striethorst B. 75 S . 77. 2I) §§. 10ff. fc. T. Unten bei g. 42) Oben S. 129. 164. Grnchot III. S . 470f. Unger Anm. 6. 23) §. 38. d. T. ■*) §§. 56. 57. b. TKinder über 7 Jahren hasten selbständig. Vergleiche »och II. 2. §§. 139—146. 167. 203 unb II. 18. §. 99. Koch. Komm. Nr. 37 zn §. 57. I. 6. Grnchot III. S . 511. «) §§. 45—47. 58. 59. d. T. 1. 169. pr. de R. J. 1. 37. pr. D. IX. 2. Grnchot IV. S. 115. 133. 2«) 1. 60. D. VI. 1. 1. 5. §. 2. I). IX. 2. 1. 61. U. XXVI. 7.

§. 90. Die Entschädigung.

635

schädigung in zweiter R eih e, wenn auch von beschränkterem U m fange, verlangt roirb*7). Zu den willenlosen Personen gehören auch die s. g. ju r is tis c h e n P e r s o n e n - D iejen ig en , welche für sie den W illen haben, find die sie vertretenden physischen P ersonen, ihre B eam ten u. s. w. Z n w ie w eit die S tellu n g in einem eigentlichen A m t die persönliche Verantwortlichkeit des B eam ten denjenigen gegenüber, welche durch die D ienstführung be­ n a c h te ilig t sind, begründet, wird in §. I M erörtert werden. E in e sehr streitige F rage aber ist es, ob die juristischen P ersonen durch die H and­ lungen ihrer O rgane zur Entschädigung verpflichtet w erd en "). E s scheint, daß bei E rörterung derselben ihre beiden B estandtheile nicht genügend gesondert und ein übereilter Schluß gezogen w orden. S ie ist näm lich in folgende zwei F ragen zu zerlegen: kann eine juristische P erson vor­ sätzlich oder a u s Versehen eine schädliche H an d lu n g begehen? haftet sie au s den schuldbaren H andlungen ihrer Vertreter? D ie erste F rage ist gewiß zu verneinen, w enigstens soweit es au f ein positives V erhalten ankommt: denn die juristische Person ist ja nur eine in Gedanken be­ stehende, eine Fiktion, und diese F iktion handelt nie selbst. D ie ju­ ristische P erson kann aber nicht nur in einem bestim m ten Privatrechtsverhältniß Verbindlichkeiten übernom m en haben, so daß ein dieser V er­ bindlichkeit widerstreitendes V erh alten , gleichviel ob es auf die Schu ld eines einzelnen O rg a n s zurückzuführen ist, oder nicht, sie verantwortlich macht: insow eit sie Subjekt von V erm ögensrechten ist, kann die ju ri­ stische Person auch gesetzlichen, insbesondere polizeilichen V erpflichtungen in ihrem T hün und Unterlassen unterworfen sein: und auch ein hier­ gegen verstoßendes V erhalten wird sie selbst direkt verantwortlich m achen"). D ie wesentliche F rage aber ist, ob sie darüber h in a u s a u s ') §§. 41 — 43. b. Z. Gruchot III. S. 506. Nur entfernt kann in dieser Auf­ fassung eine Ähnlichkeit mit dem älteren deutschen Recht gefunden werden, weil in diesem nach der Schuld und Zurechnung überhaupt nicht gefragt wurde. Sachsensp. II. Art. f>. §. 1. Hepp S. 118s. 107f. 187. Gruchot III. S . 507s. '") S avigny, System B. 2 0.317. Unt er hol zner I. 0.140s. Puchta im Rechtslexikon B. 3 S . 70f- Vangerow I. S . 112. S i n k e n i s I. §. 15. IV. 0 1 IG, bef. Note 53 S . 119. 122 unter 7. I n Beziehung ans die BertretungSpflicht des Staates aus rechtswidrigen Handlungen und Unterlassungen feiner Be­ amten : Pf ei f f er , prakt. Ausführungen, 1828, B. 2 S. 361; Hefft er im Archiv f. Crim R. 1851 S . 455, wo er seine frühere Ansicht in den Beitragen zum deutschen Staats- und Fürsteurecht, 1829 S . 162, modifizirt; P e r t h e s , der Staatsdienst in Preußen, 1838 S. 137, und außer den Kompendien über Staats­ recht besonders die Abhandlung von Zachari a in der Tübinger Zeitschrift f. die gesammte StaatSwiffenschaft B. 19. 1863 0 . 582f. St o b b e , d. Pr. R. III. S . 400. Derh. des VI. Juristentage- B. I. S . 45, B. JII. S. 323, de- VIII. B. I. 6 . 388 und de- IX. B. III. 0 . 46. 340. -9) Entsch. B. 14 0 . 92, B. 61 0 .1 ; R.O.H G. B. 8 0 . 202, B. 18 0 . 135. R G . bei Gruchot B. 25 S. 106. Entsch. d. R G. « .II.

636

Zweite- Buch.

D ie besondrem Privatrechte.

schuldhaften Handlungen, die ihre Vertreter für sie vornehmen verpflichtet werden können. D ie früheren Ausgaben bejahen d ies, vorausgesetzt, daß das Delikt von dem Vertreter innerhalb seiner amtlichen Ermäch­ tigung verübt worden ist, ohne zwischen dem S ta a t, der Gemeinde und an­ deren Korporationen einen Unterschied zu machen, im Anschluß an die Theorie und P raxis des gemeinen R echts30). Eine bestimmte Vorschrift bietet das preußische Recht über diesen Punkt nicht"'). Bezüglich der rein privatrechtlichen Korporationen wird dem Förster'schen Satze zu­ zustimmen sein, und es möchte kein Grund obwalten, die V e r m ö g e n s V e r w a ltu n g des S ta a ts und der öffentlich rechtlichen Korporation einem anderen Gesichtspunkt zu unterstellen3'). Anders liegt die Sache Dgl. statt der früheren Citate W in d sch eid §. 470 Anm. 4. Z a c h a riä ent­ wickelt S . 015f. folgendes D ogm a: „D er S taat ist als moralische Person Subjekt von Rechten und Pflichten; er hat keine Willens- und Handlungsfähigkeit und bedarf daher nothwendig physischer Personen, die für ihn wollen und handeln, ihn berechtigen und verpflichten. Jeder Beamte vertritt ihn in der ihm angewie­ senen Sphäre. Handlungen, welche seine Vertreter außerhalb ihrer Sphäre vor­ genommen haben, verpflichten ihn nicht. Amtshandlungen, auch wenn in ihnen ein Amtsmißbrauch liegt, verpflichten ihn. In culpa kann der S ta a t zwar nie fein, aber weil seine Vertretung durch Beamte eine n o th w e n d ig e ist, muß er wenigstens G a r a n t i e für deren Handlungen leisten und — eine f. g. Iustizsache vorausgesetzt — den Verletzten entschädigen, wenn objektiv eine Gesetzwidrigkeit und subjektiv ein Verschulden des Beamten vorliegt." Die früheren Ausgaben fügen hinzu: Diese Garantieleistung ist aber nicht bloß vom S ta a t, sondern von jeder Korporation zu verlangen, und zwar aus demselben Grunde, weil ihre V er­ tretung durch physische Personen eine nothwendige ist Die Beweislast wird da­ durch nicht geändert, daß der Beschädign ein öffentlicher Beamter ist, nur kann unter Umständen die Vermuthung für die Legalität der Amtshandlungen ein­ wirken. S e u f f e r t X V I. 113. 31) Ergänzungen zu § § .8 8 — 91. II. 10. A L.R . N r. 4 (B . 2 der 5. A. S - 009 fg.). Kab.O. v. 4. Dezbr. 1831 (G es.S. S . 255), welche durch B .O . v. 16. S ept. 1867 auch in die neuen Provinzen eingeführt ist, hat den Gegensatz von Ausübung der Hoheitsrechte und von vermögensrechtlichen fiskalischen Verhältniffen hervorgehoben und erstere dem Rechtsweg entzogen. Vgl. oben R G O . 32) Dgl. P räj. 498 (Sam m l. I. 20 und N r. 1881 Pl.Beschl. Entsch. B . 14 © . 92 auch R G bei G ru c h o t B . 24 @. 507. D arüber hinaus wird eine Verhaftung der ju ri­ stischen Person für die Verschuldungen ihrer Beamten nach den unter e. ausgestellten Grundsätzen insoweit angenommen, als der jurist. Person eine culpa in eligendo zur Last fällt. S t r i e t h o r s t B . 52 S . 17. D. 55 S . 18. R G bei G ru c h o t B . 24 S . 881. Aber auch die schuldhafte Auswahl ist nur Schuld eines Beamten, für welche die jurist. Person nicht hasten kann, soweit nicht die obigen allgemeinen Grundsätze eingreifen. Dgl. auch D e r n b u r g I. §. 53 Anm. 12. A. M . die früheren Ausgaben in §. 284 Anm. 29. — Die Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatz des bei öffentlichen Auflaufen verursachten Schadens (G . v. 11. M ärz 1850 G S . S . 199) läßt fich mit den früheren Auflagen nicht darauf zurückführen, daß ihr die versäumte polizeiliche Verhinderung als culpa zu Grunde liege D arin würde eine Haftung der öffentlichrechtlichen Korporation für ihre Beamten über das im Text statnirle M aß hinaus liegen; die Bestimmung hat aber keineswegs zur Voraussetzung, daß die Polizei von der Gemeinde gehandhabt w ird, und daß die Polizeibeamten Gemeindebeamten sind. Ueberhaupt hat die Anwendung des Gesetzes v. 11. M ärz 1850 den Nachweis einer Verschuldung nicht zur V oraus­ setzung, der Nachweis der Unmöglichkeit der Verhinderung de- Schadens durch die Gemeinde befreit nicht. Entsch. B . 74 S . 124.

§. 90.

Die Entschädigung.

637

fü r das Bereich der ö ffe n tlic h re c h tlic h e n F unktionen der m ittelbaren u n d unm ittelbaren S taatsb eam ten . I n Beziehung auf die Berpflichtung des S ta a te s , für die Landstraßen zu sorgen, in B etreff der A usübung der Zollberechtigung und des P o stre g a ls, sind die B eam ten selbst ver­ antw ortlich gemacht, wenn durch ihre Nachlässigkeit A nderen Schaden e n tstan d en 33). D a s hat die P ra x is zu der A nnahm e geführt, daß der S ta a t überhaupt nicht solche Verschuldungen seiner B eam ten zu ver­ treten habe 3‘). A ndererseits ist durch die G rundbuchordnung vom 5. M a i 1872 §. 29 3i) jetzt der G rundsatz, daß der S ta a t für die V e r­ sehen seiner B eam ten subsidiär zu haften habe, in Betreff des G ru n d ­ buchwesens zur Anerkennung gelangt. I n der gerichtlichen D epositalverw altung nach der D epositalordnung hastete der S ta a t n u r fü r die s. g. culpa iu eligenclo. w ährend derselbe jetzt nach dem H interlegungsgesetz vom 14. M ärz 1879 in ein V e rtrag sv erh ältn iß m it dem H in ter­ legenden tritt. 3. E in Verschulden liegt auch der Entschädigungspflicht zu G runde, wenn durch T h i e r e Schaden zugefügt is t36). D a s A .L.R. entfernt sich hier von dem römischen und dem altdeutschen Recht. D a s letztere kannte nicht die noxac datio des ersteren, wenn ein T h ier contra naturam sui gcnm s geschadet h a tte " ) , sondern verpflichtete den H errn, wenn er vom Ersatz frei fein w ollte, d as T hier laufen zu lassen oder fo rtzu jag en "), und w ährend das römische Recht bei Schaden durch gefährliche w ilde Thiere eine Entschädigungsklage a u s dem ädilitischen Edikt n u r dann n:) A.L.R. II. 15. §§. 12. 119. I n II. 10. §§. 59f., wo man solche Bestimmungen suchen sollte, finden sich keine. Die Haftungspflicht der PrivatgerichtSherren, II. 17. §§• 90f. ist jetzt antiquirt. Nack §. 186. II. 15 müssen die „Postämter", d. h. die einzelnen Postbeamten die Berschen vertreten. Jetzt entscheidet über die Ersatzverdindlichkeit der Postbehördcn Abschn. 2. §§. 6 sg des Gesetzes über das Postwesen v. 2. Novbr. 1867 (B.G.Bl. ©. 61 fg). u ) Enisch. B. 2 S . 119s. DaS OTrib. ist übrigens früher anderer Ansicht gefolgt und hat „mit Rücksicht auf das eigenthümliche Verhältniß, welche» au» der N o th ­ w endigkeit der Anstellung von Beamten folgt'", den Staat au« deren Hand­ lungen zum Schadenersatz verpflichtet erklärt. S im o n , preuß. StaatSrecht I. 1844 S. 320. Eentralblatt 1837 S .303f. Bergl. inSbes. jetzt Sntsch. 58 61 6 . 1, wo auch die bisherige Praxis vollständig mitgetheilt ist. Nach Ansicht de» Her­ ausgebers ist die Praxi» de» ObcrtribunalS zu billigen. Vgl. auch D c rn b u rg I. §.54 Anm 14. Ueber den Fall, wenn mit einer Beschädigung de» Staat» durch Delikt eine» Andern eine Schuld eine» Staatsbeamten in der Abwehr konkurrirt, und die Unanwendbarkeit de» §. 19. I. 6 für diesen Fall s. Entsch. B- 3 S- 39. Vgl. Lentralblatt 1840 S . 19. ,J) F örster, Grundbuchrccht S . 41. *) §§. 70—78. d. T. Heydem ann I. S . 314. G ruchot IV. S. 42. pr. J. IV. 9. 1. I. pr. D. IX. 1. Hepp S . 90s !8) Sachsensp. II. 40. Hepp S . 153f. 159.

638

Zweites Buch. Die besonderen Privatrrchte.

gab, wenn m an sie an öffentliche O rte gelassen"), verpflichtete das deutsche Recht in diesem F all unbedingt zur vollen Entschädigung"). D a s A.L.R. unterscheidet zwischen ihrer N atur nach unschädlichen und schädlichen Thieren, und bei den ersteren wieder zwischen solchen, die in Haushaltungen gebraucht werden oder nicht. I n allen Fällen wird der G rund zur Entschädigungspfiicht in einem Perschulden des Herrn ge­ funden"): entweder in der versäumten Aufsicht bei den Hausthieren, oder in einer gewissen Rücksichtslosigkeit gegen die Mitmenschen bei den für den Hausgebrauch entbehrlichen und den von N atur schädlichen Thieren. W as die letzteren angeht, so soll man sie ohne obrigkeitliche Erlaubniß überhaupt nicht halten. M an trägt deßhalb bei Erm angelung dieser Erlaubniß jeden Schaden, den sie anrichten. Is t die Erlaubniß ertheilt, so wird nur aus der versäumten Aufsicht gehaftet. Alle V er­ pflichtung zur Schadloshaltung fällt weg, wenn der Verletzte das Thier gereizt oder sonst durch Unvorsichtigkeit Anlaß zur Beschädigung ge­ geben hat. 4. Unwillkürliche Handlungen werden nicht zugerechnet, wenn man sich nicht selbst vorübergehend in einen Zustand versetzt hat, in welchem m an seiner vernünftigen Ueberlegung nicht mächtig ist"). c. Als B e sc h ä d ig e t, gegen welchen der Anspruch sich richtet, ist nicht bloß der Urheber, sondern auch der Anstifter und Theilnehmer anzusehen4'). Von dem aus der Mitwirkung Mehrerer zu einer Be­ schädigung entspringenden Gesammtschuldverhältniß und von der unter ihnen stattfindenden Ausgleichung ist § .6 3 gehandelt"). N ur B e fe h l 39) 1. 29. §. 6. 1. 40. §. 1. 1. 41. 42. D. IX. 1. Schaden durch HanSthiere setzt Verschulden deS Eigenthümer- für die aquilische Klage voraus. Heuser, Annalen 1.550. ") Sachsensp. II. 62. S. j. Stobbe B- 3 §. 202. 41) Entsch. B- 35 S- 378. Das Verschulden ist stärker, wenn der Eigenthümer oder Besitzer des Thieres totiß, daß es gegen seine Natur schädlich sei. § 74. d. T. Diese Bestimmung, nicht die deS §. 72, klingt an das contra naturam sui generis deS röm. R an. Vgl. auch Entsch. D. 21 S. 18h. Fälle, wo das Verschulden wegfällt: St r i kt hör st B. 25 S. 323. — Ueber den Ersatz deS Schadens aus Grund von Ueberschreitungen der Feldpelizeiordnuugcn vgl. oben §. 49 42) §§.39. 40. d.T. Emmi nghauS im Archiv s. pr. RW- R. F. ®. 8 S- 33. «) §§. 2 9 - 35. d. T. 1. 169 de R. J. 1. 1. §. 12. I). XLIII. 16. 1. 11. §§. 3 bis 6. D. XLYII. 10. Si nt e ni s II. S . 383. — Wer als mitwirkender Theilnehmer anzusehen ist. darüber vgl. Gruchot 38.3 S 486. 38. 6 S. 23. Etriethorst B. 38 S- 354. — Eine besondere Ausdehnung hat der civilrechtliche Begriff der Theilnahme an den bei einem Aufruhr oder Auslauf verübten Beschädigungen nach der Der. v. 17. August 1835. Dgl. auch das Gesetz.«. 11. März 1850 und oben Anm. 32. 44) Oben S. 402 und S . 414. Gruchot III. 485f. Ges. v. 17. August 1835 (Ges.S. S. 170 .

und A u f t r a g bedürfen noch einer E rw ä h n u n g ").

D e r Befehlende ist

f ü r seine unerlaubte H andlung im m er verantwortlich. E r ist intellektueller Urheber, A nstifter.

D e r auf Befehl Handelnde haftet gemeinsam" ) m it

ih m , wenn die H andlung gesetzlich verboten und er nicht aus irgend einem G runde verpflichtet w ar, unbedingt zu gehorchen. Selbst die U n­ wissenheit des T häters von der Gesetzwidrigkeit des Befehls befreit ihn nicht, sondern giebt ihm n u r Regreß gegen den B efehlenden").

D er

Thäter haftet allein, wenn er die Grenzen des Befehls überschreitet und dadurch die Beschädigung verursacht. den Machtgeber und

Unerlaubte A ufträge verpflichten

den Beauftragten gemeinsam (solidarisch), selbst

wenn letzterer den A u ftra g überschritten h a t" ) .

So

allgemein hinge­

stellt, scheint der Satz sagen zu wollen, daß jeder unerlaubte A u ftra g an sich schon die Bedeutung der A nstiftung, der intellektuellen Urheber­ schaft haben solle; —

und doch kann dies n u r angenommen werden,

wenn der A u ftra g geeignet w a r, als A nstiftung zu wirken, den W ille n des Thäters zur Beschädigung anzuregen und zu bestim m en"). Nach­ trägliche Genehmigung der beschädigenden H andlung ist fü r die p riv a t­ rechtliche Verantw ortlichkeit nach der richtigen Ansicht

bedeutungslos:

hier steht sie dem A u ftra g nicht gleichi0). D e r Machtgeber haftet ferner aushilfsweise, wenn er sich bei der A usw ahl eines untüchtigen B e vo ll­ mächtigten ein grobes oder mäßiges Versehen hat zu Schulden kommen lassen").

Dagegen ist er sonst fre i von V ertretung, wenn sein A u ftra g

an sich erlaubt w a r und der Bevollmächtigte bei Ausrichtung desselben Schaden verursacht. D em Befehle stellt das A .L .R . gleich das w is s e n tlic h e Gesche-

'•>) §§. 4 5 — 03. 58. d. T . G ru c h o t IV . S . 115s. Entsch. B . 4 5 S . 123. Ueber Besitzstörung im Aufträge und Interesse eines D ritte n s. unten §. 162 bei Note 62. 4ti) D a s W o rt „hauptsächlich" in § .5 8 ist nicht der Gegensatz zu subsidiarisch. Komment, zu §. 58.

Koch,

4:) W as G r u c h o t IV . S . 115 über den Zusammenhang der §§. 47. 48 anführt, scheint unbegründet. D e r im F all des §. 47 Handelnde kann auf Entschädigung überhaupt nicht belangt werden, er bedarf daher auch keines Regresses an den B e ­ fehlenden. 4y) Gemeinrechtlich streitig. S e u f f e r t X V . 130.'

G lü c k B . 15 S . 2 5 8 f.

H e u s e r , Annalen B . 9 S . 5 0 .

4. D a der Schadenersatz den Schaden ausgleichen soll, so muß er sich verschieden gestalten, je nachdem der letztere auf einmal in vollem Umfang eingetreten ist oder sich fortlaufend wiederholt. I m letzteren F all muß auch die Entschädigung eine verhältnißm äßig fort­ laufende, die Wiederkehr des Schadens so zu sagen begleitende sein, und hiernach wird auch ihr B etrag ermittelt. D a ra u s ergiebt sich eine Rente, die der K apitalifirung fähig ist, und es steht dem Verletzten frei, zwischen der Rente und der K apitalsabfindung zu w ählen"). 6. D a s A.L.R. spricht nur von der Erm ittelung des W erths der Sache; es ist aber nicht zweifelhaft, daß dazu auch die des entgangenen Gew innes in den Füllen gehört, wo dieser zu vergütigen ist. g. Auf G rund der bisherigen Ausführungen kann nach der Theorie des A.L.R. eine förmliche Tabelle über den U m fa n g d es S c h a d e n ­ ersatzes aufgestellt werden, für welche die Grade des Verschuldens das E intheilungsprinzip bilden. Nämlich 1. Bei V o rsa tz '") wird v o lls tä n d ig e G e n u g th u u n g geleistet. Diese um faßt den unm ittel­ baren, m ittelbaren Schaden und entgangenen G ew inn"). D er zufällige Schaden tritt noch hinzu, wenn ein Verbotsgesetz übertreten worden. D er W erth des Schadens und verlorenen Gewinnes wird hier als höchster gemeiner oder als höchster außerordentlicher, oder als W erth der Vorliebe berechnet. 2. Bei g ro b e m V e r s e h e n " ) ist ebenfalls voll­ ständige Genugthuung nach dem höchsten gemeinen oder außerordentlichen Werth zu gewähren, aber nicht nach dem W erth der Vorliebe. 3. B ei m ä ß ig e m V e r s e h e n " ) wird der wirkliche (unmittelbare und mittel­ b are)") Schaden nach dem gemeinen (mittleren) Werth vergütigt, und nur ein solcher entgangener Gewinn, der durch den „gewöhnlichen" Ge­ brauch der Sache hätte erlangt werden können"). 4. Bei g e rin g e m

Gb) §. 85. d. T. Siehe hierüber Gruchot IV. S . 160, und Koch, Kommentar zu diesem §. ") S i m o n , Rechtspr. B. 1 S . 77, bes. S . 82. 70) §§. 7. 10. 16. 85. 86. 87. 9 4 - 9 7 . d. T. 71) In §. 25 de- Eisenbahngesetzes vom 3. Novbr. 1838 umfaßt der Ausdruck „allen Schaden" auch den entgangenen Gewinn. R.O.H.G. VI. Nr. 10 gegen das Präj. 2517. Entsch. B. 28 S . 270. ™) §§. 7. 10. 85. 86. 94. 95. d. T. 73) §§. 12. 13. 88. 93. d. T. 74) Striethorst B. 47 S . 3. 75) §. 13. d. T. Anwendung hiervon in §§. 116. 117. d. T B o r n e m au n II. S . 128. R.O.H G. VI. Nr. 10.

V e rs e h e n " ) wird nur der wirkliche unmittelbare Schaden nach dem gemeinen mittleren Werth zur Zeit der Beschädigung ersetzt. 5. Der Umfang der Entschädigung in den Fällen, wo der Schaden ohne V er­ schulden zugefügt ist, bei der s. g. einfachen Entschädigungsforderung, ist in den Gesetzen meist nur unbestimmt als „billige Vergütigung" oder „angemessene Entschädigung" bezeichnet. Hierunter ist die Erstat­ tung des wirkichen Schadens und entgangenen Gewinns nach dem ge­ meinen mittleren Werth zu verstehen. D as Enteignungsgesetz gewährt als Entschädigung den vollen W erth"). h. Die Verbindlichkeit zur Entschädigung fä llt weg: 1. wenn die S ch u ld des B eschädigten konkurrirt"). Die Einfachheit des römi­ schen Rechts, welches ganz allgemein diesen Grundsatz durchgreifen läßt, ohne nach den Graden der Schuld auf der einen oder anderen Seite zu fragen"), hat auch hier den Redattoren des A.L.R. nicht genügt. D as gegenseitige Abwägen der Grade hat wiffenschaftlich kein Interesse. 2. Wenn Theilnehmer an einer unerlaubten Handlung sich wechsel­ se itig beschädigen, so hat keiner den anderen zu entschädigen"). D a­ gegen findet sonst bei wechselseitigen Beschädigungen eine solche Kom­ pensation nicht statt"). 3. Durch eine dem gemeinen Recht unbekannte kurze V e rjä h ru n g , welche später erörtert werden soll"). i. Schließlich noch die Bemerkung, daß die Obligation der Ent­ schädigung überhaupt nicht entsteht, wenn man sich seines Rechts inner­ halb der gesetzlichen Schranken bedient und unter mehreren möglichen Arten der Ausübung nicht gerade die dem Anderen nachtheilige, in der Absicht, ihn zu beschädigen, w ählt"). 7S) §§. 15. 88. 93. d. T. 77) 53erg!. A.L.R Ein!. §. 75. I. 22. §. 4. 1. 11. §. 9. Eisenbahngesetz born 3. Novbr. 1838 §§. 11. 13. Berf.Urk. Art. 9. Enteignung-gesetz v. 11. 3unt 1874 §§. 8 ff. Wa- in letzterer Bestimmung unter vollem Werth verstanden wird, ist im 8- 131 zu erörtern. 78) §§. 1 8 -2 1 . d. T. Gruchot III. S . 475. He vde mann I. S . 296 Note 529. Dazu noch Entsch. B. 14 S . 329. B. 29 S 339. Diese Bestimmungen finden auch auf Entschädigung au- Verträgen Anwendung. Entsch. 53. 38 S. 40. S t r i e t h . B 29 S . 54. Bei Beschädigungen des Staat-? s. oben Note 34. D e m e l i u S , über Kompensation der Knlpa, in Gerber u. Jhering, Jahrb. B 5 1861 S . 52, bes. S . 65 über preuß. Recht. 79) 1.203 de R. J.: Quod quis ex sua culpa damnum sentit, non inteliigitui sentire. S e u f f e r t X. 358. XV. 209. Ausnahme, wenn der Beschädiger in dolc. 1. 9. 13. I). EX. 2. *°) §. 23. d. T. als Konsequenz au- §. 36. I. 3. bI) §♦ 22. d. T. 82) §§• 54. 55. b. T. Dell. v. 31. März 1838. ®. unten § 120. 83) §§. 36. 37. b. T.

§ fU.

Zahlung.

645

Jviiiijtcr Äbjchuitt

D i e

5- Ul.

L ö i » n g.

Zahlung.

at'.'Jt. 1. 10. § § .2 8 — 03. 72— 100. I. 11. §§. 7 7 h - . zahlt werden. 1. 81. pr. D. XLVI. 3. Die adjecta fällt weg, wenn sie sich ver heirathet. 18) 1. 108. D. XLVI. 3. A.L.R. I. 13. §. 159. ,9) 1. 10. 11. D. XLVI. 3. j. 7. §. 1. D. XIII. 5. Br a ndt s S. 276. 300. *') Selbst wenn ein Mandatsgeschäft nicht ausdrücklich abgeschlossen worden. §. 4. J. III. 20. 1. 131. §. 1 de V. 0. I. 98. §. 5. D. XLVI. 3. UebrigenS kann auch die Absicht dahin gehen, dem adjectus ju schenken. 2I) I. 141. §. 5f. de V. 0. 1. 98. §. 4. D. XLVI. 3. Die 1. 98. §. 5 ibid. bestimmt, daß, wenn an den adjectus welliger zu zahlen ist, als der Gläubiger zu fordern hat, der Rest an letzteren noch gezahlt werden muß. 2S) Diese aus 1. 57. §. 1. I). XLVI. 3 gestützte Ansicht bestreitet De r «bür g II. §. 93 Anm. 21, weil die römijchrechtllche Vorschrift auf die nach preuß. Recht materiell modifizirte Stellung de« Gläubigers nicht anwendbar fei: Gegen Entschädigung kann ja aber der Gläubiger das Wahlrecht verkümmern; und wenn über die Entschädigung keine Einigung zu Stande kommt, wird der Streit über die Entschä­ digung vom Richter zu entscheiden sein: aber das Recht de- Schuldner«, gegen den erklärten Willen des Gläubigers an den s. c. adj. zu zahlen, laßt sich wohl nicht vertheidigen.

§• VI.

Zahlung.

649

2. W e r kann zahlen")? Auch der Zahlende muß fähig sein. Nach gemeinem Recht wird das von einem Unfähigen Gezahlte nicht Eigen­ thum des Empfängers, es kann vin d izirt, oder wenn es nicht mehr unvermifcht vorhanden ist, kondizirt werden"). D a s A.L.R. bestimmt: die Zahlung eines Unfähigen g ilt, soweit er sich dadurch befreit — also zu seinem V o rth e il; sie g ilt nicht und begründet ein Rückforderungsrecht oder Erstattung der Zwischenzinsen (Jnterusurium ), wenn er auf eine fü r ihn nicht verbindliche Schuld oder zu früh gezahlt h a t" ) . Es ist nicht nöthig, daß grade der Schuldner zahle, auch ein D ritte r kann durch Zahlung an den Gläubiger den Schuldner befreien, m it oder ohne Auftrag des Letzteren, ja selbst ohne dessen Wissen und Wollen, jedoch m it der Absicht, ihn zu befreien"). Wer also dem Gläubiger V aluta zahlt, um die Forderung von ihm zu erwerben, befreit den Schuldner nicht " ) . Der zahlende D ritte kann durch diese Handlung in eine ver­ schiedene Stellung zum Schuldner kommen. I n a lle n Fällen, das A .L.R . sagt „überhaupt", erwirbt er durch das Gesetz die Klage des be­ friedigten Gläubigers " ), wenn er nicht in der Absicht zu schenken gezahlt h a t"). Zahlung ist hier nicht als E rfüllu ng allgemein, sondern als

- 1)

40 51 d T Gruchot £ . I5 fj. D m t b iir g II. §. 94. S chollm eyer Der gesetzliche Eintritt in die Rechte des Gläubigers. Halle 1877. -*) 1. 29. D. X II. 6. * " ) *§. 11. 170 171. d. T- Der Tadel, den Koch. R. b. F. II. 622 gegen §. 170 ansspricht, ist wohl zu streng. Es handelte sich hier wesentlich mir um die Folgen rer Unjähigkeit des Zahlenden, nicht um die Folgen der Zahlung einer an sich nngiltigen Schuld — und ebenso können die Worte: „vor gehobener Unfähigkeit gezahlt worden" nach dem ganzen Zusammenhang nicht anders verstanden werden, als „vom Unfähigen" gezahlt worden. Den gleichen Grundsatz hat daS österr. G B . §. 142. — Die Ansicht D e r n b u r g s (II. 8 95 am Ende), daß die zn früh er folgte Zahlung der rechisbeständigen Schuld, wenn sie ein Unfähiger bezahlt hat. kondizirt werden könne, scheint mit §. 171. d. T nicht vereinbar: der §. 171 ist augenscheinlich bestimmt das ans allgemeinen Gründen sich ergebende Rilckforde rnngsrecht zu beschränken. :ü) §§ 43. 45. d. T. Der 5. 43 bezieht sich auch auf Bezahlung durch Verrechnung. S i r i e t h o r s t B. 80 S . 73. pr. J. III. 30. 1. 17. 23. 40. 53 I>. X LVI. 3. I. 65. §. 9. I). X II. 6. I. 31. pr. D. V. 3. Wenn aber der, welcher irrthümlich eine sremde Schuld als eigene abgetragen, hinterher den eigentlichen Schuldner auf Ersatz mit der neg. gest. act. tu Anspruch nimmt, so ist die Schuld als ge­ tilgt anzusehen. 1. ult. l>. III. 5. :7) I. 36 39. D. X L V I. 1. ' * ) §• 46. d. TVorausgesetzt, daß der Dritte dem Schuldner gegenüber keine den E in tritt ausschließende Verpflichtung zur Zahlung hatte S t r i e t h o r s t v . 57 S . 251. P. 78 S. 26, B. 79 S . 56, B. 81 S. 175, B. 84 S . 196, B. 87 S. 268. ES wird aber vermuthet, daß emcndi und nicht solveudi causa bezahlt sei R G. bei Gr uchot B. 24 S . 1008. Schol lmeyer a a. O. und D e r n b u r g II § 82 Rr 10 wollen den zahlenden Dritten ohne jede Untersuchung, ob er einendi animo gezahlt hat, in die Rechte des Bezahlten eintreten lasten. ;0) Die bei Zahlungen für einen Dritten, auf dessen Schuld auch dann nicht vermuthet wird, wenn sonst die Bedingungen zu einer solchen Vermuthung vorliegen,

650

Zweites Buch. Die btjonbmn Privatrechte.

Erfüllung durch Hingabe der Geldsumme oder geldgleicher Papiere aufzu­ fassen 1,°). Der Zahlende hat aber auch daneben, wenn er vom Schuldner Auftrag gehabt, die Vollmachtsklage (actio mand. contr.), und wenn ein Auftrag nicht vorliegt, die Zahlung aber die Kriterien einer nothwen­ digen oder nützlichen Gefchäftsbesorgung besitzt, die daraus entspringende Klage (negotiorum gestorum actio) 31). Fehlt es an diesen Kriterien, so muß der Zahlende als unbefugter Eindringling sich mit der Klage des Gläubigers begnügen"), mithin auch alle Einreden gegen sich gelten laffcn, die der Schuldner dem Gläubiger hätte entgegensetzen können. D ie Ansicht, daß in allen Fällen, wo kein Auftrag ertheilt worden, neben der Klage des Gläubigers dem Zahlenden auch die Klagen aus der Geschäftsbesorgung oder — was im Gesetz gewiß nicht ausgesprochen ist — aus der nützlichen Verwendung ") zustehen, daß die Thatsache der Zahlung für sich allein immer eine Nützlichkeit für den Schuldner und daß er wehrlos jeder aufgedrungenen Gefälligkeit preisgegeben sei, indem er den Klagen aus den neuen Gründen nicht mehr die Einreden (z. B . der Verjährung) wie gegen die Klage des Gläubigers entgegensetzen kann, ist durchaus zurückzuweisen. S ie führt zu gradehin widersinnigen Folgen"). — Scheinbar find übrigens die Bestimmungen des A.L.R.

30) 3J) 32)

33)

34)

(I. 11. §§. 1040—1045). Entsch. B. 7 S . 88, denn das Zahlen ist hier nicht das Geben einer Sache oder Sum m e an den Beschenkten. S t r i e t h o r s t B . 12 S - 268. §. 45. d. T . Nach gemeinem Recht hat der unbefugte Eindringling keine Klage gegen den Schuldner (nach dem Grundsatz in 1. 49. D. III. 5), eine gesetzliche Eession in allen Fällen ist ihm unbekannt. H e u s e r , Ann. II. 162. Nützliche Zahlungen gelten und erzeugen Kompensation-ansprüche. S e u f f e r t VII. 15. Koch, Komm Note 13 zu §. 46. B a n a e r o w III. S . 523. Wä c h t e r im Arch. f. Eiv.R. u. Proz B. 20 S U . L eist, da- erlaubte ungerufene Eingreifen in fremde BermögenSangelegenheiten, 1855 @. 103 f. D ies hat ein Senat des Obertrib (Rechtsfälle D. 4 S . 110) gegen den au s­ drücklichen W ortlaut des §. 45, der nur den 1. und 2. Abschnitt, nicht auch den 3. des 13. Titels anzieht, vermöge einer gewiß unrichtig ausdehnenden In terp re­ tation behauptet. Es wird übrigens iu der Praxis dies noch häufig angenommen. ArrrSb. Archiv B. 12 S . 326. Rechtsfälle D. 4 S . 250. Entsch. B. 14 S . 251. S t r i e t h o r s t B 44 S . 84. Uebfrzeugend ist die Ansicht widerlegt von v. Di e p e n b r o i c k G r ü t e r bei G r u c h o t SB. 3 S . 1 Dergl. bes. Entsch. B. 44 S . 6 5 u. B. 65 S . 274 f., S t r i e t h . B. 83 S . 73, wo die richtige Ansicht vertreten ist Koch, Kommentar Note zu §. 45 hält zwar die Bezugnahme des 1. 2. Abschn. Tit. 13 für erschöpfend, und demgemäß die in vor. Note angeführte Entscheidung de« O .T rib. für falsch, aber er nimmt R. d. F. II. S . 6 2 5 ff. zu weitgehend an, daß in a l l e n Fällen, wo nicht Auftrag vorliege, die Geschäftsführungsklage zustehe. N ur sofern die b e s o n d e r e n Voraussetzungen derselben zutreffen, ist sie gerecht« fertigt. Bergl ferner G r n c h o t S 41 sg. Ein Beispiel, daß nach gemein. Recht nicht jede Zahlung eines D ritten als negotiorum gestio angesehen wird, in 1. 43. I). III. 5. Bergl. 1. 12. 16. C. D. 29. 1. 6. D. XVI. 2. DaS ö fter. . März 1813 §. 1. Edikt, die Tresor- und Thaler­ scheine betr.. v. 7. September 1814 (Ges.S. S . 83) §. VI. Gesetz betr. die A us­ gabe von Reichskaffenscheinen vom 30. April 1874. — Ausländisches Papiergeld kann als Zahlungsmittel nur in Gemäßheit der Anm. 5)1 in Betracht kommen. — Fremde Banknoten dürfen nicht zur Zahlung verwendet werden, wenn sie nach heimischer Währung au-gestellt find. , u ) I. 16. §. 28. D aß unter diesen geldgleichen Jnhaberpapieren die Redaktoren nicht an das damals in Preußen noch unbekannte Papiergeld gedacht haben, s. Koch, R . d. F. D. S . 611. t;'0 Ueber Zahlungen durch Pfandbriefe s. S t r i et Horst B . 62 S . 1 und 324. 63) Reichsbankgesetz v 14. März 1875. Dgl. insbesondere auch § 1 1 über ausländische unverzinsliche Jnhaberpapiere und §. 43 über beschränkte EirknlationSfähigkeit gewiffer inländischer Privatbanknoten. «*) §. 84. 1 .16. Die Dekl. v. 4. April 1811 (G .S . 169) (vgl. G t r i e t h o r s t B . 6 S . 204. Entsch. B . 23 S . 98) enthält besondere jetzt weggefallene Bestimmungen über solche Geschäfte, durch welche dem Wucher vorgebeugt werden sollte.

656

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Münzsorte an und quittirt er darüber ohne Vorbehalt, so steht ihm eine Nachforderung nicht mehr zu. Doch sollte schon nach Landrecht aus der Annahme von Zinsen in schlechterem oder besserem Gelde nicht die Verbindlichkeit oder das Recht gefolgert werden, die Kapiialzahlung ebenso anzunehmen oder zu fordern"). Hatte der Schuldner in besserer Münzsorte gezahlt, so konnte er die Mehrleistung nur bei obwaltendem Irrthum zurückfordern"). 5. W ie? D a Zahlung Erfüllung des Schuldverhältniffes sein soll, so unterliegt sie den allgemeinen Regeln der Erfüllung. S ie muß voll­ ständig geschehen"), in der Absicht, die Schuld zu tilgen"), und so daß die Geldsumme Eigenthum des Gläubigers wird. Daher braucht dieser Geld, von dem er weiß, daß es nicht dem Schuldner gehört, nicht anzunehmen; thut er es, so wird er dem Eigenthümer des Geldes verantwortlich, behält dann aber feine Forderung"). Ebenso wenig dürfen ihm S tü ck za h lu n g en aufgedrungen werden, und wenn er eine solche angenommen, so folgt daraus keine verlängerte Zahlungs­ frist für den 9teft70). Der Satz, daß die einzelnen Erben des Schuldners, wenn sie sich die Erbschaft nach öffentlicher Bekanntmachung getheilt haben, dem Gläubiger nur antheilsweise nach der Höhe ihrer Portion haften7'), ist keine Ausnahme von dieser Regel. Auch durch gerichtliche Verfügung kann der Gläubiger regelmäßig nicht mehr genöthigt werden, Theilzahlungen anzunehmen oder die Zwangsvollstreckung gegen den «) §§• 797 - 800. 1 . 11. «*) §. 798. 1 . 11. 6T) G r u c h o t S . 111 fg Bon der Stellung de- Gläubigers im Konkursverfahren, in welchem er sich einen Nachlaß gefallen lassen muß, unten §. 111 und 113. 68) Borbehalt der spateren (Session bei der Zahlung unter Zustimmung des Gläubigers nimmt der Zahlung diesen Charakter und hindert die Tilgung der Schuld. Seuffert V. 124. G9) §§. 72. 73. I. 16. 1.17. D. XLVI. 3 : die Einrede der Zahlung wird nicht durch die Thatsache elidirt, daß da- Geld fremdes w ar, und daß der Empfänger dies wußte, sondern dadurch, daß er dem Eigenthümer Ersatz leisten muß; insofern diese Verbindlichkeit auö irgend einem Grunde wegfallt, validirl die Zahlung. 70) §• f>7 s. I. 16. Bei der Q uittung über eine Theilzahlung kann sich der Hypo thekenglaubiger daS Vorzugsrecht wegen seiner Restforderung vorbehalten, um zu verbüten, daß der Eigenthümer den von ihm bezahlten Theil anderweitig zu gleichem Recht mit der Restforderung des Gläubigers cedire. S t r i e t h o r s t B - 44 S - 1. B. 45 S . 70. B. 14 S . 142. Diese Ansicht ist gegen die abweichende Bd. III. §. 200 Sinnt. 57 der früheren Ausgaben vertretene, nach welcher eine Abschlag­ zahlung stets auf den mindest sicheren Theil der Forderung angerechnet werden sollte (vergl. auch D e r n b u r g B d. I. S . 795), festzuhalten, wie das auch vom Reichsgericht II. HülfSsenat in der (ungedruckten) Entscheidung v. 38. Okt. 1880 in Sachen M ü n s t e r m a n n wider P a d e r b o r n e r Dampfmühle geschehen ist, ebenso vom HI. HülfSsenat nach G r u c h o t B . 24 S . 886. S . j. auch Entsch. b. R G. II. S . 206. 71) I. 17. §§. 137. 141.

§• 91.

657

Z ah lun g.

Schuldner durch Regelung einer ratenweisen T ilg u n g abwehren zu lassen"), n u r bezüglich der Zwangsvollstreckung gegen dffentlichrechtliche K o rp o ­ rationen zur

wegen Geldforderungen

Abwendung

h a lte n " ) .

Eine

Wechselschuld"). derungen

des

gänzlichen

ist

eine E in w irku n g

R u in s

der Regierung

des Schuldners

gesetzliche Ausnahme von

aufrecht er­

der Regel macht n u r die

Endlich ist zur Erleichterung des Verkehrs m it F o r­

dem G läubiger und Schuldner gestattet, theilweise dieselben

zu kündigen, und es hängt vom G lä u b ig e r ab, ob er sich dam it begnügen, oder den ganzen B e tra g fordern, vom Schuldner, ob er n u r den ge­ kündigten T h e il oder das Ganze zurückzahlen w i l l " ) . Dasselbe g ilt wenn die Forderung aus mehrere G lä u b ige r antheilsweise durch T h e ilcessionen übergegangen is t" ) . 6. D ie nach Vorstehendem g ü tig und in der Absicht der Schuld­ abtragung geleistete Zahlung w ir k t T ilg u n g der S chuld, B efreiung des S chuldners, so weit sie re ic h t"):

also theilweise oder vollständig.

7Z) Künstlern und Handwerkern, die n ur das nöthige Werkzeug (vgl. Anh. §. 159 zur A . G O ) besitzen, sollte zu dessen Erhaltung Ratenzahlung zur Abzahlung der Schuld binnen drei Jahren bewilligt werden. A .G .O I. 24. §§. 95. 96, Berord. v. 4. M ä rz 1834 §. 14. DaS ist durch die Livilprozeßordnung beseitigt. 73) §. 15 N r . 4 deö E in f.G . zur L .P .O . hält fü r die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Fiskus, Gemeinde- und andere Kommunalverbände, sowie gegen solche Korporationen, deren Vermögen von Staatsbehörden verwaltet w ird , soweit mit der Zwangsvollstreckung nicht dingliche Rechte verfolgt werden, die landesgesetzlichen Vorschriften aufrecht. Nach Anh. §. 1 5 3 zu §. 4 5 A .G .O . I. 2 4 aber sollten die Gerichte vor der Exekutionövollstreckung gegen diese und andere moralische Personen über die A r t , wie solche ohne gänzlichen R u in der Schuldner zu realisiren, m it der Regierung Rücksprache halten und bei nicht er­ zielter Einigung die Entscheidung des Justizministers einholen. Z u r Z e it w ird deshalb der Gläubiger stets eine Entscheidung des Gerichts darüber, ob und in wieweit die Zwangsvollstreckung gegen die öffentlich-rechtliche Korporation zulässig ist, erwirken müssen; ohne diese Entscheidung darf der Gerichtsvollzieher nicht vor­ gehen. D ie Bestimmung hängt übrigens m it der materiell-rechtlichen, noch jetzt allgemein fü r alle Korporationen bestehenden Vorschrift der §§. 97. 98. I I . 6. A L R . zusammen, nach welcher die Befugniß der Korporation, zur Abtragung „wahrer Gesellschaftsschulden" die M itglieder zu erhöheten Beiträgen heranzuziehen, n ur unter Aussicht und Genehmigung deS S taats geübt werden kann, was auch den G läubigern entgegen steht, so daß eS sich dabei also nicht um eine ausstehende Forderung der Korporation handelt, die gepfändet werden könnte. D ie prozessua­ lische Bestimmung geht weiter, da sie die Abpsändung auch deS Korporationsver­ mögens von der Regulirung abhängig macht. Jene Bestimmung ist augenscheinscheinlich bei §. 52 deS Gesetzes betreffend die B ildung von Waffergenosienschasten v. 1. A p ril 1879 die Grundlage gewesen. H ier ist aber ohne jede Einw irkung der AufstchtSinstanz dem Vorstände die Pflicht und das Recht zugesprochen, zur Deckung der Schulden Umlagen zu machen: das möchte hiernach ein pfändbare- Recht der Genossenschaft sein. 74) D . W O . A rt 38. 7i) Koch

n.

S . 6 1 7 f.

Verordn, v. 8. Febr. 1811 (G es.S . S . 1 5 0 ) N r . 1 - 3 .

75) B . v. 8 . Febr. 1811 N r . 4. 7r) §. 149. d. T . D e r Schuldner hat zu beweisen, daß er die Zahlung auf die be­ stimmte Forderung geleistet hat. S e u f f e r t B . 23 N r . 2 2 2 . B . 2 4 N r . 197. B . 2 6 N r . 24. a '

v |t f r , Preuh. ^ruutrecht. I. 4. Auf!.

42

658

Zwritt« Buch. Die besonderen Privatrechte-

E ine vorbehaltlose Zahlung entzieht zugleich dem Zahlenden alle E in ­ reden gegen den G läubiger" ). D a s Geschäft ist abgemacht. W ill er sich die Einreden erhalten, so muß er den V o r b e h a lt bei der Zahlung kundthun und dann ist unter auslösender B edingung gezahlt"). D er Vorbehalt muß schriftlich erklärt oder vom G läubiger in der Q uittung anerkannt sein. Wenn der G läubiger den schriftlichen Vorbehalt nicht entgegen nimmt und den Vermerk des V orbehalts in der Quittung weigert, so wird Schuldner von der Zahlung abstehen müssen, falls er nicht a ls verzichtend auf den Vorbehalt gelten will'"). E s entsteht die Frage, welche Schuld durch die Zahlung als getilgt angenommen werden soll, wenn an denselben G läubiger von demselben Schuldner") mehrere unstreitige") Posten zu berichtigen sind, und die ge­ zahlte Sum m e nicht alle deckt. Zunächst entscheidet das Uebereinkommen der P arteien " ). I s t die Zahlung auf eine bestimmte Post ausdrückl i ch ohne Widerspruch des anderen T h e ils" ) geleistet oder angenommen, so behält es dabei sein Bewenden. Erst wenn ein solcher ausgesprochener Parteiw ille fehlt, tritt das Gesetz ergänzend ein. Hierbei entscheidet zunächst, welche von den Kapitalforderungen zuerst vom G läubiger eingefordert 7y) §. 165). b. so daß also die Zahlung nur wegen Irrth u m s kondizirt wer den kann. 79) §§. 160f. d. T . Koch II. S . 619. S t r i e t h . B . 81 S . 199. H e u se r, Annalen XIV. 161. 80) §.161. d. T . Entsch. B - 71 S . 213. I m handelsrechtlichen Verkehr sind die §§. 161. 162. d. T . durch D .H .G .B . Art. 317 beseitigt R O.H.G. V. Nr. 33. — Die Rückforderung des auf Grund eines vollstreckbaren, materiell aber nicht endgültigen Urtheils Gezahlten ist ohne Vorbehalt zulässig. Dgl. oben Anh. zu §§. 55. 56 bei Anm. 6. *') D er Zahlende muß selbst der Schuldner sein, nicht als Benestzialerbe leisten. S t r i e t h o r s t D. 39 S - 71. 81) S t r i e t h o r s t D. 52 S . 50. M) §§. 149— 159. d. T . L ö w e n b e rg , M otivei. S . 285 theilt die Materialien ruft Koch II. S . 6 3 6 f. S t e i n e r in Schering- Arch. II. 210. G r u c h o t S 2 2 0 fS t r i e t h o r s t B. 59 © . 127. U n t e r h o l z n e r I. S . 463. D a n g e r o w IIIS . 224 S i n t e n i s II. G. 395f. H e n r i c i und S t r u c k m a n n in JheringJahrb. Bd. 14 S . 428. D. 15 S . 251. Wi n d s c h e i d II. §.343. 84) D er Widerspruch de- empfangenden Gläubiger- oder de- zahlenden Schuldnermuß innerhalb der in §. 91 f. I. 5 vorgeschriebenen Fristen erklärt werden. Auch wenn der Schuldner eine Zahlung ausdrücklich auf da- Kapital leistet und der Gläubiger sie annim m t, ohne rechtzeitig zu widersprechen, darf Letzterer in der Folge sie nicht auf die verfallenen Zinsen verrechnen. P räj. 833 Sam m lung I. S . 88. Entsch B. 50 S . 205. Eine nicht glückliche Abweichung vom gemeinen Recht ist e -, daß, wenn der Schuldner eine Post ausdrücklich als diejenige be­ zeichnet, auf welche er die Zahlung leisten will, eö in die Willkür de- Gläubigers gestellt ist, die- zu genehmigen oder zu widersprechen. ES fragt sich, ob im Falle des Widerspruchs da- Rechtsgeschäft der Zahlung überhaupt nicht zur Perfektion kommt, so daß der Gläubiger daö erhaltene Geld sine causa hat. D ann könnte er al« Schuldner, der auf Rückgabe in Anspruch g'enommen wird, bestimmen, mit welcher seiner fälligen Forderungen er kompensiern wolle. D a - will da- Gesetz nicht; §§. 153ff d. T . beziehen sich auch auf diejenigen Zahlungen, bei denen die Uebereinkunst worauf? durch Widerspruch vereitelt ist.

§• 9 1 .

659

Zahlung.

ist. S odann w ird das Interesse sowohl des G läubigers als des S chuld­ ners berücksichtigt"): zunächst soll die unsicherste"), dann die in A n ­ sehung des Zinssatzes lästigste"') Schuld als getilgt angenommen w er­ den, danach die am längsten fä llig e : wenn solche M om ente nicht vorliegen w ird

auf alle Posten

verhältnitzm äßig

abgerechnet.

D ie

Forderung

an Kosten und nach dieser die an „verfallenen" Zinsen, w orunter hier sowohl vorbedungene, soweit sie nicht v e rjä h rt s in d '"), als gesetzliche zu verstehen s in d " ) , geht aber im m er der K a p italsford erung vo r: die Z a h lu n g muß also zunächst a u f jene verrechnet werden. Es fra g t sich, im

Anschlüsse hieran, in welcher Weise der Schuldner den Z ahlungs-

einwand der K lageforderung gegenüber darzulegen hat. I n dieser B e ­ ziehung hat das Reichsgericht neuerlich a u s g e fü h rt'"), daß, da tz. 149

81) Nach gemeinem Recht hängt zunächst die Bestimmung vom Schuldner ab, streitig ist, ob dieselbe auch dem widersprechenden Gläubiger gegenüber maßgebend ist ( W i n d s c h e i d I I . §. 3 4 3 9lnm. 2b.X Bestimmt dieser nichte, so bat t e r G lau biger das Wahlrecht, auf welche Forderung er die Zahlung anrechnen w ill, er ist dabei aber verpflichtet, da« Interesse de« Schuldners zu berücksichtigen. Erklärt auch der Gläubiger nichts, so w ird zuerst aus die Zinsen, und zwar ohne U nter­ scheidung von bedungenen oder gesetzlichen, daun auf die fällige und lästigere Kapitalschuld abgerechnet. Sonst aus die gleichalten und gleichlästigen pro rata. Oesterr. ) 6$)

Direkt will man es herleiten aus Gaj. IV. 66. Paulli S. R. II. 5. §. 3. Ent­ scheidender ist aber wohl außer der 1.2. §. 1. D. XII. 1 die 1. 18. pr. D. XIII. 7: si id nornen pecuniarium fuerit, exactum pecuniam teeum pensabis, si >eio corporis alicujus, id quod acceperis, erit tibi pignoris loco. Die Praxis erfordert Gleichartigkeit S e u f f e r t , Arch. D. 1 Nr. 32, B 2 Nr. 279. 281, B. 8 Nr. 33, B. 25 Nr. 229. He u s e r , kurh. Ännal. B 8 0 . 34f. Nr. 2 - 5 . §§. 344. 345. 371. b. T- Verzinslichkeit und Unverzinslichkeit hebt Gleichartigkeit nicht auf. 1.11. 12. 1). XVI. 2. Wegen gegenseitiger Delikte s I. 6. §.22. Bergt. I. 5. §. 357. II. 1. §§. 719. 670. K och S. 711 DaS turpiter datum ist ungeeignet zur Komp. Dresdener Ann. II. 541. Die Gegenforderung muß auch gerichtlich Verfolgbar sein. Es kann also nicht mit einer Forderung kompensirt werden, deren Beurtheilung BerwaltungSsache ist. S e u f f e r t I. Nr. 31: nach der Feststellung durch die zuständige Instanz wird sie jedenfalls kompensabel. Siehe oben §. 61 bei Note 30. Nach gemeinem Recht 1. 6. D. XVI. 2: etiam quod natura debetur, venit in compensationcm. Rechtskräftig aberkannte Forderungen sind nicht,kompensabel. Dresdener Annalen I. 20. S e u f f e r t VII. 299. Bgl. unten Anm. 75. §. 377. d. T . vermöge des arg. a. contr. Auch gemeinrechtlich wird dies bei der LerjährungSeinrede angenommen. S e u f f e r t , Pand. II. S . 142 Nr. 13. Archiv IX. 253. XIII. 8. XXVI. Nr. 123. D e r n b u r g lKomp.) S . 472. Eck S . 136. Ueber den Fall, wenn die Kompensabilität vor beendeter Verjährung eintrat, s. unten bei Anm. 64. §. 359. d. T . Nicht anzuwenden auf gegenseitige Forderungen aus demselben Ge­ schäft. Entsch. B. 46 S . 115. S t r i e t h o r s t B 45 S . 13. 304. Liquidität bei Komp, im Konkurse: S t r i e t h o r s t 41. 7. D e r n b u r g (Komp.) S . 570. Eck S . 141. 1. 14. §. 1. C. IV. 31. B r i n z S . 151. D e r n b u r g S . 463f. Sc he ur l S . 181. Br i e g l e b , Theorie, des summar. Proz. §. 46. S i n t e n i S II. S . 432 Nr. 4 S e u f f e r t , Pand. II. S . 142 und Arch. ©. 5 Nr. 123, B. 7 Nr. 108, B. 8 Nr. 122, B. 9 Nr. 145.

686

Zwnte» Bach.

Die besonderen Privatrechte.

in t preußischen Recht m it den Bestimmungen des Prozeßrechts zusammen, daß die Geltendmachung einer Gegenforderung aus einem andern als dem der Klage zu Grunde liegenden Prozeß als Wiederklage nicht in demselben Rechtsstreit zulässig ist, während Gegenforderungen aus demselben Geschäft als uneigentliche Wiederklagen angesehen wurden, die jedenfalls in demselben Rechtsstreit zu erledigen seien" ) . Aber auch bei Kompensationseinreden aus anderem Fundament galt in der P raxis eine gewiffe freie Behandlung als geboten, zumal die Prozeßordnung darüber nicht bestimmte, wie sofort liq u id gemacht werden könne"). Nach der Civilprozeßordnung steht es in allen Fällen, in welchen Gegenfor­ derungen geltend gemacht sind, die m it der Klageforderung nicht in rechtlichem Zusammenhang stehen, im Ermessen des Gerichts die V er­ handlung in getrennten Prozessen anzuordnen. Diese an das K rite riu m der L iq u id itä t oder J lliq u id itä t nicht gebundene Freiheit des Gerichts ist an die Stelle der landrechtlichen Vorschriften getreten"). I I. D ie W ir k u n g und A u s ü b u n g . Daß das preußische Recht den E in tr itt der Tilgung durch Kompensation von selbst oder ohne Weiteres nicht annimm t, ist schon e rw ä h n t"). Durch Einrede muß das Recht geltend gemacht werden"). Wenn dies aber geschehen, so 2 7 9 , B . 14 N r . 21. 132, B . 15 N r . 17, © . 2 3 N r . 223. 224. H e u s e r , kurhess. Annalen B . 8 S . 34. Andere widersprachen freilich, z. D . B a n g e r o w I I I . S . 3 8 7 . W ird eine liquide Einrede einer illiquiden Klage entgegengestellt, so ist die Regel schon an sich nicht anwendbar. S e u f f e r t , Arch. v . 2 N r . 163, B . 17 N r . 132. 133. 134. 64) A -G .O . I. 19.

S t r i e t h o r s t B - 4 5 S . 13.

B . 5 2 S . 168.

65) D ie Vorschriften über Liquidität im Mandatsprozeß waren unanwendbar. S t r i e t ­ horst V . 27 S 251. Recht-fälle B . 2 S . 158. M a n verwies den Kompensa­ tionsanspruch zu besonderem Prozeß, wenn er zur Z e it, wo die Klage spruchreif w ar, noch nicht eine Entscheidung zuließ. Entsch. B . 6 S . 233. 66) E P O . §. 136. D a auch die illiquide Kompensation materiell als Kompensation wirkt (vgl. Entsch. B . 65 S . 2 8 6 ), so w ar die landrechtliche Vorschrift eine ledig­ lich prozessualische. Dieser Satz w ird nt. E . zu Unrecht von der M ehrzahl der Kommentatoren der Eivilprozeßordnung, auch von S t r u c k m a n n und Koch, W i l m o w S k i u. L e v y verkannt. — E s knüpft sich an §. 136 cit. der m it der Frage der Rechtshängigkeit des KomPensationSanfpruchS (vgl. A n m 9 und oben €>. 2 8 4 ) zusammenhängende Z w e ife l, ob bei Anordnung der Verhandlung deS nicht als Wiederklage angebrachten KomPensationSanfpruchS in getrenntem Prozesse dieser letztere Prozeß durch neu anzustellende Klage neu begonnen werden muß. D ie dafür sprechenden G rü n d e, vgl. P e t e r s e n zu § . 4 5 6 E .P . O . , scheinen m ir da­ durch nicht widerlegt, daß das Gesetz, wie W i l m o w S k i und L e v y zu demselben §. bemerken, den Richter nicht ermächtige, die Einrede als ein besondere- von der Klage unabhängiges Verlangen zu behandeln. M i r scheint gerade diese Ermächtigung des Gesetzes in der zugelassenen Verweisung zu anderem Prozeß zu liegen. M a­ teriell kann in dem zweiten Prozeß freilich der Antrag dahingestellt werden: die Forderung de- ersten Prozesse- a ls durch Kompensation getilgt -u erachten. V g l. Entsch. B . 65 S . 2 86. — Ueber §. 360. d. T . und den entsprechenden §. 226. I . 16 siehe § 9 2 bei A n m . 26. 67) S t r i e t h o r s t B . 8 4 S . 69. 6«) D e r Satz gilt, sofern gegen den Kompensation-berechtigten geklagt ist: Verrechnung durch den Kläger in der Klage ist nicht ausgeschlossen. S t r i e t h o r s t B . 20

§. 94.

Gcgenrechnlniz.

687

wirkt die vom Gericht zugelassene Kompensation zurück auf den M om ent, wo die jüngere Forderung entstanden ist" ). Beide gelten von da, so weit sie sich decken, als gezahlt'"). Verzinsung, die Folgen des V er­ zugs aus der älteren Forderung, die Strasgedinge und Sicherheitsrechte sind erloschen"). Zurückbezogen auf diesen Zeitpunkt wird sie auch, wenn erst in der Folge die bestrittene Gegenforderung liquid gew orden"). I s t die eine Forderung aus mehrere Gegenforderungen abzurechnen, die sie zusammen nicht deckt, so sollen dieselben Grundsätze entscheiden, wie bei der Z ah lu n g" ): es wird aufgerechnet erst gegen die Zinsen, dann auf die K apitalien und zwar in der gesetzlichen Folge. Dieser Satz gilt aber nicht b lo s , wie die früheren Ausgaben annehm en, für den F a ll, daß die mehreren Forderungen eingeklagt sind und daß der B e ­ klagte denselben ohne nähere Bestim m ung die Kompensationseinrede entgegen stellt. Vielm ehr kann der Kläger im Falle des Vorhanden­ seins einer Mehrheit von Forderungen, auf welche kompensirt werden kann, der einseitigen Erklärung des Beklagten, auf welche Forderung angerechnet werde, widersprechen, so daß also auch bei der Kompen­ sation nur die E inigung der Parteien über die zu verrechnenden Ansprüche entscheidet, sonst nach der gesetzlichen Ordnung die Verrech­ nung gefordert werden kann. D a m it ist der vielbesprochene Satz der P raxis: compensatio compcnsationis non datur, auf ein bescheidenes M aß der Anwendbarkeit eingeschränkt"). Eine Folge der Rückziehung

69)

70) 71) 73)

7T)

70

S . 278. Ob eS ein Klagerecht auf Befreiung durch Kompensation giebt erörtert Eck a. a. O. S . 139. 140; zur Zeit greift hier die FestflellungStlage ein. §. 301. d. T. S t r i e t h o r s t P . 19 S . 2. B. 77 S . 154. Entsch. B. 46 S . 114. B 65 S . 286. Schnitze p. 38. S e u f f e r l XV. 118. ES ist dies ein Fall der Rückziehung; die spätere Thatsache der Geltendmachung wirkt zurück aus den Zeitpunkt der früheren Thatsache der Entstehung einer Gegenforderung. §. 30. J. IV. 6. I. 4. 11. 21. D. XVI. 2. 1. 4 14. C. IV. 31. 1. 4. 14. 0. IV. 31: ipso jure pro soluto compensationem haberi 1. 76 de V. 8. §§. 30. 39. J . IV. 6. 1. 10. pr. D. XVI. 2. 1. 4. 5. C. IV. 31. 1. 7. C. VIII. 34. 1. 4 D. XX. 4. 1. 4. 11. 12. D. XVI. 2. 1.31. §. 1. I). V. 3. § 361. d. T. Entsch. B 46 @. 114. B. 65 S . 286. DaS Urtheil des neuen Prozesses, in welchen die Kompensationseinrede gewiesen ist, kann die Forderung deS ersten als erloschen bezeichnen, vgl. oben Anm. 66. Die Thatsache, daß dies Urtheil ergangen ist, kann zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden, während neue Kompensationseinreden in der Zwangsvollstreckungsinstanz, nur zulässig sind, soweit sie nicht vor dem Urtheil oder im Wege deS Einspruchs geltend gemacht werden konnten. E .P .O . §. 686 Abf 2. p. 375. d. T- F u h r im Arch. f. prakt. R.W . B. 1 S . 141. S e u f f e r t B . 23 Nr. 22. D araus ergiebt sich auch, daß wenn eine Forderung von 1000 nur in Hohe von 100 eingeklagt wird, der Beklagte nicht verlangen kann, daß die Kom­ pensationsforderung von 100 gerade auf die eingeklagten 100 abgerechnet und Kläger abgewiesen werde; Kläger wird obsiegen, solange von den 1000 noch 100 übrig sind. Vgl. Entsch. D . 77 S . 225. Dergl. aus der gemeinrechtlichen Praxis S e u f f e r t X IX . 141. 142. 143. 144. X X II. 33. X X X . 134. X X X II. 31. X X X III. 13, f. Wi nds c he i d § .3 5 0 Anm. 21—25. Bgl. R.O.H-G. B. 9 S . 110.

688

Zweites Buch.

D ie besonderen Privatrechte

ist es ferner, daß, wenn die Klage auf die eine Forderung zu einer Z e it angestellt w ird,

wo

die Gegenforderung

bereits verjährt wäre,

die Kompensationseinrede doch mit Erfolg erhoben werden kann, wenn nur die Entstehung der jüngeren Forderung die

Verjährung

Einrede

der

anderen

kann entsagt"),

noch

nicht

sie kann im

abgelaufen

Prozeß

in beiden Fällen verliert man nicht mehr, recht, den

in eine Zeit trifft, wo

als

w a r" ).

versäumt

D er

werden"):

das Kompensations­

die Forderung selbst, die man zur Aufrechnung hätte verwen­ können,

Versäumniß

bleibt bestehen und



der Zahlung

es

d arf' also namentlich aus

der Schuld

nicht

der

gefolgert werden,

daß die Gegenforderung getilgt sei"). . Es ist daher regelmäßig nicht zulässig, daß die Zahlung als irrthümlich geleistet zurückgefordert werde, wie es für das gemeine Recht behauptet w orden"), sondern die nicht zur Aufrechnung verwendete Forderung wird eingeklagt"").

D ie Entsa­

gung des HaiHtschuldners entzieht dem Bürgen nicht sein Recht, mit der Forderung des Hauptschuldners die verbürgte Schuld aufzurechnen"').

71) § .3 7 7 . d. T Auch nach gemeinrechtlicher Praxis. H e u s e r , kurhefs. Ann. SB. 8 S . 4 4 . Dresdener A n n 1. 20. S e u f f e r t , Arch. B . 2 N r . 103. 2 3 . 9 N r . 253. B 13 N r . 8. B . 14 N r . 19. B 15 N r . 118. I n Entsch. B . 81 S . 3 9 wird ausgeführt, daß der Satz sich modifizire, wenn die verjährte Forderung zuerst ein­ geklagt und wegen Verjährung die Klage abgewiesen ist, demnächst aber die F o r­ derung noch zur Kompensation benutzt werden soll; dann steht der Kompensation nicht die Verjährung sondern das Judikat entgegen. 7G) § .3 7 2 . d. T . Auch im Voraus, beim Erw erb der Gegenforderung. D e r n b u r g , S . 440. Bei S e u f f e r t , Arch. B . 9 N r . 146 (und im sächs. G -B . §. 9 60) ist angenommen, daß daS Versprechen der Vaarzahlung einen Verzicht auf Kompen­ sation enthalte, bei H e u s e r , kurheff. A n n. 23. 8 S . 4 6 , daß mehrfache Unter­ lassung der Kompensation noch nicht sicher auf Verzicht schließen lasse. 1. 20. D. X X I I . 3. Berg!. S e u f f e r t B . 14 N r . 2 2 1 . Verzicht auf Kompensation durch Verzicht auf die Retention das 2 2 2 . — D e r Verzicht auf Kompensation muß auch als wirksam erachtet werden, wenn der Gläubiger, dem gegenüber der Verzicht erflä rt ist, demnächst in Konkurs versinkt, wenn sich nicht der Verzicht, wie bei S t r i e t h o r s t $3 3 5 S . 319, restriktiv interpretiren läßt. 77) §. 3 7 6 . d. T . 78) 8 3 7 6 . d. T .

1. 1. §. 4. D . X X V I I . 4.

7f) Ausdrücklich w ird die cond. Lud. verworfen in 1. 30. D . X I I . 6. D a ß die 1. 10. §. 1. D . X V I . 2 dem nicht widerspricht, sondern sich n ur auf die societas bezieht, bei welcher erst durch die Berechnung die wechselseitigen Forderungen der socii entstehen, s. Koch S . 739. A . M fü r den F a ll, daß die Kompensation aus I r r ­ thum unterblieben, S i n t e n i S I I . S . 444, U n t e r h o l z n e r I . S . 5 5 3 ; und in der T h a t w ird man nach Ansicht des Herausgebers fü r den F a ll anders urtheilen müssen, wenn die Kompensationsforderung jetzt nicht mehr klagbar und die Kom­ pensation m it der beim E in tritt der Kompensabilität noch nicht verjährten Forderung irrthümlich versäumt ist. ®°) „Sed sni c re d iti p etitio nem .“ S . 7 3 9 f.

1. 30. D . X I I . 6.

Ueber § 385. d. T

s. Koch

8I) §. 3 7 4 . d. T . : d. h. daS Recht, daS er schon hatte. H a t sich der B ü rg e fü r eine Schuld verbürgt, fü r welche der Schuldner der Einrede der Kompensation bei B e ­ gründung der Schuld entsagt hatte, so hat auch der Bürge die Kompensationsein­ rede nicht.

I m Prozeß kann die Einrede ein verschiedenes Schicksal haben. S ie wird verworfen, weil ein Erforderniß zur Kompensation fehlt: dann bleibt die besondere Eintreibung der Gegenforderung unverw ehrt"); sie wird verworfen, weil die zur Ausrechnung benutzte Forderung un­ begründet oder nicht erwiesen ist: dann gilt nach C .P.O . §. 298 Abs. 2 ohne ausdrückliche Feststellung durch Jncidenturtheil oder Theilurtheil die Forderung als rechtskräftig aberkannt"). — D ie Einrede der Kompensation kann während des Rechtsstreits wie jede andere E in­ rede im Laufe der ersten und zweiten Instanz bis zum Urtheil jederzeit gemacht werden; der Vollstreckung aus einem Urtheil gegen­ über n u r, sofern sie in der Verhandlung noch nicht geltend gemacht werden sonnte94). R e c h ts h ä n g ig k e it der Forderung hindert die Kompensation nicht, ebensowenig wie nach der bereits mehrfach zum Ausdruck gebrachten Ansicht des Herausgebers der Kompensationsein­ wand Rechtshängigkeit begründet. D ie Motive der Civilprozeßordnung, obgleich sie in letzterer Beziehung auf einem abweichenden Standpunkt stehen, geben ersteres zu " ), nehmen also die Möglichkeit einer zweifachen Rechtshängigkeit an. D er Richter wird, wenn mit einer rechtshängigen Forderung kompensirt w ird, die Entscheidung bis nach der rechtskräf­ tigen Entscheidung über diese Forderung aussetzen, oder er wird den Kompensationseinwand auch in diesem Falle in den besonderen Prozeß über die Forderung selbst verweisen können. Einen anderen Charakter als die Einrede der Kompensation hat die Einrede oder Replik des V ertrages, durch welchen auf eine Forderung eine andere verrechnet worden. D ie dadurch begründete Tilgung ist von den Voraussetzungen der Kompensabilität unabhängig, wenn auch die Nichtexistenz der verrechneten Forderung auf die Wirksamkeit des V er­ trages von Einfluß sein kann"). D er V ertrag unterliegt den gewöhn­ lichen Formvorschriften. III. Einer besonderen Erörterung bedarf die Kompensation tot Konkursverfahren von der Konkursordnung als „ Ausrechnung" be­ zeichnet "'). D as Reichskonkursrecht geht im weiteren Ausbau eines schon von der preußischen Konkursordnung angenommenen Prinzips »'-) 1. 8. §. 2. D. III. 5. I. 7. §. 1. D. XVI. 2. 1.1. §. 4. D. XXVII. 4. 1. 14. §. 1. C- IV. 31. Oben S. 274 Note 26. Vgl. auch Weber, Beitr. zur Lehre von ge­ richtlichen Klagen und Einreden, 1. Stück, © .50). »3) Siehe oben S. 315ff. 1. 7. §. 1. D. XVI. 2. Seusfert, Arch. B. 1 Nr. 367. B. 5 Nr. 236. 84) S. oben Sinnt. 72. 85) Mot. d- C.P.O. Zu §§. 227—233. 244 S. 187. — Bgl. 1. 8 D. 16. 2. ) K O. §. 48. I. Bgl- §. 96 N. 2. §. 97 Nr. 1 P r K O , §. 32. d. T- — nach Preuß- K R- auch nicht m it dem, was er nach der Konkurseröffnung dem . T . Da« L R . ist hier den Gläubigern günstiger, als das röm. Recht, welches ihnen die Separation nicht bloß entzieht, wenn sie novandi animo mit betn Erben verhandelt, sondern wenn sie überhaupt in Betreff des nomen heredem secuti sunt (ihn in Anspruch genommen), wenn sie von ihm die Zinsen eingezogen haben. 1. 1. §. 10f D. XLU. 6. Die D . K.O. §. 43 giebt da« Ab­ sonderung-recht nur, soweit es landesgesetzlich anerkannt ist, hält also die Begren­ zung ausrecht. '*) §§. 5 0 7 - 5 0 9 . d. T . ,s) Oben 6 . 406. §§. 4 9 2 - 4 9 4 . d. T . Först er. Preuß. Pnvatrecht. I. 4. Wutl.

des Bürgen und Schuldners und die Beerbung des Bürgen und Gläu­ bigers nichts am Fortbestand der Hauptschuld, aber die Bürgschafts­ verpflichtung hört auf, wenn die Hauptschuld durch Konfusion unter­ gegangen ist, mag auch der Bürge schon rechtskräftig verurtheilt sein. Er behält nur in diesem Fall, sofern er vor dem Eintritt der Konfusion gezahlt hat, seinen Ersatzanspruch an den Schuldner“ ). 4. Beerbt der Schuldner den Gebenten, so versteht sich nach preußischem Recht, welches in der Gession nicht die Ausübung eines ftemden Rechts in eignem Namen sieht, von selbst, daß die Lage des Gessionars unberührt bleibt. Es kann hier keine Konfusion eintreten, weil die abgetretene Forderung definitiv aus dem Vermögen des Gebenten ausgeschieden ist. Dasselbe gilt, wenn der Gedent den Schuldner beerbt ’7). Bei der Schuldübernahme bewirkt die Beerbung des Gläubigers durch den ursprünglichen Schuldner und umgekehrt zwar eine ^Befreiung des letz­ teren , nicht aber eine Befreiung des Uebernehmers"); die Beerbung des Uebernehmers") durch den Gläubiger und umgekehrt führt keine Konftlsion in Betreff der übernommenen Schuld selbst herbei, doch wird der Schuldner insofern frei, als er gegen den Anspruch seines Gläu­ bigers seinen Anspruch an den Uebernehmer stellen kann. Ist zwischen dem Uebernehmer und Gläubiger schon ein bestimmtes Rechtsverhältniß eingetreten, -so erlischt dieses allerdings im Fall der Beerbung des Einen durch den Andern. 6. Der Begriff der Konfusion kehrt als K o n so li­ dation aus dem Gebiete der dinglichen Rechte w i e d e r " ) . Davon im Sachenrecht. Hypotheken und Grundschulden erlöschen nicht durch Vereinigung des Gläubigerrechts mit dem Eigenthum des Grundstücks"). Davon im Pfandrecht. 16) §§. 4 9 5 — 4 9 9 . d. T . Siehe zu §. 4 9 7 . K och'S Note 17 im Komm entar. 1. 2 1 . §. 3. 1. 7 1 . pr. D . X L V I . 1. 1. 4 3 . D . X L V I . 3. D em Bürgen steht gleich, wer fü r die Schuld eines Andern feine Sache verpfändet hat. 1. 3 8 . §. 5. D . X L V I . 3. 17) W e r fü r das gemeine Recht noch an der A ntiquität festhält, daß der Cefsionar p ro cu rator in rem suam ist, muß die Konfusion, die durch die Beerbung des Schuldners durch den Cedenten e in tritt, künstlich wieder durch eine actio u tilis des CefsionarS wegräumen. J h e r i n g in f. Jahrb. B . I. S . 111 Note 6 n im m t an, die cedirte Klage fei unabhängig (? !) von der Fortdauer der O bligation. 18) S e u f f e r t X . 173. 19) D e l b r üc k , a. a. O . S . 61, sagt: „ T ie Schuld, insofern sie Gegenstand des V e r­ kehrs ist, gehört nach der Uebernahme zum Vermögen des UebernehmerS; wenn daher auch der Schuldner die Forderung erw irbt, so gehören dennoch Schuld und Forderung keineswegs zu demselben Verm ögen." D a jedoch die Uebernahme dem Schuldner gegenüber eine selbständige Verpflichtung erzeugt, so bedarf eS dieser E rÜ äru ng nicht. Durch den Erbgang zwischen Gläubiger und Schuldner w ird die Uebernahme-Obligation überhaupt nicht berührt. *>) §§. 4 8 2 - 4 8 5 . d. T . 21) AeltereS Recht: Anh. §. 5 2 zu §. 4 84. d. T . Deklar. v. 3. A p ril 1 8 2 4 (G e f.S . S . 7 7 ). Neueres Recht: Gesetz über den EigenthnmSerwerb vom 5. M a i 18 7 2 §§. 6 3 — 66.

§. 97.

§. 97. A L .R

I . IG . §§. 4 s > 0 -4 7 5 .

707

Umschaffuag.

Umschasiung.

B o r n e m a n n B . 3 S . 402.

v -D a n ie ls

® . 2 (5 .3 4 1 .

K o c h , P r .R . B . 2 S . 162.

Desselben Uebergang der F R - lb 3 7 S . 285.

b ü r g I I . §§. 6 o ff.

bei G r u c h o t X I I I . 357. 908.

K . 1 S . 621.

W o lfs

A rn d tS

S e u f f e r t I I . S . 151.

6 . 441.

S in te n iS

1 8 4 0 (bes. § . 2 6 ) .

in den Leipziger krit. Jah rb . B . 9

S - 9 8 8 f. (1 8 4 1 ).

B . 2 S . 445.

W in d s c h e id I I . §§. 3 5 3 f. S . 343.

lation und d a- einfache Versprechen, S c h m id t

G n e is t ,

und Singularsucc. 1856 S

die formellen Verträge, 2 4 2 f.

S c h le s in g e r ,

G i r t a n n e r , die S tip u la tio n , 1859 S . 231 f. A r n d tS

S . 115.

L a n g , K ritik

und Delegation nach röm. R ,

W itte

bes. B ei-

1858 S . 120.

B r u n S in der Zeitschr. f. Rechts-

1863.

K n ie p ,

(darüber

Einfluß der

R ö m e r , die bedingte

v. S a l p i u S , die Novation

1864, § § . 2 3 — 53. § § .7 7 . 78.

1866.

F e in ,

K u n tz e , die Obligation

F o rm .C o n tr.,

H . 3 S . 331).

Novation nach dem röm. und heutigen Recht,

S - 533.

Dazu die Recension von

1845 S . 2 2 9 .

bedingten Novation auf die ursprüngliche Obligation, 1860.

Lehre von der N o vation ,

K e lle r

L ie b e , die S t ip u ­

deS bair. E n tw . B . 1 S . 119

in der krit. Vierteljahrschrift B . 5

Dem -

U n te rb o te n e r

(5. Ia h r g .) S . 8 6 9 und 9 6 1 ,

träge zur Lehre von der Novation und Delegation, 1850.

geschichte B l



S a l k o w S k i , zur

in der krit. V . J Schr. B . 9 S - 4 7 6 .

Z a c h a r i ä ( P u c h e l t ) I I . S . 3 6 5 f.

D ie Darstellung der Lehre von der U m sch a ffu n g der Obligationen (S c h u ld e rn e u e ru n g , N o v a tio n ) muß m it Untersuchung der Frage beginnen, ob dieses aus dem römischen Recht in das gemeine und in die Landesrechte übergegangene In s titu t heute noch besteht, oder vielmehr ob es noch bestehen kann"). D ie herrschende Meinung w ill es aufrecht erhalten, wenngleich sie zugiebt, daß es durch die Reception Verände­ rungen erlitten hat. Gegen diese Ansicht ist aber in neuerer Zeit von mehreren Seiten Widerspruch hervorgetreten: es sei das, was heute Novation genannt werde, nur ein Name ohne B egriff, der eben nur noch traditionell sortvegetire, ein „juristisches Unding". Zuerst hat Koch diesen Widerspruch erhoben, ihm find, ohne auf seiue beachtenswerthe Ausführung einzugehen, Andere gefolgt'). Es steht fest, daß im römi-

* ) D e r Herausgeber kann sich m it dem Folgenden nicht einfach einverstanden erklären, hat es aber außerhalb feiner Aufgabe erachtet, näher auf die hier erörterten Punkte einzugehen. Z u einer Weglassung des hiernach bis S . 711 nngeänbert aufgenom­ menen Passus hat er sich nicht fü r berechtigt gehalten. ') K o ch , Uebergang S . 2 8 5 f. L i e b e ( § .2 6 ) nim m t an formloser Novation keinen Anstoß. S . S . 340. A n Stelle der S tip u la tio n setzt er daS einfache Versprechen. Aber er bekämpft den Standpunkt der neueren Gesetzgebungen, auch de- A .L .R ., wonach Novation der materiellen causa eine neue materielle causa substituiren soll. S e in Rezensent S c h m i d t ( S . 9 8 9 ) dagegen leugnet, daß m it einem nudum pactum novirt werden könne, und weiset darauf h in , daß sich im heutigen Recht alle Novationen in solche Fälle auflösen lassen, welche an die Stelle einer o bli­ gatio eine andere materiell verschiedene setzen. G n e i s t a. a. 0 . S . 229, der hier

708

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

schen Recht die Novation die Umschaffung einer O bligation in einen Verbalvertrag war, daß sie nur durch S tip u la tio n vorgenommen werden konnte, und dies erklärt sich daraus, daß die S tip u la tio n eine so a ll­ gemeine Vertragsform w ar, daß sie fü r die Aufnahme jedes obligatosehr kurz ist, erwähnt seiner Vorgänger nicht, und S in t e n iS I I. 6 . 4 4 6 N. 2 findet die Frage einzig bei G n e i s t berührt. Seitdem hat auch L a n g a. a. O. sich gegen die Möglichkeit einer Novation im heutigen R . erklärt. Dieser W ider­ spruch hat in der Theorie doch schon mehrfach Schwanken und Zweifel an dem In s titu t hervorgerufen. S i n t e n i S w ill eS noch künstlich konstruiern neben der einfachen Schuldverwandlung. Seine Deduktion ist aber so undurchsichtig, daß eS kaum möglich ist, in ihren S in n einzudringen. K e l l e r giebt doch schon zu, daß dem B egriff der N o vatio n, wenn man sie heute durch formlosen Pertrag (consensu) geschehen lasse, jedes Jntereffe abgehe neben dem aufhebenden und be­ gründenden Vertrage. E r w ill die Novation fü r die formellen Verträge des heutigen Rechts (Wechsel, Jnhaberpapiere, Hypothek) beibehalten. K n i e p gesteht ein, daß eS m it der Novation heut zu Tage nicht viel auf sich habe, daß sie auf unserem RechtSboden nicht recht gedeihen w ill (S . 144 ; er bestreitet die Novation fü r die F älle, wo eine materielle causa an die Stelle einer anderen materiellen causa tr itt, denn zwei materielle Verträge werden stets in dem Verhältniß zu ein­ ander stehen, daß sie sich gegenseitig m it Nothwendigkeit ausschließen. D a es aber eine Eigenthümlichkeit der Novation sei, daß sie auf dem freien W illen der P a r­ teien beruhe, so sei sie nicht da, wo die Nothwendigkeit den freien W illen aus­ schließt. E r sieht n u r noch in der Expromission eine Novation ( S . 135 a. E. 136). W enn gegen diese A ng rifie die Existenz des In s titu ts noch im m er vertheidigt wird, so geschieht eS theils nur, weil sie herkömmlich ist, wie z. B . bei A r n d t S , theils ohne zureichende neue Gründe, wie z. B. bei K u n t z e . der ihre civilistische Pointe in der E i n h e i t deS RechtSvorgangeS findet, durch welchen die alte ob lig atio aufgehoben, und z u g l e i c h die neue begründet w ird ( 6 . 245). Diese E inheit deS RechtSvorgangeS ist aber nichts als Schein. W as S c h l e s i n g e r 6 . 119 sagt: in der Eigenthümlichkeit der Novation liege durchaus nichts, was „verhinderte", den W ille n über den RechtSgrund als wesentlichen Bestandtheil deS Vertrages zu denken — ist doch zu negativ. ES bleibt u n k la r, wie man die Aenderung einer Forderung in eine andere materielle Forderung wollen k a n n . Auch B r u n S (a. a. O . S . 116) ist es nicht gelungen, das In s titu t zu retten. E r meint, mate­ rie ll sei auch nach röm. R . durch die Novation ein Austausch von Obligationen vorgenommen, und dies könne auch heute noch geschehen, n u r daß jetzt die A u f­ hebung der alten Novation die direkte causa deö Novationsversprechens bilde und daher zum Klagegrunde gehöre. D ie s. g. Schuldverwandlung sieht er nicht als Novation an. Daß O bligation m it Obligation ausgetauscht werden kann, ist zu­ gegeben, aber daß die AufhebungSkausa nicht durch einen F orm al-, sondern durch einen materiellen Vertrag bewirkt werden soll, macht die unüberwindliche Schwie­ rigkeit — wodurch soll fü r ein solches besonderes In s titu t die Nothwendigkeit der Existenz dargethan werden? R ö m e r S . 341 f hält die herrschende Ansicht, daß N ovation durch formloses Versprechen entstehen könne, fü r allein richtig, weil eS denkbar fei, daß das ursprüngliche debitum (der ökonomische S to ff der oblig.) fortlebe in einer neuen ob lig atio , und dies unterscheide gerade die Novation vom aufhebenden DeNrage. D ies ö k o n o m i s c h e Fortleben ist aber nicht ein j u r i s t i ­ sches Fortleben. D er juristische In h a lt w ird aufgehoben, wenn no virt werden soll, und diese Aufhebung ist keine andere, mag man daS Geschäft Novation nennen oder aufhebenden Vertrag (m u tiiu s dissensus). — S a l p i u S endlich sieht in der heutigen, durch formlosen Vertrag einzugehenden Novation n u r eine Wiederholung deS RechtSgrundeS der alten O bligation, einen neuen Konsens, ein A n e r k e n n t n i ß . S . 4 9 3 f. Es w ird ihm kaum zuzugeben fein, daß die bloße Wiederholung als eine neue, an die Stelle der alten tretende O bligation angesehen werden kann, selbst wenn auch schon die spätere S tip u la tio n sfo rm die materielle causa in sich aufgenommen.

rischen Stoffs und In h a lts, ohne ihn zu affiziren, geeignet war *). D er materielle Rechtsgrund der alten O bligation wurde mit einem formellen Rechtsgrund bekleidet'). Eine solche Umwandlung wirkte wie Zahlung; die alte O bligation war zerstört'), nicht dadurch daß der Gläubiger den Vermögenswerth derselben erhalten, sondern dadurch, daß sie aus­ getauscht wurde gegen eine neue O bligation, welche die Bestimmung hatte, ihm denselben Vermögenswerth zu verschaffen. Nun ist die V er­ balobligation, die Stipulation, nicht recipirt, die Novation also in dieser Weise nicht mehr ausführbar. An die Stelle der formellen Verträge sind die Konsensualverträge getreten, und es fragt sich, ob die Novation nunmehr durch Konsensualvertrag vollzogen werden kann. Wer es be­ hauptet — und es ist dies noch der Standpunkt der Lehrbücher') — sucht zunächst nach anderen Anknüpfungspunkten im römischen Recht. Als solche bezeichnet man einzelne in den Quellen vorkommende Fälle, wo eine O bligation in eine andere in der Art umgewandelt wird, daß durch bloße W illenseinigung an Stelle der materiellen causa eine andere gesetzt wird. S o kann dem M andatar die Summe, die er dem Machtgeber herauszugeben hat, das Depositum dem Verwahrer als Darlehn, dem Vormund die Sum me, die er aus der Verwaltung hinter sich hat, vom großjährig gewordenen M ündel gegen Verzinsung gelassen werden"). I n diesen Fällen wurde die Klage aus dem M andat, dem Depositum, der vormundschaftlichen Verwaltung beseitigt durch eine Einrede aus der neueren Verabredung und diese gab eine neue Klage, quasi ex mutuo. Dadurch w ar aber ein wesentlicher Unterschied zwischen der Novation und solchen Verwandlungen gegeben, jene zerstörte die Obligation ipso jure, diese beseitigten nur ihre Klage opc exceptionis’). Wenn nun auch dieser Unterschied im heutigen Recht wenig bedeutet, und man deßhalb geneigt sein könnte, jene Verwandlungen als die Vorbilder der heutigen Novation aufzufassen'), so ist doch damit noch kein festes und bestimmtes Rechtsinstitut gewonnen. Denn es ist zu beachten, daß in -) 1.1. §. 1. I. 2. D. XLY1. 2. Gaj. II. 38. Römer S. 5. 3) Kuntze S. 242 meint, baß bei der Novation nicht die alte Obligation in die neue, sondern daß der Bermogensstoff der alten in die neue überging. Nicht der BermögenSstoff, sondern der RechtSstofs ging über. 1. 1. pr. eod.: prioris debi t i in aliam O b ligation en ! transfusio atquc translatio. Römer S 3. 4. 24 ^Gegenstand im ötonom. Sinn). 4) §. 3. J. 111.29.

1. 1. pr. 1.31. §. 1. D. XLVI. 2.

*) Unterbotener I. @. 622. II. Göschen, ArndtS, Si nt eni S, Seuffert. Nur Keller sieht in der Novation auch noch nach heutigem Recht die Umwand­ lung in eine Formalobligation. 6) 1. 15. 1. 9. §. 9. D. XII. 1. 1. 44. §. 1. D. XXVI. 7. 7) SinteniS II. 8.447 Note. 8) Wie et Einte nis a. a. O. thut.

710

Zweite« Buch

Die besonderen Privatrechte.

den erwähnten Fällen die Forderung aus dem Mandat, dem Depositum u. s. w. nicht in eine wirkliche Darlehnsforderung umgewandelt wird, sondern daß vielmehr das Darlehn nur als das Vorbild für ein bloßes Kreditiren benutzt wird, das kreditirte Geld soll quas i mutua pecunia gelten9). Man hat es also nur mit einer figürlichen Redensart zu thun. Dazu kommt der Haupteinwand, daß es logisch unmöglich ist, der materiellen causa der alten Obligation eine neue materielle causa nur durch Worte unterzuschieben'"). Es ist nicht möglich, aus der Kaufgcldforderung durch bloßes Reden eine Darlehnsforderung zu machen, der Kaufgeldrückstand ist nicht als Darlehn gegeben. Vereinigen sich die Parteien dahin, daß das Kaufgeld als Darlehn gelten soll, so haben solche Worte keinen anderen Sinn, als daß das Kaufgeld ferner kreditirt sein, vielleicht auch verzinst werden soll. I n einer solchen Ver­ abredung ist nichts von einer Novation enthalten"). Wo aber wirklich an die Stelle des Vertrags, der bisher zwischen den Parteien bestanden, über dasselbe Vermögensobjekt ein anderer Vertrag abgeschloffen wird, ®) I. 9. §. 9. D. XII. 1. I0) S - darüber besonders K och, Uebergang a. a. O- und seine Noten im Kommentar zu §. 450 f., des. N 2. 4. 5. 6. 12. 13. ") Siehe hierüber R ö m e r S - 8f. 17. I n den Quellen zeigt sich auch eine gewisse Abneigung, derartige Schuldsorderungen zu statuiren. S o in 1. 34 pr. XVII. 1 : non esse creditam , alioquin dicendum, ex omni contractu nuda pactione pccuniam creditam fieri posse! Selbst in der 1. 15. D. X II. 1 ist nur gesagt: videatur. Zu beachten ist auch daS simulatis pro infectis habitis in 1. 6. C. IV. 2. Die Praxis ist oft noch recht unklar über die Novation durch Unterschieben eines anderen materiellen Rechtsgrundes, z. B. S e u f f e r t I. N r. 335. X III. 17. E s ist für den Begriff der Novation wesentlich, daß sie durch einen Formalakt be­ wirkt werde, der nichts weiter als dieses ist. Wer also im heutigen Recht, welches den römischen Formalakt der Stipulation nicht mehr dazu verwenden kann, die Novation retten will, muß dem einfachen Versprechen eine formale N atur, unv dem s. g. abstrakten Willen, d. h. dem durch keinen besondern Rechtsinhalt individualisirten, die Kraft beilegen, Rechte und Verbindlichkeiten zu erzeugen. I n der neueren Wissenschaft tritt eine Neigung dazu hervor — die Frage ist aber noch so wenig in ihren Tiefen ergriffen und noch so entfernt von einem Resultat, daß in einem Handbuch nicht weiter darauf eingegangen werden saun. Die Bemer­ kung möge aber gestattet sein, daß, wenn dem s. g. abstrakten Willen die souveraine Gewalt beigelegt wird durch die Erklärung: „ich will dem N. zahlen", ein Rechts­ verhältniß zu erzeugen, daö ganze Vertragsrecht mit all seinen einzelnen Instituten zu einer unterschiedslosen Masse verflüchtigt ist. E s erschöpft sich dann in dem einen Satz: wer sich durch eine ernstliche Willenserklärung einem Anderen gegen­ über zu einer DermögenSleistung verpflichtet, ist verpflichtet. D ie Frage nach der Individualität des RechtSgrundeS kann gar nicht mehr aufgeworfen werden; eS läßt sich nicht feststellen, ob der Vertrag durch Willenseinigung zu Stande ge­ kommen, denn dazu gehört die Einsicht in die causa des AnbietenS und AnnehmenS, .'ganz abgesehen von der dabei ferner hervortretenden Frage, waS be­ wiesen werden und wer beweisen soll, wenn die Verpflichtung in abstracto be­ stritten worden. DaS ist gewiß nicht deutsche Rechtsanschauung, und die Theorie möge sich hüten, hier nicht in ihrer Kühnheit grau, d. h. unpraktisch zn werden. Wie von jeher auf die causa naturalis, d. h. auf den materiellen Recht-grund als das Bindende im deutschen Recht gesehen wurde, hat mit Anführung vieler Zeug­ nisse S c h m i d t a. a. O. S . 888—901 ausgeführt.

§. 97.

Umschaffung.

711

z. B . statt der bisherigen Leihe ein M iethsvertrag, da löst sich die Ver­ abredung auf in zwei Akte, in ein aufhebendes Geschäft (mutuus disscn* sus) und in ein neu begründendes, welches aus der alten O bligation nur den Vermögensstoff übernimmt. F ü r einen solchen Vorgang ein besonderes Rcchtsinstitut anzunehmen, dazu ist kein Bedürfniß vorhan­ den, das heutige Rechtssystem würde keine Lücke haben, wenn die N o­ vation gänzlich daraus entfernt w äre" ).

r:) M au könnte sich die Novation auch als A n e r k e n n u n g möglich denken, wenn diese als einseitiger, formell bindender WillenSakt, als selbständige causa debendi aufgefaßt wird ( B a h r ) . D aß dies aber wenigstens nicht die Auffassung des preußischen Rechts ist, s. oben S . 2*22, jedoch bezüglich der Anerkennung auf G rund einer Berechnung S . 663 Anm. 108. Auch die Uebertragung eines S a l d o ist keine Novation, sondern nur der Rest der alten Forderung. S e u f f e r t VIII. 159. Vgl. S t r i e t h o r s t B. 57 S . 73, bes. S . 77 a. E. B. 59 S . 334. B . 60 S - 359. K e l l e r hält die Novation im heutigen Recht mit Rücksicht auf die heute üblichen formellen Berträge für noch lebensfähig. Hierher gehört die viel be­ sprochene Frage, ob durch Ausstellung oder unbedingte Annahme eines We c hs e l s novirt werde. Die Frage ist in der Praxis von verschiedenen Gerichtshöfen ver­ schieden beantwortet worden, und auch dieselben Gerichte haben geschwankt. Zu letzteren gehört insbesondere das Obertribunal zu Berlin, welches früher Novation angenommen, in neuerer Zeit aber die Ansicht aufgegeben hat ( S t r i e t h o r s t B . 4 S . 67. B. 17 S . 146. D . 36 S . 125. D . 41 S . 214. B . 68 S . 150. Entsch. B . 32 S . 421. B. 52 S . 126. B . 63 S . 151). Die Ausstellung eines trocknen Wechsels und dessen Annahme allein enthält weder eine datio in solutum noch eine N ovation, wenn nicht eine ausdrückliche Verabredung der Parteien darüber nach­ gewiesen ist. Novation nehmen an die O.A.Gerichte Dresden (doch s. S e u f f e r t II. N r. 114), Stuttgart, Mannheim. Dagegen sind Hamburg, Lübeck, D arm stadt und der Appellhos zu Köln. Kassel sieht in der Ausstellung des Wechsels eine Anerkennung der Schuld. Siehe die Nachweisungen in dem Aussatz von L a d e n ­ b u r g im Archiv f. prakt. R .W 1859 B . 7 S . lf . S i e b e n h a a r und T a u c h ­ nitz, Archiv für Wechselrecht D . 1 S . 165. B . 3 S . 197. S e u f f e r t VIII. 288. X X V I. 23. Dresdener Ann. I. 24. 75. Die richtige Ansicht ist, daß Ausstellung oder Annahme des Wechsels nicht novirt; die entgegengesetzte M einung beruht auf der falschen Borstellung, daß der Wechsel an sich schon ein Werth sei, mit dem gezahlt werden kann. ES k a n n zwar in der Absicht der Parteien liegen, bei Ausstellung oder Annahme des Wechsels die alte Obligation aufzuheben; das muß aber deutlich erhellen, denn an sich folgt eS nicht aus der N atur deö Wechsels. Meist geht, wie die tägliche Erfahrung lehrt, die Absicht der Parteien nur dahin, durch den Wechsel die Erfüllung der alten Obligation zu sichern oder zu be­ schleunigen. D ies nennt B ä h r (Anerkennung §. 13 S - 46) accessorifche Stipu^ lation, eine Bezeichnung, die man annehmen m ag, ohne dadurch etwas Wesent­ liches zu gewinnen. W enn auch die altrömische Stipulation und der moderne Wechsel Formalverträge sind, so darf doch der große Unterschied nicht übersehen werden, daß, wenn die Novation durch Stipulation geschah, der Rechtsstoff der alten Obligation in die Stipulation übernommen wurde, wahrend bei Ausstellung eines trockenen Wechsels dies an sich gar nicht der Fall ist. Neben der Wechsel­ forderung, die trotz ihrer formalen N atur doch nicht so inhaltlos ist wie die römische S tipulation, kann die Forderung aus dem materiellen Vertrage sehr gut fortbestehen, jene kann nur accessorisch sein. Ob, wenn die eine Forderung dann bezahlt worden, der anderen die exceptio doli entgegengestellt werden kann, frängt von den Umständen des einzelnen Falles ab. S a l p i u S 4 9 6 f. verneint die Novation durch Wechsel, weil letzterer den alten Schuldgrund nicht reproduzirt. D as hängt m it seiner Auffassung der heutigen Novation zusammen. Oben Note 1 a. E . und unten §. 101 Note 1 und 3. W ird durch Ausstellung eines Prolon-

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Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechte.

Doch das A.L.R. hat dieses besondere Rechtsinstitut wesentlich so, wie es die gemeine Lehre noch vorträgt. „Rechte und Verbindlichkeiten können auch nach ihrem Entstehen mit Einwilligung der Interessenten") umgeändert werden." „Wird eine neue Verbindlichkeit") ausdrücklich an die Stelle der vorigen gesetzt, so erlischt die letztere durch Umschaf­ fung" "). Ausdrücklich soll die neue Verbindlichkeit an Stelle der alten gesetzt werden. D ies ist der animus novandi, und grade der soll es sein, der dem Institut der Novation seine Eigenthümlichkeit giebt und seine Fortexislenz bedingt"). Die Parteien wollen nicht bloß die alte gationSwechselS die ältere Wechselverbindlichkeit getilgt ? s. S t e g e m a n n III. S . 76. D a rü b e r, ob Ausstellung eines Wechsels über eine bestehende Forderung novire, vgl. S t r i e t h o r s t IV. @. 6 7 (bejahend) und Entsch. D . 52 S . 126. R .O .H .G . B . 4 S . 365. B . 5 S . 253. B . 10 S . 42. S . auch N e u m a n n . Die nova­ torischen Funktionen der Wechselbegebung; S c h a u e n b e r g in G o l d s c h m i d t ' S Zeitschr. D U S . 193f. und R ö m e r Abhandlungen S . 78. — Hingabe eines Wechsels al- wirksame (§. 1065. I. 11) Erfüllung eines mündlichen SchenkungSversprechen- über die Wechselsumme. Entsch. d. R G . B . II. S . 6. I3) I m gemeinen Recht hat man neben die novatio voluntaria eine necessaria ge­ stellt, herbeigeführt durch Liti-kontestation und rechtskräftige Entscheidung. Durch jene wurde nach älterem röm. R . die actio in Judicium deducta zerstört, und an ihre Stelle trat die obligatio condemnari oportcre, welche jedoch die Accessionen und Sicherungsrechte der zerstörten Obligation beibehielt. I m heutigen Recht ist dieser Fall unpraktisch. K e l l e r , L T . u. Urth. S . 8 2 f. S i n t e n i S L R . B . 1 S . 322 Note 6. DaS res judicata nicht novirt, siehe oben S . 319 Note 1. S e u f f e r t , Pand. II. §. 295 S . 155. M) D ie Novation ist also gedacht als Austausch einer Verbindlichkeit durch eine an* dere, und zwar durch eine „der A rt" nach verschiedene (§. 462. d 'T . ) , eine an ­ dere causa wird konstituirt. Dadurch ist von der Novation auSgeschloffen die Aenderung der Personen (Delegation, Expromission), die unter einem anderen Gesichtspunkt steht (j. unten den §. a. E.) und die bloße Aenderung des G e g e n ­ s t a n d e s der Verbindlichkeit. ES kann daher weder in der Umschreibung einer Hypothek in Pfandbriefe, noch in der Verwandlung von Naturalleistungen in Geldleistung Novation des R e c h t S g r u n d e S gefunden werden, wie dies das O .T rib. annim m t, wohl aber jetzt in^der Umwandelung einer Hypothek in eine G rundschuld. Entsch. D. 39 © . 88. V. 45 S - 261. Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. M ai 1872 §. 29. D ie Ausstellung eines Schuldscheins — als über ein D arlehn — novirt nach §. 867. 1 .11 die au - anderem Rechtsgrund erwachsene Schuld nicht: dennoch soll, wie in Entsch. B . 67 S . 118 angenommen worden, die ausdrückliche Abrede, daß eine Waarenschuld fortan als Darlehn geschuldet werde, bewirken, daß die Einrede der kurzen Verjährung auSgeschloffen ist. Nach D e r n b u r g II. § .6 3 N r. 2 ist nur eine abstrakte Obligation zur Novation ge­ eignet. 15) §§• 450. 454. d. T . Die s. g. novatio tacita oder praesum ta, die auch für daS gem. R . sehr streitig ist ( S a l p i u S @. 261 f. über die 1 .8 . C. VIII. 42), wird vom A .L .R . auSgeschloffen. DaS österr. G B . §. 1376 bestimmt die Novation als Umänderung des RechtSgrundeS oder des HauptgegenstandeS. DaS sächs. G .B . §. 1 0 0 1 : Durch Neuerungsvertrag wird eine Forderung aufgehoben, wenn durch den V ertrag an ihre Stelle eine neue Forderung begälndet wird. B a i ­ rischer Entw . Art. 198 verlangt ein in Ansehung des In h a lts oder des RechtStitelS verschiedenes Schuldverhältniß. Code a. 1271: u n e nouvelle dette. 16) Durch den anim us novandi allein will z. B . S i n t e n i S II. S . 4 49, Note, die Novation unterscheiden. 1.2. D. XLV I. 2. 1 .3 .8 . C. V III. 42. H e u s e r , An ­ nalen IV. 624. Ueber die verba expressa S e u f f e r t VII. 167. S a l p i u ö S . 186 f.

Verbindlichkeit aufheben und eine neue eingehen, sondern sie wollen die alte durch die neue aufheben, und da dies ein besonderer Wille ist, so soll er sich ausdrücklich geltend machen. Freilich bewirkt die einfache gegenseitige Einwilligung in die Aufhebung und Neubildung ganz das­ selbe, und darum ist es auch klar, daß, wenn die alte O bligation neben der neuen nicht bestehen kann, es einer ausdrücklichen Aufhebung nicht erst bedarf"), eine solche also nur nöthig erscheint, wenn beide O bliga­ tionen konkurriren können — denn es kann derselbe Gegenstand aus verschiedenen Rechtsgründen geschuldet werden und wenn die Parteien das nicht wollen, so müssen sie es sagen"). D ie Beseitigung der alten Obligation bildet die materielle c a u s a für das Jnslebentreten der neuen. Die Regeln, die als die der Novation eigenthümlichen vom A.L.R. auf­ gestellt sind, enthalten wenig, was nicht als Folge des einfachen auf­ hebenden V ertrages angesehen werden könnte"). E s ist keine Novation, wenn die neue Vereinbarung nur Einzelnes an der bestehenden Obligation ändert, wenn die Zahlungstermine an­ ders regulirt, Zinsen versprochen, der Zinssatz erhöht oder erniedrigt, Kündigungfristen bestimmt, Sicherungen aufgehoben oder hinzugefügt werden, wenn ein neues Schuldinstmment ausgestellt w ird "). Ueber» Haupt spricht die Vermuthung gegen die Aufhebung der alten Verbind­ lichkeit"). Um giltig zu noviren, müssen die Parteien vertragsfähig fein, insbesondere eine solche Obligation eingehen können, wie die neue sein soll"). Diese muß a n sich giltig, d. h. gesetzlich zulässig sein"). Is t die Novation ungiltig, oder bedingt abgeschlossen und die Bedingung ausgefallen, so bleibt die alte Verbindlichkeit bei K räften"). D er No17) §.455. d. T . DaS soll die s. g. novatio privativa sein, deren Gegensatz, die cumulativa, aber schlechthin zu verwerfen ist, weil sie eben nicht novirt. Pu c h t a , Borles. § .2 9 1 . B ä h r (Anerkennung S . 4 6 f.) steht hierin eine accessor i sche S t i p u l a t i o n , welche den Zweck hat, nicht die alte Obligation durch eine neue zu ersetzen, sondern sie durch diese, welche neben ihr besteht, materiell oder pro­ zessualisch zu sichern. N ur muß man Stipulation nicht im technischen S in n neh­ men, und dann ist auch der Grundsatz: cum principalis causa 'die alte Obl.) non eonsistit, ne ea quidem, quae sequuntur, loeum hab ent unanwendbar. So wird in der Ausstellung eines Wechsels über eine Schuld aus materieller vausa eine accessorische Stipulation liegen (f. oben Note 12) und das rechtskräftige Urtheil nicht noviren. ,s) 1. 2 in f. 1. 6. §. 5. D. XLVI. 2. 1. 8. C. VIII. 42. ,9) Koch, Komm. Note zu §. 450 nennt sie wesenlose Bestimmungen. 20) §§. 452. 453, d. T . Bergl. hierzu Entsch. B . 21 S . 36. 21) §. 451. d. T. 22) §§. 462. 463. d. T . 1. 24. I). X LV I. 2. 1. 9. §. 6. D. X II. 1. 23) §. 464. d. T . Nach röm. Recht kann die neue Oblig. auch eine naturalis sein. 1. 1. pr. §. 1. D. X LVI. 2. 24) §§. 465. 466. d. T . Die bedingte Novation einer unbedingten Schuld ist n u r be­ dingte Aufhebung. Die unbedingte Novation einer bedingten Schuld macht ge­ meinrechtlich die neue Forderung nur dann zur unbedingten, wenn daraus der

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Z w eite- Vuch.

D ie besonderen Privatrechte.

vation wird ferner als eigenthümliche Wirkung zugeschrieben — es führt aber die einfache Aufhebung zu derselben Wirkung — daß mit der aufgehobenen Obligation ihre Nebenabreden und Sicherungsrechte wegfallen, daß diese sich nicht von selbst auf die neue Obligation über­ tragen"). Nur die Bürgschaft setzt sich fort, wenn der Bürge bei der Errichtung der neuen Obligation zugezogen worden"); aber selbst dies ist nichts Besonderes, denn es wird hier die Einwilligung des Bürgen, auch für die neue Schuld zu haften, anzunehmen sein"). D aß die Aufhebung nur aufhebt, wenn sie gütig ist"), versteht sich so sehr von selbst, daß nicht einzusehen ist, worin hier eine Eigenthümlichkeit liegen kann. Aus der Ungiltigkeit der alten Obligation an und für sich ergiebt sich nicht ein Anfechtungsgrund der neuen"). M it Unrecht schließen indessen die ftüheren Ausgaben hieraus, daß die Aufhebung der alten und die Begründung der neuen eigentlich die Folge zweier trennbarer Akte sind. Der Zusammenhang der alten mit der neuen zeigt sich darin, daß die irrthümliche Annahme des Vorhandenseins der alten Obligation eine Bekämpfung der neuen (Kondiktion) begründet. Es muß ferner die Novation, so weit sie Aufhebungsakt ist, bei Gesammtschulden das ganze Schuldverhältniß beseitigen, wenn sie auch nur ein Gesammtschuldner mit dem Gläubiger abgeschlossen") und Gleiches tritt ein bei der echten Gesammtberechtigung, im römisch rechtlichen Sinne d. h. bei der, bei welcher der einzelne Gesammtgläubiger vom Schuldner das Ganze zu fordern hat"). D as A.L.R. setzt aber, wie § .6 3 erwähnt, regelmäßig eine Gesammtberechtigung voraus, bei welcher an die Gläu­ biger gemeinschaftlich zu leisten ist. Hier kann die Novation zwischen dem Schuldner und einem Gläubiger die Rechte der anderen nicht schmälern")'

”) s) *') ss)

Wille der Parteien ausdrücklich gerichtet gewesen. 1. 8. §. 1. 1.14. §. 1. 1. 24. D. XLVI.2. 1.30. §.2. D. 11.14. §. 3. J. III. 29. Pnchta, Dorles. §. 291. Unterholzner S . 624 Notes. ,u 8-290. S in te n i« II. S . 452 Note 13. K eller S - 534 und die angef. Schriften von Kniep und Römer. Bergl. zu ersterer Wind scheid in der krit. Vierteljahrschr. B - 3 S - 242, zu letzterer Witte in der krit. Vierteljahrschr. B. 6 S . 39 f. Nach preußischem Recht wird e« Inter­ pretationsfrage sein- Ueber die Novation alternativer Oblig. s. Huschte in der Zeitfchr. f. Tiv.R. u. Pr. N F. B. 2 S . 162. §§. 469. 470. 471. d. T. 1.1. pr. 1.18. 15. D. XLYI. 2. 1. 2. C. VIII. 42. 1. 4. C. VIII. 41. §§. 472. 473. d. T. S - Koch, Komm. Note zu §. 473. §. 465. d. T. §• 467. d. T. §. 458. d. T. 1. 31. 6.1. D. XLVI. 2. F itting, Korr.Obl. S . 48. §. 460. d. T. Vgl. S. 395 «um. 33. §. 459. d. T. „Für seinen Antheil" soll aber die Novation des Einen der ge­ meinschaftlichenGläubiger mit dem Schuldner wirksam sein, vgl. hierüber ß. 63 «nm. 41 und bei «nm 45.

§-1*7.

Umschaffung.

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D a endlich herkömmlich die durch Novation bewirkte Aufhebung als Zahlung, oder eigentlich, da O bligation fü r O bligation hingegeben w ird , als Angabe an Zahlungsstatt aufgefaßt w ird , so folgt, daß der Schuldner befähigt fein muß, Zahlung zu le iste n "), der Gläubiger, Zahlung zu empfangen"), und daß, wenn diese A rt Zahlung u n g iltig geleistet worden, die alte Schuld ungetilgt geblieben ist, sie m it ihren Beirechten fortbesteht") und der Schuldner berechtigt ist, die zur T ilg u ng der alten Verbindlichkeit eingegangene Novation unter denselben Um­ ständen, welche die Rückforderung einer Zahlung gestatten, zu wider­ ru fe n "). Dieser Satz gehört aber nicht in die Lehre von der Novation, sondern in die von dem Rückforderungsrechte geleisteter Zahlungen (Konditionen). Unrichtig ist es nach heutigem Recht, die Veränderung der Per­ sonen eines Schuldverhältnisses, bei der das letztere in seiner Wesenheit erhalten bleibt, unter den B egriff der Novation zu bringen. D a s A .L.R . erwähnt diese Veränderung hier n u r flüchtig und verweist sie „an den gehörigen O r t " " ) . Darüber unten §. 101.

33) tz. 4 5 6 . d.T - D e r Satz, welcher offenbar eine Reminiscenz aus I. 1. §. 1.D. X L V I. 2 ist, paßt übrigens, worauf Koch im Kom m , hinweiset, nicht zu § . 4 6 2 , weil nicht die aufhebende und konftituirende Seite der Novation ge­ trennt werden kann; es kann bei dem Unfähigen nicht die Befreiung gelten und die neue Berpflichtung wegfallen: I. 3. 1. 20. §. 1. L 9. p r. 1. 34. pr. D . X L V I . 2. 3) §. 360. I. 9. A L R. Einl. §. 102. -) I. 2. §. 40.

begründen, und dieses Interesse geht aus den Erben über'). Nicht ver­ erblich sind ferner Schuldansprüche, bei denen die Leistung auf persön­ licher Individualität beruht9). E s erlischt also durch den Tod der Vollmachtsauftrag, so daß die Erben des Machtgebers oder des Bevoll­ mächtigten auf dessen Fortsetzung kein Recht Habens. D ie von K auf­ leuten im Handelsgewerbe ausgestellten Vollmachten und die Prozeß­ vollmachten') erlöschen jedoch durch den Tod des Machtgebers nicht. D ie Rechte aus dem Gesellschaftsvertrage gehen nicht auf die Erben über, wenn ihr Erblasser persönlich zu dem Betriebe des gemeinschaft­ lichen Geschäfts mitzuwirken hatte'). Nach dem Tode des Pächters können sowohl dessen Erben als der Verpächter das Pachtverhältniß zum Ablauf eines Zahres nach dem Ende des laufenden W irtschaftsjahres kündigen, die Erben des M iethers sind nur noch ein halbes J a h r nach dem Ablauf des Sterbequartals an den V ertrag gebunden9). D a ­ gegen übertragen sich die Rechte des Verpächters und Vermiethers auf seine E rb en "). D er Gesindevertrag löst sich durch den Tod auf. D ie Lohn- und Kostgeldsorderung des Gesindes fällt seinen Erben nur soweit zu, als es gedient hat; stirbt das Haupt der Fam ilie, brauchen die Erben das Gesinde nur bis zur nächsten gesetzlichen Ziehzeit zu behalten, sofern die Kündigungsftist innegehalten wird, die Rechte des H ausherrn gehen aber unverändert aus die Erben über"). Eine eigenthümliche Behandlung hat im A.L.R. das V erhältniß der Miterben erfahren. M an wollte praktischen Unzuträglichkeiten, die sich aus dem Grundsatz des römischen Rechts, daß die Erbschaftsforde­ rungen sich von selbst auf die einzelnen Erben vertheilen"), ergeben §. 361. I. 9. Bgl. oben S - 285. b) War dem Erblasser aus persönlicher Begünstigung oder mit Rücksicht auf seine persönlichen Eigenschaften für seine Leistung ein nicht gewöhnlicher Vortheil zuge­ standen, so können aus diese Begünstigung die Erben, wenn sie den Vertrag er­ füllen, nur Anspruch machen, wenn sie dafür Sicherheit geben, daß sie dem G läu­ biger so, wie eS von dem Erblaffer zu ermatten war, Genüge leisten werden. §. 423. I. 5.

*)

*) §. 186. I. 13.

7) §. 191. I. 13, jetzt H .G B . Art. 54. 297 und §. 192. I. 13, jetzt E .P.O . §. 82. s) § .2 8 1 . I. 17. Nach Art. 123 des D . H .G B . erlischt die Handelsgesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters, wenn nicht der Vertrag bestimmt, daß die Gesellschaft mit den Erben des Verstorbenen fortbestehen soll: anders bei der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft Att. 264. 270. 9) §§. 366. 369. 371. 373. I. 21. ,0) §. 375. I. 21. ") Gefindeordn. §§. 99. 101. 102. 12) 1. 37. D. X X IX . 2. 1. 6. C. III. 36. 1. ult. §. 14. C. VI. 30. U n t e r h o l z n e r S . 586. D ie Theilung von Summen und sonstigen Quantitäten geschieht numero, die Theilung bei Leistungen bestimmter Sachen (species) nach Bruchtheilen, also

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Zweite« Buch. Dir besonderen Privatrechte.

sollten, aus dem Wege gehen und gerieth in andere Unzuträglichkeiten, von denen zweifelhaft ist, ob sie nicht die größeren find. Hier kann der in das Erbrecht gehörigen ausführlichen Erörterung dieses Punktes nicht vorgegriffen werden"), es mögen daher einzelne Bemerkungen ge­ nügen. Der Grundsatz des römischen Rechts ist verlassen. So lange die Gemeinschaft der Miterben dauert, d. h. bis zur Theilung, steht ihnen die Ausübung der ererbten Forderungsrechte nur g em ein sch aft­ lich zu"). Der Einzelne darf nicht auf seinen Antheil (pro parte) den Schuldner belangen. Nach der Theilung ist derjenige Erbe der Gläu­ biger, dem der Anspruch überwiesen worden oder der sich im Besitz des Schuldinstruments befindet"). Im letzteren Fall können die anderen Miterben eine Verfügung des Besitzers über diese Forderung nur ver­ hindern, soweit ihr Widerspruch dem Schuldner bekannt ist oder rechtlich als bekannt fingirt wird. D as Landrecht verweist die Erben deshalb auf eine gerichtliche Widcrspruchserklärung bei dem Schuldner und auf Eintra­ gung im Grundbuche"). Wird die Forderung einem einzelnen Erben bei der Theilung nicht überwiesen, so bleibt sie gemeinschaftlich, um aber dem Schuldner die Zahlung zu erleichtern, sollen die Erben einen ge­ meinschaftlichen Bevollmächtigten zum Empfang bestellen, oder der Schuldner ist berechtigt, sich durch gerichtliche Hinterlegung zu befreien"). M an sieht, die Redaktoren des A.L.R. haben bei diesen Bestimmungen, die übrigens schon der damaligen gemeinrechtlichen Praxis nicht fern gewesen sind"), einseitig den Vortheil des Schuldners im Auge gehabt. M an wollte diesem die Zahlung erleichtern, ihn vor den Weitläufigkeiten schützen, die durch Stückzahlungen an einzelne Erben oder durch Theilklagen ihm entstehen können"). Damit aber erschwerte man die Stel­ lung des einzelnen Erben als Gläubigers, zumal die Praxis danach den allgemeinen Grundsatz entwickelt hat, daß vor der Theilung dem einzelnen Erben ein bestimmter verhältnißmäßiger A n th eil an den

,s) ") ") >b) ,f) ,8) '*)

ideell. I. 54. pr. D. XLV. 1. Handlungen werden wie Cuantitäten behandelt. §. 1. ibid. Da« römische Recht ist so konsequent in der Festhaltung de« Grund­ satzes von der Theilung der nomina, daß auch bei untheilbarcn Leistungen, wenn sie auf Geldwerts» gebracht werden, hiernach getheilt wird, I. 25. §. 9. I). X. 2., und daß ein Gebot des Erblassers, das Aktivum solle gemeinschaftlich bleiben, un Wirksam ist. 1. 56. §. 1. D. XLV. 1. Bergl. unten B. 4. §. 271. §. 151. I. 17. §§. 152. 154. I. 17. §. 153. I. 17. §-156. I. 17. Koch. Uebergang 6 .2 4 . Glück B. 11 6 . 69. Entsch. B. 24 S . 424. Schlußrevision bei v. Kamptz, Jahrb. B. 41 S . 56 57 Gesetzrevisor. Pens. XVI. S . 233. 234.

§. 98.

Erbfolge.

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einzelnen Sachen oder Forderungen der Erbschaft überhaupt nicht zu­ steht. Hierüber das Nähere im Erbrecht'"). Durch den Erbschaftskauf, den das A.L.R. als Kauf des Erbrechts auffaßt, als wäre die Erbschaft sogleich dem Käufer und nicht dem Verkäufer angefallen, gehen natürlich die in der Erbschaft enthaltenen Schuldansprüche auf den Käufer über. Er tritt in die Rechte des Er­ ben und damit in die des Erblaffers"). §. 99.

Rechtsabtretung.

A .L R . I. 11. § § . 3 7 6 - 4 4 4 . B o r n c m a n i, III. 6 . 6 5 — 103. Koch, P r.R . II. S - 134— 155. D e r s e lb e , Uebergang der Forderungörechte, 1837, @ .3 2 — 225. v. D a n i e l - III. S . 194—201. .Die Duodezschrift von Schoultz-Ascheraden, 1822, ist ganz werthloS). G r u c h o t in seinen Beilragen B. 3 S . 30 f., B. 6 S . 151 f., B. 11 S . 505—620. 893—950. D e r n b u r g II. §§. 80 - 8 5 . — G lück B. 16 S . 379. M ü h l e n b r u c h , die Lehre von der (Session der Forderungsrechte, zuerst 1817, 3A . 1836 (nach dieser wird citirt). U n t e r h o l z n e r I. @. GOlf. P u c h ta im RechtSlexikon II. S . 636 f. und in dessen kleinen Schriften N r. 27 S . 459f. 1844. v. S c h e u r l , Beiträge H. 1. 1852. S . 1 2 f. De l b r ü c k , die Uebernahme fremder Schulden, 1853 S . 6f. Wi n d s c h e i d in der kritischen Ueberschau B . 1 20) Pl.Beschl. v. 16. März 1857. Entsch. B . 35 S . 352, B . 47 © . 146, B. 75 S . 204. S t r i e t h o r s t B . 47 S . 303, B. 55 S . 230. Bgl. hierüber Gr uc hot , Beiträge B. 2 S . 3 77f. G ö p p e r t , Beiträge zur Lehre vom Miteigenthum nach dem pr. A L R . 1864, der die Auffassung des O .T rib. zu widerlegen sucht, und Bo a S . zur Lehre vom Miteigenthum, 1864, der sie vertheidigt (S . 67). Bgl. §. 63 Anm. 37 und unten B . 4 §. 271 21) I. 11. § § .4 5 4 —456. D er Erbschaftskauf ist seinem Begriff nach zwar S ingular­ succession, daS A .L .R . schwankt aber hier zwischen dieser und der Universal­ succession. S . hierüber U n g e r , österr. P r.R . B . 6 S . 223 Note 3. Jedenfalls ist Gegenstand des ErbschaftSkaufS Uebertragung des Universum jus defuncti aus dem Vermögen des Erben in das des ErbschaftSkäuferS. Die Uebertragung hat nicht die einzelnen Gegenstände des Nachlasses als solche zum Gegenstände, viel« mehr wird der Käufer ihr Eigenthümer, weil er nach dem mit dem Erben ge* schloffenen Vertrag heredis loco in alle Rechte deS Erblassers eingetreten ist. Danach bedarf es bei den auf den Namen des Erblassers eingetragenen G rund­ stücken keiner Auflaffung. DaS Recht erkennt den Erbschaftskäufer an, als heredis loco zum Eigenthümer des Grundstücks geworden. A. M. E n g e l s bei J o h o w B. 7 S . 358 — und die neuen Aust. v. Koch, Landrecht zu §. 474. I. 11; s. aber aus der Praxis Entsch. B. 76 S . 153, S t r i e t h o r s t B. 97 6 . 360, auch J o h o w B. 4 S . 72, B. 6 S . 126. Ein unterstützendes Argument für die herr­ schende Ansicht bildet die Möglichkeit des ErbschaftSkaufS eines ErbantheilS. Hier ist der Miterbe nur in der Gemeinschaft mit den andern Gläubigern zur Ver­ fügung über da- Grundstück berechtigt, er kann einen Antheil an dem Grundstück gar nicht auflassen, denn ihm gehört ein solcher Antheil nicht: dennoch wird der Erbschaft-käufer bei der Nachlaßtheilung, beziehungsweise bei demnächstiger Ver­ äußerung an einen Andern an Stelle de- Milerben zur Verfügung der Miterben wirksam beitragen. — Einer Modifikation aber möchte der Satz dann bedürfen, wenn der Erbe sich bereit- hat als Eigenthümer des Grundstücks eintragen lassen. D ann ist dadurch für das Grundbuch daS Grundstück aus der Erbmasse getreten, es kann nach Lage de- Grundbuchs nicht mehr als Theil der Erbschaft auf den E rb­ schaftskäufer übergehen; in diesem Falle wird also Auflassung stattfinden müssen.

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

S . 27. 1853. B r i n z , kritische Blatter H. 2 S . 33f. Pandekten I. S . 6 5 0 f. Kunt ze. die Obligation und Singularsuccesston, 1856. Wi n d s c h e i d , die Actio, 1856, S . 120— 202. B a h r in G e r b e r und J h e r i n g , Jahrbücher B l S . 3 5 1 — 502. S c h m i d t , die Grundlehren der (Session nach röm. R. T h e il!. Die Lession-form, 1863, Thl. 2 1866. v. S a l p i u S , Novation und Delegation nach röm. R. 1864. §§.55. 00 — 64. R e g e l s b e r g e r im Arch. f. civ. Prax B . 63 6 . 157. D a n g e r o w HI. 0 .1 O 9 f. A r n d t S S . 413. §. 254f. S i n t e n i s !!. S . 790 8. 128. Ke l l e r S . 541s. S e u f s e r t II. S . 159f. (4. A-). Wi n d s c h e i d II. §§. 3 2 9 fg. ©. 253. S t o b b e III. §. 177. — Z a c h a r i ä ( Pu c h e l t ) II. S . 4 9 4 f.

„Non solet stipulatio semel quaesita ad alium transirc. nisi ad heredem“ **). I n diesen Worten findet die neuere Doktrin seit M ü h ­

le nbruch's berühmtem Werk den Satz ausgedrückt, daß die Natur des Forderungsrechts eine Singularsuccesfion nicht gestatte. Nicht allein, weil er im römischen Recht ausgesprochen, sondern auch, weil er aus dem Begriff und Wesen der Obligation nothwendig folge, müffe er als Rechtsregel festgehalten werden'). I n der älteren Theorie dagegen, seit ') 1. 25. § . 2. D. VII. 1. D am it zu vergleichen Gaj. II. 3t>: quod mihi ab alio debetur, id si velim tibi deberi, nullo corum modo, quibus res corporales ad alium transfenm tur, efficere possum. Diese Stelle sagt doch aber nur, daß Forderungen nicht ebenso, wie Sachen, durch Tradition u. s. w. übertragen werden können; daß sie die Uebertragbarkeit der Forderungen überhaupt verneine, hat die neuere Doktrin erst in sie hineingelegt. S o schon die Glosse: nomina sive actiones non possunt separari a dom ino, sieut nec anim a a corpore. SalpiuS S 346. 350: „eS gehört in der T hat nur der Entschluß einer vorurtheilsfreien Prüfung dazu, um sich von dieser Auffassung loS zu machen". I m Wege der Universalsuccession nahm auch daS römische Recht die Uebertragbarkeit der Obliga­ tionen an. Wenn die Neueren den Grund dafür darin finden, daß die Person de- Erblassers und Erben ei ne sei, daß der Erbe in die P e r s ö n l i c h k e i t des Erblassers, nicht bloß in omne ju s defuncti succedire, so ist die- eine Anschauung, bei der man mit Recht nach der nöthigen Klarheit sucht. Die Römer find an dieser Auffassung unschuldig. Wi n d s c h e i d in der kritischen Ueberschau I. S . 194 und Actio S . 161 f. *) M ü h l e n b r u c h a. a. O . S . 220f. §. 18 ist der eigentliche Urheber dieser Theorie obschon ihm Bü c h e r , R. d. Ford. 2. A. S . 59 wenigstens andeutungsweise vor­ angegangen ist. Des Letzteren G rund ist, daß es dem Kontrahenten gewöhnlich nicht einerlei sei, wem er Schuldner oder Gläubiger sein solle. Diese äußerliche Auffassung haben auch die späteren Schriftsteller nicht ganz fallen lassen, obgleich ihr ein entscheidendes Gewicht nicht beigelegt wird. Die Mü h l e n b r u c h ' f c h e Theorie, welche tiefer geht, haben angenommen: U n t e r h o l z n e r (I. S . 598, P u c h t a , Buchka (Lehre von der Stellvertretung bei Eingehung von Verträgen), der die nahe verwandte Kontroverse, ob durch Stellvertreter Vertrag-rechte u n ­ mittelbar erworben werden können, erörtert. Siehe hierüber oben §. 42 S - 201. D a n g e r o w , S i n t e n i S , K e l l e r , v. S c h e u r l , und neuesten- au - zum Theil neuen Gesichtspunkten Kunt ze. Auf dem Gebiete der preußischen Rechtswissen­ schaft gehört Koch zu den Anhängern der Mühlenbruch'schen Theorie (a. a. O. 0 . 26 f.); ohne neue Stützen für dieselbe beizubringen, bezeichnet er die entgegen­ stehende Ansicht schlechthin als eine ungründliche. Auch B o r n e m a n n hat früher eine eigentliche Veräußerung de- Recht- für undenkbar erklärt (III. S . 66). Später hat er diese Ansicht aufgegeben (Recht-entwickelung S . 33).

§. 99.

RechtSabtrelung

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der Glosse'), bei den Praktikern der letzten Jahrhunderte hat die An­ sicht vorgcherrscht'), daß auch in Obligationen Singularsuccesfion statt­ finde und daß bei solcher das Forderungsrecht selbst aus dem Vermögen des Veräußerers definitiv ausscheide, das eigne des Erwerbers werde. Al l e neueren Gesetzbücher haben diese Auffassung"). Solche Sachlage drängt unwillkürlich zu Zweifeln gegen die neuere Theorie und obschon zuversichtlich die Hoffnung ausgesprochen worden ist, daß „für alle Zei­ ten" die Rückkehr der älteren Theorie verhütet sein werde ‘), so ist doch eine sehr lebhafte und sehr entschiedene Opposition erwacht, welche den S a h wieder in sein Recht einsetzen w ill, daß der Cessionar die Forde­ rung als eigne erwerbe7), und diese Opposition hat auch in der Praxis von Neuem wachsende Zustimmung gewonnen. Indem die neueren Gesetzbücher, das A.L.R. vorangehend, die Theorie der Singularsuccession in Forderungen angenommen haben, sind sie mithin weder abgewichen vom Wesen der Obligation, noch haben sie sich eines Mißverständnisses des römischen Rechts schuldig gemacht. Es zeigt sich vielmehr, daß Bestimmungen der Landesrechte, die man 3) Die Glosse zu 1. ult. C. IV. 15 stellt die (Session als parallel der Tradition bei körperlichen Sachen hin. Mü h l e n b r u c h S . 204 Note 375. 4) Mü h l e n b r u c h $. 17 S . 201 f. Kunt ze §§. 7. 8. 9 S. 1 8 -3 0 . Schon in der französischen und holländischen Jurisprudenz. I n Deutschland, wie eS scheint, zuerst bei Lauterbach. Besonders aber vertritt sie Sc h i l l e r (praxis jur. Rom. in foro Germ. 1. II. exerc. 30. §§. 62 f. ed. 1733). Er stützt sich auf deutsche Gewohnheit und Gerichtögebrauch. Ihm sind gefolgt L u d o v i c i (doctrina Pandcctarum 1769 lib. XVIII. tit. 4. §. 9), Leyser (med. sp. 199. med 6. 7). Me v i u s , dec. VIII. 440. B e r g e r , oecon. jur. II. tit. VI. th. I. not. 3. H ö p f n e r (Kommentar §. 992. 8. A. S . 736) und sehr entschieden I . H. B ö h ­ mer (exercit. ad pand. t. II. ex. 28. cap. 1. §. 22). 5) Außer dem A.LR. das österr. G.B. §. 1392: es lägt die „Forderung" über­ tragen, sieht darin aber eine „ U m ä n d e r u n g des Rechts mit H i n z u k u n f t (?) eines neuen Gläubigers". S . auch § 1395: „neue Verbindlichkeit". Hiernach scheint die (Session als Novation aufgefaßt. — Code a. 1689. 1692. Za c ha r i ä II. S . 494. Sachs. Ges.B. §§. 953. 967. Bair. Entwurf Art. 145. Gesetz­ buch für den Eanton Zürich 1855 §. 1025 (bei Wiudscheid, Actio S . 121 citirt). Gr uchot XI. 517f. 6) D a n g e r o w III. S 114. 7) Zuerst hat Delbrück a. a. O. Widerspruch erhoben, vbfchon auch neben Mühlen­ bruch diffentirende Stimmen nicht gefehlt haben ( R o ß Hirt in s. Zeitschrift B. 5 S - 41. 1843; Chr i s t i a n s e n , Institutionen, 1843, S . 286; beide jedoch wenig beachtet). I m Anschluß an Del br ück und mit weiterer Begründung besonders Windscheid und Bä h r . Ferner sind Anhänger der SuccesstonStheorie: Br i n z , Pand. z. 130. S e u f s e r t , Ar n d t S , Be s e l e r , deutsches P r.R . B. 2 §.118 @. 279, Bl unt s c hl i §. 111, U n g e r II. S . 19.20. Demnächst auch S a l p i u S in dem angeführten Werk, bef. S . 345 f. Die näheren Auseinandersetzungen und die Polemik zu Gunsten der Successionstheorie gegen den Mühl enbr uchschen Standpunkt und die zur Vertheidigung desselben herangezogenen „AuSkunftSmittel" hat der Herausgeber geglaubt, im Interesse der Raumgewinnung bei Seite lassen zu sollen, obgleich dieselben aus Theorie und Praxi- des gemeinen Rechts nicht ohne Einfluß gewesen sind. Förster, Preuß. Priv.itrecht. I. 4. Aust

46

bereit w a r zu tadeln"), doch zuweilen ihren tieferen G rund haben, daß sie der Abschluß einer neueren, berechtigten Rechtsbildung find. Nach

dem Ausgeführten

muß

der B e g r i f f

der Session fü r das

heutige praktische Recht dahin gegeben werden: sie ist die Uebertragung einer Forderung ihrer Substanz nach auf einen neuen G läubiger. Abtretung ist Singularsuccession. abgetreten').

D as

Diese

„Eigenthum des Rechts" w ird

N u r freilich ist vom Standpunkt juristischer Betrachtung

davor zu w arnen, den Ausdruck Eigenthum in seiner Anwendung auf O bligationen ebenso aufzufassen, als bei Sachen und dinglichen Rech­ ten.

Eigenthum ist hier n u r eine dem gemeinen Leben entlehnte A u s ­

drucksweise, um zu bezeichnen, daß die abgetretene Forderung die eigne des neuen G läubigers

geworden.

Insbesondere

ist

die

unberechtigte

Folgerung abzuweisen, O bligationen als Gegenstände des Besitzes sich zu denken'"). Denselben B eg riff hat das A .L .R ., „die H an d lu n g , durch welche das Eigenthum eines Rechts dem Anderen wirklich übertragen w ir d " '') . Nach dieser D efin itio n ist der B eg riff nicht streng auf Forderungsrechte beschränkt; ein T h eil der Vorschriften ist indessen lediglich für diese be­ rechnet;

wenngleich daher die Bezeichnung auf

Uebertragung anderer

Rechte als der Forderungsrechte anwendbar ist, so folgt daraus nicht die Anwendbarkeit aller besonderen Grundsätze der Ecssionslehre auf einen weiteren K reis.

D ie D e fin itio n führt zunächst zu der Frage nach dem

I. R e c h ts g ru n d der Cession").

S ie selbst ist nur die übertragende

H an dlung, ähnlich wie bei dem Eigenthum die Uebergabe.

S ie ist nach

der Auffaffung des A .L .R . dem M odus bei dem Erw erb dinglicher Rechte vergleichbar, setzt also einen Rechtsgrund (T ite l, c a u s a ) v o ra u s ,3).

D ie ­

ser G ru n d ist entweder ein Recht s ges chä f t des In h a lts , daß der Eine verpflichtet w ird ,

dem Anderen das Forderungsrecht zu ü b ertra g en ");

®) K o ch S . 31 N o te e. sagt: „D ie Redaktoren thun, als wäre es nie und nirgend anders gewesen!" S eh r natürlich, denn die Redaktoren haben nicht ahnen können, daß durch M ü h le n b r u c h eine andere Theorie, alö sie bisher in dem gemeinen Recht angenommen worden, aufgestellt werden würde; die neuere Theorie ist auch erst durch die A uffin dun g des @oju8 möglich geworden, aus welchem die Prozeß­ form el fü r den Prokurator bekannt wurde. Außerdem wäre es wohl aber über­ haupt nicht Sache der Redaktoren eines Gesetzbuchs gewesen, andere Theorien, die sie nicht aufnehmen wollten, noch besonders zu berücksichtigen®) Richt bloß die actio und exceptio S t r i e t h o r s t D . 77 S . 166. I0) B ä h r S . 401.

Dresdener Annalen I I I . 466.

n ) §§• 376. 377. Durch Cession werden z. V . auch Kuxe und daS Recht aus der M u th u n g übertragen, ebenso Gerechtigkeiten, die nicht in daS Grundbuch einge­ tragen sind-

19) Koch,

Uebergang §. 22 S . 117.

,#) §§. 376. 377. " ) §. 376. d. T .

Koch, Uebergang S . 3 2 f. Komment. Note zu §. 376. d. T .

§. 91«.

R>?chtSabtretung.

723

oder eine allgemeine R e c h ts v o rs c h rift, die den Uebergang eines Rechts auf einen Andern nothwendig (ipso ju re ) herbeiführt, ohne daß es einer übertragenden Handlung bedarf"). Hiernach w ird die f r e i w i l l i g e und die n o th w e n d ig e Cession unterschieden. Jene verliert ihren Cha­ rakter nicht, wenn sie auch eine erzwingbare Verpflichtung geworden"). Dazwischen schiebt sich als dritte A rt die e rzw u ng e ne Cession ein, die im Wege der Zwangsvollstreckung ein Forderungsrecht dem Gläubiger zu seiner Befriedigung ü be rträ g t''). S ie steht in ihren Wirkungen der freiw illigen nahe. a. R echtsgeschäft. „D ie Abtretung der Rechte setzt e in e n V e r ­ tr a g v o r a u s , wodurch Jemand sich verpflichtet, einem Andern das Eigenthum seines Rechts gegen eine b e stim m te V e r g e ltu n g zu überlassen" ,s). Diese Vorschrift kann zunächst zu der Annahme ver­ leiten, als erfordere die freiwillige Rechtsabtretung jedesmal einen be» ,5) § . 4 4 2 . b. T .

G r u c h o t X I . 94«;f.

ls) Von den Neueren (s. S e u f f e r t , Pand- I I . S - 163 Note 7 ), insbesondere auch von Koch (Uebergang S . 1 1 7 f. 1-16f . ) r w ird unter die F alle der nothwendigen Cession auch die erzwiugbare gerechnet, d. h. diejenige, zu welcher der Cedent in Folge eines Rechtsgeschäfts verpflichtet ist. M i t Unrecht, denn dadurch w ird der Unterschied zwischen freiw illiger und nothwendiger Cession verwischt. Is t in Folge eines Rechtsgeschäfts eine Perpflichtnug zur Cession eingetreten, so ist diese n u r die E rfü llu n g des Rechtsgeschäfts, und vaS letztere jedenfalls ein Akt der F re i­ willigkeit. Selbst wenn der Erbe die vermachte Forderung dem Legatar cediren m u ß , ist das Vermächtnis; als freiwilliges Rechtsgeschäft der G ru n d der Cession. D a s fächs. Ges.B. §. 953 theilt richtig ein in Lessionen, die auf einem R e c h t s ­ geschäf t beruhen, gleichviel, ob der Gläubiger dasselbe freiw illig ober in Folge gesetzlicher Verpflichtung übernommen, und in solche, die nach Geset z ohne W eiteres, und durch A u s s p r u c h des R i c h t e r s geschehen. D a s röm. Recht gab in den Fällen der Erzwingbarkeit eine actio u tilis ( S e u f f e r t I I I . 2 5 9 ), nach preuß. Recht muß besonders cedirt werden. Hierher gehört noch folgender F a ll: D e r B ü rg e, welcher sich besonders verpflichtet hat, erlangt durch die Zahlung den Anspruch an den Gläubiger auf Cession seiner Rechte gegen den M itb ürgen . I. 14. §. 379. 1. 39. D . X V i i 1. D e r zahlende Korrealschuldner hat zwar einen Regreß an seine Mitverpflichteten, aber nicht in Folge einer ausdrück­ lichen oder ipso ju re eintretenden Cession, eben so wenig erw irbt der Schuldner, der einen von mehreren Berechtigten befriedigt h at, den Anspruch gegen die an­ deren aus §. 4 5 2 . I. 5 aus G rund einer ipso jure Cession, und er bedarf auch nicht der ausdrücklichen Cession des Befriedigten. S . oben §. 63. Nach röm. N . ferner mußte der M an d ata r und Gefchäflsbejorger die erworbenen Klagen dem M andanten abtreten. 1. 8. §. u lt. 1. 10. §. 1. 1. 27. §. 5 I) . X V I I . 1 Auch dies fällt nach Preuß. Recht weg. D e r M a n d a n t, erw irbt nach dem P rin zip der freien Stellvertretung die Klagen unmittelbar. Oben §. 4 2 . r ) D em A . L .R . unbekannt: eingeführt durch Ges. v. 4. J u li 1 8 2 2 , §. 7 3 6 .

jetzt C . P . O .

'') Ueber die Entstehung des tz. 376. d. T . s. K o ch , Uebergang S . 3 2 f. Komment, und Ergänzungen. Auch die Redaktoren haben den „ vorausgesetzten V e rtra g " n u r als die causa praeccdens sich gedacht, welche m it dem CessionSakt selbst zusammenfallen kann. D ie Fassung der §§. 376. 3 77 ist n u r beliebt worden, um „akkurat zu sprechen und Chikanen gegen bte D efin itio n zu vermeiden", statt, wie eS im E n tw u rf hieß: „die Abtretung der Rechte ist ein V ertrag, wodurch Jemand sich verpflichtet, einem Andern Eigenthum seines Rechts gegen eine bestimmte Vergeltung zu überlaffen. Vergl. S e u f f e r t 55. 2 5 N r . 2 3 2 .

sonderen Vertrag (ein pactum de cedendo). So aber wird sie nicht von der Praxis verstanden"). Der vorausgesetzte Vertrag kann mit der Abtretungshandlung zeitlich zusammenfallen. Es folgt dies daraus, daß die Erklärung des Gebenten: der Andere solle fortan befugt sein, das Recht als das seinige auszuüben, und die Annahme dieser Erklä­ rung für sich allein das Eigenthum am Recht übertragen"). Dazu ist also kein besonders vorhergehender, formell rechtsbeständiger Vertrag über die künftige Gession nöthig, wohl aber überhaupt ein — regelmäßig vertragsmäßiger — Rechtsgrund: derselbe kann entgeltlich oder unent­ geltlich sein. D as A.L.R. nimmt mit Unrecht die Entgeltlichkeit in die Begriffsbestimmung aus, denn wenn auch die unentgeltliche Uebertragung als Schenkung angesehen werden soll"), so ist sie nichts destoweniger eine Gession, die nur insofern eine Besonderheit hat, als sie dem Wider­ ruf wie die Schenkung ausgesetzt ist"). Welche Einwirkung die Form ­ losigkeit des rechtgiltigen pactum de cedendo nach erklärter Gession auf das Rechtsverhältniß des Gebenten zum Gessionar hat, ist unter N. zu erörtern. Der entgeltliche Titel kann sehr verschieden sein. E r erscheint als Kauf des Forderungsrechts, wenn die Gegenleistung baares Geld ist, als Tausch, wenn das Forderungsrecht übertragen wird gegen eine Sache oder ein Recht"), als Hingabe an Zahlungsstatt, wenn durch die Ab­ tretung der Forderung eine andere Schuld berichtigt werden soll"), die Gession kann erfolgen, um gemeinschaftliches Vermögen (eine Erbschaft) zu theilen"), um ein Vermächtniß zu realisiren"). I n allen diesen Fällen ist sie die Ausführungshandlung, die Erfüllung eines Rechtsgeschäfts, deffen Giltigkeit nach seinen besonderen Grundsätzen zu beurtheilen ist, so daß, wenn dieses ungiltig, auch die darauf gestützte Cession die Frage ge­ stellt w ird"). Ungeeignet ist die Gession, um die Verpfändung einer " ) S i m o n , Rechtspr. B . 1 S . 159. Entsch. B . 9 S . 213. B . 21 S - 351. S t r i e t horst B- 2 S . 228. * ) §. 393. d. T . *•) §. 378. d. T . ,s) Die schenkung-weise Tesfion-Handlung bedarf nicht der gerichtl. Form, weil sie E r­ füllung de- formlosen Schenkung-versprechen- ist. Entsch. B . 51 S . 121. 2S) §. 381. d. T . « ) S r u c h o t I. 82 A.L.R. 1 . 16. §§. 262. 263. T h ö l , Handelsrecht §. 120 a. E. Eine bloße Ueberweifung kann im Zweifel nicht als Zahlung, sondern al» Ver­ such, die Zahlung durch den debitor cessus zu bewirken al» „Anweisung" gelten. Bestand die Forderung nicht, auf welche eine andere Forderung cesfionSweise an Zahlung-statt gegeben wurde, so kann die Rückcession derselben verlangt werden. E t r i e t h o r s t B. 5 6 . 25. « ) A.L.R. 1 . 17. §§. 60. 63. 98. 154. **) E» folgt au» §. 311. I. 12, obschon nach §. 288 die legirte Forderung schon vom Todestage de» Erblasser» die eigene de» Legatar- geworden ist Koch. Üebergang 6 .1 5 4 f. **) M ü h l e n b r u c h S . 4 5 3 f. S c h m i d t I. 6 . 33. Der viliSsc Titel giebt aber

§. 99.

RechtSabtretung.

725

Forderung auszuführen; dies widerstrebt ihrem Begriff, weil sie die Forderung zur eignen des Erwerbers machen soll, während Verpfändung die Forderung noch Bestandtheil des Vermögens des Verpfänders blei­ ben läßt"). b. R echtsvorschrift. D ie Session vollzieht sich ohne den Willen des Cedenten, also ohne daß eine besondere Handlung von ihm erfordert wird, allein aus Grund des Gesetzes (ipso jure) in einzelnen bestimmten Fällen, wenn zwischen dem Gläubiger und Cessionar ein Rechtsverhält­ niß eintritt, welches diese Eigenschaft in sich trägt. Dieses Rechtsver­ hältniß muß einen Anspruch an einen Dritten (den debitor cessus) ent­ halten, der auf den Cessionar übergeht. D as A.L.R. hat allgemein den Satz ausgesprochen: „Ueberhaupt tritt in der Regel der Zahlende gegen den Schuldner auch ohne ausdrückliche Session in die Rechte des bezahl­ ten Gläubigers""). Ueber diesen Satz, in solcher Allgemeinheit dem gemeinen Recht unbekannt"), ist oben gehandelt worden"). Daß das A.L.R. aber mit der Forderung regelmäßig nicht die besonderen Vor­ rechte und Sicherheiten übergehen läßt, dazu vielmehr eine ausdrückliche Session verlangt"), ist folgewidrig. Der ausdrücklichen Session bedarf es nicht für den Eintritt des Bürgen in alle Rechte des von ihm be­ friedigten Gläubigers "), und in gleicher Weise tritt der zahlende Eigen­ thümer der Pfandsache in alle Rechte des Gläubigers"), ebenso erlangt der Nießbraucher, welcher für den Eigenthümer Kapitalszahlungen genicht dem Schuldner eine Einrede gegen den Celsionar, sondern dem Sedenten eine Klage oder Einrede gegen diesen, oder diesem gegen den Sedenten. 86) K och, Uebergang S - 133. 170 betrachtet die (Session einer Forderung zum Zweck ihrer Verpfändung als bedingte Abtretung, die Bedingung sei, daß der Schuldner nicht erfülle. S e u f f e r t , Pand. II. S - 102 N ote5. $9) I. 16. §. 46. Eine gesetzliche Cesswn liegt auch dem Satze de- §. 62 de- R G . v. 6. J u n i 1872 zu Grunde, wonach ein Armenverband befugt ist, die gewährte Unterstützung von den au- anderen? Titeln Verpflichteten einzufordern. Vgl. Entsch. d. R G . B . II. S . 47. 8Ü) I. 49. D. III. 5. Siehe oben §. 91 Note 32. D a - sächs. Ges.V. §. 955 läßt auch in solchem Falle vom zahlenden D ritten die Lession sich n u r a u - b e d i n g e n , von selbst tritt sie nicht ein. 3') Oben §. 91. 3J) I. 16. §. 47. K och, Uebergang © . 1 4 8 f. Nach 1 .11. §§.442. 443 kann der Zahlende jedenfalls ausdrückliche Session fordern. Könnte er da- nachträglich, so wäre die Bestimmung bedeutungslos; der Zahlende könnte den Bezahlten jederzeit nöthigen, ihm die formelle Legitimation zur Geltendmachung der DerzugSrechte zu gewähren- Die Bestimmung ist deshalb dahin auszulegen, daß da- Verlangen nach Session bei der Zahlung erhoben sein muß. Ist da- nicht geschehen, so sind die Borrechte, Vorzugsrechte rc., durch die Zahlung untergegangen. 31) I. 14. ß. 338. 3f) §. 83. I. 20. Dem Eigenthümer gegenüber, der die Grundschuld oder Hypothek zahlt, ist der Gläubiger verpflichtet, die Post ohne Gewährleistung abzutreten. Ges. über d. Eigenthum-erwerb v. 5. M ai 1872 §. 63.

leistet h at, gegen ihn die Rechte des G läub igers"). § § 4 7 . 48.1. 16 finden auf diese Fälle keine Anwendung. I n gleicher Weise findet ein E in tritt in die Rechte der LehnsglLubiger, welche auf der Substanz des Lehns haften oder vermöge der Einwilligung der Agnaten und M it­ belehnten das Lehn angehen, zu Gunsten des Allodialerben des Lehns­ besitzers dann statt, wenn er solche Schulden ohne deutliche entgegen­ stehende Abficht getilgt h a t" ) . D aß der Erbschaftskäuser durck den Erbschaftskaus alle Forderungsrechte der Erbschaft e rw irb t"), ergiebt fich daraus, daß er an die Stelle des Erben tritt; von einer gesetzlichen Session ist in diesem Falle nicht mit den früheren Auslagen zu reden. D er von der Preußischen Konkursordnung § .1 1 geordnete E intritt dessen, der nach der Eröffnung des Konkursverfahrens Forderungen an den K ridar bezahlt, in alle Vorrechte des Bezahlten, ist von der Deutschen Konkursordnung aufgegeben. c. G e ric h ts z w a n g . Schon die A .G .O . gestattete einem G läu­ biger, im Wege der Exekution Forderungsrechte des Schuldners in Be­ schlag zu nehm en"). Diese Bestimmung w ar unzureichend, sie ermäch­ tigte nicht zur Einziehung und ist schon von der neueren Preußischen Gesetzgebung geändert, der sich das Reichorecht angeschlossen h a t" ). Der G läubiger einer Geldsorderung, der sich durch Annahme einer Forderung seines Schuldners an Zahlungsstatt befriedigen will, kann bei dem Gericht beantragen, ihm die gepfändete oder gleichzeitig zu pfändende Forde­ rung an Zahlungsstatt zum Nennwerthe zu überweisen und dadurch zu übereignen. D ie Verfügung ist die Cessionshandlung, welche vom Richter an Stelle des Schuldners vorgenommen w ird; der Gläubiger wird dadurch berechtigt, die Schuld einzuziehen, zu klagen, und, wenn sie im Grundbuch eingetragen ist, die Uebercignung eintragen zu lassen"). D ie Herausgabe der Urkunde über die Forderung kann er durch Zwangsvollstreckung betreiben. Zst die Schuld größer, als die Forderung des Exekutionssuchers, so erfolgt die Uebercignung nur auf den entsprechenden Theil. D aß diese Ueberweisung mit dem Vorzugs­ recht vor dem Ueberrest verlangt werden kann, ist als Regel nicht zu bezweifeln. Nach den Motiven der Civilprozeßordnung ist angenommen, daß ein solches Vorzugsrecht selbstverständlich sei und eines besondern 31) 3S) *7) M) 39)

i. 21. §. 79. §§. 5 9 3 -5 9 7 . I. 18. 1 .11. § 454. Nach Handelsrecht gehört hierher noch der Fall des Art. 806 H.G.B. A.G.O. I. 24. §§. 101—105. Ges. v. 4. Juli 1822 §§. 6—9. Ges. v. 20. März 1854 §§. 16 f.. jetzt C-P.O. §. 736. 4C) § .5 3 des Gesetzes über den EigenthnniSerwerb re. vom 5. Mai 1872. C. P.O. §. 737.

§. W . RechlSabtretung.

727

Ausdrucks nicht bedürfe. D a der Ueberweisuug die Pfändung der F or­ derung entweder vorangegangen ist oder m it ihr zugleich erfolgt, so rechtfertigt sich der Satz — freilich nur soweit nicht ältere Pfändungen derselben Forderung vorangegangen find — ; denn daß der Gläubiger, welcher zuletzt hat pfänden lassen, die zur Deckung beider nicht genü­ gende Forderung sich zuerst überweisen läßt, kann ihm ein Vorrecht nicht gew ähren"). II. D ie C e ssio n sso r m . D a die (Session die Uebertragungshandlung ist, so gehört zur freiwilligen nichts weiter, als daß der (Sebent erkläre: der Andere solle befugt sein, die abgetretene Forderung als die seinige auszuüben, und daß der Cessionar diese Erklärung annehm e"). D ie Annahme - Erklärung braucht indessen bei der Abtretung von Hypotheken und Grundschulden dem Grundbuchrichter nicht dargelegt zu w erden"). Eine Erwähnung des Rechtsgrundes, weßhalb cedirt wird, ist nicht erfordert, darum auch nicht die Erklärung über die empfangene etwaige Gegenleistung (V a lu ta )4'). Nützlich zwar ist es, bei der Cession dergleichen zu erwähnen, aber zur (Sessionsform gehört es nicht"). Nach der allgemeinen Regel muß die Ecssionserklärung bei einer For4I) Es fragt sich, ob der Grundbuchrichter bei richterlicher Theilüberweisung ohne aus­ drückliche Hervorhebung des Vorzugsrechts dieses auf Verlangen eintragen kann. W ilm o w S ti und Levy zu §. 736 C .P.O . leugnen. M it Unrecht, weil das Verzngörecht aus dem Gesetze folgt. Auch wenn ausdrücklich mit dem Vorrecht vor dem Ucberrest angewiesen ist, kann dies gegen ein durch ältere Pfändung begrün­ detes Vorrecht verstehen: die Eintragung des Vorrechts hat also keine sichere G rund­ lage; sie rechtfertigt sich aber, sofern für den Grundbuchrichter der Gläubiger, bei dem die Forderung gepfändet ist, als zur Verfügung über die ganze Forderung legitimirt erscheint. 1:) §. 393. d. T . S t r i e t h o r s t B . 7* S . 24. DaS bloßeAnerkenntuiß des Cedenten, daß dem Eessiouar das Recht zustebe, ersetzt nicht die Erklärung, die §. 393 vom Cedenten erfordert. S t r i e t h o r s t B. 4 (0. 158. Die Erklärung muß dem Cessionar selbst gegenüber vom Cedenten erfolgt sein. Uebergiebt das Gericht oder der Notar, die von" ihn: aufgenommene CessionSurkunde ohne Auftrag dem dabei nicht an­ wesenden Cessionar, so ist noch keine Cession vorhanden. D aß aber die Urkunde über die dem Cessionar gegenüber erklärte Cession dem Cessionar ausgehändigt sei, ist nicht erforderlich. Entsch. 95. 63 S . 87. S t r i e t h orst D. 19 S . 47. 4I) G r.B O rdn. v. 5. M ai 1872 §. 80. D aß es danach der Auuahmeerklarung über­ haupt nicht bedürfe, läßt sich nicht aufrecht erhalten. 4t) Entsch. B . 16 S . 25)3. B . 12 S 204. Schles. Arch. B. 6 S . 479. S t r i e t Horst B . 6 S . 175. K och, Uebergang S . 138. D er Schuldner darf die Art, ob und wie Valuta berichtigt worden, nicht zur Erörterung ziehen; er braucht da­ her auch nichts darüber zu erfahren. ArnSb. Arch. B . 10 S . 574. D er Cefstouar bedarf der Cession nur zur Legitimation für die Klage ans der abgetretenen Forderung; er braucht den Cessionsqrund nicht anzugeben. A. M . v. d. P f o r d t e n in den B l. f. R.Anw. in Baiern B . 3 S . 65. Dagegen S e u f f e r t B . 5 N r. 150. B. 10 N r. 36. B . X III. 90. Sachs. Ges.D. §. 974. -L>) K och, Uebergang S . 138. Gesehrevisoreu, Pens. X IV . S . 74. 75. E s gehört auch nicht zur CcssionSform, daß der debitor cessus genannt werde. ES kann ein Anspruch (z. B . auf Schadenersatz) cedirt werden, zu welchem der Schuldner, der Urheber des Schadens, noch zu ermitteln ist. S e u s f e r t VII. 20.

728

Zweite« Buch.

D ie besondereo Privatrrchtk.

denmg Über 150 M . schriftlich abgegeben werden"). Außerdem aber soll die Session immer schriftlich erfolgen, wenn über die Forderung selbst eine briefliche Urkunde vorhanden ist, wie z. B. bei Hypotheken und Grundschulden"). Eine s. g. Blanco-Cesfion, d. h. eine solche, welche auf dem Schuldschein die Unterschrift des Gebenten in der Weise enthält, daß über dieselbe die Cession mündlicher Verabredung gemäß geschrieben werden kann, hat die ältere Praxis für ungiltig erklärt, die neuere zugelaflen"). Dem Wortlaut des Gesetzes entspricht die ältere Praxis, denn in Wahrheit ist eine solche Cession nicht einmal eine münd­ liche"), da sie nicht gegenüber dem unbekannten Cessionar erklärt worden ist. Das neuere Recht hat bei Grundschulden die Blanco-Abtretung zugelaffen. Zeder Inhaber erlangt dadurch das Recht, die Blanco-Abtretung durch einen Ramm auszufüllen, die Grundschuld auch ohne diese Ausfüllung abzutreten und bk-, dingliche Klage anzustellen"). Eine Theilcession ist es, wenn entweder die Forderung nur theilweis"), oder von mehreren in einem Instrument zusammengefaßten Forderungen nicht alle abgetreten werden" ). Hier soll eine beglaubigte Abschrift des Hauptinstruments gefertigt, und auf letzterem, welches in den Händen 4S) Nach §. 131. I . 5. 4T) §. 3 9 4 . d. T> G r . « .O rd n . v. 5. M a i 1872 §§. 3 1 - 3 3 . Ueber die A r t wie die Eintragung der Abtretung einer Hypothek oder Grundschuld erfolgen muß s. das. §§. 8 1 . 82. Ges. v. 2 4 . M a i 1853 §. 17. Entsch. B . 14 S . 23 7 . B . 54 S . 83. S t r i e t h o r s t B . 59 S . 3 0 7 . D e r schriftlichen Form ist aber auch genügt, wenn der Schuldner vom Cedenten die Urkunde zurückerhält und eine neue auf den Cessionar au-stellt. P r ä j. 1 709 (S a m m l. I. S. GO). Eine Cession und eine wirksame Verpfändung liegt nicht vor, wenn lediglich die Urkunde über die F o r­ derung (der Hypothekenbrief) als Faustpfand übergeben w ird . D e r Empfänger w ird dadurch nicht Cessionar; er muß demjenigen weichen, dem die Hypothek schriftlich cedirt worden ist, obgleich Letzterer den Hypothekenbrief nicht erhalten hat. Entsch. B . 6 3 S . 19. 48) Entsch. B . 1 S . 161 verneint die Zulässigkeit auf G ru nd des §. 116. I . 5 und de- § . 8 . I. 1 3 , weil die Ausfüllung nur auf G rund eines M an d ats geschehen könnte, dem e- an der rechtsverbindlichen F orm gebricht. Dagegen läßt BlancoCesfion zu Entsch. B . 16 S . 142. RechtSsälle D. 3 S . 291. H ie r w ird die Unterschrift des Eedenten als eine unter eine m ü n d l i c h e Erklärung gesetzte ge­ dacht! D a S ist aber unmöglich, der Name des Eedenten ist hier nicht u n t e r ­ schrieben, sondern n u r niedergeschrieben. — D ie Frage ist übrigens nicht zu ver­ mischen m it der F rage, ob in Gemäßheit des W illens desjenigen, der seine Namen-schrift gegeben hat, m it der Wirksamkeit, daß nun eine gütige Cession vor­ liegt, darüber die Cession an eine bestimmte Person gesetzt werden kann: Hierüber v g l., oben §. 4 0 A n m . 19. iD) K o ch ,

Beurth» S . 40.

Kom m entar Note zu §. 3 9 4

d. T .

G r u c h o t X I . 580.

50) Ges. über den EigeuthumSerwerb rc. v. 5. M a i 1872 § 55. F ö r s t e r , G ru n d ­ buchrecht @ . 1 4 4 . O b die Urkunde dadurch Inhaberpapier w ird , darüber vergl. oben S . 4 2 8 . 51) Ges. v. 8. Februar 1811 N r . 4. 5. D ie ältere Praxis schwankte darüber, ob der Cessionar, welchem eine Theilforderung abgetreten, diesen Theil kündigen und ein» ziehen dürfe. . K n o r r im Archiv f. civil. Praxis B- 42 S . 312f. B . 46> S . 74. ' S e u f f e r t , Archiv P . 6 N r. 25. D aß Eesstonar oder (Sebent denunziren können: Gl ück B . 17 S .4 2 4 sg . U n t e r h o l z n e r i . 6 . 60!». B a h r S . 4 2 2 fg. H e u s e r , kurheff. Annalen B . 9 S . 375. S e u f f e r t B . 3 N r. 156, B 15 N r. 120, dessen Pand. S . 174 Note 2. weil eS nur darauf ankommt, die ignorantia debitoris zu beseitigen. 1. 17. I). II. 15. lfri) § § .4 1 4 . 415. d T . D ie Legitimation muß innerhalb 3 Tage bes chei ni gt sein, wenn der Cedent die Cession best rei t et , sonst ist die Denunziation deS EessionarS unwirksam. §. 416. d. T- Code civ. 1691 läßt vom Eedenten oder Eesstonar benachrichtigen. DaS österr. Ges.L. §§. 1395. 96 läßt eS dahingestellt, von wemSächs. G es.B . S . 999 wie das A .L.R . Ueber die Pflicht des denunzirenden EessionarS, sich zu legitimiren, B a h r a , a. O. S . 15. 17. 18. S t r i e t h o r s t B. 34 6 . 266. ur) §§. 415. 395. d. T . Nach gemeinem Recht genügt, wenn die Denunziation nur so geschieht, daß der Schuldner überzeugt totrb. S e u f f e r t X I. 32. Aber der Schuldner ist berechtigt, die Vorlegung des EessionSinstrumentS zu verlangen. X I. 136. 1G1) Dasselbe wird einen Gerichtsvollzieher mit der Behändigung der Erklärung be­ auftragen. GerichtSvollzieherordnung §. 19, GefchäftSanweisung für Ger.Bollz. §. 44. Eine andere Bedeutung hat die vom Gericht als Grundbuchamt ausge­ hende Benachrichtigung von der Cession (und deren Eintragung) §. 414. d. T . S ie ersetzt die Benachrichtigung deS Eedenten. ,c») §. 418. d. T .

machung ist der gutgläubige Schuldner gesichert, wenn er an den alten Gläubiger zahlt, oder mit ihm sonst über die Forderung verhandelt'" ) — nicht weil dieser noch Gläubiger geblieben und der Cesfionar ein fremdes Recht ausübt, also nicht weil solche Verhandlungen an sich giltig find, sondern nur, wie das A.L.R. sich bezeichnend ausdrückt: „zu G u n sten des Schuldners". Die Schlechtgläubigkeit wird ihm daher auch noch vor der Denunziation nachtheiligm ). Wenn im gemeinen Recht nach der Regel causa lucrativa pro dolo est der vom alten Gläubiger nach der Session bewilligte schenkungsweise Erlaß für den Schuldner immer ungiltig sein soll'"), so wird man nach preußischem Recht nur anneh­ men können, daß er dem schlechtgläubigen Schuldner nicht nützt. Nach alle dem hat die Denunziation nicht die Bedeutung, daß sie den Ceffionsakt vollendet, sondern, daß sie den Schuldner und Cesfionar in eine sü unmittelbare rechtliche Beziehung zu einander bringt, daß das Rechts­ verhältniß zwischen Beiden sicher gestellt ist'"). D araus, daß die Cesfion schon vor der Denunziation die Sortierung dem Cesfionar über­ eignet, ergiebt sich, daß der Schuldner dem Cesfionar mit Sicherheit zahlen kann, ohne daß nach einer späteren Rückcesfion ihm replizirt werden dürfte, daß bei unterlassener förmlicher Benachrichtigung er nicht in ein Rechtsverhältniß zum Cesfionar getreten sei. Ebenso folgt daraus, daß er den Cedenten nicht mehr als aktiv legitimirt zur Geltendmachung der Fordemng anzusehen hat, wenn dieser trotz der Cession gegen ihn Klage erhebt. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, daß er kein Jnteresie daran habe, weil er mit Sicherheit dem Cedenten zahlen könne. Einmal würde hieraus keinesweges folgen, daß er ex jure tertii excipire, in Wahrheit hat er aber auch Interesse, weil er bei Kenntniß von der Cesfion der Gefahr ausgesetzt ist, daß ihm entgegengehalten wird, er habe durch die trotzdem mit dem Cedenten vorgenommenen Verhandlungen seinen Vortheil befördert'"). E s schließt sich hieran die Frage, wie weit die Legitimationsprüfung des Schuldners gegenüber einer ihm vor­ gelegten an sich formgerechten Cesfion zu gehen hat. Dabei ist soviel 1T0) §. 413. d. T. S tr ie th o rs t B. 25 S . 28, B. 52 S . 70, B. 77 S . 287. S e u ß fe tt B. 26 Rr. 25. IT1) §. 417. d T. Die Schlechtgläubigkeit ist aber nicht bloßes Wiffen von der Session, sondern zngleich die Absicht, »seinen Bortheil mit dem Schaden des Sessionar» zu befördern", also Kollusion mit dem Tedenten. Koch S . 166. '” ) Rach 1. 4. §§. 29. 31. D. XLIV. 4. 1. 6. §. 11. D. XLU. 8. B a h r a. a. O. 6 .4 1 9 . ” *) Die Denunziation ist kein AneignungS- sondern ein SicheruagSrnittel für den Teffiouar. Windscheid, Actio S . 141 fg. 187fg., faßt die Denunziation auf als »Besitzergreifung" der Actio. Dem steht entgegen, daß mit solchen figürlichen qrmsi-Erklarungen nichts gewonnen wird. An einer Forderung oder Klage kann Besitz nicht ergriffen werden. Gegen ihn B a h r a. a O. S- 425fg. m ) vgl. S trie th o rs t B. 25 S . 28. A. M D e rn b u rg 11. §.85 Aom 6.

§. 99.

753

RechtSabtretung.

klar, daß das bloße Recht des Cedenten die Cesfion zurückzuziehen, d. h. Rückcesfion zu beanspruchen, dem Schuldner ein Einwandsrecht nicht geben kann. Will der (Sebent, dem ein solches Recht zusteht, daß betn Cesfionar nicht gezahlt werde, so wird er eine gerichtliche einstweilige Verfügung oder einen Arrest erwirken muffen. Auf der anderen Seite ist klar, daß der Schuldner die Nichtigkeit der Session, z. B . wegen Handlungsunfähigkeit des Cedenten einwenden k a n n S t r e i t i g ist ins­ besondere, ob ihm zusteht, dem Cesfionar die Einrede entgegen zu stellen, daß die Cesfion fimulirt sei. D a aus der Simulation die Nichtigkeit des Rechtsakts folgt, muß die Frage bejaht werden'"). Zur Legiti­ mationsprüfung des Schuldners gehört es auch, wenn ihm bekannt ist, daß zur Zeit der Cesfion der Cesfionar in der Verfügung über sein Vermögen oder über die Forderung in einer die Cesfion ausschließenden Weise beschränkt war. Eine solche Beschränkung kann auch in einem dem Cesfionar beim Erwerbe bekannten pactum de non cedendo liegen, wenn dieses nicht wegen gänzlich mangelnder Nützlichkeit als unverbind­ lich angefochten werden kann'"). Wie oben gezeigt, kann ein späterer Cesfionar vom Cedenten kein Recht mehr erwerben, weil es der ältere Cesfionar schon erworben. Hier fragt sich, ob, wenn der jüngere Cesfionar den Schuldner zuerst benach­ richtigt, dadurch ein Vorzugsrecht vor dem älteren begründet werden kann. Dieß ist zwar zu verneinen'"), aber der Schuldner ist jedenfalls befreit, wenn er unter solchen Umständen an den jüngeren gutgläubig gem ) Nach der preuß. A nwZeitung 1865 S . 125 hat da« Obertribunal freilich auch diese Frage ander« entschieden. E« handelt sich um die Frage, ob gerade der Kläger da« Klagerecht verfolgen kann, und e« ist nicht abzusehen, warum in dem vorliegenden Fall die Einrede der mangelnden Lktivlegitimation durch einen besonderen Nachweis begründet wer­ den müßte, daß der Beklagte ein Jntereffe daran hat, diese Einrede zu erheben. I n der T hat braucht auch der Scheincedent, der in Wahrheit nicht cedirt hat, da«, wa« der Schuldner mit dem Scheincessionar verhandelt hat, al« Gläubiger nicht gegen sich gelten zu lasten; denn Eedent ist er nicht: n ur al« eine exceptio doli wird ihm entgegen stehen, daß' er durch seinen Scheinakt den Schuldner verleitet hat, Zahlung an den Lesfionar zu leisten oder mit ihm zn verhandeln. Liegt ein solcher dolus nicht vor, hat er den Schuldner in Kenntniß davon gesetzt, daß die (Session n u r ein Scheinakt sei, so wird der Schuldner ihm gegenüber durch die spätere Verhandlung mit dem Scheincesfionar nicht frei. A. M ist freilich die bisherige Praxi«, wie auch die früheren Ausgaben diese« Buch« die andere Anstcht vertreten, freilich nicht ohne auf dagegen obwaltende Bedenken aufmerksam zu machen. Vgl. P rä j. 1654. Entsch. B 37 S . 87. S t r i e t h o r s t SB. 2 S . 183. R O .H.G. » . 24 S . 325. S e u f f e r t X II. 337. m ) Vgl. A.L.R. I. 4. §. 17. Ob in der doch vorgenommenen Cesfion eine Anweisung oder Vollmacht gefunden werden kann, ist quaestio vohmtatis. Vgl. auch S e u f ­ f e r t V. 11. X III. 8. Dresdener Annalen B . 4 S . 166. 1?s) S e u s f e r t X III. 246. X X IV . 234. A. M . K n o r r im Archiv s. eivilist. Praxi» B . 42 S . 312. y .'r s te r , Pre„ß. Prlvatrecht. I. 4. Aufl.

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Zweite« Buch.

D ie besonderen Privatrechte.

zahlt hat'"). Ebenso muß der Schuldner für berechtigt und verpflichtet erachtet werden, dem zuerst denunzirenden jüngeren Cesfionar die Leistung vorzuenthalten, wenn er die ältere Cesfion noch rechtzeitig erfährt und selbst das Anerkenntniß, das er jenem gegenüber etwa bereits ausge­ sprochen, anzufechten'"). Von der Zulässigkeit der Hinterlegung im Falle der Ungewißheit des Schuldners über die Person des Gläubigers oder eines Streits mehrerer Prätendenten ist bereits im §. 92. gehandelt. D ie andere Folge des Grundsatzes, daß die Lage des Schuldners durch die Cesfion nicht verschlimmert werden darf, ist die, daß ihm ge­ gen den Cessionar alle Einreden erhalten bleiben, die er dem Cedenten hätte entgegenstellen können""). D as A.L.R. macht hier keine Ausmahme je nach der Natur der Einreden, ob sie gegen die Forderung selbst oder nur gegen die Person des Gläubigers zustehen und hat damit eine Streitfrage beseitigt, die im gemeinen Recht seit den Nachgloffatoren erörtert worden'"). Insbesondere ist die Einrede der Arglist (exceptio doli), des Nachlasses (exceptio pacti) '"), wie gegen den Cedenten so auch gegen den Cessionar zu gebrauchen. Ueber die Kompensations­ einrede ist bereits oben gehandelt'"). D ie Einreden müssen dem Schuldner zustehen gegen den Cedenten (den ursprünglichen Gläubiger) ober gegen den Nagenden Cessionar'"). Auf Einreden gegen Zwischenl,$) A. M . K och, Uebergang S . 161 f., weil er davon ausgeht, daß der Sebent noch Gläubiger geblieben, daher auch noch später cediren konnte. S . für die Anficht im Text S e u f f e r t , Pand. II. S . 174 Note 2. S c h ä f f e r im Arch. f. prakt. R.W . B . 1 H. 3 S . 149, B . 3 S . 403. B ä h r S . 4 3 5 fg. Dagegm Mü s s e t , Wi n d s c h e i d . Actio S . 190. Wie im Text da« sachs. Ges.B. §. 973. ,8°) Ebenso, wie er dem Cedenten except. doli (richtiger die Einrede der mangelnden Legitimation) entgegenstellen kann, wenn derselbe nach der Cesfion von ihm die For­ derung noch einziehen will, mag die Denunziation schon stattgefunden haben, oder nicht. 1.16. pr. v . II. 14. 1. 25. 55. v . III. 3. 1 .18. pr. D. XDI. 7. ,81) §. 407. d. T . Ausgenommen find aber die Einreden gegen Hypothekenforderungen, welche gegen den Cesfionar nur dann erhalten bleiben, wenn sie im Grund­ buche vermerkt oder ihm vorher bekannt geworden sind. §. 38 de« Ges. über den Eigenthumserwerb v. 5. M ai 1872. F ö r s t e r , Grundbuchrecht S . 191. verliert hierdurch der debitor cessus eine Einrede, so kann er gegen den Cedenten da« Interesse geltend machen. S e u f f e r t B . 24 N r. 200. Die« bezieht sich nur auf die Einreden gegen da« d i n g l i c h e Recht aus der Hypothek. Koch, Uebergang S - 192 f. ,M) F r a n k e im civil. Arch. » .X V I . S . 417. Wi n d s c h e i d . Actio @. 181 fg. Die Glosse nahm noch an, daß der Schuldner alle Einreden gegen den Cedenten dem Cesfionar opponiren könne (zu I. 4. §. 28. D. XL1V. 4. v. except.). Die Postgloffatoren stellten den Unterschied auf zwischen exc. rei cohaerentes «nd quae mere personam cedentis concem unt. Zu letzteren rechnete« fie aber n ur die exc. b anni et excommuuicationis. Dies wurde später mißverständlich verall­ gemeinert. IM) F r a n k e S . 4 3 0.424. M ü h l e n b r u c h S . 599. 594. B a n g e r o w III. 6 . 126. 128. Auch die Einrede der Kompetenz bleibt erhalten. B a n g e r o w S . 129. Preuß. Recht: Kook.Ordn. v. 1855. $. 434fg. Koch, R. d. F. I. S . 4 2 8 fg. 1M) Oben 8 94. »” ) D enn dieser macht gegen den Schuldner sein eigne« Recht geltend, muß sich da­ her auch gefallen lassen, daß ihm der Schuldner nur leiste, wenn er auch ih m zu

inhaber, welche als solche gegen den Schuldner nicht aufgetreten sind, insbesondere m it ihm nicht verhandelt haben, insbesondere auf eine Kompensationseinrede gegen einen solchen Zwischeninhaber hat sich K lä­ ger nicht einzulassen'"); wohl aber steht ihm z. B . die Zahlung ent­ gegen, die ein früherer Cessionar bereits erhoben h a t" ') . Prozeffualische Einreden stehen dem Schuldner nur zu, wenn sie gegen den Prozeßgegner selbst begnindet sin d '"). I m Falle der Cession einer Grundschuld oder H ypothek'") modistzirt sich die Rechtsstellung des Schuldners durch die Einwirkung der besonderen Rechtsnatur dieser I n ­ stitute. Gegen die Klage des Grundschuldgläubigers können nur die unm itelbar gegen ihn zustehenden oder aus dem Grundschuldbrief sich erge­ benden Einreden erhoben werden. Bei der Cession einer Hypothek wird der entgeltliche und unentgeltliche Erwerb gegenüber gestellt. I m Falle des letzteren gelten die allgemeinen Grundsätze, während dem entgeltlichen Erwerber gegenüber aus dem persönlichen Schuldverhältniß des Cedenten Einreden nur insoweit zu erheben sind, als sie dem Erwerber bekannt waren oder sich aus dem Grundbuch ergeben. — Nach einer Bestimmung der Allgemeinen G erichtsordnung'") konnte gegen den Cessionar einer noch von einer Gegenleistung des Cedenten abhängigen Forderung diese Gegenforderung als uneigentliche Widerklage, jedoch nur in Höhe der Klageforderung, geltend gemacht werden. Wenn auf G rund dieser B e­ stimmung die preußische Praxis über ein bloßes Kompensationsrecht hinaus eine Widerklage auf Gegenleistung gegen den Cessionar des Anspruchs aus einer zweiseitigen Obligation angenommen hat""), so ist dieser Rechtsaussasfung bereits unter III bei Anm. 70 entgegen getreten; und die prozeffualische Möglichkeit, welche die Allgemeine Gerichtsordnung gewährte""), im Prozeße des Cessionars den Cedenten zu adzitiren, da­ mit der Schuldner gegen ihn wegen einer die Klageforderung überstei­ genden Gegenforderung Widerklage erheben könne, ist dem neuen Prozeß­ recht frem d '"). leisten schuldig. Die 1. 4. §. 18. D. XLIV. 4 giebt gegen den procurator in rem suam dem Schuldner ou6 dessen Person die doli exc. S e u f f e r t XI. 31. m )

iS«)

,s9) "°) ” l) ,M) m)

§. 316. I. 16. A.L.R. Entsch. B . 46 S . 86. Die Frage, in welcher Weise der Wechsel in der Person des Klägers auf eine gegen den ursprünglichen Kläger begründete Prozeßeinrede, z. B. der mangelnden Kaution-leistung, — vgl. Koch zu §. 384. d. T . — einwirkt, ist nach dem zu V. Auszuführenden in den meisten Fällen nicht mehr zu erheben. E .E .G . v. 5. M ai 1872 §. 38. A .G.O. I. 19. §. 7. Koch. Uebergang S . 199. P riv .R . © .2 S . 151 Note 23. Entsch. B . 22 S . 25. S . auch S t r i e t h o r s t B . 13 S . 91. A .G .O . I. 19. §. 8. Anderer Ansicht D e r n b u r g II. §. 85 Anm. 23, weil §. 33 lk.P.O. nicht aus­ drücklich sagt, daß Widerklage nur vom Beklagten gegen Kläger erhoben werden

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Zweite« Buch. Die besonderen Privakechte.

Dem Gebrauch seiner Einreden gegen den Cesfionar kann natürlich der Schuldner entsagen. Solche Entsagung liegt darin, daß der Schuld­ ner in rechtsverbindlicher Art den Cesfionar als seinen Gläubiger für die ihm abgetretene Forderung anerkennt'"). Der Schuldner muß den Cesfionar als sein en Gläubiger anerkennen, er muß ihm gegenüber eine verpflichtend e Erklärung abgeben; es genügt nicht, daß er ihn nur als Cesfionar anerkennt und mit ihm über die Schuld verhandelt'"), denn ein solches Anerkennen ist nur ein thatsächliches Zugeständniß, nicht verpflichtend'"). D as Anerkenntniß muß die Forderung nach Qualität und Quantität, dem Rechtsgrunde und Gegenstand nach, genau bezeich­ nen. E s muß in rechtsgiltiger Weise d. h. schriftlich erklärt werden; aber es genügt, wenn dies einseitig vom Schuldner geschieht, und der Cesfionar stillschweigend annimmt'"). S o erscheint dieses Aner­ kenntniß als ein selbständiger Verpfiichtungsakt des Schuldners, welcher zwar den Rechtsgrund der abgetretenen Forderung weder ändert noch auf­ hebt, wohl aber denselben durch Beseitigung der gegen sie möglichen An­ griffe verstärkt, indem es ausdrückt, daß die Forderung nicht allein gütig entstanden ist, sondern auch bis zum Moment dieser Erklärung gütig fort­ besteht. Darum wirkt es als Entsagung, ist aber nicht als Novation aufzusaffen. Kein neues Recht ist geschaffen, sondern das alte gesichert'"). Wegen Irrthums kann das Anerkenntniß angefochten werden, und dies

194)

195) ,9f)

'" ) 19*)

kann. D a- danach zu lösende Räthsel, in welcher Weise die nach 8- 254 C.P.O . nur durch Geltendmachung des Anspruchs in der mündlichen Verhandlung zu erhebende Widerklage sich gegen den bi- dahin außerhalb des Prozesse- stehenden Cedenten richten kann, hat D . freilich nicht gelöst. §. 412 d. T . Gr u c h o t B. 3 S . 3 0 fg. Z. B . wird dadurch auch die Einrede der nicht erhaltenen Valuta beseitigt. S l r i e t h o r s t B . 46 S . 224. Auch verpflichtet sich der Schuldner durch Anerkennung des Cesfionar-, an dessen Wohnort zu zahlen. Entsch. D. 65 S . 64. Oben §. 91 Note 44 S . 652. Oder ihm vorbehaltlos zahlt; er kann dennoch gegen ihn kondiziren. S t e g e ­ m a n n II. S . 363. S e u f f e r t B . 25 Nr. 209. Entsch. B . 11 S . 251. S t r i e t h o r f i D. 10 S . 185. D er anerkannte Gläu­ biger soll der wirklich eigene Gläubiger de- Schuldners werden, und deßhalb giebt dieser die Einreden gegen den früheren Gläubiger auf. D a - Anerkenntniß muß dem Cesfionar g e g e n ü b e r erklärt sein: P räj. 1406 (Sam m l. 1. S . 60). Entsch. B. 16 S . 31 ^Pl.Beschl.). Parallel dem §. 412. d. T . find SS. 259. 266. I. 16. Ein Beispiel nicht hinreichender Anerkennung: G r u c h o t B. 7 S . 532. A l- Novation faßt namentlich G r u c h o t a. a. O. und Koch, Komm. N . 42 zu §. 412 da- Anerkenntniß auf. S . über Novation im heutigen Recht oben §. 97. G r u c h o t sagt S 38: e- handele sich hier^nicht um die Aufhebung eine- R e c h tvermittelst der Entsagung, sondern um die Feststellung der Ve r b i n d l i c h k e i t . Dem kaun aber nicht beigetreten werden; die Verbindlichkeit wird nur dadurch festgestellt, daß der Schuldner seine Einreden, also ein Recht aufgiebt. D aAnerkenntniß als Formalakt ist dem preußischen Recht unbekannt. Oben 6- 41. I n Entsch. B. 48 S . 63 war daher auchlmit Recht der Anerkennung eine» Hypo­ thekengläubigers, wenn der Schuldner trotzdem innerhalb 38 Tage eine Protestation hat^ eintragen lassen, die Wirkung entzogen. Die Entsagung der Einreden hat hier eben nicht stattgefunden Dom Standpunkt der Novation wäre die Entschei-

ist insbesondere der Fall, wenn die Voraussetzung des Schuldners, daß der Cesfionar die Forderung wirklich als eigene erworben, sich als falsch erweiset, z. B . weil die Cession nur zum Schein vorgenommen'"), oder der Cedent die Forderung bereits früher rechtsgiltig an eine andere Person abgetreten hatte""). Durch ein giltiges Anerkenntniß giebt der Schuldner freiwillig alle Einreden auf, die ihm gegen den G ebenten zugestanden; aber er verliert nicht diejenigen Einreden, die er gegen den C essio n ar h a t" '). Eine fernere Folge aus dem Grundsatz, daß die Lage des Schuld­ ners nicht verschlechtert werden darf, ist, daß sich der Cessionar gegen ihn derjenigen V orrechte nicht bedienen darf, die ihm als eine persön­ liche Eigenschaft zustehen. Geht die Forderung auf privilegirte Persön­ lichkeiten (Fiskus, Kirchen, Stiftungen) über, so ist der Schuldner ihren Vorrechten nicht unterworfen'"'). Endlich legt es das Gesetz dem Schuldner noch besonders in die Hand, sich gegen die Gefahr zu schützen, daß er bei mehrfachen Cessionen an einen späteren Cesfionar zahle und von dem älteren abermals in Anspruch genommen werde, indem es ihm, sofern über dielForderung selbst ein) §. 134. 1 .17. 3I) §§• 1 3 7 -1 4 6 . I. 17.

trage z. L. v. d. Novation und Delegation, 1850. De l b r ü c k , die Uebernahme fremder Schulden. 1853, S . 22. K n i e p , Einfluß der bedingten Novation, 1860, S . 123f. R ö m e r , die bedingte Novation, 1860, ©. 50. 62. v. S a l p i u S , die Novation und Delegation nach römischem Recht, 1864, §§. 5 —14. 73.

Die Sprödigkeit, mit welcher das römische Recht an dem Grund­ satz festhielt, daß Schuldverhältniffe auf andere Personen nicht übertrag­ bar seien, machte sich wie auf der Gläubigerseite (§. 99) so auch auf der Schuldnerseite geltend. E s konnte für den alten Schuldner ein neuer unter Bewahrung der rechtlichen Natur und Identität der Obligation nicht eintreten. Auch hier aber konnte und mußte die Stipulation, diese allgemeinste Vertragsform, aushelfen; es konnte Jemand unter dieser Form die Schuld eines Anderen als die {einige versprechen, aber es wurde dadurch nicht ein Eintreten in die alte Obligation, sondern ein Zerstören derselben und die Errichtung einer neuen, einer Verbalobli­ gation herbeigeführt. Die Uebernahme fremder Schulden erscheint daher im römischen Recht als Novation. Im neueren Recht vollzieht sich die Schuldübernahme durch Konsensualvertrag und entwickelt sich zu einem wirklichen Eintreten (Succession) in ein vorhandenes Schuldverhältniß, dessen Eigenthümlichkeit bewahrt bleibt. D as preußische Recht hat da­ her auch diese Rechtsinstitute, während es die Novation als Umschaffung der Obligation „der Art nach" auffaßt, nicht in der Lehre von der No­ vation abgehandelt. Aus dem römischen Recht find zwei solche Institute der Schuldübernahme in das heutige übergegangen, die D e le g a tio n , welche das A.L.R. als eine Form der Anweisung betrachtet, und die E x p ro m issio n , welche von ihm als Jntercesfion angesehen wird. I. D e le g a tio n ist das Rechtsgeschäft, bei welchem der Angewiesene (Asfignatar, Delegatar) den Anweisenden (Assignanten, Deleganten) als Schuldner entläßt, und statt seiner den Ueberwiesenen (Assignaten, De­ legaten) mit deffen Willen als Schuldner annimmt1). Die Delegation ') I. 16. §. 264. — S a l p i u S (S . 1 4 f. und a. a. O.) sucht zu beweisen, daß der Begriff der Delegation al» einer Unterart der Novation neueren Ursprung« ist (seit Eujaciu» und DonelluS). S ie wurde aufgefaßt als der auftragSLHnliche, ein­ leitende Akt zu einer Novation mit Personenwechsel uud bildete deu Gegensatz zur Eppromisfion. Gegen diese Aussaffung, daß die Folge oder Wirkung der Delega­ tion immer eine Novation sein müsse, spricht allerdings der Umstand, daß auch delegirt werden kann, ohne daß schon eine zu novirende Obligation besteht, und damit ist die Nothwendigkeit gegeben, die Delegation von der Novation zu trennen und als selbständiges Recht-institut zu begreifen. Nach klassischem römischem Recht haben Delegation und Novation nicht» mit einander gemein, selbst nicht, wenn die Novation mit Personenwechsel erfolgte. Delegation umfaßte alle Fälle, in denen eine Leistung beliebiger Beschaffenheit aus Anweisung eine» Dritten (jassu ) ge­ schieht; e» gehört also insbesondere auch die Kreditanweisung hierher. Diese» For­ derung-recht wurde wie baare» Geld behandelt. Die Novation dagegen war ein tilgmder Formalakt, der in der späteren Entwickelung ein materiell liberatorischer Bertrag geworden. D er In h a lt der novirende« Stipulation war identisch m it dem In h a lt der früheren Obligation, daher auch denselben Einreden ausgesetzt wie

ist jetzt E intritt in ein fremdes Schuldverhältniß (Succession), aber es fragt sich, in welches succedirt wird. E s liegen möglicherweise zwei vor: eines zwischen dem D elegatar (Gläubiger) und Deleganten (Schuldner) und eines zwischen dem Deleganten (G läubiger) und Delegaten (Schuld­ ner). Succedirt nun der Delegatar anstatt des Deleganten in das letztere, oder der Delegat anstatt des Deleganten in das erstere? D ort wäre es eine Succession auf der Gläubigerseite, hier eine auf der Schuldnerseite. D as A.L.R., welches die Delegation als Spezies der Anweisung auffaßt, spricht von der „assignirten Post", für deren Richtigkeit der Delegant dem Delega­ ta r nicht haftet'), von der Auflösung der Verbindung zwischen dem Dele­ ganten und Delegaten. D arau s folgt, daß der Delegatar als Gläubiger dem Deleganten in deffen Schuldverhältniß gegen den Delegaten succedirt, daß seine Forderung befriedigt wird, durch Austausch m it der Forderung des Deleganten an den Delegaten, also unter der Rechtsform einer Hingabe an Z ahlungsstatt'). Durch die Delegation wird hiernach sub­ stanziell die Forderung des D elegatars an den Deleganten zerstört, da­ gegen wird die Forderung des Deleganten an den Delegaten substanziell erhalten, nur die bisherige persönliche Beziehung zwischen diesen P a r ­ teien löst sich. D ies drückt das A.L.R. auch bezeichnend durch die Worte aus „alle V e r b in d u n g zwischen dem Anweisenden (Deleganten) und A s s ig n a te n (Delegaten) hört aus"'). Aber die Forderung zwischen dem Deleganten und Delegaten kann fehlen, denn m an kann, wie §. 95 gezeigt überweisen, ohne daß der Ueberwiesene schuldig war, so daß nun vielmehr der Anweisende bei ihm erst in Schuld kommt. I n welche Forderung succedirt dann der D elegatar? Hier fällt die Succession des D elegatars, also die auf der Gläubigerseite, weg, und es succedirt vielletztere, und wenn sie mit Personenwechsel verbunden, eine wahre aktive oder passive Succession. ( S a l p i u S S . 25. 26 und seine weitere Ausführung in der 1 u . 2. Abth.) Die Richtigkeit dieser von der herrschenden Meinung abweichen­ den Auffassung der Novation kann h i e r nicht weiter kritisch geprüft werden. Dgl. Wi n d s c h e i d §. 353 Anm. 9. *) §• 265 S . hierzu Koch, Komment. 3) „D ie Delegation ist zwar wesentlich ein Akt der Alienation einer Forderung, nicht wesentlich ein Akt der Solution einer Schuld" (K e lle r), und deßhalb sagt 1. 16. C. VIII. 43: eum , a quo mutuam sumsisti pecuniam , in solutum nolentem suscipere nomen debitoris tu i, compelli ju ris ratio non p e n n ittit, aber die Wirkung der Delegation ist Solution: delegatio solutionis vicem continet, solvit enim et qui reum delegat. Hierdurch unterscheidet sie sich wesentlich von der Asflgnation, welche nicht als Zahlung wirkt, und deßhalb kann S a l p i u S a. a. O. S . 467 f. (f. oben §. 95 Note 6) nicht beigetreten werden, der den B e­ griff der Assignation für unhaltbar erklärt. Vielmehr ordnen sich im heutigen Recht unter den allgemeinen Begriff der Anweisung als die beiden parallelen A rte n : die Assignation (Anweisung ohne Liberation) und die Delegation (Anwei­ sung mit Liberation). 4) §. 265. Förster Pr^uh. PrivUtrecht, i. 4. Hust.

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mehr der Delegat in die Schuld des Deleganten an den Delegatar, d. h. das zwischen den Letzteren bestandene Schuldverhältniß wird nicht substanziell zerstört, fonbent nur die persönliche Beziehung zwischen De­ leganten und Delegatar gelöst. So hat also die Delegation zwei For­ men, sie ist Gläubigersuccesfion oder Schuldnersuccession. D as A.L.R. hat diese zweite Form nicht beachtet, seine Bestimmungen über das Rechtsinstitut find überhaupt dürftig. Gleichwohl muß diese zweite Form auch nach preußischem Recht zugelassen werden, denn es erkennt an, daß man anweisen kann, ohne daß der Ueberwiesene (Assignat) etwas schuldig ist (§. 95)*). D as Eigenthümliche der Delegation liegt nun aber darin, daß der Delegatar den Deleganten seiner bisherigen Verbindlichkeit entläßt, und daß der Delegat den Delegatar als seinen Gläubiger annimmt und an­ erkennt. D araus ergeben sich zwei Folgen. Erstens: der Delegant wird frei von seiner Schuld gegen den Delegatar, und zwar, weil der Delegatar die überwiesene Forderung angenommen hat, in dem Grade frei, daß er dem Letzteren für die Richtigkeit seines etwaigen Anspruchs an den Delegaten, der überwiesenen Post, nicht haftet. D as Schuld­ verhältniß zwischen dem Delegatar und Deleganten wird aber nur in dem Fall nicht bloß nach seiner persönlichen Beziehung, sondern seiner Substanz nach zerstört, wenn zwischen dem Deleganten und Delegaten ein Schuldverhältniß bestanden und in dieses der Delegatar als Gläu­ biger eintritt. Bestand ein solches nicht, so wird von jenem nur das persönliche Band gelöst, sein In h alt und Gegenstand aber vom Dele­ gaten als Schuldner übernommen. Der Unterschied zwischen Delegation und einfacher Anweisung liegt also klar vor: letztere ist immer nur ein Lösungsversuch, erstere löst gänzlich entweder das persönliche Band oder die Obligation selbst. Zweitens: der Delegat verliert, wenn er bisher schon Schuldner des Deleganten gewesen, weil er den Delegatar als Gläubiger anerkannt hat, ebenso wie der Schuldner bei der Rechtsabtretung, wenn er den Cessionar anerkannt hat, alle Einreden und Kom­ pensationsrechte, die er dem Deleganten hätte entgegensetzen können'). Hier wie überall in der Lehre der Rechtsgeschäfte tritt die Frage nach der Form hervor. D as A.L.R. stellt den Umstand, daß der De­ legatar dem Deleganten Quittung ertheilt und ihm seinen Schuldschein,

5) Koch, Uebergang S . 322 faßt die Delegation als Veränderung der Person des Schuldners auf. Gemeinrechtlich wird sie als Veränderung der Person des Glau* LigerS angesehen (z. B. A r n d t S S . 442. Ke l l e r S . 540. R ö m e r @. 50). S ie ist eben beides, je nachdem man den Standpunkt nimmt. 1. 11. pr. D. XLVI. 2: delegatio cst vice sua alium r e u m dare creditori. *) §• 2GG. d. T.

wenn ein solcher vorhanden ist, zurückgiebt ’), der ausdrücklichen Annahme des Delegaten als Schuldners gleich. D am it ist aber die Form frage nicht erledigt. D ie Delegation ist derselben Regel unterworfen, wie die Anweisung: bei Sum m en über 50 Thlr. ist Schriftform sowohl für die Delegation als für deren Annahme nöthig8). W ird nun auch durch die Q uittung, welche der Delegant vom D elegatar erhält, das Schuld­ verhältniß zwischen diesen beiden gelöst, so bleibt doch noch eine Form für die anerkennende Annahme des Delegaten erforderlich. Eine solche nur mündliche Annahme genügt nicht, und sie wird selbst dadurch nicht ersetzt," daß der Delegat dem D elegatar einen Schuldschein ausstellt, wenn in diesem nicht die Delegation selbst als der Rechtsgrund bezeichnet ist'). D a s Verhältniß zwischen dem D e le g a n te n und D e le g a te n wird sich verschieden gestalten, je nachdem zwischen ihnen ein Schuldverhältniß bestanden hat, oder nicht. Bestand ein solches, so wird durch die Ueber­ nahme das bisherige persönliche B and zwischen beiden gelöst, und auch seine Ungiltigkeit kann, wenn sie dem Delegaten nicht unbekannt war, selbst gegen den Deleganten nicht mehr geltend gemacht werden. D a ­ gegen wird ihm unter den vorhandenen Voraussetzungen die Rückfor­ derungsklage wie bei Zahlungen (condictio indebiti) zustehen10). Bestand kein Schuldverhältniß, so ist der D elegat, wenn er durch die Schuld­ übernahme nicht etwa schenken wollte, was nicht vermuthet werden darf, entweder beauftragt, oder er hat auftragslos ein fremdes Geschäft be­ sorgt und erwirbt zu seiner Deckung die Vollmachts- oder Geschäftsbe­ sorgungsklage gegen den Deleganten. D a die Delegation ein Schuldverhältniß zwischen D elegatar und D e le g a n te n lösen soll, so ist vorausgesetzt, das diese Obligation giltig gewesen, sonst hat der Delegant, der sich darüber geirrt, die condictio indebiti; der sich aber dessen bewußt gewesen, wird als Geschenkgeber anzusehen sein. Gegen den D e le g a ta r darf vom D e le g a te n die Ungiltigkeit sei­ ner Schuld an den Deleganten oder die Ungiltigkeit des Schuldverhält­ nisses, welches zwischen D elegatar u n d Deleganten bestanden hat, nicht eingewendet werden. Letzteres wäre eine Einrede aus dem Recht des D ritten, an ersterem ist er durch seine Anerkennung des neuen G läu­ bigers, also durch Entsagung gehindert"). 0 §. 267. b. T. Striethorst I. S. 187. V. @.24. *) §. 253. b. T. *) Striethorst 8 .6 S. 49. Entsch. 8 . 44 S . 90- Gleichviel, ob in bem neuen Schulischem keine ober eine falsche causa debendi angegeben ist. ,ö) 1. 12. 13. D. XLVI. 2. ■') §. 266. b. T- 1. 19. D. XLVI. 2.

772

Zweit«« Buch.

D ie besonderen Privatrechte.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Delegation und der ge­ meinrechtlichen Novation zeigt sich darin, daß erstere die Vorzugs- und Sicherungsrechte, die der Forderung des Delegatars an den Deleganten zukamen, nach preußischem Recht nicht beseitigt"). D ies hängt damit zusammen, daß die Delegation nicht wie die Novation das Schuldver­ hältniß durch ein neues zerstört, sondern Succession ist. II. E x p ro m issio n ist Uebernahme einer fremden Schuld als eigene durch einen Vertrag zwischen dem Gläubiger und Uebernehmer"). Es kann auch eine Vereinbamng zwischen dem Schuldner und Uebernehmer hinzutreten, diese ist aber nicht wesentlich "). Ob Letzterer selbst Schuld­ ner des Schuldners gewesen, und um sich zu befreien, die fremde Schuld übernimmt, oder nicht, ist gleichgiltig. D ie Uebernahme, also die Er­ klärung des eintretenden Schuldners, muß schriftlich erfolgen, ohne Un­ terschied des Betrages. Die Wirkung soll sein, daß das Schuldverhält­ niß zwischen dem Gläubiger und alten Schuldner nach seiner persönlichen Beziehung gelöst werde. Um diese Wirkung herbeizuführen, ist die ausdrückliche Einwilligung des Gläubigers unerläßlich, denn es kann ihm ein neuer Schuldner statt des alten nicht aufgedrängt werden. D ie Einwilligung drückt aus, daß der alte Schuldner entlassen und der neue statt seiner angenommen werde. D ie von den Gerichtshöfen abweichend beantwortete Frage, ob diese „ausdrückliche" Einwilligung immer schrift­ lich erklärt werden müsse, ist von dem Obertribunal dahin entschieden, daß die schriftliche Form sich nach der Höhe des Betrages richtet, also auch hier unter der allgemeinen Regel steht"). D ie Expromission ist ") I n Entscheid. B . 19 S - 197 ist vir« für die Expromisston nachgewiesen- Derselbe G rund, daß nach A.L.R. die Uebernahme einer frtmben Schuld nicht al« Nova­ tion aufgefaßt wird, mithin §§. 470. 471. 1 . 16 nicht darauf Anwendung finden, rechtfertigt denselben Rechtssatz für die Delegation, die da« A -L .R . nicht al« N o­ vation, sondem al« eine qualifizirte Anweisung anfleht. '*) §. 39 9 . I. 14. Daß dieser §. sich auf eine Vereinbarung zwischen dem Expromittenten und dem G lä u b ig e r bezieht, folgt darau«, daß der In h alt derselben die Entlastung de« alten Schuldner« sein soll. W ald eck a. a. O. S . 135 S p . lf . Unrichtig in der Entsch. B . 29 S . 66. ") D enn er kann auch wider seiuen Willen durch einen Dritten von der Verbind» lichkcit befreit werden. Obeu }. 91 Note 26. 1 .2 3 . 91. D. X L V . 3 I. 8. 6 .5 . D. X L V I. 2 . ,s) Pl.Beschl. Entsch. B 41 r. D. XIX. 1. I. 13 in f. D. XIX. 2. I. 8. D. XXL 2. I. 2. §. 8. D. XIII. 4. 1. 13. j»r. I). XLVI. S. 1. 24. D. de R. J. 1.4 10. 12. C. IV. 19. 1. uii. C. VII. 47. Speicrschcr Deput.-Absch. von 1600 ß. 139 (Sammt, der Reichsabschiede, Main; 16150 §. 152). Ueber die scheinbar widersprechenden, aber mir die Forderung für entgangenen Gewinn vom Möglichen aufs Sichere zurückführenden 1. 19 D. XVIII. 6. 1. 21. §. 3. I). XIX. 1 s. Dangerow S. 45f. 46) S . 113. 14Gf. 551. 558. 47) Ueber die damalige, durch das Naturrecht beeinflußte Praxis s. Glück B. 4 6.447. Wehrn in seinem 1795 erschienenen Buche doctrina Juris explicatrix principiorum et causarum dainni etc. fleht die I. 7. C. V. 51 als eine singuläre Ausnahme an und behauptet dann ohne weitere Begründung: neque culpa levis neque culpa levissima ad lucrum intcrceptum praestandum porrigitur. Vgl. auch Cohnseldt S . 17 f. S . 271 f. ") §§. 285f. 1.5. §§. 947f. 954. I. 11.

R.O.H.G. II. Nr. 68.

") §§. 285. 288. I 5. §§. 10. 12, I. 6.

Oben §. 90 S. 627. Erstattung der Kosten

R ichtung: es w ird fü r weniger als das Interesse eingestanden, obschon Vorsatz oder grobes Versehen vo rlie g t — und es w ird das Interesse ganz gewährt, obschon n u r ein geringeres Versehen verübt worden. — E rs te n s : es w ird n u r der wirkliche Schaden entgolten vom Vorm ann bei der E n t w e h r u n g , auch wenn er vorsätzlich oder aus grobem Ver­ sehen eine fremde Sache veräußert h a t " ) , vom C e d e n te n " ) und dem E rb s c h a f t s v e r k ä u s e r " ) , auch wenn sie a rglistig verfahren sind. Der Ersatz d a rf hier nicht die Höhe der V a lu ta oder des Kaufpreises über­ steigen. W as dem Cessionar oder K äufer als G ew inn entgangen, bleibt ih m unersetzt. Diese Abweichung erklärt sich bei der Session — der Erbschastskaus ist nach der Auffassung des A .L .R . Session des Erb­ re ch ts^) — w ohl daraus, daß die Redaktoren, indem sie das Anasta­ sianische Gesetz ausgaben, andererseits nicht gleich zu w eit gehen wollten. S ie übertrugen daher die Beschränkung desselben von dem Verhältniß zwischen Schuldner und Cessionar aus das zwischen letzterem und dem C edenten").

B e i V erträgen über H a n d lu n g e n darf wegen nicht ge­

höriger E rfü llu n g der G läubiger zurücktreten,

und wenn er den Rück­

t r it t w ählt, hat ihm der Verpflichtete auch bei Vorsatz und grobem Ver­ sehen n u r den wirklichen Schaden zu ersetzen"), während wenn sich seine Behauptung weiset,

der nicht vertragsm äßigen E rfü llu n g als unbegründet er­

er dem Verpflichteten wegen des R ücktritts das volle Interesse

leisten s o ll" ) . O ffenbar hat hier die Ungunst, die einen R ücktritt vom V ertrage begleitet, zu der Abweichung von der Regel geführt. Wenn der D a r le h n s s c h u ld n e r vorsätzlich oder aus grobem Versehen die Rückzahlung verzögert, so darf der G läubige r nicht etwa neben den Verzugszinsen, sondern statt derselben n u r E rstattung des „erwachsenen wirklichen Schadens" v e rla n g e n ").

D e r D r itte ,

der sich m it einem

fällt nicht unter §. 285. I. 5. Stegem ann B. 2 S. 94. M om m sen S. 71. G ruchot B. 1 S. 537. B. 2 S. 187. Das österr. Ges.B. §§. 1323.1324. 912 ist demselben Fehler verfallen. U nger, System II. §.102 Note 1. 23. Frag­ mente S . 6 Note 6. Die neueren Gesetzgebungen sind zu der einfachen und richtigen Theorie des römischen Rechts zurückgekehrt. Deutsches H.G.B. Art. 283. Sachs. G.B. §. 124 bair. Entwurf Art. 116. Nach Code Nap. ist ebenfalls der größere oder geringere Grad des Verschuldens ohne Einfluß auf den Umfang der Ersatzpflicht. Art. 1136. 1149. 1150. 1151. 1382. Z achariä (P uchelt) II. S . 388 fg. 50) §. 155. I. 11. Siehe über diesen §. oben S. 584f. 51) §§. 424. 425. I. 11. S. oben S- 746. 52) §§• 489. 490. I. 11. 53) §. 447. 1.11. 54) Vgl. oben §. 99 Stern. 158. 55) §. 410. I. 5. 56) §. 409. I. 5. 57) §. 834. I. 11. Vergl. dagegen den Speierschen Deput.-Absch. v. 1600. Oben Note 45.

vermutheten Bevollmächtigten eingelassen, kann von diesem, wenn das Geschäft vom Geschästsherrn gemißbillgt wird und deßhalb zurückgeht, immer nur den wirklichen Schaden beanspruchen"). — Z w e ite n s : das volle Interesse wird ersetzt, auch wenn ein geringeres Versehen vorliegt. Hierher gehört, daß K u n st- und S a c h v e rstä n d ig e und wer g e w a rn t worden ist, daß von seiner Leistung besondere und ungewöhnliche V or­ theile für den Gläubiger abhängen, ohne Rücksicht auf den Grad des Verschuldens für allen Nachtheil einstehen "), ebenso derjenige, in dessen Person sich die Veränderung der Umstände, die den Vertragszweck dem einen Theile vereitelt hat, ereignet, oder der sie herbeigeführt h a t" ). Ganz singulär ist endlich, daß bei der Mühlenpacht auch das .nur mäßige Versehen des Verpächters zum Ersatz des dem M üller verlorenen Ge­ winnes neben der Remission verpflichtet"). Dagegen darf man es nicht als eine Ausnahme von der Regel, sondern muß es als eine Anwen­ dung derselben auffassen, wenn das volle Interesse von Demjenigen ver­ treten werden soll, der bei bedingter Unmöglichkeit der Erfüllung für den Erfolg seiner Bemühungen zur Beseitigung der Unmöglichkeit ein­ zustehen versprochen"), wer die bedingte Unmöglichkeit der Leistung ge­ kannt und sich gleichwohl dazu verpflichtet"), wer eine Handlung vor­ nimmt, die zu unterlassen er ausdrücklich versprochen h a t" ). D enn in allen diesen Fällen ist leitend der Gesichtspunkt eines groben Versehens, welches dort in der freiwilligen Uebernahme der bedingt unmöglichen Leistung liegt, wodurch sich die Vertretungspflicht steigert, in dem letzten F all aber immer vorliegen muß, wenn man thut, was m an unterlassen soll. E s steht hiermit nicht im Widerspruch, sondern ist nur im Aus­ druck verfehlt, wenn an einer andern Stelle gesagt w ird, daß der zu Unterlassungen Verpflichtete „nach dem G r a d e seiner Verschuldung" 58) §. 128. I. 13. — Z u den Ausnahmen, wo trotz des dolus nur wirklicher Schaden zu vertreten, ist auch §. 1084. I. 11 zu rechnen. Darüber in der Lehre von der Schenkung. 59) §§. 289. 290. I. 5. Der Banquier als Sachverständiger für den Verkehr mit Geldpapieren. S t r i e t h . B. 19 S . 55, B. 23 S . 64. Die ungewöhnlichen Vor­ theile die der Gewarnte vertreten muß, sind solche, die sonst nicht vertreten werden (§. 6. I. 6). S ie müssen dem Verpflichteten namhaft gemacht sein. S u a r e z bei B o r n e m a n n II. S . 316 Note 6. 60) §§. 381. 383. I. 5. 61) §. 551. I. 21. 62) § .4 5 . I. 5. Vergl. L e y s e r med. 10. spec. 521. M e v i u s decis. III. 206. VI. 406. VIII. 33. 63) §§. 53. 67. I. 5. Hierüber s. A r n d t s in der jur. Wochenschr. 1838 S . 526fg. und I H e r i n g a. a. O . S . 47. Oesterr. G.B. §. 878. 64) §. 291. I. 5 .'

826

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

entschädigen soll: der Grad kann eben kein anderer als Vorsatz oder grobes Versehen s e in " ) . Zweifelhaft ist es dagegen, ob andere Bestimmungen unter die Regel oder unter die Ausnahmen fallen. Wer ein Darlehnsversprechen nicht erfüllt, soll den „entstandenen" Schaden vergütigen"); wenn der Bevoll­ mächtigte dem Dritten den erfolgten Widerruf des Auftrags verschweigt, soll er den „erwachsenen" Schaden ersetzen"). Kann man unter diesen Ausdrücken den entzogenen Gewinn mitbegreisen, so stehen sie unter der Regel: wird derselbe als ausgeschlossen erachtet, so gehören beide Stellen zu der Ausnahme, wo trotz Vorsatz und grobem Versehen doch nur für den wirklichen Schaden eingestanden wird. D ie Interpretation hat hier freies Spiel, da aber die Worte „entstandener" und „erwachsener" Scha­ den sich doch auch aus den entzogenen Gewinn deuten lassen, so ist offen­ bar vorzuziehen, hier die Regel und nicht die Ausnahme anzuwenden. IV. Der Sa c hwe r t h (rei aestimatio) allein wird vergütigt ins­ besondere, wenn es sich um Restitutionen handelt, und diese nicht mehr ausführbar sind. S o bei formlosen Verträgen, die die Parteien nicht erfüllt sehen wollen"), so, wenn Handlungen oder Sachen eines Dritten versprochen und der Erfolg der Bemühungen vergeblich geblieben6e), bei absolut unmöglichen Leistungen, wenn die Unmöglichkeit entweder von Anfang an vorhanden gewesen'") oder hinterher zufällig eingetreten"), 65) § .890. I. 11. Dies war auch die Auffassung von S u a r e z . B o r n e m . II. S . 317. Koch, R. d. F. I. S - 309. C o h n f e l d t S . 26 8 f. meint §. 8 9 0 .1. 11 sei auf die Nichterfüllung einer selbständig auf eine Unterlassung gerichteten Obli­ gation zu beziehen, §. 291. L 5 (vergl. bei Note 63) auf eine innerhalb eines Kontraktverhältnisses durch die Begehung der zu unterlassenden Handlung herbei­ geführte Beschädigung. — I m Dresdner Entwurf Art. 283 ist bestimmt: wenn die Verbindlichkeit auf die Unterlassung einer Handlung gerichtet ist und der Schuldner dennoch die Handlung vornimmt, so kann der Gläubiger Wiederher­ stellung des früheren Zustandes, Ersatz des ihm zugefügten Schadens und An­ drohung einer Geldstrafe für den Fall künftiger Zuwiderhandlung verlangen. I n Art. 217 ist gesagt, daß Jedermann verpflichtet sei, alle Handlungen zu unter­ lassen, durch welche er einem Andern widerrechtlich einen Schaden zufügt. Mit Recht wendet C o h n f e l d t S . 268 dagegen ein, daß dadurch eine Pflicht ohne allen juristischen Charakter statuirt sei; erst die wirklich eingetretene Rechtsverletzung kann eine Klage begründen. Gesetzrevis. Pens. XIV. S . 163. Weitere Anwen­ dungen der Regel, daß das volle Interesse nur bei dolus und culpa lata zu ver­ treten: 1. 11. §§. 34. 40. 44. 49. 97. 302. 369. 541. 544. 664. 1006. 1007. I. 12. §. 313. (Hier kann wohl auch culpa levis bei der Veräußerung die Pflicht zum Ersatz des vollen Interesse erzeugen). I. 12. §. 607. I. 13. §. 89. I. 14. §. 329. 66) §. 655. I. 11. Nach röm. R. (1. 68. de V. 0.) wird geleistet, quod mea In­ terest. «0 §. 171. I. 13. 68) §§. 156. 166. 167. I. 5. Oben S . 530. 69) §§. 41. 42. I. 5. 70) Hier handelt es sich um Rückgabe der möglich gewesenen Vorleistung oder deren Vergütigung nach ihrem Werth. §. 51. I. 5. 71) §. 365. I. 5.

§. 106.

Das Interesse.

827

bei bedingt unmöglichen Leistungen, wenn zur Zeit des Vertragsab­ schlusses die Unmöglichkeit beiden Theilen bekannt oder unbekannt toar72). Hier überall muß die Gegenleistung zurückgegeben oder nach ihrem Sachwerth vergütigt werden. V. D ie B erechnung des In te r e sse findet im preußischem Recht nicht die Beschränkung des neueren römischen auf das Doppelte des Schadens 7ft. Etwas Aehnliches enthielt aber die Vorschrift, daß, wenn der Beschädigte bei Vorsatz oder grobem Versehen zur eidlichen Selbstschätzung7^) zugelassen wird, er nicht über den doppelten Betrag des von Sachverständigen ausgesprochenen mittleren Werths hinausgehen dars7^). Noch jetzt erinnert daran die Bestimmung, daß bei dem Hoff­ nungskauf der entgangene Gewinn, wenn er sonst nicht zu ermitteln ist, aus das Doppelte des Kaufpreises angenommen werden soll7°). Im Allgemeinen kann hier auf die Ausführungen in §. 90 f. verwiesen wer­ den77). D ie Berechnung normirt sich im Wesentlichen bei Vertrags­ verletzungen nach denselben Grundsätzen. Zu bemerken ist nur noch, daß zur Ermittelung des Interesse der Gewinn oder Nutzen abgezogen werden muß den die Nichterfüllung neben dem Schaden gebracht hat"), daß auch die etwaigen Kosten, die der Beschädigte auf die Sache hätte verwenden müssen, wenn er sie empfangen, und die er sich nunmehr er­ spart hat, nicht außer Beachtung bleiben dürfen 79). Regelmäßig wird 72) §. 52. I. 5. 73) 1. un. C. VII. 47. S - über dieses „wunderliche" Gesetz ( Unge r , Fragm. S . 8 Note 7 a. E.). Mo mms e n 8.21. V a n g e r o w §. 571 Anm. 4. Cohuf el dt S . 39f. Wi ndschei d, Pand. II. S . 31 Note 9. Beispiele aus der gemeinrecht­ lichen Praxis bei He us e r B. 9 S . 145. S e u f f e r t B. 11 Nr. 140. 224. B. 14 Nr. 215. B. 15 Nr. 9. u ) Durch die C.P.O. §. 260 Abs. 2 beseitigt. Bergl. unten VII. Ueber das frühere Recht s. Koch, R. d. F. I. S . 326. Sc hr öt e r in der Z. f. C.R. u. Pr. B. 7 S . 356. S a v i g n y , System B . 5 tz. 221 fg. 76) §• 95. I. 6. Hierüber Koch S . 320. 76) §• 545. 1 .11. Ein anderer Anklang an die 1. un. C. VII. 47 in §. 301. I. 5. s. unten §. 107. 77) S . 627 f. Fractus percipiendi als entgangener Gewinn sind selbständig zu schätzen, nicht unter Grundlegung der percepti. S t r i e t h o r s t B. 5 S . 254. Gewinn vom Gewinn wird nicht berechnet. 1. 2. §. 5. D. L. 8: ne commodorum commoda incrementum faciant. Auch wird nicht ein Interesse vom fällig gewordenen und verzögerten Interesse bewilligt. Mo mms e n , Beiträge B. 2 S - 189. B - 3 S . 32. Ueber Sicherheit des möglichen Gewinns S e u f f e r t B. 11 Nr. 130. B. 15 Nr. 8. 7S) Mo mms e n S - 191. Vgl. §§. 243. 244. I. 5- 1. 11. D. III. 5: pensare lucrum cum damno debet. Der Gewinn muß durch das beschädigende Creigniß ver­ ursacht sein. Vergl. Wi n d scheid §. 258 Anm. 4. Er ist bei der Berechnung nicht zu beachten, wenn er aus anderen Gründen zugefallen, z. B. S t r i e t h o r s t B. 38 S . 135. S . auch R.O.H.G. B. 23 S. 183. 79) Mo mms e n S- 192,

§. 100.

bet bediigt unmöglichen Leistungen, lchluffeS die w a r" ).

S27

Das Ontcreffc.

Unmöglichkeit b e id e n

wenn zur Z e it des V ertragsabTheilen

bekannt

oder unbekannt

H ie r überall muß die Gegenleistung zurückgegeben oder nach

ihrem Srchwerth ve rg ü lig l werden.

V.

D ie B e re c h n u n g des In te re s s e findet in t preußischem Recht

nicht die Beschränkung des neueren römischen auf das Doppelte des Schadens76).

E tw a s Aehnliches enthielt aber die Vorschrift, daß, wenn

der Besaädigte bei Vorsatz oder grobem Versehen zur eidlichen Selbst­ schätzung 6) zugelassen w ird , er nicht über den doppelten B etrag des von Sahverständigcn

ausgesprochenen m ittleren W erths

hinausgehen

d a rf'**). Noch jetzt erinnert daran die Bestimmung, daß bei dem Hofs-

NMgskatf

der entgangene Gewinn, wenn er sonst nicht zu erm itteln ist,

ruf das Doppelte

des Kaufpreises angenommen werden soll76).

Im

Allgemeinen kann hier auf die Ausführungen in §. 00 f. verwiesen wer­ den").

D ie Berechnung n o rm irt sich im Wesentlichen bei V e rtra g s-

»erletzunzen nach denselben Grundsätzen.

)atz

Z u bemerken ist n u r noch,

zur E rm itte lu n g des Interesse der Gewinn oder Nutzen abgezogen

»erben nuß den die Nichterfüllung neben dem Schaden gebracht h a t76),

)aß auch die etwaigen Kosten, rerwenden müssen, wenn er sie

die der Beschädigte auf die Sache hätte empfangen, und die er sich nunmehr er­

spart ha:, nicht außer Beachtung bleiben d ü rfe n ").

Regelmäßig w ird

° ) §. 52. i. 5. ° ) 1- ui.. C. V II. 47. S- fiter dieses „wunderliche" Gesetz (U n g e r, Fragm- 9f. 273. Koch I. 0 .3 2 4 . 1.22. l>. X II. 1. 1.4 in f. D. X III. 3. Dem A .L .R . fehlt hierüber die Bestimmung. Dresdner Entwurf Art. 282. 84) §• 859. I. 11. „Z u r Zeit der schuldigen Ablieferung." Dresdner Entw urf Art. 282. Bergl. Koch I. S . 321. ArnSberger Archiv B . 14 S . 577. P räj. 2082 .Sam m t. I. S . 10). Entsch B 17 S . 176 der marktgängige Preis am Liefe­ rungstage, wenn eS sich um Lieferung fungibler Sachen zu einem bestimmten Preise an einem bestimmten Tage handelt und diese machen auch einen markt­ gängigen Preis haben. Soll ein späterer höherer M arktpreis zu Grunde gelegt werden, so muß dies durch besondere, nachzuweisende Umstände motivirt werden. S t r i e t h o r s t B . 19 S . 135. Hier war der Tag der Einreichung des Exekutions­ gesuchs für das Geldäquivalent der ErfüllungStag. S t r i e t h o r s t B. 27 S . 105 oben. D er Werth innerhalb des zur Erfüllung bestimmten Zeitraums. S t r i e t ­ hor s t B . 27 S . 143: Werth zur Zeit, wo die Verbindlichkeit erfüllt werden sollte, nicht zur Zeit des ExekutiouSantrages. S t r i e t h o r s t B . 28 S . 359. Anderer Ansicht ist D e r n b u r g II. S - 181 Anm. 9. E r will den Zeitpunkt des Urtheils, in welchem das Interesse bestimmt wird, als entscheidend betrachtet wiffen, und weiß darauf hin, daß die angezogenen Stellen sich nur auf fungible Leistungen beziehen. F ü r den Fall, daß es sich um solche handelt, scheint er also zuzustimmen, wenngleich er daS nicht ausspricht. ES ist aber nicht abzusehen, w arum die B e­ stimmung nicht auf alle Fälle übertragen werden soll; da die besondere Beschaffen­ heit deS Vertragsgegenstandes die Vorschrift des §. 839 nicht motivirt Is t übrigens dem Schuldner subjektiv die Hingabe einer schuldigen Spezies möglich, so wird sie ihm in N atur abgenommen werden. — Is t eine Leistung schon vor dein Erkenntniß, durch welches der Schuldner zu derselben verurtheilt worden, unmöglich geworden, ohne daß die Unmöglichkeit eingewendet ist, so steht als Zeit, in welcher der Gegen­ stand noch zu leisten war, die Zeit des Urtheils fest. E s kann also für die Werth-

weicht ab vom römischen Recht, nach welchem die Z eit des U rtheils entscheidet"). N ur bei B eschädigungen a u s V orsah und grobem V er­ sehen soll derjenige Zeitpunkt zwischen der Beschädigung und K lagebehändigung zu G runde gelegt werden, an welchem die Sache den höchsten W erth erreicht h at'°). V I. A u s g e s c h lo s s e n wird der Anspruch a u f d a s.In teresse oder Ersah des wirklichen S chad en s dadurch, daß der Beschädigte selbst bei A nw endung gehöriger S o r g fa lt den Schaden hätte abwenden können, ein Versehen von seiner S e ite also fon fu rrirt87), oder dadurch, daß er selbst dem Andern die E rfüllung unmöglich gemacht h a t" ). Z n diesem F a ll kann sogar der G läubiger zu einer Entschädigung selbst für ent­ gangenen G ew inn gegen den Schuldner verpflichtet w erd en " ). F ä llt die eingetretene Unmöglichkeit der E rfüllung beiden T heilen in gleicher W eise zur Last, so gewährt jeder dem andern nur den u n m it t e l b a r e n Schaden'"). VII. W a s die B e w e i s f ü h r u n g betrifft, so m uß nach A .L .R . der K läger, w enn er nicht bloß Ersatz des wirklichen S ch ad en s, sondern auch des entgangenen G ew in n es fordert, Thatsachen darthun, a u s denen sich der V orsah oder d a s grobe Versehen des Beschädigers ergicbt, während nach gem einem Recht, welches in allen F ä llen des Verschuldens das volle Interesse gewährt, Thatsachen zur Feststellung des G rad es des V ersehens nicht erfordert werden. H andelt es sich um einen InteresseAnspruch, der darauf beruht, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllt hat, so bleibt es dem Schuldner gegenüber der vom G läu biger dar­ gelegten Entstehung der Verbindlichkeit überlassen, d as Erlöschen derselben sei es durch E rfüllung sei es durch den E in tritt zufälliger Unmöglichkeit darzulegen, d. h. zu beweisen, daß die letztere eingetreten ist, obschon er denjenigen G rad von S o r g fa lt angewendet, der ihm durch die O b lig a tio n

8S)

8C) S7)

68) 69) 90)

berechnung nicht mehr auf die Zeit der wirklich entstandenen Unmöglichkeit zurück­ gegangen werden. R O H.G. B. 22 S- 416. M o m s e n S . 199. Doch dagegen Windscheid a. a. O. S. 549f.: nuia non cst ex postfacto, sed ex praesenti statu, damnuin factum sit ncc ne, acstimari oportet. 1. 7. §. 4. 1). XLIII. 24. Hiernach also der Zeitpunkt der Entstehung des Schadens. Nach 1. 22. 1). XII. 1, wenn nicht ein bestimmter Erfüllungstag festgesetzt war, nach der Zeit cum petitum sit. §. 85. I. 6. Momms e n S. 159. Demel i uS in Gerber u. Jhering Jahrb. B. 5 S- 62f. A.L.R. I. 6. §§. 19. 20. 21. Entfch. B. 38 S . 43. St r i et hor s t B- 29 S . 54. Oben §. 104 bei Note 45. — Ausnahme, wenn der Beschädiger in dolo ist. I. 45. §. 1. I). XIX. 1, §. 361. 1. 5. Entfch. B. 47 S . 68. St r i et hor s t B. 45 S. 139. §. 362. I. 5. Dies ist der einzige Fall, wo bei Vertragsverletzung die Unter­ scheidung des wirklichen Schadens in unmittelbaren und mittelbaren hervortritt.

auferlegt w a r" '). V erpflichtun g,

H andelt es sich nicht um E rfü llu n g einer bestimmten

soll vielm ehr daraus, daß sich Jemand in schuldhafter

Weise ve rtrag sw id rig verhalten hat, ein Nachtheil erwachsen sein, so muß das schuldhafte V erhalten zur Begründung des Entschädigungsanspruchs dargelegt werden.

S ow ohl über die Frage ob ein Schade entstanden

sei, a ls wie hoch sich das Interesse belaufe, entscheidet zur Je tt unter W ü rd ig u n g aller Umstände die freie richterliche Ueberzeugung").

Wenn

die Civilprozeßordnung dies besonders hervorhebt, obgleich dieselbe in Bezug

auf

die

B ew eisw ürdigung

überhaupt die

freie Ueberzeugung

entscheiden lä ß t, so bezweckt das Gesetz den Parteien sowohl als den Richter von der Nothwendigkeit eines streng thatsächlichen Nachweises zu befreien.

D e r Richter soll das M a ß

dessen, was ihn die eigene

Lebenserfahrung le h rt, in den Prozeß hineinziehen dürfen, obgleich die dabei zu G runde liegenden Thatsachen nicht Prozeßmaterial geworden sind, und er soll das Endergebniß feststellen, lung angefochten werden kann,

ohne daß diese Feststel­

weil der den logischen Prozeß,

welchen er die Ueberzeugung gewonnen hat,

durch

nicht vollständig m itth e ilt

und darlegt, daß und wie das Ergebniß dem In h a lte der Verhandlungen und der etwaigen Beweisaufnahme erwachsen ist "fl.

D e r Richter kann

hierbei den K läger auch zu eidlicher Schätzung seines Interesses in be­ stimmten Grenzen verstatten.

F ü r die rechtliche Beurtheilung der G ru n d ­

lage des Anspruchs aber sind auch jetzt noch die materiell rechtlichen Grundsätze des Landesrechts entscheidend.

91) S t r i e t h o r s t B . 37 S . 55,. B . 4 0 S . 120. B . 44 S - 150. Entscheid. B - 74 S - 153. R O H G . B - 14 S . 17. Anders hat eö die ältere Praxis aufgefaßt. G lü c k B . 4 S . 3 0 6 fg. Allein die Klage auf das Interesse ist die Klage aus der ursprünglichen O blig atio n; der Klüger hat daher nichts weiter zu beweisen, als die den obligatorischen Anspruch erzeugenden Thatsachen. M a x e n , über Beweis­ last u. f . w . 18Ü1 S . 1 7 0 f. 170. Iö 7 . 1 8 t. 9T)

C .P .O . §. 260. Ueber die aus einer formellen Beweikwürdigung entspringenden unersprießlichen Verhältnisse vergl. L e h m a n n . D ie Nothstände des SchädenprozeffeS 1865.

93) D e r n b n r g I I . §. 174 Note 5 verlangt m it Unrecht eilte Darlegung der die Ueber­ zeugung des Richters bestimmenden Gründe; wenn er sich dabei auf §. 2 8 4 Z iff. 4 der C .P .O . beruft, so übersieht er, daß daS Urtheil nicht der Entscheidungsgründe überhaupt ermangelt, wenn eS auöspricht, daß die bestimmte von dem Beklagten zu vertretende Handlung nach der auS allen Utnständen gewonnenen Ueberzeugung deS Gerichts den Kläger geschädigt habe, und daß der Schade auf so boch anzu­ nehmen sei. T ie Gründe hierfür sind nicht „Entscheidungßgründe" int S in n e des §. 284 sondern Beweisgründe. — D a m it ist nicht gesagt, daß der Richter nicht wohlthut die Beweisgründe darzulegen. DaS Eigenthümliche des Satzes der C .P .O . ist eigentlich n u r , daß der Richter die Frage, ob ein Schade entstanden ist und wie hoch der Schade ist, als einfache Thatfragen behandeln kann, die nicht in ihre Faktoren zerlegt zu werden brauchen.

§. 107. D ic Konventionalstrafe.

S31

§. 107. Tic Konventionalstrafe. A-L.R. I. 5. §§. 202—310. I. 9. §. 30V,. I. 11. §§. 825. 820. s-M. II 1. §. 113. H e y d e m a n n I. S - ‘2 44. G r u c h o t II. S . 13:». B o r n e m a n n II. S . 354. v. D a n i e l s I. S - 288. II. £ . 310. Kock, P r.R II. S . 193. R. d. F. II. 0 .3 7 5 . D e r n b u r g II. §§. 39ff. - G lück B- 4 Abth. 2 £ . 529. U n l e r h o l z n e r I. £ .2 4 7 . L i e b e , Stipulation £ .3 0 3 . § .2 4 . W o l f s , v. d. M ora 0 .3 6 . v. S a v i g n y , £61 9?. II. £ .2 7 2 . H. G e r b e r , Beiträge zur Lehre vom Klagegrunde und der Beweislast 1n >s £ . S l - 98. M a x e n über Beweislast, Ein-, reden und Exceptionell 1801 £ .2 2 1 . R a n d a , zur Lehre von den Zinsen und der Konventionalstrase 1809. — B a n g e r o w IN. S . 358. A r n d t s £ . 330. S i n t e n i s II. S . 109. S e u s f e r t II. £ .1 2 5 . K e l l e r £ .4 4 5 . Wi nds ch eid § § .2 8 5 .2 8 0 . — Z a c h a r i ä ( P u c h e l t ) II. S . 321.

Die Ausgleichung des Nachtheils, der einem Gläubiger dadurch ent­ steht, daß der Schuldner gegen ihn seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, kann auch in V o r a u s durch eine Vereinbarung Beider dem Betrage und der Art nach festgestellt werden. „Das Interesse", sagt das A.L.R.'), „welches ein Kontrahent dem andern bei nicht gehörig geleisteter Er­ füllung des Vertrages zu vergütigen hat, kann durch Verabredung einer Strafe in Voraus bestimmt werden." D as Rechtsinstitut der K o n ­ v en tio n a lstr a se oder der Vertragsstrafe, wie die Reichskonkursordnung sich ausdrückt, gehört hiernach zur Lehre vom Interesse, jedenfalls nach der Auffassung des preußischen Rechts, denn nicht allein jene angefiihrte Stelle, mehr noch die Bestimmung, daß da, wo eine solche Strafe fest­ gesetzt worden, die Forderung eines höheren Interesse nicht stattfinden soll'), weisen darauf hin, daß die Strafe das Interesse vertritt, daß die Ausgleichung eines durch Nichterfüllung einer obligatorischen Pflicht dem Berechtigten zugefügten Vermögensnachtheils wie bei diesem ihr Zweck ist'). Darum kann diese Lehre im System nur hier ihre Stelle finden. Freilich soll nicht geleugnet werden, daß sie auch als Verstär­ kungsmittel für die Erfüllung des Vertrages w irken kann, meist so ') §. 292. d. T . ') §. 293. *) ES kann zwar K och. R . d. F. II. S . 270 Note 1 darin beigetreten werden, baß §. 292 feine eigentliche Definition giebt, sondern nur den Zweck des Rechtsin­ stituts bezeichnet — aber er bezeichnet doch den einzigen Zweck. S . unten Note 15. Und D e r n b u r g II. © .9 5 ist Recht zu geben, daß die Konventionalstrafe des preußischen Rechts, wenn sie wirklich nur fixirteS Interesse ist. keine Strafe sei — damit ist aber eben auch nicht bewiesen, daß sie eine S trafe sein sollte, freilich ist auch nicht auSgeschloffen, daß sie im einzelnen Fall w ie eine ©träfe wirkt. — D e r n b u r g argum entirt in Anlehnung an R .O .H G . B 10 6 . 397: daß nicht nothwendig dem Konventionalstrasversprechen eine klagbare Forderung aus einem

832

Z w eite - P u ch.

D ie besonderen Privztrechte.

wirken w ird'). Aber diese Wirkung ist nur indirekt, so zu sagen in zweiter Reihe stehend, sie folgt daraus, daß der Schuldner in Voraus weiß, was er leisten muß, wenn er nicht erfüllt, und daß ihn dies zur Erfüllung antreibt'). I n der gemeinrechtlichen Doktrin und Praxis herrscht die Auffasiung, daß die Vertragsstrafe Interesse sei, nicht vor. M an hat ihren Begriff allgemeiner gefaßt und jene Anwendung als eine besondere Art ihm H au p tv ertrag e zu G ru n d e liegt, ergebe I. 5. § .3 0 ;), iro von einer S tra fe die Rede ist, welche sich derjenige, dem au s der B egehung eines Verbrechens ein be jonderer N achtheil entstehen könnte, zur L erh ü tu n g des V erbrechens versprechen lasse. A ber kann m an sich denn nicht zu einer U nterlasiung, und insbesondere zur U nterlasiung einer strafbaren H and lun g besonders vertragsm äßig verpflichten? E in e Ablage au f U nterlasiung giebt eS freilich nicht, die U nterlasiungSpflicht w ird durch die Interessenklage geltend gemacht. — D . hält m it Recht eine K onven­ tionalstrafe fü r den F a ll des Zuspäikom m enS in einer V ersam m lung fü r zulässig: aber eS ist hinzuzufügen, sofern die Pflicht zum rechtzeitigen K om m en bindend übernom m en ist. V erträge m it solchem G egenstand verw irft 3). freilich. W ird er aber nicht auch auS einem Gesellschaftövertrage, in welchem die Gesellschafter Z u ­ sam m enkünfte zu bestim m ter Heit m it dem H inzufügen verabredet haben, daß der Zuspätkom m ende den A nderen Schadensersatz für die Zeitversäum niß zu leisten h a t, eine Interesienklage zulassen? und fü h rt daö nicht dazu, anzuerkennen, daß solche A breden auch ohne derartigen Zusatz dahin in terp retirt werden können, daß sie wirklich verpflichtend gem eint sind. B o n der im preußischen Recht ganz haltlosen Ansicht, daß ein m ündliches, klagloses Versprechen oder sonst eine N atnralo bligatiow durch K onventionalstrafe verstärkt w erden könne, ist in §. 61 A nm . 33, §. 79 A nm . 6 6 bereits die Rede gewesen. W enn in dem Erkenntniß des R .O -H -G . P . 16 S . 39 7 noch auf §. 124. I. 4 Gewicht gelegt w ird , so scheint die B ed eu­ tu n g auch dieser S te lle verkannt zu sein. S ie setzt v o ra u s, daß eine Pflicht zur Rückgewähr des Rechts fü r den F all des E in tritts der R esolutivbedingung besteht. S t a t t K autionsleistun g fü r den F all der N ichterfüllung dieser Pflicht soll das J n tereffe im V o ra u s fixirt w erden kennen, also daö Interesse auö der N ichterfüllung eiyer vollw irksam en V erpflichtung. 4) 1. 1. G. II. 4 6 : u t m etu po en ac a p lacitis no n re ccd a tu r. b) V gl. S t r i e t h o r s t B . 6 5 S . 93. I m heutigen V ertragsrecht kann auf die S a tz ­ w endung in der V erabredung daö Gewicht nicht gelegt werden, w as bei der rö m i­ schen S tip u la tio n entscheidend w ar. L i e b e , S tip u la tio n S . 3 0 9 f. ES kommt jetzt n u r auf die Absicht a n , die die P arteien geleitet hat. D ie von P a u lu s in der 1 .4 4 . §. o. D .X L IV . 7 gegebene F o rm e l: si fu ndurn n o n d c d e ris, c e n tu m d are sp o n d e s? kann doch auch nicht and ers verstanden w erden, als daß die A b­ sicht der P a rte ie n auf daS dare fu ndurn a ls die H auptleistung geht, un d daß durch c e n tu m n u r daS n o n dare fu n d u rn , daS Interesse auS der N ichterfüllung entgolten w erden soll. A . M . G r u c h o t II. S . 134 a. E ., der in solcher V e ra b ­ redung einen S tra fv e rtra g von selbständiger N a tu r sieht, bei welchem die S tra fe in o b lig a tio n e , daS fu n d n m d are, in ex so lu tio n e , n u r daS M ittel fei die S tra fe abzuw enden. S . M a x e n S - 2 2 2 fg. D ie 1 .3 8 . §. 17. I). X L V . 1 spricht von dem F a ll, wo eine p o e n a stipnlirt ist, um daS einem T r i t t e n Versprochene a u f­ recht zu erhalten. H ier w ird nach r ö m i s c h e r Aussaffung allerdings nicht ein In teresse durch die p o e n a re p rä sen tirt, w eil u t alii d e tu r nihil in te re s t m ea. D aS ist aber nickt m ehr h e u t i g e Anschauung. D e r D resd n er E n tw . deS G ef. üb er S chuldverh A rt. 121 bestim m t: W ird von einem V ertragsschließenden eine Leistung a ls S tra fe fü r den Fall versprochen, daß er den V ertrag nicht erfüllen w erde, u. s. w. AuS A rt. 123 geht aber hervor, daß der S tra sv c rtra g als ein selbständiger V ertrag aufgefaßt ist, da neben der S tra fe noch daS Interesse, soweit es jene übersteigt, gefordert werden kann.

untergeordnet. Meist w ird sie als Verstärkung angesehen und hiernach in den Lehrbüchern systematisch p la e irtft. Am allgemeinsten ist die Be­ griffsbestimmung S a v i g n y ' s f t : „ein bedingtes Versprechen, Etwas zu geben, wenn dabei die Absicht zu Grunde liegt, aus das Gegentheil der ausgedrückten Bedingung hinzuwirken." D ie Bedingung kann bestehen in einem Thun oder Unterlassen des versprechenden Theils. D as wäre so zu denken: das ungewisse Ereignis;, was das durch den Strasvertrag begnmdete Rechtsverhältniß bedingt, soll die E rfüllung irgend eines Thuns oder Unterlassens sein; w ird nicht erfüllt, so ist die Bedingung eingetreten und die S trafe fällig ; wird erfüllt, so ist die Bedingung desicient und der Strasvertrag resolvirt. D ie Selbstbeschränknng des W illens, die im B egriff der Bedingung liegt'’), zeigt sich d a rin , das; man die S trafe nicht zahlen w ill, wenn man erfüllt. D ie Bedingung ist potestativ, insofern man erfüllen kann oder die Unmöglichkeit der E r­ füllung verschuldet hat. Allein diese Ansicht S a v i g n y ' s ist viel zu allgemein, sie bezeichnet nicht das Eharakteristische des Strafvertrags, denn sie läßt völlig unbestimmt, worin die Bedingung bestehen kann. B ei dem Strasvertrag kann aber das bedingende Ereigniß nie ein an­ deres sein, als die Nichterfüllung einer rechtlich übernommenen Verbind­ lichkeit, und darum gehört dies Moment in die Desinition selbst''). Ab­ gesehen davon lassen sich aber auch nicht alle Eigenthümlichkeiten des Strafvertrags aus der N atur eines bedingten Rechtsgeschäfts erklären. Zunächst entscheidet Ulpian selbst, daß, wenn für die Nichterfüllung des an sich Unmöglichen eine Strafe versprochen w ird, dieses Versprechen ungiltig sei — und doch müßte hier das Strafversprechen als unbedingt gewollt gelten'0). Sodann aber kann das Nichterfüllen als Bedingung im technischen S in n überhaupt nicht aufgefaßt werden; es fehlt das potestative Element, denn der Schuldner ist verpflichtet zur Leistung durch den Hauptvertrag, er kann dazu gezwungen werden, das Nichterfüllen steht nicht in seinem B elieben"). M a n müßte also annehmen, daß es hier eine Klage aus Nichterfüllung der Bedingung gebe, während das Recht eine Klage aus ihre Erfüllung nicht kennt"). Nach preußi­ schem Recht aber spricht ferner noch gegen den Gesichtspunkt der Be°) So in allen Kompendien des gemeinen Rechts und in Koch' s Pr. R. und N. d. F. ') Obl.R. II. S . 275 fd. *) Oben §. 36 S . 185s. 9) Bezeichnender ist die Definition von S i n t e n i s (II. S. 169. III.) ein durch Uebereinkunft in Zusammenhang mi t einer anderen Leistung festgesetzter Nach­ theil für den Fall, daß jene gar nicht oder nicht vertragsmäßig oder gehörig er­ füllt würde. ,0) I. 69. D. X L Y . 1. Dangerow III. S. 360. ") §.311. d. T. Oben S . 194. 207. li

tii

v.iiitv Hi iv.uw.'-r.

i.

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Viu’i.

834

Z w eites Buch

D ie besonderen Privatrechte.

d in g u n g , daß eine nur te ilw e ise E rfüllung nicht die aus gänzliche Nichterfüllung gestellte S tr a fe fällig macht, während fönst die theilweise E rfü llu n g der B ed in g u n g der gänzlichen Nichterfüllung gleichsteht"). I m G anzen ist daher m it der Bezeichnung des L trafvertrags a ls eines bedingten Versprechens für sein V erständniß nichts gew onn en "). A ls richtiger Gesichtspunkt erscheint vielm ehr folgender. D ie E rfüllu ng des H auptvertrages ist B e f r e i u n g von der im S trafvertrage übernommenen L eistung, indem sie ihm den G egenstand entzieht, nicht aber die E n t­ scheidung eines ungewissen E reignisses, durch welche der Strafvertrag selbst wieder resolvirt, durch welche ihm die Eristenz genommen nntrbe; und andererseits die E rfüllung des L trafvertrags ist - soweit dies in ,3) §. 2 9 6 . d. T . O ben S . 193. u ) A ls bedingtes Versprechen nach dem V organg S a v i g n y ' S , jedoch m it der E m schränkung daß dieser Gesichtspunkt nickt ausschließlich anzuw enden, stellen die K on­ ventionalstrafe hin V a n g e r o w , A r u d t S . Auch Koch un d G r u c h o t nehm en dies a n . M a n verm ißt aber überall ein genaueres E ingehen in die Konsequenzen dieser Ansicht. U n t e r h o l z n e r 1. 2 . ^ 4 7 s. spricht sich hierüber nicht auö. S e n f s er t w ill die B edingtheit n u r annehm en, w enn die S tra fe einem unw irk­ sam en V ertrage beigefügt ist (P a n d . II. 2 . 12«.» N o te 3 ). h i n t e n iS S . 110 sa g t: D ie N ichterfüllung ist fü r den V erfall der S tra fe B ed in g u n g , über von eigenthüm licher A rt, indem eine selche K onvention unbedingt nicht sein kann und die B ed in g u n g nothw endig in eine H and lun g deS S chuldners gesetzt w erden m uß. K e l l e r ( 5 . 4 4 5 ) sieht die V erabredung n u r in dem F a ll a ls bedingt an , wo der S c h u ld n er gegen E rleg ung der S tra fe die E rfü llu n g des V ertrages soll unterlassen können,also wo sie Reugeld ist Am rücksichtslosesten hat den E harakter der B e ­ d ingu ng W o l f s a. a. O - S . 3 6 fg. durchzuführen gesucht; aber gerade die K on­ sequenzen, die sich ihm ergeben, zeigen die Unrichtigkeit dieser Auffassung und legen dem In s titu t der K o n v .S tr. Eigenheiten bei, die eS im positiven Recht nicht hat. S o soll die S tra fe verfallen sein, w enn die N ichterfüllung (die B ed ing ung) ein­ getreten ist, ohne Rücksicht auf dolus oder c u lp a des Verpflichteten ( S . 3 7 ); eS hat dieser n u r eine ex c ep tio d o li, w enn der G läubiger die B ed ing ung selbst herbeigeführt ( 8 . 3 8 ), und die S tra fe ist auch d an n verfallen, w enn dte Leistung der H aup tob ligation zufällig unmöglich gew orden, weil die Unmöglichkeit n u r die H aup tob ligation affizirt und untergehen lä ß t, die S tra feb lig atio n aber noch m ög­ lich geblieben sei. W o l f s betrachtet also letztere als eine s e l b s t ä n d i g e bedingte O b lig atio n ( S - 5 0 ), w o rau s er folgert, daß auf die N a tu r des P rinzipalen V e r­ tra g e s, auf seine G iltigkeit oder W irksamkeit nichts ankom m e. D ieser kann ung iltig sein, und der S tra fv e rtra g bleibt doch giltig. G egen diese A uffassung: L i e b e in den kritischen Jahrb üchern von Richter un d Schneider B . 13 S . 1 2 f. N eu er­ d in g s haben auch G e r b e r und M a x e n a. a. C . sich dagegen erklärt, daß der S tra fv e rtra g a ls ein bedingtes Versprechen in der technischen B edeutung angesehen w erden dürfe. G e r b e r m uß insbesondere d arin beigetreten w erd en , daß bei der potestativen B ed in g u n g , un d n u r von einer solchen kann doch hier die Rede sein, d as T h u n oder Unterlassen in keiner nothw endigen Beziehung zu der in der S p h ä re deS bedingten Rechtsverhältnisses legenden Verbindlichkeit steht, un d daß die Sache einen wesentlich verschiedenen Eharakter bann a n n im m t, w enn daS künftige ungewisse E reig niß in demselben Rechtsverhältnisse die B edeutung einer Rechtsverletzung hat. W ä re der S tra fv e rtra g ein bedingtes Geschäft, so m üßte der K läg er den E in tr itt der B ed ing ung, d. h. die N ichterfüllung nachweisen, u n d dem widersprechen die G rundsätze von der B ew eislast direkt, da vielm ehr der Beklagte die E rfü llu n g beweisen m uß. Ueber den Unterschied von K onventionalstrafe und R esolutivbedingung vergl. S t r i e t h o r s t B . 4 5 S . 13. B . 57 S . 277. A rnSberger Archiv B . 13 S . 176.

§. 107.

Die Konventionalstrafe.

»35

der Absicht der Kontrahenten gelegen — Erfüllung des Hanptvertragcs durch ein Acquivalent: es ist also immer nur eine unbedingte Leistung, die auf zwei Arten erfüllt werden kann, jedoch so, das; die eine E rfüllung der anderen substituirt, nicht — wie bei alternativen Obligationen — zur Seite gestellt, das; die Strafe die sekundäre E rfüllungsart der sel ben O bligation ist. (5s soll also nicht die W ahl frei sein zwischen zwei E r­ füllungsarten, sondern die im Haupwertrag bedungene Leistung w ird allein gefordert, und nur, wenn diese vertragswidrig ausbleibt, soll die andere E rfüllu ng sa rt fü r den dadurch verursachten Nachtheil eintreten. E in Acquivalent ist aber die Vertragsstrafe immer, selbst wenn sie zur Verstärkung des Hauptvertrages, zur Sicherung der E rfüllu ng bestimmt worden; denn auch in solchen Fällen soll sie das Interesse ersehen, was dem Gläubiger durch eine nicht g ehör i ge oder ve r z ö g e r t e Leistung erwachs«!'Z- Ohne irgend einen Nachtheil, der dem Gläubiger aus dem vertragswidrigen Verhalten des Schuldners erwachsen, ist die V ertrags­ strafe nicht denkbar16). Deßhalb ist cs aber ferner auch nicht richtig, die Forderung auf eine solche Strafe als ein Aecefforium der H aupt­ forderung aufzufassen''). Zw ar aceessorisch zum Hauptvertragc ist der Strafvertrag '*), — statt in der S tipulationsform w ird er im heutigen Recht als p a c t u m a d je c t u m abgeschlossen — aber die Strafforderung ist ebenso wenig ein Aeeessorium wie die Interesseforderung. Sie t r it t an die Stelle einer ausgefallenen Leistung, als Ersatz eines Nachtheils. D a rin kann fü r den Schuldner eine Erschwerung oder Vergrößerung der Hauptleistung liegen — der Gläubiger aber gewinnt nicht ein Meh,ü) Kein einziger §. des A L R . stellt als Hauptzweck des StrasvertragS h in , daß durch ihn eine Verstärkung oder Sicherung des HauptvertragS erzielt werden soll. Ueberall liegt die Anschauung zu Grunde, daß er taS mögliche Interesse bestimmen soll. In d ire k t w irb dadurch sreilich auch jener Zweck erreicht. Und selbst wenn die Kontrahenten sich des Ausdrucks bedienen, daß die S tra fe zur Verstärkung oder Sicherung des Vertrages verabredet wölben, so kaun doch auch hier nur eine durch Feststellung deS Interesse bewirkte Sicherung gemeint sein. Iü) Fehlt es an einem Interesse gänzlich, so kann auch die bedungene S tra fe nicht eingeklagt werden. Entsch. B . S - "-'ö. ,;) D ies w ird von den meisten Schriststcllcrn und in der Praxis allgemein behauptet. Es wird hierbei verwechselt der Vertrag und die durch ihn begründete Leistung. P e rg l. S t r i e t h o r s t B . 07 S . 220. I8) Entsch. B - 19 S - 90. „ D ie Verabredung einer K o nvent.S tr. ohne einen H a u p t­ vertrag hat keinen Gegenstand und ist rechtlich nicht denkbar." G r u c h c t II. S . 136 hält diese Ansicht in ihrer Allgemeinheit nicht fü r richtig, die K o n v .S tr. soll auch selbständig zur Sicherung einer gesetzlichen Pflicht stipulirt werden können. Aber §. 3 0 3 , d. T ., auf den er sich beruft, beweist eö nicht, denn er schließt nicht auS, daß der „besondere Nachtheil" in der Verletzung eines Hanptvertragcs be­ stehe, und daö Beispiel, waS G r u c h o t anführt, ist ebenso wenig beweisend- H ie r soll die K o n v .S tr. gewiß das Interesse decken, waS dein G läubiger aus der Nicht­ erfüllung des Vertrages über daS Forsthuterecht erwächst. Nach dem Dresdner E n tw u rf A rt. 127 hängt die Giltigkeit des StrafvcrtragcS von der Giltigkeit deS HauplvertrageS ab-

836

Z w eite« D iO iO W iD ibesS nA em tioPt-vajkeibte.

reres, als M ß G n W tzM M -asw eW ild ^ wird

837

M M .M

das P M tz W c k t« M , ^ M K ^ M K W c h - N W ^ lh t z e M W j h H f f M M s m uß, W f M u W U G ; rE iD eW iK eM ^ rk sM rtzW 'L tzM V iHLsNnchicheil^ KtipuIaLberstrigchrssrdSal'^stälrWchülidlaroha^edor PhnkfichEHcch tzmwiUg rW darf W tzKeM ch DichOrM e WchkiÄcheALMr gKSW vnViSM PkSffKW s gestelltuM d^N K V p A e b ^ d M t z M S e M M t M f t u O e 'A n M ^ Ä r D an d e ? W M M G « f f M M ^ l i t i b L z ' ) t z i ß T M h M M A M Gunsten D ritter bestimmen’J). Nach)N-2Ät. äftealfcBttjie RAUtküitiiMabstMfsvidfelibsthews ÄtUÄ.M .cmf B ° i.s t 'o u > ,L M W « » L G M L .M M W .K M M werden soM bm tbe$e^M tcittsgfw #sinkiio NachOW'^.h^r m , * • 137 o 138 -atmimmt, .wettn auch JumeacL'tii werden ttutf;,. hafi in dem. Fall, wo einem V ertW gtzK ^M W K fi SAW\oi]beÄf»^stft^öiUi^HgreFiewaflQt>cSe^tMca^eiOöä^ nicht - ° c h « L W « M M S ie zeigt iMeiBsiondorheitiuilichis SfliArfe, 3ib6#edb6iittibr®We©«i*ria#tbicS Snlercffe » M M traientm « » ' L M « K ? S M a b h än gig ttoÄ dLM Kr,teM hlM IaM M iagiLM G lgew etÄ M pM ÄM gDarlehu kchlü

« t a g t °b 4 " » M M h » » ' L ! U W M . " N H W S W eine Ausnahme von §. 293. 1.5 aber nicht von dem auch hierin enthaltenen Satze : -daß K onv-Str. n e b e n Interesse nicht statthaft sei. I n §. 113. II. 1 tritt die K onv.Str. n e b e n den Ersatz des wirklichen Schadens, aber nicht neben das 19) Oben §.3$ÖFffei Note 7. 22. 23.

20) D e i t r Ä ," " ......... ' tioniba sum^am cujusque lm^rsitr’et ad cxicsiiam summam

e s t, q u a n li

ntu6% ef!ägter behaupten und beweisen. *•) L ie b e S ^ ^ S i c ° c! VII. 4 7 ' hat zwar keine Beziehung auf die 22) G lü c k BrnchM bth.scJeiS.cL3t).doch den Redaktoren vorgeschwebt zn haben. E s war da-

2« ?

» W ß D ^ M K N 'lk .

4) Auch so dW ^M exxr ®e8ket§iol3$tafe unbekannt, nur zum Zinswucher soll sie nicht

25) I n e in e Ä n M k M M iß M e U h ^ .G c K N M ^ n h H ^ d e D M d tz M s k M N f - 3 | § J

eine Ergänzung be$ Gesellschaftsvertrages. — Dagegen bedarf ein zum Abschluß eines Vertrages Bevollmächtigter zum Abschluß eines anschließenden KonventionalstrafvertrageS besonderer Vollmacht. Präj. 1450. 2782. Enlsch. B. 80 S . 284. 26) Oben §. 99 S . 737. Wäre die Vertragsstrafe ein selbständiges, nur bedingtes Recht, so wäre sie auch von vorn herein cessibel. da Bedingtheit Session nicht ausschließt.

838

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechle.

barung"). D er Grundsatz, daß ein Interesse vom Interesse nicht gewährt wird "), führt dazu, daß für die Nichterfüllung des Ltrafvertrages nicht weiter eine S trafe oder eine Verzinsung derselben bedungen werden d arf" ). Zögerungszinsen von der fällig gewordenen Strafe läßt die P raxis zu" ). D ie bei dem Darlehn für die Höhe der Strafe bestandene Beschränkung ist nicht mehr g ü tig " ). D ie Konventionalstrafe kann als Ausgleichung für allen Nachtheil au s der gänzlichen oder thcilweisen Nichterfüllung oder für einen bestimm­ ten Nachtheil, ;. B . sür Verzögerung vereinbart werden"). H at sie eine solche beschränktere Bestim m ung, so bezieht sie sich nicht auf anderweitigen Nachtheil, dieser muß nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften ersetzt w erden"). W ar sie dagegen auf gänzliche Nichterfüllung versprochen, 3:) Vgl. oben § .6 8 8 . 4 4 7 ff. und H in s c h iu S in f. Zcitschr. s. RechtSpfl- u. f. w. II. S . 34. T e r Begriff „frebitirte Forderung" ist ein keineswegs zweifelloser. Vergl. Entsch. B. 63 6 . 60. $ cM er in Gelbschmidts Zeitschrift X II. S 337. S . auch R a n d a a. a -O - S . 39. D as Richtige wird sein, als kredilirt zu be­ zeichnen: eine G eldforderung, bei welcher die Z ahlung abweichend von einem n atu rale neirotii oder von einer früheren ausdrücklichen Bestim m ung durch W illenserklärung des G läubigers hinausgeschoben ist. D a s n u r in bestimmter • Richtung wirksame stillschweigende tireb itim t des §. 224. I. 11 kommt hier nicht in Betracht, da nur V ereinbarungen bei einer K reditirung in Frage stehen. '*‘0 O ben §. los) bei Note 42. M o m m s e n , Beiträge B . 2 S . 189. B. 3 S . 32. Vergl. die 1 .2 . §. 5. D. L. 8 : ne cum m odoium cow m oda ct u su rae u su raru m in ereinentum faciant. 34) § .3 0 4 . d. T . H i n s c h i u S a. a. O . S . 35 erachtet den § .3 0 4 fü r aufgehoben durch daö Bundesgesetz, weil für j e d e Forderung eine Konventionalstrafe stipulirt werden darf, folglich auch für den Fall der Nichtentrichtung einer solchen. D ie Richtigkeit dieser Ansicht wird indessen dadurch zweifelhaft, daß §. 1 des BundeSgesehes von k r e d i t i r t e n Forderu:igen, nicht allgemein von Forderungen jeder A rt spricht, und die verabredete Konventionalstrafe nicht füglich eine frebitirte F o r­ derung genannt werden kann, da sie überhaupt nicht geltend zu machen ist, w enn die Hauptleistung erfüllt wird. D aß dagegen für die Nichtleistung der fällig ge­ wordenen und nunm ehr kreditirten Konventionalstrafe eine anderweitige S tra fe ver­ einbart werden kann, ist nicht zweifelhaft. Bergt. Entsch. 67 S . 321. S t r i e t h o r s t B . 82 S . 43. B . 86 S . 180. 30) Nach der M ittheilung der Gesetzrevisoren bestätigen die M aterialien dies ausdrück­ lich (). Ergänz. 5 c. zu § .3 0 1 ). K och, K om m entar zu tz. 304 Note 5 0 , „w eil vom Fälligkeitstage der S tra fe ein n e u e s Interesse erwächst. S t r i e t h o r s t B . 27 S . 24 c. B. 82 S . 43. R O .H .8 . B . 5 N r. 95. Aber nicht neben der S tra fe Zögerungszinsen für die Forderung. S t r i e t h o r s t B. 82 S . 44. D ie Verzugszinsen von der V ertragsstrafe beginnen spätestens m it der Klagebehändiqung, falls nicht der V ertrag einen ZablungStag festgesetzt hat. §§. 71. 67. I. 16. K och, R . d. F . II. 6 . 380. '") I. 11. §. 825. H i n s c h i u S a. a. O . S . 34. 37) §§. 294. 295. d. T . Bedungene sofortige Fälligkeit bei nicht pünktlicher Z in s ­ zahlung ist nicht als Konventionalstrafe aufzufassen. Entsch. B . 67 S . 206. Vgl. aber über die Beweislast bei diesem Fall S . 304 Anm. 12. D ie dort gegebene Auslegung einer solchen Abrede ist nicht willkürlich: sie entspringt dem Satze, daß jede Verbindlichkeit solange als ungelöst angesehen werden m uß, bis die v'ösung behauptet ist, und daß die Fälligkeit der Kapitalzahlung vertragsm äßig für den F all begründet ist, daß die Zinsschuld noch besteht. 36) §• 294. d. T .

§. 107.

so soll auch w e rd e n ").

839

Z iv Konventionalstrafe.

die theilweise Nichterfülluust durch sie nicht ausgeglichen

D a ra u s ergiebt sich fü r das preußische Recht der Rechtssatz:

die Konventionalstrafe deckt m ir dasjenige Interesse, fü r welches sie aus­ drücklich bestimmt worden, das E rfü llu n g s -" ), das Entw ehrungs-, das O rts - oder das Zcitinteresse, sie darf nicht auf eine andere A r t des Interesse übertragen w e rd e n ").

A ls Interesseforderung setzt die V e r­

tragsstrafe ferner voraus, daß auf E rfü llu n g des Hauptvertrages geklagt werden kann, daß letzterer rechtsgiltig is t " ) .

Aber wieder abweichend

vom Interesse, welches in seiner technischen Bedeutung im A .L .R . n u r bei Vorsatz ober grobem Versehen gefordert werden d a r f " ) ,

w ird bei

der Vertragsstrafe nicht nach dem Grade des Verschuldens gefragt, wenn ein Anderes nicht von den Parteien ausdrücklich verabredet w o rd e n "). Unverschuldete N ic h te rM u n g " ), oder vom G läubiger verschuldete"), be­ fre it den Schuldner von der S tra fe . A ls Gegenstand der S tra fe kann jede Leistung bedungen werden,

3S) §• 2 % . b. T . Diese dem röm. R . wiberspreclienbe Vorschrift (1.2 5 . §. 13. D . X . 2. I. 5. 5. 4. 1. 85. §. »i. I). X I . V . 1. I. 47. 1). X I X . 1. S e u f s e r t I I . N r . 2 7 7 ) entspricht der damals herrschenden Ansicht. Vergl. W e s t p h a l , die Lehre des ge­ meinen Rechts vom Kauf 17) G r u c h o t II. S . 146. 1. 72. §. 2. 1. 115. §§. 1. 2. I). XLV. 1. Ein modicum tcm pus soll aber beachtet werden. S e u f f e r t B. 3 Nr. 37. B. 6 N r. 171. 172. D . 15 N r. 15. S i n t e n i S II. S . 113. Is t eine Erfüllungszeit nicht festgesetzt, so soll der Schuldner zur Erfüllung erst aufgefordert werden und es muß aus der Handlungsweise desselben mit Sicherheit hervorgehen, daß er nicht erfüllen will; H e u s e r , Annalen I. S . 297. 301. Sonst keine M ahnung. S e u f f e r t B . 9 N r. 32. M) §. 306. d. T- 1. 23 pr. D. IV. 8. 1. 23. D. XLIV. 7. M o m m s e n B eitr. III. S . 325 Note 9. yj) Die S trafe kann jedoch neben der Erfüllung nur dann und nur soweit gefordert werden, als sie nicht da« S urrogat des g a n z e n Vertragsinteresse ist, sondern nur ein s p e z i e l l e s Interesse vertritt. G r u c h o t II. S - 139. S e u f f e r t III. N r. 38. 1. 115. §. 2. I). X LV . 1. D resdner Entw . Art. 121 giebt im Zweifel die Wahl, die Erfüllung des Vertrages oder die Strafe zu verlangen. N u r wenn die Strafe für den Fall der nicht rechtzeitigen oder am richtigen O rt erfüllten Verbindlichkeit bedungen ist, kann neben der Erfüllung die Strafe verlangt w er­ den. Art. 122. M) §. 311. d. T . Deutsches H .G -B - Art. 284 Abs. 2. Oesterr. G P . §. 1336 a. E . S e u f f e r t B. 10 N r. 246.

§. 107.

D ie Konventionalstrafe.

«41

Strafforderung in F o lg e vermutheten V erzich ts" ) u n ter " ). S ie kann daher in einem solchen F all nur aufrecht erhalten w erden, wenn der V orbehalt, nachdem die S tra fe fällig geworden, v o r oder b e i A nnahm e der späteren E rfüllung ausdrücklich erklärt und dadurch die V erm uthung des Verzichts beseitigt w orden" ). E s kann zwar bedungen werden, daß die S tra fe „einem D ritten zufallen soll", aber der D ritte hat keine K lage auf Entrichtung der­ selb en ^ ). Absolut ist ihm diese versagt: „n iem als" , auch „wenn er aceeptirt hätte", und doch heißt es: er hat nicht eher ein Recht, die S tr a fe zu fordern, a ls bis der G läubiger auf deren Entrichtung a n ­ getragen — soll er also von da an ein Recht haben, sie zu „fordern", und w a s heißt „antragen"? D er Rechtssall a u s der vorlandrechtlichen P ra x is des O b ertrib u n als, der zu dieser B estim m u n g, die, w enn sie M) 1.10. D. X III. 4 : creditor r e m i s i s s o poenam videtur. S t r i e t h o r s t SB. 30 S . 2 5 8 f. S e u f f e r t , P and. II. S . 127 bei Note 10. Noch. B- 8 N r. 88. D ie V erm uthung darf nicht auf die Folgen des Verzugs ausgedehnt werden, sie ist aus die Konventionalstrafe beschränkt, Entsch. B . 07 S . 200. w) §• 307. d. T . S t r i e t h o r s t D . 59 S . 2 3 s. p . 07 S . 220. R . K och, in der preuß. A nw .Z eit. 1805 S p . 806. D resdner E ntw urf A rt. 122. R O H G . II. N r. 60. VI. N r 2S. E s erwacht auch nicht etwa an S telle der beseitigten K on­ ventionalstrafe der Jntereffeanspruch N .O .H G B . 2 4 S . 272. D ie Strafforderung geht u n ter; der Klage steht die Behauptung vorbehaltloser Annahme der V ertrags­ leistung als vom Beklagten zu beweisende Einrede gegenüber, ^ o gegen S t r i e t ­ h o rst B . 30 S - 258 und B . 03 S . 74 d- R O .H .G . B . X III. S - 15 u. d. R G . bei G r u c h o t B . 24 S . 417. Ist die Leistung von einer M ittelsperson entgegen genommen, ohne daß diese einen Vorbehalt erklärt hat, so m uß auch nach der A n­ sicht des Reichsgerichts der Kläger die A nnahme des U ntergangs durch den Nach­ weis beseitigen, daß er sogleich nach erlangter Kenntniß dem Leistenden gegenüber den Vorbehalt erklärt hat. R .G . Entsch. B . II. S - 28. J) R echtfälle B . 3 S . 204. (Die S trafe muß schon fällig geworden sein.) P rä j. 1203 b. (bei der A nnahm e, S am m t. I. S - 8). Enlsch. 20 S . 89. (ES bedarf keiner W iederholung deS Vorbehalts bei der A n n ah m e, wenn er schon vorher er­ klärt werden.) P rä j. 1203». (S am m l. I. S - 8). S t r i e t h o r s t 93. 2!» S . 238 und Entsch. B . 15 S - 265 N r. II. (T e r Vorbehalt braucht nicht bei der A n­ nahme einer Leistung ausgesprochen zu werden, auf welche sich nicht speziell die Klage bezieht. wenn jene auch aus demselben Vertrage entspringt.) E in Rechts­ fall bei G r u c h o t II. S . 148 bestimmt den Begriff der Annahm e im Gegensatz )it einer n u r noch vorläufigen Uebernahme zum Zweck der P rü fu n g der P ro b e­ mäßigkeit und ArnSb. Archiv B- 13 S . 109 führt a u s , daß der G läubiger selbst angenommen haben mu ß , nickt für ihn ein D ritter. Dagegen fällt nach Entsch. B . 02 S . 10 die K onv.S tr. auch dann weg. wenn der Bevollmächtigte die spätere E rfüllung ohne Vorbehalt annim m t. W enn K och, Komment. Note zu §. 307 den G rund darin findet, daß auf die Accessionen nach T ilgung der Hauptschuld keine selbständige Klage stattfinde und wenn er die Forderung der fällig gewor­ denen Konv S tr . mit der Forderung auf Verzugszinsen gleichstellt, so ist dagegen zu bemerken, daß die K onv.S tr. keine Accession ist (s. o ),'d a ß sie ferner auf einem V e r t r a g e (pactum adjectum ) b eruht, daß sie daher f ä l l i g w ird, und vom Fälligkeitstage eine selbständige, klagbare Forderung ist, die von diesem Zeitpunkt sogar cedirt werden kann. D er Gesichtspunkt des Verzichts ist dagegen richtig fest­ gehalten bei S t r i e t h o r s t B . 30 S . 2 5 8 f. D er Vorbehalt kann mündlich erklärt werden. b7) §§. 308. 309. d. T .

nichts Weiter sagen sollte, als was von Vertragen zu Gunsten D ritte r g ilt,

jedenfalls überflüssig w äre, Veranlassung gegeben5') ,

zeigt,

daß

m an dem G läubiger, auch wo die S tra fe dem D ritte n zufallen soll, doch die B efugniß erhalten wollte, auf die S tra fe zu verzichten.

D ie bloße

Verabredung der S tra fe oder ihre eingetretene Fälligkeit soll dem D ritte n noch kein Recht geben, selbst wenn er der Verabredung beigetreten wäre. E s kann also n u r der G läu b ig er die Erlegung der S tra fe an den D ritte n fordern, einklagen und erstreiten5'). W ird der H auptvertrag a u fg e h o b e n , so erlischt auch der Anspruch auf die S tra fe und letzterer wird nicht wieder von selbst g ü tig ,

wenn

ersterer später von den P arteien wiederhergestellt w ir d 40). — Stehen dem Anspruch auf E rfü llu n g E in r e d e n entgegen, z. B . der Verletzung über die H älfte, so hindern sie auch die K lage auf die S t r a f e " ) . — W e r die S tra fe einklagt, hat nicht die Nichterfüllung des Hauptvertrages zu b e­ w e i s e n , es muß der Beklagte die E rfüllung d a rth u n "). A ls eine besondere A rt der Konventionalstrafe betrachtet das A .L .R . die s. g. W a n d e l p ö n " ) und ein Gegensatz zu jener.

doch ist diese vielmehr in jeder Hinsicht

S ie sichert nicht die Erfüllung, sondern sie er­

leichtert dem Schuldner die Nichterfüllung,

sie w ill den V e rtra g nicht

erhalten, sondern seine Aushebung gestatten.

S ie ersetzt daher auch nicht

das E r f ü llu n g s in te r e f f e , sondern das A u fh e b u n g s in te re s s e ").

S ie

besteht in der ansdn'lcklichen Verabredung, daß der Verpflichtete durch Erlegung der S tra fe von der E rfüllung des V ertrags sich befreien darf. E s hat

daher hier der V e r p f l i c h t e t e die W a h l zwischen S tra fe und

E r ft illu n g " ); die W a h l fä llt weg, wenn m it der Erfü llu n g

schon be-

ö8) Abgedruckt bei v. H y m m e n , B e itr. S a m m t. 3 S . 38 f. und in den Ergänz, zu §. 3 0 8 . Koch, K om m Note zu §. 300. 59) D a ß nach ergangenem Erkenntniß der D ritte nun unter den Voraussetzungen, die in §. 75 dargelegt sind, das Recht selbständig weiter verfolgen könne, wie die fr. Aufl. unter Berufung auf K o ch , R . d. F . II . S . 3 8 3 , G r u c h o t I I . S . 149 behaupten, laßt sich nach Ansicht des Herausgebers nicht begründen. D e r K o n tra ­ hent kann bis zur endlichen Beitreibung und Ablieferung an den D ritte n ver­ zichten, ausdrücklich oder durch vorbehaltlose Annahme der Hauptleistung. 60) S e u f f e r t l l l . N r . 40. 61) §. 310. d, T . ^

D g l. hierzu S t r i e t h o r s t D . 81 S . 311.

S e u f f e r t I I I . N r . 41.

S e u f f e r t V I I I . N r . 121. Dagegen ist daselbst D . 12 N r . 143, dem Kläger der Beweis der Nichterfüllung auferlegt, weil diese „die Bedingung" seines Anspruchs auf S tra fe sei. Dresdner E n tw . Art. 128. V g l. Anm . 37.

63) §§. 3 1 2 - 3 1 6 . d. T .

S t r i e t h o r s t B . 8 4 S . 337.

b> h. 316. d. T . Die schriftliche Form hängt nicht von der Höhe des Objekts ab, sie muß, um die Wahl u n w i d e r r u f l i c h zu machen, beachtet werden, auch wenn der Hauptvertrag nur mündlich errichtet worden. A. M . Koch, R. d. F. II. 6 . 372. Eine mündlich erklärte Wahl kann also vom Verpflichteten noch geändert werden, und wenn er nach einer solchen Erklärung vom Gläubiger auf Zahlung deS Reugeldes belangt wird, kann er excipiendo noch Erfüllung anbieten, ebenso wenn der Verpflichtete überhaupt noch nicht gewählt hat. Entsch. B. 34 6 . 6 8 f. S t r i e t h . B. 42 S . 364. Regelmäßig kann also ohne schriftliche Uebernahme der Wandelpön auf diese nicht geklagt werden: dies gilt aber nur, wenn nicht schuldhaft oder nachträglich die Erfüllung der Obligation selbst unmöglich geworden ist. (R. O .H .G . B . 24 6 . 120); hier zeigt sich die Wandelpön als eigentliche Konventionalstrafe. — Bergl. auch §$. 212—216. I. 5 (Draufgabe als Wandel­ pön und oben §. 65 Anm. 19 S . 433 und §. 81 a. E. 6 . 543.

I.

In d e m die verschuldete Nichterfüllung oder M indererfüllung einer

O b ligatio n zum Ersatz des Interesse oder wenigstens des wirklichen Scha­ dens verpflichtet, w ird von der Voraussetzung ausgegangen, daß die O b li­ gation bei Bestand geblieben.

E s muß deßhalb an die Stelle der u r­

sprünglichen Leistung ein S u rro g a t treten, oder sie selbst erweitert wer­ den.

Anders stellt sich die Sache, wenn die Nichterfüllung unverschuldet

ist, wenn ein Z u fa ll darauf w irkt, unmöglich w ird.

daß die Leistung so wie bedungen

E s kann hier von einer Vertretung, von einer Pflicht,

etwas Anderes statt des Geschuldelen zu leisten, nicht die Rede sein. Aber es entstehen die F ragen:

wen trifft der N a c h t h e i l , den der Z u ­

fall herbeigeführt, welcher von den beiden Theilen hat die G e f a h r zu tragen,

soll die O b lig a tio n

trotz ihrer Nichtcrfüllbarkeit aufrecht er­

halten bleiben, oder als aufgehoben angesehen werden, und aus welchen P rin zip ien wäre die eine oder andere Anschauung zu rechtfertigen? D ie Beantw ortung dieser F ragen ist sehr bestritten, und da noch keine der aufgestellten M einungen allgemeine Anerkennung sich hat erringen können, sind Einige zu dem Resultat der Verzweiflung gelangt, von allgemeinen Grundsätzen ganz abzusehen und statt deren die P rinzipien fü r die ein­ zelnen O bligationen aus deren besonderer N atu r zu konstruiren').

Und

doch kann man nicht sagen, daß die im corpus Juris überlieferten A ussprüche römischer Juristen spärlich oder unentschieden wären. D a s A .L .R . spricht von Z u fa ll als gleichbedeutend m it unabwend­ barer G ew alt oder Uebermacht, von zufälligen Folgen einer H andlung, welche nicht vorausgesehen werden konnten und nur entstanden sind aus einer Verbindung der Handlung

m it einem von ihr verschiedenen E r ­

eigniß, von einem Z u fa ll, der sich in der Person des Berechtigten oder Verpflichteten ereignet —

im Gegensatz zum „bloßen" Z u fa ll, von ge­

wöhnlichen, ungewöhnlichen, außerordentlichen Z u fällen ;

es identifiztrt

Z u fa ll m it Unglücksfall, unterscheidet, ob der Z u fa ll die E rfü llu n g selbst oder n u r eine bestimmte A rt derselben betroffen hat und bringt in einen Gegensatz zu der durch Z u fa ll herbeigefiihrten Unmöglichkeit die bloße Erschwerung der E r fü llu n g '). O B a n g e ro w III. 6 .2 3 1 . S i n t e n i s II. 6 . 4 7 2 Note 44. Letzterer e rklärt es sogar fü r unm öglich, ein gemeinsames P rin z ip fü r alle O b ligationen aufzustellen, w e il das T ra g e n der G efahr die Kehrseite von der Unmöglichkeit der Leistungen, diese aber, je nachdem die O b lig a tio n eine ein- oder gegenseitige, sehr verschieden sei. Nicht die Kehrseite, sondern die Folge der Unmöglichkeit ist das T ra g e n der G efahr und au 6 der Verschieden heit der Unmöglichkeit der Leistung bei den ve r­ schiedenen O b lig a tio n e n ist um so weniger der Schluß zu ziehen, daß ein P rin z ip fü r das T ra g e n der G efahr nicht aufzufinden fei, w e il die Unmöglichkeit der Lei­ stung. so verschieden sie sich auch äußern mag, doch im G run d e im m e r ein und dieselbe ist und P rin z ip ie n überhaupt Verschiedenes u n ter e in e n Gesichtspunkt zu­ sammenraffen sollen. D e r Versuch d a rf daher hier nicht aufgegeben werden. *) D e rgl. über den Sprachgebrauch des A . L . R . I. 3. §§. 5. 6. 369. 370. 3 7 4 . 375. I . 21. §§. 4 7 9 . 510. 5 94 u. a. a. O .

I. 5. § § .2 6 1 . 3 6 4 .

D ie s ist das M a te ria l,

welches Zeugniß dafür ablegt,

daß das

A .L .R . nicht frei geblieben ist von den Einw irkungen der damaligen D o k trin m it ihren vielen und nutzlosen E in th e ilu n g e n ').

Eine nutzlose

Kasuistik w ird hervorgerufen durch den Unterschied von „bloßem" Z u fa ll und einem solchen, der sich „ in der Person eines Kontrahenten ereignet" *), verw irrend ist der Unterschied von gewöhnlichen und ungewöhnlichen ;')U= fällen, denen die damaligen Juristen noch die ungewöhnlichsten anrcihete n 3 5*7 4 ), die aber von den Redaktoren des A .L .R . wenigstens nicht als be­ sondere Klasse

hingestellt worden

s in d '!:

unpraktisch

der

Unterschied

zwischen zufälliger Unmöglichkeit der E rfü llu n g überhaupt und einer be­ sonderen E rfü llu n g s a rt').

Alle diese E intheilungen sind dem römischen

Recht unbekannt, unfruchtbare E rfindungen des Naturrechts. Fn den römischen Rechtsquellen w ird der casus fbrtuitus dem ex

voluntatc entgegengesetzt') und dadurch bezeichnet, daß der Z u fa ll ein vom menschlichen W ille n

unabhängiges E reigniß

ist, welches auf die

Rechtsverhältnisse einwirkt. Aber die voluntas als Gegensatz zum casus ist zu eng, sie drückt nur das si quis sciens prudensque commisorit. d. h. das absichtliche, bewußte Bewirken eines Ereignisses aus, nicht die Nachlässigkeit, das zwar unabsichtliche, aber fahrlässige Handeln — und doch steht auch dieses im Gegensatz zum Z u fa ll.

H ier t r it t der

Unterschied zwischen der Zurechnung auf dem Gebiet des S tra f- und P rivatrechts hervor.

A u f ersterem w ird die Fahrlässigkeit in der Regel

als ß u fa tl a u fg e fa ß t'"), a u f letzterem ist sie a ls Schuld v e rtre tb a r"). D o rt ist der B e g riff der Schuld enger, hier verengt sich der B e g riff des Z u fa lls ;

indem die Fahrlässigkeit aus ihm

ausgeschieden w ird , ist er

3) liebet die damalige Doktrin f. Gluck P . 4 S . 303ff. 4) Der Unterschied ist aufgestellt bet Höp fn e r. Komment. §. 761 (Der von Koch citirte Strauss de casu facienti novivo ist dem Vers unbekannt geblieben.) Das per euni stetit, quo minus füret (1. 1. §. 13. D. L. 13) bezieht sich nickt auf zufällige Unmöglichkeit. Kock I. S 211 Note 35). 36. ■) lieber casus soliti, insoliti, insolitissiini s. (vlück IV . 365 f., wo auch die ältere Literatur angegeben, und M a t h iS, jnrift. Monatsschrift B. 10 S . 501. M it Recht sagt Koch I. 201: wer bett Zufall zu tragen bat, trägt ihn immer, die Seltenheit ist kein Modus, ihn auf Andere zu übertragen. Daß die Redaktoren die ungewöhnlichsten Zufälle als besondere Klasse sich gedacht, entnimmt Kock aus der Verbindung der §§. 261. I. 5. 510. 504. 478.470. I. 21. A.L.R. (I. S . 2 1 3 f). Dagegen Hevdemann (2 .2 3 6 und Grnckot, a. a. O. S . 523. Oben 2 . 540 Note 16. 7) Diese Unterscheidung ist den Redaktoren deö A.L.R. eigenthümlich, in der damali­ gen Doktrin nicht nachweisbar. ') §• 28. J. II. 1. 1. 1. 5. sX. 16. M o mm s e n , Beiträge I. S . 242 Note 18. 0) 1. 9. D. X L V II. 9. h)) M it Ausnahme derjenigen Fälle, in denen Fahrlässigkeit ausdrücklich als strafbar erklärt ist. n) Mo mms e n S . 212 sg.

846

Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechie.

rein und allein im provisus, fortuitus casus. quem nullum humanum Consilium providere potest. cui intirmitas Humana resistcrc nou pote s t lj). Am Obligationenrecht ist also als Zufall nur dasjenige 6reigniß anzusehen, welches ohne jede direkte oder indirekte, absichtliche oder fahrlässige M itwirkung des Schuldners eingetreten ist, welches jede Vertretbarkeit ausschließt, der Gegensatz zum Verschulden. D a er aber überhaupt hier nur in Betracht gezogen werden kann, insofern er auf ein bestimmtes Rechtsverhältniß einwirkt, und zwar hauptsächlich nach­ theilig einwirkt, so entsteht die Frage, auf welche Rechtsverhältnisse kann überhaupt der Zufall einwirken, und wie wirkt er ein. Auf das Rechts­ verhältniß an sich als etwas Id ea les wirkt er nicht zunächst: er kann nur die Leistung, den Gegenstand als das Reale treffen, und zwar nur eine solche Leistung, einen solchen Gegenstand, der individuell bestimmt daliegt, greifbar ist. D ie Leistung einer Gattungssache, einer Q uantität, ist dem Z ufall regelmäßig nicht erreichbar"). D ie nachtheiligc E in­ wirkung muß so beschaffen sein, daß die Sache nicht mehr Gegenstand der obligatorischen Leistung sein kann — diese muß objektiv u n m ö g lich gemacht, nicht nur erschwert, d. h. subjektiv unmöglich sein " ). Unmög­ lich aber ist die Leistung nicht nur dann, wenn ihr Gegenstand nach 1‘) I. 13. C. IV. 35 improvisum casuiii. 1. 0. C. IV. *24 cum praevideri non potuerint. 1. 2b. C. IV. 05. 1. lh. pr. Ö. XIII. 0 quibus resisti non possit. 1.4. C. V. 38 adversus quos eaveri non potuit. 1. 1. §. 4. 1). XLIV. 7 cui humana intirmitas resistere non potest. M o m m s e n S . 243 Note 24. S e u f f e r t B. 13 N r. 54 ist ausgeführt, daß der Begriff des damnnm fatale zu eng gefaßt wird, wenn man ihn nur auf unwiderstehliche elementarische Wirkungen be­ zieht. Vergl. Erk. des O .Trib. Berlin daselbst Nr. 225. Unter unabwendbarem äußern Zufall in §. 25 des Eisenbahngesetzes v. 3. Novbr. 1838 ist ein Ereigniß höherer Gewalt zu verstehen. S t r i e t h . B . 5*2 S . 33. 13) Genus interire non censetur. Hierher gehören also die Gegenstände, welche als Q uantitäten, als vertretbar bezeichnet, welche gemessen, gewogen, gezählt werden. Bergl. §. 2. J. III. 14. 1. 42. 1>. XXIII. 3 1. 1. §. 4. I). XLIV. 7. 1. 30. §. 5. D. XX XV . 2. Vgl. über den Satz oben S . 590 Anm. 22. — Solche Gegenstände können aber durch besondere Umstände zur Spezies werden, z. B . certi nummi, qui in arca sunt. 1. 37. D. XLV. 1. Ebenso, wenn daS genus zum Zweck der Erfüllung bereits abgesondert, angeboten ist und dann durch ein Verschulden deS Gläubigers, oder bei dessen Annahmeverzug untergeht. 1. 6. D. XLIV. 4. 1. 30. 72. pr. D. XLVL 3. 1. 84. §. 3 de leg. I. U n t e r h o l z n e r I 6 .5 1 2 Note c. d. M o m m s e n I. S . 47. S e u f f e r t , Pand. II. S 114 Note 6a. 7. J h e r i n g , Jahrb. B. 4 S . 300ff. lieber vertretbare Werthpapiere vgl. oben S . 118 und Entsch. B . 15 S . 400. Siehe Ergänzungen zu §§. 300 — 370 Nr. 3. " ) A.L R. I. 5. §. 374. 1. 137. § § .4 .5 . 1). XLIV. 1. S i c 6 I. 201. M o m m s e n I. S . 5. Ueber den Begriff der Unmöglichkeit s. Entsch. B. 40 S . 20. S ie ist nach dem Gegenstand des Vertrages und der demselben zu Grunde liegenden Ab stcht der Kontrahenten zu bemessen. Die Schuld eines Dritten ist Zufall in Be­ ziehung aus die Kontrahenten. Entsch. D. 19 S . 90. S t r i e t h B. 27 S . 102. D aß Zahlungsunfähigkeit nur Erschwerung, nicht Unmöglichkeit ist, s. oben §. 60 Note 20. S t r i e t h . B. 27 S . 372. Unmöglichkeit, wenn der S taa t die Sache wegnimmt, oder ein neueres Gesetz daS Rechtsgeschäft verbietet 1. 33. I). XIX. 2. S e u f f e r t B 9 Nr. 325.

§. 108.

1. Zufälliger Nachtheil und Bortheil.

847

B eg rü n d u n g der O b lig atio n untergegangen, sondern auch schon, w enn er verschlechtert w orden, soweit die Verschlechterung reicht (casus interitus. (lotoriorationis)li). Unmöglich ist sie insbesondere nach preußischem Recht, w enn sie auch nicht durch eine anderw eitige E rfü llu n g sa rt ver­ treten werden s a n n 16). D ieses E intreten einer anderen E rfü llu n g sa rt an S telle der in der O bligation bestimmten hat aber nichts gemein m it dem S u rro g a t, welches das Interesse, der Schadenersatz fü r die u rsp rü n g ­ liche E rfüllung darbietet, durch die andere A rt soll im m er noch dasselbe a u s demselben R echtsgrunde erfüllt, nicht ein bloßes A equivalent be­ schafft w erd en "). G rade darum ist diese B estim m ung so durchaus u n ­ praktisch, denn ist eine andere E rsü lln n g sart für dasselbe Objekt noch möglich, so ist überhaupt Unmöglichkeit nicht vorhanden. Und ferner h at das A .L.R . a u s Rücksichten angeblicher B illigkeit auch die E infach­ heit des S a tz e s, daß die Unmöglichkeit n u r eine objektive sein könne, aufgegeben, es lä ß t eine E r s c h w e r u n g a ls Unmöglichkeit gelten, wenn fü r den V erpflichteten m it der übernom m enen E rfüllung eine wahrschein­ liche G efahr des Lebens, der G esundheit oder F reih eit verbunden ist, es legt dem Berechtigten, wenn er auf der m it einer anderen unvorher­ gesehenen G efahr verbundenen E rfü llu n g sa rt besteht, die V erpflichtung aus, diese G efahr zu übernehm en"), w as wohl heißen soll, daß er dem Schuldner die Nachtheile auszugleichen hat, welche ihm durch die wirk­ lich gewordene G efahr entstehen können. Endlich aber kann m an nicht sagen, daß ein Z u fall die Leistung unmöglich macht, w enn er m it einem Verschulden des Leistungspflichtigen verbunden ist — d as vertretbare Verschulden überw iegt (casus dolo vcl culpae subordinatus)"); der d a r­ aus gegründete Unterschied von casus nioms und mixtus ist entbehrlich, ]b)

u;) I7)

,s) ,0)

Die Verschlechterung oder der Untergang muß hinterher, nach Abschluß des Ver­ trages eingetreten sein. W ar die Sacke schon zur Zeit des Vertragsabschlusses verschlechtert, so tritt die Gewährleistungspflicht ein, und die Frage wer die Gefahr zu tragen, kommt nicht vor. I. 5. §§. 369—374. ArnSb. jur. Monatfch. I. 656. Die Unmöglichkeit der ErfüllungSart kann verschuldet oder zufällig sein. Ueber eine verschuldete s. S t r i e t h . B- 6 S . 103: Der Auszügler kann eine andere ErfüllungSart wählen, wenn die bedungene durch Schuld des Verpflichteten mv möglich geworden; hier liegt ein Interesse-Anspruch vor. Ebenso ArnSb. Archiv B. 14 E . 121. Unmöglichkeit der ErfüllungSart liegt z. B in brutaler Behand­ lung deS Berechtigten durch den Verpflichteten. S t r i e t h . B . 65 S . 144. — Die Erfüllung durch eine andere Person ist keine andere ErfüllungSart. S t r i e t h . B. 2 S . 122. Ueber die nicht passend analoge Anwendung des §. 369. d. T . auf die Pflicht des in den Landtag gewählten Beamten, die Kosten seiner Stellver­ tretung zu tragen, s. oben S - 76 Note 5. § § .3 7 4 —376. I. 5. Koch I. S . 291 fg. §. 2. J. III. 14 1. 11. §§. 1. 4. 1. 13. §. 1. D. XI. 2. 1. 5. §. 7. D. XIII. 6. 1. 1. §. 4. D. XLIV. 7. I. 18 pr. D. XIII. 6.G lück IV. S - 365. Se uffert B. 13 N r. 28 N r. 150 S . 202. B. 15 Nr. 208 (leichtsinniges Ausleihen eines Mündelkapitals auf unsichere Hypothek).

weil der gemischte Z ufall als Z u fall überhaupt tticht in Betracht kommt. Aber der Gegensatz des A.L.R. zwischen dem bloßen Zufall und demjenigen, der sich in der Person des Gläubigers oder Schuldners er­ eignet, ist einigermaßen jener Eintheilung verwandt. Der in der Per­ son eintretende Z u fall g ilt als gemischter, insofern er noch in das Be­ reich der Vertretbarkeit f ä llt2I’). D ie Gefahr (periculum) ist sowohl die drohende, als auch die wirk­ lich eingetretene nachtheilige Folge des Z u falls, seine W irkung- nach dem oben Ausgeführten der aus der kasuellen Unmöglichkeit der E r­ füllung einer O bligation hervorgegangene Vermögensnachtheil. D ie Ge­ fahr w ird nicht v e r t r e t e n , sie wird g e t r a g e n , erlitten, der Mensch ist ihr passiv unterworfen. W e r m uß sie t ra ge n? M a n kann nicht sagen, daß das heutige Recht diese Frage unter irgend einem, wenn auch entfernten Anklang an das ältere deutsche Recht beantwortet, obschon diesem über das Tragen der Gefahr keines­ wegs eine Theorie gefehlt h a t" ). D ie Vorschriften des recipirten Rechts überwiegen aber während die gemeinrechtliche Doktrin und P raxis den großen Vorzug hat, auf die römischen Quellen zurückgehen und fort­ schreitend zu einem richtigeren Verständniß derselben und damit zu einer richtigeren Einsicht in das Wesen der Sache vordringen zu können, ist das preußische Recht in die Irrth ü m e r gebannt, die die damalige naturrechtliche Doktrin entwickelt hat. D er Hauptirrthum aber ist, daß dieser Lehre damals der Satz fiisum sentit dominus zu Grunde gelegt wurde. Zwar im Gesetzbuch selbst ist er nicht direkt als P rinzip ausgesprochen, aber aus S u a r e z ' amtlichen V o rträ g e n ") geht unzweifelhaft hervor, daß er ihn als die *>) §§. 3 0 9 - 3 7 4 . 1 .5 .

Heydem ann

1 @ .2 0 7 Note 468.

21) D a s ältere deutsche Recht legte demjenigen Kontrahenten die Gefahr auf, der aus dem Vertrage den B ortheil hatte. D e r Deponent, der Kommodatar, der P fandglänbiger trug die G efah r, d. h. während ersterer seine Sache verlor, mußten die letzteren sie entgelte». Halten beide Theile Nutzen, so trug der den Z u fa ll, welcher Eigenthümer ,'Vermiether) war. Em pfing der Depositar Lohn, so ersetzte er die zufällig untergegangene Sache. D e r Unterschieb zwischen dem alten deutschen Recht und dem durch die Rezeption herrschend gewordenen römischen Recht besteht hier­ nach hauptsächlick d arin, daß nach letzterem für Z u fa ll überhaupt nicht g e h a s t e t w ird , und es sich also nur fragt, wer ihn zu tragen hat, nach deutschem Recht aber unter gewissen Voraussetzungen der Z u fa ll v e r t r e t e n , d. h. Ersatz geleistet werden muß. D ie Unterschiede, die das römische Recht bei de» Graden der culpa macht (alleiniger oder beiderseitiger V o rth eil), bezieht daS deutsche Recht aus die Frage: wer h a f t e t fü r Z u fa ll. A l b r e c h t . Gcwere 6 . 134 fg. F ö r s t e r , Z e it­ schrift f. deutsch. R . B . 9 S - 107 jg. e t o l ' b e S . 209s. Ueber die Vermuthung, daß das H a s t e n für Gefahr nach deutschem Recht die Veranlassung gegeben habe, den B egriff der culpa Jevissima auszubilden, f. S i e b t e S - 230. Oben S . 163 Note 15. B a r , das Beweisurtheil des gcrman. Prozesses 1806 E . 1 1 2 — 130 er­ klärt die Grundsätze des deutschen Rechts über daS Tragen der Gefahr aus B e ­ weispräsumtionen. Vergl. noch M e i b o m , deutsches Pfandrecht 1807 S . 3 0 7 f. 2S) S u a r e z . S - 17fg.

amtliche Vorträge bei der Schlußrevision, v. K a m p t z , Jahrb. B . 41 .Casum sentit dominus ist eine der ersten Regeln des röm . Rechts."

§. lOS.

1. Zufälliger Nacktbeil und Vortheil.

849

Grundregel betrachtet und nach ihr das Tragen der Gefahr bei den einzelnen O bligationen bestimmt hat. D er S a h ist unrichtig, dem rö­ mischen Recht als allgem eines Prinzip unbekannt, und hat, indem er als ein solches hingestellt wurde, die Verlegenheit erzeugt, nicht alle Vorschriften des römischen Rechts über die Gefahr bei den einzelnen Verträgen dadurch erklären zu können. A ns dieser Verlegenheit half man stch dam als m it A usnahm en"), die Redaktoren des A.L.R. aber halfen sich gründlicher: sie beseitigten die Ausnahmen als unpraktische Spitzfindigkeit"). D ie Regel hat dadurch im A.L.R. eine viel konse­ quentere Durchft'lhrung erfahren, als sie die gemeinrechtliche Doktrin aus den widerstrebenden römischen Ouellen herleiten konnte. S e it W äch ter ist der Satz: casum sentit dominus als Rechtsregel aufgegeben"). Er druckt nichts aus, als den trivialen Gedanken, daß das Eigenthum oder ein dingliches Recht aufhört, wenn die Sache, an der es zusteht, untergeht"). D ie Gefahr aus der O b lig a t io n , d. h. der Verlust der obligatorischen Berechtigung, ist etwas ganz anderes, er folgt nicht au s dem Untergang der Sach e,T). D ie Quellen **) wider­ sprechen dem nicht bloß bei einseitigen O bligationen, wo die Gefahr nicht den Schuldner, sondern den Gläubiger trifft, also den, der erst das Eigenthum erhalten soll") — sondern auch bei zweiseitigen O b li­ gationen und bei solchen auf Restitution: nicht der V erkäufer^), der noch das Eigenthum hat; nicht derjenige, welcher in Folge einer Nicht­ schuld Eigenthümer gew orden"), trägt die G efahr, wenn er die bei ihm untergegangene Sache nicht übergeben oder rcstituiren kann. Und wenn bei anderen O bligationen, die sich aus das Zurückgeben einer

u )

-') •*) ;9) :o) :1)

Glück IV. S. 3H) nennt daö Tragen der Gefahr bei dem Kauf eine ganz spezielle Disposition der römischen Gesetze, dem Naturrecht widersprechend. Su a r e z a. a. O. A.L.R. I. 11. §§. 100. 120. Wächter a. a O. S . 117fg. Koch I. S . 210f. Mommsen, Beiträge I. S . 247 fg. Ein solches Recht hört aber auch auf, wenn der Gegenstand nicht zufällig unter­ gegangen. Wächter S- 118. „Daraus, daß der Zufall mit ein Recht an der Sache nimmt, folgt noch nicht, daß er mir auch meine Rechte aus d er Obl i ga t i on entziehen muß." Darlehn: §. 2. J. III. 14. 1. 4. pr. 1. 11. pr. 1. 9. §.9. D. XII. 1. 1. 1. §. 4. 1). XLIV. 7. Mandat: 1.8. $. 10. 1). XVII. 1. Negotiorum gestio: 1.22. 0. II. 19. Fuchs a. a. O. S . 385ff. Darlehn: §. 2. J. III. 14. 1. 4. pr. 1. 11. pr. 1. 9. §. 9. I). XII. 1. 1. 1. $. 4. D. XLVI. 7. Mandat: 1.8. §. 10. D. XVII. 1. Negotiorum gestio: 1. 22. C. II. 19. Fuchs a. a. O. S . 385ff. §. 3. J. III. 23. 1. 12. 14. pr. §. 1. D. XVIII. 6. 1. 05. §. 7. D. XII. 6.Der Empfänger muß die Sache herausgeben, wenn er sie noch hat, darf sich aber freilich mit dem Schaden des Anderen nicht bereichern, und muß daher für die Bereicherung basten. Wächter a. a. O. S . 123f.

A i t't e i . iirciit. Umvmed't.

I.

tlufl

850

Zweites Duck. Die besonderen Privatreckte

Sach e beziehen" ), allerdings der E igenthüm er die G efahr trägt, indem er es erleiden m uß , daß ihm die Sache nicht zurückgegeben werden kann, so folgt dies nicht daraus, w eil er E igenthüm er, sondern w eil der Schuldner, der zurückgeben soll, das zufällige Nichtkönnen nicht zu ver­ treten h a t" ). W enn ferner bei der Sachm iethe der U ntergang der Sache dem V enn iether, also dem Eigenthüm er, seine obligatorische B erechtigung a u f den Z in s und dcmnächstige Rückgabe der Sache en tzieh t" ), so er­ klärt sich d ie s, w a s den ersteren betrifft, d arau s, das; der V enn iether v o rleisten m uß und es in dem B egriff von Vorleistung und Nachleistung lie g t, daß die letztere durch die erstere b e d in g t ist, m ithin w egfällt, wenn und soweit die erstere nicht erfo lg t" ) — w a s aber die Rückgabe der Sache betrifft, daraus wieder, daß das schuldlose Nichtkönnen nicht vertreten w ir d " ). A n S te lle des beseitigten Satzes hat W ä c h te r zwei R e g e ln , sich ergänzend, a ls P rin zip behauptet: c a s u s a n u ll,, p r a c st a nt u r und im possibilium nulla o s t o b l i g a t i o ' 7). E s ist an sich richtig, w a s dagegen eingew endet w o rd en " ), daß die Lätze nur sagen, wer den Z ufall n ich t v ertritt, und daß a u s der Nichtvcrtretbarkeit unverschuldet unm öglicher Erstellung nicht folge, das; m an trotzdem die G egenleistung noch zu er­ w arten habe, daß die unm öglich gewordene Leistung a ls geleistet be•'-) K om m odat: I. 18. pr. I). X III. 0. I. 1. §. 4. h . X L IY . 7. D epositum : I. 20D. X V I. 3. Prekarium : 1. s. 5. 6. IX XLI1I. 26. Pfandvertraa: 1- 30. 1). X III. 7. :l3) W ä c h te r S . 110. 121. K ock I. S . M !'f. ;'4) 1. 9. §§. 1. 4. I. 15. §§. 1 - 3 . 1. 19. §. 1. 27. pr. !. 33. IX X IX . 2. 3ä) F u c h ö S . 4 0 0 f. erklärt den Umstand, daß der Vermwther, welcher nicht leisten kann, den Anspruch auf den MiethzinS verliert, daraus, daß der Vermiether das u ti frui Heere prastiren, d. h. dafür g a r a n t i r e n must, daß dem M iether der wirkliche volle Gebrauch und Genuß der Sacke zu Theil werde, und daß in dieser G arantie die Uebernahme der G efahr, welche die Geb:auchSüberlassung unmöglich macht, liege. K och , R . d. F. S . 20 s findet den G rund dafür in den fortgesetzten oder wiederholten Leistungen derselben H andlung durch eine gewifie Z e it, oder in der sich auf einen Zeitraum ausdehnenden Reihe theilbarer Leistungen. W ä c h t e r S . 20 3 ist zwar insofern der Vorgänger von F u c h s , als auch er in der G arantie des DermietherS den G rund findet, aber er fügt bei: „erst n a c h d e m m an den Gebrauch der Sache genossen, zahlt m an, und man zahlt nur in dem M a ß e, in welchem der G enuß geleistet wurde." I n diesen W orten deutet er auf den richtigen G run d, auf das Verhältniß von Vor- und Rachlcistung hin. D ie Ansicht von der G arantie im S in n einer „Uebernahme" der Gefahr ist nur eine Hypothese, die Ansicht K o ch 's aber erklärt nichts, denn warum sott nicht auch bei theilbaren, sich fortgesetzt wiederholenden Leistungen angenomm en werden können, daß die zu fällig unmöglich gewordene Leistung als geleistet anzusehen. der Anspruch aus die G egenleistung also bestehen bleibe ? — Ueber Gegenleistungen und Vor- und Nachleiftung s. oben §. 8 3 S . 54 8 f. 36) 1. 9. §. 3. I). XIX. 2. " ) W ä c h t e r S . 1 1 6 sg. Dergl. 1. 23 . 185 de R. J. 3S) M ü h l e n b r u c h , Lehrb. der Pand. §. 3 6 5 N ote 5. V a n g e r o w S - 23 0 . S i n t e n i S 6 . 4 7 2 in der Note 44. S . auch H e p p , Znrechn. S . 31 f.

§. ins.

l. Zufälliger Nachtheil und Vortheil.

85)1

trachtet werde. Ueberdies bezieht sich der zweite Satz nicht auf die nachfolgende, sondern auf die ursprüngliche, die Entstehung der O b li­ gation verhindernde Unmöglichkeit, und kann sich nur auf diese beziehen, weil ja sonst die später verschuldete Unmöglichkeit den Schuldner be­ freien m üß te"). Nicht gefördert wurde die Entscheidung durch M a d a i : Derjenige trage die Gefahr, dessen Obligation eine perpetua sei" ) , d. h. der seinerseits noch leisten kann, weil seine Leistungspsticht durch den Z u fa ll nicht unmöglich gemacht: — denn hiergegen ist einzuwenden, daß bei gegenseitigen Obligationen nicht zwei selbständige Obligationen, sondern nur zwei Leistungen derselben O bligation gegenüberstehen, daß aber die s. g. Perpetuation die O bligation als solche trifft, nicht die einzelne Leistung. M a d a i verkennt den B egriff der Perpetuation, oder schiebt ih r eine andere Bedeutung unter, indem er sie vom Schuldverhältniß auf die eine Leistung überträgt, und läßt es ganz unerklärt, w arum , wenn die eine Leistung unmöglich geworden, die Pflicht zur Gegenleistung fortdauere"). K o c h ") und F u c h s " ), letzterer ohne seinen Vorgänger zu berücksichtigen, greisen zu einer Fiktion: die schuldlos un­ möglich gewordene Leistung gelte als geleistet: der Schuldner, der zu­ fällig nicht geben kann, hat gegeben. Fiktionen sind aber immer ein sehr bedenkliches Auskunftsmittel, man sollte nie zu ihnen greisen, wo es g ilt, Prinzipien auszusuchen, wozu sie schlechthin untauglich — sie können nur als Ergänzungen hingenommen werden, wo das positive Recht sie direkt ausspricht. D as ist hier nicht der F a ll, und die Frage: warum w ird siugirt, warum muß gerade dies stngirt werden? bleibt unbeantwortet"). — Es scheint, das; man bei dem A ngriff gegen W ä c h t e r s Theorie, die gleichwohl den meisten Anklang gefunden, darin zu weit geht, wenn M o m m sen . Beitr. I. S . 228. •f") Lehre v. d. Mora S - 27Lf. Vergl. Fnchö S . 107 fg. 4I) Tie 'Ansicht M a d a i ' S ist in Wahrheit eine petit io principii: derjenige Kontra­ hent ist fortdauernd zu seiner Leistung verpflichtet, dessen Verpflichtung fortdauert. S in tenis a. a. £ X 4:') Koch, R. d. F. I. S . 203: „Die kasuelle Unmöglichkeit g i l t für vollendete Er füllung. Vreilitoris est rei periculum. Casus a nulle praestantur." Daß aber der von K o ch ausgestellte Satz an sich nicht identisch ist mit den beiden lhm bei­ gesetzten Regeln des römischen Rechts, leuchtet ein, er ist nicht einmal eine un­ mittelbare Folgerung aus ihnen. 43) A. a. O. S. 111 fg. „Die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, g i l t als erfüllt, die Handlung also als vorgenommen, wenn dieselbe ohne Schuld des Verpflichteten unmöglich geworden. Wesentliche Voraussetzung dieser F i k t i o n ist die Schuldlosigkeit des Verpflichteten an der Unmöglichkeit seiner Leistung." D a n g e r o w S . 230 a. a. E. u. f. " ) Während die frühere Doktrin das Tragen der Gefahr beim Kauf als Ausnahme auffaßte (Cocceji jus contrav. X V III. 0. qu. 2. Glück IV . S . 380. Wächter Arch. 15) S . 9b), steht K och I. e . 20b, weil seine Fiktion nicht ausreicht, in der Art. wie das tont. Recht den Miethvertrag in Betreff der Gefahr behandelt, eine

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852

Zw eite- Buck

D ie besonderen Privatreibte.

m an das N egative seines A u sgan gspu nk ts zu sehr betont. D e r Satz casus a nullo praestantur ist allerdings zunächst ein negativer, aber indem er d a s pr aes taro. das V ertreten, das H asten für die w egge­ fallene Leistung verneint, beantwortet er doch zugleich die F rage: wer die G efahr zu t r a g e n , zu le id e n h a t, positiv. Nothwendig nämlich folgt a u s jener V erneinung die A ffirm ative: D erjenige trägt die G e­ fahr, dem die unm öglich gewordene Leistung gebührt hätte; w eil für deren V erm ögensw erth ein S u rro g a t nicht ein tritt, fällt ihm der V er­ m ögensverlust von selbst zu. D a s ist nun unzw eifelhaft bei den ein­ seitigen O bligation en . B e i den gegenseitigen m uß aber dieselbe R egel gelten , auch hier trägt D erjenige die G efah r, der die ihm geschuldete Leistung zufällig nicht erhalten kann. Aber es tritt bei diesen O b li­ gationen eine zweite F ra g e hinzu: w o r in b e ste h t d a s T r a g e n d er G e f a h r , w ie w e i t r e ic h t esV M an hat diese a ls die eigentliche K ern­ frage angesehen, ihre B eantw ortung sollte allein prinzipiell entscheiden können, wer die G efahr zu tragen h a b e" ). W ohl m it Unrecht, denn welchen U m f a n g der V erm ögensverlust hat, ist überall von keiner p rin ­ zipiellen B edeutun g, das richtet sich nach der N atur der einzelnen O b li­ g a tio n , nam entlich danach, in welchem V erhältniß die beiderseitigen Leistungen zu einander stehen, ob sie G e g e n le istu n g , oder V o r - und N ach leistu n g sind*). G egenleistung sind sic, wo es im B egriff des V erw i r t l i c h e A u s n a h m e von der Regel. W eder das eine noch das andere ist der Fall. F u c h s dagegen, 6 400 f ., sucht aus dem Wesen der Verpflichtung deS DermietherS nachzuweisen, daß die A usnahm e nur eine s c h e i n b a r e sei. S . oben Note 35. G o ose a. a. €>. stellt die Ansicht auf: „D ie Gefahr trägt, dessen V er­ mögen betroffen ist," und nim m t an, daß bei dem Kauf die Cache durch die P e r ­ fektion des V ertrages in das Vermögen des K äufers übergeht. H ier liegt aber Verwechslung der Sacke mit dem obligatorischen Anspruch auf Uebergabe zu G runde: nu r letzterer ist durch den Abschluß des V ertrags in das Vermögen des K äufers übergegangen. 45) W a c h t e r ( S . 1 0 2 fg.) behauptet, daß m it den A usdrücken: res meo periculo est, res m ihi p e r it, nicht der Umstand. daß der Eigenthüm er sein E igenthum , auch nicht bei zweiseitigen O bligationen der Um stand, daß der Gläubiger s e i n e n A n ­ s p r u c h verliere, gemeint sei, sondern daß es auf die Frage a l l e i n ankomme, ob der G läubiger seine Gegenleistung geben oder dem Gegner lassen m uß. „K ann er nichts fordern, und m uß er doch seine Gegenleistung geben oder dem G egner lassen, dann sagen die Gesetze: er trage daS Perikulum ." Zugestanden, daß dies der Sprachgebrauch der römischen Rechtsquellen ist, so w ird doch nicht bezweifelt werden können, daß dem B e g r i f f e nach auch in den F ällen, wo der G läubiger n u r daS nickt erhält, w as er erhalten sollte, ihn der Zufall und die auS ihm her­ vorgehende G efahr, d. h. der VermögenSnachtheil trifft, daß m ithin jener S p rach ­ gebrauch ein nickt erschöpfender und darum auch nicht entscheidender ist. *) D er H erausgeber kann die im Text gegebene Auseinandersetzung als eine Lösung der Frage nicht anerkennen. M an kann einen „Begriff" der einzelnen V erträge, kraft dessen die Leistungen sich begriffsmäßig als Gegenleistungen oder als Vor- und Nachleistung auch dann gegenüberstehen, wenn thatsächlich etwas anderes im ein ­ zelnen F all bedungen ist, nicht konstruiren. I s t letzteres zulässig, so kann daS ver­ änderliche n a tu ra le neerotii dem Geschäft nickt wob! das begriffsmäßige G epräge aufdrücken.

§. lö s .

1. Zufälliger Nachtheil und Vortheil.

853

träges liegt, daß sie gleichzeitig sich kreuzen, V o r - und Nachleistung, wo die eine erst geschehen sein muß, ehe die Pflicht zur zweiten ein­ tr itt, wo die letztere bedingt ist durch die erstere46). B ei der Gegen­ leistung folgt aus dem Unmöglichwerdeu der einen nicht, daß die an­ dere wegfallen muß 47), bei Vor- und Nachleistuug aber muß die letztere wegfallen, wenn die erstere unmöglich geworden. D er Vermögensver­ lust bei Obligationen auf Gegenleistung int engeren S in n besteht also darin, daß man nichts erhält und doch noch leisten muß, bei O bliga­ tionen auf V or- und Nachleistung, daß man nichts erhält, weil man nicht geleistet hat. D o rt ist der Nachtheil negativ und positiv, hier nur negativ, dort größer, hier geringer. I m Erfolg wirkt also der Z u fa ll des Untergangs bei den einseitigen und den auf V or- und Nachleistung gestellten Obligationen a uf hebend, bei den Obligationen auf Gegen-

4") Bei K a u f: Gegenleistung; bei M iethe: B or- und Nachleistung. D a ß , wenn bei einem M iethvertrag die Vorauszahlung des MiethzinseS bedungen ist, dies eine willkürliche Abweichung von der N a tu r des Vertrages ist, und die Vorauszahlung des Zinses dadurch nicht den Charakter der Vorleistung erhält, sondern trotzdem Nachleistung bleibt, bedarf nicht besonderer Ausführung. Wenn der B egriffs­ unterschied zwischen G egenleistungen und V o r^ und Nachleistung festgehalten w ird , so schwindet das Auffällige, daß bei dem Kauf die Gegenleistung noch ge­ währt werden muß, bei der Miethe dieselbe wegfällt. J h e r i n g (Jahrb. B . 3 S . 467 fg.) w ill diese scheinbare Eigenthümlichkeit des Kaufs dadurch erklären, daß die Forderung des Käufers auf Zahlung des Preises die N a tu r einer E r s a t z ­ f o r d e r u n g habe. D as kann nicht zugegeben werden. W ollte der Verkäufer bei dem K auf nichts weiter, als die Entschädigung für die veräußerte Sache, so würde nicht viel verkauft werden. D e r Verkäufer w ill auch gewinnen; ihm hat die Ge­ genleistung (der Preis) einen höheren Werth als die Sache, wie fü r den Käufer die Sache wiederum einen höheren Werth hat, als der Preis. A uf dieser Anschau­ ung beruht Handel und Wandel Eine andere Frage ist eS, ob der Verkäufer einer f r e m d e n Sache den Preis fordern kann, da der Untergang der Sache nicht fein Vermögen getroffen hat. E in solches Beispiel hat J h e r i n g zu seiner Be­ hauptung veranlaßt. Richtiger scheint aber doch, daß er den P reis zu fordern hat, dadurch aber sein Verhältniß zum Eigenthümer der Sache und dessen etwaige Forderungen unberührt bleibt. 4r) P u c h ta §.30*2: „S o wenig im F all sofortiger Vollziehung eine Partei das Empfangene einbüßen würde, weil das von ihr Gegebene bei dem Empfänger zu Grunde geht, ebenso wenig kann der Aufschub der Vollziehung diese W irkung haben." B ei der Gegenleistung muß Zug um Zug geleistet werden; wenn die Parteien die gegenseitigen Leistungen der Zeit nach auseinanderrücken, so folgt dar­ aus nicht, daß der juristische Charakter der beiden Leistungen, ih r juristisches V e r­ hältniß zu einander dadurch geändert werde. Koch I. S . 204. J h e r i n g , Jahrb. B . 3 S 463. Den Unterschied von Gegenleistung und Vor- und Nachleistung beachtet P l a t h n e r a. a. O . nicht. E r sagt S . MW: „Entweder faßt man jede Verpflichtung als eine unabhängig von der Gegenverpflichtung bestehende auf, oder man geht davon aus, Verpflichtung und Gegenverpflichtung stehen in einer Wechsel­ beziehung zu einander. Erstere Ansicht (die römische) fü h rt zu der Konsequenz: n u r die unmöglich gewordene Verpflichtung wird aufgehoben, die Gegenverpflich­ tung bleibt besteben; letztere Ansicht (die der neueren Gesetzgebungen, inSbes. deS A L R ) zu der Konsequenz: auch die Gegenverpflichtung w ird aufgehoben." D e r Dresdner E ntw . A rt. 287 schließt sich den neueren Gesetzgebungen an: der A n ­ spruch auf die Gegenleistung fä llt weg, und daS bereits Empfangene muß zurück­ gegeben werden.

854

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

leiftungcn ä n d e r n d " ) , der Z ufall der Verschlechterung aber in allen F ä llen nur ändernd. Nach diesen R egeln ist die Theorie des römischen Rechts konsequent norm irt. Im m er erleidet derjenige den Verlust des durch die O b lig a ­ tion bezweckten V erm ögen sw erth s, der in B e z ie h u n g a u f d ie w e g ­ g e f a ll e n e L e is tu n g G lä u b i g e r ist" ), und dieser V erlust besteht ent­ weder nur in dem A u sfall der erwarteten Leistung, oder außerdem noch in dem H ingeben des V ertragsw erths dieser Leistung, und das eine wie das andere ist bedingt von dem juristischen V erhältniß der beiderseitigen Leistung. D a s A .L .R . weicht hiervon ab: der G rund ist schon erwähnt. D ie Redaktoren verallgem einerten den nur auf E igenthum und dingliche Rechte beziehbaren Latz: casum sentit dominus, idenüfizirten ihn m it dem dem O bligationenrecht ungehörigen Latz casus a nullo praostantur, und kamen d a zu , nicht von dem, der die Leistung zu fordern hatte, sondern in allen F ällen von dem, der zur Z eit des Z ufalls Eigenthüm er derjenigen Sache w ar, die geleistet werden sollte, den Nachtheil tragen zu lasten M>). S o m ußte also auch dem Verkäufer, wenn vor der Uebergabe die Sache untergegangen w ar, die G efahr auferlegt werden"'), und da hier der V erlust nur in der E inbuße der G egenleistung bestehen konnte"), entzog das Gesetz dem Verkäufer den Anspruch auf den P reis. E s w ar eine ä u ß e r e E inheit der ganzen Lehre dam it erreicht; galt der " ) A r n d tS S . 454 s. geht zu weit, wenn er allgemein als Folge kasueller Unmög­ lichkeit die Aufhebung des Vertrages hinstellt. 49) Creditoris est rvi periculum , oder species perit ei, eui dehetur, oder debitor speciei liberatur interitu rvi sind die gleichbedeutenden Satze, die alle sich in dem Prinzip vereinigen: casus a nullo praestantur, seine Folgerungen sind. Oesterr. G .B . §. 1311 sagt richtig: D er bloße Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet. S eh r trivial ist §. 120 des sächs. G .B . „D en Z u­ fall trägt derjenige, der davon betroffen wird." Zn §. bOOf. tritt eS dem S a tz : creditoris est rei periculum bei. Bei den s. g. Innominatkontrakten (F u c h s a. a. O. S . 394. M o m m s e n , Beitr. I. S . 387. S e u f f e r t , Pand. II. S . 117) trägt derjenige Kontrahent die G efahr, welcher hingegeben hat und die Gegen­ leistung erwartet, also nach dem Grundsatz creditoris est rei periculum . Der Zufall kann hier immer nur die Gegenleistung, d. h. die Leistung des Empfängers treffen, trifft er die erste Leistung, jo entsteht überhaupt kein Kontrakt. E s fragt sich aber, ob bei do u t des oder do ut facias der Geber seine Leistung zurück­ verlangen kann. D ies ist wegen des jus poenitendi bestritten. Bejaht von Koch I. S . 206, G lück IV. 384, T h i b a u t , System § .4 7 8 ; verneint mit guten G ründen von W ä c h t e r , Arch. B . 15 S . 214s. M o m m s e n , Beitr. I. S . 391. F u ch s a. a. O . S . 394 (1. 5. §. 1. I). X IX . 5). B a n g e r o w III. S . 233. 30) G r u c h o t in Goldschmidt's Zeitjchr. f. HandelSr. III. 4b8 behauptet für die Auf­ fassung des A.L.R. einen deutschrechtlichen Ursprung, was jedoch wohl schwer nach­ weisbar sein wird. S1) 1 .11. §§. 95. 100. Bergl. R .O .H .G . VI. N r 20. Vgl. unten Anm. 03. 5-) Denn daß der Verkäufer, der bis zur Uebergabe allerdings noch Eigenthümer ist, sein Eigenthum verliert, waS er nächstens freiwillig dem Käufer übertragen haben würde, kann doch als Verlust eines VermögeuSwertheS, als Tragen der Gefahr, nicht aufgefaßt werden.

§. lf>8.

1. Zufälliger Nachih^il und Vortheil.

*55

V ertrag bei einseitigen und bei Obligationen auf V or- und Nachleistung schon nach römischem Recht alo ansgehoben, so galt er nach preußischem Recht nun auch bei Obligationen auf Gegenleistung als aufgehoben; allgemein konnte die Regel aufgestellt werden: „e n ts te h t die U n m ö g ­ lichkeit , den V e r t r a g zu e r f ü l l e n , durch einen Z u f a l l , so w i r d der V e r t r a g f ü r a u f g e h o b e n angesehen" "' ). D er Latz: Niemand ve rtritt den Z u fa ll, bedeutet also bei allen zweiseitigen O bligationen: beide Theile tragen die Gefahr, der Verlust ist zwischen ihnen getheilt"). D ie nächste nothwendige «Tolge hiervon ist, daß, wenn die möglich ge­ bliebene eine Leistung bereits erfolgt war, znrückgeleistet werden muß, und zwar so, daß kein Theil aus dem Schaden des anderen gewinnt, sonst nach den Grundsätzen von der Zurückleistung des redlichen B e­ sitzers"). Von dieser Regel giebt cs außer bei einzelnen bestimmten Ge­ schäften keine Ausnahme" ) , denn der f. g. t-asus m ixtus wird, wie oben erwähnt, nicht als Zufall, sondern als Verschuldung aufgefaßt, und unter denselben Gesichtspunkt tr itt der während des Verzugs einwirkende Z u fall, weil der Verzug das Merkmal der Verschuldung in sich enthält. yj) 1.5. §§. 364. 365. 1. 11. §. 100. S u a r e z , Scblußrev. v. Kamptz, Jahrb. B. 41 S- 17. Koch I. S . 215f. H e p p , Zurechnung S . 197 fg. Das öfterr. G.B. §§. 104x 1004 hebt in Folge des Zufalls den Tausche und Kaufvertrag auf — als allgemeines Prinzip spricht es die Aufhebung nicht aus. Da eS aber nach §. 1112 auch den Bestandvertraq, zu welchem der Miethverrrag gehört, durch den Zufall auflösen läßt, so sieht es im Wesentlichen auf dem gleichen Standpunkt mit dem A.LR . Der bairische Entw. Art- 110 befreit den Schuldner von der unmöglich gewordenen Leistung und läßt auch die Gegenleistung wegfallen, schließt sich also dem A L R. an, während das sächs. Ges.B bei der Theorie des gemeinen Rechts stehen geblieben ist und die Gegenleistung bestehen läßt §. *68. j4) Denn jeder Theil büßt das ein, was er anö dem Vertrage für sein Vermögen gewinnen wollte. i;0 §§. 305—367. I. 5. Die beiden Sätze: kein Theil darf sich mit dem Schaden des Ändern bereichern, und der Zurückgebende wird als redlicher Besitzer angesehen, paralysiren sich, denn der redliche Besitzer hat nach §§. 189. 190 I. 7 die genosse­ nen Früchte nicht zu erstatten, hier aber muß er sie erstatten. Koch, R. d. F. I. S. 219. Vergl. 1. 16. §. 302. DaS in den eigenen Nutzen Verwendete muß der Empfänger zurückgeben oder vergütigen. Koch S . 206. 220. 223 bezeichnet mit Unrecht als Ausnahmen den Fall der Mora und den Fall des cusus dolo vcl culpae subord. — Dagegen muß der Kauf in Bausch und Bogen, der Kauf eines Inbegriffs und der nothwendige Verkauf als Ausnahme aufgefaßt werden (§§. 117. 120. 121. 342. I. 11), denn während sonst beim Kauf der Akt der Uebergabe den Moment fixirt, in welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht, soll bei jenen Arten des Kaufs der Moment des Vertrags­ abschlusses diese Wirkung haben, während das Eigenthum erst durch die Tradition auf den Käufer übergeht. Uebrigens soll auch hier der Vertrag aufgehoben sein, wenn die Sache durch Zufall dergestalt vernichtet wird, daß gar feine Uebergabe stattfinden kann. Gruchot in Goldschmidt's Z. f. HandelSr. III. @. 515fg. Das Nähere bei dem Kauf. — Die Polemik Koch's I. ©. 225 f. gegen die von B o r n e m a n u , Rechtsgesch. S . 392 geäußerte Ansicht über bat Verhältniß der §§. 133. 770. 771. I. 11 zu einander, ist antiquirt. S . B o r n e m a n n, System, 2. A. D. 1 S 253 Nr. 3. Letzterer irrt nur darin, daß er §§. 770. 771. I. 11 als etwas Abweichendes ansieht, da eö sich erklärt aus dem Satz genus non perlt.

856

Z w eite- Buch.

D ie besonderen Privatrechtc.

Aufgehoben w ird aber hiernach der Pertrag n u r, wenn seine E r ­ fü llu n g gänzlich unmöglich geworden (casus interitus).

Es bleibt die

Frage, wer die zufällige Verschlechterung (casus deteriorationis) zu tragen hat und wie sie auf den Fortbestand der O blig a tio n einwirkt.

S ie rno-

t iv ir t nicht die Aufhebung, w eil doch immer noch geleistet werden kann. B e i den einseitigen Verträgen trä g t die Verschlechterung, den U ntergang,

der Em pfänger (G läubiger),

ebenso wie

w eil der Schuldner sie

nicht zu vertreten hat. D e r Em pfänger kann bei den O bligationen auf Zurückgeben der Eigenthüm er sein — aber dieser Gesichtspunkt ist hier nicht der entscheidende.

B e i zweiseitigen O bligationen g ilt: die G efahr

trä g t der Schuldner, w eil er bis zur Uebergabe der Eigenthüm er der Sache gewesen:

er muß sich also gefallen lassen, wenn der G läubige r

die verschlechterte Sache nicht annehmen, dafür den P re is nicht zahlen w ill — dieser hat das Recht des R ü c k tritts ").

Eine P flich t, fü r die

Verschlechterung Ersatz zu leisten, liegt aber nicht in dem Tragen oder Erleiden der G e fa h r"). Nach

dem bisher Ausgeführten samt die Theorie des A .L .R . in

Kürze so zusammengefaßt werden: A . D e r „bloße" Z u fa ll (casus fortuitus, impmvisus) ist zu e r ­ le id e n : 1.

Bei

e in s e itig e n

O bligationen

Schuldner nichts zu vertreten hat.

vom G lä u b ig e r ,

w eil

der

H ie r stimmt das preußische m it dem

gemeinen Recht in betn Grundsatz casus a nullo praestautur u n d deß­ halb creditoris est rei periculum überein. D ie Gefahr des Untergangs und die der Verschlechterung werden gleich behandelt. kung^"), der unentgeltlichen L e ih e "),

S o bei der Schen­

bei O bligationen aus Rückgabe

einer Sache wegen Nichtschuld"). ” ) Koch S . 2 2 0 . 224. I. 11. §§. 95. 96. 1 7 8 .1 7 9 . 38) Entscheid. SB. 11 S . 244, N r . 2 S . 2 4 7 : „ S o wenig der K ä u fe r, wenn er die Gefahr trägt, zu einem sonstigen Schadenersatz verpflichtet ist, ebenso wenig kann dem Verkäufer mehr als der Verlust des Preises, also etwa ein Ersatz deS Scha­ den- ausgelegt werden, obwohl e« dem Käufer vielleicht vortheilhaster w ä re , die unbestätigte Sache um den bedungenen Preis zu haben- Dadurch unterscheidet sich diese- einfache Perikulum von der Uebernahme einer Gefahr im S in n einer Assekuranz und von der Verpflichtung zuni Schadenersatz aus dohis oder c u lp a .“ 59) Besonder- ausgesprochen ist eS in Betreff der Schenkung zwar nicht ( 1 . 11. §§■ 1 0 7 6 bis 1078), es folgt aber a u - der N a tu r der Sache. 0 S . 5 den schlagendsten Nachweis, aber das ist er nicht. Daraus, daß der Verkäufer die eine Hälfte vom dritten Finder fordern kann, folgt doch nicht, daß er sie dem Käufer herausgeben muß. Der Schatz ist nicht in obli^atione. nicht mit zu übergeben, wenn er vorher gehoben worden. tj:i)

demjenigen, bei dem die G efahr der O b lig a tio n lie g t’ 7), und zwar nicht nur, wo letzteres dem Gesetz entspricht, sondern auch, wo die Gefahr ver­ tragsm äßig übernommen w orden’ ').

D e r G rund ist, daß der V o rth e il

a ls Ersatz des Nachtheils g ilt; wer den Nachtheil trä g t, hat d e ß h a lb diesen V o rth e il” ).

Hierher gehören insbesondere die Klagerechte gegen

dritte Beschädiger l0).

2 . Bermögcnsvcrfall. §. 1UV.

V o r b c m e r k u II g.

D ie Erschwerung der E rfü llu n g ändert die V erpflichtung des S chuld­ ners nicht und hebt die O b lig a tio n nicht aus.

Gleichwohl ist die T h a t­

sache der Ueberschuldung, d. h. der Zustand der Unzulänglichkeit des V e r­ mögens, um die auf ihm lastenden Verbindlichkeiten zu erfüllen, nicht zu übersehen und das Recht greift ordnend ein theils aus G ründen der B illig k e it fü r den Schuldner, theils im Interesse der G läubiger, theils aus Rücksichten auf das öffentliche W ohl. D a s ältere 3icd)t gewährte in dem Rechtsinstitut der S t u n d u n g (M o ra to riu m ), von welchem schon an einem andern O rte gehandelt w orden"), ein M itte l sich aus dem Verm ögensverfall zu erheben.

Eingreifender aber in das Recht des G lä u ­

bigers und noch jetzt praktisch ist ein anderes In s titu t, das nicht bloß den Zweck hat,

feine B efriedigung aufzuschieben,

sondern welches im

Interesse des Schuldners, die Forderung des G läubigers kürzt, die Recht sw o h l t h a t der Kompetenz.

M i t dieser steht in gewissem Zusammen­

hang die von dem modernen Recht in im m er stärkerem M aße gewährte Unpfändbarkeit solcher Gegenstände und Forderungen, die als zur E rh a l­ tung des Schuldners und seiner Angehörigen nothwendig vom Gesetze an­ erkannt werden. V o r Allem aber kommt das die Interessen mehrerer gleich­ zeitig andringender G läubiger abwägende Konkursverfahren in Betracht. E in

weiteres Rechtsinstitut —

rum) —

welches

das

die G ü t e r a b t r e t u n g

(ecssiu

bono­

gemeine und das ältere preußische Recht noch

kannte, w a r schon im neueren preußischen aufgehoben'), der Reichskon,J:) M om m sen S . 76f. 9S) Es würde jedenfalls eines auSdrücklill'en Verzichts auf das coinmodum bedürfen, der nicht schon in der Uebernahme der Gefahr liegt. " ) M o mm s e n S . 77. Voraussetzung ist, daß dieselbe Thatsache zufällig Nachtheil und Vortheil gebracht hat. ,0°) 1.13. D. X V I II . 6. 1.13. §.12. D. X IX . 1. M o m m s e n S . 8 4 fg. S e u f f er t , Pand. II. S. 116 Note 12. ') Oben §. 91 S . 652. “) A.G.O. Th. I. Thl. 38. EinsührungSgesetz z. Konk Ordn. v. 8. M ai 1855. Art. II. X V II.

864

Z w eites Buch.

D ie besonderen Privakrecbte.

kursgesetzgebung ist es unbekannt, wenn auch diese für die Dauer des Konkursverfahrens den Schuldner gegen weitere Verfolgung seiner Person dadurch schützt, daß kein Konkursgläubiger das zur Konkursmasse gehö­ rige oder das sonstige Vermögen des Gemeinschuldners zu seinen be­ sonderen Gunsten in Anspruch nehmen darf'). §. HO.

Die Rcchtöwohlthat der Kompetenz und die Begrenzung der einer Pfändung unterworfenen Bermögensstücke. a.

K onlurSordnuiig v. 1855 § .4 3 5 . 436 A. 1. 437 A. 1. 438. C iv .P r.L . § § .7 1 5 . 749. Reichegesetz vom 21. J u n i 18«>9 B G B l. £ .2 4 2 ) . K och, R . b. F . 1. £ .4 2 8 . P r R . II. © .8 1 . W e n tz c l und K lo s e , K -n l.L rd n . 1855 £ .5 0 9 . K och, die preuß. K onk.O rdn. m it K om m entar, 1855, zu §§. 4 3 4 sg. G o l t d a m m e r , Kom­ m entar z. K onk.O rdn. 1858 £ .5 3 9 . — © c h ö m a n n , Handbuch de« C iv.R . 1806 T h 2 @. 61 — 74. F r a u k e im Archiv s. civ. P raxis B . 23 S . 14. © i n t e n i s , in der Zeitschrift f. Eiv.Recht und Prozeß B . 15 © . 13. H e i m b a c h im RechtSlexikon B . 1 £ . 877 U n t c r h k l z n c r I. © . 380. V a n g e r o w I. © . 328. A r n d t S £ . 3 5 9 . © i n t e n i s II. £ . 160. © e n f s e r t II. 6 . 5 1 .

1. Iu condemnationc porsonarum. quae in id, quod facere possuut, damnantur. uon totum. quod ha hont. extorqueudum est, sed et ipsorum ratio habcnda est, ne cgeant'). Hiernach besteht das Wesen

der Rechtswohlthat der Kompetenz darin, daß dem Schuldner von seinem Vermögen noch Etwas übrig bleibt, um ihn vor Mangel zu schützen und die Folge davon ist, daß der Gläubiger sich eine Kürzung seiner Forderung insoweit gefallen lassen muß'). D as neuere preußische Recht hat das Institut in diesem Sinne beibehalten: dem Schuldner soll der nothdürftige Unterhalt für sich, seine Ehefrau und seine unversorgten Kinder belassen werden'). Im Anschluß an das Projekt des Codex Frideric. March. IV, 9 §. 201 fg. und an das Corpus Juris Frideric. II, 25 §. 6fg. hatte die A.G.O. I, 49 diese Rechtswohlthat aus dem gemeinen Recht aufge­ nommen; die Konkursordnung von 1855 hat den Titel 49 der Gerichts-) R .K onk.O rdn. §. 11. Vgl. preuß. K .O . §§. 9. 280. >) I. 173. D. de R . J . I. 19. §. 1. D. X L II. 1. 2) Ursprünglich hatte das Benefizium den S i n n , daß der Schuldner n u r auf Höhe seines V erm ögens vernrtheilt werden durfte, m it der Gläubiger den übersteigen­ den Rest seiner Forderung einbüßte. S päter wurde es dabin erw eitert, daß dem Schuldner auch noch ein Unterhalt gelassen werden mußte. V a n g e r o w I. S . 326 f. Koc h, R d. F. I. S . 429. Andere Schulden kommen bei Berechnung des U nterhalts nicht in Betracht, außer bei dem Schenker. 1. 63. §. 3. D. X V II. 2. 1. 12. D. X X X IX . 5 li. a. S t . U n t e r h o l z n e r I. S . 387. 3) S o n l.C . §. 434. D ies ist die allgemeine Begriffsbestimmung der Kompetenz, die nicht bloß dem jetzt von der Reichsgesetzgebung (cf. unten) ersetzten §. 4 3 4 , son­ dern auch dem §. 43f> zu Grunde liegt. G o l t d a m m er S . f>43 N r 3.

§. 110.

865

a. D ie Rechtßwoblthat der Kompetenz ?c.

ordnung beseitigt, um die Vorschriften derselben zu vereinfachend, und die Reichsgesetzgebung hat davon Abstand genommen, in die landesgesetzlichen Vorschriften über das henuficium competcntiae einzugreifen, w e il

man

letzteren

den innigen Zusammenhang

nicht

zerstören

w o llte b).

Z e it ein sehr beschränktes Gebiet. Persönlichkeiten schlechthin in

D ie

derselben m it In s titu te n Rechtswohlthat hat

Wenn

aber

der zur

das römische Recht gewisse

der Weise p riv ile g irte ,

daß Jederm ann

ihnen bei V erfolgun g seiner Ansprüche eine Kompetenz zu lassen hatte, so sucht das moderne Recht die ;u Grunde liegenden

humanen Ge­

danken in anderer Weise allgem eingiltig dadurch zu verwirklichen,

daß

eine größere Zahl von Vermögensgegenständen in der Hand eines jeden Schuldners

dem

A ndringen

vollstreckung entzogen ist.

der G läubiger

im

Wege

der Z w angs­

D ie Rechtswohlthat der Kompetenz dagegen,

vermöge deren der Schuldner vom G läubiger eine so schonende V e r­ folgung

beanspruchen

kann,

daß

ihm

nicht

n ur

bestimmte

Gegen­

stände belassen werden, sondern überhaupt genügendes Vermögen zum nothdürstigen U n te rh a lts , ist auf das V erhältniß des Schuldners 4) Eins Ges. z. P r. Konk.O. A rt. I I .

W e n tz e l und K lo s e 6 . 5 0 9 .

G o ltd a m m e r

S. fA l. °) Vgl. M otive z. C . P . O . S . 4 1 0 ( K o r t k a m p f S - 50 3 ). D e r n b u r g I I . §. 110 geht davon aus, daß das Kompeteuzrecht durch die Civilprozeßordnunz beseitigt sei: aber von dem unter 9tr. 2 zu besprechenden absoluten Kompetenzrecht abge­ sehen ist die Wohlthat der Kompetenz nicht, wie er m eint, ein Exekutions­ privileg. S ie ist nicht bloß nach ihrer römisch-rechtlichen Entstehung, sondern auch preußisch-rechtlich materiellen Rechtes. A ls W irkung der Kompetenzeinrede be­ zeichnen schon die früheren Ausgaben m it Bezugnahme auf Koch, R . d. F . 1. S . 4 3 0 , daß das ben. die Eivilobligation suSpendirt. Einer weitergehenden, bei Koch a. a. O . S . 431 vertretenen Auffassung, daß die Kompetenzeinrede die O b li­ gation m it der W irkung zerstöre, daß noch eine Naturalobligation übrigbleibe, wo­ mit vom Standpunkt des gern. Rechts S c h w a n e r t , Naturalobligation S . 43 8 , übereinstimmt, treten die früheren Ausgaben mit Recht entgegen. Vergl. auch S a v i g n y , Oblig.Recht I. S . 10:'). — Nicht als Kompetenzeinrede erscheint das Recht der öffentlichrechtlichen Korporationen, von welchen in §. 91 Anm . 73 die Rede gewesen ist. 6) Nicht in den Bereich des ben. competcntiae gehört das Recht des Schenkenden auf 6 Prozent vom Geschenk gegen den Beschenkten, §§. 1 1 2 3 — 1128. I. 1 1 , der Anspruch des Verschollenen, welcher nach rechtskräftiger Todeserklärung zurückkehrt, gegen den Besitzer feines Vermögens auf nothdürstigen Unterhalt, §. 852. I I . 18, des verarmten Patrons an den Kirchenschatz genügend dotirter Kirchen, §§. ö 9ö f. I I . 11. I n allen diesen Fällen soll nicht ein verarmter Schuldner dem G läubiger gegenüber begünstigt, sondern gewissen Personen eine selbständige Forderung auf Alimente beigelegt werden. E in Recht des Schuldners auf A lim entation (G e ­ währung einer Kompetenz) aus der Konkursmasse erkennt das geltende Konkurs­ recht (R .K .O . §§. 51 N r . 3, 118, 120) als Regel nicht an; eS kann eine solche sg. Kompetenz regelmäßig nur aus Liberalität bewilligt werden. AuS den E r ­ trägen des Nießbrauchs am Vermögen seiner Ehefrau oder seiner Kinder kann jedoch der Gemeinschuldner nach §. 1 Abs. 2 K '.O . die M itte l zum eigenen Unterhalt und zum Unterhalt von F rau und Kindern als Recht beanspruchen. Auch dies ist ein AlnnentationSrecht. — Nicht unter den Gesichtspunkt der K o m ­ petenz ist eS ferner zu bringen, obgleich dies in den früheren Ausgaben dieses Buchs geschehen ist, wenn das Gesetz selbst den Entschädigungsanspruch auS Delikten lr

fu t . Theils.. t>i iv.itvftnt.

I.

4. Vhtfl.

55

zu bestim m ten Gläubigern reduzirt. S ie steht hier meist in in­ nerem Zusammenhang mit einer vom Gesetz anerkannten Alimentations­ pflicht des Gläubigers dem Schuldner gegenüber; sie kann nämlich in Anspruch genommen werden7) : gegen Verwandte in auf- und absteigen­ der Linie, voll- und halbbürtige Geschwister, den Ehegatten „während der Ehe"'). Abgesehen von solchem Verhältniß kommt nur noch die Lehnkompetenz in Betracht. Voraussetzung im ersteren Fall ist, daß der Gläubiger nicht selbst den nöthigen Unterhalt entbehrt, und daß der Schuldner nicht auf andere Art sich den Unterhalt zu erwerben ver­ mag 9). Daß das Recht hier nicht einfach mit einem kompensationsweise geltend zu machenden Recht auf Alimente zusammenfällt, ergiebt sich unter anderem daraus, daß der Richter, dem die Bewilligung der Kom­ petenz und die Feststellung ihres Betrages zugewiesen ist, dabei nach freiem Ermeffen zu entscheiden hat, ohne an die gesetzlichen Unterschiede der Alimentationsrechte gegen Geschwister und andere Personen ge­ bunden zu sein"). Stehen dem Schuldner mehrere Gläubiger gegen­ über, die sich zu ihm in einem der angegebenen persönlichen Verhältnisse befinden, so muß der zunächst zur Alimentation gesetzlich verpflichtete Gläubiger die Kompetenz bewilligen, den in späterer Reihe dazu Ver­ pflichteten bleibt ihre Forderung auf den zur Kompetenz nicht erforder­ lichen Theil des Vermögens unverkürzt"). Die bewilligte Kompetenz darf von anderen Gläubigern, die zum Schuldner nicht in einem solchen persönlichen Verhältniß stehen, nicht zum Gegenstand der Zwangsvoll­ streckung gemacht werden ll). D as Recht auf die Kompetenz kann und

7)

b)

*) 10) n) 12)

der Wahnsinnigen. Blödsinnigen und Kinder in der 1 .6. §. 43 bestimmten Weise einschränkt. Motive bei G o ltd a m m e r S . 542. I n der Preuß. Konk.O. v. 1855 sind die nicht alimentationsberechtigten Personen weggelaffen, die nach älterem Recht eine Kompetenz beanspruchen konnten: Schwiegerkinder und Schwiegereltern, HandlungS» genoffen, A.G.O. 1.49. §. 16. N. 2 (1. 21. 22. D .X L II. 1. I. 15. §. 2. I. 17. pr. D. XXV. 3) u. N. 5 (1. 63. D. XVII. 2. §. 38. J. IV. 6). DaS gemeine Recht giebt den Geschwistern keine Kompetenz, obschon die 1.63. D. XVII. 2 dafür geltend gemacht worden. U n te r h o lz n e r S . 385 N o ted . D a n g e r o w I. S . 333. §. 435 P r. K.O. Die Beschränkung der Kompetenz der Ehegatten auf die Zeit während der Ehe hatte die A.G.O. nicht. I n der gemeinrechtlichen Praxis wird die Kompetenz auch nach getrennter Ehe bewilligt. Blätter f. R.Anw. B . 2 S . 3S9. B. 12 S . 401. 1. 20. D. X L II.l. §. 37. J. IV. 6. 1.1 2. 13. 21. 32. D. X X IV . 3 1. 8. C. V. 18. U n t e r h o l z n e r I. S . 382 Note 1. — Die P r. K.O. behandelt die Frage nicht, ob die Einrede der Kompetenz auch einem Eeffionar des Gläubigers entgegensteht, obgleich dieser nicht eine persona conjuncta ist. G o l t d a m m er S . 543 Nr. 4 erklärt es mit Recht für selbstverständlich. Vgl. B. 27. D .X X IY . 3. A.G.O. I. 49. §. 17. §• 435 P r. Konk.Ordn. Bgl. unten §. 239. Nach der Reihenfolge in §§. 14. 15. II. 3. G o l t d a m m e r S . 544 oben. Nach § .749 Nr. 3 C .P.O . Sdjoit G o l t d a m m e r S . 544 Nr. 7 motivirt den

muß geltend gemacht werden als Einrede gegen die N erurtheilung, in ­ soweit nach den beiderseitigen VermögenSverhältnissen das Recht schon während des Prozesses bestand: erwächst cs erst später, so w ird es als eine

materielle

Einw endung

gegen die Höhe des vollstreckbar

festge­

stellten Anspruchs im Wege der Klage bei dem Prozeßgericht verfolgt werden müssen '*).

C b die Kompetenz zu beanspruchen, richtet sich ledig­

lich nach dem Rechte des ProzeßortS.

Also auch solche G läubiger, welche

nach dem Rechte, unter welchem sie wohnen, und unter welchem die B e rwandtschaft entstanden ist, zur A lim entation nicht herangezogen werden können, sind der Einrede der Kompetenz ausgesetzt.

D ie Entscheidung,

daß die F orderung oder ein T heil derselben wegen zu belassender K o m ­ petenz abzuweisen

sei,

erledigt die

Forderung

aber

nicht

endgiltig.

D e r G läubiger kann bei gebesserter Vermögenslage des Schuldners auf Entziehung der Kompetenz antra g e n u ).

Dem B urgen des Schuldners

gegenüber dagegen kürzt sich sein Anspruch um den dem Schuldner zu belassenden B e tr a g ,s). H a t der Kompetenzberechtigte auf die Einrede verzichtet, so kann der Verzicht seines Gegenstandes wegen nicht als unverbindlich angesehen werden 'ft. D a s Recht auf Kompetenz ist streng persönlich,

geht also namentlich nicht auf die Erben über.



Gegen

die Lehnsgläubiger kann das besondere Recht auf eine Kompetenz aus den Einkünften

des sequestrirten Lehns geltend gemacht werden, wenn

und insoweit die In h a b e r des Lehns m it diesem fü r Schulden haften, die sie nicht selbst gemacht h a b e n ").

2 . D ie Preußische Gesetzgebung brachte es unter den Gesichtspunkt eines absoluten Kompetenzrechts (bcm gegenüber aber der B ü rg e den A u s fa ll zu vertreten h a b e "), wenn sie vorschrieb, daß jeder G läubige r ohne Unterschied dem Schuldner aus fortlaufenden E inkünften, die er hatte, aus S tiftu n g e n oder durch die Fürsorge und Freigebigkeit D r itte r

I3)

") >'•) ""■) '-) '»)

Satz dadurch, daß die bewilligte Kompetenz den Charakter freigebig bewilligter Einkünfte habe und daher unter §. 434 Konk.Ordn. falle. Koch, R. d F. I. S . 443 weist «6 ciuS der gemeinrechtlichen Praxis nach. Dafür spricht auch A .G .O . §. 21. I. 29. C .P.O . §. 666. Zuni Folgenden vgl. S e u f f e r t B. 23 N r. 204, wo der Satz bekämpft ist, weil das Recht der Komp, nicht den Charakter einer Prozeßvorschrift habe. DaS ist richtig. Aber die Komp, steht auch nicht unter den Regeln des Rechtsverhältnisses, dem gegenüber sie als Einrede geltend gemacht wird. DaS wird ebenda anerkannt. Die dort gegebene positive Lösung ist nicht zu billigen. Es handelt sich um ein gesetzliches Recht, welches, wie S - 64 Sinnt. 34 ausgeführt, der Richter in Gemäßheit des ihn bindenden Rechts anzuerkennen hat. §. 437 Pr. K.O. I. 14. §. 281. Wie Koch, R . d. F. I. S . 434f. will. Dgl. G o l t d a m m e r S . 542 bei N r. 3. Dgl. darüber 1. 18. 83- 350ff. und Pr. K.O. §. 438. I. 14. § 282.

beziehe, die M itte l zum ausreichenden U nterhalt belassen müsse,8). Interesse der G läubige r selbst w ar der bestimmende G ru n d ,

D as

wie die

A.G.O. sich ausdrückte: „da ih r eigenes Interesse erfordert, daß der Schuldner am Leben bleibe und sie also auch fü r seinen nothdürftigen U nterhalt

sorgen m uffen".

H ieran schloß sich das E rekm ionsprivileg

der M ilitärpersonen und der Beamten, welche in t m ittelbaren oder un­ m ittelbaren C ivildienst des Staates oder im D ienst der Kirche Besol­ dungen, W artegelder, Pensionen oder sonstige Diensteinkünfte beziehen, wonach deren G ehalts- oder Pensionsforderungen

n u r in

bestimmter,

oder vom Richter nach billigem Ermessen zu bestimmender Höhe der exekutivischen Beschlagnahme unterliegen " ) , sofern es sich nicht um B eitteibung

besonders in

dieser Beziehung

bevorrechtigter Forderungen

handelte. Auch von körperlichen Sachen sollte das Nothwendigste nicht gepfändet w e rd e n "). D ie Reichsgesetzgebung hat im Anschluß hieran zunächst die Forderung des später fälligen oder erst noch zu verdienenden A rb e its - und D ienstlohns der Beschlagnahme als Regel entzogen " ) . D em ­ nächst hat die C ivilp ro ze ß o rd n u n g ") eine größere Liste unabpfändbarer körperlicher Sachen und Forderungen aufgestellt.

Unabpfändbare körper­

liche Sachen sind im Wesentlichen die unentbehrlichen Gegenstände zur E rh a ltu n g des Schuldners, seiner F a m ilie und seines Gesindes, sowie zum W eiterbetrieb seines Gewerbes oder B e r u fs " ) .

D ie unabpfänd-

baren Forderungen fü r solche, die thatsächlich oder nach der anzuneh­ menden W ille n s b e s tim m u n g ")

den Zweck haben,

zur E rh a ltu n g

des

Schuldners und seiner F a m ilie zu dienen. Bezüglich des D ienstein­ kommens und der Pensionen sowie der Privatdienstbezüge dauernd an" ) A .G .O . I. 4 9 . §. 27. P r . K .O . §. 434. Bergl. dic M otive bei G o l t d a m m e r S . 541. Nach der A .G O . waren die durch lästigen Vertrag erworbenen E in ­ künfte nicht ausgeschlossen (I. 49. §§. 27 f.). 20) A .G .O . I. 24. §. 1 0 8 , die Anh. §§. 1 6 0 - 170. H ier ist zugleich die Zulässig­ keit der Verpfändung und der Anweisung eines Andern auf den zu beziehenden GehaltStheil ausgeschlossen. Auch die Kompensation wird nicht zugelassen. Entsch. B . 9 S . 435. Koch, Beurth. S . 6 60 f. 21) A .G .O . I. 24. §. 71. 22) ® . v. 2 1 . J u n i 1 869 B .G .D l. S . 242. C .P .O . §. 749 N r . 1. B g l. S c h l e s i n g e r , die rechtliche Unzulässigkeit der Beschlagnahme des noch nicht verdienten Lohns 1869. H i n r i c h s im Arch. f. civ. Praxis B . 52 S - 191. B e z o l d , die B e­ schlagnahme 1875. 23) L .P .O . §§. 715. 749. " ) Z u r Sicherung der W irkung der Unabpfändbarkeit gewisser Theile des Dienstein kommen- oder der Pensionen ist auch der entsprechende Geldbetrag nach V e rh ä lt­ niß der Z eit bis zum nächsten Gehalts- oder Pensionszahlungstermin unabpfändbar. D ie Unabpfändbarkeit des In v e n ta rs der Posthaltereien nach §. 2 0 des ReichS-PostgesetzeS v. 28. Oktober 1871 beruht auf Lffentlichrechtlichen Interessen. B g l. übrigens hierzu und zu §. 715 N r . 5 u. 8 E .P .O . unten §. 112 A n m . 15. 2S) S . insbesondere §. 749 N r 3. Dergl. übrigens wegen der über das ReichSrecht hinausgehenden Beschränkungen der Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung durch private W illenserklärung oben §. 21 Anm . 25.

§ 111.

1. D er KonkurSaiispruch.

869

flcftctttcr Personen ist hierbei der uuabpfäudbare M indestbetrag auf 1 5 0 0 M . jährlich bestimmt, bei den amtlichen B ezügen ist auch der M ehr­ betrag nur zum dritten T heile pfändbar. D icnstaufw andsentschädigungcn und S erv isb eträ g e sind schlechthin unabpfändbar. Auch jetzt giebt es privilegirte Forderungen, wegen deren einzelne sonst unabpfändbare A n ­ sprüche gepfändet werden können"). b. K o n k u rsre c h t. Reichs' Konkursordnung und Einführungsgesetz dazu vom 10- Februar 1877. AuSführungSgesetz zur deutschen KonkurSordnung vom 6. März 187!» (Ges.S. S . 109). — Entw urf einer Gemeinschuldordnung mit Motiven 1873. Entw urf der Kon­ kursordnung mit Motiven 1874. Protokolle der Reichstagskommission 1876. — Kommentare, insbesondere von v. W ilm o w s k i, v. S a r w e y , P e te r s e n , H u llm a n n , v. D ö l d e r n d o r f f , W e n g l e r . — Fuchs, der deutsche Konkursprozeß 1877; v. W i l m o w s k i , zur Reichskonkursordnung 1880. D e r n b u r g Bd. II. §§. 111— 126. 91. S . S ch u ltze, das deutsche Konkursrecht in seinen juristischen Grundlagen 1880. — Ueber die preuß. KonkurSordnung v. 8. M ai 1855 s. inSbes. G o l t d a m m e r , Kommentar und vollständige Materialien zur Konkursordnung 2. Aust. 1858. M a k o w e r , Studien zur Konk.O. 1861. S . auch die Konkurs­ novelle v. 12. M ärz 1869. — Ueber das Verhältniß des preußischen zum ReichSkonkurSrecht noch E c c i u ö in B e h r e n d und D a h n Zeitschr. B . 8 S . 22 und v. K r a e w e l l , ebenda S . 123ff. - Die gemeinrechtliche Literatur s. bei F u c h s , das Konkursverfahren 1863. — J. B e d a r r i d c , des faillites et banqueroutes 4. ed. 1870.

§ 1 1 1 . 1. Der Äonkursanspruch. W enn demselben Schuldner eine M ehrheit von G läubigern gegen­ übersteht, so wird das Recht der Letzteren auf B efried igu ng durch Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t des Schuldners beeinflußt. D e r einzelne G läubiger hat in diesem F a lle die Ansprüche jedes anderen in der gleichen R echtslage befindlichen G läubigers a ls n e b e n dem eigenen Recht und g e g e n dasselbe wirksam anzuerkennen. Aus der anderen S e ite hat aber der G läubiger auch ein entsprechendes V erhalten des Schuldners und der anderen G läubiger zu erwarten. F ü r die daraus erwachsende Rechtsstellung haben die M otive der K onkursordnung die r«) Gewöhnliche Lohnforderungen sind schlechthin pfändbar für S taats- oder Gemeinde­ steuern und für gesetzliche AlimentationSansprüche der Familienglieder §. 4 Gesetz v. 21. J u n i 18t;9; dauernde Privatdienstbezüge und amtliche Bezüge mit Ausnahme der zuletzt gedachten DienstaufwandSentschädigungen und der ServiSbcträge können in ihrem sonst miabpsändbaren Theil zur Befriedigung der lausenden und für daS letzte Vierteljahr vor der Klage rückständigen Älimentcnforderungen der Ehefrau und ehelichen Kinder gepfändet werden-

870

Zweites Buch. D ie besonderen Privatrechte.

B ezeichnung, daß den G läubigern der „ K o n k u r s a n s p r u c h " zustehe'), d. h. d a s Recht au f ausschließliche und gemeinschaftliche, also sich gegen­ seitig beschränkende B efried igu n g a u s dem gesam m ten der Z w a n g sv o ll­ streckung unterliegenden V erm ögen des Schu ldners in dem gesetzlich dazu geordneten K onkursverfahren. Hierdurch ist zugleich W esen und B edeutung des K onkursverfahrens bestim m t. Z m alten römischen Recht beruhte dasselbe auf der Id e e des E in tritts der G läu b iger in das für sie zu verwendende V erm ögen des S chu ldners, cessio bonorum, misstO in bona. Rach m annigfachen un­ klaren Versuchen der späteren römischen Rechtseutmickelung *) und der gemeinrechtlichen P r a x is ') , eine andere G rundlage zu g ew in n en , und an diese Versuche anknüpfend verfolgte die A llgem eine G erichtsordnung') die Id e e eines allgem einen durch das Konkursverfahren zu realisirenden Pfandrechts der G läu b iger am V erm ögen des G em einschuldners. D iesen Gedanken gab die K onkursordnung von lsf>5 wieder auf. B e i der B e ­ rathung dieses Gesetzes wurde a ls Grundgedanke eine durch den K on­ kurs in s Werk gesetzte universelle Zwangsvollstreckung bezeichnet Z. D a s K onkursverfahren der Reichsgesetzgebung stellt sich in Anknüpfung an d as oben gekennzeichnete K onkursrechtsverhaltniß dessen Abwickelung zur A ufgabe. Nachdem der „Konkursanspruch" durch Eröffnung des K on­ kursverfahrens festgestellt w orden, geschieht diese Abwickelung m ittels der unter gerichtlicher Aufsicht und Leitung sich vollziehenden A u sein ­ andersetzung der G läu biger unter einander und gegenüber dem G em ein­ schuldner 6). ') M ot. S . 15 „der rechtliche Anspruch, daß nunmehr das gesummte Vermögen zur gesetzlich geregelten Bertheilung unter die sämmtlichen vorhandenen Gläubiger und nur unter sie verwendet werde. Dieser Anspruch allen Gläubigern gemeinsam und den Konkurs begründend, soll durch die Eröffnung und Durchführung des Ver­ fahrens verwirklicht w erden; man kann ihn, zur Unterscheidung von dem objektiven Konkursrecht, den Konkursanspruch nennen." -) Vgl. K e l l e r , Civilprozeß §§. 84. 85. D e t h m a n n - H o l l w e g , Civilprozeß II. S . 6 6 7 ff. ^ B is in das 16. und 17. Jahrh, kannte man in Deutschland einen eigentlichen Konkursprozeß nicht. E r entwickelte sich dann auf der Grundlage der Fortbildung, die das römische Recht in den S tatuten oberitalischer Städte erhalten hatte, unter Hereinziehung einer öffentlichen Ladung mit Präklusion. F u c h s, Konkursver­ fahren S . 22. G o l t d a m m e r S . Iff. 4) A .G.O . I. 50. Vorgängerin derselben war die allgem. Hypothek- und KonkursO rdnung v. 4. Febr. 1722 ( M y l i u s II. 1 S . 646. II. 2 S . 103. Bergl. auch C o r p . ju r. F rid. I. 2 T it. 26. I. 1 T it. 12. 5) Kommissionsbericht der I. Kammer über den Entw urf der Konk.Ordnung S . 2. Auf die A rt und Weise, wie das französische Konkursrecht auf die Ausgestaltung der Preußischen ÄonkurSordnung eingewirkt hat, kann hier nicht eingegangen werden. 6) Bgl. Motive S . 9 ff., wo auf die Aehnlichkeit mit der Liquidation einer kauf­ männischen Firm a hingewiesen, dagegen der int gemeinen Rechte herkömmlichen Bezeichnung deS Konkurses als Prozeßart entgegen getreten und betont wird, daß

V on

den W irkungen der E röffnung des Konkursverfahrens w ird

im nächsten P aragraph zu handeln sein.

A ls allgemeine Voraussetzung

des dam it zur Feststellung gelangenden Konkursanspruchs ist oben die Z a h lu n g s u n fä h ig k e it

des Schuldners bezeichnet.

D ie Allgemeine

Gerichtsordnung knüpfte ebenso wie das gemeine Recht die E röffnung des Konkursverfahrens an Feststellung der Unzulänglichkeit, der Ueber* schuldung des Vermögens.

H iervon w ar bereits die Preußische K o n ­

kursordnung abgegangen, jedoch n u r fü r den F a ll des kaufmännischen Konkurses; beim K aufm ann sollte die Insolvenz, beim Nichtkaufmann die Insufficienz zur Konkurseröffnung fiihren.

D a s ReichskonkurSrecht

hat n u r fü r den F a ll eines in seiner Entwickelung zum endlichen A b­ schluß gelangten Vermögens, d. h. wenn cs sich um E röffnung des K o n ­ kursverfahrens

über

einen

Nachlaß

handelt,

Vermögcnsunzulänglichkeit festgehalten ;).

das

Crforderniß

der

B e i Aktiengesellschaften und

eingetragenen Genossenschaften stellt cs die Znsufficienz der Insolvenz gleich"): im Uebrigen und unter Beseitigung der Unterscheidung des kaufmännischen und gemeinen Konkursverfahrens hat es fü r E röffnung des Verfahrens als Voraussetzung die hcrvorgetretene Zahlungsu nfähig­ keit des Schuldners"). W as unter Zahlungsunfähigkeit zu verstehen, w ird im Gesetze nicht näher besinnt.

D e r Schuldner muß außer S ta n d sein, den fälligen

Verbindlichkeiten m it der Aussicht, daß dies auch in Zukunft der F a ll sein werde, Genüge zu leisten.

D a s w ird meist in einer Ueberschuldung

seinen G ru n d haben; ein solcher Zustand kann aber auch hervortreten, wenn die Versilberung der an sich die Passiva deckende A ktiva sich nicht die Analogie eines generellen Exekutionsverfahrens einseitig sei und den Charakter des Konkursverfahrens nicht erschöpfend bestimme. — S c h u l t z e a . a. O . S . 1 3 6 ff. versucht, dem Konkursverfahren den Charakter des CivilprozefseS wieder zu vindiziren, zu dessen Wesen eS nicht gehöre, daß eine Rechtsverletzung beseitigt oder ein hervorgetretener S tre it entschieden werde. M a n kann aber nicht jedes V e r­ fahren, welches auf formelle Feststellung eines subjektiven Recht- abzielt, als L iv ilprczeß bezeichnen, sondern nur — worauf S . selbst an anderen Stellen hindeutet, das Verfahren, welches die Feststellung eines nach Schutz suchenden angeblichen Rechts durch Entscheidung seitens der Organe der staatlichen Gerichtsbarkeit zum Gegenstände hat. Solche civilprozeffualische Bestandtheile hat das Konkursver­ fahren, insbesondere ist daS Verfahren und die Entscheidung über Eröffnung deKonkursverfahrens civilprozeffualisck: aber nicht prozessualisch ist z. B . die Fest­ stellung der Ansprüche der Konkursgläubiger im Konkursverfahren selbst; hierbei kommt keine entscheidende, nur eine beurkundende Thätigkeit deS Richter- in Frage; vor allem aber handelt eS sich bei der Lösung der KonkurSrechtSverhältniffe regelmäßig nicht um eine richterliche Entscheidung, welche diese Lösung formell feststellt, sondern um eine Thätigkeit anderer O rgane, die sie inS Werk setzen. D e r Versuch S .'s kann hiernach als gelungen nicht betrachtet werden. 7) K .O . §. 2 0 3 . h) K O . §§. 193. 1 9 5 , Ges. le tr. die privatrechtliche S tellung Wirthschaftsgenossenschaften, vom 4. J u li 1^65 §. 48. ■) K O . §. 94.

der E rw e rb -- und

schnell genug herbeiführen läßt.

Und trotz der eingetretenen Znsusfieienz

kann die Betriebsamkeit des Schuldners es dahin bringen, daß derselbe nicht n u r die M itte l zur Leistung fällig werdender Verbindlichkeiten zur H and h a t, sondern auch, daß er die Aussicht festhäll, daß dies stets der F a ll sein, und daß seine B ila n z sich beffern werde. — Auch darüber enthält die Konkursordnung erschöpfende Bestimmungen nicht, in welcher Weise die Zahlungsunfähigkeit äußerlich hervorgetreten sein muß.

S ie

soll „besonders" dann angenommen werden, wenn Z a h lu n g s e in s t e llu n g erfolgt ist'°). Zahlungseinstellung ist eilt negativer Begriff. E in Schuldner stellt seine Zahlungen ein, wenn er wegen obwaltender Unfähigkeit auf­ hört, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen.

E r kann die Zah lu n g s­

einstellung ausdrücklich z. B . in einem von ihm selbst gestellten A ntrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens einräumen, oder sie kann sich aus seinem Gesammtverhalten ergeben. Regelmäßig

wirkt

erst der festgestellte Konkursanspruch

Rechtsverhältnisse des Schuldners ein. dessen die Eröffnung

aus

die

W ie im §. 88 erwähnt, hat in­

des Konkursverfahrens

eine rückwirkende K ra ft

fü r frühere Rechtsakte des Schuldners, wenn dieselben nach dem Z e it­ punkt der Zahlungseinstellung oder nachdem der Konkursanspruch durch die S tellu n g

des A ntrags auf Eröffnung des Verfahrens rechtshängig

geworden ist, vorgenommen sind.

A u f die dann begründete Möglichkeit

einer Anfechtung ist hier zurückzuverweisen. D er

Konkursanspruch führt nicht zur Eröffnung des Konkursver­

fahrens, wenn eine der Kosten desselben entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden is t" ).

D em Ermessen des Gerichts ist überlassen, die Ab-

sondernngsrechte an Gegenstände der Konkursmasse einerseits, die mög­ lichen Erweiterungen der Konkursmasse durch Verfolgung des Anfech­ tungsrechts

der

G läu b ig er

andererseits

in

Betracht

Konkurseröffnung geschieht n u r auf A n tr a g " ).

zu ziehen.

D ie

W ird der A n trag von

einem G läu b ig er gestellt, so muß dieser sich auf D arlegung des eigenen Forderungsrechts

gegen

den

Gcmeinschuldner

gründen;

daß

neben

dem eigenen andere Ansprüche vorhanden sind, braucht der G läu b ig er nicht d arzu leg en "); das Gesetz geht davon aus, daß

kein G läu b ig er

so thöricht sein w ird, die Eröffnung eines Konkursverfahrens zu bean10) Kommissions-Verhandlungen S . 7 1 — 73. M otive 324. 325. M a n kann daneben etwa an den F a ll denken, daß ein Schuldner, dessen Schulden sämmtlich erst später fällig sind, nach der schon jetzt zu gewinnenden Ueberzeugung des Gerichts bis zur Fälligkeit-Zahlungsfähigkeit nicht erlangen kann. M) K O . § .9 9 . -

V g l. P r . K .O . §§. 3 0 6 . 339.

13) K O . §. 95. Abweichend Preuß. K .O . §. 118, Konkurs: vgl. §. 321. " ) K .O . §. 97. " ) K .O . §. 96.

aber nur fü r den kaufmännischen

trage», wen» ihm nicht konkurrirend andere Gläubiger gegenüberstehen. S te llt der Schuldner selbst den Antrag, so muß er ein Verzeichniß seiner Gläubiger einreichen"), und der Antrag wird abzuweisen sein, wenn ihm nur ein Gläubiger gegenüber steht.

§. 112.

Das eröffnete Konkursverfahren.

Der Beschluß des Gerichts, durch welchen das Konkursverfahren eröffnet w ird '), hat zur unmittelbaren Folge, daß der Gemeinschuldner die Befugniß verliert, sein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen zu verwalten und über daffelbe zu verfügen'). D ie Konkursmasse dient nunmehr zur Realisirung des Konkursanspruchs, zur gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger, welche einen zur Z eit des Eröffnnngsbeschlusses begründeten Vermögensanspruch an den Gemeinschuldner haben, die das Gesetz demnach als K o n k u r s g lä u b ig e r bezeichnet'). D ie Zeit der Eröffnung soll in dem Beschlusse selbst bestimmt nach der Stunde bezeichnet werden; ist dies versäumt, so g ilt der Beschluß als m it der Mittagsstunde des Kalendertages gefaßtst. 1. D ie K o n k u r s m a s s e bildet das gesammte dem Gemeinschuldner zur Zeit des Eröffnungsbeschlusses gehörige Vermögen, soweit es einer Zwangsvollstreckung unterliegt st. Es macht sich hier zunächst der u n i­ verselle Eharakter des Konkurses geltend. Aber die richterliche Beschlag­ nahme, welche der Konkurseröffnungsbeschluß enthält, kann nur inner­ halb des Bereichs der Gerichtsgewalt des deutschen Richters, also fü r das innerhalb des Reichs befindliche Vermögen volle Wirksamkeit be­ anspruchen, soweit nicht durch das Recht des andern S taats eine weitere Wirkung zugelassen oder durch Staatsverträge festgestellt ist. Deßhalb erkennt auch das inländische Recht als Regel nicht die Universalität eines im Auslande eröffneten Konkursverfahrens a n s t: das inländische

') Welches Gericht zuständig, die Vorbereitung der Entscheidung, die Form des B e ­ schlusses, die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde, alles dies bietet für das m a­ terielle Recht erhebliche Anknüpfungspunkte nicht. D ie Möglichkeit der Beschwerde und die Einlegung derselben suspendiren nicht die Wirkungen des EröffnungSbeschluffeS. D a sich an diesen nach tz. 10*2 die Ausführung sofort anschließt, kann von einer Aussetzung der Vollziehung in Folge erhobener Beschwerde in G em äß­ heit des §. 535 C P O . nicht wohl die Rede sein. D ie Ausführung einer den EröffnungSbeschluß aufhebenden Entscheidung regelt K .O . § .1 0 5 . V g l. unten § .1 1 5 . -) K .O . § . 4 . D e r offene Arrest (§§. 1U2. 1 0 h ), Siegelung, In v e n tu r und sonstige Sicherungsmaßregeln dienen nur zur Ausführung und Sicherung. 3) K O . §. 2. 4) K .O . §. 100. b) K O . §. 101. 6) K .O . §§. 207 ff.

874

Zweites Buch.

D ie besondereu Privatrechtc.

Vermögen eines im Auslande in Konkurs verfallenen Schuldners kann zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung fü r die einzelnen G läubiger gemacht werden und bildet unter Umständen die Grundlage eines im In la n d e

zu eröffnenden besonderen Konkursverfahrens.

verfahren,

das n u r fü r bestimmte Bestandtheile

G in Konkurs­

des Vermögens des

Gemeinschuldners wirksam ist, wird ferner anerkannt, insofern ein Kon­ kursverfahren über einen Nachlaß möglich ist, auch nachdem der Erbe die Ueberlegungsfrist hat verstreichen lassen, ja sogar wenn einzelne M itcrben die Erbschaft ohne V orbehalt angetreten haben ;). bietet das Konkursverfahren

Einen ferneren F a ll

über eine offene Handelsgesellschaft oder

Kommanditgesellschaft') und über eine eingetragene Genossenschaft'). N u r das

dem Gemeinschuldner zur Z eit der Eröffnung des V e r­

fahrens gehörige Vennögen bildet die Konkursmasse'"). stände,

die sich in

dem Gewahrsam

des

Andere Gegen­

Gemeinschuldners

können aus der Konkursmasse ausgesondert w erden1').

befinden,

D a s Preußische

Konkursrccht zog zur Konkursmasse auch das Vennögen, welches der ;) Ät.O. §§. ‘JO‘2 ff. — I m E n tw u rf der Gemeiuschuldordnung § 'J:iO w ar auSdrück lich der F a ll der Konkurseröffnung über eilten Nachlaß in der Hand des Erben ohne Borbehall als abgesondertes Gemeinschnldverfahren anerkannt, während ab­ gesehen von diesem F a ll der Konkurs über den Nachlaß m it den M otiven der KonknrSordnung als Universalkonkurs bezeichnet wurde, dessen Gemeinschuldner der Erblasser ist. I n der Borkommifsion hat man dies ändern wollen. D ie M otive zur Konk.O. S . 222 u- 4,02 ergeben, daß man ein Konkursverfahren über den Nachlaß nicht mehr als Ausfluß deö Absonderungsrechts der Nachlaßgläubiger, sondern nur insoweit hat anerkennen wollen, als noch der Erbe fehlt oder als der­ selbe die Erbschaft n u r als Benefizialerbe angetreten hat. D er W o rtla u t des Ge­ setzes schließt freilich ein Konkursverfahren über einen Nachlaß nach erfolgter vor­ behaltloser A ntretung der Erbschaft dann nicht auS, wenn man rechtlich annehmen dars. daß auch in solchem F a ll noch immer ein „Nachlaß" existirt. I n dieser B e ­ ziehung ist nicht unerheblich, daß noch der E n tw u rf der Preußischen KonkurSorditum j eine ausdrückliche Bestimmung fü r nöthig gehalten hatte, nach welcher über den Nachlaß Konkurs nicht sollte eröffnet werden können, wenn sämmtliche Erben die Erbschaft ohne Vorbehalt angetreten haben. Dgl. die Kommentare der Preuß. K .O . zu §. 324. — M a n w ird aber den M otiven der NeichSkonkurSordnung fü r den F a ll, daß der Nachlaß le d ig lic h au Erben ohne Vorbehalt gelangt ist, bei­ treten müssen: anders liegt aber die Sache dann, wenn M iterben vorhanden sind, von denen n u r einzelne die Erbschaft ohne Vorbehalt antreten. D a nach preuß. Recht die u n g e te ilte Erbschaft in der Weise fü r die Nachlaßschulden haftet, daß der Nachlaß den Erbschaftsgläubigern gegenüber von den Miterben gemeinschaftlich zu vertreten ist, so w ird sich aus dem §. 205 K .O . ergeben, daß auf den A ntrag des Gläubigers oder eines M iterben cum bencficio in v e n ta rii der Konkurs über den ganzen Nachlaß zu eröffnen ist, obgleich pro rata seines Erbtheils ein anderer M iterbe nicht n u r m it dem Nachlaß hastet, sondern persönlich den Gläubigern haftbar geworden ist. Diese persönliche Haftbarkeit neben der Haftung deS Nach­ lasses schließt daS Konkursverfahren über den letzteren nicht aus. **) Konk.O. §. 198. —- Nach Preuß. K O . §. 2tf7 mußte zugleich über daS P riv a t­ vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters Konkurs eröffnet werden. D as hat die Reichskonkursordnnng aufgegeben. 9) K .O . §. 195. 10) K .O . §. 1. " ) V gl. §. 114 N r. I.

Schuldner während der D a u e r des Verfahrens e r w i r b t Di eser S ta n d ­ punkt ist verlassen"), und zwar nicht nur bezüglich des Verdienstes durch die eigene Thätigkeit des Schuldners, sondern auch bezüglich der E rb ­ schaften, die erst nach der Eröfsuung des Konkursverfahrens an bett G e­ meinschuldner fallen.

W a s hiernach nicht zur Konkursmasse gehört, an

und für sich aber pfändbar ist, kann während der D a u e r des Konkurs­ verfahrens zw ar fü r diejenigen, welche erst nach der Konkurseröffnung G läu b ig er des Gemcinschuldners geworden sind, im Wege der Z w a n g s ­ vollstreckung in Anspruch genommen werden, nicht aber fü r die Konkurs­ gläubiger, mögen dieselben als solche wirklich aufgetreten sein oder nicht. Erst nach beendetem Konkursverfahren werden diese G läubiger wegen ihres A usfalls

dasjenige in

meinschuldner in

Anspruch nehmen können, was dem G e­

der Zwischenzeit angefallen ist;

und es schließt sich

dann vielleicht an das abgeschlossene ein neues Konkursverfahren an. Ueber die Zweckmäßigkeit dieser dem Entw ürfe der Gemeinschuldordnung fremden Aenderung des preußischen Rechts läßt sich m it gutem G runde streiten " ). Rach dem eben Gesagten ist nicht alles, was

im

Augenblick der

Eröffnung des Konkursverfahrens abpfändbar w ar, Gegenstand der K o n ­ kursmasse.

E ine Forderung aus einem von Seiten des Gemeinschuldners

noch zu erfüllenden zweiseitigen Vertrage ist pfändbar, obgleich sie in ihrer Entstehung noch von

der Leistung des Schuldners abhängig ist.

D era rtig e Ansprüche werden von der Eröffnung des Verfahrens nur in soweit berührt,

als

erfüllen k an n .

D a s G ehalt eines Beamten oder die Lohnforderung des

der V e rw a lter sie an Stelle des Gemeinschuldners

in einem dauernden Privatdicnstverhältniß Stehenden müssen noch durch die streng persönliche Thätigkeit des Schuldners verdient werden und gehören auch m it den Theilen,

in deren Höhe sic wirksam gepfändet

werden können, iticht zur Konkursmasse" ). das,

A uf der anderen Seite w ird

was dem Gemeinschuldncr zur Z e it der Eröffnung des Konkurs­

verfahrens

gehört,

nur

insoweit

zur Konkursmasse gezogen,

als

cs

'-) P r . Ä .O - §• 1. V g l. M o t. z. Konk O . S . 1 0 ff. Prot. S . 14f)ff. — Scheinbar liegt hierin eine Rückkehr zum älteren preußischen Recht, vgl. A G O . I . 5 0 . §. 3 3 ; aber für E rb ­ schaften bestimmten A . L .R . L 9. § .3 9 1 , A . G . O I. 50. § . 4 1 das Gegentheil. " ) V g l. Protokolle der Reichstags-Kommission S . Ist'., S . 145. E s handelt sich hierbei allerdings, wie von dem Geh. O b . I . R . H e rtz ebenda S . 14 ausgeführt ist, um die W a h l zwischen zwei Uebelständen. u ) D ie Gläubiger, welche bereits ein Pfandrecht an Forderungen dieser A rt erlangt haben, können dasselbe weiter verfolgen; es können auch neue Pfandrechte durch Pfändung fü r diejenigen entstehen, die erst nach der Konkurseröffnung Gläubiger des Gemeinschuldners geworden sind; nur fcte; welche im Stand e sind int Konkurs­ verfahren als Konkursgläubiger aufzutreten, sind wäbrend des DerfahrenS von der Möglichkeit der Pfändung auch solcher Forderungen ausgeschlossen.

876

Zweilk« Buch.

pfändbar is t " ) .

B e re its in anderem Zusammenhang ist erwähnt, daß

D ie besondere» Privatrechte.

bezüglich der Nutzungen aus dem gesetzlichen Nießbrauch am Vermögen der Ehefrau und der K in d e r

des Gemeinschuldncrs eine weitere B e­

schränkung dahin besteht, daß dieselben n u r unter Abzug einer Kom ­ petenz zur Konkursmasse gezogen w e rden"). 2. D e r G e m c i n s c h u l d n e r verliert durch die E röffnung des K on­ kursverfahrens V e rw a ltu n g und V erfügung bezüglich der Konkursmasse. Z w a r w ird seine allgemeine W illens- H andlungs- und Erw crbsfähigkeit nicht b e rü h rt; fü r ih n selbst sind alle späteren W illenserklärungen ver­ pflichtend ; auch in seiner Prozcßfähigkeit fü r neu erhobene Rechtsstreitigkciten ist nichts geändert.

Aber wenn auch fü r ih n selbst verbindlich,

seine V erfilzungen haben nicht die K ra ft auf das der Beschlagnahme unterliegende Vermögen einzuwirken oder an dem geschlossenen K re is der im Konkursrechtsverhältniß stehenden G läubiger etwas zu ändern. D ie Rechtshandlungen des

Gemeinschuldners

sind den Konkurs­

gläubig ern gegenüber kraft des Gesetzes „n ich tig ", d. h. sie können W ir ­ kungen, welche die K onkursgläubiger anzuerkennen hätten, nach dieser Richtung nicht hervorbringen; und diese Nichtigkeit liegt vor, ohne daß es dazu einer besonderen E rklärung

der Anfcchtungsabsicht b e d a rf").

Ib) Eine Ausnahme macht, also trotz der Unpfändbarkeit zur Konkursmasse gehört daS n u r aus Gründen des öffentlichen W ehls unpfändbare In v e n ta r der Posthaltereien und die in dem §. 755 N r. 5. s bezeichneten Gegenstände, deren Unabpfändbarkeit auf dem Gedanken beruht, daß der Betrieb der Landwirtbschaft und der Apotheken zu erhalten, eine Rücksicht, die nach der Konkurseröffnung wegfällt. N gl. §. 1 Abs. 3 K .O . 17) Bgt. §. 110 A nm . 6. D e r Nießbrauch fä llt ganz in die Konkursmasse; die K o m ­ petenz ist aus dieser zu gewähren kraft einer rechtlichen Pflicht. Etw as anders liegt die Sache bezüglich der fortlaufenden Einkünfte deö Gemeinschuldners aus S tiftu n g e n oder auf G rund der Freigebigkeit eines D ritte n . S ie fallen n u r inso­ weit, als sie pfändbar sind, in die Konkursmasse. D er Schuldner derselben hat also nicht ohne Weiteres zur Konkursmasse zu leisten; er muß eine E inigung des Gemeinschuldners und Konkursverwalters abwarten, wie hoch das Bedürfniß des Schuldners fü r sich, seine Ehefrau und seine unversorgten Kinder anerkannt w ird . M a n w ird dem Schuldner nicht zumuthen können, daß er auf seine Gefahr prüfe und entscheide, wie hoch daß Bedürfniß ist. Also w ird er wegen des subjektiven Zweifels hinterlegen können. V g l. oben tz. 02. Jedenfalls kann der G em ein­ schuldner auf schl.unige Erklärung des Konkursverwalters dringen. Bei nicht er­ folgender E inigung findet der ordentliche Rechtsweg statt, sowohl im Falle des §. 1 Abs. 2 der Konk.O-, als deö §. 740 N r. 3 C P .O . D ie in §. 120 Konk.O. geordnete Heranziehung der Gläudigerversammlnng bezieht sich auf die fre iw illig zu gewährende Kompetenz. '0 D e r Ausdruck „nichtig " w ird von S c h u ltz e a. a C . S . 2 0 ff. bekämpft; aber es ist in. (5. eine irrige Auffassung des Gesetzes, wenn S . davon ausgeht, daß die Rechtshandlungen in der T hat n u r nach dem W illen der Gläubiger beziehungs­ weise des Verwalters anfechtbar seien. D er Richter darf die „nichtige" Zahlung, die „nichtige" Veräußerung oder Pfandbestellung gegenüber einer Klage des V e r­ walters nicht durchgreifcn lassen, er w ird ein ans die „nichtige" Rechtshandlung gegründetes Aussonderungs- oder Absondern ngsrecht verwerfen müssen, auch wenn der Verwalter die Anfechtungsadsichl m it keinem Worte geltend macht. Oder w ird

§. 112.

D aS eröffnete K onkursverfahren.

>177

D e r E in tritt dieser W irkung m it der E röffnung des K onkursverfahrens selb st" ) führt zwar zu H ärten, wenn der Latz a u sn a h m slo s gegen den gutgläub igen D ritten zur Anw endung kommt; doch hat die K onkursordnung eine Berücksichtigung des guten G la u b en s nur in sehr be­ schränktem M aße zugelassen, indem Leistungen ans eine zur K onkurs­ masse zu erfüllende Verbindlichkeit, wenn dieselben ohne K enntniß von der Eröffnung des V erfahrens an den Gem einschuldner erfolgen'"), den Leistenden auch soweit das Geleistete nicht zur Konkursmasse kommt, befreien sollen, und indem das Landesrecht bezüglich des guten G la u b en s an die Vollständigkeit der im Grundbuch befindlichen E in tragu n gen aufrecht erhalten ist" ). D arüber h in a u s läßt sich weder den landrecht­ lichen noch den handelsrechtlichen B estim m ungen über die W irkungen des bona fiele E rw erbs beweglicher Lachen eine B edeutun g beimessen, kraft deren der nach der K onkursordnung für die G läubiger nichtige Rechtsakt denselben gegenüber doch eine Wirksamkeit beanspruchen könnte"). — R echtshandlungen, welche ein B evollm ächtigter des G eS . ein verurtheilendes D ersäum nißurtheil gegen den V erw alter erlassen wollen, w enn die A ussonderung eines B estandtheils der K onkursm asse d arau f gegründet w ird , daß der G em einschuldner denselben nach der E rössnung des V erfah ren s an den K lager veräußert h a t? D e r Unterschied zwischen Anfechtbarkeit un d N ichtig­ keit liegt allerdings nicht d a rin , daß die erste m it einem besonderen R echtsm ittel gellend gemacht w erden m üßte, aber wie S . anerkennt, d a rin , daß sie ü b erh au p t g e l t e n d g e m a c h t w erden m uß, n u r nach dem W illen des AnsechtungSberechtigten W irkungen hervorruft. D a s vor der E rössnung deS K onkursverfahrens zum N achtheil der G läubiger geschloffene Geschäft ist in der T h a t n u r anfechtbar, verliert seine W irk­ samkeit erst durch die A nfechtung; daS nach der K onkurseröffnung geschlossene ist m it Recht als nichtig bezeichnet, ist unwirksam ipso ju re , w enn auch n u r den G lä u b ig e rn gegenüber. — N u r den K onkursgläubigern gegenüber ist die R echtshandlung nichtig; a ls Regel m uß m an deshalb — entgegen S t r i e t h o rst V . 73 S . 10Ö —- a n ­ nehm en , daß auch ein ehem aliger K onkursgläubiger nach beendigtem K o n k u rsv er­ fahren eine R echtshandlung nicht m ehr als nichtig anfechten darf, w as jedoch nicht ausschließt, daß der V erw alter in G em äßheit deS §. 1 5 3 Abs. 2 nachträglich einen den K onkursgläubigern gegenüber nichtig veräußerten G egenstand zur nachträg­ lichen D ertheilung an die K onkursgläubiger in A nspruch n im m t. D gl. v. W i l m o w S k i zu §. 6 K .O . — D a s Reichsrecht kennt hiernach eine von der Anfecht­ barkeit verschiedene „relative N ichtigkeit", hierin abweichend von dem S e ite 2 1 8 angenom m enen S tan d p u n k t des preußischen Rechts. 19) H ierbei besteht nach §. G Abs. 3 K .O . — entsprechend dem älteren Recht — fü r die am T ag e der Erössnung vorgenom m enen R echtshandlungen die V erm u th u n g , daß sie erst nach der K .E . vorgenom m en w orden sind. 20) F ü r die b o n a tides spricht die V erm u th u n g , w enn vor der öffentlichen B ek an n t­ m achung der E rö ffnung geleistet ist, w ar die öffentliche B ekanntm achung schon e r ­ folgt, so gilt die entgegengesetzte V erm u th ung. K O . §. 7. 21) K .O - §. 106 schreibt v o r : I n w i e f e r n die E rö ffnung . . . . einzutragen . . . ., be­ stim m t sich nach den ttandeSgesetzen: also auch inw iefern die E in tra g u n g erforder­ lich, dam it die E rö ffnung gegen den guten G lau b en au f G ru n d des G ru n d b u ch s in B etracht komme. Ueber die N othw endigkeit der E in tra g u n g eines V erm erks in d a s G rundbuch nach pr. R . s. A uSf.G es. zur K onk.O rdn v. 6. M ärz 1 8 7 9 §. 15. D e r n b u r g II. §. 114 A nm . IS w ill nicht sehen, daß dies a u s dem Gesetze folge: er arg u m en tirt dabei n u r m it A rt. 306. 3 0 7 H .G .B . un d fü h rt au S , die Rechte au s der b«»na tides deS E rw erbers entstünden gerade, w enn die D eräuße-

878

Z w eite- Luch.

D ie besonderen Privatreckte.

meinschuldners nach der Eröffnung des Verfahrens vorgenommen hat, find den Gläubigern gegenüber nichtig, wie die Rechtshandlungen des Gemeinfchuldners selbst"). Eine Konsequenz des ausschließlichen Rechts der Konkursgläubiger ist ferner der Satz, daß auch ohne Zuthun des Gemeinschuldners nach der Eröffnung des Konkursverfahrens mit Rechts­ wirkung gegen den Konkursgläubiger an den Gegenständen der Konkursmaffe ein Pfand- oder Hypothekenrecht, Vorzugsrecht oder Zurückbehaltungsrecht nicht mehr erworben oder eingetragen werden kann"). — Weil die Rechtshandlungen des Gemeinschuldners den Konkursgläubigern gegenüber nichtig sind, so kann ein vom Gemeinschuldncr oder gegen denselben vorher erhobener Prozeß, der auf den Bestand der Konkurs maffe von Einfluß ist, nicht von dem Gemeinschuldner fortgefiihrt werden. Nach der Bestimmung der Civilprozeßordnung werden alle diese Prozesse durch Eröffnung des Konkursverfahrens unterbrochen"). Aktivansprnche rungShandlung an sich nicht giltig sei: aber daS ist nicht Voraussetzung der citir ten Artikel; dieselben setzen ebenso wie die Bestimmungen §§. 25 fj. 1. 15 A . L R rechtSgiltige Geschäfte zwischen dem redlichen Erwerber und dem unberechtigten Veräußerer voraus. — D ie Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs kann auch nicht auf G ru n d deS §. 3 des Einf.Ges. zur Konk.Ordn. eine Einwirkung beigemessen werden: denn sie sind nicht „den Konkurs betreffende Vorschriften", sondern allgemeine Regeln, die durch die konkursrechtliche Vorschrift, die in der Konkurs­ ordnung gegeben ist, modifizirt sind. -3) ES w ird hierauf in der Lehre vom Vollmachtsvertrage bei Erörterung der Frage, ob die Konkurseröffnung auf daS DollmachtSvertragSverhältniß Einwirkungen hat, zurückzukommen sein. -4) K .O . §. 12. Letzterer schließt nach den M otiven und gemäß der Handhabung der analogen Bestimmung deS §. 10 der P r. K .O . durch die Praxis (Entsch. B . 47 S . 180. B . 5 8 S . 196 und die nach dem Gesetz v. 5. M a i 1872 ergangene E n t­ scheidung B . 78 S . 299) die Wirksamkeit der Eintragung nach einem schon vor der Eröffnung präsentirten Eintragungsantrag nicht aus. N u r diejenigen Prozesse werden nicht unterbrochen, die die Konkursmasse nicht be­ rühren, Statusklagen, Klagen des Gemeinschuldners und gegen den Gemeinschuldner über Gegenstände, die nicht zur Konkursmasse gehören. D ie Unterbrechung findet statt, obgleich durch die Eröffnung des Verfahrens, wie im Text unter 3 klarzustellen ist, nicht eine Succession in daS Vermögen des Gemeinschuldners begründet w ird, sondern aus dem G ru n d e , weil der Gemeinschuldner zu einer den Gläubigern gegenüber gütigen Fortsetzung deS Rechtsstreits außer Stande ist, und der Gegner in der Regel nicht nöthig hat, während des Konkursverfahrens eine nicht auch fü r die G läubiger maßgebende Erörterung sich gefallen zu lassen. Z u m E in tritt fü r die Konkursmasse in anhängige Aktivansprüche giebt eS aber keinen Zwang. Deshalb greift fü r diese nicht §. 2 19 C .P .O . ein. D e r Gegner kann den Prozeß nicht einfach gegen den Verw alter aufnehmen, er soll diesen nur nöthigen können, zu einer Entscheidung zu kommen, ob er in den Prozeß als Vertreter des GemeinschulduerS eintreten und den Anspruch für die Konkursmasse verfolgen oder den­ selben als einen nicht zur Konkursmasse zu ziehenden dem Gemeinschuldner über­ lassen w ill. F ü r die deshalb in die Hand des Gegners gelegte Ladung zieht §. 8 K .O . die Analogie deS §. 217 E .P .O . heran: sehr ungerecht ist dem gegenüber der B o rw u rf, den S c h u ltz e a. a. O . S . 84 macht, als sei die Konkurs-Ordnung in den sonst von ihr bekämpften Gedanken einer Succession in daS Parieiverhält niß zurückgefallen. D ie weitere Verfolgung von AuSsonderungS- und Absonde­ rungsansprüchen ist während deS Konkursverfahrens nur gegenüber dem V erw alter, also nur in einer für die Konkursgläubiger maßgebenden Weise zulässig, liegt auch

hat der Konkursverwalter nicht nöthig aufzunehmen.

Lehnt er die A u f­

nahme ab, so kann der Prozeß vom Gemeinschuldner und gegen den­ selben fortgesetzt werden.

D en Rechtsstreitigkeiten, welche auf Ausson­

derung eines Gegenstandes aus der Konkursmasse oder auf abgesonderte B efriedigung eines G läubigers hinausgehen, kann der Konkursverwalter sich nur durch Anerkenntniß des Anspruchs entziehen. von ihm kann der S tre it aufgenommen werden.

Gegen ihn wie

S in d

die Ansprüche

eines Konkursgläubigers rechtshängig, so können sie n u r durch A nm el­ dung im Konkursverfahren

weiter verfolgt werden,

Konkursmasse Befriedigung gesucht werden soll.

insoweit aus der

W ird

die Forderung

dann im Konkursverfahren streitig, so findet die Ausnahme gegen den Bestreitenden statt.

Is t unter M ißachtung der kraft des Gesetzes ein­

tretenden Unterbrechung der Prozeß dem Gemeinschuldner gegenüber fort­ gegangen, vielleicht sogar ihm gegenüber ein Erkenntniß ergangen, so hindert dies den Konkursverwalter nicht, den Rechtsstreit in der Lage aufzunehmen, in welcher sich der S tre it zur Z e it der Konkurseröffnung befand.

D as

später Geschehene und das später ergangene Erkenntniß

ist den Konkursgläubigern handen.

D as

immerhin

gegenüber nichtig, und g ilt als nicht vor­ dem Gemeinschuldner

gegenüber

bedeutsame

Erkenntniß braucht dazu nicht für nichtig erklärt zu werden, eine solche Nichtigkeitserklärung ließe sich auch nicht erstreiten. 3. D ie

dem Gemeinschuldner m it der Eröffnung des Verfahrens

verloren gehende B efugniß, sein zur Konkursmaffe gehöriges Vermögen zu verwalten, w ird durch den K o n k u r s v e r w a l t e r ausgeübt.

W ährend

das preußische Konkursrccht noch an der unklaren Id e e eines Uebergangs der Rechte des Gemeinschuldners auf die G läubiger festhielt, fü r welche

im S in n e des §. 2 1 9 C .P .O . ganz in der Hand des G läubigers: doch wird die Konkursmasse nicht m it den Prozeßkosten alö einer Maffenschuld belastet, wenn der Verw alter den Anspruch sofort anerkennt. D e r Verfolgung einer KonkurSforde rung gegenüber kommt in Betracht, daß einerseits die Handlungen des GemeinschuldnerS den G läubigern gegenüber nichtig sind und daß eine den Konkursgläu­ bigern gegenüber maßgebende Feststellung nur nach Anmeldung im Konkursver­ fahren und nach den Vorschriften deS Konkursrechts zu erreichen ist, andererseits eö dem G läubiger darauf ankommen kann, eine dem bestreitenden Gemeinschuldner gegenüber auch nach der Beendigung deS Konkursverfahrens maßgebende Feststellung des Anspruchs zu erlangen. D ie Entscheidung über die Nothwendigkeit einer F o rt­ setzung deS Rechtsstreits zu diesem Zweck ergiebt sich erst nach den Erklärungen im Prüfungsterm in. H ier kann die Forderung als Konkursforderung trotz des Bestreitens des Gemeinschuldners festgestellt werden, ebenso wenn der Verw alter oder die G läubiger den Anspruch bestreiten, durch Fortsetzung deS Rechtsstreits gegen diese, die insofern den Gemeinschuldner vertreten; aber daS eigene Bestreiten des Gemeinschuldners beschränkt die Wirksamkeit der Feststellung auf daS Konkursver­ fahren; gegenüber dem bestreitenden Gemeinschuldner findet deshalb auch eine A u f­ nahme statt: unter Umstanden kann deshalb derselbe Rechtsstreit zweifach aufge­ nommen und gesondert fortgeführt werden. Vergl. K O . §§. 132. 134. — Nach den M otiven der K .O . soll eine Aufnahme gegen den Gemeinschuldner auch dann zulässig sein, wenn die Forderung nicht als KonknrSforderung angemeldet ist und

dann der V e rw a lte r zu handeln hatte, ist der Reichskonkursordnung eine solche Succession oder Repräsentation des K rid a rs durch die G läubiger durchaus fremd.

W e il aber die Konkursmasse den Zweck hat, zur ge­

meinschaftlichen B eftiedigung der G läubiger zu dienen, steht den G lä u ­ bigern

eine

kontrolirende Einw irkung

auf die Verw altu ng

und U m ­

w andlung der Konkursmasse in eine Thcilungsmasse zu und bezüglich der letzteren stehen sie in einer communio inculons. welche durch die Vertheilungen zur Lösung gelangt. D e r K u ra to r der Allgemeinen

Gerichtsordnung w a r ein Beam ter

des Konkursgerichts, der unter der Kontrole und nach bestimmten W e i­ sungen des Gerichts an der Feststellung und Versilberung der masse betheiligt w a r;

neben ihm

kurssorderungen berufene Kontradiktor. gelangte zu einer klaren

Aktiv­

stand der zur Erörterung der K onD ie Preußische Konkursordnung

Ausgestaltung

der Stellung

des V erw alters

nicht, weil sie, wie bereits erwähnt, zunächst die G läubiger an die Stelle des Gemeinschuldners setzte.

Vom

Standpunkte der Reichskonkursord­

nung aus ist der Konkursverwalter Vertreter des Gemeinschuldners in dem durch das Konkursverfahren bestimmten Bereich*').

Er

handelt

und verfügt an seiner Stelle; die Prozeffe, welche er bezüglich der Aktiv­ masse fü h rt, gelten als vom K rid a r geführt, und die Entscheidung in denselben steht auch nach Gemeinschuldner entgegen.

beendigtem Konkursverfahren dem

früheren

N u r unter seiner M itw irkun g ferner gelangt

auch eine Konkursforderung zur Feststellung. D ie Konkursgläubiger treten bei dem Konkursgericht und von diesem berufen in G l ä u b i g e r v e r s a m m l u n g e n " ) zusammen, in denen alle festgestellten Forderungen und die nicht festgestellten, soweit ihnen ein Stim m recht gewährt w ird ,

stimmberechtigt find.

D ie

Beschlüsse

der

Gläubigerversam m lung unterliegen insofern einer richterlichen Bestätigung, als jeder überstimmte G läubiger oder der V e rw a lter in der Versam m ­ lung a u f Untersagung der Ausführung

antragen

kann,

wenn der B e ­

schluß dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger widerspricht"). Abgesehen hiervon find die Beschlüsse der Gläubigerversammlung in dem

bei der Verfolgung stritten werden soll. * €) Weder

n ur Vollstreckbarkeit nach beendigtem Konkursverfahren

er­

die Konkursordnung noch deren M otive sprechen sich bestimmt über die Rechtsstellung des Verw alters aus. Nach den Bestimmungen im Einzelnen w ird die Richtigkeit des obigen Satzes jetzt wohl allgemein angenommen. Freilich w ird die Rechtsstellung des Verw alters dadurch nicht vollständig erschöpft; in sofern er das Anfechtungsrecht der Konkursgläubiger geltend macht und insofern er das Bor^ recht eines einzelnen Konkursgläubigers bestreiten kann , geht seine Rechtsstellung über Vertretung des Gemeinschuldners hinaus.

K .O . §§. 8 f > - 9 0 . '") K .O . §. 91.

§. 112. D as eröffnete Konkursverfahren.

881

Bereich, den das Gesetz diesen Beschlüssen e in rä u m t” ), fü r den V erw alter bindend. Auch kann bis zur ersten Gläubigerversammlung das Gericht, demnächst eine Gläubigerversammlung dem V e rw alter einen G lä u b ig e r ­ a u sschuß zur Seite stellen, an dessen Genehmigung der V erw alter dann fü r eine Reihe von Geschäften gewiesen is t 30).

Nach außen ist indessen

die R echtsgiltigkeit der Handlungen des V erw alters von der Genehmi­ gung der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses nicht a b h ä n g ig "). D a s Z ie l der V erw altung sthätigkeit des V e rw a lte rs ist Feststellung der Aktivmasse und Verw erthung der zu derselben gehörigen Gegen­ stände"). B e i unbeweglichen Gegenständen kann er die Zwangsver­ w a ltu n g und Zwangsversteigerung, bei beweglichen Gegenständen, an welchem Faustpfand V erw erthung nach

oder Absonderungsrechte beansprucht werden, M aßgabe

der Vorschriften

die

über die Zw angsvoll­

streckung betreiben. D a ß er das Anfechtungsrecht der Konkursgläubiger geltend zu machen hat, insofern also auch als deren Vertreter erscheint, ist bereits in anderem Zusammenhang erwähnt.

§. 113. Einwirkung der Eröffnung des Verfahrens auf Vertragsverhältniffe. D ie Rechtslage, in welcher sich die Paziscenten eines zweiseitigen Vertrages befinden, ist oben S . 548 dahin gekennzeichnet, daß so lange das Rechtsverhältniß noch nicht durch vollständige Vorleistung seitens des einen T h e ils umgestaltet worden, jeder T h e il von dem andern regel-

29) Gewährung einer Kompetenz an den Gemeinschuldner, Schließung oder F o rt­ führung des Geschäfts desselben, Bestimmung der Hinterlegungsstelle und bezüglich der Anlegung von Geldern, Bestimmung über die A rt der Rechnungslegung, und wenn kein Gläubigerausschuß bestellt ist. Genehmigung der Veräußerung unbeweg­ licher Sachen aus freier Hand, Veräußerung des Geschäfts im Ganzen und wieder­ kehrender Einkünfte, Verzicht auf die dem Gemeinschuldner bereits angefallenen Erbschaften oder Vermächtnisse, Aufnahme von Darlehen, Uebernahme fremder Verbindlichkeiten, Verpfändung von Massegegenständen und Erstehen von G rund­ stücken. K .O . §§. 120— 122. 30) K .O . §§. 79ff. 122. 31) N u r bezüglich der Q uittungen und Anweisungen des Verwalters der Hinterlegungs­ stelle gegenüber macht §. 125 K .O . eine Ausnahme. — D e r n b u r g I I. S . 279 w ill auch im Falle doloser Kollusion des D ritte n m it dem Verw alter eine Aus­ nahme machen; ohne G rund. Denn es ist kein D o lu s , wenn der D ritte auch weiß, daß der Verw alter, obgleich er die Genehmigung noch nicht erhalten hat und sich dadurch vielleicht verantwortlich macht, doch die Masse verpflichten w ill. Anders liegt die Frage, ob nicht der D ritte unter Umständen als Theilnehmer an einer Untreue des Verwalters ersatzverbindlich werden kann. 32) K .O . §§. 107ff.

A u f Einzelheiten kann hier nicht weiter eingegangen werden.

Först er , Preuß. Privatrecht. I. 4. Auft.

56

m äßig nur E rfü llu n g

gegen Gegenleistung beanspruchen kann.

W ird

in diesem S ta d iu m ') über das Vermögen des einen der beiden Theile das Konkursverfahren

eröffnet,

graphen bereits hervorgehoben,

so kommt es, wie im vorigen P a ra ­ zunächst darauf an,

ob die Leistung,

zu welcher sich der Gemeinschuldner verpflichtet hatte, anders als durch eigene Thätigkeit des Gemeinschuldners erfüllt werden kann. nicht der -Fall, masse,

Is t

dies

so gehört das obligatorische Recht nicht zur Konkurs­

da zu Gunsten derselben eine Thätigkeit des Gcmeinschuldners

als Recht nicht zu beanspruchen ist.

Wenn dagegen die E rfüllung aus

der Konkursmasse möglich ist, so kann der Gemcinschuldner die Rechte aus dem V ertrag e nach eröffnetem Konkursverfahren nicht mehr geltend machen, auch wenn er den V ertrag erfüllen w ill, es tritt vielmehr ein den F ällen

des hinkenden Geschäfts analoger Zustand ein.

D e r Konkurs­

masse gegenüber ist der andere Theil gebunden, er muß erfüllen, sofern ihm die Vertragsleistung aus der Konkursmasse gewährt w ird; er hat dagegen, wenn diese verweigert w ird , nur einen Jnteresscanspruch als Konkursgläubiger geltend zu machen').

Analog der Rechtsstellung des

einseitig bei dem negotium clawlicans Verpflichteten kann auch in diesem F a ll der andere

T heil von dem V erw alter Entscheidung darüber ver­

langen, ob er E rfü llu n g wählt oder verweigert').

D ie s Verlangen kann

gestellt werden, auch wenn die Erfüllungszelt noch nicht gekommen ist. D em

V e rw a lter

vom

Gesetz eine Entschließungszeit gewährt,

ist nicht wie dem Vertreter eines Geschäftsunfähigen er muß sich entscheiden

wie bei einer Vertragsofferte, das Gesetz sagt „ohne Verzug".

Nicht­

erklärung g ilt als Ablehnung, der andere T h eil hat sich nicht mehr als gebunden zu betrachten, er kann als Konkursgläubiger seinen Interesseanspruch geltend machen. D ie vorbezeichnete Regel gilt nicht ausnahmslos.

B ei einer fü r

eine fest bestimmte Z e it nach der Konkurseröffnung bedungenen Lieferung

l ) Bei

vollständiger E rfüllung seitens des KridarS vor der Konkurseröffnung liegt eine einseitige Massensorderung, bei Erfüllung an den K rid ar vor diesem M om ent eine einfache KonkurSsordernng vor.

*) K .O . §. 2 1 . Anders die P r . K . O . §. 16, welche dem andern Theil auf das, waS er vor der Konkurseröffnung geleistet, wenn es noch in der M affe w a r, bei ver­ weigerter Vertragserfüllung seitens des Verwalters Rückforderung als M affegläubiger zuschrieb. 3X Ä .O . §. lf>. — I m Falle der Weigerung kann der andere Theil sein Jntereffe aus der Nichterfüllung des Vertrages als Konkursgläubiger liquidiren. Hat er dies gethan und ist er m it einer Rate zur Hebung gelangt, oder hat er es auch nicht gethan, ist aber ein ihn als Konkursgläubiger bindender Akkord geschloffen, so kann er auch nach der Beendigung deS Konkursverfahrens nicht mehr Leistung gegen Leistung fordern: an und für sich aber wirkt die bloße Thatsache, daß der Konkursverwalter Nichterfüllung wählt, nicht auf das RechtSvcrhältniß des andern TbeilS zu dem Gemeinschuldner selbst ein.

§ 113. E inw irkun q b. E röffnung b. V erfah r, aus P crlragS vcrl'ältniffe-

Dort M aaren, die einen M arkt- oder B örsenpreis haben'), kann zur Z eit der Eröffnung des V erfah ren s keiner der beiden T heile übersetzn, ob bei Nichterfüllung eine Intcreffcforderung für die Konkursmasse ober gegen den G em einschuldner erwachsen würde, fin d e t sich ein solches Geschäft zur Z eit der K onkurseröffnung in der Lage, das; cs nicht schon von der einen L eite vollständig erfüllt ist, so soll der K oüknrsverwalter nicht durch E in tritt in einen solchen V ertrag spcknliren und die M asse gefährden, w enn sich eine andere Lösung finden läßt, die für beide T heile billig erscheint. T ie s nim m t das Gesetz an, wenn die W aare am zweiten W erktage nach der E röffnung des V erfahrens a ls zur bedungenen E r­ füllungszeit zu liefern am E rfüllungsort oder an dem für diesen m aß­ gebenden H andelsplatz einen bestimmten K urs hat. T a n n soll dieser K u rs darüber entscheiden, ob dem V erw alter eine zu G unsten der M asse fallende D ifferenz dieses K urses und des verabredeten P reises a ls M asfenforderung, oder ob dem anderen T heil eine zu seinen G unsten ausfallende D ifferenz a ls K onkursforderung zusteht. W enn ein solcher M arkt- oder B örsenpreis für Lieferung m it dem vertragsm äßigen Stichtag nicht zu erm itteln ist (und dies wird auch dann im m er der F a ll sein, wenn der Stichtag auf den ersten Werktag nach dem Tage der Konkurseröffnung fä llts) , so bleibt es bei der R egel des §. Io auch für solche Z eit­ geschäfte"). D ie in G em äßheil des §. l'J eintretende M odifikation des Geschäfts ist auch nach später beendetem Konkursverfahren dem G e­ meinschuldner gegenüber und für diesen m aßgebend'). &.£>. §. IG. D gl. P r.K .O . §. IG und Ä onk.-N ov. v. 12. M ä rz 14S *7G'J. D ie B e ­ stim m ung ist im Z usam m enhang m it §. lf> zu verstehen, alle nicht von dem F a ll, w enn der eine oder andere T heil den P re is der künftigen Lieferung bereits gezahlt h a t, - - w a r dies der G em einschuldner, so beansprucht der V erw alter V ertragSer süllung nacb Z u h ä lt deS V ertrag es, — w ar eö der andere T h e il, so hat derselbe den Znteresseanspruch, der sich auS der N ichterfüllung des Geschäfts durch den K rid ar ergiebt. Anscheinend bezieht v. W i l m o w S k i , N o te s zu z. IG die B e stim m ung auch auf die F ä lle , in denen die V oraussetzungen deS §. l."> nicht vor liegen. — ') T e r n b u r g II. §. 118. N . IG m eint, daß baß Gesetz diesen F all nicht entscheide. Aber eine Lieferung hat an der B örse oder dem M arkt wobt alS heute oder als in Z ukunft zu erfüllen einen besonderen M urß, als gestern zu liefern gewesen w ird eine W aare nicht gehandelt. V gl. v. W i l m o w s k t Note 4 zu §. IG. °) G anz u n abhän gig von dem W ahlrecht deß V erw alters, ob der V ertrag als die M aste bindend erfüllt w erden soll, ist, insofern die handelsrechtlichen B estim m ungen eingreifen, die G eltendm achung des W ahlrechts an s A rt. 3 5 7 . H G .B ., ob reale E rfü llu n g des bindenden V ertrag s beansprucht w ird oder nicht. Fraglich ist n u r, ob noch nach dem S tichtage der V erw alter aufgefordert w erden kann, gem äß §. lf>. der M..C. zu w ä h le n , und ob er noch nachher E rfü llu n g w ählen kann, obgleich jetzt reale E rfü llu n g nickt m ehr rechtzeitig geleistet und nicht m ehr die E rk läru n g abgegeben w erden kann, daß auf E rfü llu n g bestanden werde. 7) D gl. S t r i e t h o r s t B . 38 S . 2 8 5 . Abweichend B . 73. S . 3 5 3 . V g l. v. W i l m o w s k i N ote 5 zu §. 16. Ä .D . — I s t der KonkurSeröstnungSbeschlnß aufgehoben, so kann demselben die E inw irkung auf daS B ertragS verh ältniß nicht beigemeffen w erden. D gl. §. 11 5 N r 1. 4)

W eitere Ausnahmen von der Regel gelten fü r Pacht und M ie th e '): abgesehen von dem der Regel des §. lf ) unterstellten F a ll, wenn der Gemeinfchuldner Verpächter oder Verm iether ist und die Lache noch nicht zum Miethsbesitz übergeben hat.

Ast der Gemeinschuldner Verpächter

oder Verm iether und der andere K ontrahent bereits im Miethsbesitz, so berührt die Konkurseröffnung das V e rtragsverhältniß nur in der Weise, daß die M iethsforderung Massesorderung w ird , und daß jeder Verkauf des Grundstückes durch den Konkursverwalter dem M iether gegenüber a ls nothwendiger Verkauf g ilt.

H a t der Gemeinschuldner gepachtet oder

gemiethet und ist derselbe noch nicht im Miethsbesitz, so hat zunächst der andere T h e il das Recht, vom V ertrage abzugehen.

W ill er aber

bei dem V ertrage bleiben, so steht dem Konkursverwalter das Wahlrecht des §. 15 zu.

W a r der K rid a r bereits im Miethsbesitz, so muß die

E rfü llu n g des V ertrages ohne ein Wahlrecht fü r die Z e it nach der Konkurseröffnung als Massenschuld erfolgen: aber beide Theile haben das Recht, das V e rtragsverhä ltniß abweichend vom Vertrage m it gesetzlicher oder ortsüblicher F ris t aufzukündigen'). — Dem letzteren F alle ähnlich behandelt das Gesetz ein in dem Haushalt, Wirthschaftsbetrieb oder E r ­ werbsgeschäft des Gemeinschuldners angetretenes D ie n stve rh ä ltn iß '"). Neben diesen von der Konkursordnung gegebenen Regeln läß t die­ s e lb e ")

die landesgesetzlichen Bestimmungen über die E inw irkung der

Konkurseröffnung auf bestehende Vertragsverhältnisse in K r a ft, sowohl w as das persönliche V e rh ä ltn iß des Gemeinschuldners als die Rechts­ stellung des anderen Kontrahenten zur Konkursmasse anlangt.

In s b e ­

sondere kann hier die Konkurseröffnung sich im S inne des §. 378 l. 5. A .L .R . a ls veränderter Umstand geltend machen, aber es greisen auch positive Bestimmungen ein.

A u f dieselbe w ird bei einzelnen V e rtra g s ­

verhältnissen: insbesondere in den Lehren vom Gesellschasts- und V o ll«) K .O . §§. 17, 1 8 . 9) Dieses Recht ist nicht dahin beschränkt, daß es n ur bei der ersten Gelegenheit geübt werden dürste: vielmehr ist das kraft Gesetzes als Masseschuld zu erfüllende MiethSverhältniß ein modifizirteS, eS steht nicht lediglich unter dem vertragsmä­ ßigen, sondern d a u e r n d unter dem günstigeren gesetzlichen Auflösungsrecht. S o die M o tiv e S - 79, 80. Hätte das Recht beschränkt eingeräumt werden sollen, so hätte d i e s ausgedrückt werden müssen. A M . v- W i l m o w s k i 9t. 5. zu §. I V. D ie Kündigung deS M iethers nach dem ZwangSverkauj (vgl. Entsch. D . 77 S . 31, S t r i e t h o r s t B 9 5 S . 2 7 3 ) ist kcineSwegeS analog. D e r Pächter oder M ieth er soll sich nach §. 3 5 0 I. 21 Aufkündigung gefallen lasten, wenn der F a ll der ge­ richtlichen Veräußerung eintritt, also gerade nur dann, dagegen bezeichnet eö K .O . §. 17 als W irkung der Eröffnung deS Verfahrens, daß der Vertrag ein in gesetz­ licher Frist kündbarer wird. 10) K .O . §. 19. W enn keine gesetzliche oder ortsübliche Kündigungszeit besteht, w ird dieselbe hier nach dem Ermessen des KonkurSzerichtö festgesetzt. Ueber das Verfahren zur Herbeiführung der Entscheidung s. §. 66. K -O . " ) K .O . 8. 20.

machtsvertragc sowie von der Werkverdingung zurückzukommen sein. — Wie die Eröffnung des Konkursverfahrens bezüglich der Rechtsregeln über Kompensation modifizirend einwirkt ist bereits im §. 94 erörtert.

§. 114.

T ic Gläubiger im Konkursverfahren.

T ie Konkursordnung unterscheidet Aussonderungs- und Absonde­ rungsberechtigte, Massegläubiger und Konkursgläubiger: unter den letzteren sind diejenigen, deren Forderungen bevorrechtigt sind, hervor­ zuheben. 1. A u s s o n d e ru n g s b e re c h tig tc , Vindikanten im Sinne des gemeinen und preußischen Konkursrechts, sind nicht bloß diejenigen, welche wegen eines dinglichen Rechts die Herausgabe eines Massegegen­ standes fordern können: ein Aussonderungsrecht liegt vielmehr vor, so oft ein thatsächlich in der Konkursmasse befindlicher rechtlich nicht dem Gemeinschulduer gehöriger Gegenstand aus Grund eines persönlichen oder dinglichen Rechts dem Gemeinschuldner abverlangt werden kann'). R u r in einem Falle kann auch eine dem Gemeinschuldner bereits ge­ hörige körperliche Sache ausgesondert und zurückgefordert werden'): kraft des handelsrechtlichen droit de suite, right of stoppage kann der V e r­ käufer oder Einkaufskommissionär die zur Z eit der Konkurseröffnung noch auf dem Transport befindliche, nicht schon am Ablieferungsort in den Gewahrsam des Gemeinschuldners oder eines A nd e rn 3) fü r ihn ge­ langte und noch nicht vollständig bezahlte Waare der Konkursmasfe gegenüber beanspruchen. E in dem Gemeinschuldner bereits gehöriges Recht, und das auf Grund desselben zur Masse Geflossene wird ausge­ sondert, insofern ein sonst auszusondern gewesener Gegenstand bereits von dem Gemeinschuldner veräußert war, so daß das Recht auf die Gegenleistung zur Zeit der Konkurseröffnung noch aussteht'). Beson­ deren Beschränkungen unterliegen die Vindikationsrechte der Ehefrau. V on denselben wird im Eherecht zu handeln sein. 2 . Bezüglich der A b s o n d e ru n g s b e re c h tig u n g 3) ist zunächst zwi­ schen Gegenständen des unbeweglichen und beweglichen Vermögens zu ’)

KO-

§8 3 5 ff. DaS Recht richtet sich, äußert ist, auch auf das Aequivalent.

falls der Gegenstand auS der Masse ver­

K .O . §. 36. 3) B ei der Ablieferung an einen Spediteur am Ablieferungsort, w ird es darauf an­ kommen, ob dieser im Aufträge der Transportanstalt die W aare zur AuSantwortung an den Destinatär an sich n im m t, oder ob er im Aufträge des Destinatärs handelt. V g l. übrigens auch R . O H . G . B . 2 4 © . 3 4 6 . 4) K .O . §. 37. B. 27 S . 231. '*) Deßhalb ist der Dieb auch nach drei Jahren noch der Klage nnlerworsen Entsch. B- 32 S . 34. S t r i e t h o r s t B 35 S . 324. ES ist auch einflußlos, ob der Beschädigcr den Bortheil noch hat.

Bestim m ung auch aus n u r theilweise Schmälerung oder Einschränkung eines Eigenthum s-

oder Nießbrauchsrechts").

Ebenso erklärt sich die

weitere Bestim m ung der D eklaration, daß der Anspruch des Staates oder desjenigen,

in dessen Dienst ein Beam ter steht, aus Ersah des

Schadens, den ihm der Beamte in seiner A m tsführung zugefügt hat, in dreißig Jahren verjä h rt, daraus, daß hier ein bestehendes Rechts­ verhältniß (das D ie n stvcrh ä ltn iß l verletzt worden is t" ) . — D ie P ra x is schließt m it Recht ferner alle Ansprüche von der kurzen V erjährung aus, welche aus außerkontraktlichcn Beschädigungen entsprungen, dem Betrage nach vertragsm äßig festgestellt worden sind, oder fü r deren Einklagung vertragsm äßig gewisse Voraussetzungen bedungen sind, oder wenn der Bcschädiger

schon rechtskräftig

zur Entschädigung verurtheilt worden,

und der B etrag derselben nachträglich festgestellt werden s o ll"). D a s Gesetz knüpft den B eginn der V e rjä h ru n g an Zw eierlei:

an

die K enntniß vom D a s e in des S c h a d e n s und an die Kenntniß vom U rh e b e r des S c h a d e n s . D e r Schaden ist nicht im m er gleich vollstän­ dig zu übersehen, sein erster E in tr itt erschöpft nicht im m er seinen ganzen Umfang, fortlaufend kann er sich erneuern.

D a s D b e rtrib u n a l hat durch

Plenarbeschluß den Grundsatz ausgesprochen''): „die dreijährige V e rjä h ­ rung t r if f t auch in

den Füllen das ganze Recht , wo der aus einer

H andlung entstehende, dem Beschädigten bekannt gewordene Schaden so beschaffen ist, daß er, obwohl im wechselnden Umfang, sich auch in der Zukunft erneuert." Entscheidend ist also fü r den A nfang der V e rjä h ru n g nur die K enntniß von dem E i n t r i t t (dem „D a s e in "), nicht von dem Um fang und der D a u e r des Schadens.

Ferner kaun zweifelhaft sein,

ob diejenige Person, welche der Beschädigte fü r den Urheber des Scha­ dens h ä lt, welche ihm als solche bekannt geworden, es auch wirklich ist, cs kann diese Feststellung noch abhängen von einem Prozeß zwischen den P arteien, in welchem sie über die R e c h t m ä ß i g t c i t der beschädigen­ den H andlung streiten, oder von einem Untersuchungsversahrcn, welches

Recht-falle B. 4 S . 401. Gruchot B. 1 $ . 2.-4, B . 4. $ .1 2 7 Nr. 1, B- 6 $ • 74. P . 71. S . 122. Festzuhalten ist indessen, daß in alle» diesen Fällen der Entschädigungsanspruch aus dem Rechtövcrhälrniß dasirk, welche? sich in Folge (freiwilliger oder gezwungener) Abtretung des Eigenthums oder Nutzungsrechts zum Zweck öffentlicher Anlagen zwischen dem früheren Eigenthümer und dein Unternehmer bildet. Ander» liegt daö Recht, wenn eine solche öffentliche Anlage gar nicht unmittelbar in den EigenthnmSkreis eingreift, den Kläger aber dennoch geschädigt hat: j. B . Erhöhung einer Chaussee, welche bewirkt, daß da? Grundstück schwerer zugänglich ist., Entsch. B. 7s $ . 147. -1) Deklaration N r. 2. - ) Ansprüche aus Afsekuranzverträgen. Entsch. B. 22 S -2s.". S trie tb o rs t B - 3 $ . 328. Grnchot B. 4 $ . 12S N r. 3. - S tric th o r s l B. 40 S . 2U8. " ) In s t.M in .B l. 184V. $ .1 3 1 . Entsch. B. 13 S . 19. Grucho, D . 4 S . 130 'Nr. 7. H cydem an n I $ .3 0 5 Note f)V7. Lergl, S t r i e t h o r s t B VI $ . 31V.

über die T h ä te r sc h a ft zu entscheiden hat. S o ll hier die Verjährung beginnen von dem M om ent, wo diese Feststellungen wider den Beschädiger erfolgt sind? die P raxis hat dies verneint"): es ist nur verlangt, daß die Person des Urhebers zur „Wissenschaft" d. h. zur sichern Kenntniß des Beschädigten gelangt ist, und diese Wissenschaft wird dadurch allein nicht a u sg e sc h lo sse n , daß sich die Parteien über die Rechtmäßigkeit der Handlung streiten oder ein Untersuchungsverfahren noch schwebt, letzteres um so weniger, als selbst ein freisprechendes Erkenntniß doch nur die Strafbarkeit, nicht die Ersatzverbindlichkeit beseitigt"). D er B eginn der Verjährung wird nach dem allgemeinen Grund­ sätze g e h in d e r t durch die Minderjährigkeit des Beschädigten"): auch bezüglich der Unterbrechung gelten Besonderheiten nicht. G r u c h o t" ) nim m t zwar an, daß die Anzeige behufs der Strafverfolgung nach der Bestim m ung der K rim inalordnung") über die Berücksichtigung des Civilpunktes bei der Untersuchung als gerichtliches Einklagen des Scha­ dens anzusehen sei und die Verjährung unterbreche. D em läßt sich aber nicht zustimmen, und auch der Umstand, daß das geltende K rim inal­ prozeßrecht unter Umstünden den Beschädigten als Nebenkläger wegen der von ihm beantragten zu erkennenden Buße zuläßt, führt zu keinem andern Ergebniß, da die B uße, so sehr sie auf eine Entschädigungs­ forderung hinausläuft, dennoch keinen anderen rechtlichen Charakter hat a ls das tut Civilprozeß zu verfolgende Entschädigungsrecht. Bezüglich des die Entschädigungsforderung ausschließenden Ersatzgeldes des Feldund Forstpolizeigesetzes ist eine besondere Verjährung von vier Wochen festgesetzt. Bezüglich der Unterbrechung dieser Verjährung gilt der mit der Zulässigkeit der Klageänderung " ) im Zusammenhang stehende S a h , daß auch die Erhebung der Schadensersahklage die Verjährung unter­ bricht"). Praktisch von geringer Bedeutung ist endlich, daß hier an den A blauf der Verjährung ohne Rücksicht aus mala stdes des die V er­ jährung Einwendenden an den Ablauf der Frist der Verlust des Rechts geknüpft ist" ). Zu erwähnen ist schließlich noch, daß reichsgesetzlich für die durch Reichsgesehe geordneten Entschädigungssälle die Verjährung besonders s. unten lies statt Schliemann:

W e i s m a n n.

S . 2*5 Anm 9 die Worte: die Pflichttheilsklage ist nach prenß. R nicht vererblich u. s. w.

zu löschen Dieselben sind aus Versehen steheil geblieben. Schon F ö r s t e r lehrte in den früheren Ausgaben Bd. IV . §. 24* Anm. 173. 174 das Gegentheil. Vgl. auch R G. bei Gr u c h o t B . 24 S . 500.

S . 299 Anm. 17 hinzuzufügen:

Die Einrede des kaufmännischen Retentionsrechts ist, wie das Reichsgericht (Entsch. B- 2 S. 74) mit Recht annimmt, vom Veklagten geltend zu machen: das nicht beanspruchte Recht kann nicht aus an­ gebrachten Thatsachen vom Richter entnommen werden.

S . 325 Anm. 24 Z. 2 Himer „§. 9" einzuschalten:

die eingeklagte Hypothek oder Grundschuld aber ist gegen den späteren Erwerber des Grundstücks schlechthm vollstreckbar (E. E-Ges. §. 44).

S . 336 Anm. 14 hinter „§. 703" einzuschalten:

Rach den Motiven zur E.P C. soll zwar von einer Anwendung der Vorschriften über Vollstreckung gegen einen Singnlarsueeessor nicht die Rede sein können; dies acccptirt die Mehrzahl der Kom­ mentatoren; das Gesetz aber steht entgegen: Dgl. auch K u r l b ä u m , die preußische Subhast.Drdn. v. 15. März 1*69 unter dem Einfluß der deutsch. Iustizgesetze 1*79 (£. 20.

S . 360. Am Schlüsse der Literatur­ nachweise zu $. 5 * hinzuzufügen:

R e u m a n n : das Aufgebot von Hypothekenposten und Dokumenten. 18*0 Wa n d e r s l e b e n , vaS Aufgebolverfahren in Theorie und Praxis. 18*1.

S . 361 Zeile 21

dort zu streichen und vor Zeile 1 einzurücken.